Die dunklen Seiten der Jugendbewegung
Vom Wandervogel zur Hitlerjugend
1002
2013
978-3-7720-5488-4
978-3-7720-8488-1
A. Francke Verlag
Christian Niemeyer
Das Buch versucht erstmals seit fünfzig Jahren eine
kritische Gesamtdarstellung der deutschen Jugendbewegung,
bewusst nicht endend 1933, sondern 1945.
Die zentralen Ergebnisse dieser detektivisch angelegten
Arbeit werden mittels der provokanten Leitfrage nach
einer Erziehung vor Auschwitz organisiert und sind aufrüttelnd,
teils schockierend. Zerstört wird endgültig der
Mythos, den NS-belastete Jugendbewegungsveteranen
- wie die Historiker Günther Franz und Theodor Schieder -
mittels williger Helfer über Jahrzehnte hinweg und wider
besseres Wissen um den Wandervogel und das Meißnerfest
vom Oktober 1913 verbreitet haben.
<?page no="0"?> Christian Niemeyer Vom Wandervogel zur Hitlerjugend Die dunklen Seiten der Jugendbewegung <?page no="1"?> Christian Niemeyer Die dunklen Seiten der Jugendbewegung <?page no="2"?> A. Paul Weber, „ Reformer “ (aus: Der Zeitgenosse, 1922) <?page no="3"?> Christian Niemeyer Die dunklen Seiten der Jugendbewegung Vom Wandervogel zur Hitlerjugend <?page no="4"?> Christian Niemeyer ist Professor für Sozialpädagogik an der Technischen Universität Dresden. Umschlagabbildungen: Archiv der deutschen Jugendbewegung, F 1, Nr. 71/ 12 und WikiCommons. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. © 2013 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem und säurefreiem Werkdruckpapier. Internet: http: / / www.francke.de E-Mail: info@francke.de Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach Printed in the EU ISBN 978-3-7720-8488-1 <?page no="5"?> Meinen Kindern, durchaus in pädagogischer Absicht. Meinem Vater, als Nachruf: Es ist das, was ich Dir noch hätte sagen wollen. Das Motto dazu stammt von Nietzsche: „ Verschwiegene Wahrheiten werden giftig. “ <?page no="6"?> Fidus, „ Lichtgebet “ (um 1910) <?page no="7"?> Inhalt Einleitung Warum man der DFG dankbar sein sollte . . . . . . . . . . . . . 9 1. Kapitel Die Jugendbewegung: Ihre Mythen, ihre Historiographen - und die ersten bitteren Wahrheiten . . . . . . . . . 14 2. Kapitel Die Kindt-Edition - ihre Ursprungsgeschichte, ihre Intention und die zentralen Akteure hinter den Kulissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 1. Walter Laqueur und Harry Pross - ein Nestbeschmutzer wird ignoriert und ein anderer bekämpft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2. Theodor Wilhelm - ein Vorzeigepädagoge im Kampf mit seinem Schatten Friedrich Oetinger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3. Theodor Schieder und Günther Franz - zwei Historiker mit brauner Weste im Kontext der Kindt-Edition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4. Werner Kindt - ein Dr. h. c. und seine ehrenrührigen Umtriebe . . . 38 5. Just zum Gruseln: Die Artamanenbewegung und einige ihrer Führungsfiguren in der Kindt-Edition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3. Kapitel Warum einen schon der flüchtige Blick auf die Anfänge des Wandervogel ins Trudeln bringen kann . . . . . . . . . . . . 64 1. Hermann Hoffmann[-Fölkersamb] - nur ein harmloser Stenograph auf den Spuren Goethes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Hans Blüher - ein Hans Dampf in allen (auch völkischen und antisemitischen) Gassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3. Karl Fischer - der Oberbachant mit dem Ehrensold der Hitlerjugend und sein ‚ Großbachant ‘ Heinrich Sohnrey mit dem Adlerschild Hitlers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4. Ludwig Gurlitt - ein Oberlehrer mit dem Hang zu „ hochgebauten, goldblonden, blitzäugigen Germanen “ (à la Wilhelm Schwaner) . . . 75 5. Hans Breuer - ein schwer rückwärtsgewandter ‚ Zupfgeigenhansl ‘ als Idol des Mainstream . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 6. Fidus - ein Ikonograph vom Typ Filou . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 <?page no="8"?> 4. Kapitel Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung . . . 86 1. Friedrich Nietzsche: Ein Prophet ohne Jünger? Oder: Warum dieser Gottesleugner an allem schuld sein mag - nicht aber an der Jugendbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 2. Julius Langbehn und seine Freunde Heinrich Pudor & Max Bewer. Oder: Warum man bei Fällen wie diesen besser erst die Psychiatrie und dann die Jugendbewegungshistoriographie rufen sollte . . . . . . . 99 3. Paul de Lagarde: Ein „ Vorläufer des Nationalsozialismus “ , der schließlich doch noch seine Rekruten fand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 5. Kapitel Ein Kessel Braunes? Über einige ausgewählte Ideologeme auch schon des Steglitzer Wandervogel . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1. Über den Antislawismus. Oder: Warum sich Herr Luntowski eines Morgens seines Namens schämte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Über den Antiurbanismus. Oder: Warum nicht überall, wo Eden draufsteht, auch das Paradies drin ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Über den Antiintellektualismus. Oder: Warum Dr. Langbehn nicht einfach nur dumm war . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Intermezzo: Der Fall Hjalmar Kutzleb im Kontext . . . . . . . . . . . . . . . 139 Schlussakkord: Antiintellektualismus nach 1933 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4. Über den Antisemitismus. Oder: Warum selbst Paul Natorp kaum etwas mitbekam vom Fisch, der längst schon vom Kopf her stank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 5. Über Nationalismus, Irredentismus und Bellizismus. Oder: Warum man Langemarck als Urkatastrophe dem 19. Jahrhundert in Rechnung stellen darf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 6. Kapitel Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut. Oder: Warum und wie man einen Mythos kreiert und am Leben hält . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 7. Kapitel Vom Wandervogel zur Hitlerjugend - ein falsch gestelltes Thema? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Epilog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 8 Inhalt <?page no="9"?> Einleitung Warum man der DFG dankbar sein sollte „ Dem Staat ist es nie an der Wahrheit gelegen, sondern immer nur an der ihm nützlichen Wahrheit. “ (Friedrich Nietzsche) Das Hohe Lied auf das Meißnerfest und die Meißnerformel vom Oktober 1913 wird in Tagen wie diesen und sicherlich auch später immer mal wieder gern angestimmt werden. Derlei Jubel scheint der Sache nach gerechtfertigt zu sein, die Meißnerformel selbst ist über jeden Verdacht erhaben: Die Freideutsche Jugend will aus eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten. Für diese innere Freiheit tritt sie unter allen Umständen geschlossen ein. 1 Dies war damals fortschrittlich, mutig, wenn nicht geradezu verwegen, wie das von Peter Dudek 2 in Erinnerung gerufene Beispiel des Hamburger Lehrers Max Tepp lehrt. Er nämlich verweigerte nach 1918 mit erstaunlicher Verbissenheit, unter Berufung auf die für ihn verpflichtende Meißnerformel, den Amtseid selbst auf die Weimarer Reichsverfassung. So betrachtet scheint es folgerichtig, dass das Tepp-Vorbild Gustav Wyneken (1875 − 1964) im Mai 1947 seiner Meinung Ausdruck gab, die Nazis hätten wohl kaum die Macht erobern können, „ wäre dieses Bekenntnis der Glaube des ganzen deutschen Volkes gewesen. “ 3 Im Wörtchen ‚ wäre ‘ verbirgt sich indes schon das ganze Problem, deutlicher: In den vielen völkisch orientierten Jugendbewegten, die die Meißnerformel von Beginn an als ‚ kosmopolitisch ‘ bekämpften (s. S. 183 ff.). 4 Terminologisch geredet und auf das hinter diesem Dissens verborgene Problem bezogen: Wenn soziale Bewegungen „ kollektive Aktivitäten von einer gewissen Dauer [sind], die auf eine mehr oder weniger tiefgreifende Veränderung der Gesellschaft oder deren Verhinderung abzielen, “ 5 ist die um 1900 anhebende und angeblich 1933 infolge von Verbot oder freiwilliger Gleichschaltung endende bürgerliche Jugendbewegung sicherlich eine soziale Bewegung gewesen. Sie kann, etwa in der Linie einer Bemerkung Wynekens, als „ Glied in einer Kette neuzeitlicher Emanzipationsbestrebungen “ 6 lesbar gemacht werden. Dies würde es erlauben, den 1896 noch für die Arbeiterbewegung reservierten Begriff der sozialen Bewegung um das Attribut „ neu “ zu erweitern. 7 Freilich, und um vorerst noch einmal die Prämisse in Augenschein zu nehmen: Wollte die Jugendbewegung eigentlich eine Veränderung im Positiven, also im Sinne der Meißnerformel? Oder war sie doch eher negierend tätig, also gegenaufklärerisch in Richtung einer bereits für überwunden geglaubten Gesellschaftsverfasstheit oder in Richtung eines als verblasst deklarierten spezifisch deutschen Mythos? <?page no="10"?> Die in (pädagogischen) Lexika dargebotenen Antworten weisen in der Regel in die erstgenannte Richtung. Die Jugendbewegung gilt hier oftmals als „ Erneuerungsbewegung. “ 8 Dem folgt im gegebenen Fall, dass erst spät ( „ spätestens 1933 “ ) „ sichtbar [wird], dass Teile der J. die Nähe zu rechtsextremen und nationalsozialistischen Organisationen nicht vermieden, z. T. sogar aktiv gesucht haben. “ 9 In der Hauptsache dominiert in Darstellungen dieser Gattung also das Bild einer Bewegung, „ in der sich die (bürgerliche) Jugend von den starren Lebensformen der Erwachsenen (Familie, Schule, Betrieb, Armee, Kirche) zu befreien und den Prozess ihrer Sozialisation selbst mitzubestimmen suchte. “ 10 Ein weit weniger günstiges Urteil ergibt sich in der Linie einer Erwägung von Theodor W. Adorno, der in den 1950er Jahren den Einwand zu Papier brachte: Man weiß, wohin es die Jugendbewegung gebracht hat; wie ohnmächtig und unwahr sich der Versuch erwies, die Ferienmaskerade zum Sinn des Daseins zu erheben. 11 In der Folge konkretisierte sich diese Kritik, zumeist (weiterhin) im Widerspruch zum (deutschen) Mainstream, 12 auf den offenbar auch Justus H. Ulbricht 1989 zielte bei seinem Argument (unter Berufung auf Emigranten wie Walter Laqueur und George L. Mosse 13 ): Es wäre [. . .] falsch, die problematische Entwicklung der Jugendbewegung [. . .] auf den Zeitraum nach 1918 zu begrenzen. Schon der Jugendbegriff der Vorkriegsbewegung war politisch nicht mehr unschuldig, spielten in ihm doch Kategorien wie ‚ Heimat ‘ , ‚ Volk ‘ und ‚ Vaterland ‘ eine eminente Rolle. 14 Wohl wahr und mit einem zwanzig Jahre jüngeren Zitat aus der Feder Winfried Mogges, dem langjährigen Leiter des Burgarchivs, geredet: Einige Blicke schon in die frühesten Bundeszeitschriften zeigen, dass die sozusagen offizielle Wandervogelbewegung längst vor dem ersten Krieg im völkischen Lager stand. Genauer: Man findet fast keine anderslautenden Texte. 15 Äußerungen wie diese waren fördernd für ein Projekt wie das auf den nächsten Seiten zu besichtigende. Es basiert auf langjährigen Studien, auch im Archiv der deutschen Jugendbewegung (im Folgenden: AdJb 16 ) auf Burg Ludwigstein, und es soll auch dem Einsteiger den Stand der Jugendbewegungsforschung anschaulich machen. Eine Warnung ist dabei vorab vonnöten, ausgehend vom hier als Motto vorangestellten Zitat Nietzsches, 17 das schon Harry Pross (s. S. 24 ff.) beflügelte. 18 Pross war es denn auch, der die Erfahrung machen musste, dass Forschungen zur Jugendbewegung durchaus en vogue und beliebt sind - allerdings, mit Nietzsche gedacht, nicht allzu kritisch, also ‚ nützlich ‘ sein sollten. Diesen Rückschluss erlaubt der Umstand, dass die DFG 2012 einen Forschungsantrag 19 ablehnte, der in Weiterführung einschlägiger Vorstudien 20 darauf zielte, „ Motive für Auslassungen “ in Werner Kindts Dokumentation der Jugendbewegung im „ NS-apologetischen Bereich “ zu erkunden. Die denk- 10 Einleitung - Warum man der DFG dankbar sein sollte <?page no="11"?> würdige Begründung lautete, die „ kritische Revision “ , die durch das Projekt in Aussicht gestellt werde, sei „ in der neueren Forschung zur Jugendbewegung [. . .] längst angekommen. “ 21 Dies erinnert ein wenig an Arno Klönnes Argument von 2009, die auf den hier thematischen Bereich bezügliche „ gezielte Vergesslichkeit “ bzw. „ Gedächtnisschwäche “ sei „ inzwischen weitgehend korrigiert. “ 22 Ist dem aber wirklich so? Ein Beispiel kann hier vielleicht weiterhelfen: Sven Reiß verwies 2010 im Jahrbuch des AdJb darauf, dass in der Kurzbiographie der Kindt-Edition über den durch die Nazizeit als ‚ Fachredner für Rassepolitik ‘ (1937) - außerdem SA, NS-Lehrerbund, HJ (1933), NSDAP (1937) - schwer belasteten und von seinem (vormaligen) Kameraden Karl Thums (auch deswegen) hoch geschätzten (s. S. 46) Pfadfinderführer Heinrich Banniza von Bazan (1904 − 1950) nur mitgeteilt werde, „ dass er Oberstudienrat wurde und sich seit 1924 als Familienforscher betätigte. “ 23 So weit, so skandalös, nur: In der Linie des DFG-Fachkollegiums gedacht, hätte Reiß noch hinzusetzen müssen, dass derartige Auslassungen bei Kindt eher die Regel denn die Ausnahme seien. Fälle dieser Art führen direkt hinein in den Ende 2012 erschienenen Band jenes Periodikums. Geboten wird hier eine Bilanz zu neunzig Jahren Archivtätigkeit. Sicherlich: Günther Franz (s. S. 33) wird zumindest in einer Fußnote zum Beitrag der aktuellen Archivleiterin „ als nachweislich überzeugter Nationalsozialist “ 24 gelistet. Warum aber bleibt die Frage ungestellt, welche Folgen dieser Umstand für seine Amtsführung hatte? Ein weiteres Beispiel: Über Hans Wolf (1896 − 1977), seines Zeichens Mitbegründer dieses Jahrbuchs sowie von 1954 bis 1976 Leiter des Archivs, heißt es in jenem Beitrag lediglich, dass „ über dessen Tätigkeit im Nationalsozialismus und im Krieg die Unterlagen auffällig schweigen “ 25 - nicht aber, was den Unterlagen im AdJb problemlos zu entnehmen gewesen wäre und seit 2010 auch in publizierter Form vorliegt: 26 Wolf war Mitglied der SS. Derlei Versäumnisse sind auffällig und finden sich auch bei Barbara Stambolis, aktuell Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat jenes Archivs, die im Übrigen die Kindt-Edition unverdrossen als „ Mammut-Werk “ 27 lobt und auch in Sachen zweier weiterer Hauptverantwortlicher für dieses Projekt - Theodor Schieder und Hans Raupach - nur mitzuteilen weiß, dass sie in ihren jeweiligen Funktionen stets „ engagiert tätig “ 28 waren, nicht aber warum. Deutlicher und im Vorgriff auf Kommendes geredet (s. S. 32 ff.): Schieder ging es nicht lediglich, wie Stambolis noch 2013, ihn zitierend, schreibt, um „ Wiederherstellung des historischen Gedächtnisses “ 29 , wenngleich er wohl nicht ganz so stark wie Günther Franz von der Absicht umgetrieben war, die NS-Vergangenheit vergessen zu machen. Dieses Thema freilich scheint kaum auf der Agenda des AdJb zu stehen. Gewiss: Ein von Barbara Stambolis edierter Band von 2013 mit 61 Essays zu autobiographischen Texten bekannter Persönlichkeiten mit jugendbewegter Prägung schreckt zwar vor den dunklen Seiten der Jugendbewegung nicht gänzlich zurück: Die Herausgeberin 30 kümmerte sich sehr instruktiv um Einleitung - Warum man der DFG dankbar sein sollte 11 <?page no="12"?> Helmuth Kittel (s. S. 203) und Karl Rauch (s. S. 203), Maria Daldrup 31 um Hans Harmsen (s. S. 122 f.) und Eckart Conze 32 um Otto Abetz (s. S. 38 f.). Aber im Vergleich ist dies doch unproportional und, wie das Folgende zeigen wird, erkennbar konzentriert auf die weniger schlimmen Fälle. Anders gesagt: Karl Thums (s. S. 45 f.), Edwin Erich Dwinger (s. 117) und Kleo Pleyer (s. S. 32 f.) scheinen, ausweislich des ausführlichen Personenregisters des Stambolis-Readers, unbekannt zu sein. Und Hjalmar Kutzleb - auch ein sehr dunkles Kapitel (s. S. 139 ff.) - wird ausweislich des zu ihm von Jürgen Reulecke in jenem Band Gesagten 33 offenbar zu den ganz leichten Fällen gerechnet, besser: zu gar keinem Fall (im Sinne der Thematik dieses Buches). Kann es also sein, dass derlei, was das AdJb angeht, nicht nur eine eigene Geschichte, sondern auch Methode hat? Jürgen Reulecke beispielsweise, seit Jahren Mitglied im Editionsbeirat des Jahrbuchs des AdJb, plädierte ausgerechnet in seiner Rede zum Schlusskonvent des Freideutschen Kreises (2000), also in einem Kreis hochbetagter - und was die NS-Zeit angeht: teils hoch belasteter - Veteranen der Jugendbewegung pro „ Nachsicht “ und contra „ Nachgericht. “ Mehr als dies: Reulecke verwahrte sich bei dieser Gelegenheit, erkennbar 34 im zornigen Rückblick auf den 42. Historikertag (1998) und den hier ausgetragene Streit über die NS-Vergangenheit einiger führender Zunftvertreter, gegen (ungenannte) „ jüngere Historiker. “ Sie hätten „ einige hochgeachtete und maßgebliche geistige Köpfe der 1960er/ 70er Jahre, die eng mit dem Freideutschen Kreis verbunden waren “ (genannt werden auch Theodor Schieder, Hans Raupach und Günther Franz), „ als akademische Handlanger und willfährige Zulieferer nationalsozialistischer Unterdrückungspolitik “ 35 vorführen wollen. Kurz gesagt: Im von Reulecke ausgemachten und von ihm 2005 noch einmal auf den Punkt gebrachten Generationenkonflikt zwischen dieser ‚ älteren ‘ und jenen ‚ jüngeren ‘ Historikern (denken könnte man etwa an Götz Aly) schlägt Reuleckes Herz eindeutig auf Seiten der Ersteren - und auf Seiten Nietzsches. Ihm nämlich stattete er in den letzten Jahren immer mal wieder und durchaus mit Ansteckungswirkung auf Autoren wie Roland Eckert, Helmut König, Fritz Schmidt und Horst Zeller 36 Dank ab für den Satz: „ Ihr seid nicht klüger, ihr kommt nur später! “ 37 Freilich, und dies nur zur Klarstellung für Außenstehende: Dieser Satz, mit dem sich die schon von Thomas Nipperdey im einschlägigen Kontext vorgetragene Verwahrung „ gegenüber der besserwisserischen Kritik der Nachgeborenen “ 38 rechtfertigen ließe, stammt gar nicht von Nietzsche, sondern ist Extrakt dessen, was dieser, Reuleckes Kollegin Ute Daniel 39 zufolge, angeblich in seiner Historienschrift von 1874 gesagt haben soll. Wer indes etwas genauer hinschaut, stellt fest, dass Nietzsche in jener Schrift eher das Gegenteil forderte, nämlich eine „ kritische Historie “ , die die Vergangenheit erbarmungslos vor Gericht zieht. 40 Kann es also sein, dass Reulecke Nietzsche mit Helmut Kohl und dessen 1985 an Bitburger SS-Gräbern zur Wirkung gebrachte Botschaft von der „ Gnade der späten Geburt “ verwechselt hat? Diese Frage mag ketzerisch sein eingedenk des Umstandes, dass sich Reulecke einst 41 von jener 12 Einleitung - Warum man der DFG dankbar sein sollte <?page no="13"?> Botschaft Kohls distanzierte. Fakt bleibt, dass Reulecke bei Urteilen über die NS-Zeit allererst „ Empathie “ 42 verordnet, in Fortschreibung der noch 2000 geforderten „ Rücksicht und Nachsicht “ 43 (damals übrigens noch unter Berufung auf Bertolt Brecht statt Nietzsche). Sicherlich: Nimmt man Hannah Arendts Prozessbericht Eichmann in Jerusalem (1964) zum Maßstab, etwa das hier nachlesbare Urteil über den ausgerechnet von Werner Kindt kritisierten 44 , knapp das KZ überlebenden Judenretter Heinrich Grüber (1891 − 1975) 45 , dessen Aussagen Arendt als unpräzise und „ peinlich “ rügt und dem sie die Vokabel „ mutiger Mann “ nur in ironischer Geste zubilligt, 46 wird man der Forderung nach Empathie einiges abgewinnen können. Aus diesem Beispiel folgt insoweit nichts gegen die Empathieforderung Reuleckes und zugleich alles für die - von ihm bezeichnenderweise erst gar nicht erhobene - Forderung, dem je Urteilenden alles an verfügbarem Wissen über eine Person abzuverlangen und ihm erst dann einen (hypothetischen) Befund zu gestatten. Damit sind wir unversehens wieder bei jenem von der DFG abgelehnten Forschungsantrag. Denn alle in ihm zusammengetragenen Indizien sowie die auf den folgenden Seiten nachgereichten weiteren Fakten sprechen für die These, dass Kindt „ als Teil eines in der Adenauerära wirkmächtigen, erinnerungspolitisch aktiven Kartells zur ‚ Reflexionsabwehr ‘“ 47 begriffen werden kann. In der Umkehr geredet: Die Hitlerjugend lässt sich sehr wohl in der Linie des vermeintlich harmlosen Steglitzer Wandervogel lesen, und zwar dies fast schon im Nachgang zu Adorno. Denn er hat uns ja, recht verstanden, nicht nur aufgetragen, für Erziehung, sondern auch für Forschung nach Auschwitz Sorge zu tragen. Dass dies - wie das Bisherige deutlich gemacht haben dürfte - mittels einer kritischen Personen- und Dogmengeschichte geschehen soll, erklärt sich aus den Voraussetzungen und Interessen des Verfassers: Eine Sozialgeschichte der Jugendbewegung schien ihm zu weit weg von jenen und auch zu unergiebig, eine Vereins- und Verbandsgeschichte desgleichen (so dass man in diesem Buch vergleichsweise wenig erfährt über die einzelnen Gruppen und ihr jeweiliges Programm). Ideengeschichte indes, zumal eine ideologiekritische, die auch den als Wissenschaft verkauften Tricks hinter den Kulissen nachspürt, entsprach schon eher dem, was auch auf einem anderen Felde, dem der - um einmal etwas Nettes zu sagen: von der DFG seinerzeit (2001 bis 2005) geförderten - Nietzscheforschung, benötigt wird und gefordert war. Zu hoffen bleibt, dass der Leser bei all dem - und zumal bei den vielen Namen - nicht den Überblick verliert. Vorkehrungen dafür - etwa durch ein Personenregister oder durch Rückweise auf das einschlägige Auftreten einer (dann dort auch immer zumindest mit Lebensdaten versehenen) Figur - wurden getroffen. Ob sie ausreichen, muss der Leser entscheiden. Ihm sei bei dieser Gelegenheit das gewünscht, was eigentlich jeder Autor erträumt: eine fesselnde Lektüre. Einleitung - Warum man der DFG dankbar sein sollte 13 <?page no="14"?> 1. Kapitel Die Jugendbewegung: Ihre Mythen, ihre Historiographen - und die ersten bitteren Wahrheiten Die Jugendbewegung hat schon zahlreiche Darsteller und Darstellungen gefunden - aber auch viel Skepsis und Skeptiker, nach dem Muster von Hans Thiersch (1963): Für den, der die Jugendbewegung selbst nicht erlebt hat, sind Erzählungen und Texte aus ihr fremd. Die verzettelte Vielfalt immer neuer Gruppierungen scheint ihm ermüdend, die Intention oft nicht einleuchtend und das Pathos aufreizend. Vor allem aber kann er nach den Ereignissen der jüngsten Geschichte vieles nicht mehr unbefangen hören. 1 Thiersch hatte und hat Recht - und auch wieder nicht. Denn nichts zwingt, zumal heutzutage, dazu, den Erzählungen von Veteranen „ unbefangen “ zuzuhören. Neue Rechte und neue Zugänge liegen vor für eine kritische Historie. Entsprechend hat die Jugendbewegungsforschung hier und dort in den letzten Jahren - genannt sei nur das DFG-Projekt von Stefan Breuer und Ina Schmidt zu der bündischen Zeitschrift Die Kommenden 2 - deutlich an Brisanz gewonnen, auch aus biologischen Gründen. Denn die Zeit beginnt abzulaufen für eine - um den Terminus Nietzsches aufzunehmen - „ antiquarische “ , eine gleichermaßen bewahrende und verehrende Geschichtsschreibung, die allein aus Betroffenenperspektive betrieben wird oder sich ihr beugt. Neue Chancen bestehen für eine auf Zeitzeugenbefragungen weitgehend verzichtende, konsequent auf die gedruckten und ungedruckten Quellen zurückgehende „ kritische “ Historie. Entsprechend geraten zahlreiche bisher geheiligte Annahmen ins Wanken, bis hin zu dem Befund, dass ‚ die ‘ Jugendbewegung selbst ein Konstrukt ist und vieles an ihr und um sie herum für nicht zureichend geprüfte Annahmen steht. Begonnen hat derlei Geschichtsklitterung um die Jugendbewegung wohl mit Else Frobenius ‘ Gesamtdarstellung „ Mit uns zieht die neue Zeit. . . “ (1927). Nach 1933 machte die Autorin als Hitler-Bewunderin und - auch im HJ- Führerorgan Wille und Macht - ‚ Gaurednerin ‘ Furore. 3 Ihre 2005 veröffentlichte Autobiografie kann als Antwort auf die Frage gelten, „ warum für viele damalige Zeitgenossen der Übergang ins ‚ Dritte Reich ‘ 1933 [. . .] einfach folgerichtig im positiven Sinn erschien. “ 4 Diesen Eindruck vermittelt indes auch schon Frobenius ‘ 1927er Geschichte der deutschen Jugendbewegung (Untertitel). Schon in den ersten Zeilen des mit einem Nietzsche-Zitat ( „ Aller Dinge Wert werde neu von euch gesetzt “ ) unterlegten Vorworts begegnet einem <?page no="15"?> das Wort „ Mythos “ , erläutert durch die Fortführung, dass eine spätere Generation sich im Rückblick auf die deutsche Jugendbewegung tiefsinnige Sagen erzählen würde „ von deutschen Jünglingen, die singend in die Wälder zogen und Feuer auf den Höhen entflammten, um die bösen Geister zu bannen, die ihr Vaterland bedrohten. Von heldenhaftem Sterben, dem sie sich jauchzend weihten, als dann noch schweres Unheil hereinbrach. Von tiefer Not und Zerrissenheit, die unüberwindlich schien, weil die Deutschen ihren Gott verloren hatten. “ 5 Die Darstellung im Text folgt dann dem hiermit angestimmten schwülstigen Grundakkord voller Fragwürdigkeit, was schon für das von Frobenius ausgewählte Motto aus Schillers Die Räuber gilt: Ein freies Leben führen wir Ein Leben voller Wonne Der Wald ist unser Nachtquartier Der Mond ist unsere Sonne. 6 Verklärt werden so die angeblich romantischen, gänzlich asexuellen Beweggründe des Steglitzer Wandervogel um die Jahrhundertwende. In den Hintergrund treten, gleichfalls wohl nicht ohne Absicht, die völkischen Beweggründe schon der Vorkriegsjugendbewegung. Kurz: Die zeitgenössische Satire hatte leichtes Spiel. Dies wurde zwei Jahre später deutlich: Werner Finck und Hans Deppe brachten am 16. Oktober 1929 anlässlich der Eröffnung des Berliner Kabaretts Katakombe die Wandervogelparodie Tandaradei zu Gehör, darunter, in verteilten Rollen gesprochen, die folgenden Zeilen: Wir lesen mühsam von Gedicht zu Gedicht. Nur Erich Mühsam lesen wir nicht. Wir bleiben tumb. Wir nähren uns kärglich von Rohkostnahrung. Und hegen die Seele. Und pflegen die Paarung. 7 Vergleicht man diese beiden Versgruppen, steht fest: Irgendetwas stimmt mit der Jugendbewegungshistoriographie des Mainstream vom Grundsätzlichen her nicht. Worum es sich dabei handeln könnte, offenbart am ehesten ein über vierzig Jahre alter Hinweis von Willibald Karl. Er sah in Sachen Jugendbewegung eine Mythenbildung im Gange, „ die der legitimen Korrektur durch den Historiker bedarf “ 8 , und zwar dies umso mehr, als „ der größte Teil dessen, was über die Jugendbewegung bekannt ist, [. . .] von den ihr Angehörigen direkt vermittelt und berichtet [wurde], aber eben retrospektiv. “ 9 Wie zum Beleg erschien im nämlichen Jahr die Dissertation Die deutsche Jugendbewegung in ihren pädagogischen Formen und Wirkungen (1973) von Heinz S. Rosenbusch. Er war sich gleich einleitend sicher: „ Ohne Zweifel zählt die deutsche Jugendbewegung zu den faszinierendsten pädagogischen Ereignissen dieses Jahrhunderts. “ 10 Ohne Zweifel darf man bei diesem Satz auf Assistenz Karl Seidelmanns (s. S. 48 f.) rechnen. Denn Seidelmann hatte exakt dieses Themenfeld und das damit verbundene Forschungsdesiderat im Sinn, als er zehn Jahre 1. Kapitel - Die Jugendbewegung: Ihre Mythen 15 <?page no="16"?> (1963) zuvor, erkennbar als Nebelkerze in Sachen des damals virulenten Debatte um den Präfaschismus der Jugendbewegung, prognostiziert hatte: „ Es steht also noch manches aus am eigentlichen Aufschluss über die Jugendbewegung, möglicherweise sogar das Wichtigste. “ 11 Auch ansonsten erwies sich Rosenbusch als höflich und zurückhaltend im Blick auf die Veteranen, indem er den folgenden, der Jugendbewegung entstammenden Professoren Dank sagte für „ mancherlei neue Aufschlüsse über Schwerpunkte, Zusammenhänge und individuelle Wirkungen der Jugendbewegung “ 12 , gegeben in längeren Interviews oder qua Briefwechsel: Hans Bohnenkamp, Karl Seidelmann, Otto Friedrich Bollnow, Fritz Borinski, Hanns Eyferth, Wilhelm Flitner, Heinrich Roth sowie Theodor Wilhelm. Diese Namen stehen nicht nur für eine Art Who ‘ s who der deutschen Nachkriegspädagogik. Sie legen vielmehr Zeugnis ab für ein grundlegendes Hemmnis, von dem jede Art biographisch belasteten Erinnerns heimgesucht werden kann: der Gefahr nämlich, teilzuhaben an interessengeleiteter und mithin hochselektiver Erinnerungsarbeit bzw. Erinnerungspolitik. Mit Skepsis zu betrachten ist, von diesem Einwand ausgehend, auch die in der Jugendbewegungshistoriographie der 1960er und 1970er Jahre bevorzugt zum Einsatz gebrachte Technik der Oral History. Ihre Schwächen sind der Sozialpsychologie nicht unbekannt und haben vor allem damit zu tun, dass die namentlich in der Attributionstheorie seit vielen Jahren diskutierten Actor-/ Observer-Differenzen - in Gestalt der Bevorzugung entlastender, situationaler Attributionen durch den ‚ Actor ‘ sowie der besonderen Gewichtung belastender, dispositionaler Attributionen durch den ‚ Observer ‘ 13 - hier mit besonderem Gewicht zum Tragen kommen können. Denn entsprechend der in diesem Kontext gleichfalls nachgewiesenen, beispielsweise im sozialpädagogischen Alltag zu beobachtenden Tendenz zu selbstwertdienlichen Kognitionen 14 dürfte die Erinnerung eines Zeitzeugen oder Autobiographen (= Actor) im Vergleich zu der nachträglichen Sichtung der Daten seitens eines Historikers oder Biographen (= Observer) zwar in Einzelfällen genauer, aber nicht notwendig zuverlässiger sein. Zusätzlich raten kognitionspsychologische sowie psychophysiologische Befunde zur Vorsicht hinsichtlich eines übergroßen Vertrauens in Sachen des Erinnerungsvermögens von Zeitzeugen. 15 Ganz abgesehen davon ist die Methode der Oral History selbstredend nur verantwortbar bei ausgeprägter Quellenskepsis sowie zusätzlichen Techniken zur nachträglichen kritischen Durchleuchtung der ermittelten verbalen Daten. Unverzichtbar ist dabei eine ausdifferenzierte Kenntnis des Forschungsfeldes und der in ihm verborgenen zahlreichen Fallstricke. Lehrreich ist in dieser Frage die von Jürgen Reulecke betreute Dissertation von Sabiene Autsch. 16 Sie interviewte 64 Vertreter der jugendbewegten Generation überwiegend der Jahrgänge 1907 bis 1915, die dem Freideutschen Kreis um Bohnenkamp, Elisabeth Siegel und Seidelmann zuzurechnen sind. 17 Dieser Kreis verschrieb sich anlässlich seiner Gründung im Jahre 1947 vor allem dem Ziel, „ einer persönlichen Aussprache und Selbstreflexion hinsichtlich der 16 1. Kapitel - Die Jugendbewegung: Ihre Mythen <?page no="17"?> eigenen nationalsozialistischen Vergangenheit “ 18 näherzukommen. Umso überraschender mag es sein, dass es in den Interviews gerade mit Vertretern dieser Gruppe „ nur vereinzelte selbstkritische Stellungnahmen hinsichtlich des Umgangs mit der eigenen nationalsozialistischen Vergangenheit [gab]. “ 19 War es aber möglicherweise Autsch selbst, die mittels ihrer Methode diese Tendenz begünstigte? Geradezu aufwühlend liest sich in diesem Zusammenhang die Lektion, die Autsch dem Leser darbietet im Blick auf ein Foto aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, das die Interviewte als „ blondes Mädchen “ zeigt, umgeben und eingerahmt „ von ihren jüdischen, meist dunkelhaarigen Mitschülerinnen. “ 20 Denn anstatt die Zeitzeugin in diesem Kontext mit Fragen nach dem gerade damals in der Jugendbewegung grassierenden Antisemitismus zu konfrontieren, beschränkt sich Autsch darauf, kommentarlos in indirekter Rede folgenden Satz der Zeitzeugin zu referieren: „ Von den auf der Fotografie abgebildeten neun jüdischen Mädchen sei ihres Wissens keines mehr am Leben. “ 21 Es mag schon sein, dass es Autsch für den Sinn ihrer Methode hielt, das Inquisitorische einer ‚ kritischen ‘ Geschichtsschreibung zu vermeiden und die Dinge in ihrer unheilvollen Logik allein dadurch zu entlarven, dass man sie zum Sprechen bringt. Dies aber würde voraussetzen, dass auf Leserseite ein hinreichendes Vorwissen zur Entschlüsselung des Subtextes gegeben ist. Leider ist es aber exakt diese Voraussetzung, an deren Inkraftsetzung die bisherige, mehrheitlich ‚ verehrende ‘ Geschichtsschreibung der Jugendbewegungshistoriographen kaum Interesse nahm. Das bisher Berichtete gibt Anlass zu den folgenden Leitmotiven, die teils als Zusammenfassung gelten dürfen, teils als Wegmarken zwecks Orientierung des weiteren Vorgehens: l Die Geschichtsschreibung der Jugendbewegung wurde über Jahrzehnte hinweg bis auf den heutigen Tag wesentlich dominiert von Betroffenen, also von der Generation der Jugendbewegten selbst bzw. der ihr nachfolgenden Generationen, zumal auf Hochschullehrerseite. l Dieser Umstand konnte kaum eine Erzählweise begünstigen, die auch all den dunklen, den verborgenen und verachtenswerten Zügen dieser Bewegung hinreichend Raum gegeben hätte. l Wenn dies im Folgenden nachgeholt werden soll, dann mit der Absicht der Vervollständigung dessen, was in der Wissenschaft gemeinhin unter Aufklärung verstanden wird. Am Ende wird die bittere Einsicht stehen, dass es sich bei der deutschen Jugendbewegung im Wesentlichen um einen Mythos handelt, geschaffen in der Absicht, davon abzulenken, dass es in einzelnen Gruppen und Gemeinschaften auch eine politische Sozialisation vor Auschwitz gab, eine Sozialisation also, die Auschwitz überhaupt erst ermöglichte. Damit sei nicht in Abrede gestellt - und auch dies wird im Folgenden deutlicher werden (s. S. 64 ff.) - , dass die Anfänge in Steglitz für ein ursprünglich harmloses Nachdenken über den Sinn und die Schönheit des Wanderns stehen. Allerdings wurde das Ganze dann schon sehr bald von politisch entsprechend 1. Kapitel - Die Jugendbewegung: Ihre Mythen 17 <?page no="18"?> interessierten Kreisen in ein zunehmend völkisch geordnetes Reflektieren über so etwas wie eine neue deutsche Leitkultur überführt. Diese Entwicklung - so soll weiter gezeigt werden - eskalierte im und nach dem Ersten Weltkrieg, vor allem aber im Dritten Reich in Gestalt der Hitlerjugend. Nicht zu vergessen: Im Zuge einer nach 1945 anhebenden und auf Austilgung dieser Schuld zielenden Rezeptions- und Deutungswelle wurde, vornehmlich von betroffenen Veteranen und gegen einigen - allerdings hart und zielgerichtet bekämpften - Widerstand, ein wieder entpolitisierter Mythos namens ‚ Jugendbewegung ‘ kreiert und für Zwecke der geisteswissenschaftlich-pädagogischen Aufrüstung funktionalisiert. Wichtige Dienste erfüllten dabei Fälschungen in Quelleneditionen, vor allem in der in der Einleitung angesprochenen Kindt-Edition, die bis auf den heutigen Tag trotz der inzwischen stattgehabten Einsichtnahme in „ Lücken und Auslassungen “ 22 als unverzichtbar gilt für jeden, der sich über die Jugendbewegung auf vergleichsweise bequeme Weise anhand der Quellen informieren will. 18 1. Kapitel - Die Jugendbewegung: Ihre Mythen <?page no="19"?> 2. Kapitel Die Kindt-Edition - ihre Ursprungsgeschichte, ihre Intention und die zentralen Akteure hinter den Kulissen Die Geburtsstunde der Kindt-Edition, also der dreibändigen, von Werner Kindt herausgegebenen Dokumentation der Jugendbewegung [1963/ 1968/ 1974]) schlug im September 1960. In einem „ Aufruf des Gemeinschaftswerkes Dokumentation der Jugendbewegung “ wurde um Spenden und Dokumente gebeten. Zugleich wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass eine von Theodor Schieder „ geleitete wissenschaftliche Kommission für die Geschichte der Jugendbewegung, die zugleich auch den wissenschaftlichen Beirat des Archivs der Jugendbewegung auf Burg Ludwigstein bildet, [. . .] an dem Quellenwerk mitwirken [wird]. “ 1 Unterzeichnet worden war dieser Aufruf auch von Günther Franz, neben Schieder das zweite Gründungsmitglied in jener Kommission. Vorausgegangen war eine intensive, im Juli 1956 gestartete einschlägige werbliche Aktivität Kindts, damals in kritischer Abgrenzung gegenüber einem analogen Vorhaben Gustav Wynekens und schon mit dem Anspruch, Material bereitzustellen gegen „ verfälschende Darstellungen “ 2 der Wandervogelbzw. Jugendbewegung in Sachen des Themenkomplexes ‚ Nationalsozialismus und Jugendbewegung ‘ . Ein kritischer, aber nicht weiter erläuterter Seitenblick fällt in diesem Zusammenhang auf Arno Klönnes Buch Hitlerjugend (1955). 3 Vermutlich dürfte Kindt Klönnes Feststellung geärgert haben, dass „ die in der Bündischen Jugend - im Gegensatz zu Wandervogel und Freideutschtum - durchweg vorherrschende ‚ völkische ‘ Einstellung im Grunde den NS- Anschauungen nichts entgegenzusetzen hatte und ihnen teils völlig, teils mit nur geringen Einwänden zustimmte. “ 4 Erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang auch Howard Beckers Gesamtdarstellung Vom Barette schwankt die Feder (1949), zumal Jürgen Reulecke noch 2013 meinte, Beckers These, „ dass es eine eindeutige Linie vom Wandervogel bis zur Hitlerjugend gegeben habe “ 5 , sei schon 1950 durch Werner Conze umsichtig widerlegt worden - ein, mit Verlaub gesagt, wenig vertrauenserweckendes Lob angesichts der NS-Belastung Conzes (s. S. 123). Wie auch immer: Dass auch Kindt, angesichts von derlei Herausforderungen, die Sache gut und jedenfalls zur Zufriedenheit der Veteranen gelungen war, zeigt das Lob eines Beteiligten, Felix Messerschmid (1904 − 1981), gleichfalls Mitglied der Kommission: „ [E]ine editorische Leistung von hohem Rang “ 6 bescheinigte er Kindt 1975 in dem von ihm mitherausgegebenen Organ des Verbandes der Geschichtslehrer Deutschlands, dessen Vorsitzender er von 1955 − 1967 gewesen war. Nicht überliefert ist, ob Messerschmid dieses Kompliment auch auf <?page no="20"?> den Umstand bezog, dass in den Kurzbiographien der Kindt-Edition nicht nur die NS-Vergangenheit von Günther Franz und Theodor Schieder unterschlagen wurde, sondern auch jene der einfachen Kommissionsmitglieder Hans Bohnenkamp (S. 183) (1893 − 1977) 7 , Hermann Mitgau (1895 - 1980) 8 und, vor allem, Kurt Oberdorffer (1900 − 1980), der durch sein Agieren in der NS-Zeit als schwer belastet gelten muss. 9 Vor dem Hintergrund von derlei Auslassungen überrascht, dass Jürgen Reulecke noch 1993 in dem von Messerschmid gelobten Band einen „ Ansatz zur Überwindung der Polarisierung “ sichtete, im Vergleich etwa zur „ im Zuge der studentischen Protestwelle und Linksorientierung mit ihrer [. . .] Stoßrichtung gegen die NS-Vergangenheit der Elterngeneration “ 10 eskalierenden Debatte. Nicht minder erstaunlich: Reulecke hielt selbst jetzt noch, 1993, einen tadelnden Seitenblick auf die dreißig Jahre zuvor vorgetragenen „ [b]es. scharfen Vorwürfe “ 11 von Harry Pross für angebracht, unterließ aber jeden kritischen Hinweis auf die NS-Bagatellisierung in der Kindt- Edition, und zwar nicht nur in den dort dargebotenen Kurzbiographien. Dabei hätte es Gründe genug gegeben, dieser Frage Aufmerksamkeit zu schenken. Dies zeigt exemplarisch die zu diesem Zeitpunkt schon seit dreißig Jahren vorliegende kritische Rezension von Band I der Kindt-Edition durch Hans Thiersch (Jg. 1935) in der Neuen Sammlung (1964). Thiersch, aus heutiger Sicht einer der (modernen) Klassiker der Sozialpädagogik, 12 damals hingegen, mit Sam Hawkens (aus Winnetou I) geredet, ein Greenhorn, hatte es gewagt, einen von Kindt präsentierten Text von Wilhelm Stählin 13 scharf zu kritisieren. Insbesondere störte Thiersch Stählins Plädoyer für „ eine gleichsam unzergrübelte kräftige Ehrlichkeit “ , von dem ausgehend der Mensch „ in jenes Dämmern von Evidenz, Ganzheit und Sinn geraten [kann], in das die irrationalen Suggestionen so leicht einströmen. “ 14 Mehr als dies und einem Sakrileg gleichkommend im Blick auf seinen (geistigen) ‚ Vater ‘ resp. ‚ Großvater ‘ (= Herman Nohl): 15 Thiersch schreckte nicht davor zurück, im Blick auf einen von Kindt erneut präsentierten Text von Erich Weniger 16 die „ bisweilen bis in die Blut- und Bodenmystik hinunterreichenden Umkehrungen “ zu kritisieren, „ in denen die der Zivilisation doch unentrinnbar verhaftete Jugendbewegung [. . .] sich selbst verleugnete zugunsten einer nur erträumten Ursprünglichkeit. “ 17 Thiersch ‘ Resümee war eindeutig: Mit dem Glauben an Gefühl, Unmittelbarkeit und a-rationale Evidenz, an charismatische Autorität und ein einfaches volkhaftes Leben gehört die Jugendbewegung gewiß in den Zusammenhang jenes Denkens, das sich [. . .] einig wußte in seiner Skepsis, ja Aversion gegen die Demokratie. 18 Dass Thiersch den Herausgeber Kindt nicht freisprach von Verantwortung, belegt sein Monitum, „ die Endphase der Jugendbewegung mit dem Übergang in die Nazizeit “ sei nur „ blaß belegt. “ 19 Dies war eloquent vorgetragen und in der Sache mutig, zeugt allerdings eher für eine Art Betriebsunfall, der denn auch sogleich so gut es geht behoben wurde. Nur so jedenfalls wird man den durchaus auffälligen Umstand erklären können, dass die Redaktion der damals 20 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="21"?> von Hellmut Becker, Elisabeth Blochmann, Otto Friedrich Bollnow, Elisabeth Heimpel, Hartmut von Hentig und Martin Wagenschein herausgegebenen Zeitschrift vorab den entschuldigenden Hinweis für notwendig hielt, man habe Thiersch als „ Vertreter der jungen Generation “ um eine Stellungnahme gebeten, die in ihrem kritischen Gestus gleichsam aufgewogen werde durch den Umstand, dass man im Jahr zuvor (1963) „ zwei Vertreter der einst zur Jugendbewegung gehörigen Generation “ - nämlich Hans Bohnenkamp und Wolfgang Kroug - habe zu Wort kommen lassen; im Übrigen folge dem Beitrag von Thiersch ein weiterer von Diethart Kerbs, der zeige, „ daß dieselbe Generation [jene, der Thiersch zugehört; d. Verf.] auch ein unmittelbares und positives Verhältnis zur Jugendbewegung haben kann. “ 20 Unterhalb von derlei Versicherungen, so darf man vielleicht kommentieren, war damals Kritik an der Jugendbewegung in einem auf den Impuls Herman Nohls zurückgehenden Organ nicht zu platzieren. Etwas schärfer und zugleich verallgemeinernd geredet: Lobreden auf die Kindt-Edition gehörten lange Jahre zur vom Mainstream insbesondere in der Pädagogik erwarteten Prämisse des Berufsresp. Berufungserfolgs. Anlass bildend hierfür war nicht zuletzt das noch von Jürgen Reulecke 1993 21 gelobte Schlusswort des dritten Bandes. Es wartete mit der Versicherung auf, die Kindt- Edition brächte „ ohne wertendes Urteil und Gewichtung ausgewählte Selbstzeugnisse einer jungen Generation. “ 22 So der Dritte im Bunde jener Wissenschaftlichen Kommission, der gleichfalls der Jugendbewegung 23 entstammende Historiker Hans Raupach (1903 − 1977), der seine höchst eigenen Gründe hatte (s. S. 40 ff.), keine (ihn) belastenden Dokumente aus der bündischen und beginnenden NS-Zeit zu präsentieren. In der Linie dieses fast schon verschwörerischen Einvernehmens, die Editionsarbeit Kindts gleichsam unter allen Umständen, und dies meint auch: unter Beisetzung der 1977 von Michael H. Kater erhobenen Vorwürfe gutzuheißen, war es fast folgerichtig, dass die Universität Hamburg Kindt auf Antrag des geisteswissenschaftlichen Pädagogen Wilhelm Flitner (1889 − 1990) 24 die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät verlieh. 25 Ebenso wenig überrascht, dass Sabiene Autsch noch 2000 davon sprach, Kindt habe „ Originaltexte aus der Jugendbewegung “ 26 verfügbar gemacht. Dem freilich ist, wie in der Einleitung angedeutet, nicht so: Kindts Versicherung aus dem Jahre 1968, „ keine sinnentstellenden Kürzungen vorgenommen “ und „ Fortlassungen in den Quellentexten “ nur dann veranlasst zu haben, wenn „ Abschweifungen vom Thema oder zu breite Darlegungen “ 27 vorlagen, war schon damals das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stand. Dies zeigt exemplarisch ein zu dieser Zeit sechs Jahre alter Brief Karl Sonntags an Kindt vom 14. August 1962 mit dem Vermerk, dass er dem Wiederabdruck seines 1922er Textes gegen Hans Blüher (s. S. 66 ff.) in Band I der Kindt-Edition nur zustimme unter der Maßgabe der Fortlassung einiger dem Grundsatz de mortuis nihil nisi bene 28 widersprechender „ Spitzen “ aus dem Original. 29 Dass gerade dieser Text trotz derlei Vorsichtsmaßnahmen bei Rezensenten von Band I - etwa Hans-Joachim Schoeps (1909 − 1980) in der 2. Kapitel - Die Kindt-Edition 21 <?page no="22"?> Zeit vom 22. November 1963 30 - für (berechtigte) Empörung sorgte, ändert nichts am Befund in der Hauptsache: Kindt und seine zahlreichen Zuarbeiter kürzten zielgerichtet und, wie im Folgenden deutlich werden wird, zumeist gedeckt durch die Wissenschaftliche Kommission. Einvernehmliche Absicht war dabei, mittels Quellenaufbereitung den Verdacht abzuweisen, die Jugendbewegung müsse der Vorgeschichte des Nationalsozialismus zugerechnet werden - eine These vor allem von Harry Pross, aber auch von Walter Laqueur. 1. Walter Laqueur und Harry Pross - ein Nestbeschmutzer wird ignoriert und ein anderer bekämpft Fragt man Experten nach dem „ profiliertesten Historiker der Jugendbewegung “ 31 und dem besten Buch zur Thematik, erhält man, auch heute noch - wie das eben angeführte Zitat Micha Brumliks belegt - zumeist zur Antwort: Walter Laqueur (Jg. 1921) und sein Buch Die deutsche Jugendbewegung (1962). Dieses Einvernehmen muss durchaus überraschen angesichts des Umstandes, dass dieses Buch aus der Feder eines in Breslau geborenen jüdischen Emigranten anfangs beim Mainstream für großes Unbehagen sorgte. Ein spätes Zeugnis gibt Otto Neulohs Rezension von Band III der Kindt-Edition aus dem Jahr 1976, wo es in Sachen der „ vielumstrittenen Frage der Jugendbewegung in ihrem Verhältnis zum Nationalsozialismus “ heißt: Die (Jugend-)Bewegung war in ihrer ersten Phase bis 1920 alles andere als völkisch oder nationalistisch eingestellt. Sie stand im Gegensatz zu dem Hurrapatriotismus der Monarchie und bekannte sich in der Meißnerformel zu antibürgerlichen Prinzipien des Lebens und Denkens. 32 Gewiss: Explizit ging dies nicht gegen Laqueur, implizit aber schon. Denn immerhin war er es gewesen, der 1962 schon für die Zeit vor 1914 „ Anfänge einer rückschrittlichen Entwicklung “ feststellte, die „ weite Verbreitung völkischer Ideen “ konstatierte 33 und die letztlich auch von Neuloh vorgetragene Position mit den Worten ad acta legte: „ All das ist nur zu wahr, aber es geht den Dingen kaum auf den Grund. “ 34 Damit freilich machte sich Laqueur - Neuloh ist hier nur eine Stimme unter vielen - bei Veteranen im Umfeld des Burgarchivs äußerst unbeliebt. Werner Kindt etwa, in einem Brief an Wilhelm Flitner vom 24. 11. 1967 die Darstellung Laqueurs als eine tadelnd, die von der Politik ausgehe, verstieg sich im nämlichen Brief zu der Forderung an Flitner, in seinem Beitrag für den II. Band der Kindt-Edition „ den Hinweis auf [Laqueur; d. Verf.] ganz wegzulassen. “ 35 Dass Flitner Kindt, diesen Wunsch erfüllte, zeigt die Druckfassung: Hier ist - statt von Laqueur - nur noch von „ ausländische[n] Autoren “ die Rede, die geneigt seien, in Sachen der Frage, „ ob und wie die Jugendbewegung zur Entstehung der nationalsozialistischen Ideologie [. . .] beigetragen “ habe, Kontinuität herzustellen, wohingegen „ ehemalige ‚ Bündische ‘ die Diskontinuität hervorgehoben [haben]. “ Flitner meinte zwar im 22 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="23"?> unmittelbaren Folgesatz, „ daß beide Aspekte mindestens als heuristische Motive zugelassen werden müssen, “ 36 zeigte dann aber durch seine weitere Argumentation, dass seine Sympathie eindeutig der Diskontinuitätsthese galt. Neu war diese Sicht der Dinge in den Flitner nahestehenden Kreisen nicht, wie eine Rückbesinnung auf ein in diese Richtung weisendes Argument von Eduard Spranger 37 zeigt. Und sie war auch nicht folgenlos, wie das Beispiel Ulrich Herrmann 38 lehrt. Flitner argumentierte ähnlich, nämlich so, dass die Jugendbewegung der ‚ freideutschen ‘ Zeit (1913 − 1919) viel über „ Sozialismus, Marxismus, soziale Frage, Rechts- und Staatsphilosophie “ diskutiert habe, obgleich seit dem ‚ Hohen Meißner ‘ 1913 klar war, dass „ die Bewegung keine politische Theorie eigener Art, keine Aktivität eigener Richtung sich zum Ziel setzen [konnte] “ , sondern als „ Selbsterziehungsbewegung “ zu begreifen sei. Dieses richtige und triftige Ideal - so hat man Flitner zu verstehen - sei erst im Verlauf von Inflation (1919 − 1924) wie Deflation (1930 − 1933) endgültig brüchig geworden und habe „ in den späteren Zwanziger Jahren “ Bemühungen zum Zusammenschluss der Wandervogelbünde ebenso begünstigt wie Versuche, die vorhandenen „ Ideen in ein politisches Programm zu gießen “ , mit der Folge, dass nun, „ in dieser zweiten Phase der Jugendbewegung “ , Tendenzen zur „ nationalen Einigkeit “ ebenso Widerhall fanden wie solche zum „ Anschluß an den Kommunismus “ , ganz zu schweigen davon, dass nun auch „ Alldeutschtum und Antisemitismus [. . .] Anhänger wie heftige Gegnerschaft [fanden]. “ Flitner las diesen „ ungeklärten ‚ Irrationalismus ‘ des politischen Denkens “ als eine Art Begleiteffekt der Mängel, „ die dem deutschen Staatsbürgertum überhaupt anhafteten “ (und dessen Pointe fatal war): Die brutalen und tief inhumanen Methoden der totalitären Gruppen, besonders der Faschisten und Nationalsozialisten, wurden anfangs nur unzureichend wahrgenommen; als sie erkannt wurden, war es für eine Aktion zu spät. 39 Flitner setzte noch hinzu, dass ein Scheitern einer Aktion mehr als wahrscheinlich gewesen wäre - ein Zusatz, der ihn ehrt. Die andernorts 40 näher erläuterte These allerdings bleibt, dass Flitner die Politisierung von ‚ rechts ‘ , die eben nicht erst in der Inflationszeit einsetzte, sondern schon die Debatte um die Meißnerformel begleitete, um dann in der Kriegszeit zu eskalieren, systematisch, auch qua Editionspolitik, kleinarbeitete, in der Absicht, der Jugendbewegung der Kaiserzeit - ebenso natürlich wie der Reformpädagogik dieser Ära allgemein - ihren Nimbus als Hoffnungsträger pädagogischen Sehnens zu erhalten. Die Folgen dieser Erinnerungspolitik sind erheblich. Ein besonders extremes Beispiel hinterließ Eckard Holler 1984, damals wie 2006 41 in den Spuren Ernst Blochs wandelnd: [D]ie Jugendbewegung war nie profaschistisch, sondern in ihrer Wendung gegen den ‚ Spießer ‘ und den gesellschaftlichen Konformismus stets alternativ und tendenziell links. 42 Walter Laqueur und Harry Pross 23 <?page no="24"?> Freilich: Was Holler sowie in seinem Sog Jürgen Reulecke 43 unterschlugen, ist der Umstand, dass Bloch die Jugendbewegung nicht einseitig als „ Beweisstück für den fragmentarischen und realutopischen Charakter der ‚ noch nicht ‘ zur Heimat gewordenen Welt “ 44 las, sondern auch als Beleg nahm für eine vom Grundanliegen her falsch angelegte Utopie, die ihr Scheitern schon in sich trug nach dem Muster: Die Sehnsucht nach einer Gemeinschaft, wie sie unter Erwachsenen nicht vorhanden, hörte schließlich auf Hitler; denn gab es gegen die Alten keine Inhalte, so gab es doch neue brennend-blasend-verblasene Worte, und es gab gegen die Alten, die noch nicht vom Blutdurst glühten, Macht. Statt der Spannung Vater-Sohn und dem Aufbegehren des Sohnes gegen den drückenden Vater kam die Angst der Eltern vor dem Hitlerjungen. 45 Es mag dem in der Linie Holler/ Reulecke fast zwangsläufigen Beiseitesetzen von subtilen Einschätzungen wie dieser geschuldet sein, dass man noch 2010 in einem Handbuchartikel lesen konnte, die Jugendbewegung sei bis 1914 weltoffen gewesen, sie habe „ Freude am tätigen, einfachen Leben “ gehabt und ihr (selbsterziehungsorientiertes) Handeln als „ sozialpädagogisch “ definiert - und eigentlich könne man ihr nur eines anlasten: nämlich dass der, der nicht den richtigen ‚ Stallgeruch ‘ hatte, „ aus der Gruppe herausgebissen “ wurde: „ Mädchen, Juden, Proletarierkinder. “ Dem folgt dann noch, gleichsam als Schlusswort in Sachen dieser Phase der Jugendbewegung: „ Die scheinbare Weltoffenheit der Wandervögel brach im Ersten Weltkrieg in sich zusammen. “ 46 Dies klingt gut und ist auch flott geschrieben, hat aber mit historischer Forschung weit weniger zu tun als mit der Konstruktion von Mythen - die in Abwehr der Bedenken Laqueurs fast unvermeidbar sind. Eine etwas andere, zumal im deutschsprachigen Raum gravierendere Herausforderung tat sich in der Linie des Publizisten Harry Pross (1923 - 2010) auf, 1968 bis 1983 Ordinarius für Publizistik an der FU Berlin. Pross, über eigene leidvolle Erfahrungen in der HJ 47 verfügend, wohnte schon als Pfadfinder und blutjunger Doktorand dem legendären, Pfingsten 1947 abgehaltenen Altenberger Konvent des Freideutschen Kreises bei. 48 Über dessen Ergebnis instruiert ein Flugblatt aus Werner Kindts Feder. In ihm heißt es, gleichsam in programmatischer Absicht, „ daß der Nationalsozialismus das Gedankengut und die Lebensformen der Jugendbewegung mißbraucht hat, um seinen brutalen Machtwillen mit dem gläubigen Idealismus der deutschen Jugend zu tarnen. “ 49 Wenig später legte Pross seine Heidelberger Dissertation zum Thema Nationale und soziale Prinzipien in der Bündischen Jugend (1949) vor, eine eigentlich harmlose, an politischen Orientierungen der Handlungsträger zumindest der Vorkriegsjugendbewegung eher desinteressierte Studie. Ihr zentrales Diktum ging auf Deutung der Jugendbewegung nicht als „ organisierte Vereinigung zu irgendeinem ausserhalb liegenden Zweck “ , sondern als „ stark situationsgebundener seelischer Zustand. “ 50 Für die Weimarer Epoche freilich trug Pross der „ Korrelation von autonomer und ‚ völkischer Bewegung ‘“ 51 24 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="25"?> durchaus Rechnung. Und im achten, mit Bündische Jugend und Hitlerbewegung überschriebenen 52 Kapitel bereitete Pross Material auf, das sich mit jener Altenberger Erklärung nicht vertrug und später (1955) von Arno Klönne als „ außerordentlich interessant “ 53 gelobt wurde. Dies war also ein für Veteranen damals durchaus bedrohlicher Hinweis. Dabei gilt es zu bedenken, dass sich Klönne insbesondere wohl wegen der These, die bündische Jugend habe dem Nationalsozialismus „ beträchtliche Handlangerdienste “ 54 geleistet, schon damals dem Tatvorwurf der ‚ Brunnenvergiftung ‘ ausgesetzt sah 55 - nicht ganz zu Unrecht übrigens: Klönne hatte bei seinen Vorwürfen den Goebbels-Propagandisten und vormaligen Burschenschaftler Hans Fritzsche (1900 - 1953) mit dem namensgleichen Ringpfadfinder (1891 - 1942) verwechselt. Weniger angreifbar agierte Pross, wenngleich ihm dies nicht wirklich half: Basierend auf seiner Dissertation verfasste Pross einige kritische (Funk-)Essays zur Geschichte der Jugendbewegung und damit assoziierten Themen. Separat wurden sie publiziert unter dem Titel Vor und nach Hitler (1962). Veteranen waren entsetzt und kreideten Pross „ willkürliche Quellenauswahl “ an, auch unzulässige Verallgemeinerung und mangelnde Repräsentativität, vor allem aber die „ Tendenz [. . .], die Jugendbewegung, insonderheit die Bündische Jugend, für den Aufstieg des Nationalsozialismus verantwortlich zu erklären. “ 56 Tadel zog auch Pross ‘ im Juli 1961 schon im 78. Tausend vorliegende Quellensammlung Die Zerstörung der deutschen Politik. Dokumente 1871 − 1933 (1959) auf sich, bis hin zu Harald Scholtz (2006). 57 Kaum besser erging es Pross ‘ Gesamtdarstellung (nicht etwa 58 Dissertation) Jugend - Eros - Politik (1964). Der Titel war fraglos nicht glücklich gewählt und rief nach Spott vom Typ „ effekthaschendes Sammelsurium. “ 59 Dass die Sache keineswegs so lustig ist, zeigt Pross ‘ zentrale Diagnose in Sachen Bildungsgut Jugendbewegter: Überlastung [. . .] mit höchst obskuren nationalen und sozialen Vorstellungen, die in der deutschen Gegenrevolution von Chamberlain, Lagarde, Class, Moeller bis Rosenberg und Hitler umgingen. 60 Welcher Sprengsatz hier verborgen war, sei exemplarisch für einen heutzutage eher unbekannten Namen erläutert: Heinrich Claß (1868 − 1953) war viele Jahre Vorsitzender des Alldeutschen Verbandes und wurde im November 1933 „ als ideologischer Wegbereiter des Nationalsozialismus mit einem Reichstagsmandat bedacht. “ 61 Berühmt wurde Claß mit seiner unter dem Pseudonym Daniel Frymann erschienenen Programmschrift Wenn ich der Kaiser wär ‘ (1912), die insbesondere in der Wandervogelführerzeitung zur Lektüre empfohlen wurde. 62 Großen Erfolg erreichte Claß auch mit seiner unter dem Pseudonym Einhart vorgelegten Deutschen Geschichte (bis 1940 fünfzehn Auflagen 63 ). Noch brisanter ist aber sicherlich der von Pross erwähnte Name Houston Stewart Chamberlain (1855 − 1927), dessen Hauptwerk Die Grundlagen des XIX. Jahrhunderts (1899) entscheidend zum Image Chamberlains als „‚ Hofphilosoph ‘ unter Wilhem II. “ 64 beitrug sowie der geistesgeschichtlichen Fundierung des Rassegedankens sowie des Antisemitismus in nationalsozialistischer Walter Laqueur und Harry Pross 25 <?page no="26"?> Ausprägung förderlich war. Die spezifische Wirkung Chamberlains auf einen Kreis Gleichgesinnter in einer österreichische Hochschulgilde vor dem Ersten Weltkrieg dürfte auch durch Chamberlains zeitweiligen (1889 bis 1909) Wohnort Wien erklärbar sein. 65 Eindeutiger und eindeutig besser belegt ist Chamberlains Wirkung auf Hitler 66 sowie Artur Dinter (1876 − 1948) 67 , Mitbegründer des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes (1919) sowie Nr. 5 von dessen Nachfolgeorganisation, der NSDAP. 1928 wurde Dinter zwar von Hitler wegen seiner Gründung der Geistchristlichen Religionsgemeinschaft (1927) aus der NSDAP ausgeschlossen (nach 1933 vorgetragene Bitten um Wiederaufnahme blieben erfolglos). 68 Aber dies bezeugt eher eine taktische Distanz, keine grundlegende Differenz, wie auch Dinters mit ca. 1,5 Millionen Lesern bis 1930 69 größter Verkaufserfolg, der ‚ Zeitroman ‘ Die Sünde wider das Blut (1918), belegt: Er war Chamberlain gewidmet und bezog sich sowohl im Nachwort als auch in zwei Exkursen sowie in einigen Anmerkungen auf ihn, mit dem Ziel, die zentrale Botschaft, die auch die Hitlers war, plausibel zu machen: Rasse ist alles! [. . .]. [D]enn Volk und Vaterland geht, wie die Geschichte lehrt, unrettbar zugrunde, wenn die Rasse durch Mischung mit artfremdem Blut verdirbt. 70 Der Erfolg von derlei Indoktrination blieb nicht aus: Wilhelm Kotzde (s. S. 59 f.) von den Adler und Falken wäre hier zu nennen, der „ die Gedanken und Werke Chamberlains “ in seinem Nachruf auf diesen zu den „ Grundlagen der völkischen Bewegung “ 71 rechnete. Auch der Hitler schon in jugendlichen Jahren verfallene und in Weimar vor allem von Adolf Bartels 72 indoktrinierte HJ-Chef Baldur von Schirach (1907 − 1974) 73 kommt in Betracht mit seinem Wort von 1934: Was er [Chamberlain; d. Verf.] über Volk und Staat, ja sogar über den ständischen Aufbau sagt, über Parlamentarismus und Einzelherrschaft sowie über Politik schlechthin, ist Satz für Satz Nationalsozialismus. 74 Die Aufdeckung von Zusammenhängen dieser Art, von Walter Laqueur 75 angedeutet, waren in Pross ‘ Linie zu befürchten, womit sich alles andere erklären könnte: Dinter wird in der Kindt-Edition sicherheitshalber erst gar nicht erwähnt. Und Friedrich Krauss ‘ (1895 - 1977) - Pg. wie Dinter - Nachruf auf Dinters (völkischen) Verleger Erich Matthes (1888 − 1970) 76 kommt ohne den Hinweis auf Dinter, also seinen größten Bestsellerautor, aus. Bei dieser Gelegenheit wird gleich auch noch die NSDAP-Mitgliedschaft von Matthes verschwiegen, im besten Einvernehmen mit der Kindt-Edition 77 sowie mit Matthes selbst, wie dessen Aufzeichnungen für Hinrich Jantzen 78 belegen. Warum Krauss, übrigens mit Billigung des damaligen Burgarchivars Hans Wolf 79 , im Komplex Matthes/ Dinter so zurückhaltend agierte, wird deutlicher, wenn man die zeitgleich laufende Kampagne gegen Pross bedenkt, wobei etwas weiter auszuholen ist. Die Auseinandersetzung mit Pross 80 - dies die erste Feststellung - begleitete als stiller, aber gleichwohl sehr beredter Kommentar schon die ersten Schritte zur Planung der Kindt-Edition. Dies belegt ein Brief 26 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="27"?> Kindts an Hans Wolf vom 26. September 1958, 81 der offenbar das Startsignal gab für ein sechsseitiges, im Wesentlichen gegen Pross und eine seiner Sendungen gerichtetes Manuskript mit dem Titel Einspruch gegen Legenden über die Jugendbewegung! Kindt verfasste es am 6. Juni 1960 82 und teilte Wolf vier Monate später mit, Pross müsse als „ hoffnungsloser Fall “ 83 gelten. Ähnlich sah dies auch Karl Vogt (1907 − 2002), neben Wolf der wohl zweitwichtigste Strippenzieher im Archiv, dem als Vorsitzender der Vereinigung Jugendburg Ludwigstein (1953 − 1959) und Berater der Stiftung Jugendburg Ludwigstein sowie des Burgarchivs (bis 1983) sowie als Mitherausgeber des Jahrbuchs des AdJb (1975 − 1981) erhebliche Bedeutung zukam und der Kindt am 21. Juni 1959 wissen ließ: Mir scheint es - und damit stimme ich mit [. . .] Franz [ = Günther Franz] wiederum überein - nicht ratsam zu sein, den akuten Anlaß, der uns zu diesem Werk [die Kindt- Edition] treibt, in der Begründung wie im Aufruf zu stark herauszustellen. Was Pross und andere Falsches geschrieben haben, sollte nicht als Grund für das Werk angegeben werden. 84 Pikant dabei: Vogt war, ähnlich wie Franz und Schieder, durchaus, was die NS- Zeit angeht, kein unbeschriebenes Blatt als - so die eigene Angabe (von 1994) - „ Mitarbeiter im Reichsernährungsministerium. “ 85 Jürgen Reulecke ergänzte 2005, Vogt sei „ Fachreferent im mittleren Management des Landwirtschaftsministeriums und dort an der sog. ‚ Reichsosthilfe ‘ , d. h. der Schaffung von ‚ arischen ‘ Bauernstellen in den im Osten besetzten Gebieten beteiligt “ 86 gewesen. Als Information half dies indes nicht wirklich weiter, zumal Vogts - von ihm 2000 weitergeführter 87 - Zusatz: „ [I]ch [wurde] nach der NS-Zeit den Vorwurf meines Gewissens nicht los[. . .], dabei mitgemacht zu haben, “ 88 von Reulecke nicht aufgegriffen wurde, ebensowenig wie durch den damaligen (1994) Gesprächsanreger Ulrich Herrmann. “ 89 Auffällig dabei: Sowohl Herrmann als auch Reulecke unterließen den Gang ins Bundesarachiv Berlin, obgleich dort Erstaunliches zu finden ist, etwa in der Linie des 1999 von Christian Gerlach 90 in Erinnerung gerufenen Umstandes, dass Vogt als persönlicher Referent Herbert Backes (1896 − 1947) 91 agierte der von der Überzeugung ausging, der Erste Weltkrieg sei „ nicht an der Front “ , sondern in der Heimat verloren worden, „ weil die Ernährungswirtschaft [. . .] versagte. “ 92 Mit Kriegsbeginn gab Backe, ab Mai 1942 als Nachfolger Richard Walther Darrés (s. S. 53) fungierend, seinem Credo Raum, „ die härtesten und die rücksichtslosesten Maßnahmen mit Würde durchzuführen. “ 93 Was dies hieß, konnte man in Leningrad besichtigen - die Millionenstadt wurde aus ernährungstaktischen Gründen 94 eingekesselt und ausgehungert - , aber auch überall sonst an der Ostfront: Backe trug Mitverantwortung dafür, dass Millionen Kriegsgefangene sowie Juden verhungerten bzw., als ‚ unnütze Esser ‘ , ermordet wurden. 95 Backes (jämmerlicher) Tod entsprach diesem Leben: Getröstet dadurch, „ im Testament des Führers [. . .] Bestätigung als Minister erlebt zu haben “ 96 - so sein eigenes Testament vom 31. Januar 1946 - , erhängte sich Backe im April 1947 im Walter Laqueur und Harry Pross 27 <?page no="28"?> Nürnberger Kriegsverbrechergefängnis aus Angst vor einer Auslieferung an die Sowjetunion. Von diesem Abgrund zurück zu Vogt, der sich offenbar von seinem Chef in Sachen Fanatismus kaum unterschied als Mitglied von NDSAP und Lebensborn e. V. soie SS im zuletzt (1944) Rang eines Obersturmbannführers soie Träger des Totenkopfrings und des Ehrendegens der SS, vor allem aber im Blick auf seinen Einsatz als Zuführer der Leibstandarte SS Adolf Hitler (LSSAH) in Italien 1943, zu einer Zeit also, zu der dort Massaker an Juden begangen wurden - Daten insgesamt, die Vogt als willfährigen Nazi ausweisen und den oben erwähnten Brief von ihm an Kindt vom Juni 1959 im denkbar fahlem Licht erscheinen lassen, zumal damit die Würfel in Sachen der Grundanlage der Kindt-Edition gefallen waren. Dies zeigt auch ein Brief Kindts an Wilhelm Stählin vom 14. Februar 1960, in welchem über Pross und die „ Geschichtsklitterungen “ - in dessen Dokumentation von 1959 97 - geklagt wird, ehe dann folgt: „ So fand ich Verständnis für meinen Rat, den zahlreichen Missverständnissen und Missdeutungen damit zu begegnen, daß man der Öffentlichkeit die wesentlichen Dokumente der Bewegung von 1896 bis 1933 in einem umfassenden, mehrbändigen Quellenwerk zugänglich macht. “ 98 Die Folgen blieben nicht aus: Das Stichwort ‚ Pross ‘ respektive der hiermit zusammenhängende Themenkomplex durchzog über Jahre und mit immer gleichen Tenor zahlreiche der Briefe nicht nur von Kindt, sondern auch anderer Mitarbeiter des Burgarchivs - bis hin zu dem geradezu skurrilen Höhepunkt aus dem andernorts 99 erläuterten Brockhaus-Kapitel: Kindt entnahm einer ihm übersandten Liste zu erstellender Artikel irrtümlich, ausgerechnet er solle das beabsichtigte Lemma zu Pross - das in der 17. Auflage (1972) dann auch realisiert wurde - verfassen. Kindt war fassungslos, wie seine Briefe an die Brockhaus-Redaktion (vom 11. Januar und 5. April 1970 100 ) belegen. Deren Tenor ist eindeutig und bekannt aus anderen, gedruckten Quellen: Kindt und seine willigen Helfer lasteten Pross unter der Rubrik „ terrible simplificateurs “ 101 in immer neuen Anläufen und durchaus im Stil einer Kampagne an, als Nichtfachmann ( „ Pross ist bekanntlich kein Historiker “ 102 ) und von außen gekommener Nestbeschmutzer der ‚ goldenen ‘ Legende der Jugendbewegung (aus der Feder der Betroffenen und Dabeigewesenen) eine ‚ braune ‘ entgegenstellen zu wollen. Diese Kritik wurde zunehmend auch auf die „ willigen Nachfolger “ 103 von Pross ausgedehnt und von Karl Seidelmann 104 in den Kontext der (für ihn) unerquicklichen Debatte um den Präfaschismus der Jugendbewegung gerückt. Als Gegenmittel wurde so etwas wie embedded science erprobt, am Beispiel Jakob Müller sei das erklärt: Ihm, der zwischen 1963 und 1969, teils mit Gattin in Archivnähe wohnend, für seine 1971 erschienene Dissertation über die Jugendbewegung recherchierte, stellte Kindt schon früh (brieflich am 17. Oktober 1964 105 ) die Nachfolge des damals kränkelnden Archivleiters Hans Wolf in Aussicht, nebst Rat und Tat aller Beteiligten. Kaum überraschend bekam Pross dann in Müllers Dissertation eine „ unzureichende bis grundlegend falsche Behandlung der fundamentalen Realitäten “ 106 bescheinigt. Auch wurde Müller 28 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="29"?> im Jahrbuch des AdJb vom jungkonservativen Verfechter einer ‚ konservativen Revolution ‘ , Armin Mohler (1920 − 2003), vorm. Waffen-SS, 107 wegen seiner „ immer wieder neu überraschenden geistigen Unbefangenheit “ 108 begeistert gefeiert. Dank wusste auch Hans Wolf, der Müller flugs zum profiliertesten Historiographen der Jugendbewegung erklärte. 109 Dieses Beispiel legt es nahe, im weiteren Fortgang das bisher benannte Personal sowie einige Autoren der Kindt-Edition etwas genauer in Augenschein zu nehmen, ausgehend von der für Kriminalisten sich ja von selbst verstehenden Frage: Cui bono? Die Antwort, in den folgenden Abschnitten unterbreitet, kann kaum fraglich sein: Kindt, aber eben auch einige seiner Autoren sowie sämtliche mit seiner Kontrolle beauftragten Herren, durchgängig der Jugendbewegung resp. bündischen Jugend entstammend, hatten je ihre Gründe, die Geschichte mit dem Nationalsozialismus nicht zu hoch zu hängen und, als Teil dessen, Kindts Kampagne gegen Pross positiv zu sanktionieren. 2. Theodor Wilhelm - ein Vorzeigepädagoge im Kampf mit seinem Schatten Friedrich Oetinger Als Erstes fällt einem in diesem Zusammenhang Theodor Wilhelm (1906 − 2005) 110 ein, Historiker und Jurist, im Anschluss an seine Habilitation für Pädagogik (1957) Ordinarius an der Universität Kiel (bis 1972). Wilhelm zeichnet verantwortlich für den allerersten Beitrag Der geschichtliche Ort der deutschen Jugendbewegung (1963) aus jenem, wie gesehen, von Hans Thiersch kritisierten und von Theodor Schieder mit einem Vorwort beglückten Band I der Kindt-Edition. Auch die Problematik ist vergleichbar: Wilhelm, ab 1938 Dozent an der HfL in Oldenburg, war Mitglied von SA (1934) und NSDAP (1937) gewesen, den zuletzt genannten Umstand bis zum Beweis des Gegenteils verleugnend. 111 Gravierend war Wilhelms NS-Belastung vor allem durch seine von 1933 bis 1944 währende Tätigkeit als Schriftleiter der Internationalen Zeitschrift für Erziehungswissenschaft. Deren Aufgabe bestand darin, dass Deutschlandbild im Ausland im Sinne des Nationalsozialismus zu korrigieren. Wilhelm erledigte dies mit großer Energie und der Folge, dass die Wiederentdeckung dieser Aufsätze zumindest bei einigen Fachvertretern der Disziplin für Erschrecken und Abscheu sorgte angesichts der in diesen Texten zutage tretenden „ Kontinuität antisemitischer Auslassungen. “ 112 Zurecht: Wilhelm rechtfertigte 1934 die „ deutsche Ariergesetzgebung “ als Akt der „ Notwehr “ gegen das „ Ostjudentum, “ 113 um 1941 davon zu sprechen, Europa sei aufgebrochen, „ die Judenfrage als gemeineuropäische Schicksalsfrage zu erkennen und als Aufgabe der europäischen Schicksalsgemeinschaft zu lösen “ 114 , sprich: Die Abrechnung der jungen Völker Europas mit dem Bolschewismus ist daher zugleich der Auftakt zu einer europäischen Gesamtlösung des Judenproblems, die Theodor Wilhelm - ein Vorzeigepädagoge im Kampf mit seinem Schatten 29 <?page no="30"?> nicht im Zeichen blinden Rassenhasses, sondern im nüchternen Geiste der rassemäßigen, charakterlichen und wirtschaftlichen Stabilisierung Europas getroffen werden wird. 115 Liest man Sätze wie diese, die uns im Zusammenhang des Antisemitismuskapitels (s. S. 158) noch genauer interessieren werden, kann nicht mehr überraschen, dass jener Einleitungsaufsatz Wilhelms aus Bd. I der Kindt-Edition als Teil von Kindts Kampagne gegen Harry Pross zu deuten ist. Interessant sind dabei die Details: Am Anfang steht ein Brief von Kindt an Theodor Schieder vom 03. Juni 1962, in welchem sich Kindt für Schieders Bereitschaft bedankte, ein Vorwort für den Grundschriften-Band beizusteuern. Zusätzlich zeigt er sich erfreut darüber, dass Schieder seiner Anregung zustimme, „ Herrn Prof. Dr. Dr. Theodor W. in Kiel “ als Autor zu gewinnen: Sie, Kindt und Wilhelm, hätten im November 1961, als er mit Wilhelm beim Mittagessen in der Grenzakademie Sankelmark - damaliger Direktor (seit 1954): Heinz Dähnhardt (1897 − 1968), vormals NSDAP und SA (1933) 116 - zusammen saß, über die gerade vorher im SFB gelaufene „ unverschämte Rundfunkrede von Dr. Harry Proß gegen die Jugendbewegung “ gesprochen. Kindt habe dann Wilhelm gefragt, ob er nicht replizieren wolle. Dieser habe allerdings abgelehnt, „ da Proß es dann unter Umständen leicht habe, ihn mit dem Hinweis auf seine Mitarbeit in der Internationalen Zeitschrift für Erziehungswissenschaft im Dritten Reich abzutun. “ 117 Dieser Hinweis hatte es in sich: Wilhelm war erst zwei Jahre zuvor, im Nachgang zu seinem Wechsel von Flensburg nach Kiel, erstmals in aller Schärfe seitens des DDR-Historikers Gerd Hohendorf 118 mit seiner dunklen Vergangenheit konfrontiert worden und insoweit auch mit den wahren Gründen - und nicht mit den von Wilhelm 119 nachträglich geltend gemachten - für die Wahl seines Pseudonyms Friedrich Oetinger. Dies hatte er für sein - ihm seine (zweite) Karriere als Pädagogikprofessor überhaupt erst ermöglichendes - Buch Wendepunkt der politischen Erziehung (1951) gewählt. Wilhelm stand damals also unter erheblichem Druck und musste weitere Enthüllungen befürchten. Nimmt man nun noch hinzu, dass Wilhelm mit Kindt auf einen fast gleich gesinnten Gesprächspartner traf, dem man nicht noch viel erläutern musste, wird der weitere Verlauf des hier in Rede stehenden Gesprächs klar: Kindt, der sofort Verständnis hatte für die Skrupel Wilhelms, eine direkte Reaktion auf Pross betreffend, brachte erneut die Idee eines Artikels für den Grundschriften-Band aufs Tapet. Diesmal aber schlug er vor, dass Wilhelm diesen Text ja als verdeckte Reaktion auf Pross konzipieren könne. Nachdem Schieder am 09. Juli 1962 sein Okay gegeben und Kindt signalisiert hatte, dass er so an Wilhelm schreiben werde, nahm das Ganze denn auch seinen Lauf: Am 06. August 1962 teilte Kindt Schieder mit, dass Wilhelm zugestimmt habe, sprich: bereit war - so Wilhelm im Nachgang an Helmut Wangelin am 16. 10. 1964 - , „ nach dem Willen der Herausgeber “ nicht nur in den Band selbst einzuleiten, sondern „ auf dem Hintergrund dieses Materials [. . .] eine Beurteilung des Gesamtphänomens Jugendbewegung “ zu 30 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="31"?> versuchen, „ die den bekannten Missdeutungen nach dem Modell Pross entgegenwirken würde. “ 120 So geschah es denn auch: Wilhelm, der auf einschlägige Abschnitte seiner 1960 in zweiter Auflage erschienenen Pädagogik der Gegenwart zurückgreifen konnte, 121 lieferte in vergleichsweise kurzer Zeit einen Beitrag, der Kindts ganze Zustimmung fand - und der sich nur dann als „ in einem allgemeinen Sinn historiographisch angelegt “ 122 liest, wenn man, wie Heinz-Elmar Tenorth, die längst vorliegenden Kontextinformationen 123 ignoriert. Ihnenzufolge steht außer Frage, dass Wilhelm, vereinbarungsgemäß ohne Nennung von (P)ross und Reiter, rasch auf den Punkt kam, etwa mit Sätzen wie: „ Man verfolgt zum Beispiel die These, die Jugendbewegung sei der eigentliche Wegbereiter des Faschismus gewesen, und stellt das Material in den Dienst dieser These. “ 124 „ Man “ hieß hier natürlich Pross, der einem auch an einer späteren Stelle dieses Beitrages begegnet, wo Wilhelm davon spricht, dass der Jugendbewegung „ seit ihrem Tode 1933 zwei publizistisch höchst wirksam vertretene Deutungen zuteil geworden seien “ - und erneut nicht deutlich macht, von wem er eigentlich redet. Man kann allenfalls aus der Bemerkung, dass die eine Deutung „ die Jugendbewegung als eine ‚ politische Jugend ‘ [deklariert], wobei die Verzeichnung “ darin bestünde, „ daß die Bünde der Jugendbewegung mit den Formationen der Hitlerjugend zu einer Einheit verschmolzen werden “ , folgern, dass es offenbar erneut um Pross geht. Ihm wirft Wilhelm nun vor, keine objektive Geschichtsschreibung vorgelegt zu haben, denn diese sei nicht „ befugt, die deutsche Jugendbewegung präfaschistisch zu interpretieren. “ 125 Soweit Wilhelms Argumentation in der hier interessierenden Frage, wobei zumindest notiert werden muss, dass er die entscheidende der von Pross aufgeworfenen Thesen in seiner doch sehr einseitigen Orientierung auf die bündische Jugend komplett ignorierte, nämlich die Frage nach dem völkischen Charakter schon der Vorkriegsjugendbewegung. Die Verbindung zwischen Kindt und Wilhelm verstärkte sich 1965 nach Erscheinen eines beide belastenden, dem Antisemitismuskapitel zuzurechnenden Literaturberichts von Hermann Meier-Cronemeyer, aber auch infolge der Zusammenarbeit im Blick auf die der Jugendbewegung zugedachten Stichwortartikel für die ab 1966 erschienene 17. Auflage des Großen Brockhaus. Mit deren Erstellung war zunächst Wilhelm beauftragt, wohl infolge des Nutzens einer Seilschaft mit einem alten NS-Kameraden, nämlich des nun als Brockhaus- Chefredakteur agierenden vormaligen Dozenten am Erzieherseminar der Adolf-Hitler-Schule Sonthofen, 126 Wilhelm Hehlmann (1901 − 1998), Verfasser des durch die Einträge in der Nazi-Zeit diskreditierten Pädagogischen Wörterbuchs des Kröner-Verlags. 127 Wilhelm, der am 10. 08. 1965 einen entsprechenden Vertrag geschlossen hatte, fühlte sich der Aufgabe - auch aus Zeitgründen - nicht recht gewachsen und gab den Job weiter an Kindt. Aufschlussreich ist dabei vor allem der Streit um den zentralen Stichwortartikel ( „ Jugendbewegung “ ), insofern Kindt die nun - abweichend zur 16. Auflage von 1955, und dies trotz Umfangsbeschränkung - zu verzeichnende, insgesamt positive Theodor Wilhelm - ein Vorzeigepädagoge im Kampf mit seinem Schatten 31 <?page no="32"?> Würdigung Gustav Wynekens nicht vertreten wollte. Voller Empörung angesichts der ihm übersandten Druckvorlage ließ Kindt den Verlag am 28. 06. 1969 wissen, dass „ unrichtige und unwichtige Dinge “ in seinen Text „ hineinverbessert “ worden seien. Wyneken beispielsweise habe „ niemals zur Jugendbewegung gehört “ , der von ihm „ geschaffene Begriff der ‚ Jugendkultur ‘“ habe „ nichts mit der Jugendbewegung zu tun. “ 128 Hinter dieser Bewertung, die Kindt nur ein Jahr zuvor in ähnlicher Form auch in Band II seiner Edition platzierte, 129 verbarg sich der Mythos, es habe vor Wynekens Intervention eine Art Paradiesland der Jugendbewegung gegeben, aus dem diese dann aufgeschreckt und, unter Verstoß gegen die für sie maßgebenden Prinzipien, zur Gegenwehr getrieben worden sei. Das Gegenteil ist richtig: Der Wandervogel war von seinem Beginn an Objekt politischer Zwecksetzungen, nur dass diese - und dies machte sie möglicherweise für Kindt erträglicher - mehrheitlich eher dem ‚ rechten ‘ denn dem ‚ linken ‘ Spektrum zuzurechnen sind. Wyneken, seine Rede auf dem Hohen Meißner mit dem Ausruf „ Freiheit, Deutschheit, Jugendlichkeit! “ 130 endend und damit einen deutlichen Gegenakzent setzend in Richtung der ‚ Ideen von 1789 ‘ und der Befreiungskriege, 131 stand so betrachtet für eine Ausnahme - und wurde entsprechend von der völkischen Mehrheit der Vorkriegsjugendbewegung abgestraft, ebenso wie später von Veteranen wie Kindt. 3. Theodor Schieder und Günther Franz - zwei Historiker mit brauner Weste im Kontext der Kindt-Edition Von den in diesem Kapitel zu betrachtenden zwei Verantwortungsträgern für die Kindt-Edition war Theodor Schieder (1908 − 1984) fraglos der wissenschaftlich gesehen bedeutende, mit, am Ende, 26 Hochschullehrern unter seinen Schülern. Allerdings verlor Schieder offenbar recht bald das Interesse an der Kindt-Edition. Christoph Nonn vermutete unlängst, dies sei Folge der Verselbständigung seiner schon 1958/ 59 aktenkundig gemachten Forderung, „ Ziel müsse eine objektive Untersuchung ohne Polemik sein. “ 132 Dass Schieder diese Forderung umtrieb, zeigt sein 1963er Vorwort für Band I der Kindt-Edition. 133 Betrachtet man indes, anders als Nonn, Schieders im letzten Kapitel geschildertes Agieren im Fall Theodor Wilhelm, wird man wohl eher Zeitmangel (Schieder war 1962 Rektor der Kölner Universität geworden) denn einen grundlegenden Dissens im Blick auf Werner Kindts Theoriepolitik als ursächlich für Schieders Rückzug aus der Kindt beratenden und kontrollierenden Kommission - offiziell auf Juni 1967 zu datieren 134 - anzunehmen haben. Für diese These könnte auch die Kurzbiographie in Bd. III der Kindt-Edition zu Schieders Kollegen Kleo[phas] Pleyer (1898 − 1942) sprechen. Günther Franz verwies zwar im Vorwort (1974) dieses Bandes auf Rüdiger Robert Beer (1903 − 1985) - vorm. Jungnationaler Bund 135 , später NSDAP, nach 1945 Freideutscher Kreis 136 - als Bearbeiter sowie Erich Bitterhof und Heinrich Steinbrinker als „ Mitkorrektoren “ 137 dieser Rubrik. Das Gebotene lässt aber das 32 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="33"?> Expertenwissen und die Handschrift Schieders erkennen - was indes nur dem wirklich deutlich wird, der ein wenig um die problematischen Details in Schieders Lebenslauf weiß. Hierzu gehört - und dies wollten viele seiner Schüler erst nach seinem Tod genauer wissen - die Mitgliedschaft in der NSDAP (seit 1937) sowie im NS-Dozentenbund, vor allem aber sein verhängnisvolles Wirken im Anschluss an seinen Ruf an die Universität Königsberg (1942). Zu denken ist hier an seine erst 1992 öffentlich zugänglich gemachte, vom Mainstream der Historikerzunft erst verzögert (1998) 138 zur Kenntnis genommene ‚ Polendenkschrift ‘ vom Oktober 1939. Sie muss unter dem Stichwort „ Entjudung Polens “ als zentraler Beitrag zum - antislawistisch angelegten (s. S. 120 ff.) - ‚ Generalplan Ost ‘ gelesen werden. 139 Mehr als dies, und damit kommen wir nun zurück auf den Fall Pleyer: Schieder vertrat 1941/ 42 in Innsbruck Pleyers Lehrstuhl und hielt ihm einen begeisterten Nachruf, kulminierend in dem Lob, Pleyer sei ein „ Historiker aus politischer Leidenschaft “ 140 gewesen. Ganz so euphorisch ist der Pleyer-Eintrag in der Kindt-Edition verständlicherweise nicht, aber er ist klug und verrät in Gestalt gekonnten Verschweigens Expertenwissen. So bleiben Pleyers Teilnahme am Hitlerputsch 1923, seine NSDAP-Mitgliedschaft und sein Antisemitismus unerwähnt - Letzteres übrigens im bemerkenswerten Gegenzug zu Walter Laqueur, der 1962 bemerkt hatte, Pleyer habe sich als Geschichtsprofessor „ auf antifranzösische und antijüdische Propaganda [spezialisiert]. “ 141 Anders die Kindt-Edition 1974: Pleyers Buch Die Landschaft im neuen Frankreich (1935) wird als Pleyers „ Hauptwerk “ erwähnt, eine Information, die zusammen mit dem Eintrag „ 1928/ 29 Reisen in Frankreich zum Studium des Regionalismus “ 142 den Schluss auf apolitische Belanglosigkeiten nahelegen soll. Im hohen Maße desinformierend ist schließlich der Satz, Pleyer sei „ 1933 aus der Hochschule für Politik entlassen “ worden, um dann „ als Dozent an der Universität Berlin wieder verwendet “ zu werden. 143 Denn hiermit gewinnt Pleyer fast den Rang eines Naziverfolgten. Gesetzt nun, Schieder sei, entgegen allem Anschein, nicht der Verfasser dieses Eintrags, bleibt gleichwohl festzuhalten, dass damit eine Tendenz markiert ist, die allen Kurzbiographien der Kindt-Edition eigen ist und auf jeden Fall auf Billigung des (zweiten) Hauptverantwortlichen des Gesamtprojekts, Günther Franz (1902 − 1992), rechnen durfte. Auch hier bietet sich zur Begründung dessen eine biographische Herleitung an: Franz, Historiker mit Schwerpunkt Agrargeschichte, deswegen und zwecks Abgrenzung vom ‚ Rassen-Günter “ Hans F. K. Günther (s. S. 53) ‚ Bauern-Franz ‘ geheißen, 144 war in der NS-Zeit - die von Franz (mit-)kontrollierte Kindt-Edition schweigt sich in diesen Fragen aus - Professor in Heidelberg (1935), Jena (1937) und an der Reichsuniversität Straßburg (1941 − 45) gewesen. Im März 1933 hatte er einen Wahlaufruf pro Hitler unterzeichnet und parallel dazu in der führenden Fachzeitschrift „ weit linksstehende, jüdisch versippte Historiker “ 145 angeprangert. Im November 1933 ließ Franz die Unterschrift unter das Bekenntnis der Professoren zu Hitler folgen. Im selben Jahr wurde er Mitglied von NSDAP, NSLB, NSV, NS-Dozentenbund und SA. Verzeichnet werden außerdem Theodor Schieder und Günther Franz 33 <?page no="34"?> Mitgliedschaften in SS, RSHA und SD, 1945 gar hauptamtlich. Franz gehörte ab 1939 zum persönlichen Stab von Alfred Rosenberg und koordinierte im RSHA die Forschungen zur „ Lösung der Judenfrage. “ 146 Im Ergebnis urteilte Wolfgang Behringer 1999, Franz habe seine „ Erkenntnisinteressen und seine Forschungsergebnisse den Vorgaben der Partei “ untergeordnet, seine Publikationen aus der NS-Zeit seien „ von Rassismus und Antisemitismus durchtränkt. “ 147 Zieht man zusätzlich noch die auf systematische Entnazifizierung abstellende Kurzbiographie der Kindt-Edition zu Franz ‘ Jenaer Kollegen Erich Maschke (1900 - 1982) in Betracht, wird man wohl auch Behringers weiterem Fazit zustimmen können, Franz ‘ Schweigen über die NS-Zeit sei „ Ergebnis einer langfristigen Strategie “ gewesen, ebenso wie sein Reden: Noch der bald Achtzigjährige habe wahrheitswidrig und unter Verleugnung seiner eigenen Verstrickung behauptet, sein Fach „ habe sich von politischen Vereinnahmungen freihalten können. “ 148 In der Umkehrung gilt hier also: Franz, als Persona non grata (bis 1957) nicht berufungsfähig, war genau der richtige Mann für die Rolle des Vorsitzenden der Wissenschaftlichen Kommission für die Geschichte der Jugendbewegung, des Leiters des von ihm 1952 begründeten Archivbeirats der Stiftung Jugendburg inklusive des AdJb sowie des Herausgebers und Schriftleiters des Jahrbuchs des AdJb. In dessen 4. Jahrgang (1972) findet sich aus der Feder seiner Mitherausgeber (seit 1969), der vormaligen Wandervögel Hans Wolf (s. S. 11) und Gerhard Ziemer (1904 − 1989) - Letzterer damals Mitglied im Beirat des AdJb 149 - eine Art Geburtstagsständchen, samt Lob auf das seit 1970 staatlicherseits als „ national wertvolles Archiv “ 150 anerkannte gemeinsame Unternehmen, aber selbstredend unter Aussparung der dunklen Seite des im Dritten Reich ‚ national wertvoll ‘ Agierenden. Franz revanchierte sich auf seine Weise, etwa indem er Kindt am 02. Juli 1964 151 um eine Rezension des gerade erschienenen Buches Jugend - Eros - Politik von Harry Pross für Das Historisch-Politische Buch bat, obgleich er hätte ahnen müssen, dass dabei nur ein Verriss herauskommen konnte. Die dann schließlich in Heft 3/ 1965 erschienene Rezension war allerdings überraschend moderat 152 und auf jeden Fall zurückhaltender als die am 21. September 1964 im dpa-brief erschienene, in welcher Kindt sich nicht unterstand, Pross mit einer lästigen Fliege zu vergleichen, die „ immer wieder den Frühstückstisch mit der Schüssel nahrhaften Honigs umkreist, so oft sie auch verscheucht wird. “ 153 Gravierender ist die Assistenz von Franz im Fall Hans-Gerd Techow (1905 − 1992): Im von ihm zusammen mit Karl Thums bearbeiteten Thementeil der Kindt-Edition wird Techow lediglich mit dem auf das Jahr 1933 bezogenen unverdächtigen Hinweis „ Führer der Junggilden in der ‚ Bündischen Gildenschaft ‘“ 154 vorgestellt. Dass es da durchaus etwas mehr zu erzählen hätte geben müssen, deutete sich 2004 bei Helmut Kellershohn und 2010 bei Stefan Breuer und Ina Schmidt an, wo es über Techow heißt: Mitglied der Brigade Erhardt, Teilnahme am Kapp-Putsch [. . .]. Am 14. 10. 1922 vom Staatsgerichtshof zum Schutz der Republik wegen Beihilfe und Begünstigung zum 34 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="35"?> Mord an Walther Rathenau zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und einem Monat verurteilt (sein älterer Bruder Ernst Werner saß am Steuer des Tatfahrzeugs). 155 Das entscheidende Stichwort ist hier Walther Rathenau (1867 − 1922), jüdischer Industrieller (AEG) und Außenminister (seit 31. Januar 1922): Das tödliche Attentat 156 auf ihn am Ende systematischer Hetze, auch im Bund (1920), der Zeitschrift des Wandervogel, völkischer Bund, 157 löste bei Demokraten in Deutschland und auch in Europa lähmendes Entsetzen aus. 158 Als Konsequenz daraus wurde die Hamburger Ortsgruppe der Adler und Falken wg. des - offenbar nicht ganz unbegründeten 159 - Verdachts der Teilhabe an einer rechtsradikalen Verschwörerorganisation aufgelöst. Auch der Deutschvölkische Schutz- und Trutzbund - mit immerhin 180 000 Mitgliedern, 160 unter ihnen Hitlers Euthanasie-Beauftragter Philipp Bouhler (1899 − 1945) 161 - wurde im Sommer 1922 verboten, 162 als Nachfolgeorganisation gilt die NSDAP. 