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Religionsphilosophie

Mit textkritischem Apparat sowie Namen- und Sachregister

0318
2009
978-3-7720-5321-4
978-3-7720-8321-1
A. Francke Verlag 
Jakob Frohschammer
Raimund Lachner

Nach seinem Tod am 14. Juni 1893 hinterließ der Münchener Theologie- und nachmalige Philosophieprofessor Jakob Frohschammer (1821-1893) neben den gedruckten wissenschaftlichen Arbeiten zahlreiche Archivalien, darunter eine Reihe ungedruckter Vorlesungshandschriften. Die Handschrift mit dem Titel "Religionsphilosophie", die sich im Besitz der Universitätsbibliothek München befindet, ist von ihren ersten Teilen her nicht nur die älteste und mit ihren insgesamt 247 Blättern zugleich eine der umfangreichsten Vorlesungshandschriften Frohschammers, die Religionsphilosophie ist zweifellos auch jene Thematik, zu der sich Frohschammer seit Beginn seiner akademischen Lehrtätigkeit an der Universität am stärksten hingezogen fühlte und die er von Sommersemester 1851 bis Sommersemester 1866 zuerst als außerordentlicher Professor an der Theologischen und später als ordentlicher Professor an der Philosophischen Fakultät beinahe jedes zweite Semester vortrug. Die vorliegende textkritische Edition versteht sich als Beitrag zur Erforschung der Philosophie und der Theologie Jakob Frohschammers und darüber hinaus der Philosophie- und Theologiegeschichte des 19. Jahrhunderts allgemein. Sie macht einen bedeutenden Quellentext der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich und eröffnet so die Möglichkeit zu weiteren Forschungen.

<?page no="0"?> Jakob Frohschammer Nachgelassene Schriften Band 1 Mit textkritischem Apparat sowie Namen- und Sachregister Editorisch bearbeitet, eingeleitet und herausgegeben von Raimund Lachner Religionsphilosophie <?page no="1"?> Jakob Frohschammer Religionsphilosophie <?page no="2"?> Jakob Frohschammer Nachgelassene Schriften Herausgegeben von Raimund Lachner Erster Band <?page no="3"?> Jakob Frohschammer Mit textkritischem Apparat sowie Namen- und Sachregister Editorisch bearbeitet, eingeleitet und herausgegeben von Raimund Lachner Religionsphilosophie <?page no="4"?> Umschlagabbildung: Porträt Jakob Frohschammer aus: Adolf Hinrichsen (Hg.), Jakob Frohschammer. Eine Autobiographie, Berlin 1888. Textauszug aus: Jakob Frohschammer, Vorlesungshandschrift »Religionsphilosophie« (Universitätsbibliothek München, Signatur: 4° Cod. ms. 917b (1e, fol. 9r). Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http: / / dnb.d-nb.de> abrufbar. Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort. © 2009 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem und säurefreiem Werkdruckpapier. Internet: http: / / www.francke.de E-Mail: info@francke.de Druck und Bindung: Hubert + Co., Göttingen Printed in Germany ISBN 978-3-7720-8321-1 <?page no="5"?> V Inhalt Vorwort......................................................................................................................... 1 A. E INLEITUNG ..................................................................................................... 3 I. Die Religionsphilosophie im akademischen Lehramt Frohschammers ............... 5 II. Beschreibung der Vorlesungshandschrift „Religionsphilosophie“ und Editionskriterien .............................................................................................. 7 1. Zur Seitenzählung ........................................................................................ 8 2. Kompositionskritische Analyse .................................................................. 16 B. J AKOB F ROHSCHAMMER : R ELIGIONSPHILOSOPHIE (Text mit kritischem Apparat) 1 ....................................................................................................... 23 Vorwort [1r] ............................................................................................................... 23 Einleitung. [5r] ........................................................................................................... 32 §: 1 Begriff, Gegenstand u[nd] Aufgabe der Religionsphilosophie. [5rl] ................ 32 §: 2 Princip u[nd] Methode 2 der Religionsphilosophie. [11vl] ................................ 47 §: 2 Princip u[nd] Methode d[er] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] [12rl] ...................... 48 §: 4 3 Eintheilung der R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] [15vr] ........................................ 54 §: 5 4 Literatur der Religionsphilos[ophie] [16vr] .................................................... 58 Einleitung. [19rl] ......................................................................................................... 66 Vorwort 1854 Mai [19rl] ............................................................................................. 66 Einl[ei]t[un]g z[ur] R[e]l[i]g[io]nsphilosophie. (1856 [,] d[en] 17. Apr[il]) Ueber die Aufgabe u[nd] d[en] G[e]g[e]nst[a]nd der Philosophie. [21rl] ...................... 70 Einleitung. [23rl] ......................................................................................................... 75 §: 1 Gegenstand der Religionsphilosophie. [23rl] .................................................. 75 §: 2 Aufgabe der Religionsphilosophie [23vr] ....................................................... 78 §: 3 Princip und Methode der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] [24rl] ........................... 80 Vorlesung am 4 [.] Mai 1863 [27rl] ............................................................................. 87 1 Die folgende Gliederung der Handschrift ist nicht einheitlich. Dies ergibt sich aus den zahlreichen Überarbeitungsstufen (siehe dazu Näheres unter „II. Beschreibung der Vorlesungshandschrift ‚Religionsphilosophie’ und Editionskriterien“). 2 „u[nd] Methode“ über der Zeile. 3 Ursprüngliche „3“ mit „4“ überschrieben; ein Ersatz für den § 3 ist unauffindbar. „Methode und“ in der Überschrift gestrichen. 4 Ursprüngliche „4“ mit „5“ überschrieben. <?page no="6"?> VI I [.] Kapitel od[er] Theil . [31r] ............................................................................. 98 I [.] Theil. Ursprung u[nd] Entwicklung der R[e]l[i]g[io]n. [31rr] ............... 98 §: 5 Die Religion als allgemeine Thatsache der Menschheit. [31rl] ........................ 98 I [.] Th[ei]l V[om] Daseyn Gottes od[er] V[on] Urspr[u]ng, Entwickl[un]g u[nd] Bedeutung des Gottesbew[u]ßts[e]y[n]s ................. 105 Ursprung der Religion. [33rl] .................................................................................... 105 B[e]gr[i]ff - u[nd] Einth[ei]l[un]g [35rl] .................................................................... 109 §: 7 5 Falsche Hypothesen über d[en] des 6 Ursprungs der Religion. 7 [36rl] ............ 113 I [.] Kap[itel] [40rl] ............................................................................................... 123 §: 8 8 Die religiöse Anlage od[er] die (eingeborne) Idee v[on] Gott. 9 - [40rl] ......... 123 §: 9 10 Anfänge der Religion 11 od[er] Entstehung 12 des Gottesbewußtseyns. (Gott[e]s Ur- 13 Off[e]nb[a]r[un]g) [43rl] ....................................................... 133 § 10 14 Die erste religiöse Grund- 15 Function (od[er] Thätigk[ei]t) des Menschen oder der (religiöse) Glaube. Die Grundfuncti[on] u[nd] Form d[e]s Gott[e]sb[e]wußts[e]y[n]s od[er] d[er] r[e]l[i]g[iö]s[e] Glaube 16 [46rl] ......... 142 § 11 17 Die (rel[i]g[iö]se) Thätigk[ei]t der gesammten geist[i]g[en] Kräfte od[er] Vermögen des Menschen. [51vr] ....................................................... 156 §: 12 18 Die E[n]tst[e]h[un]g der 19 Vielheit u[nd] Verschiedenheit der Religionen, durch 20 geschichtl[ichen] Entwickl[un]gsproceß des G[o]tt[e]sb[ewu]ßts[eyns] u[nd] der 21 Ursp[run]g der Symbolik u[nd] Mythologie 22 [55rl] ........ 166 5 „2)“ über der Zeile. 6 „Hypothesen über d[en]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Erklärungen“; folgender Genitiv „des Ursprungs“ wurde grammatikalisch nicht angepaßt. 7 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „od[er] d[a]s Contradictor[ische] G[e]g[en]th[ei]l d[e]s Zeugnißes d[e]r R[e]l[i]g[ion] (od[er] auch d[a]s contraere G[e]g[en]th[ei]l [.] Indirecter Beweis für d[a]s Das[e]y[n] G[o]tt[e]s -“. 8 „3“ über der Zeile. 9 „G[o]tt[e]sidee“ über der Zeile. 10 „(4)“ über der Zeile. 11 „des actual[en] G[o]tt[e]sb[ew]ußts[eyns]“ über der Zeile. 12 „Actualität“ über der Zeile. 13 „Gottes Ur-“ über der Zeile. 14 „10“ im Nachhinein eingeklammert; „5“ über der Zeile. 15 „Grund-“ über der Zeile. 16 „Die Grundfuncti[on] u[nd] Form d[e]s Gott[e]sb[e]wußts[e]y[n]s od[er] d[er] r[e]l[i]g[iö]s[e] Glaube“ im Nachhinein unter die Zeile gesetzt. 17 „(6)“ über der Zeile. 18 „12“ im Nachhinein eingeklammert; „7“ über der Zeile. 19 „E[n]tst[e]h[un]g der“ über der Zeile. 20 „durch“ über der Zeile; „od[er] die falschen Religionen“ in der Zeile im Nachhinein eingeklammert; „geschichtl[ichen] Entwickl[u]ngsproceß des G[o]tt[e]sb[ewu]ßts[eyns] u[nd] der [„der E... (? )“ über der Zeile] Ursp[run]g der Symbolik u[nd] Mythologie“ im Nachhinein unter der Zeile eingefügt. 21 „der“ über der Zeile; unleserliches Wort über der Zeile. 22 „geschichtl[ichen] Entwickl[u]ngsproceß des G[o]tt[e]sb[ewu]ßts[eyns] u[nd] der Ursp[run]g der Symbolik u[nd] Mythologie“ im Nachhinein über der Zeile eingefügt. <?page no="7"?> VII §: 13 23 Wiedervereinigung der Religion[en] zu Einer, der wahren und einzigen. [63rl] ............................................................................................ 186 §: 14 24 Die göttl[iche] Offenbarung [.] Nothw[e]nd[i]gk[ei]t u[nd] Erkennbark[ei]t ders[e]lb[en] 25 (Wirkl[i]chk[ei]t? ) (Gegen Rational[i]sm[us]) [68vr] ............ 199 §: 15 26 Die R[e]l[i]g[io]nswissenschaft. 27 [74vr] ...................................................... 217 II [.] Th[ei]l D[ie] Lehre v[on] Gott. [78rl] ..................................................... 221 §: 16 (Das Bewußtseyn der R[e]l[i]g[io]nen selbst, v[on] d[er] Gotth[ei]t.) Gegenstand der Untersuchung. [78rl] ........................................................... 221 I [.] Vom Daseyn Gottes. [78vr] ......................................................................... 223 §: 16 28 V[on] d[en] Beweisen für d[as] Daseyn G[o]tt[e]s. [78vr] ............................ 223 I [.] Kosmolog[ische] Beweise [81vr] ....................................................... 231 1. Kosmolog[isch] im eng[ern] Sinn [81vr] ........................................ 231 2. Der Teleolog[ische] od[er] physiko-theolog[ische] Bew[eis] [82vr] ................................................................................. 233 II [.] Anthropolog[ische] Bew[eise] [83rl] ................................................. 234 a) Der ontolog[ische] Beweis. [83rl] .................................................. 234 2.) D[er] moralische Bew[eis] [83vr] ................................................. 237 §: 17 29 Wesen u[nd] Eigenschaften Gottes. [85rl] .................................................... 240 A) 30 Betrachtung des Seyns 31 G[o]tt[e]s. 32 [85vr] ...................................... 242 1) Aseitaet. - Woher 33 [85vr] ............................................................. 242 2) Einfachheit G[o]tt[e]s [85vr] ......................................................... 243 B) Eigenschaftl[iche] Betrachtung des Erkennens G[o]tt[e]s. 34 [87rl] ...... 247 C) Eigenschaftl[iche] Betrachtung des g[ö]ttl[ichen] Willens. [89rl] ....... 251 35 Will[en]s-Vollk[ommen]h[ei]t [,] bedi[n]gt du[rc]h Güte [90vr] ...... 254 Schlußbemerk[u]ng[e]n üb[er] die g[ö]ttl[ichen] Eig[e]ns[c]h[a]ft[e]n. [92rl] .......................................................................................................... 259 II [.] Th[ei]l [94rl] ................................................................................................. 264 §: 18 36 Das göttl[iche] Leben, die g[ö]ttl[iche] Persönlichk[ei]t [94rl] ...................... 264 23 „(8)“ über der Zeile. 24 „9)“ über der Zeile. 25 „Nothw[e]nd[i]gk[ei]t u[nd] Erkennbark[ei]t ders[e]lb[en] (Wirkl[i]chk[ei]t? ) (Gegen Rational[i]sm[us])“ im Nachhinein unter die Zeile gesetzt. 26 „(10)“ über der Zeile. 27 „Wiss[en]s[c]h[a]ft vom G[o]tt[e]sbew[u]ßtseyn od[er] d[er] R[e]l[i]g[ion]“ im Nachhinein über die Zeile gesetzt. 28 „16“ im Nachhinein eingeklammert; „(11)“ über der Zeile. 29 „(12)“ über der Zeile. 30 „Eigenschaftl[iche]“ in der Zeile gestrichen. 31 „des W... (? )“ unter der Zeile. 32 „(Absoluth[ei]t)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 33 „Woher“ im Nachhinein ergänzt. „D[a]s göttl[iche] S[e]y[n]“ im Nachhinein vor und in die Zeile eingefügt. 34 Über der Zeile: „Das göttl[iche] Erk[ennen]“. 35 „(D)“ gestrichen. <?page no="8"?> VIII II [.] Th[ei]l V[on] der Welt. II. Abschnitt (Kosmologie) [104r] ................ 290 §: 19 Von der Entstehung der Welt. [104rl] .......................................................... 290 §: 20 37 Wesen u[nd] Beschaffenheit der Welt. [115rl] .............................................. 316 §: 21 38 Wesen des Menschen. [123rl] ...................................................................... 333 §: 22 39 V[on] d[er] Willensfreiheit. [131rl] .............................................................. 351 A) Determinismus? [131vr] ....................................................................... 352 B) Indeterminismus? [132vr] ..................................................................... 354 C) Vermittelnde Ansicht u[nd] die wirkl[iche] Freiheit. [133rl] .................. 355 §: 23 40 V[om] physischen u[nd] moralischen Uebel. 41 [139rl] .................................. 369 §: 24 42 V[on] d[er] Erlösung. [148rl] ....................................................................... 389 §: 25 43 V[on] d[er] Unsterblichkeit. [154rl] ............................................................. 399 §: 26 44 Vom Weltende. d.h. V[om] Ende d[ie]s[er] Entwickl[un]gsperiode 45 der Erde. [163rl] .......................................................................................... 415 III [.] Th[ei]l od[er] Ethik [167vl] ...................................................................... 423 §: 27 46 V[on] d[er] rel[i]g[iö]s[en] Gemeinschaft. [168vr] ....................................... 425 §: 28 47 V[om] rel[i]g[iö]s[en] Cultus. [172vr] .......................................................... 433 A) Das Gebet. [173vr] ............................................................................... 435 B) Die Opfer. [176rl] ................................................................................. 440 §: 29 48 Religiöse Auctorität u[nd] r[e]l[i]g[iö]s[e] Freiheit. [180rl] .......................... 448 §: 30 49 Verhältniß der Religions-Gemeinschaften zu einander. [185vr] .................... 459 §: 31 50 V[om] Verhältniß der R[e]l[i]g[io]n zum Staate. [191vr] .............................. 469 §: 31 51 Religion u[nd] Moralität. [194rl] .................................................................. 473 §: 1 Aufg[abe] d[er] Philosophie. [200rl] ............................................................ 486 §: 2 Aufg[a]be der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie [222r] ........................................... 532 §: 1 Aufg[abe] d[er] Philos[ophie] [225rl] .......................................................... 540 36 „13“ über der Zeile. 37 „(15)“ über der Zeile. 38 „21“ im Nachhinein eingeklammert; „16“ über der Zeile. 39 „17“ über der Zeile. 40 „18“ über der Zeile. 41 „in der Welt.“ im Nachhinein unter die Zeile gesetzt. 42 „(19)“ über der Zeile. 43 „(20)“ über der Zeile. 44 „(21)“ über der Zeile. 45 „d[ie]s[e]s Weltlaufes“ über der Zeile. 46 „27“ im Nachhinein eingeklammert; „22“ über der Zeile. 47 „(23)“ über der Zeile. 48 „(24)“ über der Zeile. 49 „30“ im Nachhinein eingeklammert; „25“ über der Zeile. 50 „(27)“ über der Zeile. 51 „(26)“ über der Zeile. <?page no="9"?> IX §: 2 Princip der Philosophie. [227r] .................................................................... 544 A) Ob das Selbstbew[u]ßtseyn Pr[incip] sey. [227vr] .............................. 546 B) Ob irgend ein erstes Produkt d[e]s G[ei]st[e]s - ein 52 Begriff, Gedanke, Princip der Philos[ophie] sey[n] könne. od[er] erste Thät[i]gk[ei]t [229rl] ......................................................................... 550 C) Ob das Thätigseyn des Geistes - das Erkennen [,] Denken, od[er] die Idee des Erkennens Princip seyn könne? [229rl] ........................... 551 D) Ob die Denknothwendigkeit Princip der Philosophie sey? [229vr] ...... 553 E) Ob der Wille Princip der Philos[ophie] seyn könne. (Ob also Philos[ophie] eine freie, nicht eine nothw[e]nd[i]g[e] Wissensch[a]ft sey.) [231vr] ......................................................................... 558 F) Das Gottesbewußts[eyn] - Princip der Philosophie. - [232vr] ............ 560 §: 3 Methode der Philos[ophie] [237r] ................................................................ 571 §: 4 Verhältniß der R[e]l[i]g[ion]sphilos[ophie] (zur R[e]l[i]g[ion] u[nd] K[i]rche) 53 [240r] ........................................................................................ 576 A) Gl[a]ube [242rl] ................................................................................ 582 C. A NHANG ...................................................................................................... 599 I. Frohschammers Lehrveranstaltungen an der Universität München (1850-1893)................................................................................................. 599 II. Namenregister.............................................................................................. 605 III. Sachregister ................................................................................................. 607 52 „ein“ über der Zeile. 53 „zur Auctorität“ über der Zeile. <?page no="11"?> 1 Vorwort Die vorliegende kritische Edition der Vorlesungshandschrift des Münchener Theologie- und nachmaligen Philosophieprofessors Jakob Frohschammer (1821-1893) zur „Religionsphilosophie“ versteht sich als Beitrag zur Erforschung seiner Philosophie und Theologie und darüber hinaus der Philosophie- und Theologiegeschichte sowie allgemein der Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts. Sie macht einen bedeutenden Quellentext der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zugänglich und eröffnet zugleich die Möglichkeit zu weiteren Forschungen. Zum Entstehen dieses Werkes haben viele durch ihre engagierte Mitarbeit beigetragen. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang zuerst Frau Dr. Cornelia Töpelmann von der Abteilung Altes Buch der Universitätsbibliothek München, die mich bereits zur Zeit der Erarbeitung meiner Habilitationsschrift „Zwischen Rationalismus und Traditionalismus. Offenbarung und Vernunft bei Jakob Frohschammer“ (Münster 1995) an der Universität München dazu angeregt hat, Frohschammers Vorlesungshandschrift zur „Religionsphilosophie“ zu edieren. Sie und die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung haben mir in den letzten Jahren im Rahmen mehrerer Forschungsreisen immer wieder die Möglichkeit zur Arbeit an der Originalhandschrift eröffnet. Nach ersten noch unspektakulären Editionsarbeiten musste das Forschungsprojekt schon vor, dann aber vor allem nach meiner Berufung an die Universität in Vechta im Herbst 2000 zunächst unterbrochen werden, bis im Herbst 2002 die Editionsarbeiten neu aufgenommen werden konnten. Geduldig haben - mit kurzfristigen Dienstverträgen ausgestattet - die studentischen Mitarbeiterinnen Kerstin Buschen, Julia Eickholt und Tina Vocks meine komplizierten Diktate am Computer umgesetzt. Dr. Susanne Klinger, meine wissenschaftliche Assistentin in den Jahren 2002 bis 2005, hat sich in die Erforschung der Handschrift eingearbeitet und selbstständig erste Rohfassungen einzelner Passagen des Haupttextes erstellt. Bei dem viel Akribie und Konzentration fordernden Überprüfen der Korrekturen haben mich über längere Frist meine studentischen Mitarbeiterinnen Constanze Dietz und Ina Paertmann sowie Sabrina Busse und Eva-Maria Stibbe zuverlässig und tatkräftig unterstützt. Eva-Maria Stibbe hat darüber hinaus langmütig und kompetent bei der Erstellung der Register mitgewirkt. Mein wissenschaftlicher Assistent Stefan Habel und meine studentische Mitarbeiterin Sandra Willen haben mich bei den abschließenden Korrekturarbeiten unterstützt. Nicht zuletzt sei meine Sekretärin Petra Blömer genannt, die mit gewohnter Umsicht, mit Geduld und Zuverlässigkeit die allermeisten Textteile elektronisch erfaßt, die schier nicht enden wollenden Korrekturen eingearbeitet und mit einem erfahrenen Blick das endgültige Layout des Buches gestaltet hat. Ihnen allen sei Dank gesagt. Dem Narr Francke Attempto Verlag in Tübingen, besonders der Lektorin Susanne Fischer, danke ich für die Begleitung in der Endphase des Projektes und dem Verleger Gunter Narr für die Aufnahme des Bandes in das profilierte wissenschaftliche Verlagspro- <?page no="12"?> 2 gramm sowie für die Begründung der Editionsreihe „Jakob Frohschammer. Nachgelassene Schriften“, als deren erster Band Frohschammers „Religionsphilosophie“ nunmehr erscheinen kann. Schließlich gilt mein Dank dem Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort, der die Veröffentlichung dieses Werkes durch die Gewährung eines großzügigen Druckkostenzuschusses ermöglicht hat. Vechta, im Dezember 2008 Raimund Lachner <?page no="13"?> 3 A. E INLEITUNG Das 19. Jahrhundert zählt zu den vitalsten und spannendsten Epochen der Theologiegeschichte und „ist gerade in Deutschland eine Zeit hoffnungsvollen Aufbruchs der katholischen Theologie“ 54 . Dies gilt allgemein vor allem für die erste Hälfte des Jahrhunderts, besonders für die Katholische Tübinger Schule, die denn auch reichlich rezipiert wurde und wird. Späteren Neuansätzen katholischer Theologie hingegen bot sich im Zuge der massiven Förderung der Neuscholastik durch das kirchliche Lehramt und seiner Festlegung auf diese vielfach nur mehr wenig Raum. Nicht wenige katholische Theologen und Philosophen, die sich um eine Begegnung mit dem Geist der modernen Welt, besonders mit der zeitgenössischen, sich nicht mehr als ancilla theologiae verstehenden Philosophie und mit den modernen Naturwissenschaften bemühten, wurden ins kirchliche und wissenschaftliche Abseits sowie in die persönliche Isolation gedrängt und „vergessen“. Zu jenen katholischen Gelehrten, die schon zu Lebzeiten in solcher Weise dem Vergessen anheimfielen, gehört der Münchener Theologie- und spätere Philosophieprofessor Jakob Frohschammer (1821-1893) 55 . Das sein gesamtes wissenschaftliches Werk prägende Interesse galt der Vermittlung von christlichem Glauben und moderner Wissenschaft. Im Jahre 1857 wurde schon sein erstes Buch „Ueber den Ursprung der menschlichen Seelen. Rechtfertigung des Generatianismus“ 56 auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt. Dem folgten bereits fünf Jahre später seine beiden Programmschriften „Einleitung in die Philosophie und Grundriß der Metaphysik. Zur Reform der Philosophie“ 57 und 54 F RIES , H EINRICH / S CHWAIGER , G EORG (Hg.), Katholische Theologen Deutschlands im 19. Jahrhundert, Bd. I, München 1975, 5. 55 Jakob Frohschammer, geboren am 6.1.1821 in Illkofen bei Regensburg, seit 1841 philosophische und theologische Studien an der Universität München, 1847 Promotion zum Doktor der Theologie in München und Priesterweihe in Regensburg, 1850 Habilitation und Ernennung zum Privatdozenten der Theologie, 1854 außerordentlicher Professor der Theologie, 1855 ordentlicher Professor der Philosophie in München, 1863 kirchlich suspendiert und 1871 exkommuniziert; vgl. F ROHSCHAMMER , J AKOB , Autobiographie (Deutsche Denker und ihre Geistesschöpfungen, hg. v. A DOLF H INRICHSEN ), Berlin 1888; H AUSL , R UDOLF , Jakob Frohschammer (1821-1893), in: H EINRICH F RIES und G EORG S CHWAIGER (Hg.), Katholische Theologen im 19. Jahrhundert, Bd. III, München 1975, 169-189, bes. 170-172; L ACHNER , R AIMUND , Jakob Frohschammer (1821-1893). Leben und Werk (Studien zur Theologie und Geschichte, Bd. 5), St. Ottilien 1990; L ACHNER , R AIMUND , Frohschammer, Jakob, in: Lexikon für Theologie und Kirche (hg. v. W ALTER K ASPER ), Bd. IV, Freiburg-Basel-Rom-Wien ³1995, 164; L ACHNER , R AIMUND , Frohschammer, Jakob, in: Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. XIV, Herzberg 1998, 998-1006; M ÜLLER , R AINER A LBERT , Frohschammer, Jakob, in: K ARL B OSL (Hg.), Bosls Bayerische Biographie. 8000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten, Regensburg 1983, 227f; S IMONIS , W ALTER , Jakob Frohschammer (1821-1893), in: E MERICH C ORETH / W ALTER M. N EIDL / G EORG P FLIGERS- DORFFER (Hg.), Christliche Philosophie im katholischen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts, Bd. I, Graz-Wien- Köln 1987, 341-364; U NTERBURGER , K LAUS , Frohschammer, Jakob, in: Religion in Geschichte und Gegenwart (hg. v. H ANS D IETER B ETZ , D ON S. B ROWNING , B ERND J ANOWSKI und E BERHARD J ÜNGEL ), Bd. 3, Tübingen 2000, 386. 56 F ROHSCHAMMER , J AKOB , Ueber den Ursprung der menschlichen Seelen. Rechtfertigung des Generatianismus, München 1854. 57 F ROHSCHAMMER , J AKOB , Einleitung in die Philosophie und Grundriß der Metaphysik. Zur Reform der Philosophie, München 1858. <?page no="14"?> 4 „Ueber die Freiheit der Wissenschaft“ 58 . Nachdem Frohschammer sich wiederholt geweigert hatte, sich zu unterwerfen, wurde ihm 1862 von Papst Pius IX. in dem an den Münchener Erzbischof Gregor von Scherr gerichteten Breve „Gravissimas inter“ 59 vorgeworfen, vor allem in zweifacher Hinsicht von der katholischen Lehre abzuweichen, „erstens, weil der Verfasser der menschlichen Vernunft solche Kräfte zuschreibt, wie sie der Vernunft selbst keineswegs zukommen, zweitens aber, weil er derselben Vernunft eine solche Freiheit einräumt, alles zu meinen und sich stets zu allem möglichen zu erdreisten, daß die Rechte, das Amt und die Autorität der Kirche selbst völlig aufgehoben werden“ 60 . Nach seiner erneuten Weigerung, sich dem Urteil des römischen Lehramts zu unterwerfen, wurde Frohschammer 1863 von der kirchlichen Autorität von seinen geistlichen Funktionen suspendiert. Für wie gefährlich der Papst die Lehre Frohschammers ansah, zeigt die Tatsache, daß er im „Syllabus errorum“ von 1864, in dem insgesamt achtzig sogenannte Zeitirrtümer pauschal und ohne nähere Begründung verworfen wurden 61 , unter der Überschrift „§ II. Rationalismus moderatus“ 62 u.a. auf sein gegen Frohschammer gerichtetes Schreiben „Gravissimas inter“ zurückgriff 63 . Frohschammer unterzog seinerseits den Syllabus einer heftigen Kritik. 64 Als suspendierter katholischer Geistlicher, der sich mißverstanden und zunehmend an den Rand der Kirche gedrängt fühlte, nahm Frohschammer bisherige Positionen in Fragen der Freiheit der Wissenschaft im allgemeinen und der Philosophie im besonderen nicht nur nicht zurück, sondern vertrat diese noch kompromißloser. Seit Ende der sechziger Jahre zeigt sich Frohschammers wachsende Skepsis gegenüber einigen kirchlichen Dogmen und gegenüber dem dogmatischen Christentum allgemein, an dessen Stelle er zunehmend ein einfaches dogmenfreies Christentum Christi setzte. Den beiden Papstdogmen des Ersten Vatikanischen Konzils (1869/ 1870) widersprach er noch vehementer als Johann Joseph Ignaz von Döllinger und die altkatholische Bewegung, der er niemals beitrat. Als Konsequenz folgte 1871 Frohschammers Exkommunikation, die ihn in die völlige Entfremdung von Kirche und universitärer Theologie und in die persönliche Isolation führte. Nach seinem Tod am 14. Juni 1893 hinterließ er neben einer Vielzahl von gedruckten wissenschaftlichen Arbeiten - Büchern, Aufsätzen und Rezensionen 65 - zahlreiche Archivalien, darunter auch eine Reihe ungedruckter Vorlesungshandschriften. Die von der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek München aufbewahrten Vorlesungs- 58 F ROHSCHAMMER , J AKOB , Ueber die Freiheit der Wissenschaft, München 1861. 59 Vgl. DH 2850-2861. 60 DH 2850. 61 Vgl. DH 2901-2980. 62 Vgl. DH 2908-2914. 63 Vgl. DH 2909-2911, dazu DH 2857f. 2860. 64 Vgl. F ROHSCHAMMER , J AKOB , Beleuchtung der päpstlichen Encyclica vom 8. Dezember 1864 und des Verzeichnisses der modernen Irrthümer. Nebst einem Anhang: Kritik der Broschüre des Bischofs von Orleans. An den Klerus und das Volk der kath. Kirche von einem Katholiken, Leipzig 1865. 65 Vgl. die Auflistung bei L ACHNER , Jakob Frohschammer (1821-1893). Leben und Werk, 97-110; ergänzend: F ROHSCHAMMER , J AKOB , Die Versammlung katholischer Gelehrter, in: Allgemeine Zeitung (Augsburg) Nr. 285 vom 12.10.1863, 4713-4715. <?page no="15"?> 5 manuskripte sind den beiden Kategorien „Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie“ und „Vorlesungen zur systematischen Philosophie“ zugeordnet. Zu den philosophiegeschichtlichen Vorlesungen zählen dabei die Vorlesungshandschriften „Geschichte der Philosophie“, „Geschichte der griechisch-römischen Philosophie“, „Geschichte der Philosophie des Mittelalters“ mit der angehängten Probevorlesung Frohschammers „Ueber Auferstehungslehre des Origenes“ aus dem Jahr 1850, „Ueber die Philosophie Spinozas“ sowie „Ueber die Kant’sche und Schopenhauer’sche Philosophie“. Die Vorlesungen zur systematischen Philosophie umfassen die Handschriften „Enzyklopädie der Philosophie“, „Metaphysik“, „Logik und Erkenntnistheorie“, „Psychologie“, „Religionsphilosophie“, „Naturphilosophie“ und „Pädagogik“. 66 Die genannten Vorlesungsmanuskripte decken beinahe das gesamte Repertoire an Themengebieten ab, die Frohschammer von Wintersemester 1850/ 51 bis Wintersemester 1892/ 93 an der Theologischen und - ab Sommersemester 1856 - an der Philosophischen Fakultät der Universität München anbot 67 , wobei auffälligerweise für die spezifisch theologischen Lehrveranstaltungen „Enzyklopädie des theologischen Studiums“ und „Dogmengeschichte“ bzw. „Dogmengeschichte in Verbindung mit Patrologie“ zu Beginn seines akademischen Lehramtes keine Vorlesungsmanuskripte nachgewiesen sind. Hat Frohschammer lange Zeit kaum das Interesse der Forschung auf sich gezogen 68 , so gilt dies umso mehr für seine bislang unveröffentlichten Vorlesungsmanuskripte. Erst seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts hat die Frohschammer-Forschung an Fahrt gewonnen, wobei dann auch - thematisch bedingt - Frohschammers Vorlesungshandschriften über „Metaphysik“ und „Religionsphilosophie“ in den Focus des wissenschaftlichen Interesses gerieten 69 . Dabei ist gerade die „Religionsphilosophie“-Handschrift nicht nur die umfangreichste, sondern in ihren ältesten Teilen auch die früheste. Da anzunehmen ist, daß Frohschammer nach 1866, da er die „Religionsphilosophie“ nicht mehr vortrug, auch nicht weiter überarbeitete, repräsentiert diese Handschrift allgemein, besonders aber in den früheren Teilen, das Frühwerk Frohschammers mit. Warum Frohschammer nach 1866 offensichtlich kein religionsphilosophisches Kolleg mehr abhielt, ist ungeklärt. I. Die Religionsphilosophie im akademischen Lehramt Frohschammers Die Religionsphilosophie war für Jakob Frohschammer nicht nur ein Thema neben anderen, es war sein Thema. Zwar befaßte er sich in seiner ersten größeren Abhandlung „De charismatis in genere, et de charismatis tou/ glw/ ssaij lalei/ n in specie. I. Cor. XII.- 66 Genauere Angaben hierzu bei L ACHNER , Jakob Frohschammer (1821-1893). Leben und Werk, 97. 67 Vgl. die Auflistung der Lehrveranstaltungen Frohschammers an der Universität München von 1850 bis 1893 im Anhang I; vgl. dazu ferner L ACHNER , Jakob Frohschammer (1821-1893). Leben und Werk, 32f. 39-41. 68 Zur Geschichte der bisherigen Frohschammer-Forschung vgl. den kurzen Überblick bei P AHUD DE M ORTAN- GES , E LKE , Philosophie und kirchliche Autorität. Der Fall Jakob Frohschammer vor der römischen Indexkongregation (1855-1864) (Römische Inquisition und Indexkongregation, Bd. 4), Paderborn-München-Wien-Zürich 2005, 21-24. 69 Vgl. L ACHNER , R AIMUND , Zwischen Rationalismus und Traditionalismus. Offenbarung und Vernunft bei Jakob Frohschammer (Studien zur systematischen Theologie und Ethik, Bd. 5), Münster 1995. <?page no="16"?> 6 XIV.“ 70 , einer theologischen Preisarbeit im Studienjahr 1844/ 45, aufgrund welcher er am 30. April 1847 an der Theologischen Fakultät der Universität München unentgeltlich zum Doktor der Theologie promoviert wurde, mit einem exegetisch-patristischen Thema, und auch seine nächst folgenden wissenschaftlichen Arbeiten 71 waren kirchen- und dogmengeschichtlicher Provenienz. Doch bereits seinen ersten Antrag vom 12. Juni 1849, sich an der Theologischen Fakultät habilitieren zu dürfen, begründete er mit dem Ansinnen, dort Religionsphilosophie, die er als Propädeutik zur Theologie verstand, lehren zu dürfen. „Da gegenwärtig an hiesiger Universität die Religion bei der philosophischen Facultät wissenschaftlich nicht vertreten ist, gleichwohl aber in unserer Zeit es als ein Bedürfniß erscheint, daß bei der fortschreitenden Vervollkommnung aller übrigen Zweige philosophischen Wissens auch die große Erscheinung der Religion wissenschaftlich erforscht und erkannt werde, so glaube ich nichts Ungeeignetes und Unnützes zu thun, wenn ich diesem Gegenstande ein besonderes, anhaltendes Studium widme und öffentliche Vorlesungen darüber beginne.“ 72 Da der Antrag Frohschammers, an der Theologischen Fakultät religionsphilosophische Vorlesungen abhalten zu dürfen, von den Professoren der Theologischen Fakultät mit Beschluss vom 21. Juni 1849 mehrheitlich abgelehnt wurde 73 , stellte Frohschammer am 23. November 1849 ein zweites Habilitationsgesuch an die Theologische Fakultät, das er mit dem Wunsch verband, Vorlesungen über Dogmengeschichte anbieten zu dürfen 74 , das ihm gewährt wurde 75 . So konnte Frohschammer, kurz nachdem er durch ministeriellen Beschluß vom 25. Oktober 1850 als Privatdozent an der Theologischen Fakultät bestätigt worden war, bereits im Wintersemester 1850/ 51 eine Vorlesung zur „Dogmengeschichte in Verbindung mit Patrologie“ ankündigen. Doch wohl schon zuvor, im Sommersemester 1850, also zu einer Zeit, da er sich mitten im Habilitationsverfahren für das Fach Dogmengeschichte befand, hatte Frohscham- 70 Später unter dem Titel „Von den Charismen im Allgemeinen und von dem Sprachen-Charisma im Besondern“ publiziert in: F ROHSCHAMMER , J AKOB , Beiträge zur Kirchengeschichte in drei Abhandlungen, Landshut 1850, 1- 116. 71 Vgl. F ROHSCHAMMER , J AKOB , Die Lehre des Sabellius, in: ThQ 31 (1849) 439-488; F ROHSCHAMMER , J A- KOB , Ueber die Entscheidung der Synode von Antiochia (269) in Betreff des Wortes o` moou, sioj , in: ThQ 32 (1850) 3-23; F ROHSCHAMMER , J AKOB , Ueber den Vorsitz auf der Synode von Nicäa (325), in: D ERS ., Beiträge zur Kirchengeschichte in drei Abhandlungen, 117-138. 72 Das Original des Gesuches ist aufbewahrt im Universitätsarchiv München, Sign.: K I 34, Akten der Theologischen Fakultät 1848/ 49, 306f, abgedruckt in: L ACHNER , Jakob Frohschammer (1821-1893). Leben und Werk, 25, Anm. 2. 73 Vgl. dazu die schriftlichen Stellungnahmen der Professoren Franz Xaver Reithmayr, Daniel Bonifatius Haneberg, Bernhard Fuchs und Franz Michael Permaneder, aufbewahrt im Universitätsarchiv München, Sign.: K I 34, Akten der Theologischen Fakultät 1848/ 49, 310-315, abgedruckt in: L ACHNER , Jakob Frohschammer (1821- 1893). Leben und Werk, 25f, Anm. 3,4 und 6. 74 Das Gesuch Frohschammers ist aufbewahrt im Universitätsarchiv München, Sign.: K I 35, Akten der Theologischen Fakultät 1849/ 50, 149-151, abgedruckt in: L ACHNER , Jakob Frohschammer (1821-1893). Leben und Werk, 27; die dem Antrag beigelegte Habilitationsschrift „Ueber die Differenz zwischen der katholischen und pelagianischen Lehre von der Willensfreiheit“ ist abgedruckt in: F ROHSCHAMMER , Beiträge zur Kirchengeschichte in drei Abhandlungen, 139-168. 75 Vgl. dazu ausführlich L ACHNER , Jakob Frohschammer (1821-1893). Leben und Werk, 27-31. <?page no="17"?> 7 mer, wie eine kurze Notiz auf der ersten Seite seines auf uns gekommenen Vorlesungsmanuskriptes nahe legt, mit der Abfassung des Vorwortes, vermutlich aber auch der Einleitung und der ersten vier Paragraphen seiner Vorlesung zur Religionsphilosophie begonnen. Und obschon die Theologische Fakultät Frohschammers erstes Habilitationsgesuch mit dem Argument zurückgewiesen hatte, daß an der Theologischen Fakultät keine Lehrveranstaltungen zur Religionsphilosophie abgehalten werden sollten, wurde Frohschammer auf Antrag vom 7. Januar 1851 noch in demselben Monat vom zuständigen Ministerium das Recht zugestanden, „Vorträge über Religionsphilosophie zu halten“ 76 . Aus dem „Verzeichnis der Vorlesungen an der Königlichen Ludwig-Maximilians- Universität zu München“ von Sommersemester 1851 bis Sommersemester 1893, da Frohschammer an der Universität München Lehrveranstaltungen ankündigte, geht hervor, daß Frohschammer bereits im zweiten Semester nach seiner Ernennung zum Privatdozenten und nach Aufnahme seines akademischen Lehramtes zunächst als Privatdozent, dann als außerplanmäßiger Professor an der Theologischen Fakultät und später als Professor an der Philosophischen Fakultät von 1851 bis 1866 die „Religionsphilosophie“ nicht nur regelmäßig, sondern auch außergewöhnlich häufig, nämlich rund jedes zweite Semester, vortrug, wobei davon auszugehen ist, daß ihm die vorliegende Handschrift als Vorlesungsmanuskript diente, das dabei - wie noch im einzelnen zu zeigen sein wird - von ihm mehrfach überarbeitet wurde. Im einzelnen trug Frohschammer seine Vorlesung zur Religionsphilosophie im Sommersemester 1851 und im Sommersemester 1852, im Wintersemester 1852/ 53 und im Winterhalbjahr 1853/ 54, sodann im jeweiligen Sommersemester der Jahre 1854, 1855, 1856, 1857, 1858, 1859, 1860, 1861, 1862, 1863, 1864, 1865 sowie zuletzt 1866 vor, und zwar vier mal wöchentlich mit Ausnahme des Sommersemesters 1856, wo er die Religionsphilosophie fünfstündig las. 77 II. Beschreibung der Vorlesungshandschrift „Religionsphilosophie“ und Editionskriterien Frohschammers Vorlesungshandschrift mit dem Titel „Religionsphilosophie“, von der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek München im Nachlaß Frohschammer unter der Signatur 4° Cod. ms. 917 b (1e archiviert, umfaßt insgesamt 247 Blätter. Davon sind 120 vierseitige Schreibbögen und sieben zweiseitige Blätter. Von den 120 Bögen weisen 115 das Standardformat von 28,1 Zentimetern Höhe und 22,2 Zentimetern Breite auf, vier Bögen haben das Format 33,5 Zentimeter Höhe und 21,4 Zentimeter Breite, ein Bogen mißt 21 Zentimeter Höhe und 17 Zentimeter Breite. Von den zweiseitigen Blättern haben zwei das genannte Standardformat, drei Blätter messen in der Höhe 33,5 Zentimeter und 21,4 Zentimeter in der Breite, ein Blatt hat das Format 21 Zentimeter Höhe und 17 76 Schreiben des Königlichen Akademischen Senats an die Theologische Fakultät vom 1. Februar 1851, Universitätsarchiv München, Sign.: K I 36, Akten der Theologischen Fakultät 1850/ 51, 173f; vgl. die entsprechende Mitteilung von Dekan Reithmayr an seine Kollegen vom 8. Februar 1851, ebd., 177. 77 Bei den Ankündigungen für das Sommersemester 1854 fehlt die Angabe der Stundenzahl. Vgl. die Auflistung von Frohschammers Lehrveranstaltungen an der Universität München von 1850 bis 1893 im Anhang I. <?page no="18"?> 8 Zentimeter Breite und ein weiteres mißt 21,5 Zentimeter in der Höhe und 13,4 Zentimeter in der Breite. Der Text ist in deutscher Sprache verfaßt und in der Regel mit Tinte geschrieben; nur vereinzelt finden sich mit Bleistift geschriebene nachträgliche Einfügungen bzw. Randbemerkungen. Die Schreibschrift Frohschammers bildet eine Mischung aus lateinischer und deutscher Schrift. Die Wörter sind zumeist durch Auslassung von Buchstaben abgekürzt, wobei sich bestimmte Vorlieben Frohschammers ausmachen lassen, eine exakte Regel sich allerdings nicht feststellen läßt. Gelegentlich läßt es sich nicht sicher sagen, ob ein Buchstabe vorhanden ist oder nicht. Nicht immer sind „ss“ und „ß“ sicher zu unterscheiden. Auch läßt sich nicht immer mit Sicherheit ausmachen, ob ein Gliederungspunkt, z.B. „a“ oder „ b “ schon ursprünglich gesetzt war oder ob er erst sekundär eingefügt wurde; nur dort, wo eine sekundäre Einfügung offensichtlich ist, wird dies in der Fußnote vermerkt. Die Abkürzungen werden in der vorliegenden Ausgabe aufgelöst und die fehlenden Buchstaben in eckigen Klammern ergänzt. Gleiches gilt für gegebenenfalls fehlende Satzzeichen. Nur an jenen Stellen, wo ganze Wörter fehlen, wurde, wenn dies dem Herausgeber zum besseren Verständnis des Textes nötig erschien, ein fehlendes Wort ebenfalls in eckigen Klammern eingefügt. Unterstreichungen wurden, da sie zumeist unmotiviert wirken und sicher im Laufe der Jahre vorgenommen wurden, nicht übernommen. Die Bögen wurden von Frohschammer zunächst nur einspaltig beschrieben, um die frei gebliebenen Spalten für Ergänzungen zu nutzen. Diese Ergänzungen werden in der vorliegenden Edition entweder als „Randbemerkungen“ identifiziert, wo deren exakte Verortung im Haupttext von Frohschammer nicht festgelegt wurde und die deshalb vom Herausgeber entsprechend dem jeweiligen Sinnzusammenhang vorgenommen wurde, oder als „Einfügungen“ am Seitenrand bzw. über oder unter der Zeile, die von Frohschammer selbst durch Auslassungszeichen an der betreffenden Stelle im Haupttext exakt verortet wurden. Beide werden in dieser Edition als Fußnoten formatiert. Einfügungen, die dem Herausgeber vom Textzusammenhang her als besonders wichtig erschienen, wurden zusätzlich im Haupttext abgedruckt. Einzelne Wörter bzw. Wortteile, die vom Herausgeber trotz größter Mühe nicht rekonstruiert werden konnten und so unleserlich blieben, wurden mit „(? )“ gekennzeichnet, um diesen Hinweis von „[? ]“ als Kennzeichnung eines im Original nicht vorhandenen, von der Grammatik her aber geforderten und daher vom Herausgeber ergänzten Fragezeichens zu unterscheiden; ansonsten wurden sämtliche Einfügungen des Herausgebers in eckige Klammern gesetzt. Gewöhnlich hat Frohschammer die Überschrift über einen größeren Abschnitt, z.B. einen Paragraphen, jeweils zu Beginn eines neuen Bogens wiederholt; zur Vermeidung von Irritationen werden diese Überschriften in dieser Ausgabe kleiner gedruckt. 1. Zur Seitenzählung Frohschammer selbst hat die in der Regel vier Seiten umfassenden Schreibbögen und die nur selten zwei Seiten umfassenden Blätter von wenigen Ausnahmen abgesehen bogen- <?page no="19"?> 9 bzw. blattweise gezählt, indem er am rechten oberen Seitenrand der ersten Seite des jeweiligen Bogens oder Blattes beispielsweise „Religionsphilosophie 86“ oder „4“ anmerkte; „Religionsphilosophie 86“ bzw. „4“ bedeutet dabei jeweils den gesamten vierseitigen Bogen bzw. das gesamte zweiseitige Blatt. Vermutlich weil er dies nicht durchgängig getan hat, wurde erst in jüngster Zeit von der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek München die gesamte Handschrift zusätzlich foliiert, so daß auf einem Bogen bzw. Blatt jede Vorderseite eine Nummer erhielt. Eine Seitenzahl umfaßt jeweils Vorder- und Rückseite, so daß ein vierseitiger Bogen als zwei Blätter mit zwei Nummern gerechnet wird. Im ganzen werden so 247 Blätter (Vorder- und Rückseite) gezählt. Für die vorliegende Edition haben wir diese Zählung übernommen, wobei wir zur Kennzeichnung der Vorderbzw. der Rückseite für die Vorderseite jeweils „r“ (recto) und für die Rückseite jeweils „v“ (verso) ergänzt haben. Da die einzelnen Seiten von Frohschammer in der Regel spaltenweise beschrieben wurden - auf der einen Spalte befindet sich jeweils der durchlaufende Haupttext, auf der anderen Einfügungen in den oder Randbemerkungen zum Haupttext - haben wir zusätzlich „r“ für die rechte und „l“ für die linke Spalte angegeben. Die Angabe [115vr] bedeutet demnach die Rückseite des Blattes (Doppelseite) mit der Nummer 115, rechte Spalte, die Angabe [93rl] hingegen meint die Vorderseite des Blattes (Doppelseite) mit der Nummer 93, linke Spalte. Die Register geben hingegen die Seiten dieser Edition wieder. An dieser Stelle sei angemerkt, daß ich im Rahmen meiner bisherigen Forschungen zu Frohschammer schon vor der von der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek München vorgenommenen Foliierung die gesamte Handschrift durchpaginiert und gemäß dieser Paginierung zitiert habe. Zur Unterscheidung der beiden Spalten habe ich dabei jeweils „r“ für die Angabe der rechten und „l“ für die Angabe der linken Spalte reserviert, so daß beispielsweise die Angabe [424l/ 425r] den Umbruch von der Seite 424, linke Spalte, zu Seite 425, rechte Spalte kennzeichnet. Auf der Originalhandschrift finden sich lediglich die Zählungen Frohschammers und jene der Universitätsbibliothek München. Um dem Leser eine bessere Vergleichsmöglichkeit zu eröffnen, haben wir eine Synopse der verschiedenen Zählweisen erstellt. Dabei findet sich in der linken Spalte die von der Universitätsbibliothek München vorgenommene, aufgrund meiner aktuellen Forschungen teilweise modifizierte und für diese Edition übernommene Foliierung mit der von mir ergänzten Angabe „r“ bzw. „v“; in der mittleren Spalte folgt die originale, von Frohschammer selbst vorgenommene Bogenbzw. Blattzählung; in der dritten Spalte findet sich schließlich die in meiner Habilitationsschrift „Zwischen Rationalismus und Traditionalismus. Offenbarung und Vernunft bei Jakob Frohschammer (Studien zur systematischen Theologie und Ethik, Bd. 5)“ (Münster 1995) praktizierte Seitenzählung. So entspricht beispielsweise die von der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek München vorgenommene Angabe „62“ mit dem von mir zusätzlich angegebenen „r“ (linke Spalte) dem von Frohschammer selbst vorgenommenen Bogen „Rel[i]g[io]nsphilos[ophie] 20“ (mittlere Spalte) und der von mir selbst bis dato vorgenommenen Seite „121“ (rechte Spalte). Im Register werden demgegenüber die Seiten dieser Edition angegeben. <?page no="20"?> 10 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 1r 79 1 1 1v 80 - 2 2r - 3 2v - 4 3r 2 5 3v - 6 4r - 7 4v - 8 5r 1 9 5v - 10 6r 1 2 11 6v - 12 7r - 13 7v - 14 8r 1 3 15 8v - 16 9r - 17 9v - - 81 10r - 18 10v - 19 11r 2 20 11v - 21 12r 1 4 22 12v - 23 13r - 24 13v - - 82 14r 3 25 14v - 26 15r - 27 15v - 28 16r 4 29 16v - 30 17r - 31 17v - 32 78 So bei L ACHNER , Zwischen Rationalismus und Traditionalismus. Offenbarung und Vernunft bei Jakob Frohschammer (Studien zur systematischen Theologie und Ethik, Bd. 5), Münster 1995. 79 „r“ wurde von mir ergänzt und findet sich nicht auf dem Original. 80 Sämtliche mit „v“ angegebenen Seitenangaben finden sich nicht auf dem Original. 81 Unbeschriebene Seite (nicht gezählt). 82 Unbeschriebene Seite (nicht gezählt). Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 18r - 33 18v - 34 19r - 35 19v - 36 20r - 37 20v - 38 21r - 39 21v - 40 22r - 41 22v - 42 23r 1 43 23v - 44 24r - 45 24v - 46 25r 2 47 25v - 48 26r - 49 26v - 50 27r 1 51 27v - 52 28r - 53 28v - 54 29r 2 55 29v - 56 30r - 57 30v - 58 31r 5 59 31v - 60 32r - 61 32v - 62 33r 6 63 33v - 64 34r - 65 34v - 66 35r - 67 35v - 68 36r 7 69 36v - 70 37r - 71 37v - 72 38r 8 73 38v - 74 39r - 75 39v - 76 <?page no="21"?> 11 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 40r 9 77 40v - 78 41r - 79 41v - 80 42r 10 81 42v - 82 43r - 83 43v - 84 44r 11 85 44v - 86 45r - 87 45v - 88 46r 12 89 46v - 90 47r - 91 47v - 92 48r 13 93 48v - 94 49r - 95 49v - 96 50r 14 97 50v - 98 51r - 99 51v - 100 52r 15 101 52v - 102 53r - 103 53v - 104 54r 16 105 54v - 106 55r - 107 55v - 108 56r 17 109 56v - 110 57r - 111 57v - 112 58r 18 113 58v - 114 59r - 115 59v - 116 60r 19 117 60v - 118 61r - 119 61v - 120 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 62r 20 121 62v - 122 63r - 123 63v - 124 64r 21 125 64v - 126 65r - 127 65v - 128 66v - 130 67r - 131 67v - 132 68r 23 133 68v - 134 69r - 135 69v - 136 70r 24 137 70v - 138 71r - 139 71v - 140 72r 25 141 72v - 142 73r - 143 73v - 144 74r 26 145 74v - 146 75r - 147 75v - 148 76r 27 149 76v - 150 77r - - 83 77v - - 84 78r 28 151 78v - 152 79r - 153 79v - 154 80r 29 155 80v - 156 81r - 157 81v - 158 82r 30 159 82v - 160 83 Unbeschriebene Seite (nicht gezählt). 84 Unbeschriebene Seite (nicht gezählt). <?page no="22"?> 12 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 83r - 161 83v - 162 84r 31 163 84v - 164 85r - 165 85v - 166 86r 32 167 86v - 168 87r - 169 87v - 170 88r 33 171 88v - 172 89r - 173 89v - 174 90r 34 175 90v - 176 91r - 177 91v - 178 92r 35 179 92v - 180 93r - 181 93v - 182 94r 36 191 94v - 192 95r - 193 95v - 194 96r 37 195 96v - 196 97r - 197 97v - 198 98r 38 187 98v - 188 99r 38 189 99v - 190 100r 39 183 100v - 184 101r - 185 101v - 186 102r 40 199 102v - 200 103r - 201 103v - 202 104r 41 203 104v - 204 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 105r - 205 105v - 206 106r 42 207 106v - 208 107r - 209 107v - 210 108r 43 211 108v - 212 109r - 213 109v - 214 110r 44 215 110v - 216 111r - 217 111v - 218 112r 45 219 112v - 220 113r - 221 113v - 222 114r 46 223 114v - 224 115r - 225 115v - 226 116r 47 227 116v - 228 117r - 229 117v - 230 118r 48 231 118v - 232 119r - 233 119v - 234 120r 49 235 120v - 236 121r - 237 121v - 238 122r 50 239 122v - 240 123r - 241 123v - 242 124r 51 243 124v - 244 125r - 245 125v - 246 126r 52 247 126v - 248 <?page no="23"?> 13 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 127r - 249 127v - 250 128r 53 251 128v - 252 129r - 253 129v - 254 130r 54 255 130v - 256 131r - 257 131v - 258 132r 55 259 132v - 260 133r - 261 133v - 262 134r 56 263 134v - 264 135r - 265 135v - 266 136r 57 267 136v - 268 137r - 269 137v - 270 138r 58 271 138v - 272 139r - 273 139v - 274 140r 59 275 140v - 276 141r - 277 141v - 278 142r 60 279 142v - 280 143r - 281 143v - 282 144r 61 283 144v - 284 145r - 285 145v - 286 146r - 287 146v - 288 147r 62 289 147v - 290 148r - 291 148v - 292 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 149r 63 b 293 149v - 294 150r - 295 150v - - 85 151r 63 296 151v - 297 152r - 298 152v - 299 153r 64 300 153v - 301 154r - 302 154v - 303 155r 65 304 155v - 305 156r - 306 156v - 307 157r 66 308 157v - 309 158r - 310 158v - 311 159r - 312 159v - 313 160r - 314 160v - 315 161r - 316 161v - 317 162r 67 318 162v - 319 163r - 320 163v - 321 164r 68 322 164v - 323 165r - 324 165v - 325 166r 69 326 166v - 327 167r - 328 167v - 329 168r 70 330 168v - 331 169r - 332 169v - 333 85 Unbeschriebene Seite (nicht gezählt). <?page no="24"?> 14 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 170r 71 334 170v - 335 171r - 336 171v - 337 172r 72 338 172v - 339 173r - 340 173v - 341 174r 73 342 174v - 343 175r - 344 175v - 345 176r 74 346 176v - 347 177r - 348 177v - 349 178r 75 350 178v - 351 179r - 352 179v - 353 180r 76 354 180v - 355 181r - 356 181v - 357 182r 77 358 182v - 359 183r - 360 183v - 361 184r 78 362 184v - 363 185r - 364 185v - 365 186r 78 a 366 186v - 367 187r - 368 187v - 369 188r 78 b 370 188v - 371 189r - 372 189v - 373 190r 79 382 190v - 383 191r - 384 191v - 385 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 192r 79 a 374 192v - 375 193r - 376 193v - 377 194r 79 a 378 194v - 379 195r - 380 195v - 381 196r 80 386 196v - 387 197r - 388 197v - 389 198r 81 390 198v - 391 199r - 392 199v - 393 200r 1 394 200v - 395 201r - 396 201v - 397 202r 2 398 202v - 399 203r - 400 203v - 401 204r 3 402 204v - 403 205r - 404 205v - 405 206r 4 406 206v - 407 207r - 408 207v - 409 208r 5 410 208v - 411 209r - 412 209v - 413 210r 6 414 210v - 415 211r - 416 211v - 417 212r 7 418 212v - 419 213r - 420 213v - 421 <?page no="25"?> 15 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 214r 8 422 214v - 423 215r - 424 215v - 425 216r 9 426 216v - 427 217r - 428 217v - 429 218r 10 430 218v - 431 219r - 432 219v - 433 220r 11 434 220v - 435 221r - 436 221v - 437 222r 1 438 222v - 439 223r - 440 223v - 441 224r 2 442 224v - 443 225r 12 444 225v - 445 226r - 446 226v - - 86 227r 1 447 227v - 448 228r - 449 228v - 450 229r 2 451 229v - 452 230r - 453 230v - 454 231r 3 455 Foliierung Originalzählung Frohschammers Seitenzählung 78 231v - 456 232r - 457 232v - 458 233r 4 459 233v - 460 234r - 461 234v - 462 235r 5 463 235v - 464 236r - 465 236v - 466 237r 1 467 237v - 468 238r - 469 238v - 470 239r 2 471 239v - 472 240r 1 473 240v - 474 241r - 475 241v - 476 242r 2 477 242v - 478 243r 3 479 243v - 480 244r 4 481 244v - 482 245r - 483 245v - 484 246r 5 485 246v - 486 247r - 487 247v - 488 Die Handschrift wurde von Frohschammer im Laufe der Jahre ständig verändert. Zahlreiche Überschreibungen, sekundäre Einfügungen von Gliederungsmerkmalen im Haupttext, Texteinfügungen über und teilweise unter den Zeilen sowie an den Seitenrändern und noch mehr Randbemerkungen und Einfügungen an den Seitenrändern, die in der vorliegenden Edition in den Fußnoten erscheinen, zeugen davon ebenso wie verschiedene nach- 86 Unbeschriebene Seite (nicht gezählt). <?page no="26"?> 16 einander, gelegentlich auch ineinander verschränkte Fassungen einzelner Teile der Vorlesung, die schon von der Gliederung der gesamten Handschrift her erkennbar werden. Frohschammer selbst hat seiner Vorlesung keine Gesamtgliederung vorangestellt. Die Überschriften geben zwar einen ersten Einblick in die Zusammenstellung des gesamten Textes, zugleich aber machen sie deutlich, daß der vorliegende Text keine geschlossene Einheit darstellt, sondern, von kleineren Neuabfassungen einzelner Abschnitte oder Paragraphen abgesehen, aus zwei größeren Fassungen zusammengefügt ist, die jeweils mehrfach überarbeitet wurden. 2. Kompositionskritische Analyse Die Vorlesung beginnt mit einem wohl im Sommersemester 1850 verfaßten „Vorwort“ [1rl] , das die beiden vierseitigen Bögen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 1“ [1rl-2vr] und „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 2“ [3rl-4vr] umfaßt; eine zweite, spätere Fassung der einleitenden Sätze des Vorwortes am Seitenrand [1rr] ist nicht datiert. Die darauf folgende „Einleitung“ ist auf der ersten Seite [5rl] des Bogens [5rl-5vr und 10rl-10vr] erneut mit „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 1“ [5rr] numeriert. Die Wiederholung der Numerierung „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 1“ könnte zwar darauf hindeuten, daß hier bereits eine zweite Fassung vorliegt, die Frohschammer später an dieser Stelle eingefügt hat, wahrscheinlicher ist aber, daß Frohschammer die „Einleitung“ unabhängig vom „Vorwort“ als eigenen Abschnitt numeriert hat. Inhaltlich schließt diese „Einleitung“ mit der Überschrift „§: 1 Begriff, Gegenstand u[nd] Aufgabe der Religionsphilosophie.“ gut an das „Vorwort“ an. Sie umfaßt auf dem vierseitigen Bogen [5rl-5vr und 10rl-10vr] zunächst die Seiten [5rl-5vr] . Die beiden folgenden Bögen [6rl-7vr] und [8rl-9v] sind in diesen Bogen eingelegt. Inhaltlich bilden diese beiden eingelegten Bögen eine Einheit und verstehen sich als Fortsetzung des Textes auf Seite [5vr] ; entsprechend wird dieser Einschub von Frohschammer auch treffend als „Beil[a]g[e] z[u] §: 1. II.“ [6rl] sowie [8rl] gekennzeichnet; dafür, daß die beiden Bögen erst später eingeschoben wurden, spricht nicht nur die offensichtlich sekundäre Einfügung der Untergliederung „a“ hinter „II“ [5rl] , die durch die Ergänzung des Abschnittes „II b.“ [6rl] auf dem ersten eingelegten Bogen erforderlich wurde, sondern auch die spezifizierende Numerierung des ersten eingelegten Bogens „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 1²“ [6rr] und des zweiten eingelegten Bogens mit der Randnummer „1³“ [8rr] sowie die Tatsache, daß die vierte Seite des zweiten eingelegten Bogens [9v] unbeschrieben ist. An den Bogen [5rl-5vr und 10rl-10vr] mit den beiden eingelegten Bögen schließt inhaltlich unmittelbar ein vierseitiger Bogen [11rl- 11vr und 18rl-18vr] an, der [11rr] mit „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 2“ numeriert ist und auch inhaltlich als zur „Einleitung“ gehörend und sich als Fortsetzung zu „§: 1“ verstehend gekennzeichnet ist [11rl] ; der am Seitenende [11vr] unabgeschlossene Satz wird erst [18rl] fortgesetzt. In diesen Bogen [11rl-11vr und 18rl-18vr] eingelegt folgt ein Bogen [12rl-13v] mit der Numerierung „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 1 4 “, dessen vierte Seite [13v] unbeschrieben ist und insofern schon äußerlich als späterer Einschub identifizierbar ist und der sich sowohl durch seine Numerierung als auch durch seine Überschrift <?page no="27"?> 17 „Beil[a]g[e] z[u] § 1 IV“ inhaltlich als Ersatz des in den Bögen [5rl-5vr und 10rl-10vr] und [11rl-11vr und 18rl-18vr] im Nachhinein eingeklammerten Abschnittes „IV“ [10vr- 11vr] zu erkennen gibt; der unmittelbar auf die „Beil[a]g[e] z[u] § 1 IV“ auf den beiden folgenden Seiten [12rl-12vr] folgende Abschnitt „§: 2 Princip u[nd] Methode d[er] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie]“ versteht sich so als im Nachhinein verfaßter Einschub vor „§: 2 Princip u[nd] Methode der Religionsphilosophie.“ [11vr] . Fälschlicherweise sind die beiden folgenden Bögen „R[e]l[i]g[io]nsphilosophie 3“ [14rl-15vr] und „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 4“ [16rl-17vr] ebenfalls in den Bogen [11rl-11vr und 18rl-18vr] eingelegt. Inhaltlich knüpfen sie an den [18vr] begonnenen und unabgeschlossenen Satz exakt an, schließen den [11vr] begonnenen Paragraphen 2 ab und führen inhaltlich und von der Gliederung her logisch [15vr] mit dem ursprünglich als „§: 3“ und erst im Nachhinein zu „§: 4“ korrigierten Abschnitt „Eintheilung der R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie]“ und [15vr] diesen mit dem ursprünglich als „§: 4“ und erst im Nachhinein zu „§: 5“ korrigierten Abschnitt „Literatur der Religionsphilos[ophie]“ [16vr] fort. Warum Frohschammer die Numerierung der beiden Paragraphen verändert hat, ist angesichts der Tatsache, daß ein dadurch notwendig gewordener Paragraph 3 fehlt, unklar. Diese hier zunächst endende Fassung der Vorlesung zur Religionsphilosophie findet [31rr/ l] mit der von Frohschammer vorgenommenen Bogenzählung „Religionsphilos[ophie] 5“ seine Fortsetzung. Auf den Bogen [11rl-11vr und 18rl-18vr] mit den drei eingelegten Bögen folgt - im Nachhinein eingefügt - ein weiter nicht numerierter Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie]“ [19rl-20vr] , der sich als neue Fassung von „Einleitung.“ mit „Vorwort“ vom Mai 1854 zu erkennen gibt. Hierauf folgt ein weiterer unnumerierter Bogen [21rl-22vr] mit der im Nachhinein mit Bleistift vorgenommenen Datumsangabe „(1856 [,] d[en] 17. Apr[il])“. Dieser Bogen mit der Überschrift „Einl[ei]t[un]g z[ur] R[e]l[i]g[io]nsphilosophie“ und dem Untertitel „Ueber die Aufgabe u[nd] d[en] G[e]g[e]nst[a]nd der Philosophie.“ schließt sicher nicht an den vorherigen Bogen und wohl auch kaum an einen anderen der vorhergehenden Bögen an. Möglicherweise wurde er im Nachhinein vor den folgenden Einschub einer Neufassung der Einleitung und der drei ersten einleitenden Paragraphen der Vorlesung zur Religionsphilosophie gestellt, welche mit dem Bogen [23rl-24vr] , der erneut als „Religionsphilos[ophie] 1“ gezählt wird und „§: 1 Gegenstand der Religionsphilosophie.“ [23rl- 23vr] , „§: 2 Aufgabe der Religionsphilosophie“ [23vr-24rl] sowie den Anfang von „§: 3 Princip und Methode der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie]“ [24rl-24vr] behandeln. Der folgende Bogen „Religionsphilos[ophie] 2“ [25rl-26vr] schließt unmittelbar an den im vorherigen Bogen [23rl-24vr] begonnenen Paragraphen 3 an. An dieser Stelle ist auf den beiden Bögen „1“ [27rl-28vr] und „2“ [29rl-30vr] Frohschammers „Vorlesung am 4 [.] Mai 1863“ eingeschoben, die den Fortgang der Thematik unterbricht und die Frohschammer offensichtlich im Rahmen seiner Vorlesung zur Religionsphilosophie zum genannten Datum als öffentliche Antwort auf das an ihn ergangene Verurteilungsschreiben „Gravissimas inter“ 87 von Papst Pius IX. vom 11. Dezember 1862 87 DH 2850-2861. <?page no="28"?> 18 hielt. Der Münchener Erzbischof Gregor von Scherr hatte nach der Weigerung Frohschammers seine Unterschrift unter die vorbereitete Unterwerfungserklärung zu setzen, das päpstliche Schreiben erst am 4. April 1863, also exakt einen Monat vor dieser Vorlesung Frohschammers vom 4. Mai 1863 in lateinischer Sprache veröffentlicht. 88 Nach den genannten drei eingeschobenen Teilen [19rl-30vr] folgt ein Bogen „Religionsphilos[ophie] 5“ [31rr/ rl-32vr] , der unter der Überschrift „I [.] Kapitel od[er] Theil.“ [31r] und der Unterüberschrift „I [.] Theil. Ursprung u[nd] Entwicklung der R[e]l[i]g[io]n.“ [31rr] mit „§: 5 Die Religion als allgemeine Thatsache der Menschheit.“ [31rl] einsetzt. Dieser Bogen versteht sich ohne Zweifel als Fortsetzung der ersten Textfassung, die zunächst mit dem ursprünglich mit „§: 4“, später mit „5“ überschriebenen Abschnitt „Literatur der Religionsphilos[ophie]“ abgebrochen worden war [17vr] und der entsprechend mit „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 4“ [16rl-17vr] numeriert ist und schließt dort auch inhaltlich unmittelbar an; die auf dem Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 4“ [16rl- 17vr] veränderte Zählung der Paragraphen wird hier nicht weitergeführt. Der weitere Bogen „Religionsphilos[ophie] 6“ [33rl-34vr] schließt seinerseits unmittelbar an den vorherigen Bogen „Religionsphilos[ophie] 5“ [31rr/ rl-32vr ] an. Das folgende Blatt [35rl-35vr] , das thematisch dem Themenkomplex „R[e]l[i]g[io]nsphil[o]s[ophie] Metaphysik“ [35rr] zugeordnet ist und unter der Überschrift „B[e]gr[i]ff u[nd] Einth[ei]l[un]g“ [35rl] steht, gehört nicht in diese Fassung. Am Seitenrand finden sich die teils mit Tinte, teils mit Bleistift eingefügten, also sicherlich im Nachhinein erfolgten Datumsangaben 9. Mai 1859, 3. Mai 1860, 25. April 1861, 5. Mai 1862, 5. Mai 1863 und 25. April 1864; vermutlich hat Frohschammer diese Passage zu den genannten Zeitpunkten im Rahmen seiner Vorlesung zur Religionsphilosophie vorgetragen und möglicherweise ursprünglich im Frühjahr 1859 verfaßt und danach - wie die Randbemerkungen zeigen - immer wieder überarbeitet. Ihre Fortsetzung findet die zuletzt nach dem Bogen „Religionsphilos[ophie] 6“ [33rl- 34vr] unterbrochene Textfassung mit dem Bogen „Religionsphilos[ophie] 7“ [36rl-37vr] , der zunächst den [33rl] begonnenen „§ 6“ über den „Ursprung der Religion“ abschließt und sodann [36rl] „§: 7 Falsche Hypothesen 89 über d[en] des 90 Ursprungs 91 der Religion“ eröffnet, mit dem folgenden Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 8“ [38rl-39vr] , der den begonnenen § 7 fortsetzt und abschließt, mit dem wiederum unmittelbar folgenden Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 9“ [40rl-41vr] , der [40rl] „§: 8 Die religiöse Anlage od[er] die (eingeborene) Idee v[on] Gott 92 “ behandelt, dem folgenden Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 10“ [42rl-43vr] , der nach Fortsetzung und Abschluss von § 8 mit „§: 9 Anfänge der Religion od[er] Entstehung des Gottesbewußtseyns. (Gott[e]s Ur-Off[e]nb[a]r[un]g)“ [43rl] einsetzt, der zuerst in Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 11“ [44rl-45vr] fortgesetzt und in Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 12“ [46rl-47vr] abge- 88 Pastoral-Blatt für die Erzdiöcese München-Freysing 4 (1863) Nr. 14, 57-59. 89 „Hypothesen“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Erklärungen“. 90 „über den“ über der Zeile ersetzt in der Zeile allerdings nicht eingeklammertes „des“. 91 Der Genitiv ist im Zuge der sprachlichen Überarbeitung irrtümlich stehen geblieben. 92 „Gottesidee“ über der Zeile. <?page no="29"?> 19 schlossen wird, bevor [46rl] mit „§: 10 Die erste religiöse Grund-Function (od[er] Thätigk[ei]t) des Menschen oder der (religiöse) Glaube. Die Grundfuncti[on] u[nd] Form d[e]s Gott[e]sb[e]wußts[e]y[n]s od[er] d[er] r[e]l[i]g[iö]s[e] Glaube“ eine neue Thematik eröffnet wird, die ihrerseits in dem folgenden Bogen „Rel[i]g[io]nsphilos[ophie] 13“ [48rl-49vr] fortgesetzt und auf dem weiteren Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 14“ [50rl-51vr] abgeschlossen wird, wo sodann [51vr] der anschließende „§: 11 Die (rel[i]g[iö]se) Thätigk[ei]t der gesammten geist[i]g[en] Kräfte od[er] Vermögen des Menschen“ begonnen wird. Diese Fassung des Vorlesungstextes findet ihre Fortsetzung in dem unmittelbar folgenden Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 15“ [52rl-53vr] mit der Fortsetzung von § 11, im folgenden Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 16“ [54rl-55vr] mit dem Abschluss von § 11 und der Eröffnung von „§: 12 Die E[n]tst[e]h[un]g der Vielheit u[nd] Verschiedenheit der Religionen, durch geschichtl[ichen] Entwickl[un]gsproceß des G[o]tt[e]sb[ewu]ßts[eyn]s u[nd] der Ursp[run]g des Symbolik u[nd] Mythologie“ [55rl] , in den folgenden Bögen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 17“ [56rl-57vr] , „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 18“ [58rl-59vr], „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 19“ [60rl-61vr] mit der Fortsetzung von § 12, auf dem Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 20“ [62rl-63vr] mit dem Abschluß von § 12 und dem Beginn von „§: 13 Wiedervereinigung der Religion[en] zu Einer, der wahren und einzigen“ [63rl] , in den folgenden Bögen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 21“ [64rl-65vr] und „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 22“ [66rl-67vr] mit der Fortsetzung dieses Paragraphen, in dem folgenden Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 23“ [68rl-69vr] mit dessen Abschluss und der Eröffnung von „§: 14 Die göttl[iche] Offenbarung [.] Nothw[e]nd[i]gk[ei]t u[nd] Erkennbark[ei]t ders[e]lb[en] (Wirkl[i]chk[ei]t? ). Gegen Rational[i]sm[us]“ [68vr] , in den wiederum unmittelbar folgenden Bögen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 24“ [70rl-71vr] , „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 25“ [72rl-73vr] mit der Fortsetzung des Paragraphen 14, in dem darauf folgenden Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 26“ [74rl-75vr] mit dem Abschluß des Paragraphen 14 und dem Beginn von „§: 15 Die R[e]l[i]g[io]nswissenschaft.“ [74vr] , sowie dessen Abschluß in dem folgenden Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 27“ [76rl-77v] , dessen zwei letzte Seiten [77r-77v] unbeschrieben sind. Auf diesen „I [.] Theil“ folgt in der Handschrift ein „II [.] Th[ei]l D[ie] Lehre v[on] Gott.“ [78rl] , der in seiner Gesamtheit dieser zentralen und umfangreichsten Fassung der Handschrift angehört und direkt an den vorherigen Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 27“ anschließt: der Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 28 [78rl-79vr] mit dem weiter gezählten „§: 16 (Das Bewußtseyn der R[e]l[i]g[io]nen selbst, v[on] d[er] Gotth[ei]t.) Gegenstand der Untersuchung“ [78rl] und dem irrtümlich erneut als „§: 16“ gezählten Paragraphen „V[on] d[en] Beweisen für d[as] Daseyn G[o]tt[e]s.“ [78vr] , der auf den Bögen „R[e]l[i]g[io]nsphilosoph[ie] 29“ [80rl-81vr] und „Rel[i]g[io]nsphilos[ophie] 30“ [82rl-83vr] fortgesetzt und auf dem folgenden Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie 31“ [84rl-85vr] abgeschlossen wird, wo [85rl] „§: 17 Wesen u[nd] Eigenschaften Gottes“ ansetzt. Dieser Paragraph wird in den folgenden Bögen 32 [86rl-87vr] , 33 [88rl-89vr] , 34 [90rl-91vr] und 35 [92rl-93vr] weiter verhandelt. Dieser relativ umfangreiche Paragraph wird in dem Abschnitt „Schlußbemerk[u]ng[e]n üb[er] die g[ö]ttl[ichen] Eig[e]n- <?page no="30"?> 20 s[c]h[a]ft[e]n“ [92rl-93vr] zusammengefaßt. Seine unmittelbare Fortsetzung findet der Text auf den fünf folgenden Bögen 36 [94rl-95vr] , 37 [96rl-97vr] , 38 [98rl-99vr] , 39 [100rl-101vr] und 40 [102rl-103vr] , die unter der Überschrift „§: 18 Das göttl[iche] Leben, die g[ö]ttl[iche] Persönlichk[ei]t“ [94rl] stehen. Hieran schließt wiederum unmittelbar der auf den Bögen 41 [104rl-105vr] , 42 [106rl-107vr] , 43 [108rl-109vr] , 44 [110rl- 111vr] , 45 [112rl-113vr] und 46 [114rl-115vr] behandelte „§: 19 Von der Entstehung der Welt.“ [104rl] an; auf dem zuletzt genannten Bogen beginnt sodann [115rl] „§: 20 Wesen u[nd] Beschaffenheit der Welt.“, der auf den Bögen 47 [116rl-117vr] , 48 [118rl-119vr] , 49 [120rl-121vr] und 50 [122rl-123vr] weiter ausgeführt wird. Auf dem letztgenannten Bogen wird [123rl] mit „§: 21 Wesen des Menschen.“ fortgefahren, der auf den folgenden Bögen 51 [124rl-125vr] , 52 [126rl-127vr] und 53 [128rl-129vr] weitergeführt und auf dem Bogen 54 [130rl-131vr] abgeschlossen wird. Auf dem letztgenannten Bogen schließt folgerichtig „§: 22 V[on] d[er] Willensfreiheit.“ [131rl] an, der auf den Bögen 55 [132rl- 133vr] , 56 [134rl-135vr] und 57 [136rl-137vr] seine Fortsetzung und auf Bogen 58 [138rl-139vr] seinen Abschluss findet, wo dann [139rl] „§: 23 V[om] physischen u[nd] moralischen Uebel.“ beginnt. Dieser Paragraph wird auf den folgenden Bögen 59 [140rl- 141vr] , 60 [142rl-143vr] und 61 [144rl-144vr und 146rl-146vr] , in welchen ein doppelseitig beschriebenes Blatt im Format von 21 Zentimetern Höhe und 17 Zentimetern Breite [145r-145v] mit der Überschrift „Ob d[a]s Böse ein bloßer Mangel.“ [145r] eingelegt ist, fortgesetzt und auf dem Bogen 62 [147rl-148vr] abgeschlossen. Auf demselben Bogen folgt [148rl] „§: 24 V[on] d[er] Erlösung“. Dieser Bogen wird erst [151rl] auf dem Bogen 63 [151rl-152vr] fortgeführt; vor diesen ist im Nachhinein ein Bogen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 63 b “ [149rl-150v] , dessen vierte Seite [150v] unbeschrieben ist, eingefügt, der [149rl] als „Beil[a]g[e] z[u] Bog[en] 63“ mit der Überschrift „Geschichtl[iches] üb[er] d[ie] Erlös[u]ngstheorie.“ gekennzeichnet ist, deren exakte Verortung auf dem Bogen 63 aber nicht auszumachen ist. An den Bogen 63 schließt unmittelbar der Bogen 64 [153rl-154vr] an, wo [154rl] unter konsequenter Weiterzählung der Paragraphen „§: 25 V[on] d[er] Unsterblichkeit.“ folgt, ein Paragraph, der auf den Bögen 65 [155rl- 156vr] und 66 [157rl-157vr und 161rl-161vr] , in den ein von Frohschammer nicht eigens numerierter Bogen im Format von 21 Zentimetern Höhe und 17 Zentimetern Breite [158rl-158vr und 160rl-160vr] mit der Überschrift „Ew[i]ge Straf[en]“ [158r] eingelegt ist, in den seinerseits ein doppelseitig beschriebenes Blatt im Format 21,5 Zentimetern Höhe zu 13,4 Zentimetern Breite [159r-159v] , ebenfalls ohne Originalzählung eingelegt ist; die genaue Verortung dieses eingelegten Bogens und des eingelegten Blattes im fortlaufenden Text ist unklar. Auf dem folgenden Bogen 67 [162rl-163vr] wird § 25 abgeschlossen; [163rl] schließt „§: 26 Vom Weltende“ an, ein Paragraph, der auf dem Bogen 68 [164rl-165vr] fortgeführt und auf dem Bogen 69 [166rl-167v] abgeschlossen wird, wobei die vierte Seite des Bogens 69 [167v] ursprünglich unbeschrieben blieb und erst später eine kurze mit Bleistift geschriebene und sicher erst im Nachhinein eingefügte Gliederung des folgenden III. Teils dieser vom Umfang und von der Gesamtkonzeption her zentralen Fassung seiner Vorlesung, in der es um die „Ethik“ [167vl] oder die „Realisirung der R[e]l[i]g[io]n im Leben“ [168rl] geht, eingetragen wurde. <?page no="31"?> 21 Der „III [.] Theil“ der Vorlesung beginnt mit dem unmittelbar an den Bogen 69 anschließenden Bogen 70 [168rl-169vr] mit einer kurzen „V[o]rb[e]m[e]rk[u]ng“ [168rl] und „§: 27 V[on] d[er] rel[i]g[iö]s[en] Gemeinschaft.“ [168vr] , ein Paragraph, der auf dem Bogen 71 [170rl-171vr] fortgesetzt und auf dem Bogen 72 [172rl-173vr] abgeschlossen wird, auf dem [172vr] „§: 28 V[om] rel[i]g[iö]s[en] Cultus.“ beginnt. Dieser Paragraph setzt sich fort auf den Bögen 73 [174rl-175vr] , 74 [176rl-177vr] und 75 [178rl-179vr] und schließt auf dem unmittelbar folgenden Bogen 76 [180rl-181vr] ab, wo [180rl] „§: 29 Religiöse Auctorität u[nd] r[e]l[i]g[iö]s[e] Freiheit.“ beginnt. Dieser Paragraph findet seine Fortsetzung auf dem folgenden Bogen 77 [182rl-183vr] und seinen Abschluss auf dem Bogen 78 [184rl-185vr] . Auf diesem beginnt [185vr] der unmittelbar anschließende „§: 30 Verhältniß der Religions-Gemeinschaften zu einander.“ Die beiden folgenden Bögen „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 78 a “ [186rl-187vr] und „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 78 b “ [188rl-189vr] , die als „Beil[a]g[e] z[u] §: 29“ [186rl und 188rl] bestimmt sind, verstehen sich als später eingefügte Fortsetzung von § 29 und sind inhaltlich unmittelbar vor der Überschrift § 30 [185vr] zu denken. Der letzte Satz von § 30 auf dem Bogen 78 [185vr] wird [190rl] auf dem Bogen 79 [190rl-191vr] fortgesetzt und der gesamte § 30 abgeschlossen, wo [191vr] bruchlos „§: 31 V[om] Verhältniß der R[e]l[i]g[io]n zum Staate.“ beginnt. Die beiden folgenden Bögen 79 a [192rl-193vr] und der folgende, irrtümlicherweise erneut als „79 a “ [194rr] gezählte Bogen [194rl-195vr] , von denen ersterer als „Beil[a]g[e] z[u] §: 30.“ [192rl] gekennzeichnet und letzterer mit „§: 31 Religion u[nd] Moralität.“ [194rl] überschrieben ist, sind als Einschübe vor „§: 31 V[om] Verhältniß der R[e]l[i]g[io]n zum Staate.“ [191vr] auf dem Bogen 79 gedacht. Dieser ursprüngliche Paragraph 31 wird auf den Bögen 80 [196rl-197vr] und 81 [198rl-199vr] fortgesetzt und abgeschlossen. An dieser Stelle endet diese erste, vom Umfang und von der inhaltlichen Geschlossenheit her zentrale Fassung der Vorlesung Frohschammers zur Religionsphilosophie. Die folgenden Bögen sind in ein gedrucktes Thesenblatt einer für 3. Mai 1855, 10 Uhr angekündigten öffentlichen Disputation von Casparus Papius eingeschlagen. Mit der Überschrift „§: 1 Aufg[abe] d[er] Philosophie.“ [200rl] auf einem mit „1“ numerierten Bogen [200rl-201vr] beginnt mit einer weiteren, unabgeschlossenen Fassung von Frohschammers „Einl[ei]t[un]g“ [200rl] zur Vorlesung über Religionsphilosophie, die mit dem mit Bleistift eingefügten Datum „Nov[ember] 1854“ [200rl] versehen ist, die zweite Fassung dieser Vorlesung. Dieser Paragraph findet seine ungebrochene Fortsetzung auf den Bögen „2“ [202rl-203vr] , „3“ [204rl-205vr] , „4“ [206rl-207vr] , „5“ [208rl-209vr] , „6“ [210rl-211vr] , „7“ [212rl-213vr] , „8“ [214rl-215vr] , „9“ [216rl-217vr] , „10“ [218rl- 219vr] und „11“ [220rl-221vl] . Daran schließt auf dem folgenden, erneut mit „1“ gezählten Bogen [222rl-223vr] „§: 2 Aufg[a]be der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie“ [222rl] an. Daß dieser Bogen ursprünglich an die unmittelbar vorhergehenden Bögen anknüpft, ist möglich, aber nicht sicher. Dafür spricht der Anschluss eines Paragraphen 2 an den zuvor verhandelten Paragraphen 1; dagegen spricht die Verwendung eines anderen Blattformats von 33,5 mal 21,4 Zentimetern. Möglicherweise schließt er an den folgenden Bogen [225rl-226v] an. Er findet <?page no="32"?> 22 seinerseits aber seine ungebrochene Fortsetzung auf dem mit „2“ [224rl] bezeichneten doppelseitig beschriebenen Blatt [224rl-224vr] in demselben Format. Daß der folgende mit „12“ gezählte Bogen [225rl-226v] , dessen vierte Seite [226v] unbeschrieben ist und der sich als „Recap[itulation]“ von „§: 1 Aufg[abe] d[er] Philos[ophie]“ [225rl] zu erkennen gibt, an den vorhergehenden Bogen anschließt, ist wegen der Numerierung mit „12“ so gut wie ausgeschlossen. Naheliegender ist aus inhaltlichen Gründen, daß dieser Bogen unmittelbar an den obigen Bogen „11“ [220rl-221vl] anschließt. Wahrscheinlich schließt der nächste, erneut mit „1“ gezählte Bogen [227rl-228vr] mit der Überschrift „§: 2 Princip der Philosophie.“ [227rl] an den vorhergehenden Bogen an. Zwar spricht die Numerierung des Bogens dagegen, die inhaltliche Gliederung aber spricht dafür. Möglicherweise wurde dieser Paragraph wie auch die folgenden Paragraphen für sich numeriert. Inhaltlich liegt der unmittelbare Anschluß an [224vr] nahe. In jedem Fall aber schließen die Bögen „2.“ [229rl-230vr] , „3.“ [231rl-232vr] , „4“ [233rl- 234vr] und „5“ [235rl-236vr] nacheinander an diesen Bogen „1“ an. Erneut als „1.“ wird der folgende Bogen [237rl-238vr] gezählt, der die Überschrift „§: 3 Methode der Philos[ophie]“ [237rl] trägt. Inhaltlich knüpft dieser Bogen und das folgende doppelseitig beschriebene Blatt „2“ [239rl-239vr] mit der Überschrift „§: 3 Methode“ an die vorherigen Bögen [227rl-236vr] an. Wiederum mit „1“ gezählt schließt der folgende Bogen in dem Format 33,5 mal 21,4 Zentimeter [240rr/ rl-241vr] mit der Überschrift „§: 4 Verhältniß der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] (zur R[e]l[i]g[io]n u[nd] K[i]rche)“ [240r] inhaltlich gut an die vorhergehenden Bögen und das doppelseitig beschriebene Blatt an. Der Paragraph 4 findet auf den folgenden doppelseitig beschriebenen Blättern „2.“ [242rl-242vl] und „3“ [243rl-243vr] , in dem Bogen „4“ [244rl-245vr] und in dem letzten Bogen „5“ [246rl-247vl] seine unmittelbare inhaltliche Fortsetzung und seinen Abschluss. Zusammenfassend besteht Frohschammers Vorlesungshandschrift zur Religionsphilosophie aus zwei Fassungen. Eine erste, im Sommersemester 1850 begonnene oder verfaßte, die sich - unterbrochen bzw. ergänzt durch die drei späteren Einschübe [19rl-20vr] , [21rl-26vr] und [27rl-30vr] - vermutlich von [1rl-18vr] über [31rr-34vr] bis [36rl- 199vr] erstreckt. Die zweite Grundschrift, die im November 1854 begonnen wurde, setzt ein mit [200rl-221vl] und wird nach einem kurzen Einschub [225rl-226vr] - [225rl- 247vl] fortgesetzt und abgeschlossen. <?page no="33"?> 23 B. J AKOB F ROHSCHAMMER : R ELIGIONSPHILOSOPHIE (Text mit kritischem Apparat) Vorwort 93 M[eine] H[erren! ] 94 I) Indem ich es unternehme, Vorles[u]ng[e]n über R[e]l[i]g[io]ns- Philosophie zu eröffnen, glaube ich sowohl 95 einem Bedürfniß zu begegnen u[nd] den Wunsch Mancher zu erfüllen, als auch der Religion selbst ein Recht wieder zu Theil werden zu laßen, das ihr seit einigen Jahren nicht mehr gewährt ward an 96 unserer Universität. Während näml[ich] alle andern Gegenstände, die für das mens[c]hl[iche] Wißen v[on] Wichtigkeit sind, die Natur, das Recht, die Geschichte sich einer reichlichen u[nd] gediegenen Vertretung zu erfreuen hatten u[nd] auch philosoph[ischer] Untersuchung gewürdigt wurden, war die R[e]l[i]g[io]n allein unbeachtet geblieben u[nd] sie [,] die mit der Philosophie v[on] jeher in der nächsten Beziehung stand, von dieser gar nicht getrennt werden kann, da stets beide 97 zu jeder Zeit entwed[er] in freundschaftl[ichem] od[er] in feindlichen (sic! ) Verhältniß stehte (sic! ) [,] nie aber außer aller Bezieh[u]ng zu ihr sich befindet, sie, die R[e]l[i]g[io]n ist ohne philosoph[ische] Vertretung u[nd] Anwalt geblieben. - Gleichwohl scheint es mir gewiß, daß, wenn irgend ein G[e]g[e]nstand 98 genauer Prüfung u[nd] Erkenntniß gewürdigt zu werden verdient 99 [,] dieß bei der R[e]l[i]g[io]n der Fall ist 100 , u[nd] ich denke diese Ueberzeugung auch bei Ihnen hervorrufen zu können, wenn Sie den Gründen, die ich dafür anführe, Ihr Nachdenken zuwenden wollen. 101 93 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 1.“ am oberen Seitenrand [ 1rr ]; „1” bezeichnet den Bogen. 94 „1850 SommerSemester (sic! )“ über der Zeile. 95 „sowohl” ersetzt durch Streichung ursprüngliches „ebensowohl“. 96 In der Zeile folgendes „d[er] philos[ophischen] F[akultät]” gestrichen. 97 „stets beide” über der Zeile; „die Philosophie“ in der Zeile eingeklammert. 98 Über der Zeile eingefügtes „in Erscheinung“ gestrichen. 99 „u[nd] gekannt werden soll v[on] Jedem [,] der nicht blos ein fader Handwerker seines engen Berufes seyn will, so ist dieß“ am Seitenrand [1rr] eingefügt. 100 „u[nd] daß sie darum mit vollem Rechte in der Reihe der üb[ri]g[en] philos[ophischen] G[e]g[e]nst[ä]nde ihre Vertretung finde“ am Seitenrand [1rr] eingefügt. 101 Möglicherweise als Ersatz für den vorstehenden einleitenden Absatz bietet die Handschrift [1rr] folgende Einleitung: „M[eine] H[erren! ] Ehe ich d[ie] Vortr[ä]ge üb[er] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] beginne, [in der Zeile folgende Satzanschlußversuche „glaube scheint wird” gestrichen] ist es, wie mir scheint, zweckdienl[ich,] daß ich zuvor in einigen allgem[einen] Bem[e]rk[u]ng[e]n auf die Bedeut[u]ng u[nd] Wicht[i]gk[ei]t des G[e]g[e]nst[a]nd[e]s Sie aufmerksam zu machen, der hier zur philos[ophischen] Untersuch[u]ng kommen soll, der R[e]l[i]g[io]n näml[ich] [über der Zeile: „u[nd] dieß deßwegen [,] weil -”]. - Es herrscht [in der Zeile folgendes „näml[ich]” gestrichen] [,] wie mir scheint, namentl[ich] bei denen, die sich nicht spez[iell] dem Stud[ium] der Theol[ogie] zuwenden, ein gewisses Vorurtheil, eine gewisse Abneig[u]ng geg[en] d[ie] R[e]l[i]g[io]n u[nd] die Wisse[n]sch[a]ft, die sie zum G[e]g[e]nsta[n]d hat; wenigst[e]ns wird die Belehr[u]ng u[nd] d[as] Stud[ium] hierüber für etwas Ueberflüßiges, Unnöthiges gehalten. [Einfügung [1rr] : „Nicht als wenn der Einzelne erst sich d[ie]s[e]s schiefe Urtheil [,] nein, nicht so ist es gemeint, d[ie]se Ansicht ist vielmehr so herkömml[ich] ... (? ) s[o] z[u] s[agen] und … (? ) ist übliches … (? )]. - D[a]g[e]g[e]n ist nun freil[ich] sogleich zu bemerken, [„Jeder muß si[c]h sogleich … (? )“ über der Zeile] daß wenn es je darum zu thun ist, sich philos[ophische] Kenntniße zu <?page no="34"?> 24 II) a) Betrachten wir die R[e]l[i]g[io]n zuförderst (sic! ) nun als allgemeine Thatsache der Menschh[ei]t, als historische Erscheinung, als bewegende Kraft 102 in der Weltgeschichte, so wird sich ihr keine andere Macht an die Seite stellen können, die v[on] der frühesten Urzeit der Menschheit an durch alle Jahrh[u]nderte hindurch bis auf uns[ere] Tage solchen Einfluß geübt auf die geist[i]ge Entwickl[u]ng u[nd] Bildung der Menschheit, auf Wissenschaft, Kunst [,] Sitten u[nd] Lebenseinrichtung der Völker, ja selbst auf die politische Gestaltung der Staaten 103 , auf Entstehung u[nd] Untergang der großen Weltreiche - w[ie] d[ie] R[e]l[i]g[io]n 104 . - Von der ältesten Geschichte der Menschh[ei]t z.B. wissen wir wenig mehr 105 als einige religiöse Sagen u[nd] Gebräuche, u[nd] die Geschichtskunde der ältest[en] Völker hebt mit diesen an; aus diesen entwickeln sich gewöhnl[ich] erst nach u[nd] nach die staatlichen Einrichtungen u[nd] Gesetze 106 ; und die Religion [1rl/ 1vr] wie sie sonst auch näher beschaffen seyn mochte, hatte stets auf alle Staatsverhältnisse u[nd] Unternehmungen bei allen alten Staaten den größten Einfluß. 107 Wir brauchen aber nicht so weit zurückzugehen, um den großen, entscheidenden Einfluß der Religion auf das Leben der Völker im Groß[en], auf geschichtliche Entwickl[u]ng u[nd] die politische Gestalt[u]ng der Menschh[ei]t darzuthun; betrachten wir nur als evidenten Beweis hiefür zwei R[e]l[i]g[io]ns-Formen, deren Entsteh[u]ng u[nd] Entwicklung wir bestimmter u[nd] genauer kennen. Welche politis[c]he Bewegungen u[nd] Umgestaltungen ganzer Staaten u[nd] Reiche hat der Muhammedanismus in Afrika, Asien u[nd] selbst in Europa hervorgebracht? Kein andres Motiv hätte die Völker so in Beweg[u]ng zu setzen vermocht, hätte solche Veränd[e]r[u]ng[e]n in großartigster u[nd] nachhaltigster Weise hervorrufen können, wie d[ie]se neue R[e]l[i]g[io]nsform, diese wilde, stürmende r[e]l[i]g[iö]se Beerringen, es durchaus nicht vermeiden kann [,] auch die R[e]l[i]g[io]n in den Kreis s[einer] Untersuch[u]ngsg[e]g[e]nst[ä]nde herein zu ziehen, denn so lange es Philos[ophie] gibt [,] stand sie zur R[e]l[i]g[io]n in engster Bez[ie]h[u]ng, in freundsch[a]ftl[ichem] od[er] feindl[ichem] Sinne, [in der Zeile folgendes „ja sie” gestrichen] ging sie jedoch [„sie jedoch” über der Zeile eingefügt] uranfängl[ich] aus der R[e]l[i]g[io]n hervor. Namentl[ich] aber hat [„hat“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „ist“] in uns[eren] Tagen das Verh[ä]ltniß zw[i]sch[en] beiden sich so gestaltet, daß Eine Richtung der Philosophie zugleich R[e]l[i]g[io]n seyn möchte, indem sie ihre Resultate in die populäre Form summarisch (? ) Sentenzen ausprägend, an die Stelle der ch[ri]stl[ichen] Lehren setzen (möchte), also zur sog[enannten] R[e]l[i]g[io]n der Humanität sich umgestalten möchte; - die and[ere] Richtung aber auf alle Weise sich bemüht [,] den bisher[i]g[en] Zwiespalt zw[i]sch[en] ch[ri]stl[icher] R[e]l[i]g[io]n u[nd] Philos[ophie] aufzuheben u[nd] Versöhnung u[nd] Einheit zw[i]sch[en] beide[n] herzustellen. Die [„H” in der Zeile gestrichen] beiden H[au]ptricht[un]g[en] in der Philos[ophie] d[er] neu[eren] Zeit würden [„würden” über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „ziehen”] sich vorzugsweise dem Gebiet der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] zu. Wie sollte also der, welcher der Philos[ophie] der G[e]g[e]nwart s[eine] Aufmerks[a]mk[ei]t zuwendet, sein Nachdenken widmet, üb[er] die R[e]l[i]g[io]n in Unkenntniß bleiben können? Und üb[e]rh[au]pt wenn irg[e]nd ein G[e]g[e]nst[a]nd etc.“ 102 „Kraft” über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Macht“. 103 „der Staaten“ über der Zeile eingefügt. 104 „ - w[ie] d[ie] R[e]l[i]g[io]n“ über der Zeile eingefügt. 105 „sogar weiter Nichts“ über der Zeile. 106 Einfügung unter der Zeile: „die sich auf rel[i]g[iö]s[e] Ansicht[en] besinnen“. 107 Einfügung am Seitenrand [1vl] : „u[nd] gab jedem Staat sein[en] eigenthüml[ichen] Charakter [,] seine eigenth[üm]l[iche] Physiognomie möchte ich sagen, sie war die Seele [,] die sich in den äußern Formen manifestirte [über der Zeile eingefügtes ‘manifestirte’ ersetzt in der Zeile gestrichenes „spiegelte“], diese selbst hervorbrachte.“ <?page no="35"?> 25 geist[e]rung gethan. - Endl[ich] das Chr[i]st[e]nth[um] hat zwar in stillerer, aber desto nachhaltigerer, intensiverer Weise so zu sagen das Antlitz der halben Welt verändert u[nd] umgestaltet, vielen neu 108 entstehenden Reichen auch in ihren politis[c]h[en] Einricht[u]ng[e]n sein Gepräge aufgedrückt u[nd] als bewegender, leitender Geist innegewohnt; u[nd] wenn auch in neu[erer] Zeit die Staaten sich der rel[i]g[iö]s[e]n Motive bei ihren Einricht[un]g[en] u[nd] Unternehmungen entschlagen haben; so liegen doch noch sehr häufig auch bei politis[c]h[en] Entwickl[un]g[en] im Hintergrunde rel[i]g[iö]se Sympathieen oder Antipathiee[n] zu Grunde. Jedenfalls ist dieß gewiß [,] das (sic! ) Nichts so sehr die Völker trennt u[nd] sich entfremdet als die Verschiedenheit der R[e]l[i]g[io]n, u[nd] hinwiederum Nichts so sehr eint u[nd] befreundet als Uebereinstimmung, Einheit in der R[e]l[i]g[io]n. Wenn 109 auch Sucht nach augenblickl[ichem] Vorth[ei]l oft das Gegentheil bewirkt, so ist das aber nicht für die Dauer u[nd] vor Allem nicht Sache des Volkes, sond[ern] mehr Sache der Diplomatie. Schon um ihres großen Einflußes 110 auf das Leben der Völker, schon als die größte bewegende Macht in demselben 111 , verdient also die R[e]l[i]g[io]n uns[ere] besond[ere] Aufmerks[a]mk[ei]t u[nd] Prüfung. Ohne ihre Kenntniß wird schw[e]rlich [1vr/ 2rl] auch nur die politische Geschichte der Menschh[ei]t verstanden werden können. Ebenso wenig [,] ja noch weniger aber ist die Culturgeschichte der Völker zu verstehen ohne Kenntniß der Religion. Aus ihr gingen, wie schon bemerkt, nicht blos die Wissenschaften ursprünglich hervor [,] sondern auch die Künste [,] u[nd] im Wechselverkehr mit ihr entwickeln sich noch immer beide. Religiöse Vorstellungen waren es bei allen Völkern, selbst bei den freisinnigeren Griechen, welche den Künstlern den Stoff darbot zu ihren Meisterwerken u[nd] wo immer in Baukunst, Malerei od[er] Sculptur Ausgezeichnetes geschaffen ward, geschah es im Dienste der Religion. 112 Ebenso ist bekannt, wie die Wißensch[a]ft zuerst u[nd] urspr[ü]ngl[ich] von den Dienern der R[e]l[i]g[io]n, v[on] den Pr[ie]st[e]rn, begründet, gepflegt u[nd] ausgebildet ward u[nd] also auch sie auf dem Gebiet der R[e]l[i]g[io]n entsprang u[nd] Jahrh[u]nd[e]rte lang auf d[ie]s[e]m Gebiete verweilte, groß wurde u[nd] erstarkte, ehe sie Gemeingut der Menschh[ei]t wurde. 113 108 „neu“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „neuen“. 109 „. Wenn“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „, wenn“. 110 In der Zeile folgendes „also“ gestrichen. 111 „in demselben” über der Zeile ersetzt ursprüngliches, vermutlich im Nachhinein eingeklammertes „im Leben der Völker“. 112 Einfügung am Seitenrand [2rr] : „Die Riesenwerke aus dem Indis[c]h[en] u[nd] Aegyptis[c]h[en] Alterthum [,] sie sind aus dem Geiste der R[e]l[i]g[io]n d[ie]s[e]r Völker hervorgegangen; die herrl[ichen] Götterbilder der Griechen [,] sie sind durch d[ie] Inspiration der R[e]l[i]g[io]n des Griechenvolkes entstanden, sind der Ausdruck ihr[er] rel[i]g[iö]s[en] Idee[n] u[nd] Gefühle. Und ebenso hatte sich d[er] chr[i]stl[iche] Geist seine Kunst geschaffen - s[eine] hoh[en] gewalt[i]g[en] Tempel bei den germanisch[en] Völkern; die vollendeten Gemählde vor Allem bei dem Romanisch[en] Stamme im Mittelalter. - Und üb[e]rh[au]pt ist es anerkannte Thatsache, daß“. Der Satz ist unabgeschlossen. 113 Einfügung am Seitenrand [2rr] : „Und noch jetzt führen auch alle andern Wiss[e]nsch[a]ft[e]n in ihr[em] tiefsten u[nd] letzten Grunde auf d[a]s Gebiet zurück, welches das Eigenthüml[iche] der R[e]l[i]g[io]n ist; auf geheimnißvollen, unsichtbar[en] Grund u[nd] Anfang, auf das Göttliche, Unbegreifl[iche] - so d[ie] Naturwiss[e]nsch[a]ft, die Geschichte etc. - od[er] sie müssen nothw[e]nd[i]g[e]rw[ei]se im entgegengesetzt[en] Falle <?page no="36"?> 26 Schon in d[ie]s[e]r Universalhistoris[c]hen Beziehung also schon um ihres großen, entscheidenden Einflußes willen auf das äußere u[nd] innere Leben der Völker u[nd] des ganzen Menschen-Geschlechtes verdient die R[e]l[i]g[io]n uns[ere] vollste Aufmerks[a]mk[ei]t u[nd] d[a]s 114 Studium eines Jeden [,] der die Geschicke der Menschenwelt kennen u[nd] verstehen will. 115 b) Aber noch in anderer Bez[ie]h[u]ng ist das Verständniß der R[e]l[i]g[io]n von Wichtigkeit, v[on] unmittelbar practischer Bedeutung [für Jeden [,] der auf die Gestaltung der Verhältnisse uns[erer] Zeit Einfluß gewinnen u[nd] mitbestimmend einwirken will [,] zur Ordnung u[nd] Beilegung der herrschenden Wirren. Sie wißen [,] wie vielfach schon verhandelt wurde [,] über das Verhältniß [,] in dem die Religion zum Staat stehe, die Religionsgenoßenschaft mit ihren Verordnungen u[nd] Verbindlichk[ei]t[e]n zur Staatsordnung. 116 Trotz all’ der vielfachen Verhandlungen aber ist gerade in d[ie]s[er] Beziehung noch große Unsicherheit u[nd] Unbestimmtheit. Und kein Wunder [,] daß dieß der Fall ist, da v[ie]ll[e]i[c]ht 117 über keinen andern Gegenstand so ohne genauere Kenntniß seiner Natur u[nd] Bedeutung gesprochen wurde u[nd] wird wie über diesen, u[nd] nicht selten gerade die am meisten reden u[nd] die Sache entscheiden wollen [,] die am wenigsten davon verstehen, 118 die sich am wenigsten damit [2rl/ 2vr] beschäftigt haben u[nd] das Geringste v[on] ihr halten. Das ist nun freilich sonderbar, daß dieß gerade in Bezug auf die Rel[i]g[io]n geschieht. 119 Wenn über irgend einen andern Geg[e]nst[a]nd der Staatsordnung oder des mens[c]hl[ichen] Lebens üb[e]rh[au]pt, über ein Gewerbe z.B. oder über ein[en] Zweig der Kunst irgend Etwas bestimmt od[er] angeordnet werden soll, so wird gewiß Einer [,] der v[on] d[ie]s[e]m Gewerbe od[er] d[ie]s[e]r Kunst gar Nichts versteht, nicht mit drein reden u[nd] darüber entscheiden wollen, auch wird man schwerlich ein Gutachten von Solchen hoch anschlagen können; über die R[e]l[i]g[io]n aber glaubt man ohne weiters sprechen u[nd] entscheiden zu können, wenn man sich auch nie mit d[ie]s[e]m G[e]g[e]nst[a]nd beschäftigt hat, ihn also auch nicht kennt. Etwas Richtiges liegt aber dieser Anmaß[u]ng zu Grunde, näml[ich] dieß, daß die R[e]l[i]g[io]n Sache jedes Menschen ist, wenigstens seyn soll, nicht irgend eines besondern Standes, wie die mit der R[e]l[i]g[io]n auf Leb[en] u[nd] Tod in Kampf treten u[nd] sie zu zerstören suchen - ohne Notiz v[on] ihr zu nehmen [,] können sie aber schlechterdings nicht existiren u[nd] sich geltend machen.“ 114 „d[a]s” über der Zeile eingefügt. 115 Unter der Zeile: „(Uns[ere] Z[ei]t ei[n]e Z[ei]t d[er] Gähr[un]g - Ungl[a]ub[e] u[nd] Ab[er]gl[a]ub[e] wie zur Z[ei]t Christi -“. 116 Die Passage „für Jeden ... Staatsordnung“ ist im Original im Nachhinein in eckige Klammern gesetzt worden. Randbemerkung [2rr] : „namentl[ich] die Kunst nur da blühen könne [über der Zeile eingefügt „(schöpf[er]is[c]h ist -)“] [,] wo die R[e]l[i]g[io]n lebend[i]g ist, weil nur d[ie]se den Menschengeist mit Ideen befruchtet, deren äußere Darstell[u]ng Aufgabe der Kunst ist. Wo das rel[i]g[iö]s[e] Gefühl erkaltet, da ist keine eig[e]ntl[iche] schöpferische Kunst [,] sond[ern] nur Nachahmung möglich, nur Reproduciren u[nd] verschiedenart[i]g[e]s Combiniren deßen, was schon da ist.“ 117 „v[ie]ll[e]i[c]ht“ über der Zeile eingefügt. 118 Randbemerkung [2rr] : „V[ie]ll[ei]cht liegt gerade der Grund darin [,] d[a]ß die, welche hierüb[er] entscheiden wollen [,] so oft nur wenig [„wenig“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „wenige”] od[er] gar keine Ken[n]tnisse v[on] d[em] Wesen d[er] R[e]l[i]g[io]n haben [.] - Wie woll[en] sie da richtig urtheilen -“. 119 Randbemerkung [2vl] : „Zwar wird unt[er] Gebildeten in uns[eren] Tag[en] noch w[en]ig ernstl[ich] der R[e]l[i]g[io]n Aufmerks[a]mk[ei]t gesch[en]kt - aber“. <?page no="37"?> 27 Gewerbe u[nd] Künste; allein darin liegt denn auch wieder die Aufford[e]r[u]ng u[nd] Verpflichtung, d[a]ß Jeder sich darum auch die nöthigen Kenntnisse erwerben soll, eben weil die R[e]l[i]g[io]n Jeden angeht u[nd] Jeder darüber 120 sich eine bestimmte, klare Ansicht bilden soll, um darüber Bescheid zu wissen. c) Es gibt ferner kaum Einen G[e]g[e]nst[a]nd [,] über den so verschieden u[nd] häufig so geringschätzig u[nd] wegwerfend geurtheilt wurde, wie über die R[e]l[i]g[io]n [,] u[nd] wenn wir genauer nachforschen, so geschieht es in der Regel aus Unkenntniß od[er] fals[c]her, oberflächlicher Kenntniß der Sache. Nun sollte man glauben, wenn schon ein gewöhnl[icher] Verbrecher nicht ungehört u[nd] nicht ohne genaue Untersuchung verurtheilt wird, so könnte dieß um so weniger von d[ie]s[e]r großen, wichtigen, einflußreichsten Macht in der Geschichte, von der R[e]l[i]g[io]n [,] geschehen, von der jedenfalls wenigstens [der] größte Theil 121 der Menschen Beruhigung, Trost und Gesittung erhält. 122 Nur zu oft bildet man sich sein Urtheil über die R[e]l[i]g[io]n aus zufälligen oberflächlichen Beobachtungen, oder noch schlimmer [,] man sieht nur auf die Mißbräuche u[nd] urtheilt über die ganze Sache ohne dem Wesentlichen u[nd] Wahren davon weiter nachzuforschen. Man beurtheilt also u[nd] verwirft das eigne Phantom [,] [2vr/ 3rl] 123 Vorwort F[o]rts[e]tz[u]ng: das man sich von der R[e]l[i]g[io]n gebildet, das falsche, abgeschmackte Bild 124 der eignen Phantasie 125 . Gegen d[ie]s[e]s Machwerk des eignen Kopfes ziehen denn die scharfsinnigen Kritiker u[nd] Verurtheiler zu Felde u[nd] gehen natürlich siegreich aus dem Kampfe hervor, denn die arme Creatur, die R[e]l[i]g[io]n ihres eignen Geistes [,] war ja 126 leicht zu überwinden, sie war schon todt bei der Geburt, u[nd] nun glauben sie denn [,] alle R[e]l[i]g[io]n, die R[e]l[i]g[io]n üb[e]rh[au]pt, überwunden u[nd] beseitigt zu haben, während sie doch nur mit ihrer eignen fertig wurden. 127 So kommt es denn [,] daß man in derselben oftmals nichts Andres sehen will, als ein Gemengsel abergläubischer Vorstellungen und wunderlicher Vorschriften [,] die keinen Sinn u[nd] keine Bedeutung mehr haben. Gewöhnlich aber verhält sich die Sache so, daß nur sie, die so Urtheilenden, keinen Sinn dafür haben u[nd] keine Bedeutung dafür zu finden wissen, in ähnl[icher] Weise, wie es ja auch Leute gibt [,] die Alles für Unsinn u[nd] Dummheit erklären [,] was sie nicht verstehen. Es verhält sich damit 128 [,] wie mit 129 den herrlichen Ueberresten der Kunst des 120 In der Zeile folgendes „soll“ gestrichen. 121 „größte Theil“ über der Zeile. 122 Einfügung am Seitenrand [2vl] : „Man liebt es aber sich -“. 123 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 2“ am oberen Seitenrand [3rr] ; „2“ bezeichnet den Bogen. 124 „Bild” ersetzt durch Streichung ursprüngliches „Phantasiebild“. 125 „Phantasie” über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes unleserliches Wort. 126 „ja“ über der Zeile. 127 Einfügung am Seitenrand [3rr] : „D[ie]se Don-Quixoterie geg[en] die R[e]l[i]g[io]n wäre lächerl[ich,] wenn nicht so Viele Unbefangene d[u]rch sie berückt u[nd] getäuscht würden in Betreff der Rel[i]g[io]n.“ 128 Einfügung am Seitenrand [3rr] : „mit den rel[i]g[iö]s[en] Vorstell[u]ng[e]n u[nd] Gebräuchen d[ie]s[e]n Beurtheilern gegenüber häufig so“. 129 „mit“ über der Zeile. <?page no="38"?> 28 Alterthums [,] die [,] wie d[er] Dichter 130 Schiller sagt [,] „den Barbaren nur Stein sind” 131 [,] weil sie eben keinen Sinn u[nd] kein Gefühl dafür haben, während der Kenner sie schätzt, dafür begeistert ist 132 , sie sorgfältig bewahrt. Andrers[ei]ts aber gibt es in der That auch wiederum selbst unter den Gebildeten Solche, die rel[i]g[iö]s[e]n Vorstell[u]ng[e]n huldigen, die nicht viel mehr sind als Aberglauben. - Um also diese beiden Extreme [,] die man als Unglauben u[nd] Aberglauben bezeichnen kann, zu vermeiden, ist es nothwendig [,] sich über das wahre Wesen der R[e]l[i]g[io]n die nöthige Kenntniß zu verschaffen. 133 d) Ich habe bisher von der R[e]l[i]g[io]n nur gesprochen [,] in so fern sie als eine wichtige Erscheinung des menschl[ichen] Lebens üb[e]rh[au]pt, als große Macht in der Geschichte der Vergangenheit u[nd] im Leben der Gegenwart uns[ere] Aufmerks[a]mk[ei]t erregen u[nd] uns[er] Nachdenken in Anspruch nehmen muß; allein [,] sie hat noch eine höhere Bedeutung [,] insofern sie das subjective 134 Leben jedes Einzelnen unmittelbar angeht 135 , in so fern sie nicht etwa 136 eine fremde Sache, ein bloßes Object für 137 die Be- [3rl/ 3vr] trachtung u[nd] Beurtheilung da ist; nicht blos also als bestimmendes Moment im fremden Leben, im Leben der Vergangenh[ei]t oder des Staates im Allgemeinen erscheint, sond[ern] als Macht im Innern eines jeden Menschen selbst auftritt, 138 v[on] Jugend an wenigstens Jedem mitgegeben wird. 139 Und in so fern 140 hat die R[e]l[i]g[io]n u[nd] ihre 130 „d[er] Dichter“ über der Zeile. 131 Randbemerkung [3rr] : „- dem Barbaren sind sie nur Formeln - die Lehr[en] u[nd] Uebungen der R[e]l[i]g[io]n -“. 132 Einfügung am Seitenrand [3rr] : „u[nd] selbst aus den verunstalteten Resten noch Sinn u[nd] Bedeut[u]ng herauszufinden weiß -“. 133 Einfügung am Seitenrand [3rr] : „In uns[ern] Tagen aber gibt si[c]h eine gewisse Gähru[n]g ku[n]d [.] - Es sch[e]i[n]t di[e] Z[ei]t d[e]s gröbst[en] Ungl[a]ub[en]s sey im Ab[ne]hmen - d[a]g[e]g[en] beginn[e] die Z[ei]t d[e]s gröbst[en] Ab[er]glaub[en]s [.] - Wie zur Z[ei]t Christi - da d[e]r Glaube gesu[n]k[en] - beginnt U[n]gl[a]ub[en] u[nd] Ab[er]gl[a]ub[en.] - Wie d[ama]ls Gauk[e]lei, Zauber u[nd] Todt[en]b[e]schwör[un]g die Stelle d[e]s Gl[a]ub[en]s vertret[en] [m]ußte - so in uns[rer] Z[ei]t Tis[c]hrü[c]k[en] u[nd] Todt[en] ... (? ) - G[ei]st[e]rbes[c]hwö[r]u[n]g [,] magn[e]t[i]s[c]h[e]r Spuk -“. 134 Über der Zeile: „eigen[e]“. 135 Randbemerkung [3rr] : „Erklär[un]g [: ] R[e]l[i]g[io]n muß d[er] M[e]nsch naturnothw[en]d[i]g hab[en] -“. Darunter [3rr/ 3vl] : „ad d) Es ist i[n] u[n]s[rer] Z[ei]t [n]i[c]ht m[e]hr l[eic]ht [,] unbefang[en] zu glaub[en,] ohne schwere Anfecht[un]g[e]n u[nd] v[on] Geg[e]ngrü[n]d[en] u[nd] Zweifel[n] be[m]ächt[i]gt zu werd[en.] - [3rr/ 3vl] d) a [)] Natürl[ich] kommt es so - R[e]l[i]g[ion] muß d[er] M[en]s[c]h naturnothw[en]d[i]g hab[en] - ohne B[e]z[ie]h[un]g zu ihr k[a]nn er gar [n]i[c]ht sey[n] - er muß sie w[en]igst[ens] bestr[ei]t[en] - od[er] ihr anhang[en.] b ) Nu[n] k[omm]t d[ie] R[e]ihe v[ie]ll[ei]cht wi[e]der an Letztes [: ] - g ) I[n] uns[rer] Z[ei]t ist es aber [n]i[c]ht l[e]i[c]ht, unb[e]f[an]g[e]n [,] u[n]a[n]gefocht[en] r[e]l[i]g[iö]s zu gl[au]b[en] -“. 136 „etwa“ über der Zeile. 137 In der Zeile folgendes „f“ gestrichen. 138 In der Zeile folgendes „ja“ gestrichen. 139 Einfügung am Seitenrand [3vl] : „Wird es ja immer allgemeiner anerkannt [,] selbst auf dem Gebiete der Philos[ophie], daß naturnothwend[i]g der Mensch R[e]l[i]g[io]n haben müße, daß [,] wie ein Neuerer Schr[i]ftsteller sich ausdrückt [,] die Religion dem Menschen nur dann aus dem Herzen gerißen werden könne, wenn ihm das Herz selber herausgerissen werde.“ 140 „da nun“ über der Zeile. <?page no="39"?> 29 Kenntniß nach höh[e]rer Wichtigk[ei]t u[nd] zwar auch für den [,] der sich Geschichte um Staat u[nd] Wissenschaft weiter nicht viel bekümmert, sond[ern] nur auf sein[en] speziellen Lebensberuf sich beschränkt. - Ich meine nämlich auch der weltlichst Gesinnte muß im Gewinnen des Lebens doch hie u[nd] da einen Augenblick stille 141 stehen 142 u[nd] bei sich selber fragen, wozu er den[n] eigentlich lebe [,] welchem Ziele er entgegen gehe? Welche Bewandtniß es denn üb[e]rh[au]pt habe mit d[ie]s[e]m menschl[ichen] Leben? Wenigstens werden sich ihm diese Gedanken aufdrängen bei besondern außerordentl[ichen] Ereignissen des Lebens, 143 z.B. dann in solchen 144 Verhältnissen tritt d[o]ch gewöhnl[ich] eine gewisse rel[i]g[iö]se Stimmung ein, die zwar oft schnell vorüber geht, oft aber auch länger andauert od[er] immer fortwährt. 145 - In solchen Augenblicken nun werden die rel[i]g[iö]s[en] Vorstell[u]ng[e]n aus den früheren Jahren des Lebens, aus der Jugendzeit wieder hervorgesucht u[nd] finden wieder Beifall, wenn wenigstens beruhigend für das Gemüth, wenn sie nur auch dem Verstandesräsonnement genügen [,] die (sic! ) Kritik das Urtheil des Verstandes bestehen könnten. In solchen Momenten beginnt aber dann erst die innere Noth u[nd] Qual des Geistes, wenn das Gefühl, das Gemüth sich der rel[i]g[iö]s[en] Wahrh[ei]t vertrauensvoll hingeben möchte, der Verstand aber unerbittlich u[nd] grausam all’ die Räsonnements u[nd] Zweifel dagegen vorbringt, welche gerade im Curs sind 146 (welche gerade gang u[nd] gäbe sind). Denn unter Andern ist auch das etwas Eigenthümliches unserer Zeit [,] daß die Gründe geg[en] die R[e]l[i]g[io]n u[nd] die rel[i]g[iö]s[en] Lehren viel weiter u[nd] eher verbreitet u[nd] auch aus leicht begreiflichen Gründen viel begr...iger (? ) ergriffen u[nd] angeeignet zu [3vr/ 4rl] werden pflegen, als die Gründe für die R[e]l[i]g[io]n u[nd] ihre Wahrheit, die man nun selt[e]ner des Nachdenkens würdigt, während jene andern zwar auch oft ohne Nachdenken, zwar auch oft gedankenlos, aber doch bereitwillig angenommen u[nd] für vollkommen genügend, für unüberwindlich gelten. 147 Es ist das die Gläubigkeit od[er] Leicht-Gläubigkeit 141 „stille“ über der Zeile. 142 In der Zeile folgendes „bleiben“ gestrichen. - Einfügung unter der Zeile: „u[nd] nachsinnt üb[er] d[ie] Bedeut[u]ng des Lebens u[nd] d[a]s Ziel [,] dem es zueilt -“. Randbemerkung [3vl] : „G[em]üth u[nd] Verst[an]d k[ommen] in Zwiespalt [m]iteinander -“. 143 Einfügung am Seitenrand [3vl] : „wenn Unglück u[nd] Trauer sein Gemüth bestürmen“ als Ersatz für in der Zeile folgendes gestrichenes „bei schweren Unglücksu[nd] Trauerfällen“. 144 In der Zeile folgendes „Augenblicken“ gestrichen. 145 Randbemerkung [3vl] : „Schl[u]ß v[on] I - Die R[e]l[i]g[ion]sphilos[ophie] hat d[ie] Aufg[abe,] u[n]s d[ie]se Ersch[einun]g n[ac]h Gru[n]d, Wes[en], I[n]halt u[nd] Ersch[ein]ung k[ennen] zu lehr[en] - u[nd] d[a]d[ur]ch im V[er]stä[n]d[n]iß der Ges[c]hi[c]hte - Ku[n]st, Wiß[en]s[c]h[a]ft zu förd[ern] u[nd] zugl[eic]h u[n]s ei[n] maßvoll[e]s Urth[ei]l zu ermögl[ic]h[en] - vor Ungl[a]ub[en] - u[nd] Abergl[a]ub[en] zu bew[a]h[ren] -“. 146 „sind“ über der Zeile; „sind“ in der Zeile gestrichen. 147 Einfügung am Seitenrand [4rr] : „Da schnappt z.B. Einer ein paar Sätze irgendwo auf, die aussehen wie ein Räsonnement geg[en] die Unsterblichk[ei]t der Seele, gleich gelten sie ihm für unüberwindliche Beweisgründe, denn d[er] Gedanke an [„d[er] Gedanke an“ über der Zeile] d[ie]se Unsterbli[c]hk[ei]t war ihm schon lange lästig u[nd] hinderlich in manch[em] Planen [.] -“ <?page no="40"?> 30 des Unglaubens, die nicht minder groß u[nd] abgeschmackt ist als die des Aberglaubens. 148 (Bei d[ie]se[r]) 149 Lage (der Dinge), glaube ich, ist es wünschenswerth, wenn auch die Gründe für die rel[i]g[iö]s[en] Ideen u[nd] Lehren untersucht, gewürdigt u[nd] bekannt werden, nicht blos denen [,] die speziell in den Dienst der R[e]l[i]g[io]n treten, sond[ern] Allen [,] die auf höhere Bildung Anspruch haben u[nd] als selbstständ[i]ge Männer sich eine klare, grundsätzliche Lebensanschauung bilden wollen, und gerade dieß ist auch 150 vorzugsweise die Aufgabe der Religions-Philosophie. 151 III. Aus all’ dem, denk’ ich, ist klar, daß die R[e]l[i]g[io]n in der That ein Geg[e]nst[a]nd ist, der uns[ere] vollste Aufmerks[a]mk[ei]t u[nd] wissens[c]h[a]ftl[iche] Untersuch[u]ng verdient, da ihre Kenntniß [,] wie wir gesehen haben [,] vor Allem nothw[e]nd[i]g ist, wenn wir die älteste Geschichte der Mens[c]hh[ei]t, u[nd] 152 die politis[c]hen Umgestaltung[en] der Völker verstehen 153 wollen; da selbst die Künste u[nd] Wißensch[a]ft[e]n auf ihrem Gebiete ihren Ursprung genommen u[nd] 154 noch jetzt in der vielfachsten Beziehung zu ihr stehen; da ferner in 155 den politis[c]h[en] Verhältnißen der Geg[e]nwart die Frage üb[er] d[ie] R[e]l[i]g[io]n v[on] großer Wicht[i]gk[ei]t ist, u[nd] endl[ich] für jeden Einzelnen 156 bei der gegenwärt[i]g[en] Gestalt[u]ng des geist[i]g[en] Lebens eine wohlbegründete, klare, auf 157 Nachdenken 158 gestützte Ansicht v[on] d[er] R[e]l[i]g[io]n ein 148 Einfügung am Seitenrand [4rr] : „Aber auch in der That gewichtige [erste Silbe „ge-“ über der Zeile eingefügt], schwere Einwend[u]ng[e]n sind du[r]ch d[ie] neue Wiss[e]ns[c]h[aft] geg[en] manche rel[i]g[iö]se Lehren gemacht worden, die ein strenges, ernstes Nachdenken erfordern u[nd] nicht so leicht v[on] Jedermann zu widerlegen sind u[nd] die den Geist, bei aller Bereitw[i]ll[i]gk[ei]t sich dem rel[i]g[iö]s[en] Glauben hinzugeben, immer wieder der Qual zweifelnder Unentschiedenheit überliefern u[nd] das gesunde Leben des Geistes[„Leben des Geistes“ über der Zeile ersetzt ursprüngliches, in der Zeile gestrichenes „Seelenleben“] vergiften oder wenigstens entkräften.“ 149 „In solcher“ über der Zeile gestrichen; die Klammer um „Bei d[ie]se[r]“ ist irrtümlicherweise geblieben. 150 „auch“ über der Zeile. 151 In der Zeile folgendes „Aber auch“ gestrichen. Einfügung am Seitenrand [4rr] : „Vor zwei Extremen, die einander entgegengesetzt [diese Wörter sind ebenfalls gestrichen, aber nicht ersetzt] sind [,] wird Sie d[ie] besonnene Untersuch[u]ng üb[er] das Wesen der R[e]l[i]g[io]n bewahren [.] - Vor unbesonnenem, ungerechtem Absprechen üb[er] die rel[i]g[iö]s[en] Erscheinungen [,] Lehren u[nd] Gebräuche einerseits - u[nd] vor übertrie[bener] Aengstlichk[ei]t u[nd] Engherzigk[ei]t in Bezug auf geltende u[nd] bestehende Aeußerlichk[ei]t[e]n der R[e]l[i]g[io]n. - Sie sollen lernen [,] im Geist der Duldung des S[c]hönen [,] des Wahr[en] u[nd] Richtigen auch in den Meinung[en] des ärmst[en] der Menschenkinder aufzufinden u[nd] anzuerkennen - selbst aber auch einsehen, daß auch auf rel[i]g[iö]s[em] Gebiet nicht Alle Formen gleich seyn, sond[ern] auch hier nur Eines das Wesen u[nd] nur Eine [„Eine“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „Eines“] die adäquate Form sey[n] könne.“ Darunter [4rr] teilweise überschrieben: „Im Ged[a]nk[en,] Gefühl, Idee[n], Glaub[en] etc. [,] die einst d[ie] Welt bewegt u[nd] d[a]s M[en]s[c]h[en]ges[c]hlecht u[nd] sie immer beweg[en] werd[en,] so lange d[a]s M[en]s[c]h[en]ges[c]hl[ec]ht existir[en] wird etc. [,] soll nun philos[ophisch] unt[e]rsu[c]ht werd[en]“. Darunter [4rr] : „(vor Unger[ec]ht[i]gk[ei]t g[e]g[en] d[ie] R[e]l[i]g[ion] - u[nd] vor Sklav[en]si[nn] g[e]g[en] sie)“. 152 „u[nd]“ über der Zeile. 153 „verstehen“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „kennen lernen“. 154 In der Zeile folgendes „sich“ gestrichen. 155 „in“ über der Zeile. 156 Über der Zeile eingefügt: „wenigst[en]s die Gebildet[en]“. 157 „auf“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „auch“. <?page no="41"?> 31 Bedürfniß ist. - Man kann mit Recht behaupten, das ganze geist[i]ge Leben der Menschh[ei]t in seiner Entwicklung u[nd] seinem Bestehen sei gegründet auf die Religion als auf seinem Fundamente; wurzle im Reich des Unsichtbaren, des Jenseits, wie das leibl[iche] Leben u[nd] Bestehen im Sichtbaren, im Diesseits seine Wurzeln schlägt: Wie Sie dieß auch jetzt noch nicht klar einsehen, u[nd] Ihnen [4rl/ 4vr] eine solche Behauptung viell[ei]cht übertrieben erschein[t,] so hoffe ich doch im Verlaufe uns[erer] Untersuch[u]ng[e]n Sie zu d[ie]se[r] Ueberzeugung zu bringen. Das ist es [,] was ich Ihnen zuvor s[a]g[en] wollte [,] ehe ich mit d[er] Erört[erun]g - s[e]lbst beginne - w[a]s g[e]s[c]h[e]h[en] soll [.] - 159 (Ich glaube, so mein Unternehmen hinlänglich motivirt zu haben; es wird nun nur darauf ankommen, wie es ausgeführt wird. Darüber brauche ich im voraus Nichts zu sagen, das wird der Verlauf lehren. Das kann ich Ihnen im Voraus versprechen, daß ich Ihnen keine gewöhnl[iche] R[e]l[i]g[io]nslehre vortragen u[nd] für R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] ausgeben werde, ebenso wenig aber werde ich Sie auch in’s Haus der philosoph[ischen] Sprachverwirr[u]ng stürzen, sond[ern] werde 160 mich einer möglichst einfachen, verständlichen Ausdrucksweise bedienen u[nd] Sie mit der philos[ophischen] Technologie verschonen.) II [.] 161 Voll[en]ds erhellt die Wi[c]ht[i]gk[ei]t der wiss[en]s[c]h[a]ftl[ichen] Erk[enn]t- [n]iß der R[e]l[i]g[ion], w[enn] wir die B[e]d[eu]t[un]g der R[e]l[i]g[ions]-philos[ophie] für die Philos[ophie] üb[er]h[au]pt i[n]’s Auge faßen - f[ür] d[ie] philos[ophische] Encyclopädie - die R[e]l[i]g[ion]sphilos[ophie] ist die philos[ophische] Gru[n]dod[er] Fundamentalphilosophie [.] - 162 158 „gegr[ündete]” in der Zeile gestrichen. 159 „Das ist es [,] was ich Ihnen zuvor s[a]g[en] wollte [,] ehe ich mit d[er] Erört[erun]g - s[e]lbst beginne - w[a]s g[e]s[c]h[e]h[en] soll -“ ist eine Randbemerkung [4vl] , die möglicherweise den im Haupttext folgenden eingeklammerten Absatz ersetzen soll. 160 „werde“ über der Zeile eingefügt. 161 Der folgende Abschnitt von „II [.]“ gehört nicht zum ursprünglichen Textbestand und wurde später in den freien Teil der Seite eingefügt. 162 Vermutlich gehört die Randbemerkung [5rr] zum vorstehenden Abschnitt „II [.]“: „E[n]dl[ich] das geist[i]g Aufgenomm[ene] insges[am]t [m]it der Idee v[on] Gott in Verbi[n]d[un]g setz[en], die au[c]h uns[erem] Geiste imman[en]t ist - also das Universu[m] geist[i]g aus der Idee v[on] Gott construir[en] (Weltschöpf[un]g) [.] Erkenn[en] heißt [: ] das Dasey[en]de in d[en] Geist aufnehme[n] - (od[er] geist[i]g reproducir[en,] im Bew[u]ßts[eyn] gesetzmäß[i]g nachconstruir[en], als ver[n]u[n]ftgemäß od[er] ver[n]u[n]ftwid[ri]g erkenn[en; ] philos[ophisches] Erke[nnen] h[ei]ßt [: ] das in d[en] Geist Aufgenomm[ene] mit den Idee[n] d[e]s Wahr[en], Gut[en] u[nd] Schö[nen] in Verbi[n]d[un]g setz[en] (die d[em] Bew[u]ßts[eyn] immane[n]t si[n]d [)] (wie d[ie] Pflanz[e] todten Stoff z[ur] Blu[me] gestaltet [.)] NB [: ] Philos[ophie] ist also d[a]s Streb[en,] d[a]s Dasey[en]d[e] so klar u[nd] gewiß mach[en] wie uns[er] eigenes Ich - (d[a]s Ich nä[m]l[ich] enth[äl]t wie d[er] M[en]sch ein[en] Mikrokosmus - so in sich d[en] Kei[m], die Kraft der Nachb[i]ld[un]g d[e]s Univ[e]rsu[m]s, die des Erkenne[n]s [.] - NB [: ] Die Wahrh[ei]t d[e]r R[e]l[i]g[io]n zu erke[nnen,] genügte der Glaube, d.h. die Verglei[c]h[un]g mit d[e]r ch[ri]stl[ichen] R[e]l[i]g[ion.] - Aber philos[ophisch] erke[nnen] würd[en] wir die Wahrh[ei]t d[e]r R[e]l[i]g[ion] noch [n]i[c]ht, da ist Erk[enn]t[n]iß aus der Idee nothw[en]d[i]g. D[ie] Wahrh[ei]t erkenn[en] - u[nd] philosoph[isch] erke[nnen] ist noch [n]i[c]ht identis[c]h [.] - NB [: ] früher [,] i[m] Alterth[um,] war philos[ophisches] Erk[ennen] Wahrh[ei]t erkenn[en] - in neu[erer] [„neu- [erer]“ in der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „jene[r]”] Z[ei]t kommt noch etwas hinzu; näml[ich] aus d[em] Selbstbewußts[eyn] erk[ennen] - ist philos[ophisch]. (Die Erfah[run]g muß vorausgeh[en] - <?page no="42"?> 32 Das erhellt leicht [: ] a) Die Philos[ophie] hat d[ie] Aufg[abe,] d[a]s Absolute zu erk[ennen] u[nd] das Wes[en] u[nd] d[ie] letzt[en] Grü[n]de der Di[n]ge - die Wahrh[ei]t katV evxochn - (w[enn] sie [n]i[c]ht bl[o]ß[en] Fo[rme]lkr[am] biet[en] will [,] oh[ne] Gru[n]d u[nd] Basis) [.] b) D[ie]se Erk[enn]t[n]iß kann si[c]h d[er] M[en]s[c]h[e]ng[ei]st [n]i[c]ht so ohne w[e]iters mach[en.] - Abgeseh[en] v[on] all[em] r[e]l[i]g[iö]s[en] B[e]w[u]ßts[eyn] d[u]rch d[ie]s[e]s hat er ja all[ein] Ku[n]de v[on] höh[erer] W[a]hrh[ei]t - in ihr b[e]thät[i]gt si[c]h die höh[ere] Natur zuerst - jene Natur [,] die ih[n] antreibt [,] üb[er]h[au]pt na[c]h de[n] letzt[en] Grü[n]d[en] d[e]r Di[n]ge zu f[r]ag[en.] - D[e]r r[e]l[i]g[iö]s[e] u[nd] philos[ophische] Trieb (Eros) geh[en] aus ders[e]lb[en] Wurzel hervor - Gl[a]ub[en]su[nd] Wiß[en]stri[e]b [.] - c) Also ist es Naturge[m]äß [,] d[a]ß die Phil[o]s[ophie] a[m] r[e]l[i]g[iö]s[en] B[e]w[u]ßts[eyn] sich festbindet - als Basis i[m] Subj[ect] u[nd] als Erk[enn]t[n]iß-Object i[n]sof[ern] sie allg[emeine] Thatsa[c]h[e] d[e]r M[en]s[c]hh[ei]t ist [.] - [4vr/ 5rl] Einleitung. 163 §: 1 Begriff, Gegenstand u[nd] Aufgabe der Religionsphilosophie. I. Die erste Frage, welche die Einleitung zu beantworten hat [,] ist die: Was ist denn R[e]l[i]g[io]nsphilosophie? Die Antwort hierauf ist aber nicht so geradehin u[nd] einfach zu geben, denn der Begriff „Religions-Philosophie” ist ein zusammengesetzter, wie man sieht [,] aus Philosophie u[nd] R[e]l[i]g[io]n [,] u[nd] die Bestimmung desselben hängt d[a]h[e]r von zwei andern Begriffen ab, nämlich: 1) v[om] Begriff, den man v[on] Philosophie üb[e]rh[au]pt hat, u[nd] 2) v[om] Begriff, den man verbindet mit dem Ausdruck „Religion“. Es ist also nothwendig, daß wir, um (nur 164 vorläufig) bestimmen zu kön[n]en, was R[e]l[i]g[io]nsphilosophie sei, uns zuvor darüber verständigen [,] was 1) Philosophie üb[e]rh[au]pt sei [,] 2) was R[e]l[i]g[io]n sei. Erst nach d[ie]s[e]m wird es möglich seyn, den zusammengesetzten Begriff v[on] R[e]l[i]g[io]nsphilosophie zu bestimmen. II) a. 165 Zuerst also: was ist Philosophie? [n]i[c]ht a priori [,] z.B. als Natur zu construir[en] -) [; ] aber geht auf Wahrh[ei]t nicht jede Wiße[n]s[c]h[a]ft aus? was ist das Unterscheid[en]de der Philosophie - (nicht blos erkannt - sond[ern] bewies[en,] wiß[en]s[c]h[a]ftl[ich] nachconstruirt soll d[a]s Sey[en]de werd[en]). Unter Philosophie versteht man jene Erk[enn]t- [n]iß des Seye[n]d[en], die [n]i[c]ht blos d[u]r[c]h Erfahr[u]ng empir[i]s[ch,] historisch gewo[nnen] ist - sond[ern] die aus d[em] Wes[en] d[e]s M[en]s[c]h[en]geistes selbst nachconstruirt ist [„od[er] was aus seiner im M[en]sch[en]g[ei]ste ruh[en]d[en] Idee construirt ist“ am unteren Seitenrand [5rl] eingefügt.] Weitere Randbemerkung [5rr] : „… (? ) d[ie] Täus[c]h[un]g d[e]r Philos[ophie,] d[a]ß sie d[ie] Welt schaffe - u[nd] d[a]ß sie die … (? ) G[o]tt[e]sidee für Gott selbst hält - P[a]nth[eismu]s“. 163 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 1“ am oberen Seitenrand [5rr] ; „1“ bezeichnet den Bogen. 164 „(nur“ über der Zeile eingefügt. 165 „a.“ wurde erst im Nachhinein in die Zeile eingefügt. <?page no="43"?> 33 a) 166 Philosophie im Allgemeinen ist Streben od[er] Forschen nach Wahrheit - u[nd,] so weit wenigstens d[ie]s[e]s Streben Erfolg hat [,] auch Erkenntniß der Wahrheit; obwohl das Wort selbst - v[on] filoj u[nd] sofia - zunächst nur die Liebe zur Weisheit u[nd] Wahrh[ei]t bezeichnet, die sich eben im Forschen darnach äußert u[nd] bethätigt. D[ie]se Bestimmu[n]g ab[e]r wäre zu allgemein [.] - 167 Unter 168 Wahrheit aber, deren Erforschung die Philosophie ist, versteht man das Wesen od[er] 169 den wirklichen Sachverhalt des Daseyenden 170 ; (entweder Alles deßen [,] was ist, lebt u[nd] wirkt, od[er] irg[e]nd eines Einzelnen). - Diesen wirklichen Sachverhalt des Seyenden (alles Daseyns od[er] irg[e]nd eines einzelnen) 171 [,] die Wahrheit erkennen wir dann, wenn wir das „Wesen“ (den Ursprung), das „Was” (das Wesen [,] den Inhalt) u[nd] das „Wie“? 172 , die Form [,] Manifestation 173 eines einzelnen Dinges oder des ganzen Universum’s od[er] üb[e]rh[au]pt Alles dessen, was ist, erkennen. 174 Dieß steht aber Alles in innigster Verbind[un]g u[nd] Zusammenhang, so daß Eines ohne das Andere [5rl/ 5vr] nicht erkannt werden kann u[nd] Unkenntniß oder Mißverständniß des Einen, auch Mißverständniß des Andern od[er] falsches Erkennen desselb[en] zur Folge hat. Philosophie also, als Streben nach Wahrheit, ist Erforschung des Ursprungs od[er] letzten Grundes, des Wesens od[er] Inhalts u[nd] der Form od[er] Daseynsweise 175 u[nd] 176 des höchsten Endzweckes des Daseyenden. Ist dieß Alles richtig erkannt von irg[e]nd Etwas [,] das ist (existirt [)], dann ist die Wahrheit od[er] d[a]s Wesen 177 desselben erkannt. (Dieß gilt selbst v[on] der G[o]tt[e]serk[e]n[n]tn[i]ß, denn auch hiebei fragen oder forschen wir nach dem Grunde seines Seyns - nach seinem Wesen u[nd] nach s[einem] Leben, s[einer] Lebensäuß[e]r[u]ng od[er] Wie 178 ? [)] Ebenso gilt es v[on] d[er] ganzen Welt, v[om] Universum [; ] wollen wir das Wahre davon kennen 179 , so müssen wir den letzten Grund od[er] Ursprung, den Inhalt u[nd] ... (? ) Form u[nd] d[a]h[e]r auch 180 das Endziel davon erforschen. - Das ist nun allerdings Aufgabe der Philosophie üb[e]rh[au]pt. Da aber das ganze Gebiet des Universums so unermeßlich, 166 „a)“ wurde erst im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 167 „D[ie]se Bestimmu[n]g aber wäre zu allgemein -“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 168 „Unter“ über der Zeile. 169 „od[er]“ über der Zeile eingefügt. 170 Über der Zeile: „od[er] eines bes[onderen] Geg[e]nst[an]d[e]s“; vielleicht als Ersatz für den folgenden eingeklammerten Text. 171 Das in der Zeile folgende „oder das Wesen, kurz“ ist gestrichen. 172 „Wie“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Wozu“. 173 „die Form [,] Manifestation” über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes und gestrichenes „den Zweck, d[ie] Bestimmung”. 174 Einfügung am Seitenrand [5rr] : „Und in d[ie]s[e]n drei Fragen ist zugleich eine 4. beantwortet, näml[ich] das Wozu? (Der Zweck [,] die Bestimmung) des G[e]g[e]nst[a]nd[e]s - die Beantw[ortung] d[ie]s[e]r Fr[a]ge liegt schon in d[er] Beantw[o]rt[un]g der üb[ri]g[e]n [,] brau[c]ht nicht eige[n]s b[e]h[a]nd[e]lt zu werd[en].“ 175 „u[nd] der Form od[er] Daseynsweise“ über der Zeile. 176 Einfügung am Seitenrand [5vl] : „u[nd] damit zugleich“. 177 „od[er] d[a]s Wesen“ über der Zeile. 178 „Wie“ über der Zeile ersetzt „dem Wozu“ in der Zeile. 179 „kennen“ ersetzt durch Streichung „erkennen“. 180 „u[nd] ... (? ) Form u[nd] d[a]h[e]r auch“ über der Zeile. <?page no="44"?> 34 so viel-umfaßend u[nd] vielgetheilt ist, so hat sich auch die Philosophie in mehrere Zweige getheilt, die aber alle demselben Stamme angehören, denselben Charakter haben als Wissenschaft. Wir unterscheiden u[nd] haben d[a]h[er] eine Naturphilosophie, welche die Wahrheit, das Wesen der Natur erforscht. Eine Rechtsphilosophie, wenn das Gleiche geschieht in bezug auf das Recht u[nd] die Verkörperung desselben im Staat; Eine Moralphilosophie, wenn Inhalt, letzter Grund od[er] Ursprung u[nd] Endziel der ethischen Verhältnisse od[er] 181 eine Geschichtsphilosophie, eine Philosophie der Kunst (Aesthetik) 182 ; des Sittengesetzes zum Geg[e]nst[a]nd d[e]s Philosophirens genommen wird 183 [.] Soll nun das Gleiche geschehen in Bezug auf jene große historis[c]he Erscheinung und Thatsache in der Menschenwelt, die wir Religion nennen, so entsteht „Religionsphilosophie“. Diese ist hienach im Allgemeinen Nichts Andres als: die Erfors[c]hung der Wahrheit, des Wesens der Religion 184 , u[nd] dieß geschieht dem Gesagten zufolge dann, wenn Ursprung, Inhalt u[nd] Form u[nd] damit ... (? ) 185 u[nd] Zweck derselben (od[er] mit and[eren] Worten das Wesen u[nd] die letzten Gründe davon 186 erforscht werden.) [5vr/ 6rl] Beil[a]g[e] z[u] § 1. II. 187 II b.a) 188 Das Alles ist nun allerdings richtig, Philosophie ist nichts andres als Erforsch[u]ng der Wahrheit - gleichwohl genügt d[ie]se Definition in neu[erer] Zeit wenigstens nicht mehr, wenn man bestimmt u[nd] erschöpfend sagen will, was Philosophie sei u[nd] wie sie sich v[on] and[eren] Wiß[e]ns[c]h[a]ft[e]n unterscheide. Denn man könnte geg[en] obige Begr[i]ffsbest[imm]ung sogleich einwenden, d[a]ß sich d[ie] Philos[ophie] hienach gar nicht unterscheide v[on] d[en] andern Wiß[e]ns[c]h[a]ft[e]n, denn sie alle gehen darauf aus, die Wahrh[ei]t zu erforschen. Die Naturwiß[e]ns[c]h[a]ft will die Wahrh[ei]t in der Natur erkennen [,] d.h. will erkennen den wirkl[ichen] Sachverhalt u[nd] sich nicht mit d[em] bloß[en] Scheine begnügen [.] - Die Geschichtsforsch[u]ng will geschichtl[iche] Wahrh[ei]t [,] d.h. den wirkl[ichen] geschichtl[ichen] Thatbestand u. s. w. Es haben also die 189 and[eren] Wiß[e]ns[c]h[a]ft[e]n - die nicht Philos[ophie] genannt werden - wie wir sehen [,] nicht blos den gleich[en] G[e]g[e]nst[a]nd mit der Philosophie (Gott, Welt, Geschichte, Natur etc.) [,] sond[ern] auch dens[e]lb[e]n Zweck [,] wie es scheint [,] 190 u[nd] wohl auch denselb[en] Erfolg. - Wie unterscheidet 181 „od[er]“ über der Zeile. 182 „eine Geschichtsphilosophie, eine Philosophie der Kunst (Aesthetik)“ am Seitenrand [5vl] eingefügt. 183 „u. A.“ in der Zeile gestrichen. 184 „od[er]“ in der Zeile gestrichen. 185 „u[nd] Form u[nd] damit ... (? )“ über der Zeile eingefügt. 186 „davon“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „derselben“. 187 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie]“ am oberen Seitenrand [6rr] . Die Bögen [6rl-7vr] und [8rl-9v] sind in den Bogen [5rl-5vr und 10rl-10vr] im Nachhinein eingefügt und schließen inhaltlich unmittelbar an die Seite [5vr] an. 188 Randbemerkung [6rr] : „Unt[e]rsch[ie]d v[on] d[en] and[eren] Wiß[e]ns[c]h[a]ft[en] a [)] G[e]g[e]nst[a]nd d[er] and[eren] W[i]ß[en]s[c]h[a]ft[en].“ 189 „die“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „alle“. 190 „wie es scheint“ über der Zeile. <?page no="45"?> 35 sich denn nun die Philos[ophie] v[on] d[en] and[eren] Wiß[e]ns[c]h[a]ft[e]n? Da nicht im G[e]g[e]nst[a]nde u[nd] nicht im Zwecke - so off[e]nbar 191 in der Form des Erkennens. 192 So näml[ich] b) Die and[eren] Wiß[e]ns[c]h[a]ft[e]n 193 gehen unmittelbar auf 194 d[er] Betracht[u]ng u[nd] Erforsch[u]ng des gegebenen Objectes (G[e]g[e]nst[a]nd[e]s, der erkannt werden soll) 195 [,] suchen ihn nach Eig[e]ns[c]h[a]ft[e]n, Merkmalen, Wirkungen, Gesetzen u.s.w. zu erkennen [,] d.h. sie verfahren analythisch. Der Naturforscher nimmt die G[e]g[e]nst[ä]nde der Natur vor sich, betrachtet sie etc. Also v[on] d[em] G[e]g[e]nst[a]nde s[e]lbst 196 wird hier ausgeg[a]ng[e]n [,] um zu ihr[er] Erk[e]n[n]tn[i]ß zu kommen; Die Philosophie aber verfährt anders 197 - sofern sie wirkl[ich] Philos[ophie] ist - [; ] sie geht bei ihrer Erk[e]n[n]tn[i]ß nicht v[om] erkannten G[e]g[e]nst[a]nde aus [,] sond[ern] v[om] Selbstbew[u]ßts[eyn], v[om] Wesen des M[e]ns[c]h[e]ng[ei]st[e]s u[nd] sucht aus d[ie]s[e]m heraus die Erk[e]n[n]tn[i]ße abzuleit[en,] zu construiren (gleichsam zu ers[c]haffen - verfährt synthetisch). 198 - D[er] Mittelp[unkt] betr[effs] (? ) der Philos[ophie] ist d[a]s Selbstb[e]w[u]ßts[eyn]. g) Nun fragt sich freil[ich,] ob denn das möglich ist u[nd] wie weit es möglich ist 199 - u[nd] wie wir das bestimmter zu verstehen hab[e]n. Man könnte näml[ich] da meinen, der Philosoph brauche gar nichts mehr anzusehen u[nd] z[u] erforschen, sond[ern] Alles [6rl/ 6vr] nur aus s[einem] Selbstbew[u]ßts[eyn], aus s[einem] Ich heraus zu spinnen [.] - So ist es nicht gemeint; um aber zu zeigen [,] wie d[ie]ß zu verstehen [ist], muß in Kürze auf die Frage eingeg[a]ng[e]n werden, wie denn uns[ere] Erken[n]tn[i]ße üb[er]h[au]pt entstehen: eine Frage u[nd] Untersuchu[n]g, die in neu[erer] Philos[ophie] weitaus die wichtigste ist. 200 Es haben sich hier zwei Ansichten geltend gemacht. Die Eine lautet dahin: 201 191 In der Zeile folgendes „nur“ gestrichen. 192 Randbemerkung [6rr] : „(Idealität u[nd] Gewißh[ei]t)“. 193 Randbemerkung [6rr] : „b) Untersch[ie]d v[on] and[eren] W[i]ß[en]s[c]h[aften] 1) a [)] Zuwachs in der Verfahr[u]ngsweise - b [)] dann aber auch im Inhalte [,] d.h. im Resultate - 2) das sich von dem (sic! ) and[eren] Wiß[e]ns[c]h[a]ft[en] - obwohl sie au[c]h nach Wahrh[ei]t streb[en] u[nd] sie erring[en] - doch unterscheidet - 3) in der Sicherheit od[er] Gewißh[ei]t der Erk[enn]t[n]iße -“. Links daneben [6rr] : „Methode Inhalt Form der Erk[e]n[n]tniß“. 194 „auf“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „v[on]“. 195 In der Zeile folgendes „aus“ gestrichen. 196 „s[e]lbst“ über der Zeile. 197 Randbemerkung [6rr] : „B[e]gr[i]ff d[er] Philos[ophie] vorläuf[i]g.“ 198 Randbemerkung [6rr] : „NB [: ] Nicht d[en] Geg[en]st[an]d will sie aus der Ver[n]u[n]ft ableit[en,] sond[ern] die Erkennt[n]iße d[e]s G[e]g[en]st[an]d[e]s - u[m] di[e]ß z[um] Ueb[e]rfluß zu bemerk[en] -“. 199 Randbemerkung [6rr] : „Möglichk[ei]t d[ie]s[e]s Begr[i]ff[e]s - d[ie]s[e]r Aufg[a]be“. 200 Randbemerkung [6vl] : „Ueb[er] d[ie] Entst[e]h[un]g uns[erer] Erk[e]n[n]t[ni]ße“. 201 Randbemerkung [6vl] : „Empiris[m]us“. <?page no="46"?> 36 Unsere Erk[e]n[n]tn[i]ße entstehen ledigl[ich] durch äuß[ere] Eindrücke 202 , Alles [,] was wir erkennen wollen [,] müßen wir erfahren, sehen etc. Gr[un]dsatz [: ] nihil est in intellectu, quod non antea fuerit in sensu -. Die äuß[eren] Dinge [,] das v[on] Außen Gegebene prägt sich uns[erem] Geiste ein u[nd] das ist dann das Erkennen; der Geist wird da wie eine tabula rasa betrachtet, in welche nach u[nd] nach die ganze Summe der Kenntniße sich einschreibe od[er] einpräge. (Empirismus) [.] Die and[ere] Ansicht d[a]g[e]g[e]n s[a]gt: Von den Außendingen erfahren wir eig[e]ntl[ich] gar nichts, sond[ern] uns[ere] Erken[n]tn[i]ße davon sind nur Modifikationen uns[eres] eignen Innern, uns[eres] Geistes [; ] 203 denn die G[e]g[e]nst[ä]nde (Baum z.B.) kommen ja nicht in uns[eren] Geist hinein, sond[ern] bleib[en] außer demselben [,] u[nd] was wir erfahren [,] ist immer nur uns[er] eignes Innere[s], das v[on] dem G[e]g[e]nst[a]nde angeregt ist; die Vorstell[u]ng[e]n also [,] die wir v[on] den (sic! ) G[e]g[e]nst[a]nde haben [,] sind nicht die Dinge selber [,] sond[ern] nur Produkte uns[eres] eignen Innern. 204 Alle uns[ere] Erk[e]n[n]tn[i]ße gehen v[on] uns[erem] eignen Geiste aus [.] - 205 Die wahre Philos[ophie] ist ledigl[ich] eine Construction a priori, nichts voraussetzend als d[a]s Ich des Selbstbew[u]ßts[eyns.] - Die M[e]ns[c]h[e]n-Seele würde da betrachtet als schöpferis[c]he dynamis. Kraft, die Alles aus sich hervorbringe; - die es eig[e]ntl[ich] bestimme, wie wir die Dinge ansehen (nihil est in sensu, quod non antea fuerit in intellectu) [,] d.h. wir machen uns v[on] den Dingen ledigl[ich] die Vorstell[un]g[en,] die uns[er] eigner Geist uns v[on] ihnen gibt; auf d[ie]s[en] kommt es an, nicht auf die Außendinge. Idealismus. 206 [6vr/ 7rl] d) Nun entsteht die Frage: welche v[on] d[ie]s[e]n beiden Ansichten üb[er] d[ie] Entst[e]h[u]ng uns[erer] Erk[e]n[n]tn[i]ße ist dann die richtige? Keine v[on] beiden. Uns[er] Geist ist weder blos eine tabula rasa, noch eine solche Kraft [,] die abgesehen v[on] allen Dingen alle Erk[e]n[n]t[ni]ße aus sich selbst hervorbrä[c]hte; sond[ern] die Wahrh[ei]t liegt in der Mitte. Uns[er] Geist gleicht (in s[einem] Wesen) - in s[einer] Entwickl[un]g wenigstens [-] dem lebend[i]g[en] Keime in d[er] Natur [,] z.B. dem Saamen [,] der sich z[um] Baume entwickelt. 