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Auf dem Weg nach Emmaus

Die Hermeneutik der Schriftlesung im Wortgottesdienst der Messe

0307
2016
978-3-7720-5581-2
978-3-7720-8581-9
A. Francke Verlag 
Alexander Zerfaß

Wenn im Gottesdienst aus der Bibel vorgelesen wird, geschieht etwas grundlegend anderes als bei persönlicher Schriftlektüre oder dem kritischen Studium des Bibelwissenschaftlers. Der liturgische Kontext beeinflusst das Verständnis der Schrifttexte. Dies betrifft zunächst den anamnetischen Charakter der Liturgie, der die Gegenwart der Feiernden mit der biblischen Heilsgeschichte in Beziehung bringt. Beim Wortgottesdienst der Messe kommt das Spannungsfeld hinzu, das aus der Verbindung des Verkündigungsteils mit der Feier der Eucharistie entsteht. Schließlich ergeben sich innerhalb der Wortliturgie vielfältige verbale und nonverbale Kontexte: Biblische Texte werden mit anderen biblischen Texten ins Gespräch gebracht, durch rahmende Formeln und Akklamationen beleuchtet und nicht zuletzt rituell in Szene gesetzt. Die liturgiewissenschaftliche Reflexion auf die spezifische Hermeneutik der Schriftlesung im Wortgottesdienst der Messe versteht sich zugleich als Beitrag zum interdisziplinären Gespräch mit Exegese und Homiletik über Fragen der Schriftauslegung und der Leseordnung.

<?page no="0"?> ALEXANDER ZERFASS Auf dem Weg nach Emmaus Die Hermeneutik der Schriftlesung im Wortgottesdienst der Messe <?page no="1"?> Auf dem Weg nach Emmaus <?page no="2"?> PIETAS LITURGICA · STUDIA 24 Interdisziplinäre Beiträge zur Liturgiewissenschaft begründet von Hansjakob Becker herausgegeben von Ansgar Franz und Alexander Zerfaß Die Reihe »Pietas Liturgica« erscheint in Zusammenarbeit mit »KULTUR - LITURGIE - SPIRITUALITÄT e.V.« Interdisziplinäre Vereinigung zur wissenschaftlichen Erforschung und Erschließung des christlichen Gottesdienstes <?page no="3"?> ALEXANDER ZERFASS Auf dem Weg nach Emmaus Die Hermeneutik der Schriftlesung im Wortgottesdienst der Messe <?page no="4"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Diözese Mainz und des Vereins KULTUR - LITURGIE - SPIRITUALITÄT e.V. © 2016 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: www.francke.de E-Mail: info@francke.de Printed in Germany ISSN 1862-2704 ISBN 978-3-7720-8581-9 Titelabbildung: Doppelszene der Emmaus-Erzählung. Initiale aus dem Drogo-Sakramentar (850-855), Bibliothèque Nationale, Paris, Ms. lat. 9428, fol. 61v. <?page no="5"?> In jener Stunde kamen die Jünger zu Jesus und fragten: „Wer ist im Himmelreich der Größte? “ Da rief er ein Kind herbei, stellte es in ihre Mitte und sagte: „Amen, das sage ich euch: Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen. Wer so klein sein kann wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte.“ (Mt 18,1-4) Für Clara, Clemens, Severin und ihre Schwester, die noch unterwegs ist <?page no="7"?> Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2014/ 15 von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Habilitationsschrift angenommen. Für die Erstellung der Gutachten danke ich Herrn Prof. Dr. Ansgar Franz und Herrn Prof. Dr. Thomas Hieke. Mit Ansgar Franz verbindet mich eine langjährige Zusammenarbeit von außergewöhnlicher fachlicher und persönlicher Qualität, während der ich von seiner theologischen Weitsicht, sprachlichen Sensibilität und menschlichen Großzügigkeit lernen durfte. Auch wenn diese Zeit im Herbst 2015 durch meine Berufung an die Universität Salzburg zu Ende ging, wird sie mir unvergessen bleiben und gewiss auf andere Weise eine Fortsetzung finden. Zu dem akademisch wie freundschaftlich so gedeihlichen Mainzer Umfeld gehören außerdem Prof. Dr. Dr. Hansjakob Becker, PD Dr. Annette Albert-Zerlik, Mechthild Bitsch- Molitor und nicht zuletzt Dr. Andrea Klug. Allen Genannten und manchen Ungenannten sei von Herzen für das kostbare Miteinander gedankt. Zu den Früchten der gemeinsamen Mainzer Vergangenheit zählt auch die Freundschaft zu Prof. Dr. Thomas Meckel, dem ich für vielfältigen guten Rat und die kritische Lektüre dieser Arbeit dankbar bin. Wertvolle Anregungen für Teil B der Studie sind mir in einer gemeinsamen Lehrveranstaltung mit Prof. Dr. Udo Schmälzle (Münster) zugewachsen. Herrn Karl Kardinal Lehmann danke ich herzlich für seine freundliche Anteilnahme am Habilitationsverfahren und für einen sehr großzügigen Druckkostenzuschuss seitens der Diözese Mainz. Für einen weiteren Zuschuss ist der Interdisziplinären Vereinigung „Kultur - Liturgie - Spiritualität e. V.“ zu danken, die überdies mit ihrer gemeinsam mit der Akademie des Bistums Mainz „Erbacher Hof“ veranstalteten Tagung „Wort des lebendigen Gottes. Liturgie und Bibel“ im März 2012 dieser Arbeit manchen Anstoß gegeben hat. Dem Francke Verlag, namentlich Herrn Daniel Seger, danke ich für die gute und reibungslose Zusammenarbeit bei der Drucklegung. Herrn Lukas Zaminer (Salzburg) gebührt herzlicher Dank für die Erstellung des Sachregisters. Worms, am Gedenktag des hl. Silvester 2015 <?page no="9"?> Inhaltsverzeichnis Einleitung ................................................................................................................... 1 1. Ausgangspunkt und Fragestellung ................................................................... 1 2. Zielsetzung und Methodik ................................................................................. 4 Teil A: Die Heilige Schrift im Kontext der Liturgie: Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte............................................... 9 1. Hinführung: Kulturelles Gedächtnis und öffentliche Proklamation ............ 9 2. Die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht als Paradigmen für den anamnetischen Charakter liturgischer Schriftverkündigung......... 15 2.1 Die Oration Omnipotens sempiterne Deus, qui es in omnium nach der ersten Lesung: In der Gegenwart von Schöpfung und Erlösung ....... 16 2.2 Die Oration Deus, qui mirabiliter creasti nach der ersten Lesung: Die Urgeschichte als Bild und Gegenbild .............................................. 20 2.3 Die Oration Deus, Pater summe fidelium nach der zweiten Lesung: „Erben kraft der Verheißung“ (Gal 3,29) ............................................... 22 2.4 Die Orationen Deus, cuius antiqua miracula und Deus, qui primis temporibus impleta miracula nach der dritten Lesung: Die Einheit der Heilsgeschichte ................................................................................... 24 2.5 Zwischenergebnis ..................................................................................... 27 3. Die Gegenwart als Teil der kanonischen Heilsgeschichte ............................ 30 Exkurs: ‚Heilsgeschichte‘ - ein umstrittener Begriff im Spiegel der Auseinandersetzungen um die Leseordnung „Patmos“ .............................. 31 4. Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen...................... 42 4.1 Kulturanthropologie und Liturgietheologie.......................................... 43 4.2 Odo Casel: Schriftverkündigung und Kultmysterium ........................ 45 4.3 Romano Guardini: Das Aeviternum ........................................................ 53 4.4 Viktor Warnach: Der Kairos ..................................................................... 56 4.5 Zusammenfassung und Perspektiven .................................................... 60 4.5.1 Anamnese und Performativität ................................................... 62 4.5.2 Anamnese und Ritualität ............................................................. 70 5. Konsequenzen für die Schriftpredigt .............................................................. 75 <?page no="10"?> Inhaltsverzeichnis X Teil B: Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier..................... 81 1. Opfer und Mahl.................................................................................................. 82 2. Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet ........................................................................................................... 87 2.1 Das Modellgebet der so genannten Traditio Apostolica......................... 87 2.2 Die Hochgebete II, III und IV .................................................................. 98 2.3 Hochgebet I: Der Canon Romanus ....................................................... 102 2.4 Zwischenergebnis ................................................................................... 105 3. Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses in den das Eucharistiegebet rahmenden Riten von Gabenbereitung und Kommunion ...... 108 4. Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung im Wortgottesdienst der Messe ........................................................................... 116 4.1 Der christologische Fokus der eucharistischen Anamnese ............... 116 4.1.1 Zur Gegenwart Christi in der Schriftverkündigung .............. 118 4.1.2 Liturgischer Kontext und kanonische Ordnung ..................... 122 4.1.3 Christologische Hermeneutik der Schriftlesungen................. 131 4.2 Der Zielpunkt der eucharistischen Dynamik: Handeln als Leib Christi ....................................................................................................... 135 4.3 Geistliche Nahrung von beiden Tischen .............................................. 141 4.4 Die Korrektivfunktion des Wortgottesdienstes .................................. 146 Teil C: Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe... 151 1. Biblische Lesungen im Kontext biblischer Lesungen.................................. 152 1.1 Intertextualität und Konsonanz ............................................................ 153 1.2 Die Spannung zwischen vertikaler und horizontaler Ebene im Ordo Lectionum Missae ............................................................................. 158 1.3 Zwischenergebnis und homiletische Konsequenzen ......................... 164 2. Text und Paratext ............................................................................................. 168 2.1 Rahmende Formeln und Akklamationen ............................................ 168 2.1.1 Die Rahmung der nichtevangelischen Lesungen ................... 168 2.1.2 Die Rahmung der Evangelienlesung ........................................ 172 2.1.3 Die Anfangsworte der Lesungen .............................................. 174 2.2 Der Kehrvers des Antwortpsalms ........................................................ 175 <?page no="11"?> Inhaltsverzeichnis XI 3. Ritus, Raum und Bewegung........................................................................... 179 3.1 Der Ambo als Ort der Lesungen ........................................................... 179 3.1.1 Topologische Verhältnisbestimmungen................................... 181 3.1.2 Funktionale Verhältnisbestimmungen ..................................... 186 3.2 Kleidung und Bewegung der mit den Lesungen betrauten liturgischen Dienste ................................................................................ 188 3.2.1 Lektoren und Kantoren (Psalmisten) in liturgischer Kleidung ....................................................................................... 190 3.2.2 Lektoren und Kantoren (Psalmisten) in Zivilkleidung .......... 193 3.3 Ritueller Umgang mit dem Evangeliar ................................................ 195 3.3.1 Eröffnungsteil der Messe............................................................ 195 3.3.2 Evangelienprozession ................................................................. 197 3.4 Der Vortrag der Lesungen ..................................................................... 200 3.4.1 Die Lesung als Akt der Kommunikation und Interpretation ............................................................................... 200 3.4.2 Die Lesung als sinnliches Ereignis ............................................ 204 3.5 Die tätige Teilnahme der Gemeinde ..................................................... 210 3.5.1 Haltungen und Gebärden .......................................................... 210 3.5.2 Vorverständnisse und Verstehensvoraussetzungen .............. 211 Poetischer Nachklang........................................................................................... 215 Literaturverzeichnis.............................................................................................. 221 1. Textausgaben der Heiligen Schrift ................................................................ 221 2. Liturgische Quellen ......................................................................................... 221 3. Lehramtliche Quellen ...................................................................................... 223 4. Antike und mittelalterliche Literatur ............................................................ 224 5. Sekundärliteratur ............................................................................................. 225 Register ................................................................................................................... 261 1. Schriftstellen ..................................................................................................... 261 2. Kirchliche Dokumente .................................................................................... 265 3. Namen ............................................................................................................... 268 4. Sachen................................................................................................................ 273 <?page no="13"?> Einleitung 1. Ausgangspunkt und Fragestellung Die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils mahnt, die Schriftlesungen der liturgischen Feiern „reicher, mannigfaltiger und passender“ zu gestalten (SC 35,1). Bezogen auf die Messe, in der das Konzil den „Tisch des Gotteswortes reicher bereitet“ und „die Schatzkammer der Bibel weiter aufgetan“ sehen wollte (SC 51), führte diese Maßgabe zur Erstellung einer neuen Leseordnung: Der Ordo Lectionum Missae erschien erstmals 1969, dann 1981 in einer leicht überarbeiteten zweiten Ausgabe, die sich nicht zuletzt durch die deutlich erweiterte, eine Theologie der Schriftverkündigung skizzierende Pastorale Einführung in das Messlektionar auszeichnet. 1 Die Leseordnung wird weithin als signifikanter Fortschritt anerkannt und als prominentester Ausdruck der durch das Konzil gewünschten Aufwertung der Schriftverkündigung betrachtet. 2 Auch hat sie in der englischsprachigen Ökumene eine beachtliche Resonanz erfahren. 3 Gleichwohl entzündet sich an ihr besonders im deutschen Sprachraum eine kritische Fachdiskussion, 4 die zwischenzeitlich verschiedene Reformbzw. Alternativmodelle hervorgebracht hat. 5 1 Mit K LÖCKENER , Von größtem Gewicht 34, ist dieses Dokument „zu den wirklich wichtigen nachkonziliaren Verlautbarungen“ zu zählen. Vgl. L ENGELING , Zur Neuausgabe; D E Z AN , Punti salienti, sowie die Literaturhinweise in DEL 2, S. 522f., und DEL 3, S. 1100f. An dieser Debatte beteiligen sich neben Liturgiewissenschaftlern vor allem Exegeten; nach einer Phase, in der Vorschläge von Neutestament- 2 Vgl. zum Ganzen B ÄRSCH , Von größtem Gewicht; K LÖCKENER , Von größtem Gewicht. Beide Aufsätze nehmen in ihrem Titel auf den programmatischen Artikel SC 24 Bezug: „Von größtem Gewicht für die Liturgiefeier ist die Heilige Schrift. Aus ihr werden nämlich Lesungen vorgetragen und in der Homilie ausgedeutet, aus ihr werden Psalmen gesungen, unter ihrem Anhauch und Antrieb sind liturgische Gebete, Orationen und Gesänge geschaffen worden, und aus ihr empfangen Handlungen und Zeichen ihren Sinn. Um daher Erneuerung, Fortschritt und Anpassung der heiligen Liturgie voranzutreiben, muß jenes innige und lebendige Ergriffensein von der Heiligen Schrift gefördert werden, von dem die ehrwürdige Überlieferung östlicher und westlicher Riten zeugt.“ Zu den einzelnen Aussagen des Artikels vgl. jetzt die Beiträge in A. Z ERFASS - F RANZ (Hgg.), Wort des lebendigen Gottes. 3 Vgl. F RANZ , Wortgottesdienst 99-165. 4 Die wesentlichen Argumente sind zusammengefasst bei N ÜBOLD , Ordnung der Meßperikopen; F RANZ , Wortgottesdienst 89-97. Die Päpstliche Bibelkommission kam 1993 in ihrem Dokument „Die Interpretation der Bibel in der Kirche“ zu dem Schluss: „Das Lektionar, das aus dem Konzil hervorgegangen ist (Sacrosanctum Concilium, 35), soll eine ‚reichere, mannigfaltigere und passendere‘ Lesung der Heiligen Schrift ermöglichen. In seiner gegenwärtigen Form entspricht es aber nur teilweise diesem Ziel“ (IV.C.1). 5 Vgl. bes. B RAULIK , Tora als Bahnlesung; S CHÜRMANN , Konsonante Episteln; B ECKER , Dies große Wort. <?page no="14"?> Einleitung 2 lern zu konsonanten, das heißt thematisch-motivisch auf die Lesungen aus Altem Testament und Evangelium abgestimmten Epistellesungen im Mittelpunkt standen, 6 sind dies in den vergangenen 20 Jahren vornehmlich Alttestamentler. 7 Es geht dabei in erster Linie um die in der Auswahl, Perikopierung und Kombination der alttestamentlichen Lesungen zum Ausdruck kommende Hermeneutik des Alten Testaments. Nicht selten sind in der Diskussion kategoriale Unstimmigkeiten zu beobachten, insofern nicht hinreichend zwischen den Ebenen einer bibel-, speziell kanontheologischen Hermeneutik und einer Hermeneutik der liturgischen Schriftverkündigung unterschieden bzw. nicht nach der jeweiligen Reichweite und dem Verhältnis beider Hermeneutiken zueinander gefragt wird. So postuliert beispielsweise Georg Braulik hinsichtlich der alttestamentlichen Lesung: „Den ersten Maßstab für eine Perikopenwahl liefert die kanonische Struktur des Alten Testaments.“ 8 Tatsächlich ist hinsichtlich der Schriftverkündigung generell - nach einer Phase intensiver Befassung im Vorfeld des Konzils und unmittelbar danach Die Problemanzeige darf jedoch nicht einseitig auf Seiten der Exegese situiert werden. Uneingelöst ist an dieser Stelle letztlich die Bringschuld der Liturgiewissenschaft, die es bislang versäumt hat, die hermeneutischen Implikationen des gottesdienstlichen Verkündigungszusammenhangs hinreichend präzise zu beschreiben und in das interdisziplinäre Gespräch einzubringen. 9 6 Vgl. dazu zusammenfassend F RANZ , Wortgottesdienst 241-248. - ein liturgietheologisches Reflexionsdefizit zu konstatieren. In den 25 Jahren, seit Angelus Häußling 1989 „eine Hermeneutik liturgischer Texte - also eine der Sache gemäße Methodik der Interpretation der verbalen Vorgaben des 7 Die Protagonisten der Debatte sind Georg Braulik und Norbert Lohfink; vgl. bes. B RAULIK , Tora als Bahnlesung; DERS ., Pentateuch-Bahnlesung; L OHFINK , Moses Tod; DERS ., Perikopenordnung. Ihre Positionen werden gestützt von Z ENGER , Das Erste Testament, und S CHÖTTLER , Die Bibel kanonisch lesen. 8 B RAULIK , Tora als Bahnlesung 133. Freilich gibt es auch treffliche Überlegungen von Exegeten zum Verhältnis von bibeltheologischer und liturgischer Hermeneutik; vgl. dazu beispielhaft S TEINS , Wort des lebendigen Gottes; DERS ., Hört dies; B RAULIK , Rezeptionsästhetik (bezogen auf die Psalmodie des Stundengebets). 9 Der Themenkomplex ‚Bibel und Liturgie‘ fand seit der Liturgischen Bewegung (und findet bis heute) einen Ort in der durch Pius Parsch 1926 begründeten gleichnamigen Zeitschrift; vgl. dazu J EGGLE -M ERZ , Gottesgaben. Einflussreich war die 1939 erstmals publizierte Schrift „Die liturgische Feier“ von Josef Andreas J UNGMANN , die 1965 in vierter, umgearbeiteter Auflage unter dem Titel „Wortgottesdienst im Lichte von Theologie und Geschichte“ erschien. In der Folgezeit stammen die wichtigsten Publikationen aus dem romanischen Sprachraum: D ANIÉLOU , Liturgie und Bibel (im französischen Original 1951 erschienen); B ARSOTTI , Christliches Mysterium (italienisch 1953); der den Kongress des Pariser Centre de Pastorale Liturgique 1957 dokumentierende Band „Das Wort Gottes und die Liturgie“ (französisch als J OUNEL [Hg.], Parole de Dieu 1958); B URGARD , Die Bibel in der Liturgie (französisch 1958); das Themenheft 82 (1965) der Zeitschrift La Maison-Dieu „Écriture Sainte et Parole de Dieu dans la liturgie“; der Tagungsband C AZELLES u.a., Parole, zur Semaine liturgique de l’Institut Saint-Serge 1966. <?page no="15"?> Ausgangspunkt und Fragestellung 3 früheren und gegenwärtigen Gottesdienstes“ als inexistent reklamiert hat, 10 ist auf dem Feld der liturgischen Hermeneutik gewiss viel geschehen. 11 Allerdings betreffen diese Fortschritte bis dato kaum die gottesdienstliche Schriftverkündigung. 12 Jüngst ist eine verstärkte wissenschaftliche Befassung mit dem Wort Gottes als Element der Liturgie auch lehramtlich angemahnt worden. 13 „Die Schriftlesung im Gottesdienst ist deshalb zu einem Stiefkind geworden, weil die Theologie - zumal nach dem Ende der alten Inspirationslehre - eine Antwort darauf schuldig geblieben ist, wie Gott in seinem Wort präsent ist. Was nämlich von der Lesung im Gottesdienst - zumal durch ihre liturgische Umrahmung - performativ behauptet wird, das wird von der Reflexion nicht eingeholt. Hier fallen lex orandi und lex credendi auseinander.“ Primär bezogen auf die Gesprächslage in der evangelischen Theologie, aber auf die katholische Situation gewiss nicht weniger zutreffend, stellt Thomas Melzl fest: 14 Zwar existieren einige neuere Sammelbände zum liturgischen Schriftgebrauch, 15 jedoch fehlt in der deutschsprachigen katholischen Liturgiewissenschaft eine Monographie zur Theologie der gottesdienstlichen Schriftverkündigung. 16 Aus jüngerer Zeit liegen valente Überlegungen zu einzelnen Aspekten vor, etwa zum anamnetischen Charakter der Schriftlesung, 17 10 H ÄUSSLING , Heute die Hymnen von gestern singen 328. zur 11 Vgl. etwa den programmatischen Jubiläumsband 50 (2008) des Archivs für Liturgiewissenschaft: K LÖCKENER - K RANEMANN - H ÄUSSLING (Hgg.), Liturgie verstehen. 12 Vgl. die Problemanzeige bei K RANEMANN , Wort Gottes 172 Anm. 23: „Hier drängt sich allerdings die Frage auf, ob es wirklich schon eine Hermeneutik des Wortgottesdienstes gibt, die unter den gegenwärtigen kirchlichen Voraussetzungen in Westeuropa dringend benötigt würde, um jenseits der sakramentlichen Liturgie Wortgottesdienste zu stärken. Könnte es sein, dass lediglich die Hermeneutik der Eucharistie auf den Wortgottesdienst übertragen worden ist? Wird das aber dem Wortgottesdienst gerecht? “ Vgl. auch F RANZ , Wortgottesdienst 267f. 13 Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Verbum Domini, Nr. 53: „Es ist äußerst angebracht, die Beziehung zwischen Wort und Sakrament zu vertiefen, sowohl in der pastoralen Tätigkeit der Kirche als auch in der theologischen Forschung.“ 14 M ELZL , Schriftlesung 80. 15 Vgl. N EUHEUSER (Hg.), Wort und Buch in der Liturgie; F RANZ (Hg.), Streit am Tisch des Wortes; K RANEMANN - S TERNBERG (Hgg.), Wie das Wort Gottes feiern; T RIACCA - P ISTOIA (Hgg.), La liturgie, interprète de l’écriture I-II; K LÖCKENER - B ÜRKI - J OIN - L AMBERT (Hgg.), Présence et rôle; A. Z ERFASS - F RANZ (Hgg.), Wort des lebendigen Gottes. Neuere Publikationen in italienischer Sprache verzeichnet S ODI , Eine neue Theologie der Liturgie 87 Anm. 22; nicht aufgeführt werden dort die Tagungsbände „La Bibbia nella liturgia“ und „La parola di Dio“. Speziell zur Wort-Gottes-Feier vgl. ferner K RANE- MANN (Hg.), Wort-Gottes-Feier. 16 Eher essayistische Einführungen in die Thematik liegen aus anderen Sprachgebieten vor; vgl. VAN O LST , Bible and Liturgy; D EISS , Celebration; H AHN , Wort Gottes. Im deutschsprachigen Raum hat sich die evangelische Liturgiewissenschaft des Themas verstärkt angenommen; vgl. bes. M ELZL , Schriftlesung; D EEG , Das äußere Wort. 17 Vgl. z.B. W AHLE , Gottes-Gedenken, bes. 296-326; M ESSNER , Wortgottesdienst (erweiterte Fassung von DERS ., Liturgie de la Parole). Immer noch relevant ist B AUMGARTNER , Wort. <?page no="16"?> Einleitung 4 Dramaturgie und Ästhetik des Wortgottesdienstes, 18 zu intertextuellen Bezügen innerhalb der Wortliturgie 19 und zum Wortgottesdienst als Kommunikationsgeschehen, 20 Die vorliegende Untersuchung möchte einen Baustein zur Schließung dieser Lücke bereitstellen, indem sie mit dem Wortgottesdienst der Messe eine konkrete liturgische Form herausgreift und der Fragestellung nachgeht, welche Implikationen für das Verständnis der Schriftlesungen dieser liturgischen Form inhärent sind. Leitend ist dabei die von neueren Ansätzen innerhalb der Literaturwissenschaft (Rezeptionsästhetik, Intertextualität) doch bleibt das Desiderat einer zusammenfassenden Darstellung einstweilen bestehen. 21 2. Zielsetzung und Methodik popularisierte Perspektive, dass Hermeneutik immer wesentlich kontextuell bestimmt ist, das Verstehen also maßgeblich durch die die Rezeptionssituation konstituierenden Faktoren beeinflusst wird. Es ist dieser Ansatz bei der Kontextualität, der in der Durchführung der Arbeit zur Konkretion zwingt: Gegenstand der Überlegungen ist nicht die liturgische Schriftverkündigung im Allgemeinen, sondern speziell jene, die im klar definierten Rahmen des Wortgottesdienstes der Messe geschieht. Damit fokussiert sich die Aufmerksamkeit auf diejenige liturgische Form, die für die meisten Katholikinnen und Katholiken die vertrauteste ist und zugleich auch jener Kontext, in dem sie liturgisch (wenn nicht gar überhaupt) am häufigsten mit der Schrift in Berührung kommen. Der Blick auf die hermeneutisch relevanten Kontexte wird im Verlauf der Untersuchung immer enger gefasst: Teil A bewegt sich - durchaus in einer gewissen Spannung zum zuvor Gesagten - auf einer recht abstrakten Ebene. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass für den liturgischen Schriftgebrauch fast universal auf das Erklärungsmodell der Anamnese (Vergegenwärtigung) zurückgegriffen wird, das für die Liturgie generell kennzeichnend ist. Im Vergleich zu den in dieser Hinsicht eingehender untersuchten sakramentlichen Zeichenhandlungen und liturgischen Gebetsvollzügen erscheint die Kategorie der Anamnese jedoch speziell hinsichtlich der Schriftverkündigung tendenziell unterbestimmt; es bedarf der vertieften Reflexion, was es heißt, wenn vom vergegenwärtigenden Charakter der Schriftlesung gesprochen wird. Da es sich bei der Anamnese um eine Grundkategorie zur Deutung 18 Einschlägig in diesem Bereich sind mehrere Beiträge von Benedikt Kranemann; vgl. v.a. K RANEMANN , Anmerkungen zur Dramaturgie; DERS ., Wort - Buch - Verkündigungsort. 19 Vgl. z.B. I RWIN , Context and Text 85-127; K RANEMANN , Biblische Texte - liturgische Kontexte; DERS ., Biblische Texte als Heilige Schrift. 20 Vgl. z.B. G ERHARDS , Das Wort, das zum Ereignis wird; E BENBAUER , Mehr als ein Gespräch, bes. 234-242. 21 Vgl. einführend und mit Hinweis auf wichtige Literatur A NTOR , Rezeptionsästhetik; A CZEL , Intertextualität. <?page no="17"?> Zielsetzung und Methodik 5 liturgischer Feiern handelt, sind die Ausführungen in Teil A weitgehend auch auf andere Formen von Wortgottesdiensten neben demjenigen der Messe, etwa im Rahmen der Tagzeitenliturgie oder von Wort-Gottes-Feiern, übertragbar. 22 Zugangswege zu einem vertieften Verständnis der Anamnese werden angebahnt über das kulturanthropologische Konzept des kulturellen Gedächtnisses, über die biblischen Wurzeln der Vorstellung von Vergegenwärtigung sowie über liturgische und metaliturgische Texte 23 , die Hinweise auf deren Bedeutung geben. Ein Kernstück von Teil A ist Kapitel 2 zu den Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht. Insofern diese Gebete ausdrücklich auf die zuvor vorgetragenen Schriftlesungen Bezug nehmen, lässt sich an ihnen exemplarisch zeigen, wie die Liturgie selbst die Vergegenwärtigung der verkündigten Perikopen versteht. Die an den Orationen erhobenen Einsichten werden in den folgenden Kapiteln systematisch entfaltet. Dabei wird zum einen das Verständnis der Gegenwart als Teil der kanonischen Heilsgeschichte untersucht (Kap. 3), welches bei Angelus A. Häußling im Modell der liturgischen Rollenidentifikation eine reife Ausformung gefunden hat und das zugleich Gelegenheit gibt, in einem Exkurs den exegetisch angefragten, aber liturgisch zentralen Begriff ‚Heilsgeschichte‘ zu erörtern. Zum anderen geht es um ein Verständnis der Gegenwart in ihrer Beziehung zu konkreten Heilsereignissen der Vergangenheit und Zukunft (Kap. 4). Da die Prominenz des anamnetischen Konzepts in der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils und in der gegenwärtigen Fachdiskussion wissenschaftsgeschichtlich ihre Wurzeln in der Mysterientheologie hat, werden hierzu die einschlägigen Schriften von Odo Casel (1886-1948), Romano Guardini (1885- 1968) und Viktor Warnach (1909-1970) einer speziell an der Schriftverkündigung interessierten Relecture unterzogen. 24 22 Vorüberlegungen zu Teil A sind eingegangen in den Beitrag A. Z ERFASS , Er hat ein Gedächtnis an seine Wunder gestiftet, hier: 234-253. Es handelt sich dabei um mehr als einen theologiehistorischen Rückblick, insofern sich die untersuchten Theo- 23 Für die gesamte Studie sind die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, die Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch (AEM) und deren überarbeitete Fassung in der Grundordnung des Römischen Messbuchs (GORM), die jedoch erst mit dem Erscheinen einer dritten Auflage des deutschen Messbuchs Gültigkeit erlangen wird, sowie die Pastorale Einführung in das Messlektionar von besonderer Relevanz. Hinzu treten verschiedene Dokumente römischer Dikasterien, nicht zuletzt die jüngeren Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Verbum Domini Benedikts XVI. (2010) sowie Evangelii gaudium von Papst Franziskus (2013). 24 Den Schwerpunktsetzungen in den Werken der genannten Autoren entsprechend, gingen bisherige Untersuchungen nur am Rande auf das Verständnis der Schriftverkündigung ein; zu Casel vgl. S CHILSON , Theologie als Sakramententheologie 223-229, sowie (zurückgreifend auf die Bakkalaureatsarbeit H ALLENSLEBEN , Parole et sacrement) K RAHE , Der Herr ist der Geist I, 145-147. <?page no="18"?> Einleitung 6 logumena als anschlussfähig für rezente Diskurse und Begrifflichkeiten erweisen, namentlich für die Konzepte von Performativität 25 und Ritualität 26 Teil B erörtert den rituellen Kontext der Schriftverkündigung auf der Makroebene der Messliturgie: Der Wortgottesdienst als ganzer steht im Kontext der Eucharistiefeier. . 27 Zunächst wird versucht, das geistliche Grundgeschehen der Eucharistiefeier zu bestimmen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem Eucharistiegebet als dem zentralen verbalen Element der Eucharistiefeier zu. Die hier sprachlich gefassten Gehalte spiegeln sich in den das Eucharistiegebet rahmenden Handlungsvollzügen von Gabenbereitung und Kommunion. Kapitel 4 fragt auf dieser Basis nach den Konsequenzen für die Hermeneutik von Schriftlesungen, die mit der in den Kapiteln 1-3 beschriebenen Dynamik der Eucharistiefeier kontextiert sind. 28 In Teil C schließlich geht es um die Kontexte, die den Schriftlesungen auf der Mikroebene des Wortgottesdienstes zufallen. Dabei handelt es sich zum einen um die Kontextierung von Texten mit Texten, Kontexte also, die sich anhand des Textbestands von Messlektionar (Kap. 1: Kombination verschiedener biblischer Texte) bzw. Messbuch (Kap. 2: Kombination der Schrifttexte mit rahmenden Textelementen wie Formeln und Akklamationen) diskutieren lassen. Von nicht geringerer Bedeutung sind solche Kontexte, die erst im Vollzug der liturgischen Handlung konstituiert werden, insofern sie die sinnliche Gestalt des Wortgottesdienstes sowie die Rollen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer betreffen (Kap. 3). Obwohl die Überschrift dieses Kapitels „Ritus, Raum und Bewegung“ ebenso wie seine Durchführung den Begriff ‚Ritus‘ gegenüber demjenigen der ‚Performanz‘ bevorzugen, ist dennoch beabsichtigt, dem „performative turn“ neuerer Kulturwissenschaft Rechnung zu tragen. 29 25 Der Sache nach spielt das mit diesem sprachphilosophischen Terminus Bezeichnete bereits eine bedeutende Rolle in der biblischen und theologischen Tradition. Ausdrücklich vom „performativen Charakter“ des Wortes spricht Benedikt XVI., Verbum Domini, Nr. 53. Liturgie ist nicht mit liturgischen Büchern identisch, sondern nimmt 26 Zur wachsenden Bedeutung des Dialogs zwischen Liturgiewissenschaft und Ritual Studies vgl. die Literaturberichte P OST , Ritual Studies; DERS ., Über die Liturgische Bewegung hinaus; DERS ., Vom religionsphänomenologischen Erbe. 27 Unter dem Begriff ‚Eucharistiefeier‘ wird in dieser Studie stets der zweite, mit der Gabenbereitung beginnende eucharistische Teil der liturgischen Großform verstanden. Für diese als ganze werden die Begriffe ‚Messe‘ oder ‚Messfeier‘ gebraucht. 28 Nicht eigens erörtert werden die hermeneutischen Verschiebungen, die sich ergeben, wenn innerhalb der Messfeier weitere sakramentliche Zeichenhandlungen (z.B. Taufe, Firmung) stattfinden; vgl. I RWIN , Context and Text 107. Die Untersuchung konzentriert sich auf den statistischen Normalfall einer Messe ohne die Feier weiterer Sakramente oder Sakramentalien. 29 Vgl. dazu B IERITZ , Zwischen Raum- und Zeitgenossenschaft 55-61. Im Hintergrund stehen hier theaterwissenschaftliche Diskurse, die im deutschen Sprachraum vor allem mit den Publikationen von Erika Fischer-Lichte verbunden sind; vgl. z.B. F ISCHER - L ICHTE , Ästhetik des Performativen. Dieser Performanzbegriff bezieht sich zwar auf das oben erwähnte sprachphilosophische Konzept der Performativität, ist jedoch davon zu unterscheiden. <?page no="19"?> Zielsetzung und Methodik 7 je und je neu Gestalt an. Der wesentliche Mehrwert, wenn von ‚Performanz‘ gesprochen wird, scheint darin zu liegen, dass der Akzent auf das je einmalige Ereignis eines konkret gefeierten Gottesdienstes gelegt wird. Diesem Anspruch kann akademisch nur dann voll entsprochen werden, wenn mittels empirischer Methoden tatsächlich konkrete liturgische Feiern mit ihren räumlichen, soziokulturellen und individuellen Rahmenbedingungen in den Blick genommen werden. Dies bewegt sich aber außerhalb der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit, die sich darauf beschränkt, allgemein die in der Beschaffenheit des Ritus, wie er in den liturgischen Büchern geregelt ist, begründeten sinnenhaften und handlungsorientierten Kontextualisierungen zu reflektieren. Deren konkrete Ausformung in der jeweiligen Performanz liegt außerhalb der Reichweite der gewählten Methode. So ist beispielweise in der Struktur des Ritus gegeben, dass dem Wortgottesdienst eine räumliche Entfaltung zukommt, für die der Ambo eine zentrale Rolle spielt. Dies wird in Kapitel 3.1 grundsätzlich auf seine hermeneutischen Implikationen hin bedacht; dabei kommen durchaus verschiedene Grundmodelle der Kirchenraumgestaltung zur Sprache, nicht jedoch die konkrete Performanz unter den spezifischen Bedingungen einzelner Kirchenräume. Damit ist abschließend die Frage nach notwendigen Abgrenzungen des der Untersuchung zugrunde liegenden Ansatzes aufgeworfen. Über das bereits Gesagte hinaus ist eine vierfache Abgrenzung zu formulieren: a) Es ist nicht Gegenstand der Arbeit, die Produktionsästhetik der geltenden Leseordnung zu traktieren, also die Hermeneutik biblischer Texte, die der Perikopierung und Kombination der in den Formularen zusammengestellten Lesungen zugrunde liegt und die insbesondere hinsichtlich der alttestamentlichen Perikopen kontrovers diskutiert wird. Vielmehr geht es um eine Rezeptionsästhetik der Schriftlesungen unter den Bedingungen des liturgischen Vollzugs. b) Dies bedeutet nicht, dass das empirisch zu erhebende reale Textverständnis konkreter Hörerinnen und Hörer thematisiert würde. Angezielt ist stattdessen, die dem rituellen Setting der liturgischen Rezeptionssituation inhärenten Faktoren auf ihre hermeneutischen Konsequenzen zu befragen. c) Die vorliegende Arbeit versteht sich als liturgiewissenschaftlicher Beitrag zu einer Hermeneutik der Schriftlesung, nicht als homiletische Reflexion auf die in der Predigt vorzunehmende explizite Auslegung der Schrift innerhalb der Liturgie. Dennoch behält sie die Konsequenzen für die Schriftpredigt im Auge, die sich aus der Hermeneutik der gottesdienstlichen Lesung ergeben. 30 d) Berücksichtigt wird ausschließlich die Feier der Messe nach den geltenden liturgischen Büchern in der ordentlichen Form des römischen Ritus. 31 30 Vgl. Teil A Kap. 5; Teil B Kap. 4.1-4; Teil C Kap. 1.3 und 3.5.2. 31 Vgl. Benedikt XVI., Motuproprio Summorum Pontificum, Art. 1. <?page no="20"?> Einleitung 8 Nicht thematisiert wird die außerordentliche Form des römischen Ritus; 32 (theologie- und liturgie-)historische Fragestellungen sowie die ökumenische Perspektive kommen jeweils nur fallweise und am Rande in den Blick, ohne ihrerseits Gegenstand der Untersuchung zu sein. 32 Gleichwohl wäre die erheblich voneinander abweichende Phänotypik der Verkündigungssequenz in beiden Usus des römischen Ritus ein reizvoller Anlass zu reflektieren, was es bedeutet, dass die „zwei Ausdrucksformen der ‚Lex orandi‘ der Kirche […] keineswegs zu einer Spaltung der ‚Lex credendi‘ der Kirche führen; denn sie sind zwei Anwendungsformen des einen Römischen Ritus“ (ebd.). <?page no="21"?> A. Die Heilige Schrift im Kontext der Liturgie: Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 1. Hinführung: Kulturelles Gedächtnis und öffentliche Proklamation Wenn im Gottesdienst aus der Bibel gelesen wird, geschieht etwas anderes, als wenn ein Einzelner sich einem biblischen Text nähert, sei es zu geistlichen (etwa im Sinne der lectio divina), wissenschaftlichen oder anderen Zwecken. 1 Die Feier der Liturgie ist prinzipiell ein gemeinschaftlicher Vollzug, 2 zu dem eine Gruppe von Getauften zusammenkommt. Diese konkret versammelte Gottesdienstgemeinde ist „eine spezifische Weise, in der Kirche existiert“ 3 : Liturgie ereignet sich in der kirchlichen Öffentlichkeit und ist eine öffentliche Manifestation von Kirche, ist in diesem Sinne, in Absetzung beispielsweise vom persönlichen Gebet, „cultus publicus“ 4 . Darüber hinaus unterscheidet sich die liturgische Schriftverkündigung von der Einzellektüre durch das Gegenüber von einer verkündigenden Person (Lektorin, Lektor, Diakon oder Priester) und den Hörerinnen und Hörern. Die sich daraus ergebende Kommunikationssituation wird in Teil C dieser Arbeit thematisiert. An dieser Stelle ist zunächst die Öffentlichkeit und Gemeinschaftlichkeit der die Kirche repräsentierenden Gottesdienstgemeinde von Interesse: Schriftverkündigung in der Liturgie hat etwas mit der Identität dieser Gruppe als Gruppe zu tun, insofern sie öffentlich Inhalte aus deren kollektivem Gedächtnis verlauten lässt, aus dem sich das Selbstverständnis der Gruppe speist. Das Konzept des kollektiven Gedächtnisses wurde von dem französischen Soziologen Maurice Halbwachs (1877-1945) in den kulturwissenschaftlichen Diskurs eingeführt. 5 Das individuelle Gedächtnis jeder Einzelperson ist demnach „sozial bedingt, d. h. es bildet sich nur im Rahmen der Sozialisation des Menschen im gemeinsamen Sozialraum und in Bezug auf gesellschaftlich geteilte Erinnerungen“ 6 . Innerhalb dieses kollektiven Gedächtnisses markieren die Studien des Ägyptologen Jan Assmann 7 eine fundamentale Unterscheidung: Es gibt zum einen durch Alltagskommunikation verbreitete und 1 Zum Verhältnis von liturgischer und persönlicher Schriftlektüre vgl. N EUHEUSER , Wortliturgie; speziell zur lectio divina J EGGLE -M ERZ , „… er soll darin lesen sein Leben lang“. 2 Es gibt freilich auch nicht-liturgische gemeinschaftliche Formen der Bibellektüre, die sowohl geistlicher (z.B. Bibel-Teilen) als auch katechetischer Natur sein können. 3 H AUNERLAND , Gottesdienst 34. 4 Vgl. SC 7; c. 834 § 1 u.ö. CIC/ 1983. 5 Vgl. H ALBWACHS , Das Gedächtnis und seine sozialen Bedingungen; DERS ., Das kollektive Gedächtnis. 6 M ESSNER , Die Kirche an der Wende zum neuen Äon 210f. 7 Vgl. v.a. A SSMANN , Das kulturelle Gedächtnis; DERS ., Religion und kulturelles Gedächtnis. <?page no="22"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 10 geteilte Gedächtnisinhalte, die spätestens nach drei bis vier Generationen verblassen, wenn sie nicht (in Schriftkulturen) dokumentiert und so medial zugänglich erhalten werden. Von dem so definierten ‚kommunikativen Gedächtnis‘ hebt Assmann das ‚kulturelle Gedächtnis‘ ab. Dessen Inhalte vergehen nicht im Fluss der Zeit, indem sie wie jene des kommunikativen Gedächtnisses stets durch neue ergänzt und ersetzt würden. Das kulturelle Gedächtnis bezieht sich nämlich auf die bleibend bedeutsamen prägenden Ursprungserfahrungen der Gruppe und „fundiert eine kollektive Identität, ein Bewußtsein von Einheit und Eigenart. Es besitzt normative und formative Qualität.“ 8 „[…] der in gemeinsamer Sprache, gemeinsamem Wissen und gemeinsamer Erinnerung artikulierte kulturelle Sinn, d.h. der Vorrat gemeinsamer Werte, Erfahrungen, Erwartungen und Deutungen, der die ‚symbolische Sinnwelt‘ bzw. das ‚kulturelle Gedächtnis‘ einer Gesellschaft bildet[, …] muß nicht nur instituiert, [sondern …] vor allem in Gang gehalten werden. Und diese Inganghaltung geschieht durch Zirkulation. Seiner um der Gruppenidentität willen erforderlichen stabilen Tradierung dienen gerade nicht wie im Falle des kommunikativen Gedächtnisses die alltägliche Interaktion, sondern bestimmte Formen der außeralltäglichen Kommunikation: Dieser Zirkulation dient, was ich ‚zeremonielle Kommunikation‘ nennen möchte. In den Situationen und ‚kommunikativen Handlungsspielen‘ des Alltagslebens findet die Zirkulation des kulturellen Gedächtnisses keinen Ort. […] So schafft sich das kulturelle Gedächtnis einen eigenen Kommunikationsraum, der der Zirkulation des kulturellen Sinns zum Zwecke der ‚Inganghaltung‘ der Gruppenidentität vorbehalten ist: die zeremonielle Kommunikation. Sie ist als Institutionalisierung dieser Zirkulation zu betrachten. Kultureller Sinn zirkuliert und reproduziert sich nicht von selbst. Er muß zirkuliert und inszeniert werden. Das ist die Funktion der Riten. Die Riten sind dazu da, das Immunsystem der Gruppe in Gang zu halten, indem sie den Teilnehmern Anteil am identitätsrelevanten Wissen geben.“ 9 Diese Zirkulation kulturellen Sinnes durch zeremonielle Kommunikation in ritueller Inszenierung hat laut Assmann, kulturanthropologisch und -historisch betrachtet, ihren ersten und eigentlichen ‚Ort‘ im Fest, 10 das die Alltagszeit durchbricht und gleichzeitig an ihren normativen Ursprung zurückbindet. 11 Wendet man dieses kulturwissenschaftliche Konzept auf das Christentum (das Gleiche gilt mutatis mutandis für das Judentum) an, so erweist sich das Fest der Liturgie als jener Vollzug, durch den die Bibel ausdrücklich als Do- Auf diese Weise wird das kulturelle Gedächtnis je neu als tragender Bezugspunkt der Gegenwart zur Geltung gebracht. 8 A SSMANN , Der zweidimensionale Mensch 22. 9 Ebd. 24 (Hervorhebungen im Original). 10 Vgl. ebd. 25-27. 11 Zur festtheoretischen Einordnung dieses Gedankens vgl. A. Z ERFASS , Mysterium mirabile 309-311 (mit Hinweisen auf weiterführende Literatur). <?page no="23"?> Kulturelles Gedächtnis und öffentliche Proklamation 11 kument des kulturellen Gedächtnisses in Erscheinung tritt: Ihre öffentliche Proklamation in ritueller Form nimmt die Heilige Schrift ausdrücklich als normative Bezugsgröße der kirchlichen Gruppenidentität in Anspruch. Auch für die einzelnen Gläubigen legitimiert die solcherart gemeinschaftlich inszenierte Heiligkeit der Heiligen Schrift 12 das Bibelwort als vitales Interpretament der Jetztzeit, sowohl kalendarisch im Blick auf die jeweilige Stunde (Fest, Sonntag, Tagzeit etc.) als auch biographisch im Blick auf die je eigene Existenz. So deutet die Liturgie alltagsweltliche Erfahrung im Horizont des biblischen Glaubens. Sie stellt eine Beziehung her zwischen der Gegenwart der Feiernden und der in der Bibel als Speicherort des kulturellen Gedächtnisses kodifizierten Heilsgeschichte. 13 Dabei bringt sie diese Heilsgeschichte auf unterschiedliche Weisen ins Spiel, vor allem indem sie sie in den Lesungen und der Predigt explizit verkündigt, sich im Gebet auf sie beruft und sie in den sakramentlichen Zeichenhandlungen aktualisiert. Bedeutsam ist nach Assmann, dass die im kulturellen Gedächtnis präsente normative Ursprungszeit durch das Fest nicht nur virtuell mit der Jetztzeit verknüpft und gleichsam analytisch als deren Interpretament herangezogen wird, sondern von einer realen, sozusagen ontologischen Verknüpfung der Zeitebenen ausgegangen wird: „Das Fest ‚verweist‘ nicht auf die mythische Urzeit, sie [sic! ] inszeniert sie und holt sie ins Präsens hinein.