163 Auch was ihre Positionen angeht, blieb die radikal Rechte, darunter Nietzsches Schwester, die das Rathenau-Attentat den Kommunisten in die Schuhe zu schieben suchte, 164 von Verboten wie diesem unbeeinflusst. Hier galt der noch 1931 bei Theodor Fritsch als „ Hofjude “ 165 verächtlich gemachte angebliche ‚ Erfüllungspolitiker ‘ Rathenau als die Hassfigur schlechthin, dessen Ermordung noch in Josef Nadlers Literaturgeschichte des Deutschen Volkes (1941) 166 als notwendig angesichts der von Rathenau ausgegangenen Gefahr gefeiert wird. Deutlich wirkt in diesem Urteil der Umstand nach, dass Rathenaus Mörder Hermann Fischer (1896 − 1922) und Erwin Kern (1898 − 1922) von Goebbels (am 9. November 1926) als „ vaterländisch gesinnte Vorbilder “ 167 gepriesen worden waren. Vier Monate zuvor hatte man Techow aus der Haft entlassen. Aber günstige Prognosen hätten die Entwicklung schnell Lügen gestraft: Nach Zwischenstationen bei der Freischar Schill sowie der Deutschen Akademischen Gildenschaft fand Techow seine endgültige politische Heimat ab 1932 (bis 1943) in der HJ - hier auch in der Reichsjugendführung - sowie, natürlich und um nur dies zu nennen, 168 in der NSDAP (ab 1937). Ähnlich verhält es sich mit Karl Epting (1905 − 1979), dem Barbara Stambolis unlängst immerhin „ tendenziell apologetische Darlegungen zur jugendbewegten ‚ Jahrhundertgeneration ‘ 169 bescheinigte. Unter Günther Franz sah dies noch anders aus: Er rechnete Epting noch 1974 in der Kindt-Edition „ dem Geiste der Jugendbewegung “ 170 zu, um ihn ansonsten mit verharmlosenden, schon von Otto Abetz 171 ins Zentrum gerückten Attributen vorzustellen, wie: „ seit 1933 im DAAD “ sowie: „ bekannt vor allem als Leiter des Deutschen Instituts in Paris. “ 172 Die NS-Vergangenheit Eptings hingegen ließ Franz, im Einvernehmen mit seinen beiden Vorrednern, im Unklaren. Entsprechend konnte sich Epting noch 1976 im von Franz mitherausgegebenen Jahrbuch des AdJb im Thementeil zur Archivtagung 1975 (über die Auslandsarbeit der Bündischen Jugend) ausführlich und im ebenso beschönigenden wie revisionistischen Ton 173 über seine Zusammenarbeit mit Abetz, dem von Kindt nach 1945 auch noch verteidigten vormaligen NS-Botschafter in Paris (s. S. 38 f.), auslassen. Vier Jahre Theodor Schieder und Günther Franz 35 <?page no="36"?> später besprach ausgerechnet Karl Vogt (s. S. 27 f.) am nämlichen Ort Eptings im rechtsradikalen Hohenstaufen-Verlag erschienene Gedanken eines Konservativen (1977). Ausführlich brachte Vogt hier Eptings Philippika in Sachen der „ beispiellosen Verwüstung “ des Geistigen infolge von „ Jakobinismus, Liberalismus, Sozialismus, Kommunismus “ sowie „ Freudianismus “ 174 zu Gehör. Als Epting-Unterstützer erwies sich auch der jugendbewegte Journalist Peter Nasarski (1914 − 2001), vorm. (ab 1927), wie der spätere SS-Mann und Kommandant einer KZ-Baubrigade Erich Scholz (1911 - 2000), Deutsche Jungenschaft in Polen. 175 Anfang der 1970er Jahre legte Nasarski - dies in Ergänzung der Angaben von Barbara Stambolis (2013) 176 - unter dem Pseudonym Peter Aurich eine revanchistische, der NS-Propaganda korrespondierende Deutung des ‚ Bromberger Blutsonntags ‘ vor. 177 Gemeint ist mit dieser Nazi- Vokabel ein polnisches Massaker an ‚ Volksdeutschen ‘ von 3. September 1939, das seinerzeit (s. S. 156 f.) - und eben auch jetzt wieder - Hitlers Überfall auf Polen rechtfertigen sollte. 1985 erschien eine Neuauflage dieses Bandes, diesmal bereichert um ein Vorwort von Franz ‘ Berufskollegen Gotthold Rhode (1916 − 1990), vorm. SA und NSDAP und Doktorand beim Breslauer Kirchenhistoriker Hans Koch (1894 − 1959). Koch, dem der NSDAP-Gauleiter für Oberösterreich 1934 bescheinigte, sich als „ dozierender Vorkämpfer der völkischen Idee “ 178 hervorgetan zu haben, wurde auch nach 1945 auffällig, etwa als „ erbitterter Antikommunist “ 179 im Tross von Adenauers Vertriebenenminister Theodor Oberländer (1905 − 1998) 180 , der 1960 „ vom Obersten Gericht der DDR in Ostberlin in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt “ 181 wurde, ein Urteil übrigens, dass man 1993 als rechtsstaatswidrig aufhob und 1998 in seinen Voraussetzungen - „ vermeintliche Kriegsverbrechen in Lemberg und im Kaukasus “ 182 - gänzlich ad acta legte. Interessant dabei: Wie sein ‚ Kellner ‘ Rhode versuchte sich auch Koch nach 1945 als Fürsprecher eines unter Pseudonym (Helmut Steinberg) auftretenden Ewiggestrigen 183 , diesmal des ehemaligen Rosenberg-Mitarbeiters Heinrich Härtle (1909 − 1986), 1926 Bund Oberland 184 , dem auch Karl Thums (s. S. 45 f.) sowie einige Teilnehmer am Hitlerputsch 1923 zugehörten. 185 Kaum anders Rhode: In Breslau wissenschaftlicher Bearbeiter eines Pressearchivs am Osteuropa-Institut, auf dessen Grundlage er „ bis August 1939 verschiedene propagandistisch gefärbte Auftragsarbeiten erstellte “ 186 , inspirierte ihn dieses Aufgabenverständnis offenbar auch noch nach 1945, wie jenes Vorwort (für das Buch von Nasarski alias Aurich) belegt: Rhode, 1946 von seinem ehemaligen Breslauer Vorgesetzten Hermann Aubin (s. S. 123) an die Universität Hamburg geholt und ab 1957 (bis zu seiner Emeritierung 1984) Ordinarius in Mainz, war zwar bereit, die Bromberger Opferzahlen Volksdeutscher von 58 000 Toten (NS-Propaganda) auf „ 4000 bis 5000 Getötete “ 187 herunterzurechnen, übertraf die Wahrheit - auf dem Stand des Jahres 2012 188 - damit aber immer noch um den Faktor 10. Schlimmer: Rhode machte deutlich, dass er über die „ Toten von Auschwitz und Treblinka “ 189 solange schweigen werde, solange er über die Toten von Bromberg 1939 nicht reden dürfe. 36 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="37"?> Vergleichbar obskur wie Thesen dieser Art war Nasarskis Sammelband Deutsche Jugendbewegung in Europa (1967), an dem in diesem Zusammenhang nur interessieren soll, dass Nasarski Epting hier Gelegenheit zur Entfaltung seiner These gab, es seien „ immer wieder Angehörige der Jugendbewegung “ gewesen, die dafür sorgten, „ daß die Lasten der Besatzung [Frankreichs im Zweiten Weltkrieg; d. Verf.] gemildert wurden. “ 190 Die von Nasarski durchweg unterschlagenen 191 Fakten sehen doch etwas anders aus: Epting, während seiner Zeit in Frankreich „ ein beflissener Vertreter nationalsozialistischer Ideologie und Politik, “ 192 war, wie Franz, NSDAP-Mitglied (seit 1939). Er veröffentlichte unter dem Pseudonym Matthias Schwabe zahlreiche antifranzösische und -semitische Propagandaschriften 193 und wurde wg. „ Wegnahme privaten jüdischen und staatlichen französischen Besitzes im Auftrage von Abetz “ 194 während seiner Tätigkeit in Paris als Kriegsverbrecher in Frankreich verurteilt. Nach drei Jahren Haft zurück in Deutschland, konnte Epting unbehelligt als Schuldirektor in Heilbronn Karriere machen, nebenbei, wie gesehen, souverän im (Un-)Geist der Veteranen agierend, denen an sich die Kontrolle der wissenschaftlichen Redlichkeit der Kindt-Edition oblag. Was, über diesen Fall hinausgedacht, von dieser Kontrolle zu halten ist, zeigen zwei Beschwerdebriefe von Günther Franz an Kindt vom 19. und 27. Januar 1973, die der Phase kurz vor Drucklegung von Band III entstammen - ein besonders brisanter Band, weil er Dokumente der Jahre 1920 bis 1933 ( „ bündische Zeit “ ) zum Inhalt hatte. Franz ‘ zentrales Monitum lautet, 1100 Seiten seien druckfertig, ohne von ihm durchgewunken worden zu sein. Franz weiter: „ Um all dem die Krone aufzusetzen, erklärst du auch eine Besprechung [. . .] für überflüssig und zwecklos. Dann mach doch die Dinge von vorn herein allein und mute anderen nicht zu, ihren Namen dafür herzugeben. “ Als Franz diese Vorwürfe am 27. Januar wiederholte, folgte die geradezu brutale Reaktion Kindts (in einem Brief an Franz vom 31. Januar 1973): „ [E]s hat wenig Sinn, diese Auseinandersetzung fortzusetzen. Dabei kann doch nichts herauskommen. . . Auf den Gedanken, dich zwischendurch zu unterrichten, bin ich nicht einmal gekommen “ , nicht zu vergessen: „ an der Richtigkeit und Souveränität meiner Redaktionsführung habe ich ungeachtet aller vorausgesehenen und nicht vorauszusehenden Schwierigkeiten keinen Zweifel. “ 195 So also der Ton des eigentlich zu Kontrollierenden gegenüber der kontrollierenden Instanz am Ende eines langen Weges. Dass Franz dann gleichwohl (im Frühjahr 1974) ein Vorwort beisteuerte, das er mit „ Prof. Dr. Günther Franz. Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission für die Geschichte der Jugendbewegung “ zeichnete und in welchem er Kindt den „ wärmsten Dank “ aussprach „ für seine sich über 15 Jahre erstreckende Sammel- und Sichtungsarbeit und die abgewogene, kenntnisreiche editorische Tätigkeit “ 196 , gehört fast schon zu einem Treppenwitz der neueren Wissenschaftsgeschichte. Über den kann allerdings nur lachen, wer nicht versteht, worum es hier geht: ‚ Bauern-Franz ‘ dankt Kindt für die heile Welt, die er ihm mit Bd. III der Kindt-Edition bereitet hat. Theodor Schieder und Günther Franz 37 <?page no="38"?> 4. Werner Kindt - ein Dr. h. c. und seine ehrenrührigen Umtriebe Werner Kindt (1898 − 1981), von seinen Fans auch „ Tacitus der Jugendbewegung “ 197 geheißen, war seit November 1909 in der Jugendbewegung aktiv gewesen. 198 Jahrzehntelanger journalistischer Tätigkeit für einschlägige Presseorgane, auch während des Krieges, mit Mitgliedschaften „ im NSV und NSKOV, “ 199 folgte nach 1945 eine gleichsam zweite Karriere als zentrale (Hamburger) Figur der 1925 gegründeten Gilde Soziale Arbeit 200 sowie des 1947 gegründeten Freideutschen Kreises Hamburg. Über den (Un-)Geist, der hier herrschte, gibt der Umstand Auskunft, dass die folgenden älteren Herren als Gründungsmitglieder dieses Traditionsclubs vormals der NSDAP angehörten (nach Ann-Kathrin Thomm 201 ): Friedrich Bertram (Jg. 1900), Rudolf Joerden (Jg. 1901), Albert Krebs (Jg. 1899), Ulrich Tidemann Lemberg (Jg. 1904), Paul Lindemann (Jg. 1896), Willi Walter Puls (Jg. 1908), Heinrich Steinbrinker (Jg. 1901), Erich Stolt (Jg. 1898) sowie Helmut Tormin (Jg. 1891). Als 1950 eingetretenes Mitglied ist noch Hans Puttfarcken (Jg. 1895) zu nennen, 1957 Sprecher des Freideutschen Kreises Hamburg, „ Freikorpskämpfer [. . .], 1937 Eintritt in die NSDAP (weitere NS-Mitgliedschaften: SS, Deutsche Arbeitsfront, NSV, NSKOV, NSBDT, NS-Altherrenbund, 1945 bis 1947 Internierung in Staumühle bei Paderborn, Dezember 1947 Verurteilung zu 9 Monaten Haft durch das Spruchgericht in Hiddesen. “ 202 Gesonderte Beachtung verdienen schließlich von den Vorgenannten Joerden, Lemberg und Puls sowie die später eingetretenen Mitglieder Hans Rindfleisch (Jg. 1906) und Georg Weber (Jg. 1897) - Letzterer NSDAP-Mitglied seit 1933 203 - , denn sie agierten allesamt im Verwaltungsausschuss des Gemeinschaftswerkes Dokumentation der Jugendbewegung und waren insoweit für die Kontrolle der Kindt-Edition verantwortlich. Schon diese wenigen Daten machen nachvollziehbar, dass und warum sich Kindt in den Augen vieler Veteranen als geeigneter Herausgeber der (hier so genannten) Kindt-Edition anempfahl: Kindt war, anders als die anderen, nicht erkennbar NS-belastet. Und vermutlich erweckte er auch seinem Naturell nach den Eindruck, er werde die Erwartungen NS-belasteter Veteranen bedienen, etwa nach dem Muster von Harry Pross, der 1964 die „ merkwürdige Abneigung “ einiger „ Traditionswächter “ der Jugendbewegung, „ offene Fragen offen zu beantworten “ , mit den Worten charakterisierte: [Sie sähen] gern das Ganze ihrer Jugendträume gerettet [. . .], nachdem das Leben ihnen mit zwei Weltkriegen übel mitgespielt hat. Sie wittern Anklage, wo Interesse besteht und suchen sich zu rechtfertigen, wo nach ihrer Haltung gefragt ist. 204 Ein Beispiel für das derart motivierte Agieren Kindts ist seine Parteinahme für Otto Abetz (1903 − 1958). Abetz, vormals Wandervogel (ab 1913), später Mitglied von SS (ab 1931) und NSDAP (ab 1937) und ab September 1940 (mit Unterbrechung 1942/ 43) Botschafter in Paris und 1949 von einem französi- 38 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="39"?> schen Militärtribunal zu zwanzig Jahren Zwangsarbeit verurteilt 205 , war nach dem Krieg eigentlich eine Persona non grata in Deutschland, zumal die Vorwürfe gegen ihn erheblich waren: Abetz soll in Überschreitung seines Aufgabengebietes und dem Typus eines „ opportunistischen Antisemitismus “ 206 gehorchend, am Kunstraub 207 sowie an den Judendeportationen in Frankreich beteiligt gewesen sein, Letzteres auch in der Absicht, die Deportationen von französischen Zwangsarbeitern nach Deutschland zu vermeiden, ebenso wie die Erschießung französischer Geiseln, etwa als Vergeltung für Attentate und Anschläge. 208 Gewiss: Abetz, der 1954 begnadigt wurde und vier Jahre später bei einem mysteriösen Verkehrsunfall mit einem ihm angeblich zuvor von einem Franzosen geschenkten Auto (vermutet wird insoweit ein Racheakt 209 ) ums Leben kam, wurde selbst noch von Walter Laqueur 210 vergleichsweise freundlich behandelt. 211 Aber dies kann keine Rechtfertigung sein für das Verhalten von Kindt gut zehn Jahre früher (1951): Er unterstützte eine Petition zur Freilassung von Abetz aus französischer Haft, ihn als einen Mann charakterisierend, der „ gutgläubig und ehrlich über alle Regimewechsel hinweg [. . .] für die deutsch-französische Verständigung eingetreten “ 212 sei. Wichtig dabei, und in diesem Punkt ist die den Namen Kindt leider aussparende Analyse von Eckart Conze (2013) zu ergänzen: Kindt wurde damit Teil eines von Abetz ‘ wichtigstem Pariser Mitarbeiter, dem FDP-Politiker Ernst Achenbach (1909 − 1991) - der auch die Einführung zu den Memoiren seines ehemaligen Chefs verfasst hatte - nach 1945 organisierten „ Netzwerks von Alt-Nazis und NS- Verbrechern “ 213 , in etwas zeitnaherer Wertung (von 1961) auch als „ Verschwörung von rechts “ 214 verdächtigt. Zu diesem Verschwörungsdiktum passt, dass noch die Abetz-Kurzbiographie der Kindt-Edition aus dem Jahr 1974 dessen NSDAP-Mitgliedschaft nicht erwähnt und die Botschaftertätigkeit in Paris mit dem beschönigenden Vermerk charakterisiert: „ Vergebliche Bemühungen um einen verständnisvollen Kurs und um einen Präliminarfrieden. 1944 entlassen. “ 215 Erinnern muss man in diesem Zusammenhang aber auch an Friedrich Bentmann, Jugendfreund und Schwager von Abetz, der 1976 im Jahrbuch des AdJb - einem, so Eckart Conze, „ wichtigen Publikationsort der Abetz- Apologie und Abetz-Entlastung “ 216 - ähnlich argumentieren durfte. 217 Dass Kindts Agieren im Fall Abetz als Teil für das Ganze genommen werden darf, ist die These des Folgenden. Jenes Ganze verbirgt sich dabei in Kindts Versicherung nach Fertigstellung von Band II seiner Edition (1968) gegenüber dem ‚ Meißnerfahrer ‘ und damaligen Ehrenvorsitzenden des AdJB, Johannes Aff (1879 − 1969): In Zukunft kann kein ‚ Historiker ‘ [lies Laqueur; d. Verf.] und Literat [lies Pross; d. Verf.], der sich nicht selber lächerlich machen will, nicht [sic! ] mehr behaupten, dass die Jugendbewegung a) harmlos und vertrottelt b) in unpolitischem Volkstum- Denken befangen c) vom alldeutschen Verband antisemitisch gesteuert oder d) eine Vorläuferin des Nationalsozialismus war. Oder eines von diesen Anwürfen. Für dies Ergebnis war, meine ich, meine jahrelange Arbeit nicht vergebens. 218 Werner Kindt - ein Dr. h. c. und seine ehrenrührigen Umtriebe 39 <?page no="40"?> Wie kompliziert das Ganze war, zeigt Kindts eigener Fall. Dass es einen solchen gab, wurde im Mai 1947 erstmals deutlich, und zwar infolge einer Kontroverse mit Erich Lüth (1902 - 1989) 219 , Pazifist und vor dem Krieg Mitarbeiter an Walter Hammers Zeitschrift Junge Menschen 220 . Die NS-Zeit hatte Lüth, abgesehen von einem kurzen Intermezzo bei der NSDAP (1940), vergleichsweise unbeschadet überstanden. Nach dem Krieg war er lange Jahre (1946 bis 1964) Leiter der Staatlichen Pressestelle in Hamburg und kurzfristig (1947) erster Sprecher des Freideutschen Kreises Hamburg. Wegen seines Insistierens auf ehrlicher Vergangenheitsbewältigung sah sich Lüth bald - ähnlich übrigens wie Harry Pross - mit dem Label „ Störenfried mit Profilierungsdrang “ 221 konfrontiert, eine Urteilstendenz, die noch nachwirkt bei Jürgen Reulecke, der Lüth 2009 mit Attributen wie „ höchst aktiv-fordernder und auch streitbarer Zeitgenosse “ 222 versah. Dazu muss man wissen: Es war Lüth gewesen, der Kindt - eben im Mai 1947 - mit seiner Vergangenheit konfrontierte und ihn, unmittelbar vor der Wahl zum zweiten, geschäftsführenden Vorsitzenden dieses Kreises, nach seinem Beitrag im vom NS-Schriftsteller Will Vesper (1882 − 1962) 223 herausgegebenen Reader Deutsche Jugend (1934) fragte. Kindt reagierte massiv und mit dem Ergebnis, dass Lüth als Vorsitzender dieses Kreises zurücktrat, nachdem sich eine Vollversammlung im Mai 1948 gegen eine von ihm vorgelegte und von Kindt vehement bekämpfte Erklärung ausgesprochen hatte, die auf Solidarisierung mit Opfern des Nationalsozialismus und Protest gegen diesen sowie gegen den Antisemitismus hinauslief. 224 Noch Jahrzehnte später (1972) hielt Lüth Kindt wegen dieses Vorgangs sowie seines nachsichtigen Umgang mit ehemaligen Parteigenossen einen „ neofaschistischen Kurs “ 225 vor, eine Lesart, die, so der Reulecke-Schüler Heinrich Ulrich Seidel 1996 in Vorwegnahme einer ähnlichen Einschätzung Reuleckes aus dem Jahr 2009, „ aus heutiger Sicht nicht geteilt werden [kann]. “ 226 Wirklich? Immerhin hatte sich Kindt in der Causa Vesper wider besseres Wissen mit dem Hinweis gerechtfertigt, es habe sich bei diesem Reader um ein „ echtes Widerstandsdokument “ 227 gehandelt. An dieser Auffassung hielt er auch noch in den 1960er Jahren fest, korsettiert von Walther Jantzen, der 1961 meinte behaupten zu dürfen, Vesper - immerhin, was Jantzen verschwieg, seit 1931 NSDAP-Mitglied 228 - habe sich mit jenem Band „ schützend “ vor die Jugendbewegung stellen wollen, „ freilich ohne die Bekämpfung und Auflösung durch die Hitlerjugend damit aufhalten zu können. “ 229 Dass Kindts Agieren im Fall Lüth nicht für eine Ausnahme steht, sondern für die Regel, zeigt der Fall Karl Otto Paetel (1906 − 1975). Paetel, Emigrant und Hitlergegner aus eher linkem Lager 230 , hatte in seinem Buch Jugendbewegung und Politik (1961) die Entscheidung „ maßgeblicher Führer der Deutschen Freischar aus der Schlesischen Jungmannschaft “ 231 vom 8. März 1933, der NSDAP beizutreten, dokumentiert - und damit, womöglich kalkuliert, in ein Wespennest gestochen, denn sowohl Hans Raupach als auch Kindt waren seinerzeit an dieser Entscheidung beteiligt gewesen. Dass es um einiges ging, zeigt schon Kindts Antwort (vom 18. März 1962) auf Wilhelm Flitners Vorhalt 40 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="41"?> an ihn (vom 19. Februar 1962), wonach die März-Entscheidung der Schlesier keineswegs, wie Flitner meine, Zeugnis gäbe für einen „ gewaltigen Verrat der Jugendbewegungsideen “ , zumal ihm, Kindt, „ die Verpflichtung zur Brüderlichkeit (auch gegenüber dem Irrenden) wichtiger “ sei „ als die Bewahrung der reinen Idee. “ 232 Von daher durfte man gespannt sein auf die Behandlung dieser Episode in Band III der Kindt-Edition - eigentlich ein Unterfangen, für das, nach Maßgabe wissenschaftlicher Redlichkeit, beide, als Betroffene, diskreditiert waren. Kindt freilich sah die Sache deutlich anders. Ähnlich wie Raupach, der sich inzwischen - wie er Kindt am 7. Januar 1973 wissen ließ - zusätzlich zu dem 1961 von Paetel präsentierten Dokument (vom 8. März 1933) noch zwei weitere, gleichsinnige Erklärungen gesichert hatte sowie „ nach jahrelanger Verdrängung und unter der Verantwortung der abschließenden Arbeit am Bd. III der Dokumentation “ auf sich „ einwirken “ ließ, um schließlich zu dem Befund zu kommen, dass der Abdruck der (insgesamt drei) „ März 1933- Erklärungen “ wegen der Gefahr der auf diese Weise gleichsam feierlichen Bestätigung „ der mehr oder minder böswilligen Ausdeutung der bündischen Geschichte durch H. Proß (sic! ), Howard Becker u. a. “ nicht in Frage komme. Aber auch „ Weglassen jener Erklärungen mit oder ohne Begründung “ käme nicht in Betracht, sondern „ würde die Redlichkeit des Dokumentenwerkes in Frage stellen “ . Als „ Ausweg “ brachte Raupach die Idee in Vorschlag, die ‚ März 1933-Erklärungen ‘ in ihrem Charakter „ als Mittel zum Überleben “ dadurch stärker zu prononcieren, dass man zusätzlich auch noch Dokumente „ vom Gegner (Partei, SD) “ abdruckte - eine Idee, die Kindt in seiner Antwort vom 15. Januar 1973 sogleich aufgriff, indem er sich an erbötig machte, in NS- und HJ-Zeitschriften „ die höhnischen Erwiderungen auf Eure Erklärung herauszusuchen. “ 233 Schon diese geradezu gespenstische Diskussion mag erklären, dass auch die schließlich gefundene und in Band III der Kindt-Edition nachlesbare Lösung nicht wirklich überzeugen kann. Denn Kindt verzichtete zwar auf den Abdruck jener ‚ März 1933-Erklärungen ‘ , konnte aber andererseits nicht einfach so tun, als sei, abgesehen vom Verbot der bündischen Jugend, in diesem Jahr nichts geschehen. Deswegen brachte er zumindest doch und gleichsam in Reaktion auf ein weiteres Monitum von Karl Otto Paetel 234 den Text zum Wiederabdruck, den er selbst im Juni 1933 in den damals von ihm herausgegebenen Pressedienst Wille und Werk veröffentlicht hatte. Zwar finden sich auch hier bedenkliche Passagen, wie beispielsweise: Heute ist die große nationalsozialistische Volksbewegung der Ort, wo die Jugend ihren läuternden Umschmelzungsprozeß erlebt, wie sie ihn einst in den stillen Wäldern am Lagerfeuer, später in den Schlachten des Weltkrieges erfuhr. 235 Aber mittels einer schon von Winfried Mogge als auffällig herausgestellten Maßgabe, nämlich dergestalt, dass dieser Text der einzige war, „ der eine Einleitung und Kommentierung erfuhr “ 236 , erreichte Kindt zumindest doch, dass beim Leser vor allem haften blieb, was Günther Franz, der ersatzweise für Werner Kindt - ein Dr. h. c. und seine ehrenrührigen Umtriebe 41 <?page no="42"?> seinen sich selbst als belastet einstufenden Kollegen Raupach tätig wurde, in eben diesem Kommentar an bagatellisierenden Erwägungen ins Zentrum rückte, nämlich dass Kindts Text zu lesen sei „ als ein Beispiel der Anpassung an übermächtige Verhältnisse “ , verfasst in „ einer nur aus den Zeitumständen erklärbaren Sprache “ und zum Inhalt habend, dass Kindt „ den vom Verlauf der Dinge enttäuschten Bündischen zur Einsicht “ habe raten wollen. 237 Auch andere brisante Punkte wurden entsprechend dieser Methode entsorgt, wie die Kurzbiographie zu Hermann Rudolf Kügler (1900 - 1993) oder die Fälle Otger (eigentl. Edgar) Gräff (1893 − 1918) und Frank Glatzel (1882 − 1958) zeigen. Gräff war Mitglied des im Juli 1915 gegründeten, zunächst von Dankwart Gerlach geleiteten Greifenbundes, eine Älterenorganisation mit völkischer Zielsetzung, die sich im März 1916, inzwischen von Gräff geleitet, die Deutsche Siedlungsgemeinschaft einverleibte. Hierbei handelte es sich um einen im Dezember 1915 in der Obstkolonie Eden b. Oranienburg gegründeten Zusammenschluss siedlungswilliger Jugendbewegter. 238 Wichtig in diesem Zusammenhang: Guntram Erich Pohl (1891 − 1956), „ einer der rührigsten Propagandisten der völkischen Sache in und außerhalb der Jugendbewegung, “ 239 sah in Gräff „ den Ahnherrn der neuen wehrhaft-völkischen Haltung der Jugend. “ 240 Dass Gräff diesen Rang zu Recht beanspruchen konnte, zeigt einer der letzten Texte des im Mai 1918 einer Kriegsverletzung Erlegenen: Bis zuletzt rechtfertigte Gräff den Krieg als notwendigen Kampf im Interesse der Erhaltung des ‚ Deutschtums ‘ und des ‚ Wandervogeltums ‘ , in seiner Sprache geredet: Er sah ihn gerechtfertigt als „ ein unbewußtes Suchen der reinen deutschen Jugendseele nach dem verlorenen arisch-germanisch-deutschen Gottume “ , getragen von dem besonders von Paul de Lagarde (s. S. 107 ff.) und der „ heutigen deutschgläubigen Bewegung “ entwickelten Bewusstsein um die „ Gotteskindschaft des Ariers “ und der Einsicht, dass sich stattdessen ein „ erdkloßentstammtes, händlerisch empfindendes Geschlecht “ 241 breit mache. Ähnlich Gräffs kongenialer Nachfolger Frank Glatzel: Wie Gräff Kriegsteilnehmer - verwundet in Langemarck 242 - , übernahm er von Gräff die Programmatik und auch die „ Blutsbekenntnis-Formel “ 243 des Jungdeutschen Bundes und war Herausgeber des Fortsetzungsorgans der 1919 gegründeten Jungdeutschen Stimmen, die sich 1922 in Warnungen gegenüber der 1920 von Knut Ahlborn und Walter Hammer begründeten Zeitschrift Junge Menschen erging und dabei „ Katerstimmung, Ekel, Kraftlosigkeit “ bei der Jugend vorhersah, ganz eben, wie man - so mutmaßte im selben Jahr eine Tageszeitung - es erwarten müsse bei einer Zeitschrift, „ die sich die Aufgabe stellt, die deutsche Jugend zur Waschlappigkeit, zum Pazifismus und Internationalismus zu erziehen. “ 244 Im nämlichen Jahr veröffentlichte Glatzel in dem auch von Arthur Moeller van den Bruck (s. S. 68) herausgegebenen Sammelband Die neue Front einen Beitrag über die Jugendbewegung, in welchem er sie einfügte in den völkisch gelesenen Mythos der jungen Generation. 245 1927 wechselte Glatzel von der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) zur Deutschen Volkspartei (DVP) und war nach der Auflösung des Jungdeutschen Bundes (1930) Mitglied 42 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="43"?> und Reichstagsabgeordneter der DVP (1930 − 1933). Nicht zu vergessen: 1933, zum 20. Jahrestag auf dem Hohen Meißner, lobte Glatzel in der Zeitschrift Die Kommenden mit Seitenblick auf Karl Fischer (s. S. 70 ff.), Deutschland erlebe im Nationalsozialismus „ eine neue starke Welle der nationalen Wiedergeburt “ , um hinzuzusetzen: Wir alten Wandervögel freuen uns, in ihrem Wirken Gedanken und Kräfte wiederzuerkennen, die auch in uns damals lebendig waren, beweist uns das doch, daß die Bewegung, die heute das Reich führt, aus den gleichen Quellen des Volkstums geschöpft hat wie jene erste Jugendbewegung vor dem Krieg. 246 In ähnlicher Weise hatte sich zeitgleich, wie eben gesehen, Werner Kindt geäußert, so dass die Darstellung in der Kindt-Edition durchaus Interesse beanspruchen darf. Kurz geredet: In dem Glatzel zugedachten Eintrag - auch im Textteil - sucht man ein Zitat wie das eben gegebene vergeblich. Ersatzweise dominiert Desorientierendes, etwa, dass Glatzel bis 1933, bis zum Verbot seiner Partei (DVP), dem Reichstag angehörte und nach 1945 als CDU-Ratsherr in Braunschweig lebte. 247 Kaum anders nimmt sich die Sachlage im Fall Gräff aus: In einem Beitrag Kindts, der als Ersatz für eine Kurzbiographie ausgewiesen wird, dominieren verharmlosende Attribute wie: „ [. . .] ein sehr draufgängerischer junger Mann [. . .] “ oder: „ [. . .] mit seinem männlichen und faszinierenden Auftreten [fielen ihm] überall Anhänger zu. “ 248 Mehr als dies: In einer Sitzung der Wissenschaftlichen Kommission vom 4. Februar 1967 gab Kindt ungefragt kund, dass er „ bei der Darstellung einer völkischen Ansprache von Otger Gräff deren Wirkung auf die zuhörenden Jungen (kopfschüttelnde Ablehnung) absichtlich weggelassen [habe] “ . Die Funktion dieser Bemerkung wird nicht sofort klar, aber man darf sich nicht täuschen lassen: Kindt wollte auf diese Weise den Beleg dafür erbringen, dass er sehr wohl, wie dies von ihm gefordert werde, „ Interpretation und Dokumentation sauber “ trenne - und erreichte eben wegen dieses abstrusen Beispiels, worauf er es offenkundig abgesehen hatte. Denn wenn das Protokoll an dieser Stelle notiert: „ alle Teilnehmer des Gesprächs empfahlen Kindt dringend, dieses für die Mentalität der damaligen Gruppe wichtige Faktum nicht wegzulassen, “ 249 dürften sie infolge dieser Episode den Eindruck mit nach Haus genommen haben, dass Kindt seine Lektion gelernt habe, ja möglicherweise sogar vor seiner eigenen Hyper- Akribie geschützt werden müsse. Denn dass es für alle Beteiligten besser war, Otger Gräff als jemanden in Erinnerung zu halten, der auf ‚ kopfschüttelnde Ablehnung ‘ traf, stand außer Frage und war - und eben darin besteht Kindts Raffinement - selbstredend auch Kindt klar. Die an diesem Beispiel beobachtbare Strategie lässt sich auch im Fall des NS- Dichters Hermann Burte (1879 − 1960) 250 nachweisen. So teilte die ihm zugedachte Kurzbiographie der Kindt-Edition lediglich mit, dass Burte für seinen „ 1912 erschienenen Roman ‚ Wiltfeber, der ewige Deutsche ‘ [. . .] den Kleistpreis [erhielt]. Der Roman wurde auch in den Älterenkreisen des WV [= Wandervogel] viel gelesen und diskutiert. “ 251 Dies klingt seriös, zumal ausgerechnet Werner Kindt - ein Dr. h. c. und seine ehrenrührigen Umtriebe 43 <?page no="44"?> Walther Rathenau, durch diese Preisverleihung aufmerksam geworden, Kontakt mit Burte suchte, was dieser selbst nach 1945 zwecks Beglaubigung seiner angeblich ‚ prosemitischen ‘ Einstellung anzuführen nicht vergaß. 252 Die (bittere) Wahrheit indes sieht doch etwas anders aus, wenngleich es angesichts der in der Jugendbewegungshistoriographie gängigen verharmlosenden Darlegungen zu diesem Themenkomplex nicht ganz leicht ist, ihrer habhaft zu werden. So meinte beispielsweise schon Else Frobenius, in Burtes Roman werde der Mensch der Jugendbewegung „ als deutscher Typ und Idealgestalt geschaut “ , dies insbesondere „ mit seinem Suchen nach wesenhafter Lebensgestaltung. “ 253 Klarer sah da schon der Kulturantisemit Adolf Bartels (1862 − 1945). In der 13./ 14. Auflage (1934) seiner von der völkischen Rechten als „ Standardwerk “ 254 gefeierten Geschichte der deutschen Literatur rückte er Burte an die „ Spitze “ der „ deutschvölkischen Bewegung “ 255 in der Dichtung, wofür dieser ihm 1942, zu Bartels 80. Geburtstag, mittels einer peinlich berührenden Eloge - auch auf Hitler - zu danken wusste. 256 In der Sache jedenfalls kann es wenig Zweifel geben, mit Walter Laqueur und in Richtung des hier im Zentrum stehenden Werkes gesprochen: Burtes Wiltfeber war die „ Bibel der rechtsgerichteten Wandervögel, “ 257 wie auch das Skript bestätigt: Der Romanheld kommt nach langer Abwesenheit zurück in sein Heimatdorf, ähnlich wohl wie Zarathustra mit dreißig Jahren die Wälder verlassen hat, aber er kommt zurück mit einer Lehre, die deutlich von jener Nietzsches 258 abweicht. Denn was Wiltfeber in seinem Heimatdorf zu studieren beginnt und was ihm auffällt, ist der Verlust aller ihm geläufigen und überlieferten Sitten. Diese konservative Kulturkritik mit stark antitheologischem Motiv könnte man durchaus mit jener antichristlichen des Zarathustra in Verbindung bringen, würde Burte nicht deutlich auf ein deutsch-völkisches Christentum orientieren und folgerichtig als zentrale Botschaft Wiltfebers anbieten: Fremdes Wort, fremder Begriff, fremder Geist! Ich bin, der ich bin, sagt der Gott. Könnte doch dieses Volk auch noch sagen: Wir sind, die wir sind! Das kann es nicht mehr, es ist entraßt und entgottet, von einer fremden Rasse unterworfen, einem fremden Gott . . . 259 Dies ist er also, der Höhepunkt einer völkisch-religiösen Neugewichtung und Umwertung der christlichen Werte, die man durchaus als antinietzscheanisch lesen darf. Denn es ging Burte ja nicht um die Stärkung des Einzelnen, sondern um die Stärkung des Volkes, des völkischen Befindens und Empfindens. So gesehen überrascht nicht, dass die Kindt-Edition derlei verschwieg, ebenso wie den Umstand, dass Burte 1936 der NSDAP beitrat und beispielweise 1940 Huldigungszeilen für Hitler wie die folgenden verfasste: Es ist ein neuer Mann gekommen, tief aus dem Volke, er hat neue Thesen angeschlagen und neue Tafeln aufgestellt, und er hat ein neues Volk geschaffen, aus derselben Tiefe emporgeholt, woher die großen Gedichte stiegen: Von den Müttern her, von Blut und Boden her. 260 44 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="45"?> Übrigens: Burte gab sich auch nach 1945 immer wieder als unbelehrbarer Alt- Nazi zu erkennen. 261 So betrachtet war ein ‚ ewiger Kleistpreisträger ‘ fraglos ein besserer Werbepartner für das eigene, mit der Kindt-Edition verfolgte Anliegen, im Vergleich etwa zur - indes ehrlicheren - Alternative: Burte war seinerseits ein ‚ ewiger Deutscher ‘ , der sich als (überlebensberechtigte) Alternative zur Hassfigur des ‚ ewigen Juden ‘ anzupreisen suchte. Dass er ungeachtet dessen 1953 den Ehrenring der deutschen Lyrik und 1957 die Jean-Paul- Medaille erhielt, 262 steht auf einem anderen, vielleicht mit ‚ (Un-)Geist der Adenauerära ‘ zu überschreibenden Blatt. Gravierender noch fällt die Assistenz der Kindt-Edition im Fall des aus Wien stammenden Neurologen Karl Thums (1904 − 1976) aus, womöglich aus Gefälligkeit, war Thums doch Mitglied im Freundeskreis des AdJb. 263 Noch 1957/ 58 agierte Thums als Bundesleiter des ÖWV, was, zusammen mit Angaben wie „ Promotion zum Dr. med. “ , 264 in der Kindt-Edition getreulich mitgeteilt wird. Unerwähnt bleibt allerdings, dass Thums, wie er selbst in einem Lebenslauf von 1944 stolz erzählte, schon in jungen Jahren „ Mitglied zahlreicher völkischer Vereine “ 265 gewesen war, darunter der Wiener Alldeutsche Verband, der Verein der letzten Schönerianer und der Bund Oberland (uns bereits im Fall Heinrich Härtle begegnet; s. S. 36). In der Kindt-Edition interessiert derlei freilich nicht. Auch Thums Tätigkeit als SA-Oberführer (1931) sowie als Leiter der NS- Betriebszelle am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (1933) 266 bleibt unerwähnt, ebenso wie seine Mitgliedschaft im NS-Ärztebund (ab 1931) und bei der österreichischen NSDAP (ab Mai 1931; Nr. 444 263) bis hin zur Verleihung der Dienstauszeichnung der NSDAP in Bronze (1942; Nr. 20 440). 267 Und schließlich bleiben die Gründe unberücksichtigt, die Thums ‘ ebenso kitschig sowie potentiell revanchistisch beklagtes Vertriebenenschicksal ( „ 1945 von den Tschechen vertrieben, mittellos nach Österreich zurück “ 268 ) bedingten. Thums nämlich war nicht lediglich, wie die Kindt-Edition 1968 beschönigend schrieb und Hinrich Jantzen Jahre später wiederholte, 1940 Professor für „ Erbhygiene “ 269 in Prag gewesen. Vielmehr war er aktiver Rassenhygieniker, dem eugenischen Netzwerk um den in Wien lehrenden deutschnationalen Hygieniker Heinrich Reichel (1876 − 1943) entstammend 270 und in München (ab 1934) unter dem Psychiater und Rassenhygieniker Ernst Rüdin (1874 − 1952) arbeitend, 271 um schließlich als Direktor des 1940 an der Deutschen Karls-Universität in Prag errichteten Instituts für Erb- und Rassenhygiene zu fungieren. 272 In dieser Eigenschaft war Thums, der sich zwischenzeitlich auf Zwillingsforschung spezialisiert hatte, zumindest indirekt über seine Rigorosanten 273 beteiligt an Sektionen in der Landesanstalt für Geisteskranke Kosmanos in Nordwestböhmen, die unter dem alldeutsch orientierten emeritierten Pathologen Franz Xaver Luksch (1872 − 1952) ins Programm der NS-Euthanasie eingebunden war, im Oktober/ November 1943 auch mittels direkt vor Ort durchgeführter Tötungen. 274 Außer Frage steht des Weiteren Thums ‘ Beteiligung am ‚ Umvolkungsprogramm ‘ der „ Reinhard-Heydrich-Stiftung “ 275 , deren zentraler Stiftungszweck durch diesen an den Leiter der Berliner Wannseekonferenz über die Werner Kindt - ein Dr. h. c. und seine ehrenrührigen Umtriebe 45 <?page no="46"?> ‚ Endlösung der Judenfrage ‘ gemahnenden Titel und das Stichwort „ Germanisierung Böhmens und Mährens und seiner Bevölkerung “ 276 wohl hinreichend deutlich bezeichnet ist. Dass Thums für diese Aufgabe prädestiniert war, zeigen auch seine im Archiv für Rassen- und Gesellschaftsbiologie veröffentlichten Rezensionen, etwa zu Heinrich Banniza von Bazans und Richard Müllers Deutsche Geschichte in Ahnentafeln (1940), 277 auch zu Robert Körbers Rassesieg in Wien, der Grenzfeste des Reiches (1939), in welcher Thums Kunde davon gibt, dass „ die akademische Jugend Wiens seit den Tagen Schönerers zum überwiegenden Teil klar und eindeutig rassenantisemitisch ausgerichtet “ gewesen sei, um, wie zur Begründung der ‚ Endlösung der Judenfrage ‘ , nachzutragen: Nirgends sonst im großdeutschen Raum erhob das Weltjudentum so frech die Stirn als in Wien, darum wurde aber auch der Rassensieg in Wien zum Endsieg des deutschen Menschen über jenen fremdvölkischen und fremdrassischen Parasiten. 278 Nicht allein dieses Zitat ist schlimm, auch der Kontext, dem es entstammt - was die Kindt-Edition offenbar nur durch komplettes Verschweigen umgehen konnte, ersatzweise herausstreichend, dass Thums nach 1945 als Mitglied im „ Rotary-Club St. Pölten-Krems “ 279 hervortrat. Aber selbst dies ist nur die halbe Wahrheit. Thums nämlich fiel nach 1945 vor allem in der Attitüde des Ewiggestrigen auf und war Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats sowie Autor einer neorassistischen und rechtsgerichteten Zeitschrift. 280 Hierzu passt, dass er in der von Karl Vogt mitedierten (Fest-) Schrift zur 50. Wiederkehr des Meißnerfestes (also 1963) an die Deklaration des ÖWV von 1913 zurückerinnerte, also erneut Friedrich Ludwig Jahn (1778 − 1852) ins Spiel brachte und dessen „ Grunderkenntnis [. . .], daß Stammesarten das deutsche Volk nicht trennen, sondern daß sie vielmehr die Saugadern des gesamten nationalen Wesens sind. “ 281 Mit Verlaub: ‚ Turnvater ‘ Jahn war, wie unmittelbar zuvor Walter Laqueur in Erinnerung gebracht hatte, ein in der NS- Zeit hoch verehrter „ glühender Nationalist, Judenhasser und Frankophobe “ 282 sowie, so ergänzte Harry Pross 1964: Jahn war eine vom Juden Heinrich Heine wegen „ altdeutscher Lächerlichkeiten “ 283 nur mit Spott bedachte Figur. Für Thums hingegen war Jahn eine mit bitterem Ernst zur Verehrung freigegebene Ikone in Sachen „ körperlicher Stählung im Dienste sittlicher Wertbildung und im Dienste des Gemeinwesens, des Staates “ und im Interesse der „ Rückkehr “ zum „ Deutschtum. “ 284 Wie das endete, weiß man, und wie Thums Jahn- Nostalgie von 1963, der er 1972 in einer ‚ Feuerrede ‘ erneut Raum gab, 285 hätte auslaufen können, lässt sich zumindest erahnen. Denn nach dem zweiten verlorenen (Welt-)Krieg in Folge und im Kontext von Thums wehmütiger Rückerinnerung an Karl Fischer (s. S. 70 ff.) und die Böhmerwaldfahrt von 1899 unter den Vorzeichen der Grenzlandthematik (s. S. 126 ff.) 286 lässt sich die erneute Anrufung Jahns kaum anders als im Sinne eines fürwahr unbelehrbaren Strebens nach Wiederanschluss zu Unrecht abgetrennter Gebiete (= Irredentismus) deuten, zumal Thums in diesem Kontext unverblümt von den „ Diktatverträgen von Versailles, St. Germain und Trianon “ 287 redete, später (1972), in 46 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="47"?> einem Artikel für das damals noch unter der Schriftleitung von Günther Franz stehende Jahrbuch des AdJb, gar vom „ Irrsinn “ 288 derselben, um noch später (1973) am selben Ort gegenüber einem seiner Kritiker (Gerhard Seewann: „ militanter Nationalismus “ ) zu spotten, derlei sei „ ja bekanntlich nur Siegernationen oder Entwicklungsländern [. . .] erlaubt “ 289 - ein Witz, der damals in rechtsradikalen Kreisen offenbar Konjunktur hatte, wie Albert Speers Erinnerung an einen entsprechenden Scherz Baldur von Schirachs im Spandauer Kriegsverbrechergefängnis zeigt. 290 Kein Witz ist, dass ausgerechnet Hans-Gerd Techow (s. S. 34 ff.) die Laudatio zu Thums 70. Geburtstag hielt - und bei dieser Gelegenheit nicht davor zurückschreckte, Thums Tätigkeit in Prag ab 1940 mit dem Umstand zu erklären, dass des Geburtstagskindes „ Ruf als Gelehrter “ damals eben „ schon über die Landesgrenzen hinaus[drang]. “ 291 Ansonsten spielt bei Techow, natürlich, die Zeit in St. Pölten eine Rolle, auch die revanchistische Losung ‚ Dreigeteilt niemals! ‘ - sowie, nicht zu vergessen: die „ Worte aus dem alten Fahnenspruch unserer Berliner Gilde Teja “ , die für Thums ganzes Leben zum Leitmotiv geworden seien, darunter der Wahlspruch: Das Schlechte in den Staub treten, wo Du es findest [. . .]. Das ist ein Leben, des Lebens wert! 292 Mit derlei kaum verhohlener Anspielung auf die Euthanasie-Parole vom lebensunwerten Leben damals die Laudatio auf einen im Krieg unweit der Anstalt Kosanos residierenden Rassenhygieniker ausklingen zu lassen, hatte schon etwas - etwas Gruseliges selbstredend, fast so gruselig wie der Umstand, dass Hinrich Jantzen derlei im gleichen Jahr (1974) auch noch zur Besichtigung frei gab; und nicht ganz so gruselig wie der nachfolgende Jubel von Günther Franz im Jahrbuch des AdJb über das von Jantzen bereitgestellte „ einzigartige Material. “ 293 Die Kindt-Edition, dies war Franz zu dieser Zeit wohl schon entfallen, hätte bei der Materialauswahl fraglos mehr Klugheit walten lassen. Dafür spricht auch die Handhabung des Falles Friedrich Heiß (1897 − 1970). Über ihn, diesen mit Thums geistig eng verwandten Linzer Wandervogel, teilt die Kindt-Edition zwar einiges mit - allerdings, nach bewährtem Muster, über die NS-Zeit nur Desorientierendes. 294 Unerwähnt bleibt beispielsweise, dass Heiß im Januar 1940 der SS beitrat und zum Obersturmbannführer im Persönlichen Stab Himmlers ernannt wurde, nicht erklärt wird, dass die im März 1940 von Heiß gegründete Zeitschrift Böhmen und Mähren sich an der Europaideologie der SS orientierte. 295 Außerdem - auch hierüber erfährt man bei Kindt nichts, der wichtige Hinweis „ 1933 Grenz- und Auslandsamt der Reichsjugendführung “ 296 wird nicht erläutert, - war Heiß von 1925 bis 1944 Schriftleiter der von ihm begründeten Zeitschrift Volk und Reich. Sie gilt als eine der wichtigsten Zeitschriften „ des jungkonservativen Grenzland-Diskurses “ und trug „ maßgeblich zur Vernetzung der heterogenen bündischen Akteure und ihre Integration in den NS-Staat bei. “ 297 Werner Kindt - ein Dr. h. c. und seine ehrenrührigen Umtriebe 47 <?page no="48"?> Ein allerletztes Beispiel für die Fragwürdigkeiten der Kindt-Edition ist die Präsentation der Neupfadfinderzeitschrift Der Weiße Ritter (1918/ 19 − 1927). Dabei sei hier von dem abgesehen, was andernorts 298 zu widerlegen versucht wurde: Nämlich die im Nachgang zu Oscar Schütz zu sehende These Thomas Herfurths, gerade diese Zeitschrift bezeuge den Einfluss Nietzsches auf die Jugendbewegung. Sehr viel plausibler - und zentraler für die Zwecke dieser Arbeit - ist die Annahme, die Präsentation dieser Zeitschrift in der Kindt- Edition bezeuge die Macht eines ehemaligen Neupfadfinders wie Karl Seidelmann (1899 − 1979). Ihm hielt Wolfgang Klafki 299 einen wahrhaft freundlichen, die NS-Vergangenheit seines Idols aus gemeinsamen Marburger Hochschullehrerzeiten umschiffenden Nachruf. Unberücksichtigt blieb hier, dass sich Seidelmann schon durch sein aus eigenem Erleben schöpfendes Buch Bund und Gruppe (1955) aus Sicht der Veteranen als verlässlicher Experte erwiesen hatte, ebenso wie durch seine 1966 vorgetragene Auffassung, Der Weiße Ritter habe „ anfangs der 20er Jahre stärkstens in die damalige junge Generation hinein [gewirkt]. “ 300 Tatsächlich: Einer von Herbert Schierer kolportierten Meinung aus dem Jahre 1924 zufolge wurde diese Zeitschrift „ von vielen für die bedeutendste der Jugendbewegung “ 301 gehalten, auch von Eduard Spranger (1882 − 1963), der den Neupfadfindern mit „ sympathisierender Freude “ nahestand und diese Zeitschrift noch 1950 zu „ einer der besten im Gesamtbereich der Jugendbewegung “ 302 erklärte. Dieser Meinung freilich kontrastiert deutlich jene Arno Klönnes, der drei Jahre später herausstellte, einige Vorschläge in dieser Zeitschrift wiesen „ geradezu verblüffend auf die spätere SS-Ideologie hin. “ 303 Ähnlich urteilte Walter Laqueur 1962 in Sachen eines Organs, für das auch Ernst Wilhelm Eschmann (s. S. 118) und Erich Maschke (s. S. 123) schrieben, ebenso wie der spätere HfL-Dozent und SS-Sturm-Schulungsleiter Karl Erdmann (Jg. 1902) und dessen Berufskollege und Parteigenosse Ludwig Kelbetz (1905 - 1943): Die Ära des ‚ Weißen Ritters ‘ dürfte wohl als negative Phase in der Geschichte der deutschen Jugendbewegung anzusehen sein [. . .]. Weder vorher noch nachher ist die deutsche Jugend verleitet worden, sich so weit von den Realitäten zu entfernen. Selten waren klares Denken und gesunder Menschenverstand mit so auffälliger Nichtachtung bestraft worden. 304 Zwei Jahre später trug Harry Pross unter Konzentration auf den von einem Anonymus verfassten und im Juli 1921 erschienenen Aufsatz in diesem Blatt nach: Die Verachtung für den Literaten und den Intellektuellen [. . .] vertrug sich gut mit bedenkenloser Anpreisung der antisemitischen Literaturgeschichte von Adolf Bartels in derselben Zeitschrift. 305 Hiervon wäre heutzutage vielleicht nicht so viel zu reden - wenn nicht beide Urteile noch 2010 in Jürgen Reulecke 306 einen skeptischen Kommentator gefunden hätten. Denn dies erinnert ein wenig an den Umstand, dass schon 48 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="49"?> der unausgesprochene Auftrag Werner Kindts (und Karl Seidelmanns) offenbar dahin ging, die NSDAP-Mitgliedschaft der Vorgenannten (außer jener Erdmanns) in Vergessenheit zu bringen und die Texte aus Der Weiße Ritter so zu präsentieren, dass Spranger mit seinem Urteil jenem abfälligen à la Laqueur/ Pross/ Klönne gegenüber im Recht blieb - ein Auftrag, der, siehe Reulecke, offenbar bei Ex-Pfadfindern noch nachwirkt. Tatsächlich scheint diese Zeitschrift vergleichsweise harmlos, wenn man nur an das von Franz Ludwig Habbel (1894 − 1964) sowie seinen Mitherausgebern Karl Sonntag und Ludwig Voggenreiter (1894 − 1964) stammende Geleitwort zum zweiten Jahrgang vom Oktober 1919 denkt. Die Autoren plädieren hier gegen einen „ Klassenkampf unter der Jugend “ und für die gemeinsame Grundlage „ der sozialen Hilfsbereitschaft, der ritterlichen und reinen Nächstenliebe, des Volks- und Menschenbewußtseins. “ 307 Formulierungen wie diese sind im Kontext der von Jürgen Reulecke rekonstruierten Debatte um die notwendige Absetzung von der einseitig auf den Weg (anstatt des Ziels) setzenden Meißnerformel zu sehen. 308 Aber man sollte eben auch, anders als Reulecke, die weitere Entwicklung deutlich in den Fokus nehmen, ebenso wie den Lebensweg der Genannten in ihrer ganzen Problematik. So muss beispielsweise die Brüchigkeit jener Programmatik vom Oktober 1919 auffallen, die sich schon drei Hefte später dokumentiert, als Voggenreiters Kompagnon Martin Voelkel (1884 − 1950) nachdrücklich Zeugnis ablegt für die Notwendigkeit eines in Berlin gegründeten Jungdeutschen Pfadfinderbundes. Die bei dieser Gelegenheit benutzten griffigen Formeln waren von Frank Glatzels Jungdeutschem Bund entlehnt und operierten entsprechend mit Begriffen wie „ Betonung des Volkstums “ , „ Zusammenschluß zu einer deutschen Blutsgemeinschaft “ , „ unerhörter Zustrom von Ostjuden “ sowie - und dies war zeitbedingt neu - Sühne für „ das Verbrechen von Versailles. “ 309 Die hiermit markierte Tendenz war offenbar siegreich - nicht zuletzt wohl auch aufgrund der Persönlichkeit Voelkels, die auch Habbel gänzlich in ihren Bann schlug und die ihm neben vielen anderen zum Anlass wurde, „ unser Schicksal in seine Hände zu legen. “ 310 Reulecke verwendete 2010 auf diesen von ihm mit der Vokabel „ Pathos “ 311 belegten Vorgang weit mehr Aufmerksamkeit als auf die Frage, was dieses auf so problematische Weise missverstandene „ Führertum “ 312 inhaltlich zur Folge hatte. Eine deutliche Sprache spricht hier ein weiterer Text Voelkels, immerhin studierter Theologe. In ihm ist die Rede davon, „ daß eine Jugendbewegung von solchem Ausmaß “ - wie die deutsche - „ nur bei [. . .] Völkern mit genügend germanischem Blut vorkommt. “ 313 Noch beachtenswerter ist der Zusatz, dass die Jugendbewegung, angetrieben von der Vision eines neuen, dem „ Drachenbad “ 314 entsteigenden Siegfried „ uns kein soziales Ereignis zur Ertüchtigung der Jugend ist “ , sondern ein Geschehen, bei dem „ in bunten Knabenspielen und heißen Jünglingsherzen [. . .] sich das Ritterblut [regt] und [. . .] in Treue zusammen[rauscht] unter der Fahne des Reichs. “ 315 Interessant ist hier das Rittermotiv, das ab September 1915 die Titelblätter der ‚ Kriegshefte ‘ des Wandervogel prägte, ebenso wie jene der Wandervogelführerzeitung, die schon Werner Kindt - ein Dr. h. c. und seine ehrenrührigen Umtriebe 49 <?page no="50"?> im September 1914 den Ritter zum Gottesstreiter im heiligen Krieg des Deutschtums stilisiert hatte, in Anspielung auf Julius Langbehn (s. S. 99 ff.), dem „ Dürers Ritter zwischen Tod und Teufel “ ein Sinnbild war für den - durch die Jugend auszufechtenden - Kampf „ zwischen dem Professor und dem Juden. “ 316 Verständlich werden von hier ausgehend die düsteren, offenbar von Karl Sonntag stammenden, im Nachdruck bei Kindt 317 allerdings fortgelassenen Sätze wie beispielsweise: Dem Erdgeist der Heimat ist ebenso wenig zu entrinnen wie dem Blutstrom, der von den Gebirgen Skandinaviens her durch die germanischen Völker in die Zeit stürzt. 318 Dem folgt dann noch - kaum weniger mystisch - , der „ Wildbach der Jugendbewegung “ müsse in den „ großen Blutstrom der Nation “ 319 einmünden. Als Ergebnis werden dem Leser - bei Kindt wiederum fortgelassene - Sätze präsentiert wie beispielsweise: „ Nach Ostland wollen wir reiten! “ So, deutlicher geredet, das Wort von Sonntag zum Themenkomplex ‚ Antislawismus ‘ (s. S. 120 ff.), im Vorgriff auf ein gleichnamiges, 1940 veröffentlichtes Gedicht von Agnes Miegel (s. S. 317) 320 . Dass - und damit nun wird es spannend - speziell diese Kürzung auf Kindt zurückgeht, darf aufgrund des im Burgarchiv aufbewahrten Schriftverkehrs als gewiss gelten. Instruktiv ist in dieser Hinsicht vor allem ein Brief Kindts an Karl Dietrich (s. S. 60) vom 10. April 1971. Kindt berichtet, dass er vor zwei Jahren vom Fernsehen über die bündische Jugend ausgefragt worden sei, wobei ihm der Reporter „ ein Heft der Adler und Falken mit dem bekannten Ruf unserer romantischen, unpolitischen Jugend ‚ Gen Ostland woll ‘ n wir reiten! ‘“ vorgelegt habe in der leicht durchschaubaren Absicht, ihn zu einer Antwort zu nötigen, warum sie denn damals nicht verhindert hätten, dass „ solche nationalistischen Thesen “ veröffentlicht wurden. 321 Diesen Brief wird man kaum anders deuten können als so, dass Kindt durch seine Kürzung des in Rede stehenden Passus zumindest für die Zukunft sichergestellt wissen wollte, dass es zu keinen vergleichbaren Missverständnissen in Sachen des Geistes eben jener angeblich „ romantischen, unpolitischen Jugend “ kommt. In den vorgenannten Fällen kann allerdings auch die Ratgeberschaft Karl Seidelmanns eine Rolle gespielt haben, der sich im nämlichen Jahr (1971) im Jahrbuch des AdJb gegen „ politische Mißdeutungen im Ausland “ - die Rede ist von den 1920er Jahren - verwahrte und betonte, die „ romantische Jugendideologie “ der Neupfadfinder sei „ im Grunde völlig unpolitisch und weithin menschheitlich orientiert “ 322 gewesen. Korsettierend hierzu schlug Seidelmann Kindt Dokumente zum Abdruck vor, über deren Tendenz der im Burgarchiv aufbewahrte umfangreiche Briefwechsel zwischen beiden wenig Zweifel erlaubt. Besonders verräterisch ist ein Brief von Kindt an Seidelmann vom 12. Februar 1972, in welchem er unter Verweis auf bereits von ihm vorgenommene Kürzungen anregt, dass „ man vielleicht noch weitere Dinge weglassen [könnte], die durch den damals nicht vorauszusehenden Gang der Entwicklung nur Hoffnung geblieben sind. “ 323 Dies mag dann auch erklären, dass man in der Kindt-Edition 50 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="51"?> erfolglos den Text aus dieser Zeitschrift mit dem Titel Vom Mythos sucht, der unter der Zwischenüberschrift Unser die Welt! Formulierungen riskiert wie beispielsweise: Wieder steht eine Jugend auf und erobert die Welt, eine deutsche Jugend. Reckenhaft steht sie und bewehrt mit blankem Schwert und Schild. 324 Im Ergebnis von Sätzen wie diesen will man gern glauben, dass die Führung des Deutschen Pfadfinder Bundes 1929 die „ Aufgabe “ der HJ als „ berechtigt und notwendig “ ansah und ihren Protest allein daran knüpfte, dass „ Deutschlands Erwachen “ nicht nur „ eine agitatorische, ungeistige Erweckung der Massen [braucht] “ , sondern auch eine - durch die Pfadfinderführung zu leistende - „ führerische, geistige Bewegung der deutschblütigen Herrenmenschen. “ 325 Es hat durchaus nichts mit „ bewusste[r] Irreführung und Geschichtsfälschung “ 326 zu tun, in diesem Zusammenhang von Präfaschismus zu sprechen. Ob Seidelmann, der offenbar mit dieser Bemerkung seine Verantwortung für die Aufnahme dieses Textes in die Kindt-Edition ‚ heilen ‘ wollte, in dieser Frage die berufene Urteilsinstanz ist, wird man bezweifeln dürfen angesichts des Umstandes, dass er 1920 Mitglied der Neupfadfinder wurde und seine einschlägige Studie dem Andenken seines „ verstorbenen Freundes Franz Ludwig Habbel “ 327 widmete. Einen Nachtrag erfordert noch Ludwig Voggenreiter, gerade weil Reulecke dieser Fährte überhaupt nicht nachgeht und selbst das - in diesem Fall besonders wichtige - Sterbejahr falsch angibt 328 und, anders als Pross, einen Text Voggenreiters aus dem Jahr 1923 ignoriert, in welchem ganz im Geist der Vorgenannten verkündet wird, „ alles Jugendleben, das nicht zur Volkwerdung führt “ , sei „ im Grunde unfruchtbar. “ 329 Voggenreiter war also nicht nur - wie Reulecke durch Schweigen und die Kindt-Edition durch Reden zu suggerieren suchte - einer jener harmlosen Jugendbuchverleger, „ die in den zwanziger und dreißiger Jahren bemüht waren, den Lebensstil der JB volkserzieherisch fruchtbar zu machen “ , um am Ende, eher durch Zufall, „ in sowjetischen Gewahrsam “ zu kommen, aus dem zu fliehen Voggenreiter, für den Preis des jämmerlichen Verhungerns, ablehnte, „ da er sich nichts vorzuwerfen habe. “ 330 Dass Seidelmann, der zu vermutende Verfasser dieses Eintrags, so redete, erklärt sich möglicherweise aus seiner eigenen, von Sven Reiß herausgestellten Aktivität für diesen Verlag nach 1933. 331 Mehr als dies und mehr mit Reiß: Voggenreiter hatte - was natürlich sein tragisches Ende, falls es sich so zugetragen haben sollte, 332 nicht zu rechtfertigen vermag - zeitgleich „ mit seinem Beitritt zur NSDAP am 1. Mai 1933 [. . .] in der Zeitschrift ‚ Die Spur ‘ sein ‚ Bekenntnis zu Adolf Hitler ‘ verkündet “ , wozu sein Verlagsprogramm - mit HJ-Erfolgsautoren wie Hans Baumann - passt, verallgemeinernd geredet: Die Geschichte des von ihm geführten Verlages zeigt, wie auch nach 1933 ein Netzwerk erwachsener Pfadfinder und Bündischer gemeinsam für den NS-Staat wirkte. 333 Werner Kindt - ein Dr. h. c. und seine ehrenrührigen Umtriebe 51 <?page no="52"?> Die Betonung liegt hier auf der Vokabel ‚ auch ‘ : Reiß vermochte bei seinem „ Vergleich der Veröffentlichungen des Verlages vor und nach 1933 “ weniger einen „ Bruch “ denn eine „ erstaunliche Kontinuität “ zu konstatieren, „ sowohl inhaltlich als auch personell. “ 334 Umso bedrückender, dass Christoph Laue seinem Zeugnis von 2010 zufolge 335 seinerzeit von Ehemaligen wegen seiner 1985 abgeschlossenen und 1987 vorgelegten kritischen Magisterarbeit zum Thema heftig kritisiert wurde. Denn diese Zeiten scheinen, wie das Beispiel Reulecke lehrt, noch nicht ganz ausgestanden. 5. Just zum Gruseln: Die Artamanenbewegung und einige ihrer Führungsfiguren in der Kindt-Edition Die Artamanenbewegung, 336 Mitte der 1920er Jahre als Teil des - unter der Chiffre des ‚ Antislawismus ‘ noch genauer interessierenden (S. 120 ff.) - Grenzlandkampfes in den deutschen Ostgebieten begründet, ist mit angeblich 25 000 bis 30 000 Mitgliedern in zwölf Jahren (1923 − 1935) 337 aus retrospektiver Betrachtung in ihrer Vorläuferschaft zum freiwilligen Arbeitsdienst in der Landwirtschaft zu sehen, damit aber auch in Vorwegnahme des vom ‚ Reichsarbeitsdienstführer ‘ Konstantin Hierl (1875 − 1955) geleiteten Reicharbeitsdienstes (RAD), 338 dessen Abteilungen in Schmiedeberg und Doberschütz er „ nach den Rathenau-Mördern Erwin Kern und Hermann Fischer [nannte]. “ 339 Neben dem RAD ist eine unmittelbare Auswirkung der Artamanenbewegung auf die HJ bzw. ihren Landdienst zu konstatieren. In unmittelbar nationalsozialistische Richtung weist auch der Umstand, dass der von Hitler herausgegebene Völkische Beobachter um 1926/ 27 „ mit dem Abdruck von Aufsätzen über den Bund Artam “ 340 begann und im Juni 1927 angab, 80 % aller Artamanen seien Nationalsozialisten. Das im nämlichen Jahr von Max Robert Gerstenhauer (1873 − 1940), Bundesgroßmeister des Deutschbundes (seit 1921) und „ Reichsherr der Deutschen Bauernhochschulbewegung “ 341 , propagierte ‚ Rassenideal ‘ der Artamanen weist gleichfalls in Nazi-Richtung: Hier wie da ging es um Zeugung „ arische[r] Menschen, mit erhobenen Stirnen, mit leuchtenden Blicken, rechtwinklig an Leib und Seele. “ 342 Als Pointe bleibt, dass die Führung des 1894 von dem völkischen Journalisten und Politiker Friedrich Lange (1852 − 1917) 343 gegründeten Deutschbundes 1930 unter der Leitung Gerstenhauers geschlossen der NSDAP beitrat 344 , ähnlich wie der Bund Artam, der nur Nationalsozialisten aufnahm und der „ am 7. 10. 1934 mit etwa 700 Mitgliedern in die Hitlerjugend eingegliedert [wurde]. “ 345 Das Personaltableau und die Wirkung waren entsprechend: Als Führungsfiguren der Artamanenbewegung - wir kommen gleich genauer auf sie zu sprechen - sind Friedrich Schmidt, Hans Holfelder und Alwiß Rosenberg hervorzuheben. Denken könnte man des Weiteren an Kurt Bachmann (1902 − 1987), NSDAP-Mitglied seit 1925 (mit kurzer Unterbrechung 1927), nach 1945 zweiter Sprecher (nach Alwiß Rosenberg) des Freundeskreises der 52 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="53"?> Artamanen. 346 Wichtig waren auch Wilhelm Rödiger (1904 − 1972), im April 1928 von Holfelder eingeführt und NSDAP-Mitglied ab 1927 347 sowie Erna Schaper, geb. Heberling (1889 − 1972), 1928 Mädelführerin und trotz wichtiger Funktionen im NS-System 348 kein NSDAP-Mitglied. Nennen könnte man schließlich auch noch Fritz Hugo Hoffmann (1891 − 1965) mit - in der Kindt- Edition 349 verschwiegener - NSDAP-Mitgliedschaft. 350 Als Führungsfiguren oder jedenfalls doch wichtige Mitglieder der Artamanen mit späteren Funktionen im NS-System (samt NSDAP-Mitgliedschaft) kommen schließlich - in der Kindt-Edition gänzlich ungenannt - der nachmalige (1964 − 1973) Braunschweiger Baukunde-Professor Erich Kulke (1908 − 1997) in Betracht, 351 außerdem Otto Danker (1897 − 1938) 352 sowie Kurt Holler (1901 − 1981). 353 Als Protagonisten könnte man Georg Stammler (s. S. 115) nennen, aber auch den (vormaligen) Arzt und späteren (im Juli 1926) Gründer der Gesellschaft der Freunde der Artamanen, 354 Georg Wilhelm Schiele (1868 − 1932) sowie den Lehrer, Lehrerbildner und NS-Rassenideologen Hans F. K. Günther (1891 − 1967). 355 Als Nazi-Größen unter den Mitgliedern müssen schließlich - alle Funktionen natürlich erst in späteren Jahren 356 - der Auschwitzkommandant Rudolf Höß (1900 - 1947), der ‚ Reichsbauernführer ‘ Richard Walther Darré (1895 − 1953) sowie der ‚ Reichsführer-SS ‘ Heinrich Himmler beachtet werden. Und schließlich sind als Referenten Baldur von Schirach sowie Hitlers Chefideologe Alfred Rosenberg (1893 − 1945) zu erwähnen, auch ist Hitlers Propagandachef Joseph Goebbels (1897 − 1945) offenbar einmal dabei gewesen, ebenso der, laut Goebbels, „ Satan der ganzen Bewegung “ 357 Georg Strasser (1892 − 1934), beides während eines Lehrgangs 1928/ 29. 358 Besonders herauszustellen ist hier natürlich Himmler, Teilnehmer am Hitlerputsch 1923, zusammen mit - um nur jene mit jugendbewegtem bzw. bündischem Background zu nennen - „‚ Reichstierärzteführer ‘ und SS-Gruppenführer “ 359 Friedrich Weber (1892 − 1955), „ in Landsberg Hitlers Zellennachbar “ 360 sowie Adenauers Vertriebenenexperte Theodor Oberländer (s. S. 36). Sicherlich: Zahlreiche SS-Rituale, auch der beispielsweise an Karl Vogt verliehene Totenkopfring, haben mit der Artamanenbewegung nichts zu tun, sondern gehen auf Anregungen des zwischenzeitlichen (1924) Psychiatriepatienten und Runenokkultisten Karl Maria Wiligut (1866 − 1946) zurück, der im September 1933 unter dem Pseudonym Karl Maria Weisthor der SS beitrat und bis 1939 von einigem Einfluss war und redlich an seinem Ruf als ‚ Rasputin Himmlers ‘ arbeitete. 361 Und doch kommt der Artamanenbewegung einige Bedeutung zu. So erfolgte Himmlers erster Kontakt 1927, von da an nahm er - wie seine Paraphe auf Schreiben der Gesellschaft der Freunde der Artamanen, belegt - „ regen Anteil an den Problemen der Bewegung. “ 362 Im einzelnen gewann Himmler aus ihr wichtige Anregungen für Gestaltung und Auftrag der SS insbesondere nach Kriegsbeginn im Osten, dies ausgehend von in der Völkischen Bewegung gängigen, allerdings noch einmal radikalisierten Positionen in Sachen Antisemitismus, Antislawismus und Rassenideologie. So differenzierte die Rassekommission der SS nicht nur, wie bei den Artamanen, Just zum Gruseln: Die Artamanenbewegung 53 <?page no="54"?> nach Kriterien wie Körpergröße, Brustumfang, Leibumfang und Körpergewicht, sondern verlangte auch Mindestgrößen und ebenmäßige Proportionen, um schließlich, am 31. Dezember 1931, einen ‚ Heiratsbefehl ‘ zu proklamieren, „ der die Kontinuität der biologischen Siebung innerhalb der SS- ‚ Sippen ‘ garantieren sollte. “ 363 Anregungen empfing Himmler auch im Blick auf die beiden Organisationen gemeinsamen schwarzen Uniformen oder in Sachen des seit 1936 von Himmler geführten, aus finanzstarken Gönnern gebildeten Freundeskreises Himmler, welcher der Gesellschaft der Freunde der Artamanen nachgebildet ist. Erwähnung verdient auch der Klub der Fördernden Mitglieder der SS, der, ähnlich wie der 1926 vom Artamanenführer August Georg Kenstler (s. S. 62) begründete Bundschuh, für ideologische Unterstützung Sorge zu tragen hatte. 364 So weit, so informativ, so schrecklich, könnte man hier anmerken, um dem die Frage anzuschließen: Aber was, bitteschön, hat das mit der Kindt-Edition zu tun? Eine Antwort hierauf könnte sich aus Michael H. Katers bitterem Resümee aus dem Jahr 1971 herleiten: Die Schutzstaffel des Artamanen Himmler wurde nach dem Zusammenbruch laut Nürnberger Urteil als eine verbrecherische Organisation eingestuft und ging als solche in die Geschichte ein. Der Bund Artam aber, jene Schöpfung völkischer Ideologen aus der Frühzeit der Weimarer Zeit, die ideengeschichtlich bei so mancher fanatischer Aktion der Schutzstaffel Pate gestanden hatte, geriet fast in Vergessenheit. 365 Die Betonung liegt hier auf der Vokabel ‚ Vergessenheit ‘ , die man besser durch ‚ Vergessenmachen ‘ ersetzen sollte. Dafür spricht auch Katers damalige Kritik an der Bagatellisierungsstrategie des einstigen Artamanen Kurt Schölzke, ebenso wie seine Beobachtung, dass sich nach Kriegsende „ eine Handvoll alter Artamanen “ wieder zusammenfand, um auf Burg Ludwigstein „ Erfahrungen über ihre Siedlungserfolge nach dem Zweiten Weltkrieg auszutauschen “ , sprich: „ Kontinuität ihrer Zielsetzungen von 1924 bis heute “ 366 zu wahren. Wie richtig Kater mit diesem Hinweis lag, zeigt der Streit über eine 1975 im Jahrbuch des AdJb veröffentlichte einschlägige Arbeit von Karl Bühler. 367 Der Autor hatte, letztlich anknüpfend an einschlägige Hinweise Walter Laqueurs 368 , keinen Zweifel gelassen an der völkischen und antisemitischen Ausrichtung der Artamanenbewegung - was der damals noch von Günther Franz verantworteten (und insoweit NS-belasteten) Schriftleitung des Jahrbuchs erkennbar Bauchschmerzen verursachte. Dies erklärt dann wohl auch, dass ausgerechnet Alwiß Rosenberg (1906 − 1980) Gelegenheit zur Replik erhielt - also eine, wie man vermuten darf, ‚ Bock-zum-Gärtner ‘ -Entscheidung der wohl nicht ganz zufälligen Art. Denn Rosenberg war Mitglied in jenem von Kater 1971 geouteten Netzwerk, und zwar als - hier redet die ihm zugedachte Kurzbiographie der Kindt-Edition noch - (vormaliger) „ Bundesführer der ‚ Artamanen, Bündische Gemeinden ‘“ 369 sowie (hier herrscht in der Kindt-Edition [betretenes? ] Schweigen) ehemaliges Mitglied von NSDAP und SA (seit 1923! ), 54 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="55"?> das 1942 mit einer ganz im Geist der (damaligen) Zeit gehaltenen Dissertation zum Thema hervorgetreten war. 370 ‚ Bock ‘ Rosenberg jedenfalls nutzte das ihm gebotene Forum weidlich aus und räumte gründlich auf in seinem ‚ Garten ‘ , tat also beispielsweise fröhlich kund, es sei den Artamanen seinerseits gelungen, „ einen neuen Typ der Jugendbewegung zu schaffen, der bündisch-volkhaft seine Gemeinschaften aufbaute und sich als Jugend selbständig volkswirtschaftlich handelnd bewährte. “ 371 Über den unseligen Geist, der Rosenberg nach wie vor umtrieb, gibt auch der Umstand Auskunft, dass unser unermüdlicher Autor in einem Folgebeitrag den folgenden „ Widerspruch “ gegen Blüher herausstellte: Daß Polen ‚ Gelüste auf deutschen Bodenraub ‘ proklamierte, ist durch Veröffentlichungen in der polnischen Presse nicht nur Historikern bekannt und daher keine ‚ Unterstellung ‘ . 372 Sicherlich, so könnte man hier noch ergänzen: Jahre später rezensierte Arno Klönne am nämlichen Ort eine „ gänzlich unkritisch[e] [. . .], vom Freundeskreis der Artamanen verlegt[e] “ 373 einschlägige Diplomarbeit 374 und monierte die in ihr vorangetriebene „‚ Entpolitisierung ‘ der Geschichte der Artamanen “ im Interesse „ ehemals Beteiligter. “ 375 Dies indes spricht nur dafür, dass sich das Jahrbuch des AdJb zwischenzeitlich, vor allem wohl durch Ausscheiden Karl Vogts und unter der nun (zwischenzeitlich) alleinigen Schriftleitung Winfried Mogges, vom Nimbus eines von Alt-Nazis dominierten Vereinsblättchens hinbewegte zu einem seriösen wissenschaftlichen Periodikum. Nichts aber deutet darauf hin, dass die Macht der Artamanen-Veteranen nun wirklich gebrochen war, im Gegenteil: Schmitz hatte keine Skrupel, in seiner Diplomarbeit die in einem von jenem Freundeskreis herausgegebenen Sammelband von 1974 vorfindbare, in vielerlei Hinsichten skandalöse These zu wiederholen, damals, in den 1920er Jahren, sei schließlich nicht „ im Entferntesten “ zu ahnen gewesen, dass der aktive Artamane Rudolf Höß später „ in vielleicht missverstandener soldatischer Pflichterfüllung als KZ-Kommandant sich den Befehlen Himmlers unterordnen würde. “ 376 Eingedenk der im Vorhergehenden etwas genauer herausgearbeiteten Editionspolitik Kindts wird nun nicht mehr überraschen, dass sich auch Kindt für die Gestaltung des Abschnitts über die Artamanenbewegung im 1974 erschienen dritten Band seiner Edition 377 die Dienste eines Veteranen sicherte: Bernhard Just (Jg. 1905), ein bis auf den heutigen Tag über rechtsradikale Seiten im Internet ausweisbares (damaliges) Mitglied im Freundeskreis der Artamanen. Just war in Kindts Sicht wohl auch deshalb bestens geeignet als Experte, weil er über ein eigenes Periodikum (Artam. Blätter eines Freundeskreises) sowie ein - nur Gleichgesinnten offen stehendes - Archiv verfügte 378 , also: wohl die speziell für die Artamanen zuständige Spinne im (Neben-)Netz der von Kater 1971 supponierten Seilschaft um die Burg Ludwigstein herum gewesen sein dürfte. Kein Wunder jedenfalls, dass Just gleich auf der ersten Seite seines einleitenden Beitrags zur Artamanenbewegung in der Kindt-Edition die Just zum Gruseln: Die Artamanenbewegung 55 <?page no="56"?> Mär darbot, dass der „ Diplomlandwirt Heinrich Himmler “ nie „ Artamdienst “ geleistet habe, „ die in ihn gesetzten Erwartungen nicht [erfüllte] “ , „ nur einmal “ , im Oktober 1928, an einem Gauführerthing teilnahm und sich die Verbindung mit ihm bereits 1929 gelöst habe, „ da er von dem ‚ undisziplinierten Haufen von Wandervögeln ‘ nicht viel hielt. “ 379 Just hielt dabei die wahren Gründe für Himmlers Passivität wohlweislich zurück, und dies, obgleich ihn Alwiß Rosenberg am 6. April 1971 brieflich hatte wissen lassen, dass „ Himmler durch seine Parteiarbeit so überlastet war, dass er für den Bund Artam keine Zeit erübrigen konnte. “ 380 Von diesem Beispiel ausgehend, überrascht weder die insgesamt eher auf Harmlosigkeiten abstellende Textauswahl Justs noch der Umstand, dass die Kürzungen in den hier dargebotenen Quellentexten die systematische Absicht erkennbar werden lassen, die ideologische Fragwürdigkeit der Artamanen auszublenden. Schauen wir uns, von hier ausgehend, das für unser Thema einschlägige weitere Personal etwas genauer an, immer gemessen am (vorgeblichen) Wissensstand der Kindt-Edition. Begonnen sei dabei mit Bruno Tanzmann (1878 − 1939), in dessen Zeitschrift Deutsche Bauern-Hochschule Willibald Hentschel 1923 seinen für die Artamanenbewegung impulsgebenden Beitrag veröffentlichte. Zwei Jahre zuvor hatte Tanzmann hier für das Curriculum der von ihm im nämlichen Jahr begründeten Deutschen Bauernhochschulen bezüglich des Lehrgebiets ‚ Rassewirtschaft ‘ ausgeführt: Der angeborene Gegensatz zum orientalischen Judentum, das uns und die Welt beherrscht, muß ins klare Bewusstsein gerückt werden. Nicht minder deutlich war Tanzmann im Blick auf das Fach ‚ Volkswirtschaftslehre ‘ , in welchem seiner Auffassung nach die These verfochten werden sollte, dass „ das orientalische Geldwesen [. . .] uns die jüdische Zinssklaverei gebracht [hat]. “ 381 Tanzmanns Bauernhochschule war also eine vom Geist des Antisemitismus beseelte Volkshochschule im völkischen Sinne, die der Annahme folgte, dass die „ darniederliegende Volkskraft nur dann wiederzuerlangen sei, wenn man mittels entsprechender erzieherischer Maßnahmen zur Bauernkultur zurückkehre “ und alles getan sei für die „ [k]örperliche, sittliche, geistige Ertüchtigung der erwachsenen deutschblütigen Jugend im Sinne vaterländischer Ideale. “ 382 Das Weltbild, das in Sätzen wie diesen zum Ausdruck kommt, hatte sich Tanzmann 383 aus der Lektüre der Schriften von Julius Langbehn sowie Adolf Bartels geformt, speziell im Nachgang zu einem 1913 gehaltenen Vortrag von Bartels zum Antisemitismus (s. S.143 ff.). Die Folgen ließen nicht auf sich warten: 1918 gründete Tanzmann in Dresden-Hellerau den Hakenkreuz-Verlag, ab 1921 verkehrte er im Haus des völkischen Arztes Alfred Seeliger (1867 − 1938) - ab 1928 NSDAP-Mitglied - , der Beziehungen zu Hentschel und Friedrich Lange pflegte und 1923 Vorstandsmitglied der völkischen Siedlung Heimland wurde. 384 Seeligers Haus, gelegen in Wehlen in der Sächsischen Schweiz, von Ernst Wachler als „ Weihestätte für Deutschlands Wiederauf- 56 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="57"?> stieg “ 385 bezeichnet, wurde von Tanzmann bis zu Seeligers Tod frequentiert, stets von „ unverhohlener Bewunderung “ für den Sanitätsrat getragen. 386 Dazu passt, dass Tanzmann 1934 den Weltmacht-Verlag Hellerau gründete und hier die an „ die Grenz- und Auslandsdeutschen in der ganzen Welt “ gerichtete Sonntagszeitung Weltwacht der Deutschen erscheinen ließ, die unter dem Leitspruch Hitlers stand: „ Die Menschheitssendung der germanischen Rasse ist auf Deutschland übergegangen. “ 387 1935 veröffentlichte Tanzmann in dieser Zeitung einen Versuch zur „ Ehrenrettung des geschichtlichen, völkischen Vorkampfes der deutschen Jugendbewegung “ und verwies auf Walter Flex, Gorch Fock und Hermann Löns, um darzutun, dass die HJ stolz sein könne auf die „‚ Vorkriegs- und Nachkriegs ‘ Jugendbewegung. “ 388 Die Danksagung in gleichsam umgekehrter Richtung blieb nicht aus: Hitler setzte Tanzmann 1935 für seine Verdienste um die Bewegung „ eine einmalige Gratifikation von 1000 Reichsmark “ aus. 389 Kaum überraschend also, dass die Kindt-Edition respektive Just zu diesem Thema nur Nebensächliches oder Desorientierendes mitzuteilen wusste, etwa, dass es nicht an „ Anfeindungen von außen “ gefehlt habe, „ die oft nur darauf fußten, daß u. a. Tanzmanns Verlag zeitweise ‚ Hakenkreuz-Verlag ‘ hieß oder daß seine wortreichen Äußerungen mißverstanden wurden. “ 390 Und ebenso leicht nachzuvollziehen, dass sich Hentschel 1923 in Tanzmanns Zeitschrift bestens aufgehoben fühlte. Um wen aber handelt es sich hier eigentlich - einerseits in Wahrheit, andererseits nach Meinung der Kindt-Edition? Willibald Hentschel (1858 − 1947), ein studierter Biologe mit Promotion bei Ernst Haeckel in Jena, brachte die Grundzüge seines 1923er Projekts schon 1913 im von seinem Freund und Gesinnungsgenossen Theodor Fritsch (1852 − 1933) 391 redigierten und von ihm mitbegründeten völkischen Kampfblatt Hammer zu Gehör. 392 Elektrisieren muss hier vor allem der Name Fritsch, der für die Kindt-Edition allerdings nicht zu existieren scheint - der Editionspolitik nach zu erwarten, der Sache nach aber nicht. Denn immerhin hatte sich Fritsch seinen Anfang der 1960er Jahre in Erinnerung gebrachten Ruf als „ der wichtigste deutsche Antisemit vor Hitler “ 393 fürwahr zielstrebig erarbeitet. Einerseits war er Mitbegründer und Reichstagsabgeordneter der Deutschvölkischen Freiheitspartei, andererseits aktiv als Schriftsteller und Verleger, etwa jener von Hentschel 1913 belieferten Zeitschrift, aber auch durch die Antisemitische Korrespondenz sowie den Antisemiten-Katechismus. Letzterer sollte unter dem Titel Handbuch der Judenfrage vierzig Auflagen erleben. 394 Walter Laqueur jedenfalls, neben Harry Pross Kindts zweite Hassfigur, hatte 1962 ausführlich auf Fritsch ‘ unheilvolle Wirkung auf die Jugendbewegung hingewiesen und festgestellt: Theodor Fritsch und in geringerem Maße Paul Förster gehörten zum radikalen Flügel der antisemitischen Bewegung; so extremistisch war Fritsch, daß sich die gemäßigteren Antisemiten, von seinen groben Ausfällen peinlich berührt, häufig von seinen Ausfällen distanzierten. Der Wandervogel war, bewußt oder unbewußt, Teil der allgemeinen rechts-nationalistischen Strömung [. . .]. So wurde der Antisemitismus für viele Mitglieder der Jugendbewegung zum fundamentalen Glaubenssatz. 395 Just zum Gruseln: Die Artamanenbewegung 57 <?page no="58"?> Acht Jahre später - an sich noch früh genug für den dritten Band der Kindt- Edition - räumte der Veteran Helmut Wangelin, 396 aus eigener Erinnerung schöpfend, ein, dass Fritsch mit seinem Antisemitismus schon im Vorfeld des Meißnerfestes 1913 reüssierte. Ein Beispiel ist des Antisemiten Paul Erlach 397 Schrift Der ‚ Wandervogel ‘ deutsch! Blätter für entschiedenes Deutschtum, die ab September 1913 von Fritschs Reichshammerbund in jugendbewegten Kreisen in Umlauf gebracht wurde. Auch druckte Fritsch weitere Flugblätter für den Wandervogel und sandte seine Zeitschrift Hammer, einer Notiz dieser Zeitschrift vom März 1914 zufolge, „ zeitweilig an 700 Wandervögel. “ 398 Entsprechend wurde der Hammer auch nach 1918 in Jugendbewegungszeitschriften immer wieder zur Lektüre empfohlen, etwa 1926 in Die Kommenden, 399 in welcher in Gestalt Hans-Gerd Techows (damals noch Bündische Gildenschaft) auch ein Mitbeteiligter am tödlichen Attentat auf den jüdischen Reichsaußenminister Walther Rathenau (von 1924) eine Art neue geistige Heimat fand (s. S. 34 f.) - womit sich der Kreis schließt. Denn es war Fritsch gewesen, der sich 1921 unter Pseudonym 400 an der Hetze gegen Rathenau beteiligt hatte. Und es war Techows (späteres) Idol Hitler, das 1930 in einem Brief an Fritsch dem Handbuch der Judenfrage nachrühmte, den Boden bereitet zu haben „ für die nationalsozialistische antisemitische Bewegung. “ 401 Auch Goebbels war zufrieden und zeichnete Fritsch in seinem Nekrolog als „ hochverdienten Vorkämpfer unserer völkischen Wiedergeburt “ aus, mit dem Effekt, dass Fritsch ein Denkmal in Berlin-Zehlendorf spendiert bekam und „ in den folgenden Jahren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zunehmend zur antisemitischen Ikone stilisiert [wurde]. “ 402 Zurück zu Hentschel, den wir ja schließlich nicht, wie Kindt/ Just, ins Vergessen befördern wollen. Ende der 1880er Jahre hatte Hentschel sich einem Kreis antisemitischer Ideologen um Fritsch - Max Liebermann von Sonnenberg, Otto Glagau (s. S. 146.) sowie Nietzsches Schwager Bernhard Förster (1843 − 1889) - angeschlossen. 403 Nachdem Fritsch Anfang 1887 erfolglos versucht hatte, Nietzsche für die antisemitische Sache zu gewinnen, legte Hentschel Nietzsche in der Antisemitischen Correspondenz als ohnehin hoffnungslosen Fall ad acta, insofern sich „ die Juden-Liebhaberei “ seit Nietzsches Abfall von Richard Wagner „ wie ein roter Faden “ durch seine Schriften ziehe. Damit war die Nietzschefrage, was die (alt-)völkische Bewegung angeht, schon im Februar 1889 vom Prinzip her erledigt, was die Vorbehalte gegenüber Nietzsche insbesondere in Kreisen der völkischen Vorkriegsjugendbewegung erklären könnte. 404 Hentschel blieb in der Folge, was diese Frage angeht, solidarisch mit Fritsch, aber auch im Blick auf seine literarische Utopie Varuna (1901), die er im Verlag von Fritsch veröffentlichte, damit für eine gewisse Zeit die weltanschauliche Plattform von dessen Zeitschrift Hammer sowie der dazugehörigen Organisationen bildend. Hentschel führte diesen Ansatz fort mit seiner Programmschrift Mittgart. Ein Weg zur Erneuerung der germanischen Rasse (1904), in welcher er den „ detaillierten Plan einer rassezüchterischen Utopie “ entwickelte, damit zugleich den Gipfel des „ völkischen Rassenwahn vom 58 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="59"?> ‚ neuen Menschen ‘“ 405 markierend. Zugleich hatte Hentschel damit eine Vorgabe geliefert für die völkische Siedlung Mittgart. Sie stellte auf rassische Hochzucht mit antisemitischer und völkischer Zielsetzung ab, konnte aber des Ersten Weltkrieges wegen sowie aufgrund „ ihrer weltanschaulichen Radikalität nicht realisiert werden. “ 406 Auch Hentschels nach dem Krieg (ab 1922) vorangetriebenen Versuche zur praktischen Züchtung eines neuen heroischen Menschen scheiterten, wenngleich seine Ideen letztlich über die Artamanenbewegung in die SS bzw. den Lebensborn e. V. einmündeten. 407 1932 verließ Hentschel, der den Heil-Gruß initiiert hatte, die NSDAP, der er 1929 beigetreten war, gleichwohl gratulierte Hitler ihm handschriftlich zu seiner diamantenen Hochzeit. 408 In der Kindt-Edition ist von all dem, auch von fragwürdigen Hentschel- Anhängern wie dem Lehrer Karl Konrad (1883 − 1958), 409 nicht die Rede, schlimmer noch: Die Kürzungen in dem Aufruf Hentschels aus dem Jahre 1923 - den Just mit den verharmlosenden Worten kommentierte, Hentschel habe die „ Meisterung harter Landarbeit und ein Zusammenleben von täglich 24 Stunden “ angeregt 410 , - sind erkennbar von der Absicht gesteuert, dem Leser die besonderen geistigen Niederungen des hier zu besichtigenden völkischen Geschwätzes vorzuenthalten. In Wegfall kam entsprechend Hentschels Forderung, den „ Kampf mit dem Unfug “ - genannt werden ohne nähere Erläuterung die Vokabeln „ Alkohol “ , „ Nikotin “ , „ Syphilis “ , „ Judenwitz “ „ politische Phrase “ , „ Gelehrtenrecht “ und „ Bodenwucher “ - aufzunehmen, denn schließlich gelte, ungeachtet des gerade verlorenen Krieges, infolge dessen sich „ das alte Heerwesen in Unwesen verwandelt [hat] “ : „ Wir Deutschen sind ein Soldatenvolk. “ 411 Auch Hentschels primitive antipolnische Ressentiments ( „ Dafür brach nun jahraus, jahrein ein Millionenheer von Sommerarbeitern bei uns ein und füllte sich die Taschen, um daheim seine Positionen gegen uns auszubauen “ ) bekommt der Leser der Kindt-Edition nicht zu Gesicht, ebenso wie martialische Parolen vom Typus: „ daß ein ehrliebend Volk das Land seiner Väter nicht preisgibt, lieber stirbt, - es wahrt seine Ehre. “ 412 Die Wahrheit Justs bzw. der Kindt-Edition ist in diesem Punkt insoweit klar, allein der Glaube fehlt bzw. sollte in Zukunft besser fehlen: der Glaube nämlich, dass man diese Edition ungestraft der eigenen Forschung zu Grunde legen darf. Für diese Pointe spricht auch der Umgang der Kindt-Edition mit Wilhelm Kotzde[-Kottenrodt] (1878 − 1948), dem Gründer der Adler und Falken, der sich anfänglich (bis 1927) für die Idee Hentschels einsetzte. Freilich: Kotzde war nicht lediglich, wie die Kurzbiographie der Kindt-Edition mitteilt, ein „ Volksschullehrer “ und „ freier Schriftsteller “ , der „ historische Romane und Novellen “ 413 veröffentlichte. Vielmehr war er Ehrenmitglied (seit 1921) im Bund völkischer Lehrer Deutschlands sowie (seit Mai 1933) NSDAP-Mitglied 414 und ist insgesamt der Linie Gräff/ Glatzel zuzurechnen. Dies erklärt auch Kotzdes Sympathie 415 für den von Erich Matthes (s. S. 26 f.) verlegten und 1939 als „ [l]eidenschaftlichen Vorkämpfer des nationalen Gedankens “ 416 gefeierten Schriftsteller Eberhard König (1871 − 1949). Beachtung verdient auch, dass Just zum Gruseln: Die Artamanenbewegung 59 <?page no="60"?> Kotzde Ende 1925 die „ dem Standpunkte der völkischen Jugend “ 417 gewidmete bündische Zeitschrift Die Kommenden begründete, bei all dem kräftig unterstützt von seinem Privatsekretär und späteren (1934) Schwiegersohn Hans Moritz Teichmann (1901 − 1974), seit 1931 NSDAP-Mitglied, 418 aber auch vom späteren (1930) ‚ Reichsredner ‘ der NSDAP, Paul Kurt Urban (1877 − 1945), 1926 Leiter des Lichtbildamtes der Adler und Falken und ab März 1934 als verdienter Parteigenosse (Eintritt in die NSDAP 1929, Nr. 159 052) Bürgermeister von Nauen. 419 Worum es Kotzde und seinem Kreis ging, lässt sich dem Umstand entnehmen, dass Kotzde unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg unverzagt meinte, das deutsche Volkstum stünde für eine „ Offenbarung Gottes “ , das Judentum hingegen für eine der „ Ursachen des Verderbens. “ 420 So betrachtet kann kaum überraschen, dass sowohl bei den Adler und Falken, die 1925 „ fast die Hälfte der aus der Jugendbewegung stammenden Artamanen stellten “ 421 , als auch bei der Abspaltung Deutsche Falkenschaft, deren Schirmherrschaft Kotzde 1929 übernahm, das Ziel in der „ Erneuerung des deutschen Menschen auf der Grundlage alten deutschen Kulturgutes unter Ausschaltung artfremder Einflüsse “ bestand; pädagogisch gesehen ging es um „ die Erziehung zur Wehrhaftigkeit und zu bestimmter politischer Haltung, die der des Nationalsozialismus der Idee nach nahe kommt. “ 422 Beide Bünde überführten ihre Mitglieder (sofern unter 18 Jahren) nach 1933 in die HJ und lösten sich dann auf. Ebenso wenig erstaunt die Karriere führender Mitglieder der Adler und Falken nach 1933 und ihre Unbelehrbarkeit nach 1945. Dies gilt beispielsweise für den vielfach in das NS-System verstrickten und 1948 im Entnazifizierungsverfahren mit dem Verlust der Wählbarkeit bestraften und seines Schulratsposten enthobenen Lehrers Karl Dietrich (1899 − 1983), der lange als Leiter der Wilhelm- Kotzde-Kottenrodt-Gemeinde fungierte. 423 Als deren Mitglied fällt nach 1945 auch der Tübinger Indologe (1927 − 1945) Jakob Wilhelm Hauer (1881 − 1962) auf, Gründer und Führer (1933 − 35) der Deutschen Glaubensbewegung mit klassischer NS-Karriere (HJ, SS, SD, NSDAP). 424 Zu nennen ist schließlich der Volksschullehrer Hans Einfeldt (1903 − 1995), ab 1928 in der Bundesführung und als Schriftleiter des Verbandsorgans Adler tätig, der nach 1933, nun sofort zum 1. Mai Mitglied der NSDAP- und des NSLB, Funktionen in der HJ (seit 1933, Bannführer seit 1941) sowie im Krieg in der Kinderlandverschickung übernahm. Nach 1945 erwies er sich als weitgehend unbelehrbar und agierte noch 1988 als Vorsitzender des - auch von seinen vormaligen Parteigenossen Richard Bülk (1906 − 1993) frequentierten 425 - Dörnbergbundes (Nachfolgebund der Adler und Falken) sowie mittels Veröffentlichungen im Rundbrief des Freundeskreises der Geusen. 426 Ähnliches gilt, hier eher bezogen auf den Freundeskreis der Artamanen, für Wilhelm Seibert (1901 − 1998). 427 Überboten wird das Ganze nur noch durch den 1949 in Kopenhagen zu sechs Jahren Gefängnis wegen seiner Maßnahmen gegen die dänische Widerstandsbewegung verurteilten Architekten Georg Scherdin (1904 − 1975), der 1926 Mitglied bei den Adler und Falken und 1928 Mitglied bei der NSDAP (Nr. 102 187) 60 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="61"?> geworden war und noch 1970 bis 1973 als Vorsitzender des rechtsextremen Volksbundes Deutscher Ring in Köln agierte. 428 Übrigens, vielleicht aber dann doch nicht mehr ganz so überraschend: Keiner der vorher (ab Dietrich) Genannten wird in der Kindt-Edition auch nur erwähnt, abgesehen von Hauer, der vor allem als Gründer und „ unumstrittener Führer bis 1933 “ 429 des Bundes der Köngener in Erinnerung gebracht wird. Ähnliches lässt sich im Fall des Kotzde-Nachfolgers Alfred Pudelko (1899 − 1981) notieren: In der Kurzbiographie der Kindt-Edition wird seine völkische Orientierung verdunkelt und die NS-Vergangenheit verschwiegen, und dies, obgleich schon Walter Laqueur darauf hingewiesen hatte, dass Pudelko „ in der Reichszentrale der SS Berater in Rassenfragen gewesen [war]. “ 430 Ersatzweise konzentriert man sich auf Harmlosigkeiten aus der Nachkriegszeit nach dem Muster: „ In englischer Gefangenschaft. 1944 − 48 Lageruniversitäten gegründet und geleitet. 1953 − 1964 Lehrer und Rektor an Realschulen [. . .]. 1948 − 1953 Fabrikarbeiter, Handelsvertreter. - Veröffentlichungen zu Bundesfragen, zur Heimatkunde, zur Vor- und Frühgeschichte. “ 431 Umsonst sucht man bei Kindt nach Hinweisen, dass Pudelko es 1930 zur Pflicht seiner Falken erklärte, dass „ sich ein jeder mit aller Kraft bemüht, bis zur Tiefe der Deutschwerdung vorzudringen und ein weitreichendes Wissen um völkische Dinge zu sammeln. “ 432 Auch fehlt der Hinweis, dass Pudelko Mitglied (später auch Ehrenzeichenträger) der NSDAP (seit 25. 09. 1925) und der SS (seit 01. 06. 1933) sowie im Lebensborn e. V. war und 1942 Führer wurde „ im SS-Oberabschnitt Nord (RSHA), Referent f. Berufsschulfragen in der Abteilung Schul- und Bildungswesen des Reichskommissars für die besetzten norwegischen Gebiete. “ 433 In einem Personalbericht von 1939 heißt es über ihn: „ SS-Untersturmführer Alfred Pudelko arbeitet seit dem 1. 8. 1934 ehrenamtlich für den Sicherheitsdienst RFSS. [. . .]. Durch seine Arbeit für den SD hat er bewiesen, dass er in der Lage ist, ihm übertragene Aufgaben im SD-mässigen Sinne zu erledigen. “ 434 Die Kindt-Edition schweigt sich in Fragen wie diesen aus. Vergleichbares gilt für Friedrich Schmidt (1902 − 1973), der „ nach seiner Ausbildung zum Volksschullehrer über die Deutsche Bauernhochschule und die Falken zu den Artamanen [kam], für die er von 1924 bis 1927 als ‚ Bundeskanzler ‘ tätig war. “ 435 Im Textteil der Kindt-Edition werden lediglich Nichtigkeiten mitgeteilt wie etwa: „ [. . .] verlegte die Geschäftsstelle nach Halle a. S. “ 436 Ansonsten präsentiert Just um entscheidende Passagen gekürzte Textauszüge von Schmidt sowie den referierenden Hinweis, er habe 1929 in der Zeitschrift Blut und Boden die Grundlagen gelegt „ zu einer Arbeitsgemeinschaft für die Erhaltung und Eroberung des Ostens. “ 437 Was man in der Kindt-Edition umsonst sucht, ist der Hinweis, dass Schmidt „ zum stellvertretenden NSDAP-Gauleiter von Württemberg [avancierte] und [. . .] von (Alfred) Rosenberg als Hauptschulungsleiter in seinen Stab berufen [wurde]. “ 438 Mehr als dies: „ Seit 1934 war Schmidt Mitglied der SS und wurde 1939 zum Gouverneur von Lublin ernannt. 1942 wechselte er zur Waffen-SS und kam im August 1944 in US-amerikanische Kriegsgefangenschaft. Wie die Offiziersakte [. . .] belegt, Just zum Gruseln: Die Artamanenbewegung 61 <?page no="62"?