207 Es ist da eine innerl[iche] Kraft od[er] Potenz, aber auch äußerl[iche] Beding[u]ng[e]n müßen erfüllt werden; so ist es auch bei der Erk[e]n[n]tn[i]ß, bei der Ent- 202 Randbemerkung [6vl] : „(Verwerfu[n]g aller Phil[o]s[ophie] - wenigst[en]s wäre sie unmöglich)“. 203 Randbemerkung [6vl] : „(D[ie]se Ans[i]cht unrichtig: Denn woher käme dann d[ie]se Modifikat[ion] des Innern anders als v[on] d[en] Auß[en]dingen [,] u[nd] woher käme die Verschied[en]h[ei]t u[nd] Eigenthüml[i]chk[ei]t d[ie]s[e]r Modifikat[ion] d[e]s Inner[n]) (? ) (Die Vorst[e]ll[un]g [,] wenn nicht v[on] d[er] Vers[c]hied[en]h[ei]t u[nd] Eigenthüml[i]chk[ei]t d[e]r Di[n]ge selbst [.] - Aus der Modifikat[ion,] die d[a]s Auß[en]ding in [„in“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „auf“] uns[erem] Geist macht [„Vorstell[en]“ über der Zeile] [,] schließen wir auf d[ie] Besch[a]ff[en]h[ei]t - von d[er] Versch[ie]d[en]h[ei]t der V[o]rst[e]ll[un]g[en] auf Vers[c]hied[en]h[ei]t der Dinge.)“ 204 „Wenn wir also doch erkennen [,] so müßen alle etc.“ unter der Zeile. 205 Randbemerkung [6vl] : „Idealis[mu]s“. 206 Randbemerkung [6vl] : „(Ueberschätz[u]ng d[e]r Philosophie.)“ 207 Randbemerkung [7rr] : „Wahrer Vorg[a]ng“. <?page no="47"?> 37 wickl[u]ng des M[e]nsch[e]ng[ei]st[e]s in Bezug auf sein Erkennen. 208 Der Geist entwickelt u[nd] bildet sich bekanntl[ich] erst durch Einwirk[u]ng v[on] Seite Anderer, durch Erziehung, Belehr[u]ng, Mitth[ei]l[u]ng v[on] Kenntnißen u[nd] damit in Verbind[un]g durch sinnl[iche] Anschauungen; er verhält sich also hier zunächst aufnehmend, receptiv - doch aber ist er auch hiebei nicht blos paßiv, blos empfangend [,] sond[ern] auch schon activ - da ja das Empfangen, das Aufnehm[en] selbst schon eine gewisse Activität voraussetzt - indeß doch vorherrschend Paßivität [.] - Hat aber auf d[ie]se Weise der Geist ein[en] gewißen Grad v[on] Ausbild[u]ng erlangt, dann fängt er an [,] sich freier u[nd] selbstständ[i]g zu bewahren u[nd] nicht mehr blos aufnehmend ist er dann, sond[ern] auch aus sich producirend (die Pflege d[es] Saam[ens]), das ist der Anf[a]ng philosoph[ischer] Thätigk[ei]t. Auf d[ie]se freie, selbstthät[i]g[e] Kr[a]ft d[e]s G[ei]st[e]s gründet si[c]h die Philosophie. - 209 e) Die Philosophie, die wir ein Construiren der Erk[e]n[n]tniße aus dem Selbstbew[u]ßtsey[n] (aus der Vernunft) genannt haben, kommt nun so zu Stande: (das Erkennen des Daseyend[en] setzt im Geiste eine Fähigk[ei]t des Erkennens voraus, ein gewißes geist[i]g[es] Bild (Potenz) [,] die an sich zwar noch gleichsam schlummert, die aber durch Wahrnehmung der Dinge geweckt u[nd] gebildet wird) [.] Nicht schlechterdings à priori, ohne alles vorausgegang[ene] Forschen u[nd] ohne alle Erfahr[u]ng können die philos[ophischen] Erk[e]n[n]tn[i]ße herausconstruirt werden, sond[ern] die Empirie (die Erfahr[u]ng, die [7rl/ 7vr] Erforsch[u]ng des Daseyend[en]) muß vorausgehen [,] dann erst kann der Versuch gemacht werden [,] diese so gewonnenen Erk[e]n[n]tn[i]ße nun auch à priori - d.h. abgesehen v[on] d[er] Erfahr[u]ng - aus d[em] Selbstbewußts[eyn] 210 heraus zu construiren 211 , d.h. zu prüfe[n,] was an d[ie]s[e]n empiris[c]h[en] Erkenntnißen (dem Inhalte, dem Erfahrenen) vernunftgemäß, was nicht. 212 208 Randbemerkung [7rr] : „Es ist mit d[em] G[ei]ste, wie mit d[em] Leibe - zuerst ... (? ) paßiv - nur ein Minimu[m] v[on] Activität - dann immer selbstst[ä]nd[i]ger etc.“ 209 „Auf d[ie]se freie, selbstthät[i]g[e] Kr[a]ft d[e]s G[ei]st[e]s gründet si[c]h die Philosophie. -“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. - Dazu die Randbemerkung [7rr] : „Rückkehr z[um] Begr[i]ff Philos[ophie]. Bes[c]hränk[un]g des früh[eren] Begr[i]ffs. Wir sehen [,] wie die obige Definit[ion] zu versteh[en] u[nd] z[u] bes[c]hränk[en] ist -“. 210 Über der Zeile: „Vernunft“. 211 Randbemerkung [7vl] : „NB [: ] Das bloße empiris[c]he Daseyn d[e]r R[e]l[i]g[ion] [m]it ihr[em] I[n]halt ist noch kein Beweis [,] daß sie au[c]h wahr s[e]y [.] - Ebenso das bloße Construir[en] aus d[em] Geiste ist noch kein Beweis [,] daß Etwas au[c]h wahr u[nd] wirklich sei [.] - Es kann au[c]h wen[i]g Bedeut[u]ng d[ie]s[e]r Construction, kann bloßes (sic! ) Phantasie sey[n]. (d[a]h[er] Off[en]b[arun]g” [)]. 212 Randbemerkung [7vl] : „Das ist aber nun kein leeres Experiment, in der Art [,] daß d[u]rch d[ie]s[e]s Nachconstruir[en] aus dem Wesen d[e]s G[ei]st[e]s (d[as] Schaff[en]) blos das wieder gewonn[en] würde, was man zuvor scho[n] wüßte auf d[em] Weg empiris[c]h[er] od[er] Erfah[ru]ngsk[enn]t[n]iß, sond[ern] durch d[ie]s[e]s innerl[iche] Nachbild[en] od[er] philos[ophische] Erkennen - wird das Wesen od[er] Wahrhafte selbst erkannt [.] - Nicht mehr blos das Wirkliche wird erkannt - das kann auch Unvollkommenes, Schlechtes sey[n] - sond[ern] es wird erforscht [,] was [„erforscht [,] was” über der Zeile] an d[ie]s[em] Wirkl[i]ch[en] das den empiris[c]h[en] Kennt[n]iß[e]n u[nd] Fors[c]h[un]g[en] erkannt [„erkannt” über der Zeile] - wahr u[nd] fals[c]h - gut u[nd] bös - s[c]hön u[nd] uns[c]hö[n] etc. ist - kurz es wird erprobt [„es wird erprobt” über der Zeile] [,] was vernunftgemäß sei, was nicht [.] - <?page no="48"?> 38 Das Selbstbew[u]ßts[eyn] 213 - die Vernunft hat näml[ich] in sich als Inhalt die Ideen (die Urbilder) des Wahren u[nd] Guten u[nd] Schönen 214 [,] d.h. die Vernunft hat in sich die Potenz [,] 215 zu unterscheiden zw[i]s[c]h[en] wahr u[nd] unwahr, zw[i]s[c]h[en] gut u[nd] bös, zw[i]s[c]h[en] schön u[nd] unschön. - An d[ie]s[e]n Ideen nun werden die Erfahr[u]ngskenntniße geprüft, ob sie mit ihnen übereinstimm[en] od[er] nicht. - Da an d[ie]s[e]n entschieden ist, was wahr, gut, schön - kurz [,] was vernunftgemäß ist - was nicht, d.h. es wird erfors[c]ht [,] was sich v[on] 216 d[ie]s[e]n Ideen ableit[en] laße 217 [,] was nicht (aus u[nd] nach der Idee erkennen). 218 - D[ie]se Ideen selbst aber erlang[en] erst Entwickl[un]g u[nd] Klarh[ei]t durch Erfahr[u]ng u[nd] Fors[c]hen, also gegenseit[i]g[e] Förd[erun]g [,] sie leiten das Forschen, Prüfen u[nd] werd[en] doch selbst wieder entwickelt u[nd] gebildet. Z.B. daß die M[e]ns[c]h[en] etwas für schön - häßl[ich] halt[e]n [,] ist nur möglich durch die innewohnende od[er] eigenthüml[iche] Idee 219 des Schönen, die aber anf[a]ngs auch schlummert gleichsam u[nd] erst nach u[nd] nach geweckt u[nd] gebildet wird. Näml[ich] trotz d[ie]se[r] immanenten Fähigk[ei]t (Anlage) [,] Schönes v[on] Unschönen (sic! ) zu unterscheid[en], würde er nie dahin kommen [,] d[ie]se Unterscheid[un]g wirkl[ich] zu machen, wenn ihm nicht das S[c]höne vor das Auge träte, wenn er Schönes nie sähe; erst durch fortgesetzte 220 Anschauung näml[ich] des wirkl[ich] Schönen bildet sich auch die Idee des Schönen immer mehr aus, so daß er nun immer bestimmter u[nd] sicherer das S[c]höne v[om] Unschönen unterscheid[en] u[nd] zuletzt sich auch am Ideal des Schönen bilden u[nd] gleichsam à priori hieraus eine Theorie (od[er] Philosophie) des Schönen entwickeln kann. 221 [7vr/ 8rl] Die and[eren] Wiß[e]ns[c]h[a]ft[en] lehr[en] also die a) [„a)” über der Zeile] Wahrh[ei]t - im Sinne v[on] Wirkl[i]chk[ei]t [,] b) [„b)” in die Zeile eingefügt] die Philos[ophie] lehrt d[ie] Wahrh[ei]t - im Sinne v[on] Idealität, Wahrhaft[i]gk[ei]t - a) [„a)” in die Zeile eingefügt] jene lehr[en] - was da ist [„Vollkommenh[ei]t” über der Zeile] u[nd] wie es da ist - b) [„b)” in die Zeile eingefügt] diese - was an d[em] Dasey[en]d[en] der Idee gemäß ist, was nicht - also das Seynsollende [.] [Vor und über der folgenden Zeile: „NB [: ] freil[ich] s[a]gt ein Philos[oph]: Alles Wirkl[iche] ist wahr - in gewiß[em] Sinn[e] ist es richtig - aber nur [nic]ht philosophis[c]h - sonst müßte auch die Lüge wahr sey[n], denn wirkl[ich] ist sie.”] Wie ist nun d[a]s möglich? “ 213 Über der Zeile: „Möglichk[ei]t ders[e]lb[en]“. 214 Über der Zeile: „Recht[en]“. 215 Über der Zeile: „NB [: ] Die Fülle der Idee[n] ist eig[en]tl[ich] … (? ) wie d[a]s Weltall - Universu[m]“. 216 „aus“ über der Zeile. 217 „laße“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „laßen“. 218 „Aber woher komm[en] d[ie]se Idee[n] - … (? ) werd[en] sie so Maaßstab - waru[m] [n]i[c]ht i[n] all[en] M[en]s[c]h[en] so klar u[nd] rein? “ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 219 Über der Zeile: „Urb[il]d“. 220 „fortgesetzte“ über der Zeile. 221 Randbemerkung [7vl] : „D[u]rch d[ie]se Prüf[un]g werd[en] d[ie]se Idee[n] selbst immer klarer, bestimmter - entfalt[en] ihr[en] ideal[en] [„ideal[en] ” über der Zeile] Gehalt u[nd] das aber ist d[ie] Wiß[en]s[c]haft (d.h. aus d[en] Idee[n] wird d[e]r Inhalt abgeleitet [)].“ <?page no="49"?> 39 Beil[a]g[e] z[u] §: 1 II. Daraus ist nun aber auch klar [,] daß d[ie]se philos[ophische] Erk[e]n[n]tn[i]ß - d[ie] Re- Construction 222 des empiris[c]h zuvor Erkannten aus dem Selbstbewußtseyn 223 nicht geradezu eine Re-Construction 224 des empiris[c]h Gegebenen nach s[einem] ganzen Umfang u[nd] in jeder Bezieh[u]ng ist, sond[ern] eine kritis[c]he, prüfende [,] indem nur das Rechte, Vernunftgemäße in d[ie]s[e]s philos[ophische] Erk[e]n[n]tn[i]ßsystem aufgenommen, das Nichtvernunftgemäße (der Ideen des Wahr[en,] Gut[en] u[nd] Schönen nicht Entsprechende) aber ausgeschieden wird; also eine ideale Reconstruction ist jedes philos[ophische] Erkennen. - Das Seynsollende wird erkannt, nicht unmitt[e]lb[a]r das Seyende (die Erk[e]n[n]tn[i]ß des Seyend[en], Wirkl[i]ch[en] muß vorausgegang[en] seyn). 225 Also Philosophie 226 ist die Erk[e]n[n]tn[i]ß aus der Idee od[er] 227 nach d[en] Ideen des Wahren, Gut[en] u[nd] Schönen etc. u[nd] weil d[ie]se Ideen gerade den Inhalt der Vernunft bilden - d[ie]se aber mit d[em] 228 Selbstbew[u]ßts[eyn] selbst Eins ist, so sagt man auch [: ] Philos[ophie] ist Ableit[u]ng uns[erer] Erk[e]n[n]tn[i]ße aus dem Selbstbew[u]ßtseyn (aus d[er] Vernunft) [.] 229 D[u]rch d[ie]se Ableit[u]ng aus der Idee des Selbstbew[u]ßtseyns erhält näml[ich] uns[ere] Erk[e]n[n]tn[i]ß eine and[ere] Eigenthüml[i]chk[ei]t, näml[ich] die Form der Gewißh[ei]t; 230 durch d[ie]se Ableit[un]g aus der Idee 231 werden näml[ich] uns[ere] Erk[e]n[n]tn[i]ße (d[a]s Erkannte) so sicher u[nd] gewiß, so wahr u[nd] richtig, wie uns[er] eignes Bew[u]ßtseyn [,] weil sie in nothw[e]nd[i]g[en] Zusammenhang mit d[ie]se[n] tret[en], als Inhalt v[on] d[ie]s[e]m selbst erkannt werden. 232 - Nicht blos Wahrheit sucht d[ie] Philos[ophie,] sond[ern] auch Gewißh[ei]t; - während die empiris[c]h[en] Wiß[e]ns[c]h[a]ft[en] auf Erforsch[u]ng der Wirkl[i]chk[ei]t ausgehen (die nicht gerade immer Wahrh[ei]t seyn, sond[ern] auch Lüge, Unvollkommenh[ei]t, 222 „Re-“ über der Zeile eingefügt. 223 Randbemerkung [8rr] : „Unt[e]rsch[ie]d d[e]s philos[ophisch] Erkannt[en] [„d[e]s philos[ophisch] Erkannt[en]“ über der Zeile] v[om] empiris[c]h Erkannt[en]“. 224 „Re-“ über der Zeile eingefügt. 225 Einfügung am Seitenrand [8rr] : „Ein Doppeltes müßen die empiris[c]h[en] Wiß[e]ns[c]h[a]ft[en] der Philosophie leist[en]. 1) den Stoff, d[en] G[e]g[en]st[a]nd, d.h. die Erkenntniß des Wirklichen - als Material 2) die Entwickl[un]g, Kräftig[un]g der erkenn[e]nd[en] Kraft - Idee - Potenz [.] - Sie geben also d[en] Stoff u[nd] bild[en] die Kraft d[e]s G[ei]st[e]s zur Philosophie.“ 226 Randbemerkung [8rr] : „Zusammenfaß[un]g“. 227 „od[er]“ über der Zeile soll wohl das allerdings nicht gestrichene „u[nd]“ in der Zeile ersetzen. 228 „mit d[em]“ über der Zeile soll wohl das in der Zeile stehende, allerdings nicht gestrichene „v[om]“ ersetzen. 229 Randbemerkung [8rr] : „1) Idealität“. 230 Randbemerkung [8rr] : „2) Bedeut[un]g d[ie]s[e]s Verfahr[en]s. Gewißh[ei]t“. 231 Über der Zeile: „Selbstb[e]w[u]ßts[eyn]“. 232 Randbemerkung [8rr] : „weil wir d[ie]se Erk[enn]t[n]iße [n]i[c]ht mehr v[on] Auß[en], sond[ern] aus uns[erem] eig[enen] Wes[en] nehm[en.] Also nicht mehr auf [„auf“ über der Zeile] d[en] Sinnen beruh[en] od[er] auf den histor[i]s[c]h[en] Bericht[en] od[er] d[em] histor[i]s[c]h[en] Glaub[en] -“. <?page no="50"?> 40 Krankh[ei]t etc. seyn kann) [.] 233 (NB [: ] Nicht d[a]s was - das wie sucht sie z[u] erke[nnen]) [.] z) Damit ist aber d[ie] Aufgabe der Philosophie noch nicht erschöpft 234 [,] daß sie das Daseyende - empiris[c]h Erkannte (Wahrgenommene) od[er] im Glauben Angenommene innerl[ich] (ideal) reconstruirt [,] aus dem Daseyenden ein harmonis[c]hes Gedank[en]- System bildet od[er] die Harmonie des G[ei]st[e]s mit dem Wirklich[en] findet, es auf die Ideen des Geistes zurückgeführt (sic! ), d.h. prüft an d[en] Ideen d[e]s Wahr[en] etc. u[nd] aus ihn[en] hinwiederu[m] d[a]s Wahre etc. ableitet [.] - [8rl/ 8vr] Darum ist die Aufgabe der Philos[ophie] hiemit noch nicht erschöpft, 235 weil der Inhalt des mens[c]hl[ichen] Geistes [,] des Bewußtseyns noch nicht erschöpft, dem mens[c]hl[ichen] Geiste, dem Selbstbew[u]ßts[eyn] wohnt näml[ich] auch unzertrennl[ich] die Idee des Allervollkomm[en]st[en], Unbedingt[en], Absolut[en] (wie man sagt) od[er] die Idee Gottes inne; od[er] die Ideen des Wahren, Gut[en], Schön[en] concentrir[en] sich selbst wieder gerade in d[ie]se[r] Gottesidee, im G[o]tt[e]sbew[u]ßtsey[n]. Die Philos[ophie] hat darum auch die Aufgabe 236 , das Daseyende „od[er] irg[en]d ein[en] Th[ei]l im Gebiet - des Dasey[en]d[en] - z.B. R[ec]ht - R[e]l[i]g[ion] etc.“ 237 auch an d[ie]s[e]r höchst[en] Idee d[e]s G[ei]st[e]s 238 zu prüfen u[nd] wo möglich aus ihr zu reconstruir[en], die Schöpfung G[o]tt[e]s gleichsam geist[i]g zu wiederhol[en] u[nd] ihr Verh[ä]ltn[i]ß zu d[ie]s[e]r Idee zu erforschen. D.h. die Philosophie sucht nicht blos das Wesen des Daseyend[en] zu erkenn[en] (an d[er] Idee d[e]s Wahr[en]), sond[ern] au[c]h d[en] letzt[en] Grund d[e]ss[e]lb[en] (an d[er] G[o]tt[e]sidee). 239 Was Gott in Wirkl[i]chk[ei]t gethan hat, näml[ich] die Welt erschaffen - das versucht die Philosophie im Geiste nachzuthun, d.h. sie will nicht die wirkl[iche] Welt erschaffen, hervorbring[en], wie Gott - sond[ern] aus der immanent[en] G[o]tt[e]sidee die Welt ideal reproducir[en,] d.h. sie sucht zu erkenn[en], wie die Welt der Idee G[o]tt[e]s gemäß sey[n] soll, - wie Gott sie ursp[rü]ngl[ich] gewollt habe [,] sein[em] Wesen gemäß. 240 Auch hier findet wieder eine Gegenseit[i]gk[ei]t statt. Die G[o]tt[e]sidee wird 241 geweckt d[u]rch die Welt, u[nd] d[u]rch die Geschichte [,] u[nd] gebildet, - u[nd] hinwiederum wird an d[ie]s[e]r G[o]tt[e]sidee auch die Welt u[nd] die Geschichte mit ihr[em] Inhalte 233 Randbemerkung [8rr] : „(Doch immer neu Streben darnach - weil die Idee[n] selbst durch d[ie] Wirkl[i]chk[ei]t erst noch klarer gebildet, ausgestaltet werd[en] müß[en].)“ 234 Randbemerkung [8rr] : „d[ie] Aufgabe noch nicht erschöpft“. 235 Randbemerkung [8vl] : „warum nicht? “ 236 Randbemerkung [8vl] : „Höchste Aufg[a]be.“ 237 „od[er] irg[en]d ein[en] Th[ei]l im Gebiet - des Dasey[en]d[en] - z.B. R[ec]ht - R[e]l[i]g[ion] etc.“ am Seitenrand [8vl] eingefügt. 238 „d[e]s G[ei]st[e]s” über der Zeile eingefügt. 239 „D.h. die Philosophie sucht nicht blos das Wesen des Daseyend[en] zu erkenn[en] (an d[er] Idee d[e]s Wahr[en]), sond[ern] au[c]h d[en] letzt[en] Grund d[e]ss[e]lb[en] (an d[er] G[o]tt[e]sidee).“ am Seitenrand [8vl] eingefügt. 240 Randbemerkung [8vl] : „Damit ab[e]r sucht sie d[ie]se höchste Idee selber zu höchst[er] Klarh[ei]t zu bring[en,] d.h. Gott zu erkenn[en] - vermittelt die Weltidee mit d[er] G[o]tt[e]sidee - (sucht aus d[e]r G[o]tt[e]sidee die Weltidee zu find[en]) u[nd] vice versa [,] wie all[en]th[a]lb[en] es der Fall ist.“ 241 „wird“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „wirkt“. <?page no="51"?> 41 geprüft - auch die R[e]l[i]g[io]n - der Inh[a]lt ders[e]lb[en] - wird an ihr geprüft [,] obwohl sie selber hinwiederu[m] gerade d[u]rch 242 d[ie]se geweckt u[nd] gebildet wird. 243 Damit komm[en] wir nun an uns[eren] G[e]g[e]nst[a]nd heran. Philosophie also ist Prüfung des Daseyenden an dem Wesen des M[e]ns[c]heng[ei]st[e]s, an s[einem] Inhalte [,] d.h. an d[en] Idee[n] d[e]s Wahr[en], Gut[en] u[nd] Schönen etc. u[nd] an der höchst[en] Idee d[e]s Bew[u]ßts[e]y[n]s [,] an d[er] G[o]tt[e]sidee, u[nd] damit verbund[en]: die Reconstruction des Dasey[en]d[en] aus dem Bew[u]ßts[eyn], aus d[em] M[e]ns[c]h[e]ng[ei]ste. Damit ist reine - ideale Wahrh[ei]t u[nd] Gewißheit erlangt (mit d[e]r Idee u[nd] [m]it d[em] Selbstbew[u]ßts[eyn] näml[ich] ist der unzertr[e]nnl[iche] Zusamm[en]h[a]ng hergestellt) u[nd] was unzertrennl[ich] hiemit verbund[en] ist - die Ausgestalt[un]g d[ie]s[e]r ursp[rün]gl[ich] im M[en]s[c]h[en]g[ei]ste ruh[e]nd[en] Idee[n] zur voll[en] Klarh[ei]t [.] - 244 Indeß das Daseyende ist ein vielumfaß[en]d[er] Ausdruck - wir nehm[en] ein[en] G[e]g[e]nst[a]nd heraus - die histor[ische] Erscheinung der R[e]l[i]g[io]n. [8vr/ 9rl] Anm[erkung: ] 245 Es könnte noch das Bedenken erhoben werd[en,] ob denn d[er] M[e]ns[c]h[e]ng[ei]st das könne, ob das nicht v[on] vorne herein eine Ueberheb[u]ng u[nd] Anmaß[u]ng dess[e]lb[e]n sei? - Darüber noch Folgendes, v[om] St[a]ndp[u]nkt uns[erer] R[e]l[i]g[io]n aus v[om] St[a]ndp[u]nkt der Philos[ophie] gibt man ohnehin die Möglichk[ei]t gerne zu. Darnach wißen wir [,] daß Gott den M[e]nsch[e]n nach s[einem] Ebenbilde erschaff[en], s[einen] G[ei]st ihm eingehaucht; darauf gründ[en] wir die Mögl[i]chk[ei]t solcher Erk[e]n[n]tniß. Gott näml[ich] hat v[on] Ew[i]gk[ei]t die Idee der Welt in sich - nur die Realis[iru]ng geschah in d[e]r Zeit - [; ] 246 ist nu[n] d[er] M[e]ns[c]h[en]g[ei]st ein Ebenbild G[o]tt[e]s, so muß er auch mit der G[o]tt[e]sidee, die Idee der Welt in sich trag[en,] d.h. wie die Fähigk[ei]t [,] Gott so au[c]h die Welt nach ihr[er] Wahrh[ei]t, nach ihr[em] Seynsoll[en] zu erkennen [.] - Die Idee d[er] Welt ist d[er] göttl[iche] Gedanke od[er] Plan v[on] d[er] Welt [.] - D[ie]s[e]r göttl[iche] Gedanke hat sich realisirt in d[er] Welt, in d[en] Gesetz[en] etc. [.] D[ie]se findend in d[er] Welt, find[en] wir d[en] göttl[ichen] Ged[a]nk[e]n u[nd] damit auch die Weltidee [.] - Philos[ophie] ist Auffind[un]g der g[ö]ttl[ichen] Gedank[en] v[on] d[er] Welt etc. [.] - [9rl/ 10rl] 247 III) Nun entsteht aber die weitere Frage, was denn Religion sei, von der das Wesen od[er] die Wahrheit philosophisch erkannt werden soll? 242 „d[u]rch” über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „ob“. 243 Randbemerkung [8vl] : „NB [: ] Wie sehr d[ie] Philos[ophie] der neu[eren] Z[ei]t d[a]rauf besin[n]t [,] sieht man schon daraus, daß sie G[o]tt[e]sidee mit Gott selbst verwechselt hat - u[nd] die ideale Reconstructi[on] der Welt nach d[ie]s[e]r G[o]tt[e]sidee für Weltschöpf[un]g selbst hält. - P[a]nth[ei]sm[us] waren später Mehreres.“ 244 „u[nd] was unzertrennl[ich] hiemit verbund[en] ist - die Ausgestalt[un]g d[ie]s[e]r ursp[rün]gl[ich] im M[en]s[c]h[en]g[ei]ste ruh[e]nd[en] Idee[n] zur voll[en] Klarh[ei]t -“ am Seitenrand [8vl] eingefügt. 245 „Anm[erkung: ]“ über der Zeile. 246 In der Zeile folgendes „ha[t]“ gestrichen. 247 Die Seite [9v] ist unbeschrieben. <?page no="52"?> 42 Es gibt viele u[nd] verschiedene Definitionen von Religion. 248 Die gangbarste u[nd] populärste ist wohl die: „Rel[i]g[io]n sei die Erkenntniß u[nd] Verehr[u]ng Gottes“; Eine andere lautet: „R[e]l[i]g[io]n ist das Verhältniß des Menschen zu Gott“ 249 ; wieder eine andere h[ei]ßt: [„] R[e]l[i]g[io]n ist das Bewußtseyn od[er] Gefühl der absoluten od[er] schlechthinigen Abhäng[i]gk[ei]t des Menschen v[on] Gott“ 250 u.s.w. 251 Ohne d[ie]se verschiedene[n] Definitionen kritis[c]h zu untersuchen, u[nd] ohne uns auf philologische Erört[e]r[u]ng[e]n üb[er] die Bedeut[un]g des Wortes „Religio“ hier einzulaßen, 252 wollen wir hier nur versuchen, einen Begriff v[on] „Rel[i]g[io]n“ aufzustellen von solcher Allgemeinheit, daß er auf die ganze große, ges[c]hichtl[iche] Erscheinung der R[e]l[i]g[io]n paßt, der aber das Eigenthümliche derselben vollkommen ausdrückt u[nd] das Gemeins[c]haftliche 253 aller verschiedenen R[e]l[i]g[io]nsformen zur Einheit zusammenfaßt. Wir wollen nicht zunächst sagen [,] was die R[e]l[i]g[io]n seyn soll u[nd] wie sie seyn soll, od[er] was es eigentl[ich] philos[ophisch] betrachtet für eine Bewandtniß mit ihr habe, - das ist das Ziel [,] dem wir zustreben, das Resultat, das wir erreichen wollen - hier aber als Ausgangspunkt müssen wir den histor[i]s[c]h[en] Begr[i]ff v[on] R[e]l[i]g[io]n zu Grunde legen, müssen v[on] dem ausgehen [,] als 254 was sie erscheint u[nd] gilt. 255 Religion in d[ie]s[e]m allgemeinen, ihr ganzes, vielgestaltetes Gebiet umfaßenden Sinne ist: Das Bewußtseyn des Menschengeschlechtes v[on] einem Uebernatürlichen 256 , Göttlichen, üb[er] d[ie]se sichtbare Welt Erhabenen 257 ; u[nd] damit untrennbar verbund[en] 258 das Bewußtseyn von einem 259 Verhältniß [,] in welchem d[ie]se Welt[-]Ers[c]h[ein]u[n]g 260 üb[e]rh[au]pt u[nd] der Mensch insbesondere zu diesem Unsichtbaren, Göttlichen stehe. Das ist die allgemeinste Definition [,] die man v[on] R[e]l[i]g[io]n geben kann, die auf jede Form derselben paßt 261 [,] mag sie nun so vollkommen od[er] unvollkommen wie 248 Randbemerkung [10rr] : „D[ie] philos[ophische] Definit[ion] muß nicht blos R[e]l[i]g[ion] [„R[e]l[i]g[ion]“ über der Zeile] als hist[orische] [„hist[orische]“ über der Zeile] Thatsach[e] u[nd] Ers[c]hei[n]u[n]g bezeichn[en,] sond[ern] als Thatsach[e] d[e]s Bewußtsey[n]s -“. 249 Randbemerkung [10rr] : „abstract“. 250 Einfügung am Seitenrand [10rr] : „od[er] modern-philosophisch: [‚] R[e]l[i]g[io]n ist das Bewußtseyn des Menschen um sein eignes Wesen als eines göttlichen -’“. 251 Randbemerkung [10rr] : „d[ie] R[e]l[i]g[io]n ist eine Selbsttäusch[u]ng (R...mus (? ))“. 252 „wozu sich später Gelegenheit finden wird“ in der Zeile gestrichen. Einfügung am Seitenrand [10rr] : „denn eine solche Kritik werden Sie erst später verstehen, wenn wir mit uns[eren] rel[i]g[io]nsphilos[ophischen] Untersuchung[en] zu Ende sind u[nd] wissen, was d[a]s Wesen d[er] R[e]l[i]g[io]n eig[e]ntl[ich] sei -“. 253 „Gemeins[c]haftliche“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile eingeklammertes „Wesentliche“. 254 „als“ über der Zeile. 255 Randbemerkung [10rr] : „Nicht gleich das Ideal der R[e]l[i]g[io]n wollen wir hier finden u[nd] bezeichnen - das ist Aufgabe der ganzen R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie], wie wir sehen werd[en.]“ 256 „Uebernatürlichen“ über der Zeile ersetzt „(Unsichtbaren)“ in der Zeile. 257 Randbemerkung [10rr] : „an ein Göttliches - Unsichtbares od[er] wenigstens über die gewöhnl[iche] Naturerscheinung Erhabenes.“ 258 „damit untrennbar verbund[en]“ am Seitenrand [10rr] . 259 „einem“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „dem“. 260 „Ers[c]h[ein]u[n]g“ über der Zeile. 261 „paßt“ über der Zeile. <?page no="53"?> 43 immer seyn, die aber doch gerade das Eigenthümlichste, Wesentlichste d[ie]s[e]r Erscheinung enthält. 262 Das Eigenthüml[ichste] der R[e]l[i]g[io]n ist aber der Glaube an ein Göttliches, wie d[ie]s[e]s nun auch näher vorgestellt werden mag, ob als Einheit oder Vielheit [,] [10rl/ 10vr] ob ganz anthropomorphistis[c]h oder ganz spiritualist[isc]h. Eben so ist es zunächst auch noch 263 gleichgültig [,] in welchem Verhältniß sich der Mensch zu d[ie]s[e]m Göttlichen denkt [,] ob Furcht u[nd] Schrecken od[er] Liebe u[nd] Vertrauen zu ihm vorherrscht; bestimmt ist nur dieß [,] daß er sich in ein[em] solchen Verh[ä]ltn[i]ß zu demselben glaubt, u[nd] daß d[ie]s[e]s wesentl[ich] zur R[e]l[i]g[io]n gehört. 264 Auch sehen wir sogleich [,] daß die Religion nicht etwas ganz Einfaches ist, sond[ern] daß zwei Factor[en] dazu gehören, die Gotth[ei]t u[nd] der bewußte Mensch [,] u[nd] daß sie also ein Verhältniß ist zw[i]s[c]h[en] d[er] G[o]tth[ei]t u[nd] dem Menschen u[nd] das Bewußts[eyn] v[on] d[ie]s[e]m Verhältniß. ( 265 IV [.] Wenn wir nun im oben gegebenen Begriff v[on] R[e]l[i]g[io]nsphilosophie statt „Religion“ die jetzt gefundene Definition v[on] derselben ,substituiren’, so ist also R[e]l[i]g[io]nsphilosophie: Das Forschen nach dem [,] was im Bewußtseyn der Menschheit v[on] einem Göttlichen u[nd] v[on] ihr[em] 266 Verhältniß zu demselben, wahr u[nd] wesentlich ist; oder die Erforschung 267 des Ursprungs, d[e]s 268 Inhalts, der Form u[nd] 269 u[nd] 270 Zweckes d[ie]s[e]s Bewußts[e]y[ns] v[om] Göttlichen u[nd] v[om] Verhältniß der Menschh[ei]t zu demselben. (aus d[em] Selbstbewußts[eyn] resp[ective] der Idee der R[e]l[i]g[io]n) [.] 271 262 Randbemerkung [10rr] : „(u[nd] d[ie]s[e]r B[e]gr[i]ff ist gleichwohl kein leeres abstractu[m] [über der Zeile: „(wie Verh[ä]lt[n]iß z[u] Gott“ [)]], sond[ern] umfaßt gerade d[a]s Wes[en]tl[iche] in aller R[e]l[i]g[ion] - den innerst[en] Keim u[nd] Kernpu[n]kt [,] v[on] dem alles Uebr[i]g[e,] was zur R[e]l[i]g[ion] g[e]hört [,] getrag[en] wird (d[a]s Bew[u]ßts[eyn] d[e]s Göttl[ichen] näml[ich] geht alles R[e]l[i]g[iö]se i[m] Sinn[e] [von] Glaub[en] u[nd] Thu[n] aus.)“ 263 „noch“ über der Zeile. 264 Einfügung am Seitenrand [10vl] : „Wir wißen durch d[ie]se Definit[ion] nur so viel, mit welcher Erscheinung in der M[e]nsch[e]nwelt wir es zu thun haben - wir haben uns das Gebiet d[u]rch d[ie]s[e] Definit[ion] errungen u[nd] umgränzt [,] auf dem wir uns bewegen, das wir zum Gegenst[a]nd uns[erer] philos[ophischen] Untersuch[u]ng - All’ das in der Menschenwelt, was sich auf d[ie]s[e]s Bewußts[eyn] v[on] ein[em] Ueberird[i]s[c]h[en,] Göttlich[en] bezieht. Lehren, Gebräuche u.s.w gehört ins Gebiet uns[erer] Untersuch[u]ng [,] all das soll philos[ophisch] geprüft werden.“ 265 Die Einklammerung des Abschnittes „IV.“ reicht bis [11vr] . 266 „ihr[em]“ über der Zeile eingefügt. 267 Über der Zeile: „Erk[enn]t[n]iß“. 268 „d[e]s“ über der Zeile eingefügt. 269 „der Form u[nd]“ über der Zeile eingefügt. 270 Aufgrund der Einfügung kam es irrtümlicherweise zu einer Doppelung des „u[nd]“. 271 Randbemerkung [10vl] : „Aber nicht blos d[en] empiris[c]h[en] I[n]halt u[nd] Gebrau[c]h (Zweck) der R[e]l[i]g[io]n soll[en] wir erfors[c]h[en] u[nd] erkennen - sond[ern] das Ideale v[on] all’ d[ie]s[em] - wie All d[ie]s[e]s beschaff[en] sey[n] müsse [,] d[a]ß die wahre R[e]l[i]g[ion] zu Stande komme - (d[a]ß die Idee der R[e]l[i]g[ion] realisirt werde), darum müss[en] wir R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] noch anders definiren: näml[ich] als Prüfu[n]g der thatsächl[ichen] R[e]l[i]g[io]n an der Idee der R[e]l[i]g[io]n - u[nd] als ReConstructio[n] der wahr[en] R[e]l[i]g[ion] - aus d[ie]s[e]r Idee der R[e]l[i]g[ion,] die in uns[erem] Selbstbewußts[eyn] gegeb[en] ist, hier ruht. (D[a]s Selbstbew[u]ßts[eyn] ist der Ausg[an]gspu[n]kt [,] das Centrum der philos[ophischen] Untersuch[un]g).“ <?page no="54"?> 44 2. 272 Nach diesem Begr[i]ff können u[nd] müssen 273 wir nun den Gegenstand od[er] das Object u[nd] die Aufgabe der R[e]l[i]g[io]ns-Philosophie bestimmter angeben. I [.] 1) Zufürderst ist hienach klar, daß die R[e]l[i]g[io]nsphilosoph[i]e ihren Gegenstand nicht erst selbst producirt od[er] construirt à priori, sond[ern] daß er schon gegeben [,] geschichtl[ich,] thatsächl[ich] 274 vorhanden ist; näml[ich] die wirkl[ich] vorhandene, geschichtl[iche] Erscheinung, die wir R[e]l[i]g[io]n nenn[en,] soll der Gegenstand im Lichte der Idee 275 der philosoph[ischen] Untersuchung seyn. - Wie die Naturphilosophie sich nicht ihren Geg[e]nst[a]nd, die Natur, selbst producirt od[er] construirt à priori, sond[ern] ihn thatsächl[ich] vor sich hat u[nd] ihn philosoph[isch] erforscht, so auch die R[e]l[i]g[io]nsphilosophie. Wie die Naturphilos[ophie] nicht, wie man zu sagen pflegt [,] voraussetz[u]ngslos anfängt u[nd] etwa so sagt: 276 Ich will ganz absehen v[on] der wirkl[ichen] 277 Natur u[nd] ihr Seyn u[nd] Wesen blos à priori aus reinem Geist construiren, u[m] daraus zu erkennen, was sie eigentl[ich] ist u[nd] nach welchen Gesetzen sie wirkt; so geht auch die R[e]l[i]g[io]nsphilosophie nicht [10vr/ 11rl] Einleitung. 278 §: 1 F[o]rts[e]tz[u]ng. voraussetzungslos zu Werk, sie will nicht eine neue Rel[i]g[io]n 279 selbstständig erfinden od[er] à priori construiren, durch das bloße Denken hervorbringen, abgesehen v[on] der wirkl[ichen,] thatsächl[ichen] R[e]l[i]g[io]n. 280 Das 281 ist zwar versucht worden durch die Philosophie, aber es ist jedenfalls eine Illusion; fürs 1) weil Niemand die genauere Erk[e]n[n]tn[i]ß des Thatsächlichen der R[e]l[i]g[io]n bei einer solchen Construction vergeßen kann, so [,] als wäre sie gar nicht vorhanden [,] 2) weil ohne d[ie]se Ken[n]tniß der denkende Geist nie zum Bewußtseyn, zur Erk[e]n[n]tn[i]ß des einen Factor’s der R[e]l[i]g[io]n, Gottes nämlich, kommen könnte für sich allein, was wir später näher erörtern werden u[nd] uns hier nur vorläufig bemerkt seyn soll. 282 272 Im Nachhinein wurde vor die Zeile „2.“ gesetzt; korrespondierendes „1.“ ist unauffindbar. 273 „u[nd] müssen“ über der Zeile. 274 „thatsächl[ich]“ über der Zeile. 275 „im Lichte der Idee“ über der Zeile. 276 Randbemerkung [10vl] : „D[er] M[en]s[c]h [mü]ßte sein eig[ne]s Wes[en] (Dasey[n]) vergeß[en] u[nd] fingir[en]: er sei blos Denken, - das hat d[ie] neu[ere] Philos[ophie] seit Fichte aufgethan.“ 277 „wirkl[ichen]“ über der Zeile. 278 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 2“ am oberen Seitenrand [11rr] ; „2“ bezeichnet den Bogen. 279 In der Zeile folgendes „aus sich“ gestrichen. 280 Randbemerkung [11rr] : „NB [: ] Wie d[ie] R[e]l[i]g[io]n selbst ein Verhält[n]iß ist v[on] zwei Factoren [über der Zeile: „Gott u[nd] M[e]ns[c]h] - so ist die Idee der R[e]l[i]g[io]n [über der Zeile: „aus“] ein[em] Verh[ä]lt[ni]ß zweier Ideen gebildet - näml[ich] aus d[e]r G[o]tt[e]sidee u[nd] der Idee d[e]s M[e]ns[c]h[en] - (die ab[er] i[m] Bew[u]ßts[eyn] zur Einh[ei]t verbund[en] si[n]d)“. 281 In der Zeile folgendes „wäre“ gestrichen. 282 Randbemerkung [11rr] : „NB [: ] I[m] philos[ophischen] Bewußts[eyn] vereinfacht (? ) sich d[a]s V[e]rh[ä]lt[ni]ß - (beide Fact[oren] i[n] Ei[n]heit - näml[ich] mit d[em] Gott[e]sb[e]w[u]ßts[eyn] hat es d[ie] Wiß[e]ns[c]h[a]ft zu thu[n,] [n]i[c]ht un[m]itt[e]lb[a]r [m]it Gott selber, denn d[a]s … (? ) rel[i]g[iö]se Uebu[n]g, Gebet) - Gott[e]sbew[u]ßts[eyn] u[nd] Selbstbew[u]ßts[eyn] laß[en] sich aber [n]i[c]ht trenn[en] (wie d[a]s So[nnen]licht (? ) i[m] (? ) Eins geword[en])“. <?page no="55"?> 45 2) Die historis[c]he, thatsächl[ich] vorhandene R[e]l[i]g[io]n (die Gesammth[ei]t aller R[e]l[i]g[io]nen) ist also das Object [,] der Geg[e]nst[a]nd, dessen philos[ophische] Erk[e]n[n]tn[i]ß die R[e]l[i]g[io]nsphilosophie anstrebt. 283 a) Die R[e]l[i]g[io]n hat aber, wie wir gesehen haben, zwei Factoren 284 [,] die Gotth[ei]t [,] das Uebersinnliche [,] u[nd] den Menschen, die eben d[u]rch u[nd] in der R[e]l[i]g[io]n in ein Verhältniß zu einander treten: Da nun d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] das Wesen der R[e]l[i]g[io]n kennen lehren will, so genügt es nicht, daß sie blos den Einen Factor wiss[e]ns[c]h[aftlich] erforscht; etwa das Wesen der Gotth[ei]t u[nd] ihr Verhältniß zur Welt, das wäre blos ein Th[ei]l der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie. 285 Mit dem Göttlichen, Uebersinnlichen - dem Meta-Physis[c]hen allein hat es vorzugsweise jene W[i]ß[en]s[c]h[aft] zu thun, die wir die Metaphysik nennen, welche die Aufgabe hat, das allem Sinnlichen 286 [,] Sichtbar[en] zu Grunde liegende Unsichtbare, Uebersinnliche zu erforschen, u[nd] die sich vorzügl[ich] d[u]rch d[ie]se Besch[r]änk[un]g von der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] unterscheidet; die viel mehr zu ihr[em] G[e]g[e]nst[a]nd hat. 287 283 Randbemerkung [11rr] : „(Aus dem ihr Resultat: Die Idee der R[e]l[i]g[io]n u[nd] d[a]s rel[i]g[iö]se [„rel[i]g[iö]se“ über der Zeile] Ideal (ders[e]lb[en]) hervorgehen soll)“. 284 In der Zeile folgendes „(weil sie ein Verh[ä]ltn[i]ß ist)“ gestrichen. 285 Randbemerkung [11rr] : „wie au[c]h die dr[e]i Th[ei]le d[e]r R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] zuletzt Ein u[nd] d[a]ss[e]lbe b[e]h[an]del[n] - 1) nä[m]l[ich] das Gott[e]sbew[u]ßts[eyn], d[a]s Dasey[n] Realität (also Bew[ußtseyn] f[ür] Gott[e]s Das[eyn]) 2. G[o]tt[e]s Wes[en] u[nd] Thät[i]gk[ei]t 3. Gott[e]s Verehru[n]g -“. 286 In der Zeile folgendes „zu“ gestrichen. 287 Randbemerkung [11rr/ 11vl] : „Denn diese hat auch den andern Factor der R[e]l[i]g[io]n [,] die Menschh[ei]t zu betrachten, die Thätigk[ei]t, die der M[e]ns[c]h[e]ngeist hiebei entwickelt, die Wirk[u]ng[en,] welche d[ie]s[e]s Verhältniß zu G[o]tt, sobald es z[um] Bewußtseyn gekommen, hervorbringt, die Manifestationen, Kundgeb[u]ng[e]n davon im Aeußern; also die innere rel[i]g[iö]se Entwickl[u]ng des Mens[c]hengeschlechts u[nd] die äußerl[iche] [in der Zeile folgendes „Kün“ gestrichen] Vorstell[u]ng der R[e]l[i]g[io]n, das religiöse Leben [unter der Zeile, aber unklar, ob hierher gehörig: „u[nd] d[er] Off[e]nb[a]r[un]g des Göttlichen ... (? ) Metaphysik absieht“] [.] (Oder [11rr/ 11vl] wie dieß oben schon bemerkt wurde, die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] hat [,] um das ganze Wesen der R[e]l[i]g[io]n zu erkennen [,] den Ursprung dess[e]lb[en] zu erforschen, den Inhalt u[nd] [über der Zeile: „Form u[nd]“] Zweck. Der Zweck nun ergibt sich aus Urspr[u]ng u[nd] Inhalt ohne weitere Untersuch[u]ng; der Inhalt aber erstreckt sich auf Inneres, die rel[i]g[iö]s[e]n Ideen [,] wozu freil[ich] als Centralp[u]nkt [„Lebens“ über der Zeile soll wohl nicht gestrichenes „Central“ in der Zeile ersetzen] die Idee v[on] Gott gehört; (u[nd] erstreckt sich auf Aeußeres, die Ausprägung, Darstell[u]ng jenes Innern in (sic! ) Aeußer[n], Sichtbaren, im rel[i]g[iö]s[e]n Leben). Es wird näml[ich] die Erscheinung der R[e]l[i]g[io]n als solche, die uns auf die philos[ophische] Untersuch[u]ng üb[e]rh[au]pt führt u[nd] uns veranlaßt zu [„zu“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „zur“] d[ie]s[e]r. D[ie]se Ers[c]hein[un]g - d[a]s Aeußere ders[e]lb[e]n ist einers[ei]ts die thatsächl[ich] bestehende Basis [,] auf der stehend wir den Urspr[u]ng u[nd] das [in der Zeile folgendes „In[nere]“ gestrichen] innere Wesen erforschen; die wir auf [wahrscheinlich gemeint: „auch“] selbst nach Erk[e]n[n]tn[i]ß hievon wieder beurtheilen u[nd] suchen [,] ob sie d[ie]s[e]m Innern und dem Zwecke ders[e]lb[e]n entspreche.)“ Darunter die weitere Randbemerkung [11rr] : „a) D[ie] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] hat d[ie] Erk[e]n[n]tn[i]ß G[o]tt[e]s z[um] G[e]g[e]nst[a]nd 1) das Wesen G[o]tt[e]s an sich u[nd] die Thät[i]gk[ei]t G[o]tt[e]s in Bezug auf den M[e]nsch[e]n [,] b) dann - aber auch das Wesen u[nd] die Thät[i]gk[ei]t des Andern Factor’s der R[e]l[i]g[io]n, des Menschen, der M[e]nschh[ei]t, die er in der R[e]l[i]g[io]n entwickelt - v[on] der Welt, v[om] Daseyenden üb[e]rh[au]pt - v[om] Physis[c]h[en] im weitesten Sinne ausgehend das Wesen in demselben zu finden u[nd] d[en] letzt[en] Grund - das Ueberphysis[c]he, das Meta-Physische -)“. <?page no="56"?> 46 b) 288 Die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] hat 289 nicht blos eine Einzelne R[e]l[i]g[io]n, sei es auch die vollkommenste, also 290 die chr[i]stl[iche], zum G[e]g[e]nst[a]nd, sond[ern] alle R[e]l[i]g[io]n üb[e]rh[au]pt. Sie unterscheidet sich dadurch besond[ers] v[on] der Theologie, welche speziell den Ursprung, u[nd] 291 Inhalt der g[ö]ttl[ichen] Off[e]nbar[u]ng üb[er]h[au]pt u[nd] besond[ers] das Chr[i]st[e]nth[um] wissens[c]h[a]ftl[ich] behandelt, sich also nur auf 2 Form[en,] die jüd[i]s[c]h[e] u[nd] chr[i]stl[iche,] erstreckt. [11rl/ 11vr] II) Daraus ergibt sich nun auch die Aufgabe der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie noch bestimmter. Sie hat nicht die: eine neue R[e]l[i]g[io]n denkend zu erfinden, à priori zu construiren, sond[ern] die vorhandenen, histor[i]s[c]h[en] R[e]l[i]g[io]nsformen, also die Gesammtheit der Religionen zu erforschen, um aus dem Vielen, Vers[c]hiedenen, Unvollkommen[en], Zufälligen 292 das Eine, Gleiche, Vollkommene, Wesentliche 293 zu finden. Sie hat zu untersuchen, 1) ob etwas Wahr[e]s sei 294 an d[ie]s[e]r histor[i]s[c]h[en] Erscheinung, woher sie komme - ob etwas Wahres daran sei 295 [,] an d[ie]s[e]m Bewußtsey[n] der Mens[c]hh[ei]t v[on] einem Göttlichen u[nd] v[on] einem Verhältniß zu d[e]rselben u[nd] 2) was d[ie]s[e]s Wahre sei, worin es bestehe [,] u[nd] 3) wie es sich zu äußern, welchen Ausdruck es anzunehmen habe. Die R[e]l[i]g[io]nsphilosophie sucht d[u]rch die Betracht[u]ng der empiris[c]h[en], wirkl[ichen] R[e]l[i]g[io]nen, ein Ideal der R[e]l[i]g[io]n aufzustellen; 296 d.i. die vollkommenste R[e]l[i]g[io]n, die wahre u[nd] wesentl[iche] zu finden u[nd] zu untersuchen 297 , ob d[ie]s[e]s Ideal sich schon in irg[e]nd einer geschichtl[ichen] R[e]l[i]g[io]n [,] z.B. im Chr[i]st[e]nth[um,] sich verwirklicht finde 298 od[er] nicht. Das geschieht also dadurch [,] daß gezeigt wird [, 1)] welchen Urspr[u]ng die wahre, vollkom[mene] R[e]l[i]g[io]n wahren 299 (müsse) [,] 2) welchen Inhalt sie haben u[nd] 3) wie sie sich bethätigen, d. i. im Leben darstellen müsse. - Es fragt sich nun aber, wie die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] d[ie]se Aufgabe lösen 300 od[er,] wie man philos[ophisch] sagt, ihren Begriff realisiren, vollziehen könne. Dav[on] in f[o]lg[endem] §: ) 301 288 „b)“ in der Zeile gestrichen und durch „a)“ oder „d)“ ersetzt. 289 In der Zeile folgendes „aber endl[ich] auch“ gestrichen. 290 „also“ über der Zeile. 291 „u[nd]“ über der Zeile. 292 „Zufälligen“ über der Zeile. 293 „Wesentliche“ über der Zeile. 294 „sei“ über der Zeile. 295 „woher sie komme - ob etwas Wahres daran sei“ über der Zeile. 296 In der Zeile folgendes „d[as] i[st]“ gestrichen. 297 „u[nd] zu untersuchen“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „ganz abgesehen noch davon“. 298 Das ursprüngliche „findet“ wurde im Text zugunsten des Konjunktivs abgeändert. 299 „wahren“ über der Zeile ersetzt in der Zeile folgendes, eingeklammertes „haben“. 300 Das in der Zeile folgende „könne“ ist eingeklammert. 301 Der vorstehende Abschnitt „IV [.]“ wurde später in Klammern gesetzt. Offensichtlich wurde er später ersetzt durch die „Beil[a]g[e] z[u] § 1 IV“ [12rl-13v] und ist von daher ab [10vr] zu lesen. Randbemerkung [11vl] : „Rec[a]p[itulation] B[e]gr[i]ff: <?page no="57"?> 47 §: 2 Princip u[nd] Methode 302 der Religionsphilosophie. 303 I) Da es, wie gezeigt wurde, die Aufgabe der R[e]l[i]g[io]ns-Philosophie ist, das Wahre u[nd] Wesentliche der Religion 304 - der Gesammth[ei]t der R[e]l[i]g[io]nen - zu erforschen u[nd] dadurch auf der Grundlage der wirkl[ich] vorhandenen R[e]l[i]g[io]nen die Idee der R[e]l[i]g[io]n zu gewinnen 305 , eine ideale (relativ wenigstens) vollkommene R[e]l[i]g[io]n 306 geistig zu [,] wiss[e]ns[c]h[a]ftl[ich] zu 307 construiren 308 , [11vr/ 12rl) Beil[a]g[e] z[u] §: 1. IV. 309 Wir müßen nun den gefundenen Begriff jener histor[i]s[c]h[en] Erscheinung, die man R[e]l[i]g[io]n nennt, mit dem Begriff v[on] Philosophie in Verbind[un]g setzen, um dann den Begr[i]ff der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie zu gewinnen. 310 R[e]l[i]g[io]nsphilosophie 311 ist das Streben [,] die Wahrh[ei]t der R[e]l[i]g[io]n zu erkennen; d.h. das Streben: zu erkennen [,] was an der groß[en] 312 histor[i]s[c]h[en] Erscheinung od[er] Thatsache [,] die wir R[e]l[i]g[io]n nennen, wahr ist, was nicht; - u[nd,] was damit zugleich in Verbind[un]g steht [,] das Streben zu erkennen, wie die wahre, vollkommene R[e]l[i]g[io]n beschaffen seyn müße nach allen ihr[en] Bestandtheil[en] u[nd] Bezieh[u]ng[en] - nach Urspr[u]ng, Inhalt u[nd] Bethätig[un]g od[er] Manifestation; - 313 G[e]g[e]nst[a]nd: Beide Factoren der R[e]l[i]g[io]n - G[o]tt u[nd] Mensch u[nd] ihr Verh[ä]ltn[i]ß zu einander; u[nd] nicht blos Eine [,] sond[ern] alle Formen, die aus der verschieden[en] Auffaß[u]ng d[ie]s[e]s Verh[ä]ltn[i]ss[e]s hervorgeg[a]ng[e]n sind [.] Aufg[a]be: Die wahre R[e]l[i]g[io]n, od[er] [„od[er]“ über der Zeile] d[a]s Wahre in d[er] R[e]l[i]g[io]n zu finden, d[a]s Ideal d[er] R[e]l[i]g[io]n philos[ophisch] z[u] bilden auf d[er] Grundl[a]ge des Gegebenen.“ 302 „u[nd] Methode“ über der Zeile. 303 Randbemerkung [11vl] : „NB [: ] D[ie] Aufg[abe] d[er] Einleit[u]ng ist es vorzügl[ich,] den St[a]ndp[u]nkt zu gewinnen, v[on] dem aus die Lösung des betreff[e]nd[e]n wiß[e]ns[c]h[aftlichen] Problems möglich ist, d[a]h[er] §: 2“. 304 „Religion“ in der Zeile ersetzt durch Streichung ursprüngliches „Religionen“. 305 „die Idee der R[e]l[i]g[io]n zu gewinnen“ am Seitenrand [11vl] eingefügt. 306 „R[e]l[i]g[io]n “ über der Zeile. 307 „wiss[e]ns[c]h[a]ftl[ich] zu“ über der Zeile, daher irrtümliche Doppelung des „zu“. 308 Der an dieser Stelle abgebrochene Satz wird nach der folgenden Beilage fortgesetzt [18rl] . 309 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 1 4 “ am oberen Seitenrand [12rr] . Dieser Bogen [12rl-13v] , dessen vierte Seite [13v] unbeschrieben ist, versteht sich als später eingeschobener Ersatz für den in den Bögen [5rl-5vr und 10rl- 10vr] im Nachhinein eingeklammerten Abschnitt „IV [.]“. 310 Randbemerkung [12rr] : „Recapit[ulation: ] NB [: ] Philos[ophie,] haben wir gesehen [,] ist das Streben [,] die Wahrheit zu erkennen (das Daseyend[e]) [,] u[nd] zwar nicht im Sinne der Wirkl[i]chk[ei]t - sond[ern] der Idealität, der Vollkomm[en]h[ei]t [.] - Das geschieht so, d[a]ß uns[ere] Erk[e]n[n]t[ni]ße aus d[em] Selbst-Bew[u]ßts[eyn] - aus der Ver[n]u[n]ft, d[en] Ideen - herausconstruirt od[er] so [,] d[a]ß d[a]s [„hist[orisch]“ in der Zeile gestrichen] Gegebene, Dasey[en]de, empiris[c]h Erkannte an d[en] Ide[e]n des Wahr[en] etc. geprüft wird - u[nd] zuletzt mit der höchst[en] Idee des M[e]nsch[en]-G[ei]st[e]s od[er] der Ver[n]u[n]ft in B[e]z[ie]hu[n]g gesetzt, aus ihr heraus u[nd] nach ihr - in ihr[em] Lichte erkannt wird - (d.h. Speculation, Erke[nn]tn[i]ß, Erfors[c]h[un]g nach d[en] Ide[e]n od[er] Bespiegelu[n]g in d[en] Ide[e]n [)]“. 311 Randbemerkung [12rr] : „Begr[i]ff“. 312 „groß[en]“ über der Zeile. 313 „Begriff v[on] R[e]l[i]g[io]n einzus[c]halt[en]“ in der Zeile am Seitenrand [12rr] eingefügt. <?page no="58"?> 48 d.h. R[e]l[i]g[io]nsphilosophie ist das Streb[en] zu erkenn[en]: wie das Bewußts[eyn] der M[e]nschh[ei]t v[on] ein[em] Göttlichen [,] üb[er] ih[r] Erhabenen, beschaff[en] sey[n] 314 u[nd] wie sein Verhalt[en] geg[en] d[ie]s[e]s beschaff[en] sey[n] müße, daß es wahr u[nd] vollkomme[n] sei - d.h. daß es der Idee der R[e]l[i]g[io]n od[er] der Idee des Verh[ä]ltn[i]ß[e]s zw[i]s[c]h[en] Gotth[ei]t u[nd] M[e]nschh[ei]t entspreche. Wie dieß geschehen könne [,] soll im Folg[e]nd[en] nach d[em] früher gegeb[enen] B[e]gr[i]ff d[er] Philos[ophie] noch näher erörtert werd[en]. §: 2 Princip u[nd] Methode d[er] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] I) Als Philosophie 315 - so müßen wir nach dem Früheren sagen - ist die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] eine Construction à priori. Eine Erk[e]n[n]tn[i]ß der R[e]l[i]g[io]n, die aus dem Selbstbew[u]ßtsey[n] des M[e]ns[c]h[e]n (aus der Vernunft) abgeleitet, herausconstruirt wird, so daß eine Idee dem ganz[en] System zu Grunde liegt, aus d[ie]s[e]r Alles hergeleitet - od[er,] was zuletzt dass[e]lbe ist, an d[ie]s[e]r Idee d[a]s v[on] d[er] R[e]l[i]g[io]n empiris[c]h Erkannte geprüft wird; ob es wahr [,] ob fals[c]h sei, [12rl/ 12vr] u[nd] dadurch eine ideale R[e]l[i]g[io]n, d.h. die vollkommene R[e]l[i]g[io]n philos[ophisch] zu construir[en], d.h. aus der Vernunft abzuleiten. Die Idee der R[e]l[i]g[io]n ist das Princip der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie [,] d.h. die Quelle, der Ursprung der Erk[e]n[n]tn[i]ße, die d[a]s ganze Syst[em] enthalt[en] soll (principium essendi) [,] u[nd] d[a]d[ur]ch 316 zugleich der Prüfstein [,] an dem alle rel[i]g[iö]s[en] Erscheinung[en] geprüft werden (princip[ium] cognoscendi) 317 [.] Die Ableitu[n]g aller d[ie]s[e]r Erke[nn]tn[i]ße aus d[ie]s[e]r Einen, höchst[en] Idee ist die Methode [,] die vorherrschend synthetis[c]h ist, in wiefer[n] eb[en] die Erk[e]n[n]t- [ni]ße durch d[ie]se Ableit[un]g aus der Idee gewonn[en] werd[en]; (mit der aber zugleich 318 die 319 analyth[ische] wird verbund[en] seyn, in wiefern wir durchaus immer auch v[on] d[en] histor[i]s[c]h[en] Erscheinung[en] der R[e]l[i]g[io]n ausgeh[en,] d[ie]se als G[e]g[e]nsta[n]d der philos[ophischen] Forsch[u]ng betracht[en] u[nd] den Inhalt d[e]rs[e]lb[en] an d[er] (höchst[en]) Idee der R[e]l[i]g[io]n prüf[en]) [.] - Die Idee der R[e]l[i]g[io]n 320 aber ist nichts andres als dem M[e]ns[c]he[n]g[ei]ste od[er] der Vernunft urspr[ü]ngl[ich] immanente[s] Urbild der 321 wahren vollk[ommenen] 314 In der Zeile folgendes „müße“ gestrichen. 315 „Princip“ am Seitenrand [12rr] . 316 „dad[ur]ch“ über der Zeile. 317 „princip[ium] cognoscendi“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 318 „wir werd[en] aber s[o]gl[e]i[c]h seh[en]“ über der Zeile. 319 „anl“ in der Zeile gestrichen. 320 Randbemerkung [12vl] : „Was unt[er] Idee d[e]r R[e]l[i]g[ion] zu versteh[en].“ 321 „der“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „des“. <?page no="59"?> 49 R[e]l[i]g[io]n [,] d.h. des wahre[n] vollkom[menen] Bewußts[eyns] G[o]tt[e]s u[nd] des recht[en] Verhaltens gegen ihn. 322 Da die R[e]l[i]g[io]n ein Verh[ä]ltn[i]ß ist zw[i]s[c]h[en] zwei Factoren [,] zw[i]s[c]h[en] Gott u[nd] M[e]nsch - so ist die Idee der R[e]l[i]g[io]n ebenf[a]lls ein V[e]rh[ä]ltn[i]ß - d[a]s wahre u[nd] vollkommene näml[ich] - zw[i]s[c]h[en] der G[o]tt[e]sidee u[nd] der Idee des M[e]nsch[en]. II) Obwohl aber d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] eine Construction der vollkommen[en] R[e]l[i]g[io]n od[er] d[e]s Ideals d[e]r R[e]l[i]g[io]n 323 - nach Urspr[u]ng, Inhalt u[nd] Bethätig[un]g im Leb[en] 324 - aus der mens[c]hl[ichen] Ver[n]u[n]ft [,] inwiefern 325 sie die Idee der R[e]l[i]g[io]n in sich hat [-] ist; - so geht sie doch nicht voraussetzungslos zu Werk, wie man meine[n] könnte - sie sieht nicht von aller vorhandenen R[e]l[i]g[io]n ab, stellt sich nicht [,] als gäbe es gar keine R[e]l[i]g[io]n [,] als wüßte sie anf[a]ngs 326 gar nichts von einer solch[en] u[nd] wollte sie erst aus dem mens[c]hl[ichen] Bewußtseyn [12vr/ 13rl] erschaffen [,] sond[ern] d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] gründet sich durchaus auf die historis[c]h vorhandenen R[e]l[i]g[io]n[en] u[nd] auf die Kenntniß des Inhalts ders[e]lbe[n,] u[nd] zwar aller R[e]l[i]g[io]n[en], nicht blos etwa der ch[ri]stl[ichen] - denn die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] hat es mit der groß[en] allgem[einen] Thatsache der R[e]l[i]g[io]n auf Erd[en] zu thun. Wie Jemand keine Rechtsphilos[ophie] 327 zu Stande brächte, wenn er nicht zuvor die mens[c]hl[ichen] Rechts-Verhältniße 328 kennen gelernt hätte; so wäre auch eine R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] nie möglich ohne Kenntniß der R[e]l[i]g[io]n[en] u[nd] ihr[e]s I[n]halts 329 [.] Die Kenntniß d[ie]s[e]r muß den Stoff, d[a]s Material, d[en] G[e]g[e]nst[a]nd gegeben (sic! ) [,] üb[er] den philos[ophirt] werd[en] soll; - dann aber muß die Idee der R[e]l[i]g[io]n selbst erst an d[ie]s[e]r wirkl[ich] vorhand[enen] R[e]l[i]g[io]n erwacht seyn u[nd] sich zu einem gewißen Grad v[on] Vollkommenh[ei]t u[nd] Selbstständ[i]gk[ei]t empor gebildet haben, wenn aus ihr ein Ideal der R[e]l[i]g[io]n gebildet [,] d.h. wenn sie eine R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] construir[en] soll. Wie ein Künstler nie dazu käme [,] ein Ideal v[on] S[c]hönheit selbstthätig u[nd] künstl[e]ris[c]h zu schaffen 330 , wenn er nie S[c]hönes gesehen, nie wirkl[iche] S[c]hönheiten betrachtet, die die Idee d[e]s S[c]hön[en] in ih[m] geweckt u[nd] zur Kraft gebracht 331 hätte, deren einzelne Züge 332 mit Hinweglaßung des Unvollkom[menen] in jeder 322 Randbemerkung [12vl] : „od[er] die Potenz (Anlage) zum wahr[en] vollkom[menen] Bewußts[eyn] Gott[e]s u[nd] d[e]s Verh[ä]ltn[i]ßes des M[e]ns[c]h[en] zu ih[m] zu kenne[n] -“. 323 „od[er] d[e]s Ideals d[e]r R[e]l[i]g[io]n“ über der Zeile. 324 Randbemerkung [12vl] : „Nothw[e]nd[i]gk[ei]t gegeb[enen] Materials“. 325 „inwiefern“ über der Zeile; „od[er] aus“ in der Zeile gestrichen. 326 „anf[a]ngs“ über der Zeile. 327 Randbemerkung [13rr] : „Glei[c]h[n]iße v[on] R[ec]ht [,] Naturphilos[ophie] [„Naturphilos[ophie]“ über der Zeile] u[nd] Kunst - [„Natur“ unter der Zeile gestrichen]“. 328 „zu“ in der Zeile gestrichen. 329 „u[nd] ihr[e]s I[n]halts“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 330 „u[nd] aus“ in der Zeile gestrichen. 331 „die die Idee d[e]s S[c]hön[en] in ih[m] geweckt u[nd] zur Kraft gebracht“ über der Zeile. <?page no="60"?> 50 er dann zu jenem Ideal vereinigt 333 [,] das er nun seinerseits selbstständ[ig] producirt aus s[einer] Phantasie 334 - so ist es auch bei d[er] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] in ihr[em] Streben, aus dem Selbstbew[u]ßts[eyn] od[er] der in d[ie]s[em] immanent[en] Idee ein Ideal der R[e]l[i]g[io]n zu schaff[en,] zu producir[en.] - Es wäre das nie möglich [,] wenn nicht wirkl[iche] R[e]l[i]g[io]n[en] vorhand[en] 335 u[nd] v[on] dem Philosophirend[en] gekannt wären; er muß Kenntniß v[on] d[ie]s[e]n haben u[nd] das Wahre bewahrend, d[a]s Falsche ausscheidend, bildet er d[a]s rel[i]g[io]nsphilos[ophische] Syst[em] . (Ich will die Frage [,] wie dieß Verfahr[en] möglich, wie d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] d[ie]se Aufgabe lös[en] könne [,] noch weiter erörtern) - s[iehe] B[eila]g[e] 2 §: 2 I [.] [13rl/ 14rl] 336 Einleitung. 337 §: 2 F[o]rts[e]tz[u]ng. 338 nun ein schweres Bedenken. Es fragt sich näml[ich: ] Woher kommt dann aber d[ie]se Idee der R[e]l[i]g[io]n selbst 339 - welche in ihrer Reinheit bedingt ist d[u]rch die Idee v[on] G[o]tt u[nd] v[om] Mens[c]hen in s[einem] V[e]rh[ä]ltn[i]ß zu ihm? - soll denn nicht diese Idee selbst erst aus ihrem noch dunkl[en] unvollkom[m]nen Zustand im Mens[c]hen d[u]rch die philos[ophische] Erfors[c]h[u]ng der R[e]l[i]g[io]n zur Klarheit, zum vollen [,] sichern Bewußtseyn gebracht werden? Wie soll sie also Ausgangspunkt u[nd] Leitstern [,] Princip u[nd] Krit[e]riu[m] 340 einer Wiss[e]ns[c]h[aft] seyn können, aus der sie vielmehr erst am Schlusse als Resultat hervorgehen kann? 341 Randbemerkung [13rr] : „Stoff wird ih[m] d[a]d[u]r[c]h gegeb[en] u[nd] zugl[eic]h die schöpferis[c]he Kraft geweckt -“. 332 „er“ in der Zeile gestrichen. 333 „vereinigt“ über der Zeile. 334 „aus s[einer] Phantasie“ über der Zeile. 335 Randbemerkung [13rr] : „Es wäre kein G[e]g[e]nst[a]nd da [,] üb[er] d[en] philos[ophirt] wird - u[nd] die Kräft[e], die Fäh[i]gk[ei]t d[a]zu (d.h. die Idee würde ni[c]ht leb[en]d[i]g [„ni[c]ht leb[en]d[i]g“ über der Zeile] [,] nicht gebildet [).] - Die Idee der R[e]l[i]g[ion] ist 1) Princip d[e]r R[e]l[i]g[ion]sphilos[ophie], d.h. aus ihr werd[en] d[ie] Erk[enn]tniße abgeleitet - ihr I[n]halt wird entfaltet. 2) in wie fern aber d[ie] R[e]l[i]g[ion]sphil[osophie] v[on] d[en] vorh[a]nd[enen] R[e]l[i]g[ionen] zugl[e]i[c]h Notiz nimmt, wird d[ie]s[e]r Idee auch ... (? ) Kriteri[um]“. 336 Die Seite [13v] ist unbeschrieben. 337 „R[e]l[i]g[io]nsphilosophie 3“ am oberen Seitenrand [14rr] ; „3“ bezeichnet den Bogen. 338 An dieser Stelle wird der am Seitenende von [18vr] begonnene Satz fortgeführt; die beiden hier fälschlicherweise eingelegten Bögen „R[e]l[i]g[io]nsphilosophie 3“ [14rl-15vr] und „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 4“ [16rl-17vr] gehören ursprünglich nach dem Bogen [11rl-11vr und 18rl-18vr] . 339 „selbst“ über der Zeile. 340 „Princip u[nd] Krit[e]riu[m]“ über der Zeile. 341 Randbemerkung [14rr] : „in ihr[er] Vollkomm[en]h[ei]t -“. Darüber [14rr] , aber ebenfalls an diese Stelle anknüpfend: „Einw[e]nd[un]g. Beides ist der Fall bei der Idee der R[e]l[i]g[io]n in Bezug auf die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie]. In ihr liegt die Mögl[i]chk[ei]t derselben, der Ausgangsp[u]nkt [,] u[nd] sie ist die Führeri[n] durch das ganze System hindurch.“ <?page no="61"?> 51 Ich erwidere: Alles 342 ist d[ie]se Idee der R[e]l[i]g[io]n, der Ausgangsp[u]nkt u[nd] Führerin d[u]rch u[nd] in d[ie]s[er] Wiss[e]ns[c]h[aft] u[nd] das Ziel davon. Das ist Nichts Unmögliches od[er] Ungereimtes, denn die Natur selbst zeigt uns d[ie]s[e]s Gesetz der Entwickl[u]ng. 343 Auch 344 bei andern Organismen [,] z.B. bei einer Pflanze, ist 345 die künft[i]ge Gestalt u[nd] ganze Ausbild[u]ng d[e]rselben schon im Keime [,] noch vor dem Beginn der Entwickl[u]ng schlummernd, als Idee u[nd] Kraft 346 zur künft[i]g[en] Gestaltung, u[nd] beginnt 347 dann durch sie die Entwickl[u]ng 348 u[nd] nimmt 349 nach ihr [,] d.i. ihr gemäß [,] ihre[n] Fortgang 350 , so d[a]ß sie 351 eine fortwährende Realisir[u]ng ist v[on] d[ie]s[e]r Idee, obwohl d[ie]se erst am Schluße zur vollen, klaren Gestaltung kommt. 352 Wie also bei d[er] Pflanze die schlummernde Idee, die künft[i]ge Gestalt d[er] Pflanze [,] die zugl[e]i[c]h d[ie] Kraft zu 353 ihrer Gestalt[u]ng in sich schließt 354 , Ausgangspunkt u[nd] Leiterin der Entwickl[u]ng ist, gerade in d[ie]s[e]r Entwickl[un]g selber aber sich erst realisirt, vollkommen klare Gestalt u[nd] Ausdruck gibt, so daß sie zugleich das Ziel d[ie]s[e]r Entwickl[un]g ist; - so ist es auch in der W[i]ss[e]ns[c]h[aft] mit dem Princip derselben u[nd] namentl[ich] auch mit der Idee der R[e]l[i]g[io]n, die sich in der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] Gestalt u[nd] Ausdruck gibt, sich ein[en] geist[i]g[en] Organismus schafft. Daß also die Idee selbst d[u]rch die Wiss[e]ns[c]h[aft] erst zur vollen Klarh[ei]t u[nd] Reinheit gebracht werden soll, darf uns nicht irre machen, das ist kein widernatürl[icher] Verlauf, sond[ern] naturgemäßer Proceß. 355 2) 356 Ehe es aber in der That zu einer Wiß[e]ns[c]h[a]ft der R[e]l[i]g[io]n, zu ein[er] R[e]l[i]g[io]nsphilosophie kommen kann [,] muß d[ie]se dem Menschen eingeborene Idee, die r[e]l[i]g[iö]se Anlage, allerdings schon gebildet u[nd] entwickelt worden (seyn), muß 342 „Alles“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Beides“. 343 „Das ist Nichts Unmögliches od[er] Ungereimtes, denn die Natur selbst zeigt uns d[ie]s[e]s Gesetz der Entwickl[u]ng.“ am Seitenrand [14rr] eingefügt. 344 „Auch“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Wie“. 345 „ist“ über der Zeile. 346 „ver… (? ) d[ie] Pflanze“ über der Zeile. 347 „beginnt“ über der Zeile. 348 „beginnt“ in der Zeile gestrichen. 349 „nimmt“ über der Zeile. 350 „nimmt“ in der Zeile gestrichen. 351 „so d[a]ß sie“ über der Zeile. 352 Das ursprünglich vorgesehene Semikolon wurde an dieser Stelle durch einen Punkt ersetzt. 353 „zu“ über der Zeile. 354 „die zugl[e]i[c]h d[ie] Kraft zu [„zu“ über der Zeile] ihrer Gestalt[u]ng in sich schließt“ am Seitenrand [14rr] eingefügt. 355 Einfügung am Seitenrand [14rr] : „Durch sie ist das Erkennen urspr[ü]ngl[ich] nur möglich, u[nd] gleichwohl wird sie eben d[u]rch das Erkennen erst immer klarer u[nd] reiner. - Das rel[i]g[iö]s[e] Erkennen [,] ja d[ie] R[e]l[i]g[io]n selbst also ist v[om] ersten Augenblick d[e]s Bewußts[eyns] an nur d[u]rch d[ie]se Idee möglich u[nd] bedingt; ehe es aber in d[er] That zu ein[er] W[i]ss[e]ns[c]h[a]ft [wird]. - Das Erkennen fängt mit d[ie]s[e]r Idee an, schreitet an ihr u[nd] d[u]rch sie fort u[nd] kommt z[ur] Voll[en]d[un]g [.] NB [: ] D[ie]se Idee ist princip[ium] essendi der R[e]l[i]g[io]n u[nd] princip[ium] cognoscendi ders[e]lbe[n,] Princip des Glaub[en]s u[nd] Princip des Wissens.“ 356 Ein korrespondierender Gliederungspunkt „1)“ ist unauffindbar. <?page no="62"?> 52 schon zu einem gewiss[en] Grade v[on] Klarheit gekommen seyn. Nun finden [14rl/ 14vr] wir, daß es sehr verschiedene R[e]l[i]g[io]nen gibt, die sich an Wahrh[ei]t u[nd] Gehalt sehr von einander unterscheiden; da nun gerade die angeborne rel[i]g[iö]se Anlage des Mens[c]hen, in der R[e]l[i]g[io]n [,] in der er geboren ist, gewöhnl[ich] seine Entwickl[un]g u[nd] Bild[u]ng [,] die oft nur 357 Verkümmerung u[nd] Verbild[un]g ist 358 , empfängt, so kommt sehr viel darauf an, in welcher R[e]l[i]g[io]n derj[enige], welcher d[ie]se Wiss[e]ns[c]h[a]ft bildet, selbst seine rel[i]g[iö]se Bild[u]ng empfangen hat. Je unvollkommen[er] d[ie]se R[e]l[i]g[io]n ist, desto weniger wird er im Stande seyn [,] den Anford[e]r[u]ng[e]n der r[e]l[i]g[iö]s[e]n Wissens[c]h[a]ft zu entsprechen; u[nd] in der vollkommensten R[e]l[i]g[io]n wird auch die vollkommenste R[e]l[i]g[io]nsphilosophie möglich seyn; weil 359 in d[ie]s[e]r die Idee der R[e]l[i]g[io]n am vollkommensten u[nd] reinsten gebildet ist 360 [,] eben deßh[a]lb 361 [,] weil die R[e]l[i]g[io]n als historis[c]he Thatsache mit ihrem Inhalt u[nd] ihren Formen ders[e]lb[e]n der Idee die beste u[nd] reinste Nahrung zur Ausbild[un]g waren (sic! ) [.] - Wie der Keim einer Pflanze um so besser gedeiht u[nd] zu um so herrlicherer Gestalt sich entfaltet [,] je beßer der Boden ist, in den er gepflanzt ist [,] u[nd] die üb[ri]g[e]n Bedingungen, die z[um] Wachsthum gehören; so ist es auch bei der R[e]l[i]g[io]n. Es wird 362 um so reiner u[nd] edler 363 auch die Idee v[on] Gott u[nd] aus ihr folgend die Idee der R[e]l[i]g[io]n seyn, je beßer u[nd] vollkommener d[ie] R[e]l[i]g[io]n ist, in der d[ie]se rel[i]g[iö]se Anlage entwickelt wurde d[u]rch die rel[i]g[iö]s[en] Lehren u[nd] Einrichtungen; desto eher ist R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] möglich, desto vollkommener zu werden ist wenigstens d[ie] Möglichk[ei]t vorhanden. (Wenn wir die best[e] 364 histor[ische] R[e]l[i]g[io]n dem Boden vergleichen, das rel[i]g[iö]s[e] Bew[u]ßts[eyn] des Mens[c]h[en], die Idee [,] die auf d[ie]s[em] Bod[en] wächst, der Pflanze; die R[e]l[i]g[io]nswiss[e]ns[c]h[aft] aber die d[u]rch die Fülle u[nd] Reinh[ei]t d[ie]s[e]s rel[i]g[iö]s[en] Bew[u]ßts[eyns], d[ie]se Idee der R[e]l[i]g[io]n bedingt ist, der Blume. - ) 365 III) Damit [,] glaube ich, wird zugleich ein andres Bedenken beseitigt seyn, das allenf[a]lls entstehen könnte üb[er] das V[e]rh[ä]ltn[i]ß der R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] 357 „die oft nur“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „od[er] gar“. 358 „ist“ über der Zeile. 359 „1)“ in der Zeile gestrichen. 360 „2)“ in der Zeile gestrichen. 361 „eben deßh[a]lb“ am Seitenrand [14vl] eingefügt; „denn“ in der Zeile gestrichen; „was unmitt[e]lb[ar] damit verbund[en]“ über der Zeile gestrichen. 362 „so ist es auch bei der R[e]l[i]g[io]n. Es wird“ über der Zeile. 363 „wird“ (? ) in der Zeile gestrichen. 364 „best[e]“ über der Zeile. 365 Vorstehender Absatz „(Wenn wir“ bis „der Blume. -)“ am Seitenrand [14vl] eingefügt als Ersatz für gestrichene Einfügung am Seitenrand [14vl] : „Vergleichen wir näml[ich] die best[e] hist[orische] R[e]l[i]g[ion] dem Bod[en] u[nd -] dem angemeßen [-] endl[ich] auch die Blume sey[n] wird - ebenso ist es auch [„ebenso ist es auch“ in der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „um so mehr wird“] mit d[er] R[e]l[i]g[io]n, ihr[er] Idee u[nd] der Philosophie.“ <?page no="63"?> 53 z[um] Chr[i]st[e]nth[um,] ob 366 denn nicht die R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] eine christl[iche] seye? Ob 367 man denn dabei v[om] Chr[i]st[e]nth[um] ganz absehen, u[nd] selbstständ[i]g eine R[e]l[i]g[io]n aus der Idee construir[en] könne? Es geschieht dieses Letztere, ohne daß man dabei das Chr[i]st[e]nth[um] aufzugeben, oder als unnütz bei Seite zu lassen braucht. - In so fern die R[e]l[i]g[io]nsphilosophie Wißens[c]haft ist, also in ihrem innern Bereich, nimmt sie allerdings nur das an [,] was sie aus der Idee der R[e]l[i]g[io]n - G[o]tt[e]s u[nd] der Welt - abzuleiten vermag, nach den Gesetz[en] [14vr/ 15rl] des Geistes, also nur das, was vernunftgemäß ist, denn die Idee in Verbind[un]g u[nd] lebend[i]g im Geiste u[nd] in seinen Gesetzen - ist eben die Vernunft. In so fern aber der Zustand der Vernunft, ihre höhere Ausbild[un]g, ihr sichreres Erkennen selbst v[on] der 368 R[e]l[i]g[io]n bedingt ist, ist auch wieder die Philosophie der R[e]l[i]g[io]n abhängig v[on] der jeweil[i]g[en] R[e]l[i]g[io]n, in uns[erem] Falle also vom Chr[i]st[e]nthum. (So ist auch z.B. die Naturphilosophie durchaus bedingt durch die wirkl[iche] Natur u[nd] die empiris[c]he Kenntniß derselben, d[u]rch die Naturkunde mittels der Erfahr[u]ng; je vollkommener d[ie]se ist, um so vollkommener wird auch die Naturphilosophie seyn können. Gleichwohl aber ist sie nicht empiris[c]he Naturkunde, eine Zusammenreihung v[on] Erfahrungen, sondern eine geist[i]ge Reconstruction der Natur aus einem Princip; ein geist[i]g[e]r Mikrokosmus (sic! ), der ein Abbild seyn soll des wirkl[ichen] Makrokosmus (sic! ) mit seinen Gesetzen, Kräft[en] u[nd] Wirk[u]ng[e]n, die alle auf die 369 Idee des Kosmus (sic! ) zurückgeführt, od[er] vielmehr aus d[ie]s[e]r abgeleitet werden [.] D[ie] Naturphilos[ophie] strebt die g[ö]ttl[iche] Idee v[on] d[em] Kosmos zu erkennen, die ausgesprochen wurde im ersten Schöpferworte.) 370 : Der Menschengeist vermag auch dieß in der That, so sehr er auch hinwiederum an (sic! ) die Erfahr[u]ng angewiesen ist; er kann auch oft, wo die Erfahr[u]ng ihn verläßt [,] die Lücke dadurch ausfüllen, daß er nach der Idee d[e]s G[e]g[e]nst[a]nd[e]s 371 u[nd] nach den innern Gesetz[en] seines Denkens v[om] Bekannten auf d[as] 372 Unbekan[n]te, schließt [,] u[nd] gar häufig schon hat die später dazu kommende Erfahr[u]ng die Richt[i]gk[ei]t d[ie]s[e]r Schlüße rein nach d[en] Gesetzen des Geistes, bestätigt.) Die wahre philosophis[c]he Wißensch[a]ft kommt eben dadurch zu Stande, daß Denken u[nd] Erfahr[u]ng sich vereinigen u[nd] ergänzen; Idealismus, reine Construction aus dem Geiste selbst, u[nd] Empirismus, Erfahr[u]ngsk[e]n[n]tn[i]sse müssen in Bund treten [,] nicht einseitig für sich walten, denn beide gehören so nothwend[i]g zusammen wie Seele u[nd] Leib zusammengehören beim Menschen. Die positive R[e]l[i]g[io]n, d[u]rch welche 366 „ob“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „soll“. 367 „Ob“ über der Zeile, wohl als Ersatz für nicht gestrichenes „Kann“ in der Zeile. 368 „Vollkomm[en]h[ei]t“ über der Zeile eingefügt. 369 „die“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „eine“. 370 „D[ie] Naturphilos[ophie] strebt die g[ö]ttl[iche] Idee v[on] d[em] Kosmos zu erkennen, die ausgesprochen wurde im ersten Schöpferworte.)“ am Seitenrand [15rr] eingefügt, daher auch der irrtümlich in der Zeile verbliebene folgende Doppelpunkt; geöffnete Klammer unauffindbar. Dazu die Anmerkung [15rr] : „(s[iehe] Ob[en] Nothw[en]d[i]gk[ei]t eines tief[en] St[a]ndp[u]nkt[e]s)“. 371 „d[e]s G[e]g[e]nst[a]nd[e]s“ über der Zeile. 372 „d[as]“ über der Zeile. <?page no="64"?> 54 die Idee d[er] R[e]l[i]g[io]n zu großer Klarh[ei]t gebracht u[nd] gebildet wurde, kann aber doch nicht Princip der Wiß[e]ns[c]h[a]ft seyn [,] wenn sie d[ie]s[e]lb[e] auch erst mögli[c]h macht 373 ; welche sie dem Mens[c]h[en] etwas Aeußeres ist, dem er sich hingibt; während die Wiß[e]ns[c]h[a]ft des Mens[c]hen eigenstes Werk seyn muß, also v[on] s[einem] eignen Wesen, s[einem] Bewußtseyn, s[einem] G[ei]ste ausgeht. Denn die W[i]ß[e]nsch[a]ft besteht ja eben darin, daß er das objectiv Gegebene in seinem eignen G[ei]ste begründet findet u[nd] die Harmonie d[e]ss[e]lb[en] mit s[einem] Wesen erkennt u[nd] es mit Consequenz aus dems[e]lben nach geist[i]g[en] Gesetzen ableiten kann; wo d[ie]s[e]s nicht geschieht [,] da ist keine wissens[c]h[a]ftl[iche] Erk[e]n[n]tn[i]ß, obwohl darum noch kein Grund vorhand[en] ist, es zu verwerfen; es ist eben dann ein noch Unerkanntes, deßen Erk[e]n[n]tn[i]ß ja später noch erfolg[e]n kann. Man kann sagen, die Idee 374 irg[e]nd eines G[e]g[e]nst[an]d[e]s [,] die im G[ei]ste ruht, mit ihm gegeben ist, wird d[u]rch das objectiv Gegebene geweckt, u[nd] wächst dann aus dem lebend[i]g[en] Grunde sei[ne]s Bewußtseyns zum vollkomm[enen] geist[i]g[e]n Bilde, z[um] Ideal empor - u[nd] das ist die Wiß[e]nsch[a]ft d[ie]s[e]s G[e]g[e]nst[a]nd[e]s; - der Mens[c]h baut sich durch sie eine geist[i]ge Welt, ein[en] Mikrokosmus (sic! ), der, so weit er wahr ist [,] ganz dem äußern Object entspricht [.] - 375 Wir müssen auf das in d[ie]s[em] P[a]r[agra]ph[en] Gesagte 376 noch öfter zurückkommen; hier möge zur vorläufigen Orientir[u]ng das Bemerkte genügen. Ehe wir aber an d[en] G[e]g[e]nst[a]nd selbst gehen [,] müssen wir zur leichtern Uebersicht, die Eintheil[un]g noch angeben. [15rl/ 15vr] §: 4 377 Eintheilung der R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] Die Eintheil[u]ng der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] ist bedingt durch d[en] Gegenstand u[nd] die Aufgabe derselben. Gegenstand ist, wie wir gesehen, die Religion in ihrer Gesammterscheinung in der Mens[c]hh[ei]t, und d[ie] Aufgabe ist, d[ie]se R[e]l[i]g[io]n aus d[er] Idee zu reconstruiren 378 nach ihrem Ursprung u[nd] Entwickl[u]ng [,] also nach Urspr[un]g u[nd] I[n]halt u[nd] Bethät[i]g[un]g 379 [,] nach ihrem Inhalt und äuß[eren] Erscheinung, Ausdruck 380 [,] 373 „wenn sie d[ie]s[e]lb[e] auch erst mögli[c]h macht“ über der Zeile. 374 „d“ in der Zeile gestrichen. 375 „Die positive R[e]l[i]g[io]n, d[u]rch welche die Idee d[er] R[e]l[i]g[io]n zu großer Klarh[ei]t gebracht u[nd] gebildet wurde“ bis „ganz dem äußern Object entspricht -“ am Seitenrand [15rr] eingefügt. 376 „allerd[ings]“ in der Zeile gestrichen. 377 Ursprüngliches „3“ mit „4“ überschrieben; ein Ersatz für den § 3 ist unauffindbar. „Methode und“ in der Zeile gestrichen. 378 „aus d[er] Idee zu reconstruiren“ über der Zeile. 379 „also nach Urspr[un]g u[nd] I[n]halt u[nd] Bethät[i]g[un]g“ über der Zeile. 380 „Ausdruck“ über der Zeile. <?page no="65"?> 55 ihrer Darstell[u]ng im 381 Leben u[nd] damit auch nach ihrem Zwecke zu erforschen, und eben hiedurch das Wesen u[nd] die Wahrh[ei]t der R[e]l[i]g[io]n zu erkennen.) 382 Hienach ergibt sich v[on] selbst die Eintheil[u]ng der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie in 3 Th[ei]le od[er] Hauptstücke [,] wovon der I [.] Th[ei]l Vom Urspr[u]ng der R[e]l[i]g[io]n handelt u[nd] weil d[ie]s[e]r erste Ursprung sich traditionell fortsetzt v[on] 383 v[on] 384 d[er] Fortpflanzung derselben; weil d[ur]ch die wechselnd[en] Generat[ionen] d[er] M[e]ns[c]hh[ei]t der Urspr[u]ng gleichsam ein fortgesetzter ist [,] der II [.] Th[ei]l Vom Inhalt, v[on] den rel[i]g[iö]s[e]n Ideen od[er] Lehren [,] d[er] III [.] Th[ei]l 385 v[om] rel[i]g[iö]s[en] Leben; 386 d.h. V[om] Wesen d[e]s M[e]ns[c]heng[ei]st[e]s [,] spez[iell] v[on] d[em] eingebor[nen] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] od[er] der 387 ihm imman[en]t[en] Idee der R[e]l[i]g[io]n ausgehend, wird ihr wahrer Urspr[u]ng u[nd] ihre wahre Entwickl[un]g u[nd] Vervollkommnung - ihr wahrer I[n]halt - u[nd] ihre adaequate, angemeßene Manifestati[on] i[m] Leb[en] gezeigt werd[en]. 388 ad I. Im I [.] Th[ei]l 389 sucht d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] die R[e]l[i]g[io]n zu begreifen nach ihrem Urspr[u]ng u[nd] d[a]h[er] Erscheinung in der Menschenwelt üb[e]r- 381 Unleserliche Wörter über der Zeile. - Die folgende, sekundär eingeklammerte und zusätzlich gestrichene Einfügung am Seitenrand [15vl] läßt sich nicht exakt in den Haupttext einpassen: „Was die Methode betrifft [,] so ist sie in [„in“ über der Zeile] beid[en] vor[i]g[en] §: schon enth[a]lt[e]n [,] näml[ich] im §: 1 ist bemerkt [,] d[a]ß d[ie] R[e]l[i]g[io]n[en] üb[er]h[au]pt d[er] thats[ächlich] vorhand[ene] G[e]g[e]nst[an]d sey[n] soll f[ür] d[ie] philos[ophische] Betracht[un]g - im §: 2 - daß dieß nach ein[er] besti[mm]t[en] Idee gescheh[en] soll - damit ist g[e]s[a]gt [,] d[a]ß d[ie] synth[etische] u[nd] analyt[ische] Meth[o]de verbu[n]d[en] werd[en] soll[en]. - Man kann bei d[er] Wiß[e]ns[c]h[aft] analyt[isch] od[er] synthet[isch] verfahren [.] - Analyt[isch] ist das Verfahren [,] wenn man v[om] Einzelnen, Empiris[c]h[en] ausgehend dem Allgemein[en], Abstracten zustrebt - aus einig[en] Erfahr[u]ng[en] - ein allgem[eines] Gesetz erkennt [.] Synth[etisch] - wenn man vom Allgem[einen] ausgehend das Einzelne aus d[ie]s[e]m folgert u[nd] ableitet [.] Das analyth[ische] V[erfahren] [„V[erfahren]“ über der Zeile] ist [„ist“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „eignet sich“] den empiris[c]h[en] od[er] Erfahr[u]ngswiss[e]ns[c]h[a]ft[e]n eigenthüml[ich,] z.B. der Naturwiss[enscha]ft [.] Das synth[etische] Verfahren ist den rein theoret[ischen] Wiss[enschaften] eigenthüml[ich,] z.B. der Logik. Hier in uns[erer] W[i]ß[e]ns[c]h[aft] müßen beide Verfahr[un]gsweis[en] miteinander verbunden werden - im Ganzen u[nd] Großen herrscht das synth[etische] Verfahren, insofern die allgem[ein] leitende Idee zu Grunde liegt; in den einzel[nen] Theil[en] d[a]g[e]g[en] herrscht d[a]s analyth[ische] Verfahr[en] vor; da immer vom Empiris[c]h[en,] Historis[c]h[en] ausgegang[en] wird. -“ 382 Geöffnete Klammer unauffindbar. 383 „weil d[ie]s[e]r erste Ursprung sich traditionell fortsetzt v[on]“ am Seitenrand [15vl] eingefügt. 384 Durch vorige Einfügung kam es irrtümlicherweise zu einer Doppelung des „v[on]“. 385 Die wohl ursprünglich vorgesehene Überschrift „Von der äuß[ern] u[nd] innern Darstell[u]ng“ wurde mit Klammern versehen und durch „v[om] rel[i]g[iö]s[en] Leben“ ersetzt. 386 „v[on] d[er] Wirk[u]ng der R[e]l[i]g[io]n“ in der Zeile gestrichen. Alternative Formulierung der drei Teile der Religionsphilosophie am Seitenrand [15vl] : „I [.] Th[eil: ] V[om] Daseyn d[er] Nothw[e]nd[i]gk[ei]t u[nd] Wirkl[i]chk[ei]t der G[o]tt[e]sidee II [.] Th[eil: ] V[om] Inhalt der G[o]tt[e]sidee - III [. Theil: ] V[on] d[er] Wirk[u]ng [„Manifestation“ über der Zeile] der G[o]tt[e]sidee. V[on] der Wirkung u[nd] Manifestation der R[e]l[i]g[io]n -“. 387 „schl“ in der Zeile gestrichen. 388 „d.h. V[om] Wesen d[e]s M[e]ns[c]heng[ei]st[e]s“ bis „i[m] Leb[en] gezeigt werd[en].“ am Seitenrand [15vl] eingefügt. 389 Alternative Formulierung am Seitenrand [15vl] : „I [.] Allg[emeine] Thatsache ausg[e]h[e]nd - Urspr[u]ng der R[e]l[i]g[io]n - v[on] ein[er] Uroff[e]nb[a]r[un]g - v[on] d[er] mens[c]hl[ichen] Thät[i]gk[ei]t bei <?page no="66"?> 56 h[au]pt, indem sie, ausgehend v[on] der wirkl[ichen] allgem[einen] Thatsache der R[e]l[i]g[io]n [,] die Beding[u]ng[e]n der Mögl[i]chk[ei]t u[nd] Wirkl[i]chk[ei]t derselben auf Seit[e]n beider Factoren der R[e]l[i]g[io]n - G[o]tt[e]s näml[ich] u[nd] des Menschen - untersucht u[nd] 390 die Thätigk[ei]t beider bei d[er] ursp[rüng]l[ich] erst[en] 391 Entsteh[u]ng u[nd] immanenten E[n]tst[ehung] 392 derselben ins Auge faßt. Es wird also in d[ie]s[e]m Th[ei]le darnach gestrebt, das Daseyn der R[e]l[i]g[io]n selbst, das Gottesbew[u]ßts[eyn] der Menschh[ei]t, den Glauben, als die eig[e]ntl[iche] rel[i]g[iö]s[e] Grundthätigk[ei]t des Mens[c]hen zu begreifen. 393 Indem wir d[ie]s[e]s thun, gewinn[en] wir die richtige Vorstellung v[on] der Religion, oder die rechte Idee v[on] ihr, wir vermögen aber hinwiederum d[ie]s[e]s Ziel selbst nur zu erreichen, geleitet v[on] d[ie]s[e]r Idee - nach der Weise in der Gegenseitigk[ei]t, wie d[ie]s[e]s im vor[i]g[en] § 1 gezeigt ward. D[ie]s[e]r Th[ei]l wird üb[ri]g[ens] 394 vorwiegend historis[c]h u[nd] psychologisch seyn, der Natur der Sache gemäß. [15vr/ 16rl] Einleitung. 395 §: 4 396 F[o]rts[e]tz[u]ng. 397 ad II) Im II [.] Th[ei]l wird der Inhalt der R[e]l[i]g[io]n, also die rel[i]g[iö]s[e]n (Ideen od[er]) Lehren philosophisch geprüft; d.h. h[ei]ßt (sic! ), was in der R[e]l[i]g[io]n nur gefühlt, geahnt [,] geglaubt wird, sucht die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] zum Wißen zu erheben, indem sie d[ie]se rel[i]g[iö]s[en] Vorstell[u]ng[e]n u[nd] Lehren im Lichte der Idee v[on] Gott betrachtet, u[nd] sie vergleicht u[nd] prüft am Wesen des Menschen u[nd] der Welt üb[e]rh[au]pt. 398 Es werden also in d[ie]s[em] Th[ei]l philos[ophisch] betrachtet werden die rel[i]g[iö]s[en] Lehren v[on] 399 Gott nach s[einem] Daseyn, s[einem] Wesen u[nd] Leben; v[on] 400 der Welt n[a]ch ihr[er] Entsteh[u]ng od[er] Schöpfung; ins- Entst[e]h[un]g d[er] R[e]l[i]g[io]n - v[om] Glaub[en] - v[on] d[er] rel[i]g[iö]s[en] Thät[i]gk[ei]t der gesammt[en] geist[i]g[en] Kräft[e] d[e]r M[e]ns[c]hh[ei]t - v[on] d[er] Entsteh[un]g [„Forte[n]twickl[un]g a)“ über der Zeile] der Vielh[ei]t u[nd] Verschied[en]h[ei]t der R[e]l[i]g[ionen] (od[er] d[en] falsch[en] R[e]l[i]g[ionen]) - V[on] d[er] Wiedervereinig[un]g d[er] R[e]l[i]g[ionen] z[u] Einer, d[er] wahr[en] - V[on] d[er] g[ö]ttl[ichen] Off[en]b[arun]g - Jud[en]th[um] u[nd] Chr[isten]th[um] - V[on] d[er] R[e]l[i]g[ion]swiss[en]s[c]h[a]ft.“ 390 „u[nd]“ über der Zeile. 391 „d[er] ursp[rüng]l[ich] erst[en]“ über der Zeile. 392 „immanent[en] E[n]tst[ehung] (? ) ... (? )“ über der Zeile. 393 Einfügung am Seitenrand [15vl] im Nachhinein wieder gestrichen: „Es wird d[a]h[er] d[ie] Rede seyn v[on] d[er] rel[i]g[iö]s[en] Anlage, v[on] g[ö]ttl[icher] Off[e]nb[a]r[u]ng, v[on] Glauben u[nd] Wissen.“ 394 „üb[ri]g[ens]“ über der Zeile. 395 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 4“ am oberen Seitenrand [16rr] ; „4“ bezeichnet den Bogen. 396 Ursprüngliche „3“ mit „4“ überschrieben. 397 Randbemerkung [16rr] : „NB [: ] Ursp[run]g u[nd] Entwickl[un]g nehmen wir in Ei[nem] Abs[c]h[n]itt zusamm[en], weil wir aus d[e]r E[n]twickl[un]g u[nd] Ges[c]hi[c]hte b[e]s[on]ders auf d[en] Ursp[run]g zurü[c]kschli[e]ßen [,] wir also doch i[m] erst[en] Abschn[itt] v[om] Urspr[un]g - au[c]h s[c]hon v[on] d[er] E[n]tw[ic]k[lun]g spr[ec]h[en] müßt[en] - (d[a]h[er] Ursp[r]u[n]g u[nd] E[n]twickl[un]g = Daseyn d[e]r R[e]l[i]g[ion] -)“. 398 Randbemerkung [16rr] : „an den Gesetzen des Mens[c]henw[e]s[en]s u[nd] an d[en] klar erkannt[en] Gesetzen der Natur.“ 399 „die rel[i]g[iö]s[en] Lehren v[on]“ am Seitenrand [16rr] eingefügt. 400 „v[on]“ über der Zeile. <?page no="67"?> 57 bes[ondere] v[om] 401 Menschen in s[einem] Wesen, seinen Kräften u[nd] Aufgab[e]n, bes[onders] seine[r] Freih[ei]t u[nd] Unsterbl[i]chk[ei]t u[nd] was damit in Zusamm[e]nhang steht. ad III [)] Im III [.] Th[ei]l wird die inn[e]re Wirkung u[nd] äuß[ere] 402 Ausprägung der rel[i]g[iö]s[e]n Ideen im Leben der Menschheit betrachtet u[nd] wissensch[a]ftl[ich] geprüft [,] d.h. an der Idee der wahr[en], vollkom[menen] R[e]l[i]g[io]n; es wird gezeigt [,] wie d[ie] R[e]l[i]g[io]n sich im Leb[en] ausgestalt[en] soll, wenn sie die wahre sey[n] u[nd] die ihr[em] Wes[en] gemäße Form äußerl[ich] gewi[nnen] u[nd] ihr[en] Zweck erreich[en] soll. 403 Also der Einfluß des 404 Inhalts der R[e]l[i]g[io]n auf die Gestaltung des Lebens [,] auf Gesinnung 405 [,] Wollen u[nd] Handeln. Es wird also die Rede seyn v[on] den rel[i]g[iö]s[en] Vereinen, v[on] d[er] Kirche u[nd] ihren Anordnungen, vom rel[i]g[iö]s[en] 406 Cultus; wo das Verh[ä]ltn[i]ß der R[e]l[i]g[io]n zur Kunst [,] Musik z.B. [,] betrachtet werd[en] muß; sodann v[om] Verh[ä]ltn[i]ß der R[e]l[i]g[io]n zum Staatsleben [,] zur politis[c]h[en] Gesells[c]h[a]ft u[nd] Aehnl[iches]. - V[on] d[em] V[e]rh[ä]ltn[i]ß der v[e]rschied[enen] R[e]l[i]g[io]n[en] zu ein ander. Zum Schluße soll dann eine Uebersicht des Ganzen beigefügt u[nd] daraus als 407 Resultat gezogen werden [,] was als Wesen u[nd] Zweck aller R[e]l[i]g[io]n zu betracht[en] ist. - 408 Da die ganze philos[ophische] Untersuchung sich durchaus auf das geschichtl[iche] Daseyn der R[e]l[i]g[io]n gründet, so wäre allerdings wünschenswerth, daß wenigst[e]ns eine kurze Uebersicht aller 409 R[e]l[i]g[io]nen, ein Abriß der Geschichte aller R[e]l[i]g[io]nen vorangestellt würde [,] Allein etc. - 410 ad I [.] 411 Die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] hat es also mit dem ganzen groß[en] Gebiet der R[e]l[i]g[io]n zu thun - hat z[u] zeigen [,] wie sie in der M[e]ns[c]hh[ei]t entstand[en] ist 401 „v[om]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „der“. 402 „inn[e]re Wirkung u[nd] äuß[ere]“ über der Zeile. 403 „d.h. an der Idee der wahr[en], vollkom[menen] R[e]l[i]g[io]n; es wird gezeigt [,] wie d[ie] R[e]l[i]g[io]n sich im Leb[en] ausgestalt[en] soll, wenn sie die wahre sey[n] u[nd] die ihr[em] Wes[en] gemäße Form äußerl[ich] gewi[nnen] u[nd] ihr[en] Zweck erreich[en] soll“ am Seitenrand [16rr] eingefügt. 404 „rel[i]g[iö]s[en]“ in der Zeile gestrichen. 405 „Gesinnung“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Ha“. 406 „rel[i]g[iö]s[en]“ über der Zeile. 407 „als“ über der Zeile, wohl als Ersatz für in der Zeile allerdings nicht gestrichenes „das“. 408 Randbemerkung [16rr] : „NB [: ] Was die Theol[ogie] in all[en] ihr[en] Disciplin[en] [„in all[en] ihr[en] Disciplin[en]“ über der Zeile] b[e]h[a]nd[e]lt [,] ist auch G[e]g[en]st[an]d der R[e]l[i]g[ion]sph[ilosophie,] aber noch weit mehr, weil sie es mit all[en] R[e]l[i]g[ionen] zu thun hat. - I [.] Th[ei]l [: ] psy[c]holog[isch] u[nd] historis[c]h. II [.] Th[ei]l [: ] metaphysis[c]h. - III [.] Th[ei]l [: ] practisch -“. 409 „aller“ über der Zeile, wohl als Ersatz für in der Zeile allerdings nicht gestrichenes „der“. 410 Randbemerkung [16rr] : „NB [: ] Der I [.] Th[ei]l sucht die Thatsache der R[e]l[i]g[io]n zu begreifen - dieß näml[ich,] daß es eine R[e]l[i]g[io]n gibt [in der Zeile folgendes „u“ gestrichen] [,] wie sie entstand u[nd] besteht. D[er] II. Th[ei]l sucht den Inhalt d[er] R[e]l[i]g[io]nen zu begreifen - d[ie] r[e]l[i]g[iö]s[en] Lehren [.] D[er] III [.] Th[ei]l - Die Wirk[u]ng[e]n u[nd] Aeuß[e]r[u]ng[e]n der R[e]l[i]g[io]n u[nd] ihr Verh[ä]ltn[i]ß zum mens[c]hl[ichen] Leben u[nd] Daseyn üb[e]rh[au]pt.“ 411 „ad I [.]“ über der Zeile. <?page no="68"?> 58 u[nd] wie sie im einzeln[en] M[e]ns[c]h[en] entsteht - u[nd] wie sie sich in der M[e]ns[c]hh[ei]t fortgebildet hat u[nd] im einzel[nen] M[e]ns[c]h[en] bild[en] muß - [,] daß sie der Idee der R[e]l[i]g[io]n entspricht; Wir werd[en] also d[en] Grund u[nd] Urspr[u]ng der wahr[en] R[e]l[i]g[io]n erfors[c]h[en] u[nd] werd[en] die Beding[un]g der recht[en] Entwickl[un]g u[nd] wahr[en] Vervollkommn[un]g kenn[en] lernen [,] u[nd] zwar so [,] daß wir bei d[ie]s[e]r wiß[e]ns[c]h[a]ftl[ichen] Fors[c]h[u]ng zwar die histor[ische] Erschei[n]u[n]g zu Grunde legen [,] die wiß[en]s[c]h[a]ftl[iche] Ents[c]heid[un]g ab[e]r üb[er] Urspr[un]g u[nd] Vervollko[mmnun]g der R[e]l[i]g[ion] immer aus d[em] Wes[en] d[e]s M[e]ns[c]h[en]g[ei]st[e]s selber - aus s[einer] geist[i]g[en] Natur - speziell aus s[einem] G[o]tt[e]sbewußts[eyn] od[er] s[einer] rel[i]g[iö]s[en] Anlage - od[er] der Idee d[e]r R[e]l[i]g[ion] ableit[en.] - Wir werd[en] die äuß[eren] histor[i]s[c]h[en] Ers[c]hei[n]u[n]g[en] der R[e]l[i]g[io]n[en] kenn[en] ler[nen] u[nd] die im M[e]ns[c]h[en]g[ei]ste ruhend[en] rel[i]g[iö]s[en] Kräfte erforsch[en] u[nd] in ihrer Thät[i]gk[ei]t zeig[en], um daraus die histor[i]s[c]h[en] R[e]l[i]g[io]nsform[en] zu erklär[en]. 412 [16rl/ 16vr] §: 5 413 Literatur der Religionsphilos[ophie] Die Rel[i]g[io]nsphilos[ophie] in der 414 angegebenen 415 Art u[nd] Bedeutung, ist eine Wissenschaft, die erst in neu[erer] Zeit sich gebildet hat 416 . Früher nämlich - im chr[i]stl[ichen] Alterthum u[nd] durch das ganze Mittelalter hindurch war Philosophie u[nd] Theologie ganz u[nd] gar mit einander verbunden, bis zur neueren Zeit herab; dann trennte sich die Philosophie immer mehr v[on] d[er] Theologie u[nd] Religion u[nd] stand ihr endlich schroff gegenüber; erst in neuerer Zeit nähern sich beide wieder [,] suchen wieder Vereinig[u]ng [,] u[nd] zwar mittels der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie. 417 - Aber die Art u[nd] Weise [,] wie man d[ie]s[e]s bewerkstelligen will, ist sehr verschieden u[nd] es finden sich ganz entgegengesetzte Richtungen u[nd] Absichten dabei. 412 Der vorstehende Abschnitt „ad I [.]“ wurde erst im Nachhinein mit Klammern versehen. „Wir werd[en] die äuß[eren] histor[i]s[c]h[en] Ers[c]hei[n]u[n]g[en] der R[e]l[i]g[io]n[en] kenn[en] ler[nen] u[nd] die im M[e]ns[c]h[en]g[ei]ste ruhend[en] rel[i]g[iö]s[en] Kräfte erforsch[en] u[nd] in ihrer Thät[i]gk[ei]t zeig[en], um daraus die histor[i]s[c]h[en] R[e]l[i]g[io]nsform[en] zu erklär[en].)“ am Seitenrand [16rr] eingefügt. 413 „4“ gestrichen und durch „5“ ersetzt. 414 „der“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „dem“. 415 „Umfang“ in der Zeile gestrichen. 416 „hat“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „war“. 417 Randbemerkung [16vl] : „Verei[ni]g[un]gs-Art v[on] R[e]l[i]g[io]n u[nd] Philos[ophie] a) Naturalist[ische] Ansicht - R[e]l[i]g[ion] g[a]nz unberecht[i]gt - od[er] nur als Poesie zuläßig - b) Pantheist[ische] Ansi[c]ht - R[e]l[i]g[ion] berecht[i]gt - aber hat überzugeh[en] in Wiss[en] - c) Theist[ische] Ansi[c]ht - R[e]l[i]g[ion] Bere[c]ht[i]g[un]g - aber au[c]h d[a]s Wiss[en] - Glaube [m]it de[m] Wiss[en] zu vereinig[e]n - ohne d[a]ß er aufgehob[en] würde - rel[i]g[io]ns-philos[ophische] Ansicht d) Traditionalist[i]s[c]he A[n]s[ic]ht - d[a]s Wiß[en], die Philos[ophie] ist g[a]nz unbere[c]ht[i]gt -“. <?page no="69"?> 59 1) Die Einen, man kann sagen [: ] die v[on] d[er] äußersten Linken auf dem rel[i]g[iö]s[e]n Gebiet, die aus der Hegelschen Schule hervorgegangen, wollen alle positive, historis[c]he R[e]l[i]g[io]n beseitigen u[nd] sie durch Philosophie [,] od[er] allg[emein] 418 durch die Bildung ersetzen, durch die sogen[annte] Humanität; sie wollen, wenn sie das Wort R[e]l[i]g[io]n noch beibehalten, eine Religion der Humanität; unter der wiederum Verschiedenes verstanden wird, im Allgem[einen] soll es ein Cultus, eine Verehr[u]ng u[nd] Anbetung des Menschenwesens, des Menschengeschlechtes im Gegensatz zum Individuum seyn. 419 - Diese Richtung geht demnach dahin [,] die Religion wegzu (sic! ) philosophiren. - Feuerbach - Hr. Ruge − Daumer 420 - Bauer Br[uno]. 2) Andere v[on] etwas gemäßtigterem (sic! ) Streben halten zwar auch auf die bestehenden R[e]l[i]g[io]nen nicht viel - auch nicht auf das Chr[i]st[e]nth[um] - [,] aber sie wollen sie doch wenigstens bestehen lassen, nur aber durch die Philosophie reinigen; sie wollen [,] wie sie sagen, v[on] d[er] R[e]l[i]g[io]n nur das annehmen u[nd] gelten laßen, was mit ihrer Vernunft übereinstimmt, was sie für wahr erkennen; Jeder bildet sich auf d[ie]se Weise seine R[e]l[i]g[io]n selber, oder [16vr/ 17rl] meint wenigstens [,] sie sich selber zu bilden; das ist die sog[enannte] rationalistische Richtung; ihr Streben geht dem Bemerkten zufolge dahin, sich die Religion erst selbst zu erphilosophiren. 421 In d[ie]s[e]n beiden Richt[u]ng[e]n bestünd[e] die Vereinig[u]ng der R[e]l[i]g[io]n u[nd] Philosophie darin, daß die R[e]l[i]g[io]n in d[er] sog[enannten] Philosophie aufginge, von ihr verschlungen würde. D[ie]s[e] Richt[u]ng hat im Theoret[i]s[c]h[en] so zieml[ich] ausgelebt, - im Pract[i]s[c]h[en] aber sucht sie nun Gelt[u]ng u[nd] seine Gemeind[e] etc. 422 3) Eine dritte Richtung der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] läßt der bestehenden histor[i]s[c]h[en] Rel[i]g[io]n zwar das Recht des Bestehens, 423 erkennt sie als rechtmäß[i]ge Erscheinung u[nd] Thatsache in der Geschichte u[nd] Menschenwelt an, aber in der Weise [,] daß sie allen Religionsformen in der Menschh[ei]t, wie sie auch beschaffen seyn mögen, das Recht der Existenz zugesteht; sie bringt alle d[ie]se Formen in eine bestimmte Ordnung u[nd] Stufenfolge 424 u[nd] betrachtet sie als ebenso viele, nothwend[i]ge Entwickl[u]ngsphasen od[er] Stufen, auf denen die Mens[c]hh[ei]t allmählig bis zum gegenwärt[i]g[en] Zustand emporgestiegen; die durch die Bild[u]ng der Mens[c]hh[ei]t [,] namentl[ich] d[u]rch die Philosophie errungen word[en] seyen u[nd] d[ur]ch sie wieder überwunden u[nd] beseit[i]gt werden müßt[e]n. 425 In d[ie]s[er] B[e]z[ie]h[u]ng kommt sie 418 „od[er] allg[emein]“ über der Zeile. 419 Randbemerkung [16vl] : „das Individ[uum] soll die Gattung verehren; d[er] einzelne Mensch d[a]s Wesen u[nd] d[ie] Würde der Mens[c]hh[ei]t anbeten; od[er] die Natur geradezu.“ 420 Randbemerkung [16vl] : „Anthropologismus od[er] Naturalismus (Daumer)“. 421 Randbemerkung [17rr] : „Nicht die R[e]l[i]g[io]n erkennen, sond[ern] die R[e]l[i]g[io]n bild[en], producir[en] woll[en] sie, ihre Wiß[en]s[c]h[a]ft will R[e]l[i]g[ion]sstift[un]g sey[n] - Rationalismus (vulg[aris])“. 422 „D[ie]s[e] Richtung hat [„hat“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „ist“] im Theoret[i]s[c]h[en] so zieml[ich] ausgelebt, - im Pract[i]s[c]h[en] aber sucht sie nun Gelt[u]ng u[nd] seine Gemeind[e] etc.“ nachträglich in die Zeile eingefügt. 423 „u[nd]“ in der Zeile gestrichen. 424 Randbemerkung [17rr] : „Klaßifikatio[n]“. 425 Randbemerkung [17rr] : „Schelling d[ie]se Richt[u]ng angebahnt.“ <?page no="70"?> 60 einigermassen mit der vorgenannten überein. 426 - Nur läßt d[ie]se Richtung die thatsächl[ich] bestehend[e]n R[e]l[i]g[ionen] 427 gelten, gibt sich aber für die 428 dieselben bewegende u[nd] belebende Kraft aus. 429 4) D[ie]s[e]r 430 außerchristl[ichen] u[nd] eig[e]ntl[ich] widerchr[i]stl[ichen] R[e]l[i]g[io]nsphilos[o]phie 431 steht gegenüber eine andere Richtung [,] welche auf chr[i]stl[icher] Anschauung 432 ruhend die Gesammth[ei]t der R[e]l[i]g[io]nen im Lichte 433 der durch das Chr[i]st[e]nth[um] gebildeten Vernunft 434 betrachtet u[nd] ihre Bedeut[u]ng u[nd] Geltung bestimmt u[nd] ihr Verhältniß zur Idee der R[e]l[i]g[io]n, u[nd] ebenso die rel[i]g[iö]s[e]n Lehren u[nd] Erscheinungen in d[ie]s[e]r Weise zu erkennen u[nd] zu würdigen strebt. 435 Hier wird eine Versöhnung, ein Bund zw[i]s[c]h[en] R[e]l[i]g[io]n, Chr[i]st[e]nth[um] u[nd] Philosophie versucht. 436 5) Noch eine and[ere] Richtung aber gibt es [,] die nur die R[e]l[i]g[io]n, nur das Chr[i]st[e]nth[um], nur den Glauben will gelten laßen, vor aller Philosophie aber ein[en] horror hat; sie vernichtet haben möchte. 437 [17rl/ 17vr] Natürlich sind alle d[ie]se verschieden[en] Richtungen nicht scharf zu sondern u[nd] zu scheiden, wenigstens nicht die gerade aneinander gränzenden [,] sond[ern] sie spielen auf die manigfaltigste Art in einander über; während die sich ferner stehenden allerdings bestimmt sich einander entgegen stehen u[nd] anfeinden; es ist da wie bei den verschieden[en] polit[ischen] Partheien. Ein bestimmtes, rel[i]g[io]nsphilos[ophisches] Werk habe ich bei mein[en] Vorles[u]ng[e]n nicht z[u] Grunde gelegt; es ist auch in d[ie]s[e]r Weise keines vorhanden; nur wenige [,] eigentl[ich] gar keines 438 [,] rel[i]g[io]nsphil[osophische] Werke beha[n]d[e]ln die R[e]l[i]g[io]n vollständ[i]g nach ihr[er] ganzen Erschein[un]g 439 ; sondern sie haben entweder nur den Inhalt der R[e]l[i]g[io]n [,] die rel[i]g[iö]s[e]n Ideen od[er] 426 Randbemerkung [17rr] : „Pantheismus“. 427 „4)“ in der Zeile gestrichen. 428 „in“ in der Zeile gestrichen. 429 Randbemerkung [17rr] : „Hegel, Schelling, Noack, Schwarz (Wesen d[er] R[e]l[i]g[io]n) etc. (Syst[em] d[er] spek[ulativen] R[e]l[i]g[io]nsw[i]ss[enschaft]) [.] - Noch immer größt[en]th[ei]ls de[m] bef[an]g[en] - Fichte, Weisse, Ulrici, Chalybaeus, Wirth u.A.“ 430 In der Zeile folgendes „eig[e]ntl[ich]“ mit Klammern versehen. 431 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[o]phie“ über der Zeile. 432 „Anschauung“ über der Zeile ersetzt das in der Zeile gestrichene „Principien“. 433 Einfügung am Seitenrand [17rr] : „(nicht geradezu im Lichte d[e]s Chr[i]st[e]nth[ums,] sond[ern] im Lichte der d[u]rch d[a]s Chr[i]st[e]nth[um] gebildeten Vernunft; denn d[a]s Chr[i]st[en]th[um] untersucht u[nd] urth[ei]lt nicht wiss[e]ns[c]h[a]ftl[ich])“. 434 „Vernunft“ über der Zeile ersetzt in der Zeile mit Klammern versehenes und gestrichenes „Idee der R[e]l[i]g[io]n“. 435 Randbemerkung [17rr] : „Theismus“. 436 Randbemerkung [17rr] : „Günther, Sengler, Staudenmayr, (Kuhn) - Baader, Rettberg, Billroth (Steffens) [,] Eschenmayr.“ 437 Randbemerkung [17rr] : „Irrationalismus“. 438 „eigentl[ich] gar keines“ über der Zeile. 439 „1)“ über der Zeile. - Am Seitenrand [17vl] : „Hegel, Noack, Billroth, de Wette [,] Rettberg - Steffens -“. <?page no="71"?> 61 Lehren zum G[e]g[e]nsta[n]d philos[ophischer] Untersuchung, also das, was als G[e]g[e]nst[a]nd des II [.] Th[ei]ls uns[eres] rel[i]g[io]nsphilos[ophischen] Syst[ems] bezeichnet ward 440 ; od[er] sie beh[a]nd[e]ln gar nur ein[en] einzelnen G[e]g[e]nst[a]nd [,] die Lehre v[on] Gott [,] z.B. Staudenmayr, Sengler; od[er] v[on] d[er] Freiheit, Unsterblichk[ei]t u.s.w. Vor Allem sind aber für d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] wicht[i]g die rel[i]g[io]nsges[c]hichtl[ichen] Werke; davon namentl[ich] in neu[erer] Zeit viele erscheinen; da der ganze Orient mit all[en] sein[en] Geheimnißen u[nd] R[e]l[i]g[io]nssyst[emen] immer mehr aufgeschloßen wird. 441 Aus ihnen ist für die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] viel mehr zu lernen als aus philos[ophischen] Constructionen. Aber auch hier fehlt es an übersichtl[ichen], das Gesammtgebiet umfaßenden Arbeit[en,] die auch noch nicht leicht möglich sind, da das Einzelne der verschied[enen] R[e]l[i]g[io]nen noch lange nicht ganz an’s Tageslicht gekommen ist. - Das bedeutendst[e] Werk hierüb[er] ist: Creuzer’s Symbolik u[nd] Mythologie [,] 4 B[än]d[e]. - Dann Benj[amin] Constant - de la religion 5’ V. [,] deuts[c]h 3 B[ände]. - Goerres Mythen-Geschichte [,] 2 B[ände]. [ - ] Baur [,] Symbolik u[nd] Mythologie [-] Edg. Quinet [,] du genie des religions 442 ; Stuhr [,] Die R[e]l[i]g[io]nssyst[eme] der heidn[i]s[c]h[en] Völker des Orients. - Kraft [,] Die Religionen aller Völker (mehr populär) 443 u[nd] K. Eckermann [,] Lehrbuch der R[e]l[i]g[io]nsgesch[ichte] u[nd] Mythologie der vorzügl[i]chst[en] Völker des Alterthums. - Wuttke [,] Gesch[ichte] des Heid[en]thu[m]s [,] 1852 [,] 2 Th[ei]le 444 [.] 445 - [17vr/ 18rl] 446 also die Rel[i]g[io]n innerlich, geistig (mit Weglaßung ihrer Mängel u[nd] Zufälligk[ei]t[e]n in ihr[er] wirkl[ichen] histor[ischen] Erscheinung) zu reproduciren 447 , - so fragt es sich, wie ist d[ie]s[e]s möglich, wie kann es geschehen [,] daß wir das Wahre, Richtige allenthalben erkenn[en] u[nd] annehmen, das Falsche aber u[nd] Unrichtige 448 abweisen? 440 „1)“ über der Zeile. - Am Seitenrand [17vl] : „Günther, - Rettberg - Feuerbach etc.“ 441 Randbemerkung [17vl] : „Anzurathen [: ] Drey [: ] Apolog[etik] (Philos[ophie] der Off[e]nb[arun]g 1.2) Staudenmayr [: ] Theol[ogische] Encyclopädie (R[e]l[i]g[ion]sphil[osophie]) Kuhn [: ] Dogm[atik] 1b. Einleit[un]g Sengler [: ] Lehre v[on] d[er] Idee G[o]tt[e]s Günther [: ] Vorschule z[ur] spek[ulativen] Theol[ogie] - Baader [-] Rapp, M[e]nsch u[nd] s[eine] Anf[änge] Schleiermacher: D[er] christl[iche] Glaube [,] 3 B[än]de. [,] 1835 [,] 3 e Ausg[abe]. Sämmtlicher Werke 3 [.] u[nd] 4 [.] B[a]nd.“ 442 Randbemerkung [17vl] : „Quinet. Nach der Art d[er] Franzos[en] voll [„voll“ über der Zeile] geistr[eicher] Gedank[en], kühne Wend[u]ngen, wenn au[c]h nicht tief u[nd] stichhaltig“. 443 „idealisir[en]d“ über der Zeile. 444 Randbemerkung [17vl] : „Zu empf[ehlen] - Kraft, Drey (z.B.) Rettberg -“. 445 Die an dieser Stelle zunächst abgebrochene Fassung der Vorlesung zur Religionsphilosophie wird unten auf den Bögen [31rr/ rl-32vr] und [33rl-34vr] fortgesetzt. 446 An dieser Stelle wird - nach den eingeschobenen Bögen [12rl-13v] , [14rl-15vr] und [16rl-17vr] - der [11vr] unabgeschlossene Satz fortgeführt. 447 Randbemerkung [18rr] : „Möglichk[ei]t idealer Construction u[nd] kritis[c]he Sicht[u]ng.“ 448 Einfügung am Seitenrand [ 18rr] : „aber das uns in den verschieden[en] R[e]l[i]g[io]nen begegnet, abweisen? “ <?page no="72"?> 62 Wir brauchen hier offenbar irgend einen sichern Maaßstab 449 , einen Prüfstein gleichsam, an den wir alle rel[i]g[iö]s[e]n Lehren u[nd] Gebräuche 450 [,] Erscheinungen halten, um zu sehen [,] ob sie wahr u[nd] ächt oder fals[c]h u[nd] verwerflich sind. Wo d[ie]s[e]s zu such[en]? Denn haben wir d[ie]se nicht [,] so ist ja ein wahres Erkennen nicht möglich. Es kann uns begegnen, daß wir Wahres für falsch u[nd] Falsches für wahr ansehen; u[nd] etwa Alles unrichtig beurtheilen, nach Willkühr od[er] vorgefaßter Meinung. 451 - Welches ist nun d[ie]s[e]r 452 Maaßstab, d[ie]s[e]s Kriterium, das uns der sichere Leiter seyn kann? Liegt es außer uns od[er] in uns selbst? Ist es irgend eine positive R[e]l[i]g[io]n od[er] uns[er] eigner Geist, unsere Vernunft [,] nach der wir hier entscheiden. 1. Man könnte allerdings versucht seyn, irgend eine bestimmte, positive (histor[ische]) R[e]l[i]g[io]n, der man als der allein wahren huldigt, also der christlich[en], als Ideal der R[e]l[i]g[io]n, die alles Wahre u[nd] Wesentliche in sich enthalte, zu Grunde zu legen als Maaßstab der Beurtheil[u]ng aller and[ern] R[e]l[i]g[io]nen mit ihren Lehren 453 [,] Gebräuchen u[nd] Ueberlief[e]r[u]ng[e]n, 454 so daß man also etwa 455 so urtheilte: Alles [,] was mit der chr[i]stl[ichen] R[e]l[i]g[io]n übereinstimmt auf dem gesammten Gebiet der R[e]l[i]g[io]n, ist wahr, alles [,] was nicht mit ihr übereinstimmt [,] ist falsch. Und das Volk ist sicher darauf angewiesen - auf den Gemeinsch[a]ftsglauben u[nd] d[ie] öff[e]ntl[iche] Auctorität, wenn es nicht der willkührl[ichen] Vorspieglung Einzelner anheim fallen soll - allein bei der Wiß[e]ns[c]h[a]ft ist es nicht so [.] - 456 - Allein so verfährt allerdings die Theologie [,] namentl[ich] die Dogmatik, u[nd] muß so verfahren, weil sie auf dem Glauben ruht an d[ie] göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng. - Die R[e]l[i]g[ion]s[-] 457 Philosophie aber kann nicht so z[u] Werke gehen, wenn sie nicht aufhören will [,] Philosophie u[nd] Wiss[e]ns[c]h[aft] im strengen Sinne zu seyn. 458 Denn der Glaube, 459 auf den sich hiebei die R[e]l[i]g[io]ns-Philosophie stützen müßte [,] ist ja selbst eine rel[i]g[iö]se Function, welche sie erst in ihr[em] Wesen u[nd] in ihr[er] Wahrheit erkennen u[nd] begründen muß; sie kann nicht 460 das zur wissens[c]h[a]ftl[ichen] Basis u[nd] zum Kriterium bei ihr[en] Urtheilen nehmen, von dem sie selbst erst 449 Randbemerkung [18rr] : „Nothw[e]nd[i]gk[ei]t eines Krit[e]riums“. 450 „Lehren u[nd] Gebräuche“ über der Zeile. 451 „Wo d[ie]s[e]s zu such[en]? Denn haben wir d[ie]se nicht [,] so ist ja ein wahres Erkennen nicht möglich. Es kann uns begegnen, daß wir Wahres für falsch u[nd] Falsches für wahr ansehen; u[nd] etwa Alles unrichtig beurtheilen, nach Willkühr od[er] vorgefaßter Meinung.“ am Seitenrand [18rr] eingefügt. 452 „d[ie]s[e]r“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „d[ie]s[e]s“. 453 „u[nd]“ in der Zeile eingeklammert. 454 Randbemerkung [18rr] : „Ob d[a]s Ch[ri]st[en]th[um] es sei? “ 455 „etwa“ über der Zeile. 456 „Und das Volk ist sicher darauf angewiesen - auf den Gemeinsch[a]ftsglauben u[nd] d[ie] öff[e]ntl[iche] Auctorität, wenn es nicht der willkührl[ichen] Vorspieglung Einzelner anheim fallen soll - allein bei der Wiß[e]ns[c]h[a]ft ist es nicht so -“ am Seitenrand [18rr] eingefügt. 457 „R[e]l[i]g[ion]s“ über der Zeile. 458 Randbemerkung [18rr] : „Warum nicht? “ 459 „den[n] das Princip - d[a]s Krit[e]riu[m]“ über der Zeile. 460 „v.“ in der Zeile gestrichen. <?page no="73"?> 63 die Wahrheit u[nd] Richtigk[ei]t erforschen will u[nd] muß. 461 Das ist bei der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] der Fall. Sie untersucht die Frage: Was ist das Glauben [,] welche Bedeut[u]ng hat es? 462 Welcher Glaube ist der rechte? D[ie]se Frage 463 geht daraus hervor. Was ist der Glaube u[nd] welche Bedeut[u]ng hat er u[nd] welche Geltung kommt ihm zu? Und sie untersucht selbst erst wiss[e]ns[c]h[aftlich] die Frage [: ] Wie entsteht R[e]l[i]g[io]n? Woher stammt sie? Ist sie Werk G[o]tt[e]s od[er] der M[e]nschh[ei]t - od[er] wie weit ist sie beides? So kann also auch in gleich[er] Weise 464 [.] In gleicher Weise kann die 465 Off[e]nb[a]r[u]ng [,] das Chr[i]st[e]nth[um,] seinem Inhalte nach nicht Maaßstab seyn, an der (sic! ) die Wahrh[ei]t aller r[e]l[i]g[iö]s[en] Lehren ge- [18rl/ 18vr] prüft u[nd] darüber entschieden werden kann. Denn d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] soll 466 selbst erst untersuchen, welches die wahre Off[e]nb[a]r[u]ng sei u[nd] soll angeben, wie wir sie zu erkennen vermögen. Und der Inhalt des Chr[i]st[e]nth[ums] muß, wie der der üb[ri]g[en] R[e]l[i]g[io]nsformen wissens[c]h[aftlich] untersucht u[nd] an dem philos[ophisch-] 467 wiss[e]ns[c]h[aftlichen] Kriterium geprüft werd[en], er kann also nicht d[ie]s[e]s Kriterium selbst seyn. Endlich können wir auch auf dem Gebiete der Philosophie die chr[i]stl[iche] R[e]l[i]g[io]n so lange nicht für d[a]s Ideal aller 468 R[e]l[i]g[io]n erklären, als wir nicht zuvor die Idee der R[e]l[i]g[io]n erkannt 469 u[nd] aus ders[e]lb[e]n u[nd] nach ihr das Ideal wiss[e]ns[c]h[aftlich] reproducirt haben. Wir müßt[en] erst wiß[en,] ob d[ie] ch[ri]stl[iche] R[e]l[i]g[ion] [m]it d[er] Idee d[er] R[e]l[i]g[ion] übereinstimmt - quod est demonstrandum. Denn haben wir nicht erst wiss[e]ns[c]h[aftlich] erkannt [,] wie d[ie] vollkom[mene] R[e]l[i]g[io]n beschaffen seyn müsse, so können wir auch nicht zuvor schon v[on] ein[er] R[e]l[i]g[io]n als ein[er] vollkom[menen] ausgehen; weil wir noch nicht wüßten [,] d.h. noch nicht wiss[e]ns[c]h[aftlich] bewiesen hätten, daß dieß die vollkom[mene] R[e]l[i]g[io]n sei. 470 D[ie]s[e]n Standpunkt also können wir für die R[e]l[i]g[io]nsphi- 461 Randbemerkung [18rr] : „Sie fragt selber [: ] ist d[a]s Ch[ri]st[en]th[um] die wahre R[e]l[i]g[ion]? warum prüft auch sie [? ]“ 462 „Was ist das Glauben [,] welche Bedeut[u]ng hat es? “ über der Zeile. 463 „D[ie]se Frage“ über der Zeile. 464 „Was ist der Glaube u[nd] welche Bedeut[u]ng hat er u[nd] welche Geltung kommt ihm zu? Und sie untersucht selbst erst wiss[e]ns[c]haftlich] die Frage [: ] Wie entsteht R[e]l[i]g[io]n? Woher stammt sie? Ist sie Werk G[o]tt[e]s od[er] der M[e]nschh[ei]t - od[er] wie weit ist sie beides? So kann also auch in gleich[er] Weise“ am Seitenrand [18rr] eingefügt. 465 „die“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „irg[e]nd eine“. 466 „Antwort geben“ in der Zeile gestrichen. 467 „philos[ophisch]“ über der Zeile. 468 „aller“ über der Zeile wohl als Ersatz für in der Zeile allerdings nicht gestrichenes „der“. 469 „haben“ in der Zeile gestrichen. 470 „Wir müßt[en] erst wiß[en,] ob d[ie] ch[ri]stl[iche] R[e]l[i]g[ion] [m]it d[er] Idee d[er] R[e]l[i]g[ion] übereinstimmt - quod est demonstrandum. Denn haben wir nicht erst wiss[e]ns[c]h[aftlich] erkannt [,] wie d[ie] vollkom[mene] R[e]l[i]g[io]n beschaffen seyn müsse, so können wir auch nicht zuvor schon v[on] ein[er] R[e]l[i]g[io]n als ein[er] vollkom[menen] <?page no="74"?> 64 losophie nicht einnehmen; irg[e]nd eine positive R[e]l[i]g[io]n, sei es auch die chr[i]stl[iche,] können wir nicht als wissenschaftl[iche] Basis nicht 471 gelten lassen. Aber auch nicht ein bestimmtes philos[ophisches] Syst[em] soll zu Grunde gelegt werden u[nd] etwa so geschloßen werden, was mit d[ie]s[e]m übereinstimmt [,] ist wahr. 472 Wir müssen uns vielmehr nach einer Basis umsehen [,] die noch tiefer, noch allgemeiner u[nd] ursprünglicher ist, die allen rel[i]g[iö]s[e]n Functionen, also auch der des Glaubens, u[nd] allen R[e]l[i]g[io]nsformen, auch der des Christenthums [,] zu Grunde liegt, als nothwend[i]ge Voraussetzung, als Grund der Möglichk[ei]t u[nd] des wirkl[ichen] Daseyns auf ein[er] Basis [,] auf der sich alle Wiss[e]ns[c]h[a]ft [,] jede Philos[ophie] selbst stützen muß 473 . 2) D[ie]se allgemeine Basis der R[e]l[i]g[io]n 474 sowohl 475 der Off[e]nb[a]r[u]ng (u[nd] endl[ich] der wissens[c]h[aftlichen], philosoph[ischen] Erforschung derselben), ist die religiöse Anlage, die Fähigk[ei]t des Mens[c]hen zur R[e]l[i]g[io]n. Das mens[c]hl[iche] Bewußtseyn, in so fern in ihm der Keim der R[e]l[i]g[io]n die Gesetze ihres Daseyns verborgen sind u[nd] nach u[nd] nach sich ausbilden. - Abbild Gottes u[nd] d[er] Welt - G[o]tt[e]s = Selbst = u[nd] Weltbew[u]ßts[eyn,] also d[e]s M[e]ns[c]h[en] eig[ne]s Wes[en] ist Princip 476 [.] Wenn wir d[ie]se Anlage in ihr[er] vollen Ausbildung denken, die Idee der R[e]l[i]g[io]n [,] u[nd] d[ie]se Idee ist d[as] Princip [,] ist d[a]s Kriterium der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie; d[a]d[ur]ch wird die rel[i]g[iö]s[e] Kenntn[i]ß erst Philosophie, d[a]ß sie ihre Erkenntn[i]ße aus einer Idee ableitet, u[nd] so auf das eigene Wesen des Mens[c]hen die Erkenntn[i]ß gründet, was bei d[er] Philos[ophie] d[u]rchaus nothw[e]nd[i]g ist. Denn sie muß v[on] d[em] subj[ectiv] Gewissest[en], Sicherst[en] ausgeh[en,] v[om] eign[en] Bew[u]ßts[eyn] u[nd] Wesen, dieß ab[er] ist bei d[er] Idee der Fall 477 [.] ausgehen; weil wir noch nicht wüßten [,] d.h. noch nicht wiss[e]ns[c]h[aftlich] bewiesen hätten, daß dieß die vollkom[mene] R[e]l[i]g[io]n sei.“ am Seitenrand [18vl] eingefügt. 471 Die doppelte Verneinung ist wohl als einfache Verneinung zu verstehen; in der Zeile folgendes „zu“ ist gestrichen. 472 „Aber auch nicht ein bestimmtes philos[ophisches] Syst[em] soll zu Grunde gelegt werden u[nd] etwa so geschloßen werden, was mit d[ie]s[e]m übereinstimmt [,] ist wahr.“ am Seitenrand [18vl] eingefügt. 473 „jede Philos[ophie] selbst stützen muß“ über der Zeile. Randbemerkung [18vl] : „Nothw[e]nd[i]gk[ei]t eines tiefer[n] Standp[u]nkts“. Weitere Randbemerkung [18vl] : „Welches.“ 474 „Innerh[a]lb des M[e]ns[c]h[en]g[ei]st[e]s soll liegend dann v[on] d[ie]s[e]m soll ausgeg[an]g[en] werd[en] -“. 475 „als“ in der Zeile gestrichen. 476 „Das mens[c]hl[iche] Bewußtseyn, in so fern in ihm der Keim der R[e]l[i]g[io]n die Gesetze ihres Daseyns verborgen sind u[nd] nach u[nd] nach sich ausbilden. - Abbild Gottes u[nd] d[er] Welt - G[o]tt[e]s = Selbst = u[nd] Weltbew[u]ßts[eyn,] also d[e]s M[e]ns[c]h[en] eig[ne]s Wes[en] ist Princip“ am Seitenrand [18vl] eingefügt. - In der Zeile folgendes „aber“ gestrichen. 477 „ist d[a]s Kriterium der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie; d[a]d[ur]ch wird die rel[i]g[iö]s[e] Kenntn[i]ß erst Philosophie, d[a]ß sie ihre Erkenntn[i]ße aus einer Idee ableitet, u[nd] so auf das eigene Wesen des Mens[c]hen die Erkenntn[i]ß gründet, was bei d[er] Philos[ophie] d[u]rchaus nothw[e]nd[i]g ist. Denn sie muß v[on] d[em] subj[ectiv] Gewissest[en], Sicherst[en] ausgeh[en,] v[om] eign[en] Bew[u]ßts[eyn] u[nd] Wesen, dieß ab[er] ist bei d[er] Idee der Fall“ am Seitenrand [18vl] eingefügt. <?page no="75"?> 65 Die Idee der R[e]l[i]g[io]n [,] d.h. das geistige Bild, die innere Vorstellung der vollkommensten, vollendetsten R[e]l[i]g[io]n, ist der Maaßstab, das wissens[c]h[a]ftl[iche] Kriterium; an dem wir alle R[e]l[i]g[io]nen u[nd] alle r[e]l[i]g[iö]s[e]n Lehren u[nd] Erscheinungen prüfen u[nd] erkennen [,] ob sie wahr u[nd] richtig sind oder nicht. jenachdem 478 (sic! ) sie näml[ich] der Idee der R[e]l[i]g[io]n entsprechen oder nicht. Diese Idee d[er] R[e]l[i]g[io]n - die nicht etwas Todtes, ein bloßes Sch... (? ) ist 479 [,] die in ihrem noch unentwickeltem (sic! ) Zustande die rel[i]g[iö]se Anlage u[nd] in ihren ersten Anfängen, das rel[i]g[iö]se Gefühl, u[nd] noch trübe, dunkle Vorstell[u]ng ist - wird nun, zur Klarh[ei]t gebracht u[nd] als Basis für d[ie] Wiß[e]ns[c]h[aft] v[on] d[er] R[e]l[i]g[io]n dienend - wird nun das Princip dieser Wissensch[a]ft genannt, d[a]s Erk[e]n[n]t[ni]ßprincip 480 , Principium 481 einers[ei]ts der Ausgangspunkt der Wiss[e]ns[c]h[a]ft, der Quell derselben u[nd] anders[ei]ts zugleich der das Ganze leitende u[nd] bewegende u[nd] bildende Gedanke, die Normirende Kraft, die das Wahre, Richtige sich aneignet, das Unwahre aber v[om] Organismus des wissens[c]h[a]ftl[ich] Ganzen. 482 Aber d[ie]s[e] Idee ist 483 nicht etw[as] Todtes - sond[ern] etw[as] L[e]b[en]d[i]g[e]s [,] 484 sie ist ursp[rün]gl[ich] ein Keim. Da aber die Rel[i]g[io]n selbst ein Verhältniß ist zw[i]sch[en] Gott u[nd] dem Menschen, so wird die wahre Idee der R[e]l[i]g[io]n - od[er] populärer, die rechte Vorst[e]ll[u]ng von R[e]l[i]g[io]n - nur der haben, der zur wahren Idee v[on] Gott u[nd] vom Menschen gekommen ist [,] denn durch d[ie]s[e]s (sic! ) beide ist die Idee v[on] der R[e]l[i]g[io]n bedingt - d.i. d[ie] Idee d[e]s recht[en] Verh[ä]lt[ni]ßes zw[i]sch[en] beiden. II) Gegen d[ie]se uns[ere] Annahme der Idee der R[e]l[i]g[io]n als Princip der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] erhebt sich aber 485 [18vr/ 19rl] 478 „jenachdem“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile gestrichenes „Entsprechen“. 479 „d[er] R[e]l[i]g[io]n - die nicht etwas Todtes, ein bloßes Sch... (? ) ist“ über der Zeile. 480 „d[a]s Erk[e]n[n]t[ni]ßprincip“ über der Zeile. 481 Unleserliche Buchstaben in der Zeile gestrichen. 482 „Diese Idee d[er] R[e]l[i]g[io]n - die nicht etwas Todtes, ein bloßes Sch... (? ) ist [,] die in ihrem noch unentwickeltem (sic! ) Zustande die rel[i]g[iö]se Anlage u[nd] in ihren ersten Anfängen, das rel[i]g[iö]se Gefühl, u[nd] noch trübe, dunkle Vorstell[u]ng ist - wird nun, zur Klarh[ei]t gebracht u[nd] als Basis für d[ie] Wiß[e]ns[c]h[aft] v[on] d[er] R[e]l[i]g[io]n dienend - wird nun das Princip dieser Wissensch[a]ft genannt, d[a]s Erk[e]n[n]t[ni]ßprincip, Principium einers[ei]ts der Ausgangspunkt der Wiss[e]ns[c]h[a]ft, der Quell derselben u[nd] anders[ei]ts zugleich der das Ganze leitende u[nd] bewegende u[nd] bildende Gedanke, die Normirende Kraft, die das Wahre, Richtige sich aneignet, das Unwahre aber v[om] Organismus des wissens[c]h[a]ftl[ich] Ganzen“ am Seitenrand [18vl] eingefügt. 483 „wie g[e]s[a]gt“ über der Zeile. 484 „ein Keim“ in der Zeile gestrichen. 485 Der an dieser Stelle unterbrochene Satz findet [14rl] seinen Abschluß. Die beiden Bögen „R[e]l[i]g[io]nsphilosophie 3“ [14rl-15vr] und „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 4“ [16rl-17vr] schließen ursprünglich hier an. <?page no="76"?> 66 Einleitung. 486 Vorwort 1854 Mai M[eine] H[erren]! Unter allen philos[ophischen] Disciplinen befindet sich gegenwärt[i]g wohl d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphilosophie in der schwier[i]gst[e]n, ungünst[i]gst[e]n Lage; 487 denn ein doppelter Druck lastet auf ihr u[nd] ein zwiefaches Vorurth[ei]l steht ihr von vorne herein entgegen; näml[ich] das Vorurth[ei]l [,] das geg[en] d[ie] R[e]l[i]g[io]n nun einmal herrschend ist, dann das Vorurth[ei]l [,] das sich nunmehr auch 488 geg[en] die Philos[ophie] gebildet hat. 489 Schon der Name R[e]l[i]g[io]n hat einen so ernst[en] Klang u[nd] bedeutet eine so ernste Sache, u[nd] ruft in d[er] Sache so viele Beschränk[u]ng[e]n, Pflichten u[nd] ernste Erinnerung[en] u[nd] Besorgniße auf, daß d[e]r M[e]nsch[e]ng[ei]st so viel als nur mögl[i]ch alsogleich die Flucht davor ergreift, um nur Nichts davon zu hören, wenn es [n]i[c]ht gerade durchaus seyn muß; 490 so daß es namentl[ich] für d[en] akadem[ischen] Bürger eines gar ernst[en] Entschlußes bedarf, sich freiwill[i]g, ohne dazu gezwung[en] od[er] obligent zu seyn, da ein zufind[en] (sic! ), wo die Sache d[e]r R[e]l[i]g[io]n geführt, - od[er] wenigst[en]s v[on] ihr die Rede ist. Vollends ist dieß der Fall in uns[erer] Zeit, wo der rel[i]g[iö]s[e] Glaube gerade unt[er] den Gebildeten so schwer darnieder liegt u[nd] bis z[um] Verlöschen vergrab[en] ist unt[er] d[en] and[eren] Interess[en] d[e]s Leb[en]s; d[a]h[er] auch diej[enigen,] die nicht geradezu für den Dienst der Kirche sich vorbereiten, es sich gar nicht einfallen laßen, auch üb[er] d[ie] R[e]l[i]g[io]n sich tiefere 491 Belehr[u]ng zu such[e]n; - obwohl sie gerade daran am nothw[e]nd[i]gst[e]n bedürften. Doch die Verhältniße in d[ie]s[er] B[e]z[ie]h[u]ng sind zu bekannt [,] als d[a]ß es nöth[i]g wäre [,] weitläuf[i]g[e]r davon zu reden. Schon um deßwill[en] also hat d[ie] R[e]l[i]g[io]ns-Philosophie die schwier[i]gste Stell[u]ng unt[er] d[en] philos[ophischen] Disciplinen, weil sie die R[e]l[i]g[io]n z[u]m G[e]g[e]nst[a]nde hat - nicht etwa die Poesie od[er] die Kunst, od[er] das Thier[-] u[nd] Pflanzenreich, od[er] d[ie] chemis[c]h[en] Elem[e]nte u[nd] Stoffe. Dann auch darum, weil sie eben ist, was sie seyn soll u[nd] ist - näml[ich] Philosophie: 492 Philosophie fordert durchaus Selbstdenken u[nd] eigne G[ei]st[e]sanstreng[un]g - das 486 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie]“ am oberen Seitenrand [19rr] . Der hier beginnende nicht weiter numerierte Bogen [19rl-20vr] stellt eine neue Fassung von „Einleitung.“ mit „Vorwort“ vom Mai 1854 dar. 487 Randbemerkung [19rr] : „I) schwierig[e], ungünst[i]g[e] Lage d[er] R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie]“. 488 „nunmehr auch“ über der Zeile. 489 Randbemerkung [19rr] : „Weil sie d[ie] R[e]l[i]g[io]n z[um] G[e]g[e]nst[a]nd hat a) an sich b) b[e]s[o]nd[ers] in uns[erer] Z[ei]t c) ohne vorges[c]h[o]b[en] (? ) z[u] s[e]y[n]“. 490 „wenn es [n]i[c]ht gerade durchaus seyn muß; “ am Seitenrand [19rr] eingefügt. 491 „tiefere“ über der Zeile. 492 Randbemerkung [19rr] : „Weil sie Philosophie ist - a) an sich - Nachd[en]k[en] erf[o]rd[e]r[n]d b) in uns[erer] Z[ei]t in innerl[ichem] Verfall <?page no="77"?> 67 aber ist nicht Jedermanns Sache [,] - sond[ern] fordert eine tief[e]re G[ei]st[e]sricht[un]g u[nd] ein[en] ernster gestimmt[en] Will[en], der sich ni[c]ht bei Viel[en] zu find[en] pflegt [,] selbst unt[er] denen nicht [,] die sich d[en] Wiss[e]ns[c]h[a]ft[en] widmen. Wiederum aber in uns[erer] Z[ei]t ist es doppelt schwer [,] für philos[ophische] Untersuch[u]ng[en] u[nd] Vorträge Gehör zu find[en]; da [,] wie nicht zu läugnen ist [,] d[ie] Philosophie im engeren Sinn, in ein[em] Zustand des Verfalles sich befindet. Sie hat sich in ihr[en] [19rl/ 19vr] bisher üblichen Formen u[nd] Bestreb[u]ng[e]n überlebt; sie hat bei ihrem letzten Aufschwunge die G[ei]st[e]r überspannt, hat die großen Hoffnung[en] getäuscht 493 [,] die sie erregte, weil sie ihre immensen Verheißungen nicht erfüllen konnte [,] u[nd] nun hat sich Alles v[on] ihr abgewendet in Kirche u[nd] Staat; u[nd] die [,] welche ihr noch ergeb[en] sind, ergehen sich in Zänkereien über d[as] richt[i]g[e] Verständ[n]iß der letzten Systeme od[er] irren hin u[nd] her nach neuen Anfängen. Daß eine Zeit des Verfalles, der Abspannung [,] der Zerrütt[u]ng eingetreten, d[a]s bekennen so zieml[ich] Alle. In Kirch[e] u[nd] Staat aber wird sie nunmehr so zieml[ich] als ein unnützes od[er] gar gefährl[iches] Ding betrachtet, wird gering geachtet u[nd] verurth[ei]lt - freil[ich] am meist[en] v[on] denen [,] die am wenigsten v[on] ihr verstehen - [,] wie das in d[er] Regel der Fall zu seyn pflegt. 494 II) Alle d[ie]s[e] ungünst[i]g[en] Verh[ä]ltn[i]sse [,] m[eine] H[erren,] sind mir wohl bekannt - dennoch will ich den Versuch nicht unterlaßen, d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] zur Anerkennung zu bringen - sey es auch 495 vorl[äu]f[i]g bei nur Wenigen. - Denn es bildet sich mir immer mehr die Ueberzeug[un]g, d[a]ß sie gerad[e] in uns[erer] Z[ei]t beruf[en] sey - eine große Aufg[abe] zu erfüll[en,] u[nd] zwar dopp[elter] Art: Fürs Erste näml[ich] die R[e]l[i]g[io]n - d[en] ch[ri]stl[ichen] Glauben u[nd] die Bild[un]g miteinander zu versöhnen [.] Dann aber soll die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] die Wiederherstellerin der Philos[ophie] üb[er]h[au]pt werd[en]. Ja [,] ich denke [,] bald den Bew[eis] zu führen, daß es außer der R[e]l[i]g[io]ns[-] 496 Philos[ophie] keine Philosophie gibt - d[a]ß im Grunde genomm[en] weder der Logik noch der Erk[e]n[n]tn[i]ßtheorie, weder der Psy[c]hologie noch der Metaphysik - der Natur [-] od[er] Rechts[-] od[er] Moralphilos[ophie] der Name Philos[ophie] gebührt - für sich betrachtet - [,] sond[ern] daß sie d[ie]s[e]n Namen nur verc) in äuß[erem] Mißerf[o]lg.“ 493 „getäuscht“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „nicht erfüllt“. 494 Randbemerkung [19vl] : „Gl[e]i[c]hwohl darf d[ie] Philos[ophie] sich [n]i[c]ht selber aufgeb[en,] so w[en]ig als d[ie] R[e]l[i]g[ion] si[c]h selbst aufgeb[en] darf, trotz d[e]s Vorurth[ei]ls g[e]g[en] sie [.] - (Gleichwohl d[ie] Versuch[un]g, meh[r] sie z[ur] Anerkennu[n]g z[u] bring[en.] -) Ja gerade die Vereinig[un]g v[on] beid[en] - R[e]l[i]g[ion] u[nd] Philos[ophie] - in der R[e]l[i]g[ion]sphilos[ophie] soll beide wied[e]r heb[en] u[nd] ih[nen] d[a]s gesu[n]k[ene] Anseh[en] u[nd] d[ie] Macht wieder verleih[en.] Die R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] hat d[a]ru[m] [e]i[ne] gr[o]ße Zuku[n]ft - a) Versöh[nun]g zw[i]s[c]h[en] R[e]l[i]g[ion] u[nd] Bild[un]g b) Wiederherst[e]ll[un]g d[er] Philos[ophie] soll bewirkt werd[en.] Sie ist d[a]s Centr[um] d[er] Philos[ophie]“. 495 In der Zeile folgendes „b“ gestrichen. 496 „R[e]l[i]g[io]ns“ über der Zeile. <?page no="78"?> 68 dienen [,] insoferne sie ihr[e] höchst[en] Idee[n], ihre philos[ophischen] Principien v[on] der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] borgen. Das Philosophische an ihnen ist R[e]l[i]g[io]nsphilosophie - was nicht aus d[ie]s[e]r erbracht ist [,] verdient den Namen Philos[ophie] nicht. [19vr/ 20rl] Das wird ihnen (sic! ), hoffe ich [,] im Verlaufe meiner Vorträge bald klar werden. - Der gegenwärt[i]g[e] Verfall der Philos[ophie] ist eingetreten gerade durch d[ie] Mißkennung d[ie]s[e]s Verh[ä]ltn[i]ß[e]s, - durch Trennung der Philos[ophie] v[on] d[er] R[e]l[i]g[io]n, 497 durch Beh[au]pt[u]ng einer Selbstständ[i]gk[ei]t, die ihr nicht zukommt - d[a]h[er] sie bald ihre wahre Aufg[abe] nicht mehr erkannte u[nd] in ungeheuerl[ichen] Unternehmungen unterging. Das wird v[on] d[en] Besseren der neu[eren] Philos[ophie] auch bereits erkannt u[nd] anerkannt [,] u[nd] sie streb[en] d[a]h[er] wieder nach Vereinig[un]g der Philos[ophie] 498 mit der R[e]l[i]g[io]n üb[er]h[au]pt u[nd] mit dem Chr[i]st[e]nth[um] insbes[ondere,] um sich neu auf d[ie]s[e]m Grunde anzubauen u[nd] Nahrung zu finden. Die Philos[ophie] gleicht nun in d[er] That dem verlornen Sohn 499 - der mit ein[em] bestimmt[en] Erbth[ei]l zuerst ausging aus d[em] Vaterhaus, 500 sein Th[ei]l verschwendete [,] zuletzt nicht (sic! ) mehr hatte, wovon er leben konnte, dann endl[ich] zur Rückkehr in’s Vaterhaus sich entschloß, um nicht zu Grunde zu gehen. So auch d[ie] Philosophie. Es ist allgemein anerkannt, d[a]ß sie aus der R[e]l[i]g[io]n hervorgeg[a]ng[e]n, in d[er] R[e]l[i]g[io]n u[nd] d[u]rch sie entstanden sey schon im Alterth[um], damals blieb sie eine zeitlang mit d[er] R[e]l[i]g[io]n vereinigt bei d[en] Griechen (bei Orient[alischen] Völk[e]rn trat eine entscheid[ende] Trennung nicht ein), dann aber sich davon lossagte, die R[e]l[i]g[io]n zerstörte, sie ersetzen 501 wollte [,] ind[em] sie pract[i]s[c]h wurde 502 , aber nicht konnte, in einzelne sich widerstreitende Partheien zerfiel - u[nd] zuletzt allgemein in Mißcredit kam 503 - so d[a]ß d[ie] 504 Philos[ophen] G[e]g[e]nst[a]nd des Spottes, d[er] Veracht[u]ng wurd[en] u[nd] nur mehr als Sonderlinge, Narren u[nd] Hof-Narren figurirten. - Ein ähnl[iches] Schicksal droht d[e]r Philos[ophie] in uns[erer] Zeit. Sie war nach ihr[em] gänzl[ichen] Verfall im Alterth[um] wieder zurückg[e]g[a]ng[e]n in die ch[ri]stl[iche] 505 R[e]l[i]g[io]n, h[a]tte sich wieder in d[ie]s[e]r versenkt, anfangs (fast spurlos) in ihr verschwindend, dann nach u[nd] nach sich aus ihr sich wieder erhebend, immer aber in der engst[en] Verbind[un]g u[nd] Vereinig[un]g mit der R[e]l[i]g[io]n. Um d[ie] Z[ei]t der abendländ[i]s[c]h[en] Kirchentrennung kam auch d[ie] Philos[ophie] wieder z[u] d[em] Entschluß [,] auszuziehen aus ihr[em] Vaterhaus - aus der ch[ri]stl[ichen] 497 Randbemerkung [20rr] : „Ursache d[e]s Verfalls [: ] Trennu[n]g d[er] Philos[ophie] v[on] d[er] R[e]l[i]g[io]n“. 498 „üb[er]h[au]pt“ in der Zeile gestrichen. 499 Randbemerkung [20rr] : „Ph[i]los[ophie] = verlor[ner] Soh[n]“. 500 Randbemerkung [20rr] : „a) in alt[er] Z[ei]t“. 501 „konnte“ in der Zeile gestrichen und durch nachfolgendes „wollte“ ersetzt. 502 „ind[em] sie pract[i]s[c]h wurde“ über der Zeile. 503 Randbemerkung [20rr] : „b) in neuer Z[ei]t“. 504 Unleserliches Wort in der Zeile durch Überschreibung zu „die“ korrigiert. 505 „ch[ri]stl[iche]“ über der Zeile. <?page no="79"?> 69 Kirche - [,] sich gänzl[ich] v[on] ihr [20rl/ 21vr] zu trennen. Sie that es. u[nd] 506 Man unterschied nun philos[ophische] u[nd] rel[i]g[iö]s[e] Wahrh[ei]t[e]n [,] indeß kam es noch nicht zu ein[em] eig[e]ntl[ichen] philos[ophischen] System, das sich neb[en] das Ch[ri]st[e]nth[um] in einer bestimmt[en] Ges[c]hloßenh[ei]t hinstellte [.] - 507 - Die Trennung befestigte sich besonders seit Descartes [.] - Uebr[i]g[e]ns hatte die Philos[ophie] noch ein schönes u[nd] großes Erbth[ei]l aus der Kirche mitgenommen - die wicht[i]gst[e]n rel[i]g[iö]s[en] Wahrh[ei]t[e]n [.] - Aber sie fing nun an [,] so willkührl[ich] 508 u[nd] verschwenderis[c]h damit zu wirthschaften, daß sie bald vergeudet waren. Hierauf fingen am Ende d[e]s verg[angenen] J[a]hrh[underts] die deuts[c]h[en] Philos[ophen] Fichte, Schelling, u[nd] na[c]hher Hegel an [,] statt jener verthanenen (sic! ) Wahrh[ei]t[e]n sich selbst d[ie] Wahrh[ei]t zu schaffen, zu creiren. Allein [,] es gelang nicht, wie sich v[on] selbst versteht − u[nd] am Ende kam man dahin, sich mit d[e]r 509 gemein[en,] platten Wirkl[i]chk[ei]t zu begnügen. - Hegel’s Ausspruch [,] alles Wirkliche ist vernünft[i]g [,] ist das Ende aller Philos[ophie] - denn ist d[ie]s[e]s Wort wahr [,] dann brauch[en] wir keine philos[ophisch]-empiris[c]h[en] Wiss[en]s[c]haft[en] mehr, sond[ern] nur empiris[c]he. In d[ie] Sprache jener Parabel übersetzt, h[ei]ßt jenes Wort Heg[els] - „u[nd] er wollte sich nähr[en] [m]it d[en] Eicheln, die d[ie] Schweine fraß[en] - aber Niemand gab sie ihm“, 510 - In d[er] That, die Naturwiss[en]s[c]h[aft] u[nd] d[ie] Geschichte, die es [m]it d[e]r Wirkl[i]chk[ei]t zu thun hab[e]n, gestatt[en] ihr k[ei]n[e]swegs, d[ie]se Wirkl[i]chk[ei]t zum Inhalt [,] sond[ern] weisen die Philos[ophie] ab. 511 So wird ihr zuletzt nichts andres übr[i]g bleib[en,] als dahin zurückzukehr[en,] woher sie übermüthig sich getrennt - zur R[e]l[i]g[io]n nämlich, um ihr Daseyn zu retten. Die Natur selbst deutet d[ie]s[en] Weg der Wiederherstell[un]g der Philosophie an - als den recht[en]. Die p... (? ) Pflanze z[ie]ht sich [m]it Saft u[nd] Kraft zurück in d[ie] Wurzel z[ur] Z[ei]t d[e]s Winters u[nd] V[e]rfalls [.] - Und d[ie] allgem[eine] Naturkr[a]ft birgt sich in d[er] du[n]kl[en] Tiefe d[e]r Natur - so d[ie] erk[ennen]de philos[ophische] Kr[a]ft d[e]s G[ei]st[e]s in d[a]s Du[n]kel d[e]r R[e]l[i]g[ion]. 512 In welcher Weise dieß geschehen soll - wie die Vermittl[un]g u[nd] Versöhnung stattfind[en] soll - wie hieraus die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] sich bildet - welchen G[e]g[e]n- 506 „u[nd]“ über der Zeile eingefügt, daher auch die irrtümliche Kleinschreibung. 507 „indeß kam es noch nicht zu ein[em] eig[e]ntl[ichen] philos[ophischen] System, das sich neb[en] das Ch[ri]st[e]nth[um] in einer bestimmt[en] Ges[c]hloßenh[ei]t hinstellte“ am Seitenrand [20vl] eingefügt. 508 „willkührl[ich]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „toll“. 509 „sich mit d[e]r“ über der Zeile eingefügt; „der“ in der Zeile gestrichen. 510 Randbemerkung [20vl] : „Wiederherst[e]ll[un]g = Wiederverei[nigun]g d[er]“; die Bemerkung ist im Manuskript unvollständig, gemeint ist wohl die Wiedervereinigung der Philosophie mit der Religion. 511 Randbemerkung [20vl] , die sich aufgrund des unauffindbaren Einfügungszeichens nicht sicher, von der Sache her aber an dieser Stelle vertreten läßt: „Ein groß[er] Th[ei]l d[er] modernen Philosoph[en] schnappt d[a]h[er] nach Luft u[nd] beschäft[i]gt sich vorläuf[i]g mit Verneinung[en]; andere irren umher auf dem (sic! ) Rückkehr zur R[e]l[i]g[io]n. -“ 512 „Die Natur selbst deutet d[ie]s[en] Weg der Wiederherstell[un]g der Philosophie an - als den recht[en]. Die p... (? ) Pflanze z[ie]ht sich [m]it Saft u[nd] Kraft zurück in d[ie] Wurzel z[ur] Z[ei]t d[e]s Winters u[nd] V[e]rfalls [.] - Und d[ie] allgem[eine] Naturkr[a]ft birgt sich in d[er] du[n]kl[en] Tiefe d[e]r Natur - so d[ie] erk[ennen]de philos[ophische] Kr[a]ft d[e]s G[ei]st[e]s in d[a]s Du[n]kel d[e]r R[e]l[i]g[ion].“ am Seitenrand [20vl] eingefügt. <?page no="80"?> 70 st[a]nd u[nd] welche Aufg[abe] d[ie]se hab[e]n - welches philos[ophische] Princip u[nd] welche Methode ihr eigen u[nd] zu welcher system[atischen] Gliederung sie sich ausgestalte - das soll uns die Einleit[un]g zeig[en] - die wir der eig[e]ntl[ichen] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] voraussend[en]. [20vr/ 21rl] Einl[ei]t[un]g z[ur] R[e]l[i]g[io]nsphilosophie. (1856 [,] d[en] 17. Apr[il]) Ueber die Aufgabe u[nd] d[en] G[e]g[e]nst[a]nd der Philosophie. 513 I) 1) 514 J[a]hrtaus[en]d[e] zählt d[ie] Philos[ophie] zwar ihr Alter schon, dennoch ist die Frage noch nicht vollkommen entschied[en: ] Was denn Philos[ophie] sey? - 2) Ueb[er] B[e]gr[i]ff, Aufg[abe], G[e]g[e]nstand u[nd] Zweck u[nd] Ausg[an]gsp[un]kt 515 der Philos[ophie] ist noch immer die Frage offen - u[nd] unentschied[en] u[nd] keine Uebereinstimmung. 516 3) Die Feinde der Philos[ophie] benütz[e]n dieß zur Verdächt[i]g[un]g u[nd] Verhöhnung - u[nd] z[ur] Empfehl[un]g d[e]s Unglaub[en]s od[er] des Glaub[en]s [.] - 4) Aber d[a]ß es so ist, ist g[a]nz natürl[ich] - die Philosophie ist Centrum 517 des 518 groß[e]n, g[ei]st[i]g[en] E[n]twickl[un]gsproceßes der M[e]ns[c]hh[eit], ist der eig[e]ntl[iche] Selbstbew[u]ßtsey[n]sproceß d[e]r M[e]ns[c]hh[ei]t 519 [,] inso weit er v[on] d[er] Activität des M[e]ns[c]h[e]nges[c]hl[e]chts selbst ausgeht u[nd] angestrebt wird - während der r[e]l[i]g[iö]s[e] Glaube das entspr[e]ch[en]d[e] 520 passive, aufnehmende Moment bezeichnet [.] (In Betr[e]ff der Natur sind d[ie] Sinn[e]swahrneh[mun]g[en] d[a]s passive Mo[men]t [,] d[a]s D[en]k[en,] Fors[c]h[en], Experimentir[en] d[a]s active.) In d[ie]s[em] groß[en] Proceß sind nun gewiße Stadien, Entwickl[un]gsstuf[en], Erhöh[u]ng[en] d[e]s Bew[u]ßtsey[n]s üb[er] Aufg[a]be, Zweck etc. 521 Sind Momente concertanter Selbstbesinnung [,] Verbeßerung u[nd] Fortschritt [.] - D[e]r G[e]g[e]nst[a]nd, Zweck, Ausg[an]gsp[u]nkt etc. wird immer mehr u[nd] klarer erkannt [,] u[nd] der g[a]nze Proc[e]ß klärt sich immer mehr aber, gestaltet sich immer b[e]stimmter, schärfer heraus. Die Philosophie muß sich selbst gewinn[en] - d.h. die M[e]ns[c]hh[ei]t muß immer klarer werd[en,] innerl[icher], zu immer heller[em] 513 Der an dieser Stelle beginnende unnumerierte Bogen [21rl-22vr] mit der im Nachhinein mit Bleistift vorgenommenen Datierung „[1856 [,] d[en] 17. Apr[il])“ schließt an keinen der vorhergehenden Bögen an. Möglicherweise wurde er im Nachhinein vor die mit Bogen [23rl-24vr] beginnende und bis [25rl-26vr] reichende neue Fassung der drei einleitenden Paragraphen der Vorlesung zur Religionsphilosophie „§: 1 Gegenstand der Religionsphilosophie.“, „§: 2 Aufgabe der Religionsphilosophie“ und „§: 3 Princip und Methode der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie]“ gestellt. 514 „Nach“ in der Zeile gestrichen. 515 „u[nd] Ausg[an]gsp[un]kt“ über der Zeile. 516 Gedankenstrich nach Satzabschluß gestrichen. 517 „Centrum“ über der Zeile. 518 „des“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „das“. 519 „d[e]r M[e]ns[c]hh[ei]t“ über der Zeile. 520 „entspr[e]ch[en]d[e]“ über der Zeile. 521 „Epoch[e]“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. <?page no="81"?> 71 Selbstbew[u]ßts[eyn] komm[en], immer selbstständ[i]g[e]r werd[en.] - Wie bei d[em] E[n]twickl[un]gsg[an]g d[e]s Einzel[nen] das geschieht. 522 II) Solch’ ein Moment ernannter Selbstbesinnung - auf sich selbst, auf G[e]g[e]nst[a]nd, Zweck u[nd] Aufg[a]be ist insbes[ondere] gegenwärt[i]g - da eine Z[ei]t einer ausgelebt[en] E[n]twickl[un]gsperiode u[nd] Z[ei]t des V[e]rfalls der Philos[ophie] ist. 523 D[ie] Philos[ophie] hat in vergangen[en] J[a]hrzehnd[en] (sic! ) große Anstreng[un]g[en] gemacht - großes ... (? ) - aber nicht geleistet. Sie hatte fehlg[e]gr[i]ff[en,] war irre geg[a]ng[en], h[a]tte umso[n]st gestrebt (der H[au]ptsache nach.) Aufg[a]be, G[e]g[e]nst[a]nd u[nd] Methode muß d[a]h[er] neuerdings in’s Auge gefaßt werd[en,] um d[ie] Philos[ophie] wieder empor u[nd] vorwärts zu bring[en]. I[m] Allgem[einen] habe ich die eig[en]th[üm]l[iche] Reform, die nach meiner Ueberzeug[un]g mit d[er] Philos[ophie] vorgenomm[en] werd[en] muß, schon früher angedeutet - ich will es hier so kurz u[nd] klar als möglich wiederholen. [21rl/ 21vr] III [)] 524 Was ist Aufg[a]b[e] der Philos[ophie]? a) Wir geben eine Antwort darauf [,] die zuverläßig alle billig[en], die zur Philos[ophie] üb[er]h[au]pt sich bekennen. „D[ie] Philos[ophie] hat die Aufg[abe,] die Wahrh[ei]t zu erkenn[en] etc.“ b) Aber was ist d[ie]s[e] Wahrh[ei]t? Die der Philos[ophie] eig[en]th[üm]l[iche] Wahrh[eit] such[en] alle Wissensch[a]ft[en] - wod[u]r[c]h unters[c]heidet sich die Philos[ophie]? Sucht sie 3) eine andere Wahrh[ei]t [,] dens[e]lb[en] G[e]g[en]st[an]d 525 od[er] 1) dies[e]lbe Wahrh[ei]t in and[erer] Weise od[er] 2) 526 die Wahrh[ei]t ei[ne]s and[eren], ihr 527 eig[en]th[üm]l[ichen] G[e]g[e]nstand[e]s. ad 1) Ob dies[e]lbe Wahrh[ei]t in and[erer] Weise [,] z.B. für Natur [,] 528 Geschichte etc. [,] Construction a priori. Theologie - Ju[ri]sp[ru]d[en]z [.] Man meint das oft - ist aber unricht[i]g [.] - ad 2) Ob ein eig[en]thü[m]l[icher] G[e]g[e]nst[a]nd, deßen Wahrh[ei]t (Wirkl[i]chk[ei]t) zu erkennen - näml[ich] die Wahrh[ei]t [,] d.h. Richtigk[ei]t des Denkens, der Denkacte, nicht des Inhalts d[e]r Gedanken [.] - Theoret[ische] Philosophie - Logik [,] Erk[e]n[n]t[ni]ßtheorie [,] Ontologie 529 , Wiß[e]ns[c]h[a]ftslehre. 522 „Die Philosophie muß sich selbst gewinn[en] - d.h. die M[e]ns[c]hh[ei]t muß immer klarer werd[en,] innerl[icher], zu immer heller[em] Selbstbew[u]ßts[eyn] komm[en], immer selbstständ[i]g[e]r werd[en.] - Wie bei d[em] E[n]twickl[un]gsg[an]g d[e]s Einzel[nen] das geschieht.“ am Seitenrand [21rr] eingefügt. 523 Randbemerkung [21rr] : „Krisis“. 524 „Gehen wir aus v[on]“ in der Zeile gestrichen. 525 „dens[e]lb[en] G[e]g[en]st[an]d“ über der Zeile. 526 „2“ ersetzt ursprüngliches, im Nachhinein gestrichenes „3)“. 527 „ihr“ über der Zeile. 528 „ - Welche Wahrh[ei]t? “ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 529 „Ontologie“ über der Zeile. <?page no="82"?> 72 Warum auch dieß nicht - Warum Philosophie nicht = Wissensch[a]ftslehre, Logik etc. 530 530 Randbemerkung [21vl/ 22rr] , die aber im Nachhinein gestrichen wurde: „1) Weil die Logik etc. auch keine [„wes[en]tl[ich]“ über der Zeile] and[ere] Wahrh[ei]t kennen lehrt als eine irdis[c]he - den Verlauf d[e]s Denkens etc. [,] u[nd] zwar nur reflectir[en]d auf d[a]s wirkl[iche] Denken, wie der Botaniker die Pflanz[e] u[nd] ihre Gesetze nur erkennt [,] d.h. Betr[ac]ht[un]g der wirkl[ichen] Pfl[an]z[en]welt [.] - 2) In Betreff d[e]s I[n]h[a]lts wird [unleserlicher Buchstabe gestrichen] [n]i[c]hts erkannt, ob wahr“. Unmittelbar im Anschluß an diese gestrichene Randbemerkung folgt die Randbemerkung [21vl] : „I) 1) Es ist zwar ri[c]ht[i]g [,] d[a]ß hier etwas Anderes erkannt wird als in all[en] üb[ri]g[en] Wiß[e]nsch[a]ft[en] - die Richt[i]gk[ei]t = Wahrh[ei]t d[e]s Denkens [.] 2) Auch ist richt[i]g, d[a]ß stets d[ie]se Wiß[e]nsch[a]ft mit zur Philosophie gezählt ward - v[on] Arist[oteles] u[nd] Plato an u[nd] noch früher - bis auf die G[e]g[e]nwart. 