“ 14 Eben dies ist auch der Anspruch der Liturgie. Um zu beschreiben, wie der Gottesdienst die verschiedenen Zeitebenen aufeinander bezieht, rekurriert liturgietheologische Reflexion auf den Begriff der Vergegenwärtigung (Anamnese): 15 Die Liturgie stellt die feiernde Gemeinde in die Gegenwart heilsgeschichtlicher Ereignisse hinein, die - gemessen an der linearen Struktur menschlicher Zeitwahrnehmung und kultureller Geschichtskonzeption 16 - der Vergangenheit oder auch der Zukunft angehören. Diese Sicht entspricht den Vorgaben offizieller liturgischer 17 und metaliturgischer Texte. So formuliert etwa die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils: 12 Vgl. dazu L EONHARD , Heiligkeit. 13 Zum Begriff ‚Heilsgeschichte‘ vgl. bes. den Exkurs unten S. 31-36. 14 A SSMANN , Der zweidimensionale Mensch 26. 15 Aus der reichhaltigen Literatur vgl. z.B. einführend T HÖNNES , Anamnese; M ESSNER , Einführung 161-166; ausführlich W AHLE , Gottes-Gedenken; speziell zum Wortgottesdienst auch DERS ., Vormesse 357-365. 16 Vgl. dazu A UF DER M AUR , Feiern 16-25; B IERITZ , Kirchenjahr 23-28; A. Z ERFASS , Er hat ein Gedächtnis an seine Wunder gestiftet 229-233. 17 Man denke etwa an die pointierte Verwendung der Zeitangabe „heute“ oder sinnentsprechender Formulierungen, z.B. im Einschub „das ist heute“ in den Einsetzungsbericht des eucharistischen Hochgebets in der Messe vom Letzten Abendmahl (Meßbuch 1975, [30] u.ö.), in der wiederholten Formulierung „Dies ist die Nacht“ im Exsultet der Osternacht (ebd. [72]f.) oder in der Magnificat-Antiphon der Zweiten Vesper von Weihnachten „Hodie Christus natus est“/ „Heute ist Christus geboren“ (Stundenbuch I, 198). <?page no="24"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 12 SC 102: „Indem sie [die Kirche; A.Z.] so die Mysterien der Erlösung feiert, erschließt sie die Reichtümer der Machterweise und der Verdienste ihres Herrn, so daß sie jederzeit gewissermaßen gegenwärtig gemacht werden und die Gläubigen mit ihnen in Berührung kommen und mit der Gnade des Heiles erfüllt werden.“ Im Folgenden gilt es, speziell für die liturgische Schriftverkündigung näher zu bestimmen, was es heißt, dass durch sie göttliche Machterweise „gewissermaßen gegenwärtig gemacht werden“, sodass „die Gläubigen mit ihnen in Berührung kommen“ können. Obwohl die vorliegende Studie konkret am Wortgottesdienst der Messe interessiert ist, werden in Teil A dessen spezifische rituelle Gestalt (Teil C) und seine Kombination mit der Eucharistiefeier innerhalb „eine[s] einzigen Kultakt[s]“ (SC 56) (Teil B) vorläufig noch weitgehend zurückgestellt. Gefragt wird zunächst in einem allgemeineren Sinn nach der Bedeutung des anamnetischen Charakters liturgischer Schriftverkündigung; die Ausführungen dieses Teils lassen sich folglich mutatis mutandis auch auf andere Formen von Wortgottesdiensten beziehen, sei es auf den Verkündigungsteil sakramentlicher Feiern, eigenständige Wort-Gottes-Feiern oder auch auf die Verkündigung im Rahmen der Tagzeitenliturgie. 18 In seiner Typologie liturgischer Schriftverkündigung unterscheidet Paul F. Bradshaw vier Grundmodelle des Wortgottesdienstes, die in der Praxis freilich in der Regel in Mischformen existieren: 19 Der didaktische Wortgottesdienst will die Hörer mit der Bibel als solcher vertraut machen und mit ihrer Hilfe auf deren Haltungen einwirken, während der kerygmatische oder anamnetische Wortgottesdienst diejenigen Schriftstellen ins Zentrum rückt, die den Anlass der jeweiligen Feier beleuchten und insofern den Gottesdienst überhaupt erst motivieren. Der parakletische Wortgottesdienst wiederum spricht in eine bestimmte pastorale Situation hinein, im Blick auf deren besondere Erfordernisse, z.B. im Rahmen von Kasualliturgien, die verkündeten Perikopen gewählt sind. Der doxologische Wortgottesdienst hingegen zielt weniger auf die Bedürfnisse der Hörer als auf die Verherrlichung Gottes, weswegen die Lesungen auch in einer den Hörern unverständlichen Sprache vorgetragen werden können. Die Typologie Bradshaws scheint in ihrer Bestimmung des anamnetischen Wortgottesdienstes recht eng zu sein: Die von ihm angeführten Beispiele 20 18 Dies betrifft vor allem die längeren Lesungen, wie sie traditionell der Vigil/ Lesehore zugeordnet sind. Den Capitula der Tageshoren hingegen eignet nur bedingt der Charakter der Schriftverkündigung; vgl. H ÄUSSLING , Die Bibel 96: „die Kurzlesung, […] oft nur ein einziger Satz, hat eher die Funktion einer ‚Parole‘, die Konnotationen aufruft und deshalb mehr sagt, als die knappen Worte direkt anzeigen“. Eine Besonderheit stellt auch die Psalmodie des Stundengebets dar, bei der es sich nicht um Verkündigung, sondern um Schriftmeditation handelt. Für diese können jedoch die Vergegenwärtigung betreffend teilweise ähnliche Gesichtspunkte geltend gemacht werden; vgl. H ÄUSSLING , Psalmen. 19 B RADSHAW , Use of the Bible 36-43. 20 Vgl. ebd. 39f. <?page no="25"?> Kulturelles Gedächtnis und öffentliche Proklamation 13 (Jerusalemer Auferstehungsvigil, 21 Morgen- und Abendpsalmen des spätantiken Kathedraloffiziums sowie die Feiern des sich ab dem vierten Jahrhundert zunächst in Jerusalem „apte diei et loco“ 22 entfaltenden Kirchenjahrs) beziehen sich auf die ausdrückliche Thematisierung der die Feier jeweils veranlassenden Gehalte. Dem entspricht seine Einschätzung, dem anamnetischen Wortgottesdienst sei eher die lectio selecta, also die anlassbezogene Auswahllesung, zuzuordnen als die lectio continua, die fortlaufende Lesung eines biblischen Buches. 23 - Gegenüber dieser Definition, die eine Engführung der anamnetischen Schriftlesung primär auf die Feste bedingen könnte, betont Reinhard Meßner zu Recht, dass der Wortgottesdienst der Messe per se „jedenfalls primär“ dem anamnetischen Typ zuzurechnen sei, insofern er „dem Gedächtnis des geschichtlichen Ursprungs, aus dem die feiernde Gemeinde lebt“ 24 , diene. 25 Dies gelte auch für die ungeprägten Zeiten des Kirchenjahres mit der im Ordo Lectionum Missae vorgesehenen Bahnlesung eines Evangeliums, die „als die über einen längeren Zeitraum gestreckte anamnetische Repräsentation des gesamten im Evangelium erzählten Geschehens“ 26 zu verstehen sei. Offen bleibt damit vorläufig jedoch immer noch die Frage, inwieweit etwa auch vom anamnetischen Charakter der alttestamentlichen Lesungen an den Sonntagen im Jahreskreis gesprochen werden kann. Unbeschadet der vom Konzil und ebenso in der Pastoralen Einführung in das Messlektionar verschiedentlich betonten didaktischen Komponente 27 besitzt die Schriftverkündigung im Wortgottesdienst der Messe nach Ausweis der kirchenoffiziellen Selbstinterpretation wesentlich vergegenwärtigenden Charakter. 28 Das Messlektionar unterstreicht, das „im Gottesdienst fortwährend verkündete Wort Gottes“ sei „durch die Kraft des Heiligen Geistes immer lebendig und wirksam“ (PEM 4): „Durch das Wort Gottes wird das Heilswerk unaufhörlich gegenwärtiggesetzt und fortgeführt und findet im gottesdienstlichen Tun sogar erst seinen vollen 21 Von der einschlägigen Studie zum Jerusalemer Kathedraloffizium bezieht Bradshaw auch den Begriff des ‚kerygmatischen Wortgottesdienstes‘: vgl. R. Z ERFASS , Schriftlesung 37f. 22 Vgl. Egeria, Itinerarium 31,1; 36,1 (FC 20,258.268 Röwekamp) u.ö. 23 B RADSHAW , Use of the Bible 41. 24 M ESSNER , Wortgottesdienst 172. 25 Vgl. auch die Kritik an der die Anamnese mit anderen Funktionen gleichstellenden Typisierung Bradshaws bei K RANEMANN , Wort Gottes 172. Zur primär anamnetischen Dimension liturgischer Schriftverkündigung vgl. ferner B ÄRSCH , Spuren 132. 26 M ESSNER , Wortgottesdienst 178 Anm. 23. Dies setze allerdings voraus, „(was in der geltenden Leseordnung nicht immer der Fall ist), dass in jeder Einzelperikope etwas vom Ganzen des Evangeliums aufscheinen sollte“ (ebd.). 27 Vgl. v.a. SC 33; PEM 10.61. 28 Zu Recht weist K RANEMANN , Wort Gottes 171, darauf hin, dass die vordergründige Betonung „bibelkatechetische[r] Anliegen“ in SC 51 und 92 im Zusammenhang der liturgietheologischen Grundlegung im ersten Kapitel der Liturgiekonstitution (namentlich vor allem SC 7) gelesen werden muss. <?page no="26"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 14 Ausdruck. So wird der Gottesdienst zur dauernden, vollen und wirksamen Verkündigung des Wortes Gottes“ (ebd.). Das verkündete Wort Gottes zählt mithin zu den Elementen, durch die in der Liturgie „das Mysterium Christi vergegenwärtigt und in je eigener Weise ständig weitergeführt“ wird (PEM 5), sodass die „wunderbaren Taten, die Gott einst auf vielfältige Weise in der Heilsgeschichte gewirkt hat, […] unter den Zeichen gottesdienstlichen Feierns geheimnisvoll, aber wirklich gegenwärtig“ werden (PEM 7). Wie aber ist nun diese Vergegenwärtigung von Heilsgeschichte via Schriftlesung zu verstehen? Zu den wenigen Fällen, in denen die Liturgie dieses Verständnis in ihren offiziellen Texten mit unmittelbarem Bezug auf die Schriftlesung ausdrücklich macht, 29 zählen die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht. Um die Fragestellung nach der Bedeutung der Anamnese für die Hermeneutik der liturgischen Schriftverkündigung zu präzisieren, ohne dabei im luftleeren Raum systematisieren zu müssen, bieten diese Orationen wertvolle Anhaltspunkte. Hierfür ist zu untersuchen, auf welchen Ebenen und in welchen Formen sie die zuvor proklamierte alttestamentliche Heilsgeschichte auf die Gegenwart der liturgischen Feier beziehen. Die dabei sich ergebenden Gesichtspunkte lassen sich modellhaft auf andere Kontexte liturgischer Schriftverkündigung - so auch auf den Wortgottesdienst der Messe - übertragen. Dass die Orationen gerade alttestamentlichen Perikopen zugeordnet sind, ermöglicht zugleich, die bei der oben erwähnten Korrektur Meßners am Konzept Bradshaws offen gebliebene Problematik im Verständnis der alttestamentlichen Verkündigung einzuholen. 29 Zu weiteren Beispielen vgl. B AUMGARTNER , Wort 169-171. <?page no="27"?> Die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht 15 2. Die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht als Paradigmen für den anamnetischen Charakter liturgischer Schriftverkündigung Das Erkenntnisinteresse an den Vigilorationen der Osternacht richtet sich im Zusammenhang der vorliegenden Untersuchung darauf, dass sie im Modus liturgischer Gebetssprache ausdrücklich die Relation der Zeitebenen zwischen der in der jeweils vorangehenden Lesung konkret verkündigten Heilsgeschichte und der Gegenwart der gottesdienstlichen Feier herstellen. Unberücksichtigt bleiben daher jene Orationen, die in der geltenden liturgischen Ordnung nicht mit derjenigen (oder zumindest einer solchen) Lesung verbunden sind, auf die (bzw. deren Inhalt) 30 hin sie - in Anbetracht überlieferungsgeschichtlicher wie textanalytischer Gesichtspunkte - ursprünglich komponiert wurden. Die Oration nach der vierten Lesung (Jes 54,4a.5-14) Omnipotens sempiterne Deus, multiplica in honorem nominis tui war bis zu den Reformen Pius’ XII. mit der traditionellen Lesung Jes 54,17-55,11 verknüpft gewesen, könnte aber ursprünglich „eher zu einer Lesung über die Nachkommenschaftsverheißung an die Erzväter gehört haben“ 31 . Der ungefähr der alten Jesaja-Perikope entsprechenden fünften Lesung (Jes 55,1-11) ist heute die Oration Omnipotens sempiterne Deus, spes unica mundi zugeordnet, die in der römischen Tradition bis 1951 auf die abschließende Lesung von den drei Jünglingen im Feuerofen (Dan 3,1-24) gefolgt war und in ihrem Schriftbezug, wie bereits diese Zuordnung zu zwei sehr unterschiedlichen Texten zeigt, „unspezifisch“ 32 ist. Die Oration nach der sechsten Lesung (Bar 3,9-15.32-4,4) Deus, qui Ecclesiam tuam war zwar auch vor den Reformen des 20. Jahrhunderts mit der damals etwas abweichend perikopierten Baruch-Lesung verbunden (Bar 3,9-38). Die ältesten Zeugnisse für dieses Gebet aus der gregorianischen Sakramentartradition weisen es jedoch Jes 54-55 zu, 33 wobei Lohfink aufgrund motivischer und lexikalischer Indizien eine anfängliche Verbindung mit Jes 4 postuliert. 34 Auch die Orationen zur siebten Lesung (Ez 36,16- 17a.18-28) wurden im Zuge der jüngsten Liturgiereform umgewidmet: Deus, incommutabilis virtus et lumen aeternum hatte traditionell zur Sintflutperikope gehört, 35 mit der das Gebet auch inhaltlich eng verwoben ist; 36 Deus, qui nos ad celebrandum paschale sacramentum war mit der traditionellen römischen Ezechiel-Lesung (Ez 37,1-14) verbunden gewesen, kann aber dem Inhalt nach 30 Die beiden in Klammern formulierten Kautelen beziehen sich auf die Oration Omnipotens sempiterne Deus, qui es in omnium; vgl. dazu unten S. 16. 31 L OHFINK , Die traditionellen Orationen 153. 32 Ebd. 155. 33 Vgl. S CHMIDT , Hebdomada sancta II, 828f.; W ARD , The orations after the readings 491. 34 Vgl. L OHFINK , Die traditionellen Orationen 156. 35 Im Altgelasianum jedoch gehörte die Oration zur ersten Lesung (Schöpfungsgeschichte): vgl. S CHMIDT , Hebdomada sancta II, 828; C HAVASSE , Le sacramentaire gélasien 118; W ARD , The orations after the readings 494f. 36 Vgl. L OHFINK , Die traditionellen Orationen 157-159. <?page no="28"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 16 „keinem bestimmten biblischen Text zugeordnet werden“ 37 ; die erste editio typica des neuen Missale Romanum hatte als weiteres Alternativgebet Omnipotens sempiterne Deus, adesto magnae pietatis tuae sacramentis angeboten, das in den folgenden editiones typicae aber wie vor der Reform wieder dem Taufritus zugeschlagen wird. 38 - So bleiben für unsere Untersuchung fünf Orationen, die den ersten drei Lesungen zugewiesen sind. 2.1 Die Oration Omnipotens sempiterne Deus, qui es in omnium nach der ersten Lesung: In der Gegenwart von Schöpfung und Erlösung „Omnipotens sempiterne Deus, qui es in omnium operum tuorum dispensatione mirabilis, intellegant redempti tui, non fuisse excellentius, quod initio factus est mundus, quam quod in fine saeculorum Pascha nostrum immolatus est Christus. Qui vivit et regnat in saecula saeculorum.“ 39 „Allmächtiger Gott, du bist wunderbar in allem, was du tust. Laß deine Erlösten erkennen, daß deine Schöpfung groß ist, doch größer noch das Werk der Erlösung, die du uns in der Fülle der Zeit geschenkt hast durch den Tod des Osterlammes, unseres Herrn Jesus Christus, der mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit.“ 40 Die Oration ist, mit einer minimalen Abweichung des Satzbaus in der relativischen Prädikation, bereits im Altgelasianum enthalten und dort der Sintflutperikope zugeordnet. Seit den Junggelasiana und bis zur Reform der Osternachtliturgie unter Pius XII. im Jahr 1951 war sie mit der Lesung aus Ex 12 verbunden, 41 was inhaltlich durch die im Zitat aus 1 Kor 5,7 42 enthaltene Pascha-Typologie legitimiert war. Nachdem Ex 12 im erneuerten Messbuch nicht mehr in der Osternacht gelesen wird, hat man die Oration jetzt der Schöpfungserzählung zugewiesen, wodurch der andere der beiden in der Oration ausdrücklich angesprochenen heilsgeschichtlichen Pole stark gemacht wird. 43 37 Ebd. 159. 38 Vgl. W ARD , The orations after the readings 504. 39 Missale Romanum 2002 (2008), 357. Da der Wortlaut der Orationen im deutschen Messbuch in wichtigen Details von den lateinischen Fassungen abweicht, wird hier und in der Folge neben dem liturgischen Text im Haupttext jeweils in den Fußnoten eine wörtliche Arbeitsübersetzung des lateinischen Gebetes geboten: „Allmächtiger ewiger Gott, der du in der Verteilung aller deiner Werke wunderbar bist, erkennen mögen deine Erlösten, dass es nicht großartiger war, dass am Anfang die Welt geschaffen wurde, als dass am Ende der Zeiten als unser Paschalamm geopfert wurde Christus, der lebt und herrscht in Ewigkeit.“ 40 Meßbuch 1975, [87]. 41 Vgl. S CHMIDT , Hebdomada sancta II, 828; W ARD , The orations after the readings 469. 42 Zu Recht weist W ARD , The orations after the readings 470, darauf hin, dass das fast wörtliche Schriftzitat für den römischen Orationsstil eher ungewöhnlich ist. 43 Vgl. L OHFINK , Die traditionellen Orationen 141. <?page no="29"?> Die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht 17 Der wie üblich auf die Anaklese folgende Relativsatz, der die Anrede Gottes durch das Gedächtnis seiner Heilstaten inhaltlich füllt, ist in dieser Oration ebenso lapidar wie gehaltvoll. 44 Dass Gott in der ‚Verteilung‘ („dispensatio“) seiner Werke wunderbar sei, kann auf zwei Ebenen verstanden werden. Insbesondere im Zusammenhang der Lesung von Gen 1,1-2,2 bietet sich zunächst ein Bezug auf die Schöpfungswerke an, deren lebensdienliche Ordnung ja gerade das Thema des priesterschriftlichen Schöpfungsberichts ist. 45 Der Gegenwartsbezug dieser Lesart liegt auf der Hand, insofern auch die feiernde Gemeinde Teil und Nutznießerin dieser guten Schöpfungsordnung ist. 46 Jedoch zeigt die epikletische Wendung, dass das Gebet nicht beim Lobpreis der Schöpfung stehenbleibt, sondern gegen die mögliche Einseitigkeit „einer überwältigenden Schöpfungsfrömmigkeit“ 47 die Größe des österlichen Heilsereignisses in Anschlag bringt 48 und Gott um eine entsprechende Einsicht seitens der „Erlösten“ - im liturgischen Kontext dürfte damit primär an die Täuflinge der Osternacht gedacht sein 49 - bittet. Damit kommt ein zweites Verständnis von „omnium operum tuorum“ in den Blick, das den Ausdruck auf die göttlichen Taten in der zeitlich erstreckten Heilsgeschichte bezieht. In der Tat ist „dispensatio“ auch „ein Kirchenväterterminus für die periodisierte Heilsgeschichte“. 50 Vor diesem Hintergrund gilt es, das Zeitkonzept der Oration näher zu bestimmen, insbesondere im Hinblick auf die Frage, welchen Ort sie den Beterinnen und Betern der aktuellen liturgischen Feier zuweist. Die formelhaften Rahmenwendungen des Gebets zeigen sich in diesem Zusammenhang als ausgesprochen sinntragend; dies gilt sowohl für „sempiterne“ in der Anaklese als auch für „vivit […] in saecula saeculorum“ in der Schlussformel. „Die Anrede Gottes und die Gottesprädikation sind auf dem Gegensatz ‚Ewigkeit‘ - ‚Zeit‘ aufgebaut. Gott ist sempiternus“ 51 , doch sein heilschaffendes Wirken entfaltet sich in die Zeit hinein. Als äußere Eckpunkte, zwischen denen diese allumfassende „dispensatio“ ausgespannt ist, benennt 44 Leider transportiert die deutsche Übersetzung dieses Gewicht nicht und banalisiert die Aussage. 45 Vgl. K EHL , Und Gott sah 115-125. 46 Auch dies entspricht unmittelbar der Aussageintention des biblischen Textes, der nicht als historischer Bericht, sondern als Interpretament der gegenwärtig vorfindlichen Welt verstanden werden will. 47 L OHFINK , Die traditionellen Orationen 141. 48 Allerdings wird im lateinischen Original anders als in der deutschen Fassung nicht gesagt, die Hingabe des wahren Paschalammes übersteige in ihrer Größe die Schöpfung; vielmehr wird lediglich betont, das Gegenteil sei nicht der Fall. 49 Vgl. L OHFINK , Die traditionellen Orationen 141. 50 Ebd. Vgl. Alfred G UDEMAN , Art. dispensatio, in: TLL 5,1,2 (1934), 1397-1399, hier 1397: „apud E CCL . de divina dispositione, providentia, consilio, ratione plerumque ad hominum redemptionem salutemque spectante, i. q. ordo dei, οἰκονομία“. Vgl. ferner L ANG , Anklänge an Orationen (1967/ 68), 10-52, der schwerpunktmäßig den Wortgebrauch bei Leo dem Großen untersucht, den er aufgrund lexikalischer, konzeptioneller und sprachlich-stilistischer Beobachtungen für den Verfasser der Oration hält (vgl. zusammenfassend ebd. 104-106.114-116). 51 L OHFINK , Die traditionellen Orationen 141. <?page no="30"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 18 die Epiklese die Schöpfung und die Erlösung durch Christus, das am Kreuz geopferte Paschalamm. Die damit verbundene Antithese von „initio“ und „in fine saeculorum“ scheint diese Ereignisse als Anfang und Ende der Heilsgeschichte zu markieren, die aber nach Ausweis der Schlussformel („in saecula saeculorum“) nicht einfachhin abgeschlossen ist: „Die dispensatio genannte Zeit, […] die aus saecula ‚Zeiträumen, Epochen‘ besteht, läuft nach ihrem ‚Ende‘ also weiter.“ 52 Lohfink identifiziert die Junktur „in fine saeculorum“ als Anspielung auf 1 Kor 10,11, die einzige Stelle der Vulgata, wo die Begriffe in dieser Verbindung vorkommen: 53 „haec autem omnia in figura contingebant illis scripta sunt autem ad correptionem nostram in quos fines saeculorum devenerunt“ Damit wird zum einen die im Kontext der Zitatstelle (1 Kor 10,1-10) entfaltete typologische Exegese der Wüstenwanderung ins Spiel gebracht, die die Widerfahrnisse der Exodusgeneration (Wolke und Durchzug durch das Schilfmeer; Manna und Wasser aus dem Felsen) als Typoi von Taufe und Eucharistie deutet, mithin jenes Initiationsgeschehens, das sich in der Osternacht vollzieht. Zum anderen werden bei Paulus die Adressaten des Briefes als Zeitgenossen des Eschaton identifiziert, was durch die Aneignung dieser Redeweise in einer Oration, die 2000 Jahre nach dem Christusereignis gesprochen wird, auf die Jetztzeit übertragen wird. Die Gemeinde, in deren Namen das Gebet formuliert ist, befindet sich in der paradoxen Spannung zwischen der die Geschichte an ihr Ziel bringenden Erlösungstat Christi, dem nicht mehr überschreitbaren ‚finis saeculorum‘, und der fortdauernden Zeiterfahrung. Insofern sich im historischen Ereignis der Selbsthingabe Christi am Kreuz („immolatus est“) und seiner Auferstehung („qui vivit“) das Ende der Zeit, die eschatologische Vollendung, vorweg ereignet hat - wie man den biblisch-euchologischen Befund mit Wolfhart Pannenberg auf den Begriff bringen könnte -, 54 kann kein folgender Zeitpunkt ‚zu spät‘, da es als historisches Ereignis in der Vergangenheit liegt, ebenso wenig aber auch ‚zu früh‘ sein, um mit ihm gleichzeitig zu sein. 55 Vielmehr lebt jede christliche Generation in den paulinischen „fines saeculorum“, in der Überlagerung von altem und neuem Äon. Was die Vergegenwärtigung der in der Lesung verkündigten Heilsgeschichte betrifft, so lässt sich auf der Basis der Oration zusammenfassend festhalten: 52 Ebd. 142. 53 Vgl. ebd. 54 Vgl. P ANNENBERG , Dogmatische Thesen 103. 55 Vgl. W AHLE , Gottes-Gedenken 405 Anm. 1463: „Im Gegensatz zum Passions-Ereignis entzieht sich das Auferstehungsgeschehen dem Raum-Zeit-Gefüge, so dass die Auferstehung als ‚transhistorisches‘ Geschehen nicht Vergangenheit werden kann und der Auferstandene der Gegenwart als der Erhöhte verbunden bleibt. Im Auferstehungsglauben liegen der Kern und die Voraussetzung liturgischer Anamnese“ (Hervorhebung im Original). <?page no="31"?> Die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht 19 a) Hinsichtlich der Lesung der Schöpfungsgeschichte, mit der die Oration heute verknüpft ist und auf die sie inhaltlich Bezug nimmt: Die Perikope beansprucht schon im Sinne historisch-kritischer Exegese nicht, über Vergangenes zu berichten, sondern Gegenwärtiges zu deuten. Die Ordnung der Schöpfung, in der sich die feiernde Gemeinde vorfindet, ist bleibend Ergebnis der wunderbaren, dem Leben dienlichen „dispensatio“ Gottes. Die Lesung proklamiert also mit dem uranfänglichen Heilswirken Gottes einen Zustand, der die Hörerinnen und Hörer unmittelbar betrifft. b) Hinsichtlich der Lesung aus Ex 12, mit der die Oration über weite Strecken der Liturgiegeschichte verbunden gewesen war und deren Erzählstoff sie mit Paulus für eine christologische Typologie heranzieht: Das aus der Knechtschaft befreiende und vor dem Tode verschonende Handeln Gottes, von dem die Exodusperikope paradigmatisch erzählt, findet im Kreuz Christi seine eschatologische Erfüllung, der die liturgische Feier je neu gegenwärtig bleibt, insofern sie in die Zeit der „fines saeculorum“ fällt. c) Die sakramentliche Dimension der Vergegenwärtigung der verkündigten Heilsgeschichte im Sinne einer ausdrücklichen Bezugnahme auf liturgische Zeichenhandlungen, wie sie in der Mehrzahl der nachfolgend zu besprechenden Orationen eine gewichtige Rolle spielt, bleibt in der vorliegenden Oration unausgesprochen, wird aber im Begriff „redempti“ und in der Anspielung auf 1 Kor 10 zumindest andeutungsweise in Anspruch genommen. Dies dürfte in der Wahrnehmung der Mitfeiernden insbesondere bei der im Altgelasianum bezeugten Kombination des Gebets mit der tauftypologisch hocheinschlägigen Sintflutperikope virulent gewesen sein, wobei der Umstand, dass der Wortlaut des Gebets überhaupt nicht auf diese verweist, deutlich dafür spricht, dass es sich hierbei, wiewohl am frühesten belegt, um eine historisch sekundäre Zuweisung handelt. <?page no="32"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 20 2.2 Die Oration Deus, qui mirabiliter creasti nach der ersten Lesung: Die Urgeschichte als Bild und Gegenbild „Deus, qui mirabiliter creasti hominem et mirabilius redemisti, da nobis, quaesumus, contra oblectamenta peccati mentis ratione persistere, ut mereamur ad aeterna gaudia pervenire. Per Christum Dominum nostrum.“ 56 „Allmächtiger Gott, du hast den Menschen wunderbar erschaffen und noch wunderbarer erlöst. Hilf uns, den Verlockungen der Sünde durch die Kraft des Geistes zu widerstehen, damit wir zu den ewigen Freuden gelangen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.“ 57 Die Oration entstammt der gregorianischen Sakramentartradition und wurde im späten 8. Jahrhundert auch in die gelasianischen Sakramentare übernommen. 58 Stets war sie wie noch heute mit der ersten Lesung (Schöpfungsgeschichte) verbunden. Ihr Inhalt mit der Betonung der die Schöpfung übertreffenden Erlösung in der relativischen Prädikation 59 - was die Erlösungsbedürftigkeit der Schöpfung impliziert -, vor allem aber mit dem Thema der Verlockung durch die Sünde in der Epiklese könnte darauf hindeuten, dass die Oration einen Zuschnitt der Lesung reflektiert, der auch die Erzählung vom Sündenfall (Gen 3) einschloss. 60 Für Jerusalem ist eine solche Perikopierung durch die armenischen und georgischen Lektionare bezeugt. 61 Im Westen ist die Lektüre von Gen 3 für Spanien 62 und Gallien 63 belegt. 56 Missale Romanum 2002 (2008), 357. Wörtliche Arbeitsübersetzung: „Gott, der du wunderbar den Menschen erschaffen und noch wunderbarer erlöst hast, gib, dass wir, so bitten wir, den Verlockungen der Sünde durch die Kraft der Vernunft widerstehen, sodass wir verdienen, zu den ewigen Freuden zu gelangen. Durch Christus, unseren Herrn.“ 57 Meßbuch 1975, [87]. 58 Vgl. S CHMIDT , Hebdomada sancta II, 828-831; W ARD , The orations after the readings 471f. 59 Ganz ähnlich das Tagesgebet der weihnachtlichen missa in die; vgl. dazu W ARD , The orations after the readings 472-474 (ebd. 474f. zu weiteren Parallelen in der römischen Euchologie). 60 Ähnliches könnte für das Exsultet mit seiner Rede von der „felix culpa“ geltend gemacht werden. Für diesen Hinweis danke ich Clemens Leonhard, Münster. 61 Vgl. B AUMSTARK , Nichtevangelische syrische Perikopenordnungen 164; M ESSIE , Lectio nocturna 37f.; M AC G REGOR , The Lections 23.27. 62 Gen 1-3 ist hier in zwei Lesungen geteilt: 1,1-2,6; 2,7-3,24. Vgl. R OSE , La signification 270; Liber Commicus (ed. Pérez de Urbel u.a.) II, 355-361. 63 Zu den im Lektionar von Luxeuil fehlenden ersten beiden Lesungen der Osternacht schreibt R OSE , La signification 269 Anm. 20: „Il s’agit sans doute de lectures des premiers chapitres de la Genèse.“ Bei den Lesungen 3-7 handelt es sich um in biblischer Folge gereihte Texte aus den Büchern Genesis und Exodus, die in anderer Reihenfolge und teils leicht abweichend perikopiert sämtlich auch im spanischen System vorkommen (vgl. ebd. 269f.). Der Anfang der dritten Lesung (Sintflut) fehlt; vermutlich entsprach sie ungefähr der spanischen Perikope Gen 5,31-8,21, zumindest endet sie mit demselben Vers. All dies spricht dafür, dass die Lesungen 1 und 2 wie in Spanien Gen 1-3 umfassten, <?page no="33"?> Die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht 21 Inhaltlich ist die Oration ein Musterbeispiel für die anamnetischepikletische Struktur liturgischen Betens: Das Gedenken der Heilstaten Gottes seitens der Menschen (Anamnese) zielt auf das Gedenken Gottes (Epiklese), 64 das heißt nach biblischem Verständnis „seine handelnd-helfende Zuwendung zum Menschen“ 65 . Den entsprechenden Gebrauch der Wurzel zkr im Alten Testament 66 kann folgende göttliche Selbstaussage aus der Exoduserzählung verdeutlichen (Ex 6,5f.): „Ferner habe ich gehört, wie die Israeliten darüber stöhnen, dass die Ägypter sie wie Sklaven behandeln. Da habe ich meines Bundes gedacht (רֺכְּ ז ֶ אָ ו י ִ תי ִ ר ְ בּ־ת ֶ א), und deshalb sag zu den Israeliten: Ich bin Jahwe. Ich führe euch aus dem Frondienst für die Ägypter heraus und rette euch aus der Sklaverei. Ich erlöse euch mit hoch erhobenem Arm und durch ein gewaltiges Strafgericht über sie.“ Auf solches Gedenken Gottes, in dem sein rettendes Eingreifen bereits beschlossen liegt, ist die Logik liturgischen Betens abgestellt; sie appelliert an den treuen Gott, der heute und in Zukunft so handelt, wie er einst gehandelt hat. Die Epiklese der Osternachtoration Deus, qui mirabiliter creasti nimmt auf dieser Linie den uranfänglichen Schöpfungswillen Gottes ebenso in Anspruch wie sein eschatologisches Erlösungshandeln im Christusereignis. Gebeten wird um die Befähigung, kraft der Schöpfungsgabe der Vernunft („mentis ratione“) 67 der Versuchung durch die Sünde widerstehen zu können, um der Erlösung - konkret bedeutet dies im Horizont von Gen 1-3: der Rückkehr ins Paradies („aeterna gaudia“) - teilhaftig zu werden. Die Erlösung von der Macht der Sünde und der schöpfungsgemäße Gebrauch der Gottesgaben werden also in eins gesehen; 68 die in der Anamnese betonte Überlegenheit der Erlösung besteht darin, dass auch der moralisch ambivalente Gebrauch der Freiheit, wie er als Möglichkeit in der Schöpfungsordnung angelegt ist, geheilt wird. Die der Oration vorangehende Lesung aus dem Buch Genesis proklamiert, wenn wie oben vermutet der ursprünglichen Intention nach ein Umfang von aufgeteilt in zwei Lesungen. Zum gleichen Ergebnis gelangt D OLD , Das älteste Liturgiebuch XXVIIf.1-4, ausgehend von dem fragmentarisch rekonstruierbaren Lektionar- Palimpsest aus Wolfenbüttel. 64 Vgl. W AHLE , Gottes-Gedenken 350-352.387-390; E BENBAUER , Mehr als ein Gespräch 99- 106. 65 J ANOWSKI , Schöpferische Erinnerung 65. 66 Vgl. N USSBAUM , Eucharistiefeier 71-74; F ABRY , Gedenken; G ÜNTNER , Das Gedenken des Erhöhten 25-32; W ENTZ , Herr, gedenke deines Bundes 205-211; O. R ICHTER , Anamnesis 183-195; W AHLE , Gottes-Gedenken 79-85. 67 Die deutsche Übersetzung „durch die Kraft des Geistes“ lädt aufgrund der Mehrdeutigkeit des deutschen Wortes „Geist“ zu dem pneumatologischen Missverständnis ein, gemeint sei damit der Beistand des Heiligen Geistes. Das ist zwar in der Sache nicht falsch, verdunkelt aber den schöpfungstheologischen Skopus der Aussage. 68 Vgl. L OHFINK , Die traditionellen Orationen 145: Es geht um „ein Durchhalten in der neuen Existenz aus dem Vermögen der wieder zu sich selbst gekommenen Vernunft, das auf andere, zukünftige Freuden ausgerichtet ist.“ <?page no="34"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 22 drei Kapiteln vorausgesetzt werden darf, die wunderbare Erschaffung des geistbegabten und darin allen Tieren überlegenen Menschen als Abbild Gottes (Gen 1,26f.) sowie seine von Gott gewollte Verortung im Garten Eden (Gen 2,8), die er jedoch durch die Überschreitung des göttlichen Gebotes verspielt hat (Gen 3,23f.). Die Verkündigung von Schöpfung und Sündenfall erhellt damit nach Ausweis der Oration insofern unmittelbar die heilsgeschichtliche Situation der feiernden Gemeinde, als sie die Größe der conditio humana als Bestandteil der Schöpfungsordnung preist, gleichzeitig aber ihre Fragilität angesichts der Versuchung durch die Sünde benennt. Der erlösungsbedürftige Mensch kann sein Heil in Christus ergreifen, indem er seiner schöpfungsgemäßen Bestimmung gerecht wird (Gen 1 als Zusage) und, anders als die Ureltern, den „oblectamenta peccati“ widersteht (Gen 3 als mahnendes Gegenbild). 2.3 Die Oration Deus, Pater summe fidelium nach der zweiten Lesung: „Erben kraft der Verheißung“ (Gal 3,29) „Deus, Pater summe fidelium, qui promissionis tuae filios diffusa adoptionis gratia in toto terrarum orbe multiplicas, et per paschale sacramentum Abraham puerum tuum universarum, sicut iurasti, gentium efficis patrem, da populis tuis digne ad gratiam tuae vocationis intrare. Per Christum Dominum nostrum.“ 69 „Gott, du Vater aller Gläubigen, durch deine Gnade mehrst du auf dem ganzen Erdenrund die Kinder deiner Verheißung. Durch das österliche Sakrament der Taufe erfüllst du den Eid, den du Abraham geschworen hast, und machst ihn zum Vater aller Völker. Gib allen, die du zu deinem Volk berufen hast, die Gnade, diesem Ruf zu folgen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.“ 70 Die Oration findet sich mit zwei Varianten der Wortstellung in der Anaklese bzw. zu Beginn der relativischen Prädikation zuerst im Altgelasianum, nicht jedoch im gregorianischen Sakramentar. 71 Über das Supplementum Anianense wurde sie in den Hauptstrom der mittelalterlichen Überlieferung eingespeist. 69 Missale Romanum 2002 (2008), 357. Wörtliche Arbeitsübersetzung: „Gott, höchster Vater der Gläubigen, der du die Kinder deiner Verheißung durch die Ausgießung der Gnade der Adoption auf dem ganzen Erdkreis mehrst und durch das Ostergeheimnis (das österliche Sakrament) Abraham, deinen Knecht, wie du geschworen hast, zum Vater aller Völker machst, gib deinen Völkern, würdig zur Gnade deines Rufes hinzuzutreten. Durch Christus, unseren Herrn.“ 70 Meßbuch 1975, [88]. 71 Diese Zugehörigkeit zur Presbyteralliturgie der Titelkirchen, nicht zur päpstlichen Stationsliturgie, ist (sofern diese traditionelle Zuweisung zutrifft; kritisch dazu v.a. C OE- BERGH , Sacramentaire) - ähnlich wie bei Omnipotens sempiterne Deus, qui es in omnium - nicht dazu angetan, die von L ANG , Anklänge an liturgische Texte 46-58.70-76.78f. (vgl. DERS ., Anklänge an Orationen [1962], 313-324), vertretene These einer Verfasserschaft Leos des Großen zu erhärten. <?page no="35"?> Die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht 23 Ihrem Inhalt entsprechend war sie durchgängig der Lesung von Gen 22 zugeordnet. 72 Mit großer Deutlichkeit gibt das Gebet zu erkennen, dass es die Vergegenwärtigung der in der Lesung verkündigten Heilsgeschichte primär auf der Ebene der im Rahmen der Osternacht gefeierten Taufe verortet. 73 Der anamnetische Abschnitt hebt ausdrücklich auf das „paschale sacramentum“ 74 ab, durch welches die Oration die Abrahamsverheißung zu ihrer vollen Weite gelangen sieht. Insofern lenkt das Gebet, wie Lohfink zu Recht bemerkt, den Fokus auf die Schlussverse der Perikope, wo der Segen der zahlreichen Nachkommenschaft Abrahams auf „alle Völker der Erde“ (Gen 22,18) ausgeweitet wird, und verwebt damit Züge aus den Verheißungen der vorangegangenen Kapitel. 75 In der Taufe werden die Christen durch Gottes Gnade ‚in Christus‘ Erben der Verheißung, werden als Glieder des Leibes Christi zu Kindern Gottes „adoptiert“ („adoptionis gratia“). 76 Die Epiklese der Oration macht deutlich: Die Verkündigung der in der Bindung Isaaks durch die äußerste Probe gegangenen Abrahamsverheißung proklamiert den auch in der Gegenwart offenstehenden Raum des göttlichen Segens, in den „alle Völker der Erde“ (Gen 22,18) eintreten können. Insofern sie dazu von Gott eingeladen sind, sind sie ‚seine Völker‘ („populis tuis“). Im Kontext der verkündigten Perikope gemahnt „tuae vocationis“ jedoch unmittelbar an den Ruf des Engels an Abraham (V. 15), in dem die Ausweitung der Nachkommenschaftsverheißung erfolgt war. 77 Es geht also nicht darum, als Glaubender in der Gegenwart mit Gottes Gnade dessen Anruf folgen zu können, wie die deutsche Fassung unter Missachtung der logischen Zusammen- 72 Vgl. S CHMIDT , Hebdomada sancta II, 828f.; W ARD , The orations after the readings 475- 477. 73 V ORGRIMLER , Zum theologischen Gehalt 36, erblickt darin eine unzulässige „sakramentale Engführung“. Diese Sicht reflektiert jedoch ihrerseits einen enggeführten Sakramentenbegriff, der der Liturgietheologie spätantiker Orationen nicht gerecht wird (vgl. die Ausführungen zum Begriff μυστήριον/ mysterium unten S. 46f.). 74 Ganz zu Recht besteht B RAULIK , Das Opfer Abrahams 156, darauf, dass sich die theologische Semantik von „paschale sacramentum“ nicht einfach in der Taufe erschöpft, wie die deutsche Übersetzung insinuiert. Doch zeigt die nach Art eines Parallelismus membrorum unmittelbar vorausgehende Rede von der Vermehrung der Kinder der Verheißung („promissionis tuae filios […] multiplicas“) im rituellen Zusammenhang der Osternachtliturgie deutlich, dass hier primär an die Taufe gedacht ist, die dem Leib Christi neue Glieder hinzufügt. 75 Vgl. L OHFINK , Die traditionellen Orationen 146. Bereits in der Anaklese klingt das Motiv des Glaubens an, das in Gen 15,6 grundgelegt ist und in Röm 4,16.23f. und Gal 3,7-9 auf die Christen appliziert wird. Das Motiv der Vaterschaft Abrahams („universarum […] gentium […] patrem“) basiert auf seiner Umnamung zum ‚Vater der Menge‘ in Gen 17,5, wobei die Oration in der Anaklese Gott als den ‚höchsten Vater der Gläubigen‘ und damit gewissermaßen letztlich als wahren ‚Abraham‘ herausstellt. 76 Vgl. besonders Röm 8,14-17; 9,8; Gal 3,26-4,7; Eph 1,5f. 77 Vgl. L OHFINK , Die traditionellen Orationen 148. <?page no="36"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 24 hänge übersetzt. 78 Vielmehr wird darum gebeten, sich der Anteilhabe an der Abraham zugerufenen Verheißung würdig zu erweisen - so wie dieser selbst in seinem gegen allen Anschein durchgehaltenen Vertrauen auf Gottes Zusage. 79 Dieser ‚Hinzutritt‘ („intrare“) der Völker ist gemäß Röm 11,25 letztlich eine eschatologische Wirklichkeit, geschieht jedoch dem anamnetischen Abschnitt der Oration zufolge sukzessive im österlichen Sakrament der Taufe. Nach altkirchlichem Modell findet dieser liturgische Vollzug parallel zu den Vigillesungen statt, sodass die Epiklese konkret als eine Art Fürbitte für die aktuellen Täuflinge zu verstehen ist. Sie sind die „aktuellen Repräsentanten“ der „dem Abraham verheißenen Völker“. 80 So wird die Gegenwart der liturgischen Feier durch die einst ergangene Abrahamsverheißung und ihre eschatologische Erfüllung qualifiziert. 2.4 Die Orationen Deus, cuius antiqua miracula und Deus, qui primis temporibus impleta miracula nach der dritten Lesung: Die Einheit der Heilsgeschichte „Deus, cuius antiqua miracula etiam nostris temporibus coruscare sentimus, dum, quod uni populo a persecutione Pharaonis liberando dexterae tuae potentia contulisti, id in salutem gentium per aquam regenerationis operaris, praesta, ut in Abrahae filios et in Israeliticam dignitatem totius mundi transeat plenitudo. Per Christum Dominum nostrum.“ 81 „Gott, deine uralten Wunder leuchten noch in unseren Tagen. Was einst dein mächtiger Arm an einem Volk getan hat, das tust du jetzt an allen Völkern: Einst hast du Israel aus der Knechtschaft des Pharao befreit und durch die Fluten des Roten Meeres geführt; nun aber führst du alle Völker durch das Wasser der Taufe zur Freiheit. Gib, daß alle Menschen Kinder Abrahams werden und zur Würde des auserwählten Volkes gelangen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.“ 82 78 Kritisch äußert sich zur die Zeitstruktur der Oration verunklärenden Übersetzung auch W AHLE , Paradigma oder Figura 170. 79 Vgl. H ENNIG , Zur Stellung Abrahams 360: „Die Verheißung an Abraham war die Frucht seines Gehorsams. Diese Frucht in der Reife der Gotteskindschaft verhieß das Osternachtsgebet den Täuflingen.“ 80 B RAULIK , Das Opfer Abrahams 161. 81 Missale Romanum 2002 (2008), 358. Wörtliche Arbeitsübersetzung (nach F RANZ - F UHRMANN - A. Z ERFASS , Einführung in die Liturgiewissenschaft 194): „Gott, dessen uralte Wundertaten wir auch in unserer Zeit aufblitzen sehen, da du das, was du einem Volk durch die Macht deiner Rechten zuteilwerden ließest, um es von der Verfolgung durch den Pharao zu befreien, zum Heil der Völker durch das Wasser der Wiedergeburt wirkst, gib, dass die Fülle der ganzen Welt zur Kindschaft Abrahams und zur Würde Israels übergehe. Durch Christus, unseren Herrn.“ 82 Meßbuch 1975, [88]. <?page no="37"?> Die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht 25 Im Zuge der jüngsten Liturgiereform wurde bei dieser Oration an zwei Stellen die Wortwahl leicht geändert. 83 Abgesehen von diesen minimalen Eingriffen lässt sich das stets mit Ex 14-15 verbundene Gebet durch die neuzeitlichen und mittelalterlichen Quellen schließlich über das Supplementum Anianense bis zum Altgelasianum zurückverfolgen. 84 Eine kürzere Fassung im gregorianischen Sakramentar wurde nicht rezipiert; 85 Chavasse hält diese gregorianische Version für älter 86 und interpretiert den gelasianischen Text als Ergebnis einer Anreicherung mit Material aus der Oration Deus, qui primis temporibus impleta miracula, 87 die im Altgelasianum - und bis zum Missale Romanum 1570 - der Pfingstvigil zugeordnet, 88 im heutigen Messbuch jedoch als alternative Osternachtoration vorgeschlagen ist. „Deus, qui primis temporibus impleta miracula novi testamenti luce reserasti, ut et Mare Rubrum forma sacri fontis exsisteret, et plebs a servitute liberata christiani populi sacramenta praeferret, da, ut omnes gentes, Israelis privilegium merito fidei consecutae, Spiritus tui participatione regenerentur. Per Christum Dominum nostrum.“ 89 „Herr, unser Gott, du hast uns durch das Licht des Neuen Bundes den Sinn der Wunder erschlossen, die du im Alten Bund gewirkt hast: Das Rote Meer ist ein Bild für das Wasser der Taufe; das befreite Volk Israel deutet hin auf das heilige Volk des Neuen Bundes. Gib, daß alle Menschen durch den Glauben an der Würde Israels teilhaben und im Heiligen Geist die Gnade der Wiedergeburt empfangen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.“ 90 In beiden Orationen geht es um die Verhältnisbestimmung verschiedener Zeitebenen. Bei Deus, cuius antiqua miracula werden die Heilstaten der normativen Ursprungszeit („antiqua miracula“), die in der Bibel kodifiziert sind, und die Gegenwart („nostris temporibus“) miteinander in Beziehung gesetzt. Ausdrücklich wird festgestellt, dass zu jenen ein Zugang über die sinnliche 83 Die Änderungen betreffen den anamnetischen Abschnitt: „nostris temporibus“ gegenüber „nostris saeculis“ bzw. „a persecutione Pharaonis“ gegenüber „a persecutione aegyptiaca“. 84 Vgl. S CHMIDT , Hebdomada sancta II, 828f.; W ARD , The orations after the readings 478f. 85 Vgl. W ARD , The orations after the readings 480. 86 Anders L ANG , Anklänge an Orationen (1962), 284, unter Verweis auf ältere Literatur. 87 Vgl. C HAVASSE , Le sacramentaire gélasien 121f. 88 Vgl. W ARD , The orations after the readings 482f. 89 Missale Romanum 2002 (2008), 358. Wörtliche Arbeitsübersetzung: „Gott, der du die am Anfang der Zeit vollbrachten Wundertaten im Licht des Neuen Bundes erschlossen hast, sodass das Rote Meer als Urbild der heiligen Quelle hervortritt und das aus der Knechtschaft befreite Volk die Geheimnisse (Sakramente) des christlichen Volkes vorab zum Ausdruck bringt, gib, dass alle Völker durch das Verdienst des Glaubens das Vorrecht Israels erlangen und durch die Teilhabe an deinem Geist wiedergeboren werden. Durch Christus, unseren Herrn.“ 90 Meßbuch 1975, [89]. <?page no="38"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 26 Wahrnehmung innerhalb der liturgischen Feier möglich ist („coruscare sentimus“). Konkret wird als sinnliches Element der Liturgie das Wasser benannt, das durch die Wendung „aquam regenerationis“ als das Taufwasser identifiziert wird. 91 Es besteht nämlich nach Aussage der Oration eine strikte Identität („id“ = „quod“) des göttlichen Heilshandelns („contulisti“, „operaris“) am Volk Israel (Exodus) 92 und an den Täuflingen. Kennzeichnend für das Gebet ist weiterhin seine Betonung einer der Heilsgeschichte innewohnenden Dynamik der Universalisierung: Was einst am auserwählten Volk geschah („uni populo“), vollzieht sich jetzt zum Heil der Völker („in salutem gentium“), um schließlich - der in der Epiklese ausgesprochenen Bitte zufolge - kosmisch ausgeweitet zu werden („totius mundi […] plenitudo“). Dabei bleibt alle Universalisierung des Heils gleichzeitig an die konkrete Erwählung Israels zurückgebunden, dessen Würde ausdrücklich Maßstab der Vollendung ist und bleibt. 