> bestand ein enges Verhältnis zu Heinrich Himmler. “ 439 Um die Vokabel ‚ Gouverneur ‘ nicht falsch auszulegen, ist vielleicht noch der Hinweis wichtig, dass der Distrikt Lublin als „ Sonderlaboratorium der SS “ 440 galt und Schmidt 1939 seinem Vorgesetzten, dem ‚ Hauptkriegsverbrecher ‘ Arthur Seyß-Inquart (1892 - 1946), ein besonders sumpfiges Gebiet in ‚ seinem ‘ durch das Regiment Odilo Globocniks (1904 - 1945) (Ermordung von über 1,7 Millionen Juden = ‚ Aktion Reinhard ‘ ) berüchtigten Distrikt „ in unverhohlen mörderischer Absicht “ als Judenreservat empfahl. Spröde gibt sich die Kindt-Edition auch in Sachen von August Georg Kenstler (1899 − 1941), eine Kurzbiographie sucht man vergeblich - vermutlich, weil in ihr wenig Erbauliches zu notieren gewesen wäre: Seit 1915 in Freikorpsverbänden aktiv, war Kenstler - zusammen mit Himmler, Weber, Pleyer und Oberländer - Teilnehmer am ‚ Hitler-Putsch ‘ 1923. Seit 1925 NSDAP-Mitglied, 441 gründete Kenstler im Oktober 1926 den Bundschuh. Im nämlichen Jahr legte er ein Flugblatt vor, in welchem als Teil des in der Artamanenbewegung gepflegten Germanenkults das Hakenkreuz - nicht allein Symbol der NS- Bewegung - vorgestellt wurde als „ germanisches Heilszeichen deutscher Gottinnigkeit, Reinheit des Blutes und des Geistes zu schöpferischer Urkraft. “ 442 1927 unterbreitete Kenstler den Vorschlag, „ eine Tafel von guten Artamanenköpfen in der Art der Güntherschen Rassebilder “ 443 entwerfen zu lassen. Nicht zu vergessen: „ Wegen seiner publizistischen Tätigkeiten, als Herausgeber der Zeitschriften Sachs halt wacht! (1928) und Blut und Boden (1929 − 1934) wurde Kenstler 1929 aus Preußen ausgewiesen. Wilhelm Frick (NSDAP) gab ihm als Innenminister von Thüringen jedoch eine Aufenthaltsgenehmigung für den Freistaat. Nach 1933 lebte Kenstler von der Unterstützung durch Heinrich Himmler. “ 444 Ähnlich nimmt sich die Sachlage aus im Fall des Artamanenführers Hans Wolfgang Holfelder (1900 − 1929), „ einer der ersten Nationalsozialisten in Österreich “ - so Stefan Brauckmann - der, „ als Rädelsführer einer Schießerei, bei der ein Sozialdemokrat ums Leben kam, nach Deutschland [floh] “ 445 und fortan, als NSDAP-Mitglied (seit 1925 446 ), „ bei der Reichsleitung der NSDAP in München ein- und ausging “ , mit Folgen: Kenstler war es, der Himmler 1927 mit dem Bund Artam bekannt machte; an seinem Todestag - drei Wochen nach Ernennung Himmlers zum Reichsführer-SS - „ wurde Himmler von dem damaligen Bundesführer Hoffmann als Gauführer von Bayern bestätigt. “ 447 Im März 1927 rief Holfelder seine Artamanen im Völkischen Beobachter unter Verweis auf Hitler und dessen (vergleichbare) Ziele - „ Volk ohne Raum, Ostlandsiedlung, Verdrängung der Polen usw. “ ) - zum Eintritt in die NSDAP auf; im Frühsommer 1927 trafen sich er und Friedrich Schmidt mit Hitler in München, wobei er Hitler in „ alle wichtigen Begebenheiten seines Verbandes einweihte. “ 448 Im nämlichen Jahr ließ sich Holfelder von Bundschuh-Mitglied Hans F. K. Günther dazu inspirieren, Rassenkunde auf den Lehrplan eines Landlehrgangs zu setzen. Zur Begründung dessen führte Holfelder aus: 62 2. Kapitel - Die Kindt-Edition <?page no="63"?> Nordisches Blut und unnordisches kämpfen durch die Rassenmischung einen heißen Kampf [. . .]. Es ist die Pflicht der Wissenden unter den Artamanen, daß sie sich zur planmäßigen Zusammenarbeit finden. Das sich innerlich regende, nach Vollendung und Wahrheit ringende Erbteil unserer Vorfahren soll so weit es geht, herausgerissen werden aus dem ‚ Halbtraumzustand ‘ des ‚ sogenannten Unterbewusstseins ‘ . 449 In der Folge errichtete Holfelder ein Amt für Rassenkunde im Bund Artam, dessen Arbeiten „ die späteren nationalsozialistischen Maßnahmen zur Erbringung des Ariernachweises vorwegnahmen. “ 450 Nach seinem frühen Tod vermochte es kein Artamanenführer mehr, Holfelders Führercharisma zu duplizieren, „ um die Gefolgschaft kompromisslos für eine Marschrichtung - die des Nationalsozialismus - zu begeistern. “ 451 Holfelders Grab wurde zu einem Wallfahrtsort der rechtsbündischen Jugendbewegung, Himmler stellte zu Holfelders 10. Todestag eine SS-Ehrenwache. 452 In der Kindt-Edition findet sich hierzu nichts. Kritik an Holfelder ist spärlich. Bernhard Just lastete ihm an, Himmler „ zum kommissarischen Artamgauführer in Bayern “ bestellt zu haben. Ansonsten erweckt er den Eindruck, Holfelder habe für die NSDAP gesprochen und nicht eigentlich dazugehört, nach dem Muster: „ Sicherlich hat es manche ähnliche Auffassungen zwischen Artam und NSDAP gegeben. So griff u. a. R. W. Darré die Worte Holfelders auf [. . .]. “ 453 Leicht durchschaubare Argumentationstechniken wie diese legen die Folgerung nahe, dass man die Kindt-Edition nur mit äußerster Vorsicht konsultieren darf. Denn Werner Kindt hat, ebenso wie andere Editoren aus der Jugendbewegungsgeneration - etwa Gerhard Ziemer und Hans Wolf 454 oder auch Peter Nasarski 455 - resp. aus der Generation jener, für die das Kriterium der ‚ Zeitgenossenschaft ‘ 456 als besonderes Erschwernis geltend zu machen ist, den nachfolgenden Generationen ein politisch geschöntes bzw. seinen Vorstellungen entsprechendes Bild der Jugendbewegung hinterlassen wollen. Die Konsequenz kann nur lauten, unter weitgehender Absehung sowohl von verbalen Daten als auch unter Verzicht auf ungeprüfte gedruckte Quellen Kindts sowie anderer Editoren der Betroffenengeneration anhand der Texte, wie sie die vielfältige Publizistik und Literatur der Jugendbewegung bereithält, dem auf die Spur zu kommen, was sich als Weltanschauung jeweils der Jugendbewegung anzudienen suchte oder von ihr als solche produziert wurde. Nur auf diese Weise können die Folgen jener Reflexionsabwehr beseitigt werden, von der im Vorgehenden die Rede war. Schauen wir uns die Jugendbewegung also noch einmal ganz von vorne an, ausgehend vom Steglitzer Wandervogel und dessen Führungswie Leitfiguren. Just zum Gruseln: Die Artamanenbewegung 63 <?page no="64"?> 3. Kapitel Warum einen schon der flüchtige Blick auf die Anfänge des Wandervogel ins Trudeln bringen kann Als vor mehr als zehn Jahren in Berlin-Steglitz des Themas 100 Jahre Wandervogel gedacht wurde, konnte man als unbedachter Zaungast durchaus ins Trudeln kommen: Der Themenaspekt „ Kritische Auseinandersetzung mit der Rolle Jugendbewegt-Bündischer in der NS-Zeit “ - an der Gedenkstätte Sachsenhausen-Oranienburg, leider in zeitlicher Überschneidung mit den Steglitzer Vorträgen - fand sich zwar im Veranstaltungskatalog des Arbeitskreis Wandervogel-heute, nicht aber in jenem, den die Gesellschaft für Geistesgeschichte e. V., der Arbeitskreis für Historische Jugendforschung sowie die Bundeszentrale für politische Bildung zusammengestellt hatten, um das dreitägige Symposium zu strukturieren. Ersatzweise ging es - nur einiges sei genannt 1 - um ästhetische Reformbewegungen der Jahrhundertwende (Diethart Kerbs), den Wandervogel im Kontext der Jugendpolitik des Wilhelminischen Kaiserreichs (Harald Scholtz), die neue Kultur der Geschlechterbeziehungen (Irmgard Klönne), die neue Körperkultur (Bernd Wedemeyer), den Zusammenhang von Jugendbewegung und Jugendarbeit (Norbert Schwarte) sowie um jugendbewegte Schulreformmodelle (Heiner Ullrich). Auch die Frage, ob Nietzsche als Prophet der Jugendbewegung gelten könne (Justus H. Ulbricht), wurde erneut zur Erörterung ausgeschrieben - all dies also respektable Themen, dargeboten von renommierten Autoren und Forschern. Freilich: Für die Erörterung der dunklen Seiten der Jugendbewegung war nur am Rande Platz, man wollte offenbar die Festtagsfreude nicht trüben und den zahlreich versammelten Veteranen die Sache nicht unannehmbar machen. Entsprechend blieb (bei Jürgen Reulecke) der Mythos vom Meißnerfest ebenso vergleichsweise unangetastet wie (bei Roland Eckert) die Auffassung, erst in Zeiten der bündischen Jugend sei die positive Ursprungsidee des Wandervogel verkommen. Gleichfalls im Geist des Mainstream argumentierte Diethart Kerbs bei seinem - um die völkischen Motive unbesorgten - Rückblick auf die Kunsterziehungsbewegung. Die Beteiligung von Sozialpädagogen sorgte hier kaum für Abwechslung. Norbert Schwarte 2 beispielsweise ließ die längst schon dargelegte 3 dunkle Seite Karl Wilkers (1885 − 1980) unbeachtet und präsentierte als zentrales Ergebnis seiner Reflexion auf die Wirkung der Jugendbewegung deren positiven Ertrag in Gestalt der ‚ sozialpädagogischen Bewegung ‘ der Zwanziger Jahre. All dies mag verständlich sein, nur: Wird es - und diese Frage muss sich die als Mitveranstalter auftretende Bundeszentrale für politische Bildung gefallen lassen - dem Auftrag einer verantwortbaren <?page no="65"?> politischen Bildung gerecht? Sowie, und dies ist vielleicht in unserem Zusammenhang wichtiger: Ist es auch wissenschaftlich korrekt? Das bisher Berichtete lässt arge Zweifel daran aufkommen und gibt Anlass, noch einmal sehr gründlich nach der Ursprungsidee des Wandervogel und den hierbei in Betracht kommenden Führungsfiguren zu fragen. 1. Hermann Hoffmann[-Fölkersamb] - nur ein harmloser Stenograph auf den Spuren Goethes? Als erstes wird man dabei an Hermann Hoffmann[-Fölkersamb] (1875 − 1955) zu denken haben. Im Anschluss an das Abitur in Magdeburg (1894) und die Aufnahme des Studiums in Berlin (1896) hatte Hoffmann vom Direktor des Steglitzer Gymnasiums die Genehmigung erhalten, einen Stenografiekurs abhalten und mit interessierten Teilnehmern dieses Kurses sowie weiteren Schülern wandern zu dürfen. Ab 1897 fanden dann unter Hoffmanns Leitung erstmals mehrwöchige Fahrten statt, 1899 folgte als Höhepunkt und Abschluss dieser Ära die später von Legenden umwobene vierwöchige ‚ Böhmerwaldfahrt ‘ mit zwanzig Teilnehmern. Als Hoffmann Berlin Ende Januar 1900 aus beruflichen Gründen verlassen musste, inthronisierte er Karl Fischer (s. S. 70 ff.) als seinen Nachfolger. Insoweit gilt Hoffmann vielen noch vor Fischer als „ der erste Wandervogel “ , zumindest aber als Begründer der ‚ Ära Hoffmann (1896 − 1900) ‘ , auch ‚ Vorwandervogel ‘ genannt. 4 Unter die Rubrik „ harmlos “ fallen auch die Erinnerungen, die Hoffmann 1952 dem Archiv der Burg Ludwigstein unter dem Titel Aus der Frühzeit des Wandervogels vermachte und die mit den Worten beginnen: „ Es war im Jahre 1890. . . “ 5 . Diese Einleitung sorgte seinerzeit für einigen Wirbel in Kreisen der Jugendbewegungshistoriographen, bestand doch bis dato Konsens darüber, speziell diese Geschichte frühestens 1896, eigentlich aber erst 1901 beginnen zu lassen und als erinnerungsträchtigen Ort Steglitz (b. Berlin) sowie als impulsgebende Person Karl Fischer im Gedächtnis zu halten. Nun aber trat mit Hoffmann ein fast schon Vergessener ans Licht der Öffentlichkeit und behauptete, gegen Hans Blüher (s. S. 66 ff.), dass die Kennzeichnung der Bewegung „ als ‚ Empörung der Jugend gegen Elternhaus und Schule ‘ [. . .] eine Erfindung späterer Jahre “ 6 sei, eigentlich habe alles schon 1890 begonnen, in der Magdeburger Guerickeschule im Deutschunterricht. Dort jedenfalls will Hoffmann die gekürzte Variante eines erstmals 1860 erschienenen Textes von G. Baur über das Wandern aus einem Lesebuch kennen gelernt haben, ein Text, der ihn auf jene Idee brachte, für die später der Wandervogel berühmt geworden sei. Initialgebend sei dabei einer seiner Lehrer (Prof. Sträter) gewesen, insonderheit dessen Ausruf: Jungs! Was seid ihr für Schlafmützen! Was Ihr da hört, ist Euch wohl ganz egal! Als wir Jungen waren, da sparten wir unsere Groschen zusammen, und zu Pfingsten oder Hermann Hoffmann[-Fölkersamb] - nur ein harmloser Stenograph? 65 <?page no="66"?> in den großen Ferien, da ging das Wandern los. Aber Ihr? Ihr räkelt euch lieber in den Ferien in irgendeiner Sommerfrische herum! 7 Der Umstand, dass Hoffmann derlei als Weckruf erlebte, offenbart eine gewisse Schlichtheit des Gemüts. Positiver geredet: Hoffmann lag, allen überlieferten Zeugnissen zufolge, ein weitergehendes kulturkritisches Anliegen fern. So meinte beispielsweise Fritz Hellmuth, einer der ersten Teilnehmer seiner Kurse und Nr. 1 im Scholarenbuch des A. F. S. „ Wandervogel “ von 1902: 8 „ Hoffmann war kein Revolutionär. Er hatte nur Freude an der Natur und am Wandererlebnis mit gleichgesinnter Jugend. “ 9 Die Aufzeichnungen, die Hoffmann 1898 unter dem Titel Hoch das Wandern! in Umlauf brachte, bestätigen diesen Eindruck. So ist in dieser „ ältesten literarischen Quelle “ 10 des Wandervogel von der Bedeutung des Wanderns für die „ Charakterentwicklung “ ebenso die Rede wie vom Wandern als „ Schule der Abhärtung “ sowie schließlich davon, dass das Wandern „ die Sinne schärft und das Gemüt rein und frisch erhält! “ 11 Dass es sich hierbei um Paraphrasen jener Lektion handelt, die Hoffmann 1890 in Magdeburg in eben jener Deutschstunde aufgeschnappt haben dürfte, in welcher der 1860er Text Baurs Thema gewesen war, zeigt ein genauerer Blick auf diesen unter dem Titel Fußreisen erstmals in Schmids Encyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens erschienenen Text. Der Sache nach versetzt er einen zurück in die 1770er Jahre, in die Zeit Goethes, der in seinen jungen Jahren ein so großer Freund des Wanderns gewesen sei, „ daß er sich selbst den Namen ‚ Wanderer ‘ beilegte. “ 12 Erwachsene - so könnte man die Botschaft Baurs zusammenfassend auf den Punkt bringen - begrüßten um 1860 das Wandern, weil sie den erzieherischen Wert einer vor allem durch Aktivitätsabfuhr erreichbaren Vandalismusprophylaxe erkannten. Und dies war, Hoffmanns Magdeburger Erinnerung zum Maßstab genommen, offenbar noch dreißig Jahre später en vogue. Deutlicher: Baurs Impuls in der Weiterführung durch Hoffmann zum Maßstab genommen, muten die Anfänge der Wandervogelbewegung, „ geradezu komisch harmlos an “ 13 - so harmlos, dass man seine NSDAP-Mitgliedschaft fast vergessen könnte. 2. Hans Blüher - ein Hans Dampf in allen (auch völkischen und antisemitischen) Gassen Hans Blüher (1888 − 1955), einer der ganz frühen Steglitzer Wandervögel, von Nietzsche herkommend, ihn als „ Heiligen “ 14 verehrend, seinetwegen in Basel studierend, wurde legendär wegen einer Anekdote, die der eben via Hoffmann unterbreiteten Mär insofern zu entsprechen scheint, als auch in ihr Goethe als Idol (der Erwachsenen) fungiert. Dieser Anekdote zufolge soll der damalige Steglitzer Rektor immer geschimpft haben, wenn er auf den Namen Nietzsche 66 3. Kapitel - Ein flüchtiger Blick auf die Anfänge des Wandervogel <?page no="67"?> stieß, um dann, gleichsam als Therapeutikum, Goethes Dichtung und Wahrheit anzuempfehlen. O-Ton Blüher: Diese Strafversetzung jugendlicher Gemüter in Goethesche Altersprosa, hatte natürlich den entgegengesetzten Erfolg: Man kaufte sich von seinem Taschengelde ‚ Also sprach Zarathustra ‘ - und der Abfall war geschehen. 15 So also die dann doch eher rebellische Pointe dieser kleinen Geschichte, die nach anderen aus jener Zeit klingt. Ihr gemeinsamer Nenner findet sich in Blühers Geschichte des Wandervogel (1912), in Blühers auf Nietzsche zurückweisender Rede von „ Jünglingsgestalten [. . .], die ein tiefer Haß und eine großartige Verachtung gegen die Kultur der Väter beseelte. “ 16 So betrachtet könnte man Blüher dem von Hans Landsberg umschriebenen, auch bei ihm durch Nietzschelektüre stimulierten „ Individualitätsrausch “ zurechnen, der durch „ autoritative Erziehung “ lange unterdrückt worden sei und sich in dem Bedürfnis ausspreche, „ anders “ denken zu wollen „ als die meisten. “ 17 In diese Richtung weist auch der Umstand, dass Blüher den Wandervogel noch im Juli 1912 als „ Naturereignis in der Jugend “ las und in Rückerinnerung an die Steglitzer Anfänge festhielt: Wir mußten mit den größten Vorurteilen kämpfen, wir wurden zuerst durchaus nicht mit seidenen Handschuhen angefaßt, man lachte uns in Steglitz aus, als wir, an die 30 Mann stark, unsere ersten wilden Ausflüge machten. 18 Noch vierzig Jahre später rechnete sich Blüher zu, nicht nur das Wort ‚ Jugendbewegung ‘ populär gemacht zu haben, sondern auch die These, der Wandervogel sei eine „ revolutionäre Jugendbewegung, die sich gegen die Väterkultur und den Geist des Zeitalters zugunsten eines freien Standes der Jugend richtet. “ Dieser revolutionäre Charakter des Wandervogel, so Blüher weiter, werde zwar immer wieder abgeleugnet, etwa unter Hinweis darauf, dass es sich beim Wandervogel um nichts weiter handele als um eine „ lobenswerte Einrichtung ‚ zum Zwecke ‘ billiger Ferienwanderungen, ein Spaziergehverein ‚ zum Zwecke ‘ des Kennenlernens der Natur und der geschichtlichen Denkmäler unseres Volkes. “ 19 Tatsächlich aber habe sich das Revolutionäre schon im November 1901 in jenem Steglitzer Ratskeller ausgesprochen in Gestalt der Formel „ ohne Begleitung der Lehrer “ , die sich später unter der Hand verschärft und letztlich gelautet habe: „ unter Ausschluß der Lehrer “ , womit eine gleichsam teuflische Frucht bereitgelegen habe. Jahre später sei sie reif geworden, in Gestalt der auf Selbsterziehung abstellenden Meißnerformel vom Oktober 1913, die Blüher als magna carta juventutis las und mit dem Wort belegte: „ Fehdehandschuh gerade ins Gesicht der Oberlehrerkaste, die ratlos danebenstand. “ 20 Diese Lesart der Ursprünge des Wandervogel wurde zwar vielfach bestritten, etwa von Hoffmanns Gründungsmythos ausgehend, auch im Blick auf den österreichischen Wandervogel, für den man es angesichts des Einvernehmens mit der (gleichfalls konservativen) älteren Generation als „ lächerlich “ empfand, „ die Theorien der von Blüher für das damalige Deutsche Reich Hans Blüher - ein Hans Dampf in allen (auch völkischen und antisemitischen) Gassen 67 <?page no="68"?> geschilderten Anti-Oberlehrer-Bewegung, die von verkrachten Studenten geführt wurde, anzuwenden. “ 21 Anderen Veteranen hingegen hat, ungeachtet fortbestehender Distanz gegenüber Blüher, dieser Punkt seiner Mär des Wandervogel durchaus gefallen, deutlicher: Ihnen hat Blühers Lesart der in der Meißnerformel kulminierenden Vorkriegsjugendbewegung zugesagt, vor allem ihrer Geschlossenheit und scheinbaren Schlüssigkeit wegen, weniger ihrer auf Fortschritt hinweisenden Botschaft halber. Aus dem Blick geriet dabei nicht eben selten das Skandalöse an Blüher, zumal in politischer Hinsicht. So trat er nach 1919 dem Kreis der Jungkonservativen um den völkischen Nietzscheanhänger und Hitlervorläufer Arthur Moeller van den Bruck (1876 − 1925) nahe. Mit dessen Nachlassverwalter Hans Schwarz, der 1931 Moellers für die Nazis wichtiges Hauptwerk Das dritte Reich (1923) neu edierte, verband Blüher alte, aus der Schulzeit herrührende Freundschaft. 22 Damit trat er einer Programmatik näher, die Stefan Breuer treffend mit den Worten umriss: Nietzsches Lehre vom Übermenschen auf die Ebene von Völkern und Nationen projizierend, erhob er [Moeller; d. Verf.] Deutschland in den Rang eines Übervolks, das aufgrund seiner kulturellen wie zivilisatorischen Leistungen zu nichts weniger berufen war als zur ‚ Weltherrschaft ‘ . 23 Ab 1928 reüssierte Blüher ausgerechnet als Freund jenes zwischenzeitlich ins Holländische exilierten letzten deutschen Kaisers, dem sein (frühes) Idol Nietzsche in Ecce homo (1888) - allerdings am Abgrund seines geistigen Zusammenbruchs stehend - ein Niveau unterhalb eines Kutschers attestiert hatte. 24 Nicht zu vergessen: Ungeachtet des Anti-Antisemitismus zumindest doch des späten Nietzsche 25 outete Blüher im Nachgang zum Meißnerfest den Hamburger Amtsrichter Hermann Popert, Autor von Helmut Harringa (1910), eines ‚ Kultbuchs ‘ der (völkischen) Jugendbewegung (s. S. 137), als „ Judenbastard “ 26 - anfügend, der Teutonismus dieses völkischen Bildungsromans stamme folglich „ überwiegend aus verdorbenem Blut. “ 27 Und selbst noch kurz vor seinem Tod ließ Blüher dieses Thema nicht los: Weiträumig fabulierte er in seiner Autobiographie Werke und Tage (1953) unter der Überschrift „ innerste[r] Blutskonflikt “ darüber, wie wichtig es sei, „ die Biographien von Mischlingen zu schreiben und dabei die Frage zu erörtern, ob diese Mischung etwas Günstiges sei “ 28 - Überlegungen, die vor dem Hintergrund der von Jürgen Plashues 29 zusammengetragenen Belege gelesen werden müssen, Blüher sei seinerseits ‚ Halbjude ‘ gewesen. Blühers antisemitische Hetzschrift Secessio Judaica (1922) könnte, so betrachtet, als Dokument für jüdischen Selbsthass gelesen werden, was die Sache selbst allerdings kaum besser macht - zumal eingedenk von Blühers Stolz, sein (neuer) Freund Wilhelm II. habe ganze Passagen dieses Werkes auswendig zu rezitieren gewusst. 30 Nicht überliefert ist, ob diese Begeisterung auch jenen Abschnitten galt, in denen Blüher Sigmund Freud - der ihn 1913 im Skandal um sein Buch Die deutsche Wandervogelbewegung als erotisches Phänomen ver- 68 3. Kapitel - Ein flüchtiger Blick auf die Anfänge des Wandervogel <?page no="69"?> teidigt hatte - als Beispiel für den Typus jenes Juden meinte vorführen zu müssen, „ dessen wichtige Gedanken erst durch ein ‚ deutsches Gehirn ‘ gehen müßten, um ihren ‚ korruptiven Grundcharakter ‘ eines ‚ reinen Materialismus ‘ zu verlieren. “ 31 Der Rezensent der Neupfadfinderzeitschrift Der Weiße Ritter (s. S. 38 ff.) war jedenfalls zufrieden und schwärmte sogleich „ von einem deutschen Reiche (keinem ‚ römischen ‘ oder ‚ gegenwärtigen jüdischen ‘ ). “ Kaum besser war der Zusatz, dass der, der hier noch skeptisch sei, vielleicht schon in einigen Jahren feststellen müsse, „ daß das Hakenkreuz das reine Gegenteil einer ‚ lächerlich unbedeutenden Sache ‘“ 32 sei. Carl von Ossietzky jedenfalls blieb anlässlich des Erscheinens einer weiteren antisemitischen Hetzschrift Blühers - Die Erhebung Israels gegen die christlichen Güter (1931) - sowie des hier ausgesprochenen Lobs auf Wilhelm Stapel 33 als einen der „ wenigen echten Antisemiten “ in Deutschland nur bitterste Verzweiflung: Diese literarischen Antisemiten [. . .] bewegen sich immer am Rande des Pogroms, sie naschen gleichsam davon, aber sie scheuen sich, so aktiv zu werden wie weniger intellektuell beschwerte Zeitgenossen. Warum so schüchtern, meine Herren! Geben Sie sich doch einen Ruck, entbinden sie das Stück Pöbel in sich, das in jedem Antisemiten steckt! 34 Wenig später erlebte Ossietzky auf bitterste Weise am eigenen Leib jene Entbindung des Pöbel in einem deutschen KZ mit tödlicher Folge. Blüher hingegen durchlebte die NS-Zeit weitgehend unbehelligt in eigener analytischer Praxis, protegiert - wie Jürgen Plashues 35 annimmt - durch einen seiner Patienten, den Berliner SA-Führer (1931) und Polizeipräsidenten von Potsdam (1933) und Berlin (ab 1935), Wolf Heinrich Graf v. Helldorf (1896 − 1944) 36 , vormals Freikorps Roßbach und Beteiligung am Kapp-Putsch (1920), nachmals, nach offenbar schon länger währenden Kontakten zum deutschen Widerstand 37 , aktive Unterstützung der Verschwörer des 20. Juli 38 (mit nachfolgender Hinrichtung in Plötzensee). Weit weniger honorig lief Blühers Leben aus: Nach 1945 ereiferte er sich in unverändert antisemitischer Manier über „ jüdische Litteraten “ wie Kurt Tucholsky (1890 − 1935), dessen „ einzig bleibende Tat “ 39 sein Selbstmord 40 gewesen sei. Kaum besser erging es dem 1922 von Rechtsradikalen halb tot geschlagenen Publizisten Maximilian Harden (s. S. 140): Blüher verhöhnte ihn als „ jüdischen Lehrmeister “ Hitlers in Sachen der Frage, wie man es unternimmt, „ im politischen Kampfe nicht die Sache selber anzugreifen, sondern deren Träger persönlich zu diffamieren. “ 41 Schon Walter Laqueur, um Entgleisungen wie diese vornehm einen Bogen schlagend, resümierte 1962 ratlos: Blüher begrüßte das Hakenkreuz als Zeichen der Erlösung und schlug als ideale Lösung der Judenfrage die Wiedereinrichtung des Gettos vor, aber er trat der Hitlerbewegung nicht bei. Im Dritten Reich galt er als verschrobener Einzelgänger. 42 Die Kindt-Edition freilich gab ein Jahr darauf nach bewährtem Muster vor, von den im Vorhergehenden dargestellten zahlreichen Fragwürdigkeiten Blühers Hans Blüher - ein Hans Dampf in allen (auch völkischen und antisemitischen) Gassen 69 <?page no="70"?> nichts zu wissen. Ersatzweise konzentrierte sie sich auf einen für sie entscheidenden Punkt an seiner Vita: „ 1934: Rede- und Schreibverbot durch die NSDAP. “ 43 3. Karl Fischer - der Oberbachant mit dem Ehrensold der Hitlerjugend und sein ‚ Großbachant ‘ Heinrich Sohnrey mit dem Adlerschild Hitlers Indes gilt es noch einen dritten Gründungsmythos in Betracht zu ziehen, ausgehend von Hoffmans Nachfolger Karl Fischer (1881 − 1941). In einem 1910 von Hans Breuer verfertigten Erinnerungsblatt wird er als „ unser geistiger Vater “ 44 gefeiert - wohl infolge von Aufforderungen wie: „ Erlöse Dich selbst, ergreife den Wanderstab und suche da draußen den Menschen wieder, den Du verloren hast, den einfachen, schlichten, natürlichen. Da hatte die Jugend eine neue Heilswahrheit - selber gefunden. “ 45 Was dies praktisch heißt, offenbart vor allem eine kleine Skizze aus der Gesamtdarstellung von Else Frobenius: In grauen Fahnen hängt der Rauch über der Großstadt Berlin. Still und öde liegen die Straßen. Hier und da eilt ein Dienstmädchen verschlafen zum Bäcker, und die Zeitungsfrau stolpert die Stufen der Häuser empor. Auch der Vorort Steglitz ruht träge und schläfrig in seinen Gärten [. . .]. Plötzlich hallen eilige Schritte durch eine Straße zwischen Bahnhof und Rathaus. An einer Ecke machen sie halt. Wie ein Echo antworten die Schritte aus der Ferne, die sich verdoppeln, vervielfachen. Aus Gassen und Gärten kommen sie gelaufen: Buben mit halbwachen Augen und erwartungsvollen Gesichtern. Wie eine Schar von Verschwörern sehen sie aus. Alle in kurzen Hosen und Wanderstiefeln. Auf dem Rücken den Rucksack, an dem ein Kochkessel hängt [. . .]. Die Schar vergrößert sich, es sind fast dreißig Mann. Sie warten. Da erscheint am Eingang der Straße eine hohe Gestalt mit scharf geschnittenen Zügen und Spitzbart: ‚ Der Oberbachant! ‘ geht es flüsternd durch die Reihen. Ängstlich schauen die Neulinge darein. Wird er ihnen die Erlaubnis zur Fahrt erteilen? 46 An dieser Stelle bietet es sich an, abzubrechen und zum Spannungsabbau beizutragen: Ja, der Oberbachant - wer um die Details weiß, erkennt in dieser Skizze Karl Fischer - erteilte seine Erlaubnis, wie so viele Male davor und danach. Und: Hier geht es nicht nur um Fiktion, sondern auch um ein literarisches Denkmal. Deutlich werden soll so, dass der Wandervogel großstädtischen und bürgerlichen Ursprungs war und sich, entgegen der zwischenzeitlich sehr populär gewordenen Lesart Blühers, durchaus harmlos ausnimmt. Allem anti-zivilisatorischen Gestus zum Trotz, der sich im Wandermotiv, in den ‚ kurzen Hosen ‘ , in den ‚ Wanderstiefeln ‘ sowie in ‚ Rucksack ‘ und ‚ Kochgeschirr ‘ ausspricht, musste das Bürgertum von dieser Art der Selbstinszenierung nicht wirklich beunruhigt sein. Diesen Rückschluss erlaubt auch das Gründungstreffen vom 4. November 1901, zu dem sich in einem Hinterzimmer des Steglitzer Ratskellers „ fünf ‚ Alte Herren ‘ und fünf Wandervogelführer “ trafen, nämlich - was letztere angeht - „ Karl Fischer, Bruno Thiede, Ernst 70 3. Kapitel - Ein flüchtiger Blick auf die Anfänge des Wandervogel <?page no="71"?> Kirchbach, Siegfried Copalle und Wolfgang Meyen. “ 47 Vorsitzender des bei dieser Gelegenheit konstituierten „ Wandervogel-Ausschuß für Schülerfahrten (A. f. S.) “ , der sich die Aufgabe stellte, „ durch die Pflege des Wanderns auf die Schüler höherer Lehranstalten erziehlich einzuwirken “ 48 , wurde Wolfgang Kirchbach (1857 − 1906), stellvertretender Vorsitzender Heinrich Sohnrey (1859 − 1948). 49 Gesichert schien auf diese Weise, dass das, was sich seit 1896 in Steglitz in der Ära Hoffmann unter den Vorzeichen von Wanderlust zu regen begonnen hatte, nicht der - auch politisch gemeinten - Kontrolle der Erwachsenen entglitt, zumal diese auch institutionell verbürgt war durch die Gründung des sog. ‚ Eufrat ‘ (= Ehren- und Freundesrat im [zum] Alt-Wandervogel) am 18. November 1904, dessen Leitung Kirchbach oblag. 50 Soweit die gleichsam offizielle Mär neben jener Blühers, die bis heute nachwirkt. Ivonne Meybohm beispielsweise redete noch 2010 von „ achtbaren Steglitzer Bürgern. “ 51 Und Gudrun Fiedler, ähnlich wie vor ihr Marina Schuster 52 den Namen Heinrich Sohnrey umgehend, sprach 2009 mit Seitenblick auf Kirchbach, der „ Karl Fischer wichtige Anregungen für das selbstbestimmte Wandern von Jugendlichen in Gruppen “ vermittelt habe, von „ liberal “ eingestellten Erwachsenen. Erwähnt wird in diesem Zusammenhang auch „ Oberlehrer Edmund Neuendorff, “ 53 nicht aber dessen dunkle Seite (s. S. 144 f.), die selbst Sohnrey eigen war. Die gleichsam offiziösen Attribute klingen jedenfalls nett und harmlos und reichen von „ Nestor der Landvolkwissenschaft “ (so 1968 die Kindt-Edition 54 ) bis hin zu „ Propagandist der Heimatschutzbewegung “ (so 2003 Jürgen Reulecke 55 ). Selbst Harry Pross hielt 1964 nur die Rubrik „ Heimatdichter “ 56 in Vorrat, obgleich Walter Laqueur schon 1962 57 auf Walther Gerber hingewiesen hatte, der 1957 den folgenden Passus aus einem Brief des Steglitzer Wandervogelgründungsmitglieds Siegfried Copalle (1882 − 1957) an Heinrich Ahrens aus dem Jahr 1941 zitiert hatte: Alle nationalen und völkischen Schriftsteller und Dichter waren uns bekannt: Lagarde, Langbehn, Chamberlain, Gobineau, Bartels, Ammon, Sohnrey, Lienhard und viele viele andere. 58 Sohnrey - dies folgt daraus - wurde in Steglitz schon um 1900 als (in der Sprache von 1941 geredet) ‚ national ‘ und ‚ völkisch ‘ rubriziert, dies ganz im Gegensatz zu der verkitschten Darstellung, die ihm Günther Köhler 1987 angedeihen ließ. 59 Und, wichtiger vielleicht noch: Kindt war dies fraglos bekannt, denn Copalles Briefpartner Ahrens war einer der wichtigsten Mitarbeiter der Kindt- Edition. 60 In dieser Edition wurde indes - wider besseres Wissen, wie wir nun annehmen müssen - nicht nur das bisher Genannte verschwiegen. Es wurde auch nicht kund getan, dass Sohnrey 1921 zusammen mit dem Kulturantisemiten Adolf Bartels (s. S. 44) und einem Vertreter des Ordo Novo Templi des völkischen Ariosophen Jörg Lanz von Liebenfels (s. S. 131) als Ehrenmitglied der 1921 von Bruno Tanzmann (s. S. 56) gegründeten Schirmherrschaft der Deutschen Bauernhochschule - einer völkischen Erwachsenenbildungseinrich- Karl Fischer - der Oberbachant mit dem Ehrensold der Hitlerjugend 71 <?page no="72"?> tung - fungierte. Nicht erwähnt wurde auch, dass er 1929 einen Aufruf Tanzmanns zur Gründung eines deutschen Siedlungswerkes zwecks Abwendung der drohenden „ Poleninvasion in den Ostmarken “ 61 unterzeichnete (s. S. 120 ff.). Sohnreys schon damals deutlicher Antisemitismus trat beispielsweise in der Erzählung Die Dreieichenleute (1900) zutage. Thema ist hier der Betrug eines (raffgierigen) Juden an einem (raffgierigen) deutschen Bauern, mit der Pointe, dass dessen (raffgierige) Frau der Schlag trifft, die drei Kinder bei Verwandten unterkommen und der verarmte Bauer, als Knecht auf seinem vormals eigenen Hof arbeitend, plötzlich ergraut und, nachdem es ihm dreimal nicht gelungen war sich aufzuhängen, vorzeitig stirbt. Die Moral aus dieser Geschichte konnte, so betrachtet, kaum fraglich sein, in den Worten des Helden geredet: [D]er Jude in uns ist noch schlimmer als der außer uns; dieser kann nichts, wenn jener ihm nicht entgegenkommt! 62 Kaum erstaunlich also, dass diese Erzählung 1941 - in eben jenem Jahr, in dem Copalle an Ahrens schrieb - beim Wiederabdruck in einer Schulbuchreihe vom Herausgeber, einem Konrektor, wegen ihrer „ wunderbare[n] Gegenwärtigkeit “ 63 überschwänglich gelobt wurde, zusammen mit ihrem Verfasser: Als der Führer dem achtzigjährigen Jubilar den Adlerschild des Deutschen Reiches überreichen ließ, ehrte er dadurch das Wollen und Wirken eines Mannes, der die Kraft und den Schweiß eines heroischen Lebens einem Werk gewidmet hat, das bahnbrechend einem Ziele diente, wie es heute in der nationalsozialistischen Volks- und Lebensgemeinschaft - herrlicher, als er es je ahnen konnte - Wirklichkeit geworden ist. 64 Sohnrey erwarb sich diesen Ruhm zielgerichtet, etwa mit seiner Unterschrift unter das von 87 weiteren Kollegen 65 abgegebene Treuegelöbnis pro Hitler vom Oktober 1933, auch mit seinem Roman Wulf Alke (1933), der von Hitler auf dem Reichsparteitag 1933 sehr zur (Geschäfts-)Freude des Autors (in Personalunion auch Verleger) mit überschwänglichen Worten 66 gelobt wurde - wohl auch aus Dank für Sohnreys hier ausgesprochene Hoffnung auf einen „ scharfen Hund “ , der die „ widerborstige Herde “ der Deutschen „ zusammenreißt, zusammenbellt und zusammenhält “ , denn, so Sohnreys Vision: [G]anz Deutschland wird eines Sinnes sein und einen Herzschlag haben und eine einzige, einige Volksherde in seinen Grenzen sehen. Und dann wird seine unbändige innere Kraft und Rauflust sich nicht mehr gegen sich selbst, sondern allein gegen seine äußeren Feinde richten, die ihm seine Kraft und Einheit und seine Ruhe nicht gönnen wollen. . . 67 Zusätzlich darf man annehmen, dass Sohnrey seinem Rang als Staatsdichter mit der Wiedervorlage seines Romans Die Geschichte vom schwarz-braunen Mädchen (1928) unter dem Titel Das fremde Blut (1938) bedeutend näher rückte. Denn dies konnte von oben kaum anders gedeutet werden als so, dass Sohnrey nun, gleichsam als Ersatz für den inzwischen in Ungnade gefallenen 72 3. Kapitel - Ein flüchtiger Blick auf die Anfänge des Wandervogel <?page no="73"?> Artur Dinter (s. S. 26), an einem literarischen Kommentar zu den Nürnberger Gesetzen vom September 1935 gelegen war. 68 Kurz geredet: Aufgrund seiner zahllosen Verdienste, auch seiner Vorläuferschaft in Sachen Antiurbanismus (s. S. 130 ff.), hat der Wandervogelpate Sohnrey als - wie jener Adlerschild belegt - in der NS-Zeit entsprechend hoch dekorierter Wegbereiter des Nationalsozialismus zu gelten. 69 Übergangslos lässt sich von hier aus weiterleiten zu folgender Bemerkung aus einem Rückblick Karl Fischers auf seine Steglitzer Jahre: Das war damals die Zeit, in der jemand in Fr. Langes ‚ Deutscher Welt ‘ [. . .] das Wort ‚ völkisch ‘ prägte. Da hatten wir das Wort, das wir brauchten. 70 Denn nicht, dass dieser ominöse ‚ jemand ‘ Sohnrey gewesen sein muss. Immerhin ist es aber auffällig, dass das fraglos auch von ihm hoch geschätzte Bildungsgut bei den Steglitzer Wandervögeln gleichfalls auf Beachtung traf: Die Wochenbeilage der 1896 von Friedrich Lange (s. S. 52) gegründeten Deutschen Zeitung, auf die bereits Walter Laqueur hinwies, der noch ergänzte: Lange war Rechtsextremist; seine Bücherliste, mit der er Lesern das Beste aus der deutschen Literatur empfehlen wollte, läßt leicht auf seine allgemeine Geisteshaltung schließen: Juden (zum Beispiel Heine) standen nicht auf seiner Liste, auch nicht ein einziger katholischer Schriftsteller, ja nicht einmal Goethe und Schiller, die ‚ Kosmopoliten ‘ . 71 Mehr als dies: Lange, „ einer der entschiedensten Vorläufer der Rassengesetze des NS-Regimes “ , 72 hatte in seinem erstmals 1893 erschienenen Hauptwerk Reines Deutschtum (1904) dem Antisemitismus und der „ Unvereinbarkeit zwischen Judentum und Deutschtum “ 73 das Wort geredet und 1884 den Deutschbund gegründet, dessen Mitglieder - 1500 auf dem Stand des Jahres 1914 74 - „ bereit sein [mussten], sich mit ganzer Kraft für die Verbreitung einer radikal rassistischen Konzeption zu engagieren, konkrete Solidarität untereinander zu üben und den Anweisungen des ‚ Führers ‘ treu zu folgen. “ 75 Dass diese Konzeption Fischer, einem „ völkisch denkenden Rembrandtdeutschen “ , 76 gefiel, überrascht ebenso wenig wie der Umstand, dass Fischer sich in der Folge dem Lehrer Paul Förster anschloss, legendärer Mitinitiator der Antisemitenpetition (1880/ 81) seines Bruders Bernhard. Infolge der Verbindung zu Förster, dessen Sohn Wilhelm als Nr. 41 des Steglitzer Wandervogel gelistet ist, 77 nahm der Steglitzer Wandervogel 1902 (und 1903) an der Sonnenwendfeier des Alldeutschen Verbandes teil. 78 Förster tat sich bei dieser Gelegenheit mit einer „ Brandrede gegen die Juden “ 79 hervor, um in der Folge im Eufrat des Alt-Wandervogel zu reüssieren, aber auch als Redner, etwa beim Winterfest des Alt-Wandervogel am 3. Januar 1907 in den Räumen der Berliner Philharmonie, wo er - so der begeisterte Berichterstatter in Der Wandervogel - „ in seiner bekannt markig-deutschen Weise eine begeisterte Rede [hielt], welche mit einem donnernden ‚ Heil ‘ auf unser geliebtes deutsches Vaterland schloß und in dem gemeinsamen Liede: ‚ Deutschland, Deutschland über alles ‘ , Karl Fischer - der Oberbachant mit dem Ehrensold der Hitlerjugend 73 <?page no="74"?> ausklang. “ 80 Zu diesem Zeitpunkt lag bereits Försters Streitschrift Deutsche Bildung, Deutscher Glaube, Deutsche Erziehung (1906) vor, die fast alle Motive reformpädagogischer Schul- und Bildungskritik aufnahm, um in dem Ausruf zu gipfeln: Die deutsche Auferstehung, sie naht. Und an solchem deutschen Wesen wird dann einmal die ganze Welt genesen. 81 Der Erste Weltkrieg und namentlich die Popularität, die diese Formel in der 1912 vom ehemals Steglitzer Wandervogel Friedrich Wilhelm Fulda (1885 − 1945) begründeten Wandervogelführerzeitung gewinnen sollte, offenbarte dann die fatale Pointe dessen, auch in Gestalt des Soldatentodes von Hans Breuer am 20. April 1918 bei Verdun. Noch Jahre zuvor hatte sich Breuer sehr positiv an die „ Winterabende auf Fischers Bude “ erinnert, an welchen er ihnen „ Fontanes Wanderungen, Thomas Platter, Hans Sachsens Schwänke, Schindrazheim und Schultze-Naumburg “ vorgelesen habe sowie „ die leider eingegangene Zeitung ‚ Deutsche Heimat ‘ , an der wir uns damals alle begeisterten. “ 82 Paul Schultze-Naumburg - um nur diesen Namen aufzunehmen - trat 1930 der NSDAP bei und konvertierte zum Rassentheoretiker. 83 Und die von Breuer angesprochene Zeitschrift Heimat brachte vor allem Beiträge von antisemitischen Autoren wie Friedrich Lienhard 84 , Heinrich Sohnrey und Adolf Bartels. 85 Dies war fürwahr kein imposanter und zumal kein revolutionärer Bildungskanon, dem möglicherweise zuzuschreiben ist, was Winfried Mogge im Blick auf Fischers Wandervogelführertätigkeit als „ bezeichnend “ herausstellte: Fischer „ träumte von einem monarchisch-militärischen ‚ Oberbachanten-Imperium ‘ , nannte die ‚ Bachanten ‘ sein ‚ Offizierkorps ‘ und verpflichtete die ‚ Scholaren ‘ zu ‚ Respekt, Treue und Gehorsam ‘ auf seine Person, und er ging mit seinen Kameraden nicht schlicht auf Wanderfahrt oder zum Schwimmen, sondern führte ‚ Kriegsspiele ‘ auf und schwärmte von ‚ Flottenmanövern und Seeschlachten ‘ . “ 86 Auch Hans Breuer zeichnete in der Summe ein wenig schmeichelhaftes Porträt dieses ins Kriegsspiel vernarrten (vormaligen) Steglitzer „ Großbachantenspitzbärtel “ mit dem „ verbissenenen Mund “ 87 und dem autokratischen Gehabe, der infolge einiger Gerichts- und Ehrenhändel mit „ wüsten Säbelnarben “ 88 versehen war, möglicherweise infolge von Anfeindungen wegen seiner Homosexualität. 89 Insoweit überrascht nicht, was nun nachzutragen ist: Fischer gründete nach Kritik an seinem autoritären Auftreten 1904 den Alt-Wandervogel, den er 1906 wieder verließ, um als Soldat nach China zu gehen. 1920 kehrte er aus japanischer Kriegsgefangenschaft nach Deutschland zurück, um sich Karl Ursin, Heinz Dähnhardt und Frank Glatzel anzuschließen. 90 Zur Begründung trug er in der rasch wieder eingegangenen völkischen Zeitschrift Der Neue Bund vor, der „ Wandervogelbazillus “ sei „ Keim des jungdeutschen Gedankens. “ 91 Im Oktober 1933, zum 20. Jahrestag auf dem Hohen Meißner, meinte Glatzel denn auch, die „ braunen singenden Heerscharen der Jugend von heute würden dem geistigen Schöpfer des Wandervogels, Karl Fischer [. . .], nicht 74 3. Kapitel - Ein flüchtiger Blick auf die Anfänge des Wandervogel <?page no="75"?> fremd gewesen sein. “ 92 Dies wiederum mag dann erklären, warum die HJ Fischer einen ‚ Ehrensold ‘ gewährte 93 und Erich Janke ihn in seinem Nachruf mit Friedrich Ludwig Jahn verglich. Außerdem brachte Janke bei dieser Gelegenheit einen Plan des Dreizehnjährigen in Erinnerung, demzufolge „ alle Deutschen auf der Erde eine treue, verschworene Gemeinschaft bilden sollten, zum Ruhm und zur Ehre des Vaterlandes. “ 94 Des Weiteren zitierte Janke aus Aufzeichnungen Fischers aus dem Jahre 1910 die Absicht, „ daß aus der deutschen Jugendbewegung dereinst die deutsche Volksgemeinschaft, auch im politischen Sinne, hervorgehen sollte. “ 95 So betrachtet hatte Howard Becker einigen guten Grund für sein provokantes Wort von dem Tag, „ da Baldur von Schirach den Mantel Karl Fischers umwarf. “ 96 Verallgemeinert gesprochen: An den Fällen Fischer und Sohnrey beeindruckt das enge, im Nationalsozialismus endende Verhaftetsein in den völkischen Ideologien. Dieser Umstand scheint, was die Vorkriegsjugendbewegung angeht, nicht für eine Ausnahme zu stehen, sondern für die Regel. Gleichsam als Gegen-Regel fungiert die auch in diesem Fall zu beobachtende Tendenz der Kindt-Edition, nichts mitzuteilen, was kritische Analysen begünstigt. 4. Ludwig Gurlitt - ein Oberlehrer mit dem Hang zu „ hochgebauten, goldblonden, blitzäugigen Germanen “ (à la Wilhelm Schwaner) Ludwig Gurlitt (1855 − 1931), dessen Engagement für den Wandervogel Ivonne Meybohm „ als Zeichen der Übereinstimmung des Wandervogels mit der etwa gleichzeitig einsetzenden Reformpädagogik “ 97 wertet, war bis zu seinem erzwungenen vorzeitigen Ruhestand (1907) wg. harscher Schulkritik - etwa in seinem Buch Der Deutsche und sein Vaterland (1902) - Oberlehrer an jenem Steglitzer Gymnasium, an dem 1901 der Wandervogel aus der Taufe gehoben wurde. Gurlitt darf sogar als Pate desselben gelten, insofern er es war, der - wie er später nicht ohne Stolz erzählte - der „ jungen Bewegung “ 1903 mit einem befürwortenden Artikel in der seriösen Monatsschrift für höhere Schulen eine Art „ amtliche Sanktion “ 98 verliehen hatte. Gurlitts Rückblick auf die Situation in Steglitz gleicht jenem Blühers, der ihn noch 1953 seinen „ väterlichen Freund “ 99 hieß: Geklagt wird darüber, dass den Abiturienten damals in den Entlassungsreden nichts so sehr zur Pflicht gemacht worden sei als die „ Ablehnung des Geistes, den sie in Wahrheit hätten verehren lernen sollen: Friedrich Nietzsches. “ 100 Gurlitt war mit seiner Nietzsche-Verehrung im Steglitzer Kollegium isoliert und bekam denn auch im Jahr seiner Zwangspensionierung von dem in unmittelbarer Nachbarschaft lebenden Berliner Philosophen und Bildungshistoriker Friedrich Paulsen (1846 − 1908), in seiner Jugend bezogen auf Nietzsches von Wagner geprägtes Frühwerk durchaus Nietzscheanhänger 101 , die Quittung präsentiert: Einerseits in Gestalt von Paulsens gleichermaßen gegen Nietzsche wie gegen die Reformpädagogik Ludwig Gurlitt - ein Oberlehrer mit dem Hang zu Germanen 75 <?page no="76"?> insgesamt gerichteten Streitschrift Väter und Söhne (1907); andererseits in Gestalt eines im gleichen Jahr verfassten Briefes an Hermann Nohl, aus dem dieser noch Jahrzehnte später, als gehe es um die zumindest für ihn als Paulsen- Schüler wichtigste Lektion in Sachen Umgang mit Reformpädagogen 102 , den Passus zu Gehör brachte: Johannesfeuer sei unverwehrt, aber wenn alte Esel und Eselinnen sich vermessen, jugendlich auszuschlagen - dann hört doch alles auf. 103 Mit dem ‚ Esel ‘ war, natürlich, Gurlitt gemeint, mit der ‚ Eselin ‘ die gleichfalls von Nietzsche beeinflusste schwedische Reformpädagogin Ellen Key 104 - Invektiven, die sich wohl mit der Sorge Paulsens erklären, sein gleichfalls für den Steglitzer Wandervogel schwärmender Sohn Rudolf werde im Sog Gurlitts seiner Kontrolle entgleiten. Dass diese Sorge begründet war, lässt sich nicht sagen, wohl aber, dass Paulsen jun., der schon an den Fahrten des Steglitzer ‚ Vorwandervogel ‘ teilgenommen hatte, im Mai 1931 zum Nationalsozialismus fand und als Grund hierfür den Satz nachreichte: „ Jede Befreiung des Einzelnen ohne gleichzeitige Bindung durch eine völkische Religion führt ins Irrenhaus oder zum wenigsten in eine ‚ schöngeistige ‘ , unfruchtbare Vereinsamung. “ 105 Gurlitt selbst stritt zwar mutig und gegen den Mainstream für Nietzsche. Dies zeigt vor allem seine am Vorabend des Ersten Weltkriegs erschienene Rezension des für den Wandervogel konzipierten Buches Nietzsche als Erzieher (1914) von Walter Hammer (s. S. 92). Gurlitt tadelte hier die Lehrerschaft heftig dafür, Nietzsche nach wie vor wie ein „ gefährliches Subjekt “ zu behandeln, „ vor dem man die Jugend sorgsam zu wahren habe. “ 106 Freilich: Ähnlich wie bei Blüher wird auch bei Gurlitt nicht recht klar, für welchen Nietzsche er eigentlich eintrat, zumal er manches bei ihm mit Julius Langbehn vermengte (s. S. 99 ff.). In der Forschung gilt Gurlitt denn auch als „ entscheidend “ 107 durch Langbehn - und Paul de Lagarde (s. S. 107 ff.) - geprägt. Dazu passt, dass Gurlitt am Ende der völkischen Volkserziehungsbewegung Wilhelm Schwaners (1863 − 1944) nahe stand, zusammen mit Arthur Schulz, Paul Förster und Ernst Wachler, einem der zentralen Führer der Heimatkunstbewegung, Unterabteilung Landschafts- und Naturtheaterbewegung. 108 Wachler gehörte mit den Vorgenannten dem Vorstand der 1907 gegründeten Gesellschaft für deutsche Erziehung an, hervorgegangen aus dem Leserkreis der von Schulz verantworteten Blätter für deutsche Erziehung. Der Sache nach plädierte dieser Kreis für eine völkische Schulreform, bevorzugte aus diesem Grund die Einheitsschule und entsagte - so Schulz 1903 - dem humanistischen Bildungsideal, deutlicher: der „‚ jüdischen, griechischen und römischen Kultur. “ Ersatzweise wurde „ das Heimische, Deutsche, Germanische, Eigene “ 109 betont. Ähnlich Gurlitt, der unmittelbar nach dem Meißnerfest 1913 Lagarde und Langbehn in Erinnerung rief und daraus seine Hoffnung auf eine Jugenderziehung bezog, die „ Deutschlands Not “ behebt, nämlich den Mangel an Männern, „ die in ernsten Zeiten das Volk zu leiten wissen. “ 110 76 3. Kapitel - Ein flüchtiger Blick auf die Anfänge des Wandervogel <?page no="77"?> So betrachtet überrascht nicht, dass Gurlitt nach 1918 zwar weiterhin gelegentlich die reformpädagogische Ursprungsidee rechtfertigte, ansonsten aber Schwaner das Verdienst zusprach, die „ neue Aera des Erziehungswesens “ 111 mit eingeleitet zu haben. Dabei beunruhigte ihn offenbar nicht, dass Schwaner längst schon seinen Abschied vom „ Wahnsinn vom Jahrhundert des (kleinen und des großen, ‚ gleich- und vorberechtigten ‘ ) Kindes “ genommen hatte und ersatzweise von „ Siedlungen germanischer Menschen “ und „ hochgebauten, goldblonden, blitzäugigen Germanen “ schwärmte, von einer „ kerndeutschen pädagogischen Provinz der frohen Menschlichkeit “ , in der wieder allgemein „ auf Sitte, Ordnung und gesicherte Existenz “ 112 geachtet werde. Dass Gurlitt in der Kindt-Edition nicht hiermit, sondern als „ [l]iberaler Pädagoge “ 113 in Erinnerung gehalten wird, kann an dieser Stelle der Arbeit nicht mehr überraschen. Hierzu passt, dass Alfred Ehrentreich (1896 − 1998), durch Gefälligkeitsrezensionen 114 einer von Kindts Helfern, seinen Schwiegervater Schwaner 1975 gegen Aufklärer à la Harry Pross zu verteidigen suchte, die Schwaner „ als völkisch und gleichsam auch NS-verdächtig “ angriffen. 115 Das Ergebnis war entsprechend, denn im Fall Schwaner war an sich jede Liebesmühe vergebens: Befreundet mit dem Maler und Dichter Ludwig Fahrenkrog (1867 − 1952), der 1907 in dem von Schwaner herausgegebenen Blatt Der Volkserzieher „ die Vision einer ‚ deutschen ‘ Religion “ 116 exponierte, gründete Schwaner 1913 zusammen mit diesem die Germanische Glaubens-Gemeinschaft. In deren Linie ist die 1924 gegründete Gruppe Nordungen/ Junggermanischer Orden zu sehen, deren Anliegen dahin ging, „ nordisch-germanischer Wesensart in unserem Volke und all seinen Belangen “ 117 zum Durchbruch zu verhelfen. Ehrentreich freilich betrachtete all dies und vor allem natürlich seinen Schwiegervater durch die rosarote Brille von dessen - schon von Walter Laqueur 118 erwähnter - Freundschaft (ab Dezember 1913) mit Walther Rathenau, was in der Tat, zumal nach dessen Ermordung 1922, Schwaners Antisemitismus milderte. Im Ergebnis glich Ehrentreichs Schwaner-Bild jenem der Kindt-Edition, nach dem Motto: Schwaners Periodikum Der Volkserzieher ( „ Kulturkonservativ, aber nicht judenfeindlich “ 119 ) sei 1936 „ im Zuge der ‚ Gleichschaltung ‘„ verboten worden und seinen 1910 gegründeten Bund der Volkserzieher habe die NSDAP im gleichen Jahr „ aufgelöst. “ 120 Immerhin: Ehrentreich gestand nun, 1975, zu, was die Kindt-Edition noch 1968 verschwieg: Nämlich dass seit 1935 eine Nachfolgeorganisation dieses Bundes bestand und Schwaners 1918 von Fidus (s. S. 82 ff.) bebilderte „ deutsch-völkische Programmschrift “ 121 Germanenbibel noch 1934 in sechster Auflage erscheinen konnte. 122 Das Vorwort - dies behielt Ehrentreich lieber für sich - stammte übrigens von Hans Schemm, Gründer des NS-Lehrerbundes und ab April 1934 bayerischer Kultusminister. 123 Außerdem, und auch hieran hätte man den Schwiegersohn zu Lebzeiten gerne erinnert: Schwaner erhielt zu seinem 75. Geburtstag Glückwünsche Hitlers sowie eine „ Geburtstagsgabe “ von 200 Reichsmark sowie ab 1942 seitens der Reichsschrifttumskammer eine monatliche Dauerrente von 100 Reichsmark. . . Ludwig Gurlitt - ein Oberlehrer mit dem Hang zu Germanen 77 <?page no="78"?> 5. Hans Breuer - ein schwer rückwärtsgewandter ‚ Zupfgeigenhansl ‘ als Idol des Mainstream Hans Breuer (1883 − 1918), seit 1898 Schüler des Steglitzer Gymnasiums, wird im Scholarenbuch des Steglitzer Wandervogel vom Februar 1902 als Nr. 2 gelistet. 1904 folgte er Karl Fischer in den Alt-Wandervogel, 1907 wechselte er in den neu gegründeten Wandervogel, Deutscher Bund, dessen Bundesleiter er 1910/ 11 war. Breuer förderte in Heidelberg Volkslied und Volkstanz und wurde berühmt durch die Herausgabe des Liederbuchs Zupfgeigenhansl, eine breit gestreute Sammlung von Liedern des 13. bis 20. Jahrhunderts, erstmals Weihnachten 1908 erschienen und 1916 bereits in 39. Auflage (269. − 273. Tausend) vorliegend. 124 Dieses Liederbuchs wegen ist Breuer ein vorderer Platz in den Annalen insbesondere der 1918 anhebenden - und nach 1933 sich diskreditierenden - Jugendmusikbewegung gewiss. 125 Dass dabei Differenzierungen notwendig sind und, beispielsweise, der Breuer-Impuls deutlicher durchschlägt bei der völkischen Finkensteiner Singbewegung, hat Helmut Seiffert 126 betont, zum Ärger von Karl Vötterle. 127 Über den Charakter des in der Szene auch ‚ Zupf ‘ genannten Breuerschen Liederbuchs, das mit anderen Liedsammlungen - etwa Des Wandervogels Liederbuch von Frank Fischer - konkurrierte, aber als ‚ Kultbuch ‘ 128 der Jugendbewegung ungleich erfolgreicher war, ist also wenig Streit möglich. Beredt ist allein schon die Rubrik Soldatenlieder mit Textzeilen wie: „ Kein schönrer Tod ist in der Welt, als wer vorm Feind erschlagen. “ 129 Der Stand der Forschung ist entsprechend unmissverständlich: [A]us dem scheinbar harmlosen Liederbuch tönte eine völkische Kampfansage an die moderne Zeit. 130 Dass diese Zusammenhänge in der Regel ignoriert werden und der ‚ Zupf ‘ eine verharmlosende Lesart erfährt, zeigt das Beispiel Erich Weniger. Er wusste auch nach 1945 nichts Schlimmes an diesem Liederbuch auszumachen und nannte es „ drollig “ - und bezeichnend für die hysterisch überbesorgte Politik der Reeducation - , dass „ die erste Neuauflage des ‚ Zupfgeigenhansl ‘ ohne Soldatenlieder erscheinen mußte. “ 131 Damit ist eine Tendenz im Umgang mit Breuer bezeichnet, die sich auch im Blick auf seine Texte beobachten lässt. Dabei ist die Sache klar: Breuer argumentierte meist im Sinne der geistigen Erbschaft Karl Fischers, was erklären könnte, dass (auch) Breuer im Stil Julius Langbehns und des Antiurbanismus der völkischen Bewegung (s. S. 130 ff.) gegen die „ Barbarei der Fassadenbäcker und das wüste Potpourri der städtischen Kunst- und Lebensformen “ zu Felde zog, um ersatzweise den „ wahren Wurzeln unserer Kraft “ das Wort zu reden: „ Deutsches Werden, deutsche Träume, deutsche Volksseele. “ 132 Ganz in diesem Sinne plädierte Breuer für „ eine innere deutsche Wiedergeburt, kraft derer wir wieder Herren der Zeitläufte werden. “ 133 Entsprechend trat Breuer, als gehe es um einen Kontrapunkt zu Nietzsches Losung: „ Gut deutsch sein heisst sich entdeutschen “ 134 , für den Satz ein: 78 3. Kapitel - Ein flüchtiger Blick auf die Anfänge des Wandervogel <?page no="79"?> Gut Deutsch wollen wir sein und durch vaterländische Wanderungen immer mehr werden. 135 Folgerichtig ist dann die Rückerinnerung an Karl Fischers „ Ostmarkenfahrten “ , verbunden mit der Schlusspointe: „ Wandervögel, denkt an eure vergessenen deutschen Brüder! “ 136 Dass man einen Text wie diesen mithin nicht unter dem von Ivonne Meybohm verwendeten verharmlosenden Stichwort „ Anregungen “ zwecks „ Überwindung der subjektiv wahrgenommen [. . .] Krise “ 137 ablegen darf, versteht sich wohl von selbst. Wes Geistes Kind Breuer war, offenbart auch ein im August 1910 in der Zeitschrift des Deutschen Bundes erschienener Text, in welchem sich der frischgebackene praktische Arzt dem (Rassen-)Hygieniker Max von Gruber (1853 − 1927) anschloss. Gruber, knapp drei Jahre später einer der einladenden Promis zum Meißnerfest, fungierte seit diesem Jahr (bis 1922) als Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Rassenhygiene und war Mitherausgeber (mit Houston Stewart Chamberlain) der vom völkischen und später nationalsozialistischen Verleger Julius Friedrich Lehmann gegründeten Zeitschrift Deutschlands Erneuerung. Außerdem gehörte er dem Vorstand des Vereins für Volkshygiene an und gab in dessen Auftrag die von Breuer zitierte Erklärung ab: Unsere Wandervogelvereine gehören zum Allerbesten, was nationaler Geist in unserer Zeit geschaffen, und verdienen die kräftigste Unterstützung, solange sie fest bleiben gegen den Erzfeind Alkohol. 138 Von hier ausgehend wird man sich kaum wundern dürfen über Breuers Aufsatz Ein Teegespräch (1911). Ein deutlich beschwingter Autor zieht hier in Gestalt einer von ihm offenbar als witzig empfundenen Dichtung zu Felde gegen das „ überspannte, ‚ verrückte Mädchenzeitalter ‘ , den Straßenflirt, das viele Sitzen und Lesen und Lesen. “ Ersatzweise tritt Breuer ein für eine recht verstandene Wandervogelart, bei der die Buben nicht „ verweichlichen “ und „ der ganze Schneid und Elan, der Unternehmergeist, das beste, was in einer Bubenhorde steckt “ , nicht verloren geht - und wo „ das schöne Wort ‚ Ritterlichkeit ‘ wieder zu Ehren “ 139 gebracht wird. Korsettiert wird das Ganze von einem durchaus burschikosen Antifeminismus in Gestalt des Vorschlags in Sachen Mädchenwandern: Verzicht auf die großen Distanzmärsche; dagegen starke Bevorzugung der Landheime [. . .]. Dort in den Landheimen, da lernen die Mädchen alle die Tugenden, die gerade sie später im Leben brauchen, sie lernen ein Haus, ein Heim gemütlich und behaglich zu machen, seine Mauern mit schöner Harmonie und Lebensfreude zu füllen, sie lernen Häuslichkeit, Verträglichkeit, Wirtschaftlichkeit und haben auch auf täglichen Streifzügen, auf denen kein schwerer Rucksack ihre Bewegungen hemmt, die Vorteile des Wanderns nach ihrer Art. 140 Das in diesem Zitat verkündete „ Ideal der Hausfrau “ 141 erinnert an rückwärtsgewandte Sozialutopien à la Wilhelm Heinrich Riehl (1823 − 1897). 142 Dessen Naturgeschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Sozialpolitik Hans Breuer - ein schwer rückwärtsgewandter ‚ Zupfgeigenhansl ‘ 79 <?page no="80"?> (1853 − 69) fand insbesondere in Lesebüchern der NS-Zeit verstärkt Berücksichtigung. 143 So betrachtet und eingedenk der schon längst an Breuers Weiblichkeitsvorstellungen geübten Kritik - etwa von Irmgard Klönne 144 - erstaunt Ivonne Meybohms Kommentar zum in Rede stehenden Breuer-Text: „ Beispiel für den andauernden Zwiespalt zwischen fortschrittlichen und konservativen Denkstrukturen. “ 145 Breuers Vision einer gleichsam schönen alten Welt, in der zumindest der entsprechend orientierte ‚ echte ‘ Mann sein Behagen findet, wird noch komplettiert durch ein vergleichbar antiintellektuelles Bubenstück, wie es Breuers Aufsatz Herbstschau (1913) fraglos ist, nach dem Kanon: Wissenschaft, Industrie und Technik schossen ins Kraut, über unseren Köpfen ein undurchdringliches Wirrwarr webend. Der einzelne [. . .] verlor den Boden unter sich, die Fühlung mit dem Ganzen. Schrankenloses Ichtum, Quadratzentimeterspezialismus waren die Folge. Und das Ganze [. . .] beginnt, zum Breie farbloser Weltbürgerei zu zerfließen. Gewaltige Zersetzungs- und Fäulnisprozesse haben eingesetzt, Moral und Väterglauben bröckeln auseinander. 146 Wenige Zeilen später folgt, gleichsam als Hinweis auf das entscheidende Therapeutikum angesichts dieser Not, der Ausblick auf einen „ neuen deutschen Erdentypus “ : „ In der Jugend von der Nährmutter Heimat gezogen, als Bursche gekräftigt im Deutschtum, als Männer willig zur Tat, zu deutscher Arbeit, zur Prägung deutscher Gesinnung. Der Wandervogeldeutsche “ 147 - der gelernt habe, den entscheidenden, gleichsam völkischen Bildungswert des Wanderns auch in fremde Länder einzubringen, denn, so Breuer: Da sahen sie ihr deutsches Vaterland im Spiegelbild fremder Nationen, erkannten seine Notwendigkeit, seine Bestimmtheit im Getriebe der Völker. So wußten sie erst recht, wer sie waren, und spürten den männlichen Willen, das alles zu schützen und zu erhalten. Da kam zum ersten Mal der bittere Ernst an sie, und sie huben an, ein altes Schlachtlied zu singen: ‚ Kein schönrer Tod ist in der Welt, als wer vom Feind erschlagen. ‘ 148 Von hier aus besehen überrascht auch nicht der erwartungsfrohe Ausblick Breuers auf das Meißnerfest: „ Die Zeit ist reif, die über die ganze Erde zersplitterten jungdeutschen Kräfte zu sammeln. Möge das Meißnerfeuer zu einem freideutschen Weltbunde voranleuchten [. . .] mit dem Geist frischer Offensive, immer druff! wie der olle Blücher Anno 1813: zur Prägung dieser jungdeutschen Gesinnung als eines Sauerteigs durch die ganze Welt. Im Anfang war die Tat! “ 149 Dem hiermit markierten Ungeist gehorchen auch die diversen Vorworte Breuers zum Liederbuch Zupfgeigenhansl. Der junge Wandervogel - so Breuer zur 7. Auflage (1911) - solle aus diesen Liedern eine Ahnung dessen mitnehmen, „ was deutsch ist “ , denn wir hätten es „ in unserer deutschen Art “ noch nicht so weit gebracht, „ daß wir des Beifalls unserer Väter und Altvorderen entraten könnten. “ Das Vorwort zur 9. Auflage (1912) endet mit dem Wunsch, das Volkslied möge mitwirken „ an dem inneren Streben der Nation, an der 80 3. Kapitel - Ein flüchtiger Blick auf die Anfänge des Wandervogel <?page no="81"?> Vollendung des Deutschtums. “ Das Vorwort zur 10. Auflage (1913) bringt die Bemerkung: „ Neue Kriegsnöte, neue nationale Sturmfluten werden auch wieder neue Volkslieder emportreiben. Unser Leben heutzutage, mit seiner Splitterei, seiner Auffaserung und babylonischen Sprachverwirrung ist dafür unfruchtbar. “ Und das Vorwort zur Kriegsausgabe (1915) eröffnet Breuer, inzwischen als kriegsfreiwilliger Sanitätssoldat selbst im Felde befindlich, mit der Beschwörung der „ nationalen Grundidee “ des Wandervogel, dem dann noch geradezu abstruse Aufforderungen folgen wie: Wir müssen immer deutscher werden. Wandern ist der deutscheste aller eingeborenen Triebe, ist unser Grundwesen, ist der Spiegel unseres Nationalcharakters überhaupt. Und nun laßt euch nicht irre machen! Jetzt erst recht gewandert! Erwandert Euch, was deutsch ist. Hierzu passt, was Breuer kurz vor seinem Tod seinem Vater schrieb: „ Ich habe bewußt das Deutsche, das Nationale in dieser Sache [der des Wandervogel; d. Verf.] gepflegt und gefördert, lange schon, bevor der Krieg ausbrach, und der Krieg hat gezeigt, daß dieser Weg der richtige war. “ 150 Dass Breuer damit keine Minderheitenmeinung vertrat, zeigt schon der Umstand, dass Kritik an dem von ihm beschrittenen „ Irrweg plumper Deutschtümelei “ 151 selten ist und, wenn sie gleichwohl geübt wird, 152 zumal bei Veteranen gar nicht gut ankommt. Immerhin ist in einer neueren Dissertation das Wissen präsent, dass Darstellungen „ von ehemaligen Wandervögeln [. . .] häufig eine Tendenz zur Hagiographie anhaftet. “ 153 Allerdings erfährt dieser Verdacht keine Anwendung auf den im gleichen Atemzug genannten Breuer- Reader von Heinz Speiser aus dem Jahr 1977. In dessen Vorwort schreibt der Großkaufmann und Mäzen (auch für das AdJB) Alfred Toepfer (1894 − 1993), 1912 Mitglied in Breuers Wandervogel Deutscher Bund, 1928 Stifter einer Breuers Namen tragenden Jugendherberge im deutschen Grenzgebiet 154 und in der NS-Zeit Stifter mit umstrittenem Tätigkeitsprofil (1936 bis 1939 war Toepfer beispielsweise im Förderkreis der SS 155 ): Immer noch beeindrucken Gedanken und Sprache Hans Breuers. Und immer noch geht ein Leuchten über die Gesichter alter Freunde, wenn sein Name genannt wird. 156 Diese glorifizierende Auslegungstendenz findet sich noch 2013 im Toepfer- Essay Jürgen Reuleckes, und zwar bezogen auf beide, Breuer wie Toepfer, bei Letzterem ergänzt um den Hinweis, dass eine Darlegung „ der späteren Auseinandersetzungen über sein Verhalten im ‚ Dritten Reich ‘ [. . .] hier zu weit führen [würde]. “ 157 Begonnen hat derlei unkritische Historie bei Else Frobenius (s. S. 14 ff.), die zehn Jahre nach Breuers (Soldaten-)Tod meinte, er sei „ einer der menschlich reifsten, besonnensten Führer der Bewegung “ 158 gewesen. Über vierzig Jahre später erklärte Gerhard Ziemer Breuer zum „ wohl bedeutendste [n] Wandervogelführer. “ 159 In ähnliche Richtung weist das Urteil Helmut Königs aus dem Jahr 2006: „ [E]iner der herausragenden Köpfe in der an guten Köpfen keineswegs armen neuen Bewegung. “ 160 Erst Winfried Mogge monierte Hans Breuer - ein schwer rückwärtsgewandter ‚ Zupfgeigenhansl ‘ 81 <?page no="82"?> 2009, Breuer werde „ in der Geschichtsschreibung der Jugendbewegung meist als idealtypischer Jugendführer und Volksliedersammler verklärt “ 161 - abgesehen vielleicht, wie man noch ergänzen muss, von der älteren Geschichtsschreibung. Zu denken ist hier etwa an Walter Laqueur unter Konzentration auf die (deutschtümelnden) Vorworte des Zupfgeigenhansl. 162 Auch George C. Mosse ist hier zu nennen, der Breuers Herbstschau - angeblich „ eine geistige Standortbestimmung des Wandervogels “ 163 - mit dem Urteil versah, die Jugendbewegung sei „ ein völkischer Aufstand gegen das bürgerliche Zeitalter “ 164 gewesen. Dem Veteranen Helmut Wangelin blieb darob im Jahrbuch des AdJb nur Bagatellisierung nach dem Schema, Breuer habe zwar auch Fragwürdiges gesagt, dieses aber sei „ zeitbedingt “ zu sehen, im Übrigen gelte: „ Aber wie kleinlich erscheint angesichts dessen, was Breuers Entdeckung des Volksliedes für die Jugend bedeutet hat, die Feststellung, daß da ein Irrtum nebenherlief. “ 165 Und die Kindt-Edition? Ein - im Rückblick auf die vorhergehenden Kapitel betrachtet - probates Mittel ist die Verharmlosung der Kurzbiographie über ihn, ergänzt um einen Einschub von Hans Lißner (1886 − 1964), der Breuer als Verkörperung der „ Geschichte des Wandervogels von Steglitz bis zum 1. Weltkrieg “ 166 feiert. Und ein anderes probates Mittel ist die fein ziselierte Korrektur der Quellen, etwa in Gestalt der um gut ein Drittel gekürzten Version von Breuers Aufsatz Rückblick: Ilmenau-Arolsen (1911). Dabei fielen der Kürzung auch zentrale Aussagen zum Opfer wie beispielsweise: „ [E]s gibt für uns nur ein Wandervogeldeutschland, und das ist: soweit die deutsche Zunge reicht! “ 167 6. Fidus - ein Ikonograph vom Typ Filou Der Jugendbewegungsikonograph Fidus (1868 − 1948), eigentlich Hugo (Reinhold Karl Johann) Höppener mit Namen, der sich im Sog seines Lehrers, des Malers und Naturapostels Karl Wilhelm Diefenbach (1851 − 1913), für seinen Künstlernamen (Bedeutung: „ Der Getreue “ ) entschied, 168 hat zwar direkt nichts mit dem Steglitzer Wandervogel zu tun. Allerdings übersiedelte er 1892 nach Steglitz und war prägend insbesondere für das Stil- und Kunstempfinden der Vorkriegsjugendbewegung 169 , dies durch sein Wirken in einem Atelier, das Fidus infolge der ihm 1906 zugegangenen Spende eines jüdischen Bankiers in der Villenkolonie Schönblick (Berlin-Woltersdorf) errichten ließ und mittels des Sankt-Georgs-Bundes - benannt nach einem im Zuge einer Fastenkur verstorbenen Anhänger, dessen Tod man als „ symbolischen Sieg des Lebens über die Materie “ 170 stilisierte - und den ihm angeschlossenen Selbstverlag vorantrieb. So gesehen mag seine Behandlung in diesem Kapitel gleichsam in einem doppelten Sinn gerechtfertigt sein. In den 1890er Jahren wurde Fidus, auch durch Lektüre von Nietzsche sowie Langbehn, zu seiner spezifischen Symbolik angeregt, insbesondere zu dem Glauben, dass die Erziehbarkeit des Menschen durch Kunst fundierbar sei. Am 82 3. Kapitel - Ein flüchtiger Blick auf die Anfänge des Wandervogel <?page no="83"?> deutlichsten findet der Nietzschebezug seinen Ausdruck in der Zeichnung Am Traualter (1906), der das Zarathustra-Zitat unterlegt ist: „ Ehe: so heisse ich den Willen zu Zweien, das Eine zu schaffen, das mehr ist, als die es schufen. Ehrfurcht vor einander nenne ich Ehe als vor den Wollenden eines solchen Willens. “ 171 Damit gab Fidus ein Zeichen für seine Lesart des Übermenschen, die indes eher als Vorwegnahme von Hitlers Deutung der Ehe als „ der Vermehrung und Erhaltung der Art und Rasse dienen[d] “ 172 daherkommt. Mit den ehebezogenen Überlegungen Nietzsches hat derlei freilich nichts zu tun - es sei denn, man folge den 1935 vorgetragenen Deutungen seiner von Hitler begeisterten Schwester. 173 Ähnliches gilt für Fidus ‘ Lichtgebet (1913) und den hier dargestellten unbekleideten Knaben, der auf einem kahlen Felsen am Meer die aufgehende Sonne begrüßt und - so Otto Piper (1891 − 1982) - zum „ Symbol “ 174 der Bestrebungen des Jungwandervogel geriet. Fidus scheint hier „ das aus Nietzsches Zarathustra abgeleitete Thema der ‚ Allbeseelung ‘ aufzugreifen. “ 175 Meike Sophia Baader redete, eher berichtend, davon, dass die hier dargestellte Figur „ als der neue völkische Mensch sowie als nietzscheianischer Übermensch gesehen wurde. “ 176 Indes erfährt die letztgenannte Deutung durch Nietzsches komplex angelegte Überlegungen zum Übermenschenkonstrukt 177 keine Deckung, wichtiger vielleicht noch: Das Bürgertum war über diese Bilder, insbesondere über die extra zum Meißnerfest 1913 erstellte und von Marina Schuster als „ von jugendbewegtem Geist stimuliertes Gegenbild “ 178 zu den Wächterfiguren am Leipziger Völkerschlachtdenkmal gelesene Zeichnung Hohe Wacht (1913) empört und hielt Fidus vor - so ein Abgeordneter vom Zentrum im Bayerischen Landtag im Januar 1914 - , auf dem Meißnerfest mit großem Erfolg seine Bilderkarten, sprich: „ Jünglinge und Mädchen mit möglichst deutlichem Geschlechtscharakter für Knaben und Mädchen als Festgabe “ 179 verteilt zu haben. Die Jahrzehnte später nachgereichte Verteidigungsrede des Veteranen Helmut Wangelin, der den Erfolg von Fidus auf seine „ rührige Vertriebsorganisation “ zurückführte, nicht aber etwa auf den Gleichklang des Empfindens zwischen (völkischem) Produzent und (völkischem) Konsument, lautete, dass beispielsweise im Lichtgebet das Thema „ Selbstbezogenheit “ dominiere, nicht aber etwa der Themenkomplex „ Germanentum. “ 180 Was von derlei Einwänden zu halten ist, wird deutlicher, wenn man einbezieht, dass es Fidus im Oktober 1914 fertig brachte, ausgerechnet das Leipziger Völkerschlachtdenkmal - also jenes Symbol des Wilhelminismus, demgegenüber sich das Meißnerfest nur ein Jahr zuvor mit seinen Ritualen in Geltung zu setzen versucht hatte - als ein „ urbildliches und vorbildliches Riesenwerk “ zu glorifizieren. Fidus fügte noch an, „ daß Deutschland seine Weltsendung auch seiner strengen Zucht und seine heutigen Siege auch der Leibeskraft des germanischen Stammes verdankt. “ 181 Im nämlichen Text redete Fidus in der Absicht, dass Deutschland infolge seiner politischen Sieghaftigkeit auch die moralische Weltherrschaft wahre, der Ausreifung einer germanischen Tempelkunst das Wort, „ die die Krone und Erfüllung des arischen Wesens Fidus - ein Ikonograph vom Typ Filou 83 <?page no="84"?> sei. “ 182 Mit Nietzsche hatte auch dies nichts zu tun, wohl aber, wie Fidus richtig erkannte, mit Richard Wagner 183 sowie - dies zeigt Fidus ‘ Plädoyer für einen Kampf gegen die „ zersetzende Kunstkritik “ 184 - mit einem Vorgriff auf Hitler resp. dessen Kampf gegen ‚ entartete ‘ Kultur (der sich 1937 auch gegen Fidus selbst richten sollte 185 ). Bereits Anfang der Zwanziger Jahre zeigte sich Fidus denn auch von Hitlers „ Wiederaufbaubemühungen “ deutlich beeindruckt, um sich 1930 in einem Empfehlungsschreiben an Goebbels „ als Vorkämpfer der nationalsozialistischen Bewegung anzupreisen. “ 186 1932 trat er gar der NSDAP bei, doch seine Hoffnung, er könne nun seine zahlreichen Spielbau-, Theater- und Tempelentwürfe 187 umsetzen, blieb unerfüllt, da sein Werk als ‚ okkultistisch ‘ und ‚ ariosophisch ‘ verworfen wurde und er als Verkitscher nordischer Kunst galt. 188 Auch ein 1941 erstelltes Hitler-Bild traf auf wenig Gegenliebe des derart Porträtierten, wenngleich zumindest ein Trost blieb: Hitler ernannte Fidus zu dessen 75. Geburtstag (1943) zum „ Professor h. c. “ (plus Ehrensold) 189 - und auch die Russen erwiesen sich als weit weniger schlimm wie befürchtet, wie der folgende Eintrag aus Fidus ‘ Lebenslauf vom Mai 1947 belegt: Da ich von den ersten einmarschierenden Russen zumeist „ angenehm enttäuscht “ war, bekannte ich auf Ämtern daß wir ein Lügenjoch los waren und daß ich gerade erst jetzt an einen europäischen Völkerfrühling glaube. 190 Nimmt man dieses Zitats und noch den Umstand hinzu, dass Fidus sein Entnazifierungsgesuch abzeichnete nach der Formel „ mit lichtdeutschem Heil U. S. Europa, “ 191 könnte einem die Idee kommen, der Künstlername Filou - zu deutsch: Schlaukopf - wäre vielleicht besser geeignet gewesen für Fidus, über den selbst Alfred Ehrentreich 1974 lästerte: 1905 schmückte er die Mainummer des sozialdemokratischen ‚ Vorwärts ‘ , ist trotz seiner ‚ arischen ‘ Grundsätze mit einer Halbjüdin liebevoll verbunden, läßt sich sein Werk- und Wohnhaus in Woltersdorf [. . .] von einem großzügigen jüdischen Bankier als Schenkung finanzieren [. . .], verfiel dem pseudorevolutionären Germanensturm der Hitlerära [. . .] und landete nach 1945 bei der CDU. 192 Die Kindt-Edition freilich blieb ihrer Linie treu und brachte 1968 in der Kurzbiographie zu Fidus 193 sicherheitshalber erst gar keinen der im Vorhergehenden herausgestellten problematischen Sachverhalte oder Mitgliedschaften in Erinnerung - mit gewisser Vorbildwirkung offenbar bis in die Gegenwart hinein, wie ein Beitrag von Meike Sophia Baader zeigt: Fidus ‘ „ zunehmend völkische Orientierung nach dem Ersten Weltkrieg bis hin zu seinem Porträt Adolf Hitlers “ 194 wird noch erwähnt - die Sache mit der NSDAP hingegen nicht. Wichtiger ist aber vielleicht, zum Ende dieses Kapitels, etwas anderes. Führt man sich nämlich die im Vorhergehenden behandelten Leit- und Führungsfiguren des Steglitzer Wandervogel summarisch vor Augen - außer Fidus also Hermann Hoffmann-[Fölkersamb], Hans Blüher, Karl Fischer, Ludwig Gurlitt und Hans Breuer - , inklusive des en passant angesprochenen weiteren Per- 84 3. Kapitel - Ein flüchtiger Blick auf die Anfänge des Wandervogel <?page no="85"?> sonals, wie etwa Friedrich Wilhelm Fulda, Frank Fischer, Rudolf Paulsen oder Siegfried Copalle, will einem fast das Wort vom ‚ Käfig voller Narren ‘ passend erscheinen. Gewiss: Keiner von ihnen war so verrückt wie der als ‚ Oberdada ‘ zeichnende, von Winfried Mogge 195 in Erinnerung gebrachte gelernte Steinmetz Johannes Baader (1875 − 1955) aus dem Kreis der schon von Ulrich Linse 196 porträtierten, nach 1918 in der Jugendburg Ludwigstein und anderswo Furore machenden ‚ barfüßigen Propheten ‘ . Immerhin aber könnte man nach dem bisher Berichteten geneigt sein, sich im eigentlich überfälligen Streit zwischen Mogge und Ulrich Herrmann auf die Seite des Ersteren zu schlagen, also gegen Herrmann zu positionieren. 197 Denn immerhin meinte er noch 2006 beschwichtigend, dass das völkische Gedankengut „ den Wandervögeln in ihren Gruppen kaum je zu Bewusstsein gekommen sein dürfte “ und auch „ der latente und der manifeste Antisemitismus [. . .] kein Charakteristikum des Wandervogel “ 198 gewesen sei. Mogge freilich scheint eher den Kern zu treffen, als er drei Jahre später vortrug: „ Die Quellentexte erweisen [. . .], dass die Wandervögel eben nicht die urwüchsigen, sangesfrohen, unschuldigen Natursucher ihrer frühen Selbstinszenierung waren “ ; vielmehr habe man sie zu sehen als „ umworben und benutzt, aber auch mithandelnd und mitgestaltend in der Völkischen Bewegung. “ 199 Dies meint zugleich, dass sich die Frage stellt, warum denn bloß niemand den Wandervogel damals in die Obhut politischer Bildung genommen hat! Oder hat man es getan, nur aber eher leider im (Un-)Geist ihrer - mehrheitlich völkischen und antisemitisch orientierten - Väter? Kurt Tucholsky jedenfalls hätte diesen Verdacht wohl vorgetragen eingedenk seiner 1922 mitgeteilten Beobachtung: [Die] Pädagogik, die heute in weiten Kreisen des deutschen Bürgertums betrieben wird, erzieht den jungen Menschen zur Verachtung des Geistes, zur Sturheit und Stumpfheit, zum tobenden Haß auf alles, was den nationalistischen Bezirksverein und den Fußballklub überragt. 200 In der Linie dieses Arguments wäre nicht von mangelnder politischer Bildung zu reden, wohl aber von einem ideologisch fragwürdigen Bildungskanon und von unsinnigen Bildungsverboten: Statt die Lektüre von Schillers Kabale und Liebe für unanständig zu erklären 201 oder das vom Wandervogel präsentierte Liedgut, selbst wenn es nur auf Ludwig Uhland zurückging, 202 hätte es sehr viel eher nahegelegen, die Lektüre beispielsweise Friedrich Langes unter Kuratel zu stellen. Warum dies nicht geschah, liegt auf der Hand: Das Bürgertum damals, auch das in Steglitz, stimmte mit diesem - auch mit Lagarde (und Langbehn) - sehr viel eher überein als mit Nietzsche. Grund genug, sich nun mit diesen drei Namen etwas genauer zu beschäftigen. Fidus - ein Ikonograph vom Typ Filou 85 <?page no="86"?> 4. Kapitel Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung An kaum einen ‚ Dreisatz ‘ der disziplinären Wissensmatrix wird ein Newcomer auf dem Felde erziehungswissenschaftlichen Denkens so rasch gewöhnt wie an den, dass die um 1900 anhebende Ära der Reformpädagogik wie Jugendbewegung jener Kulturkritik nachfolgte, wie sie Ausgang des 19. Jahrhunderts insbesondere durch Nietzsche und nachfolgend durch Lagarde und Langbehn geübt wurde. 1 Die Auflistung dieser drei Namen unter der Chiffre eines vergleichsweise einvernehmlich (kulturkritisch) argumentierenden Triumvirats muss durchaus überraschen. Thomas Mann beispielsweise - um zunächst nur dies anzuführen - schien in seinen Betrachtungen eines Unpolitischen (1918) den Namen Langbehn gar nicht mehr zu kennen. Ersatzweise brachte er jenen Richard Wagners ins Spiel, mit, in der Summe betrachtet, erstaunlich positiver Wertung des daraus zusammengerührten völkischen Ideenbreis. 2 Ein anderer Einwand lässt sich dem Umstand entnehmen, dass Fritz Stern 3 Jahrzehnte nach Thomas Mann und mit eher diametraler politischer Wertung Nietzsche aus jenem Triumvirat entließ. Ersatzweise stellte er, bei Außerachtlassung Wagners, die Reihenfolge Lagarde, Langbehn sowie Arthur Moeller van den Bruck zur Diskussion. In der Pädagogik hingegen finden derlei Erwägungen nur schwer Widerhall, wohl als Folge des Ballastes der über Jahrzehnte hinweg dominierenden Erzählweisen geisteswissenschaftlicher Heroen wie Herman Nohl, Wilhem Flitner und Erich Weniger. 4 Dies erstaunt durchaus, wenn man bedenkt, wie ideologiekritisch ansonsten in dieser Disziplin verfahren wird. Außerdem unterstellt die Botschaft in der gängigen Form, dass es sich um zwei monolithische Blöcke handle, nämlich um die Kulturkritik einerseits, gebunden an jene drei Namen, sowie um Reformpädagogik wie Jugendbewegung andererseits - was fast nach Ursache und Wirkung klingt, ohne dass das eine oder andere hinreichend umschrieben und der unterstellte Ursache-/ Wirkungs- Zusammenhang zureichend erforscht wäre. Positiv gewendet: Vieles spricht dafür, der folgenden, immerhin schon über fünfzig Jahre alten Feststellung Walter Laqueurs auch heute noch forschungssteuernde Relevanz zu bescheinigen: Die deutschen Studenten zogen, wie es hieß, mit Nietzsches ‚ Zarathustra ‘ im Tornister in den Ersten Weltkrieg, in der Jugendbewegung aber wurde Nietzsche verhältnismäßig spät bekannt; sein Einfluss war von kurzer Dauer und in vielen Fällen nicht sehr tief greifend. Die ersten Wandervögel waren an Philosophie nicht <?page no="87"?> interessiert, und die Oberlehrer [. . .] betrachteten Nietzsche nicht unbedingt als ihres eigenen Geistes Kind. Vieles an Nietzsches Schriften machte ihn den Nationalisten wert, aber es gab auch andere, gefährliche und ketzerische Gedanken bei ihm, und ganz allgemein fand man seinen Einfluß auf die junge Generation nicht gut. Nietzsche drang erst um 1912 über die Freideutsche Jugend in die Jugendbewegung ein [. . .]. Zwei andere Schriftsteller, von geringer Bedeutung und unendlich viel prosaischer, wirkten sich stärker auf die Vorkriegsgeneration aus: Paul Lagarde [. . .] und Langbehn. 5 Dies in Rechnung gestellt, sei im Folgenden ein Versuch zur Ermittlung des Standes der Forschung gestartet. 1. Friedrich Nietzsche: Ein Prophet ohne Jünger? Oder: Warum dieser Gottesleugner an allem schuld sein mag - nicht aber an der Jugendbewegung Friedrich Nietzsche (1844 − 1900), dieser angebliche „ Leitstern “ 6 der Jugendbewegung, war um 1900 - erinnert sei an die diesbezüglichen Klagen von Hans Blüher (s. S. 66 f.) und Ludwig Gurlitt (s. S. 75 ff.) - vor allem als Gottesleugner ( „ Gott ist tot “ ) und in dieser Linie als „ Jugendverführer “ 7 verdächtig. Ein wichtiger Einwand verbirgt sich auch in der Linie des antisemitischen Lehrers Adalbert Luntowski (s. S. 120 ff.). Er geißelte 1910 Nietzsches „ dekadenten Aphorismenstil “ und sprach ihm der mangelnden „ Gesundheit des Leibes und der Seele wegen “ das Recht ab, „ Führer der Menschheit “ 8 zu sein. Um zumals das zuletzt genannte Urteil von seinen materialen Voraussetzungen her nachvollziehen zu können, muss man zumindest vom Grundzug her mit Nietzsches Leben vertraut sein. 9 Zu denken ist dabei vor allem an den frühen Tod des Vaters (1849) nach rätselhafter Krankheit (vermutet wird Syphilis), aber auch an die große, jedoch unglückliche und zahlreichen Intrigen ausgesetzte Liebe gegenüber Lou von Salomé (1882). Und schließlich kommt Nietzsches eigener geistiger Zusammenbruch (im Januar 1889) nach rätselhafter Krankheit (vermutet wird Syphilis 10 ) und nachfolgendem langjährigen Siechtum in Obhut der Mutter sowie (ab 1897) der Schwester Elisabeth Förster- Nietzsche hinzu. Sie begann zeitgleich mit der systematischen Verfälschung 11 der Briefe und Werke ihres Bruders, dies zugunsten einer besseren völkischen Lesbarkeit derselben, aber auch in der Absicht, dem damals um sich greifenden Verdacht zumal von Nietzschegegnern entgegentreten zu können, zumindest die Spätwerke Nietzsches gäben in mancherlei Abschnitt Zeugnisse für den anhebenden Wahn des Verfassers. Dass dieser Verdacht nicht ganz unberechtigt war, zeigt Nietzsches Autohagiographie Ecce homo (1888) in mancherlei, zumal von Förster-Nietzsche unterdrückten Abschnitten. 12 Im Vergleich zu dem überaus bitteren Ende Nietzsches - den in den 1890er Jahren anhebenden Weltruhm vermochte er nicht mehr zu registrieren - war der Start geradezu glänzend verlaufen: Mit vierundzwanzig Jahren (1869) war Friedrich Nietzsche: Ein Prophet ohne Jünger? 87 <?page no="88"?> Nietzsche, zu dieser Zeit bestaunt (teilweise auch beneidet) als Ganymed des auf Kosten Ludwigs II. in der Schweiz residierenden Komponisten Richard Wagner, Professor in Basel, unmittelbar nach dem Studium der (Alt-)Philologie in Bonn und Leipzig und noch ohne Dissertation, allein auf Empfehlung seines (akademischen) Lehrers Friedrich W. Ritschl. Dort lehrte er bis zu seinem krankheitsbedingten Ausscheiden zehn Jahre lang, zunächst unter dem - eher unheilvollen - Einfluss Wagners (seit 1868) stehend, der ihn bedenkenlos für seine (aufs Ganze gesehen) völkische und antisemitische kultur- und musikphilosophische Sendung zu instrumentalisieren suchte. Dem Bruch mit Wagner (1876) sowie dem Abschied von Basel folgten zehn Jahre der Unrast und Einsamkeit (1879 − 1888), in denen Nietzsche, meist in Pensionen in Italien und in der Schweiz lebend und um Gesundung ringend, seine wichtigsten Werke verfasste: Morgenröthe (1881), Die fröhliche Wissenschaft (1882), Also sprach Zarathustra (1883 − 85), Jenseits von Gut und Böse (1886) und Zur Genealogie der Moral (1887). Die späteren Werke, insbesondere Ecce homo (1888), gelten aus heutiger, kritischer Lesart, nicht mehr als Dokumente des authentischen Nietzsche. Gleichfalls kaum noch in Betracht kommen das durch den Einfluss Wagners korrumpierte Frühwerk sowie jene Passagen aus dem späten Nachlass, die Nietzsches Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche sowie Nietzsches Adlatus Heinrich Köselitz unter dem Titel Der Wille zur Macht (1906) präsentierten. 13 Man steht, etwas anders geredet, einigermaßen sprachlos vor zahlreichen radikalen und fanatischen Äußerungen in diesem angeblichen (Prosa-)Hauptwerk Nietzsches, das man an sich auf sich beruhen lassen könnte - wenn nicht Nietzsches Schwester mit jener 1906er Edition gezielt beabsichtigt hätte (und letztlich auch erreichte), dass sich das um 1900 noch von freigeistigen Interpreten dominierte, vergleichsweise positive Nietzschebild nach und nach in Richtung eines fanatischen Machtresp. (ab 1914) Kriegsphilosophen verdüsterte. 14 Dies bedenkend, also die Kompliziertheit von Leben und Werk inklusive der durch die Fälschungen insbesondere der Schwester nicht gerade einfachen Überlieferungs- und Textgeschichte, wird nicht überraschen, dass wir es mit einer überaus vielfältigen und widerspruchsvollen (pädagogischen) Wirkungsgeschichte Nietzsches zu tun haben. Nur einiges sei genannt: 15 Nietzsche war von einigem Einfluss auf die Reformpädagogik (etwa Ellen Key) sowie auf linke Kreise der Jugendbewegung um Gustav Wyneken, darunter auch Walter Benjamin, dessen Vertrauen zu Nietzsche 1912 mit der Lektüre des Zarathustra einsetzte. 16 Die nämliche, fremdartige Dichtung trug Nietzsche zeitgleich in Kreisen der Älteren allerdings auch den Narrenvorwurf ein. 17 Vergleichbar fatal war die Wirkung von Der Antichrist (1888), ein Werk, das nur verzögert (1894) und in von der Schwester zensierter Gestalt erscheinen konnte. In der Summe lasen Nietzschekritiker aus dem Bürgertum Werke wie dieses als Krankheitsbeweis. 18 Im Vergleich dazu konnte der frühe, noch unter dem Einfluss Wagners stehende Nietzsche in der (pädagogischen) Rezeption mit sehr viel mehr Zuspruch rechnen. Namentlich zu erwähnen ist hier Nietzsches frühe, elitäre 88 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="89"?> Bildungsphilosophie, etwa in den Vorträgen Über die Zukunft unserer Bildungsanstalten (1872), ein Text, dem unlängst gar die Ehre widerfuhr, als eines von 180 ‚ Hauptwerken der Pädagogik ‘ ( „ von der Antike bis zur Gegenwart “ ) gewürdigt zu werden. 19 Dabei interessierte offenbar nicht, dass Nietzsche selbst eben diese - im Alter von 27 Jahren gehaltenen - Vorträge schon bald nach Entstehen skeptisch sah und weder in Druck gab noch jemals wieder erwähnte. 20 An philologischen Fragen wie diesen zeigte man sich insbesondere in der NS-Zeit desinteressiert, mit der Folge eines vor allem auf der fragwürdigen Textkompilation Der Wille zur Macht (1906) basierenden Bildes eines - gleichfalls die Intentionen Nietzsches ignorierenden - heroischen Erziehers als Führer in schwerer (Kriegs-)Zeit. 21 Derlei Lesarten sowie dem durch sie bewirkten Desinteresse in der Nachkriegspädagogik ist wohl zuzuschreiben, dass Nietzsches Bedeutung für die Pädagogik bis auf den heutigen Tag als unausgeschöpft gelten muss. Ausgehend von diesem knappen Überblick sollte natürlich jeder These über den angeblichen Einfluss Nietzsches auf die Jugendbewegung die Frage vorangestellt werden, von welchem Nietzsche eigentlich die Rede ist, nicht zu vergessen: von welchen Wirkungsannahmen. Ein Beispiel: Dem Nietzscheexperten kann selbst die Vokabel ‚ Wandervogel ‘ - was ihren Urheber im Steglitzer Umfeld angeht, durchaus ein gewisses Mysterium 22 - nicht fremd sein: Sie begegnet einem in Nietzsches Morgenröthe (1881) in Gestalt einer auf den „ Ozeans des Werdens “ bezogenen Phantasie, in der es um ein hier liegendes „ Inselchen “ voller „ Abenteurer und Wandervögel “ 23 geht, ein Szenario also nicht ohne Reiz für Jugendbewegte, was auch für Zarathustra-Verse gelten mag wie die folgenden: Auf dem Baume Zukunft bauen wir unser Nest [. . .]. Und wie starke Winde wollen wir über ihnen leben, Nachbarn den Adlern, Nachbarn dem Schnee, Nachbarn der Sonne: also leben starke Winde. 24 Aber von diesen fraglos schönen Sätzen aus, wie es sich bei Thomas Herfurth 25 andeutet, eine Brücke bauen zu wollen im Sinne einer Wirkungsannahme, wäre verwegen. Differenzierung und genauestes Wissen um Nietzsche tut also not und ist gleichwohl kaum zu notieren. Alexandra Gerstner berichtete beispielsweise 2007 in einem ansonsten beachtenswerten Artikel von einer (angeblichen) „ Tradition Nietzsches “ , die sich in völkischen Bildungskonzepten Bahn gebrochen habe, konnte aber für diese Tradition nicht Nietzsche selbst geltend machen, sondern nur Rudolf Vierhaus ‘ Nietzsche von 1972 - dem aber gerade innewohnt, dass das im Vergessenen gehalten wird, was sich gegen seine Lesart Nietzsches resp. seiner Bildungsvorträge von 1872 als angeblich traditionsbildend bei Nietzsche vorbringen ließe. 26 Ein anderes Beispiel: Tomás Kasper berichtete gleichfalls 2007, dass sich die Wandervogelführer im Gau Deutschböhmen 1918/ 19 „ nach den Worten von Nietzsche richteten: ‚ Gelobt sei was hart macht, weil ein einziger Blutsfremdling die ganze Arbeit einer Gemeinde Friedrich Nietzsche: Ein Prophet ohne Jünger? 89 <?page no="90"?> im wahrsten Sinne des Wortes zu nichts macht. ‘“ 27 Indes sucht man vergeblich nach einem Hinweis Kaspers des Inhalts, dass nur der erste Satzteil im Zitat von Nietzsche resp. Zarathustra stammt - allerdings keineswegs, wie Arndt Weinrich 28 anzunehmen scheint, sich von selbst versteht, also im Gewalt und Härte positiv sanktionierenden Sinne. 29 Der zweite Satzteil hingegen, also die Folgerung, ist Eigengewächs der damaligen Wandervögel, das sich mit Nietzsches - auch seinem rassistischen Schwager Bernhard Förster gegenüber deutlich gemachter 30 - Ansicht stößt: „ Wer das fremde Blut haßt oder verachtet, ist noch kein Individuum, sondern eine Art menschliches Protoplasma. “ 31 Beobachten lässt sich derlei fahrlässiger Umgang mit Nietzsche schon bei Oscar Schütz, der 1929 die damals weit verbreitete These untersuchte, Nietzsche sei der „ Prophet der deutschen Jugendbewegung. “ 32 Immerhin setzte Schütz noch hinzu: ihr „ größter “ , wenn auch nicht „ ihr einziger “ : Ein wesentlicher Zug eines großen Teils der späteren Jugendbewegung, die Gemeinschaftsidee und die völkisch-rassische Richtung, fließt [. . .] aus anderen Quellen. Die Differenzierung, die diesem wichtigen Hinweis unterliegt, blieb bei Schütz allerdings nicht erhalten. So hatte er keine Bedenken, an Nietzsche zu loben, was, wie eben gesehen, falsch ist: nämlich dass er „ den Gedanken der Rassenzucht “ vorausgedacht habe. Zugleich aber tadelte Schütz an Nietzsche, dass ihn „ seine Idee einer westeuropäischen Kultur hinderte [. . .], den Rassegedanken auf das eigene Volkstum anzuwenden “ und seinerseits „ den Keim einer völkisch-rassischen Gemeinschaftsidee zu entfalten. “ 33 Damit aber war nichts anderes zum Ausdruck gebracht als das Bedauern darüber, dass einige Ideen Nietzsches seinem Aufstieg nicht nur zum ‚ größten ‘ , sondern auch zum ‚ einzigen ‘ - und folglich auch völkisch-rassisch orientierten - ‚ Propheten der deutschen Jugendbewegung ‘ hemmend im Wege standen. Dieses Bedauern reflektierte auf höchst fragwürdige Art die Verzweiflung von Schütz angesichts der von ihm konstatierten „ maßlosen Zersplitterung der Jugendbewegung. “ 34 Auch irritiert an Schütz der Umstand, dass die von ihm konsultierte Wandervogelliteratur fast ausschließlich der Zeit nach 1918 entstammt - keine gute Textbasis, um die These vom Propheten zu fundieren. Damit sind wir fast schon bei Wilhelm Flitners Argument, die Generation zwischen 1900 und 1914 habe in Nietzsches Schrifttum geistige Führerschaft gefunden in ihrem Kampf „ gegen die Mechanisierung in der Erziehung “ und für die „ Versittlichung des flach und steif gewordenen Kulturlebens. “ 35 Andere Proponenten dieser These, wie etwa der später von den Nazis verfolgte jugendbewegte linke Sexualwissenschaftler und -aufklärer 36 Max Hodann (1894 − 1946) 37 - in der Kindt-Edition zum Erstaunen von Gudrun Fiedler 38 ohne Kurzbiographie, - verwiesen auf das angeblich unübersehbare Streben der Jugendbewegung, des „ neuen Menschen “ habhaft zu werden, der „ wahrhaft ist eine Brücke zu Höherem. “ 39 Denken könnte man auch an Hermann Hesse (1877 − 1962) 40 , der 1919 in einer literarischen Fiktion für eine Gruppe „ junge[r] 90 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="91"?