3) Man könnte sogar sprachl[ich] die Benennung Philos[ophie] rechtfert[i]gen woll[en] - sinoj (sa, oj) [über der Zeile: „feist, gesu[n]d“] fanai - die Wiß[en]sch[a]ft d[e]s gesund[en] Red[en]s u[nd] Denk[en]s [.] - 4) Und zuletzt kann man Niemand verwehren [,] seine Wiß[e]nsch[a]ft zu nenn[en,] wie immer [,] auf d[en] Nam[en] kommt es nicht an (bei d[en] Engländern -) [.] [Im Nachhinein unter die Zeile eingefügt: „Wäre d[a]s die ganze Philosophie [,] dann möcht[e] der Name bleib[en] -“.] II [)] Aber - d[ie]s[e]r Th[ei]l der Philos[ophie] ist völlig ungleichart[i]g a) Dem andern - der es mit der höchst[en] Aufg[a]be der Wiß[e]ns[c]h[a]ft zu thun hat u[nd] v[on] je für die H[au]ptaufg[a]be der Philos[ophie] gegolt[en] hat [,] die Erfors[c]h[un]g d[e]s Ew[i]g[en], Göttl[ichen,] Absolut[en.] - Man kann u[nd] soll w[en]igst[en]s nicht 2 so ungl[e]i[c]hart[i]g[e] Dinge miteinander verbind[en] u[nd] vermis[c]h[en] - die Logik u[nd] Wiß[en]s[c]h[a]ft betrachtet als solche [„als solche“ über der Zeile] ei[nen] r[e]i[n] ird[i]s[c]h[en] Vorga[n]g - muß d[ie]s[en] als Praxis von sich geb[en.] - Hat es nur mit der Form zu thun, erkennt v[om] Inh[a]lt nichts [.] - b) Ward auch d[ie]s[es] bisher Philos[ophie] genannt, mit der Metaphysik [21vl/ 22rr] verbund[en], ja vermischt u[nd] in letzter Z[ei]t geradezu an die Stelle der Metaphysik gesetzt - so muß ab[er] jetzt d[ie]se Trennung u[nd] Ausscheid[un]g vorgenomm[en] werd[en.] - Es ist dafür die Zeit gekomm[en] im E[n]twickl[un]gsproceß der Philos[ophie]. Gerade in d[ie]s[en] letzt[en] Zeit[en] wurde d[ie]se Verbind[un]g verhäng[n]ißvoll u[nd] z[um] größt[en] Verderb[en] für d[ie] Philosophie. Es ward der größte Mißbrauch gemacht mit Wiß[e]ns[c]h[a]ftsleh[re.] D[a]h[er] d[u]rch Schad[en] klug geword[en], muß die Philos[ophie] sich zu wehr[en] such[en.] - Kant betrachtete s[eine] Kritik der rei[nen] Ver[n]u[n]ft nur als Vorbereit[un]g z[ur] Philosophie (die ganze große Zurüst[un]g [,] s[a]gt Schelling [,] wird gemacht, u[m] zu find[en], ob d[a]s Dasey[n] G[o]tt[e]s si[c]h beweis[en] laße etc. Fichte machte nun aus d[ie]s[er] Vorb[e]reit[un]g z[ur] Philos[ophie] die Philos[ophie] selbst = Wißensch[a]ftslehre müße jetzt die sog[enannte] Philos[ophie] werd[en] etc. D[ie]s[e]n allmähl[i]g[en] Ausscheid[un]gsproc[e]ß kann man in der g[a]nz[en] Geschichte d[er] Philos[ophie] wahrnehm[en.] - Die Jonier w[e]rd[en] Philos[ophen] genannt [,] obwohl sie noch Alles zusamm[en]faßt[en], Natur vergä[n]gl[ich] - Logik aber kein[e] - oder nur latent [.] - Dann die Eleaten fast [„fast“ über der Zeile] nur Logik - Plato u[nd] Aristot[eles] verband[en] beides [.] - So blieb es bis in d[ie] neueste Z[ei]t [.] - Wo die Ei[nen] die Philos[ophie] = Logik, Wiss[en]s[c]h[a]ftslehr[e] setzt[en,] - die Andern gar kei[ne] Philos[ophie] [„Philos[ophie]“ über der Zeile wohl irrtümlich wiederholt] mehr woll[en,] sond[ern] nur Betr[ac]ht[un]g der Realität - Naturf[o]rs[c]h[ung] (? ) [.] So d[a]ß es sich jetzt um Seyn od[er] Nichtsey[n] d[er] Philos[ophie] h[a]nd[e]lt. Also: Im Proceß der geist[i]g[en] E[n]twickl[un]g d[e]s geist[i]g[en] [unklar, ob „d[e]s geist[i]g[en]“ in der Zeile gestrichen] Bew[u]ßtsey[n]s der M[en]s[c]hh[ei]t muß si[c]h jetzt aus der Vermis[c]h[un]g u[nd] Umhüll[un]g der logis[c]h[en] Wiss[en]s[c]h[a]ft der reine Kern der Metaphysik oder der Philos[ophie] katV ev xochn losschäl[en] od[er] loswind[en]. Die Logik od[er] Wiß[en]s[c]h[a]ftslehre bleibt dabei vollkomm[en] anerkannt u[nd] in ihr[em] Rechte - als Vorüb[un]g u[nd] Vorbereit[un]g für jegl[iche] Wissensch[a]ft. In d[er] Anw[en]d[un]g erleidet allerdi[n]gs d[ie] Wiss[en]s[c]h[a]ftslehre stets Modifikati[onen]. - Verfehlt aber ist es, wenn man eine Wiss[en]s[c]h[afts]lehre od[er] theoret[ische] od[er] negative Philos[ophie] als Gru[n]dlage für die positive Philos[ophie] gelt[en]d m[a]ch[en] will“. <?page no="83"?> 73 ad 3) Ob Philos[ophie] v[on] demselb[en] G[e]g[e]nst[a]nd eine andre Wahrh[ei]t sucht? Dieß in der That. Welche Wahrh[ei]t such[en] die and[eren] Wiss[en]sch[a]ft[en]? a) Wir unterscheid[en] schon im gewöh[n]l[ichen] Leb[en] immer u[nd] immer eine d... (? ) Wahrh[ei]t - eine gewöh[n]l[iche] ird[i]sche - die Wirkl[i]chk[ei]t - die all[en]f[a]lls auch d[a]s Böse u[nd] e[ine] Lüge sey[n] kann [,] u[nd] eine höhere Wahrh[ei]t [.] - b) D[ie]se wäre demnach G[e]g[e]nst[a]nd der Philosophie [.] - Aber die Erk[enn]t[n]iß der höher[n] Wahrh[ei]t in d[en] gewöh[n]l[ichen] Ereigniss[en] u[nd] G[e]g[e]nst[än]d[en] - setzt Erk[e]n[n]tn[i]ß der höchst[en] od[er] Urwahrh[ei]t voraus [.] - D[ie]se muß zuerst erkannt werd[en] - ehe man sie zum Maßstab der Beurth[ei]l[un]g in Betreff höherer Wahrh[ei]t bei d[er] Ird[i]s[c]h[en]. [21vr/ 22rl] IV) Das wäre demnach d[a]s Was od[er] d[er] G[e]g[e]nst[a]nd der Philosophie [.] - Nun h[a]nd[e]lt es sich aber um das Wie. Wie kann man das an sich Wahre, Gute, Schöne etc. od[er] das an sich Vollkommene (d[a]s Vollkommenste), d[a]s Absolute od[er] Gott erkennen? a) Ist’s mögl[ich] d[u]rch bloße Constructi[on,] d[u]rch logische od[er] theoret[ische] Operation à priori 531 ? od[er] b) d[u]rch Betracht[u]ng der Natur? d[er] Geschichte? 532 Die Natur s[a]gt [n]i[c]hts v[on] G[o]tt, sie redet nicht - aber die Ges[c]h[ic]hte redet [.] 533 od[er] c) auf irg[e]nd eine and[ere] Weise? Wenn je wiss[e]nsch[a]ftl[ich] mögl[ich], so ist die Metaphysik mögl[ich] d[u]rch wissensch[a]ftl[iche] Erforsch[u]ng des factisch vorhandenen G[o]tt[e]sbew[u]ßtsey[n]s - der R[e]l[i]g[io]n: Entweder so ist Metaphysik mögl[ich] - od[er] gar nicht. a) 534 Die R[e]l[i]g[io]n ist die practische u[nd] factische Lösung all’ jener Probleme, welche d[en] G[e]g[e]nst[a]nd der eig[e]ntl[ichen] Philosophie bild[en]. b) 535 Es liegt darum doch wohl nichts näher [,] als daß man d[ie]se ohnehin schon vorhandene pract[i]s[c]he Lösung der gegeb[enen] Frag[en] vor All[em] i[n]’s Auge faße, um sie zu prüf[en] u[nd] auf ihr[e]r Grundl[a]ge hin die höchste wissens[c]h[a]ftl[iche] Lösung gewinne. Das liegt doch näher, als daß man die Natur in’s Auge faße [,] um aus ihr zu erfahren, ob es ein[en] Gott gibt od[er] nicht u[nd] wie er bes[c]haff[en] sey - od[er] die Geschichte üb[er]h[au]pt? Die Betracht[un]g d[ie]s[e]r kommt dabei doch auch zu ihrem Rechte. c) 536 Die R[e]l[i]g[io]n, d[a]s factisch vorhandene G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn], der r[e]l[i]g[iö]s[e] Glaube ist aber nur Geg[e]nst[a]nd, Object der Erk[e]n[n]tn[i]ß [,] d[ur]ch deßen Erforsch[u]ng wir erkennen woll[en,] ob es ein[en] G[o]tt gibt u[nd] wie bes[c]haff[en] er sey u[nd] in welchem V[e]rh[ä]ltn[i]ß zur Welt etc.! 531 „à priori“ über der Zeile. 532 „d[a]s Genauere - waru[m] [n]i[c]ht - später -“ über der Zeile. 533 „Die Natur s[a]gt [n]i[c]hts v[on] G[o]tt, sie redet nicht - aber die Ges[c]h[ic]hte redet“ unter der Zeile eingefügt. 534 „a)“ nachträglich in die Zeile eingefügt. 535 „b)“ nachträglich in die Zeile eingefügt. 536 „c)“ nachträglich in die Zeile eingefügt. <?page no="84"?> 74 Nicht d[u]rch d[en] Glaub[en] woll[en] wir es erfahr[en,] nicht glaub[en]d blos daran festh[a]lt[e]n - Glaube u[nd] R[e]l[i]g[io]n gilt uns nicht als Auctorität [,] gilt uns nicht als Erk[e]n[n]t[ni]ßquelle, sond[ern] als Erk[e]n[n]tn[i]ßgege[n]st[a]nd (d[a]d[u]rch großer Unt[e]rs[c]h[ie]d v[on] d[er] Theologie) [.] Doch davon in d[er] Einl[ei]t[un]g Näheres. IV) 537 Ist die große Frage nach dem Daseyn u[nd] d[en] Eig[en]s[c]h[a]ft[en] G[o]tt[e]s ge- [22rl/ 22vr] [löst,] dann sind damit alle andern höchsten Fragen zugleich gelöst od[er] ihre Lösung w[en]igst[e]ns angebahnt. Z.B. die nach der Substantialität u[nd] Unsterbl[i]chk[ei]t der Seele - die Seele betrachtet u[nd] erkannt im Lichte des G[o]tt[e]sbew[u]ßts[e]y[n]s [.] - Einfach u[nd] summaris[c]h ges[a]gt: Die Philosophie hat die Aufg[abe]: Gott zu erkennen [,] ob u[nd] wie er ist 538 [,] u[nd] im Lichte d[ie]s[e]r G[o]tt[e]serk[e]n[n]tn[i]ß Alles Andere zu betrachten u[nd] zu beurth[ei]l[e]n [; ] - u[nd] so ist sie in der That die Wißensch[a]ft der Wißensch[a]ft[en] - denn eig[en]tl[ich] sind alle and[eren] Erk[enn]t[ni]ße ohne d[ie]se doch nur eitler Tand - wie es aller Reichthum der Welt ist ohne Friede der Seele [,] ohne Kraft u[nd] Verstand. - Mit d[ie]s[e]r Frage sind alle Andern gelöst [.] - Wir hab[en] also d[e]r Philos[ophie] als eig[en]th[üm]l[iches] Gebiet jene Wahrh[ei]t errung[en] u[nd] ihre Erforsch[un]g [,] die si[c]h u[n]tersch[e]id[e]t v[on] d[e]r gewöh[n]l[ichen] platt[en] Wirkl[i]chk[ei]t od[er] Thats[ä]chl[i]chk[ei]t [.] − Die Wahrh[ei]t im Si[nne] v[on] Id[ea]lit[ä]t [.] 539 [22vr/ 23rl] 537 „IV)“ irrtümlich wiederholt. 538 „ob u[nd] wie er ist“ über der Zeile. 539 Randbemerkung [22vl] : „Einwend[un]g: Man muß doch zuvor d[en] menschl[ichen] G[ei]st kennen, s[e]i[ne] Kräfte etc., ehe man dran geht [,] z[u] philos[ophiren] etc. Das Kant’sche Unternehm[en] einer Kritik des m[en]s[c]hl[ichen] G[ei]st[e]s war in sofern verfehlt, als man unmögl[ich] d[en] Geist prüf[en] kann, ob er G[o]tt erkenne ohne beständ[i]g d[en] Versu[c]h zu mach[en,] G[o]tt zu erk[ennen] - also ohne b[e]stä[n]d[i]g das hereinzuzieh[en], was wahrh[a]ft Philosophie ist - so daß das schon b[e]stä[n]d[i]g geübt wird, wozu man erst die Vorb[e]reit[un]g treff[en] will. Niemand kann die Ei[n]l[ei]t[un]g vor d[em] wiss[en]s[c]h[a]ftl[ichen] Syst[em] schreib[en] - die Ei[n]l[ei]t[un]g ist für d[en] Fors[c]her u[nd] Darsteller selbst d[a]s Letzte [,] [n]i[c]ht d[a]s Erste [.] - Nur für Vortr[a]g zur Belehr[un]g muß sie vorher geh[en]. Man kann nicht ei[n]e Ei[n]l[ei]t[un]g zur Astronomie schreib[en], ehe man d[a]s astronom[ische] Stud[ium] begi[nn]t - kann nicht erst u[n]tersu[c]h[en] woll[en], ob der M[en]s[c]h der Astronomie fähig ist [,] u[nd] dann erst beginn[en] woll[en]. - Eb[en]so b[e]i d[er] Botanik etc. [,] Mathematik etc. Eb[en]so gilt d[a]ss[e]lbe nun auch v[on] der Metaphysik [.] - Man kann nicht vor der Metaphysik u[n]tersuch[en] u[nd] e[n]ts[c]heid[en] woll[en], ob der Mens[c]h der Metaphysik, der G[o]tt[e]serk[enn]t[n]iß fäh[i]g sey; sond[ern] das ist nur mögl[ich] zu e[n]ts[c]heid[en] in der Metaphysik selbst, u[nd] durch sie. - [Einfügung der Randbemerkung [22rr] , die mit dem Hinweis „s[iehe] Unt[en]“ gekennzeichnet ist: „In neuest[er] Z[ei]t ist d[a]s th[ei]lw[ei]se auch anerkannt - aber man will durch die theoret[ische] Philos[ophie] als negat[ive] Philos[ophie] noch festh[ä]lt. - Mit der ni[c]hts erk[a]nnt wird - wie man eingest[e]ht [.] -“]. Negative Philos[ophie] als Wiß[e]nsch[a]ft d[e]s Möglich[e]n, Denkbaren, Apriorischen ist s[e]lbst unmöglich [.] - In Bezug auf die Natur u[nd] Ges[c]hichte gibt es keine [.] - I[n] Bezug auf Metaphysik eb[en]so wenig. - a) Die negat[ive] Philos[ophie] soll nur denk[en,] aber nichts erk[ennen] u[nd] wiss[en.] b) Es gibt auch daran - ja Schelling selbst scheint nach manch[en] Aeuß[e]r[u]ng[en] dazu zu gehören [.] - Die negative Philos[ophie] habe wenigstens die Aufg[a]be zu zeig[en], daß die Vernunft für sich nichts v[om] <?page no="85"?> 75 Einleitung. 540 §: 1 Gegenstand der Religionsphilosophie. 1) G[e]g[e]nst[a]nd d[er] R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] 541 ist jene 542 allgem[eine] histor[ische] Erscheinung, jene 543 allgem[eine] Thatsache 544 in d[er] M[e]nschh[ei]t [,] die wir Religion nennen [,] d.h. 545 - G[e]g[e]nst[a]nd d[er] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] ist das allgem[eine] Bewußts[e]yn der M[e]nschh[ei]t v[on] ein[em] Uebernatürlichen 546 , Göttlichen oder wenigst[e]ns üb[er] d[ie] gewöhnl[ichen] Naturerschein[un]g[en] erhabenen 547 Macht 548 u[nd] das damit untrennbar verbundene Bewußtseyn v[on] ein[em] Verhältniß [,] in welchem diese Welt der Erscheinung üb[er]h[au]pt u[nd] der Mens[c]h insbesondere zu d[ie]s[e]m Unsichtbaren, 549 Göttlich[en] stehe. - D[ie]s[e]s B[e]w[u]ßtseyn u[nd] all’ das [,] was mit dems[e]lb[en] in Verbind[un]g steht od[er] daraus folgt - ist G[e]g[e]nst[a]nd der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie. Ich 550 sage, was mit d[ie]s[e]m B[e]w[u]ßts[eyn] in Verbind[un]g steht od[er] daraus folgt. Die Lehren, Meinung[en,] B[e]str[e]b[un]g[en], Anstalt[en,] Cultush[an]dl[un]g[en] 551 u.s.w. Denn jenes Bew[u]ßts[eyn] allein ma[c]ht auch keine R[e]l[i]g[ion] - wer blos gl[a]ubt vielerseits (? ) [,] hat kein[e] R[e]l[i]g[io]n. Die vorzügl[i]chsten davon od[er] die Grundelemente aller R[e]l[i]g[io]n dürft[en] ungefähr folgende sey[n]. 552 Ew[i]g[en], Göttl[ichen] wahrh[a]ft zu erkennen vermöge. - Aber soll die Ausstell[un]g d[ie]s[e]s testim[onium] paupertatis für die Vernunft den Ehrennamen Philosophie tragen? - ad a [)] Aber d[a]s Denk[en] selb[e]r soll u[nd] wird sie doch erk[ennen] u[nd] wiss[en]? - Wohl nur jenes, das sie selber bildet, kein anderes. - Da sie über si[c]h selb[e]r ni[c]ht hinauskomm[en] - u[nd] erst die Fr[a]ge ist, ob d[ie]s[e]s D[en]k[en,] d[ie]s[e] D[en]kb[e]sti[mmun]g[en] au[c]h für d[a]s wirkl[iche] Erk[ennen] u[nd] Wiß[en] gelt[en]“. 540 „Religionsphilos[ophie] 1“ am oberen Seitenrand [23rr] ; „1“ bezeichnet den Bogen. An dieser Stelle beginnt offensichtlich eine neue Fassung des Vorlesungstextes. 541 „Fundamentalphilos[ophie]“ über der Zeile. 542 „jene“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „die R[e]l[i]g[io]n als“. 543 „jene“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „als“. 544 Randbemerkung [23rr] : „NB [: ] Allgemeine Thats[ache: ] Indeß wenn auch nur Ein M[e]ns[c]h od[er] einige zur Erk[e]n[n]tn[i]ß, z[um] Glaub[en] G[o]tt[e]s gekommen wären, so könnte man darauf schon d[ie] Wiss[e]nsch[a]ft gründ[en] - denn damit zeigte sich [,] d[a]ß d[ie]s[e]r M[e]ns[c]h wes[en]tl[ich] verschied[en], ein ganz and[eres] Wes[en] sey als die üb[ri]g[en], od[er] daß in all[en] die Anlage z[ur] R[e]l[i]g[ion] ruhe. Wenn d[a]h[er] einige Völker fast keine Spur v[on] R[e]l[i]g[ion] zeig[en,] so beweist das nichts. - Wenn ein Affe z[um] Glaub[en,] z[ur] Erk[e]n[n]tn[i]ß G[o]tt[e]s käme od[er] geg[en] als R[e]l[i]g[ion]sstifter auftret[en], wäre da nicht entschied[e]n [,] d[a]ß alle Aff[en] = Mensch[en] od[er] d[ie]s[e]r kein wirkl[icher] Affe? “ 545 „wir“ in der Zeile gestrichen. 546 „Uebernatürlichen“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Unsichtbaren“. 547 „erhabenen“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „Erhabenen“. 548 „Macht“ über der Zeile. 549 „d“ in der Zeile gestrichen. 550 „Ich“ in der Zeile gestrichen; über der Zeile „ad b)“. 551 „Cultush[an]dl[un]g[en]“ über der Zeile. 552 „D[ie]s[e]s B[e]w[u]ßtseyn u[nd] all’ das [,] was mit dems[e]lb[en] in Verbind[un]g steht od[er] daraus folgt - ist G[e]g[e]nst[a]nd der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie. Ich sage, was mit d[ie]s[e]m B[e]w[u]ßts[eyn] in Verbind[un]g steht od[er] daraus folgt. Die Lehren, Meinung[en,] B[e]str[e]b[un]g[en], Anstalt[en,] Cul- <?page no="86"?> 76 2) a) D[ie]s[e]s Bew[u]ßts[eyn] nannte ich allgemeine Thatsache d[er] M[e]nschh[ei]t [.] - 553 Gehen wir näml[ich] in d[er] Gesch[ichte] so weit als möglich etc. B[o]g[en] 5. b) 554 D[ie]se so verschieden[en] R[e]l[i]g[io]nen können doch als Eine allgem[eine] Thatsache d[er] M[e]ns[c]hh[ei]t b[e]tr[a]chtet werden, denn die Grundelemente sind gleich in allen, nämlich: 555 3) 1) Glaube, Ahnung eines Göttlich[en,] Uebernatürl[ichen] 556 - 2) Bezieh[u]ng d[ie]s[e]s Göttlich[en], Unsichtbar[en] z[ur] Welt des Sichtbaren bei All[em] Unt[e]rsch[ie]d 3) Einwirken d[ie]s[e]s Göttlich[en] auf d[ie] Welt; Wille d[e]ss[e]lb[en] in B[e]z[u]g auf d[ie] Welt - 4) Bestreben hin wieder (sic! ) [,] d[a]s Göttl[iche] sich gefällig zu mach[en] - Cultush[a]ndl[u]ng[e]n, Opfer etc. 5) Bestimmter Stand [,] der die rechte Weise hiezu weiß etc. 6) Streben d[e]s Göttl[ichen], Unsichtb[a]ren, sich offenbar, sichtbar zu machen, d[u]rch Bilder etc. 7) Glaube, d[a]ß die noch unsichtbare Welt Ziel der sichtbaren sei od[er] wenigst[en]s Ziel der M[e]nsch[e]n [.] - 4) Aus d[ie]s[e]n einfachen Grundelementen ist die allgem[eine] Thatsache d[er] R[e]l[i]g[io]n zusammenges[e]tzt; aus ihrer manigfaltig[en] Verbind[un]g u[nd] Modifikation u[nd] vorzüglich aus deren verschiedenem Verständniß - 557 gehen die so verschiedenen R[e]l[i]g[io]nen hervor, wie d[ie] manigfalt[i]g[en] Naturgebilde aus den einfach[en] Grundelement[en] sich constituir[en] in u[nd] d[u]rch 558 manigfalt[i]gst[er] Mis[c]hung. tush[an]dl[un]g[en] u.s.w. Denn jenes Bew[u]ßts[eyn] allein ma[c]ht auch keine R[e]l[i]g[ion] - wer blos gl[a]ubt vielerseits (? ) [,] hat kein[e] R[e]l[i]g[io]n. Die vorzügl[i]chsten davon od[er] die Grundelemente aller R[e]l[i]g[io]n dürft[en] ungefähr folgende sey[n].“ am Seitenrand [23rr] eingefügt. 553 „Wenn ein Blödsinniger od[er] eine Rotte v[on] Blödsinn[i]g[en] … (? ) hab[en,] so beweist d[a]s [n]i[c]hts [.] -“ über der Zeile. 554 „Und Eine R[e]l[i]g[io]n − als hist[orische] Thatsache, als gl[e]i[c]hart[i]g[e]r [,] weil -“ über der Zeile. 555 Randbemerkung [23rr] : „I. Geg[e]nst[a]nd d[er] R[e]l[i]g[ion]sph[ilosophie] II [.] Aufgabe ders[e]lb[en] a) Was hat d[ie] R[e]l[i]g[ion]sphil[osophie] [m]it d[ie]s[em] G[e]g[en]st[an]d zu b[e]gi[nnen] - was soll sie in B[e]zug auf ihn? b) Die Wahrh[ei]t erke[nnen] - a) nicht d[ie] Wirkl[i]chk[ei]t = Wahrh[ei]t, denn das ist Sache d[er] R[e]l[i]g[ion]sg[e]s[c]hichte. b) sond[ern] die Wahrh[ei]t im höh[eren] eig[en]tl[ichen] Sinn - ob d[a]s All[e]s Wahr (sic! ) sey od[er] [n]i[c]ht - den letzt[en] Gru[n]d davon [.] - c) Dieß geschieht d[a]d[u]r[c]h, d[a]ß wir d[ie]s[e] ... (? )“ 556 „Uebernatürl[ichen]“ über der Zeile. 557 „u[nd] vorzüglich aus deren verschiedenem Verständniß -“ am Seitenrand [23rr] eingefügt. 558 „u[nd] d[u]rch“ über der Zeile. <?page no="87"?> 77 Mögen auch d[ie] R[e]l[i]g[io]nen 559 v[on] einand[er] noch so verschied[en] sey[n] - R[e]l[i]g[io]nen sind sie doch; zur allgem[einen] Erscheinung u[nd] B[e]gr[i]ff d[er] R[e]l[i]g[io]n gehören sie - selbst die falschesten u[nd] verderbtesten - in ähnl[icher] Weise wie auch die unvollkommenst[en] Naturgebilde - selbst die schädl[ichen] Giftpflanzen z[ur] Natur gehören. - [23rl/ 23vr] 5) D[ie]se allgem[eine] Thatsache d[er] R[e]l[i]g[io]n, welche uns die allgem[eine] R[e]l[i]g[io]nsgeschichte kennen lehrt, ist der G[e]g[e]nst[a]nd d[er] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie]. Mit d[ie]s[e]m hat sie es zu thun. Sie construirt also ihren Inhalt nicht à priori, wie man das sonst so häuf[i]g versucht hat - sond[ern] findet ihn schon vor [.] - Das ist ohnehin unmöglich. Wollte Jemand alle R[e]l[i]g[io]n gl[e]i[c]hsa[m] vergeßen, u[m] sich philos[ophisch] Eine zu construir[en] - so wäre dieß keine R[e]l[i]g[io]n mehr [,] sond[ern] ein abstractes Gedank[en]di[n]g. Dann aber wäre ein solches Beginnen auch unmögli[c]h. Denn entwed[er] hätte ein Solcher ein[e] r[e]l[i]g[iö]s[e] E[r]z[ie]h[un]g u[nd] Belehr[un]g genoß[en] - dann wüßte er gar [n]i[c]hts v[on] R[e]l[i]g[ion] u[nd] er käme auch ni[c]ht auf d[en] G[e]da[n]k[en,] eine philos[ophische] zu construir[en] - od[er] er hätte K[enn]t[n]iß v[on] d[er] bestimmt[en] R[e]l[i]g[io]n, dann könnte er gar ni[c]ht mehr à priori construir[en], so[n]d[ern] stets nur [m]it bestimmt[er] B[e]z[ie]h[un]g auf d[ie] R[e]l[i]g[io]n. 560 6) In Bezug auf den G[e]g[e]nst[a]nd unterscheidet sich also die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] a) v[on] allen üb[ri]g[en] G[e]g[e]nst[ä]nd[en] d[er] Philosophie [,] Logik, Naturwiss[e]ns[c]h[a]ft, Geschichte, selbst v[on] d[er] Metaphysik theilw[ei]se [.] b) V[on] d[er] Theologie d[a]d[u]rch, d[a]ß d[ie]se blos Eine R[e]l[i]g[io]n mit ihr[em] gesammten Inhalt G[e]g[e]nst[a]nd ihr[er] wiss[e]ns[c]h[a]ftl[ichen] Untersuchungen ist. Nun fragt es sich [,] was soll mit d[ie]s[em] G[e]g[e]nst[a]nd der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie geschehen - od[er] welche Aufgabe hat die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie? ] 561 D[a]h[er] 559 Randbemerkung [23rr] : „Jede R[e]l[i]g[ion] geht auf d[a]ss[e]lbe Ziel [,] hat glei[c]he Intenti[onen] wie die e[n]tgeg[en]gesetzte - u[nd] will … (? ) beßres Verst[än]d[ni]ß u[nd] ... (? ) Objectivitaet u[nd] paß[en]d[ere] (? ) Form[en] hab[en.] -“ Darunter die weitere Randbemerkung [23rr] : „IV [)] Ist die Wahrh[ei]t in d[ie]s[em] Sinne in Betr[e]ff der R[e]l[i]g[ion] gefund[en] - dann ist auch die Gru[n]daufgabe aller Philosophie gelöst“. 560 „Das ist ohnehin unmöglich. Wollte Jemand alle R[e]l[i]g[io]n gl[e]i[c]hsa[m] vergeßen, u[m] sich philos[ophisch] Eine zu construir[en] - so wäre dieß keine R[e]l[i]g[io]n mehr [,] sond[ern] ein abstractes Gedank[en]di[n]g. Dann aber wäre ein solches Beginnen auch unmögli[c]h. Denn entwed[er] hätte ein Solcher ein[e] r[e]l[i]g[iö]s[e] E[r]z[ie]h[un]g u[nd] Belehr[un]g genoß[en] - dann wüßte er gar [n]i[c]hts v[on] R[e]l[i]g[ion] u[nd] er käme auch ni[ch]ht auf d[en] G[e]da[n]k[en,] eine philos[ophische] zu construir[en] - od[er] er hätte K[enn]t[n]iß v[on] d[er] bestimmt[en] R[e]l[i]g[io]n, dann könnte er gar ni[c]ht mehr à priori construir[en], so[n]d[ern] stets nur [m]it bestimmt[er] B[e]z[ie]h[un]g auf d[ie] R[e]l[i]g[io]n.“ am Seitenrand [23vl] eingefügt. 561 Randbemerkung [23vl] unleserlich. <?page no="88"?> 78 §: 2 Aufgabe der Religionsphilosophie 562 1.) 563 Die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] kann nicht die Aufgabe haben, die verschieden[en], historis[c]h gegebenen R[e]l[i]g[io]nen nach ihr[em] Urspr[u]ng, u[nd] 564 , Entwickl[un]g, nach ihren Formen u[nd] ihrem ganzen I[n]halt kennen zu lehren (sic! ). Das ist vielmehr Aufg[a]be der R[e]l[i]g[io]nsg[e]schichte [.] - D[ie]se ist Vorbeding[un]g d[er] R[e]l[i]g[ion]sphil[osophie]. 2.) a) Die Philosophie der R[e]l[i]g[io]n hat vielmehr die Aufg[a]be [,] d[ie]s[e]s historis[c]h gegebene Material wiß[e]ns[c]h[a]ftl[ich] zu prüfen, ob etwas Wahres d[a]ran sei 565 [,] um daran zu erkennen [,] was wahr u[nd] was falsch ist; sie hat - wie alle Philosophie üb[er]h[au]pt, die Erk[e]n[n]tn[i]ß der Wahrh[ei]t z[um] Ziele; hier insbesond[ere] die Erkenntn[i]ß der „Wahren Religion“ 566 u[nd] der Wahrh[ei]t in der R[e]l[i]g[io]n“ 567 a) d[e]s Urspr[u]ngs u[nd] d[er] Entwickl[un]g [,] b) d[e]s Inhalts u[nd] d[e]r c) Bethätig[un]g [.] - b) Ich sage, wie alle Philos[ophie,] so hat auch d[ie] Philos[ophie] der R[e]l[i]g[io]n die Wahrh[ei]t zu erkennen. Wir bleiben hienach bei dem erst[en], einfachsten Begr[i]ffe v[on] Philosophie; - Streben nach Wahrh[ei]t - Weish[ei]t [.] - 562 Randbemerkung [23vl/ 24rr] , die aber möglicherweise noch zu den Ausführungen [22vr-23vr] über den Gegenstand der Religionsphilosophie gehört: „ad 5 [)] Man erkennt eine histor[ische] Erscheinung ihr[em] wahr[en] Gehalte - ihrer Wahrh[ei]t - nicht 1) blos Wirkl[i]chk[ei]t nach - wenn man ihr[en] Urspr[u]ng u[nd] Entwickl[un]gsproceß nach den [„den“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „s[einen]“] Beding[u]ng[en] seiner Mögl[i]chk[ei]t u[nd] Wirkl[i]chk[ei]t betrachtet - 2) den Inhalt davon erfors[c]ht u[nd] prüft 3) die Bedeut[un]g für das ganze M[e]ns[c]h[en-]Das[e]y[n] im Groß[en], Ganz[en] u[nd] Einzel[nen]. ad 1 [)] Die Wahrh[ei]t der R[e]l[i]g[io]n als histor[ische] Thatsache [,] d.h. Bew[eis,] daß das G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] in d[er] M[e]ns[c]hh[ei]t nicht blos Trug u[nd] Täus[c]h[u]ng u[nd] leere Phantasie sey - sond[ern] daß ihr ein Objectives als anderer Factor zu Grunde liege (also zugl[ei]ch Beweis für d[a]s Das[e]y[n] G[o]tt[e]s - u[nd] Philos[ophie] der Mythologie u[nd] Off[e]nb[a]r[un]g [).] ad 2 [)] Die wahre R[e]l[i]g[ion] zu zeig[en] (Metaphysik) I[n]h[a]lt d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyns]. Was G[o]tt an sich ist u[nd] was für die Welt [.] ad 3) Die Wahrh[ei]t in der R[e]l[i]g[io]n - Ethik [,] d.h. Lehre v[on] d[em] Verh[a]lt[en] der M[en]s[c]hh[ei]t [,] insofern es si[c]h auf d[a]s G[o]tt[e]sbewußts[e]y[n] grü[n]det. [23vl/ 24rr] ad [4]. V[o]m Einfluß d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[e]y[n]s auf das mens[c]hl[iche] Dasey[n] in s[einer] innern u[nd] äußern Führ[u]ng. - (ad 6) Man könnte auch sagen: Die ideale Welt, die in der M[e]ns[c]hh[ei]t als G[o]tt[e]sbew[u]ßts[e]y[n] u[nd] Bew[u]ßts[eyn] eines Jenseits fortlebt u[nd] wirkt - nach Urspr[u]ng u[nd] Entwickl[un]gsproceß, nach Inhalt u[nd] Bedeut[un]g für di[e] M[e]nschh[ei]t zu erforsch[en] u[nd] zu erkenn[en,] sey die Aufgabe der F[un]damental[-] [„der F[un]damental“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „aller“] Philosophie.“ - Eine durch die letztzitierte Randbemerkung zum Großteil überschriebene weitere Randbemerkung ist unlesbar. 563 Über der Zeile: „1) D[ie] Ph[i]los[ophie] d[ie] Aufg[abe,] d[ie] Wahrh[ei]t zu erk[ennen] d... (? ) Aber au[c]h d... (? ) W[i]ß[en]s[c]h[a]ft d[e]ss[e]lb[en].“ 564 „u[nd]“ über der Zeile eingefügt, daher blieb das Komma nach „Urspr[u]ng“ stehen. 565 „ob etwas Wahres dran sei“ über der Zeile. 566 Über der Zeile: „Wahrh[ei]t i[n] d[er]“. 567 Anfang des Zitats ist nicht gekennzeichnet. <?page no="89"?> 79 3) Das Verh[ä]ltn[i]ß v[on] R[e]l[i]g[io]nsgesch[ichte] u[nd] R[e]l[i]g[io]ns-Philosophie zu einander ist also dieß: daß [23vr/ 24rl] d[ie] R[e]l[i]g[io]nsgesch[i]chte uns die wirklichen - die bestehend[en], vorhandenen R[e]l[i]g[io]n[e]n, kennen lehrt, die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] aber die Wahrh[ei]t der R[e]l[i]g[io]n, die wahre R[e]l[i]g[io]n - u[nd] damit uns i[n] d[en] Stand setzt [,] unt[er] d[en] wirkl[ichen] R[e]l[i]g[io]n[en] die wahre zu erkennen, u[nd] an ihnen, den verschieden[en] R[e]l[i]g[io]n[en] selbst das Wahre v[om] Fals[c]hen auszuscheiden. 4) Es findet also zw[i]s[c]h[en] d[er] R[e]l[i]g[io]nsg[e]sch[ichte] u[nd] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 568 d[a]s Verh[ä]ltn[i]ß statt, wie üb[er]h[au]pt zw[i]s[c]h[en] den empiris[c]h[en] Wiß[e]ns[c]h[a]ft[e]n u[nd] d[er] Philos[ophie.] Die empiris[c]h[en] W[i]ß[e]ns[c]h[a]ft[en] lehren d[a]s Wirkliche, d[a]s Factische kennen (wäre es auch unwahr, schlecht etc.) [.] Die Philosophie aber sucht die Wahrh[ei]t, sucht das Wahre im u[nd] am Wirklichen. - 569 5 [)] Ueberg[a]ng. 570 568 In der Zeile folgendes „üb[er]h[au]pt“ gestrichen. 569 Randbemerkung [24rr] : „NB [: ] Die r[ec]hte Beurth[ei]l[un]g all[e]s Das[e]y[en]d[en,] die i[n] d[er] R[e]l[i]g[io]n geübt wird - will die R[e]l[i]g[ion]sphilosophie auf wiss[en]s[c]h[a]ftl[iche] Principie[n] gründ[en,] u[nd] d[a]h[er] für d[ie] and[eren] Wiss[en]s[c]h[a]ft[en] Princip[ien] lief[ern] -“. Darunter die weitere Randbemerkung [24rr] : „NB [: ] Eine Bes[c]hränk[un]g in d[er] Erfüll[un]g d[ie]s[er] Aufg[a]b[e] liegt darin, d[a]ß d[ie] R[e]l[i]g[ionen] namentl[ich] d[e]s Orients bis jetzt noch zu wenig erfors[c]ht sind. -“ 570 „Ueberg[a]ng.“ über der Zeile. Randbemerkung [24rr] , die aber wieder gestrichen wurde: „ad 5 Die Wahrh[ei]t einer histor[ischen] Erscheinung - wie die R[e]l[i]g[ion,] d[a]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] ist - erkennt man nur 1) Wenn man Ursprung u[nd] Erh[a]lt[un]g od[er] Fortbild[un]g - kurz d[en] ganz[en] Anfang u[nd] [„Anfang u[nd]“ über der Zeile eingefügt] histor[ischen] Proceß ders[e]lb[en] erkennt [,] 2) wenn man d[en] I[n]h[a]lt prüft - (Metaphysik) [,] 3) d[en] Ei[n]fluß auf d[a]s ganze mens[c]hl[iche] Das[e]y[n] - Ethik.“ Da diese Randbemerkung gestrichen wurde, versteht sich die folgende Randbemerkung [24rr] möglicherweise als deren Ersatz: „Also ad 5 1) Die Wahrheit der Religio[nen] obj[ectiv] u[nd] subj[ectiv] - Gott u[nd] M[en]s[c]h[en] - 2 Factor[en] 2) Die wahre R[e]l[i]g[io]n: unt[er] d[en] Viel[en] 3) Die Wahrh[ei]t in d[er] R[e]l[i]g[io]n - wie d[er] Inhalt zu versteh[en] sei. Berechtig[un]g der R[e]l[i]g[ion] ad 1 [„Urspr[un]g d[e]r R[e]l[i]g[ion]“ gestrichen] - Ob d[ie]s[e]s V[er]h[ä]lt[n]iß obj[ectiv] u[nd] subj[ectiv] begrü[n]det sei - ad 2 Urspru[n]g u[nd] Entwickl[un]g d[er] R[e]l[i]g[ion] - wie d[ie] wahr[e] R[e]l[i]g[ion] b[e]s[c]haff[en] sei - welches d[as] ri[c]ht[i]g[e] Verh[ä]lt[ni]ß etc. ad 3 Inhalt u[nd] Ausdr[uck] d[e]r R[e]l[i]g[ion] - rechtes V[e]rstä[n]d[n]iß u[nd] recht[e]r Ausdruck u[nd] Ausgest[a]lt[un]g d[er] R[e]l[i]g[io]n. NB [: ] ad 1) Da der obj[ective] Factor d[es] Göttl[ichen,] näml[ich] uns[ere] unmitt[e]lb[are] Wahrnehm[un]g entgegen ist, so werd[en] wir au[c]h b[e]i s[einer] Forschung doch wieder v[om] sub[jectiven], d.h. v[om] rel[i]g[iö]s[en] Bew[u]ßts[eyn] ausgeh[en] müß[en.] - NB [: ] Früher war es nur nothw[en]d[i]g die wahre R[e]l[i]g[ion] u[nd] die Wahrh[ei]t in d[er] R[e]l[i]g[ion] zu erkenn[en.] - Nu[n] aber au[c]h die Wahrh[ei]t der R[e]l[i]g[io]n d[em] moder[nen] St... (? ) - in d[er] Philos[ophie] …(? ) gegenüber.“ Darunter [24rr] : „Feuerbach etc. gegenüber.“ <?page no="90"?> 80 Damit ist schon angedeutet, d[a]ß wir b[ei] d[er] R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] die R[e]l[i]g[io]n als wahre nicht à priori construiren - sond[ern] allerdings v[om] Factisch[en] ausgehen; gleichwohl aber nicht bei diesem stehen bleiben, sond[ern] prüfend an d[ie]s[e]m Wahres u[nd] Fals[c]hes ausscheiden [.] - 571 Damit kommen wir nun aber z[ur] wichtigst[en] u[nd] schwierigst[en] Frage d[er] Einl[ei]t[un]g, näml[ich] z[u] d[er] Frage, Auf (sic! ) welche Art u[nd] Weise wir denn nun zu W[e]rke gehen müßen, um die wahre R[e]l[i]g[io]n zu erkennen, wie es möglich ist, d[a]ß wir unt[er] so mancherlei R[e]l[i]g[io]nen die wahre erkennen, u[nd] unt[er] so viel[en] r[e]l[i]g[iö]s[en] Lehren u[nd] r[e]l[i]g[iö]s[en] 572 Formen das Wahre v[om] Falschen zu sond[ern] vermögen [.] - D[a]h[er] §: 3 Princip und Methode der R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] Es fragt sich, wie ist es möglich, daß wir in d[er] groß[en] histor[ischen] Erschein[un]g der R[e]l[i]g[io]nen Wahres u[nd] Falsches unterscheiden können mit Sicherheit; an welchem Maaßstab müßen wir die Thatsach[en] u[nd] d[en] Inhalt derselben meßen, nach welchem Criterium beurtheilen? 573 I) Sollen wir v[ie]ll[ei]cht eine bestimmte, posit[ive] R[e]l[i]g[io]n - also z.B. die ch[ri]stl[iche] R[e]l[i]g[io]n, als göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng - zu Grunde legen als Maaßstab, um daran zu prüfen, was wahr u[nd] falsch sei; so etwa [,] daß wir sagen: Alles [,] was mit der ch[ri]stl[ichen] R[e]l[i]g[io]n etc. übereinstimmt [,] ist wahr, Alles, was nicht, mit [24rl/ 24vr] ihr übereinstimmt [,] ist falsch. So kann der Gläubige auf s[einem] St[a]ndp[u]nkt argumentiren - so auch allenfalls die ch[ri]stl[iche] Glaubenslehre im letzten Grunde - aber die Philosophie als solche nicht. II) Die Philosophie kann üb[er]h[au]pt als Erk[e]n[n]tn[i]ßprincip nicht irgend Etwas v[on] Außen Aufgenommenes od[er] Angenommenes betrachten u[nd] gebrauch[en], denn Alles [,] was angenommen wird, muß ja selbst wied[e]r der wiss[e]ns[c]h[aftlichen] Prüf[u]ng sich unterziehen - darf nicht blindlings Angenomme[n] seyn ohne Prüfung - selbst d[ie] ch[ri]stl[iche] R[e]l[i]g[io]n − nicht; es früge sich also doch wieder: Nach welchem Criterium wurde denn d[ie] ch[ri]stl[iche] R[e]l[i]g[io]n − als entscheidendes Criterium bei d[ie]s[er] Prüfung der R[e]l[i]g[io]ne[n] angenommen [? ] - Wir wären also nicht weiter gekommen. 574 571 Einfügung am Seitenrand [24rr] : „6) Wir können nunmehr sagen: Die R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] hat die Aufg[a]be: die wahre, vollkommene Religion philosophisch zu reconstruir[en,] d.h. der Idee der R[e]l[i]g[io]n gemäß zu vor (sic! ) construir[en]; oder die wahre R[e]l[i]g[io]n [„G[o]tt[e]sbew[u]ßts[e]y[n]“ über der Zeile] nach Urspr[u]ng, Entwickl[un]g, Inhalt u[nd] [„äuß[erer]“ in der Zeile gestrichen] Bethätigung aus oder nach ihrer Idee erkennen.“ 572 „r[e]l[i]g[iö]s[en]“ über der Zeile. 573 „Woraus die Erk[e]n[n]t[n]iß d[e]s Wahr[en] schöpf[en? ] − Wo ank[n]üpf[en] als ein Sichres u[nd] Wahres? “ in und unter die Zeile eingefügt. 574 Randbemerkung [24vl] : „Sie will Produkt d[e]s M[e]nsch[en]g[ei]st[e]s selbst sey[n] - d[ie] philos[ophische] Erk[enn]t[n]iß ist v[om] M[e]nsch[en] selbst errung[en] als solche.“ <?page no="91"?> 81 III) Das Criterium 575 [,] nach welchem die Philosophie, d[a]s gegebene Material beurtheilt, u[nd] d[a]s Princip [,] nach welchen sie ihre Erken[n]tn[i]ße construirt, kann [,] sag’ ich [,] üb[e]rh[au]pt nicht v[on] Außen aufgenommen w[e]rd[en,] sond[ern] muß ein inneres, ein dem Geiste immanentes seyn 576 [,] wie Niemand für den Andern erkenn[en] kann, sond[ern] jeder selbst erkennen muß. 577 a) D[ie]s[e]s dem mens[c]hl[ichen] G[ei]ste immanente Princip des Erkennens d[e]r höhern Wahrh[ei]t 578 , also auch die Philosophie - ist die Vernunft, d.i. d[a]s Vermögen [,] Wahres u[nd] Falsches zu vernehm[en], zu erk[ennen] u[nd] 579 v[on] einander zu unterscheiden. 580 b) Und wenn d[ie] Frage ist: Wie es denn möglich sei [,] d[a]ß d[ie] Vernunft dieß könne, so müßen wir die eigenthüml[iche] Natur der Vernu[n]ft erwägen. Sie ist nicht wie der Geist d[e]s M[e]nsch[en] üb[er]h[au]pt 581 zu vergleichen mit ein[em] b) 582 bloß[en] Instrument [,] mit dem sie äußerl[ich] dargebotene Erk[e]n[n]tn[i]ße aufnehm[e] 583 - od[er] a) 584 mit einer leeren Tafel - tabula rasa - [,] in die geschrieben würde u[nd] die sich nur paßiv, aufnehmend verhalten könnte - c) sond[ern] die menschl[iche] Vernunft ist ver- 575 Über der Zeile: „d[er] richt[en]de Maaßstab, Norm“. 576 Einfügung am Seitenrand [24vl] : „Der Geist selber, od[er] ein dem G[ei]ste unmitt[e]lb[a]r Immanententes (sic! ) od[er] von ihm unmittelb[a]r Hervorgebrachtes. -“ 577 Einfügung am Seitenrand [24vl] : „Princip der Philos[ophie] - d.h. der höh[eren] Erke[n]ntn[i]ß kann d[a]h[er] nur der mens[c]hl[iche] Geist selbst sey[n] - u[nd] das Vermög[en] d[e]s G[ei]st[e]s hiezu nenne[n] wir Vernunft [.]“ 578 „d[e]r höhern Wahrh[ei]t“ über der Zeile; das ursprünglich vorgesehene „d[a]s“ wurde dabei überdies mit „d[e]r“ überschrieben. 579 „zu vernehm[en], zu erk[ennen] u[nd]“ über der Zeile. 580 Randbemerkung [24vl] : „ad a) Was aber ist die Vernunft an sich? NB [: ] Allgem[ein] üb[er] d[as] Vermög[en] d[e]s mens[c]hl[ichen] G[ei]st[e]s - G[em]üth - Wille - Erk[enn]t[n]ißvermög[en]. (Die Vernunft ist nicht blos Vermög[en] zu vernehmen - sond[ern] auch zu beurth[ei]l[en] - d.h. sie birgt Verstand in sich - Ver[n]u[n]ft darf nicht verstandslos - Verstand nicht vernunftlos (widermens[c]hl[ich]) sey[n].“ Darunter eine weitere Randbemerkung [24vl] : „Zwar könn[en] wir [n]i[c]ht sag[en,] was die Ver[nun]ft üb[er]h[au]pt [,] was d[e]r G[ei]st seiner Substanz nach sey - (auch b[e]i d[er] Materie könn[en] wir d[a]s [n]i[c]ht [m]it Besti[mm]th[ei]t sag[en)]“. 581 „wie der Geist d[e]s M[e]nsch[en] üb[er]h[au]pt“ über der Zeile. 582 „b)“ über der Zeile. 583 Randbemerkung [24vl] : „ad b) (Die Vernunft ist also nicht blos paßiv aufnehmend - sond[ern] auch activ, beurth[ei]l[e]nd, prüfend, erkennend - d[a]h[er] nicht blos ein Glauben durch sie möglich ist, sond[ern] auch ein Wißen). - Aber was ist d[ie]se innere Fäh[i]gk[ei]t d[e]s G[ei]st[e]s (die Vernunft -) zu vernehmen, worin besteht sie, wodurch ist es d[em] G[ei]ste mögl[ich,] die übersinnl[ichen] Wahrh[ei]t[en] zu vernehmen u[nd] zu beurth[ei]l[en]. - Durch die innere Anlage könnte man sagen. Aber was ist d[ie]se innere Anlage [,] worin besteht sie. 1) Ist sie ein angeborner Inh[a]lt [„oder“ in der Zeile gestrichen] [,] der sich erschließt u[nd] [„selbststä[n]d[i]g“ über der Zeile] entfaltet (dann [„scheint es“ über der Zeile] reichte ja die Ver[n]u[n]ft hin für sich all[e]i[n] d[a]s Göttl[iche] zu erk[ennen]) [.] 2) od[er] ist sie ei[n] Instrument [„Gedächtniß“ über der Zeile] - um d[en] I[n]h[a]lt selbstthätig [„selbstthätig“ über der Zeile] zu ergreif[en] - aber wie könnte ei[n] bloßes Instrument urth[ei]l[en]? [„ihr eignes Wesen“ unter der Zeile] 3) od[er] ist sie ein Gefäß, d[a]s ganz paßiv ist, in d[a]s hineingegoß[en] wird (das nicht selbstthät[i]g u[nd] noch w[en]iger selbststä[n]d[i]g wäre).“ 584 „a)“ über der Zeile. <?page no="92"?> 82 gleichbar ein[em] lebend[i]g[en] Keim, der v[on] Innen heraus thätig ist u[nd] wächst u[nd] der zwar von Außen Erk[enn]t[n]iß[-] 585 Material aufnimmt, aber nach eigner imm[a]nenter, innerer Norm verarbeitet - aufnehmend u[nd] ausscheidend (wiß[e]ns[c]h[a]ftl[iches] Erkennen.) [.] c) Die innere Norm aber [,] nach welcher die Vernunft erkennt, das ist ihr eigner Inhalt. [24vr/ 25rl] Einleit[u]ng. 586 §: 3 F[o]rts[e]tz[u]ng. Das sind die Ideen des Wahren, Guten, Rechten, Schönen - das ist vor Allem die Idee v[on] Gott 587 ; diese Ideen sind der Seele nicht etwa eingegoßen od[er] eingeboren, sie sind die Seele selbst [,] in so ferne sie der Inhalt der Vernunft sind; sie sind nicht todte Porträte, sond[ern] leb[e]nd[i]ge [,] wissende od[er] wiss[en]sfähige 588 Keime. Der Mensch, die Menschenseele ist ist (sic! ) nicht blos sie selber [,] sondern auch 589 ein Abbild G[o]tt[e]s − kein todtes, sond[ern] ein lebend[i]g[e]s; er hat nicht ein Abbild in sich, sond[ern] er ist es selbst (wenn auch vielfach verunstaltet) [,] u[nd] als solches lebend[i]g[e]s erkenn[en]d[e]s 590 Bild G[o]tt[e]s ist er auch ein Bild des Wahren, Guten, Schönen [,] Rechten etc. u[nd] zwar ein lebend[i]g[e]s; 591 d[a]h[er] ist d[a]s Unwahre, Schlechte, etc. geg[en] seine eigne 592 Natur u[nd] verunstaltet, verschlechtert diese. 593 585 „Erk[enn]t[n]iß“ über der Zeile. 586 „Religionsphilos[ophie] 2“ am oberen Seitenrand [25rr] , „2“ bezeichnet den Bogen. 587 Drei Randbemerkungen [25rr] : „Speculativ = Schauen im Lichte der Idee.“ Darunter: „Gang. Princip ist die Vernunft selbst. I. Was ist aber V[ern]u[n]ft [? ] 3 Fälle mögl[ich: ] 1) entwed[er] paßiv [„paßiv“ über der Zeile] blos Gefäß, tab[ula] rasa, 2) od[er] ein Instrument z[um] Bewerth[en,] selbstthät[i]g - z[um] Glaub[en] - nicht Prüf[en] ad 2) nur Glaub[en,] nicht Prüf[en] mögl[ich] 3) od[er] ein leb[en]d[i]g[er], inhaltvoller Keim - Ein Vermög[en] nicht blos des Aufnehmens u[nd] Vernehmens, sond[ern] auch d[e]s Beurth[ei]l[en]s - d.h. die Vernunft ist nicht verstandlos - d.h. nicht [„nicht“ über der Zeile] ohne Urth[ei]l, nicht z[um] blind[en] Glaub[en] blos geeignet [unleserliche Wörter über der Zeile] - darauf beruht die Mögl[i]chk[ei]t einer Wiss[en]s[c]h[a]ft [,] Vernunft ohne Verstand blos zu blind[em] Gl[a]ub[en] geeig[ne]t. Verstand ohne V[ern]u[n]ft blos z[um] Rational[i]s[mus] od[er] Ath[ei]sm[us].“ Daneben: „II) Was ist nun aber d[ie]s[e]s passiv active Vermög[en], d[ie]se Vernunft noch näher - worin besteht ihre Fähigk[ei]t - was ist ihr Wes[en], ihr Inh[a]lt, ihre Function? Ein ursp[rün]gl[icher] imman[en]ter leb[en]d[i]g[e]r I[n]h[a]lt ist nothw[en]d[i]g.“ 588 „wissende od[er] wiss[en]sfähige“ über der Zeile. 589 „ist nicht blos sie selber [,] sondern auch“ über der Zeile; daher auch irrtümliche Doppelung des „ist“. 590 „lebend[i]g[e]s erkenn[en]d[e]s“ über der Zeile. 591 Randbemerkung [25rr] : „u[nd] ist d[a]h[er] ein leb[e]nd[i]g[e]r Maaßstab d[e]s Wahr[en,] Gut[en] u[nd] Schönen -“. 592 „eigne“ über der Zeile. 593 Einfügung am Seitenrand [25rr] : „D[ie]ser Inhalt der Vernunft - der die Ver[n]u[n]ft selbst ist - ist ursprüngl[ich] - ist nicht erst nach der Hand eingegoß[en] od[er] als Gl[au]b[en]s-Organ mitgetheilt. - Insofern ist d[ie] V[e]r[n]u[n]ft einers[ei]ts w[en]igst[e]ns Quelle der höh[eren] Erk[enn]t[n]iß [,] nicht blos Instrument - nicht ... (? )“ Darunter [25rr] : „(Wir müß[en] b[eim] Glaub[en] selbst noch eine vernünft[i]g[e] Thät[i]gk[ei]t annehm[en] - wie gering sie sey[n] möge - gerade so wie im Ch[ri]st[en]th[um], in d[er] kath[olischen] K[i]r[c]he <?page no="93"?> 83 d) Durch die Vernunft also, d[u]rch d[ie]s[e]n Inbegriff der lebend[i]g[en] Ideen - ist es dem M[e]ns[c]h[e]n möglich [,] Gott zu erkennen u[nd] Wahres v[on] Unwahrem etc. zu unterscheiden [,] zu speculiren 594 (den Thieren fehlt d[ie]s[e]s [,] d[a]h[er] auch ihnen keine solche Unt[e]rs[c]h[ei]d[un]g möglich.) 595 Und d[ie]se so beschaffene Vernunft ist d[a]s Princip aller Philosophie [,] d[a]h[er] auch der R[e]l[i]g[io]nsphilosophie. Die Vernunft ist aber zugleich das Erkennende (Thätige) u[nd] die Norm, das Criterium, das Princip [,] Quell[e] 596 des Erkennens - 597 beides wesenhaft in sich vereinigend. 598 e) 599 Nicht vollkommen genau ist es, wenn man sagt: Die Philosophie habe das Selbstbewußts[eyn] zum Princip. 600 Denn aus dem Selbstbew[u]ßtsey[n] als solchem 601 werden die Erk[e]n[n]tn[i]ße nicht abgeleitet, sond[ern] aus dem Selbst; - das Bewußts[eyn] d[ie]s[e]s Selbst, der Vernunft etc. ist nur die Vorbeding[un]g d[ie]s[er] philos[ophischen] Thätigk[ei]t, d[ie]s[e]s philos[ophischen] Erkennens; u[nd] ist selbst schon eine Thät[i]gk[ei]t, die nur du[r]ch die Vernunft möglich; die sich eben in d[ie]s[e]m Selbstbewußts[eyn] aus ihrer blos potentiell[en], noch keimart[i]g[en] Existenz zur voll[en] Wirkl[i]chk[ei]t erhebt u[nd] dann erst wahrh[a]ft thätig seyn kann. 602 IV) Nun aber muß ich einer Besorgniß begegnen [,] die sich hier erheben könnte [,] u[nd] die Frage erörtern, wie sich denn d[ie]s[e] R[e]l[i]g[io]nsphil[osophie] dann z[um] ch[ri]stl[ichen] Glauben verhalte. a [)] Wenn näml[ich] die Vernunft in sich selbst d[a]s Criter[ium] der Wahrh[ei]t u[nd] d[a]s 603 Princip ihrer Erk[e]n[n]tn[i]ß (also der Gewißh[ei]t) trägt u[nd] nach ihrem immanent[en] Wesen erkennen kann, was wahr u[nd] falsch [25rl/ 25vr] [,] in welchem Verh[ä]ltn[i]ß steht dann nun d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] zur ch[ri]stl[ichen] Off[e]nb[a]r[u]ng - z[um] Chr[i]st[e]nth[um], z[um] Glauben [; ] ist sie erhaben üb[er] w[en]igst[en]s, an d[e]r fr[eien] Selbstthät[i]gk[ei]t festgehalt[en] wird b[e]i d[em] Gut[en] (u[nd] Glaub[en]) [,] beides steht in untren[n]b[a]rer Verbi[n]d[un]g miteinander -)“. 594 „zu speculiren“ über der Zeile. 595 Nachträglich in die Zeile eingefügtes „V[e]rgl[eic]h mit künstl[e]ris[c]h[er] u[nd] ästhet[ischer] Ausbild[un]g u[nd] Fäh[i]gk[ei]t“ wurde wieder gestrichen. 596 „Quell[e]“ über der Zeile. 597 Über der Zeile: „u[nd] ein[e]rs[ei]ts (? ) für d[a]s Erkenn[en], Wiss[en] selber, Quelle“. 598 Randbemerkung [25rr] : „NB [: ] Quelle nicht Wahrh[ei]t selbst, aber d[e]s Erk[ennen]s, Wiss[en]s der Wahrh[ei]t - (v[on] subj[ectiver] Seite)“. 599 „Anm[erkung]“ über der Zeile. 600 Randbemerkung [25rr] : „Ob das Denken Princip sey - das ist nur d[a]s Mittel z[um] Erkennen [.] - Ob irgend ein erster, unumstößlicher Gedanke - Begr[i]ff -“. 601 „als solchem“ über der Zeile. 602 Randbemerkung [25rr] : „(IV [)] Also um d[ie] R[e]l[i]g[io]n philos[ophisch,] d.h. aus ihrer Idee zu reconstruiren [,] müß[en] wir d[em] Geiste [„müßen wir d[em] Geiste“ über der Zeile; „od[er] nach“ in der Zeile gestrichen] immanent[e] Erk[e]n[n]tn[i]ßprincipien zu Grunde legen [,] d.h. die Ver[n]u[n]ft [m]it d[e]r imman[en]t[en] Idee v[on] Gott - u[nd] [m]it d[em] Verh[ä]lt[n]iß [„Ver[n]u[n]ft [m]it d[e]r imman[en]t[en] Idee v[on] Gott - u[nd] [m]it d[em] Verh[ä]lt[n]iß“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile eingeklammertes „Idee der R[e]l[i]g[io]n selbst“] - d[ie]se aber ist möglich d[u]rch die uns immanente G[o]tt[e]sidee in Verbind[un]g mit uns[erem] Selbstbew[u]ßts[eyn], wod[u]rch wir die Idee d[e]s V[e]rh[ä]ltn[i]ß[e]s zw[i]s[c]h[en] Gott u[nd] d[em] Mens[c]h[en] zugleich in uns tragen - od[er] die Idee der R[e]l[i]g[io]n.)“ 603 „der Wahrh[ei]t u[nd] d[a]s“ über der Zeile; „u[nd]“ in der Zeile vor „Princip“ gestrichen. <?page no="94"?> 84 dies[e]lb[e]n, kann sie dies[e]lb[e]n entbehren - hebt das Wissen dann Glauben auf [,] u[nd] wenn ein Widerspruch sich ergeben sollte zw[i]s[c]h[en] Ch[ri]st[e]nth[um] u[nd] Philosophie - soll man dann d[er] letzteren folgen od[er] dem ersteren? 604 Darüber nun Folgendes: a) 605 a) Es ist bekannt [,] d[a]ß d[er] menschl[iche] G[ei]st - d[a]h[er] auch die Vernunft - nicht sogleich in ganzer Vollkommenh[ei]t entsteht od[er] geboren wird; sond[ern] zuerst nur potentiell da ist u[nd] erst nach u[nd] nach sich zur vollen Kraft u[nd] Thät[i]gk[ei]t entwickelt - u[nd] daß d[ie]s[e]s nur dann geschehe [,] wenn v[on] Außen d[u]rch Erz[ie]h[u]ng u[nd] Unterr[i]cht gehörig eingewirkt wird - ohne d[ie]s[e]s aber nicht - u[nd] daß ferner der Geist um so beßer und vollkommener sich entwickle, je beßer d[ie]se ganze 606 Einwirkung ist - (z.B. bei ästhet[ischer] Ausbild[un]g − ) [.] 607 b) Was so im Allgem[einen] gilt, gilt auch in Bezug auf die R[e]l[i]g[io]n, in Bezug auf rel[i]g[iö]s[en] Glauben u[nd] rel[i]g[iö]s[e] Erk[e]n[n]tn[i]ß. Jeder M[e]ns[c]h muß in ein[em] bestimmt[en] Glauben erzogen u[nd] d[u]rch rel[i]g[iö]s[en] Unt[e]r[r]icht gebildet werden, wenn er z[ur] rel[i]g[iö]s[en] Erkenntn[i]ß kommen soll; u[nd] er wird um so vollkommener werden in d[ie]s[er] B[e]z[ie]h[u]ng [,] je vollkommener die R[e]l[i]g[io]n ist, in welcher er erzog[en] wird, d.h. vollkommener d[e]r geist[i]g[e] Grund u[nd] Boden (die rel[i]g[iö]s[e] Gemeins[c]h[a]ft) ist, in welcher er erzogen wird. Wie d[e]r Keim, d[er] Saame einer Pflanze [,] um so beßer gedeiht, je beßer der Grund u[nd] Boden ist u[nd] je sorgfältiger die Pfl[a]nze. - D[ie] Ideen des Wahr[en], Gut[en] u[nd] Schön[e]n w[e]rd[en] am meist[en] geweckt u[nd] entwickelt. 608 b) Daraus ergibt sich [,] welche Bedeut[un]g die ch[ri]stl[iche] Off[e]nb[a]r[un]g u[nd] R[e]l[i]g[io]n f[ür] d[ie] Religionsphilosophie habe; - ist sie die vollkommenste R[e]l[i]g[io]n [,] so wird durch sie auch die vollkommenste Philosophie d[er] R[e]l[i]g[io]n möglich seyn; denn sie bildet u[nd] stärkt dann den Geist am Meisten zur philo-s[ophischen] Erken[n]tn[i]ß. Die Idee G[o]tt[e]s wird am klarst[en] entwickelt, die Vernunft am besten 604 Randbemerkung [25vl] : „braucht der Philosoph keine R[e]l[i]g[io]n mehr [? ]“. 605 „a)“ irrtümlich wiederholt. 606 „ganze“ über der Zeile. 607 Randbemerkung [25vl] : „a) Princip der Philosophie ist d[a]h[er] immer der subj[ective] M[e]ns[c]h[en]g[ei]st mit s[einem] imman[e]nt[en] Inhalt u[nd] logisch[en] Kraft (Verstand) [,] 1) aber es liegt sehr viel daran - wie d[ie]s[e]r subj[ective] Geist sonst beschaff[en] ist in s[einem] Natur- Verhält[n]iß - Tal[en]t, Genie. 2) sehr viel dann [,] wie er gebildet word[en] ist u[nd] insof[ern] ist Princip zugl[e]i[c]h d[a]s angeborne Tal[en]t u[nd] die ganze rel[i]g[iö]se, sittl[iche] u[nd] sonst[i]g[e] philos[ophische] etc. [„philos[ophische] etc.“ über der Zeile] Zeitbild[un]g - die obj[ective] Geschichte ist d[a]h[er] zugleich Princip. - (D[a]h[er] au[c]h d[ie] Off[en]b[arun]g i[m] Gr[u]nde [.]) Alle Momente wirk[en] also zusamm[en] - nicht ein abstractes, isolirt[e]s I[c]h ist P[r]i[n]cip -“. 608 Randbemerkung [25vl] : „Nur da erwacht u[nd] bildet sich die Idee v[on] G[o]tt zu[m] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] - u[nd] klärt sich auf die Idee aller Vollk[ommen]h[ei]t - d[e]s Wahr[en] etc.“ Darunter die weitere Randbemerkung [25vl] : „ad 1 [)] Immanenter Inh[a]lt u[nd] logisch[e] Kraft ist nothw[en]d[i]g [.] - Die log[i]s[c]h[en] Gesetze für sich helf[en] nichts - denn wenn ich auch weiß, d[a]ß jede Wirk[un]g eine Ursache hab[en] müße - so sagt mir d[ie]s[e]s Gesetz noch nicht, welches die genüg[en]de sey - das ersehe ich d[u]r[c]h die immanente Idee“. <?page no="95"?> 85 ausgebildet zur eig[enen], selbststä[n]d[i]g[en] - schöpf[e]r[i]sch[en] 609 Thät[i]gk[ei]t. − Wie die Empirie die Anschauung des Schönen am meist[en] befähigt zur Beurth[ei]l[un]g des Schönen u[nd] zur Philosophie der Kunst, d.h. die Idee des Schönen weckt u[nd] z[um] Criteriu[m] erhebt für die Kunstleist[un]g[en] u[nd] so all[en]th[a]lb[en]. 610 [25vr/ 26rl] Die beste R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] setzt also die beste R[e]l[i]g[ion] voraus. Denn nicht stiften wird die R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] die R[e]l[i]g[io]n [,] sond[ern] erkennen. In so fern also kann d[ie] ch[ri]stl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng auf d[ie] R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] Einfluß haben, in so fern sie den G[ei]st bildet, belehrt, erleuchtet - aber als entscheidendes wiss[e]ns[c]h[a]ftl[iches] Criterium kann sie innerh[a]lb des Gebietes der Wiss[e]ns[c]h[a]ft nicht gelten - sond[ern] wo d[ie]s[e]s Glaub[en]sgebiet gelt[en]d g[e]m[a]cht [,] hört die Wiß[e]ns[c]h[a]ft auf 611 , d.h. der Glaube kann nicht als Wißen gelten. 612 c 613 [)] Wenn nun aber die Philosophie mit dem Inhalte des Glaubens in Wid[e]rspr[u]ch käme? 614 Wenn d[er] Glaube Etwas für Wahrh[ei]t - da ist ein Zweifaches zu unterscheiden. a) Würde wirkl[ich] Etwas mit der größt[en] Evidenz als unwahr erkannt - dann könnten wir es nicht als wahr anerkenn[en] u[nd] müßten auch dem Glauben daran entsagen. Z.B. die G[o]tt[e]sidee d[e]s Polyth[ei]sm[us] hat si[c]h als unricht[i]g erwies[en.] 615 b) Wird aber Etwas [,] was der Glaube lehrt [,] nicht begriffen, als unbegreifl[ich] od[er] unerkennbar gefunden, so ist das etwas Anderes; da ist für d[ie] Wiß[e]ns[c]h[a]ft kein 609 „eig[enen] selbststä[n]d[i]g[en] - schöpf[e]r[i]sch[en]“ über der Zeile. 610 Randbemerkung [25vl] : „u[nd] sogar (? ) zu schöpferisch[e]r Thät[i]gk[ei]t befähigt“. 611 „Glaub[en]sgebiet gelt[en]d g[e]m[a]cht [,] hört die Wiß[e]ns[c]h[a]ft auf“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile teilweise eingeklammertes, teilweise gestrichenes „beginnt [,] hört der Glaube auf“. 612 Einfügung am Seitenrand [26rr] : „Contradictio in adjecto, wenn ein Glaub[en]ssatz Princip s[e]y[n] soll [.] Eine ch[ri]stl[iche] Philosophie im eig[en]tl[ichen] Sinn also gibt es nicht - d.h. eine auf d[em] ch[ri]stl[ichen] Glaub[en] als auf ihr Erk[enn]t[n]ißprincip gegründ[e]te Philosophie - das wäre hölzernes Eisen [.] Wenn auch die Ver[n]u[n]ft an d[er] ch[ri]stl[ichen] Lehr[e] erstarkt u[nd] si[c]h bildet, so geht sie daru[m] [n]i[c]ht u[n]ter als solche, als Erk[enn]t[n]iß-Princip - verliert ihre Selbststä[n]d[i]gk[ei]t nicht, sond[ern] i[m] G[e]g[en]th[ei]l gewinnt sie erst r[ec]ht [.] - So wie nach ch[ri]stl[icher] Lehre die Gnade die Fr[ei]h[ei]t d[e]s M[en]s[c]h[en] [n]i[c]ht aufhebt, s[on]d[ern] b[i]ld[e]t, vervollkom[m]net [.] - Und wie der Wille d[u]r[c]h Bild[un]g u[nd] d[u]r[c]h Gehorsam in d[er] Jug[en]d [„in d[er] Jug[en]d“ über der Zeile] nicht aufgehob[en] od[er] ver[n]i[c]htet wird - so[n]d[ern] gerade d[a]d[urc]h si[c]h selbst erst r[ec]ht gewi[nn]t u[nd] selbstst[än]d[i]g wird - so ist es [a]u[c]h [m]it d[er] Ver[n]u[n]ft.“ 613 „c“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „d“. 614 Das ursprünglich an dieser Stelle vorgesehene Komma wurde gestrichen. 615 „Z.B. die G[o]tt[e]sidee d[e]s Polyth[ei]sm[us] hat si[c]h als unricht[i]g erwies[en.]“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. - Die Randbemerkung [26rl] versteht sich wohl als Fortsetzung dieser Einfügung: „Die alt[en] R[e]l[i]g[ionen] ging[en] in d[e]r That unter an d[em] philos[ophischen] D[en]k[en] - weil ihre zersplitterte u[nd] [„Vervoll“ in der Zeile gestrichen] verkommene Gottes-Welt der Idee der G[o]tth[ei]t als d[e]s Allervollk[ommen]st[en] Ei[n]fachst[en], Absolut[en] [n]i[c]ht entspr[ac]h [.] D[ie]se Idee erhielt i[m] Ch[ri]st[en]th[um] ihre Erfüll[un]g [.] - Aber i[n] neu[erer] Z[ei]t will ma[n] die Welt [m]it d[ie]s[em] Gott [n]i[c]ht [me]hr i[n] Uebereinsti[mm]u[n]g finden.“ <?page no="96"?> 86 begründetes Recht da [,] zu widersprechen od[er] zu verwerfen - sond[ern] nur auf sich beruhen zu laßen; denn deßwegen [,] weil Etwas nicht begriffen wird, braucht es noch nicht unwahr zu seyn - denn Vieles war früher unbegriffen [,] was sich später als wahr erwiesen hat in d[er] Wiß[e]ns[c]h[a]ft [.] - Vieles ist auch jetzt noch auf allen Gebieten des Wißens unbegriffen, was erst im Forts[c]hritt der Wiss[e]ns[c]h[a]ft begriffen werden kann; gerade darin liegt ja die möglich (sic! ) des Fortschrittes der Wiß[e]ns[c]h[a]ft begründet; u[nd] wer in vermeintl[i]ch[er] Freisinnigk[ei]t od[er] im Interesse der Freih[ei]t der Wiß[e]ns[c]h[a]ft behaupten wollte, Alles sei unwahr [,] was nicht begriffen sei - der müßte die Wiss[e]n-s[c]h[a]ft für abgeschloßen halten u[nd] den Fortschritt läugnen. 616 [26rl/ 26vr] VI [.] Einth[ei]l[un]g. Drei Theile I [.] Th[ei]l 617 I [.] Absch[nitt] V[om] Urspr[u]ng. II [.] Abschn[itt] V[o]m hist[orischen] Entwickl[un]gs-Proceß der R[e]l[i]g[io]n. V[om] Daseyn der (R[e]l[i]g[io]n) G[o]tt[e]sidee [.] I. Ursp[run]g II. Entwickl[un]g [.] od[er] V[on] der Wahrh[ei]t der R[e]l[i]g[io]n. Vorherrschend histor[isch] psycholog[isch]. V[on] d[en] subj[ectiven] u[nd] objectiv[en] Bed[in]g[un]g[en] der Entst[e]h[un]g u[nd] Fortbild[un]g. 618 616 Im Nachhinein unter der Zeile eingefügt: „Ueb[ri]g[en]s liegt es i[n] d[er] Natur d[er] Philos[ophie,] si[c]h freier zu beweg[en], kühner zu sey[n] u[nd] [me]hr zu wag[en] i[m] Gebiete d[e]s Erk[ennen]s als andre Wiss[en]s[c]h[a]ft[en.] -“ 617 Randbemerkung [26vl] : „a) Ist Philos[ophie] die Erkennt[n]iß [,] d[a]s Prüf[en] all[e]s Dasey[en]d[en] an der Idee - a[m] R[e]i[c]h d[e]r Ide[e]n - a[n] Gott u[nd] s[einer] Vollk[ommen]h[ei]t [,] u[nd] erhalt[en] wir v[on] d[ie]s[em] R[e]i[c]h all[ein] Ku[n]de zunächst d[urch] d[ie] R[e]l[i]g[ion] - so ist klar, d[a]ß d[ie] R[e]l[i]g[ion]sphilos[ophie] die einzige Philos[ophie] s[e]y[n] könne“. 618 Randbemerkung [26vl] : „Ueb[er] d[en] wahr[en] Werth d[e]s Dasey[en]d[en] richt[i]g zu urth[ei]l[en], - die Wahrh[ei]t v[on] All[em] zu erk[ennen] ist Aufg[abe] d[er] Philosophie [.] - D[ie]se Aufg[abe] aber wird nur erfüllt u[nd] mögli[c]h d[u]rch d[a]s Bewußtsey[n] eines ideal[en] Dasey[n]s - d[e]s Jenseits - G[o]tt[e]s v[or] All[em.] - D[ie]s[e]s Bew[u]ßts[eyn] ist uns vor All[em] g[e]geb[en] d[urc]h d[ie] R[e]l[i]g[ion] - d[a]h[er] wie [„wie“ als Ersatz für das überschriebene „d[a]s“] so[n]st üb[er] d[en] wahr[en] Werth aller Di[n]ge i[m] Li[c]hte d[e]r R[e]l[i]g[ion], d[e]s Glaub[en]s urth[ei]l[en], der si[c]h i[n] d[en] and[eren] Wiss[en]s[c]h[a]ft[en] gelt[en]d [mac]ht [.] Die R[e]l[i]g[ion]sphilos[ophie] aber hat nu[n] d[ie] Aufg[abe,] die rel[i]g[iö]s[e] Lehr[e] selbst aus d[em] Gebiete d[e]s Glaub[en]s i[n] das d[e]s Wissens zu erheb[en] - d[en] g[e]geb[enen] Glaub[en]si[n]halt wiss[en]s[c]h[a]ftl[ich] zu prüf[en,] zu[m] Wiss[en] zu erheb[en.] - D[a]h[er] ist sie all[ein] d[ie] wahre Philosophie [.] - NB [: ] Das All[e]s - d[ie]se Gru[n]dfr[a]g[en] aller Philosophie werd[en] sch[on] i[m] Verl[a]ufe erst vollk[ommen] klar werd[en] - denn d[ie] Ei[n]l[ei]t[un]g soll nur vorläuf[i]g K[enn]t[n]iß geb[en] von d[em,] was wiss[en]s[c]h[a]ftl[ich] erörtert werd[en] soll [.] - Jegl[iches] nur berühr[en]d u[nd] and[e]ut[en]d - wie e[ine] Ouvertüre - (s[c]hr[i]ftl[iche] Arbeit[en])“. <?page no="97"?> 87 II [.] V[on] dem Inhalt der R[e]l[i]g[io]n od[er] G[o]tt[e]sidee (G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn]) [.] 619 V[on] der wahr[en] R[e]l[i]g[io]n [.] Metaphysik [.] III [.] V[on] der Wirkung der G[o]tt[e]sidee [.] - V[on] d[er] Wahrh[ei]t in der R[e]l[i]g[ion.] Ethik. - V[om] r[e]l[i]g[iö]s[en] Leben - im Groß[en] u[nd] Ei[n]zel[nen]. V[on] r[e]l[i]g[iö]s[en] Verbind[un]g[en] - Kirch[en.] V[om] Staate [.] V[om] V[e]rh[ä]lt[n]iß der R[e]l[i]g[io]n zu Kunst, Wiss[en]s[c]h[a]ft [.] - 620 [26vr/ 27rl] Vorlesung am 4 [.] Mai 1863 621 M[eine] H[erren! ] Die Vorfälle während der Osterferien in Betreff 622 meiner Schriften und meiner Person, (sic! ) veranlassen mich [,] dem Beginn meiner Vorl[e]s[un]g[e]n einige Worte vorauszuschicken, die ich Ihnen u[nd] auch jenen [,] die d[u]rch ein Machtgebot fern gehalt[en] sind - 623 zur Aufklärung in der Sache schuldig zu seyn glaube. Ich will nichts sagen von den Maaßregeln, die gegen mich ergriffen wurden und mehr noch die Art u[nd] Weise, wie dieß geschah [,] hier mit Stillschweigen übergehen. Ich beschränke mich einzig auf Darstellung des Verhältnisses, in dem ich mich befinde [,] zu 624 dem Verurtheilungs-Schreiben aus Rom und Anführung 625 der Gesichtspunkte, unter denen die Sache nach meiner Ansicht betrachtet werden muß. I) a) 626 Sie wissen selbst wohl alle, ob ich jemals auf Zerstörung des rel[i]g[iö]s[en] Glaubens oder auf Untergrabung der kirchl[ichen] Auctor[ität] ausgegangen; Sie wissen [,] daß dieß niemals der Fall war, daß im Gegentheil stets mein Bestreben war [,] der indifferen- 619 Randbemerkung [26vr] : „V[on] der wahren R[e]l[i]g[io]n“. 620 Zum Großteil überschriebene Bleistiftnotizen [26vr] unlesbar. 621 „1.“ am oberen Seitenrand [27rr] ; „1“ bezeichnet den Bogen. - Die „Vorlesung am 4 [.] Mai 1863“ [26vr- 30vr] , die den Fortgang der Thematik unterbricht und die Frohschammer offensichtlich zum genannten Datum im Rahmen seiner Vorlesung zur Religionsphilosophie als Antwort auf das an ihn ergangene Verurteilungsschreiben Papst Pius IX. „Gravissimas inter“ vom 11. Dezember 1862 (DH 2850-2861) hielt, ist erst im Nachhinein an dieser Stelle eingeschoben worden. Erst nachdem Frohschammer sich nicht dazu bereit erklärt hatte, den vom Papst geforderten Widerruf in der gewünschten Form zu leisten, veröffentlichte der Münchener Erzbischof Gregor von Scherr am 4. April 1863 das päpstliche Verurteilungsschreiben „Gravissimas inter“ im Pastoral-Blatt für die Erzdiözese München-Freysing 4 (1863) Nr. 14, 57-59 in lateinischer Sprache. In den Osterferien 1863 erging darüber hinaus von Seiten der Bischöfe ein Verbot an die Theologiestudenten, Frohschammers Vorlesungen zu hören. Vgl. zu diesen Vorgängen Lachner, Raimund, Jakob Frohschammer (1821-1893). Leben und Werk (Studien zur Theologie und Geschichte, 5), St. Ottilien 1990, 42-54. 622 „in Betreff“ über der Zeile. 623 „u[nd] auch jenen [,] die d[u]rch ein Machtgebot fern gehalt[en] sind“ am Seitenrand [27rr] eingefügt. 624 „zu“ über der Zeile. 625 „Anführung“ am Seitenrand [27rr] eingefügt. 626 „a)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. - Randbemerkung [27rr] : „M[eine] L[e]hre“. <?page no="98"?> 88 tistis[c]hen und naturalistis[c]hen Richtung der Zeit gegenüber das große u[nd] 627 ideale Wesen des Menschen zu erforschen und geltend zu machen und insbes[ondere] die Wahrheit und das Recht der Religion darzuthun und zu vertheidigen. Und alle meine Schriften sind nichts Andres als der Ausdruck und das Resultat dieses Strebens. b) 628 Da kommt nun v[on] Rom, v[om] Oberhaupte der kathol[ischen] Kirche [,] ein Schreiben 629 und wird öffentlich bekannt gemacht, in welchem mir verderblichste Irrthümer (perniciosissimi errores) Schuld gegeben und das Aergste zum Vorwurf gemacht wird, was bei einem öffentl[ichen] Lehrer möglich ist, näml[ich] Unwahrheit, Lüge behauptet zu haben. Dieß Letzte bezieht sich auf meine Ausstellungen in Betreff der Congreg[ation] des Index d[er] verbot[enen] Bücher; - die verderblichsten Irrthümer aber sollen darin bestehen, daß ich der Vernunft zu viel Kraft zuschreibe und eine wirkl[iche] Erkenntn[i]ß auch v[on] den eigenthüml[ichen] (specif[ischen]) Geistl[ichen] Lehren oder Mysterien des Christenth[ums] behaupte, ja in alle Tiefen der Gotth[ei]t einzudringen 630 , anmaßen müße 631 , - und 2. darin, daß ich eine Freiheit der Wiss[e]ns[c]h[aft] lehre u[nd] in Anspruch nehme, die vielmehr eine zügellose Willkür (effrenata licentia) 632 sey und alles Recht, Amt und Auctorität der Kirche aufhebe. c) Ob ich das Alles lehre und gelehrt habe, weiß jeder, der unbefangen meine Schriften gelesen od[er] meine Vorträge gehört [,] - ich gehe hier gar nicht darauf ein [,] auf alle Stellen meiner Schriften hinzuweisen 633 [,] wo hievon die Rede und das Gegenth[ei]l gelehrt wird. Ich will zuerst nur die Hauptquelle des Mißverständnisses, das hier obwaltet, bemerklich machen u[nd] dann die Auff[a]ß[un]g u[nd] Begründ[un]g der Philos[ophie] 634 der neu[ern] Z[ei]t rechtfert[i]g[en]. 635 [27rl/ 27vr] II. a) 636 In dem fragl[ichen] Schreiben ist stets v[on] ratio die Rede [,] und es soll damit unsre „Vernunft“ bezeichnet werden 637 , und die Philosophie wird bezeichnet als die scientia naturalis rationis, als Wissens[c]h[a]ft [,] die gewonnen werde ex principiis naturalibus rationis und damit soll unsre „Vernunftwissenschaft [“] (Philosophie) ausgedrückt seyn. Es ist nun leicht zu zeigen, daß hier die Quelle des Mißverständnisses ist, denn es ist hier der scholast[ische] Begriff v[on] Vernunfterk[e]nntn[i]ß (scientia rationis) auf uns[ere] Vernunfterken[n]tniß übertragen, wofür es im Lateinis[c]h[en] gar keinen Ausdruck gibt. 638 b) 639 Ratio selbst im ...sten (? ) Sinne genomm[en] 640 ist keineswegs unser Ver- 627 „große u[nd]“ über der Zeile. 628 „b)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 629 Randbemerkung [27rr] : „Päpstl[iches] S[c]hreib[en]“. 630 Unlesbares Wort über der Zeile. 631 „müße“ über der Zeile. 632 „(effrenata licentia)“ über der Zeile. 633 Randbemerkung [27rr] : „Unri[c]ht[i]gk[ei]t“. 634 „u[nd] üb[er]h[au]pt der neuern Philos[ophie]“ am Seitenrand [27rr] eingefügt. 635 In der Zeile folgendes „such[en]“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt; „in Kürze“ unter der Zeile. 636 „a)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 637 Randbemerkung [27vl] : „Ratio u[nd] Ver[n]u[n]ft“. 638 „b)“ nachträglich vor die Zeile gesetzt. 639 „b)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 640 „selbst im ...sten (? ) Sinne genomm[en]“ am Seitenrand [27vl] eingefügt. <?page no="99"?> 89 nunft, eher könnte noch intellectus dafür gebraucht werden, obwohl auch dieser Ausdruck keineswegs adäquat ist. Ratio 641 ist das Vermögen des Geistes [,] du[r]ch Ableitung, Folgerung aus bekannten Wahrheiten und zu oberst aus unmittelbar gewissen natürl[ichen] Wahrh[ei]t[en] od[er] Principien andere Wahrheiten zu gewinnen u[nd] zu begründen, - ist also Vermögen mittelbarer Erkenntniß, durch Deduction und Folgerung. Unser Vernunft dagegen ist uns (nach uns[erem] Sprachgebrauch) das Vermögen unmittelbarer Wahrnehmung 642 [,] Erkenntniß (zunächst) idealer Wahrheiten, ähnl[ich] 643 wie die Sinne für die 644 sinnl[iche] 645 Wahrnehmung das Vermögen sind - im G[e]g[e]nsatz zu Verstand, der uns das Vermögen vermittelter, mittelb[arer] Erk[e]n[n]tn[i]ß ist. c) 646 Wenn also ich behaupte: auch v[on] d[en] specifis[c]h christl[lichen] Wahrh[ei]t[e]n sey eine Vernunfterkenntn[i]ß 647 mögl[ich,] so verstehe ich etwas ganz andres darunter als die scholastis[c]he scientia rationis naturalis. Ich meine damit, daß die mens[c]hl[iche] Vernunft auch zu den sog[enannten] übernatürl[ichen] Wahrh[ei]t[e]n in ein inn[e]res 648 Verhältniß treten, Werth und Bedeutung davon in sich erfahren und darauf hin dann auch mehr od[er] weniger eine Erk[e]nntn[i]ß gewinnen könne, statt deßen aber wird mir die scholast[ische] Auff[a]ß[un]g zugeschrieben, als wollte ich die übernatürl[ichen] Wahrh[ei]t[e]n durch rationale, d[u]rch Verstandes-Operation aus natürl[ichen] Wahrh[ei]t[e]n ableiten. Das ist durchaus unrichtig u[nd] meiner ganzen Auffaßung der Philosophie zuwider. Freil[ich] ist „Vernunfterken[n]tniß“ andrers[ei]ts auch d) 649 nicht Erk[e]n[n]tn[i]ß ex principio divinae auctoritatis [,] sond[ern] eben ein Mittleres zwischen beiden - deßen Möglichkeit, ja Thatsächlichkeit von jeher anerkannt war 650 [,] in der neu[eren] Zeit aber nun besonders hervorgehoben wird u[nd] werden mußte. Eine Erk[e]n[n]tn[i]ß rein ex principiis div[inae] auct[oritatis] ist ja ohnehin rein unmögl[ich], da hier der hl. Geist selbst das Erkennende seyn müßte - was ja selbst die Theologie 651 doch nicht [27vr/ 28rl] in Anspruch nimmt, denn auch in ihr muß doch immer der menschl[iche] Geist selbst das Erkennende seyn (wie im Glauben das Glaubende) u[nd] die logischen Gesetze müßen gelten u[nd] das Urtheil muß v[om] G[ei]ste ausgehen, auch wenn die realen Principien die Dogmen selbst sind. III) Ich sagte so eben (sic! ): die menschl[iche] Vernunft in uns[erer] Auff[a]ß[un]g müßte in neu[erer] Zeit besonders hervortreten und mehr u[nd] mehr 652 zum Fundament der 641 „Ratio“ am Seitenrand [27vl] wiederholt. 642 „Wahrnehmung“ über der Zeile. 643 „ähnl[ich]“ über der Zeile. 644 „die“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „das“. 645 „Sinnl[iche]“ durch Überschreibung in „sinnl[iche]“ korrigiert. 646 „c)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 647 „Vernunfterk[enn]t[n]iß“ am Seitenrand [27vl] wiederholt. 648 „inn[e]res“ über der Zeile. 649 „d)“ nachträglich vor die Zeile gesetzt. 650 „in d[er] Mystik“ über der Zeile. 651 „selbst die Theologie“ am Seitenrand [27vl] eingefügt. 652 „mehr u[nd] mehr“ über der Zeile. <?page no="100"?> 90 philos[ophischen] Wissenschaft mit ihr[em] eig[e]nthüml[ichen] Inhalt u[nd] Wesen gemacht werden. 653 a) 654 Es liegt dieß Bedürfniß u[nd] Factum in der wiss[e]ns[c]h[aftlichen] Entwickl[u]ng der neu[eren] Z[ei]t üb[e]rh[au]pt begründet. - Die Naturwiss[e]ns[c]h[aft] 655 hat sich bekanntl[ich] nach langem, hartem Kampfe v[on] d[er] kirchl[ichen] Auctor[ität] od[er,] besser gesagt, v[on] der auf kirchl[iche] Auctor[ität] sich stützenden veralteten scholast[ischen] Naturauffaßung lose gemacht und einen selbstständ[i]g[en] Gang genomm[en], die Naturwiss[e]ns[c]h[a]ft hat 656 bekanntl[ich] zuerst h[au]ptsächl[ich] der Mechanik u[nd] Astronomie sich zugewandt 657 , dann die Principien der Mechanik immer mehr in alle übr[i]g[en] Zweige der Naturwiss[enschaft], Chemie, selbst Physiologie übertrag[en] u[nd] sucht 658 Alles daraus zu erklären 659 - endl[ich] auch die Lebendigk[ei]t u[nd] den mens[c]hl[ichen] G[ei]st mit s[einem] Denken, Woll[en] etc. selbst, wie die neueste Zeit zeigt. b) 660 Je mehr nun die äuß[ere] Natur so erforscht ward, desto mehr entstand das Bedürfniß [,] auch die innere subj[ective] Natur des Menschen ((u[nd] zwar in ihrem object[iven] Charakter)) 661 zu untersuchen u[nd] je mehr für die Naturfors[c]h[un]g als letztes Erkenntnißprincip die wirkende Ursache, insb[e]s[ondere] das mechanistis[c]he Gravitationsgesetz 662 erkannt und geltend gemacht ward, desto mehr mußte für die philos[ophische] Wiss[e]ns[c]h[aft] ein geistiges innerl[iches] Princip gefunden werden als letztes Erk[e]n[n]tn[i]ßprincip u[nd] als fester Halt g[e]g[enü]ber 663 der veräußerlichenden, mechanisirenden Naturerfors[c]hung. 664 a) 665 Und 666 das ist nun das neueste, geist[i]g[e] Bewußtseyn des M[e]nsch[e]n mit seinem ursprüngl[ichen] unvertilgbaren Inhalt - ist 667 insb[e]s[ondere] für alles höhere Wissen das [,] was wir Vernunft nennen in der oben angegebenen Bedeut[un]g [.] - 668 b) 669 Ein anderes Princip könnte dieß nicht seyn, denn irgend ein gegeb[ene]s müßte d[o]ch immer 653 Randbemerkung [28rr] : „Neue Philos[ophie] mit subj[ectivem] Funda[men]t.“ 654 „a)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 655 Randbemerkung [28rr] : „Naturwiss[enschaft] (mechanist[isch])“. 656 „die Naturwiss[e]ns[c]h[a]ft hat“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile gestrichenes „bei der Natur, die“. 657 „zugewandt“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „zuwandte“. 658 „sucht“ über der Zeile. 659 „suchte“ in der Zeile gestrichen. 660 „b)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 661 Vorstehende Wörter auch im Original mit je zwei runden Klammern versehen. 662 „die W… (? ) u[nd] Z… (? )“ über der Zeile. 663 „g[e][g[enü]ber“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile gestrichenes „mitten in“. 664 Randbemerkung [28rr] : „Je mehr [n]u[n] die mechanist[ische] Nat[u]rwiss[enschaft], die ihr[er]s[ei]ts ganz ber[ec]ht[i]gt ist, so lange sie in ihr[em] Gebiet bl[e]ibt“. Darunter [28rr] : „Gegengew[icht] d[ur]ch Vernunftwiss[enschaft]“. 665 „a)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 666 „a)“ im Nachhhinein vor die Zeile gesetzt; „Und“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „und“. 667 „ist“ über der Zeile. 668 Randbemerkung [28rr] : „… (? ) Bewußts[eyn] Immanenter (? ) G[e]h[a]lt, kein and[eres] Princip br[a]u[c]hbar“. 669 „b)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. <?page no="101"?> 91 erst angenommen u[nd] zu diesem Zwecke zuvor geprüft seyn, setzte also schon ein Prüfungs-Kriterium voraus. g) 670 Der Verstand in uns[erem] Sinne - (ratio u[nd] intellectus d[er] Scholastik) reichte auch nicht hin [,] da diese nur als an sich leere u[nd] formalistis[c]he Vermögen gelten [,] durch welche die höhere Erk[e]n[n]tn[i]ß, insb[e]s[ondere] die G[o]tt[e]serk[e]nntn[i]ß [,] die ja immer Hauptziel der Philosophie seyn muß - nicht erreichbar erscheint, denn dies[e] höhere Erk[e]n[n]tn[i]ß, G[o]tt[e]serk[e]n[n]tn[i]ß, kann so wenig durch eine Art generatio aequivoca, durch ein heterogenes Princip entstehen als die Organism[en], das Leben entsteht. [28rl/ 28vr] c) 671 Es geschah d[a]h[er] nicht umsonst od[er] zufällig, daß gerade um die Zeit [,] als die auf den Principien der Mechanik mehr u[nd] mehr 672 sich besinnende Naturforschung ihren Aufschwung nahm [,] auch in der Philosophie das Subject mit seiner Selbst- Gewißheit u[nd] sein[em] unmittelb[aren] Bewußtseyn zum Grund[-] u[nd] Eckstein der philos[ophischen] Forschung gemacht ward. 673 Je mehr die Naturfors[c]h[un]g sich veräußerlichte u[nd] erweiterte, desto mehr mußte sich die Philosophie vergeistigen, verinnerlichen u[nd] vertiefen - u[nd] dieß konnte nur geschehen dadurch [,] daß der tiefste u[nd] edelste Geistesgrund mehr u[nd] mehr erforscht u[nd] auf ihn (Vernunft) die höhere Wiss[e]ns[c]h[aft] gegründet ward. 674 d) 675 Deßhalb aber huldigt die neuere Philos[ophie] nicht, wie man ungerechter Weise immer ihr vorwirft, einem schlechten Subjectivismus - es gibt Extreme dieser Richtung - aber die Wendung der neu[eren] Philos[ophie] ist nicht nothwend[i]g so subjectivistisch 676 [,] denn nicht auf subj[ectivem] Belieben gründet sich d[ie]se Philosophie [,] sondern auf das allgemeine u[nd] darum selbst objective (v[on] subj[ectivem] Belieben unabhäng[i]g[e]) Wesen des mens[c]hl[ichen] Geistes [,] die ideale Natur u[nd] Fähigk[ei]t dess[e]lb[e]n, die allen Mensch[en] gemeinsam ist u[nd] es ermöglicht, d[a]ß der Mens[c]h üb[er]h[au]pt der höh[eren] Wahrh[ei]t fähig u[nd] daß alle M[e]nsch[e]n d[e]rselben Wahrh[ei]t u[nd] Erk[e]n[n]tn[i]ß fähig sind. - e) 677 Es handelte sich also darum nachzuweisen, was diese höhere Natur (Vernunft) sey u[nd] was sie voraussetze, da sie nicht durch generatio aequiv[oca] entstanden seyn konnte (was insb[e]s[ondere] nachzuweis[en] die Aufg[abe] spät[erer] Vorles[un]g[e]n seyn wird) - u[nd] es h[a]nd[e]lt sich darum [,] auf d[ie]s[e]m ideal[en] Grund u[nd] unmittelb[aren] Vernunft-Erk[e]n[n]tn[i]ß die philos[ophische] Wiss[e]ns[c]h[aft] aufzubauen, gegenüb[er] der mechanist[ischen] Naturfors[c]h[un]g u[nd] rationalist[ischen] od[er] natural[i]st[ischen] Weltanschauung. 670 „g)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 671 „c)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 672 „mehr u[nd] mehr“ über der Zeile eingefügt. 673 Randbemerkung [28vl] : „Gleichzeit[i]g[e] Wend[un]g in Naturw[i]ss[enschaft] u[nd] Philos[ophie]“. 674 Einfügung am Seitenrand [28vl] : „Nicht subjectivistis[c]h“. 675 „d)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 676 Unleserliche Wörter unter der Zeile. 677 „e)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. Randbemerkung [28vl] : „Eig[en]tl[ich] nächste Aufg[a]b[e]“. <?page no="102"?> 92 f) 678 Und d[ie]s[e]m philos[ophisch-]wissens[c]h[aftlichen] (ja auch rel[i]g[iö]s[en]) Bedürfniß Rechnung zu tragen durch die angedeutete Auffaßung u[nd] Ausbild[un]g d[e]r Philos[ophie,] war v[on] jeher mein Bestreben. D[e]ßhalb mußte ich wie dem Naturalismus (Mat[e]r[ia]l[i]s[m]us) so auch dem modernen Scholasticismus entgegentreten - u[nd] zwar diesem letztern deßhalb [,] weil er ein Hinderniß ist [,] den ersteren 679 wahrhaft zu überwinden u[nd] die Philos[ophie] auf dem Standpunkt der Unfähigkeit dazu erhalten würde. - Dann aber auch im Intereße der Fortbild[un]g der Philos[ophie] üb[er]h[au]pt [,] die als menschl[iche] Wiss[e]ns[c]h[aft] nicht immer auf Einem Punkt stehen bleiben kann. Dieß eigenth[üm]l[iche] V[e]rh[ä]ltn[i]ß u[nd] d[ie]s[e] Aufg[a]b[e] der neu[e]r[en] Philos[ophie] sollte man erwägen, ehe man über uns urtheilt u[nd] uns verurtheilt, da doch wohl 680 ein Anspruch best[e]ht [,] nach V[e]rh[ä]ltn[i]ß[en] u[nd] Streb[u]ng[e]n beurth[ei]lt zu werd[en]. Statt deß[en] aber scheint man auf [n]i[c]hts zu blick[en] - auf die scholast[ische] Wiss[enschaft] u[nd] uns[ere] Abweichung davon und zwar [28vr/ 29rl] derart 681 , daß uns[ere] Werke nur du[r]ch die Brille der Scholastik u[nd] sogar nach deren ganz verschied[e]nen (sic! ) Sprachgebrauch beurth[ei]lt werden. IV [)] Ich bemerkte, die scholast[ische] Wiss[e]ns[c]h[aft] sey nicht im Stande [,] der neu[eren] Naturwiss[e]ns[c]h[aft] das Gegengewicht zu halten und eine höhere, ideale Weltauff[a]ß[un]g zu begründen dieser gegenüber, 682 denn sie hat alle Kraft und alles Fundament dazu verloren. - a) 683 Bekanntl[ich] soll nach scholast[ischer] Art durch ratio (intellectus) einerseits u[nd] Naturbetrachtung andrers[ei]ts die höhere, die philos[ophische] Wiss[enschaft], die Metaphysik begründet, insb[e]s[ondere] Erk[e]n[n]tn[i]ß des Göttl[ichen] gewonnen werden. Man wollte hierin dem Aristot[eles] folgen. b) 684 Allein in beider B[e]z[ie]h[u]ng ist jetzt eine Gestalt[un]g d[ie]s[e]r Wiss[enschaft] unmögl[ich]. Für’s Erste schon deßh[a]lb, weil a) 685 die scholast[ische] ratio (intellectus) doch etwas andres ist als der Aristot[elische] nou/ j (erkennend[er] Geist). 686 D[ie]s[e]r war dem Aristot[eles] etwas unmittelbar Göttl[iches,] od[er] Gottähnl[iches,] u[nd] d[a]h[er] war er dazu angethan [,] eine Wiss[e]ns[c]h[aft] v[om] Göttl[ichen] allenfalls zu gewinnen - die scholast[ische] ratio d[a]g[e]g[en] ist doch nichts als ein leeres Abstractionsu[nd] Schluß-Vermögen, u[nd] es müßte eine Art generatio aequiv[oca] mögl[ich] seyn, wenn d[a]d[u]rch Metaphys[ik] begründet werden sollte. 687 678 „f)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. Randbemerkung [28vl] : „M[ein] Anth[ei]l an d[ie]s[em] Streb[en]“. 679 „zu“ in der Zeile gestrichen. 680 „wohl“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „jedermann“. 681 „2.“ am oberen Seitenrand [29rr] ; „2“ bezeichnet den Bogen. 682 Randbemerkung [29rr] : „Unfähigk[ei]t der Scholastik g[e]g[en]üb[er] d[er] neu[eren] Naturwiss[e]ns[c]h[a]ft.“ 683 „a)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 684 „b)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 685 „a)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 686 Randbemerkung [29rr] : „Arist[oteles] u[nd] s[c]hol[a]st[ischer] nouj u[nd] ratio“. 687 Einfügung am Seitenrand [29rr] : „Doch hätte dieß allerdings weniger, denn wenn ma[n] in d[e]r Theorie auch den G[ei]st als leeres Vermög[en] factisch u[nd] in Wirkl[i]chk[ei]t konnte man ihn doch nicht dazu mach[en], da er ab[er] seine eig[n]e N[a]tur doch behält u[nd] bewährt trotz falscher Theorie“. <?page no="103"?> 93 b) 688 Noch schlimmer sieht es mit dem andern Fundament der scholast[ischen] Philos[ophie] aus, näml[ich] mit der überkommenen Naturauff[a]ß[un]g. Es war dieß wesentl[ich] die Aristot[elische,] auf welche sich Alles besinnte (sic! ), diese aber ist durch die neu[er]e Naturfors[c]h[un]g größ[t]enth[ei]ls zerstört u[nd] damit auch das γ) 689 Fundament jener Wiss[e]ns[c]h[a]ft [,] so sehr man uns auch immer sagt, d[a]s Fundam[en]t s[e]y da. 690 - Die Scholastik war wohl eine Riesengestalt, aber sie hatte ein thönernes Fußwerk 691 - ich meine [,] sie 692 gründete wesentl[ich] auf Naturauff[a]ß[un]g [,] u[nd] zwar auf die Aristot[elische]. Nachdem nun diese thönernen Füße zerschmettert sind durch die moderne Naturwiss[e]ns[c]h[a]ft, wie soll denn der Koloß noch stehen? Mög[en] Haupt u[nd] Brust immerhin v[on] Gold u[nd] Silber seyn, sie kann sich doch selbst 693 nicht halten ohne Fundament u[nd] muß sich nach fremder Stütze umsehen, von der sie gehalten u[nd] getragen wird. Und darum klammert sie sich jetzt an die Auctorität an u[nd] setzt, so viel sie kann [,] diese für sich ein, um sich daran zu halten, 694 statt d[ie]s[e]r eine Stütze, wenn auch nur eine mens[c]hl[iche] zu seyn. d) 695 Eine Wiss[e]ns[c]h[a]ft aber [,] die Bullen u[nd] Breven 696 braucht, um sich zu halten, zeigt dadurch schon, daß sie unbrauchbar u[nd] nutzlos, wo nicht gar schädlich ist für die Auctor[ität]. Denn sie zeigt sich d[a]d[ur]ch als machtlos u[nd] ohne geist[igen] 697 Einfluß auf die Bild[un]g u[nd] Ueberzeugung der Zeit. Und wenn d[ie]se Wissenschaft ohne Gegner, durch die Auctor[ität] richten u[nd] verurth[ei]l[e]n läßt [,] statt sie zu widerlegen, dann richtet u[nd] verurth[ei]lt sie sich damit als Wiss[e]ns[c]h[a]ft nur selbst. Was ist eine Wiss[en]s[c]h[a]ft [,] die sich v[om] Glaub[en] u[nd] v[on] d[er] Glaubensauctor[ität] muß halt[en] lass[en]? [29rl/ 29vr] e) 698 Die Kirche u[nd] ihre Auctor[ität] hat hiebei sicher keinen Nutzen [,] sie gefährdet sich vielmehr selbst durch d[ie]s[e]n Schutz einer unfruchtbar gewordenen Form der Wiss[enschaft] u[nd] sie schadet sich selbst dad[u]r[c]h, daß sie verhindert, daß eine andere [,] bessere Philos[ophie], die der mechanist[ischen] 699 Naturwiss[enschaft] gewachsen wär[e], sich bilden kann, von der sie selbst wahrhafte Förderung u[nd] Unterstütz[u]ng erhalten könnte. V. Uebrigens setzt sich hier nur der Kampf fort, der früher gegen die Naturwiss[enschaft] geführt wurde 700 - die sich trotzdem fein gemacht u[nd] großartig entwickelt hat. - 688 „b)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 689 „g)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 690 „so sehr man uns auch immer sagt, d[a]s Fundam[en]t s[e]y da“ über der Zeile. 691 Randbemerkung [29rr] : „(S[c]hol[a]st[i]sch[e]r Coloss u[nd] neu[ere] Naturwiss[enschaft]“. 692 „sie“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „die“. 693 „selbst“ über der Zeile. 694 „u[nd] ... (? )“ über der Zeile. 695 „d)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 696 „Bullen u[nd] Breven“ am Seitenrand [29rr] . 697 „geist[igen]“ über der Zeile. 698 „e)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 699 „mechanist[ischen]“ über der Zeile. 700 Randbemerkung [29vl] : „Früh[erer] Kampf g[e]g[en] d[ie] Naturwiss[enschaft]“. <?page no="104"?> 94 a) 701 Ein Kampf [,] der früher auch geführt ward vermeintl[ich] im Int[e]r[e]ße des chr[i]stl[ichen] Glaubens, in der That aber nur im Intereße einer veralteten Wiss[e]ns[c]h[a]ft. Dieß zeigt sich schon darin, daß der Glaube doch mit der siegreichen Naturwiss[enschaft] sich abzufinden u[nd] zu vereinbaren wußte u[nd] nur die veraltete Naturauff[a]ß[un]g üb[er] d[ie]s[e]m Siege zu Grunde ging. Nutzen hatte bei jenem Kampfe Niemand, der Glaube ward vielmehr vielfach erschüttert, die Wiss[e]ns[c]h[aft] vielfach gehörnt u[nd] die einzelnen Forscher verfolgt u[nd] gequält. D[a]g[e]g[en] hatte gerade die Auctor[ität] dauernden Schaden d[a]d[u]rch, daß sie sich der unhaltbaren wiss[enschaftlichen] Form angenommen u[nd] im Namen des Glaubens für sie gekämpft - denn da sie s[c]hli[e]ßl[ich] doch aufgeben mußte, so ist dieser 702 Kampf als dauerndes Argument ad hominem gegen sie geblieb[en]. b) 703 Man klagt immer, daß die Naturwiss[enschaft], d[a]ß d[ie] Philos[ophie] sich v[om] Glaub[en] u[nd] v[on] d[er] Kirche entferne - man sollte auch bedenken, d[a]ß die 704 Organe der Kirche sie 705 vielfach v[on] sich gestoßen haben u[nd] es nur zu oft noch thun. Und statt eine vertieftere Wiss[enschaft] gegen sie hervorzurufen od[er] wenigstens zu gestatten - sie d[u]rch Verfolg[un]g u[nd] Verurth[ei]l[un]g zu hörnen u[nd] zu unterdrücken sucht[en]. c) 706 Dasselbe wiederholt sich nun gegen die Philosophie. Es wird die Ford[eru]ng gestellt, die Philos[ophie] als Wiss[e]ns[c]h[a]ft selbst müße sich der Auctor[ität] unterwerfen, nicht blos persönl[ich] der Philosoph. Dieß Letztere ist mögl[ich] 707 u[nd] hat einen Sinn, da der Philosoph wohl Glauben u[nd] Wissen zugleich in sich vereinige[n] kann - was die Philosophie als Wiss[e]ns[c]h[a]ft nicht vermag, da sie nur Wissen und Wissenssystem ist u[nd] seyn kann ihrem Begriffe gemäß. Jede Unterwerf[u]ng, jeder Befehl ist da hemmend u[nd] verderbl[ich] für die Wiss[e]ns[c]h[a]ft [.] - Und 708 wenn die Kirche Unterwerf[un]g fordert [,] dann hat auch der Staat das Recht dazu 709 [,] u[nd] alle Wiss[e]ns[c]h[a]ft geht zu Grunde. Soll also Wiss[e]ns[c]h[a]ft üb[er]h[au]pt bestehen, so muß sie selbstständ[i]g seyn, ihr[e]n eignen Gesetzen nur folgend, nicht fremd[en] gegebenen, dictirten Gesetz[en] u[nd] Resultat[en]. Die Selbsterhalt[un]g d[e]r Wiss[enschaft] fordert sie auf [,] ihre Selbstst[ä]nd[i]gk[ei]t zu wahren. 710 [29vr/ 30rl] VI. a) 711 Die Wiss[e]ns[c]h[aft] hat ein urspr[ü]ngl[iches], angestammtes Recht auf Selbstständ[i]gk[ei]t, ein Naturu[nd] göttl[iches] Recht, das ihr nicht genommen werden 701 „a)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 702 „dieser“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „dieß“. 703 „b)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 704 „Träger“ in der Zeile gestrichen. 705 „K“ in der Zeile gestrichen. 706 „c)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 707 Unleserliche Wörter über der Zeile. 708 „Und“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „und“. 709 „Und wenn die Ki[rc]he die Philos[ophie] vorschreibt, dann hat auch d[er] Staat d[a]s R[ec]ht etc.“ über der Zeile. - Dazu die Randbemerkung [29vl] : „u[nd] v[ie]ll[ei]cht entgegengesetzte Phil[o]s[ophie] zu fordern -“. 710 Randbemerkung [29vl] : „Nicht effrenata licentia“. 711 „a)“ über der Zeile. <?page no="105"?> 95 darf, wenn nicht die M[e]ns[c]hh[ei]t um 712 die Wahrh[ei]t u[nd] selbst d[en] Glauben 713 gebracht u[nd] in Aberglauben u[nd] Barbarei versinken soll. Recht verstanden ist darum die Wiss[e]ns[c]h[a]ft v[on] Gottes Gnaden [,] wie ich b[e]h[au]pt[e]t habe. Doch ich 714 (u[nd] ich mache durchaus nicht Anspruch [,] der Erste zu seyn [,] der d[ie]s[e]s 715 behauptet) - überall [,] wo wahre Wiss[e]ns[c]h[a]ft gefördert wird [,] versteht sich dieß v[on] selbst, denn es 716 das erste 717 natürl[iche] Recht derselben. Ich will nur Einen anführen, deßen Wort meine Gegner selbst gelten laßen u[nd] der es gleichwohl mit aller Entschied[e]nh[ei]t ausspricht: Thomas v[on] Aq[uin] sagt: Principiorum (autem) naturaliter natorum cognitis nobis divinitus est indita, cum ipse Deus sit auctor nostrae naturae. Haec ergo principia etiam divina sapientia continet. Quidquid igitur principiis hujusmodi contrarium est, est divinae sapientiae contrarium: non igitur a Deo esse potest. Ea igitur quae ex revelatione divina per fidem tenentur, non possunt naturali cognitioni esse contraria. Hier ist das göttl[iche] Recht der Wiss[enschaft] klar ausgesprochen, - die Principien sind uns göttl[ich] gegeben, sie entsprechen den Principi[en] im g[ö]ttl[ichen] G[ei]ste; was ihnen zuwider ist, das ist auch dem g[ö]ttl[ichen] G[ei]ste zuwider u[nd] kann nicht v[on] Gott seyn. So also ruht in d[er] Tiefe d[e]s mens[c]hl[ichen] G[ei]st[e]s urspr[ü]ngl[ich] das Kriterium der Wahrh[ei]t u[nd] der Off[e]nb[arun]g selbst. - I[c]h mein[er]s[ei]ts habe nie mit mehr Schärfe das Recht der Wiss[enschaft] ausgesprochen [,] nur die Consequenz habe ich geltend gemacht. Dieß Recht muß die Vernunft auch brauch[en] dürf[en], sonst hätte es gar keine Bedeut[un]g. - 718 Aber wenn d[ie] Wiss[enschaft] das Recht hat, wo kämen wir da hin [m]it d[er] Auct[orität? ] 719 Man frage lieber 720 : wenn sie es nicht brauch[en] darf, wo kommt d[ie] Wiss[enschaft,] wo die M[e]ns[c]hh[ei]t selbst hin? Aller Unters[c]h[ie]d v[on] wahrer u[nd] fals[c]her Auct[orität], v[on] Wahrh[ei]t u[nd] Unwahrh[ei]t hört auf u[nd] es herrscht nur noch Willkür, Zufall u[nd] Gewalt. 721 b) 722 Da es sich nun bei der Ford[e]r[u]ng, die Philosophie selbst müße sich unterwerfen, nicht um eine einzelne L[e]hre, nicht um diese oder jene Behauptung, die ich etwa aufgestellt habe, handelt, sond[ern] um das Grundprincip, das Grundrecht u[nd] Fundament aller Wiss[e]ns[c]h[a]ft - so kann d[ie]se Ford[e]r[u]ng 723 zu erfüllen [,] nicht mehr als meine persönl[iche] Sache betrachtet werden [.] - Wenn ich als Lehrer an der Hochschule verpflichtet wäre, sie zu erfüllen, dann auch jeder andere. Und 724 die ganze Universität 712 „um“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile gestrichenes „v[on]“. 713 „und selbst d[en] Glauben“ über der Zeile. 714 „wie ich b[e]h[au]pt[e]t habe. Doch ich“ über der Zeile. 715 In der Zeile folgndes „P“ gestrichen. 716 Verb, z.B. an die Stelle passendes „ist“, fehlt. 717 In der Zeile folgendes „N“ gestrichen. 718 „Man sage nicht“ über der Zeile. 719 „[m]it d[er] Auct[orität]“ über der Zeile. 720 „frage lieber“ über der Zeile ersetzt in der Zeile teilweise gestrichenes „könnte entg[e]g[en] frag[en]“. 721 Die beiden letzten Absätze von „Principiorum (autem) naturaliter“ bis „Willkür, Zufall u[nd] Gewalt.“ am Seitenrand [30rr] eingefügt. 722 „b)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 723 „nicht“ in der Zeile gestrichen. 724 „Und“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „u[nd]“. <?page no="106"?> 96 u[nd] die Akademie als die 725 höchsten Organe der Wissenschaft müßten sich dazu bekennen u[nd] Unterwerfung geloben. Und ich hätte, selbst wenn ich wollte, gar nicht das Recht, der Wiss[e]ns[c]h[a]ft Unterwerf[u]ng zuzumuth[en,] so lange ich Lehrer an d[er] Universität bin [.] 726 c) 727 Und ich noch am wenigsten, da ich gerade auch d[ie] Wiss[en]schaftslehre zu vertreten habe u[nd] die wesentl[ichen] Merkmale ders[e]lb[en] anzuzugeb[en] (sic! ) u[nd] zu begründen die specielle Aufgabe habe. Ein constitutives Merkmal derselben ist wohl die Freiheit [,] d.h. Gesetzmäßigkeit, aber nicht die Unterwerfung, u[nd] ebenso wenig kann ich als wesentl[iches] Merkmal 728 der Wiss[e]ns[c]h[aft] anerkennen [,] daß sie niemals etwas Neues, bisher noch nicht Gehörtes lehren dürfe, u[nd] ebenso wenig habe ich ein Recht zu behaupten, daß es Grenzen gebe, welche die Wiss[e]ns[c]h[aft] 729 niemals zu 730 überschreiten 731 das Recht habe, denn das Recht der Forsch[u]ng, der Vernunft u[nd] Wiss[e]ns[c]h[a]ft ist ein unbegrenztes - u[nd] was immer der menschl[iche] Geist zu erk[e]nnen vermag, das darf er auch erkennen, das ist er auch berechtigt zu erkennen. 732 VII. 733 Von der Index-Congregat[ion] 734 hier zu reden, will ich Umgang nehmen - u[nd] nur bemerken [,] daß derj[enige,] der verhüthen will, daß 735 die kirchl[iche] Auctor[ität] auch fernerhin solchen Schaden nehme dur[c]h Urtheile di[e]ser Congregat[ion,] die sich später als irrig erweisen 736 u[nd] zum Besten der Wiss[en]s[c]h[a]ft u[nd] der Glaub[en]sauctor[ität] selber auf Reform drängt, doch wohl nicht verdient [,] so 737 schimpflich 738 bezeichnet u[nd] 739 verfolgt zu werd[en]. 740 [30rl/ 30vr] VIII [.] 741 Zum Schluße [,] m[eine] H[erren], nur noch dieß. a) 742 Der Glaube u[nd] die Wiss[e]ns[c]haft sind zwei der größten Güter der M[e]nschh[ei]t, die diese beide bedarf. 743 Aber man darf nicht das Eine d[ie]s[e]r Güter erhalten wollen auf Kosten des andern, man darf nicht das Eine unterdrücken od[er] zerstören, um das Andere zu erhal- 725 „die“ über der Zeile. 726 „so lange ich Lehrer an d[er] Universität bin“ über der Zeile. 727 „c)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 728 „od[er] Pflicht“ über der Zeile. 729 „mit Recht“ in der Zeile gestrichen. 730 „zu“ über der Zeile. 731 „dürfe“ in der Zeile gestrichen. 732 Einfügung am Seitenrand, die wieder gestrichen wurde [30rr] : „Abgewiesen aber ist durchaus [,] d[a]ß d[ie]s[e]s R[ec]ht u[nd] Fr[e]ih[ei]t d[e]r Wiss[enschaft] effrenata licentia s[e]y [.] - Nur Gesetzmäß[i]gk[ei]t - Mißbrau[c]h zwar mögl[ich], aber“. 733 „VII.“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 734 „Wo“ in der Zeile gestrichen. 735 „nicht“ in der Zeile gestrichen. 736 „wohl nicht“ in der Zeile gestrichen. 737 „Eb[en]so“ in der Zeile gestrichen. 738 „zu“ in der Zeile gestrichen. 739 „zu“ in der Zeile gestrichen. 740 „doch wohl nicht verdient [,] so schimpflich bezeichnet u[nd] verfolgt zu werd[en].“ am Seitenrand [30rr] eingefügt. 741 „VIII“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 742 „a)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 743 „Sie bedarf beider.“ am Seitenrand [30vl]. <?page no="107"?> 97 ten. Beide fordern u[nd] ergänzen sich. - b) 744 Nichts pflegt hartnäckiger festgehalten zu werden als dieß [,] daß Eines dem andern untergeordnet seyn müße, insb[e]s[ondere,] daß die Wiss[e]ns[c]h[aft] dem Glauben u[nd] d[er] ch[ri]stl[ichen] 745 Glaubensauctorität unterworfen seyn müße, weil sonst das Chr[i]st[en]th[um] u[nd] die Kirche ih[re] Mission u[nd] Aufg[a]be nicht erfüllen könnten. Allein das ist eine Täusch[u]ng u[nd] ... (? ) unberechtigtes Mißtrau[en] in den Glauben u[nd] das Chr[i]st[e]nth[um]. - c) 746 Im Mittelalter hat man auf dies[e]lbe W[ei]se argumentirt 747 , daß der Staat der Kirche untergeordnet seyn müße, da ja sonst die kirchl[iche] Mißion gar nicht zu erfüllen wäre [.] - Jetzt sind beide coordinirt u[nd] Sittl[i]chk[ei]t u[nd] R[e]l[i]g[io]s[i]t[ä]t befinden sich wohl nicht schlechter als im Mittelalter [.] - Die Civilisation ist vielmehr größer. - d) 748 Dass[e]lbe ist der Fall mit d[er] Wiss[e]ns[c]h[aft], die ja ohnehin keine so unmittelb[ar] practisch eingreifende Macht hat, wie der Staat [.] - Glaube u[nd] Kirche wird (sic! ) sich bei freier Wiss[enschaft] nicht schlimmer befinden - u[nd] schlimm genug, wenn sich beides nur erhalten könnte durch Unterdrück[u]ng der Wiss[e]ns[c]h[a]ft, das wäre ein Zeugniß gegen sie. Wenn gleichwohl Conflicte entstehen, so kann u[nd] soll diese persönl[icher] guter Wille ausgleichen. e) 749 Hier nun an d[ie]s[e]r Stelle hat die Wiss[e]ns[c]h[aft] ihre Rechte geltend zu machen u[nd] ihre Selbstständ[i]gk[ei]t zu wahren. Dieß 750 gedenke ich 751 auch in Zukunft zu thun mit aller angemeßenen Achtung vor dem Glauben, wie es bisher geschehen, u[nd] ich bin überzeugt 752 [,] daß auch Sie [,] m[eine] H[erren,] um dessentwillen Ihr Vertrauen [,] das beste, das einem öffentl[ichen] Lehrer 753 zu Th[ei]l werden kann, mir 754 nicht entziehen, sond[ern] wie bisher so auch fernerhin gewähren werden. [30vr/ 31rl] 744 „b)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 745 „ch[ri]stl[ichen]“ über der Zeile. 746 „c)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 747 „beweisen wollen.“ am Seitenrand [30vl] . - Über der Zeile: „d[en] Bew[e]is füh[ren] woll[en]“. 748 „d)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 749 „e)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 750 „Dieß“ über der Zeile anstelle von in der Zeile gestrichenem „u[nd] ich“. 751 „ich“ über der Zeile; „es mit all der“ in der Zeile gestrichen. 752 „bin überzeugt“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile gestrichenes „hoffe“. 753 „gewährt werd[en]“ in der Zeile gestrichen. 754 „mir“ über der Zeile. <?page no="108"?> 98 I [.] Kapitel od[er] Theil. 755 I [.] Theil. Ursprung u[nd] Entwicklung der R[e]l[i]g[io]n. 756 Vorbem[erkung: ] In d[ie]s[em] Th[ei]l woll[en] wir 757 , wie bemerkt wurde, ausgehend v[on] d[er] R[e]l[i]g[io]n als allgem[einer] Thats[ache], als histor[ischer] Erscheinung in der Mens[c]hh[ei]t - den wahre[n] Urspr[un]g der R[e]l[i]g[io]n gefund[en] u[nd] ihre so verschiedenart[i]ge Entwickl[un]g u[nd] Ausgestalt[u]ng erkannt u[nd] erklärt werden. 758 Wollten wir rein synthetis[c]h verfahren [,] d.h. v[om] M[e]ns[c]heng[ei]ste selber nur ausgehend 759 u[nd] aus d[ie]s[e]m uns[ere] Erk[e]n[n]tn[i]ße abzuleit[en] beginn[en] - so müßten wir anfang[en] v[on] der im M[e]nsch[e]ng[ei]ste ruhend[en] Idee der R[e]l[i]g[io]n od[er] d[em] rel[i]g[iö]s[en] Bewußts[eyn] od[er] v[on] dem mens[c]hl[ichen] G[o]tt[e]sbewußtseyn. Allein da d[ie]s[e]s G[o]tt[e]sbewußts[eyn] selbst doch im M[e]nsch[en] erst geweckt wird durch die histor[ische] R[e]l[i]g[io]n, in der jeder M[e]ns[c]h erzogen wird, wir also schon R[e]l[i]g[ion] hab[en], ehe wir philosophir[en] 760 [,] also d[u]rch (die thatsächl[ich] s[c]hon vorhandene R[e]l[i]g[io]n) u[nd] wir - wie gesagt [-] nur d[ie]se histor[i]s[c]h[e] R[e]l[i]g[ion] ihr[em] Wesen u[nd] ihrer Wahrh[ei]t nach erkennen woll[en] an uns[erem] eign[en] rel[i]g[iö]s[en] Bewußts[eyn] - so ist es naturgemäßer zuerst die histor[i]s[c]h[e] Erscheinung der R[e]l[i]g[io]n [,] die wir erk[ennen] woll[en] 761 [,] mehr zu charakterisir[en,] dann nach 762 d[ie]s[e]r Ers[c]heinu[n]g [,] 763 Ursp[run]g u[nd] Entwickl[un]g zu fors[c]h[en], d[a]h[er] §: 5. 764 §: 5 Die Religion als allgemeine Thatsache der Menschheit. I) Die Religion ist eine allgem[eine] Thatsache der M[e]nschh[ei]t [,] d.h. Alle Völker, so viel wir davon auf der Erde kennen, mögen sie noch auf derselb[en] existiren od[er] schon v[on] derselben verschwunden sein, haben u[nd] hatten Religion. 765 755 „Religionsphilos[ophie] 5“ am oberen Seitenrand [31rr] ; „5“ bezeichnet den Bogen. Der an dieser Stelle beginnende Bogen [31rr/ rl-32vr] und der daran anschließende Bogen [33rl-34vr] bilden die Fortsetzung der oben [17vr] zunächst unterbrochenen Fassung der Vorlesung zur Religionsphilosophie [1rl oder 5rl-17vr] . 756 Die beiden folgenden ineinandergreifenden Randbemerkungen [31rr] sind dem ursprünglichen Haupttext [31rl] vorgeschoben. 757 „woll[en] wir“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „soll“. 758 Folgender Abschnitt „Wollten … §: 5.“ [31rr] versteht sich als Einfügung in die bestehende, erste Randbemerkung [31rr] . 759 „v[on] dem in ihm ruhend[en] Inhalt“ in der Zeile gestrichen. 760 „wir also schon R[e]l[i]g[ion] hab[en], ehe wir philosophir[en]“ über der Zeile. 761 „die wir erk[ennen] woll[en]“ über der Zeile. 762 „nach“ über der Zeile. 763 „zuerst“ in der Zeile gestrichen. 764 An dieser Stelle endet die zweite Randbemerkung [31rr] . 765 Randbemerkung [31rr] : „(NB [: ] ad Einl[eitung] §: 3 [„ad Einl[eitung] §: 3“ über der Zeile] [.] Da d[a]s Daseyn G[o]tt[e]s nicht eig[e]ntl[ich] bewiesen werden kann, sond[ern] unmitt[e]lb[a]r im Bewußtsey[n] des <?page no="109"?> 99 Gehen wir näml[ich] in der Geschichte so weit als möglich zurück zu den Anfängen der Menschh[ei]t, so begegnen wir rel[i]g[iö]s[e]n Vorstellungen; ja noch mehr die ältesten Sagen aller Völker enthalten fast ausschließlich nur Religiöses; sie handeln v[on] den Göttern, v[on] der Thätigk[ei]t ders[e]lb[e]n bei Entsteh[u]ng der Welt u[nd] der Menschen (Theogonieen u[nd] Kosmogoni[een]); von 766 den Erscheinungen u[nd] Off[e]nb[a]r[u]ng[e]n der Gotth[ei]t [,] v[on] ihrem Verkehr mit den erst[en] Menschen u.s.w. Kurz [,] die Urgeschichte der Menschh[ei]t ist bei allen Völkern eine Religionsgeschichte; ein Kreis von verschiedenen Sagen u[nd] Mythen. Und bei jedem Volk finden wir, wenn es aus dem dunklen, nebulosen Gebiete mystischer Vorzeit in die wirkl[iche] klare Geschichte der Menschh[ei]t eintritt, die Religion schon vorhanden. Ebenso wenn wir auf die erst in den neueren Zeiten entdeckten u[nd] bekannt gewordenen Urvölker Amerika’s, Australien’s u[nd] Afrika’s blicken [,] so finden wir auch bei ihnen allenthalben religiöse Vorstellungen; selbst bei den rohesten, auf der tiefsten Stufe stehenden Völkerschaften finden sich wenigstens dunkle Spuren u[nd] Ahnungen solcher Art, wie sie der R[e]l[i]g[io]n eigenthümlich sind u[nd] die sie wesentl[ich] v[on] den Thieren (den Affen) unterscheiden, v[on] denen sie sonst nicht viel unterschieden sind. II) Das Wesentliche u[nd] Gleichartige, das sich in allen Religionen, bei aller sonst[i]g[e]n Verschiedenh[ei]t u[nd] Entgegen[ge]setztem sogar, findet u[nd] das allen im Grunde doch den Einen u[nd] gleichen Charakter - eben den der Religion näml[ich] verleiht -, sind aber folgende Momente od[er] Elemente der Religion: 1) In allen Religionen, auch in den unvoll[-] [31rl/ 31vr] kommensten [,] findet sich das Bewußtseyn, der Glaube od[er] wenigstens die Ahnung eines Göttlichen, einer Macht [,] die erhaben sei 767 (zwar unsichtbar, aber doch höher) sei über 768 als das Sichtbare, als der Mensch 769 u[nd] die ihn umgebende Natur. Dies[e]r Glaube, d[ie]se Ahnung eines Unsichtbaren, wenigst[en]s Erhabenen 770 [,] Göttlichen [,] die wie natürl[ich] das Hauptmoment jeder Religion ist u[nd] die Grundlage alles Uebrigen, was in’s Gebiet des Religiösen gehört -, findet sich bei allen Völkern, selbst den verkommensten u[nd] rohesten. So schreiben z.B. die Australier die Ungewitter, das Glück u[nd] Unglück einem höhern, unsichtbaren Wesen zu, von dem sie freilich weiter größtenth[ei]ls keine Notiz nehmen, als daß sie sich davor fürchten. - In ähnl[icher] Weise ahnen die Süd-Amerikanis[c]h[en] Waldindianer (Indios da mattos) vornehml[ich] im Donner ein höheres Wesen, das sie nicht mit Augen sehen können (To- Menschen gegeben ist, so ist nicht mit der spekulat[iven] Erört[e]r[u]ng üb[er] Gott anzufang[en,] sond[ern] vielmehr mit der histor[i]s[c]h[en], unmittelb[aren] Daseynsweise des G[o]tt[e]sbewußtseyns, oder der Religion - den Beweis [,] daß es ein[en] G[o]tt gibt [,] ist das unmitt[e]lb[a]re [„unmitt[e]lb[a]re“ über der Zeile] G[o]tt[e]sbew[u]ßtseyn [,] d.i. die Religion - d[u]rch sie wissen wir v[on] Gott u[nd] können darum Gott zum G[e]g[e]nst[a]nd wiss[e]ns[c]h[a]ftl[icher] Untersuchung machen [,] nicht umgekehrt die R[e]l[i]g[io]n d[u]rch Philosophie gründen.)“ 766 „von“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „Von“. 767 „erhaben sei“ über der Zeile. 768 „über“ über der Zeile. 769 „den M[e]ns[c]h[en] u[nd]“ über der Zeile. 770 „wenigst[en]s Erhabenen“ über der Zeile. <?page no="110"?> 100 pan u[nd] Lehmfuß = bös[er] (? ) Gott). - Wenn auch d[ie]se rohesten Völker vorzugsweise ein hohes Wesen ahnen u[nd] fürchten in den gewalt[i]g[en], gefährl[ichen] Naturerschein[un]g[e]n, so thut das der oben aufgestellten Behaupt[u]ng, d[a]ß in allen R[e]l[i]g[io]nen u[nd] bei allen Völkern ein Unsichtbares, Höheres geehrt od[er] geglaubt wird, keinen Eintrag. Denn auch das böse Wesen ist ihnen nicht etwas Sichtbares, nicht die Natur, nicht die Erscheinung selbst, sond[ern] etwas hinter d[ie]s[e]r Verborgenes, Geheimnißvolles, Höheres. Was so auf der minderst[en] Culturstufe schon der Fall ist, das ist natürl[ich] noch mehr z[um] Bewußts[eyn] u[nd] zur Aussprache gebracht bei den höh[er] stehenden Völkern. Darum also steht die Behauptung fest, d[a]ß alle Völker in ihre Weltanschauung den Gegensatz einer sichtbaren u[nd] unsichtb[aren] Sphäre des Daseyns aufnehmen 771 , ein Irdis[c]hes u[nd] Göttliches v[on] einander unterscheiden. Die Wilden, wenn sie den nächsten besten G[e]g[e]nst[a]nd [,] der ihnen auffällt [,] zu ihr[em] Gott [,] d.h. Götzen od[er] Fetis[c]h machen - betracht[en] ihn doch jetzt ganz anders - nicht mehr so wie die and[eren] 772 Naturgeg[e]nst[ä]nde, sond[ern] legen ihm eine geheime, höhere Macht bei [.] - Also verehr[en] sie nicht die Natur [,] sond[ern] d[ie] Uebernatur - fürchten sich vor der G[o]tth[ei]t od[er] d[em] Götzen nicht so wie etwa der Schlange od[er] dem Tiger - erwarten v[on] d[ie]s[e]m Götzen nicht eine Hülfe wie etwa v[on] ein[em] Kamerad[en] od[er] v[on] ei[nem] Haus[-]Thiere 773 , sond[ern] eine geheimnißvolle zauberische - üb[er] d[a]s Gewöhnl[iche], Natürl[iche] erhabene. 774 Ad Ursp[ru]ng § 775 Diese Scheidung der Welt od[er] alles Daseyns in Sichtbares u[nd] Unsichtbares [,] in Natürliches u[nd] üb[er] d[ie] gewöhnl[iche] Natur Erhab[enes] 776 ist in dieser Allgemeinheit ebenso wichtig als merkwürdig; denn da sie sich sogar 777 bei Völkern findet, bei 778 denen nicht blos jede Spur irg[end] einer rel[i]g[iö]s[en] Off[e]nbarung u[nd] historischen Ueberlief[e]r[u]ng derselben (jetzt) 779 fehlt, sondern die auch ohne alle Bildung, ohne 780 alle Anfänge wissensch[a]ftl[icher] Reflexion u[nd] Spekulation sind; so geht daraus hervor, daß diese Scheidung der sichtb[aren] u[nd] unsichtb[aren] Welt als 781 das unmittelbare Ergebniß des menschl[ichen] Gefühls od[er] Instincts zu betrachten sei, u[nd] es erscheint als ein Gesetz der menschl[ichen] Natur, ein Gesetz des mens[c]hl[ichen] Bewußtseyns, sich alles Daseyenden nur in jener doppelten Form, in jenem Gegensatze bewußt zu werden. 771 „aufnehmen“ über der Zeile. 772 „and[eren]“ über der Zeile. 773 „Haus“ über der Zeile. 774 Die vorstehenden zwei Absätze „Dies[e]r Glaube, d[ie]se Ahnung eines Unsichtbaren“ bis „üb[er] d[a]s Gewöhnl[iche], Natürl[iche] erhabene.“ ist eine Randbemerkung, die möglicherweise als Ersatz für den im Haupttext folgenden, im Nachhinein eingeklammerten Abschnitt „(Ad Ursprung“ bis „zu werden.)“ gedacht ist. 775 „Ad Ursprung §“ über der Zeile. 776 „in Natürliches u[nd] üb[er] d[ie] gewöhn[liche] Natur Erhab[enes]“ über der Zeile. 777 „sogar“ über der Zeile. 778 „bei“ über der Zeile. 779 „(jetzt)“ über der Zeile. 780 „zu“ in der Zeile gestrichen. 781 „als“ über der Zeile. <?page no="111"?> 101 2) D[ie]s[e] unsichtbare Welt (d[ie] G[o]tth[ei]t) 782 ist ferner nach dem Glauben der Völker, zwar 783 höher 784 als d[ie] sichtbare, … (? ) 785 , aber mit 786 dem Menschen in Bez[ie]h[u]ng u[nd] Verbind[un]g 787 , ihm günstig u[nd] helfend od[er] ihn bedrohend; ihm schadend durch Unglück u[nd] Strafe. Das Letztere ist um so mehr überwiegend, je unvollkom[me]ner, roher das Volk noch ist. D[a]h[er] gibt es Völker [,] die v[on] einem gut[en] Wesen wenig Notiz nehmen, dagegen sich viel zu schaffen machen mit dem Bösen, um es zu besänftigen u[nd] seiner Strafe zu entgehen. Wie dem nun auch sei, so viel geht hieraus wenigstens wieder hervor, d[a]ß alle Völker, obwohl sie d[ie] sichtbare u[nd] unsichtbare Welt v[on] einander unterscheiden, beide doch wieder in enge Bez[ie]h[u]ng u[nd] Wechselwirk[u]ng setzen, u[nd] einen Einfluß des Göttlichen auf die äuß[ere] Natur u[nd] auf das Schicksal des Menschen anerkennen. - Die R[e]l[i]g[io]n überall [n]i[c]ht Rationalismus. 788 3) Daran schließt sich dann unmittelbar auch der Glaube [,] daß diese Einwirk[u]ng des Göttlichen auf das Schicksal des Menschen, v[on] dem Verhalten dieser gegen dieselben abhänge. Daß es also ein Thun u[nd] Handeln der Menschen gebe, das 789 den Göttern gefalle, ein anderes das 790 ihnen [31vr/ 32rl] mißfalle; daß sie also das Eine verbieten als ihnen zuwider, das Andere aber wünschen od[er] befehlen. Hier also die erste Spur eines göttl[ichen] Willens, u[nd] als Norm menschl[ichen] Handelns 791 eines sie darnach bestimmenden Unterschiedes v[on] Gut u[nd] Böse in Betreff der Handlungen der Menschen. D[er] Unt[e]rschied v[on] Gut u[nd] Bös gründet sich also auf d[en] Glaub[en] an d[ie] G[o]tth[ei]t. 4) Aus diesem Glauben geht dann hinwiederum das Bestreben hervor, auf die Götter, auf das Unsichtbare 792 bestimmend einzuwirken, das Wohlgefallen derselben zu erwerben od[er] ihren Zorn über ein Handeln, das ihnen mißfiel [,] zu besänftigen. Dieß geschieht dann vornehml[ich] d[u]rch Gebete, die an d[ie]se Gotth[ei]t[e]n gerichtet werden [,] od[er] noch mehr durch Gaben u[nd] Opfer [,] die ihnen gebracht werden, durch die man sich ihre Hülfe, ihr[en] Beistand erwerben od[er] ihren Zorn zu beschwichtigen hofft. Gebet u[nd] Gaben finden sich d[a]h[e]r auch allenth[a]lb[e]n in den R[e]l[i]g[io]nen, sind ein wesentl[iches] Moment in denselben. Wenn ein Wilder sein[en] Fetis[c]h od[er] Götzen prügelt od[er] wegwirft, weil er d[ie] bestimmte Hülfe nicht erlangt - so ist d[a]s zwar ein sehr rohes Verhältniß - aber doch liegt d[e]r G[e]d[a]nke zu Grund [,] d[a]ß d[ie] G[o]tth[ei]t auf d[en] M[e]ns[c]h[en] u[nd] d[er] M[e]ns[c]h wieder auf d[ie] G[o]tth[ei]t einwirken. 793 782 „d[ie] G[o]tth[ei]t“ über der Zeile. 783 „zwar“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile gestrichenes „die“. 784 „höher“ korrigiert durch Streichung ursprüngliches „höhere“. 785 „als d[ie] sichtbare, ... (? )“ über der Zeile. 786 „mit“ nachträglich in die Zeile eingefügt. 787 „in Bez[ie]h[un]g u[nd] Verbind[un]g“ über der Zeile; in der Zeile folgendes „stehende“ gestrichen. 788 „Die R[e]l[i]g[io]n überall [n]i[c]ht Rationalismus.“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 789 „das“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „daß“. 790 „das“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „daß“. 791 „als Norm menschl[ichen] Handelns“ über der Zeile. 792 „Uebernatürliche“ über der Zeile. 793 „Wenn ein Wilder sein[en] Fetis[c]h od[er] Götzen prügelt od[er] wegwirft, weil er d[ie] bestimmte Hülfe <?page no="112"?> 102 5) Bei d[en] meisten 794 Völkern, in Verbind[u]ng mit den meisten 795 R[e]l[i]g[io]nen findet sich eine Klasse v[on] Menschen [,] die in besonders naher Verbind[u]ng mit der unsichtbaren Welt gedacht werden u[nd] besondern Einfluß auf diese [,] also auf die Gotth[ei]t [,] haben u[nd] ihr Verhalten geg[en] d[ie] Natur u[nd] die Menschen vorzugsweise bestimmen können. Das sind die Priester, welche allenth[a]lb[e]n eine vermittelnde Stellung einnehmen zw[i]schen der Maße des Volkes u[nd] der Gotth[ei]t od[er] den Göttern. Ich sage [,] d[ie]se Klasse d[er] Mens[c]h[e]n, die Pr[ie]st[e]rs[c]h[a]ft [,] finde sich bei allen Völkern, selbst bei den am tiefsten stehenden 796 . Denn selbst diese [,] z.B. die Australier u[nd] Amerik[anischen] Waldbewohner 797 [,] haben wenigstens Zauberer, welche geheimnißvolle Kräfte kennen, also Kunde v[on] einem Unsichtbaren haben, u[nd] dadurch heilsame od[er] schädl[iche] Wirk[u]ng[e]n für das 798 Volk u[nd] die Einzelnen hervorbringen können. - Die Schamanen bei 799 d[en] Tungusen. 800 6) Allgemein ist dann auch das Bestreben, diese unsichtbare, göttl[iche] Macht sich sichtbar zu machen u[nd] nahe zu bringen. [32rl/ 32vr] Irgend ein Bild [,] ein Zeichen dafür anzunehmen, um sich dies[e]lbe zu vergegenwärt[i]g[e]n u[nd] sie in d[ie]s[e]m Bilde zu ahnen. Der M[e]nsch will die G[o]tth[ei]t, wie ein entschwundenes Gut - das si[c]h ih[m] entzog[en], wieder gewinn[en], wieder in seiner Nähe, in s[einen] Umgang zieh[en] - d[a]ß Zeich[en,] Bilder - u[nd] d[ie] Phantasie verleitet ih[n] zu glaub[en,] d[u]rch d[ie]se Bild[e]r sey es bereits wirkl[ich] g[e]s[c]h[e]h[en]. Gottes Realität u[nd] Bild fällt b[e]i d[ie]s[en] Völk[ern] sogl[e]i[c]h ganz zusamm[en,] deckt sich - u[nd] doch ist hinwied[e]ru[m] au[c]h die besagte Verbi[n]d[un]g zw[i]s[c]h[en] beid[en] - d[er] G[ei]st muß si[c]h ab[er] d[ur]chaus a[n] d[a]s Si[nn]l[iche] halt[en.] 801 Diese Zeichen sind nun nach der sonst[i]g[en] Bild[u]ngsstufe der Völker sehr verschieden u[nd] drücken äußerlich, im Bild, die innere Vorstell[u]ng v[on] der Gotth[ei]t aus; je confuser, unklarer u[nd] niedriger diese innere, geist[i]ge Vorstell[u]ng ist, nicht erlangt - so ist d[a]s zwar ein sehr rohes Verhältniß - aber doch liegt d[e]r G[e]d[a]nke zu Grund [,] d[a]ß d[ie] G[o]tth[ei]t auf d[en] M[e]ns[c]h[en] u[nd] d[er] M[e]ns[c]h wieder auf d[ie] G[o]tth[ei]t einwirken.“ am Seitenrand [32rr] eingefügt. 794 „d[en] meisten“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „allen“. 795 „d[en] meisten“ über der Zeile ersetzt das allerdings weder gestrichene noch eingeklammerte „allen“ in der Zeile. 796 Randbemerkung [32rr] : „(wenige ausgenomm[en], die ganz verkomm[en] sind)“. 797 „wild[e] Amerikaner“ über der Zeile. 798 „das“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „die“. 799 „bei“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „etc.“. 800 Randbemerkung [32rr] : „Bei den alten Nomaden-Völkern Asiens war es wenigstens das Familien- Oberhaupt, das in nächst[er] Bez[ie]h[u]ng zur G[o]tth[ei]t stand u[nd] der Pr[ie]st[e]r der Familie war; doch gab es auch schon bei d[ie]s[e]n besond[ere] Pr[ie]st[e]r [-] Abrah[am] u[nd] Melchisedek - in d[er] S[c]hr[i]ft - “. 801 „Der M[e]nsch will die G[o]tth[ei]t, wie ein entschwundenes Gut - das si[c]h ih[m] entzog[en], wieder gewinn[en], wieder in seiner Nähe, in s[einen] Umgang zieh[en] - d[a]ß Zeich[en,] Bilder - u[nd] d[ie] Phantasie verleitet ih[n] zu glaub[en,] d[u]rch d[ie]se Bild[e]r sey es bereits wirkl[ich] g[e]s[c]h[e]h[en]. Gottes Realität u[nd] Bild fällt b[e]i d[ie]s[en] Völk[ern] sogl[e]i[c]h ganz zusamm[en,] deckt sich - u[nd] doch ist hinwied[e]ru[m] au[c]h die besagte Verbi[n]d[un]g zw[i]s[c]h[en] beid[en] - d[er] G[ei]st muß si[c]h ab[er] d[ur]chaus a[n] d[a]s Si[nn]l[iche] halt[en.]“ am Seitenrand [32vl] eingefügt. - Unklar ist ob die in der nächsten Zeile folgende Bemerkung hier anschließen soll: „es f[e]hlt ih[m] an selbststä[n]d[iger] Kr[a]ft“. <?page no="113"?> 103 desto geringer, bedeut[u]ngsloser u[nd] unpaßender ist auch das Bild dafür; d[a]h[er] die rohesten, geist[i]g unmündigsten Völker jed[en] belieb[i]g[e]n, oft zufällig ihnen auffallenden G[e]g[e]nst[an]d zum G[o]tth[ei]ts-Bild nehmen u[nd] glauben, dieß sei die entsprechende äußere Darstell[u]ng ihres innern, dunkeln Gefühls v[on] der Gotth[ei]t. 802 Das rel[i]g[iö]s[e] Gefühl ist bei d[ie]s[e]n noch soz[u]s[a]g[e]n ein Vagabund, bald dahin [,] bald dorthin sich wendend, überall suchend die Realität, die Wirklichkeit, jenes göttl[iche] Bildn[i]s [,] das im Wesen des Menschengeistes als Idee ruht. In Allem [,] was frappant ist, was ihm auffällt [,] glaubt er wieder die Gotth[ei]t, deren Ahnung er in sich trägt [,] wirkl[ich] zu finden, u[nd] nimmt es ohne Bedenken dafür auch an, bis er enttäus[c]ht ist [,] d.h. bis er den erwartet[en] Vortheil, S[c]hutz [,] Hülfe bei sein[en] Unternehmungen nicht findet. Dann wirft er aber auch sein[en] Fetis[c]h ohne weiters weg u[nd] sucht sich ein[en] andern, vermeintlich beßren. Denn das Kriterium, woran der Rohe, Wilde seine[n] Glaub[en] prüft [,] ob er wahr sei [,] ist eben sein[em] Zustand angemessen noch ganz äußerl[ich], den äußerl[ichen] Nutzen, der Hülfe [,] die ihm s[ein] Gott gewähren soll - (das ist des Wilden R[e]l[i]g[io]nsphilosophie) [.] Die R[e]l[i]g[io]n besteht hier mehr in einem Suchen des Göttlich[en] unt[er] d[en] Geg[en]st[ä]nd[en] d[e]r Natur - vollkommenste R[e]l[i]g[io]ns-Freih[ei]t herrs[c]ht hier in Betreff der äuß[eren] R[e]l[i]g[io]ns[-]Ueb[u]ng - jeder ahnt d[ie] G[o]tth[ei]t 803 u[nd] betet [n]i[c]ht blos nach seiner Weise - sond[ern] jeder wählt sich s[einen] Götz[en] nach s[einem] Belieb[en] u[nd] Willkühr [.] 804 Ueb[r]ig[en]s ist d[a]s merkwürd[i]g, d[a]ß kein Wilder, wenn er s[einen] Götzen wegwirft [,] weil er die erwartete Hülfe nicht erlangt hat, nun glaubt [,] ohne solch[en] leb[en] zu könn[en] - sond[ern] immer wählt er sich wied[e]r ein[en] ander[n.] 805 Auch finden wir allenthalben, daß über der Beschäftigung mit diesen sichtbaren 806 Bildern der Gedanke an das Unsichtbare 807 , Göttliche zurücktritt u[nd] die Bilder statt desselben göttl[ich] verehrt werden; worin eben der Götzendienst besteht. 802 Einfügung am Seitenrand [32vl] „Bei geist[i]g höher stehenden Völkern“ ist unabgeschlossen und wurde gestrichen. 803 „d[ie] G[o]tth[ei]t“ über der Zeile. 804 „freieste Forschu[n]g -“ unter der Zeile. 805 „Das rel[i]g[iö]s[e] Gefühl ist bei d[ie]s[e]n noch soz[u]s[a]g[e]n ein Vagabund, bald dahin [,] bald dorthin sich wendend, überall suchend die Realität, die Wirklichkeit, jenes göttl[iche] Bildn[i]s [,] das im Wesen des Menschengeistes als Idee ruht. In Allem [,] was frappant ist, was ihm auffällt [,] glaubt er wieder die Gotth[ei]t, deren Ahnung er in sich trägt [,] wirkl[ich] zu finden, u[nd] nimmt es ohne Bedenken dafür auch an, bis er enttäus[c]ht ist [,] d.h. bis er den erwartet[en] Vortheil, S[c]hutz [,] Hülfe bei sein[en] Unternehmungen nicht findet. Dann wirft er aber auch sein[en] Fetis[c]h ohne weiters weg u[nd] sucht sich ein[en] andern, vermeintlich beßren. Denn das Kriterium, woran der Rohe, Wilde seine[n] Glaub[en] prüft [,] ob er wahr sei [,] ist eben sein[em] Zustand angemessen noch ganz äußerl[ich], den äußerl[ichen] Nutzen, der Hülfe [,] die ihm s[ein] Gott gewähren soll - (das ist des Wilden R[e]l[i]g[io]nsphilosophie) [.] Die R[e]l[i]g[io]n besteht hier mehr in einem Suchen des Göttlich[en] unt[er] d[en] Geg[en]st[ä]nd[en] d[e]r Natur - vollkommenste R[e]l[i]g[io]ns-Freih[ei]t herrs[c]ht hier in Betreff der äuß[eren] R[e]l[i]g[io]ns[-]Ueb[u]ng - jeder ahnt d[ie] G[o]tth[ei]t u[nd] betet [n]i[c]ht blos nach seiner Weise - sond[ern] jeder wählt sich s[einen] Götz[en] nach s[einem] Belieb[en] u[nd] Willkühr [.] Ueb[r]ig[en]s ist d[a]s merkwürd[i]g, d[a]ß kein Wilder, wenn er s[einen] Götzen wegwirft [,] weil er die erwartete Hülfe nicht erlangt hat, nun glaubt [,] ohne solch[en] leb[en] zu könn[en] - sond[ern] immer wählt er sich wied[e]r ein[en] ander[n.]“ am Seitenrand [32vl] eingefügt. 806 „sichtbaren“ über der Zeile. <?page no="114"?> 104 7) Endlich finden wir auch noch als constantes Element der Religion den Glauben, daß eben diese jetzt noch 808 unsichtbare göttl[iche] Welt das Ziel sei [,] dem das Leben auf d[ie]s[e]r sichtbaren Erde zuführt [,] u[nd] zwar durch den Tod hindurch; kurz [,] wir finden, bald heller [,] bald dunkler, den Glauben an eine Fortdauer des Menschen auch noch nach d[ie]s[e]m Erdenleben. Die Vorstell[u]ng[e]n v[on] d[ie]s[e]m jenseit[i]g[en] Leben sind freilich oft sehr roh u[nd] sinnlich, allein es ist hiemit gerade so wie mit den Vorstellungen v[on] der Gotth[ei]t od[er] den Göttern, daß sich näml[ich] die nähere Bestimmung des Inhalts des religiös[en] Glaubens gestaltet nach der sonstig[en] Bildungsstufe der Völker; die Unsterbl[i]chk[ei]tsidee od[er] der Unsterblichk[ei]tsinstinct d[e]r M[e]ns[c]hh[ei]t 809 beurkundet sich darin deßungeachtet deutlich genug. III) Das sind nun die wesentlichen Elemente [,] die sich in allen Religionen finden, die sich als constitutive Momente derselben betrachten laß[en], [32vr/ 33rl] I [.] Kap[itel] 810 §: 5 F[o]rts[e]tz[u]ng. die alle in innigem, nothwendigen Zusammenhang stehen und mit Consequenz sich v[on] einander ableiten laßen. Ist nämlich einmal die Ahnung 811 eines unsichtbaren, göttl[ichen] u[nd] mächtigen Wesens da od[er] der Glaube an Götter, so ist damit wie natürl[ich] zugleich der Glaube verbunden v[on] dem Einwirken d[ie]s[e]r göttl[ichen] Macht auf das Sichtbare; ist d[ie]s[e]r Glaube aber vorhanden, so ist auch d[a]s Bestreben der Menschen erklärlich [,] sich diese Macht geneigt zu machen, zu versöhnen, sich zu verbind[en] zum Beistand [,] u[nd] es wird als etwas Großes angesehen werden [,] zu wissen [,] wie dieß am besten geschehen könne, d[a]h[er] Priester u.s.w. Diese Grundelemente, welche jene große histor[i]s[c]he Erscheinung u[nd] Thatsache der Menschh[ei]t, die wir Religion nennen, constituiren, sind immer bei den verschieden[en] Völkern auf die manichfachste Art näher ausgeführt u[nd] modificirt u[nd] in die verschiedensten Religionsformen ausgestaltet [,] welche alle aufzuzählen u[nd] näher 812 nach ihren Eigenthümlichkeiten darzustellen [,] Aufgabe der Religionsgeschichte ist. Die Religionsphilos[ophie] aber hat, wie in d[er] Einl[ei]t[un]g bemerkt wurde, die Aufgabe, d[ie]se allgem[eine] Thatsache der Menschh[ei]t, der Religion [,] Grund, Ursprung u[nd] Entwickl[u]ng zu erforschen, den Inhalt derselb[en] philosophis[c]h zu prüfen u[nd] die Darstell[u]ng u[nd] Aeuß[e]r[u]ng derselben im Leben der Mens[c]hh[eit]. D[ie]s[e]s I. Kap[itel] hat es also zunächst mit dem Ursprung u[nd] d[er] Entwickl[u]ng der R[e]l[i]g[io]n zu thun. D[a]h[er] 807 „Unsichtbare“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „unsichtbare“. 808 „jetzt noch“ über der Zeile. 809 „d[e]r M[e]ns[c]hh[ei]t“ über der Zeile. 810 „Religionsphilos[ophie] 6“ am oberen Seitenrand [33rr] : „6“ bezeichnet den Bogen. 811 In der Zeile folgender unleserlicher Buchstabe gestrichen. 812 „darzu“ in der Zeile gestrichen. <?page no="115"?> 105 I [.] Th[ei]l V[om] Daseyn Gottes od[er] V[on] Urspr[u]ng, Entwickl[un]g u[nd] Bedeutung des Gottesbew[u]ßts[e]y[n]s 813 Ursprung der Religion. 814 I) Da die Philosophie der Religion durchaus auf das Thatsächliche, das Historische gegründet [,] nicht aber in jed[em] Sinne voraussetz[u]ngslos 815 [,] à priori construirt werden 813 „§: “ gestrichen. 814 „§: 6 Aussagen der R[e]l[i]g[io]n üb[er] sich selbst“ gestrichen. Randbemerkung [33rr] : „Grund u[nd] Urspru[n]g - obj[ective] u[nd] subj[ective] B[e]di[n]g[un]g[en] I [.] V[om] Daseyn der R[e]l[i]g[io]n = Wahrh[ei]t d[e]r R[e]l[i]g[io]n II [.] V[om] Inhalt der R[e]l[i]g[io]n = d[ie] wahre R[e]l[i]g[io]n III [.] V[om] Leben d[er] R[e]l[i]g[io]n = Bethät[i]g[un]g - Wahrh[ei]t in d[er] R[e]l[i]g[io]n (subj[ectiv]) I [.] Th[ei]l Ueb[er] Ursp[run]g u[nd] hist[orische] Entwi[c]kl[un]g (d[er] R[e]l[i]g[ion] [„G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn]“ über der Zeile] od[er] v[om] Dasey[n] u[nd] der Wahrh[ei]t der R[e]l[i]g[io]n od[er] Das[e]y[n] Gottes a) Währ[en]d and[ere] Metaphys[ik] mit d[em] abstractest[en] B[e]gr[i]ff - Urseyn - Urwesen - höchstes Seyn etc. beginn[en] - als wüßt[en] sie d[ie]s[e] s[c]h[on] vor d[em] D[en]k[en] - b[e]gi[nnen] wir [e]i[ne] (? ) Vorstufe (? ) zu g... (? ). Welch[en] Ursp[run]g nahm d[ie] R[e]l[i]g[io]n (G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn] (? )] Wod[u]r[c]h kam[en] die M[en]s[c]h[en] dar[a]uf [,] si[c]h [n]i[c]ht [m]it d[er] Erde zu begnüg[en] gl[e]i[c]h d[en] Thieren [.] -“ An dieser Stelle wird eine andere Randbemerkung [33rr] eingeschoben: „Die Frage ist nun hier nach dem Urspr[u]ng d[ie]s[e]r groß[en] allgem[einen] Thatsache in d[er] Mens[c]hh[ei]t, d[ie]s[e]r R[e]l[i]g[io]n [,] wie man sie nennt. Wie kam denn die M[e]ns[c]hh[ei]t dazu [,] ein Göttliches zu glauben, ein Unsichtbares mitten in d[ie]s[er] Welt des Sichtbaren, u[nd] ihr ganzes Verhalten nach d[ie]s[e]m [ursprüngliches „d[ie]s[e]s“ durch Überschreibung zu „d[ie]s[e]m“ korrigiert] Unsichtbaren angenommen[en] [„angenommen[en]“ über der Zeile] Willen einzurichten, d[ie]s[e]s Unsichtbare, Göttliche zu fürcht[en,] zu lieben, um Hülfe anzurufen, es äußerl[ich] sich nahe zu bringen, endl[ich] gar zu ihm hinzustreben als zum Ziele d[ie]s[e]s Sichtbar[en], ird[i]s[c]h[en] Dasey[n]s [.] Das ist eine höchst auffallende Thatsache - die zwar uns, die wir daran v[om] erst[e]n Augenblick des Bewußts[eyns] daran gewöhnt sind, nicht so vorkommt - wohl aber der noch Nichts davon wüßte u[nd] nun auf einmal d[ie]se Bemerk[u]ng machte - wie d[ie] Völker ihr ganzes Leben nach ein[em] - Unsichtbar[en,] Göttlich[en] einrichten. - D[a]h[er] [ursprüngliches „Das“ durch Überschreibung zu „D[a]h[er]“ korrigiert] f[o]lgender §: “.] An dieser Stelle wird die erste Randbemerkung fortgeführt: „Was sagt d[ie]s[e] hist[orische] Ers[c]hei[n]u[n]g voraus - wod[ur]ch ist sie bedi[n]gt, wod[u]r[c]h wird sie mögli[c]h - wod[u]r[c]h wirkli[c]h [? ] - Wir beginn[en] also [m]it ei[ner] Thatsache - u[nd] zw[a]r [m]it ei[ner] ga[n]z bekannt[en], allgem[einen] Thatsache - u[nd] fors[c]h[en] n[ac]h Ursp[run]g i[m] I [.] Th[ei]l d[e]rs[e]lb[en.] - I [.] Abs[c]hn[itt: ] Ursp[run]g d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[e]y[n]s [„Philosophie der“ über der Zeile gestrichen] II [.] Abs[c]hn[itt: ] Entwickl[un]g des G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyns] Wir beginn[en] also mit ein[er] groß[en] Induction - betr[a]cht[en] eine Ers[c]hei[n]u[n]g, um Natur, Gesetz u[nd] Wesen ders[e]lb[en] zu erkenn[en]“. In der folgenden Zeile vorgesehene Überschrift „§: 6 Aussagen der R[e]l[i]g[io]n üb[er] sich selbst“ gestrichen. Vermutlich versteht sich die Randbemerkung [33rr] als Ersatz: „§ 1 Allgem[eines] Bewußtseyn d[er] Menschh[ei]t üb[er] den Ursprung der Religion [„d[e]s G[o]tt[e]sbewußts[e]y[ns] über der Zeile] u[nd] v[om] Dasey[n] Gott[e]s. I [.] Th[ei]l V[om] Wesen u[nd] [„Wesen u[nd]“ über der Zeile] der Wahrheit der R[e]l[i]g[io]n - od[er] v[om] Dasey[n] G[o]tt[e]s Die Untersuch[un]g will d[ie]s[e]n [ursprüngliches „d[ie]s[e]s“ durch Überschreibung zu „d[ie]s[e]n“ korrigiert] Zweck d[a]d[urc]h erreich[en], d[a]ß a) Ursp[r]u[n]g, B[e]di[n]g[un]g etc. d[er] R[e]l[i]g[ion] - b) E[n]twickl[un]g u[nd] B[e]di[n]g[un]g d[e]rs[e]lb[en] u[n]tersuch[t] w[er]d[en]“. <?page no="116"?> 106 soll, so müssen wir auch gleich bei d[ie]s[e]r ersten Untersuchung fragen: Was sagt die Religion selbst [33rl/ 33vr] über ihre Herkunft, welches Zeugniß legt sie selbst über ihren Ursprung ab; woher haben, nach dem allgemeinen Bewußtseyn u[nd] der Tradition der verschiedenen R[e]l[i]g[io]nen, die Menschen diesen Glauben an Gott u[nd] all’ die übr[i]g[e]n damit in engem Zusammenhang stehenden religiösen Lehren oder Ahnung[en] erhalten? Und hier herrscht, mit Ausnahme etwa der verkommensten, niedersten Stufe derselben, große Einstimmigkeit. Alle R[e]l[i]g[io]nen 816 näml[ich] bezeugen v[on] sich, daß sie v[on] der Gotth[ei]t od[er] den Göttern selbst abstammen. In all[en] R[e]l[i]g[io]nen ist es ein Satz des Glaubens, daß die Götter selbst die Menschen uranfänglich belehrt haben über ihre Entsteh[u]ng, ihr Daseyn, ihre Pflichten u[nd] ihr Endziel. Also der Ursprung der Religion ist wesentl[ich] ein Werk der G[o]tth[ei]t selbst, ist gegeben, vermittelt durch göttliche Off[e]nb[a]r[u]ng. II) Betrachten wir dieß im Einzelnen näher, so finden wir 1) daß schon die Fetis[c]hdiener, also diej[enigen], welche auf der tiefsten Stufe religiös[er] Bild[u]ng stehen, die Gotth[ei]t od[er] die Götter nur darum ehren, anbeten u[nd] fürcht[en], weil sie sich off[e]nbaren in den Naturers[c]hein[u]ng[e]n, im Donner u.s.w. [,] üb[e]rh[au]pt entwed[er] in Schrecknissen der Natur od[er] in Wohlthaten u[nd] glücklichen Ereignißen. (Das sind Off[e]nb[a]r[u]ng[e]n, sind ihre Gott-Gesandten). od[er] in auffall[en]d[en] Ding[en] - d[a]s Auffall[en]d[e] ist ih[nen] Off[e]nb[a]ru[n]g [.] 817 2) Die höher stehenden R[e]l[i]g[io]nen aber wissen gewöhnl[ich] gewisse Gotth[ei]t[e]n 818 zu nennen, welche den Mens[c]hen Belehr[u]ng ertheilten, unmittelbar, od[er] wenigstens Männer, die v[on] den Göttern unmittelbar belehrt diese Off[e]nb[a]r[u]ng ihrerseits wieder ihrem Volke mittheilten u[nd] v[on] diesen als Propheten, Gottges[a]ndte, R[e]l[i]g[io]nsstifter anerkannt u[nd] verehrt wurden. a) So 819 schreiben z.B. die Indier 820 den Ursprung ihrer Relig[ion] dem erst[en] u[nd] vorzügl[i]chst[e]n ihrer G[o]tth[ei]t[e]n, dem Brahma selber [,] zu u[nd] behaupten [,] ihre hl. Bücher 821 [,] in denen ihre religiös[en] Lehren u[nd] Verordnungen enthalten sind, gelten ihnen als 822 das 823 Werk d[ie]s[e]r G[o]tth[ei]t selbst, das von ihr den Menschen als g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng mitgetheilt ward. 815 „in jed[em] Sinne voraussetz[u]ngslos“ über der Zeile. 816 „R[e]l[i]g[io]nen“ über der Zeile. 817 „od[er] in auffall[en]d[en] Ding[en] - d[a]s Auffall[en]d[e] ist ih[nen] Off[e]nb[a]ru[n]g“ nachträglich in die Zeile eingefügt; daher auch die irrtümliche Kleinschreibung nach dem Punkt. 818 Randbemerkung [33vl] : „Der Impuls also geht auch hier v[on] d[er] G[o]tth[ei]t aus [,] ni[c]ht v[on] M[en]s[c]h[en]“. 819 „wissen“ in der Zeile gestrichen. 820 „die Aelt[ere] (? ) Br[a]hmanische R[e]l[i]g[io]n “ über der Zeile. 821 „Veda’s“ über der Zeile. 822 „gelten ihnen als“ in der Zeile gestrichen, „für“ über der Zeile ebenfalls gestrichen; Ersatzwort über der Zeile unleserlich. 823 „das“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „ein“. <?page no="117"?> 107 b) Bei den alten Aegyptiern galt 824 der Gott Thoyt od[er] Hermes Trismegistos als der 825 [,] von dem [33vr/ 34rl] alle religiösen Belehr[u]ng[e]n herstammen; ja schon vor Erschaff[u]ng der Welt wurde nach dem Glauben der Aegyptier d[ie]se Off[e]nb[a]r[u]ng für die Menschen aufgezeichnet u[nd] dann mitgetheilt (d[er] Sinn ist göttl[icher] Weltplan, Idee u[nd] Weltgesetze) (Schreibmateriali[en].) 826 c) So werden auch alle diej[enigen,] welche als Stifter neuer Religionen auftraten, od[er] alte Religionen v[or] ihr[em] Verfalle retteten u[nd] zu neuer Blüthe brachten, durchaus als göttlich belehrte od[er] inspirirte betrachtet, als solche [,] die ihr Werk vollbrachten unter Einwirk[u]ng, im Auftrage der Gotth[ei]t selbst, u[nd] belehrt v[on] ihr. So gilt also z.B. Confucius, der etwa 6 J[a]hrh[underte] vor Christus das Chinesische Religionswesen änderte u[nd] vereinigte [,] als solche göttl[iche] Auctorität. Buddha 827 , der am 828 wahrscheinlichsten eb[e]nf[a]lls wie Moses 829 5-6 J[a]hrh[underte] vor Christus in Indien als Reformator der Indis[c]h[en] R[e]l[i]g[io]n auftrat u[nd] dessen Lehre in Asien solche Ausbreitung gefunden hat, daß sie 830 noch jetzt unter allen Religionen 831 (selbst die christl[iche] nicht ausgenommen) die meisten Anhänger zählt (mehr als 300 Millionen), gilt bei seinen Anhängern nicht blos als göttl[ich] inspirirter Prophet, sond[ern] geradezu als Incarnation einer Gotth[ei]t selbst; u[nd] d[a]h[er] seine Lehre als göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng. Wie Confucius bei den Chinesen die allen, als göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng[e]n geltenden rel[i]g[iö]s[en] Vorstellungen u[nd] Lehren sammelte u[nd] zur Geltung brachte - so that ein Gleiches Zoroaster (Zerduscht) bei den Persern u[nd] gilt bei d[ie]s[e]n als rel[i]g[iö]se Auctorität 832 , als solcher, der göttl[ich] dabei geleitet ward. Und Ähnliches findet sich allenthalben auch bei den übrigen Völkern. Die Seher u[nd] Orakel 833 bei Griechen u[nd] and[eren] Völkern galten als göttl[ich] begeistert. Und allenthalben, wo man Lehren als rel[i]g[iö]se Glaubenssätze für wahr annahm, geschah es nicht [,] weil d[ie]s[e]r od[er] jener Mann sie behauptete u[nd] für wahr erklärte, sond[ern] weil er sie für göttl[ich] eingegeben od[er] geoffenbart erklärte. Kurz [,] in Sachen der Rel[i]g[io]n galt u[nd] gilt allenth[a]lb[e]n nach dem Zeugniß der R[e]l[i]g[io]nsges[c]hichte nie mens[c]hliche, sond[ern] nur 834 göttl[iche] Auctorität [,] d.h. 835 die [34rl/ 34vr] menschl[iche] nur in so weit [,] als sie sich für göttl[ich] ausgab u[nd] dafür gehalten ward. 824 „galt“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile mit Klammern versehenes „war es“. 825 „als der“ über der Zeile. 826 Randbemerkung [34rr] : „D[ie] R[e]l[i]g[io]nss[c]hrift[en] der Chines[en] v[on] göttl[ichem] Ansehen. Der Chinese glaubt, die hieroglyph[ische] Tafel Lophu sei in d[er] Vorzeit (2200 v. Chr.) dem Kais[er] Yu v[om] Himmel selbst gegeb[en] worden; d[ie]s[e] Tafel erklärt im Hung-tun, ‘dem erhaben[en] Gesetz, der Grundregel’“. 827 „(Gautama)“ über der Zeile. 828 „am“ über der Zeile. 829 „wie Moses“ über der Zeile. 830 „sie“ über der Zeile. 831 Unleserliche Wörter über der Zeile. 832 „(die alt[e] Deut... (? ))“ am Seitenrand [34rr] . 833 „u[nd] Orakel“ am Seitenrand [34rr] in die Zeile eingefügt. 834 „nur“ über der Zeile. <?page no="118"?> 108 III) Beruht nun auch d[ie]s[e]r Glaube d[er] Völker 836 an göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng ihrer R[e]l[i]g[io]nswahrh[ei]t[e]n der wahren Off[e]nb[a]r[u]ng d[es] A[lten] u[nd] N[euen] B[undes] 837 dem Judenth[um] u[nd] der ch[ri]stl[ichen] R[e]l[i]g[io]n gegenüber 838 auf Täuschung u[nd] Irrthum, so zeiget (sic! ) uns diese constante Thatsache, die Annahme näml[ich] einer Off[e]nb[a]r[u]ng von 839 Seite[n] der Gotth[ei]t als Ursprung der R[e]l[i]g[io]n, wenigstens [,] daß di[e]ß 1) 840 entweder hier noch Spuren 841 einer traditionellen Kunde v[on] einer Uroffenb[a]r[u]ng G[o]tt[e]s an die Menschen vorhanden seyen; daß also d[ie]s[e]r Glaube auf einer wirkl[ichen,] am Anfange des M[e]ns[c]h[e]ngeschlechts geschehenen Off[e]nb[a]r[u]ng G[o]tt[e]s an die Mens[c]hen beruhe od[er] 2) 842 es gibt d[ie]s[e] constante An[n]ahme einer g[ö]ttl[ichen] Off[e]nb[a]r[u]ng dessen [,] was 843 als rel[i]g[iö]se 844 Wahrheit geglaubt wird 845 ; Zeugniß v[on] dem innern, naturnothw[en]d[i]g[en] Drang des menschl[ichen] G[ei]st [e]s, schlechterdings keine andere als eine 846 göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng u[nd] Auctorität in Sachen der R[e]l[i]g[io]n gelten zu laßen. 3) 847 Oder auch es kann beides zugleich der Fall seyn, wie es auch in der That nicht anders ist [,] wenigst[e]ns nach den Urkunden, die wir üb[er] d[ie] älteste Ges[c]hichte der M[e]ns[c]hh[ei]t besitzen. Wie indeß dem auch sei 848 , jedenf[a]lls sehen wir daraus: wie der Glaube an ein Unsichtbares, Göttliches [,] d.h. die Religion 849 allgemeine Thatsache der M[e]nschh[ei]t od[er] des menschl[ichen] Bewußtseyns, wenigstens in der Form der Ahnung, des dumpfen Gefühles ist; so ist auch bei der Frage nach dem Ursprung der R[e]l[i]g[io]n, die Antwort, die historis[c]h, also die v[on] d[er] Geschichte der M[e]ns[c]hh[ei]t u[nd] den Religionen gegeben wird [,] die, d[a]ß sie d[u]rch g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng entstanden sei; - der Glaub[e] an g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[arun]g 850 allg[emeine] Thatsache der M[e]nschh[ei]t. 851 835 Randbemerkung [34rr] : „Allgemein. - All[en]th[a]lb[en] galt in d[er] R[e]l[i]g[ion] [n]ie m[e]ns[c]hl[iche,] sond[ern] immer nur g[ö]ttl[iche] Auctorität -“. 836 „d[er] Völker“ über der Zeile. 837 In der Zeile folgendes „gegenüber“ eingeklammert und zusätzlich gestrichen. 838 „der wahren Off[e]nb[a]r[u]ng d[es] A[lten] u[nd] N[euen] B[undes] dem Judenth[um] u[nd] der ch[ri]stl[ichen] R[e]l[i]g[io]n gegenüber“ am Seitenrand [34vl] eingefügt. 839 Ursprünglich vorgesehenes „der“ durch Überschreibung zu „von“ korrigiert. 840 Randbemerkung [34vl] : „I[n] d[ie]s[em] Glaub[en] 1) Spur[en] ein[er] Uroff[en]b[a]r[un]g“. 841 „v[on]“ in der Zeile gestrichen. 842 Randbemerkung [34vl] : „2) Zeugniß für d[en] naturnothw[en]d[i]g[en] Dra[n]g d[e]s m[en]s[c]hl[ichen] G[ei]st[e]s [,] eine g[ö]ttl[iche] Auctor[i]t[ä]t anzuerk[ennen].