93 Insofern bezieht sich die Oration ähnlich wie Deus, Pater summe fidelium 94 auf eine paulinische Tauftheologie, die auf die Kraft der Wurzel abhebt (Röm 11,17). Gewiss nicht zufällig wird in diesem Zusammenhang der Begriff „transeat“ gebraucht: Die Erlösung ist Eingang in den ‚transitus‘ aus der Knechtschaft des Lebensfeindlichen, wie er paradigmatisch in der zuvor verkündigten Exodusgeschichte proklamiert wird. In der zweiten hier zu interpretierenden Oration Deus, qui primis temporibus impleta miracula verbindet sich ein insgesamt ähnlicher Duktus mit einer explizit typologischen Gegenüberstellung von Altem und Neuem Testament. Die „primis temporibus impleta miracula“ meinen hier speziell die Ereignisse der alttestamentlichen Heilsgeschichte, insofern sie bereits im Licht des Neuen Testaments einer christlichen Deutung zugeführt werden, die sich dann wiederum in der liturgischen Praxis niederschlägt. Dabei wird das Exodusgeschehen als eigenständiges Heilsereignis keineswegs entwertet, als sei es aus christlicher Sicht nur als Typos von Interesse. Vielmehr erweist sich im Licht des Neuen Testaments („novi testamenti luce“) die innere Einheit des göttlichen Heilshandelns: In Tod und Auferstehung Jesu Christi, an denen der Christ in der Taufe Anteil erhält (Röm 6,3-5), zeigt sich eben der Gott des Exodus. Genau das, worum es in den „christiani populi sacramenta“ geht, kommt zuvor („praeferret“) bereits in der „plebs a servitute liberata“ zum Ausdruck. Insofern in der Exoduserzählung jene Mächte, die die Freiheit und das Leben des Gottesvolkes bedrohen, in den Fluten des Schilfmeeres versin- 91 Das Motiv der Wiedergeburt verweist auf Joh 3,3-7, die Kernreferenz des alten römischen Taufwasserweihegebets; vgl. S ERRA , Blessing. 92 Die Wendung „a persecutione Pharaonis liberando“ bezieht sich entweder konkret auf das Meerwunder, durch das die Exodusgruppe von den ihr nachjagenden Ägyptern befreit wird, oder allgemein auf den Exodus als Flucht vor Vertreibung (neben dem Ansatz ‚Flucht vor Unterdrückung‘ eines der beiden in Ex nebeneinander stehenden Erklärungsmodelle; vgl. v.a. Ex 12,39). 93 Vgl. D. K RANEMANN , Israelitica dignitas 11-13.63f. 94 Vgl. dazu oben S. 23. <?page no="39"?> Die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht 27 ken, stellt dieses Wasser den Sinngehalt des Taufbrunnens dar, erweist sich das „Mare rubrum“ als „forma sacri fontis“. Hinsichtlich des der Oration zugrunde liegenden typologischen Modells bietet die deutsche Fassung eine grob simplifizierende Übersetzung. Das lateinische Original behauptet nicht, erst vom Neuen Bund her sei der „Sinn“ der (an sich sinn-losen? ) alttestamentlichen Wunder erschlossen. Auch die Übersetzung von „forma“ mit „Bild“ und von „praeferret“ mit „deutet hin auf“ wird dem Eigenwert der alttestamentlichen Heilsgeschichte nicht gerecht, in der eben nicht nur das Heilsgeschehen der Taufe andeutungsweise abgebildet ist, sondern in dem sich dasselbe errettende und befreiende Handeln Gottes Ausdruck verschafft. Mit der Oration Deus, cuius antiqua miracula berührt sich Deus, qui primis temporibus impleta miracula auch darin, dass in ganz ähnlicher Weise die Dynamik der Heilsgeschichte auf Universalisierung hin thematisiert wird, ausgehend von der einen „plebs“ Israel über den aus der Vielzahl der Völker zusammengesetzten ‚christianus populus‘ bis hin zur Bitte um die Wiedergeburt durch die Teilhabe am Heiligen Geist für alle Menschen („omnes gentes“). Auch hier wird wieder das Vorrecht des erwählten Gottesvolkes („Israelis privilegium“) als bleibender Maßstab festgehalten, ein Vorrecht, in das die Heidenchristen kraft des Glaubens („merito fidei“) eintreten können (Röm 4,16; Gal 3,8). 2.5 Zwischenergebnis Für die Frage nach der Hermeneutik liturgischer Schriftverkündigung, insbesondere hinsichtlich ihres anamnetischen Charakters, sind die Vigilorationen der Osternacht deshalb aufschlussreich, weil sie ausdrücklich machen, was bereits die Hermeneutik der ihnen jeweils vorausgehenden Verkündigung leitet: Die Lesungen werden in demselben Geist verkündigt, in dem sie ins Gebet genommen werden. Die Orationen machen deutlich, dass die biblischen Perikopen nicht um der Kenntnisgabe historischer oder literarischer Zusammenhänge willen gottesdienstlich verlesen werden; vielmehr geht es um „die Eröffnung eines biblisch geprägten Erfahrungsraumes, der betreten, belebt und bewohnt werden will“ 95 . Für die Begehung dieses durch die liturgische Proklamation zugänglich gemachten heilsgeschichtlichen Raums weisen die den Lesungen der Osternacht zugeordneten Orationen bestimmte Pfade. Vom konkreten Inhalt der Lesungen abstrahierend, lassen sich auf dieser Basis zusammenfassend einige Aussagen treffen, die über den spezifischen liturgischen Kontext der Osternacht hinaus Geltung beanspruchen können. 95 Dies stellt B UCHINGER , Lebensraum des Wortes 206, als Charakteristikum der Bibelverwendung in der römischen Liturgie - nicht allein auf die Lesungen beschränkt (in seinem Artikel geht es primär um die Gesänge des Gregorianischen Repertoires) - heraus. <?page no="40"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 28 ‣ Wie die Oration Omnipotens sempiterne Deus, qui es in omnium deutlich macht, umspannt der göttliche Heilswille die gesamte Geschichte von der Schöpfung bis zum eschatologischen „finis saeculorum“. Damit steht auch die jeweilige Gegenwart der liturgischen Feier in der umfassenden „dispensatio“ Gottes. ‣ Immer wieder ist die Analyse der Orationen auf paradoxe Aussagen zur Verschränkung der Zeitebenen gestoßen. Schöpfung, Gegenwart und Vollendung, altwie neutestamentliche Heilsgeschichte und Gegenwart der Feiernden werden - aufgrund der Identität des göttlichen Heilshandelns - in Beziehung zueinander gesetzt oder gar überblendet. So erfolgt etwa die Verkündigung der Bindung Isaaks nicht deshalb, weil die Verheißung an Abraham damals auf die Probe gestellt wurde, sondern weil sie heute gilt und die Hörerinnen und Hörer betrifft. Ebenso wird der Durchzug durch das Schilfmeer nicht als historische Begebenheit zur Kenntnis gebracht, sondern als existentielles Paradigma des sich auch in der Gegenwart ereignenden göttlichen Heilshandelns proklamiert. Im Falle beider Lesungen heben die zugehörigen Orationen die aktuell gefeierte Liturgie, namentlich die (idealtypisch) parallel zur Vigil vollzogene Taufe, als gegenwärtige Realisationsform des in den Lesungen verkündigten Heilsgeschehens hervor. ‣ Dass die christliche Liturgie in diese Funktion eintreten kann, wäre nicht denkbar ohne das konkrete historische Datum des Christusereignisses, auf das sich die Orationen teilweise ausdrücklich beziehen und das sie, auch wenn sie dies nicht tun, implizit voraussetzen - in den besprochenen Gebeten namentlich vor allem durch die Rezeption paulinischer Tauftheologie. ‣ Schließlich lassen die Orationen die proklamierte biblische Geschichte als Medium der Identifikation der den Gottesdienst Feiernden erscheinen, sei es positiv (Deus, Pater summe fidelium: sich der Verheißung würdig zu erweisen wie Abraham) oder negativ (Deus, qui mirabiliter creasti: anders als die Ureltern den Verlockungen der Sünde zu widerstehen). Dass die Liturgie (unter anderem) mittels der Schriftverkündigung Heilsgeschichte vergegenwärtigt, die feiernde Gemeinde also als Zeitgenossin dieser Heilsgeschichte ausweist, hat jedenfalls nichts mit einer irgendwie gearteten Zeitreise (etwa an das Schilfmeer oder auf den Golgotha-Hügel) zu tun. 96 96 Vgl. W AHLE , Gottes-Gedenken 406: „Das göttliche Handeln in der Welt - von der Schöpfung an, in den Erfahrungen des Volkes Israels und schließlich in eschatologischer Fülle in Jesus Christus - besitzt als geistgewirktes Handeln […] ein kontinuierliches Element. […] So ist es derselbe Geist, der auch heute in der liturgischen Versammlung die verborgene Präsenz Gottes durch Jesus Christus und darin des Heilswerkes Jesu Christi zum Heil der Versammelten schafft. Dies geschieht aber nicht, indem er die Gottesdienstgemeinde in die Heilsgeschichte zurückversetzt, sondern indem er die Gegenwart mit der <?page no="41"?> Die Orationen nach den Vigillesungen der Osternacht 29 Vielmehr geht es um die Deutung der jeweiligen Gegenwart einerseits als Teil der - von der Schöpfung bis zur Vollendung reichenden, vom Heilswillen Gottes umschlossenen - kanonischen Heilsgeschichte, in die sie eingeschrieben wird (Kap. 3), 97 Gegenwart des Heil schaffenden Gottes in seinem Sohn erfüllt“ (Hervorhebungen im Original). und andererseits ihrer Beziehung zu konkreten vergangenen (erinnerten) und zukünftigen (erwarteten, erhofften) Heilsereignissen (Kap. 4). 97 G ERHARDS , Psalmen 357, spricht von der „Einbettung des einzelnen Menschen in die Glaubensgeschichte Israels und der Kirche“. Vgl. auch V ERHEUL , Le service de la Parole 233: „En écoutant avec foi cette Parole […] nous sommes insérés dans l’histoire du salut.“ <?page no="42"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 30 3. Die Gegenwart als Teil der kanonischen Heilsgeschichte Der Wortgottesdienst der Messe bringt durch seine äußere Struktur mit zwei alttestamentlichen 98 und zwei neutestamentlichen Lesungen die gesamte zwei-eine christliche Bibel zur Geltung. Dadurch steht, unabhängig von der konkreten Auswahl der verkündigten Texte, repräsentativ der ganze Kanon der Heiligen Schrift im Raum. Dieser definiert die gesamte zwischen Schöpfung und Vollendung sich erstreckende Geschichte als von Gottes Heilsratschluss umfangen. Sie ist Heilsgeschichte, insofern sie der ‚Ort‘ ist, an dem sich die Beziehung zwischen Gott und Mensch im Modus der Erfahrung ereignet. In der Tat ist es kennzeichnend für den biblischen Glauben, dass Gott nicht in erster Linie durch religionsphilosophische Reflexion, sondern durch geschichtliche Erfahrung zugänglich wird, also im Ergehen und Erleben von Menschen. Hiervon gibt die Bibel in unterschiedlichen literarischen Formen Zeugnis, weithin im Stil der Erzählung. Die Geschichtlichkeit der Glaubenserfahrung wird dabei durch fiktionale Züge 99 ihrer literarischen Darstellung nicht beeinträchtigt. 100 Ohne Erfahrung gäbe es keinen Anlass, etwas zu erzählen und zu tradieren. Das schließt aber nicht aus, sondern vielmehr ein, dass in die Darstellung Aspekte der Deutung einfließen. Die für das Volk Israel konstitutive Erfahrung von Exodus und Bundesschluss beispielsweise ist im Pentateuch in eine in vielen Einzelzügen gewiss fiktionale Darstellung gekleidet - trotzdem jedoch, oder besser: gerade auf diese Weise, transportiert sie eine so reale Gotteserfahrung, 101 dass sie bleibend den Kern des kulturellen Gedächtnisses Israels darstellt, insofern jede Generation aufs Neue zu ihr einen existentiellen Zugang hat. Noch deutlicher wird das Gemeinte wohl am Beispiel der biblischen Schöpfungsberichte. So ist der priesterschriftliche Schöpfungsbericht eviden- 98 Dem Antwortpsalm kommt die Dignität einer biblischen Lesung zu; vgl. F RANZ , Der Psalm im Wortgottesdienst 200f.; P ACIK , Antwortgesang oder Psalmlesung. Dass der Text des Psalms der Gemeinde von einer Person vom Ambo aus vorzutragen ist (vgl. AEM 36.272 bzw. GORM 61.309), steht deutlich auf einer Ebene mit den übrigen Akten der Schriftverkündigung (Lesungen, Homilie). Auf den wenn möglich seiner Gattung entsprechend gesungenen Psalm (vgl. GORM 61) antwortet die Gemeinde mit einem Kehrvers; daher, und nicht etwa aus einem Charakter als Antwort auf die erste Lesung, rührt die Bezeichnung ‚Antwortpsalm‘ (psalmus responsorius). Der Kehrvers ist ein Element der meditativen Aneignung und Beantwortung des Schriftwortes durch die Gemeinde (vgl. ebd.). 99 Vgl. S CHMITZ , Die Bedeutung von Fiktionalität. 100 Vgl. S CHÖTTLER , Der Leser begreife 212: „Der Glaube hat von Gott zu reden und muss deshalb immer mehr sagen, als die Wirklichkeit der Welt zu sagen vermag. Um diese Differenz bzw. diesen ‚Mehrwert‘ des Glaubens auszudrücken ist die symbolischmetaphorische Redeweise als analoge Rede die dem Menschen allein mögliche Sprachform.“ 101 Vgl. U TZSCHNEIDER , Neues aus dem Alten Testament 203: „Fiktional ist das Einzelereignis, historisch und real sind die Erfahrungen, aus denen das Einzelereignis verdichtet wurde.“ <?page no="43"?> Die Gegenwart als Teil der kanonischen Heilsgeschichte 31 termaßen kein Zeugenbericht von den ersten sieben Tagen der Weltgeschichte, sondern eine in erzählender und hymnisch preisender Form präsentierte theologische Deutung der Welt als ein von Gott her geordnetes, dem Leben dienliches Ganzes. 102 Als solche beruht er aber auf einer spezifischen Gotteserfahrung. 103 Analoges gilt für die sich anschließende vorexilische Schöpfungserzählung, die im Zusammenhang mit den folgenden Geschichten (Sündenfall, Brudermord etc.) paradigmatisch anthropologische Grundprobleme, nicht zuletzt solche der Gottesbeziehung, verhandeln will. 104 Von daher ergibt sich, dass biblische Heilsgeschichte in ihrer erzählerischen Abfolge, unbeschadet der Möglichkeit, aus ihr historische Informationen zu gewinnen, nicht primär einen chronologischen Bericht zu geben beabsichtigt. Vielmehr deutet sie menschliche Existenz im Licht der Gotteserfahrung. Zugleich ist sie, gerade in ihren fiktionalen Zügen, Trägerin der eschatologischen Funktion, neue Erfahrungen anzustoßen - zu erschließen, „dass die Wirklichkeit nur eine der gelebten Möglichkeiten ist, neben der die von Gott eröffnete Möglichkeit steht, auf die als lebensförderliche Möglichkeit sich einzulassen wir von Gott eingeladen und aufgefordert werden - zu unserem und der Welt Heil.“ 105 Exkurs: ‚Heilsgeschichte‘ - ein umstrittener Begriff im Spiegel der Auseinandersetzungen um die Leseordnung „Patmos“ Der Begriff ‚Heilsgeschichte‘ wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in der protestantischen Theologie geprägt (erstmals von Johann Christian Konrad von Hofmann), und der damit gemeinte Vorstellungskomplex, von den einzelnen Autoren durchaus unterschiedlich bestimmt, ist dort (schon vor dem Begriff) spätestens seit der Aufklärung in Systematik und Exegese heftig umstritten. 106 Während im katholischen Bereich vor allem seitens der Systematischen und Praktischen Theologie „in der Regel recht unbefangen“ 107 mit dem Begriff umgegangen wurde, 108 zeigt die Kontroverse um den von Hansjakob Becker zur Diskussion gestellten Leseordnungsentwurf „Patmos“ 109 exemplarisch, 102 Vgl. dazu auch oben S. 17. 103 Darüber hinaus ist der Text auch von charakteristischen Interessen der Exilszeit geprägt: Betonung der Schöpfermacht JHWHs, der den Götzen Babylons überlegen ist; Hervorhebung des Sabbats als im Exil möglicher Form religiöser Praxis. 104 Vgl. K EHL , Und Gott sah 125-139. 105 S CHÖTTLER , Der Leser begreife 214 (Hervorhebung im Original). 106 Vgl. erstorientierend W EISER , Heilsgeschichte; ferner den Sammelband F REY - K RAUTER - L ICHTENBERGER (Hgg.), Heil und Geschichte, darin besonders die Einführung der Herausgeber sowie den magistralen Überblick H ENGEL , Heilsgeschichte. 107 H ENGEL , Heilsgeschichte 11. 108 Vgl. beispielsweise die programmatischen Aussagen in D ANIÉLOU , Sakramente und Heilsgeschichte 41-46, sowie R AHNER , Profangeschichte und Heilsgeschichte, vor allem aber D ARLAP , Fundamentale Theologie der Heilsgeschichte, als Grundlegung der heilsgeschichtlichen Dogmatik „Mysterium Salutis“. 109 Vgl. B ECKER , Bibel Jesu; DERS ., Wortgottesdienst als Dialog. <?page no="44"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 32 dass heute Begriff und Konzept der ‚Heilsgeschichte‘ auch in der katholischen bibelwissenschaftlichen (speziell alttestamentlichen, 110 Beckers Entwurf operiert an den Sonntagen nach Pfingsten mit einer alttestamentlichen Bahnlesung, die einen sich in jedem der vier Lesejahre wiederholenden Kursus fest definierter Stationen durchläuft, wobei die einzelnen Stationen von Lesejahr zu Lesejahr mit unterschiedlichen Texten gefüllt werden. und hier wiederum speziell kanontheologisch orientierten) Reflexion kritisch angefragt sind. 111 Damit wird eine im Ordo Lectionum Missae im Rahmen der Fastensonntage keimhaft entwickelte Idee aufgegriffen 112 und in weit größerem Rahmen entfaltet, so „daß die Summe der Texte einen Eindruck von der Geschichte als Ganzer vermitteln kann“ 113 . Gemeint ist damit näherhin die „Geschichte Israels“ als „Ort der Glaubenserfahrung“ 114 „Die Gläubigen sollen das Alte Testament im Medium seiner wichtigsten Texte kennenlernen und so mit den entscheidenden Stationen und bedeutendsten Zeugnissen der Glaubensgeschichte Israels vertraut werden. : Was die Auswahl der Lesungen angeht, so konkurrieren zwei Kriterien: Es gilt, Texte zu finden, die theologisch und literarisch von herausragender Bedeutung sind und zugleich das Ganze der Heilsgeschichte sowie die Vielfalt der Glaubensverständnisse beispielhaft zur Sprache bringen.“ 115 Es geht an dieser Stelle weder darum, das sehr differenzierte System von „Patmos“ in seinen Gestaltungsprinzipien umfassend zu würdigen, noch darum, sich mit seiner kontroversen Rezeption in der Fachdiskussion im Einzelnen auseinanderzusetzen. Von Interesse sind hier speziell diejenigen Argumente der Kritiker, die sich an Beckers Auffassung von ‚Heilsgeschichte‘ festmachen. Dabei lassen sich im Wesentlichen zwei verschiedene Einwände identifizieren: a) Erich Zengers Kritik bezieht sich auf das seiner Auffassung nach offenkundig dem Konzept ‚Heilsgeschichte‘ inhärente evolutive Moment. Zenger 110 Interessanterweise konstatiert demgegenüber H ENGEL , Heilsgeschichte 5, für die evangelische Seite (wo, wie gesagt, die „Heilsgeschichte“ traditionell viel stärker umstritten ist): „Am wenigsten Vorbehalte hat man im Bereich der alttestamentlichen Disziplin“ (Hervorhebung im Original). 111 Vgl. die konkrete Umsetzung im vollständigen Entwurf: B ECKER , Dies große Wort 443- 446. 112 Im OLM gilt für die alttestamentlichen Lesungen der Fastensonntage: „Die alttestamentlichen Lesungen beziehen sich auf die Heilsgeschichte, die eines der Hauptthemen der Verkündigung in diesen vierzig Tagen ist. In jedem Jahr ist eine Reihe von Lesungen mit den wichtigsten Etappen der Heilsgeschichte von ihrem Beginn bis zur Verheißung des Neuen Bundes vorgesehen“ (PEM 97); vgl. dazu N ÜBOLD , Entstehung und Bewertung 302-307. 113 B ECKER , Wortgottesdienst als Dialog 668. 114 Ebd. 666. 115 Ebd. 667. Vgl. ebd. 668: Die „‚Bahnlesung‘ aus dem Alten Testament“ will „die Gläubigen mit den wichtigsten Stationen und bedeutendsten Zeugnissen der Heils- und Glaubensgeschichte Israels vertraut […] machen, denn nur auf dem Fundament der Bibel Jesu ist ein Zugang zum Evangelium Jesu möglich.“ <?page no="45"?> Die Gegenwart als Teil der kanonischen Heilsgeschichte 33 begrüßt prinzipiell den Vorschlag einer alttestamentlichen Bahnlesung, jedoch „leistet die dabei gewählte ‚heilsgeschichtliche‘ Anordnung dem auch systematisch-theologisch inakzeptablen Mißverständnis einer evolutiven Offenbarung vom Niedrigeren zum Höheren Vorschub.“ 116 Ein entsprechendes evolutives Verständnis der alttestamentlichen Offenbarungsgeschichte wird in Beckers Publikationen zum Thema weder expliziert noch vorausgesetzt. Die Kritik entzündet sich in diesem Fall also an Konnotationen des ‚heilsgeschichtlichen‘ Denkens, die eher aus dessen Geschichte 117 als aus der konkreten Applikation bei Becker stammen. b) Dichter an der konkreten Füllung des Modells ‚Heilsgeschichte‘ durch Becker argumentiert Norbert Lohfink. Er erblickt eine Inkonsequenz darin, dass in der Stationenfolge der alttestamentlichen Bahnlesung die Ebenen von (äußerer, in den Erzählungen verdichteter) Ereignisgeschichte und (innerer, sich in der Chronologie der alttestamentlichen Literaturgeschichte niederschlagender) Glaubensgeschichte vermischt würden. Darüber hinaus werde das Konzept ‚Heilsgeschichte‘ vom Ansatz her der Struktur des alttestamentlichen Kanons nicht gerecht: „Ganz abgesehen davon, daß ‚Heilsgeschichte‘ auch noch im Sinne von ‚Glaubensgeschichte‘ konzipiert ist, könnte man das Theologumenon der ‚Heilsgeschichte‘ auch in einer traditionellen Form als einer von Station zu Station gleichmäßig durchlaufenden Geschichte des Gotteshandelns nur gegen die Intentionen des biblischen Kanons zum Leitprinzip einer alttestamentlichen Bahnlesung machen. Denn der alttestamentliche Kanon will keine durchlaufende Geschichtsdarstellung oder durchlaufende Geschichtsinterpretation bieten.“ 118 Das entscheidende Argument gegen eine solche Sicht ist für Lohfink der fundamentale Einschnitt am Ende der Tora, der durch den Tod des Mose jenseits der Grenze des gelobten Landes markiert wird. An dieses offene Ende der Tora schlössen sich die übrigen Teile des Alten Testaments in je unterschiedlicher Perspektive, aber doch in prinzipieller Parallelität an. Daher gehe jede diesen Einschnitt überspielende Sicht einer kontinuierlich verlaufenden biblischen Heilsgeschichte fehl. In Patmos „läuft die Geschichte Israels und der Welt in wohlausgesuchten Perikopen von Adam und Abel bis zu Kohelet und den makkabäischen Märtyrern in einer großen Linie durch. Aber das alles wird durch Moses Tod an der Grenze, vor der Vollendung des Exodus, zu literarisch nicht verantwortbarem Müll.“ 119 116 Z ENGER , Das Erste Testament 692. 117 Vgl. P ANNENBERG , Geschichte 660. 118 L OHFINK , Perikopenordnung 221. 119 L OHFINK , Moses Tod 484 (Hervorhebung im Original). Abgesehen von sich an dieser Stelle möglicherweise erhebenden Stilfragen ist diese Sichtweise von exegetischer Seite auch inhaltlich nicht unwidersprochen geblieben; vgl. M OSIS , Pentateuch. <?page no="46"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 34 In ähnlicher Weise und mit ähnlichen Argumenten hatte Georg Braulik auch die Rezeption des heilsgeschichtlichen Modells im Ordo Lectionum Missae bzw. in der Pastoralen Einführung in das Messlektionar kritisiert. 120 Konkret spekuliert Braulik über einen möglichen Einfluss Oskar Cullmanns auf das heilsgeschichtliche Konzept der katholischen Leseordnung. 121 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit der bibelwissenschaftlichen Beanstandung des Begriffs ‚Heilsgeschichte‘ ein bestimmtes Geschichtsbild getroffen werden soll - oder genauer gesagt zwei grundverschiedene Geschichtsbilder: ein evolutives (Zenger: „vom Niedrigeren zum Höheren“) und ein konstantes (Lohfink: „gleichmäßig durchlaufend“). Beide Geschichtsbilder kollidieren mit den Erkenntnissen einer am Kanon und seiner Struktur orientierten Exegese und werden von dieser folgerichtig verworfen. Fraglich erscheint dabei jedoch, ob sich die bibelwissenschaftliche Kritik am Vorstellungskomplex ‚Heilsgeschichte‘ auf derselben Ebene bewegt, auf der Becker ihn aus liturgiewissenschaftlicher Perspektive in Anspruch nimmt. 122 Wenn Lohfink „Patmos“ unterstellt, eine „volkserzieherische Einführung der Gottesdienstbesucher in die Geschichte Israels“ 123 leisten zu wollen, wird man einräumen müssen, dass in Beckers Präsentation seines Anliegens die didaktische Komponente der Schriftlesung - im Rahmen der Systematik Bradshaws 124 - vielleicht zu stark betont wird (im obigen Zitat: „kennenlernen“, „vertraut werden“). Grundsätzlich besteht kein Anlass, gegen eine auch didaktische Funktion der Schriftlesung zu opponieren. 125 Allerdings bedarf es einer Verständigung darüber, was im Gottesdienst gelernt werden kann und soll. Ganz gewiss ist die Liturgie nicht der Ort katechetischer Belehrung über historische Zusammenhänge. 126 Wohl aber gewährleistet ihr regelmäßiger Vollzug die Einübung in ein existenzerhellendes Schriftverständnis, das gegenüber dem biblischen Text nicht in historischer Distanz verbleibt, sondern ihn als Interpretament des eigenen Lebens aufschließt. So gesehen ist die didaktische Komponente der gottesdienstlichen Schriftlesung auf deren im Kern anamnetische Funktion hingeordnet. Dass dies auch die „Patmos“ zu- 120 B RAULIK , Die Tora als Bahnlesung 130: „Das Alte Testament kann nicht auf die Formel ‚Heilsgeschichte‘ gebracht werden, schon gar nicht im Sinn eines einzigen, zusammenhängenden, in sich stimmigen, Geschichtsbildes.“ 121 Vgl. ebd. 129 Anm. 22. 122 Vgl. F RANZ , Wortgottesdienst 312f., insbesondere 312: „Als Nicht-Exeget kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier mit einem hermeneutischen Dampfhammer eine terminologische Nuß geknackt wird - daß das Produkt dieser Operation für den weiteren Verzehr ungenießbar ist, braucht dann nicht zu verwundern.“ 123 L OHFINK , Moses Tod 493. 124 Vgl. oben S. 12. 125 Vgl. oben S. 13 Anm. 27 zu den entsprechenden Aussagen in SC und PEM. 126 Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass eine Schriftpredigt auch auf (literar-)historische Aspekte der ausgelegte(n) Perikope(n) Bezug nehmen kann bzw. in vielen Fällen sogar sollte. Jedoch ist eine solche Bezugnahme kein Selbstzweck, sondern steht im Dienst eines der gegenwärtigen Situation der Gemeinde dienlichen Verständnisses der Schrift. Vgl. dazu Kap. 5. <?page no="47"?> Die Gegenwart als Teil der kanonischen Heilsgeschichte 35 grunde liegende Hermeneutik ist, zeigt die jüngste Präzisierung Beckers, wenn er sein Ziel beschreibt, „das Ganze der Heilsgeschichte sowie die Vielfalt der Glaubensverständnisse beispielhaft zur Sprache zu bringen“: „Geschichte meint hier nicht historische Präsentation, sondern Ort der Gotteserfahrung: Im Gewand von Geschichten kommen Wirklichkeiten zur Sprache, die für das kulturelle Gedächtnis von grundlegender und maßgebender Bedeutung sind.“ 127 Die Bezugnahme auf das Konzept des kulturellen Gedächtnisses zeigt, dass es um von der Gemeinschaft als normativ betrachtete Ur-Erfahrungen 128 geht, die grundsätzlich von jedem Punkt des historischen Zeitkontinuums aus zugänglich sind bzw. in deren Licht jede Gegenwart zu interpretieren ist. Liturgie tut genau dies - nicht im Sinne einer kognitiven Interpretationsleistung, sondern ihrerseits als Erfahrung: In Wort und Zeichen weist sie im Licht der biblischen Geschichten die jeweilige geschichtliche Existenz der Feiernden als Ort der Gottesbegegnung und somit der Heilserfahrung aus. In diesem Sinne ist, von der Liturgie her betrachtet, die Kategorie der ‚Heilsgeschichte‘ unaufgebbar: „Eine liturgische Hermeneutik ist eine Hermeneutik der Heilsgeschichte.“ 129 Für eine solche liturgische Hermeneutik der Heilsgeschichte erscheint es näherhin sinnvoll, zwei Facetten von ‚Heilsgeschichte‘ zu unterscheiden, die zwar aufeinander bezogen, aber doch sachlich distinkt sind: eine ‚universale‘ und eine ‚spezielle‘ Heilsgeschichte. 130 Heilsgeschichte ist universal, insofern „die sog. ‚profane‘ Welt […] immer schon bis in ihre letzten Fasern hinein durchdrungen ist v[on] der Heilsgegenwart Gottes. Diese ist immer u[nd] überall in der Welt gegeben, auch wenn sie v[on] Menschen weder erkannt noch anerkannt wird. Dort aber, wo sie v[on] Menschen in Freiheit angenommen wird, lebt sie als Annahme Gottes selbst u[nd] konstituiert damit H[eilsgeschichte]. Diese bedeutet deshalb nicht die Begründung einer völlig neuen Gesch[ichte] neben od[er] oberhalb der ansonsten bekannten Gesch[ichte] durch stets neue, in Raum u[nd] Zeit punktförmig erfolgende Einbrüche Gottes in eine ansonsten völlig profane Geschichte. H[eilsgeschichte] meint vielmehr die Gesch[ichte] der Freiheit der Menschen selbst, die ihre innerste Begnadigung annehmen u[nd] sie geschichtlich z[ur] Entscheidung bringen.“ Hinsichtlich der universalen Ebene führt Kurt Koch aus: 131 Dass die Heilsgegenwart Gottes in der Geschichte erkannt und angenommen werden kann, setzt freilich - zumal angesichts der massiven Erfahrung von Leid und Unheil - voraus, dass „der Sinn der Gesch[ichte], den Gott mit der 127 B ECKER , Dies große Wort 425 (Hervorhebungen im Original). 128 Der Ausdruck ‚Urerfahrungen‘ ist potenziell missverständlich: Gemeint sind damit nicht gemeinmenschliche Grunderfahrungen, sondern jene Erfahrungen, die eine bestimmte Gruppe für ihr Selbstverständnis als grundlegend erachtet. 129 M AX , Voraussetzungen für eine liturgische Predigt 117. 130 Vgl. auch D ARLAP , Fundamentale Theologie der Heilsgeschichte 48-59.141-153. 131 K OCH , Heilsgeschichte 1342. <?page no="48"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 36 Menschheit u[nd] durch sie mit der ganzen Schöpfung intendiert, […] in der Gesch[ichte] bereits offenbar geworden ist. Dies bekennt der chr[istliche] Glaube v[on] Jesus Christus […]“. 132 Die universale Heilsgeschichte als menschliche Freiheitsgeschichte, wie Koch sie bestimmt, bleibt daher stets verwiesen auf eine ‚spezielle‘ Heilsgeschichte als göttliche Freiheitsgeschichte. Hierzu bemerkt Martin Hengel: „Sinn und Ziel werden für uns nur sichtbar, weil Gott sich in seiner souveränen Freiheit, genauer in seinem unergründlichen Heilswillen […] in der Geschichte, d.h. an konkreten, durchaus ‚objektivierbaren‘ Orten in Raum und Zeit, geoffenbart hat. […] Dies schließt konkrete θαυμάσια, mirabilia, Taten, die uns ‚verwundern‘ und das Danken lehren, mit ein, bei denen aber nur der Glaube erkennt, dass es Taten Gottes sind.“ 133 Bevor sich Kapitel 4 von der Mysterientheologie her der Vergegenwärtigung der ‚speziellen‘ Heilsgeschichte nähert, gilt es zunächst, den Gedanken der ‚universalen‘ Heilsgeschichte weiter zu verfolgen, in die der Gottesdienst die Gegenwart der Feiernden einschreibt. Ende des Exkurses Der christliche Bibelkanon beider Testamente steckt für die Heilsgeschichte einen universalen Rahmen ab, eröffnet durch den Auftakt des zweifachen Schöpfungsberichts (Gen 1-2) und abgeschlossen mit der Vision der neuen Schöpfung (Offb 21-22). 134 Jedoch ist die Aussage, Liturgie stelle die Gemeinde in die Gegenwart der Heilsgeschichte hinein, 135 keineswegs auf die in gewisser Weise banale Feststellung zu reduzieren, wenn die Heilsgeschichte zwischen Schöpfung und Vollendung, also zwischen Anfang und Ende der Zeit, ausgespannt sei, dann falle eben auch das Jetzt der liturgischen Feier in ihren Ablauf. Vielmehr ist die Aussage theologisch gefüllt: Auch die Gegenwart steht in der Hand desjenigen Gottes, der sich in den Ereignissen der biblisch kodifizierten Heilsgeschichte als der „Ich-bin-da“ (Ex 3,14), als liebender und darum als rettender und befreiender Gott erwiesen hat. 136 Diese Logik liegt auch der anamnetisch-epikletischen Struktur liturgischen Betens 132 Ebd. 133 H ENGEL , Heilsgeschichte 23 (Hervorhebung im Original). 134 Vgl. S ÖDING , Schatz 252; Z ENGER , Heilige Schrift 35; H ENGEL , Heilsgeschichte 12.23. 135 Vgl. K RANEMANN , Biblische Texte - liturgische Kontexte 262: „Liturgietheologisch kann man auf das Ineinander der Zeitebenen aufmerksam machen, das die Liturgie immer wieder neu ins Spiel bringt, um die Einbindung der Feiernden in das von Gott erfüllte Zeitkontinuum von der Schöpfung bis zur Vollendung auszudrücken.“ 136 Vgl. M EYER , Zeit und Gottesdienst 209: „Zentraler Inhalt liturgischer Feiern muß immer die durch geschehene und verheißene Heilsereignisse konstituierte Heilsgeschichte sein. In diesen inhaltlich bestimmten Bezugsrahmen, der dem Lauf der Zeit Sinn und eine unumkehrbare Orientierung gibt, lassen sich alle Phasen und Ereignisse des Lebens sowohl der einzelnen wie der Kirche und der Menschheit einfügen. Das heißt aber, daß sie ihren Ort und ihre Qualität aus der Begegnung mit Gott gewinnen und selber heilsgeschichtliches Ereignis sind.“ <?page no="49"?> Die Gegenwart als Teil der kanonischen Heilsgeschichte 37 zugrunde: 137 ‚Gott, der du dieses und jenes getan hast (Anamnese), erweise dich als du selbst, indem du auch heute entsprechend handelst (Epiklese)‘. Es geht also um die Begegnung mit ein und demselben Gott; der Alttestamentler Georg Steins gebraucht in diesem Sinne die treffende Formulierung von der biblischen Geschichte als allen Zeiten offenstehendem Raum der Begegnung zwischen Gott und Mensch: „Die Bibel bezeugt nicht nur eine Geschichte der Gottesbegegnung Israels und der entstehenden Kirche als vergangenes Geschehen, sondern setzt sie gegenwärtig, eröffnet diese Geschichte als Raum der Gottesbegegnung der Späteren.“ 138 Die Liturgie macht diesen Raum begehbar durch die Verlesung der Heiligen Schrift, durch die die Glaubensbotschaft in ihren ursprünglichen Modus der Zu-Sage versetzt wird 139 (Röm 10,17: „Der Glaube kommt vom Hören“! ), sowie durch Predigt, Gebet und Gesang, in denen eine explizite Aneignung der Schrift möglich ist. Die biblische Geschichte qualifiziert die Gegenwart, denn „der durch die Lesung geschaffene Textraum bildet den neuen, kanonischen Lebensraum der Hörenden, der Gemeinde“, die „die erzählte Ursprungsgeschichte als ihre eigene Geschichte im Bekenntnis anerkennt“ 140 . Einen Weg, dieses Zueigenmachen der biblischen Geschichte zu interpretieren, hat Angelus Häußling aufgewiesen: 141 Liturgische Schriftverkündigung dient der Interpretation des je eigenen Lebens qua Identität der Glaubenserfahrung. Sie lädt zur Prüfung und Verifizierung der eigenen Erfahrungen mit Gott ein, indem „auf die authentischen Erfahrungen der beglaubigten Vorderen“ zurückgegriffen wird: „[D]ie Qualität des Wortes, derart gültig zu bleiben und zu sein, daß die Späteren ihre neuen Erfahrungen mit Gott verifizieren können, diese Qualität gehört zur Prophetie, zur Schrift. Beides: Erfahrungen mit Gott im Gebet erbitten, als irgendwie geschehen wahrnehmen und das Wort der Schrift als unserem kritischen Sinn zu einer gültigen Prüfung der diffusen Erfahrungen übergeben annehmen - das ist: an den je und je wirkenden Gott ernsthaft glauben. So verstanden ist Liturgie ein je aktuelles Geschehen in der Kirche, das von der Gemeinde am vorausgewußten, nun aber als gültig erwiesenen und neu angenommenen Wort der Schrift - dem Zeugnis der Propheten, dem Zeugnis der Erstglaubenden - überprüft wird. Wir verlesen in der Liturgie also nicht Bibel, um ein Neues zu hören, ein Interessantes, ein Frommes, nein: wir anerkennen proklamierend das Wort der Bibel als gültig, weil allein von 137 Vgl. F RANZ , Wortgottesdienst 271f., unter Rückgriff auf Beiträge von John Hennig, sowie oben S. 21. 138 S TEINS , Hört dies 237. Vgl. auch K RANEMANN , Bibel und Liturgie 207f. 139 Vgl. I RWIN , Context and Text 89f. 140 M ESSNER , Wortgottesdienst 179. Dieses Bekenntnis vollzieht sich in der Messe, wie Meßner zu Recht betont, sachlich wie historisch primär im Eucharistiegebet. 141 Vgl. dazu G ÜNTNER , Das Gedenken des Erhöhten 46-50; S TOCKHOFF , Liturgisches Denken 141-149. <?page no="50"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 38 ihm her erprobt wird, ob das an uns im voraus Geschehene wirklich Gottes Wirken ist, und wie es dies ist. […] Schlagwortartig, aber damit gewiß auch verkürzend, mag man sagen: Exegese hat es zunächst mit Literatur zu tun, Liturgiewissenschaft mit Ereignisinterpretation.“ 142 Zur Verdeutlichung dieser Sicht auf die Schrift als Medium der Ereignisinterpretation, mittels derer „die Gegenwart […] am Modell der exemplarischen Erinnerung entweder als Situation des Heils oder als Situation des Unheils identifiziert“ 143 wird, 144 rekurriert Häußling auf das innerbiblische Beispiel der Pfingstpredigt des Petrus, wo dieser die aktuellen Widerfahrnisse im Licht des Prophetenwortes interpretiert (Apg 2,17 im Rückgriff auf Joel 3,1). 145 Aus der aktuellen Leseordnung mag das Evangelium des 19. Sonntags im Jahreskreis des Lesejahrs A exemplarisch zeigen, wie die verkündete Heilsgeschichte zur „Selbstklärung in zitierender Übernahme der Rollen 146 der geschichtlichen Leitgestalten der normativen Heilszeit aus situativer Identität“ 147 ruft: Es handelt sich um die Perikope vom Gang Jesu auf dem Wasser des Sees Genezareth (Mt 14,22-33), deren Pointe in der matthäischen Fassung im gescheiterten Versuch des Petrus liegt, Jesus auf dem Wasser entgegenzukommen. Die innere Spannung der Perikope resultiert aus dem Kontrast der Zusage Jesu: „Habt Vertrauen, ich bin es, fürchtet euch nicht! “ (Mt 14,27) 148 und seiner Frage an den gerade von ihm vor dem Untergang geretteten Petrus: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? “ (Mt 14,31). Im Sinne Häußlings wäre zu sagen, dass die existentielle Wahrheit dieser Perikope insofern unmittelbar die Gegenwart der Hörenden betrifft, als sie diese - aus einer situativen Identität mit Petrus heraus - zur Prüfung ihrer Glaubenserfahrungen auffordert, inwieweit ihr Vertrauen auf Jesus Christus ihr Leben ‚trägt‘, sie ‚vor dem Untergang bewahrt‘ und sie dazu befähigt, über das Bedrohliche ‚hinwegzuschreiten‘. So findet in der biblischen Erzählung „noch der heutige Beter die letzte Wahrheit der eigenen Lebensgeschichte“ 149 . Worin genau die historische Erfahrung bestand, die in dieser Erzählung verdichtet ist, kann hinter deren narrativer Gestalt per definitionem nicht mit Gewissheit identifiziert werden. Entscheidend ist im vorliegenden Zusam- 142 H ÄUSSLING , Psalmen 90f. 143 G ÜNTNER , Das Gedenken des Erhöhten 46. 144 Vgl. auch S TEINS , Wort des lebendigen Gottes 249f., der diese Funktion bereits im Prozess der Kanonbildung angelegt sieht. 145 Vgl. H ÄUSSLING , Psalmen 90. 146 Vgl. G ÜNTNER , Das Gedenken des Erhöhten 47: „Das Stilmittel, dessen sich die Anamnese der Liturgie bedient, ist das performative Zitat. Es ist jedoch im Zusammenhang der identifikatorischen Anamnese nicht in seinem literarischen Sinn als wörtliches Zitat gemeint, sondern in seinem dramatischen Handlungssinn als Rollenzitat.“ 147 H ÄUSSLING , Liturgie 5. Vgl. dazu auch, speziell bezogen auf das Beten in zitierender Rollenidentifikation: DERS ., Gemeinschaft aus Identität der Erfahrung. 148 Die Formulierung spielt auf die göttliche Selbstvorstellung mit ἐγώ εἰμι in der Septuaginta an: vgl. L UZ , Matthäus 2,408. 149 M ESSNER , Christliche Identität 341. <?page no="51"?> Die Gegenwart als Teil der kanonischen Heilsgeschichte 39 menhang, dass vielleicht schon die literaturwissenschaftlich eruierbare Erzählstrategie des Textes, 150 auf jeden Fall aber die liturgische Verkündigungssituation auf eine Rollenidentifikation angelegt ist, bei der die situative Identität im Blick auf die Glaubenserfahrung nicht in dem Versuch liegt, über physisches Wasser zu gehen, sondern auf der Ebene der existentiellen Frage nach dem Vertrauensverhältnis zu Jesus Christus. Die Lesung wird nicht verkündet, weil es damals genau so war, sondern weil es heute noch dieselbe Erfahrung gibt, von der der Text Zeugnis geben will. Damit ist nicht über die (Möglichkeit der) Historizität des Erzählten geurteilt. Außerhalb jeden sinnvollen Zweifels steht, dass der Erzählung reale Erfahrungen einerseits mit dem historischen Jesus von Nazareth, andererseits wohl auch mit dem erhöhten Herrn, der seiner Gemeinde gegenwärtig bleibt, zugrunde liegen. 151 Man könnte versucht sein, die hier vorgelegte Lesart der matthäischen Erzählung, die auf deren Zugänglichkeit auf der Ebene existentieller Erfahrung abstellt, mit einer Grundintention des Programms der „Entmythologisierung“ der biblischen Botschaft in Verbindung zu bringen, wie Rudolf Bultmann es für das Neue Testament entwickelt hat. 152 Jedoch unterscheidet sich der hier vorgestellte liturgietheologische Ansatz in mehrfacher Hinsicht fundamental von einer existentialen Interpretation Bultmann’scher Prägung. Im Unterschied zu Bultmann wird hier nicht von der Prämisse ausgegangen, das Erzählte könne historisch nicht wahr sein, weil es dem heutigen, wissenschaftlich fundierten Weltbild widerspricht. Bultmann hält Glaubensaussagen nur dann für haltbar, „wenn es möglich ist, ihre Wahrheit von der mythologischen Vorstellung, in die sie gefaßt sind, zu entkleiden“. 153 Sich mit den an der Wurzel dieser Frage liegenden fundamentaltheologischen Problemen auseinanderzusetzen, ist nicht Aufgabe und Ehrgeiz dieser Studie. Allerdings wäre die Grundthese, alles, was wissenschaftlicher Weltsicht zuwiderlaufe, sei als Ausdruck eines kulturhistorisch obsoleten Weltbildes zu überwinden, um die christliche Botschaft für den heutigen Menschen vermittelbar zu halten, 154 150 Vgl. L UZ , Matthäus 2,409: „Die Bilder sind offen; sie laden ein, eigene Erfahrungen in sie einzusetzen.“ Ebd. 411: „Unsere Geschichte berichtet, wie der Christ, dargestellt an Petrus, im konkreten Wagnis des Gehorsams sein Boot verläßt und ungesichert im bloßen Wasser über sich hinauswächst und dabei das eigene Versagen und zugleich sein Gehaltensein durch den Herrn erfährt. Sie handelt von der Möglichkeit des Wagnisses menschlicher Überschreitung eigener Grenzen im Glauben mitten in der Bodenlosigkeit von Not, Angst, Unglück, Leiden und Schuld.“ 151 Vgl. dazu K AMPHAUS , Von der Exegese zur Predigt 149-154. 152 Vgl. dazu programmatisch den 1941 vor Pfarrern der Bekennenden Kirche gehaltenen Grundsatzvortrag B ULTMANN , Neues Testament und Mythologie. 153 Ebd. 30. 154 Vgl. das bekannte Zitat ebd. 31: „Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.“ <?page no="52"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 40 schon aus literaturtheoretischer Perspektive 155 - oder noch allgemeiner formuliert: von einer Anthropologie der Kommunikation her - zu hinterfragen. Man kann auch kein Liebesgedicht ‚entmythologisieren‘, ohne es zu zerstören, weil das, was es auszusagen beabsichtigt, nicht anders als in symbolischer Sprache, in der Sprache der Bilder, ausgesagt werden kann. Der Ansatzpunkt der hier vertretenen Deutung ist fernab davon prinzipiell ein anderer als bei Bultmann: Was immer auch konkret geschehen ist (und sei es ‚tatsächlich‘ das äußerlich Erzählte) - bedeutsam war es für die Zeugen nicht als Mirakel, sondern als existenzbestimmende Glaubenserfahrung mit dem rettenden Gott, wie er sich in Jesus Christus offenbart. Deswegen wird davon erzählt, und deswegen wird es aufgeschrieben, 156 auf dass es auch 2000 Jahre später noch verkündigt werde. Die Analogie zur auch heute zugänglichen existenzbestimmenden Glaubenserfahrung ist es dann, die die Rollenidentifikation ermöglicht. Darüber hinaus unterscheidet sich die hier präsentierte Schrifthermeneutik aus der Perspektive katholischer Liturgietheologie von der Exegese Bultmanns darin, was als Kern des biblischen Glaubens bestimmt wird: Der vorliegende Entwurf meint, in Kontinuität zum Alten Testament und mit der liturgischen Schriftrezeption die Exoduserfahrung auch für das Neue Testament als maßgeblich werten zu dürfen. 157 Bultmanns Rede von der durch Gottes Handeln erschlossenen Möglichkeit zum Seinsverständnis ‚im Glauben‘, durch deren Ergreifen der Mensch seine eigentliche, freiheitliche Existenz verwirklicht, indem er sich in einem Akt der Entweltlichung das Kreuz als Heilsereignis aneignet, 158 liegt zwar durchaus auf der Linie des Befreiungs-Motivs. 159 Allerdings wird dies, wie sein Verständnis der Auferstehung exemplarisch zeigt, 160 letztlich einseitig auf der Ebene des innerlichen existentialen Aktes, der immer wieder neu zu vollziehenden Entscheidung, gesehen. Demgegenüber verblasst die Dimension der Erfahrung, des Ereignisses, das von außen auf den Menschen zukommt, 161 tritt also das inkarnatorische Prin- 155 Vgl. S CHÖTTLER , Der Leser begreife 214: „Fiktionalität lebt davon, dass die Hörerinnen und Hörer, Leserinnen und Leser in der Metaphorik der Geschichten, in den mythischen Symbolisierungen sich mit dem religiös-kulturellen Gedächtnis, aus dem die Glaubensgemeinschaft lebt, verbunden fühlen und ihr Lebensskript mit den erzählten Geschichten zu einem je eigenen ‚textum‘ verweben.“ 156 Vgl. K. M ÜLLER , Homiletik 61f. 157 Vgl. dazu Teil B, Kap. 4.1.2. 158 Vgl. dazu beispielsweise K. W. M ÜLLER , Bultmann und die Heilsgeschichte. 159 Vgl. etwa B ULTMANN , Neues Testament und Mythologie 57: „Das in Christus sich ereignende Geschehen ist also die Offenbarung der Liebe Gottes, die den Menschen von sich selbst befreit zu sich selbst, indem sie ihn zu einem Leben der Hingabe im Glauben und in der Liebe befreit. Glaube als die Freiheit des Menschen von sich selbst, als die Offenheit für die Zukunft, ist nur möglich als Glaube an die Liebe Gottes“ (Hervorhebung im Original). 160 Vgl. ebd. 63-68. 161 Vgl. A. Z ERFASS , Was leichthin über dich geschrieben steht 34. <?page no="53"?> Die Gegenwart als Teil der kanonischen Heilsgeschichte 41 zip des Glaubens in ungebührlicher Weise zurück. 162 Dabei ist gerade die Liturgie, in deren Rahmen die Heilige Schrift verkündet wird, ihrerseits als sinnliches Geschehen je neu ein ‚inkarnatorisches‘ Feld der Glaubenserfahrung. 162 Vgl. G. L. M ÜLLER , Katholische Dogmatik 271: „Wenn der Mensch aber ein leib-geistiges, geschichtliches und gesellschaftliches Wesen ist, dann kann sich eine seiner Natur gemäße Begegnung mit Gott im Wort und im Ruf zur Eigentlichkeit der menschlichen Existenz nicht in der völligen Weltlosigkeit eines existentialen Aktes ereignen. Gerade wegen der inneren Einheit des Menschen als eines geistigen und geschichtlichen Wesens muß auch auf der Ebene des Offenbarungshandelns Gottes der Zusammenhang der Unmittelbarkeit Gottes mit ihrer inkarnatorischen Vermittlung ernst genommen werden.“ <?page no="54"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 42 4. Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen Die Ausführungen Häußlings zur Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte via Rollenidentifikation rücken einen wesentlichen Aspekt des anamnetischen Charakters liturgischer Schriftverkündigung ins Licht. Jedoch vermögen sie ihn nicht erschöpfend zu rekonstruieren. Gerade im Wortgottesdienst der Messe geht es auch um die Gegenwart des Paschamysteriums, insoweit es als historisches Ereignis eine Bedeutung hat, die die Jetztzeit unmittelbar betrifft 163 und damit eine Beziehung der Zeitebenen konstituiert, die sich in ihrer Konkretheit nicht in situativer Identität erschöpft 164 . Die Pastorale Einführung in das Messlektionar bezeichnet eine doppelte Vergegenwärtigung derselben Heilsgeschichte in der zweipoligen Liturgie der Messfeier einerseits durch ihre Proklamation, andererseits durch ihren Vollzug in der sakramentalen Zeichenhandlung. PEM 10: „In der Feier des Wortes Gottes wird der göttliche Bund verkündet, in der Feier der Eucharistie der neue und ewige Bund erneuert. Hier wird die Heilsgeschichte in vernehmbaren Worten ausgerufen, dort wird dieselbe Heilsgeschichte unter den sakramentalen Zeichen der Liturgie vollzogen.“ „Durch sinnenfällige Zeichen“ wird nach den Worten des Konzils in der Liturgie „die Heiligung des Menschen bezeichnet und in je eigener Weise bewirkt“ 165 , wird - anders formuliert - die feiernde Gemeinde als Adressatin der Heilstaten Gottes ausgewiesen. Liturgische Gebetstexte aufnehmend hält die Liturgiekonstitution fest, dass sich in der Liturgie ‚das Werk unserer Erlösung vollzieht‘ 166 , insofern das Pascha-Mysterium vergegenwärtigt wird, in dem Christus „durch sein Sterben unseren Tod vernichtet und durch sein Auferstehen das Leben neugeschaffen“ 167 hat. Vor diesem Hintergrund könnte man die Vergegenwärtigung des Pascha-Mysteriums mit folgender Formel zu umschreiben versuchen: Ich stehe in der Gegenwart des Heils, indem sinnlich erfahrbar wird, dass vermittels des historischen Ereignisses auch mir der österliche 163 Vgl. W AHLE , Gottes-Gedenken 402: „Die Eigenart der Liturgie liegt nicht in ihrer Geschichtsenthobenheit oder Realitätsferne, sondern in der Feier des geschichtsmächtigen Handelns des seines Bundes treuen Gottes, das nicht auf einer chronologischen, sondern auf seiner kairologischen Zeitmacht basiert. Die Geschichtstaten Gottes werden dort recht verstanden, wo sie nicht als punktuelle Akte, sondern in ihrer die Zeit übersteigenden Bedeutung wahrgenommen und erfahren werden.“ Eine Bedeutung kann einer ‚Geschichtstat‘ aber nur als einem konkreten Ereignis zukommen. 164 K RANEMANN , Biblische Texte - liturgische Kontexte 262, spricht von „Beziehungen zwischen Wirklichkeiten“, die durch die Liturgie abgebildet bzw. performativ hergestellt werden. 165 Sacrosanctum Concilium, Art. 7. 166 Vgl. ebd., Art. 2, mit einem Zitat aus der Secreta des 9. Sonntags nach Pfingsten im Missale Romanum 1570/ 1962 (Hervorhebung A.Z.). 167 Ebd., Art. 5, mit Zitat aus der Osterpräfation im Missale Romanum 1570/ 1962 (Hervorhebung A.Z.). <?page no="55"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 43 Transitus zugesagt ist. Zu den Medien dieser sinnlichen Erfahrbarkeit zählt auch die Verlautung der Heiligen Schrift in den Lesungen. 168 4.1 Kulturanthropologie und Liturgietheologie Die Kirche hat sich von allem Anfang an entschieden, der Botschaft Jesu vom Reich Gottes zu trauen und die Erfahrungen mit ihm als Erfahrungen mit dem sich offenbarenden Gott anzunehmen, der sich in Jesu Zuwendung zu den Bedürftigen, in seiner bedingungslosen Pro-Existenz bis zum Tod am Kreuz, in seiner Überwindung des Todes, dem Exodus aus dem Sklavenhaus des Lebensfeindlichen, definitiv als der „Ich-bin-da“ erweist. Sie konstituiert sich daher als Erzählgemeinschaft, 169 deren Glaube vom Hören kommt: 170 Ihr normativer Referenzpunkt ist der Kanon der Heiligen Schrift, der das ‚Erzählgut‘, den Gegenstand der christlichen Verkündigung, birgt. Die Identität der Kirche erschließt sich im hermeneutischen Zirkel von Kanon und Auslegungsgemeinschaft 171 : Die Auslegungsgemeinschaft definiert den Kanon, 172 der Kanon definiert das Selbstverständnis der Auslegungsgemeinschaft. 173 Die Herausbildung des Kanons markiert die Anerkenntnis eines normativen Koordinatensystems christlicher Verkündigung, das insofern als göttlich inspiriert anerkannt wird, als in ihm tatsächlich - im Medium menschlicher Erfahrung und menschlicher Sprache - Erfahrungen mit Gott gegeben sind. 174 Für den Prozess der Kanonbildung in der Alten Kirche 175 war zunächst die Entscheidung grundlegend, auch jenseits judenchristlicher Kreise die Bibel Jesu und seiner Jünger als Altes Testament beizubehalten, 176 168 Eine wichtige Rolle im Blick auf die explizite Entfaltung der Vergegenwärtigung kommt der Homilie zu; vgl. dazu unten Kap. 5. das dann durch die explizit auf Christus und die formative Phase der Kirche bezogenen 169 Vgl. W EINRICH , Narrative Theologie 330; M ETZ , Glaube 209. 170 Vgl. K NAUER , Der Glaube kommt vom Hören 227-239. 171 Zum Begriff und Konzept der „Auslegungsgemeinschaft“, der von dem amerikanischen Literaturwissenschaftler Stanley Eugene Fish geprägt wurde (‚interpretive communities‘) vgl. S CHÖTTLER , Ex sacra Scriptura 134f. (Lit.! ). 172 Die Kanondefinition ist als äußerer Prozess abgeschlossen, geht aber als innerer Prozess der Aneignung und Auslegung weiter („Tradition“). 173 Vgl. S TEINS , Bindung Isaaks 33; S CHWIENHORST -S CHÖNBERGER , Einheit statt Eindeutigkeit 413f. 174 Im Anschluss an Brevard S. Childs (1923-2007), der als Begründer des „canonical approach“ in der Bibelwissenschaft gilt, definiert S TEINS , Wort des lebendigen Gottes 248, den Kanon als „ein zum Literatur-Korpus gewordenes theologisches Verständnis geschichtlicher Erfahrungen Israels und der Kirche.“ 175 Vgl. R ITTER , Zur Kanonbildung in der Alten Kirche. 176 Dies geschah mit theologischer Notwendigkeit, denn „das Evangelium und die in ihm erzählte Christusgeschichte ist ohne die ihm vorausliegende Schrift, also ohne das Alte Testament, schlechthin unverständlich“ (M ESSNER , Wortgottesdienst 179). Paradigmatisch für diesen Zusammenhang ist auch die an Heidenchristen adressierte Briefliteratur des Neuen Testaments, die - wie etwa die Paulusbriefe - ganz auf der Grundlage der hebräischen Bibel argumentiert. <?page no="56"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 44 Schriften des Neuen Testaments ergänzt wurde. Letztere stehen im Horizont der Ostererfahrung, die der Erinnerung an den redenden und handelnden Jesus ihre Perspektive verleiht. Die Präexistenz- und Inkarnationschristologien verbürgen die Erfahrungen mit Jesus als eminente Gotteserfahrungen. 177 Konstitutiv ist ferner das Bewusstsein von der bleibenden Gegenwart des auferstandenen Herrn und seines Geistes. 178 Das Christuskerygma des Neuen Testaments ist seinem Selbstverständnis nach der hermeneutische Schlüssel zum christlichen Bibelkanon, insofern es dessen Spannungsbogen auf eine von Christus umschlossene und auf ihn als ihre Mitte hin zentrierte Geschichte ausrichtet. Durch ihn, in ihm und auf ihn hin ist alles geschaffen (Joh 1,3; Kol 1,16), und auf seine Wiederkehr in Herrlichkeit läuft die Geschichte zu (Mt 25,31). Der Ratschluss Gottes zum Heil der Menschen ist von allem Anfang her an ihn geknüpft (Eph 1,4f.); seine Auferstehung als „Erstgeborener der Toten“ (Kol 1,18) verbürgt die allgemeine Auferstehung (1 Kor 15,20-22). Das Evangelium, das im eben angedeuteten Sinne vom Zentrum der Heilsgeschichte erzählt, ist zugleich Ursprung und Ziel der Kirche. Seine liturgische Verkündigung aktualisiert daher ihren Lebensnerv: Vergegenwärtigung von Heilsgeschichte lässt sich zuerst aus kulturanthropologischer Sicht als rituelle Realisierung des kulturellen Gedächtnisses der Kirche verstehen 179 - ohne Berufung auf ihre Mitte, ihren Ursprung und ihr Ziel ist die Kirche nicht sie selbst. 180 Der Philosoph Richard Schaeffler betont im Blick auf die identitätsbildende Funktion zunächst des individuellen Gedenkens die Bedeutung von „Denkwürdigkeiten“, „die als Kristallisationspunkte für die Synthese unserer Erfahrung dienen können. Dazu gehören Identifikationsereignisse, auf die eine Fülle späterer Erlebnisse bezogen werden kann, weil uns in diesen Ereignissen wie in einem gebündelten Lichtstrahl aufgegangen ist, wer wir selber sind und wie es um unsere Welt bestellt ist.“ 181 Auf die Ebene der religiösen Gemeinschaft übertragen, sind solche ‚Denkwürdigkeiten‘ „primär nicht Ereignisse aus dem eigenen Leben der Menschen, sondern Ereignisse eines göttlichen Wirkens und Leidens“, in deren Licht „die Krisen des eigenen Lebens gedeutet werden“ 182 . Näherhin erwächst religiöse Identität nach Schaeffler „in einem Akt der Begegnung“, nämlich im Gebet, wenn der Mensch „in der Sprachhandlung der Namensanrufung, in 177 Vgl. Joh 1,1.14: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. […] Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt […]“. 178 Vgl. z.B. die Abschiedsreden des Johannesevangeliums und die kirchenbegründende Pfingsterfahrung Apg 2. 179 Vgl. dazu oben Kap. 1. Vgl. ferner B RÜSKE , Die Liturgie als Ort des kulturellen Gedächtnisses; H AUNERLAND , Gedächtnis unserer Erlösung. 180 Dies ist einer der Gründe, weshalb eine Ersetzung der biblischen durch nichtbiblische Lesungen in der Liturgie unter keinen Umständen möglich ist: vgl. z.B. PEM 12; GORM 57; Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Verbum Domini, Nr. 69. 181 S CHAEFFLER , Darum sind wir eingedenk 23. 182 Ebd. 29. <?page no="57"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 45 der“ er „in die Korrelation mit Gott eintritt, in dieser Begegnung mit ihm die längst gewirkten Heilstaten Gottes als gegenwärtig erfährt, und zwar so, daß damit auch Gottes künftig erhoffte Heilstaten zeichenhaft, aber wirksam vorweggenommen erscheinen“ 183 . Liturgisches Gebet wiederum hängt wesenhaft mit der Verkündigung des Wortes Gottes zusammen, auf die es antwortet. 184 Unverkennbar bewegt sich Schaefflers Sicht religiöser Identifikationsereignisse als „Erfahrungen einer Partizipation“ an Ereignissen eines göttlichen Lebens, „als dessen Nachvollzüge und Gegenwartsgestalten“ 185 das eigene Geschick gedeutet wird, in den Bahnen der Mysterientheologie Odo Casels. Da dieses Konzept für ein liturgietheologisches Verständnis von Vergegenwärtigung von grundlegender Bedeutung ist, gilt es im Folgenden, den Entwurf Casels und seine Rezeption 186 in den Blick zu nehmen, jeweils mit speziellem Interesse an Aussagen der Autoren zur Theologie der Schriftverkündigung. Dabei beschränkt sich die Untersuchung mit Romano Guardini und Viktor Warnach auf zwei Theologen, die die Mysterientheologie ausdrücklich rezipiert und darin für das Thema der vorliegenden Arbeit relevante Präzisierungen eingetragen haben. Nicht eigens verfolgt wird der zunächst vereinzelte, mit der Zeit aber zunehmende Einfluss der Sichtweise Casels auf die Systematische Theologie außerhalb der Mysterientheologie im engeren Sinne. 187 4.2 Odo Casel: Schriftverkündigung und Kultmysterium Angestoßen durch seine beiden Dissertationen über die Eucharistielehre Justin des Märtyrers (theologisches Doktorat 1912) und über das mystische Schweigen bei den griechischen Philosophen (altphilologisches Doktorat 1918) entwickelte der Laacher Benediktiner Odo Casel (1886-1948) 188 in diversen Schriften ab 1918 seine Mysterientheologie, die Joseph Ratzinger 1966 in einem bekannten Diktum als „die vielleicht fruchtbarste theologische Idee unseres [d.i. des 20.] Jahrhunderts“ 189 bezeichnete. Die besonders zu Lebzeiten Casels teilweise heftig kritisierte, 190 spätestens in den Jahrzehnten nach 183 Ebd. 34. 184 Vgl. SC 33: „Denn in der Liturgie spricht Gott zu seinem Volk; in ihr verkündet Christus noch immer die Frohe Botschaft. Das Volk aber antwortet mit Gesang und Gebet.“ Zur vielschichtigen Verschränkung des Anredecharakters von Schrift- und Gebetswort in der Liturgie vgl. E BENBAUER , Mehr als ein Gespräch, bes. 234-242. 185 S CHAEFFLER , Darum sind wir eingedenk 27f. 186 Eine Übersicht über die liturgietheologische Rezeption der Mysterientheologie gibt N EUNHEUSER , Mysteriengegenwart. 187 Speziell zur Heilswirksamkeit der Wortverkündigung, die an der sakramentalen Wirklichkeit teilhat, vgl. einschlägig S ÖHNGEN , Symbol und Wirklichkeit 17-29; S CHMAUS , Katholische Dogmatik 3/ 1, 786-798. 188 Einführende Hinweise zu Biographie und Bibliographie Casels finden sich z.B. bei N EUNHEUSER , Art. Casel, und H ÄUSSLING , Odo Casel. Einen ersten Einblick in die Mysterientheologie vermittelt die Textsammlung C ASEL , Mysterientheologie. 189 R ATZINGER , Die sakramentale Begründung 197. 190 Die Kritik machte sich vornehmlich an der Analogie fest, die Casel hinsichtlich der kultischen Anteilgabe am göttlichen Geschick zwischen den antiken Mysterienkulten <?page no="58"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 46 seinem Tod aber breitest, heute praktisch universal rezipierte 191 und auch die theologischen Grundoptionen der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils stark prägende 192 Mysterientheologie etablierte gegen die Sicht der (neu)scholastischen Theologie, die in der Liturgie weithin die Zuwendung durch das vergangene Heilsereignis erworbener Gnaden erblickte, unter Rückgriff auf platonisches Symboldenken, 193 wie es auch für die patristische Theologie ausschlaggebend gewesen war, ein Verständnis der realen Gegenwart des Heilsereignisses 194 in der liturgischen Feier - oder, in der Terminologie Casels, des Christus-Mysteriums im Kultmysterium. Bezog Casel auch wesentliche Anregungen aus der Beobachtung strukturanaloger Phänomene in den hellenistischen Mysterienreligionen, basiert seine Rede vom Mysterium im christlichen Kontext doch ganz auf dem dreistufigen Gebrauch des Begriffes μυστήριον bei Paulus und den Kirchenvätern. 195 Als neutestamentliche Schlüsselstelle kann insbesondere 1 Kor 2,1-2.6b-7 gelten: „Als ich zu euch kam, Brüder, kam ich nicht, um glänzende Reden oder gelehrte Weisheit vorzutragen, sondern um euch das Zeugnis Gottes (τὸ μυστήριον τοῦ θεοῦ) zu verkündigen. Denn ich hatte mich entschlossen, bei euch nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten. […] Wir verkündigen nicht Weisheit dieser Welt oder der Machthaber dieser Welt, die einst entmachtet werden. Vielmehr verkündigen wir das Geheimnis der verborgenen Weisheit Gottes (λαλοῦμεν θεοῦ σοφίαν ἐν μυστηρίῳ τὴν ἀποκεκρυμμένην), die Gott vor allen Zeiten vorausbestimmt hat zu unserer Verherrlichung.“ Gegenstand der christlichen Botschaft ist demzufolge - erste Ebene des Begriffes μυστήριον - der ewige („vor allen Zeiten vorausbestimmt“) und unergründliche („verborgene Weisheit“) Wille Gottes zum Heil der Menschen („zu unserer Verherrlichung“). Dieses μυστήριον ist - zweite Ebene - offenbar geworden in Jesus Christus, zumal in seinem Tod am Kreuz und seiner Auf- und der christlichen Liturgie zog; vgl. F ILTHAUT , Kontroverse. Zum Verhältnis der Theologie Casels zur zeitgenössischen ‚Religionsgeschichtlichen Schule‘ vgl. N EUNHEUSER , Der Beitrag Odo Casels 282-284. 191 Vgl. H ÄUSSLING , Odo Casel 239: „Umso mehr muss auffallen, dass der Name von Odo Casel in aktuellen theologischen und mystagogischen Publikationen kaum mehr auftaucht. Vielleicht deshalb, weil Grundgedanken, die er äußerte, schon allgemein geworden sind.“ 192 Vgl. K ACZYNSKI , „Geheimnisse feiern“ 242-246. 193 Vgl. H ÄUSSLING , Odo Casel 237. 194 Mit den Kirchenvätern dehnt die Mysterientheologie also das platonische Konzept der μέθεξις von der Substanz auf den Akt aus; vgl. dazu z.B. G ERKEN , Theologie der Eucharistie 65-74. Johannes Betz prägte dafür den Begriff der anamnetischen oder kommemorativen Aktualpräsenz (vgl. etwa B ETZ , Eucharistie als zentrales Mysterium 267). 195 Zum paulinischen und altkirchlichen Substrat des Mysterienbegriffs in seiner Anwendung auf die Liturgie vgl. S CHULZ , Gottesbegegnung; A. Z ERFASS , Mysterium mirabile 275-277; F RANZ - F UHRMANN - A. Z ERFASS , Einführung in die Liturgiewissenschaft 190- 200. Zum Wortverständnis bei Casel vgl. zusammenfassend K RAHE , Der Herr ist der Geist I, 52-60. Vgl. ferner K RAUSE , Mysterium und Metapher 138-149. <?page no="59"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 47 erstehung (Casel spricht vom ‚Christus-Mysterium‘). Über den biblischen Sprachgebrauch hinaus wird der Begriff μυστήριον/ mysterium schließlich in patristischer Zeit auch auf die Realisierung des göttlichen Heilswillens in der Feier der Liturgie übertragen, die seine geschichtliche Manifestation, besonders im Christusereignis, vergegenwärtigt 196 (dritte Ebene, von Casel als ‚Kultmysterium‘ bezeichnet). „Die Hellenen, die gläubig wurden, erkannten bald, daß das, was sie in dumpfer Sehnsucht sich erdacht und erträumt hatten, in der neuen Botschaft vom menschgewordenen und als Opfer für die Welt am Kreuze gestorbenen Gottessohne verwirklicht war, die deshalb von Paulus, ihrem größten Verkündiger, auch ‚das Mysterium‘ genannt wurde, jenes Mysterium, das seit Aionen in Gott verborgen war, jetzt aber durch die Epiphanie des Soter kundgetan wurde. In der Nachfolge des Apostels haben auch die Kirchenväter, angefangen von Ignatius Martyr, gerne von den neuen ‚Mysterien‘ Christi gesprochen, und da das Christentum, wie jede lebendige Religion, im Kulte die Gegenwart des geglaubten Heiles suchte, auch den christlichen Kult gerne ihre ‚Mysterien‘ genannt.“ 197 Indem Casel sich auf diese patristische Mysterienterminologie bezieht, bestimmt er den Charakter der Liturgie als „objektive und notwendige Darstellung und Gegenwärtigsetzung des Heilswerkes Christi“, als „eine Art Fortsetzung und Weiterentfaltung der Oikonomia Christi“, die sich nur durch die Teilnahme am Kultmysterium „allen Geschlechtern der in Raum und Zeit sich ausbreitenden Heilsgemeinde mitteilen“ 198 kann. Unverkennbar orientieren sich Casels Publikationen in der Beschreibung dieses Kultmysteriums primär an den sakramentalen Zeichenhandlungen insbesondere der Taufe und der Eucharistie. Die worthafte Dimension der Liturgie einschließlich der Schriftverkündigung steht nicht im Zentrum seines Interesses. 199 Dennoch lässt sich 196 Die griechischen Kirchenväter führen damit die beiden Wurzeln des Begriffsgebrauchs einerseits in den hellenistischen Mysterienreligionen (das μυστήριον als Kultvollzug, der Anteil am Geschick der Gottheit gibt), andererseits in der frühjüdischen Apokalyptik (das μυστήριον als der in Gott verborgene Ratschluss über das Ziel, auf das die Geschichte zuläuft) zusammen. 197 C ASEL , Vom Wesen des Mysteriums 139f. Bei dieser Publikation handelt es sich um eine postum aus dem Nachlass Casels zusammengestellte, thematisch geordnete Sammlung von Auszügen aus diversen Manuskripten, darunter neben Briefen v.a. von den Hörerinnen erstellte Nachschriften von Vorträgen („Konferenzen“), die Casel vor der Schwesternkommunität von Herstelle, deren Spiritual er seit 1922 bis zu seinem Tode war, gehalten hat. - Vielleicht ist es kein Zufall, dass sich hier in besonderer Dichte Spitzenaussagen zur liturgischen Schriftverkündigung finden, während Casel in seinen zu Lebzeiten selbst verantworteten Publikationen durch manche Kontroversen, in die er eingebunden war, gegen den „Intellektualismus und Rationalismus im Christentum“ und die „Gefahr einer ebenso spiritualistischen wie subjektivistischen Verengung“ stärker darauf konzentriert war, die Handlungsgestalt der Liturgie als „lebendige Christuswirklichkeit“ auszuweisen (S CHILSON , Theologie als Sakramententheologie 229). 198 C ASEL , Glaube, Gnosis und Mysterium 194. 199 Vgl. S CHILSON , Theologie als Sakramententheologie 223: „Für Casel gibt es […] eine absolute Vorordnung des Sakraments vor dem ‚Wort‘, sei dies nun als Wort der Schrift <?page no="60"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 48 „zeigen, daß gerade vom kultisch-sakramentalen Aspekt der Mysterienlehre und Casels Symbolauffassung her eine Theologie des Wortes ansatzweise vorhanden ist.“ 200 Die Schriftverkündigung innerhalb der Liturgie hat nach Casel Anteil an deren vergegenwärtigendem Charakter. 201 Über „die große Bedeutung des Wortes Gottes“ 202 handelt Casel etwa in seinem 1928 erschienenen Aufsatz „Mysteriengegenwart“. Ausgehend von einem Diktum des Paschasius Radbertus († um 865), in dem er die Auffassung der Alten Kirche zusammengefasst sieht, 203 führt Casel aus: „Auch in ihr [der Heiligen Schrift] offenbart sich die verborgene Kraft des hl. Geistes zur Heiligung der Kirche. Auch sie enthält also objektive Gotteskraft unter dem symbolischen Schleier des menschlichen Wortes. Daraus versteht man die hohe Ehre, die in der alten Kirche etwa dem Evangelienbuche erwiesen wurde; ferner die Ehrfurcht, die man bei der Verlesung des Gotteswortes zeigte. Gerade die liturgische Vorlesung in der Ekklesia galt als eine Epiphanie des göttlichen Logos in der christlichen Gemeinde. Was da gelesen wird, wird pneumatisch gegenwärtig, es wird so zum Mysterium. Es ist […] eng verbunden mit den sichtbaren Kultusmysterien und macht mit ihnen zusammen erst die ganze Liturgie, das Opus Dei, aus. Das beweglichere, freiere Wort deutet die hl. Riten aus und bringt uns die einzelnen Phasen des Erlösungswerkes, die die an Zahl geringeren und geringeren Wechsel zeigenden Symbole in ihren Höhepunkten darstellen, ihrem reichen Gehalte nach und in ihren Einzelheiten nahe. So nimmt das Wort Gottes am Mysteriencharakter teil, indem der Logos, der unsere Natur annahm, hier durch das von der menschlichen Sprache geliehene Wort uns pneumatisch gegenwärtig wird.“ 204 Die Bestimmung des anamnetischen Charakters der Schriftverkündigung, wie Casel sie hier vornimmt, verweist in doppelter Hinsicht auf einen Zusammenhang mit dem sakramentalen Zeichen: Zum einen besteht zwischen Schriftverkündigung und sakramentaler Zeichenhandlung eine Strukturanalogie, insofern in beiden „objektive Gotteskraft unter dem symbolischen Schleier“ gegeben ist - ein Prinzip, das Casel am Ende des Zitats inkarnati- oder der Verkündigung verstanden.“ Vgl. ebd. 223f. zu den Gründen für diese Option Casels. Auch K RAHE , Der Herr ist der Geist I, 145, stellt im Anschluss an H ALLENSLEBEN , Parole et sacrement, fest, dass Casel „sich wenig ausführlich über die Dimension des Wortes im Sinne einer systematischen Behandlung der Thematik geäußert hat“. 200 K RAHE , Der Herr ist der Geist I, 145. 201 Zu Recht weist H ÄUSSLING , Odo Casel 238, auf den aus heutiger Perspektive überraschenden Umstand hin, dass Casel wenig an der naheliegenden biblischen, v.a. auch alttestamentlichen Grundlegung des Konzepts der Vergegenwärtigung interessiert war, und führt dies auf den damaligen Stand der Exegese zurück. 202 C ASEL , Mysteriengegenwart 208. 203 Liber de Corpore et Sanguine Domini 3 (PL 120,1276) in der Übersetzung Casels (a.a.O.): „Sakrament ist auch in den göttlichen Schriften, wo der hl. Geist in ihnen etwas innerlich durch wirkende Worte ausführt (efficaciter loquendo operatur)“. Ebd. 209-211 führt Casel einschlägige Zitate von Leo dem Großen und Hieronymus an. 204 Ebd. 208f. In manchen Zügen ähnliche Ausführungen finden sich in C ASEL , Das heilige Jahr 98f. <?page no="61"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 49 onstheologisch grundiert. Zum anderen hebt Casel hervor, dass der liturgische Verwendungszusammenhang für die anamnetische Qualität der Schriftlesung wesentlich ist: Es ist „die liturgische Vorlesung in der Ekklesia“, die als „Epiphanie des göttlichen Logos“ und pneumatische Vergegenwärtigung des Heilsereignisses anzusehen ist. Das Wort und die sichtbaren Elemente der gottesdienstlichen Handlung gehören zusammen und konstituieren diese gemeinsam. Dabei kommen dem Wort insbesondere zwei spezifische Funktionen zu: Es deutet die Riten, 205 und es gewährleistet die Ausdifferenzierung des einen Mysteriums. 206 Vor dem Hintergrund seines weiten Sakramentenbegriffs - Casel bestimmt an vielen Stellen mit den lateinischen Kirchenvätern sacramentum als Äquivalent zu mysterium im Sinne von ‚Kultmysterium‘ - ist das liturgisch verkündete Wort Gottes selbst ‚Sakrament‘. „Heiliges ‚Sakrament‘ […] ist auch das Wort der Lehre und der Schrift. Der göttliche Logos nimmt auch hier eine Gestalt an, die zunächst der Natur entstammt, aber in die göttliche Offenbarung ‚aufgenommen‘ ist, so daß das Lehr- und Schriftwort objektive Kunde von Gott gibt. […] Das wahre Gotteswort […] ist göttliches Sakrament, das aber nur dem wahrhaft demütigen Mysten seine pneumatische Kraft offenbart. […] Neben dem ‚Wort‘ steht im katholischen Kulte ebenfalls als Offenbarung des menschgewordenen Logos das Mysterium oder ‚Sakrament‘! Wir ziehen hier das Wort ‚Mysterium‘ vor, weil wir die ganze sichtbare Liturgie meinen, die auch die sog. ‚Sakramentalien‘ umfaßt.“ 207 Wo der Begriff ‚Sakrament‘ mit der späteren Tradition exklusiv auf bestimmte sakramentale Zeichenhandlungen bezogen wird, betont Casel den unlöslichen Zusammenhang zwischen dem ‚Wort‘ und dem so verstandenen ‚Sakrament‘, die zusammen erst das (Kult-)Mysterium ausmachen. 208 Das Kult- 205 Vgl. G UARDINI , Die liturgische Erfahrung 49, dem zufolge die auf der Offenbarung beruhende Liturgie „des bestimmenden Wortes [bedürfe], um verstanden zu werden“, gleichzeitig jedoch als Gesamtgestalt, als „Gefüge, bestehend aus Ort und Stunde, aus Handlungen und gebrauchten Dingen, aus gesprochenen Worten und nicht zuletzt aus der lebendigen Stimmung“, eine „Evidenz von Vorgang, Wort und Haltung“ besitzen müsse, „welche - die entsprechende Bildung vorausgesetzt - es möglich macht, mit ruhiger Sicherheit in sie einzutreten“. 206 Vgl. C ASEL , Das heilige Jahr 96: „Das Mysterium ist immer ganz.“ Ebd. 97: „Also eins ist immer das Mysterium des Kirchenjahres“ (Hervorhebung im Original). Ebd. 99: „Während aber die Sachsymbole durch ihr Gleichbleiben die Einheit des Mysteriums ausdrücken, zeigt das leichter bewegliche Wort seine Fülle und Mannigfaltigkeit an und deutet sie aus, macht sie gegenwärtig.“ 207 C ASEL , Kultprobleme 111f. 208 Vgl. C ASEL , Vom Wesen des Mysteriums 172: „Zu der kultischen Handlung tritt das Wort. Beide, das Wort und das Tun, gehören zum Kultgedächtnis. Auch das Wort der Liturgie ist erfüllt von göttlicher Gegenwart. Im Wort offenbart sich uns Gott. Das Wort hat teil an dem sakramentalen Geschehen.“ - Ebd. 192: „M. E. müssen wir uns wieder losmachen sowohl von der einseitigen Bindung an das ‚Wort‘ wie auch an die einzige Herrschaft des ‚Sakramentes‘. Beide müssen sich wieder finden im Mysterium, d. h. in <?page no="62"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 50 mysterium als ganzes ist pneumatische Gegenwart des erhöhten Herrn, durch die dieser der Kirche die Gegenwart seiner Heilstat erschließt. Der vergegenwärtigende Charakter eignet daher nicht der Schrift als solcher, sondern ihrer feierlichen, öffentlichen Proklamation im Rahmen der Liturgie 209 - Casel spricht von der „Wirkkraft des kultischen Verkündens der von Gott eingegebenen Frohbotschaft“ 210 . „Trägt eine ganze Gemeinde im Kult diese Lesungen in feierlicher Form vor, so ist dies kein Lesen im gewöhnlichen Sinne, wie wenn man etwas liest, um Neues zu erfahren. Mit der Lesung der Schrift kehren wir zurück in die Urzeit.“ 211 „Durch die feierliche Lesung wird die geschilderte urzeitliche Tat unmittelbare Gegenwart. So ist also auch die Schriftlesung in der Liturgie in gewissem Sinne ein sacramentum.“ 212 „Das Wort hat teil an dem sakramentalen Geschehen. Das gilt von den heiligen Worten des Alten und Neuen Testamentes, wenn die Kirche sie in ihrer Liturgie vorträgt.“ 213 Zwei Einzelfragen sind im Rahmen der vorliegenden Untersuchung von besonderem Interesse: einerseits, wie Casel die Vergegenwärtigung des Heilsgeschehens durch die liturgische Schriftverkündigung theologisch näher bestimmt, andererseits, welche Rolle angesichts der starken Konzentration auf das Christusmysterium dabei der Verkündigung des Alten Testaments zukommt. Was die erste Frage betrifft, so lassen sich zwei Erklärungsansätze unterscheiden: Der eine geht vom Konzept der pneumatischen Gegenwart Christi aus (a), der andere von der Begründungsfunktion des Mythos (b). a) Casel betrachtet Verkündigung und Liturgie als Weisen der wirkmächtigen Gegenwart des erhöhten Herrn im Geist. 214 Der Gottesdienst und die innerhalb seines Rituals erfolgende Schriftverkündigung sind insofern eschader kultischen Gegenwart Christi, der ja der Logos und zugleich Mensch ist. […] Logos und Mysterium sind eins in Christus.“ - Ebd. 195: „Für die alte Kirche gab es nur das eine Heilswerk Christi, das in der gesamten Liturgie sich auswirkt, sowohl im Worte wie im Sakrament, freilich in verschiedener Weise und deshalb wohl auch in verschiedener Stärke. Aber Christus wird dadurch nicht geteilt, sondern es ist immer ein und derselbe Christus, der durch Wort und Mysterium gegenwärtig wird.“ 209 Vgl. S CHILSON , Theologie als Sakramententheologie 224f. Neben der anamnetischen Funktion schreibt Casel der liturgischen Verkündigung auch den Charakter der Lehre und des Lobpreises zu: vgl. etwa C ASEL , Vom Wesen des Mysteriums 192. 210 Ebd. 193. 211 Ebd. 156 (Hervorhebung A.Z.). 212 Ebd. 158 (Hervorhebung A.Z.). 213 Ebd. 172f. (Hervorhebung A.Z.). 214 Vgl. C ASEL , Kultprobleme 112: „Der Logos des Glaubens nun und die Mysterien sind die Güter, die der Herr scheidend seiner Kirche hinterlassen hat. In ihnen ist er selbst, der pneumatische Herr, bei der Kirche geblieben; denn durch sie wirkt er.“ Vgl. DERS ., Vom Wesen des Mysteriums 176: „Christus ist also die personhafte Dynamis Gottes, die in der Auferstehung für uns frei wurde und nun in die Geschichte hineinwirkt.“ <?page no="63"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 51 tologischer Vorgeschmack der Parusie Christi. 215 Der erhöhte Christus ist es, der jeder Verkündigung, insbesondere der liturgischen, die Kraft seines Geistes verleiht. 216 Dadurch erlangt die gottesdienstliche Schriftverkündigung ‚performativen‘ 217 Charakter, wird zum Vollzug des Heilsgeschehens selbst. 218 Dieses Konzept im Blick auf die Verschränkung der verschiedenen Zeitebenen philosophisch zu rekonstruieren, ist nicht Casels vornehmliches Anliegen. 219 Als Ausgangspunkt einer Erklärung bietet sich jedoch folgender Gedanke an, der sich mit dem im anschließenden Kapitel zu untersuchenden Beitrag Romano Guardinis zur Mysterientheologie berührt: Die Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte bezieht sich nicht auf die Überbrückung, sondern auf die prinzipielle Durchbrechung der Zeitregister innerweltlicher Erfahrung. Die vom erhöhten Herrn, mithin von Gott her eröffnete Gegenwart der Heilsereignisse im Kultmysterium ist gleichbedeutend mit der Anteilgabe an der überzeitlichen Gegenwart Gottes, in die die Heilsgeschichte aufgehoben ist. 220 „Das Kultmysterium macht die Heilstat des Herrn in Wort und Riten unter uns gegenwärtig. Gott ist Gegenwart. Für ihn gibt es keine Vergangenheit und keine Zukunft. Gott ist der eine Punkt, in dem sich alles sammelt. Von ihm geht alles aus, und zu ihm geht alles zurück. Deshalb gibt es bei ihm nur ein göttliches Heute. Das ist freilich anders als das Heute, das wir Menschen meinen. Wenn wir sagen ‚Jetzt‘, so ist das ‚Jetzt‘ schon vorbei; es ist schon Vergangenheit. So flüchtig ist der irdische Augenblick und das irdische Heute. Bei Gott aber ist das Heute eine immerwährende Gegenwart. […] Gott hat uns die Möglichkeit gegeben, schon während unseres Lebens in dieser Zeit in die göttliche Gegenwart und das ewige Heute einzutreten. Möglich 215 Vgl. C ASEL , Vom Wesen des Mysteriums 193 (ausgehend von Jes 52,7): „Unser Dominus regnavit ist die eschatologische Botschaft von der Gegenwart des verklärten, herrschenden Kyrios, die sich im Mysterium und ‚Evangelium‘ der Liturgie schon vollzogen hat, die aber bei der Parusie erst allen offenbar werden wird.“ 216 Vgl. C ASEL , Mysterium der Ekklesia 264: „Das Evangelium ist die Gegenwart des pneumatischen Christus unter uns. In ihm erstrahlt die Herrlichkeit Christi. Es ist in erster Linie die Verkündigung des Christusmysteriums mit all der pneumatischen Kraft, die der Kyrios dem Logos der Botschaft verleiht. […] Das Evangelium ist also ein wahres Mysterium, die Gegenwart des menschgewordenen Heilandes unter uns im heiligen Logos der Schrift.“ 217 Vgl. zum Konzept der Performativität unten Kap. 4.5.1. 218 Vgl. C ASEL , Vom Wesen des Mysteriums 180: „In der Predigt, mehr noch im liturgisch verkündeten Wort der Schrift, im ‚Evangelium‘, wird das Heilsgeschehen Christi pneumatisch gegenwärtig. Die Geschichte Christi vollzieht sich in dem verkündeten Wort. Die Predigt ist die uns zugewandte Seite des Christusgeschehens. In ihr und durch den Glauben, den sie vermittelt, tritt der Mensch in verborgener, aber realer Weise durch das ihn treffende Wort in Verbindung mit dem Sterbenden und Auferstandenen.“ 219 Dadurch erklärt sich auch, warum in der breiten Rezeption seines Ansatzes gerade die Frage nach dem ‚Wie‘ der Gegenwart umstritten ist: vgl. N EUNHEUSER , Mysteriengegenwart 332-335. 220 Vgl. dazu N AWAR , Opfer 317-320; K RAUSE , Mysterium und Metapher 176-188. <?page no="64"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 52 ist es uns durch die Kultmysterien. Da gibt es auch für uns nicht Vergangenheit und Zukunft, sondern nur Gegenwart.“ 221 b) Neben diesem strikt theologischen Ansatz findet sich bei Casel auch eine eher kulturanthropologische Argumentationslinie, ausgehend von der kulturellen Funktion des Mythos - von hier aus lässt sich eine Verbindung ziehen zu Assmanns Konzept des ‚kulturellen Gedächtnisses‘. 222 Der Mythos ist nach Casel weder ein nur historisches noch ein bloß literarisches Phänomen. 223 „Er bedeutet vielmehr eine Wiederhinstellung einer urgeschichtlichen Wirklichkeit in erzählender Form.“ 224 ‚Urgeschichtlich‘ wird diese Wirklichkeit genannt, insofern sie nicht die Ursache (αἰτία), sondern den Urgrund (ἀρχή) der Gegenwart benennt. „Die Mythen erklären nicht, sie statuieren einen Präzedenzfall. Die Geschehnisse der Gegenwart werden in ihrem Lichte gesehen: Etwas ist so, weil es in der Urzeit so war. […] Für den Christen bedeutet dies, daß er alle Ereignisse im Lichte Christi schauen muß. Die Zeitgeschehnisse, an denen mancher zu verzweifeln droht, sind nur im Zusammenhang mit dem Heilsplan Christi recht zu erkennen, der mit der Sünde beginnt und mit der Erlösung endet. In diesem Sinne strömt Klarheit aus jedem echten Mythos über das, was ist und was geschehen soll. Er gibt keine Ursache, sondern weist auf den Urgrund.“ 225 Obwohl in diesem Text das Christusereignis als Mitte des christlichen ‚Mythos‘ herausgestellt wird, in dessen Licht auch die Gegenwart zu betrachten ist, exemplifiziert Casel diesen Zusammenhang andernorts ausdrücklich an der Verkündigung des Alten Testaments: Das in der Vorfastenzeit gelesene Buch Genesis erscheint als „unsere heilige Geschichte“, die der Christ mit seinem eigenen Leben füllt. 226 Freilich steht diese Deutung für Casel letztlich im Horizont des Christusereignisses, das der Anamnese von Schöpfung und 221 C ASEL , Vom Wesen des Mysteriums 173f. 222 Vgl. dazu oben S. 9-11. 223 Vgl. C ASEL , Vom Wesen des Mysteriums 158: „Alle diese Beispiele zeigen uns, daß der Mythos keine bloß erzählte Geschichte ist. Er ist vielmehr gelebte Realität. In dieser Schau muß der Christ auch die Hl. Schrift lesen. Sie ist nicht nur ‚biblische Geschichte‘; jedenfalls ist es nicht ihr letzter Sinn, Geschichte zu sein. Ebensowenig sind Mythen literarische Erfindungen. Sie sind Ausdruck einer größeren Wirklichkeit, die die Gegenwart beständig beeinflußt und das Leben der Menschen beherrscht. Sie geben dem Menschen zugleich sittliche Erkenntnis und Anweisungen, ihr Leben dieser Erkenntnis entsprechend zu gestalten.“ 224 Ebd. 162. 225 Ebd. 162. 226 Vgl. ebd. 156: „Es ist für uns vor allem wichtig, daß wir unsere heilige Geschichte leben. Wenn die Kirche z.B. am Sonntag Septuagesima beginnt, das Buch Genesis zu lesen, so führt sie damit die Urtat: Schöpfung, Sündenfall usw. wieder herauf. […] Mit der Lesung der Schrift kehren wir zurück in die Urzeit. Wir selbst stellen uns hinein in die Urtat, die Gegenwart wird … Aus ihr lernen wir unser eigenes Wesen, an dessen Anfang Schöpfung und Sündenfall stehen, verstehen.“ <?page no="65"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 53 Sündenfall ihre innere Ausrichtung vorgibt. 227 Während die entsprechenden Aussagen Casels sich vielfach in den Bahnen traditioneller Typologie zu bewegen scheinen, 228 wird zugleich eine hohe Wertschätzung des Alten Testaments erkennbar: Selbst die in der Regel zur Abwertung des Alten Testaments verwendete Metapher vom Schattenbild (Hebr 10,1) kann so unversehens dazu herangezogen werden, die bleibende Relevanz des - freilich christologisch gelesenen - Alten Testaments zu beschreiben. „Das Wort hat teil an dem sakramentalen Geschehen. Das gilt von den heiligen Worten des Alten und Neuen Testamentes, wenn die Kirche sie in ihrer Liturgie vorträgt. Wir dürfen nur nicht bei dem Geschichtlichen stehen bleiben, wenn wir die Schriften des Alten Testamentes hören. Sie machen uns vielmehr klar, was Gott durch Christus in seiner Ekklesia wirkt. Ohne diese Schriften würden wir oft die Fülle und den Reichtum des Christusmysteriums nicht erkennen. […] Im Schattenbild schauen wir das Entscheidende, weil das Zufällige fehlt. Deshalb kann man häufig im Schattenbild besser die klare Form erkennen als im Gegenstand selbst. So ist es auch mit dem Alten und Neuen Testament. Die Schriften des Alten Testamentes können uns oft klarer das Wesentliche zeigen.“ 229 4.3 Romano Guardini: Das Aeviternum In der Forschung zu Unrecht nur wenig rezipiert ist der genuine Beitrag, den Romano Guardini (1885-1968) zur Ausbuchstabierung der Mysterientheologie geleistet hat. 230 Einschlägig ist in diesem Zusammenhang seine kleine Schrift „Vom liturgischen Mysterium“, die 1925 im inneren Anschluss an die zwei Jahre zuvor publizierte „Liturgische Bildung“ erschien. 231 War Casels 227 Vgl. ebd. 158: „Wenn wir in den Vigilien des Sonntags Septuagesima lesen, wie Gott die Welt und den Menschen schuf, so wird diese göttliche Tat in unserer Mitte wieder pneumatische Gegenwart. Freilich wissen wir, daß der Mensch den Plan Gottes durch seine Schuld durchkreuzte. […] Aus dieser Schau erkennt man den Sinn der Quadragesima: Man muß sich durch die Buße vom ersten Adam abwenden, muß sterben, um mit dem zweiten Adam aufzuerstehen, der dem Menschen aionisches Leben schenkt.“ 228 Vgl. ebd. 160f.: „Im Kult, der das Mittel ist, die Urzeit wieder heraufzuführen, wird für den Christen die neue Urzeit gegenwärtig. Er erfährt im Kult nicht nur eine Nachwirkung der Heilstat, sondern diese wird wieder Gegenwart. Gegenstand allen christlichen Kultes ist das Heilswerk Christi. Die Taten der Urväter, die dabei gelesen werden, sind Typen, Symbole, Prophetien.“ Vgl. dazu auch K RAHE , Der Herr ist der Geist I, 149-152. 229 Ebd. 172f. Als Exempel zieht Casel ebd. die christologisch verstandenen Psalmverse 2,7 („Er sprach zu mir: ‚Mein Sohn bist du. Heute habe ich dich gezeugt‘“) und 109,3 („ich habe dich gezeugt noch vor dem Morgenstern, wie den Tau in der Frühe“) im Kontrast zur lukanischen Weihnachtserzählung heran. 230 Vgl. aber S CHILSON , Perspektiven liturgischer Erneuerung 63-79. 231 Vgl. D EBUYST , Guardini 95. Casel selbst rezensierte den in der Zeitschrift „Die Schildgenossen“ publizierten Aufsatz positiv: C ASEL , Rez. Guardini. Vgl. außerdem den für das Bildungsfernsehen bestimmten Vortrag G UARDINI , Geschichtliche Tat und kultischer Vorgang, in dem aber - dem Genre entsprechend - die theologische Grundlegung weniger tiefreichend entfaltet wird. <?page no="66"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 54 Zugriff auf die Mysterienthematik religionsgeschichtlich und patristisch akzentuiert gewesen, liefert Guardini gleichsam den Versuch einer religionsphilosophischen Erschließung der Mysteriengegenwart. 232 Zur Klärung der Frage, wie angesichts der „Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit“, die „zum Wesen der Geschichte“ 233 gehören, dennoch „ein wirkliches Aufstehen des gleichen Geschehenen“ 234 in der liturgischen Feier möglich sei, beruft sich Guardini auf ein Denkmodell der mittelalterlichen Theologie: Zwischen dem aeternum, der Ewigkeit als der Sphäre Gottes („das ewige ‚Nun‘, die ganz erfüllte Lebendigkeit“ 235 ), und dem aevum „in seiner Bedeutung als saeculum, Zeit“ steht „das aeviternum. Das ist die Weise, wie das Ewige, in sich Zeitlose, dem Zeithaften koexistiert; oder wie umgekehrt das Zeitliche am Ewigen teilhat.“ Der Begriff 236 bezeichnet also zum einen das, was sich aus der Überzeitlichkeit Gottes heraus auf die in der Zeit stehende Schöpfung bezieht (der „tragende, lenkende Akt Gottes, sein Ratschluß, seine Vorsehung“ 237 ), und zum anderen umgekehrt das, „was geschichtlich, personal geschieht“ und „seinen letzten Sinn dadurch [gewinnt], daß es Gottes Bild und Willen verwirklicht“: „Menschentat, sobald sie auf Gott hin geschieht, seinen Willen erfüllt und in sein Reich eingeht“, erhält „übergeschichtliche Bedeutung, überzeitliche Wirklichkeit“ und kann mit „Gottes Weltgedanke und Schöpferwille“ aller Zeit koexistieren, „Beziehung gewinnen auf alle Geschichte“ 238 . Zusammenfassend formuliert Guardini: „Was immer von Gott her geschieht, koexistiert der Zeit: sein Ratschluß, sein Erkennen, seine Liebe, seine Gnade. Was immer auf Gott hin geschieht, steigt über das Räumlich-Zeitliche hinaus, in seine Ordnung, in den ‚Himmel‘, und es ist möglich, wenn Er will, daß es mit Ihm wieder in die Geschichte hineinwirke.“ 239 Paradigmatisch für jene ‚auf Gott hin‘ zielende geschichtliche Wirklichkeit ist das Christusereignis. Die Selbsthingabe Christi lässt ihn ‚in den Himmel‘ übergehen, sodass er mit Gottes Heilsratschluss der Zeit koexistiert und mit seiner Heilstat unmittelbar zu jedem Gegenwartspunkt steht. Die Liturgie 232 Vgl. S CHILSON , Perspektiven theologischer Erneuerung 73. 233 G UARDINI , Vom liturgischen Mysterium 120. 234 Ebd. 121. 235 Ebd. 142. 236 Wie Guardini den Begriff besetzt, deckt sich nicht exakt mit der scholastischen Terminologie, wie Thomas von Aquin sie fasst, der aevum und aeviternum einander zuordnet. „Thomas führt den Begriff ‚Aevum‘ ein, um darzulegen, daß es Entitäten gibt, die der Veränderung und Bewegung als Übergang von Potenz in Akt enthoben sind und als solche am grenzenlosen Leben [der Ewigkeit Gottes; ergänzt A.Z.] teilhaben“, wobei „den aeviterna nicht von sich aus der Vollbesitz des Lebens zukommt, sondern nur vermittelt durch Gott“: M OLING , Aevum 424; vgl. das Lemma „aeviternus“ in: B USA (Hg.), Index Thomisticus II/ 1, 947. 237 G UARDINI , Vom liturgischen Mysterium 143. 238 Ebd. 144. 239 Ebd. 145. <?page no="67"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 55 realisiert diese für den Glauben generell kennzeichnende unmittelbare Christus-Beziehung 240 in der besonderen Weise des ‚Mysteriums‘. Guardini legt großen Wert darauf, dass die Vorstellung, dass „diese Beziehung der Koexistenz des Heilsereignisses sich derart verdichtet, daß es in der Form des Mysteriums spontan in die geschichtliche Gegenwart wieder eintritt, […] nicht aus natürlichen Voraussetzungen“ hergeleitet werden könne, sondern „aus positiver göttlicher Einsetzung“ 241 hervorgehe. Das kultische Mysterium ist durch „eine Transposition des Wesenskernes aus der historischen in die liturgische Form“ 242 gekennzeichnet, die grundsätzlich stilisiert und symbolisch ist. 243 Die Schriftverkündigung als Weise liturgischen Handelns hat an diesen Eigenschaften der ‚liturgischen Form‘ Anteil. In „Vom liturgischen Mysterium“ spricht Guardini primär über die sakramentalen Zeichenhandlungen. Allerdings betont er im Blick auf den Wortgottesdienst, dass „das liturgische ‚Wort‘ nicht nur Verständigungsmittel“ sei, „sondern lebendiger Leib von heiligem, göttlichem Geist-Wort“ und „selbst irgendwie sakramentalen Charakter“ besitze 244 . In seiner bekanntesten Schrift „Vom Geist der Liturgie“ führt er aus, die Berichte der Evangelien über das geschichtliche Leben Jesu erhielten in der Messliturgie „durch den Zusammenhang, in dem sie stehen, eine eigentümliche Beleuchtung“, die darauf dränge, „auf den ewigen, überzeitlichen Sinn zu achten“ 245 . „Denn die Liturgie ist keine bloße Erinnerung an das, was einst war, sondern lebendige Gegenwart, ist das beständige Leben Jesu Christi in uns und der Gläubigen in Christus, und zwar in dem ewig lebenden Gottmenschen Christus.“ 246 Bei aller Stilisierung, die den Blick über das bloß Historische des vergangenen Heilsereignisses hinaushebt, ist die gottesdienstliche Vergegenwärtigung doch selbst wieder eine „geschichtliche Handlung“ 247 , die als solche auch über den Rahmen der Liturgie hinaus geschichtsmächtig ist: „Das Mysterium wird immer wieder Geschichte. Es kann Geschichte auslösen, ausdrücken; etwa als Feier des Dankes oder der Bitte. Kann Geschichte bilden, sofern es die Menschen formt, die in der Geschichte stehen. Es kann geradezu Geschichte wenden und schaffen durch die Herzen der Menschen, die real in ihm, zugleich in der Geschichte stehen.