> Männer “ behauptete, dass sie „ alle im Beginn ihrer Jugendzeit in Zarathustra den Propheten und ihren Führer gesehen [hatten] “ , weitergehender: dass sie „ mit dem Eifer der Jugend gelesen [hatten], was über ihn geschrieben steht “ ; dass sie „ darüber gesprochen und gedacht [hatten], auf ihren Wanderungen in Heide und Gebirg, und in nächtlichen Zimmern bei Lampenschein. “ 41 Den in der Rezeptionsgeschichte folgenreichsten Akzent zu dieser These setzte allerdings Herman Nohl. Ihm schien, das „ ganze Programm der Jugendbewegung “ 42 verberge sich in den Schlussworten von Nietzsches unzeitgemäßer Betrachtung Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben (1874), konkreter: in Nietzsches Hoffnung, die Jugend werde „ von einer in ihr thätigen kämpfenden, ausscheidenden, zertheilenden Macht “ ausgehend „ ein zusammenhängend lebendiges System von eigenen Erfahrungen “ in sich zum Wachsen bringen. 43 Diese These, auch in Theo Herrles beachtlicher Gesamtdarstellung der Jugendbewegung 44 vorfindbar, wurde nach 1933, unter zeitbedingten Ergänzungen, vielfältig variiert dargeboten. 45 Sie hatte auch nach 1945 keineswegs ausgespielt. 46 Entsprechend kommt ihr in pädagogischen Gesamtdarstellungen ein fester Platz zu. Mitunter gilt sie gar als nicht weiter zu hinterfragende Selbstverständlichkeit. 47 Schwach indes ist die empirische Sättigung - abgesehen von der NS-Zeit: Der Name Nietzsche begegnet einem nun immer wieder in Lehrbüchern, 48 auch in für den HJ-Gebrauch zugelassenen Jungenkalendern, wo Nietzsche, selbstredend nach Hitler und Baldur von Schirach, mit Sprüchen präsent war wie: „ Das Paradies ist unter den Schatten der Schwerter. “ Oder: „ Was ist gut? fragt ihr. / Tapfer sein ist gut. “ Sowie: „ Wer sich nicht befehlen kann, soll gehorchen. “ 49 Beliebt war nun auch Zarathustras Devise: „ Gelobt sei, was hart macht! “ 50 Edmund Neuendorff (s. S. 144 f.) erhob sie 1936 zum zentralen Motiv des modernen Leistungssports. 51 Nach 1939 war derlei der Integration Nietzsches in die kriegsverherrlichende Ideologie des Staates förderlich, 52 zusammen mit Zarathustra-Sprüchen wie: „ Wirf den Helden in deiner Seele nicht weg! “ , „ Der gute Krieg ist es, der jede Sache heiligt “ oder dem von Mussolini, einen eingefleischten Nietzscheverehrer, 53 ins Zentrum gerückten Imperativ „ Gefährlich leben! “ aus Die fröhliche Wissenschaft. 54 Hinter dieser breiten, positiven Resonanz verbirgt sich eine gezielte, von oben gesteuerte Umwertung Nietzsches, ausgehend von Alfred Baeumler und besonders erfolgreich ins Werk gesetzt von seinem Mitarbeiter Heinrich Härtle, dem mit Nietzsche und der Nationalsozialismus (1937) die Bibel aller auf Nazifizierung Nietzsches setzenden Nietzschefans unter den Nazis gelang. 55 Als weitere Wegmale in dieser Frage gelten der Triumph Baeumlers über den Nietzsche-Skeptiker und NS- Pädagogen Ernst Krieck (1882 − 1947) 56 anlässlich der Festschrift zu Hitlers 50. Geburtstag (1939) 57 sowie der 100. Geburtstag Nietzsches: Am 15. Oktober 1944 wird er im Völkischen Beobachter als systemrelevanter Philosoph gleichsam unter Artenschutz gestellt. Lesen lässt sich derlei als düsterer Kommentar zum Kriegsverlauf, aber auch als Nachklang zu dem Umstand, dass schon die Friedrich Nietzsche: Ein Prophet ohne Jünger? 91 <?page no="92"?> für die Bestialisierung des Ostfeldzuges wichtige Himmler-Broschüre Der Untermensch (1942) in Zarathustra-Diktion gehalten war, was den gänzlichen Niedergang Nietzsche im Bewusstsein des Bürgertums unmittelbar nach 1945 erklären mag. 58 Ganz anders das Nietzschebild im Mainstream der Jugendbewegung vor 1933: Der Name Nietzsche - auch dies schon eine Aussage - begegnet einem in den klassischen Quellensammlungen, etwa der Kindt-Edition, entweder gar nicht oder kaum im Quellenteil selbst, sondern eher im Anmerkungsapparat sowie in der ihm zugedachten Kurzbiographie. Diese indes umgeht alles Spannende und Umstrittene an Nietzsche und wartet ersatzweise mit einer kühnen Einordnung auf: Gesellschaftskritischer Philosoph, der durch seine Schriften die Sehnsucht der Jugendbewegung nach einer ‚ Umwertung aller Werte ‘ vorwegnimmt. 59 Weder dieser Satz noch die einzelnen seiner Vokabeln dürften bei einer kritischen Reflexion Bestand haben, mit einer Ausnahme: eine Ursache-/ Wirkungsannahme wird nicht mehr getroffen. In diese Richtung weisen auch die zentralen Zeitschriften der Jugendbewegung, die weit häufiger Bezüge auf - beispielsweise - Lagarde denn auf Nietzsche erkennen lassen. 60 So betrachtet kann das hochselektive Material der einschlägigen Rezeptionsforschung kaum überraschen. Christiane Völpel 61 beispielsweise genügte der Verkaufserfolg des Zarathustra im Ersten Weltkrieg, das völkische Weltkriegsmelodram Der Wanderer zwischen beiden Welten (1916) von Walter Flex, die Untersuchung von Oscar Schütz 62 und Walter Hammers Nietzsche als Erzieher (1914) als hinreichendes Argument für ihre - dem Mainstream entsprechende - These, die allerdings schon im Blick auf das letztgenannte Beispiel ins Wanken gebracht werden kann. Denn Walter Hammer (1888 - 1966) war ein Nietzscheverehrer, dessen Nietzscheverständnis gerade nicht auf Zustimmung in maßgeblichen (völkischen) Kreisen der Jugendbewegung traf: Eigentlich Hösterey mit Nachnamen und sich sein Pseudonym aus Verehrung für Nietzsches Götzen-Dämmerung (1889) zulegend, hatte sich Hammer zwar vorgenommen, „ die Elite unserer Jugend, wie sie sich vorzugsweise im Wandervogel zusammengeschart hat, zu Nietzsche zu verführen. “ 63 Aber er verband dies zugleich mit dem Kampf für eine neue, kosmopolitische Kultur, ausgehend von seiner Lesart Nietzsches als Pazifist. Diese Lesart brachte Hammer jenen gegenüber in Stellung, die offenbar nicht wahrhaben wollten, dass „ Krieg im Sinne militärischer Gewalt “ für Nietzsche nichts anderes gewesen sei „ als ein Zurücktaumeln in die Barbarei. “ 64 Hammer hatte hiermit, auch was Nietzsche angeht, zwar nicht unrecht, 65 aber eben gerade deswegen keinen Erfolg, sprich: Hammer hatte einen empfindlichen Nerv der sich gegen den Deutschtumsverächter Nietzsche verschwörenden völkischen Vorkriegsjugendbewegung getroffen, gleichsam als „ verkörperter Widerspruch zum mainstream. “ 66 Dies offenbart die in der Wandervogelführerzeitung anhebende Kampagne 92 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="93"?> gegen ihn und damit auch gegen Nietzsche, 67 angesichts derer Richard Grützmacher im November 1914 mit bitterem Unterton resümierte: Gerade im Licht der großen Weltbewegungen, in denen wir stehen, offenbart sich die vollkommene rückschrittliche Tendenz in Nietzsches Ideen über nationale Fragen. Er wollte über das Nationalbewußtsein, wie es sich im 19. Jahrhundert ausgebildet hatte, zum Weltbürgertum des 18. Jahrhunderts zurück, statt zur Vorherrschaft Deutschlands im 20. Jahrhunderts vorwärts. 68 Kaum besser verhält es sich mit der Plausibilität der in Richtung Walter Flex ‘ Novelle Der Wanderer zwischen beiden Welten (1916) weisenden Argumentation. Denn diese nach Werner Kindt „ am meisten verbreitete ‚ Grundschrift der Jugendbewegung ‘“ 69 resp. dieses angebliche „ Kultbuch “ 70 der Jugendbewegung, das Thomas Herfurth als literarischen Kommentar zum Thema „ Heldentod im Geiste Nietzsches “ 71 las, hat - wie Hans-Jochen Gamm 72 mittels eines subtilen Vergleichs zeigen konnte - mit dem authentischen Nietzsche nichts zu tun, eher schon mit dem Zerrbild der Schwester. Ohnehin geht es in Flex ‘ Novelle allenfalls tertiär um Nietzsche, sekundär um Bellizismus, primär allerdings, wie schon Fritz Jungmann 73 herausgearbeitet hat, um die Thematisierung der Nicht-Thematisierung von Homosexualität im Wandervogel. Soweit das Literarische in Betracht kommt, wird man allenfalls einige Verse herausheben dürfen, etwa die gleich zu Anfang dargebotenen, das Kriegsgeschehen auf unheimliche Art spiegelnden Zeilen „ Wildgänse rauschen durch die Nacht . . . “ 74 , die später, zum Lied umgearbeitet, ihren Zweck erfüllten, ob nun gerade Krieg war oder nicht. Der Rest ist, mit Verlaub, altkluges, von Todesahnung umwölktes völkisches und antisemitisches Gerede über ein (lies: das deutsche) Volk, „ welches weiß, daß es einst nicht mehr sein wird “ und dass sich deswegen bemühe, „ die Fähigkeiten, die in ihm liegen, ans Licht und zur Geltung “ zu bringen „ gleich einem rastlosen Manne, der sein Haus bestellt, ehe denn er dahinscheidet. “ 75 Was Nietzsche angeht, ist in dieser Novelle nichts weiter zu besichtigen als der angestrengte Versuch des Autors, für seine völkische Religion Schutz und Unterkunft im Zarathustra zu finden. Als Preis dessen verflüchtigt sich das diffizil angelegte Übermenschenkonstrukt Nietzsches und macht dem leicht durchschaubaren Streben Platz, die (gänzlich sinnlose) Opferung des Menschen für Volk und Vaterland als Überwindung des dem Menschen ansonsten unweigerlich anhaftenden Dingcharakters zu adeln. 76 Dass Flex mit dieser Botschaft zusammen mit Otger Gräff und schon beginnend mit der Totenfeier des Wandervogel e. V. vom November 1917 zur Kultfigur wurde, 77 und dies gezielt in der NS-Zeit, 78 spricht weder für ihn noch gegen Nietzsche. Ein anderes Beispiel: Dass die Meißnerformel den Geist des Zarathustra atmet, wie Thomas Herfurth 79 andeutet, will einem noch einleuchten, nicht aber die harte, durch nichts gerechtfertigte und zu rechtfertigende Wirkungsannahme: „ Spätestens seit dem Meißnerfest dürften nahezu allen Jugendbewegten Nietzsches Name und die Grundzüge seines Denkens vertraut gewesen sein. “ 80 Friedrich Nietzsche: Ein Prophet ohne Jünger? 93 <?page no="94"?> Kaum besser verhält es sich mit Sabine Andresen, trotz oder eben wegen ihrer starken These: Gerade aus der Philosophie Nietzsches konnten die Akteure der Jugendbewegung [. . .] die Aufforderung herauslesen, dass sie an der eigenen Persönlichkeit arbeiten, das Selbst als Brücke hin zum Übermenschentum verstehen und so darin ein (Kunst) Werk sehen müssen [. . .]. Nietzsche [ruft] die Jugend zur Erneuerung auf. Die bürgerliche Jugendbewegung nahm diese Herausforderung an. 81 Freilich: Andresen 82 begnügt sich, was das Empirische angeht, mit mehreren Briefen einer jungen Frau „ aus dem Umfeld der Jugendbewegung “ , geschrieben in den Jahren 1931 und 1933 - also zu einer Zeit, zu der ‚ die ‘ Jugendbewegung zumindest klinisch tot war. Nimmt man neuere Befunde von Justus Ulbricht 83 oder Petra Weber 84 - zu Carlo Schmid (1896 − 1979) - hinzu, besteht Anlass genug, den Befund von Erich Geissler aus dem Jahre 1963 nach wie vor für aktuell zu halten: „ Über im ganzen recht vage Hinweise auf Einflüsse Nietzsches [. . .] ist die Literatur bis heute nicht hinausgekommen. “ 85 Der Sache nach scheint dies auch wenig erstaunlich. Denn wem zum Ausdruck ‚ Jugendbewegung ‘ nur romantisierend verklärte Wanderer einfallen, wird kaum glauben wollen, dass es zu deren Rechtfertigung Nietzsches bedurft hätte. Und wer bevorzugt die unerfreuliche Seite sieht, also Antisemitismus und Nationalismus, wird kaum glauben können, dass der Anti-Antisemit und Deutschtumsverächter Nietzsche dazu seine Zustimmung gegeben hätte. Einzig jene dritte, via Ulrich Herrmann 86 vielleicht eher mit dem Stichwort ‚ Jugendkulturbewegung ‘ zu belegende Gruppe eines auch in die kulturwie gesellschaftskritischen Tiefen weisenden Nachdenkens über die Sendung der Jugend im Sinne des für Nietzsches Historienschrift (1874) so typischen Imperativs „ Schenkt mir erst Leben, dann will ich euch auch eine Cultur daraus schaffen! “ 87 dürfte die Reflexion auf Nietzsche wirklich benötigt haben. 88 Sie wohl auch allein hätte noch etwas anzufangen gewusst mit jenem Nietzsche, der infolge seiner stetigen kritischen Auseinandersetzung mit den ihn dominierenden Erziehungsmächten in seinem wohl besten Buch Die fröhliche Wissenschaft (1882) das stolze Wort vortrug, in „ Hinsicht auf das ganze moralische Geschwätz der einen über die Anderen “ sei der „ Ekel “ an der Zeit, fortfahrend: Ueberlassen wir diess Geschwätz und diesen üblen Geschmack Denen, welche nicht mehr zu thun haben, als die Vergangenheit um ein kleines Stück weiter durch die Zeit zu schleppen und welche selber niemals Gegenwart sind, - den Vielen also, den Allermeisten! Wir aber wollen Die werden, die wir sind, - die Neuen, die Einmaligen, die Unvergleichbaren, die Sich-selber-Gesetzgebenden, die Sich-selber-Schaffenden! 89 Was in Äußerungen wie diesen zutage tritt, ist ein grundlegender Generationenkonflikt, der von zahlreichen Zeitzeugen registriert wurde, beispielsweise von der Nietzschewie Ibsen-Bewunderin Fanny ( „ Franziska “ ) Gräfin zu Revent- 94 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="95"?> low (1871 − 1918), berühmt-berüchtigt wegen ihrer frivolen Abrechnung mit einer ihrer Wahrnehmung nach lustfeindlichen Seite der Frauenbewegung. 90 Noch gewichtiger ist ihre unter dem Titel Herrn Dames Aufzeichungen (1913) vorgelegte bitterböse Satire auf die sektenförmigen Umtriebe im Münchener Kreis um Stefan George (1868 − 1933) und Ludwig Klages (1872 − 1956) 91 - jener Klages, der nicht frei von antisemitischen Klischees war und zeitgleich mit seinem für das Meißnerfest verfassten Text Mensch und Erde (1913) als Zivilisations- und Fortschrittskritiker auffällig werden sollte, manchem Jugendbewegungsveteranen indes auch heutzutage noch als eine Art Ökopapst gilt. 92 Spannend ist auch die ganz junge Reventlow, etwa in ihrer Rolle als Nietzscheverehrerin und Erziehungskritikerin in ihrem autobiographischen Roman Ellen Ostjerne (1900): Die Romanhelden verfallen hier völlig ihrer heimlichen Zarathustra-Lektüre, die „ die alte morsche Welt mit ihrer Gesellschaft und ihrem Christentum “ in Trümmer fallen lässt, „ und die neue Welt, das waren sie selbst mit ihrer Jugend, ihrer Kraft, mit allem, was sie schaffen und ausrichten wollten. Es war wie ein gärender Frühlingssturm in ihnen, jeder träumte von einem ungeheuren Lebenswerk, und sie alle hätten sich jeden Tag für ihr Lebensrecht und ihre Überzeugung hinschlachten lassen, wenn es nötig gewesen wäre. “ 93 Denken könnte man in diesem Zusammenhang auch an Josef Hofmiller, der die um 1870 geistig geprägte Generation als insgesamt wesentlich kühler und leiser wahrnahm als die vorhergehende; sie - so Hofmiller weiter - verachte „ das Parteiengezänke in religiösen und politischen Dingen “ und sei nicht mehr bereit, irgendeine Autorität anzuerkennen; vielmehr gelte: Sie haben ihre Sinne weit aufgetan für das Wirkliche, und ihr Herz hängt innig an allem, was schön ist: die leisen Lockungen der Kunst, jeder Art von Kunst, sind beinahe die einzigen, denen sie folgen. Sie sind nicht apathisch, aber antipathetisch, abwartend und zurückhaltend [. . .]. Für die Ideale derer, die um das Jahr 1860 jung waren, hat sie wenig Liebe. Selten haben Väter und Söhne sich so wenig verstanden. 94 Dieses Urteil pars pro toto genommen, läge es nahe, ein konflikthaft gewordenes Generationenverhältnis auch ins Zentrum der Erklärungsansätze in Sachen Wandervogelbewegung zu rücken, so wie dies vom Ansatz her auch bei Hans Blüher (s. S. 66 ff.) nahelag und sich bei Walter Laqueur niederschlug, als er schrieb: Die deutsche Jugendbewegung war eine unpolitische Form der Opposition gegen eine Zivilisation, die der jungen Generation wenig zu bieten hatte, ein Protest gegen den Mangel an Vitalität, Wärme, Gefühl und Idealen. 95 Dass dieser Teil der Jugend als „ Hoffnungsträger eines notwendigen Kraftaktes kultureller Neuschöpfung “ 96 auf Nietzsche rekurrierte, sei nicht bestritten. Nur darf man dabei nicht die mehrheitlich negative Fremdwahrnehmung Erwachsener außer Acht lassen. So liest man in einer pädagogischen Enzyklopädie des Fin de siècle, dass unsere Jugend, „ soweit sie anarchistisch denkt “ , unter dem Einfluss von Nietzsche steht. 97 Andere Zeitbeobachter sprachen von den Friedrich Nietzsche: Ein Prophet ohne Jünger? 95 <?page no="96"?> „ Stürmern und Drängern der Neunzigerjahre, die gegen Epigonentum, Bourgeoisie, Kirche und Staat anrannten “ und deren Interesse an Nietzsche vor allem durch „ das Negative, Umstürzlerische, Revolutionäre seiner Philosophie “ 98 stimuliert war. Niemand hingegen dachte daran, diese frühen Erscheinungen jugendtypischer Nietzscherezeption der Jugendbewegung ins Schuldbuch zu schreiben. Es handelte sich bei jenen ‚ Stürmern und Drängern ‘ also um etwas anderes, um, wie man vielleicht sagen darf, Indikatoren für eine durch Nietzschelektüre angeregte Phase jugendspezifischer Selbstsuche, die sich nicht auf Wandervogelmotive reduzieren ließ. Die in der Forschung verbreitete These, wonach es seit den 1890er Jahren „ keine geistig bewegte bürgerliche, ja intellektuelle Jugend [gab], die nicht im Schatten Nietzsches wuchs, “ 99 ist deswegen nicht falsch. Nur muss man dabei das Wort ‚ Schatten ‘ wörtlich nehmen: Nietzsche galt zur Zeit der Etablierung des Wandervogel als keine gute Adresse, mit der man bei Eltern und Lehrern hätte reüssieren können. Dies lehren, wie wir gesehen haben, die Fälle Hans Blüher und Ludwig Gurlitt, dies lehrt aber auch Karl Löwiths Rückblick auf die Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg, als er sich zusammen mit einem Jugendfreund „ auf dem Weg über Nietzsche “ auch auf dem Weg zu sich selbst befand: „ Wir hatten den Zarathustra schon auf der Schulbank gelesen, mit boshafter Vorliebe während des protestantischen Religionsunterrichts. “ 100 Diese vereinzelten Hinweise entwerten aber nicht die Gründe, eine Nietzschelektüre in Wandervogelkreisen nicht für sehr wahrscheinlich zu halten bzw. umgekehrt: Sie legen die Annahme nahe, dass jene Erwachsenen, die auf den Wandervogel Einfluss nahmen, dort eher das von ihnen geschätzte Bildungsgut zur Geltung brachten. Dass es dabei mitunter noch nicht einmal der gesonderten Intervention bedurfte, könnte auch an länderspezifischen Besonderheiten gelegen haben. So urteilte Fritz Baumann im Rückblick für die Schweiz, dass die „ gesellschaftlichen Klüfte “ hier „ nicht so kraß [waren], wie sie Gurlitt am Beispiel von Steglitz um die Zeit der Entstehung des Wandervogels geschildert hat “ , ganz abgesehen davon, dass die Schulverhältnisse keineswegs als „ unerträglich “ erlebt wurden. 101 Was Österreich angeht, wird man zu berücksichtigen haben, dass die Wandervögel hier „ meist aus Elternhäusern [kamen], in denen das Gedankengut der nationalen Bewegung in Österreich zum festen Bestand gehörte. “ 102 Gleichwohl gab es natürlich auch eine konfrontative Stellung zwischen dem Lesebegehren zumindest der fortgeschrittenen Vertreter der jüngeren Generation und dem Bildungsgut, das die ältere Generation in der Regel als sinnvoll anempfahl. Diese Konfrontation blieb bis zum Krieg und dies meint: bis zur kriegsbedingten Relativierung des erwachsenentypisch negativen Nietzschebildes weitgehend unverändert intakt. Der Erste Weltkrieg veränderte dann zwar das Nietzschebild der Erwachsenen und ließ Nietzsche plötzlich, nicht zuletzt infolge der ‚ Deutschsprechung ‘ , die ihm seine Schwester angedeihen ließ, als kriegswichtige geistige Nahrung in Betracht kommen. 103 Denken könnte man in diesem Zusammenhang auch an Ernst Jünger (1895 − 1998) 104 , dessen Kriegsbücher, etwa In 96 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="97"?> Stahlgewittern (1920), auch zu deuten sind als Ergebnisse eines lebenslang anhaltenden Interesses an Nietzsche 105 und der damit zur Popularität von Zarathustra-Kapiteln wie Vom Krieg und Kriegsvolke und dem hier nachlesbaren Slogan beitrug: Ihr sagt, die gute Sache sei es, die sogar den Krieg heilige? Ich sage euch: der gute Krieg ist es, der jede Sache heiligt. 106 Freilich: Entgegen der in der Rezeption Nietzsches dominierenden bellizistischen Auslegungstendenz dieses Satzes lässt eine genaue Textexegese jene eher unberechtigt scheinen. 107 Gleichwohl war sie populär, wie das Beispiel Kleo Pleyer lehrt: In den kriegsmetaphysischen Betrachtungen seines NS-Bestsellers Volk im Feld (1943) bezog er sich ganz im Geiste der Zeit diverse Male auf Nietzsche, eher implizit im folgenden Beispiel: Der Krieg ist ein steigerndes Geschehen. Er vergrößert das Große, härtet die Harten, veredelt das Edle; die Niedrigen drückt er nieder. Der Krieg greift über das gewöhnliche Menschentum hinaus, ins Untermenschentum hinunter, ins Übermenschentum hinauf. 108 Indes muss man die harten Daten in Betracht ziehen: Fest steht lediglich, dass Nietzsches Zarathustra schon vor dem Krieg weit verbreitet war - und die Lektüre dieses Buches offenbar die unterschiedlichsten Ideen freisetzte. Zwar startete der Zarathustra mit Kriegsbeginn als Bestseller durch, aber ob es sich dabei wirklich um eine der zentralen Durchhaltelektüren des - dem Wandervogel entstammenden - Frontsoldaten handelte, steht doch sehr in Frage. Die an derlei Hinweise angeschlossenen populären Legendenbildungen 109 waren zwar vor allem nach 1933 110 hilfreich, um Nietzsche als jemanden auszulegen, der als Erzieher der Jugend - und eben nicht nur als ihr ‚ Verführer ‘ - in Frage käme. Aber empirische Belege für die These, ‚ der ‘ Frontsoldat habe im nennenswerten Umfang den Zarathustra gelesen, stehen aus. Daran vermögen auch Beschwörungen von Zeitgenossen, wonach Nietzsche zu den Lieblingsschriftstellern gehöre, „ welche in den Schützengräben gelesen werden, “ 111 nichts zu ändern. Ebenso unzuverlässig ist die Anrufung einer angeblich existierenden „ Statistik der Kriegslektüre “ der Soldaten, die den Schluss erlaube, „ daß im Schützengraben vor allem gelesen worden seien: das Neue Testament, Goethes ‚ Faust ‘ und Friedrich Nietzsches ‚ Zarathustra. ‘“ 112 Denn ganz abgesehen davon, dass schon diese Auswahl und Zusammenstellung „ eine Synthese [ist], wie sie Nietzsche niemals vorgeschwebt hat: “ 113 Zur Kriegslektüre gehörte vielerlei, nüchtern erwogen besagt selbst der Umstand, dass 150 000 Exemplare einer (gekürzten) Feldausgabe des Zarathustra an die Soldaten verteilt und mehr als noch einmal so viel zwischen 1914 und 1919 verkauft wurden, nichts oder so gut wie nichts: Es handelte sich um einen Bestseller - aber eben um einen unter vielen. Im Übrigen bleibt natürlich die Frage, ob die Lektüre eines immerhin doch sehr schwierigen Textes, wie es Nietzsches Zarathustra zweifellos ist, unter Friedrich Nietzsche: Ein Prophet ohne Jünger? 97 <?page no="98"?> Kriegsbedingungen in nennenswerter Zahl überhaupt erwartet werden darf. 114 Auch Erich Maria Remarques mit der Kriegs- und Heldentodmetaphysik der unmittelbaren Nachkriegszeit aufräumende und von den Nazis verbotene Roman Im Westen nichts Neues (1929), dem Barbara Stambolis 115 in eigentümlich zurückhaltender Wertung „ eine pazifistische Tendenz “ nicht absprechen will, macht eine Nietzschelektüre im Felde ausgesprochen unwahrscheinlich. Daraus folgt nicht, Remarque habe Nietzsche für unschuldig gehalten, im Gegenteil: In seinem im Inflationsjahr 1923 spielenden Roman Der schwarze Obelisk (1938) tritt ein Feldwebel a. D. als Negativheld auf, der einen Nietzscheschnurrbart trägt und „ nach Zarathustras Gebot seinen Harem “ 116 prügelt. Derartige Feldwebel mag es gegeben haben, nur: Hier geht es nicht um Bilder, sondern um Empirie. Und für deren Belange ist wichtiger, dass die in Jugendbewegungszeitschriften abgedruckten Feldpostbriefe so gut wie keine Hinweise auf Nietzsche enthalten. Ähnliche Ergebnisse zeitigt die Durchsicht einschlägiger Briefsammlungen. 117 Selbst Thomas Herfurth musste zugestehen, dass in der Zeitschrift Freideutsche Jugend in den Kriegsjahren zwar hin und wieder Textauszüge aus dem Zarathustra abgedruckt wurden, dies aber eher solche „ elegischer Art. “ 118 So ist es unter dem Strich auch kaum überraschend, dass im Zweiten Weltkrieg als Kontrast zu der Zeit zwischen 1914 und 1918 festgehalten wurde: „ Noch im Weltkriege las ein Schüler den ‚ Zarathustra ‘ selten, er vertiefte sich kaum in ihn. “ 119 Und wenn er es, im Felde stehend, doch tat, dürfte er bald erfahren haben, „ daß ‚ Zarathustra ‘ im Ernstfall ein Blindgänger ist. “ 120 So gesehen hatte Peter Petersen wohl das richtige Gespür, als er schon 1919 in der Zeitschrift Der Aufbau der Legende entgegentrat, „ unsre Helden im Schützengraben “ , die möglicherweise der „ prometheische Trotz des Allzermalmers “ zum Zarathustra gezogen habe, hätten damit bereits den eigentlichen Auftrag erfüllt, den Petersen nun, nach dieser fatalen Weltkriegserfahrung, darin erblickte, Nietzsche als einen „ unerschrockenen gewaltigen Ringer um eine neue Kultur “ 121 ins Bewusstsein zu heben. Freilich: Nach dem Krieg war für derlei Phantasmen kaum noch der rechte Ort und die rechte Zeit. Die Jugendbewegung zerfiel in ein Konglomerat sich teilweise heftig befehdender Bünde, die sich einer pazifizierenden Zentralideologie - wie man sie vielleicht über Nietzsche hätte requirieren können - nicht mehr unterstellen ließ. Im Umfeld des Weimarer Nietzsche-Archivs registrierte man dies mit einiger Sorge. Fast erleichtert sah denn auch Max Oehler am Vorabend des ‚ Dritten Reiches ‘ , die auf die Vorkriegszeit bezogene Wirkungsannahme Flitners gleichsam en passant negierend, die Anzeichen sich mehren, dass die Jugendbewegung „ nun endlich in Nietzsche ihren Herold und Führer sieht. “ 122 Übrigens: Fast wortgleich hatte Oehler schon zwei bzw. sieben Jahre zuvor argumentiert. 123 Gerade dies zeigt aber, dass er weder 1925 noch 1930 noch 1932 als Zeithistoriker auftrat, sondern als Propagandist, der im Übrigen zusammen mit seinem Bruder und seiner Tante Elisabeth Förster-Nietzsche in systematischer Absicht und durchaus mit Erfolg die Nazifizierung Nietzsches betrieb. 124 Dass 98 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="99"?> dieses Triumvirat bzw. das Weimarer Nietzsche-Archiv damit letztlich erfolgreich war, zeigt das Beispiel des Nazi-Pädagogen Alfred Baeumler, der sich 1934 angesichts der unter dem Zeichen des Hakenkreuzes marschierenden HJ wie selbstverständlich an den oben erwähnten auch von Nohl bemühten Ausruf Nietzsches aus der Historienschrift ( „ Schenkt mir erst Leben, dann will ich euch auch eine Cultur daraus schaffen! “ ) erinnert fühlte, um dem das anzufügen, was er offenbar für seine Variante hielt: Und wenn wir dieser Jugend zurufen: Heil Hitler! - so grüßen wir mit diesem Rufe zugleich Friedrich Nietzsche. 125 Freilich: Dass Nietzsche, wenn man ihn recht versteht, eines mit einer derartigen Pointe aufwartenden ‚ Verhunzers ‘ (Thomas Mann 126 ) bedürftig war, steht zumindest dem Experten außer Frage. 127 Die Rezeptionsgeschichte kann hier, recht gelesen, als Beleg in Betracht kommen. Denn - zusammenfassend gesprochen - bis 1914 galt Nietzsche eher als ‚ Jugendverführer ‘ und war in der Regel mit entsprechendem Lektüreverbot belegt, was zumal für die jüngere Jugend, auf die der Wandervogel in maßgebender Hinsicht angewiesen war, nur schwer umgehbar gewesen sein dürfte. Und nach 1918, als man ihm mancherorts auch aus Erwachsenenperspektive einen Rang als ‚ Kriegsphilosophen ‘ zuzubilligen geneigt war, gewann er keineswegs in dieser Eindeutigkeit eine Spätwirkung als ‚ Prophet der Jugendbewegung ‘ , wie dies in der Literatur allzu leichtfertig bis heute behauptet wird. Gleiches gilt für die Zeit nach 1933, ungeachtet der in diese Richtung weisenden Bemühungen Baeumlers. Man muss also durchaus noch etwas genauer hinschauen, um herauszubekommen, wer denn nun ersatzweise als Impulsgeber der Jugendbewegung zu gelten hat. Damit sei gleich im nächsten Kapitel begonnen. 2. Julius Langbehn und seine Freunde Heinrich Pudor & Max Bewer. Oder: Warum man bei Fällen wie diesen besser erst die Psychiatrie und dann die Jugendbewegungshistoriographie rufen sollte An Julius Langbehn (1851 − 1907), dem studierten Philologen und, im Zweitstudium, promovierten Archäologen, berühmt-berüchtigt unter der von ihm selbst benutzten Chiffre ‚ Der Rembrandtdeutsche ‘ , kommt man beim Thema Jugendbewegung offenbar nicht vorbei. Dies zeigt das Beispiel des Steglitzer Wandervogelführers Karl Fischer (s. S. 70 ff.) ebenso wie der Umstand, dass der Hans-Breuer-Bewunderer Alfred Toepfer 1928 eine von drei von ihm gespendete Jugendherbergen auf Langbehns Namen taufen ließ. 128 Nicht absehen kann man auch vom schlichten Hinweis in der Kindt-Edition: „ Sein Erziehungsbuch [= Rembrandt als Erzieher (1890)] war in vielen Wandervogelgruppen beliebtes Vorlesebuch. “ 129 Wenig später (1969) riskierte der Nohl-Schüler Wolfgang Scheibe in seiner Gesamtdarstellung zur Reformpädagogik gar die These, es Julius Langbehn und seine Freunde Heinrich Pudor & Max Bewer 99 <?page no="100"?> hätten nur wenige Bücher seiner Zeit „ über Jahrzehnte hinweg so stark auf das deutsche Geistesleben und insbesondere auf die pädagogische Bewegung gewirkt “ wie jenes Langbehns. 130 Ähnlich sieht dies der pädagogische Mainstream bis heute - was erklären mag, dass neben Nietzsches Bildungsvorträgen von 1872 (s. S. 89) auch Langbehns Buch Aufnahme fand in jene 2009 erschienene Sammlung zu insgesamt 180 Hauptwerken der Pädagogik, und dies mit dem Gütesiegel: „ eine der Initialschriften der sog. Reformpädagogik. “ 131 So gesehen überrascht nicht, dass die Deutsche Biographische Enzyklopädie noch 1997 sicher war, über Langbehn mitteilen zu dürfen: Großes Aufsehen erregte sein 1890 anonym erschienenes zeit- und kulturkritisches, an Nietzsche und Lagarde anknüpfendes Werk Rembrandt als Erzieher. Von einem Deutschen ( 90 1938), in dem er Materialismus, Intellektualismus, Wissenschaft und Modernismus als auf die deutsche Kultur zerstörerisch wirkende Elemente verurteilte. Mit der Propagierung von Verinnerlichung, Idealismus und Bodenständigkeit erzielte er enorme Breitenwirkung und beeinflußte die deutsche Jugend- und Heimatkunstbewegung. 132 Diese These klingt schlüssig, das zuvor referierte Einvernehmen des Mainstream wirkt einschüchternd - versuchen wir trotzdem, einige Bedenken gegen diese Lesart vorzutragen, ausgehend von der Einschätzung des Nietzschebiographen Curt Paul Janz: Er [= Langbehn] war einer jener immer wieder auftretenden verführerischen Heilsverkünder, auf welche die breite Masse der Schwarmgeister und intellektuell nicht ganz Sattelfesten hereinzufallen pflegt. 133 Man wird es wohl einzuräumen haben: Hätte Janz recht, erschiene die Langbehnbegeisterung der Jugendbewegung sowie die hierauf gerichtete unkritische Berichterstattung des pädagogischen Mainstream in einem neuen, durchaus fahlen Licht. Versuchen wir also, Janz ‘ Argument zu rekonstruieren und, falls möglich, weiterzuentwickeln. Wichtig ist dabei vor allem der Hinweis, dass Janz als Nietzschebiograph natürlich nicht das deutlich auf pathologische Züge hinweisende Verehrungsschreiben Langbehns an Nietzsche vom März 1886 entgangen war. Ehe wir auf dieses in der pädagogischen Historiographie wie in der Langbehnforschung zumeist ignorierte Dokument zu sprechen kommen, gilt es, sich die damalige Situation Langbehns vor Augen zu führen: Der spätere ‚ Rembrandtdeutsche ‘ lebte seinerzeit - insgesamt von Frühjahr 1885 bis Sommer 1892 - wie ein verkanntes Genie unter entsprechend prekären Bedingungen in Dresden, als Teil eines völkisch-antisemitischen Netzwerks, zu dem auch Heinrich Pudor (1865 − 1943) gehörte. Pudor sollte später mit seiner reformpädagogischen Programmschrift Die neue Erziehung (1902) und dem hier nachlesbaren Urteil, Langbehns Rembrandt als Erzieher enthalte „ Nietzschesche Wahrheit in ‚ populärer ‘ Form, “ 134 einige Verwirrung in Sachen Langbehn-Rezeption stiften. Gravierender ist aber fraglos - insbesondere im Blick auf Pudors fatale Wirkung auf Jugendbewegung wie Reformpädagogik - , dass Pudor das Wort ‚ Nackt- 100 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="101"?> kultur ‘ prägte und das damit Gemeinte unter seinem von ihm offenbar als witzig empfundenen Pseudonym ‚ Heinrich Scham ‘ zu popularisieren suchte, um in „ jugendstilhafter Naturseligkeit “ und im „ imitierten prophetischen Ton von Nietzsches Zarathustra “ 135 den zukünftigen Menschen in Europa heraufzubeschwören. Dieser war selbstredend von germanischem Typus und antisemitischer Grundorientierung, so wie Pudor selbst: 1898 ließ er sich von seiner (ersten) jüdischen Frau scheiden und veröffentlichte ab 1912, zumeist in seinem eigenen Verlag, ausschließlich antisemitische Schriften, darunter das Buch Deutschland für die Deutschen. Vorarbeiten zu Gesetzen gegen die jüdische Ansiedlung in Deutschland (1912) sowie die (1915 verbotene) Zeitschrift Antisemitisches Rüstzeug (bis 1923 Eiserner Ring), in dessen ersten Heft zu lesen ist: Es ist geradezu als locus communis zu bezeichnen [. . .], daß die Juden als ein Völkergift wirken, dass sie genau wie die Mispel auf dem Baum ihre Wirtsvölker aussaugen, das Staatsgefüge unterwühlen, den Volksorganismus zersetzen, die Sittlichkeit vergiften. 136 Zum Dresdener Kreis um Langbehn gehörte des Weiteren der völkische Schriftsteller Max Bewer (1861 − 1921). Er war Ende der 1880er Jahre in einschlägigen Kreisen mit einer antisemitischen Hetzschrift gegen den jüdisch-dänischen Nietzscheentdecker Georg Brandes bekannt geworden, mit dem er zuvor in Kopenhagen so heftig in Streit geraten war, „ dass er für acht Tage ins Gefängnis musste. “ 137 Bewer machte auch im Fall Langbehn diesem seinem Image alle Ehre und veröffentlichte anonym eine Jahrzehnte lang irrtümlich 138 Langbehn zugeschriebene Verteidigungsschrift mit dem Titel Der Rembrandtdeutsche. Von einem Wahrheitsfreund (1892). Ihr Inhalt: Hasstiraden gegen Langbehn-Gegner, bis hin zu der Forderung, zuerst „ den Schrott der Professoren und den Mist der Juden “ wegzuschaffen. Doktor Bewers Diagnose war klar: Die Juden hassen alles, was gut und groß und deutsch ist; darum hassen sie auch Bismarck und den Rembrandtdeutschen. 139 Noch einmal sei es gesagt: So nicht Langbehn, sondern Bewer, der damit indirekt zugleich Propaganda machte für seine zu jener in anderen eigenen Schriften unterbreiteten These, der Sturz Bismarcks sei ein „ jüdisches Komplott “ 140 gewesen. Beachtung in einschlägig interessierten Kreisen fand Bewer auch mit seinen Auslassungen zur Ritualmordlegende (zwischen 1892 und 1895) 141 bis hin zur offenen Empfehlung von Judenpogromen „ wie im Mittelalter oder im zeitgenössischen Russland. “ 142 Erwähnt sei auch Bewers für völkisch-religiöse Nazis später wichtig gewordenes Machwerk Der deutsche Christus (1907), das zum Projekt der „ Germanisierung des Christentums “ 143 beitrug. Es ging in Richtung der Ambitionen Hermann Burtes (Der ewige Deutsche [1912]; s. S. 43 ff.) sowie Artur Dinters (Die Sünde wider das Blut [1918]; s. S. 153 f.), beide Romane Julius Langbehn und seine Freunde Heinrich Pudor & Max Bewer 101 <?page no="102"?> wurden in der Jugendbewegung viel gelesen. Nimmt man noch Bewers Bellizismus und die kriegsverherrlichenden Lieder auf Wilhelm II. sowie Hindenburg und Ludendorff hinzu, 144 liegt das Fazit Thomas Gräfes nahe: Bewer [hatte] einiges zu bieten, das dem jugendbewegten Zeitgeist punktgenau entsprach: Bismarck-Verehrung, Kulturpessimismus, Antimodernismus, Heimatkitsch sowie religiöse und mystische Schwafelei. 145 Hierzu passt Walter Laqueurs 146 Beobachtung (von 1962), Bewer sei nebst Wilhelm Jordan und Ernst Wachler sowie „ den anderen Säulen der völkischen Bewegung [. . .] im antisemitischen Flügel des Wandervogels viel gelesen “ worden, in der Umkehrung gesprochen: Es überrascht, dass die Kindt-Edition Langbehn diesen Rang, wie einleitend dieses Kapitels gesehen, zugesteht, Bewer aber nicht (ausweislich des Personenregisters aller drei Bände steht sogar seine Existenz in Frage). Vielleicht, so könnte man ja vermuten, liegt dies daran, dass man bei Langbehn leicht erreichen konnte, was bei Bewer kaum machbar ist, von Thomas Gräfe aber gleichwohl in puncto der ihm zugedachten zeitnahen Nachrufe beobachtet wurde: Man entpolitisierte ihn, Bewer, „ als zu Unrecht verkannten Heimatdichter. “ 147 Langbehn stand seinen beiden Freunden Bewer und Pudor in nichts nach. So steigerte er sich - nur einige Beispiele seien genannt, gegen Tendenzen in der neueren Langbehnforschung, 148 ‚ pathologisierende ‘ Argumente ad acta zu legen - in seiner Dresdener Zeit „ immer mehr in eine fruchtlose Opposition gegen seine Fachgenossen und das gesamte Bildungs- und Universitätswesen hinein. “ Schließlich schickte er gar, im Februar 1891, „ sein Doktor-Diplom in Fetzen zerrissen der Fakultät in München zurück, nachdem diese seinem Begehren nicht stattgegeben hatte, die Promotion rückgängig zu machen. “ 149 Von diesem Ungeist zeugt auch jenes von Janz ins Zentrum gerückte Schreiben an Nietzsche, enthaltend einige Talentproben Langbehns, genauer: „ Gedichte und Gespräche “ , die zwar, so ihr Verfasser, „ seitab von meiner eigentlichen Thätigkeit [liegen] “ , aber: „ [F]ür den, der scharf genug sieht, genügt ja ein Haar vom Haupte eines Menschen, um dessen ganzes Wesen zu durchschauen. “ Auch der Rest dieses Schreibens ist voller grenzwertiger, für den Psychiater fraglos aufschlussreicher Formulierungen, wie etwa: „ daß ich ein Freund Ihrer Seele bin und daß ich ein Freund Ihres Selbst werden möchte “ ; „ daß ich ein Mensch bin und weiß, was dies sagen will “ ; nicht zu vergessen und in der Pointe dann doch überraschend: dass Nietzsches Schriften, die er, Langbehn, nur teilweise kenne, aber „ nach ihrem Werthe zu schätzen [glaube] “ , seiner eigenen Geistesrichtung „ durchweg entgegengesetzt “ seien, denn so die denkwürdige Begründung: „ Sie sehen auf die Welt nieder, ich sehe mich in derselben um. “ 150 Nietzsche reagierte weder auf dieses noch auf ein zweites, insistierend gehaltenes Schreiben vom Mai 1886 151 , konnte sich aber im Herbst 1889 seiner Geisteskrankheit wegen nicht mehr wehren, als sich Langbehn Nietzsches Mutter als Nietzscheverehrer vorstellte und die alte Dame vorübergehend mit dem Ansinnen verwirrte, sie möge Nietzsche - selbstredend samt Basler 102 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="103"?> Pension - nach Dresden in seine Pflege überstellen, denn Nietzsches „ zeitweilige nervliche Erschöpfung “ gründe in seiner in den späten Schriften eingenommenen und nur durch Widerspruch und Überredung rückgängig zu machenden „ Kampfstellung gegen das Christentum. “ 152 Diese abstruse Geschichte, 1908 erstmals (von Carl Albrecht Bernoulli 153 ) auf Basis des ihm verfügbaren brieflichen Materials zu Papier gebracht, aber im Ergebnis von Klagen durch Nietzsches Schwester sowie eines Zufallsfundes erst seit 1977 154 dem breiteren Publikum bekannt, ließ selbst Langbehns Freund und Nachlassverwalter Benedikt Momme Nissen recht ratlos zurück; so habe Langbehn im Januar 1891, von ihm um nähere Aufklärung in Fragen des „ sachlichen Verhältnisses “ zu Nietzsche gebeten, lediglich Antworten erteilt vom Typus: „ Nietzsche ist Autokrat, ich bin Aristokrat. “ 155 Wie auch immer: Dieser Teil der Geschichte endete damit, dass Langbehn zumindest Nietzsches Tod im August 1900 brieflich als faktisches Ende seiner Hoffnung akzeptierte, Nietzsche werde seine Meinung über das Christentum ändern und sich selbst als reine Natur, in die zwischenzeitlich der Teufel gefahren sei, restituieren. 156 Langbehns eigene Geschichte endete kaum weniger dramatisch. Ein kapitaler Flop war beispielsweise schon die Folgepublikation 40 Lieder von einem Deutschen (1891), enthaltend Texte mit pornographischer Tendenz, die zu einem Prozess führten, dem sich Langbehn durch Flucht entzog, die schließlich in Wien endete, wo er sich infolge eines Prozesses mit seinem Vermieter - Langbehn hatte im August 1893 im Garten des von ihm gemieteten Anwesens illegal 25 Bäume fällen lassen, „ um dadurch das Haus trockener zu legen “ 157 - finanziell ruinierte. Dokumentiert findet sich dies schon längst, etwa bei Ludwig Gurlitts Bruder Cornelius, der als Jugendfreund Langbehns gilt und in dessen Elternhaus Langbehn vorübergehend verkehrte. 158 Die Stellungnahmen von Literaten zum ‚ Rembrandtdeutschen ‘ nahmen, gefördert auch durch diese Ereignisse, rasch den Charakter von Nekrologen an. 159 Das Übrige besorgten einschlägige, auf Verfolgungs- und Größenwahn hinweisende Zeugnisse von Zeitgenossen. 160 Langbehns Adlatus Nissen 161 trug auch nicht gerade zur Beruhigung der Debattenlage bei, als er über „ Vererbtes “ bei Langbehn nachsann, auch über Erworbenes, vom „ Gelenkrheumatismus “ bis hin zum „ Sonnenstich “ . Seriöser unterlegt ist allerdings der Schizophrenieverdacht des Psychiaters Hans Bürger-Prinz, erstmals 1932 in einem einschlägigen Lehrbuch vorgetragen: Ein gutes Beispiel dafür, wie die ganze komplizierte Erlebnis- und Denkweise eines Schizophrenen in seinen Werken zum Ausdruck kommt und hier ihren Niederschlag findet, ist Langbehn, der Rembrandtdeutsche. 162 Acht Jahre später verfeinerte Bürger-Prinz zusammen mit einer Mitarbeiterin diese Diagnose in einer subtilen ‚ patho-psychologischen Studie ‘ . 163 So weit, so gut, das Problem ist nur: Diese Studie ist in Pädagogenkreisen so gut wie unbekannt. Fast gewinnt man den Eindruck, sie wurde bewusst unterdrückt. Wilhelm Flitner beispielsweise hat sie nie erwähnt, obgleich sie Julius Langbehn und seine Freunde Heinrich Pudor & Max Bewer 103 <?page no="104"?> in jenem wissenschaftlichen ‚ Kränzchen ‘ vorgestellt worden sein dürfte, dem er als auch Bürger-Prinz, damals Direktor der Hamburger Universitätsnervenklinik, angehörten 164 und auf das dieser selbst anzuspielen scheint, wenn er Flitner im Vorwort Dank ausspricht „ für manche wertvolle Anregung. “ 165 Hätte also diese Studie das vergleichsweise positive Langbehnbild, das sich in der Pädagogik über Jahrzehnte hinweg etabliert hat, in einem überaus fragwürdigen Licht erscheinen lassen? Und hat man eben deswegen vom pathologischen Charakter vieler Passagen aus Rembrandt als Erzieher in der Pädagogik bis auf den heutigen Tag so vergleichsweise wenig Aufhebens gemacht und immer wieder lieber eine Erfolgsdenn eine Verfallsgeschichte erzählt? Denn eines ist ja auffällig: Wer das Rembrandt-Buch von vorne bis hinten liest, wird sich wohl kaum mit Monita wie - so Johannes Jung unlängst - „ Unstrukturiertheit und Inkonsequenz “ 166 begnügen können, wie die folgende, gar nicht einmal besonders bösartig herausgegriffene Zeile belegen mag: Wo Genialität ist, da wird auch immer Trivialität sein; wo Berge sind, da werden auch immer Thäler sein; das menschliche Leben ist nur ein Reflex des Erdlebens und die Geschichte nur ein Echo der Geographie. 167 Nicht ohne Recht sprach Leo Berg schon im Jahr des Erscheinens von Rembrandt als Erzieher von einem „ wuseligen, duseligen Buche. “ 168 Denken könnte man auch an Theobald Ziegler, der Langbehn in seiner 1899 erschienenen Epochenbilanz Die geistigen und sozialen Strömungen des 19. Jahrhunderts vorhielt, ein törichtes Buch geschrieben zu haben: Was dieses geistreich sein sollende Geschwätz wollte [. . .], wußten weder der Verfasser, noch die Leser desselben mit Bestimmtheit zu sagen. 169 So betrachtet erforderte es nicht einmal besonderen Mut, als selbst Nissen in seinem Vorwort zur Neuausgabe (50. Auflage) einräumte: „ [D]ie Terminologie des Rembrandtbuches [erhält] durch die sprudelnde Denk- und Schreibweise Langbehns bisweilen eine stark persönliche Färbung. Einige Begriffsbestimmungen schwanken; manche Aussprüche lassen sich als zutreffend wie als unzutreffend deuten. “ 170 Vor diesem Hintergrund ist nun doch noch einmal zurückzufragen nach dem pädagogischen Langbehnbild und dessen Funktion, auch nach den einleitend angeführten Bedeutungszuweisungen und Wirkungsannahmen. Um mit Letzteren zu beginnen: Tatsächlich hatte Langbehns Buch anfangs überaus großen Erfolg und erreichte schon nach einem Jahr 25 Auflagen, verbunden mit einer entsprechend intensiven (Primär-)Rezeption, die sogar eine Einladung Bismarcks im Gefolge hatte. 171 Dabei sollte man allerdings nicht übersehen, dass Langbehn seinem Buch, das anfangs keinen Verleger fand und erst infolge der von einem Freund übernommenen Druckkostengarantie platziert werden konnte, geschickt auf die Sprünge geholfen hatte. 172 Dazu gehörte sein Insistieren auf einem konkurrenzlos günstigen Preis, seine für damalige Verhältnisse 104 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="105"?> ungewöhnlich intensive Vorabwerbung sowie - und dies vor allem - das Geheimhalten seiner Urheberschaft. 173 Denn diese Maßnahme, die bis zur 50. Auflage Bestand hatte - dann erst lüftete Nissen in theatralischer Pose das „ Visier “ , nahm dem ‚ Rembrandtdeutschen ‘ die „ Tarnkappe “ 174 ab - , war in besonderer Weise geeignet, die Neugier des Lesers zu stimulieren und in zwei spektakuläre Richtungen zu lenken: in jene Lagardes und in jene Nietzsches. So sah sich der Langbehnleser auf Lagardes Deutsche Schriften nicht nur auf der letzten Seite werbend hingewiesen, sondern auch schon durch den Untertitel Von einem Deutschen sowie, natürlich, durch den Inhalt, also Sätze wie: Deutsch sein, heißt Mensch sein; wenigstens für den Deutschen; und vielfach auch für andere Völker. Denn es heißt, individuell sein; es heißt, ernst sein; es heißt, fromm sein; es heißt, Gott und dem Göttlichen dienen. Es heißt, leben. 175 Dies war zwar, der Logik nach, nicht wirklich schlüssig, erlaubt aber zumindest die Folgerung, dass Langbehns Buch in die präfaschistische Richtung Lagardes weist, mit ihm also die Deutschtums- und Weltherrschaftsvisionen teilt, ergänzt um einen massiven Antiintellektualismus bei gleichzeitiger Beschwörung einer antimodernen Volkstums- und Kunsterneuerungsprogrammatik. Zuzugestehen ist allenfalls, dass dies zumeist auf einem Niveau geschah, das Lagarde zutiefst ärgerte, wie sein Handexemplar belegt, das, in seiner Handschrift, „ vernichtende Anmerkungen über Langbehns zahlreiche stilistische Mängel [enthält]. “ 176 Nicht zu vergessen, und auch dies dürfte Lagarde an den ersten Auflagen gestört haben: Langbehn war anfangs noch weitgehend frei von Antisemitismus, bedurfte also, aus völkischer Sicht, der Nachhilfe, die ihm denn auch durch Houston Stewart Chamberlain 177 sowie Theodor Fritsch zu Teil wurde. In der 26. Auflage seines Handbuch der Judenfrage (1907) berichtete Fritsch, wie er infolge seiner abschlägigen 1890er Rezension des Langbehn- Buches mit Langbehn korrespondiert habe und das Ergebnis dessen darin bestand, „ daß der Verfasser den späteren Auflagen einen Nachtrag anfügte “ 178 - einen antisemitischen selbstredend, wie Fritsch zugleich dokumentierte und man an den auch später noch von Fritsch 179 gelobten Nachträgen sehen kann. 180 Zu denken ist etwa an den folgenden, der als Ergänzung zu bisher Gesagtem 181 nun erstmals das antisemitische Klischee nachliefert: Sie [die heutigen Durchschnittsjuden; d. Verf.] halten das Gesetz nicht mehr! Ihre Ausbeutungsgier ist oft genug grenzenlos; sie gehen krumme Wege; und ihre Moral ist nicht unsere. Sie würdigen Kunst wie Wissenschaft herab; es zieht sie gern zum Pöbel; sie sympathisieren geradezu mit der Fäulnis. 182 Ob man auch Einschübe wie diese sowie weitere, von Anja Lobenstein- Reichmann 183 herausgestellte, bagatellisieren kann nach dem von Johannes Heinßen vorgeführten Muster ( „ der vormals als nordamerikanisch ausgewiesene Kapitalismus wurde jetzt [. . .] als jüdisch gebrandmarkt “ 184 ), scheint mehr als fraglich. Zu denken gibt hier der Umstand, dass Langbehn sich mit seinem Freund Max Bewer überwarf, „ als er herausfand, daß dieser entschiedene Julius Langbehn und seine Freunde Heinrich Pudor & Max Bewer 105 <?page no="106"?> Antisemit eine jüdische Mutter hatte “ 185 - eine haltlose Annahme übrigens, wie sich später herausstellte. 186 Gleichwohl wurde Bewer noch im völkischen Schriftstellerlexikon Sigilla Veri (1929 − 32) als ‚ Halbjude ‘ geführt. 187 Bleibt noch die Nietzschespur, die sich ja nicht darin erschöpft, dass sich Langbehn als christlicher Therapeut angesichts von Nietzsches - von Langbehn als Gottesstrafe gelesenen - geistigen Zusammenbruch empfahl. Heinßens Annahme indes, Langbehn setze „ Nietzsches Forderung nach einer monumentalischen Historie in die Tat um, “ 188 kann man allein schon deswegen auf sich beruhen lassen, weil jene Form von ( ‚ verehrender ‘ ) Historie in Nietzsche (1874) eher ihren Kritiker denn ihren Propagandisten gefunden hat. 189 Ähnliches gilt für Anja Lobenstein-Reichmann, die, sich auf Joachim Fest 190 berufend, im Blick auf den Langbehn, Wagner, Chamberlain, Fritsch und Dühring angeblich einigenden Glauben an „ die metaphysische Rolle von Kunst und Bildung im Erlösungsprozess der deutschen Gesellschaft “ vom „ Diktum Nietzsches “ 191 spricht. Denn übersehen wird hier, dass der auf diese Weise fast für alles Unheil in der Welt verantwortlich Gemachte diesem Diktum spätestens 1878 Valet gesagt hatte 192 - mit Folgen im Spätwerk, die im Übrigen von bei Lobenstein-Reichmanns Referenzautor Fest deutlich angesprochen werden. 193 Zuzugestehen ist allenfalls, dass Langbehns Ausgangsthese an den frühen Nietzsche der Bildungsvorträge von 1872 erinnert, insofern auch bei Langbehn die Rede ist von einem „ rapiden Verfall “ des geistigen Lebens zugunsten eines um sich greifenden „ Spezialismus “ . Ähnlich wie Nietzsche geißelt auch Langbehn die „ historische, alexandrinische rückwärts gewandte “ Bildung, die ihr Absehen weit weniger darauf richte, „ neue Werthe zu schaffen, als alte Werthe zu registriren. “ 194 Offenbar hatte Langbehn diesen Einstieg bewusst gewählt und als Teil seiner den Leser auf die Spuren Nietzsches setzenden Strategie verstanden. Dafür spricht auch der aphoristisch gehaltene Charakter der Schrift sowie der Titel Rembrandt als Erzieher, der deutlich auf Nietzsches Schopenhauer als Erzieher (1874) anspielt. Entsprechend wurde mancherorts gemutmaßt - auch wegen des geheimnisumwitterten Auftritts von Langbehn in Naumburg bzw. Jena im Herbst 1889 - , es handele sich beim Buch Rembrandt als Erzieher in Wahrheit um das Vermächtnis des kurz zuvor unter spektakulären Umständen in geistige Umnachtung gesunkenen Dichterphilosophen, an dessen Schicksal die Öffentlichkeit gerade damals allerhöchstes Interesse zu nehmen begann. Langbehn beließ es allerdings nicht dabei, sondern er verwies auch im Text selbst auf Nietzsche (sowie Lagarde), verbunden mit dem Zusatz, es handele sich hier um „ farbige und individuelle Größen “ , die „ den jetzigen Deutschen so gut wie unbekannt “ seien und „ die erst das 20. Jahrhundert neben Bismarck Moltke Wagner Böcklin “ stellen werde, zumal sie das „ Knochengerüst für einen künftigen Bildungskörper “ abgäben. 195 Zeitgenössische Beobachter hatten allerdings in der Regel keine Schwierigkeiten zu erkennen, dass Langbehns Buch dem Denken Nietzsches völlig entgegengesetzt sei. 196 Zu ihnen gehörte Leo Berg, der sich nicht genug darüber empören konnte, dass man „ jenen abstrusen Deutschen mit Nietzsche ver- 106 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="107"?> glichen [hat] “ und ihn gar Nietzsches „ Schüler “ 197 nannte. All dies wäre kaum der Erwähnung wert, wenn nicht in neuerer Zeit immer wieder zu lesen wäre, dass Langbehn „ einer der Vermittler der Philosophie Nietzsches an das deutsche Publikum “ 198 war bzw. seine geistige „ Nähe “ zu Nietzsche „ allzu deutlich “ 199 resp. „ keineswegs bloß zufällig “ 200 sei. Selbst Johannes Heinßen verbuchte Langbehn noch 2009 als „ Eisbrecher “ für die Kulturkritik Lagardes und „ vielleicht sogar für die Schriften Friedrich Nietzsches. “ 201 Schon einmal wurde übrigens ähnlich argumentiert, nämlich nach 1933, als Langbehn vielen „ als einer der Herolde des Reichs “ 202 galt und seine Nähe zu Nietzsche zumal von nationalsozialistischen Nietzschefreunden mit den nun üblichen ideologischen Vorzeichen umschrieben wurde. 203 Das Ganze endete in dem Befund des sich 1934 als Hitleranhänger bekennenden (ehemaligen) Neupfadfinders Karl Rauch: „ Von Lagarde führt ein gerader Weg über den Rembrandtdeutschen zu Nietzsche. “ 204 Spätestens dies nun allerdings sollte zu denken geben und zur differenzierenden Analyse des Problems verpflichten, das der Name Lagarde in sich birgt. Für dieses Kapitel wollen wir nur den Befund festhalten, dass Langbehn, sollte sein Buch Rembrandt als Erzieher wirklich, wie einleitend referiert, in vielen Wandervogelgruppen beliebtes Vorlesebuch gewesen sein, vermutlich viel Schaden an Geist und Seele angerichtet hat. Diese Wirkung kann man nur kleinreden, wenn man, wie gleichfalls in der Kindt-Edition beobachtbar, den Inhalt dieses Buches und die Intentionen Langbehns in dem Satz zusammenschnurren lässt, er „ wollte den Materialismus in Deutschland bekämpfen und die Deutschen zu einer sozialen, kulturellen und politischen Erneuerung anleiten. “ 205 Dies klingt geradezu rührend, wie ein harmloses Passe partout. Kritisch betrachtet steht es für pure Ideologie, ähnlich wie das in der Pädagogikgeschichte gängige Verschweigen der Pathologie Langbehns im Dienste des Beschweigens der dunklen Seite der um Langbehn betriebenen Idolatrie. 3. Paul de Lagarde: Ein „ Vorläufer des Nationalsozialismus “ , der schließlich doch noch seine Rekruten fand Paul de Lagarde (1827 − 1891) 206 war ev. Theologe und (seit 1866) Professor für Orientalistik in Göttingen. Seinem Biographen Ulrich Sieg gilt er als beides: als „ Ikone der Jugendbewegung “ 207 und als einer der zentralen „ Vordenker des Nationalsozialismus. “ 208 Dies ist eine Kombination, die Veteranen der Jugendbewegung mitunter, wie wir noch sehen werden, irritiert und dazu veranlasst, das zuletzt genannte Attribut in Vergessenheit zu bringen. Dass dies nicht so einfach ist, zeigt Lagardes Einfluss auf andere jener zugleich auch für die Jugendbewegung wichtigen Vordenker, wie etwa Friedrich Lange (s. S. 52), der ihn schon von seinem Studium in Göttingen her kannte. 209 Aber auch der herausgehobene Rang von Lagardes Schriften in Hitlers Bibliothek 210 gibt zu Paul de Lagarde: Ein „ Vorläufer des Nationalsozialismus “ 107 <?page no="108"?> denken, ebenso wie Alfred Rosenbergs Der Mythus des 20. Jahrhunderts (1930) und das hier nachlesbare Lob: Ein Seher [Lagarde; d. Verf.] hatte mitten im Schwelgen über das Zweite Kaiserreich den germanischen nordisch-abendländischen Traum niedergelegt und fast allein arteigene Ziele aufgestellt. 211 Vor diesem Hintergrund muss das über Jahrzehnte hinweg zumeist sehr positive Lagardebild in der Jugendbewegung irritieren, beginnend bei Else Frobenius: Lagarde, so meinte sie 1927, sei ein „ hervorragender Zeitgenosse “ , ihm sei der Hinweis zu danken, „ daß deutsches Wesen noch nicht endgültig geprägt sei, sondern erst zur Wahrheit und Wirkung kommen müsse. “ 212 Dies klingt ganz nett, hat aber mit Wahrheit (über Lagarde) weit weniger zu tun als mit Wirkung (resp. einer Wirkungsabsicht der Autorin). Dies gilt auch - um gleich zum Ende dieser unerquicklichen Reihe zu kommen - für einen Lagarde- Bewunderer wie das ehemalige NSDAP-Mitglied Karl Epting (s. S. 35 f.), der noch 1968 unbelehrbar zornig monierte, „ die Jakobiner “ hätten auf Lagarde heute „ ein Verdikt gelegt. “ 213 Angesichts von so viel Einvernehmen mit der damaligen Meinungsbildung in rechtsradikalen Kreisen wollte offenbar auch die Kindt-Edition nicht zurückstehen. Im Ergebnis dessen erfahren wir aus der im nämlichen Jahr vorgelegten Lagarde-Kurzbiographie im zweiten Band dieser Edition, Lagardes „ kulturpolitische Deutsche Schriften (1878 − 1881) [fanden] nach der Reichsgründung 1871 in den gebildeten Schichten Deutschlands große Beachtung und [machten] wegen ihrer kritischen Haltung gegenüber der selbstzufriedenen patriotischen Einstellung der ‚ staatserhaltenden ‘ Kreise des Bürgertums auch auf die Jugend starken Eindruck. “ 214 Von anderem, etwa von Lagardes Antisemitismus und seiner völkischen Ideologie, ist nicht die Rede, ebenso wenig wie zwei Jahre später im Brockhaus, der lediglich mitzuteilen wusste, der „ falsch verstandene L. “ 215 habe im Nationalsozialismus im hohen Ansehen gestanden. Falsch verstanden? Eine durchaus überraschende Einordnung im Blick auf einen Autor, dem Einsichten zu danken sind wie: Die Juden sind als Juden in jedem europäischen Staate Fremde und als Fremde nichts anderes als Träger der Verwesung. 216 Damit unterschied sich Lagarde in nichts mehr von späteren Aussprüchen Hitlers. Das Lagardebild vieler deutscher Pädagogen blieb davon unbeeinträchtigt - eigentlich wenig überraschend angesichts tendenziöser Quellensammlungen wie jener, die Wilhelm Flitner zusammen mit Gerhard Kudritzki 1961 unter dem Titel Die Deutsche Reformpädagogik vorlegte. Vorauszuschicken ist dabei, dass Flitner - als letzter Beleg darf hier der Essay von Meike G. Werner 217 gelten - in der pädagogischen Historiographie zumeist mit großer Nachsicht behandelt wird. Möglicherweise blieb deswegen unentdeckt, dass der in jener Quellenedition von 1961 218 präsentierte Auszug aus Lagardes Text Über die Klage, daß der deutschen Jugend der Idealismus fehle (1885) offenbar gezielt so 108 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="109"?> ausgewählt wurde, dass das Dargebotene keinen Begriff mehr davon gab, warum man Lagarde als Hitlervorläufer einzuordnen hat - wie zwei Jahre zuvor Harry Pross durch das vierte Kapitel seiner Quellensammlung Die Zerstörung der deutschen Politik (1959) nahegelegt hatte. An einigen Beispielen gesprochen: Aus Pross ‘ Edition erfuhr man, dass - so Lagarde 1885 - ein Volk wie das deutsche, „ welches Katholiken von zweierlei, Protestanten von vielerlei, nicht stammverwandte Juden von ich weiß nicht wie vielerlei Art in sich faßt “ , nicht einig sein könne; dass Deutschland „ sich durch seinen Harem von Idealen dem Spott preisgibt “ ; dass kein anderer als der Teufel die - in Deutschland wichtig genommene - „ Forderung der Toleranz erfunden [hat] “ ; dass in Deutschland in jeder Pfütze ein „ Reptil [sitzt], eigens angestellt zu lügen, wann vortheilhaft befunden wird, lügen zu lassen “ ; dass angesichts dessen zu verlangen sei, „ daß das Ideal einen Herakles riefe, der dies Gezücht und seine Auftraggeber sammt und sonders dahin förderte, wohin sie gehören, zu Brutus und Judas in die unterste Hölle “ 219 - ein ‚ Herakles ‘ , wie man unschwer erkennen kann, der Hitler zu sein sich anheischig machte. Aus Pross ‘ Edition - und wiederum nicht aus jener von Flitner/ Kudritzki - erfuhr der Leser des Jahres 1959 des Weiteren, dass Lagarde derlei in vielfacher Hinsicht erhellende Analysen noch mittels der nicht minder erhellenden Forderung komplettiert hatte: Blick nach Oesterreich und Ungarn. Könnte der deutsche Adler nicht endlich einmal die Halsfedern sträuben, die Flügel lupfen, ein klein wenig nur lupfen, und die funkelnden Lichter da hinüber richten, damit die Leute drüben, welche ohne Geschichte und ohne Leistung so hoch von sich denken, aufhören uns und unsere Brüder zu mißachten? Und bei Pross konnte man auch die kaum anders als kriegstreiberisch zu nennende Formulierung nachlesen: Marschiert Deutschland für Schleswig-Holstein, für Elsaß Lothringen, für - ich sage hier nicht, wofür noch - , stumpfe Naturen werden sofort schneidig, schlaffe sofort spannkräftig. Eine große Zeit erweist sich dadurch, daß die Blinden zu sehen, die Tauben zu hören, die Lahmen zu gehen anheben. Eben dies, so Lagardes gleichfalls von Pross 220 qua Textauszug in Erinnerung gebrachte Pointe, gelte es den Erwachsenen ins Gebetbuch zu schreiben, die einfach umlernen müssten im Blick auf die von ihnen vertretenen viel zu bescheidenen Ideale, die aber auch umlernen müssten im Blick auf die Jugend, denn: Sie will Krieg für ein konkretes Ideal führen, sie will Gefahr, Wagnis, Wunden, Tod, will nicht das Einerlei wiederkäuen, das ihre Großväter bereits gekaut haben. 221 Noch einmal sei es betont: Aus der Edition Flitner/ Kudritzki erfährt man von all dem nichts. So betrachtet bleibt nur die These, dass sie 1961 diesen Lagarde im Gegenzug zu Pross komplett in Vergessenheit zu bringen suchte, gleichsam auch als Service für Werner Kindt, für dessen Edition Flitner im nämlichen Jahre eine ideengeschichtliche Einführung beisteuerte. Paul de Lagarde: Ein „ Vorläufer des Nationalsozialismus “ 109 <?page no="110"?> Spannend ist dabei, dass Flitner durchaus wusste, worum es ging - wie seine Lagardedeutung von 1934 zeigt: Flitner lobte Lagarde hier für die „ Entdeckung des Führertums “ und rechnete es ihm als Verdienst an, richtig gesehen zu haben, „ daß die Jugend zwar aus sich heraus dem Ideal Gehorsam gibt, daß aber das Ideal von Männern gelebt werden muß, die der Jugend Aufgaben zeigen, von denen sie selbst erfüllt sind. “ 222 Mit dem Geist der Meißnerformel war derlei, wie wir noch genauer sehen werden (s. S. 175 ff.), nicht mehr vermittelbar, wohl aber mit dem Geist der damals anhebenden NS-Zeit. Wenig überraschend also, dass Flitner 1934 vom „ verpflichtende[n] einheitliche[n] Stil “ redet, der sich im „ Reich der Sitte “ darbiete, von der „ Wiedergeburt deutscher Art “ in Gestalt eines Heraustretens „ aus den Lebensgewohnheiten einer rationalistischen, ungläubigen, bildungsübersättigten Zeit, die von Maschinen, Erwerbskampf, Genußsucht, Massendasein um ihre Seele gebracht war. “ 223 Flitner ließ diesen seinen kaum verschlüsselten Abgesang auf die ‚ Systemzeit ‘ resp. die Weimarer Epoche ausklingen mit der Beschwörung des „ Ideal[s] des bündischen Menschen “ sowie mit den Worten: Es ist ein eigentlich deutsches Gewächs, durch den Sturm und Drang, die Klassiker und Freiheitskämpfer vorbereitet, seit Lagarde und der pädagogischen Bewegung um 1900 vorbereitet, durch die aufbrechende Jugend und das bewußte Frontkriegertum verkörpert und nun bereit, eine Volksordnung der nationalen Gesittung und der sozialen Verbundenheit aller Stände, Schichten, Ordnungen des deutschen Volkes zu begründen. 224 So O-Ton Flitner 1934 - der es eigentlich hätte nahelegen müssen, die Jugend nach 1945 über jene Geister, denen Flitner in der NS-Zeit Folge leistete, gründlich aufzuklären. Tatsächlich schrieb Flitner auch 1962 an Werner Kindt - und dieses von Ulrich Herrmann präsentierte Dokument wird in der Szene sehr gerne zitiert 225 - , dass er sich mit jenem Text „ mitschuldig “ gemacht habe. Als Lehre an junge Leute bleibe nur, „ daß man mit den Wölfen nicht nur nicht heulen darf, sondern [. . .] auch nicht einmal ein wenig mit bellen. “ 226 Tatsächlich ist dieser Satz, für sich genommen, ehrenwert - aber eben auch nicht mehr: Nur ein Jahr zuvor hatte Flitner in Sachen Lagarde die Chance auf Aufklärung jener jungen Leute großräumig vertan, indem er, zusammen mit Kudritzki, einen ganz harmlosen Lagarde präsentierte und, folgerichtig im Kontext dieser Quelle, nicht viel mehr für nötig hielt als den Tadel, Lagardes „ Aufruf, man solle der Jugend nationale Ziele darbieten, sie werde dann ‚ marschieren ‘ und keinen Mangel an Idealen mehr haben “ , bleibe „ ganz im Überlieferten befangen. “ 227 Übrigens: Flitner stand damals nicht allein, wie Theo Dietrichs Quellensammlung Die pädagogische Bewegung ‚ Vom Kinde aus ‘ (1963) belegt, die mit der ganz dem Geist Flitners entsprechenden treuherzigen Versicherung aufwartet: In seinen ‚ Deutschen Schriften ‘ [. . .] stellt er [Lagarde; d. Verf.] die deutsche Wesensart dar, zieht daraus Schlüsse für die Mission des deutschen Volkes und übt Kritik an den kulturellen Zuständen seiner Zeit, besonders am Schulwesen. 228 110 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="111"?> Denken könnte man in diesem Zusammenhang schließlich an den Flitner- Schüler Hermann Röhrs, der in seinem Longseller Die Reformpädagogik ( 4 1994) meinte versichern zu dürfen, die „ rassistischen und imperialistischen Nebenzüge “ in Lagardes Schriften seien „ nicht allen, die sich auf ihn beriefen [. . .], bewußt “ gewesen, mit der Pointe, dass jene Lagardebegeisterten dann zu ihrer Empörung mit ansehen mussten, wie „ gerade dieser ‚ harte ‘ Lagarde eine verhängnisvolle Wirkung ausgeübt [hat], die dazu führte, daß auch der Nationalsozialismus ihn als seinen Kronzeugen betrachten durfte. “ 229 Kurz und um auf den Punkt zu kommen: Was in Zeugnissen wie diesen zutage tritt, ist ein wirkmächtiges Kartell, angetrieben von Flitner, der nach 1945 erkennbar erschrak über Autoren wie Lagarde, dem er noch 1934 Reverenz erwiesen hatte, und der nun, etwa 1961 durch extrem selektive Quellenpräsentation, schlicht zu leugnen begann, dass es diesen Autor in dieser Form überhaupt gegeben hat. So betrachtet finden wir uns bei Flitner im Fall Lagarde letztlich nicht in einem hermeneutischen, sondern in einem hermetischen Zirkel wieder. Zuzugestehen ist, dass sich hier und da Ausnahmen abzuzeichnen scheinen von derart begradigend-begnadigender Historie, etwa bei Christa Berg und Ulrich Herrmann im Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte (1991), wo wir lesen: Lagarde polemisierte - wie Nietzsche - gegen alles, was mit der Gründung des Bismarck-Reiches und mit der Kultur der Modernität zusammenhing, und predigte die Rückkehr zum Gesund-Völkisch-Harmonischen, zu den „ heilenden Kräften “ des „ Germanischen “ in Blut und Rasse als neuer „ nationaler Religion “ . 230 Und doch: Womit wir es hier zu tun haben, ist nichts weiter als eine recht gute Zusammenfassung der Intentionen Lagardes, was zugleich meint: der Einschub ( „ wie Nietzsche “ ) entwertet gleich das Ganze. Denn was Berg/ Herrmann übersahen (oder erst gar nicht zur Kenntnis nehmen wollten), ist der Kontext. Hierzu gehört auch der Fall Theodor Fritsch: Die von Nietzsches Schwester und ihr nachfolgenden Herausgebern (wie Alfred Baeumler) über Jahrzehnte hinweg unterschlagenen, immerhin aber seit 1986 in der Colli-/ Montinari- Edition nachlesbaren Briefe Nietzsches vom März 1887 an diesen Hitlervorläufer. 231 Nietzsche äußert hier, dass er über die Bücher von dessen Idol, eben Lagarde, dieses „ ebenso gespreizten als sentimentalen Querkopfs, “ 232 nur lachen könne, deutlicher geredet und mit dem zweiten Brief: dass ihn „ diese Unterwerfung unter ‚ Autoritäten ‘ , welche von jedem besonneneren Geiste mit kalter Verachtung abgelehnt werden [. . .], auf die Dauer ernsthaft erzürnen [könnte]. “ 233 Aus dieser Zeit stammt wohl auch Nietzsches - gleichfalls von seiner Schwester unterschlagenes - Nachlassnotat in Sachen von Lagardes Aufsatzsammlung Deutsche Schriften: [M]an muß schon bis zum letzten Wagner und seinen Bayreuther Blättern hinuntersteigen um einem ähnlichen Sumpf von Anmaaßung, Unklarheit und Deutschthümelei zu begegnen, wie es die Reden an die D<eutsche> N<ation> sind. 234 Paul de Lagarde: Ein „ Vorläufer des Nationalsozialismus “ 111 <?page no="112"?> So also Nietzsches durchaus treffende Charakterisierung des Inhalts einer Schrift, die in der Kindt-Edition, im Einvernehmen mit dem pädagogischen Mainstream, bagatellisiert wird. Dabei kann durchaus zugestanden werden, dass Nietzsche einige Zeit brauchte, um einen kritischen Zugang zu Lagarde zu finden. 235 Für einen Wendepunkt steht das Jahr 1879: In der zweiten der Schriften, die er nach seiner Trennung von Richard Wagner verfasste, beantwortete Nietzsche die von diesem aufgeworfene und hoffnungsfroh an Lagarde weitergereichte Frage ‚ Was ist deutsch? ‘ mit einem spöttischen, aber vielsagenden „ Gut deutsch sein heisst sich entdeutschen. “ 236 Damit war der Tendenz nach jener Kommentar vorweggenommen, mit dem Nietzsche 1887, wie eben gesehen, Lagardes Aufsatzsammlung Deutsche Schriften bedachte. Zusammenfassend geredet: Spätestens mit der 1878 zutage tretenden Abwendung Nietzsches von Wagner sind auch Nietzsche und Lagarde als Antipoden zu sehen. Dass Nietzsche recht tat mit seiner Ablehnung von Lagarde, zeigt dessen zumeist fatale Wirkung auf die Jugendbewegung. Vermittelnd tätig war dabei der schon erwähnte Antisemitenführer Theodor Fritsch, der 1911 in Reaktion auf angeblich durch Nietzschelektüre veranlasste Schülerselbstmorde - mit Hans Fallada 237 als einem der Beteiligten 238 - sowie unter Verweis auf Nietzsches 1908 (in verstümmelter Form 239 ) erschienene Autobiographie Ecce homo die Zeit für gekommen hielt, seinen Gegensatz zu Nietzsche zu betonen, den er dem Publikum als „ undeutsche Natur “ und „ frechen Polen “ vorzustellen. In Anspielung auf jene bereits erwähnten Briefe Nietzsches vom März 1887 fügte Fritsch erläuternd noch hinzu: Ich besitze Briefe von ihm, worin er mich wegen meiner nationalen Bestrebungen verhöhnt und Schimpf und Schande auf alles Deutsche häuft. 240 Ersatzweise, so Fritsch ‘ Resümee in der Sache, würde der Rekurs auf Lagarde helfen, „ den heimlichen Zernagern und Untergrabern des Deutschtums “ (wie eben auch Nietzsche) „ das Handwerk “ zu legen 241 - ein Signal, das zumal in völkischen Kreisen der Jugendbewegung in der Folge auf fruchtbaren Boden fiel. Dies könnte für die Wandervogelführerzeitung gezeigt werden, ebenso wie für den auf Otger Gräffs Impuls zurückgehenden Jungdeutschen Bund 242 oder den Deutschen Mädchen-Wanderbund. 243 Denken könnte man aber auch an den Steglitzer Wandervogel Frank Fischer, der 1913, ein Jahr vor seinem Soldatentod in Langemarck, gegen die Versuche, Patriotismus qua Ermahnung zu erwecken, die ‚ Wandervogelweisheit ‘ hielt, dass man „ Geschichtslehren oder gar Gesinnungen “ 244 nicht einimpfen könne, um dem das Lagardezitat anzufügen: „ Sich um Erzeugung patriotischer Gesinnung bemühen, heißt annehmen, daß es überhaupt möglich sei, nicht patriotisch zu sein. “ 245 Wichtig war Lagarde auch für den österreichischen Wandervogel (ÖWV), der sich seit seiner Gründung im Winter 1910/ 11 als „ Teil des nationalen Abwehrkampfes in Alt-Österreich “ 246 verstand. Seinem Ursprung nach wird man ihn wohl getrost als völkisch sowie antisemitisch einordnen dürfen. Schon 112 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="113"?> der ‚ heimliche König ‘ 247 des ÖWV, Fritz Kutschera (1883 − 1914), „ war ein verspäteter Schönerianer 248 und indoktrinierte die Bewegung in diesem Sinne “ - wie sich am Beispiel des (in der Kindt-Edition um seine NSDAP-Mitgliedschaft gebrachten) Völkerrechtlers Norbert Gürke (1904 - 1941) zeigen ließe. 249 So betrachtet überrascht es nicht, dass der ÖWV in seinem Einladungsschreiben zum Meißnerfest 1913 auf die zeitgleich geplante Jahrhundertfeier anlässlich der Völkerschlacht bei Leipzig anspielte, damit den Weg bahnend für die Wiederkehr jungdeutscher Gesinnung, die sich ihre Vorbilder suche im „ Geiste Arndts, Körners und Schenkendorfs, des Freiherr vom Stein und des Turnvaters Jahn, der Urburschenschaft und der Männer der Paulskirche. “ 250 Derlei geistige Mitgift verriet auch das Anfang 1913 in der österreichischen Bundeszeitung Fahrend Volk abgedruckte patriotische Bekenntnis des Bundesleiters Ernst Keil, 251 aber auch sein Nachwort zum freideutschen Jugendtag, veröffentlicht in Jahrgang 1 (1913/ 14) der Zeitschrift Deutscher Volkswart unter dem Titel Völkische Aufgaben der deutschen Jugend. Keil nämlich sah hier „ eine helläugige und scharfhörige, eine aufrechte und willensstarke, eine tatenfrohe und wehrhafte Jugend [. . .] heranwachsen “ , die „ von dem unerschütterlichen Glauben an die Zukunft des Deutschtums erfüllt ist “ und Jugendführern bedürfe, „ die mit den ‚ Grundlagen der völkischen Erziehung ‘ vertraut sein müssten. “ 252 Zumal im Kontext dieses in der Kindt-Edition ignorierten Dokuments kann man das Anliegen Keils wohl kaum dahingehend werten, dass es ihm um die Position eines Deutschösterreichers gegangen sei, „ der die Gefahr des Panslawismus schilderte. “ 253 Zu dieser Art der Bagatellisierung passen die gezielten Auslassungen im Wiederabdruck des erstmals im Juli 1914 in der Wandervogelführerzeitung abgedruckten Aufsatzes des Wiener Lehrers Benno Imendörffer. Er betonte, dass sich seine „ Reformwünsche in den Gleisen Paul de Lagardes bewegen, mit denen Wynekens also schlechterdings unvereinbar sind, “ 254 um im weiteren Argumentgang den „ Kreis um Wyneken “ als „ Organisation zur Bekämpfung und Austilgung deutscher sittlicher Werte “ 255 zu schmähen - eine Wendung, die in der Kindt-Edition 256 ebenso fehlt wie der Zusatz, Wynekens Wiener Bewunderer Siegfried Bernfeld erhebe, seiner jüdischen Herkunft wegen, „ wohl selbst nicht den Anspruch, als Deutscher zu gelten. “ 257 Nicht absehen kann man in diesem Kontext von Hermann Lietz (1868 − 1919), dessen lebenslange Begeisterung für Lagarde vielfach bezeugt ist, zuletzt durch seine Autobiographie. 258 Lagarde wird hier als „ einer unserer größten Propheten und Erzieher “ gelobt, denn, so die denkwürdige Begründung: „ Alles Halbe, Schwächliche, Matte war mir zuwider. “ 259 Ähnlich sah dies Lietz ‘ Nachfolger Alfred Andreesen, 260 der „ schon 1905 einem antisemitischen Studentenbund [angehörte] und später [. . .] dem Kampfbund für deutsche Kultur, der NSDAP und der SA bei[trat]. “ 261 Lietz, dem ein wichtiger Text zum pädagogischen Bezug 262 zu danken ist, inspirierte die Landerziehungsheimbewegung, die als wichtigster pädagogischer Ertrag der Jugendbewegung gilt, mit Wirkungen bis zu Gustav Wyneken (1875 − 1964) und dessen Freier Schul- Paul de Lagarde: Ein „ Vorläufer des Nationalsozialismus “ 113 <?page no="114"?> gemeinde Wickersdorf 263 sowie Paul Geheeb (1870 − 1961) und die gleichfalls als Landerziehungsheim angelegte Odenwaldschule. Auf sie meinte Martin Näf noch 2003 mit einigem Stolz hinweisen zu dürfen, unter Konzentration auf den hier zutage tretenden geradezu vorbildhaften Charakter des ‚ linken ‘ Flügels der „ ansonsten eher konservativen, deutsch-nationalen Landerziehungsheimbewegung. “ 264 Dies war damals wohl etwas vorschnell geurteilt angesichts der 2010 ausgebrochenen - offenbar etwas aus dem Ruder laufenden 265 - Debatte um sexualisierte Gewalt ausgerechnet in dieser Einrichtung. Allerdings hat man das andere, eher politisch ambitionierte Urteil Näfs zu stärken resp. zu konkretisieren, etwa in Richtung Jürgen Oelkers 266 und ausgehend von Lietz ‘ Erstling Emlohstobba (1897): Lietz beschwor hier das ‚ altgermanische Ideal ‘ und begründete die Notwendigkeit der Landerziehungsheimbewegung nicht zuletzt mit dem Hinweis auf „ kommende Stürme “ , denen nur eine körperlich abgehärtete Jugend zu trotzen in der Lage sei. 267 Auch der Plan seines Landerziehungsheims kam der Grundidee nach jenem von Lagarde nahe, hatte dieser doch immerhin schon 1881 gefordert, dass der Staat eigene Anstalten gründen und diese dem Einfluss der Familien entrücken solle, was nur „ in der Einsamkeit des Landlebens möglich “ 268 sei. Und schließlich geht auf Lagarde der für Lietz zentrale Ausdruck „ germanisches Blut “ 269 sowie der entsprechende völkische Vorstellungskomplex zurück - den übrigens schon Walter Hammer übersah bei seinem Urteil von 1914, es gehe Lietz um „ Selbsterziehung der Schüler [. . .] im Sinne Nietzsches. “ 270 Ähnlich argumentierte Wilhelm Flitner 1927. 271 Beiden war offenbar entgangen, dass Lietz an Nietzsche (und anderen Autoren der Moderne) „ vorübergegangen “ 272 ist und sein scheinbar auf Selbsterziehung à la Nietzsche hinweisender Wahlspruch „ Primo vivere, deinde philosophari “ 273 tatsächlich auf Langbehn zurückweist, dessen Wertskala Lietz mit den Worten in Erinnerung brachte: „ Einfach, schlicht, natürlich, bieder, wahrhaftig, fromm und treu. “ 274 Folgerichtig betrieb Lietz alles andere als eine ‚ Umwertung der Werte ‘ à la Nietzsche, sondern hielt an einem Wertekanon fest, der alles umfasste, was lieb und teuer ist sowie, nicht zu vergessen: für die Neubegründung einer „ Epoche echt germanischer Erziehung “ 275 funktionalisierbar war, im Detail: für eine die Alkoholfreiheit wie Wehrertüchtigung ins Zentrum rückende, familienferne sowie Land nahe ‚ Erziehungsschule ‘ , die sich, auch durch ihre Unterrichtsinhalte - altgermanische und altnordische Sagen - , um „ germanisches Blut “ 276 verdient mache. Auch diesen Terminus entlehnte Lietz von Lagarde, 277 ebenso wie den völkisch-antisemitischen sowie rassenhygienischen Vorstellungskomplex, der sich insbesondere in Lietz ‘ Schrift Des Vaterlands Not und Hoffnung (1919) ausspricht. 278 So betrachtet hatte Alfred Andreesen einige gute Gründe für seinen nach 1933 gewählten Aufsatztitel: Was Lietz pädagogisch erstrebte, hat Hitler politisch durchgesetzt. Ähnlich sah dies offenbar Flitners Kollege Eduard Spranger, jedenfalls im Februar 1939, als Ergebnis seiner Rezension zweier damals neu aufgelegter Texte 279 von Lietz, die er als Beleg dafür las, dass Lietz ‘ Leitlinie, nämlich die „ Pflege wertvollen 114 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="115"?> Erbgutes und rassischer Art [. . .] in der Gegenwart zu einer kräftigen Symphonie “ 280 geworden sei. Natürlich kann man diese Zusammenhänge, wie in der Pädagogik nicht eben unüblich und zuletzt von Rolf Koerrenz 281 vorgeführt, an den Rand drängen, um Lietz ersatzweise als einen Pädagogen in Erinnerung zu bringen, der „ primär am Wohlergehen und an der harmonisch entfalteten Individualität seiner Zöglinge interessiert “ 282 gewesen sei und eine sozialpädagogisch anspruchsvolle Reaktion „ auf die ‚ unpädagogische ‘ Wirklichkeit der Schulen, speziell der Gymnasien, “ in Vorschlag gebracht habe. 283 Mit Aufklärung freilich hat dies nichts zu tun, eher schon mit Fortsetzung jener Desinformation, die 1968 im zweiten Band der Kindt-Edition ihrem ersten Höhepunkt zutrieb mittels des Eintrags (zu Lietz): Einfachheit des Lebens, Gruppenerziehung, praktische Arbeit und Naturerlebnis sollten die geistige Arbeit ergänzen, zur Bildung der Gesamtpersönlichkeit führen und zur Betätigung in der sozialen Gemeinschaft befähigen. 284 Dass die Sache doch etwas komplizierter ist, zeigt das Beispiel des bereits im Artamanenzusammenhang (s. S. 53) kurz angesprochenen „ Dichters der Jugendbewegung “ 285 Georg Stammler (1872 − 1948). 286 Ihn, den Bernhard Just im entsprechenden Abschnitt der Kindt-Edition 287 unkritisiert lässt, kann man zusammen mit Theodor Scheffer (1872 − 1945) 288 getrost verorten „ in der Reihe der Lagarde, Langbehn, Moeller van den Bruck als Rufer zu einer Deutschheit, die Hitler erst möglich gemacht hat. “ 289 Ursprünglich Buchhändler (und Verleger) in Wickersdorf und in der Gartenstadt Hellerau, betätigte sich Stammler ab 1913 vorwiegend schriftstellerisch sowie erwachsenenbildnerisch, mit der Folge, dass ihn Bruno Tanzmann 1921 als „ unseren ersten Führer “ 290 würdigte. Stammler agierte als Mitglied im Deutschbund und im 1920 von Artur Mahraun (1890 − 1950) gegründeten Jungdeutschen Orden 291 , dessen „ ständestaatliche Sozialromantik “ 292 Mahraum nach 1945 bis zu seinem Tod als Alternative zur Bonner Parteiendemokratie zu etablieren trachtete. Mahrauns Orden gehörte auch Walter Gross (1904 − 1945) an, der spätere Leiter des Rassepolitischen Amtes der NSDAP. 293 Im gleichen Jahr wie Gross (1925) trat auch Stammler der NSDAP bei, nachfolgend wurde ihm das goldene Ehrenzeichen der HJ verliehen. 294 1928 trat Stammler als Herausgeber der Schriften für neues Volkwerden (Obertitel: Werk und Schau) hervor und betrieb bei dieser Gelegenheit Propaganda für sein Richtwochenwerk, eine Art Lebensschule mit einbis zweiwöchigen Vollzeit-Turnus an wechselnden Orten, das in der Hauptsache von der Idee getragen war, „ dass wir [. . .] alles das, was einmal als deutscher Staat, deutsche Wirtschaft, deutsche Gesittung neu in die Welt treten und an ihr mitbauen soll, zuerst in uns selbst vorbauen und als Kraft zubereiten müssen. “ 295 Ähnlich sah dies der seit 1917 mit Stammler befreundete Volks- und Oberrealschullehrer Friedrich Schöll. Er trat 1918 zusammen mit Bruno Tanzmann und Theodor Fritsch dem Deutschbund und dem Deutschen Orden Paul de Lagarde: Ein „ Vorläufer des Nationalsozialismus “ 115 <?page no="116"?> bei. Außerdem sind für Schöll - allerdings nicht in der Kindt-Edition - Mitgliedschaften im Hammerbund, im Deutschen Arbeitsbund, im Bund für deutsche Erneuerung (Vorsitzender), im Bund völkischer Lehrer (1926) sowie in NSLB, NSDAP (1937) und in der Nordischen Glaubensgemeinschaft (1941) verzeichnet. Ab 1921 nahm Schöll an „ nationalsozialistischen Veranstaltungen und Parteitagen “ 296 teil. Dies war folgerichtig im Geiste seiner These von 1918, es gelte, „ den Alberichgeist, das Teuflische, Selbst- und Geldsüchtige unter uns zu bekämpfen und zu vertilgen und seine Träger zu erlösen durch Eingliederung in eine starke Führerordnung, eine Herrschaft der Besten. “ 297 Diese These gab den Kern ab für den wenig später von Schöll propagierten Aufruf des Deutschen Arbeitsbundes, der sich durch seine Anleihen beim Siedlungs- und Gemeinschaftsgedanken sowie bei Formeln wie der vom ‚ neuen Menschen ‘ die Überwindung des Kapitalismus ebenso erhoffte wie die des „ Klassenkampfwahns. “ 298 1925 gründete Schöll das völkische Landerziehungsheim Vogelhof, dessen pädagogisches Programm Jürgen Oelkers 2011 auf den - vielleicht etwas zu flotten - Begriff brachte: Sexuelle Enthaltsamkeit wurde als höhere Form der Lebensführung verstanden, Erziehung sollte identisch sein mit ‚ Bestenhochzucht ‘ und die Nacktkultur diente der Paarung von ‚ Gesunden und Starken ‘ . 299 Im Vogelhof leitete Schöll zwischen 1925 und 1934 jeweils im August mit insgesamt eher geringer Resonanz zweiwöchige ‚ Arbeitsgemeinschaften ‘ , um die „‚ Revolution des nordischen gegen den südlichen Menschen ‘„ und den „ endzeitlichen Kampf gegen den ‚ Antichristen ‘ in Gestalt der Freimaurer, der katholischen Kirche und des Judentums “ 300 voranzutreiben. Als Referent wirkte dabei auch Paul Krannhals, Mitbegründer von Alfred Rosenbergs Kampfbund für deutsche Kultur (1929), Mitglied der Deutschen Glaubensbewegung (1933) und Herausgeber eines Beiblatts der nationalsozialistischen Zeitschrift Die Bewegung (1930/ 31) sowie Mitherausgeber der völkischen Zeitschrift Die Sonne (1934). 301 Schöll selbst redigierte die Rundbriefe vom Vogelhof (bis 1935), bot 1936 an, „ aus den Landerziehungsheimen ‚ Zuchtstätten nordrassischer Kinder ‘ zu machen “ 302 und war danach Redakteur der Zeitschrift Wille zum Reich (1941 verboten) mit dem Ziel, den Nationalsozialismus religiös auszudeuten. So galt ihm 1937 als Sünde „ nicht die Unvollkommenheit des menschlichen Handelns und Wollens, sondern das ‚ Nichtglauben ‘ an die „‚ göttliche Berufung ‘ des deutschen Menschen, der Welt das Heil zu schaffen. “ 303 Auch der gemeinhin bei Jugendbewegungsforschern als „ sehr renommiert “ 304 geltende Verlag von Eugen Diederichs (1867 − 1930) lässt sich in seinem Programm von Lagarde aus besser begreifen. Selbstredend hatte Diederichs Lagarde, in Konkurrenz mit seinem Kollegen Erich Matthes, im Programm, ebenso wie Diederichs Ehefrau (seit 1916), die - später Hitler verfallene - ‚ Blutund-Boden ‘ -Lyrikerin Lulu von Strauß und Torney (1883 - 1956) sowie deren Gesinnungsgenossin Agnes Miegel (1879 - 1964), die sich laut Schirachs Nach- 116 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="117"?> folger Artur Axmann (1913 - 1996) bis zu ihrem Tod von BDM-Führerinnen betreuen ließ. 305 Zentraler und wichtiger für Jugendbewegte war aber Edwin Erich Dwinger (1898 − 1981), 306 nach Selbstauskunft 307 von 1912 bis 1914 Wandervogel in Kiel und ab 1925 bis zur Selbstauflösung 1933 in der Deutschen Freischar. Dwingers antibolschewistische Tragödie Zwischen Weiß und Rot (1930) lag schon im Jahr des Erscheinens - zugleich Diederichs Todesjahr - im 20. Tausend vor und markierte damit einen Trend: den des Booms völkischer Belletristik ausgerechnet am Vorabend der Bücherverbrennungen. 308 In der NS- Zeit, die Dwinger durch Fortfall etablierter Konkurrenz auch fiskalisch zugute kam, 309 machte er, nun in seiner neuen Rolle als ‚ Reichskultursenator ‘ und ‚ Erbhofbauer ‘ , mit seinem Freikorpsroman Die letzten Reiter (1935) Furore im Leseerleben des damals fünfzehnjährigen Harry Pross. 310 Dwinger war für Diederichs - neben Hans Friedrich Blunck (1888 − 1961), Präsident der Reichsschrifttumskammer (von 1933 bis 1935) 311 - ein Trumpf im Zuge des Ausbaus völkisch-nationalistischer Belletristik. 312 Lagarde hingegen war ihm der zentrale Ideologe, 313 wie allein schon der Umstand belegt, dass im Zentrum der vom Verlag verwendeten Kopfbögen noch 1916 der Lagardespruch prangte: „ Gäbe es wenigstens Verschworene unter uns, einen heimlich offenen Bund, der für das große Morgen sänne und schaffe . . .! Wir sind es müde mit Geschaffenem und Gemachtem abgefunden zu werden. “ 314 Um welche Botschaft Lagardes es Diederichs vor allem ging, zeigt der Umstand, dass er eine in seinem Verlag unter dem Titel Deutscher Glaube, Deutsches Vaterland, Deutsche Bildung erschienene Auswahl aus Lagardes Schriften 1921 in der völkischen Jugendbewegungszeitschrift Der Bund mit den Worten bewarb: Kein Mann des 19. Jahrhunderts hat tiefer die Wurzeln einer deutschen Kultur erfaßt und keiner hat klarer die großen Schäden des neuen Deutschland, aber auch den einzigen Weg zur Rettung und Wiedergeburt gesehen, als Paul de Lagarde. 315 Von hier aus betrachtet überrascht es nicht, dass Diederichs, der in entscheidender Funktion mitgewirkt hatte an Vorbereitung und Durchführung des Meißnerfestes, 316 schon in seinem ‚ Freundeswort ‘ von 1913 der Forderung nach einer eigenen Jugendkultur mit dem schlichten Hinweis entgegen war: „ Kultur schaffen können nur reife Männer “ , um zu ergänzen: Die Jugendzeit ist die Zeit der Vorbereitung, um aus eigener Fülle des Selbstgewachsenen seinem Tun Inhalt zu geben, sobald die Aufgabe an den Mann herantritt, der großen Ganzheit seines Volkes zu leben. 317 Dies klingt schon deutlich nach Lagarde. Wenig überraschend, dass Diederichs mittels der von ihm begründeten Zeitschrift Die Tat einem bunten Spektrum von Stimmen antisemitischer, völkischer sowie sozialistischer Ausrichtung ein Forum bot, 318 das sich um Oswald Spengler gruppierte, 319 welcher sich als - von Förster-Nietzsche hofierter 320 - Nietzschevollender missverstand. Tatsächlich aber produzierte Spengler, der vor allem dem Antiurbanismus (s. S. 130 ff.) sowie dem Antiintellektualismus (s. S.135 ff.) der Jugendbewegung Auftrieb Paul de Lagarde: Ein „ Vorläufer des Nationalsozialismus “ 117 <?page no="118"?