“ 843 „man“ in der Zeile gestrichen. 844 „rel[i]g[iö]se“ über der Zeile. 845 „wird“ über der Zeile. 846 „eine“ über der Zeile. 847 Randbemerkung [34vl] : „3) Beid[e]s zugl[e]i[c]h.“ 848 Randbemerkung [34vl] : „Resultat“. 849 „d.h. die Religion“ über der Zeile. 850 „Ursprung“ über der Zeile gestrichen. 851 Einfügung am Seitenrand [34vl] : „Das wäre [n]u[n] zugl[e]i[c]h [„zugl[e]i[c]h“ über der Zeile] all[e]rdi[n]gs gl[e]i[c]h ei[n] Bew[ußtseyn] für d[a]s Das[e]y[n] G[o]tt[e]s - d[enn] wi[e] d[a]s Bew[u]ßts[eyn] v[on] G[o]tt v[on] d[er] G[o]tth[ei]t stammt, - so [m]uß es eine G[o]tth[ei]t geb[en] - Erkläru[n]g d[e]s U[r]sp[run]gs d[er] <?page no="119"?> 109 IV [)] D[ie]s[e]s allgem[eine] Bew[u]ßts[eyn] der M[e]nschh[ei]t üb[er] d[en] Urspr[u]ng der R[e]l[i]g[io]n ist nun allerdings v[on] Gewicht u[nd] ist vorläufig eine Antwort auf d[ie] Frage nach der Entst[e]h[u]ng der R[e]l[i]g[io]n. 852 Allein uns[ere] Aufgabe ist [,] d[ie]se Frage nicht historisch [,] s[o]nd[ern] 853 philosophis[c]h zu beantworten, um so mehr 854 [,] da hier die histor[i]s[c]h[e] Antwort nicht auf ganz sichren, klaren histor[i]s[c]h[en] Zeugnissen [,] sond[ern] auf dunklen Ueberlief[e]r[u]ng[e]n aus grauer, unerfors[c]hl[icher] Vorzeit beruhen, die sich ihrer Ferne wegen strenger, wiss[e]ns[c]h[aftlicher] Forschung unzugänglich zeigen. 855 [34vr/ 35rl] B[e]gr[i]ff - u[nd] Einth[ei]l[un]g 856 R[e]l[i]g[ion], wäre zugl[e]i[c]h Bew[ußtseyn] f[ür] d[a]s Das[e]y[n] G[o]tt[e]s [.] - Indeß - B[e]deut[un]g d[ie]s[e]s hist[orischen] Zeugnißes üb[er] d[en] Ursp[run]g der R[e]l[i]g[io]n -“. 852 Einfügung am Seitenrand [34vl] : „Und d[a]s Zeugniß hat w[en]igst[en]s Gewicht, so lange nicht die Fals[c]hh[ei]t od[er] Unmögl[i]chk[ei]t ei[ne]s solch[en] Ursp[r]u[n]gs bewiesen ist. -“ 853 „historisch [,] s[o]nd[ern]“ über der Zeile. 854 „die“ in der Zeile gestrichen. 855 Das hier beginnende Blatt [35rl-35vr] bildet einen Einschub. Randbemerkung [34vl] : „NB [: ] a) Wir [m]üß[en] d[as] Bew[ußtseyn] wiss[en]s[c]h[a]ftl[ich,] d.h. aus der Natur d[e]r Sache heraus erfors[c]h[en.] (W[enn] [n]i[c]ht direct - doch indirect - … (? )) Wir [m]üß[en] u[n]tersu- [c]h[en] u[nd] zeig[en,] wie [.] - b) Die D[en]knothw[en]d[i]gk[ei]t zu zeig[en] - den nothw[en]d[i]g zu denk[en]d[en] Ursprung. Zu zeig[en,] wie d[er] U[r]sp[run]g d[er] R[e]l[i]g[ion] ihrer Natur gemäß gedacht w[e]rd[en] [m]uß - od[er] nicht nicht geda[c]ht werd[en] kann u[nd] [n]i[c]ht g[e]dacht w[er]d[en] k[ann]“. 856 Das hier beginnende Blatt [35rl-35vr] bildet einen Einschub. Randbemerkung [35rr] : „ad Einl[ei]t[un]g [“R[e]l[i]g[io]nsphil[o]s[ophie] - Metaphys[ik]” am oberen Seitenrand [35rr] . (25 [.] Apr[il] 1861) (5 [.] Mai 1862) (5 [.] Mai 1863.) (25 [.] Apr[il] 1864.) M[eine] H[erren! ] Alle Mögl[i]chk[ei]t, Berecht[i]g[un]g u[nd] Nothw[e]nd[i]gk[ei]t der Philos[ophie] in A) a) der Auff[a]ß[un]g [,] die ich geltend mache [,] beruht auf d[em] Unters[c]hied v[on] Seyn (W[er]den) u[nd] Vollkomm[en]seyn - (Wahrh[ei]t = Thatsächl[i]chk[ei]t od[er] Idealität) - das Wirkl[iche] nicht = Vernünft[i]g[e] u[nd] umgekehrt. b) Fällt d[ie]s[er] Unt[e]rs[c]h[ie]d [,] dann auch die Philos[ophie] in d[ie]s[er] Auff[a]ß[un]g [,] aber auch üb[er]h[au]pt alle Phil[o]s[ophie] u[nd] nur noch d[as] empir[i]s[c]he Wiss[en] hat Recht zu b[e]steh[en.] c) Davor aber sind wir, glaube ich [,] sicher - denn d[ie]s[e]r Unt[e]rs[c]h[ie]d b[e]zeugt a. das unmitt[e]lb[are] M[e]ns[c]h[en]bewußts[eyn], das mit d[em] bloß[en] S[e]y[n] si[c]h [n]i[c]ht beg[n]ügt b. die Arbeit u[nd] d[er] Forts[c]hritt in der Geschichte g. Selbst die Natur - d[u]rch ... (? ) u[nd] E[m]pfind[un]g. d. Moralgesetz … (? ) B) Philos[ophie] also ist Erk[e]n[n]tniß der Wahrh[ei]t im Sinne v[on] Vollkomm[en]h[ei]t - da[m]it ist kein[e] and[ere] Auff[a]ß[un]g zu verbi[n]d[en.]“ Weitere Randbemerkung [35rr] : „(9 [.] Mai 1859) I [.] [„I“ im Nachhinein unter die Zeile gesetzt] M[eine] H[erren! ] Was nicht ist (Nichts, Nichtseyende) [,] das hat auch a) nichts vonnöthen, dem fehlt auch nichts, hat kein Bedürfniß. b) Was aber ist, existirt u[nd] weiß [,] d[a]ß er ist [„u[nd] weiß [,] d[a]ß er ist“ über der Zeile], dem genügt die bloße Existenz, das bloße Seyn nicht. D[a]s bloße Seyn ist so wenig [unleserliche Wörter über der Zeile], daß es (uns) [„(uns)“ über der Zeile] weniger ist als Nichts, insofern wenigstens, als das Nichtseyende kein Bedürfniß hat; d[a]s bloße Seyn aber hat ein Bedürfniß - das Bedürfniß einer bestimmt[en] Art u[nd] Vollend[un]g d[e]s S[e]yns - das B[e]dürfniß des Vollkommenod[er] Beglücktseyns [,] d[a]s Absol[u]t[e] ausgen[ommen] b... (? ) <?page no="120"?> 110 I [)] Unter Metaphysik (im allgem[einen] Sinn) versteht man (den bisher[i]g[en] in d[er] krit[i]s[c]h[en] Metaphys[ik] gegeb[enen] Erört[erun]g[en] zufolge) 857 die wissenschaftl[iche] Erfors[c]h[u]ng, Erkenntniß und Darstellung des Absoluten oder Gottes. a) Insofern hiebei 858 die histor[ische] Thatsache der R[e]l[i]g[io]n od[er] das (emp[i]ris[c]h) gegeben[e] Gottesbew[u]ßts[eyn] zu Grunde gelegt wird [,] ist sie zugl[ei]ch 859 Religionsphilosophie [.] - b) Insofern das Princip, die Quelle [,] Norm u[nd] Kriterium des Erkennens hiebei nichts anders als die mens[c]hl[iche] Vernunft (mit ihr[em] immanent[en] G[e]halt und Kraft ist) [,] ist sie Vernunftwissens[c]haft im Unterschied v[on] d[er] posit[iven] Theologie als der Glaubenswissenschaft. c) Insofern alle and[ern] philos[ophischen] Disciplinen sich auf d[ie]se Erkennt[ni]ß des Absoluten oder in sich Vollkommen[en] gründ[en] u[nd] ihr[en] philos[ophischen] Charakter erhalten, ist sie Fundamentalphilosophie od[er] Centralphilosophie. [„d[a]s Absol[u]t[e] ausgen[ommen] b... (? )“ über der Zeile]. [Randbemerkung [35rr] : „d[a] S[e]y[n] u[nd] Vollk[ommen]s[eyn] id[en]tis[c]h s[e]y[n] [m]uß“] c) Das Seyn allei[n] z.B. [„b“ in der Zeile gestrichen] genügte dem M[e]nsch[e]n so wenig, d[a]ß es ih[n] zur Verzweiflung bringt, daß er es geringer achtet als Nichts, weil an Vernichtung d[ie]s[e]m Seyn vor ... (? ) Er will irg[e]ndwie vollkommen, beglückt sey[n], also z[um] bloß[en] Sey[n] noch etwas hinzu, das dems[e]lb[en] erst Werth u[nd] Bedeut[un]g verleiht. - [„Spinoza“ am Seitenrand [35rr] ] Darauf g[r]ü[n]det si[c]h der mä[c]ht[i]gste ... (? ) polit[ische] Trieb [,] der no[c]h (? ) Forts[c]hritt, ... (? ) ... (? ) etc. II [.] [„II“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt] d) Hierauf gründet sich, so so[n]derb[a]r es schein[en] mag, die [„die“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „das“] Berecht[i]g[un]g, Bedeut[un]g u[nd] Nothw[en]d[i]gk[ei]t der Philosophie. Man unterscheidet näml[ich] b[e]i d[e]r Betra[c]ht[un]g d[e]s Daseyend[en] - d[e]s Sey[ns], Wirkl[i]chk[ei]t, Thatsächl[i]ch[en] u[nd] Vollkommensey[ns], Idealität. [„(bei Spinoza - Realität u[nd] Vollk[ommen]h[ei]t ... (? )) Ein u[nd] d[a]ss[e]lbe“] Also eine dopp[elte] Wahrh[ei]t - Mit der erst[en] b[e]s[c]häft[i]g[en] si[c]h die posit[iven,] empiris[c]h[en,] d.h. nicht philos[ophischen] Wiss[e]ns[c]h[a]ft[en,] mit der zweit[en] die Phil[o]sophie - nicht blos [m]it d[em] S[e]y[e]nd[en,] s[o]nd[ern] [m]it d[em] wahrh[a]ft Sey[en]d[en] - [n]i[c]ht blos ... (? )“. Darunter [35rr] : „B[e]gr[i]ff der Philos[ophie] Peripheris[c]he Philos[ophie] Centralod[er] Funda[men]talphil[o]s[ophie] R[e]l[i]g[io]nsphil[o]s[ophie] od[er] Metaphysik im ...sten (? ) Sinn. R[e]l[i]g[ion]sphil[o]s[ophie] in B[e]zug [m]it Meth[o]de ... (? ) Ueb[er] Methode [,] Princip etc. ... (? ) „Einl[ei]t[un]g in d[ie] Phil[o]s[ophie] etc“. Weitere Randbemerkung [35rr] : „3 [.] Mai 1860) a) was Philos[ophie] [n]i[c]ht s[e]y b) was sie sey c) was F[un]d[amen]t[a]lphilos[ophie] sey d) wie sie [en]tstehe“. 857 „Die Wiss[e]ns[c]h[aft,] die uns in d[ie]s[er] St[un]de be... (? ) [,] ist die v[on] Gott, d[e]s G[ö]ttl[ichen,] Absolut[en] - ist R[e]l[i]g[ionsphil[o]s[ophie,] Metaphysik [,] Fu[n]dam[en]talphil[o]s[ophie]“ nachträglich in die Zeile eingefügt. 858 „(Nicht aus Natur u[nd] V[ern]u[n]ft all[e]i[n])“ über der Zeile. - Randbemerkung [35rl] unleserlich. 859 „zugl[ei]ch“ über der Zeile. <?page no="121"?> 111 d) In Bezug auf d[en] Uebersi[nn]l[ichen] (sic! ) [,] Uebernatü[r]l[ichen] I[n]halt h[ei]ßt d[ie] Wiß[e]ns[c]h[a]ft - Metaphysik. - 860 II [)] Nach d[ie]s[e]r Auffaßung gestaltet sich auch die Eintheil[u]ng des ganzen metaphys[ischen] Systems [.] - 861 a) Andere Wissenschaften haben den G[e]g[e]nstand ihrer Untersuch[u]ng unmitt[e]lb[a]r gegeb[en,] in unmittelb[arer] Gewißh[ei]t vor sich, so daß sie nicht erst um das Daseyn sich zu kümmern brauchen, da es ohnehin gewiß ist [.] - Bei der Metaphys[ik], die d[a]s Absolute od[er] Gott erk[e]nnen will [,] ist es nicht so, sond[ern] da ist die erste Aufg[a]be [,] Daseyn, Objectivität des Absoluten od[er] G[o]tt [e]s selbst zu erfors[c]hen [,] ehe man die B[e]s[c]haff[e]nh[ei]t u[nd] Wirks[a]mk[ei]t d[e]sselb[en] erkennen kann [.] - 862 Und gerade um d[ie]s[e] erste, Fundamentalaufgabe zu lösen [,] gibt es [,] wie wir sehen, kei[nen] andern Weg als die Untersuchung über die Thatsache des Gottesbewußts[eyns] in der Mens[c]hh[ei]t. D[a]h[er] ist die erste Aufgabe der Met[a]phys[ik] die [,] Ursprung, Grund u[nd] Wes[en] der R[e]l[i]g[ion] selbst zu erfors[c]h[en], um die Beding[un]g[en] der Mögl[i]chk[ei]t u[nd] Wirkl[i]chk[ei]t d[ie]s[e]r Thatsache zu erk[ennen] und das Wes[en,] [35rl/ 35vr] die Wahrh[ei]t daran zu prüfen [.] - 863 Da muß si[c]h entscheid[en], ob d[ie]se Erscheinung mögl[ic]h,] wirkli[c]h, v[e]r[nün]ft[i]g etc. sey ohne obj[ectives] Dasey[n] G[o]tt[e]s. Eig[en]tl[iche] R[e]l[i]g[ion]sphilosophie [.] b) 864 Die weitere Aufgabe der Metaphys[ik] ist dann, das Absolute selbst in s[einem] Wesen, s[einer] Thät[i]gk[ei]t u[nd] in 865 seinen Geschöpfen, sei[nem] V[e]rh[ä]ltniß 866 zur Welt genauer zu erforsche[n] 867 . Das wiederum d[ur]ch kritische: (sic! ) u[nd] constructive Betra[c]ht[un]g der pract[i]s[c]h u[nd] historisch in d[er] R[e]l[i]g[io]n 868 schon gegeb[enen] Lösung hierüber. D[a]h[er] der I[n]halt des G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyns] u[nd] der R[e]l[i]g[io]n zu betr[ac]ht[en] ist [.] - (Eig[en]tl[iche] Metaphysik) [.] c) Endlich soll die Metaphysik die Grundl[a]ge der andern philos[ophischen] Disciplin[en] werd[en], d.h. d[ur]ch Erkennt[n]iß d[e]s Absolut[en] ist philos[ophische] Betr[ac]ht[un]g alles üb[ri]g[en] Das[e]y[n]s, i[n]sb[e]s[ondere] d[e]s m[en]s[c]hl[ichen] Leb[en]s u[nd] Wirk[en]s ermögli[c]ht [.] - Es müß[en] i[n] ihr die Keime der and[eren] 860 Randbemerkung [35rl] : „Verschied[ene] Auff[a]ß[un]g[en] d[e]rs[e]lb[en]“. 861 Nachträgliche Einfügung in und unter der Zeile unleserlich. 862 Randbemerkung [35rl] : „d[a]d[ur]ch d[a]ß di[e] Metaphys[ik] zuerst v[om] Daseyn, ... (? ) d[a]s Absolut[e] zu handeln hat [,] unterscheidet sie sich etc. Vers[c]hied[ene] Art[en] d[ie]s[e]r E[r]k[enn]t[ni]ß zu gewinn[en] - Naturbe... (? ) [,] Construct[ion] à priori [,] G[ei]st[e]s ... (? ) [,] Selbstbewußts[eyn]“. Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „Man fängt aber darum doch [n]i[c]ht [m]it Nichts an, um d[u]rch Constructi[on] d[a]s E[r]k[enn]t[n]ißobj[ect] zu s[c]haff[en.]“ 863 Randbemerkung [35vl] : „D[ie]se Wahrh[ei]t ist bedingt du[r]ch die Objectivität des Inhalts des Gottesbew[u]ßtseyns - u[nd] umgekehrt. Mit dem Einen ist zugleich auch das andere bewiesen.“ 864 „Inhalt“ in der Zeile gestrichen. 865 „in“ über der Zeile. 866 „Relation“ über der Zeile. 867 „erforsche[n]“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile gestrichenes „betracht[en]“. 868 „in d[er] R[e]l[i]g[io]n“ über der Zeile. <?page no="122"?> 112 philos[ophischen] Disciplin[en] enth[a]lt[en] sey[n] - insb[e]s[ondere] derer, die das m[en]s[c]hl[iche] Wirk[en] u[nd] Leb[en] betreff[en,] die socialphilos[ophischen] Disciplinen [.] - Auch hier wird d[ie] pract[i]s[c]he Lös[un]g zu Gru[n]de gelegt - die B[e]sti[mmun]g [men]s[c]hl[ichen] Th[un]s u[nd] Laß[en]s d[u]rch das G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßtseyn [.] - Es wird d[a]h[er] Cultus, K[i]r[c]he, Staat, Ku[n]st, Moral[i]t[ä]t philos[o]phisch betr[ac]htet werd[en] [m]üß[en.] - D[ie]s[er] Th[ei]l ist d[a]h[er] Ethik - im weitest[en] Sinn. (Eig[en]tl[iche] Fundam[en]talphil[o]s[ophie]) [.] 869 [35vr/ 36rl] I [.] Kap[itel] 870 §: 6 F[o]rts[e]tz[u]ng. 871 Es fragt sich nun, auf welche Weise können wir d[ie]se Frage philos[ophisch] beantworten? 872 - Dieß kann nun nicht anders geschehen a) als indirect 873 [,] als b) 874 direct psychologischem Wege durch Betrachtung der Natur des Menschen, des mens[c]hl[ichen] Gei- 869 Im Nachhinein am unteren Teil der Seite angefügte Notiz [35vr] : „Ueber d[a]s Princip - Princip[ium] esse[n]di Princ[ipium] cognoscendi (formal[)] nach welch[em] ... (? ) aus welch[en] dieß obj[ectiv] ausgedrü[c]kt [.] - D[a]s P[r]i[n]cip [m]uß aber au[c]h a) subj[ective] Wurzel hab[en] i[m] Subj[ect] (Cartes[ius]) b) u[nd] [m]uß eig[en]th[üm]l[ich] sey[n,] homogen d[em] G[e]g[en]st[an]d für Metaphysik ... (? ) Idee - V[e]r[n]u[n]ft ... (? ) [.] Ueb[er] d[a]s V[er]h[ä]lt[ni]ß zur Auct[orität] Ueb[er] d[ie] Selbstst[än]d[i]gk[ei]t - Fr[e]ih[ei]t [.] - Die] Wiss[enschaft] [m]uß fr[e]i sey[n] wie die Ku[n]st [,] d[enn] sie ist [nic]ht Rhetor [„Rhetor“ korrigiert durch Streichung ursprüngliches „Rhetorik“] od[er] Advokat [.] -“ 870 „Religionsphilos[ophie] 7“ am oberen Seitenrand [36rr] ; „7“ bezeichnet den Bogen. Nach dem eingeschobenen Blatt [35rl-35vr] wird die [34vr] unterbrochene Fassung der Vorlesung zur Religionsphilosophie an dieser Stelle fortgesetzt. Die hier fortgesetzte Textfassung endet erst [198rl-199vr] . 871 Eingeklammerte Randbemerkung, deren Verortung im Haupttext unklar ist: „NB [: ] Selbst d[ie] Wilden glaub[en] nur vermeintl[ich] g[ö]ttl[icher] Auctorität. Sie meinen nicht [,] daß sie den Gott machen - ihren Fetis[c]h, sond[ern] daß er es ist, das meinen sie u[nd] darum wählen sie ihn. -“ 872 Randbemerkungen [36rr] : „Philos[ophische] Lösu[n]g d[er] F[ra]ge nach d[em] Ursp[run]g: Wie? “ Als Einfügung an dieser Stelle gekennzeichnet: „Direct könn[en] wir zunächst [„zunächst“ über der Zeile] kein[en] Bew[e]is führ[en] für die Richt[i]gk[ei]t d[ie]s[e]r Aussage - d[enn] di[e] Anfänge der M[en]s[c]hh[ei]t si[n]d uns[erer] Fors[c]h[un]g unzugä[n]gl[ich.] - Wir versuch[en] d[a]h[er] ein[en] indirect[en] ... (? ) Bew[eis] ... (? ) d[es] contradictor[ischen] G[e]g[en]th[ei]ls d[ie]s[e]r Aussage an. - Wir nehm[en] an [,] dem rel[i]g[iö]s[en] Bewußts[eyn] v[on] ein[em] Göttl[ichen] liege nichts wirkl[iches] obj[ectives] Göttl[iches] zu Grunde [.] - Dann ergeb[en] si[c]h [me]hr[e]r[e] Mögl[i]chk[ei]t[en] od[er] Hypothes[en,] wie danach d[ie]s[e]s Bew[u]ßts[eyn] in d[er] M[en]s[c]hh[ei]t e[n]tsteh[en] konnte - a) ob d[u]r[c]h Bet[r]ug u[nd] List b) od[er] Fu[rc]ht c) od[er] Freisi[nn]? Täus[c]h[un]g [? ] Kö[nnen] wir d[ie]se Mögl[i]chk[ei]t[en] ad absurdum füh[ren] - dann ist d[e]r Bew[eis] ... (? )“ - Der mit dieser Randbemerkung teilweise überschriebene Text ist nicht mehr rekonstruierbar. 873 „a) als indirect“ über der Zeile; in der Zeile folgendes „durch“ gestrichen. 874 „b) direct“ über der Zeile. <?page no="123"?> 113 stes in seinem Verhältniß zur (Religion) 875 . Auf diese Weise wird es uns möglich seyn [,] die Genesis der Religion zu erforschen; die Bedingungen [,] auf denen sie beruht [,] in ihr[em] Entstehen u[nd] die Thätigk[ei]t[e]n durch sie 876 sie hervorgebracht wird. Ehe wir aber an d[ie]se psychologische Untersuchung gehen, wollen wir erst die Versuche betrachten, die man schon 877 gemacht hat, um d[ie] Entst[e]h[u]ng der R[e]l[i]g[io]n zu erklären [,] u[nd] zwar th[ei]ls in histor[i]s[c]h[em,] th[ei]ls in philos[ophischem] Interesse. Die Erört[e]r[u]ng hierüb[er] wird uns zur eigentl[ichen] Lösung d[ie]s[e]r Frage vorbereiten u[nd] hinführen. D[a]h[er] §: 7 878 Falsche Hypothesen über d[en] des 879 Ursprungs der Religion. 880 I) Schon im Alterthum 881 fehlte es nicht an einzelnen Männern, welche 882 der Religion den göttl[ichen] Urspr[u]ng 883 [,] d.i. ihre Entsteh[u]ng d[u]rch Off[e]nb[a]r[u]ng u[nd] Belehr[u]ng v[on] Seite der Gotth[ei]t selbst, absprachen, u[nd] sie (d[ie] R[e]l[i]g[io]n) als eine rein natürl[iche] Erscheinung betrachteten, die aus zufälligen, äußern Ursachen entstanden sei [,] z.B. aus Furcht vor gewaltigen Naturerscheinungen: Timor deos fecit 884 , sagte ein Röm[ischer] Schriftsteller 885 . Dieß geschah freilich nicht in der Zeit der höchst[en] Blüthe des Alterthums - Griechenlands [,] mein’ ich [,] u[nd] Rom’s - [,] sond[ern] schon in der Zeit des Sinkens u[nd] Verfalls, als der Glaube an die alten Götter immer mehr schwand u[nd] die R[e]l[i]g[io]n den Einfluß auf das Leben [,] besond[ers] der Gebildeten, verlor. 886 - D[ie]s[er] Zustand wurde indeß bald beseitigt durch die 887 entstehende u[nd] sich ausbreitende Christl[iche] 888 Religion, die sich als die rechte, wirkl[iche,] göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng im Gegensatz zu dem falschen Götterglauben 875 „zur G[o]tt[e]sidee - G[o]tt[e]sbew[u]ßts[e]y[n].“ am Seitenrand [36rr] ersetzt im Nachhinein eingeklammertes „Religion“. 876 „sie“ hier irrtümlicherweise für „die“. 877 „schon“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile gestrichenes „bisher“. 878 „2)“ über der Zeile. 879 „Hypothesen über d[en]“ über der Zeile als Ersatz für im Nachhinein eingeklammertes „Erklärungen“. 880 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „od[er] d[a]s Contradictor[ische] G[e]g[en]th[ei]l d[e]s Zeugnißes d[e]r R[e]l[i]g[ion] (od[er] auch d[a]s contraere G[e]g[en]th[ei]l) [.] Indirecter Beweis für d[a]s Das[e]y[n] G[o]tt[e]s -“. Randbemerkung [36rr] : „NB [: ] Zuerst wäre v[ie]ll[ei]cht noch zu untersuch[en] - ob es zwingende Gründe gibt [,] d[ie]s[e]m allgem[einen] Zeugniß d[er] R[e]l[i]g[ion] zu widersprechen.“ Darunter die weitere Randbemerkung [36rr] : „Geschichtl[ich]“. 881 Randbemerkung [36rr] : „a) Erklär[un]g i[m] Alterth[um]“. 882 „welche“ korrigiert durch Streichung ursprüngliches „welchen“. 883 Einfügung am Seitenrand [36rr] : „welchen die R[e]l[i]g[io]nen v[on] sich behaupteten“. 884 „- Freigeister des Alterthums -” über der Zeile. 885 „Lucretius“ über der Zeile. 886 Randbemerkung [36rr] : „Protagoras - [„Lucretius“ über der Zeile] Ob Götter sey[en,] wisse er nicht -“. 887 „die“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile gestrichenes „aus“. 888 „Christl[iche]“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „Christenthum“. <?page no="124"?> 114 u[nd] zum Unglauben geltend machte. Von da an 889 dachte man über den Ursprung der außerchr[i]stl[ichen] R[e]l[i]g[io]nen, der heidnis[c]hen also 890 , wenig mehr nach u[nd] beschränkte sich darauf [,] den göttl[ichen] Ursprung des Chr[i]st[e]nth[ums] u[nd] [36rl/ 36vr] des Judenth[ums] darzuthun, bis man im vorig[en] Jahrh[undert] anfing [,] das Chr[i]st[e]nth[um] wissenschaftl[ich] zu bestreiten [,] namentl[ich] den göttl[ichen] Ursprung desselben [,] u[nd] dann auch, wie sich hienach ohnehin denken läßt, auch geg[en] d[ie] Rel[i]g[io]n übe[r]h[au]pt zu Felde zog u[nd] sie zu vertilgen strebte, dieß geschah namentl[ich] in Frankreich [,] 891 wo man es in der That bis dahin brachte, daß d[u]r[c]h Beschluß der Nationalvers[a]m[m]l[u]ng (1793) das Chr[i]st[e]nth[um] nicht nur [,] sond[ern] alle R[e]l[i]g[io]n abgeschafft wurde. Es blieb indeß nicht lang dabei; bald ließ man sich herbei [,] durch ein Dekret wenigstens ein „höchstes Wesen (être suprème) [“] anzuerkennen, bis in der Folge das Chr[i]st[e]nth[um] auch v[on] Seite der Reg[ie]r[u]ng wieder eingeführt ward. 892 Aber jene Theoret[ische] Bestreit[u]ng der R[e]l[i]g[io]n übe[r]h[au]pt - nicht blos des Chr[i]st[e]nth[ums] - hörte damit nicht auf u[nd] dauert noch jetzt fort. Denn auch jetzt noch ist, wie in allen Ländern Europa’s [,] so auch in Deutschl[an]d [,] die Zahl derer nicht gering, die v[on] einem göttl[ichen] Urspr[u]ng der R[e]l[i]g[io]n nichts wissen wollen, sond[ern] sie für ein natürlich[es] Gewächs der Erde, ja nicht selten für ein wucherndes Unkraut in der M[e]nsch[e]nwelt halten [,] das man je eher je lieber ausrotten müsse, u[nd] dieß entweder darum 1), weil sie an gar keinen Gott mehr glauben, also dem Atheismus huldigen, wo, wie sich v[on] selbst versteht, auch v[on] R[e]l[i]g[io]n nicht mehr die Rede seyn kann [,] 2) oder indem sie zwar eine Gotth[ei]t annehmen, aber diese in gänzl[icher] Entfernung v[on] d[er] Welt setzen, ihr gar keine Einwirk[u]ng auf dieselbe zuschreiben, also auch keine Off[e]nb[a]r[u]ng für die M[e]ns[c]hh[ei]t, u[nd] somit keinen g[ö]ttl[ichen] Urspr[u]ng für die R[e]l[i]g[io]n wollen gelten laßen; welche G[ei]st[e]sricht[u]ng man im Allgem[einen] mit dem Namen des „Rationalismus“ zu bezeichnen pflegt. Da nun aber doch die R[e]l[i]g[io]n 893 einmal da ist [,] u[nd] zwar als so großart[i]ge histor[i]s[c]he Erschein[un]g, daß sie nicht geläugnet werden kann [,] so suchte man nach einer Erklär[u]ng der Entsteh[u]ng ders[e]lb[e]n aus natürl[ichen], zufälligen, äußern Ursachen [.] - Wir wollen diese Erkl[ärun]g[en] 894 in Kürze untersuchen. II) a) 895 Die Religion, behauptete man 896 , ist ein Werk der [36vr/ 37rl] Willkühr, der Arglist, des Betruges. Sie ist erfunden worden durch die Priester od[er] Gesetzgeber, um das unwissende Volk durch Furcht vor einer Gotth[ei]t leichter im Zaume zu halten u[nd] beherrschen zu können. 889 Randbemerkung [36rr] : „b) Nach E[n]tst[e]h[un]g d[e]s Chr[i]st[e]nth[ums]“. 890 Einfügung am Seitenrand [36rr] : „über die Religion als allgem[eine] Erschein[un]g u[nd] Thatsache der M[e]ns[c]hh[ei]t“. 891 Randbemerkung [36vl] : „in neu[erer] Z[ei]t [,] pract[isch] in Fr[an]kr[eich]“. 892 Randbemerkung [36vl] : „Theor[e]t[ische] B[e]str[e]it[un]g d[e]s g[ö]ttl[ichen] Ursp[run]gs“. 893 „doch“ in der Zeile gestrichen. 894 „Erkl[ärun]g[en]“ über der Zeile. 895 Randbemerkung [36vl] : „a) R[e]l[i]g[io]n ein Werk d[er] Willkühr etc. [,] Priester u[nd] Gesetzgeber“. 896 „man“ über der Zeile eingefügt. <?page no="125"?> 115 Eine nähere Betracht[u]ng zeigt aber sogleich [,] 897 d[a]ß d[ie]se Erklär[u]ng des Urspr[u]ngs der R[e]l[i]g[io]n auf Gedankenlosigk[ei]t, auf historis[c]her u[nd] psy[c]holog[i]s[c]h[er] Unkenntniß beruht. 1) Wie ist es denn möglich, daß Priester die Relig[ion] erfanden, die doch selbst erst die nothw[e]nd[i]ge Beding[un]g des Daseyns der Priester ist. Ist ein Priester vor, also ohne die Religion denkbar? Gehen nicht die Priester erst aus der R[e]l[i]g[io]n hervor? 898 Man müßte also wenigstens sagen: Hervorragende, mehr als Andere begabte u[nd] gebildete Menschen haben den Glauben an eine Gotth[ei]t, also die R[e]l[i]g[io]n [,] erfunden u[nd] sich dann zu Dienern d[ie]s[e]r R[e]l[i]g[io]n u[nd] G[o]tth[ei]t, also zu Priestern gemacht. 899 2) Blicken wir aber auf die älteste Geschichte des Menschengeschlechts, so begegnen uns Völker im frühesten Alterthum, die R[e]l[i]g[io]n hatten, also an die Gotth[ei]t glaubten, ohne Priester 900 zu haben, z.B. selbst die Hebräer, hatten zur Zeit der Patriarchen des Abrah[am], Is[aak,] J[a]c[o]b etc. doch auch R[e]l[i]g[io]n, aber noch keine Priester; ähnl[ich] war es bei and[eren] Nomaden-Horden d[ie]s[e]r primitiven Zeiten. - Und durch die neu[en] Entdeck[u]ng[e]n hat man ja ebenfalls Völker gefunden, die doch wenigstens Spuren v[on] Glauben an höhere, übersinnl[iche] Mächte haben [,] ohne gleichwohl Priester zu haben, die ihnen d[ie]s[e]n Glauben hätten erfinden können. 901 3) 902 Ferner [,] wenn die R[e]l[i]g[io]n von Menschen erfunden worden, die sich dann zu Priestern aufwerfen, so fragt sich: Wie geschah denn diese Erfindung 903 , wenn sie willkührl[ich] u[nd] grundlos war [? ] 904 Die Religion ist ja Glaube an ein Uebersinnliches 905 , Göttliches, wie kamen sie dann auf diesen Gedanken? Wenn es ein Uebersinnliches gar nicht gibt, so kann der Mensch gar kein Vermögen haben, dieses auch nur zu denken, so 897 Randbemerkung [37rr] : „Kritik“. 898 Randbemerkung [37rr] : „1) Pr[ie]st[e]r geh[en] aus d[e]r R[e]l[i]g[ion] hervor - [n]i[c]ht umgek[e]h[r]t [.] D[enn] hab[en] au[c]h alle[r]di[n]gs die m[e]ist[en] R[e]l[i]g[ionen] Pr[ie]st[e]r - so ist d[oc]h d[ie] R[e]l[i]g[ion] selbst noch allg[emeiner] - u[nd] d[ie] Pr[ie]st[e]r gi[n]g[en] aus d[em] B[e]dürf[n]iß hervor -“. 899 Randbemerkung [37rr] : „Dem Stande der Priester könnte man all[e]rdi[n]gs w[en]igst[en]s die Erfind[un]g nicht aufbürd[en] - denn die Erfinder war[en] [n]i[c]ht Priest[e]r noch vor ih[re]r Erfind[un]g [.] 1) R[e]l[i]g[ion] ohne P[rie]st[e]r.“ 900 Unleserliche Wörter über der Zeile. 901 Randbemerkung [37rr] : „Histo[r]is[c]h k[e]i[ne] Erfi[n]d[un]g d[er] R[e]l[i]g[ion] nachzuweis[en] -“. Darunter [37rr] : „I) Fähigk[ei]t [m]uß da sey[n.] II) Dann aber ist R[e]l[i]g[ion] naturgemäß [.] III) Und darum setzt d[ie] F[ä]h[i]gk[ei]t au[c]h obj[ective] Real[i]t[ä]t voraus“. 902 „doch“ in der Zeile gestrichen. 903 Randbemerkung [37rr] : „3) Wie könnt[en] sie denn d[ie] P[rie]st[e]r erfind[en] - wie käm[en] sie auf d[en] Ged[an]k[en]? “ 904 „wenn sie willkührl[ich] u[nd] grundlos war“ nachträglich in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [37rr] : „Wenn d[ie] R[e]l[i]g[ion] blos etwas Willkührl[iches], Erfunden[e]s ist - wenn ihr nichts Reales, Wirkl[i]ch[e]s zu Grunde liegt,“. 905 „Uebernatürliches“ über der Zeile. <?page no="126"?> 116 wenig als die Thiere ein Uebersinnliches, Göttliches zu denken oder anzuerkennen vermögen. 906 Was gar nicht existirt, das kann auch gar nicht gedacht od[er] geglaubt u[nd] also auch nicht erfunden werden 907 . a) Weil der Mensch gar kein Vermögen haben könnte; denn woher sollte er d[ie]s[e]s [37rl/ 37vr] Vermögen, Uebersinnliches zu erfinden haben, wenn ein Uebersinnliches gar nicht existirt? Von der Natur? Aber diese kann nicht geben, was sie selbst nicht ist u[nd] nicht hat u[nd] das ist hier der Fall. 908 Denn sie wird ja als Gegensatz des Uebersinnlichen betrachtet u[nd] als allein existirend. - Von sich selber könnte der Mens[c]h d[ie]s[e]s Vermögen auch nicht erhalten haben, denn nach d[ie]s[e]r Ansicht hätte ja der Mens[c]h nichts als ein[en] Theil der sinnl[ichen] Natur u[nd] wäre u[nd] hätte nicht mehr u[nd] nicht weniger als diese selbst. 909 Was also nicht ist, vermag der Mens[c]h auch nicht zu denken u[nd] zu erfinden. Das mag auf d[en] erst[en] Blick unrichtig - paradox - erscheinen, da wir ja tägl[ich] u[nd] augenblickl[ich] gar Viel denken u[nd] uns einbilden [,] was nicht ist in d[er] Wirkl[i]chk[ei]t; bei näherer Betracht[u]ng zeigt sich aber die Richt[i]gk[ei]t davon. Oder versuchen S[ie] es einmal [,] sich etwas zu denken, was gar nicht ist, d.i. ein Wesen [,] das gar Nichts gemein hat mit dem wirkl[ich] Bestehend[en] 910 , das ganz originell ist, ein ganz neues Geschöpf. Es wird nicht möglich seyn, unsere Gedanken müßt[en] dann schöpferische Kraft haben [,] d.h. wir müßten Gott selbst seyn, um aus Nichts Etwas hervorzurufen u[nd] nicht aus dem schon Bestehenden den Stoff zu uns[eren] neu[en] Gedankendinge[n] nehmen. 911 - So aber sind alle uns[ere] Gedanken, Vorstell[u]ng[e]n, Phantasiebilder 906 Randbemerkung [37rr] : „War aber Fähigk[ei]t da, dann ist R[e]l[i]g[ion] k[e]i[ne] willkürl[iche] Erfind[un]g mehr - sond[ern] naturgemäße Bethät[i]g[un]g - der M[en]s[c]h kann dann gar k[e]i[n] Vermög[en] dazu hab[en,] Uebersinnl[iches] z[u] erfind[en.]“ 907 Einfügung am Seitenrand [37rr] : „das mag auf den erst[en] Blick zweifelhaft seyn, da wir ja doch so viel uns denken u[nd] einbilden, dem d[ie] Wirkl[i]chk[ei]t fehlt, näher betrachtet aber z[ei]gt sich d[ie] Richt[i]gk[ei]t davon -“. 908 Randbemerkung [37vl] : „D[enn] woher sollte er es hab[en]? v[on] d[er] sinnl[ichen] [„sinnl[ichen]“ über der Zeile] Natur - od[er] v[on] si[c]h s[e]lbst? Nur v[on] d[er] G[o]tth[ei]t - v[om] Uebersinnl[ichen] kann er d[ie]s[e]s Vermög[en] hab[en] -“. 909 Einfügung am Seitenrand [37vl] : „N[ota]. So wenig der menschl[iche] Geist (im Selbstbewußtseyn) [„(im Selbstbewußtseyn)“ über der Zeile] sich selber erfind[en] kann [,] wenn es nicht ist [„wenn es nicht ist“ über der Zeile] - Was im Grunde der Materialis[m]us beh[au]pt[e]t. Man könnte gerade so gut b[e]h[au]pt[en,] der mens[c]hl[iche] Geist habe aus List u[nd] Betrug sich selbst erfund[en.] Was [n]i[c]ht ist [,] kann au[c]h gar [n]i[c]ht geda[c]ht werd[en] (als sey[en]d) - weil es k[e]i[ne] Fäh[i]gk[ei]t dazu geb[en] kö[nn]t[e.] - Es [m]üßte d[ann] d[a]s G[e]dachte i[m] D[en]k[en] gl[e]i[c]h aus Ni[c]hts g[e]schaff[en] w[e]rd[en] - was g[ö]ttl[iche] Macht voraussetzt [n]i[c]ht ... (? )“. Darunter die weitere Randbemerkung [37vl] : „NB [: ] Der Mat[eri]al[i]sm[us] b[e]h[au]pt[e]t in d[er] That [,] der m[e]ns[c]hl[iche] G[ei]st habe si[c]h selbst erfu[n]d[en,] noch dazu aus Du[mm]h[ei]t, aus M[an]gel an Ei[n]s[ic]ht, aus Blödsin[n]“. 910 „Geist[i]g[en] od[er] Materiell[en]“ über der Zeile. 911 Randbemerkung [37vl] : „Schon hier sind wir an d[en] Alles entscheid[en]d[en] Pu[n]kt gekomm[en.] - Kann d[a]s G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn] eine belieb[i]g[e] Erfi[n]d[un]g s[e]y[n], dann ist s[eine] Wahrh[ei]t u[nd] d[a]s D[a]s[e]y[n] G[o]tt[e]s du[rc]haus unbeweisbar [.] - Und wie irg[en]d etwas z[um] Beweis als G[r]u[n]dl[a]ge die[nen] kann [,] dann [m]uß es die [men]s[c]hl[iche] Fäh[i]gk[ei]t z[um] Gott[es]ged[an]k[en] sey[n] - mehr als Alles Andere im Himmel u[nd] auf Erd[en.] -“ <?page no="127"?> 117 v[on] noch so abentheuerlich[er] u[nd] unerhörter Art stets genommen aus dem schon Daseyend[en] u[nd] nur verschieden combinirt, anders gestaltet u[nd] modificirt [,] als die Wirkl[i]chk[ei]t zeigt. So ist es auch mit dem Gottesgedanken. 912 Gott, das Daseyn Gottes kann nicht denkend erfunden werden, wenn er gar nicht wäre. Verschieden gestaltet, modificirt, abentheuerlich vorgestellt kann d[ie] Idee der Gotth[ei]t werden u[nd] das ist auch wirkl[i]ch geschehen, - wie dieß phantast[ische] Willkühr u[nd] Unken[n]tn[i]ß mit allem Daseyenden zu thun vermag; erfunden, d.i. 913 geschaffen aus Nichts kann aber der G[o]tt[e]sgedanke nicht werden. 914 b) Wie aber d[er] G[o]tt[e]sgedanke u[nd] d[ie] R[e]l[i]g[io]n v[on] den Priestern nicht erfunden werden konnte ohne Daseyn G[o]tt[e]s 915 , also blos aus List u[nd] Betrug - so konnte d[ie]s[e]r Gedanke auch v[on] den [37vr/ 38rl] I [.] Kap[itel] 916 §: 7 F[o]rts[e]tz[u]ng. Völkern gar nicht verstanden werden, 917 so wenig als v[on] den Thieren er verstanden u[nd] geglaubt werden konnte, wenn er der mens[c]hl[ichen] Natur ganz fremd, ganz unnatürlich u[nd] eine bloße Fiction war 918 ; denn wiederum, die Menschen können nichts annehmen, begreifen od[er] glauben, wozu sie keine Anlage haben; sie haben eben keine Anlage zu dem, was gar nicht ist, sond[ern] aus Nichts erst erfunden werden soll. 919 II) 920 Aehnl[ich] verhält es sich mit der Behauptung, die R[e]l[i]g[io]n sei durch Gewalthaber u[nd] Gesetzgeber eingeführt u[nd] den Menschen aufgedrungen worden [,] um sie durch den Schrecken vor unsichtbar[en] Mächten im Zaume zu halten. 912 Randbemerkung [37vl] : „NB [: ] Aber die V[o]rst[e]ll[un]g der G[o]tth[ei]t wird doch auch aus Das[e]y[en]d[em] als Stoff - gebaut, gebildet [.] - Wohl aber all[en]th[a]lb[en] wird ih[m] ein plus beigefügt -“. 913 „d.i.“ über der Zeile. 914 Einfügung am Seitenrand [37vl] : „G[e]d[an]k[en]g[a]ng ist der: Gott könnte nicht gedacht, die R[e]l[i]g[ion] also nicht erfund[en] w[er]d[en] a) wenn keine besond[ere] Fähigk[ei]t dazu im M[e]ns[c]h[e]n wäre [„generatio aequivoca“ über der Zeile] - eine besond[ere] Fähigk[ei]t aber wäre dann nicht vorhanden, wenn es kein[en] Gott gäbe [„(wenn also d[ie] R[e]l[i]g[ion] blos Erfi[n]d[un]g wäre)“ über der Zeile], weil die Idee G[o]tt[e]s [unleserliches Wort über der Zeile], d[ie] Fäh[i]gk[ei]t [,] ein Göttl[i]ch[e]s, Uebersinnl[iches] zu denken [,] nicht v[om] Sinnlich[en] gegeb[en] werd[en] kann [.] - Weil da [„das“ in der Zeile gestrichen] die Wirk[u]ng ganz entgegengesetzter Art wäre v[on] d[er] Ursache - währ[en]d die Wirk[un]g über[a]ll gleichartig sey[n] muß. Hätt[en] also P[rie]st[er] wirkl[ich] d[ie] R[e]l[i]g[ion] erfu[n]d[en], so hätt[en] sie Wahres, Nothw[en]d[i]g[e]s erfu[n]d[en] ... (? )“. 915 „g[ei]st[i]g[es] Vermög[en] dazu ... (? )“ über der Zeile. 916 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 8“ am oberen Seitenrand [38rr] ; „8“ bezeichnet den Bogen. 917 Randbemerkung [38rr] : „Wenn List u[nd] Betrug“. 918 Einfügung am Seitenrand [38rr] : „wenn d[ie] R[e]l[i]g[io]n d[en] Mens[c]h[en] willkührl[ich] aufgedrungen würde v[on] einig[en] Betrüg[ern,] die herrs[c]h[en] u[nd] sie bänd[i]g[en] wollt[en] - waru[m] hab[en] d[ie]se denn ni[c]ht auch d[en] Thier[en] willkührl[ich] R[e]l[i]g[io]n aufgezwung[en,] um auch sie bänd[i]g[en] zu können? “ 919 Einfügung am Seitenrand [38rr] : „Ihrer eigentl[ichen] Natur weg[en] ist also d[ie] R[e]l[i]g[io]n, d[er] G[o]tt[e]sg[e]d[a]nke kein G[e]g[e]nst[a]nd, der erfunden werden könnte -“. 920 „II)“ irrtümlich wiederholt. <?page no="128"?> 118 a) Von keiner einzig[en] R[e]l[i]g[io]n ist historis[c]h nachweisbar [,] daß sie einem Volke erst d[u]rch seine Gesetzgeber sei aufgedrungen worden; 921 vielmehr ist bekannt, daß überall schon die R[e]l[i]g[io]n vor den Gesetzgebern sei vorhanden gewesen u[nd] daß sie v[on] groß[en] Männern nur zu neu[em] Leben u[nd] Aufschwung gebracht u[nd] in ihr[em] äußerl[ichen] Verh[ä]ltn[i]ße geordnet u[nd] verbeßert worden. So geschah dieß in China z.B. 922 d[u]rch Confucius, in Persien d[u]rch Zoroaster; bei den Griechen th[ei]lw[ei]se d[u]rch Sòlon, bei den Römern d[u]rch Numa Pompilius [,] d[en] König; bei den Hebräern durch Moses. bei d[en] Arab[ern] d[u]rch Mohammed [.] 923 b) Dann aber, abgesehen davon, daß d[ie] Gesetzgeber so wenig als die Priester, die R[e]l[i]g[io]n u[nd] besond[ers] den Fundamentalgedanken derselben, den Glauben an eine Gotth[ei]t erfinden konnten, aus schon angeführten Gründen, 924 so wäre d[ie]s[e]s Mittel [,] ihre Macht zu schützen [,] nicht eben das geeignetste u[nd] sicherste gewesen. Das rohe Volk - wie es hier vorausgesetzt wird - ist überall für das Sinnliche, Sichtbare, Derbe 925 viel empfänglicher als für das Unsichtbare, Sublime [,] Unfaßbare. 926 Und wie sollte es sich heben [,] 927 d[ie]s[e]s Joch, den Glauben u[nd] die Furcht vor ein[em] Unsichtbar[en], Göttlichen haben aufdrängen laßen, v[on] dem es nichts verstand, Nichts sah u[nd] hörte, für das es 928 nach d[ie]s[e]r Anschauungsweise so wenig Gefühl haben konnte als die Thiere, v[on] dem es nichts verstand. Es hätte sich sicher geg[en] d[ie]s[e]s Joch u[nd] Gesetz so gut gesträubt, wie geg[en] jedes andere [,] das ihm auferlegt wurde, [38rl/ 38vr] 929 Sicher hätte man auch die Absicht [,] welche die Gesetzgeber dabei hatten [,] bald bemerkt u[nd] d[ie]s[e]n aufgedrungenen Glauben 930 verlaßen. - Wie kommt es nun aber [,] daß die Völker sich zwar geg[en] ihre Fürsten u[nd] Gesetzgeber öfters empört u[nd] sie vertrieben od[er] abgesetzt haben, die Religion aber unangetastet bestehen ließen? Wenn die R[e]l[i]g[io]n nur Stütze der Tyrannen u[nd] v[on] d[ie]s[e]n selbst eingeführt [worden wäre], so müßte sie ja vor Allem vom Volke beseitigt worden [sein] od[er,] ihrer bish[e]r[i]g[en] Stütze beraubt [,] v[on] selbst wieder aufhören. 931 - Das geschah aber nie - ein Beweis [,] daß die R[e]l[i]g[io]n tiefer haft[en] müsse im Gemüthe 921 Randbemerkung [38rr] : „a) Unhistorisch. Aus d[er] Luft gegr[i]ff[en]“. 922 Einfügung am Seitenrand [38rr] : „in Indien d[u]rch Buddha“. 923 „bei d[en] Arab[ern] d[u]rch Mohammed“ nachträglich in die Zeile eingefügt; daher blieb der Punkt nach „Moses“ irrtümlich stehen. 924 Randbemerkung [38rr] : „b) Unmögli[c]h c) Ungeeignet -“. 925 Unleserliches Wort über der Zeile. 926 Randbemerkung [38rr] : „Das Volk [em]pfängl[i]ch[e]r für d[a]s Sinnliche als d[a]s Ueb[e]rsinnl[iche].“ 927 Randbemerkung [38rr] : „d) Natürl[iches] Widerstreb[en] d[a]geg[en]“. 928 Unleserlicher Buchstabe in der Zeile gestrichen. 929 „u[nd]“ in der Zeile gestrichen; „Sicher“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „sicher“. Einfügung am Seitenrand [38vl] : „Auch ist das s[c]hon ein Widerspr[u]ch, d[a]ß die R[e]l[i]g[io]n d[u]rch Gewalt sollte eingef[ü]hrt, eingedr[u]ng[e]n worden sey[n] u[nd] doch wied[er] zur Stütze d[ie]s[e]r Gewalt sollte gedient hab[en]. Es verhielte sich gerade umgekehrt; d[ie] R[e]l[i]g[io]n bedurfte da der sinnl[ichen] Gewalt als Stütze, statt d[ie]se zu stützen.“ 930 „bald“ in der Zeile gestrichen. 931 Einfügung am Seitenrand [38vl] : „die Tyrannen hätte man verjagt, das beste Mittel der Tyrannen aber bestehen lassen! Man hätte doch vor Allem d[ie]s[e]s beseit[i]g[e]n müßen. -“ <?page no="129"?> 119 der Menschen als äußerl[iche] tyrann[i]sch[e] Anordnungen; u[nd] andere Bedürfniße des M[e]ns[c]h[e]n befriedig[e]n, als die, welche eine bloße Scheuche zur Einjagung von Furcht vor d[er] Herrs[c]hergewalt od[er] als Wächterin der Staatsgesetze zu befriedigen hat. 932 III) Das Nämliche gilt auch v[on] jener Ansicht, welche die R[e]l[i]g[io]n durch einen Vertrag des Volkes - der Volks-Genossen entstehen läßt; - eine Ansicht [,] die noch abgeschmackter ist, als die Vorigen. 933 IV) Das Wahre an d[ie]s[e]r Sache ist dieß: daß allerdings Priester u[nd] Gesetzgeber die rel[i]g[iö]s[en] 934 Verhältnisse geordnet u[nd] die Bestimmungen derselben gehandhabt u[nd] aufrecht erhalten haben; ja daß sie wohl auch oft die R[e]l[i]g[io]n zu ihren Zwecken mißbraucht, verfäls[c]ht zu Partheizwecken u[nd] zur Befried[i]g[un]g der Herrschsucht angewendet haben. Erfunden aber haben sie d[e]ßwegen die R[e]l[i]g[io]n nicht u[nd] können sie der Natur der Sache wegen nicht erfunden haben. Was sie allenfalls erfunden haben konnten, sind nur 935 Verordnungen [,] die sie mit r[e]l[i]g[iö]s[em] S[c]hein u[nd] Gewand umgaben, deren Befolg[u]ng sie 936 im Namen der R[e]l[i]g[io]n geboten, weil sie sicher waren, daß sie so am ersten u[nd] gewissenhaftesten befolgt würden. Das aber setzt voraus, daß gerade die R[e]l[i]g[io]n schon vor ihnen die Hauptmacht im Volksleben war, die am meisten Einfluß übte, deren Mißbrauch sich also am besten lohnte. b) 937 Diese Ansicht [,] daß die R[e]l[i]g[io]n eine Erfind[un]g der Priester u[nd] Gesetzgeber sei, ist auch jetzt schon zieml[ich] verschollen, aus geschichtl[ichen] u[nd] philos[ophischen] Werken ist sie wenigstens ganz verschwunden u[nd] nur in einigen rabiaten Köpfen Halbgebildeter spukt sie noch. [38vr/ 39rl] Mehr Gewicht legt man noch 938 auf eine andere Erklär[u]ng des Ursprungs der R[e]l[i]g[io]n; näml[ich] die, welche sagt: Die Religion ist ein Werk der Furcht vor der Gewalt der Natur. 939 Noth u[nd] Schrecken haben den Glauben an unsichtbare [,] verderbliche od[er] helfende Mächte erzeugt. Dagegen aber ist zu sagen: 932 Einfügung am Seitenrand [38vl] : „Ein einziger Fall französ[ische] Revolut[ion] ausgenomm[en] - da hatt[e] man aber sch[on] d[ie]se Theorie - u[nd] sie bewährte sich nicht [.] -“ Einfügung in der Zeile gestrichen: „(War die R[e]l[i]g[io]n blos ein Bezähmungsmittel [,] warum nicht auch bei d[en] Thier[en] angewendet? [)]“ Einfügung am Seitenrand [38vl] ebenfalls gestrichen: „Und wie käm[en] die wild[en] Völker dazu [,] sich ein Göttl[i]ch[e]s zu erfind[en]? , wenn sie [„sie“ über der Zeile] es blos aus List u[nd] Betrug erfund[en.] Fiction“. 933 Einfügung am Seitenrand [38vl] : „Das g[a]nze Volk faßt den Beschluß [,] sich etwas vorzulügen! -“ 934 „Gese[tze]“ in der Zeile gestrichen. 935 „r[e]l[i]g[iö]se“ in der Zeile gestrichen. 936 „um“ in der Zeile gestrichen. 937 „b)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. Korrespondierendes „a)“ ist unauffindbar. 938 „noch“ über der Zeile. 939 Randbemerkung [39rr] : „R[e]l[i]g[io]n Product der Furcht vor d[er] Naturgewalt -“. <?page no="130"?> 120 1) D[a]ß die R[e]l[i]g[io]n nicht wesentlich in der Furcht besteht [,] sond[ern] ebenso sehr, ja noch viel mehr in Ergebung [,] Vertrauen auf die Gotth[ei]t, in Liebe zu ihr. D[ie]se aber kann die rohe Maße u[nd] Gewalt der Natur nimmer erzeugen. 940 2) Wie wäre es ferner möglich, daß die äußere rohe Gewalt u[nd] der Schrecken der Natur, also d[ie] äußere Erscheinung, das Sichtbare gerade das Gegentheil von ihr selbst, den Glauben näml[ich] an ein Unsichtbares, über der Natur Stehendes hervorriefe? 941 Je mehr das Natürliche, das Wirkliche sich äußerte, wirksam wäre, desto mehr würde es an Gelt[u]ng u[nd] Bedeut[u]ng verlieren [,] desto mehr riefe es im Mensch[e]n das Gegentheil von ihr hervor. Das Uebernatürliche 942 nämlich. Welch’ ein Räthsel ist das, wenn es in der That nichts Uebernatürliches gibt? 943 - Es ist ein Gesetz der Natur, das der Menschengeist vollkommen anerkennt u[nd] vernünftig findet, daß die Wirk[u]ng nie größer seyn kann als die Ursache; hier aber wäre nicht blos die Wirkung größer als die Ursache, indem näml[ich] die Betracht[u]ng der Gewalt der Natur ein Bewußts[eyn] v[on] einer über der Natur stehenden Gewalt hervorbrächte, sond[ern] die Wirkung wäre völlig anderer, ja sogar entgegengesetzter Natur als die 944 Ursache. 945 Die Ursache wäre das Natürliche [,] die Wirkung des Uebernatürl[iche], die Ursache wäre das Sichtbare [,] die Wirkung das Unsichtbare. 946 - Niemand aber kann geben, was er nicht hat [; ] 947 so gibt es aber in 940 Randbemerkung [39rr] : „a) D[ie] R[e]l[i]g[ion] b[e]st[e]ht [n]i[c]ht blos in Furcht [,] s[on]d[ern] au[c]h i[n] Liebe [.] -“ Der folgende, teilweise überschriebene, zur Gänze gestrichene Text ist zum Großteil unleserlich. Hierauf folgt noch die Bemerkung [39rr] : „N[ota: ] Aber muß man d[enn] Alles, was man fürchtet od[er] liebt [,] gl[e]i[c]h für Gotth[ei]t halten? Die Thiere fürcht[en] si[c]h au[c]h [.] -“ 941 Randbemerkung [39rr] : „b) Die sinnl[iche] Gewalt der Natur kann [n]i[c]ht Glaub[en] a[n] [„Glaub[en] a[n]“ über der Zeile] Uebersinnl[iches] hervorb[rin]g[en.] Aber die Völker seh[en] z.B. die verheer[en]d[en] Wirk[un]g[en] v[on] (Donner u[nd]) Blitz, ohne zu wiss[en], was d[ie]se Macht sey [,] d.h. Furcht vor ei[nem] Unbekannt[en], das s[c]had[en] könnte [,] d[a]h[er] Gebete u[nd] Opfer [,] um d[ie]se unbek[a]nnte Macht, die so gewalt[i]g wirk[en] kann - mens[c]hl[i]cher W[ei]se zu gewi[nnen,] zu b[e]sänftig[en.] Allein [,] auch wir wiss[en] noch nicht [,] was d[e]r Blitz eig[en]tl[ich] ist, ohne ... (? )“ Darunter die weitere Randbemerkung [39rr] : „a) I[m] G[e]g[en]th[ei]l - a) Das Natürl[iche] würde sich selber ver[nic]ht[en,] je wirksa[me]r es wär[e] - d[er] Glaub[e] d[es] M[en]s[c]h[en.] - Und wenn es so ist, was setzt das voraus? Doch wohl dieß, d[a]ß hinter der Natur eine Uebernatur sey [.] - b) Es brä[c]hte ger[a]de die [en]tgeg[en]gesetzt[e] Wirk[un]g hervor.“ 942 „d[a]s Unwirkliche“ über der Zeile. 943 Randbemerkung [39rr] , die besonders aufgrund von Überschreibungen nur zum Teil lesbar ist: „Und zurü[c]kverfolg[en]d komm[en] wir stets zu einer unbegreifl[ichen] unbekannt[en] Macht [,] die wir auf irg[en]d ei[ne] W[ei]se uns d[en]k[en] u[nd] ... (? ) u[nd] v[on] ihr uns abhäng[i]g fühl[en.] - Hätte die R[e]l[i]g[ion] einzig da[m]it begonn[en,] so hätte sie da[m]it au[c]h aufhör[en] müß[en.] - Es könnte kein Bedürfniß menschl[ichen] Ge[m]üthes mehr da s[e]y[n.] -“ 944 „als die“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „zur“. 945 Randbemerkung [39rr] : „(Die Finsterniß kann das Licht nicht hervorbri[n]g[en.] Bei ... (? ) Wirk[un]g[en], Explosi[onen] ... (? ) sch[e]i[n]t all[e]rdings au[c]h die Wirk[un]g oft g[an]z vers[c]hi[e]d[en] v[on] d[er] Urs[a]che - aber es fi[n]det Auslösung statt [.])“ Daneben weitere Randbemerkung [39rr] : „Auslösung der übernatürl[ichen] Fäh[i]gk[ei]t d[u]rch natürl[iche] Einwirk[un]g findet statt [.] -“ 946 Randbemerkung [39rr] : „D[a]g[e]g[en] ist zu sag[en]: a) a) D[ie]se Ursach[en] sind jetzt bekannt u[nd] doch dauert di[e] R[e]l[i]g[ion] (Sache d[e]s Ge[m]üth[e]s u[nd] Erk[ennen]s [)] fort [.] b) Die tiefe[n] Natur- <?page no="131"?> 121 der That kein Uebernatürliches, kein Göttliches, Unsichtbares, so kann auch die Natur die Vorstellung, den Gedanken daran, den Glauben nicht geben, nicht in den Mens[c]hen hervorbringen, denn d[ie]s[e]r Gedanke ist dann weder in ihr noch außer ihr; er kann gar nicht existiren. [39rl/ 39vr] 3) 948 So wenig die Natur es vermag 949 die Vorst[e]ll[un]g eines Göttlichen in den Menschen hineinzubringen, wenn es in der That ein solches gar nicht gibt u[nd] sie also auch keine Off[e]nb[a]r[u]ng od[er] Kundgebung desselben seyn kann - so wenig vermag der Mensch selber willk[ü]h[r]l[ich] 950 die Natur oder etwas üb[er] der Natur stehendes für die Gotth[ei]t zu erklären [,] wenn es 951 eine solche 952 nicht gibt. 953 - 954 Mag auch die Natur in noch so gewaltigen Erschein[un]g[e]n vor ihn treten, ist er blos für das Sinnliche da, durch u[nd] für dasselbe allein, so kann er nie dazu kommen [,] hinter d[ie]s[e]n Naturgewalten Uebersinnliches [,] Geistiges zu suchen u[nd] zu finden. 955 - 956 Wie käme er doch zu solchem Glauben? Das wäre das Unbegreiflichste, Räthselhafteste [,] das es in der Welt gibt. 957 Es wäre d[ie]s[e]r Glaube eine Täuschung, u[nd] doch für den M[e]nsch[e]n ers[c]h[einungen] z.B. ... (? ) Blitz - die Electri[zi]t[ä]t ist auch u[n]bekannt - ohne d[a]ß man sie jetzt für G[o]tt hält - G[o]tt[e]slehr[e] ist jetzt g[a]nz ... (? )“. b) Wir hab[en] d[en] Gedank[en] d[e]s Absolut[en], der si[c]h [n]i[c]ht aus d[e]r N[a]tur u[nd] geh[e]i[mn]ißvoll[en] ... (? ) ableit[en] u[nd] [m]it ... (? ) ausstatt[en] läßt [.] - Und ad 2 [)] Die Naturerschei[n]u[n]g[en] könn[en] d[en] G[o]tt[e]sged[an]k[en] weck[en], lebend[i]g erh[a]lt[en] ... (? ) etc. - Noth lehrt bet[en] - Mens[c]h[en], ab[e]r [n]i[c]ht Thier[e.]“ 947 Randbemerkung [39rr] : „g“; darüber: „g) Niem[a]nd kann geb[en,] was er selbst [nic]ht hat -“. 948 Über der Zeile nachträglich eingefügt: „3) d) Feuerbach’s Ansicht - der M[en]s[c]h selbst, d[a]s Herz s[c]hafft si[c]h G[o]tt - objectivirt [.] ... (? )“ - „3)“ zusätzlich am Seitenrand [39vl] . Dazu die Randbemerkung [39vl] : „Die R[e]l[i]g[ion,] sagt man [,] ist eine Täus[c]h[un]g, ei[ne] poet[ische] Fiction - der M[en]s[c]h objectivirt etc.“ 949 Zweite Silbe „mag“ über der Zeile; zweite und dritte Silbe von „vermochte“ in der Zeile gestrichen. 950 „willk[ü]h[r]l[ich]“ über der Zeile. 951 „k“ in der Zeile gestrichen. 952 „gar“ in der Zeile gestrichen. 953 Randbemerkung [39vl] : „Der M[en]s[c]h kann au[c]h dur[c]h d[ie] Natur [n]i[c]ht veranlaßt od[er] gezwu[n]g[en] werd[en] (Religion = poet[ischer] Wahn) [.] Feuerbach’s Ansicht ist d[a]s Geg[en]th[ei]l v[on] d[ie]s[e]r genannt[en] (Furcht) [,] da er b[e]h[au]pt[e]t [,] die G[o]tth[ei]t sey d[e]r object[ivirte] Wunsch d[e]s Herz[en]s)“. 954 „ad 2)“ über der Zeile. 955 Der Abschnitt „Mag ... finden.“ wurde im Nachhinein eingeklammert. Einfügung am Seitenrand [39vl] : „Muß man denn Alles [,] was man fürchtet (u[nd] nicht kennt) gleich für Gotth[ei]t halten? - warum nicht für Natur schlechtweg, die sich bestimmt als das Daseyende kund gibt? -“ 956 Einfügung am Seitenrand [39vl] : „(Nähmen wir au[c]h an [,] es käme doch dazu, es wäre Feuerb[ach]“. Daneben: „D[a]g[e]g[en] [„ad 5“ über der Zeile] 1) Wenn d[a]s M[en]schsein eine Täus[c]h[un]gsmaschine ist, wer bürgt dann für d[a]s Feuerbach’sche Räsonne[men]t? 2) Wie kann d[ie] Natur [m]it ihr[en] Nothw[en]d[i]gk[ei]tsgesetz[en] eine solche Täus[c]h[un]gsmas[c]hi[ne] aus d[em] Urschlamme hervorbri[n]g[en? ] 3) Warum sollte der M[en]s[c]h all[e]i[n] d[a]s B[e]dü[r]f[n]iß hab[en] - Spottgebilde d[er] Natur s[e]y[n? ] ad 4) W[a]ru[m] zu s[einem] Glü[c]k u[nd] Fri[e]d[en] der Täus[c]h[un]g b[e]dürf[en]? 5) Wie kann er e[n]dl[ich] zur Ei[n]si[c]ht in d[ie]s[e] Täus[c]h[un]g k[ommen] u[nd] d[u]rch ... (? ) [n]i[c]ht, loos w[e]rd[en? ] 6) Wie kann d[ie] Natur ei[n] V[ermö]g[en] ... (? )? “ 957 „ad 3“ über der Zeile; am Seitenrand [39vl] : „3)“. <?page no="132"?> 122 nothw[e]nd[i]g zu seiner Beruhig[un]g [,] zu sein[er] Beseelig[u]ng; 958 das wäre der ärgste Widerspruch in der mens[c]hl[ichen] Natur. 959 Das Thier wäre dann v[on] Natur aus vollkommener, denn es bedürfte für sein Leben u[nd] Daseyn keiner solchen Täusch[u]ng 960 u[nd] fühlt sich einem nicht-Existirend[en,] Uebersinnlichen nicht unterworfen; 961 die Natur selber wäre wahrer u[nd] aufrichtiger gegen d[a]ss[e]lbe 962 [,] denn sie würde ihr nicht eine Lüge, eine Täus[c]h[u]ng aufdringen u[nd] aufdringen können. 963 964 Nur so viel ist auch hier richtig, daß die großen Erschein[un]g[e]n der Natur die Idee v[on] G[o]tt weck[en,] die r[e]l[i]g[iö]se Anlage aufregen, zur Erscheinung u[nd] Uebung bringen können, erzeugen, neu hervorbringen können sie d[ie]s[e]n G[o]tt[e]sglauben, die R[e]l[i]g[io]n nicht. Die R[e]l[i]g[io]n wäre nie entstanden [,] auch bei den gewalt[i]gst[e]n Erscheinungen der Natur nicht, so wenig als sie in den Thieren entstanden ist od[er] entsteht, die ja auch die 965 Naturereignisse vor Augen haben; - 966 wenn nicht im Menschen selbst Etwas wäre, ganz von der äuß[eren] 967 Natur verschieden, das sie also auch nicht geben konnte; 968 ich meine die Anlage zur R[e]l[i]g[io]n, die eingeborne Idee v[on] Gott, die in d[er] R[e]l[i]g[io]n nach Verwirklich[un]g od[er] Darstellung strebt; auf die alle R[e]l[i]g[io]n mit allen ihr[en] Aeuß[e]r[u]ng[e]n sich gründet. Einfügung am unteren Seitenrand [39vr] : „So viel ist richt[i]g [,] d[a]ß sich der poet[ische] Geist der M[en]s[c]hh[ei]t bemächt[i]gt hat u[nd] in Mythologie u[nd] Ku[n]st die manigfalt[i]gst[en] Gebilde hervorgebracht hat [.] -“ 958 Randbemerkung [39vl] : „Bed[e]ut[un]g einer Täus[c]hu[n]g hierin“. 959 Randbemerkung [39vl] : „Richt[i]g ist auch hier nur dieß [,] d[a]ß die Phantasie all[e]rd[in]gs h[au]pts[ä]chl[ich] thät[i]g s[e]y[n] [m]uß i[m] Di[en]ste d[e]s Uebersi[nn]l[ichen.] - NB [: ] D[a]s Volk mythisirt, religionisirt b[e]st[än]d[i]g [.] Was ist nun [m]it d[ie]s[er] B[e]h[au]pt[un]g genau? Nur Ged[an]k[en]losigk[ei]t kann si[c]h dabei beg[n]üg[en] - d[enn] es fragt si[c]h [: ] waru[m] ges[c]hieht d[enn] das? “ 960 „u[nd] fühlte“ in der Zeile gestrichen. 961 Einfügung am Seitenrand [39vl] : „Der Mens[c]h wäre d[a]s lächerlichste Ges[c]höpf, - ein Narr der Natur - ein Spottgebilde ders[e]lb[en.] - Das ganze Dasey[n] d[e]s M[e]ns[c]h[en] wird zur Unvernunft [.] - D[ie]se Ansicht also zerstört sich selbst - da ihr die ... (? ) ist.“ 962 „d[a]s Thier“ über der Zeile. 963 Einfügung am Seitenrand [39vl] : „Daß Gott die Welt aus Nichts ers[c]haffen habe [,] dünkt gerade d[ie]s[e]n R[e]l[i]g[io]nsbek[äm]pf[ern] unbegreifl[ich] u[nd] unmöglich [.] - Daß aber die Welt [„der Mens[c]h“ über der Zeile] (M[e]nschh[ei]t) Gott - wenigst[en]s d[en] G[o]tt[e]sged[a]nk[en] aus Nichts erschaff[en], sich erdacht habe [,] das find[en] sie ganz begreiflich u[nd] natürlich.“ 964 „ad 2)“ über der Zeile. 965 „Er“ in der Zeile gestrichen. 966 Einfügung am Seitenrand [39vl] : „wenn nicht der Mensch zur R[e]l[i]g[io]n geboren u[nd] geschaffen wäre [.]“ Daneben und darunter die Randbemerkung [39vl] : „NB [: ] ad S[c]hl[u]ß [: ] Ueb[ri]g[en]s kann d[ie]s[e] dialekt[ische] Erört[erun]g all[er]di[n]gs d[en] Glaub[en], d[ie] leb[en]d[i]g[e] Ueberzeug[un]g v[on] G[o]tt[e]s Das[e]y[n] [n]i[c]ht hervorbri[n]g[en.] - Es gilt da: Wenn Ihr’s [n]i[c]ht fühlt [,] ihr w[er]det’s [n]i[c]ht erz[eu]g[en]. - Aber sie kann alle ... (? )“ Die übrigen teilweise überschriebenen Zeilen sind großteils unleserlich. 967 „äuß[eren]“ über der Zeile. 968 Einfügung am Seitenrand [39vl] : „S[c]hl[u]ß [: ] Also ad absurdum geführt [.] - Mehr br[auc]ht es [n]i[c]ht - die Philos[ophie] kann Ni[eman]d zwi[n]g[en] v[ern]ü[n]ft[i]g zu d[en]k[en.] - (Darnach auch Feuerb[achs] Ansicht z[u] beurth[ei]l[en]). Sie zeigt nur [,] wie u[nd] was man d[en]k[en] [m]üße [,] ver[nün]ft[i]g zu d[en]k[en] - zwi[n]g[en] z[um] Ver[n]ü[n]ft[i]g[en] D[en]k[en] kann sie nicht“. <?page no="133"?> 123 Von d[ie]s[er] Anlage z[ur] Rel[i]g[io]n im nächst[en] §. [39vr/ 40rl] I [.] Kap[itel] 969 §: 8 970 Die religiöse Anlage od[er] die (eingeborne) Idee v[on] Gott. 971 - I) 972 Wir haben geseh[e]n, d[a]ß d[ie] R[e]l[i]g[io]n nicht aus äußerl[ichen], zufälligen Ursachen entstanden seyn kann, nicht d[u]rch Willkühr der Menschen, - 973 nicht d[u]rch die Natur; (daß vielmehr [,] selbst wenn wirkl[ich] die Menschen die R[e]l[i]g[io]n selbst hervorbringen u[nd] ausbilden könnten, od[er] wenn die Naturgewalten wirkl[ich] den Glauben u[nd] die Ahnung eines Uebersinnlichen, Göttlichen, Mächtigen hervorrufen, dieß vielmehr im Menschen Etwas voraussetzt [)] 974 . Wir haben daraus d[en] Schl[u]ß gezogen, d[a]ß d[as] Daseyn der R[e]l[i]g[io]n im Mensch[en] etwas voraussetzt, das er sich weder selbst geben noch 975 v[on] d[er] Natur empfangen konnte; näml[ich] das Vermögen d[ie]s[e]s Uebersinnl[ichen] zu ehren, zu glauben, zu erkenn[en], od[er] die Idee v[on] Gott, auf welche sich alle R[e]l[i]g[io]n gründet, d[u]rch die sie allein möglich wird. 976 977 Man 978 erkannte auch auf philosoph[ischem] Gebiete dieses bald, 979 daß die Religion nicht eine bloße Erfind[u]ng der Willkühr u[nd] Schlauheit seyn u[nd] auch nicht v[on] Außen her dem Menschen gleichsam als Schrecken eingejagt seyn könne, 980 sond[ern] daß sie in der Natur des Menschen selbst begründet sei, 981 als Anlage u[nd] Kraft 982 969 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 9“ am oberen Seitenrand [40rr] ; „9“ bezeichnet den Bogen. 970 „(3)“ über der Zeile; darüber: „Forts[etzung] d[e]s (posit[iven] [unleserliches Wort über der Zeile] Bew[ei]ses -“. Am Seitenrand [40rr] : „§ 3 Bedeut[un]g u[nd] Wes[en] u[nd] Urspru[n]g [„u[nd] Urspru[n]g“ über der Zeile] der d[em] M[en]s[c]h[en]g[ei]ste imma[nen]t[en] G[o]tt[e]sidee [„G[o]tt[e]sidee“ in der Zeile gestrichen; „od[er]“ über der Zeile gestrichen] Pot[enz] z[um] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[e]y[n] od[er] der G[o]tt[e]sidee als Positives M[omen]t d[e]s Bew[ei]ses für das Das[e]y[n] G[o]tt[e]s.“ 971 „G[o]tt[e]sidee“ über der Zeile. 972 „a)“ am Seitenrand [40rr] . 973 Randbemerkung [40rr] : „NB [: ] Der pos[itive] Bew[eis] aus de[m] Das[eyn] d[e]r G[o]tt[e]sidee ist [n]i[c]ht der Bew[eis] a con[sensione] gentium - d[enn] w[enn] auch nur in Ein[em] M[e]ns[c]h[en] d[a]s G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn] [en]tstü[n]de, würde er gelt[en.]“ 974 „daß er sich weder selbst geben noch“ in der Zeile gestrichen. 975 „Wir haben daraus d[en] Schl[u]ß gezogen, d[a]ß d[as] Daseyn der R[e]l[i]g[io]n im Mensch[en] etwas voraussetzt, das er sich weder selbst geben noch“ am Seitenrand [40rr] eingefügt. 976 „Man“ in der Zeile gestrichen. - Randbemerkung [40rr] : „die in der R[e]l[i]g[io]n zur Entwickl[un]g u[nd] Darst[e]ll[un]g strebt -“. 977 „II) Was ist nun diese religiöse Anlage, worin besteht sie? “ in der Zeile gestrichen. - „b)“ am Seitenrand [40rr] . 978 „Man“ über der Zeile. 979 „a)“ am Seitenrand [40rr] . 980 „b)“ am Seitenrand [40rr] . 981 Randbemerkung [40rr] : „Wenn also in d[er] M[en]s[c]h[en]natur nothw[en]d[i]g die Anl[a]ge z[um] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] da ist - u[nd] d[ie]se [n]i[c]ht ger[a]dezu wes[en]tl[ich] [„wes[en]tl[ich]“ über der <?page no="134"?> 124 ursprüngl[ich] in der Seele ruhe u[nd] sich aus ihr naturgemäß entwickle d[u]rch Unterricht, Anstreng[u]ng u[nd] Bild[u]ng, wie die andern urspr[ü]ngl[ichen] Anlagen des Geistes [,] z[ur] Kunst z.B. [,] zur Wissenschaft u.s.w. Die Idee v[on] Gott [,] bekannte man [,] ist dem Menschen eingeboren, u[nd] das Bewußtseyn v[on] G[o]tt u[nd] d[a]s Verh[ä]ltn[i]ß zu ihm - die Rel[i]g[io]n ist d[a]h[er] naturgemäß, berechtigt, nothwendig u[nd] gut. 983 Man erkannte wieder [,] daß Rel[i]g[io]n u[nd] Religiosität 984 das Normale, Berechtigte, Vernünft[i]ge [,] 985 Naturgemäße sei, die Religionslosigk[ei]t aber das Unnatürliche, Verkehrte, Unvernünft[i]ge 986 [,] der Natur des Mens[c]hen Widersprechende; während man früher das Umgekehrte behauptete. 987 Selbst Göthe, der v[on] R[e]l[i]g[io]n nicht sonderlich viel wissen wollte, erkannte daß (sic! ) an: 988 [40rl/ 40vr] „In unsers Busens Reine, sagt er, wogt ein Streben „Sich einem höhern, Reinern, Unbekannten „Aus Dankbarkeit freiwillig hinzugeben „Enträthselnd sich dem ewig Ungenannten; „Wir heißen’s: fromm seyn.“ 989 Freilich gibt es auch noch jetzt Solche, die sich in ihr[em] Haß geg[en] die R[e]l[i]g[io]n so verbißen haben, daß sie stets 990 declamiren, sie sei nur eine Erfind[u]ng der Herrschu[nd] Habsucht, ein Schreckmittel für die Menge [,] sie 991 d[u]rch Furcht vor Strafe im Zaume zu halten u[nd] d[u]rch Verheiß[u]ng v[on] Belohn[un]g[e]n im Jenseits zu beruhigen; u[nd] die darum behaupten [,] die Mens[c]hh[ei]t sei so lange nicht glücklich, als es noch R[e]l[i]g[io]n gebe. Wir können natürl[ich] hier auf d[ie]se abgeschmackten Declamationen verblendeter Sonderlinge nicht eingehen, denn mit blinder Wuth u[nd] z[um] Th[ei]l auch Bosheit hat die Philosophie nichts recht 992 zu thun. 993 II) 1) Die nächste Frage [,] 994 die nun entsteht, ist die: Worin besteht dann aber die r[e]l[i]g[iö]se Anlage, was ist sie? Genau zu sagen, was d[ie]se rel[i]g[iö]se Anlage, ur- Zeile] als Tä[u]s[c]h[un]gsver[mö]g[en] u[nd] der M[en]sch für d[ie] Norm d[er] Natur gelt[en] soll - dann ist j[e]d[en]f[a]lls d[a]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] u[nd] R[e]l[i]g[ion] etwas Naturge[m]äßes, ... (? ) V[ernün]ft[i]g[e]s [.] -“ 982 „Potenz“ über der Zeile. 983 „g)“ am Seitenrand [40rr] . 984 „u[nd]“ über der Zeile. - „Religiosität“ am Seitenrand [40rr] eingefügt. 985 „Vernünft[i]ge“ über der Zeile. 986 „Unvernünft[i]ge“ über der Zeile. 987 Einfügung am Seitenrand [40rr] : „I[m] Allgemei[nen.] - Aber eig[en]tl[iches] I[n]te[re]ße doch noch w[en]ig [.] - Man ist gl[a]ub[en]sge[m]äß [n]i[c]ht z[um] D[en]k[en] aufgelegt ... (? )“ Die restlichen Zeilen sind weitestgehend unleserlich. 988 „In unsers Innern, sagt er,“ in der Zeile gestrichen. 989 Das Zitat stammt aus Johann Wolfgang von Goethes Trilogie der Leidenschaften. Elegie, 14. Strophe (vgl. Goethes Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, I. Abtheilung, 3. Band, Weimar 1890, 24). 990 „behaupten“ in der Zeile gestrichen. 991 Wohl gemeint: „sei“. 992 „recht“ über der Zeile. 993 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „Sie ist [„aequivoca generatio Intellectus“ über der Zeile] A) Kein leeres Vermög[en,] B) Kein Th[ei]l göttl[icher] Substanz“. 994 „C)“ über der Zeile. <?page no="135"?> 125 anfänglich, vor dem Erwachen des Bewußtseyns, also im noch bewußtlosen Zustand ist 995 , ist nicht möglich, so wenig als es möglich ist zu sagen, was eigentl[ich] der im Saamen schlummernde Keim zum neuen Gewächse, 996 u[nd] zur Blume ist. 997 Sie ist 998 der Keim des künft[i]g[e]n Gottesbewußtseyns, das in der noch bewußtlosen Seele 999 schlummernde Bild von Gott, die Potenz z[um] Ahnen, Fühlen, Erkennen des Göttlichen 1000 [,] wodurch sich schon in d[ie]s[e]m noch bewußtlosen Zustand das Kind 1001 wesentl[ich] v[on] allen üb[ri]g[e]n Geschöpfen unterscheidet, so groß sonst die Aehnl[i]chk[ei]t, d.i. Bewußtlos[i]gk[ei]t ist. - D[ie]se Anlage ist eben die gottverwandte Natur d[e]s M[e]nsch[e]n, der im Menschen v[on] Anfang an 1002 wohnende, ihn beseelende Gotteshauch. 1003 995 „sei“ über der Zeile. 996 „ist“ in der Zeile gestrichen. 997 Einfügung am Seitenrand [40vl] : „denn in d[ie]s[e]r innerst[e]n Tiefe der Seele vermögen wir uns nicht zu versenken, um gleich die ersten Regung[en] auch d[ie]s[e]r Anlage [„zur R[e]l[i]g[io]n“ über der Zeile] zu belauschen [.] - Selbst d[ie] Anfänge uns[res] eignen Bewußts[eyns] sind uns ja nicht mehr zugängl[ich] - u[nd] d[a]s ist leicht erklärl[ich]; weil eben uns[er] Bew[u]ßts[eyn] eben erst sich bild[en] mußte, ehe es sich selber beobacht[en] konnte [.] -“ „Wir müss[en] aber sag[en]“ über der Zeile. 998 „eben“ in der Zeile gestrichen. 999 „Seele“ über der Zeile. 1000 „aber nicht ein ... (? ) Bild [,] sond[ern] eine lebend[i]g[e] Kraft [„die Potenz“ in der Zeile gestrichen] über der Zeile. 1001 „die Seele des Kindes“ durch Streichungen zu „das Kind“ korrigiert. 1002 „v[on] Anfang an“ über der Zeile. 1003 „leb[en]d[i]g[es] G[o]tt[e]sbild, das er selber ist, die Idee G[o]tt[e]s - die ih[m] i[m] eig[nen] Wes[en] sich spiegelt“ in die Zeile eingefügt. Einfügung am Seitenrand [40vl/ 41rr] : „Man hört Nichts öfter als d[ie] Phrase: Unser Geist [„Vernunft“ über der Zeile] sei Nichts andres als ein Funke der G[o]tth[ei]t, ein göttl[icher] Funke. Es ist damit wenig Bestimmtes gesagt, denn wie unser [„G[ei]st“ in der Zeile gestrichen] Auge zwar sonnenhaft seyn kann [„um d[ie] Sonne, d[as] Licht z[u] sehen“ über der Zeile], ohne damit ein Funke der Sonne zu seyn, - so ist wohl auch uns[ere] Vernunft - od[er] zunächst d[ie] Anlage dazu etwas Gottähnliches - ohne darum [„weil sie G[o]tt erk[ennen] kann“ über der Zeile] ein Funke G[o]tt[e]s im strengen Sinne [„d.i.“ über der Zeile] ein wesensgleicher Theil v[on] G[o]tt zu seyn, - etwa im Sinne des Pantheismus. Wir können [unleserliche Wörter über der Zeile] uns hier auf d[ie]s[e] B[e]h[au]pt[u]ng des Panth[ei]sm[us] zwar auch nicht speziell einlassen - doch kann schon hier bemerkt werd[en] [„1“ über der Zeile], d[a]ß gerade die urspr[ü]ngl[iche] Unvollkommenh[ei]t od[er] der [wohl „die“ gemeint] Anlage, Fäh[i]gk[ei]t z[ur] R[e]l[i]g[io]n schon Beweis genug ist [„Panth[ei]sm[us] u[nd] Panenth[ei]sm[us]“ über der Zeile], d[a]ß sie nicht ein Funke des göttl[ichen] Wesens, also d[a]s g[ö]ttl[iche] Wesen selbst ist; denn das wäre uns[ere] Vorst[e]ll[u]ng [„Idee“ über der Zeile] v[on] G[o]tt, - also gerade uns[erer] Vernunft selber d[u]rchaus zuwider, - die in G[o]tt nie eine Unvollkommenh[ei]t, ein Werden, ein Entstehen zuläßt - das aber würde hier geschehen, die G[o]tth[ei]t selber würde der Entwickl[un]g unterworfen, müßte sich erst emporarbeit[en] zur Vollkommenh[ei]t - wenn d[ie] Mens[c]hen[geister] des göttl[ichen] Wesens einzelne Funken wären. 2) Dann aber widerspr[i]cht d[ie]se B[e]h[au]pt[u]ng der P[a]ntheist[en,] d[a]ß d[ie]s[e] eingeborne G[o]tt[e]sidee das göttl[iche] Wesen selber sei [,] gerade der Natur d[ie]s[e]r G[o]tt[e]sidee, denn sie besteht ja wesentl[ich] darin, daß durch sie dem M[e]ns[c]h[e]n es kund wird, d[a]ß er Nicht Gott sei, d[a]ß Gott ein Höheres, üb[er] ihn Erhab[ene]s Wes[en] sei. D[a]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] s[a]gt d[em] M[e]nsch[en,] er sei [n]i[c]ht Gott“. - Die Randbemerkung wird weiter unten [41rr] wie folgt fortgeführt: „wie kann man also sag[en], d[ie]s[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] sei [n]i[c]hts andres als Gott, d.h. d[a]s göttl[iche] Wes[en] i[m] M[en]s[c]h[en], da müßte ja gerade d[a]s göttl[iche] Wes[en] i[m] M[en]s[c]h[en] dem M[e]nsch[en] vorlügen [„vorlügen“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „vorlüge“]. Es gehört z[um] Begriff, z[um] Wesen d[ie]s[e]r G[o]tt[e]sidee od[er] d[e]s m[en]s[c]hl[ichen] G[o]tt[e]sbewußts[eyns], d[a]ß er nicht Gott sei, sond[ern] v[on] <?page no="136"?> 126 III 1004 [)] Wenn wir d[a]h[er] fragen: woher kommt dem M[e]ns[c]h[e]n d[ie]se r[e]l[i]g[iö]se Anlage, d[ie]s[e]r Keim zum G[o]tt[e]sbew[u]ßtseyn [,] d[ie]s[e]s 1005 der Seele eingeprägte Gottesbild? So ist zunächst klar, 1006 daß der Mensch sie sich selber nicht geben kann, denn er ist ja noch bewußtlos u[nd] kommt aus d[ie]s[e]m Zustand der Bewußtlosigk[ei]t erst dadurch [,] daß ihm v[on] Andern gegeben [,] d.i. d[a]d[ur]ch [40vr/ 41rl] d[a]ß er 1007 belehrt wird, - daß d[ie]se G[o]tt[e]sidee u[nd] [-]Bewußtseyn 1008 nicht v[om] M[e]ns[c]h[e]n erfunden u[nd] dann mitgeth[ei]lt word[en] seyn kann, haben wir schon gesehen, die Mögl[i]chk[ei]t der Erfind[un]g setzt ja das Vermögen, die Anlage dazu voraus u[nd] um den Urspr[u]ng dieser handelt es sich eben. - Man s[a]gt nun 1009 [: ] Ja [,] sie ist dem Mens[c]hen eben eingeboren. Wohl aber stammt sie v[on] der sinnl[ichen] Natur her? Wir haben gesehen [,] d[a]ß auch dieß nicht seyn kann, weil d[ie]se Idee etwas Andres ist als die Natur. - Sie ist - kann man 1010 sagen [-] ein Keim aus der geist[i]g[en] Natur der Eltern. Das können wir ... (? ) gelt[en] laßen 1011 , aber woher kam ihm abh[än]g[i]g, ih[m] unterworf[en.] Würde er s[on]st zu Gott bet[en] würde (sic! )? [„Würde er s[on]st zu Gott bet[en], würde opfern“ über und unter der Zeile] wie kann man also sag[en], d[a]ß d[er] M[e]nsch gerade dar[a]us schließ[en] müße [,] er sei Gott. Das wäre gerade [,] wie wenn man sag[en] wollte: Daraus [,] daß die Nacht = Nicht-Tag od[er] Finst[er]niß [„od[er] Finst[er]niß“ über der Zeile] ist, sei zu schließ[en,] d[a]ß die Nacht Tag ist [,] d.h. Man müßte Alles auf d[en] Kopf stell[en] (Hegel’sche Methode.)“. Hierher gehört wohl auch die Randbemerkung [42vl] : „ad Bog[en] 9 [: ] Ob d[a]s G[o]tt[e]sbewußts[eyn] nicht zeige [,] d[a]ß der M[en]sch[en]g[e]ist [e]i[n] Fu[n]ke oder Partikel des Göttl[ichen] sey [.] - Nein, weil das i[m] Wid[e]rsp[r]u[c]h steht a) [m]it d[em] I[n]h[a]lt d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[e]y[n]s - b) [m]it d[em] I[n]h[a]lt d[e]s Selbstbewußts[eyns] c) [m]it d[e]r F[r]eih[ei]t - Moralität etc. Wir 1) fühl[en] u[n]s als Ni[c]htgott i[m] Selbstbewußts[eyn] 2) könn[en] der Idee G[o]tt[e]s ge[m]äß Gott [n]i[c]ht als aus Theil[en] b[e]steh[en]d anneh[men] 3) könn[en] u[n]s au[c]h [n]i[c]ht als Mo[men]te d[e]s Göttl[ichen] betracht[en,] weil wir im Selbstbewußts[eyn] uns b[e]st[imm]t als Ganzes abs[c]hli[e]ß[en] (als Persö[n]l[i]chk[ei]t[en]) [n]i[c]ht als Fragmente [„Theile“ über der Zeile] - also [n]i[c]ht blos Theile s[e]y[n] kö[nnen] - u[nd] insbes[on]der[e] weil etc. [„weil wir im Selbstbewußts[eyn] uns b[e]st[imm]t als Ganzes abs[c]hli[e]ß[en] (als Persö[n]l[i]chk[ei]t[en]) [n]i[c]ht als Fragmente - also [n]i[c]ht blos Theile s[e]y[n] kö[nnen] - u[nd] insbes[on]der[e] weil etc.“ ist eine Einfügung, daher die folgende Doppelung des „weil“] weil wir v[on] d[em] Göttl[ichen] zwar i[m] Bewußts[eyn] du[rc]haus abhä[n]g[i]g sind, [n]i[c]ht aber i[n] B[e]zug auf d[en] Will[en] (all[en]f[a]lls nur i[n] B[e]zug auf Vollk[ommen]h[ei]t d[e]ss[e]lb[en.] Aber uns[er] Wille k[ann] d[em] Göttl[ichen] Gesetz e[n]tgeg[en] woll[en] u[nd] wirk[en]. D[a]s göttl[iche] allgem[eine] Gesetz für si[c]h ... (? ) laß[en]d - da würde d[ie]se Disharmonie i[n] d[a]s Göttl[iche] selbst hinei[n] verlegt - was doch der Idee v[on] Gott unangemeß[en.] -“ 1004 „III“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „2)“. 1005 „eing[eprägte]“ in der Zeile gestrichen. 1006 „d[ie]se Idee v[on] Gott? “ über der Zeile. 1007 „III“ über der Zeile. 1008 Über der Zeile: „ad A D[ie]se Idee als dasey[en]d off[en]bart also G[o]tt - wie d[a]s Das[e]y[n] d[e]s Auges d[a]s Li[c]ht off[en]bart - das Das[e]y[n] d[ie]s[e]r Idee b[e]di[n]gt d[a]s Das[e]y[n] G[o]tt[e]s - wie d[a]s Das[e]y[n] d[e]s Auges d[a]s D[a]s[e]y[n] [des] Licht[e]s b[e]di[n]gt.“ 1009 „Man s[a]gt nun“ über der Zeile. 1010 „kann man“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „wird man“. 1011 „Das können wir ... (? ) gelt[en] laßen“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Wohl mag seyn“. <?page no="137"?> 127 d[ie]se Anlage, d[ie]se geist[i]g[e] Natur diesen? Wieder v[on] ihr[en] Eltern? So 1012 kommen wir 1013 zurück auf den Urspr[u]ng des Geschlechtes selbst 1014 [.] Die Idee v[on] Gott kann v[on] Niemand andern stamm[en] als v[on] Gott selbst; sie ist, wie gesagt [,] urspr[ü]ngl[ich] dem Menschen als Centralp[u]nkt seiner geist[i]g[en] Natur, als Vernunft od[er] Vernunftanlage eingehaucht. In so fern ist ihre Mittheil[u]ng v[on] Seite G[o]tt[e]s 1015 an die Menschen die erste Off[e]nb[a]r[u]ng G[o]tt[e]s 1016 ; denn da 1017 er ein Geschöpf schuf mit dem Vermögen ihn zu erkennen, so mußte er auch damit zugleich 1018 den Willen verbinden, sich erkennen zu laßen, sonst wäre jenes Vermögen unnütz, wäre eine Täuschung, ja wäre geradezu Unmöglichk[ei]t, weil der Menschengeist kein lebend[i]g[e]s Abbild des göttl[ichen] seyn kann, ohne daß in d[ie]s[e]m Abbild - der G[o]tt[e]sidee [,] der Vernunft, 1019 das Urbild sich spiegelt, manifestirt, offenbart. 1020 Das ist demnach die Off[e]nb[a]r[un]g G[o]tt[e]s 1021 in der Natur des Menschen selbst u[nd] durch sie. 1022 Und diese Off[e]nb[a]r[u]ng pflanzt sich also fort mit u[nd] in der Fortpflanz[u]ng der Natur des Menschen selbst; ohne sie (d[ie]se natürl[iche] Off[e]nb[arun]g) 1023 ist es nicht möglich, daß ein Mensch entsteht [,] d.i. ein vernünft[i]g[e]s, der R[e]l[i]g[io]n, der Erk[e]n[n]tn[i]ß G[o]tt[e]s fähiges Wesen. D[ie]se Off[e]nb[a]r[u]ng gehört zur Natur des Menschen 1024 . 1012 „Wieder v[on] ihr[en] Eltern? So“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Wir“. 1013 „wir“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „so“. 1014 In die Zeile und am Seitenrand [41rr] eingefügt: „,u[nd] dann also entsteht d[ie] Frage [: ] woher kam d[ie]se Anlage, d[ie]s[es] Vermög[en] dem erst[en] Menschen selbst? - Auch der konnte sie sich nicht selber geben - u[nd] eben so wenig konnte er sie v[on] der Natur erhalten [unleserliches über der Zeile]; es bleibt also nichts Andres übr[i]g als d[ie] Ann[a]hme - d[a]ß d[ie]s[e] Idee v[on] G[o]tt nur v[on] G[o]tt selbst stammen kann, nicht aus Urschleim (Günthers Ansicht) u[nd] nicht ewig -“. Darüber [41rr] , aber unklar, ob hierher gehörig: „Der Aussp[r]u[c]h der Ver[nun]ft selbst [,] die ein G[o]tt[e]sfunke sey[n] soll, widersp[r]i[c]ht d[ie]s[e]r B[e]h[au]pt[u]ng [.] -“ 1015 Über der Zeile: „Das Dasey[n] d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[e]y[ns] setzt d[a]s Das[e]y[n] G[o]tt[e]s voraus“. 1016 Über der Zeile: „Kundgeb[un]g [,] daß ein Gott ist“. Randbemerkung [41rr] : „Erste Off[en]b[arun]g G[o]tt[e]s“. Darunter [41rr] : „Das Daseyn der menschl[ichen] Vernunft ist selbst schon eine Off[e]nb[a]r[un]g G[o]tt[e]s [,] weil = Vermög[en,] Gott zu erkennen [.] - Wie d[a]s Das[e]yn d[e]s Auges d[a]s Dasey[n] d[e]s Lichtes voraussetzt.“ Weitere Randbemerkung [41rr] : „Die Fortpflanz[u]ng der M[e]ns[c]hh[ei]t [,] d.i. vernünft[i]ger Wesen [„d.i. vernünft[i]ger Wesen“ über der Zeile] ist in sofern eine Fortsetz[u]ng göttl[icher] Off[e]nb[a]r[un]g - historis[c]h. D[ie]se Off[en]b[arun]g ist aber [n]i[c]ht un[mi]tt[e]lb[a]r v[on] G[o]tt selbst b[e]i jed[em] M[en]sch[en] wie bei ... (? ) [,] sond[ern] mittelbar (historis[c]he) (substantiell nicht in ... (? )) [.] Ist nichts Andres als sein Vernünftigseyn selbst.“ 1017 „da“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „wenn“. 1018 „damit“ in der Zeile gestrichen. 1019 Randbemerkung [41rr] : „sie sagt d[em] Mens[c]h[en,] d[a]ß er nicht Gott sei -“. 1020 Randbemerkung am oberen Seitenrand [41rl] : „Wie das Das[e]y[n] d[e]s Auges das Das[e]y[n] d[e]s Lichtes voraussetzt“. 1021 „unmitt[e]lb[a]r“ über der Zeile. 1022 Randbemerkung [41rr] : „Off[en]b[arun]g G[o]tt[e]s [,] d.h. d[ie] V[e]r[n]u[n]ft off[en]bart G[o]tt od[er] G[o]tt off[en]bart sich in ihr. -“ 1023 „d.i.“ gestrichen. 1024 „(Funke des Göttlichen in ihm)“ in der Zeile gestrichen. <?page no="138"?> 128 Durch d[ie]se eingeborne G[o]tt[e]sidee, durch das schlummernde Vermögen [,] Gott zu vernehmen u[nd] 1025 erkennen [,] nimmt also auch das noch bewußtlose Kind Theil an der göttl[ichen] Off[e]nb[a]r[u]ng 1026 u[nd] an d[er] 1027 Erk[e]n[n]tn[i]ß G[o]tt[e]s [,] an d[er] R[e]l[i]g[io]n 1028 - potentia wenigstens, wenn auch noch nicht actu [.] - Die Seele des Kindes ist zwar noch nicht innerlich [41rl/ 41vr] vollkommen in ihr[en] Kräften organisirt u[nd] aufgeschloßen, 1029 sond[ern] noch im traumart[i]g[e]n Keimen begriff[en,] 1030 wo die geist[i]g[en] Elemente noch confus circulir[en.] 1031 Der Geist 1032 G[o]tt[e]s schwebt über d[ie]s[e]m Entwickl[un]gsu[nd] Entsteh[u]ngsproceß [,] üb[er] d[ie]s[em] still[en] Chaos 1033 der Seele - wie einst über den Chaotischen Gewässern u[nd] 1034 wie noch jetzt über dem ganzen Lebensproceß des Weltalls in seinen Gesetzen u[nd] Kräften 1035 [.] Einfügung am Seitenrand [41rr] : „NB [: ] Jeder Me[n]s[c]h ist d[a]h[er] [m]it s[einer] Natur [,] s[einer] Ver- [nun]ft [,] [m]it d[er] Fäh[i]gk[ei]t, Gott z[u] glaub[en] ... (? ) Off[en]b[arun]g d[e]s g[ö]ttl[ichen] Das[e]y[n]s [e]i[n] Beweis dafür [.]“ 1025 „vernehmen u[nd]“ über der Zeile. 1026 Randbemerkung [41rr] : „Th[ei]lnahm[e] d[e]s Ki[n]des an d[er] g[ö]ttl[ichen] Off[en]b[arun]g“. 1027 „an d[er]“ über der Zeile. 1028 „an d[e]r R[e]l[i]g[io]n “ über der Zeile. 1029 Über der Zeile: „obwohl die Seele erst im Org[an]isir[en] b[e]gr[i]ff[en] - ist doch v[om] erst[en] Mo[men]t an d[ie]se G[o]tt[e]sidee als Centralp[un]kt d[e]s ch[ri]stl[ichen] G[ei]st[e]s da“. 1030 Über der Zeile: „u[nd] d[a]s U[n]t[e]rsch[e]id[en]de v[on] d[em] Thun - selbst in B[e]zug auf d[en] ... (? )“. - Einfügung am Seitenrand [41vl] : „(ich sage [: ] u[nd] wenn wir d[a]s Entsteh[en] d[ie]s[e]r Anlage ergrü[n]d[en,] d[e]n Proceß belaus[c]h[en] woll[en,] so müßen wir uns d[a]s so vorst[e]ll[en] etc.)“. 1031 „aber“ in der Zeile gestrichen. 1032 „aber“ über der Zeile. 1033 „üb[er] d[ie]s[em] still[en] Chaos“ über der Zeile. 1034 Randbemerkung [41vl] wohl hierher gehörig: „der ursp[rün]gl[iche] G[o]tt[e]shau[c]h, die M[en]s[c]he[n]seele, zeugt sich fortspinnend fort i[n] d[er] Generation u[nd] da -“. 1035 Der Satz „Der Geist ... Kräften“ im Nachhinein eingeklammert. Einfügung am Seitenrand [41vl] : „u[nd] es setzt sich als der eig[e]ntl[iche] Centralpunkt des Ganzen als punctueller Keim des Geistes, der Vernunft, d[ie]se Anlage z[ur] R[e]l[i]g[io]n, als lebend[i]g[e]s Abbild d[ie]s[e]s G[o]tt[e]sgeistes fest [,] alle üb[ri]g[en] Kräfte in ihr[em] Entsteh[en] nach sich organisirend, ihr [„(Generat[ion] u[nd] Creat[ion] vereinigt -)“ in der Zeile gestrichen] Wesen u[nd] ihre Art anpaßend; es entsteht so ein vernünft[i]g[e]s Wesen. (Möglich aber ist d[ie]s[e]s [in der Zeile folgendes „nur“ gestrichen] [,] d[a]s Entsteh[en] des leb[en]d[i]g[en] Abbildes G[o]tt[e]s nur d[a]durch - d[a]ß d[er] G[ei]st G[o]tt[e]s als Vorbild u[nd] als mitwirkende Kraft [„schwebt“ in der Zeile gestrichen] üb[er] dem Ganzen schwebt.) [In der Zeile folgendes „als mitwirk[en]de Kräfte“ gestrichen. In der Zeile gestrichen: „u[nd] planzt den punctuellen Keim des Geistes [,] der Vernunft mittels der leibl[ichen] Fortpflanzung (gleichs[am] sacrament[a]l[i]t[e]r) vernünft[i]g[e]r Wesen ein, als leb[e]nd[i]g[e]s Abbild G[o]tt[e]s od[er] als Kraft u[nd] Vermögen, G[o]tt zu erkennen.“] - Nachträglich in die Zeile eingefügt und wohl nicht gestrichen: „N[ota: ] Selbst in B[e]zug auf d[en] Körper muß die G[o]tt[e]sidee b[e]sti[mmen]d wirk[en] - als Ur [„Ur“ über der Zeile] [-]Idee der S[c]h... (? ) - d[a]h[er] d... (? ) ... (? ) Körper am ... (? )“. Weitere Randbemerkung [41vl] , die sich wohl auf diesen Punkt III, vormals „2“, bezieht: „ad 2 [)] Ob Urspru[n]g i[n] Off[en]b[arun]g [.] Aber v[ie]ll[ei]cht ist d[ie]s[e]s Vermög[en] u[nd] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] ewig - so d[a]ß es immer da ist u[nd] sich fortsetzt, ohne jemals entsta[n]d[en] zu sey[n.] - Aber in d[ie]s[em] Falle kämen wir wieder zu der Auff[a]ß[un]g [,] d[a]ß es ein bloßes Trugu[nd] Täus[c]h[un]gsvermög[en] sey u[nd] es gilt d[a]g[e]g[en,] was früher bemerkt wu[r]de §: 2 [.] - NB [: ] So wenig das actu[e]ll[e] G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn] d[u]r[c]h generatio aequivoca e[n]tst[e]h[en] k[onnte] ohne Saam[en] [„V[ernun]ft“ über der Zeile] - so w[eni]g ka[nn] au[c]h die Potenz dazu d[u]r[c]h generatio aequivoca e[n]t[stehen.] - Zur ... (? ) <?page no="139"?> 129 3) 1036 Die Idee v[on] Gott 1037 - die in ihrer Lebend[i]gk[ei]t gedacht wir Vernunft nennen [,] entsteht demnach 1038 auf dieselbe Weise, wie die Seele od[er] der Geist des Mens[c]hen üb[er]h[au]pt entsteht; 1039 sie 1040 ist ja selbst gerade der charakterist[ische] Centralpunkt der Menschenseele [,] die allen übr[i]g[e]n Vermögen - der Einbild[u]ng, d[e]s Kennens u[nd] Thuns den eigenthüml[ichen] höhern Charakter verleiht; diese üb[ri]g[e]n Vermögen, die wir in niedr[i]gern Graden auch bei den Thieren antreffen, werden dad[u]rch erst zu eigentl[ich] mens[c]hl[ichen,] so daß nun das bloße Einbilden u[nd] Vorstellen zum höh[ern] Sinn für Schönheit u[nd] Vollkommenh[ei]t, das Kennen zum Erkennen, das Thun z[um] bewußten, fr[e]i[en] Handeln wird; daß dieß Alles nicht so bleibt wie es etwa beim Affen, Elephanten od[er] Hunde ist. - 1041 4) Bei der Frage aber, wie die Seele des Menschen entsteht, stoßen wir auf jenen berühmten Streit [,] der zwisch[en] den Anhängern zweier vers[c]hiedener Ansichten - des Generatianismus u[nd] Creatianismus [-] s[c]hon seit den ältesten Zeiten geführt wird u[nd] jetzt noch unentschieden ist. Die Anhänger des Generat[ianismus] behaupten näml[ich,] die Seele des Mens[c]hen stamme v[on] den Eltern, entstehe also auch bei der Zeugung durch sie; die Anhänger des Creatian[ismus] aber nehmen an, die Seele des Menschen werde unmittelbar v[on] Gott erschaffen u[nd] dann in den durch die Zeugung entstandenen od[er] entstehend[en] mens[c]hl[ichen] Leib versetzt 1042 ; v[on] den Eltern also stamme also blos der Leib, v[on] Gott unmittelbar aber die Seele. 1043 Zu d[ie]s[e]n beiden Ansichten üb[er] d[ie] Entsteh[u]ng der [41vr/ 42rl] W[enn] Aristot[eles] aus d[er] Beweg[un]g auf d[en] u[n]bewegt[en] Bew[e]ger schloß - so k[önnen] wir d[ie] r[e]l[i]g[iö]s[e] Bew[e]g[un]g [m]it R[ec]ht s[c]hli[e]ß[en] auf Gott als d[en] Urheber“. Daneben [41vl] : „1) Das G[o]tt[e]sbewußts[eyn] kan[n] nicht unm[i]tt[e]lb[ar] d[u]rch generat[io] aequiv[oca] entst[an]d[en] s[e]y[n,] ebenso nicht die Gott[e]sidee“. 1036 Dem Gliederungspunkt „3)“ korrespondieren möglicherweise „1)“ [40vr] und das ursprüngliche, später mit „III“ überschriebene „2)“ [40vr-41vr] . 1037 Über der Zeile: „nach ihr[em] I[n]halt“; daneben: „d[ie] r[e]l[i]g[iö]s[e] Anlage“. 1038 „demnach“ über der Zeile. 1039 „ja“ in der Zeile gestrichen. 1040 „ge“ in der Zeile gestrichen. 1041 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „Auf die Frage aber [,] wie die M[en]s[c]h[en]seele selbst entsteht [,] könn[e]n wir u[n]s hiernach [n]i[c]ht ausführl[ich] einlaß[en,] ist au[c]h [n]i[c]ht nothw[en]d[i]g [.] -“ 1042 „versetzt“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes und gestrichenes „gethan“. 1043 Randbemerkung [41vl und 41vr unten ] : „Ders[e]lbe Ursp[run]g wie d[ie] [men]s[c]hl[iche] Seele üb[er]h[au]pt. - A) Daß d[ie]se Potenz d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyns] nicht aus d[em] Chaos [,] a[u]s d[em] El[emen]tarstoff [m]it ih[ren] ch[em]is[c]h[en] u[nd] physikal[i]s[c]h[en] K[rä]ft[en] e[n]tst[an]d[en] sey[n] k[ann] - erhellt aus d[er] Natur d[er] Sache [.] - (Ni[c]ht [e]i[nma]l d[a]s Org[an]is[c]he e[n]tst[e]ht d[u]rch generatio aequivoca.) [„Zunächst v[on] d[en] Elt[ern] u[nd] zurück etc.“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt.] B) Auch ewig kann d[ie]s[e] Anlage [n]i[c]ht sey[n] - od[er] w[enn] sie es wäre, dann nur ewige Unv[ern]u[n]ft u[nd] Tä[u]s[c]h[un]g u[nd] all’ uns[er] D[en]k[en] wäre unzuverläßig [.] - Od[er] es wäre ewig[es] Bew[u]ßts[eyn] [e]i[ne]s existi[ren]d[en] G[o]tt[e]s [.] - Od[er] selbst Gott - (s[ein] Wes[en]) ... (? ) [„imma[nen]te Norm des Absolut[en]“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt.] [Daneben: „D[ie]se Anlage muß a) ei- [ne] Ursache [,] b) ein Ziel hab[en] wie d[e]r Instinct ... (? ), Thun etc.“] <?page no="140"?> 130 I [.] Kap[itel] 1044 §: (8) 1045 F[o]rts[e]tz[u]ng Menschenseele kam im chr[i]stl[ichen] Alterthum noch eine dritte [,] namentlich dem 1046 Origenes eigenthüml[iche], der s[o]g[enannte] Praeexistentianismus, der behauptete, die m[e]ns[c]hl[ichen] Seelen existirten schon vor d[ie]s[e]m Erdenleben im Jenseits u[nd] würden erst um irgend einer Verschuld[u]ng willen in dieses Erdenleben versetzt u[nd] in die mens[c]hl[ichen] Leiber wie in ein Gefängniß eingeschloßen. In die chr[i]stl[iche] Lehre fand d[ie]se Ansicht keine Aufnahme, sie wurde als unrichtig zurückgewiesen. In vielen Oriental[i]sch[en] R[e]l[i]g[io]n[s]syst[emen,] namentl[ich] im Indis[c]h[en] u[nd] Aegyptis[c]h[en] aber galt sie allgemein; 1047 auch Plato u[nd] and[ere] Philosoph[en] huldigten ihr; u[nd] selbst in neu[erer] Zeit nimmt man hie u[nd] da wieder zu d[e]rs[e]lb[e]n seine Zuflucht; ich nenne unter den Philosophen nur den bedeutendsten [,] Schelling nämlich, in s[einer] Abh[a]ndl[u]ng üb[er] d[a]s Wesen der mens[c]hl[ichen] Freih[ei]t; unt[er] d[en] Theologen z.B. Jul[ius] Müller 1048 in s[einem] ausführl[ichen] Werke über d[ie] Sünde od[er] d[a]s Böse. 1049 Die chr[i]stl[iche] Kirche - wie ges[a]gt - C) Es kann d[ie]se Pot[en]z nur ei[nen] homogen[en], adäquat[en] - Ursp[run]g hab[en] - G[o]tt selbst [.] - V[om] rel[i]g[iö]s[en] Bew[u]ßts[eyn] schli[e]ß[en] wir auf Gott als d[en] Urheber - wie Aristot[eles] v[on] d[er] Bew[e]g[un]g auf d[en] Beweger (teleologisch) [.] D) Die Gottesidee - V[ern]u[n]ft ist d[a]h[er] die erste, natürl[iche] Off[en]b[arun]g [41vl/ 41vr] G[o]tt[e]s schon d[u]rch ihr Dasey[n] - d[a]h[er] au[c]h d[ie] Ki[n]der s[c]hon an d[ie]s[er] Off[en]b[arun]g Th[ei]l [ne]h[men] - d[enn] sie setzt als Anlage s[c]hon d[en] Will[en] G[o]tt[e]s vora[u]s [,] daß er sich erk[ennen] laße, d[enn] ohne dieß hätte d[ie] Anlage k[e]i[ne] B[e]d[e]ut[un]g. E) Wie d[ie]se Anl[a]ge e[n]tst[e]ht als Centralpu[n]kt d[e]r M[en]s[c]h[en]seele - [m]ittelb[ar] od[er] u[nm]itt[e]lb[ar], ist hier noch [n]i[c]ht zu ... (? ) [.] Ob Generat[ianismus] od[er] Creatianismus.) F. Ob d[a]s Bew[eisen] a consensu gentiu[m] - Nei[n.] Ei[n]e Pot[en]z = ... (? ) Auge u[nd] Licht [.] -“ Links daneben [41vl] : „ad III) Gang üb[er] Ursp[run]g. Schl[u]ß [: ] Bew[eis] f[ür] d[as] Das[eyn] G[o]tt[e]s wie d[a]s Auge d[a]s Dasey[n] d[e]s Licht[e]s postulirt [.] Instinct [.] Ontolog[ischer] B[eweis]“. Inhaltlich schließt hier die Randbemerkung [42rr] an: „NB [: ] D[ie]s[e]r Bew[eis] v[om] Das[eyn] d[er] Pot[en]z d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyns] ist nicht = dem a consensu gentium. Wäre auch nur Eine solche Pot[en]z u[nd] Auctorität d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyns] da, so gälte d[a]s soviel wie Mill... (? ) - wie der Bew[eis,] d[a]ß d[a]s Dreieck = 2 R ist d[ur]ch [„d[ur]ch“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „b“] Ei[ne]s all[e]i[n,] so gewiß ist wie d[u]rch Mill... (? ) Wir hab[en] also d[a]d[u]rch ei[nen] wiss[en]s[c]h[a]ftl[ichen] Bew[eis] f[ür] d[as] Das[eyn] G[o]tt[e]s - [n]i[c]ht blos [e]i[n] histor[isches] Zeug[n]iß u[nd] s[ein] Gewicht - wir hab[en] erkannt [,] wie d[ie]s[e]r Ursp[run]g d[er] R[e]l[i]g[ion] nothw[en]d[i]g gedacht w[e]rd[en] [m]üße [,] so d[a]ß er nicht anders gedacht w[e]rd[en] kann u[nd] zufällig etwa au[c]h anders sey[n] könnte - wie das b[e]i[m] histor[ischen] Zeug[n]iß u[nd] B[e]w[eis] etwa auch zuläß[i]g ers[c]hei[nen] möchte. -“ 1044 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 10“ am oberen Seitenrand [42rr] ; „10“ bezeichnet den Bogen. 1045 „3“ über der Zeile. 1046 „dem“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „v[on]“. 1047 Randbemerkung [42rr] : „NB [: ] Bei d[en] Aegyptier[n] Wanderung d[u]rch Gestirne - d[a]h[er] Beobacht[un]g der Constellation der Gestirne Astrologie, um d[a]s Geschick des Neugebornen zu erfors[c]hen.“ 1048 Danach über der Zeile eingefügt: „Prof. in Berlin (? )“. 1049 Randbemerkung [42rr] : „Humphry Davy Tröstende Gedank[en] auf (? ) Reis[en] (? ) od[er] die letzt[en] Tage eines Naturfors[c]hers übers[etzt] v[on] M... (? ) (1833)“. <?page no="141"?> 131 erklärte sich aber schon in frühest[er] Zeit (geg[en] 1050 Orig[enes]) geg[en] den Praeexistentian[i]smus; die beiden andern Ansichten aber ließ sie bestehen, ohne sich für die eine od[er] die andere zu erklären. (August[inus] u[nd] Hieron[ymus]) [.] Ohne uns hier 1051 in d[ie]se lange Controverse einzulaßen u[nd] Gründe für u[nd] gegen beide Ansichten aufzuzählen, wollen wir gleich zur Erledig[u]ng der Frage selbst s[c]hreiten. - 1052 Ich glaube 1053 keiner v[on] beiden Ansichten in ihrer Einseit[i]gk[ei]t beistimmen zu dürfen 1054 u[nd] andern 1055 sie 1056 vermitteln zu müssen [,] um d[a]s Wahre festzuhalt[en.] 1057 - Die Seele des Menschen stammt ganz v[on] G[o]tt, sie stammt aber auch ganz v[on] den Eltern, sie stammt v[on] Gott durch die Eltern. Nicht unmittelbar, nicht außer u[nd] ohne den Leib wird die Seele v[on] d[er] Gotth[ei]t geschaffen u[nd] in den menschl[ichen] Leib, der d[u]rch d[ie] Eltern erzeugt wird, hinein versetzt; sond[ern] nur in, mit u[nd] durch den Leib u[nd] mittels der Zeug[u]ng [,] wodurch auch der Leib entsteht. 1058 - (Wie die Wiedergeburt nicht unmittelbar d[u]rch G[o]tt[e]s Gnade zu Stande kommt, sond[ern] mittelst der Taufe, im u[nd] d[u]rch das Weßen (sic! ) u[nd] den ganzen äuß[eren] Act der [42rl/ 42vr] Taufe, so ist es auch bei der Geburt od[er] Entsteh[u]ng der Seele. 1059 ) - Wir haben üb[e]rh[au]pt hier zur Ents[c]heid[un]g d[ie]s[e]r Frage keine andere Richtschnur, kein[en] andern Anhaltsp[u]nkt als die Analogie der Entsteh[un]g 1060 aller üb[ri]g[en] Geschöpfe, namentl[ich] aber des menschl[ichen] Leibes. 1061 1050 „b[e]z[ü]gl[ich]“ über der Zeile. 1051 „schon“ über der Zeile. 1052 Randbemerkung [42rr] : „Daß G[o]tt der Urheber der Seele ist, ist gewiß; es kann ja wie wir sehen v[on] Niemand sonst d[a]s Centr[um] ders[e]lb[en] die r[e]l[i]g[iö]s[e] Anlage kommen [.] - Es fr[a]gt sich nur [,] ob mittelbar, ob unmittelb[a]r“. 1053 „glaube“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „meinestheils kann“. 1054 „zu dürfen“ über der Zeile. 1055 „andern“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „stimme gleichwohl wieder jeder bei [,] indem ich“. 1056 „zu“ in der Zeile gestrichen. 1057 In der Zeile folgendes „suche“ gestrichen. „zu müssen um d[a]s Wahre festzuhalt[en]“ über der Zeile. - Einfügung am Seitenrand [42rr] : „(wie schon oben angedeutet bei der Darst[e]ll[un]g des Entsteh[u]ngsproceßes der rel[i]g[iö]s[en] Anlage od[er] G[o]tt[e]sidee im M[e]nsch[e]n)“. 1058 Einfügung am Seitenrand [42rr] : „Auf naturphilos[ophischem] St[a]ndp[u]nkt kann d[ie]se Behaupt[un]g ohnehin gar keinen Anstand finden, im Gegenth[ei]l nur entschiedene Vertheid[i]g[un]g; - aber auch auf chr[i]stl[ichem] St[a]ndp[u]nkt steht ihr Nichts entgegen, im Geg[en]th[ei]l [: ] Vieles u[nd] Wichtiges spricht dafür [.] -“ 1059 Über der Zeile [42vr] und am Seitenrand [42vl] : „Nicht unmitt[e]lb[ar] s[c]hafft Gott die Seele [,] sondern nur durch die Eltern - d.h. d[u]rch d[ie] Seel[en] der Eltern - wie er d[en] Leib d[e]s M[e]ns[c]h[en] d[u]rch d[en] Leib der Eltern schafft [,] beider Schaff[un]g ist gar [n]i[c]ht getrennt zu denken.“ Einfügung am Seitenrand [42vl] : „Wie d[ie] chr[i]stl[iche] Erlösung u[nd] Tugend ganz v[on] Gott, aber auch wieder ganz v[on] d[em] M[e]nsch[e]n stammt [.] -“ 1060 „d[er]“ in der Zeile gestrichen. 1061 Einfügung am Seitenrand [42vl] : „Wenn wir nun schon, um d[a]s Wesen G[o]tt[e]s zu erkennen u[nd] [in der Zeile folgendes „uns“ gestrichen] einigermaß[en] klar zu machen, an die Analogie mit d[em] Ird[i]s[c]h[en], Geschöpflichen angewiesen sind; u[nd] ihre Vollkommenh[ei]t[en,] die wir im Ird[i]s[c]h[en] wahrnehmen [,] zuschreib[en] dürf[en] etc. [,] so noch weit eher hier, wo es sich um Erk[enn]t[n]iß d[e]s Ursp[run]gs d[e]r mens[c]hl[ichen] Seele, also etwas Geschöpflich[es] h[a]nd[e]lt.“ <?page no="142"?> 132 Wie Gott nach der bibl[i]s[c]h[en] Erzähl[u]ng zwar anf[a]ngs d[u]rch seine schöpferische Täth[i]gk[ei]t alle Geschöpfe aus Nichts [,] d.h. ohne schon vorhandenen Stoff u[nd] ohne 1062 Saamen hervorrief in’s Daseyn; die folgend[en] aber nicht mehr so unmittelbar aus Nichts [,] sond[ern] mittels des Saamens, in deßen Keim sich seine erhaltende u[nd] fortwirkende Thätigk[ei]t verbirgt u[nd] wirksam ist; in deßen Keim sein urspr[ün]gl[iches] Schöpf[un]gs-Wort fort u[nd] fort thätig ist 1063 u[nd] wie G[o]tt zwar am Anfang den menschl[ichen] Leib aus Erde bildete u[nd] dann lebendig machte, die folgenden mens[c]hl[ichen] Körper aber nicht mehr so unmittelbar d[u]rch ganz neue Bild[u]ng, sond[ern] eben mittels des menschl[ichen] Saamens u[nd] mittels der Zeug[un]g bildet - 1064 [,] so hat Gott auch zwar anfangs dem menschl[ichen] Leibe zur Beseel[u]ng u[nd] Lebendigmach[u]ng die Seele unmittelbar eingehaucht; den folgenden Mens[c]hen aber nicht mehr so unmittelbar, sondern eben auch mittels Fortwirkung 1065 jenes ersten Hauches, der in u[nd] mit dem Leibe aufs engste zum ganzen Mens[c]hen verbunden, in d[ie]s[e]r Verbind[un]g fruchtbar wird. G[o]tt[e]s erste, schöpferische Thät[i]gk[ei]t, der Hauch [,] der den Leib beseelte [,] wirkt noch fort u[nd] vervielfältigt sich. - Gottes schöpferische Thät[i]gk[ei]t [,] durch die er den Leib schuf [,] ist nicht unwirksam bei der Zeugung des Leibes [,] sond[ern] wirkt eben in ihr; eben so ist Gottes schöpferische Thät[i]gk[ei]t [,] durch die er die Seele schuf [,] nicht unwirksam bei der Entsteh[u]ng der Seelen, sond[ern] wirkt fort. 1066 Um wie viel höher die schöpferische Thät[i]gk[ei]t G[o]tt[e]s bei der urspr[ü]ngl[ichen] Schöpf[u]ng der Seele des Menschen war als bei der des Leibes, um so viel höher ist auch jetzt noch jene fortwirkende 1067 Thät[i]gk[ei]t Gottes [,] die 1068 wirksam ist ei der Entsteh[u]ng der Seele als bei der Entst[e]h[u]ng des Leibes; obgleich beides in u[nd] mittels der Zeug[u]ng geschieht. - Man kann nicht sagen [,] daß nach d[ie]s[e]r Erklär[u]ng die Seele aus dem Leibe [,] aus der Materie hervorgehe (also Materialismus); so wenig als sie uranfängl[ich] aus dem Leibe hervorging; aber sie [42vr/ 43rl] existirt nicht außer dem Leibe u[nd] entsteht nicht außer ihm, so wenig als sie am Anfange erst außer dem Leibe existirte u[nd] dann in ihn hineinversetzt ward; sond[ern] sie kam unmittelbar im Leibe selbst d[u]rch G[o]tt[e]s Hauch als dessen beseelendes Princip zum Daseyn. 1069 - Kurz es 1062 „u[nd] ohne“ über der Zeile soll in der Zeile allerdings nicht gestrichenes „oder“ ersetzen. 1063 „in deßen Keim sein urspr[ün]gl[iches] Schöpf[un]gs-Wort fort u[nd] fort thätig ist“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 1064 „bildet -“ über der Zeile. 1065 „Fortwirkung“ über der Zeile. 1066 Randbemerkung [42vl] : „(Jene g[ö]ttl[iche] Thät[i]gk[ei]t ist ja nicht eine längst vergangene, verschwundene - das ist sie nur uns, den in d[er] Zeit Lebend[en] u[nd] Denkenden - bei Gott aber, dem Ewig[en,] Ewiggegenwärtig[en] ist sie eine gegenwärt[i]ge Fortwirks[a]mk[ei]t.)“ 1067 „fortwirkende“ über der Zeile. 1068 „unter“ in der Zeile gestrichen. 1069 Einfügung am Seitenrand [43rr] : „Aber kann die Seele, der Geist sich fortpflanzen, ist er geschlechtlich? also - gibt es männl[iche] u[nd] weibl[iche] Geister? Das ist nicht nöthig. Nicht die Geister an sich pflanzen sich fort [„etwa auch der Verstorbenen“ über der Zeile] [,] sond[ern] die Menschen [,] d.i. die Wesen [,] die aus Leib u[nd] Seele bestehen, welches die einzig mögl[iche] Daseynsform des Erdenlebens ist, so daß beide für d[ie]s[e]s Leben gar nicht zu tr[ennen] sind u[nd] in d[ie]s[er] unzertrennl[ichen] Verbind[un]g auch wirken u[nd] beide <?page no="143"?> 133 pflanzen sich nicht Leiber fort ... (? ) [,] sondern Menschen; die Generation der Menschen ist d[a]h[er] ein ganz anderer Act als die der Thiere; es ist ein menschl[icher] Act [,] d.i. eines Wesens [,] das aus Leib u[nd] Geist besteht, also eines vernünft[i]g[e]n Wesens, nicht eines Viehes. Wie der menschl[iche] Geist, so entsteht auch, wie g[e]s[a]gt, die menschl[iche] Vernunft, od[er] die lebend[i]ge G[o]tt[e]s-Idee, die r[e]l[i]g[iö]se Anlage, der Keim zum künft[i]g[e]n G[o]tt[e]sbewußtseyn urspr[ü]ngl[ich] d[u]rch G[o]tt[e]s Schöpf[u]ng [,] nicht aus dem Urschlamm, wie d[er] P[a]nth[ei]sm[us] meint. 1070 §: 9 1071 Anfänge der Religion 1072 od[er] Entstehung 1073 des Gottesbewußtseyns. (Gott[e]s Ur- 1074 Off[e]nb[a]r[un]g) 1075 I) 1076 Ohne die eingeborne Idee v[on] Gott, 1077 ohne rel[i]g[iö]se od[er] Vernunft-Anlage [,] wurde behauptet, wäre es nicht möglich, daß der Mensch es zum G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn] brächte u[nd] d[a]h[er] der R[e]l[i]g[io]n fähig wäre. Ohne d[ie]se Anlage hülfe alle Belehr[u]ng, selbst 1078 alle Off[e]nbar[u]ng v[on] Seite G[o]tt[e]s Nichts; der ihre Eigenthümlichk[ei]t[e]n sich gewißermaßen mittheilen, gemeinsam hab[en,] u[nd] nicht die Persö[n]l[i]chk[ei]t ist d[a]s geist[i]g Zeugende [,] sond[ern] das Gatt[u]ngswes[en] - wovon später. (NB [: ] D[ie] g[ei]st[i]g[e] Bild[un]g wird den Eltern anvertr[a]ut d[urch] geist[i]g[e] Zeug[u]ng u[nd] Wiedergeburt d[er] Seele - warum nicht auch das Entsteh[en] der Seele? ) Doch darüber später.“ 1070 „urspr[ü]ngl[ich] d[u]rch G[o]tt[e]s Schöpf[u]ng [,] nicht aus dem Urschlamm, wie d[er] P[a]nth[ei]sm[us] meint.“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [43rr] : „Recap[itulation: ] Die [„g[ö]ttl[iche]“ in der Zeile gestrichen] Idee G[o]tt[e]s i[m] M[en]s[c]h[en] ist also a) nothw[en]d[i]g [,] b) [m]it d[em] G[ei]ste id[en]tis[c]h als V[ernun]ft [,] c) gl[e]i[c]h ihm [en]tst[an]d[en] u[nd] fortgepfl[an]zt [; ] ohne d[ie]se Idee kein actu[e]ll[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn,] k[e]i[ne] R[e]l[i]g[io]nen“. 1071 „(4)“ über der Zeile. 1072 „des actual[en] G[o]tt[e]sb[ew]ußts[eyns]“ über der Zeile. 1073 „Actualität“ über der Zeile. 1074 „Gott[e]s Ur-“ über der Zeile. 1075 Randbemerkung [43rr] : „§: 4 Beding[u]ng d[e]s actual[en] Gottesbewußtseyns u[nd] d[er] wirkl[ichen] R[e]l[i]g[ion] (Ueber [„Ueber“ über der Zeile] die Uroffenb[arun]g).“ 1076 „ad S[c]hl[u]ß v[on] §: 3 Wes[en]“ über der Zeile. Randbemerkung [43rr] : „ad I [)] Die r[e]l[i]g[iö]s[e] Anlage bezeugt also a) Gott, wie d[e]r I[n]sti[n]kt z.B. b[e]zeugt, d[a]ß d[ie] Mögl[i]chk[ei]t d[e]r Befri[e]d[i]g[un]g i[n] d[e]r N[a]tur da sey [,] also d[a]s geforderte thatsächl[ich] sey b) od[er] wie d[a]s Auge“. Weitere Randbemerkung [43rr] , deren Verortung im Haupttext unklar ist, weil in § 9 kein „III“ vorgesehen ist: „ad III [)] [„ad III“ über der Zeile] NB [: ] Bei den ältest[en] Völkern z[ei]gt sich tiefer Inhalt, große Ideen der R[e]l[i]g[io]n in kindl[icher] Form [,] unpaßend[em,] unklaren (sic! ) Ausdruck! - Wie kam die M[e]nschh[ei]t [,] die die Form nicht zu handhaben weiß [,] zu jenem tief[en] Inhalt, der - sollte man glauben - nur Resultat hoher Bild[un]g, langen Nachdenkens seyn k[onn]te? Der kindische Ausdruck bezeugt d[a]s Jugendalter der Völker - der tiefe Inhalt [,] den sie in d[ie]s[e]m Zust[a]nde nicht selbst gefunden haben konnten, bezeugt eine Uroff[e]nb[a]r[u]ng [.] -“ 1077 „d.i. leb[en]d[i]g[e] Fähigk[ei]t v[om] Göttl[ichen] zu verstehen - [n]i[c]ht todt[es] Bild -“ über der Zeile. 1078 „selbst“ über der Zeile. <?page no="144"?> 134 Mensch würde sie nicht verstehen, so wenig das Thier sie verstehen kann. So wenig ein Gewächs, eine Pflanze entstünde ohne Saamen, ohne Keim, wenn auch alle andern Beding[u]ng[e]n dazu erfüllt u[nd] die Umstände äußerst günstig wären 1079 ; wenn der beste Boden vorhanden 1080 wäre u[nd] Luft, Wasser u[nd] Sonnenschein in bester Weise zusammenwirkten; so vermöchte Religion, 1081 das G[o]tt[e]sbewußts[eyn] u[nd] was damit zusammenhängt nie im Menschen zu entstehen 1082 trotz aller Belehr[u]ng v[on] Seite G[o]tt[e]s selbst od[er] anderer vernünft[i]g[e]r Wesen; er würde v[on] all dem nicht das Mindeste verstehen ohne eingeborner G[o]tt[e]sidee 1083 [,] so wenig als der Papagei v[on] solcher Belehr[u]ng versteht. Das erkennt auch Göthe an, indem er sagt: Wäre nicht das Auge sonnenhaft Nie könnte es die Sonn’ erblicken; Läg’ 1084 nicht in uns des Gottes eigne Kraft, Wie könnte uns Göttliches entzücken? 1085 [43rl/ 43vr] Freilich 1086 darf dieß nicht im Sinne des Pantheismus verstanden werden, so nämlich [,] als wäre d[ie]se göttl[iche] Kraft in uns ein Theil des Göttlichen od[er] der Gotth[ei]t selbst, als wäre der Mens[c]h ein göttliches Wesen u[nd] würde sich in der R[e]l[i]g[io]n, im G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] eben erst d[ie]s[e]r [,] seiner eignen göttl[ichen] Natur bewußt, wie Hegel u[nd] And[ere] nach ihm behaupten; sond[ern] nur in dem Sinne, d[a]ß d[ie]se eingeborne Kraft G[o]tt zu erkennen, d[ie]s[e]r Gotth[ei]t selbst wesensähnlich, nicht daß sie ihr wesensgleich sei. 1087 - (V[on] Panth[ei]sm[u]s wird später noch d[ie] Rede seyn). Wie das später erörtert werden wird. II) Bei all’ dem aber dürfen wir nicht übersehen [,] daß die rel[i]g[iö]se Anlage 1088 allein, d[ie]s[e]r Keim der R[e]l[i]g[io]n od[er] des G[o]tt[e]sbew[u]ßtseyns noch keineswegs 1079 „wären“ über der Zeile; „sond[ern]“ in der Zeile gestrichen. 1080 „ist“ in der Zeile gestrichen. 1081 „od[er]“ in der Zeile gestrichen. 1082 Einfügung am Seitenrand [43rr] : „ohne d[ie] immanente G[o]tt[e]sidee“. 1083 „ohne eingeborner G[o]tt[e]sidee“ über der Zeile. 1084 „Wie“ über der Zeile. 1085 Das Zitat stammt aus Johann Wolfgang von Goethes Farbenlehre, vgl. Goethe, Johann Wolfgang von, Zur Farbenlehre. Einleitung (Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche 23/ 1), Frankfurt a. M. 1991, 24. - Randbemerkung [43rr] : „Das Auge nicht auch ... (? ) d[a]s Licht ... (? ) nur wahr [,] wenn es sich offenbart -“. 1086 Randbemerkung [43vl] : „a) Die R[e]l[i]g[io]n (G[o]tt[e]sb[ewußtseyn]) ist da b[e]i d[en] ungebildetst[en] Völk[e]r[n] (sie entsteht also nicht d[u]rch ratiocinium) b) sie kann ihr[en] I[n]h[a]lt (G[o]tt) nach im höchst[en] Denk[en] gedacht w[e]rd[en], also ist sie au[c]h für d[en] erkenn[en]d[en] G[ei]st u[nd] die Wiss[e]ns[c]h[a]ft - ... (? )“. 1087 Randbemerkung [43vl] : „Die F[ra]g[e] d[ie]s[e]s §: ist: Wie ka[m] di[e] Pot[en]z zur Actualität d[e]s Gott[e]sbew[u]ßtsey[n]s - A) An u[nd] für sich kann nicht gerad[e]zu b[e]h[au]pt[e]t w[er]d[en], d[a]ß d[ie] M[en]s[c]h [en] [m]it r[e]l[i]g[iö]s[er] Anlage gar [n]icht zu ... (? ) G[o]ttes ... (? ) B) Factis[c]h aber wohl 1) Die M[en]s[c]h[en] [m]ußt[en] physis[c]h [m]ü[n]d[i]g (? ) s[e]y[n,] w[enn] [n]i[c]ht ... (? ) 2) Die Idee G[o]tt[e]s fordert [,] d[ie]ß C) Die G[e]s[c]hi[c]hte zeigt es“. 1088 „Vernunft“ über der Zeile. Randbemerkung [43vl] : „A) Die r[e]l[i]g[iö]s[e] Pot[en]z k[onn]te si[c]h [n]i[c]ht selbst i[n] Actual[i]tät setz[en] - Wie der Saame [n]i[c]ht etc. a) Also d[a]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] k[onn]t[e] der Natur d[er] Sache nach <?page no="145"?> 135 hinreicht 1089 für sich allein, zur Entsteh[u]ng der R[e]l[i]g[io]n. Mögen sie noch so guten Saamen haben, fehlt[e]n die nöthigen Beding[u]ng[e]n zu seiner Entwickl[u]ng, fehlen ihm guter Boden, Wasser, Luft u[nd] besond[ers] auch das Sonnenlicht, es wird nie eine Pflanze daraus; so ist es auch mit dem Keim zum G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] im Menschen. Mag die rel[i]g[iö]se Anlage noch so gut u[nd] vollkommen im Menschen seyn, er bringt es doch für sich allein nie zur R[e]l[i]g[io]n ohne die zur Entwickl[u]ng ders[e]lb[e]n nothw[e]nd[i]ge Erfüll[u]ng der Beding[u]ng[en]; 1090 ich meine ohne Belehr[u]ng u[nd] Bild[u]ng durch Andere [,] die schon zu d[ie]s[e]m Bewußtseyn erwacht sind, die schon Rel[i]g[io]n haben. 1091 - Das liegt schon a.) 1092 in der Natur Alles dessen [,] was der zeitl[ichen] Entwickl[u]ng unterworfen ist, wohin eben auch der M[e]ns[c]h[e]ngeist gehört; u[nd] dann b.) 1093 bestätigt das auch die Erfahr[u]ng. Es sind Fälle vorgekommen, daß M[e]ns[c]h[e]n in frühester Jugend ausgesetzt wurd[en] 1094 u[nd] fern v[on] aller menschl[ichen] Gesells[c]h[a]ft u[nd] allem mens[c]hl[ichen] Verkehr aufgewachsen sind 1095 . Als man sie nun fand, glichen sie in Allem den Thieren; war[en] ohne Sprache, ohne bestimmtes Bewußts[eyn] der Welt u[nd] ihrer selbst; u[nd] wie sich da v[on] selbst [n]i[c]ht selbststä[n]d[i]g e[n]tsteh[en] oh[ne] Einwirk[un]g, Off[en]b[arun]g, [Text über der Zeile größtenteils unlesbar.] b) Histor[i]s[c]h ist di[e]ß all[en]th[a]lb[en] bezeugt - Einzelne [„Völker“ in der Zeile gestrichen] M[en]s[c]h[en] - Wilde Völker - ad b) D[er] Ei[n]zel[ne] bildet si[c]h u[m] so beßer je beßer d[er] r[e]l[i]g[iö]s[e] Gr[un]d u[nd] Bod[en] ist [.] - Also ... (? ) c) Aber d[u]rch d[ie] Lä[n]ge der Zeit? Ob [n]i[c]ht doch wie Kü[n]ste u[nd] Wiss[en]s[c]h[a]ft[en] - so au[c]h R[e]l[i]g[ion] g[e]grü[n]det w[e]rd[en] k[onnt]e? - a) Viele Völker si[n]d k[e]i[ne]sw[e]gs zu Kü[n]st[en] u[nd] Wiß[en]s[c]h[a]ft[en] g[e]k[ommen.] - b) Die r[e]l[i]g[iö]s[e] A[n]l[a]g[e] ford[e]rt homogene Einwirk[un]g - also göttl[iche], ihr ange[me]ß[ene] Bel[e]h[run]g [,] [n]i[c]ht Natureinwirk[un]g - [Randbemerkung [43vl] : „A) Es wäre g[ö]ttl[ichem] Schöpfer [n]i[c]ht angemeß[en], so zu s[c]haff[en] - körp[er]l[ich] vollk[ommen,] g[ei]st[i]g u[n]vollk[ommen.] B) Die Geschi[c]hte w... (? ) ... (? ) Andres posit[iv] u[nd] negat[iv].“] e) Indeß g[an]z i[n] Ab[re]de st[e]ll[en] k[ann] [man] di[e] Mögl[ic]hk[ei]t freil[ich] nicht [,] d[u]rch Ratiocinium v[ie]ll[ei]cht doch [n]i[c]ht - die Pot[en]z würde sich bethät[i]g[en] i[m] G[em]üth etc. u[nd] kä[me] all[m]ählig au[c]h [m]it d[em] V[e]rst[an]de i[n] Bezieh[un]g [.] - d) Aber - die Off[en]b[arun]g G[o]tt[e]s ist insinuirt d[ur]ch d[ie] Anlage od[er] P[o]t[en]z - d[a]h[er] ist [me]hr Gru[n]d dafür [,] sie als sogl[eic]h gescheh[en] anzu[ne]h[men] - w[e]il sie G[o]tt[e]s Will[en] u[nd] d[e]r Natur d[e]s M[en]sch[en] d[a]s Gemäß[e]st[e] war. Durch die Nothw[en]d[i]gk[ei]t d[e]s Geschaffenwerd[en]s der M[en]sch[en]natur üb[er]h[au]pt [,] u[nd] zwar so [,] d[a]ß sie besteh[en] konnte.“ Daneben [43vl] : „Also: Uroff[en]b[arun]g nothw[en]d[i]g - od[er] w[en]igst[en]s fact[isch.] (? ) Hist[o]r[isches] Zeug[n]iß - ... (? ) d[a]h[er] geg[en] Rational[i]sm[us]“. 1089 „zur“ in der Zeile gestrichen. 1090 Unleserliches Wort über der Zeile. 1091 Von der zum Großteil überschriebenen Einfügung am Seitenrand [43vl] ist nur noch der untere Teil lesbar: „... (? ) Wenn das Auge auf sich selbst sich beschränkt [,] kann es [n]i[c]hts sehen [.] - Eine Li[c]htersch[e]i[n]u[n]g kann es wohl hervorbri[n]g[en,] z.B. d[u]rch Reibung (? ) - aber ma[n] sieht nur d[ie]s[e] Ers[c]h[e]i[n]u[n]g, weiter [n]i[c]hts (das ist d[a]s Wes[en] d[e]s extremen [„subj[ectiven]“ über der Zeile] Ideal[i]sm[us]).“ 1092 „a.)“ über der Zeile. 1093 „b.)“ über der Zeile. 1094 „wurd[en]“ über der Zeile. 1095 „sind“ in der Zeile irrtümlich gestrichen. <?page no="146"?> 136 denken läßt [,] ohne alle Spur v[on] G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn] oder Religion. 1096 Die Anlage zu all’ d[ie]s[e]m war wohl da vermöge ihrer Menschen-Natur [,] aber es fehlten eben die unerläßlichen Beding[u]ng[e]n der Ausbild[u]ng [,] näml[ich] der Unterricht u[nd] Verkehr mit solchen, die schon zum Selbst- [,] Weltu[nd] G[o]tt[e]sbew[u]ßtseyn gekomm[en] waren. Denn das Licht des Bewußtseyns muß sich stets am s[c]hon vorhandenem (sic! ) Lichte entzünden. [43vr/ 44rl] I [.] Kap[itel] 1097 §: (9) 1098 F[o]rts[e]tz[u]ng b) 1099 Wir können es also als eine geschichtl[iche] Thatsache annehmen [,] die nicht bestritten od[er] geläugnet werd[en] kann, daß der Geist des Menschen sich nur entwickle u[nd] alle seine Kräfte u[nd] in ihm ruhenden Vermögen zur Thätigk[ei]t entfalte u[nd] z[um] Bewußts[eyn] Seiner (sic! ) selbst, z[um] Bew[u]ßts[eyn] der Welt u[nd] G[o]tt[e]s gelange [,] also zum wirkl[ichen], vernünft[i]g[en] Wesen nur werde im Umgang mit Menschen, die schon ein[en] gewiß[en] Grad der Entwickl[u]ng aller mens[c]hl[ichen] Geisteskräfte erlangt haben. - So kommt er also auch nur zur Religion, z[um] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] dad[u]rch [,] daß er unter Solchen lebt, v[on] Solchen unterrichtet wird, die s[c]hon des G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyns] 1100 theilhaft[i]g sind, die s[c]hon Religion haben, wie vollkommen oder unvollkommen diese auch seyn möge. - Der Geist des Menschen muß also mit 1101 seinem Keime des G[o]tt[e]sbewußtseyns, mit der Anlage zur R[e]l[i]g[io]n, auf den Grund u[nd] Boden der R[e]l[i]g[io]n verpflanzt 1102 werden, damit er hier aufgehe, sich bilde u[nd] sich zum rel[i]g[iö]s[en] Menschen erschließe. Es wird freilich für das gute Gedeihen des jungen Menschengeistes viel darauf ankommen, v[on] welcher Art u[nd] Weise d[ie]s[e]r rel[i]g[iö]se Grund u[nd] Boden sei, in den er verpflanzt wird u[nd] es wird v[on] d[er] Art der R[e]l[i]g[io]n 1103 [,] in der Jemand erzogen ist, 1104 viel abhängen - bei d[en] meist[en] M[e]ns[c]h[e]n Alles - wie er selbst in 1096 Randbemerkung [43vl] : „[„Beisp[iel]“ in der Zeile gestrichen] Zwar d[ie]se vereinzelt[en] Beisp[iele] u[nd] ganz abnor[men] Zustä[n]de d[ie]s[e]r M[en]sch[en] wär[en] noch nicht entscheid[en]d für sich [.] - Es k[önn]t[en] ja M[en]sch[en] i[n] Gesells[c]h[a]ft n[ac]h J[a]hrh[un]dert[en] zur R[e]l[i]g[ion] k[ommen] wie zu Kü[n]st[en] u[nd] Wiß[en]s[c]h[a]ft[en]! Zu d[ie]s[en] wohl - zur R[e]l[i]g[ion] ab[e]r [n]i[c]ht. Sie würd[en] angemeß[ene] Anregu[n]g erhalt[en] für V[e]rst[an]d[e]süb[un]g, zu all[er]lei Erfi[n]d[un]g[en] zu[m] Schutz u[nd] Gewinn für d[a]s Leb[en] - R[e]l[i]g[ion] kö[nn]t[en] sie si[c]h [n]i[c]ht erfi[n]d[en.] - Weil ih[nen] angemeß[ene], homoge[ne] Anreg[un]g fehlte [.] - a) Keine Pot[e]nz kann d[u]rch si[c]h selbst i[n] Actualität übergeh[en.] - Und b) die Anreg[un]g [m]uß st[e]ts der Pot[en]z angemeß[en], homoge[n] sey[n.] -“ 1097 „Rel[i]g[io]nsphilos[ophie] 11“ am oberen Seitenrand [44rr] ; „11“ bezeichnet den Bogen. 1098 „4“ über der Zeile. 1099 Korrespondierendes „a)“ ist unauffindbar. 1100 „haben“ in der Zeile gestrichen. 1101 Durchgestrichener unleserlicher Buchstabe in der Zeile. 1102 „einer rel[i]g[iö]s[en] Gemeinschaft“ über der Zeile. 1103 „ob vollk[ommen] od[er] unvollk[ommen]“ über der Zeile. 1104 „ob“ in der Zeile gestrichen. <?page no="147"?> 137 s[einem] r[e]l[i]g[iö]s[en] Bew[u]ßts[eyn] sich ausgestalte. Das thut aber hier nichts zur Sache; genug daß es historis[c]h feststeht; der Mens[c]h komme zur R[e]l[i]g[io]n, z[um] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] nur dad[u]rch [,] daß ihm Belehr[u]ng [,] Unterricht ertheilt wird. 1105 c) Also: eine Generation des M[e]nsch[e]ngeschlechtes überkommt von der andern vorhergehenden ihre 1106 R[e]l[i]g[io]n; wenigstens die Grundzüge ders[e]lb[e]n, wenn auch Einzelnes geändert, verbeßert od[er] verschlimmert werden sollte. - So nun v[on] Geschlecht zu Geschlecht in d[er] M[e]ns[c]h[e]ngeschichte aufwärts od[er] rückwärts geg[en] den Anfang des Geschlechtes gehend, kommen wir zu den ersten Mens[c]hen, zur Entst[e]h[u]ng des Menschengeschlechtes. 1107 Nun fragt sich, woher haben diese die R[e]l[i]g[io]n [,] die sie ihren Nachkommen überlieferten? Von andern Menschen, v[on] ihr[en] Vorfahren können sie dies[e]lbe nicht haben, denn sie haben ja [44rl/ 44vr] keine Vorfahren, die sie hätten unterweisen od[er] die R[e]l[i]g[io]n hätten lehren können. - Diese müssen also die R[e]l[i]g[io]n entweder selber erfunden haben od[er] ihr Schöpfer, Gott selbst [,] muß sie (darin unterrichtet) 1108 , muß sich ihnen geoffenbart haben. 1109 - Das Erste - die Selbsterfind[un]g 1110 , haben wir gesehen [,] ist historisch unerweisbar, ja es widersprechen bestimmte Thatsachen geradezu u[nd] thun es als unmöglich dar 1111 ; u[nd] auch aus der Natur der Sache ergibt sich 1) daß Gott, nachdem er die Menschen einmal mit der Anlage ihn zu erkennen schuf, sich ihnen nicht verhüllt oder verschloßen haben kann, denn das wäre ein Widerspruch geg[en] sein eignes Werk, eine Vereitelung dessen, was er zuvor gewollt, 1112 näml[ich] daß die M[e]nsch[e]n im Stande seyn sollten, ihn zu erkennen; 1105 Einfügung am Seitenrand [44rr] : „NB [: ] Es zeigt sich übr[i]g[e]ns beim Kinde auch schon frühzeitig [„gerade“ in der Zeile gestrichen] instinctmäßig der Trieb gerade nach Entwickl[u]ng der rel[i]g[iö]s[en] Idee. Erzählt man den Kindern v[on] Lebensverh[ä]ltnißen etc. [,] so intereßirt sie das nicht, d[a]g[e]g[e]n horchen sie hoch auf [,] sobald v[on] geheimnißvollen unsichtbaren Dingen [,] v[on] Wundern u[nd] Geistern die Rede ist. - Der Instinct treibt den jung[en] M[e]nsch[e]n-Geist, gerade sein geist[i]g[e]s Wesen mit ein[em] geist[i]g[en] Reiche in Verbind[un]g zu setzen, in dasselbe sich einzuwurzeln wie der Körper in d[er] Erde wurzelt; ein[en] geist[i]g[en] St[a]ndu[nd] Haltp[u]nkt verlangt der M[e]ns[c]h durchaus [,] um leben - froh u[nd] freudig leben zu können. -“ 1106 „ihre“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „seine“. 1107 Einfügung am Seitenrand [44rr] : „Wie wir bei d[er] Erforsch[u]ng d[e]s Urspr[un]gs der Idee v[on] G[o]tt v[on] einer Generat[ion] zur andern kamen, d[a]d[u]rch d[en] Urspr[u]ng der Seelen üb[er]h[au]pt kennen lernend, u[nd] zuletzt zum erst[en] M[e]ns[c]h[en] u[nd] zur Schöpf[un]g selbst kamen [,] so auch hier [.] -“ 1108 Über der Zeile: „d[a]s Vermög[en] zur Actualit[ät] entwickelt hab[en] irg[en]d wie“. 1109 Randbemerkung [44vl] : „a) Ein [nic]hts ist [über der Zeile: „sammt d[er] Anlage dazu“] Selbsterfi[n]d[un]g d[e]r R[e]l[i]g[ion] - der Erfah[ru]ng u[nd] Natur d[er] Sache gemäß unmöglich. - bei d[en] erst[en] M[en]s[c]h[en] so gut wie b[e]i d[en] A[n]dern [.] b) Andrers[ei]ts ist d[ie] Off[en]b[arun]g v[on] S[e]ite G[o]tt[e]s schon insinuirt - wie b[emer]kt“. Daneben [44vl] und darunter: „b) Also kann nur d[er] Schöpfer d[ie]s[er] B[i]ld[un]g g[e]geb[en] c) U[m] so mehr dürf[en] wir d[a]s annehm[en] als c) d[u]rch S[c]höpf[un]g der r[e]l[i]g[iö]s[en] Anlage [.] -“ 1110 „d[er] R[e]l[i]g[io]n selbst, [m]it r[e]l[i]g[iö]s[er] Anl[a]g[e]“ über der Zeile. 1111 Über der Zeile eingefügt: „Es ist kei[n] Gru[n]d [,] d[ie] erst[en] M[e]ns[c]h[en] [me]hr zu ... (? ) als die And[ern] (? )“. 1112 Unleserliche Wörter über der Zeile; „Ges[c]hi[c]ht[e]“ unter der Zeile. <?page no="148"?> 138 2) 1113 hätte er es aber gethan, hätte er sich ihnen nicht geoffenbart, dann hätten sie ihn auch sammt ihrer Anlage u[nd] angebornen Idee v[on] Gott nicht erkannt u[nd] gefunden, deßwegen weil d[ie]se Anlage eben erst ein noch bewußtloser, unentwickelter Keim ist, der erst d[u]rch Unterricht u[nd] Belehr[u]ng 1114 die Kraft zu eignen (sic! ) Erkennen gewinnt u[nd] anfangs ganz ohnmächtig ist. 1115 Wollte man aber sagen: Ja die ersten Mensch[en] wurden eben schon mit entwickelter G[o]tt[e]sidee, mit entwickelter Anlage G[o]tt zu erkennen geschaffen, nicht wie jetzt die Kinder, 1116 in bewußtlosem Zustand, wollte man, sag’ ich dieß [,] behaupten, so wäre eben das s[c]hon zugegeben, was wir wollen. - Denn d[ie]se Schöpf[u]ng mit schon entwickeltem Gottesbew[u]ßts[eyn] wäre dann eben auch Nichts Andres, als zugleich Offenbar[u]ng; Schöpf[u]ng u[nd] Off[e]nb[a]r[u]ng wären dann nur in Einen Act vereinigt; 1117 die Entwickl[u]ng d[e]s G[o]tt[e]sbewußtseyns, die Ausgestalt[u]ng der r[e]l[i]g[iö]s[en] Idee, kurz der Ursprung der R[e]l[i]g[io]n stammte dann doch v[on] der Thätigk[ei]t G[o]tt[e]s her, nicht v[on] d[er] Anstreng[un]g u[nd] Thät[i]gk[ei]t des Menschen. - Es bleiben also zwei Vorstell[u]ngsweisen über d[ie]se Uroffenb[a]r[un]g od[er] üb[er] d[en] Urspr[u]ng der R[e]l[i]g[io]n; entweder die eben genannte; od[er] man kann sich die Sache auch so vorstellen, daß Gott die Anlage schuf u[nd] der Mensch in kindl[ichem] Zustand sich befand u[nd] ihn dann d[u]rch Belehr[u]ng bildete u[nd] vervollkommnete; welcher v[on] beid[en] Ansichten man folgen wolle, ist ziemlich gleich. III) Hiemit ist nun jene Ansicht v[om] Urspr[u]ng der R[e]l[i]g[io]n [44vr/ 45rl] als unrichtig abzuweisen, welche der sog[enannte] vulgäre Rationalismus aufstellt. Diesem zufolge wäre näml[ich] der menschl[iche] Geist zwar v[on] Gott erschaffen, in die Welt also hineinversetzt, dann aber gänzlich sich selbst überlaßen worden; u[nd] ihm obliege es nun [,] sich selber zurecht zu finden, seine Fähigk[ei]t[e]n im Kampfe mit der Natur u[nd] im Umgange mit Seinesgleichen allmählig zu bilden. Die Menschen hätten hienach mit der untersten Stufe des Daseyns, wie wilde Thiere [,] dem Affen sehr ähnl[i]ch [,] ihr Daseyn begonnen. - 1113 Randbemerkung [44vl] : „ad IV Form“. 1114 „d[ie] Nahrung“ über der Zeile. 1115 Randbemerkung [44vl] : „ad 2) vollstä[n]d[i]g zwar ist das [n]i[c]ht [; ] Ei u[nd] Saa[me] s[e]tz[en] zwar z[um] E[n]tst[e]h[en] Dasey[n] Henne (? ) u[nd] B... (? ) voraus - aber zur E[n]twickl[un]g [n]i[c]ht (? ) die k[ann] selbst b[e]i[m] Ei oh[ne] Henne (? ) bewerkst[e]ll[i]gt w[e]rd[en] - so kö[nn]te all[e]nf[a]lls (in d[er] Theorie w[eni]gst[en]s) di[e] V[ern]u[n]ft sich oh[ne] Einwi[r]k[un]g höh[erer] Ve[rn]u[n]ft entwicklen (G[e]g[en] Günther)“. - Einfügungszeichen mit dem Hinweis „s[iehe] Ob[en]“ in der Zeile gestrichen; die dem entsprechende Einfügung wurde im Nachhinein eingeklammert: „(Gibt man das Dasey[n] G[o]tt[e]s ein mal zu [,] die Schöpf[un]g des M[e]ns[c]h[e]n d[u]rch Gott, dann kann man die Annahme einer Ur-Off[e]nb[arun]g nicht läugnen [.] - Das Dasey[n] G[o]tt[e]s erhellt aber wiße[n]sch[a]ftl[ich] vor Allem aus dem Dasey[n] der G[o]tt[e]sidee - die Gott zu[m] Urheber hab[en] muß (wie der Saame od[er] Keim [,] den [über der Zeile „wir“] anbauen [,] keim[en] kann) - welche G[o]tt[e]sidee sich nicht aus ein[em] blind[en] Urschlamm entwick[e]l[n] konnte)“. 1116 Einfügung am Seitenrand [44vl] : „wie sie ja auch nicht als Säuglinge ins Daseyn konnten getret[en] seyn - da ja Niemand gewesen wie die sie be...t (? ) hätt[en]. -“ 1117 Randbemerkung [44vl] : „Sowie (sic! ) etwa ura[n]fä[n]gl[ich] e[n]tw[e]d[er] gleich ... (? ) od[er] Saa[men] geschaff[en] s[e]yn konnt[en.] -“ <?page no="149"?> 139 Abgesehen davon, 1118 daß d[ie]se ganze Vorstell[u]ng v[on] der S[c]höpf[u]ng des Menschen durch Gott der G[o]tth[ei]t gänzl[ich] unwürdig wäre, indem er gehandelt hätte 1119 gleich einer schlechten Mutter [,] die ihr Kind zwar geboren, dann aber aussetzte, dem Zufall überließ u[nd] sich nicht mehr um dasselbe bekümmerte 1120 ; abgesehen davon, sag’ ich, ist 1121 auch nicht recht einzusehen, wie die Menschen, die alle, mögen ihrer anfangs viel od[er] wenig gewesen seyn, wie unmünd[i]ge Kinder, ja noch mehr wie Thiere waren (mit erwachten Leidenschaften näml[ich,] was beim Kinde doch noch nicht der Fall ist) [,] mitten im Drang u[nd] Sturm ihrer sinnl[ichen] Leidenschaften u[nd] ihres wilden Lebens 1122 zur Erkenntn[i]ß G[o]tt[e]s sollten gekommen seyn ohne allen Unterricht, ohne Belehr[u]ng v[on] Außen, die anerkannt unerläßliche Beding[u]ng der Bildung 1123 . 1124 Gegen d[ie]se rationalist[ische] Erklär[u]ng des Urspr[u]ngs der R[e]l[i]g[io]n streitet auch die allgemeine Tradition der Völker v[on] ein[em] höhern beßern Zustand des Menschengeschlechts, v[on] einem uranfängl[ichen] 1125 Umgang der Götter od[er] der G[o]tth[ei]t mit den Menschen, um sie zu belehren u[nd] zu bilden; eine Tradition, an der selbst ganz rohe Völker noch durch dunkle, freil[ich] sehr entstellte Sagen participiren. 1126 Das Hauptgewicht 1127 für die in Frage stehende rationalist[ische] 1128 Erklär[u]ng des Urspr[u]ngs der R[e]l[i]g[io]n dürfte wohl den Umstand haben, daß es so viele u[nd] so verschiedene, so sehr v[on] einander abweichende Religionen gibt, die unmöglich von Einer Urreligion abstammen könnten; u[nd] daß die ungebildetsten Völker auch die rohe- 1118 „a.“ über der Zeile. 1119 „gehandelt hätte“ über der Zeile. 1120 Einfügung am Seitenrand [45rr] : „denn so [„so“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „d[a]s“] hätt[e] er gethan (gehandelt) [,] wenn er d[en] Menschen erschaffen [,] ganz roh u[nd] thieris[c]h in die Welt gesetzt, u[nd] in d[ie]s[e]m entsetzlich rohen Zustand sich selber überlaßen hätte. [„Er hätte für d[ie] Thiere beßer gesorgt d[u]rch d[en] I[n]sti[n]ct u[nd] ... (? )“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt] oder sollte G[o]tt die Menschen erschaffen u[nd] ihn[en] in den Thieren Lehrmeister gesetzt haben [,] wie Viele behaupten? Die Thiere zu Lehrmeist[ern] d[e]r M[en]sch[en] gemacht -“. 1121 „b.“ über der Zeile. 1122 „schweifend[en] (? )“ über der Zeile. 1123 Einfügung am Seitenrand [45rr] : „Weil ohne ist es unt[er] solchen V[e]rh[ä]ltn[i]ß[e]n erklärl[ich,] daß eine gegebene R[e]l[i]g[io]n wieder unterging[e,] statt daß sie dazu kämen [,] sich eine solche zu bild[en]“. Darunter [45rr] die weitere Einfügung am Seitenrand: „Man kann also [n]i[c]ht sagen: Die R[e]l[i]g[io]n gerade so wie Sprache [,] [über der Zeile: „Wiß[en]s[c]h[a]ft, Ku[n]st“] etc. hat -.“ Die Randbemerkung schließt hier. Im Nachhinein in die Zeile des Haupttextes eingefügt: „Nach Jahrtausend[en] s[a]gt man a) Aber die Wilden? b) Die Analogie [m]it all[em] (? ) Ird[i]s[c]h[en] s[a]gt man: s[iehe] Ob[en])“. 1124 „c)“ über der Zeile. 1125 „uranfängl[ichen]“ über der Zeile. 1126 Einfügung am Seitenrand [45rr] : „S[iehe] Bem[erkung] ob[en]: Bei den ältesten Völkern zeigt sich tiefer Inhalt, große Idee[n] in kindl[icher] Form, einfach [,] edel etc. - das Fratzenhafte ist nachweisbar all[en]th[a]lb[en] erst später entstand[en.] - Wie kam die M[en]s[c]hh[ei]t, die die Form noch nicht zu handhab[en] weiß, dazu, ein[en] so tief[en] I[n]halt z[u] besitz[en] etc. Und die gebild[e]tst[en] Völker hab[en] [n]i[c]ht immer die vollk[ommen]ste R[e]l[i]g[ion], also st[e]ht Bild[un]g u[nd] R[e]l[i]g[ion] nicht in Causalzus[ammen]h[an]g“. 1127 Randbemerkung [45rr] : „H[au]ptgeg[en]gru[n]d“. 1128 „rationalist[ische]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „philos[ophische]“. <?page no="150"?> 140 sten, verworrensten r[e]l[i]g[iö]s[en] Vorstell[u]ng[e]n haben. 1129 - Allein auch d[ie]s[e]r Grund hält nicht Stich. Denn fürs 1130 Erste weisen die R[e]l[i]g[io]nen 1131 durchaus zurück auf eine Urrel[i]g[io]n, auf eine Zeit der Belehr[u]ng der Menschen d[u]rch die Götter; dann sehen wir auch, daß es in allen [45rl/ 45vr] R[e]l[i]g[io]nen dieselben Gedanken, dieselb[en] Ideen sind [,] 1132 denen man im Erkennen, Wollen u[nd] im äußern Darstellen nachstrebt, derer man sich nur nicht recht bemächtigen kann; für die man d[ie]se verschiedene[n] Vorstell[u]ng[e]n, Gebräuche u[nd] Zeichen schuf. Es wird in einem der folg[e]nd[e]n Paragr[a]ph[e]n davon die Rede seyn, wie trotz jener urspr[ü]ngl[ichen] Off[e]nb[arun]g G[o]tt[e]s u[nd] der daraus sich ergebenden Einheit der R[e]l[i]g[ion] doch im Laufe der Zeit eine so große Verschiedenh[ei]t u[nd] Verkommenh[ei]t der R[e]l[i]g[io]nen entstehen konnte. Hier nur noch die Bemerk[u]ng, daß, selbst wenn das Menschengeschlecht nicht v[on] Einem Menschenpaare abstammte (das man vielfach in Abrede stellt) 1133 [,] sonder[n] wenn die verschiedenen Racen v[on] verschieden[en] Stammeltern kommen (wie man oft behauptet), auch selbst dieß - wenn es wirkl[ich] der Fall wäre - die B[e]h[au]pt[u]ng einer 1134 ursprüngl[ichen] Einheit der R[e]l[i]g[io]n nicht widerlegen könnte; 1135 Was 1136 hinderte uns denn anzunehmen [,] daß G[o]tt urspr[ü]ngl[ich] Einer Race in ihren Stammelter[n] sich geoffenbart u[nd] diese dann bei ihrer Ausbreitung u[nd] Zusammenkunft mit den Nachkommen der andern Stammracen, dies[e]lb[e]n belehrt hätten; od[er] ebenso was hindert uns anzunehmen, d[a]ß die G[o]tth[ei]t sich allen Stammeltern geoffenbart habe, da doch die Natur der Sache, d[ie] Natur des M[e]ns[c]hen-G[ei]st[e]s u[nd] die histor[i]s[c]h[e] Tradit[ion] aller größ[eren] Völk[er] uns dazu führt, also weder Vernunft u[nd] Geschichte gegen d[ie]se Annahme sind, sond[ern] vielmehr für dieselbe. Doch dieß ist nur ein angenommener Fall, denn daß das Menschengeschlecht nicht v[on] Einem Mens[c]hen-Paare abstamme - wie d[ie] Bibel uns lehrt - [,] sond[ern] v[on] mehreren, ist selbst nur eine Hypothese, die ohne stichhalt[i]ge Gründe angenommen wurde, 1129 Einfügung am Seitenrand [45rr] : „a) Die gebildetst[en] Völker hab[en] [n]i[c]ht immer die vollk[ommen]st[e] R[e]l[i]g[io]n u[nd] die Gebildet[en] [n]i[c]ht immer die best[en] rel[i]g[iö]s[en] Vorstell[u]ngen [.] - Ein Reich kann ja in viele zerfall[en] mit verschied[enen] Einricht[un]g[en], Gebräuch[en] etc. ad b) D[ie] R[e]l[i]g[io]n ist nicht zu erfinden wie Kunst u[nd] Wiss[en]schaft, die sich an d[a]s Ird[i]s[c]he halten [; ] zudem ging Kunst, Wiss[en]s[c]h[a]ft, Sprache uranfä[n]gl[ich] v[on] d[er] R[e]l[i]g[ion] aus [.] - Das Daseyn d[e]s r[e]l[i]g[iö]s[en] Bew[u]ßts[e]y[n]s ist nicht zu erfind[en] (nur auszubilden) [.] Wie d[ie] Thiere d[en] I[n]sti[n]ct nicht erfi[n]d[en.] Wie der M[en]s[c]h sein Selbstbew[u]ßts[eyn] nicht erf[in]d[e]t u[nd] sei[ne] Sinnesthät[i]gk[ei]t [.]“ Weitere Randbemerkung [45rr] : „Di[e] Kü[n]st[e] i[m] eig[en]tl[ichen] Sinn gi[n]g[en] aus d[er] R[e]l[i]g[ion] hervor - wo k[ein] ideal[e]s D[en]k[en] u[nd] Fühl[en] - da k[e]i[ne] Ku[n]st [,] s[on]d[ern] nur me[c]ha[ni]sche Fert[i]gk[ei]t -“. 1130 „d[a]s“ über der Zeile. 1131 „gemeins[c]haftl[ich]“ über der Zeile. 1132 Über der Zeile: „dies[e]lb[en] Frag[en,] die man beantwort[en] will -“. 1133 Randbemerkung [45vl] : „Das All[e]s gilt, möge man d[ie] M[en]s[c]h[en] v[on] Ei[nem] Paare abst[ammen] laß[en] od[er] v[on] mehrern - dav[on] später“. 1134 „B[e]h[au]pt[u]ng einer“ über der Zeile. 1135 „denn“ in der Zeile gestrichen. 1136 „Was“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „was“; das Semikolon ist hingegen stehengeblieben. <?page no="151"?> 141 u[nd] die sich bei immer genauerer 1137 Erforsch[u]ng der Geschichte, d[er] ältesten Sagen, der ältest[en] R[e]l[i]g[io]nen u[nd] der Sprachen der Völker immer mehr als unbegründet ausweist. Indem geschichtl[iche] Sagen, rel[i]g[iö]s[e] Vorst[e]ll[u]ng[e]n u[nd] Sprachen der verschieden[en] Völker auf eine ursp[rün]gl[iche] Einh[ei]t hinweisen. 1138 IV) 1139 Was nun den Inhalt d[ie]s[e]r ältest[en] erst[en] 1140 Kundgebung G[o]tt[e]s an die Menschen, d[ie]se Uroffenbarung betrifft, so folgt aus der Natur der Sache u[nd] aus den freil[ich] nur sehr sparsamen u[nd] allgemein[en] histor[i]s[c]h[en] Ueberlief[e]r[u]ng[e]n davon - namentl[ich] der biblis[c]h[en], daß sie [45vr/ 46rl] I [.] Kap[itel] 1141 §: 9 F[o]rts[e]tz[u]ng. 1142 sich auf einfache Lehren u[nd] Unterweisungen in großen, klaren Umrissen, habe beschränken müssen. Sie mußte das umfaßen, was der Mensch bedurfte [,] um sein Daseyn, Wesen, sein Ziel u[nd] sein Streben zu begreifen u[nd] darnach zu ordnen 1143 . Vor Allem also mußte ihm Aufschluß werden über G[o]tt[e]s Daseyn u[nd] Wesen, soweit es das Verhältn[i]ß desselben zum Menschengeschlechte betraf, also über seinen Willen vor Allem, an sich u[nd] in Betreff des Menschen selber u[nd] über die Absicht, die er seiner Schöpf[u]ng üb[e]rh[au]pt u[nd] besonders der Schöpf[u]ng des Menschen zu Grunde liege. In d[ie]s[e]m ist dann zugleich auch die nöthige Belehr[u]ng enthalten über das Ziel [,] das der Mens[c]h in sein[em] Daseyn zu verfolgen hat u[nd] die endl[iche] Bestimmung u[nd] über die Art u[nd] Weise [,] wie er d[ie]s[e]s Ziel anzustreben u[nd] zu erreichen habe. (Das Alles ist namentl[ich] in unserer h[ei]l[igen] Urkunde, die wir das A[lte] T[estament] nennen, in großen, klaren Zügen, einfach u[nd] kurz angedeutet.) In anderen R[e]l[i]g[io]nen ältest[er] Urkunden finden sich zwar auch 1144 Züge ähnl[ichen] 1137 „G“ in der Zeile gestrichen. 1138 Randbemerkung [46rr] : „ad Schl[u]ß v[on] III D[ie] Uroff[en]b[arun]g bezeuge also c) Die Traditi[on] der Völker [unter der Zeile: „u[nd] ältest[en] R[e]l[i]g[ion]sform[en]“] b) Die Idee G[o]tt[e]s - der sich d[er] M[en]s[c]h[en] ange[nommen] a) Die Natur d[e]s M[en]s[c]h[en]g[ei]st[e]s - der Ver[n]u[n]ft [,] die wirkl[ich] erwacht ist - u[nd] d[a]d[u]r[c]h bez[e]ugt, d[a]ß sie geweckt word[en] sey. Die Pot[en]z könne a) [„a)“ über der Zeile] nur d[u]r[c]h Einwi[r]k[un]g in Actu[a]lität v[e]rsetzt w[e]rd[en] u[nd] b) zwar nur d[u]r[c]h homogene. d) Die hist[orische] Erfahr[un]g u[nd] Un... (? )“. Daneben [46rr] : „Die Thatsa[c]h[e,] d[a]ß d[en] M[en]s[c]h[en] ohn[e] anf[än]gl[iche] Sorgfalt u[nd] Einwirk[un]g [n]i[c]ht [v]iel ... (? ) sich erhalt[en] k[ö]nnt[e]“. Darunter die später eingeklammerte und zusätzlich durchgestrichene Bemerkung [46rr] : „NB [: ] D[ie] angeborne G[o]tt[e]sidee od[er] d[a]s Daseyn der R[e]l[i]g[io]n ist der sicherste Beweis f[ür] d[as] Dasey[n] G[o]tt[e]s - denn entst[an]d die Welt od[er] Erde aus blind[em] Urschlamm - woher kam dann d[ie]se Idee? (Pa[n]th[eismus])“. 1139 „a)“ über der Zeile. 1140 „erst[en]“ über der Zeile. 1141 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 12“ am oberen Seitenrand [46rr] ; „12“ bezeichnet den Bogen. 1142 Randbemerkung [46rr] : „Nicht ein[em] Katechum[enen] wurde geoff[en]b[a]rt [.] Auch nicht Schule wurde geh[a]lt[en.] Sprache ist auch nicht mitgeth[ei]lt - u[nd] [n]i[c]ht erfund[en], gemacht [,] sond[ern] geworden.“ 1143 Randbemerkung [46rr] : „u[nd] anregend sey[n] für d[ie] Kr[ä]fte des M[e]ns[c]h[en].“ 1144 „mehr od[er] minder“ in der Zeile gestrichen. <?page no="152"?> 142 Inhalts [,] aber mehr od[er] minder mit fremdart[i]g[en] Bestand-Theilen, Phantastereien u[nd] Aberglauben vermis[c]ht u[nd] durchsetzt.) 1145 § 10 1146 Die erste religiöse Grund- 1147 Function (od[er] Thätigk[ei]t) des Menschen oder der (religiöse) Glaube. 1148 Die Grundfuncti[on] u[nd] Form d[e]s Gott[e]sb[e]wußts[e]y[n]s od[er] d[er] r[e]l[i]g[iö]s[e] Glaube 1149 I [)] Die zwei Momente, die wir bis jetzt als Bedingungen zur Entstehung der R[e]l[i]g[io]n 1150 betrachtet haben, hängen beide nicht ab 1151 von dem Willen [,] v[on] d[er] Macht u[nd] Thätigk[ei]t des Menschen, der zur Rel[i]g[io]n gebildet werden soll, sond[ern] kommen ihm ohne seine Mitwirk[u]ng zu: nämlich 1) die r[e]l[i]g[iö]se Anlage, die angeborne 1152 G[o]tt[e]sidee wurde ihm ursprü[n]gl[ich] 1153 unmittelbar durch den Schöpfer gegeben, in der Folge aber, den gebornen Menschen, mittelbar durch die Natur nämlich 1154 , 2) die r[e]l[i]g[iö]se Belehr[u]ng aber [,] die erste Erzieh[u]ng zur R[e]l[i]g[io]n [,] wurde ebenfalls dem ersten Menschen unmittelbar d[u]rch die G[o]tth[ei]t gegeben, den nachfolgenden aber wieder mittelbar d[u]rch dieselbe, mittels [46rl/ 46vr] der menschl[ichen] Erziehung u[nd] Ueberlief[e]r[u]ng der urspr[ün]gl[ichen] göttl[ichen] Off[e]nb[a]r[u]ng. 3) 1155 Nun aber haben wir es zu thun mit einem dritt[en] Moment, das ebenf[a]lls nothw[e]nd[i]g ist zur Entsteh[u]ng der R[e]l[i]g[io]n, u[nd] dieß ist die Thätigk[ei]t des 1145 Im Manuskript findet sich keine korrespondierende geöffnete Klammer. - Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „b) Die Form der ältest[en] Off[e]nb[a]r[un]g - der Natur d[e]s M[e]ns[c]h[en] angemess[en]. s[iehe] Ob[en] IV.“ Dazu die Randbemerkung [46rr] : „ad IV a [)] Bei den ältest[en] Völk[ern] zeigt sich tiefer Inhalt, große Idee in kindl[icher] Form etc. b) D[ie]se Form der Natur d[e]s M[e]nsch[en] angemess[en] a) auf posit[ive] Belehr[u]ng u[nd] b) auf Wirkung d[e]r eig[nen] Kräfte gerichtet -“. 1146 „10“ im Nachhinein eingeklammert; „5“ über der Zeile. 1147 „Grund-“ über der Zeile. 1148 Randbemerkung [46rr] : „d[e]s M[e]ns[c]h[en] eigne Thät[i]gk[ei]t.“ Darunter [46rr] : „Lit[eratur: ] Lange Joh. Pet. Philosoph[ische] Dogmatik. 1849 S. 338ff. Nitzsch System etc. S. 292 Erdmann Vorlesungen üb[er] Glauben u[nd] Wißen Drobisch Grundlehren der Religionsphilosophie (1840) Frauenstaedt Ueb[er] d[as] Verhältniß d[er] Vernunft zur Offenbarung 1848.“ 1149 Diese zweite Überschrift wurde später eingefügt. 1150 „G[o]tt[e]sbewußts[eyns]“ über der Zeile. 1151 „ab“ über der Zeile. 1152 „immanente“ über der Zeile. 1153 „d[em] erst[en] M[en]s[c]h[en]“ über der Zeile. 1154 „nämlich“ über der Zeile. 1155 „3“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. <?page no="153"?> 143 Mens[c]hen selbst [,] die er dabei entwickeln muß, die Anwend[u]ng der r[e]l[i]g[iö]s[en] Anlage zur Aufnahme, z[ur] Annahme der verkündeten r[e]l[i]g[iö]s[e]n Lehren. D[ie]se Thätigk[ei]t der r[e]l[i]g[iö]s[en] Anlage des Menschen in ihrer ersten, allgemeinsten u[nd] unmittelbarsten Art nennen wir den rel[i]g[iö]s[e]n Glauben. 