“ 248 240 Vgl. ebd. 123-126. 241 Ebd. 148. 242 Ebd. 151. 243 Vgl. ebd. 150. Vgl. die Kapitel „Liturgischer Stil“ und „Liturgische Symbolik“ in: G UAR- DINI , Vom Geist der Liturgie 39-56. 244 G UARDINI , Vom liturgischen Mysterium 116 Anm. 3. 245 G UARDINI , Vom Geist der Liturgie 45. 246 Ebd. 46. 247 G UARDINI , Vom liturgischen Mysterium 153. 248 Ebd. 154f. <?page no="68"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 56 Es fällt nicht schwer, dies speziell auf die gottesdienstliche Schriftverkündigung zu beziehen, die die Herzen und die Geschichte derer formt und wendet, die sich als Zeitgenossen der verkündeten Heilsgeschichte erfahren. 4.4 Viktor Warnach: Der Kairos Ein weiterer Autor, der die Mysterientheologie substantiell aufgriff und in eine für die vorliegende Fragestellung relevante Richtung fortentwickelte, war Viktor Warnach (1909-1970), wie Casel Benediktiner der Abtei Maria Laach. Eine zentrale Rolle in seiner Lesart der Mysterientheologie, für die ähnlich wie bei Guardini die Spannung zwischen Zeit und Ewigkeit zentral ist, spielt der Begriff des Kairos. Als Kairos bezeichnet Warnach gleichsam den Berührungspunkt zwischen Zeit und Ewigkeit, an dem sich die der Zeitlichkeit innewohnende Tendenz realisiert, sich ins Ewige aufzuheben. Geschichte bedeutet für Warnach „zuerst das Handeln Gottes mit der Menschheit in der Zeit“ 249 , die Gestaltwerdung des aller Zeit vorausliegenden göttlichen Heilsratschlusses. Insofern transzendiert die Geschichte „aus ihrem eigenen Wesen heraus den raumzeitlichen Bereich ‚dieses Aions‘, weil sie stets gottbezogen ist“ 250 . Dieser Überstieg ereignet sich konkret im dem Menschen von Gott her sich eröffnenden Kairos. Da er strikt auf die Ewigkeit bezogen ist, gilt: „Was im Kairos geschieht, ist zwar geschichtlich einmaliges Ereignis, und dennoch ist es über die Begrenzung der Zeiten erhaben, weil im Kairos die Zeitdimension aufgehoben wird. Wiewohl es keine zeitliche Dauer - etwa als ein erstarrtes Geschehen - hat, ist es doch wie der Kairos selbst allen Zeiten ‚objektiv‘, d. h. sachlich als sich vollziehendes Ereignis gegeben, was von einem gewöhnlichen Zeitgeschehnis nicht gesagt werden kann; dieses ist in seiner Einmaligkeit vergangen, höchstens durch seine Nachwirkungen bleibt es. […] Ungeachtet ihrer konkreten Geschichtlichkeit ragen [die Heilstaten; ergänzt A.Z.] über die zeitliche Begrenztheit hinaus; ja, darin liegt ihre wesentliche Aufgabe, daß sie den Bann der Zeit sprengen und die zeitgebundene Existenz in die Ewigkeit des neuen Lebens hineinheben.“ 251 Unverkennbar berührt sich das Gesagte mit Guardinis Definition des aeviternum. Mit dieser teilt Warnachs Rede vom Kairos auch den christologischen Fokus: „In [Christus; ergänzt A.Z.] ist der Kairos Gottes konkreteste Wirklichkeit geworden, weil er zwischen Zeit und Ewigkeit steht, beide Welten in seiner eigenen Person verbindend“ 252 ; ja der Kairos hat „sich in Christus gleichsam verkörpert“ 253 . 249 W ARNACH , Christusmysterium 86 (Hervorhebung im Original). 250 Ebd. 88. 251 Ebd. 92f. 252 Ebd. 95. 253 Ebd. 97f. <?page no="69"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 57 „Wesenskern des Heilswerkes“ ist daher „das Pascha, der Hindurchgang Christi durch den Tod zur Verklärung […], weil hierdurch die irdischsarkische Daseinsweise Jesu in die himmlisch-pneumatische des erhöhten Kyrios verwandelt wurde. Dieses Pascha hat sich zwar geschichtlich nur einmal, nämlich in jener längst vergangenen äußeren Erscheinung ereignet, aber diese einmalige Tat Christi übersteigt auf Grund ihres Kairoscharakters den zeitlichen Bereich und damit die Begrenzung durch die Zeit, so daß es in seinem eigentlichen Geschehen allen Zeiten objektiv gegeben und zugänglich ist.“ 254 Mysteriengegenwart, Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte also, vollzieht sich nun in der Liturgie dergestalt, dass die Feiernden „durch den Glauben“ pneumatisch „in den Kairos versetzt“ werden, „in dem ja auch die Heilsgeschichte allen Zeiten zusammengefaßt gegeben ist“ 255 . Daher wird nicht eigentlich das heilsgeschichtliche Ereignis in die Gegenwart transferiert; treffender erscheint die Aussage: „Wir werden aus unserer raumzeitlichen Gebundenheit herausgehoben und der Heilstat gegenwärtig gemacht, um in sie einbezogen werden zu können“ 256 . Allerdings kann dies, insofern „wir noch an die Schranken von Raum und Zeit gebunden sind, […] nur geschehen, wenn uns das Heilswerk selbst in raumzeitlicher, also sinnlich erfahrbarer Gestalt gegeben ist oder erscheint“. Dies ereignet sich im Sakrament, „das die dargestellte Wirklichkeit, eben das Heilswerk, nicht bloß abbildet, sondern tatsächlich enthält und ganz real in Raum und Zeit hineinstellt, ohne es freilich in seinem transzendenten Eigensein zu verändern oder gar zu wiederholen“ 257 . „Die sakramentale Wirklichkeit oder ‚Mysteriengegenwart‘ kann man nur vom Kairosmoment her verstehen, das sie ebenso wie das Heilsgeschehen selbst kennzeichnet. Gleichwie der Kairos als der ‚Ort des Mysteriums‘ eine historisch feststellbare Gegebenheit in der Zeit ist, anderseits aber die Zeitlichkeit transzendiert, ja eschatologisch aufhebt, so ist auch die Mysteriengegenwart ihrer äußeren Erscheinung nach ein geschichtlicher und damit zeitgebundener Tatbestand und zugleich überzeitlich in ihrem eigentlichen Ursprung und Wesen“ 258 . Die „pneumatische, also nur im Glauben zugängliche Gegenwart“ Christi „verleiblicht sich“ 259 in der Feier der Liturgie. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Verkündigung der Heiligen Schrift. Sie stellt „die Christustatsache nicht bloß objektiv, d. h. zur erkenntnismäßigen Betrachtung oder gefühlsmäßigen Versenkung, vor uns hin.“ Sie begnügt sich nicht mit dem Bericht historischer Tatsachen, „sondern ist deren Ankündigung oder Proklamation. Da aber immer nur das Gegenwärtige proklamiert werden kann, macht das Kerygma 254 Ebd. 144. 255 Ebd. 226. 256 Ebd. 197. 257 Ebd. 196. 258 Ebd. 197f. 259 Ebd. 226. <?page no="70"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 58 die Heilstaten gegenwärtig und knüpft daran die Aufforderung zur Stellungnahme“ 260 . Es verdichtet sich hier das, was Warnach zum Zusammenhang zwischen Kairos und Krisis sagt: 261 „Weil im Kerygma Gott selbst redet und darin sein Mysterium, den Kairos, als gegenwärtige Größe hinstellt, kann der Mensch an diesem Wort nicht vorübergehen, ohne sich zu entscheiden. Es zwingt den Hörenden nicht zur Bejahung. Er kann auch widersprechen, es ablehnen und verwerfen, aber irgendwie muß er dazu Stellung nehmen.“ 262 Diese existenzbestimmende Relevanz erhält die Liturgie wesentlich aus der Schriftverkündigung, deren sinnliche Gestalt dem Heilsgeschehen eine hier und heute wahrnehmbare geschichtliche Realität verleiht. 263 Umgekehrt ist es der Kontext der Liturgie, der dem Wort der Schrift Anteil gibt „an der Wirklichkeitsfülle des sakramentalen Kultmysteriums“, gilt doch für Warnach prinzipiell, dass im Schriftwort als Medium der göttlichen Offenbarung „die Gnade nur angekündigt und angeboten“ wird, während das Sakrament sie „effektiv übermittelt“: „Das Wort bezeugt, aber es wirkt nicht das Heil. Im Wort ist Gott als der Sichoffenbarende zugegen, im Sakrament aber als der mit uns Handelnde.“ 264 Als Bestandteil des Kultmysteriums hingegen wird insbesondere „die feierliche Verkündigung des Evangeliums bei der Messe durch den lebendigen Zusammenhang mit dem im Opfermysterium gegenwärtiggesetzten Heilswerk Christi zu seiner wirklichen ‚Epiphanie im Worte‘“ 265 , die den Feiernden das Christusmysterium existentiell erschließt „nicht zu historischer Repristination, sondern zu pneumatisch-personalem Mitvollzug“. 266 So ist die liturgische Schriftverkündigung „Erscheinung und Gegenwart göttlicher Wirklichkeit in der Gestalt des Sprachzeichens“, als solche „ein im Glauben erfahrbarer Eingriff Gottes in die Menschengeschichte, der 260 Ebd. 183f. 261 Vgl. ebd. 87-90, bes. 89: „Wenn nämlich das Ziel aller Geschichte die Agape-Einheit der Menschen mit Gott ist, so schließt sie notwendig die Entscheidung für ihn in sich, und diese Entscheidung fällt im Kairos, den Gott einem jeden anbietet.“ 262 Ebd. 184. 263 Vgl. W ARNACH , Menschenwort und Wort Gottes 29: „Durch das sinnlich erfahrbare Symbol des verkündeten Wortes hat das Mysterium seinen Ort in der Geschichtlichkeit: es ereignet sich hier und jetzt in unserer Gegen-wart; auch was es gegenwärtig setzt, ist die in die Menschengeschichte eingegangene Tat Gottes in Christus Jesus, dem fleischgewordenen Logos; aber die Begegnung selbst geschieht in der überzeitlichen Wirklichkeit des Pneuma. Gerade im Wort des Kerygma ist uns ein ‚sprechendes‘ Symbol gegeben, in dem uns vom geschichtlich einmaligen Heilsgeschehen her der erlösende Einbruch der Gotteswirklichkeit in unsere zeitliche und damit todverfallene Ek-sistenz hinein erreichen kann.“ 264 W ARNACH , Wort und Sakrament 82 (Hervorhebung im Original). 265 Ebd. „In abgeleiteter Weise“ gelte dies auch vom Stundengebet; vgl. dazu DERS ., Menschenwort und Wort Gottes 31. 266 W ARNACH , Menschenwort und Wort Gottes 31. <?page no="71"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 59 immer Kairos und Krisis, Heilsgelegenheit und Entscheidung zugleich ist“, 267 und so „selbst ein Stück der Heilsgeschichte“. 268 Die christliche Existenz als „ein Sein im Kairos und unter der Krisis“ zielt nach Warnach auf „eine positive Überwindung der Welt, wie auch die Aufhebung der Geschichte im Kairos als ‚Erfüllung‘ zu verstehen ist.“ Da sich dies, wie schon gesagt, im Pascha Christi paradigmatisch ereignet hat, bringt „dieses in der Geschichte vollzogene Werk […] die Geschichte an ihr Ende, in die Vollendung bei Gott hinein“ - im Kairos wird „das Himmlische bereits Gegenwart“ und sind „die ‚Eschata‘ schon vollzogen“ 269 . Insofern bezieht sich die liturgische Vergegenwärtigung des Christusmysteriums als der Mitte der Heilsgeschichte letztlich auf die eschatologische Vollendung, die mit den Worten Pannenbergs „im Geschick Jesu von Nazareth […] vorweg ereignet ist“ 270 . In ähnlicher Weise hatte bereits Guardini festgehalten, dass Christi Eingang in den ‚Himmel‘, der „sein Erlösersein und Erlöserleben ‚aevitern‘“ und aller Zeit koexistent macht, zugleich der Beginn seiner Parusie sei: „Er kommt wieder, in jeden geschichtlichen Augenblick hinein, wo immer Einer ist, der glaubt, und ‚in Christus ist und Christus in ihm‘“ 271 . Die für das Christentum konstitutive Parusie-Erwartung verdichtet sich nach Guardini im liturgischen Mysterium dergestalt, dass in ihm „nicht nur das Geschichtlich-Vergangene als koexistent aufgefaßt bzw. erneuert, sondern auch das Zukünftige bereits begonnen“ wird 272 . An dieser Stelle sei schon angedeutet, dass sich die damit angesprochene Vergegenwärtigung der Vollendung, auf die die Geschichte zuläuft und die im Pascha Christi antizipiert ist, im Wortgottesdienst der Messe nicht zuletzt durch die rituelle Inszenierung der Schriftlesung, zumal der Evangelienlesung, zur Geltung bringt. 273 Diese „ist symbolisches Geschehen, nicht ein thematisches Sprechen über irgend ein mehr oder minder interessantes oder lebensrelevantes Thema“ - auf diese Weise wird „eine Transformation, eine Wandlung der Hörenden in das proklamierte Geschehen hinein“ 274 ermöglicht. Als Elemente der rituellen Inszenierung benennt Meßner den Ambo als exklusiven Ort der Schriftverkündigung, die Existenz speziell mit dem Dienst der Verkündigung beauftragter Personen, die Akklamationen nach den nicht- 267 W ARNACH , Wort und Sakrament 75. 268 W ARNACH , Das Mysterium des Wortes 110: „ Hier im Kulte ist die Verkündigung noch ganz ‚Mysterium des Evangeliums‘ in paulinischem Sinne (Eph. 6, 19), ein ‚hieros logos‘, ein heiliges Wort, das selbst ein Stück der Heilsgeschichte ausmacht und darin eine entscheidende Funktion übernimmt; entscheidet sich doch in der Verkündigung das Heil der Hörenden, da der Zuspruch der Gnade im Glauben aufgenommen werden muss, soll er ihnen nicht zum Gericht gereichen.“ 269 W ARNACH , Christusmysterium 90. 270 P ANNENBERG , Dogmatische Thesen 103. 271 G UARDINI , Vom liturgischen Mysterium 146. 272 Ebd. Anm. 14. 273 Vgl. dazu ausführlich Teil C, bes. Kap. 3.3 und 3.4.2. 274 M ESSNER , Wortgottesdienst 180 (Hervorhebungen im Original). <?page no="72"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 60 evangelischen Lesungen sowie vor und nach der evangelischen Lesung, die vom Gesang des Halleluja begleitete Evangelienprozession sowie die Vortragsweise der Kantillation. 275 Im Blick auf den eschatologischen Charakter der Anamnese kommt dem Ritual der Evangelienverkündigung besondere Bedeutung zu: „Die Prozession zum Evangelium ist eine Inszenierung des ‚adventus Christi‘, d. h. seines Kommens als Herr der Welt, ein präsentatives Symbol, das auf sein letztes Kommen ‚in Herrlichkeit‘ vorausverweist und dieses im Kommen in seinem Wort - dem Evangelium - rituell repräsentiert.“ 276 Der Halleluja-Ruf verweist neutestamentlich auf Offb 19,6, wo er beim Hochzeitsmahl des Lammes erklingt, und inszeniert so „die Eucharistie als symbolische Antizipation des himmlischen Hochzeitsmahls, also der endgültigen Zukunft und der Freude im Reich Gottes“ 277 . Der in der Verkündigung seines Wortes gegenwärtige Christus 278 „kommt als der zu Gott Erhöhte zu den Seinen, von dort, wohin schließlich auch die Seinen gelangen sollen: aus der den Glaubenden verheißenen Zukunft“ 279 . 4.5 Zusammenfassung und Perspektiven Die durch Odo Casel geprägte Mysterientheologie hat gegenüber der zeitgenössischen Sakramentenlehre die biblische und altkirchliche Grundoption wieder neu ins Bewusstsein gehoben, dass in der Feier der Liturgie nicht nur die Wirkung heilsgeschichtlicher Ereignisse zugewendet, sondern diese Ereignisse als solche präsent werden. Obwohl das Hauptinteresse Casels ebenso wie Guardinis und Warnachs den sakramentalen Zeichenhandlungen galt, ließ sich zeigen, dass nach ihrer Überzeugung auch die liturgische Schriftverkündigung als Bestandteil des Kultmysteriums am vergegenwärtigenden Charakter des Gottesdienstes teilhat. 280 Diese Anamnese stellt nicht in dem Sinne Gleichzeitigkeit mit vergangenen oder zukünftigen Heilsereignissen her, dass entgegen alltäglicher Erfahrung, aber doch im Maßstab ihrer Wahrnehmung die Grenzen innerweltlicher Zeitregister außer Kraft gesetzt würden; sie bedeutet keine „Zeitreise“. Vielmehr geht es um den Eintritt in die überzeitliche Wirklichkeit Gottes 281 - Casel spricht vom ‚Jetzt‘ Gottes, das sich vom ‚Jetzt‘ 275 Vgl. ebd. 180-183. 276 Ebd. 181. 277 Ebd. 278 Vgl. dazu näher Kap. B 4.1.1. 279 M ESSNER , Wortgottesdienst 182. 280 Der von allen drei behandelten Autoren in diesem Zusammenhang herausgestellte sakramentale Charakter der Schriftverkündigung (vgl. oben S. 49f.55.58f.) ist inzwischen von Benedikt XVI. ausdrücklich lehramtlich rezipiert worden: vgl. Verbum Domini, Nr. 56; dazu P ONGA , La Sainte Écriture 96-109. 281 W OHLMUTH , Unser Weg 84, spricht von der „Liturgie als humaner Hang zur Transzendenz und zugleich als Hereinstehen des Göttlichen durch die Berührung mit der Zeit“. Da diese Wirklichkeit Gottes als überzeitliche jeder Zeit präsent ist, gilt: „Liturgische Anamnese führt in ihren symbolisch-metaphorischen Ausdrucksformen keine sonst nicht vorhandene Wirklichkeit herbei, sondern deckt diese auf, eröffnet so einen Raum <?page no="73"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 61 des Menschen unterscheidet, Guardini vom „Aeviternum“, Warnach vom „Kairos“ -, allerdings insofern sie sich ‚inkarniert‘ (hat), geschichtliche Wirklichkeit geworden ist oder zu werden verspricht. 282 Insofern ist diese geschichtliche Wirklichkeit selbst, wiewohl sie als solche (vergangene bzw. zukünftige) auch in der liturgischen Anamnese letztlich unzugänglich bleibt, 283 konstitutiv für die in der Liturgie sich ereignende Erfahrung der Gegenwart als von Gottes Heilswillen umschlossener Zeit. „Der einzelne Gläubige tritt im liturgischen Ritual also nicht aus dem eigenen Geschichtszusammenhang heraus, sondern erkennt in diesem eine durch die vergangenen Heilserweise Gottes und durch die Gabe der verheißenen Hoffnung qualifizierte Gegenwart, die ohne die bereits erwirkte und verheißene Heilsgeschichte eben eine andere wäre.“ 284 Grundsätzlich ist die Wirklichkeit Gottes, das „Reich Gottes“, in dieser Welt nicht anders als ‚inkarniert‘ bzw. geschichtlich erfahrbar - erst die Vollendung hebt diese ‚conditio historica‘ auf (im dreifachen Hegelschen Sinn). Deswegen kann der Eintritt in die göttliche Wirklichkeit wiederum kein rein innerliches Geschehen, sondern muss seinerseits ein äußeres, ‚geschichtliches‘ Ereignis sein: der rituelle Vollzug der liturgischen Feier. Die rituelle Re- Inszenierung, unter anderem in Gestalt der gottesdienstlichen Schriftlesung, verleiht den vergangenen bzw. erwarteten Heilsereignissen (erneut) eine geschichtliche Form. Es ist die rituelle Proklamation einer bestimmten Inkarnationsgestalt, die in die Gegenwart Gottes hineinführt. Von der Gegenwart des Heilsereignisses in der Schriftverkündigung kann also mit der Mysterientheologie deshalb sinnvollerweise gesprochen werden, weil die Begegnung mit Gott nicht unabhängig von der rituellen Re-Präsentation dieses Ereignisses geschieht, sondern gerade in ihr. Hierin liegt theologisch der letzte Grund für die Beschränkung gottesdienstlicher Lesungen auf die Heilige Schrift: 285 Was proklamiert wird, muss den Kairos - den Einbruch Gottes in geschichtliche Erfahrung, die dadurch aufgeschlossen wird zum eschatologischen Realsymbol 286 - auch enthalten, damit es ihn seinerseits eröffnen kann. Das angedeutete Ineinander der geschichtlichen Formen wird vom Geist Gottes bzw. von der Gegenwart des erhöhten Herrn gewährleistet; die Anamnese ist eine pneumatische Wirklichkeit, die von Gott her ermöglicht zur bewussten Begegnung mit dem daseienden Wirken Gottes durch Jesus Christus im Heiligen Geist“ (W AHLE , Gottes-Gedenken 433; Hervorhebung im Original). 282 Vgl. H OPING , Gedenken und Erwarten 185: „Der offenbare Gott ist aber nicht das zeitlos Andere der Ewigkeit; er hat ein Verhältnis zur Zeit, ohne das auch der christliche Gottesdienst nicht verständlich wäre, der ja an erster Stelle Gottes konkreter Dienst an uns ist.“ 283 Vgl. W ENTZ , Herr, gedenke deines Bundes 216-219. 284 W AHLE , Gottes-Gedenken 443 (Hervorhebung A.Z.). 285 Vgl. oben S. 44 Anm. 180. 286 Dies gilt nach christlicher Auffassung unüberbietbar von Jesus Christus als dem ‚Reich Gottes in Person‘, der αὐτοβασιλεία, wie Origenes es auf den Punkt bringt: vgl. comm. in Mt. 14,7 (GCS 10,289 Klostermann). <?page no="74"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 62 und getragen wird: 287 Wo wirklich Gottes zeitenthobene Präsenz geschichtlich erfahrbar und durch menschliches Sein, Handeln und Ergehen berührt war, kann sie durch liturgische Re-Inszenierung von Gott her erneut zugänglich werden (Guardini). Und da jede Berührung mit der Präsenz Gottes einen Vorgeschmack des endzeitlichen ‚Gott alles in allem‘ (1 Kor 15,28) darstellt, ist die Anamnese letztlich immer eschatologisch (Warnach). Die den Eintritt in die überzeitliche Wirklichkeit Gottes ermöglichende Funktion der Schriftlesung fasst Casel - so könnte man seine Aussagen in rezente Begrifflichkeit übertragen - in die Kategorie der Performativität. 288 Diese Performativität kommt dem Wort der Schrift zu, insofern es in feierlicher Form, ritualisiert, 289 „stilisiert“ (Guardini) als Bestandteil der gemeinschaftlichen Feier der Liturgie 290 verkündet wird. So bietet es sich an, abschließend die Kategorien des Performativen und des Rituellen in ihrem Zusammenhang mit dem Verkündigungsverständnis der Mysterientheologie gesondert in den Blick zu nehmen. 4.5.1 Anamnese und Performativität Indem er der Verkündigung des Gotteswortes Wirkmacht zuschreibt, kann Casel sich auf die theologische Tradition berufen, die wiederum im biblischen Zeugnis gründet: „Das Wort der Heiligen Schrift und der Liturgie ist kein bloßes Menschenwort, das im Menschengeiste entsteht und vorübergeht wie ein Windhauch, ohne eine Spur zu hinterlassen. Das Wort Gottes ist voll einer göttlichen Kraft. ‚Wie Schnee vom Himmel fällt und Regen und dorthin nicht mehr zurückkehrt, vielmehr die Erde tränkt, befruchtet und mit Grün bedeckt und Samen für das Säen und Brot zur Nahrung gibt, so ist es mit meinem Wort, das meinen Mund verläßt: es kehrt nicht leer zu mir zurück; es richtet vielmehr aus, was ich 287 Von der participatio actuosa der Gläubigen her situiert W AHLE das Ineinander der Zeitebenen auf der Ebene einer „Vielfalt an ästhetischen Ausdrucksmitteln […], mit denen die Gemeinde ihr aktives synthetisierendes Zeitbewusstsein vollziehen kann, worin sich aber zugleich auch das unsynthetisierbare Widerfahrnis der Transzendenz Gottes ereignen will“ (Gottes-Gedenken 425). Wer Liturgie feiert, lässt sich in Form der Erinnerung des Vergangenen und der Erwartung des Erhofften „durch das Eingedenksein der feiernden Gemeinde in die Gemeinschaft der an Jesus als den Christus glaubenden Generationen einbinden“ und beginnt, „seine eigene Lebensgeschichte von der überlieferten Geschichte des neuen und ewigen Bundes Gottes mit der Menschheit zu verstehen“ (ebd. 429; vgl. 411-419). Geistgewirkt ist dieses Geschehen, insofern „[d]iese Befähigung zur Aktivität, d. h. im vorliegenden Kontext: zur Synthetisierung der Heilsgeschichte in Erinnerung und Erwartung, […] nicht vom Geschöpf selbst aus[geht], sondern […] ihm durch das pneumatische Wirken der Transzendenz im Geschöpf eröffnet [wird]“ (ebd. 436). 288 Vgl. z.B. aus dem oben S. 51 Anm. 218 zitierten Text die Formulierung: „Die Geschichte Christi vollzieht sich in dem verkündeten Wort.“ 289 Vgl. dazu näher Teil C dieser Studie. 290 Zur Kontextierung des Wortgottesdienstes der Messe durch die Eucharistiefeier vgl. Teil B dieser Arbeit. <?page no="75"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 63 wünsche, vollführt glücklich, wozu ich es sende.‘ [Jes 55,10f.] So nimmt das Wort teil an der Wirkungskraft der Mysterien. ‚Sakrament ist auch in den göttlichen Schriften, wo der heilige Geist in ihnen etwas innerlich durch wirkende Worte ausführt‘, sagt der heilige Paschasius Radbertus.“ 291 Die Pastorale Einführung in das Messlektionar bestätigt diese Auffassung, wenn sie in Nr. 4 feststellt: „Das im Gottesdienst fortwährend verkündete Wort Gottes ist durch die Kraft des Heiligen Geistes immer lebendig und wirksam und bezeugt so die immer tätige Liebe des Vaters zu den Menschen.“ 292 Mit besonderem Nachdruck kommt Benedikt XVI. in Nr. 53 des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens Verbum Domini auf diesen Zusammenhang zu sprechen. „Es ist äußerst angebracht, die Beziehung zwischen Wort und Sakrament zu vertiefen, sowohl in der pastoralen Tätigkeit der Kirche als auch in der theologischen Forschung. ‚Der Wortgottesdienst ist ein entscheidendes Element bei der Feier eines jeglichen Sakramentes der Kirche‘ [Päpstliche Bibelkommission, Die Interpretation der Bibel in der Kirche (15. April 1993), IV,C,1]; dennoch sind in der pastoralen Praxis die Gläubigen sich nicht immer dieser Beziehung bewusst und erfassen nicht immer die Einheit zwischen der Geste und dem Wort. ‚Es kommt den Priestern und den Diakonen zu, besonders bei der Sakramentenspendung die Einheit aufzuweisen, die Wort und Sakrament im Dienst der Kirche hervorbringen‘ [ebd., III,B,3]. In der Beziehung zwischen Wort und sakramentalem Handeln zeigt sich in liturgischer Form das Gott eigene Wirken in der Geschichte durch den performativen Charakter des Wortes selbst. Es gibt nämlich in der Heilsgeschichte keine Trennung zwischen dem, was Gott sagt, und dem, was er wirkt; sein Wort erweist sich als lebendig und wirksam (vgl. Hebr 4,12), wie schon die Bedeutung des hebräischen Wortes dabar anzeigt. Ebenso stehen wir in der liturgischen Handlung seinem Wort gegenüber, das bewirkt, was es aussagt. Wenn man das Gottesvolk unterweist, den performativen Charakter des Wortes Gottes in der Liturgie zu entdecken, hilft man ihm auch, das Wirken Gottes in der Heilsgeschichte und im persönlichen Leben eines jeden seiner Glieder zu erfassen.“ 293 291 C ASEL , Das heilige Jahr 97f. Zum Zitat von Paschasius Radbertus vgl. oben S. 48 Anm. 203. Zu dem zitierten Jesaja-Text vgl. E ISSING , Von der Bedeutung des Wortgottesdienstes 37-40. 292 Zum Begriff „wirksam“ verweist eine Anmerkung auf Hebr 4,12. Vgl. Hebr 4,12f.: „Denn lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens; vor ihm bleibt kein Geschöpf verborgen, sondern alles liegt nackt und bloß vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft schulden.“ 293 Hervorhebungen im Original. Vgl. zu diesem Passus P ONGA , La Sainte Écriture 109-113. Ebd. 110 weist Ponga auf eine verwandte Aussage im ersten Band der Jesus-Trilogie Joseph Ratzingers/ Benedikts XVI. hin, dort bezogen auf den Begriff ‚Evangelium‘ im Neuen Testament: „Im heutigen sprachtheoretischen Vokabular würde man sagen: Das Evangelium ist nicht bloß informative, sondern performative Rede - nicht bloß Mittei- <?page no="76"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 64 Wie die Überschrift des Paragraphen „Heilige Schrift und Sakramente“ zeigt, wollen diese Ausführungen generell die Bedeutung biblischer Texte im Kontext sakramentaler Feiern reflektieren. Dies schließt unterschiedliche Verwendungsweisen von Schrifttexten ein: 294 Manche Passagen des Paragraphen lassen primär an Schriftzitate oder biblisch inspirierte Rede in den Gebetsvollzügen denken, die unmittelbar mit den sakramentalen Zeichenhandlungen verknüpft sind (etwa, wenn von der „Einheit zwischen der Geste und dem Wort“ die Rede ist). Die explizite Erwähnung des Wortgottesdienstes als wesentlicher Bestandteil jeder sakramentlichen Feier zeigt aber, dass ausdrücklich auch die Schriftlesungen gemeint sind. Unter Bezugnahme auf die biblisch bezeugte Heilsgeschichte 295 und die Doppelbedeutung des hebräischen Nomens ר ָ ב ָ דּ wird für das Gotteswort der Schrift in Anspruch genommen, dass es „bewirkt, was es aussagt“. Diese Eigenschaft des Schriftwortes wird von Benedikt XVI. explizit als dessen ‚performativer Charakter‘ bezeichnet. Gerade vom Schlussteil des Zitats her, wo das Wirken Gottes nicht nur in der biblischen Heilsgeschichte, sondern auch „im persönlichen Leben eines jeden seiner [des Gottesvolkes] Glieder“ zu erfassen gelehrt wird, könnte sich eine kritische Rückfrage aufdrängen: Kann eine solche Aussage manchen Hörerinnen und Hörern der Schriftverkündigung angesichts ihrer oftmals leidvollen Lebenswirklichkeit als von ihrer Erfahrung nicht gedeckt, möglicherweise gar als zynisch erscheinen? Zwei Gedanken könnten die Ausführungen Benedikts XVI. (und der ihnen voraufliegenden Tradition) zu plausibilisieren helfen, einer von der sprachphilosophisch-linguistischen Wurzel der Rede vom performativen Sprechen her, der andere auf der Basis einer biblisch-liturgietheologischen Reflexion auf die Zeitstruktur christlicher Existenz. Mit dem Begriff des ‚performativen Charakters des Wortes‘ greift Benedikt XVI. einen Terminus aus der Theorie der Sprechakte auf, der von dem britischen Philosophen John Langshaw Austin (1911-1960) eingeführt wurde. In seiner Vorlesungsreihe „How to do things with Words“ unterscheidet Austin zunächst zwischen feststellenden Äußerungen, die wahr oder falsch, zutreffend oder unzutreffend sein können, und performativen Äußerungen, die eine Handlung konstituieren 296 und insofern glücken oder verunglücken können. Im weiteren Verlauf erweist sich diese Einteilung als zu schematisch, sodass Austin zur Unterscheidung von (bis zu) drei verschiedenen Sprechakten innerhalb einer sprachlichen Äußerung kommt: „We first distinguished a group of things we do in saying something, which together we summed up by saying we perform a locutionary act, which is lung, sondern Aktion, wirksame Kraft, die heilend und verwandelnd in die Welt eintritt“ (R ATZINGER , Jesus I, 76f.). 294 Vgl. das in SC 24 aufgezeigte Panorama; dazu B ÄRSCH , Von größtem Gewicht. 295 Man denke an das schöpferische Gotteswort in Gen 1 und Joh 1. Vgl. ferner V ERHEUL , Le service de la Parole 227-229. 296 A USTIN , How to do things with Words 12: „in which by saying or in saying something we are doing something“ (Hervorhebung im Original; vgl. ebd. 4-7). Als ein Beispiel dient Austin das „I do“ bei der Eheschließung (ebd. 5.13). <?page no="77"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 65 roughly equivalent to uttering a certain sentence with a certain sense and reference, which again is roughly equivalent to ‘meaning’ in the traditional sense. Second, we said that we also perform illocutionary acts such as informing, ordering, warning, undertaking, &c., i.e. utterances which have a certain (conventional) force. Thirdly, we may also perform perlocutionary acts: what we bring about or achieve by saying something, such as convincing, persuading, deterring, and even, say, surprising or misleading.“ 297 Die Sprachhandlung einer Warnung beispielsweise, die den Gewarnten tatsächlich überzeugt, ist ein lokutionärer Akt, insofern sie eine semantische ‚Bedeutung‘ hat, ein illokutionärer Akt (eine Handlung in locutione), insofern sie das Potential einer Wirkung in sich trägt, und ein perlokutionärer Akt (eine Handlung per locutionem), indem sie diese Wirkung tatsächlich erzielt. Performative Sprachhandlungen, also illokutionäre oder perlokutionäre Sprechakte, sind in ihrem Gelingen an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Dieser Aspekt der Sprechakttheorie wurde vor allem von John Rogers Searle (* 1932) aufgegriffen und systematisch weiterentwickelt: „Illokutionäre Akte zu vollziehen heißt, sich auf eine regelgeleitete Verhaltensform einzulassen.“ 298 Die Sprechakttheorie bezieht sich in ihrer ursprünglichen Form ausdrücklich auf die ‚primäre‘, alltägliche Sprachverwendung, nicht auf ihre ‚sekundäre‘ Ebene in literarischer Gestaltung. Für ein fruchtbares Verständnis ihrer Anwendung auf die liturgische Schriftverkündigung kann als Zwischenschritt auf die Applikation der Theorie für fiktionale Texte durch Wolfgang Iser (1926-2007) rekurriert werden. 299 Iser setzt bei den für das Gelingen eines Sprechaktes erforderlichen Regeln an, die in der Alltagskommunikation als feststehende Konventionen die Funktion haben, die potentiell mehrdeutige Sprachhandlung eindeutig zu determinieren. „Nun teilt die fiktionale Rede den Sprachhabitus des illokutionären Aktes, unterscheidet sich allerdings von ihm durch ihre andersartige Funktion. Der für das Gelingen der Sprachhandlung notwendige Abbau von Unbestimmtheitsbeträgen ist in handlungspragmatischer Sprachverwendung durch Konventionen, Prozeduren, Situationsangemessenheiten und Aufrichtigkeitsgarantien geregelt. Sie bilden die Referenz dafür, daß Sprache in einem Handlungszusammenhang aufzugehen vermag. Der für das Verstehen eines fiktionalen Textes notwendige Abbau von Unbestimmtheit erfolgt nicht über solche vorgegebenen Referenzen. Vielmehr muß der den Elementen des Textes unterliegende Code erst entdeckt werden, der als Referenz den Sinn des Textes verkörpert. Ihn zu konstituieren ist insofern eine Sprachhandlung, als durch sie die Verständigung mit dem Text geschieht.“ 300 297 Ebd. 109 (Hervorhebungen im Original) als Zusammenfassung der achten Vorlesung (ebd. 94-108), in der diese Unterscheidung eingeführt wurde. 298 S EARLE , Was ist ein Sprechakt? 84. 299 Vgl. I SER , Der Akt des Lesens 89-101. 300 Ebd. 98. <?page no="78"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 66 Wie die Alltagskommunikation verfügt auch der literarische, fiktionale Text über ‚Unbestimmtheitsbeträge‘, deren Abbau vom Leser im Rezeptionsprozess zu leisten ist. 301 Der Unterschied besteht darin, dass dieser Vorgang nicht durch allgemeingültige Konventionen, sondern durch einen dem jeweiligen literarischen Text eingestifteten Code geleitet wird. Dieser Code bezieht sich auf Elemente der allgemeinen Konvention, gruppiert diese aber kreativ zu einer spezifischen Text-Welt. 302 „Die Geltung der Konvention hat eine vertikale Struktur; sie zieht ihre Funktion daraus, daß sie immer schon gegolten hat. Diese Form der Geltung wird in fiktionaler Rede problematisiert; nicht etwa, weil sie konventionslos wäre, denn dann hätte sie gar keine Beziehung mehr zur Konvention, sondern weil sie die vertikal stabilisierte Geltung von Konvention durchbricht und diese horizontal zu organisieren beginnt. Das heißt, fiktionale Rede selektiert aus den verschiedensten Konventionsbeständen, die sich in der historischen Lebenswelt vorfinden. Sie stellt diese so zueinander, als ob sie zusammengehörten. […] Folglich erscheinen die Konventionsbestände als sie selbst, weil sie von ihrem lebensweltlichen Funktionszusammenhang abgelöst sind. Sie hören auf, Regulative zu sein, da sie selbst thematisch werden. Damit aber beginnt fiktionale Rede etwas zu bewirken. Durch ihre Selektion aus unterschiedlichen Konventionen entpragmatisiert sie die gewählten Konventionsbestände, so daß sich behaupten ließe: Ein solches Entpragmatisieren ist ihre pragmatische Dimension. Eine vertikal organisierte Konvention rufen wir an, wenn wir handeln wollen; eine horizontal organisierte Kombination verschiedener Konventionsbestände erlaubt uns zu sehen, wovon wir im einzelnen jeweils geleitet sind, wenn wir handeln.“ Während die Konvention als solche ihre Relevanz gerade aus ihrer unspezifischen Universalität bezieht, stellt ihre Umorganisation im fiktionalen Raum diese allgemeine Geltung in Frage. 303 An dieser Stelle liegt ein erster Schritt in Richtung einer theologischen Rezeption des Gedankengangs nahe. Die Verkündigungspraxis Jesu ist stark durch die Verwendung einer Gattung fiktionaler Texte geprägt: der Gleichnisse. 304 301 In die gleiche Richtung weist Umberto Ecos Bild vom „offenen Kunstwerk“; vgl. dazu S CHÖTTLER , Ex sacra Scriptura 145f.. Am Beispiel des Gleichnisses von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16) lässt sich zeigen, wie in einem solchen Text Konventionsbestände horizontal umorganisiert werden. Nach gesellschaftlicher Konvention impliziert die Anwerbung zur Arbeit ceteris paribus eine Entlohnung in Relation zur Dauer des Einsatzes. Auf diese Konvention berufen sich auf der Bildebene ausdrücklich die zuerst Angestellten, und Jesus setzt offenkundig voraus, dass auch die Hörer des Gleichnisses (bis heute) sich von dieser Konvention leiten lassen. Eine entsprechende Entlohnungspraxis läge im Übrigen nach den Maß- 302 Vgl. I SER , Der Akt des Lesens 99: „Nun ist fiktionale Rede nicht konventionslos, nur organisiert sie Konventionen anders, als dies für die regelorientierten Sprechakte der performativen Äußerung gilt.“ 303 Ebd. 99f. 304 Zum Gleichnis als illokutionäre Rede vgl. K. M ÜLLER , Homiletik 97f. <?page no="79"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 67 stäben der Alltagskonvention zugleich auch im Interesse des Arbeitgebers: Mit den ersten Arbeitern hat er einen Lohn in der Höhe eines Denars vereinbart; bei den später eingesetzten Arbeitern könnte er Geld sparen, indem er ihnen - im Sinne der Relation recht und billig - weniger Lohn auszahlt. Jesus nimmt insofern auf die Alltagsverlässlichkeit der Konvention Bezug, als er den Arbeitgeber die ausdrückliche Gehaltsvereinbarung mit den zuerst eingestellten Arbeitern einhalten lässt. Die Reaktion der anderen Arbeiter legt offen, von welchem Gerechtigkeitsbegriff sie (und mit ihnen der durchschnittliche Hörer bzw. Leser) geleitet sind. Diese vergleichende Gerechtigkeit, auf der die Organisation des alltäglichen Wirtschaftslebens weithin beruht, wird im Gleichnis ‚entpragmatisiert‘ und ‚selbst thematisch‘. In der die Konvention in wesentlichen Hinsichten durchbrechenden Haltung des Arbeitgebers setzt Jesus diesem konventionellen Gerechtigkeitsideal eine andere, höhere, göttliche Gerechtigkeit entgegen. Es ist eine entscheidende Voraussetzung für jede Interpretation des Gleichnisses, das spezifische Arrangement der in ihm aufgegriffenen Konventionsbestände wahrzunehmen. „Für den Rezipienten fiktionaler Texte ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die Bedingungen der Selektion von unterschiedlichen Konventionsbeständen zu entdecken. In der kommunikativen Sprachverwendung bildet die Selektion das kontingente Element, dessen Abbau insofern eine performative Sprachhandlung darstellt, als es die in der Selektion wirksame Referenz für die verschiedensten Konventionsbestände hervorzubringen gilt. Zu diesem Zwecke besitzt die fiktionale Rede ein Lenkungspotential, das sich als die Strategie der Texte bezeichnen ließe.“ 305 Überträgt man die eben anhand des Gleichnisses von den Arbeitern im Weinberg skizzierten Überlegungen vor diesem Hintergrund auf eine höhere Ebene, bezogen auf die Bibel als inspiriertes Gotteswort, so ließe sich sagen: Die Inspiration zeigt sich durch ‚die in der Selektion wirksame Referenz‘, die sich nicht nur diskursiv auf die von Gott her eröffneten Lebensmöglichkeiten bezieht, sondern den Zugang zu ihnen erschließt. Von hierher ergibt sich die Brücke zur Performativität des Gotteswortes. Hinsichtlich literarischer Texte führt Iser weiter aus: „Aus der horizontalen Organisation unterschiedlicher Konventionsbestände und aus der von den Strategien bewirkten Erwartungsdurchbrechung gewinnt der fiktionale Text seine illocutionary force, die als Wirkungspotential die Aufmerksamkeit weckt, die Art des Zugangs lenkt und den Rezipienten zum Reagieren veranlaßt.“ 306 Diese Feststellung, die Iser für fiktionale Literatur trifft, gilt in analoger Weise auch für die Schriftverkündigung als Umgang mit literarisch geformten Texten, die deutend von realen Erfahrungen Zeugnis geben. Performative Wirkung kommt der Schriftverkündigung im Sinne des Wirkungspotentials des 305 I SER , Der Akt des Lesens 100. 306 Ebd. 101. <?page no="80"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 68 illokutionären Akts zu. Sich zur Verkündigung zu verhalten, bleibt aber der Freiheit der Hörerinnen und Hörer anheimgestellt. Schriftverkündigung als perlokutionärer Akt ist deshalb in dieser Welt nur eine Möglichkeit, deren Verwirklichung an die Annahme durch die Adressaten gebunden ist. 307 Sie entfaltet keine automatische, zwingende Wirkung, ist aber „dazu bestimmt, in uns den Glauben an Jesus als den Messias und Gottessohn zu wecken und so Leben zu spenden (Joh 20,31). […] Weil im Wortgottesdienst Heil angeboten wird, erscheint die Verkündigung selbst als ein Heilsgeschehen. In ihr wird nicht bloß referiert, was sich dort und damals ereignete, vielmehr bietet Gott in ihr je und je neu sein Heil an, das die Hörenden gläubig annehmen oder ungläubig ablehnen können.“ 308 Glaube aber besteht „nicht nur in Zustimmung zu inhaltlich wahren Aussagen; er umfaßt gleichermaßen Vertrauen auf Gott, tätige Nachfolge Jesu, Danksagen. Die Verkündigung ist Appell zu solchem Verhalten.“ 309 In der Schriftverkündigung als „glaubenweckendes Sprechen-über“ 310 , als „Proklamation eines Ereignisses: ‚Christus unter euch, die Hoffnung auf Herrlichkeit‘ (Kol 1,27)“ 311 , geschieht Heil, „gewinnt jenes Heilsereignis, von dem die Lesungen berichten, Macht über die Gemeinde.“ 312 Es wäre allerdings eine Verkürzung, die vergegenwärtigende Wirkung der Schriftverkündigung allein auf der inneren Ebene der Ermöglichung des Glaubens zu verorten. Eine solche Beschränkung bliebe zumindest hinter dem Anspruch zurück, wie er von der Mysterientheologie her in den aktuellen lehramtlichen Aussagen formuliert wird, 313 dass nämlich die Heilsgeschichte in der Schriftverkündigung als Bestandteil sakramentlicher Feiern (nach Casel: als Bestandteil des Kultmysteriums) auch sinnliche Präsenz gewinnt, die die 307 Vgl. W INTER , Am Grund des rituellen Sprachspiels 20: „Zwar öffnet sich durch den rituellen Vollzug der Liturgie resp. durch die darin enthaltenen transzendentalen Akte ein gott-menschlicher Kommunikationsraum. Zwar fällt in diesen Akten zunächst Illokution und Perlokution in eins (in der Anrufung ist Gott bereits als gegenwärtig gesetzt) - aber sie streben auch gleichzeitig schon wieder auseinander. […] Vor allem daran, ob/ wie der betende Mensch am anderen Menschen handelt, zeigt sich, ob/ wie er Gott handeln lässt. Im ‚Gottesdienst im Alltag der Welt‘ (Ernst Käsemann) muss sich die gottesdienstlich etablierte Ordnung bewähren.“ 308 B AUMGARTNER , Verkündigungsanliegen 127. Vgl. DERS ., Wort 158f. 309 T HOMASSEN , Heilswirksamkeit der Verkündigung 316. Ebd. wird zu Recht betont, „daß die durch ihren besonderen Inhalt von allem anderen Sprechen abgehobene Verkündigung auf Glauben, auf die Ermöglichung von Umkehr und Nachfolge zielt und eben darin ihre Heilswirksamkeit liegt; denn ‚der Glaube kommt aus dem Hören‘.“ 310 Ebd. 318: „Jesu Heilshandeln ist nicht auf das Dort und Damals beschränkt; es will die Menschen aller Orte und Zeiten erreichen; es hat von sich aus eine universale Dynamik auf alle Menschen hin. Teil dieser Dynamik ist die sich immer weiter fortpflanzende Aussendung der Jünger und der späteren Glaubensboten zur Verkündigung. Deren Sprechen ist also, gerade als glaubenweckendes Sprechen-über, Teil jenes Prozesses, über den sie sprechen! Insofern kann man sagen: In der Verkündigung geschieht, was in ihr angesagt wird.“ 311 B AUMGARTNER , Verkündigungsanliegen 126. 312 Ebd. 313 Vgl. z.B. PEM 4.7. <?page no="81"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 69 Erfahrung des eigenen Betroffenseins erschließt. Stellt sich mithin also doch wieder die Frage, ob der performative Charakter der Schriftverkündigung durch die Erfahrung von Un-Heil im eigenen Leben falsifiziert wird? Hier setzt der zweite Gedanke zur Plausibilisierung der Rede vom performativen Charakter der Verkündigung an: Die Gegenwart des Heils ist eine eschatologische Wirklichkeit, die innerweltlicher Erfahrung immer nur bruchstückhaft zugänglich ist. Vom im Gottesdienst verlesenen Schriftwort betont Reinhard Meßner: „Dieses Wort ist präsentatives - Gegenwart schaffendes - Symbol des Heiligen.“ 314 Doch bleibt festzuhalten, dass die Evidenz dieser sinnlichen Erfahrbarkeit unter eschatologischem Vorbehalt steht. Dies gilt für den Glauben generell: „Denn wir sind gerettet, doch in der Hoffnung. Hoffnung aber, die man schon erfüllt sieht, ist keine Hoffnung. Wie kann man auf etwas hoffen, das man sieht? “ (Röm 8,24). Das Einbezogensein ins Pascha-Mysterium, der Auszug aus Leid und Sünde, letztlich die Überwindung des Todes als Exodus aus dem, was alles Leben definitiv in Frage stellt, ist einstweilen - gemessen an der empirischen Erfahrungswirklichkeit dieser Welt - nicht evident. Im Blick auf menschliche Erfahrung bleibt die Erfüllung der Verheißung „Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal“ (Offb 21,4) an die ausstehende Parusie geknüpft. „Die Parusieerwartung nährt sich aus der Hoffnung auf die innerweltlich erfahrbare Erfüllung des Überschusses an durch Christus bekräftigter und bestätigter Verheißung. In dieser Perspektive besteht die erwartete Wiederkehr im letzten Offenbarwerden des vorläufig verborgenen österlichen Sieges, der die Einzelnen bis dahin nicht vor dem Tod als Ende ihres irdischen Lebens bewahrt, sie wohl aber in ihrem Tod rettet - weil er sie mit dem unverlierbaren ‚Leben in Fülle‘ (Joh 10,10) ausgestattet hat, das kein Tod mehr nehmen kann.“ 315 Der von Benedikt XVI. reklamierte „performative Charakter“ des Gotteswortes, „das bewirkt, was es aussagt“ 316 , hebt dieses Evidenzdefizit nicht auf - die Spannung zwischen dem ‚Schon‘, insofern das Heil in Christus definitiv verbürgt ist, und dem ‚Noch nicht‘, insofern es erst vollständig offenbar werden muss, bleibt auch in der Feier der Liturgie bestehen. Dies tut jedoch der behaupteten Wirkmächtigkeit des Schriftwortes keinen Abbruch: Ebenso wie diese sich einer empirischen Verifikation im strikten Sinne entzieht, gilt dies für andere, wenn nicht alle existentiellen Wahrheiten, auf die sich das Leben von Menschen gründet - etwa für jedes „Ich liebe dich“, das einer dem anderen zusagt. 314 M ESSNER , Wortgottesdienst 182. 315 A. Z ERFASS , Der wahre Tag des Herrn 273. 