> gab, letztlich nur „ unfreiwillige Parodien auf Nietzsche “ 321 und trug mittels seiner Vision eines ‚ Imperium Germanicum ‘ dazu bei, den ‚ Tat-Kreis ‘ zu einem „ rechtsgerichteten politisch-kulturellen Zirkel “ 322 mutieren zu lassen, mit dem späteren (1962 - 1969) Münsteraner Philosophie-Ordinarius Ernst Wilhelm Eschmann (1904 - 1987) - im Krieg Leiter der Marseiller Zweigstelle von Karl Eptings (s. S. 35 ff.) Pariser Institut - und dem späteren (1954 - 1970) Christ-und-Welt-Chefredakteur Giselher Wirsing (1907 - 1975) als entscheidenden Protagonisten. Die Versicherung in der Kindt-Edition, dieser Kreis habe der „ weltanschaulichen Erneuerung “ 323 gedient, verdunkelt diese Zusammenhänge, ebenso wie das Verschweigen der NS-Vergangenheit und NSDAP- Mitgliedschaft von Eschmann wie Wirsing in den dazugehörenden Kurzbiographien. Grund genug, die Aufklärung nun erst recht weiterzutreiben, diesmal allerdings nicht mehr orientiert an den (angeblich) zentralen Ideologen, sondern an den wichtigsten Ideologien. 118 4. Kapitel - Über die angeblichen Ziehväter der Jugendbewegung <?page no="119"?> 5. Kapitel Ein Kessel Braunes? Über einige ausgewählte Ideologeme auch schon des Steglitzer Wandervogel In Anbetracht des bisher Berichteten ist es ein Trost, dass zumindest die neuere historische Forschung, als wolle sie Harry Pross und Walter Laqueur im Nachgang rehabilitieren, nicht mehr in Frage stellt, dass schon lange vor dem Ersten Weltkrieg - so Uwe Puschner 2001 in seiner wegweisenden Habilitationsschrift - der „ ideologische Nährboden, die organisatorischen Voraussetzungen und das propagandistische Instrumentarium für Nationalsozialismus und Rechtsradikalismus “ 1 vorlagen. Auswirkungen sind dabei zu notieren im Bereich der Vorkriegsjugendbewegung, wie Puschner mit Hinweisen auf deren Teilhabe an „ völkischer ‚ Kleinarbeit ‘„ im Sinne der „ Pflege und Reinigung der deutschen Sprache “ 2 zeigt. Aber auch an den kurz vor dem Krieg um sich greifenden Antisemitismus und Antislawismus ist hier zu denken. Beide Ideologeme galten in völkischen Kreisen als Teile einer nationalen Abwehrbewegung im Geistigen angesichts von Gegnern wie Liberalismus, Kosmopolitismus sowie Sozialdemokratie. Puschner ging sogar soweit, diesen Krieg zur „ ultima ratio der völkischen Rassenideologie “ 3 zu deuten. Die Folgerung daraus lautet, dass „ die Darstellung und Analyse des ‚ präfaschistischen Dschungels um 1900 ‘“ 4 einbezogen werden muss. In pädagogisch gebräuchlichere Denkfiguren übersetzt, klingt das Ganze wie ein kritisch gewendetes Forschungsprogramm zum affirmativen Versuch Herman Nohls, 5 die Jugendbewegung als Teil einer sog. ‚ Deutschen Bewegung ‘ auszuweisen, in den Worten seines Schülers Erich Weniger: Historisch gesehen ist die moderne Jugendbewegung eine Epoche in der ‚ Deutschen Bewegung ‘ , im Kampf um die Gestaltwerdung des deutschen Geistes gegen die durch Überfremdung, Rationalisierung und Intellektualisierung des Lebens eingetretene Volkszerstörung. 6 Wenn Weniger recht hätte - und vieles spricht nach dem bisher Gesagten dafür - , wird auch sofort klar, warum Nietzsche für die so verstandene Jugendbewegung letztlich ohne jedes Interesse war: Seine Absicht war, zumindest nach seiner Befreiung aus dem ihn vorübergehend übermächtigenden Einfluss Richard Wagners, 7 eher diametral dazu angelegt, wie exemplarisch das folgende Zitat von 1876/ 77 belegen mag: Man soll gar nicht mehr hinhören, wenn Menschen über die verlorne Volksthümlichkeit klagen (in Tracht Sitten Rechtsbegriffen Dialecten Dichtungsformen usw.). Gerade um diesen Preis erhebt man sich ja zum Über-Nationalen, zu allgemeinen <?page no="120"?> Zielen der Menschheit, zum gründlichen Wissen, zum Verstehen und Geniessen des Vergangnen, nicht Einheimischen. - Kurz, damit eben hört man auf, Barbar zu sein. 8 Mit Nietzsche betrachtet ist der Jugendbewegte, der sich via Nohl/ Weniger um die ‚ Gestaltwerdung des deutschen Geistes ‘ bemüht, also kaum mehr als ein ‚ Barbar ‘ . Und an welchen seiner Ideologeme sich dieses ablesen lassen müsste, deutet Wenigers Auflistung von Schrecknissen wie ‚ Überfremdung ‘ , ‚ Rationalisierung ‘ , ‚ Intellektualisierung ‘ und ‚ Volkszerstörung ‘ zumindest an. Noch deutlicher wird dies, wenn man, aus Nietzsches Einspruch entnehmbar, Vokabeln wie ‚ Nationalismus ‘ und ‚ Rassismus ‘ hinzusetzt oder sich Michael H. Katers erinnert, der die Verachtung vieler Jugendbewegter für „ Parlamentarismus, Kapitalismus, Bolschewismus und andere Begleiterscheinungen der modernen Industriegesellschaft und andere korrupte Auswüchse der Zivilisation “ 9 geißelte. Auch ein systematisierender Rückblick auf das bisher Erzählte bietet sich an. Zu untersuchen wären dann nämlich vor allem, via Langbehn, auch via Lagarde sowie der Wirkung beider, der ‚ Antisemitismus ‘ (auch als Variante des Rassismus, also in Gestalt von ‚ Rassenantisemitismus ‘ ) und des Weiteren, wenn man an Hans Breuer zurückdenkt: der ‚ Antiintellektualismus ‘ . Schließlich kommt, wiederum via Langbehn und Lagarde, ‚ Antiurbanismus ‘ in Betracht. Nicht vergessen sei schließlich, eingedenk der Tiraden von Lagarde gegen ‚ die ‘ Polen: ‚ Antislawismus ‘ , also das Stichwort, um das es nun geht. 1. Über den Antislawismus. Oder: Warum sich Herr Luntowski eines Morgens seines Namens schämte Der Antislawismus (auch Antislavismus) steht für ein im NS-System wahnhaft entgleitendes spezifisch deutsches Ressentiment, das durchaus älteren Datums ist. Als früher Kritiker gilt Johann Gottfried Herder (1744 − 1803), Urheber der gegenwirkend gedachten Ideologie des Slawismus oder Panslawismus, als Befürworter kommen der Historiker Johann Friedrich Reitemeier (1755 − 1839) sowie der Schriftsteller August Wilhelm Schlegel (1787 − 1845) in Betracht. 10 Für Michael H. Kater gibt der Antislawismus Zeugnis für einen „ tief in der deutschen Volksseele verwurzelten Polenhaß, wie er hauptsächlich im konservativen Preußen jahrhundertelang geschürt worden war. “ 11 Kater dachte in diesem Zusammenhang auch an Max Weber (1864 − 1920), der in seiner Dissertation von 1892 einen „ Rückgang des Deutschtums “ infolge einer Agrarverfassung befürchtete, welche ostdeutsche Gutsbesitzer nötigen würde, der Ersparnis wegen polnische (Saison-)Arbeiter einzustellen. 12 Damit war eine Grundfigur des Antislawismus benannt, die dann auch in der Jugendbewegung, etwa im Soge des Protestes gegen den als ungerecht empfundenen Versailler Friedensvertrag, an Eigenleben gewinnen sollte, mit der Folge, dass es „ von einer antipolnischen Xenophobie, die ursprünglich sozial-ökonomisch fundiert war, zu einem verallgemeinernden Rassenwahn, der insbesondere das Judentum 120 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="121"?> zum Opfer seiner Kritik erwählte, kein weiter Schritt [war]. “ 13 Eng verhaftet war diesem Ressentiment also ein antisemitisches, so wie schon bei Paul de Lagarde (s. S.107 ff.), der unter dem Titel Die nächsten Pflichten deutscher Politik (1885) folgenden Vorschlag unterbreitete: Wir werden den Polen die Grenzen zu ziehen, welche uns die passenden sind: wir werden ihnen die Palästinenser, dieses für jedes nicht fertige Volk tötliche Gift, abschieben: wir werden auch im Osten Polens eine deutsche Provinz einrichten, und sehen voraus, daß Polen schließlich doch germanisiert werden wird. 14 In der Linie dieses Arguments präsentierte Theodor Fritsch in der 1930er Neuauflage seines Handbuch der Judenfrage die Gleichung „ Polen als Judenland “ , getragen von der Unterstellung, dass „ [s]chon seit den ältesten Zeiten [. . .] zahlreiche Juden in Osteuropa lebten, von wo sie einen schwunghaften Sklavenhandel trieben “ - und der daran angeschlossenen Folgerung, dass „ unser deutsches Wort ‚ Sklave ‘ aus ‚ Slave ‘ entstanden ist “ 15 - eine Spekulation auch schon von Schlegel, die nach 1933 Karriere machen sollte. 16 Derlei Assoziationsgewitter spielte schon hinein in den ‚ Berliner Antisemitismusstreit ‘ von 1879, insofern er sich vor allem am Bild des verarmten osteuropäischen Juden entzündete (s. S. 143 ff.). Nietzsche motivierte derlei 1886 zu einem sehr grundlegenden Spott auf die „ bei den Deutschen von Heute “ verbreiteten mal anti-französischen, mal anti-jüdischen, mal anti-polnischen - summarisch gesprochen: anti-europäischen - „ Benebelungen des deutschen Geistes und Gewissens. “ 17 In ähnliche Richtung weist sein zwei Jahre später nachgereichter, geradezu trotziger, in der Sache allerdings unberechtigter Stolz auf den Umstand, von einem „ polnischen Edelmann “ abzustammen, „ dem auch nicht ein Tropfen schlechtes Blut beigemischt ist, am wenigsten deutsches. “ 18 In dieser Weise als Deutscher über ‚ deutsches ‘ Blut (und mithin die ‚ arische Rasse ‘ ) zu spotten und dem allgegenwärtigen Antislawismus durch demonstrative Polenfreundschaft entgegenzutreten, war damals skandalös und wurde denn auch von Nietzsches Schwester zunächst nicht zum Abdruck freigegeben, zumal sie die in diese Richtung weisende Nachfrage des Juden Georg Brandes hellhörig gemacht hatte. 19 Wie klug sie damit gehandelt hatte, wurde nach Veröffentlichung jenes Passus (1908) klar: in Gestalt des nun anhebenden lauten Protestes von Fritsch gegen Nietzsche, den ‚ Polenfreund ‘ . Entsprechend mutig war es von Max Hodann (s. S. 90), 1916 ausgerechnet in der Wandervogelführerzeitung zu Protokoll zu geben, er würde sich „ lieber mit dem Slawen Nietzsche [. . .] [verbünden], als mit dem ersten besten Arier. “ 20 Um damit nun endlich zur Überschrift dieses Kapitels zu kommen: Es war dieser Hintergrund, der den Verleger und Nietzschekenner Eugen Diederichs am nämlichen Ort und im gleichen Jahr auf die Idee brachte, den Lehrer und Nietzschegegner Adalbert Luntowski als „ deutschvölkischen Schriftsteller polnischer Abstammung “ 21 anzusprechen - wohl, um ihm die ganze Widersinnigkeit des Rassearguments vor Augen zu führen. Luntowski hingegen war beleidigt und reagierte mit dröhnenden Schlussworten des Inhalts: „ Viele Über den Antislawismus 121 <?page no="122"?> Deutsche werden Ihnen für Ihre Zeilen dankbar sein. Wir wissen jetzt, wo Sie stehen. “ 22 Privatim hingegen ging er in sich und bevorzugte ab 1918 aus Sorge, erneut als slawisch und mithin per se undeutsch verdächtigt zu werden, das Pseudonym (Adalbert) Reinwald. Unter diesem Namen veröffentlichte er 1918 unter dem Titel Deutscher Geist in deutschem Körper curriculare Leitgedanken für die Volkshochschularbeit, die mit dem Verweis auf die Edda eröffnet wurden. 23 Dieses in vielen Varianten überlieferte, für die Herausbildung der völkischen Weltanschauung zentrale 24 und auch in NS-Lehrbüchern 25 immer wieder beigezogene Kultbuch der nordischen Mythologie war beispielsweise auch für Heinrich Pudor (s. S. 99 ff.) wichtig. Er meinte 1921, es handele sich hierbei um „ das eigentliche heilige Buch der Germanen “ und insoweit um passenden Ersatz für die „ ursprünglich in der Judensprache geschriebene, von Juden und jüdischem Geschehen handelnde Bibel. “ 26 Die Früchte von derlei Zorn, stimuliert durch den verloren gegangenen Krieg und die Gebietsabtretungen, kann man beispielsweise einem bald nach Kriegsende ergangenen Aufruf des ehemaligen stellvertretenden Posener Wandervogel-Gauwarts entnehmen: Ihr Wandervögel im Deutschen Reich, habt ihr schon daran gedacht, daß Tausende Eurer Brüder und Schwestern unter polnisches Joch kommen sollen, unter Slawen, denen nichts so unverständlich und wesensfremd ist wie der Idealismus der deutschen Jugendbewegung? 27 Auch in den Aufrufen zur Artamanenbewegung sind antipolnische Ressentiments beobachtbar, forciert durch Willibald Hentschel, im polnischen Lódz als Sohn eines Textilfabrikanten geboren und 1874 nach Dresden ausgewandert. In ostelbischen Rittergütern, so Hentschel, bräche „ jahraus, jahrein ein Millionenheer von [polnischen] Sommerarbeitern “ ein und fülle „ sich die Taschen, um daheim seine Positionen gegen uns auszubauen. “ 28 Dass Ressentiments dieser Art weit verbreitet und vor allem sehr folgenreich waren, zeigt auch das Beispiel Dietrich Bernhardi (1883 − 1982), einer der ersten Artamanen, 1928 Leiter des Referats Rassenfragen in der Zeitschrift Die Kommenden, nachfolgend NSDAP-Mitglied (1932) und Mitarbeiter im Gauschulungsamt der Gauleitung Thüringen (1944) 29 - Daten, die man in der Kindt-Edition vergeblich sucht. Bernhardi meinte 1928 in Die Kommenden, die Besiedlung Russlands durch Deutsche sei die einzige Möglichkeit, „ um die unter den industriellen Lebensbedingungen zum Untergang verurteilte nordische Rasse [. . .] zu retten. “ 30 Denken könnte man in diesem Zusammenhang auch an Hans Harmsen (1899 − 1989). In der Kindt-Edition wird er als Steglitzer Wandervogel und Mitglied im Jungdeutschen Bund sowie als „ Ehrenpräsident der ‚ Pro Familia ‘“ in Erinnerung gebracht, nicht aber wegen seiner Aktivitäten im Dritten Reich, eine Zeit, die verdunkelt wird durch berufsbezogene Angaben vom Typus: „ 1938 Habilitation. 1942 Dozent für Hygiene in Berlin. Teilnahme am Zweiten Weltkrieg als Hygieniker (Afrika, Russland, Balkan). “ 31 So einfach ist es leider nicht: Harmsen 32 - nur einiges sei hier genannt - schloß sich 1917 dem 122 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="123"?> Jungdeutschen Bund an und profilierte sich in der Folge vor allem als Anhänger des völkischen Projekts der Grenzlandfahrt und beklagte auf der Pfingsttagung der Nordmark in Flensburg 1923 vor Vertretern aller durch den Versailler Friedensvertrag verloren gegangenen Gebiete die „ Qual der deutschen Zerrissenheit “ 33 - woran Karl Thums (s. S. 45 ff.) 1963 wehmütig erinnerte. 34 1929 betonte Harmsen in seiner Eigenschaft als Leitender Arzt für das Gesundheitsweisen der Inneren Mission den „ bedrohlichen Ernst der deutschen Bevölkerungsfrage im europäischen Raum “ auch und gerade aus eugenischer Perspektive und wollte es als Teil der „ völkischen Schutzarbeit “ verstanden wissen, den „ neuen Sinn der Frauenbewegung und der Jugendbewegung “ dahingehend festzulegen, dass der „ Wille zum Kind “ gerade im Grenzraum wirkmächtig werde, denn: Alle Schutzarbeit ist vergeblich, wenn es nicht in absehbarer Zeit gelingt, den schleichend durch Einwanderung [. . .] vordringenden Slawen endgültig einen Grenzwall durch eine ortsfeste geburtenkräftige Bauernbevölkerung, also durch inneren Volksüberdruck, entgegenzusetzen. 35 Nach 1933 entwickelte Harmsen „ Konzepte für den ‚ Volkstumskampf ‘ in osteuropäischen Ländern, die sich in den bevölkerungspolitischen Szenarien des ‚ Generalplan Ost ‘ wieder finden. Dabei betrachtete Harmsen jüdische Bevölkerungsanteile ebenso wie etwa Russen, Letten oder Polen als geschlossene ‚ fremdrassige ‘ Gruppe und separierte sie aus der deutschen Bevölkerung. “ 36 Motivierend für den in diese schreckliche Pointe auslaufenden Antislawismus war auch die ‚ junge Generation ‘ - unter ihnen Theodor Schieder (s. S. 32 f.) 37 , Erich Maschke (1900 - 1982), Rudolf Craemer (1903 - 1941) sowie Werner Conze (1910 − 1986) 38 - um den schließlich doch (1937) emigrierenden jüdischen Hitleranhänger und Königsberger Historiker Hans Rothfels (1891 - 1976). Seit 1929 betreute Rothfels die Expeditionen der Gildenbewegung im Baltikum, der Auffassung huldigend, die „ auslandsdeutschen Minderheiten “ seien als „ irredentistische Vorhut des Reiches “ zu betrachten und die Baltendeutschen hätten aus den „ Letten erst Kulturmenschen “ 39 gemacht. 1932 übernahm er das Protektorat einer Königsberger Ortsgruppe des Vereins für das Deutschtum im Ausland, um in der Folge „ das deutsche Volk als kulturbringendes Herrenvolk “ gegenüber den Slawen „ als Angehörige minderer Nationen “ 40 volkspolitisch in Stellung zu bringen. Dabei bezog sich Rothfels auf Arthur Moeller van den Bruck, auf dessen Freund Max Hildebert Boehm 41 - Idol von Friedrich Heiß (s. S. 47) und Kleo Pleyer (s. S. 32 f.) 42 - sowie auf Hermann Aubin (1885 - 1969), seit 1929 Historiker an der Grenzlanduniversität Breslau. 43 Auf dem Historikertag im August 1932 hielt Aubin neben Rothfels einen der Hauptvorträge, in welchem er gegen die „ kontinuierliche ‚ Überflutung ‘ Deutschlands durch slawische Barbaren “ 44 zu Felde zog. Auch privat pflegte Aubin, im böhmischen Reichenberg geboren, gegenüber Polen und Tschechen „ einen tief wurzelnden, rassistisch begründeten Kultur- Über den Antislawismus 123 <?page no="124"?> dünkel, dem schon die Weigerung Ausdruck verlieh, die polnische Sprache oder die tschechische seinen jugendlichen Umfeldes zu lernen. “ 45 Nicht absehen kann man in diesem Zusammenhang von dem schon von Moeller 46 gelobten Roman Volk ohne Raum (1926) des völkischen Schriftstellers Hans Grimm (1875 − 1959). Dieser überaus erfolgreiche Kolonialroman, der erstmals „ die imperialistischen Züge der Blut-und-Boden-Ideologie [. . .] auf den Begriff brachte, “ 47 hatte zwar mit der Ostthematik an sich wenig zu tun. Andererseits war nach 1933 vor dem Hintergrund der neuen nationalsozialistischen England-Politik ( „ Englands Vorherrschaft in Übersee wurde anerkannt, dafür sollte Deutschland freie Hand im Osten erhalten “ ) nur eine einfache Umfunktionalisierung erforderlich: „ Nicht in Übersee, sondern im Osten war der nötige Raum zu erobern. “ 48 So betrachtet bewährte sich Grimms Roman und die durch ihn populär gewordene Parole als nationalsozialistisches Erziehungsmittel auch im Schulunterricht. 49 Grimm selbst, der der Konservativen Revolution um Oswald Spengler, Arthur Moeller van den Bruck, Edgar Jung, Othmar Spann und Hans Freyer zuzurechnen ist, 50 war zwar nie Parteigenosse, engagierte sich aber nach 1933 in der Reichsschrifttumskammer und wurde noch nach 1945 als Hitler-Anhänger auffällig. 51 Anlässlich von Hitlers 50. Geburtstag (1939) redete Grimm dem „ Vorrecht der Auswahl “ das Wort und malte widrigenfalls den Untergang aller an die Wand: „ Menschenhorden entstanden und entstehen und machen die ratlose Erde häßlich und fressen sie kahl. “ 52 Eine 1937 erstellte Leipziger Dissertation (von Edgar Kirsch) kam denn auch zu dem Ergebnis: „ In diesen drei Fragen: Rasse, Judentum und Arier (= Nordmann) stimmt Grimm mit den Grundsätzen des Führers nicht nur in den Ergebnissen überein, sondern auch in den Überlegungen, die zu diesen Ergebnissen führen mußten. “ 53 Dies wäre vielleicht nicht der Erwähnung wert - wäre Grimm nicht eng mit Flitners Lehrer Herman Nohl befreundet gewesen. Nohls (jüdische und emigrierte) Schülerin und Biographin Elisabeth Blochmann irritierte dies allerdings wenig, 54 wohl auch, weil sie den entscheidenden Sachverhalt außer Acht ließ: Zu eben jener Zeit (1932), zu der Grimm dem Nationalsozialismus bescheinigte, „ die erste und bisher einzige echte demokratische Bewegung des deutschen Volkes “ 55 zu sein, brachte Nohl, seinerseits nicht frei von „ antipolnischen Ressentiments, “ 56 einen Paradigmenwechsel fast à la Grimm in Vorschlag, nur eben nicht in Sachen Kolonien, sondern mit Blick auf den Osten, wo er ein ‚ Raum ohne Volk ‘ sichtete, um vieldeutig und erkennbar motiviert von der Historikerdebatte à la Aubin und Rothfels, vorherzusagen: Gelingt es nicht, den Wall von deutschen Menschen hier zu verstärken und sie mit einem anderen Heimatwillen zu erfüllen, so brechen die Polen wirklich über kurz oder lang dort ein, das braucht nicht kriegerisch zu sein, sondern gewissermaßen rein mechanisch herüberströmend, und kein Rechtsanspruch auf den Boden wird uns helfen, wenn die deutschen Menschen ihn selbst verlassen haben. 57 124 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="125"?> Ein gutes halbes Jahr später, in einem Vortrag auf der ‚ Ostmarkenwoche ‘ der Deutschen Studentenschaft in Göttingen im Februar 1932, war sich Nohl, was die nicht-kriegerischen Absichten der Polen angeht, offenbar nicht mehr so sicher: „ Polen soll das sich am stärksten vermehrende Volk der Welt sein und wird wahrscheinlich in wenigen Jahren ebenso viel Menschen im militärfähigen Alter von 20 − 39 Jahren haben wie Deutschland, “ 58 ließ er sein Publikum unter Berufung auf einen Zeitungsbericht vielsagend wissen. Für Nohl war dies Anlass genug für eine ‚ nationalpädagogische ‘ Neuauslegung der Sozialpädagogik. Langfristig ging es ihm um eine Siedlungsbewegung mit dem Auftrag des Aufbaus einer „ lebendigen sozialen Kultur “ in den „ gefährdeten Bezirken des Ostens “ , getragen von der Überlegung, dass eine „ Lebensfrage unserer Nation “ 59 zur Debatte stehe. Es waren Sätze wie diese, auf die sich die Nohl- Schülerin Elisabeth Siegel (1901 - 2002) bezog, als sie schrieb, man könne derlei heute (1981) nur „ mit Betroffenheit “ lesen, weil Nohl „ über die Unvereinbarkeit zwischen den von ihm skizzierten humanitären Idealen und den Zielen einer völkischen Ostbewegung [. . .] glaubte hinwegsehen zu können oder zu müssen. “ 60 Siegel, die ihrerseits 1937 der NSDAP beigetreten war, war fraglos im Recht mit ihrer Kritik, zumal ihr, infolge eines im Fach immer wieder bagatellisierten 61 Skripts einer Vorlesung vom Wintersemester 1933/ 34 nicht entgangen war, welchen Paradigmenwechsel ihr Doktorvater damals anzuzielen im Begriff stand: weg von der Orientierung am „ Wohlsein des Einzelnen “ hin zur Fokussierung auf jene Erbanlage, „ die sich in der Gesamtökonomie eines Volkes als nützlich erweist. “ 62 Und all dies offenbar nur wegen der ihm via Grimm plausibel gewordenen Forderung, dass „ eine Rassenpolitik mit der Front gegen den Osten “ nötig sei, „ die das weitere Einströmen nicht bloß der jüdischen, sondern auch der slavischen Volkselemente, die den Prozeß der deutschen Rassenbildung stören und die Festigkeit unserer Nationalität lockern, verhindert. “ 63 Man steht als Sozialpädagoge einigermaßen sprachlos vor Sätzen wie diesen - nicht aber unbedingt vor Nohls in den Kontext dieser Vorlesung gehörenden, aber noch in der Weimarer Epoche zu Papier gebrachten Versuch der Herstellung des Einvernehmens mit den völkisch disponierten Teilen der bündischen Jugend, deren zentralen, von Kindt unterschlagenen (s. S. 50) Slogan Nohl denn auch getreulich in Erinnerung brachte: „ Nach Ostland wollen wir reiten! “ Denn hierbei handelt es sich tatsächlich, so Nohl weiter, um eine „ alte Wandervogelsehnsucht in neuer Gestalt, “ 64 beginnend schon mit der Böhmerwaldfahrt des Steglitzer Vorwandervogel von 1899, 65 die als ‚ Grenzlandfahrt ‘ angelegt war und insoweit sowohl völkisch als auch machtpolitisch konnotierbar ist, wie schon das Beispiel Hans Breuer lehrt (s. S. 78 ff.). Noch deutlicher gilt dies für die von Winifred Mogge in Erinnerung gerufene „‚ Ostmarkenfahrt ‘ , auf der Karl Fischer im Oktober 1903 seine Schar durch die Provinz Posen führte mit einer demonstrativen Überschreitung der deutsch-russischen Grenze und der Gründung einer Wandervogel-Ortsgruppe in der Stadt Posen “ 66 - ein, wie Karl Thums 1963 tönte, „ nicht wegzudisputierender Beweis Über den Antislawismus 125 <?page no="126"?> für die schon damals volkspolitisch gesteuerte Wahl solch früher Wanderziele. “ 67 Ganz neue, fatale Bedeutung gewann diese Tendenz nach 1918 unter den Vorzeichen des Irredentismus. Der Begriff ‚ Grenzland ‘ , so beispielsweise Arthur Moeller van den Bruck 1920 im Grenzboten, werde nicht durch die in Versailles definierten Staatsgrenzen festgelegt, sondern durch die „ Grenzen des Volkstumes “ , womit - so ergänzte Karl Haushofer 1924 in der Deutschen Rundschau - das Grenzland zum „ Kampfraum “ 68 für ein um seinen Lebensraum ringendes Volk werde. Texte wie diese, Paul Rohrbachs Buch Deutschtum in Not (1926) mit der hier gepflegten Rede vom „ grenzlanddeutschen Gürtel “ 69 sowie der Roman Grenzland (1921) von Robert Hohlbaum (1886 - 1955) 70 trugen zu dem bei, was Friedrich Heiß 1927 im Zwiespruch unter dem Stichwort „ Politisierung der deutschen Jugendbewegung “ 71 verbrämte. In diesem Sinne ‚ politisierte ‘ Grenzlandämter waren in der bündischen Jugend weit verbreitet, etwa beim Jungdeutschen Bund, bei der Deutsch-Akademischen Gildenschaft, der Deutschen Wandervogel-Gemeinschaft, der Schilljugend, den Adler und Falken sowie den Geusen. 72 Dass dabei eine schon in Steglitz gestiftete Tradition zu beachten sei, zeigt die Begrüßung Hans Harmsens durch Karl Fischer 1922 im Neuen Bund mit den stolzen Worten: „ Wir - vor 25 Jahren - lebten schon als Schuljungen die Kämpfe unseres Volkstums alle mit, sei es in Böhmen, sei es sonst wo innerhalb oder außerhalb der Grenzen oder in Übersee. . . “ 73 Das insoweit durch Versailles neu erwachte Interesse an den Grenzlandfahrten offenbart auch die Zwischenbilanz von Harry Pross: Der deutsch-böhmische oder, wie der neue Ausdruck lautete, sudetendeutsche Zweig der Adler und Falken arbeitete ab 1924 mit der NSDAP zusammen, die den deutschen Rechtsradikalismus in der Tschechoslowakei repräsentierte. 1924 wurde die Stärkung des Schutzbundes in Graz zu einem demonstrativen Anlass. Im selben Jahr wurde für Österreich ein jungdeutsches Grenzlandsamt eingerichtet. Im Bunde der Kronacher protestierten die völkisch infiltrierten Grenzgaue 1925 gegen die Bundesleitung [. . .]. Die lange Reihe von Fahrten, die einen in diesem Sinne halbpolitischen Anstrich hatten, begannen mit der Ungarnfahrt schlesischer Jungenschaftler 1922. Zwei Jahre später reisten die Märker und Sachsen nach Österreich, Sudetendeutsche in die Mark, Adler und Falken nach Danzig und Siebenbürgen (1926), der Jungnationale Bund (1926) nach Ostgalizien, die Ringgemeinschaft Deutscher Pfadfinder 1927 ins Banat. 74 Zur Rechtfertigung dessen meinte Friedrich Heiß im März 1926 auf einer vom Grenzlandamt des Deutschen Hochschulrings organisierten Großdeutschen Tagung in Wien, auf welcher 1500 junge Menschen aus allen deutschen Siedlungsgebieten teilnahmen: Weil wir Jugend sind, weil wir die Freiheit wollen, weil wir nur leben können, wenn wir eins und frei sind, wir Deutsche von Dorpat und Riga bis Bozen und Salurn, von Straßburg bis Posen, von Tondern bis Ödenburg, weil wir Großdeutschland, das dritte Reich deutschen Blutes und Geistes, deutscher Kraft und deutschen Schaffens, weil wir damit deutsche Zukunft wollen, treten wir hier zusammen. 75 126 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="127"?> Kein Wunder, das Waldemar Nöldechen (1894 − 1980), vormals Lietz-Schüler und Kronacher Bund, seit 1933 Mitglied der NSDAP, 76 1942 zufrieden resümierte, dass der sich in den Auslandsfahrten entäußernde „ Gedanke der völkischen Zusammengehörigkeit [. . .] Vorbereitungsarbeit für den großdeutschen Gedanken geleistet “ 77 habe. Mit Winfried Mogge geredet, also kritisch gewendet: Die Wandervogelbewegung hatte sich die finstersten Traditionen des 19. Jahrhunderts aufgepackt; und nun war sie in der von alten Männern und antimodernen Ideologien dominierten Völkischen Bewegung angekommen. 78 Exakt diese Folgerung suchte offenbar Erich Weniger zu vermeiden mit seinem - von Hans Thiersch 1964 heftig kritisierten (s. S. 20) - Text von 1928 und der hier nachlesbaren Bemerkung: Dieses [durch das Wandern bewirkte; d. Verf.] Zuhausesein in der deutschen Welt [. . .] wurde in dem Chaos des Zusammenbruchs eine geistige Macht von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Als Deutschland in lauter kleine raumenge Heimaten zu zerfallen schien [. . .], da war hier schon ein tieferer Heimatgedanke lebendig, der, ohne die Bindung an den Boden aufzugeben, das ganze deutsche Volk weit über die alten und neuen staatlichen Grenzen innen und außen umfaßte. In der Grenzlandarbeit ist das dann besonders fruchtbar geworden und hat allzu äußerliche Arbeitsweisen verhindert. 79 Wovon Weniger hier redet, bleibt im Wesentlichen unklar - es sei denn, man zöge Else Frobenius heran, die zeitgleich geklagt hatte: „ Der Schmerz um die entrissenen Gebiete zittert seit dem Frieden von Versailles in ihr [der neuen Jugend; d. Verf.] nach. “ 80 Die „ Grenzlandarbeit “ verrechnete Frobenius folgerichtig mittels Vokabeln wie „ Auflehnung gegen Deutschlands Zerstückelung “ , „ Bekenntnis zum großen Deutschland “ sowie „ Umstellung des vaterländischen Rausches der Zeitwende auf ein festes, klar umrissenes Ziel. “ 81 Von hier aus brauchte es nur noch einen kleinen Schritt, ehe man nach 1933 selbst in der von Untergliederungen des Evangelischen Jugendwerkes Deutschland herausgegebenen Zeitschrift Jungenwacht des Jahrgangs 1934 unter dem Leitmotiv „ Sachsen ist Grenzland “ lesen konnte: Wußtest Du das? / Wußten wir es selbst? / Wir hocken in den Städten, wir ziehen hinaus. Mit einem Mal stehen wir am Grenzstein und dürfen nicht weiter. Ein tschechischer Soldat verwehrt uns das./ Aber drüben wohnen Brüder! / Wir singen nicht mehr./ Deutsche Dörfer und Städte liegen noch weit hinein nach Böhmen - heute: Tschechoslowakei. 82 Dies war deutlich - und gab dem, der lesen konnte, einen bitteren Hinweis auf jenen Kausalnexus, den Wilhelm Hoheisel 83 im Blick auf das Baltikum noch 1982 meinte in Abrede stellen zu können: nämlich dass dem völkischen Streben durchaus und immer schon auch das machtpolitische innewohnte, mit der Pointe des von Hitler entfesselten Zweiten Weltkrieges. Insoweit hat es schon etwas beklemmendes, noch über dreißig Jahre nach dessen Ende im Jahrbuch Über den Antislawismus 127 <?page no="128"?> des AdJb aus der Feder des uns bereits wohl bekannten Artamanenführers Alwiß Rosenberg (s. S. 52 ff.) zum (polemischen) Stichwort „ Versailler Friedensdiktat “ das Resümee zu lesen: Da erwachte in der volksverbundenen Jugend das Bewußtsein, zu einem von allen Mächten gedemütigten Volk zu gehören und zum Opferdienst für ihre bedrohte Heimat aufgerufen zu sein. 84 Die Wahrheit sah, wie hier in nun zusammenfassender Rede zu verdeutlichen ist, doch etwas anders aus: Im Nachgang zu Willibald Hentschel hatte Wilhelm Kotzde in einem zusammen mit Bruno Tanzmann und dem Rittergutspächter Georg Obendorfer unterzeichneten Aufruf unter Berufung auf Fichte ( „ Nur die Tat kann uns retten! “ ) und unter Verweis auf August Georg Kenstler als Organisator eine „ Front der Ostlandfahrer “ angeregt sowie vor „ in unser Vaterland “ (als Saisonarbeiter) hereinkommenden (500 000) Polen gewarnt. Des Weiteren hatte er darauf hinwiesen, dass „ wir als Volk kein Recht auf Erweiterung unserer Grenzen, noch auf Kolonien “ haben, solange andere (eben jene Polen) „ die körper- und geiststählende Arbeit in der Landwirtschaft verrichten. “ 85 Die Zielsetzung war also - ganz in der Tradition der Grenzlandfahrten - von Beginn an aggressiv-revisionistisch bzw. antislawistisch. Dies zeigt auch Hentschels 1923er Vision, die „ ostelbischen Rittergüter “ als „ Einfalltore der Fremden “ (insbesondere der Polen) seien durch „ freiwillige Werkgemeinschaft[en] “ zu sichern, welche sich, zunächst für ein Dienstjahr, verpflichten, dort „ alle laufenden landwirtschaftlichen und technischen Arbeiten “ zu übernehmen. Deutlicher: Hentschel ging es um ein (innerkolonisatorisch tätiges) „ Heer “ , aufgestellt „ gegen die Hölle, die uns bedroht: Raff- und Genussgier, Mammonismus und gemeines Behagen “ , außerhalb „ des Marktverkehres und des vergiftenden Dunstkreises einer ausartenden Kultur, in reiner Luft und stählender Übung. “ 86 Antislawistisches Potential besitzt auch der 1924 von Tanzmann propagierte Wahlspruch „ Nach Ostland wollen wir fahren! “ 87 Dies gilt auch für die - deutlich auf Grimms Roman hinweisende - Losung der Artamanenführung vom Dezember 1927: Deutsche Jungbauern des Südens und Südwestens, ihr seid ‚ Volk ohne Raum ‘ , der deutsche Osten ist ‚ Raum ohne Volk ‘ . 88 Schon zuvor, im März 1927, hatte der Völkische Beobachter einen Aufruf Hans Holfelders veröffentlicht, der seine Artamanen unter Verweis auf Hitler und dessen (vergleichbare) Ziele - „ Volk ohne Raum, Ostlandsiedlung, Verdrängung der Polen usw. “ 89 - zum Parteieintritt animierte. Die weitere Entwicklung ist recht gut erforscht: Der radikale Flügel um Kenstler und Friedrich Schmidt plante ab 1929 die Zusammenfassung der „ gesamte[n] deutschen Jugend zu einer Arbeitsgemeinschaft für die Erhaltung und Eroberung des Ostens. “ 90 Himmler berief sich in der Folge auf „ die Ostlandpläne seiner einstigen Bundesbrüder “ , wie sein im Februar 1939 vorgelegtes „‚ Wehrbauern ‘ -Konzept für die SS-Güter des Ostens “ ebenso belegt wie die Vorschläge, die er im 128 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="129"?> Rahmen der ihm im Oktober 1939 zugefallenen Aufgaben in Sachen „‚ Germanisierung ‘ des europäischen Ostens “ 91 unterbreitete. Zu nennen ist hier vor allem die im Rahmen des ‚ Generalplan Ost ‘ 92 geplante Umsiedlung von 31 (der insgesamt 45) Millionen slawischen Einwohnern zugunsten von ca. 10 Millionen deutschblütiger Siedler, die sich dann der 14 Millionen zur Zwangsarbeit vorgesehenen Slawen versichern konnten. 93 Namentlich die im Rahmen dieses Plans ins Kalkül gezogene Größe einer bäuerlichen Familienwirtschaft mit 25 bis 40 ha „ entsprach ungefähr der 1930 von dem Artamanen Freiherr von Buttlar-Venedien gesetzten Norm von ‚ hundert Morgen ‘ pro Bauernstelle. “ 94 Nicht zu vergessen: „ Wie einst die Artamanen, so versuchten auch die Ideologen der SS, ihre künftige Ostsiedlung mit Parallelen aus der germanisch-deutschen Geschichte zu rechtfertigen. “ 95 So gesehen schließt sich der Kreis: Eine Wanderung, die 1897 mit der Böhmerwaldfahrt der Steglitzer vergleichsweise harmlos begann und nach 1918 anti-slawistisch und irredentistisch aufgeladen wurde, endete mit dem deutschen Überfall auf Polen vom 01. September 1939. In dessen Folge offenbarte der Antislawismus sein hässliches Gesicht. Dazu gehört das Schreckensregiment des in der Provinz Posen geborenen Reichsstatthalters im ‚ Warthegau ‘ , Arthur Greiser (1897 − 1946), 96 der aus dem vormaligen Reichsgau Posen einen „ Exerzierplatz des Nationalsozialismus “ und als Fernziel einen „ Orden des Deutschtums “ zu schaffen 97 sich vornahm. Im Sinn dieser Vorgabe trieb Greiser, WK I-Veteran und Freikorpskämpfer (1918 - 21), die ‚ Endlösung der Judenfrage ‘ eigenständig voran und animierte eine Reihe einschlägiger Anordnungen, etwa die vom April 1941, „ jeden Deutschen, der Geschlechtsverkehr mit Polinnen treibt, ins KZ einzuliefern. “ 98 Als Bibel galt Greiser und seinen Mittätern - darunter die HJ, speziell der BDM - Himmlers Denkschrift über die Behandlung der Fremdvölkischen im Osten (1940), 99 die sich in seiner bildungspolitischen Rede vom 16. September 1942 100 niederschlug, ebenso wie in Bestimmungen vom Dezember 1943 zur Beschulung polnischer Kinder mit der Maßgabe, die Erlernung der deutschen Sprache sei nur soweit erforderlich, „ daß mündl. Anweisungen in d. Arbeitsstelle ohne besondere Schwierigkeiten verstanden werden. “ 101 Mit Anordnungen wie diesen, die Gauleiter Erich Koch (1896 − 1986), „ einer von Hitlers grausamsten Gefolgsleuten “ , für die Ukraine abwandelte, 102 richtete sich eine als Herrenvolk auftretende Besatzungsmacht auf eine lange Herrschaft ein. Kein Wunder, dass man auch die Grußpflicht für Polen (gegenüber Deutschen) einführte oder gar über die Wiedereinführung der Prügelstrafe für erwachsene Polen (etwa im Fall eines Betriebsunfalls) nachsann. 103 Spielräume dieser Art schaffte die sog. Polenstrafrechtsverordnung. Nach deren Maßgabe wurde die 25-jährige polnische Hausangestellte Rosalie Kulesa am 11. Januar 1943 - nur dieses Beispiel sei genannt 104 - wg. (angeblichen) Schlagens einer Handtasche ins Gesicht einer deutschen Frau zum Tode verurteilt. All dies, also letztlich die Versklavung von slawischen ‚ Untermenschen ‘ , geschah zugunsten eines - für den Fall des deutschen ‚ Endsiegs ‘ Über den Antislawismus 129 <?page no="130"?> geplanten - „ germanischen ‚ Schutzwalls ‘ gegen das Slawentum Asiens. “ 105 So betrachtet hatte der Antislawismus schon sein nächstes Opfer im Fadenkreuz. 2. Über den Antiurbanismus. Oder: Warum nicht überall, wo Eden draufsteht, auch das Paradies drin ist Sicherlich: Antiurbanismus als kritischer Kommentar zur Verstädterung, also zum Anstieg des Anteils der in Großstädten Lebenden von 5 % (1871) auf 19 % (1903) 106 gehört als an sich harmloses Phänomen gleichsam zum Gründungspaket des Steglitzer Wandervogel, wenn man, mit Harry Pross, die Jugendbewegung als „ Produkt [. . .] der Großstadt Berlin um die Jahrhundertwende “ 107 liest. Allerdings kann man bei dieser Einsicht nicht stehen bleiben, sollte es also mit der Harmlosigkeit nicht übertreiben. Durchaus rührend ist beispielsweise der in der willfährigen ‚ Forschung ‘ - etwa von Peter Schmitz 108 - sogleich aufgegriffene bagatellisierende Einleitungssatz Kindts zum 1974 vorgelegten Kapitel Die Siedlungen der Jugendbewegung des dritten Bandes seiner Edition: Der Ruf ‚ Zurück zur Natur! ‘ gehörte zu den Urerlebnissen des Wandervogels. So Kindt damals, unter Berufung auf eine gleichsam geborgte lebensreformerische Idee, die ihren ersten Niederschlag gefunden habe in der „ im Mai 1893 in Berlin gegründeten ‚ Vegetarischen Obstbaukolonie Eden ‘ in Oranienburg bei Berlin. “ 109 Dass es speziell mit diesem Eden durchaus noch etwas anderes auf sich hatte, lässt sich einem vier Jahre zuvor im Jahrbuch des AdJb erschienenen Text von Helmut Wangelin 110 zumindest andeutungsweise entnehmen. Basierend auf der im gleichen Jahr veröffentlichten einschlägigen Studie Klaus Bergmanns 111 sowie der in dieser Linie zu verortenden Forschungsbefunde Uwe Puschners könnte die zeitgemäße These im Rückblick auf die von Wangelin gelegte Fährte lauten: Hinter einem Lebensreformprojekt wie Eden verbirgt sich Antiurbanismus als völkisches Ideologem, das sich - wie am Beispiel der Artamanenbewegung studierbar - „ in der Blut-und-Boden-Ideologie rassisch gewendeter konservativer agrarromantischer Überzeugungen “ niederschlug sowie „ in Forderungen nach vornehmlich landwirtschaftlich nutzbaren Lebensraum [. . .], in spezifischen Gartenstadt-Konzepten und vor allem in der völkischen Siedlungsbewegung. “ 112 Diese These sei nun etwas genauer erläutert. Ein früher Ideengeber für den antiurbanistischen Part dieser Ideologie war der Steglitzer Wandervogelpate Henrich Sohnrey (s. S. 70 ff.). Seine ebenso zivilisationswie großstadtkritisch angelegte Schrift Der Zug vom Lande und die soziale Revolution (1894) machte das Thema ‚ Landflucht ‘ populär und gab der Heimatkunstbewegung Auftrieb, 113 zusammen mit der Parole (zugleich Aufsatztitel) Los von Berlin (1901/ 02) von Friedrich Lienhard (1865 - 1929). 114 In diesen Zusammenhang gehört auch Theodor Fritsch (s. S. 54), der in seinem anti-urbanistischen Text Die Stadt der Zukunft (1896) die Stadt als „ Pestbeule 130 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="131"?> der Cultur “ 115 diffamierte. Auch Bruno Tanzmann (s. S. 56 f.) wäre hier zu nennen mit seinem Drama Der deutsche Prophet (1908). Dessen entwurzelter Held geht im „ strampelnden, tutenden, rasselnden, schreienden Delirium “ 116 der Großstadt unter. Nicht vergessen sei schließlich der geheimnisumwitterte Ariosoph und Gobineau-Anhänger Jörg Lanz von Liebenfels (1874 - 1954) 117 aus Wien, mit dem sich Hitler in seinen Wiener ‚ Lehrjahren ‘ (als Diktator) beschäftigte 118 und der sich selbst bis zu seinem Tod mit Stolz - und wohl eher zu Unrecht - als „ der wichtigste Vordenker Hitlers “ 119 zelebrierte. 1910 trat Lanz in Fritsch ‘ Hammer mit der These in Erscheinung, die Großstadt sei „ das seelische und wirtschaftliche Grab der blonden und germanischen Rasse. “ 120 Dem Kreis um Fritsch ist auch Ottomar Beta (1845 - 1916) 121 - 1905 Mitglied im Eufrat des Alt-Wandervogel 122 - zuzurechnen. Er machte ‚ die ‘ Juden verantwortlich für den Bodenwucher und die daraus resultierende Verschuldung, aber auch für die durch Landflucht verstärkte prekäre Wohnungssituation in den Großstädten und das daraus erklärbare Erstarken der Sozialdemokratie. 123 In der Linie von derlei geistiger Nahrung scheint es fast folgerichtig, dass beispielweise Karl Metzner 1913/ 14 in der Bundeszeitschrift des Sudetendeutschen Wandervogel verkündet: Unsere Kultur ist Stadtkultur geworden. Der bleichwangige schmalbrüstige und blasierte Mensch ist deren Vertreter. 124 Während des Krieges und im Zuge der Aufarbeitung des Zivilisationsbruchs, für den er Zeugnis gibt, verschärfte sich die anti-urbanistische Kritik. Ein Beleg hierfür ist der 2006 von Antje Harms als Teil eines völkischen Netzwerks ins Visier genommene Deutsche Mädchen-Wanderbund (DMWB). Im Verbandsorgan Der Landfahrer legte Luise Walbrodt 1918 Verwahrung ein gegen den Niedergang des Deutschtums und die „ schwüle[n] Vergnügungsstätten der Großstadt “ , die einem Leben in „ Nichtigkeit und Tand “ 125 zuarbeiteten würden. Im nämlichen Jahr klagte Artur Dinter in seinem rassenantisemitischen ‚ Zeitroman ‘ Die Sünde wider das Blut (1918) ganz nebenbei auch über „ Asphaltmenschen “ und „ seelenlose Großstadtbetriebe. “ 126 Sein Held, mitten in Berlin, ist jedenfalls entsetzt: Wie Schmeißfliegen surrte das durcheinander. Es war ihm, als umwimmelten ihn Maden und Würmer. Namenloses Mitleid und unüberwindlicher Ekel würgten ihn. 127 Großstadtkritik dieser Art war damals also nicht neu. Sie findet sich, wie gesehen, schon bei Sohnrey, Lienhard und Fritsch, sie findet sich aber auch um 1900 in vielfacher Gestalt in Kunst und Literatur, 128 nicht eben selten am Beispiel Berlin, etwa im Vergleich zu Chicago. 129 Dieser Vergleich hatte es offenbar auch Julius Langbehn (s. S. 99 ff.) angetan, wie die 1922 vorgelegte Neuausgabe seines Rembrandt als Erzieher zeigt, hier in Gestalt der für ihn typischen Leersätze 130 sowie mit dem wenig originellen, gleichwohl im Original in Sperrdruck gehaltenen Befund: „ Man treibt Raubbau an der Kultur. “ 131 Origineller war Über den Antiurbanismus 131 <?page no="132"?> da schon Nietzsche (s. S. 87 ff.), etwa in der Linie des legendären Imperativs „ gefährlich leben! “ als Extrakt der Kritik am „ Sand und Schleim der jetzigen Civilisation und Grossstadt-Bildung. “ 132 Zwei Jahre später (1884) agierte Nietzsche unter der Maske Zarathustras, der seinerseits unter der - auf den Antisemiten (und Nietzsche-Verächter) Eugen Dühring hinweisenden - Maske des ‚ Narren ‘ die „ grosse Stadt “ (wohl Berlin) eine „ Hölle für Einsiedler- Gedanken “ nennt, in der „ alle grossen Gefühle [verwesen] “ und „ Alle siech und süchtig [sind] an öffentlichen Meinungen. “ 133 Gängiger und wirkungsvoller als dieser - in seinen Zielen und Motiven schwer einzuordnende 134 - Antiurbanismus war aber jener Paul de Lagardes (s. S. 107 ff.). 1881, im Nachgang zu einer ebenso radikalen wie wirren Kritik am „ redseligen und charakterlosen Parlamentarismus “ , an „ Börsengeschäftchen “ und „ einem Haufen haltloser Meinereien über Religion, Philosophie und Musik, “ brachte er griffige Parolen unters Volk wie die folgende: Lieber Holz hacken, als dies nichtswürdige civilisierte und gebildete Leben weiterleben: zu den Quellen müssen wir zurück, hoch hinauf in das einsame Gebirg, wo wir nicht Erben sind, sondern Ahnen. 135 Beides kann hier besichtigt werden: die Verachtung der Großstadt, aber auch eine „ Mythologisierung des Landlebens, “ 136 eine Tendenz, die in allen Zweigen der Jugendbewegung zu beobachten ist, aber in den der völkischen Bewegung zuzurechnenden Gruppierungen übermächtige Gestalt gewann. Auf den Punkt gebracht wurde das Ganze durch Ernst Krieck in seinem schwülstigen Text Höre, Volk (1920): Kehr heim zur Mutter Erde. Aus der verödenden Großstadt, aus ihrem wurzellosen und entwurzelnden Getriebe, aus ihrer verzehrenden und verheerenden ‚ Geistigkeit ‘ . Sieh auf den blühenden Klee, den reifenden Weizen. Nimm Spaten und Pflug und beginne ein Leben in Unschuld, Geradheit und Strenge. 137 Als dies geschrieben wurde, hatte sie gerade ihren ersten Höhepunkt erreicht: die aus Jugendwie Lebensreformbewegung herauswachsende Siedlungsbewegung, die teilweise veritable Ideen und Projekte in Richtung einer Verstetigung eines gleichsam ur-kommunistischen ‚ Jugendreichs ‘ hervorbrachte. 138 Dies gilt allerdings sehr viel weniger für die Antworten, welche die Siedlungsbewegung aus Sicht der völkischen Jugendbewegung insbesondere in der Wandervogelführerzeitung erfuhr und für die wohl Gustav Wynekens 139 Urteil gilt, dieses Organ habe sich als „ Haupttummelplatz “ für „ phantasielose Phantastereien “ zur Verfügung gestellt, deren im Kern antisemitische Ressentiments sich „ im Grunde gegen das ganze bestehende geistige und öffentliche Leben “ richteten. Auslöser für die so recht treffend charakterisierte Debatte 140 war zweifellos der Weltkrieg, gelesen als Fortsetzung des ‚ friedlichen ‘ Welthandelskrieges mit anderen Mitteln. Aus völkischer Sicht markierte er die letzte Stufe der Verschwörung der Moderne gegen das Überlieferte, aber eben auch die des Auslandes gegen Deutschland als gleichsam ‚ verspätete Nation ‘ . Außerdem 132 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="133"?> schien er die das Volkstum endgültig zersetzende Pointe des internationalen - und in der Regel nicht nur anti-englisch, sondern auch antisemitisch konnotierten - „ Händlergeistes “ 141 bloßzulegen. Zumal angesichts dieser Pointe schien es für viele Lebensreformer im Umfeld der Jugendbewegung nur noch das Projekt der Volkserneuerung über den Siedlungsgedanken zu geben. Ein Beispiel hierfür gibt der im Juli 1915 gegründete Greifenbund, zunächst von Dankwart Gerlach geleitet, der in maßgeblicher Funktion an eben jenem von Wyneken gescholtenen Organ mitwirkte. Dass sich Gerlach noch im Juni 1965 gesprächsweise in peinlichen Rechtfertigungsversuchen, auch in Sachen des dort gepflegten Antisemitismus, erging (s. S. 196), kann die Fakten nicht aus Welt schaffen: Es war Gerlach gewesen, der 1914 in der Wandervogelführerzeitung den Nachweis zu liefern sich anbot, „ wie die Juden ihre gegenwärtige wirtschaftliche Macht rücksichtslos zu geistiger Unterdrückung ausnützen “ 142 - und der damit einen kleinen Mosaikstein lieferte für den Satzungsentwurf dieser Älterenorganisation mit deutschvölkischer Zielsetzung, der vorsah, durch „ städtisches Siedeln am Volksganzen zu wirken “ sowie durch „ ländliche Siedlungen unserem Willen zur Bodenständigkeit Erfüllung zu schaffen. “ 143 Entsprechend dieser Vorgabe vereinnahmte sich der zwischenzeitlich von Otger Gräff geführte Greifenbund im März 1916 die Deutsche Siedlungsgemeinschaft, einen auf Anregung von Adalbert Luntowski im Dezember 1915 in der Obstkolonie Eden gegründeten Zusammenschluss siedlungswilliger Jugendbewegter. 144 Zu nennen ist in diesem Zusammenhang vor allem Carl Rußwurm, der früh verwundet worden war und dadurch Gelegenheit erhielt, seine im Zusammenhang mit dem Lebensreformer Gustav Simons stehende Arbeit in Eden fortzusetzen. Im Zentrum der theoretischen Begründung stand ihm Eden als Chiffre für eine „ Menschenschutzparkarbeit “ , die eine Lebensweise zu gewährleisten hatte, die den im Krieg beobachtbaren, aber auch im Fall eines Sieges zu erwartenden „ Gefahren einer Entsittlichung und damit einer Entkräftung unseres völkischen Lebens “ 145 entgegenwirkte. Der Ausgangspunkt war dabei gesetzt durch die Annahme, dass „ der blonde Mensch “ als „ Produkt einer langen Kultur “ und insofern als „ Edling “ gelten müsse, angesichts dessen es eine Schande sei, „ wenn der Gärtner, der ihn zog [. . .], ihn verwildern läßt. “ 146 Derjenige, der dies schrieb, war der gleichfalls kriegsversehrte Wandervogel und völkische FKK-Anhänger Gustav Küppers, 147 der sich ein Landgrundstück in der Lüneburger Heide gekauft hatte und von hier aus anschrieb gegen die „ Großstädter mit ihrer Afterkultur “ , getragen dabei von der Überzeugung: Der Boden ist die Urmutter aller [. . .] Wesen und die Scholle gleichsam die Brust, aus der das Leben des Menschen fließt, gleichsam die Nabelschnur, die ihn mit der Natur verknüpft! 148 Dem antisemitischen Architekten und Lebensreformer Karl Buschhüter, der nach dem Krieg für den Nerother Wandervogel eine Jugendburg bauen sollte, 149 gab Küppers damit ein Beispiel für ein beglückendes (Klausner-)Dasein jenseits Über den Antiurbanismus 133 <?page no="134"?> der Angewiesenheit auf großstädtische Unterhaltung durch „ den geölten galizischen Juden Caruso “ und jenseits der „ Frohndienste “ für „ Jakob David und Sohn. “ 150 Bezeichnenderweise war es nicht dieser Antisemitismus, sondern der dogmatische Utopismus, derentwegen die lebens- und bodenreformerische Ausweitung der ursprünglichen Wandervogelprogrammatik zunehmend auf Skepsis traf insbesondere seitens der im Felde weilenden Wandervögel. So nahm beispielsweise Friedrich Wilhelm Fulda einen Streit zwischen Buschhüter und Bloeck als Zeichen für einen Streit über ein „ Gemisch von tiefer Wurzelweisheit und unausgegorenen phantastischen Theoremen “ , um gegenüber Clara Boesch anzufügen, dass er jedenfalls sich „ als Siedler geradezu unglücklich fühlen [würde] “ und dass auch Walter Groothoff sich heftig auflehne „ gegen die Aufforderung zur Flucht aus der Gesellschaft, die durch die Siedlerwerbung klingt. “ 151 Damit hatte Fulda zwei nicht unwichtige Gründe für das wenig später auch von anderen 152 befürchtete, in der Hauptsache allerdings erst in die Weimarer Zeit fallende Scheitern der Siedlungsbewegung antizipiert. Und doch gab es gegen den von Boesch in ihrer Antwort gegebenen Hinweis, dass es einem Wandervogel eigentlich nicht gleichgültig sein könne, „ ob man ihn, sobald er die berühmten 18 oder 20 Jahre überschritten hat, dem Boden, den er lieb hat [. . .], entfremdet, ob man ihn [den Boden; d. Verf.] zu geldmachendem Zweck verschandelt oder mit Mietskasernen abstempelt “ 153 , kein wirkliches Argument, eher schon gegen die von ihr vorgetragene völkische Pointe: Wer jetzt nicht weiß, wieweit Deutschland zur Landbebauung überzugehen hat, nämlich soweit wie möglich, wer nicht weiß, welch gewaltigen Bodenreichtum uns unsere baltischen Brüder zur Verfügung stellen wollen, damit sie deutsch werden und wir uns zukünftig von eigenen Bodenerträgnissen erhalten können, wer nicht weiß, daß die ganze Ostmarkenfrage eine ‚ Land ‘ -Frage ist, der ist kein Deutscher. 154 Parolen wie diese weisen vorweg auf die durch Willibald Hentschel (1923) inspirierte Artamanenbewegung (s. S. 52 ff.), insofern sie als Alternative gelesen werden kann zu eben jenen Projekten der völkischen Siedlungsbewegung. In der Folge verdichtete sich dieser anti-urbanistische Grundzug, der sich auch in der bündischen Zeitschrift Die Kommenden findet 155 und durch Oswald Spenglers Der Untergang des Abendlandes (1922/ 23) forciert wurde, 156 etwa durch plakative Sätze wie: Das Rad des Schicksals rollt dem Ende zu; die Geburt der Stadt zieht ihren Tod nach sich. Anfang und Ende, Bauernhaus und Häuserblock, verhalten sich wie Seele und Intelligenz, wie Blut und Stein. 157 Ein Narrativ zu der durch diese antiurbanistische Kritik freigelegten kruden Blut-und-Boden-Ideologie begegnet dem jugendlichen Leser aus der HJ und hier speziell aus dem HJ-Landdienst in Hanns Nickols Roman Das neue Leben. Die Artamanen (1936). Damit schließt sich der Kreis: Der Antiurbanismus war im Herzen der völkischen Bewegung, in der nationalsozialistischen, ange- 134 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="135"?> kommen und hatte endgültig deutlich gemacht, dass es nicht lediglich um einen harmlosen Rousseauismus à la ‚ Zurück zur Natur! ‘ ging. 3. Über den Antiintellektualismus. Oder: Warum Dr. Langbehn nicht einfach nur dumm war Der Antiintellektualismus ist uns bisher vor allem bei Hans Breuer begegnet (s. S. 78 ff.), auch bei Julius Langbehn, hier möglicherweise unfreiwillig (s. S. 99 ff.). Dass es sich dabei um eine brisante Sache handelt, letztlich um eine Sache auf Leben und Tod, deutet sich in der Linie von Adornos Aphorismus Der böse Kamerad (1935) an. Adorno suchte hier „ den Faschismus aus der Erinnerung [s]einer Kindheit “ in Frankfurt am Main abzuleiten, etwa am Beispiel jener „ fünf Patrioten “ aus seiner Schulzeit, „ [d]ie keinen richtigen Satz zustande brachten, aber jeden von mir zu lang fanden “ , um am Ende „ die deutsche Literatur ab[zuschaffen] und [. . .] durch ihr Schrifttum [zu ersetzen]. “ 158 Bis zur Bücherverbrennung im Mai 1933, noch nicht aber bis hin zur Menschenverbrennung in Auschwitz ist hier, so könnte man bitter resümieren, die Geschichte des modernen, immer auch antisemitisch affizierten Antiintellektualismus in Kurzform nacherzählt. Substantiell gesehen steht der Antiintellektualismus für ein weiteres zentrales Ideologem der Völkischen Bewegung, das insbesondere auf das ‚ dem ‘ Juden zugewiesene oder - etwa aufgrund von Bildungsstatistiken 159 - zuzuweisende höhere intellektuelle Niveau reagiert, etwa durch Abwertung des angeblich ohnehin nicht Erstrebenswerten, aber ‚ dem ‘ Juden zwecks Kompensation sonstiger Mängel Notwendigen. Ein Beispiel hierfür gibt Wilhelm Raabes - von Theodor Fritsch 160 sowie Adolf Bartels 161 wohlgefällig kommentierter - Bestseller Der Hungerpastor (1864) in Gestalt des Juden Samuel Freudenstein: Er verehrte die Wissenschaften nicht, wie Raabe dartut, um ihrer selbst willen, sondern „ weil er darin den Talisman glaubte gefunden zu haben, der zugleich mit dem Gelde ein Schild und eine Waffe sei für sein [. . .] so vielfach bedrängtes und zurückgesetztes Volk. “ 162 Nur vor diesem Hintergrund versteht sich der sarkastisch vorgetragene Hinweis Artur Dinters auf die von Theodor Fritsch im Handbuch der Judenfrage regelmäßig aktualisierten Zahlen in Sachen überproportional vieler Juden im Hoch- und Oberschulbereich. 163 Denken könnte man auch an die in Hermann Lietz ‘ Lebenserinnerungen (1919) nachgereichte Begründung für den schon 1904 eingeführten ‚ Arierparagraphen ‘ in seinen Landerziehungsheimen. Lietz nämlich meinte bei „ halb oder ganz semitischen Schülern “ eine ihnen angeblich eigene höhere „ geistige Gewandtheit “ und „ Schlagfertigkeit “ beobachten zu können, mit der Folge der „ Bevorzugung des Persönlichen gegenüber dem Sachlichen, des lauten Wortes anstelle der stillen Tat “ 164 - ein Argument, das deren Exklusion begründen sollte. Eskalierendes in dieser Frage ist schon am Vorabend des Ersten Weltkrieges bei Christian Schneehagen (1891 − 1918), Mitorganisator des Meißnerfestes und Über den Antiintellektualismus 135 <?page no="136"?> Schriftleiter des durchaus nicht so harmlosen Wanderer, 165 zu vernehmen: „ Wynekens starke Ideenwelt “ und der „ damit verbundene Wille zur Macht “ setze, so Schneehagen, zusammen mit dem „ ausgeprägten Intellektualismus, wie er sich im Typ des intellektuellen Juden “ - im Umfeld der von Wyneken verantworteten und von Siegfried Bernfeld (1892 − 1953) sowie Walter Benjamin (1892 − 1940) geprägten Jugendbewegungszeitschrift Der Anfang 166 - verkörpert finde, fast zwangsläufig „ verstandes- und gefühlsmäßige Ablehnungsgründe “ 167 frei. Dazu passt das - allerdings erfolglose - Bemühen des von Jürgen Reulecke als „ äußerst einfühlsam “ 168 gelobten und später in Fragen wie diesen offenbar nachdenklich gewordenen, schließlich auch aus Deutschland emigrierenden jüdischen Reformpädagogen Max Bondy. Er nämlich wollte 1914 in seinem Feldzug gegen „ zersetzendes oder ungesundes, oberflächliches Wesen “ den Ausschluss solcher Freischaren aus dem Bund durchsetzen, „ die sich mit Psychoanalyse oder mit Dichtern wie Rilke, Hofmannsthal, Stefan George oder Oscar Wilde beschäftigten. “ 169 Dass sich dieser Schlag auch gegen die Jenaer Freistudentenschaft richtete, ist nicht verbürgt. Immerhin machte Wilhelm Flitner für sie in Rückerinnerung an seinen 1914 gefallenen Altersgenossen und (Studien-)Freund Karl Brügmann geltend, dass hier ab Wintersemester 1909/ 10 „ neueste Lyrik “ en vogue war, also „ Rainer Maria Rilke, Dehmel, Liliencron, Hugo von Hofmannsthal, Stefan George “ , aber auch die Prosa von „ Jens Peter Jacobsen, Thomas Mann, Dostojewski und Tolstoi “ unter besonderer Beachtung alles dessen, „ was in den jungen Verlagen von Eugen Diedrichs und Kippenbergs Inselverlag oder bei S. Fischer, u. a. erschien. “ 170 Dem mag wohl so gewesen sein - wohlgemerkt: als Ausnahme, deren Regel sich bei Harry Pross 171 und Winfried Mogge 172 findet, auch bei Helmut Wangelin, der einräumte, dass es mit dem Niveau des in den Ortsgruppenbüchereien Verfügbaren nicht zum Besten stand: Da verabreichte man ihm außer Poperts Harringa, die Kunstwanderbücher von Schwindrazheim, Kulturarbeiten von Schultze-Naumburg und den Dürerbundkalender. Das bot, bei dem damaligen bürgerlichen Geschmack, auch einiges Positive, führte freilich auf ein recht mittelmäßiges Niveau, zum gewollt Schlichten und Provinziellen. 173 Dass es nicht nur um ‚ Schlichtheit ‘ ging, zeigt der von Wangelin angesprochene Roman Helmut Harringa (1910) von Hermann Popert, ein ‚ Kultbuch ‘ der Jugendbewegung 174 und, mit einer Auflage von 310 000 Stück (1925), 175 ein Bestseller sondergleichen, auch infolge des Vertriebs durch die von Ferdinand Avenarius (1856 − 1923) 1902 begründete völkische Kulturreformbewegung namens Dürerbund. 176 Auch Peter Rosegger begrüßte dieses Buch 1911 in seinem Heimgarten „ enthusiastisch, “ 177 wodurch es auch für den österreichischen Wandervogel wichtig wurde. Poperts Auftritt zwei Jahre später beim Meißnerfest wurde indes nicht von allen als konsequent genug empfunden. Dies gilt etwa für den späteren Widerstandskämpfer Max Habermann, der im Organ Fahrende Gesellen vom Oktober 1913 in Reaktion auf die von Popert auf dem Hohen Meißner gehaltene Programmrede notierte: 136 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="137"?> Daß er als Halbjude nicht bis zur letzten Konsequenz des völkischen Gedankens vordringen kann, versteht sich ja von selbst, und darum können er und wir höchstens eine Wegstrecke weit gemeinsam gehen. 178 Ähnliche Bedenken wurden in der Folge immer wieder erhoben, penetrant von Hans Blüher (s. S. 66 ff.). Er suchte noch 1953 die Motive Poperts vor dem Hintergrund des auf arische Reinheit abstellenden Handlungsverlaufs mit den Worten zu fassen: „ [D]er Mischling [lies: Popert; d. Verf.] [will] nicht Jude sein. “ 179 Diese teils abstruse Vor- und Nebengeschichte darf nicht von der Hauptsache ablenken: Wer Helmut Harringa las - nach Wilhelm Flitner angeblich nur „ Einzelgänger “ 180 - , „ trank unvermeidlich auch von der trüben Brühe des Völkisch-Germanischen “ 181 , die sich Popert zusammengebraut hatte etwa auch aus den Vorgaben Langbehns, wie sein Credo belegt: „ Die Reinsten sollen der Erde Herr sein! “ 182 Denn erkennbar wirkt hier Langbehns Formulierung nach: ‚ Der Beste soll Herr sein ‘ auch unter den Völkern; daher ist der Deutsche zur Weltherrschaft berufen; und er wird sie umso eher erlangen, je näher er seinem eigenen Ideal kommt. 183 Dies war zwar ‚ schlicht ‘ , aber eben auch, zumal in Poperts literarischer Umsetzung, gefährlich: Gezeigt wird, wie ein blonder Friese - von Ferne lesbar als Nietzsche im Kampf gegen sein eigenes Ungemach (Syphilis) 184 - „ gegen die Unterwelt Hamburgs und den Alkoholismus [kämpfte], aus dem alle Übel, vom vorehelichen Geschlechtsverkehr über Prostitution und Syphilis bis zur Verunreinigung der germanischen Rassen stammten. “ 185 Der Autor, Amtsrichter in Hamburg und militanter Antialkoholiker, verarbeitete dabei erkennbar eigene (Gerichts-)Erfahrungen, getragen von rassenhygienischer Besorgnis sowie angetrieben von einer den Roman durchziehenden Ausländerfeindlichkeit, die sich auf den Typus des Ausländers in der Gestalt des Nichtnordischen konzentriert. Die die Instinkte (des Blutes) statt des Intellekts beschwörende Hauptbotschaft war denn auch eindeutig: Wie immer die Mächte des Dunkels heißen mögen, die unser Volk umschatten, nur deshalb konnten sie Macht gewinnen, weil der Deutsche unsicher geworden ist in seinen uralten Lebensinstinkten. Weil der Geist der Germanen getrübt ist [. . .]. So kann die Erneuerung nur kommen aus einem Kreis, wo jene Instinkte noch leben, ganz und gar ungebrochen. 186 Der Kampf gegen den Intellektualismus war, so betrachtet, das Gebot der Stunde, und dies zumal nach dem Desaster des verlorenen Krieges und der bevölkerungspolitischen Besorgnis infolge der vielen Kriegstoten. „ Nicht nur weil Kinder unmöglich geworden sind, sondern vor allem, weil die bis zum äußersten gesteigerte Intelligenz keine Gründe für ihr Vorhandensein mehr findet, bleiben sie aus “ , mahnte beispielsweise Oswald Spengler in seinem Bestseller Der Untergang des Abendlandes (1922/ 23). Angefügt war dem das Hohe Lied auf „ [d]as Urweib, das Bauernweib “ , ebenso der - von Norbert Bolz Über den Antiintellektualismus 137 <?page no="138"?> unlängst erneut intonierte 187 - Abgesang auf „ das Ibsenweib [. . .], die Kameradin “ : Statt der Kinder haben sie seelische Konflikte [. . .]. Es ist ganz gleichgültig, ob eine amerikanische Dame für ihre Kinder keine zureichenden Grund findet, weil sie keine Season versäumen will, eine Pariserin, weil sie fürchtet, daß ihr Liebhaber davongeht, oder eine Ibsenheldin, weil ‚ sie sich selbst gehört ‘ . Sie gehören alle sich selbst und sind alle unfruchtbar. 188 Es ist dieser Hintergrund, der Wilhelm Kotzdes Klage erklärt, dass seit 1918 wieder „ die ‚ Blaßblütigen ‘ , die ‚ Gedanklichen ‘ , die ‚ Verstiegenen ‘ das Wort führen [. . .], denen ‚ eine sich überschlagende, weil wurzellose Geistigkeit ‘ eigen sei. “ 189 Antiintellektualismus mit Pointen dieser Art prägte auch die zentralen völkischen Bildungsbemühungen, angefangen von Bruno Tanzmanns Dresdener Bauernhochschule. Deren Curriculum folgte der Annahme, dass die „ darniederliegende Volkskraft nur dann wiederzuerlangen sei, wenn man mittels entsprechender erzieherischer Maßnahmen zur Bauernkultur zurückkehre “ 190 - was Rechtfertigung genug schien für ‚ Lehrmaterialien ‘ wie Langbehns Rembrandt als Erzieher (1890), Burtes Wiltfeber, der ewige Deutsche (1912) sowie Werke von Georg Stammler. 191 Kaum besser verhielt es sich mit dem Kulturantisemiten und Herausgeber der Zeitschrift Deutsches Volkstum (1919 − 1938), Wilhelm Stapel 192 , dessen Entwurf einer „ Schule der deutschen Gesinnung “ 193 gleichfalls jenem von Erich Weniger postulierten ‚ Kampf um die Gestaltwerdung des deutschen Geistes ‘ 194 zugerechnet werden kann. Weniger selbst kann hier übrigens nicht ausgenommen werden, trug er doch im Oktober 1929 in einem Rezensionsaufsatz Bedenken vor „ gegen die jüdisch-differenzierte Geistigkeit [Arnold] Zweigs. “ 195 In dieser Linie gedacht war es nicht weit bis zu der ‚ Spannismus ‘ genannten, auf die „ geistige Gemeinschaft des Volkes “ 196 abstellenden Bildungslehre des nachmaligen Austrofaschisten Othmar Spann, der von einigem Einfluss auf die katholische Jugendbewegung in Österreich war. 197 Für Spann begeisterte sich auch der Sudetendeutsche Wandervogel resp. die gegen die Existenz der Tschechoslowakei gerichtete „ und eine Art sudetendeutsche völkische Erneuerung aus dem Geist des Wandervogels und dem Fronterlebnis des Ersten Weltkriegs “ 198 erstrebende Böhmerlandbewegung. Ihr ist Kurt Oberdorffer (s. S. 19) zuzurechnen, ebenso wie dessen zwischenzeitliches Vorbild Heinrich Rutha (s. S. 203), der 1933 via Spann deklarierte: Volk ist seinen Besten keine Ideologie, welche durch Aufklärung und Geist zu überwinden ist, sondern eine geschichtliche und schicksalhafte Realität. 199 Für die literarische Ausgestaltung dieser Mär fühlte sich offenbar auch Hjalmar Kutzleb zuständig, ein weithin unbekannter, in Literaturgeschichten und allgemeinen Enzyklopädien kaum noch verzeichneter Name - was zu einem Exkurs verpflichtet. 138 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="139"?> Intermezzo: Der Fall Hjalmar Kutzleb im Kontext Zu diesem Kontext gehört auch der Jugendbewegungskünstler A. Paul Weber (1893 − 1980), das, wenn man so sagen darf, bündische Gegenstück zum Wandervogel-Ikonographen Fidus. Dass dies nicht notwendig ein Kompliment sein muss, zeigt die Rückbesinnung auf diesen (s. S. 82 ff.) sowie die von Sabiene Autsch 1999 als „ bissige, sozialkritische Karikatur “ 200 verharmloste Zeichnung Reformer (1922): Mit ihr wollte Weber den als antiintellektualistisch zu deutenden gleichnamigen Abschnitt des völkischen Pamphlets Der Zeitgenosse mit den Augen eines alten Wandervogels gesehen (1922) illustrieren. Erschienen war dieses hochwertig ausgestattete (Kunst-)Buch im Verlag von Erich Matthes, für den Weber schon das Werbeplakat für Artur Dinters Schundroman Die Sünde wider das Blut (1918) gezeichnet hatte. Getextet hatte das Ganze Hjalmar Kutzleb (1885 − 1959) 201 , und zwar ganz so, als wolle er Dinter Konkurrenz machen, diesmal in Gestalt eines kruden Plädoyers für die notwendige „ Sünde wider den heiligen Geist der Vielzuvielen. “ 202 Kutzlebs zentrale Botschaft lautete in diesem Zusammenhang, es sei im Interesse des Erhalts bzw. des Rückgewinns der Reinheit der Rasse an der Zeit, der Moderne insgesamt und dem Geist der (Weimarer) Demokratie den Krieg zu erklären. Wie dies geht, zeigt der an Dinters Szenario erinnernde Abschnitt Das Brautpaar: Die Braut wird dem (bevorzugt jugendlichen) Leser zwar als sexuell aktiv und attraktiv vorgestellt, indes mit von Unheil schwangerem Unterton, wie der schon zuvor gegebene Hinweis auf „ den Meyer oder Levysohn, der ohne Leidenschaft tausende Seelen verseucht und vergiftet “ 203 , andeutet, ebenso wie das folgende Zitat: Sie hatte schwarzes Haar von starkem Geruch, ein sinnliches Maul und gierige Augen, und jede Falte in ihrem Antlitz verriet, daß schon viele Brünste über sie hinweggefegt waren. Aber es war etwas an ihr, was das Männchen reizen und herausfordern kann. Eine noch deutlichere Sprache reden die nun folgenden Attribute „ von Abkunft Zigeunerin oder Ostjüdin “ , „ schwarze Dirne “ , „ schnell verblüht “ , „ wurmstichig “ , „ schlampige Asiatin “ : Des Dichters Absicht geht dahin dazutun, dass der Bräutigam, „ ein junger Kerl, blond und stattlich “ 204 , im Rausch seiner Sinne, im Rausch aber auch des mit der Aufklärung über die Menschen gekommenen verderblichen Glaubens an die Liebesheirat in Gefahr steht, die im doppelten Wortsinn dunkle Seite seiner Braut zu übersehen, ebenso wie die Wahrheit der völkischen Botschaft, die da lautet: Ehe ist nicht Angelegenheit eines einzelnen, ist Angelegenheit der Rasse, des Volkes und der Sippe. 205 Hinweg erklärt ist damit zugleich - so (weiterhin) O-Ton Kutzleb - „ der verruchte Wahnsinn von der Gleichheit der Menschen “ , auch von der „ Freiheit, die immer nur als Zügel- und Zuchtlosigkeit verstanden wird und werden muß “ 206 , und dies zugunsten eines unverblümten Plädoyers vom Typus „ Er- Über den Antiintellektualismus 139 <?page no="140"?> ziehung zum Gehorsam “ , praktischerweise (für den Mann! ) gleich erweitert um das antifeministische Diktum: „ Ehe ohne Gehorsam ist ein Unding. “ 207 Zynisch geredet und unter Einbeziehung des im gleichen Ton gehaltenen, gleichfalls von Weber bebilderten Nachfolgers Mord an der Zukunft (1929): Denkt man an den (un-)geistigen Stand des Jahres 1936, hatte der vormalige (1913) Erlanger Wandervogel Friedrich Kreppel, seit 1934 „ Professor und komm. Leiter der Pädagogischen Hochschule in Weilburg/ Lahn “ 208 , fraglos gute Gründe, den bis dato als Studienrat in Minden/ Weser wirkenden Kutzleb als Professor für Geschichte nach Weilburg zu holen. Hatten aber auch die Veteranen der Jugendbewegung hinreichend gute Gründe, Kutzleb mit Samthandschuhen anzufassen? Denn kaum anders als mit dieser Vokabel wird man die ihm zugedachte Kurzbiographie der Kindt-Edition 209 zu belegen haben, ebenso wie Walther Jantzens Urteil aus dem Jahr 1961, Kutzlebs 1922er Machwerk sei die „ beste Zeitsatire unserer Epoche “ und für Kutzlebs Roman Haus der Genesung (1932) gelte, dass hier „ gewisse Zeiterscheinungen vortrefflich unter die Lupe “ 210 genommen worden seien. Vom völkischen Charakter dieser ‚ Lupe ‘ wird hingegen geschwiegen, was auch für Mit-Jungwandervogel Otto Piper gilt, der Kutzleb als „ wunderbaren Erzieher “ 211 in Erinnerung brachte. Verwiesen sei schließlich noch auf Werner Helwig (s. u.), der Kutzleb 1960, unter Aussparung alles Politischen, als Texter des „ Erkennungsliedes der Jugendbewegung “ 212 Wir wolln zu Land ausfahren (1911) würdigte 213 und damit ein erinnerungspolitisches Signal gab, das noch 2013 bei Jürgen Reulecke 214 nachwirkt. Anders Harry Pross, der schon 1964 in Erinnerung rief, dass Kutzleb 1928 in Die Kommenden Thomas Manns Zauberberg (1924) im Vergleich etwa zur Kriegsliteratur mit dem - damals in völkischen Kreisen gängigen, auch von Karl Rauch adaptierten 215 - Argument abwertete, dass „ wir zum Leben nicht bloß Klugheit brauchen können. “ 216 Ein Jahr später, in jenem Nachfolger zu den Zeitgenossen, outete sich Kutzleb als - so die Attribute Kurt Tucholskys - „ Tintengermane “ und „ Mitläufer des Herrn Hitler. “ 217 Anlass für Tucholskys Zorn war Kutzlebs Spott auf den auch von Hans Blüher (s. S. 66 ff.) verächtlich gemachten jüdischen Publizisten Maximilian Harden (1861 − 1927) 218 , unter dessen Anhängern Kutzleb den Typus des „ Intellektuellen “ sichtete, der „ wie ein gestochenes Schwein [quietscht], wenn eines seines Gelichters [. . .] endlich einmal, leider ohne vollen Erfolg, der Rächerfaust zum Opfer fällt. “ 219 - ein Spott auch in Richtung Tucholsky. Denn es war Tucholsky gewesen, der 1922 über den Prozess gegen die Harden-Attentäter - Harden hatte den Überfall Rechtsradikaler mit Glück überlebt, war dann emigriert und starb wenig später - berichtet und das Gericht wegen des milden Urteils harsch kritisiert hatte. Kutzleb empörte offenbar Tucholskys despektierliche Charakterisierung eines der Täter: Es handele sich, so Tucholsky seinerzeit, um einen „ sexuell verbogenen Wandervogel mit Schillerkragen, hehren Überzeugungen und ungewaschenen Füßen. “ 220 140 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="141"?> Kaum günstiger - wohlgemerkt: für Kutzleb - nimmt sich das Urteil aus in Sachen der bezeichnenderweise von Adolf Bartels 221 gelobten Kutzleb-Romane Das Haus der Genesung (1932) sowie Morgenluft in Schilda (1933). Beide Werke sind durchsetzt von Invektiven à la Spengler, sei es gegen die Moderne, sei es gegen die Psychoanalyse und eine an ihr interessierte „ Amerikanerin “ , deren Perversität, so Kutzleb, dahin ging, an der „ Beschäftigung mit den seelischen Exkrementen Minderwertiger “ 222 Interesse zu nehmen. Aversiv verhielt sich Kutzleb auch, in Nachahmung des von ihm im Fall Harden vorgelegten Niveaus und als eine Art niederes Nachtreten im Jahr der Bücherverbrennung, gegen seitdem verfemte Autoren wie Heinrich Mann (1871 − 1950), 223 insbesondere aber gegen Emil Ludwig (1881 − 1948), 224 der seit 1906 in der Schweiz lebte und aus Protest gegen die Ermordung Walther Rathenaus zum Judentum zurückgekehrt war. Ihn führte Kutzleb auf geradezu infame Weise vor, 225 bei dieser Gelegenheit antisemitische Klischees ausbreitend, die sich später in seinem Roman Zeitgenosse Linsenbarth (1940) am Beispiel der Titel gebenden Figur verdichten sollten. Als gemeinsamer Nenner fungiert bei all dem ein robuster Antiintellektualismus, dem beispielsweise der dem Wandervogel entstammende, durch den Krieg etwas aus der Bahn geworfene Held des ‚ Sanatoriumsromans ‘ Das Haus der Genesung frönt bei seiner nicht endend wollenden Suada auf die Dekadenz und den Unsinn der Lebensreformbewegung, etwa nach dem Muster: So lag denn das Haus am Heidberg bald voll von jenen Kumpanen, die neben dem Edelkommunismus [. . .] noch irgendeinem anderen Ismus auf ihre Fahne, eine rote natürlich, geschrieben hatten. Der eine malte die Fratzen seines armen Hirns mit Farben auf Leinwand, ohne die bescheidenste Einsicht in das Wesen der Perspektive, der Komposition, der Lasierung, der Palette; unter sein Gemächte schrieb er dann etwa: Schrei! Die Seele der Großstadt! Evokation! Erhabene Stunde! Und er hätte, ohne Verwirrung anzurichten, die Titel unter den Bildern vertauschen können [. . .]. Jeder der Edelmenschen hatte, da sie noch alle in den Brünsten einer nicht ausgärenwollenden Pubertät schmorten, seine erotischen Bedürf- und Erlebnisse und suchte da recht und schlecht auf seine Kosten zu kommen, da er Zeit genug hatte. Einer, es war der Maler, brachte sich sein Mensch gleich mit, eine davongelaufene Lyzeumsschülerin, der das Haar wie Schnittlauch um die Ohren hing und die niemals Strümpfe und nur selten Hosen trug. 226 Um auf den Punkt zu kommen: Das Ganze wirkt wie die Blaupause für die fünf Jahre später (1937) in München gestartete NS-Kampagne gegen ‚ Entartete Kunst ‘ 227 - und lässt bereits ahnen um die 1933 von Kutzleb ausgemalte positive Alternative: In Morgenluft in Schilda räumt der unschwer in Fortsetzungsabsicht tätige „ nationalradikale “ Romanheld gründlich auf mit der „ Welt liberalen Menschentums “ 228 und einem in Dekadenz und Über-Intellektualität erstickenden Bürgertum. Dieses sieht sich seinerseits in Frage gestellt von einer erwachenden Jugend, die daran zu zweifeln beginnt, ob die Humanität zurecht verlange, „ daß man Krüppel und Trottel mit durchfüttere. “ 229 Am Ende findet der Held, in dem Kutzleb sich selbst feiert, sein Glück als Bauer in den Armen Über den Antiintellektualismus 141 <?page no="142"?> seiner Bäuerin, einer blonden, erfolgreich ihrem verlogenen Herkunftsmilieu entfremdeten Fabrikantentochter namens Elisabeth. Und Kutzleb? Er fand, um nun angesichts der in der Kindt-Edition durchweg unterschlagenen personenbezogenen Fakten etwas sarkastisch zu werden, zwischenzeitlich sein Glück im Stahlhelm, im Bund der Frontsoldaten, in der Reichsschrifttumskammer, im NSLB (1933), in der NSDAP (1936 230 ) und im NS-Dozentenbund. Außerdem reüssierte Kutzleb, in der NS-Zeit ein Erfolgs- und Volksschriftsteller mit einer Gesamtauflage von gut 500 000 Exemplaren, mit Artikeln im - für das ‚ Generalgouvernement Polen ‘ zuständigen - NS-Kampfblatt Krakauer Zeitung 231 , zusammen übrigens mit dem Ehrenmitglied des Nerother Wandervogel, dem Schriftsteller Manfred Hausmann (1898 − 1986). Dass dies nicht alles ist, was man Hausmann vorwerfen kann, zeigte 1999 - erkennbar zum Ärger Jürgen Reuleckes 232 - Arn Strohmeyer, der zusätzlich noch in Goebbels Zeitung Das Reich (1940) niedergelegte Hausmann-Zeilen in Erinnerung rief wie: „ Es gibt Dich nicht, es gibt nur noch Dein Land. “ 233 Schlussakkord: Antiintellektualismus nach 1933 Ähnlich - um an das Hausmann-Zitat anzuknüpfen - sah dies 1932 der NS- Pädagoge Ernst Krieck in seiner wüsten Philippika auf „ Fäulnis und Zersetzung “ , zu verantworten durch ein „ virtuoses Literatentum vorwiegend jüdischer Herkunft und Art. “ 234 Gleich nachfolgend geißelte Krieck einen „ bis heute noch nicht voll überwundenen Subjektivismus der Jugendbewegung, der [. . .] um die Probleme Jugendlichkeit, Pubertät, Verhältnis der Geschlechter kreiste, der stets wieder dazu verführte [. . .], an sich und anderen die psychologische Vivisektion zu betreiben. “ 235 Deutlich wirkt hier die Kritik Hitlers an der nun als „ Judenkrankheit “ gedeuteten, angeblich in der Vorkriegszeit überhand nehmenden „ einseitigen Ausbildung des ‚ Geistes ‘“ 236 nach. Zum an Stammtischen wissend belächelten Slogan geriet in der Folge der vom Schauspieler und (späteren) NS-Regisseur (Jud Süß [1940]) Veit Harlan (1899 − 1963) 237 gesprochene Satz: Wenn ich Kultur höre, entsichere ich meinen Browning. 238 Das Zitat entstammt dem an Hitlers 44. Geburtstag (20. April 1933) im Beisein des Jubilars mit großem Erfolg uraufgeführten Dramas Schlageter aus der Feder des „ NS- ‚ Hofpoeten ‘“ 239 Hanns Johst (1890 − 1978). Thema und Anliegen dieses Dramas war die regimetreue Erzählung der Geschichte des von den Franzosen wg. Sabotage hingerichteten und von den Nazis zum „ deutschen Freiheitshelden “ 240 stilisierten Freikorpskämpfers und NSDAPsowie SA-Mannes Albert Leo Schlageter (1894 − 1923). In der durch dieses Drama markierten Linie ist auch der am 7. April 1933 erlassene ‚ Arierparagraph ‘ 241 zu sehen, ebenso wie das gut fünf Wochen später auf dem Berliner Opernplatz anlässlich der ersten öffentlichen Bücherverbrennung durch Goebbels dekretierte Ende 142 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="143"?> des „ Zeitalter eines überspitzten jüdischen Intellektualismus. “ 242 Wenige Wochen später, auf dem 15. Deutschen Turnfest in Stuttgart, enthüllte Hitler die zentrale Absicht hinter all dem: Geistreiche Völker ohne Mut und Kraft werden stets zu Hauslehrern der gesünderen Rasse degradiert. 243 Damit sowie in der Linie entsprechender Ausführungen aus Mein Kampf 244 war klar, worum es in Zukunft gehen würde: um die Förderung von Mut und Kraft mit dem Ziel einer ‚ gesunden ‘ , allen anderen überlegenen (Herren-)Rasse. Ganz auf dieser Linie lag auch Baldur von Schirach 1938 angesichts der Grundsteinlegung für neun dem HJ-Zweck zugedachte ‚ Adolf-Hitler-Schulen ‘ : Die Vergötzung des Geistes, wie sie Jahrzehnte hindurch in unserem Volk betrieben wurde, führte zur Zerstörung der naturgegebenen Ordnung. Der Weg des geistigen Menschen jener Zeit ging durch das Tor, über dem ‚ Wissen ist Macht ‘ geschrieben stand, in ein Land der Verneinung. 245 Dass ein derartiges Land, ginge es nach den Nazis, nicht wieder zu erwarten sei, stellte Schirachs Spottwort klar: „ Da in anderen Ländern scheinbar unumschränkte Freiheit zur Kritik besteht, weist hin und wieder ein Intellektueller mit Brille und Muskelschwund darauf hin, daß diese Einrichtung auch für uns Deutsche wünschenswert sei. “ 246 Nicht vorbeigehen kann man schließlich an Theodor Wilhelm (s. S. 29 ff.), der ‚ den ‘ Juden noch 1944 eine „ nur zersetzende, niederreißende, in Frage stellende, niemals aus der Tiefe des Blutes befruchtete und daher niemals fortzeugende Intellektualität “ 247 bescheinigte und damit letztlich eine Begründung für Auschwitz nachzuliefern sich nicht unterstand. So betrachtet ist das nun folgende Kapitel geradezu ‚ alternativlos ‘ . 4. Über den Antisemitismus. Oder: Warum selbst Paul Natorp kaum etwas mitbekam vom Fisch, der längst schon vom Kopf her stank Die im Vorhergehenden aufgeführten Zeugnisse für Antisemitismus - auch in Sachen einzelner Handlungsträger des Steglitzer Wandervogel (wie Hans Blüher) (s. S. 66 ff.) oder Idole der Jugendbewegten (wie Langbehn oder Lagarde) plus Anhang (s. S. 99 ff.) - sind derart zahlreich, dass man auf den ersten Blick nur staunen kann, wenn man Andreas Winnecken liest. In seiner sehr beachtenswerten Dissertation Ein Fall von Antisemitismus. Zur Geschichte und Pathogenese der deutschen Jugendbewegung vor dem Ersten Weltkrieg (1991) berichtete er vor nun bald dreißig Jahren - gerechnet vom Erstellungsdatum der Dissertation Mitte der 1980er Jahre - , die in den letzten 15 bis 20 Jahren über den Wandervogel erschienene Literatur erwecke den Anschein, „ als habe der Antisemitismus in den Reihen der Jugendbewegung nur geringe Über den Antisemitismus 143 <?page no="144"?> Chancen gehabt. “ 248 Die Sache wird noch mysteriöser, wenn man bedenkt, dass einiges dafür spricht, diese Sachverhaltsfeststellung nach wie vor für aktuell zu halten. Dies gilt jedenfalls im Blick auf Ulrich Herrmanns 2006 nachgetragene Einlassung, der von Winnecken ins Zentrum gerückte Zittauer Skandal vom Mai 1913 um ein aus antisemitischen Gründen vom örtlichen Wandervogel abgelehntes jüdisches Mädchen 249 habe mit Antisemitismus weit weniger zu tun als mit dem Umstand, „ daß das Mädchen einen frühreifen ausgeprägten Hang zu den Jungs gehabt habe; “ 250 ohnehin gelte, dass „ der latente und der manifeste Antisemitismus in der bürgerlichen Kultur des Wilhelminischen Deutschland [. . .] nach dem Zeugnis der Quellen und Überlieferungen [. . .] kein Charakteristikum des Wandervogels [war]. “ 251 Gesetzt - was hier gesetzt wird - , diese Lesart Herrmanns stünde für eine grobe, mit den Quellen unvereinbare Bagatellisierung des Problems, spricht viel für eine erneute, grundlegende Thematisierung. Begonnen sei dabei mit einem etwas genaueren Blick auf jenen Zittauer Fall, den vor Ulrich Herrmann schon Werner Kindt bedingt sah durch „ allzu deutlichen Interesses “ des „ frühreifen 13-jährigen Mädchens “ „ an kleineren Jungen. “ 252 Freilich: Der im AdJb einsehbare Schriftwechsel von Kindt insbesondere mit Chaim Schatzker 253 - der auch Winnecken bei seiner Dissertation beriet 254 - weist in eine etwas andere Richtung: Kindt, der Schatzker aus Ärger über Hermann Meier-Cronemeyer (s. S. 158 f.) das Kapitel über die jüdische Jugendbewegung in Band II seiner Edition anvertraut hatte, war auf Beschwerde Schatzkers 255 auf die Idee verfallen, ausgerechnet den Antisemiten Erich Matthes zu bitten, jene angebliche Frühreife des jüdischen Mädchens zu beglaubigen. 256 Damit freilich, deutlicher: mit diesem Versuch der Bemäntelung des antisemitischen Charakters jener Entscheidung blieb er erfolglos. Helmut Wangelin verwahrte sich denn auch schon 1970 gegen die von Kindt nahegelegte und von Bernhard Trefz 1999 erneut vorgetragene sowie von Ulrich Herrmann, wie gesehen, 2006 zumindest insinuierte Annahme, es gehe um einen nicht primär oder per se antisemitischen, also „ an sich belanglosen Vorfall. “ 257 Für diese These eines insoweit vergleichsweise weit verbreiteten Antisemitismus in der Jugendbewegung spricht auch die Aufarbeitung des Zittauer Falles. So verabschiedete die Bundesleitung des Wandervogel e. V. unter Führung von Edmund Neuendorff (1875 − 1961) auf dem Ostern 1914 in Frankfurt/ O. abgehaltenen Bundestag zwar eine sog. ‚ Frankfurter Erklärung ‘ , mit der die in Nachahmung der Zittauer Entscheidung ergangenen zahlreichen Beschlüsse von Ortsgruppen, „ Juden grundsätzlich nicht aufzunehmen “ , ungültig wurden. Tatsächlich aber war dies nur taktisch motiviert, wie der folgende Passus aus einem Brief Neuendorffs an Friedrich Wilhelm Fulda (vom 15. 04. 1914) belegt: Die seligen, nach Knoblauch riechenden, jüdischen Wanderstiefel haben denn ja auch wieder von neuem aufgewärmt werden müssen [. . .]. Wir wollen diesen Wandervogel im allgemeinen von Juden frei gehalten wissen, das ist meine ehrliche und tiefe innere Überzeugung, wie es die Deine ist [. . .]. 258 144 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="145"?> Wenig erstaunlich also, dass Neuendorff, bis 1920 Bundesleiter des Wandervogel e. V., 1921 − 1933 Jugendwart und 1933 − 1934 Vorsitzender der deutschen Turnerschaft, in der Kindt-Edition durch Verschweigen der NSDAP-Mitgliedschaft (1932) und Herausstellen des Suggestiven ( „ 1934 vom Reichssportführer v. Tschammer/ Osten aus dem Amt entfernt “ 259 ) fast schon als NS-Opfer aufbereitet, den „ Geist des Wandervogels “ sukzessive durch die „ Idee des politischen Kämpfers “ 260 ersetzte. Nach 1933 setzte Neuendorff „ als antisemitischer antidemokratischer ‚ Turnführer ‘“ 261 einen ‚ Arierparagraphen ‘ durch, „ der schärfer als die NS-Gesetze war. “ 262 Und nach 1945 gab er gegenüber einem Freund im Gestus der Unbelehrbarkeit kund: Ich persönlich habe es immer für ein Unglück gehalten, daß die Juden die deutsche Politik und weite Gebiete der deutschen Kultur zu beherrschen suchten und teilweise tatsächlich beherrschten. 263 Wenn man nun noch einbezieht, dass Walter Fischer (1887 − 1924) als Schriftleiter des ‚ offiziellen ‘ Organs der Bundesleitung namens Wandervogel. Monatsschrift für deutsches Jugendwandern ausgerechnet in der von Neuendorff zuvor als „ reines Privatunternehmen “ 264 abgewerteten völkischen Wandervogelführerzeitung erklärte, die Juden, die mit der Reaktion der Bundesleitung nicht zufrieden seien, würden möglicherweise eine Gegenbewegung erleben, „ die von der schwächlichen Halbheit zur kraftvollen Ganzheit hinzielt “ , in deren Folge die ‚ Judenfrage ‘ „ erledigt “ 265 sei, spricht kaum noch etwas dafür, den Antisemitismus der Jugendbewegung nur für eine Angelegenheit von Außenseitern zu erklären, zusammen mit der Wandervogelführerzeitung. Allenfalls ist einzuräumen, dass der Antisemitismus in der Wandervogelführerzeitung in besonders ungehemmter Form in Erscheinung trat, getragen von der Überzeugung, die eigene antisemitische Meinung sei „ unpolitisch deutsch-völkisch “ , die ( ‚ liberale ‘ ) Gegenmeinung hingegen „ rasselos und international “ 266 bzw. nichts weiter als „ verwaschener Kosmopolitismus. “ 267 Angesichts dieses soweit betrachteten Zittauer Falles mutet es ein Stück weit naiv an, dass Paul Natorp, Vertreter des nach 1933 als jüdisch verdächtigten und ins Abseits gerückten Neukantianismus 268 , am 6. Dezember 1913 in Berlin die Warnung aussprach: An dem Tage, wo die Freideutsche Jugend den Ausschluß der Juden zum Beschluß erhöbe, müßte ich die Hoffnungen begraben, die ich auf sie gesetzt habe. Denn ein Tropfen dieses Giftes genügt, was von reinem Bestreben bisher in ihr lebendig ist, zu verfälschen und zu verderben. 269 Gewiss, diese Warnung selbst war honorig - aber eben auch realitätsblind. Nicht zu vergessen: Es war Natorp selbst, der wenige Monate später in Marburg den Ausschluss Gustav Wynekens aus der Freideutschen Jugend bewirkte und damit auch dessen Schützling, den Juden Siegfried Bernfeld, ausgrenzte und zu dem nicht unberechtigten Tadel veranlasste, nun stünde sie endgültig in Aussicht: die Herabstimmung des Wandervogel zu einem Schutzverband blonder Tippeltröpfe (s. S. 183). Über den Antisemitismus 145 <?page no="146"?> Dabei spricht natürlich vieles dafür, dass Natorp dem Antisemitismus nicht Vorschub leisten wollte, ihn auch nicht zu bagatellisieren beabsichtigte - sondern schlicht aus der Froschperspektive Marburgs urteilte. Aus dem Umstand allerdings, dass an diesem Hochschulstandort Antisemitismus verpönt war, 270 folgte natürlich noch nichts für den Rest der Welt. Adolf Bartels beispielsweise hatte nur elf Monate zuvor (im Januar 1913) in Berlin auf Einladung des Deutschvölkischen Studentenverbandes und des Reichshammerbundes vor 2000 Zuhörern, die Hälfte davon Studenten, über die ‚ Judenfrage ‘ geredet und mit großer Resonanz die gegenteilige Pointe verfochten, also den Satz ins Zentrum gerückt: Wer in unserer Zeit kein Antisemit ist, der ist auch kein guter Deutscher. 271 Die große Zustimmung zu diesem Satz weist auf ein tiefsitzendes, von Natorp offenbar unterschätztes Ressentiment hin, das beispielsweise Wilhelm Raabe Anlass gab, in Der Hungerpastor (1864) die Figur des Juden Moses Feuerstein als „ sexuell überaus aktiv, charakterlos und anpassungsfähig “ 272 anzulegen. Antisemitische Klischees finden sich selbst im Wilhelm-Busch-Klassiker Die fromme Helene (1872), etwa in Gestalt der - gelegentlich als Parodie in antiantisemitischer Absicht gelesenen 273 - Verse: Und der Jud mit krummer Ferse, Krummer Nas ‘ und krummer Hos ‘ Schlängelt sich zur hohen Börse Tiefverderbt und seelenlos. 274 Vier Jahre später meldete sich der Publizist Otto Glagau (1834 − 1892) in der im Kleinbürgertum mit einer Auflage von 400 000 Exemplaren weit verbreiteten Gartenlaube zu Wort mit seiner These, Antisemitismus sei die natürliche Reaktion auf das Geschäftsgebaren ‚ der ‘ Juden während der Reichsgründung, 275 es sei folglich Zeit für die Losung: Nicht länger Toleranz! O-Ton Glagau: Die ganze Weltgeschichte kennt kein zweites Beispiel, daß ein heimatloses Volk, eine physisch wie psychisch entschieden degenerierte Rasse, bloß durch List und Schlauheit, durch Wucher und Schacher, über den Erdkreis gebietet. 