1156 Der Glaube ist in der R[e]l[i]g[io]n, nicht blos in der chr[i]stl[ichen,] sond[ern] in jeder, die Hauptfunction, das Fundament aller übr[i]g[e]n r[e]l[i]g[iö]s[e]n Acte 1157 . Darum ist es nothw[e]nd[i]g [,] das Wesen, die Bedeut[u]ng desselben näher zu untersuchen u[nd] kennen zu lernen. II) Betrachten wir zuerst den Glauben - als psychi[sche] 1158 Function üb[e]rh[au]pt, 1159 noch abgesehen vom rel[i]g[iö]s[e]n Gebiet [,] so finden wir ihn schon im Allgemeinen von der höchsten Bedeut[u]ng; aller Verkehr u[nd] alle Gemeinsch[a]ft der Menschen untereinander; aller Unterricht u[nd] alle Erzieh[u]ng u[nd] zuletzt selbst alle Wissenschaft beruht auf dem Glauben. Was ist nun aber der Glaube? 1160 Glauben üb[e]rh[au]pt nennen wir 1161 jene Function des Geistes, vermöge der wir den Inhalt 1162 irgend eine Aussage oder Behauptung als wahr u[nd] richtig annehmen [,] obwohl wir keinen Beweis dafür haben, weder den [,] welchen der Augenschein, üb[e]rh[au]pt die eignen Sinne gewähren, noch den, welchen das Denken durch Auffinden der Gründe hervorbringt; indem wir uns hiebei lediglich verlaßen auf die Einsicht u[nd] Wahrheitsliebe 1163 deßen [,] der die Aussage macht oder die Behauptung aufstellt. ( 1164 Der Glaube darf 1165 aber darum doch nicht grundlos [,] nicht blind seyn, sond[ern] er muß sich selbst wieder gründen auf ein vernünft[i]g[e]s Urtheil über den od[er] diejenig[en], welchen man glaubt. Nur denen näml[ich,] die ich für verständig u[nd] wahrheitliebend halte, kann ich glauben [,] u[nd] nur das glaube ich, was v[on] d[ie]s[e]n kommt. 1166 Wo dieses Urtheil fehlt [,] ist Leichtgläubigk[ei]t, Aberglaube, blinder Glaube 1156 Randbemerkung [46vl] : „Gottesbew[u]ßts[eyn] ist ein Ausdruck [,] der Glaub[en] u[nd] Wiß[en] zugleich in sich schl[ie]ßt - vorherrs[c]h[en]d d[a]s Ei[ne] od[er] d[a]s Andere - Glaub[en] ist Bew[u]ßts[eyn] u[nd] Wiß[en] auch -“. Darunter [46vl] : „Erste Form d[e]s actu[e]ll[en] G[o]tt[e]sb[ewu]ßts[e]y[ns] = Gl[au]be.“ Darunter [46vl] : „(NB [: ] Insofern der Glaube ein ethisches Mo[men]t in sich enthält - das Anerkenn[en]woll[en] der Wahrh[ei]t u[nd] d[a]s Beistimm[en]woll[en] zu d[em,] was die ewige Wahrh[ei]t sagt - gehört dass[e]lbe in die Ethik zur B[e]h[an]dl[un]g)“. Darunter [46vl] : „D[a]s vielgehaßte [unleserliches Wort über der Zeile] u[nd] vielgepriesene [„vielgepriesene“ korrigiert ursprüngliches „vielgepriesenes“] Thät[i]gk[ei]t d[e]s G[ei]st[e]s soll nun betrachtet werd[en]“. 1157 Einfügung am Seitenrand [46vl] : „u[nd] die erste ursp[r]ü[n]gl[i]chste Bethätig[un]g der Vernunft od[er] imma[nen]t[en] G[o]tt[e]sidee. -“ 1158 „psychi[sche]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „psycholog[ische]“. 1159 Randbemerkung [46vl] : „Glaube üb[er]h[au]pt“. 1160 Randbemerkung [46vl] : „B[e]gr[i]ff d[e]s Glaub[en]s“. 1161 „(im gewöhnl[ichen] histor[ischen] Sinne)“ über der Zeile. 1162 „den Inhalt“ über der Zeile. 1163 „[Wahr]haftigk[ei]t“ über der Zeile. 1164 Die Klammer ersetzt den ursprünglichen Gedankenstrich; die Klammer wird nicht geschlossen. 1165 „darf“ ersetzt in der Zeile gestrichenes „ist“. 1166 „Ohne d[ie]s[e]s Urtheil ent“ in der Zeile gestrichen. <?page no="154"?> 144 u.s.w. üb[er]h[au]pt irgend eine Verzerrung des richt[i]g[e]n, vernünft[i]g[en] [46vr/ 47rl] Glaubens vorhanden. 1) Auf d[ie]s[e]m Glauben nun beruht, sag’ ich, zunächst aller Unterricht, die Möglichkeit alles Unterrichts; 1167 denn die Erkenntniße, die auch schon beim ersten u[nd] einfachsten Unterricht dem Kinde mitgetheilt werden, können v[on] d[ie]s[e]m nicht begriffen u[nd] ihm nicht durch Beweise erhärtet werden, weil es eben auch die Beweise nicht verstehen würde; sond[ern] sie müssen vorläufig 1168 im Glauben angenommen werd[en,] müssen für wahr gehalten werden auf die Auctorität des Lehrers hin. Ohne d[ie]s[e]s könnte der Unterricht, die Bildung des Geistes nicht fortschreiten, ja nicht einmal beginnen. Denn wollte das Kind den Unterricht einerseits nicht gläubig annehmen u[nd] vermöchte andrers[ei]ts doch das Gelehrte 1169 auch nicht zu begreifen [,] weil es aus Mangel an Bildung die Beweise dafür noch nicht verstünde, so bliebe nichts übrig als geradezu auf alle Bild[u]ng zu verzichten. Uebrigens hat die Natur schon dafür gesorgt, daß dieß nicht geschieht, denn die Natur des Kindes ist hingebend, gläubig, vertrauend auf die Wahrhaft[i]gk[ei]t Anderer u[nd] nur dadurch ist geist[i]g[e]s Wachsthum möglich. 1170 2) Wie der Beginn, so beruht auch der Fortschritt aller Bildung u[nd] Erkenntniße zuerst 1171 auf dem Glauben, wenigstens werden die durch Forschen errungenen Kenntnisse nur nützlich u[nd] allgemein durch gläubige Annahme der Resultate der Wißenschaft v[on] Seite derer, die der Wiss[e]ns[c]h[a]ft selbst sich nicht bemächtigen können, z.B. das große Resultat der astronom[i]s[c]h[en] Forschungen [,] daß nicht die Sonne sich um die Erde bewege, sond[ern] umgekehrt, die Erde um die Sonne [,] kann der übergroße Theil der Menschen nur durch den Glauben sich aneignen, sich verlaßend auf die Auctorität derer [,] die durch wiss[e]ns[c]h[a]ftl[iche] Forschung dieß Resultat gefunden haben. Er glaubt hier so lange, als er nicht im Stande ist, es hierin zum Wißen zu bringen [,] d.h. so lange er die physikalis[c]h[en] u[nd] mathemat[i]s[c]h[en] Beweise u[nd] Berechnungen nicht versteht, um sich selber v[on] der Richtigk[ei]t d[ie]s[e]s bisher blos Geglaubten zu überzeugen. Hier haben wir also vollständ[i]g[e]n Auctoritätsglauben. Das Resultat jener astronom[i]s[c]h[en] Forsch[u]ng[e]n wird für Wahrh[ei]t angenommen 1172 trotz der Sinnenwahrnehmung [,] die uns gerade das Gegentheil sagt u[nd] auch ohne sog[enannte] 1173 Vernunftgründe, weil die Beweise dafür v[om] größten Theile nicht ver- [47rl/ 47vr] standen werden können. Hier können S[ie] schon beiläufig sehen, was von jenem vulgären 1174 Grundsatz zu halten sei, der sich so oft geltend machen will: näml[ich] 1167 Randbemerkung [47rr] : „Auf d[ie]s[em] Glaub[en] beruht all[er] Unter[ric]ht u[nd] alle Bild[un]g u[nd] E[r]z[ie]h[un]g“. 1168 „auf Treu“ in der Zeile gestrichen. 1169 „Gegebene“ über der Zeile. 1170 Randbemerkung [47rr] : „Und doch ist auch in d[ie]s[em] Glaub[en] (Vertrau[en]) ein Urth[ei]l verborg[en] - näml[ich] an die Wahrh[a]ft[i]gk[ei]t d[e]r Elter[n] etc. [,] die sich ih[m] als Auctorität, als wohlmeinend u[nd] glaubwürd[i]g bezeugt hab[en] -“. 1171 „zuerst“ über der Zeile. 1172 Einfügung am Seitenrand [47rr] : „ohne u[nd] sogar geg[en] eige[ne] Erfahr[un]g“. 1173 „sog[enannte]“ über der Zeile. 1174 „vulgären“ über der Zeile. <?page no="155"?> 145 daß man Nichts annehmen solle, als was die eigne Vernunft od[er] Sinnenwahrnehmung bezeugt. Auf d[ie]se Weise beruht selbst ein groß[er] Theil jener Erken[n]tnisse, die zur Aufklärung gehören, bei dem größten Theile der Aufgeklärten selbst nicht auf klarem, begründeten (sic! ) Wissen [,] sond[ern] auf Glaub[en.] All’ die Aufschlüße üb[er] verschiedene Verhältnisse des Lebens u[nd] der Natur werden als wahr u[nd] richtig angenommen ledigl[ich] auf die Auctorität derer hin, die sie gegeben haben. 1175 3) Ferner beruht auch unsere ganze Geschichtsken[n]tn[i]ß [,] uns[er] Wißen von den vergangenen Zeiten 1176 auf Glauben; 1177 beruht näml[ich] 1178 auf uns[erem] Vertrauen [,] näml[ich] auf die Wahrh[ei]tsliebe, die Aufricht[i]gk[ei]t u[nd] die richtige Kenntn[i]ß derer, die uns die Ereigniße berichten. Wir können zwar d[u]rch die histor[i]s[c]he Wiss[e]nsch[a]ft die Zuverläß[i]gk[ei]t dadurch verstärken, daß wir die Berichte u[nd] Zeugnisse mehrerer Berichterstatter miteinander vergleichen 1179 u[nd] combinir[en] 1180 u[nd] so zu Einem Zeugniß, zu einer sicher[n] histor[i]s[c]h[en] Auctorität verbinden; allein die Gewähr für die Wahrh[ei]t u[nd] Richtigkeit des Ueberliefert[en] ruht doch immer auf der Auctorität der Berichterstatter, dem wir glauben müssen [,] d.h. dessen Aussagen wir für wahr annehmen, obwohl wir nicht die Gewähr uns[erer] Sinne u[nd] auch nicht Gründe der Vernunft [,] nicht 1181 Beweise also dafür haben. 4) Aber auch der gewöhnl[iche] Verkehr der Menschen, 1182 die meisten Verbind[un]g[e]n u[nd] d[ie] wichtigst[en] Gemeinschaften beruhen auf dem Glauben [,] d.h. auf Wahrheits-Annahme ohne Sinnenwahrnehmung od[er] ohne Beweis aus Vernunftgründen [,] z.B. bei der Gerecht[i]gk[ei]ts-Pflege, also auf dem Gebiete des Rechtes beruht ja sehr viel auf dem Glauben an die Wahrh[ei]t abgelegter Zeugniße, also auf dem Vertrauen an die Wahrhaft[i]gk[ei]t der Aussagen, an die Glaubwürd[i]gk[ei]t der Zeugniß-Gebenden. Und sonst im gewöhnl[ichen] Leben sind ja die Fälle unzählig [,] wo Glauben die bestimmende Macht bei Handlung[en] u[nd] Entschlüßen ist. 5) Aber endl[ich] selbst das Wißen 1183 beruht auf einer Art v[on] Glauben, 1184 die freil[ich] vom bisher [47vr/ 48rl] 1175 Randbemerkung [47vl] : „(Aber leichtlich wird hier freil[ich] nicht geglaubt der Auctorität gegenüb[er] der Sinnenwahrnehmung - d[ie] gelehrt[en] Astron[omen] müßen erst beweis[en,] d[a]ß sie Glaub[en] verdienen [,] z.B. d[u]rch Vorhersag[un]gen der Finsterniße etc. - (Bei aufgeklärt seyn woll[en]d[en] Ungebildet[en] find[en] sie oft am we[n]igst[en] Glaub[en]))“. 1176 Wiederholtes „Zeiten“ gestrichen. 1177 Randbemerkung [47vl] : „Die Geschichtskennt[n]iß beruht auf Auctorit[ät] u[nd] Glaub[en]“. 1178 „beruht näml[ich]“ über der Zeile. 1179 „prüfen vernünft[i]g“ über der Zeile. 1180 „combinir[en]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „verbinden“. 1181 „als“ über der Zeile. 1182 Randbemerkung [47vl] : „Aller gesellige Verkehr [„u[nd] Ordnung“ über der Zeile] - auf Glaub[en] beruh[en]“. 1183 „das Wißen“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „die Wißenschaft“. 1184 Randbemerkung [47vl] : „Selbst d[ie] Wiß[en]sch[a]ft“. <?page no="156"?> 146 I [.] Kap[itel] 1185 §: 10 1186 F[o]rts[e]tz[u]ng. betrachteten etwas verschieden 1187 , im Wesentlich[en] aber doch derselben Art ist. Das Wißen kommt 1188 nämlich dadurch zu Stande, daß wir das Object, den Gegenstand des Wißens in seinen wesentl[ichen] Merkmalen u[nd] Gesetzen od[er] Ursachen 1189 innerlich nachconstruiren u[nd] so an den innern Wahrh[ei]tsgesetzen uns[eres] Geistes 1190 prüfen u[nd] aus Grü[n]d[en] ableit[en] 1191 [,] z.B. der Ungebildete glaubt [,] daß die Erde sich um die Sonne bewege 1192 [,] obwohl der Augenschein 1193 ihm das Gegenth[ei]l zeigt, der Astronom aber glaubt das nicht blos, er weiß es; nämlich er hat die Gesetze der Himmelsbeweg[u]ng[e]n erforscht u[nd] dadurch diese Wahrheit gefunden, so daß ihm der ganze Verlauf in allen sein[en] Bezieh[u]ng[e]n [,] Gesetzen u[nd] Beweg[u]ng[e]n vor dem Geiste schwebt, sich innerlich in seinem Geiste, in Einem Augenblicke reproducirt, also geist[i]g nachconstruirt wird u[nd] darin besteht das Wißen 1194 . (Später d[ie]ß ausführl[i]ch[e]r.) Forschen wir nun aber nach [,] worauf dieß Wissen selber beruht, so müssen wir sagen, auf den Gesetzen u[nd] Kräft[e]n 1195 unsres Geistes, nach diesen u[nd] durch sie kommt es zu Stande, u[nd] es ist ein richtiges nur dann, wenn diese Gesetze und Kräfte richtig u[nd] nicht etwa trügeris[c]h u[nd] täuschend sind. 1196 Wer sagt uns aber, daß d[ie]se Gesetze u[nd] Kräfte wahrh[ei]tsgetreu sind, wie beweisen wir dieß? Wollten wir ein[en] Beweis liefern [,] so könnte es nur wieder durch eben diese eignen Geisteskräfte u[nd] nach d[ie]s[e]n Gesetzen des Geistes selbst geschehen; es wäre also ein Zirkel; eine petitio principii, wie die Logik sagt, das als wahr zu Beweisende würde schon als wahr vorausgesetzt u[nd] dad[u]rch der Beweis erst geführt. - Ein eigentl[icher] Beweis ist also hier nicht mehr möglich, wir sind uns der Wahrhaft[i]gk[ei]t uns[rer] Natur unmittelbar gewiß, wir vertrauen auf sie, wir glauben an uns selbst, wir glauben [,] daß uns[er] Wesen, uns[ere] G[ei]steskräfte etwas Wahrhaftes sei, nicht eine Lüge. 1197 In so fern also beruht 1185 „Rel[i]g[io]nsphilos[ophie] 13“ am oberen Seitenrand [48rr] ; „13“ bezeichnet den Bogen. 1186 „(5)“ über der Zeile. 1187 „ist“ in der Zeile gestrichen. 1188 „kommt“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „besteht“. 1189 „od[er] Ursachen“ über der Zeile. 1190 „geprüften“ in der Zeile gestrichen. 1191 „u[nd] aus Grü[n]d[en] ableit[en]“ über der Zeile. 1192 „auf die Auctorität des Astronomen hin“ am Seitenrand [48rr] eingefügt. 1193 „die Sinne“ über der Zeile. 1194 Randbemerkung [48rr] : „nicht d[a]s philos[ophische] blos [,] sond[ern] jegliches Wissen“. 1195 „u[nd] Kräft[e]n“ über der Zeile. 1196 Randbemerkung [48rr] : „NB [: ] Daß auch d[ie]s[e]r Glaube mit d[em] gewöhnl[ichen] histor[ischen] verwandt ist, zeigt sich schon darin, d[a]ß, wo immer die histor[ische] Auctorität (Gl[au]b[e]) angegriff[en], angezweif[e]lt wird - ma[n] allmähl[i]g dahi[n] kam, sei[ne] eig[ne] Auctorität, d.h. die Zuverläß[i]gk[ei]t d[e]s Wiss[en]s zu vernei[nen] od[er] zu b[e]zweif[e]l[n] (Skepticismus)“. 1197 Randbemerkung [48rr] : „NB [: ] Uns[er] Geist glaubt sich selbst - hält sich für wahrh[a]ft[i]g [,] obwohl er sich ni[c]ht [„[m]it s[einer] Thät[i]gk[ei]t“ über der Zeile eingefügt] [m]it d[en] Sinn[en] wahrnimmt, noch auch eig[en]tl[ich] [m]it Gr[ün]d[en] beweis[en] kann [.] - Die g[ei]st[i]ge Thät[i]gk[ei]t vertraut d[em] tief[en] Gru[n]d, Wes[en] u[nd] Gesetz d[e]s G[ei]st[e]s -“. <?page no="157"?> 147 auch uns[er] Wißen auf einer Art v[on] Glauben, auf dem Glauben näml[ich] an die Wahrh[ei]t uns[rer] eignen Natur. 1198 (Dieß zu erwähnen ist nicht überflüßig, denn in neu[eren] Z[ei]t[e]n hab[en] Philosoph[en] u[nd] P... (? ) angefangen durch dieß zu bezweifeln.) (Reformat[oren]) [.] [48rl/ 48vr] So sehen wir also, wie vielbedeutend, wie häufig u[nd] wichtig jene psychische Function ist im mens[c]hl[ichen] Leben, die wir Glauben nennen. - 1199 Der Glaube vermittelt den Zusammenhang der Mens[c]hh[ei]t 1200 sowohl dem Raume als der Zeit nach, er ist das Verbindungsmittel [,] wodurch der geist[i]ge Verkehr h[au]ptsächl[ich] zu Stande kommt; ganz vorzüglich aber ist er das Organ 1201 , vermittelst dessen der noch junge Geist die nöthige geist[i]ge Nahr[u]ng aufnimmt [,] um durch dieselbe zu wachsen, an Kraft u[nd] Ausbildung zuzunehmen. 1202 Der Glaube ist aber schon 1203 in d[ie]s[er] allgem[einen] Bedeut[u]ng kein blindes, urtheilsloses Verhalten des Geistes, kein thörichtes, grundloses Annehmen Alles Belieb[i]g[en,] was ihm geboten wird, er ist nicht identis[c]h mit Leichtgläubigk[ei]t, 1198 Randbemerkung [48rr] : „Das könnte auch bestritt[en] werden, denn: Es ist ja hier die Probe für das Wißen [,] z.B. die Himm[e]lsbeweg[un]g[en] - als Wahrnehm[en] des wirkl[ichen] Vorgangs, d[a]s Eintreff[en] der Berechnu[n]g[en] etc. [,] also kein Glaube, sond[ern] ein Wißen - das soll ni[c]ht in Abrede gestellt werd[en,] daß d[a]s ein Wiß[en] ist - aber es beruht auf d[em] Vertrau[en] an d[ie] Wahrh[a]ft[i]gk[ei]t uns[rer] G[ei]st[e]skr[ä]fte - d[a]ß wir üb[er]h[au]pt etwas erke[nnen]. (Der Gelbsicht[i]ge sieht gelb)“. 1199 Randbemerkung [48vl] : „B[e]d[eu]t[un]g d[e]s Glaub[en]s üb[er]h[au]pt“. 1200 Randbemerkung [48vl] : „a) Zusamm[en]ha[n]g d[er] M[en]schh[ei]t“. 1201 „des Geistes“ in der Zeile gestrichen. 1202 Einfügung am Seitenrand [48vl] : „b) Er ist gleichsam die große Strömung, durch welche das geist[i]g[e] Leben u[nd] Bild[un]g von Generation zu Generation fortfluthet [„u[nd] Bild[un]g von Generation zu Generation fortfluthet“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „der Einen Generation der nachfolgenden zuströmt“] [.] - c) Der aufnehmende [„der“ in der Zeile gestrichen] Glaube ist gleichsam die weibl[iche] psych[ische] Function d[e]s M[e]ns[c]h[e]n [„Seele“ über der Zeile], d[a]s Lehren [„d[ie] Auctorität“ über der Zeile] die männl[iche] [„gebende“ über der Zeile] - u[nd] d[u]rch beide wird immer der geist[i]g[e] Bild[un]gszustand neu gezeugt [,] d.h. fortgepflanzt [„Ueberzeug[un]g gewonn[en] (hervorgebracht)“ über der Zeile] [.] - (V[ie]ll[ei]cht ist d[ie]se eig[en]thüml[iche] wirkl[iche] Natur d[e]s Glaub[en]s der Grund, d[a]ß d[ie] Frau[en] lieber geneigt sind z[um] Glaub[en] als d[ie] Männer) [„d[u]r[c]h d[en] Glaub[en] u[nd] d[ie] Lehr[e] wird ...(? )“ unter der Zeile]“. Darüber [48vl] : „ad b [)] Und Alles [,] was die Wiss[en]sch[a]ft an Resultat[en] gewinnt, muß in d[ie]s[en] Glaub[en]sstrom [„ins Herz[en]sgemüth“ über der Zeile] aufgenomm[en] u[nd] in das Volk eingeführt, verbr[e]itet w[e]rd[en,] wenn es B[e]d[eu]t[un]g erhalt[en] soll - muß G[e]g[en]st[an]d d[e]s Gl[au]b[en]s werd[en] -“. Darunter die weitere Randbemerkung [48vl] : „NB [: ] d) Der Glaube [„(Gemüth)“ über der Zeile] ist das Einigende unt[er] d[en] M[e]ns[c]h[e]n, d[a]s Gemeinschaft Bildende [„g[ei]st[i]g[e] Verbind[un]gsmittel z[um] M[e]nsch[en]“ über der Zeile] - der Verstand ist das Trennende, Isolirende, d[a]s Selbst-Bewahrende, geltend machende. - Wo der Verstand, das Räsonniren vorherrscht [,] da ist Trennung, Zwiespalt, Selbstständ[i]gk[ei]t - (im Polit[ischen] u[nd] R[e]l[i]g[iö]s[en]) [.] e) Im Glaub[en] lebt die Idee der M[e]ns[c]hh[ei]t fort [„Er gründet sich darauf“ über der Zeile] [.] - Insoweit Jemand[em] gegl[a]ubt wird [,] wird er für erkenn[e]nd u[nd] für wahrhaft[i]g genomm[en], für so genomm[en], wie er sey[n] soll [.] - So darf es uns [n]i[c]ht wundern [,] d[a]ß [,] wo d[er] Glaube schwindet an d[er] M[en]s[c]hh[ei]t [,] da geht die Idee der M[en]s[c]hh[ei]t unter [.] g) Glaube ist endl[ich] auch d[a]s Verbind[un]gsmittel der geist[i]g[en] Sphären des Universums [.] - Die M[en]s[c]hh[ei]t steht mit Gott u[nd] d[em] [„übersinnl[ichen]“ über der Zeile] geist[i]g[en] Reiche eines J[en]s[e]its in Verbind[un]g d[u]r[c]h d[en] Glaub[en] - wie [m]it d[em] geist[i]g[en] Reiche der ird[i]s[c]h[en] Verg[a]ng[en]h[ei]t - der Geschichte“. 1203 „B[e]s[c]hr[än]k[un]g“ über der Zeile. <?page no="158"?> 148 sond[ern] er beruht selbst hinwiederum, wie schon anfangs bemerkt wurde [,] auf einem Urtheil des Geistes über die Auctorität, der geglaubt werden soll, diese muß sich erst als eine glaubwürdige bewähren u[nd] kundgeben. Nicht Jedem glaubt man im gewöhnl[ichen] Verkehr des Lebens; nicht subj[ectiver] Willkühr überläßt man das Lehramt für die Jugend 1204 , der Lehrer muß erprobt, mit allgem[einer] Auctorität bekleidet seyn, nicht Jedem, der der 1205 Wiß[e]nsch[a]ft dient, spricht man die Resultat[e] seines Forschens gleich als unverbrüchliche Wahrh[ei]t nach. Könnte sich [,] z.B. der Astronom [,] nicht als zuverläßige Auctorität bewähren durch Zeugniße, die auch den Ungebildeten v[on] d[er] Richt[i]gk[ei]t u[nd] Zuverläßigk[ei]t seiner Wiss[e]ns[c]h[a]ft überzeugen, so würde er sich vergebens Mühe gebe[n,] den Resultaten seiner Forschung auch bei der Menge Anerkennung zu verschaffen. Wenn er aber augenscheinl[ichen] Beweis liefert [,] daß er die Himmels-Gesetze zu erkennen vermöge, wenn er z.B. eine Sonnen[-] od[er] Mondsfinsterniß voraus verkündet u[nd] sie trifft zur bestimmten Stunde ein, so gewinnt man Zutrauen zu ihm u[nd] schenkt ihm auch im Andern leichter Glauben. Ebenso verhält es sich mit dem Geschichtschreiber. - 1206 III [.] Nach diesen Bemerk[u]ng[e]n über den Glauben (od[er] das Glauben) üb[e]rh[au]pt können wir nun über- [48vr/ 49rl] gehen zu uns[erem] eig[e]ntl[ichen] G[e]g[e]nst[a]nde, zur nähern Betrachtung des religiösen Glaubens. 1207 a) Daß auf dem relig[iö]s[en] Gebiete der Glaube v[on] großer Wicht[i]gk[ei]t u[nd] Geltung seyn müsse, folgt schon gleich aus der Natur der rel[i]g[iö]s[en] Wahrh[ei]t[e]n, denn: 1) Sind d[ie]se rel[i]g[iö]s[en] 1208 Wahrheiten der Sinneswahrnehmung durchaus entrückt, (wenigstens was d[ie] unmittelbare Anschauung betrifft), ja oft in Widerspruch mit dieser 1209 , das Daseyn G[o]tt[e]s [,] z.B. sein Wesen, seine Eigens[c]haften etc. die Schöpf[u]ng der Welt u[nd] des Menschen, des Jenseits, die Unsterblichk[ei]t der Seele, sind lauter Wahrh[ei]t[e]n, die den Inhalt der R[e]l[i]g[io]n ausmachen u[nd] durchaus der Sinnes-Wahrnehmung nicht zugänglich sind. 2) Dann aber setzt der Beweis, also die wissensch[a]ftl[iche] Erforschung der Wahrh[ei]t d[ie]s[e]r rel[i]g[iö]sen Lehren [,] schon einen Grad v[on] Geistesbild[u]ng voraus, den der größte Theil der Menschen sich nie erwerben kann, th[ei]ls aus Mangel an Zeit u[nd] Gelegenh[ei]t dazu [,] th[ei]ls aus Schwäche (des Talents), der geist[i]g[en] Anlagen [,] die dazu erfordert werden. 1204 „belieb[i]g[e] G[ei]st[e]snahrung z... (? )“ über der Zeile. 1205 „der“ über der Zeile eingefügt. 1206 Randbemerkung [48vl] : „Möglichk[ei]t des Glaubens ist begründet im Wahrh[ei]tsgefühl u[nd] Wahrh[ei]tstrieb der menschl[ichen] Natur - d[ie] Wirkl[i]chk[ei]t d[e]ss[e]lb[en] im Wahrh[ei]ts-Trieb - die Nothw[e]nd[i]gk[ei]t aber in d[er] menschl[ichen] Entwickl[un]gsw[ei]se - im Gesetz der Natur u[nd] ihr[er] Ausbild[un]g.“ 1207 Randbemerkung [49rr] : „D[ie] allgem[einen] Bem[e]rk[u]ng[e]n dienen z[ur] vorläuf[i]g[en] Beseit[i]g[un]g eines gewiss[en] Vorurth[ei]ls geg[en] d[en] Glauben im R[e]l[i]g[iö]s[e]n.“ 1208 „(metaphys[ischen])“ über der Zeile. 1209 Einfügung am Seitenrand [49rr ]: „in solchen Fällen ist d[a]s Surrogat [en]tw[e]der Glaub[en] od[er] Wißen (ratiocinium)“. <?page no="159"?> 149 3) u[nd] endlich sind die meisten der rel[i]g[iö]s[en] Lehren eines strengen 1210 wiss[e]ns[c]h[a]ftl[ichen] Beweises nicht fähig in ähnl[icher] Weise, wie wir auch die Wahrhaft[i]gk[ei]t uns[erer] eignen Natur nicht strenge zu beweisen im Stande sind, sond[ern] ihrer unmittelbar 1211 gewiß sind u[nd] derselben vertrauen. D[er] Glaube faßt ein Mom[e]nt d[e]s Wiß[e]ns (Urth[ei]ls) u[nd] ein Moment d[e]s Woll[en]s in sich [.] - 1212 b) Der Glaube nun, mit dem die rel[i]g[iö]s[e]n Lehren u[nd] Ideen umfaßt, als wahr angenommen werden, ist doppelter Art 1213 : 1214 1) Ein historis[c]her Glaube [,] 2) ein mystischer Glaube 1215 ; 1216 beide stehen in engster Bezieh[u]ng u[nd] Verbind[u]ng mit einander; denn der mystis[c]he kann nicht entstehen ohne den historis[c]hen 1217 , ohne Ueberlief[e]r[u]ng, Belehr[u]ng [,] Off[e]nb[a]r[u]ng; u[nd] hinwiederum wäre der histor[i]s[c]he Unmögl[i]chk[ei]t, wäre ohne Sinn u[nd] Bedeutung für den Menschen [,] wenn nicht die Anlage z[u] mystis[c]h[em] vorhanden wäre; 1218 dieser ist das Ziel, der Endzweck v[on] jenem. (Zugleich auch das Vermög[en] z[ur] Pot[e]nz d[er] histor[i]s[c]h[en] Auctorität) 1219 [.] Wir müssen aber nun beide nach Wesen u[nd] 1220 Bedeut[u]ng näher betrachten. 1. 1221 Wir haben gesehen, daß die Religion, das Bewußtseyn v[on] Gott u[nd] der damit zusammenhängenden rel[i]g[iö]s[en] Wahrheiten bei dem einzelnen Menschen u[nd] dem ganzen Geschlechte nur dadurch entstehen konnte, daß die innere Anlage dazu d[u]rch 1210 „directen“ über der Zeile. 1211 Ursprüngliches „unmittelbaren“ durch Streichung zu „unmittelbar“ korrigiert. 1212 „D[er] Glaube faßt ein Mom[e]nt d[e]s Wiß[e]ns (Urth[ei]ls) u[nd] ein Moment d[e]s Woll[en]s in sich -“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [49rr] : „Ob nicht dreifacher Glaube. 1) Ahnung [,] 2) histor[ischer] Glaube [,] 3) mystis[cher] Glaube“. Darunter [49rr] : „NB [: ] Ahnung u[nd] Glaube - Ahnung gehört schon z[um] Anfang des Wißens - näml[ich] z[ur] Nachweis[u]ng [„z[ur] Nachweis[u]ng“ über der Zeile] d[er]) Begründ[un]g des Geglaubt[en] in d[em] eig[nen] Wes[en], d[en] Gesetz[en] d[e]ss[e]lb[en] (Potenz d[e]s Glaub[en]s)“. 1213 „M... (? )“ über der Zeile; „Art“ in der Zeile eingeklammert. 1214 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „1) (historisch, rationell)“. Randbemerkung [49rr] : „ad b [)] In Bezug auf r[e]l[i]g[iö]s[e] Wahrh[ei]t[en] unterscheidet man 2 Art[en] v[on] Glaub[en] -“. 1215 „(Gottesidee)“ über der Zeile. 1216 Randbemerkung [49rr] : „NB [: ] D[e]r menschl[iche] Glaube gründet auf di[e] Idee der M[e]nschh[ei]t [,] der rel[i]g[iö]s[e] auf die Idee der G[o]tth[ei]t (myst[isch]).“ Weitere Randbemerkung [49rr] : „Historis[c]h - rationell - nicht naturalist[isch] rationell -“. 1217 „(u[nd] seyn ... (? ) Weise)“ über der Zeile. 1218 Randbemerkung [49rr] : „(Der historis[c]h[e] hinwiederum könnte [„nie“ über der Zeile; unleserliches Wort in der Zeile] nicht entstehen ohne jene Anlage. (der Seele [,] die den mystis[c]h[en] begründet u[nd] zu d[ie]s[e]m sich ausgestaltet ... (? )“. 1219 „(Zugleich auch das Vermög[en] z[ur] Pot[e]nz d[er] histor[i]s[c]h[en] Auctorität)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 1220 „Endzweck“ in der Zeile gestrichen; folgendes „u[nd]“ ist irrtümlich stehengeblieben. 1221 Randbemerkung [49rr] : „1) Der histor[ische] Glaube besteht in der Annahme rel[i]g[iö]s[er] Lehr[en], od[er] Wahrh[ei]t[en] auf die Aussage u[nd] Bezeug[un]g ein[er] äuß[eren] histor[ischen] (g[ö]ttl[ichen]) Auctorität hin. 2) Der myst[ische] ... (? ) Glaube best[e]ht in der Ueberzeug[un]g d[e]r rel[i]g[iö]s[en] Wahrh[ei]t auf Grund ... (? ) Erfahrens, Gefühls, Stau[nen]s der Wahrh[ei]t.“ <?page no="160"?> 150 Belehrung [49rl/ 49vr] v[on] Außen geweckt u[nd] gebildet werden kann. Diese Belehrung, Ueberlief[e]r[u]ng der rel[i]g[iö]s[en] Lehren 1222 nimmt der Mensch anfangs auf die Auctorität der ihn Belehrenden hin 1223 als wahr an. (Bei weiterem Fortschritt prüft er dann allerdings sowohl diese rel[i]g[iö]s[en] Lehren als auch die Auctorität [,] auf die hin er sie für wahr hält. - Um dieß Letztere zu thun [,] ist es nothw[e]nd[i]g [,] den ganzen histor[i]s[c]h[en] Verlauf der Ueberlief[e]r[u]ng durchzuforschen, bis zur ersten Auctorität hin, wo d[ie]se Ueberlief[e]r[u]ng begonnen hat [.] Die Auctorität d[ie]s[e]r Lehrenden stützt sich selber wieder auf eine vorhergehende Auctorität, auf die allgem[eine] Ueberlief[e]r[u]ng einer bestimmten R[e]l[i]g[io]nsform u[nd] zuletzt auf den Gründen d[ie]s[e]r bestimmt[en] R[e]l[i]g[io]n als die erste u[nd] unmittelbarste Auctorität. Dieß ist der sogen[annte] histor[i]s[c]he od[er] positive Glaube. Die r[e]l[i]g[iö]s[en] Lehren werden für wahr angenommen [,] weil sie so überliefert u[nd] urspr[ü]ngl[ich] v[on] einer Auctorität gelehrt werden. 1224 2) 1225 Der Geist des Menschen vermag aber auch in eine unmittelbarere [,] natürl[iche] 1226 Bezieh[u]ng zu den r[e]l[i]g[iö]s[en] Ideen, namentl[ich] zu Gott zu treten u[nd] die Wahrh[ei]t derselben 1227 ohne d[ie]se historis[c]he Vermittl[u]ng, - wenigstens (th[ei]lweise) abgesehen von ihr zu schauen, zu empfinden, zu fühlen [,] daß (sic! ) ist jene Art rel[i]g[iö]s[en] Glaubens, den man den mystischen nennt. Es ist schwer zu sagen, worin d[ie]s[e]r myst[i]s[c]h[e] Glaube eig[e]ntl[ich] besteht. - a) 1228 Die innerl[iche] r[e]l[i]g[iö]se Anlage, die Idee v[on] G[o]tt, das unmittelbare G[o]tt[e]sbewußts[eyn] wird so lebend[i]g. b) 1229 Die Empfindung der Wahrh[ei]t des Göttlichen u[nd] alles Religiösen so tief u[nd] innig [.] 1230 c) 1231 Das unsichtbare Reich des jenseits (sic! ) steht so lebendig vor der Seele, daß der histor[i]s[c]h[e] Glaube, durch 1232 die äußerl[iche] Belehrung mehr zurücktritt u[nd] d) 1233 d[ie] Menschenseele im Gemüthe u[nd] durch dasselbe die 1222 „Lehren“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Wahrh[ei]t[e]n“. 1223 „hin“ über der Zeile. 1224 Einfügung am Seitenrand [49vl] : „NB [: ] [„1)“ über der Zeile] Allerdings muß dem M[e]nsch[e]n die rel[i]g[iö]s[e] Wahrh[ei]t verkündet werden u[nd] er sie im Glauben annehmen [über der Zeile: „hist[orischer] Glaube“] - aber d[ie]s[e]s Angenommene bleibt [über der Zeile: „ist“] ihm nicht Etwas Fremdes, wie eine alte Geschichte [,] die ihm erzählt wird, - sond[ern] er fühlt [,] empfindet nun auch selbst unmittelbar [über der Zeile: „in s[einem] Innern“] die rel[i]g[iö]s[e] Wahrheit [,] d.i. der hist[orische] Glaube geht über in den mystis[c]h[en], der nun verschied[ene] Grade hat.“ - Darüber [49vl] : „2) Myst[ischer] Gl[aube]“. 1225 „2)“ zusätzlich über der Zeile. 1226 „natürl[iche]“ über der Zeile. 1227 „u[nd] er kann dahin kommen“ über der Zeile. 1228 „a)“ nachträglich in die Zeile eingefügt. 1229 „b)“ über der Zeile. 1230 Einfügung am Seitenrand [49vl] : „NB [: ] D[u]rch d[en] historis[c]h[en] Glaub[en] wird immer d[ie] r[e]l[i]g[iö]s[e] Anlage geweckt, gebildet - bei d[er] unvollkomm[en]st[en] R[e]l[i]g[ion] blos bis zur Ahnung, z[um] Suchen d[e]s Göttlich[en] - bei d[er] vollkom[mensten] zu b[e]stimmter Einsicht d[u]rch Ueberlief[erun]g b[e]stimmter Lehren [; ] ein Gebiet d[e]r Ahnung etc. bleibt ab[e]r auch hier noch [,] wo d[a]s Glaub[en] z[um] Erkenn[en] fortges[c]hritt[en.] - Ohne hist[orischen] Glaub[en], ohne Verkehr, beispielsweise (? ) etc. käme es wohl nicht einmal bis z[ur] Ahnung d[e]s Göttl[ichen] -“. 1231 „c)“ über der Zeile. 1232 „durch“ über der Zeile. 1233 „d)“ über der Zeile. <?page no="161"?> 151 r[e]l[i]g[iö]se Wahrh[ei]t unmittelbar erfaßt, sich in sie versenkt 1234 . - Man nennt d[ie]s[e]n myst[i]s[c]h[en] Glauben 1235 Gefühl, Gefühls-Glauben, noch höher gesteigert r[e]l[i]g[iö]se Vision u[nd] zuletzt rel[i]g[iö]se Ecstase 1236 , die r[e]l[i]g[iö]se [,] g[ei]st[i]ge 1237 Entrückung v[on] der Erde ins Gebiet des Jenseits. 1238 - Nicht alle Menschen sind dieses Glaubens in gleicher Weise fähig, obgleich ganz davon entblößt Niemand ist, so wenig als Jemand ganz ohne Gefühl u[nd] Gemüth ist, in dem er wurzelt. - Die geringste [49vr/ 50rl] I [.] Kap[itel] 1239 §: (10) 1240 F[o]rts[e]tz[u]ng. Spur davon findet sich bei den rohen 1241 Menschen od[er] noch mehr bei den trocknen Verstandes-Menschen [,] die Alles in Begriffe faßen u[nd] mit Zahlen berechnen wollen 1242 . Am allgemeinsten findet sich d[ie]s[e]s r[e]l[i]g[iö]s[e] Gefühl, d[ie]se unmittelbare Ueberzeug[u]ng - ohne genaue histor[i]s[c]h[e] Belehr[u]ng u[nd] ohne scharfe wiss[e]ns[c]h[aftliche] Bestimmung bei den Frauen, bei denen ja üb[e]rh[au]pt das Gemüths- Leben vorherrscht. 1243 Wo sich aber d[ie]s[e]s r[e]l[i]g[iö]s[e] Gefühl [,] d[ie]se unmittel- 1234 „sie g... (? )“ über der Zeile. 1235 „auch“ in der Zeile gestrichen. - Einfügung am Seitenrand [49vl] : „wo er noch auf unterster Stufe steht r[e]l[i]g[iö]se Ahnung, etwas weiter gebildet dann“. 1236 „Ecstase“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „Extase“. 1237 „g[ei]st[i]ge“ über der Zeile. 1238 Einfügung am Seitenrand [49vl] : „Glaube [„nennt“ in der Zeile gestrichen] kann man d[ie]s[e]s unmitt[e]lb[are] B[e]w[u]ßts[eyn] od[er] Gefühl darum nennen, weil das Object desselben (d[a]s Göttl[iche]) weder im Gebiet der [„im Gebiet der“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „d[u]rch“] Sinnenwahrnehmung eintritt, noch d[u]rch Schlüße des Verstandes, d[u]rch wiss[e]ns[c]h[aftliches] Fors[c]hen erkannt wird. Das Fürwahrhalten also nicht auf d[em] Sinnen-Zeugniß u[nd] nicht auf Vernunftgründen dabei beruht, sond[ern] ledigl[i]ch auf de[m] Vertrauen auf die Richt[i]gk[ei]t des Gefühls also der eign[en] Natur - u[nd] G[o]ttes Kundgebung -“. Darüber [49vl] : „beide Arten v[on] Glauben ruhen auf dems[e]lb[en] Grunde [,] der rel[i]g[iö]s[en] Anlage näml[ich], denn ohne sie würde d[ie] r[e]l[i]g[iö]s[e] Beleh[run]g [n]icht verstand[en] u[nd] wäre unmitt[e]lb[are] Wahrn[e]h[m]u[n]g d[e]s G[ö]ttl[ichen] [n]i[c]ht mögl[ich]“. Daneben die Randbemerkung am unteren Seitenrand [49vr] : „wie d[ie] wiss[e]ns[c]h[a]ftl[iche] Forsch[un]g letztlich auf d[ie]s[em] Vertrau[en] ruht“. 1239 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 14“ am oberen Seitenrand [50rr] ; „14“ bezeichnet den Bogen. 1240 „5“ über der Zeile. 1241 „G“ in der Zeile gestrichen. 1242 Einfügung am Seitenrand [50rr] : „Bei d[ie]s[e]n wird der histor[ische] Glaube mehr z[um] Wiss[en] fortgebildet -“. Darunter [50rr] : „Am wenigst[en] aber findet sich d[ie]s[e]r Glaube bei überbildet[en], raffinirt[en] Alltagsmens[c]h[en] - die ab[er] d[e]ßh[a]lb [,] weil ihr g[ei]st[i]g[es] Wes[en] ganz entleert u[nd] ausges[c]härft s[o] z[u] s[agen] ist - au[c]h die Fäh[i]gk[ei]t z[um] histor[i]s[c]h[en] Glaub[en] verlir[e]n - das ist der Zustand der Blasirth[ei]t - d[e]s geist[i]g[en] Dahinwelkens“. 1243 Randbemerkung [50rr] : „Wo d[ie]se Steig[e]ru[n]g blos subj[ectiv] ist [,] e[n]tst[e]ht f[a]lsche Auctorität [,] wo ab[e]r obj[ectiv,] d.h. g[ö]ttl[ich] zugl[e]i[c]h - da mehr (? ) [.] Gerade aus der höchsten Steigerung d[ie]s[e]s Glaub[en]s [„(nicht etwa des Wissens)“ über der Zeile] gehen also neue Glaubens-Auctoritäten hervor. D[ie]s[er] mystis[c]he Glaube steigert sich näml[ich] bis dahi[n,] daß er sich ganz v[om] historis[c]h[en] trennt, [„Jacobi“ in der Zeile gestrichen] u[nd] autonom u[nd] selbstständ[i]g zu besteh[en] su[c]ht - d[a]d[u]rch aber, weil er au[c]h andere v[on] s[einem] I[n]halt u[nd] s[einer] S[c]hauung zu <?page no="162"?> 152 bare Ueberzeugung in hohem Grade bei Männern findet, da entstehen die begeisterten r[e]l[i]g[iö]s[e]n Seher, Propheten u[nd] R[e]l[i]g[io]nsstifter, die man gleichsam die r[e]l[i]g[iö]s[e]n Genies nennen kann. Es kann sich natürl[ich] d[ie]s[e]s Gefühl sehr leicht verirren u[nd] für den Irrthum schwärmen, d[a]h[er] entstehen dann fanat[i]s[c]he Secten u[nd] rel[i]g[iö]s[e] Sonderlinge. Man hat häufig versucht, diesen unmittelbar[en] Glauben, d[ie]s[e]s unmittelbare Gottesbewußtseyn, d[ie]s[e]s rel[i]g[iö]se Gefühl als die einzig 1244 ächte Art des rel[i]g[iö]s[en] Glaubens geltend zu machen, den historis[c]h[en] Auctoritätsglauben aber als blind u[nd] vernunftlos 1245 zu bezeichnen. Aber sehr mit Unrecht. Denn 1) 1246 für’s Erste ist es eine unbestreitbare Thatsache [,] daß d[ie]s[e]r myst[i]s[c]he Glaube, d[ie]s[e]s unmittelb[are] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] doch auch gar 1247 nicht entsteht, ohne r[e]l[i]g[iö]s[e] Unterweisung [,] also ohne das historis[c]he Element; erst wenn das G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] geweckt ist 1248 u[nd] einigermaßen durch den histor[i]s[c]h[en] Glauben erstarkt, vermag es sich dann auch selbstständig geltend zu machen, wie ja auch selbstständ[i]ge, wissensch[a]ftl[iche] Forschung erst dann möglich ist, wenn zuvor unselbstständ[i]g[es] Aufnehmen d[u]rch fremden Unterricht den Geist gebildet u[nd] erstarkt hat zur selbstständ[i]g[e]n Thätigk[ei]t. 2) für’s Zweite ist dann, wie schon bemerkt, d[ie]s[e]r unmittelb[are] Glaube, d[ie]s[e]s rel[i]g[iö]s[e] Gefühl nicht Jedermann’s Sache; bei den Einen nur in geringem Maaße vorhanden, bei den Andern bis zum Verschwinden gering, 1249 während er d[a]g[e]g[e]n bei Manchen in hohem Grade sich kund gibt; sollten nun jene nicht v[on] d[er] R[e]l[i]g[io]n ganz ausgeschloßen seyn [,] so müßen sie Ersatz haben u[nd] dieß kann nur geschehen durch treues Festhalten am historis[c]h[en] [50rl/ 50vr] Glauben, dann - um das gleich zu erwähnen - die Wiss[e]ns[c]h[a]ft, die man allenfalls als Ersatz geltend machen wollte, ist ja auch nicht Jedermanns Sache, u[nd] es kann sich gar häufig treffen, daß Jemand weder jenes Gefühlsglaubens noch 1250 auch der Wißens[c]haft fähig ist. 3) 1251 Drittens endl[ich] ist dieser mystis[c]he Glaube, 1252 d[ie]s[e]s r[e]l[i]g[iö]se Gefühl, gar leicht des Irrthums, der Täus[c]hung ausgesetzt u[nd] bedarf eines Leiters u[nd] Mäßigers am histor[i]s[c]h[en] Glauben u[nd] an der histor[i]s[c]h[en] r[e]l[i]g[iö]s[en] Auctorität. Es ist richtig, daß d[ie]s[er] Glaube häufig zu einer Innigk[ei]t, Klarheit u[nd] Tiefe des Gottesbewußts[e]y[n]s führt, wie die Wiss[e]ns[c]h[a]ft mit aller G[ei]st[e]skraft u[nd] überzeug[en] sucht, wird er selbst wieder eine neue Glaub[en]sauctorität [.] - (Wie d[ie] Wiß[en]s[c]h[a]ft autonom sey[n] will - u[nd] es ... (? ) s[e]y[n] kann)“. 1244 Ursprüngliches „einzige“ durch Streichung zu „einzig“ korrigiert. 1245 „werthlos“ über der Zeile. 1246 Randbemerkung [50rr] : „B[e]s[c]hränk[un]g d[e]r Berecht[i]g[un]g d[ie]s[e]s Glaub[en]s.“ 1247 „gar“ über der Zeile. 1248 „ist“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „wird“. 1249 Randbemerkung [50rr] : „Wie der Wiss[en]s[c]h[a]ft [n]i[c]ht Alle fähig sind -“. 1250 „der“ in der Zeile gestrichen. 1251 Randbemerkung [50vl] : „Vollko[mmen]h[ei]t d[ie]s[e]s Glaub[en]s“. 1252 Randbemerkung [50vl] : „der kein inneres Verstehen u[nd] Leben des histor[ischen] Glaub[en]s ist -“. <?page no="163"?> 153 Schärfe es kaum vermag (Jac[ob] Boehme) u[nd] d[a]ß d[a]d[u]rch einfache, kindliche Gemüther hoher, geist[i]g[e]r Anschauungen gewürdigt werden (NB [: ] Sch. Was kein Verstand der Verständ[i]g[e]n sieht etc.) [,] die andern nur d[u]rch große, geist[i]g[e] Anstrengungen zu Theil werden; allein dieß geschieht eben auch nur dann [,] wenn schützende r[e]l[i]g[iö]s[e] Normen zur Seite stehen. Ja die Güte u[nd] Reinheit d[ie]s[e]s r[e]l[i]g[iö]s[en] Gefühls 1253 ist selbst bedingt durch die Art der r[e]l[i]g[iö]s[en] Gemeinsch[a]ft [,] in der ein solches Gemüth sich ursprüngl[ich] genährt u[nd] rel[i]g[iö]s gebildet hat 1254 . - Es gibt näml[ich] nicht etwa blos im Chr[i]st[e]nth[um,] sond[ern] in allen R[e]l[i]g[io]nen Menschen [,] die zu solchen unmittelb[aren] r[e]l[i]g[iö]s[en] Anschauungen befähigt sind; 1255 aber zu welchen Verzerrungen kommt es da oft, zu welchen Phantastereien u[nd] Fehlgeburten artet d[ie]se Befähigung aus! 1256 Um all’ d[ie]s[e]r Gründe willen ist also d[ie]se Art des r[e]l[i]g[iö]s[en] 1257 Glaubens zwar als berechtigt anzuerkennen, aber als alleinige r[e]l[i]g[iö]s[e] Norm ist er nicht zu betrachten (wie d[ie]ß z.B. Jacobi, Schleierm[acher] anzunehmen schein[en]) [.] 1258 c) 1259 der religiöse Glaube 1260 ist aber 1261 keineswegs ein Act blinder Annahme u[nd] Hingebung in seiner wahren, ächten Bedeut[u]ng wenigstens 1262 , sond[ern] auch er beruht wiederum auf ein[em] Urtheil des Geistes 1263 - soll wenigstens darauf beruhen - über die Art der Auctorität [,] der er sich hingibt [,] u[nd] zwar gilt dieß vorzüglich gerade v[on] dem histor[i]s[c]h[en] od[er] [50vr/ 51rl] dem Auctoritätsglauben kat v evxochn, dem man besonders Blindh[ei]t u[nd] Unwerth, Schuld gibt. - 1264 Der rechte r[e]l[i]g[iö]s[e] Glaube [,] sag’ ich [,] muß auf einem vernünft[i]g[en] Urtheil beruhen; auf ein[em] Urtheil üb[er] die Auctorität, der man die r[e]l[i]g[iö]s[en] Lehren glaubt, ob näml[ich] d[ie]se Auctorität es werth sei [,] daß man ihr glaube oder nicht; d[ie]se r[e]l[i]g[iö]s[e] Auctori- 1253 Randbemerkung [50vl] : „Bedi[n]g[un]g d[ie]s[e]r Vollkommenh[ei]t“. 1254 „(wie die rel[i]g[iö]s[e] Wissenschaft)“ über der Zeile. 1255 Randbemerkung [50vl] : „D[ie] Schamanen bei d[en] nord... (? ) Steppenhorden wollen si[c]h ja auch unmitt[e]lbar in’s Göttl[iche] versenke[n]“. 1256 Randbemerkung [50vl] : „NB [: ] Verschied[en] davon ist die Ers[c]hei[n]u[n]g bei man[c]h[er] Secte - das Ergriff[en]werd[en] v[om] g[ö]ttl[ichen] G[ei]ste - hier kommt d[a]s Göttl[iche] z[um] M[en]s[c]h[en] - wäh[ren]d in d[er] Mystik d[a]s Mens[c]hl[iche] in die G[o]tth[ei]t eindri[n]gt. -“ 1257 „r[e]l[i]g[iö]s[en]“ über der Zeile. 1258 Randbemerkung [50vl] : „nicht die leitende Norm u[nd] Auctorität kann er sey[n]“. 1259 Korrespondierende „a)“ und „b)“ sind unauffindbar. Einfügung am Seitenrand [50vl] : „Wie oben bemerkt wurde [,] d[a]ß man bei den üb[ri]g[e]n Arten v[on] Glauben auß[er]h[a]lb des [„dem“ mit „des“ überschrieben] rel[i]g[iö]s[en] Gebietes nicht blind seyn darf, sond[ern] d[ie] Auctorität prüfen muß [,] so auch [„ist“ in der Zeile gestrichen] darf“. - „Allein Auch“ in der Zeile gestrichen. 1260 „(der historis[c]he)“ über der Zeile. 1261 „ist aber“ in der Zeile irrtümlich gestrichen. 1262 „seyn“ über der Zeile. 1263 Randbemerkung [50vl] : „Vernünft[i]gk[ei]t d[e]s rel[i]g[iö]s[en] Glaub[en]s“. 1264 „Der“ in der Zeile gestrichen. <?page no="164"?> 154 tät muß sich also bewähren, legitimiren. 1265 Wenn darum irg[e]nd Jemand als Seher, als Gottbegeisterter od[er] Gottgesandter auftritt u[nd] den Menschen gew[i]sse Lehr[en] als r[e]l[i]g[iö]s[e] Wahrh[ei]t[e]n, als richt[i]ge Aufschlüße üb[er] G[o]tt u[nd] Welt verkündet u[nd] Glauben fordert, so muß er vor Allem sich als glaubwürdig erweisen u[nd] seine Sendung darthun. Sein Leben, seine Lehren u[nd] s[eine] Thaten müssen die Prüfung der Mens[c]hh[ei]t bestehen 1266 [,] wenn sie auf Glauben Anspruch machen wollen. 1267 Wo Unmoralis[c]hes, Unvernünft[i]g[e]s, Gottes Unwürd[i]g[e]s verkündet wird, ist Glaube unmöglich. - Aber könnte man fragen, gerade das, was moralis[c]h, was vernünft[i]g u[nd] Gottes würdig ist, soll ja den Menschen erst d[u]rch den G[o]tt[e]sg[e]s[a]ndt[e]n od[er] R[e]l[i]g[io]nsstifter kund gegeben werden; wie können sie da urtheilen wollen, ob das Verkündete dieß Alles wirkl[ich] sei? 1268 Wenn 1269 sie das schon beurtheilen können, also schon zuvor das Richtige wissen, dann bedarf es nicht erst der Verkündung? 1270 - Die Sache verhält sich aber so, daß eine Gegenseit[i]gk[ei]t statt findet 1271 und der Entwickl[u]ng der innern G[o]tt[e]sidee u[nd] d[er] Idee[n] des Wahren u[nd] Guten, so daß die Idee 1272 zum Leben erweckt [,] nur das ihr Conforme u[nd] Angemessene annimmt, das Andere aber [,] ihr Widersprechende ausscheidet u[nd] zurückstößt; 1273 wie die innere organische 1274 Lebens-Kraft 1275 der Pflanze nur d[u]rch äuß[ere] Einwirk[u]ng zur Entwickl[u]ng geweckt wird, aber hinwiederum nun auch selbstthätig ist 1265 Einfügung am Seitenrand [51rr] : „Ohne d[ie]se Prüf[un]g wäre der Glaube nur Sache a) d[e]s Zufalls od[er] Verhängnißes od[er] Zwanges [; ] u[nd] wer den Gl[a]ub[en] hätt[e], hätt[e] k[e]i[n] Ve[r]di[en]st, wer nicht hätte kei[n] ... (? ) dieß daru[m], weil er nur angethan (? ) [.] b) Es kö[nn]te jeder ko[mmen] u[nd] belieb[i]g sich als Seher r[e]l[i]g[iö]s[er] Auct[orität] gelt[en]d mach[en] woll[en].“ 1266 „(NB [: ] nicht d[ie] vorgesetzte Auctorität? )“ über der Zeile; „(Vorgesetzte Auctorität? )“ am Seitenrand [51rr] . 1267 Einfügung am Seitenrand [51rr] : „Sonst könnte jeder Nächste Beste sich z[um] Propheten aufwerf[en], Ansprüche thun u[nd] Glauben verlangen. Und man könnte Niemand zumuth[en,] seine R[e]l[i]g[ion] zu verlass[en] u[nd] eine andre, bessre anzunehm[en] -“. 1268 „? “ ersetzt ursprüngliches Komma. Randbemerkung [51rr] : „Credo quia absurdum. - Nicht Absurdität [,] sond[ern] Rationalität muß der Fels d[e]s Glaub[en]s sey[n] - (bei neuer R[e]l[i]g[ion] wird freil[ich] naturgemäß an ... (? ) h[au]pts[äc]hl[ich] d[a]s Gefühl si[c]h bethät[i]g[en].)“ 1269 Ursprüngliches „wenn“ mit „Wenn“ überschrieben. 1270 Einfügung am Seitenrand [51rr] : „Das ist allerdings ein schwieriger Punkt - der v[on] den B[e]str[e]iter[n] der Off[e]nb[a]r[un]g stets hervorgehob[en] wurd[e]“. 1271 Einfügung am Seitenrand [51rr] : „zw[i]s[c]hen der äuß[eren] Kundgebung rel[i]g[iö]s[er] Wahrheiten“. 1272 „rel[i]g[iö]s[e] Anl[a]ge“ über der Zeile. 1273 Randbemerkung [51rr] : „NB [: ] D[a]s Urth[ei]l [m]uß ein vernünft[i]g[e]s sey[n] - [n]i[c]ht blos verstä[n]d[i]g[e]s - die imm[anen]t[e] G[o]tt[e]sidee [m]uß dabei si[c]h bethätig[en,] [n]i[c]ht bl[o]s die logis[c]h[en] Gesetze [,] wie der Bli[n]de d[u]rch bl[o]s logis[c]he Gesetze k[ein] Urth[ei]l [,] k[e]i[nen] B[e]gr[i]ff v[on] Farbe erhält) -.“ Weitere sachlich dazugehörige Notiz am unteren Seitenrand [51rl] : „D[a]s Urth[ei]l wird in histor[i]s[c]h[en] R[e]l[i]g[ionen] in d[er] R[e]g[e]l [n]i[c]ht geübt - es wird als Vorurth[ei]l angenomm[en]“. 1274 „organische“ über der Zeile. 1275 „P[r]i[n]cip“ über der Zeile. <?page no="165"?> 155 u[nd] nur den ihr congruenten, paßenden Stoff in den Organismus aufnimmt, den Andern aber ausscheidet. Es findet ein gew[i]ss[er] Kreislauf, Cirkel statt, aber ein solcher, der der Natur der Sache gemäß ist. 1276 Doch dieß nur vorläufig, später muß auf d[ie]s[en] G[e]g[e]nst[a]nd nochmal d[ie] Sprache kommen (s. §: Off[e]nb[a]r[u]ng) [.] 1277 d) Dad[ur]ch geschieht es [,] daß 1278 Der 1279 Glaube aber ist auch der größten Entartung, der größten Abirrung fähig 1280 , wie die vielen v[on] einander abweichenden, also nothw[e]nd[i]g[en] (? ) [51rl/ 51vr] wenigstens th[ei]lw[ei]se falschen R[e]l[i]g[io]nen zeigen u[nd] wie die vielen Verzerrungen des Glaubens, in Aberglauben, Irrglauben, u[nd] 1281 Unglauben kund geben. 1282 Davon später. Hier sollte blos der erste, urspr[ü]ngl[iche] r[e]l[i]g[iö]se Act v[on] Seite des Menschen, die erste Bethätig[u]ng der r[e]l[i]g[iö]s[en] Anlage, der Fähigk[ei]t zur R[e]l[i]g[io]n besprochen werd[en,] welche eben in gläub[i]g[e]r Annahme u[nd] Hingabe besteht. 1283 1276 Randbemerkung [51rr] : „Wenn gleichwohl auch das G[e]g[e]nth[ei]l vorkommt [,] wenn falsche Off[e]nb[arun]g[en] für wahr angenomm[en] werd[en] v[on] d[en] M[e]nsch[en] - also nicht d[a]s Unrechte u[nd] Falsche stets ausgeschied[en] wird, aus d[er] Entwickl[un]g der rel[i]g[iö]s[en] Anlage od[er] G[o]tt[e]sidee - (wie bei d[er] Pfl[an]z[e] es nothw[en]d[i]g [,] so findet d[a]ß (sic! ) Räthsel s[eine] Lösung in d[er] Freih[ei]t des M[e]nsch[en] [„u[nd] histor[ischen] u[nd] natürl[ichen] ... (? )“ über der Zeile] ... (? ) nicht ein zwing[en]d[e]s Wachsth[um] u[nd] Entwickl[un]g d[e]s G[ei]st[e]s stattfi[n]det -“. 1277 Randbemerkung [51rr] : „Und der schlummernde Keim erlöst wird v[om] Sonnen-Lichte - d[a]ß er kei[men] u[nd] wachs[en] kann -. Insofern ist jede höhere Off[en]b[arun]g zugleich schon Erlösung“. 1278 „Dad[ur]ch geschieht es [,] daß“ über der Zeile. 1279 Aufgrund der Einfügung blieb hier irrtümlich die Großschreibung und der Satzbau erhalten. 1280 „ist“ über der Zeile. 1281 „u[nd]“ über der Zeile. 1282 Randbemerkung [51vl] : „D[ie]s[er] tragis[c]he Punkt ist ind[e]ß geeignet [„a)“ über der Zeile eingefügt] [,] uns Mäßig[un]g u[nd] Dulds[a]mk[eit] in uns[erem] Verhalt[en] geg[en] d[ie] verschied[enen] R[e]l[i]g[ionen] [„auf“ in der Zeile gestrichen] z[u] b[e]stimm[en]. Die verschied[enen] R[e]l[i]g[ionen] (der[en] Proc[e]ß wir sogl[e]i[c]h betr[ac]ht[en] w[er]d[en]) si[n]d [n]i[c]ht ... (? ) Trug u[nd] Schl[e]cht[i]gk[ei]t - s[on]d[ern] hab[en] d[en] G[o]tt[e]sgl[a]ub[en] als Gru[n]dw[e]s[en] ge[w]iß (? ) [.] - Nur setz[en] di[e] Ei[nen] Gott i[n] unnahbare Ferne (Rational... (? ) E... (? ) [,] die and[ern] in greifba[re] Nähe ... (? )“. Die folgende Randbemerkung [51vl] wurde durch die vorherige teilweise überschrieben: „D[a]h[er] Glaube also (ratio[ne]ll hist[orisches] u[nd] myst[isches] Mom[en]t) ist die 3 e Bed[in]g[un]g d[e]r E[n]tst[e]h[un]g der R[e]l[i]gi[on].“ Möglicherweise als Fortsetzung der vorletzten Randbemerkung gedachte Randbemerkung [51vl] : „b) Es zeigt si[c]h s[c]h[on] da die B[e]d[eu]t[un]g d[e]r Wiss[en]s[c]h[a]ft, nä[m]l[ich] zur Läut[e]ru[n]g, Befest[i]g[un]g d[e]r eig[nen] Ueb[erzeugung] u[nd] zur Dulds[am]k[ei]t geg[en] andere zu führ[en]“. 1283 Einfügung unter der Zeile: „Schl[u]ß [: ] Der Glaube gehört auch z[um] Urspr[u]ng d[e]r R[e]l[i]g[ion] [-] geschah d[ie]s[e]r dur[c]h Uroff[en]b[arun]g, dann ist d[a]s histor[ische] Mome[n]t d[a]s primäre od[er] ohne Off[en]b[arun]g, dann das mystische d[a]s erste u[nd] aus d[ie]s[e]m geh[en] selbst erst hist[orische] Aeuß[erungen] herv[or]“. <?page no="166"?> 156 § 11 1284 Die (rel[i]g[iö]se) Thätigk[ei]t der gesammten geist[i]g[en] Kräfte od[er] Vermögen des Menschen. 1285 Um die Erkläru[n]g des Entwickl[un]gsproceßes des G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyns] anzubahnen [,] ist nothw[e]nd[i]g psycholog[ische] Erört[erun]g [.] - I) Der Glaube [,] haben wir gesehen [,] ist die erste Bethätigung u[nd] Manifestation der rel[i]g[iö]s[en] Anlage im Menschen, der Beginn des rel[i]g[iö]s[en] Lebens 1286 . In ihm verhält sich der Mensch nicht so fest 1287 selbstthätig als vielmehr vorherrschend, aufnehmend. Doch auch schon selbstthätig zeigt sich der Mensch hiebei 1288 [,] u[nd] zwar nicht 1284 „(6)“ über der Zeile. 1285 Unter der Zeile eingefügt: „im Dienste d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßtsey[n]s“. Randbemerkung [51vl] : „II [.] Abschnitt. Entwicklung der Religion oder [„P“ in der Zeile gestrichen] histor[ischer] Proceß des Gottesbewußtseyns.“ Darunter: „Man k[omm]t hieb[e]i in ein un[en]dl[iches] Gewirr v[on] M[e]i[n]u[n]g[en], Myth[en,] Sy[m]bol[en] etc. d[a]her ... (? )“. Daneben: „Man hat [„vorurth[ei]lsfrei ans Werk zu gehen“ über der Zeile eingefügt] sich zu hüthen [,] sich auf eine[n] theocentrisch[en] Standp[u]nkt zu stell[en] hiebei - zulässig ist nur der psycholog[ische] anthropocentrische. (Schelling in d[en] theocentr[i]s[c]h[en] sich hineingeschwindelt). - Um [„nun“ über der Zeile] also d[ie]s[e]n E[n]twi[c]kl[un]gs-Proceß zu verstehen [,] ist [„hist[or]isch -“ über der Zeile] psycholog[ische] Erört[erun]g nöth[i]g. Zu[m] theocent[ri]s[c]h[en] St[an]dp[un]kt gar k[eine] Bere[c]ht[i]g[un]g [,] denn [,] wie b[em]erkt, die V[ernun]ft [„G[o]tt[e]sb[ewu]ßts[eyn]“ über der Zeile] sagt [n]i[c]ht aus [,] daß sie G[o]tt sey - s[on]d[ern] d[a]ß G[o]tt sey u[nd] daß sie [n]i[c]ht G[o]tt sey [.] Nirg[en]ds sehe ich ei[ne] Bere[c]ht[i]g[un]g [,] v[on] solch[em] St[an]dpu[n]kt aus die U[n]t[e]rsuch[un]g zu beginn[en]. Schelli[n]g [n]i[mm]t [„[n]i[mm]t“ über der Zeile ersetzt in der Zeile allerdings nicht gestrichenes „läßt“] Dammann z[ur] Erklä[run]g der Mythol[ogie] zu Hülfe [.] Hegel - betr[ac]ht[e]t d[ie] E[n]twi[c]kl[un]g als Sache i[n]sti[n]ctiv - nothw[en]d[i]ge Thät[i]gk[ei]t - Thieris[c]h [.] - Wir [men]s[c]hl[ich]-psy[c]hologis[c]h“. 1286 Über der Zeile: „hist[orische] E[n]twickl[un]g“. 1287 „sehr“ über der Zeile. 1288 Einfügung am Seitenrand [51vl/ 52rr] : „Wie leibl[ich] d[a]s Kind schon selbstthät[i]g ist bei Aufnahme der Nahru[n]g wenigst[en]s d[u]rch Oeffnen d[e]s Mundes - so geist[i]g eb[en]f[a]lls die Seele selbstthät[i]g d[u]rch Aufneh[men] i[m] Glaub[en.] - ad Vorbem[erkung: ] [unleserliches Wort über der Zeile] Es gibt verschied[ene] Erkl[är]u[n]g[en] der Ersch[ein]u[n]g[en] d[e]s Proceßes d[e]s G[o]tt[e]sb[ewu]ßts[eyns: ] a) Willkür - Arglist, Betrug - Rationalist[en] - dieß all[e]rdi[n]gs auch - b) Dämon[en] - Teufels-Wirk[un]g u[nd] ... (? ) c) Nothw[en]d[i]gk[ei]t - [unleserliches Wort über der Zeile] natürl[ich] pantheist[isch] (Hegel) übernatürl[ich] pantheist[isch] [„Schelling“ unter der Zeile] d) Psy[c]holog[ie] - [unleserliches Wort über der Zeile] Natürl[ich] - willkürl[ich] u[nd] nothw[en]d[i]g -“. Dazu die Randbemerkung [51vl] : „Wie in Betreff d[e]s Urspr[u]ngs [,] so in Betr[e]ff d[e]r Entwickl[un]g verschied[ener] Ansicht[en]“. Weitere Randbemerkung [51vl/ 52rr] : „ad Vorbem[erkung: ] Nicht [,] wie Schelling (u[nd] Hegel) will [,] Gott selber ist das im Proceß Thätige u[nd] Leid[en]de [,] sondern nur die Gott[e]sidee, d[a]s G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn,] also nicht das reale Daseyn G[o]tt[e]s ist in d[ie]s[e]m Proceß verflochten [,] sond[ern] nur das formale Daseyn G[o]tt[e]s [,] d.h. die imma[nen]te G[o]tt[e]sid[ee.] Das Thätige ist der M[e]ns[c]h[en]g[ei]st mit s[einen] verschied[enen] Potenz[en.] - Es ist ein psychischer Proceß [,] nicht ein metaphysis[c]her [,] d.h. realgöttl[ich.] Metaphysis[c]h-psy[c]his[c]h kann man ihn nenn[en,] insofern allerdings ders[e]lbe kein bloßes Spiel psychis[c]her M[en]s[c]h[en]kr[ä]fte ist, s[on]d[ern] dur[c]hwirkt [,] bestimmt, bedingt u[nd] d[em] Wes[en] nach <?page no="167"?> 157 etwa nur mit Einer Kraft od[er] Vermögen seiner Seele, sond[ern] mit allen. Im Glauben wirken alle Vermögen noch zusammen in noch ungeschiedener Einheit [,] obwohl 1289 noch nicht in der hervorragenden Weise wie bei der Einzel-Entwickl[u]ng d[ie]s[e]r g[ei]st[i]g[e]n Kräfte. Am meisten bethätiget sich dabei das unmittelbare Wahrh[ei]tsgefühl, der Sinn für Wahrheit [,] der das Kind am ersten bei aufdämmernden 1290 (sic! ) Bewußtsey[n] vor dem Thiere auszeichnet u[nd] es der Belehr[u]ng fähig macht. Aber auch der Wille ist schon thätig im Glauben, denn er ist auch ein freiwilliges Beistimm[en] zur Wahrheit, freil[ich] oft in ganz unmerklicher 1291 [,] vom nothw[e]nd[i]g[e]n Instinct kaum noch 1292 unterscheidbarer Weise. Auch die Phantasie nimmt Theil am Glauben, denn die Glaubensobjecte, meist übersinnlicher Natur [,] sind in der Sichtbark[ei]t nicht wahrzunehmen mit dem leiblichen Auge, sond[ern] nur mit dem Aug’ des Geistes; die Phantasie aber schafft sich aber (sic! ) für d[ie]se übersinnl[ichen] Objecte Formen u[nd] Bilder [,] um sie dem Menschen näher zu bringen. Endlich auch das Erk[e]n[n]tn[i]ßnißvermögen (sic! ), der Verstand ist beim Glauben schon thätig, denn [,] wie bemerkt wurde [,] so beruht der Glaube auf ein[em] Urtheil üb[er] die Auctorität des Glaubensverkünders. [51vr/ 52rl] begründet u[nd] ermöglicht d[u]r[c]h d[a]s formale Dasey[n] G[o]tt[e]s od[er] d[u]r[c]h d[a]s G[o]tt[e]sbew[u]ßtseyn. Der histor[ische] Proceß ist in s[einem] Verlauf auch kein nothw[en]d[i]g[e]r [,] s[on]d[ern] d[u]r[c]h [men]s[c]hl[iche] Fr[ei]h[ei]t bedingter [,] d.h. d[ie]se od[er] jene rel[i]g[iö]s[en] Myth[en,] Symbolfor[men] etc. s[in]d [n]i[c]ht d[a]s Nothw[en]d[i]ge [,] s[on]d[ern] d[a]s Acc[i]d[en]telle od[er] nur (? ) d[a]s b[e]di[n]gt [in der Zeile folgendes „(d[u]r[c]h Verh[ä]lt[ni]ße)“ gestrichen] Nothw[en]d[i]ge. D[a]s Nothw[en]d[i]g[e] dara[n] ist nur a) die imman[en]t[e] G[o]tt[e]s[i]dee [,] b) das Thät[i]gsey[n] der psych[ischen] Kräfte. Die bes[on]d[eren] Form[en] d[er] R[e]l[i]g[ion] i[m] Laufe d[e]r Ges[c]hichte si[n]d [n]i[c]ht nothw[en]d[i]g [.] - Also [n]i[c]ht nothw[en]d[i]g [51vl/ 52rr] ist ger[a]de d[ie]se persis[c]he od[er] indis[c]he od[er] chi[ne]s[i]s[c]h[e] od[er] Aegyptis[c]he R[e]l[i]g[ion]sform, s[on]d[ern] d[ie]se si[n]d nur zufällig, wenn au[c]h [n]i[c]ht ohne Gru[n]d [,] s[on]d[ern] begründet [,] d.h. veranlaßt d[u]r[c]h E[i]g[en]thü[m]l[ic]hk[ei]t[en] d[e]s La[n]des u[nd] Volkes [.] - Aber sie hätten doch auch [n]i[c]ht sey[n] können, ja sogar soll[en], d[enn] d[ie]se Ausart[un]g[en] si[n]d [n]i[c]ht d[a]s Nothw[en]d[i]ge [,] s[on]d[ern] d[a]s Accid[e]ntelle [.] Wollte man Nothw[en]d[i]gk[ei]t hier annehm[en], dann müßte ma[n] no[c]h weiter geh[en] u[nd] sag[en], au[c]h d[ie]se oder j[ene] Horde der Wild[en] [m]üßte nothw[en]d[i]g d[ie]se For[m] d[e]s Fetis[c]hismus ann[e]h[men.] - (Zul[e]tzt au[c]h d[ie]ser Wallfahrtsort etc. [m]üßte e[n]tst[e]h[en] etc.) Kurz au[c]h d[a]s Kl[ein]ste, Zufälligste [m]üßte als nothw[en]d[i]g gelt[en]. -“ Zu dieser Randbemerkung folgende Bemerkung [51vl] : „D[a]s Land mit s[einer] Bes[c]h[a]ff[en]h[ei]t hat Einfluß - aber nur auf Accidentelles [,] nicht Nothw[en]d[i]g[e]s. - Und das bietet zu Extrem[en] Versuch[un]g [,] aber kei[nen] Zwang. - Z.B. Aegypt[en] bot Versuch[un]g zu Nilverehr[un]g - zu Ibis-Verehr[un]g [,] aber nicht Zwang [.] - Anderswo könnte Flußverehr[un]g [n]i[c]ht [en]tsteh[en,] wo k[ein] solcher Fluß war od[er] d[ie]se B[e]d[eu]t[un]g hatte“. 1289 „darum“ in der Zeile gestrichen. 1290 Vorsilbe „auf“ über der Zeile. 1291 Über der Zeile: „Die Wahrh[ei]t muß man woll[en] ... (? ) s[on]st (? ) [n]i[c]ht d[u]r[c]h Fr[e]ih[ei]t bedingt -“. 1292 „noch“ über der Zeile. <?page no="168"?> 158 I [.] Kap[itel] 1293 §: 11 1294 F[o]rts[e]tz[u]ng. Alle diese Thätigk[ei]t[e]n der verschiedenen Seelenkräfte [,] die im Glauben noch in ungeschiedener Einheit u[nd] zumal wirken, gleichsam als die Lebensgeister der erwachenden G[o]tt[e]sidee, 1295 alle d[ie]se Thät[i]gk[ei]t[e]n d[ie]s[e]r Seelenkräfte treten bei weiterer Entwickl[u]ng der Menschh[ei]t u[nd] der R[e]l[i]g[io]n mehr in Sonderung auseinander u[nd] sind so wirksam auf dem Gebiete der R[e]l[i]g[io]n; Jedoch (sic! ) 1296 müssen sie immer d[u]rch das gemeinsame Band des Glaubens zusammengehalten u[nd] in ihrer Thätigk[ei]t geleitet werden, sonst wird diese einseitig u[nd] verkehrt in ihr[er] Trennung v[on] den übr[i]g[e]n thät[i]g[en] Seelenkräften. - D[ie]se Thätigk[ei]t[e]n 1297 nun sollen im Folgenden etwas näher betrachtet werden; (jedoch nur in so fern [,] als sie zur Entwickl[un]g u[nd] Fortbild[un]g der R[e]l[i]g[io]n wirken üb[e]rh[au]pt - 1298 ihr Einfluß auf d[ie] R[e]l[i]g[io]n; nicht wie sie im Dienste der R[e]l[i]g[io]n wirken sollen [,] wie die R[e]l[i]g[io]n auf sie einwirkt - was im III [.] Th[ei]l 1299 zu erörtern seyn wird.) 1300 II) Die Relig[ion] durchdringt den ganzen Menschen, sie nimmt alle Kräfte desselben in Anspruch u[nd] in gewiss[er] Weise in ihren Dienst. - 1) Zuförderst nun, - wenn sie durch äuß[ere] Belehr[u]ng, sei diese auch noch so unvollkommen, hervorgerufen u[nd] im Glauben angenommen ist, wirkt sie d[u]rch ihren Inhalt, besond[ers] d[u]rch die Ahnung (Gottes od[er]) eines unsichtbaren Wesens, auf jene Kraft der Mens[c]hen-Seele, die man Einbildungskraft, Phantasie nennt u[nd] die darin besteht, daß der Mensch Gedanken, Begriffen (sic! ), Ideen, üb[e]rh[au]pt dem Geistigem (sic! ) irg[e]nd eine Gestalt, irg[e]nd einen Ausdruck zu geben vermag, daß er dadurch das rein Geistige auch seiner sinnl[ichen] Natur nahe bringen, mit d[ie]s[e]r vermitteln kann. 1301 1293 „R[e]l[i]g[io]nsphilosoph[ie] 15“ am oberen Seitenrand [52rr] ; „15“ bezeichnet den Bogen. 1294 Über der Zeile: „(6)“. 1295 „tr[eten]“ in der Zeile gestrichen. 1296 Ursprüngliches „jedoch“ zu „Jedoch“ korrigiert, dabei wurde die dadurch erforderlich gewordene Ersetzung des Semikolon durch einen Punkt übersehen. 1297 Einfügung am Seitenrand [52rr] : „insofern sie schärfer hervortret[en]d wirk[en]“. 1298 In der Zeile folgendes „nicht“ gestrichen. 1299 „Th[ei]l“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Kap[itel]“. 1300 Randbemerkung [52rr] : „D[u]rch den Glaub[en] wird die R[e]l[i]g[ion] fortgepflanzt, immer wieder neu geboren in d[er] M[e]ns[c]hh[ei]t (aus der imman[en]t[en] G[o]tt[e]sidee u[nd] Belehr[un]g [)] - u[nd] d[u]rch Phantasie, Wille, Erk[ennen] wird sie fortgebildet - in gut[em] od[er] schli[mmem] Sinn. - D[a]d[u]r[c]h e[n]tst[e]ht nicht blos eine einfache, in sich gleiche Continuitaet v[on] Annehm[en] u[nd] Abgeb[en] des gleich[en] Gutes - sond[ern] ei[ne] E[n]twickl[un]g, ein histor[ischer] Proceß. -“ 1301 Einfügung am Seitenrand [52rr] : „(Das Gemüth als solches hat auf [„auf“ über der Zeile] historisch[en] Verlauf d[e]r R[e]l[i]g[ion] w[eni]g[er] Ei[n]fl[u]ß [.] - Es di[en]t z[um] G[en]uß, [n]i[c]ht zu[r] Entwickl[un]g [,] Ausgest[a]lt[un]g d[e]r R[e]l[i]g[ion.] - [Die schließende Klammer fehlt.] Aus 2 Gründ[en] bethät[i]gt sich d[ie] Phantasie vorzugsw[e]ise im Gebiete d[er] R[e]l[i]g[ion]. 1) U[m] des an sich Ueberod[er] Unsinnl[ichen] Obj[ectiven] will[en], das versi[nn]li[c]ht d[e]r M[en]s[c]h[enna]tur näher gebra[c]ht w[er]d[en] soll [.] 2) Um der Eig[en]thü[m]l[ic]hk[ei]t d[e]r M[en]s[c]h[enna]tur will[en,] die sich b[e]i Beginn der E[n]twi[c]kl[un]g am [me]ist[en] d[u]r[c]h Phantasie bethät[i]gt (Ki[n]der).“ <?page no="169"?> 159 Sobald nun die G[o]tt[e]sidee in ihm geweckt 1302 ist, sucht der Mensch sie sich d[u]rch d[ie]se Einbild[u]ngskraft auch vorstellbar zu machen, ihr eine Gestalt, ein[en] Ausdruck zu geben. 1303 Je dunkler, unvollkom[m]ner das G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßtseyn 1304 [,] desto unvollkom[m]ner wird auch d[ie]s[e]r Ausdruck seyn; der Drang darnach wird aber gleichwohl auch um so größer seyn, weil da das Erkennen, das Wiss[en] 1305 noch beinahe ganz fehlt, das einig[en] Ersatz bieten könnte. - Wir sehen dieß bei den ungebildetsten [52rl/ 52vr] Völkern ganz besonders. 1306 Ueberall suchen sie im Sinnlichen, Sichtbaren einen Ausdruck für die innere Ahnung der Gotth[ei]t, allenthalben wollen sie d[ie]s[e]m Gefühle einen Ausdruck geben; in Allem [,] was ihnen sonderbar u[nd] auffallend, nützlich od[er] schädlich, furchtbar od[er] freundlich erscheint, glauben sie diese unsichtbare, dunkle, unbegreifl[iche] Macht vor sich zu haben; je ungebildeter sie nun sind [,] desto manichfaltiger, wechselnder u[nd] ungeschickter sind die sinnl[ichen] Bilder, die sie für einen solchen Ausdruck der Gotth[ei]t halten. Der nächste, beste G[e]g[e]nst[a]nd dient ihnen d[a]h[e]r zum Fetis[c]h, d.i. zum G[o]tth[ei]tsbilde [,] in das sie d[u]rch ihre Einbild[u]ngskraft [,] ihre G[o]tt[e]sidee mit allen Kräften, die sie in ihr[er] unvollkom[menen] Weise ihr zuschreiben, hineinverlagern u[nd] sich aus dems[e]lb[en] heraus wirksam denken; 1307 d[a]h[er] sie dann d[ie]se Fetis[c]he mit sich führen od[er] wenigstens in ihr[en] Häusern aufbewahren 1308 [.] - Daß die Phantasie in 1309 ungebildet[em] Zustand besonders rege u[nd] zügellos ist, sehen wir ja auch bei Kindern, die sich in den unbedeutendst[en] G[e]g[e]nständen bei ihren Spielen Allerlei vorstellen; bei denen 1310 irg[en]d ein Stückchen Holz jetzt ein Pferd vorstellen muß, im nächsten Augenblick ein Haus, gleich darauf wieder einen Mens[c]hen u.s.w. 1302 Einfügung am Seitenrand [52rr] : „wenn auch nur zu sehr dunkler Ahnung bei groß[er] Mangelhaft[i]gk[ei]t des Unterrichts“. 1303 Einfügung am Seitenrand [52rr] : „Die unbesti[mm]te schwank[en]de Ahnung od[er] Gefühl - condensirt u[nd] formirt si[c]h zu ei[nem] bestimmt[en] Bilde [or]g[an]is[c]h (? ) sinnl[ich] - zu ein[er] Vorstell[un]g - innerl[ichen] G[e]st[a]lt - die si[c]h dann au[c]h äußerl[ich] ei[nen] Ausdru[c]k ... (? ) su[c]ht -“. 1304 Einfügung am Seitenrand [52rr] : „u[nd] sucht sie hinwied[e]rum in Andern d[u]rch d[ie]s[e]n Ausdruck zu wecken, u[nd] auch zu erhalt[en]“. Darunter [52rr] : „u[nd] je unvollkommner der sonst[i]g[e] Bild[un]gsst[an]d der M[en]sch[en] u[nd] Völker“. 1305 „in Begriffen“ am Seitenrand [52rr] eingefügt. 1306 Über der Zeile und am Seitenrand [52vl] eingefügt: „Innerl[ich] vermög[en] sie es zu k[einem] b[e]sti[mm]t[en] Bilde der G[o]tth[ei]t zu b[rin]g[en] - s[on]de[rn] ä[u]ßerl[ich] versuch[en] [Fortsetzung am Seitenrand [52vl] : ] sie es - nur der Dra[n]g dazu pfl[an]zt si[c]h fort - u[nd] das Such[en] nach Außerl[ichem] (sic! ), d[ie]s[er] Dr[an]g oh[ne] b[e]sti[mm]t[e]s inneres Bild äußerl[ichen] Ausdru[c]k zu geb[en] - d[a]h[er] d[er] Zufall waltet -“. 1307 Randbemerkung [52vl] : „(In d[er] Symbolik ri[c]htet si[c]h das Innere [me]hr n[ac]h d[em] Aeuß[e]r[n] - i[n] d[er] Ku[n]st u[m]gekehrt)“. 1308 Einfügung am Seitenrand [52vl] : „ihre histor[i]s[c]h[e] R[e]l[i]g[io]n, ihr hist[orischer] Glaube ist nur eine Ueberlief[e]r[u]ng d[ie]s[e]s Suchens [über der Zeile: „d[e]s Gl[au]b[en]s an d[ie] G[o]tth[ei]t od[er] der G[o]tth[ei]t. -“] wie d[ie] Philos[ophie] und Ueberlief[erun]g des Suchens der Wahrh[ei]t - nicht der Wahrh[ei]t selbst ist - (Protesta[n]tism[us] Ueberl[ie]f[erun]g d[e]s Suchens des wahr[en] Chr[i]st[en]th[ums] nicht Ueberl[ie]f[e]r[un]g des wahr[en] Ch[ri]st[en]th[ums] s[e]lbst ist; ja dieß nicht einmal sey[n] will)“. 1309 In der Zeile folgendes „d[ie]s[em]“ gestrichen. 1310 In der Zeile folgendes „jetzt“ gestrichen. <?page no="170"?> 160 Bei mehr gebildeten Völkern [,] die schon ein entwickelteres Bewußtseyn vom Göttlichen u[nd] v[or] Allem, was in’s Gebiet der R[e]l[i]g[io]n gehört [,] haben, sind dann auch die Gebilde der Einbild[u]ngs-Kraft aus d[ie]s[e]m Gebiete der R[e]l[i]g[io]n, die plastis[c]h[e]n Darstellungen der rel[i]g[iö]s[en] Ideen, ihrem höheren Bild[u]ngsstande angemeßen; 1311 es entstehen bestimmte, constante Darstell[u]ng[e]n der Gotth[ei]t, Götter- Bilder, bestimmte Bilder u[nd] Vorstell[u]ng[e]n für das Reich der Unsterblichk[ei]t, für das Jenseits u.s.w. 1312 Das ist dann freil[ich] wieder vielfach bestimmt u[nd] modificirt durch die ganze G[ei]st[e]sricht[u]ng der einzelnen Völker, ihre r[e]l[i]g[iö]s[e]n Grundanschauungen, die 1313 besondere Beschaff[e]nh[ei]t des Landes, der Nationalität u[nd] d[er]gl[eichen]. 1314 D[a]h[er] dann d[ie]se plastis[c]h[en] Darstell[u]ng[e]n bald sparsamer, bald häufiger, bald phantastis[c]h, ungestaltet u[nd] verzerrt, bald edel, einfach u[nd] v[on] hohem Kunstwerth. So finden sich bei den Indiern [,] der eigenthüml[ichen] Naturüppigk[ei]t des Landes angemeßen, auch eine wuchernde Vegetation v[on] [52vr/ 53rl] Götterbildern u[nd] die 1315 abentheuerlichsten Gestalten unt[er] diesen. Hingegen bei den Persern fanden sich nach der nüchternen, mehr auf das M...lische (? ) gerichteten Art ihrer R[e]l[i]g[io]nslehren nur wenige Abbildungen v[on] Göttern od[er] Genien; während hinwiederum bei den kunstsinnigen (freien) 1316 u[nd] hochgebildeten Griechen das Göttliche zuletzt wenigst[en]s in d[er] Folge 1317 in den erhabensten Meisterwerken der Kunst dargestellt ward, wobei freil[ich] auch zuletzt die R[e]l[i]g[io]n vor der Kunst immer mehr verschwand u[nd] v[on] der Aesthetik verdrängt ward. D[ie]s[e]r Trieb der sinnl[ichen] 1318 Darstell[u]ng d[e]s G[ö]ttl[ichen] 1319 , d[ie]se Thät[i]gk[ei]t der 1320 Einbild[u]ngskraft in Bezug auf das R[e]l[i]g[iö]se, findet sich als ein allgemeiner u[nd] eigenthümlicher der mens[c]hl[ichen] Natur üb[e]rh[au]pt in allen R[e]l[i]g[io]nen mehr od[er] weniger; wie er sich aber äußert, was er für Darst[e]ll[u]ng[e]n des Göttlichen hervorbringt, hängt aber auch hier wieder von der größ[ern] od[er] 1311 Randbemerkung [52vl] : „Die G[o]tth[ei]t bildet si[c]h innerl[ich] u[nd] äuß[e]rl[ich] b[e]i ih[nen] zu b[e]stimmter, abges[c]hloßener, abgegränzter Vorst[e]ll[un]g, d[a]h[er] d[e]r Ausd[r]u[c]k const[an]t bl[e]ibt u[nd] sich vervollkommnet z[um] Ku[n]stwerk z.B. -“ 1312 Einfügung am Seitenrand [52vl] : „Die Kunst entspringt aus der R[e]l[i]g[ion] - denn in der R[e]l[i]g[ion] kommt Ueb[er]sinnl[iches], Vollkomm[en]es zuerst zu[m] B[e]w[u]ßts[eyn], deß[en] D[a]rst[e]ll[un]g die Ku[n]st sey[n] will od[er] beabsi[c]ht[i]gt.“ 1313 Folgender unleserlicher Buchstabe gestrichen. 1314 Einfügung am Seitenrand [52vl] : „Und hier sieht ma[n] schon [,] wie d[a]s Sinnl[iche] Ei[n]fluß hab[en] kann auf d[ie] R[e]l[i]g[ion], d[enn] die Phantasie ist in ihrer Bild[un]g bedi[n]gt dur[c]h die äuß[ere] Natur [.] - Der Nordländer hat ei[ne] ärmere u[nd] anders geartete [„Natur“ in der Zeile gestrichen] Phantasie als d[e]r Südlä[n]der in tropis[c]h[em] Kli[m]a - d[a]h[er] au[c]h in d[er] R[e]l[i]g[ion] anders thätig -“. 1315 „u[nd] die“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „u[nd] v[on]“. 1316 „heitern“ über der Zeile. 1317 „zuletzt wenigst[en]s in d[er] Folge“ über der Zeile. 1318 „sinnl[ichen]“ über der Zeile. 1319 „d[e]s G[ö]ttl[ichen]“ über der Zeile. Randbemerkung [53rr] : „(D[a]h[er] s[e]lbst G[o]tt[e]s Off[en]b[arun]g in menschl[icher] G[e]st[a]lt.) Einfluß auf d[ie] R[e]l[i]g[io]n (gut u[nd] schlimm)“. 1320 „r[e]l[i]g[iö]s[en]“ in der Zeile gestrichen. <?page no="171"?> 161 geringern Vollkom[m]enh[ei]t der R[e]l[i]g[io]n, der 1321 r[e]l[i]g[iö]s[en] Ideen od[er] Lehren ab, in deren Dienst er thätig ist. - Hinwiederum aber haben die r[e]l[i]g[iö]s[en] Gebilde d[ie]s[e]s G[ei]st[e]svermögens auch auf d[en] Gang der r[e]l[i]g[iö]s[en] Entwickl[u]ng eines Volkes großen Einfluß [,] u[nd] zwar weil die Richtung hier auf das Sinnliche gerichtet ist, weil das Unsichtbare, Göttl[iche] in sichtbare Formen gebracht werden soll, so ist der Einfluß 1322 oft 1323 ein verderblicher, so zwar [,] daß oft die R[e]l[i]g[io]n [,] der ganze r[e]l[i]g[iö]se Cult ganz sinnl[ich] u[nd] äußerl[ich] wird u[nd] d[ie]se Gebilde [,] die sich d[ie] Phantasie anfa[n]gs 1324 als Ausdruck, als Symbol des Göttlichen wählt, zuletzt für das Göttliche selbst gehalten werden u[nd] Anbet[u]ng, Verehr[u]ng finden, die R[e]l[i]g[io]n artet aus in Götzendienst. (Der Grund dav[on] im f[o]lg[e]nd[en] P[a]r[agra]ph[e]n.) 2) Auch jene Kraft des G[ei]st[e]s, die wir den Willen nennen 1325 , wirkt ein 1326 auf die weitere Ausbild[u]ng u[nd] Entwickl[u]ng der Religion. Es ist hier nicht davon die Rede, welche Richtung der Wille, als Sittlichk[ei]tsprincip d[u]rch die r[e]l[i]g[iö]s[e]n Ideen erhält 1327 , welchen Einfluß also die R[e]l[i]g[io]n auf die Moralität haben kann u[nd] soll, davon im III [.] Th[ei]l 1328 ; sond[ern] davon [,] welchen Einfluß 1329 umgekehrt das physische Vermögen, das „Wille“ genannt wird, auf die R[e]l[i]g[io]n in ihr[er] Gestalt[u]ng u[nd] Entwickl[u]ng hat. [53rl/ 53vr] Auch hier findet wieder eine Wechselseitigk[ei]t statt in der Weise, daß einerseits 1330 die Beschaffenheit der R[e]l[i]g[io]n auf die Beschaff[e]nh[ei]t des Willens 1331 großen Einfluß hat, also je vollkom[me]ner 1332 eine R[e]l[i]g[io]n ist, in welcher der M[e]nsch erzogen wird [,] eine um so höhere sittl[iche] Richtung auch sein Wille v[on] ihr erhalten kann 1333 ; anderers[ei]ts aber auch wieder der Wille der Menschen, die Willensrichtung z.B. eines ganzen Zeitalters bei einem Volke den größt[en] Einfluß ausübt auf die Gestaltung der R[e]l[i]g[io]n, auf ihre Vervollkom[m]nung oder ihren Verfall. Ein sittl[ich] verdorbenes Zeitalter wird in d[ie]s[e]m Zustande auch keiner reinen u[nd] edlen r[e]l[i]g[iö]s[en] Bildung fähig seyn, nicht dem Glauben [,] sond[ern] entweder dem Aberglauben od[er] dem Unglauben dienen; das rel[i]g[iö]s[e] Bew[u]ßts[eyn] des Ueberird[i]s[c]h[en], Göttlichen wird ihm entwed[er] d[u]rch d[a]s Sin[n]liche ganz verdunkelt u[nd] 1321 Unleserliches Wort über der Zeile. 1322 Einfügung am Seitenrand [53rr] : „zwar v[on] gut[en] Folgen [,] insofern d[a]s äußerl[ich] Dargestellte leichter festgeh[a]lt[e]n u[nd] überliefert werden kann, öfter ab[er] ist d[ie]s[er] Einfluß“. 1323 „oft“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „gewöhnl[ich]“. 1324 „anfa[n]gs“ über der Zeile; „für das Göttl[iche]“ in der Zeile gestrichen. 1325 Randbemerkung [53rr] : „Einfluß d[e]s Willens -“. 1326 „wirkt ein“ über der Zeile als Ersatz für in der Zeile eingeklammertes „hat großen Einfluß“. 1327 „erhalten soll“ über der Zeile. 1328 „Th[ei]l“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Kap[itel]“. 1329 „Thät[i]gk[ei]t“ in der Zeile gestrichen. 1330 „die Vollkommenh[ei]t üb[er]h[au]pt“ in der Zeile gestrichen. 1331 Randbemerkung [53vl] : „Wechselseit[i]gk[ei]t v[on] R[e]l[i]g[io]n u[nd] Wil[le]“. 1332 „unvollkom[me]ner“ durch Streichung der ersten Silbe zu „vollkom[me]ner“ korrigiert. 1333 Einfügung am Seitenrand [53vl] : „je unvollkomm[e]ner [,] desto verbildeter wird Wille u[nd] Gewissen u[nd] desto schlimmer selbst die Sittl[i]chk[ei]t - [n]i[c]ht blos die Unsittl[i]chk[ei]t -“. <?page no="172"?> 162 seine rechte Gestalt in falschem Licht gezeigt, Aberglaube; od[er] es entschwindet ihm vor dem Reiz u[nd] Drang des Sin[n]lichen ganz; Unglaube. 1334 Je reiner also eine R[e]l[i]g[io]n ist, eine desto reinere u[nd] edlere Bild[u]ng vermag sie dem Will[en] zu geben; je unvollkom[me]ner [,] desto roher u[nd] sinnlicher bleibt das Wollen. 1335 Allein auch die reinste R[e]l[i]g[io]n kann dem Willen keinen Zwang anthun u[nd] ihn in einem bestimmten Zustand feßeln [,] er kann vielmehr dem r[e]l[i]g[iö]s[en] Bew[u]ßtseyn entgegen wirken, dems[e]lb[en] zuwider handeln bei der innigen Verbind[u]ng 1336 od[er] vielmehr wesentl[ichen] Einheit (aber nicht Einerleiheit) der menschl[ichen] Geisteskräfte 1337 , bleibt dann 1338 verkehrte Willens-Richtung nicht ohne großen Einfluß auf die übr[i]g[e]n G[ei]st[e]sthät[i]gk[ei]t[e]n, auf die Phantasie u[nd] das Erkennen u[nd] damit auf das ganze r[e]l[i]g[iö]se Bew[u]ßtseyn 1339 ; Phantasie u[nd] Verstand werden näml[ich] in d[ie]s[e]m Falle v[om] Willen in Dienst genommen od[er] vielmehr in Knechtschaft gebracht, daß sie seinem Begehren, in ihr[en] Thätigk[ei]t[e]n dienen; der Verstand muß dann die rein[en] r[e]l[i]g[iö]s[e]n Lehren, die dem Beginn des verderbt[e]n 1340 Willens im Wege stehen, wegräsonniren, die Phantasie muß ihm das Göttliche so versinnlichen od[er] zu solcher Gestalt bilden, daß 1341 es ihm in s[einer] schlechten Willens-Richtung gleicht, die Gotth[ei]t selbst wird sinnl[ich], lasterhaft [,] also ein Ebenbild des leidenschaftl[ichen] Mensch[en.] 1342 [53vr/ 54rl] I [.] Kap[itel] 1343 § 11 1344 : F[o]rts[e]tz[u]ng. 1345 D[ie]s[e]n Einfluß des Willens auf die R[e]l[i]g[io]n, das r[e]l[i]g[iö]s[e] Bew[u]ßtseyn in dem angegebenen Verlaufe finden 1346 wir geschichtlich allenthalben bestätiget; oft geht 1334 „Es ist also alle[r]di[n]gs richtig. -“ über der Zeile eingefügt. 1335 Randbemerkung [53vl] : „Eig[en]thüml[i]chk[ei]t [.] D[er] Wille läßt sich nicht bind[en] - auch d[u]rch d[ie] beste R[e]l[i]g[io]n nicht -“. 1336 „die“ in der Zeile gestrichen. 1337 Randbemerkung [53vl] : „Der Wille ist ja d[ie] H[au]ptmacht - director der Seele [,] d[a]h[er] er Phantasie u[nd] Erk[ennen] in Di[en]st nimmt für s[eine] Zwecke -“. 1338 „dann“ über der Zeile. 1339 Randbemerkung [53vl] : „Schlechter Wille a) trübt die G[ei]st[e]skr[a]ft, verkehrt sie [,] b) zwingt die and[ern] G[ei]st[e]spot[en]z[en] sogar in s[einen] Di[en]st - Verst[an]d u[nd] Phantasie -“. 1340 „verderbt[e]n“ über der Zeile. 1341 „sie“ in der Zeile gestrichen. 1342 Randbemerkung [53vl] : „D[ie]s[en] Einfluß zeigt d[ie] R[e]l[i]g[ion]sg[e]sch[ic]hte“. 1343 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 16“ am oberen Seitenrand [54rr] ; „16“ bezeichnet den Bogen. 1344 Über der Zeile: „12“. 1345 Randbemerkung [54rr] : „Statt d[a]ß der M[en]s[c]h sich z[um] Eb[en]bild G[o]tt[e]s d[u]rch sittl[iches] Streb[en] e[m]porr[in]gt - wird da die G[o]tth[ei]t selb[e]r z[um] Eb[en]bild d[e]s last[e]rhaft[en] M[en]s[c]h[en] gemacht od[er] ganz weg räsonnirt [,] je nachd[em] die Phantasie od[er] der Verst[a]nd vorherrs[c]ht (Alterth[um] Phant[a]s... (? ) neue Z[ei]t Versta[n]d)“. 1346 „finden“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „findet“. <?page no="173"?> 163 ein großer Theil dessen, was man Aufklärung nennt, daraus hervor. 1347 D[er] f[o]lg[e]nde §: wird uns noch Näheres hierüb[er] zeigen. 1348 3) Daß endl[ich] das Erken[n]tnißvermögen, der Verstand in seiner Thätigk[ei]t großen Einfluß auf d[ie] R[e]l[i]g[io]n in ihr[er] histor[i]s[c]h[en] Entwickl[u]ng u[nd] Gestalt[u]ng habe, ist ohnehin sogleich einleuchtend. 1349 Der Grad der Vollkommenh[ei]t einer R[e]l[i]g[io]n hängt ab 1350 von der Reinh[ei]t u[nd] Vollkommenh[ei]t der Ueberlief[e]r[u]ng der r[e]l[i]g[iö]s[en] Lehren von einer Generation zur andern; 1351 die Belehr[u]ng üb[er] das Religiöse, die die eine Generation der andern gibt [,] ist aber in ihrer Richtigk[ei]t u[nd] Vollkommenheit bedingt durch die religiöse Erkenntniß [,] welche die lehrende Generation 1352 v[on] den r[e]l[i]g[iö]s[en] Ideen 1353 besitzt; wo d[ie]se Erk[e]n[n]tn[i]ß getrübt u[nd] unvollkomm[en] ist 1354 [,] kann auch die Ueberlief[e]r[u]ng u[nd] Belehr[u]ng nur getrübt u[nd] unvollkommen seyn [,] u[nd] um d[ie]s[e]r willen muß 1355 demnach auch der Zustand des ganzen folgenden Geschlechts in Bezug auf die R[e]l[i]g[io]n eine Verschlechterung erleid[en.] 1356 1357 Die rel[i]g[iö]se 1358 Erk[e]n[n]tn[i]ß wird 1359 nicht blos d[u]rch Ueberlief[e]r[u]ng u[nd] Belehr[u]ng d[u]rch Andere erlangt 1360 , sond[ern] auch [,] wenn einmal eine gewiße Stufe erreicht ist, durch Selbstthät[i]gk[ei]t [,] d.h. d[u]rch selbstständ[i]g[e]s Forschen, wodurch wieder ein höherer Grad der Bild[u]ng u[nd] Erk[e]n[n]tn[i]ß erreicht werden kann für die eine Zeit im Vergleich mit der vorhergehenden 1361 - hinwiederum aber können 1362 auch d[u]rch d[ie]s[e]s selbstständ[i]g[e] Forschen bedeutender Männer ein ganzes Geschlecht in Irrthum geführt u[nd] der ganzen Bild[u]ng eine falsche Richtung gegeben 1347 Randbemerkung [54rr] : „Hellenen lasterh[a]fte Götter.“ 1348 Randbemerkung [54rr] : „Der Wille also kann d[ie] R[e]l[i]g[ion] so corrumpir[en], d[a]ß Göttl[iches] selbst vernichtet, od[er] auch ärger als lasterhaft vorgest[e]llt wird - hinwiederum ist d[er] reine Wille d[a]s b[e]ste Beförd[erun]gsmittel der wahr[en] R[e]l[i]g[io]n - Chr[istus] selbst hebt es überall hervor, d[a]ß [,] wo s[eine] Lehre nicht angenomm[en] wird, Verderbth[ei]t d[e]s Will[en]s d[ie] Schuld ist [.] - Wer s[eine] Lehre in s[einen] Will[en] aufnehme, sie thue in Werken - der werde sie auch bald wahr finden. -“ 1349 „Wir haben gesehen, daß“ in der Zeile gestrichen. 1350 „hängt ab“ über der Zeile. 1351 Am Seitenrand [54rr] : „? ? “ - Darunter: „Damit die Errung[en]schaft des vorhergeh[en]d[en] Geschlechtes nicht verlor[e]n gehe für d[a]s folg[en]d[e]“. 1352 „Generation“ über der Zeile. 1353 „Lehr[en]“ über der Zeile. 1354 „ist“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [54rr] : „D[em] ungebildet[en] Volk kann man s[eine] R[e]l[i]g[ion] lei[c]ht corru[m]pir[en]“. 1355 „muß“ über der Zeile. 1356 „eine Verschlechterung erleid[en]“ später in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [54rr] : „(also die Traditi[on] der rel[i]g[iö]s[en] Wahrh[ei]t[en] ist b[e]dingt d[u]rch d[ie] Reinh[ei]t d[e]r Erk[enn]t[ni]ß des Gegeben[en])“ gestrichen. 1357 „Da aber“ in der Zeile gestrichen. „2)“ über der Zeile; korrespondierendes „1)“ ist unauffindbar. 1358 „rel[i]g[iö]se“ über der Zeile. 1359 „wird“ über der Zeile. 1360 „wird“ in der Zeile gestrichen. 1361 Randbemerkung [54rr] : „D[a]s Erk[enn]t[n]ißvermög[en] bedi[n]gt also d[u]rch richt[i]g[e] Lehre [„Lehre“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Beleh[run]g“] des Gegeb[enen] - 2) d[u]rch richt[i]g[e] Weiterf[o]rs[c]hu[n]g die Entwickl[un]g d[er] R[e]l[i]g[io]n -“. 1362 „können“ über der Zeile. <?page no="174"?> 164 werden 1363 ; 1364 daraus ergibt sich 1365 [,] daß auch 1366 die R[e]l[i]g[io]n, die r[e]l[i]g[iö]se Erk[e]n[n]tn[i]ß d[ie]s[e]m Einfluß der Fors[c]hung ausgesetzt ist. Die Wiß[e]nsch[a]ft 1367 hat einen großen Einfluß auf die R[e]l[i]g[io]n [,] bald einen veredelnd[en], vervollkom[m]nenden, bald 1368 aber auch einen verderblichen, verfälschenden, d[u]rch die Irrthümer u[nd] Täuschungen, denen die Wiss[e]ns[c]h[a]ft selbst [54rl/ 54vr] auf ihrem allmähligen Entwickl[u]ngsgange ausgesetzt ist. 1369 Auch hier findet wieder gegenseit[i]g[er] Einfluß statt v[on] R[e]l[i]g[io]n u[nd] Wiß[e]nsch[a]ft. Geschichtl[ich] ist uns bekannt, daß die Wiß[e]nsch[a]ft ihren Urspr[u]ng aus der Rel[i]g[io]n genommen u[nd] uranfängl[ich] sich durchaus nur auf rel[i]g[iö]s[em] Gebiet bewegte, ja häufig ein ausschließl[iches] Eigenthum od[er] Geheimniß derer blieb, die im Dienste der G[o]tth[ei]t standen, als Vermittler zw[i]s[c]h[en] d[ie]s[e]r u[nd] den Völkern, der Priester nämlich. - 1370 (Genau[eres] üb[er] d[ie] W[i]ß[e]nsch[a]ft d[er] R[e]l[i]g[io]n später.) III) Ueberschauen 1371 wir das über den Einfluß, den alle die geist[i]g[en] Kräfte des Menschen auf die R[e]l[i]g[io]n, 1372 auf d[ie] Erk[e]n[n]tn[i]ß G[o]tt[e]s u[nd] alles Ueberird[i]s[c]h[e]n haben nochmal, so sehen wir zwar, daß Phantasie, Wille u[nd] Erk[e]n[n]tn[i]ßvermögen viel leisten im Dienste der R[e]l[i]g[io]n u[nd] 1373 großen Einfluß auf sie ausüben 1374 , 1375 daß aber alle sowohl gut als schlimm in di[e]s[e]m Dienste wirken können, daß keines di[e]s[e]r Vermögen ein sicherer Führer u[nd] untrüglicher Wahrheitsverkünder sei, indem 1) die Art seiner Thätigk[ei]t, die Vollkommenh[ei]t v[on] d[ie]s[e]r abhängig ist v[on] d[em] Grad der Vollkommenh[ei]t der R[e]l[i]g[io]n, in der d[ie]s[e]s Vermögen 1376 v[on] Jugend an gebildet worden [,] u[nd] wenn dann auch richtig ist, daß d[ie]se Vermögen 1377 selbstständ[i]g in ihr[er] Thät[i]gk[ei]t, nach höherer Voll- 1363 „kann“ in der Zeile gestrichen. Randbemerkung [54rr] : „D[as] Erk[enn]t[n]ißvermög[en] übt also th[ei]ls ei[nen] erhalt[en]d[en], th[ei]ls ei[nen] weiterbild[en]d[en], läuter[n]d[en] Ei[n]fluß (au[c]h d[a]h[er] bere[c]ht[i]gt, d[enn] Stillst[a]nd ist Rü[c]kg[an]g)“. 1364 „so ergibt sich“ in der Zeile gestrichen. 1365 „ergibt sich“ über der Zeile. 1366 „v[on] d[ie]s[e]r” in der Zeile gestrichen. 1367 Einfügung am Seitenrand [54rr] : „die histor[ische] u[nd] philos[ophische] Erk[enn]t[n]iß d[e]s Inhalts [„Erk[enn]t[ni]ß d[er] Tradit[ion]“ über der Zeile gestrichen]. 1368 Über der Zeile: „(Beisp[iele] find[en] si[c]h)“. 1369 Randbemerkung [54rr] : „In 2fach[er] B[e]z[ie]h[un]g hat also d[a]s Erk[enn]t[n]ißvermög[en] Einfluß auf d[ie] Entwickl[un]g u[nd] Gestalt[un]g der R[e]l[i]g[io]n [: ] 1) insofer[n] d[a]d[u]rch d[e]r I[n]halt einer R[e]l[i]g[ion] gekannt u[nd] überliefert wird [,] 2) insofern derselbe erkannt, erfors[c]ht werd[en] will ... (? )“. 1370 „u[nd] hinwied[erum]“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 1371 „Ueberschauen“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Betrachten“. 1372 „1)“ vor der Zeile am Seitenrand [54vl] . 1373 „hinwiederum“ in der Zeile gestrichen. 1374 Einfügung am Seitenrand [54vl] : „in ihr[er] Entwickl[un]g, Ausgestalt[un]g“. 1375 „2)“ vor der Zeile am Seitenrand [54vl] . Randbemerkung [54vl] : „d[a]ß a) Vers[c]hied[en]h[ei]t [,] b) Vollk[ommen]h[eit,] c) Unvollk[ommen]h[ei]t“ gestrichen. 1376 „Wille, V[e]rstand“ über der folgenden Zeile. 1377 „erhalt[en]d wirk[en]“ über der Zeile. <?page no="175"?> 165 kommenh[ei]t ringen können u[nd] also nicht auf dem blos überlieferten Zustand stehen zu bleiben brauchen, so ist doch auch gewiß [,] daß sie bei d[ie]s[e]m Weiterstreben nicht untrüglich die rechte Bahn verfolgen [,] sond[ern] oft dem Irrthum, der Täuschung, dem Truge ausgesetzt sind. 1378 Daraus ergibt sich [,] daß keines d[ie]s[e]r Vermög[en] der ganz sichere Führer seyn kann auf dem Gebiete der R[e]l[i]g[io]n, u[nd] absolute Auctorität hat in demselben - sond[ern] daß d[ie]se anders wo zu suchen seyn müsse als auf dem Gebiet des Menschlichen [,] daß d[ie]se Auctorität eine höhere seyn müsse, die 1379 uns untrüglich leiten soll; denn um es nochmal kurz zu wiederholen: Nicht Alles [,] was sich der Mensch einbildet, nicht Alles [,] was er will u[nd] nicht Alles [,] was er für wahr erkennt, ist auch [54vr/ 55rl] darum schon richtig, gut u[nd] wahr, sond[ern] in All’ d[ie]s[e]m kann Trug u[nd] Täuschung statt finden 1380 ; ja statt d[a]ß d[ie]se menschl[ichen] Kräfte sichere Führer im Gebiet der R[e]l[i]g[io]n wären, haben sie dies[e]lb[e]n in ihr[er] Einseit[i]gk[ei]t u[nd] th[ei]lw[ei]s[e]n Ohnmacht od[er] Zügellos[i]gk[ei]t in die größten Abirrungen geführt, wie der f[o]lg[e]nde §: zeigen soll. - 1378 Einfügung am Seitenrand [54vl] : „Also zur Entwickl[un]g der R[e]l[i]g[io]n als histor[ischer] Erscheinung können alle d[ie]s[e] Vermögen wirken - aber keines v[on] allen fördert u[nd] sichert für sich schon die wahre [,] rechte rel[i]g[iö]s[e] Entwickl[un]g - (noch auch alle zusammen) [.] D[ie] Phantasie - bilderschaffend, veräußerlich[en]d - naturalisirend - anthropomorphisir[en]d. D[er] Wille - wie wir sah[en] - verderbt u[nd] schlecht [-] kann d[ie] R[e]l[i]g[ion] so corru[m]pir[en], d[a]ß selbst d[ie] G[o]tth[ei]t zuletzt für lasterhaft angeseh[en] wird [.] - Die Erk[enn]t[n]iß eb[en]so - kann zuletzt zu lauter ... (? ) Begr[i]ff[en] ...iren (? ) - u[nd] d[ie] g[ö]ttl[iche] Realit[ä]t in Abstracti[on] sich verflüchtig[en] laß[en].“ Darüber [54vl] : „NB [: ] [unter der Zeile: „S[c]hl[u]ß“] Wir hab[en] da d[en] Weg gebahnt zur Erk[enn]t[n]iß a) daß eine g[ö]ttl[iche] Off[en]b[arun]g nothw[en]d[i]g sey, wie zur E[n]tsteh[un]g, so z[ur] [„rein[en]“ über der Zeile] Forterh[a]lt[un]g der R[e]l[i]g[ion,] b) wie d[ie]se Off[en]b[arun]g b[e]s[c]haff[en] seyn müße - näml[ich] alle Vermög[en] in Anspruch nehm[e]nd [: ] Phantasie - s[inn]l[iche] Ers[c]hei[nun]g etc. a) d[en] Weg gebah[n]t zur Erkläru[n]g der Vielh[ei]t u[nd] d[e]s [„d[e]s“ über der Zeile] Verfalls der R[e]l[i]g[ion]“. 1379 Unleserliches Wort über der Zeile. 1380 Einfügung am Seitenrand [55rr] : „Man kann also nicht sagen: D[u]rch d[ie] Phantasie, d[u]rch sinnl[iche] Darst[e]ll[un]g u[nd] Kunst wird d[ie] rechte R[e]l[i]g[io]n ges[c]haffen u[nd] bewahrt - man kann nicht sagen [: ] D[u]rch d[en] Will[en] wird d[ie] rechte R[e]l[i]g[ion] g[e]s[c]h[a]ff[en] u[nd] überliefert ... (? ) u[nd] auch nicht d[ie] Kraft d[e]s Erk[ennen]s s[c]hafft, erhält u[nd] bildet die rechte R[e]l[i]g[ion] - weil jede d[ie]s[er] [„d[ie]s[er]“ über der Zeile] G[ei]st[e]skr[ä]fte in ihr[er] Thät[i]gk[ei]t dem Irrthum ausgesetzt, keine ganz untrügl[ich] u[nd] zuverläßig ist - sond[ern] viel[me]hr etc. S[c]hl[u]ß [: ] Es [sic! ; eigentlich wohl: „Ein“] Zweifaches ist d[u]rch versteh[en]de histor[isch-]psycholog[ische] Betr[ac]ht[un]g gewonnen [: ] 1) Die Mögl[i]chk[ei]t [,] die Mythologie u[nd] Sy[m]bolik zu versteh[en,] 2) Die Gru[n]dl[a]ge für Rechtsetz[un]g u[nd] Grü[n]d[un]g der Off[en]b[arun]g -“. <?page no="176"?> 166 §: 12 1381 Die E[n]tst[e]h[un]g der 1382 Vielheit u[nd] Verschiedenheit der Religionen, durch 1383 geschichtl[ichen] Entwickl[un]gsproceß des G[o]tt[e]sb[ewu]ßts[eyns] u[nd] der 1384 Ursp[run]g der Symbolik u[nd] Mythologie 1385 I) Wenn aber, wie früher dargethan wurde, die R[e]l[i]g[io]n dem Menschen nicht blos als Anlage anerschaffen, sond[ern] vom Schöpfer selbst ursprüngl[ich] auch noch d[u]rch eine Ur-Off[e]nb[a]r[u]ng 1386 , 1387 begründet werd[en] mußte 1388 für die Mens[c]hh[ei]t, also wenn d[ie]se erste R[e]l[i]g[io]n eine ursprüngl[ich] ebenso wahre, weil göttl[ich] gegebene, als auch einheitliche war, wie kommt es dann aber, daß es so viele, so verschiedene, so einander 1389 widersprechende, u[nd] feindliche, u[nd] so gar unvollkommene u[nd] gänzl[ich] verzerrte Religionen gibt? 1390 - In der That hat man auch d[ie]s[e]s schon vielfach angeführt, um eine ursp[rü]ngl[iche] Einheit der R[e]l[i]g[io]n, wie sie d[u]rch eine göttl[iche] Uroffenbar[u]ng begründet werden mußte, zu bestreiten, od[er] zu behaupten [,] die Menschh[ei]t habe nicht in 1391 ein[em] urspr[ü]ngl[ich] vollkom[me]nen [,] sond[ern] in 1392 dem unvollkomm[en]st[en] rohesten Zustand begonnen u[nd] habe sich aus thierähnl[ichem] Zustand erst nach u[nd] nach emporgearbeitet; damit verbinden dann noch Andere die Ansicht [,] die Mens[c]hh[ei]t habe nicht mit Einem Menschenpaare begonnen [,] sond[ern] mit mehreren v[on] einander s[c]hon urspr[ü]ngl[ich] sehr verschiedenen u[nd] sie seyen aus der Erde hervorgekeimt u[nd] entsproßen aus dem Urschleim wie die Pflanzen u[nd] die übr[i]g[e]n Gebilde der Erde. Es wurde schon früher gezeigt [,] wie die Natur des Menschengeistes u[nd] die Geschichtl[ichen] Ueberlief[e]r[u]ng[e]n aller Völker das Gegenth[ei]l bezeugen, daß ein urspr[ü]ngl[ich] [55rl/ 55vr] vollkomm[e]ner u[nd] einheitlicher Zustand des Mens[c]hen-Geschlechtes u[nd] der Religion stattgefunden haben müsse. 1393 - 1394 Gleichwohl hat jene andere An- 1381 „12“ im Nachhinein eingeklammert; „7“ über der Zeile. 1382 „E[n]tst[e]h[un]g der“ über der Zeile. 1383 „durch“ über der Zeile; „od[er] die falschen Religionen“ in der Zeile im Nachhinein mit Klammern versehen. 1384 „der“ über der Zeile; unleserliches Wort über der Zeile. 1385 „geschichtl[ichen] Entwickl[u]ngsproceß des G[o]tt[e]sb[ewu]ßts[eyns] u[nd] der Ursp[run]g der Symbolik u[nd] Mythologie“ im Nachhinein über der Zeile eingefügt. 1386 „eine Ur-“ über der Zeile. 1387 „d[u]rch“ in der Zeile gestrichen. 1388 „mußte“ über der Zeile. 1389 „einander“ über der Zeile. 1390 Einfügung am Seitenrand [55rr] : „Und dann: Wie kommt es [,] daß d[ie] vers[c]hied[enen] Vermög[en] d[e]s M[en]sch[e]ng[ei]st[e]s [n]i[c]ht sicher führ[en] auf d[em] Gebiet d[er] R[e]l[i]g[ion] - u[nd] d[aß] wahre R[e]l[i]g[ion] [n]i[c]ht einmal [„einmal“ über der Zeile] zu erhalt[en] wüßt[e], ges[c]hweige selbst zu s[c]haff[en]? -“ 1391 „in“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „mit“. 1392 „in“ über der Zeile soll wohl „mit“ in der Zeile ersetzen, welches allerdings nicht gestrichen ist. 1393 Randbemerkung [55vl] : „D[ie]se Ansi[c]ht wid[e]rlegt d[u]rch d[ie] G[e]s[c]h[ichte,] gl[ei]chwohl auch Vertr[e]ter“. Darunter weitere Randbemerkung [55vl] : „P[a]ntheist[ische] Ans[ic]ht“. <?page no="177"?> 167 sicht von einem urspr[ü]ngl[ich] ganz rohen, thierisch[en] Zustand der Mens[c]hh[ei]t [,] namentl[ich] seit dem vorig[en] Jahrh[u]nd[e]rt [,] in d[er] Philosophie u[nd] Geschichtsschreib[u]ng viele u[nd] selbst bedeutende Vertreter gefunden (bekannt ist ja d[ie]ß v[on] Rousseau) u[nd] in Bezug auf die R[e]l[i]g[io]n hat man den Versuch gemacht [,] alle verschiedenen R[e]l[i]g[io]nen als die Resultate verschiedener, fortschreitender Entwickl[un]gsphasen geltend zu machen. Man hat d[a]h[e]r v[on] den mindersten R[e]l[i]g[io]n[en] 1395 anfangend sie in eine Art aufsteigender Stufenfolge gebracht als Momente des groß[en] allgemeinen Bildungsproceßes der Mens[c]hh[ei]t [,] eine aus der andern hervorgehend. Als höchste Stufe d[ie]s[e]s Proceßes [,] als höchstes Resultat hat man dann das Chr[i]st[e]nth[um] betrachtet, wissen wollen, jedoch so [,] daß es nur als Resultat d[ie]s[e]s menschl[ichen] Entwickl[u]ngsproceßes [,] nicht aber als göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng angesehen werden sollte; nicht Werk u[nd] Verkündung G[o]tt[e]s, sondern Werk der Menschh[ei]t selbst sollte es seyn; die Menschh[ei]t selber habe sich d[ie]se höchste oder [,] wie man sagte, absolute R[e]l[i]g[io]n errungen od[er] geschaffen. - Göttlich aber u[nd] göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng nannte man das Chr[i]st[e]nth[um] gleichwohl doch, aber nur darum [,] weil man die Menschh[ei]t selber für die Gotth[ei]t erklärte, für die urspr[ü]ngl[ich] noch unbewußte, v[on] der schweren Materie in Bewußtlos[i]gk[eit] gehaltene, die sich erst nach u[nd] nach zu höherem Bewußtseyn emporarbeiten konnte in u[nd] d[u]rch die Menschh[ei]t, deren Geschichte selbst nichts andres ist als der Entwickl[u]ngsproceß der Gotth[ei]t. Endlich sei die Zeit der Erschein[u]ng Chr[isti] 1396 angebrochen, u[nd] in ihm sei dann die Mens[c]hh[ei]t nicht blos zum Weltod[er] Selbstbewußts[eyn] gekommen, sond[ern] zum Bewußtseyn ihrer Gotth[ei]t, d.i. ihrer eigenen göttl[ichen] Natur, d[a]h[e]r habe sich Chr[i]st[u]s Gott genannt, bald 1397 Menschensohn u[nd] bald 1398 G[o]tt[e]s Sohn, beides sei Ein u[nd] dasselbe. Die Gotth[ei]t sei die Welt selber u[nd] im Menschen komme sie zum Bewußtseyn ihrer selbst. 1394 Randbemerkung [55rr] : „ad I [„Anfang“ über der Zeile] Zw[ei]erl[ei] Ansicht[en] stehe[n] hier einander geg[e]nüber [: ] 1) Die Eine betrachtet alle R[e]l[i]g[ion]sform[en] als Modifikati[onen] oder Verfall der Urform od[er] Uroff[en]baru[n]g [.] 2) Die Andere betra[c]htet sie als Resultat allmähl[i]g[e]r (E[n]twickl[un]g) Vervollk[ommn]u[n]g d[u]rch m[en]s[c]hl[iche] Thät[i]gk[ei]t - (wieder [„wieder“ über der Zeile] rational[i]st[isch] u[nd] pantheist[isch]) a) so die Rati[on]alist[en,] die G[o]tt so weit als [m]ögli[c]h v[on] d[er] Welt e[n]tfer[nen,] b) die P[an]th[e]ist[en,] welche G[o]tt u[nd] Welt id[en]tificir[en.] Na[c]h beid[er] Ansicht[en] d[en]kt ma[n] sich die R[e]l[i]g[ion]sges[c]hi[c]hte als stetige E[n]twickl[un]gs- Reihe [m]it unvollk[ommen]st[en] Anfä[n]g[en]“. Darunter weitere Randbemerkung [55rr] : „s[iehe] Ob[en] W[e]nn aber, wie f[r]üher dargeth[a]n“. Darunter weitere Randbemerkung [55rr] : „Die naturalist[ische] u[nd] pantheist[ische] Ans[ic]ht ist sch[on] abgeth[an] d[u]rch di[e] Erört[erun]g üb[er] di[e] Pot[en]z zum G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn]. Auch d[ie] rationalist[ische] ... (? )“ 1395 „R[e]l[i]g[io]n[en]” über der Zeile. 1396 In der Zeile folgendes „gekommen“ gestrichen. 1397 „bald“ über der Zeile. 1398 „bald“ über der Zeile. <?page no="178"?> 168 Diese ganze Ansicht v[on] der R[e]l[i]g[io]n der Menschh[ei]t hat namentl[ich] Hegel in 1399 einer gewissen Groß-Artigk[ei]t durchgeführt u[nd] neben u[nd] nach ihm noch Viele Andere mit mehr od[er] weniger Modifikationen: 1400 Abgesehen aber von der pantheist[ischen] u[nd] rationalist[ischen] 1401 Anschauung [,] [55vr/ 56rl] I [.] Kap[itel] 1402 §: 12 1403 F[o]rts[e]tz[u]ng. die ihr zu Grunde liegt u[nd] v[on] der später die Rede seyn wird - ist auch die religionsgeschichtl[iche] 1404 Behauptung 1405 , daß alle R[e]l[i]g[io]nen in einem stufenweisen Zusammenhang stehen, daß eine aus der andern sich als höhere Stufe entwickelt habe, durchaus unrichtig. 1406 Die bedeutendsten R[e]l[i]g[io]nen des Alterthums sind nicht gegenseitig subordinirt, sond[ern] coordinirt u[nd] gerade das Gleiche 1407 [,] Gemeinschaftliche [,] das sich bei ihnen findet, ist das Beste, das Wahrste davon; 1408 wäre nun wahr [,] was d[ie]se neu[eren] Philosoph[en] behaupten, daß die Eine immer eine höhere Stufe der andern sei, so müßte nicht das Gemeinschaftliche das Gute u[nd] Wahre seyn [,] sondern das Verschiedene, das näml[ich] müßte das Gute od[er] Beßere seyn, was der höher stehenden eigenthümlich wäre, nicht was sie mit der andern gemein hätte, sonst wäre ja kein Vorzug begründet. Nun aber haben selbst die am tiefsten stehenden R[e]l[i]g[io]nen das Gute od[er] irg[e]nd etwas Gutes mit den vollkom[me]neren gemeinsam, u[nd] nur im Schlechten [,] in d[er] Verzerrung, Verunstaltung vornehml[ich] 1409 sind sie verschieden. Daraus schon ist klar [,] wie unrichtig u[nd] willkührl[ich] d[ie]se Annahme ist. - 1399 „in“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „mit“. 1400 Randbemerkung [55vl] : „Auch di[e] rationalist[ische] Ansi[c]ht ist eig[en]tl[ich] s[c]h[on] abgeth[an] d[u]rch die Erört[erun]g üb[er] d[en] Ueberg[an]g der bl[o]ß[en] Pot[en]z z[um] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] in Actualität [.] - Wir bemerk[en] aber d[a]g[e]g[en] noch Folg[en]d[e]s“. 1401 „u[nd] rationalist[ischen]“ über der Zeile; „pantheist[ischen] u[nd] rationalist[ischen]“ im Nachhinein eingeklammert. 1402 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 17“ am oberen Seitenrand [56rr] ; „17“ bezeichnet den Bogen. 1403 Über der Zeile: „13“. 1404 „A“ in der Zeile gestrichen. 1405 Einfügung am Seitenrand [56rr] : „auf der d[ie]s[e]s ganze System beruht“. 1406 Randbemerkung [56rr] : „Fals[c]hh[ei]t d[ie]s[e]r Darst[e]ll[un]g[en] a) Die bede[u]t[en]dst[en] R[e]l[i]g[ionen] si[n]d coordinirt, [n]i[c]ht subordinirt [.] b) D[a]s Gemeinsame ist d[a]s Gute - das Unters[c]hied[en]e schle[c]ht - d[a]h[er] keine Vollk[ommen]h[ei]t errung[en] -“. 1407 „Gleiche“ über der Zeile. 1408 Randbemerkung [56rr] : „Das Eigenthüml[iche], Unterscheidende einer jeden [.] Das Schlechte, Unvollkommene - dieß indeß au[c]h [n]i[c]ht immer - s[on]der[n] da es vollk[ommene] u[nd] unvollk[ommene] R[e]l[i]g[ionen] gibt - so ist au[c]h d[a]s Unterscheid[en]d[e] das, was höh[ere] Vollk[ommen]h[ei]t gewährt einers[ei]ts - die vollkommene betr[ac]htet. Die unvollkomm[ene] betr[ac]ht[et,] aber müßte d[a]s Unters[c]heid[en]de d[a]s Unvollk[ommenere] sey[n] - [.] Es läßt si[c]h hierüb[er] [n]i[c]hts B[e]sti[mm]t[e]s behaupt[en] -“. 1409 „in d[er] Verzerrung, Verunstaltung vornehml[ich]“ über der Zeile. <?page no="179"?> 169 Dann aber ist historis[c]h gewiß, daß z.B. das reine G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn], das Bewußtseyn v[on] einem höchsten absoluten persönl[ichen] 1410 Wesen 1411 nicht aus den größten Rel[i]g[ionen] des Alterthums hervorging 1412 [,] etwa d[u]rch langes Ringen u[nd] Streben darnach, d[u]rch Bildung etc. [,] sond[ern] daß sich d[ie]s[e]s Bew[u]ßts[eyn] schon sehr vollkommen bei eine[m] Volke vorfand 1413 [,] das an Bild[u]ng weit hinter den übr[i]g[e]n zurückstand, bei den Hebräern nämlich, 1414 also ein histor[i]s[c]h[er] Beweis, daß das höhere G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] nicht Resultat der mens[c]hl[ichen] Bild[u]ng sey 1415 , sonst hätte das gebildetere Volk d[ie]s[e]s Bew[u]ßts[eyn] früher haben müssen als das ungebildete. Was aber z.B. bei den Griechen die höchst Gebildet[en,] z.B. Sokrates [,] kaum ahnten [,] das wußte bei dem Israelit[ischen] Volke jedes Kind. 1416 Ueberhaupt, da 1417 wir auch im Geschichtlichen darauf angewiesen sind, vom Bekannten u[nd] Gewissen auf das Unbekannte, Ungewiße zu schließen, so läßt sich auch dadurch d[ie]se andere = philos[ophische] Ansicht v[on] der R[e]l[i]g[io]n als unrichtig darthun. Betrachten wir näml[ich] alle R[e]l[i]g[io]nen, deren Entstehung u[nd] ganzer Verlauf uns bekannt ist, so sehen wir [56rl/ 56vr] allenthalben [,] daß sie bei ihrem Beginne, wie am einfachsten, so auch am reinsten u[nd] lebensvollsten waren u[nd] erst nach u[nd] nach verfielen, alterten, ihre Kraft, Reinheit u[nd] ihren Einfluß verloren, d[a]h[er] auch in allen R[e]l[i]g[io]nen auf die ersten Zeiten ihres Entstehens u[nd] Bestehens als auf das Ideal zurückgeblickt wird. So z.B. ist nachgewiesen, d[a]ß der Buddhismus, eine R[e]l[i]g[io]nsform [,] die gegenwärt[i]g die größte Zahl von Anhängern hat, selbst mehr als d[a]s Chr[i]st[e]nth[um], d[a]ß d[ie]s[er] Buddh[i]smus anfangs sehr einfach u[nd] klar war in s[einer] Lehre u[nd] seinen Einricht[u]ng[e]n, während nach u[nd] nach d[ie]se Reinheit immer mehr s[c]hwand u[nd] jetzt unter einem unermeßlich[en] Wust v[on] allerlei Formeln, Ceremonien, Bildern, r[e]l[i]g[iö]s[en] Bestimmungen u[nd] Erläuterungen 1418 begraben ist. - So fehlte auch dem Muhammedan[i]smus anfangs eine gewisse Kraft, Einfachh[ei]t u[nd] verhältnißmäßige Reinheit nicht, die aber auch im Verlaufe der Zeit immer mehr schwand. - Und selbst das Chr[i]st[e]nth[um] blickt auf d[ie] erste Zeit seines Bestehens als auf das Muster u[nd] Ideal chr[i]stl[ichen] Lebens hin. - Was wir nun so bei allen bekannten R[e]l[i]g[io]nen als constante Thatsache finden 1419 , das sind wir berechtigt bei denen, deren Urspr[u]ng uns unbekannt ist, weil er sich ins graue Alterthum 1410 „persönl[ichen]“ über der Zeile. 1411 Randbemerkung [56rr] : „c [)] D[a]s höh[ere] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] [n]i[c]ht Resultat ei[ne]s Proceßes (Hegel [n]i[mm]t d[a]s Princip allerdi[n]gs für höher [,] d[a]h[er] hat [„hat“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „nim[m]t“] er v[or] kei[nem] Sta[n]dpu[n]kt Re[c]ht - aber petitio principii)“. 1412 Einfügung am Seitenrand [56rr] : „u[nd] nicht der Zeit nach im spätesten“. 1413 „viele Jahrh[u]nd[e]rte“ in der Zeile gestrichen. 1414 Randbemerkung [56rr] : „Hebrä[i]sch[es] Volk“. 1415 Ursprüngliches „seye“ durch Streichung zu „sey“ korrigiert. 1416 Randbemerkung [56rr] : „d) Alle R[e]l[i]g[ionen] blick[en] auf d[ie] Z[ei]t d[e]s Anf[an]gs als auf ihr Ideal zurück - ([n]i[c]ht in d[ie] Zuku[n]ft)“. 1417 „da“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „wenn“. 1418 „Aberglaub[en]“ über der Zeile. 1419 Einfügung am Seitenrand [56vl] : „daß näml[ich] d[ie] besond[ere] R[e]l[i]g[io]nsform am Beginn gut od[er] wenigst[e]ns beßer war - u[nd] in Verfall etc.“ <?page no="180"?> 170 verliert, auch anzunehmen [,] so lange uns nicht 1420 historis[c]h das Gegentheil nachgewiesen ist. Das ist aber noch nicht geschehen u[nd] geschieht auch nimmermehr, weil jene Zeit u[nd] die ersten Anfänge der M[e]ns[c]hh[ei]t histor[i]s[c]h genauer Forsch[u]ng unzugänglich sind. Alle jene philos[ophischen] Annahmen sind d[a]h[e]r nichts als unbegründete Hypothesen. Nicht also durch Fortschritt in der r[e]l[i]g[iö]s[en] Bildung ist die Vielheit der R[e]l[i]g[io]nen entstanden, sondern durch Verfall der urspr[ü]ngl[ich] reinen u[nd] wahren R[e]l[i]g[io]n. 1421 Es handelt sich nun darum, auf welche Weise wir uns die Entsteh[u]ng d[ie]ser 1422 Vielheit, den Verlauf d[ie]s[e]s Verfalls denken u[nd] erklären könn[en]. II) 1423 Die Untersuchung üb[er] die Art u[nd] Weise, wie denn die urspr[ü]ngl[ich] wahre, einheitl[iche] R[e]l[i]g[io]n in Verfall gerieth, sich zersplitterte u[nd] so tief sank bei manchen Völkern, hängt allerdings enge zusammen mit der Untersuch[u]ng über den Zustand [56vr/ 57rl] des Menschengeschlechts üb[e]rh[au]pt beim Beginne desselb[en] u[nd] üb[er] die ersten Ereigniße der beginnenden M[e]nsch[e]ngeschichte. 1424 - Indeß können wir das hier noch bei Seite laßen, da später bei d[er] Untersuch[un]g über d[ie] 1420 Buchstaben in der Zeile gestrichen. 1421 Randbemerkung [56vl] : „S[c]hl[u]ß [: ] Man kann also a) d[en] Anfang d[ie]s[e]s v[on] unten begrü[n]d[eten] Proceßes ni[c]ht erklä[ren] od[er] begreif[en.] b) Die histor[ischen] Thatsache[n] spre[c]h[en] dag[e]g[en.] D[a]h[er] hab[en] wir ei[n] R[ec]ht [,] die and[ere] Erkl[ärun]gsw[e]ise vorzuzieh[en]. - Der Verfall läßt si[c]h lei[c]ht erklä[ren]. -“ Darunter die Randbemerkung [56vl] : „Dieses müß[en] wir nun zusa[mmen]halt[en] [m]it dem, was üb[er] den Ursp[run]g der R[e]l[i]g[ion] gesagt wurde - aus psycholog[ischen] Grü[n]d[en] - dann werd[en] wir zw[i]s[c]h[en] b[e]id[en] Theori[en] [en]ts[c]h[e]id[en] kö[nnen] -“. 1422 Ursprüngliches „d[ie]s[e]s“ durch Überschreibung zu „d[ie]s[e]r“ korrigiert. 1423 Randbemerkung [56vl] : „Beding[un]g d[ie]s[er] Untersuch[un]g - wie d[ie] Vielh[ei]t der R[e]l[i]g[ionen] entst[a]nd II [)] Also di[e] R[e]l[i]g[ionen] beg[annen] d[u]rch Uroff[en]b[arun]g u[nd] ei[nen] V[er]h[ä]lt[ni]ßmäß[i]g rei- [nen] Zust[an]d [.] - Wie k[amen] sie in Verfall? 2) Was setzt die E[n]tart[un]g d[e]s r[e]l[i]g[iö]s[en] Proceß[e]s d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyns] voraus? - Gar [n]i[c]hts als die M[en]s[c]h[en]natur wie sie ist - frei u[nd] irrthu[m]sfäh[i]g“. 1424 Randbemerkung [57rr] : „Ursach[e] d[e]s V[e]rfalls a) die Mensch[en] sich selbst überlaß[en] b) keine ausgebildete G[ei]st[e]skraft au[c]h z[um] Denken u[nd] s[c]harf[e] Unterschied[e] - Ungeübth[ei]t d[e]s D[en]k[en]s c) keine ausgebildete Sprache z[ur] Beleh[ru]ng d) keine S[c]hrift als Traditio[n]smitt[e]l e) der Hang z[um] Symbolisir[en] [„Unken[n]tniß der Natur“ über der Zeile] b[e]i jugendl[ichen] Natur[en] (u[nd] der übermächt[i]g[e] si[nn]l[iche] Trieb) - f) kein eig[ener] Stand [,] um d[as] r[e]l[i]g[iö]s[e] Gut zu bewahr[en] g) die übermächt[i]g[e] si[nn]l[iche,] üppige Natur obj[ectiver] u[nd] subj[ectiver] Landschaft[en] - schlechter Wille - h) die Vereinzelu[n]g u[nd] Zerstreuung der M[en]sch[en] in d[ie]s[e]r Natur -“. Daneben [57rr] : „I [)] Verfall - Art d[e]rs[elben] II [)] pos[itive] Fortbild[un]g - Art ders[e]lb[en]“. Darunter [57rr] : „II [)] Die Uroff[en]b[arun]g d[a]rf jed[en]f[a]lls nicht so gedacht w[er]d[en,] d[a]ß sie etwas Fix u[nd] Fert[i]g[e]s bot u[nd] eigen[e] Thät[i]gk[ei]t u[nd] histor[ische] E[n]twickl[un]g überflüß[i]g machte -“. <?page no="181"?> 171 Schöpf[u]ng des Menschen (II [.] Th[ei]l) 1425 davon besonders die Rede seyn wird. - Hier handelt es sich zunächst darum [,] die Entst[e]h[u]ng der Vielh[ei]t der R[e]l[i]g[io]nen aus der Natur 1426 des Menschengeschlechts heraus, wie sie immer u[nd] üb[er]all seyn muß 1427 [.] - 1428 Denn jedenfalls muß damals [,] als diese Zersplitt[e]r[u]ng der urspr[ü]ngl[ichen] Einheit der R[e]l[i]g[io]n begann [,] in d[ie]s[e]m Zustand schon gewesen seyn, also wenn es auch urspr[ü]ngl[ich] in ein[em] vollkom[me]neren war, aus d[ie]s[e]m schon herausgetreten seyn, sonst wäre dieß ja nicht möglich gewesen. b) 1429 Versetzen wir uns nun einige Augenblicke zurück in jene Urzeit des beginnenden u[nd] sich verbreitenden Menschengeschlechtes u[nd] seiner Geschichte. Anfangs mußte 1430 ihm, so wurde früher dargethan, der Inhalt der R[e]l[i]g[io]n vom Schöpfer selbst in großen, einfachen u[nd] wahren Zügen kund gegeben werden, die er dann selbst seinen Nachkommen d[u]rch Unterricht zu überliefern hatte; wie leicht war es nun da, daß sich der urspr[ü]ngl[ich] reine, klare Inhalt der R[e]l[i]g[io]n alsbald trübte bei dem sich immer weiter verbreitenden u[nd] vereinzelnend[en] (sic! ) Geschlechte! 1431 Bei dem Mangel einer fortgesetzten Belehr[u]ng u[nd] Bewah[ru]ng der Reinheit der Lehre, (da kein eigner Stand noch dazu da war) da dieß wegen der Vereinzelung u[nd] Zerstreuung nicht möglich war, bei der Ungeübtheit des Denkens [,] da von Wißenschaft noch gar keine Rede seyn konnte 1432 , bei der übergewaltigen Sinnlichk[ei]t in dem noch kindlichem (sic! ), frischem (sic! ) Jugendalter der Menschheit, läßt sich denken, daß manche ihrer überliefert[e]n Lehren bald 1433 mißverstanden, bald falsch aufgefaßt, unrichtig oder unges[c]hickt in Worte gefaßt u[nd] den Nachkommen 1434 überliefert ward. Stellen wir uns vor [,] eine 1425 „Th[ei]l“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „Kap[itel]“. 1426 „u[nd] A...tung (? )“ über der Zeile. 1427 „wie sie immer u[nd] üb[er]all seyn muß“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „wie es nun einmal ist, zu erklären.“ 1428 Einfügung am Seitenrand [57rr] : „u[nd] das geschieht, sobald wir uns den M[e]nsch[e]n des Anfangs als [über der Zeile: „relativ - nicht Gott u[nd]“] freie u[nd] irrthumsfähige vorstellen müßen - u[nd] das müßen wir [,] wie vollkommen auch die Natur d[e]s M[e]ns[c]h[en] sonst seyn mochte im Anf[a]nge [.] - Sie konnte dann jed[en]f[a]lls d[ie]se Vollkommenh[ei]t verlir[en], wenn sie frei u[nd] irrthumsfähig war [.] - Nur das also brauch[en] wir zu wißen, noch nicht die Art u[nd] Weise, wie der erste Abfall geschah [.] - Genug, d[a]ß wir wiße[n,] daß er möglich war der Natur des M[e]ns[c]h[e]n gemäß [,] weil der M[en]sch [n]i[c]ht absolut unveränderl[ich] war [,] nur relativ - u[nd] zugl[e]i[c]h frei war [.] - Und müß[en] u[n]s die M[en]s[c]h[en]natur der eign[en] Kraft überlasse[n] d[en]k[en].“ 1429 Korrespondierendes „a)“ unauffindbar. 1430 Ursprüngliches „mußten“ durch Streichung zu „mußte“ korrigiert. 1431 Einfügung am Seitenrand [57rr] : „Ohne d[a]ß darum d[ie] Menschen Wilde zu seyn braucht[en,] wie d[ie] [unleserliches Wort über der Zeile] Philos[ophie] annimmt - wenn sie nur so waren [,] wie jetzt die M[e]nsch[en] der gebildet[en] Völker sind - u[nd] höhere Belehr[u]ng ihnen nicht fortwährend zu Theil wurde [.] - Wie lei[c]ht war im Gedächtniß od[er] im Verständniß eine Irrung möglich.)“ - Eine der abschließenden Klammer entsprechende geöffnete Klammer ist unauffindbar. 1432 Einfügung am Seitenrand [57rr] : „denn die Wiß[e]nsch[a]ft, das Denken, d[ie]s[e] denkende [„denkende“ über der Zeile] Thät[i]gk[ei]t d[e]s G[ei]st[e]s selbst ann ja nicht geoff[e]nb[ar]t werd[en]. Au[c]h v[on] Schrift noch keine Rede [.] - NB [: ] Immer die M[e]nschh[ei]t schon in d[em] Zust[a]nd gedacht [,] in dem sie jetzt ist -“. 1433 „falsch“ in der Zeile gestrichen. 1434 Einfügung am Seitenrand [57rr] : „ganz od[er] wenigst[e]ns halb u[nd] halb mißverstand[en] überliefert wurd[en], bald d[u]rch beid[e] s... (? ) Regung getrübt v[on] schlechter Will[en]sricht[un]g zu verkehrter Auffa- <?page no="182"?> 172 einzelne Familie oder ein paar Familien zusammen, die bei uns von Jugend auf guten Unterricht [57rl/ 57vr] in der R[e]l[i]g[io]nslehre erhalten, wanderten aus in einsame Gegenden, die von Niemanden (sic! ) sonst noch bevölkert wäre [,] u[nd] zwar ohne irg[e]nd Jemand bei sich zu haben, der sie noch ferner im Religiös[en] unterrichtete, würden sich bei d[ie]s[e]n nicht bald allerlei Irrthümer u[nd] 1435 Mißverständnisse einschleichen [,] allerlei Bedenken u[nd] Zweifel entstehen, die keine oder nur eine ungeschickte Lösung fänden, u[nd] würde sich dabei die Reinheit ihrer Religion, trotz ihres urspr[ü]ngl[ich] guten r[e]l[i]g[iö]s[en] ch[ri]stl[ichen] Unterrichtes alsbald trüben u[nd] immer mehr schwinden? 1436 Betrachten wir nur die Maße der Ungebildeten bei uns bei allem Jugendunterricht, bei aller Belehr[u]ng d[u]rch Predigten u[n]d sonst[i]g[en] Umgang mit höher Gebildeten, wie viel Unwißenheit, wie viel Aberglauben, wie viel Mißverständniße finden sich allenthalben! Schon d[u]rch d[ie]se Betracht[u]ng können wir es im Allgemeinen wohl begreiflich finden, daß die urspr[ü]ngl[ich] wahre u[nd] reine R[e]l[i]g[io]n bei d[ie]s[e]m Mangel an fortgesetzten (sic! ) Unterricht u[nd] Ueberlief[erun]g 1437 , bei d[ie]-s[e]r Vereinzelung der Menschen, bei d[ie]s[e]r Ungeübtheit des Denkens, bei d[ie]s[e]r Unken[n]tniß der Natur u[nd] ihrer Erscheinung[en,] endl[ich] bei d[ie]s[e]r übermächtigen Sinnlichkeit, sich alsbald trübte, verdunkelte, fälschte; 1438 so daß bei manchen Völkern nach u[nd] nach nichts mehr blieb als einzelne Spuren der ursprüngl[ichen] Belehr[u]ng, v[ie]ll[ei]cht au[c]h 1439 die Tradition [,] daß einst eine ßu[n]g gelangt[en] - [,] bald v[on] [„v[on]“ über der Zeile] getrübt[e]r vor derber Phantasie roh u[nd] sinnl[ich] vorgestellt ward“. 1435 „u[nd]“ über der Zeile soll wohl das ursprüngliche, wenngleich nicht getilgte, Komma in der Zeile ersetzen. 1436 Randbemerkung [57vl] : „Aber werd[en] d[enn] di[e] M[en]s[c]h[en] k[eine] Sorge getrag[en] hab[en,] um ihr[en] geist[i]g[en] B[e]sitz zu bewahr[en]? Gewiß - betracht[en] wir d[ie] Mittel - Buchstab[en] - Sy[m]bole (Dicht[un]g[en] (? )) (Myth[en]).“ Darunter [57vl] : „a) E[n]tsteh[en] d[e]s Cultus der Natur i[m] Groß[en: ] a) Zeich[en], Symbole f[ür] d[ie] G[o]tth[ei]t üb[er]h[au]pt (Buchstab[en]di[en]st d[e]r Naturbibel) b) Zeich[en] für einzel[ne] Eig[en]s[c]h[a]ften (hier b[e]s[on]ders Veranlaß[un]g zur Verschied[en]h[ei]t E[n]tsteh[en] des Thiercultus - etc. [)] b) E[n]tsteh[en] des Fetischdi[en]st[e]s - nur eine Verkleinlichu[n]g d[e]s Vorig[en] (freie Fors[c]h[un]g aus d[e]m Bu[c]hst[a]b[en]d[ien]st) [daneben [57vl] : „Willkührl[iche] künstl[iche] Symbole“] c) Entsteh[en] der Mythologie (Dichtu[n]g üb[er] d[ie] [unleserliches Wort über der Zeile] Schöpf[un]g) [.] Die Ges[c]hichte der Verg[an]g[en]h[ei]t wird [n]i[c]ht aufgezeichnet, d[a]h[er] wird sie in Dunkel gehüllt u[nd] geheimnißvoll - zuglei[c]h kam aus d[ie]s[em] Du[n]kel der Geschichte die du[n]kle Ku[n]de der Ur-off[en]b[arun]g hervor - [m]it d[ie]s[e]r Ku[n]de vermischte sich nu[n] die frühere Ges[c]h[ic]hte.“ Neben dem Abschnitt „c)“ [57vl] : „Mythologie a) Personifici[run]g u[nd] Beleb[un]g d[e]r Symbole b) Vermischung mit der Urgeschi[c]hte d[e]s V[o]lk[e]s g) Ueberreste wirkl[icher] Uroff[en]b[arun]g“. 1437 „u[nd] Ueberlief[erun]g“ über der Zeile. 1438 Einfügung am Seitenrand [57vl] : „dazu besond[ers] d[e]s (sic! ) [„sittl[ichen]“ über der Zeile] Verderbniß, d[er] Leidens[c]haften etc.“ 1439 „v[ie]ll[ei]cht au[c]h“ über der Zeile. <?page no="183"?> 173 solche geschehen, u[nd] vor Allem das unvertilgbare 1440 Bedürfniß eines übersinnl[ichen] Wesens, die Ahnung, 1441 im Gefühl für ein Unsichtbares 1442 u[nd] Gewissen für Recht u[nd] Unrecht. 1443 c) Da nun aber der Mensch gleichwohl 1444 - wenn auch die klare, bestimmte Kenntniß 1445 schon geschwunden - immer noch mit allen sein[en] Geisteskräften darnach ringt, sich jenes Höheren, Uebersinnlichen zu bemächtigen, besonders bei bestimmten Ereignissen 1446 , bei außerordentl[ichen] Lebenszuständen, diese seine Geisteskräfte aber - wie eben erörtert - für sich selbst keinen sichern, untrügl[ichen] Weg zu gehen vermögen, besonders da gewöhnl[ich] eine derselb[en] mit Verdrängung der Rechte der ande[rn] vorherrscht, so ist erklärlich [,] wie eine Ver- [57vr/ 58rl] 1440 „die Einwirkung der G[o]tt[e]sidee“ über der Zeile. 1441 Durch Überschreibung unlesbar gewordene Wörter in der Zeile gestrichen. 1442 „für ein Unsichtbares“ über der Zeile. 1443 Einfügung am Seitenrand [57vl/ 58rr] , die aufgrund der Unauffindbarkeit des Einfügungszeichens im fortlaufenden Text nicht sicher zuzuordnen ist: „NB [: ] [„s[iehe] Unt[en]“ über der Zeile eingefügt] V[ie]ll[ei]cht nahm die erste Entsteh[u]ng des Naturdienstes [„d.h. der b[e]stimmt[en] Bilder u[nd] G[e]g[e]nst[än]de“ über der Zeile] auch den Anfang so: Bei dem Mangel sonst[i]g[e]r Bild[u]ngsu[nd] Ueberlief[erun]gs Mittel (des geist[i]g[en] Eigenthums) mochte man sich sichtbare Zeichen u[nd] Bilder schaff[en] [„schaff[en]“ über der Zeile], u[nd] heftete seine Gedanken u[nd] Vorstell[u]ng[en] an diese [„od[er] an das große Ganze d[e]r Natur u[nd] d[er] einzeln[en] höh[eren] Ers[c]heinung[en]“ über der Zeile]. Die urspr[ü]ngl[ichen] r[e]l[i]g[iö]s[en] Vorstell[u]ng[en] v[on] Gott z.B. mit s[einen] Eigensch[a]ften etc. schrieb man sich so gleichsam in die äußere Natur ein, vertheilte sie an bestimmte G[e]g[e]nstände der Natur [,] um sie leichter zu behalten, lebend[i]g[e]r sich vorzustellen [.] - Wie leicht war es nun da, daß die äuß[eren] Bilder in ihr[er] Großart[i]gk[ei]t [„in ihr[er] Großart[i]gk[ei]t“ über der Zeile] [,] in ihr[er] Zerstreuth[ei]t, die inn[e]rn Vorstell[u]ng[en] ganz verdrängt [„ganz verdrängt“ über der Zeile] [,] in ihrer Einheit [„z“ in der Zeile gestrichen] verdrängten (geht ja auch sonst schriftl[iche] Ueberlief[e]r[un]g rel[i]g[iö]s[er] Lehren leicht in Buchstabenknechtschaft über - [geschlossene runde Klammer gestrichen] hier [57vl/ 58rr] gingen die Symbole in d[ie] Knechtsch[a]ft der Natur Verehr[u]ng über im Klein[en] u[nd] Großen [„im Klein[en] u[nd] Großen“ über der Zeile]. (Wäre hier in den ältest[en] Zeiten d[er] M[e]ns[c]hh[ei]t kein Herabsinken v[on] höh[erer] r[e]l[i]g[iö]s[er] Erk[e]n[n]tn[i]ß thatsächl[ich,] sond[ern] umgekehrt ein Hinaufarbeiten zu höh[erer] Anschauung [,] wie hätte dann gerade die älteste Zeit Symbole - Sinnsprüche u[nd] Sinnbilder? Die älteste Zeit vielmehr müßte die Natur [„Natur“ über der Zeile] G[e]g[e]nstände selbst verehrt haben u[nd] nach u[nd] nach erst die Vergeistig[un]g d[u]rch Symbole eingetreten seyn.)“ Hier schließt folgender Abschnitt [58rr] an: „statt z.B. ein[en] Satz zu überliefe[rn]: ‚ich glaube an Gott, d[en] allmächt[i]g[en] Schöpfer Himmels u[nd] d[e]r Erde [einfaches Anführungszeichen fehlt] - statt d[ie]s[e]s Satzes mochte man d[a]s ganze Himmels-Gewölbe als Symbol dafür betracht[en] - bald ab[e]r s[c]hied man nicht mehr genau zwis[c]h[en] Himmel (d[em] Zeich[en]) u[nd] Gott [,] d[em] B[e]zeichnet[en.] - Wie man oft zw[i]s[c]h[en] Buchstab[en] d[e]r S[c]hrift u[nd] Geist kei[nen] Unt[e]rs[c]h[ie]d macht od[er] den Geist üb[er] d[en] Buchstab[en] statt Eig[en]s[c]h[a]ft G[o]tt[e]s ... (? ) ... (? ) Thier -“. An dieser Stelle ist eine weitere Randbemerkung [58rr] anzufügen: „Aus d[ie]s[e]r Buchstab[en]k[nec]htschaft d[e]r Natur [„d[e]r Natur“ über der Zeile] ging aber gerade zügellose Freih[ei]t hervor innerh[a]lb d[ie]s[er] Naturkn[e]chts[c]h[a]ft, näml[ich] jedes Belieb[i]g[e] in d[er] Natur ward gewählt u[nd] wieder verworf[en] als Zeich[en] u[nd] Ku[n]dgebu[n]g der Gottheit -“. 1444 Über der Zeile: „Indeß hat es zuverläßig nicht an Versu[c]h[en] gefehlt“. 1445 „I[n]halt“ über der Zeile. 1446 „wenn er einmal in d[ie]se Richtung erregt ist z[um] Such[en]“ über der Zeile. <?page no="184"?> 174 I [.] Kap[itel] 1447 §: 12 F[o]rts[e]tz[u]ng schiedenheit der rel[i]g[iö]s[en] Vorstell[u]ng[e]n alsbald eintreten konnte bei dem gemeinsamen Verfall. a) 1448 Die stärkste Anregung v[on] Außen, bei mangelnd[er] bestimmter Belehr[u]ng, kam für die Lebendigerhalt[un]g des Bewußts[eyns] eines Göttlichen, (Ueberird[i]s[c]h[e]n) von der Natur u[nd] ihren Erscheinungen. Da man nun diese bei mangelnder Kenntniß der Natur, nicht begriff u[nd] verstand, da sie durchaus ein Räthsel war, gleichwohl aber ganz übergewaltig, drohend, schädlich u[nd] wohlthätig, ungeheuer u[nd] endlos u[nd] wieder 1449 lieblich u[nd] lockend 1450 sich zeigte, so glaubte man bald in ihr bald jenes Wesen in Wirkl[i]chk[ei]t vor sich zu haben, dessen Ahnung im Innern so unvertilgbar sich bewährte. 1451 - Die neuesten Forschungen üb[er] die ältest[en] R[e]l[i]g[io]nen Asiens zeigen auch, daß allenthalben die großen Naturerschein[un]g[e]n es waren, die urspr[ü]ngl[ich] verehrt wurden, der blaue Himmel, die Sonne, Sterne, die Elemente u.s.w. Dieß Resultat zeigen d[ie] Forschungen üb[er] die indis[c]he[n] (Mantras) [,] 1452 persische u[nd] chinesische R[e]l[i]g[io]n. - Nicht der Thier-Cultus, nicht der eig[e]ntl[iche] Fetischismus [,] d.i. die Verehr[u]ng einzelner G[e]g[e]nstände waren die ursp[rü]ngl[ichen] R[e]l[i]g[io]nsformen; u[nd] 1453 ebenso wenig aber auch die complicirten, philos[ophischen] Systeme [,] die sich in d[en] R[e]l[i]g[io]nsbüchern d[ie]s[e]r Völker allerdings vorfinden, aber offenbar spätern Ursprungs sind. Der Sinn für d[ie]se groß[en] Erschein[un]g[e]n der Natur konnte allerdings bei einzelnen Stämmen, die in unglückliche Verhältniße geriethen, auch noch mehr verkommen u[nd] der Gesichtskreis noch beschränkter werden, d[a]h[er] dann Fetis[c]he entstanden [,] d.h. zufällig in die Sinne fallende od[er] willkührl[ich] gewählte einzelne Gegenstände wurden mit den (sic! ) innern Gefühl u[nd] Drang nach dem Unsichtbaren, Göttlichen in Bezieh[u]ng gebracht, als Erscheinung, Manifestation desselben angenommen u[nd] verehrt. 1447 „Th[ei]l“ mit „Kap[itel]“ überschrieben. - „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 18” am oberen Seitenrand [58rr] ; „18“ bezeichnet den Bogen. 1448 „Gewiß hat es [n]i[c]ht an Versuch[en] gefehlt [,] d[en] I[n]halt d[e]r Off[en]b[arun]g festzuhalt[en.] - Man wird d[a]s dazu g[e]nomm[en] hab[en] etc.“ über der Zeile. 1449 „wieder“ über der Zeile. 1450 „u[nd] lockend“ über der Zeile; „f“ in der Zeile gestrichen. 1451 Einfügung am Seitenrand [58rr] : „dessen bestimmte, ursp[rün]gl[ich] geoff[en]barte Kenntn[i]ß sich gleichwohl s[c]hon getrübt u[nd] [„od[er] th[ei]ls“ über der Zeile] verloren h[a]tte, bis auf das Such[en] desselb[en]“. 1452 Randbemerkung [58rr] : „an Indra - d[a]s hohe Himmelsgewölbe - sind die Gebete d[er] Inder [„d[er] Inder“ über der Zeile] (Mantras) gerichtet - doch so [,] als wäre d[ie]s[er] Himmel persönl[ich] - also d[ie] Ahnung eines persönl[ichen] G[o]tt[e]s wirkt noch nach, obwohl d[ie] Uebermacht der Sinne d[a]s große Himmelsgebäude substituirt - b[ei] d[en] Chinesen ist Tian (od[er] Shangti) der Himmel - u[nd] zugl[ei]ch auch G[o]tt [.] - Beides fließt da in einander über. - Tumala (finnisch) Himmel u[nd] Himmelsgott [.] Stelle bei Plato - d[a]ß d[ie] Völker d[en] Himmel als Gott verehrt - Uranos [.] Plato [,] Kratyl[os: ] ‚Die ältesten Bewohner v[on] Hellas haben, meines Bedünkens, die allein für Götter gehalten, welche auch jetzt noch vielen Barbaren dafür gelten, Sonne, Mond u[nd] Erde, die Gestirne u[nd] der Himmel.’ Herodot s[a]gt d[ie]s[e]s v[on] d[en] Persern“. 1453 „u[nd]“ über der Zeile. <?page no="185"?> 175 Die innere Ahnung G[o]tt[e]s, d[ie] Idee v[on] G[o]tt, war noch mehr verarmt, verkommen [,] d[a]h[e]r konnte man sich mit eine[m] noch unvollkommen[eren] Ausdruck dafür begnügen, u[nd] dieselbe d[a]d[u]rch schon für erschöpft halten. 1454 b) Diese Verehr[u]ng der großen u[nd] kleinen Natur-Erscheinungen th[ei]ls als Gotth[ei]t selber [,] th[ei]ls als Stell-Vertreter od[er] als äuß[ere] Manifestation derselben - denn es findet allenth[a]lb[e]n ein gewisses Schwanken [58rl/ 58vr] hierin statt, bald werden d[ie]se Erschein[un]g[e]n für d[ie] G[o]tth[ei]t selber [,] bald für seine Wirk[u]ng[e]n u[nd] Repräsentant[en] genommen, beide Annahmen fließen in einander über [,] so daß man keine bestimmte Gränze ziehen kann [.] - 1455 Diese Verehr[u]ng also, sag’ ich [,] der groß[en] u[nd] kleinen Naturerschein[un]g[e]n ist die R[e]l[i]g[io]nsform, die sich nach der Trübung der urspr[ü]ngl[ich] wahren, einfachst[en] R[e]l[i]g[io]n, am nächsten den Naturmenschen darbot. Und nun schon hier, wie nahe lag hier die Entsteh[u]ng einer Verschiedenh[ei]t der R[e]l[i]g[io]nen [,] je nachd[em] diese od[er] jene Naturgewalten besonders vor das Auge traten nach der Beschaffenheit des Landes [,] das sie sich z[um] Wohnsitz gewählt. Den Einen imponirte das Meer besonders, weil sie Anwohner desselben waren u[nd] Wohlthaten ihm verdankten u[nd] wiederum Schaden litten; andern war ein Fluß besonders wichtig, weil er auf ihr ganzes Leben u[nd] Daseyn den wichtigsten Einfluß übte [,] z.B. in Aegypten der Nil, in Indien der Ganges [.] Andern standen große Berge vor Augen mit ihren undurchforschten Wipfeln, Schluchten u[nd] Wäldern, über noch andern schimmerte der gestirnte Himmel mit besonderer Pracht u[nd] zog die Aufmerksamk[ei]t auf sich. - 1456 Allein die Verehr[u]ng d[ie]s[e]r allgemeinen, unbestimmten Gegenstände konnte dem sich immer mehr entwickelnden, in immer größern Gemeinschaften zusammenlebenden Menschen nicht genügen, man wollte sich das Göttliche näher bringen, verdeutlichen, sich gegenseitig darüber verständig[en] u[nd] dieß geschah nach der Art jener frühen Zeiten 1454 „Die innere Ahnung G[o]tt[e]s, d[ie] Idee v[on] G[o]tt, war noch mehr verarmt, verkommen [,] d[a]h[e]r konnte man sich mit eine[m] noch unvollkommen[eren] Ausdruck dafür begnügen, u[nd] dieselbe d[a]d[u]rch schon für erschöpft halten.“ in der Zeile und am Seitenrand [58rr] eingefügt. - Das in der Zeile folgende Einfügungszeichen läßt sich im fortlaufenden Text so nicht wiederfinden; dasselbe Einfügungszeichen findet sich wohl in der oben (Anm. 1350) ebenfalls nicht exakt verorteten Randbemerkung „NB [: ] („s[iehe] Unt[en]“ ... (? )). Nach dem Einfügungszeichen folgendes „Oder“ gestrichen und durch „Wir können also (Die Natur war die Bibel)“ ersetzt. 1455 Randbemerkung [58vl] : „Die r[e]l[i]g[iö]s[e] Entwi[c]kl[un]g nahm also d[en] doppelt[en] Verlauf a) V[om] größt[en] Naturobject - Himmel [-] ging der r[e]l[i]g[iö]s[e] I[n]halt immer mehr ein in Zerspl[i]tt[erun]g, in d[a]s Bes[on]dere [,] Nächste [.] - Himm[e]l [-] Gestir[ne] - Ges[c]hi[c]hte - Berge [-] S[c]hl[uc]ht[en] - Quell[en] [-] Flüße, Bäu[me] - b) U[m]gekehrt - d[a]s Göttl[iche] ward immer [me]hr aus der Natur zurü[c]kgedrä[n]gt - bis es gä[n]zl[ich] schw[a]nd [.] - Aber es hatte si[c]h in B[e]gr[i]ff[en] f[e]stgesetzt, statt in Natur Geg[en]stä[n]d[en] - d[a]h[er] d[ie]se z[u] Gött[ern] gemacht. - ad a [)] Vorherrs[c]h[en]d Phantasie ad b [)] Vorherrs[c]h[en]d R[e]fl[e]xion u[nd] Thät[i]gk[ei]t d[e]s Versta[n]des“. 1456 Über der Zeile: „b[ei] Chaldaeern“. - Einfügung am Seitenrand [58vl] : „Wie es mögl[i]ch ist [,] daß d[ie]se G[e]g[e]nst[ä]nde verehrt wurd[en,] sehen wir noch jetzt an Kindern, die das Dunkel naher Wälder mit Ehrfurcht u[nd] S[c]heu betreten, die in fernen S[c]hluchten u[nd] Dickichten unerhörte Geheimnisse ahnen, leicht Etwas sehen u.s.w.“ Darunter [58vl] : „Und Geschichte u[nd] Natur ... (? ) vermischt[en] si[c]h eb[en]so -“. <?page no="186"?> 176 nicht in Begriffen od[er] groß[en] Kunstwerken, sond[ern] in Zeichen, in Symbolen f[ür] d[as] Göttl[iche] 1457 . - Wie man sich zur Mittheil[u]ng der Gedanken übe[r]h[au]pt der Zeichen bediente, d.i. irg[e]nd ein Bild gebrauchte für d[en] mitzutheilenden Gedanken, besonders Thiere darstellte, als Ausdruck für den geist[i]g[en] Gedank[en] od[er] Begriff, 1458 woraus ja bekanntermassen die Buchstabens[c]hrift urspr[ün]gl[ich] entstanden ist 1459 (z.B. im Hebräis[c]h[en] bedeut[en] d[ie] Buchstaben häufig bestim[m]te Thiere u[nd] sollten auch urspr[ü]ngl[ich] die Form ders[e]lb[en] haben); wie dieß [,] sag’ ich [,] im Allgemeinen [58vr/ 59rl] geschah, so auch bei der Mitth[ei]l[u]ng u[nd] Bezeichnung der Ansichten u[nd] Meinungen über das Göttl[iche]. Man wählte allerlei Zeichen u[nd] Symbole [,] d.i. bildl[iche] Darstell[u]ng[e]n von Thieren, welche jene Eigens[c]haften u[nd] Kräfte besonders in sich trugen [,] die man der Gotth[ei]t zuschrieb [,] z.B. für d[ie] Stärke u[nd] Macht des Göttl[ichen] mochte man sich das Zeichen des Löwen od[er] Stieres wählen, für die schöpfer[i]s[c]h[e] Macht ders[e]lb[e]n die Kuh 1460 u.s.w. 1461 Wie es aber bei Symbolen leicht geht, daß dasjenige [,] was anfangs u[nd] urspr[ü]ngl[ich] nur Zeichen seyn soll, nach u[nd] nach für die bezeichnete Sache selbst genommen wird, so ging es hier, die Thiere [,] d.i. anfangs die bloßen Zeichen der Thiere [,] dann die lebenden Thiere selbst, wurden endl[ich] für heilig gehalten, ja zuweilen für das Göttl[i]che selbst angesehen u[nd] verehrt. So entstand der Thiercultus. - Uebrigens wurden natürl[ich] auch andere Gegenstände [,] die besond[ers] passend zu seyn schienen, als Zeichen, od[er] Symbole des Göttli[c]h[en] angenommen. - 1462 Hier zeigt 1457 „f[ür] d[as] Göttl[iche]“ über der Zeile. Randbemerkung [58vl] : „Geist u[nd] Natur vermischt[en] si[c]h also in der Entwickl[un]g der R[e]l[i]g[ion] - die Natur wob sich mit ihr[en] Ers[c]heinu[n]g[en] ein in das geist[ige] Leb[en] u[nd] seinen Proceß (wie im [men]s[c]hl[ichen] Leibe). - (Man wollte gleichsam d[a]s große Gut in kleiner Münze, das aber noch gefährlicher.)“ 1458 Randbemerkung [58vl] : „Symbole [„Thiere“ über der Zeile] für Beg[ri]ffe üb[er]h[au]pt, d[a]h[er] au[c]h für r[e]l[i]g[iö]se -“. 1459 Randbemerkung [58vl] : „od[er] and[ere] bekannte G[e]g[e]nst[ä]nde - Th[ei]le d[e]s Körpers od[er] Geräths[c]haften bedeut[en]“. 1460 Über der Zeile: „Seg[n]u[n]g[en] der F[ruc]htbark[ei]t“. 1461 Randbemerkung [59rr] : „Wie sich anf[a]ngs die größern Naturers[c]heinung[en] als unmitt[e]lb[are] Zeich[en] des Göttlich[en] aufdrängt[en,] so wählte man nun mehr selbstthätig u[nd] künstlich -“. Darunter [59rr] : „Selbst im Chr[i]st[en]th[um] wurde ja Chr[istus] als Löw[e] dargestellt - Taube etc. die Ev[a]ng[e]list[en] mit ihr[en] Thier[en]“. 1462 Randbemerkung [59rr] : „Erklär[un]g A) D[ie] Entst[e]h[un]g d[e]r Himmelsverehr[un]g B) Der Gestir[nen] Cultus C) Der Berg- [,] Meer[-] [„Meer“ über der Zeile] u[nd] Fluß-Cultus - D) Der Thier Cultus - erst Symbol - Zeich[en] der Thiere - dann d[ie] Thie[re] selbst - sehr vers[c]hied[en] E) Fetis[c]hdie[n]st F) Mythologie - Hurencultus u[nd] [„Naturu[nd] Götterges[c]hicht[e]“ unter der Zeile] G) Vermisch[un]g v[on] All d[ie]s[e]m -“. Daneben [59rr] : „ad Göttergeschichte [: ] Man belebt[e] die Sy[m]bole [-] für d[a]s Göttl[iche] selbst sie nehm[en]d - u[nd] nahm nun ihr Naturwirk[en] auf einander für geschichtl[ich,] z.B. Sonne u[nd] Erde - Uranus u[nd] Gaia - zeug[en] mit einander -“. Darunter [59rr] : „Endl[ich] nicht blos Naturgeg[en]st[ä]nd[e,] sondern auch Naturereigniße wurd[en] herbeigezog[en,] u[nd] wie d[urc]h Naturg[e]g[en]stä[n]de d[a]s göttl[iche] Sey[n] u[nd] Eig[en]s[c]haft[en] sy[m]- <?page no="187"?> 177 sich nun wieder [,] wie nahe eine immer größer werdende Verschied[e]nh[ei]t der R[e]l[i]g[io]nen lag u[nd] um so mehr [,] je 1463 größeres Gewicht man den Symbolen u[nd] zuletzt den bestimmten Thieren beilegte. Nach der Bes[c]haff[e]nh[ei]t des Landes, des Einflußes, der Thiergattungen u.s.w. richtete sich ja d[ie]s[e]r Cultus. Das Eine Volk hielt nun dieß Thier für eine besondere Manifestati[on] des Göttlichen, das Andere ein andres, je nachdem es gerade für das Land u[nd] Volk wichtig war, furchtbar u[nd] schädl[ich] od[er] nützlich. 1464 Es ist aber natürlich, daß man bei fortschreitender Bild[u]ng, je mehr sich des Mens[c]hen Wesen entfaltete u[nd] sich selber kennen lernte in sein[em] Unterschied von der äuß[ern] 1465 Natur u[nd] in seiner Erhabenheit über dieselbe, daß man, sag’ ich [,] bei d[ie]s[e]r fortschreitenden Erkenntniß auch zur Einsicht kam, das edelste Bild od[er] Symbol für die Gotth[ei]t u[nd] ihre Kräfte sei der Mensch 1466 [59rl/ 59vr] selber, da er ja die edelsten u[nd] besten Kräfte besitze u[nd] sich auch durch seine Gestalt vor All[en] üb[ri]g[en] Lebend[en] u[nd] Leblosen auszeichne. - 1467 D[a]h[e]r man in Rücksicht d[ie]s[e]r Erk[e]n[n]tn[i]ß u[nd] sich gründ[en]d auf die dunklen Erinnerungen aus der Urzeit (wo die Schöpf[u]ng stattgef[u]nd[e]n nach dem Gleichnisse der Gotth[ei]t); die Gotth[ei]t u[nd] ihre Kräfte, die Untergötter u[nd] die Genien nun in menschl[icher] Gestalt darstellte. Anfangs geschah dieß selbst noch in roher Weise durch unförmliche, kaum kennbare Figuren, die sich aber nach u[nd] nach vervollkom[mne]t[en,] aber in eigenthümlicher Weise [,] je nach dem Charakter des Volkes u[nd] Landes. In Indien z.B. bildeten sich daraus die abentheuerlichsten Figur[en] mit vielen Köpfen, viel[en] 1468 Händen, Augen u.s.w. [,] was offenbar andeuten will, daß die Gotth[ei]t auch in der einfachen bolisirt ward - so dur[c]h Naturereig[n]iße die göttl[iche] Wirksamk[ei]t - u[nd] so [en]tst[an]d dann eine Göttergeschichte - die si[c]h allmählig loslöste von sei[nem] ursp[rün]gl[ichen] Bod[en.]“ Darunter [59rr] : „Das Eine Volk hielt dieß Thier für besond[ers] passend als Symbol des Göttl[ichen], das Andere ein anderes; u[nd] da man bald d[ie]s[en] Symbol[en] eine überwieg[en]d große Bedeut[un]g zuschrieb u[nd] sie g[ö]ttl[ich] verehrte - so war Verschied[en]h[ei]t der R[e]l[i]g[ion] vollendet“. Daneben [ 59rr] : „Dabei noch in Betracht zu zieh[en] die du[n]kl[e] Stu[n]de der wirkl[ichen] Uroff[en]barung.“ 1463 „wich“ in der Zeile gestrichen. 1464 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „(Beisp[iele] solch[er] Vers[c]h[ie]d[en]h[ei]t selbst bei d[en] einzeln[en] Namen in Aegypten)“. Randbemerkung [59rr] : „Entsteh[en] der Mythologie [: ] a) Man personificirt[e] Natursy[m]bole u[nd] ihr V[e]rh[ä]lt[n]iß zu [einan]der - Der M[en]s[c]h war ... (? ) paß[en]der[e]s Symbol erkannt - ... (? ) b) Dann d[ie] Geschichte d[e]s ... (? ) [m]it d[e]r Ges[c]hi[c]hte d[e]r Uroff[enbarung] vermischt.“ 1465 „äuß[ern]“ über der Zeile. 1466 Unter der Zeile: „Je na[c]h d[em] eig[en]thü[m]l[ichen] Volksgeist -“. 1467 Randbemerkung [59vl] : „Drei Factoren thät[i]g, zusamm[en]wirk[en]d b[e]i d[e]r Mythologie a) Du[n]kle Reste d[er] Uroff[en]b[arun]g - Ges[c]h... (? ) P...ion (? ) b) Sage[n] u[nd] Hym[nen] auf große hervorrag[en]d[e] Männer - Heroen c) Beleb[un]g der Symbole - di[e] für d[a]s G[ö]ttl[iche] selbst genomm[en] wurd[en] - wod[urc]h Naturereig- [ni]ß[e] als ges[c]hichtl[ich] betr[ac]htet wurd[en] (Vereinig[un]g der bild[en]d[en] u[nd] dichtend[en] Phantasiethät[i]gk[ei]t d) Mensche[n]g[e]stalt[en] als künstl[iche] Symbole u[nd] Vergötterung ders[e]lb[en] u[nd] phantast[ische] Beleb[un]g“. 