316 Verbum Domini, Nr. 53. <?page no="82"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 70 4.5.2 Anamnese und Ritualität Die Zeitgenossenschaft zur geschichtlichen Wirklichkeit des Heilsereignisses bedeutet - so ließ sich die mysterientheologische Interpretationslinie zusammenfassen - keine Verschiebung innerhalb des diesseitigen Zeitregisters. Vielmehr bezieht sie sich auf das Ritual (das „Kultmysterium“), in dem und durch das eine grundsätzliche Überschreitung dieses Zeitregisters in die immerwährende Gegenwart Gottes hinein ermöglicht wird. Durch das Ritual wird eine Welt jenseits der alltäglichen Erfahrung betretbar, 317 eine Welt jedoch, die in Beziehung zur geschichtlichen Wirklichkeit steht, indem sie geschichtliche Erfahrungen von Menschen geprägt hat und prägt, und die, wie vor allem Guardini betont, auch im Alltag geschichtsmächtig werden will. Wenn vom anamnetischen Charakter liturgischer Schriftverkündigung die Rede ist, spielt demnach deren Ritualität eine besondere Rolle, und zwar auf zwei Ebenen: einerseits insofern der Wortgottesdienst Bestandteil eines gottesdienstlichen Makro-Rituals (z.B. der Messe) ist, andererseits indem die Schriftverkündigung selbst auf der Mikro-Ebene rituell gestaltet ist. Bevor diesen Aspekten in den folgenden Teilen dieser Studie vertieft nachgegangen wird (in Teil B hinsichtlich der Kontextierung des Wortgottesdienstes durch die Eucharistiefeier, in Teil C bezogen auf die rituelle Form der Schriftlesungen), gilt es an dieser Stelle, die beschriebene Deutung zumindest skizzenhaft ritualtheoretisch zu verorten. Zu Recht weist Reinhard Meßner auf die „erschreckende Komplexität“ des ritualtheoretischen Diskurses hin, wie er vor allem durch die primär im angelsächsischen Raum verbreiteten Ritual Studies bestritten wird, und warnt vor der „Gefahr, sich hoffnungslos in diesem Labyrinth zu verirren oder sich einfach in ein paar schnell angelesenen Lieblingsideen zu verlieren.“ 318 Im vorliegenden Rahmen kann daher nicht der Anspruch gestellt werden, die Ritualtheorie eigenständig aufzuarbeiten. Vielmehr werden gezielt zwei Ritualdefinitionen herangezogen, die sich bereits für die liturgiewissenschaftliche Reflexion bewährt haben, und im Blick auf die gottesdienstliche Schriftverkündigung bedacht. Im Anschluss an die soziologische Theorie des Alltags von Alfred Schütz (1899-1959) und Thomas Luckmann (* 1927) definiert der evangelische Praktische Theologe Eberhard Hauschildt das Ritual als „symbolische Übergangs- Routine des Alltags mittels genereller Defocussierung“ 319 . Die Definition umfasst drei wesentliche Komponenten: ‚Routine‘ bezeichnet die Wiederholung feststehender Handlungsmuster. Von alltagspraktischen Routinen unter- 317 Vgl. M ESSNER , Einige Defizite 334, der zugleich die Rolle der Schriftverkündigung im liturgischen Ritual hervorhebt: „Rituelle, also formalisierte Sprachhandlungen sind nicht einfach diskursive Mitteilungen, die sich an den Intellekt der Teilnehmer richten, sondern durch sie - im christlichen Ritual gerade auch durch das verlautete Schriftwort - wird ein Sinnraum hergestellt, in dem sich die Teilnehmer bewegen und durch den sie sich prägen lassen.“ 318 Ebd. 307 Anm. 3. 319 H AUSCHILDT , Was ist ein Ritual? 30. <?page no="83"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 71 scheidet sich das Ritual durch seine ‚Symbolik‘, seine Zeichenhaftigkeit, seinen Sinnüberschuss: Rituale „haben als Handlung selbst eine auf Transzendenz bezogene Bedeutung“. 320 Transzendenz meint hier zunächst allgemein die Überschreitung einer bestimmten Alltagswirklichkeit. Diese Überschreitung geschieht im Ritual, dem insofern als drittes Charakteristikum ein ‚Übergang‘ eigen ist. Während alltagspraktische Routinen die Funktion haben, Aufmerksamkeitspotentiale freizusetzen, also eine Verschiebung des Bewusstseinsfokus von der routiniert vollzogenen Handlung weg auf andere Angelegenheiten zu ermöglichen, lenkt das Ritual die Aufmerksamkeit nicht nur um, sondern setzt sie vollständig frei (‚generelle Defocussierung‘) 321 und ermöglicht auf diese Weise den „Übergang in die Transzendenz“ 322 . Während die Definition Hauschildts vor allem hinsichtlich Gegenstand und Funktion rituellen Handelns weiterführend ist, bleibt ihre Bestimmung der Formalität durch die Bezugnahme auf den Begriff der ‚Routine‘ eher blass. Es bietet sich daher an, ergänzend eine Ritualdefinition in Betracht zu ziehen, die stärker formal orientiert ist. Nach der Definition des amerikanischen Anthropologen Roy Rappaport (1926-1997) ist ein Ritual „die Performance 323 formalisierter (verbaler und nonverbaler), relativ invarianter Handlungen, die nicht von den Ausführenden kodiert sind“ 324 . Legt man die beiden einander ergänzenden Definitionen an den Wortgottesdienst der Messe an, so ergeben sich für dessen Ritualität folgende Gesichtspunkte: a) Wortgottesdienst als Gefüge formalisierter Handlungen: Im Wortgottesdienst vollzieht sich eine spezifische Weise von Kommunikation. 325 Ge- 320 Ebd. 28. 321 Vgl. ebd. 29: Es handelt sich um eine „Reduktion des Bewußtseinsfocus’ zugunsten der Formalität des Vorgangs in seiner Allgemeinheit. Nicht mehr das Ich, sondern die symbolische Handlung in ihrer Form steuert.“ 322 Ebd. Dabei kann sich dieser Übergang in drei verschiedenen Maßstäben vollziehen (als ‚kleiner‘, ‚mittlerer‘ und ‚großer‘ Übergang), was wiederum die Unterscheidung von drei Ritualtypen ermöglicht (ebd. 30-33): alltägliche Rituale v.a. an der Schwelle zwischen Wachen und Schlafen und in der zwischenmenschlichen Kommunikation, Rituale im Zusammenhang mit sozialen Statuswechseln (rites de passage im Sinne van Genneps) und schließlich „Rituale der Alltagswelt-Ansicht“ (32), durch die die Teilnehmer die Sphäre des Alltags ganz hinter sich lassen: „Ich überschreite die Alltagswelt. Und aus dem Abstand werde ich der Alltagswelt als ganzer ansichtig. Ich lasse mein Ich gründlich aus dem Focus geraten und trete - wie von außen - mir gegenüber als Teil im Ganzen der rituellen Handlung. So nehme ich die Grenze der Alltagswelt wahr“ (33). 323 Hier liegt nicht der sprachtheoretische Performanzbegriff zugrunde, wie er in Kapitel 4.5.1 erörtert wurde, sondern der theaterwissenschaftliche; vgl. dazu z.B. P LÜSS , Gottesdienst als Textinszenierung; M ELZL , Schriftlesung 235-299; W ALZ , Homiletische Performanz. 324 M ESSNER , Einige Defizite 308. Vgl. R APPAPORT , Ritual and Religion 24: „I take the term ‚ritual‘ to denote the performance of more or less invariant sequences of formal acts and utterances not entirely encoded by the performers“ (Hervorhebung im Original). Vgl. die erhellende Kommentierung dieser Definition aus liturgiewissenschaftlichem Interesse bei M ESSNER , Einige Defizite 308-319. 325 Vgl. dazu näher Teil C Kap. 3.4.1. <?page no="84"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 72 genüber der alltäglichen Interaktion zeichnet sich diese Kommunikation unter anderem dadurch aus, dass sie in signifikant höherem Maße an feststehende Formen gebunden ist, was etwa die Rollendefinition der Kommunikationsteilnehmer, ihre Position im Raum, ihre Körperhaltung, vor allem aber den Inhalt ihrer Äußerungen betrifft. 326 Was geschieht, ist als Kommunikation erkenn- und erfahrbar, unterscheidet sich von der Alltagskommunikation aber durch seine stilisierte Form, 327 die nicht an die individuellen Anliegen und Mitteilungsbedürfnisse der Kommunikationsteilnehmer gebunden ist. 328 b) Wortgottesdienst als Performance relativ invarianter Handlungen: Die relative Invarianz des Wortgottesdienstes besteht nicht nur in seiner fixen rituellen Gestalt, sondern auch in dem stabilen und beschränkten Textcorpus der Leseordnung. Die Stabilität des Lesematerials hängt mit der Stabilität des kulturellen Gedächtnisses zusammen, 329 dessen Aktualisierung das Ritual ja dient. 330 Zugleich wird die Verbindlichkeit des in der Leseordnung repräsentierten biblischen Kanons als Dokument des kulturellen Gedächtnisses von den Mitfeiernden durch ihre Teilnahme am Ritual des Wortgottesdienstes je neu akzeptiert - unabhängig von ihrer persönlichen Befindlichkeit dem einzelnen verkündigten Text gegenüber. 331 c) Wortgottesdienst als nicht von den Teilnehmern codiertes Handlungsgefüge: Die vorgegebene rituelle Stilisierung der sich im Wortgottesdienst ereignenden Kommunikation wirkt einer subjektiven Bemächtigung dieser Kommunikationssituation durch die Teilnehmer entgegen. Gleichzeitig stellt die Vorgegebenheit der Leseordnung nicht nur die ortsübergreifende Einheit, 326 Man denke beispielsweise an die einleitenden Formeln der Lesungen (PEM 120-122) und die sie abschließenden bzw. rahmenden Akklamationen (PEM 17-18; GORM 128.134.175). Vgl. dazu Teil C Kap. 2.1. 327 Vgl. G UARDINI , Vom Geist der Liturgie 39-48. 328 Vgl. die Überlegungen zum „objektiven“ Charakter der Liturgie bei G UARDINI , Liturgische Bildung 89-113. 329 Vgl. M ESSNER , Einige Defizite 314: „Die Invarianz von Ritualen schafft Sicherheit und Klarheit durch die ständige Durchbrechung der unsicheren und ungeordneten Existenz durch die Unveränderlichkeit der eine Gesellschaft fundierenden Situation. Die für Rituale charakteristischen Botschaften sind, in der Terminologie von Rappaport, kanonisch; rituelles Handeln, das durch relative Invarianz ausgezeichnet ist, ist daher für die Teilnehmer (und für die Gesellschaft insgesamt) maßstäblich in Hinsicht auf ihr Dasein in der Alltagswelt. Teilnahme am Ritual ist Teilnahme am Dauernden, Beständigen, Sinn und Sicherheit Stiftenden.“ 330 Auch historisch betrachtet besteht ein Zusammenhang zwischen der liturgischen Verkündigungspraxis und der Festschreibung der Kanongrenzen: vgl. dazu J ÖRNS , Liturgie; B LANCHARD , Interdépendance; V ANNI , Il «Sitz im Leben» liturgico. 331 Vgl. L EONHARD , Heiligkeit 152; M ESSNER , Einige Defizite 315f.: „Wenn im Ritual das für eine Gesellschaft Kanonische dargestellt und kommuniziert wird, ist das Ritual eo ipso eine öffentliche Handlung: Die Gesellschaft stellt sich im Ritual in dem dar, was sie begründet und zusammenhält und woran der einzelne Teilnehmer des Rituals in seinem gesellschaftlichen Status gebunden ist, und zwar auf Grund der im Akt der Teilnahme (Partizipation) ausgedrückten Akzeptanz der kanonischen Ordnung.“ <?page no="85"?> Die Gegenwart in Beziehung zu konkreten Heilsereignissen 73 sondern auch die ‚Objektivität‘ der Verkündigungspraxis gegenüber den persönlichen Vorlieben der Verantwortlichen sicher. 332 d) Wortgottesdienst als Gefüge verbaler und nonverbaler Handlungen: Unbeschadet der offenkundigen Dominanz des Wortes in diesem Teil der Messliturgie handelt es sich beim Wortgottesdienst „nicht einfach [um] diskursive Mitteilungen, die sich an den Intellekt der Teilnehmer richten“. 333 Vielmehr ist der Wortgottesdienst zum einen auch durch materielle, kinetische und gestische Elemente geprägt, zum anderen unterscheidet sich auch sein Umgang mit Sprache von rein diskursiven Kommunikationsformen: 334 Er wird gebildet durch „Sprachhandlungen, in die der Leib in gegenüber alltäglichen Sprachhandlungen gesteigerter Intensität eingebunden ist“, 335 sodass „die mitteilende Funktion der Sprache gegenüber ihrer expressiven Dimension einschließlich ihrer sinnlich wahrnehmbaren Klanggestalt zurück[tritt]; das rituelle Wort richtet sich daher in ganz anderer Weise als die Alltagssprache an die affektiven Potenzen des Menschen.“ 336 e) Alle genannten formalen Gesichtspunkte, die den Wortgottesdienst als Ritual kennzeichnen, sind notwendige Voraussetzungen dafür, dass er die ihm nach Hauschildt als Ritual zukommende Funktion ausfüllen kann: den ‚Übergang in die Transzendenz‘ zu ermöglichen. Von der Mysterientheologie her wurde oben aufgewiesen, dass der vergegenwärtigende Charakter der Liturgie gerade mit einem solchen Überschritt aus dem innerweltlichen Zeitregister heraus verbunden ist. 337 332 Vgl. B ALLHORN , Wort des lebendigen Gottes 2f. Aus diesem Grund erscheint die vor allem in reformierten Kirchen praktizierte freie Auswahl der Schrifttexte (vgl. dazu K UNZ , Schriftlesung 36f.) als problematisch; das Gleiche gilt - neben der im deutschen Sprachraum verbreiteten defizitären Praxis der Auslassung einer Schriftlesung - auch für katholische Reformvorschläge, die mit der freien Auswahl der zweiten Lesung (nach B RAULIK , Tora als Bahnlesung 139, und S CHÖTTLER , Die Bibel kanonisch lesen 120, zwischen zwei Bahnlesungen aus Tora bzw. Evangelium platziert) operieren. Vgl. B ECKER , Dies große Wort 440. Mithin ist die Ritualität des Wortgottesdienstes für seine anamnetische Funktion konstitutiv. Wird die Ritualität des Vollzugs beschädigt, beeinträchtigt dies zwangsläufig auch das anamnetische Potential der Schriftlesungen, die damit in die Nähe alltäglich-thematischen Sprechens gerückt werden. Diese Fragestellung werden die Überlegungen in Teil C dieser Arbeit durchgängig im Blick zu behalten haben. Ein gravierendes Problem sei jedoch bereits an dieser Stelle beispielhalber markiert: Wenn- 333 M ESSNER , Einige Defizite 334. 334 Vgl. dazu näher Teil C Kap. 3.4.2. 335 M ESSNER , Einige Defizite 317; der Gesichtspunkt wird näher entfaltet ebd. 334-339. 336 Ebd. 334. 337 Vgl. auch ebd. 311: „Jedes Ritual schafft einen solchen Übergang von der kontingenten, wandelbaren Welt des Alltags in den im Ritual expressiv konstituierten und damit als Handlungsraum präsenten protobeziehungsweise eschatologischen Zustand der Gesellschaft und der Welt, wie sie eigentlich sein soll. Diese liminale Daseinsweise zwischen den Zeiten des Alltags hat nicht bloß transitorische, sondern transformatorische Bedeutung.“ <?page no="86"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 74 gleich sie in der Pastoralen Einführung in das Messlektionar als Möglichkeit vorgesehen sind, 338 durchbrechen den Lesungen vorangestellte Erläuterungen - in der evangelischen Diskussion unter dem Begriff ‚Präfamina‘ verhandelt - in massiver Form die Ritualität der Sprachhandlung, indem sie Textstücke in den Verkündigungsakt einfügen, die sowohl von ihrer Gattung als auch von ihrer Pragmatik her ganz und gar aus dem vom rituellen Kontext gesetzten Rahmen fallen. 339 Zu Recht werden sie daher von Thomas Melzl als Ausdruck einer „Entritualisierung des Rituals“ gedeutet, als „Symptom eines sich nicht mehr von selbst verstehenden Rituals […], das eben durch Vor-Worte zu neuem Verständnis geführt werden soll.“ 340 338 Vgl. PEM 15: „Im Wortgottesdienst können vor den Lesungen, vor allem vor der ersten, kurze, treffende Hinweise gegeben werden. Dabei ist sorgfältig auf die literarische Art dieser Hinweise zu achten. Sie müssen nämlich einfach, dem Text getreu, kurz, wohl vorbereitet und auf den Text abgestimmt sein, den sie einleiten sollen.“ 339 Auch von den Vorgaben der PEM her ausgeschlossen erscheint die bisweilen zu beobachtende Praxis, dass diese Hinweise vom Lektor am Ambo vorgetragen werden (womöglich von der Lesung kaum abgesetzt): Der Ambo ist ausdrücklich für bestimmte Vollzüge reserviert, zu denen der Vortrag von erläuternden Präfamina nicht zählt (vgl. PEM 33; AEM 272; GORM 309); dieser fiele wohl in die Zuständigkeit des Kommentators, der „der Versammlung der Gläubigen von einem geeigneten Ort aus Erklärungen und Hinweise [gibt], die hilfreich, knapp und klar sein sollen. Sie sollen sorgfältig vorbereitet und in der Regel schriftlich ausgearbeitet sein“ (PEM 57). 340 M ELZL , Schriftlesung 187; vgl. ausführlicher zum Problem der Präfamina ebd. 107-113 sowie 328. <?page no="87"?> Konsequenzen für die Schriftpredigt 75 5. Konsequenzen für die Schriftpredigt Indem das Zweite Vatikanische Konzil die Predigt als „Teil der liturgischen Handlung“ bestimmt (SC 35,2), 341 überwindet es nicht nur die rituelle Ausgliederung speziell der Messpredigt, die zuvor - selbst wenn sie im Rahmen der Messe gehalten wurde - durch vielfältige Signale (Ablegen der Kasel, Löschen der Altarkerzen, Ortswechsel zur Kanzel, Wechsel in die Volkssprache) vom eigentlich liturgischen Geschehen abgehoben und nicht mehr als organischer Bestandteil des Wortgottesdienstes, sondern als Kern eines die Messe unterbrechenden Predigtgottesdienstes verstanden worden war. 342 Die Aussage des Konzils reicht über die strukturelle Ebene hinaus und unterwirft die gottesdienstliche Predigt der spezifischen Charakteristik liturgischen Handelns. 343 Das bedeutet nicht, dass die Eigenheiten der Kommunikationsform ‚Predigt‘ einzuebnen und den stärker ritualisierten Sprechakten der Liturgie anzugleichen wären. 344 Wohl aber kann eine als Teil der Liturgie verstandene Predigt nicht von dem der Liturgie eigenen Zug zur Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte absehen; sie wird stets in dem Sinne mystagogisch sein müssen, dass durch sie der anamnetische Charakter der Liturgie und der sich in ihr ereignenden Schriftverkündigung erschlossen wird. 345 „Mit Recht gilt - neben der paränetischen Predigt und der Lehrpredigt - die mystagogische Predigt als eine ‚Hochform‘ christlicher Verkündigung. Sie bereitet nicht nur vor, deutet nicht nur aus, was sich dann im weiteren liturgischen Vollzug kultisch-sakramental ereignet, sondern vollzieht selber - auf die ihr eigene, sprachlich-rhetorische Weise - das ‚Heilswerk Christi‘ [SC 6]; sie bringt zur Sprache, was die Gemeinde, die sich zum Gottesdienst versammelt hat, als gegenwärtige Wirklichkeit ergreift und erfährt. In diesem Sinne darf sie wahrhaftig als pars ipsius liturgiae gelten und wirken - aber eben doch nur so, daß sie die ihr eigenen Möglichkeiten rhetorischer Kommunikation nutzt; als ununterscheidbarer Teil des Ritus selbst würde sie gerade ihren mystagogischen Sinn verfehlen.“ 346 341 Vgl. nochmals speziell zur Homilie in der Messe SC 52. 342 Vgl. M AAS -E WERD , Vom Pronaus zur Homilie; B ÄRSCH , „… pars ipsius liturgiae“. 343 Vgl. B ÄRSCH , Gemeinschaft 101. 344 B IERITZ , Homilie, unterscheidet den stärker rhetorisch geprägten Sprachcode der Predigt von den Sprachcodes ritueller Sprachhandlungen und betont zu Recht: „Die Empfehlung, die Homilie ‚als Teil der Liturgie selbst‘ zu betrachten und zu behandeln, wäre gänzlich mißverstanden, würde man sie darum an die implizite Hermeneutik, die Sprechakte, den Wortschatz und die Grammatik ritueller Sprache binden“ (84f.). M ÖDL , Liturgie und Predigt 343-346, differenziert zwischen der präsentativen Symbolik des Messordinariums und weiter Teile des Propriums und der diskursiven Symbolik der Predigt. Vgl. jetzt ferner M EYER -B LANCK , Ritus und Rede. 345 Vgl. I RWIN , Context and Text 106: „The homily is an interpretation of the Scriptures in order that their anamnetic character can be unleashed in contemporary ecclesial settings.“ Vgl. ferner G IRAUDO , Celebrazione 612-614. 346 B IERITZ , Homilie 90f. (Hervorhebung im Original). <?page no="88"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 76 Sofern die Homilie als Schriftpredigt gehalten wird, 347 ist sie als Teil der Liturgie auf die anamnetische Dimension liturgischer Schriftverkündigung verpflichtet. 348 Dem Konzil zufolge ist sie „Botschaft von den Wundertaten Gottes in der Geschichte des Heils, das heißt im Mysterium Christi, das allezeit in uns zugegen und am Werk ist, vor allem bei der liturgischen Feier“ (SC 35,2). Die vorliegende Untersuchung hat einen zweifachen Bedeutungsgehalt aufgewiesen, wenn von anamnetischer Schriftverkündigung gesprochen wird: a) Von Häußlings Modell der Rollenidentifikation her: Die Gegenwart wird in die Heilsgeschichte, in das Kontinuum der Begegnung und der Erfahrungen mit dem treuen Gott (der sich treu bleibt, indem er heute und morgen so handelt, wie er einst gehandelt hat), eingeschrieben. b) Von der Mysterientheologie her: Die Gegenwart erhält Zugang zu konkreten Ereignissen der vergangenen und zukünftigen Heilsgeschichte von Gottes zeitenthobener Wirklichkeit her, die sich geschichtlich manifestiert. Dabei geht es nicht nur um Wirkungen dieser Ereignisse, die die Gegenwart betreffen, sondern um deren im Ritual sinnlich erfahrbare Präsenz. Beide Ebenen der der Liturgie eigenen Vergegenwärtigung von Heilsgeschichte zeitigen homiletische Konsequenzen: Ad a) Die Predigt kann helfen, die Gegenwart als Teil der kanonischen Heilsgeschichte zu erschließen, indem sie die Hörerinnen und Hörer ausdrücklich zur Rollenidentifikation einlädt und auf diese Weise zur Prüfung der eigenen Glaubenserfahrungen anhand des biblischen Textes und der in ihm zum Ausdruck kommenden Glaubenserfahrungen anleitet. 349 So ist es nach Albert Gerhards Aufgabe der Homilie, „das Existential, aus dem das Glaubenszeugnis der Vergangenheit kommt, offenzulegen und mit dem Existential der gegenwärtig Feiernden zu verknüpfen. Aus der Deutung der erinnerten (Heils-)Geschichte erwächst die Bedeutung der aktuellen Lebensge- 347 Für die liturgische Predigt im Allgemeinen bestimmt SC 35,2: „Schöpfen soll sie vor allem aus dem Quell der Heiligen Schrift und der Liturgie […]“. In der Messhomilie werden „im Laufe des liturgischen Jahres aus dem heiligen Text die Geheimnisse des Glaubens und die Richtlinien für das christliche Leben dargelegt“ (SC 52). GORM 65 (vgl. AEM 41) präzisiert dies im Anschluss an die Instruktion Inter Oecumenici wie folgt: „Sie soll einen Gesichtspunkt aus den Lesungen der Heiligen Schrift oder aus einem anderen Text des Ordinariums oder des Propriums der Tagesmesse darlegen - unter Berücksichtigung des Mysteriums, das gefeiert wird, und der besonderen Erfordernisse der Hörer“ (vgl. auch PEM 24). Neben Schriftpredigten sind also ausdrücklich auch Predigten über andere Teile der Messliturgie (im deutschen Sprachraum könnten dies z.B. Liedpredigten sein) erwünscht. 348 Vgl. G ERHARDS , Deuten und Bedeuten 166: „Die Messe ist nicht einfach der institutionelle Rahmen für die Predigt, sondern diese hat mehr oder weniger direkt auf die Dynamik der Feier Bezug zu nehmen.“ 349 Dies gilt nicht nur für erzählende Perikopen, sondern etwa auch für paränetische Texte der alttestamentlichen Prophetie oder der neutestamentlichen Briefliteratur, die als die jeweilige Gegenwart betreffende Anrede zu erschließen sind. <?page no="89"?> Konsequenzen für die Schriftpredigt 77 schichte.“ 350 Die Predigt hat „die ‚geronnene‘ Glaubenserfahrung der biblischen und liturgischen Tradition mit der Glaubenserfahrung der Gegenwart zu korrelieren, indem sie die Gegenwart im Licht der Heilsgeschichte deutet.“ 351 Um dies zu ermöglichen, muss sie sich einerseits strikt dem biblischen Text verpflichtet wissen, den sie auslegt. Die Predigt dient dem Text und nicht umgekehrt: Daher verbietet es sich bei der Schriftpredigt, die verkündeten Schrifttexte als Aufhänger für Anliegen zu missbrauchen, die den Prediger unabhängig von ihnen umtreiben. 352 Insofern die Predigt auf den Schrifttext verwiesen ist, wird ihre Vorbereitung sich sinnvollerweise auch mit der Exegese auseinandersetzen, allerdings so, dass deren Erkenntnisse der Gegenwartsbedeutung des Textes dienstbar gemacht werden. 353 Im Blick auf das oben herangezogene Beispiel Mt 14,22-33 354 impliziert das nicht zuletzt, die Wahrnehmung der Gottesdienstteilnehmer für die existentiellen Dimensionen der im Schrifttext verkündeten Wahrheit zu sensibilisieren. „Im Bewußtsein der Hörer gilt weithin nur das als wahr, was sich historisch oder experimentell verifizieren läßt. Die Wahrheit ist zur Richtigkeit einer Beobachtung verengt. […] Diese Verengung muß überwunden werden. Es ist aufzuzeigen, daß der Wahrheit tiefere Sinnhaftigkeit zukommt als der rein sachhaften Richtigkeit. [… D]ie Wahrheit der Heiligen Schrift [ist] keine rein sachhafte Gegebenheit, sondern ein personales Geschehen: der in der Verkündigung zu Wort kommende Anspruch Gottes in Jesus Christus. Es gehört zur Aufgabe der Predigt, diesem Verständnis den Raum zu bereiten. Nur in ihm beginnen die Wundergeschichten zu reden, nur so kommt ihre Wahrheit ans Licht.“ 355 Damit ist zugleich deutlich geworden, dass die Predigt nicht nur dem Schrifttext verpflichtet ist, sondern - gerade vom Anspruch der Schrift her - ebenso den Erfahrungen und Lebenswirklichkeiten der den Gottesdienst feiernden 350 G ERHARDS , Deuten und Bedeuten 162. Vgl. auch W IEDERKEHR , Predigt und Eucharistiefeier 264f. 351 G ERHARDS , Deuten und Bedeuten 168. 352 Vgl. K. M ÜLLER , Homiletik 155f. 353 Vgl. A DAM , Meßpredigt 245: „Es kann nicht ausdrücklich genug gewarnt werden vor einer übertriebenen Historisierung, die am eigentlichen Sinn der Meßlesungen vorbeigeht. […] Die Meßhomilie soll zwar nicht am ursprünglichen Sinn einer Perikope vorbeigehen, aber sie soll sie zugleich transparent machen für das gegenwärtige Heilswirken Christi im Mysterium der Liturgie und im Leben der Kirche und ihrer Glieder.“ Differenzierte Überlegungen zur Bedeutung der Exegese für die Predigt entfalten K AMPHAUS , Von der Exegese zur Predigt, bes. 310-315, und - strikt auf die praktische Anwendung v.a. in der homiletischen Ausbildung ausgerichtet - R. Z ERFASS , Textpredigt 91-125. Vgl. auch die Überlegung zum Verhältnis von Exegese und Bibelpastoral bei F UCHS , Praktische Hermeneutik 39-44. 354 Vgl. oben S. 38f. 355 K AMPHAUS , Von der Exegese zur Predigt 162. <?page no="90"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 78 Menschen, die der Prediger daher wahr- und ernstnehmen muss. 356 Wer predigt, dient den Hörerinnen und Hörern und nicht umgekehrt. Die liturgische Schriftpredigt muss vom Wesen der Anamnese her induktiv ansetzen und nicht deduktiv, eher ausgehend von Lebenswahrheiten denn von Katechismuswahrheiten. 357 Eine Predigt, die die Menschen in ihren Erfahrungen nicht erreicht, verfehlt notwendigerweise die Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte. Papst Franziskus zieht daraus im Rahmen seiner höchst valenten Überlegungen zur Homilie und ihrer Vorbereitung, die er im Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium anstellt, 358 folgende Konsequenz, die für jede liturgische Predigttätigkeit als essentieller Leitsatz zu gelten hat: „Es ist jedoch [bei der Predigtvorbereitung; A.Z.] nötig, die Sensibilität zu steigern, um das zu erkennen, was wirklich mit ihrem [d.h. der Gottesdienstteilnehmer; A.Z.] Leben zu tun hat. Erinnern wir uns daran, dass man niemals auf Fragen antworten soll, die sich keiner stellt; […]“ 359 Als Beispiel für eine gelungene Einladung zur erfahrungsgesättigten Rollenidentifikation der Hörerinnen und Hörer mit der Zentralfigur einer biblischen Erzählung kann die Predigt über den Kampf Davids gegen Goliath gelten, die Rolf Zerfaß im Rahmen eines ‚homiletischen Werkstattberichts‘ publiziert hat. 360 Die Homilie legt die Erzählung in dem Sinne als „Glaubensgeschichte“ aus, dass sie unter der Hand sichtbar macht, wie „Gott seine Wunder tut“. 361 Zerfaß demonstriert dies an drei „Wegscheiden“, an denen „aus einer Geschichte, die ganz unscheinbar hätte ausgehen können, eine Geschichte wird, die über Jahrhunderte erzählenswert ist.“ Es handelt sich dabei zum ersten um „die Neugier eines Kindes“, 362 des Knaben David nämlich, der zufällig an die Front gerät und dessen Neugier ihn nach Verrichtung seines Auftrags dort verweilen lässt. Zum zweiten geht es um den verletzten Glauben Davids, dessen Vertrauen auf den Beistand Gottes durch die routinierte Einschätzung 356 Vgl. R. Z ERFASS , Spruchpredigt 69-85; DERS ., Textpredigt 51f.; B ALDOVIN , Biblical Preaching 112f. 357 Vgl. V ERHEUL , Le service de la Parole 255f. Es dürfte vor diesem Hintergrund predigtgeschichtlich kein Zufall sein, dass bis zur jüngsten Liturgiereform das Vorherrschen von Moral- und Katechismuspredigten mit der Ausgliederung der Predigt aus der liturgischen Feier im engeren Sinne korrelierte (vgl. dazu jetzt Homiletisches Direktorium, Nr. 1). F ISCHER , Wort Gottes 329, betont zu Recht: „Die Homilie ist in ihrer Eigenart als ‚Homilie‘, d. h. als Gespräch mit diesen konkreten Zuhörern, das das Wort der Schrift in ihr konkretes Leben hineinverlängert, Teil der Liturgie.“ 358 Vgl. Evangelii Gaudium, Nr. 135-159. 359 Ebd., Nr. 155 (Hervorhebung im Original). Vgl. K. M ÜLLER , Homiletik 95: „Sprechakttheoretisch gesehen setzen Behauptungen für ihre Regelkonformität entsprechende Fragen bei den jeweiligen Hörern voraus. Im Fall kirchlicher Verkündigung läßt sich seit einiger Zeit eine fatale Umkehrung dieses inneren Strukturgesetzes beobachten: Je weniger Fragen die Predigthörer an die Verkündigung haben, desto mehr behaupten viele Prediger.“ 360 Vgl. R. Z ERFASS , Mein Freund David; darin der Text der Predigt: 855-860. 361 Ebd. 855. 362 Ebd. 856. <?page no="91"?> Konsequenzen für die Schriftpredigt 79 Sauls gekränkt wird, Davids Engagement in der Auseinandersetzung mit dem übermächtigen Gegner sei aussichtslos. Als dritte Schaltstelle der Erzählung hebt die Predigt schließlich Davids Weigerung heraus, sich von Saul mit Kriegsgerät ausstatten zu lassen, das seiner Disposition nicht angemessen ist, um sich stattdessen lieber auf die ihm vertraute Steinschleuder zu verlassen. Der zweite Teil der Predigt schließt diese drei „Wegscheiden“ für die heutige Lebens- und Glaubenserfahrung der Hörerinnen und Hörer auf. Ihren überraschenden Höhepunkt erreicht sie, wenn bei der dritten Wegscheide Davids fünf Kieselsteine in den Blick kommen: „David spürt, daß ihm im entscheidenden Augenblick etwas Fremdes aufgedrängt wird und besinnt sich auf seine fünf Kieselsteine. Die große Frage, die diese Geschichte an uns stellt, lautet: Was sind deine fünf Kieselsteine? Kennst du sie? Glaubst du, daß sie reichen? “ 363 Auf diese Weise leitet die Predigt zur Prüfung der eigenen Erfahrungen am normativen Wort der Schrift an, „weil allein von ihm her erprobt wird, ob das an uns im voraus Geschehene wirklich Gottes Wirken ist, und wie es dies ist.“ 364 Wiederholt ist in der homiletischen Diskussion auf die besonderen Chancen hingewiesen worden, die sich diesbezüglich gerade mit der Predigt über alttestamentliche Texte verbinden. 365 Diese zeichnen sich einerseits durch die große Bandbreite der in ihnen reflektierten Erfahrungen aus und erscheinen andererseits homiletisch unverbrauchter als die nach wie vor in aller Regel zum Ausgangspunkt der Homilie genommenen Evangelienperikopen. Ad b) Von den Überlegungen zur Mysteriengegenwart her ist die Predigt als „pars ipsius liturgiae“ (SC 52) zunächst Bestandteil des Rituals, das aus der Welt-Zeit in die zeitlose Gegenwart Gottes und seiner Heilstat (zumal in der Messe: des Pascha-Mysteriums) hinüberführt. Es ergibt sich mithin eine gewisse Spannung in der Funktionsbestimmung der Predigt, die einerseits innerhalb der Liturgie der Ort ist, an dem die Alltagserfahrungen der Gemeinde am ausdrücklichsten zu Wort kommen - und dies in einer horizontalen Kommunikationsform (von Mensch zu Menschen) -, ohne andererseits den stimmigen Rahmen eines Rituals zu verlassen, das weithin von vertikalen Kommunikationsformen bestimmt ist (Anrede Gottes an die Menschen und Antwort der Menschen an Gott) und gerade auf die Überschreitung der alltäglichen Raum-Zeit in die Gegenwart Gottes hinein abstellt. Aus dem produktiven Aushalten dieser Spannung lebt jedoch Liturgie überhaupt, soll sie nicht entweder in ästhetizistischen Ritualismus oder in immanentistische Selbstinszenierung abgleiten. Konkret lassen sich im Blick auf die Homilie als Teil des Ritus zwei Schlussfolgerungen ziehen. Die erste ist, dass der Predigt gegenüber den ritu- 363 Ebd. 859. 364 H ÄUSSLING , Psalmen 91 (vgl. dazu oben S. 37f.). 365 Vgl. z.B. R. Z ERFASS - P OENSGEN (Hgg.), Die vergessene Wurzel; R. Z ERFASS , Mein Freund David 860-868; O RTKEMPER , Von der Exegese zur Predigt. <?page no="92"?> Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte 80 ell inszenierten Schriftlesungen eine dienende Funktion zukommt: Der zentrale katabatische Akt des Wortgottesdienstes ist nach katholischem Verständnis nicht die Predigt, sondern die Lesung. 366 Die Einfügung der Homilie ins Ritual wird sich vor diesem Hintergrund in einer gewissen Selbstrücknahme artikulieren, sowohl die Art der Rhetorik als auch die zeitliche Dauer betreffend, die sich an Rhythmus und Proportionen der Messliturgie zu orientieren hat. 367 Aus dem Gesagten ergibt sich zugleich die zweite Schlussfolgerung: Im Kommunikationsprozess der Liturgie kommt der Homilie nicht nur vom Ablauf her, sondern auch funktional eine Zwischenstellung zwischen dem Wort Gottes an den Menschen (Katabasis) und der Antwort des Menschen an Gott (Anabasis) zu. Sie trägt eine diabatische Funktion, insofern sie auf die Aneignung des in den Lesungen proklamierten Gotteswortes abzielt: „Schon aus den Alltagssituationen zwischenmenschlicher Kommunikation ist plausibel, daß ein veränderndes Wort Zeit braucht, um zu wirken. Dies gilt insbesondere für die Ermahnung und Zurechtweisung, aber auch für die Ermunterung und den Trost. Die angeredete Person muß erst die Phase der Verinnerlichung durchstehen, bevor sie zur bejahenden Antwort frei wird. In dieser Phase der Wirkung des Wortes müssen sich die Angesprochenen ‚treffen‘ lassen. […] Die Antwort als Ziel des Wortgottesdienstes braucht im Vorfeld verschiedene Akte der Verinnerlichung, Umwandlung und Motivation, die in unterschiedlichen Vollzügen zustande kommen: ‚Zwischengesänge‘, Akklamationen, Stille, Predigt. Diese sind auf ihre je besondere Funktion hin zu gestalten.“ 368 Für die Homilie bedeutet das, dass ihr ein - recht verstanden - meditativer Charakter angemessen ist: Sie sollte den Hörern Räume belassen, in denen sie sich eigenständig bewegen können. 366 Zu den konfessionsspezifischen Akzenten, die etwa im Vergleich zwischen katholischer Leseordnung und evangelischer Lese- und Predigttextordnung (einschließlich der abweichenden Kriteriologien der jeweiligen Fachdiskussionen: im evangelischen Bereich spielt die ‚Prädikabilität‘ der Schrifttexte eine große Rolle) zutage treten, vgl. F RANZ , Das theologische Verständnis 21-24. Ebd. 21f. weist Franz auch auf die Textgeschichte der Aussagen zu den Gegenwartsweisen Christi in SC 7 hin, wo sich die Wendung „et explicantur“ in der Konzilsaula nicht durchsetzen konnte, sodass im promulgierten Text wohl von der Gegenwart des Herrn im verlesenen, nicht aber im gepredigten Schriftwort die Rede ist. 367 Vgl. Franziskus, Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, Nr. 138: „Wenn die Homilie sich zu sehr in die Länge zieht, schadet sie zwei Merkmalen der liturgischen Feier: der Harmonie zwischen ihren Teilen und ihrem Rhythmus.“ 368 G ERHARDS , Das Wort, das zum Ereignis wird 139. <?page no="93"?> B. Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier Von zentraler Bedeutung im Blick auf die kontextuelle Hermeneutik der Schriftverkündigung innerhalb der Messe ist das Nebeneinander und Zueinander von Wortgottesdienst und Eucharistiefeier. 1 GORM 28: 2 Das Bewusstsein für die zweipolige Einheit der Messliturgie hatte die Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils aufs Neue eingeschärft „Die heilige Messe besteht gewissermaßen aus zwei Teilen, der Liturgie des Wortes und der Eucharistischen Liturgie, die jedoch so eng miteinander verbunden sind, dass sie eine gottesdienstliche Einheit bilden. Denn in der Messe wird der Tisch sowohl des Gotteswortes als auch des Herrenleibes bereitet. Von dort sollen die Gläubigen Belehrung und Nahrung empfangen.“ 3 und sich dafür das aus der Patristik stammende 4 Bild von den beiden Tischen zu eigen gemacht. 5 1 Vgl. H AUNERLAND , Lebendig ist das Wort Gottes 123: „In unseren Sonntagsmessen müsste es konsequenzenreich sein, dass hier Schriftlesungen innerhalb der Eucharistiefeier ausgelegt werden. Auch hier zeigt das Paschamysterium mit seiner verwandelnden Kraft durchaus eine mögliche Richtung an: Es geht um unsere Verwandlung […] Aber natürlich wären auch noch andere Bezüge wahrzunehmen, so dass Schrifttexte und eucharistische Liturgie sich gegenseitig interpretieren und das nicht nur bei explizit eucharistischen Texten.“ Die Einheit des liturgischen Vollzugs hat hermeneutische 2 Vgl. AEM 8. 3 SC 56: „Die beiden Teile, aus denen die Messe gewissermaßen besteht, nämlich Wortgottesdienst und Eucharistiefeier, sind so eng miteinander verbunden, daß sie einen einzigen Kultakt ausmachen. Daher mahnt die Heilige Versammlung die Seelsorger eindringlich, sie sollen in der religiösen Unterweisung die Gläubigen mit Eifer belehren, an der ganzen Messe teilzunehmen, vor allem an Sonntagen und gebotenen Feiertagen.“ 4 Vgl. z.B. Hilarius, in psalm. 127,10 (CSEL 22,635 Zingerle): „Mensa enim domini est, ex qua cibum sumimus, panis scilicet vivi, cuius haec virtus est, ut ipse vivens eos quoque, qui se accipiant, vivificet. Est et mensa lectionum dominicarum, in qua spiritalis doctrinae cibo alimur […].“ Im Hintergrund steht wirkungsgeschichtlich v.a. die Auslegung der eucharistischen Metaphern der Brotrede Joh 6 auf das Wort der Schrift durch Origenes; dazu S CHÖTTLER , Unser Manna 85-87. 5 Die in SC 48 ursprünglich vorgesehene Formulierung „mensa cum verbi tum corporis Domini reficiantur“ war in der letzten Sitzung der konziliaren Liturgiekommission zu „verbo Dei instruantur, mensa corporis Domini reficiantur“ geändert worden, sodass im verabschiedeten Text nicht in einem Zuge von den beiden Tischen die Rede ist, sondern an getrennten Stellen vom „Tisch des Herrenleibes“ (SC 48) und vom „Tisch des Gotteswortes“ (SC 51). Offenbar hatten sich die Bedenken „eines hervorragenden Mitgliedes“ durchgesetzt, „daß die Bezeichnung mensa auf das Wort Gottes nur im metaphorischen Sinn angewendet werden könne und darum auch in der Anwendung auf das Sakrament so verstanden, also mißverstanden werden könnte“ (J UNGMANN , Kommentar 52). Glücklicherweise ist das Messbuch zur ursprünglichen Doppelformulierung zurückgekehrt (ähnlich schon das Konzil selbst in DV 21); indem diese sogar „nicht von zwei Tischen [spricht], sondern von einem einzigen Tisch“, bringt sie „die Einheit von <?page no="94"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 82 Konsequenzen: Wer die Lesungen des Wortgottesdienstes und ihre Auslegung durch die Homilie hört, tut dies in dem Wissen, anschließend die Eucharistie zu feiern, und wer Eucharistie feiert, tut dies unter dem Eindruck der zuvor gehörten Lesungen und Predigt. Die kontextualisierend-sinnkonstitutive Wirkung vollzieht sich dabei in beide Richtungen: Einerseits beeinflusst die Nachbarschaft zur Eucharistiefeier die Realisierung der Sinnpotentiale der verkündeten Perikopen, andererseits akzentuiert und vertieft der Wortgottesdienst bestimmte Dimensionen der sich im eucharistischen Geschehen ereignenden Vergegenwärtigung von Heilsgeschichte. Diesen wechselseitigen Effekt gilt es im Folgenden näher zu beleuchten. 1. Opfer und Mahl Um zu erheben, welchen Effekt die Nachbarschaft zur Eucharistiefeier für die Aktualisierung von Sinnpotentialen der im Wortgottesdienst verkündeten Schrifttexte besitzt, gilt es zunächst, das geistliche Grundgeschehen der Eucharistiefeier zu erfassen. Dabei kann es selbstredend nicht um eine ausgearbeitete Theologie der Eucharistiefeier gehen; doch sind zumindest einige Grundzüge zu umreißen, die für die vorliegende Fragestellung unmittelbar relevant sind. Neuere lehramtliche Definitionen stellen den doppelten Charakter der Eucharistie als Opfer und Mahl heraus, wobei sie auf der einen Seite an der traditionellen Betonung des Opfercharakters 6 festhalten, sich jedoch auf der anderen Seite jenseits der besonders seit der Reformationszeit akuten, konfessionalistisch zugespitzten Bestreitung des Mahlcharakters bewegen. 7 Das gilt sowohl für Sacrosanctum Concilium, wo das „eucharistische Opfer“ zugleich als „Ostermahl“ („convivium paschale“) bezeichnet wird (Art. 47), als auch für die Grundordnung des Römischen Messbuchs, die in ihren einleitenden Kapiteln zweimal das Begriffspaar „Herrenmahl“ und „eucharistisches Opfer“ gebraucht. 8 In GORM 72 wird die Eucharistie zusammenfassend als „das österliche Opfer und Mahl“ („sacrificium et convivium paschale“) tituliert. 9 Wort und Eucharistie“ umso deutlicher zum Ausdruck (K LÖCKENER , Bibel und Liturgie 169). - Ausführlich informiert zur konziliaren Rede vom zweifachen Tisch, ihren Voraussetzungen und ihrer Rezeption N EUHEUSER , Das Bild vom Tisch des Wortes und des Brotes. An derselben Stelle wird der äußere Ablauf der Eucharistiefeier an das Letzte Abendmahl zurückgebunden, insofern er nämlich „in Teile gegliedert [ist], die diesen Worten und Handlungen Christi entsprechen“. Damit ist klar, dass 6 Vgl. besonders Konzil von Trient, Dekret über das Messopfer (17.09.1562), cap. 1-2 und can. 1-4 (DH 1739-1743.1751-1754). 7 Die Eucharistietheologie etwa eines Thomas von Aquin hatte selbstverständlich auch am Mahlcharakter der Eucharistie festgehalten, obgleich dieser an der liturgischen Praxis seiner Zeit kaum mehr ablesbar war; vgl. T ÜCK , Gabe der Gegenwart 182-186. 8 GORM 17.27; vgl. AEM 2.7. 9 AEM 8 hatte übersetzt: „das Opfer und das österliche Mahl“. <?page no="95"?> Opfer und Mahl 83 die Vollzugsgestalt der Eucharistiefeier diejenige eines ritualisierten Mahles ist: 10 GORM 72: Die Speisen (Brot und Wein) werden bereitet (Gabenbereitung), es wird ein Dankgebet gesprochen (eucharistisches Hochgebet), das Brot wird gebrochen, und es wird gegessen und getrunken (Kommunionriten). Der gesamte Ablauf wird als Umsetzung des Wiederholungsauftrags verstanden: 11 Christus nahm nämlich das Brot und den Kelch, sagte Dank, brach das Brot und reichte beides seinen Jüngern mit den Worten: Nehmet, esset, trinket; das ist mein Leib; das ist der Kelch meines Blutes. Tut dies zu meinem Gedächtnis. Daher hat die Kirche die ganze Feier der Eucharistischen Liturgie in Teile gegliedert, die diesen Worten und Handlungen Christi entsprechen: „Beim Letzten Abendmahl setzte Christus das österliche Opfer und Mahl ein, durch das in der Kirche das Kreuzesopfer fortwährend gegenwärtig gesetzt wird, sooft der Priester, der Christus, den Herrn, repräsentiert, dasselbe vollzieht, was der Herr selbst getan und den Jüngern zu seinem Gedächtnis zu tun anvertraut hat. 1) Bei der Gabenbereitung werden Brot und Wein mit Wasser zum Altar getragen, jene Elemente also, die Christus in seine Hände genommen hat. 2) Im Eucharistischen Hochgebet wird Gott für das gesamte Heilswerk Dank gesagt, und die Opfergaben werden Christi Leib und Blut. 3) Durch die Brotbrechung und die Kommunion empfangen die Gläubigen, obwohl sie viele sind, von dem einen Brot den Leib und aus dem einen Kelch das Blut des Herrn auf die gleiche Weise wie die Apostel aus Christi eigenen Händen.“ (Hervorhebungen A.Z.) Resultat der beschriebenen Stiftungsgemäßheit der eucharistischen Liturgie ist nach der Logik des Textes, dass durch sie „das Kreuzesopfer fortwährend gegenwärtig gesetzt wird“. SC 47 spricht von einer „Gedächtnisfeier [memoriale] seines Todes und seiner Auferstehung“ und weitet damit den im selben Artikel kurz zuvor aufgegriffenen Topos von der Fortdauer des Kreuzesopfers 12 sachgerecht in Richtung dessen aus, was das Konzil andernorts als Pascha-Mysterium beschreibt. 13 Es geht um die Vergegenwärtigung 14 10 Vgl. dazu immer noch P ASCHER , Grundgestalt. des Chris- 11 Vgl. AEM 48. 12 Vgl. dazu J UNGMANN , Kommentar 51. 13 Vgl. v.a. SC 6, wo die Messe als Feier des Pascha-Mysteriums bestimmt wird: „Seither hat die Kirche niemals aufgehört, sich zur Feier des Pascha-Mysteriums zu versammeln, dabei zu lesen, ‚was in allen Schriften von ihm geschrieben steht‘ (Lk 24,27), die Eucharistie zu feiern, in der ‚Sieg und Triumph seines Todes dargestellt werden‘ [Konzil von Trient, Eucharistiedekret], und zugleich ‚Gott für die unsagbar große Gabe dankzusagen‘ (2 Kor 9,15), in Christus Jesus ‚zum Lob seiner Herrlichkeit‘ (Eph 1,12).“ 14 Gemeint ist damit der gefüllte Begriff der Anamnese, wie er dem Konzil und der nachkonziliaren Liturgietheologie, inspiriert vor allem durch die Mysterientheologie Odo Casels, vor Augen steht und wie er in Teil A ausführlich erörtert wurde. Dem Konzil von Trient hingegen fehlten die entsprechenden Kategorien, sodass es sich gegen ein Verständnis der Messe als „nuda commemoratio“ (Messopferdekret, can. 3 [DH 1753]) des Kreuzesopfers wenden musste; vgl. dazu J ORISSEN , Verhältnis von Kreuzesopfer und Meßopfer. <?page no="96"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 84 tusereignisses, namentlich der Aufgipfelung der Pro-Existenz Jesu Christi, seiner Selbsthingabe an den Vater und die Menschen, in seinem Tod am Kreuz. Die Heilsbedeutung des Kreuzestodes Jesu wird im Neuen Testament unter Zuhilfenahme verschiedener Deutekategorien beschrieben, wobei der Opfervorstellung eine Schlüsselrolle zukommt. Ohne dass an dieser Stelle exegetische Fragen etwa zu den Einsetzungsberichten im Einzelnen diskutiert werden könnten, gilt es zunächst, einige im vorliegenden Zusammenhang zentrale neutestamentliche Befunde summarisch zu referieren: 15 ‣ Entscheidend ist, dass der Opfercharakter des Todes Jesu in Übereinstimmung mit der nachexilischen Opfertheologie als Ausdruck der Initiative Gottes gesehen wird. In der priesterlichen Opfertheologie ist der Gedanke wichtig, dass der Opferkult gemäß der Tora nicht menschliche Bemühung ist, sondern Bestandteil der von Gott gewährten guten Lebensordnung. 