276 Bei Texten wie diesen darf man sich nicht wundern, dass selbst Kurt Schulz, einer der beiden Herausgeber der kurzzeitig in Konkurrenz zur (völkischen) Wandervogelführerzeitung erschienenen Jugendbewegungszeitschrift Pachantei und in dieser Funktion ein entschiedener Anti-Antisemit, 1914 eingestand, er habe in den letzten Jahren seiner Schulzeit und in seinen ersten Semestern „ einem unklaren Antisemitismus gehuldigt, wie man ihn vielfach findet. “ 277 In die gleiche Richtung weist die 1940 zu Papier gebrachte Erinnerung Herman Nohls an seinen Vater, einen Altphilologen und Studienrat: Er las, so lange ich denken kann, die Tägliche Rundschau, die Zeitung der nationalliberalen und alldeutschen Oberlehrer, war auch nicht ganz frei von ihrem Antisemitismus. Wenn eins der Kinder schrie, schob er den Kinderwagen unter dem 146 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="147"?> Gesang: ‚ Schmeißt ihn raus, den Juden Itzig ‘ ins andere Zimmer. Wollte er einen auf das Judentum des anderen aufmerksam machen, zog er die Nase an und krümmte den Zeigefinger. Wenn einer der Schüler bei der Aufnahme des Nationalen seine Religion mit ‚ mosaisch ‘ angab, dann verbesserte er ihn ‚ also jüdisch ‘ . 278 Von hier aus ist auch die Bemerkung von Hermann Siemens aus dem Jahr 1917 zu lesen, wonach „ eine gewisse Art Antisemitismus “ in den Kreisen der „ sogenannten guten Gesellschaft “ 279 damals gleichsam zum guten Ton gehört habe. Und wenn man nun noch einbezieht, dass schon Max Weber in einem seiner Jugendbriefe (vom Juli 1885) darüber klagte, dass manche seiner „ wunderlichen Altersgenossen “ , gleichsam aus Mode, „ etwas in Sachen Antisemitismus mitmachen “ 280 würden und Nietzsche sich zu eben dieser Zeit (1886) mit bitterem Unterton notierte: „ Ich bin noch keinem Deutschen begegnet, der den Juden gewogen gewesen wäre, “ 281 haben wir von einer über lange Jahre hinweg stabilisierten, weit entwickelten gesellschaftlichen Vorurteilsstruktur auszugehen. Sie begünstigte zumal im (christlichen) Bildungsbürgertum den Antisemitismus und könnte erklären, warum sich schon lange vor 1933 auch bei renommierten geisteswissenschaftlichen Pädagogen, die durchgängig wichtig waren für die (Auslegung der) Jugendbewegung - wie Eduard Spranger, Herman Nohl oder Erich Weniger - in je unterschiedlicher Form Antisemitismus identifizieren lässt. 282 Dass man angesichts von derlei Mentalitätsgeschichte Antisemitischem mitunter auch gleichsam wider die eigene Intention Vorschub leisten kann, zeigt das Beispiel Eugen Diederichs: Er wollte dem via Nietzsches 283 Geburt der Tragödie (1872) neu begründbaren Dionysoskult mittels der Einführung der Sonnenwendfeier (1904) in den auch von Nohl und Wilhelm Flitner besuchten Jenaer Sera-Kreis Rechnung tragen. 284 Das Problem ist nur: Der altgermanische Ursprung dieses bald mit eigener Liturgie - Lieder und Gesänge, Tanz ums Feuer, Feuersprüche etc. 285 - begangenen, auch in Österreich 286 wiederentdeckten Rituals wurde in völkischen Kreisen der Jugendbewegung schon vor dem Ersten Weltkrieg zum Vorwand genommen, Juden auszuschließen, insofern ihre Teilnahme zu einer „ Abtötung des Rassenempfindens “ 287 führen müsse. Ganz auf dieser Linie gewann die Sonnenwendfeier nach 1918 neue Bedeutung, etwa in der Artamanenbewegung, wo „ Feuer- und Schwertweihespiele [bald] auf jedem Tagungsplan des Bundes [standen]. “ 288 In diese Richtung weist auch Ernst Kriecks Rede am Feuer (1931), deren „ Feiergruß “ lautet auf: „ Heil dem Dritten Reich! “ 289 Kaum überraschend also, dass der Tag der Sonnenwendfeier nach 1933 zum offiziellen Feiertag wurde. Veteranen der Jugendbewegung behaupteten nach 1945 gleichwohl, Sonnenwendfeiern seien auch bei Kommunisten oder Sozialisten und selbst im jüdischen Wanderbund Blau-Weiß gängig gewesen, „ Freudenfeuer “ seien im Übrigen „ kein deutsches Privileg. “ 290 Geschichten wie diese nötigen dazu, einige weitere einschlägige Fakten zum Themenkomplex in Erinnerung zu rufen. Dazu gehört natürlich vor allem das für die völkische Bewegung - und später für Hitler 291 - wichtige Schaffen Über den Antisemitismus 147 <?page no="148"?> Richard Wagners (1813 − 1883) unter Einschluss seines 1850 erstmals (noch anonym) vorgelegten und für den modernen Antisemitismus initialgebenden Pamphlets Das Judentum in der Musik (1869). 292 Folgen zeitigte derlei beim frühen Nietzsche 293 , auch, wie gesehen, bei Fidus (s. S. 82 ff.) - sowie 1916 in der Wandervogelführerzeitung. Hier meinte ein gewisser Paul Gützlaff, dass Wagners Kunstschöpfungen „ in den uralten Mythen und dem Weltbild der Arier fest verankert “ seien. Wagners antisemitische Schrift von 1850/ 69 habe im Übrigen einen Kampf eröffnet, den die Jugendbewegung im Interesse der „ Erneuerung Deutschlands “ fortzusetzen habe, und zwar orientiert am „ Heldenleben “ 294 Wagners. Düster fügte Gützlaff noch an, dass dem „ Krieg gegen die äußeren Feinde der Krieg gegen die inneren folgen möge “ , der Krieg also gegen die „ Söldner-Knechte Alberichs “ 295 - eine Anspielung also auf die als ‚ Judenkarikaturen ‘ 296 angelegten Zwerge in Wagners Opern-Tetralogie Der Ring des Nibelungen. Zehn Jahre nach Wagners Neuauflage des Judentum-Pamphlets, im November 1879, brach als weitere, von Wagner genauestens registrierte 297 Station des modernen Antisemitismus der ‚ Berliner Antisemitismusstreit ‘ aus. Initiator war der in der 30. Auflage (1930) von Theodor Fritsch ‘ Handbuch der Judenfrage ob seiner „ Furchtlosigkeit “ 298 gelobte Historiker Heinrich von Treitschke (1834 − 1896). 299 Am Exempel der von ihm 1879 in die Welt gesetzten und später von Julius Streichers Stürmer als Dauerschlagzeile 300 aufgegriffene Stammtischparole „ Die Juden sind unser Unglück! “ brach sich in der Folge das Bild des verelendeten und als eine Art ‚ Wirtschaftsasylant ‘ gelesenen osteuropäischen Juden Bahn. Nietzsche, früh von Wagners Antisemitismus angesteckt, zu dieser Zeit aber schon auf dem Wege zum Anti-Antisemiten, fand hierauf schließlich die richtige Antwort: In Jenseits von Gut und Böse (1886) schlug er vor, nicht, wie von Treitschke nahe gelegt, die Juden, sondern diesen selbst resp. „ die antisemitischen Schreihälse des Landes zu verweisen. “ 301 Den Rest der Klärung besorgte Nietzsche in seinen Briefen an Theodor Fritsch vom Februar/ März 1887 (s. S. 111). Dieser selbst bzw. einer seiner Mitarbeiter 302 brachte denn auch in der in jener 30. Auflage des Handbuch der Judenfrage veröffentlichten Dokumentation zum Berliner Antisemitismusstreit 303 zwar fast alle der uns bisher schon bekannten Antisemiten zu Gehör. Nietzsche freilich war nun Persona non grata. Ähnlich sah man dies in der Jugendbewegung, zumindest in ihrem völkischen Zweig. Hier war, wie eben das Beispiel Gützlaff zeigte, nicht Nietzsches Spott und der Anti-Antisemitismus, für den er Zeugnis gibt, populär, sondern jener Antisemitismus der Wagners, Treitschkes und Lagardes. Er gab dem erstmals von Charlotte Lütkens 304 herausgestellten antikapitalistischen Antisemitismus Auftrieb, der schon beim Steglitzer Wandervogel zu beobachten ist, erkennbar im Nachgang zum sog. ‚ Haubindaner Judenkrach ‘ von 1903 305 : Auf Anordnung von Hermann Lietz (s. S. 113), der dadurch und wohl auch mittels des Schul-Abonnements von Theodor Fritsch ‘ antisemitischer Postille Hammer (ab 1902) 306 den „ nationalen Charakter “ 307 seiner Einrichtung betonen 148 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="149"?> wollte, war damals ein Aufnahmestopp für jüdische Schüler erlassen worden, ohne dass sich dagegen sonderlich Widerstand geregt hätte 308 - abgesehen von Theodor Lessing (1872 − 1933). Ihn, den inzwischen recht bekannt gewordenen Kulturphilosophen, führte Lietz noch 1919 als „ israelitischen Privatgelehrten “ vor, der seinerzeit „ Zwiespalt “ 309 gesät habe - damit ein Motiv vorwegnehmend, das nach 1933 unheilvoll eskalieren sollte, wie das tödliche Attentat auf Lessing in seinem Exil in Marienbad durch von der SA aufgehetzte sudetendeutsche Nazis 310 zeigt. Fälle wie dieser, Fälle also mit vergleichsweise langer Vorlaufzeit, weisen zurück auf Friedrich Langes (s. S. 52) Diagnose aus seiner Aufsatzsammlung Reines Deutschtum (1904): Der Antisemitismus hat überall in unserem Volke zugenommen, nicht als Partei- oder Nur-Antisemitismus, nicht als Einzelprogramm und Selbstzweck, aber wohl in der Form, daß man sich der Unvereinbarkeit zwischen Judentum und Deutschtum mehr als früher bewußt geworden ist. 311 Ein Jahr darauf (Anfang April 1905) notierte sich der Steglitzer Wandervogel Frank Fischer (1884 − 1914), wohl auch unter dem Einfluss seines nationalistischen und antisemitischen Vaters 312 , in seinem Tagebuch: „ Ausstoßen der Juden. “ 313 Gedacht war dies als Programmpunkt für den wenig später von ihm und Siegfried Copalle (s. S. 71) gegründeten Wandervogel e. V.. Auffällig dabei: Dieser Aspekt wird in der von Copalle und Kindts Zuarbeiter Heinrich Ahrens stammenden Chronik der deutschen Jugendbewegung (1954) verschwiegen. Ersatzweise ist von einer „ diplomatischen Lösung “ 314 der Judenfrage im damaligen Wandervogel die Rede - eine durchaus verdächtige Formulierung für einen wie Ahrens, der 1939 eine Dissertation vorgelegt hatte, in der des Wandervogels „ Kampf für das Deutschtum “ gelobt wurde. 315 Immerhin war dies damals eine bei Veteranen verbreitete Lesart, wie sich auch bei Werner Kindt zeigt, der noch 1968 meinte, bei der Judenfrage habe es sich um eine 1913 „ von außen an sie [die Freideutsche Jugend; d. Verf.] herangetragenen Auseinandersetzung “ gehandelt, die „ in fairer Weise “ 316 beantwortet worden sei. Der solcherart erneut bagatellisierte Antisemitismus schon der Wandervogelära eskalierte mit Kriegsausbruch, nach einem Narrativ, das Howard Becker 1949 auf den Punkt brachte: [D]ie große Kontroverse zwischen Christus und Satan hatte endlich begonnen, und die Kinder des Lichts erhoben die Waffen gegen die Kinder des Dunkels. 317 Zumindest der Sound der Kriegsbeiträge in der Wandervogelführerzeitung ist mit dieser Formulierung gut getroffen, wobei das ganze Arsenal antisemitischer Vorurteile zur Aufführung kam. So war man sich über die ‚ dem ‘ Juden eigene - und seine Nichtgreifbarkeit bedingende - „ Chamäleonhaut “ 318 ebenso rasch einig wie über die Gleichsetzbarkeit von ‚ Jude ‘ mit „ Warenlagerbesitzer “ und „ Millionär. “ 319 Auch die angeblich erhöhte Sinnlichkeit ‚ des ‘ Juden wurde gehäuft herausgestellt, einerseits natürlich im Interesse des Verstärkens all- Über den Antisemitismus 149 <?page no="150"?> gemeiner Vorbehalte, so wie im folgenden Beispiel, in dem von den hinter einer „ Mädelhorde “ herlaufenden „ ausziehenden Blicken jüdischer Spießer “ die Rede ist oder das Bild eines „ fetten Kleiderjuden “ gezeichnet wird, der der Frau des Berichtenden mit eindeutig „ auf Fleischwert taxierenden Blicken “ 320 zu nahe trat bei ihrer Suche nach Nähseide. Andererseits aber ließ sich das ‚ Sinnlichkeitsargument ‘ nutzen zur - damit natürlich infamen - Erklärung des Vorhandenseins durchaus zahlreicher ‚ Philosemiten ‘ im öffentlichen Diskurs. Der damals berühmte und bei der Jugend anerkannte Schriftsteller Gustav Freytag (1816 − 1895) beispielsweise, der ab 1891 in dritter Ehe mit einer Jüdin verheiratet war und noch in seinem Bestseller Soll und Haben (1855) Judenkarikaturen auftreten ließ, um sich schließlich (1869) gegen Wagners Antisemitismus auszusprechen und 1893 im Geist des Anti-Antisemitismus Stellung zu beziehen 321 , musste sich in der Wandervogelführerzeitung nachsagen lassen, „ in der Jugend- und Manneskraft sehr über die Orientalen “ unterrichtet gewesen zu sein, was allein für sich schon erklären könne, dass er später ein „ Judenfreund “ wurde und „ eine Jüdin nahm. “ 322 Die rhetorische Schlussfrage ( „ Wißt Ihr Wandervögel nun, warum Freitag gegen den Antisemitismus schrieb? “ ) war getragen von der Gewissheit, dass es andere als die hiermit genannten zweideutigen Motive für ein derartiges Tun nicht geben könne. Im ähnlichen Stil ging es weiter: Mal wurde gegen die hier und da aufkommende Forderung, „ die Schriftsteller Jodl, Kühnemann, Natorp u. a. “ sollten dem Wandervogel im Fall des Durchdringens der deutsch-völkischen Strömung ihre Gunst entziehen, das Argument gehalten, „ daß diese Herren im Wandervogel (und wohl auch sonst) nicht sonderlich bekannt sind “ und dass man im Übrigen den „ literarischen Bedarf “ 323 allein decken könne. Mal wurde - vom selben Autor - die Sozialdemokratie als „ Judenschutztruppe “ bezeichnet und der Umstand, dass das Meißnerfest hauptsächlich durch linksstehende Blätter popularisiert worden war, mit der von Julius Langbehn entlehnten Warnung beantwortet: „ Der deutsche Student ist jüdischen Lockungen wie Drohungen nicht zugänglich. “ 324 Und mal wurde ein ganzes Heer Judengegner bis hin zu Richard Wagner mobilisiert, um darzutun, dass man nicht Judenhetze betreibe, sondern sich nur, gleichsam unter aktualisierten Vorzeichen, „ Einmischung in unsern deutsch-völkischen Bund “ verbitte: Es ist hiermit ebenso wie mit Negern und Chinesen, die massenhaft in den Großstädten sich aufhalten, wir dulden sie wohl, aber in unseren Angelegenheiten haben sie nicht mitzusprechen, in unsere Familien dürfen sie nicht hineinheiraten. 325 In der Logik dieses Arguments vermochte sich die Verfasserin „ mit einiger Phantasie die Zukunft des Wandervogels auszumalen, wenn den Juden der Eintritt gewährt wird. Die Juden werden, obschon nur etwa 1 % unseres Volkes, sicher 10 % des Wandervogels ausmachen “ und am Ende „ die Vormundschaft über unser gutmütiges Volk [. . .] ergreifen. “ 326 Carl Boesch, der die hier angedeutete Pointe in das Bild presste, dass eines Tages „ das arglose Wirtsvolk unten in den Kellerräumen [sitzt] “ , während es sich die Gäste „ oben 150 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="151"?> orientalisch bequem [machen] “ und „ das deutsche Vermögen und das deutsche Geisteserbe [ ‚ verwalten ‘ ] “ , fügte noch an, es sei eine Schande, „ wenn wir 60 Millionen mit dieser halben Million nicht fertig werden könnten. “ 327 Ähnlich sah dies Dietrich Bernhardi (s. S. 122). In einem im Felde verfassten Artikel führte er aus, der Wandervogel sei ein „ Beruf im völkischen Sinne “ 328 , was die Lektüre von Lagarde und Langbehn erfordere. Von ihnen ausgehend sei eine Abklärung der Frage möglich, was Deutschtum sei und in welcher Weise es allgemeines Menschentum bedinge bzw. mit ihm zusammenhänge. 329 Dass es dabei auch um Antisemitismus ging, verdeutlicht Bernhardis Polemik gegen das „ vergeschäftete, vergroßstädterte, verjudete, vermongolte und daher frühreife, früh welkende und schnell sterbende und sich nie hoch und reich und allseitig umfassend entwickelnde “ Leben. Ersatzweise plädierte er für die „ nordische Rasse [. . .], die allein Kindheit und Jugend kennt “ , im Unterschied zur „ brünetten, mittelländischen Rasse “ , die „ so schnell wie möglich zu Geldverdiene-Maschinen “ und „ Staatsbürgern “ 330 abgerichtet wird. Das Resümee lautete: Fremdgeist hat bestimmenden Einfluß in der Heimat unseres Volkes gewonnen, ihm soll das alte Adelsblut geopfert werden. Sollte das gelingen, ist das ganze Volk dahin, denn seine Lebensader vertrocknet. 331 Entsprechend war der Wandervogel für Bernhardi „ nichts als eine Befreiungs- Bestrebung des alten deutschen Adelsblutes, unter dessen Führung allein unser Volk, als menschheitsnötigstes, das Heilsvolk der Erde, erhalten bleiben und wieder hochkommen kann “ - eine Logik, die für Bernhardi natürlich der Wandervogelleitung die Verpflichtung abverlangte, „ unser arisch-germanisches deutsches Volkstum “ 332 zu pflegen und zu hegen. Ganz in dieser Logik argumentierte auch Wilhelm Kotzde (s. S. 54), der nach 1918 ungerührt behauptete, das deutsche Volkstum stünde für eine „ Offenbarung Gottes “ und das Judentum für eine der „ Ursachen des Verderbens. “ 333 Folgerichtig stand gleich der nächste Krieg vor der Tür, jedenfalls nach Meinung des Deutschnationalen Jugendbundes - diesmal als „ Kampf gegen alles Zersetzende, also auch den Kampf gegen den zersetzenden Semitismus. “ 334 Dem korrespondierte die im Zusammenhang mit der wieder auflebenden Debatte um den ‚ Arierparagraphen ‘ zu sehende unmissverständliche Warnung von Albert Herhahn, wonach das im „ Geist der Zeit “ liegende Einschwenken „ auf den schiefen Weg der Demokratie und des Verfalls “ der sicherste Weg sei, um „ alle Leute, in denen noch ein Rest von Wandervogelstolz lebendig ist, in einen Bund zu treiben, der den höchsten Wert auf den Grundsatz der Auslese legt. “ 335 An welche Gruppe außer Juden und Volksschülern bei dieser Auslese besonders zu denken sei, ließ Herhahn gleichfalls nicht im Unklaren: an das weibliche Geschlecht. Allerdings plädierte er nicht, wie bei den erstgenannten Gruppen, für grundsätzliche Nichtaufnahme, sondern nur für Scheidung der Geschlechter. In der Summe betrachtet nahm die Debatte um den Antisemitismus nach 1918 also einen ganz neuen Anlauf, auch infolge der nun greifenden unüber- Über den Antisemitismus 151 <?page no="152"?> sehbaren Politisierung und Radikalisierung. Dies zeigt schon das Beispiel Luise Walbrodt, die im Organ des Deutschen Mädchen-Wanderbundes vortrug: Überall, wo Unechtes, Fremdes in eine Entwicklung kommt, da wird sie gehemmt und gestört. Darum wollen wir als Mädchen uns nicht nach Jungensart entwickeln, und darum wollen wir als Deutsche keine Juden in unseren Reihen. 336 In diese Richtung weisen auch die Debatten in der Neupfadfinderzeitschrift Der Weiße Ritter 337 sowie in der bündischen Zeitschrift Die Kommenden, wo 1928 ein mit „ N. “ zeichnender Autor eines Reiseberichts aus Polen bezüglich des Krakauer Judenviertels, „ dem der Geruch eines Kehrichthaufens anhaftet “ , den Wunsch äußerte: Hoffentlich versteht unsere Einwanderungsgesetzgebung diese Läuse aus Deutschlands Pelz herauszuhalten. Wir haben schon genug davon. 338 Vor allem die Geusen fielen in Die Kommenden „ durch eine nicht enden wollende Hetze auf, die das ganze Arsenal der einschlägigen Ressentiments versammelt. “ 339 Der damalige Schriftleiter dieses Organs, der Neupfadfinder (seit 1921) Erich Müller (1902 − 1962), nachmals SA (1933/ 34), NSV und NSLB (ab 1934) sowie NSDAP (ab 1937) 340 , versah „ die Heiratsanzeige einer ‚ jungen, hellblonden Dame, Christin ‘ , die einen ‚ gutsituierten jüdischen Herrn ‘ sucht, mit der Überschrift ‚ Rassenschande ‘“ 341 - eine Vokabel, die Artur Dinter (s. S. 26) literarisch auszugestalten suchte. Ob man dabei zwischen dessen ‚ Rassenantisemitismus ‘ mit dem vergifteten und vergiftenden jüdischen Blut als angebliche Wurzel allen Übels und Adolf Bartels ‘ (s. S. 44) ‚ Kulturantisemitismus ‘ mit dem giftigen und vergiftenden jüdischen Geist als dem Bestimmenden wirklich sinnvoll trennen kann, bleibe hier dahingestellt, Carl von Ossietzkys Argument spricht eigentlich dagegen: beide Typen, von ihm als ‚ literarische Antisemiten ‘ vereinheitlicht, bewegen sich „ am Rande des Pogroms. “ 342 Wichtiger ist, dass Dinter schon 1921 in einer obskuren, auf Auslegung von Kant-Zitaten basierenden ‚ Geistlehre ‘ versprochen hatte, „ unbeirrbar und unbeugsam “ für deren „ Wahrheit “ zu kämpfen: „ für die Vernichtung des Judentums und dadurch für die innere und äußere Wiedergeburt des deutschen Volkes. “ 343 Vergleichbare Ziele verfolgte er mit seinen Romanen. Nach 1945 hielt ihnen Hermann Ahrens, wohl aus eigener Betroffenheit als jugendlicher Leser redend, vor, „ Hunderttausende von gutartigen Jungen und Mädchen seelisch vergiftet und sie allesamt erst dafür tauglich gemacht zu haben, nach der Losung ‚ Juda verrecke! ‘ zu handeln statt nach dem einfachen Geboten der Menschlichkeit. “ 344 Dinter erreichte dies, wie das Beispiel seines Erstlings Die Sünde wider das Blut (1918) aus jener Trilogie lehrt, mit einfachen Mitteln: in Gestalt eines mit klaren Klischees gearbeiteten, um Liebe, Sex, Prostitution, Betrug, Mord und Totschlag kreisenden Schundromans, der die voyeuristische Spannung zumal jugendlicher Leser männlichen Geschlechts im Blick auf eine möglicherweise nymphomanisch entartende Triebhaftigkeit weiblicher Protagonisten 152 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="153"?> insbesondere (halb-)jüdischer Provenienz bedient und sauber nach gut (= Arier) und böse (= Jude) unterscheidet. Zentrales Thema ist, via Houston Stewart Chamberlain (s. S. 23), ‚ Rassereinheit ‘ als Ideal bzw. ‚ Rassenschändung ‘ als widernatürliche Entartung, getragen von dem Bemühen, die Anstrengung des Juden als vergeblich auszuweisen, mittels Assimilation und Glaubenssowie Namensänderung seine wahre, im verderbten Blut und mithin in seiner Rasse gründende Gefahr vergessen zu machen. Die Sprache ist kalkuliert dämonisierend, wie das folgende Porträt des durch (jüdische) Raffgier unermesslich reich gewordenen und auf weiteren Profit in einem Krieg spekulierenden Kommerzienrats Burghammer (wie sich später herausstellt: Isidor Hamburger) zeigt: Sein Gesicht, von einer großen Pelzmütze und dem hochgeschlagenen Kragen des Pelzmantels eingerahmt, hatte etwas Diabolisches. Unter dichten schwarzen, leicht ergrauten Brauen lauerten ein Paar tiefschwarze, zusammengekniffene Augen. Eine unschöne, träg gebogene Nase ließ graues Gestrüpp aus ihren Öffnungen hervorwuchern. Der ungepflegte, stark ergraute, schwarze Schnurrbart fiel in langen Zotten über den wulstigen Mund, dessen dicke Unterlippe herabhing. Schwarzgraue Stoppeln bedeckten Backen und Kinn. 345 Besonders infam: Der derart Porträtierte scheint sich Jahre später im Enkel, einem - nach späterer Nazi-Terminologie 346 - ‚ Vierteljuden ‘ atavistisch zu wiederholen, gleichsam als dominantes Merkmal im Erbgang und ungeachtet der phänotypisch unauffälligen, blonden Tochter Elisabeth, einer ‚ Halbjüdin ‘ , die im Kreißsaal Zeuge wird, wie ihr arischer Gatte Hermann den Schock seines Lebens verdauen muss: Ein dunkelhäutiges, mit pechschwarzem, krausem Kopfhaar bedecktes, menschenunähnliches Etwas schrie ihm entgegen [. . .]. Auch Elisabeth war, als sie des Kindes ansichtig geworden, so heftig erschrocken, daß sie ohnmächtig in die Kissen zurückgesunken war. 347 Am Ende dieser Mär sind alle Halb-Juden und Juden verdientermaßen tot, zur Not auch kaltblütig erschossen durch Hermann im Zuge seines gleichsam irdischen Strafgerichts gegen jüdische Verführer. Am spektakulärsten aber stirbt Isidor: liebestrunken seinen Odem in den Armen gleich dreier blonder Jungfrauen aushauchend, gleichsam als gerechte Strafe für sein Doppelleben als Erzeuger von sage und schreibe 117 Babys, die er in halb Deutschland mit finanziell gefügig gemachten blonden Jungfrauen - erkennbar seine Spezialität - gezeugt hat, gleichsam als Beitrag zu der seiner Meinung nach überfälligen „ Rassenvergiftung am deutschen Volke. “ 348 Dass dagegen nur ein Präventivschlag à la Auschwitz helfe, ist die eigentliche Botschaft Dinters, den als ‚ Sexualantisemiten ‘ zu bezeichnen 349 verharmlosend wäre. Denn was in diesem Machwerk, ein Jahr nach Erscheinen (also 1919) schon im 35. Tausend vorliegend, besichtigt werden kann, ist Rassenantisemitismus pur. Er traf auch deswegen auf große Resonanz auch bei Jugendbewegten, weil Krieg und Kriegsausgang dem Antisemitismus noch einmal Auftrieb gaben und man Über den Antisemitismus 153 <?page no="154"?> an einen Ton wie den von Dinter angeschlagenen zumindest der Tendenz nach schon längst gewöhnt war, etwa ausgehend von Poperts Helmut Harringa (1910) oder Burtes Wiltfeber, der ewige Deutsche (1912) oder eben Kutzlebs Der Zeitgenosse mit den Augen eines alten Wandervogels gesehen (1922). Die Folgerung liegt damit auf der Hand: Wenn man derlei Radikalität selbst bei einem üblicherweise dem Mainstream zugerechneten Autor - wie Kutzleb - zu konstatieren hat, wird der Antisemitismus der 1923 in die Wege geleiteten Artamanenbewegung (s. S 52 ff.) kaum überraschen. Gleiches gilt für die vor allem durch den Bundschuh vorangetriebene Radikalisierung, im Verlauf derer „ das Begriffspaar ‚ Blut und Boden ‘ im Bund Artam heimisch [wurde], das die organische Verbundenheit von nordischer Rasse und angestammter Bauernheimat unter Anwendung biologischer Thesen postulierte. “ 350 Auch kann dann kaum noch erstaunen, dass Kleo Pleyer (s. S. 33) im Januar 1933, unmittelbar nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler, die „ neue Regierung “ namens der Bündischen Reichsschaft zu fragen wagte, ob sie wirklich bereit sei - wie versprochen - zur „ [s]ofortigen Ausweisung aller seit dem 1. 8. 1914 zugewanderten Juden unter Enteignung ihres in Deutschland ergatterten Vermögens. “ 351 Wenig später gehörte der Antisemitismus zur Alltagserfahrung in deutschen Haushalten, gemäß der folgenden Erinnerung der damals fünfjährigen Renate Finck (Jg. 1927, nachmals BDM) an ihr Zuhause: Wenn sie bei Tisch von den Juden sprachen, hatte ich das Gefühl, als sprächen sie von etwas Gefährlichem, Bösen. Als wären sie so etwas wie die Hexen im Märchen. 352 Derlei Gift blieb nicht folgenlos, wie Fincks Karriere als BDM-Angehörige im Reichsgau Wartheland ( ‚ Warthegau ‘ ) 353 ebenso zeigt wie Interviews mit anderen ihrer Generation. 354 Auch die Beteiligung der HJ an der Schikanierung orthodoxer Juden nach dem ‚ Anschluss ‘ Österreichs im März 1938 ist bezeugt, 355 ebenso wie ihre Teilnahme an den Judenpogromen vom November 1938 ( ‚ Reichskristallnacht ‘ ). 356 Zu denken ist in diesem Zusammenhang auch an den im Jahr des Erscheinens schon im 50. Tausend vorliegenden Roman Der Befehl des Gewissens (1937) des 1948 wg. Ermordung kapitulierender Penzberger Bürger (28. April 1945) zum Tode verurteilten 357 NS-Schriftstellers Hans Zöberlein (1895 − 1964). Ihn kann man durchaus als eine Art Nachfolger Artur Dinters sehen, wofür auch sein Lebenslauf spricht: In Nürnberg geboren und vom Freikorps Epp (1919) sowie Julius Streichers (1885 − 1946) 358 Deutschsozialer Arbeiterpartei herkommend, trat Zöberlein 1921 als Mitglied von NSDAP (Mitglieds-Nr. 869) und SA sowie 1923 als Teilnehmer am Hitlerputsch in Erscheinung 359 , um in der Folge völkische Ideologie, vor allem auch antisemitische, in Hunderttausenden von Exemplaren unters - zumeist jugendliche - Lese-Volk zu bringen. Wie dies geht, zeigt der letztgenannte Roman: Syphilis wird hier zur „ Judenpest “ , und die vom Juden ausgehende Gefahr wird mittels der schrecklich zu lesenden (Inzucht-)Parabel vom ‚ Rattenkönig ‘ so aufbereitet, dass „ [d]ie ‚ Endlösung der Judenfrage ‘ [. . .] als eine ‚ hygienische ‘ Maßnahme [er- 154 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="155"?> scheint]. “ 360 Deren Sinngehalt kann sich letztlich auch des Romanhelden große Liebe Berta nicht entziehen, nachdem sie bei einem Schwimmbadbesuch von einem „ schwarzgebräunten Judenbengel “ , grinsend hinter seiner Hornbrille „ wie ein Satan “ 361 , sexuell belästigt wurde - ein Script, das fast wie bestellt wirkt im Rückblick auf Himmlers Goslarer Reichsbauerntags-Rede vom 12. November 1935 und die hier unterbreitete Überzeugung, „ daß der Kampf zwischen Menschen und [jüdisch-bolschewistischen] Untermenschen [. . .] wohl genauso Naturgesetz ist wie der Kampf des Menschen gegen irgendeine Seuche, wie der Kampf des Pestbazillus gegen den gesunden Körper. “ 362 Drei Monate zuvor - dies zum Hintergrund - war das Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre ( ‚ Blutschutzgesetz ‘ ) in Kraft getreten. Es hatte zahllose Urteile wg. ‚ Rassenschande ‘ im Gefolge, im Fall des Kaufmanns und Vorstandes der israelischen Kultusgemeinde Nürnberg, Leo Katzenberger, sogar ein - eigentlich ausgeschlossenes - Todesurteil, 363 das allein aus diesem Grund 1968 vom Landgericht Nürnberg für Unrecht erklärt wurde, im Gegensatz zu einer Zuchthausstrafe, die „ hätte ausgesprochen werden dürfen. “ 364 Vermutlich erklärt dieser Hintergrund eines insoweit bis in die 1960er Jahre fortdauernden Antisemitismus auch, warum Zöberleins Nürnberger Idol Streicher 1935 in seinem antisemitischen Hetzblatt Der Stürmer - mit einer Auflage mit bis zu 2 Millionen bei spektakulären Themen wie ‚ Rassenschande ‘ 365 - die jugendliche Leserin, gezielt für Zwecke von BDM-Schulungen 366 und wohl als Teil der mit den Nürnberger Gesetzen deutlich verschärften (rassen-) antisemitischen Kampagne auch auf HJ-Heimabenden, 367 vor einem Arztbesuch bei Juden mittels einer halbpornographisch bebilderten Geschichte warnte, deren Text an den Sound Dinters, über den Streicher zu eben jener Zeit referierte, 368 erinnert: Da öffnet sich die Tür. Inge blickt auf. Der Jude erscheint. Ein Schrei dringt aus Inges Mund. Vor Schreck läßt sie die Zeitung fallen. Entsetzt springt sie in die Höhe. Ihre Augen starren in das Gesicht des jüdischen Arztes. Und dieses Gesicht ist das Gesicht des Teufels [. . .]. Und dann geht der Jude auf sie zu. Seine fleischigen Finger greifen nach ihr. 369 Baldur von Schirach behauptete im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess zwar, Streichers Stürmer sei von den Führern der HJ „ restlos abgelehnt “ worden. 370 Dagegen sprechen allerdings die von Michael Buddrus 371 in Erinnerung gebrachten Fakten. Zu diesen gehört auch, dass Schirach spätestens durch eine Rede Arthur Greisers (s. S. 129) vom 15. Mai 1942 über die von diesem am 1. Mai in einem Schreiben an Himmler 372 beantragte systematische Tötung von (zunächst) 35 000 polnischer Juden informiert war. Dieses Datum ist wichtig für die Einordnung des Schirach schon in Nürnberg 1947 vorgehaltenen Zitats aus seiner im Völkischen Beobachter abgedruckten Rede beim Europäischen Jugendkongress in Wien 373 vom 15. September 1942, nun in seiner neuen Rolle (seit August 1940) als Reichstatthalter und Gauleiter von Wien: 374 Über den Antisemitismus 155 <?page no="156"?> Wenn man mir den Vorwurf machen wollte, daß ich aus dieser Stadt, die einst die europäische Metropole des Judentums gewesen ist, Zehntausende und aber Zehntausende von Juden ins östliche Ghetto abgeschoben habe, muß ich antworten: Ich sehe darin einen aktiven Beitrag zur europäischen Kultur. 375 So Schirachs - nach 1945 vom vormaligen RJF-Pressereferenten Günter Kaufmann kleingeredeter 376 - Kommentar zu Auschwitz, und dies in eben jenem Jahr, in dem Waldemar Nöldechen (s. S. 127) ihm bzw. der Reichsjugendführung im Bemühen um späten Applaus versichert hatte, Juden seien schon vor dem Ersten Weltkrieg „ aus den meisten und bedeutendsten Bünden ausgeschlossen “ 377 gewesen. Von diesem Beispiel ausgehend ist es nicht mehr weit bis zum Eintrag des NS-Historikers Kleo Pleyers - vormals Bündische Reichsschaft (s. S. . . .) - in seinem Kriegstagebuch (und Bestseller) Volk im Feld (1943) über den „ Entscheidungskampf mit dem Weltjudentum: “ 378 In den Markflecken und Landstädten wimmelt es von Juden. Viele haben noch nicht recht begriffen, daß ihre Stunde geschlagen hat. 379 Ganz ähnlich wie hier, bei dieser bemüht lässigen Kunde vom „ blutunterlaufenen Haß einer Rasse, die ihrer Ausrottung entrinnen will, “ 380 tönte es zeitgleich beim (vormaligen) Wandervogel Edwin Erich Dwinger (s. S. 117). Vorangegangen war dem Dwingers Machwerk Der Tod in Polen (1940) - Startauflage: 100 000 Exemplare - über den (im Nazijargon) ‚ Bromberger Blutsonntag ‘ (den wir ja bereits im Zusammenhang Peter Nasarski angesprochen haben, s. S. 36). Das Besondere an Dwinger: Wohl nur für Schlachterburschen, Chirurgen und Sadisten lesbar, berichtet er hier unter Mobilisierung angeblicher Augenzeugen über jenes polnische Massaker an ‚ Volksdeutschen ‘ , das offenbar auch durch diese selbst sowie durch eingeschleuste SS-Agenten provoziert worden war - eine Auftragsarbeit für Goebbels 381 , der auch die Rahmendaten setzte: Die Opferzahlen (ca. 400) wurden mindestens um den Faktor 100 angehoben und das von Dwinger zu liefernde Produkt sollte (1.) Hitlers Überfall auf Polen nachträglich rechtfertigen; die (2.) Schuld Englands an diesem Massaker und am Kriegsausbruch (durch Ermutigung der Polen infolge des Beistandsversprechens) fixieren; den (3.) Terror der Deutschen als nur allzu berechtigten Gegenterror auslegbar machen. Dwinger erfüllte alle drei Aufgaben mit diabolischer Kälte, nebenbei noch seiner - in Zeiten des deutschsowjetischen Nichtangriffspakts noch opportunen - Russenliebe frönend, denn, so einer der unter Klarnamen auftretenden Protagonisten seines Berichts: [I]ch habe nicht erlebt, daß man die Frauen derart bestialisch quälte, und habe nicht erlebt, daß man zu Tausenden auch noch die Leichen schändete - dazu war der Russe viel zu gut, hat er eine viel zu reine Seele! 382 Ein gutes Jahr später hatte es sich mit dem Nichtangriffspakt und auch mit jener ‚ reinen Seele ‘ : Dwinger lieferte in Wiedersehen mit Sowjetrußland (1942) die Mär nach, der Überfall auf die Sowjetunion müsse als Präventivschlag ver- 156 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="157"?> standen werden. 383 Im weiteren Fortgang (am 5. Oktober 1941) versicherte er seinem Förderer Himmler im Anschluss an eine Erkundungsreise nach Warschau schriftlich, er werde „ auch weiterhin in der von Ihnen angeregten Art an der Neuordnung Rußlands teilnehmen. “ 384 Was dies hieß, konnte man einer von Himmler in vier Millionen Exemplaren verbreiteten illustrierten Broschüre mit dem Titel Der Untermensch (1942) entnehmen. Die Hauptrolle spielte hier der ‚ ewige Jude ‘ als Führer der „ Unterwelt der Untermenschen “ , der, in einer an Nietzsches Zarathustra erinnernden Diktion, wie folgt beschrieben wird: Der Untermensch [. . .] ist [. . .] nur ein Wurf zum Menschen hin, mit menschenähnlichen Gesichtszügen - geistig, seelisch jedoch tiefer stehend als jedes Tier [. . .]. Untermensch - sonst nichts! / Denn es ist nicht alles gleich, was Menschenantlitz trägt. - Wehe dem, der das vergißt! 385 Als Intermezzo bleibt nachzutragen: Dwingers Gattin will, dem Bericht des Sohnes zufolge, alle erreichbaren Exemplare dieser Broschüre bei einem gemeinsamen Besuch in Wien 1943 aufgekauft und aus Empörung vernichtet haben. 386 Überliefert ist indes auch, dass Dwinger über selbst erlebte Massenerschießungen von Juden in Polen am heimatlichen Mittagstisch berichtete. 387 Im Übrigen: Sicherer - zumal als Quelle - ist Dwingers Weimarer Rede Der Bolschewismus als Bedrohung der Weltkultur (1942). In ihr führt der Autor, ganz im Geist jener Himmler-Broschüre, in Erinnerung an seine erste Begegnung mit russischen Kriegsgefangenen im Sommer 1941 aus: Was mich hier irgendwie böse schielend umstand, das war ja ein ausgemergeltes Volksgemisch, das man nur mit dem Worte ‚ mickrig ‘ bezeichnen konnte, ein bis dahin für mein Empfinden auf Russen unanwendbarer Ausdruck! [. . .] Das also wird aus einer Ideologie, wenn der primitive Russe und der Jude sich zu ihrer Verwirklichung anschickt [. . .]. Und ich erkannte aus diesem sofort unwiderlegbar das Andere: Die ungeheure geschichtliche Mission Deutschlands! 388 Dieser Passus will sich nicht recht dem fügen, was Dwinger später seinem Sohn als Grund für die Reise nach Wien angab: nämlich dass er Baldur von Schirach als Fürsprecher bei Hitler für seinem Plan habe gewinnen wollen, die russische Landbevölkerung durch Bodenzuweisung den Bolschewisten zu entfremden. 389 Wie auch immer: Geboren war damit die nach 1945 genutzte und noch 1974 gegenüber Hinrich Jantzen geltend gemachte Mär Dwingers, er sei eigentlich dem „ Kreis des 20. Juli “ 390 zuzurechnen, da er ja, wie seinerzeit Stauffenberg, die Aufstellung eigener russischer Kampfverbände gefordert habe. 391 Versuchen wir, dieses Beispiel für die hier im Zentrum stehende Thematik fruchtbar zu machen: Was am Fall Dwinger ins Auge sticht, ist eine schwer erträgliche Chuzpe, die an private Einlassungen von Werner Kindt und Theodor Wilhelm zu einer 1965 erschienenen Sammelrezension von Neuerscheinungen zur Jugendbewegungsthematik 392 aus der Feder von Hermann Meier-Cronemeyer erinnert. Der Autor war in Reaktion auf zwei dieser Titel 393 zu dem Ergebnis gekommen, am „ Antisemitismus weiter Kreise der Jugendbewegung “ sowie an der „ Affinität der Jugendbewegung zu totalitären Ideo- Über den Antisemitismus 157 <?page no="158"?> logien “ 394 sei Zweifel nicht möglich. Meier-Cronemeyer dachte dabei auch an Wilhelms in der Internationalen Zeitschrift für Erziehungswissenschaft erschienenen Aufsatz Die kulturelle Kraft Europas im Kriege (1944), aus dem er den folgenden Satz in Erinnerung brachte: Die judenpolitischen Maßnahmen der europäischen Staaten lassen erkennen, dass der Gesetzgeber sich nirgends von blindem Rassenhaß leiten ließ, sondern dass ihm überall nüchterne Erkenntnisse biologischer, bevölkerungspolitischer, wirtschaftlicher Art die Feder geführt haben. 395 Wilhelm reagierte auf diese Veröffentlichung brieflich gegenüber Kindt am 12. Februar 1966 mit (gespielter) Empörung: „ [W]er nicht Antisemit ist, könnte es durch diesen Aufsatz fast werden. “ 396 Damit variierte er ein ihm fraglos wohlvertrautes Argumentationsmuster aus dem Beginn der NS-Zeit, das damals in zur Belehrung des Nachwuchses gedachten Publikationen breit unters Volk gebracht wurde und wie folgt lautet: Nicht Adolf Hitler und nicht der Nationalsozialismus machten aus dem gutmütigen und allzu geduldigen deutschen Volk entschlossene Judengegner, es waren die Juden selbst, die mit ihrer namenlos gemeinen Hetze dem deutschen Volke die Augen über ihren wahren Charakter öffneten. 397 Auch bei Berücksichtigung des weiteren Kontextes kann kein Zweifel bestehen: Das 1965 von Meier-Cronemeyer skandalisierte 1944er Zitat Wilhelms muss, so Wolfgang Keim, „ als Propaganda im Dienste des Holocaust gelesen werden, unabhängig davon, wie viel er selbst von der Vernichtung der Juden gewußt hat. “ 398 Wilhelm freilich schreckte nicht davor zurück, sich mit teilweise abenteuerlichen Einlassungen nachträglich fast noch den Rang eines Widerstandskämpfers zu geben. Hierzu gehört seine Bemerkung aus dem Jahre 1976, Hitler gegenüber kritisch eingestellte Auslandsdeutsche hätten auf die Hefte der Internationalen Zeitschrift für Erziehungswissenschaft immer gewartet, „ um an ihnen zu studieren, was man unter Hitler gerade noch sagen konnte, ohne geköpft zu werden. “ 399 So betrachtet nimmt nicht wunder, dass sich Wilhelms im Dritten Reich vielfältig belegter Antisemitismus in seinem 1963er Beitrag zu Band I der Kindt-Edition allein schon darin dokumentiert, dass er an entscheidender Stelle, natürlich im Gegenzug zur in diese Richtung weisenden Dokumentensammlung von Harry Pross 400 , jenen der Jugendbewegung beschwieg, sprich: so tat, als sei stets ein allgemeiner, nicht speziell gegen die Juden gerichteter Ausleseaspekt ( „ Man nimmt nicht jeden auf “ 401 ) zum Tragen gekommen. Noch acht Jahre später (1971) stellte Gerhard Ziemer im damals von ihm mitherausgegebenen Jahrbuch des AdJb ganz in diesem Sinne schlicht in Abrede, dass es jemals einen „ Arierparagraphen “ oder eine „ Aufnahmesperre “ gegen jüdische Schüler gegeben habe, um zwecks Erläuterung hinzuzusetzen: Die nur städtisch und nicht am Wandern und am Leben in der Natur interessierten jüdischen Mitschüler, die in den deutschen Wandervogelgruppen keine Freundschaft 158 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="159"?> gefunden hätten (und die sich auch gar nicht um Aufnahme bemühten), wären auch vom jüdischen Wandervogel ‚ Blau-Weiß ‘ abgelehnt worden. 402 Erzählweisen wie diese waren nicht eben selten. Schon die in der Einladungsbroschüre für das Meißnerfest propagierte Entscheidung des österreichischen Wandervogel, „ weder Slaven noch Wälsche noch Juden “ aufnehmen und sich stattdessen die „ rassische Einheit “ 403 bewahren zu wollen, war mit der im Sommer 1912 in Berlin erfolgten Gründung der jüdischen Gruppe ‚ Blau-Weiß ‘ gerechtfertigt worden. 404 Noch 1916 hieß es denn auch seitens österreichischer Wandervogelvertreter voll Hohn und Spott, man habe den Juden ihre Entscheidung, nur Juden aufzunehmen, nicht ‚ vergrämt ‘ , dem „ ÖWV aber wurde die Sache sonderbarerweise recht übel genommen. “ 405 An eben dieses Narrativ wird sich wohl auch der Volkskundler Walter Kuhn (1903 − 1983) erinnert haben, als er 1977 im Jahrbuch des AdJb im Blick auf den Wandervogel in Bielitz „ im südöstlichen Winkel des alten Schlesien “ 406 diese sowie Ziemers 1971er Vorlage nutzte (Variante Kuhn: „ strenge Trennung der Jugendbünde in beiderseitigem Einvernehmen und in gegenseitiger Achtung “ 407 ). Des Weiteren suchte Kuhn den Eindruck zu erwecken, die Bielitzer seien „ Ende September 1939 “ , als der Wandervogel wie selbstverständlich an die HJ übergeben worden sei, „ aus unmittelbarster Gefahr “ 408 befreit worden. Das Infame von derlei Geschichtsklitterung: Kuhn hatte in seinen eigenen Arbeiten vor 1933 immer wieder „ antislawische offen mit antisemitischen Stereotypisierungen “ 409 verknüpft und beispielsweise 1924/ 25 in der polnischen Jugendzeitschrift Der Lichtträger einem geistigen „ Kampf zwischen Germanentum und Slawentum “ 410 das Wort geredet. 1926 trug er nach, der Antisemitismus „ des deutschen Siedlers “ beruhe „ auf reinem Instinkt “ , gründe also auf „ der unbewußten Sicherheit, das Richtige und Gesunde zu treffen. “ 411 Nach 1982 von ihm selbst veröffentlichten Erinnerungen agierte Kuhn, durch seine Eltern in der „ großdeutschen Richtung Schönerers “ 412 erzogen, 1940 „ als Berater der SS während der Umsiedlung von sogenannten Volksdeutschen “ . 413 Ziel war dabei die praktische Umsetzung seiner Forschungen, die darauf abzielten, „ die behauptete kulturelle Überlegenheit der Deutschen gegenüber den Slawen historisch zu begründen. “ 414 Hinweise dieser Art sucht man in der Kindt-Edition vergeblich. Auch der Name Ernst Frank (s. S. 203) oder der von dessen Dichter-Idol Erwin Guido Kolbenheyer (1878 − 1962) 415 scheint unbekannt zu sein, Letzteres womöglich aus - dann allerdings falsch verstandener - Scham: Dem Glauben an das besondere Lebensrecht des (jungen) deutschen Volk verhaftet, seit 1928 Mitglied in Alfred Rosenbergs Kampfbund für deutsche Kultur, die ‚ Machtergreifung ‘ der Nazis begrüßend, seit 1940 in der NSDAP, 1942 mit einer Durchhalterede an die HJ aufwartend 416 und noch anlässlich seines 75. Geburtstages und zur Freude der Anwesenden - unter ihnen Hermann Burte (s. S. 43 f.) - mit dem Hitlergruß dankend, 417 schreckte dieser in der NS-Zeit hochdekorierte Schriftsteller in seiner Autobiographie (1957/ 58) nicht davor zurück, Über den Antisemitismus 159 <?page no="160"?> „ einen ehemaligen KZ-Häftling [. . .], einen üppigen Juden mit Hängebacken, Wurstlippen und hervorstechenden Augäpfeln “ 418 als (angeblich denkbar ungeeigneten) Richter bzw. Kläger in seinem eigenen Entnazifizierungsverfahren der Lächerlichkeit Preis zu geben. Von diesem Beispiel ausgehend, ist zusammenfassend festzustellen, dass wir es beim Antisemitismus mit einem Problem zu tun haben, auf das nach 1945 allenfalls gelegentlich und fast ausschließlich aus Betroffenen- und Emigrantenperspektive aufmerksam gemacht wurde. 419 Ergänzt wurde dieses an sich schon beschämende Ergebnis durch peinliche Gegenreaktionen 420 , denen zuzurechnen ist, dass dieses Thema erst zu Beginn der 1990er Jahre erneut ins Zentrum der Aufmerksamkeit der Jugendbewegungshistoriographen rückte, eben im Sog der einleitend angesprochenen Dissertation von Andreas Winnecken, in deren Vorwort zu lesen ist: Antisemitismus in der Jugendbewegung - das ist ein auf den ersten Blick unvorstellbarer Einbruch in die selbstgewählte Maxime politischer und konfessioneller Neutralität dieser Bewegung. Das Thema taucht in der Literatur bisher nur als Randerscheinung auf. 421 Winnecken, der für sich den Zittauer Fall entdeckt hatte und darüber ins Staunen gekommen war über die libertäre Meißnerformel vom Oktober 1913, die nicht recht passen will zum Antisemitismus, wies damit auf einen Widerspruch hin, der in der Tat genauerer Erörterung bedarf. Vorerst freilich geht es um die sich schon durch das Vorhergehende nahelegende Frage, ob nicht noch weitere, im Kontext Jugendbewegung zu betrachtende völkische Ideologeme der Berücksichtigung bedürfen - etwa die durch Lagarde und die dadurch deutlich affizierten (Kriegs-)Beiträge Dietrich Bernhardis und Otger Gräffs naheliegenden, sich teils überschneidenden Vokabeln Nationalismus, Irredentismus sowie Bellizismus. 5. Über Nationalismus, Irredentismus und Bellizismus. Oder: Warum man Langemarck als Urkatastrophe dem 19. Jahrhundert in Rechnung stellen darf Von Paul de Lagarde aus betrachtet scheint die Sache klar, deutlicher: Von seinem 1885 artikulierten Interesse an Funktionalisierung der als „ Rekruten “ 422 verstandenen Jugendlichen für ein völkisch orientiertes Erwachsenenideal, das mittels seiner kriegstreiberischen Zwecke Anschluss versprach an die Mentalität der 1870er Generation. Der Erste Weltkrieg ist dann nämlich nicht, wie zünftige Historiker im Nachgang zu George F. Kennan gerne suggerieren, die „ Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts “ 423 nach der scheinbar so plausiblen Gleichung: Ohne diesen Krieg kein Lenin und kein Versailler Friedensvertrag, ohne Lenin, Stalin und Versailles kein Hitler, ohne Hitler kein Auschwitz, ohne Auschwitz kein Israel, ohne Israel kein Gaza-Streifen, ohne Gaza kein Günther 160 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="161"?> Grass und Jakob Augstein. Denn dagegen steht, wie eben gesehen, Lagarde, länger geredet: die von Volker Ullrich 424 herausgearbeitete und letztlich auch von Aribert Reimann 425 favorisierte These vom ‚ langen 19. Jahrhundert ‘ , die sich auch bei Joachim Fest findet in Gestalt der Rede vom 19. als „ Laboratorium des 20. Jahrhunderts “ 426 und die bereits bei Harry Pross 427 anklingt, ebenso wie in dem von ihm in Erinnerung gebrachten Geständnis Heinrich Manns aus dem Jahr 1919: Der Sieg von 1870 verlor sich nie in unserem Leben seither, er ward nie aufgesogen. Er vermehrte sich in unserem Blut wie ein Giftkeim, millionenfach. 1913 waren wir in Handlungen, Gedanken, Weltansicht und Lebensgefühl unendlich mehr Sieger als 1871. Wir waren unendlich prahlerischer und machtgläubiger, unendlich hohler und unsachlicher. 428 Von jenem ‚ Giftkeim ‘ war auch Nietzsche infiziert, kurzfristig zumindest. Dies belegt sein 1873er Zwist mit seinem ihm von Wagner aufgeschwatzten Lieblingsfeind, dem damaligen (jüdischen) Erfolgsschriftsteller David Friedrich Strauß, dessen zweiten Vornamen er als Folge des ihm damals eigenen Antisemitismus einfach unterschlug 429 : Mit dessen kosmopolitischem Kulturverständnis, so Nietzsches kurzer und giftiger (aber eben auch: vergifteter) Kommentar im Hinblick auf künftige Aufgaben, ließen sich „ keine Feinde bezwingen. “ 430 Diese Lesart der Dinge ließ sich durchaus der völkischen Lektion Wagners (auch jener Lagardes) einfügen, dass im für die Deutschen so erfolgreichen Krieg von 1870/ 71 die (kosmopolitischen) „ Ideen von 1789 “ , wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, beerdigt wurden und ersatzweise die Basis gelegt worden sei für die (nationalistischen, auch bellizistischen) „ Ideen von 1914 “ . So und ähnlich begann man jedenfalls ab 1915 unter dem Einfluss des vom Soziologen Johann Plenge geprägten Schlagworts 431 in deutschen Feuilletons zu reden, hinzufügend, die ‚ Ideen von 1789 ‘ seien bloße „ Händlerideale “ gewesen, die ‚ Ideen von 1914 ‘ hingegen stünden für „ deutsche Organisation, berufen [. . .], jene älteren Ideen abzulösen. “ 432 Die Pointe jenseits von derlei Euphemismus scheint dann aber klar und wird hier in der Überschrift mitgeteilt: Jene „ Urkatastrophe “ - wenn diese Vokabel denn überhaupt Sinn macht - hat man eher hier (1870/ 71) denn dort (1914 − 1918) zu sehen. Dass diese These etwas für sich hat, zeigt das bisher Vorgetragene in vielen Facetten. Denn genau betrachtet war ja von nichts anderem die Rede als von der Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges, dies in Gestalt der Analyse völkischer Ideologeme in ihren Auswirkungen auf die Jugendbewegung. Sichtbar wurden dabei Behelligungen im Bereich des Mentalen, genauer: wortreiche Versuchungen in der Absicht der Verfestigung einer Vorurteilsstruktur, die im „ Menschen des Ressentiment “ - um den späten Nietzsche des Jahres 1886 ins Spiel zu bringen und ihn gegen den eben genannten frühen auszuspielen 433 - ihren höchsten Ausdruck feiert, gipfelnd in Langemarck 1914. So jedenfalls könnte die ganz kurze Geschichte lauten, deren etwas längere Version nun erprobt sei. Über Nationalismus, Irredentismus und Bellizismus 161 <?page no="162"?> Beginnen könnte man dabei mit der Korrektur des nicht minder gängigen Erzählmusters, der Erste Weltkrieg sei der Krieg Nietzsches gewesen - was für ein Unsinn, Folge von Feindpropaganda, Unwissenheit, Leseschwäche und Zusammenhangsblindheit! Erlaubt ist allenfalls die Variante, es handele sich hierbei um den Krieg von Elisabeth Förster-Nietzsches Nietzsche, nicht aber um jenen des (zumal auf sein Spätwerk hin bedacht) Pazifisten Nietzsche - Zusammenhänge, die zu erläutern hier allerdings nicht der Platz und die Zeit ist. 434 Auf sich beruhen soll vorerst auch der Umstand, dass Nietzsches Spott ( „ [I]ch fürchte, das war das Ende der deutschen Philosophie. . . “ 435 ) auf jenes in Langemarck angeblich angestimmte Deutschlandlied nicht recht passen will zu dieser Mär - wir kommen gleich darauf zurück - sowie zu weit verbreiteten Rede, jene singenden Jünglinge in Langemarck hätten „ in ihrem Tornister neben Goethes ‚ Faust ‘ auch Nietzsches ‚ Zarathustra ‘„ gepackt. 436 In der Tat scheint hier ein Widerspruch verborgen - nicht aber ein solcher, den man Nietzsche anlasten kann (s. S. 97 ff.). Fangen wir also lieber mit dem Einfachen, Überschaubaren an - etwa mit Zahlen: Von den 10 000 Kriegsfreiwilligen aus der Jugendbewegung, so meldete Heft 4/ 1919 des Wandervogel, seien ca. 2000 gefallen oder ihren Verletzungen erlegen, ca. 250 seien vermisst; eine 1940 am Turm der Burg Ludwigstein angebrachte Gedenktafel spricht gar von 7000 Gefallenen 437 , unter ihnen, so Walter Laqueur 438 , „ einige der prominentesten Persönlichkeiten der Bewegung “ , etwa 439 : Hans Breuer, Hans Wix, Walter Illgen, Christian Schneehagen, Rudolf Sievers, Otger Gräff, Fritz Kutschera und Hans Mautschka. Erinnert werden muss in diesem Zusammenhang auch an Paul Natorp, der am 17. September 1914 in der Kölnischen Zeitung den Umstand der (insgesamt) über zwei Millionen Kriegsfreiwilligen als Beleg dafür nahm, „ daß es sich hier um ganz etwas anderes handelt als die Machtgelüste einer regierenden Kaste, die Bestätigungslust der Offiziere, die Interessen der Rüstungsindustrie oder die verschiedenen Träume der ‚ Alldeutschen. ‘“ 440 Dies so zu sehen, mochte sich noch mit Zensur und Kriegspropaganda erklären; der Rest indes war, volkstümlich geredet, auf Natorps eigenem Mist gewachsen: Der eine große Augenblick hat alle die finstern Geister hinweggefegt wie ein frischer Herbststurm die drückende Sommerschwüle. Schon die seit einigen Jahren überraschend aufgeblühte ‚ Jugendbewegung ‘ war ein fröhliches Vorzeichen, daß ein neuer Geist im Anzug war, ein heiliger Wille, auf die Gesundung des ganzen Volkes mit allen Kräften hinzuarbeiten. 441 Ob ausgerechnet Natorp der ‚ Gesundung des ganzen Volkes ‘ hoffnungsfroh hätte entgegenblicken sollen, darf hier vielleicht als stilles Bedenken angefügt werden. Gravierender: Es war Natorp gewesen, der - wie wir noch sehen werden (s. S. 175 ff.) - an der Abschaffung der Meißnerformel wesentlich beteiligt gewesen war. Damit kommt ihm Mitverantwortung zu für die Abschaffung eines möglichen Kriegshemmnisses im Ideenhaushalt Jugendbewegter. 162 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="163"?> Eine andere Rechnung geht so: Da der Krieg nur wenige Monate nach dem Meißnerfest ‚ ausbrach ‘ und diesem Fest bis auf den heutigen Tag 442 nachgesagt wird, gleichsam für eine pazifistische Kundgebung zu stehen, gilt der Erste Weltkrieg verbreitet als ein dem Geist der Jugendbewegung widersprechendes Ereignis und mithin als - so Ulrich Herrmann 1991 - ‚ Epochenschwelle ‘ , die „ gar nicht hoch genug veranschlagt werden “ könne, insofern mit dem Krieg das endete, was die Jugendbewegung antrieb: die „ Suche nach dem ‚ neuen ‘ , dem ‚ ganzen Menschen ‘ in einer ‚ neuen Gesellschaft. ‘“ 443 Neu ist diese Lesart der Dinge nicht. Schon E. Günther Gründel 444 hatte 1932 und insoweit aus durchaus zeitnaher Wertung heraus gemeint, die „ eigentliche Jugendbewegung “ gelte heute „ mit Recht “ als tot, insofern sie „ den harten Schlag des Krieges und die Übergewalt seiner Folgeerscheinungen nicht überdauert [hat]. “ 445 Sollen wir also nicht besser doch dieser These folgen, zumal sie uns erlaubte, von der nach 1918 anhebenden bündischen Jugend komplett abzusehen, die, nach Jürgen Reulecke - auch dies ein altehrwürdiges, schon von Hermann Giesecke (unter Berufung auf Walter Laqueur 446 ) vorgetragenes Argument - weniger eine Jugendbewegung gewesen sei als eine „ von jüngeren Erwachsenen dominierte Bewegung “ , Erwachsene im Übrigen, die „ mehr oder weniger diffuse politische [. . .] Ideen “ 447 vertraten? Es muss erlaubt sein, diesem Fragezeichen ein zweites anzufügen: Wann hatten Erwachsene - zumal die im Vorhergehenden betrachteten - keine diffusen politischen Ideen? Nicht umsonst jedenfalls schien uns im Blick auf den Steglitzer Wandervogel und die nachfolgend betrachteten Leitfiguren diesbezüglicher Zweifel angebracht, was zugleich auch meint, dass sich die Sache mit dem Krieg auch von hier aus, etwa über Lagarde - im Sinne der hier verfochtenen These - erklären lässt. So betrachtet gibt es keinen Anlass, zwischen Vorkriegsjugendbewegung und bündischer Jugend grundlegend zu trennen. Eingeräumt sei lediglich, dass Reuleckes (und auch Herrmanns) These auf vielfache Zustimmung traf zumal im Kreis der Veteranen, erlaubte sie es doch, das Fragwürdige an der Jugendbewegung als fremdverursacht - etwa durch politisch desaströse Erwachsene - auszulegen, bei gleichzeitiger Distanz gegenüber der bündischen Jugend der Nachkriegszeit mit ihren durch die Erfahrung des Soldatendaseins verstärkten politischen Tendenzen. Im Übrigen muss beachtet werden, dass - wir kommen darauf zurück (s. S. 175 ff.) - die Meißnerformel (vom Oktober 1913) noch vor Kriegsbeginn durch die sog. ‚ Marburger Formel ‘ (vom März 1914) ersetzt wurde. Was damit beendet werden sollte, war die befürchtete Epoche einer von Erwachsenen letztlich nicht mehr steuerbaren Selbsterziehung zugunsten der Verpflichtung der Jugend auf die zentralen Werte der Erwachsenen - auch der Werte übrigens, die im wenig später anhebenden Krieg in den Augen vieler in Gefahr standen. Insofern könnte man zwar von einer „ Epochenschwelle “ (um Herrmanns Vokabel aufzunehmen) reden, die allerdings eher als Prämisse denn als Folge des Ersten Weltkrieges zu deuten ist und letztlich ja nur bekräftigt, was vor dem Über Nationalismus, Irredentismus und Bellizismus 163 <?page no="164"?> Meißnerfest überall im Umgang der Generationen Usus war: nämlich dass es im Zweifel die ältere Generation ist, die das Sagen hat. Dass dies auch in Themenbereiche hineinführte, die mit den in der Überschrift dieses Kapitels angesprochenen Vokabeln ‚ Nationalismus ‘ , ‚ Militarismus ‘ und ‚ Bellizismus ‘ affiziert sind, zeigt beispielsweise der Aufruf (zum Meißnerfest) der Deutschen Akademischen Freischar, abgezeichnet von Knut Ahlborn (1888 − 1977) - nach der Kurzbiographie der Kindt-Edition 448 übrigens, wenngleich wieder einmal wahrheitswidrig 449 , ohne NS-Vergangenheit: Angesichts der hundertjährigen Wiederkehr des deutschen Befreiungskampfes regt die Deutsche Akademische Freischar eine Gedenkfeier des jungen deutschen Geschlechts an. Fern vom Trubel der offiziellen Veranstaltungen möchten wir im Kreise Gleichgesinnter der ideal gerichteten Freiheitskämpfer gedenken und geloben, ihnen auf unsere Art nachzustreben: ‚ Krieger zu sein im Heer des Lichts ‘ . 450 Mit Verlaub: Über die Maßen anti-militaristisch klingt die nicht. Dazu passt, dass das Protokoll jener Besprechung vom 5./ 6. Juli 1913 in Jena, auf welcher das Meißnerfest geplant wurde, zwar Hinweise gibt auf ein kosmopolitisches Anliegen. Eugen Diedrichs beispielweise wollte das Fest ursprünglich als Zeichen für eine große Kulturbewegung mit geistig hochstehenden Rednern möglichst in Weimar inszenieren. 451 Auf der anderen Seite findet sich aber auch Irritierendes, so beispielsweise der bezeichnende Vorschlag von Hans Wix, ausgerechnet Hermann Lietz 452 anstelle von Gustav Wyneken - den Diederichs als Redner abgelehnt hatte - sprechen zu lassen. Dies scheiterte offenbar nur deswegen, weil Lietz die Teilnahme am Fest abgelehnt hatte mit der Begründung, ihn zöge es mit seinem Landerziehungsheim nach Leipzig. 453 Nicht minder irritierend ist der Umstand, dass der Deutsche Bund abstinenter Studenten vorschlug, Paul Rohrbach (1869 − 1956) einzuladen - und damit offenbar nur scheiterte, weil Rohrbach nicht als guter Redner galt. 454 Dazu muss man wissen, dass Rohrbach, bekannt geworden durch sein Buch Deutschland unter den Weltvölkern (1903) und „ einer der meistgelesenen Kommentatoren politischer Themen seiner Zeit “ 455 , durchaus nicht so harmlos, wie es die Kindt-Edition suggerierte. Sie nämlich wusste lediglich mitzuteilen, dass Rohrbachs Buch Der deutsche Gedanke in der Welt (1912) „ zu den Standardwerken der gebildeten Deutschen vor dem 1. Weltkrieg [gehörte] und [. . .] in jedem Bücherschrank [stand], [. . .] daher auch den Älteren der Jugendbewegung vertraut [war]. “ 456 Wichtiger und richtiger wäre es gewesen, darauf hinzuweisen, dass Rohrbach einer kulturimperialistischen deutschen Außenpolitik das Wort redete und beispielsweise 1915 als Teil der „ Baltenlobby “ Einfluss nahm auf die deutsche Besatzungspolitik in Litauen und Kurland. 457 Außerdem hätte man erwähnen können, dass Rohrbach, der nach 1933 eine dem Geist der Zeit Rechnung tragende Politische Weltkunde (1937) vorlegte, mit seinem Buch Deutschtum in Not (1926) dem (völkischen) Diskurs um ‚ Grenzlandfahrten ‘ der bündischen Jugend neuen Auftrieb gab. 164 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="165"?> Wie auch immer: Im Ergebnis überrascht nicht, dass man einige Einladungsschreiben zum Meißnerfest der hiermit markierten Tendenz zuzurechnen hat. So fügte sich beispielsweise der Österreichische Wandervogel deutlich in die Tradition der Jahrhundertfeier anlässlich der Völkerschlacht bei Leipzig ein und definierte sich denn auch in seinem Einladungstext zum Meißnerfest konsequent als „ Vorwacht gegen fremde Nationen und Rassen. “ 458 Die Deutschen Landerziehungsheime verpflichteten sich der „ Erziehung zu nationaler Gesinnung und Tat. “ 459 Der Dürerbund beabsichtigte eine „ Neukräftigung des Deutschtums “ und fügte vieldeutig an, „ daß mit den politischen Grenzen des deutschen Reichs nicht die geistigen des deutschen Vaterlandes zusammenfallen. “ 460 Und der Deutsche Vortrupp-Bund nahm sich vor, „ unser ringendes deutsches Leben zu Höherem umzuschaffen. “ 461 Auch die dem Einladungsschreiben zum Meißnerfest beigegebenen Freundesworte gehorchten mehrheitlich der hiermit markierten Tendenz. Max von Gruber (s. S. 78 ff.) beispielsweise schwärmte unverhohlen von „ Soldaten, die im Sturm der Begeisterung auf den Schlachtfeldern von 1813 ihr Leben gelassen haben, als es galt, Deutschland aus seiner tiefsten Erniedrigung zu befreien; ihnen blieb die Rückkehr in die Kleinlichkeit des Alltags erspart. “ 462 Dem stand Adalbert Luntowski (s. S. 120 ff.) kaum nach: Er beschwor die „ Germanische Moderne “ , sah Siegfried über das „ deutsche Land “ schreiten, fabulierte vom „ neugermanischen Menschen “ , den wir „ schaffend ersehnen “ - und schloß mit: „ Das deutsche Kulturkommando will hörbar werden. Heil! “ 463 Hierzu passt, dass Fritz Kutschera (s. S. 113) für eine von den Mödlinger Wandervögeln zeitgleich abgehaltene Hundertjahrfeier anlässlich der Leipziger Völkerschlacht gedichtet hatte: „ Verlernt den Haß nicht und das edle Zürnen,/ Droht unserm Volk und seiner Art Gefahr. “ 464 Damit wird klar, und zwar gegen Jürgen Reulecke 465 : Die Stimmung im Vorfeld des Meißnerfestes ging mehrheitlich sowohl in Deutschland als auch in Österreich auf Krieg im Sinne des Festzurrens von so etwas wie männlicher Tatkraft und Verteidigungsbereitschaft im Dienste einer deutschvölkischen Leitkultur. Auflösbar wird von hieraus auch das noch von Peter Hofstätter staunend vermerkte „ Rätsel “ , wie „ merkwürdig nahe “ Wilhelm II. der Jugendbewegung stand, in der Umkehrung gesprochen: dass der Aufklärung bedürftig sei, warum man auf dem Hohen Meißner nicht an Gerhart Hauptmanns ‚ Festspiel in deutschen Reimen ‘ gedacht habe, das im Juni 1913 zu einem Skandal geführt hatte, weil Hauptmann die Mächtigen als Marionetten auftreten ließ „ und am Ende die Göttin Athene [. . .] die durch Eros und Geist bewirkten Taten des Friedens feierte. “ 466 Denn es war zwar nicht so, dass man im Umfeld der Jugendbewegung den Hauptmann-Skandal nicht mitbekommen hatte. Das Protokoll des Jenaer Vorbereitungstreffens vom 5. und 6. Juli 1913 verzeichnet beispielweise unter dem Tagesordnungspunkt ‚ Festspiel ‘ als eines von vier denkbaren Projekten - unter ihnen Ibsen und Goethe - Hauptmanns Festspiel. 467 Zu verweisen ist des Weiteren darauf, dass Walter Benjamin seinem damaligen Mentor Gustav Wyneken unter dem Datum des 19. Juni 1913 auf den Über Nationalismus, Irredentismus und Bellizismus 165 <?page no="166"?> Hauptmann-Skandal hingewiesen und hierzu eine Sondernummer der Zeitschrift Der Anfang angeregt hatte, um dies als Anlass dafür zu nehmen, „ daß die Jugend in die Ratlosigkeit [. . .] der Öffentlichkeit mit ihrer klaren Stimme fährt. “ 468 Indes täuschte sich Benjamin schlicht über das Vorhandensein eben dieser ‚ klaren Stimme ‘ - und so blieb es denn auch bei diesem Plan, will sagen: Die Redaktion dieser Zeitschrift zerstritt sich über diese Frage, so dass nur Benjamins Beitrag zu diesem Thema im Augustheft erscheinen konnte. 469 In der Summe betrachtet hatte man damals gar nicht jenes Interesse am Frieden, wie es im Nachhinein immer wieder behauptet oder auch nahegelegt wurde, etwa auch durch die Kindt-Edition. Sie präsentierte einen aus der Rückschau (1963) verfassten Bericht Heinz von Wartburgs über die schon unter den Zeichen des kaum noch vermeidbaren Krieges stehende Salzburger Bundestagung vom 24. und 25. Juli 1914, auf der auch der Bundesleiter des Österreichischen Wandervogel, Ernst Keil, eine Ansprache gehalten habe. Von deren Inhalt erfährt man allerdings nichts weiter - wohl nicht ganz zufällig, wie man vermuten darf. Denn immerhin hatte Keil schon auf dem Meißnerfest im Interesse der angeblich bedrohten Deutschösterreicher zu Grenzlandfahrten aufgerufen und seine Rede „‚ vor der verblüfften Menge ‘ mit dem Ausruf ‚ Waffen hoch! ‘ ( ‚ Reicher Beifall ‘ , laut Protokoll) “ 470 beschlossen - einen Text, den man in der Kindt-Edition gleichfalls vergeblich sucht. So muss man wohl agieren, wenn man, wie Kindt, in der Hauptsache auf die Botschaft jenes Heinz von Wartburg abstellt, der die Mentalität vom Juli 1914 im Rückblick mit den Worten meint fassen zu dürfen: Wir naiven Friedenskinder, die jungen Herzen erfüllt vom idealen Streben und glühender Begeisterung, sahen die Welt durch die rosarote Brille romantischer Einsatzbereitschaft für Volk und Vaterland. 471 Wer der Wahrheit habhaft werden will, muss andere Texte konsultieren und weiter zurückgehen, beispielsweise bis hin zu Ludwig Gurlitt (s. S. 75 ff.), der den Wandervogel schon 1903 als „ Vorschule zum Militärdienste “ 472 gelobt hatte. Gurlitt stand damit in einem Diskurszusammenhang, den Wilhelm II. im Dezember 1890 eröffnet hatte, als er eine Schulreformdebatte auslöste, deren zentraler Akzent nicht übersehen werden darf: Der Kaiser hatte die Schule vor allem deshalb kritisiert, weil sie seinen Vorstellungen bezüglich der Frage der Bereitstellung einer kriegstüchtigen Jugend nicht entsprach. Ein Vertreter des Kriegsministeriums formulierte denn auch im Zuge dieser Debatte als ein wesentliches Erziehungsziel, „ daß der Soldat im Kriegsfalle, in der Stunde der Gefahr uns nicht versagt, sondern mit Bewußtsein uns gern folgt in den Tod für Kaiser und Reich, für König und Vaterland. “ 473 1890 also, so könnte man folgern, wurden die Grundlagen für die Kriegstauglichkeitserklärung des Wandervogel gelegt, die Gurlitt 1903 vornahm und zu deren weiterer Vorgeschichte die Gründung des Zentralausschusses zur Förderung der Volks- und Jugendspiele (1891) gehört. Nennen könnte man des Weiteren die 1899 - ein Jahr nach der Entscheidung zum Flottenausbau - erfolgende Gründung eines 166 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="167"?> Ausschuß zur Förderung der Wehrkraft durch Erziehung. 474 Joachim Wolschke-Bulmahn fasste die in diesem Zusammenhang wichtigsten Folgen, die Jugendbewegung betreffend, zusammen: Das Kriegsspiel war bereits früh Bestandteil jugendbewegten Lebens. So veranstaltete der Wandervogel Deutscher Bund für Jugendwanderungen von Anfang an systematisch Kriegsspiele, zum Beispiel 1907 auf seinem ersten Bundestag in Jena. Am zweiten ‚ Nordischen Kriegsspiel ‘ in der Lüneburger Heide nahmen fast 400 Wandervögel teil. Auch der Hamburger Wanderverein und dessen Nachfolger, Der Bund deutscher Wanderer, maßen dem Kriegsspiel von Beginn an eine zentrale erzieherische Bedeutung zu. 475 Auch Ulrich Herrmann betonte 2010 die Bedeutung des Kriegsspiels als „ Brücke gemeinsamer Aktivitäten von Wandervögeln und Pfadfindern. “ 476 Erst dieser Hintergrund erklärt das Beispiel des in den ersten Kriegstagen gefallenen Postinspektors Ernst Semmelroth 477 , der 1906 sein Debut gab in der Bundesleitung des Alt-Wandervogel und also ausführte: [M]an hat den lockenden Becher, den die Moderne geboten, bis zum Grund geleert und ist nun auf den bitteren Bodensatz gestoßen. [. . .] [W]ir wollen die Achtung vor deutschem Mannestum und die Verachtung aller nationaler oder internationaler Waschlappigkeit systematisch groß ziehen [. . .], wir wollen mithelfen, Jünglinge und Männer zu bilden, die bereit sind, für ihr Vaterland zu leben, und wenn es not tut zu sterben. Und letzteres ist immer noch die Hauptsache. 478 Ähnliche Äußerungen sind von Hans Breuer überliefert (s. S. 78 ff.). Sie unterscheiden sich der Substanz nach kaum von dem, was Führungsfiguren des 1911 auf Initiative des Kriegsministeriums gegründeten Jungdeutschlandbundes zu Papier brachten, etwa in deren Zeitschrift Jungdeutschland-Post vom Januar 1913: Auch uns wird einmal die große, frohe Stunde eines Kampfes schlagen [. . .]. Still und tief im deutschen Herzen muß die Freude am Krieg und ein Sehnen nach ihm leben, weil wir der Feinde genug haben und der Sieg nur einem Volke wird, das mit Sang und Klang zum Krieg wie zu einem Feste geht. 479 Dass es nun und in Reaktion hierauf sowie auf den Jugendpflegeerlass von 1911 gelte, „ der Jugend außerhalb der Schule ihre Freiheit und ihr Selbstbestimmungsrecht “ zu wahren und „ die äußerliche Soldatenspielerei des Jungdeutschland-Bundes sowie jede politische Tendenz und jede geistige Einzwängung “ 480 abzulehnen, war nur einer Minderheit - in diesem Fall: des Jungwandervogel - klar. Der Alt-Wandervogel hingegen unterstand sich nicht, bereits „ angesetzte Fahrten aufzugeben zugunsten des Kriegsspiels “ 481 und dies zum Anlass für eine Diskussion darüber zu nehmen, ob man sich nicht stärker den - wie man damals meinte - ‚ modernen ‘ Formen der Jugendpflege gegenüber öffnen, wenn nicht gar dem Jungdeutschlandbund beitreten solle, zumal man dann an dessen Vergünstigungen (beispielsweise kostenlose Bahnfahrten) partizipieren könne. Tatsächlich wurden den Wandervögeln „ bis 1914 fast 300 Kasernen als Über- Über Nationalismus, Irredentismus und Bellizismus 167 <?page no="168"?> nachtungsmöglichkeiten erschlossen. Zudem wurde die Abgabe militärischen Kartenmaterials gewährt; das Kriegsministerium gestattete [. . .] auch die Benutzung von Übungsplätzen, das Justizministerium ermöglichte die Abgabe von alten Militärsachen, und nicht zuletzt war der Verkauf verbilligter Bahnfahrkarten für wandernde Jugendliche von Bedeutung. “ 482 Berichte wie die von Walter Fischer (s. S. 145) zum Thema Die lustigen Wandervögel im Kaisermanöver waren denn auch in Periodika der Jugendbewegung keine Seltenheit und bezeugen die im Vorfeld des Krieges verallgemeinert zu registrierende „ Militarisierung der Mentalität “ 483 sowie der Jugenderziehung allgemein. 484 Ein wichtiges Indiz gibt hier eine einschlägige Schülerbefragung im Umfeld der Kriegsgefahr um Serbien und Österreich-Ungarn im März 1909, die in das Resümee ausläuft: Der größte Teil der 11bis 16jährigen Knaben, ja sogar der Mädchen ist derart kriegerisch, kampf- und abenteuerlustig, daß keine Erziehung der Welt etwas dagegen auszurichten vermag. 485 So gesehen scheint es nur folgerichtig, dass die Fortsetzung von Remarques Im Westen nichts Neues zum beklemmenden Ende hin mit einem Porträt des Wandervogel aufwartet, das diesen auch nach 1918 mit nichts Wichtigerem beschäftigt sein lässt als mit von Erwachsenen inszenierten Kriegsspielen. 486 Entsprechend selten waren Stimmen gegen den Krieg, so wie etwa die von Walter Hammer (s. S. 92). In seinem für die Jugendbewegung gedachten Nietzschebuch protestierte Hammer vehement gegen das damals überall zu vernehmende Lechzen nach Krieg als einer angemessenen „ Pferdekur “ für eine „ degenerierende Gesellschaft “ 487 - ein Aufruf, der fast wie ein Reflex wirkt auf einschlägige expressionistische Gedichte jener Epoche. 488 In vielen von ihnen wurde der Krieg als Teil der Erfüllung einer apokalyptischen Erwartung geradezu herbeigesehnt, ebenso in Tagebüchern und Werken einiger Dichter und Schriftsteller aus jener Sammlung. 489 Zusammenfassend und mit Arnolt Bronnen (1895 − 1959) 490 gesprochen: Nie ist ein Krieg so herbeigesehnt worden von unzähligen jungen Menschen, von Bürgers-Söhnen, die sich verirrt hatten in ihrer Welt. Sie alle wollten, was auch ich wollte: ein Ende. Ein Ende dieser Zeit. Ein Ende ihrer Leben in dieser Zeit. Eine Lebensform hatte sich aufgebraucht . . . Das Barbarische, Teil meines Wesens, dessen ich mit Begeisterung gewahr worden war, erschien mir in allen den Monaten vor dem Kriege, und noch in den ersten Kriegs-Wochen, als die große Reinigung, als der Sturm, der alles Morsche, Dekadente hinwegfegen würde. 491 Dies war der Zeitgeist, dem Walter Hammer zu widerstehen suchte, ähnlich wie eine Gruppe Berliner Wandervögel, die im Herbst 1914 in der Zeitschrift Wandervogel zu bedenken gab: Wandervogel und Krieg! welch furchtbare Gegensätze! Unser Wandervogel ist ein Kind des Friedens, und im Schutz des Friedens ist er stark und mächtig geworden. Er ist und war keine Vereinigung, die eine kriegerische Ausbildung bezweckte. 492 168 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="169"?> Die überwiegende Mehrheit hingegen war deutlich kriegsbegeistert und missdeutete den Krieg als die von ihnen ersehnte ‚ große Fahrt ‘ 493 , auf den sie sich ihrer zuvor absolvierten vielen ‚ kleinen Fahrten ‘ wegen, also schon allein der Wandererfahrung halber und mithin rein körperlich gesehen, bestens vorbereitet wähnten. Edmund Neuendorff unterstrich denn auch in einem unmittelbar nach Kriegsbeginn herausgegangenen Aufruf die besonderen Fähigkeiten der Wandervögel, die im Krieg von Nutzen sein könnten, wie beispielsweise „ marschieren “ , „ sich im Gelände zurechtfinden “ , „ auf jedem Lager [. . .] schlafen “ , „ auf sich selbst gestellt ihre Nahrung [. . .] finden “ , um zu ergänzen: Was schadet ‘ s, wenn wir draußen Not und Entbehrung ertragen müssen, es ist ja für unsere liebe schöne Heimat, die keiner so kennt wie wir. . . Und müssen wir sterben, es ist ja für Deutschland, unser Deutschland. 494 Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang ein dem Andenken des Jenaer Freideutschen Studenten Karl Brügmann (1889 − 1914) gewidmeter Aufsatz Herman Nohls aus dem Jahre 1915, in dem es heißt: Er ging in den Krieg wie auf eine Wandervogelfahrt, erfüllt von der Schönheit seiner Heimat und der großen Liebeseinheit seines Volkes in jenen Tagen, froh der abenteuerlichen Kriegsexistenz mit all ihren wirklichen Aufgaben und im freundlichsten Verkehr mit der flämischen Bevölkerung, als wären wir in ein Thüringer Dorf eingezogen. ‘ 495 Darin sprach sich aus, was mancherorts seitens der Erwachsenen schon vor dem Krieg vom Wandervogel erhofft worden war: nämlich dass der, dem sich das deutsche Land auf Wanderungen „ in das Herz geschmeichelt hat “ , als reifer Mann keine Schwierigkeiten habe, der „ Heimaterde “ zu vergelten, was sie gab, und zwar „ mit Glut und Blut. “ 496 In derlei Formeln dokumentierten sich die Folgen jener mentalen Nahrung, wie sie etwa Paul de Lagarde verabreicht hatte. Erschreckend liest sich zu diesem Themenkomplex die Wandervogelführerzeitung, in welcher Karl Wilker heftig gegen Walter Hammers pazifistisches Nietzschebuch polemisierte 497 und deren Verleger Erich Matthes gleich im 1. Kriegsheft als ‚ Kriegsfreiwilliger ‘ zeichnete, um über vier Seiten hinweg in Großschrift und unter dem Vorzeichen Gott mit uns eine Antwort auf die Frage, worum es in diesem Krieg gehe, anzubieten. Im Anschluss an die als Überschrift gesetzte Formel: Um das Deutsche Wesen! liest man hierzu im Einzelnen: Das Deutsche ist ein Ast des Germanischen [. . .]. Lebt dieser Geist noch? Wo ist er zu finden? Nun wissen wir ‘ s: Deutschland ist noch der Hort des Germanentums! [. . .] Deutschland ist das Gewissen der weißen Rasse! 498 Wenige Zeilen später wird deutlich, dass nun, aus völkischer Sicht, auch die Heimatfront neu begradigt werden muss: Wir werden sie alle besiegen! Wir müssen aber zugleich uns selbst besiegen: Das Böse, das Undeutsche bei uns, das Gemeine, das Verkehrte, das Kranke, das Über Nationalismus, Irredentismus und Bellizismus 169 <?page no="170"?> Äußerliche! Es ist viel Gesindel und Ungeziefer daheim geblieben [. . .]. Es meint, euer Blut flösse für sein stinkendes Behagen! Wollen wir ‘ s ungestört hausen lassen? Wollt ihr Heimkehrenden euch den Lohn von ihm wegstehlen lassen? - Duckt es! 499 Auf diese Verlautbarung traf zwar ein Protest ein von der Kreisleitung des Alt- Wandervogels für Pommern des Inhalts, dass ein „ in so unflätigem Tone gehaltener Aufsatz “ nicht „ veredelnd auf unsere deutsche Jugend “ wirke, verbunden mit der Bitte, solche Artikel nicht mehr abzudrucken, ansonsten werde man eine „ öffentliche Warnung “ vor dieser Zeitschrift ergehen lassen. 500 Tatsächlich aber war das Publikum zumindest dieses Periodikums schon längst an den hier kritisierten Ton gewöhnt. Entsprechend überrascht es wohl kaum, dass die Schriftleitung ganz beruhigt hinzufügen konnte, die erstgenannte Äußerung sei eine Einzelerscheinung geblieben, wohingegen aus dem Feld an die hundert zustimmende Mitteilungen in Sachen der Tendenz des 1. Kriegsheftes eingetroffen seien. 501 Entsprechend waren die ersten Kriegshefte dominiert durch Feldbriefe, die der Hoffnung Ausdruck gaben, dieser „ große Krieg “ werde „ für uns deutschvölkische Ostmarkdeutsche die herrlichste Erfüllung unserer kühnsten Zukunftsträume “ 502 bringen und am Ende werde „ am deutschen Wesen noch einmal die Welt genesen “ , zumal die Jugendbewegung doch schon vor dem Krieg darauf hingearbeitet habe, „ ein körperlich, geistig und sittlich starkes und gesundes Geschlecht heranzuziehen. “ 503 In der Linie von derlei Optimismus steht beispielsweise die in der nämlichen Zeitschrift 1916 nachlesbare Bekanntgabe der Gründung der Hamburger Germanengilde, getragen von der Überzeugung, dass dieser Krieg „ ganz wider den Willen unserer Feinde einen köstlichen Schatz gehoben hat: das germanische Gewissen und Gefühl. “ 504 Was in Äußerungen wie diesen zutage tritt, ist die völkische Lektion aus Langemarck, als Symbol gelesen. Denn natürlich ist Langemarck (seit 1945: Langemark) - in Belgien gelegen, unweit Ypern - zunächst nichts weiter als der Ort eines deutschen Sturmangriffs vom November 1914 mit der Folge von 45 000 Gräbern allein auf dem deutschen Kriegerfriedhof. In zweiter Linie allerdings handelt es sich um einen - nicht eben selten irredentistisch aufgeladenen - Mythos. Er basiert auf der im Wehrmachtstagebuch für den 10. November festgehaltenen Meldung, wonach (angeblich) westlich Langemarck „ junge Regimenter unter dem Gesange ‚ Deutschland, Deutschland über alles ‘ gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor[brachen]. “ 505 Erich Weniger notierte noch 1938 sehr ernst, sich vom Fach wähnend und erkennbar auf einen Folgeeinsatz vorbereitend: „ [K]eine aussichtslosen Lagen schaffen, nie wieder ein solch verschwenderischer Einsatz kostbaren Blutes unter so unzulänglichen Bedingungen. “ 506 Inzwischen sind noch einmal einige Jahrzehnte vergangen, der Wahrheitswert der angeführten Wehrmachtsmeldung steht in Frage, und es dominiert der Blick auf die Funktion, die sie offenkundig zu erfüllen hatte: Es ging darum, den tölpelhaften Akt schlecht ausgebildeter Kriegsfreiwilliger - darunter eben auch vieler Wandervögel - und die dadurch 170 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="171"?> verursachten ungeheuren Verluste „ rührselig-patriotisch “ zu übertünchen, „ die mangelhafte Aufklärung des Geländes durch die Heeresleitung “ zu verbrämen sowie „ die kriegspsychologischen Folgen der Ausdünnung des Westheeres zugunsten der Truppen im Osten kriegspropagandistisch “ 507 zu mildern. Tragisch ist - was nun die Folgen angeht - , dass selbst Gustav Wyneken von der Kriegsbegeisterung angesteckt wurde und den Krieg am 25. November 1914 (also nur zwei Wochen nach Langemarck) in einem Vortrag als den eigentlichen Garanten der Erfüllung jugendlichen Autonomiestrebens missdeutete, ausrufend: Hört nicht auf die Stimme eines billigen Vernünftelns, die euch ins Ohr raunen möchte: ‚ es gibt keinen Ruhm ‘ und ‚ was habe ich vom Heldentum ‘ . Es gibt Ruhm und soll ihn wieder geben. Vielleicht werden wir nicht jeden von euch wiedersehen, aber vergessen werden wir keinen. 508 Derlei Emphase hatte die demonstrative Lossagung Walter Benjamins von seinem vormaligen Idol zur Folge. 509 Der Mainstream der Jugendbewegung war indes von derlei Einsicht weit entfernt, wie insbesondere die - teils in Konkurrenz zu Erinnerungen an das Meißnerfest organisierten - Langemarck- Feiern zeigten. Auf diesen wurde zwar auch mitunter der Forderung „ Nie wieder Langemarck! “ Gehör gegeben, so etwa auf der Feier der Bündischen Jugend 1923, auch auf jener von 2000 Teilnehmern besuchten ein Jahr später in der Rhön, auf die sich der dichtende Weltkriegsveteran Rudolf G. Binding (1867 − 1938) in seinem vor Pathos triefenden, im Grundschriften-Band der Kindt-Edition (1963) mit Stolz präsentierten Text Deutsche Jugend vor den Toten des Krieges (1924) bezog. Indes war sich Binding - „ Hitler ‘ s war poet “ , wie ihn Jay W. Baird 2008 510 im Ausblick auf das in der Kurzbiographie der Kindt-Edition 511 außer Betracht gelassene zustimmende Agieren Bindings zumindest zu Beginn der NS-Zeit 512 nannte - seinerzeit sicher, dass ein anderes Wort noch sehr viel mehr Klang habe als jene pazifistische Parole: die Vokabel „ Vaterland “ als „ Inbegriff des Gemeinsamen, des Sicheren, des zu Sichernden. “ 513 Letzteres war das Entscheidende und erklärt den einschränkenden, auch gegen die damals verantwortlichen Offiziere gerichteten kritischen Hinweis des 1923er Festtagsredners Friedrich Kreppel: „ Vernichtung ohne Zweck ist heute ein Luxus. “ Die Option ‚ Vernichtung mit Zweck ‘ blieb also im Spiel, ebenso wie Sätze vom Typus „ Es ist schön, jubelnd zu sterben “ oder: Wir Wandervögel wissen, daß unsern Brüdern das Sterben so notwendig war wie Geburt und Leben, darum uns die Frage nie brennend geworden ist, ob sie umsonst gefallen seien. Immerhin: In der Hauptsache blieb Kreppel ernüchtert, redete von der „ Nacktheit des Geistes “ und der „ Kälte des Bewußtseins “ , 514 fragte nach dem Sinn und trug schwer am Zweifel. Dies indes war nicht das Dominierende am Langemarck-Effekt, das man eher in der Linie von Arno Klönnes Beobachtung zu suchen hat: „ Ernst Jünger trat Über Nationalismus, Irredentismus und Bellizismus 171 <?page no="172"?> literarisch an die Stelle von Hermann Hesse oder Leonhard Frank. “ 515 ‚ In der Linie ‘ meint: Klönne überschätzte die bis dato angeblich feststehende Bedeutung erziehungskritischer resp. pazifistischer Autoren im Lesehaushalt Jugendbewegter, hatte aber insoweit recht, als im Sog des Langemarck-Mythos Kriegsmetaphysik à la Jünger in Mode kam. Denken könnte man in diesem Zusammenhang auch an Bindings WK-I-Anekdote Wir fordern Reims zur Übergabe auf (1934) oder an des Dichters Offenen Brief (1933) mit den verheerenden Zeilen: Deutschland - dieses Deutschland - ist geboren worden aus der wütenden Sehnsucht, aus der inneren Besessenheit, aus den blutigen Wehen, Deutschland zu wollen: um jeden Preis, um den Preis jedes Untergangs. Davor versinkt jede Anklage. 516 Von hier aus ist es nicht weit bis zu Hans Zöberleins (s. S. 154 f.) Weltkriegsepos Der Glaube an Deutschland (1931) - mit einem Geleitwort Hitlers versehen und 1934 verfilmt 517 - , auch zu Gerhard Roßbach (1893 − 1967), Freikorpsführer und Teilnehmer am Hitlerputsch (wie Zöberlein), 1924 Gründer der Schilljugend, die Hitler nach seiner Entlassung aus der Landsberger Festungshaft und der Wiedergründung der NSDAP im Februar 1925 kurzzeitig als NS-Jugendorganisation auszubauen beabsichtigte. Nachdem Roßbach die Unterordnung unter Hitler abgelehnt hatte, agierte die Schilljugend ab Herbst 1926 parallel zur HJ, um sich schließlich im Sommer 1933 mit ihren ca. 1000 Mitgliedern in die HJ einzugliedern. 518 So betrachtet hatte Hitler mit Roßbach nicht aufs falsche Pferd gesetzt, wie auch dessen 1925 erschienene Polemik gegen „ Weltfriedensideen, die im Gehirn der Schlauen erzeugt und im Gehirn der Dummen Glauben finden “ , zeigt, mitsamt des martialischen Diktums: Heldentum wird durch Kampf geboren, nicht durch Kampf mit geistigen Waffen, sondern mit dem Schwerte um das Dasein des Volkes, um den Bestand der Nation. 519 Zu derlei Bellizismus passt, dass Roßbach 1932 einen ‚ Luftschutztrupp Ekkehard ‘ ins Leben rief, der in der Schilljugend nach Art eines freiwilligen Arbeitsdienstes funktionierte und 1934 in den Reichsluftschutzbund übernommen wurde, dessen erster Inspekteur Roßbach wurde, 520 ehe er im Zuge der Röhm-Affäre kurzfristig inhaftiert wurde und fortan ein Privatleben als Versicherungskaufmann pflegte. 521 Eine etwas genauere Beachtung verdient noch Ernst Jünger (s. S. 96 f.), „ der 1923 eine Zeitlang die Organisation Roßbach in Sachsen geleitet hatte “ 522 und ab 1928 als Schirmherr der Freischar Schill agierte, die Roßbachs Stellvertreter Werner Laß (1902 − 1999) gegründet hatte. Laß - die Kindt-Edition schweigt in Fragen wie diesen selbstredend - war NSDAP-Mitglied ab 1928 523 , außerdem war er in der HJ und Leiter des Presseamtes des ‚ roten ‘ 524 Wiener Gauleiters Josef Bürckel (1895 − 1944). 525 Nicht ganz auf Linie war auch Jünger selbst: Nach 1933 sich allmählich in einen anti-antisemitischen Nazigegner wandelnd, fungierte er zunächst, gegen Ende der Weimarer Epoche, als Mitherausgeber mehrerer neonationalistischer Zeitschriften, darunter Die Kommenden (1930 − 31), 526 in welcher eigene Texte sowie kriegsmetaphysische Betrachtungen 172 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="173"?> Dritter verstärkt zum Abdruck gelangten. 527 Dazu gehörte auch die folgende Betrachtung: Hunderttausende mußten sterben, damit der Gedanke des Nationalismus geboren werden konnte, und Hunderttausende werden sterben müssen, damit die Nation wiedergeboren werde. 528 Derjenige, der 1928 speziell diese Lektion aus Langemarck unter dem Kürzel H. G. vortrug, kann für aufmerksame Leser dieses Buches kein Unbekannter mehr sein: Es handelt sich um Hans-Gerd Techow (s. S. 34 ff.), später (ab 1932) Mitglied von HJ und NSDAP (ab 1937), dem sicherlich das noch aus bündischer Zeit herrührende Lied Es zittern die morschen Knochen (1932) des späteren (1935) HJ-Poeten Hans Baumann (1914 − 1988) 529 aus dem Herzen gesprochen haben dürfte, insbesondere die legendären Zeilen: Wir werden weitermarschieren, wenn alles in Scherben fällt, denn heute gehört [da hört] uns Deutschland, und morgen die ganze Welt. Die in eckigen Klammern beigefügten Ausdrücke markieren den Inhalt der (angeblichen) Zensur Baldur von Schirachs in Bezug auf die 1936 vorgelegte Fassung, 530 dies jedenfalls gemäß Schirachs Aussage vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg. 531 Freilich: Nach sorgfältiger Analyse des Sachverhalts durch Winfried Mogge 532 darf man annehmen, dass es sich hier um eine Schutzbehauptung handelt. Dies gilt umso mehr, da Schirach, einer „ Detailrecherche “ 533 Jürgen Reuleckes zufolge, auch den Text des Liedes Jenseits des Tales (1907) aus der Feder des völkischen Lyrikers Börries Freiherr von Münchhausen (1874 − 1945) 534 manipuliert hatte, wohl zwecks Abwehr auf ihn als Person zielender homoerotischer Gerüchte. Ungeachtet dessen ist Baumanns Lied, nach glaubwürdigen Berichten aus der HJ, 535 in der NS- Zeit auch in der ‚ zensierten ‘ Variante gesungen worden, was allerdings kaum einen Unterschied macht: In beiden Fassungen war es instrumentalisierbar für eine bewusst auf Steigerung des Wertgefühls der Jugend - gegen die ‚ verkalkten ‘ Eltern - setzenden Strategie 536 , der zugleich eine bellizistische Pointe innewohnte nach dem Vorbild Kleo Pleyers (1930): Langemarck versinnbildlicht die Wende zu neuer bündischer Wesenhaftigkeit. Wie auf den Schlachtfeldern Flanderns deutsches Studententum kraft seiner Gebundenheit an das Volk sich hinopferte, so will das bündische Studententum für Volk und Reich dienen, taten, opfern. 537 Ähnlich klang es in diesem Jahr auf zahlreichen Anti-Versailles-Kundgebungen, auch im Märzheft der Jungnationalen Stimmen, wo Heinz Dähnhardt „ den Mythos von Langemarck beschwor, um die ‚ junge Generation ‘ für den militanten Kampf um die Revision der Versailler Verträge zu gewinnen. “ 538 Vorweggenommen war damit die Kriegsmetaphysik in der heroischen, „ monumentalen “ Geschichtsbetrachtung Erich Wenigers: Er las Langemarck 1938, Über Nationalismus, Irredentismus und Bellizismus 173 <?page no="174"?> also gleichsam pünktlich zum Beginn des Zweiten Weltkrieges, als Zeugnis „ für den Willen der Jugend zum Opfer, zum bedingungslosen Einsatz des Lebens, für die Tapferkeit und für die edle Form der Hingabe “ 539 und gab damit den entsprechenden Begleitton zu den im Vergleich zur bündischen Zeit 540 geradezu gigantischen Langemarck-Feiern der HJ. Das Weitere ist rasch erzählt: Mit Kriegsbeginn 1939 wurde der ‚ Mythos Langemarck ‘ zur auf Kriegsverherrlichung abstellenden Marke, etwa 1943 durch Verleihung des Ehrennamens „ Langemarck “ an eine flämische Einheit der Waffen-SS. Korsettiert wurde das Ganze durch Geschichten Kleo Pleyers wie die folgende: In einer Scheune sitzen besonders hartgesottene Kosaken, die sich um keinen Preis ergeben wollen. Eine Handgranate, die hineingeworfen wird, richtet nichts aus. Daraufhin lasse ich die Scheune in Brand stecken. Hoch lodert das Feuer aus der schneeweißen Landschaft empor. Ein Mal der Vernichtung, ein Mal der Macht. 