1468 „viel[en]“ über der Zeile. <?page no="188"?> 178 menschl[ichen] Gestalt nicht den entsprechenden Ausdruck finden könne, wegen der Ueberfüll[e] v[on] Kräften, Eigenschaften etc. [,] was d[u]rch die Vielh[ei]t der Organe angedeutet werden sollte; der üppige Reichthum der sonst[i]g[en] Vegetation des Landes prägt sich auch in d[ie]s[e]n Götterbildern aus. 1469 Bei den Aegyptiern hingegen, wo die Verehr[u]ng der Thiere besonders eingebürgert war, hielt man so fest an diesen, daß 1470 sie der menschl[ichen] Gestalt nicht ganz wichen, sond[ern] eine Vermisch[u]ng stattfand, indem man häufig 1471 entweder dem menschl[ichen] Leibe einen Thierkopf aufsetzte, od[er] umgekehrt einem menschl[ichen] Haupte einen Thierleib anfügte. Hinwiederum wurden bei den Griechen, die für edle Menschenbild[u]ng u[nd] Schönheit besondern Sinn hatten, die urspr[ü]ngl[ich] rohen Göttergestalten zu den herrlichsten Idealen v[on] Würde, Kraft, Anmuth, Schönheit u.s.w. ausgebildet; sie hielten das Göttliche vorzügl[ich] in der Form des Schönen [,] Edlen, fest. 1472 g) Aber es war eine noch größere 1473 Vervollkom[m]nung der R[e]l[i]g[io]nen auch d[u]rch blos menschl[iche] Kräfte möglich, u[nd] sie fand auch statt. - Je mehr die Natur in ihren Erscheinungen, Kräft[en] u[nd] Wirkungen nach ihrem causalen Zusammenhang erkannt wird, desto mehr verschwindet die Vorstell[u]ng von unmittelbarer, göttl[icher] Wirk[u]ng [59vr/ 60rl] I [.] Kap[itel] 1474 §: 12 1475 F[o]rts[e]tz[u]ng von Göttern in Quellen, Flüßen, Wolken u.s.w. Ueb[e]rh[au]pt je mehr in das Dunkel der Natur mit der Fackel des Verstandes hineingeleuchtet wurde 1476 , desto weiter zog 1477 1469 Randbemerkung [59vl] : „Die Symbolik u[nd] Mythologie ward dann auch vermischt in d[en] menschl[ichen] u[nd] thieris[c]h[en] Götterbildern -“. Darunter [59vl] : „So weit d[ie] Thät[i]gk[ei]t der Phantasie“. Darunter [59vl] : „Die eins[e]it[i]g[e] Phantasie brachte es zu einer concr[e]t[en] si[nn]l[ichen] Dießeit[i]gk[ei]t - u[nd] Vielh[ei]t [,] d[e]r ei[n]s[e]it[i]g[e] Verst[an]d zu ein[er] abstract[en] Jenseit[i]gk[ei]t u[nd] unb[e]st[imm]t[en] Ei[n]h[ei]t. Nun d[ie] Thät[i]gk[ei]t d[e]s Verstand[e]s - die zuletzt auch zu Buchstab[en]di[en]st führte)“. Eine der geschlossenen Klammer korrespondierende geöffnete Klammer ist unauffindbar. 1470 „man“ in der Zeile gestrichen. 1471 „häufig“ über der Zeile. 1472 Einfügung am Seitenrand [59vl] : „Dazu kam dann noch d[a]s Histor[i]s[c]he, die geschichtl[iche] Vergangenh[ei]t d[e]s Volkes, die glei[c]h d[em] Lande [,] das es bewohnte [,] Einfluß übte auf die Eigenthüml[i]chk[ei]t der R[e]l[i]g[ion] u[nd] zur verschied[enen] Gestalt[un]g ders[e]lb[en] beitrug [„beitrug“ über der Zeile] [.] Wie in [„in“ über der Zeile] d[en] groß[en] [„groß[en]“ über der Zeile] Erscheinu[n]g[en] der Natur, wie in [„in“ über der Zeile] d[en] einzel[nen] Erschei[nun]g[en] ders[e]lbe[n] d[ie] Thiere etc. - so auch erblickte man in d[en] groß[en] Männer[n] d[e]s Volkes, der Vergang[en]h[ei]t ein[en] bes[on]d[eren] Ausdruck für d[a]s Göttl[iche], man verehrte sie göttl[ich], erhob sie z[u] Schutzgotth[ei]t[en]. Da nun jedes Volk seine eigenthüml[ichen] Held[en] hatte, so war dieß neuerdi[n]gs eine Veranlaß[un]g mehr zur Verschied[en]h[ei]t der R[e]l[i]g[io]nen [.] D[ie]se groß[en] Männer vers[c]hmelz[en] häuf[i]g [„mit“ in der Zeile gestrichen] in d[er] Vorst[e]ll[un]g d[e]s V[o]lkes mit ihr[en] Naturg[o]tth[ei]t[e]n in Eins zusamm[en,] so bei d[en] Aegypt[ern] war d[er] Osiris offe[n]bar ein groß[er] histor[ischer] König, zugl[eic]h d[e]r Nil u[nd] zugl[ei]ch d[er] höchste G[o]tt.“ 1473 Über der Zeile: „Verstand[e]sthät[i]gk[ei]t“. 1474 „Rel[i]g[io]nsphilos[ophie] 19” am oberen Seitenrand [60rr] ; „19“ bezeichnet den Bogen. 1475 „15“ über der Zeile. 1476 „wurde“ über der Zeile. <?page no="189"?> 179 sich [,] so zu sagen, das Göttliche zurück u[nd] blos Natürliches kommt zum Vorschein. 1478 Es verschwanden so die Götter nach u[nd] nach vom Land [,] vom Meer, v[on] den Gipfeln der Berge, endl[ich] selbst vom sichtbaren Himmel. - Das Göttliche zog sich in ein Jenseits zurück 1479 , u[nd] hier nun war es dem menschl[ichen] Verstande unerreichbar u[nd] unerkennbar, der menschl[ichen] Phantasie unvorstellbar. Man bezeichnete d[a]h[e]r die höchste Gotth[ei]t als das Unsichtbare, Namenlose, Unerkennbare, als das Mysterium geradezu, als Unendlichk[ei]t, 1480 Unveränderlichk[ei]t im Gegensatze zu der ird[i]s[c]h[en] Endlichk[ei]t u[nd] Veränderung; 1481 als das ewig Ruhige 1482 im Gegensatz zur beständ[i]g[en] Beweg[u]ng des Irdis[c]hen u.s.w. 1483 Freilich setzte d[ie]se Erk[e]n[n]tn[i]ß schon einen bedeutenden Grad von Bild[u]ng u[nd] Erken[n]tniß voraus, der fand sich aber auch bei den groß[en] 1484 Völkern des Alterthums wenigstens bei einer Mens[c]h[en-]Klasse 1485 derselben, näml[ich] bei den Priesterschaften. Diese hatten sich 1477 „zog“ über der Zeile ersetzt „zieht“ in der Zeile. 1478 Randbemerkung [60rr] : „NB [: ] Damit die Phantasie Alles vergöttern könnte [,] war G[o]tt[e]sidee nothw[en]d[i]g [.] - Es ers[c]hi[en] ihr Alles wie G[o]tt (göttl[ich]) [.] Damit der Verstand All[e]s entgötterte [,] war wieder G[o]tt[e]s[i]d[ee] noth[w]e[n]d[i]g [.] - Er [m]ußte wiss[en,] was ... (? ) - was Nichtgott. Nun begann d[u]rch Naturerk[enn]t[n]iß u[nd] d[u]rch d[en] Verstand ein e[n]tgeg[en]gesetzter Proceß. D[u]rch d[ie] Phantasie war[en] d[ie] Götter in d[ie] Natur hereingedichtet word[en] (b[e]i Unk[enn]t[n]iß ders[e]lb[en]) - d[u]rch d[en] Verstand wurd[en] sie wieder hinausgetrieb[en] -“. Darunter [60rr] : „2. E[n]twickl[un]gspotenz u[nd] Reihe (? ) - Der Verst[an]d war zwar au[c]h b[e]i der 1. E[n]twi[c]kl[un]gspot[en]z od[er] Reihe (? ) thät[i]g [,] aber mehr zurü[c]kgedrä[n]gt -“. 1479 Einfügung am Seitenrand [60rr] : „vor der ird[i]s[c]h[en] [„ird[i]s[c]h[en]“ über der Zeile] Thät[i]gk[ei]t der mens[c]hl[ichen] G[ei]st[e]skr[ä]fte. N[ota] Für das r[e]l[i]g[iö]s[e] [„r[e]l[i]g[iö]s[e]“ über der Zeile] Gefühl war das st[e]ts vorhand[en.] Es bild[e]t d[en] du[n]kl[en] Hintergrund d[e]r bu[n]t[en] Göttersymbole u[nd] Myth[en.] - Nu[n] schw[an]d d[a]s bu[n]te Gewirr u[nd] es trat b[e]st[imm]t[e]r hervor.“ 1480 Unleserliche Wörter über der Zeile. 1481 Randbemerkung [60rr] : „Als d[ie]s[e]s Verborgene Etwas, als Allgewalt hatte d[a]s Göttl[iche] stets d[en] du[n]kl[en] Hi[n]t[e]rgru[n]d au[c]h der Phantasie ... (? ) gebildet [.] - Nu[n] trat es [me]hr hervor als die schö[nen] Täusch[un]g[en]“. 1482 „Nirvana“ über der Zeile. 1483 Einfügung am Seitenrand [60rr] : „s[iehe] b[ei] einzeln[en] Völk[ern,] b[ei] d[en] Aegypt[iern] Amun, b[ei] d[en] Indiern Brahm[a,] bei d[en] Buddh[isten] Buddha [„Nirwana“ über der Zeile] etc. [,] b[ei] d[en] Griechen eiv m... (? ) [,] das fatum der Römer, b[ei] d[en] Pers[ern] Zamane akerene (? ) (bei den deuts[c]h[en] (? ) Alhadir) [.] D[ie]s[e]s Verborg[ene], Une[n]dl[iche] aber kam selbst nach Eig[en]th[üm]l[ic]hk[ei]t d[e]r Völk[e]r vers[c]hi[e]d[en] z[um] Bewußts[e]y[n]. Was im Gefühl d[e]s V[o]lk[e]s bei aller Viel-Götterei noch ruhte od[er] in dunkler Sage lebte - im Affect sich offenbarte (Tert[ullian] (? )) u[nd] bei Wild[en] in groß[en] Augenblick[en] - fand nun auch die Wiss[e]ns[c]h[a]ft, der Verstand. Jenes verborgene g[ö]ttl[iche] Urwesen ist d[ie]s[e]n Völkern gleichsam der g[ö]ttl[iche] [„g[ö]ttl[iche]“ über der Zeile] Grund, (Stoff) [,] von dem sich die einzelnen Göttergestalten loslösen, auf dem sie aber immer noch ruhen, v[on] dem sie abhäng[i]g sind sogar. (Wie d[ie] groß[en] Sterne sich v[on] d[em] Urstoff, d[er] Milchstr[a]ße od[er] d[en] Nebelfleck[en] loslösen.) Ganz ers[c]höpf[en] konnte u[nd] wollte die Pha[n]tasie d[a]s Göttl[iche] mit ih[ren] G[e]st[a]lt[en] [nic]ht [,] d[a]h[er] blieb ei[n] du[n]kl[e]r Hi[n]tergru[n]d [.] - Wie also das Vorherrschen der Einbild[un]gskraft auf rel[i]g[iö]s[em] Gebiet den Polytheismus ges[c]haff[en] hat - so schuf das Vorherrs[c]hen des Verstandes den Pantheismus - (od[er] Dualismus)“. 1484 „R[e]l[i]g[io]nen“ in der Zeile gestrichen. 1485 „Mens[c]h[en-]“ über der Zeile. <?page no="190"?> 180 ja urspr[ü]ngl[ich] zu dem Zwecke gebildet, die r[e]l[i]g[iö]s[en] Lehren zu bewahren u[nd] zu bilden, hatten also dieß zum Lebens-Beruf [,] u[nd] so entstanden d[u]rch ihr Studium die großen R[e]l[i]g[io]nssysteme [,] z.B. der Indier, der Aegyptier, der Buddhaisten, 1486 u.s.w. Diese tiefere Erkenntniß blieb freilich größt[en]th[ei]ls dem Volke unzugänglich, blieb Geheimlehre. Aber vorhanden war sie zuverläßig, weil uns Urkunden davon jetzt nach u[nd] nach bekannt werden. 1487 Diese Spekulation konnte aber auch zu ein[em] andern r[e]l[i]g[iö]s[en] Systeme führen [,] nicht blos zu dem Einen, unendlichen, namenlosen, verborgenen Wesen, v[on] dem Alles ausging u[nd] in das Alles zurückkehrte. 1488 Sie konnte näml[ich] ausgehend v[on] d[em] großen Zwiespalt [,] der allenthalben sich zeigt, v[on] dem Kampf u[nd] Gegensatz des Guten u[nd] Bösen, der [60rl/ 60vr] das ganze Leben der Menschheit durchdringt, zu der Ueberzeugung v[on] zwei verschiedenen, ja feindlich[en] Grundwesen kommen, die bei der Entsteh[u]ng oder Schöpf[u]ng der Welt thätig gewesen, einem guten u[nd] einem bösen. 1489 So sehen wir, wie das Uebel [,] der böse Wille 1490 , die Sünde des Menschen nicht blos üb[e]rh[au]pt seinen Geist verdunkelte u[nd] die Ueberlief[e]r[u]ng trübte, sondern auch die üb[ri]g[en] 1491 G[ei]st[e]skr[ä]fte auf das bestimmteste irre leitete, wie in d[ie]s[e]m Falle es mit dem Denken geschah. Einerseits nämlich ließ es die eingeborne unvertilgbare Idee v[on] Gott nicht zu, ihn 1492 als absichtl[ichen] Urheber des Bösen in der Welt zu betrachten, andrers[ei]ts war aber das Böse doch einmal da [,] u[nd] zwar in übermächtiger Weise, man glaubte d[a]h[e]r [,] dieß nicht anders erklären zu können, als durch Annahme eines bösen Princip’s, einer bösen Gotth[ei]t. - 1493 Anklänge eines solchen Dualismus finden sich fast in allen R[e]l[i]g[io]nen, dann allenthalben finden wir neben guten Göttern auch böse verehrt, bei ganz verwahrlosten Völkern die letztern sogar 1486 „der Perser“ in der Zeile gestrichen. 1487 Durchgestrichene Randbemerkung [60rr] : „D[ie] alt[en] einzeln[en] [„einzeln[en]“ über der Zeile] Götter u[nd] R[e]l[i]g[ionen] [„u[nd] R[e]l[i]g[ionen]“ über der Zeile] sind d[ie]s[e]r Reflexion, d[ie]s[em] Ei[n]he[i]tsstreb[en] d[e]s G[ei]st[e]s bei forts[c]hreit[e]nder Bild[un]g auch größt[en]th[ei]ls erlegen, die R[e]l[i]g[ionen] [„Vielgötterey“ über der Zeile] löst[en] si[c]h auf, verlore[n] Glau... (? ) u[nd] Macht üb[er] d[ie] Mens[c]hen.“ 1488 Einfügung am Seitenrand [60rr] : „halb pantheist[isch], halb theistis[c]h - ineinander spielend -.“ 1489 Randbemerkung [60vl] : „NB [: ] Die Spekulat[ion] selbst [„selbst“ über der Zeile] ward in ihr[er] Eig[en]thü[m]l[i]chk[ei]t u[nd] Ri[c]ht[un]g doch au[c]h wied[e]r bestimmt d[u]rch die Eig[en]thü[m]l[i]chk[ei]t der Volksrel[i]g[io]n - wie si[c]h d[ie]ß b[e]i d[em] persis[c]h[en] Dual[i]sm[us] zeigt [.] - Die Volksr[e]l[i]g[ion] hält s[c]h[on] an Zwei[en] b[e]s[on]d[er]s f[e]st: An Licht - u[nd] Finster[n]iß [.] - (Und d[er] Gru[n]dz[u]g d[e]s pers[i]s[c]h[en] Volkes ist ethis[c]h. Ob ab[e]r di[e]ß als Folge od[er] als Ursache ihre[s] dual[i]st[ischen] Urspru[n]g[s] zu betra[c]ht[en]? ) (Eig[en]thü[m]l[iche] G[e]s[c]h[i]chtl[iche] Ereig[n]iße mög[en] [m]itgewirkt hab[en]).“ 1490 „der böse Wille“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „das Böse“. 1491 „üb[ri]g[en]“ über der Zeile. 1492 Das ursprüngliche „ihm“ durch Streichung zu „ihn“ korrigiert. 1493 Randbemerkung [60vl] : „NB [: ] Modifikati[onen] der R[e]l[i]g[io]n ergab[en] sich auch d[u]rch die Thät[i]gk[ei]t d[e]s Verstandes - je nachdem man d[ie]s[e]s od[er] jenes g[ö]ttl[iche] Attribut b[e]s[on]d[er]s betonte - u[nd] mit der Welt u[nd] ihren G[e]g[en]st[än]d[en] u[nd] B[e]s[c]haff[en]h[ei]t[en] vergli[c]h - z.B. entwed[e]r die noth[wen]d[i]g[e] [„noth[wen]d[i]g[e]“ über der Zeile] Ei[n]h[ei]t - g[e]g[en]üb[er] der Vielh[ei]t [,] die nothw[en]d[i]g[e] [„nothw[en]d[i]g[e]“ über der Zeile] Güte geg[en]über d[em] Bös[en] u[nd] Uebel i[n] d[er] Welt“. <?page no="191"?> 181 oft 1494 vorherrschend, aber zu einem großen R[e]l[i]g[io]ns-System 1495 ausgebildet finden wir d[ie]s[e]n Dualismus bei den Persern, in der R[e]l[i]g[io]n Zoroaster’s. Zwei Principe, ein gutes [,] Ormuzd [,] u[nd] ein böses, Ahriman 1496 , stehen in u[nd] außer der Welt v[on] Anfang an sich gegenüber u[nd] führen beständigen Streit untereinander; auf Seite eines Jeden steht eine Anzahl Geister, Genien (Amschaspands, Txeds u[nd] Dharvands, Dev’s) u[nd] das Mens[c]henges[c]hlecht th[ei]lt sich ebenfalls u[nd] stellt sich auf eine der beiden Seiten, zum guten od[er] bösen Principe. Doch ist auch hier der Dualismus kein absoluter, zwar ein vorzeitlicher, d.h. schon vor Entst[e]h[u]ng d[ie]s[e]r Welt vorhanden, 1497 aber kein urewiger (? ). Der Gegensatz u[nd] Streit dauert nicht v[on] Ew[i]gk[ei]t zu Ewigkeit, sond[ern] endigt am Schluß der Zeiten mit dem Sieg des Guten; so wie auch nach einigen Andeutungen der Zwiespalt aus einem guten Urwesen hervor gegangen - der Sernane akerene, indem anf[a]ngs beide [,] Ormuzd u[nd] Ahrimann [,] gut waren, der letztere aber v[on] Haß geg[en] s[eine] Brüder erfüllt ward u[nd] s[eine] Schöpf[u]ng, die Welt verdarb, u[nd] ein[en] Theil der G[ei]st[e]r auf s[eine] Seite brachte. [60vr/ 61rl] III) 1498 Ueberblicken wir nun das bisher über die Entsteh[u]ng der Vielheit der R[e]l[i]g[io]nen Bemerkte, so zeigt sich als der eig[e]ntl[iche] Grund davon, d[a]ß die anfängl[iche] Wahrh[ei]t 1499 u[nd] Einheit derselben sich nicht erhielt, fürs Erste der Mangel an rechter andauernder Unterweisung, wodurch das Verständniß der rel[i]g[iö]s[en] Ueberlief[e]r[u]ng d[er] ursp[rüng]l[ichen] Off[e]nb[aru]ng 1500 sich immer mehr trübte, dann der Mangel an 1501 Ausbild[u]ng der geist[i]g[en] Kräfte u[nd] das einseit[i]ge Hervortreten derselben, dann die übermächtige Sinnlichkeit d[ie]s[e]r ersten Natur-Menschen u[nd] d[a]h[e]r der große Eindruck [,] den die Naturerscheinungen auf dieselben machen mußten, wod[u]rch sie bald an die Stelle des Einen G[o]tt[e]s traten, weil sie der dem Menschen eingebornen Idee v[on] der G[o]tth[ei]t d[u]rch ihre Gewalt, ihre Großartigkeit u[nd] wohlthät[i]g[en] od[er] schädlichen Wirk[u]ng[e]n, zu entsprechen schienen; endl[ich] waren auch ein Hauptgrund der Verdunkl[un]g u[nd] des Verfalls der urspr[ü]ngl[ichen] R[e]l[i]g[io]n die mächt[i]g[en] Leidenschaften, welche die G[ei]st[e]skräfte gefangen nahmen für ihren Dienst u[nd] sie abzogen vom Dienste der 1494 „oft“ über der Zeile. 1495 „R[e]l[i]g[io]ns-“ über der Zeile. 1496 Ursprüngliches „Ahrimann“ durch Streichung zu „Ahriman“ korrigiert. 1497 Unleserliche Buchstaben in der Zeile gestrichen. 1498 Randbemerkung [61rr] : „Nur der Wille brachte keine veredel[n]d[e] Veränd[e]ru[n]g hervor in d[er] R[e]l[i]g[io]n [,] sond[ern] ei[ne] verschlimmernde - d[a]h[er] d[ie] Off[e]nb[arun]g vor All[em] stets mit Beßeru[n]g d[e]s Will[en]s begann - da d[a]d[u]rch alles Andere erst Werth erhielt.“ Darunter [61rr] : „In d[er] S[c]h[r]ift wird d[em] Will[en] d[ie] E[n]tst[e]h[un]g d[e]s H[ei]d[en]thu[m]s zuges[c]hrieb[en] -. Natürl[ich] dann d[u]rch schl[e]cht[en] Will[en] ist Phant[a]sie u[nd] Verst[a]nd in Di[en]st genomm[en] u[nd] in d[er] Thät[i]gk[ei]t b[e]stimmt - (Veranlaß[un]g u[nd] Beginn des Verfalls) [.] Wille ist allerdings das Wichtigste [,] Entscheid[en]d[e] Verdienst u[nd] Mißverdienst d[e]s r[e]l[i]g[iö]s[en] Glaub[en]s b[e]stimmend [.] - Eig[en]tl[icher] Abfall. Heid[en]th[um] kommt v[om] Will[en]. D[u]rch schli[mmen] Will[en] u[nd] die veräuß[e]rl[i]chte Ph[a]ntasi[e]thät[i]gk[ei]t u[nd] räsonnir[en]d[e] Verst[an]d[e]s Thät[i]gk[ei]t - e[n]tst[an]d der Pharisäis[mu]s u[nd] Saduzäis[m]us -“. 1499 „Wahrh[ei]t“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Reinheit“. 1500 „d[er] ursp[rüng]l[ichen] Off[e]nb[aru]ng“ über der Zeile. 1501 „Unvollkommenh[ei]t d[er]“ über der Zeile. <?page no="192"?> 182 wahren Ueberlief[e]r[u]ng 1502 u[nd] - wie sich ja dieß noch jetzt in der Erfahr[u]ng zeigt - zu Verfälsch[u]ng der reinen R[e]l[i]g[io]nslehre verleiteten. 1503 War aber nun einmal d[ie]se Bahn eingeschlagen, dann konnte es leicht geschehen, daß selbst jene Kräfte u[nd] Thätigk[ei]t[e]n u[nd] jene rel[i]g[iö]s[en] Anordnungen, die sonst 1504 dazu dienen konnten, das urspr[ü]ngl[ich] wahre r[e]l[i]g[iö]s[e] Bewußts[eyn] in seiner Einheit 1505 u[nd] Wahrheit zu erhalten, zu noch größerer Zersplitterung beitrugen, wie eben gezeigt wurde; 1506 ich meine nämlich die äußere Darstell[u]ng des Göttlichen d[u]rch die Produkte der Phantasie in Bildern, als Zeichen u[nd] Symbolen des Göttlich[en]. Dieses feste, bestimmte Fixiren innerer Vorstellungen in äuß[eren] Bildern ist ja sonst geeignet [,] das innere 1507 Schwanken u[nd] Verändern d[ie]s[e]r Vorstell[u]ng[e]n zu vermeiden u[nd] sie in ihrer Identität zu erhalten u[nd] zu überliefern. - In uns[erem] Falle aber, bei der innern Unklarheit u[nd] schon eingetreten[en] 1508 Verworrenheit des Göttlichen im Innern, war die äußere 1509 [61rl/ 61vr] Darstell[u]ng selbst sehr schwankend u[nd] v[on] Zufälligk[ei]t[en] abhängig u[nd] dadurch sehr mannigfaltig u[nd] verschieden. Da aber dann wiederum d[ie]se Darst[e]ll[u]ng[en,] Symbole selbst in ihrer Verschiedenheit häufig an die Stelle des Dargestellten, des Göttlichen traten, so ward die Zersplitter[u]ng noch größer. 1510 Die 1511 Wiss[e]ns[c]h[a]ft [,] die sich nach u[nd] nach entwickelte, wurde th[ei]ls selbst v[on] der rechten Bahn u[nd] v[on] ihrem sonst natürl[ichen] Streben nach Einheit 1512 abgeleitet, 1513 wie wir das bei der Entsteh[u]ng des Dual[i]sm[us] eben gesehen haben, th[ei]ls kam sie zwar zu d[ie]s[e]m angestrebten Einheitsziele für alles Daseyende, aber 1502 Randbemerkung [61rr] : „d[en] Spiegel des Geistes trübten - in dem die G[o]tt[e]sidee dad[ur]ch verdunkelt ward“. 1503 Randbemerkung [61rr] : „Weiterer Verlauf d[u]rch Phantasie u[nd] Bilder - Polyth[ei]sm[us]“. 1504 „sonst“ über der Zeile. 1505 Ursprüngliches „Reinheit“ durch Überschreibung zu „Einheit“ korrigiert. 1506 Randbemerkung [61rr] : „Die Polyth[ei]s[me]n hielt[en] die Leb[en]d[i]gk[ei]t d[e]r G[o]tth[ei]t fest - ohne Ei[n]h[ei]t [.] Der Abstracte Monoth[ei]s[mus] die Ei[n]h[ei]t - ohne Leb[en]d[i]gk[ei]t. Buchstab[en]di[en]st - B[e]gr[i]ffsdi[en]st“. 1507 „innere“ über der Zeile. 1508 „schon eingetreten[en]“ über der Zeile. 1509 Randbemerkung mit Einfügungszeichen [61rr] : „Ob[en]“. Offensichtlich ist damit die mit demselben Einfügungszeichen und mit dem Hinweis „Unt[en]“ eingeleitete Randbemerkung [61rr] gemeint, die allerdings wieder gestrichen wurde: „d[a]h[er] anfängl[ich] zwar nur [„zwar nur“ über der Zeile] als paßend[e] Zeichen [„Symbole“ über der Zeile] für d[ie] G[o]tth[ei]t angesehen werd[en] mocht[en], bald aber für d[ie] G[o]tth[ei]t selbst gelt[en] - todter Buchstabe [,] nachdem der G[ei]st entfloh[en] war -“. 1510 Einfügung am Seitenrand [61vl] : „Ob[en] Da d[er] Buchstabe d[a]s äuß[ere] Zeich[en] blieb, der Geist erlosch [,] so ward d[ie] Wahrh[ei]t verlor[en]“. 1511 „nach u[nd] nach sich entwickelnde“ in der Zeile gestrichen. 1512 Randbemerkung [61vl] : „Einig[un]gsstreb[en] d[u]rch Wiss[e]ns[c]h[a]ft a) konnte ins J[en]seits [n]i[c]ht dring[en] b) ward i[m] Einig[un]gsstr[e]b[en] taus[en]df[a]lt[i]g beirrt d[u]rch Wahr[ne]h[m]u[n]g d[e]s Bös[en]“. 1513 Einfügung am Seitenrand [61vl] : „aber durch die Wahrnehmung des so übermächtig herrs[c]h[en]d[en] Bösen u[nd] Irrthu[m]s - d.h. die Wahrnehmu[n]g des Irrth[ums] u[nd] d[e]s Bös[en] zeugte wieder Irrthum u[nd] Böses -“. <?page no="193"?> 183 das Resultat war nur ein sehr unbestimmtes, fast negatives, sie kam näml[ich] zur Behaupt[u]ng, eines Unendlichen, Namenlosen, Unerkennbaren, Verborgenen, Unaussprechlichen, 1514 weiter kann in der That auch die Wiß[e]nschaft für sich allein, d[u]rch bloße Betracht[u]ng der Welt nicht in der Erk[e]n[n]tn[i]ß des Göttlichen kommen, wie wir später sehen werden. Aber auch d[ie]s[e]s unvollständ[i]ge Resultat, das wenigstens auf die Einheit G[o]tt[e]s hinwies u[nd] den (sic! ) Aberglauben u[nd] d[er] Vielgötterei widerstehen mußte, war der groß[en] Menge unzugänglich, war u[nd] blieb r[e]l[i]g[iö]s[e] Geheimlehre der Priester u[nd] Gebildeten - d[a]s Volk würde sich auch mit d[ie]s[e]m Unbestimmten, Unverständlichen schwerlich begnügt u[nd] zufrieden gegeben haben, denn es fordert auch in der R[e]l[i]g[io]n stets etwas Bestimmtes, Klares, Nennbares u[nd] wo möglich auch Sichtbares. 1515 Das konnte jener spekulative Pantheismus der alt[en] oriental[ischen] R[e]l[i]g[io]n[en] nicht geben 1516 [,] so wenig als der in uns[erer] Zeit. 1517 IV 1518 [)] Der Verlauf der R[e]l[i]g[io]nsentwickl[u]ng ist also im Großen u[nd] Ganzen ungefähr folgender 1519 : Der urspr[ü]ngl[ich] einheitliche, wahre G[o]tt[e]sglaube geht nach u[nd] nach über in Verehr[u]ng der Welterscheinung[en] im Großen u[nd] bei noch tiefern (sic! ) Fall in Verehrung einzelner, zufällig auffallender sinnl[icher] Gegenstände [,] mit andern Worten der Glaube geht über in Aberglauben, th[ei]lw[ei]se od[er] größtenth[ei]ls ganz bis auf wenige Spuren von noch übriger Ahnung des wahren göttl[ichen] Wesens. 1520 Der Aber- [61vr/ 62rl] I [.] Kap[itel] 1521 §: 12 1522 F[o]rts[e]tz[u]ng glaube näml[ich] ist nichts Andres, als im Grunde genommen dieß 1523 [,] daß unbedeutenden od[er] wenigstens rein natürlichen 1524 Dingen od[er] zufälligen Ereignissen u[nd] Erscheinungen unmittelbare göttl[iche] Wirk[u]ng zugeschrieben wird, daß darin unmit- 1514 Randbemerkung [61vl] : „Abstracte Ei[n]h[ei]t - Gedank[enein]h[ei]t -“. 1515 Randbemerkung [61vl] : „Ob damit Alles erklärt - ob Orakel etc., ob [n]i[c]ht Dämon[en] nothw[en]d[i]g. - Die Mögl[ic]hk[ei]t ist [n]i[c]ht abzuspr[e]ch[en] - aber d[ie] Wirkl[i]chk[ei]t [n]i[c]ht zu bew[ei]s[en] - da wir die ... (? ) Kräfte des Mensch[en]w[e]s[en]s noch ni[c]ht g[e]nug kannten. -“ 1516 Einfügungszeichen in der Zeile, dem aber am Seitenrand keine Randbemerkung zugewiesen wird. 1517 Einfügung am Seitenrand [61vl] : „Er konnte dem Polytheismus u[nd] Volksglaub[en] [„u[nd] Volksglaub[en]“ über der Zeile] zerstör[en], aber nicht eine neue R[e]l[i]g[ion] gründ[en]“. 1518 „IV“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 1519 Einfügung über der Zeile: „v[on] subj[ectiver] Seite gefaßt - v[on] Seite des rel[i]g[iö]s[en] Subjectes nicht mehr d[e]s verehrt[en] Objectes betrachtet“. Randbemerkung [61vl] : „V[on] Seite des rel[i]g[iö]s[en] Subjectes das Vorige betrachtet -“. 1520 Randbemerkung [61vl] : „Obj[ect: ] a) äußerl[iches] Obj[ect] sub[jectiv] a) Ab[e]rglaube - Ueberg[an]g ... (? ) b) Streb[en] nach Vergeist[i]g[un]g - Symb[ol] Thiere, b [)] Irrglaube (Heid[en]th[um]) M[e]ns[c]h[en], Götter c) Verallgemei[nerun]g - Unb[e]greifl[iches] Allgemeines c [)] Unglaube“. 1521 „Rel[i]g[io]nsphilos[ophie] 20“ am oberen Seitenrand [62rr] ; „20“ bezeichnet den Bogen. 1522 „16“ über der Zeile. 1523 „dieß“ über der Zeile. 1524 „zufälligen“ in der Zeile gestrichen. <?page no="194"?> 184 telbare göttl[iche] Manifestation erblickt u[nd] verehrt od[er] noch mehr Solches für das Göttliche selbst hält. 1525 Der Aberglaube mischt sich zwar mehr od[er] weniger in alle R[e]l[i]g[io]nen, er entspringt aus dem irdis[c]h[en] Sinne des Menschen, aus sein[em] übermäß[i]g[en] Haften am Sinnliche[n] u[nd] Sichtbaren; aber eig[e]ntl[ich] die R[e]l[i]g[io]n des Aberglaubens kat’ evxoch,n ist der sog[enannte] Fetis[c]hismus [,] den man auch wohl s[c]hon 1526 die R[e]l[i]g[io]n der Zauberei genannt hat. Der Aberglaube ist ein Kind der Unwissenh[ei]t 1527 , des Mangels an Denken, u[nd] ist der tiefsten Culturstufe am meisten eigen; 1528 obwohl er auch oft aus Schuldbewußtseyn u[nd] Furcht entspringt vor der G[o]tth[ei]t, wo der Mens[c]h nach allem Möglichen greift [,] um sich dad[u]rch zu schützen u[nd] Versöhn[u]ng zu bewirken. Große Sünder werden später häufig abergläubische Menschen, wie große Verschwender häufig die ärgsten Geizhälse. 1529 Sobald dann aber das Nachdenken bei d[en] Völkern mehr erwachte, sobald die geist[i]g[en] Kräfte Phantasie u[nd] Verstand thätig wurden u[nd] in der eben bezeichneten Weise Symbole u[nd] Zeichen schuf[en] für die Gotth[ei]t u[nd] 1530 ihre Eigenschaften u[nd] Kräfte in mehrere Götter zertheilten; so entstand, da einmal d[ie]se falsche Bahn eingeschlagen war, d[u]rch d[ie]se G[ei]st[e]sthätigk[ei]t der Irrglaube. 1531 D[ie]s[e]r besteht näml[ich] darin, daß das Göttliche zwar nicht mit dem Sinnlich[en,] Aeußerlichen vermischt u[nd] verwechselt wird, wie dieß beim Aberglauben der Fall ist, wohl aber geist[i]g 1532 unrichtig aufgefaßt und dargestellt wird. Der Aberglaube ist eine Verkehr[u]ng des Göttlichen in’s Sinnliche u[nd] Aeußerliche; der Irrglaube ist eine Verzerrung des Göttlichen in Gedanken u[nd] Vorstellungen. Der Aberglaube ist das Resultat der Unwissenheit u[nd] Unthätigk[ei]t des Geistes, der Irrglaube aber das Resultat falschen Wissens u[nd] irrender Geistesthätigk[ei]t. Uebrigens [62rl/ 62vr] ist es schwer [,] 1525 Randbemerkung [62rr] : „ad a) Wahre R[e]l[i]g[ion] - Glaube b) Trüb[un]g der wahr[en] R[e]l[i]g[io]n - Aberglaube c) Falsche R[e]l[i]g[ion] - Irrglaube d) Keine R[e]l[i]g[io]n - Unglaube Aberglaube (B[e]i[m] Abergl[a]ub[en] kann [„kann“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „liegt“] noch der recht[e] Gl[a]ub[e] zu Gru[n]d[e] liegen [„liegen“ über der Zeile] - nur ist er d[u]rch f[a]ls[c]hes Beiwerk überwuchert [.] Nur Fetischismus geht ganz in Abergl[a]ube auf -)“. 1526 „s[c]hon“ über der Zeile. 1527 Einfügung am Seitenrand [62rr] : „der G[ei]st[e]sschwäche“. 1528 Randbemerkung [62rr] : „- (Aberglaube in Irrgl[a]ube umschl[a]g[en]d - z.B. Reform[ation] - Ablaß = Aber-gl[a]ube - in Irrgl[a]ub[e])“. 1529 Später in die Zeile und am Seitenrand [62rr] eingefügt: „- So auch bei d[en] Völk[er]n im Groß[en] - in verderbt[en], liederl[ichen] Zeit[en], der meiste Unglaube - aber au[c]h d[e]r meiste Aberglaube, - beid[e] häufig in einander überschlagend.“ 1530 Über der Zeile: „od[er]“. 1531 Randbemerkung [62rr] : „Irrglaube“. - Einfügung am Seitenrand [62rr] : „Der Aberglaube des unthätig[en], unbild[en]d[en] u[nd] undenkend[en] G[ei]st[e]s geht über in Irrglaub[e,] wenn d[ie] Thät[i]gk[ei]t d[e]ss[e]lb[en] beginnt - (Ab[e]rglaube Ruhe, Irrglaube, Such[en]) [.] NB [: ] Gleichwohl Aberglaube noch näher oft b[e]i d[er] W[a]hrh[ei]t als Irrglaube - (er glaubt d[a]s W[a]hr[e,] da thät[i]g z[u] find[en,] wo es [n]i[c]ht ist).“ 1532 „geist[i]g“ über der Zeile. <?page no="195"?> 185 beide streng zu scheiden u[nd] in allen heidnisch[en] R[e]l[i]g[io]nen finden sie sich innig verbund[en,] bald der Eine [,] bald der Andere vorherrschend. 1533 Als geschichtl[ich] bestimmte Thatsache kann man behaupten, daß der Irrglaube, das falsche Wissen des Göttlichen - die falschen Götterlehren, Mythologiee[n], Theogonieen, Kosmogonien u.s.w. [,] wie sie sich in den alten R[e]l[i]g[io]nen finden - nicht lange bestehen kann, sond[ern] stets übergeht entweder in Aberglaube - bei den Unwissenden, od[er] in Unglauben, bei den Gebildeten. 1534 Die falschen R[e]l[i]g[io]nen vermögen näml[ich] der Kritik des Verstandes, der Prüfung d[u]rch die W[i]ss[e]ns[c]h[aft,] dem Fortschritt des menschl[ichen] Geistes nicht lange Stand zu halten. Man sieht nach u[nd] nach die Nichtigk[ei]t der Götterlehre u[nd] aller üb[ri]g[en] sich daran knüpfenden r[e]l[i]g[iö]s[en] Bestimmungen ein u[nd] sagt sich los davon, gibt den r[e]l[i]g[iö]s[en] Glauben auf. Da nun aber der menschl[iche] Verstand zwar die falsch[en] Lehren in ihr[er] Falschh[ei]t erkennen u[nd] zerstören, nicht aber - wie die Geschichte bezeugt u[nd] wie wir später aus der Natur der Sache selbst dieß sehen werden - nicht aber sag’ ich selbstständ[i]g, aus eigner Macht die r[e]l[i]g[iö]se Wahrh[ei]t finden u[nd] so die wahre, ächte R[e]l[i]g[io]n auf Erden gründen kann, so bleibt in d[ie]s[e]m Falle der Mensch ganz ohne R[e]l[i]g[io]n [,] d.i. er lebt in Unglauben. - Die Stelle der R[e]l[i]g[io]n soll ihm Bildung [,] Wiss[e]nsch[a]ft, namentl[ich] die Philosophie, irg[e]nd ein philos[ophisches] System vertreten; allein es kommt hiebei zu keiner Gewißheit, da die Wiss[e]ns[c]h[a]ft selbst die Wahrh[ei]t erst sucht, da die philos[ophischen] Systeme sich gegenseit[i]g der Lüge u[nd] Unwahrh[ei]t beschuldigen u[nd] dieß auch sich gegenseitig beweisen. D[a]h[er] dann in solch[em] Zustande geist[i]g[e] Trostlosigk[ei]t, Zweifel, Ungewißheit, geist[i]g[er] Schmerz u[nd] Jammer; th[ei]lw[ei]se Verzweifl[u]ng u[nd] Lebensüberdruß, od[er] thieris[c]he Hingabe an das Sinnliche mit Läugnung einer geist[i]g[en] Welt. - Da aber ein solcher Zustand, weil wider die menschl[iche] Natur, als als (sic! ) unnatürl[iche] nicht lange dauern kann, so stellt sich bald Sehnsucht nach irg[e]nd ein[em] Retter aus der Noth des Geistes dar; u[nd] es bildet sich wieder bei der Erken[n]tniß der geist[i]g[en] Ohnmacht, eine große Geneigth[ei]t zum [62vr/ 63rl] Glauben. Das ist dann die Zeit einer neuen R[e]l[i]g[io]ns- Stiftung oder der Erneu[e]r[u]ng 1535 einer schon bestehenden. - D[ie]s[e]n Verlauf zeigt uns die Geschichte der R[e]l[i]g[io]nen, u[nd] sollen wir Zeiten nennen, wo ein solcher Zustand stattgefunden, so können wir als geschichtl[ich] besonders näher bekannt u[nd] auffallend namentl[ich] zwei bezeichnen; die Zeit kurz vor der Entsteh[u]ng des Chr[i]st[e]nth[ums] u[nd] während der Ausbreit[u]ng desselben; u[nd] die gegenwärt[i]ge Zeit, in der wir leben. - Wir werd[en] hie u[nd] da darauf zurückzukommen noch Gelegenh[ei]t haben. 1536 1533 Randbemerkung [62vl] : „Aberglaube = fals[c]he r[e]l[i]g[iö]s[e] Praxis (Cultus) Irrgl[a]ub[e] = fals[c]he Theorie“. 1534 Randbemerkung [62vl] : „Unglaube.“ 1535 „Reform“ über der Zeile. 1536 Randbemerkung [63rr] : „1) Mit dem Aberglaub[en] kann noch der wahre Glaube verbund[en] sey[n.] - Es wird nur da übernatürl[iche] Kr[a]ft u[nd] Wirk[un]g angeno[mmen,] wo sie [n]i[c]ht ist. <?page no="196"?> 186 §: 13 1537 Wiedervereinigung der Religion[en] zu Einer, der wahren und einzigen. 1538 I) Man hört häufig die Behauptung 1539 , die Vielheit u[nd] Verschiedenheit der Religionen der Völker sei unvermeidlich u[nd] nothwendig [,] d[a]h[er] auch nie zu beseitigen, sie sei begründet in den verschiedenen Volkscharakter[en,] in der eigenthüml[ichen] Beschaffenh[ei]t des Landes u[nd] der dadurch auch begründeten eigenthüml[ichen] Beschaffenheit der menschl[ichen] Natur; der Grund d[ie]s[e]r Verschiedenheit der R[e]l[i]g[io]nen sei eben auch die Endlichk[ei]t, Getheilth[ei]t u[nd] Unvollkommenheit alles Irdis[c]hen. - Damit verbindet sich öfters auch die Behauptung, die R[e]l[i]g[io]nen seyen im Grunde genommen im Wesentlichen alle gleich u[nd] gleich gut, es liege d[a]h[er] Nichts daran [,] welcher man angehöre u[nd] welche mehr od[er] weniger herrschend werde unter den Menschen; denn die Verschiedenheit betreffe nur gleichgültige, unwesentliche Dinge, daß es eine Gotth[ei]t gibt, nehmen ja doch alle an. 1540 Diejenigen, welche so räson[n]iren, müssen wir vor Allem fragen, ob auch das nothw[e]nd[i]g u[nd] unvermeidlich sei nach ihrer Meinung, daß die Einen Menschen für wahr halten, was die Andern für falsch erklären, weil ja doch in beiden Fällen wenigstens dieß das festgehaltene Gemeinsame sei, daß es eine Wahrheit gebe? 1541 ferner (sic! ), ob es gleichgültig u[nd] ganz in der Ordnung sei, daß die Einen Menschen für schön halten, was die Andern für häßlich erklären, weil ja doch wenigstens das Bewußtseyn einer Schönheit in beiden [63rl/ 63vr] Fällen verschieden sei? oder (sic! ) (endl[ich,]) ob sie es für gleichgültig u[nd] unvermeidlich halten [,] daß die Einen Mens[c]hen für gut u[nd] recht erklären, was den Andern für schlecht u[nd] unrecht gilt. - ob (sic! ) sie endl[ich] behaupten [,] die Einen Menschen müßten zwar der Bildung sich erfreuen, die Andern aber in ihr[er] Rohheit immerfort bleiben? Sie werden dieß zuverläßig verneinen [,] in d[ie]s[e]r Allgemeinheit wenigstens; es sind ja unter d[ie]s[e]n geg[en] die R[e]l[i]g[io]n so Gleichgültigen Viele, die dafür schwärmen, daß alle Völker u[nd] Menschen wissensch[a]ftl[ich] ästhetisch u[nd,] wenn auch nicht moralisch [,] doch juristisch gebildet werden sollten, daß die Bildung allgemein werden, 2) Der Irrglaube besteht aber s[c]hon in fals[c]her Auffaß[un]g d[e]s Göttl[ichen] selbst (d[e]s Wes[en]s, Eig[en]s[c]haft[en] etc. d[e]ss[e]lb[en] [)] 3) Der Ungl[a]ube in gänzl[icher] Läug[n]u[n]g etc.“ 1537 Über der Zeile: „(8)“. 1538 Über der Zeile: „(Ziel d[e]s histor[ischen] [„histor[ischen]“ über der Zeile] Proceßes od[er] Wiederherst[e]ll[un]g der wahr[en] R[e]l[i]g[ion])“. 1539 Einfügung am Seitenrand [63rr] : „selbst v[on] Solchen, die d[ie] Nothw[en]d[i]gk[ei]t der R[e]l[i]g[ion] anerkennen [.] - Zwei Fragen sind in d[ie]s[em] §: zu beantwort[en: ] 1) ob? 2) wie? eine Wiederverein[i]g[u]ng z[u] St[a]nde kommen soll u[nd] kann.“ 1540 Randbemerkung [63rr] : „Wahres ist daran wohl - die Will[en]su[nd] Herzensmeinu[n]g ist dieselbe - u[nd] ist anzuerk[ennen,] so lange der Fehler nur i[n] d[er] Ei[n]si[c]ht [,] [n]i[c]ht im Will[en] liegt. - Nur d[ie] F[ra]ge ist gemeinsam - d[ie] Antwort [n]i[c]ht“. 1541 Randbemerkung [63rr] : „D[a]s Gemei[n]same [,] z.B. dieselbe F[r]age nach Wahrh[ei]t - wird hier eb[en] Veranlaßu[n]g zur Verschied[en]h[ei]t, d.h. z[u] verschied[ener] Beantwortu[n]g! “ <?page no="197"?> 187 sich üb[er] d[a]s ganze M[e]nschengeschlecht erstrecken solle 1542 . Ja [,] Leute d[ie]s[e]r Art, die Solches behaupten, stellen nicht selten Theorieen auf 1543 über das Wahre, Gute u[nd] Schöne u[nd] verlangen, daß alle Menschen sie anerkennen sollen, als das allein Richtige u[nd] Wahre. Ist das nicht ein Widerspruch mit der Behauptung [,] daß d[e]s Endlichen Natur es mit sich bringe, daß d[ie] Mens[c]hh[ei]t sich auch auf dem geist[i]g[en] Gebiete des Erkennens, Wollens u[nd] Gefühls nie einige? 1) 1544 So wahr aber alle Menschen im Wesentlichen dieselbe Natur, dieselben Geistesgesetze u[nd] G[ei]st[e]skräfte u.s.w. haben, so wahr u[nd] naturgemäß ist auch die Ford[e]r[u]ng, daß sie in ihrem Erkennen, Wollen u[nd] Gefühl übereinstimmen; 2) 1545 das wirkl[ich] Wahre, Gute u[nd] Schöne müssen 1546 alle als Solches erkennen u[nd] annehm[en,] nicht aber ist dieß naturgemäß, daß in alle Ewigkeit die Einen für falsch halten, was die Andern als wahr annehmen, die Einen für gut, was die Andern schlecht nennen etc. Denn das ist ja noch gar keine Einheit, daß doch Alle irg[e]nd Etwas für wahr, gut, schön etc. halten u[nd] erklären; 1547 denn gerade da liegt ja der Widerspruch, daß sie den an sich leeren Begriff der Wahrheit mit ganz verschiedenen Dingen ausfüllen! II) Aehnlich verhält es sich nun mit der Religion. Der Centralpunkt derselben, um den sich alles Andere anschließt, ist das Bewußtseyn der Gotth[ei]t, des Göttl[ichen]. 1548 [63vr/ 64rl] I [.] Kap[itel] 1549 §: 13 1550 F[o]rts[e]tz[u]ng. Das bloße Bewußtseyn eines Göttlichen genügt aber nicht; 1551 Alles kommt darauf an, was man unt[er] d[ie]s[e]m Göttlichen sich vorstellt u[nd] glaubt. 1552 Es kann ja das Unwürdigste, Gemeinste für das Göttliche gehalten werden - wie es auch wirkl[ich] geschieht; u[nd] auch das kommt vor [,] daß die Einen für göttl[ich] halten [,] was die Andern für ungöttlich erklären. Ist nun dieß naturgemäß, ist da Einheit im Wesentlichen, weil ja doch beide darin übereinstimmen [,] daß es Ein Göttliches, Eine Gottheit gebe? Niemand wird 1542 „solle“ über der Zeile. 1543 „auff“ durch Streichung zu „auf“ korrigiert. 1544 „1)“ im Nachhinein an den Zeilenanfang [63vl] gesetzt. 1545 „2)“ im Nachhinein an den Zeilenanfang [63vl] gesetzt. 1546 „sollen“ über der Zeile. 1547 Randbemerkung [63vl] : „Das deutet nur vorläuf[i]g die Fäh[i]gk[ei]t u[nd] d[a]s Bedürfniß an [,] irg[e]nd etwas für wahr etc. zu erkenn[en]“. 1548 Randbemerkung [63vl/ 64rr] : „D[a]s bloße Bewußts[eyn] eines Göttlichen genügt [n]i[c]ht - d[a]s daß, s[on]d[ern] d[a]s was [.] [63vl/ 64rr] Der Drang [,] der im ‚daß’ liegt, will aber gestillt werd[en], doch d[a]s ‚was’ des G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn]s“. 1549 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 21“ am oberen Seitenrand [64rr] ; „21“ bezeichnet den Bogen. 1550 „(8)“ über der Zeile. 1551 Einfügung am Seitenrand [64rr] : „zur wirkl[ichen] R[e]l[i]g[io]n - das Bewußtsey[n,] daß es eine G[o]tth[ei]t, ein Göttliches gebe, d[a]s all[en] R[e]l[i]g[ionen] gemein ist [„d[a]s all[en] R[e]l[i]g[ionen] gemein ist“ über der Zeile] [,] gereicht nicht - man muß au[c]h erk[ennen,] was d[a]s Göttl[iche] sey [.] - Jen[e]s daß deutet blos die Anlage u[nd] d[a]s Bedürf[n]iß ... (? ) an.“ 1552 Randbemerkung [64rr] : „Der bloße Begriff ist noch leer - es kommt erst darauf an [,] ihn mit einem Inhalt auszufüllen. - Der B[e]gr[i]ff Ei[n]h[ei]t od[er] Eins als Wert od[er] Zahl ist unsichtbar.“ <?page no="198"?> 188 dieß behaupten u[nd] 1553 d[ie]s[e]n Zustand für unvermeidlich, für naturgemäß erklären 1554 ! Da 1555 es nur Einen Gott gibt u[nd] geben kann, 1556 weil es nicht möglich ist [,] daß zwei oder mehrere unendliche, absolute Wesen nebeneinander existiren, so kann es auch nur Eine absolut 1557 wahre, vollkommene R[e]l[i]g[io]n geben, diej[enige] nämlich, welche ihn am vollkommenst[en] erkennt in s[einem] Wesen, sein[en] Eigensch[a]ft[e]n, sein[em] Willen u.s.w. Alle andern sind falsch 1558 , mehr od[er] weniger [,] u[nd] sie haben nicht die Aufgabe [,] in d[ie]s[e]m Zustand der Falschh[ei]t zu bleiben, sond[ern] nach der Wahrheit zu streben [,] u[nd] je mehr sie diesem 1559 Ziele nahen, desto mehr verschwindet die Verschiedenheit der R[e]l[i]g[io]n[en,] desto mehr tritt die Einheit hervor. Niemand wird läugnen [,] daß das ganze menschl[iche] Geschlecht in sein[er] geschichtl[ichen] Entwickl[u]ng die Aufgabe habe [,] nach immer größerer Vollkommenh[ei]t in allen Dingen zu streben 1560 u[nd] daß jeder Einzelne die näml[iche] Aufgabe für seinen Theil u[nd] seinen Kräften angemessen habe. 1561 Die näml[iche] Aufgabe wie im Allgem[einen] hat die Mens[c]hh[ei]t u[nd] der Einzelne auch in Bezug auf die R[e]l[i]g[io]n. 1) 1562 Da es nun nur Eine absol[ute] 1563 Wahrh[ei]t gibt [,] die erkannt werden soll, nur Ein absolut Gutes, 1564 dem nachzustreben ist, nur Ein absolut S[c]hönes, das der einzige Maaßstab seyn muß für die Beurtheil[un]g alles Andern, ob es s[c]hön sei od[er] nicht [.] - 1565 2) 1566 Da dann in gleicher Weise die menschl[iche] Natur u[nd] die menschl[ichen] Kräfte wesentl[ich] überall dies[e]lb[e]n sind, also dies[e]lbe Thätigk[ei]t entwickeln, dasselbe [64rl/ 64vr] Ziel verfolgen können; 1567 1553 Unleserliches Wort in der Zeile gestrichen. 1554 „erklären“ in der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „finden“. 1555 „Wenn“ über der Zeile. 1556 Randbemerkung [64rr] : „Nur Ein wahr[er] G[o]tt [,] d[a]h[er] nur Eine wahre R[e]l[i]g[io]n - welche? “ 1557 „absolut“ über der Zeile. 1558 Einfügung am Seitenrand [64rr] : „schon in d[ie]s[er] B[e]z[ie]h[u]ng“. 1559 „diesem“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „dieß“. 1560 Randbemerkung [64rr] : „Ind[em] nach höh[erer] Vollk[ommen]h[ei]t der Ei[n]si[c]ht i[m] Gebi[e]t d[er] R[e]l[i]g[io]n gestrebt wird - [m]uß na[c]h Ei[n]si[c]ht gestrebt werd[en]. -“ 1561 Randbemerkung [64rr] : „D[ie]s[e]lb[e] Bild[u]ng für Alle macht man geltend - waru[m] nicht d[ie]s[e]lb[e] Erk[enn]t[n]iß od[er] gl[ä]ub[i]ge Annahme der Wahrh[ei]t bei All[en]? “ 1562 „1)“ im Nachhinein an den Zeilenanfang gesetzt; zusätzlich am Seitenrand [64rr] : „1)“. 1563 „absol[ute]“ über der Zeile. 1564 „das“ in der Zeile gestrichen. 1565 Randbemerkung [64rr] : „(so kann nur Eine R[e]l[i]g[io]n d[ie]s[e]n wahren Inhalt haben (- aber ist er nicht zersplittert [,] d[ie]s[e]r Inhalt [,] so daß d[as] Ein[e] d[a]s Wahre [,] die And[e]rn d[a]s Gute - u[nd] d[ie] Andern d[a]s S[c]höne [„vorherrs[c]h[en]d“ über der Zeile] erkenne[n]? - Nein, denn [n]i[c]ht um Ird[i]s[c]h[e]s handelt es sich, sond[ern] um d[ie] absolute Einheit v[on] All[em] d[ie]s[em.] - Einseit[i]g ist immer d[a]s Absolute, Gott aufgefaßt (? )“. 1566 „2)“ im Nachhinein an den Zeilenanfang gesetzt; zusätzlich am Seitenrand [64rr] : „2)“. 1567 Im Nachhinein über und in die Zeile eingefügt: „so sind sie bestimmt [,] gleiche Thät[i]gk[eit] in d[er] R[e]l[i]g[io]n zu entwick[e]l[n]“. <?page no="199"?> 189 da also die Menschh[ei]t geistig um so mehr zur Uebereinstimmung kommt, je mehr es diesem seinem höchsten Ziele näher kommt 1568 u[nd] da 1569 die ganze Natur u[nd] Weltgeschichte auf solche Einheit hinweist. 1570 so (sic! ) ist gar kein Zweifel [,] daß auch die R[e]l[i]g[io]n[e]n der Völker nicht 1571 in ihrer Verschiedenheit zu bestehen die Aufgabe haben, denn je verschiedener sie wären, desto mehr würden sie noch von der Wahrh[ei]t u[nd] Vollkommenh[ei]t, die ja 1572 sie einigen müßte, entfernt seyn - sond[ern] auch in Bezug auf die R[e]l[i]g[io]nen muß d[ie] Mens[c]hh[ei]t die Aufgabe haben [,] nach Einheit zu streben; d.h. jede R[e]l[i]g[io]n muß die Wahrheit u[nd] d[as] Gute 1573 zu erkennen streben; u[nd] da d[ie]s[e]s nur Eines seyn kann, so sind auch die R[e]l[i]g[io]nen Eins geworden, wenn sie d[ie]s[e]s Ziel erreicht haben. 1574 1568 Einfügung über der Zeile: „gleich[en] Inhalt sucht - u[nd] gleiche Thät[i]gk[ei]t entwickelt -“. 1569 „da“ über der Zeile; „d[a]h[e]r“ in der Zeile gestrichen. 1570 Randbemerkung [64vl] : „(NB [: ] Sch[e]ll[i]ng nennt d[ie] heidn[i]s[c]h[en] R[e]l[i]g[io]nen ‚wild wachsende’ [,] u[nd] das ist richtig. D[ie]se Wildniße der R[e]l[i]g[io]n sollen aber cultivirt werden - d[a]s Unkraut soll ausgereutet u[nd] gute Fruchtart[en] gepflanzt werd[en] - Pflanze ist d[a]s Unkraut auch, aber ist es darum weder so gut wie d[ie] gut[en] Fruchtart[en,] soll es nicht ausgereutet werd[en]? D[a]s Chr[i]st[e]nth[um] ist d[a]s geist[i]g[e] Paradies mitt[en] in der g[ei]st[i]g[en] [„g[ei]st[i]g[en]“ über der Zeile] Wildniß der üb[ri]g[en] R[e]l[i]g[io]ne[n.] Wie d[a]s Paradies ein Gart[en] war [,] v[on] Gott gepflanzt [„v[on] Gott gepflanzt“ über der Zeile], der d[u]rch M[e]ns[c]h[en]pflege sich ausbreit[en] sollte üb[er] d[ie] ganze Erde - so soll d[a]s Ch[ri]st[en]th[um] gepflegt v[on] Gott sich d[u]rch M[en]s[c]h[en]-Mühe ausbreit[en] üb[er] d[ie] ganze Erde.) -“ Darunter [64vl] : „a) Alle M[en]s[c]h[en] w[e]s[en]tl[ich] gl[e]i[c]he Kräfte b) für alle gilt dass[e]lbe als irrige etc. c) Alle näher[n] si[c]h der Ei[n]h[ei]t [,] u[m] so mehr als sie d[ie]s[e]s Wahre erk[ennen] - d[a]h[er] d[ie] R[e]l[i]g[ion] etc.“ 1571 „nicht“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „immer mehr“. 1572 „ja“ über der Zeile. 1573 „u[nd] d[as] Gute” über der Zeile. 1574 Einfügung am Seitenrand [64vl] : „(Wenn man sagen wollte [,] je das Eine Wahre bricht sich in d[ie]s[e]r Welt in vielen verschieden[en] Strahlen u[nd] erscheint verschieden [,] d[a]h[er] auch d[ie]se Verschied[e]nh[ei]t der Ansichten etc. [,] so ist d[a]g[e]g[e]n zu sagen: jedenf[a]lls müssen dann d[ie]se Strahlen selbst auch richtig erkannt werden u[nd] auch d[ie]se richt[i]ge Erk[e]n[n]tn[i]ß ist nur Eine, nicht aber darf der Eine dens[e]lben Strahl so deuten, der Andere anders etc. [,] es könnte jed[e]nf[a]lls nur Eine Deutung die richtige seyn. -“ Schließende Klammer fehlt. Darunter [64vl] : „(Jede R[e]l[i]g[io]n hätte demnach Ein[en] Strahl der Wahrh[ei]t. Aber sie sind vers[c]hied[en] u[nd] entgeg[en]gesetzt. - Könnten denn die einzel[nen] Strahl[en] ders[e]lb[en] Wahrh[ei]t sich entgeg[en] gesetzt sey[n] od[er] widersprechen? Es ist ders[e]lbe Strahl der W[a]hrh[ei]t [,] nur in and[erer] Form - da gilt d[a]ss[e]lbe [,] wenn wir d[a]s zugeben wollt[en] [„wenn wir d[a]s zugeben wollt[en]“ über der Zeile]. Die Eine Form wird wohl vollkomm[ener] sey[n] als die Andere - d[a]h[er] die unvollkommen[en] zu weich[en] hab[en]) [.] - Hätte es ein[en] Sinn zu sag[en]: In Betr[e]ff der Sonn[en]beweg[un]g hatt[en] die frühern M[e]ns[c]h[en] ein[en] Strahl d[e]r Wahrh[ei]t - u[nd] die später[n]? - Nur all[en]f[a]lls in B[e]zug auf Will[en]sstreb[en] u[nd] Herz[en]smeinung kann all[en] R[e]l[i]g[ionen] ein gewisser Werth zugest[a]nd[en] werd[en] - u[nd] da ist die unvollkommenste R[e]l[i]g[ion] noch beßer als gar k[e]i[ne] - für Glü[c]k, Fried[en] d[e]s Leb[en]s etc. Jed[en]f[a]lls würde die R[e]l[i]g[io]n [,] die Vollkomm[en]ste [,] also auch am meist[en] berecht[i]gt sey[n] - welche alle Strahl[en] d[e]r W[a]hrh[ei]t in sich einigte. - Zud[em] negire[n] ja die R[e]l[i]g[ionen] einander - si[n]d also [n]i[c]ht eig[en]tl[ich] gl[e]iche Strahl[en] -“. <?page no="200"?> 190 Es fragt sich nur darum, auf welche Weise diese Einheit der R[e]l[i]g[io]n hergestellt werden soll od[er,] was dass[e]lbe ist, wie die einzig 1575 wahre R[e]l[i]g[io]n zu gründen u[nd] geltend zu machen sei 1576 . III) 1577 Wir haben also nachzufors[c]hen [,] 1) Wie die wahre Religion zu finden oder wiederherzustellen; 1578 wie diese dann eingeführt u[nd] geltend gemacht u[nd] auf diese Weise also die Einheit der R[e]l[i]g[io]n wieder gebracht werden soll in der Menschheit. 1579 Die wahre R[e]l[i]g[io]n muß a) 1580 entweder v[on] der Menschh[ei]t selber, also durch mens[c]hl[iche] Kräfte u[nd] Thätigk[ei]t [,] wieder hergestellt oder neu gefunden werden; oder b) 1581 die Gotth[ei]t muß, wie sie am Anfang des M[e]ns[c]h[e]ngeschlechts durch eine Uroff[e]nb[a]r[u]ng - wie wir gesehen - die R[e]l[i]g[io]n begründet hat, so auch jetzt die zerrüttete u[nd] verkommene wiederherstellen. ad a) 1582 Sollte sie d[u]rch den Mens[c]hen selber in ihr[er] vollkommenen Wahrheit wiedergefunden u[nd] hergestellt werden, so könnte dieß nur geschehen auf der Grundlage der ihm eingebornen Gottesidee, die durch die Anstreng[u]ng des Geistes in Betracht[u]ng der Natur u[nd] des eignen innern 1583 Wesens 1584 zur Reinheit u[nd] Klarheit erhoben werden müßte. 1585 Nun haben wir aber a) 1586 gesehen, daß die eingeborne G[o]tt[e]sidee nicht anders zum Bewußtseyn [64vr/ 65rl] kommt als durch anfängl[iche] Belehr[u]ng, Unterricht; u[nd] daß sie zunächst 1587 zu dem Grade v[on] Klarheit kommt [,] der in der jedesmal[i]g[e]n R[e]l[i]g[io]nsgenossens[c]haft selber erreicht ist, daß sie d[ie]s[e]r auch in ihr[er] Entwickl[un]g ganz verunstaltet, ganz verkümmert werden könne, wie dieß auch unendl[ich] viele Male geschieht. 1588 1575 „einzig“ über der Zeile. 1576 „geltend zu machen sei“ in der Zeile ersetzt zuvor in der Zeile gestrichenes „herzustellen ist“. 1577 „Ein Doppeltes“ in der Zeile gestrichen. 1578 „2)“ in der Zeile gestrichen. 1579 „ad 1)“ in der Zeile gestrichen. 1580 „a)“ über der Zeile. 1581 „b)“ über der Zeile. 1582 „ad a)“ vor der Zeile am Seitenrand [64vl] ; korrespondierendes „ad b)“ unauffindbar. 1583 „innern“ über der Zeile. 1584 „der Geschichte“ über der Zeile. 1585 Über und neben den ersten Zeilen der folgenden Seite [65rl] : „Die allg[emeine] Gru[n]dlage d[ie]s[e]r Reform müßte die imma[nen]te G[o]tt[e]sidee bild[en.] - Auf d[ie]ser Gru[n]dlage kö[nn]te d[a]h[er] Ph[a]ntasie - Woll[en] od[er] Erk[ennen] di[e] Reform ges[c]heh[en.] All[ein] schon die allg[emeine] Gru[n]dlag[e] ist ja unvollk[ommen] -“. Randbemerkung [65rr] : „Ob durch d[ie] bloße Idee v[on] G[o]tt Reform mögli[c]h [.-] Ob du[rc]h Phantasiethät[i]gk[ei]t [.-] Ob du[rc]h Will[en.] - Ob du[rc]h Erk[enn]t[ni]ßk[ra]ft“. Darunter [65rr] : „Je unvollkomm[en]er d[a]h[er] d[ie] R[e]l[i]g[ion] wird, je reformbedürft[i]g[e]r, desto ohnmächt[i]g[e]r wird d[ie]se eingeborne Idee bleib[en] in ihr[er] Entwickl[un]g, desto unfähiger also au[c]h d[ie] M[en]s[c]hh[ei]t werd[en,] sich selbst zu reformi[ren]“. 1586 „a)“ über der Zeile. 1587 „zunächst“ über der Zeile. 1588 Einfügung am Seitenrand [65rr] : „wod[u]rch die Fäh[i]gk[ei]t der Ausgest[a]lt[un]g d[u]rch eigne Thät[i]gk[ei]t immer schwächer wird [.] - Bei d[en] Wild[en] weiß man v[on] k[e]i[nem] r[e]l[i]g[iö]s[en] Reformer“. <?page no="201"?> 191 Wir haben dann b) 1589 gesehen, daß die Natur in ihr[en] Erscheinungen allerdings die Ahnung des Göttlichen gewaltig errege u[nd] 1590 demselben Anerkennung gleichsam erzwinge. 1591 Aber für sich allein vermag die Natur d[ie]se Ahnung des Göttlichen zu keinem 1592 klaren, reinen Bewußtseyn zu bringen; vielmehr zeigt die Geschichte, daß [,] wenn die Idee des Göttlichen einmal getrübt ist, die Natur sich gar leicht selber an die Stelle der Gotth[ei]t setzt, weil sie der Kurzsichtigk[ei]t des Menschen in d[ie]s[e]m Falle am meisten imponirt, so daß er glaubt [,] auf sie beziehe sich die innere Ahnung des Göttlichen, in ihr erblicke er die Realisir[u]ng der dunklen Idee v[on] d[er] Gotth[ei]t. Er kann diese nicht mehr im Uebersinnlichen suchen u[nd] noch weniger daselbst finden. - 1593 g) 1594 Aber die Kräfte des mens[c]hl[ichen] Geistes, wenn sie einmal bis zu einem gewissen Grad gebildet sind, die werden doch im Stande seyn, getragen v[on] jener angebornen Idee v[on] G[o]tt, die zuerst als Ahnung desselben thätig ist, zur Klarheit des Gottesbewußtseyn[s] es bringen u[nd] so nach u[nd] nach die wahre Religion zu Stande bringen? - Auch d[a]s nicht. 1595 Wir haben als geschichtl[iches] Factum kennen gelernt [,] daß bei noch unausgebildetem Erkenntnißvermögen [,] bei mangelnder Wißenschaft das Vorstell[u]ngsvermögen des Menschen, die Phantasie, es nur zu sehr unges[c]hicktem Ausdruck für das Göttliche bringen kann, zu rohen Zeichen u[nd] Symbolen, zu unförmlichen Figuren. Bei fortschreitender Bildung gehen diese zwar in ästhetis[c]h schönere Formen über [,] z.B. bei den Griechen in ideale Mens[c]hengestalten; Allein die R[e]l[i]g[io]n wird da aber auch ganz Darunter [65rr] : „wie ein an sich guter Saame durch Ungunst der Verhältniße in s[einem] Wachsth[um], s[einer] Entfalt[u]ng ganz verkommen kann.“ 1589 „b)“ über der Zeile ersetzt über der Zeile eingefügtes „b)“. 1590 Unleserlicher Buchstabe in der Zeile gestrichen. 1591 Randbemerkung [65rr] : „Ob durch d[ie] Naturerscheinung[en] solche bewirkt werde - d[a]s r[e]l[i]g[iö]s[e] Bew[u]ßts[eyn] wird dad[u]r[c]h angeregt u[nd] festgehalt[en], belebt - aber nicht gereinigt - (d[u]rch Naturwiss[en]s[c]h[a]ft aber als aberglä[u]bis[c]h lei[c]ht ers[c]hütt[e]rt).“ Darunter [ 65rr] , aber unklar, wo diese Bemerkung im Haupttext anschließt: „NB [: ] Aber stimmt damit d[ie] R[e]l[i]g[io]nsg[e]sch[ic]hte überei[n]? Die Reformen d[u]rch bedeutende Männer - Conf[uzius], Zoroast[er], Buddha, Numa etc. Sie hab[en] nur a) Traditio[nen] gesammelt b) u[nd] das besteh[en]de d[u]rch Gesetze geord[ne]t [.] - Nicht wiss[en]s[c]h[a]ftl[iche] Thät[i]gk[ei]t -“. 1592 „K“ in der Zeile gestrichen. 1593 Einfügung am Seitenrand [65rr] : „[„durch die eingeborne G[o]tt[e]sidee“ in der Zeile gestrichen] d[u]rch d[ie] rel[i]g[iö]s[e] Anlage (allein, auf Gr[u]ndlage der G[o]tt[e]sidee allein kann d[ie] Vervollkommnung d[er] R[e]l[i]g[io]n u[nd] d[ie] Wiederherst[e]ll[u]ng der Einh[ei]t nicht zu Stande [kommen] - weil d[ie]se an sich noch ohnmächtig, selbst abhäng[i]g ist v[on] d[en] vers[c]hied[enen] äuß[eren] Beding[un]g[en] ihr[e]r Entwickl[un]g. Nun aber könnte man sagen)“. 1594 „g)“ im Nachhinein an den Zeilenanfang gesetzt. 1595 „- Auch d[a]s nicht.“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [65rr] : „Ob auf [„auf“ über der Zeile] histor[i]s[c]h[er] Basis - auf Symb[olen] hin solche möglich. [„d[u]rch“ in der Zeile gestrichen] G[ei]st[e]sk[rä]fte“. Darunter [65rr] : „Je größer Verfall u[nd] Veräußerlich[un]g - desto unpassend[e]r d[ie] Symbole - desto w[en]iger ist v[on] ih[nen] aus ei[ne] Reform mögl[i]ch -“. Darunter [65rr] : „Die histor[ische] Tradit[ion] kann au[c]h nicht viel helf[en], d[enn] sie ist corru[m]pirt - u[nd] corru[m]pirt d[en] Geist selbst auch [m]it ih[m] i[n] Einer Ri[c]ht[un]g gef... (? ) Und ist selbst jetzt mit uns[ern] Mitteln noch s[c]hwer zu erkennen -“. <?page no="202"?> 192 vermenschlicht [,] ihres 1596 übersinnl[ichen] Charakters entkleidet; wird mehr Kunstverehr[u]ng als Götterverehr[u]ng; das wahre Wesen der Gotth[ei]t wird verkannt, die Götter werden ganz zu Menschen, äußerlich u[nd] innerlich. [65rl/ 65vr] Das aber widerstrebt der Idee v[on] G[o]tt ebenfalls, man kann sagen [: ] ebenso sehr, wie die frühere [,] mehr unästhetis[c]he Darstell[u]ng derselben, denn während hier in den schönen Gestalten allerdings der Ausdruck edler, würdiger ist [,] tritt dabei auch einerseits mens[c]hl[iche] Sinnlichk[ei]t zu sehr hervor, 1597 andrers[ei]ts das Uebersinnliche, Geheimnißvolle, Göttliche zu sehr zurück, während die frühern unförmlich[en] Gestalten wenigstens tieferer Ahnung des Göttlich[en] freien Spielraum ließen u[nd] die Phantasie nicht so gefangen nahmen u[nd] beschränkten. 1598 Es ist auch gewiß [,] daß d[ie]se Göttergestalten zur wahren Religiosität, zur Wiederbeleb[u]ng der sinkenden R[e]l[i]g[io]n nichts beitrugen, ihren Verfall nicht aufhielten. Ein Beweis [,] daß auf d[ie]s[e]m ästhetis[c]h[em] 1599 Wege die Eine wahre R[e]l[i]g[io]n 1600 weder zu finden noch zu begründen u[nd] auszubreiten sei. 1601 Nun bleibt also noch übrig zu untersuchen, ob denn nicht durch das mens[c]hl[iche] Erk[e]n[n]tnißvermögen, d[u]rch die Vernunft, d[u]rch die Wissens[c]h[a]ft, d[u]rch die allgem[eine] Bild[u]ng die wahre R[e]l[i]g[io]n zu finden u[nd] in die Mens[c]hh[ei]t eingeführt werden könne; 1602 ob nicht eine Vernunftrel[i]g[ion] anzustreben u[nd] d[u]rch sie alle üb[ri]g[e]n verschiedenen R[e]l[i]g[io]nen zu verdrängen seyen. 1603 Schon im Alterth[um,] gerade um die Zeit der Entsteh[u]ng des Chr[i]st[e]nth[ums,] machte man auch den Versuch [,] d[u]rch Philosophie, d[u]rch Bildung die Religion zu ersetzen, vorläufig bei den Gebildeten wenigstens, d.h. Stoiker, Epikuräer, Sceptiker, Platoniker u.s.w. 1596 „U“ in der Zeile gestrichen. 1597 „das“ in der Zeile gestrichen. Randbemerkung [65vl] : „Der r[e]l[i]g[iö]s[e] Sinn ward vermindert d[u]rch d[ie] vollkom[menen] (m[en]s[c]hl[ichen]) Götter-Gestalt[en] u[nd] ihre fingirte Ges[c]h[ic]hte“. 1598 Randbemerkung [65vl] : „Also aus d[en] Symbolen konnte man nicht d[u]rch Exegese d[en] wahr[en] Sinn der Urreligi[on] herausbring[en] - (wie man d[u]rch bloße Exeg[ese] der hl. Schr[i]ft d[a]s Urch[ri]st[en]th[um] [n]i[c]ht vollko[mmen] erke[nnen] kann - aber noch weit w[en]iger)“. 1599 „d[u]r[c]h Kunst“ über der Zeile. 1600 „zu“ in der Zeile gestrichen. 1601 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „c) Wiß[en]s[c]h[a]ft ohne histor[ische] od[er] naturgesch[i]chtl[iche] [„od[er] naturgesch[i]chtl[iche]“ über der Zeile] Gr[un]dl[a]ge“. 1602 Randbemerkung [65vl] : „Ob d[u]rch d[a]s Erk[enn]t[n]ißvermög[en] d[ie]se Ei[n]h[ei]t wiederherzustell[en.] - Wir hab[en] sch[on] geseh[en,] [„geseh[en]“ ersetzt ursprüngliches, durch Streichung korrigiertes „gescheh[en]“] d[a]ß d[u]rch d[a]ss[e]lbe eine Richt[un]g der Ei[n]h[ei]t zu einges[c]hlag[en] - ob die rechte Ei[n]h[ei]t z[u] errei[c]h[en] -“. 1603 Randbemerkung [65vl] : „Also ob d[ie] M[e]ns[c]hh[ei]t d[ie] wahre R[e]l[i]g[io]n selbst herstell[en] könne od[er] ob g[ö]ttl[iche] Off[en]b[arun]g nöth[i]g. - D[ie]se Herst[e]ll[un]g müßte ausgehen v[om] Erken[n]t[n]ißvermög[en,] v[on] d[er] Wiss[en]s[c]h[a]ft [,] die si[c]h i[m] Laufe der Z[ei]t si[c]h entwickelte u[nd] müßte sich besi[nnen] a) auf die Betracht[un]g großer Naturerscheinung[en] - u[nd] die innewohnende G[o]tt[e]sidee b) od[er] d[u]rch Exegese der Natur-Bibel - der Symbole u[nd] ... (? ) [„u[nd] ... (? )“ über der Zeile] [,] näml[ich] Sammlu[n]g u[nd] Fors[c]h[un]g der Tradit[ion] - c) oder d[u]rch eig[e]ntl[iches] philos[ophisches] D[en]k[en,] d[u]rch reflectir[en] auf die - immanente G[o]tt[e]sidee unmitt[e]lb[a]r - verglich[en] [m]it der ungöttl[ichen] Natur u[nd] d[en] unpass[en]d[en] Symbole[n] -“. Neben „b)“: „d[a]s that[en] die r[e]l[i]g[iö]s[en] Reformat[oren] ... (? )“ Neben „c)“: „Construction à priori“. <?page no="203"?> 193 Und ebenso wurden u[nd] werd[en] noch immer in uns[erer] Zeit theoretische u[nd] practische Versuche gemacht [,] eine sogen[annte] Vernunftreligion zu finden u[nd] einzuführen, im Gegensatz zur geoffenbarten Religion. Eine Richtung [,] die man im Allgemeinen, abgesehen von den verschiedenen Modifikationen, die wieder bei ihr[en] einzeln[en] Fractionen 1604 stattfinden, mit dem Namen des „Rationalismus“ bezeichnet u[nd] die als allgem[eine] Devise ungefähr dieß führt: „Nur was meine Vernunft mir sagt u[nd] was sie billigt, nehme ich an, Anderes aber nicht“. Prüfen wir nun d[ie]se ganze Ansicht näher u[nd] d[ie]s[e]s ganze Streben, indem wir zu erforschen suchen, welche Bedeutung das mens[c]hl[iche] [65vr/ 66rl] I [.] Kap[itel] 1605 §: 13 1606 F[o]rts[e]tz[u]ng Erk[e]n[n]tn[i]ßvermögen habe, was es nach dem geschichtl[ichen] Zeugniß erreicht habe, u[nd] was es seiner Natur nach u[nd] in dem Zustand, in dem der Mensch sich befindet [,] zu erreichen vermöge. 1607 Ob die menschl[iche] Vernunft d[u]rch ihr selbstständ[i]g[e]s Streben die Wahrh[ei]t 1608 , das Göttliche zu finden vermöge 1609 u[nd] ob sie, wenn sie sie gefunden [,] in der M[e]nschh[ei]t geltend machen, also die wahre R[e]l[i]g[io]n auch zur Einen, einzigen u[nd] allgemeinen zu machen vermöchte. 1610 Fragen wir nun hierüber zuerst die Geschichte der Religionen, so finden wir allerdings, daß gerade die Wiss[e]ns[c]h[a]ft am meisten beitrug [,] die verschiedenen getrennten Rel[i]g[io]nen einander wieder etwas näher zu bringen. 1611 Der fors[c]hende Geist sucht allenthalben nach einer Einheit, nach einem Höchsten, Absoluten. Dazu kam er auch schon in den groß[en] r[e]l[i]g[io]nsphilos[ophischen] Systemen der alt-oriental[i]s[c]h[en] R[e]l[i]g[io]nen [,] wie wir früher gesehen haben. Man kam zu einem Höchsten, Unbegreiflichen, Namenlosen, Verborgenen, Unterschiedlos[en] Ein[en] 1612 , weiter aber nicht, sond[ern] hier [,] wo nun die Aufgabe erst eig[e]ntl[ich] beginnen sollte u[nd] die Frage zu lösen wäre, was den[n] nun d[ie]s[e]s Höchste, Absolute sei u[nd] wie es be- 1604 „einzeln[en] Fractionen“ über der Zeile. 1605 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 22” am oberen Seitenrand [66rr] ; „22“ bezeichnet den Bogen. 1606 „(8)“ über der Zeile. 1607 „auf Basis d[e]s Histor[i]s[c]h[en]“ unter der Zeile. 1608 „auf Basis des Hist[ori]s[c]h[en]“ über der Zeile. 1609 Randbemerkung [66rr] : „a) Man konnte kein[e] Vernunftrel[i]g[io]n herstell[en] b) Was man wiss[en]s[c]h[a]ftl[ich] erreicht[e,] war nicht a priori - sond[ern] auf Traditi[on] gegrü[n]det -“. Darunter [66rr] : „(d) Sammlung u[nd] Erforsch[un]g der Traditi[on])“. Darunter [66rr] : „(D[a]s Histor[i]s[c]he - der R[e]l[i]g[ion] - das aber eb[en] [n]i[c]ht [me]hr anerkannt wurde u[nd] d[a]h[er] als Geläugnet[e]s eher ei[n] Hinder[n]iß als eine Förderu[n]g der R[e]l[i]g[io]n war)“. 1610 Randbemerkung [66rr] : „Philos[ophische] Erk[enn]t[n]iß - n[a]ch d[er] d[ie] Natur beßer u[nd] als ungöttl[ich] erkannt u[nd] die Symb[ole] [n]i[c]hts [m]ehr gelt[en] -“. 1611 Randbemerkung [66rr] : „Nur formal - nur eine Frage - ni[c]ht d[ie] Antwort -“. Daneben [66rr] - senkrecht geschrieben -: „Reform d[er] R[e]l[i]g[ion] [„d[er] R[e]l[i]g[ion]“ über der Zeile] durch eigne Kraft der Menschh[ei]t können wir, wenigstens was den theoret[ischen] Th[ei]l betrifft, nicht unbedingt als unmögl[ich] bezeichnen“. 1612 „Unterschiedlos[en] Ein[en]“ über der Zeile. <?page no="204"?> 194 schaffen, wie es sich zu den Mens[c]hen verhalte 1613 u.s.w., hier mußte d[ie] W[i]ß[e]ns[c]h[a]ft st[e]hen bleiben. D[u]rch d[ie]se Wiß[e]ns[c]h[a]ft war also eig[e]ntl[ich] mehr nur diese höchste Frage gestellt - statt daß Antwort darauf ertheilt wurde; es wurde d[a]d[u]rch klar [,] daß der Mens[c]h das Absolute d[u]rch s[eine] eigenen Kräfte allein nicht erkennen könne, statt daß er es erkannt hätte; 1614 es wurde mehr das Bedürfniß höherer Belehr[u]ng d[a]d[u]rch bewiesen u[nd] fühlbar, statt daß es befriedigt worden wäre. Auch blieb diese 1615 W[i]ß[e]ns[c]h[a]ft selbst noch größtenth[ei]ls Geheimlehre u[nd] dem Volke verborgen u[nd] unverständlich. - Die Einheit [,] die hied[u]rch erzielt wurde [,] war d[a]h[er] auch nur eine sehr unbestimmte, unfruchtbare; 1616 man kam allerdings in Indien, in Aegypten, in Persien, in Griechenland eig[e]ntl[ich] zu demselben Resultat, daß näml[ich] das höchste Wesen unerkennbar, verborgen 1617 sei, man fühlte dasselbe Bedürfniß höh[e]rer Belehr[u]ng [66rl/ 66vr] allenth[a]lb[e]n [,] u[nd] das war vorzügl[ich] das Gemeinschaftl[iche,] das [,] worin man übereinstimmte, im Orient wie in Griechenland u[nd] Rom - d[ie]s[e]s Eine war aber ein Leeres u[nd] darauf ab[er] kam es an [,] den Inh[a]lt zu find[en.] - 1618 Aber auch jene, allerdings d[u]rch höhere Erk[e]n[n]tn[i]ß [,] zu der sich die Philosophen u[nd] Priester d[u]rch das Denken, d[u]rch die Wiss[e]ns[c]h[a]ft erhoben [,] besinnte (sic! ) sich 1619 durchaus auf die von der Urzeit her überlieferten (Götterlehre) [,] 1620 wenn auch noch so unvollkommenen [,] noch so verunstalteten R[e]l[i]g[io]nslehre. Der Geist des M[e]ns[c]h[e]n, haben wir gesehen, kommt ja nur d[u]rch Erzieh[u]ng, Belehr[u]ng resp. also Off[e]nbar[u]ng v[on] Außen zum Bewußtseyn u[nd] nach u[nd] nach zu der Selbstständ[i]gk[ei]t [,] d[a]ß er frei weiter fors[c]hen kann; da nun aber d[ie]s[e]s Bedürfniß einer Unterweis[u]ng d[e]s Mensch[e]ng[ei]st[e]s uns zuletzt auf eine göttl[iche] Uroffenbar[u]ng führt, indem bei den erst[en] M[e]ns[c]h[e]n Gott selbst die Rolle des Erziehers übernahm, so ist also - mittelbar wenigstens vermöge der Tradition v[on] Alters her - auch die Philosophie, die Wiss[e]ns[c]h[a]ft auf jene Off[e]nbar[u]ng gegründet. - Alle Wiß[e]nsch[a]ft, die Philosophie, die Rechtswiss[e]ns[c]h[a]ft, die Naturu[nd] Arznei-Kunde u.s.w. ging urspr[ü]ngl[ich] aus der R[e]l[i]g[io]n hervor; alle d[ie]se 1613 Einfügung am Seitenrand [66rr] : „worauf es in d[er] R[e]l[i]g[io]n ja gerade wes[en]tl[ich] ankommt“. 1614 Randbemerkung [66rr] : „Wie in neu[erer] Z[ei]t Schelling’s negat[ive] Philos[ophie] dahin hinausläuft zu zeig[en,] d[a]ß wir a priori - d[u]rch bloßes D[en]k[en] [n]i[c]hts wiss[en] können -“. 1615 „diese“ ersetzt ursprüngliches, durch Überschreibung korrigiertes „dieß“. 1616 Randbemerkung [66rr] : „formale Ei[n]h[ei]t“. 1617 Randbemerkung [66rr] : „eine Einheit sei - factum etc.“ 1618 „d[ie]s[e]s Eine war aber ein Leeres u[nd] darauf ab[er] kam es an [,] den Inh[a]lt zu find[en]“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [66vl] : „Immerhin aber ist es doch schon ein bedeutender F[o]rts[c]hr[i]tt in d[er] Erk[e]n[n]t[n]iß G[o]tt[e]s - s[eine] Unerf[o]rschl[i]chk[ei]t einzuseh[en] u[nd] man daraus schon ... (? ) Eigensch[a]ften, die ihm zukomme[n] müssen abzuleiten. - [„Es ist schon weniger Irrth[um] jed[en]f[a]lls“ über der Zeile] aber“. 1619 „sich“ über der Zeile. 1620 Randbemerkung [66vl] : „D[ie]se höhere Erk[enn]t[n]iß - war dennoch nicht eig[en]tl[ich] à priori - sond[ern] traditionell zugl[e]i[c]h [.] - Die Wissens[c]h[a]ft ging üb[er]h[au]pt aus der R[e]l[i]g[io]n hervor (in allen Zweig[en)]“. <?page no="205"?> 195 W[i]ß[e]ns[c]h[a]ft[en] gingen auf, waren inbegriffen in der R[e]l[i]g[io]ns-Lehre. 1621 - Selbst bei den Griechen können wir d[ie]s[e]n Urspr[u]ng aller Wiß[e]nsch[a]ft[e]n, namentl[ich] aber der Philosophie [,] aus der R[e]l[i]g[io]n, ihr Hervorsproßen auf d[ie]s[e]m geheiligten Gebiete nachweisen [.] 1) 1622 bei d[en] 1623 groß[en] R[e]l[i]g[io]nen des Orients 1624 enthalten die R[e]l[i]g[io]ns-Bücher nicht blos die eig[e]ntl[ichen] R[e]l[i]g[io]nslehren, u[nd] moral[i]s[c]he u[nd] ceremonielle Vorschriften, sond[ern] auch die staatsrechtl[ichen] u[nd] medicinischen Lehren. 1625 Die Geschichte zeigt also 1626 uns durchaus, daß die R[e]l[i]g[io]n nicht aus der Wiß[e]ns[c]h[a]ft, sond[ern] umgekehrt die Wiß[e]ns[c]h[a]ft aus der R[e]l[i]g[io]n hervorging [,] u[nd] allenthalben war sie im Wesentlichen bedingt durch jene eigenthüml[iche] R[e]l[i]g[io]nsform [,] aus der sie hervorgegangen, mit den eigenthümlichen Vorurtheilen u[nd] Irrthümern behaftet, die der bestimmt[en] R[e]l[i]g[io]n ja eigenthüml[ich] waren [,] z.B. das persische R[e]l[i]g[io]nssyst[em] dem Dual[i]sm[us] vorherrs[c]hend ergeben, das Indis[c]he einer Art Pantheismus; die griech[ische] Philosophie dem Naturalismus u[nd] Spiritualismus [.] [66vr/ 67rl] Und als am Ende des Alterthums, bei Beginn des Chr[i]st[e]nth[ums,] die heidnis[c]he Wissens[c]h[a]ft 1627 , nach d[em] Verfall der verschieden[en] heidn[i]s[c]h[en] R[e]l[i]g[io]nen, den Versuch machte, alle R[e]l[i]g[io]nen als im (sic! ) ihrem Wesen übereinstimmend zu erklären, indem ja doch alle 1628 ein höchstes, unbegreifl[iches,] g[ö]ttl[iches] Wesen 1629 lehrten, während die einzelnen Götter nur Symbole, Hüllen, menschl[iche] Vorstell[u]ngsweisen seyen - als [,] sag’ ich [,] die heidn[i]s[c]he W[i]ß[e]nsch[a]ft d[ie]s[e]n Versuch machte [,] eine wahre, allgemeine R[e]l[i]g[io]n für alle Menschen zu begründen, scheiterte d[ie]s[e]r Versuch vollkommen u[nd] war u[nd] blieb nichts als ein philosoph[isches] Experiment. Der Geist des Mens[c]hen, wie er nun einmal ist [,] [ist] für sich, durch s[eine] eigne Anstreng[u]ng, d[u]rch s[ein] Forschen u[nd] Denken, nicht im Stand [,] die wahre R[e]l[i]g[io]n zu finden u[nd] zu begründen 1) seiner eignen Natur wegen, die gar nicht selbstständ[i]g, unabhäng[i]g seyn kann, weil sie sich nur in Gemeinsch[a]ft, d[u]rch Belehr[u]ng, Unterweis[u]ng, entwickeln kann [,] 2) der Natur dessen wegen, was in sei- 1621 Randbemerkung [66vl] : „Niemals die R[e]l[i]g[ion] aus der Wiss[e]ns[c]h[a]ft - u[nd] d[e]r Versuch d[e]s Neuplatonismus scheiterte - (wie der i[n] neu[erer] Z[ei]t)“. 1622 Randbemerkung [66vl] : „(1) z.B. (Schleiden Leben d[er] Pflanze p. 351 II A.) erkennt d[ie]s[e]s selbst in B[e]z[u]g auf d[ie] Naturwiss[e]ns[c]h[aft] an, er sagt: ‚Der leidende Grieche ...)“. 1623 „bei d[en]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Die“. 1624 „haben“ in der Zeile gestrichen. 1625 Einfügung am Seitenrand [66vl] : „Also die Philosophie, d[a]s Denken fand wenig, sond[ern] stellte nur Fragen, statt sie zu beantworten - u[nd] selbst d[ie]s[e]s Wenige fand sie nicht schlechterdings d[u]rch eigene Kraft [,] sond[ern] sich besinn[en]d auf d[ie] vorhanden[e] R[e]l[i]g[io]n, v[on] d[ie]s[e]r ausgehend - u[nd] da d[ie]se R[e]l[i]g[io]n selbst [„selbst“ über der Zeile] zurückdatir[t] auf eine Uroff[en]b[a]r[un]g [,] so besin[n]t sich au[c]h d[ie] Philos[ophie] mit dem Wenig[en], was sie gefund[en,] auf d[ie]se Uroff[e]nb[arun]g letz[t]lich - weil ohne d[ie]se die continuirl[iche] Fortbild[un]gsreihe, deren letztes Glied jene Philosophie war - gar nicht begonnen hätte.“ 1626 „also“ über der Zeile. 1627 Einfügung am Seitenrand [67rr] : „im Neu-Platonismus“. 1628 Ursprüngliches „allen“ durch Streichung zu „alle“ korrigiert. 1629 „L“ in der Zeile gestrichen. <?page no="206"?> 196 ner Wirkl[i]chk[ei]t u[nd] Wahrh[ei]t erfors[c]ht werden soll als Object der R[e]l[i]g[io]n, Gottes näml[ich] u[nd] des Jenseits üb[e]rh[au]pt, nach dem der Geist nur verlangen, Bedürfniß fühlen [,] fors[c]hen kann, - bei welchem Forschen er aber [,] wie d[ie] Versuche zeigen [,] nur da ankommt, wo er sagt: Gott u[nd] das Jenseits ist unerforschlich - das ist das tiefste Geheimniß mens[c]hl[icher] Erkenntniß. 1630 Doch gesetzt einmal, der mens[c]hl[iche] Geist wäre wirkl[ich] im Stande [,] weiter vorzudringen u[nd] die Wahrh[ei]t th[ei]lw[ei]se wenigstens zu erkennen, 1631 so wäre der, welchem d[ie]se Erk[e]n[n]tn[i]ß [zuteil] geworden wäre, nicht im Stande [,] sie als rel[i]g[iö]se Wahrh[ei]t geltend zu machen, eine R[e]l[i]g[io]n zu gründen, d.i. eine R[e]l[i]g[io]n, die auf die Wiss[e]ns[c]h[a]ft, also auf das Wissen, Erkennen irg[e]nd eines Mens[c]hen sich gründete. Plato, der hierin allerdings am weitesten gekommen - sagt: Die Wahrheit erkennen sei schwer; aber die erkannte Andern mitzutheilen sei noch schwerer. Das kann 1632 nicht blos v[on] der Sprache u[nd] Ausdrucksweise gelten, in welche die erkannte Wahrheit so gekleidet werden soll, daß [67rl/ 67vr] sie Allen verständlich u[nd] klar werde, sondern noch in anderer Beziehung. Aus 1633 der Natur der Sache 1634 ergibt sich, daß die Wißenschaft, d[ie] Philosophie nie irg[e]nd eine neue, vollkommene R[e]l[i]g[io]n gründen kann, - wie es denn auch in der That nie geschehen ist -. Alle R[e]l[i]g[io]n beruht näml[ich] auf dem Glauben an die r[e]l[i]g[iö]s[en] Wahrh[ei]t[e]n od[er] den Lehren [,] die für Wahrh[ei]t[e]n gehalten werden; 1635 der Glaube selber aber an d[ie]se Lehren als Wahrheiten beruht wieder auf 1636 göttl[icher] Auctorität, die für d[ie]se Wahrh[ei]ten einsteht. Blos wenn göttl[iche] Auctorität für die übersinnl[iche] 1637 Wahrh[ei]t Bürge ist [,] entsteht der rel[i]g[iö]se Glaube u[nd] kann eine neue R[e]l[i]g[io]n begründet werd[en]. 1638 Die Wiß[e]nsch[a]ft aber gründet sich nur auf mens[c]hl[iche] Auctorität, dessen näml[ich,] der sie als Resultat seiner Forsch[u]ng[e]n geschaffen hat. Das ist nun aber gar keine Grundlage für eine R[e]l[i]g[io]n 1639 ; denn die Einen, welche ebenf[a]lls wissensch[a]ftl[ich] gebildet sind, werden vor Allem die Gründe des philos[ophischen] Systems prüfen u[nd] werden die Wahrh[ei]t dess[e]lb[en] entweder anerkennen, nicht auf s[eine] Auctorität hin, sondern ihrer eignen Einsicht wegen, od[er] sie werden die Gründe nicht stich- 1630 Der vorstehende Absatz „Der Geist des Mens[c]hen ... Erkenntniß.“ wurde im Nachhinein eingeklammert. Randbemerkung [67rr] : „auch in neu[erer] Philos[ophie] K[a]nt - (F[ichte,] S[chelling] u[nd] H[egel] aber hob[en] d[a]s J[en]s[ei]ts ganz auf u[nd] macht[en] d[a]s Ird[i]s[c]he z[um] G[ö]ttl[ichen)]“. 1631 Randbemerkung [67rr] : „Was man so str[en]ge [n]i[c]ht als u[nm]ögl[ic]h beweis[en] kann - ind[em] si[c]h d[ie] Wiss[en]s[c]h[a]ft auf d[ie] Ges[c]h[ichte] stütz[en] kann -“. 1632 „kann“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „gilt“. 1633 Unleserliches Wort über der Zeile. 1634 „näml[ich]“ in der Zeile gestrichen. 1635 Randbemerkung [67vl] : „D[ie] R[e]l[i]g[ion] beruht wesentl[ich] auf g[ö]ttl[ich] verbürgt[em] Glaub[en] -“. 1636 „d[er]“ in der Zeile gestrichen. 1637 „übersinnl[iche]“ über der Zeile. 1638 „wie schon früher gezeigt wurde d[u]rch Betracht[un]g d[e]r Geschichte“ unter der Zeile. Randbemerkung [67vl] : „nicht menschl[ich]-wiss[e]nsch[a]ftl[iche] Auctorität - hied[u]rch kann k[e]i[n] rel[i]g[iö]s[er] Glaube g[e]grü[n]d[e]t werd[en] - s[on]d[ern] nur wiss[en]s[c]h[a]ftl[iche] Ueberz[eu]g[un]g (? )“. 1639 Einfügung am Seitenrand [67vl] : „weder für die Gebildeten, noch für die Ungebildeten“. <?page no="207"?> 197 haltig finden u[nd] dann widersprechen u[nd] s[eine] Ansicht bestreiten. 1640 Für die Gebildet[en] also kann kein Mensch, auch der Weiseste nicht, als r[e]l[i]g[iö]s[e] Auctorität gelten, sond[ern] höchstens als wiss[en]s[c]h[aftliche] 1641 . Aber auch für die Ungebildeten kann d[u]rch die W[i]ss[en]schaft keine R[e]l[i]g[io]n gegründet werden; denn wodurch sollte sich der Philosoph ihnen gegenüber geltend machen? Die Gründe für sein System vermögen sie nicht zu erkennen u[nd] einzusehen, weil es ihnen an der nöth[i]g[e]n G[ei]st[e]sbild[u]ng fehlt u[nd] sonst kann er keinen überzeugenden Beweis für d[ie] Wahrh[ei]t seiner Lehre u[nd] für s[eine] Auctorität liefern. 1642 Warum sollte also die Menge ihm glauben u[nd] seine Lehre für wahr halten? Es ist gar kein Grund da dafür 1643 . Im Geg[e]nth[ei]l [,] es sind Gründe stets da [,] ihm unbedingten Glauben zu versagen. Denn so wird auch die ungebildete Menge räsoniren. D[ie]s[e]r Philosoph ist trotz sein[er] allerdings hohen Bild[un]g doch auch nur ein irrender, wenigstens des Irrthu[m]s fähiger Mensch [,] u[nd] wer weiß [,] ob er nicht in groß[em] Irrthum ist? D[ie]s[e]r Verdacht wird um so leichter [67vr/ 68rl] I [.] Kap[itel] 1644 §: 13 F[o]rts[e]tz[u]ng 1645 sich bilden, da auch Andere, die ganz Anderes lehr[en,] mit der gleichen Behaupt[u]ng, ihre Lehre sei Wahrheit [,] aufgetreten vor ihm, die er v[ie]ll[ei]cht des Irrthums bezichtigt, u[nd] da v[ie]ll[ei]cht auch Andere neb[en] u[nd] nach ihm auftreten, die seine Lehre des Irrth[ums] beschuldigen. Das nimmt dann die Menge wahr [,] u[nd] obwohl sie v[om] Streite in d[er] W[i]ss[e]ns[c]h[a]ft Nichts versteht, so wäre doch dad[u]rch das Vertrauen zerstört u[nd] der feste Glaube, wie [er] in der lebend[i]g[en] R[e]l[i]g[io]n eigenthümlich seyn muß, wäre unmöglich. 1646 1640 Einfügung am Seitenrand [67vl] : „Und v[on] Einh[ei]t wäre da gar keine Rede, im Gegenth[ei]l noch größ[ere] Spalt[u]ng wäre die Folge.“ Darüber [67vl] : „NB [: ] In all[en] Ding[en] glaubt ein Mensch d[em] andern [.] - In r[e]l[i]g[iö]s[en] aber hält es der M[e]nsch für seiner unwürd[i]g [,] jemand Ander[m] als G[o]tt selbst zu gl[a]ub[en] - g[ö]ttl[icher] Auctorität sich ... (? ) unterwerfend. -“ 1641 „wiss[en]s[c]h[aftliche]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „menschl[iche]“. 1642 Randbemerkung [67vl] : „Ob r[e]l[i]g[iö]s[er] Glaube (R[e]l[i]g[io]n) jemals d[u]r[c]h Bild[un]g u[nd] Wiß[en]s[c]h[a]ft (R[e]l[i]g[ion] der Humanität) ersetzt werd[en] kann -“. 1643 Über der Zeile eingefügt: „wenigst[en]s f[ür] d[ie] Menge nicht! “ 1644 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 23” am oberen Seitenrand [68rr] ; „23“ bezeichnet den Bogen. 1645 Randbemerkung [68rr] : „NB [: ] Obwohl alle R[e]l[i]g[ion] ei[ne] gl[e]i[c]he - d[ie] [„d[ie]“ über der Zeile] vollk[ommene], wahre sey[n] soll - so doch [n]i[c]ht soll sie die Unifor[m] anzieh[en] - u[nd] i[n] all[e]r W[ei]se gebild[et] u[nd] gehört (? ) werd[en.] - Mit d[er] wes[en]tl[ichen] Ei[n]h[ei]t ist d[ie] größt[e] accid[en]tell[e] Verschied[en]h[ei]t vereinbar [.] Ni[c]ht ... (? ) M[en]sch[en] d[en]k[en], fühl[en] etc. [,] g[an]z ... (? ) Völker nach ... (? )“. 1646 Randbemerkung [68rr] : „(Man könnte sag[en]: d[a]ss[e]lbe findet ja auch statt bei d[en] rel[i]g[iö]s[en] Auctorität[en], die auch verschied[en] si[n]d. Das ist aber nicht der Fall - geg[en] d[ie] rel[i]g[iö]s[e] Auctorität als solche kann kein Mißtrau[en] entsteh[en,] weil sie sich für eine göttl[iche] ausgibt [.] - Das (sic! ) M[e]ns[c]h[en] [„Volk“ (? ) über der Zeile] also nicht aufgefordert werd[en,] ein[em] M[en]s[c]h[en], so[n]d[ern] der Gotth[ei]t zu glaub[en] - (aus d[er] Natur beider Auctorität[en] folgt dieß) [.] - Es wird au[c]h der immer höher denk[en,] der nur d[e]r Gotth[ei]t - wie er wenigst[en]s meint - Glaub[en] schenkt vor dem, der einer wiß[en]s[c]h[a]ftl[ichen] Auctorit[ät] im Glaub[en] sich hingibt [.] - <?page no="208"?> 198 So sehen wir also [,] daß d[u]rch mens[c]hl[iche] Kräfte [,] namentl[ich] auch d[u]rch d[ie] menschl[iche] Wißenschaft [,] die Wahrheit nicht gefunden werden kann [,] u[nd] wenn sie gefunden werden könnte, doch ihre allgemeine Verbreit[u]ng unmöglich wäre, weil es ihr an hinreichender Auctorität fehlte. Mit andern Worten, die wahre R[e]l[i]g[io]n kann nicht v[on] mens[c]hl[ichem] Geiste ausgehen 1647 u[nd] die Wiedervereinig[u]ng aller R[e]l[i]g[io]n[en] in eine einzige, in die wahre [,] kann die 1648 Wiss[e]ns[c]h[a]ft nicht zu Wege bringen. - Nie ist auch eine R[e]l[i]g[io]n d[u]rch Wiß[e]nsch[a]ft gestiftet worden, wenigst[en]s hat sich nie eine auf menschl[iche] Erk[e]n[n]tn[i]ß berufen [,] sond[ern] jede vollkommene od[er] unvollkommene hat sich als göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng geltend zu machen gesucht u[nd] nur dadurch Glauben gefunden u[nd] Anhang erworben. Andere Versuche, d[u]rch Philosophie z.B. [,] sind stets gescheitert u[nd] werden auch in der Gegenwart, wo man wieder Aehnliches versucht [,] ebenso vergeblich seyn. 1649 Die R[e]l[i]g[io]n muß sich in ihr[en] Lehren, Geboten u[nd] Einricht[u]ng[e]n stets auf göttl[iche] Auctorität gründen - auf wirkl[iche] od[er] vergebliche, die aber als wirkl[iche] geglaubt wird - um so mehr muß also die Wiedervereinig[u]ng aller R[e]l[i]g[io]nen, die Reinig[un]g derselben, die Gründung der einzig wahren R[e]l[i]g[io]n sich auf göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng sich stützen u[nd] v[on] ihr ausgehen, wenn üb[e]rh[au]pt eine solche stattfinden soll. Von d[ie]s[e]r göttl[ichen] Off[e]nb[a]r[u]ng muß nun im folgenden Paragraph[en] besonders die Rede seyn. 1650 [68rl/ 68vr] Der tiefere Grund ist: daß jenes der me[n]s[c]hl[ichen] Natur u[nd] d[e]r Sache gemäß ist - Gott zu glaub[en] - das andere aber nicht so (auf rel[i]g[iö]s[em] Gebiet)). (Exegeten)“. 1647 Über der Zeile: „mit all sein[en] Kräften“. 1648 „Kunst noch (? )“ über der Zeile. 1649 Randbemerkung [68rr] : „Indeß als s[c]hlechthin unm[ö]glich können wir die (theoret[ische]) Erk[enn]t- [n]iß, Erfors[c]h[un]g der (r[e]l[i]g[iö]s[en]) Wahrh[ei]t d[u]rch d[ie] mens[c]hl[iche] Wiss[e]ns[c]h[a]ft (Phil[o]s[ophie]) nicht b[e]h[au]pt[en]; die theoret[ische] Wahrh[ei]t d[e]r R[e]l[i]g[ion] k[önn]te [m]ögli[c]h[e]rw[ei]se erkannt werd[en] (die R[e]l[i]g[ion] [en]th[ä]lt au[c]h Pract[i]s[c]h[e]s i[n] si[c]h) [.] Aber [„für“ in der Zeile gestrichen] Wirkl[i]chk[ei]t gilt [,] was für Nothw[en]d[i]gk[ei]t d[e]r Ur-off[en]b[arun]g“. 1650 Randbemerkung [68rr] , fortgesetzt unter der letzten Zeile des Haupttextes [68rl] : „Aber in Betreff der R[e]l[i]g[io]n geschieht ja dass[e]lbe? Eine zeiht die andere des Irrthums [,] sucht sie zu verdächtig[en]? Gilt also nicht d[a]ss[e]lbe v[on] der R[e]l[i]g[io]n u[nd] Off[e]nb[arun]g [„u[nd] Off[e]nb[arun]g“ über der Zeile] wie v[on] d[er] W[i]ß[en]sch[a]ft? Gewiß - in d[ie]s[er] B[e]z[ie]h[u]ng [.] - Aber woh[e]r kommt dieß? D[a]h[e]r daß M[e]nsch[en] Gründer d[er] R[e]l[i]g[io]n sey[n] woll[en] u[nd] nicht sey[n] könn[en] - - Gott all[e]i[n] soll Gr[ün]d[e]r sey[n.] Das spri[c]ht si[c]h darin aus [.] - Alle Völker sag[en] also damit [,] nur Gott selber könne Grü[n]der d[er] R[e]l[i]g[ion] sey[n,] postulir[en] göttl[iche] Off[en]b[arun]g -“. <?page no="209"?> 199 §: 14 1651 Die göttl[iche] Offenbarung [.] Nothw[e]nd[i]gk[ei]t u[nd] Erkennbark[ei]t ders[e]lb[en] 1652 (Wirkl[i]chk[ei]t? ) (Gegen Rational[i]sm[us]) I) Wir haben gesehen, daß, wie die R[e]l[i]g[io]n urspr[ü]ngl[ich] nur durch göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng gegründet werden konnte, nicht durch menschl[iche] Kraft nur, wie etwa irg[e]nd eine Kunst [,] erfunden wurde, - so auch die Wiederherstell[u]ng der wahren, reinen Rel[i]g[io]n u[nd] die Einheit derselben bei dem Menschengeschlecht, nur durch g[ö]ttl[iche] Kundgeb[u]ng od[er] Off[e]nb[a]r[u]ng u[nd] nur d[u]rch göttl[iche] Auctorität möglich sei, nicht aber d[u]rch ird[i]s[c]he u[nd] menschl[iche] Kräfte. - Dieß ergibt sich aus der Natur der Sache [,] u[nd] die Völker waren sich deßen auch von jeher bewußt, d[a]h[e]r jede der bedeutenden R[e]l[i]g[io]nen unter den Menschen ihren Urspr[u]ng oder ihre Erneu[e]rung [,] Reform, von g[ö]ttl[icher] Thätigk[ei]t, v[on] unmittelbarer oder mittels irg[e]nd eines Gottesgesandten, ableiteten. Gerade d[ie]s[e]r Umstand aber, daß die so verschieden[en] R[e]l[i]g[io]nen alle ein[en] göttl[ichen] Urspr[u]ng haben wollen, so günstig er auch als histor[i]s[c]h[es] Zeugniß ist für d[ie] Nothw[e]nd[i]gk[ei]t g[ö]ttl[icher] Off[e]nb[a]r[u]ng, bietet aber nun hinwiederum auch große Schwierigk[ei]t[e]n zur Lösung dar. 1653 Es fragt sich näml[ich,] wenn alle R[e]l[i]g[io]nen sich auf g[ö]ttl[iche] Auctorität berufen u[nd] g[ö]ttl[iches] Werk seyn wollen, aber doch ihrer Verschiedenh[ei]t, ihres th[ei]lw[ei]s[en] Widerspruchs wegen nicht seyn können, wie ist es möglich, die rechte, wahre Off[e]nb[a]r[u]ng G[o]tt[e]s zu erkennen? 1654 Das Judenth[um] z.B. macht Anspruch darauf [,] g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng 1651 „9)“ über der Zeile. 1652 Randbemerkung [68vl] : „V[on] der Nothwend[i]gk[ei]t g[ö]ttl[icher] Off[en]b[arun]g war i[m] Vor[i]g[en] d[ie] Rede - hier v[on] [„war i[m] Vor[i]g[en] d[ie] Rede - hier v[on]“ über der Zeile als Ersatz des in der Zeile allerdings nur teilweise gestrichenen „In d[ie]s[em] §: ist d[ie] Nothw[e]nd[i]gk[ei]t“] Erkennbarkeit u[nd] d[ie] Wirkl[i]chk[ei]t d[er] g[ö]ttl[ichen] Off[e]nb[a]r[u]ng z[u] besprechen [.] - (Da nun schon d[er] bisher[i]g[e] Verlauf uns[erer] Unters[uc]h[u]ng[e]n uns vielfach auf d[ie]s[e] Nothw[e]nd[i]gk[ei]t hinwies, so werden manche früh[ere] Bem[e]rk[u]ng[en] hier wiederholt u[nd] übersichtl[ich] zusammengestellt werden müssen.)“ Darunter [68vl] , aber gestrichen: „D[ie] Nothw[e]nd[i]gk[ei]t d[er] g[ö]ttl[ichen] Off[en]b[arun]g der g[ö]ttl[ichen] Off[en]b[arun]g (sic! ) ist“. Darunter [68vl] : „Anfang [.] A) Eine Wiederh[e]rst[e]ll[un]g der Einen, wahr[en] R[e]l[i]g[io]n ist berecht[i]gt u[nd] wü[n]s[c]h[en]swerth [.] - B) Sie kann aber nur d[u]rch g[ö]ttl[iche] Wirks[a]mk[ei]t ermögl[i]cht werd[en.] - (V[on] all[en] R[e]l[i]g[ionen] anerkannt [.] -) C) Es f[ra]gt si[c]h [,] ob nun wirkl[ich] ei[ne] solche Off[en]b[arun]g st[a]ttgefu[n]d[en]? ob es wahrsch[ein]l[ich]“. 1653 Randbemerkung [68vl] : „Schwierigk[ei]t hiebei“. 1654 Randbemerkung [68vl] : „NB [: ] Ob u[nd] daß eine Off[e]nb[arun]g [„daß“ in der Zeile gestrichen] stattgefund[en,] kann die Philos[ophie] nicht streng (mit Denknothw[en]d[i]gk[ei]t) deducir[en] - da sie jed[en]f[a]lls ein freier, g[ö]ttl[icher] Act war - sie kann nur a) die Nothw[en]d[i]gk[ei]t d[e]ss[e]lb[en] beweis[en] zu Wiederherst[e]ll[un]g der wahr[en] R[e]l[i]g[ion] - wenn diese wiederherg[e]st[e]llt werd[en] soll - c) [ursprüngliches „b“ mit „c“ überschrieben] die Kriteri[en] angeb[en], an denen die vers[c]hied[enen] R[e]l[i]g[ionen] zu prüf[en] - <?page no="210"?> 200 zu seyn, der Muhammedanismus nicht minder, u[nd] ebenso das Chr[i]st[e]nth[um], v[on] den altoriental[i]s[c]h[en] R[e]l[i]g[io]nen zu schweigen. Wie können wir nun hier finden u[nd] entscheiden [,] welches die wahre sei? Oder ob üb[e]rh[au]pt eine davon die wahre sei? - Die Untersuchung d[ie]s[e]r Frage ist ebenso schwierig als unerläßlich [,] besonders in uns[erer] Zeit, wo einesth[ei]ls die verschieden[en] R[e]l[i]g[io]nen immer mehr d[u]rch wiss[e]ns[c]h[a]ftl[iche] Untersuch[u]ng[e]n bekannt werden, andrers[ei]ts sich immer weiter d[ie] Meinung verbreitet, es sei gar keine g[ö]ttl[iche] Kundgeb[u]ng 1655 an die Menschen geschehen u[nd] alles nur mens[c]hl[iches] Werk, betrüblicherweise aber für göttliches ausgegeben. 1656 II) 1657 Um gleich bei der letztern, ziemlich verbreiteten Zeitansicht stehen zu bleiben, so ist gegen sie 1) die Idee v[on] G[o]tt [,] 2) d[a]s Bew[u]ßts[eyn] der Völker [,] 3) d[ie] Natur d[e]s M[en]s[c]h[en.] [68vr/ 69rl]. 1. 1658 Ich sage [,] die Idee v[on] Gott 1659 ist geg[en] jene Ansicht; denn einmal vorausgesetzt u[nd] angenommen, daß es einen Gott gibt, einen lebend[i]g[e]n, persönl[ichen], selbstbewußten, nicht einen unpersönl[ichen] Scheingott, wie der Pantheismus ihn lehrt; - so liegt 1660 schon in d[ie]s[e]r Idee v[on] 1661 Gott, daß er auch in u[nd] für die Welt, nachdem er sie einmal geschaffen, noch weiter wirken, nicht aber sie ihrem Schicksal überlaßen werde; daß er im Falle einer unglückl[ichen] Entwickl[u]ng der Verhältnisse in derselben ihr seine Hülfe nicht entziehen werde, wenn er auch die menschl[iche] Natur noch so selbstständ[i]g, noch so frei geschaffen habe; er wird Hülfe schaffen [,] ohne die Freiheit u[nd] Selbstständ[i]gk[ei]t des Mens[c]hengeschlechts zu vernichten. 1662 Selbst Männer wie Göthe haben in neu[erer] Z[ei]t erkannt, daß es in der Idee Gott[e]s liege [,] für u[nd] in der Welt auch thätig zu seyn, nicht aber sich v[on] ihr in unabsehbare Ferne zurückzuziehen, wie der vulgäre Rational[i]smus behauptet. Göthe sagt: „Was wär’ ein Gott, der nur von Außen stieße, Im Kreis das All’ am Finger laufen ließe! b) Congruenz gründe ... (? ) für d[ie] Wahrsch[ein]l[i]chk[ei]t [,] d[a]ß wirkl[ich] eine Off[en]b[arun]g stattgefund[en] od[er] stattfi[n]d[en] wird (? )“. Darunter [68vl] : „früher sch[o]n anged[e]utet - u[nd] d[ie] Lösung kurz g[e]geb[en] -“. 1655 „Off[en]b[arun]g“ über der Zeile. 1656 Randbemerkung [68vl] : „Und hier liegt in uns[erer] Z[ei]t die eig[e]ntl[iche] Aufgabe auch [„auch“ über der Zeile] der chr[i]stl[ichen] Theologie.“ - In derselben Zeile eingefügt: „Apologetik“. Darunter [68vl] : „Ob [„Ob“ über der Zeile] Zwar [n]i[c]ht R[e]l[i]g[ion,] ab[er] Offenb[arun]g Betrug? )“ 1657 Randbemerkung [68vl] : „Beweis f[ür] d[ie] [„Congruenz d[er]“ über der Zeile] Wirkl[i]chk[ei]t 1) Ob Beweis f[ür] d[ie] Nothw[en]d[i]gk[ei]t war d[a]s Bedürf[n]iß der Völker“. Ferner die wohl hierher gehörige Randbemerkung [71rr] : „ad oben II [: ] NB [: ] Die Nothw[en]d[i]gk[ei]t d[e]r Off[en]b[arun]g kann [n]i[c]ht bewies[en] w[e]rd[en] - da i[n] d[er] G[e]s[c]h[i]chte üb[er]h[au]pt die Fr[ei]h[ei]t [,] [n]i[c]ht Nothw[en]d[i]gk[ei]t waltet“. 1658 Eine in den folgenden Zeilen zu erwartende „2.“ ist unauffindbar. 1659 Randbemerkung [69rr] : „a) D[ie] Idee v[on] G[o]tt“. 1660 „liegt“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „ist“. 1661 „dem persönl[ichen]“ über der Zeile und am Seitenrand [69rr] . 1662 Einfügung am Seitenrand [69rr] : „M[e]ns[c]h[en] ja, die anders h[a]nd[e]ln, würd[en] würd[en] (sic! ) wir d[e]r Grausamk[ei]t zeih[en], würd[en] sag[en]: sie handeln unmenschl[ich; ] für Gott ... (? ) wäre ein solches Verhalt[en] nicht blos unmens[c]hl[ich,] sond[ern] ungöttl[ich], d.h. Gottes Natur zuwider.“ <?page no="211"?> 201 Ihm ziemt’s, die Welt im Innern zu bewegen, Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen, So daß, was in Ihm lebt u[nd] webt u[nd] ist, Nie Seine Kraft, nie Seinen Geist vermißt.“ 1663 In der Idee des lebend[i]g[en] persönl[ichen] G[o]tt[e]s liegt es also schon, daß er in der Welt u[nd] für sie fortwährend wirkt, sich in ihr off[e]nb[a]rt u[nd] dem M[e]ns[c]hengeiste [,] der zu seiner Entwickl[un]g, seinem Glück u[nd] Heile Seiner bedarf, sich auch kund gibt [.] 3) 1664 Geg[en] die B[e]h[au]pt[u]ng, daß Gott sich nicht offenbare, sond[ern] den Mens[c]hen sich selbst überlaße [,] ist aber auch das Bewußts[eyn] aller Völker 1665 , d[a]s Bew[u]ßts[eyn] der ganzen Mens[c]hheit; denn alle od[er] fast alle bedeut[en]d[en] 1666 Völker glauben ja, daß die G[o]tth[ei]t sich geoffenbart habe u[nd] sich noch offenbaren könne u[nd] v[on] Z[ei]t zu Z[ei]t offenbare, 1667 dieß bezeugt wenigstens, daß die Menschh[ei]t ein Bedürfniß hat nach solcher Off[e]nb[a]r[u]ng; wenn sich auch d[ie] Völker täuschen, weil doch nur Eine die wahre [,] wirkl[iche] Kundgeb[u]ng G[o]tt[e]s seyn kann, 1668 so weiset uns doch d[ie]s[e]r Irrth[um] auch auf die Wahrh[ei]t hin. Es ist ja bekannt, daß die Täuschung, der Irrthum nur dadurch möglich ist, daß es eine Wirkl[i]chk[ei]t u[nd] Wahrh[ei]t gibt; eben weil irg[e]nd ein Ding 1669 für wahrhaft u[nd] beglückend u[nd] gut [69rl/ 69vr] gehalten wird, wird es angestrebt, also durch den Schein der Güte zieht es an, weil irgend eine Lehre für wahr u[nd] richtig gehalten wird, wird sie angenommen u[nd] hochgehalten; also nur um d[ie]s[e]s Scheines v[on] Wahrheit willen; wäre d[ie]s[e]r Schein nicht, kein aufricht[i]g[e]r Mensch würde ihr anhängen [.] So weiset also der Irrthum selber auf die Wahrh[ei]t hin u[nd] borgt v[on] ihr den Schein u[nd] 1663 Das Zitat stammt aus Johann Wolfgang von Goethe, Prooemion, 3. Strophe (vgl. Goethes Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, I. Abtheilung, 3. Band, Weimar 1890, 73). - Randbemerkung [69rr] : „Geg[e]n Rational[i]sm[us].“ 1664 „3)“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „2)“. 1665 Randbemerkung [69rr] : „b) D[a]s Bew[u]ßts[eyn] d[e]r Völk[e]r“. 1666 „bedeut[en]d[en]“ über der Zeile. 1667 Randbemerkung [69rr] : „u[nd] je vollkommener, höher stehend - um so mehr u[nd] deutlicher“. 1668 Randbemerkung [69rr] : „NB [: ] Da entsteht freil[ich] die große Schwie[ri]gk[ei]t - Welches die rechte [.] Aber a) daß d[a]rum keine die rechte [,] folgt d[a]raus nicht b) Um sie eben zu erk[ennen,] die[nen] Krit[e]ri[en] -“. Auf der folgenden Seite eine weitere, hier inhaltlich anschließende Randbemerkung [69vl] : „NB [: ] Ganz nur natürl[ich] od[er] menschl[ich] u[nd] ganz ungöttl[ich] ist keine R[e]l[i]g[ion] u[nd] Off[en]b[arun]g s[c]hon daru[m] ni[c]ht [,] weil das B[e]stimmende dabei die [„die“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „das“; „B“ in der Zeile gestrichen] Quell[e] d[e]s Geschi[c]htl[ichen,] di[e] imma[nen]te G[o]tt[e]sidee ist, di[e] [n]i[c]ht id[en]tis[c]h ist [m]it Natur u[nd] d[em] M[e]ns[c]h[en]g[ei]st (wie er als Selbstbew[u]ßts[eyn] b[e]st[e]ht) [,] sond[ern] ein Anderes, Höher[e]s ist, das i[n] Natur u[nd] d[em] M[en]s[c]h[en]g[ei]st b[e]sti[mmen]d di[e] r[e]l[i]g[iö]s[en] Kräfte b[e]herrs[c]h[en]d wirkt. D[er] Gl[au]b[e] d[a]her myst[i]sch[es] M[omen]t.“ 1669 „Ding“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Gut, irgend eine Lehre für“. <?page no="212"?> 202 kann nur dadur[c]h existiren. 1670 In ähnl[icher] Weise borgen die fälschl[ich] für Off[e]nb[a]r[u]ng gehaltenen R[e]l[i]g[io]nen von der wahren Off[e]nb[a]r[u]ng den Schein [,] u[nd] nur so gelingt es ihnen [,] sich geltend zu machen, falsche Off[e]nb[aru]ng[e]n setzen die wahre voraus, sonst könnten sie ja nicht den Schein von ihr borgen, denn v[on] Nichts kann man Nichts borgen. - 1671 2) 1672 Geg[en] die B[e]h[au]pt[u]ng, d[a]ß G[o]tt sich nicht offenbare, ist endl[ich] auch die menschl[iche] Natur selber, wie dieß schon in Früherem vielfach angedeutet wurde. Die menschl[iche] Natur 1673 trägt in sich einen Drang nach Erk[e]n[n]tn[i]ß d[e]s Göttlichen u[nd] der Wahrheit u[nd] hat die Anlage zur Erk[e]n[n]tn[i]ß davon in sich. - Da sie nun aber gleichwohl für sich allein nicht zur reinen, vollen Erk[e]n[n]tniß 1674 desselb[en] kommen kann, so wäre d[ie]s[e]r Drang vergebl[ich] u[nd] nur eine Quälerei u[nd] jene Anlage umsonst (nur eine Aefferei). Gott hätte den Menschen nur zur innern Qual u[nd] Unruhe erschaffen u[nd] ihn durch d[ie]se Anlage u[nd] Drang 1675 ohne Mögl[i]chk[ei]t der Befried[i]g[un]g recht eig[e]ntl[ich] zum Büßen 1676 gehabt; der Mens[c]h wäre der Narr der Natur 1677 , weil er im Stande wäre [,] sich etwas einzubilden, aber nie im Stande [,] es zu erreichen; er wäre recht für die Täus[c]h[u]ng ges[c]haffen; denn Trugbilder göttl[icher] Off[e]nb[a]r[u]ng könnte er annehmen u[nd] wäre sogar sehr geneigt u[nd] begierig darnach, weil ihn ein Bedürf[ni]ß der Natur dazu treibt. 1678 Da er also einmal das Bedürfniß göttl[icher] Off[e]nb[a]r[u]ng hat [,] so bleibt nun eine doppelte Annahme übrig; entweder hat G[o]tt, indem er ihn mit d[ie]s[e]r Anlage - die in ihr[em] unentwickelt[en] Zustand mehr ein Drang u[nd] Bedürf[n]iß [,] ein geist[i]g[er] Hunger ist - ausrüstete [,] zur Täusch[u]ng absichtlich geschaffen, od[er] aber [,] indem er ihn (sic! ) d[ie]se Anlage gab, so hatte er auch vor, ihrem Bedürfniß entsprechend, sich zu offenbaren. [69vr/ 70rl] 1670 Randbemerkung [69vl] : „Gäbe es keine Wahrh[ei]t, dann gäbe es auch kein[en] Schein der Wahrh[ei]t u[nd] keine Täusch[un]g - weil k[ein] Irrth[um] für Wahrh[ei]t geno[mmen] werd[en] könnte od[er] [„od[er]“ über der Zeile] die Täusch[un]g wär[e] dann d[a]s Wahre, weil Naturgemäße“. Daneben und darüber [69vl] : „(Zuerst muß ich wiss[en,] d[a]ß es ei[ne] Wahrh[ei]t gibt [,] dann erst ist es mögli[c]h, etwas Unwahres für wahr zu halt[en.] Eb[en]so b[e]i Gefahr etc.“ Darunter und daneben [69vl] : „Ohne Existenz ächter Perl[en], k[omm]t Niem[an]d d[ara]uf [,] fals[c]he für ächte zu halt[en.] - Oh[n]e wahr[es] [„wahr[es]“ über der Zeile] Li[c]ht k[ein] fals[c]h[er] S[c]himmer“. 1671 In der Zeile und am Seitenrand [69vl] eingefügt: „Und früher schon wurde bemerkt, d[a]ß d[ie]s[e]s constante Bew[u]ßts[eyn] der Völk[e]r v[on] ein[er] Off[e]nb[a]r[u]ng sich herschreibe v[on] der [„der“ über der Zeile soll wohl nicht getilgtes „ein[er]“ in der Zeile ersetzen] Uroff[e]nb[a]r[u]ng, deren Inhalt sich aber getrübt h[a]tte u[nd] entstellt wurde.“ 1672 „2)“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „3)“. 1673 Randbemerkung [69vl] : „D[ie] mens[c]hl[iche] Natur“. 1674 „ko“ in der Zeile gestrichen. 1675 „u[nd] Drang“ über der Zeile. 1676 „; des“ in der Zeile gestrichen. 1677 Über der Zeile eingefügt: „wie schon einmal bemerkt wurde“. 1678 Einfügung am Seitenrand [69vl] : „Ohne d[a]ß eine Mögl[i]chk[ei]t da wäre [,] d[ie]s[e]s Bedürfniß wahrhaft zu befriedigen d[u]rch eine wirkl[iche], wahre Off[e]nb[a]r[u]ng.“ <?page no="213"?> 203 I [.] Kap[itel] 1679 §: 14 F[o]rts[e]tz[u]ng Da das Erste eine G[o]tt[e]s unwürdige Annahme wäre, so bleibt nur das Letztere übrig, daß näml[ich] G[o]tt [,] der Natur u[nd] dem Bedürfniß des M[e]ns[c]h[e]n zu Hülfe kommend, sich wirkl[ich] geoffenbart habe, u[nd] daß also unter den fäls[c]hl[ich] dafür ausgegebenen Off[e]nb[arun]g[en] auch die wirkl[iche] sich finden müsse u[nd] aufgesucht werden könne. 1680 Es fragt sich nun [,] auf welche Weise können wir die wahre, wirkl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng finden u[nd] erkennen? 1681 III) Der Mensch vermag die wahre göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng u[nd] d.h. die wahre, Eine Religion, von der falschen zu unters[c]heiden, durch die ihm eingeborne 1682 Idee v[on] G[o]tt - 2) 1683 durch die ihm eingebornen Ideen des Wahren, Guten u[nd] S[c]hönen - d[u]rch s[ein] Gottesgefühl, dann d[u]rch sein Wahrheits-Gefühl, durch sein sittl[iches] u[nd] ästhetis[c]hes Gefühl; 3) endl[ich] durch Kenntniß seiner selbst u[nd] der ihn umgebenden Natur. - Dieß ist nun näher zu erklären. Die Wiederherstell[u]ng der wahren, reinen R[e]l[i]g[io]n, die nur Eine seyn kann, sag’ ich, 1684 kann nur geschehen durch Gott selbst, d[u]rch göttl[iche] Off[e]nb[a]rung, entwed[er] unmitt[e]lb[a]r[e] od[er] mittelbare d[u]rch einen Abgesandten. Ob nun irg[e]nd eine sich für göttl[ich] ausgebende Off[e]nb[a]r[u]ng, wirkl[ich] eine solche sei, ist zu erkennen. 1685 1) Durch die uns eingeborne Idee v[on] Gott - durch sie allein näml[ich], durch d[ie]s[e]s uns innewohnende G[o]tt[e]sbild, ist es dem Menschen möglich zu beurtheilen, ob irg[en]d eine Wirksamk[ei]t, Belehr[u]ng u[nd] Thun, Gottes würdig sei; 1686 d[ie]se eingeborne Idee u[nd] das äußere Thun des Offenbarenden müssen sich gegenseit[i]g 1687 entsprechen, müssen übereinstimmen, damit die Ueberzeug[u]ng entstehe [,] daß hier 1679 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 24” am oberen Seitenrand [70rr] ; „24“ bezeichnet den Bogen. 1680 Randbemerkung [70rr] : „Nur Congruenzgründe. - Aber es ist damit noch nicht bestimmt [,] ob wann eine g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[arun]g wirkl[ich] stattgefund[en] wie und welche v[on] den R[e]l[i]g[ionen] d[a]h[er] göttl[iche] Off[en]b[arun]g sey.“ 1681 Randbemerkung [70rr] : „NB [: ] Wenn die frisch[en] Blätter d[e]s leb[en]d[i]g[en] [„leb[en]d[i]g[en]“ über der Zeile] Glaub[en]s abfall[en] v[om] Stamme der E[r]k[enn]t[n]ißkr[a]ft u[nd] Thät[i]gk[ei]t - dann wird d[ie]s[e]r selbst bald dürr, trock[en.] - Und es muß ei[n] neu[er] Frühl[in]g, erfris[c]h[en]d[er] ko[mmen,] u[m] n[e]u[e]s L[e]b[en] zu bek[ommen.] - Aus Quelle ei[n]z[igen] Leb[en]s [m]uß wieder di[e] M[en]schh[ei]t tri[n]k[en.] - (Dad[u]rch allein ist er freil[ich] auch der Täusch[un]g d[e]s Irrthu[m]s fähig - was bei[m] Thiere nicht der Fall ist -)“. 1682 „immanenten“ (sic! ) über der Zeile. 1683 Korrespondierendes „1)“ ist unauffindbar. 1684 Über der Zeile eingefügt: „wenn sie geschieht“. 1685 Randbemerkung [70rr] : „Prüf[un]g d[u]rch immanente G[o]tt[e]sidee“. 1686 Randbemerkung [70rr] : „Die Völker im tiefst[en] Verfall scho[n] am w[eni]gst[en] geeig[ne]t, ei[ne] Off[en]b[arun]g zu prüf[en.] - Aber sie wird ei[nem] Dra[n]g [en]tsprech[en], wird d[a]s G[em]üth ergreif[en] u[nd] die G[o]tt[e]sidee weck[en] -“. 1687 „gegenseit[i]g“ über der Zeile eingefügt. <?page no="214"?> 204 wirkl[ich] Gott selber thätig sei. - Man könnte da sagen, ja [,] aber die Idee v[on] Gott 1688 selber soll 1689 eben d[u]rch d[ie]se Off[e]nb[a]r[u]ng zur Klarh[ei]t gebracht, 1690 zur rechten Entwickl[un]g kommen, v[on] der Trübung u[nd] Verbildung befreit u[nd] geheilt werden. Das wohl; aber es findet eine Wechselwirk[u]ng statt zw[i]s[c]h[en] d[ie]s[e]r äuß[ern] G[o]tt[e]sthät[i]gk[ei]t u[nd] der innern G[o]tt[e]sidee, wodurch beides zugleich ges[c]hieht, also die Gottesidee des Mens[c]hen einerseits d[u]rch die g[ö]ttl[iche] Mittheil[u]ng gereinigt, 1691 d[u]rch d[ie]se göttl[iche] Mitth[ei]l[un]g andrers[ei]ts wieder an der einge-[70rl/ 70vr] bornen G[o]tt[e]sidee als an ihrem Kriterium od[er] Prüfstein geprüft wird. 1692 - Wie der Magnet 1693 dem Pole sich zuwendet [,] so der menschl[iche] Geist vermöge d[ie]s[er] eingebornen G[o]tt[e]sidee der wahren Off[e]nb[a]r[u]ng, vorausgesetzt, daß keine andern bestimmten 1694 moralis[c]hen Hem[m]nisse im Wege sind. - 1695 Die Menschenseele ist nach u[nd] für Gott geschaffen. Darum ist sie im Stande zu ehren, zu erkennen u[nd] zu glauben, wenn G[o]tt wirkl[ich] spricht, ob u[nd] daß er wirkl[ich] es selbst ist, der spricht - wo reiner, aufricht[i]g[e]r Sinn ist. 1696 2) Eng mit der G[o]tt[e]sidee verbunden, ja unzertrennlich v[on] ihr und nur d[u]rch sie möglich sind die Ideen des Wahr[en,] Guten u[nd] Schönen; durch d[ie]se Ideen ist der Mensch in ähnl[icher] Weise im Stande zu beurtheilen, ob die mitgetheilte Lehre wahr - wenigstens ob sie nicht fals[c]h sei u[nd] d[ie]se mit der G[o]tt[e]sidee übereinstimme, Gottes würdig sei - ; 1697 in gleicher Weise ist er d[u]rch die Idee des Guten im Stande zu beurtheilen - wenigstens zu ehren u[nd] zu fühlen, ob die geoffenbarte Lehre sittl[ich] rein u[nd] d[a]h[er] G[o]tt[e]s würdig, göttlich sei; u[nd] ob das Leben u[nd] Thun dessen selbst, der die g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng verkündet, eines G[o]ttgesandten würdig u[nd] göttl[ich] sei; endlich auch die Idee des Schönen ist bei d[ie]s[e]r Prüfung keineswegs ganz ausgeschloss[en,] obwohl sie mehr zurücktritt; auch sie darf in der Off[e]nb[a]r[u]ng nicht verletzt od[er] gar vernichtet werden, weil auch sie ein Merkmal des Wahren u[nd] Guten, u[nd] des Göttlichen ist, während das Böse [,] d[ie] Lüge dem Häßlichen adäquat ist. Auf d[ie]se Weise also wird die Off[e]nb[a]r[u]ng [,] die sich für eine göttl[iche] ausgibt, geprüft, ob sie das wirkl[ich] sei. 1688 „v[on] Gott“ über der Zeile eingefügt. 1689 „j“ in der Zeile gestrichen. 1690 Einfügung am Seitenrand [70rr] : „d[u]rch sie ist er ja eb[en] au[c]h d[er] Täusch[un]g fähig [,] wie eine mißgestaltete, verbildete Pflanze nur d[u]rch d[en] Keim möglich ist“. 1691 Randbemerkung [70rr] : „D[e]r k[eimen]de Saame erhält d[urc]h Nahru[n]g Kr[a]ft u[nd] do[c]h ist er es [,] der d[ie]se N[a]h[run]g au[c]h prüf[en]d aufnimmt [.] - Also 1) Wahr[u]ng [,] 2) Kraft [,] sie aufzunehm[en,] 3) Kraft [,] sie zu prüf[en] - gibt die Off[en]b[arun]g“. 1692 Randbemerkung [70vl] : „Beisp[iel] v[on] d[en] jung[en] Rebhühnern s[iehe] Möhler.“ 1693 „wenn er sonst nicht gehindert wird naturgemäß“ am Seitenrand [138l] eingefügt. 1694 „bes[on]d[eren]“ über der Zeile. 1695 Randbemerkung [70vl] : „Das sittl[iche] Moment ist stets zu beton[en] - u[nd] eine geheimnißvolle Einwirk[un]g auf d[en] Will[en]“. 1696 Randbemerkung [70vl] : „(Aber auch der Täus[c]h[un]g fähig) [.] Also: natürl[iche], histor[ische] u[nd] ethis[c]he Beding[un]g[en] sind zu erfüll[en]. - Gesu[n]de, e[n]twick[e]lte Natur ([n]i[c]ht ...d (? )) - histor[isch] (... (? ) [n]i[c]ht)“. 1697 Randbemerkung [70vl] : „Auch hier wieder Gegenseit[i]gk[ei]t“. <?page no="215"?> 205 3) Es ist aber dazu auch Kenntniß des Menschen u[nd] der Natur nöthig. Die Off[e]nb[a]r[u]ng näml[ich] muß sich auf göttl[iche] Auctorität stützen, muß v[on] d[ie]s[e]r getragen seyn. Soll aber d[ie]se g[ö]ttl[iche] Auctorität anerkannt werden [,] so muß sie sich kund thun u[nd] beweisen durch übermenschl[iche] u[nd] über-natürliche Werke [,] d.h. d[u]rch solche Werke [,] die weder der Mens[c]h mit all’ sein[en] Kräften, noch die Natur nach ihren (sic! ) 1698 gewöhnl[ichen] Verlaufe, nach d[er] gewöhnl[ichen] Thätigk[ei]t ihrer Gesetze u[nd] Kräfte 1699 (u[nd] mit ihren Kräften) hervorbringen können; diese Werke aber sind die Wunder u[nd] die Weißagungen. 1700 - Um aber beurtheilen zu können, ob wirkl[ich] ein übermenschl[iches] u[nd] übernatürl[iches] Werk geschehen sei, muß man eben [70vr/ 71rl] die Kräfte des Menschen u[nd] die Kräfte der Natur kennen, um zu sagen u[nd] zu wissen, was sie vermögen u[nd] was nicht; was 1701 also menschl[iches] u[nd] natürl[iches] Werk sei u[nd] was übermenschl[iches] u[nd] übernatürl[iches]. Wo nun solche übermenschl[ichen] u[nd] übernatürl[ichen] Werke v[on] Jemand verrichtet werd[en] zum Beweise [,] daß ihm göttl[icher] Auftrag u[nd] göttl[iche] Kraft verliehen sei, u[nd] wo zugleich Lehren, Leben u[nd] Thun d[ie]s[e]s G[o]tt[e]sges[a]ndten mit uns[eren] eingebor[nen] Ideen v[on] G[o]tt, v[om] Wahren, Guten u[nd] Schönen oder kurz mit uns[erer] Vernunft übereinstimmen, da bürgt göttl[iche] Auctorität für die Wirkl[i]chk[ei]t g[ö]ttl[icher] Off[e]nb[a]r[u]ng. - 1702 Freilich muß, damit der Mensch solcher Offenbar[u]ng fähig sei, sein geist[i]g[e]s Wesen schon einigermaßen doch entwickelt seyn; an Kinder od[er] an ganz rohe, ungebildete Menschen könnte eine solche göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng nicht ges[c]hehen, weil sie nicht im Stande wären [,] sie als göttl[iche] zu beurtheilen u[nd] anzuerkennen. 1703 1698 „Gesetzen“ in der Zeile gestrichen. 1699 „gewöhnl[ichen] Verlaufe, nach d[er] gewöhnl[ichen] Thätigk[ei]t ihrer Gesetze u[nd] Kräfte“ über der Zeile. 1700 Randbemerkung [70vl] : „D.h. Ueberru[n]d[un]g der bloß[en] Naturmächte - insb[e]s[ondere] Z[ei]t u[nd] Raum“. 1701 „alles“ in der Zeile gestrichen. 1702 Randbemerkung [71rr] : „Ob Wunder möglich. s[iehe] B[o]g[en] 25.“ 1703 Einfügung am Seitenrand [71rr] : „sie könnten ja Zauberei u[nd] gewöhnl[iche] Gaukelei nicht v[on] wahr[en] Wundern u[nd] übernatürl[ichen] Werk[en] unters[c]heid[en] - da ist dann kein Grund u[nd] Boden [,] die wahre göttl[iche] Off[e]nb[arun]g widerzulegen“. Darunter [71rr] : „In solch kindis[c]hem, rohen Zustand entstanden vielmehr gerade die fals[c]hen Vorstell[u]ng[en] v[on] Off[e]nb[a]r[un]g, u[nd] d[ie] Annahme fals[c]her Off[e]nb[a]r[u]ng[e]n; die dann einmal angenommen u[nd] in ein[em] Volke in histor[i]s[c]h[en] Gang gebracht, wie ein Zauberkreis nicht mehr zu übers[c]hreiten waren v[on] d[ie]s[em] Volke, bis sie sich ganz ausgelebt hatt[en]; denn [,] wie bekannt [,] auch das Unkraut wächst u[nd] wuchert ja [,] u[nd] auch die Giftpflanze ist eine Pflanze [,] die ihre Zeit des Blühens, der Entwickl[un]g hat; - so auch die fäls[c]hl[ich] angenomm[enen] Off[e]nb[a]r[u]ng[e]n -; Um aber z[um] eig[e]ntl[ichen] Zusammenh[a]ng zurückzukehren. - Es wird [,] sag’ ich -“. Unsicher, ob hieran unmittelbar anschließend [71rr] : „a) In d[er] frühest[en] Z[ei]t war d[a]s unmitt[e]lb[are] G[o]tt[e]sg[e]f[ü]hl noch rege u[nd] rein [,] d[a]h[er] d[ie] Off[en]b[arun]g (oft ... (? )) leichter geprüft w[er]d[en] konnte [.] b) Am S[c]hl[u]ße d[e]s Alterth[ums] Verst[a]nd [.] Es tritt uns nun aus d[em] Alterth[um] b[e]sond[ers] Eine R[e]l[i]g[ion] entgeg[en,] mit d[em] dann am Schluße d[e]s Alterth[um]s - wie bekannt [-] d[a]s Ch[ri]st[en]th[um]. -“ Darunter [71rr] : „Die Crit[e]rien auf d[ie]se anzuwend[en] ist Aufg[abe] der Theologie - Apologetik [.] - Hier nur einige Bemerk[u]ng[e]n“. <?page no="216"?> 206 D[a]h[er] wird schon ein gewisser Grad v[on] Bild[u]ng od[er] wenigstens nicht gänzl[icher] Verfall der Geisteskräfte vorausgesetzt bei d[ie]s[er] g[ö]ttl[ichen] Kundgebung. - Eine solche Mitth[ei]l[un]g G[o]tt[e]s an die Mens[c]hen war also nur möglich entweder in den frühern Zeiten des Mens[c]henges[c]hl[e]chts, ehe noch jene große Verwild[e]r[u]ng, jener Verfall eintrat, 1704 oder erst wieder nach mehreren Jahrh[u]nd[e]rt[e]n, nachdem sich die größ[eren] 1705 Völker 1706 doch wieder zu dem Grad einer Cultur emporgearbeitet, daß sie des Verständnisses, der Beurtheil[u]ng einer solchen Off[e]nb[a]r[u]ng fähig waren, also nach der sogen[annten] Erfüllung der Zeiten. IV) 1707 Blicken wir nun auf die Geschichte der Mens[c]hh[ei]t [,] so finden wir, daß in den beiden genannten Zeitpunkten wirkl[ich] eine solche g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng an die Menschen statt fand, 1) in den frühesten Zeiten [,] ehe noch der große Verfall u[nd] die Unfähigk[ei]t für Annahme allgemein 1708 derselb[en] eintrat [,] u[nd] 2) nach Erfüllung der Zeiten, als die M[e]nschh[ei]t aus dem tiefen Verfall sich wenigstens so weit emporgearbeitet hatte, d[a]ß sie ders[e]lb[e]n fähig war, sie verstand u[nd] würdigen konnte; näml[ich] einerseits gebildet genug war, um sie zu verstehen, andrers[ei]ts [71rl/ 71vr] aber auch durch Erfahr[u]ng erkannt hatte, daß die Bild[u]ng die R[e]l[i]-g[io]n nicht ersetzen könne u[nd] d[a]h[er] das große Bedürfniß fühlte nach göttl[icher] Kundgeb[u]ng u[nd] empfängl[i]ch dafür war. 1) Die erste, frühere Off[e]nb[a]r[u]ng, die zur Wiederherstell[u]ng der Einen u[nd] wahren R[e]l[i]g[io]n mitten in dem zunehmenden Verfall selbst, schon begonnen u[nd] dann d[u]rch das ganze Alterthum hindurch bis zur zweiten Off[e]nb[a]r[u]ng hin fortgeführt u[nd] vervollständigt word[en], ist jene [,] die uns in den h[ei]l[igen] Büchern u[nd] R[e]l[i]g[io]nsurkunden, die wir das A[lte] T[estament] nennen, vorliegt. 1709 In frühester Zeit schon, als allenth[a]lben der Glaube an den wahren Gott zu schwinden begann u[nd] der Götzendienst überhand nahm u[nd] die R[e]l[i]g[io]n sich immer mehr zersplitterte u[nd] verfälschte, wählte sich Gott 1710 aus d[er] Maße Einen aus, der noch mitt[en] im Verderben treu hielt am reinen, 1711 edlen, einfachen Glauben, den Abraham näml[ich,] u[nd] machte ihn zum Träger der beginnenden Verbreit[u]ng auf die künft[i]ge große Anstalt zur Wiederherst[e]ll[u]ng der wahren R[e]l[i]g[io]n u[nd] zum Stammvater des Volkes [,] das den Keim der wahren R[e]l[i]g[io]n in sich bergend ihn pflegen u[nd] bewahren sollte bis zur Zeit, wo er aufwachsen konnte z[um] groß[en] Baume der allgemei[nen] R[e]l[i]- 1704 Über der Zeile: „d[a]h[er] G[o]tt sich an die Gut[en] wandte (Noa, Abrah[am], nicht an d[ie] S[c]hlechtest[en])“. 1705 „größ[eren]“ über der Zeile. 1706 „d[u]rch Cult[ur]“ in der Zeile gestrichen. 1707 Über der Zeile: „D[a]s Ch[ri]st[en]th[um] ist sch[on] natürl[ich] betr[ac]ht[e]t d[ie] vollk[ommen]ste R[e]l[i]g[ion] u[nd] ... (? ) d[e]s Jud[en]thu[m]s“. 1708 „allgemein“ über der Zeile. 1709 Randbemerkung [71vl] : „Zur Verbr[e]it[un]g d[e]s Gl[a]ub[en]s an d[ie]se 1. Off[en]b[arun]g war der Weg natürl[icher] Fortpfl[a]nz[un]g gewählt [über der Zeile: „(leibl[iche]) Geburt nicht Wunder ... (? ) kl[einen] Anfä[n]g[en]“] - so d[a]ß g[e]ist[i]g[e] u[nd] leibl[iche] Gem[e]i[n]s[c]h[a]ft i[n] Ei[n]s fiel - d[er] si[c]h ... (? )“ 1710 „so lautet sie“ über der Zeile. 1711 Über der Zeile: „also Prüf[un]g ... (? )“ <?page no="217"?> 207 g[io]n [,] des Christ[e]nth[ums] nämlich. 1712 Das Israelit[ische] Volk ist in Mitte der and[eren] Völker des Alterthums wie ein wohlgepflegter, veredelter Garten in Mitte der allgem[einen] Wildniß der üb[ri]g[e]n Völker. Treffend hat darum ein großer Philosoph der G[e]g[e]nwart die andern, die heidnis[c]h[en] R[e]l[i]g[io]nen, „die wildwachsenden R[e]l[i]g[io]nen“ genannt. 1713 Es ist wichtig, daß uns, die wir in ganz andrer Weise gebildet sind, mit ganz andern Anschauungen aufwachsen, 1714 in ganz andern örtlichen u[nd] historischen Verhältnissen uns befinden, daß uns [,] sag’ ich [,] Manches in d[ie]s[e]r R[e]l[i]g[io]ns-Urkund[e] u[nd] in der Off[e]nb[a]r[u]ngsweise der frühest[en] Zeit befremdend, selbst kleinlich u[nd] unbedeutend, uns[erer] Denku[nd] Betracht[u]ngsw[ei]se unangemessen vorkommt; allein wir müssen bedenken, daß die Mens[c]hh[ei]t in jener Zeit u[nd] unt[er] jenen Verhältnissen nach dem kindl[ichen] Alter, was den Geist betrifft [,] näher stand; 1715 Abstraction u[nd] S[c]härfe des Denkens lag jenen Menschen noch ferne; sie hatten sich noch [71vr/ 72rl] 1712 Einfügung am Seitenrand [71vl] : „NB [: ] In f[rü]h[e]st[er] Z[ei]t sind d[ie] Grenz[en] [n]i[c]ht so s[c]harf gezog[en], daß nur Ei[n] Volk Off[en]b[arun]g hab[en] sollte od[er] zu Th[ei]l ward [,] z.B. Hiob - [„Melchisedek“ über der Zeile]. Und es mochte d[a]s u[nd] dort ges[c]heh[en] sey[n.] - Die R[e]l[i]g[ion]sreform u[n]ter d[en] Heid[en] j[e]d[en]f[a]lls [n]i[c]ht v[on] ... (? ) gelten ja ... (? ) d[er] heid[ni]s[c]h... (? ) Phil[o]s[ophie] als Werkzeug [„(Aber freil[ich] Nichts Vollkommenes)“ über der Zeile] der Vorsehu[n]g [.] - Waru[m] ni[c]ht au[c]h d[ie] Veredl[ung] (? ) der Volksrel[i]gi[on? ]“ 1713 Einfügung am Seitenrand [71vl] : „mehr eine Vorbereitung zur eig[e]ntl[ichen] Off[e]nb[a]rung. Denn die eig[en]tl[iche] object[ive] [„object[ive]“ über der Zeile] Off[en]b[arun]g war die M[en]s[c]hh[ei]t noch [n]i[c]ht fähig, sie wäre untergeg[an]g[en] i[n] Myth[en] u[nd] d[un]kl[en] Sag[en], hätte si[c]h [n]i[c]ht rein erhalt[en] kö[nnen] d[em] übermächt[i]g[en] Naturkultus geg[e]nüb[er] u[nd] nicht verbreit[et] b[e]i d[er] Tre[nnun]g d[e]r Völk[e]r“. 1714 „ganz“ in der Zeile gestrichen. 1715 Randbemerkung [71vl] : „NB [: ] (Die übermächt[i]ge Sinnlichk[ei]t des M[e]nsch[e]n, der sich noch im Jugendalter befand, machte es s[einer] Natur gemäß nöthig [,] d[a]ß G[o]tt sich in sinnl[icher] Weise offenb[a]rte, um verstand[en] zu werfen [sic! ; wohl gemeint: „werden“] [.] - Rein geist[i]g[e] Off[e]nb[a]r[un]g, innere Erleucht[un]g [,] Wiß[e]ns[c]h[a]ft etc. wäre an d[ie]s[e]m Geschlecht spurlos vorüber gegangen - d[a]h[er] auch die sinnl[ichen], ird[i]s[c]h[en] Strafen u[nd] Belohnungen)“. - Es folgt in derselben Zeile ein Textanschlußzeichen und ein Verweis „s[iehe] Ob[en]“. Dem korrespondiert ein ebensolches Textanschlußzeichen [71vl] mit dem Verweis „s[iehe] Unt[en]“ mit dem anschließenden Text: „D[a]h[er] ursp[rün]gl[ich] die Off[en]b[arun]g str[en]g[e]s eisernes Gesetz, d[er] Bew[e]gl[i]chk[ei]t u[nd] wachsenden Phantasiethät[i]gk[ei]t gegenüber -“. <?page no="218"?> 208 I [.] Kap[itel] 1716 §: 14 F[o]rts[e]tz[u]ng 1717 keine Wißens[c]haft gebildet, keine große, geist[i]ge Welterscheinung hatten sie sich erringen könn[en], denn weder lag eine große Menschengeschichte hinter ihnen, die sie in ihrer Entwickl[u]ng u[nd] ihr[en] Gesetzen hätten erforschen mögen, noch war auch eine Naturwissens[c]h[a]ft schon ges[c]haffen od[er] gar s[c]hon ein philosoph[isches] System construirt; die Mens[c]hen jener frühesten Zeit lebten noch mehr ein unmittelbares Naturleben, sie waren gleichsam noch mehr eingetaucht in den Strom der Natur, standen ihr noch nicht so schroff gegenüber, sie glichen noch mehr in ihr[em] Leben den Kindern. Rein geist[i]g[e]r, abstracter Auffaß[u]ng geist[i]g[er] Verhältnisse u[nd] Lehren waren sie noch nicht fähig; die Wahrh[ei]t mußte ihnen am Sinnlichen u[nd] durch dasselbe nahe gebracht u[nd] gegeben werden. D[a]h[er] sehen wir [,] daß sich d[u]rch d[a]s ganze alte Test[ament] u[nd] besond[ers] d[u]rch d[ie] frühest[en] Zeiten, ein sinnl[icher] Charakter zieht, der uns abstracteren Menschen Anstoß erregen mag, aber in jenen Zeiten ganz unverfänglich war: So wenig man verlangen kann, daß den Kindern die Wahrheit in philos[ophischen] Formeln vorgetragen werde, so wenig kann man verlangen, daß G[o]tt jene 1718 groß[en] Stammväter des Israelit[ischen] Volkes Hegel’sche od[er] Kant’sche 1719 1716 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 25” am oberen Seitenrand [72rr] ; „25“ bezeichnet den Bogen. 1717 Randbemerkung [72rr] , die aber inhaltlich an den durchlaufenden Text dieser Seite nicht anschließt und deren Anschluß daher ungeklärt ist: „ad Wunder [: ] Wunder [,] s[a]gt man [,] sey[en] nicht mögl[ich] A) weil G[o]tt kein Pfus[c]hw[er]k ges[c]haff[en] - B) Weil sie wider die Natur-Gesetze. A) D[a]g[e]g[en] a) Niemals wird b[e]h[au]pt[e]t Wunder ges[c]heh[en,] u[m] die Natur zu beß[e]r[n,] s[on]d[ern] stets ist dab[e]i ei[n] höh[erer] geist[i]g[er] Zw[e]ck vorh[a]nd[en.] b) Dann wäre die Natur all[e]rdi[n]gs der Verbeßeru[n]g s[e]hr oft fäh[i]g u[nd] b[e]dü[r]ft[i]g -, die M[en]s[c]h[en] selbst geh[en] ja darauf aus - u[m] 1) All[e]s zu vervollk[ommnen,] 2) d[a]s S[c]hadhafte, Kr[a]nke etc. zu beßern - [,] 3) ... (? ) Erdrevolutionen ... (? ) B) Da ist zu untersuch[en] I a) Was ist in d[e]r Natur mögl[ich]? posit[iv] mögli[c]h [,] 2) nicht unmögl[ich] (negat[iv] mögl[ich]) [,] bedi[n]gt [„bedi[n]gt“ korrigiert durch Streichung ursprüngliches „unbedi[n]gt“] un[m]ögli[c]h (u[n]ter d[ie]s[en] Umst[än]d[en] unbedi[n]gt u[nm]ögli[c]h (NB [: ] was si[c]h selbst wid[e]rsp[r]i[c]ht od[er] g[ö]ttl[ichen] Eig[en]s[c]h[a]ft[en]) [,] od[er] 3 [)] was dies[er] Naturah[nu]ng wid[e]rsp[r]i[c]ht. Für die Natur selbst ist nur das 1) mögl[ich,] was g[r]u[n]dgel[e]gt, wenn die B[e]di[n]g[un]g[en], K[r]äfte g[e]g[e]b[en] si[n]d [.] - In der Natur [.] Die freie (? ) ...ft[i]g[e] (? ) M[en]s[c]h[en]kr[a]ft ist au[c]h 2 [)] mögl[ich] ... (? ) etc. - Für die Natur un[m]ögl[ich] ist z.B. ei[ne] Uhr, ein Gemälde hervorzubri[n]g[en,] d[a]g[e]g[en] in der Natur ist b[e]id[e]s mögl[ich], wenn sich eine Kr[a]ft fi[n]d[e]t b[e]id[e]s hervorzubri[n]g[en,] d[e]nn Natur verbü[r]gt dieß. - So auch kann der Wille üb[er]h[au]pt einwirk[en] auf d[en] Naturg[an]g u[nd] d[ie] K[r]äfte lenk[en], z.B. um ei[nen] G[e]g[en]st[an]d mit Fall[en] zu... (? ) d... (? ) S... (? ) zu finden, ist ei[ne] Stütze nothw[en]d[i]g, u[m] physis[c]h ... ? ... ? “ [Eine durch vorstehende Randbemerkung teilweise überschriebene Randbemerkung ist nicht mehr rekonstruierbar.] Unklar ist, ob die folgende Randbemerkung [72rr] sich als Fortsetzung der vorstehenden Randbemerkung versteht: „II [)] Die Natur geht d[u]rch solche freie m[en]s[c]hl[iche] u[nd] g[ö]ttl[iche] Ei[n]wirk[un]g [n]i[c]ht aus d[en] Fug[en] - so wie sie ders[e]lb[en] au[c]h fähig [,] ja d[a]r[a]uf angel[e]gt ist [.] III [)] Es h[an]d[e]lt si[c]h also nur d[a]ru[m,] ob es ei[ne] höhere Macht gibt, die auf die Natur ei[n]wi[r]k[en] k[ann].“ 1718 „jene“ in der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „die“. <?page no="219"?> 209 Philosophie solle gelehrt haben; so wenig man dem Vater es verargt, wenn er sich der Fass[u]ngs-Kraft seiner Kinder anbequemend, kindlich, einfältiglich, milde u[nd] strenge mit ihnen spricht, zum Behufe der Erzieh[u]ng, so wenig kann man die g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng jener frühest[en] Zeiten, um ihr[er] eigenth[üm]l[ichen] Sprechu[nd] Erzieh[u]ngsw[ei]se tadeln od[er] geradezu läugnen. Des M[e]ns[c]h[e]n Natur u[nd] Zustand war daran Schuld u[nd] erforderte dieß - nicht G[o]tt[e]s Off[e]nb[a]r[u]ng. 1720 2) Einen viel höhern, reinern, geistigeren Charakter trägt aber die 2. g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng [,] die 1721 nach Erfüllung der Zeiten eintrat, an sich; 1722 auf die jene erste nur die Vorbeding[u]ng, die Vorbereit[u]ng war; welche der Wendepunkt in der Geschichte der Mens[c]hh[ei]t üb[er]h[au]pt u[nd] besond[ers] der R[e]l[i]g[io]nen ist; 1723 die eig[e]ntl[iche] Anstalt zur Wiederherstell[u]ng der Einzigen, wahren R[e]l[i]g[io]n, deren Keim damals gepflanzt wurde, daß er wachse u[nd] sich ausbreite als groß[er] Baum über alle [72rl/ 72vr] Völker. Und diese R[e]l[i]g[io]n ist nun das Christenth[um,] das von sich behauptet u[nd] beweist [,] von Gott selber gegründet, die wahre, höchste u[nd] einzige Off[e]nb[a]r[u]ng 1724 zu seyn. Durch Gottes Sohn Chr[istus] gestiftet u[nd] bestimmt [,] alle Völker wieder zu einer R[e]l[i]g[io]n zu bekehren u[nd] die ganze Menschh[ei]t im Verlaufe ihrer Geschichte zu ihrem wahren, am Beginn der Schöpf[u]ng festgestellten Ziele zu führen. Der Beweis für die Göttlichk[ei]t des Chr[i]st[e]nth[ums] u[nd] seines Stifters wird geführt nach den oben angegebenen Kriterien 1725 ; die in der Idee v[on] G[o]tt, der Wahrh[ei]t, des Guten u[nd] S[c]hönen bestehen, in der Kenntniß des Mens[c]hen u[nd] seiner Kräfte u[nd] in d[er] Kenntn[i]ß der Natur, ihrer Gesetze u[nd] ihren 1719 „od[er] Kant’sche“ über der Zeile eingefügt. 1720 „Des M[e]ns[c]hen Natur u[nd] Zustand war daran Schuld u[nd] erforderte dieß - nicht G[o]tt[e]s Off[e]nb[a]r[u]ng.“ später in die Zeile eingefügt. Einfügung am Seitenrand [72rr] : „Und es bedurfte der wuchernd[en] Phantasie u[nd] d[er] leid[en]s[c]h[a]ftl[ichen] Erreg[un]g geg[en]über ein starkes bind[en]des Gesetz, wenn d[a]s Volk nicht in Naturkultus versink[en] sollte -“. Hier soll wohl - so legen es die entsprechenden Auslassungszeichen nahe - folgende Randbemerkung [72rr] anschließen: „z.B. der (? ) Willensact d[ie]s[e]s auch unmittelb[a]r (ni[c]ht etwa blos [m]itt[el]b[ar] d[e]r Gr[u]nd) [„unmittelb[a]r (ni[c]ht etwa blos [m]itt[el]b[ar] d[e]r Gr[u]nd)“ über der Zeile eingefügt] so wäre daru[m] k[e]i[n] Naturges[e]tz aufg[e]hob[en,] s[on]d[ern] nur gehemmt (aufgehalt[en] in d[e]r Wirk[un]g [.] Die Natur wäre nur g[e]stört, wenn das Gesetz d[e]r S[c]hwere als U[r]sa[c]he aufgehob[en] würde. Ob aber eine solche sinnl[iche] Wirk[un]g auch d[u]rch geist[i]g[e] Macht gele[n]kt u[nd] aufgehalt[en] w[e]rd[en] kann ... (? ) nicht d[u]rch V[erm]ittl[un]g einer and[eren] Naturk[r]aft? - Ja [,] j[e]d[e] H[an]dbeweg[un]g zeigt dieß - da der letzte I[m]puls dazu v[om] Geiste ausgeht. (Die Kräfte u[nd] B[e]di[n]g[un]g[en] i[n] d[er] Natur si[n]d dazu da)“. 1721 „die“ über der Zeile eingefügt. 1722 Randbemerkung [72rr] : „Den Beweis für d[ie] Göttl[i]chk[ei]t d[e]s A[lten] Test[amentes] dürfte man anders kaum führ[en] können als d[u]rch d[a]s N[eue] Test[ament].“ 1723 Randbemerkung [72rr] : „Verh[ä]ltn[i]ß v[on] Heidenth[um], Judenth[um], Chr[i]st[e]nth[um] [-] dunkle SternenNacht - Mond-Helle - Sonne. od[er] Wildniß - Umzäunung [„Paradies“ über der Zeile] - [„allgem[ein]“ über der Zeile] Paradies“. Darunter [72rr] : „Ch[ri]st[en]th[um] du[rc]h Bruch d[er] [„d[er]“ über der Zeile] national[en] S[c]hr[an]k[en -] R[e]l[i]g[ion] d[er] Liebe -“. 1724 „G[o]tt[e]s” in der Zeile gestrichen. 1725 Über der Zeile eingefügt: „Beurtheil[u]ngs-Normen“. <?page no="220"?> 210 Wirk[u]ng[e]n. - Hienach wird bewiesen [,] 1) 1726 daß Chr[istus] eine Erscheinung war [,] die in ihrer Lehre, ihrem Leben u[nd] Thun ganz der Idee v[on] Gott entsprach; daß 2) 1727 seine Lehren dem Wahrh[ei]tsgefühl od[er] der Idee d[e]r Wahrh[ei]t vollkommen entspricht 1728 , ebenso der Idee des Guten u[nd] Schönen; 3) 1729 ferner daß er Thaten verrichtete [,] die die Kräfte des Menschen absolut übersteigen u[nd] aus den Wirk[u]ng[e]n der Naturgesetze sich nicht erklären laßen; kurz daß er Wunder that u[nd] sich dad[u]rch als Herrn der Natur bewies u[nd] zeigte [,] daß er mit übernatürl[icher] göttl[icher] Kraft ausgestattet sei, um dad[u]rch die Wahrheit dessen [,] was er verkündete [,] zu beweisen u[nd] sich als Auctorität zu bewähren, der die Mens[c]hen sich gläubig mit Zuversicht hingeben könnten. - Zur Verkünd[u]ng deßen, was er durch seine Wunder u[nd] Weissag[un]g[en] bewies, gehörte auch dieß, daß er G[o]tt[e]s Sohn u[nd] v[on] Gott gesandt sei etc. 1730 1726 „1)“ über der Zeile. 1727 „2)“ über der Zeile. 1728 „gemäß“ über der Zeile. 1729 „3)“ über der Zeile. 1730 Randbemerkung [72vl] : „Es h[an]d[e]lt si[c]h in B[e]tr[e]ff der Wu[n]der - da die Natur k[e]i[n] Hind[e]rniß derselb[en] ist - nur d[a]ru[m], ob ein[e] Macht da ist, die sie wi[r]kt [,] d.h. die d[u]r[c]h g[ei]st[i]g[e] Acte solch[e]s wi[r]kt [,] was so[n]st d[u]r[c]h mat[e]ri[e]ll[e] nach gewöh[n]l[ichen] Naturgesetz[en] st[a]ttfi[n]d[e]t [.] Ei[n]e solche Macht ist eben G[o]tt [.] Gibt es ei[nen] Bew[eis] f[ür] d[as] Das[eyn] G[o]tt[e]s zugl[eich] Bew[eis] f[ür] d[ie] M[ö]gl[ic]hk[ei]t d[er] W[un]d[er.] [über der Zeile: „dann si[n]d au[c]h Wu[n]der mögli[c]h“] ad d) D[a]s Das[e]y[n] u[nd] Wirk[en] d[e]s M[en]s[c]h[en]g[ei]st[e]s selbst ist ei[ne] continuirl[iche] D[u]r[c]hbr[ec]h[un]g d[e]s st[ren]g[en] Naturl[a]ufes - d[a]ß ich jetzt d[en]ke, spr[ec]he etc. [,] liegt ni[c]ht i[m] str[en]g[en] Naturlauf, - (wie es geschieht allerdi[n]gs, aber [n]i[c]ht [,] d[a]ß es geschieht) [.] - Die Rationalist[en] k[ommen] conseque[n]t z[um] Mat[er]ial[i]s[mus] u[nd] Determinism[us.] Die Naturfors[c]her b[e]h[au]pt[en] auch d[a]s Daseyn ei[ne]r Will[en]sdr[ei]h[ei]t [.] NB [: ] Sind Wunder [„wü[r]de ei[n] Wunder, -“ über der Zeile] möglich, dann fällt der größte Theil der moder[nen] Kritik der Ev[an]g[e]li[en] u[nd] Umdeut[un]g in Myth[en] in s[einer] wiss[en]s[c]h[a]ftl[ichen] Bed[e]ut[un]g. Denn man gründet das Ganze auf di[e] Unmögl[i]chk[ei]t der Wunder. Ob Wunder mögli[c]h [unleserliche Wörter in der Zeile gestrichen] Nichts wird mehr bestritten v[on] Naturfors[c]hern u[nd] Philos[ophen] als dieß. - Mit Unrecht, denn der Lauf der Natur wird d[u]r[c]h sie d[u]r[c]haus nicht beeinträcht[i]gt - denn auch d[a]s Wunder geschieht naturgemäß, nach Naturgesetz[en] - nur in and[erer] Anw[en]d[un]g (? ) als in der Natur s[e]lbst geschieht, wie dieß die m[en]schl[iche] Fr[e]ih[ei]t thut [.] - a) Es könnte in d[ie] Natur Neues hineinges[c]h[a]ff[en] w[er]d[en] ohne Störung - so gut als Vorh[a]ndenes (Thiergatt[un]g[en]) aufhören könn[en] (B... (? )) b) Es wird nur ein Gesetz geg[en] d[a]s Andere aufgeboten (wie d[er] Arzt es thut - (Wundenstill[un]g) c) Aber plötzl[iche] Krank[en]heil[un]g[en]? - Wie wenig kommt ... (? ) darauf an, ob etwas gut oder s[c]hl[ec]ht wirkt - u[nd] wie ras[c]h läßt si[c]h d[ie] Wirk[un]g ände[rn] (? ) - Chinin, Strichnin. d) Das Dasey[n] d[e]s freiwoll[en]d[en] M[en]s[c]h[en]g[ei]st[e]s u[n]terbri[c]ht selbst bestä[n]d[i]g d[en] nothw[en]d[i]g[en] Naturla[u]f [: ] - [Daneben [72vl] : „...ung ist nur ... (? ) nicht Neus[c]haff[un]g auch der ...(? )“] Ob Wunder möglich - ob nicht alle Gesetze in d[er] Natur gestört d[a]d[u]r[c]h, der g[a]nze Verlauf der Natur, da ein solch[er] Riß in ihr[em] Zusa[mmen]h[an]g ... (? ) continuirl[ichen] Fluß sich bald weit[e]r verbreit[en] u[nd] Störu[n]g in’s Große fortpfl[an]z[en] müßte - (wie d[ie] Well[en] bei geworf[enem] Stei[n]) z.B. Brodvermehr[un]g[en] wie Schöpf[un]g ein[er] neu[en] Pflanze [.] So we[n]ig als d[ie]se Gesetze d[e]r Natur in ihr[er] Wirks[am]k[ei]t ei[ne] Störu[n]g erleid[en] d[u]r[c]h Vertilg[un]g irg[en]d ei[ner] Gatt[un]g v[on] leb[en]d[en]d[en] (sic! ) Wes[en]. Ob R[e]l[i]g[io]n ohne Wunder u[nd] Off[en]b[arun]g jemals - od[er] in Zukunft möglich ist - <?page no="221"?> 211 Dieß Alles weiter auszuführen ist hier nicht der Ort, das ist Sache der Apologetik des Chr[i]st[e]nth[ums] od[er] der Philosophie der ch[ri]stl[ichen] 1731 Offenbarung; hier kann es nur kurz angedeutet werden. Nur einige Einw[ä]nde 1732 sollen noch besprochen werd[en,] die besond[ers] in uns[erer] Zeit geg[en] d[a]s Chr[i]st[e]nth[um] u[nd] sein[en] Charakter als göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng vorgebracht werden. (Geschichtsphilosophis[c]h) 1733 [.] V [)] Man sagt: wenn das Chr[i]st[e]nth[um] wirkl[ich] göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng ist u[nd] die einzig wahre R[e]l[i]g[io]n u[nd] wenn es bestimmt ist [,] alle Völker zu durchdringen [72vr/ 73rl] 1734 u[nd] zu vereinigen u[nd] alle falschen R[e]l[i]g[io]nen zu verdrängen, wie kommt es dann, daß noch so wenig, verhältnißmäßig wenigstens [,] v[on] d[ie]s[e]r Aufgabe erreicht ist u[nd] daß die Verbreit[u]ng des Chr[i]st[e]nth[ums] in d[ie]s[en] vielen J[a]hrh[u]nd[e]rt[e]n noch nicht weitergekommen, ja daß es sich in seinem Innern selbst wieder so vielfach in Partheien gespalten hat, die sich gegenseit[i]g befeinden u[nd] allenth[a]lb[e]n in den Weg treten u[nd] endl[ich] daß innerhalb d[ie]s[e]r chr[i]stl[ichen] Partheien selber wieder so Wenige sich innerlich im Geiste des Chr[i]st[e]nth[ums] ausbilden u[nd] ihr Leben demgemäß führen? Diese Einwend[un]g[e]n, so triftig sie s[c]heinen, können gleichwohl nichts beweisen geg[en] die Göttl[i]chk[ei]t u[nd] Wahrheit des Chr[i]st[e]nthums, obwohl sie an sich auf richt[i]g[e]r Wahrnehmung beruhen. 1735 ad IV a) Di[e] Naturwiß[en]s[c]h[a]ft will Z[e]ug[n]iß geb[en] geg[en] d[as] Wunder ad V b) D[ie] Geschichtsfors[c]h[un]g g[e]g[en] d[ie] Weissag[un]g[en] NB [: ] Nicht die Ges[c]hichte ents[c]heidet [,] ob u[nd] welches g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[arun]g sey [,] sond[ern] philos[ophische] Prüf[u]ng; die Frage nach der wahr[en] Auctor[ität] ist d[a]s eine philos[ophische] Frage [n]i[c]ht blos ei[ne] d[e]r Ges[c]hi[c]h[te.] - Weiter hier nicht.)“ 1731 „ch[ri]stl[ichen]“ über der Zeile. 1732 „Einw[ä]nde“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Punkte“. 1733 „(Geschichtsphilosophis[c]h)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 1734 Randbemerkung [73rr] , die sich im näheren Kontext kaum verorten läßt: „VI [)] ad Positivität des Chr[i]st[e]nth[ums] Das Chr[i]st[e]n[thum] muß positiv bleib[en] (göttl[ich] gesetzt) oder muß ganz aufhören - ein Mittleres - philosophisch-anthropologische od[er] geschichtsphilos[ophische] Umdeut[un]g ist nicht möglich. a) So geziemt es der menschl[ichen] Natur [„u[nd] Würde“ über der Zeile eingefügt] - der gebildet[en] am meisten. - In der R[e]l[i]g[io]n darf nie eine andere als g[ö]ttl[iche] Auctorität gelten. - Wo menschl[iche] Auct[o]rität gilt - wo der M[e]nsch si[c]h selbst od[er] Andern in der R[e]l[i]g[ion] glaubt od[er] vertraut, da hat die R[e]l[i]g[ion] schon aufgehört, ihr wese[n]tl[icher] Charakter ist dahin. Sie ist gestorb[en]. b) Das posit[ive] Ch[ri]st[en]th[um] läßt sich nicht in ein unposit[ives], unbestimmtes (rationelles) verwandeln; - die Eiche läßt sich nicht verwandeln in einen - Baum. Eine bestimmte R[e]l[i]g[io]n läßt sich nicht mehr verwandel[n] in eine unbestimmte. Die dogmenhistoris[c]he E[n]twickl[un]g läßt sich nicht beseit[i]g[en.] Eine unbestimmtere R[e]l[i]g[ion] (z.B. d[a]s Jud[en]thum [)] läßt sich wohl in b[e]zug auf G[o]tt[e]slehre in eine bestimmtere verwandeln (Chr[i]st[e]nth[um]) das ist naturgemäß, aber nicht umgekehrt. - VII [)] Ueberg[än]ge Aber dennoch hat d[ie] Wiß[en]s[c]h[a]ft ei[ne] große Aufg[abe] innerh[a]lb d[e]s Ch[ri]st[en]th[ums.] D[a]h[er] d[er] f[o]lg[en]d[e] §: noch d... (? ) Ab[er] die Positiv... (? ) ... (? ) NB [: ] Die Welt müßte sonst absolut vollkomm[en] sey[n]. Ist sie das nicht, so muß sie sich entwick[e]l[n], vervollkomm[nen] - ändern etc.“ 1735 Im Nachhinein in und unter die Zeile eingefügt: „Sie gelten nur einer engen bes[c]hr[ä]nkt[en] Auff[a]ß[un]g gegenüber.“ <?page no="222"?> 212 Denn der Grund v[on] all’ dem Gesagten ist nicht im Chr[i]st[e]nth[um] gelegen [,] sond[ern] 1) in der Natur der Schöpf[u]ng u[nd] alles Daseyend[en,] 2) in der mens[c]hl[ichen] Freih[ei]t u[nd] Selbstthät[i]gk[ei]t üb[er]h[au]pt 1736 insbesondere. Die Natur des Ges[c]höpflichen ist die allmählige Entwickl[u]ng; die Schöpfung selber schon entstand nicht mit Einem Schlage, ictu et actu [,] sond[ern] allmählig in bestimmten Entwickl[u]ngsmomenten in 6 Tagen [,] wie uns[ere] h[ei]l[ige] Urkunde sagt; u[nd] 2) 1737 Alles [,] was in ihr entsteht u[nd] wirkt [,] nimmt Theil an d[ie]s[e]r allmähl[i]g[en] Entfaltung, d.h. es ist eben eingetreten in’s Gebiet des Zeitlichen, es participirt an der Zeit, an d[er] Dauer u[nd] dem Fluße des Daseyenden [.] 3) 1738 Selbst die Menschenseele tritt nicht gleich vollkommen u[nd] ausgebildet in’s Daseyn herein, sond[ern] als noch in sich verschloßener, unentwickelter Keim, der erst nach u[nd] nach si[c]h ers[c]hließt u[nd] ausbildet. 4) 1739 Nach d[ie]s[e]m Gesetz richtet sich auch die göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng, auch sie ist anfangs als göttl[icher] Wahrheitskeim in die Mens[c]hh[ei]t gepflanzt, gleicht [,] wie Chr[istus] selber sagt [,] einem Senfkorn, das anfangs klein ist u[nd] erst nach u[nd] nach zu einem großen Baume erwächst. Warum aber die Welt mit d[ie]s[e]m Charakter u[nd] Naturgesetz der Entwickl[un]g 1740 geschaffen ist, ist zuletzt allerdings ein Geheimniß [,] in das wir nicht vollkommen einzudringen vermögen - wir werden aber später bei der Lehre v[on] der Schöpf[u]ng darauf zurückkomm[en] u[nd] sehen, wie sich die Philosophie, d[a]s mens[c]hl[iche] Denk[en] d[ie]s[e]s wenigstens einigermaßen zu erklären sucht. 