16 Auf dieser Linie betont Paulus, dass die Sühne durch den Tod Jesu von der gnädigen Stiftung Gottes ausgeht: Christus ist das ἱλαστήριον, das Gott errichtet (Röm 3,24f.) 17 . Ähnlich heißt es in 2 Kor 5,21, Gott habe den, der ohne Sünde war, zur ἁμαρτία gemacht. 18 15 Einen vorzüglichen Überblick bietet Z IMMERMANN , Die neutestamentliche Deutung. Vgl. ferner H AHN , Verständnis des Opfers; N ORDHOFEN , Durch das Opfer erlöst 77-142. - Zu den Einsetzungsberichten vgl. zusammenfassend H EININGER , Das letzte Mahl. Die Initiative Gottes wird deutlich hervorgehoben in V. 18f.: „Alles aber von Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Christus und uns den Dienst der Versöhnung gegeben hat, nämlich dass Gott in Christus war und die Welt mit sich 16 Vgl. dazu N ORDHOFEN , Durch das Opfer erlöst 64: Die Priesterschrift „deutet das Opfer als Sühnopfer, das sie als von Jahwe mit dem Bund gegeben versteht. Das heißt, nicht der opfernde Mensch als Individuum löst mit seinem Tun einen Sühnemechanismus aus, sondern im Kult wird das von Gott gegebene Gesetz befolgt. Im Kult hat Gott die Opfer als Möglichkeit der Sühne festgesetzt, und die Kultvorschriften werden in diesem Konzept zu seiner Bedingung.“ Ähnlich W ILLI -P LEIN , Opfer im Alten Testament 57: „Für das Alte Testament gilt insgesamt, daß Gott keine blutigen Opfer verlangt, wohl aber den Vollzug von Opfern […] erlaubt und durch seine Weisung zum Wohl der Menschen reguliert. Das Ziel ist die Wiederherstellung des für Menschen nicht verfügbaren Lebenszusammenhangs der Gemeinschaft mit Gott.“ Vgl. ferner H IEKE , Levitikus I, 131- 136. 17 Vgl. bes. Röm 3,25: ὃν προέθετο ὁ θεὸς ἱλαστήριον. Es handelt sich um eine Anspielung auf die Deckplatte der Bundeslade im Allerheiligsten des Tempels; vgl. Ex 25,21: „Lege die Deckplatte (LXX: τὸ ἱλαστήριον) oben auf die Lade! “ Dort wird im Ritual des Versöhnungstages das Blut von Opfertieren verspritzt (Lev 16,14f.), um „das Heiligtum von den Unreinheiten der Israeliten, von all ihren Freveltaten und Sünden [zu] entsühnen“ (Lev 16,16; vgl. V. 17); vgl. H IEKE , Levitikus II, 581-585. 18 Bezugspunkt der Aussage ist hier die Institution des Sündopfers (dazu H IEKE , Levitikus I, 88-92); vgl. Lev 4,21: „Und er soll den Stier hinausbringen, nach draußen vor das Lager, und ihn verbrennen, ebenso wie er den ersten Stier verbrannt hat: ein Sündopfer der Versammlung ist es (LXX: ἁμαρτία συναγωγῆς ἐστιν).“ <?page no="97"?> Opfer und Mahl 85 selbst versöhnte, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnete und in uns das Wort von der Versöhnung gelegt hat.“ 19 ‣ Unter dem Eindruck der Exilserfahrung liegt der Akzent der nachexilischen Opfertheologie auf dem Sühnegedanken. 20 Die Rede vom Kreuzesopfer interpretiert das aus freier Entscheidung angenommene Todesgeschick Jesu als stellvertretende Sühne 21 - wie gesagt immer im Horizont des vom Vater ausgehenden Heilswillens: Christus hat „sich selbst für unsere Sünden hingegeben 22 […] nach dem Willen unseres Gottes und Vaters“ (Gal 1,4). Der Ausspruch Johannes des Täufers vom „Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt“ (Joh 1,29) bringt als Allusion auf Jes 53,7 23 die Figur des Gottesknechts ins Spiel, dessen stellvertretendes Sühneleiden (Jes 53,4-12) bereits das jesuanische Kelchwort vom „für viele“ (vgl. Jes 53,11f.) vergossenen Bundesblut 24 ‣ Die in den Kategorien des Opferkultes gedeutete Selbsthingabe Christi ist Ausdruck seiner Liebe, die zur Nachahmung ruft: „Wandelt in Liebe, wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Opfergabe und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch (παρέδωκεν ἑαυτὸν ὑπὲρ ἡμῶν προσφορὰν καὶ θυσίαν τῷ θεῷ εἰς ὀσμὴν εὐωδίας)! “ (Eph 5,2). (Mt 26,28; Mk 14,24) als Interpretament in Anspruch nimmt. ‣ Die umfänglichste opfertheologische Auseinandersetzung mit dem Christusereignis innerhalb des Neuen Testaments findet sich im Hebräerbrief. Bezugspunkt der Auseinandersetzung ist dabei vor allem das Ritual des Versöhnungstages 25 19 Die neutestamentlichen Zitate im Haupttext dieses Kapitels sind der höheren Textgenauigkeit wegen der revidierten Elberfelder Bibel entnommen. , aber auch der alltägliche Opferkult. Einerseits wird die wesenhafte Überbietung des levitischen (Hohe-)Priestertums durch das einzigartige Priestertum Christi „nach der Ordnung Melchisedeks“ (Hebr 7,11) hervorgehoben: An die Stelle des ‚immer wieder‘ tritt das ‚ein für allemal‘ (7,27; 10,10.14). Andererseits erfolgt aber die Interpretation des Kreuzes auch hier in den Kategorien des Kultes, indem Christus als himmlischer Hohepriester erscheint. Beide Linien konvergieren zusammenfassend in 9,24-26: „Denn Christus ist nicht hineingegangen in ein mit Hän- 20 Vgl. dazu zusammenfassend D EISSLER , Opfer im Alten Testament 25f.; N ORDHOFEN , Durch das Opfer erlöst 64. 21 Vgl. dazu M ERKLEIN , Der Sühnegedanke. 22 Vgl. bereits die alte Bekenntnisformel 1 Kor 15,3, der zufolge „Christus für unsere Sünden gestorben ist nach den Schriften“. 23 In eine andere Richtung zielt das Lamm-Motiv bei Paulus, der in 1 Kor 5,7 den gekreuzigten Christus als Pesachlamm deutet. Das Sühnemotiv spielt hier im unmittelbaren Kontext keine Rolle; vielmehr wird die ganze christliche Existenz als Pesachfest gedeutet (V. 8; vgl. Z IMMERMANN , Die neutestamentliche Deutung 84), das „mit den ungesäuerten Broten der Aufrichtigkeit und Wahrheit“ zu begehen ist. 24 Zum Bundesmotiv in den Einsetzungsberichten und den unterschiedlichen opfertheologischen Implikationen der markinisch-matthäischen und der paulinisch-lukanischen Variante vgl. R ATZINGER , Ist die Eucharistie ein Opfer? 301f. 25 Vgl. dazu jetzt H IEKE , Levitikus II, 559-611. <?page no="98"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 86 den gemachtes Heiligtum, ein Gegenbild des wahren Heiligtums, sondern in den Himmel selbst, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen, auch nicht, um sich selbst oftmals zu opfern, wie der Hohepriester alljährlich mit fremdem Blut in das Heiligtum hineingeht - sonst hätte er oftmals leiden müssen von Grundlegung der Welt an; jetzt aber ist er einmal in der Vollendung der Zeitalter offenbar geworden, um durch sein Opfer die Sünde aufzuheben.“ ‣ Das Opfer ist nicht das exklusive Interpretament des Kreuzes im Neuen Testament, in dem vielmehr „eine Fülle von Deutekonzepten und Verarbeitungsformen zum Tod Jesu dargeboten werden, die sich nicht alle unter ein Gesamtkonzept integrieren lassen. Sowohl sprachlich (narrativ, metaphorisch, diskursiv) als auch motiv- und traditionsgeschichtlich (Opfer, Loskauf, Hingabe; Prophetengeschick, Versöhnungsaussagen etc.) werden ganz unterschiedliche Aussagen gebildet, die die (Heils-)Bedeutung des Todes Jesu erklären und kommunizieren wollen.“ Dabei „werden keine Deutekonzepte in Reinform dargeboten […] Stattdessen zeigen sich bereits in frühesten Texten enge Überschneidungen und Verflechtungen einzelner Konzepte in ganz unterschiedlichen Kombinationen. So kann z. B. vom ‚Loskauf durch Blut des Lammes‘ (1 Petr 1,18f.), vom ‚Sterben für‘ im Kontext der Versöhnung (2 Kor 5,14) oder von der ‚Selbsthingabe als Lösegeld‘ (1 Tim 2,6) geredet werden.“ 26 Dieser exegetische Befund, der darauf hinweist, dass für die Autoren des Neuen Testaments das über den Kreuzestod Jesu Auszusagende die Erklärungsleistung eines einzelnen Modells - auch desjenigen des Opfers - übersteigt, mahnt zur Vorsicht vor einer Hyperthrophierung des Opferkonzepts im Blick auf die liturgische Vergegenwärtigung des Kreuzesereignisses. Durch seine Inanspruchnahme zur Deutung des Kreuzestodes Jesu, der als solcher kein kultischer Vorgang ist, 27 erfährt der Opferbegriff gleichsam eine Ent-Kultisierung. Als Konsequenz für die christliche Praxis zieht der Hebräerbrief daraus, dass es keinen Opferkult im alten Sinne mehr geben kann (10,18). Dennoch verwirft er die Rede von einem christlichen Opfer nicht: Die Opfer der Christen bestehen im Lobopfer (13,15) sowie im rechten Vollzug des Alltags (13,16: εὐποιΐας καὶ κοινωνίας). In ähnlicher Weise spricht Paulus in Röm 12,1 von der Selbsthingabe des Christen im Alltag als ‚lebendigem und heiligem Opfer‘. 28 Eine Reflexion auf den Opfercharakter der Eucharistie muss sich stets auf die neutestamentliche Vorgabe beziehen: Sie muss fragen, auf welche Weise 26 Z IMMERMANN , Die neutestamentliche Deutung 79. 27 Der innere Anknüpfungspunkt liegt primär in der Bedeutung des Opferkultes, in seiner Form nur insoweit, als auch hier Lebenshingabe eine Rolle spielt. 28 Zu Hebr 13,15f. und Röm 12,1 vgl. ausführlicher unten S. 106-108. N ORDHOFEN , Durch das Opfer erlöst 127f.: „Es ist das Dahingeben Christi, welches durch die Opferrede in die Ethik fließt, und was in der Nachahmung dieser Einstellung Christi das Wesen des christlichen Handelns ausmacht. […] Opfer wird zu einer ontologischen Kategorie in der Nachfolge. Das ist die wesentliche Erweiterung der Opferdeutung im Neuen Testament.“ <?page no="99"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 87 die Messe Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers ist, d.h. des Todes Jesu in seiner oben knapp zusammengefassten Interpretation als Opfer. Dabei geht es auch darum, inwieweit in ihr das in der neutestamentlichen Briefliteratur bezeugte Verständnis vom christlichen Opfer zum Ausdruck kommt. Der Tod Jesu kann freilich nicht getrennt von der Auferstehung betrachtet werden, sodass die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers zugleich Teil der Vergegenwärtigung des Pascha-Mysteriums ist, des Hinübergangs „aus dieser Welt zum Vater“ (Joh 13,1). Die Vergegenwärtigung des Pascha-Mysteriums in der eucharistischen Liturgie hat mehrere Dimensionen. Im Zentrum der Eucharistiefeier steht der primär verbale Vollzug des eucharistischen Hochgebets, der mit Gabenbereitung und Kommunionriten gerahmt ist durch zwei primär handlungsorientierte Sequenzen - wobei der jeweils andere Aspekt nicht fehlt. Da das Hochgebet den hermeneutischen Schlüssel zur Eucharistiefeier darstellt, setzen die nachfolgenden Überlegungen bei ihm ein, um dann in einem zweiten Schritt Gabenbereitung und Kommunionriten in den Blick zu nehmen. 2. Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet Es kann nicht Anspruch dieser Studie zur Hermeneutik liturgischer Schriftverkündigung sein, sich in der komplexen Forschungslandschaft zum Eucharistiegebet zu positionieren. 29 Doch kann der Duktus der Eucharistiefeier nicht angemessen beschrieben werden, ohne zumindest die Grundstruktur des Hochgebets mit seinen wesentlichen Inhalten und Sprechakten bestimmt zu haben. Der leitenden Fragestellung gemäß ist dabei der Ausgangspunkt bei den gegenwärtig in Gebrauch befindlichen Gebetsformularen zu suchen, wobei eine Konzentration auf die zur häufigeren Verwendung vorgesehenen Hochgebete I-IV angezeigt erscheint. 30 2.1 Das Modellgebet der so genannten Traditio Apostolica Über das Zustandekommen der neuen Hochgebete berichtet Johannes Wagner, der Vorsitzende des mit der Revision des Ordo Missae betrauten Coetus X des Consilium ad Exsequendam Constitutionem de Sacra Liturgia. 31 Die ent- 29 Zur Orientierung vgl. z.B. G ERHARDS , Entstehung und Entwicklung; B RADSHAW (Hg.), Essays; G ERHARDS - B RAKMANN - K LÖCKENER (Hgg.), Prex eucharistica III/ 1. 30 Darüber hinaus enthält die editio typica tertia des Missale Romanum 2002 (2008) in einem Appendix zum Ordo Missae noch die beiden Versöhnungs-Votivhochgebete sowie das Hochgebet für Messen für besondere Anliegen („Schweizer Hochgebet“) in seinen vier Fassungen. Außerdem stehen drei Hochgebete für Messfeiern mit Kindern sowie ein Hochgebet für Messen mit Gehörlosen zur Verfügung. 31 Zur Zusammensetzung des Coetus vgl. W AGNER , Mein Weg 96. <?page no="100"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 88 scheidenden Weichenstellungen erfolgten demnach bei den Versammlungen des Coetus im Januar und März 1967, als Entwürfe der späteren Hochgebete II-IV erstellt wurden. 32 War zunächst an eine textliche Überarbeitung des Canon Romanus gedacht gewesen, 33 so hatten die sich damit verbindenden Schwierigkeiten und Widerstände Papst Paul VI. im Sommer 1966 zu der Entscheidung bewogen, den Canon unverändert zu belassen und ihm Alternativformulare zur Seite zu stellen. 34 Den neuen Hochgebeten, die schließlich am 23. Mai 1968 von der Ritenkongregation neben zunächst acht neuen Präfationen veröffentlicht wurden und seit dem 15. August desselben Jahres in Gebrauch sind, 35 liegt bis zu einem gewissen Grad ein einheitliches Aufbauschema zugrunde. 36 Dieses orientiert sich strukturell weniger am Canon Romanus als am Duktus vor allem der antiochenisch-westsyrischen Hochgebetstradition, 37 verbindet jedoch die von dorther rührenden Grundoptionen mit bestimmten typisch römischen Charakteristika - mit dem, was nach damaligem Reflexionsstand als „genius Romanus“ galt. 38 Eine besondere Rolle spielte in diesem Zusammenhang das Eucharistiegebet der so genannten Traditio Apostolica, das in Kapitel 4 dieser Kirchenordnung im Kontext der Bischofsweihe referiert wird. Die Protagonisten der Liturgiereform gingen dem damaligen Forschungskonsens entsprechend 39 davon aus, mit der TA ein Werk des Hippolyt von Rom und folglich mit dem darin enthaltenen Hochgebet ein Zeugnis römischen eucharistischen Betens aus dem frühen dritten Jahrhundert vor sich zu haben. 40 Cipriano Vagaggini eröffnet die Quellensammlung, die er seinen eigenen - für die spätere Fixierung der Eucharistiegebete III und IV höchst bedeutsamen 41 32 Vgl. ebd. 97-99. Die hier genannte Jahreszahl 1965 ist im Licht der vorangehenden Seiten und von B UGNINI , Liturgiereform 480-482, sowie M ARINI , Riforma 163, zu korrigieren. - Hochgebetsentwürfen voranstellt, mit der TA und bemerkt dazu: 33 Vgl. W AGNER , Neue eucharistische Hochgebete 98. 34 Vgl. B UGNINI , Liturgiereform 481. 35 Vgl. DEL 1,1032. 36 Vgl. dazu K LEINHEYER , Erneuerung 34-36; S CHMITZ , Struktur 7-11; B UGNINI , Liturgiereform 482f.; H AUNERLAND , Das eine Herrenmahl 125-127. Einen ausführlichen Kommentar zu den Hochgebeten II-IV bietet M AZZA , Eucharistic Prayers 88-190. 37 Zur Struktur der Anaphoren antiochenischen Typs vgl. M AZZA , La structure 22-32. 38 Vgl. B UGNINI , Liturgiereform 482-488. 39 Dieser Konsens war freilich nicht unwidersprochen; vgl. v.a. E NGBERDING , Das angebliche Dokument. 40 Vgl. z.B. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 36f.; B OTTE , Essai XIII-XIX; W AGNER , Mein Weg 97; zurückhaltender B OUYER , Eucharistie 158-168.187-191. 41 Bei Hochgebet III handelt es sich de facto um „den verkürzten, durch die Diskussion des Coetus adaptierten Entwurf Vagagginis“ (W AGNER , Mein Weg 99); vgl. den „Canone B“ bei V AGAGGINI , Il Canone 100-106. Der Entwurf von Hochgebet IV wurde, erkennbar auf der Basis von Vagagginis „Canone C“ (ebd. 110-120), am Ende des Treffens des Coetus X in Nemi im März 1967 von Wagner und Vagaggini fertiggestellt (vgl. W AGNER , Mein Weg 99). <?page no="101"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 89 „Lo studio delle anafore deve partire da quella d’Ippolito che presenta, per quanto possiamo conoscerla, la struttura comune dell’anafora dell’antica Chiesa prima dello sviluppo dei gruppi differenziati, avvenuto dal secolo IV in poi.“ 42 Vor dem Hintergrund dieser Einschätzung Vagagginis überrascht es nicht, dass sich nicht nur Hochgebet II als „eine Anpassung des Textes von Hippolyt an einige später gewordene Grundelemente des Römischen Kanons“ 43 darstellt, sondern dass auch der Gedankengang der Hochgebete III und IV sich, mit bedeutenden Variationen, auf der Grundlage des im Licht des „genius Romanus“ revidierten Aufbaus des Hochgebetes der TA entfaltet. 44 Zwar lassen sich nach dem heutigen Stand der Forschung weder Vagagginis Sicht auf einen vermeintlich universalen Urtyp eucharistischen Betens in den ersten drei Jahrhunderten 45 noch die Zuschreibung der TA an Hippolyt von Rom 46 halten. Insofern bezeugt die TA, deren Gattung ‚Kirchenordnung‘ die Fixierung eines ‚Autors‘ schon prinzipiell erschwert und die Zusammenstellung chronologisch, eventuell sogar geographisch heterogenen Materials erlaubt, 47 nur einen unter mehreren möglichen Typen altkirchlicher Eucharistiegebete. Während also mit der neueren Forschung festzuhalten ist, dass Herkunft und Datierung der Anaphora unklar sind, 48 können die gelegentlich vorgetragenen Argumente gegen die literarische Einheitlichkeit des Gebets nicht überzeugen. 49 Zieht man die archaischen Züge der Christologie 50 42 V AGAGGINI , Il Canone 15. und 43 Vgl. W AGNER , Mein Weg 97. 44 Vgl. G ELINEAU , New Models 80: „The Roman Canon, at the same time venerated and criticized, was not retained as the model for the new eucharistic prayers that were to be created. The only model envisaged was that of a unified discourse of the Antiochian type. For all the consulting experts the eucharistic prayer contained in the Apostolic Constitutions [es müsste heißen: Apostolic Tradition; A.Z.] and attributed to Hippolytus of Rome served as an undisputed reference. In this way the group of eucharistic prayers created after Vatican II, official and unofficial, used this single model as a reference“ (Hervorhebung im Original). 45 Zur Pluriformität eucharistischen Betens in der Alten Kirche vgl. B RADSHAW , Evolution; M ESSNER , Grundlinien. 46 Einen vorzüglichen Überblick über die Einleitungsfragen zur TA und die damit verbundene Forschungsgeschichte geben B RADSHAW - J OHNSON - P HILLIPS , Apostolic Tradition 1-16. Vgl. ferner S TEIMER , Vertex Traditionis 28-48; M ARKSCHIES , Neue Forschungen; B ALDOVIN , Hippolytus and the Apostolic Tradition. 47 Vgl. S TEIMER , Vertex Traditionis 45. 48 Vgl. z.B. M ETZGER , Prière eucharistique 266: „[…] peut être considéré comme un témoin des usages euchologiques admis au 3 e siècle dans des communautés de Syrie“; S MYTH , L’anaphore 116: „on peut situer sans guère de risque la rédaction finale […] dans la première moitié du IV e siècle, quelque part entre l’ouest d’Antioche et la Palestine, ou peut-être plus au nord en direction de l’Asie mineure“. Stewart-Sykes hält am römischen Ursprung der TA fest und schreibt sie einer „Hippolytean School“ des 3. Jh. zu (vgl. in Auseinandersetzung mit Bradshaws Einwänden gegen diese These S TEWART -S YKES , Liturgy of Third-century Rome). 49 Vgl. R OUWHORST , Roots 299 („I am rather sceptical about attempts to split the text into older and younger sections“), der jedoch das ganze Gebet für einen späten Zusatz zur <?page no="102"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 90 die wiederholt beschriebene gedankliche und motivische Nähe des anamnetischen Abschnitts zu frühen Paschahomilien 51 in Betracht, scheint das Hochgebet tatsächlich in das dritte Jahrhundert zu verweisen. 52 Die TA bezeichnet es - der liturgischen Praxis zumal der vorkonstantinischen Zeit entsprechend - ausdrücklich als Modellgebet, nicht als wörtlich zu verwendendes Gebetsformular. 53 Dass dieser Hinweis auf den Modellcharakter des Eucharistiegebets in TA 9 unabhängig vom Kontext der Bischofsweihe gegeben wird, spricht gegen eine besondere Abstimmung des Gebets auf diesen Verwendungszusammenhang. 54 Für die Suche nach dem Grundduktus des eucharistischen Hochgebets den Ausgang bei TA 4 zu nehmen, kann sich im Rahmen der vorliegenden Studie zusammenfassend auf eine doppelte Begründung berufen: TA hält. - Die einzige Passage, die in der Tat eindeutig zu literarkritischen Operationen einlädt, ist die Schlussdoxologie, deren dynamische Grundstruktur (Modell: ‚Ehre dem Vater durch den Sohn im Heiligen Geist‘) in der lateinischen Übersetzung offenkundig im Licht der arianischen Auseinandersetzungen in Richtung des additiven Modells (‚Ehre dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist‘) überarbeitet ist - genauer gesagt: ergänzt ist, da nun beide Formen nebeneinander stehen bzw. ineinander verschränkt sind. Die dadurch entstandene logische Inkohärenz („durch deinen Knecht Jesus Christus, durch den dir Herrlichkeit und Ehre (ist), dem Vater und dem Sohn mit dem Heiligen Geist, in deiner heiligen Kirche“) lässt zwingend vermuten, dass diese Fassung das Ergebnis eines den ursprünglichen Duktus verunklärenden Wachstumsprozesses ist. 50 So etwa die Bezeichnung als puer (παῖς); vgl. dazu unten Anm. 59 sowie D RISCOLL , Uncovering 338. 51 Vgl. dazu ausführlich M AZZA , Origins 102-149. 52 Gegenargumente, die bestimmte Züge der Anaphora der TA für Eucharistiegebete des 3. Jahrhunderts ausschließen wollen (z.B. die Zitation des Einsetzungsberichts oder die Form der Epiklese), verfangen aufgrund der dürftigen Überlieferungslage nicht. Exemplarisch für die Problematik entsprechender Argumentationen ist der Kommentar von B RADSHAW - J OHNSON - P HILLIPS , die einerseits feststellen: „With the exception of the prayer texts in Didache 9 and 10 and some brief invocations over food in early apocryphal literature […] no extant eucharistic prayers can be dated with any certainty before the fourth century“, andererseits aber argumentieren: „if this prayer [d.h. die Anaphora der TA] does belong to the third century in its present form, it is very advanced for its age, having some features that are otherwise first encountered only in the fourth century or later“ (Apostolic Tradition 44). Dass die wenigen Quellen „that are often thought to have roots in this earlier period“ (also vor dem 4. Jh.; die Autoren nennen den Straßburg-Papyrus und die Anaphora von Addai und Mari) „manifest a number of significant differences from this text“ (gemeint ist TA 4; Zitat ebd.), muss nicht gegen das Alter des Hochgebets der TA sprechen - zumal, wenn man die dekonstruktive Tendenz neuerer liturgiegeschichtlicher Forschung ernst nimmt: „Man wird sich […] mit der Kenntnisnahme einer nicht verrechenbaren Vielfalt von Anfängen begnügen müssen“ (M ESSNER , Über einige Aufgaben 216). Dass das Eucharistiegebet der TA nicht Bestandteil der Vielfalt euchologischer Ausdrucksformen des 3. Jahrhunderts sein könne, lässt sich in Anbetracht der Quellenlage nicht bündig argumentieren, ohne dass dabei neue liturgiehistorische Axiome an die Stelle der gerade dekonstruierten gesetzt würden. 53 TA 9 (LQF 39 5 ,28 Botte). 54 Gegen K ÜPPERS , Einheit, bes. 26-28. <?page no="103"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 91 ‣ Das Eucharistiegebet der TA diente bei der Liturgiereform als ein wichtiger Bezugspunkt für die Schaffung der neuen, heute verwendeten Hochgebete. ‣ Die zitierte Annahme Vagagginis im Sinne einer Korrektur des ihr zugrunde liegenden liturgiegenetischen Modells variierend kann zumindest festgehalten werden, dass dem Eucharistiegebet der TA ein hoher heuristischer Wert zukommt. Es erweist sich nämlich als einfache Ausprägung eines Grundtyps, der auch späteren entfalteten Anaphoren unterschiedlicher Ritenfamilien - einschließlich des Canon Romanus, dort jedoch in charakteristischer Weise akzentuiert - zugrunde liegt. 55 Der Text des Eucharistiegebets der TA ist nicht im griechischen Original überliefert, sondern nur in der spätantiken lateinischen Übersetzung des Palimpsests von Verona sowie in einer äthiopischen Übersetzung 56 aus dem 13. Jahrhundert zugänglich, die auf ältere sahidische und arabische Übersetzungen zurückgeht. Darüber hinaus existieren stark überarbeitete und erweiterte Fassungen im achten Buch der Apostolischen Konstitutionen sowie im Testamentum Domini. 57 Im Folgenden wird die lateinische Version (Palimpsest von Verona) nach der Edition Bottes 58 - jedoch mit eigener, die grammatikalische Struktur verdeutlichender Interpunktion - einer wörtlichen Arbeitsübersetzung gegenübergestellt. „Gratias tibi referimus, deus, per dilectum puerum tuum Iesum Christum, Wir sagen dir Dank, Gott, durch deinen geliebten Knecht 59 quem in ultimis temporibus misisti nobis salvatorem et redemptorem et angelum voluntatis tuae, Jesus Christus, den du uns am Ende der Zeiten gesandt hast als Retter und Erlöser und Boten deines Willens, 55 Daraus kann freilich keine Generalthese abgeleitet werden, als ob an TA 4 schlechthin die Grundstruktur des Eucharistiegebets erhoben werden könne. So zeigt W INKLER , dass in vielen orientalischen Anaphoren bzw. deren mutmaßlich frühesten Fassungen, aber auch in manchen nicht-römischen lateinischen Hochgebeten nach dem Einsetzungsbericht keine Darbringungsaussage folgt (Ein Beispiel; Zur Erforschung 363-398.419f.). 56 Mit deutscher Übersetzung ediert in D UENSING , Der aethiopische Text 20-25. Zu einer weiteren, bislang nicht edierten altäthiopischen Übersetzung der TA direkt aus dem Griechischen, in der der Text des Eucharistiegebets jedoch fehlt, vgl. die Hinweise bei M ESSNER , Über einige Aufgaben 208 Anm. 6. 57 Vgl. die Synopse in englischer Sprache bei B RADSHAW - J OHNSON - P HILLIPS , Apostolic Tradition 38-41. 58 LQF 39 5 ,12-16 Botte. 59 Die Junktur „dilectum puerum“ scheint auf Mt 12,18a anzuspielen (ἰδοὺ ὁ παῖς μοῦ ὃν ᾑρέτισα, ὁ ἀγαπητός μοῦ; Vulgata: ecce puer meus quem elegi dilectus meus; die altlateinische Überlieferung zu Mt ist noch nicht aufgearbeitet), wo Jes 42,1, der Auftakt des ersten Gottesknechtsliedes, zitiert wird. Dieser Zusammenhang berechtigt zur Übersetzung von „puer“ mit „Knecht“. F RANZ , Werdet, was ihr seht 63, sieht damit gleich zu Beginn einen Hinweis auf die Passion als „das zentrale Thema des Gebetes“. - Bei der Durchsicht der altlateinischen Übersetzungszeugnisse für die Gottesknechtslieder zeichnet sich die Tendenz ab, dass puer parallel zu LXX παῖς geht, während an den Stellen, wo LXX δοῦλος übersetzt, lateinisches servus überwiegt (vgl. beispielhalber zu Jes 42,1 VL 12/ 2,967-971 Gryson). <?page no="104"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 92 qui est verbum tuum inseparabile, der dein (von dir) untrennbares Wort ist, per quem omnia fecisti - et beneplacitum tibi fuit -, durch den du alles geschaffen hast - und es gefiel dir gut -, misisti de caelo in matricem virginis (den du) vom Himmel in den Schoß einer Jungfrau gesandt hast quique in utero habitus incarnatus est et filius tibi ostensus est, ex spiritu sancto et virgine natus, und der im Leib getragen Fleisch annahm und den du als deinen Sohn offenbart hast 60 qui voluntatem tuam conplens et populum sanctum tibi adquirens extendit manus, cum pateretur, ut a passione liberaret eos, qui in te crediderunt, , geboren aus dem Heiligen Geist und der Jungfrau, der deinen Willen erfüllend und dir ein heiliges Volk erwerbend die Hände ausbreitete, als er litt, um die vom Leiden zu befreien, die an dich geglaubt haben, qui, cumque traderetur voluntariae passioni, ut mortem solvat et vincula diabuli dirumpat et infernum calcet et iustos inluminet et terminum figat et resurrectionem manifestet, accipiens panem gratias tibi agens dixit: „Accipite, manducate, hoc est corpus meum, quod pro vobis confringetur“; similiter et calicem dicens: „Hic est sanguis meus, qui pro vobis effunditur. Quando hoc facitis, meam commemorationem facitis.“ der, als er sich aus freiem Willen dem Leiden auslieferte, um den Tod zu lösen und die Fesseln des Teufels zu zerreißen und die Unterwelt niederzutreten und die Gerechten zu erleuchten und eine Grenze zu setzen und die Auferstehung kundzutun, das Brot nahm und dir mit den Worten Dank sagte: „Nehmt, esst, das ist mein Leib, der für euch zerbrochen werden wird“; ähnlich auch den Kelch, indem er sagte: „Das ist mein Blut, das für euch vergossen wird. Sooft ihr dies tut, tut ihr mein Gedächtnis.“ Memores igitur mortis et resurrectionis eius offerimus tibi panem et calicem gratias tibi agentes, quia nos dignos habuisti adstare coram te et tibi ministrare. Eingedenk also seines Todes und seiner Auferstehung bringen wir dir das Brot und den Kelch dar, dir Dank sagend, dass du uns für würdig erachtet hast, vor dir zu stehen und dir (als Priester) 61 Et petimus, ut mittas spiritum tuum sanctum in oblationem sanctae ecclesiae. zu dienen. Und wir bitten, dass du deinen heiligen Geist auf die Darbringung der heiligen Kirche sendest. 60 Es dürfte sich um eine Anspielung auf die Himmelsstimme bei der Taufe Jesu handeln (Mt 3,17 parr). 61 Vgl. B RADSHAW - J OHNSON - P HILLIPS , Apostolic Tradition 48: „On the basis of the readings in the Ethiopic, Apostolic Constitutions, and Testamentum Domini, both Connolly and Botte judged that the original Greek verb translated in the Latin as ‘minister’ had been ἱερατεύειν, ‘to exercise the priesthood.’“. Dabei wird die Wendung in der Regel als bezogen auf „the ministry of the whole priestly people of God“ verstanden. <?page no="105"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 93 In unum congregans des omnibus, qui percipiunt, sanctis in repletionem spiritus sancti ad confirmationem fidei in veritate, ut te laudemus et glorificemus per puerum tuum Iesum Christum, per quem tibi gloria et honor, patri et filio cum sancto spiritu, in sancta ecclesia tua et nunc et in saecula saeculorum. Amen.“ In eins versammelnd gebest du (sie) allen Heiligen, die (sie) empfangen, zur Erfüllung mit dem Heiligen Geist zur Bestärkung des Glaubens in der Wahrheit, damit wir dich loben und verherrlichen durch deinen Knecht Jesus Christus, durch den dir Herrlichkeit und Ehre (ist) [dem Vater und dem Sohn mit dem Heiligen Geist] 62 in deiner heiligen Kirche jetzt und in Ewigkeit. Amen. Der Aufbau des Gebets ist deutlich dreiteilig. 63 Der erste, umfangreichste Abschnitt, der grammatikalisch ein einziges fortlaufendes Satzgefüge darstellt, ist eine Danksagung („gratias tibi referimus“) für das vergangene (das Tempus ist durchgängig Perfekt) Heilshandeln Gottes. Als Mittler dieser Danksagung an den Vater erscheint Christus („per puerum tuum Iesum Christum“), der sich zugleich auch als ihr Gegenstand erweist, insofern alle Einzelaussagen des anamnetischen Teils als Relativsätze auf ihn bezogen sind. 64 Der erste Relativsatz nennt überschriftartig 65 die eschatologische 66 Sendung Christi und bezeichnet ihn mit drei biblisch gefüllten Titeln als Retter 67 , Erlöser 68 und Boten des göttlichen Willens 69 62 Vgl. oben Anm. 49. Vgl. die äthiopische Fassung: „[…] durch deinen Sohn Jesus Christus, durch den dir Preis und Kraft ist in der heiligen Kirche […]“ (D UENSING , Der äthiopische Text 25). . 63 M AZZA , Origins 153-176, stellt die dreiteilige Struktur in die Traditionslinie der jüdischen Birkat ha-Mazon und parallelisiert sie mit dem Aufbau des judenchristlichen Eucharistiegebets in Didache 10 (Dank - Dank - Bitte). Dabei setzt er voraus, dass die Darbringungsaussage des zweiten Abschnitts („memores … offerimus“) das Ergebnis einer sekundären Erweiterung der ursprünglichen Danksagung für den gegenwärtigen Vollzug sei (in der vorliegenden Fassung partizipiale Nebenaussage „gratias agentes“). 64 Die stark christologische Prägung des gesamten Gebets kommt auch in seiner Rahmung durch die Formel „per (dilectum) puerum tuum Iesum Christum“ zum Ausdruck: Sowohl die Danksagung, von der es ausgeht, als auch der Lobpreis, auf den es abzielt, sind durch Christus vermittelt. 65 Vgl. G IRAUDO , La struttura 294: „Anticipazione tematica della cristologia storica“. 66 Vgl. 1 Petr 1,20: „Er war schon vor der Erschaffung der Welt dazu ausersehen [zum Loskauf der Christen durch sein kostbares Blut; vgl. 1,18f.], und euretwegen ist er am Ende der Zeiten [Vulg: novissimis temporibus] erschienen“; Gal 4,4: „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn […]“. 67 Vgl. Lk 2,11; Joh 4,42 sowie zahlreiche Belege in den Pastoralbriefen und in 2 Petr. 68 Zum biblischen Hintergrund dieses Christustitels (vgl. z.B. Mk 10,45; Eph 1,7; 1 Petr 1,18) und der damit verbundenen Bildlichkeit vgl. A. Z ERFASS , Mysterium mirabile 84f. 69 D RISCOLL , Uncovering 340f., sieht hierin eine Anspielung auf Jes 9,5 LXX: μεγάλης βουλῆς ἄγγελος; zu altlateinischen Übersetzungen dieses Verses mit „angelus“ vgl. VL 12/ 1,293- 296 Gryson. F RANZ , Werdet, was ihr seht 63, bezieht die Wendung auf die johanneischen Aussagen über Christus als „Bote, der vom Himmel herabgekommen ist, um den Willen dessen zu tun, der ihn gesandt hat (Joh 4,34; 5,30; 6,38).“ <?page no="106"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 94 „Auf die drei großen Namen folgen die drei großen ‚Etappen‘ der Heilsgeschichte: Schöpfung, Menschwerdung, Erlösung.“ 70 Jeder dieser drei Stationen sind zwei Relativsätze gewidmet, 71 wobei der Umfang sich von Station zu Station steigert. Bei der ersten Etappe wird mit dem Johannesprolog auf die Schöpfungsmittlerschaft des göttlichen Wortes abgehoben, 72 während die Aussagen zur Inkarnation die Jungfrauengeburt akzentuieren. 73 Schon durch den deutlich erweiterten Umfang, verbunden mit erhöhter syntaktischer Komplexität, gibt sich die die Passion betreffende Passage als Höhepunkt und Zentrum der heilsgeschichtlichen Anamnese zu erkennen. Nach Art des Johannesevangeliums wird die Willenseinheit zwischen Vater und Sohn betont, indem die Leidenshingabe einerseits als Erfüllung des göttlichen Willens („voluntatem tuam conplens“), andererseits als freiwillig („voluntariae passioni“) bezeichnet wird. Durch sein Leiden, als er am Kreuz die Arme ausbreitete, erwarb Christus für Gott ein heiliges Volk 74 und befreite die Glaubenden vom Leiden: Seine stellvertretende Lebenshingabe überwindet den Tod, was in sechs Bildern entfaltet wird, die dem Vorstellungskomplex des descensus, des Hinabstiegs in das Reich des Todes, entnommen sind. 75 Dabei geht es in den ersten drei Bildern um den „dreifache[n] Sieg Christi über die drei Mächte der Tiefe: den Tod, den Teufel und den Hades“ 76 , während die zweite Triade „die sieghaften Folgen für die Menschen“ 77 ausmalt. Die Theologie des descensus basiert auf verschiedenen neutestamentlichen Anknüpfungspunkten 78 und ist seit der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts breit bezeugt. 79 70 F RANZ , Werdet, was ihr seht 63. Sie verleiht den soteriologischen Dimensionen der Auferstehungsbotschaft eine besondere Dramatik und Anschaulichkeit, was wiederholt zu narrativen Ausgestaltungen einlud, deren bedeutendste sich im apokryphen Nikodemusevangelium findet. Unter den sechs im Hochgebet der TA verwendeten Bildern für die in der Unterwelt vollbrachte Befreiungstat Christi zog die Wendung „terminum figat“ besondere Aufmerksamkeit der For- 71 Vor „misisti de caelo in matricem virginis“ ist das fehlende Relativpronomen zu ergänzen, wie der folgende Anschluss mit „quique“ („und der“) beweist. 72 Vgl. Joh 1,1.3. Die Bedeutung und sogar die grammatikalische Zuordnung von „et beneplacitum tibi fuit“ sind umstritten (vgl. D RISCOLL , Uncovering 343f.); es könnte sich um eine Anspielung auf die Formel „er sah, dass es gut war“ des Schöpfungsberichts Gen 1 handeln. 73 Die Wendung „in utero habitus“ bezieht sich auf Mt 1,18 (Vulg: in utero habens de spiritu sancto) und Mt 1,23 (Vulg: ecce virgo in utero habebit). 74 Vgl. 1 Petr 2,9: „Ihr aber seid […] ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde [Vulg: gens sancta, populus adquisitionis] […]“. 75 Eine eingehende Auslegung der Bilder im Vergleich mit einer ähnlichen Passage in der Paschahomilie des Melito von Sardes bietet G RILLMEIER , Der Gottessohn im Totenreich 90-100. 76 Ebd. 91. 77 Ebd. 94. 78 Besonders 1 Petr 3,19; 4,6; Apg 2,27-31; Mt 12,40; 27,52f.; Röm 10,7; Kol 1,18; Eph 4,9. 79 Für exemplarische Belege sowie Literaturhinweise vgl. A. Z ERFASS , Mysterium mirabile 114-116. <?page no="107"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 95 schung auf sich. 80 „Die Grenze wird dem Tod gesetzt, und dies durch die Auferstehung Christi. Wie sie auch immer aufzufassen ist oder verstanden wurde, mehr im räumlichen oder mehr im zeitlichen Sinn, sicherlich ist sie ein Ausdruck des Glaubens an Christi Sieg über die Mächte der Unterwelt. Die Christen sind sich freilich bewusst, daß die feindliche Macht nicht einfach vernichtet ist, sondern nur beschränkt und abgegrenzt wurde. Der Unterwelt wird eine gewisse Macht belassen, sie bleibt eine geschichtliche Größe, aber eingeengt auf einen engen Raum, gebannt hinter eine feste Grenze, die nicht mehr überschritten werden kann.“ Am meisten überzeugt die Interpretation Grillmeiers im Sinne der oben vorgeschlagenen Übersetzung „eine Grenze zu setzen“: 81 Der gesamte anamnetische Abschnitt gipfelt im Einsetzungsbericht, der wie alle vorangehenden Aussagen als Relativsatz dem Hauptsatz „gratias tibi referimus“ untergeordnet ist. Im Gedankengang des Hochgebets trägt er eine doppelte Funktion, indem er einerseits die stellvertretende Befreiungstat abschließend in der Selbstinterpretation Jesu verankert („pro vobis“ 82 Worin besteht aber der vergegenwärtigende Charakter der Darbringung, die den zweiten Abschnitt des Hochgebetes bildet? Der Text setzt offenkundig - anders als die spätere westkirchliche Tradition - keine „Wandlung“ der eucharistischen Gaben durch die Rezitation der Verba Testamenti voraus. Seit frühester Zeit war es den Christen selbstverständlich, von der realen Gegenwart Christi bei der Feier der Eucharistie, näherhin in den eucharistischen Gaben auszugehen. ) und zugleich als Stiftungsgedächtnis das Tun der Gemeinde legitimiert. Letzteres zeigt die doppelte Stichwortverknüpfung, die die sich anschließende Darbringungsaussage an die Abendmahlsanamnese zurückbindet. Die Gemeinde sagt Gott Dank („gratias tibi agentes“), wie Jesus Gott Dank sagte („gratias tibi agens“). In der Darbringung vollzieht sich eben jenes Gedächtnis („memores […] offerimus“), auf das der Wiederholungsauftrag Jesu zielt („meam commemorationem facitis“). 83 Unter den Voraussetzungen des in der Spätantike verbreiteten platonischen Weltbildes setzte dies jedoch keine auf einen bestimmten Zeitpunkt fixierbare „Wandlung“ im Sinne der scholastischen Transsubstantiationslehre voraus. 84 80 B RADSHAW - J OHNSON - P HILLIPS , Apostolic Tradition 47f., referieren diverse Übersetzungsvorschläge. Vielmehr konnten die Gaben gleichzeitig als Brot 81 G RILLMEIER , Der Gottessohn im Totenreich 96f. 82 Vgl. 1 Kor 11,24; Lk 22,19f. 83 Vgl. etwa die Brotrede in Joh 6 oder die Emmauserzählung Lk 24. Dabei betont die Brotrede besonders den Charakter der personalen Begegnung im Empfang der eucharistischen Gaben (Joh 6,56: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich bleibe in ihm.“). Die Emmauserzählung lässt die Dialektik von Gegenwart und Entzogenheit hervortreten (Lk 24,30f.: „Und als er mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn; dann sahen sie ihn nicht mehr.“). 84 Vgl. dazu G ERKEN , Theologie der Eucharistie 61-95. <?page no="108"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 96 und Wein und - vermittelt durch das Eucharistiegebet als Ganzes 85 - als Realsymbol von Leib und Blut Christi verstanden werden, wobei entsprechend der Ontologie der platonischen Ideenlehre im Abbild das Abgebildete real gegenwärtig ist, 86 ja letztlich die Seinsqualität des sinnlich Wahrnehmbaren überhaupt nur in der Anteilhabe am Urbild besteht. Dementsprechend changiert bereits die Formulierung des Brotwortes im Einsetzungsbericht der TA zwischen den Ebenen des materiellen Brotes und des Leibes Christi im Sinne seiner personalen Ganzhingabe. Denn das Wort „confringetur“ 87 stellt einerseits ein kontrastierendes Zitat von Ex 12,46 dar, wo vom Pesachlamm die Rede ist, dem kein Knochen gebrochen werden darf, 88 und verweist damit auf Christus als das wahre Pesachlamm 89 , das am Kreuz geschlachtet wird. Gleichzeitig bezieht es sich konkret auf den Vorgang des Brotbrechens (beim Abendmahl wie beim eucharistischen Mahl), der damit wiederum als „Bildhandlung auf die Passion Christi“ 90 Die Vergegenwärtigung von Tod und Auferstehung Christi („Memores igitur mortis et resurrectionis eius“) - wobei die Auferstehung gleichsam die Kehrseite des Heilstodes ist hin transparent wird. 91 85 Vgl. etwa Justins Rede von der „durch ein Gebetswort“ (δι V εὐχῆς λόγου; zur Übersetzung dieser Wendung vgl. G AMBER , Zur Textgeschichte 57, gegen D ÖLGER , ΙΧΘΥΣ 73f.; gemeint ist damit nach M ESSNER , Grundlinien 26, „das Eucharistiegebet im ganzen“) ‚eucharistierten‘ Nahrung (εὐχαρισθεῖσαν τροφήν) in Apologie 1,66,2 (PTS 38,127 Marcovich); ähnlich 1,67,5 (ebd. 129). - vollzieht sich also in den stiftungsgemäßen verbalen (Danksagung) und Handlungsvollzügen. Auf der Ebene der Handlungen bedarf jedoch der Akt der Darbringung noch einer vertieften Betrachtung. Als Objekt der Darbringung werden das Brot und der Kelch mit Wein benannt („offerimus tibi panem et calicem“). Inwiefern aber kann die Darbringung von Brot und Wein als Erfüllung des Gedächtnisauftrags aufgefasst werden? Inwiefern kann es überhaupt noch eine derartige Darbringung geben, nachdem doch der Hebräerbrief unter Verweis auf das eine und einzige Opfer des Kreuzes den radikalen Bruch des Christentums mit dem vorchrist- 86 Dieses Verständnis wird im zum Quam oblationem des römischen Canon analogen Passus des mit diesem verwandten Hochgebets ausdrücklich gemacht, das Ambrosius in De sacramentis 4,5,21 zitiert: „Dicit sacerdos: ‚Fac nobis‘, inquit, ‚hanc oblationem scriptam, rationabilem, acceptabilem, quod est figura corporis et sanguinis domini nostri Iesu Christi. Qui pridie quam pateretur […]‘“ (CSEL 73,55 Faller). 87 Bereits in der Textüberlieferung des paulinischen Einsetzungsberichts findet sich eine um das Partizip κλῶμενον erweiterte Lesart; vgl. K REMER , Der Erste Brief an die Korinther 243. 88 Vgl. K ÜPPERS , Einheit 22. 89 Vgl. 1 Kor 5,7. 90 B ÄRSCH , „… aus ihr empfangen Handlungen und Zeichen ihren Sinn“ 347. 91 Dies wird besonders deutlich z.B. im Philipperhymnus, der die Erniedrigung „bis zum Tod am Kreuz“ mit der Erhöhung „über alle“ zusammenbindet (Phil 2,8f.), oder im Johannesevangelium, das den Tod Christi doppelsinnig als „Erhöhung“ (am Kreuz und zum Vater) bezeichnet (Joh 3,14; 8,28; 12,32-34). <?page no="109"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 97 lichen Opferwesen, mit jeder Form von Sachopfern erklärt? 92 „Durch ihn [Christus] lasst uns Gott allezeit das Opfer des Lobes (θυσίαν αἰνέσεως) darbringen, nämlich die Frucht der Lippen, die seinen Namen preisen. Vergesst nicht, Gutes zu tun und mit anderen zu teilen (εὐποιΐας καὶ κοινωνίας); denn an solchen Opfern hat Gott Gefallen.“ Nachdem er diesen Gedanken breit entfaltet hat, setzt derselbe Hebräerbrief in seinem Schlussteil aber doch wieder ein doppeltes Opfer der Christen voraus (Hebr 13,15f.): Man könnte sagen, der anamnetische Abschnitt des Eucharistiegebets realisiere das Lobopfer, indem er das Christusereignis danksagend gegenwärtig setzt. Die zweite Art von Opfer: „Gutes tun“ und „mit Anderen teilen“, hat ihren Ort zunächst im Alltag, nimmt aber bei der Feier der Eucharistie in der Gabenbereitung symbolisch Gestalt an (vgl. Kap. 3). Indem die Darbringungsaussage des Hochgebets diesen Zusammenhang in ausdrücklichem Rückbezug auf den Einsetzungsbericht verbal festhält, wird deutlich: Auch dieser Vollzug ist eine Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers, der aus Liebe frei gewählten Selbsthingabe an Gott und den Nächsten - in diesem Fall eine Vergegenwärtigung durch Nachfolge. 93 Vor Gott zu stehen („adstare coram te“) und ihm als Priester zu dienen („ministrare“), bedeutet also, sich dem Priestertum Christi anzugleichen, das in der Selbsthingabe besteht. 94 „Angesichts des Erbarmens Gottes ermahne ich euch, meine Brüder, euch selbst als lebendiges und heiliges Opfer (θυσίαν ζῶσαν ἁγίαν) darzubringen, das Gott gefällt (εὐάρεστον τῷ θεῷ); das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst (τὴν λογικὴν λατρείαν ὑμῶν).“ Von dieser Selbsthingabe als existentieller Haltung spricht Paulus in Röm 12,1: 92 Vgl. z.B. Hebr 9,9-12: „Das ist ein Sinnbild, das auf die gegenwärtige Zeit hinweist; denn es werden Gaben und Opfer dargebracht, die das Gewissen des Opfernden nicht zur Vollkommenheit führen können; es handelt sich nur um Speisen und Getränke und allerlei Waschungen, äußerliche Vorschriften, die bis zu der Zeit einer besseren Ordnung auferlegt worden sind. Christus aber ist gekommen als Hoherpriester der künftigen Güter; und durch das erhabenere und vollkommenere Zelt, das nicht von Menschenhand gemacht, das heißt nicht von dieser Welt ist, ist er ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt.“ 93 Vgl. S CHULZ , Ökumenische Aspekte 16: „Brot und Wein sind nicht bloße Materie, sondern die lebenserhaltenden Gaben Gottes, durch deren Darbringung an Gott und Spende für die Brüder der Mensch sein Leben Gott weiht und Selbstlosigkeit bekundet, um so die Haltung zu verwirklichen, die nicht nur Nachahmung der Abendmahlshandlung des Herrn, sondern zugleich auch Nachfolge in seiner Selbsthingabe bedeutet“ (Hervorhebungen im Original). 