541 Parallel zu derlei Exzess wird die Heimatfront begradigt. Auch die in Sachen Jugendbewegung am ehesten betroffene Zunft beginnt nun umzudenken, wie der folgende, 1942 angebrachte Zusatz für die dritte Auflage des Pädagogischen Wörterbuchs von Wilhelm Hehlmann zeigt: Im 1. Weltkriege war die J. einer der Träger völkischen Behauptungswillens und Frontkämpfertums. 542 Von der Meißnerformel hingegen ist am nämlichen Ort nur noch als eines Anlass bezogenen ( „ anläßlich des Jugendfestes auf dem Hohen Meißner “ ) „ Leitworts “ 543 die Rede, mithin: so, als gehe es um ein Stück Vergangenheit, im Gegensatz zur HJ. Deren Arbeit stellt Hehlmann breit dar und so, als werde hier „ erstmalig auf der Grundlage der Selbstführung und in eigner politischer Verantwortlichkeit “ agiert, zum Wohle „ des ganzen deutschen Volkes “ 544 , selbstredend. Dies war nicht dumm gedacht: Man entschärft das Fremde, vielleicht Verlockende, indem man es sich einverleibte. Gibt es gegen diese Lesart etwas einzuwenden - und möglicherweise sogar noch Gründe, das Verlockende neu und schärfer zu akzentuieren? 174 5. Kapitel - Ein Kessel Braunes? <?page no="175"?> 6. Kapitel Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut. Oder: Warum und wie man einen Mythos kreiert und am Leben hält Das Meißnerfest 1 der (sich dort konstituierenden) Freideutschen Jugend, auch bekannt als „ Erster Freideutscher Jugendtag “ - in Abgrenzung zum ‚ zweiten ‘ (1923) und ‚ dritten ‘ (1963) - fand am 11. und 12. Oktober 1913 auf dem Berg [Hoher] Meißner bei Kassel mit ca. 2000 Teilnehmern statt und wurde „ damals von einem Großaufgebot der deutschsprachigen Presse und von einem Kamerateam der Wochenschau-Firma ‚ Der Tag im Bild ‘ begleitet. “ 2 Entsprechend gut bebildert und erinnerungspolitisch hoch besetzt ist dieses Ereignis, wohl eher zufällig auf dem Berg der Frau Holle platziert 3 , wohl eher nicht zufällig einen Berg in der Mitte Deutschlands wählend, damit „ das traditionelle Omphalos- Symbol (Nabel der Welt) “ 4 aufrufend und zumeist - zuletzt von Gudrun Fiedler 5 - gelesen als eine Art Gegenveranstaltung zum 100. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig sowie zum 25. Regierungsjubiläum Wilhelms II., wenn nicht gar als eine „ Demonstration antimilitaristischer Opposition im wilhelminischen Deutschland. “ 6 Schon dies ist eine irritierende, eine nach dem bisher Erzählten überraschende Lesart, die man aber offenbar als Teil der Gesamtinszenierung erst einmal zur Kenntnis zu nehmen hat: Bis auf den heutigen Tag genießt das Meißnerfest im Verein mit der wunderbaren Meißnerformel sowie dem informellen, fast an einen „ Mekka-Pilger “ 7 gemahnenden Ehrentitel ‚ Meißnerfahrer ‘ ein geradezu magisches Ansehen - Woodstock vergleichbar, vielleicht aber auch den Leuchttürmen, die eine gewisse Edelgard Bulmahn vor Jahren in die Wissenschaftslandschaft stellen wollte, zum Anreiz und als Orientierungshilfe. Ein bisschen Nachhilfe war bei dieser Mythenkonstruktion offenbar von Beginn an erwünscht. Dies lehrt der Briefroman Lukanga Mukara (1913) von Hans Paasche (1881 − 1920). Der Autor ist eine durchaus legendäre, für die Jugendbewegung eher untypische Figur 8 : Am Ersten Weltkrieg nahm Paasche zwar zunächst als Freiwilliger teil, wurde aber 1916 wg. seiner pazifistischen Einstellung unehrenhaft aus der Marine entlassen, um sich in der Folge in Richtung eines Pazifisten und Linksintellektuellen zu entwickeln. Als solcher gedachte er 1917 mit auf seinem Gut arbeitenden französischen Kriegsgefangenen der Französischen Revolution, konnte dem anstehenden Hochverratsprozess nur durch Hilfe seines Vaters - der ihn in eine Nervenheilanstalt einweisen ließ - entgehen und wurde schließlich am 9. November 1918 durch revolutionäre Matrosen befreit. Nicht zu vergessen: Paasche, nach dem frühen Tod seiner (jüdischen) Frau zurückgezogen als alleinerziehender Vater von vier <?page no="176"?> Kindern auf seinem Gut lebend, wurde dortselbst vor deren Augen durch die Brigade Ehrhardt ‚ auf der Flucht ‘ erschossen. So betrachtet verdient Paasche also durchaus das ehrende Gedenken beispielsweise Carl von Ossietzkys im Juni 1920 in den Mitteilungen der Deutschen Friedensgesellschaft 9 , aber auch die ihm auf Initiative Walter Hammers 1921 geweihte und 2007 als Zeichen deutsch-polnischer Versöhnung erneuerte Paasche-Linde an der Burg Ludwigstein inklusive der dort bestehenden Dauerausstellung. So weit, so schön, so berechtigt. Nur sei, zurückgehend auf den Anfang, der Verdacht gleich nachgereicht, dass einige Veteranen Paasche ihren Dank auch abstatteten wegen der Mär, die sein Briefroman vorbereiten half: In einer zumal den Jugendlichen ansprechenden Sprache und Erzählform bringt dieses ‚ Kultbuch ‘ der Jugendbewegung fiktive, aus den Erinnerungen des Autors an seine Hochzeitsreise zehrende ethnomethodologisch angelegte Briefe von der Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins Innerste Deutschland, deren Absicht auf eine Art Wilhelminismussatire geht. Für unser Thema wichtig ist vor allem der Brief, den der Held Lukanga an seinen König in Afrika in Sachen des Meißnerfestes schreibt: [A]lle waren gut zu mir, die Knaben und die Mädchen. [. . .]. Ihr eigenes Haar hing in goldenen Flechten über den Rücken, und Kränze roter Beeren schmückten die Köpfe [. . .]. Sie setzten sich nieder. Einer sprach, und die andern hörten zu, was der Sprecher sagte [. . .]. Da stand ein Sungu auf und sagte: ‚ Wir wollen, daß jeder Sungu Land habe, und hassen es, daß viele beisammen wohnen. Nur wer Land hat und eine Vaterhütte, hat eine Heimat und kann für das Volkland kämpfen. 10 Die Absicht dieser kleinen Fabel ist, jenseits hier nicht interessierender Details, klar: Paasche wollte, ausgehend von seiner für ihn typischen und ihn als Lebensreformer kennzeichnenden Zivilisationskritik, das Meißnerfest zum Mythos machen. Dazu gehörte, dem nicht Dabeigewesenen in leicht fasslicher Form einen Begriff zu geben von den Paasches Meinung nach begrüßenswerten, aber auch den abzulehnenden dunklen Seiten dieses Festes - so wie mit dem folgenden Beispiel: Es sprachen aber auch welche, die es anders wollten als diese alle. Sie sagten: ‚ Wir wollen einen Unterschied machen zwischen Jungen und Alten: die Jungen sind nämlich klug, die Alten dumm. Wir wollen niemand gehorchen und jeden, der für sein Volk etwas tut, auslachen. Wir wollen nämlich nur an uns denken. Denken und Jungsein allein genügt. ‘ / / Das riefen nur einige, die andern sagten alle: ‚ Was du sagst, kannst du selber wollen; wir aber wollen es nicht, wir wollen das andere. ‘ 11 Namen fallen hier nicht. Aber für den Experten ist erkennbar, mit wem Paasche hier abrechnet: Es ist die Gruppe um Gustav Wyneken und um die von ihm betreute Jugendzeitschrift Der Anfang. Ganz in diesem Sinne feiert Paasche gleich darauf als helle Seite der Jugendbewegung den Kreis, dem er sich selbst zurechnet, die Vertreter also der auf Alkohol- und Nikotinfreiheit insistierenden Lebensreform um den Vortrupp, und dies in leicht erkennbarer Anspielung 176 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut <?page no="177"?> auf den Zusatz zur Meißnerformel (Alkohol- und Nikotinfreiheit als selbst auferlegtes Gebot): Da riefen alle laut, und einer trat vor und sagte: ‚ Ja, das ist es. Wir wollen überhaupt nicht mehr Rauch machen und hineingießen. Unser Atem soll nicht stinken, und unser Schluck soll nicht rülpsen, dann werden wir auch immer rein und jung bleiben, und unser ganzes Volk wird klug und stark sein. ‘ 12 Mit den Worten: „ Ich sah, als Fremder, die Zukunft eines Menschenvolkes “ 13 endet dieser (insgesamt neunte) Brief Lukangas, aber zugleich auch Paasches Buch und mit ihm die Beschwörung eines Mythos, den der Autor zielgerichtet inszeniert hatte. In ähnliche Richtung weist der Bericht des ‚ Meißnerfahrers ‘ Hans Bohnenkamp, vorgelegt anlässlich des 50. Jubiläums des Meißnerfestes: Als auf der großen welligen Bergwiese mehr als 2000 junge Menschen wie von selbst eine Vielzahl singender, tanzender und spielender Gruppen bildeten, zwischen denen die einzelnen hin- und herwechselten, wie es ihnen gefiel oder wie sie gebraucht wurden, als die kerngesunde Daseinsfreude ohne Rauschmittel, die dem nasskalten Nebelwetter und den stundenlangen An- und Abmärschen standgehalten hatte, sich in Lieder und Reigen, in sportlichen Wettkämpfen mit schnell vergessenen Gewinnern, in Possenspielen und lachenden Gesprächsrunden zu einem bunten Fest mit innerem Einklang steigerte, da fand sich das im Aufruf vorausgesetzte ‚ Bewußtsein ‘ , daß uns ein Grundgefühl zusammenschließt, in kaum erwartetem Maße bestätigt. 14 Was hier ins Auge sticht, sind die Vokabeln „ wie von selbst “ , „ wie es ihnen gefiel “ , „ kerngesunde Daseinsfreude ohne Rauschmittel “ sowie „ sportliche Wettkämpfe mit schnell vergessenen Gewinnern “ - Vokabeln, die den Mythos wenn schon nicht eines neuen Menschen, so jedenfalls doch einer neuen, solidarischen, von Reinheit beseelten und insoweit asexuellen menschlichen Gemeinschaft stiften sollten. Dagegen freilich steht der eher nüchterne Blick des Nachgeborenen und Außenstehenden. So meinte beispielsweise Gilbert Krebs anlässlich der 60. Wiederkehr desselben Ereignisses, dass das Meißnerfest eigentlich nicht bedeutender gewesen sei als mancher Bundestag des Wandervogel: Bei genauem Hinsehen kommt man zu dem Schluß, der einzige wirkliche gemeinsame Nenner dieser Gruppen war ein gewisser Antialkoholismus. Das ist zwar ehrenwert, aber für ein historisches Ereignis doch etwas unzulänglich. Auch der Verlauf des Festes scheint nichts Weltumwälzendes gebracht zu haben: Reden, Diskussionen, Tanz und Spiel, und eine Iphigenie-Aufführung, wie in jedem besseren Gymnasium zur Jahresabschlußfeier. Trotzdem wurde das Fest zum Ereignis [. . .]. Es entstand der Mythos des Hohen Meißners. 15 Bleibt die Frage: Wer hat diesen Mythos wie, warum und vor allem: gegen wen kreiert? Die zuletzt genannte Frage ist rasch zu beantworten, zumal die Spur im Vorhergehenden ja auch schon angedeutet wurde: Paasches Mär geht gegen 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut 177 <?page no="178"?> Gustav Wyneken, gegen die von ihm protegierte Jugendzeitschrift Der Anfang, in der man im Oktober 1913, als karikiere der Autor bewusst das wohl tatsächlich eher betulich-harmlose Geschehen während des Meißnerfestes, aus anonymer Feder lesen konnte: Wir veranstalten Winters und Sommers unsere Feste, die nur von uns und für uns sind, wir machen den Tanz deutlich erotisch, wir flirten und lieben, wo wir nur können. Wir überstürzen uns in Veranstaltungen und schaffen fortwährend neue Gelegenheiten zur erotischen Geselligkeit der Jugend. 16 Wohlgemerkt: Dies war nicht ganz ernst gemeint, eher bewusst auf Krawall gebürstet, wie auch die diesem Kontext zugehörenden Slogans vom Typ: „ Wir haben die Verpflichtung, unser eigenes Triebleben zu gestalten. Aus dem Protest der Geknechteten muss die Schwärmerei der Freien werden. “ Oder: „ [W]ir übernehmen die Erotik mit allem Drum und Dran an Unkultur in Bausch und Bogen, und wer da nicht mitgeht, verfällt der Mißachtung als ein Quietist, ein Totschweiger, ein Feigling, ein Krüppel. “ 17 Und doch waren Texte wie diese damals gefährlich, und dies zumal im Kontext der oben (s. S. 82 ff.) bereits angesprochenen zeitgleich artikulierten Empörung über Fidus ‘ als halbpornographischen Künstler. Kurz: Die Wandervogelbewegung wurde nun verdächtigt, „ geschlechtlicher Zügellosigkeit und ‚ monistischen ‘ Tendenzen “ Vorschub zu leisten “ und „ gegen das Elternhaus, die Schule, jede positive Religion und den Patriotismus “ zu kämpfen. 18 Und eben deswegen, so die Quintessenz, könnte die Inszenierung des Mythos vom harmlos-apolitischen Meißnerfest und dessen Tradierung à la Paasche und Bohnenkamp durchaus funktional und fast schon zwingend gewesen sein. Als einen weiteren Faktor wird man wohl die Optikverschiebung einbeziehen müssen, die der Erste Weltkrieg und vor allem der Nationalsozialismus im Gefolge hatten. Denn beide Ereignisse las man vielerorts und zumal im Kreis Betroffener als solche ohne Vorgeschichte, und dazu gehörte, den Mythos zu nähren, das Meißnerfest sei nichts weiter gewesen als eine harmlose Feier „ naiver Friedenskinder. “ 19 Genereller gesprochen und mit Werner Kindt (1962): Meißnerfest wie Meißnerformel gaben „ unserem traditionsarm gewordenen Volk einen der wenigen Pfeiler [. . .], die das Dritte Reich überdauert haben. “ 20 Was Kindt im Interesse, diesen Mythos zu nähren, unter den Tisch fallen ließ, ist die - so betrachtet - störende Erinnerung eines Zeitzeugen, der im April 1914 mit großer Selbstverständlichkeit zu Protokoll gegeben hatte: Auf dem Meißner sollte eine vaterländische Erinnerungsfeier sein. Darum sind so viele hingegangen. Wenn man Wyneken und den ‚ Vortrupp ‘ als Lockspeise hingehängt hätte, dann wäre nicht so viel Jugend hingekommen. 21 Ähnlich sah man dies beim Alt-Wandervogel, nur dass man hier in Sachen ‚ vaterländischer Erinnerungsfeier ‘ ohnehin eher skeptisch gewesen war und lieber gleich „ die hundertste Wiederkehr der Leipziger Völkerschlacht mit Reden und einen Singewettstreit am Grabe Theodor Körners [. . .] bei Wöbbelin 178 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut <?page no="179"?> [feierte]. “ 22 So betrachtet haben wir es also mit einem zumindest in Teilen erwartungswidrigen Festverlauf und einem offenbar nicht erwarteten Beschluss zugunsten einer alles andere als ‚ vaterländischen ‘ Formel - eben der Meißnerformel - zu tun. Und wir haben es, was die Historiographie dieses Vorgangs angeht, mit einer bewusst inszenierten nachträglichen mythischen Überhöhung der realen Bedeutung und Reichweite eben dieser Formel sowie des Meißnerfestes insgesamt zu tun. Deutlicher wird dies, wenn man die in der Einleitung dieses Buches bereits gewürdigte Meißnerformel und ihre Geschichte selbst in Betracht zieht. Sicherheitshalber sei sie hier noch einmal wiederholt: Die Freideutsche Jugend will aus eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten. Für diese innere Freiheit tritt sie unter allen Umständen geschlossen ein. Die Bedeutung dieser Formel scheint erheblich - dies vor allem für die Erinnerungspolitik von Veteranen der Jugendbewegung nach 1945, wie schon der Umstand belegt, dass die Meißnerformel auf der Titelseite des ersten Freideutschen Rundbriefs vom September 1947 prangt. 23 Denken könnte man aber auch an weitere zahllose Loblieder auf die Meißnerformel gerade in der Nachkriegszeit, etwa bei Hans-Joachim Schoeps 24 , auch bei Herman Nohl, der in ihr den Gipfelpunkt der „ ersten “ oder Vorkriegsjugendbewegung erkannte 25 , wenn nicht gar das Symbolwort für den vielfach beschworenen „ Geist der Jugendbewegung. “ 26 Äußerungen wie diese erwecken fast den Eindruck, es gelte, vorab und mit Verve das Urteil zu entwichten, das Walter Laqueur zu Papier brachte, als er 1962, mitten hinein in die freudige Stimmung angesichts des bevorstehenden 50. Jubiläums des Meißnerfestes, trocken dekretierte: Wenig hat am Ende jene historische Tagung auf dem Hohen Meißner ergeben - nur ein Versprechen, das nie gehalten wurde, und eine Formel, die jedem etwas anderes bedeutete und die auf jeden Fall keine spezielle Jugendformel war. 27 Der Mainstream indes war entschlossen, sich die Laune nicht verderben zu lassen, auch nicht von Helmut Gollwitzer (1908 − 1993) 28 , der auf auffälligen Protest auch und gerade im Freideutschen Kreis um Werner Kindt traf 29 , als er die Meißnerformel 1963 auf dem Hohen Meißner als „ Kernformel eines demokratischen Bewusstseins “ 30 lobte, die allerdings (gleichwohl oder eben deswegen) von den Bündischen verleumdet worden sei. Noch schockierender war für viele Veteranen offenbar, dass sich Gollwitzer offen „ zur Schuld an den Verbrechen des II. Weltkrieges durch die auch jugendbewegten deutschen Soldaten und am Zusammenbruch Deutschlands [bekannte], der nicht 1945, sondern 1933, ‚ unter kräftiger Mitwirkung vieler Jugendbewegter ‘ stattfand. “ 31 Gollwitzers Nachdenklichkeit passte offenbar nicht zu der gerade in jenen Jahren gewachsenen Einsicht, dass sich mit der Meißnerformel nicht zu unterschätzende Imagegewinne erzielen ließen. Dies erklärt, dass die Meiß- 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut 179 <?page no="180"?> nerformel nun selbst vom ehemaligen HJ-Führer und NSDAPwie SS-Mitglied Willi Walter Puls (1908 − 1980), der im Jahre 1948 von Werner Kindt mit den Worten verteidigt wurde, er sei „ ein feiner und sauberer Kamerad “ 32 gewesen, in ihrem diametralen Gegensatz zum Führer/ Gefolgschafts-Theorem der Nazis herausgestellt wurde. 33 Auch Gerhard Ziemer las die Meißnerformel als Zeugnis dafür, dass „ die Jugendbewegung ein pädagogisches und kein politisches Ereignis war “ 34 , kurz, so Ziemer anlässlich des 60. Jahrestages des Meißnerfestes: Wer mit dieser Formel, die jenseits der Grenzen des Politischen liegt und die man nach wie vor die Magna Charta der deutschen Jugendbewegung nennen muß, nichts anfangen kann, für den bleibt, so fürchte ich, die ganze Jugendbewegung ein verschlossenes Buch. 35 In diese Richtung weist auch ein Brief Werner Kindts an die Brockhaus- Redaktion vom 28. August 1969, in dem im Übrigen - schlicht wahrheitswidrig - versichert wird: In den späteren Jahrzehnten sind noch wiederholt Versuche unternommen worden, die Meißnerformel zu verändern oder zu ergänzen, ohne dass am Kern der ersten Sätze gerüttelt wurde. 36 Wenig erstaunlich also, dass die zwei Jahre später erschiene 17. Auflage des Brockhaus - wie schon die 16. Aufl. (1955) und auch noch die 21. Aufl. (2006) - mitteilte, die Meißnerformel sei „ die programmat. Grundlage der dt. Jugendbewegung. “ Ähnliches findet sich in der 9. Aufl. (2003) von Meyers Grosses Taschenlexikon, allerdings vorsichtigerweise mit dem Wort „ Freideutsche Jugend “ dort, wo im Brockhaus noch „ dt. Jugendbewegung “ stand. Entsprechend ist es kaum überraschend, dass die Meißnerformel auch im Bewusstsein vieler aktueller Vertreter der Jugendbewegung - als Exempel diene hier die Homepage des Österreichischen Wandervogel - „ von zeitloser Gültigkeit “ ist und „ bis heute “ als „ unser Grundsatz “ ausgewiesen wird 37 , eine indes etwas merkwürdig berührende Versicherung angesichts der eher auf eine antisemitische und völkische Erbschaft hinweisenden Verbandsgeschichte. Von diesem letzten Beispiel ausgehend ist der gelegentlich, wie der Fall Kindt/ Brockhaus lehrt, massiv forcierte Lobgesang auf die Meißnerformel durchaus auffällig, zumal häufig nur die Erfolgs-, nicht die Verfallsgeschichte erzählt wird. Dies nun macht es erforderlich, der Meißnerformel und ihrer Herkunft und Bedeutung, aber auch der Geschichte ihrer Inszenierung etwas genauer nachzugehen. 38 Verwirrend ist schon die Frage nach dem Urheber des - auf Selbsterziehung abstellenden - Kerns der Meißnerformel. Genannt wird häufig Gustav Wyneken, 39 wofür einiges spricht, ähnlich wie für die Kolportage von Knud Ahlborn, der sich selbst und Ferdinand Avenarius als Urheber sah. 40 In einem der jüngsten Beiträge zum Thema wird behauptet, die Meißnerformel stamme „ mit großer Wahrscheinlichkeit “ von „ Knud Ahlborn, Gustav Franke und Erwin von 180 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut <?page no="181"?> Hattenberg, die sie auf der Grundlage der Textvorschläge von Gustav Wyneken [. . .] entwickelt hatten. “ 41 Hinweisen wie diesen, beruhend auf Erinnerung bzw. mündlicher Überlieferung, steht als gleichsam hartes Datum der Umstand entgegen, dass Paul Natorp in Vorbereitung auf das Meißnerfest im zweiten Oktoberheft 1913 des Kunstwart geschrieben hatte, es sei nicht ganz leicht, das Gemeinsame des Wollens der zu diesem Fest Einladenden „ auf eine einfache Formel zu bringen “ , um dann im weiteren Argumentverlauf schließlich doch mit einem diesbezüglichen Vorschlag aufzuwarten: Sie [diese Jugend; d. Verf.] will: leben aus eigner Verantwortung, will sie selbst sein; sein in des Wortes erfülltem, gedrängtem Sinn: sein aus eigener innerer Wahrheit, mit Austilgung alles Scheins. 42 Damit lag die Meißnerformel in nuce vor. Zu beachten ist allerdings, dass Natorp gleich im Anschluss an das Meißnerfest vor der „ Vermessenheit “ warnte, einen „ unausgleichbaren Gegensatz zu konstruieren zwischen der Selbsterziehung der Jugend und der Erziehung des Hauses, der Schule, des Staats “ , oder „ es gar auf einen Kampf gegen diese Mächte ankommen zu lassen. “ 43 Natorp, so muss man hier feststellen, sah sich durch den Festverlauf zu dieser Mahnung veranlasst, und er trägt insoweit zwar im gewissen Sinne Verantwortung für die Meißnerformel, aber, wichtiger wohl noch und auf jeden Fall weniger implizit: für die wenig später ersatzweise - aus Sorge vor einer zu weitgehenden Selbsterziehung, wie wir Natorp nun verstehen müssen - verabschiedete sog. ‚ Marburger Formel ‘ . Ehe wir uns ihr zuwenden können, müssen wir deren Vorgeschichte bedenken. Dazu gehört, dass die meisten der zum Meißnerfest einladenden vierzehn Gruppen mit Selbsterziehung ohnehin nichts im Sinn hatten - allein schon, weil sie daran interessiert waren, für ihre (oft fragwürdigen) politischen oder lebensreformerischen Absichten Reklame zu machen. Im Ergebnis waren es nur drei der vierzehn Gruppen, die mit ihren Einladungsschreiben deutlich machten, dem Geist der Meißnerformel nahezustehen: Die Freie Schulgemeinde Wickersdorf um Gustav Wyneken, der Jenaer Sera-Kreis sowie der Jungwandervogel, in dessen Verlautbarung deutlich angesprochen wurde gegen die „ bedenkliche Verkennung der selbsterzieherischen Kräfte der Jugend “ , die darin zum Ausdruck komme, „ daß heute weit über die Hälfte der Wandervogel-Ortsgruppen von Oberlehrern und Lehrern geleitet wird. “ 44 Auch die ‚ Freundesworte ‘ zum Meißnerfest verhielten sich in ihrer Mehrheit kritisch gegenüber Auffassungen, wonach die Jugend ein Recht auf Selbsterziehung habe. Dies gilt für Eugen Diederichs (s. S. 118 f.), auch für Max von Gruber (s. 79), der betonte, dass Freiheit nicht Ungebundenheit meine, sondern Selbstzucht, denn: „ Erst im Dienste eines Höheren bekommen wir den Hauch von Größe und Ewigkeit zu spüren. “ 45 So gesehen überrascht die Meißnerformel durchaus, in der Umkehrung gesprochen: Es überrascht nicht, dass sie bald schon auf Unverständnis und Widerspruch traf. Howard Becker, der die Annahme der Meißnerformel auf den vorübergehend nicht hinreichend kon- 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut 181 <?page no="182"?> trollierten Einfluss Wynekens zurückführte und auf eine Art Massenekstase während der dreitägigen Feier, stellte denn auch heraus, dass zumal die Vertreter der Jugendpflege schon bald mit Bestürzung reagierten: „ Ihre Versuche, die Jugendbewegung zu absorbieren, waren anscheinend fehlgeschlagen, und es erschien deshalb notwendig, sie durch einen direkten Angriff unschädlich zu machen. “ 46 Ein erstes, unüberhörbares Zeichen in dieser Richtung gab Ferdinand Avenarius (1856 − 1923), der schon im November 1913 im Kunstwart seinen etwaig besorgten Altersgenossen mit den Worten des von der Jugend „ selbstgewählten Führers “ Bruno Lemke (1886 − 1955), seines Zeichens Natorp-Schüler und später Oberlehrer, meinte versichern zu dürfen, dass das Wort „ Selbsterziehung “ nicht gedacht sei „ als Gegensatz zu der Erziehung durch andere “ 47 , um dem sogleich als sein Verständnis der auf dem Hohen Meißner vorgetragenen „ freideutschen Gesinnung “ als „ Bekenntnis “ den Satz anzubieten: Wenn Familie, Schule und Staat den gegebenen Einrichtungen nach durch Eltern, Lehrer und Vorgesetzte auf uns wirken, so wollen wir außerhalb ihrer Kreise uns selbst erziehen, denn nur dadurch können wir in uns bilden und festigen, was unser Volk doch zur inneren Gesundheit vor allem braucht: unentrinnbares Pflichtgefühl der eigenen Verantwortlichkeit. 48 Mit der Meißnerformel hatte dies so gut wie nichts mehr zu tun, wohl aber mit den Bauchschmerzen, die sie Avenarius nur vier Wochen nach ihrer Verkündung zu machen begann, zumal in Anbetracht dessen, was man zeitgleich in der bereits angesprochenen Jugendzeitschrift Der Anfang lesen konnte, in welcher sich beispielsweise ein gewisser Friedrich Mono dahingehend erklärte, dass die „ sexuelle Emanzipation des bürgerlichen Jungmädchens [. . .] zur Voraussetzung jugendgemäßer Erotik und einer wahren, auch das Sexuelle umgreifenden Kameradschaftlichkeit “ 49 gehöre. Noch wahrscheinlicher: Avenarius war die unmittelbar nach dem Meißnerfest einsetzende Kritik aus dem Kreise des Bürgertums nicht verborgen geblieben. So kritisierte beispielsweise der Berichterstatter der Hamburger Nachrichten den „ Hokuspokus “ der „ puerilen Rebellen “ auf dem Hohen Meißner, die mittels der Meißnerformel „ die Emanzipation von der Schulzucht, von dem ‚ Zwang ‘ des Elternhauses und der akademischen Sitte einander gelobten “ , um im Stile Diederichs ‘ hinzuzusetzen: Kultur ist Reife, die Jugend ist Unreife. Eine Kulturbewegung für die Jugend und durch die Jugend ist deshalb ein Widerspruch in sich. 50 Entsprechend gab selbst ein (zumal nach 1945) so eifriger Fürsprecher der Meißnerformel wie Herman Nohl schon 1914 zu bedenken, die „ ältere Generation “ werde in der Logik dieser Formel „ aus dem pädagogischen Leben ausgeschaltet, “ 51 sie entzöge - in Übersetzung geredet - der Pädagogik jene Geschäftsgrundlage, der sie sich gewiss sein könne spätestens seit Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher (1768 − 1834). Dieser, so Nohl zwanzig Jahre 182 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut <?page no="183"?> später, hätte zwar eingeräumt, dass die Pädagogik das Ziel haben müsse, „ sich selbst überflüssig zu machen und zur Selbsterziehung zu werden “ , aber dies eben erst, „ wenn die jüngere Generation auf selbständige Weise zur Erfüllung der sittlichen Aufgabe mitwirkend der älteren Generation gleichsteht. “ 52 Als Nohl speziell diesen Einwand erstmals vortrug (1933), übrigens mit giftigem Seitenblick auf Wyneken, war die Meißnerformel längst schon das Papier nicht mehr wert, auf dem sie geschrieben stand. Ihr Todesglöcklein begann im Januar 1914 zu schlagen, im Nachgang zu einer kritischen Broschüre des katholischen Pressevereins in München. Eine in Reaktion darauf im Februar 1914 abgehaltene Versammlung der Freideutschen Jugend in München 53 bereitete faktisch die Loslösung von Wyneken und die Preisgabe der Meißnerformel und des ihr innewohnenden Selbsterziehungsanspruchs vor. Auf der von Paul Natorp inspirierten Vertretertagung der Freideutschen Jugend in Marburg im März 1914 54 wurde schließlich, nach massiver Intervention von Edmund Neuendorff, Vollzug gemeldet: Wyneken wurde ausgeschlossen, die Meißnerformel einkassiert, und ersatzweise trat jene oben bereits angesprochene sog. ‚ Marburger Formel ‘ in Geltung, die wie folgt lautet: Die Freideutsche Jugend ist eine Gemeinschaft von Jugendbünden, deren gemeinsames Ziel es ist, die Vermittlung der von den Älteren erworbenen und überlieferten Werte zu ergänzen durch eine Entwicklung der eigenen Kräfte unter eigener Verantwortlichkeit, mit innerer Wahrhaftigkeit. Jede Parteinahme in wirtschaftlicher, konfessioneller oder politischer Beziehung lehnt sie ab. 55 Sieht man vom Nachsatz ab, war der Unterschied zwischen Jugendbewegung und Jugendpflege hiermit verwischt. Denn auch der Jugendpflegeerlass von 1911 enthielt die Maßgabe, Jugendpflege müsse „ die Erziehungstätigkeit der Eltern, der Schule und Kirche, der Dienst- und Lehrherren unterstützen, ergänzen und weiterführen. “ 56 Wynekens Protegé Siegfried Bernfeld verwarf denn auch die Marburger Formel, deren „ eigentlicher Vater “ 57 ihm Natorp zu sein schien, in Der Anfang als „ ungeheure Banalität “ , in deren Linie die Freideutsche Jugend zu einem „ Schutzverband blonder Tippeltröpfe zur Aufrechterhaltung der eigenen Beschränktheit und Gemütlichkeit “ 58 absinken werde. Vergleichbar harsch war die Gegenrede der Proponenten der Marburger Entscheidung. So meinte beispielsweise Hans Kremers (1892 − 1917): „ Bei uns im Wandervogel ist ‚ Reformer ‘ ein Schimpfwort. “ 59 Dies will man gern glauben nach dem zu Hjalmar Kutzleb Gesagten (s. S. 139 ff.). Auch Hans Bohnenkamp (1893 - 1977), nach 1933 Mitglied von SA und NSDAP sowie Professor an der HfL Cottbus, erklärte es im März 1914 in Marburg zu einer Überlebensfrage des Wandervogel, dass dieser „ sich nicht mit Schulreformbestrebungen alliiert. “ 60 Zumal dieser Kommentar zeigt, dass die Meißnerformel nach nur einem halben Jahr ad acta gelegt wurde, weil man befürchtete, sie könne als ein gleichsam zu freigeistiges Bekenntnis gelesen und mit Vokabeln wie ‚ Reform ‘ und mithin ‚ Politik ‘ assoziiert werden. 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut 183 <?page no="184"?> Diese Beobachtung lässt sich auch anstellen für die Debatten im Wandervogel e. V. unter Edmund Neuendorff. Er, dem Meißnerfest skeptisch gegenüberstehend, ebenso der Meißnerformel, musste sich in beiden Hinsichten am 12. April 1914 auf dem Wandervogelbundestag in Frankfurt/ O. rechtfertigen und gab zu diesem Thema und Gustav Wynekens Meißnerrede mit „ starker Zustimmung “ zu Protokoll: 99 % von dem, was er da sagt, ist gerade das, wovon wir uns befreien wollen. Wir wollen nichts wissen von verwaschenem Kosmopolitismus, wir, die wir unser Deutschland kennen und lieben. 61 Spannend ist der weitere Fortgang dieser in der Kindt-Edition gut dokumentierten Veranstaltung. Denn der Jugendbewegung wurde gleichsam von staatlicher wie kirchlicher Seite aus die Absolution dafür erteilt, dass sie sich im Oktober 1913 auf dem Hohen Meißner überhaupt so weit auf Pazifismus wie Kosmopolitismus eingelassen, wenn nicht gar: in dieser Richtung ‚ versündigt ‘ hatte. Kaum anders als mit diesen Worten lässt sich der im April 1914 in der Bundeszeitung Wandervogel (Gelbe Zeitung) erschienene Bericht von Neuendorffs Adlatus Walter Fischer über die Frankfurter Bundestagung lesen: „ Der Wandervogel “ , so lesen wir da in einer Mischung aus Staunen und Begeisterung, „ hat sich vom Bürgermeister begrüßen lassen, war in der Kirche und hat seiner Vaterlandsliebe öffentlich Ausdruck gegeben “ , und Fischer scheute sich nicht, auszurufen: Wer ist nicht davon erbaut worden? Der Fahnenwald, der vorn am Altar stand, als wären wir eine Schar von Kriegern, die vor dem Abmarsche ins Feld geweiht werden sollten. Ja auch an unserer Vaterlandsliebe ist eine zeitlang gezweifelt worden, weil wir geflissentlich und restlos alles abgelehnt haben, was irgendwie nach Hurrahpatriotismus aussah. 62 Damit war die Katze aus dem Sack: Für Fischer war die Leidensphase und mithin die Seelennot vorbei, die ihn seit dem Meißnerfest und infolge von dessen Interpretation als Friedensfeier umtrieb. Wie ein Stück Katharsis wirkt denn auch der Schluss seines Berichtes darüber, dass im Anschluss an ‚ Feuerreden ‘ von Friedrich Wilhelm Fulda und Fritz Kutschera am Ende alle - und hiermit kommen wir nun endlich zu jener eben erwähnten Parole - „ aus wirklicher innerer Begeisterung in das Lied ‚ Deutschland, Deutschland über alles ‘ einstimmten. “ 63 Deutlicher geredet: Es ist ausgerechnet diese von Nietzsche mehrfach verächtlich gemachte Parole (s. S. 162), die, gleichsam pünktlich zum Ersten Weltkrieg, zumindest beim Wandervogel e. V. an die Stelle der Meißnerformel tritt und nach 1918 auf Langemarck-Feiern fröhliche Urstände feiern sollte, bei Rudolf G. Binding 64 gar so, als spräche sich in ihr der Geist Nietzsches aus. Zugestanden sei, dass dies nicht pars pro toto gelesen werden darf, will sagen: Die Meißnerformel wurde, wie das Beispiel des zur KPD wechselnden ‚ Meißnerfahrers ‘ (und Arztes sowie Schriftstellers) Friedrich Wolf (1888 - 1953) lehrt, 184 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut <?page no="185"?> auf Seiten des ‚ linken ‘ Spektrums der Jugendbewegung weiterhin in Ehren gehalten 65 und war hier nicht nur „ eine zu nichts verpflichtende Dekoration “ , sondern eine Art Gelübde, für das man bereit war, „ Angriffe zu dulden und ‚ Freunde ‘ zu verlieren. “ 66 So berichtete beispielsweise eine ehemalige Schülerin der 1906 von Wyneken gegründeten Freien Schulgemeinde Wickersdorf 1973 eindrücklich darüber, wie sehr sie in Wickersdorf im Bann dieser Formel aufgewachsen sei. 67 Auch im Umfeld der Hamburger Schulreform war die Meißnerformel - wie ja auch schon der in der Einleitung dieses Buches erwähnte, von Peter Dudek rekonstruierte Fall Max Tepp lehrt - wirksam und trug dazu bei, dass die Jugendbewegung verstanden wurde als „ Selbsthilfe der Jugend gegen die seelische Not, in der unser Volk lebt “ , als „ harte, stumme Anklage der deutschen Jugend gegen die Schule “ , als Alternative zur Jugendpflege, die nur „ Verbote, Aufrufe, Vorträge “ kennt, nicht aber das Zugleich von „ Führer “ und „ Kamerad “ 68 , wie es für den Wandervogel typisch sei. 69 Das Unbehagen auch anderer Vertreter der Jugendbewegung 70 sorgte schließlich dafür, dass die Meißnerformel eine gewisse Renaissance erlebte. So wurde die Marburger Formel, die noch im April 1916 in Jena ihrer Substanz nach bestätigt worden war 71 , im Juni 1916 auf einer Vertretertagung in Göttingen zugunsten einer Formulierung preisgegeben, die wieder dem Geist der Meißnerformel nahe stand. Dies geschah durch Fortlassung der noch in Jena eingebrachten, wenig später aber „ scharf kritisierten “ 72 Formulierung, wonach die Freideutsche Jugend „ nach eigener Bestimmung sich die Werte aneignen [will], welche die Älteren erworben und überliefert haben. “ 73 Ab da an und gleichsam begleitend zu dem Kollaps der Werte der Erwachsenenkultur, für die Krieg wie Kriegsverlauf Zeugnis ablegten, stand die Meißnerformel zumindest im fortschrittlichen Lager wieder hoch im Kurs. Eines der ersten Zeugnisse hierfür gab der Westdeutsche Jugendtag auf der Loreley vom August 1917 74 , ein anderes die Ende September/ Anfang Oktober 1917 abgehaltene erste Freideutsche Woche in Holzminden, auf der die Meißnerformel genutzt wurde zur (Neu-)Begründung eines - so Martha Paul-Hasselblatt - „ Menschheitsgedankens [. . .], der über der Nationalität steht. “ 75 Deswegen wohl auch überlebte die Meißnerformel den Freideutschen Führertag in Nürnberg im März 1918 und die hier beschlossene Auflösung der Freideutschen Jugend als Verband. Für einen gewissen Höhepunkt dieser Tendenz steht Wynekens Mitwirkung am Schulgemeindeerlass des Preußischen Kultusministeriums vom 27. November 1918, dessen zentrale Botschaft dahin ging, dass die Jugend nun, nachdem sie sich im Krieg so sehr für die Sache der Erwachsenen eingesetzt habe, kaum noch als unreife und unmündige Masse behandelt werden dürfe. Schon der zweite Gedanke knüpfte deutlich an die Meißnerformel an: Es gelte, „ einen Anfang zu machen mit der Befreiung der Jugend, um ihr eine erste Möglichkeit zu eröffnen, aus innerer Wahrhaftigkeit und unter eigener Verantwortung an der Gestaltung ihres Lebens mitzuwirken. “ 76 Als Effekt der auf diese Weise zu neuem Leben erwachten Meißnerformel wird man insoweit auch die dem angefügte Forderung nach einer 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut 185 <?page no="186"?> Schulgemeinde und nach einem Schülerrat verstehen können. Wyneken, von dem dieser Erlass in wesentlicher Hinsicht stammte und der ihn auch kommentierte, gab in diesem Kommentar zu erkennen, dass er mit Entrüstung und Widerspruch rechnete auch in bestimmten Kreisen der bürgerlichen Jugend, und er nahm dies zum Anlass für den folgenden Aufruf: „ Wandervögel! Ihr jungen, lebendigen, feurigen Herzen! Scheidet euch von dieser Jugend, deren Zeit abgelaufen ist, deren Stunde geschlagen hat! [. . .] Ergreift die Gelegenheit, die euch geboten wird, eingedenk der großen Losung der Jugend, vor eigener Verantwortung mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten zu wollen. “ 77 Ein Jahr später, Ostern 1919 in Jena, schien die Meißnerformel gar ihre Wiederauferstehung zu feiern in Gestalt der Losung: Die Freideutsche Jugend will die Entfesselung der menschlichen Seele und die Entfaltung aller gemeinschaftsbildenden Kräfte. Sie ringt um die Idee des Menschenreichs der Brüderlichkeit und gegenseitigen Hilfe, das allen Volksgenossen und Völkern ein Leben nach eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, in innerer Wahrhaftigkeit ermöglicht. 78 Selbst die Wandervogelführerzeitung brachte nun den Beitrag eines Autorenkollektivs zum Abdruck, das in einer Zeit der sich verstärkenden Politisierung der Jugendbewegung deren ursprüngliche Idee, das „ trotzige Sichauflehnen gegen Formen und Formeln, die ihr von außen aufgedrängt wurden “ , in Erinnerung rief, für das Projekt der Erziehung des Menschen nicht nach „ außer ihm liegenden Zielen “ , sondern „ nach eigenen Wachstumsgesetzen “ 79 warb und sich unter Rekurs auf die Meißnerformel die Politisierung à la Frank Glatzel vom Jungdeutschen Bund verbat. Freilich: Als dies zu Papier gebracht wurde, stand auch die Opposition gegen derlei reformpädagogische Fortschreibung der Meißnerformel schon längst bereit. Artikuliert hatte sie sich am 31. Juli 1918 mittels eines Flugblattes zur Nationalversammlung, unterzeichnet auch von Friedrich Wilhelm Fulda, Dankwart Gerlach, Frank Glatzel und Wilhelm Kotzde, die betonten, dass sie für die Deutsch-Nationale Volkspartei optierten, weil sie „ völkisch gesinnt “ seien und alle Kultur „ national bedingt “ sei, was bedeute, dass es um den Aufbau einer „ gemeinsamen deutschen Kultur “ und um die Schaffung des „ großdeutschen Reiches “ 80 gehen müsse. Dem korrespondierte, dass Fulda in der Wandervogelführerzeitung vortrug, dass in der Logik der Unbestimmtheit der Meißnerformel das kosmopolitische Denken stünde und das Vermögen verloren gehe, dass man „ deutsch zu denken vermag. “ 81 Folgerichtig einigte sich der Jungdeutsche Bund unter Führung Glatzels am 9. August 1919 als Gegenlosung zur Meißnerformel auf die sog. ‚ Lauensteinformel ‘ : Wir Jungdeutsche wollen aus der Kraft unseres Volkstums eigenwüchsige Menschen werden, unter Überwindung der äußeren Gegensätze eine wahre Volksgemeinschaft aller Deutschen schaffen und ein Deutsches Reich als Grundlage und Gestalt unseres völkischen Lebens aufbauen helfen. 82 186 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut <?page no="187"?> Diese aus der NS-Sicht Luise Ficks 83 selbstredend begrüßte Formel wurde auch für die (völkische) Akademische Gilde Werdandi um den vormaligen Alt- Wandervogel - in der Kurzbiographie der Kindt-Edition nur mit Freundlichkeiten bedacht 84 - Albrecht Meyen (1892 − 1969) verpflichtend. 85 Das Bekenntnis galt in der Folge im völkischen Lager allenfalls der „ Meißner-Idee “ als „ Voraussetzung “ der eigenen Existenz (als Teil der Jugendbewegung), dies aber „ im Gegensatz zu einer freideutschen Wirklichkeit, die wir nur als einen ‚ Urnebel ‘ sämtlicher möglichen Ideen, Phantasien und Theorien ansehen können. “ 86 Beliebt waren auch Ausflüchte derart, dass man die Meißnerformel so deutete, als könne man mit „ innerer Wahrhaftigkeit und Selbstverantwortung “ zu keinem anderen Ergebnis kommen, als dass das „ Deutschtum “ 87 die Grundlage sei, auf der die Jugend ihre Lebensgestaltung aufzubauen habe. Ganz ähnlich argumentierte man wenig später bei der Gründung des Wandervogel, Völkischer Bund: Dass man - wie für diesen Bund in erster Linie kennzeichnend - „ als Deutsche nur mit Deutschen eine Gemeinschaft “ bilden wolle und im Übrigen aus der Freideutschen Jugend ausgetreten sei, weil einem „ Parteipolitik in kommunistisch-weltbürgerlichem Sinne völlig fernliegt “ , erklärte man schlicht damit, dass man das Recht habe, sein Leben „ unter eigener Verantwortung mit innerer Wahrhaftigkeit “ 88 neu zu gestalten. Klargestellt war damit auch über das Ende des Krieges hinaus, dass die Erwachsenenkultur nicht um ihre Entmachtung zugunsten einer sich von Erwachsenenwerten dispensierenden Jugendkultur fürchten musste. In der Summe gilt: [I]n der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, die die ‚ neue ‘ hätte sein sollen, blieben Wyneken und Bernfeld mit ihren Schulreform- und Jugendkulturprogrammen Außenseiter. Die Devise der neuen Zeit war nicht die Emanzipation der Jugend, sondern ihre bündische Organisierung und ihre Verstaatlichung. 89 Wohl wahr und um ein im Kontext dieses Buches aufschlussreiches Exempel anzuführen: Karl Vogt (s. S. 27 f.) gab 1994 zu Protokoll: Ebenso dankbar bin ich unseren schlesischen Führern, daß sie uns mit Ideologien verschonten, vor allem mit dem ideologischen Hin und Her unter den Älteren - von der ‚ Meißner-Formel ‘ haben wir tatsächlich damals nie etwas gehört! 90 Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang auch an die Skepsis der Neupfadfinder gegenüber der Meißnerformel, speziell: gegenüber der von Walter Hammer zu Pfingsten 1921 erhofften Wiederholung des Meißnererlebnisses, diesmal auf Burg Ludwigstein, ein Ereignis, das Erich Müller in Der Weiße Ritter mit den Worten Wilhelm Stapels abfertigte: „ ein Haufen Hüpferlinge, die zwischen Dostojewsky, Dschuang-tse, Graf Keyserling, Spengler, Buddha, Jesus, Landauer, Lenin und den jeweiligen literarischen Modejuden herumspringen. “ 91 Wenig vom Geist der Meißnerformel offenbart auch das Kernzitat im Aufruf zum zehnjährigen Jubiläum des Meißnerfestes: Unser Deutschland, in die Händel einer ungeordneten versinkenden Welt verstrickt, tief gedemütigt und misshandelt, soll der aufkommenden Welt zeigen, dass es alle 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut 187 <?page no="188"?> seine Kräfte wertschaffender, wahrhaft völkischer Arbeit widmen und dem Aufbau einer besseren Menschheitsordnung dienen will. 92 Gleichwohl lehnten „ zahlreiche Bünde die Teilnahme an der Zehnjahresfeier 1923 ab “ , um ein Jahr darauf bedenkenlos der Einladung zur „ Erinnerung an den Kriegsausbruch 1914 “ (sog. ‚ Langemarck-Feier ‘ ) Folge zu leisten. 93 Diejenigen hingegen, die teilnahmen, monierten hinterher das vollständige Fehlen von Spiel und Tanz bei gleichzeitiger Dominanz von „ Hirn- und Mundwerk. “ 94 Theodor Lessing (s. S. 149) jedenfalls fand genug Stoff für seine - das Tagungsgeschehen satirisch spiegelnde - Erzählung Die Jugend tagt (1923) und favorisierte fortan die Volkshochschule, „ um mit deren Hilfe eine demokratische politische Willensbildung vor allem bei der Arbeiterjugend voranzutreiben. “ 95 In völkischer Sicht schien hingegen die Zeit der Meißnerformel abgelaufen: „ Deutschland braucht kein Bekenntnis, sondern Verantwortung vor seinem Genius. “ 96 Dazu passt die im Vergleich sehr viel positivere Resonanz der Ostern 1921 abgehaltenen, von Frank Glatzel organisierten Jungdeutschen Tagung in Windsbach. Sie habe „ mit erfreulicher Klarheit “ erkennen lassen, dass das Ziel nur in der Einbindung der Jugend in die „ Volksgemeinschaft “ bestehen könne, weil sich nur auf diese Weise das „ moderne Chaos “ 97 infolge der durch die französische Aufklärung freigesetzten Bindungslosigkeit des Einzelnen verhindern lasse. Auch wenn die Meißnerformel in der Folge hier und da noch Anhänger fand, ist ihre zunehmend marginale Stellung nicht zu übersehen. Einen Beleg hierfür gibt die 1927 gegründete Deutsche Freischar unter Ernst Buske (1894 − 1930): Sie bekannte sich, so Jürgen Reulecke 2009, „ weiterhin zur Meißnerformel von 1913 “ 98 - was aber, so trug Barbara Stambolis 2013 nach, schon nicht mehr galt für Buskes Nachfolger Helmuth Kittel (s. S. 203), der zum Nationalsozialismus konvertierte. 99 Die diversen ‚ Formeln ‘ oder auch ‚ Bekenntnisse ‘ , auf die man sich in den jeweiligen Bünden ersatzweise einigte, hatten denn auch mit dem Geist der Meißnerformel nichts mehr gemein. Dies gilt auch für die Variante, die Friedrich Kreppel in seiner Rede zur Langemarck-Feier der Bündischen Jugend 1923 (s. S. 171) vortrug: [W]ir werden [. . .] bewußt und klaren Sinnes und in der Verantwortung vor unseren Gewissen allein unser Leben und Sterben gestalten. 100 Denn bezeugt ist damit allenfalls der mangelnde Respekt vor einer Formel, der die Lizenz zum Sterben (und mithin zum Töten) nun gerade nicht innewohnte. Und vorweggenommen war dasjenige, was der NS-Pädagoge Ernst Krieck (s. S. 91) 1932 meinte beobachten zu können: Die Jugend weiß sich heute als werdendes Volk, als das Volk der Zukunft: Not und Schicksal haben ihr den Weg gezeigt, den verbindenden Lebensinhalt gegeben. Womit ihre ganze frühere Art der Fragestellung nach sich selbst, nach dem Sollen und Sein, nach Art und Lebenssinn überflüssig - oder vielmehr beantwortet worden ist. 101 188 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut <?page no="189"?> Das definitive Ende der Meißnerformel kam im Juni 1933: Werner Kindt erklärte, es sei ohnehin „ nicht jedermanns Sache “ gewesen, „ vor jeder Entscheidung das Für und Wider in sich zu erwägen und erst nach unerbittlicher Gewissensbefragung ‚ in eigener Verantwortung und Selbstbestimmung aus innerer Wahrhaftigkeit ‘ seinen Weg zu suchen “ , um fortzufahren: Gerade heute, wo wir erleben, in welchem Maße der Volkswerdung damit gedient werden kann, daß weiteste Kreise bereit sind, in fragloser Gefolgschaftstreue sich für große, ihnen durch ihre Führer gewiesene Ideale einzusetzen, würde ein solcher Versuch verfehlt sein. 102 Dazu passte, dass die HJ im Oktober 1933 im Hof der Burg Ludwigstein aufmarschierte, während in der Burg, gleichsam als unmissverständliche Geste in Richtung jener, die des zwanzigsten Jahrestags der Meißnerformel zu erinnern gedachten, ein Gedenkraum für die im Krieg gefallenen Wandervögel eingeweiht wurde. 103 Vier Monate später hielt Hjalmar Kutzleb (s. S. 139 ff.) im Berliner Lokal-Anzeiger seinen Nekrolog auf die Meißnerformel und andere „ Ideen und Ideale Neuweimars “ , hinzufügend, schon der Steglitzer Wandervogel um Karl Fischer und Hans Breuer habe „ völkische Urziele “ verfochten und die Nachkriegsjugend schließlich erkannt, dass anderes als die Meißnerformel not tue: „ Rücktritt in eine übergreifende Kampffront “ , „ Unterordnung unter eine außerjugendliche Führung “ , vor allem aber: „ Erwachen aus einem Morgentraum. “ 104 Ähnlich sah dies im nämlichen Jahr (1934) Wilhelm Flitner: Im Zuge seiner Lagarde-Adaptation kritisierte er den polemischen Charakter der auf „ Echtheit und Wahrhaftigkeit des Lebens “ verpflichtenden Meißnerformel mit den Worten, dass es damals (1913) gegangen sei um einen Kampf „ gegen die chaotische Verpflichtung auf die Ideale aller Zeiten und Völker [. . .], gegen die Ideale der bloßen Gebildetheit “ - ein Kampf, der „ allmählich “ zurücktrat zugunsten der in dieser „ aufbrechenden Jugend “ deutlicher sich herausprägenden „ grundlegenden Gehalte des deutschen Geistes. “ 105 Dies konnte kaum anders gelesen werden als so, dass man die Meißnerformel nun nicht mehr benötige - nun, nach 1933, wo die Verpflichtung auf das ausgehend von Lagarde restituierte Ideal des deutschen Volkes politisch durchsetzbar sei und gerechtfertigt werden könne. Dem wiederum korrespondierte die erstmals 1933 veröffentlichte Feststellung Herman Nohls, die „ dritte “ oder Nachkriegsjugendbewegung (= bündische Jugend) sei „ in klarer Erkenntnis der gegebenen Verhältnisse [. . .] in einer ganz neuen Weise - härter, schärfer und fester geformt - wieder bereit, sich den nationalen oder religiösen Gehalten hinzugeben und die objektiven Mächte als das eigentlich Bestimmende ihres Lebens anzuerkennen. “ 106 Vorbereitet hatte Nohl diese Lesart drei Jahre zuvor, als er den „ Disziplinwille[n] “ in der bündischen Jugend und die „ Bereitschaft zur Uniform, die bis zur bedingungslosen Unterordnung führt “ , zumindest insoweit lobte, als die am Gegenteil, also an „ freie[r] Entwicklung “ orientierte „ erste Jugendbewegung “ in dieser ihrer „ Kampfstellung “ 107 jenen anderen wichtigen Aspekt übersehen habe. Unter der Hand hatte Nohl damit 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut 189 <?page no="190"?> deutlich gemacht, dass die Meißnerformel für die „ dritte “ Jugendbewegung keine Bedeutung mehr hatte und dem Begriff „ Jugendbewegung “ hier kein Recht mehr zukomme. Daraus würde folgen, dass Nohl 1933 gar nicht über die „ dritte “ oder Nachkriegsjugendbewegung redete, sondern letztlich über die HJ, und zwar gleichsam in Vorbereitung seines Nekrologs auf die bürgerliche Jugendbewegung, den er in seiner im Wintersemester 1933/ 34 gehaltenen (und 1935/ 36 wiederholten) Göttinger Vorlesung Die Grundlagen der nationalen Erziehung in die Worte kleidete: Was ihr fehlte, war die Geschlossenheit des Charakters, die zu dem Gefühl auch die Härte des Willens hinzugab und die jugendlichen Individuen ausrichtete in die Einheit einer nationalen Front. 108 Die Sache so zu sehen, entsprach ganz dem Ton der neuen Zeit, den Nohl auch in diesem Fall getreulich kopierte. Dies ging hin bis zum Lob der „ soldatischen Zuchtform, die Hitler unserem Volk vorgeschrieben hat, indem er es in die SA- Uniform und die Uniform des Arbeitsdienstes steckte, ihm Mythos und Symbol gab und [. . .] es damit vereinfachte und konzentrierte. “ 109 Weit - sowohl gedanklich als auch zeitlich - ist es von hier aus nicht mehr bis zur Verpflichtungsformel der zehnjährigen Pimpfe: Ich verspreche, in der Hitler-Jugend allzeit meine Pflicht zu tun in Liebe und Treue zum Führer und unserer Fahne, so wahr mir Gott helfe. 110 Mit Gelöbnissen wie diesem, so Gisela Miller-Kipp, „ machte die HJ der Familie psycho-emotionale Konkurrenz, und zwar erfolgreich, nach allem, was wir mentalitäts- und erinnerungsgeschichtlich wissen. “ 111 Dies galt, nolens volens, auch für die angeführte Pointe aus Nohls Vorlesung von 1933/ 34: Sie steht im diametralen Gegensatz zu Nohls 1926er These von der Jugendbewegung als „ geistige Energie “ 112 der Jugendwohlfahrtsarbeit. Und da es diese These war, die den weit verbreiteten Reden über den Zusammenhang von Sozialpädagogik und Jugendbewegung zumal nach 1945 im Sinne des Herausstellens der gleichsam ‚ hellen ‘ Seite der Jugendbewegung Auftrieb gab, 113 scheint der Ideologieverdacht unabweisbar: Nohl und seine Jünger - so könnte dieser Verdacht auf den Punkt gebracht werden - haben nach 1945 gezielt an eine Zeit erinnern wollen, in der man sich noch Illusionen hingab bezüglich einer in der Meißnerformel sich aussprechenden, durch den Geist von Kameradschaft und Gemeinschaft getragenen sozialen Verfasstheit. Des Weiteren scheint der Schluss erlaubt, dass die gleichwohl zu notierende Hochschätzung der Meißnerformel zumal in der westdeutschen Nachkriegspädagogik erkennbar weniger der Wahrheitsfindung denn der Beglaubigung eines Mythos diente, der den damaligen Jugendbewegungsveteranen hilfreich war angesichts der Debatte um den Zusammenhang von Jugendbewegung und Nationalsozialismus. Fassen wir zusammen: Als ursprünglich ‚ linkes ‘ Bekenntnis der mehrheitlich und schon von ihren Ursprüngen bei Karl Fischer her ‚ rechten ‘ Jugendbewegung traf die Meißnerformel vom Oktober 1913 eher auf Ablehnung 190 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut <?page no="191"?> denn Zustimmung und wurde nach 1945 wiederentdeckt und teils nur taktisch vereinnahmt, gleichsam als Maske zwecks Verbergens der eigenen, nun als unheilvoll erkannten oder jedenfalls doch von Dritten als solche beklagten Intentionen. Daraus folgt nicht, man solle die Meißnerformel ad acta legen, im Gegenteil: Sie scheint heute dringender denn je geboten, zumal in ihrer Linie der Ausblick auf eine Jugend in Aussicht steht, wie sie sich Nietzsche ersehnt hat: eine Jugend, die ihr „ Feuer “ bewahrt, ihren „ Trotz “ , ihr „ Selbstvergessen “ , ihre „ Liebe “ und die „ Hitze ihres Rechtsgefühls. “ 114 Dieser Ziele wegen, so Nietzsche weiter, muss die Jugend „ sich selbst erziehen und zwar sich selbst gegen sich selbst, zu einer neuen Gewohnheit und Natur, heraus aus einer alten und ersten Natur und Gewohnheit. “ 115 Dies und damit auch die kritische Überprüfung des von Dritten angeeigneten Wissens ist, so meine ich, fraglos weiterführender als das, was die Jugendbewegung unter Ratgeberschaft beispielsweise eines - von Wilhelm Flitner auch noch auf fragwürdige Weise protegierten und selektiv edierten - Paul de Lagarde erschuf mit dem Ergebnis, dass sie sich im Dienste eines völkischen und antisemitischen Erwachsenenideals auf den Schlachtfeldern von Langemarck wiederfand. 6. Kapitel - Meißnerfest und Meißnerformel: Leuchttürme, auf Sand gebaut 191 <?page no="192"?> 7. Kapitel Vom Wandervogel zur Hitlerjugend - ein falsch gestelltes Thema? Es ist durchaus auffällig, dass der Zusammenhang zwischen Wandervogel und Hitlerjugend, von Howard Becker, Michael Jovy, Arno Klönne, Harry Pross oder Walter Laqueur vergleichsweise früh thematisiert - wie im Verlauf dieser Arbeit an verschiedenen Stellen gezeigt wurde - , im Mainstream der Jugendbewegungshistoriographie über lange Jahre hinweg als Anathema galt. Möglicherweise war dies Folge eines von Werner Kindt verfassten Flugblatts über das Ergebnis des Pfingsten 1947 abgehaltenen Altenberger Konvents, das der Substanz nach auf nationalsozialistischen Missbrauch des „ gläubigen Idealismus der deutschen Jugend “ erkannte (s. S. 24). Entsprechend hatte es insbesondere Harry Pross sehr schwer, aber auch Adorno, der einleitend ja bereits kurz erwähnt wurde und dessen Fall nun, in gleichsam einführender Absicht für dieses Kapitel, aufgerufen werden soll. Theodor W. Adorno (1903 − 1969), als Jude von den Nazis um seine venia legendi gebracht und schließlich emigriert, 1949 aber nach Deutschland zurückkehrend und erkennbar mit ersten Ideen für sein Projekt ‚ Erziehung nach Auschwitz ‘ schwanger gehend, hatte in seinem Buch Dissonanzen. Musik in der verwalteten Welt (1956) faschistische Merkmale der Jugendmusikbewegung untersucht. Bei dieser Gelegenheit war er auf einen Artikel eines der Protagonisten dieser Bewegung, Karl Vötterle (1903 − 1975), gestoßen, den dieser 1952 in der Zeitschrift Hausmusik veröffentlicht hatte. 1 Vötterle - dass Adorno dies damals wusste, ist eher unwahrscheinlich - war vormals Mitglied von Reiter-SA (1936) und NSDAP (1937) gewesen. In der Kindt-Edition findet sich dazu nichts, 2 ebenso wenig wie in zeitgleich (1974) publizierten Angaben Vötterles für Hinrich Jantzen, die ersatzweise mit der Information „ geistiger Widerstand “ 3 aufwarten. Der sich so selbst Porträtierende, sich im gleichen Kontext gegen die Darstellung eines „ Amerikaners “ - gemeint ist Walter Laqueur - verwahrend, „ die den Wandervogel in gerader Linie als Vorläufer der Hitler- Jugend zeichnete, “ 4 hatte sich noch 1952, in dem von Adorno kritisierten Text, etwas anders vernehmen lassen: Es sei gar nicht zu bestreiten, so Vötterle damals, dass es in den Jahren 1933 − 1945 „ weithin gelungen [ist], das Grundanliegen der Jugendbewegung zu erfüllen und ein tätiges, eigenständiges Leben der Jugend zwischen der Kinderzeit und der Zeit des Erwachsenseins zu verwirklichen. “ Vötterle folgerte: <?page no="193"?> Wie man auch zum totalen Staat Adolf Hitlers stehen, welche Erfahrungen man auch im einzelnen mit ihm gemacht haben mag [. . .]. Das Entscheidende ist, daß es damals gelungen ist, die Jugend zu einem gemeinsamen Tun, zu schöpferischer Gestaltung der Freizeit zu gewinnen. 5 Adorno war verständlicherweise entsetzt: Nicht darum geht es, ‚ welche Erfahrungen man auch im einzelnen in ihm [dem totalen Staat Hitlers] gemacht haben mag ‘ [. . .], sondern um die Erfahrung der Millionen, die der Hitler in Gaskammern ermorden oder auf den Schlachtfeldern zugrunde gehen ließ. Fordernd setzte er noch hinzu: Solange die Organe der Jugendmusik Äußerungen solcher Gesinnung unwidersprochen drucken und nicht rücksichtslos dafür sorgen, daß dergleichen Erfasser bei ihnen nichts mehr anzugeben haben, besteht der Verdacht der Boxfreudigkeit zu Recht. 6 Mit der letzten Bemerkung bezog sich Adorno auf einen anderen von ihm kritisierten Autor, nämlich den der Jugendmusikbewegung zugehörenden Lübecker Musikforscher und Komponisten Jens Rohwer (1914 − 1994), der ihn in einem anderen Organ - Junge Musik - in vergleichbarer Angelegenheit in verklausulierter Form gefragt hatte, ob er sich mit ihm boxen wolle. 7 Für Vötterle freilich war dieser Hintergrund uninteressant. Ihn empörte Adornos Replik derart, dass er noch Jahre später, 1975, sechs Jahre nach Adornos Tod, im damals noch maßgeblich vom NS-belasteten Veteranen Karl Vogt beeinflussten Jahrbuch des AdJb nachtrug, Adornos großer Einfluss auf die akademische Jugend der 68er Generation belege, dass er „ das geistzerstörende Werk des Nationalsozialismus mit seiner Kritik weitergeführt hat. “ 8 Dies war ein durchaus lehrreicher Kommentar auch in Sachen des damaligen, mit ‚ unterkühlt ‘ noch zurückhaltend umschriebenen Verhältnisses vieler Veteranen der Jugendbewegung zur - Aufklärung über die NS-Zeit einfordernden - Studentenbewegung. 9 Freilich: Der Fall Adorno war damit nicht erledigt. Einige Jahre später (1980) unterbot Walter Greiff das von Vötterle vorgelegte Niveau am nämlichen Publikationsort noch einmal, indem er in Adornos Bestehen auf Eigentumsrechten (im Zusammenhang seiner Veröffentlichungen) „ ein beachtenswertes faschistisches Merkmal “ 10 meinte identifizieren zu dürfen. Auch rief er die Adorno-Kritik eines seiner Mit-Veteranen - Johannes Piersing (1907 − 1998) - in Erinnerung, der Adorno 1977 „ linguistische Guerillataktik “ 11 attestiert hatte. Auffällig dabei: Greiffs Machwerk wurde mit dem - von Winfried Mogge und Karl Vogt abgezeichneten - Herausgebervermerk ‚ zum Generalthema gehörend ‘ 12 in eine Dokumentation der Archivtagung 1979 zum Thema Jugendbewegung und Nationalsozialismus aufgenommen. Warum, wird letztlich nicht deutlich - abgesehen davon vielleicht, dass schon die Vorbemerkung zum Einführungsbeitrag erkennen lässt, wie wirkmächtig die Veteranen damals noch waren: moralisch entrüstet, „ daß das Thema überhaupt angerührt werden 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend 193 <?page no="194"?> sollte “ ; und letztlich nicht zurückschreckend vor dem - als Tagungsbeitrag gedachten - „ Angebot einer Lesung aus den Gedichten Baldur v. Schirachs. “ 13 Spätestens hier nun freilich wird die Sache langsam ernst. Denn wie sicher musste man sich damals, 1979, fühlen, um einen solchen Vorschlag riskieren zu können? Fast scheint es, als habe man sich als Jugendbewegungsveteran geborgen und ungefährdet gefühlt infolge von Unvereinbarkeitserklärungen vom Typus Ernst Krieck (1932): Die nationalsozialistische Jugend, die jüngste Welle der Jugendbewegung, sieht ihre Erben nicht mehr in Wandervogel und Wickersdorf, auch nicht in den Verkündern des Pazifismus, der Völkerverbrüderungsideologie und des westlichen Demokratismus, sondern findet sie an den Gräbern des Weltkrieges und des Kampfes ums Baltikum, Schlesien, Ruhr und Rheinland, bei ihren jungen Helden, die im Kampf um deutschen Lebensraum, werdende Volkheit, völkische Art und rassischen Staat vorbildlich vorangegangen sind und einer neuen Zukunft voranleuchten. 14 Aus dieser (NS-)Sicht kam in Sachen Jugendbewegung allenfalls die Artamanenbewegung (s. S. 52 ff.) in Betracht, wie 1934 auch der eben als Dichter auf der Jugendbewegungstagung 1979 (scherzhaft? ) in Rede stehende, fünf Jahre zuvor verstorbene vormalige ‚ Reichsjugendführer ‘ Baldur von Schirach annahm, ebenso wie 1939 Luise Fick, gleichfalls mit Seitenblick auf die Artamanen und den durch sie versinnbildlichten Typus des „ Arbeitssoldat[en], der aus eigener Verantwortung freiwillig für das Ganze Dienst tut “ , sowie mit dem Zusatz: Sofern und soweit sich die Jugendbewegung zu diesem Bild als ihrem Richtbild bekannte, verließ sie ihre Sonderstellung und faßte Tritt. 15 Die nationalsozialistische Jugend, so will es diesen mühelos zu vervielfältigenden Zeugnissen zufolge scheinen, stand allenfalls in Kontinuität bezüglich der völkischen Minderheit der Jugendbewegung, speziell: der Artamanenbewegung. Sie verhielt sich aber distanziert und abweisend gegenüber der Freideutschen Jugend, die 1913 das Meißnerfest beging und sich der Meißnerformel verpflichtete, die als pazifistisch und kosmopolitisch gelesen wurde. Auffassungen wie die genannten, weit verbreitet in der NS-Zeit, verweisen auf Diskontinuität und Unvereinbarkeit zwischen Jugendbewegung und Hitlerjugend. Eduard Spranger schien mithin in der unmittelbaren Nachkriegszeit gute Gründe zu haben für seine Bestimmung, wonach das um 1900 anhebende Streben der Jugend nach Autonomie ins Zentrum des ‚ Eigentlichen ‘ der Jugendbewegung gehöre und alles davon Abweichende als ‚ uneigentlich ‘ auszugrenzen sei, womit auch die „ Jahre nach 1933 “ nicht für eine „ sinngemäße, geradlinige Weiterführung der Jugendbewegung “ Zeugnis gäben, sondern für einen „ Bruch. “ 16 Im Übrigen stellte es Spranger der - in der Meißnerformel kulminierenden - Programmlosigkeit der Jugendbewegung in Rechnung, „ daß man dadurch schwach wurde gegenüber dem entschiedenen Willen, der 1933 die ganze Jugendbewegung mit ihrer Unentschiedenheit hinwegfegte. “ 17 Dem 194 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend <?page no="195"?> assistierte Werner Kindt mit seinem Beitrag zum 50. Jubiläum des Wandervogel (1951), in welchem er - so die Kritik von Stefan Krolle - „ die ‚ gewaltsame Auflösung ‘ oder ‚ freiwillige Auflösung ‘ und die ‚ erbitterte ‘ Bekämpfung von Bünden [. . .] skizziert, die Karriere einiger aus der Bündischen Jugend in dem nationalsozialistischen Staat aber verschweigt. “ 18 Mit dem letztgenannten Hinweis ist schon die Problematik deutlich gemacht worden, die uns auch im Vorhergehenden immer wieder beschäftigt hat: Es gab nicht nur Diskontinuität, es gab auch Gemeinsamkeiten in Zielsetzung und Programm. Neue Dynamik gewann dieses Thema im Zuge der von Kindt vorangetriebenen Kampagne gegen Pross (und Laqueur), in welcher, wie gesehen (s. S. 29 ff.), auch Theodor Wilhelm - seinerseits schwer belastet durch die NS-Zeit - eine gewisse Rolle zugedacht war, insofern er den Einleitungsbeitrag für Bd. I der Kindt-Edition zu übernehmen hatte und hierbei auch ein Kapitel unter die Überschrift Jugendbewegung und Nationalsozialismus rückte. Wilhelm erledigte diesen Auftrag mehr schlecht als recht: Einerseits schien ihm ausgemacht - und dies ging zwischen den Zeilen gegen Pross - , dass zumindest eine objektive Geschichtsschreibung nicht befugt sei, „ die deutsche Jugendbewegung [. . .] mit der politisch manipulierten Staats- und Parteijugend Hitlers in einen Topf zu werfen. “ 19 Andererseits war Wilhelms erläuternder Zusatz, dass „ sich der bündische Ruf zur Tat immer noch deutlich genug “ unterschied „ vom nationalsozialistischen Kult der Tat “ 20 , eigentümlich blass. Kein Wunder in Anbetracht des von Wilhelm gesichteten ‚ Materials ‘ , das selbst ihn, einen arrivierten Nazi, mitunter die Contenance verlieren ließ: Es wäre töricht [. . .] zu verschweigen, daß manche Äußerungen insbesondere aus dem völkischen Flügel der Bünde beim Leser heute eine ähnliche Betretenheit hervorrufen, wie die Lektüre der nationalsozialistischen Glaubensschriften. Wir lesen von der Volksgemeinschaft, von Rasse und Blut, von der Überwucherung durch das Fremde, vom deutschen Wesen. Wir hören, daß Gott ‚ seine Deutschen nicht verlassen ‘ werde und dass der zukünftige Politiker ‚ Held und Gelehrter ‘ zugleich sein müsse. Wir vernehmen die Lehre von der ‚ Überwindung der Parteien ‘ und werden zu der Frage aufgefordert: ‚ Was würde ich tun, wenn ich Diktator wäre? ‘ 21 „ Indessen “ - so Wilhelms unmittelbare Fortsetzung - „ diese Sätze werden nur dort peinlich, wo sie angeschlagen sind, um ein politisches Aktionsprogramm einzuleiten “ , davon aber seien diese „ als gedankliche Fortsetzungen und Übersteigerungen des bündischen Gemeinschaftslebens “ zu begreifenden „ politischen Phantasmagorien “ 22 weit entfernt. Dies klingt harmlos, war aber wirkungsvoll: Wilhelm hatte damit ein Leitmotiv angedeutet, das Jahre später (1968) auch Wilhelm Flitner bei seiner Einleitung zu Bd. II der Kindt-Edition wieder aufnahm, ebenso wie im nämlichen Jahr Werner Kindt, der im Blick auf Ferdinand Avenarius Kunstwart, Hermann Poperts und Hans Paasches Vortrupp, Wilhelm Schwaners Volkserzieher, Ernst Hunkels Blätter vom Neuen Leben, die Veröffentlichungen von 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend 195 <?page no="196"?> Theodor Fritsch ‘ Hammerbund und die des Alldeutschen Verbandes unter Einschluss des Anfang sowie Gustav Wynekens Die freie Schulgemeinde vortrug: Wen sollte es wundern, wenn die jungen Menschen in ihrer Unerfahrenheit und mangels jeder Leitung und Belehrung hier und da auch aus trüben Quellen schöpften und gar nicht merkten, wie die aus dem Willen zur Erweiterung ihres Blickfeldes unterschiedslos aufgenommene Lektüre sie auch innerlich beeinflußte und bisweilen zu Meinungen verführte, die dem eigentlichen Wollen fremd waren. 23 Ist es aber wirklich so einfach? Ist die hiermit angedeutete Inkaufnahme eines begrenzten Pathologieverdachts als Preis für Exkulpation in Fragen des Politischen nicht zu hoch? Und: Wer lässt sich schon gerne - außer vielleicht Nietzsche 24 - nachsagen, er denke nicht selbst, sondern es denke in ihm? Und schließlich: Ist hiermit nicht eine willfährige Schleuse geöffnet in Richtung bedenkenloser Exkulpation? Zu denken gibt hier der 1965 angestellte Versuch von Jakob Müller, im Rahmen seiner Dissertation auch Dankwart Gerlach (1890 − 1979) zu befragen. Gerlach nämlich, der in maßgeblicher Hinsicht die Wandervogelführerzeitung gestaltet und sich dabei keinerlei Hemmungen auferlegt hatte, was antisemitische und völkische Parolen angeht, 25 zeigte sich in diesem Gespräch „ fassungslos “ gegenüber dem, „ was unter den Machthabern des Dritten Reiches völkische und rassische Politik geworden war. “ 26 Dieses von Müller offenbar aufgrund unzureichender Kenntnis der Vorgeschichte Gerlachs nicht weiter hinterfragte Statement steht im merkwürdigen Kontrast zu dem zynischen Bemühen Gerlachs im nämlichen Gespräch, viele seiner damaligen Positionen, auch den Antisemitismus, ‚ philosophisch ‘ rechtfertigen zu wollen. Dies klingt nach klugem Ausnutzen jener Exkulpationsperspektive, der Wilhelm Flitner 1968 27 Vorschub leistete und Ulrich Herrmann 1991 nachsann, als er, sicherlich etwas zu fahrlässig, meinte, dass viele Jugendbewegungsvertreter damals „ mehr oder weniger fahrlässig so redeten “ und „ kaum ahnen [konnten], was daraus in Wirklichkeit werden sollte, als sich die nationalsozialistische Bewegung dieses Vokabular [. . .] aneignete. “ 28 Fast will es scheinen, als könne Herrmanns Satz auch als Paraphrase des auf die NS-Zeit bezogenen Extrakts der Gespräche jener ominösen Tafelrunde gelten, zu der sich Ende der 1950er Jahre auf Einladung Werner Helwigs (1905 − 1985) Ernst Berghäuser, Walter Hammer (s. S. 92.) sowie sechs weitere Wandervögel trafen. Dass und warum die letzteren auf Anonymität beharrten und nur als H. E., L. W., I. G., W. E., R. N. und E. R. in Erscheinung traten, mag hier auf sich beruhen. Wichtiger scheint das Protokoll dieser halb-fiktiven Gespräche, das sich in dem Buch Die blaue Blume des Wandervogels (1960) des 1933 nach Griechenland emigrierten Ex-Wandervogels und Schriftstellers Helwig findet. Hier nämlich heißt es an entscheidender Stelle: Wenn heute Schnüffler in jugendbewegten Schriften oder Büchern nach nazibedingten Indizien stöbern und dabei auf gewisse Kennworte stoßen, die später das 196 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend <?page no="197"?> Dritte Reich mit soviel glücklicher Verzweiflung aufgriff, aufmöbelte und in den Propagandaverkehr brachte, dann darf das für uns kein Anlaß sein, beklommen zu kapitulieren [. . .] und uns schuldbewußt der sündigen Lektüre von Langbehns ‚ Rembrandt als Erzieher ‘ , Poperts ‚ Harringa ‘ , Burtes ‚ Wiltfeber ‘ zu erinnern. Die Braven hätten für sich selbst Scheiterhaufen beantragt, wenn sie vorausgesehen hätten, zu welchen Mißverständnissen sie Anlaß gaben. 29 Wer so argumentiert, ist an Verklärung interessiert, nicht an Aufklärung. Ähnliches gilt für jene lebenslauforientierten Gespräche, die drei ehemalige sächsische Wandervogelführer in den späten 1970er Jahren führten und wenig später unter dem Titel Vom Geheimnis Bündischer Führung der Nachwelt überlieferten. Denn diese drei älteren Herren - unter ihnen Rudolf Kneip (s. S. 203) - kamen in der hier in Rede stehenden Hauptsache darin überein, daß sich „ die entscheidenden Eigenschaften dieses [nationalsozialistischen; d. Verf.] Systems und der das System beherrschenden Männer in voller Deutlichkeit erst nach Jahren [zeigten]. “ 30 Dass andere - Juden etwa oder Kommunisten und Sozialdemokraten - diese ‚ entscheidenden Eigenschaften ‘ keineswegs erst nach Jahren, sondern sofort zu spüren bekamen, ist dem Bewusstsein dieser Zeitzeugen offenbar entfallen. Was entsprechend bleibt, ist eine Art Stammtisch der Ewiggestrigen, den Rudolf Kneip einige Jahre später komplettierte, als er ein Buch vorlegte, das zwar von seinem Titel her einen Wandervogel ohne Legende verspricht, aber schon in seiner Darlegung des Ausschlusses eines jüdischen Mädchens durch den Zittauer Wandervogel nichts anderes als Legendenbildung betreibt 31 , sprich: „ den Fall völlig verharmlost und als Sensationsmache der ‚ jüdischen Presse ‘ darstellt “ 32 - ein Vorgang, der an Ulrich Herrmanns Darlegungen zu diesem Problemkomplex aus dem Jahre 2006 erinnert (s. S. 144). Und wo wir damit schon bei Wiederholungen sind: Vielleicht ist es ja am Ende dieses Buches erlaubt, wenn nicht gar zwingend, auf den Anfang zu schauen, auf den Untertitel dieses Buches beispielsweise, der ja nicht ohne Vorbild ist, auch nicht ohne Varianten, wie der Titel eines Aufsatzes von Jürgen Reulecke aus dem Jahre 1993 zeigt: Hat die Jugendbewegung den Nationalsozialismus vorbereitet? Zum Umgang mit einer falschen Frage - so Reulecke damals 33 , wie man sieht: ohne Fragezeichen am Ende. Warum eigentlich nicht? Mir jedenfalls ist nach gründlicher Lektüre dieses Textes nicht klar geworden, wieso dies eine falsch gestellte Frage sein soll. Und mir ist des Weiteren rätselhaft, wie man - so Barbara Stambolis 2011 34 - diesem Text Reuleckes das Verdienst zusprechen kann, die These von der Vorläuferschaft der Jugendbewegung für die Hitlerjugend „ klar widerlegt “ zu haben. Denn was Reulecke wenn schon nicht widerlegt, so jedenfalls doch behauptet hat, ist etwas ganz anderes, in seinen Worten und ausgehend von den für ihn wichtigen, fürwahr diametral angelegten Fällen Kleo Pleyer (s. S. 34) und Hans Scholl (1918 − 1943) andererseits: 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend 197 <?page no="198"?> Aus dem tatsächlichen Verhalten von Jugendbewegten im und zum Dritten Reich auf einen grundsätzlich ‚ präfaschistischen ‘ Charakter der Jugendbewegung schließen oder ihn - umgekehrt - klar widerlegen zu wollen, führt [. . .] in die Irre. 35 Dies ist vollkommen richtig - und wurde eben deswegen in diesem Buch auch erst gar nicht versucht. Was hier hingegen im Vordergrund stand, war der ideologiekritische, von Archivstudien ausgehende Zugang. Der unlängst sowohl von Christoph Nonn 36 als auch von Arndt Weinrich - von diesem mit dem Stichwort „ guter Überblick über die Forschungsliteratur “ 37 - gelobte 1993er Text Reuleckes bietet weniger dies denn einen ‚ guten ‘ , allerdings nur für den Kenner der einschlägigen ungedruckten Quellen zu dechiffrierenden Überblick über die Theoriepolitik des AdJb im Umfeld der Kindt-Edition. Um diesen Vorwurf nachvollziehen zu können 38 , muss man zurückgehen bis auf Wilhelm Flitners Brief vom 25. August 1974 an Willi Walter Puls, damals Sprecher des Freideutschen Kreises Hamburg. In diesem im Burgarchiv einsehbaren Schreiben, das sowohl Karl Seidelmann als auch Werner Kindt zur Kenntnis gebracht wurde, fixierte Flitner seine theoriepolitischen Leitlinien, inklusive der Frage, wie man sich verhalten solle angesichts des - im Vorhergehenden (s. S. 107 ff.) dargestellten - Lagardeproblems. Dass man es dabei, auch und gerade damals, mit einem Problem zu tun hatte, zeigte für Flitner die Studie Deutsche Reformpädagogik und Faschismus (1973) von Hubertus Kunert. Sie war, unter Aussparung Nietzsches, in die an den Beispielen Lagarde wie Langbehn überzeugend explizierte „ These vom bildungstheoretischen Präfaschismus in der kulturkritischen Reformpädagogik “ 39 ausgelaufen - sehr zum Ärger Flitners, wie der hier in Rede stehende Brief belegt, in welchem zu lesen ist: Zu der These neben Nietzsche seien Lagarde und Langbehn Hauptanreger gewesen, möchte ich einiges anmerken. Der Topos dieser Trias stammt wohl von Richert [gemeint ist der Preußische Ministerialrat Hans Richert; d. Verf.], der ihn in der Begründung für die preußischen Richtlinien von 1924 zuerst hingesetzt hat. Leider hat H. Nohl ihn wiederholt. Aus meiner Erinnerung an Jena 1909 - 1914 kann ich sagen, dass in unseren Kreisen der Jugendbewegung [. . .] wohl niemand den Rembrandtdeutschen oder gar Lagarde je erwähnt oder gelesen hatte; beider Ideen spielten in jenem Kreis, der doch mit Eugen Diederichs lebte und den Gedanken des Hohen Meißner ausbrütete [. . .], keine Rolle [. . .]. Ich habe zwar von den theologischen Meinungen P. de Lagardes Kenntnis gehabt, aber die ‚ Deutschen Schriften ‘ und den ‚ Rembrandtdeutschen ‘ erst als Pflichtlektüre betrachtet, als Richert sie an so wichtiger Stelle erwähnte. Aber beide, wie auch Richert selbst, habe ich doch für närrische Schwärmer gehalten. Wenige Zeilen später folgt noch: „ Wer den Zusammenhang übersieht in dem sie [die Reformpädagogik; d. Verf.] ebenso wie die Jugendbewegung steht, wird auf so abstruse Thesen wie die Kuhnertschen [sic! ] nicht kommen können. “ 40 Man könnte hier über Details streiten, etwa darüber, dass Flitner wohl kaum die Vorläuferschaft Nohls 41 im Blick auf den Trias-Topos Richerts unbekannt gewesen sein dürfte. Auch dürfte Flitner in Jena wohl kaum die überragende 198 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend <?page no="199"?> Bedeutung Lagardes für Eugen Diederichs entgangen sein (s. S. 116 ff.). So betrachtet entsteht fast der Eindruck, Flitner habe in einem Akt der Notwehr gegen jüngere Jugendbewegungshistoriographen - wie nun eben Kunert - seine auf die Meißnerformel zulaufende Jenaer Erinnerung gleichsam heilig sprechen wollen. Dazu gehörte, die Bedeutung insbesondere Lagardes abzuschwächen und ihn maximal als das wahrnehmbar zu machen, was er der Substanz nach für Flitner war: ein „ närrischer Schwärmer “ . Und zu diesem Zweck war Flitner offenbar jedes Mittel recht, wie das Postskriptum ( „ Vielleicht würden Seidelmann diese historischen Anmerkungen auch interessieren? “ ) dieses Briefes ebenso belegt wie die unmissverständliche Botschaft an den Briefempfänger (Puls): Das Pamphlet von Kunert mag ich gar nicht zur Kenntnis nehmen, weil ich dieses von der englischen Militärregierung und dann von der Remigrantenliteratur endlos variierte Thema der letzten 25 Jahre leid bin. Aber es ist verdienstlich, wenn Seidelmann sich die Mühe macht, es fachgerecht zu widerlegen (in der ZsfPäd oder in ‚ Bildung und Erziehung ‘ durch Lassahn). 42 So geschah es denn auch: In Heft 5/ 1974 der damals von Flitners Sohn Andreas geschäftsführend herausgegebenen Zeitschrift für Pädagogik kritisierte Karl Seidelmann ganz im Sinne Wilhelm Flitners, Kunert habe die Bedeutung Nietzsches abgeschwächt und jene Langbehns und Lagardes bewusst überbetont, um seine These von einem präfaschistischen Irrationalismus der Reformpädagogik (und mithin auch der Jugendbewegung) plausibel zu machen. 43 Liest man nun Reuleckes 1993er Aufsatz im Lichte dieser 1974er Rezension, muss sein Tadel Kunerts unter dem Stichwort „ Pauschalschelte der Jugendbewegung “ bei gleichzeitiger Inschutznahme von Seidelmanns seinerzeitigem Kampf gegen „ verzerrende Totalkritik “ 44 durchaus auffallen, ebenso wie das Lob auf Seidelmanns Kritik an Howard Becker 45 ( „ extrem unwissenschaftlich “ 46 ) bei gleichzeitigem Lob auf Bd. III der Kind-Edition resp. Hans Raupach ( „ abwägendes Schlusswort “ 47 ) und Kritik an Michael H. Kater 48 , gleichfalls unter dem Stichwort „ Pauschalschelte “ 49 . Im Rückblick auf Arndt Weinrichs Vokabel geredet: ein „ Überblick über die Forschungsliteratur “ sieht anders aus. Was ersatzweise dominiert, ist Reuleckes Teilhabe an der von Wilhelm Flitner 1974 am Exempel Kunert gestarteten Kampagne, mit Nietzsche einen zumindest etwas seriösereren Namen als jenen Lagardes ins Zentrum der Erinnerungspolitik rücken zu lassen. Dies geschieht in Gestalt eines überblicksartigen Verrisses von bis 1993 angestellten Bemühungen, durch Aufarbeitung der völkischen Motive schon der Vorkriegsjugendbewegung die Empfänglichkeit vieler Jugendbewegter - darunter anfangs eben auch, was Reulecke gleichfalls außer Betracht lässt, Hans (und Sophie) Scholl 50 - für die nationalsozialistische Ideologie zu erklären. Und hier, in diesem erstmals von Harry Pross und Walter Laqueur umrissenen Forschungsfeld, gründet das Heil nach wie vor im Reich der Episteme, in der durch den Kritischen 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend 199 <?page no="200"?> Rationalismus noch zu festigenden Überzeugung, dass nie irgendetwas endgültig falsifiziert ist - solange es falsifizierbar formuliert werden kann. Daraus folgt keineswegs, man müsse in jenen jämmerlichen fanatisierten Gestalten des letzten Aufgebots der HJ, die sich im Frühjahr 1945 selbst noch nach dem Selbstmord Hitlers als ‚ Werwölfe ‘ durch Deutschland mordeten, 51 Nachfahren dessen sehen, was sich gut ein halbes Jahrhundert zuvor in Steglitz unter den Vorzeichen von Wanderlust und Zivilisationsskepsis zu regen begonnen hatte. Auch wäre es wohl unangemessen, von Himmler oder dem von ihn eingesetzten, vormals als HSSPH Ukraine in exzessiv mörderische ‚ Bandenbekämpfung ‘ 52 verstrickten ‚ Reichswerwolf ‘ Hans-Adolf Prützmann (1901 − 1945) 53 eine gerade Linie zurück zu, beispielsweise, Hans Breuer ziehen zu wollen. Davon bleibt unberührt, dass die HJ zumal in der „‚ Kampfzeit ‘ von 1923 bis 1933 “ 54 von jenen ‚ Werwölfen ‘ nicht gar so weit entfernt war - und dies auch noch voller Stolz verbuchte. Lehrreich ist hier vor allem das Beispiel des Ende Januar 1932 bei einer Plakataktion pro NSDAP von kommunistischen Jugendlichen überfallenen und wenig später seinen Verletzungen erlegenen HJ- Mitglieds Herbert Norkus: 55 Baldur von Schirach verherrlichte Norkus, Vorbild für den von Hitler geschätzten Film Hitlerjunge Quex (1933), 56 noch 1935 als „ Symbol junger Opferung und jungen Heldentums “ 57 - und gab damit ein Zeichen dafür, dass auch der nach der ‚ Machtergreifung ‘ fortgesetzte Terror der HJ gegen Andersdenkende in Ordnung sei. Michael H. Kater beispielweise brachte zwei Fälle vom Sommer 1934 in Erinnerung, darunter den - von ihm allerdings durchaus unsolide nacherzählten - des offenbar nach HJ-internen Intrigen von der SS im Zuge des ‚ Röhm-Putsches ‘ erschossenen Karl Lämmermann. 58 Die Regel freilich tritt nicht in Beispielen wie diesen zutage, sondern in sachlichen Notaten wie dem folgenden, entnommen aus Arno Klönnes bahnbrechender Studie Hitlerjugend (1955) und später von ihm in der Neuausgabe dieses Buches etwas gekürzt und gleichsam entschärft 59 wiederholt: [D]ie HJ [. . .] ist [. . .] ohne die Vorläuferschaft der Bündischen und ohne die Übernahme vieler, im Raum der Bündischen Jugend vorentwickelter Sozialformen, Ideologieelemente und Aktivitäten nicht zu denken, wie ja überhaupt der NS nicht ohne die Anknüpfung an völkische Traditionen erklärbar ist. Ein Großteil der Methoden und Gestaltungsmittel der NS-Jugendarbeit, der Gruppenformen und des Verbandsaufbaus der HJ hat im Bündischen seinen Ursprung: so unter anderem [. . .] das Führer-Gefolgschaft-Prinzip, die Formen von Fahrt, Lager, Geländespiel und Heimabend, das Liedgut und der Kultstil, - - bis hin zur Symbolsprache und den ‚ Zeichen ‘ der HJ. 60 Ähnlich stellte sich die Sachlage gut fünfzig Jahre nach Klönne bei Ulrich Thamer dar, der noch hinzufügte: Wenn die meisten bündischen Gruppen 1933 den organisatorischen Übertritt zur NSDAP und zur HJ ablehnten, so geschah dies nicht aufgrund prinzipieller 200 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend <?page no="201"?> ideologischer und erziehungspolitischer Gegensätze, sondern eher aus Abneigung gegen die als plebejisch verstandene Massenbewegung der NSDAP. 61 Gegen nüchterne Befunde dieser Art, die auch durch Berichte Beteiligter gestützt werden, 62 hilft auch nicht der Rückgriff auf die Erwägung Jakob Müllers aus dem Jahr 1971: Ihr [Hitlers und der führenden Nationalsozialisten] Werk bildete in wesentlicher Hinsicht das genaue Gegenteil der Jugendbewegung: eine phantastische Leistung politisch-demagogischer, krimineller und terroristischer Art, welche um geistige Probleme und Fragen einer neuen menschlichen Haltung und ihrer Lebensformen sich kaum kümmerte. 63 Dies ist fraglos richtig - ebenso wie der Umstand, dass viele Jugendbewegte eben diese Probleme und Fragen jener Option wegen rasch aus den Augen verloren. Der Grund hierfür kann exemplarisch dem 1932 verfassten Geleitwort Fritz Riebolds (1888 − 1968) für den Deutschen Jungenkalender 1933/ 34 der Christlichen Pfadfinderschaft Deutschlands entnommen werden. Denn wenn selbst an diesem Ort aus derart unverdächtiger Feder vom „ Erwachen “ die Rede ist, das „ durch die sich ihres Volkes und Vaterlandes bewußte deutsche Jugend [geht] “ , 64 wird man sich nicht wundern dürfen über den raschen Verfall der noch von Matthias von Hellfeld gläubig beschworenen „ autonomen und zweckfreien Bildung der Jugendbewegung “ , die angeblich im krassen Widerspruch stand zur - durch die HJ intendierten - „ Erziehung zum Staat (und zum Soldaten). “ 65 Wer so redet, fraglos, wie Jürgen Reuleckes Lob ( „ abwägend “ 66 ) der von ihm selbst mitedierten Dissertation Hellfelds lehrt, zur Freude des Mainstream, hat sie nicht oder nur unzulänglich zur Kenntnis genommen: die auf den vorhergehenden Seiten ausführlich ausgebreiteten dominierenden Bildungsvorstellungen auch schon der Vorkriegsjugendbewegung. Sie haben mit Hellfelds Rede von der „ Erziehung zum unabhängigen, selbstverantwortlich und allseitig gebildeten Individuum “ 67 ebenso wenig zu tun wie mit der neuerdings (2012) von Reulecke ins Spiel gebrachten Bildungsfigur des ‚ Wachsenlassen ‘ , die der Bildungsidee der Nazis komplett widersprochen und die HJ zur „ Piraterie “ 68 jugendbewegter Formen und Denkhorizonte genötigt habe. Angemessener scheint es davon auszugehen (wie in diesem Buch geschehen) 69 , dass es schon der Vorkriegsjugendbewegung mehrheitlich um Teilhabe am 1928 von Erich Weniger postulierten ‚ Kampf um die Gestaltwerdung des deutschen Geistes ‘ ging (s. S. 119) - ein Kampf, der mit den Nazis seiner Vollendung entgegen zu gehen schien. Wenig Hilfe für Skeptiker dieser Lesart des Geschehenen verheißt Karl Otto Paetels Hinweis von 1954: „ Bis zum 30. Januar 1933 war die HJ eine ausgesprochene Minderheit. “ 70 Gewiss: Paetel formulierte dies seinerzeit nicht in der Absicht, auf inkompatible Welten hinzuweisen - andere später aber schon, etwa Hermann Giesecke 1993, der 100 000 HJ-Mitglieder 1933 für „ nicht viel “ 71 hielt im Vergleich zu 600 000 evangelischen bzw. über 800 000 in katholischen Verbänden, von 1,5 Millionen in Sportverbänden ganz zu schweigen. 72 Ein 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend 201 <?page no="202"?> Einwand gegen Rechnungslegungen dieser Art wäre, dass die ‚ Erfolgsgeschichte ‘ der HJ - mit Ende 1934 immerhin schon 3,4 Millionen Mitgliedern und 8 Millionen 1939 73 - natürlich allererst eine Geschichte von Repression und Vereinnahmung war, wie am Beispiel des Verbots des von Arthur Mahraun begründeten Jungdeutschen Orden Anfang Juli 1933 studierbar. Wesentlich forciert wurde diese Entwicklung durch einschlägige Polizeiverordnungen aus den Jahren 1936 und 1939, die, so Alfons Kenkmann in seiner Untersuchung über die Rolle der Gestapo in diesem Prozess, „ mit ihrer unscharfen Diktion auf das Verbot sämtlicher Jugendgesellungsformen außerhalb der Hitlerjugend zielten. “ 74 Dem korrespondierte der Geist des Gesetzes über die Hitler-Jugend vom 1. Dezember 1936, das die Erziehung der „ gesamten deutschen Jugend [. . .] in der Hitler-Jugend [. . .] im Geist des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft “ 75 zu einem gleichsam alternativlosen Geschehen machte. Der Reformpädagoge Peter Petersen (1884 − 1952) folgerte denn auch, die dem „ individualistischen Zeitalter “ angehörende Jugendbewegung habe nun ihr Ende gefunden, dem deutschen Volk sei „ wieder eine naturgemäße organische Einordnung seiner Jugend in das Volk gelungen. “ 76 Und doch darf einen der - hiermit geadelte - repressive Charakter dieses Gesetzes nicht übersehen lassen, dass die Nazis, wie Michael H. Kater 77 dargetan hat, mit offenbar überproportionalem Erfolg aus der Alterskohorte jener schöpfen konnten, die den Ersten Weltkrieg nur knapp verpasst hatten und, entweder vaterlos aufgewachsen oder die Elterngeneration als politisch desillusioniert erlebend, anfällig waren für eine Ersatzvater- oder -bruderfigur wie Hitler oder jedenfalls doch für Heilsversprechen aller Art. Dies mag dann letztlich auch erklären, dass die HJ bei stotterndem Beginn (ab 1926) vier Jahre später immerhin 18 000 Mitglieder aufwies, zu einer Zeit, zu der die Bündische Jugend 78 über 40 000 Mitglieder verfügte und in der Summe soweit rechts stand, „ dass sie für deutsche Jugendliche, die die Weimarer Republik verabscheuten, mehrheitlich attraktiv war. “ 79 Nicht zu vergessen: Im Oktober 1932, also vor der ‚ Machtergreifung ‘ , fand in Potsdam vor den Augen Hitlers der ‚ Reichsjugendtag ‘ als erste HJ-Massenkundgebung mit immerhin ca. 70 000 80 Teilnehmern statt. So gesehen muss man die Geschichte der HJ auch als Geschichte einer aus der Jugend hervorbrechenden Bewegung sehen, die ohne die Vorgeschichte der in dieser Richtung weisenden Teile der bündischen Jugend wesentlich weniger rasch Fahrt aufgenommen hätte, was die folgende lapidare Feststellung des Zeitzeugen und (späteren) Germanisten Peters Wapnewski erklären mag: Die Bündische Jugend wurde en bloc zur Hitler-Jugend. Das mag 1935 gewesen sein, plötzlich hatten wir braune Hemden an statt der blauen und trugen ein schwarzes Halstuch und am Koppel ein Fahrtenmesser [. . .]. Mit Fünfzehn dann statt der Sieg- Rune auf dem linken Oberarm die HJ-Binde. Die Bezeichnungen änderten sich, statt ‚ Jungenschaft ‘ und ‚ Zug ‘ und ‚ Fähnlein ‘ hieß es nun ‚ Kameradschaft ‘ und ‚ Schar ‘ und ‚ Gefolgschaft ‘ . 81 202 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend <?page no="203"?> In der Folge gab es beides: Jugendbewegte und Bündische, die die NS-Zeit offenbar als Vollendung ihres Sehnens betrachteten und sich beispielsweise in der Reichsleitung der HJ engagierten 82 - bis hin zu jenen, die sich nach 1945 als unbelehrbar erwiesen, wie beispielsweise Karl Thums und Heinrich Härtle oder Richard Bülk, Karl Dietrich, Hans Einfeldt, Georg Scherdin, Wilhelm Seibert sowie Werner Laß, nach 1945 Teilnehmer an Ehemaligentreffen der Roßbachbünde. 