1741 [73rl/ 73vr] 1742 Das Chr[i]st[e]nth[um] ist auch der 1743 mens[c]hl[ichen] 1736 „üb[er]h[au]pt“ über der Zeile eingefügt. 1737 „2)“ über der Zeile; korrespondierendes „1)“ unauffindbar. 1738 „3)“ über der Zeile. 1739 „4)“ über der Zeile. 1740 „der Entwickl[un]g“ über der Zeile eingefügt. 1741 Einfügung am Seitenrand [73rr] : „So viel ist jed[e]nf[a]lls gewiß, daß die Schöpf[u]ng im G[e]g[e]nsatz u[nd] Unt[e]rsch[ie]d v[on] G[o]tt nicht wohl anders gedacht werd[en] kann, als räumlich, örtl[ich], bes[c]hränkt u[nd] zeitlich, d[a]h[er] sich verändernd, sich entwickelnd; ohne dieß wäre die Welt v[om] Wesen G[o]tt[e]s ni[c]ht unterschied[en] - sie müßte ewig u[nd] unveränderlich u[nd] unendl[ich] s[eyn]“. Daneben [73rr] , aber kaum an den Haupttext oder an eine andere Randbemerkung auf derselben Seite anzuschließen: „NB [: ] Man sp[r]i[c]ht v[on] g[ö]ttl[ichem] Genie üb[er]h[au]pt [.] - I[n] d[er] R[e]l[i]g[ion] bethät[i]gt si[c]h d[ie]s[e]s kat’ ev xochn [me]hr od[er] w[en]ig[er] - i[n] all[en] Prophet[en] R[e]l[i]g[ion]sstift[er] - par excellence - G[ei]st[e]s -“. Daneben [73rr] , ebenfalls kaum an den Haupttext oder an eine andere Randbemerkung auf derselben Seite anzuschließen: „NB [: ] Ei[n]e Haupts[c]hwierigk[ei]t für die richt[i]ge Auff[a]ß[un]g Jesu u[nd] d[e]s Chr[i]st[en]th[ums] ist die übl[iche] u[nd] starr formulirte Feststell[un]g v[on] d[er] J... (? ) d[e]s göttl[ichen] Logos u[nd] der S[c]höpf[un]g d[e]r M[en]s[ch]h[ei]t ... (? ) Logos [.] Würde beides ganz [un]t[er]s[a]gt [,] würde es si[c]h i[n] d[er] Tiefe wohl (? ) als endlich erweisen -“. Daneben, erneut kaum anschlußfähige Randbemerkung [73rr] : „NB [: ] Man könnte versucht sey[n], Ch[ristus] so aufzufaß[en], daß er in d[em] Aug[en]bli[c]k [,] wo er Ei[ne] Ei[n]h[ei]t [m]it G[o]tt d[em] Vater betonte [,] u[nmi]tt[e]lb[ar] die Tiefe u[nd] Innigk[ei]t (d[a]s myst[ische] M[omen]t) i[n] d[er] [men]s[c]hl[ichen] Natur darstellte u[nd] i[n] si[c]h erfuhr [,] vermöge der[en] der M[en]s[c]h (M[en]s[c]hh[ei]t) zu G[o]tt strebt nach Ei[n]h[ei]t [,] Wiederverei[ni]g[un]g [m]it s[einem] Quell u[nd] Ursp[run]g [.] - Ei[n] Streb[en,] das der ganz[en] M[en]schh[ei]t eig[e]n u[nd] d[a]h[er] obj[ectiv] ist, obwohl subj[ective] Ersch[ein]u[n]g (M... (? ))“. <?page no="223"?> 213 Thätigk[ei]t, also d[em] 1744 frei (sic! ) Thun der Menschh[ei]t anvertraut 1745 zur Verbreit[u]ng [,] u[nd] wiederum hängt die Annahme desselben ab vom freien Willen des Einzelnen. 1746 Und das muß so seyn, eben weil die Freiheit zur Natur des Mens[c]hen gehört u[nd] die Natur nicht zerstört [,] vernichtet, sond[ern] nur gebildet, veredelt, vollendet werden soll durch dasselbe. Nicht a) 1747 mit physis[c]her Gewalt soll das Chr[i]st[e]nth[um] verbreitet werden u[nd] kann das auch nicht, weil äuß[ere] Gewalt den Geist nicht zwingen kann [,] mit dem es doch das Chr[i]st[e]nth[um] zu thun hat; aber auch nicht b) 1748 mit geist[i]g[em] Zwang will G[o]tt selbst es verbreiten - 1749 (sonst könnte ohnehin Niemand geist[i]g[en] Zwang anwenden) - [,] weil dadurch die geist[i]g[e] Natur des Mens[c]hen, zu 1750 der, wie gesagt [,] wesentl[ich] die Freiheit gehört, zerstört würde; es würde dabei nicht der menschl[iche] Geist, wie er jetzt ist [,] gebeßert u[nd] vervollkom[m]net, sond[ern] zerstört u[nd] ein ganz anderer [,] neuer geschaffen. Das wäre aber eine neue Schöpf[un]g. 1751 1742 „2)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 1743 „auch der“ über der Zeile. 1744 „d[em]“ über der Zeile. 1745 Über der Zeile: „D[a]s Chr[i]st[en]th[um] participirt also auch an d[ie]s[er] Eig[en]s[c]h[a]ft der Räu[m]l[i]chk[ei]t u[nd] Zeitlichk[ei]t -“. 1746 Randbemerkung [73vl] : „Ausbr[ei]t[un]g u[nd] Annahme hängt v[on] d[em] frei[en] Will[en] d[er] M[en]s[c]hh[ei]t ab“. Darunter [73vl] : „Ja [,] selbst die imma[nen]te E[n]twi[c]kl[un]g - d[a]h[er] hat die Wiss[en]s[c]h[a]ft so große B[e]d[e]ut[un]g - b[e]i d[en] W[i]ld[en] ... (? )“ 1747 „a)“ über der Zeile. 1748 „b)“ über der Zeile. 1749 Über der Zeile: „ich sage G[o]tt selbst“. 1750 „zu“ über der Zeile. 1751 Randbemerkung [73vl] : „Sollte also die dasey[en]de M[e]ns[c]hh[ei]t gebeßert u[nd] beseeligt werden d[u]r[c]h d[as] Ch[ri]st[en]th[um] u[nd] nicht viel[me]hr eine ganz andere [,] neue von Vorn an wieder ges[c]haff[en] werd[en] - so mußte bei aller göttl[ichen] Hülfe ... (? ) Off[e]nb[arun]g die mens[c]hl[iche] Freih[ei]t u[nd] Selbstthät[i]gk[ei]t ... (? )“. Weitere Randbemerkung [73vl] , deren exakte Verortung im Haupttext nicht auszumachen ist: „NB [: ] Ind[em] i[n] Ch[ri]st[u]s der göttl[ich] e[n]tsp[r]u[n]g[ene] Gru[n]dzug (G[o]tt[e]sidee) so stark hervortrat [,] daß er i[n] d[er] Tiefe u[nd] Innigk[ei]t d[e]s Gefühls i[n] manch[en] Mo[men]t[en] si[c]h u[nm]itt[e]lb[a]r Ei[n]s wußte [m]it G[o]tt d[em] Vater, d[em] Quell [,] Urheber der M[en]sch[en]natur (M[en]schh[ei]t) - überwand er gl[e]i[c]hsa[m] s[e]i[nen] m[e]ns[c]hl[ichen] Ursprung u[nd] errang gleichsam übernat[ü]rl[ichen] Ursp[run]g (du[r]ch Zurü[c]kst[r]eb[en], Versink[en] i[n] d[em] g[ö]ttl[ichen] Will[en,] der uranfä[n]gl[ich] die M[e]nschh[ei]t s[c]huf - die natürl[iche] Geburt ward dur[c]h Wiedergeburt i[n] d[e]r i[nni]g[en] G[o]ttver[e]i[n]ig[un]g s[einer] Seele zu ei[ne]r u[nm]itt[e]lb[a]r[en,] übernatürl[ichen] u[nd] sollte so Ausg[an]gspu[n]kt ei[ne]r Regenerati[on] d[e]r M[en]schh[ei]t d[u]rch Wiedergeburt (Gl[au]b[en,] Vers[en]k[en] i[n] G[o]tt d[u]r[c]h u[nd] [m]it Ch[ri]st[us]) w[e]rd[en.] - Mehr od[er] w[en]ig[e]r fi[n]d[e]t d[ie]s[e]s auch i[n] and[eren] R[e]l[i]g[ionen] d[u]rch R[e]l[i]g[ion]sstift[e]r etc. statt (od[er] g[an]z äuß[er]l[ich] d[u]r[c]h Naturereig[n]iße [,] die d[a]s G[o]tt[e]sbewußts[eyn] anreg[en,] bel[e]b[en], inniger, b... (? ) mach[en.] - D[a]d[ur]ch k[omm]t Ei[n]h[ei]t in d[ie] wiss[enschaftliche] Auff[a]ß[un]g d[e]r R[e]l[i]g[ion.] - Man kann es gelt[en] laß[en], d[a]ß die übl[iche] Auff[a]ß[un]g i[n] der Ges[c]h[i]chte d[e]r M[e]ns[c]hh[ei]t z[um] B[e]huf d[e]r größ[eren] klar[eren] Auct[orität] u[nd] Wirks[am]k[ei]t d[e]s g[ö]ttl[ichen] I[n]h[a]lts d[e]s Chr[i]st[en]th[ums] nöthig u[nd] heilsam war [.] - Jetzt aber [,] nachd[em] d[ie]se Auff[a]ß[un]g dur[c]h d[ie] Auct[orität] zu ei[nem] Hem[m]niß für d[ie] M[e]ns[c]hh[ei]t [Einfügung [73vl] : „die gewöh[n]l[iche] Auff[a]ß[un]g Jesu u[nd] d[e]s Ch[ri]st[en]th[ums] f[in]d[e]t k[einen] Gl[au]b[en] [me]hr - sie ist i[n] ihr[en] <?page no="224"?> 214 Man kann ferner die Behauptung hören [,] die Off[e]nb[a]r[u]ng A[lten] u[nd] N[euen] T[estamentes,] besond[ers] aber des A[lten] zeige auch darin [,] daß sie nicht durchaus göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng sei, weil so manche Behaupt[u]ng[e]n über d[ie] Natur darin vorkommen, welche die Naturwiss[e]ns[c]h[a]ft als unrichtig erweise [.] Das ist th[ei]lw[ei]se richtig. Allein die Off[e]nbar[u]ng bezieht sich nicht auf das Sichtbare, Natürliche [,] auf das Dießeits, sond[ern] auf d[a]s Unsichtbare, Uebernatürl[iche], auf das Jenseits, auf das [,] worüber wir aus eignen Kräften, für uns allein, Nichts Sicheres wissen können, worüber wir d[a]h[er] göttl[icher] Belehr[u]ng bedürfen. 1752 Das Sichtbare aber, die Natur [,] ist dem mens[c]hl[ichen] Geiste zur Erfors[c]hung u[nd] Erk[e]n[n]tn[i]ß hingegeben, daß er seine Kräfte daran versuche u[nd] ein Element habe [,] in dem er seinen Naturgemäße[n] (sic! ) Gang der Entwickl[u]ng gehe. Schon Sokrates hat gesagt: „Alles was gemeßen, gezählt u[nd] gewoge[n] werden kann, ist kein Geg[e]nst[a]nd göttl[icher] Off[e]nb[a]r[u]ng.“ Der Gottgesandte tritt darum nicht auf als Prof[essor] der Astronomie od[er] Naturgeschichte od[er] auch üb[er]h[au]pt der Philosophie, sond[ern] als Stimme [,] die aus dem Reich des Unsichtbaren s[eine] Kundgeb[u]ng[e]n hält u[nd] sie ins Sichtbare hineinruft. 1753 - Was die Philosophie [73vr/ 74rl] I [.] Kap[itel] 1754 §: (14) 1755 F[o]rts[e]tz[u]ng insbes[ondere] betrifft, so kann man zugestehen, daß sie in neu[erer] Zeit manche Fortschritte gemacht, u[nd] in mancher Bez[ie]h[un]g weiter gekommen sei als die Philos[ophen] des Alterthums u[nd] daß du[r]ch sie selbst viele Wahrh[ei]t[e]n des Chr[i]st[e]nth[ums] in klareres Licht gestellt worden seyen. Allein die neu[ere] Philos[ophie] ruht hierin auf dem Chr[i]st[e]nth[um]. Das ist ihr Lehrmeister, wenn sie es Wid[er]sp[r]ü[c]h[en] u[n]haltbar, u[n]mögl[ich.] -“] u[nd] d[a]h[e]r g[e]s[c]h[ic]h[t]l[ichem] Forts[c]hr[i]tt wird - u[nd] nachd[em] sie der Kritik g[e]g[en]üb[er] u[n]haltbar geword[en] u[nd] d[a]d[ur]ch ei[ne] Gefahr für die R[e]l[i]g[ion] selbst wird - ist es Z[e]it [,] das ursp[rün]gl[iche] wahre Wes[en] des g[ö]ttl[ichen] Bewußtsey[n]s Jesu wieder gelt[en]d zu mach[en] u[nd] die M[en]schh[ei]t so v[on] falscher Auct[orität] [zu] befrei[en] od[er] die R[e]l[i]g[ion] [zu] schütz[en] - die R[e]l[i]g[ion] k[o]mmt i[n] Fluß [,] u[m] zu neu[e]r For[m] si[c]h zu g[e]stalt[en,] u[m] aus d[er] g[e]sch[ö]pfl[ichen] Aeußerl[i]chk[ei]t si[c]h vertief[en]d, verinnerlich[en]d“. 1752 An diese Stelle schließt möglicherweise die Randbemerkung [73vl] an: „NB [: ] Warum sollte Wiederanknüpfu[n]g d[e]s Bandes zw[i]sch[en] G[o]tt u[nd] M[e]ns[c]h[en], Wied[e]rh[e]rstell[un]g d[e]s recht[en] innig[en], reinen V[e]rh[ä]lt[ni]ßes [n]i[c]ht v[on] ein[em] M[e]nsch[en] ausgeh[en] kö[nnen], w[e]nn Gott [m]it ihm ist? Waru[m] sollte G[o]tt M... (? ) wod[u]r[c]h ... (? ). D[ie]s[e]r innerl[iche] geist[i]g[e] Proceß. Ueberwi[n]d[un]g d[er] natürl[ichen] Gebu[r]t ei[n] Ki[n]d G[o]tt[e]s (Sohn G[o]tt[e]s) zu w[er]d[en,] hat man spät[e]r d[u]r[c]h bloße A[e]uß[er]l[i]chk[ei]t nachah[men] woll[en] in ... (? ) etc.“ 1753 Einfügung am Seitenrand [73vl] : „Als Mittel zur Mitth[ei]l[un]g u[nd] Einführu[n]g wird d[ie] Natur allerdings benützt - es wird aber dabei angeknüpft an die Vorstell[un]g[en,] die d[ie] M[e]ns[c]h[en] gerade von der Natur hab[en] - abgeseh[en] davon [,] ob d[ie]se Vorstellung[en] dem wirkl[ichen] Sachverhalt der Natur entsprech[en.] - Genug [,] jene Vorst[e]ll[u]ng[en] sind d[em] Volke geläufig u[nd] können als Medium der Explikati[on] u[nd] Zeugnißes dienen [.] - Der Prophet hat ... (? )“ Als Fortsetzung dieser Randbemerkung am unteren Seitenende [73vr] : „- Aber di[e] Gläub[i]g[en] soll[en] dann auch d[ie]se Naturvorst[e]ll[un]g[en] jener Z[ei]t nicht zu Dogmen machen“. 1754 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 26“ am oberen Seitenrand [74rr] ; „26“ bezeichnet den Bogen. 1755 „9“ über der Zeile soll offensichtlich „(14)“ in der Zeile ersetzen. <?page no="225"?> 215 auch nicht Wert haben will u[nd] das Chr[i]st[e]nth[um] nachgerade sogar bestreitet. 1756 Für 1757 das Verhältniß der neu[eren] Philos[ophie] z[um] Chr[i]st[e]nth[um] ist treffend jene Fabel v[om] Adler u[nd] Zaunkönig. Nachdem der Adler des Chr[i]st[e]nth[ums] die Philosophie hoch zur Sonne der Wahrheit emporgetragen, machte sie sich gleich dem Zaunkönig v[on] ihm los u[nd] will nun noch einige Ellen höher sich erheben u[nd] gibt nun lächerlicher Weise vor, sie selbst sey so hoch u[nd] höher geflogen als das Chr[i]st[e]nthum. - 1758 In neu[erer] Z[ei]t geht ihr Streben sogar dahin [,] dem Chr[i]st[e]nth[um] sein[en] göttl[ichen] Urspr[u]ng 1759 bestreitend, nachzuweisen [,] es sei nur selbst ein Produkt des Menschengeschlechts; es sei nicht eine Off[e]nb[a]r[u]ng v[on] Oben, sond[ern] ausgeboren aus den eignen Tiefen des Menschengeistes. 1760 Aber 1761 - Man findet es lächerlich [,] wenn L[udwig] Feuerbach behauptet: Alle R[e]l[i]g[io]n sei reine Täuschung, eine Fiction, eine Phantasie; der Gott [,] den sich der Mensch vorstelle [,] sei Nichts Andres als er selber, als 1762 sein eignes Wesen, durch die Phantasie, wie etwas Objectives, v[on] ihm Vers[c]hiedenes, vorgestellt. Man findet das [,] sag’ ich, nicht mehr frivol u[nd] gotteslästeris[c]h, sond[ern] vielmehr abgeschmackt u[nd] lächerlich, weil dadurch der Mensch 1763 eigentl[ich] für Unsinnig v[on] 1764 Natur aus 1765 erklärt wird, da bei der Allgemeinheit d[ie]s[e]s Glaubens an Gott auf diese Weise Täuschung für ein wesentl[iches] Element der mens[c]hl[ichen] Natur wäre, ohne die sie nie vorkäme [,] des Mens[c]hen höchstes, heiligstes, trostvollstes Denken u[nd] Gefühl (Bewußtseyn) eine Lüge wäre u[nd] ohne d[ie]se nicht bestehen könnte, wenigstens gar nicht vorkäme. 1766 Gleichwohl verhält es sich ebenso mit jener andern Behauptung, daß die göttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng nicht eine solche Off[en]b[arun]g 1767 sei, nicht v[on] G[o]tt stamme, 1756 Einfügung am Seitenrand [74rr] : „Ob die Wissens[c]h[a]ft - die Philosophie üb[er] d[a]s Chr[i]st[e]nth[um] hinausschreit[en] könne? b) [ursprüngliches „a“ mit „b“ überschrieben] eine R[e]l[i]g[ion] kann sie [n]i[c]ht stift[en] s[iehe] Unt[en] ad V a) [„b)“ in der Zeile gestrichen] d[er] Grad v[on] Vollko[mmen]h[ei]t verdankt sie d[em] Ch[ri]st[e]nth[um.] Nicht die R[e]l[i]g[io]n an sich mit ihr[em] I[n]h[a]lt kann Förd[erun]g erlang[en] d[u]r[c]h d[ie] Wiß[en]s[c]h[a]ft - s[on]d[ern] nur d[a]s Verständ[n]iß davon. -“ Darunter [74rr] : „Wenn man üb[ri]g[e]ns d[a]s Gebahren d[er] neu[eren] Philos[ophie] dem Chr[i]st[en]th[um] gegenüb[er] u[nd] ihr Pochen auf Selbstständ[i]gk[ei]t u[nd] Unabh[än]g[i]gk[ei]t v[on] R[e]l[i]g[io]n u[nd] namentl[ich] d[em] Ch[ri]st[en]th[um] betrachtet - dann wird man unwillkührl[ich] erinnert an d[ie] Fabel v[om] Adler u[nd] Zaunkönig etc.“ 1757 „Für“ über der Zeile. 1758 Am Seitenrand [74rr] eingefügt: „ad IV Schluß.“ 1759 „zu“ in der Zeile gestrichen. 1760 Einfügung am Seitenrand [74rr] : „Die Wunder aber u[nd] alles Histor[i]s[c]h[e] sey nur Mythus, fromme Dicht[un]g d[e]r Bekenner des Chr[i]st[en]th[ums] ─ als Off[en]b[arun]g aber sey d[a]s Ch[ri]st[en]th[um] ei[ne] Täusch[un]g.“ 1761 „Aber“ über der Zeile. 1762 „als“ über der Zeile. 1763 „zum“ in der Zeile gestrichen. 1764 „für Unsinnig v[on]“ über der Zeile ersetzt „Narren der“ in der Zeile. 1765 „aus“ über der Zeile. 1766 Randbemerkung [74rr] : „so allgem[ein] d[ie] R[e]l[i]g[io]n, so allgemein ist d[er] Glaube an eine Off[e]nb[arun]g [; ] ist d[ie]s[e]r ei[ne] Täus[c]h[un]g, dann ist Täusch[un]g naturnothw[en]d[i]g“. 1767 „Off[en]b[arun]g“ über der Zeile. <?page no="226"?> 216 sond[ern] des Mens[c]h[e]ng[ei]st[e]s eignes Werk, das er aber selber bewußt od[er] unbewußt für ein göttl[iches] ausgebe. Wir haben s[c]hon gesehen [: ] [74rl/ 74vr] Der Glaube an eine göttl[iche] Kundgebung [,] Off[e]nb[a]r[u]ng [,] ist auch allgemein (wie diese auch näher bes[c]haffen seyn mag [,] z.B. bei Wilden); jene einigermaßen geordnete R[e]l[i]g[io]n leitet ihren Urspr[u]ng v[on] 1768 der 1769 Gotth[ei]t selbst ab. Wäre nun die chr[i]stl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng ein blos menschl[iches] Produkt [,] so müßte um so mehr jede andere, die keine solche[n] Beweise hat [,] für ein 1770 solches mens[c]hl[iches] Machwerk gehalten werd[en], d.h. es gäbe also üb[e]rh[au]pt keine wahrh[a]ft g[ö]ttl[iche] 1771 Off[e]nb[a]r[u]ng; d[ie]s[e]r allgem[eine] Glaube an g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng wäre eine Täusch[u]ng; da aber d[ie]se Täusch[u]ng dann aber wieder allgemein wäre, so gehörte sie wesentl[ich] zur mens[c]hl[ichen] Natur, die Lüge wäre dem Mens[c]hengeiste Bedürfniß; der höchste, heiligste, beseeligendste Glaube des Mens[c]hen wäre eine Lüge, die aber unentbehrlich wäre. Der Mensch wäre also wieder der Narr der Natur. 1772 1773 Wir finden [,] daß die Wiß[e]nsch[a]ft keine lebensvolle dauernde R[e]l[i]g[io]n mit Bewußts[eyn] u[nd] Absicht stiften könnte, weil es ihr an Auctorität zu allgemeiner Anerkennung fehlt; was nun der Mens[c]hengeist bei vollkommenster Ausbild[un]g u[nd] mit vollem Bewußts[eyn] nicht vermöchte, das sollte er vermögen ganz unbewußter Weise; ohne daß er selbst es merkt u[nd] weiß [,] im unvollkommensten Zustand also stiftet er eine neue R[e]l[i]g[io]n 1774 [,] u[nd] erst lange hernach kommt er darauf, daß er selber es war, der d[ie]s[e]s Werk vollbracht u[nd] nicht Gott, wie er bisher meinte. Beim Chr[i]st[e]nth[um] wäre das erst jetzt nach 1800 J[ahren] der Fall, daß man d[ie]se Täusch[u]ng entdeckte. - 1775 Wenn nun aber aus All’ d[ie]s[e]m erhellt, daß die R[e]l[i]g[io]n nur durch g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng wiederhergestellt, eingeführt u[nd] geltend gemacht werden kann 1776 1768 „v[on]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „auf“. 1769 Ursprüngliches „die“ mit „der“ überschrieben. 1770 „ein“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „eine“. 1771 „wahrh[a]ft g[ö]ttl[iche]“ über der Zeile. 1772 Randbemerkung [74vl] : „Sollte die Bedi[n]g[un]g d[e]s Gl[au]b[en]s an G[o]tt - die g[ö]ttl[iche] Off[en]b[a]r[un]g - Lüge sey[n], sey[n] müß[en] - sollte ohne d[ie]se Lüge d[ie]s[e]r Gl[au]be nicht mögl[ich] seyn? - Aber es kann doch nur Eine Off[en]b[arun]g die rechte sey[n] - alle and[ern] fals[c]h. Wohl u[nd] eb[en] d[e]ßw[e]g[en] si[n]d die and[eren] fals[c]h, weil ei[ne] recht ist - aber au[c]h th[ei]lw[ei]se wahr u[nd] berecht[i]gt.“ 1773 Am Seitenrand [74vl] : „ad) V b)“. 1774 Einfügung am Seitenrand [74vl] : „merkt es aber nicht, d[a]ß er es selber sei [,] sond[ern] [„u[nd]“ in der Zeile gestrichen] meint [,] es sei die G[o]tth[ei]t gewesen [,] die d[ie]s[e]s gethan“. 1775 Randbemerkung [74vl] : „W[enn] a) d[ie] Wiss[en]s[c]h[a]ft k[e]i[ne] R[e]l[i]g[ion] grü[n]den k[ann] b) d[a]s Ch[ri]st[en]th[um] si[c]h als höchste R[e]l[i]g[ion] erweist c) für j[e]de R[e]l[i]g[ion] es ei[n] Postulat ist - als g[ö]ttl[iche] Off[en]b[arun]g zu ers[c]h[einen.] So hab[en] wir d[am]it sogl[e]i[c]h ei[n] R[ec]ht [,] d[a]s Ch[ri]st[en]th[um] als g[ö]ttl[iche] Off[en]b[arun]g zu erklä[ren]. d) Wir w[e]rd[en] di[e]ß ge[naue]r p[r]üf[en] d[u]r[c]h Erk[enn]t[ni]ß [„Erk[enn]t[ni]ß“ über der Zeile] d[e]s I[n]h[a]lts -“. 1776 Einfügung am Seitenrand [74vl] : „u[nd] im Chr[i]st[e]nth[um] hergestellt worden ist (am m[ei]st[en])“. <?page no="227"?> 217 unter den Menschen, so könnte es scheinen, als hätte das mens[c]hl[iche] Wißen u[nd] uns[ere] Wißens[c]h[a]ft 1777 v[on] d[er] R[e]l[i]g[io]n selbst 1778 keine Bedeut[u]ng mehr, wäre überflüßig. Davon müssen wir d[a]h[er] noch in d[em] letzt[en] §. d[ie]s[e]s Kap[itels] handeln. D[a]h[er] §: 15 1779 Die R[e]l[i]g[io]nswissenschaft. 1780 I [)] Zwar kann 1781 die Wißenschaft, wie wir gesehen haben, die gesunkene u[nd] verfälschte R[e]l[i]g[io]n nicht ersetzen u[nd] alle R[e]l[i]g[io]n[en] der Menschh[ei]t überflüßig machen, u[nd] kann eben so wenig eine neue, reine, allgem[eine] [74vr/ 75rl] R[e]l[i]g[io]n stiften u[nd] einführen; dieß Alles ist vielmehr im Chr[i]st[e]nth[um] du[r]ch g[ö]ttl[iche] Off[e]nb[a]r[u]ng selbst geschehen, gleichwohl hat aber die Wissenschaft eine hohe Bedeut[u]ng für die Religion selbst. Alles, was auf den Menschen wirken soll u[nd] ihn wahrhaft vervollkom[m]nen u[nd] fördern will, muß seiner Natur angemessen seyn, also muß seine Freiheit u[nd] Selbstthät[i]gk[ei]t in Anspruch nehmen. 1782 Dieß gilt auch v[on] der R[e]l[i]g[io]n u[nd] Off[e]nb[a]r[u]ng, sie nimmt den ganzen Menschen in Anspruch [,] also auch sein Erkennen, nicht blos sein Gefühl u[nd] sein Wollen. 1783 Die Natur ist 1784 zwar zunächst für den Menschen vorhanden 1785 , daß er in ihr u[nd] durch sie leben [,] sein körperliches Leben zunächst u[nd] mittels d[e]sselben auch sein geistiges 1786 . D[ie]s[e]r Zweck [,] das Leben näml[ich,] kann 1787 zwar schon erreicht werden 1788 [,] ehe noch die Natur tief wissensch[a]ftl[ich] durchforscht ist, ehe also noch eine Naturwiss[e]ns[c]h[a]ft entstand[en] 1777 „selbst“ in der Zeile gestrichen. 1778 „selbst“ über der Zeile. 1779 „(10)“ über der Zeile. 1780 Über der Zeile: „Wiss[en]s[c]h[a]ft vom G[o]tt[e]sbew[u]ßtseyn od[er] d[er] R[e]l[i]g[ion]“. Randbemerkung [74vl] : „D[as] rel[i]g[iö]s[e] Erkennen gehört au[c]h hieher [,] weil es ein Moment der Entwickl[un]g, Fortbild[un]g der R[e]l[i]g[ion] ist - nicht unmitt[e]lb[a]r selbst ein rel[i]g[iö]s[er] Act (sonst gehörte d[ie]s[e]r § in d[en] III [.] Theil. [)] a) Die Wiss[e]ns[c]h[a]ft kann d[ie] R[e]l[i]g[ion] nicht gründ[en.] b) Sie kann auch ihr Posit[ives] [n]i[c]ht aufheb[en] od[er] umdeut[en] - R[e]l[i]g[ion] [m]uß immer posit[iv] s[eyn.] c) Dennoch hat d[ie] Wiss[en]s[c]h[a]ft au[c]h i[n] d[er] R[e]l[i]g[ion] R[ec]ht“. 1781 „könnte“ über der Zeile. 1782 Randbemerkung [75rr] : „ad c 1) D[as] Ch[ri]st[en]th[um] nimmt Fr[ei]h[ei]t u[nd] Selbstthät[i]gk[ei]t d[e]s M[en]s[c]h[en] i[n] Anspr[uc]h [,] d[a]h[er] Wiss[en]s[c]h[a]ft“. 1783 „Wir“ in der Zeile gestrichen. Randbemerkung [75rr] : „D[a]s Verh[ä]lt[ni]ß d[e]s Wiss[en]s z[ur] R[e]l[i]g[io]n ähnl[ich] wie d[a]s Verh[ä]ltn[i]ß d[es] Wiss[en]s zur Natur -“. 1784 „ist“ über der Zeile. 1785 „ist“ in der Zeile gestrichen. 1786 „aber auch für den forsch u[nd] wir ... (? )“ in der Zeile gestrichen. 1787 „das Leben näml[ich,] kann“ über der Zeile. 1788 „kann“ in der Zeile gestrichen. <?page no="228"?> 218 ist, u[nd] doch ist 1789 auch d[ie] Natur 1790 für den forschenden Geist bestimmt 1791 [,] daß er sie immer tiefer erkenne, beßer würdige, vernünft[i]g[e]r gebrauche u[nd] beurtheile; - 1792 so ist die R[e]l[i]g[io]n auch zunächst für den geist[i]g[e]n Menschen vorhanden, daß er in ihr lebe u[nd] gedeihe, 1793 was auch schon geschehen kann [,] ehe noch eine tiefe R[e]l[i]g[io]nswissens[c]h[a]ft begründet ist - wie z[um] natürl[ichen] Leben nicht Naturwiss[e]ns[c]h[aft] absolut nothwend[i]g ist - aber sie 1794 ist auch vorhanden für den fors[c]hend[en] Geist, daß dieser selbst sich an ihr bilde, sie immer tiefer u[nd] beßer würdige, begründe u[nd] festige, das r[e]l[i]g[iö]se Leben reiner u[nd] edler gestalte, wie du[r]ch die Naturw[i]ss[e]ns[c]h[aft] dieß mit dem physis[c]h[en] Leben geschieht, du[r]ch die Rechtsw[i]ss[e]ns[c]h[aft] mit dem Staatsleben. 1795 Wie die Wißensch[a]ft im Allgem[einen] das Leben der Menschen bildet u[nd] veredelt, so bildet u[nd] veredelt die R[e]l[i]g[io]nswiss[e]ns[c]h[a]ft das r[e]l[i]g[iö]se Leben. 1796 Insbesondere bewahrt u[nd] vertheidigt sie die R[e]l[i]g[io]n vor zwei Feinden [,] die stets u[nd] überall dieselbe bedrohen, ich meine den Unglauben u[nd] den Aberglauben. Der Unglaube [,] besond[ers] wenn er mit wissensch[a]ftl[ichem] Streben verbunden ist [,] geht darauf aus [,] die R[e]l[i]g[io]n, den Glauben an Gott u[nd] ein höheres Leben als d[ie]s[e]s ird[i]s[c]he ist, zu vernichten u[nd] späht zu d[ie]s[e]m Zwecke allenthalben umher, um Gründe zu [75rl/ 75vr] finden für s[eine] Ansicht u[nd] Gründe geg[en] die Rel[i]g[io]n u[nd] sucht wenigstens Zweifel u[nd] Ungewißh[ei]t zu erreg[en] u[nd] den Glauben schwankend zu machen. 1797 Hier hat d[ie] R[e]l[i]g[io]nswiss[e]nsch[a]ft die Aufgabe [,] d[ie] R[e]l[i]g[io]n zu vertheidigen, die wiss[e]ns[c]h[a]ftl[ichen] Gründe für sie aufzusuchen u[nd] die Angriffe zurückzuweisen. Der andere Feind ist der Aberglaube 1798 , der immerfort mit s[einem] Unverstande das r[e]l[i]g[iö]se (Leben) Gebiet verunreinigt, verunstaltet, entstellt, zur Carrikatur entwür- 1789 „u[nd] doch ist“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „aber“. 1790 „d[ie] Natur“ über der Zeile. 1791 „ist“ in der Zeile gestrichen. 1792 Randbemerkung [75rr] : „Von der Naturwiss[e]nsch[a]ft kann er nicht leben [,] sond[ern] v[on] d[er] Natur - aber die Naturwiss[enschaft] hilft ih[m] i[n] d[ie]s[em] Leb[en] aus d[er] Natur -“. 1793 Einfügung am Seitenrand [75rr] : „dur[c]h sie geleitet u[nd] b[e]seeligt werde“. 1794 Einfügung über der Zeile: „d[ie] R[e]l[i]g[io]n“. 1795 Einfügung am Seitenrand [75rr] : „Wie d[ie] Naturwiss[e]nsch[a]ft kein Leb[en]d[i]g[e]s (Neu[e]s) schaff[en] kann - s[on]d[ern] nur erfors[c]h[en], veredel[n] etc. [,] so kann die Wiss[e]ns[c]h[a]ft k[e]i[n] aus G[ei]st[i]g[em] (? ) höh[erem] (? ) r[e]l[i]g[iö]s[es] Leb[en] s[c]haff[en] - aber bild[en] u[nd] veredel[n]“. 1796 Einfügung am Seitenrand [75rr] : „Sie ist das, worin sich die menschl[iche] Mitwirk[un]g zur Off[e]nb[a]r[un]g G[o]tt[e]s besonders bethätigt; denn bei Allem, was mit dem M[e]nsch[e]n geschieht [,] muß er selber auch mit thätig sey[n], wenn d[a]s Ges[c]hehende für ihn seyn soll. Selbst beim inner[n] Forts[c]hritt d[e]s Ch[ri]st[en]th[ums] - Dogmen-Entwickl[un]g [-] ist d[ie] Wiß[en]s[c]h[a]ft thätig.“ 1797 Randbemerkung [75vl] : „Unglaube = Losreiß[en] d[e]s Me[n]s[c]h[en] Dasey[n]s v[on] seiner übernatürl[ichen] Basis - Verwelken -“. Darunter [75vl] : „Und Blasirtheit“. 1798 Randbemerkung [75vl] : „Ab[e]rglaub[e] = Ersticken d[e]s übernatürl[ichen] Leb[en]s d[u]r[c]h ird[i]s[c]h[en] Plunder - (... (? ) Madonna z.B. geziert [m]it all[en] mögl[ichen] Zierrath[en], Gewä[n]der[n,] Amulett[en], Ros[en]krä[n]z[en] etc.)“ Darunter [75vl] : „Und Fanatismus - ad c 3“. <?page no="229"?> 219 digt. Gegen d[ie]se hat die W[i]ß[e]nsch[a]ft kritis[c]h zu Werke zu gehen, um seine Wahngebilde zu zerstören u[nd] die R[e]l[i]g[io]n davon zu reinigen. Also: Wie die Naturwissensch[a]ft die (lebend[i]g[e]n) Gebilde der Natur zwar nicht hervorbringen kann - denn d[ie]s[e]s vermag allein die belebende Kraft der Natur, aber doch erfors[c]hen u[nd] kennenlernen soll, ja dadurch selbst vielfach veredelnd [,] bildend, schützend u[nd] fördernd in’s allgem[eine] Leben derselben einzuwirken 1799 versteht 1800 ; so kann auch die R[e]l[i]g[io]nswiss[e]ns[c]h[a]ft zwar nicht die wahre 1801 R[e]l[i]g[io]n hervorbringen 1802 , 1803 gründen, 1804 stiften - , denn dieß kann nur die lebend[i]ge Kraft des sich kundgebenden G[o]tt[e]s, aber sie kann, um bildlich zu reden [,] den Baum der R[e]l[i]g[io]n in seinem Wachsthum fördern u[nd] dasselbe lenken [,] kann ihn vor Zerstör[u]ngsversuchen 1805 schützen, kann ihn vor Unkraut u[nd] verunstaltenden Ansätzen 1806 reinig[en] u[nd] so zu seinem Wachsthum u[nd] Gedeihen beitragen. Nun entsteht aber die Frage: Wie kann die R[e]l[i]g[io]ns-Wiß[e]ns[c]h[a]ft dieß ihr Werk vollbringen? 1807 II) 1808 Im Grunde genommen auf dieselbe Weise, wie wir die Off[e]nb[a]r[u]ng prüfen können, ob sie eine göttl[iche] oder nicht. 1809 Wir werden die rel[i]g[iö]s[e]n Lehren oder Glaubenssätze prüfen, an der Idee v[on] Gott, an den Gesetzen u[nd] an 1810 dem Wesen unsres eignen Geistes u[nd] an den klar erkannten Gesetzen der Natur, 1811 des Universums üb[e]rh[au]pt. 1812 Was mit der eingebornen u[nd] du[r]ch rel[i]g[iö]se Bild[un]g u[nd] wissensch[a]ftl[iche] Thätigk[ei]t entwickelten Idee v[on] Gott, u[nd] sohin auch mit den Urideen des Wahr[en,] Guten u[nd] Schönen in Widerspruch steht, hat kein Recht, kein[en] Anspruch (rel[i]g[iö]se Lehre) 1813 z[u] seyn. 1814 [75vr/ 76rl] 1799 „bauen u[nd] pflanz[en]“ über der Zeile. 1800 Unleserliche Randbemerkung [75vl] . 1801 „wahre“ über der Zeile. 1802 „hervorbringen“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „hervorzubringen“. 1803 „zu“ in der Zeile gestrichen. 1804 „zu“ in der Zeile gestrichen. 1805 „vor freß[e]nden (sic! ) Ungeziefer (d[em] [„Abergl[auben]“ gestrichen] Unglaub[en])“ über der Zeile. 1806 „(Aberglaube)“ über der Zeile. 1807 Randbemerkung [75vl] : „2) Gegen d[en] Fanatismus [über der Zeile: „(r[e]l[i]g[iö]s[er] Instinct)“] - allgem[eine] Bild[un]g“. Darunter [75vl] : „Bewußts[eyn] der Glaub[en]sgründe“. 1808 „d)“ über der Zeile, wohl korrespondierend zu den Gliederungskategorien am Seitenrand „c 1)“ etc. 1809 Randbemerkung [75vl] : „D[a]h[er] [„3)“ überschrieben] d[er] r[e]l[i]g[iö]s[e] Gl[a]ube kann d[a]s Wiss[en] zwar nicht vollkomm[en] ersetz[en], da immer Unbegreifl[iches] zurü[c]kble[i]bt - aber doch befestig[en] u[nd] schütz[en], daß er w[en]iger wirke, sichrer vor Gef[a]h[ren] sey - d[a]s Wiss[en] ist unzerstörbar[er] als d[e]r Gl[a]ube -“. 1810 „an“ über der Zeile. 1811 „u[nd]“ in der Zeile gestrichen. 1812 Einfügung am Seitenrand [75vl] : „Das ist philos[ophische] Spekulation“. 1813 „Wahrheit“ unter der Zeile. 1814 Randbemerkung [75vl] : „An innerem Wes[en] d[e]s G[ei]st[e]s prüf[en] [m]it s[einen] Gesetz[e]n u[nd] Wes[en]“. <?page no="230"?> 220 I [.] Kap[itel] 1815 §: 15 F[o]rts[e]tz[u]ng Was mit dem innersten Wesen unsres Geistes, mit den Gesetzen des Verstandes, des Willens u[nd] des Gefühls in evidenten (sic! ), directem Widerspruch steht, kann nicht als rel[i]g[iö]se Wahrh[ei]t anerkannt 1816 werden. 1817 Ich sage in evidenten (sic! ), direct[em] Widerspruch steht; nicht was demselben noch unerreichbar, unerklärlich, geheimnißvoll ist, denn dieses wäre noch kein Grund der Verwerfung, denn auf allen Gebieten des Wissens, z.B. 1818 in der Psychologie, in der Naturwissensch[a]ft 1819 üb[e]rh[au]pt gibt es noch Vieles, was uns noch unerklärbar, geheimnißvoll, unzugänglich ist, ohne daß wir darum ein Recht hätten, die Existenz davon zu läugnen od[er] in bestimmter Weise darüber abzusprechen. 1820 Endlich [,] was mit klar erkannten Gesetzen der Natur, des Universums in Widerspruch steht (z.B.) [,] ist ebenf[a]lls aus dem Bereich r[e]l[i]g[iö]s[e]r Lehr[en] u[nd] Glaubenssätze auszustoßen. 1821 Hinwiederum aber wird die Uebereinstimmung der rel[i]g[iö]s[e]n Lehren mit dem Wesen u[nd] Gesetzen unsres Geistes u[nd] mit denen der 1822 ganzen Natur, nachzuweisen, Aufgabe der R[e]l[i]g[io]nswissens[c]haft seyn. 1823 Wenn auch dieses damals noch nicht möglich war, als der menschl[iche] Geist noch nicht gebildet u[nd] erzogen war durch den Glauben an d[ie] wahre Off[e]nb[a]r[u]ng, u[nd] 1815 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 27“ am oberen Seitenrand [76rr] ; „27“ bezeichnet den Bogen. 1816 „st“ in der Zeile gestrichen. 1817 Randbemerkung [76rr] : „Daß dann die Wiß[en]sch[a]ft zur Beurth[ei]l[un]g der Off[en]b[arun]g nothw[en]d[i]g ist - weil schon der Gl[a]ube schon auf ein Urth[ei]l si[c]h gründ[en] muß - wurde scho[n] früher gezeigt [.] - Und so ist d[er] Wiss[en]s[c]h[a]ft (Philos[ophie]) immerhin ei[n]e hohe Aufg[abe] gest[e]llt -“. 1818 „z.B.“ über der Zeile. 1819 „Physiologie, Physik, Astronomie etc.“ über der Zeile. 1820 Randbemerkung [76rr] : „Der I[n]halt der R[e]l[i]g[ion] ist für die Philos[ophie] nicht Gl[a]ub[en]sgeg[en]st[an]d, s[on]d[ern] Problem“. 1821 Randbemerkung [76rr] : „NB [: ] Die Wiß[en]s[c]h[a]ft kann nie auf absolute Geltung Ansp[r]u[c]h mach[en] ihrer Natur gemäß, - eb[en] weil sie i[n] bestä[n]d[i]g[em] Fortschritt begr[i]ff[en] ist - wo sie absolut gelt[en] wollte [,] mußte Stillst[an]d ei[n]tret[en].“ 1822 „Na[tur]“ in der Zeile gestrichen. 1823 Einfügung am Seitenrand [76rr] : „Ob die R[e]l[i]g[io]nsphilosophie wesentl[ich] darin bestehe [,] die rel[i]g[iö]s[en] Vorstell[u]ng[e]n zu Begriffen zu erheben (Hegel I p. 81ff.)? Im B[e]z[u]g auf historis[c]h Geschehenes (symbol[ische] Auffaß[u]ng [)] - da wird ja d[a]s hyistor[i]s[c]he [sic! wohl gemeint: historische] doch nur z[um] Bild? - den geist[i]g[en] Gehalt davon zu finden! - Beides hebt sich ja nicht auf: Die Philosophie sucht den Sinn [,] die Bedeut[u]ng des Historis[c]hen, Thatsächlichen od[er] der Vorstellung, deßwegen braucht sie d[a]s Thatsächl[iche] u[nd] d[ie] Vorstellung nicht aufzuheben, zu negiren. (Die Philosophie der Ges[c]hichte braucht die histor[i]s[c]h[en] Vorst[e]ll[u]ng[en] des Thatsächl[ichen] nicht aufzuheben. [)]“ Darunter [76rr] : „Entst[e]h[un]g d[er] W[i]ß[en]s[c]h[a]ft bei d[er] R[e]l[i]g[ion] 1) unmitt[el]b[arer] Glaub[e], Bew[u]ßts[eyn] 2) Fortbild[un]g zu Begr[i]ff[en] 3) spekulat[ive] Wiß[en]sch[a]ft Gott muß jed[en]f[a]lls so b[e]s[c]haff[en] sey[n], d[a]ß er die i[n] d[er] M[en]s[c]hh[ei]t vorha[n]d[ene] Pot[en]z d[e]s G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[e]y[n]s geb[en] k[onn]t[e.]“ <?page no="231"?> 221 wenn auch dieses noch jetzt denen, die unter ungebildeten Nationen leben, nicht möglich ist 1824 [,] so kann d[ie]s[e]s Recht doch denen nicht abgesprochen werden, deren Geist genährt u[nd] aufgewachsen ist auf dem Boden des Chr[i]st[e]nthums, u[nd] die nun die Harmonie ihres innern geist[i]g[en] Wesens mit dem Wahrh[ei]ts-Systeme der R[e]l[i]g[io]n darthun u[nd] in gleicher Weise die Uebereinstimmung, die Angemessenheit der irdis[c]h[en] Natur, des Diesseits, mit den Gesetzen u[nd] Lehren [,] die dem Menschengeiste als Normen seines Lebens v[om] Jenseits kommen. Dieses Rechtes uns bewußt u[nd] es in vollem Maaße in Anspruch nehmend können wir nun zu den folgenden 2 Th[ei]l[en] 1825 übergehen. [76rl/ 76vr] Recapit[ulation: ] Es ist in d[ie]s[e]m Th[ei]le d[ie] Erfüllung der Zeiten wiss[e]ns[c]h[a]ftl[ich] vollzogen, durchgemacht. [76vr/ 78rl] 1826 II [.] Th[ei]l 1827 D[ie] Lehre v[on] Gott. §: 16 (Das Bewußtseyn der R[e]l[i]g[io]nen selbst, v[on] d[er] Gotth[ei]t.) Gegenstand der Untersuchung. 1828 I) 1. Alle Völker, das haben wir gesehen, halten in ihrem Glauben fest, daß es eine höhere Macht gebe als d[ie]s[e]s Irdis[c]he, Sichtbare; alle haben das Bewußtseyn [,] daß es ein Göttliches, eine Gotth[ei]t od[er] Götter gebe. Der Glaube an das Daseyn G[o]tt[e]s ist die Grundlage aller R[e]l[i]g[io]n, das Centrum ders[e]lb[e]n, ohne ihn natürl[ich] wäre 1824 „nicht möglich ist“ über der Zeile. 1825 „Th[ei]l[en]“ über der Zeile ersetzt nicht gestrichenes „Kapit[eln]“ in der Zeile. 1826 Die beiden folgenden Seiten des Bogens 27 sind frei. 1827 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 28“ am oberen Seitenrand [78rr] ; „28“ bezeichnet den Bogen. 1828 Randbemerkung [78rr] : „Mit der Prüfu[n]g deßen, was als die höh[e]re Deutung des Leb[en]s v[on] Geschl[ec]ht z[u] G[e]s[c]hl[ec]ht tradirt wird [.] - Mit d[em] I[n]h[a]lt d[e]r R[e]l[i]g[ion] u[nd] Philosoph[ie]“. Darunter: „II [.] Th[ei]l Vorb[e]m[e]rku[ng] Diese hat [„sich“ in der Zeile gestrichen] die r[e]l[i]g[iö]s[en] Lehren [„Uebersinnlich-Objectiv“ über der Zeile] selbst wiss[e]nsch[a]ftl[ich] zu untersuchen u[nd] zu prüfen den bloßen Glauben an dies[e]lb[e]n [„zu“ in der Zeile gestrichen] so weit es möglich ist, zum Wissen zu erheben; dieselben in ihrer Wahrheit wissensch[a]ftl[ich] zu begründen u[nd] in ihrer Reinheit durch kritis[c]he Prüfung herzustellen. Ob sie dad[u]r[c]h aufhören Glaub[en]swahrh[ei]t[e]n zu sey[n.] Die erste u[nd] wichtigste Lehre in allen R[e]l[i]g[io]nen, der Herzpunkt ders[e]lb[en] ist natürl[ich] die Lehre v[on] Gott.“ Der folgende Absatz der Randbemerkung [78rr] gestrichen: „Da wir allenth[a]lb[e]n uns auf d[a]s Histor[i]s[c]he, Thatsächl[iche] stützen, davon ausgehen u[nd] gerade d[ie]s[e]s philosophisch prüfen, so woll[en] wir zuerst die Lehre der R[e]l[i]g[io]nen hierüber im Allgemeinen erw[er]ben. -“ Danach [78rr] : „Zuerst müssen wir also d[ie]se r[e]l[i]g[iö]se Lehre untersuch[en] u[nd] sprechen v[om] [„Daseyn“ in der Zeile gestrichen, aber nicht ersetzt]“. <?page no="232"?> 222 R[e]l[i]g[io]n unmöglich, undenkbar. Die R[e]l[i]g[io]nen selber bedürfen f[ür] d[ie]s[en] Glaub[en] keines Bew[uß]ts[eyns] - das ist ihn[en] unmittelbar gewiß. u[nd] (sic! ) in d[er] That - 1829 [: ] 2) Alle Völker, od[er] alle R[e]l[i]g[io]nen, legen dem göttlichen Wesen höhere Kräfte u[nd] Eigenschaften bei als die Menschen sie besitzen, u[nd] üb[e]rh[au]pt als in den gewöhnl[ichen] Naturwirk[u]ng[e]n vorhanden, denn sie stell[e]n die G[o]tth[ei]t über die Natur, schreiben ihr Macht über dies[e]lb[e] zu u[nd] statten sie mit allen 1830 Vorzügen aus [,] die im Irdis[c]hen als solche gelten, ja erhöhen diese noch bis zur Uebernatürlichkeit. 1831 Auch darin also stimmen R[e]l[i]g[io]nen (d[er] Volksglaube) 1832 im Wesentlichen überein, daß d[a]s Göttliche nicht etwas Lebloses, Leeres, Unwirksames, Eigenschaftloses sei, sond[ern] etwas Reales, Thätiges. 1833 3) Jede Rel[i]g[io]n betrachtet d[ie] G[o]tth[ei]t od[er] d[ie] Götter als 1834 ein Persönliches, die wißen, wollen u[nd] handeln wie die menschl[ichen] Personen. Eine historische R[e]l[i]g[io]n, wo das Göttliche als todtes philosoph[isch] Absolutes, als Begriff, als Ged[a]nkending, als bloßes Welt-Gesetz, od[er] auch als bloße, confuse Weltseele betrachtet würde, wie in d[en] philos[ophischen] Systemen, eine solche R[e]l[i]g[io]n gibt es in d[er] Wirkl[i]chk[ei]t nicht; alle histor[ischen] R[e]l[i]g[io]nen s[c]hreiben vielmehr der G[o]tth[ei]t ein Leben zu u[nd] ein persönl[iches] Thun u[nd] Wirken. Dieß zeigt sich schon darin [,] daß 1835 in allen R[e]l[i]g[io]n[en] Gebete üblich sind u[nd] größtenth[ei]ls auch Opfer, welche bei den Göttern bestimmte Wirk[u]ng[e]n hervorbringen sollen, entwed[er] sie zur Hülfe bewegen od[er] ihre Strafe abwenden, ihren Zorn u[nd] d[er]gl[eichen] besänftigen soll[en]. Das Alles hätte da gar [78rl/ 78vr] keinen Sinn, wo man sich die G[o]tth[ei]t unpersönl[ich,] todt als Gesetz od[er] blinde Naturmacht dächte. Also Daseyn, Persönlichk[ei]t u[nd] Eigensch[a]ft[en] d[er] 1836 G[o]tth[ei]t umfaßt jede R[e]l[i]g[io]n in ihrem rel[i]g[iö]s[en] 1837 Bewußts[eyn]. II [)] 1838 Nun wird es sich darum handeln [,] diese rel[i]g[iö]s[en] Lehren wissens[c]h[a]ftl[ich] zu untersuchen [,] zu prüfen u[nd] zu begründen. 1839 1829 „D[ie] R[e]l[i]g[io]nen selber bedürfen f[ür] d[ie]s[en] Glaub[en] keines Bew[uß]ts[eyns] - das ist ihn[en] unmittelb[a]r gewiß. u[nd] in d[er] That -“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 1830 „allen“ über der Zeile. 1831 Einfügung am Seitenrand [78rr] : „u[nd] erheben sie meistenth[ei]ls geradezu zu besond[eren] Götter[n,] zersplittern so gleichsam das Eine g[ö]ttl[iche] Wesen in viele Götter, welche urspr[ü]ngl[ich] Nichts andres sind als göttl[iche] Eigensch[a]ft[e]n.“ 1832 „(d[er] Volksglaube)“ über der Zeile. 1833 „Ein Wißen, Wollen u[nd] Thun.“ in der Zeile gestrichen. „2. [„a“ über der Zeile] Wiss[en]s[c]h[a]ftl[iches] v[on] d[en] Eig[e]nsch[a]ft[en] G[o]tt[e]s -“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [78rr] : „I [.] Abschn[itt] - Inhalt (Theologie) V[on] Gott - v[om] Das[e]yn [,] Eig[en]s[c]h[a]ft[en,] Leb[en]; Pers[ön]l[i]chk[ei]t [,] Wirk[en] nach Auß[en] § 16 [„11“ über der Zeile] Daseyn Gottes. II [.] Absch[nitt] Kosmol[ogie]“. 1834 „etw[as]“ in der Zeile gestrichen. 1835 „al[le]“ in der Zeile gestrichen. 1836 „d[er]“ über der Zeile. 1837 „rel[i]g[iö]s[en]” über der Zeile. <?page no="233"?> 223 Ausgehen aber müssen wir dabei - wie bei jed[er] wiss[e]ns[c]h[aftlichen] Untersuchung 1840 - von uns[erm] eignem Geiste, sein[em] Inhalt (Ideen) u[nd] seinen Gesetzen u[nd] dann das Verh[ä]ltn[i]ß d[ie]s[e]r Bestimmungen der R[e]l[i]g[io]n an ihnen prüfen, sie dann auch mit der Welt u[nd] ihren Gesetzen vergleich[en,] ob sie mit ihr in Harmonie od[er] im Widerspruch stehen u[nd] endl[ich] ihren Inhalt selbst, ihr Inneres selbst prüfen, ob sie nicht sich selbst widersprechend, eine Dißonanz in sich bergen, d.i. ob sie ihrem eign[en] Wesen gemäß möglich sind u[nd] d[a]h[er] wirkl[ich] u[nd] wahr seyn können. D[a]h[er] nun wird sich uns[ere] Untersuchung in Betr[e]ff G[o]tt[e]s beziehen 1) auf d[a]s Daseyn G[o]tt[e]s [,] 2) d[a]s Wesen u[nd] d[ie] Eigens[c]h[a]ft[e]n G[o]tt[e]s [,] 3) auf d[a]s Leben G[o]tt[e]s. - 1841 I [.] Vom Daseyn Gottes. §: 16 1842 V[on] d[en] Beweisen für d[as] Daseyn G[o]tt[e]s. 1843 I) Der wahre, unbesiegbare Beweis für das Daseyn G[o]tt[e]s, der jedem andern zu Grunde liegt u[nd] Bedeut[u]ng verleiht, ist schon im I [.] Th[ei]l geliefert worden; Es (sic! ) wurde näml[ich] dort gezeigt, daß d[a]s Daseyn der R[e]l[i]g[io]n, des G[o]tt[e]sbewußtseyns, nothw[e]nd[i]g die G[o]tt[e]s-Idee im Mens[c]hen voraussetze, sonst wäre es unmöglich; die G[o]tt[e]sidee im M[e]nsch[e]n selbst setzt nothwend[i]g[e]r Weise das Daseyn G[o]tt[e]s selbst voraus [,] sonst wäre sie auch nicht vorhanden, wäre gar nicht möglich. 1844 1838 „Nun fragt es sich: Was sagt zu all’ dem die Wissens[c]haft? “ in der Zeile gestrichen. 1839 Einfügung am Seitenrand [78vl] : „Nehmen werden wir all’ d[ie]se rel[i]g[iö]s[en] Lehr[en] aus d[em] Ch[ri]st[en]th[um], denn d[ie]s[e]s hat alle [.] Die [„Die“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „Das“.] Off[e]nb[a]r[un]g, namentl[ich] das Chr[i]st[e]nth[um,] hat [„faßt“ über der Zeile] nun unt[er] allen R[e]l[i]g[io]nen d[ie]se Lehre am vollkommensten, reinsten in sich, u[nd] v[on] d[ie]s[e]r namentl[ich] müssen wir hier ausgehen, da mit Prüfung des Vollkommenen, das Unvollkom[m]ene ohnehin s[c]hon beurtheilt ist.“ 1840 „Wiß[en]s[c]h[a]ft“ über der Zeile. 1841 „§: “ in der Zeile gestrichen. 1842 „(11)“ über der Zeile. 1843 Unter der Zeile im Nachhinein eingefügt: „Eig[en]tl[ich] wäre es nicht nothw[en]d[i]g [,] v[on] Beweis[en] noch zu sprech[en], denn ... (? )“. 1844 Nachträglich in die Zeile eingefügt: „Wir bleiben nicht b[e]i d[em] unmittelb[aren] G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn] (wie Jacobi) [,] woll[en] doch ei[nen] [ei]g[en]tl[ichen] (? ) Beweis“. Einfügung am Seitenrand [78vl/ 79rr] : „Das ist übr[i]g[e]ns nicht so gemeint, wie etwa der Bew[eis] a consensu gentium gemeint ist; nicht aus dem bloßen (allgem[einen] Daseyn d[ie]s[e]r Idee, [„b... (? )“ in der Zeile gestrichen] aus d[em]) allgem[einen] Glaub[e]n der Völker wird d[a]s Daseyn G[o]tt[e]s geschloßen; - denn nicht Alles das ist auch schon wahr [,] was alle Völker irg[e]nd ein[er] Z[ei]t für wahr u[nd] wirkl[ich] annehmen u[nd] weil sie es annehmen. Das läßt sich leicht zeigen. Alle Völker u[nd] alle Jahrhunderte nahmen an [,] d[a]ß die Sonne sich um die Erde bewege, nicht umgekehrt - es war consensus gentium - gleichwohl war es falsch. - Mit dem Beweis für d[a]s Daseyn G[o]tt[e]s aus dem Vorhand[en]sey[n] der Idee v[on] G[o]tt ist es aber etwas ganz andres wegen der Eigenthüml[i]chk[ei]t d[ie]s[e]r Idee - die v[on] sonst Niemand herkommen kann, als <?page no="234"?> 224 Auf die G[o]tt[e]sidee u[nd] das dadurch begründete G[o]tt[e]sbew[u]ßtseyn stützen sich alle and[ern] 1845 Beweise, ja werden erst durch dasselbe hervorgerufen u[nd] möglich, denn für Etwas, von dem man gar nichts weiß, sucht man auch nicht nach Beweisen des Daseyns. 1846 Gleichwohl hat es die Wiss[e]ns[c]h[a]ft stets als eine Aufgabe, gleichsam als eine Ehrensache betrachtet, auch ihrerseits so viel möglich zur Auf- 1847 [78vr/ 79rl] hellung u[nd] Befestigung des Gottesbewußtseyns der Menschh[ei]t beizutragen u[nd] d[ie]se Aufgabe suchte sie dad[u]rch zu lösen, daß sie wiss[e]ns[c]h[aftliche] 1848 Beweise für das Daseyn G[o]tt[e]s aufsuchte u[nd] aufstellte. Ueber die Bedeut[u]ng u[nd] den Werth d[ie]s[e]r Beweise ist nun schon viel behauptet u[nd] gestritten worden, bald wurde ihnen aller Werth abgesprochen, bald wieder das größte, ja entscheidende Gewicht beigelegt u[nd] der Streit darüber dauert noch in der Gegenwart fort. Die Zeit erlaubt uns nicht [,] hier auf denselb[en] einzugehen [.] 1849 Wir wollen glei[c]h 1850 versuchen [,] uns ihre Bedeut[u]ng klar zu machen. II) Beweisen heißt eig[e]ntl[ich] hier so viel als wissensch[a]ftl[ich] erkennen, daß ein Gott sei, im Unterschied vom Glauben an das Daseyn Gottes. 1851 v[on] G[o]tt selber; sie ist nicht [„Resultat“ in der Zeile gestrichen] allgem[eine] [„Thätigk[ei]t“ über der Zeile] Annahme der M[e]nschh[ei]t [„als eig[en]thüml[iches] Vermög[en] u[nd] Bewußtsey[n] gegeben ist, u[nd] zwar v[on] Gott“ unter der Zeile] [,] sond[ern] ihr gegeben wie das Auge [,] das die Sonne sieht [Einfügung [78vl] : „also: wie d[a]s Auge gegeb[en] ist - so auch die G[o]tt[e]sidee [„als solches“ unter der Zeile] [; ] wie d[a]s Auge nur möglich ist d[u]rch d[a]s Licht - obwohl mit d[ie]s[e]m nicht identis[c]h - so die G[o]tt[e]sidee nur möglich d[u]rch Gott selbst - obwohl nicht mit ih[m] id[en]tis[c]h [.] - Wie d[a]s Auge zwar selbst sieht [,] aber nur wie ... (? ) Licht erscheint - wie Gott off[en]bart, so die Ver[n]u[n]ft erkennt - aber nur“.] u[nd] das nur möglich ist durch das Licht, u[nd] weil es ein Licht gibt. - Ohne Licht wäre das Auge nicht möglich u[nd] das Sehen nicht - so ohne Idee [„... (? ) G[o]tt[e]sidee“ über der Zeile] etc. Ueber das Wie [„Wie“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „wie“] aber in Betr[e]ff G[o]tt[e]s kann ein allgem[einer] Irrth[um] statt finden; wie d[ie] Völker sich [78vl/ 79rr] geirrt üb[er] d[a]s wie? der Sonne u[nd] ihrer Beweg[u]ng; (das ist zugl[ei]ch Sache, Aufgabe des menschl[ichen] Forschens) nicht aber über das Daseyn der Sonne selbst [.] Nicht d[a]s Auge ist falsch u[nd] nicht d[a]s Sonnenlicht ist nicht existir[en]d, weil die M[en]s[c]hh[ei]t geirrt hat - der Irrth[um] betraf ni[c]ht d[a]s Daß - sond[ern] das wie“. 1845 „and[ern]“ über der Zeile. 1846 Nachträglich in die Zeile eingefügt: „Auch nicht d[a]s testimonium animae - d[a]s Gefühl unmitt[e]lb[aren] Bew[u]ßts[eyns] - d[a]s ist au[c]h ... (? )“. 1847 Unter der Zeile: „NB [: ] Thatsache u[nd] Thätigkeit ist demnach verschied[en] -“. 1848 „wiss[e]ns[c]h[aftliche]“ über der Zeile. 1849 „Die Zeit erlaubt uns nicht [,] hier auf denselb[en] einzugehen“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 1850 „glei[c]h“ über der Zeile. 1851 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „(Nicht eine Sache v[on] einer andern ableit[en] - s[on]d[ern] i[n] Zusamm[en]h[an]g setz[en] -“. Randbemerkung [79rr] : „1) Geg[en] d[ie] Zuläß[i]gk[ei]t od[er] B[e]d[e]ut[un]g d[er] B[e]w[ei]se f[ür] d[a]s Das[e]y[n] G[o]tt[e]s pfl[e]gt man [„oft“ über der Zeile] einzuwend[en], d[a]ß s[c]ho[n] d[e]ßw[e]g[en] v[on] Bew[ei]s[en] hier [n]i[c]ht d[ie] R[e]de sey[n] könne, weil das schon gewußt u[nd] vorausgesetzt w[e]rde, was man erst beweis[en] will - G[o]tt nä[m]l[ich]. - D[a]s ist irrthüml[ich] u[nd] beruht auf einer Verwechsl[un]g v[on] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[e]y[n] u[nd] G[o]tt[e]s Dasey[n.] - 2. Ei[n]w[en]d[un]g [: ] Beweisen sey ableiten v[on] etwas Höhern (sic! ) [über der Zeile: „Nur soviel ist damit g[e]s[a]gt, d[a]ß d[u]rch Bew[ei]se d[a]s G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn] ... (? )“] [.] Das ist nicht wahr - denn d[a]s <?page no="235"?> 225 Beweisen in d[ie]s[e]m Sinne - im Unterschied v[on] histor[ischen,] gerichtlich[en] u[nd] and[eren] Arten v[on] Beweisen - heißt nichts Andres als: Ausgehend v[on] etwas ganz Gewissem, Unbestreitbaren (sic! ), einen solchen 1852 Zusammenhang mit etwas noch Ungewißen, noch Bestreitbaren nachweisen, daß das 1853 noch Ungewisse durch Erk[en]ntn[i]ß d[ie]s[e]s nothw[e]nd[i]g[e]n Zusammenhanges mit dem Gewissen, ebenfalls zum Gewissen [,] Unbestreitbaren wird. - Also in uns[erem] Falle soll v[on] etwas ganz Gewissem [,] z.B. v[om] Daseyn der Welt, das nicht geläugnet werden kann, ausgegangen u[nd] ein so nothw[e]nd[i]g[e]r u[nd] wesentl[icher] Zusammenh[a]ng mit dem Daseyn G[o]tt[e]s nachgewiesen werden, daß dadurch das Daseyn G[o]tt[e]s so gewiß u[nd] unbestreitbar wird, wie das Daseyn der Welt, daß man mit Läugnung des Daseyns G[o]tt[e]s, auch das Daseyn der Welt läugnen müßte, was natürl[ich] unmöglich ist. 1854 Nun fragt sich, läßt sich zwischen dem Daseyn der Welt od[er] irg[e]nd etwas Anderm ganz so Gewiss[en,] z.B. einer ganz gewissen Thatsache uns[eres] eignen Geistes od[er] Bewußtseyns, - und dem Daseyn G[o]tt[e]s ein so nothw[e]nd[i]g[e]r u[nd] wesentl[icher] Zusammenh[a]ng nachweisen oder nicht? 1855 - Hievon hängt der Werth u[nd] die Bedeutung der Beweise für das Daseyn G[o]tt[e]s ab! D[ie]se Frage kann mit Ja u[nd] Nein 1856 beantwortet werden. Näml[ich] so: Wir können allerdings ausgehend v[on] etwas Gewissem [,] z.B. v[on] d[er] Welt od[er] einer Thatsache uns[eres] eignen Bewußtseyns, uns[eres] Sittengesetzes z.B., einen nothw[e]nd[i]g[e]n Zusammenh[a]ng aufweis[en] [79rl/ 79vr] mit einem Höheren, Vollkom[m]neren v[on] dem sie 1857 abhängig; wir erkennen die Welt u[nd] ihre Erscheinungen als Wirkungen, die nothw[e]nd[i]g mit einer Ursache in Verbindung stehen müssen; wenigst[en]s kommen wir ausgehend v[on] den Erscheinung[en] u[nd] ihre Ursachen aufsuchend, durch eine ganze Reihe v[on] Wirk[u]ng[e]n u[nd] Ursachen hindurch u[nd] aufwärts geh[e]nd zu immer höhern Ursachen zuletzt ins Unendliche [,] Unfaßbare, zu einer unendlichen Reihe v[on] Wirkungen u[nd] Ursachen; 1858 bestimmt u[nd] direct zu Gott scho[n] Bekannte etc. [,] von d[em] man als Beweisg[run]d (Praemisse) ausgeht [,] brau[c]ht nur gleich [n]i[c]ht gleich [,] [n]i[c]ht höher zu sey[n] - s[on]st wäre nie ei[n] Schluß v[on] Wirk[un]g auf Ursache mögli[c]h -“. 1852 Einfügung am Seitenrand [79rr] : „so nothwend[i]g[en] Schluß [„Schluß“ über der Zeile], wesentl[ich] (u[nd] d[a]h[er] wirkl[ich] Bestehenden)“. 1853 „das“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „dieses“. 1854 Einfügung am Seitenrand [79rr] : „Als solch’ Bekannt[e]s, v[on] dem auszugeh[en,] hat ma[n] nu[n] sch[on] Vers[c]hied[ene]s zu Gru[n]d[e] gelegt [.] - Darnach [en]tst[e]h[en] die vers[c]hied[enen] Bew[ei]se f[ür] d[as] Das[e]y[n] G[o]tt[e]s - Kosmol[ogischer] u[nd] Anthrop[ologischer]. Abgeseh[en] v[on] d[er] immanent[en] G[o]tt[e]sidee“. 1855 Randbemerkung [79rr] : „(Substantieller od[er] dynamischer Zusamm[en]h[a]ng) od[er] zwisch[en] beid[en] (G[o]tt[e]sidee)“. 1856 Über der Zeile: „muß im streng[en] Sinn mit Nein“. - Dazu die Randbemerkung [79rr] : „Nein [,] wenn wir d[ie] bisher üblich[en] Bew[ei]se betracht[en.] Ja, wenn wir d[ie] bisher gef[u]nd[enen] Bew[eise] ins Auge faß[en].“ 1857 „k... (? )“ in der Zeile gestrichen. 1858 Randbemerkung [79vl] : „NB [: ] Die gewöh[n]l[ichen] Beweise für d[a]s Daseyn G[o]tt[e]s such[en] nicht ein[en] Wesenszusamm[en]h[an]g zw[i]s[c]h[en] G[o]tt u[nd] Welt aufzuzeig[en] - (u[nd] entgeh[en] so d[em] Pa[n]th[ei]sm[us]); sond[ern] allerdings nur ein[en] nothw[en]d[i]g[en] dynamischen Zusamm[en]h[an]g [.] - Aber wir werd[en] seh[en], d[a]ß bei d[en] gewöh[n]l[ichen] Bew[ei]s[en] d[ie]s[e]r nicht genügt - um <?page no="236"?> 226 kommen wir aber durch uns[er] Schlußvermögen, durch uns[ern] Verstand nicht, denn immer wäre 1859 es ein Sprung [,] der logisch nicht zu rechtfertigen wäre, vom Endlichen 1860 auf eine unendliche Ursache zu schließen [,] denn eine endl[iche] Wirk[u]ng erfordert nie naturnothw[e]nd[i]g eine unendl[iche] Ursache; 1861 das Relative fordert zu seinem Daseyn noch nicht das Absolute [,] v[on] dem bloßen Daseyn der Welt können wir noch nicht naturnothw[e]nd[i]g auf das Daseyn G[o]tt[e]s schließen, sond[ern] wir kommen nur zu einer unendlich[en] Reihe v[on] endlich[en] 1862 Ursachen u[nd] Wirk[u]ng[e]n, zu einer Unendlichk[ei]t in dem Sinne, wir auch v[om] unendlich[en] Himmelsraum [,] v[on] unendlicher Menge der Sterne u.s.w. reden; kurz es bleibt uns dabei zwar der Verstand stille stehen, aber den lebend[i]g[en,] v[on] der Welt qualitativ, wesentl[ich] verschieden[en] Gott findet 1863 man auf d[ie]s[e]m Wege nicht, weil endl[iche] Wirk[u]ng, wie gesagt [,] nicht naturnothw[e]nd[i]g unendliche Ursache erfordert. 1864 Daß wir aber d[ie]se unendl[iche] Reihe v[on] 1865 Wirk[u]ng[e]n u[nd] Ursachen zum Schluße bringen u[nd] an die Spitze derselben Gott selber setzen könn[en,] das ist nicht Sache uns[eres] Verstandes 1866 [,] sond[ern] uns[erer] Vernunft [,] d.i. das vermögen wir nur durch die uns eingeborne Gottesidee, die dem Verstand aus seiner Verlegenheit hilft. 1867 Die unmittelbare Gewißh[ei]t der Welt führt uns also zwar nicht nothw[e]nd[i]g u[nd] wesentl[ich] auf das Daseyn G[o]tt[e]s u[nd] soll das auch nicht 1868 , denn in d[ie]s[e]m Falle müßte Gott in nothw[e]nd[i]g[em] u[nd] wesentlich[em] Zusammenhang mit der Welt stehen; die Welt gehörte nothw[e]nd[i]g u[nd] wesentlich zum Wesen u[nd] Daseyn Gottes 1869 ; Gott könnte nicht seyn ohne die Welt, er wäre qualitativ nicht v[on] ihr verschie- [79vr/ 80rl] G[o]tt[e]s (Absoluter) Dasey[n] zu beweis[en] - u[nd] daß wenn Ernst gemacht wird [m]it d[ie]s[en] B[e]w[ei]s[e]n [,] sie pantheist[isch] werd[en] -“. Darunter [79vl] : „Beweise selbst einzuschalt[en] auf Gru[n]dlage der Welt od[er] d[e]s G[ei]st[e]s als solch[em]“. 1859 „wäre“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „ist“. 1860 „Wirk[un]g“ über der Zeile. 1861 Randbemerkung [79vl] : „Es kann wohl seyn [,] aber es muß nicht seyn - es folgt nicht mit Nothw[en]d[i]gk[ei]t [,] denn d[ie] Ursache braucht nur der Wirk[un]g adäquat zu sey[n].“ 1862 „endlich[en]“ über der Zeile. 1863 „findet“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „kennt“. 1864 Einfügung am Seitenrand [79vl] : „Ja selbst das könnte man in Frage stell[en,] ob wir üb[er]h[au]pt die Welt, d[a]s Universu[m] zu Gru[n]de leg[en] dürf[en], um v[on] da aus zu schließ[e]n [.] - Wir kenn[en] ja d[ie] Welt [n]i[c]ht einmal vollkomm[en] - nur z[um] geringst[en] Th[ei]l - wie soll[en] wir also v[on] etwas [,] das wir selbst [n]i[c]ht vollkomm[en] kenn[en,] auf ei[n] Anderes [,] au[c]h Unbekanntes schließ[en] dürf[en] [m]it Sicherh[ei]t. -“ 1865 „Ur[sachen]“ in der Zeile gestrichen. 1866 Über der Zeile: „un[seres] Vermög[e]ns z[um] Schließen“. 1867 Randbemerkung [79vl] : „Der Quantität nach [n]i[c]ht - aber der Qualität nach! Ja [,] d[ie] Qualität ist gar [unleserliche Buchstaben in der Zeile gestrichen] vielfach v[on] d[er] Qualität (sic! ) bedi[n]gt -“. 1868 Über der Zeile: „Wohl u[n]s [,] d[a]ß es [n]i[c]ht so ist“. 1869 Einfügung am Seitenrand [79vl] : „(Es wäre keine Kluft zw[i]sch[en] beiden, man könnte in continuirl[icher], ununterbrochener Reihenfolge v[on] Schlüßen zu ihm kommen, wie im Irdis[c]h[en] v[on] Wirk[un]g zu Ursache.)“ <?page no="237"?> 227 II [.] Th[ei]l 1870 §: 16 F[o]rts[e]tz[u]ng den, v[om] Endlichen zum Unendlichen, Göttlichen wäre keine unendl[iche] Kluft, sond[ern] eine qualitativ immer gleiche Continuität, kurz ein Beweis in d[ie]s[e]m Sinne würde zum Pantheismus od[er] zum Pan-Entheismus im schlechten Sinne, wo d[ie] Welt 1871 als Theil od[er] Moment des g[ö]ttl[ichen] Lebens betrachtet wird, führen. Da es aber eine höhere Idee v[on] Gott gibt [,] als die ist [,] zu der, wir auf d[ie]s[e]m Weg des Schließens v[on] Ursache u[nd] Wirk[u]ng kommen, so dürfen wir bei dem Resultat d[ie]s[e]r Schlußreihe, die uns zuletzt nur immerfort im Kreise herumführt, nicht stehen bleiben, sond[ern] müssen eine Vermittl[u]ng d[ie]s[e]r Schlußreihe mit der Idee v[on] Gott suchen u[nd] find[en,] in Verh[ä]ltn[i]ß setzen. Und das geschieht in d[er] That 1872 in den Beweisen für das Daseyn G[o]tt[e]s. 1873 Jene Schlußreihe v[on] Wirk[u]ng zu Ursache aufwärts führt in’s Unendliche u[nd] das Resultat ist zuletzt eine Frage! Näml[ich] die: Was ist dann aber dieß Unendliche? D[ie]se Frage [,] die der Verstand, das Schlußvermögen im Menschen, das Vermögen, das Endliche zu erkennen [,] aufstellt, erwartet gleichsam die Vernunft [,] d.i. das Vermögen für d[a]s Unendliche, Göttliche, u[nd] beantwortet sie nun, indem sie sagt: d[ie]s[e]s Unendliche ist Gott; an die Stelle des Unbestimmten, Unendlich[en] substituirt sie die 1874 Gotth[ei]t; od[er] den persö[n]l[ichen] Gott. 1875 V[on] d[er] Welt, dem gewiß Daseyenden 1876 ausgehend kommt also der Verstand allerd[in]gs 1877 auch zu einer ganz gewiß daseyenden Ursache, aber das erkennt er nicht mehr [,] was d[ie]se Ursache ist, u[nd] wie sie beschaffen ist. Daß sie also vorhanden ist, beweist er - was sie aber ist, das vermag er nicht zu beweisen u[nd] zu sagen 1878 ; - das sagt die Vernunft, die eingeborne Idee v[on] G[o]tt; die zwar ohne d[ie]s[e]n Beweis gewiß ist - unmittelbar 1879 ; aber nicht wiss[e]nsch[a]ftl[ich] vermittelt. Nicht darum also ist das Daseyn G[o]tt[e]s ganz gewiß [,] weil z.B. die Welt da ist; daraus ist nur so viel gewiß, daß auch eine Ursache da seyn müsse, v[on] der sie die Wirkung ist; was aber d[ie]se Ursache eig[e]ntl[ich] ist, ist daraus noch nicht klar u[nd] gewiß. - Da nun aber d[ie]s[e]r Verstandesbeweis [80rl/ 80vr] vom Menschen als vernünft[i]g[em] Geschöpf [,] als unt[er] der Idee v[on] Gott begabt, unternommen wird u[nd] er hiebei sich nicht ders[e]lb[e]n ganz entschlagen kann, um etwa zu sehen [,] wie weit er ohne sie 1870 „R[e]l[i]g[io]nsphilosoph[ie] 29“ am oberen Seitenrand [80rr] ; „29“ bezeichnet den Bogen. 1871 „d[ie] Welt“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „G[o]tt“. 1872 „in d[er] That“ über der Zeile. 1873 Einfügung am Seitenrand [80rr] : „D[a]h[er] pfl[e]gt man zu sag[en,] es würde bei d[ie]s[en] Beweis[en] d[a]s sch[on] vor[a]usgesetzt, was doch erst bewies[en] werd[en] soll -“. 1874 „die“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „der Idee v[on]“. 1875 „od[er] den persönl[ichen] Gott.“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 1876 „gewiß Daseyenden“ ersetzt in der Zeile gestrichenes „Gewissen“. 1877 „allerd[in]gs“ über der Zeile. 1878 Einfügung am Seitenrand [80rr] : „ob es eine [„persö[n]l[iche]“ über der Zeile] Gotth[ei]t ist od[er] sonst irg[en]d Etwas“. 1879 Einfügung am Seitenrand [80rr] : „u[nd] die ihr e[n]tspr[ec]h[en]de obj[ective] Thatsache der R[e]l[i]g[io]n -“. <?page no="238"?> 228 komme, so kann man wohl sagen [,] der Mensch könne auf d[ie]se Weise in der That d[a]s Daseyn G[o]tt[e]s beweisen, weil er dabei nicht blos auf die Welt sieht [,] von der er ausgeht als v[on] etwas ganz Gewissem, sond[ern] stets zugleich auf sich selber, auf die ihm angeborne Idee v[on] G[o]tt, 1880 die ihn dabei 1881 leitet. 1882 Ueberblicken wir den ganzen Verlauf nochmal [,] so können wir sagen, in den gewöhnl[ichen] 1883 Beweisen für G[o]tt[e]s Daseyn sucht sich der Mensch aus dem Geschöpflichen, wirkl[ich] Daseyenden, eine Leiter zu bauen, um auf ihr zu Gott empor zu steigen; er thürmt d[a]s Irdis[c]he übereinander, aber er kommt dabei nicht an’s Ziel, sond[ern] nur ins Unermeßliche, Unendliche; die eingeborne G[o]tt[e]sidee hilft ihm aber hier aus der Noth, indem sie ihm das Ziel kund gibt, dem er nachstrebt. 1884 Betrachten wir d[ie]s[e]n Vorgang [,] wie er im Innern des Menschen sich gestaltet, so verhält sich die Sache so: Das äußerl[ich] Daseyende wird ins Innere des Menschen aufgenommen als Begriff, in d[er] Werkstatt des G[ei]st[e]s zum Begriff gebildet (z[ur] geist[i]g[en] Einheit der wesentl[ichen] Merkmale); bei diesen Beweisen nun wird eine ganze Stufenfolge v[on] Begriffen gebildet [,] v[on] den untersten bis zu den höchsten, allgemeinsten, abstractesten empor; 1885 der höchste, letzte Begriff ist aber fast nur mehr eine allgemeine Formel ohne bestimmten Inhalt; - das Unendliche, das Absolute, v[on] dem sich nichts Bestimmtes aussagen läßt, ein leeres Schema. 1886 Aber durch die Idee v[on] Gott bekommt d[ie]s[e]r allgemeinste Begr[i]ff seinen Inhalt, wird zu einem concreten, bestimmten Bild, zu einer lebend[i]g[e]n Gestalt [,] von der sich wieder Etwas aussagen, bestimmen läßt. Nun müßen wir aber noch einem Bedenken begegnen, das sich hier erheben könnte. Es wurde bemerkt: Wißensch[a]ftl[ich] beweisen sei hier Nichts Andres, als v[on] 1887 Etwas noch Ungewiss[em] mit einem unzweifelhaft Gewissen ein[en] so nothw[e]nd[i]g[en] u[nd] wesentl[ichen] Zusammenhang 1888 nachweisen, daß d[a]d[u]rch auch 1889 d[a]s zuerst 1890 Ungewisse, ders[e]lb[e]n Gewißh[ei]t [80vr/ 81rl] theilhaftig wird; u[nd] es wurde weiter bemerkt [,] daß wir d[a]s Daseyn G[o]tt[e]s in d[ie]s[e]r Weise nicht ganz strictißime beweisen können, weil wir [,] ausgehend z.B. v[on] d[er] Welt [,] zwar ein[en] nothw[e]nd[i]g[en] u[nd] wesentl[ichen] Zusammenhang mit einer Ursache ihres Daseyns nachweisen können, aber nicht bestimmt sagen könn[en,] was denn d[ie]se Ursache 1880 „u[nd] auf den“ in der Zeile gestrichen. 1881 Die zweite Silbe „bei“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichene zweite Silbe „mit“. 1882 Randbemerkung [80vl] : „Das ist aber kein Bew[eis] im eig[e]ntl[ichen] Sinn [,] sond[ern] nur eine Explikation d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßtsey[n]s.“ Darunter [80vl] : „NB [: ] Hier die Einzelbetra[c]ht[u]ng der Bew[ei]se einzuschieb[en]. Kosmolog[ischer] u[nd] Anthropolog[ischer]“. 1883 „gewöhnl[ichen]“ über der Zeile. 1884 Randbemerkung [80vl] : „babylon[ischer] Thurm d[er] Philosoph[en] -“. 1885 Randbemerkung [80vl] : „i[n] logisch[em] Verfahr[en]“. 1886 Einfügung am Seitenrand [80vl] : „ein leeres, abstractes Allgemeines“. 1887 „v[on]“ über der Zeile. 1888 „bringen“ in der Zeile gestrichen. 1889 In der Zeile irrtümlich gedoppeltes „auch“ gestrichen. 1890 „zuerst“ über der Zeile. <?page no="239"?> 229 eig[e]ntl[ich] sei, d[a]ß G[o]tt, wie wir ihn im Glauben festhalten u[nd] im unmittelb[aren] Bewußtseyn, d[ie]se Ursache sei, geht nicht mit strenger Consequenz hervor, weil das Endl[iche], Relative nicht nothw[e]nd[i]g eine unend[liche], absolute Ursache erfordert, wir kämen auf d[ie]se Weise aus jen[em] Kreislauf nicht hinaus, in dem sich der Pantheismus bewegt, Gott allein auf d[ie]se Weise beweisen woll[en] d[u]rch das Denken üb[er] d[a]s Endliche, führe z[um] Panth[ei]sm[us], zu einem innerweltl[ichen] Gott, der nicht qualitativ v[on] d[er] Welt verschieden ist, wie die 1891 Ursache ja v[on] der Wirk[u]ng nicht qualitativ verschieden zu seyn braucht, sond[ern] vielmehr ders[e]lb[e]n Art sey[n] muß. Aus d[ie]s[em] Cirkel befreit uns, haben wir gesehen, die uns eingeborne Idee v[on] Gott, die wir bei d[ie]s[e]m ganzen wiss[e]ns[c]h[a]ftl[ichen] Proceß gar nicht aus dem Spiel laßen können, wenigstens nicht dürfen [,] weil sie ein constitutives 1892 Moment unsres G[ei]st[e]s ist; 1893 u[nd] ein Denken, das sie unberücksichtigt ließe [,] kein gesundes, richtiges seyn könnte 1894 , kein vollkommen menschl[iches], vernünft[i]g[e]s, weil ge-rade die höchste Kraft des G[ei]st[e]s dabei unberücksicht[i]gt bliebe; kurz es wäre unnatürl[ich], wider die menschl[iche] Natur; d[a]h[er] unwahr. (Heg[els] Philos[ophie]) 1895 [.] Nun aber könnte man sagen, wenn d[ie] Idee v[on] G[o]tt eben ein constitutives [,] wesent[liches] Moment des menschl[ichen] G[ei]st[e]s ist u[nd] wir 1896 des Daseyns G[o]tt[e]s gerade d[u]rch sie ganz gewiß sind, weil sie v[on] Niemand Andern (sic! ) kommen kann als v[on] G[o]tt selber, also ihr gewisses Vorhandenseyn auch das gewisse 1897 Daseyn G[o]tt[e]s kund gibt, - so stehen also beide in nothw[e]nd[i]g[em] Causalzusammenh[a]ng u[nd] sind beide gleichartig - nicht Relativ[es] u[nd] Absolutes wie Welt u[nd] G[o]tt 1898 - sond[ern] wie Ursache u[nd] Wirk[u]ng gleichartig sind, u[nd] daraus folgt, d[a]ß des Menschen Seele in ihr[em] innerst[en] Wesen eben d[u]rch d[ie]se Idee v[on] G[o]tt, - d[ie] Vernunft, g[ö]ttl[ichen] Geschlechts, ein Th[ei]l wenigstens v[on] G[o]tt ist - ein Funke v[on] G[o]tt. [81rl/ 81vr] Aber 1899 mit Unrecht würde man so folgern; denn in der Idee v[on] G[o]tt liegt eben auch dieß, d[a]ß 1900 auch der Menschengeist nicht identisch sei mit Gott. Man kann also nicht v[om] Vorhandenseyn, Daseyn der G[o]tt[e]sidee etwas erschließen wollen, was dem Inhalt d[ie]s[e]r Idee gerade widerspricht. 1901 1891 „Wir[kun]g“ in der Zeile gestrichen. 1892 „wesentl[iches]“ über der Zeile. 1893 Randbemerkung [81rr] : „Die G[o]tt[e]sidee (G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßtsey[n]) st[e]ht in ein[em] nothw[en]d[i]g[en] Zusammenhang mit d[em] Dasey[n] G[o]tt[e]s - sagt aber zugleich aus, d[a]ß d[ie]s[e]r Zusa[mmen]h[an]g ni[c]ht ein substantieller, sond[ern] nur ein dynamischer sey -“. 1894 „könnte“ über der Zeile. 1895 Randbemerkung [81rr] : „Ob die Idee v[on] G[o]tt nicht selbst Gott - u[nd] d[a]h[er] P[a]nth[ei]sm[us]“. 1896 „wir“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „wird“. 1897 Unleserliche Buchstaben in der Zeile. 1898 „wie Welt u[nd] G[o]tt“ über der Zeile. 1899 Über der Zeile: „a) D[a]s Dasey[n] d[e]r Idee v[on] G[o]tt ist Bew[ußtseyn] d[e]s Das[e]y[n]s G[o]tt[e]s [,] b) Der Inhalt d[ie]s[e]r Idee bew[eist,] d[a]s (sic! ) d[er] M[en]sch [nic]ht G[o]tt sey“. 1900 „der“ in der Zeile gestrichen. 1901 Randbemerkung [81vl] : „(Nur Eine Thatsache uns[res] Bew[u]ßtseyns steht in einem nothw[e]nd[i]g[en] Zusammenh[a]ng mit d[em] Daseyn G[o]tt[e]s, näml[ich] die eingeborne Idee v[on] G[o]tt; d[ie]se aber ist unmittelb[ar] gewiß [,] d.h. d[u]rch sie ist G[o]tt unmitt[e]lb[a]r gewiß nicht auf dem Wege des Beweises, des <?page no="240"?> 230 Das Daseyn d[er] G[o]tt[e]sidee bezeugt unwiderlegl[ich,] daß ein Gott sei, der Inhalt d[ie]s[e]r Idee sagt, wie er sei u[nd] gerade d[a]d[u]rch bezeugt sie, daß der Menschengeist nicht gottwesentl[ich] sei, - denn d[ie]se Behaupt[u]ng widerspräche gerade dem Inh[a]lt der Idee der Natur derselben; 1902 denn zum Inhalt der G[o]tt[e]sid[ee] gehört unter Andern auch dieß, d[a]ß G[o]tt v[on] allem Geschöpflichen, Veränderlichen, der Verschlechterung Fähigem, der Vervollkommnung Bedürftigen, wie auch d[er] menschl[ichen] Seele ist sammt ihrer innewohnenden G[o]tt[e]sidee, - wesentl[ich] verschieden ist. 1903 - II 1904 [)] (Ehe wir nun zur Einzelbetracht[u]ng der Beweise für G[o]tt[e]s Daseyn übergehen) 1905 Wir 1906 wollen nun 1907 zur leichteren Uebersicht u[nd] z[u] klarerem Verständniß d[ie]se Bew[ei]se f[ür] G[o]tt[e]s Das[eyn] 1908 eintheilen. Am natürlichsten dürfte 1909 die Eintheil[u]ng in 2 Klaßen seyn 1910 , je nachdem v[on] der Welt im Allgemeinen u[nd] Großen, oder vom Menschenwesen insbesondere, v[on] inner[n] Thatsachen des Mens[c]henwesens ausgegang[en] wird, die I. Kl[asse] umfaßt also die Kosmologischen Beweise od[er] aposteriorisch[en] Bew[ei]se 1911 [.] Die II. die Anthropologischen od[er] apriorische[n] Bew[ei]s[e] 1912 [.] Die I [.] Kl[asse] zerfällt wieder in den Kosmolog[ischen] Bew[eis] im engern Sinn, u[nd] in den Teleologischen. Die II [.] Kl[asse] enthält den sog[enannten] ontologisch[en] Bew[eis] u[nd] den moralischen. 1913 Schließens gefunden; u[nd] d[a]h[e]r unmitt[e]lbar[e] Gewißh[ei]t d[ie]s[e]s Bewußts[e]y[n]s v[on] G[o]tt enthält auch dieß - daß G[o]tt verschieden sei v[on] der Welt u[nd] v[om] M[e]nsch[e]n sammt seiner Idee v[on] G[o]tt.)“ 1902 Randbemerkung [81vl] : „(D[u]r[c]h d[ie]se Idee G[o]tt[e]s wird uns auch gesagt: daß d[a]s Endl[iche], Zeitl[iche] der Idee G[o]tt[e]s nicht entspreche u[nd] gerade d[u]rch sie werd[e]n wir gehindert, Falsches, Ungöttl[iches] für Gott z[u] halt[en] - d[u]rch sie bewahrt vor Pa[n]th[ei]smus)“. 1903 Randbemerkung [81vl] : „Durch ihr Daseyn beweist die G[o]tt[e]sidee [,] d[a]ß ein Gott sei - durch ihr[en] Inhalt, daß sie nicht identisch sei mit Gott -. Sie ist da u[nd] redet - sie sagt [„d[u]rch ihr Dasey[n] wird erschloßen“ über der Zeile] [,] d[a]ß sie v[on] Gott komme, aber nicht Gott selbst sei -“. 1904 Korrespondierendes „I“ unauffindbar. 1905 „Ehe wir nun zur Einzelbetracht[u]ng der Beweise für G[o]tt[e]s Daseyn übergehen“ im Nachhinein eingeklammert. 1906 „Wir“ über der Zeile. 1907 „nun“ über der Zeile; „wir sie“ in der Zeile gestrichen. 1908 „d[ie]se Bew[ei]se f[ür] G[o]tt[e]s Das[eyn]“ über der Zeile. 1909 „dürfte“ über der Zeile; „ist“ in der Zeile gestrichen. 1910 „seyn“ über der Zeile. 1911 „od[er] aposteriorisch[en] Bew[ei]s[e]“ über der Zeile. 1912 „od[er] apriorisch[en] Bew[ei]s[e]“ unter der Zeile. 1913 Randbemerkung [81vl] : „NB [: ] D[ie]se Bew[ei]se gehör[en] all[e]rdi[n]gs zur Verd[e]utl[i]ch[un]g d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßtsey[n]s - u[m] d[ie] Eig[en]s[c]h[a]ft[en] G[o]tt[e]s zu erk[ennen] - s[eine] W[e]ish[ei]t (teleol[ogischer] Bew[eis,]) Güte, Heil[i]gk[ei]t (moral[ischer]) Bew[eis] etc. Ohne sie blieben wir bei du[n]kl[em] Gefühl steh[en] -“. <?page no="241"?> 231 I [.] Kosmolog[ische] Beweise 1. Kosmolog[isch] im eng[ern] Sinn 1914 Dieser Beweis geht aus v[om] Daseyn der Welt üb[er]h[au]pt u[nd] stützt sich auf das Causalgesetz, das wir im Irdischen wahrnehmen. 1915 Wir sehen näml[ich,] daß [81vr/ 82rl] II. Th[ei]l 1916 §: 16 F[o]rts[e]tz[u]ng Alles innerh[a]lb der Welt seinen bestimmten Grund, daß jede Wirkung ihre Ursache habe 1917 ; was nun so v[on] den einzelnen Bestandtheilen gilt, wenn Nichts sich selber hervorbringt [,] sond[ern] immer v[on] einem Andern herstammt, so gilt dieß Gesetz wohl auch v[on] der Gesammth[ei]t der Bestandth[ei]le, d.h. v[on] der ganzen Welt; so wenig die einzelnen Theile sich selber hervorbringen können, so wenig auch das Ganze [,] das aus den Theilen besteht; 1918 auch das kann sich nicht selber hervorgebracht haben, sonst müßte es vor sich selber schon 1919 gewesen seyn, um sich hervorbringen 1920 zu können. 1921 1914 Randbemerkung [81vl] : „NB [: ] Kosmolog[ischer] Bew[eis] galt d[en] ältest[en] Völker[n] - die d[a]s Universu[m] als Sy[m]bol - als Buchstabe[n] - als Beweis der G[o]tth[ei]t nahmen“. 1915 Randbemerkung [81vl] : „NB [: ] Da die Welt ist [,] so muß immer und ewig etwas gewes[en] sey[n] zu ei[nem] Ewig[en], Unentstand[enen] also all[e]rdi[n]gs. Aber ob man d[a]d[u]rch aus der Welt hinaus kommt zu ei[nem] verschied[enen] Göttl[ichen]? “ 1916 „Rel[i]g[io]nsphilos[ophie] 30“ am oberen Seitenrand [82rr] ; „30“ bezeichnet den Bogen. Randbemerkung [82rr] : „Man kommt a)zu ewig[em] S[e]y[n,] b) od[er] zu [über der Zeile: „erst[em]“] ewig[em], un[en]tst[an]d[enen] Beweger (wenn d[a]s ewig[e] S[e]y[n] nicht als abs[o]lut gilt) [(]Aristot[eles])“. 1917 Einfügung am Seitenrand [82rr] : „u[nd] insbes[ondere], daß Alles [,] was wir sehen, die Wirkung einer bestimmt[en] Ursache sei -“. 1918 Randbemerkung [82rr]: „D[a]g[e]g[en] a) Ob wirkl[ich] eine letzte, höchste Ursache nothw[en]d[i]g - u[nd] [n]i[c]ht viel[me]hr Kreislauf - [über der Zeile: „wir hab[en] gar k[e]i[nen] B[e]weis [,] d[a]ß Subst[an]z entsteht (? )“, möglicherweise als Fortsetzung davon unter der Zeile: „da wir die Welt nicht vollkomm[en] kenn[en], so möchte es ja mögl[ich] sey[n]! “] b) Ob wir v[om] Endlich[en], Relativ[en,] Zufällig[en] - auf unendl[iche], absol[u]t[e,] nothw[en]d[i]ge Ursache schließ[en] dürf[en.] c) Jed[en]falls nur ein Weltgru[n]d zu erschließen - allgem[eines] ewig[es] Seyn - od[er] Werden [,] der gegenwärt[i]g[e] Zust[a]nd setzt ein[en] vorhergeh[en]d[en] voraus. D[ie]s[e]r wieder ein[en] etc. [,] d[a]h[er] ein Ewig[e]s.“ Neben „b)“ [82rr] : „wenn wir b) auch wirkl[ich] über d[en] K[re]islauf der Welt hinausgeführt werden -“ [.] Neben „c)“ [82rr] : „od[er] v[on] d[er] Zeit - (Leibn[iz]) [,] od[er] v[on] der Beweg[un]g (Thom[as: ]) Das Bewegte in d[er] Welt setzt ein Bewegendes voraus etc.“ Vermutlich soll an den Abschnitt „b)“ dieser Randbemerkung die folgende Randbemerkung [82vl] anschließen: „ad b) Man kann sag[en]: d[ie]se g[a]nze Weltord[n]u[n]g ist ewig [.] - Sie bedarf kei[ne]s persö[n]l[ichen] Urhebers - sie ist in sich göttl[ich], unbegreifl[ich], unbewußt weise u[nd] wirksam [.] - Wie ja zuletzt auch wieder der bestimmte, v[on] d[er] Welt verschied[en] angenommene G[o]tt unbegreifl[ich] ist [.] - Geg[en] d[ie]s[e]s Räsonnement gibt aber d[a]s r[e]l[i]g[iö]s[e] Bedürf[n]iß u[nd] G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] der M[e]ns[c]hh[ei]t Zeug[n]iß -“. 1919 „schon“ über der Zeile. 1920 „hervorbringen“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „hervorzubringen“. <?page no="242"?> 232 (Wollte man aber sagen [,] die Welt ist eben von Ew[i]gk[ei]t, 1922 ist sie ein ununterbrochener ew[i]g[e]r 1923 Kreislauf v[on] Wirk[u]ng[e]n u[nd] Ursachen; so könnte man d[a]g[e]g[e]n bemerken, daß das, was an sich ewig ist, nicht zeitlich werden kann, es gäbe ja sein eigenstes Wesen auf, was eben unmöglich ist, wenn es sich nicht selbst vernichten will; denn etwas besteht nur so lange als 1924 sein eigenstes Wesen besteht; das wesentl[ich] Ewige kann nie zeitlich werden.) Mit mehr Recht könnte man sagen [,] nicht v[on] Ew[i]gk[ei]t ist die Welt, 1925 denn das Ewige ist qualitativ vom Zeitlichen verschieden; aber sie ist v[on] unendl[i]ch[e]r Dauer, was allerdings auch v[om] Zeitlichen denkbar ist. - 1926 Der Verstand [,] d.h. das bloße Vermögen das Irdische zu erkennen - also z[u] Meßen, zu Zählen u[nd] zu Wägen - kommt auch zu keinem andern Resultat, als zu einer unendlichen Reihe v[on] Wirkungen u[nd] Ursachen, ohne eine letzte zu finden, wie schon oben bemerkt wurde; d.i. der Verstand kann den Menschen bei d[ie]s[e]r Forsch[u]ng nicht befriedigen; er ermattet u[nd] sinkt bei d[ie]s[e]m Flug ins Unendliche [,] ohne ein Ziel gefunden zu haben; 1927 da kommt aber d[ie] Vernunft zu Hülfe [,] d.i. d[a]s Vermög[en] des Uebersinnlichen, der Ideen, u[nd] setzt nun an die Stelle des Unendlichen die Idee v[on] G[o]tt, u[nd] nun ist d[a]s befriedigende Resultat gefund[en]; nicht d[u]rch d[a]s Vermögen [,] das Sinnliche 1928 z[u] erk[ennen] 1929 , d[u]rch d[en] Verstand, d[u]rch d[a]s bloße Denken geschieht 1921 Randbemerkung [82rr] : „(Wir kommen also v[on] der [über der Zeile: „nächst[en]“] Erscheinung ausgehend u[nd] ihre Ursache erforschend d[u]rch eine Reihe v[on] Wirk[u]ng[e]n u[nd] Ursachen hindurch ins Unendliche fort - regressus in infinitum - ohne zu einem vernünft[i]g[en] Ziel [,] zu dem Ziel zu kommen, das der forschende Geist sucht, zu einer ersten Ursache, die nicht mehr eine andere voraussetzt, u[nd] die ganze folgende Reihe in ihrem Daseyn erklärt.)“ 1922 Gestrichene unleserliche Wörter über der Zeile. 1923 „ew[i]g[e]r“ über der Zeile. 1924 In der Zeile folgendes „es“ gestrichen. 1925 In der Zeile folgendes „aber“ gestrichen. 1926 Einfügung am Seitenrand [82rr] : „Krit[i]k. 1. D[ie] Frage wäre noch: Ob man [über der Zeile: „v[om] Relat[iven] auf Absolutes“] v[om] Zufällig[en] auf ein Nothw[e]nd[i]g[e]s schließ[en] könne - man sollte glaub[en,] gerade d[a]s G[e]g[e]nth[ei]l wäre der Fall, d[a]s Nothw[en]d[i]ge schl[ie]ßt s[einem] B[e]gr[i]ffe nach d[a]s Zufällige aus, wie soll es also Ursache d[e]s Zufällig[en] sey[n]. - Eb[en]so beim Ewig[en,] eb[en]so beim beweg[en]d[en] Unbewegt[en]. 2. Man könnte s[a]g[e]n [,] nur ein unendl[icher] Kreislauf ist Alles [.] Das Einzelne v[om] Einzel[nen] bildet d[a]s Ganze [.] D[ie]s[e]s b[e]st[e]ht d[u]rch die Th[ei]le, die Th[ei]le d[u]r[c]h ih[n.] - Das Beweg[en]de ist ab[er] die Beweg[un]g üb[er]h[au]pt, d[ie]s[e]r Kreislauf der Dinge etc. Jedenf[a]lls können wir nicht mit Nothw[en]d[i]gk[ei]t auf ein auß[erhalb] der Welt Seyendes schließ[en], weil wir die un[en]dl[iche] Reihe v[on] Ursach[en] u[nd] Wirk[un]g[en] [n]i[c]ht erschöpf[en] kö[nnen]. Aber d[a]s Ganze der Welt [,] setzt es nicht eine Ursache voraus [,] d[ie] höher ist [? ] - Man könnte s[a]g[en,] d[a]s Ganze bild[en] eb[en] die [unleserlicher Buchstabe in der Zeile gestrichen] einzel[nen] Th[ei]le u[nd] d[a]s [„d[a]s“ über der Zeile] Ganze bewegende ist eb[en] die Beweg[un]g - die d[u]r[c]h Alles Einzelne hind[u]r[c]hgeht.“ 1927 Randbemerkung [82rr] : „= D[a]s Ird[i]s[c]he übereinander gethürmt, u[m] z[um] Himmel zu komm[en] - zu G[o]tt [.] - Tita[n]is[c]he Arb[e]it [,] aber vergebl[ich] - babylon[i]s[c]h[er] Thurm - [unter der Zeile, exakte Verortung unklar: „od[er] Materie - P[a]nth[ei]sm[us] - da Subst[an]z“] od[er] als innerer Vorga[n]g gedacht [: ] Syst[em] v[on] B[e]gr[i]ff[en] - logis[c]h[er] (? ) P[a]nth[ei]sm[us] - d[a]s höchste Wes[en] ein B[e]gr[i]ff.“ 1928 „Sinnliche“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „Sinnlichen“. 1929 „z[u] erk[ennen]“ über der Zeile. <?page no="243"?> 233 dieß aber, wie d[er] Panth[ei]sm[us] behauptet; nicht d[u]rch d[a]s Denken wird G[o]tt gefund[en] - sond[ern] d[u]rch Verbind[un]g d[ie]s[e]s Denkens mit d[em] unmittelb[aren] Bewußts[eyn] v[on] G[o]tt, d[u]rch d[ie] eingeborne G[o]tt[e]sidee; die verschieden ist v[om] Wesen d[er] Welt. 1930 [82rl/ 82vr] 2. Der Teleolog[ische] od[er] physiko-theolog[ische] Bew[eis] Der teleol[ogische] Bew[eis] gründet sich auf die Ordnung und Zweckmäßigkeit, die in der Welt herrscht. In der Welt näml[ich] zeigt sich durchaus nicht ein blindes Ungefähr, trübes verworrenes Chaos, das zufällig u[nd] planlos d[u]rcheinander wirkte; sond[ern] vielmehr ein großes, planvolles Ganzes, ein bestimmtes, regelmäßiges Zusammenwirken 1931 der Kräfte, bis in’s Kleinste u[nd] Größte ein Wirken u[nd] Schaffen nach einem bestimmten Plane. D[ie]s[e]s nun kann 1932 , so wird geschloßen, nicht v[on] der rohen, bewußtlosen Materie selber kommen, der vielmehr ein so regelmäß[i]g[e]s, geordnetes Wirken fremd sei, - sond[ern] es müsse d[ie]s[e]s v[on] einem 1933 Höhern ko[mmen,] der d[ie]se Ordnung hergestellt nach einem Plane, der allen d[ie]s[e]n wirkend[en] Gesetzen die erste Bewegung gab u[nd] das bestimmte Ziel; u[nd] d[ie]s[e]r Ordner u[nd] Beweger sei Gott. 1934 Aber auch d[ie]s[e]r Beweis ist kein bündiger, entscheidender. - Wir kommen auch hier consequenter Weise nur bis dahin zu sagen: wo d[ie]se Ordnung u[nd] Zweckmäß[i]gk[ei]t eig[e]ntl[ich] herkommt, könn[en] wir nicht erforschen, denn der Causalzusammenh[a]ng führt auch hier nur in’s Endlose, nicht aber unmittelb[a]r zur bestimmten, lebend[i]g[en] Gestalt Gottes selber, wie Er in uns[erem] Bewußtseyn lebt. Jedenfalls kommen wir auf d[ie]s[e]m Wege nicht zu 1935 ein[em] 1936 absolut weisen, zu einem göttl[ichen] weisen Ordner der Welt, weil man d[ie]se Zweckmäß[i]gk[ei]t u[nd] Ordnung zwar wieder unendlich - relativ unendl[ich] weise u[nd] zweckmäßig - nennen kann, aber doch als endl[iche] Ordnung nicht zur absoluten mach[en] darf, also auch gesetzmäßig auf ein[en] absolut weisen Ordner schließen kann. 1930 Randbemerkung [82rr] : „Bedeut[un]g d[ie]s[e]s Bew[eises] d[ie]s[e]r G[o]tt[e]sidee wird befestigt, vermittelt [,] aufgestellt [.] - Schon im Ird[i]s[c]h[en] sehen wir z.B. [,] wie bei d[em] Niederst[en] Ursache u[nd] Wirk[un]g sich decken u[nd] geg[en]seit[i]g aufgehe[n]; je höher di[e] Ursach[en], desto weniger geh[en] sie in d[en] Wirk[un]g[en] auf [,] z.B. b[e]i[m] Geiste -“. 1931 „be-“ in der Zeile gestrichen. 1932 „kann“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „könne“. 1933 „einem“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „etwas“. 1934 Randbemerkung [82vl] : „a) Und Unzweckmäßig[e]s s[e]h[en] wir doch au[c]h [.] Die Fülle - nach uns[erem] Urth[ei]l wenigstens - [im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „Wir kenn[en] die Welt od[er] ihre (Zweckmäß[i]gk[ei]t) Einricht[un]g gar nicht vollständ[i]g.“] b) Kr[i]t[i]k [: ] wir hab[en] kein[en] d[u]r[c]haus schlag[en]d[en] Grund, Ordnung u[nd] Zw[e]ckmäß[i]gk[ei]t v[on] dem Stoffe der Welt zu trenn[en], wenn man s[a]gt: wie könnte aus d[em] Ver[n]u[n]ftlos[en], aus d[em] blind[en] Stoffe u[nd] Chaos d[ie]s[e] Ord[n]u[n]g komm[en]? So fragt es si[c]h eben [,] ob wir ein Recht hab[en,] nur v[om] Stoffe od[er] Material der Welt, ohne d[a]s ord[nen]d[e] Princip i[n] ih[r] zu reden - ob wir beides trenn[en] dürf[en] - c) jed[en]f[a]lls komm[en] wir nur zu ein[em] Demiurges“. 1935 „zu“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „zum“. 1936 „ein[em]“ über der Zeile. <?page no="244"?> 234 Es findet ganz dass[e]lbe V[e]rh[ä]ltn[i]ß statt wie beim kosmolog[ischen] Beweis; die eingeborne [,] d[u]rch die R[e]l[i]g[io]n entwickelte G[o]tt[e]sidee kommt d[ie]s[e]r wiss[e]nsch[a]ftl[ichen] Schlußreihe entgegen, u[nd] zeigt ihr das eigentl[iche] Ziel, den wirklichen Ordner d[ie]s[e]r Welt. 1937 [82vr/ 83rl] II [.] Anthropolog[ische] Bew[eise] Die anthropolog[ischen] Bew[eise] gehen aus von der geistigen Natur des Menschen, v[on] innern Thatsachen des Bewußtseyns; die wir inne werden in uns[erem] Gefühle, uns[erem] Erkennen u[nd] Wollen. Dahin gehört a) Der ontolog[ische] Beweis. 1938 I [)] Der ontolog[ische] od[er] Anselm’ische Beweis (v[on] Ans[e]lm v[on] Canterbury) lautet eigentl[ich] so: Gott ist dasjenige, größer 1939 als welches Nichts gedacht werden kann, darum muß ihm auch Daseyn zukommen; denn wäre 1940 er nicht, so wäre er nicht dasjenige, größer als welches nichts gedacht werden kann; denn das Daseyende wäre vollkom[m]ner 1941 , weil das Daseyn auch zur Vollkommenh[ei]t gehört. 1942 In d[ie]s[e]r Faßung könnte man allerdings den Bew[eis] nicht einen anthropolog[ischen] nennen, denn er geht da nicht aus v[on] d[er] geist[i]g[en] 1943 Menschen-Natur, sond[ern] v[om] Begr[i]ff 1944 G[o]tt[e]s selbst [,] um daraus die Nothwend[i]gk[ei]t des Daseyns dess[e]lb[en] zu beweisen, d[a]h[er] er ontolog[ischer] Bew[eis] eben heißt. 1937 Randbemerkung [82vl] : „Nicht zur Gewinnung“. 1938 Randbemerkung [83rr] : „Proslog[ion] II. Convincitur ergo esse in intellectu aliquid, quo nihil majus cogitari nequit. Certe id, quo majus cogitari nequit, non potest esse in intellectu solo. Si enim vel in solo intellectu est: potest“. Darunter [83rr] : „NB [: ] [„S[c]hl[u]ß“ über der Zeile] Der dialekt[i]sche [„logische“ über der Zeile] Proceß des ontolog[ischen] Argu[men]t[e]s ist selber d[a]s Gewisse, Unbestreitbar[e]s (Thats... (? )) [,] wovon ausgeg[a]ng[e]n wird u[nd] d[u]rch d[a]s Causalgesetz Gott als Grund der Möglichk[ei]t davon zu erschließen [.] - Geht aus v[om] Begriff G[o]tt[e]s - um das Daseyn zu erschließ[en]“. Darunter [83rr] : „Gott ist das, größer als welches nichts gedacht werd[en] kann, also muß er auch existiren -, nicht blos gedacht w[er]d[en], denn das Nicht-Existirende wäre nicht das [,] größer, als welches nichts gedacht werden kann. (Nicht das in intellectu [,] sond[ern] auch in re das größte seyn, denn ohne d[a]s Letztere, würde auch d[a]s in intellectu nicht statt find[en]).“ 1939 „vollkommener“ über der Zeile. 1940 „existirte“ über der Zeile. 1941 „größer“ über der Zeile. 1942 Einfügung am Seitenrand [83rr] : „Od[er] Gott ist, denn er kann nicht - nicht seyn, denn es läßt sich nicht denken, daß er nicht sei, weil sich nicht denken läßt, daß das vollkommenste Wesen nicht sei, weil gerade d[a]s Daseyn wesentl[ich] zur Vollkommenh[ei]t gehört, das Fundament ders[e]lb[e]n ist. Es will hier aus der Natur unsres Denkgesetzes [„Denkgesetzes“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „Denkgesetzens“], das sich das Vollkommenste nothw[e]nd[i]g auch existirend denken muß [,] geschloßen werden, daß G[o]tt existire. Eig[e]ntl[ich] kann man aber den Bew[eis] in d[ie]s[er] Faß[u]ng [,] z.B. also: Gott ist d[a]s vollkomm[en]ste Wesen - [„habe ich“ in der Zeile gestrichen] läugne ich d[a]s Das[e]y[n] G[o]tt[e]s, dann auch d[a]s Das[e]y[n] d[e]s vollkomm[en]st[en] Wes[en]s u[nd] umgekehrt -“. 1943 „d[er] geist[i]g[en]“ über der Zeile. 1944 „Begr[i]ff“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Wesen“. <?page no="245"?> 235 Allein [,] prüfen wir 1945 genauer, so sehen wir, daß ein solcher Bew[eis] gar nicht möglich ist [,] wenigstens keine Bedeut[u]ng hat. - Aus dem Wesen 1946 G[o]tt[e]s, aus sein[er] Vollkommenh[ei]t soll mit Nothwend[i]gk[ei]t folgen, daß Er auch sei, daß ihm Existenz zukomme, weil d[ie]se nothw[e]nd[i]g zur Vollkommenh[ei]t gehöre. 1947 Allein hier ist das schon vorausgesetzt [,] was erst bewiesen werden soll, das Daseyn des göttl[ichen] Wesens od[er] der göttl[ichen] Vollkommenh[ei]t. Ist 1948 einmal göttl[iche] Vollkom[m]enh[ei]t da, dann muß freil[ich] auch Gott da seyn od[er] existiren, weil beides sich nicht trennen läßt, sond[ern] Ein u[nd] dasselbe ist. Das ist ein Cirkel; eine petitio principii [; ] das, was als existirend 1949 bewiesen werden soll [,] wird schon als existirend angenommen; u[nd] mit Recht wendet Abaelard geg[en] d[ie]s[en] Bew[eis] „Gott ist dasj[enige], größer als welches Nichts gedacht werden kann etc. [“] ganz einfach ein: „Wenn er ist“. u[nd] (sic! ) Kant bemerkt eben so richtig [: ] „Wenn ich das Prädikat in einem identis[c]hen Urtheil aufhebe u[nd] behalte das Subject, so entspringt ein Widerspruch [“], u[nd] d[a]h[e]r sage ich: jenes (Praed[ikat]) komme diesem (Subj[ect]) nothw[e]nd[i]g[e]r Weise zu. Hebe ich aber das Subjekt sammt dem Prädikat auf, so entsteht kein Widerspruch; denn es ist Nichts mehr, welchem widersprochen werd[en] könnte. Einen Triangel setzen u[nd] durch die drei Winkel dess[e]lb[en] aufheben, ist widersprechend; aber den Triangel sammt den drei Winkeln aufheben, ist kein Widerspruch. Gerade so ist es mit dem Begriffe eines absolut nothw[e]nd[i]g[e]n Wesens (das als nicht seyend nicht gedacht werden kann). Hebt man das Daseyn deßelben auf [,] so hebt man dass[e]lbe mit allen s[einen] Prädikaten auf, ein Widerspruch kann da nicht mehr seyn. - Wenn man schließt: Gott muß existiren, weil dem allerrealst[en] Wesen nothw[e]nd[i]g Existenz zukommen muß; so entst[e]ht die Frage: ob denn ein allerrealstes Wesen existirt? Wenn ich d[a]s Daseyn G[o]tt[e]s läugne od[er] aufhebe, dann hebe ich eo ipso auch d[a]s Daseyn eines absolut realen Wesens auf u[nd] ein Wid[e]rspr[u]ch zw[i]sch[e]n dem B[e]gr[i]ffe u[nd] Daseyn kann nicht mehr statt finden. Die Beweiskr[a]ft kommt auch hier nur v[om] unmittelb[aren] G[o]tt[e]sbew[u]ßtsey[n]. 1950 1945 In der Zeile folgendes „ihn“ gestrichen. 1946 „B[e]griffe“ über der Zeile. 1947 Randbemerkung [83rr] : „Wir müß[en] die Uns (? ) subj[ective] B[e]gr[i]ffsbew[e]g[un]g überwind[en] u[nd] d[en] Bew[eis] zu ein[em] object[iven] mach[en] - wie d[en] Kosmolog[ischen] etc.“ 1948 „freil[ich]“ in der Zeile gestrichen. 1949 „als existirend“ über der Zeile. 1950 „u[nd] mit Recht wendet Abaelard geg[en] d[ie]s[en] Bew[eis] ‚Gott ist dasj[enige], größer als welches Nichts gedacht werden kann etc. [‘] ganz einfach ein: ‚Wenn er ist’. u[nd] (sic! ) Kant bemerkt eben so richtig [: ] ‚Wenn ich das Prädikat in einem identis[c]hen Urtheil aufhebe u[nd] behalte das Subject, so entspringt ein Widerspruch [‘], u[nd] d[a]h[e]r sage ich: jenes (Praed[ikat]) komme [83rr/ 83vl] diesem (Subj[ect]) nothw[e]nd[i]g[e]r Weise zu. Hebe ich aber das Subjekt sammt dem Prädikat auf, so entsteht kein Widerspruch; denn es ist Nichts mehr, welchem widersprochen werd[en] könnte. Einen Triangel setzen u[nd] durch die drei Winkel dess[e]lb[en] aufheben, ist widersprechend; aber den Triangel sammt den drei Winkeln aufheben, ist kein Widerspruch. Gerade so ist es mit dem Begriffe eines absolut nothw[e]nd[i]g[e]n Wesens (das als nicht seyend nicht gedacht werden kann). Hebt man das Daseyn deßelben auf [,] so hebt man dass[e]lbe mit allen s[einen] Prädikaten auf, ein Widerspruch kann da nicht mehr seyn. - Wenn man schließt: Gott muß existiren, weil dem allerrealst[en] Wesen nothw[e]nd[i]g Existenz [„be“ in der Zeile gestrichen] zukommen muß; so entst[e]ht die Frage: ob denn ein allerrealstes [„absolutes“ über der Zeile] Wesen existirt? Wenn ich d[a]s Daseyn G[o]tt[e]s läugne <?page no="246"?> 236 II) Machen wir aber d[ie]s[e]n ontolog[ischen] Bew[eis] durch eine andere Wendung [,] wie schon Cartesius gethan 1951 [,] zu einem anthropolog[ischen], dann bekommt er eine ganz andere Geltung. Der Mensch hat das Vermögen 1952 in sich, sich ein vollkommenes, absolutes Wesen, sich Gott vorzustellen [,] [83rl/ 83vr] zu denken, also muß er auch sein; denn wäre er nicht, so könnte der Mensch auch das Vermögen nicht haben [,] sich ihn zu denken, so wenig er das Vermögen hat [,] sich d[a]s 1953 Nichts vorzustellen. - Denn d[ie]s[e]s Vermögen kann d[er] Mensch weder v[on] d[er] Natur [,] noch v[on] sich selbst erhalten haben - denn die Wirkung kann nie größer seyn als die Ursache; hier aber wäre die Wirk[u]ng größer als die Ursache [,] denn d[ie] Wirk[u]ng wäre Gott, die Ursache nur d[ie] Welt, die Wirk[u]ng die Uebernatur 1954 , die Ursache nur die Natur. Man kann dagegen nicht einwenden; 1955 Alles, was wir uns denken können [,] ist auch schon, od[er] wie Kant einwendet 1956 : daß er sich hundert Thaler in seiner Tasche denken könne, ohne sie zu haben; od[er] wie der Mönch Gaunilo geg[en] Anselm v[on] Cant[erbury] einwendet, daß 1957 die herrliche Insel [,] die er sich denke, darum noch nicht sei. - Nicht dieß kann man mit Grund dagegen einwenden; denn dieß ist ein ganz andres Denken; 1958 das ist ein willkührl[iches] Denken v[on] etwas doch bestimmt Daseyend[em]. Inseln existiren jedenf[a]lls [,] u[nd] Thaler existir[en] auch, wo sie sich auch befinden mögen, das ist eine willkührl[iche] u[nd] zufällige Bestimmung - u[nd] das Vermögen [,] dieß zu denken, ist nichts Außerordentl[iches]. - Aber selbst im Irdis[c]h[en] setzt das Vermögen, etwas zu denken 1959 [,] die wirkl[iche] Exist[e]nz desselb[en] voraus; jed[e]nf[a]lls ist d[a]s Gedachte, wenn es auch noch so abentheuerl[ich] ist, nur in s[einen] Best[a]ndth[ei]l[en] combinirt aus 1960 Daseyenden; - denn was nicht ist, das Nichts läßt sich nicht als wirkl[ich] denken; u[nd] das ist hier gemeint. 1961 od[er] aufhebe, dann hebe ich eo ipso auch d[a]s Daseyn eines absolut realen Wesens auf u[nd] ein Wid[e]rspr[u]ch zw[i]sch[e]n dem B[e]gr[i]ffe u[nd] Daseyn kann nicht mehr statt finden. Die [„Gewißh[ei]t“ in der Zeile gestrichen] Beweiskr[a]ft kommt auch hier nur v[om] unmittelb[aren] G[o]tt[e]sbew[u]ßt-sey[n].“ in der Zeile und am Seitenrand [83rr/ 83vl] eingefügt. 1951 „wie schon Cartesius gethan“ über der Zeile. 1952 Über der Zeile: „d[as] ist das reale Vermögen“. 1953 „d[a]s“ über der Zeile. 1954 „Uebernatur“ in der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Natu[r]“. 1955 „Nicht“ in der Zeile gestrichen. 1956 „einwendet“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „s[a]gt“. 1957 „er sich“ in der Zeile gestrichen. 1958 Randbemerkung [83vl] : „(Nicht aus der Bes[c]h[a]ff[en]h[ei]t d[e]s B[e]gr[i]ff[e]s G[o]tt[e]s - sond[ern] aus dem Dasey[n] d[ie]s[e]s B[e]gr[i]ff[e]s könn[en] wir G[o]tt[e]s Dasey[n] erschließe[n.] - NB [: ] Zu[m] D[en]k[en] d[e]r I[n]sel u[nd] z[um] D[en]k[en] der Thaler gehört nur gewöh[n]l[iche] Pha[n]tas[ie] u[nd] V[er]st[an]d [.] Z[um] D[en]k[en] [des (? )] Bewußts[eyns] G[o]tt[e]s aber ei[n] g[a]nz eig[en]th[üm]l[iches] Ver[m]ög[en] [)]“. 1959 „zu denken“ über der Zeile; „als wirkl[ich]“ in der Zeile eingeklammert. 1960 „schon“ in der Zeile gestrichen. 1961 „Vermögen [,] dieß zu denken, ist nichts Außerordentl[iches]. - Aber selbst im Irdis[c]h[en] setzt das Vermögen, etwas zu denken [,] die wirkl[iche] Exist[e]nz desselb[en] voraus; jed[e]nf[a]lls ist d[a]s Gedachte, wenn es auch noch so abentheuerl[ich] ist, nur in s[einen] Best[a]ndth[ei]l[en] combinirt aus Daseyenden; - denn was <?page no="247"?> 237 Das Denken der Existenz G[o]tt[e]s 1962 ist ein ganz andres, ist ein Denken über die gewöhnl[iche] Natur des Menschen hinaus 1963 , ist ein Denken nicht eines Zufälligen, Willkührl[ichen], Unvollkommen[en], Partiell[en,] sond[ern] Denken eines Nothwendigen, absolut Vollkommenen. - Allein G[o]tt wird hier d[u]rch d[a]s Denken nicht erst gefund[en], sond[ern] er ist eben in d[ie]s[em] Vermögen schon gegeben. 1964 Man könnte d[ie]s[e]n Beweis v[ie]ll[ei]cht mit Recht den intellectuellen Bew[eis] nennen, den Bew[eis] hergenommen vom Erk[e]n[n]tn[i]ßvermögen des Menschen [,] v[on] s[einer] Fähigk[ei]t [,] G[o]tt zu denken, v[on] d[er] eingebor[nen] G[o]tt[e]sidee. 1965 2.) D[er] moralische Bew[eis] Zwei Dinge sagt Kant, seyen es [,] die stets seine Bewund[e]r[u]ng auf’s Neue erregen: der gestirnte Himmel über uns, u[nd] das moralische Gesetz in uns. D[ie]s[e]s moralis[c]he Gesetz in uns hat er dann auch, nachdem er alle and[ern] Beweise für G[o]tt[e]s Daseyn [83vr/ 84rl] II [.] Th[ei]l 1966 §: 16 F[o]rts[e]tz[u]ng wegkritisirt u[nd] verworfen hatte, allein noch als solchen Bew[eis] gelten laßen u[nd] in der That hat er auch großes Gewicht. 1967 Man kann ihn etwa so führen: Allen Menschen wohnt ein v[on] Natur aus 1968 sittl[iches] 1969 Gesetz ein, als Regel ihrer H[a]ndl[u]ng[e]n u[nd] der H[a]ndl[u]ng[e]n Anderer. Jeder verlangt Beobachtung d[ie]s[e]s Gesetzes geg[en] sich u[nd] Jeder, der es gegen Andere nicht beobachtet, verurtheilt sich selbst innerlich, führt innerliche Vorwürfe darüber. - D[ie]s[e]s allgemeine, constante unvertilgbare Gesetz nun [,] oder der Kategorische Imperativ 1970 [,] kann offenbar nicht vom Menschen selber herrühren, denn es steht über ihm, auch nicht v[on] der Gesammth[ei]t der M[e]nsch[e]n, denn es steht auch über d[ie]s[e]r u[nd] richtet sich nicht nach der Willkühr derselben, 1971 der Mensch kann d[ie]s[e]s Gesetzes, wenn er auch will, nicht los werden, nicht ist, das Nichts läßt sich nicht als wirkl[ich] denken; u[nd] das ist hier gemeint“ am Seitenrand [83vl] eingefügt. 1962 „aber“ in der Zeile gestrichen. 1963 Über der Zeile: „d[a]s ei[n] eig[ne]s Vermög[en] d[a]zu“. 1964 „- Allein G[o]tt wird hier d[u]rch d[a]s Denken nicht erst gefund[en], sond[ern] er ist eben in d[ie]s[em] Vermögen schon gegeben.“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 1965 Randbemerkung [83vl] : „NB [: ] Um logisch, um widerspruchlos zu denken [,] muß man dasj[enige,] größer als welches nichts gedacht werd[en] kann, auch als seyend denken - wenn man es denkt [.] - Ob es wirkl[ich] ist, ist damit nicht entschieden [.] - Gott ist aber freil[ich] auch nicht blos id quo majus cogitari nequit - d[ie]se B[e]stimm[un]g ist noch zu leer -“. 1966 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 31“ am oberen Seitenrand [84rr] ; „31“ bezeichnet den Bogen. 1967 In der Zeile folgendes „Er lautet etwa so: “ gestrichen. 1968 „v[on] Natur aus“ über der Zeile. 1969 In der Zeile folgendes „natürl[iches]“ eingeklammert und gestrichen. 1970 „oder der Kategorische Imperativ“ am Seitenrand [84rr] eingefügt. 1971 Randbemerkung [84rr] : „nicht d[u]rch Gesetzgeber od[er] Stimm[en]mehrh[ei]t hergestellt -“. <?page no="248"?> 238 es tritt in d[er] Form des Gewissens immer wieder geg[en] ihn 1972 (auf [,] schreibt ihm Gesetze 1973 vor) u[nd] verurtheilt ihn. D[ie]s[e]s Gesetz muß demnach einen höhern Urheber haben als die Welt u[nd] als die Menschh[ei]t u[nd] d[ie]s[e]r Urheber ist G[o]tt selbst. 1974 Doch führt auch das Suchen nach dem Urheber d[ie]s[e]s Gesetzes nicht unmittelbar, nicht nothw[e]nd[i]g u[nd] continuirl[ich] zu G[o]tt, 1975 sond[ern] üb[e]rh[au]pt zu einem höhern, weisen, gerecht[en] Gesetzgeber - od[er] zu einer höhern Weltordnung - als die blos natürl[iche] 1976 ist. - 1977 Daß wir G[o]tt als Urheber d[ie]s[e]s Gesetzes erkennen [,] ist 1978 mögl[ich] d[u]rch d[a]s uns innewohnende Bild v[on] G[o]tt, d[u]rch d[ie] G[o]tt[e]sidee, d[u]rch d[a]s G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßtseyn. Eine etwas andere Wendung 1979 nimmt d[ie]s[e]r 1980 Bew[eis] bei Kant selbst, diese näml[ich]: „Das unbedingt gebietende moralische Gesetz fordert vom menschl[ichen] Willen die Verwirklich[u]ng des höchsten Gutes in der Welt, zunächst Verwirkl[i]ch[un]g 1981 der Sittlichkeit u[nd] deßh[a]lb völlige Angemess[e]nh[ei]t der Gesinnungen u[nd] des Willens zu ihm, zu d[ie]s[e]m Gesetze. Da nun d[ie]se[r] Ford[e]r[u]ng nur in einer in’s Unendliche fortdauernden Existenz des vernünft[i]g[en] Wesens genügt werden kann; so folgt daraus zunächst als Postulat die Unsterblichkeit der Seele; weiterhin aber folgt 1982 auch als solches Postulat die Existenz G[o]tt[e]s [,] da d[ie]s[e]r erstrebten Sittlichk[ei]t eine angemessene Glückseel[i]gk[ei]t [84rl/ 84vr] zu Theil werden müsse, die Bewirkung 1983 d[ie]s[e]r unserer Sittlichk[ei]t angemessenen Glückseel[i]gk[ei]t kann aber nur v[on] einem Wesen ausgehen, das durch Verstand u[nd] Willen Ursache der Natur ist [,] d.h. v[on] Gott. - Es ist dieß im Grund genommen dasselbe, was in 1984 der erst[en] Faßung d[ie]s[e]s Beweises gesagt ist; nun ist dort bemerkt, daß der Ursprung d[ie]s[e]s Gesetzes 1985 Gott voraussetze; hier aber [,] daß das Ziel, der Endzweck d[ie]s[e]s Gesetzes ihn als Postulat verlange; sonst gilt ganz d[a]ss[e]lbe [,] was v[on] der erst[en] Fass[u]ng ges[a]gt ist. - 1972 Über der Zeile: „regt innerl[ich] an“. 1973 „Gesetze“ über der Zeile. 1974 Randbemerkung [84rr] : „Kritik“. 1975 Randbemerkung [84rr] : „Moral[i]s[c]h[e] Weltord[n]u[n]g? “ 1976 „äußerl[iche]“ über der Zeile. 1977 Randbemerkung [84rr] : „- wo man aber wied[e]r bei Unerklärlichk[ei]t ankommt - Moralischer [„höh[e]r[er]“ über der Zeile] Instinct - der v[on] G[o]tt selber nichts aussagt -“. 1978 „Sache“ in der Zeile gestrichen. 1979 „2)“ am Seitenrand [84rr] . 1980 „d[ie]s[e]r“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „d[ie]s[e]s“. - In der Zeile folgendes „G“ gestrichen. 1981 „Verwirkl[i]ch[un]g“ über der Zeile. 1982 „folgt“ über der Zeile. 1983 „Ertheil[un]g“ über der Zeile. 1984 „in“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „im“. 1985 „Gesetzes“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Vermögens“. <?page no="249"?> 239 Das Resultat nun ist. Alle d[ie]se Beweise führen [,] in so fern sie als bloße Verstandesoperationen betrachtet werden, nicht direct u[nd] bestimmt z[um] Daseyn G[o]tt[e]s; 1986 in so fern sie aber im Dienste der Vernunft, im Lichte der Idee v[on] Gott unternommen werden [,] führen sie dazu; geben dem unmittelb[aren] G[o]tt[e]sbewußts[eyn] die wiss[e]nsch[a]ftl[iche] Vermittl[u]ng u[nd] tragen in so fern sehr viel bei zur Klarh[ei]t, Bestimmth[ei]t u[nd] Sicherheit d[ie]s[e]s G[o]tt[e]sbewußtseyns. 1987 Das bloße Schlußvermögen des Menschen, die blos logische Operation, der Mensch als blos verständige Denkmaschine 1988 , die fest gebannt bleibt im Kreise v[on] Schlüßen, v[on] Wirk[u]ng zu Ursache - kommt nicht zum außeru[nd] überweltl[ichen] Gott, sond[ern] blos zu einer „Art“ logischen Pantheismus 1989 od[er] eig[e]ntl[ich] zu einem endlosen Causalzusammenhang od[er] zu einem mor[a]l[i]sch Waltend[en] 1990 ; - die bloße Logik 1991 kann nie für Metaphysik gelten. 1992 Auch die Naturwiss[e]ns[c]h[a]ft für sich allein kommt nicht zum lebend[i]g[en], wahrhaften Gott, darum konnte Lalande allerdings den ganzen gestirnten Himmel durchforschen, ohne [,] wie er selbst sagt, Gott zu finden. - In gleicher Weise kann die Chemie die 1986 Einfügung am Seitenrand [84vl] : „losgetrennt v[om] r[e]l[i]g[iö]s[en] Gefühl und Glauben (histor[ischem] u[nd] mystisch[em]). D[ie]se Bestimmung ist aber auch gar nicht naturgemäß, da der M[en]sch [n]i[c]ht ein Naturwes[en,] s[on]d[ern] ein historisches Wes[en] ist.“ 1987 Einfügung am Seitenrand [84vl] : „Nur d[ie] Idee v[on] G[o]tt selbst, d[a]s G[o]tt[e]sb[e]w[u]ßts[eyn] selbst steht mit G[o]tt in ein[em] so nothw[e]nd[i]g[en] Zusammenh[a]ng, d[a]ß d[a]d[u]rch auch G[o]tt[e]s Daseyn gewiß ist; allein v[on] d[ie]s[e]m ausgehend kann man nicht ernsth[a]ft beweisen woll[en,] denn man ginge v[on] dem aus [über der Zeile: „gründete d[er] Beweis auf d[er] Gewißh[ei]t [,] daß“], was man beweisen woll [wohl gemeint: „will“]. Man wollte find[en,] ob ein G[o]tt sei, u[nd] ginge dabei v[on] der Gewißh[ei]t od[er] Ueberzeug[un]g aus [,] daß er sei. - Der Sinn eig[e]ntl[ichen] Bew[ei]s[en]s f[ür] G[o]tt[e]s Dasey[n] ist aber [,] s[ein] Daseyn [„s[ein] Daseyn“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „ihn“] aus der Welt herauszulesen.“ Darunter [84vl] : „(Teleolog[isch] [„Schelling“ über der Zeile] Gott = Indifferenz v[on] S[e]y[n] u[nd] D[en]k[en] od[er] b[ei]d[e]s zugl[e]i[c]h [,] b[e]i Schelling Weltseele)“. Daneben [84vl] : „Gott = dem Seyn [„(... (? ) Weltsubst[an]z)“ über der Zeile] b[ei] Spinoza (Kosmolog[ie]) G[o]tt = dem [„log[ischen]“ über der Zeile] Denken b[ei] Hegel (Ontol[ogie]) [„wie Fichte“ unter der Zeile] G[o]tt = d[em] („gesetzmäß[i]g[en]“ über der Zeile] Wollen b[ei] Fichte“. 1988 „(messend - wägend, zähl[en]d)“ über der Zeile. 1989 „wie Hegel Gott“ über der Zeile. 1990 „od[er] zu einem mor[a]l[i]sch Waltend[en]“ über der Zeile. 1991 Über der Zeile: „wie Fichte“. 1992 Randbemerkung [84vl] : „ad S[c]hl[u]ß [: ] a) Ob man denn d[en] P[an]th[ei]s[mus] überwinde [,] wenn man v[om] Dasey[n] d[e]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyns] auf d[a]s Dasey[n] G[o]tt[e]s schließt [.] - b) Ob denn die bish[erigen] Bew[ei]se gar k[e]i[ne] B[e]d[e]ut[un]g hab[en] - u[nd] welche? Sie hab[en] B[e]d[e]ut[un]g in V[e]rbi[n]d[un]g mit d[em] genannt[en] Centralbeweis, nicht aber [,] wenn sie losgetrennt sind davon [; ] denn d[em] log[i]s[c]h[en] Ged[an]k[en]g[an]g am Schluß muß immer die imman[en]te G[o]tt[e]sidee entg[e]g[en]komm[en], um der Kette v[on] B[e]gr[i]ff[en] zuletzt d[a]s letzte Gli[e]d - d[a]s gesuchte anzuschli[e]ß[en], so[n]st verliert s[i]ch d[ie]se Schlußreihe nur i[n]s Un[en]dl[iche,] u[nd] d[a]s Letzte ist ei[n] unbek[ann]tes ... (? ). Es ist au[c]h der Natur der Sache gemäß, daß alle d[ie]se B[e]w[ei]se [n]i[c]ht gek[ann]t (? ) werd[en] dürf[en.] Argumentum a tuto - ab utili - bloße Klugh[ei]t [,] die sehr nahe an gewöhnl[iche] Pfiffigk[ei]t gränzt. Denn v[on] etwas Verstümmelt[en] ausgeh[en]d in d[er] S[c]h[ö]pf[un]g [,] kann man do[c]h unmögli[c]h z[um] S[c]höpfer komm[en]? “ <?page no="250"?> 240 Erde u[nd] alle ihre Elemente untersuchen u[nd] erforschen, sie findet Gott nicht; 1993 höchstens kommt sie an 1994 einen 1995 Punkt, wo der forsch[en]de 1996 Verstand nicht mehr weiter vordringen kann u[nd] da sprechen dann viele Naturforscher zwar nicht [84vr/ 85rl] v[on] Gott, wohl aber von einem Mysterium, das sich nicht weiter bestimmen laße. Jedenf[a]lls müss[en] d[ie]se dann zugeben, daß hier der Punkt 1997 sei, wo die R[e]l[i]g[io]n ihr Heiligthum aufschlagen könne u[nd] der menschl[ichen] Natur u[nd] dem menschl[ichen] Bedürfniß gemäß, aufschlagen müsse, um nicht blos sein[em] Verstande, sond[ern] seiner Vernunft, seinem G[o]tt[e]s-Bewußtseyn Genüge zu thun. 1998 §: 17 1999 Wesen u[nd] Eigenschaften Gottes. 2000 I) 1) 2001 Das Wesen Gottes ist zwar als solches in letzter Instanz unbestimmbar, unerkennbar, in keinen Begriff zu faßen u[nd] auszusprechen. 2002 Und das darf uns nicht Wunder nehmen, da schon das eig[en]tl[iche] 2003 Wesen des Geschöpflichen, des Menschen u[nd] der übr[i]g[e]n Natur uns unergründlich, uns ein Geheimniß ist; wir erforschen die Bestandtheile 2004 derselben, erkenn[en] die Wirkungen u[nd] Kräfte, nehmen die Erscheinung[en] wahr, aber das tiefste Wesen, Leben u[nd] Wirken bleibt uns doch verborgen. 1993 Randbemerkung [84vl] : „D[a]h[er] d[ie] Astronomie als Erforsch[un]g des unendl[ich] Groß[en] als Solch[em] nicht z[u] Gott kommt. D[u]r[c]h Instrumente u[nd] Meßung[en] od[er] Zählung [„B[e]wegung“ über der Zeile] wird er nicht gefunden - u[nd] auch d[ie] Chemie als Erfo[r]s[c]h[un]g des unendl[ich] Kleinen kommt ni[c]ht d[a]zu.“ 1994 „an“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „zu“. 1995 „einen“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „einem“. 1996 „forsch[en]de“ über der Zeile. 1997 „Punkt“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Ort“. 1998 Einfügung am Seitenrand [85rr] : „Das Verhältniß kurz gefaßt kann man sagen: Der Mensch macht sich nicht erst durch sein Denken [,] d[u]rch seine Verstandesthätigk[ei]t zum vernünft[i]g[en,] gottbewußten Wesen, sond[ern] er ist dieß schon v[on] Natur aus; das Denken vervollkom[m]net ihn nur als solches. -“ Darunter [85rr] : „NB [: ] Der Kosmolog[ische] Bew[eis] schließt: So gewiß die Welt ist, so gewiß ist Gott; Der teleolog[ische]: so gewiß die Welt so ist, so gewiß ist Gott. D[er] ontolog[ische]: so gewiß [„ich so bin (d[ie]se Idee, Vernunft habe)“ in der Zeile gestrichen] so gewiß [„so gewiß“ irrtümlich wiederholt] ist G[o]tt; (eig[en]tl[ich: ] so gewiß ich v[on] Gott weiß [,] so gewiß ist er) [.] D[er] moral[ische] Bew[eis]: so gewiß es ein übernatürl[iches] Sittengesetz gibt, so gewiß ist Gott - (so gewiß ich Gott fühle [„im Gewiß[en]“ über der Zeile], so gewiß ist er). G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] [„(Glaube)“ über der Zeile] u[nd] Geist - sind d[ie] eig[en]tl[ichen] Argumente.“ Darunter [85rr] : „ad §: 16 Ob d[er] Bew[eis] aus d[em] Das[e]y[n] der G[o]tt[e]sidee nicht z[um] P[a]nth[ei]sm[us] führe? “ 1999 Über der Zeile „(12)“. 2000 Unter der Überschrift im Nachhinein eingefügt [85rl/ 85rr] : „2 Ansicht[en] abzuweis[en: ] 1) Gott sey gar nicht G[e]g[en]st[an]d wiss[enschaftlicher] Erk[enn]t[n]iß - d[ie]se Ansicht ... (? ); 2) G[o]tt werde nur d[u]rch Negatio[n] erkannt - ohne Positi[on] hat Neg[ation] k[e]i[nen] S[inn].“ 2001 „1)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 2002 Einfügung in die Zeile und am Seitenrand [85rr] : „Intelligibilis non vere comprehensibilis“. 2003 „eig[en]tl[iche]“ über der Zeile. 2004 „2)“ über der Zeile. <?page no="251"?> 241 Um so mehr ist dieß bei Gott der Fall; d[a]h[er] spricht man dann in so fern 2005 v[on] der Unerkennbark[ei]t G[o]tt[e]s. 2006 2) 2007 Gleichwohl aber erkennen wir doch auch unermeßlich viel v[on] Gott, indem das Geschöpfliche, das Sichtbare u[nd] Wirkende als sein Werk Kunde gibt v[on] seinem unsichtbaren Wesen, u[nd] bezeugt 2008 einers[ei]ts [,] wie dasselbe beschaffen sei 2009 , andrers[ei]ts [,] wie dasselbe nicht beschaffen sei, d.h. G[o]tt konnte ni[c]ht s[c]haff[en], was d[ie]s[em] g[a]nz unähnl[ich], zuwider wäre. 2010 2011 Ausgehend von dem von uns erkannten Geschöpflichen u[nd] geführt, geleitet v[on] dem Lichte der uns eingebornen 2012 G[o]tt[e]sidee, v[om] Lichte der Vernunft, schreiben wir Gott All’ das zu, was wir in 2013 demselb[en] Gutes, Treffliches finden - via positionis - 2014 u[nd] sprechen ihm hinwiederum Alles ab, was in der Schöpfung Unvollkommenes, Beschränkendes vorhanden - via negationis. Nicht blos aber schreiben wir ihm das Gute, Vollkommene in der Welt zu im höchsten Grade, sond[ern] wir potenzir[en] [85rl/ 85vr] d[ie]s[e]s Alles zur Unendlichkeit, zur Absolutheit, so daß Gott an Vollkommenh[ei]t nicht blos quantitativ, sond[ern] selbst qualitativ davon doch wieder verschieden ist. 2015 Denn alle endlichen, relativ[en] Vollkommenheiten zusammen genommen [,] würden noch eine unendl[iche], absolute Vollkommenh[ei]t geben, sie werden daher zur Potenz 2005 „in so fern“ über der Zeile. 2006 Einfügung am Seitenrand [85rr] : „ad S[c]hl[u]ß v[on] I b) Das Was also ist nicht vollkomm[en] z[u] b[e]stimm[en: ] - a) Wir hab[en] d[ie] Kr[a]ft b) Wir hab[en] kei[nen] Begr[i]ff u[nd] Maaßstab c) D[a]h[er] Nur Analogie [: ] Erk[e]n[n]tn[i]ße mögl[ic]h u[nd] nur th[ei]lw[ei]se [.] Denn a) d[a]s Wes[en] ist weder ganz so wie d[er] geschöpfl[iche] Geist [,] noch weniger so wie die b) geschöpfl[iche] Materie g) d[en] ges[c]höpfl[ichen] G[ei]st ke[nnen] wir ja au[c]h [n]i[c]ht ganz, ja nicht einmal d[ie] Materie, noch ihr Was [.] (Wir b[e]stimm[en] eb[en] Gott so w[e]it als u[n]s d[e]r G[ei]st b[e]kannt ist u[nd] s[eine] Krit[erien] (? ) u[nd] selbst die Unergrü[n]dl[i]chk[ei]t u[n]s[eres] eig[nen] G[ei]st[e]s di[en]t (? ) wieder zur B[e]stimmu[n]g d[e]s Göttl[ichen] (Analogie) [)]“. 2007 „2)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 2008 In der Zeile folgendes „wie“ gestrichen. 2009 „sei“ über der Zeile. 2010 „G[o]tt konnte ni[c]ht s[c]haff[en], was d[ie]s[em] g[a]nz unähnl[ich], zuwider wäre.“ unter der Zeile. 2011 Einfügung am Seitenrand [85rr] : „Ist d[a]s G[o]tt[e]sbew[u]ßts[eyn] v[on] d[er] traditio[ne]ll[en] Ueb[e]rlief[erun]g [,] also v[on] g[ö]ttl[icher] Off[en]b[arun]g geweckt, dann kann au[c]h d[ie] Wiss[en]s[c]h[a]ft Viel[e]s leist[en]“. Darunter [85rr] : „ad S[c]hl[u]ß v[on] I a) NB [: ] Ob man ein Recht habe [,] Gott nach Analogie d[e]r W[e]lt zu b[e]stimm[en]? Ja - denn entwed[er] ist die Welt selbst Gott (Ersch[ein]u[n]g) [,] dann ohnehi[n] - od[e]r sie ist sein Werk. Dann auch [,] denn er kann (sic! ) ni[c]hts si[ch] Widersprech[en]d[e]s g[e]s[c]haff[en] hab[en]“. 2012 „immanent[en]“ über der Zeile. 2013 „in“ korrigiert durch Streichung ursprüngliches „im“. 2014 Unleserliche Wörter über der Zeile. 2015 Randbemerkung [85vl] : „via eminentiae“. Darunter [85vl] : „Analogisches u[nd] Speculatives ist hier verbunden“. <?page no="252"?> 242 „unendlich, absolut“ erhoben [,] um eine angemeßene Bezeichnung für d[a]s g[ö]ttl[iche] Wesen, für die göttl[ichen] Eigenschaften zu seyn. 2016 2017 II) Indem wir nun Gott nach Analogie des Geschöpflichen 2018 ein Seyn, Erkennen u[nd] Wollen zuschreiben, suchen wir [,] in der eben angegeb[enen] Weise [,] die Eigenschaften od[er] Qualitäten seines Seyns, Wollens u[nd] Erkennens zu bestimmen. 2019 D[a]h[er] 2020 A) 2021 Betrachtung des Seyns 2022 G[o]tt[e]s. 2023 1) Aseitaet. - Woher 2024 Die erste Frage ist die nach dem woher? des göttl[ichen] Seyns. Da nun der Ursprung v[on] einem Andern seiner Absolutheit durchaus widerspräche 2025 , so sagen wir: Gott ist nicht v[on] einem Andern, sond[ern] v[on] Sich selber, Er ist der Grund seiner selbst, er ist a h[ei]l[ig], das ist d[ie] Eigensch[a]ft der Aseitas G[o]tt[e]s, wie man dieß genannt hat. 2026 Also nach Analogie des Endlichen schreiben wir Gott ein Seyn zu - via positionis - [,] negiren aber dabei 2027 die Unvollkommenh[ei]t des Endlichen, näml[ich] das Gewordenseyn. 2028 Gott ist schlechthin [,] er ist nicht geworden 2029 [,] weder d[u]rch Andres noch 2016 Einfügung am Seitenrand [85vl] : „Auf d[ie]se Weise suchen wir [,] d[u]rch eine Vielheit v[on] Begriffen - v[on] Eigenschafts-Begriffen uns einigermaßen deutlich zu machen, was wir nicht in Einen Begriff zu faßen vermögen; der Inhalt der Idee v[on] G[o]tt explicirt sich in s[eine] Bestandtheile gleichsam u[nd] wird uns d[a]d[u]rch klar u[nd] erkennbar bis auf ein[en] gewissen Grad.“ 2017 „Müß[en] wir gl[e]i[c]h v[om] Höchst[en] - d[em] m[e]ns[c]hl[ichen] G[ei]st ausgeh[en] zur näh[ern] B[e]st[imm]u[n]g [,] positiv[en] B[e]stimmu[n]g [? ] -“ über der Zeile. 2018 „Gott“ in der Zeile gestrichen. - „Mens[c]hli[c]h[en], d[e]s Höchst[en] Gesch[ö]pfli[c]h[en]“ über Zeile. 2019 Randbemerkung [85vl] : „Explicatio impliciti, wie es bei Geist[e]swiss[enschaften] (eth[i]sche... (? ) Gebiet d[e]s Das[e]y[n]s) [n]i[c]ht anders sey“. 2020 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „(Quidditas - Was d[a]s Wes[en] G[o]tt[e]s weder Materie - noch selbst G[ei]st“. 2021 „Eigenschaftl[iche]“ in der Zeile gestrichen. 2022 „d[e]s W... (? )“ unter der Zeile. 2023 „(Absoluth[ei]t)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 2024 „ - Woher“ im Nachhinein in die Zeile eingetragen. - „D[a]s göttl[iche] S[e]y[n]“ im Nachhinein vor und in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [85vl] : „Wir in d[ie]s[em] ird[i]s[c]h[en] vergä[n]gl[ichen] Dasey[n] - wo E[n]tsteh[en] u[nd] Vergeh[en] b[e]stä[n]d[i]g wechsel[n], si[n]d es gewoh[n]t, n[ac]h d[em] Woher zu fr[a]g[en.] - Auf d[em] St[an]dp[un]kt der Absol[u]th[ei]t hat d[ie]se F[ra]ge eig[en]tl[ich] gar k[e]i[nen] Sinn. Doch wir bet[rac]ht[en] die Sa[c]he v[on] uns[erm] St[an]dp[un]kt aus. -“ 2025 Einfügung am Seitenrand [85vl] : „da er d[a]d[u]rch v[on] ein[em] Andern abhäng[i]g wäre u[nd] d[ie]s[e]s dann ihn dadurch übertreffen würde“. 2026 „ - d.h. Er hat k[e]i[n] Woher“ im Nachhinein in die Zeile eingetragen. Randbemerkung [85vl] : „ad 2) NB [: ] Gott muß Natur hab[en,] s[a]gt man [.] - Aber was ist Natur? Ist sie = sinnl[iche] Natur? “ 2027 Unleserlicher Buchstabe in der Zeile gestrichen. 2028 „Beschränk[un]g“ über der Zeile. Randbemerkung [85vl] : „Seyn = Wesen (Substanz) u[nd] Form [,] u[nd] die Aseitas bezieht sich auf beides.“ 2029 Über der Zeile: „ist d[a]s Sey[n] selbst [,] also au[c]h Gru[n]d d[e]s W[er]d[en]s“. <?page no="253"?> 243 d[u]rch sich selbst, 2030 denn in d[ie]s[e]m Falle müßte er vor sich selber schon gewesen seyn, um sich selbst hervorzubringen. 2031 2) Einfachheit G[o]tt[e]s D[ie] Einfachheit G[o]tt[e]s besteht in Abwesenheit aller Unterschiede in seinem Wesen, in der Abwesenh[ei]t alles Nachu[nd] Neben-Einander der Zeit od[er] dem Raume nach u[nd] besteht dagegen in der vollkommene[n] Intensitaet [,] so z[u] sag[en] Punctualitaet 2032 u[nd] 2033 in sich einiger Energie 2034 . [85vr/ 86rl] II [.] Th[ei]l 2035 §: 17 F[o]rts[e]tz[u]ng 2036 Wir müssen deßhalb 2037 dem 2038 Seyn od[er] Wesen G[o]tt[e]s Unräumlichkeit, Ausdehnungslosigk[ei]t und Unzeitlichk[ei]t 2039 , Dauerlosigk[ei]t zuschreiben [,] um v[on] 2040 ihm die Vorstell[u]ng v[on] Raum u[nd] Zeit im Geschöpflichen 2041 zu entfernen; 2042 denn Räuml[i]chk[ei]t u[nd] Zeitl[i]chk[ei]t 2043 widerspricht der Idee v[on] Gott, der Idee seiner Absolutheit u[nd] Vollkomm[en]heit; denn wo Räumlichk[ei]t, da ist ein 2044 Nebeneinan- 2030 Randbemerkung [85vl] : „(Apagog[ischer] Beweis)“. 2031 Einfügung in der Zeile: „- Schelling Dunkler Urod[er] Ungrund - befriedigt weder d[a]s r[e]l[i]g[iö]s[e] Gefühl noch d[a]s wiss[en]sch[a]ftl[iche] D[e]nk[en].“ Weitere Wörter über der Zeile unleserlich. Randbemerkung [85vl] : „Also die Aseitaet schließt in sich Anfangslos[i]gk[ei]t, denn v[on] wem sollte d[a]s g[ö]ttl[iche] Wesen anfangen? V[on] etwas Andern? Dann wäre d[ie]s[e]s Andere d[a]s höhere, das eig[e]ntl[ich] Göttliche; v[on] [„d[u]rch“ über der Zeile] sich selber? Dann müßte es schon von sich selber sich [wohl gemeint: „seyn“], denn v[on] Nichts kann kein Anf[a]ng ausgehen. - [In die Zeile im Nachhinein eingefügt: „Und zwar eine voll[en]d[e]t[e] - ohn[e] E[n]twickl[un]g -“]“. 2032 „seines Wesens“ über der Zeile. 2033 In der Zeile folgendes „einfacher“ gestrichen; „besteht in der“ über der Zeile. 2034 „seines Wesens“ unter der Zeile. Daneben, ebenfalls unter der Zeile: „Actus purus.“ Randbemerkung [85vl] : „Geist[i]g[e] Natur - [n]i[c]ht Abstracti[on].“ 2035 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 32“ am oberen Seitenrand [86rr] ; „32“ bezeichnet den Bogen. 2036 Einfügung am Seitenrand [86rr] : „Actus purus [.] Baader’s Natur in G[o]tt [.] Wer d[a]g[e]g[en] annimmt, d[a]ß d[er] Geist existire, dem ist auch klar, d[a]ß er existiren könne [,] au[c]h ohne Materie als Substrat - (wie d[ie] Materie existirt ohne Substrat [,] wie man b[e]h[au]pt[e]t.) D.h. Gott ist wesentl[ich] Geist, Kraft [.] - Aber kann Gott - als G[ei]st, Kraft existir[en] ohne Substrat, ohne Materie, Welt - nie. Kann die Materie existir[en] ohne Substrat, könnte man entgeg[en] fragen - es ist auch unerklärbar [.] - Ja sie ist eben [.] - Gut! - auch Gott ist -“. 2037 Über der Zeile: „Weil G[o]tt einfach - actus purus“. 2038 „dem“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „G[o]tt[e]s“. 2039 „Unzeitlichk[ei]t“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Zeitlosigkeit“. 2040 „v[on]“ über der Zeile soll wohl das nicht gestrichene „aus“ in der Zeile ersetzen. 2041 Über der Zeile: „u[nd] Ausgedeh[n]tes [,] Mat[er]i[e]lles“. 2042 Randbemerkung [86rr] : „P[a]nth[ei]sm[us]“. Darunter [86rr] : „D[er] P[a]nth[ei]sm[us] geht bei s[einer] B[e]h[au]pt[u]ng gleich v[on] d[er] B[e]h[au]pt[un]g [„B[e]h[au]pt[un]g“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Gewißheit“] aus, d[a]ß d[er] Geist als solcher nicht existire. Beweisen kann er das nicht -“. 2043 „Räuml[i]chk[ei]t u[nd] Zeitl[i]chk[ei]t“ über der Zeile soll wohl das nicht gestrichene „dieß“ in der Zeile ersetzen. 2044 „ein“ über der Zeile. <?page no="254"?> 244 der, da ist Beschränk[u]ng u[nd] Begränzung u[nd] (innere Gliederung), u[nd] wo Zeit, da ist ein Nacheinander, da ist Verlauf, Veränderung, Wechsel, Entwicklu[n]g. Gleichwohl aber dienen uns die 2045 Vorstellung[en] v[on] unermeßlichem [,] unendlich[em] 2046 Raum u[nd] unermeßlicher, endloser Zeit, um Gott etwas Analoges zuzuschreiben. - Im Irdischen näml[ich] verbindet sich mit der Vorstell[u]ng v[on] unendl[ichem] Raum u[nd] unendl[icher] Dauer der Begriff des Vollkommenen, des Erhabenen, Großartigen, Dauerhaften 2047 u[nd] Gediegenen 2048 ; diese Vollkommenh[ei]t wollen wir nun Gottes Seyn u[nd] Wesen auch zuschreiben, 2049 u[nd] dabei gleichwohl das Endliche, Beschränkende [,] das ihr anklebt, entfernt halten. - D[a]h[er] sagen wir [: ] Gott ist unermeßlich, erhaben üb[er] allen Raum u[nd] er ist ewig, erhaben, üb[er] alle Zeit. 2050 Unermeßlichkeit will ausdrücken Größe ohne Raum; Ewigkeit will bezeichnen Seyn [,] Bestehen ohne Dauer, ohne Zeit. 2051 Aber wie ist das mögli[c]h? - 2052 So ist zwar die Vollkommenh[ei]t des 2053 unendl[ichen] Raumes u[nd] Zeit Gott zugeschrieben, üb[er] d[ie]se aber sein Seyn noch hinaufpotenzirt, so daß d[ie] geschöpfl[iche] 2054 Unvollkommenh[ei]t d[e]s Raumes u[nd] der Zeit ihm doch nicht zukommt. Im Verhältniß zum Raume u[nd] der Zeit gedacht [,] gestalten sich d[ie]se Eigenschaften zur Allgegenw[a]rt G[o]tt[e]s; 2055 Seyn G[o]tt[e]s in jedem Raum u[nd] in jeder Zeit. D[ie]s[e]s Verhältniß G[o]tt[e]s zur Welt, d[ie]se Allgegenwart in Z[ei]t u[nd] Raum 2056 ist nun freil[ich] schon etwas Unbegreifl[iches,] jedoch d[u]rchaus ein Postulat uns[eres] 2045 „die“ ersetzt durch Streichung „diese“. 2046 „unendlich[em]“ über der Zeile. 2047 „Dauerhaften“ ersetzt durch Streichung „Dauerhafteren“. 2048 Einfügung am Seitenrand [86rr] : „Das Große imponirt mehr als d[a]s Kleine - das lange Dauernde mehr als das schnell Verschwindende.“ 2049 „ohne“ in der Zeile gestrichen. 2050 Randbemerkung [86rr] : „Unendlich nicht im schlecht[en], extensiv[en] Sinn - sond[ern] im intensiven Sinn - wobei die Unendl[i]chk[ei]t nicht erzielt wird d[u]rch une[n]dl[iche] Wied[e]rhol[u]ng d[e]s Endlich[en,] also durch st... (? ) Verendlichung -“. [„Unendlichk[ei]t (intensiv)“ unter der Zeile.] 2051 Einfügung am Seitenrand [86rr] : „Eine Ahnung des ew[i]g[e]n Seyns [„ohne Zeitdauer“ über der Zeile] geben uns z.B. d[ie] Stunden od[er] Augenblicke des Lebens, wo wir uns gerade ungestörten Glückes, d[er] Glücksel[i]gk[ei]t erfreuen; in solch[en] St[u]nd[e]n merken wir den Gang der Zeit, die Dauer nicht, u[nd] gleichwohl hat gerade d[ie]se Zeit den größten Inhalt, die größte Bedeut[u]ng für uns [„die Intensitaet überwindet die Extensitaet“ über der Zeile]; u[nd] d[ie]se ist ein Bild des ew[i]g[e]n Seyns. Dem Geschöpflich[en] kann ew[i]g[e]s Seyn [„Ew[i]gk[ei]t“ über der Zeile] nicht z[u] Theil werd[en], sond[ern] nur endlose Dauer (weil ein Anf[a]ng vorhand[en]) [,] je größer aber die Seel[i]gk[ei]t d[ie]s[e]r endlose[n] Dauer, desto mehr gleicht sie der Ew[i]gk[ei]t [,] d.i. dem Verschwinden der Zeit, (der Dauer Vermählung der Seeligk[ei]t mit der Z[ei]t nähert sich der Ew[i]gk[ei]t; - Verbind[un]g der Unseel[i]gk[ei]t mit der Zeit verdichtet d[ie]se u[nd] dehnt sie zur rohen Dauer; macht die Zeit gleichsam noch zeitlicher u[nd] auch dauernder [,] d[a]h[er] ew[i]ge Verdammniß - ... (? ) ein entsetzl[iches] M... (? ) d[e]r Zeit“. 2052 „Aber wie ist das mögli[c]h? -” im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 2053 „des“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „v.“. 2054 „geschöpfl[iche]“ über der Zeile. 2055 „Erhabenh[ei]t[en] über Raum u[nd] Zeit“ über der Zeile. 2056 „in Z[ei]t u[nd] Raum“ über der Zeile. <?page no="255"?> 245 denkenden G[ei]st[e]s, weil nur in d[ie]s[em] Falle Gott absolut, unbeschränkt [,] vollkommen ist. - 2057 Analogieen, schwache Aehnlichk[ei]t[e]n können wir übrig[e]ns v[on] d[ie]s[e]r Allgegenwart G[o]tt[e]s schon bilden [86rl/ 86vr] im Geschöpflichen. 2058 So vermag z.B. uns[er] Geist sich in einem Augenblick in das fernste Land zu versetzen u[nd,] wenn wir dort schon uns einmal befanden, so kann er sich im Augenblick ein Bild davon 2059 entwerfen; ja er kann sich sogar an mehrere, an die entferntesten Orte zugleich versetzen; 2060 u[nd] es scheint, daß nur der Körper das Hinderniß ist, daß nicht der menschl[iche] 2061 Geist mit noch größerer als Telegraphen-Schnelligk[ei]t sich nach Asien od[er] Amerika versetze. - Wir schweifen geist[i]g durch unermeßene Himmelsräume u[nd] spüren einen Drang in uns, unserer (sic! ) 2062 inneres Wesen gleichsam in’s Unendliche auszudehn[en,] d.i. uns zu verallgegenwärtigen u[nd] in der Wissenschaft geschieht etwas Aehnliches in der That, indem der Geist durch das Erkennen des Daseyenden sich dasselbe vergegenwärtigt, in seinen Geist aufnimmt als geist[i]g[e] Reproduction u[nd] in so fern d[ie]s[e]s Erkannte geist[i]g durchdringt [,] demselben gegenwärtig ist. 2063 - Würden wir das ganze Universum genau kennen u[nd] erkenn[en,] so wäre dasselbe als geist[i]g[e]r Kosmos in uns gegenwärtig u[nd] so wären wir ihm wieder gegenwärtig u[nd] noch zudem über ihm durch uns[er] Selbst erhaben. Aehnl[ich] ist es mit G[o]tt[e]s Allgegegenwart (sic! ) 2064 . - Ueberdieß gibt es manche Erscheinungen des Seelenlebens, denen zufolge des M[e]ns[c]h[e]n Geist eine gewisse Erhabenh[ei]t, eine gewisse Herrsch[a]ft üb[er] Raum u[nd] Zeit ausübt, für ihn diese Dimensionen viel mehr verschwinden als dieß im gewöhnl[ichen] Leben der Fall ist; ich meine die Erscheinungen des Seelenlebens, die der Magnetismus u[nd] was mit ihm zusammenhängt aufzuweisen hat. Das ist üb[ri]g[e]ns noch 2065 ein so unsicheres Gebiet, daß sich darauf nichts wiss[e]ns[c]h[a]ftl[ich] Bestimmtes bauen läßt. - Was nun aber die Beschaffenh[ei]t d[ie]s[e]r Allgegengenwart (sic! ) 2066 betrifft, 2067 so ist sie nicht etwa eine blos potentielle, virtuelle, sond[ern] eine essentiale, reale, nicht blos 2057 „Schon der Aether [„Gravitation“ über der Zeile] der Physik bietet Analogie [.] - Ebenso der Raum in s[einer] Unmeßl[i]chk[ei]t -“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 2058 Randbemerkung [86vl] : „Ein andres Analogon der Ew[i]gk[ei]t ist die Gegenwart, d.i. [„eig[e]ntl[ich]“ über der Zeile] das Bewußtseyn des Seyns, das Bewußts[eyn] des Selbst, das innere, mitten im sonst[i]g[en] Wechsel u[nd] Verlauf dasselbe bleibt; besteht u[nd] [„doch“ in der Zeile gestrichen] im innersten Wesen als dasselbe beharrt im zeitl[ichen] Verlauf; das Selbstbewußtseyn ist die eig[e]ntl[iche] [„stete“ über der Zeile] Geg[e]nwart des Menschen u[nd] Bild der Ewigk[ei]t.“ 2059 „zu“ in der Zeile gestrichen. 2060 Randbemerkung [86vl] : „Analogie“. Darunter [86vl] : „Allgeg[en]wart G[o]tt[e]s“. 2061 „menschl[iche]“ über der Zeile. 2062 Eigentlich wohl: „unser“. 2063 Einfügung am Seitenrand [86vl] : „bei Naturwiß[e]nsch[a]ft, Geschichte etc.“ 2064 Gemeint: „Allgegenwart“. 2065 „noch“ über der Zeile. 2066 Gemeint: „Allgegenwart“. 2067 Randbemerkung [86vl] : „Beschaff[e]nh[ei]t der Allgeg[en]wart G[o]tt[e]s - nicht potentiell [,] sond[ern] actuell“. <?page no="256"?> 246 eine der Kraft [,] [86vr/ 87rl] sond[ern] eine dem Wesen nach; denn in Gott dürfen wir, was sein Wesen betrifft 2068 [,] keine bloße Fähigk[ei]t, keine bloße Potenz annehmen, die erst werden müßte od[er] könnte, sond[ern] durchgängig Realität; er braucht also seine Gegenwart nicht erst an ein[em] bestimmten Ort zu 2069 bestimmter Zeit zu realisiren, während er etwa zuvor nur potentiell da war, nur die Fähigk[ei]t hatte [,] da zu seyn; denn d[ie]s[e]s hätte bei Gott gar keinen Sinn, da für sein Wesen 2070 Raum u[nd] Zeit wie 2071 nicht existir[en]d zu betrachten sind u[nd] er d[ie]s[e]r dem Einen Orte od[er] dem Einen Himmelskörper im unermeßlichen Weltraum nicht näher od[er] ferner ist, als dem andern. Anders verhält es sich freil[ich] mit seiner Allgegenwart in Bezug auf seinen Willen 2072 u[nd] sein Wirken, denn anders will u[nd] wirkt 2073 er im Guten, anders im Bösen; anders ist er gegenwärt[i]g der bewußtlosen Natur, anders wieder dem freien, persönl[ichen] Wesen. - 2074 2068 Über der Zeile: „(nicht aber Wirken)“. 2069 „einer“ über der Zeile. 2070 „sein Wesen“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „ihr“. 2071 „wie“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „als“. 2072 „Allmacht“ über der Zeile. 2073 „u[nd] wirkt“ über der Zeile eingefügt. 2074 Einfügung am Seitenrand [87rr] : „Die Allgegenwart G[o]tt[e]s ist ein Postulat uns[erer] Vernunft [über und unter der Zeile: „d.h. die G[o]tt[e]sidee enthält sie als ... (? ) Moment“] [; ] denn ohne Allgeg[enwart] wäre G[o]tt beschränkt, begränzt u[nd] d[a]d[urc]h verendlicht. Das ist aber nicht so zu verstehen [,] als wäre Gott die Seele der Welt, als ginge er in der Welt, als sein[em] Leibe auf u[nd] wohnte in ihr allenth[a]lb[en] wie die menschl[iche] Seele im Leibe; als bedürfte G[o]tt der Welt als seines Wohnsitzes, als könnte er ohne dieselbe nicht seyn; er ist in der Welt u[nd] auch außer ihr u[nd] ohne sie. D[er] Panth[eismus] fordert auch d[ie] Allgeg[enwart] G[o]tt[e]s u[nd] schließt daraus, daß G[o]tt mit d[er] Welt identis[c]h seyn müßte; denn - s[a]gt er - [„- s[a]gt er -“ über der Zeile] wäre die Welt v[on] ihm verschieden, so könnte er nicht allgegenwärt[i]g, nicht absolut, nicht unendl[ich] seyn; denn wo die Welt, das Andere [,] das Verschiedene v[on] ihm wäre, da könnte Er nicht sey[n,] sonst wäre sie nicht verschieden, nicht ein Anderes; hier also wäre eine Gränze. Gott mit s[einer] G[e]g[e]nwart hörte [„da“ über der Zeile] auf, wo die Welt begänne, das kann eben nicht seyn, weil G[o]tt d[a]d[u]rch [„begränzt“ über der Zeile] endlich würde, also muß d[ie] Welt z[um] Wesen G[o]tt[e]s gehören, damit d[ie]s[e]s d[u]rch d[as]s[e]lbe nicht eine Gränze erhalte. [Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „G[o]tt u[nd] Welt w[e]rd[en] s[c]h[on] als (? ) gl[e]i[c]h wes[en]tl[ich] vorausgesetzt“.] Allein [,] hier ist die Allgeg[enwart] G[o]tt[e]s als materielle aufgefaßt u[nd] der wesentl[iche] Unt[e]rsch[ie]d zw[i]sch[en] dem Geschöpfl[ichen] Daseyn u[nd] dem göttl[ichen] verkannt, indem sie als coordinirte Größen mathemat[i]s[c]h od[er] physis[c]h betrachtet werden [über der Zeile: „u[nd] [m]it physikal[i]s[c]h[em] Maaße gemeß[en] werd[en]“]. - Auch ist hier einseit[i]g Eine Eig[e]nsch[a]ft nur hervorgehoben, ohne Rücksicht auf die andern, namentl[ich] auf s[eine] Freih[ei]t u[nd] Güte, die d[u]rch freiwillige Beschränk[un]g das Daseyn der Welt bedingt u[nd] möglich macht. V[on] einer wesentl[ichen] Beschränk[un]g od[er] Begränzung G[o]tt[e]s aber kann gar keine Rede seyn, so wenig den menschl[ichen] Geist in s[einem] immanenten Wesen irg[e]nd ein Gedanke eines zufälligen Dinges bes[c]hränkt, so wenig das Daseyn der Welt Gott in s[einem] immanenten Wesen beschränken, der menschl[iche] - zufällige, freiwill[i]ge - Gedanke wohnt im menschl[ichen] Geiste, hat als Gedanke Wirkl[i]chk[ei]t, Realität, Daseyn [„er ist nicht Nichts“ über der Zeile], wer wollte aber sagen [,] d[ie]s[e]r Ged[a]nke sei eine Bes[c]hränk[un]g des menschl[ichen] G[ei]st[e]s; od[er] wer wollte sagen [,] der menschl[iche] Geist sei d[ie]s[e]r Gedanke selbst, er sei sein Wesen [,] ohne das er nicht existiren könne? Der G[ei]st existirte mit s[einem] unverändert[en] immanent[e]n Wesen vor d[ie]s[e]m Gedanken, u[nd] er kann ihn wieder fahren laßen, vergeßen, ohne d[a]ß s[ein] Wesen eine Veränd[e]r[u]ng erführe; nur die Kraft [,] Gedanken zu denken [,] ist dem G[ei]ste wesentl[ich] u[nd] kann ihm ohne Wesensveränd[e]r[u]ng nicht genommen werden; der Ged[a]nke selbst kann im G[ei]ste existir[en,] ohne zu sein[em] Wesen zu gehören u[nd] ohne ihn in s[einem] Wesen zu bes[c]hränken u[nd] kann wieder aufhören. [Über der Zeile: „d[ie]s[e]m G[e]d[a]nk[en] ist <?page no="257"?> 247 B) Eigenschaftl[iche] Betrachtung des Erkennens G[o]tt[e]s. 2075 I) 2076 Aus dem Bisherigen schon geht hervor, daß [,] da dem göttl[ichen] Wesen Räumlichk[ei]t seiner Idee gemäß abgesprochen werden muß, die Bezeichnung seines Wesens als eines geist[i]gen für paßender angenommen werden muß. - Allgemein stimmt man ja überein, daß 2077 im Geschöpflichen das Geistige höheren Ranges u[nd] vollkommener sei als das Materielle; u[nd] so haben wir jedenfalls ein Recht, geist[i]ge Vollkommenh[ei]t[e]n, Eigenschaften u[nd] Functio[nen] 2078 unsres Geistes auf Gott zu übertragen, uns sein Wesen durch sie zu verdeutlichen u[nd] vorstellbar zu machen, sie aber v[on] der mens[c]hl[ichen] 2079 Endl[i]chk[ei]t zur Absolutheit zu potenziren. - Darum schreiben wir Gott, als einem leb[e]nd[i]g[en] 2080 Geiste Erkennen u[nd] Wollen zu. II [)] Die allgemeinste Bestimmung der göttl[ichen] Erkenntniß ist die, daß sie der Idee v[on] G[o]tt als dem absolut vollkommenen Wesen 2081 gemäß [87rl/ 87vr] vollkommen seyn, also Allwissenheit seyn müsse, denn wüßte G[o]tt Etwas nicht, so wäre seine Erk[e]n[n]tn[i]ß nicht vollkommen [,] sond[ern] beschränkt, mangelhaft, was der G[o]tt[e]sidee, der Absoluth[ei]t G[o]tt[e]s widerspricht. 2082 Was nun die nähere Bestimmung d[ie]s[e]r göttl[ichen] Erkenntn[i]ß od[er] Allwiss[e]nh[ei]t betrifft, so müßen wir sie vor Allem unterscheiden nach ihrem G[e]g[e]nst[a]nd od[er] Object. 2083 Sie bezieht sich näml[ich] 1) auf Gott selbst, sie ist göttl[iches] Selbstbewußtseyn, Erkennen, Wissen seines eignen Seyns u[nd] Wesens; immanente Erkenntn[i]ß G[o]tt[e]s, von der später die Rede seyn soll; d[er] G[ei]st allgegenwärt[i]g - ohne in ihm aufzugehen“.] - So auch verhält es sich mit d[er] Welt u[nd] dem göttl[ichen] Wesen; - eig[e]ntl[ich] nicht G[o]tt ist in der Welt [„um in ihr aufzugeh[en]“ über der Zeile], sond[ern] d[ie] Welt in Gott - wie d[er] Gedanke im M[e]nsch[e]ng[ei]ste.