83 Er selbst 84 sowie sein Schönschreiber Jobst Thomas 85 tendierten indes eher dahin, die Widerstandslegende zu bedienen. Ähnliches gilt für den vormaligen (ab 1921) Neupfadfinder Helmuth Kittel (1902 − 1984), ein, aus heutiger Sicht, religionspädagogischer Klassiker. Und doch: Wie Barbara Stambolis 2013 im Zuge einer spannend zu lesenden Analyse zeigen konnte, wurde Kittels Eintrag in Hinrich Jantzens ständiger Rubrik ‚ Widerstandstätigkeit ‘ ( „ vorübergehender Entzug der Staatsangehörigkeit “ 86 ) durch eine gezielte Textauslassung passend gemacht - auch im Blick auf die 1967 verbreitete Widerstandslegende von Kittels Freund Rudolf Kneip (1899 − 1986), die allerdings der Wahrheit nicht Stand hält: Kittel, so Stambolis, aber auch schon Alexander Hesse (1995), war Mitglied von SA und NSDAP und begrüßte den Nationalsozialismus „ [n]icht nur als Angehöriger der Jugendbewegung, sondern auch als Theologe und Lehrer. “ 87 Ähnliches gilt für Kittels Neupfadfinderkollegen und Schriftsteller (sowie Verleger und Buchhändler) Karl Rauch (1897 − 1966), der in seiner Autobiographie die NS-Zeit aussparte und ein separates Buch zum Thema ankündigte - das aber nie erschien. 88 Sehr viel ehrlicher war da schon der dem Deutschböhmischen Wandervogel entstammende und in der Kindt-Edition - anders als Kittel, dessen NS-Vergangenheit auch hier 89 verschwiegen wird - praktischerweise erst gar nicht berücksichtigte, wohl aber in Literaturgeschichten aus der NS-Zeit gewürdigte 90 völkische Verleger und Schriftsteller Ernst Frank (1900 − 1982): Als Einziger der von Jantzen Befragten notierte Frank zum Punkt ‚ Widerstandstätigkeit ‘ : „ keine, da überzeugter nationaler Sozialist. “ 91 In der Tat: Frank, dieser vormalige Chefredakteur der Karlsbader Tageszeitung und Kreishauptamtsleiter der NSDAP 92 sowie „ Sturmmann der Waffen-SS “ 93 , kann man durchaus als Teil einer ‚ Fünften Kolonne ‘ 94 sehen. Dies verrät zwar nicht die - in diesem Punkt ausgerechnet auf den SS-Mann Kurt Oberdorffer vertrauende - Kindt-Edition, 95 wohl aber die 2. Auflage (1939) von Franks autobiographischen Roman Kameraden, wir marschieren (1935). Deutlicher: Frank deklarierte in diesem im Untertitel als Grenzlanddeutscher Erziehungsabschnitt ausgewiesenen Buch 96 seine Unterstützung für den unmittelbar zuvor frisch inthronisierten ‚ Reichsstatthalter ‘ in der im September 1938 von deutschen Truppen besetzten Tschechoslowakei ( ‚ Reichsgau Sudentenland ‘ ), Konrad Henlein (1898 − 1945), zusammen mit Heinrich Rutha (1897 - 1937) und Ernst Kundt (1897 - 1947) Gründer (1935) der von der NSDAP unterstützten und auch vom NSDAP- und SA-Mitglied Rudolf Lochner (1895 - 1978) - 1951 - 1963 Professor an der PH Lüneburg - frequentierten Sudetendeutschen Partei. 97 Dies war immerhin unmissverständlich und auch für die Zeit nach 1945 gültig, wie Franks Funktion 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend 203 <?page no="204"?> als Herausgeber bzw. Schriftleiter der Vertriebenen-Illustrierten Heimat und Familie (1950 − 62) sowie des Sudetendeutschen Turnerbriefes (1950 − 68) belegt, ganz zu schweigen von seiner Tätigkeit als Gründer des - rechtsradikalen - Heimreiter-Verlages (1952) 98 und Propagandist 99 für den nach 1945 gänzlich unbelehrbaren NS-Schriftsteller Erwin Guido Kolbenheyer (s. S. 160). Zu dieser damit markierten Gruppe Ewiggestriger gehören auch Agnes Miegel (s. S. 117) und die BDM-Führerin (ab 1937) Jutta Rüdiger (1910 - 2001), die noch 1983 eine unsägliche Apologie der HJ vorlegte, des Weiteren, zumal nach (literarischem) Zeugnis seines Sohnes, 100 Will Vesper (1882 − 1962) sowie, wiederum nach Angaben des Sohnes, 101 Edwin Erich Dwinger, der im Übrigen das Kunststück fertig brachte, sich 1974 sowohl als Anlaufstelle für alte Artamanen als auch, wie gesehen (s. S. 158), als Widerstandskämpfer anzuempfehlen, wobei man wohl nur die erstgenannte Angabe ernst nehmen muss: Dwinger - dies verschwieg er 1974 gegenüber Hinrich Jantzen selbstredend, sein Sohn aber plauderte es 1988 aus - war sowohl NSDAP-Mitglied als auch Obersturmführer der Reiter-SS gewesen. 102 Jenseits dieser in der Kindt-Edition komplett ignorierten Fälle gilt es, echte ‚ Dissidenten und Rebellen ‘ 103 zu würdigen, etwa den Remigranten Karl Otto Paetel oder Walter Hammer, der im Oktober 1942 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, 104 natürlich auch Adolf Reichwein (1898 − 1944) vom Kreisauer Kreis sowie Robert Oelbermann (1896 − 1941). 105 Und schließlich muss man denken an die zunächst Gläubigen, die schließlich aber doch nachdenklich wurden und den Weg in die Opposition respektive den Widerstand gegen Hitler fanden. Gemeint sind dabei nicht so sehr die nicht eben wenigen, aber oft namenlos gebliebenen „ verlorenen Rebellen “ 106 in der HJ, die kaum aus einer anderen als einer nationalsozialistischen Prägung schöpfen konnten und die man vielleicht, mit Thomas A. Kohut, 107 als ‚ Hitler-Jugend ‘ -Generation (Jg. 1920 bis ca. 1930) bezeichnen könnte. Eher schon geht es um die neuerlich von Arno Klönne herausgestellten „ Beispiele jugendbündischer Illegalität pfadfinderischer Herkunft, “ 108 auch um früher schon in Erinnerung gerufene Rebellen aus illegalen bündischen Gruppen, 109 bekannte wie unbekannte, also etwa - so Matthias von Hellfeld 110 - Michael Jovy, Anna Korn, Alfred Broghammer, Wilhelm Wichtl, Lothar Killmer oder Theo Hespers. 111 Gemeint ist auch Blühers Patient Wolf Heinrich Graf von Helldorf sowie der Mitbegründer der (völkischen) Fahrenden Gesellen (1909), Max Habermann (1885 − 1944), der in der Kindt-Edition recht einseitig - so Helmut Wangelin 112 - „ als Opfer des 20. Juli 1944 “ 113 gewürdigt wird. Und es kommen, natürlich, die Geschwister Scholl in Betracht, die sich zunächst HJ-begeistert zeigten, aber noch auf Erfahrungen aus bündischen sozialisatorischen Milieus - Eckard Holler nennt Eberhard Koebels (= tusk) dj.1.11 im Fall von Hans Scholl 114 - zurückgreifen konnten. Denken könnte man schließlich an Harro Schulze-Boysen (1909 − 1942) von der ‚ Roten Kapelle ‘ mit seinem Hintergrund als vormals begeistertes Mitglied im Jungdeutschen Orden. 115 204 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend <?page no="205"?> Nicht außer Acht lassen sollte man schließlich, im Sog der 2010 von Stefan Breuer und Ina Schmidt aufgearbeiteten Biogramme, die folgenden Namen vor allem aus der - wiederum mit Kohut geredet - ‚ Deutschen Generation ‘ (Jg. 1900 bis 1915), in unvollständiger, alphabetischer Auflistung und weitgehend ohne Benennung der (Widerstands-)Verdienste im Einzelnen: Rolf Werner Georg Becker (1906 − 1999), noch 1928/ 29 Mitglied der Bundesleitung der Adler und Falken; Arno Deutelmoser (1907 − 1983), vorm. Freischar Schill (1927 − 1931) und HJ (1933); Hans Ebeling (1897 − 1968), der 1924 den Jungnationalen Bund - Deutsche Jungenschaft gründete; Olaf Francke (1902 − 1972), noch 1929 Mitglied der Bundesleitung der Artamanen; Wilhelm Grewe (1911 − 2000), vorm. Bundesführer der Jungen Mannschaft und NSDAP-Mitglied (1933); Friedrich Wilhelm Heinz (1899 − 1968), vorm. Pfadfinder, verstrickt in die Morde an Erzberger und Rathenau, 1922/ 23 Eintritt in die NSDAP; Max Mielsch (1898 − 1985), vorm. als Nachfolger von Hans Holfelder Bundesführer der Artamanen; Erich Müller(-Gangloff) (1907 − 1980), vorm. Freischar Schill und nach 1945 Mitbegründer der Aktion Sühnezeichen; Ernst von Salomon (1902 − 1972), vorm. Freikorps Maercker und NSDAP (1938), wg. Beteiligung am Rathenau- Attentat sowie an einem Fememordversuch zweimal zu langjährigen Haftstrafen verurteilt, nach 1945 Pazifist; 116 Hartmut Plaas (1899 − 1944), vorm. (1919/ 20) Mitglied der Brigade Ehrhardt und wg. Beteiligung am Rathenau- Attentat zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt; sowie Gerhard von Tevenar (1912 − 1943), vorm. Freischar Schill. 117 Was sagen uns Namen wie diese? Doch, nüchtern betrachtet, nicht mehr und nicht weniger, als dass es eben doch Alternativen gab und daraus zumindest zu lernen gewesen wäre, wenigstens nach 1945 zu eigener Schuld und Verantwortung zu stehen und für Aufklärung zu sorgen (was, wie das Beispiel Ebeling 118 lehrt, selbst jenen Widerständlern nicht immer leicht fiel), und sei es durch Offenlegung aller relevanten Dokumente. Dass und warum dies nicht geschehen ist und was folgt, wenn man dies tut, war Thema dieses Buches. 7. Kapitel - Vom Wandervogel zur Hitlerjugend 205 <?page no="206"?> Epilog Am Ende mag den Leser Bestürzung überkommen. Stand es wirklich so schlimm um die Jugendbewegung? Und: Gab es wirklich vor und parallel zu Hitler dermaßen viele Nazis? Die letzte Frage ist vergleichsweise leicht zu beantworten: Kein Meister fällt vom Himmel, auch nicht der Tod - der ja, wie wir durch Hitler und aus Paul Celans Todesfuge (1952) wissen, ein „ Meister aus Deutschland “ ist. Hitler wurde groß (körperlich, nicht geistig) in einer vielfach von fragwürdigsten Ingredienzien durchsetzten völkischen Nährlösung. Die Forschung hat dies in den letzten zwanzig Jahren sorgsam aufgearbeitet - und damit die Versäumnisse einer auf Hitler als nicht-epigonale, dämonische Figur fixierten Historiographie ausgeglichen. Und die erste Frage? Ich gestehe, dass es mir vor gut fünfzehn Jahren nicht anders ging: Auch mir schien die Jugendbewegung ein Leuchtturm sondergleichen - umso größer war die Betroffenheit ob der zunehmend sichtbar werdenden Abgründe (und wird wohl die des Lesers sein). Hätte ich es verhindern können? Wohl nur, wenn ich ein anderes Thema gewählt und über die hellen Seiten der Jugendbewegung geschrieben hätte (was für die Zukunft ja eine Idee sein mag). Dass es sie gegeben hat, steht außer Frage, eine davon ist die Meißnerformel, inklusive derer, die ihr die Treue hielten (leider eine Minderheit, wie angedeutet). Über diese helle Seite ist indes so viel geschrieben worden in den letzten fünfzig Jahren, will sagen: nach Harry Pross und nach Walter Laqueur, dass es mir an der Zeit schien, wieder einmal die dunkle Seite herauszustellen und dem Licht der neueren Forschung auszusetzen. Meine zentrale These in diesem Zusammenhang dürfte klar geworden sein: Zu sprechen ist von einer zweiten Schuld, resultierend aus Unbelehrbarkeit und dem fehlenden Mut von Veteranen, die Fehler von damals zu bekennen und ersatzweise an allen nur möglichen Stellen zu beschwichtigen, zu relativieren und abzuleugnen. Einiges aus dem Vorhergehenden spricht gar dafür, einem Teil der heute in der Burg Ludwigstein agierenden Alterskohorte der zwischen 1935 und ca. 1955 geborenen Jugendbewegungshistoriographen infolge falsch verstandener Pietät oder wegen zu großer Nähe zum Gegenstand eine, so betrachtet, dritte Schuld aufzuladen. So gesehen wäre die in diesem Kontext längst schon 1 erprobte, mitunter aber nicht wirklich überzeugend begründete 2 Rede der Mitscherlichs von der Unfähigkeit zu trauern, die man ohne weiteres, gleichsam als Teil eines Gesamtpakets 3 , auf Erich Weniger 4 , Eduard Spranger 5 oder Herman Nohl 6 ausdehnen könnte, nach wie vor aktuell, 7 <?page no="207"?> ebenso wie Nietzsches schon in der Widmung angeführter Satz: „ Verschwiegene Wahrheiten werden giftig. “ 8 Wie giftig, zeigt mein Versuch, in Kontrast zu den verdienstvollen Listen NS-Verfolgter 9 diesmal jene aufzuführen, die durch Werner Kindt und seine willigen Helfer durch Beschönigen oder gänzliches Verschweigen um ihre eigentlichen Unehren gebracht wurden, und zwar nicht in der Reihenfolge ihres Auftretens in diesem Buch, sondern in alphabetischer Ordnung. Vorab seien diejenigen gelistet, um deren NSDAP-Mitgliedschaft die Kindt-Edition, in einem Fall wohl aufgrund eines Versehens, da als Nachtrag ausgewiesen 10 und so möglicherweise einer auf diesen Punkt achtenden Korrektur entgangen, kein Geheimnis macht: + Karl Erdmann + Otto Kamecke + Arthur Kracke (SA) + Karl Rode + Rudolf Proksch +Heinrich Steinbrinker + Aufschlussreicher ist aber die Liste derjenigen, deren NSDAP-Mitgliedschaft in der Kindt-Edition oder in deren Kurzbiographien, einer ersten Durchsicht zufolge, verschwiegen wird: + Otto Abetz + Knud Ahlborn + Konrad Ameln + Heinrich Banniza von Bazan + Dietrich Bernhardi + Hans Bohnenkamp + Otto Friedrich Bollnow + Hermann Burte + Rudolf Craemer + Helmuth Croon + Heinz Dähnhardt + Karl Epting + Ernst Wilhelm Eschmann + Fidus + Günther Franz + Norbert Gürke + Jakcob Wilhelm Hauer + Friedrich Heiß + Willibald Hentschel + Fritz Hugo Hoffmann + Hermann Hoffmann[-Fölkersamb] + Hans Wolfgang Holfelder + Fritz Jöde + Ludwig Kelbetz + Helmuth Kittel + Wilhelm Kotzde + Friedrich Emil Krauß + Friedrich Kreppel + Hermann Rudolf Kügler + Ernst Kundt + Hjalmar Kutzleb + Fritz Laack + Werner Laß + Ludwig Kelbetz + Eugen Lemberg + Erich Maschke + Erich Matthes + Hermann Mitgau + Erich Oskar Müller + Edmund Neuendorff + Waldemar Nöldechen + Kurt Oberdorffer + Kleo Pleyer + Alfred Pudelko + Willi Walter Puls + Alwiß Rosenberg + Karl Seidelmann + Theodor Schieder + Georg Schmidt-Rohr + Georg Stammler + Erich Stolt + Hans Gerd Techow + Karl Thums + Helmut Tormin + Ludwig Vötterle + Ludwig Voggenreiter + Theodor Wilhelm + Giselher Wirsing + Hans Wolf + Karl Vogt Das Missverhältnis beider Listen (6: 60) zeigt, dass auch die personenbezogenen Auslassungen in der Kindt-Edition kein Zufall waren. Und: Beide Listen zusammen offenbaren, mit Nietzsche geredet: „ Es giebt kein Vergessen. “ 11 Was mir bleibt, ist der Dank an Franziska Rödiger für die Erstellung des Personenregisters sowie für ihre unersetzliche Hilfe bei Literaturbeschaffung und Endkorrektur; Marek Naumann, Michael Rautenberg, Britt Grossmann und Mario Schäfer für ihre Hilfe bei Recherchen im AdJb; Winfried Mogge, Arno Klönne und Franz-Michael Konrad für mancherlei fachlichen Rat; Hans Gängler, Heiner Drerup, Martin Rudolph, Sigmar Stopinski sowie Karin Bock Epilog 207 <?page no="208"?> und Sonja Häder für die kritische Lektüre einer früheren Fassung dieser Arbeit; Sandra Wesenberg, Caroline Eisold, Jana Hartlieb und Sven Werner für die Hilfe bei Korrekturarbeiten; Rainer Brödel für wichtige Hinweise; sowie schließlich meiner Frau für die Geduld und Liebe, meinen Kindern für die (teils besorgniserregende) Lässigkeit, mit der sie die (geistige) Abwesenheit ihres Vaters ertrugen. Vor allem aber danke ich Dr. Bernd Villhauer (und seinem Team beim Verlag) - einem Lektor, der nun schon seit Jahren Vertrauen beweist und damit ja auch Mut. Schuldzuweisungen angesichts übersehener Fehler oder verbliebener Eigenarten sind mit dieser Danksagung selbstredend nicht verbunden. 208 Epilog <?page no="209"?> Plakatwerbung für Artur Dinters Roman „ Die Sünde wieder das Blut “ von 1918 <?page no="210"?> Abkürzungsverzeichnis AdJb Archiv der deutschen Jugendbewegung BArch Bundesarchiv (Berlin) BDC Berlin Document Center BDM Bund deutscher Mädel DAF Deutsche Arbeitsfront DBE Deutsche Biographische Enzyklopädie, hrsg. v. W. Killy DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft DJ Deutscher Jungenkalender (1933/ 34 u. 1935/ 36). Günther Wolff: Plauen. FAD Freiwilliger Arbeitsdienst HfL Hochschule für Lehrerbildung HJ Hitlerjugend HSSPF Höherer SS- und Polizeiführer (seit 1937), Himmler unterstellt, autorisiert zum Befehl der mit Massenmord beauftragten Einsatzgruppen J. (in Zitaten) Jugendbewegung JB (in Zitaten) Jugendbewegung Jb Jahrbuch Jb AdJb Jahrbuch des AdJb (als NF mit dem Vorsatz: Historische Jugendforschung) KGB Nietzsche Briefwechsel. Kritische Gesamtausgabe. Briefe an Nietzsche, hrsg. v. G. Colli u. M. Montinari KLE Klinckhardt Lexikon Erziehungswissenschaft KSA Friedrich Nietzsche: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe, hrsg. v. G. Colli u. M. Montinari LSSAH Leibstandarte SS Adolf Hitler NF Neue Folge NL Nachlass NS nationalsozialistisch NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSKK Nationalsozialistisches Kraftfahrerkorps NSLB Nationalsozialistischer Lehrerbund NSBR Nationalsozialistischer Rechtswahrerbund NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt Pg. Parteigenosse PHKV Der (Nürnberger) Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher, 25 Bde. RAD Reichsarbeitsdienst RJF Reichsjugendführung RPA Rassepolitisches Amt <?page no="211"?> RSHA SS-Reichssicherheitshauptamt SA Sturmabteilung SD SS-Sicherheitsdienst SS Schutzstaffel W Der Wanderer WA Wandervogelarchiv, Kulturamt Steglitz-Zehlendorf WR Der Weiße Ritter WuM Wille und Macht. Führerorgan nationalsozialistischer Jugend WuW Unser Wille und Weg WVFZ Wandervogelführerzeitung (auch: Führerzeitung) WV Wandervogel Abkürzungsverzeichnis 211 <?page no="212"?> Anmerkungen Einleitung 1 Zit. n. Kindt 1968: 495 2 Dudek 2013 3 Zit. n. Seidel 1996: 46; ähnlich Lüth 1979: 102 4 Vgl. Niemeyer 2013 a 5 Roth 3 2005: 1668 6 Mogge 1980: 52; Wyneken 1916: 152; vgl. auch Thiel 1999: 872 7 Thiel 1999: 870 8 Meyers Grosses Taschenlexikon Bd. 11, 9 2003: 3511 9 Tenorth/ Tippelt 2007: 378 10 Böhm 16 2005: 329 11 Adorno 1954: 439 12 Exemplarisch: Nipperdey 1974: 95 13 Laqueur 1962: 53 ff.; Mosse 1979: 185 ff. 14 Ulbricht 1989: 140 15 Mogge 2009: 104 16 s. Abkürzungsverzeichnis 17 Zit. n. Niemeyer 2012 c: 90 18 Pross 1993: 56 19 Niemeyer 2011 d 20 Niemeyer 2005; 2006; 2007 a; 2010; 2012 21 Zit. n. Niemeyer 2013 b: 4 22 Klönne 2009: 20 23 Reiß 2010: 95; Harten/ Neirich/ Schwerendt 206: 344 24 Rappe-Weber 2012: 412 25 Rappe-Weber 2012: 398 26 Niemeyer 2010: 229 27 Stambolis 2012: 391; ähnlich 2013: 30 28 Stambolis 2012: 392 29 Zit. n. Stambolis 2013: 30 30 Stambolis 2013 b,c 31 Daldrup 2013 32 Conze 2013 33 Reulecke 2013: 709 f. 34 So die Folgerung aus Reulecke 2005: 174 f. 35 Reulecke 2000: 287 36 Diesen Rückschluss erlaubt das Vorwort zu Schmidt 2011 37 Etwa Reulecke 2011: 86; 2012: 37 f.; Klönne/ Reulecke 2012: 406 38 Nipperdey 1974: 96 39 Daniel 3 2002; 427, unter Bezug auf KSA 1: 293 40 Niemeyer 2004 a 41 Reulecke 1984/ 88: 150 42 Reulecke 2012: 407; 2009 a: 105 43 Reulecke 2000: 288 44 Niemeyer 2013 c. 45 Weisenborn 1953: 37; als Autobiographie: Grüber 1968 46 Arendt 1964: 226 47 Niemeyer 2011 d: 6 1. Kapitel 1 Thiersch 1964: 429 f. 2 Breuer/ Schmidt 2010 3 Wildenthal 2000: 342 f. 4 Daniel 2006: 253 5 Frobenius 1927: 9 6 Frobenius 1927: 17 7 Zit. n. Hoser 2004: 121 8 Karl 1973: 34 9 Karl 1973: 41 10 Rosenbusch 1973: 11 11 Seidelmann 1963: 12 12 Rosenbusch 1973: 7 13 Niemeyer 1987: 94 ff. 14 Niemeyer 1993 15 Besier 1994 16 Zur Kritik: Niemeyer 2002 a 17 Autsch 2000: 151 18 Autsch 2000: 19 19 Autsch 2000: 253 20 Autsch 2000: 120 21 Zit. n. Autsch 2000: 119 f. 22 Fiedler 2009: 128 <?page no="213"?> 2. Kapitel 1 Zit. n. Kindt 1963: Anhang 2 Kindt im Juli 1956 in einem Rundschreiben; zit. n. Seidel 1996: 72 3 Seidel 1996: 140 4 Klönne 1955: 75; dies wortgleich noch gut fünfzig Jahre später in der Neuausgabe, vgl. Klönne 2003: 115 5 Reulecke 2013 b: 206 6 Messerschmid 1975: 500; ähnlich Seidelmann 1976 7 Stambolis 2013 a: 143 8 Harten/ Neirich/ Schwerendt 2006: 438 9 Ne ˘ mec 2008 10 Reulecke 1993: 172 11 Reulecke 1993: 172, unter Verweis auf Pross 1959 u. 1964 12 Niemeyer 3 2010: 242 ff. 13 Stählin 1922 14 Thiersch 1964: 432 15 Niemeyer 3 2010: 252 ff. 16 Weniger 1928 17 Thiersch 1964: 432 18 Thiersch 1964: 434 19 Thiersch 1964: 430 20 Neue Sammlung 1964: 429 21 Reulecke 1993: 172 22 Zit. n. Kindt 1974: 1752 23 Stambolis 2013: 30 24 Kater 1977 a: 563; zu Flitner: Werner 2013; Hesse 1995: 227 ff. 25 Steinbrinker 1982: 153 26 Autsch 2000: 20 27 Kindt 1968: 9 28 Über Tote nur Gutes (sagen) 29 AdJB, NL Kindt 30 Kindt an Karl Sonntag am 13. Januar 1964, s. AdJb, NL Kindt 31 Brumlik 2013: 443 32 Neuloh 1976: 194 33 Laqueur 1962: 15 34 Laqueur 1962: 17 35 AdJb, PA Flitner, Wilhelm 36 Flitner 1968: 10 37 Spranger 1950: 322 ff. 38 Herrmann 1991: 34 ff. 39 Flitner 1968: 17 40 Niemeyer 2005 41 Holler 2006: 220 42 Holler 1984: 74 43 Reulecke 2003: 209 44 Holler 1984: 85; 2006: 220 45 Bloch 1959: 685 46 Galuske/ Müller 3 2010: 598 f. 47 Pross 1993: 39 ff. 48 Teilnehmerliste bei Mogge 1999: 413 ff. 49 Zit. n. Mogge 1999: 417 50 Pross 1949: 24 51 Pross 1949: 73 52 Jedenfalls der Gliederung zufolge; im Text steht statt „ Hitlerbewegung “ „ Hitlerpartei “ (Pross 1949: 148). 53 Klönne 1955: 54 54 Klönne 1953; 1953 a: 265 f. 55 Reulecke 1993: 170 56 Siefert 1963: 7 57 Scholtz 2006: 137 58 So Stambolis 2013: 32 59 Seidelmann 1975: 73 60 Pross 1964: 12 61 Leicht 2009: 143 62 Niemeyer 2001 b 63 Pross 1959: 108 64 Stern 1961: 135 65 Thums 1972: 93 ff. 66 Hitler 26 1933: 296 67 Hirschauer 2009; Roelcke 2011: 167 ff. 68 Kimmel 2009 69 So Kimmel 2009: 176; skeptischer bezogen auf diese und andere Zahlen: Henschel 2008: 297 f.; Wiede 2011: 129 f. 70 Dinter 6 1919: 430 f. 71 Zit. n. Breuer/ Schmidt 2010: 296 72 Lo"eö 2ßß0 a; Wortmann 1989. 73 Wortmann 1989: 247 74 Schirach 2 1939: 155 75 Laqueur 1962: 122 76 Zu Matthes: Ulbricht 1996 a: 299; zu Krauss: Kindt 1964: 1060 77 Kindt 1968: 1062 78 Jantzen 1974: 212 79 Zit. n. Krauss 1971: 111 80 Hierzu auch Thomm 2010: 305 ff. unter Konzentration auf den Freideutschen Kreis. 81 AdJB, NL Kindt, 211 82 AdJB, NL Kindt, 179 83 AdJB, NL Kindt, 211 84 AdJB, NL Kindt 85 Brée/ Kampffmeyer/ Vogt 1999: 216 86 Reulecke 2005: 172 f. 87 Reulecke 2005: 172 f. 88 Brée/ Kampffmeyer/ Vogt 1999: 214 2. Kapitel 213 <?page no="214"?> 89 Brée/ Kampffmeyer/ Vogt 1999: 186 f. 90 Gerlach 1999: 711; zu Vogt: BArch (ehem. BDC), SSO, Vogt, Karl, 5. 9. 1907. 91 Zu Backe: Lehmann 2 1999 92 Backe 1942: 10 93 Zit. n. Weiß 1998: 27 94 Aly 2005: 198 95 Aly 2005: 200 f. 96 Zit. n. Lehmann 2 1999: 10 97 Pross 1959 98 AdJB, NL Kindt 99 Niemeyer 2010: 236 f. 100 AdJB, NL Kindt, 82 101 Mohler 1972: 152 102 Wolf 1974: 163 103 Wolf 1976: 199 104 Seidelmann 1975: 73 105 AdJB, NL Kindt 106 Müller 1971: 31 107 Reulecke 2013: 711 108 Mohler 1972: 153 109 Wolf 1974: 163 110 Zuletzt: Tenorth 2013 111 Hesse 1995: 785 ff. 112 Horn 1996: 369; vgl. auch Ortmeyer 2009: 51 113 Wilhelm 1934: 36 114 Wilhelm 1941: 639 115 Wilhelm 1941: 641 116 Kurzbiographie Kindt 1963: 562, ohne Hinweis auf diese Mitgliedschaften. 117 AdJB, NL Kindt, 203 118 Hohendorf 1960 119 Wilhelm 1976: 329 ff. 120 AdJB, NL Kindt 121 Wilhelm 1960: 180 ff. 122 Tenorth 2013: 757 123 Niemeyer 2010: 233 ff. 124 Wilhelm 1963: 7 f. 125 Wilhelm 1963: 22 126 Harten/ Neirich/ Schwerendt 2006: 396. Verzeichnet werden hier des Weiteren Mitgliedschaften Hehlmanns in NSLB, NSDAP und SA. 127 Keim 1997: 182 128 AdJB, NL Kindt 129 Kindt 1968: 522 130 Wyneken 1913: 41 131 Stambolis 2003: 30 132 Nonn 2013: 617 133 Kindt 1963: 5 f. 134 Nonn 2013: 618 135 Beer unter Pseudonym in: Kindt 1974: 1145; zu Rode: Kindt 1974: 1794. 136 Seidel 1996: 129; Thomm 2010: 8 137 Zit. n. Kindt 1974: 6 138 Aly 1999: 163 139 Aly 1998: 16 f.; 1999: 163 ff.; Kellershohn 2004: 263; Brumlik 2005: 27 ff. 140 Zit. n. Betker 2008: 482 141 Laqueur 1962: 206 142 Zit. n. Kindt 1974: 1788 143 Zit. n. Kindt 1974: 1788 144 Behringer 1999 145 Zit. n. Behringer 1999: 118 146 Behringer 1999: 115; zu Flitner: Hesse 1995: 278. 147 Behringer 1999: 130 148 Behringer 1999: 131; zu Maschke: Kindt 1974: 1781; Klee 2003: 343; Schneider 2008 149 Stambolis 2013: 41 150 Wolf/ Ziemer 1972: 6 151 AdJB, NL Kindt, 170 152 Kindt 1965 153 Kindt 1964: 2 154 Zit. n. Kindt 1974: 1374 155 Breuer/ Schmidt 2010: 423; Kellershohn 2004: 291 156 Näheres hierzu aus Perspektive eines Mittäters: Salomon 1951: 112 ff. 157 Pross 1964: 351 158 Michalka 2002: 96; als Zeitzeugnis: Kessler 1961: 336 ff. 159 Breuer/ Schmid 2010: 24 160 Puschner 2003: 460 161 Schmuhl 2 1999: 40 162 Breuer 2008: 160 163 Thamer 2002: 26 f. 164 Kessler 1961: 344 165 Zit. n. Fritsch 30 1931: 176 166 Nadler 1941: 221 167 Longerich 2010: 89 168 Nennen könnte man u. a. noch: SA (1943 - 1945), NSRB (1928 - 1942) und NSV (1939 - 1945) (vgl. Breuer/ Schmidt 2010: 423) 169 Stambolis 2013: 24 170 Zit. n. Kindt 1974: 1320 171 Abetz 1951: 326 172 Zit. n. Kindt 1974: 1320 173 Epting 1976: 22 ff. 174 Zit. n. Vogt 1979: 215 214 Anmerkungen <?page no="215"?> 175 Nasarski 1967: 404 f.; zu Scholz: Schmidt 2011 176 Stambolis 2013: 33 f. 177 Aurich 1985 178 Zit. n. Brandon 2008: 327 179 Brandon 2008 180 Kellershohn 2004: 282 f.; Brumlik 2005: 25 ff. 181 Klee 2003: 441 182 Wachs 2008: 452 183 Jenke 1967: 148 f., 158 184 Klee 2009: 190 185 Simunek 2007: 398 186 Eckert 2008: 590 187 Rhode 1985: 4 188 Krzoska 2012: 248; 2009: 189 f.; Wildt 2003: 446 f. 189 Rhode 1985: 4 190 Epting 1967: 303 191 Nasarski 1967: 402 192 Michels 1993: 21 193 Etwa Schwabe 1940; 1940 a 194 Michels 1993: 57 195 AdJb, NL Kindt; Niemeyer 2010: 241 f. 196 Zit. n. Kindt 1974: 6 197 Zit. n. Stambolis 2013: 29 198 Kindt 1963: 568 f. 199 Thomm 2010: 379 200 Thorun 2000: 79 201 Thomm 2010: 378 ff. 202 Thomm 2010: 381 f. 203 Thomm 2010: 383 204 Pross 1964: 13 205 Conze 2013: 56 206 Lambauer 2005 207 Zum Kontext: Aly 2005: 141 ff. 208 Wildt 2003: 520 f.; Conze et al. 2010: 191 ff.; 230 ff. 209 Conze 2013: 67 210 Laqueur 1962: 264 f. 211 Conze 2013: 58 212 Zit. n. Thomm 2010: 191 213 Conze 2013: 58 214 Jenke 1961: 174 ff.; 1967: 77 ff. 215 Kindt 1974: 1753 216 Conze 2013: 59 217 Bentmann 1976: 59 218 AdJb, NL Kindt, 157 219 Heinsohn 2013 220 Lüth 1979: 98 ff. 221 Thomm 2010: 167 222 Reulecke 2009: 211 223 Vater des (vorübergehenden) Gudrun- Ensslin-Ehemanns Bernward Vesper (vgl. Vesper 1977). 224 Seidel 1996: 47 f.; Thomm 2010: 167 ff. 225 Lüth 1972: 193 f. 226 Seidel 1996: 47; ähnlich Reulecke 2009: 211 227 Zit. n. Thomm 2010: 169 228 Hillesheim/ Michael 1993: 441 229 Jantzen 1961: 503 230 Jantzen 1975: 255 ff.; Breuer/ Schmidt 2008: 385 f. 231 Paetel 1961: 123; Hellfeld 1987: 80 f. 232 AdJB, NL Kindt, PA Flitner 233 AdJB, NL Kindt, 200 234 Paetel 1963 235 Zit. n. Kindt 1974: 1741 236 Mogge 1982: 12 237 Zit. n. Kindt 1974: 1740 238 Frecot/ Geist/ Kerbs 1972: 36 ff.; Ulbricht 1994: 114 ff. 239 Ulbricht 1994: 127 240 Zit. n. Fick 1939: 110; vgl. auch Laqueur 1962: 120 ff.; zu Kügler: Kindt 1974: 1776 241 WVFZ 6 (1918): 82 f. 242 Stambolis 2003: 34 243 WVFZ 6 (1918): 160 244 Zit. n. Schierer 1938: 58 245 Stambolis 2003: 34 246 Zit. n. Breuer/ Schmidt 2010: 211 247 Kindt 1963: 564 248 Kindt 1968: 952 249 AdJb, NL Kindt 219 250 Schriftstellername für Hermann Strübe; zur ersten Orientierung: Peters 2009 251 Zit. n. Kindt 1968: 1039 252 Peters 2009: 27 253 Frobenius 1927: 409 f. 254 Kimmel 2009 a: 57 255 Bartels 13,14 1934: 671 256 Burte 1943 257 Laqueur 1962: 56 258 Niemeyer 2007 259 Zit. n. Pross 1964: 148 260 Zit. n. Loewy 1966: 251 261 Rautenberg 2003: 106 262 Loewy 1966: 309 263 Franz 1969: 54 264 Zit. n. Kindt 1968: 1068 265 Zit. n. Simunek 2007: 398 266 Klee 2003: 625 267 Simunek 2007: 399 f. 2. Kapitel 215 <?page no="216"?> 268 Zit. n. Kindt 1968: 1068 269 Zit. n. Kindt 1968: 1068; Herv. d. Verf.; Jantzen 1974: 305 270 Mayer 2009: 220 f.; zu Rieger: Kindt 1974: 1793; Klee 2003: 497 271 Kellershohn 2004: 286 f.; Simunek 2007: 402 f. 272 Simunek 2007: 408 f. 273 Simunek 2004: 135 274 Simunek 2004: 133 275 Vgl. hierzu Kellershohn 2004: 266 f. 276 Wiedemann 2008: 585; vgl. auch Konrád 2008: 89 f.; zum Kontext: Wildt 2003: 627 ff. 277 Thums 1940: 161 278 Thums 1940 a: 300 f. 279 Zit. n. Kindt 1968: 1068 280 Näheres bei Kellershohn 2004: 267 281 Thums 1963: 186 282 Laqueur 1962: 18 283 Pross 1964: 29 284 Kretzschmann 1934: 466 285 Thums 1977 a 286 Thums 1963: 186 f. 287 Thums 1963: 187 288 Thums 1972: 82 289 Thums 1973: 143 290 Speer 1975: 450 291 Zit. n. Jantzen 1974: 307 292 Zit. n. Jantzen 1974: 308 293 Franz 1975: 178 294 „ 1940 - 1945 Herausgabe mehrerer Zeitschriften, u. a. ‚ Die Straße ‘ , ‚ Der Student ‘ , ‚ Böhmen und Mähren ‘ , in Prag. “ (zit. n. Kindt 1974: 1769) 295 Müller 2008: 703 296 Zit. n. Kindt 1974: 1769 297 Müller 2008: 700 298 Niemeyer 2004: 129 ff. 299 Klafki 1980; Kindt 1974: 1796; Seidelmann in: Jantzen 1976: 244; Hesse 1995: 688 ff. 300 Seidelmann 1966: 149 301 Schierer 1938: 29 302 Spranger 1950: 331 303 Klönne 1953 304 Laqueur 1962: 159; zu Erdmann: Kindt 1974: 1762; Hesse 1995: 260 f.; zu Kelbetz: Kindt 1974: 1773; Hesse 1995: 413 f. 305 Pross 1964: 338 306 Reulecke 2010: 71, 73 307 Zit. n. Kindt 1974: 397 308 Reulecke 2010: 65 309 WR 2 (1919/ 20): 59 310 WR 2 (1919/ 20): 402 311 Reulecke 2010: 66 312 WR 2 (1919/ 20): 402 313 WR 3 (1920/ 21): 211 314 WR 3 (1920/ 21): 217 315 WR 3 (1920/ 21): 214 316 Zit. n. Ulbricht 1991: 151 317 Kindt 1974: 408 ff. 318 WR 3 (1920/ 21): 184 319 WR 3 (1920/ 21): 187 320 WR 3 (1920/ 21): 192 321 AdJb, NL Kindt, 167; Herv. d. Verf. 322 Seidelmann 1971: 43 323 AdJb, NL Kindt, 202 324 WR 3 (1920/ 21): 209 325 Zit. n. Kindt 1974: 371 326 Seidelmann 1977: 175 327 Seidelmann 1977: 9 328 Mit 1945 statt 1947 (Reulecke 2010: 63) 329 Zit. n. Pross 1964: 207 330 Zit. n. Kindt 1974: 1802 331 Reiß 2010: 99 332 Reiß schrieb wesentlich zurückhaltender: „ [S]tarb 1947, von den Sowjets verhaftet, im Lager Sachsenhausen. “ (2010: 100) 333 Reiß 2010: 98 334 Reiß 2010: 99 335 Laue 2010: 87 336 Zuletzt: Piefel 2005: 270 ff.; Brauckmann 2006; zum Folgenden auch Niemeyer 2012 a 337 Kindt 1974: 911 338 Bühler 1975 339 Klee 2003: 254 f. 340 Kater 1971: 612 341 Harten/ Neirich/ Schwerendt 2006: 382. 342 Zit. n. Kater 1971: 626 343 Näheres bei Gossler 2001; Ferrari Zumbini 2003: 381 ff.; Hufenreuter 2009 a 344 Hufenreuter 2012: 220 345 Kindt 1974: 913 346 Breuer/ Schmidt 2010: 309 347 Breuer/ Schmidt 2010: 393 f. 348 Reichsmusikkammer (ab 1934), Reichskulturkammer (ab 1935), DAF (ab 1942), Deutsches Frauenwerk (ab 1943) (Breuer/ Schmidt 2010: 401). 349 Kindt 1974: 1770 350 Breuer/ Schmidt 2010: 349 351 Breuer/ Schmidt 2010: 366 f. 216 Anmerkungen <?page no="217"?> 352 Breuer/ Schmidt 2010: 319 f. 353 Breuer/ Schmidt 2010: 350 f. 354 Kater 1971: 579; weitere Angaben zu Schiele u. a. bei Schlicker 1970: 69; Brauckmann 2006: 41 f.; Breuer/ Schmidt 2010: 407 355 Zur Person: Harten/ Neirich/ Schwerendt 2006: 389 sowie 137 ff.; Breuer/ Schmidt 2010: 339 f. 356 Die folgenden Angaben nach den entsprechenden Einträgen in Klee 2003 357 Goebbels am 22. Juni 1928 in seinem Tagebuch; zit. n. Klee 2003: 606 358 Kater 1971: 613 359 Klee 2003: 657 360 Müller 1971: 307 361 Goodrick-Clarke 1997: 155 ff.; Wedemeyer-Kolwe 2004: 410 f.; Hunger 2009: 318 ff. 362 Kater 1971: 623 363 Kater 1971: 626 364 Kater 1971: 624 f. 365 Kater 1971: 622 f. 366 Kater 1971: 638 367 Bühler 1975 368 Laqueur 1962: 74 369 Zit. n. Kindt 1974: 1794 370 Brauckmann 2006: 193 371 Rosenberg 1977: 200 372 Rosenberg 1977 a: 237 373 Brauckmann 2006: 177 374 Schmitz 1985 375 Klönne 1989: 430 376 Zit. n. Schmitz 1985: 75 377 Kindt 1974: 909 ff. 378 Brauckmann 2006: 176 379 Zit. n. Kindt 1974: 909 f.; ähnlich Schmitz 1985: 74 f. 380 AdJB, NL Kindt, 201 381 Tanzmann 1921: 3 382 Zit. n. Bühler 1975: 52 383 Näheres zur Person bei Piefel 2005: 257 ff. 384 Breuer/ Schmidt 2010: 416 385 Zit. n. Piefel 2005: 265 386 Piefel 2005: 265 387 Zit. n. Piefel 2005: 278 388 Zit. n. Krummel 1998 b: 526 389 Piefel 2005: 279; vgl. auch Bühler 1975: 53 390 Zit. n. Kindt 1974: 909 391 Vgl. hierzu auch Niemeyer 2003; 2011: 56 ff. 392 Löwenberg 1978: 57 ff. 393 Phelps 1961: 443 394 Schüler 1971: 106 395 Laqueur 1962: 90 396 Wangelin 1970: 74 397 Eigentl. Otto Herrmann 398 Wangelin 1970: 64 399 Breuer/ Schmidt 2010: 145 400 Roderich-Stoltheim 3 1921 401 Zit. n. Ferrari-Zumbini 2003: 321 402 Puschner 2001: 57 403 Pelger 2008: 240 404 Niemeyer 2003 405 Puschner 2001: 189 406 Linse 1996: 401 407 Linse 1996: 409 408 Pelger 2008: 243 409 Eigentl. Friedrich Zoubek, „ 1900 bis 1918 Mitlied der österreichischen DNSAP; 1933 bis 1938 der Sudetendeutschen Partei; NSDAP-Mitglied seit 1938, Nr. 6 478 273. “ (Breuer/ Schmidt 2010: 361) 410 Zit. n. Kindt 1974: 909 411 Hentschel 1923: 44 412 Hentschel 1923: 45 413 Zit. n. Kindt 1974: 1775 414 Breuer/ Schmidt 2010: 362 415 Nach Kindt 1974: 869 416 Zit. n. Klee 2009: 292 417 Zit. n. Breuer/ Schmidt 2010: 14 418 Breuer/ Schmidt 2010: 424 f. 419 Breuer/ Schmidt 2010: 427 420 WVFZ 8 (1918): 1 ff. 421 Kater 1971: 610 f. 422 Siemering 1931: 88 423 Breuer/ Schmidt 2010: 321 f. 424 Breuer/ Schmidt 2010: 344; vgl. auch Mogge 2012: 58 425 Breuer/ Schmidt 2010: 318 426 Breuer/ Schmidt 2010: 324 f. 427 Breuer/ Schmidt 2010: 416 f. 428 Breuer/ Schmidt 2010: 406 429 Zit. n. Kindt 1974: 1767 430 Laqueur 1962: 124 431 Zit. n. Kindt 1974: 1789 432 Zit. n. Kindt 1974: 858 433 Harten/ Neirich/ Schwendt 2006: 448 434 Harten/ Neirich/ Schwendt 2006: 220 435 Brauckmann 2006: 194 436 Zit. n. Kindt 1974: 909 437 Zit. n. Kindt 1974: 924 438 Piefel 2005: 280 2. Kapitel 217 <?page no="218"?> 439 Brauckmann 2006: 194 440 Madajczyk 2008: 191; Wildt 2003: 472; zu Globocnik: Black 1999; als Quelle: PHKV, Bde. V: 390 ff.; XV: 696 ff.; XX: 4 ff. 441 Breuer/ Schmidt 2010: 357 442 Kater 1971: 604 443 Kater 1971: 601 444 Brauckmann 2006: 193 445 Brauckmann 2006: 194 446 Breuer/ Schmidt 2010: 350 447 Kater 1971: 623 448 Kater 1971: 614 449 Holfelder 1927: 150 450 Kater 1971: 601 451 Kater 1971: 615 452 Brauckmann 2006: 194 453 Zit. n. Kindt 1974: 909 f. 454 Ziemer/ Wolf 1961 455 Nasarski 1967 456 Frei 1997 3. Kapitel 1 Alle Beiträge veröffentlicht in Herrmann 2006 c 2 Schwarte 2006; ähnlich Herrmann 2008: 184 ff.; Wagner 2010: 120 ff. 3 Vgl. hierzu Niemeyer 3 2010: 186 ff. 4 Gerber 1957: 37; 1960: 33 5 Zit. n. Kindt 1968: 37 6 Zit. n. Gerber 1960: 32 7 Zit. n. Kindt 1968: 57 8 Köhler 1987: 66 9 Zit. n. Gerber 1960: 31 10 Zit. n. Gerber 1960: 35 11 Gerber 1960: 38 f. 12 Baur 1860: 772 13 Mogge 1980: 56; 2009: 126 f. 14 Blüher 1953: 283 15 Blüher 1953: 18 16 Blüher 2 1912: 65 17 Landsberg 1902: 47 18 Zit. n. Kindt 1968: 200 19 Blüher 1952: 12 f. 20 Blüher 1952: 14 f. 21 Ursin/ Thums 1961: 302 22 Plashues 2004: 164 f. 23 Breuer 2001: 155 24 Niemeyer 2013: 51 . . . 25 Niemeyer 2011: 115 ff. 26 Blüher 1922: 61 27 Meier-Cronemeyer 1969: 19 28 Blüher 1953: 363 29 Plashues 2004: 146 ff. 30 Blüher 1953: 164 31 Zit. n. Geuter 1994: 117 32 WR 4 (1922/ 23): 190 33 Näheres zur Person: Breuer/ Schmidt 2008: 418 f.; Schmalz 2009 34 Ossietzky 1994, Bd. VI: 408 35 Plashues 2004: 180 36 Weiß 1998: 196 37 Rothfels 1969: 71; Ueberschär 2005: 128, 175. 38 Bracher 1981: 162 39 Blüher 1953: 95 40 Die genaue Todesursache ist unklar. 41 Blüher 1953: 238 42 Laqueur 1962: 65 43 Zit. n. Kindt 1963: 558 44 Breuer 1911: 74 45 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 73 46 Frobenius 1927: 17 47 Gerber 1957: 52 48 Gerber 1957: 56 49 Zu den anderen: Mogge 2009: 22 50 Gerber 1957: 80 51 Meyenbohm 2010: 510 52 Schuster 2004 53 Fiedler 2009: 117 54 Zit. n. Kindt 1968: 1046 55 Reulecke 2003: 200 56 Pross 1964: 145 57 Laqueur 1962: 53 58 Zit. n. Gerber 1957: 83 59 Köhler 1987: 18 f. 60 Mogge 2009: 104 61 Piefel 2005: 276 62 Sohnrey 1941: 25 63 Reitmeister in Sohnrey 1941: 5 64 Reitmeister in Sohnrey 1941: 4 65 Namensliste mit Erläuterungen bei Wulf 1963: 112 f. 66 Vgl. Schirach 8 1942: [50] 67 Sohnrey 1933: 89 68 Möbus 2011 69 Möbus 2011 70 Zit. n. Wangelin 1970: 45 71 Laqueur 1962: 90 72 Ferrari Zumbini 2003: 381 73 Zit. n. Wangelin 1970: 62 74 Hufenreuter 2012: 219 75 Ferrari Zumbini 2003: 382 218 Anmerkungen <?page no="219"?> 76 Blüher 2 1912: 230 77 Ille 1987: 130 78 Gerber 1957: 83 f. 79 Mogge 2009: 101 80 Zit. n. Mogge 2009: 101 81 Förster 1906: 45 82 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 74 83 Kerbs 1999: 228 f. 84 Châtellier 1996 85 Wangelin 1970: 58 86 Mogge 2009: 94 87 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 73 88 Ziemer/ Wolf 1961: 75 89 Musall 1989: 293 90 Groß-Albenhausen 1995: 355 91 Frobenius 1927: 207 92 Zit. n. Breuer/ Schmidt 2010: 210 93 Hofstätter 1975: 130 94 Zit. n. Gerber 1957: 85 95 Gerber 1957: 85 96 Becker 1949: 71 97 Meybohm 2010: 510 98 Gurlitt 1912: 73 99 Blüher 1953: 252 100 Gurlitt 1927: 57 101 Uhle 1998 102 Niemeyer 3 2010: 141 f. 103 Zit. n. Nohl 3 1949: 18 104 Niemeyer 2002: 106 ff. 105 Paulsen 1936: 49 106 Gurlitt 1914: 131; vgl. Niemeyer 2002: 83 f. 107 Reuter-Boysen 1996: 707 108 Puschner 1996 109 Zit. n. Puschner 2001: 137 110 Gurlitt 1913/ 14: 196 111 Gurlitt 1930: 33 112 Schwaner 1930: 49 f. 113 Zit. n. Kindt 1968: 1041 114 Ehrentreich 1964; 1969; 1974; zum Hintergrund: Niemeyer 2007 a: 44 ff. 115 Ehrentreich 1975: 94 116 Mogge 2012: 52 117 Zit. n. Mogge 2012: 45 118 Laqueur 1962: 46 119 Kindt 1968: 1045 120 Kindt 1968: 1046 121 Schuster 2001: 264 122 Ehrentreich 1975 a: 92; Ulbricht 1996: 926 123 Klee 2003: 530 124 Krolle 2004: 138 ff. 125 Kaiser 1987: 143; Günther 1987: 166 126 Seiffert 1958: 470; 1953 127 Vötterle 1959; vgl. auch Seiffert 1959 128 Kaschuba 1989 129 Breuer 39 1916: 162 130 Mogge 2009: 96 131 Weniger 1959/ 60: 54 132 Zit. n. Kindt 1968: 1013 133 Zit. nach Kindt 1968: 168 134 Zit. n. Niemeyer 2012 c: 175 135 Zit. n. Kindt 1968: 170 136 Zit. nch Kindt 1968: 170 137 Meybohm 2010: 517 138 Zit. n. Speiser 1977: 59 139 Zit. n. Kindt 1968: 162 f. 140 Zit. n. Kindt 1968: 165 141 Jungmann 1936: 683 142 Wirsching 2004: 64 ff. 143 Etwa Hackenberg/ Schwarz 2 1942: 274 ff.; allgemein: Flessau 1979: 176 f. 144 Klönne 1986: 75 ff. 145 Meybohm 2010: 520 146 Zit. n. Kindt 1968: 256 147 Zit. n. Kindt 1968: 257 148 Zit. n. Kindt 1968: 257 149 Zit. n. Kindt 1968: 258 150 Zit. n. Helwig 1960: 64 151 Ille 1989: 113 152 Niemeyer 2012 c 153 Neuhaus 2005: 81 154 Mogge 2009: 122 155 Boissou 2008: 671 156 Toepfer 1977: 9 157 Reulecke 2013: 712 158 Frobenius 1927: 21 159 Ziemer 1971: 104 160 König 2006: 234 161 Mogge 2009: 105 162 Laqueur 1962: 18 163 Kindt 1968: 232 164 Zit. n. Wangelin 1970: 58 165 Wangelin 1970: 60 166 Zit. n. Kindt 1963: 560 167 Breuer 1911: 72 168 Frecot/ Geist/ Kerbs 1972: 66 ff.; Neumann 1987; Schuster 1996; Baader 2005: 89 ff. 169 Schuster 2004 a: 73 170 Zit. n. Schuster 1996: 641 171 KSA 4: 90 172 Hitler 26 1933: 275 f. 173 Niemeyer 2011: 29 174 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 264 3. Kapitel 219 <?page no="220"?> 175 Schuster 2001: 261; 2004: 44 176 Baader 2009: 155; Lorenzen 2012: 346 177 Niemeyer 2011: 163 ff. 178 Schuster 2004 a: 72 179 Zit. n. Kindt 1968: 524 180 Wangelin 1970: 52 181 Fidus 1914/ 15: 126 f. 182 Fidus 1914/ 15: 130 183 Vgl. hierzu Baader 2005: 101 f. 184 Fidus 1914/ 15: 128 185 Frecot/ Geist/ Kerbs 1972: 202 186 Schuster 1996: 642 187 Einige Abbildungen bei Frecot/ Geist/ Kerbs 1972: 233 ff. 188 Frecot/ Geist/ Kerbs 1972: 197 189 Frecot/ Geist/ Kerbs 1972: 207 190 Zit. n. Frecot/ Geist/ Kerbs 1972: 210 191 Zit. n. Frecot/ Geist/ Kerbs 1972: 224 192 Ehrentreich 1974: 142 f. 193 Vgl. Kindt 1968: 1040 194 Baader 2009 195 Mogge 1999 a 196 Linse 1983: 75 ff. 197 Niemeyer 2013 b 198 Herrmann 2006: 8 f. 199 Mogge 2009: 98 200 Tucholsky 1960, Bd. 3: 298 201 Ziemer/ Wolf 1961: 353 202 Ziemer/ Wolf 1961: 384 4. Kapitel 1 Niemeyer 2002: 112 ff. 2 Mann 1918: 275 f.; vgl. auch Sommer 1998: 169 3 Stern 1961 4 Etwa Nohl 3 1949: 53; Flitner 1927: 72 f.; Weniger 1930: 34 5 Laqueur 1962: 19 f. 6 Herrmann 1991 a: 168 7 Vgl. Niemeyer 1998 a; 2013: 113 ff. 8 Zit. n. Krummel 1998 a: 491 f. 9 Als Überblick: Niemeyer 2012 b 10 Zu dieser Parallele und deren Bedeutung: Niemeyer 2011: 22 ff. 11 Niemeyer 2011: 35 ff. 12 Vgl. hierzu Niemeyer 2011: 51 ff.; 2013: 88 ff. 13 Vgl. etwa Niemeyer 2013: 77 ff. 14 Niemeyer 2013: 113 ff.; 2011: 137 ff. 15 Näheres u. a. in: Niemeyer 2002: 143 ff.; 2013: 88 ff. 16 Benjamin 1913/ 14: 40 17 Niemeyer 2011 a: 55 ff. 18 Vgl. Niemeyer 2011: 22 ff. 19 Schweidler 2011 20 Niemeyer 2011: 99 ff. 21 Vgl. Niemeyer 2002: 85 ff.; 2013: 151 ff. 22 Etwa Mogge 2009: 27 ff.; Stambolis 2009 23 Zit. n. Niemeyer 2012 c: 222 24 KSA 4: 126 25 Herfurth 1989: 63 26 Gerstner 2007: 74 f.; zur Kritik: Niemeyer 2012 a: 97 27 Zit. n. Kasper 2007: 28 28 Weinrich 2013: 210 29 Vgl. Niemeyer 2007: 87 f. 30 Vgl. Niemeyer 2011: 41 ff. 31 Zit. n. Niemeyer 2012 c: 159 32 Frobenius 1927: 35; Schütz 1929: 64 33 Schütz 1929: 79 34 Schütz 1929: 74 35 Flitner 1927: 225 36 Etwa Hodann 1932 37 DBE 5: 84 38 Fiedler 1989: 230 39 Zit. n. Kindt 1968: 576 40 Zu Hesses Nietzschebild: Szabó 2 2011 41 Hesse 1919: 24 42 Nohl 1920: 14 43 KSA 1: 331 u. 327 44 Herrle 3 1924: 13 f. 45 Vgl. u. a. Flitner 1934: 343; Baeumler 1934: 294 46 Etwa Roesler 1957: 179 47 Etwa Solzbacher 1993: 272 48 Etwa Hackenberg/ Schwarz 2 1942: 284 ff. 49 Gerhard Krüger in WuM 2 (1934); DJ 6 (1935/ 36): 76, 89, 180 50 KSA 4: 194 51 Bernett 1988: 178 f. 52 Niemeyer 2002: 216 f. 53 Sznajder 2011 54 Niemeyer 2002: 209 ff. 55 Niemeyer 2013: 129 ff. 56 Mitglied in NSDAP u. NS-Lehrerbund (1932), „ Mitarbeit in Himmlers SD, Sektion Wissenschaft (Spitzeldienste). “ (Klee 2003: 341) 57 Piecha 1998: 150 ff. 58 Niemeyer 2002: 226 ff.; 2013: 151 ff. 59 Zit. n. Kindt 1968: 1044 60 Vgl. Niemeyer 2003 61 Völpel 1977: 255 220 Anmerkungen <?page no="221"?> 62 Schütz 1929 63 Hammer 1914: 8 64 Hammer 1914: 128 65 Niemeyer 2011: 137 ff. 66 Mogge 2009: 129 67 Vgl. Niemeyer 2004: 125 ff. 68 Grützmacher 1914: 133 69 Kindt 1963: 590 70 Hacker/ Herrmann 1989: 23 71 Herfurth 1989: 95 72 Gamm 1998: 124 ff. 73 Jungmann 1936: 676 74 Flex o.J: 2 75 Flex o. J.: 35 76 Ulbricht 1988: 128 f. 77 Ille 1987 b: 184 f.; Ulbricht 1988: 147 ff. 78 Donndorf 1934/ 35: 49 79 Herfurth 1989: 110 80 Herfurth 1989: 108 81 Andresen 2002: 311 82 Andresen 2002: 309 83 Ulbricht 2006 84 Weber 2013: 630 85 Geissler 1963: 91 86 Herrmann 1991: 169 87 KSA 1: 329 329 88 Niemeyer 2013: 113 ff. 89 Zit. n. Niemeyer 2012 c: 259 90 Reventlow 1899 91 Fritz 1980: 144; Karlauf 2007: 313 f. 92 Weise 1980: 230 93 Zit. n. Krummel 1998: 215 94 Hofmiller 1902: 23 95 Laqueur 1962: 14 96 Thiel 1999 97 Ziegler 1899: 696 98 Müller-Freienfels 1917: 465 99 Nipperdey 1990: 514 100 Löwith 1986: 5 101 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 334 102 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 303 103 Niemeyer 1999 104 Schmidt 2013 105 Körber 2006: 85 ff. 106 KSA 4: 59 107 Vgl. Niemeyer 2007: 44 ff. 108 Pleyer 1943: 11 109 Nolte 1990: 3 110 Donndorf 1934/ 35: 49 111 Köhler 1917: 228 112 Tögel 1917: 598 113 Ehrentreich 1951: 140 114 Aschheim 1996: 139 115 Stambolis 2003: 105 116 Remarque 1956: 270 117 Witkop 1928; Hoffmann 1937 118 Herfurth 1989: 98 119 Groeper 1942: 99 120 Hofmiller 1931: 84 121 Petersen 1919: 312 122 Oehler 1932: 131 123 Oehler 1930; 1925 124 Niemeyer 2013: 132 ff. 125 Baeumler 1934: 294 126 Mann 1933/ 34: 699 127 Niemeyer 2011; 2013 128 Mogge 2009: 122 129 Zit. n. Kindt 1968: 1043 130 Scheibe 1969: 11 f.; zur Kritik: Scheuerl 1998: 49 131 Jung 2011: 241 132 DBE Bd. 6: 230 133 Janz 1979, Bd. 3: 91 134 Pudor 1902: 26 135 Schneider 1996: 417 136 Zit. n. Adam 1999: 191 f. 137 Vgl. Bergmann 2009: 80 f. 138 Gräfe 2009: 134 139 Zit. n. Gräfe 2009: 135 140 Gräfe 2009: 130 141 Gräfe 2009: 136 ff. 142 Gräfe 2009: 147 143 Lächele 2001: 166 144 Gräfe 2009: 129 145 Gräfe 2009: 151 146 Laqueur 1962: 95; vgl. auch Gräfe 2009: 151 147 Gräfe 2009: 151 148 Etwa Lobenstein-Reichmann 2012 149 Janz 1979: 94 150 KGB III 4: 138 151 KGB III 4: 175 152 Janz 1979: 95 153 Bernoulli 1908: 308 ff. 154 Montinari 1977: 306 ff. 155 Zit. n. Nissen 1922: 32 156 Podach 1930: 133 157 C. Gurlitt 1927: 58 158 C. Gurlitt 1927: 10 ff. 159 Conrad 1893: 824 160 C. Gurlitt 1927: 55 ff. 161 Nissen 1922: 19 162 Zit. n. Stern 1961: 153 163 Bürger-Prinz/ Segelke 1940 4. Kapitel 221 <?page no="222"?> 164 Flitner 1986: 384 165 Bürger-Prinz/ Segelke 1940: 4 166 Jung 2011: 243 167 [Langbehn] Anonym 32 1891: 327 168 Berg 1890: 1422 169 Ziegler 1899: 617 170 Nissen 1922: 41 171 Stern 1961: 192 ff. 172 Nissen 1922: 4 f. 173 C. Gurlitt 1927: 15 ff. 174 Nissen 1922: 1 175 [Langbehn] Anonym 32 1891: 327 176 Stern 1961: 159 177 Fest 2000: 30 178 Zit. n. Pross 1959: 244 179 Fritsch 30 1931: 475 180 Vgl. auch Straßner 1989: 37 f. 181 [Langbehn] Anonym 32 1891: 41 f. 182 [Langbehn] Anonym 67 - 71 1922: 362) 183 Lobenstein-Reichmann 2012: 305 f. 184 Heinßen 2009: 451 185 Stern 1961: 160 186 Bergmann 2009: 83 187 Gräfe 2009: 129 188 Heinßen 2009 a: 127 189 Niemeyer 2004 190 Fest 2000: 30 f. 191 Lobenstein-Reichmann 2012: 304 192 Niemeyer 2013 193 Fest 2000: 28 f. 194 [Langbehn] Anonym 32 1891: 1 195 [Langbehn] Anonym 32 1891: 295 196 Fambrini 1997: 433 197 Berg 1890: 1422 198 Herfurth 1989: 85 199 Solzbacher 1993: 50 200 Weiß 1998: 271 201 Heinßen 2009 a: 137 202 Steding 1938: 293 203 Giese 1934: 19 ff. 204 Rauch 1934: 334 205 Zit. n. Kindt 1968: 1042 f. 206 Eigentlich - bis zu seiner Adoption durch eine Großtante (1854) - Paul A. Boetticher. 207 Sieg 2009: 449 208 Sieg 2007: 326 209 Hufenreuter 2009 a 210 Ryback 2010: 175 ff. 211 Rosenberg 79 - 82 1935: 457 212 Frobenius 1927: 32 213 Zit. n. Jantzen 1974: 211. 214 Zit. n. Kindt 1968: 1042 215 Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 11, 17 1970: 32 216 Zit. n. Fritsch 30 1931: 434 217 Werner 2013 218 Zum Folgenden auch: Niemeyer 2007 a 219 Lagarde 1885 a: 380 220 Pross 1959: 157 f. 221 Lagarde 1885 a: 380 f. 222 Flitner 1934: 344 223 Flitner 1934: 346 224 Flitner 1934: 362 225 Zuletzt Werner 2013: 257 226 Zit. n. Herrmann 1987 a: 514 f. 227 Flitner 1961: 14 228 Dietrich 1963: 137 229 Röhrs 4 1994: 38; vgl. auch Niemeyer 2002: 122 f. 230 Berg/ Herrmann 1991: 21 f. 231 Niemeyer 2011: 56 ff. 232 Zit. n. Nietzsche 2012 c: 23 233 Zit. n. Nietzsche 2012 c: 23 234 KSA 12: 55 235 Niemeyer 2004 236 Zit. n. Nietzsche 2012 c: 175 237 Eigentl. Rudolf Ditzen 238 Niemeyer 2002 b: 4 ff. 239 Niemeyer 2011: 51 ff. 240 Fritsch 1911: 115 241 Fritsch 1911: 116 242 Vgl. Niemeyer 2001 b 243 Harms 2006: 205 244 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 370 245 Lagarde 1878: 179 246 Ursin/ Thums 1961: 299; Thums 1972: 78 247 Zit. n. Kindt 1968: 1061 248 Gemeint ist der auch für Hitler ( 26 1933: 107 f.) wichtige österreichische Politiker und Antisemit Georg Ritter von Schönerer (1842 - 1921) (vgl. Kimmel 2009 b) 249 Pross 1964: 172; zu Gürke: Kindt 1974: 1766; Fahlbusch 2008: 691 ff. 250 Ursin/ Thums 1961: 300 251 Zit. n. Kindt 1968: 334 252 Zit. n. Puschner 2001: 179 253 Kindt 1968: 502 254 WVFZ 2 (1914): 142 255 WVFZ 2 (1914): 145 256 Kindt 1968: 313 257 WVFZ 2 (1914): 145 258 Biographischer Abriß bei Koerrenz 2011: 13 ff. 222 Anmerkungen <?page no="223"?> 259 Lietz 1919: 46 u. 71. 260 Andreesen 1934: 68 261 Harten/ Neirich/ Schwerendt 2006: XII 262 Lietz 1909 263 Ehrentreich 1975 a 264 Näf 2003: 91 265 Oelkers 2011; zur Kritik: Niemeyer 2011 b 266 Oelkers 2011: 107 ff. 267 Lietz 1897: 156 268 Lagarde 1881: 267 269 Lagarde 1875: 124 270 Hammer 1914: 26 271 „ Der Bildungsgedanke, wie er in den neuen Landerziehungsheimen galt, stimmte mit dem aus der Jugend von selber erwachsenen Ideal wesentlich überein. Nietzsche war in beiden wirksam. “ (Flitner 1927: 80) 272 Meissner 1965: 14 273 Lietz 1897: 47 274 Lietz 1897: 46 275 Lietz 1897: 69 276 Lietz 1897: 144 277 Lagarde 1875: 124 278 König 2001: 63; Harten/ Neirich/ Schwerendt 2006: XII 279 Deutsche Nationalerziehung (1938) sowie Gott, Volk, Vaterland (1938). 280 Ortmeyer 2009: 198. 281 Koerrenz 2011; vgl. schon Koerrenz 1992: 226 ff.; zur Kritik: König 2001: 61 f. 282 Kilian 1997: 149 283 Oelkers 2003: 13 284 Zit. n. Kindt 1968: 1043 285 Ulbricht 1994: 132; 1996: 271 f. 286 eigentl. Ernst Emanuel Krauß; Breuer/ Schmidt 2010: 417 f. 287 Kindt 1974: 909 ff. 288 Zur Person: Breuer/ Schmidt 2010: 404 f. 289 Zit. n. Ulbricht 1994: 132 290 Tanzmann 1921: 6 291 Knüppel 2007: 214; Klee 2003: 387; Wildt 2003: 57 ff.; Preuß 1991: 75 292 Jenke 1967: 124 293 Uhle 2008 294 Breuer/ Schmidt 2010: 417 295 Stammler 1928: 7 296 Breuer/ Schmidt 2010: 412 297 WVFZ 6 (1918): 109 298 WVFZ 8 (1920): 25 299 Oelkers 2011: 217 300 Knüppel 2007: 197 301 Knüppel 2007: 210; Breuer/ Schmidt 2010: 363 302 Harten/ Neirich/ Schwerendt 2006: 462 303 Knüppel 2007: 204 304 Klönne 2013: 23 305 Zu Strauß: Loewy 1966: 324 f.; zu Axmann: Klee 2003: 21 f.; zu Miegel: Loewy 1966: 318 f.; Klee 2009: 369 f.; Brinkmann 2011: 302 ff.; Loewy 1966: 324 f.; Klee 2009: 539 306 Loewy 1966: 311; Baird 2009: 117 ff. 307 Jantzen 1974: 97 308 Zimmer 1983: 718 309 Dwinger 1988: 185 310 Pross 1993: 45 311 Loewy 1966: 307 312 Wiede 2011: 83 313 Wiede 2011: 43 314 Jantzen 1974: 87; zum Kontext: Ulbricht 2004 315 Zit. n. Pross 1964: 335 316 Viehöfer 1986: 271 ff. 317 Zit. n. Mogge/ Reulecke 1988: 143 318 Hein 1991 319 Kraus 2002; Wyrwa 2009 b 320 Förster-Nietzsche/ Lichtenberger 1928: 60 321 Adorno 1950: 69 322 Hein 1991: 50 323 Zit. n. Kindt 1968: 1040; zu Eschmann: Kindt 1963: 562; Hausmann 2008: 139; Klee 2009: 127; zu Wirsing: Kindt 1974: 1805; Klee 2009: 605. 5. Kapitel 1 Puschner 2001: 25 2 Puschner 2001: 47 3 Puschner 2001: 81 4 Puschner 2001: 13 5 Niemeyer 3 2010: 142 ff. 6 Weniger 1928: 538 7 Niemeyer 2011: 75 ff. 8 Zit. n. Niemeyer 2012 c: 36 9 Kater 1971: 601 10 Wippermann 1996: 512 11 Kater 1971: 588 12 Kater 1971: 588 13 Kater 1971: 598 14 Lagarde 1885 a: 407 15 Fritsch 30 1930: 74 16 Wippermann 1996: 513 5. Kapitel 223 <?page no="224"?> 17 KSA 5: 192 18 KSA 6: 268 19 Niemeyer 2011: 51 ff. 20 WVFZ 4 (1916): 163 21 WVFZ 4 (1916): 27 22 WVFZ 4 (1916): 29 23 WVFZ 6 (1918): 157 24 Dusse 2009 25 Etwa Kretzschmann 5 1934: 224 ff. 26 Zit. n. Zernack 2001: 232 27 Zit. n. Nasarski 1967 b: 61 28 Hentschel 1923: 44 29 Breuer/ Schmidt 2010: 312 f. 30 Breuer/ Schmidt 2010: 249 31 Zit. n. Kindt 1974: 1767 32 Daldrup 2013 33 Frobenius 1927: 323 34 Thums 1963: 190 35 Zit. n. Kappeler 2000: 426 36 Schleiermacher 2008: 224 37 Mommsen 1999: 191 ff.; zu Craemer: Kindt 1974: 1758 f.; Lausecker 2008: 93 38 Aly 1999: 172 ff.; Wehler 1999: 322 ff.; Lausecker 2008; Reulecke 2013 b 39 Haar 1997: 70 40 Haar 1997: 74 41 Stambolis 2003: 33 ff.; Elvert 2008 42 Prehn 2007: 141 f. 43 Näheres bei Volkmann 2008 44 Haar 1997: 77 f. 45 Volkmann 2008: 60 46 Moeller van den Bruck 3 1931: 62 47 Zimmermann 1981: 380 48 Zimmermann 1981: 380 f. 49 Knust 1933 50 Zimmermann 1981: 365 51 Loewy 1966: 314; Jenke 1967: 150 f. 52 Zit. n. Loewy 1966: 135 53 Zit. n. Wulf 1963: 338 54 Blochmann 1969: 146 55 Zit. n. Wulf 1963: 337 56 Dudek 1988: 257 57 Nohl 1933: 67 58 Nohl 1933: 45 59 Nohl 1933: 75 60 Siegel 1981: 100 61 Niemeyer 3 2010: 172 ff. 62 Nohl 1933/ 34: 12 63 Nohl 1933/ 34: 25 64 Nohl 1933: 44 65 Kindt 1968: 34 ff. 66 Mogge 2009: 102 67 Thums 1963: 187 68 Zit. n. Breuer/ Schmidt 2010: 195 69 Christ/ Nagarski 1967: 78 70 Breuer/ Schmidt 2010: 195 71 Zit. n. Kindt 1974: 1539 72 Breuer/ Schmidt 2010: 195 73 Zit. n. Nasarski 1967 a: 20 74 Pross 1964: 255 75 Zit. n. Frobenius 1927: 328 76 Breuer/ Schmidt 2010: 383 f.; kein Hinweis hierzu in der Kindt-Edition, allerdings auch keine Kurzbiographie. 77 Zit. n. Kater 1977: 282 78 Mogge 2009: 116 79 Weniger 1928: 548 80 Frobenius 1927: 322 81 Frobenius 1927: 321 82 Jungenwacht Nr. 2/ 1934: 16 83 Hoheisel 1982: 127 84 Rosenberg 1977 a: 234 85 Zit. n. Kindt 1974: 916 86 Zit. n. Kindt 1974: 915 87 Kater 1971: 604 88 Zit. n. Kater 1971: 606 89 Kater 1971: 606 90 Zit. n. Kater 1971: 606 91 Kater 1971: 631 f. 92 Madajczyk 2008 93 Madajczyk 2008: 188 94 Kater 1971: 633 95 Kater 1971: 634 96 Zur Person: Kershaw 2 1999; Weiß 1998: 161 ff. 97 Greiser 1941: 72 f.; Bialkowski 2008: 556 98 Zit. n. Gamm 1964: 446 99 Abgedruckt bei Gamm 1964: 452 ff.; zum BDU-Einsatz: Kater 2005: 79 ff. 100 Gamm 1964: 399 f. 101 Zit. n. Gamm 1964: 442; Keim 1997: 186 ff. 102 Wistrich 1983: 206 103 Gamm 1964: 447 ff. 104 Staff 1964: 220 ff. 105 Kater 1971: 637 106 Frecot/ Geist/ Kerbs 1972: 16 107 Pross 1949: 20 108 Schmitz 1985: 35 109 Kindt 1974: 1596 110 Wangelin 1970: 69 f. 111 Bergmann 1970 112 Puschner 2007: 64 113 Stöcker 2011: 53 f. 224 Anmerkungen <?page no="225"?> 114 Stöcker 2011: 67 f. 115 Piefel 2005: 255 116 Zit. n. Piefel 2005: 258 117 Taufname Adolf Joseph, Namensänderung wohl, um jüdische Herkunft (mütterlicherseits) zu verbergen (vgl. Hieronimus 1990: 159); zu Lanz u. a. auch: Hamann 1996: 309; Goodrick-Clarke 1997: 83 ff.; Kipper 2002: 347 ff. 118 Hamann 1996: 317 119 Kimmel 2009 c: 455 120 Zit. n. Puschner 2001: 115 121 Eigentl. Bettziech (von Beta auch als Pseudonym genutzt) 122 Mogge 2009: 100 123 Hufenreuter 2009: 76 124 Zit. n. Kasper 2007: 24 125 Zit. n. Harms 2006: 205 126 Dinter 6 1919: 302 f. 127 Dinter 6 1919: 299 128 Engeli 1999 129 Thies/ Jazbinsek 1999 130 Etwa: „ Nordamerika ist eine niederdeutsche Siedelung nach Westen, Preußen eine solche nach Osten hin. “ ([Langbehn] Anonym 67 - 71 1922: 264) 131 [Langbehn] Anonym 67 - 71 1922: 264 132 Zit. n. Niemeyer 2012 c: 252 133 KSA 4: 222 f. 134 Vgl. Niemeyer 2007: . . .. 135 Lagarde 1881 a: 290) 136 Kater 1971: 590 137 Krieck 1920: 316 138 Linse 1984: 16 ff. 139 Wyneken 1916: 156 140 Niemeyer 2001 141 WVFZ 4 (1916): 142 142 WVFZ 2 (1914): 112 143 WVFZ 4 (1916): 23 144 Kindt 1974: 1597 145 WVFZ 3 (1915): 37 146 WVFZ 4 (1916): 92 f. 147 Näheres bei Wedemeyer 2000 148 WVFZ 4 (1916): 108 149 Jantzen 1974: 255 150 WVFZ 4 (1916): 20 151 WVFZ 4 (1916): 70 152 WVFZ 4 (1916): 143 f. 153 WVFZ 4 (1916): 71 154 WVFZ 4 (1916): 72 155 Breuer/ Schmidt 2010: 287 ff. 156 Schmitz 1985: 28 f. 157 Spengler 1922: 120 158 Adorno 1951: 219 159 Aly 2011: 95 ff. 160 Fritsch 30 1931: 476 f. 161 Bartels 13,14 1934: 420 162 Raabe 1931: 67 163 Dinter 6 1919: 408 f. 164 Lietz 1919: 186 f. 165 Niemeyer 2001 166 Laermann 1985; Dudek 2002: 76 ff. 167 W 8 (1913/ 14): 294 168 Reulecke 2004: 298 169 Bias-Engel 1988: 89 170 Flitner 1973: 96 171 Pross 1964: 341 172 Mogge 2009: 98 ff. 173 Wangelin 1970: 61 174 So Herrmann 1989: 48 175 Kindt 1968: 1045 176 Ulbricht 1998: 60 177 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 308 178 Zit. n. Kindt 1968: 704 179 Blüher 1953: 363 180 Flitner 1986: 161 181 Berg/ Herrmann 1991: 23; so auch Herrmann 2006: 76 182 Popert 20 1912: 145 183 [Langbehn] Anonym 32 1891: 274 184 Niemeyer 2002: 136 ff. 185 Meier-Cronemeyer 1969: 1; auch Linse 1985: 262 f. 186 Popert 20 1912: 147 187 Niemeyer 2008: 18 f. 188 Spengler 1922: 124 189 Breuer/ Schmidt 2010: 209 190 Bühler 1975: 52 191 Ulbricht 2007: 45 192 Näheres zur Person: Breuer/ Schmidt 2008: 418 f.; Schmalz 2009 193 Stapel 3 1928: 137 ff.; hierzu: Jelich 2007 194 Stapel 3 1928: 137 ff. 195 Weniger 1929/ 30: 11; vgl. Ortmeyer 2009: 367 196 Kasper 2007: 29 197 Seewann 1972: 111 f. 198 Ne ˘ mec 2008: 445 199 Zit. n. Kasper 2007: 29 200 Autsch 1999: 335; davor: Brockhans 21 2006, Bd. 29: 520; Wildt 2003: 391 201 Eigentl. Hilmar Hermann (Mogge 2009: 85) 202 Kutzleb 1922: 124 5. Kapitel 225 <?page no="226"?> 203 Kutzleb 1922: 19 204 Kutzleb 1922: 113 205 Kutzleb 1922: 119 206 Kutzleb 1922: 118 207 Kutzleb 1922: 121 208 Angaben zur Person: Kindt 1963: 572; zur NS-Verstrickung Hesse 1995: 451 f. 209 Vgl. Kindt 1968: 1061 210 Jantzen 1961: 505 211 Zit. n. Kindt 1968: 218; vgl. auch Ziemer/ Wolf 1961: 252; Jantzen 1974: 219 212 Mogge 2009: 86 213 Helwig 1960: 206 214 Reulecke 2013: 709 f. 215 Stambolis 2013 c: 540 216 Zit. n. Pross 1964: 341 217 Tucholsky 1960, Bd. 8: 331 f.; Kutzleb 1929: 16, 9, 185 218 Eigentl. Witkowski; s. DBE 4: 381; Kutzleb 1929: 19 219 Kutzleb 1929: 22; Tucholsky 1960, Bd. 8: 331 220 Zit. n. Tucholsky 1960, Bd. 3: 296 221 Bartels 13,14 1934: 691 222 Kutzleb 1933: 239 223 Kutzleb 1933: 99 224 Eigentl. E. Cohn (bis 1883) (s. DBE 6: 508). 225 Kutzleb 1933: 99 f.; 183 226 Kutzleb 1932: 183 f. 227 Kammer/ Bartsch 1992: 59 228 Kutzleb 1933: 259 229 Kutzleb 1933: 298 230 Ohne Angabe von Gründen 1938 rückwirkend abgelehnt (Hesse 1995: 466). 231 Klee 2009: 314 232 Reulecke 2013 a: 366 f. 233 Zit. n. Strohmeyer 1999: 45; Klee 2009: 203 234 Krieck 1932: 47 235 Krieck 1932: 49; vgl. auch Ortmeyer 2009: 157 236 Hitler 26 1933: 277 237 Wulf 1964: 443 ff. 238 Zit. n. Wulf 1964: 189; zu Johst auch Düsterberg 2009 239 Wistrich 1983: 191 240 Der Volks-Brockhaus, Leipzig 9 1940: 612 241 In § 3 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 (vgl. Kammer/ Bartsch 1992: 33) 242 Zit. n. Longerich 2010: 228 243 Zit. n. Ueberhorst 1970: 35 244 Hierzu: Aurin 1983: 676 ff. 245 Schirach 2 1939: 101 246 Schirach 2 1939: 107 247 Zit. n. Meier-Cronemeyer 1965: 836 248 Winnecken 1991: 41 249 Winnecken 1991: 45 ff. 250 Herrmann 2006 a: 25; gegen Niemeyer 2001 a 251 Herrmann 2006: 9 252 Kindt 1968: 730 253 Israelischer Historiker und Holocaustforscher, der, anders als seine Mutter, den Nazis in letzter Minute entkommen konnte. 254 Winneken 1991: 8 255 Brief Schatzker an Kindt vom 21. Mai 1967, s. AdJb, NL Kindt 256 Brief Kindt an Schatzker vom 1. Juli 1967, s. AdJb, NL Kindt 257 Trefz 1999: 29 258 Zit. n. Mogge 2009: 318 259 Zit. n. Kindt 1968: 1064 260 Ueberhorst 1970: 7 261 Wedemeyer-Kolwe 2006: 147 262 Schäfer 2009: 581 263 Zit. n. Ueberhorst 1970: 59 264 Zit. n. Kindt 1968: 262; ähnlich Hans Wolf in Krauss 1971: 111 265 WVFZ 2 (1914): 109 266 WVFZ 2 (1914): 13 267 WVFZ 2 (1914): 154 268 Niemeyer 3 2010: 86 ff. 269 Natorp 1913: 141 270 Kroug 1963: 406 271 Zit. n. Puschner 2001: 53 272 Kimmel 2009 d: 664; Henschel 2008: 58 f. 273 Wyrwa 2009 a 274 Busch 1872: 8 275 Rentrop 2009 276 Zit. n. Pross 1959: 253 277 Schulz 1914: 29 278 Zit. n. Ortmeyer 2009: 236 279 Siemens 1917: 115 280 Zit. n. Pross 1964: 43 281 Nietzsche 1886: 193 282 Ortmeyer 2009: 366 ff. 283 Diederichs 1995: 69 ff. 284 Hofstätter 1975: 138; Viehöfer 1986: 261 f.; Bias-Engel 1988: 128 ff.; Werner 1993: 254; Baader 2005: 95 ff. 285 Neuhaus 2005: 134 226 Anmerkungen <?page no="227"?> 286 Köstlin 2009: 113 ff. 287 WVFZ 2 (1914): 60 288 Kater 1971: 603 f. 289 Zit. n. Horn 2002: 297; vgl. auch Ortmeyer 2009: 143 290 Wangelin 1970: 51 291 Köhler 1997 292 Rose 1999: 117 ff. 293 Niemeyer 2011: 119 ff. 294 WVFZ 4 (1916): 46 f. 295 WVFZ 4 (1916): 48 296 Adorno 1952: 21; Weiner 1995/ 2000: 28 ff. 297 Niemeyer 2011: 117 f. 298 Fritsch 30 1933: 473 299 Zum Folgenden Niemeyer 2011 j 300 Zentner 1998: 150 301 KSA 5: 194; zum Kontext: Niemeyer 2011: 115 ff. 302 Offenbar der Hamburger Hauptschriftleiter Albert Zimmermann (s. Fritsch 30 1930: 3). 303 Fritsch 30 1933: 473 ff. 304 Lütkens 1924: 35 305 Koerrenz 2011: 41 ff. 306 Oelkers 2011: 118 307 Lietz 1919: 186 308 Meier-Cronemeyer 1969: 19 309 Lietz 1919: 186 310 DBE 6: 347 311 Zit. n. Wangelin 1970: 62 312 Wangelin 1970: 48 313 Zit. n. Wangelin 1970: 48 314 Mogge 2009: 104 315 Mogge 2009: 103 316 Kindt 1968: 522 317 Becker 1949: 115 318 WVFZ 2 (1914): 83 319 WVFZ 2 (1914): 75 320 WVFZ 2 (1914): 121 f. 321 Wyrwa 2009: 254 322 WVFZ 2 (1914): 80 323 WVFZ 2 (1914): 57 324 WVFZ 2 (1914): 57 325 WVFZ 2 (1914): 58 326 WVFZ 2 (1914): 59) 327 WVFZ 2 (1914): 74 f. 328 WVFZ 4 (1916): 114 329 WVFZ 4 (1916): 179 f. 330 WVFZ 4 (1916): 114 f. 331 WVFZ 4 (1916): 115 332 WVFZ 4 (1916): 115 333 WVFZ 8 (1920): 1 f. 334 WVFZ 8 (1920): 37 335 WVFZ 8 (1920): 14 336 Zit. n. Harms 2006: 205 337 Niemeyer 2004 338 Zit. n. Breuer/ Schmidt 2010: 146 339 Breuer/ Schmidt 2010: 145 340 Breuer/ Schmidt 2010: 378 341 Breuer/ Schmidt 2010: 145 342 Ossietzky 1994, Bd. VI: 408 343 Dinter 1921: 64 344 Ahrens 1947: 289 345 Dinter 6 1919: 55 346 Kammer/ Bartsch 1992: 86 347 Dinter 6 1919: 238 348 Dinter 6 1919: 266 349 Henschel 2008: 25 ff. 350 Kater 1971: 599 f. 351 Zit. n. Kindt 1974: 1259 352 Finck 1978: 37 353 Finck 1985: 297 f.; vgl. hierzu Hansen 1996: 111 ff. 354 Etwa Hardtmann 1990 355 Kater 2005: 59 356 Buddrus 1999 357 1949 umgewandelt in lebenslange Haft, 1958 Haftverschonung aus Gesundheitsgründen (Loewy 1966: 328 f.; Wistrich 1983: 386). 358 Harten/ Neirich/ Schwerendt 2006: 265 ff. 359 Hillesheim/ Michael 1993: 475 360 Hillesheim/ Michael 1993: 482 361 Zöberlein 1937: 297 362 Zit. n. Gamm 1964: 386 363 Staff 1964: 194 ff. 364 Zit. n. Perels 1999: 244 365 Baird 2 1999: 236 f. 366 Kater 2005: 89 367 Buddrus 1999: 28 ff.; 2003: 71 ff. 368 Wulf 1963: 447 369 Zit. n. Kater 2005: 90 370 PHKV Bd. XIII: 464 f. 371 Buddrus 2003: 71 f. 372 Abgedruckt in: Poliakov/ Wulf 1983: 197 f. 373 Hierzu Reulecke 2003 a 374 Weitere Schirach-Zitate aus dieser Zeit bei Buddrus 1999: 56 f. 375 Zit. n. PHKV Bd. XIII: 469 f. 376 Mogge 1999 b: 617 377 Zit. n. Kater 1977: 295 378 Pleyer 1943: 243 379 Pleyer 1943: 159 5. Kapitel 227 <?page no="228"?> 380 Pleyer 1943: 195 381 Dwinger 1988: 204 f. 382 Dwinger 1940: 114 383 Dwinger 1988: 210 384 Zit. n. Wulf 1963: 427 385 Zit. n. Hofer 1957: 280 386 Dwinger 1988: 197 387 Dwinger 1988: 188 388 Dwinger 1943: 13 ff. 389 Dwinger 1988: 196 f. 390 zit. n. Jantzen 1974: 98 391 Baird 2008: 161 f. 392 U. a. Laqueur 1962; Paetel 1963; Kindt 1963 sowie Pross 1964. 393 Laqueur und Pross 394 Meier-Cronemeyer 1965: 840 395 Zit. n. Meier-Cronemeyer 1965: 836 396 AdJB, NL Kindt 397 Bade 1933: 36 f. 398 Keim 1997: 185 399 Wilhelm 1976: 322 400 Pross 1959: 243 ff. 401 Wilhelm 1963: 13 402 Ziemer 1971: 104 403 Zit. n. Kindt 1968: 336 404 Bertz 1998: 558 405 WVFZ 4 (1916): 591 406 Kuhn 1977: 148 407 Kuhn 1977: 152 408 Kuhn 1977: 160 409 Pinwinkler 2009: 119 410 Zit. n. Nasarski 1967 b: 66 411 Zit. n. Pinwinkler 2009: 119 412 Zit. n. Fielitz 2008: 350; zu Lochner: Keim 1997: 180 413 Fielitz 2008: 352 414 Pinwinkler 2009: 112 415 Brinkmann 2011: 321 ff.; Hillesheim/ Michael 1993: 289 ff. 416 Brinkmann 2011: 305 ff. 417 Loewy 1966: 317 418 Zit. n. Brinkmann 2011: 309 419 Becker 1949: 115; Laqueur 1962: 89 ff. 420 Wangelin 1970: 47 ff. 421 Winnecken 1991: 7 422 Lagarde 1885: 380 423 Reimann 2004; zuletzt: Weinrich 2013: 9 f. 424 Ullrich 1997 425 Reimann 2004 426 Fest 2000: 24 427 Pross 1961 a: 150 ff. 428 Zit. n. Pross 1961 a: 259 429 Niemeyer 2011: 95 ff. 430 KSA 1: 163 431 Ullrich 1997: 495 432 Zit. n. Pross 1959: 190 433 Niemeyer 2011: 183 ff. 434 Niemeyer 2011: 137 ff. 435 Zit. n. Niemeyer 2012 c: 61 436 Zimmer 1929: 883 437 Mogge 2009: 126 438 Laqueur 1962: 112 439 Unter Auslassung des von Laqueur irrtümlich gelisteten Frank Fischer. 440 Zit. n. Trommler 1985: 18 441 Zit. n. Trommler 1985: 18 442 Etwa König 2006: 244 443 Herrmann 1991: 34 444 Zum Hintergrund: Stambolis 2003: 182 f. 445 Gründel 1922: 20 446 Giesecke 1981: 96 447 Reulecke 1985: 211 448 Kindt 1963: 557 449 Mogge 2009: 129 450 Kindt 1968: 429 451 Kindt 1968: 484 452 Kindt 1968: 484 453 Kindt 1968: 487 454 Kindt 1968: 487 455 BDE 8: 371 456 Kindt 1968: 1045 457 Ullrich 1997: 430 458 Mogge/ Reulecke 1988: 94 459 Mogge/ Reulecke 1988: 99 460 Kindt 1968: 105 ff. 461 Kindt 1968: 109 462 Mogge/ Reulecke 1988: 156 463 Mogge/ Reulecke 1988: 202 464 Zit. n. Thums 1972: 81 465 Reulecke 2006: 314 466 Hofstätter 1975: 143 467 Kindt 1968: 488 468 Zit. n. Götz v. Olenhusen/ Götz v. Olenhusen 1982: 126 469 Benjamin 1913/ 14 470 Zit. n. Ursin/ Thums 1961: 315 471 Zit.n. Kindt 1968: 343 472 Gurlitt 1903: 548 473 Zit. n. Wolschke-Bulmahn 1989: 252 474 Wolschke-Bulmahn 1989: 253; vgl. auch Pross 1964: 153 475 Wolschke-Bulmahn 1989: 258 476 Herrmann 2010: 18 228 Anmerkungen <?page no="229"?> 477 Nur spärliche biographische Daten (vgl. Mogge 2009: 105) 478 Zit. n. Mogge 2009: 105 479 Zit. n. Bethge 1968: 169 480 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 286 481 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 284 482 Wolschke-Bulmahn 1989: 264 483 Berg/ Herrmann 1991: 12 f. 484 Schubert-Weller 1991 485 Máday 1911/ 12: 117 486 Remarque 1931: 361 ff. 487 Remarque 1914: 130 488 Etwa Pinthus 1920 489 Krebs 1969; Vondung 1985 490 Zur Person: Wistrich 1983: 43 f. 491 Zit. n. Preuß 1989: 236 492 Zit. n. Fenske 1989: 204 f. 493 Ille 1987 b; Fenske 1989: 197; vgl. auch Bias-Engel 1989 494 Zit. n. Fenske 1989: 202 495 Zit. n. Flitner 1973: 99 496 W 5 (1910): 152 497 Niemeyer 2002: 133 498 WVFZ 2 (1914): 171 499 WVFZ 2 (1914): 173 500 WVFZ 3 (1915): 32 501 WVFZ 3 (1915): 32 502 WVFZ 2 (1914): 176 503 WVFZ 2 (1914): 223 504 WVFZ 4 (1916): 48 505 Zit. n. Ketelsen 1985: 70 506 Weniger 1938: 249 507 Ketelsen 1985: 70 f. 508 Zit. n. Herfurth 1989: 95 509 Zit. n. Götz v. Olenhusen/ Götz v. Olenhusen 1982: 128; vgl. auch Dudek 2002: 48 ff. 510 Baird 2008: 32 ff. 511 Kindt 1963: 558 512 Hierzu: Loewy 1966: 306; auch: Klee 2009: 49 513 Binding 1924: 435 514 Kreppel 1924: 437 515 Klönne 2013: 21 516 Zit. n. Loewy 1966: 204 517 Unter dem Titel Stoßtrupp 1917 (Wulf 1964: 371) 518 Breuer/ Schmidt 2010: 26 ff. 519 Zit. n. Kindt 1974: 951 520 Kindt 1974: 949 521 Klee 2003: 509 522 Breuer/ Schmidt 2010: 30 523 Mit Unterbrechung ab August 1929 wg. ausstehender Mitgliedsbeiträge; 1937 Wiederaufnahme (Breuer/ Schmidt 2010: 370). 524 So Paul 2 1999 525 Kindt 1974: 1778; Angaben nach Breuer/ Schmidt 2010: 369 ff. 526 Angaben nach Breuer/ Schmidt 2010: 354 f. 527 Breuer/ Schmidt 2010: 222 ff. 528 Zit. n. Breuer/ Schmidt 2010: 224 529 Ich danke Michael Wille für den Hinweis auf Baumann. 530 Loewy 1966: 274; weitere Varianten: Hillesheim/ Michael 1993: 41 ff. 531 PHKV Bd. XIII: 444 532 Mogge 1996; vgl. auch Krolle 2004: 248 533 Reulecke 1996/ 99: 121 ff. 534 Loewy 1966: 319 535 Etwa Finck 1978: 110 536 Aurin 1983: 680 537 Zit. n. Kindt 1974: 1246 538 Haar 1997: 60 539 Weniger 1938: 249 540 Weinrich 2012: 64 f. 541 Pleyer 1943: 192 542 Hehlmann 3 1942: 210 543 Hehlmann 3 1942: 210 544 Hehlmann 3 1942: 181 6. Kapitel 1 Überblick bei Dudek 2002: 207 ff. 2 Mogge 2009: 11 3 Mogge 1986: 192 f. 4 Linse 1979: 30 5 Fiedler 2009: 118 6 Preuß 1989: 232 7 Krebs 1974: 66 8 Lütgemeier-Davin 1981; Morris-Keitel 1994: 163; Lange 2006; Sommerfeld 2009: 98 ff. 9 Ossietzky 1994, Bd. I: 206 ff. 10 Paasche o. J.: 79 f. 11 Paasche o. J.: 81 12 Paasche o. J.: 82 13 Paasche o. J.: 83 14 Bohnenkamp 1963: 389 15 Krebs 1974: 66 16 Zit. n. Linse 1985: 271 17 Zit. n. Musall 1989: 287 18 Messer 1920: 4 6. Kapitel 229 <?page no="230"?> 19 Zit. n. Kindt 1968: 343 20 Kindt 1962: 371 21 Zit. n. Kindt 1968: 290 22 Mogge 2009: 118 23 Thomm 2010: 78 f. 24 Zit. n. Mogge 1999: 407 25 Nohl 1949: 16 26 Nohl 1954: 638 27 Laqueur 1962: 51 28 Zur Person: Siegfried 2013 29 Thomm 2010: 316 ff. 30 Thamer 2009: 184 31 Krolle 2004: 324 32 Zit. n. Thomm 2010: 169; Angaben zu Puls: Hesse 1995: 538 f. 33 Puls 1963: 152 34 Ziemer 1971: 100 35 Ziemer 1974: 91 36 AdJb, NL Kindt 37 www.wandervogel.at/ gruppierungen/ geschichte/ 05. 08. 2009 38 Zum Folgenden auch Niemeyer 2013 a 39 Nohl 3 1949: 16; Pross 1949: 52 40 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 442 f. 41 Thamer 2009: 176 42 Zit. n. Kindt 1968: 491 f. 43 Natorp 1913: 138 44 Zit. n. Mogge/ Reulecke 1988: 94 45 Zit. n. Mogge/ Reulecke 1988: 155 46 Becker 1949: 112 47 Zit. n. Kindt 1968: 511 48 Zit. n. Ziemer/ Wolf 1961: 513 49 Linse 1985: 271 50 Zit. n. Mogge 1980: 56 f. 51 Nohl 1914: 589 52 Nohl 3 1949: 132 53 Dokumentiert bei Kindt 1968: 527 ff. 54 Dokumentiert bei Kindt 1968: 532 ff. 55 Zit. Kindt 1968: 554 f. 56 Zit. n. Panter 1965: 26 57 Bernfeld 1914 a: 127 58 Bernfeld 1914: 110 59 Zit. n. Kindt 1968: 555 60 Zit. n. Kindt 1968: 547; zu Bohnenkamp: Hesse 1995: 186 ff. 61 Zit. n. Kindt 1968: 287 62 Zit. n. Kindt 1968: 295 63 Kindt 1968: 295 64 Binding 1924: 433 f. 65 Fenske 1989: 217; zu Wolf: Holler 2013 66 Bernfeld 1914: 108 67 Kühn-Leitz 1974: 93 68 WVFZ 5 (1916/ 17): 118 ff. 69 Weitere Belege etwa bei Steinbrinker 1979: 11 ff. und Herrmann 2008: 172 ff. 70 Lütkens/ Staudinger 1914 71 Kindt 1968: 582 72 Kindt 1968: 590 73 Zit. n. Kindt 1968: 582 74 Kindt 1968: 597 ff. 75 WVFZ 6 (1918): 89 76 Zit. n. Kindt 1968: 846 77 Zit. n. Kindt 1968: 848 78 WVFZ 8 (1920): 197 79 WVFZ 7 (1919): 39 80 Zit. n. Kindt 1968: 849 81 WVFZ 6 (1918): 89 82 Zit. n. Kellershohn 2004: 279 83 Fick 1939: 132 84 Kindt 1968: 1063 85 Kellershohn 2004: 279 86 WVFZ 7 (1919): 160 87 WVFZ 7 (1919): 166 88 WVFZ 7 (1919): 174 89 Herrmann 1985: 239 90 Brée/ Kampffmeyer/ Vogt 1999: 218 91 WR 3 (1920/ 21): 195 92 Zit. n. Kindt 1974: 272; vgl. Reulecke 2009: 198 93 Kreppel 1974: 92 94 Zit. n. Thamer 2009: 178 95 Reulecke 2009: 200 96 WR 5 (1922/ 23): 251 97 WR 3 (1920/ 21): 189 98 Reulecke 2009: 200 99 Stambolis 2013 b: 409 100 Kreppel 1924: 436 101 Krieck 1932: 50 102 Zit. n. Kindt 1974: 1741 103 Thamer 2009: 179 104 Kutzleb 1934, WA, Mappe 55/ 56; 1929: 152 f. 105 Flitner 1934: 345 106 Nohl 3 1949: 22 107 Nohl 1930/ 31: 86 108 Nohl 1933/ 34: 83 109 Nohl 1933/ 34: 90 110 Zit. n. Schirach 2 1939: 44 111 Miller-Kipp 2011: 232 112 Nohl 1926: 134 113 Niemeyer 2009: 288 ff. 114 KSA 1: 323 115 KSA 1: 328 230 Anmerkungen <?page no="231"?> 7. Kapitel 1 Vötterle 1952 2 Kindt 1974: 1800 3 Zit. n. Jantzen 1974: 314 4 Zit. n. Jantzen 1974: 315 5 Zit. n. Adorno 1969: 87 6 Adorno 1969: 88 7 Adorno 1969: 86 8 Vötterle 1975: 107 9 Reulecke 2008 10 Greiff 1980: 112 11 Greiff 1980: 115 12 Zit. n. Jb AdJb 12: 8 13 Zit. n. Jb AdJb 12: 11 14 Krieck 1932: 51 15 Fick 1939: 189 16 Spranger 1950: 334 17 Spranger 1950: 327 18 Krolle 2004: 324 19 Wilhelm 1963: 22 20 Wilhelm 1963: 18 21 Wilhelm 1963: 22 f. 22 Wilhelm 1963: 23 23 Kindt 1968: 950 24 Niemeyer 2013 c 25 Niemeyer 1999 26 Müller 1971: 88 27 Flitner 1968: 17 28 Herrmann 1991: 37 f. 29 Helwig 1960: 105 30 Kneip et al. 1980: 142 31 Kneip 1984: 108 32 Winnecken 1991: 127 33 Reulecke 1993 34 Stambolis 2011: Abschn. 12 35 Reulecke 1993: 166 36 Nonn 2013: 615 37 Weinrich 2012: 54 38 Zum Folgenden auch Niemeyer 2007 a: 53 ff. 39 Kunert 1973: 67 40 AdJb, PA Flitner, Wilhelm 41 Nohl 1920: 10 f. 42 AdJb, PA Flitner, Wilhelm 43 Seidelmann 1974: 785 44 Reulecke 1993: 173 45 Becker 1949 46 Seidelmann 1975: 73; Reulecke 1993: 168 47 Reulecke 1993: 172 48 Kater 1977 49 Reulecke 1993: 173 50 Kater 2005: 106 ff.; Herrmann 2012 51 Rose 1980: 103 ff.; Kater 2005: 193 f. 52 Mallmann 2000: 519 53 Ueberschär/ Müller 2005: 49 f.; zu Prützmann: Klee 2003: 473 54 Paetel 1954: 40 55 Hellfeld 1987: 51; Kater 2005: 21 56 Koch 1993: 167 57 Schirach 2 1939: 21 58 Kater 2005: 23; Kollmeier 2007: 170 59 Klönne 2003: 111 f.; ähnlich 1987: 210; schärfer: 1953: 266 60 Klönne 1955: 52 f. 61 Thamer 2002: 268; ähnlich Giesecke 1981: 190 62 Etwa Kuhn 1977: 160 63 Müller 1971: 290 64 Riebold o. J.: 5 65 Hellfeld 1987: 218 66 Reulecke 1993: 175 67 Hellfeld 1987: 218 68 Reulecke 2012: 50 69 Niemeyer 2012 a 70 Paetel 1954: 40 71 Giesecke 1993: 175 72 Weinrich 2013: 126 . . . 73 Stachura 1980: 234; Thamer 2002: 268 74 Kenkmann 2000: 181; Kollmeier 2007; 2011 75 Zit. n. Schirach 8 1942: [84] 76 Zit. n. Ortmeyer 2009: 296 77 Kater 1985 78 Im Einzelnen, ohne ‚ Wehrjugend ‘ (wie: Schilljugend, Die Geusen, HJ etc.): Adler und Falken, Bund ‚ Artam-Ostmark ‘ , Bund der Wandervögel und Kronacher e. V., Bund deutscher Wanderer, Deutsche Akademische Gildenschaft, Deutsche Falkenschaft, Großdeutscher Gildenring, Wandervogel Deutscher Bund (Riebold o. J.: 268 ff.). 79 Kater 2005: 19 f. 80 Kater 2005: 21; Wortmann 1989: 250 81 Wapnewski 1984: 89 82 Hellfeld 1987: 101 83 Breuer/ Schmidt 2010: 370 84 In Jantzen 1976: 149 85 Thomas 1976: 156 86 Zit. n. Jantzen 1975: 180 87 Stambolis 2013 b: 412; Hesse 1995: 421 ff. 88 Stambolis 2013 c: 542 89 Kindt 1974: 1774 7. Kapitel 231 <?page no="232"?> 90 Etwa Nadler 1941: 504 91 Zit. n. Jantzen 1976: 58 92 Jenke 1967: 151 93 Frank in Jantzen 1976: 58 94 Zur Begriffsgeschichte, wenngleich pejorativ: Aurich 1985: 108 f. 95 Kindt 1974: 1294 ff. 96 Frank 3 1943: 306 97 Zu Henlein: Wistrich 1983: 154; Brumlik 2005: 48 ff.; zu Kundt: Kindt 1974: 1776 f.; Klee 2003: 352; zu Lochner: Hesse 1995: 477 ff. 98 Angaben n. Jantzen 1976: 58 99 Etwa durch Frank 1960 100 Vesper 1977; Rüdiger 1983; Hellfeld 1987: 21; Keim 1997: 151 f.; Kater 2005: 71 f. 101 Dwinger 1988: 202 ff. 102 Dwinger 1988: 201; Klee 2009: 111 103 Kater 2005: 99 104 Paetel 1954: 51 105 Weisenborn 1953: 79 106 Peukert 1981: 177 107 Kohut 2012; vgl. Decker 2012: 360 108 Klönne 2010: 108 109 Etwa Klönne 2003: 204 ff. 110 Hellfeld 1987: 178 f. 111 Zu Hespers (und Ebeling) auch Klönne 1982 112 AdJb, NL Kindt, Brief Wangelin an Kindt vom 18. März 1969 113 Zit. n. Kindt 1968: 695 114 So auch schon Holler 1999; zur Kritik: Moll 2004; allgemein: Herrmann 2012; Hockerts 2013 115 Ueberschär 2005: 134 ff.; zum Thema auch: Weisenborn 1953; Rothfels 1969, Kritik bei Kater 2005: 99 f.; Löwenthal/ von zur Mühlen 1981. 116 Zu diesem Wandel: Salomon 1951 117 Sämtliche Angaben nach Breuer/ Schmidt 2010: 305 ff. 118 Stachura 1980 a: 36 f. Epilog 1 Etwa Hardtmann 1990: 57 ff. 2 Etwa von Koch 1993: 178 3 Vgl. Dudek 1995; Ortmeyer 2009: 376 ff. 4 Siemsen 1995 5 Himmelstein 1996; 2004 6 Niemeyer 3 2010: 178 7 Decker 2012: 364 8 Zit. n. Niemeyer 2012 c: 94 9 Etwa Weisenborn 1953: 205 ff. 10 Kindt 1974: 1800 11 Zit. n. Niemeyer 2012 c: 184 232 Anmerkungen <?page no="233"?> Literatur Abetz, Otto (1951): Das offene Problem. Ein Rückblick auf zwei Jahrzehnte deutscher Frankreichpolitik. Köln. Ackermann, J. (1989): Heinrich Himmler - ‚ Reichsführer-SS ‘ . In: Smelser/ Syring/ Zitelmann (Hg.), 115 − 133. Adam, Th. 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Bachmann, Kurt 52 Backe, Herbert 27 f., 36 Baeumler, Alfred 91, 99, 111 Baird, Jay W. 171 Bartels, Adolf 44, 56, 71, 74, 146, 152 Baumann, Fritz 96 Baumann, Hans 51, 173 Bazan, Heinrich Banniza von 11, 207 Becker, Howard 41, 75, 149, 181 Becker, Rolf Werner Georg 204 Beer, Rüdiger Robert 32 Benjamin, Walter 98, 136, 166 Berg, Christa 111 Berg, Leo 104, 106 Berghäuser, Ernst 196 Bergmann, Klaus 130 Bernfeld, Siegfried 113, 136, 146, 183 Bernhardi, Dietrich 122, 151, 207 Bertram, Friedrich 38 Bewer, Max 101 - 106 Binding, Rudolf G. 171 Bloch, Ernst 24 Blochmann, Elisabeth 21, 124 Blüher, Hans 21, 55, 65 - 69, 76, 84, 87, 95, 137, 140 Blunck, Hans Friedrich 117 Boesch, Carl 151 Boesch, Clara 134 Bohnenkamp, Hans 16, 20 f., 177 f., 183, 207 Bollnow, Otto Friedrich 16, 21, 207 Bondy, Max 136 Bouhler, Philipp 35 Brauckmann, Stefan 62 Breuer, Hans 70, 74, 78 - 82, 85, 162, 167, 189, 200, 204 Breuer, Stefan 14, 34, 68, 120, 125 Broghammer, Alfred 204 Bronnen, Arnolt 168 Brügmann, Karl 169 Bühler, Karl 54 Bülk, Richard 60, 203 Burte, Hermann 43 - 45, 100, 207 Busch, Wilhelm 146 Buschhüter, Karl 133 f. Buske, Ernst 198 <?page no="267"?> Celan, Paul 206 Chamberlain, Houston Stewart 25 f., 79, 106, 153 Claß, Heinrich 25 Conze, Eckart 39 Conze, Werner 19, 123 Copalle, Siegfried 71 f., 85, 149 Craemer, Rudolf 123, 207 Daldrup, Maria 12 Dähnhardt, Heinz 30, 74, 174, 207 Daniel, Ute 12 Danker, Otto 53 Darré, Richard Walther 53, 63 Deutelmoser, Arno 204 Diederichs, Eugen 116 f., 121, 147, 164, 181, 182, 198 Dietrich, Karl 50, 60, 203 Dinter, Artur 26, 73, 131, 139, 152 - 154 Dudek, Peter 185 Dühring, Eugen 106, 132 Dwinger, Edwin Erich 12, 117, 156 - 158, 204 Ebeling, Hans 204 Eckert, Roland 12, 64 Ehrentreich, Alfred 77, 84 Einfeldt, Hans 60, 203 Epting, Karl 35 - 37, 108, 207 Erdmann, Karl 48, 207 Eschmann, Ernst Wilhelm 48, 118, 207 Eyferth, Hanns 16 Fahrenkrog, Ludwig 77 Fallada, Hans 112 Fick, Luise 194 Fidus 77, 82 - 84, 139, 148, 178, 207 Fiedler, Gudrun 71 Fischer, Frank 78, 85, 112, 149 Fischer, Hermann 35, 52 Fischer, Karl 43, 46, 65, 70 - 75, 78, 84, 99, 125 f., 189 f. Fischer, Walter 145, 168, 184 Finck, Renate 154 Flex, Walter 57, 92 f- Flitner, Andreas 199 Flitner, Wilhelm 16, 21 - 23, 41, 86, 90, 98, 103 f., 108 - 110, 114, 124, 136 f., 147, 189, 191, 195 f., 198 f. Förster, Bernhard 58, 90 Förster, Paul 73 f., 76 Förster, Wilhelm 73 Förster-Nietzsche, Elisabeth 87 f., 98, 117, 162 Francke, Olaf 204 Frank, Ernst 160, 203 Franke, Gustav 180 Franz, Günther 11 f., 19 f., 27, 32 - 37, 41, 47, 54, 207 Freud, Sigmund 68 Freyer, Hans 124 Freytag, Gustav 150 Fritsch, Theodor 35, 57 f., 105 f., 111 f., 116, 121, 130 f., 135, 148 f., 196 Fritzsche, Hans 25 Fritzsche, Hans (1891 - 1942) 25 Frobenius, Else 14 f., 44, 70, 81, 108, 127 Fulda, Friedrich Wilhelm 74, 85, 134, 145, 184, 186 Geheeb, Paul 114 Geissler, Erich 94 George, Stefan 95, 136 Gerber, Walther 71 Gerlach, Christian 27 Gerlach, Dankwart 42, 133, 186, 196 Gerstenhauer, Max Robert 52 Gerstner, Alexandra 89 Giesecke, Hermann 163, 201 Glagau, Otto 58, 146 Glatzel, Frank 29, 42 f., 49, 59, 74, 186, 188 Globocnik, Odilo 61 Gobineau, Arthur Comte de 71, 131 Goebbels, Joseph 35, 53, 58, 84, 142 f., 156 Goethe, Johann Wolfgang von 66, 73, 166 Gollwitzer, Helmut 179 Gräff, Otger 42 f., 59, 93, 112, 133, 160, 162 Greiff, Walter 193 Greiser, Arthur 129, 156 Personenregister 267 <?page no="268"?> Grewe, Wilhelm 204 Grimm, Hans 124 f., 128 Groothoff, Walter 134 Gross, Walter 115 Gruber, Max von79, 165, 181 Grüber, Heinrich 13 Gründel, E. Günther 163 Grützmacher, Richard 93 Günther, Hans F. K. 33, 53, 62 Gürke, Norbert 207 Gurlitt, Cornelius 103 Gurlitt, Ludwig 75 - 77, 84, 87, 96, 103, 166 f. Gützlaff, Paul 148 Habbel, Franz Ludwig 49, 51 Habermann, Max 136, 204 Härtle, Heinrich 36, 45, 91, 203 Hammer, Walter 29, 40, 42, 76, 92, 114, 168 f., 176, 187, 196, 204 Harden, Maximilian 69, 140 f. Harlan, Veit 142 Harms, Antje 131 Harmsen, Hans 12, 122 f., 126 Hattenberg, Erwin von 180 Hauer, Jakob Wilhelm 60, 207 Hauptmann, Gerhart 165 f. Haushofer, Karl 126 Hausmann, Manfred 142 Hehlmann, Wilhelm 31, 174 Heine, Heinrich 46, 73 Heinßen, Johannes 105 - 107 Heinz, Friedrich Wilhelm 205 Heiß, Friedrich 47, 123, 126 Helldorf, Wolf Heinrich Graf von 69, 204 Hellfeld, Matthias von 201, 204 Hellmuth, Fritz 66 Helwig, Werner 140, 196 Henlein, Konrad 203 Hentschel, Willibald 56 - 59, 122, 128, 134, 207 Herder, Johann Gottfried 120 Herfurth, Thomas 48, 89, 93, 98 Herhahn, Albert151 f. Herrmann, Ulrich 23, 27, 85, 94, 110 f., 14, 163, 167, 196 f. Hesse, Alexander 203 Hesse, Hermann 90, 172 Heydrich, Reinhard 45, 61 Hierl, Konstantin 52 Himmler, Heinrich 47, 53 - 56, 61 - 63, 92, 128 f., 155 - 157, 200 Hitler, Adolf 26, 33 - 36, 44, 51, 51 - 53, 57 - 59, 62, 69, 72, 77, 83 f., 91, 108 f., 115, 117, 124, 127 - 129, 131, 140, 142 f., 148,1 54, 156 - 158, 161, 172, 190, 193, 200, 202, 204, 206 Hodann, Max 90, 121 Hoffmann, Fritz Hugo 52, 207 Hoffmann[-Fölkersamb], Hermann 65 - 67 Hofmiller, Josef 95 Hofstätter, Peter 165 Hoheisel, Wilhelm 127 Hohendorf, Gerd 30 Hohlbaum, Robert 126 Holfelder, Hans Wolfgang 52, 62 f., 128, 205, 207 Holler, Eckard 23 f., 204 Holler, Kurt 53 Höß, Rudolf 53, 55 Hunkel, Ernst 196 Illgen, Walter 162 Imendörffer, Benno 113 Jahn, Friedrich Ludwig 46, 75, 113 Janke, Erich 75 Jantzen, Hinrich 26, 45, 47, 158, 192, 203 f. Jantzen, Walther 40, 140 Janz, Curt Paul 100, 102 Jodl, Friedrich 150 Joerden, Rudolf 38 Johst, Hanns 142 Jovy, Michael 192, 204 Jünger, Ernst 96, 140, 172 f. Just, Bernhard 55 - 59, 61, 63, 115 Kamecke, Otto 207 268 Personenregister <?page no="269"?> Karl, Willibald 15 Kasper, Tomás 89 f. Kater, Michael H. 21, 54 f., 120, 199 - 204 Katzenberger, Leo 155 Kaufmann, Günter 156 Keil, Ernst 113, 166 Keim, Wolfgang 158 Kelbetz, Ludwig 48, 207 Kenkmann, Alfons 202 Kenstler, August Georgv 54, 62, 128 Kerbs, Diethart 21, 64 Kern, Erwin 35, 52 Key, Ellen 76, 88 Killmer, Lothar 204 Kindt, Werner 11, 13, 19 - 22, 24, 27 - 35, 37 - 43, 47 f., 50, 55, 57 f., 61 - 63, 71, 77, 93, 110, 125, 130, 144, 149, 158, 166, 178 - 180, 188, 192, 195, 198, 207 Kirchbach, Ernst 71 Kirchbach, Wolfgang 71 Kirsch, Edgar 124 Kittel, Helmuth 12, 188, 203, 207 Klages, Ludwig 95 Klönne, Arno 11, 19, 25, 48, 55, 172, 192, 200, 204, 207 Klönne, Irmgard 64, 80 Kneip, Rudolf 197, 203 Koch, Erich 129 Koch, Hans 36 Koerrenz, Rolf 115 König, Eberhard 59 König, Helmut 12, 81 Kohut, Thomas A. 304 Kolbenheyer, Erwin Guido 160, 203 Konrad, Karl 59 Korn, Anna 204 Körner, Theodor 178 Kotzde[-Kottenrodt], Wilhelm 26, 59 - 61, 138, 151, 156, 207 Krannhals, Paul 116 Krauß, Friedrich E. 26 Krebs, Albert 38 Krebs, Gilbert 177 Kremers, Hans 183 Kreppel, Friedrich 140, 171 f., 189 Krieck, Ernst 91, 132, 142, 147, 188, 194 Krolle, Stefan 195 Kroug, Wolfgang 21 Kuhn, Walter 159 Kulesa, Rosalie 129 Kulke, Erich 53 Kundt, Ernst 203 Kunert, Hubertus 198 f. Küppers, Gustav 133 Kutschera, Fritz 113, 162, 165, 184 Kutzleb, Hjalmar 12, 148 - 142, 154, 183, 189, 207 Lagarde, Paul de 42, 76, 85 - 87, 92, 105 - 117, 120 f., 132, 149, 151, 160 f., 163, 169, 189, 191, 198 f. Landauer, Gustav 187 Langbehn, Julius 49, 56, 76, 78, 82, 85 - 87, 99 - 107, 114, 120, 131, 135 - 138, 143, 150 f., 198 f. Lange, Friedrich 52, 56, 73, 85, 107, 149 Lanz von Liebenfels, Jörg 71, 131 Laß, Werner 172, 203, 207 Laqueur, Walter 10, 22 - 26, 33, 39, 44, 46, 48 f., 54, 57, 61, 69, 71, 73, 77, 82, 86, 95, 102, 119, 162, 179, 192, 199, 206 Lehmann, Joachim 27 Lehmann, Julius Friedrich 79 Lemberg, Eugen 207 Lemberg, Ulrich Tidemann 36, 38 Lemke, Bruno 182 Lessing, Theodor 149, 188 Lienhard, Friedrich 74, 130 f. Lietz, Hermann 113 - 115, 127, 135, 149, 164 Lindemann, Paul 38 Linse, Ulrich 85 Lißner, Hans 82 Lochner, Rudolf 203 Löns, Hermann 57 Löwith, Karl 96 Ludwig, Emil 141 Luntowski, Adalbert 87, 121, 133, 165 Lüth, Erich 40 Lütkens, Charlotte 149 Personenregister 269 <?page no="270"?> Mann, Heinrich 141, 161 Mann, Thomas 86, 99, 136, 140 Mahraun, Artur 115, 201 Maschke, Erich 34, 48, 123, 207 Matthes, Erich 26, 59, 116, 1239, 144, 169, 207 Mautschka, Hans 162 Meier-Cronemeyer, Hermann 31, 144, 158 Messerschmid, Felix 19 f. Metzner, Karl 131 Meyen, Albrecht 187 Meyen, Wolfgang 71 Meybohm, Ivonne 71, 75, 79 f. Miegel, Agnes 50, 117, 203 Mielsch, Max 205 Miller-Kipp, Gisela 190 Mitgau, Hermann 10, 207 Moeller van den Bruck, Arthur 42, 68, 86, 115, 123 - 126 Mogge, Winfried 10, 41, 55, 74, 82, 85, 125, 127, 136, 173, 193, 207 Mohler, Armin 28 Mono, Friedrich 182 Mühsam, Eirch 15 Müller, Erich 152, 187 Müller(-Gangloff), Erich 205 Müller, Jakob 28 f., 196, 200 Müller, Richard 46 Münchhausen, Börries Freiherr von 173 Mussolini, Benito 91 Näf, Martin 114 Nasarski, Peter 36 f., 63, 156 Natorp, Paul 143 - 146, 150, 162 f., 181 - 183 Neuendorff, Edmund 71, 91, 144 f., 169, 183 f., 207 Neuloh, Otto 22 Nietzsche, Friedrich 12, 44, 48, 58, 64, 66 - 68, 75 f., 78, 82 - 107, 111 - 112, 114, 117 - 121, 132, 137, 147 f., 157, 161 f., 168, 184, 191, 196, 198 f., 257 Nipperdey, Thomas 12 Nissen, Benedikt Momme 103 - 105 Nöldechen, Waldemar 127, 156, 207 Nohl, Herman 20 f., 76, 86, 91, 99, 119 f., 124 f., 147, 169, 179, 182 f., 189 f., 198, 206 Nonn, Christoph 32, 198 Norkus, Herbert 200 Obendorfer, Georg 128 Oberdorffer, Kurt 20, 138, 203, 207 Oberländer, Theodor 36, 53, 62 Oehler, Max 98 Oelbermann, Robert 204 Oelkers, Jürgen 114, 116 Ossietzky, Carl von 69, 152, 176 Paasche, Hans 175 - 178, 195 Paetel, Karl Otto 40 f., 201, 204 Paul-Hasselblatt, Martha 185 Paulsen, Friedrich 75 f. Paulsen, Rudolf 85 Petersen, Peter 98, 202 Piersing, Johannes 193 Piper, Otto 843, 140 Plaas, Hartmut 205 Plashues, Jürgen 68 f. Plenge, Johann 161 Pleyer, Kleophas 12, 32 f., 62, 97, 123, 154, 156, 173 f., 193, 207 Pohl, Guntram Erich 42 Popert, Hermann 68, 136 f., 154, 195 Proksch, Rudolf 207 Pross, Harry 10, 20, 22, 24 - 31, 34, 38, 40, 46, 48 f., 51, 57, 71, 77, 109, 117, 119, 126, 130, 136, 140, 159, 161, 192, 195, 199, 206 Prützmann, Hans Adolf 200 Pudelko, Alfred 207 Pudor, Heinrich 99 - 102, 122 Puls, Willi Walter 38, 180, 198 f., 257 Puschner, Uwe 119, 130 Puttfarcken, Hans 38 Rathenau, Walther 35, 44, 58, 77, 141, 205 Rauch, Karl 12, 106, 140, 203 Raupach, Hans 11 f., 21, 40 - 42, 199 Reichel, Heinrich 45 270 Personenregister <?page no="271"?> Reichwein, Adolf 204 Reinwald, Adalbert 122 Reiß, Sven 11, 51 Reitemeier, Johann Friedrich 120 Rhode, Gotthold 36 Richert, Hans 198 Riebold, Friedrich Albin 201 Riehl, Wilhelm Heinrich 79 Remarque, Erich Maria 98, 168 Reulecke, Jürgen 12 f., 16, 19 - 21, 24, 27, 40, 48 f., 51 f., 65, 71, 81, 136, 140, 142, 163, 165, 173, 188, 197 - 199, 201 Reventlow, Fanny ( „ Franziska “ ) Gräfin zu 95 Rhode, Gotthold 36 Rindfleisch, Hans 38 Rödiger, Wilhelm 52 Röhrs, Hermann 111 Rohrbach, Paul 126, 164 f. Rohwer, Jens 193 Rosegger, Peter 136 Rosenberg, Alfred 34, 53, 61, 108, 116, 160 Rosenberg, Alwiß 52, 54 - 56, 128, 207 Rosenbusch, Heinz S. 15 f. Roßbach, Gerhard 69, 172 f. Roth, Heinrich 16 Rothfels, Hans 123 f. Rüdiger, Jutta 203 Rüdin, Ernst 45 Rußwurm, Carl 133 Rutha, Heinrich (Heinz) 138 Salomon, Ernst von 205 Seeliger, Alfred 56 Schaper, Erna 52 Schatzker, Chaim 144 Scheibe, Wolfgang 99 Schemm, Hans 77, 142 Scherdin, Georg 60, 203 Schieder, Theodor 11 f., 19 f., 27, 29 f., 32 f., 123, 207 Schiele, Georg Wilhelm 53 Schiller, Friedrich von 15, 73, 85 Schirach, Baldur von 26, 47, 53, 75, 91, 1423, 156 f., 173, 194, 200 Schlageter, Albert Leo 142 f. Schlegel, August Wilhelm 120 f. Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst 182 Schmid, Carlo 66, 94 Schmidt, Friedrich 52, 61 f., 128 Schmidt, Fritz 12 Schmidt, Ina 14, 34, 204 Schmidt-Rohr, Georg 207 Schmitz, Peter 55, 130 Schneehagen, Christian 135 f., 162 Schöll, Friedrich 116 Scholl, Hans 197, 199, 204 Scholtz, Harald 25, 64 Schölzke, Kurt 54 Schönerer, Georg Heinrich Ritter von 46, 159 Schoeps, Hans-Joachim 211, 179 Schulz, Arthur 76 Schulz, Kurt 146 Schulze-Boysen, Harro 204 Schütz, Oscar 48, 90, 92 Schuster, Marina 71, 83 Schwaner, Wilhelm 76 f., 195 Schwarte, Norbert 64 Seewann, Gerhard 47 Seibert, Wilhelm 60, 203 Seidel, Heinrich Ulrich 40 Seidelmann, Karl 15 f., 28, 48, 50 f., 198 f. Seiffert, Helmut 78 Semmelroth, Ernst 167 Seyß-Inquart, Arthur 61 Sieg, Ulrich 107 Siegel, Elisabeth 16, 125 Siemens, Hermann 147 Sievers, Rudolf 162 Simons, Gustav 133 Sohnrey, Heinrich 70 - 75, 130 f. Sonnenberg, Max Liebermann von 58 Sonntag, Karl 21, 49 f. Spann, Othmar 124, 138 Speiser, Heinz 117, 124, 134, 137, 141, 187 Spengler, Oswald 20, 28 Spranger, Eduard 23, 48, 114, 147, 149, 206 Stählin, Wilhelm 20, 28 Personenregister 271 <?page no="272"?> Stambolis, Barbara 14, 35 f., 98, 188, 197, 203 Stammler, Georg 53, 115 f., 138, 207 Stapel, Wilhelm 69, 138, 187 Steinbrinker, Heinrich 33, 38, 207 Stern, Fritz 867 Stolt, Erich 38, 207 Strasser, Georg 53 Strauß, David Friedrich 117, 161 Strauß und Torney, Lulu von 117 Streicher, Julius 148, 155 f. Tanzmann, Bruno 56 f., 71 f., 115 f., 128, 131, 138 Techow, Hans-Gerd 34 f., 47, 58, 173, 207 Teichmann, Hans Moritz 59 Tenorth, Heinz-Elmar 31 Tepp, Max 9, 185 Tevenar, Gerhard von 205 Thamer, Hans-Ulrich 200 Thiede, Bruno 70 Thiersch, Hans 14, 20 f., 29, 127 Thomas, Jobst 203 Thomm, Ann-Kathrin 38 Thums, Karl 11 f., 34, 36, 45 - 47, 123, 126, 202, 207 Toepfer, Alfred 81, 99, 140 Tormin, Helmut 38, 207 Trefz, Bernhard 144 Treitschke, Heinrich von 148 f. Tucholsky, Kurt 69, 85, 140 f. Ulbricht, Justus H. 10, 64, 94 Ullrich, Heiner 64 Ullrich, Volker 161 Urban, Paul Kurt 60 Ursin, Karl 74 Vesper, Will 40, 203 Vierhaus, Rudolf 89 Voelkel, Martin 49 Voggenreiter, Ludwig 49, 51, 207 Vogt, Karl 27 f., 36, 46, 53, 55, 187, 193 Völpel, Christiane 92 Vötterle, Karl 78, 192 f., 207 Wachler, Ernst 56, 76, 102 Wagner, Richard 58, 75, 84, 86, 88, 106, 112, 119, 148 - 150, 161 Walbrodt, Luise 131, 152 Wangelin, Helmut 30, 57, 82 f., 130, 136, 144, 204 Wapnewski, Peter 202 Wartburg, Heinz von 166 Weber, A. Paul 139 f., 147 Weber, Friedrich 53 Weber, Georg 38 Weber, Max 120 Weber, Petra 94 Wedemeyer, Bernd 64 Weniger, Erich 20, 78, 86, 119 f., 127, 138, 147, 171, 174, 201, 206 Werner, Meike G. 108 Wilhelm, Theodor 16, 29 - 32, 143, 158 f., 195, 207 Wilker, Karl 64, 169 Wiligut, Karl Maria 53 Winnecken, Andreas 143 f., 160 Wirsing, Giselher 118 Wix, Hans 162, 164 Wolf, Friedrich 184 Wolf, Hans 11, 26 - 29, 34, 63 Wolschke-Bulmahn, Joachim 167 Wyneken, Gustav 9, 19, 32, 88, 113 f., 132 f., 136, 146, 164, 166, 171, 176, 178, 180 - 185, 187, 196 Zeller, Horst12 Ziegler, Theobald 104 Ziemer, Gerhard 34, 63, 81, 159, 180 Zöberlein, Hans 154 f., 172 Zweig, Arnold 138 272 Personenregister