“ [Unter der Zeile [87rl/ 87rr] : „Ueb[e]rgr[e]if[en]de Persö[n]li[c]hk[ei]t. Ein Gott [,] d[e]r zur Voll[en]d[un]g, Absol[u]th[ei]t s[e]i[ne]s Wes[en]s d[a]s E[n]dl[iche] bra[uc]ht [,] ist nicht Pan-Entheism[us]. Das Wahre ni[c]ht neu - d[a]s Neue nicht wahr“]. Daneben in der Mitte der Seite [87rr] senkrecht: „Schon der Aether wird als alldurchdri[n]g[en]d angenomm[en.] - Dag[e]g[en] Irrthu[m] a) d[a]ß d[a]s Absolute b[e]s[c]hrä[n]kbar sey d[u]rch d[a]s Relative“. 2075 Über der Zeile: „Das göttl[iche] Erk[ennen]“. 2076 Über der Zeile: „Ob wir [über der Zeile: „d[en] Abs[o]l[u]t[en]“] (G[o]tt) Erk[ennen] zusch[re]ib[en] müß[en] - ? - Gewiß. Da Erk[ennen] ei[ne] Vollk[ommen]h[ei]t ist -“. 2077 In der Zeile folgendes „schon“ gestrichen. 2078 „u[nd] Functio[nen]“ über der Zeile. 2079 „mens[c]hl[ichen]“ über der Zeile. 2080 „leb[e]nd[i]g[en]“ über der Zeile. 2081 Ursprüngliches „Wesens“ durch Streichung zu „Wesen“ korrigiert. 2082 Randbemerkung [87vl] : „NB [: ] Weil [m]it G[o]tt könnte [„könnte“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „werde“] d[urc]h d[ie] W[e]lt bes[c]hrä[n]kt werd[en,] w[e]nn sie [n]i[c]ht zu sei[nem] W[e]s[en] gehört - der d[en]kt si[c]h Gott sch[on] [n]i[c]ht [me]hr ri[c]htig [,] w[e]il er [„er“ über der Zeile] ihn b[e]s[c]h[r]ä[n]k[un]gsf[ä]h[i]g d[en]kt -“. 2083 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „Denn Erk[enn]t[n]iß üb[er]h[au]pt setzt Selbstb[e]w[u]ßts[eyn] voraus -“. Randbemerkung [87vl] : „Object“. <?page no="258"?> 248 2) bezieht sich das g[ö]ttl[iche] Erkennen auf die Welt, auf das v[on] seinem Selbst Verschiedene, auf das Geschöpfliche. 2084 Daß G[o]tt die Welt, das Geschöpfliche, sein Werk nach sein[em] ganzen Umfang erkenne, ist ohnehin klar u[nd] bedarf keiner weitern Erört[e]r[u]ng. Nur um die Art u[nd] Weise d[ie]s[e]r Erk[e]n[n]tn[i]ß handelt es sich. Das Erkennen G[o]tt[e]s in B[e]z[u]g auf die Welt ist 1) unmittelbar 2085 2) wahr (d.i. der Natur des Endlichen gemäß) so wie es ist - u[nd] zugleich wie es seyn soll) 2086 [.] 1) G[o]tt[e]s Erkennen der Welt ist unmittelbar, das will sagen, es 2087 ist kein Erkennen 2088 durch Schlüße [,] Folgerungen, Ableit[u]ng[e]n etc. [,] kurz kein discursives Erkennen, wie das menschl[iche]. Es kommt weder auf analytisch[em] noch auf synthetis[c]h[em] Wege zu Stande [,] d.i. G[o]tt g[e]ht 2089 weder v[on] den Erscheinungen u[nd] Wirk[u]ng[e]n aus [,] um daraus die Ursachen u[nd] wirkenden Kräfte kennen zu lernen [,] d.h. er geht nicht v[om] Besondern aus [,] um das Allgemeine daraus zu erforschen; - noch geht er vom Allgemeinern, v[on] der Ursache aus [,] um daraus das Besondere, die Wirkungen abzuleiten, wie dieß beides bei der menschl[ichen] Erken[n]tniß der Fall ist. - Sein Erkennen muß unmittelb[are] Intuition seyn v[on] Allem zugleich, v[on] den Ursachen, wie v[on] d[en] Wirkungen u[nd] Folgen. 2) G[o]tt[e]s Erkennen v[on] d[er] Welt ist auch wahr, wahrh[a]ft [,] d.i. er erkennt die Welt so, wie sie wirklich [87vr/ 88rl] II [.] Th[ei]l 2090 §: 17 F[o]rts[e]tz[u]ng ist, als räumliche u[nd] zeitliche, u[nd] das Wirken in ihr als th[ei]ls 2091 nothw[e]nd[i]g[e]s [,] th[ei]ls freies - als Gutes u[nd] Böses [.] - 2092 Also a) 2093 vor der unmittelb[aren] g[ö]ttl[ichen] Intuition verschwindet das Auseinander im Raume nicht, denn das wäre eine unwahre, der Wirklichk[ei]t unangemessene Erkenntniß, da gerade das Eigenthüml[iche], Charakteristische der Welt dabei übersehen wäre, die Räumlichk[ei]t nämlich. 2084 Randbemerkung [87vl] : „Art u[nd] W[e]s[en]“. 2085 Randbemerkung [87vl] : „Das absolute E[r]k[ennen] geg[en]über d[em] Relativ[en] S[e]y[n] u[nd] Gescheh[en] ist unmitt[e]lb[ar]“. 2086 Randbemerkung [87vl] : „3) unbeschränkt“. 2087 „sind“ in der Zeile gestrichen. 2088 Über der Zeile: „dur[c]h Vermittl[un]g“. 2089 „G[o]tt g[e]ht“ über der Zeile. 2090 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 33.“ am oberen Seitenrand [88rr] ; „33“ bezeichnet den Bogen. 2091 „th[ei]ls“ über der Zeile. 2092 „- als Gutes u[nd] Böses -“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [88rr] : „Er erkennt nicht blos die moral[i]s[c]h[en] Unt[er]schi[e]de [,] sond[ern] auch die physisch[en]. Wo ma[n] vor lauter Id[een]erk[enn]t[n]iß die letzt[e]re in Abrede st[e]llt, da wird si[c]h auch die erst[e]re bald verlir[en] (Joh[annes] Scot[us] Eriug[ena])“. 2093 „a)“ über der Zeile. <?page no="259"?> 249 b) 2094 Ebenso verschwindet vor d[er] g[ö]ttl[ichen] Intuition die Zeit nicht [,] d.i. das Nacheinander der Welt [,] obwohl er jedem Zeitmomente der ganzen geschöpflichen Dauer gleich gegenwärtig seyn kann u[nd] muß. Gott erkennt also das Frühere als d[ie]s[e]s Frühere, das Gegenwärt[i]ge als solches u[nd] das Zukünft[i]ge ebenso als noch 2095 Zukünft[i]g[e]s; denn gerade die richt[i]ge Erk[e]n[n]tn[i]ß d[ie]s[e]s Verlaufs gehört auch zur Wahrh[ei]t der Erk[e]n[n]tn[i]ß, es darf nicht das als Simultanes angesehen werden, was nacheinander folgt; die Zeit also so wenig als der Raum verschwindet für das göttl[iche] Erkenn[en,] sie ist vielmehr gerade auch ein Gegenstand des göttl[ichen] Erkennens. 2096 2097 G[o]tt erkennt [,] vermöge der Vollkommenh[ei]t seines Erkennens [,] auch das Wirken der Kräfte in der Welt so [,] wie es wirkl[ich] ist, das Nothw[e]nd[i]ge als solches u[nd] das freie als freies. Er erkennt dieß Alles nicht blos in der Idee [,] 2098 sond[ern] in der Wirkl[i]chk[ei]t, sonst könnte er nur das Vollkomm[ene,] nicht das Unvollkommene erkennen. So aber muß, wenn sein Erkennen ein vollkommenes [,] d.i. wahres, der Wirklichk[ei]t angemessenes seyn soll [,] das Unvollkommene ebenso 2099 als Unvollkomm[ene]s erkannt werden u[nd] das Böse als Böses. Man hat gefragt [,] ob denn Gott auch zukünft[i]ge freie H[a]ndl[u]ng[e]n der Menschen z.B. erkenne, 2100 da sich ja das Wollen als freies, jeden Augenblick dem Wechsel unterworfenes nicht bestimmen laße, da ein Causalzusammenh[a]ng hier gar nicht herzustellen sei, sond[ern] d[a]s freie Wollen etwas Schöpferisches, der 2101 Beginn einer ganz neuen Causal-Reihe sei. - Die Freiheit des Menschen ist [88rl/ 88vr] in der That ein so schöpferisches Vermögen, daß es in s[einem] Wirken über den gewöhnl[ichen] Causalzusamm[en]hang erhaben, nicht d[u]rch ihn gebunden ist, sond[ern] einen 2102 bestehenden aufheben u[nd] einen neuen beginn[en] kann (wie wir später sehen werden 2103 ). a [)] 2104 Allein d[ie]s[e]s schöpferische Vermögen des Menschen ist ja selbst v[on] Gott dem Menschen gegeben 2105 u[nd] so wird er es in seiner Natur u[nd] seinem Wirken auch 2094 „b)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 2095 „noch“ über der Zeile. 2096 Einfügung am Seitenrand [88rr] : „Die Zeit u[nd] Raum vers[c]hwind[en] zwar für d[a]s g[ö]ttl[iche] Erk[ennen,] aber nicht vor demselb[en.] - Sie si[n]d [n]i[c]ht [n]i[c]hts - w[enn] sie au[c]h wie [n]i[c]hts [,] d.h. [n]i[c]ht ... (? ) sey[n] k[önnen,] sind auch Object seines Erkennens. -“ 2097 „c“ am Seitenrand [88rr] . 2098 Einfügung am Seitenrand [88rr] : „d.h. wie es seyn soll, seine[m] Will[en] od[er] Pl[a]ne gemäß und nicht und nicht [„und nicht“ irrtümlich wiederholt] blos in sich - s[o]nd[ern] als Ges[c]höpf [; ] wie der Kü[n]stler s[e]i[n] W[e]rk [n]i[c]ht bl[o]s i[n] s[ic]h [,] s[on]d[ern] als Obj[ect] erk[enn]t“. 2099 In der Zeile folgendes „gut“ gestrichen. 2100 Randbemerkung [88rr] : „Wiß[en] G[o]tt[e]s um d[ie] zukünft[i]g[en] frei[en] H[a]ndl[un]g[en] der M[en]s[c]h[en]“. 2101 „der“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „am“. 2102 „einen“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „dem“. 2103 Einfügung am Seitenrand [88vl] : „c) [„c)“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „a)“] D[a]s Erk[ennen] G[o]tt[e]s ist ja intuitiv [,] ni[c]ht discursiv (schließ[en]d v[on] Ursache zu Wirk[un]g u[nd] umgekehrt - also die s[c]höpf[e]r[i]s[c]h[e] Freih[ei]t k[e]i[n] Hinder[n]iß der Erk[enn]t[n]iß - “. 2104 „a [)]“ über der Zeile. 2105 Über der Zeile: „ist relativ“. <?page no="260"?> 250 zu erkennen vermögen. - b) 2106 Wenn G[o]tt die ganze Zeit als sein Werk erkennt, so muß er auch den Inhalt d[ie]s[e]r Zeit, ohne den sie nicht seyn kann [,] erkenn[en]: d[ie]s[e]n Inhalt der Zeit bilden aber auch die frei[en] H[a]ndl[u]ng[e]n der Menschen. c) 2107 Aber können denn d[ie]se H[a]ndl[u]ng[e]n noch frei seyn, wenn sie G[o]tt schon zum Voraus weiß? 2108 Sie müssen ja dann erfolgen, weil u[nd] wie G[o]tt sie weiß, sonst würde 2109 seine Erkenntn[i]ß eine unricht[i]ge, unsichere seyn. 1) 2110 Wie die Freih[ei]t d[er] H[a]ndl[un]g[e]n 2111 mit dem göttl[ichen] Vorherwissen sich vereinigen läßt, davon wird die Rede seyn, wenn v[on] d[er] Freih[ei]t des M[e]nsch[en] gesproch[en] wird. - 2) 2112 Hier nur so viel, daß das Vorherwiss[en] G[o]tt[e]s keinen Zwang ausübt, d[ie]s[e]s Erkennen kein schöpferisches ist, folgt schon daraus, daß in d[ie]s[e]m Falle d[a]s Böse 2113 , schlechtes Wollen u[nd] Handeln als gegenwärt[i]g[e]s Wiß[en] Gott[e]s 2114 nicht möglich wäre, weil es der Idee v[on] G[o]tt durchaus widerspricht [,] ihn z[um] Urheber des Bösen zu machen, da d[ie]s[e]s geradezu d[ie] Idee v[on] G[o]tt aufheben würde. 3) 2115 Die H[a]ndl[u]ng[e]n aber können ohnerachtet des g[ö]ttl[ichen] Vorherwissens noch frei seyn, ebenso 2116 gut, als Gott ohnerachtet seiner g[ö]ttl[ichen] Allmacht u[nd] Wirks[a]mk[ei]t in d[er] Welt u[nd] s[eines] Weltplanes 2117 d[u]rch eine freie, innerhalb der Schöpf[un]g schöpferische Kraft hervorbringen konnte. 2118 2106 „b)“ über der Zeile. 2107 „c)“ über der Zeile. - Einfügung am Seitenrand [88vl] : „Ob d[ie]se H[a]ndl[un]g[en] auch frei s[e]yn k[önnen]“. 2108 „? “ ersetzt ursprüngliches „; “. 2109 „sey[ne]“ in der Zeile gestrichen. 2110 „1)“ über der Zeile. 2111 „d[er] H[a]ndl[un]g[e]n“ über der Zeile. 2112 „2)“ über der Zeile. - Einfügung am Seitenrand [88vl] : „ad 2) [„ad 2)“ über der Zeile] D[a]s göttl[iche] Erkenn[en] üb[er]h[au]pt u[nd] d[a]h[er] auch d[a]s Vorauserk[ennen] ist [n]i[c]ht zwing[en]d, [n]i[c]ht s[c]höpferisch - denn wie d[a]s Wiß[en] G[o]tt[e]s s[c]höpf[e]ris[c]h, zwingend [,] so könnte es entwed[er] Böses, S[c]hl[ec]htes gar [n]i[c]ht geb[en], weil es v[on] Gott [n]i[c]ht hervorgebr[ac]ht werd[en] könnte - od[er] G[o]tt [m]üßte gar [n]i[c]hts dav[on] wiß[en,] weil er es so[n]st au[c]h s[c]haff[en] [m]üßte, weil es so[n]st üb[er]h[au]pt sey[n] müßte. -“ 2113 Unleserliches Wort über der Zeile. Es ist nicht ganz sicher zu erkennen, ob „Falle d[a]s Böse“ gestrichen ist. 2114 „als gegenwärt[i]g[e]s Wiß[en] Gott[e]s“ über der Zeile. 2115 „3)“ über der Zeile. 2116 „eben“ über der Zeile. - In der Zeile folgendes „Gt“ gestrichen. 2117 „in d[er] Welt u[nd] s[eines] Weltplanes“ über der Zeile. 2118 Einfügung am Seitenrand [88vl] : „Außer dem göttl[ichen] Selbstbewußtseyn u[nd] seiner Allwissenheit in Bezug auf das Geschöpfliche [„Wirkliche“ über der Zeile] hat man noch v[on] ein[er] and[eren] Erkenntniß, v[on] ein[em] and[eren] Wiss[en] G[o]tt[e]s gesprochen, v[on] ein[er] scientia media, v[on] ein[em] Wissen des bedingt Wirklichen, des Möglichen. Man hat gesagt, ob G[o]tt auch das wisse [,] was geschehen würde od[er] wäre, wenn dieß u[nd] dieß geschehen würde od[er] wäre; ob er wisse [,] was z.B. ein Mensch thun würde [,] wenn d[ie]s[e]r Fall einträte, wenn er in diese Lage käme, wenn er so alt würde u.s.w. Das Gebiet solcher Möglichk[ei]t[e]n schon im Wirklichen, im Irdis[c]hen ist natürl[ich] unermeßlich; u[nd] wenn man einmal d[ie]s[e]n Pfad betreten hat, so kann man ja auf ihn (sic! ) [eigentlich: „ihm“] [88vl/ 89rr] auch noch weiter gehen u[nd] fragen [,] ob G[o]tt auch weiß [,] was in ein[er] Welt geschehen würde, die nicht ges[c]haffen ist, die er aber schaffen könnte, od[er] noch mehr: ob G[o]tt auch weiß [,] was in unendl[ich] viel[en] Welten, die er schaffen könnte [,] geschehen würde [,] u[nd] wieder im Einzelnen, was in d[ie]s[e]n unendl[ich] vielen möglichen Welten selbst wieder geschehen würde [,] wenn dieß wäre u[nd] dieß u.s.w. [; ] kurz wir kämen hier in ein Chaos v[on] lauter Möglichk[ei]t[e]n hinein - was mir eine völlig unnütze Phantasie zu seyn scheint. - Wir sagen <?page no="261"?> 251 Das göttl[iche] Erkennen u[nd] Wissen, 4) 2119 wird göttl[iche] Weisheit genannt, in so fern sich dasselbe in der Welt, im Wirken 2120 in der Natur u[nd] in d[er] Menschengeschichte bethätigt u[nd] kund gibt; Weisheit ist näml[ich] 2121 d[a]h[er] kein blos s[o] z[u] sag[en] theoretis[c]h[es] Wissen od[er] Erkennen, sond[ern] ein practisch sich bewährendes, das thätige Wiss[en; ] sie 2122 ist also schon bedingt durch [88vr/ 89rl] die Vereinig[u]ng des Erkennens mit dem Wollen u[nd] Handeln und kann 2123 d[a]h[e]r hier den Uebergang bilden zur C) Eigenschaftl[ichen] Betrachtung des g[ö]ttl[ichen] Willens. 2124 I [)] Vom Willen G[o]tt[e]s [,] in so fern er sich auf sein eignes Seyn u[nd] Wesen bezieht, insofern er also das Selbst-Wollen, die Selbstliebe ist, wird später die Rede seyn; - hier haben wir es zu thun mit dem Willen G[o]tt[e]s u[nd] seinen manichfachen Eigenschaften u[nd] Bethätigungen in Bezug auf die Schöpf[u]ng, auf die Welt. Wie sich der Unterschied des göttl[ichen] Erkennens vom g[ö]ttl[ichen] Seyn, 2125 bei aller wesentl[ichen] Einheit beider, schon darin zeigt, daß G[o]tt Vieles erkennt [,] was er nicht ist, die Welt näml[ich], das Nothwend[i]ge u[nd] Freie, das Gute u[nd] Böse in ihr; - so zeigt sich der Unterschied des g[ö]ttl[ichen] Wollens v[on] sein[em] Erkennen 2126 darin, daß er Vieles erkennt [,] was er nicht will, das Böse näml[ich], das Uebel [,] u[nd] daß Er Vieles will, von dem er erkennt [,] daß es nicht ist, nicht geschieht, das Gute näml[ich,] das unterlaßen wird. - 2127 Daß bei d[ie]s[e]m Unt[e]rsch[ie]d v[on] Erkennen u[nd] Wollen, indem er Manches erkennt [,] was er nicht will, u[nd] Vieles will [,] was seine Erk[e]n[n]tn[i]ß als nicht geschehend sieht, d[u]rch die Absoluth[ei]t u[nd] Vollkommenh[ei]t G[o]tt[e]s 2128 nicht beeinträchtigt wird, ist schon daraus klar, daß ja gerade die Möglichk[ei]t d[ie]s[e]s Verhältnisses [,] die kreatürl[iche] 2129 Freiheit näml[ich], sein hierüb[er] einfach: Gott weiß sich allmächtig u[nd] er kennt das Wesen der geschöpfl[ichen] Freih[ei]t; darin sind alle weitern Möglichk[ei]t[e]n enthalten.“ 2119 „4)“ über der Zeile. - Einfügung am Seitenrand [88vl] : „NB [: ] 4) [„4)“ über der Zeile] Gott w[e]iß d[ie] frei[en] That[en] voraus - ab[e]r als frei[e] - würd[en] sie [n]u[n] u[m] d[ie]s[e]s Vorauswiss[en]s [n]i[c]ht [me]hr fr[e]i s[e]y[n], so wüßte er sie ja [n]i[c]ht ri[c]htig voraus [.] - NB [: ] G[o]tt[e]s G[e]da[n]k[en] sind nicht That[e]n - wie man oft sag[en] hört -“. 2120 „im Wirken“ über der Zeile. 2121 „näml[ich]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „aber“. 2122 „entsteht“ in der Zeile gestrichen. 2123 „kann“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „bildet“. 2124 Unter der Zeile: „Auch Woll[en] müß[en] wir v[om] Absolut[en] aussag[en] - da es ei[ne] H[au]ptvollk[ommen]h[ei]t d[a]rst[ellt].“ 2125 Randbemerkung [89rr] : „Unt[e]rsch[ie]d v[on] S[e]y[n] u[nd] Erkenn[en]“. 2126 Randbemerkung [89rr] : „Untersch[ie]d v[on] Erkenn[en] u[nd] Woll[en]“; „abe“ in der Zeile gestrichen. 2127 Randbemerkung [89rr] : „NB [: ] Ob G[o]tt[e]s Gedank[e] = Thaten sey[e]n. Nein. Nicht einmal G[o]tt[e]s Will[en]s(acte) od[er] B[e]stimm[un]g[en] si[n]d That[en]. Denn er will d[a]s Gute - dennoch geschieht es ni[c]ht - u[m] der Fr[ei]h[ei]t will[en] -“. 2128 Randbemerkung [89rr] : „Absoluth[ei]t d[e]s Woll[en]s trotzdem a) weil er Urheber der Mögl[i]chk[ei]t d[e]s Nichtgewollt[en] ist b) weil s[e]i[n] Woll[en] Bef[rie]d[i]g[un]g in s[einer] Immanenz findet“. 2129 „kreatürl[iche]“ über der Zeile. <?page no="262"?> 252 Werk ist, v[on] ihm kommt, also als Act u[nd] Werk seines eig[nen] 2130 Will[en]s ihn nicht bes[c]hränken kann; - dann aber werd[en] wir später - bei d[er] Lehre v[om] g[ö]ttl[ichen] Leben noch sehen, wie des g[ö]ttl[ichen] Erkennens 2131 u[nd] Wollens; Vermög[e] 2132 ein absolutes Object 2133 zur absolut[en] Befried[i]g[un]g ders[e]lb[e]n 2134 in sich u[nd] an sich selber findet, also die Welt mit ihrer Unvollkommenh[ei]t dazu nicht bedarf. Hier sollen nur die Eigenschaften des g[ö]ttl[ichen] Willens erforscht werden. [89rl/ 89vr] II) Wir gehen bei d[ie]s[e]r Untersuchung wieder aus vom Endlichen, Geschöpflichen, u[nd] zwar hier 2135 speziell v[om] geschöpflichen Willen, um an ihm uns orientirend uns die Beschaffenh[ei]t, näml[ich] die Vollkommenh[ei]t des g[ö]ttl[ichen] Willens klar od[er] vorstellbar zu machen. 2136 Des geschöpfl[ichen] Willens innerstes eigentl[iches] Wesen ist die Freiheit, 2137 die innere Selbstbestimmung [,] das Vermögen [,] Acte zu setzen ohne vorhergehend[en], consequent[en], nothw[e]nd[i]g[en] Causalzusamm[en]hang, indem der Wille selbst die s[c]höpferis[c]he Causa ist. Ein Wille ohne d[ie]se Freih[ei]t ist nicht denkbar, denn wo Zwang ist - innerer näml[ich -] da ist kein Willensents[c]hluß. D[ie]s[e]r freie Wille aber ist im Irdis[c]h[en] schon um so vollkommener, je mächtiger, kräftiger er ist, je mehr er vermag u[nd] wirken kann [,] denn ohne dieß ist das Wollen leeres, ohnmächt[i]g[e]s Wünschen; 2138 je mächtiger also der Wille, desto vollkommener. - 2139 Daraus ergeben sich also als erste, nothwend[i]gst[e] Eigenschaften des g[ö]ttl[ichen] Willens, 2140 absolute Freiheit, u[nd] absolute Macht od[er] Allmacht; zusammen die absolut freie Kraft. Daß G[o]tt frei sei, 2141 frei seyn müße seinem Wesen, seiner Idee gemäß, ist sogleich klar, wäre er nicht frei, so wäre er abhängig v[on] irg[en]d etwas [,] u[nd] d[ie]s[e]s wäre dann größer, vollkommener als Er; er wäre bes[c]hränkt, bedingt. Da aber d[ie]se Freih[ei]t G[o]tt[e]s wesentl[ich] Eins ist mit sein[em] Seyn od[er] Wesen, so ist sie keine Willkühr [,] d.i. kein zufälliges, wechselndes Wollen, sond[ern] ein Wollen seinem Wesen u[nd] dem Verein aller seiner Eigenschaften gemäß. - Man hört häufig die Rede, in G[o]tt 2130 „eig[nen]“ über der Zeile. 2131 „Erkenn[en]“ über der Zeile. 2132 „Vermög[e]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „wenn d[a]ss[e]lbe“. 2133 „d[ie]s[e]s Erkennens u[nd] Wollen (sic! )“ in der Zeile gestrichen. 2134 „ders[e]lb[e]n“ über der Zeile. 2135 Unleserliches Wort über der Zeile; in der Zeile gestrichenes „k... (? )“. 2136 Randbemerkung [89vl] : „Zum wirkl[ichen] g[ö]ttl[ichen] Wollen ist wiederu[m] vor Allem Selbstwoll[en], Selbstb[e]st[immun]g, Selbstb[e]sitz, Freih[ei]t nothw[en]d[i]g [.] - Dann erst Woll[en] eines Andern -“. 2137 Randbemerkung [89vl] : „Vollkommenh[ei]t[en]“. Darunter [89vl] : „a) Freiheit d[es] Will[en]s“. 2138 Randbemerkung [89vl] : „b) Macht d[e]s Will[en]s Vollkommenheit“. 2139 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „(Und eb[en]so: ja beßer, d[a]s Gute will i[m] Ird[i]s[c]h[en])“; über der eingefügten Zeile: „I[m] Ges[c]höpfli[c]h[en] au[c]h [me]hr“. 2140 Randbemerkung [89vl] : „(c) Güte d[e]s Will[en]s? ) E[i]g[en]s[c]h[a]ft[en] d[e]s g[ö]ttl[ichen] Will[en]s -“. 2141 Randbemerkung [89vl] : „a) Fr[ei]h[ei]t“. <?page no="263"?> 253 sei Freih[ei]t u[nd] Nothw[e]nd[i]gk[ei]t Eins; 2142 d[ie]s[e]r Ausdruck Nothw[e]nd[i]gk[ei]t ist zum mindesten überflüßig; die Freih[ei]t u[nd] das vollkommene 2143 Wesen G[o]tt[e]s sind Eins, G[o]tt ist wesentl[ich] frei u[nd] ist freies Wesen; Nothw[e]nd[i]gk[ei]t im Sinne v[on] Zwang 2144 ist jedenf[a]lls unpaßend [,] 2145 als würde die Freih[ei]t v[om] Wesen G[o]tt[e]s 2146 bestimmt, gezwungen [89vr/ 90rl] [,] II [.] Th[ei]l 2147 §: 17 F[o]rts[e]tz[u]ng denn d[ie]s[e]s Wesen läßt sich nicht anders denken denn mit der Freih[ei]t, ohne Freih[ei]t wäre es nicht mehr Wesen G[o]tt[e]s; es würde also das freie Wesen G[o]tt[e]s die Freih[ei]t G[o]tt[e]s bestimmen; 2148 das Bestimmende u[nd] Bestimmte ist Eins; ist also nur ein Cirkel. Nothw[e]nd[i]gk[ei]t od[er] Zwang 2149 als Unvollkommenh[ei]t müss[en] wir bei Bestimmung des g[ö]ttl[ichen] Wesens ganz bei Seite laßen, da doch immer ein Nebenbegriff des Bedingtseyns, der Bes[c]hränk[u]ng damit verbund[en] ist, so als hielte G[o]tt gleichsam in sich selber seine Freih[ei]t im Zaum u[nd] in Bes[c]hränk[u]ng, deßen bedarf die g[ö]ttl[iche] Freih[ei]t nicht. 2150 Unter Allmacht od[er] wollender schöpferis[c]her Kraft versteht man jene Eigens[c]h[a]ft G[o]tt[e]s [,] vermöge welcher er seinem Wollen u[nd] Bes[c]hluß stets Ausführ[u]ng geben kann; doch ist auch d[ie]se Macht nicht zu betrachten wie eine blindwirkende stürmische Natur-Gewalt, sond[ern] sie ist wiederu[m] in Harmonie mit seinem Seyn u[nd] 2142 Randbemerkung [89vl] : „Identität v[on] Fr[ei]h[ei]t u[nd] Nothw[en]d[i]gk[ei]t“. 2143 „vollkommene“ über der Zeile. 2144 „Gesetz“ über der Zeile. 2145 Einfügung am Seitenrand [89vl] : „selbst wenn man das unter d[a]s g[ö]ttl[iche] Wesen selbst versteht“. 2146 „Nothw[e]nd[i]gk[ei]t“ über der Zeile. 2147 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 34“ am oberen Seitenrand [90rr] ; „34“ bezeichnet den Bogen. 2148 Randbemerkung [90rr] : „Tautologie“. 2149 Randbemerkung [90rr] : „NB [: ] Nothwend[i]gk[ei]t = Gesetz? wie b[e]i d[em] mens[c]hl[ichen] Will[en]? “ 2150 Einfügung am Seitenrand [90rr] : „Unter Nothw[e]nd[i]gk[ei]t verstehen wir 1) entweder Unveränderl[i]chk[ei]t [über der Zeile: „erzwu[n]ge[ne]s, unveränderl[iches] Beharr[en] d[e]s S[e]y[n]s“] in Folge v[on] Leblosigk[ei]t od[er] Erstarr[u]ng, so d[a]ß ein Ding in d[em]s[e]lb[en] Zust[a]nd verharren muß [über der Zeile: „wie d[er] Stein - d[ie]s[e]r kann nicht anders s[e]y[n]“] od[er] 2) Unveränderl[i]chk[ei]t, Unmöglichk[ei]t einer Aend[e]ru[n]g trotz innern Lebens [über der Zeile: „Beweg[un]g (Stein) od[er] Pflanze“], indem d[ie]s[e]s nach bestimmten, ihm anderswoher gegeb[ene]n, unveränderl[ichen] Gesetzen sich in bestimmter Weise entfalten u[nd] beweg[e]n muß [,] z.B. d[ie] Pflanze - [„Stei[n]wurf - Fall“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt] [.] Bei G[o]tt nehmen wir zwar auch Unveränderl[i]chk[ei]t an, aber nicht in Folge d[ie]s[e]r beiden angeführt[en] Gründe [,] sond[ern] in Folge seiner Vollkommenh[ei]t, die man nicht Nothw[e]nd[i]gk[ei]t nennen kann, weil ihr ganzes Wesen Selbstheit, daß ich so sage, - od[er] [„od[er]“ über der Zeile] Freih[ei]t ist. - Obwohl aber d[ie]se Freih[ei]t G[o]tt[e]s nicht gebunden ist d[u]rch Nothwend[i]gk[ei]t, so ist sie doch keineswegs s[c]hrankenlose Willkühr, sond[ern,] wie schon bemerkt, Eins mit seiner Vollkommenh[ei]t u[nd] in Harmonie mit den üb[ri]g[en] Eigens[c]h[a]ft[e]n der Erk[e]n[n]tn[i]ß der Weisheit etc.“ Weitere Einfügung am Seitenrand [90rr] : „Fr[e]ih[ei]t ist i[n] G[o]tt [,] i[n]sofer[n] sie Vollk[ommen]h[ei]t, Selbstst[än]d[i]gk[ei]t ist - ist [n]i[c]ht i[n] G[o]tt i[n] sofer[n] sie Willkühr ist [.] - Nothw[en]d[i]gk[ei]t ist i[n] G[o]tt i[n]sofern kei[n] Wille ... (? ) i[n] ih[m] ist - ist [n]i[c]ht [,] insofer[n] sie Zwa[n]g ... (? )“ In die Zeile des Haupttextes im Nachhinein eingefügt: „b) Macht d[e]s Will[en]s“. <?page no="264"?> 254 Erkennen. Daß G[o]tt allmächt[i]g ist [,] folgt aus s[einer] Vollkommenh[ei]t nothwendig, denn irg[e]nd eine Urmacht würde d[ie]se aufheben. In der Schöpfung zeigt sich die Macht G[o]tt[e]s, aber seine Allmacht ist in ihr nicht erschöpft, sonst müßte die Welt Gott selbst seyn, wenn seine ganze immanente, absolute Kraft in ihr realisirt wäre. 2151 Auch ist es der Allmacht nicht entgegen [,] daß Vieles in der Welt ist, was diese nicht wirkt [,] näml[ich] die freien Thaten des Menschen; denn die Macht zu d[ie]s[e]m freien Thun, der freie Wille des Menschen, ist ja auch das Werk der göttl[ichen] Macht, u[nd] zwar das größte, erhebendste Werk derselben; wovon später. Man kann auch nicht etwa sophistisch einwenden, daß es Vieles gebe, was G[o]tt nicht könne, nicht vermöge, 2152 z.B. die Unwahrheit sagen, das Böse wollen 2153 od[er] etwas Geschehenes ungeschehen machen od[er] eine böse That [,] die geschehen [,] in eine gute verwandeln u[nd] d[er]gl[eichen]. 2154 Denn das Alles ist kein Zeichen der [90rl/ 90vr] Macht u[nd] v[on] Gott undenkbar, da es seinem Will[en] u[nd] den Gesetzen [,] die Er dem Daseyn gegeben hat [,] widerspricht. 2155 - Daran schließen sich noch 2156 Will[en]s-Vollk[ommen]h[ei]t [,] bedi[n]gt du[rc]h Güte 2157 Weitere Eigensch[a]ft[e]n aus dem Verein v[on] s[einem] Wißen u[nd] Wollen (u[nd] Seyn) 2158 , näml[ich] a) Die Güte, Gerechtigk[ei]t, u[nd] Weisheit G[o]tt[e]s [,] in so fern wir uns Ihn wirkend in der Welt denken, 2151 In die Zeile im Nachhinein eingefügt: „d.h. nicht all s[eine] Macht ist in d[er] Welt erschöpft -“. 2152 „nicht vermöge,“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [90rr] : „Allmacht u[nd] Nichtkönnen G[o]tt[e]s“. 2153 Randbemerkung [90rr] : „Allmacht G[o]tt[e]s u[nd] Böses in d[er] Welt“. 2154 Randbemerkung [90rr] : „Das Böse ist ja eb[en] d[a]s [,] was Gott nicht will - u[nd] ist böse [,] weil er es nicht will - d[a]h[er] hat jene Rede gar kei[nen] Sinn mehr [Fortsetzung folgt [90rl] am unteren Seitenrand: ] [,] denn es hieße das: ‚kann das nicht, was er nicht will -’“. 2155 Einfügung am Seitenrand [90vl] : „Er kann das nicht, weil er es nicht will [,] d.h. weil es den Gesetzen der Vollkomm[en]h[ei]t zuwider ist - d.h. seine[m] Will[en.] - Geschehenes ungeschehen ma[c]h[en] will er nicht [,] fr[e]i[em] Raths[c]hluß gemäß [,] da er Zeit ers[c]haff[en] hat u[nd] erhält [.] - [„weil“ in der Zeile gestrichen] Es kann d[a]s nicht mehr ges[c]hehen, eben weil er d[a]s nicht mehr geschehen, eben weil er gewollt hat, d[a]ß es nicht mehr ges[c]heh[en] könne, d.h. weil er d[ie] Welt so ers[c]haff[en.] Man könnte zuletzt noch sagen: G[o]tt ist nicht allmächt[i]g, denn er kann w[en]igst[en]s etwas nicht: nä[m]l[ich] er kann nicht ohnmächt[i]g sey[n.] - Oder er ist [n]i[c]ht Gott, denn er kann nicht Ni[c]ht-G[o]tt sey[n] - [n]i[c]ht d[a]s Relative etc. Daß er d[ie]ß [n]i[c]ht kann [,] ist ja viel[me]hr eine Vollkomm[en]h[ei]t, [n]i[c]ht Unvollkomm[en]h[ei]t) [.] Od[er] Er kann nicht [,] daß d[a]s Dreieck vier Winkel habe [.] - Er ist da gebund[en] etc. - Abbild s[e]i[ne]s Wes[en]s) [.] Nicht jed[e]s Könn[en] (? ) ist Macht [,] nicht jed[e]s Nichtkö[nnen] Ohnmacht -“. Darunter [90vl] : „3) Vollk[ommen]h[ei]t d[e]s Woll[en]s - Güte u[nd] Gerecht[i]gk[ei]t Güte - kundgegebene Liebe.“ 2156 „(D)“ im Nachhinein gestrichen. 2157 Einfügung am Seitenrand [90vl] : „Gottes Wille ist sich selbst Gesetz - d[a]h[er] Natur - Güte“. 2158 In der Zeile gestrichen: „(Aus dem Vereine d[ie]s[e]r Eigensch[a]ft[e]n mit G[o]tt[e]s Wesen u[nd] Erkennen laßen sich noch andere ableiten)“. <?page no="265"?> 255 b) seine Seligkeit u[nd] Heiligkeit [,] in so fern wir uns Ihn an sich, in s[einem] immanenten Seyn u[nd] Leben denken. - ad a) Güte nennen wir jene innere Gesinnung [,] die den Menschen geneigt 2159 macht zum Wohlwollen und Wohlthun für Andere; d[ie]se Eigenschaft nun schreiben wir auch Gott im vollkommensten Maaße zu, indem wir sagen: seinem Wesen gemäß will Gott das Beste aller Menschen u[nd] das Verderben keines Einzigen u[nd] Er kann Nichts Gutes u[nd] Förderliches dem Menschen versagen, etwa neidis[c]h od[er] feindselig. 2160 - Gleichwohl hat gerade d[ie]se Eigenschaft 2161 das Eigenthümliche, daß sie zu ihrer Vollkommenh[ei]t [,] nam[en]tl[ich] in ihr[er] Wirkung in d[er] Welt, 2162 einer gewissen Beschränk[u]ng u[nd] Leitung bedarf, denn Güte ohne alle Beschränkung u[nd] maßvolles Urtheil könnte auch zur Schwäche werden. D[ie]se Einfügung u[nd] bes[c]hränkende Leitung s[o] z[u] s[a]g[en] erhält die Güte G[o]tt[e]s an der Gerechtigkeit [.] Gerechtigkeit bei einem Menschen nennen wir die innere u[nd] äußere 2163 Angemessenheit seines Seyns 2164 [,] Wollens u[nd] Handelns an die Gesetze seines Daseyns u[nd] Lebens; u[nd] 2165 das Sich-Richten nach d[ie]s[e]n ihm gesetzten Gesetz[e]n seines Seyns u[nd] Wirkens (das Seyn kann nie vernichtet werd[en] in s[einer] Gerecht[i]gk[ei]t, wohl aber das Wirken. 2166 ) Bei G[o]tt aber ist d[ie] Gerecht[i]gk[ei]t als immanent[e] Qualität seines Wesens nicht ein Richten nach [90vr/ 91rl] gegebenen Gesetzen od[er] Normen, selbst nicht nach solchen [,] die Er sich selber gibt, denn auch hier gilt wieder dieß, daß Gott nicht der Gerecht[i]gk[ei]t gemäß will od[er] handelt [,] sond[ern] die Gerecht[i]gk[ei]t selber ist, 2167 2159 „geneigt“ über der Zeile. 2160 Einfügung am Seitenrand [90vl] : „Als immanente Wesensbeschaffenheit [„hat k... (? )“ in der Zeile gestrichen] ist Gott die Güte selbst, hat sie nicht blos [,] u[nd] wenn wir sagen: Gott will nur [,] was gut ist [,] vermöge seiner Güte, so ist dieß fast [„fast (? )“ über der Zeile] unpassend, denn nicht weil etwas gut ist, will Gott es, sondern weil Er es will [,] ist es gut; weil die wesentl[iche] Güte G[o]tt[e]s jeden Willensact als gut qualificirt; indeß in s[einem] Verhalt[en] geg[en] M[en]s[c]h[en] kann man wohl jene Ausdru[c]ksw[ei]se beibehalt[en]. Aber hat dann also G[o]tt blos d[u]r[c]h s[e]i[nen] Will[en]sact festgestellt, was Gut sey, also willkührl[ich]? - Nein, denn was er festsetzt [,] ist [n]i[c]ht [me]hr willkührl[ich], s[on]d[ern] ew[i]g[e]s Gesetz [.] D[a]s Mutwillkührl[iche] paßt da gar [n]i[c]ht [.] Aber wenn er [n]u[n] gewollt, d[a]ß d[a]sj[enige], was u[n]s böse ersch[e]i[n]t, gut sey? Es würde u[n]s [n]i[c]ht [me]hr als böse erschei[nen] - Ermord[un]g als größte Wohlthat etc. Allein [,] es liegt i[n] d[er] Natur der Sache [,] d[a]ß d[a]s Leb[en] als gut ersch[e]i[n]t, [n]i[c]ht der Tod - weil Gott Schöpf[un]g u[nd] Leb[en] gewollt -“. 2161 In der Zeile folgendes „zu“ gestrichen. 2162 „nam[en]tl[ich] in ihr[er] Wirkung in d[er] Welt,“ über der Zeile. 2163 „u[nd] äußere“ über der Zeile. 2164 „Seyns“ ersetzt in der Zeile gestrichenes „Wo[llens]“. 2165 „u[nd]“ über der Zeile. 2166 „beid[e]s [nic]ht vers[c]hieden“ über der Zeile. 2167 Randbemerkung [91rr] : „G[o]tt ist die re[c]hte Ri[c]ht[un]g selbst, die Gerecht[i]gk[ei]t selbst.“ <?page no="266"?> 256 Alles also [,] was Er will u[nd] thut (nothwendig) 2168 auch gerecht ist. Er überlegt [n]i[c]ht erst [,] ob d[a]s [,] was er will [,] auch g[e]r[ec]ht sei. 2169 In Bezug auf die Welt [,] auf 2170 die Menschen [,] ist die g[ö]ttl[iche] Gerecht[i]gk[ei]t sein Urtheil über das Verhalt[en] des Menschen in Betreff der seinem Daseyn u[nd] Leben zur freien Realisir[u]ng vorgezeichneten Gesetze u[nd] das auf d[ie]s[e]s Urtheil sich stützende Richten G[o]tt[e]s über der Menschen Thun. 2171 - Gewisser Maßen beschränkt [,] aber in der That gerade vervollkom[m]net wird d[ie]se g[ö]ttl[iche] Gerecht[i]gk[ei]t d[u]rch seine Güte, sonst wäre sie Härte, Strenge; mit ihr vereint u[nd] in Harmonie 2172 aber wird sie zur Vollkommenh[ei]t vollendet. - V[on] der Weish[ei]t schon oben die Rede [.] - 2173 ad b [)] Aus dem Verein d[ie]s[e]r Eigenschaften gehen gehen 2174 noch besonders hervor die Heiligkeit u[nd] die Seeligk[ei]t G[o]tt[e]s. 2175 Heilig nennen wir im Geschöpflichen, bei den 2176 Menschen [,] denjenigen, der sein inneres Wesen, seine Seele mit allen ihren Kräften durch freies Wollen u[nd] Wirken so gottverähnlicht hat, daß kein Schatten des Bösen mehr in ihm 2177 vorhanden ist, u[nd] nicht bloß dieß, sond[ern] 2178 daß selbst ein äußerl[ich] gegebenes Gesetz seinem Willen nicht mehr als Richtschnur dient, (so daß deßen ... (? )) 2179 freies Wollen das g[ö]ttl[iche] 2180 Gesetz vollkommen in sich aufgenommen hat 2181 , zu lebend[i]g[e]r Einheit mit ihm geworden ist; denn wo das Gesetz noch als gebietendes der Seele vorschwebt u[nd] ihm Gehorsam geleistet, ihm gedient wird, da ist erst - wenn es nur aus Furcht u[nd] Zwang geschieht [,] Legalität 2182 - wenn es aus Schuldigk[ei]t [,] Furcht u[nd] Gehorsam geschieht - Moralität 2183 . 2168 „eo ipso“ über der Zeile. 2169 Einfügung am Seitenrand [91rr] : „Und d[a]s Gerechte erscheint u[n]s deßh[a]lb als gerecht, weil Gott es will - uns[er] Begriff v[on] Gerecht[i]gk[ei]t stammt nicht v[on] irg[en]d einer Nothw[en]d[i]gk[ei]t, sond[ern] v[on] d[em] fr[eien] Will[en] G[o]tt[e]s“. 2170 „auf“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „u[nd]“. 2171 Einfügung am Seitenrand [91rr] : „letztl[ich] E[n]tsch[ei]d[un]g üb[er] d[a]s Loos des M[e]nsch[en]“. 2172 „u[nd] in Harmonie“ über der Zeile. 2173 „V[on] der Weish[ei]t schon oben die Rede [.] -“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 2174 „gehen“ irrtümlich wiederholt. 2175 „(Exist[en]z = Form u[nd] Genuß der Absoluth[ei]t)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 2176 „den“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „dem“. 2177 „ihm“ ersetzt durch Streichung und Überschreibung ursprüngliches „ihre (? )“. 2178 „dieß ist aber dann d[e]r Fall [,] wenn“ über der Zeile sollte wohl in der Zeile im Nachhinein eingeklammertes „u[nd] nicht blos dieß, sond[ern]“ ersetzen, wurde dann aber selbst wieder gestrichen. 2179 „(so daß deßen ... (? ))“ über der Zeile; „sond[ern] sein“ in der Zeile gestrichen. „bei dem sein eig[ne]s Wesen u[nd] G[o]tt[e]s Will[e] od[er] Gesetz Eins geword[en] - dem G[o]tt[e]s Wille also zur andern Natur geword[en]“ ist am Seitenrand vermerkt und könnte als Ersatz von durch Streichung bzw. Einklammerung fehlendem Text gedacht sein. 2180 „g[ö]ttl[iche]“ über der Zeile. 2181 „hat“ über der Zeile. 2182 „Gesetzlichkeit“ über der Zeile. 2183 „Sittlichkeit“ über der Zeile. - Randbemerkung [91rr] : „noch nicht Heiligk[ei]t“. <?page no="267"?> 257 Daraus ergibt sich nun v[on] selbst, daß wir d[ie]se höchste geist[i]g[e] Vollkommenh[ei]t des geschöpflich[en] Wesens, im 2184 höchsten Grade v[on] 2185 Gott aussagen dürfen u[nd] müssen, da ja d[ie] geschöpfl[iche] Heiligk[ei]t gerade in der Aehnlichk[ei]t mit der göttl[ichen] besteht [.] [91rl/ 91vr] Die Heiligk[ei]t G[o]tt[e]s ist Nichts Andres als die vollkommenste Uebereinstimmung seines Wollens u[nd] Wesens; Gott ist d[a]h[er] die Heiligk[ei]t selbst, u[nd] was 2186 im Geschöpflichen d[ie]s[e]r ähnl[ich] ist, ein Abbild davon ist, das ist auch heilig. 2187 Endlich sagen wir vollkommene Seeligkeit als g[ö]ttl[iche] Eigenschaft aus. D[ie]se Seel[i]gk[ei]t ist nicht schon bestimmt, wenn man etwa sagt [,] sie bestehe in vollkommener Bedürfnißlos[i]gk[ei]t G[o]tt[e]s, in vollkommener, innerer Befriedigung, so daß ihm Nichts fehlt, Er nach Nichts Verlangen hat. Wir nennen seelig den, welcher sich des vollkommensten Genusses, der 2188 seinem Wesen 2189 harmonischen Güter 2190 freut, der Alles hat, was seinem Seyn, Erkennen u[nd] Wollen nothwendig [,] angemeßen, begehrenswerth ist, ohne Furcht d[ie]s[e]s Gutes verlustig zu werden; - wie sich v[on] selbst versteht bei Abwesenh[ei]t alles deßen [,] was mit seinem Wesen, Erk[e]nnen u[nd] Wollen in Disharmonie steht. Die Seeligkeit G[o]tt[e]s ist nun nicht Bedürfnißlosigk[ei]t [,] wie sie 2191 beim Unlebend[i]g[e]n der Fall ist [,] beim Stein z.B., sie ist auch nicht vollkommenste Befried[i]g[un]g aller Bedürfniße, denn solche Bedürfniße hat er seinem Wesen gemäß nicht; er wäre nicht G[o]tt [,] wenn er solche hätte, denn Niemand könnte sie befriedigen, - sond[ern] die Seel[i]gk[ei]t G[o]tt[e]s besteht nach der Idee u[nd] Vorstell[u]ng [,] die wir v[on] Gott haben, im vollkommensten Selbstbewußtseyn u[nd] Selbstbesitz seines 2184 „sein[en]“ in der Zeile gestrichen. 2185 „v[on]“ über der Zeile. 2186 „wer“ über der Zeile. 2187 Einfügung am Seitenrand [91vl] : „Ob die Existenz des Bösen - [„od[er] d[ie] Erh[a]lt[u]ng der Welt u[nd] d[e]s Bösen“ über der Zeile eingefügt] die Schöpf[u]ng der Möglichkeit des Bösen keinen Schatten wirft auf G[o]tt[e]s Heil[i]gk[ei]t? [„Ob d[a]du[rc]h s[ein] Will[e] - sein Wesen nicht verletzt habe“ über der Zeile; „Ob G[o]tt[e]s Wille indem er d[a]s Böse zuläßt od[er] die Macht z[um] Bösen ges[c]haff[en] - nicht mit s[e]i[nem] Wes[e]n in Widerspru[c]h gerath[en] u[nd] so die Heil[i]gk[ei]t gefährdet habe. -“ als eigene Randbemerkung [91vl] an dieser Stelle eingefügt.] - Die Existenz des Bösen ist möglich, ist bedingt d[u]rch die Existenz u[nd] Erhalt[u]ng der geschöpflichen Freiheit, wäre d[ie]se nicht, dann würde nach uns[erer] Auffaß[u]ng d[e]s Daseyns auch das Böse nicht seyn u[nd] würde sie aufgehoben, dann wäre auch das Böse beendigt. Es handelt sich also darum ledigl[ich,] [„a)“ über der Zeile] ob es die Heil[i]gk[ei]t G[o]tt[e]s nicht verletzt, daß er freie Wesen schuf, die als solche nothw[e]nd[i]g die Mögl[i]chk[ei]t des Bösen in sich haben; - diese Verletz[u]ng der Heil[i]gk[ei]t G[o]tt[e]s d[u]rch d[ie] Schöpf[u]ng der Freih[ei]t findet nicht statt, denn d[ie]se ist ja an sich Nichts Böses [,] vielmehr die edelste, vollkommenste Gabe des S[c]höpfers, das freie Wesen sein vollkommenstes Ebenbild unt[er] allen üb[ri]g[e]n Geschöpfen [„Geschöpfen“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „Geschöpflichen“], ihm mehr ähnl[ich] als Alles Andere. [Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „u[nd] [„b)“ über der Zeile] in ihr“; „Freih[ei]t“ über der Zeile] besteht die Mögl[i]chk[ei]t gerade der geschöpfl[ichen] Heil[i]gk[ei]t [.] - Also ist gerade d[a]dur[c]h die S[c]höpf[un]g d[e]r frei[en] Kr[a]ft s[einer] Heil[i]gk[ei]t ganz gemäß.]“ 2188 „der“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „des“. 2189 „Har[monie]“ in der Zeile gestrichen. 2190 „Güter“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „Gutes“. 2191 „sie“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „dieß“. <?page no="268"?> 258 unendl[ichen] Wesens 2192 u[nd] Seyns [,] das eben der 2193 harmonische Verein aller Vollkommenheiten ist, ohne alle innere Dißonanz u[nd] Veränderung; d[ie] g[ö]ttl[iche] Seel[i]gk[ei]t ist vollkommene Ruhe u[nd] vollkommene Bewegung, denn beides kann deßhalb der Fall seyn [,] weil beides imman[en]t ist, die reinste Bewegth[ei]t nicht v[on] etwas Aeußer[m] veranlaßt wird u[nd] v[on] Fremdart[i]g[e]m erlangt wird, ist sich bewegende Ruhe. 2194 - D[ie]se Seel[i]gk[ei]t besteht, wie bemerkt wurde [,] im vollkommenst[en] Selbstbewußts[eyn] u[nd] Selbstbesitz od[er] Genuß seines unendl[ichen,] vollkommenst[en] Wesens, Erkennens u[nd] Wollens, d[ie]se Seel[i]gk[ei]t setzt d[a]h[er] nothw[e]nd[i]g Liebe 2195 [,] Leben, Persönl[i]chk[ei]t [91vr/ 92rl] II [.] Th[ei]l 2196 §: 17 F[o]rts[e]tz[u]ng voraus, denn ohne diese wäre sie nicht möglich, wie ja üb[e]rh[au]pt schon das Erkennen u[nd] Wollen die Geist[i]gk[ei]t G[o]tt[e]s nothwendig als Persönlichk[ei]t aufzufaßen nöthigen. 2197 Wir kommen also hiemit zur Betracht[un]g des g[ei]st[igen] 2198 Lebens od[er] d[er] Persönlichkeit G[o]tt[e]s. - Ehe wir aber die Untersuch[u]ng hierüber beginnen, müssen wir noch nachträgl[ich] einige Bemerk[u]ng[e]n üb[er] die g[ö]ttl[ichen] Eigensch[a]ft[e]n anfügen. 2192 „(absolut vollkomm[enen])“ über der Zeile. 2193 „Ha[rmonie]“ in der Zeile gestrichen. 2194 Einfügung am Seitenrand [91vl] : „Ob das Uebel, d[a]s Unglück in d[er] Schöpf[u]ng G[o]tt[e]s Seel[i]gk[ei]t nicht beeinträchtigt? [Über der Zeile: „D[ie]ß geschieht“] deßh[a]lb nicht [,] weil es [„es“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „sie“] das immanente g[ö]ttl[iche] Wesen nicht berührt - er in sein[em] innern Leben der Schöpf[u]ng gar nicht bedarf, ganz unabhäng[i]g ist v[on] ihr. [„Nur wenn d[ie] Welt z[um] Wesen G[o]tt[e]s gehörte, kö[nn]te di[e]ß d[e]r Fall sey[n]“ als weitere Randbemerkung [91vl] an dieser Stelle eingefügt.] - Eine Trübung s[einer] Seel[i]gk[ei]t in so fern sein Wille in d[er] Welt v[on] den Bösen nicht vollzogen wird, kann ebenf[a]lls nicht statt finden, weil in d[er] Gabe der Freih[ei]t uranfängl[ich] die Zulaß[u]ng auch des Bösen schon gegeben ist.“ 2195 „Liebe“ über der Zeile. 2196 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 35“ am oberen Seitenrand [92rr] ; „35“ bezeichnet den Bogen. 2197 Randbemerkung [92rr] : „wenn darum v[on] Affecten d[ie] Rede ist in d[er] Schr[i]ft [,] z.B. v[on] Zorn, Reue, Mitleid [,] so ist dieß nur menschl[iche] Verdeutlich[u]ngsw[ei]se des g[ö]ttl[ichen] Wirkens in der Welt, - u[nd] hat mit seinem innersten Leben der Seeligk[ei]t nichts zu thun.“ 2198 „g[ei]st[igen]“ über der Zeile. <?page no="269"?> 259 Schlußbemerk[u]ng[e]n üb[er] die g[ö]ttl[ichen] Eig[e]ns[c]h[a]ft[e]n. 2199 Von jeher war es eine vielbesprochene Frage, ob wir mit d[ie]s[e]n Eigenschaften wirkl[ich] das Wesen G[o]tt[e]s erkennen, wie es an sich ist, 2200 od[er] weil anerkannter Maßen das volle Wesen G[o]tt[e]s jedenf[a]lls uns undurchdringl[ich], ein Geheimniß bleibt, ob wenigstens d[ie]se Eigenschaftsbegriffe Einiges vom Wesen G[o]tt[e]s [,] wie a) 2201 es an sich ist, aussagen, also der Wirkl[i]chk[ei]t, dem wirkl[ichen] Wesen G[o]tt[e]s entsprechen; - oder b) 2202 ob d[ie]se Eigensch[a]ftsb[e]gr[i]ffe bloße Beziehungen G[o]tt[e]s zur Welt aussprechen, nicht sein an sich seyendes Wesen, od[er] c) 2203 ob sie gar nur verschiedene Namen, od[er] Benennungen sey[en] für Ein u[nd] dasselbe Eine, unerkennbare Wesen G[o]tt[e]s - wie die sog[enannten] 2204 Nominalisten zu 2205 behaupten geneigt waren. - 2206 Da wir in uns[erem] Erkennen darauf angewiesen sind [,] aus der Wirkung auf die Ursache, aus der Erscheinung, aus d[em] Aeußern 2207 auf das Innere, Verborgene zu schließen, u[nd] dieß vernünft[i]g[e]r Weise auch können, da die Wirk[u]ng doch die Ursache kund geben muß [,] dieselbe in ihrer Beschaffenheit 2208 offenbaren muß, so können wir auch hier ein Gleiches mit Recht u[nd] vernünftiger Weise thun. Wir gehen bei d[ie]s[er] 2209 wissensch[aftlichen] Bestimmung G[o]tt[e]s d[u]rch Eigensch[a]ftsbegr[i]ffe von der uns einwohnenden immanenten 2210 Idee v[on] G[o]tt, die 2199 Randbemerkung [92rr] : „4 Fälle [: ] a) Ob d[ie]s[e] Eig[en]sch[a]ft[en] wirkl[iche] Realit[ä]t ausdr[üc]k[en] an u[nd] in G[o]tt selbst (Real[i]sm[us]) [,] u[nd] zwar wirkl[ich] Verschiedenes - b) od[er] best[immte] Begr[i]ff[e] Nam[en] si[n]d (Nominal[i]sm[us]) c) od[er] blos G[o]tt [„an sich“ über der Zeile] zu k[ennen] i[n] B[e]z[ie]h[un]g zur Welt d) od[er] e[n]dl[ich] gar nur B[e]sch[a]ff[en]h[ei]t[en] (? ) [men]s[c]hl[ichen] Abh[än]g[i]gk[ei]tsgef[ü]hls v[on] G[o]tt si[n]d (Schleier[m]acher [).] a) Wenn d[e]r Idee v[on] G[o]tt objec[ive] Realität zuk[omm]t [,] dann auch dem, was aus d[ie]s[e]r Idee folgt, die E[i]g[en]s[c]h[aften.] Wenn G[o]tt obj[ectiv] existirt, dann sind auch a. d[ie]se E[i]g[en]s[c]h[a]ft[en] obj[ectiv] gelt[en]de B[e]sti[mm]u[n]g[en,] da sie aus d[e]r Idee G[o]tt[e]s folg[en,] also au[c]h in [„in“ ersetzt durch Überschreibung unleserliches Wort] d[e]r ... (? ) Idee vorhand[en] seyn muß [.] - b) Was ihr V[e]rh[ä]lt[n]iß zu einand[er] b[e]trifft [,] so sind sie nicht wesentl[ich] getrennt, wenn au[c]h vers[c]hied[en]; unum re ratione diversa. - Es wi[r]d immer d[a]ss[e]lb[e] g[ö]ttl[iche] W[e]s[en] - nur immer wieder i[n] and[erer] B[e]z[ie]h[un]g b[e]stimmt. - g) Jede sagt aber ganz d[a]s Absolut[e] aus, [n]i[c]ht i[m] Th[ei]l. - D[u]rch jede ist also d[a]s g[an]ze absol[ute] W[e]s[en] b[e]sti[mm]t - u[nd] hört oh[ne] sie auf [,] di[e]ß zu sey[n.] - (Nominal[i]sm[us.]) ad a) Ob nur ex parte ipsius ratiocinantis, nicht aber ex proprietate ipsius rei. (Real[i]sm[us]).“ 2200 Randbemerkung [92rr] : „NB [: ] Wir nehm[en] d[ie]s[e] Eig[en]s[c]haft[en] v[om] ges[c]höpfl[ichen] G[ei]ste auf u[nd] leit[en] sie dann in absolut[er] Pot[en]z v[on] d[er] Idee d[e]s Absolut[en] ab. -“ 2201 „a)“ über der Zeile; „a)“ zusätzlich am Seitenrand [92rr] . 2202 „b)“ über der Zeile; „c)“ zusätzlich am Seitenrand [92rr] ersetzt gestrichenes „b)“. 2203 „c)“ über der Zeile; „b)“ zusätzlich am Seitenrand [92rr] ersetzt überschriebenes „c)“. 2204 „sog[enannten]“ über der Zeile. 2205 „zu“ über der Zeile. 2206 Randbemerkung [92rr] : „1)“. 2207 „aus d[em] Aeußern“ über der Zeile. 2208 „k... (? )“ in der Zeile gestrichen. 2209 „wissensch[aftlichen]“ über der Zeile. 2210 „immanenten“ über der Zeile. <?page no="270"?> 260 off[e]nbar seinem Wesen an sich, als das Abbild derselben, angemessen seyn muß, bei uns[erem] Erkennen aus u[nd] verdeutlichen uns das Wesen G[o]tt[e]s an den ird[i]s[c]h[en] Eigens[c]h[a]ft[e]n, die wir d[ie]s[e]r Idee gemäß ihr wenigstens analog finden. 2211 So wahr uns[ere] Idee v[on] G[o]tt, uns[er] unmittelbares Bew[u]ßts[eyn] dem Wesen [92rl/ 92vr] G[o]tt[e]s angemessen ist 2212 , so wahr sind auch d[ie]se Eigenschaftsbegriffe dem Wesen G[o]tt[e]s angemess[en,] wie sie mit uns[erer] 2213 Idee v[on] G[o]tt übereinstimmen. 2214 Dann ist es allerdings richtig, d[a]ß viele Eigenschaften G[o]tt[e]s 2215 [,] z.B. s[eine] Gnade 2216 [,] Langmuth, Barmherz[i]gk[ei]t 2217 nur zunächst Beziehungen G[o]tt[e]s zur Welt [,] sein Verhalten den Menschen gegenüber, nicht eigentl[ich] sein An sich 2218 ausdenken. Allein, gleichwohl müssen sie sich auch als Bestimmungen seines Wesens an sich geltend machen, es muß ihnen etwas im Wesen G[o]tt[e]s corresspondiren, entsprechen, denn Gott kann nicht etwas offenbaren der Welt gegenüber, was er an sich gar nicht ist, er kann nicht sich barmherzig zeigen [,] ohne d[a]ß sein Wese[n] d[ie]se Qualität an sich hätte 2219 ; gerade die Bezieh[u]ng[en] G[o]tt[e]s zur Welt offenbaren sein An sich seyend[e]s Wesen; 2220 er kann sich nicht anders zur Welt verhalten als er wirkl[ich] ist; 2221 anders wäre es ja Verstell[u]ng, Täuschung, was G[o]tt[e]s unwürd[i]g. 2222 2223 Die Eigenschaftsbegr[i]ffe sind also 2224 nicht blos verschiedene Namen, die alle 2225 Ein u[nd] dasselbe bezeichnen; Es ist richtig [,] daß alle Eigenschaften Ein u[nd] dasselbe g[ö]ttl[iche] Wesen sind 2226 - nicht blos ihm angehören, ihm eigen sind; 2227 jede Eigenschaft ist G[o]tt ganz, nicht etwa blos ein Theil v[on] ihm, sond[ern] das Eine göttl[iche] 2211 Randbemerkung [92rr] : „Die Darst[e]ll[un]g der Eig[en]s[c]h[a]ft[en] G[o]tt[e]s ist darum eine Explicati[on] der gewöh[n]l[ichen] Bew[ei]se für d[a]s Dasey[n] G[o]tt[e]s [,] u[nd] zwar so, d[a]ß der ontolog[ische] bei All[em] der immanente Maaßstab ist. Wie aus d[em] Dasey[n] d[e]r Idee auf d[a]s Dasey[n] G[o]tt[e]s ges[c]hl[o]ß[en] wird - v[on] Wirk[un]g auf Ursache - so aus d[em] I[n]halt der Idee u[nd] der Welt - auf d[a]s Wes[en] G[o]tt[e]s [.] - Die Welt bietet d[ie] Eig[en]s[c]h[a]ft[en], die Idee v[on] G[o]tt pot[en]zirt sie [.] - (NB [: ] D[er] ontolog[ische] Bew[eis] f[ür] G[o]tt[e]s Dasey[n] - paßt hier mit s[einer] Verfahr[u]ngsw[ei]se.)“ 2212 „ist“ in der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „se[y]“. 2213 „uns[erer]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „der“. 2214 Randbemerkung [92vl] „ad) Schleiermacher“ gestrichen. 2215 „G[o]tt[e]s” über der Zeile. 2216 „Gnade“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „Güte“. 2217 „sein“ in der Zeile gestrichen. 2218 „seyendes Wesen“ über der Zeile gestrichen. 2219 „wie Heucheln“ über der Zeile. 2220 Randbemerkung [92vl] : „aber s[eine] Bar[m]herz[i]gk[ei]t würde [n]i[c]ht off[en]bar ohne hülfserbar[m]u[n]gswürd[i]g[e] Geschöpfe“. 2221 „das“ in der Zeile gestrichen. 2222 Randbemerkung [92vl] : „Schleiermach[ers] Ansicht.“ 2223 „2)“ im Nachhinein vor die Zeile gesetzt. 2224 „also“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „auch“. 2225 „alle“ über der Zeile. 2226 Randbemerkung [92vl] : „Die Praedicate (Eig[en]s[c]haft[en]) sind also: unum re - ratione diversa.“ 2227 „sonder[n]“ über der Zeile gestrichen. <?page no="271"?> 261 Wesen selbst; allein es 2228 sagt jede Eigenschaft v[on] d[ie]s[e]m Einen göttl[ichen] Wesen etwas Andres aus; weil wir das ganze Wesen G[o]tt[e]s nicht in Einem Begriffe aussprechen können; der Begriff der g[ö]ttl[ichen] Gerechtigk[ei]t hat einen andern Inhalt als der B[e]gr[i]ff der göttl[ichen] Güte, jeder sagt etw[a]s Andres aus u[nd] jedem entspricht am 2229 göttl[ichen] Wese[n] etwas Eigenthümliches; aber beide Begriffe sind an G[o]tt selber doch nicht getrennt od[er] verschieden, sond[ern] die g[ö]ttl[iche] Gerechtigk[ei]t auch gütig, u[nd] die Güte nothw[e]nd[i]g auch gerecht; jede v[on] beid[en] ist das ganze g[ö]ttl[iche] Wesen. - Beim Menschen z.B. können wir uns Gerecht[i]gk[ei]t, Güte u.s.w. als actuelle, wirkl[ich] vorhandene 2230 Eigenschaft wegdenken, 2231 ohne daß der Begriff [92vr/ 93rl] Mensch deßwegen aufgehoben, vernichtet wäre; es kommen ja in der That Menschen genug vor [,] die nicht gerecht, nicht gütig, nicht weise sind, ohne daß sie darum aufhörten Menschen zu seyn; nur das Vermögen, die Potenz zu all[e]n d[ie]s[e]n Eigenschaften dürfen wir auch dem Menschen nicht absprechen [,] sonst würde er als Mensch vernichtet, weil d[a]s Vermögen zu d[ie]s[e]n Eigensch[a]ft[e]n wesentl[ich] z[u] d[em] Menschen gehört; ein Mensch, ein vernünft[i]g[es] freies Wesen ohne dasselbe nicht möglich wäre; bei Gott aber ist es anders; 2232 ihm dürfen wir nicht blos das Vermögen zu all’ d[ie]s[e]n Vollkommenh[ei]t[e]n nicht absprechen, sond[ern] müß[en] 2233 auch die vollendetste Wirkl[i]chk[ei]t jeder derselben annehmen, weil mit Aufheb[u]ng 2234 Einer die Vollkommenh[ei]t, Absoluth[ei]t G[o]tt[e]s aufgehoben wäre u[nd] damit alle and[ern] Eigensch[a]ft[e]n G[o]tt[e]s, d.h. die Eig[e]nsch[a]ft[e]n G[o]tt[e]s sind nicht Einerlei, aber wesentl[ich] Eins. 2235 Damit ist zugleich eine andere Ansicht abgewiesen, die sich im Mittelalter geltend zu machen suchte, die näml[ich,] welche behauptete, d[ie]se Eigenschaften wären in G[o]tt selbst verschieden, was nahezu an eine Zusammengesetztheit des g[ö]ttl[ichen] Wesens gränzt. 2236 Man kann sich das Verhältniß der verschied[enen] 2237 Eigensch[a]ft[e]n zum Einen göttl[ichen] Wesen etwa so vorstellen, wie das Verhältniß 2238 verschiedener Farben zum 2228 „es“ über der Zeile. 2229 „das“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „am“; Korrektur ergibt aber keinen erkennbaren Sinn. 2230 „A“ in der Zeile gestrichen. 2231 „wie den“ in der Zeile gestrichen. 2232 Randbemerkung [93rr] : „NB [: ] Wenn b[e]i G[o]tt au[c]h ei[n] blos pot[en]tiell[e]s Sey[n] ... (? ) Eig[en]s[c]h[a]ft[en] vorha[n]d[en] zu sey[n] sch[e]i[n]t, so ist di[e]ß [n]i[c]ht [m]it m[en]s[c]hl[icher] Fäh[i]gk[ei]t zu vergl[e]i[c]h[en] - denn i[m] imman[en]t[en] Wes[en] si[n]d d[ie] Eig[en]s[c]h[a]ft[en] imm[e]r actu vorhand[en], - seine Gesi[nn]u[n]g ist imm[e]r dies[e]lbe, wenn au[c]h d[i]e Manifestatio[n] vers[c]hied[en] ist - b[e]i d[en] M[en]s[c]h[en] ab[e]r fehlt die Gesi[nn]u[n]g u[nd] Thät[i]gk[ei]t - währ[en]d die Potenz, die Fähigk[ei]t vorhand[en] ist -“. 2233 „müß[en]“ über der Zeile. 2234 „Aufheb[u]ng“ über der Zeile. 2235 „Das Seyn G[o]tt[e]s, s[a]gt Aug[ustinus,] u[nd] d[a]s Weise s... (? ) [,] ist in G[o]tt [n]i[c]ht verschied[en], sond[ern] Ein u[nd] d[a]sselbe; ist er nicht weise [,] so ist er üb[er]h[au]pt [n]i[c]ht mehr Gott.“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 2236 Einfügung am Seitenrand [93rr] : „Damit dann ist auch d[ie] Ansicht abgewiesen [,] den in neu[erer] Zeit Schleierm[acher] in Curs gebracht, daß näml[ich] die göttl[ichen] Eigensch[a]ft[e]n Nichts andres seyen als <?page no="272"?> 262 Ein[en] Lichte; wie sich z.B. das an sich Eine, reine Licht im Prisma z.B. in mehrere Farben bricht, so erscheint das Eine göttl[iche] Wesen in mehrer[n] Eigenschaften, die aber an sich Eins sind [,] aber nicht Einerlei, sond[ern] eine vielkräftige inhaltvolle 2239 Einheit. 2240 Noch könnte die Frage entstehen [,] ob sich denn all’ die genannten Eigenschaften G[o]tt[e]s sich zusammendenken laßen zu Einem Begriff, sich geist[i]g 2241 zusammenschauen laßen zu Einer Vorstell[u]ng, zu einem in sich einheitlich[en], übereinstimmenden, harmonischen Bilde v[on] Gott, ob 2242 nicht Eine der Andern widerspricht u[nd] sie sich d[a]h[e]r gegenseitig aufheben; wie dieß doch z.B. bei der Gerechtigk[ei]t u[nd] Güte G[o]tt[e]s der Fall zu seyn scheint, da Gerechtigk[ei]t die Güte aufhebt oder sie [93rl/ 93vr] wenigstens hindert in ihrer vollen Geltung, also die Unendlichk[ei]t [,] die Vollkommenh[ei]t [,] die Gerecht[i]gk[ei]t aufhebt, u[nd] umgekehrt wiederum die Gerecht[i]gk[ei]t die Güte nicht zur vollen, der g[ö]ttl[ichen] Idee angemessenen Realisir[u]ng kommen läßt? So daß also absolute Güte od[er] Barmh[er]zigk[ei]t 2243 u[nd] absolute Gerecht[i]gk[ei]t sich einander widersprechen? - Allein es wurde schon bemerkt [,] daß die Absoluth[ei]t, die Vollkommenh[ei]t [,] die g[ö]ttl[iche] Güte gerade dieß verlangt, daß sie mit der Weish[ei]t u[nd] Gerechtigk[ei]t vereint sei, - schon im Irdis[c]hen ist das nothwendig, wenn die Güte im mens[c]hl[ichen] Leben eine Bedeut[u]ng haben soll; u[nd] ebenso ist der Gerecht[i]gk[ei]t die Vereinig[u]ng mit der Modificationen unsres schlechthinnigen Abhängigk[ei]tsgefühls v[on] G[o]tt. V[on] G[o]tt s[a]gt er, als dem absolut Einen, unters[c]hiedslosen Wesen [,] können wir Nichts Verschiedenes, Besonderes aussagen, die sog[enannten] Eigensch[a]ft[e]n seyen nicht Beschaffenh[ei]t[e]n G[o]tt[e]s, sond[ern] Beschaffenh[ei]t[e]n uns[res] eignen Bewußtsey[ns,] uns[res] Verhältnißes zu Gott; welches Bewußts[eyn] je nach der besond[ern] Lage, in der sich d[er] Mensch befindet, verschieden modificirt wird. - Aber da müßte man doch fragen, wodurch denn d[ie]se Modificationen uns[res] Abhängigk[ei]tsgefühls hervorgerufen werd[en]? Und würde man darauf erwidern: durch die verschiedenen Lebensverhältnisse, in die der Mensch geräth [,] durch die verschiedenen innern Stimmungen [,] in die er durch sein Zusammenleben mit dem üb[ri]g[en] Geschöpflichen versetzt wird; so früge es sich wieder, waru[m] man denn d[ie]se Lebensverh[ä]ltn[i]ße u[nd] Stimmung[en] mit G[o]tt in Bezieh[u]ng setzte; das deutet gerade darauf hin [,] daß wir das Verhalten G[o]tt[e]s zum M[e]nsch[e]n in den verschied[enen] Leb[en]slag[en] verschied[en] annehmen; u[nd] d[a]ß d[ie]s[e]m Verhalt[en] G[o]tt[e]s auch in s[einem] Wesen etwas entspricht, d[a]ß es [n]i[c]ht bloß[er] Sch[e]i[n] sei.“ An dieser Stelle schließt folgende Randbemerkung [93rr] an: „Wir dürfen also in Gott weder einen realen Unterschied der Eigensch[a]ft[e]n annehmen, noch ein[en] blos nominellen [,] sond[ern], wenn man so sagen will, einen formalen [„realformal[e]n“ über der Zeile] od[er] virtuelen (sic! ). - Wie man im Mittel-Alter sagte: Es sei nicht blos eine distinctio rationis ratiocinantis [„Mystiker“ über der Zeile gestrichen]; [„sond[ern]“ in der Zeile gestrichen] (wie d[ie] Mystiker u[nd] Nominalist[en] b[e]h[au]pt[en], sond[ern] eine distinctio rationis ratiocinatae; - d.h. nicht blos der Erkennende macht z[u] s[einer] leicht[en] Uebersicht d[ie]s[en] Unt[e]rs[c]h[ie]d. [Unter der Zeile: „Nicht die Ver[n]u[n]ft bestimmt d[iese] Unters[c]hiede, s[o]nd[ern] sie sind ihr bestimmt gegeb[en]] [)]“. 2237 „verschied[enen]“ über der Zeile. 2238 „Verhältniß“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Einheit“. 2239 „inhaltvolle“ über der Zeile. 2240 Randbemerkung [93rr] : „3)“. 2241 „geist[i]g“ über der Zeile. 2242 Unleserliches Wort in der Zeile gestrichen. 2243 „od[er] Barmh[er]zigk[ei]t“ über der Zeile. <?page no="273"?> 263 Weish[ei]t u[nd] Güte nothw[e]nd[i]g selbst schon im Leben, wenn sie nicht einseitig u[nd] d[a]d[u]rch unvollkommen seyn soll. 2244 Noch eine Bem[er]k[un]g 2245 [: ] Wenn nun gleichwohl im menschl[ichen] Leben, weder im Einzelnen noch im Ganzen [,] ein solch’ vollkommener Verein d[ie]s[e]r beiden Eigensch[a]ft[e]n vorkommt wie die Idee v[on] G[o]tt es verlangt, wie wir es uns also vorstellen können, so ist ja dieß gerade ein Beweis geg[en] den Pantheismus, der namentl[ich] jene Einwend[u]ng[e]n geg[en] den chr[i]stl[ichen] Theismus macht. 2246 Denn damit sagen 2247 d[ie]se Pantheisten ja selber [,] daß weder der einzelne Mensch, noch die ganze Menschh[ei]t die Idee v[on] G[o]tt, wie sie uns[erm] Geiste einwohnt, zu realisiren, zu verwirklichen vermöge, u[nd] wenn das nicht der Fall ist [,] so kann auch weder der einzelne Mensch, noch die ganze M[e]nschh[ei]t göttl[ich], Gott selber seyn; denn die Wirkl[i]chk[ei]t G[o]tt[e]s widerspräche ja immerfort dem Begriffe u[nd] der Begriff v[on] G[o]tt der Wirkl[i]chk[ei]t; - der Gedankengott, die Idee v[on] G[o]tt wäre unendl[ich] mä[c]ht[i]g 2248 [,] vollkommen, der wirkl[iche] G[o]tt aber unvollko[mmen,] ohnmächtig, sich selbst widersprechend. Also gerade dieß, daß wir uns im Irdis[c]hen jene Eigensch[a]ft[e]n nicht in absoluter, vollkommener Weise zusammen denken 2249 können, deutet ja darauf hin, d[a]ß ihr vollkommener [,] harmonis[c]her 2250 Verein ein überweltlicher, ein überird[i]s[c]h[e]r sey[n] müße, deßen Bild wir in uns tragen, u[nd] das wir nirg[e]nds in d[er] Welt realisirt finden; kurz daß es ein[en] v[on] der Welt verschied[enen] G[o]tt geben müße. 2251 [93vr/ 94rl] 2244 Randbemerkung [93vl] : „Der Praedestinat[ianismus] macht d[ie] Gerecht[i]gk[ei]t allein geltend. Der Rational[i]sm[us] die Güte allein.“ 2245 „Noch eine Bem[er]k[un]g“ über der Zeile. 2246 Randbemerkung [93vl] : „Ontolog[ischer] Bew[eis] geg[en] d[en] Panth[ei]sm[us]“. 2247 „s[ie]“ in der Zeile gestrichen. 2248 „mä[c]ht[i]g“ über der Zeile. 2249 „realisir[en]“ über der Zeile. 2250 „harmonis[c]her“ über der Zeile. 2251 Randbemerkung [93vl] : „Wir find[en] uns innerl[ich] genöth[i]gt, d[en] I[n]begr[i]ff aller Vollk[ommen]h[ei]t[en] Gott, d[a]s Absolut[e] zu nennen - also ei[n] solches anzunehmen [.] - Die Welt aber zeigt sich [n]i[c]ht als solcher I[n]b[e]gr[i]ff - ja sch[e]i[n]t sogar es als un[m]ögl[ic]h darzuthu[n], all’ d[ie]se Vollk[ommen]h[ei]t[en] i[n] eine Ei[n]h[ei]t zu bri[n]g[en.] - Daraus ergibt s[ich] we[ni]gst[en]s di[e]ß, w[enn] es ei[nen] G[o]tt gibt, so kann er [n]i[c]ht [m]it der Welt id[en]tis[c]h sey[n] -“. <?page no="274"?> 264 II [.] Th[ei]l 2252 §: 18 2253 Das göttl[iche] Leben, die g[ö]ttl[iche] Persönlichk[ei]t 2254 I [)] Nichts ist 2255 im Daseyenden unzugänglicher uns[erer] Forschung, unbegreiflicher für uns, als das Leben, das Lebendigseyn. 2256 - Wir erforschen u[nd] finden die Bestandth[ei]le des Daseyenden, zerlegen dasselbe in die kleinsten Theile u[nd] Elemente, erkennen die Beschaffenh[ei]t[e]n u[nd] Gesetze des Wirkens, sehen die Aeuß[e]r[u]ng[e]n u[nd] Thätigk[ei]t[e]n des Lebendigen; aber das Leben selbst, jene Macht [,] die unsichtbar selbst, d[ie]se sichtba[ren] 2257 Bestandth[ei]le z.B. zu ein[em] sichtbaren, lebenden Organismus vereinigt, d[ie]se Macht hat noch keine Naturwiss[e]ns[c]h[a]ft mikroskopisch untersuchen, können 2258 u[nd] keine vermag zu sagen, was sie sei. - Das läßt uns schon im Voraus erwarten, das 2259 das göttl[iche] Leben auch sein unergründliches Geheimniß haben werde, das auch der schärfsten Kraft u[nd] Forsch[u]ng des G[ei]st[e]s unzugängl[ich] seyn wird. 2260 2252 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 36“ am oberen Seitenrand [94rr] ; „36“ bezeichnet den Bogen. 2253 „13“ über der Zeile. 2254 Randbemerkung [94rr] : „NB [: ] Für Persö[n]l[i]chk[ei]t ist a) die Absoluth[ei]t üb[er]h[au]pt - w[e]il d[ie]se als Vollk[ommen]h[ei]t D[en]k[en], Woll[en] - G[ei]st[i]gk[ei]t [,] Sel[i]gk[ei]t etc. fordert - u[nd] Selbstbew[u]ßts[eyn] b) der B[e]gr[i]ff v[on] Persö[n]l[ic]hk[ei]t selbst c) das G[em]üth - Will[e] - Verst[an]d -“. 2255 In der Zeile folgendes „uns“ sekundär eingeklammert und gestrichen. 2256 Randbemerkung [94rr] : „Schon v[om] S[e]yn [„(Wesen)“ über der Zeile] wurde bemerkt, d[a]ß es in letzt[er] B[e]z[ie]h[un]g unbegreifl[ich] für uns sei - wir müßt[en] hinter d[a]sselbe ko[mmen] [daneben [94rr] : „(das Dasey[n] selbst u[nd])“] (hinter d[a]s une[n]dl[ich] Kleine u[nd] Große) müßt[en] auß[er] d[e]ms[e]lb[en] sey[n] - S[c]höpfer d[e]ss[e]lb[en] sey[n].“ Darunter [94rr] : „Anf[an]g a) S[c]hon die bish[e]r[i]g[en] Erört[erun]g[en] setz[en] Persö[n]l[ic]hk[ei]t, G[ei]st[i]gk[ei]t voraus als Vollk[ommen]h[ei]t. b) Der Einwand g[e]g[en] di[e] Mögl[i]chk[ei]t absoluter Geist[i]gk[ei]t ohne mat[e]riell[e]s Substrat wurde scho[n] erwähnt. c) Das r[e]l[i]g[iö]s[e] Bewußts[eyn] setzt dur[c]haus Pers[ön]l[ic]hk[ei]t voraus - ohn[e] dieß hat d[a]s a [.] r[e]l[i]g[iö]s[e] Gefühl b. u[nd] sittl[iche] Woll[en] keine Bedeut[un]g - g. selbst nicht dem Verstand e[n]tspricht (? ) die pantheist[ische] Unpersö[n]l[ic]hk[ei]t - d) Aber absolute Persö[n]l[ic]hk[ei]t? Unmögli[c]h! “ Daneben [94rr] : „I [.] Persönlichk[ei]t G[o]tt[e]s - Wirklichkeit (? ) [-] Ei[n]w[en]d[un]g d[e]r P[a]ntheist[en] II [.] Nähere Art u[nd] Weise - drei Momente - b[e]i Dasey[n]sform m[en]schl[icher] P[e]rs[ön]l[ic]hk[ei]t i[m] ... (? ) orga[n]is[c]h[en] Leb[en] - i[n] d[er] Natur - III [.] Absolute P[e]rs[ön]l[ic]hk[ei]t“. 2257 „sichtba[ren]“ über der Zeile. 2258 Das Komma ist irrtümlich hinter „untersuchen“, statt hinter „können“ gesetzt. 2259 Gemeint: „daß“. 2260 Einfügung am Seitenrand [94rr] : „Indem wir d[a]s g[ö]ttl[iche] Leb[en], g[ö]ttl[iche] Persö[n]l[i]chk[ei]t b[e]sti[mmen] woll[en] - woll[en] wir eig[en]tl[ich] s[eines] Das[e]y[n]s Form b[e]stimm[en] - [n]i[c]ht mehr s[e]i[n] Wes[en]“. <?page no="275"?> 265 Gleichwohl wollen wir es auch hier versuchen, uns an dem geschöpflichen 2261 Leben orientirend, so weit wir es können, auch das g[ö]ttl[iche] Leben zu verdeutlichen u[nd] zu erkennen. Beginnen 2262 wir bei den untersten Gebilden des Irdischen 2263 , bei dem, das noch kein Leben im gewöhnl[ichen] Sinne hat, bei dem Unorganischen, so sehen wir [,] daß jeder bestimmte G[e]g[e]nst[a]nd ei[ne] Gestaltung 2264 - so entsteht oder besteht, daß das Räumliche, das Materielle zu einer bestimmten Form sich zusamm[en]setzt, wie aber diese Form od[er] Gestaltung des Daseyns d[ie]s[e]s bestimmten G[e]g[e]nst[a]nd[e]s als solchen v[on] allem Andern Verschiedenen, einheitlichen, für sich bestehenden - wie d[ie]se Form auch sonst beschaffen seyn mag, jedenfalls ist sie eine (räumliche) Einheit mit drei räumlichen Ausdehnunge[n] nach Länge, Breite u[nd] Tiefe; wir können uns schlechterdings nichts Räumliches, Materielles 2265 denken [,] auch nicht das kleinste Atom, das nicht d[ie]se drei Ausdehnungen zu einer Einheit verbände; Eine (sic! ) Ausdehnung weg gedacht, würde auch die beid[en] 2266 anderen vernichten, unmöglich machen; ohne Breite z.B. [94rl/ 94vr] ist auch keine Länge od[er] Tiefe od[er] Höhe möglich, weil gerade d[u]rch die beiden andern das Eine immer realisirt wird; Länge z.B. ist ja nichts andres als eine oft wiederholte Breite u[nd] Tiefe, z.B. eine Linie. D[a]s ist zwar noch nicht Leben [,] ab[er] es ist schon immer 2267 Bestehen. Eine Form des Besteh[en]s [.] 2268 Gehen wir nun nach d[ie]s[e]r - zwar nicht unmittelbar [,] aber mittelbar hieher gehörigen Betracht[u]ng: mitt[e]lb[a]r hieher gehörig [,] weil sich auch da das Gesetz 2269 des Daseyns, Bestehens, wenn gleich noch in seiner Ruhe zeigt - gehen wir nach d[ie]s[er] Betr[a]cht[u]ng über zum Organischen, eig[e]ntl[ich] Lebend[i]g[e]n, dem körperlichen, mein’ ich, noch nicht dem Geistigen. 2270 2261 Einfügung am Seitenrand [94rr] : „Daseynsform üb[er]h[au]pt u[nd] Leb[en] u[nd] G[ei]st insbes[ondere]“. 2262 „Beginnen“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Fragen“. 2263 In der Zeile folgendes „an“ gestrichen. - Über der Zeile: „Ganz formlos ist nichts“. Randbemerkung [94rr] : „NB [: ] Ei[n]leit[en]de B[eme]rk[un]g [: ] Daß G[o]tt Geist - Persö[n]l[i]chk[ei]t s[e]y [,] fand[en] wir scho[n.] - Aber wir soll[en] jetzt zur [„zur“ korrigiert wohl durch Überschreibung ursprüngliches „die“, vielleicht auch umgekehrt] Potenz der Absolutheit die Persö[n]l[i]chk[ei]t erheben. - Zu d[em] E[n]de [,] d[a]s Leb[en] G[o]tt[e]s u[nd] s[ein] Wes[en] ... (? ) zu b[e]tr[ac]ht[en]“. 2264 „jeder bestimmte G[e]g[e]nst[a]nd ei[ne] Gestaltung“ über der Zeile soll wohl in der Zeile eingeklammertes „d[a]s Daseyn - d[a]s unlebend[i]ge“ ersetzen. Randbemerkung [94rr] : „Dasey[n]sw[ei]se“. - Daneben [94rr] : „Welche Form, Leben die absolute Substanz habe“. 2265 Randbemerkung [94rr] : „(Sey[en]d[e]s, Substantielles)“. 2266 „die beid[en]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „jede“. 2267 „immer“ über der Zeile. 2268 „D[a]s ist zwar noch nicht Leben [,] ab[er] es ist schon immer Bestehen. Eine Form des Besteh[en]s“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [94vl] : „Eine Menge flach[en] Räsonnements ist damit abgeschnitten -“. Darunter [94vl] : „Eine reale Einheit faßt also immer eine Dreih[ei]t in sich [,] ein wirkl[ich] Eines (nicht blos ein gedachtes) ist nicht möglich ohne drei - [.] Nur die bloße Zahl, d[a]s bloße Wort ist wahrh[a]ft Eines schl[ec]hthi[n] - aber auch ein bloßes Wort - leer u[nd] inhaltslos - (bloße Form - formal)“. 2269 „die Weise“ über der Zeile. 2270 Randbemerkung [94vl] : „d[a]ss[e]lbe bei d[er] Zeit“. <?page no="276"?> 266 D[ie]s[e]s Organische (Körperliche) 2271 trägt zunächst als Stoff, als Material in sich das Unorganis[c]he mit dem Gesetze seines Bestehens od[er] Seyns, es enthält aber noch ein Mehr, ein Plus, das ab[er] d[ie]s[e]s Unorganische zum Organischen vereinigt u[nd] durchdringt. - Betrachten wir die Pflanze, so müsse[n] wir an ihr unterscheiden den Stoff, das Material [,] die Elemente [,] aus denen sie besteht, die Kraft [,] die in ihr wirkt [,] u[nd] die bestimmte Form der Art od[er] Gattung [,] zu welcher d[ie]s[e]r bestimmte Stoff durch die innerl[ich] wirkende Kraft verarbeitet wird. 2272 - Wieder eine Dreiheit haben wir hier, die aber nothwendiger Weise zur Constituirung der lebend[i]g[en] organischen Einheit gehören 2273 , die sich nicht trenn[en] od[er] th[ei]lw[ei]se aufheben laßen [,] ohne die Einh[ei]t selber aufzuheben; merkwürd[i]g[e]r Weise gehört also gerade zur Bild[u]ng d[ie]s[e]r Einheit die Dreiheit. Ohne Stoff wäre eine wirkende organische 2274 Kraft, die ein[en] Organismus hervorbrächte [,] gar nicht denkbar; ebenso käme aus dem Stoff allein ohne d[ie]se organisirende, wirkende Kraft kein lebend[i]g[e]r Organismus zu Stande; wir sehen ja [,] wo ein solcher entstehen soll. Da ist überall ein Keim 2275 v[on] ein[em] andern lebend[i]g[en] Organismus nothwendig; endl[ich] muß d[ie]s[e]r wirkenden Kraft die künft[i]g zu erstrebende Gestalt 2276 u[nd] 2277 Qualität der Pflanze einwohnen als Idee gleichsam [,] die zu verwirkl[ic]h[en] ist 2278 , sonst käme es zu Nichts, sonst 2279 wäre es ein zielloses Streben. 2280 Ganz ähnl[ich] verhält es sich mit wenigen Abweichungen bei den thierischen Organismen in Bezug auf d[ie] leibl[iche] Gestalt[u]ng; 2281 wozu noch ein Schatten des geist[i]g[en] Lebens kommt im Instinct u[nd] im Trieb; der Instinct zeigt d[a]s Ziel, der Trieb strebt es an. 2282 Also denn: 1) Organisati[on,] 2) Instinct [,] 3) Trieb [.] Es erbaut sich über 2 Dreieinheit[en] eine dritte - [.] 2283 [94vr/ 95rl] Gehen wir endl[ich] zum geist[i]g[en] Leben des Menschen über [,] so finden wir, daß es wesentl[ich] aus drei constitutiven Momenten od[er] Vermögen besteht 2284 ; 2285 dem 2286 2271 „Lebend[i]ge“ über der Zeile. 2272 Randbemerkung [94vl] : „Auf gemein[em], formal[em], abstract[em] St[an]dp[un]kt gilt allerdi[n]gs, d[a]ß 1 nicht 3 u[nd] 3 nicht = 1 [.] I[m] Organisch[en] - Dre[i]h[ei]t“. 2273 „u[nd] zusa[mmen]gehen“ über der Zeile. 2274 „organische“ über der Zeile. 2275 „eines“ in der Zeile gestrichen. 2276 „Form“, „äußere“ über der Zeile. 2277 „... (? ) innere“ über der Zeile. 2278 „als Idee gleichsam [,] die zu verwirkl[ic]h[en] ist“ über der Zeile. 2279 „Constant[en]“ über der Zeile. 2280 Einfügung am Rande [94vl] : „D[ie]se als Idee der [„wachs[en]d[en]“ über der Zeile] Pflanze einwohnende Form, welche die K[r]aft in ihr[em] Wirk[en] leitet [,] e[n]tspricht im Geiste dem Erkennen, die Kraft aber [,] die wirkt nach d[ie]s[e]r Idee, entspricht im Geist[i]g[en] dem Wollen.“ 2281 Randbemerkung [94vl] : „I[m] Thieris[c]h[en] Dr[e]ih[ei]t“. 2282 Randbemerkung [94vl] : „der Instinct entspr[i]cht wieder dem Erkennen - der Trieb - dem Wollen -“. Darunter [94vl] : „s[e]lbst d[er] Schatt[en] der Geist[i]gk[ei]t zeigt eine Dreih[ei]t - Sey[n] - Trieb - Instinct“. 2283 „Also denn: 1) Organisati[on,] 2) Instinct [,] 3) Trieb [.] Es erbaut sich über 2 Dreieinheit[en] eine dritte - [.]“ unter der Zeile eingefügt. <?page no="277"?> 267 Seyn schlechthin, dem Erkennen u[nd] Wollen; (od[er] aus den Potenzen hiezu.) - Ohne Eines d[ie]s[e]r Momente wäre ein geist[i]g[e]s Wesen, ein Geist nicht möglich; ohne Seyn, ohne Realität 2287 natürl[ich] auch kein Erkennen u[nd] Wollen; wiederum ohne Erkennen kein Wollen [,] d.i. kein freies, weil kein Entschluß dazu u[nd] kein bewußtes 2288 Ziel od[er] Zweck dafür da wäre, kein Motiv also 2289 ; u[nd] ebenso ohne freies Wollen ist kein geist[i]g[e]s Erkennen denkbar, denn ohne d[ie]s[e]n 2290 freien Willen würde das klare, bewußte Erkennen immer wieder zum thierische[n] 2291 Instinct verlöschen. D[ie]s[e] drei Momente 2292 hat aber der menschl[iche] Geist nicht blos in sich, er ist diese drei Momente, sie bilden, constituiren ihn; wo Eines fehlte [,] wäre er nicht mehr als 2293 der persönl[iche] 2294 Menschengeist; d[.]i. nicht mehr als 2295 das selbst- 2296 bewußte, freie Seyn existiren. Er bedarf zunächst aller d[ie]s[e]r drei Momente zu s[einem] eigenen Seyn als Geist; d.i. zum Selbstbewußtsey[n] u[nd] zum freien Seyn od[er] z[um] Selbstwollen, zur Freih[ei]t, zur Selbstliebe; nicht etwa blos z[um] Erkennen u[nd] Wirken d[e]s Aeuß[eren] u[nd] nach Auß[en]. Wieder eine Dreiheit ist also nothw[e]nd[i]g zu d[ie]s[e]r intensivsten, untrennbarsten Einheit des geist[i]g[en] Lebens, ohne Eines d[ie]s[e]r drei Momente wäre die Einh[ei]t d[ie]s[e]s Lebens zerstört; es 2297 wäre innere Bewegung [,] inneres Leben nicht möglich; die Vereinigung d[ie]s[e]r drei Momente aber zur untheilbaren, intensivsten, lebend[i]g[en] g[ei]st[i]g[en] 2298 Einheit, nennen wir Persönlichkeit. Person ist selbstbewußtes, freies Seyn, der Geist also. Es gehört also zur Person: Seyn, Selbstbewußtseyn u[nd] Freiheit od[er] Selbstwollen. Person ist, wer sich Allem Andern, was ist, als Selbst gegenüber weiß, u[nd] sich selber (davon) erkennend u[nd] selbst 2299 wollend unterscheidet. 2300 2284 „besteht“ über der Zeile. 2285 „dem Gefühl od[er]“ in der Zeile gestrichen. 2286 „dem“ über der Zeile. 2287 „Substanz“ über der Zeile. 2288 „bewußtes“ über der Zeile. 2289 „also“ über der Zeile. 2290 „d[ie]s[e]n“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „d[ie]s[e]s“. 2291 „thierische[n]“ über der Zeile. 2292 Randbemerkung [95rr] : „Sie sind ihm nicht Accidenz[ien] - wie Güte, Gerecht[i]gk[ei]t etc.“ 2293 „als“ über der Zeile. 2294 „persönl[iche]“ über der Zeile. 2295 „als“ über der Zeile. 2296 „selbst-” über der Zeile. 2297 „es“ über der Zeile. 2298 „g[ei]st[i]g[en]“ über der Zeile. 2299 „selbst“ über der Zeile. 2300 Unter der Zeile: „NB [: ] Nach d[ie]s[e]m wäre es vielmehr wunderbar [,] wenn wir in Gott nicht auch eine Dreih[ei]t fänd[en] - soll er nicht leerer Geda[n]ke od[er] Name [,] sond[ern] Realität sey[n]“. Einfügung am Seitenrand [95rr] : „Der persönl[iche] Menschengeist - um ein solcher zu seyn, ist, existirt nicht nur, sond[ern] er weiß [„denkt“ über der Zeile] sich auch u[nd] will od[er] liebt sich auch selbst; dadurch wird das an sich dunkle Seyn aufgehellt [zweite Silbe „ge“ über der Zeile], wird Licht, wird in sich selber wissend <?page no="278"?> 268 II) Nach d[ie]s[e]r Untersuchung über das geschöpfl[iche] Leben 2301 können wir nun zur Betrachtung des göttl[ichen] übergehen, auch hier uns wieder stützend u[nd] berufend auf d[ie]se gefundenen Resultate; auch hier wieder schließend, von der Beschaffenh[ei]t des [95rl/ 95vr] Ebenbildes, auf die des Urbildes. 2302 Das göttl[iche] Leben, soll es ein einheitliches, ein geistiges, ein persönl[iches] seyn - u[nd] das muß es wenigstens 2303 sey[n,] weil schon im Geschöpflichen das Persönliche vollkommener ist, als das Unpersönliche, und wir d[a]h[e]r G[o]tt d[ie]se Vollkommenheit nicht absprechen dürfen. Das g[ö]ttl[iche] Leben also als persönliches muß auch nach uns[eren] Denkgesetzen u[nd] uns[erer] Vorst[e]ll[u]ngsweise diese drei Momente des Seyns, Erkennens u[nd] Wollens in sich vereinigen. 2304 Es muß vor Allem wirkl[ich] seyn, existiren, Realität haben, sonst wäre es Nichts -; d[ie]s[e]s Seyn könnte aber allenfalls auch ein unbestimmtes Etwas, ein unbestimmtes bewußtloses Chaos seyn - es muß also [,] um 2305 bewußte Persönlichk[ei]t zu werden [,] noch weiteres hinzukommen, näml[ich] das Erkennen des eignen Seyns, das Bewußtseyn der eignen Realität [,] u[nd] daraus wird dann eb[en,] weil d[ie]s[e]s Seyn als das eigne Wesen erkannt wird, die Liebe 2306 d[ie]s[e]s eignen 2307 Wesens hervorgehen, die Selbstliebe, das Selbstwollen, 2308 - ich sage mit Nothwend[i]gk[ei]t geht 2309 d[a]h[er] Selbstwollen aus der Selbsterkenntniß hervor, weil es etwas Unnatürl[iches], ja Unmögliches ist, das eigne Seyn u[nd] Wesen nicht zu wollen. 2310 u[nd] d[a]d[u]rch auch Anderes erkennend (befreit v[on] der Trübung, dem Dunkel des Materiell[en], bloß[en] S[e]y[n]s); u[nd] es wird zugleich wollend in sich abgeschloß[en,] v[on] Ander[em] als Selbst sich unterscheidend. Die im körperl[ichen] Organism[us] gebundene, festgesetzte Idee [„Vorbild“ über der Zeile] wird hier Wissen (was nothw[en]d[i]g frei ist, dann ab[er] d[u]rch Lösung der Gebund[en]h[ei]t wird sie frei) [,] u[nd] die bewußtlos u[nd] gezwung[en] wirk[en]de Kraft wird freie Kraft gerade d[u]rch d[a]s Wiss[en] -“. 2301 „Seyn“ über der Zeile. 2302 Randbemerkung [95vl] : „NB [: ] Hienach nun dürf[en] wir au[c]h b[e]i G[o]tt u[nd] s[einem] Leb[en] a) Persö[n]l[i]chk[ei]t [,] b) Dr[e]ih[ei]t d[e]s Leb[en]s u[nd] S[e]y[n]s annehm[en]. Es fragt si[c]h nur, wie man d[ie]s[e] zur Potenz d[er] Absoluth[ei]t erheb[en] kann -“. Darunter [95vl] : „Wäre es bloßes Sey[n,] bloße Realität, müßte es schon drei Momente in sich schließ[en,] wenigst[en]s nach uns[erer] Vorst[e]ll[u]ngsWeise, die sich am Endlich[en] bildet -“. 2303 „wenigstens“ über der Zeile. 2304 Randbemerkung [95vl] : „Eine Substanz in G[o]tt - aber zugl[e]i[c]h eine Dreih[ei]t - nach Analogie alles Ges[c]höpfl[ichen,] u[nd] zwar ei[n]e persö[n]l[iche] Subst[an]z“. Darunter [95vl] : „D[a]s Sey[n] - als Substa[n]z [über der Zeile: „weil rein geist[i]g - also erk[ennen]d u[nd] woll[en]d“] muß s[c]hon drei Mom[en]te enth[a]lt[en], d.h. setzt voraus u[nd] fordert zwei and[ere] Momente -“. Darunter [95vl] : „Wir müß[en] drei Mo[men]te annehm[en] - aber [n]i[c]ht endl[iche,] si[c]h geg[en]s[ei]t[i]g ergänz[e]nde Momente -“. 2305 „um“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „zur“. 2306 „Selbstbesitz“ über der Zeile. 2307 „eignen“ über der Zeile. 2308 Randbemerkung [95vl] : „Erschöpf[en]d nur absolutes Selbsterk[ennen] - ebenso nur absolutes Selbstwoll[en] befriedig[e]nd -“. 2309 „geht“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „muß“. 2310 Randbemerkung [95vl] : „Selbst im Leb[en] bei Abnormitaet seh[e]n wir das - beim Selbsthaß“. <?page no="279"?> 269 Erhebung zur Absoluth[ei]t [.] 2311 Nun aber haben wir es hier nicht mit einer relativen, endlichen, bes[c]hränkten Persönlichkeit zu thun, sond[ern] mit der 2312 absoluten, vollkommenst[en] Persönlichk[ei]t, - hier wird also bei aller Aehnlichk[ei]t mit der (relativ[en]) endlich[en] Persönlichkeit, doch auch wieder ein Unterschied - ein gewisses Plus stattfinden müßen; das soll[en] wir untersuchen. 2313 Betrachten wir die Momente der endl[ichen] Persönlichkeit 2314 , so finden wir [,] daß eben das Merkmal der Endlichkeit, die Unvollkommenh[ei]t, Beschränktheit jedem derselben (jedem d[ie]s[er] Mom[ente]) eigen sei. Das Seyn 2315 der endl[ichen] Persönlichk[ei]t ist beschränkt dadurch schon [,] daß viele andere auch sind 2316 [.] - Das Erkennen dieses Seyns, das eigne Erkennen ist bes[c]hränkt schon durch die Bes[c]hränkung d[ie]s[e]s Seyns selbst, weil das Erkennen aus d[ie]s[em] Seyn hervorgeht [,] ihm adäquat seyn muß, dann dadurch, daß es nicht einmal d[ie]s[e]s endl[iche] Seyn ganz erkennt [,] sond[ern] theilweise über sich selbst im Dunkeln, im Unklaren ist; der M[e]nsch ist sich selbst ein Räthsel; 2317 [95vr/ 96rl] II. Th[ei]l 2318 §: 18 F[o]rts[e]tz[u]ng dieß wiederum deßhalb, weil er seinen eignen Ursprung nicht mit klarem Bewußtseyn erlebt hat, d.i. weil er sich nicht selbst geschaffen, weil er vor sich selber noch nicht war, also sein eignes Selbst sich in s[einem] Urspr[u]ng in eine graue, dunkle Vorzeit verliert u[nd] dann sich nicht auf einmal ganz hat u[nd] erfaßt [,] sond[ern] in die Länge einer gewißen Dauer -, die eine Entwickl[u]ngsperiode für ihn selbst ist -, sich gleichsam ausdehnt. 2311 „Erhebung zur Absoluth[ei]t“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. 2312 „der“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „einer“. 2313 „das soll[en] wir untersuchen“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [95vl] : „Davon aber müß[en] wir alle Bes[c]hränkung entfernen [,] die der mens[c]hl[ichen] Persönl[i]chk[ei]t mit ihren drei Moment[en] eigen sind - u[nd] alle Momente wieder zur Absoluth[ei]t steigern - (d.h. jed[e]s Mo[men]t muß die beid[en] and[ern] [en]th[a]lt[en] z[ur] Vollk[ommen]h[ei]t u[nd] doch vers[c]hied[en] sey[n], d.h. d[a]s Wesen muß glei[c]h s[e]y[n])“. 2314 „nochmal“ über der Zeile. 2315 „Realität“ über der Zeile. 2316 Über der Zeile: „u[nd] dad[u]rch [,] d[a]ß es erst d[u]rch Erk[ennen] ... (? )“; ebenfalls über der Zeile: „u[nd] d[a]ß es entsteht v[on] andern.“ Darunter [95vl] : „Beschr[än]k[un]g a) im Sey[n] - E[n]tsteh[en] u[nd] Besteh[en] b) in der E[n]twickl[un]gsw[ei]se c) im Resultat [.] - a) Alle zusamm[en] ergänz[en] sich [.] -“ Randbemerkung [95vl] : „u[nd] d[a]d[u]r[c]h [,] d[a]ß es erst ei[nes] Erk[ennen]s bedarf [,] u[m] actuell p[er]s[ön]l[ich] zu sey[n] - d.h. vollk[ommen] ... (? )“ 2317 Randbemerkung [95vl] : „Seine Seele ist wie ein dunkles, unerforschl[iches] Etwas -“. 2318 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 37“ am oberen Seitenrand [96rr] ; „37“ bezeichnet den Bogen. <?page no="280"?> 270 3) 2319 Sein Selbsterkennen wird also erst u[nd] das ist ebenfalls ein 2320 Grund der Unvollkommenh[ei]t -, es 2321 entwickelt sich, wird immer klarer erst d[u]rch Anstre[n]g[un]g u[nd] Thätigk[ei]t. Mit and[eren] Worten, sein Selbsterke[nnen] ist der Beschränkung [,] der Zeitlichkeit, Endlichk[ei]t unterworfen 2322 . - Das Seyn d[e]s G[ei]st[e]s ist früher als das Erkennen desselben, das im Seyn erst als Potenz enthalten ist 2323 , noch schlummernd im nebulosen Chaos des bloßen Seyns (das 2324 noch kein[en] bestimmt[en] selbstständ[i]g[en] Kern hat), daß ich so s[a]ge) 2325 , erst am Andern, am schon bewußten Geist, entzündet sich nach u[nd] nach d[ie]s[e]s Licht 2326 eignen Bewußtseyns. Beide Momente also - das Seyn u[nd] das Erkennen sind bei der menschl[ichen] Persönlichk[ei]t, bei dem endl[ichen] G[ei]st Beschränk[u]ng[e]n unterworfen, ger[a]de durch die eigne Natur [,] die der Zeit, der Entwickl[u]ng unterworfen u[nd] zugleich neben and[eren] Persönl[i]chk[ei]t[en] sich befindet u[nd] d[ie]s[e]r andern sogar bedarf zu s[einer] Ausbild[u]ng. 2327 Zudem endl[ich] ist auch Selbsttäusch[u]ng mögl[i]ch [,] weil d[er] M[e]nsch sein eignes Wesen nicht ganz durchschaut. 2328 Aber 2329 auch das dritte Moment des endl[ichen] Geistes, das Selbstwollen, die Selbstliebe ist gleicher Art. 2330 D[ie]s[e]s Wollen ist aber wieder beschränkt d[u]rch das eigne Seyn in seiner intensiven Kraft u[nd] in s[einem] Geg[e]nst[a]nd, den es will, es kann nicht mehr wollen, als eben d[ie]s[e]s eigne, beschränkte Seyn [; ] wo es mehr will, da ist das Wollen ein leeres, ein unfruchtbares [,] ein bloßes Wünschen, dem Nichts entspricht. Eben so ist d[ie]s[e]s Wollen beschränkt, unvollkommen d[u]rch die Bes[c]hränk[u]ng, u[nd] Unvollkommenh[ei]t des Erkennens; es kann erst als Thätigk[ei]t beginnen mit d[ie]s[e]m, denn wovon man Nichts weiß, das kann man auch nicht wollen; dann kann es das eigne Seyn nur so weit wollen als die Erk[e]n[n]tn[i]ß desselben reicht, den dunklen, unerklärbaren Grund der Seele kann [96rl/ 96vr] es auch nur in d[ie]s[e]r unvollkommnen Weise wollen u[nd] lieben. Also auch bei d[ie]s[e]m 3. Moment der mens[c]hl[ichen] Persönl[i]chk[ei]t wieder mehrfache Bes[c]hränkungen. 2331 2319 „3)“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. „3)“ zusätzlich am Seitenrand [96rr] . 2320 „ein“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „eine“. 2321 „es“ über der Zeile. 2322 Einfügung am Seitenrand [96rr] : „wie sein Seyn der Räumlichk[ei]t [über der Zeile: „u[nd] Zeitlichk[ei]t“], dem Nebeneinander [in die Zeile eingefügt: „u[nd] Nacheinander -“]“. 2323 „ist“ über der Zeile. 2324 „selber“ in der Zeile gestrichen. 2325 Welche der beiden geschlossenen Klammern irrtümlich gesetzt ist, ist unklar. 2326 „Licht“ über der Zeile. 2327 „u[nd]“ in der Zeile gestrichen. 2328 „Zudem endl[ich] ist auch Selbsttäusch[u]ng mögl[i]ch [,] weil d[er] M[e]nsch sein eignes Wesen nicht ganz durchschaut.“ im Nachhinein in die Zeile und am Seitenrand [96rr] eingefügt. 2329 Irrtümlich wiederholtes „aber“ in der Zeile gestrichen. 2330 „ist gleicher Art.“ über der Zeile. 2331 Einfügung am Seitenrand [96vl] : „Sollte der Mensch sein ganzes Seyn u[nd] Wesen vollkomm[en] selbst erkennen u[nd] wollen, so müßte er so zu sagen hinter sich selber kommen, d.h. über seinen Urspr[u]ng u[nd] Anf[a]ng hinaus [,] d.h. er müßte seiner s[c]hon bewußt seyn vor seinem Urspr[u]ng, also unzeitl[ich] seyn, u[nd] er müßte sich selbst s[c]hon wollen od[er] lieben vor seine[m] Urspr[u]ng [,] d.h. sich selbst erschaffen od[er] v[on] Ew[i]gk[ei]t seyn, kurz er müßte absolut, müßte G[o]tt seyn.“ <?page no="281"?> 271 Alle d[ie]se Bes[c]hränk[u]ng[e]n der einzelnen Momente können nun bei der absoluten Persönlichk[ei]t, bei G[o]tt nicht stattfinden. Das Seyn endl[icher] Persönlichk[ei]t [,] haben wir gesehen [,] ist bes[c]hränkt durch das DaSeyn 2332 anderer Persönl[i]chk[ei]t[e]n 2333 , dann durch den Urspr[u]ng v[on] Anderem her u[nd] endl[ich] dad[u]rch [,] daß es sich selbst erst nach u[nd] nach erkennt u[nd] weiß, das Alles ist beim göttl[ichen] Seyn nicht der Fall, d[ie]s[e]s ist unendlich, nicht unter od[er] neben andern, ist nicht v[on] andern dem Urspr[u]ng nach [,] sond[ern] ewig 2334 [,] absolut, u[nd] 2335 auch die Erk[e]n[n]tn[i]ß u[nd] d[a]s Wollen sind nicht erst in ihm anfängl[ich] schlummernd u[nd] unentwickelt, sond[ern] ewig actuell u[nd] vollkommen; also schon das Moment des Seyns ist als durchaus vollkommen sich wissend u[nd] wollend [,] d[a]h[er] persönlich schon als dieses Moment u[nd] d[a]h[er] nie bloßes Seyn. 2336 Das Moment des Selbsterkennens od[er] Wissens G[o]tt[e]s ist gleichfalls frei v[on] all’ den Unvollkomm[en]h[ei]t[en] u[nd] Beschränk[u]ng[e]n, derer die menschl[iche] Selbsterkenntniß unterworfen; sie ist v[on] Ewigk[ei]t vollendet, nicht erst sich entwickelnd, sie durchdringt das ganze Wesen 2337 G[o]tt[e]s u[nd] nimmt d[ie]s[e]s vollkommen in sich auf; u[nd] sie ist auch nicht ein leeres Denken [,] sond[ern] vollkommen inhaltsreich, productiv, schöpferis[c]h [,] d.h. zugleich ein kräftiges, wollendes Erkennen, also wieder die beiden andern Momente in sich enthaltend [,] d[a]h[er] als Moment der Selbsterkenntniß wieder schon persönlich. Endlich das 3. Moment der Persönlichk[ei]t od[er] des geist[i]g[en] Lebens ist bei G[o]tt ebenfalls nothw[e]nd[i]g vollkommen, ist 2338 absolut; d.h. es entsteht nicht erst, sond[ern] ist ewig u[nd] es ist nicht ein th[ei]lw[ei]se 2339 leeres Wünschen (wie b[ei] d[en] Mensch[en]) [,] sond[ern] absolut schöpferisch, productiv also mit d[em] 2340 Wesen od[er] Seyn gefüllt u[nd] auch mit dem Selbsterkennen vereint, da ein SelbstWollen 2341 hieb[e]i 2342 ni[c]ht möglich ist od[er] 2343 Kenntniß des Gewollten. Also auch in d[ie]s[em] 2332 Die erste Silbe „Da“ über der Zeile, daher das ursprüngliche „Seyn“ in Großschreibung. 2333 Einfügung am Seitenrand [96vl] : „kommt aber nicht erst im inner[n] Wesen d[u]rch d[ie]se[n] [„Zu“ in der Zeile gestrichen] Zustand (gleichsam zusamm[en]ges[e]tzt d[u]rch [„aus“ über der Zeile] B[e]z[ie]h[un]g[en] zu d[ie]s[e]n - od[er] th[ei]lw[eise] v[on] Auß[en] wie d[er] Stern) - sond[ern] die innere Potenz zur Selbsth[ei]t entwickelt sich nur an d[em] Andern.“ 2334 „ewig“ über der Zeile. 2335 „nicht“ in der Zeile gestrichen. 2336 „u[nd] d[a]h[er] nie bloßes Seyn.“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [ 96vl] : „NB [: ] Die materielle Subst[an]z macht d[ie]s[e]s Verh[ä]lt[ni]ß d[e]ßw[e]g[en] wohl a[m] d[e]utl[i]chst[en], weil sie das Fertigste in der S[c]höpf[un]g ist, kei[ne] E[n]twickl[un]g [me]hr hat - währ[en]d z.B. der M[en]sch[en]g[ei]st sich aus d[er] Pot[en]z zur Actualität [en]twick[e]lt -, u[nd] i[n]sof[e]rn u[n]s dieß V[er]h[ä]lt[n]iß [n]i[c]ht so d[e]utl[ich] zu mach[en] g[e]neigt ist -“. 2337 „Seyn“ über der Zeile. 2338 „ist“ über der Zeile. 2339 „th[ei]lw[ei]se“ über der Zeile. 2340 „mit d[em]“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „v[om]“. 2341 „Selbst“ über der Zeile, daher das ursprüngliche „Wollen“ in Großschreibung. 2342 „hieb[e]i“ über der Zeile. 2343 Möglicherweise war statt des „od[er]“ „ohne“ intendiert. <?page no="282"?> 272 Momente alle drei vereinigt, weg[en] der Absoluth[ei]t, weg[en] d[er] Vollkommenh[ei]t desselben. 2344 Man könnte nun einwenden: [96vr/ 97rl] Wenn d[ie]se drei Momente bei G[o]tt so untrennbar Eins sind [,] d.h. wenn das Eine - seiner Vollkommenh[ei]t wegen - immer auch die beiden andern schon 2345 in sich enthält, also weder der Zeit, od[er] der Entwickl[un]g nach, noch 2346 der Thät[i]gk[ei]t nach eine Sond[e]r[u]ng, Unterscheid[un]g statt findet, so müssen wir aber sagen: In G[o]tt laßen sich jene drei Momente des persönl[ichen] Geistes 2347 nicht so unterscheiden, wie beim Menschen, sond[ern] sind bei ihm durchaus Eins, identisch, Gott ist in sich, in sei[nem] Wesen ein so z[u] sag[en] ununterscheidbarer Punkt [,] wo sich gar kein bestimmter Inhalt bezeichnen läßt! 2348 Es ist richtig, dem Wesen nach läßt sich kein solcher Unterschied annehmen, das ist auch beim M[e]ns[c]h[e]n schon der Fall (re 2349 sind sie nicht unterschieden); 2350 auch nicht der 2344 Randbemerkung [96vl] : „s[iehe] U[n]t[en: D[a]s Gl[e]i[c]h[n]iß v[on] d[en] 3 räuml[ichen] Dimension[en] macht es am deutl[i]chst[en; ] jede Dimensi[on] ist v[on] der and[eren] verschied[en] - jede hat aber das ganze Material od[er] Substanz in u[nd] für sich [,] u[nd] insofern auch die beid[en] ander[n] Dimensio[nen] - die aber doch au[c]h formaliter wieder nicht d[ie]se Dim[en]si[on] si[n]d. -“ [„Die Materielle Subst[an]z ... (? ) dieß V[er]h[ä]lt[ni]ß ... (? )“ in der Zeile gestrichen.] Wir dürf[en] die 3 Mom[ente] nicht in Ei[n]s vers[c]hw[immen] laß[en] - sonst heb[en] wir d[en] B[e]gr[i]ff der Persönl[i]chk[ei]t auf - u[nd] erhalt[en] eine in sich starre, unleb[e]nd[i]g[e], unthätige, [„E“ in der Zeile gestrichen] in sich gebundene Einh[ei]t [.] - [Einfügung in die Zeile unleserlich.] [An dieser Stelle wird eine weitere Randbemerkung [96vl] eingefügt: „Wir dürfen a) nicht anders als auch in Gott drei Momente annehmen - zum Behufe b) der Persönl[i]chk[ei]t - aber müß[en] jedes d[ie]s[e]r Momente selber wieder absolut nehmen, als s[c]h[on] persönl[ich]. So d[a]ß nicht wie b[e]i d[en] M[en]s[c]h[en] die drei Mo[men]te die Eine P[er]sö[n]l[ic]hk[ei]t [„erst“ über der Zeile] constituir[en].“] Doch aber müßen wir jedes Mo[men]t s[c]hon als absolut gelt[en] laß[en], also mit d[er] Vollk[ommen]h[ei]t der beid[en] ander[n] sch[on] begabt [.] - Wir sag[en] d[a]h[er: ] essentialiter sind in jed[em] Mo[men]t die beid[en] ander[n] sch[on] - formaliter aber nicht [.] Gl[e]i[c]h[n]iß v[on] d[en] 3 Dimensi[onen] paßt da [.]“ 2345 „schon“ über der Zeile. 2346 „noch“ über der Zeile. 2347 „Geistes“ in der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Menschen“. 2348 Randbemerkung [97rr] : „Wie ein mathematis[c]h[er] Punkt“ im Nachhinein eingeklammert und zusätzlich gestrichen. Darüber [97rr] : „Man könnte sagen: Gut, wir erhalt[en] die g[ö]ttl[iche] Persö[n]l[i]chk[ei]t zur Absoluth[ei]t [,] indem wir die ird[i]s[c]h[e] Unt[e]rscheid[un]g der drei Mom[en]te ganz aufgeb[en.] - Allein [,] damit wäre d[er] Knot[en] so z[u] s[a]g[en] zerhau[en], [n]i[c]ht gelöst. Wir soll[en] die Mo[men]te besteh[en] laß[en] u[nd] sie selbst zur Absoluth[ei]t erheb[en] - u[nd] d[a]s kann ges[c]heh[en,] wenn Ei[n]h[ei]t der Subst[an]z gewahrt ist.“ Darunter [97rr] : „D[a]s ... (? ) als d[a]s Beharr[e]nde mit s[einer] Dreih[ei]t ist insofern Ein deutl[i]cheres Bild d[ie]s[e]s Verh[ä]ltn[i]ßes [.] [„Ein sachl.“ in der Zeile gestrichen.] Schon d[a]s Räumliche ist bei d[en] 3 Dimension[en] u[nd] ihr[en] Unters[c]hied[en] sachl[ich] (wes[en]tl[ich]) nicht unters[c]hied[en.] -“ Darunter [97rr] : „kei[ne] Unterscheid[un]g mach[en] läßt“. 2349 „substantia“ über der Zeile. 2350 Randbemerkung [97rr] : „Wir würd[en] uns doch immer wieder die g[ö]ttl[iche] Persö[n]l[ic]hk[ei]t verd[e]utli[c]h[en] an d[e]r menschl[ichen] u[nd] also 3 Mo[men]te annehm[en] - würd[en] wir d[ie]se aber e[n]dl[i]ch - [n]i[c]ht absolut annehmen, so bekäm[en] wir keine absolute Persö[n]l[i]chk[ei]t [.] - <?page no="283"?> 273 Zeit 2351 nach, wie dieß allerdings bei[m] Mens[c]hengeist s[c]hon der Fall ist; denn G[o]tt ist v[on] Ew[i]gk[ei]t; aber ratione od[er] der Form nach dürfte sich doch auch der denkenden Betracht[u]ng ein Unterschied ergeben zw[i]s[c]h[en] d[ie]s[e]n Momenten d[e]s g[ö]ttl[ichen] Lebens 2352 (u[nd] zwar nicht blos menschl[ich] formal [,] sond[ern] göttl[ich] formal, nicht blos ratione humana [,] sond[ern] ratione divina); 2353 denn das Leben, das Leben des Geistes, der Persönlichk[ei]t, ist schon im Irdis[c]h[en,] wie wir gesehen [,] eine innere Wechselwirk[u]ng v[on] d[ie]s[e]n drei Momenten, es ist nicht ein unterschiedsloser leerer Punkt, es ist kein sog[enannter] mathematis[c]her Punkt, der an sich u[nd] für sich 2354 keine Realität hat, sond[ern] das geist[i]g[e] 2355 Leben, wie einfach, wie punctuell wir es uns auch denken mögen, ist doch etwas, hat einen Inhalt u[nd] eine Bewegung in sich; 2356 um so weniger dürfe[n] wir beim göttl[ichen] Leben d[ie]s[e]n Inhalt bei aller Einfachh[ei]t u[nd] Geist[i]gk[ei]t läugnen, müßen vielmehr den reichsten Inhalt annehmen 2357 ; d[ie]s[e]r Inhalt besteht aber eben in der Unterscheid[un]g u[nd] Vereinigung jener drei Momente. Das Seyn G[o]tt[e]s ist absolut 2358 vollkommen für sich, ist persönlich 2359 ; das Erkennen ist wieder vollkommen für sich u[nd] d[a]h[er] persönl[ich] u[nd] ebenso das Wollen, u[nd] man darf gerade 2360 um d[ie]se Vollkommenh[ei]t u[nd] Absoluth[ei]t G[o]tt[e]s zu 2361 retten, nicht sagen: durch das 2. Moment u[nd] 3. Mom[ent] 2362 werde aber das erste vollendet 2363 u[nd] alle drei ergänzen sich gegenseitig; 2364 denn das erste Mom[en]t, das Seyn, wird nicht durch das Selbstdenken erst vollendet; 2365 das Selbstdenken, die Selbsterk[e]n[n]tn[i]ß 2366 [97rl/ 97vr] macht 2367 nicht die Persönlichk[ei]t erst, wie beim Mensch[en,] sond[ern] findet sie so z[u] sag[en] schon vor, sonst wäre der Wenn wir sie aber als u[n]tr[enn]bar Ei[n]s d[en]k[en], aber do[c]h als drei Mo[men]te, so ist ja angeno[mmen], d[a]ß jed[e]s absolut sey. -“ 2351 „tempore“ über der Zeile. 2352 „zw[i]s[c]h[en] d[ie]s[e]n Momenten d[e]s g[ö]ttl[ichen] Lebens“ über der Zeile. 2353 Randbemerkung [97rr] : „NB [: ] weil ratione divina [,] daru[m] Dreih[ei]t d[e]r Person[en] -“. 2354 „und für sich“ über der Zeile. 2355 „geist[i]g[e]“ über der Zeile. 2356 Randbemerkung [97rr] : „Ei[n] innerl[iches] leb[en]d[i]g[e]s Absolut[e]s verlangt dieß, d[enn] G[o]tt ist leb[en]d[i]g, [n]i[c]ht ei[n] bloß[e]r [„leblos[er]“ über der Zeile] Allvollkomm[en]h[ei]tsb[e]gr[i]ff - (Rational[ismus])“. 2357 Einfügung am Seitenrand [97rr] : „die vollste Beweg[u]ng - sonst wäre Leblosigk[ei]t [,] Tod da. Wo aber Beweg[un]g, da Vielh[ei]t“. 2358 „absolut“ über der Zeile. 2359 Einfügung am Seitenrand [97rr] : „Weil geist[i]g[es] [„absolut[e]s“ über der Zeile] Sey[n]“. 2360 „gerade“ über der Zeile. 2361 Unleserliche Buchstaben in der Zeile gestrichen. 2362 „u[nd] 3. Mom[ent]“ über der Zeile. 2363 „vollendet“ über der Zeile. 2364 Randbemerkung [97rr] : „An den 3 Dimensionen des Räumlichen kann man sich das wieder am best[en] verdeutlich[en]“. 2365 „die Persönlichk[ei]t“ in der Zeile gestrichen. 2366 „die Selbsterk[e]n[n]tn[i]ß“ am Seitenrand [97rr] in die Zeile eingefügt. 2367 „constituirt“ über der Zeile. <?page no="284"?> 274 G[e]g[e]nst[a]nd der g[ö]ttl[ichen] 2368 Selbsterkenntniß kein vollkomm[ener], es fehlte ihm eben die Persönlichk[ei]t, die Selbsterkenntniß. So wenig man sagen kann, G[o]tt bringe sich selber d[u]rch sein Wollen erst hervor, so wenig kann man sagen, er bringe erst 2369 seine Persönlichk[ei]t 2370 hervor d[u]rch s[ein] Selbsterkennen 2371 . Freilich ist d[ie]s[e]r Unterschied eig[e]ntl[ich] keine Zahl im kraßen Sinn 2372 zu nennen, nicht drei im gewöhnl[ichen] Sinn, denn das göttl[iche] Leben bestand ja schon [,] ehe die Welt u[nd] damit auch Zahl u[nd] Maaß geschaffen ward 2373 ; aber die irdis[c]he Zahl ist ein Abbild d[ie]s[e]r g[ö]ttl[ichen] Lebens-Momente [,] u[nd] wenn auch unvollkommen [,] so doch im Irdischen das paßendste, entsprechendste. 2374 Wie die Zeit mit ihren drei Momenten der Vergangenh[ei]t, Gegenwart u[nd] Zukunft, die alle drei doch wieder eine continuirliche Einheit bilden 2375 [,] zwar ein Abbild der Ewigk[ei]t ist, aber nicht d[ie]se selbst; so ist auch d[ie]se ird[i]sche 2376 Dreieinheit zwar ein Abbild des g[ö]ttl[ichen] persönl[ichen] Lebens, aber nicht d[ie]s[e]s selbst vollkommen adäquat ausdrückend; da sich göttl[iches] Wesen u[nd] Leben nicht mit Maaß u[nd] Zahl bestimmen läßt, das Relative nicht das Absolute adäquat darstellt. 2377 Man kann also sagen: Gott ist, existirt nicht blos v[on] Ew[i]gk[ei]t in vollk[ommener] Weise 2378 , sond[ern] er denkt u[nd] weiß sich auch selbst in vollkommenster Weise, d[ie]s[e]s Denken u[nd] Wißen ist aber ein substantiales Nennen od[er] Aus-Sprechen 2379 seines ganzen, vollkommenen Wesens, es ist das consubstantiale, das wesensgleiche Wort [,] in dem sein ganzes lebend[i]g[e]s Wesen ausgesprochen ist, das G[o]tt 2380 selbst ist; 2381 2368 „g[ö]ttl[ichen]“ über der Zeile. 2369 „bringe erst“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „mache sich erst“. 2370 Unleserliche Buchstaben in der Zeile gestrichen. 2371 Einfügung am Seitenrand [97vl] : „NB [: ] So schei[n]t es denn, als ob wir je neu[e] P[e]rson[en] ke[nnen] - u[nd] da d[ie]se wieder in all[en] Mom[en]t[en] absolut wär[en] - zu noch mehre[rn] i[n] infinitum - all[e]i[n] die Absoluth[ei]t s[c]h[on] s[c]hli[e]ßt d[ie]se Folg[e]ru[n]g aus - u[nd] da nur drei vers[c]hied[ene] Mo[men]te u[n]terschi[e]d[en] laß[en,] so fall[en] ja immer alle drei gl[e]i[c]h[e] Mo[men]te der P[er]sö[n]l[ic]hk[ei]t in si[c]h zus[ammen.]“ 2372 „im kraßen Sinn“ über der Zeile. 2373 Einfügung am Seitenrand [97vl] : „in seinem immanenten Leben ist d[a]h[er] keine irdis[c]he Zahl, kein ird[i]s[c]h[es] Maaß anzunehmen [.] - Kein Mo[men]t braucht ferner 3 and[e]re - aber weil es die 2 ander[n] s[c]h[on] i[n] si[c]h hat -“. 2374 Randbemerkung [97vl] : „NB [: ] Diese Beweisführ[u]ng nun hat, wer soll es glauben, großen Anstoß gegeben [.] - Ni[c]ht etwa wegen wiss[enschaftlicher] Unricht[i]gk[ei]t, - Niemand noch hat auch nur versucht dieß zu widerleg[en] - sond[ern] weil da ei[n] Bew[eis] geführt wird - rationalist[i]s[c]h, V[e]rdi[en]st d[e]s Glaub[en]s beeinträcht[i]g[en]d -. Und doch sollte man glaub[en], die Wiss[en]s[cha]ft müße w[en]igst[en]s d[a]s Recht hab[en] - ... (? )“ 2375 „auf“ in der Zeile gestrichen. 2376 „ird[i]sche“ über der Zeile. 2377 Einfügung am Seitenrand [97vl] : „Zeit u[nd] Zahl wurde ja erst ges[c]haffen v[on] G[o]tt [,] läßt sich darum nicht geradezu in’s göttl[iche] Wes[en] u[nd] Leb[en] übertrag[en] -“. 2378 „in vollk[ommener] Weise“ über der Zeile. 2379 „Aus-” über der Zeile. 2380 „G[o]tt“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „es“. 2381 Randbemerkung [97vl] : „G[o]tt ist d[a]s Licht s[e]i[ne]r Selbsterl[e]u[c]ht[un]g selbst“. Darunter [97vl] : „Das Denken ist = Sprechen [„Nennen“ über der Zeile] = Wort (d[a]h[er] so häufig der Name G[o]tt[e]s, weil d[ie]s[e]r real ist [,] d.i. d[a]s Wesen G[o]tt[e]s selber)“. <?page no="285"?> 275 der logoj o`moou,sioj. Das Selbstdenken G[o]tt[e]s od[er] das Nennen seines eigen[en] Wesens ist kein unfruchtbares, leeres Wort [,] sond[ern] ein reales, wesenhaftes [,] u[nd] d[ie]s[e]n 2382 seinen real[en] Inhalt bildet das Wesen G[o]tt[e]s mit all’ 2383 sein[en] Vollkommenh[ei]t[e]n selbst; denn G[o]tt erkennt sein ganzes Wesen, es ist ihm nicht etwa auch th[ei]lw[ei]se verborgen. - In gleicher Weise liebt G[o]tt sich auch selbst in vollkommenster wesenhafter 2384 Weise, er will sich selbst, weil er das vollkommenste Wesen ist [,] 2) weil er sich als solches vollkommenstes Wesen erkennt; also d[ie]se wesenhafte Liebe 2385 [97vr/ 98rl] II. Th[ei]l 2386 §: 18 F[o]rts[e]tz[u]ng geht hervor aus seinem Seyn u[nd] seinem Erk[e]nnen, weil er das vollkommenste Wesen ist 2387 u[nd] weil er sich als das vollkommenste Seyn 2388 selbst anerkennt, liebt er sich selbst in vollkommenster Weise; u[nd] durch d[ie]se Liebe kommt das Erkennen mit dem Seyn in Verbind[u]ng, in Vereinigung. Das Erkenn[en] des Vollkommensten verlangt nach demselben 2389 [,] weil es 2390 vollkommen 2391 , die Liebe aber einigt Erkennendes u[nd] Erkanntes. Nun ist allerdings richtig, daß bei all’ d[ie]s[e]m [,] was hierüber bemerkt wurde, doch das innerste Wesen u[nd] Leben G[o]tt[e]s doch ein Geheimniß ist u[nd] bleibt; aber wie schon Eingangs bemerkt wurde [,] ist ja das irdis[c]he Leben uns schon unbegreiflich - bis jetzt, wenigstens - u[nd] der Menschengeist ist sich selber ein Räthsel, er erkennt sich selber nicht ganz; er fühlt einen dunklen Grund in sich [,] den er nicht durchdringen u[nd] beleuchten kann; ja gerade deßhalb, weil er sein eignes geist[i]g[es] 2392 Wesen nicht begreift, kann er auch das göttl[iche] um so weniger begreifen, denn es fehlt ihm nun alle innere Erfahr[u]ng u[nd] aller Maaßstab zu d[ie]s[e]m Begreifen. 2393 2382 „d[ie]s[e]n” über der Zeile. 2383 Unleserliche Wörter über der Zeile. 2384 „wesenhafter“ über der Zeile. 2385 Randbemerkung [97vl] : „Erk[ennen] ist Unters[c]h[e]id[un]g - (ei[ne]s als Ander[es] Erk[ennen])“. Darunter [97vl] : „Woll[en], Lieb[e] ist Vereinig[un]g -“. 2386 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 38“ am oberen Seitenrand [98rr] ; „38“ bezeichnet den Bogen. 2387 In der Zeile folgendes „liebt er sich“ gestrichen. - Randbemerkung [98rr] : „Ex patre filioque -“. 2388 „Seyn“ über der Zeile. 2389 In der Zeile folgendes „ Voll“ gestrichen. 2390 „so“ gestrichen. 2391 „weil es vollkommen“ am Seitenrand [98rr] eingefügt. 2392 „geist[i]g[es]“ über der Zeile. 2393 Es ist nicht genau zu erkennen, ob der vorstehende Absatz nachträglich mit Klammern versehen wurde. Randbemerkung [98rr] : „Aber ist da nicht eine Bes[c]hränk[un]g [? ] Ist [n]i[c]ht w[en]igst[en]s Eine Perso[n] das [n]i[c]ht [,] was die andere ist als Mo[men]t also do[c]h [n]i[c]ht absol[u]t? 1) Jede hat alle dr[e]i M[omen]te i[n] si[c]h 2) w[enn] sie dennoch verschied[en,] so ist eb[en] di[e] Absol[u]th[ei]t b[e]di[n]gt d[urc]h Vers[c]hi[e]d[en]h[ei]t v[on] A[n]de[rem,] wie Güte absol[u]t ist d[ur]ch Ger[ec]ht[i]gk[ei]t etc.“ <?page no="286"?> 276 Man kann die spekulat[ive] Entwickl[u]ng des immanent[en] 2394 göttl[ichen] Lebensproceßes, um die Dreipersönlichk[ei]t u[nd] Einheit desselben darzuthun, - auch so geben. Gott als der vollkommenste Geist, als absolute Persönlichk[ei]t, 2395 ist, existirt nicht blos [,] sond[ern] er muß auch thätig, lebend[i]g seyn, um vollkommen u[nd] seelig seyn zu können. Sein absol[utes] 2396 Erkenntnißvermögen, 2397 die Potenz zu Erkennen [,] um so zu reden, darf nicht unthätig, unrealisirt seyn, sond[ern] sie muß sich bethätigen [,] u[nd] zwar in vollkommenster Weise, in absoluter Weise; der Geg[e]nst[a]nd des Erkennens muß ein absoluter seyn, denn ein anderer würde d[a]s absolute Erk[e]n[n]tn[i]ßvermögen nicht befriedigen [,] ihm nicht ganz entsprechen; d[ie]s[e]r G[e]g[e]nst[a]nd der g[ö]ttl[ichen] Erk[e]n[n]tn[i]ß kann also nur G[o]tt selber seyn, kein endl[icher] G[e]g[e]nst[a]nd wie die Welt. 2398 In derselben Weise muß Gott auch 2399 ein Object seines absoluten, unendl[ichen] Willens- Vermögens haben, das d[ie]s[e]m ganz entspricht [,] das kann wiederum nur Er selber seyn, sein ganzes, volles, absolutes Wesen; d[ie]ses allein ist seiner vollen Liebe angemeßen u[nd] entsprechend. [98rl/ 98vr] Wollte man dieß nicht zugeben, so müßte man ein[en] andern G[e]g[e]nst[a]nd seines absoluten Erkennens u[nd] Wollens auffinden, sonst wäre ja das geist[i]ge Wesen G[o]tt[e]s - seine absoluten Kräfte der Erk[e]n[n]tn[i]ß u[nd] des Wollens - unthätig, unbefriedigt, was sich v[on] G[o]tt nicht denken läßt; d[ie]s[e]s andere Object könnte nur das Geschöpfliche, die 2400 Welt seyn. Und in d[ie]s[e]m Falle bedürfte also Gott der Welt zu seiner Vollkommenh[ei]t; sie könnte kein Werk des freien Willens u[nd] Schaffens seyn, denn er hätte sich dazu genöthigt gesehen, um etwas zu thun [,] nur den inneren Mangel, das Bedürfniß [,] den Trieb des Erkennens u[nd] Wollens zu befriedigen, die Welt gehörte also jedenfalls als nothwend[i]g[e]r Appendix zum Wesen G[o]tt[e]s, das seine volle Befriedig[u]ng nicht in sich fände, sond[ern] in s[einer] Thätigk[ei]t nach Außen suchen müßte. Dann könnte aber die Welt auch nicht zeitlich seyn, sond[ern] sie müßte ewig seyn wie Gott, denn bedürfte ihrer G[o]tt zu seiner eignen Befriedig[u]ng u[nd] vollkom[m]nen Seeligk[ei]t, so wäre d[ie]s[e]s Bedürfniß nicht erst in der Zeit eingetreten, sond[ern] es wäre ewig u[nd] darum müßte auch die Befriedig[u]ng d[ie]s[e]s Bedürfnißes, die Welt [,] ewig seyn, sonst wäre G[o]tt erst unbefriedigt gewesen, hätte th[ei]lw[ei]se Mangel gelitten, wäre unthätig gewesen u[nd] hätte dann durch die Weltschöpf[u]ng erst seine Vollkomm[en]heit erlangt; 2394 „immanent[en]“ über der Zeile. 2395 „a)“ am Seitenrand [98rr] . 2396 „absol[utes]“ über der Zeile. 2397 „b)“ am Seitenrand [98rr] . 2398 „kein endl[icher] G[e]g[e]nst[a]nd wie die Welt.“ am Seitenrand [98rr] angefügt. Randbemerkung [98rr] : „Und d[ie]se absolute Erk[enn]t[n]iß - kann nicht ei[n] bloßer Begr[i]ff [,] ei[n] bloßer G[e]d[an]ke sey[n], wie b[e]i[m] M[en]s[c]h[en], s[on]d[ern] als Absolut [m]uß d[ie]se Erk[enn]t[n]iß real - absolut real sey[n] - eb[en]so die Liebe - [n]i[c]ht bl[o]ß[e]s Seh[nen] od[er] Wü[n]sch[en]“. 2399 „einen Ge[genstand]“ in der Zeile gestrichen. 2400 „die“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „der“. <?page no="287"?> 277 wäre 2401 aber mit dem absoluten Wesen u[nd] Vollkommenh[ei]t 2402 G[o]tt[e]s unvereinbar, also müßte die Welt auch ewig seyn u[nd] auch nie aufhören. In früh[erer] Zeit neigte sich 2403 Origenes d[ie]s[e]r Ansicht in d[er] That 2404 zu, er wollte eine Ewigk[ei]t der Welt oder aufeinanderfolgenden Welten, weil G[o]tt nie unthätig seyn dürfe; in neu[erer] Z[ei]t huldigt der Panentheismus in s[einer] schlechten Bedeut[u]ng d[ie]s[e]r Ansicht, daß die Welt in G[o]tt sei 2405 [,] ein Moment d[e]s immanenten göttl[ichen] Lebens selbst, nicht ein Produkt seines immanenten Wirkens u[nd] Schaffens; - so daß hienach die Welt zu G[o]tt[e]s 2406 Wesen gehörte, ohne die Welt ist G[o]tt nicht Gott, lautet der Spruch. Dieß ist in der That nur ein unconsequenter Panth[ei]sm[us] u[nd] führt nothw[e]nd[i]g dazu. Und in sofern [98vr/ 99rl] kann man sagen, wenn die philos[ophische] Spekulat[ion] üb[er] das Wesen G[o]tt[e]s die Dreipersönlichk[ei]t läugnet u[nd] doch nicht auf alles Wissen in Betreff des g[ö]ttl[ichen] Wesens verzichten will, so kommt sie nothw[e]nd[i]g zum Panth[ei]sm[us]. III) Die Lehre von der Persönlichk[ei]t u[nd] besond[ers] v[on] der Dreipersönlichk[ei]t G[o]tt[e]s ward u[nd] wird vielfach angegriffen [,] u[nd] zwar wird 2407 die Persönlichk[ei]t G[o]tt[e]s v[on] den Pantheisten geläugnet, die 2408 Dreipersönlichk[ei]t aber von den Pantheisten u[nd] Rationalisten od[er] Deisten. Hierüber noch einige Bemerkungen. 2409 a) Die Persönlichk[ei]t G[o]tt[e]s 2410 , sagen die Pantheisten, ist schon darum unmöglich, weil sie (d[ie] P[e]rs[ö]nl[i]chk[ei]t) eine Beschränkung, eine Begränzung ist; Persönlichk[ei]t ist nur möglich durch den Gegensatz zu Andern u[nd] durch bewußte Unter- 2401 „wäre“ über der Zeile ersetzt in der Zeile allerdings nicht gestrichenes „ist“. 2402 „u[nd] Vollkommenh[ei]t“ über der Zeile. 2403 „neigte sich“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „ war“. 2404 In der Zeile folgendes „sich“ gestrichen. 2405 In der Zeile folgendes „ein Moment d[e]s“ wohl gestrichen. Randbemerkung [98vl] : „zwar nicht das ganze Wesen G[o]tt[e]s wäre, wie der Panth[ei]sm[us] s[a]gt [,] aber doch“. Darüber die Randbemerkung [98vl] : „Schiller 1) Freudlos war d[e]r große [„große“ über der Zeile] Welt[enme]ister 2) Fühlte Mangel - darum schuf er Geister [„Geister“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes und gestrichenes „Welt“] 3) Subj[ectiver] Spiegel seiner Sel[i]gk[ei]t! 4) Aus d[em] Kelche d[ie]s[e]s [„g...“ (? ) über der Zeile] G[ei]st[e]swes[e]ns 6) Schimmert ih[nen] d[ie] Unendl[i]chk[ei]t [„Unendl[i]chk[ei]t“ unter der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Unsterbl[i]chk[ei]t“] 5) Fand d[a]s hö[c]hste Wes[en] s[c]h[on] k[e]i[n] Gl[e]i[c]h[e]s“. 2406 In der Zeile folgendes „geh[örte]“ gestrichen. 2407 „wird“ korrigiert durch Überschreibung ursprüngliches „die“. 2408 In der Zeile irrtümlich gedoppeltes „die“ durch Streichung korrigiert. 2409 Randbemerkung [99rr] : „§ 13 V[on] d[er] Persönl[i]chk[ei]t d[e]s Absolut[en]“. Darunter die Randbemerkung [99rr] : „NB [: ] Auch das Eine Menschenwesen - genus - in vielen Species u[nd] Individuen - dasselbe Wesen, bei Aller Vielh[ei]t.“ 2410 „A)“ am Seitenrand [99rr] . <?page no="288"?> 278 scheid[u]ng von d[ie]s[e]m Andern. 2411 Das Bewußtseyn eines Selbst, eines Fürsichseyns entsteht nur durch das Wissen eines Fremden [,] eines Nicht-Selbst 2412 , eines Andern 2413 . Da aber Gott unendl[ich] u[nd] außerweltl[ich] seyn soll, so fehlte ihm d[ie]s[e]s Andere [,] u[nd] darum ist 2414 Persönl[i]chk[ei]t unmöglich, ist er aber persönlich, dann kann er nicht außerweltl[ich] seyn u[nd] nicht unendlich, denn Persönlichk[ei]t ist eine Bestimmung, Beschränkung u[nd] es gelte der Satz Spinoza’s: Omnis determinatio est negatio. Dagegen nun ist zu sagen [,] daß zum Begriff der Persönlichk[ei]t nicht nothwendig das Moment der Bes[c]hränk[u]ng, der Begränzung durch Anderes gehöre. Persönlichk[ei]t 2415 ist das Wissen u[nd] das daraus hervorgehende Wollen des eignen Seyns, - das Wissen um meine Realität u[nd] das Wollen derselben, daß bei dem Menschen noch das hinzukommt, 2416 daß er sich verschieden v[om] Andern weiß u[nd] sich wollend v[om] Andern unterscheidet u[nd] sein eigen Selbst behauptet u[nd] dem Andern gegenüber setzt, das gehört nicht strenge zum Begriff der Persönl[i]chk[ei]t 2417 - denn d[ie]se bedarf ja für sich nichts als das eigne Seyn, 2418 daß das Wissen nichts Andres als das eigne Seyn weiß u[nd] nichts andres als das eigne Seyn will, 2419 ist ja eben das Persönliche, nicht das Unterscheid[ende] v[om] Andern - d[ie]se Unterscheid[un]g v[om] [99rl/ 99vr] v[om] 2420 Andern bringt zum Begriff der Persönlichk[ei]t nur noch das Merkmal der Relativität hinzu. 2421 Denken wir uns d[ie]s[e]s Merkmal weg, so ist damit noch nicht der Begriff v[on] Persönlichk[ei]t aufgehoben, sond[ern] nur der von relativer Persönlichk[ei]t; also ist eine Persönlichk[ei]t möglich, schon 2422 ihrem Begriffe nach ohne jenen Geg[e]nsatz eines Andern, d.i. ohne nothw[e]nd[i]ge Bes[c]hränk[u]ng. 2423 2411 Randbemerkung [99rr] : „a) Daß Gott pers[ön]l[ich] s[e]y [,] geht sch[on] aus d[e]r Idee d[e]r Absoluth[ei]t positiv hervor [,] ind[em] wir ih[m] [n]i[c]ht d[a]s S[e]y[n,] s[on]d[ern] Erk[ennen] u[nd] Woll[en] u[nd] die Eig[en]s[c]h[a]ft[en,] die dar[a]us hervorgeh[en,] zus[c]hreib[en.] b) Daß die Absoluth[ei]t u[nd] P[er]sö[n]l[ic]hk[ei]t sich [n]i[c]ht wid[e]rsp[re]ch[en,] läßt si[c]h unschwer zeig[en]“. 2412 „Vers[c]hied[en]s[e]y[n] ... (? )“ über der Zeile. 2413 „ss[e]y[n]s“ wohl mit „Andern“ in der Zeile zu verbinden zu „Anderss[e]y[n]s“ über der Zeile gestrichen. 2414 „ist“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „wäre“. 2415 „1)“ am Seitenrand [99rr] . 2416 „b)“ am Seitenrand [99rr] . 2417 Randbemerkung [99rr] : „D[a]s wäre in der That Anthropomorphismus. -“ 2418 „u[nd]“ in der Zeile gestrichen. 2419 Randbemerkung [99rr] : „nur d[a]s negative Moment“. 2420 „v[om]“ irrtümlicherweise gedoppelt. 2421 Randbemerkung [99rr] : „Und dann d[ie] Mögl[i]chk[ei]t d[e]r Welt als eines (sic! ) Andern liegt jed[en]f[a]lls i[n] d[er] g[ö]ttl[ichen] Allmacht od[er] auch in s[einem] Selbstwiss[en] -“. 2422 „schon“ über der Zeile. 2423 Einfügung am Seitenrand [99vl] : „Das Wißen des eignen Seyns ist das Wesentl[iche], nicht die Bes[c]hränk[u]ng d[u]rch Anderes, denn d[u]rch all’ d[ie]se Beschränk[u]ng v[on] Andern kommt in Ew[i]gk[ei]t keine Persönl[i]chk[ei]t zu Stande, sonst müßte alles Irdis[c]he persönl[ich] seyn, weil Alles bes[c]hränkt ist d[u]rch Anderes. - Die Persönlichk[ei]t schließt vielmehr gerade das Andere aus, sagt dieß: daß sie d[e]s A[ndern] [„als solch[em]“ über der Zeile] nicht bedarf - besteht darin sie des Andern nicht bedarf - statt es z[u] bedürfen - je mehr sie entwickelt ist, je vollkommener sie ist, um so weniger bedarf sie eines Andern - die vollkomm[en]ste Pers[ön]l[i]chk[ei]t b[e]darf d[a]h[er] am wenigst[en] d[e]s Andern - begränzend“. <?page no="289"?> 279 Dann aber betrachten wir nur uns[ere] eigne Persönlichk[ei]t, ob wir uns ihrer als einer Beschränkung bewußt werden. Wir fühlen das Bewußtseyn unsr[e]s Selbst keineswegs als eine Beschränkung in uns, als Unvollkommenh[ei]t, sond[ern] sind d[ie]s[e]s Selbstbesitzes gerade als des größten Vorzugs froh, der alle and[ern] Vorzüge [,] die wir uns[er] nennen, erst möglich macht. Zudem 2424 aber erweitert sich uns[er] Geist v[on] diesem festen, bestimmten Centrum aus wieder in’s Unendliche, er ist gerade durch d[ie]s[e]s Selbstbewußtseyn im Stande [,] auch Andres zu erkennen, u[nd] dadurch sich eigen zu machen, sein Selbst so in’s Unendliche zu erweitern; 2425 u[nd] in gleicher Weise wird durch den Selbstbesitz erst das Wollen eines 2426 Andern möglich, die Liebe von Anderem. Durch die Liebe aber erweitert wiederum der Mensch sein Selbst, indem er es dad[u]rch an Andere hingibt, mit d[ie]s[e]n in Vereinigung, in Gemeinschaft tritt. Wir vermögen gerade durch uns[er] Selbstbewußts[eyn,] d[u]rch uns[ere] Persönlichk[ei]t, mittels der Phantasie den Flug ins Unermeßliche z[u] unternehmen, können unermeßene, unbegränzte Wünsche hegen; 2427 was Alles nicht möglich ist beim unpersönl[ichen,] bewußtu[nd] willenlosen Gegenstand. Kurz die Persönlichk[ei]t, weit entfernt [,] uns einzuengen, uns auf das Minimum des Daseyns zu beschränken, gibt uns vielmehr die Möglichkeit, uns über Zeit u[nd] Raum auszubreiten, zu erweitern, die engen Schranken uns[eres] individuellen Seyns zu überfliegen. 2428 Und so kann auch Gottes Persönlichkeit das reinste, vollste Selbst und doch zugleich unendlich seyn, bewußt darum [,] nicht beschränkt zu seyn, - da schon wir unerachtet uns[eres] bestimmt[en] in sich geschloßenen Selbst doch ein gewisses Vermög[en] der Unendlichk[ei]t in Erkennen u[nd] Wollen in uns fühlen. 2429 [99vr/ 100rl] II [.] Th[ei]l 2430 §: 18 F[o]rts[e]tz[u]ng b) Doch noch eine andere Einwend[u]ng haben die Pantheisten geg[en] die absolute Persönlichk[ei]t G[o]tt[e]s, 2431 eine Einwendung [,] die zugleich geg[en] das Daseyn eines 2424 „Zudem“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „Dann“. 2425 Randbemerkung [99vl] : „NB [: ] Ob Contrapositio Günther’s“. 2426 „eines“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „des“. 2427 Randbemerkung [99vl] : „D[a]s Unpersö[n]l[iche] ist d[a]g[e]g[en] b[e]schränkt, begränzt [,] ist nur so weit als es reicht [m]it sei[ne]r Substanz [,] z.B. Pfl[an]ze, Stein -“. 2428 Einfügung am Seitenrand [99vl] : „Die Persönlichk[ei]t an uns ist gerade im Geg[e]nth[ei]l [über der Zeile: „v[on] Beschränkung“] die Kraft der Unendlichk[ei]t, der Zeit u[nd] dem Raume nach.“ 2429 Unter der Zeile: „welch[e]s g[e]rade d[u]rch je[ne] sch[e]i[n]bare Bes[c]hrä[n]k[un]g d[e]s Selbstbesitzes mögli[c]h ist -“. Randbemerkung [99vl] : „Dieß das ‚Daß’ der Persönlichk[ei]t [.] - Nun das ‚was’ od[er] ‚Wie’ -“. 2430 „R[e]l[i]g[io]nsphilos[ophie] 39“ am oberen Seitenrand [100rr] ; „39“ bezeichnet den Bogen. 2431 Randbemerkung [100rr] : „NB [: ] Einige (Günther etc.) haben, um d[ie] Pers[ö]nl[i]chk[ei]t G[o]tt[e]s d[en]kbar zu mach[en,] in d[as] Innere G[o]tt[e]s selbst d[a]s Andere [,] von dem er sein Wes[en] u[n]ters[c]hied u[nd] d[a]d[u]r[c]h persö[n]l[ich] sey[n] soll [,] verlegt - die W[e]ltidee contrapositio - die er ewig als sei[n] Nichtich erkennt u[nd] u[n]ters[c]heidet [.] - Allein [,] d[ie]ses Ni[c]htich ist [n]i[c]ht die B[e]di[n]g[un]g der Persö[n]l[i]chk[ei]t [,] s[on]d[e]rn [n]ur Folge davon, d[enn] erst ind[em] G[o]tt sein eig[ne]s Wes[en] w[e]iß u[nd] als allmächtig weiß, kennt er si[c]h au[c]h als Welts[c]h[ö]pfer [,] d.h. die [m]ögl[iche] S[c]höpf[un]g [.] - D[u]rch d[ie]se Ged[an]k[en] ermögli[c]ht oder <?page no="290"?> 280 von der Welt verschiedenen, eines außerweltl[ichen] G[o[tt[e]s gerichtet ist u[nd] durch die 2432 sie ihr ganzes System, ihre Identificirung v[on] G[o]tt u[nd] Welt begründen wollen, od[er] die wenigstens die Voraussetzung ist, von der sie ausgehen. Sie sagen: Ein Geist, eine Persönlichk[ei]t könne für sich, ohne bestimmtes Substrat [,] ohne materielles Seyn nicht existiren. Geist u[nd] Materie seyen [,] wenn auch nicht identis[c]h [,] doch untrennbar miteinander verbunden, seyen gar nicht auseinander zu denken, könnten gar nicht ohne in 2433 einander zu seyn, bestehen, - Geist ohne Substrat sei nichts Reales, sei Nichts. - 2434 Dieß ist, wie man 2435 sogleich sieht, eine Behauptung [,] die auch zugleich die Unsterblichk[ei]t der menschl[ichen] Seele läugnet. Denn wenn ein Geist, eine Persönlichk[ei]t, ohne Leib nicht existiren kann, so muß die Seele erlöschen mit dem Aufhören des Leibes - od[er] ei[nen] frei[en] mat[e]ri[e]ll[en] Leib hab[en.] - 2436 Das ist nun die Voraussetz[u]ng, die Annahme [,] auf welcher der Panth[ei]sm[us] ruht, ich sage Voraussetz[u]ng [,] weil er einen Beweis dafür nicht erbringt [,] u[nd] dieß auch nicht kann, - es 2437 ist ein 2438 Glaube od[er] eig[e]ntl[ich] Nicht-Glaube [,] von dem die P[a]nth[ei]st[e]n ausgehen. Der eig[e]ntl[iche] Grund 2439 u[nd] Beweis für d[ie]se Annahme [,] d[a]ß es unmöglich sei, d[a]ß 2440 ein geist[i]g[e]s Seyn 2441 ohne materielles Substrat existire, - ist nur dieß, daß wir einen solchen Geist nicht sehen, nicht mit uns[ern] Sinnen wahrnehmen, daß wir keine Erfahr[u]ng davon haben. - 2442 Denken aber, 2443 können wir uns ein solches geist[i]g[e]s] Seyn allerdings 2444 [,] u[nd] was können dann zuletzt die Läugner der Außerweltl[i]chk[ei]t u[nd] Persönlichk[ei]t G[o]tt[e]s wohl dagegen sagen u[nd] beweisen, wenn wir behaupten, daß G[o]tt[e]s Persönlichk[ei]t ein Seyn, eine Realität habe, ein Substrat, das zwar nicht materiell ist, vor dem aber das irdis[c]he, materielle Seyn nur das Abbild 2445 ist in seiner Festigk[ei]t, Dauer, Intensität u[nd] Extensität; voll[en]det G[o]tt s[e]i[ne] P[e]rsö[n]l[i]chk[ei]t [n]i[c]ht [,] s[on]d[ern] er wird selbst erst [m]ögl[ic]h d[u]r[c]h die Persö[n]l[i]chk[ei]t. -“ 2432 „die“ ersetzt durch Überschreibung ursprüngliches „sie“. 2433 „in“ über der Zeile. 2434 Randbemerkung [100rr] : „Seele nur mögl[i]ch d[u]rch d[en] Leib [im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „u[nd] in ihm“] - also au[c]h G[o]tt nur d[u]r[c]h u[nd] in d[er] Welt.“ 2435 „man“ über der Zeile. 2436 „od[er] ei[nen] frei[en] mat[e]ri[e]ll[en] Leib hab[en] -“ im Nachhinein in die Zeile eingefügt. Randbemerkung [100rr] : „Strauß s[a]gt [,] d[ie]s[e]r Gott sey nicht Persö[n]l[ic]hk[ei]t im Sinne v[on] Einpersönlichkeit oder Dreipersönlichk[ei]t [,] sond[ern] im Sinne v[on] Allpersönl[i]chk[ei]t [.] D.h. d[a]s G[ö]ttl[iche] werde b[e]ständ[i]g persö[n]l[i]ch in der M[en]s[c]h[e]nwelt. -“ 2437 „es“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „das“. 2438 „ein“ über der Zeile ersetzt in der Zeile eingeklammertes „der“. 2439 Randbemerkung [100rr] : „(Eig[en]tl[icher] Grund der Annahme“. 2440 „d[a]ß“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „uns“. 2441 In der Zeile folgendes „zu denken“ gestrichen. 2442 Randbemerkung [100rr] : „keine Sinnenwahrnehmung davon hab[en]“. 2443 In der Zeile folgendes „vorstellen“ gestrichen. 2444 Einfügung am Seitenrand [100rr] : „sonst könnte gar kein Streit darüber seyn“. 2445 Einfügung am Seitenrand [100rr] : „In der Fähigk[ei]t des Substratseyns (d[a]s g[ei]st[i]g[e,] Seel[i]s[c]he, Gesetz - erweist sich all[en]th[a]lb[en] mächt[i]g[e]r als d[a]s Materielle a) d[ie]s[e]s folgt d[en] g[ei]st[i]g[en] Gesetzen b) wird vollkom[m]n[e]r organisirt d[u]rch g[ei]st[i]g[e] Kräfte - s[iehe] Unt[en]“. <?page no="291"?> 281 die P[a]nth[ei]st[e]n können nicht beweisen, daß dieß unmöglich sei, da wir ja das Universum nicht ganz kennen u[nd] nicht wissen, wie das Seyn 2446 so viel[er] [100rl/ 100vr] Millionen v[on] Sternen beschaffen sey 2447 , 2448 u[nd] nicht mit uns[ern] Sinnen es wahrnehmen können. 2449 Für den, welcher jene Voraussetz[u]ng der P[a]nth[ei]st[e]n nicht blindgläubig annimmt 2450 [,] hat sie 2451 schlechterdings keinen Sinn, denn d[ie]s[e]r wird sagen, wie soll G[o]tt der Materie als Substrat bedürfen, da er doch der S[c]höpfer derselben ist, sie erst durch ihn entstand? 2452 Betrachten wir übrigens das Daseyende, Sichtbare [,] so weiset es uns hin auf eine geist[i]ge Existenz [,] ohne das grob Materielle als Substrat zu haben, 2453 Untersuchen wir die unterste Stufe des Daseyns [,] das Unorganische [,] so finden wir da vorherrs[c]hend d[a]s Schwere, Finstere, Unbewegl[iche], Ungeistige 2454 . - Gehen wir eine Stufe höher z[um] Organis[c]h[en,] 2455 dann finden wir wieder d[ie]s[e]s grob Materielle, aber dazu schon noch mehr, schon ein Höheres, Vergeistigteres, das Materielle ist v[on] einer nicht sichtbaren Kraft durchdrungen, die nach einem nicht sichtbaren Gesetze od[er] Idee wirkt (durchsuche man nur ein[en] Organismus [,] man wird nirg[e]nds d[ie]se K[r]aft finden [,] sond[ern] lauter Stoff, wie beim Todten, Unorganischen u[nd] doch ist od[er] war sie da) 2456 [.] Der menschl[iche] Organismus 2457 endl[ich] birgt Kräfte in sich u[nd] 2458 gibt sie auch kund, die weit üb[er] die Macht des Materiellen hinausgehen, ja 2446 „Reale“ über der Zeile. 2447 „sey“ ersetzt durch Streichung ursprüngliches „seyn“. 2448 In der Zeile folgendes „so“ gestrichen. 2449 Einfügung am Seitenrand [100vl] : „Und wie schon früher bemerkt wurde - zuletzt auch d[a]s Materielle, als Ganzes wieder ein Substrat haben müßte u[nd] muß [,] um zu b[e]steh[en] (das könn[en] wir sogar beweis[en] u[nd] sag[en] daru[m: ] Alles würde vergehen [,] unhaltbar werd[en], wenn G[o]tt[e]s Macht es nicht erhielte! -“ 2450 „annimmt“ über der Zeile. 2451 In der Zeile folgendes „k“ gestrichen. 2452 Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „Doch abgesehen davon, d[a]ß dieß nur eine pantheist[ische] Beh[au]pt[un]g ohne Bew[eis] ist [,] der wir nur eine and[ere] B[e]h[au]pt[u]ng entgegen setz[en] ... (? )“. 2453 Das Komma ist hier irrtümlich stehen geblieben. Randbemerkung [100vl] : „Und nach d[ie]s[e]r B[e]h[au]pt[u]ng erhält wenigst[en]s d[a]s Höhere d[a]s Nied[ere] - bei d[en] P[a]ntheist[en] aber soll d[a]s Niedere (Materie) - d[a]s Höhere (Geist) erhalten u[nd] beding[en.] (Das Materielle z.B. der Erde ist zusammengehalt[e]n im Centrum; dieß ein mathemat[ischer] Punkt - ein Nichts - eine bloße B[e]z[ie]h[u]ng - die B[e]z[ie]h[un]g zu and[e]r[n] Himmelskörpern etc.)“ 2454 „d[ie]s[e]s folgt Gesetz[en]“ über der Zeile. Randbemerkung [100vl] : „D[ie]s[e]s folgt s[c]ho[n] g[ei]st[i]g[en] Gesetz[en], als der beherrsch[en]d[en] Macht - fr[e]il[ich] noch i[m] Mat[e]riell[en] gebund[en] [unleserliches Wort über der Zeile] [,] vorhand[en] (d[u]rch d[a]ss[e]lbe als dasey[en]d bedi[n]gt, aber doch höher)“. 2455 „z[um] Organis[c]h[en]“ über der Zeile. 2456 Randbemerkung [100vl] : „NB [: ] Wenn bemerkt wird, daß wir d[as] Geist[i]g[e] immer nur im Materiell[en] wirksam seh[en] u[nd] als [„als“ über der Zeile] vorhand[en] erke[nnen] - so geht daraus nur dieß hervor [,] daß d[a]s Materielle der Einwirk[un]g d[e]s Geist[i]g[en] fähig ist u[nd] dess[e]lb[en] bedarf, damit etwas aus ih[m] werde [.] - Und Noch nicht [,] daß es nothw[en]d[i]g[e] Seyns Bedi[n]g[un]g d[e]s Geist[i]g[en] sey - s[on]d[ern] nur Wirksbedi[n]g[un]g“. 2457 „menschl[iche] Organismus“ über der Zeile ersetzt in der Zeile gestrichenes „M[e]nsch[e]ngeist“. 2458 „b... (? ) k... (? )“ in der Zeile gestrichen. <?page no="292"?> 282 gerade der Eigenthümlichk[ei]t v[on] d[ie]s[e]m zuwider sind u[nd] durch d[ie]s[e]s in ihrer Thätigk[ei]t fühlbar gehemmt werden, wie z.B. das Bewußtseyn u[nd] Wollen selbst, das Erkennen [,] wod[urc]h der Geist weit über sein körperl[iches] Daseyn hinausgreift u[nd] sich also in ihm eine Kraft kund gibt [,] die v[om] Materiellen nicht ausgehen kann. 2459 (Ausführlicheres hierüber bei d[er] Lehre v[on] d[er] Unsterblichkeit der Seele [.]) Und so können wir ja auch eine noch höhere Kraft annehmen, die des Materiell[en] gar nicht bedarf. 2460 Doch abgesehen v[on] dem Sichtbaren, Aeußern 2461 prüfen wir die innere Welt des Menschen selbst, sein geist[i]g[e]s Wesen, daß (sic! ) doch jedenfalls u[nd] zugestandenermaß[e]n selbst v[om] P[a]nth[ei]sm[us] Realität hat u[nd] dessen innere 2462 Thatsachen auf Anerkennung so viel Anspruch haben als die Sinneswahrnehmung - man wollte z.B. der Freude [,] welche die rein geist[i]g[e] Function der Hoffnung etwa gewährt, nicht ebenso viel Realität zuschreiben als der Freude [,] die dem M[e]nsch[en] d[u]rch den Gaumen beim [100vr/ 101rl] Genuße der Speisen möglich ist? Wenn nun die innern Thatsachen wenigstens eben so viel Genuß haben u[nd] Realität als die äußern der Sinne 2463 (die auch der Täusch[u]ng unterliegen); so muß d[ie]s[e]n Thatsachen auch in Bezug auf das Daseyn u[nd] die B[e]s[c]h[a]ff[e]nh[ei]t G[o]tt[e]s wenigst[e]ns ebenso viel Gewicht beigelegt werden, als dem Zeugniß der Natur, 2464 das d[er] P[a]nth[eis]m[us] für sich anführen will. 2465 D[ie]se innern Thatsachen 2466 aber d[e]s M[e]nsch[e]ng[ei]st[e]s sprechen durchaus für d[ie] Persönlichk[ei]t G[o]tt[e]s. Die der menschl[ichen] Natur wesentl[iche] Idee v[on] G[o]tt 2467 hat vor Allem das als ihren Inhalt, daß G[o]tt persönl[ich] sei 2468 u[nd] die Manifestation d[ie]s[e]r Idee, die Bethät[i]g[un]g derselben die R[e]l[i]g[io]nen insgesammt haben die Persönlichk[ei]t G[o]tt[e]s zur Grundlage, z[um] nothw[e]nd[i]g[e]n Postulat, 2469 R[e]l[i]g[io]n könnte es 2459 Einfügung am Seitenrand [100vl] : „Ueb[er]h[au]pt sehen wir s[c]hon im Irdis[c]h[en], daß es auf die Masse [,] auf das Sichtbare, Materielle nicht ankomme in Bezug auf Kraft u[nd] Wirkung; daß also nicht das Massenhafte es sei [,] aus dem das Vollkommene hervorgehe, sond[ern] daß d[a]s relativ Immateriellere, die Kraft vielmehr die Maße bewege u[nd] überwältige [; ] nach der Grundansicht des P[a]nth[ei]sm[us] müßte das Geg[e]nth[ei]l statt finden, wenn er es auch nicht Wert haben will.“ Im Nachhinein in die Zeile eingefügt: „- Waru[m] sollte also schl[ec]hterdi[n]gs d[a]s [„Materielle“ in der Zeile gestrichen] G[ei]st[i]ge ohne d[a]s mi[n]dere Materielle [n]i[c]ht s[e]y[n] k[önnen]? “ 2460 Einfügung am Seitenrand [100vl] : „da schon im Ird[i]s[c]h[e]n [„Materiell[en]“ über der Zeile] ein Streben nach d[ie]s[e]m Ziele wahrzunehmen ist! “ 2461 In der Zeile folgendes „mit“ gestrichen. 2462 „innere“ über der Zeile. 2463 Einfügung am Seitenrand [101rr] : „sie gehören wenigst[e]ns auch zur Natur -“. 2464 „Sinne“ über der Zeile. 2465 Randbemerkung [101rr] : „D[er] P[a]nth[ei]sm[us] b[e]ruft sich auf d[a]s Zeugn[i]ß der Natur - der Sinne - der Th[ei]sm[us] auf d[a]s Zeugniß d[e]s G[ei]st[e]s - die innere Wahrneh[m]u[n]g -“. 2466 Einfügung am Seitenrand [101rr] : „denen auch Geltung zukomm[en] muß“. 2467 „d[a]s r[e]l[i]g[iö]s[e] Bew[u]ßts[eyn]“ über der Zeile. 2468 Randbemerkung [101rr] : „Wir k[ommen] hier auf das zurü[c]k [,] w[o]v[o]n wir ausg[e]g[angen] - r[e]l[i]g[iö]s[es] B[e]w[u]ßts[eyn]“. Darunter [101rr] : „Weitere Bew[ei]se für d[ie] Persönl[i]chk[ei]t G[o]tt[e]s -“. 2469 Randbemerkung [101rr] : „Persönl[i]chk[ei]t G[o]tt[e]s ist ein Postulat -“. <?page no="293"?> 283 gar nicht geben ohne diese Verschiedenh[ei]t G[o]tt[e]s v[on] d[er] Welt u[nd] also auch ohne d[ie]s[e] Persönl[i]chk[ei]t, denn R[e]l[i]g[io]n ist ihr[em] Begr[i]ffe 2470 nach ein 2471 Verhältniß v[on] zwei bewußten Wesen; nach dem P[a]nth[ei]sm[us] aber wäre nur Ein bewußtes Wesen da [,] der Mensch [,] u[nd] d[ie]s[e]r wäre als bewußt die höchste Manifestation des Göttlichen in der Welt, er könnte also nicht zu etwas höhern (sic! ) in Verhältniß stehen, - könnte 2472 d[a]h[er] nicht R[e]l[i]g[io]n haben. Betrachten wir die besond[ern] rel[i]g[iö]s[en] Functionen 2473 [,] z.B. jene rel[i]g[iö]s[e] Uebung, die sich allenth[a]lb[e]n bei den Völk[e]rn findet, die aus innerm Drang seiner Natur hervorgeht - das Gebet. Was sollte das Gebet heiß[en] ohne persönl[ichen] Gott; es wäre ein Reden zu Niem[an]d[em], zu Etwas [,] das nicht für sich ist, nicht sieht u[nd] nicht hört; es wäre ein Unsinn, eine Lächerlichk[ei]t. Und gleichwohl ein so constanter Drang der Natur, d[a]ß selbst solche [,] die jahrelang d[a]s Gebet verhöhnten [,] in größter Gefahr, im Sturme auf dem Meere od[er] sonst selbst unwillkührl[ich] anfingen zu beten; man kann sagen, was dem Thiere der Instinct, das ist dem M[e]nsch[e]n d[ie]s[e]r inn[ere] 2474 Drang z[um] Beten, 2475 d[ie]s[e]m Drang aber muß ein persönl[icher] G[o]tt entsprechen, er wäre sonst unerklärlich. D[ie]s[e]r Drang ist aber eine innere Thatsache [.] - Betrachten wir ferner das Sittengesetz, 2476 wie unverwüstlich ist das dem M[e]nsch[en] eingeboren [,] u[nd] wie wenig vermag der Mensch es [,] seiner innern Stimme zu entgehen, wenn er auch noch so sehr will. Man könnte sagen - das ist ein Gesetz der Natur [101rl/ 101vr] eben, wodur[c]h sie ihm vorschreibt, wie er zu lebe[n] habe; 2477 wohl aber auch die Freih[ei]t es zu übertreten, ist eine Gabe der Natur, u[nd] doch fühlt er Vorwürfe, wenn er es thut. Ist kein persönl[icher] Gott, also auch kein ferneres Daseyn als das zeitl[iche], was hat es dann noch für eine Bedeut[u]ng [,] jenes Gesetz zu übertreten, das oft im Genusse des Daseyns hemmt, also gerade den Zweck derselben vereitelt? Nach bestimmten Gesetzen leben auch die Thiere, des Menschen eigenstes Privilegium aber Daneben weitere Randbemerkung [101rr] : „Schelling [: ] Die Philos[ophie] müße auch d[a]s Gemüth - die ... (? ) d[e]s Herz[en]s befried[i]g[en.] Herz u[nd] Wille ... (? ) V[er]st[an]d“. 2470 „Wesen“ über der Zeile. 2471 „bewußtes“ über der Zeile. 2472 „könnte“ über der Zeile. 2473 Randbemerkung [101rr] : „Gefühl“. 2474 „inn[ere]“ über der Zeile. 2475 „Rufen z[um] persö[n]l[ichen] G[o]tt“ über der Zeile. 2476 Randbemerkung [101rr/ 101vl] : „Wille - Zur Erklär[un]g d[e]s Wie d[e]s Absolut[en], Göttl[ichen] di[en]t d[a]s moral[i]s[c]h[e] Gesetz [.] - W[enn] au[c]h [n]i[c]ht z[um] st[ren]g[en] B[e]w[eis] d[e]s D[a]s[e]y[n]s [.] - We[nn] einm[a]l d[urc]h ei[n]e G[o]tth[ei]t d[a]s Gewiss[en] erklärt w[er]d[en] soll - d[ann] persö[n]l[icher] G[o]tt noth[wen]d[i]g [.] - [101rr/ 101vl] E[n]tw[e]d[er] [m]uß ma[n] d[a]s Sittengesetz geradezu als etwas ga[n]z Unbegr[e]ifl[iches], Unvernü[n]ft[i]g[es] annehm[en] - od[er] persö[n]l[ichen] G[o]tt als Urheber [.] Die Natur gäbe also a) d[a]s Sitt[en]gesetz b) die Fr[ei]h[ei]t [,] es zu übertreten - also wohl au[c]h d[a]s natürl[iche] R[ec]ht c) den Reiz es zu üb[e]rtr[e]t[en] u[nd] doch straft d[ie] Natur - Ueb[e]rtr[e]t[un]g etc. d[ur]ch d[a]s Gewiss[en]“. 2477 „Instinct“ über der Zeile. <?page no="294"?> 284 wäre es gerade [,] v[on] d[ie]s[e]m Gesetze frei zu seyn, weil die Natur ihm Freih[ei]t gegeben, um deren Gebrauchswillen sie ihm doch keine Vorwürfe machen könnte! Sittenlos[i]gk[ei]t 2478 wäre ohne pe