94 Vgl. D RISCOLL , Uncovering 355: „The Lord offered himself; the community now gives thanks that it can offer itself together with the Lord.“ Ebd. Anm. 70: „This idea of participation is «hidden», as it were, in the text of this anaphora, which speaks simply of offering the bread and the cup. The bread and the cup are a «sacrament» of this participation (sacraments hide as well as reveal)“. <?page no="110"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 98 Die logike latreia, der logos-gemäße, Christus-gemäße Gottesdienst findet, wie der Kontext bei Paulus deutlich zu erkennen gibt, durchaus nicht nur, ja nicht einmal primär in der Feier der Liturgie statt. Er ereignet sich im gesamten Lebensvollzug - dort, wo Christen ‚sich nicht dieser Welt angleichen‘ (12,2), sondern als Glieder des Leibes Christi in Demut und Liebe einander dienen (12,3-8). In der eucharistischen Liturgie jedoch verdichtet sich diese Haltung zeichenhaft in der Darbringung von Brot und Wein durch die Gläubigen. 95 Der dritte und letzte Abschnitt des Eucharistiegebets ist die zweigeteilte Epiklese, die Bitte um die Herabsendung des Heiligen Geistes auf die dargebrachten Gaben und auf diejenigen, die sie empfangen. Auf diese Weise werden die Gläubigen ‚in eins versammelt‘ („in unum congregans“). Diese Formulierung ist im Licht der paulinischen Eucharistietheologie zu deuten, der zufolge die Teilhabe am eucharistischen Leib Christi die Einheit des ekklesialen Leibes Christi konstituiert. 1 Kor 10,16f.: „Ist der Kelch des Segens, über den wir den Segen sprechen, nicht Teilhabe am Blut Christi? Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot.“ Auch dass es der Geist ist, der den Einzelnen in die Kirche als Leib Christi einfügt und die Einheit dieses Leibes trägt, ist paulinische Theologie (1 Kor 12,12f.27). Zielpunkt der Kommunikantenepiklese im Hochgebet der TA ist die Bestärkung des Glaubens in der Wahrheit („ad confirmationem fidei in veritate“), der letztlich ins Gotteslob mündet („ut te laudemus et glorificemus“). 2.2 Die Hochgebete II, III und IV Ein Vergleich des Hochgebets der TA mit dem auf seiner Grundlage entwickelten Hochgebet II des Missale Romanum 1970 gibt deutlich zu erkennen, welche Vorentscheidungen an die Seite der altkirchlichen Vorgaben treten oder diese auch modifizieren. Gegenüber dem Hochgebet der TA treten in der Prex eucharistica II drei Elemente neu hinzu: das Sanctus, seit dem 4./ 5. Jahrhundert regelmäßiger Bestandteil aller Hochgebetstraditionen, 96 95 Der gedankliche Zusammenhang ist gut zusammengefasst bei M C C ALL , Shape 328: „The eucharistic prayer, then, is an anamnetic action of the Christian community by which the people recall God’s acts of salvific love in the death and resurrection of Jesus Christ and by that anamnesis are authorized (because God is faithful to his acts) and enabled (because Christ’s self-offering is made as the single essential human act) to offer themselves (symbolically through their praise and thanksgiving and their bread and wine) as Christ offered himself. By adopting this radical posture of self-sacrificial openness, they become the place in which the Holy Spirit prays in concrete terms for the continued action of God in the world.“ die Akklamation „Geheimnis des 96 Vgl. S PINKS , Sanctus; T AFT , Interpolation; W INKLER , Sanctus; B RADSHAW - J OHNSON , The Eucharistic Liturgies 111-121. <?page no="111"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 99 Glaubens“, die im Zuge der Liturgiereform nach ostkirchlichem Vorbild in alle römischen Hochgebete eingefügt wurde, 97 sowie ein Block von Fürbitten (Interzessionen), der in den neuen Hochgebeten im Stil der Anaphoren antiochenischen Typs im Schlussteil des Gebets angesiedelt ist. Hochgebet der TA Hochgebet II im MR 1970/ 2002 Einleitungsdialog gratias referimus Christus Retter, Erlöser, Bote a) Schöpfung b) Menschwerdung c) Befreiung dem Leiden ausgeliefert sechs Bilder Verba testamenti memores offerimus petimus a) Gabenepiklese b) Kommunikantenepiklese Doxologie + Amen Einleitungsdialog Präfation (gratias agere) 98 Christus a) Schöpfung Erlöser, Retter b) Menschwerdung c) Befreiung - zwei Bilder Sanctus Gabenepiklese Verba testamenti (Wandlung) Akklamation „Deinen Tod …“ memores offerimus Kommunikantenepiklese Fürbitten (Kirche, Verstorbene, wir alle) Doxologie + Amen Im Canon Romanus verteilen sich die Interzessionen auf zwei Passagen in beiden Hälften des Textes (die Teile Te igitur bis Hanc igitur bzw. Memento etiam und Nobis quoque peccatoribus). Die Interzessionen des Canon Romanus lassen, zumindest in der lateinischen Fassung, deutlicher als die meisten entsprechenden Formulierungen der neuen Hochgebete erkennen, dass es zunächst nicht um Fürbitten geht („offere pro“ im Sinne von ‚zugunsten von‘), sondern um das Beten in Gemeinschaft mit den räumlich nicht anwesenden Gliedern der Kirche („offere pro“ im Sinne von ‚anstelle von‘, d.h. in der Konsequenz ‚in Gemeinschaft mit‘). 99 Einen markanten Unterschied zwischen Hochgebet II und seiner altkirchlichen Vorlage stellt darüber hinaus die Spaltung der ursprünglichen Doppelepiklese dar. Die Gabenepiklese steht nun, verknüpft mit einer Wandlungsbitte, unmittelbar vor dem Einsetzungsbericht, während die Kommunikantenepiklese am alten Ort verbleibt. Diese Umstellung reflektiert einerseits das im Mittelalter fixierte Verständnis der Verba Testamenti als Wandlungsworte. 100 97 Vgl. H EINZ , Anamnetische Gemeindeakklamation 129f. Unter diesen Umständen geht die Gabenepiklese dem Konsekrati- 98 Die nach dem Vorbild der TA gestaltete, an sich feststehende Präfation kann auch durch andere Präfationen ersetzt werden, „vor allem solche[], die das Heilsmysterium zusammenfassend darstellen, wie etwa die allgemeinen Präfationen“ (GORM 365b; vgl. AEM 322b). 99 Dazu ausführlich M ESSNER , Unterschiedliche Konzeptionen des Meßopfers 160-173. 100 Zum theologiegeschichtlichen Hintergrund vgl. G ERKEN , Theologie der Eucharistie 97- 125. Im Blick auf Ambrosius von Mailand, der unter den Kirchenvätern gemeinhin als <?page no="112"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 100 onsmoment sinnvollerweise voraus. Zum anderen handelt es sich ausdrücklich um eine Angleichung an den Canon Romanus, 101 dessen Abschnitt Quam oblationem nach damaligem Reflexionsstand eine präkonsekratorische Epiklese (wenn auch ohne Nennung des Heiligen Geistes) darstellte, sodass die zweigeteilte Epiklese als Ausdruck des „genius Romanus“ - in diesem Fall der alexandrinischen Tradition verwandt - erschien. 102 Tatsächlich jedoch besitzt der Canon Romanus im Supplices te rogamus eine hinsichtlich Stellung und Funktion zum Hochgebet der TA analoge Doppelepiklese, allerdings in der Tat ohne die Erwähnung des Geistes: Im Unterschied zu den gängigen Epiklesen ist hier nicht von der Abwärtsbewegung des Heiligen Geistes die Rede, sondern von der Aufwärtsbewegung zum himmlischen Altar. 103 Nicht nur für die Epiklese, sondern auch für die Darbringungsaussage zeitigt das Verständnis der Verba Testamenti als Wandlungsworte schwerwiegende hermeneutische Konsequenzen, denn gemäß scholastischer Transsubstantiationslehre sind Brot und Wein, die in der Logik des Hochgebets der TA als Ausdruck der Selbsthingabe der Gläubigen fungierten, zum Zeitpunkt der Darbringungsaussage substantialiter gar nicht mehr vorhanden. Insbesondere Hochgebet IV zieht daraus eine deutliche Konsequenz, indem es „seinen Leib und sein Blut“ 104 als Objekt der Darbringung bezeichnet. 105 Auf einer bestimmten, für die Eucharistietheologie seit dem Mittelalter hoch bedeutsamen Verständnisebene kommt unter diesen Voraussetzungen nur Christus selbst als Subjekt der Darbringung in Frage bzw. der Priester, der ‚in persona Christi‘ das Messopfer darbringt. 106 Kronzeuge für ein Verständnis der im Hochgebet zitierten Verba Testamenti als Konsekrationsmoment herangezogen wird, stellt T AFT klar: „Ambrose is not speaking of the words as a ‘formula.’ Not until the 12th century do the scholastics formulate the thesis that the Words of Institution are the essential ‘form of the sacrament’ which alone effect the consecration of the bread and wine.“ Ambrosius „obviously attributes the efficacy of Jesus’ words not to the prayer of the priest, but to the indefectible effectiveness of the Word of God, as is perfectly clear in his De sacramentis IV, 4.14-17“ (Mass without the consecration? 504.505; Hervorhebung im Original). Man wird nicht fehlgehen, hierin eine Wurzel des sakramententheologischen wie liturgie- und frömmigkeitspraktischen Auseinanderfallens von Messopfer und Sakrament der Eucharistie sowie der weitgehenden Trennung der Vollzugsformen von Klerus und Gemeinde im Mittelalter zu erblicken. 101 Vgl. B UGNINI , Liturgiereform 483. 102 Vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia II, 238-242. Die Problematik dieser Sichtweise arbeitet M ESSNER , Einige Probleme 184-189, auf. 103 Vgl. S CHULZ , Ökumenische Aspekte 22f.; M ESSNER , Die Meßreform Martin Luthers 89- 91. 104 Meßbuch 1988, 508. 105 Kritisch dazu M ESSNER , Einige Probleme 197f.; S TUFLESSER , Memoria Passionis 349f.; S ERAPHIM , Messopfer und Eucharistie 303-305. 106 Vgl. M ESSNER , Einige Probleme 196. <?page no="113"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 101 Jedoch sind die Hochgebetstexte selbst, der klassische ebenso wie die neuen, in diesem Punkt wesentlich differenzierter. Die direkt auf die Darbringungsaussage folgende Kommunikantenepiklese von Hochgebet IV lautet: „Respice, Domine, in Hostiam, quam Ecclesiae tuae ipse parasti, et concede benignus omnibus qui ex hoc uno pane participabunt et calice, ut, in unum corpus a Sancto Spiritu congregati, in Christo hostia viva perficiantur, ad laudem gloriae tuae.“ 107 „Sieh her auf die Opfergabe, die du selber deiner Kirche bereitet hast, und gib, daß alle, die Anteil erhalten an dem einen Brot und dem einen Kelch, ein Leib werden im Heiligen Geist, eine lebendige Opfergabe in Christus zum Lob deiner Herrlichkeit.“ 108 Die eucharistische Opfergabe wird von zwei Richtungen her bestimmt: einerseits von der Heilsgeschichte her („die Opfergabe, die du selber deiner Kirche bereitet hast“: die Hingabe des Sohnes), andererseits von der Selbsthingabe der Gläubigen her, die in der Kommunion zum Leib Christi auferbaut und als solcher zur „lebendigen Opfergabe in Christus“ werden. Unverkennbar spielt die Wendung „lebendige Opfergabe“ auf Röm 12,1 an, jene Kernaussage zur Selbsthingabe der Christen, die oben bereits angesprochen wurde. In ähnlicher Weise verfährt Hochgebet III, das Darbringungsaussage und Kommunikantenepiklese gleichsam ineinander verflicht: „Memores igitur, Domine, eiusdem Filii tui salutiferae passionis necnon mirabilis resurrectionis et ascensionis in caelum, sed et praestolantes alterum eius adventum, offerimus tibi, gratias referentes, hoc sacrificium vivum et sanctum. „Darum, gütiger Vater, feiern wir das Gedächtnis deines Sohnes. Wir verkünden sein heilbringendes Leiden, seine glorreiche Auferstehung und Himmelfahrt und erwarten seine Wiederkunft. So bringen wir dir mit Lob und Dank dieses heilige und lebendige Opfer dar. Respice, quaesumus, in oblationem Ecclesiae tuae et, agnoscens Hostiam, cuius voluisti immolatione placari, concede, ut qui Corpore et Sanguine Filii tui reficimur, Spiritu eius Sancto repleti, unum corpus et unus spiritus inveniamur in Christo. Schau gütig auf die Gabe deiner Kirche. Denn sie stellt dir das Lamm vor Augen, das geopfert wurde und uns nach deinem Willen mit dir versöhnt hat. Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus. Ipse nos tibi perficiat munus aeternum, […]“ 109 Er mache uns auf immer zu einer Gabe, die dir wohlgefällt, […]“ 110 In der eigentlichen Darbringungsaussage („memores … offerimus“) evoziert wiederum ein Zitat von Röm 12,1 („dieses heilige und lebendige 111 107 Missale Romanum 2002 (2008), 595. Opfer“) 108 Meßbuch 1988, 508; Hervorhebungen im Original. 109 Missale Romanum 2002 (2008), 587f. 110 Meßbuch 1988, 496; Hervorhebungen im Original. 111 Aus unerfindlichen Gründen vertauscht die deutsche Fassung, anders als die lateinische, die Reihenfolge der Adjektive gegenüber der paulinischen Vorlage. <?page no="114"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 102 die Selbsthingabe der Gläubigen als die logike latreia. Gleichzeitig wird „die Gabe deiner Kirche“ als Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers, der Selbsthingabe Christi, ausgewiesen. 112 Im Anschluss an die Kommunikantenepiklese mit ihrer Bitte um die Einung des Leibes Christi wird der Gedanke, dass der Lebensvollzug der Gläubigen selbst die Opfergabe ist, erneut aufgenommen. Die deutsche Fassung greift dabei durch den hinzugefügten Gliedsatz „die dir wohlgefällt“ nochmals markant auf Röm 12,1 zurück. So wird deutlich, dass auch die neuen Hochgebete an dem Grundverständnis der Darbringungsaussage festhalten, wie es sich anhand des Hochgebets der TA entwickeln ließ. 113 Gleichzeitig vermitteln sie es mit den hermeneutischen Vorgaben, die sich aus dem westkirchlichen Verständnis der Verba Testamenti ergeben. Gerade die Hochgebete III und IV führen so zwei Aussagereihen zu einer theologischen Synthese: Es geht um die Selbsthingabe des Leibes Christi, des Hauptes - in der Vergegenwärtigung seines geschichtlichen Kreuzestodes und der in ihm kulminierenden Pro-Existenz - und der Glieder, die sich dem Haupt in der existentiellen Haltung der Selbsthingabe an Gott und den Nächsten anschließen, einer Haltung, die sich liturgisch in der Gabendarbringung manifestiert. Mit unterschiedlichen Akzentuierungen 114 2.3 Hochgebet I: Der Canon Romanus bewegen sich die neuen Hochgebete im Rahmen des anhand der TA beschriebenen Grundduktus, ergänzt und variiert durch die genannten römischen Spezifika und zusätzlichen Elemente. Auch im Canon Romanus lässt sich die vom Hochgebet der TA her bekannte Struktur nachweisen, obwohl sie hinter den markanten Eigenheiten dieses Gebetes, das zudem das Ergebnis einer komplexen Textgeschichte darstellt, 115 112 S TUFLESSER , Memoria Passionis 341, weist zu Recht darauf hin, dass die die lateinische Vorlage erweiternde deutsche Formulierung „sie stellt dir das Lamm vor Augen“ theologisch besonders gut gelungen ist. Im Blick auf den gesamten Passus äußert sich Stuflesser ebd. 340-342 jedoch kritisch. auf den ersten Blick stark zurücktritt. 113 Das Konzil hatte in SC 48 betont: Die Christen „sollen Gott danksagen und die unbefleckte Opfergabe darbringen nicht nur durch die Hände des Priesters, sondern auch gemeinsam mit ihm und dadurch sich selber darbringen lernen. So sollen sie durch Christus, den Mittler, von Tag zu Tag zu immer vollerer Einheit mit Gott und untereinander gelangen, damit schließlich Gott alles in allem sei.“ Die zitierten Passagen der Hochgebete III und IV setzen dieses Programm gleichsam in Gebetssprache um. 114 Hochgebet III weiß sich in der Tradition des Canon Romanus besonders dem Opfergedanken verpflichtet. Hochgebet IV ist nach orientalischem Vorbild gestaltet und zeichnet sich durch eine weit gespannte, in der feststehenden Präfation mit einem Schöpfungslob beginnende und das ausgedehnte Postsanctus einschließende, die gesamte Heilsgeschichte umfassende Anamnese aus. 115 Vgl. dazu z.B. E IZENHÖFER , Te igitur und Communicantes; G AMBER , Zur Textgeschichte; S PINKS , The Roman Canon Missae 131-137. <?page no="115"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 103 Hochgebet der TA Hochgebet I (Canon Romanus) Einleitungsdialog gratias referimus Christus Retter, Erlöser, Bote a) Schöpfung b) Menschwerdung c) Befreiung dem Leiden ausgeliefert sechs Bilder Verba testamenti memores offerimus petimus a) Gabenepiklese b) Kommunikantenepiklese Doxologie + Amen Einleitungsdialog Präfation (gratias agere) Sanctus Bitte um Annahme der Gaben [Te igitur] Gedächtnis der Lebenden [Memento Domine] Gemeinschaft m. d. Heiligen (Liste) [Communicantes] Bitte um Annahme der Gaben [Hanc igitur] Bitte um Wandlung der Gaben [Quam oblationem] Verba testamenti [Qui pridie] memores offerimus [Unde et memores] Bitte um Annahme der Gaben [Supra quae] rogamus [Supplices] a) Gabenepiklese b) Kommunikantenepiklese Gedächtnis der Verstorbenen [Memento etiam] Gemeinschaft mit den Heiligen (Liste) [Nobis quoque] Doxologie + Amen Zu den Spezifika des Canon Romanus, verglichen mit anderen klassischen Anaphoren zumal orientalischer Provenienz, gehören: 116 ‣ Der anamnetische Abschnitt ist kein feststehender Bestandteil des Textcorpus, sondern wechselt kirchenjahreszeitlich bzw. anlassbezogen. Die damit einhergehende signifikante Verkürzung dieses Abschnitts, verbunden mit der durch das Sanctus als die in der lateinischen Tradition einzige Akklamation bedingten Zäsur, führte im liturgischen Bewusstsein, in der Buchpraxis (Kanonbild) und in der theologischen Reflexion zur Abspaltung der Präfation vom ‚eigentlichen‘ Canon. Demgegenüber betont das gegenwärtige Messbuch sachgerecht, dass die Präfation selbstverständlich integraler Bestandteil des Hochgebets ist. 117 ‣ Der Opfergedanke erhält insbesondere durch die wiederholten Opferannahmebitten einen besonderen Akzent. Dabei kann, wie im Supra quae, sowohl auf vorchristliche römische Sakralsprache („propitio ac sereno vultu respicere“) Der Einsatz wechselnder Präfationen wurde auch für Hochgebet III sowie fakultativ für Hochgebet II übernommen. 118 als auch auf die Opfer des Ersten Bundes (Abel, Abraham, Melchisedech) 119 116 Das Fehlen einer ausdrücklichen Geist-Epiklese, deren Funktion jedoch durch das Supplices abgedeckt wird, sowie das Vorhandensein zweier Blöcke von Interzessionen wurden bereits genannt. positiv zurückgegriffen werden. Inhaltlich beziehen sich 117 Vgl. AEM 55.108 bzw. GORM 79.148. 118 Missale Romanum 2002 (2008), 577. 119 Die damit aufgerufenen alttestamentlichen Erzählungen fungieren zugleich als christologische Typoi. <?page no="116"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 104 die Opferaussagen, wie Reinhard Meßner gezeigt hat, 120 zunächst auf die aus Hebr 13,15f. bekannten Opfer des Christen, das Lobopfer („sacrificium laudis“) 121 und die in Brot und Wein symbolisierte Selbsthingabe 122 „Diese Liturgie beruht auf der durchlittenen Passion eines Menschen, der freilich mit seinem Ich in das Mysterium des lebendigen Gottes selbst hineinreicht - ‚Sohn‘ ist. So kann sie nie bloße actio liturgica sein. Ihre Herkunft trägt ihre Zukunft auch in dem Sinn in sich, daß Stellvertretung die Vertretenen in sich aufnimmt, ihnen nicht äußerlich bleibt, sondern sie selber formt. Die Gleichzeitigkeit mit dem Pascha Christi, die sich in der Liturgie der Kirche ereignet, ist ja auch eine anthropologische Realität. Die Feier ist nicht nur Ritus, nicht nur liturgisches ‚Spiel‘, sie will ja logike latreia sein, ‚Logisierung‘ meiner Existenz, die innere Gleichzeitigkeit zwischen mir und der Hingabe Christi. […] Die Liturgie verweist in der Tat auf den Alltag, auf mich in meiner persönlichen Existenz. Sie zielt, wie noch einmal Paulus in dem erwähnten Text sagt, darauf hin, daß ‚unsere Leiber‘ (das heißt unsere leibhaftige irdische Existenz) ‚lebendiges Opfer‘ werden, geeint dem ‚Opfer‘ Christi (Röm 12,1). Nur so erklärt sich die Dringlichkeit der Annahmebitten […] Eine Theologie, die die jetzt bedachten Zusammenhänge nicht sieht, kann das nur als widersprüchlich oder als Rückfall ins Vorchristliche ansehen, denn Christi Opfer ist ja längst angenommen. Ja, aber es ist als Stellvertretung nicht zu Ende. Das Semel (einmal) will sein Semper (immer) erreichen. Dieses Opfer ist erst ganz, wenn die Welt Raum der Liebe geworden ist […] Darum beten wir in den Annahmebitten, daß Stellvertretung Wirklichkeit werde und uns ergreife. […]“ , erhalten aber, speziell im zweiten Teil des Gebets, durch die konsekratorische Hermeneutik der Verba Testamenti zusätzliche christologische Sinndimensionen. Sie können als besondere Entfaltung der Darbringungsaussage verstanden werden. Auch hier gilt, was oben zu den neuen Hochgebeten gesagt wurde: Recht verstanden besteht zwischen beiden Ebenen kein Widerspruch; vielmehr konvergieren die Verständnisse in der Selbsthingabe des Leibes Christi. 123 - Es geht „darum, daß wir uns in dieses Sein ‚für‘ aufnehmen lassen […].“ 124 ‣ Die besondere Deutung der Verba Testamenti in der Tradition der lateinischen Kirche mag bereits die Ausbildung der vielfach beschriebenen symmetrischen Strukturen im textus receptus des Canon Romanus 125 120 Vgl. M ESSNER , Unterschiedliche Konzeptionen des Meßopfers 128-160. begünstigt haben. Dennoch wird eine auf den ‚Wandlungsmoment‘ fixierte Interpretation - eine Verkürzung, der die scholastische Sakramententheologie nicht immer entgangen ist und die auch die eucharistische Frömmigkeit seit dem Hochmittelalter stark geprägt hat - dem Gebet nicht gerecht. „Das Ziel der Eucharistie […] ist unsere eigene Umwandlung, so daß wir mit Christus 121 So ausdrücklich im Memento Domine: Missale Romanum 2002 (2008), 572. 122 Will möglicherweise die Wendung „hostiam sanctam“ (ebd. 576) in der Darbringungsaussage (Unde et memores) auf Röm 12,1 anspielen? 123 R ATZINGER , Geist der Liturgie 51. 124 Ebd. 52. 125 Vgl. z.B. S CHUMACHER , Feier der Eucharistie 76-78. <?page no="117"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 105 ‚ein Leib und ein Geist‘ werden (1 Kor 6,17).“ 126 Entsprechend weist Meßner die im Supplices te rogamus erbetene eschatologische Kommuniongemeinschaft am himmlischen Altar als den inneren Zielpunkt des Canon Romanus aus. 127 - Dass eine Fixierung auf die ‚Konsekrationsformel‘ nicht angemessen ist, zeigt nicht zuletzt die im Jahr 2001 durch die Glaubenskongregation formulierte Anerkennung der ostsyrischen Anaphora von Addai und Mari, „die man seit undenklichen Zeiten ohne den Einsetzungsbericht verwendet“ 128 . Wenn auch diese Entscheidung konkret im Blick auf die pastorale Situation unierter Ostsyrer getroffen wurde, ist sie dennoch „für Verständnis und Vollzug der Eucharistie in den anderen Kirchen anregend. Das Gebet ruft in Erinnerung, dass die Einsetzungsworte aus theologischen und liturgiedramaturgischen Gründen nicht verabsolutiert und vor allem nicht aus dem Kontext des Eucharistiegebetes isoliert werden dürfen“, welches „als Ganzes Konsekrationsgebet“ 129 2.4 Zwischenergebnis ist. Zusammenfassend lässt sich das Eucharistiegebet als Entfaltung paulinischer Theologumena beschreiben. 130 Die anamnetischen Teile des Hochgebets vergegenwärtigen lobpreisend und danksagend die Heilsgeschichte mit deutlich christologischem Fokus. Dies gilt nicht nur für das Hochgebet der TA, sondern auch für die gegenwärtig verwendeten Hochgebete, namentlich für die anamnetische Formel der Darbringungsaussage, für die feststehenden anamnetischen Teile von Hochgebet II (Präfation) und IV (Präfation und Postsanctus), aber auch für die wechselnden Präfationen zu den Hochgebeten I und III 131 . Dabei wird nicht nur „des heilschaffenden Handelns Gottes in der Vergangenheit (vor allem der Mysterien des Todes und der Auferstehung Christi)“ gedacht, sondern „zuweilen auch, theologisch hochbedeutsam, der noch ausständigen, eschatologischen Vollendung: die Zukunft wird in die Gegenwart der Liturgiefeier hereingeholt, der Gottesdienst wird zum locus eschatologicus“. 132 126 R ATZINGER , Geist der Liturgie 75. Vgl. dazu unten S. 114f. Dies geschieht ausdrücklich etwa in den anamnetischen Wendungen der Darbringungsaussagen der Hochgebete III und IV, die auch auf die Parusie Bezug nehmen, sowie in der Akklamation „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir“. Damit wird markiert, dass sich die eucharistische Anamnese nicht nur rückwärts auf den Abendmahlssaal und das in ihm symbolisch 127 Vgl. M ESSNER , Unterschiedliche Konzeptionen des Meßopfers 157f. 128 Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen, Richtlinien für die Zulassung zur Eucharistie zwischen der chaldäischen Kirche und der assyrischen Kirche des Orients (20.07.2001), in: L’Osservatore Romano 47/ 2001, 9. 129 H AUNERLAND , Das eine Herrenmahl 122f. 130 Zum Zusammenhang zwischen dem paulinischen Herrenmahl und den Hochgebeten der durch die Anaphora der TA (und die heutigen Preces eucharisticae) vertretenen Traditionslinie vgl. M ESSNER , Grundlinien 18-22. 131 Vgl. Missale Romanum 2002 (2008), 518-567; Meßbuch 1988, 354-461. 132 M ESSNER , Einige Probleme 192. <?page no="118"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 106 vorweggenommene Passionsgeschehen erstreckt, sondern auch nach vorne auf das eschatologische Festmahl ausgreift. Diese dreipolige Zeitstruktur ist bereits in der Formulierung angelegt, die Paulus unmittelbar an seinen Einsetzungsbericht anschließt. 133 1 Kor 11,26: „Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt [Gegenwart], verkündet ihr den Tod des Herrn [Vergangenheit], bis er kommt [Zukunft].“ Das klassische Adjektiv „memores“ der Darbringungsaussage bündelt die vorangegangene Christusanamnese als Wortvollzug und lässt sie in die einen Handlungsvollzug reflektierende Formulierung „offerimus“ münden: „dieses Gedenken besteht konkret im gottesdienstlichen »Tun« (ποιεῖν), welches in der Darbringung besteht (offerre in - typisch christlicher - kultischer Bedeutung als Übersetzung des griechischen προσφέρειν): Die Kirche bringt das ihr eigene Opfer dar, nicht ein blutiges Opfer, das Versöhnung schafft, sondern - als Konsequenz des einzigen versöhnenden Opfers Christi am Kreuz - die λογικὴ θυσία, das geistgewirkte Opfer des Gebets und des Lobpreises (das »reine Opfer« der Endzeit in Mal 1,11) und der in den Gaben Brot und Wein symbolisierten eigenen Lebenshingabe (Darbringung von Brot und Kelch).“ 134 Diese Lebenshingabe, die sich im Alltag bewähren muss - wovon Paulus in Röm 12,1 spricht -, geht ein in die Selbsthingabe Christi, die insofern nicht nur in der Danksagung, sondern auch durch die Darbringung vergegenwärtigt wird. So erweist sich die eucharistische Liturgie beispielhaft als „Vollzug des Priesteramtes Jesu Christi“, in dem „vom mystischen Leib Jesu Christi, d. h. dem Haupt und den Gliedern, der gesamte öffentliche Kult vollzogen“ wird (SC 7). Dabei fällt die anabatische, auf Gott und - im Sinne des Doppelgebots der Liebe - den Nächsten bezogene Bewegung mit der katabatischen zusammen, durch die „die Heiligung des Menschen bezeichnet und […] bewirkt“ wird (ebd.): Die feiernde Gemeinde ist Zeitgenossin der Heilsgeschichte, tritt in die Geschichte als Raum der Gottesbegegnung ein. Wenn in der eucharistischen Darbringung der ganze Leib Christi, das Haupt und die Glieder, handelt, so ist die Einheit des ekklesialen Leibes 133 Vgl. dazu M ESSNER , Die Kirche an der Wende zum neuen Äon 224f.: „Die Kirche steht also zwischen den Zeiten der antizipatorischen Vollendung der Geschichte in Christus - der historischen Zeit seines Todes - und der öffentlichen Manifestation der Zeitenfülle durch seine Parusie. Das Gedenken (anamnesis: 1 Kor 11,25) besteht also aus Vergangenheits- und Zukunftsanamnese. Es ist jedoch für das rechte Verständnis der eucharistischen Anamnese sehr zu beachten, daß Paulus nicht einfach meint, daß das Herrenmahl im (geschichtlichen) Interim zwischen Tod Jesu und seiner Wiederkunft stattfindet, sondern daß sie letztere symbolisch antizipiert. […] Sie gedenkt des Ursprungsereignisses, der zukünftigen Weltvollendung, indem sie des Todes Christi gedenkt, durch den die Welt schon im Modus der Antizipation vollendet ist.“ 134 M ESSNER , Einige Probleme 192. Zur Theologie der Darbringungsaussage vgl. ferner zusammenfassend B UDDE , Darbringung. <?page no="119"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses im eucharistischen Hochgebet 107 Christi vom Geist getragen (1 Kor 12) und wird in der Teilhabe am eucharistischen Leib je neu konstituiert (1 Kor 10,16f.). Insofern konvergieren Gaben- und Kommunikantenepiklese in ihrer Ausrichtung auf das doppelte Wandlungsgeschehen, das die eucharistische Liturgie als Handeln des Leibes Christi ausweist. Dass die Kommunikantenepiklese, häufig verbunden mit der ausdrücklichen Bitte um die Einheit des Leibes, 135 erst nach der Darbringungsaussage folgt, steht zu dieser Deutung insofern nicht im Widerspruch, als die Kommunion die besonders dichte Darstellung und Realisierung des Leibes Christi ist, dem die Gläubigen bereits durch die Taufe eingegliedert wurden (1 Kor 12,13). So ist bereits die Gabendarbringung, auch in der dem Eucharistiegebet vorausgehenden rituellen Form, Handeln des Leibes Christi, Sich-Hineingeben in die Selbsthingabe Christi. 136 Wie die Gabenbereitung die Vergegenwärtigung der Selbsthingabe - im Hochgebet in Form der Darbringungsaussage und der Annahmebitten formuliert - in der Handlungsdimension verdeutlicht, 137 so erfolgt dies für die Aktualisierung des ekklesialen Leibes Christi durch die Teilhabe am eucharistischen Leib Christi - im Hochgebet insbesondere vertreten durch die Kommunikantenepiklese, aber auch durch die „die ökumenische Darbringungsgemeinschaft“ 138 zum Ausdruck bringenden Passagen vor allem des Canon Romanus 139 135 Vgl. dazu T HALER , Epiklese 195f. - in Gestalt der Kommunionriten. So erfährt die doppelte Dynamik des Leib-Christi-Gedankens im eucharistischen Hochgebet durch die rahmenden Riten der Gabenbereitung und der Kommunion eine Darstellung und Vertiefung. Diesem Zusammenhang ist im Folgenden nachzugehen. 136 Vgl. K UNZLER , Gabenbereitung oder Opferung? 102: „Das Bereitstellen dieser Gaben, auch im liturgischen Vollzug durch die Gläubigen selbst, zeigt die Bereitschaft der Menschen an, in diese Opferbewegung Christi einzutreten.“ 137 Vgl. J UNGMANN , Gebete zur Gabenbereitung 195: „Wenn weder innerhalb des Kanons noch bei der Gabenbereitung eine entsprechende Entfaltung [des Motivs der Selbsthingabe der Gläubigen; ergänzt A.Z.] geschieht, besteht die Gefahr, daß das Opfer Christi in der Luft schwebt: es wird gegenwärtiggesetzt und verehrt, seine Frucht wird empfangen, aber seine fordernde Kraft, sein Aufruf zur Nachfolge auf dem Kreuzwege, auf dem Wege der Selbstverleugnung und des ‚Opfers‘, bleibt unausgesprochen.“ 138 M ESSNER , Unterschiedliche Konzeptionen des Meßopfers 166. 139 Vgl. aber auch die auf die ekklesiale Einheit zielenden Interzessionen der Prex eucharistica pro variis necessitatibus: Missale Romanum 2002 (2008), 690.695.700.705. <?page no="120"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 108 3. Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses in den das Eucharistiegebet rahmenden Riten von Gabenbereitung und Kommunion Zur Gabenbereitung regelt die Grundordnung des Römischen Messbuchs (GORM 73): Nach der Bereitung des Altars „bringt man die Opfergaben zum Altar. Angemessenerweise werden Brot und Wein von den Gläubigen dargereicht, vom Priester aber oder von einem Diakon an einem geeigneten Ort entgegengenommen, um zum Altar gebracht zu werden. Wenn auch die Gläubigen das Brot und den Wein, die für die Liturgie bestimmt sind, nicht mehr wie früher selbst mitbringen, behält der Ritus, sie nach vorne zu tragen, doch Aussagekraft und geistliche Bedeutung. Auch Geld oder andere Gaben, die von den Gläubigen für die Armen oder für die Kirche gespendet beziehungsweise in der Kirche eingesammelt werden, sind willkommen. Deshalb werden sie an einem geeigneten Ort niedergelegt, nicht jedoch auf dem Tisch der Eucharistie.“ 140 Unmissverständlich wird markiert, dass es bei der Gabenbereitung um mehr geht als um die rein pragmatische Schaffung der Voraussetzungen für den Fortgang der liturgischen Handlung. Vielmehr wird das Nach-vorne-Tragen von Brot und Wein durch die Gläubigen seinerseits als Ritus mit „Aussagekraft und geistliche[r] Bedeutung“ bezeichnet. Worin diese Bedeutung besteht, wird nicht expliziert; jedoch gibt der Text einen methodischen Hinweis, wie die Frage anzugehen sei, indem er suggeriert, die Handlung habe früher größere Evidenz besessen, als die Gläubigen Brot und Wein noch von zuhause mitbrachten. Diese Bemerkung verlangt nach einem liturgiehistorischen Zugriff, der freilich in der vorliegenden Arbeit nur oberflächlich angerissen werden kann. Das älteste Zeugnis für eine Eucharistiefeier nach dem Mess-Typ, also ohne Sättigungsmahl und mit der Verbindung von Wortgottesdienst und ritualisierter Mahlhandlung, liegt in der ersten Apologie Justin des Märtyrers vor, die dieser um das Jahr 150 an Kaiser Antoninus Pius richtete. Nachdem er die einzelnen Elemente der sonntäglichen Liturgie (Lesungen, Predigt, [Fürbitt-] Gebet, Gabenbereitung, Eucharistiegebet, Kommunion) der Reihe nach dargelegt hat, 141 Οἱ εὐποροῦντες δὲ καὶ βουλόμενοι κατὰ προαίρεσιν ἕκαστος τὴν ἑαυτοῦ, ὃ βούλεται, δίδωσι, καὶ τὸ συλλεγόμενον παρὰ τῷ προεστῶτι ἀποτίθεται· καὶ αὐτὸς ἐπικουρεῖ ὀρφανοῖς τε καὶ χήραις, καὶ τοῖς fügt Justin noch etwas an, was ihm offenkundig wichtig ist: „Die Wohlhabenden und die wollen, geben jeder nach seinem Dafürhalten, was er will, und das Eingesammelte wird beim Vorsteher hinterlegt, und dieser sorgt (damit) für die Waisen und Witwen und für die, welche wegen Krankheit oder aus einem ande- 140 Vgl. AEM 49. 141 1,67,3-5 (PTS 38,129 Marcovich). <?page no="121"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses in Gabenbereitung und Kommunion 109 διὰ νόσον ἢ δι᾽ ἄλλην αἰτίαν λειπομένοις, καὶ τοῖς ἐν δεσμοῖς οὖσι, καὶ τοῖς παρεπιδήμοις οὖσι ξένοις· καὶ ἁπλῶς πᾶσι τοῖς ἐν χρείᾳ οὖσι κηδεμὼν γίνεται. 142 ren Grund Not leiden, und für die, welche in Fesseln sind, und für die in der Fremde weilenden Gäste; kurz gesagt, er wird zum Fürsorger für alle, die in Not sind.“ 143 Zur sonntäglichen Eucharistiefeier gehört demnach eine Gabenspende für die Bedürftigen. Dass diese bereits ein ritueller Bestandteil der Liturgie selbst wäre, ist bei Justin nicht erkennbar, 144 doch scheint sie unlösbar mit ihr verbunden zu sein. Ganz im Sinne von Jesu Doppelgebot der Liebe, das Gottes- und Nächstenliebe aneinander bindet und letztere zum Prüfstein für erstere macht, hebt Justin den substantiellen Zusammenhang von Liturgie und Diakonie hervor. 145 Spätere Quellen zeigen dann, wie diese Spende von Naturalgaben, von Brot und Wein, anfangs aber auch anderer Lebensmittel, 146 in den liturgischen Vollzug integriert wird. Schon bei Justin ist zu vermuten, dass das Brot und der Wein für die Eucharistiefeier von den mitgebrachten und im Vorfeld der Feier hinterlegten Gaben genommen wurden. 147 Nun wird das Abgeben oder Einsammeln der Gaben (Letzteres für Rom bezeugt durch Ordo Romanus I) 148 in den Ablauf des Gottesdienstes eingebaut und etwa in Form der Gabenprozession (so vor allem im gallisch-fränkischen Bereich) mit der Bereitung des Altars verknüpft. 149 Zum Verständnis dieses Vorgangs ist nicht nur die doppelte Zielbestimmung der Gaben wichtig - ein Teil für die Liturgie, ein Teil für die Caritas -, sondern auch die Expressivität der Handlung selbst: Mit der aus Eigenem bereiteten, möglicherweise selbst hergestellten Gabe bringt jede und jeder Einzelne letztlich sich selbst Gott und dem Nächsten dar. Die liturgische Handlung verdichtet also symbolisch den Lebensvollzug des Christen in der 142 1,67,6f. (ebd. 130). 143 Übersetzung aus M EYER , Eucharistie 102. 144 Auch, wann die Kollekte „im Verlauf der sonntäglichen Versammlung erfolgt, sagt Justin nicht ausdrücklich“ (J ILEK , Zur Gestalt der „Gabenbereitung“ 290). Auf jeden Fall ist der Vorgang vom Ablauf her von der Bereitstellung der für die Eucharistiefeier benötigten Gaben auf dem Altar zu unterscheiden (1,67,5). 145 Vgl. J ILEK , Brotbrechen 11f.23f. 146 Dass - regional unterschiedlich - auch andere Naturalgaben gebracht werden konnten, lässt sich etwa aus abgrenzenden Klarstellungen durch Synodenbeschlüsse (z.B. Hippo 393; dazu J UNGMANN , Missarum Sollemnia II, 14) ableiten, die in offenkundiger Verkennung bzw. Unkenntnis des ursprünglich diakonalen Zwecks die Darbringung anderer Gaben als Brot und Wein (mit Wasser) ausschließen. Auch bestimmte Relikte in der mittelalterlichen römischen Liturgie (bei der Bischofsweihe und bei der Papstmesse anlässlich einer Heiligsprechung; vgl. dazu J UNGMANN , Missarum Sollemnia II, 18f.) könnten in diese Richtung deuten. Zu den in TA 5f. genannten oblationes von Öl, Käse und Oliven vgl. S EELIGER , Käse beim eucharistischen Mahl. 147 Anders L ÖHR , Abendmahl und Ethik 17: „Nach der Austeilung der Elemente aber findet offenbar eine (Geld-? )Sammlung für diakonische Zwecke statt“ (Hervorhebung A.Z.). 148 Andrieu 2,90f. 149 Zu den Quellen vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia II, 1-14. <?page no="122"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 110 Nachfolge Jesu - jenen logos-gemäßen Gottesdienst (λογικὴ λατρεία) nach Röm 12,1, von dem bereits im Zusammenhang der Darbringungsaussage des eucharistischen Hochgebets die Rede war. Freilich wird jenes ursprüngliche Verständnis der Gabenoblation schon früh durch problematische 150 Opfervorstellungen überlagert - etwa wenn im Jahr 585 das gallische Konzil von Mâcon die Verpflichtung aller Teilnehmer, Brot und Wein zu den Altären zu bringen, damit begründet, dass „sie durch diese Opferungen von der Last ihrer Sünden frei“ seien. 151 Auch mit der Ersetzung der Naturalgaben durch eine Geldspende, die dann in Form des Messstipendiums wieder vom liturgischen Vollzug gelöst wird, verbinden sich im Mittelalter zahlreiche fragwürdige Annahmen. 152 Die Liturgiereform war erkennbar bemüht, die Symbolik der Gabenbereitung als Ausdruck der Selbsthingabe wieder zu stärken. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Neugestaltung der begleitenden Gebetstexte. Aus dem so genannten ‚kleinen Kanon‘ von Offertoriumsgebeten, der den Vollzug im tridentinischen Messbuch flankiert und dabei bereits viele Motive des Hochgebetes vorweggenommen hatte, 153 wurde nur ein Gebet im Wortlaut beibehalten. Es handelt sich dabei um das vom Priester vor Altarinzens und Hände- Händewaschung still gesprochene Gebet In spiritu humilitatis, das auf dem Gebet Asarjas (Dan 3,39f.) beruht: 154 „In spiritu humilitatis et in animo contrito suscipiamur a te, Domine; et sic fiat sacrificium nostrum in conspectu tuo hodie, ut placeat tibi, Domine Deus.“ 155 „Herr, wir kommen zu dir mit reumütigem Herzen und mit demütigem Sinn. Nimm uns an und gib, daß unser Opfer dir gefalle.“ 156 In diesem Gebet kommt der Gedanke der Selbstdarbringung - vom Priester stellvertretend für alle formuliert - klar zum Ausdruck. 157 150 Problematisch sind diese Vorstellungen, insofern sie den Charakter der Messe einseitig verschieben weg von einem Dank (auf der Handlungsebene korrelierend mit der Darbringung), weil Gott heilbringend an uns handelt, hin zu einer Bitte (auf der Handlungsebene korrelierend mit der Darbringung), damit - in der Diktion des späteren Mittelalters - die durch die Messe erworbenen Gnadenfrüchte einem bestimmten Anliegen zugutekommen. Bemerkenswert 151 Can. 4 (CChr.SL 148A,240f. De Clercq): „Propterea decernimus, ut omnibus Dominicis diebus aris oblatio ab omnibus viris vel mulieribus offeratur tam panis quam vini, ut per has immolationes et peccatorum suorum fascibus careant […].“ 152 Vgl. dazu H ÄUSSLING , Mönchskonvent und Eucharistiefeier 243-255; A NGENENDT , Missa specialis; M ESSNER , Unterschiedliche Konzeptionen des Meßopfers 175-177. 153 Vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia II, 51-88.121f.; K UNZLER , Gabenbereitung oder Opferung? 99-101. 154 Vgl. S TOCK , Gabenbereitung 42-44. 155 Missale Romanum 2002 (2008), 515. 156 Meßbuch 1988, 346. 157 J UNGMANN , Messe im Gottesvolk 66: Die Formel „ist unverändert beibehalten worden, wohl deswegen, weil sie den Sinn aller äußeren Darbringung, der im sacrificium invisibile des Herzens liegt, treffend zum Ausdruck bringt.“ <?page no="123"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses in Gabenbereitung und Kommunion 111 sind ferner die neu geschaffenen Lobsprüche über das Brot und den Wein 158 - nicht nur, weil sie sich an den Stil der jüdischen Berakah anlehnen, sondern weil sie die Gaben zugleich als Schöpfungsgeschenk („Frucht der Erde“/ „Frucht des Weinstocks“) und als Produkt „der menschlichen Arbeit“ qualifizieren. Was hier auf dem Altar liegt, ist also einerseits ein Stück Schöpfung, 159 Die hier greifbare Sinndimension ist offenkundig auch in der Grundordnung mit der vagen Bezugnahme auf die nicht näher benannte „geistliche Bedeutung“ gemeint. Es liegt auf der Hand, dass sie danach verlangt, im äußeren Vollzug der Handlung erfahrbar zu werden. Ebenso deutlich ist aber, dass der durchschnittliche reale Vollzug keineswegs geeignet ist, diese Evidenz tatsächlich zu gewährleisten. das darauf wartet, als Neuschöpfung offenbar zu werden, andererseits aber auch Resultat menschlicher Mühe und damit Ausdruck des Menschen selbst. 160 Im deutschen Sprachgebiet ist der Gottesdienstteilnehmer während der Gabenbereitung üblicherweise ins Gesangbuch vertieft. Sofern er überhaupt wahrnimmt, dass inzwischen Ministranten die Gaben von der im Chorraum aufgestellten Kredenz zum Altar bringen, wird er kaum auf den Gedanken kommen, dass dieses Geschehen etwas mit ihm zu tun hat - oder auch mit dem Geldstück, das er gedankenverloren zu einer ihm in den meisten Fällen nicht bekannten Bestimmung in den Klingelbeutel geworfen hat. Dass dieser wiederum sang- und klanglos in der Sakristei verschwindet, gibt keinerlei Hinweis auf die innere Beziehung zwischen der in ihm enthaltenen Gabe und jener auf dem Altar. Sollen die Gläubigen das Heilige, das in dieser Zeichenhandlung zum Ausdruck kommen will, wirklich leichter erfassen können, wie das Konzil es wünscht, 161 Insofern es die existentielle Haltung des Christen in der Nachfolge Jesu ist, die in der Gabenbereitung symbolisch-rituell zum Ausdruck kommt, geht die Frage fehl, ob hier nicht ein irgendwie geartetes Opfer der Christen in theologisch unangemessener Weise neben das eine, sakramental vergegenwärtigte Opfer Christi trete. Wenn die Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers, der aus Liebe frei gewählten Selbsthingabe an Gott und den Nächsten, in der Messe so dürften Brot und Wein nicht von den liturgischen Diensten, sondern müssten von ‚normalen‘ Teilnehmern aus dem Kirchenschiff heraus nach vorne gebracht werden, und zwar am besten zusammen mit der Kollekte. Da diese die von zuhause mitgebrachte und für die Bedürftigen bestimmte Gabenspende vertritt, die in wesenhaftem Zusammenhang mit den eucharistischen Gaben steht, sollte sie an einem gut sichtbaren Ort im Altarraum abgelegt werden. Ihr Bestimmungszweck sollte stets wirklich diakonal und der Gemeinde möglichst konkret bekannt sein. 158 Vgl. Missale Romanum 2002 (2008), 514f.; Meßbuch 1988, 344f. 159 Diesen kosmischen Bezug stellt auch die Formulierung „de tuis donis ac datis“ im Unde et memores des Canon Romanus heraus (Missale Romanum 2002 [2008], 576). 160 Eine wesentlich auf die Kriterien für einen sachgerechten und sinnenfälligen Vollzug abzielende Erörterung der Gabenbereitung bietet J ILEK , Brotbrechen 135-170. 161 Vgl. SC 21. <?page no="124"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 112 sich nicht nur via Gebetsanamnese vollzieht, also in lobpreisend-danksagender Eröffnung der Heilsgeschichte als Gegenwartsraum, in den die Gemeinde als Zeitgenossin eintritt - so real, dass die personale Begegnung mit Christus, dem erhöhten Herrn, möglich wird -, sondern auch durch die Selbsthingabe der Gläubigen, die sich der Selbsthingabe Christi anverwandelt - dann lässt sich dieser Aspekt des Opfercharakters der Messe ebenso wenig punktuell auf die Darbringungsaussage des Hochgebets fixieren wie jener auf die Verba Testamenti. Ebenso wie das ganze Hochgebet Konsekrationsgebet ist, innerhalb dessen die abendländische Tradition die Rezitation der Einsetzungsworte als besonders wirkmächtige Zusage der Heilsgegenwart zu verstehen gelernt hat, ist nicht nur das ganze Hochgebet, ja nicht nur die ganze Messe, sondern das ganze christliche Leben Darbringung im Sinne der Selbsthingabe, die sich dem Opfer Christi anschließt (Kreuzesnachfolge). Der rituelle Vollzug der Gabenbereitung und der Gebetsvollzug der Darbringungsaussage sind demnach zwei aufeinander bezogene realsymbolische Ausdrucksformen, in denen die Gliedschaft am Leib Christi, das Handeln als Glieder des Leibes Christi, Gestalt gewinnt. Natürlich gipfelt die liturgische Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers im Eucharistiegebet und speziell in seinem Zentrum: im Einsetzungsbericht und der darauf bezogenen Darbringungsaussage. In analoger Weise gipfelt die Realisierung des Leibes Christi in der Kommunion, findet der ekklesiale Leib Christi in ihr seine dichteste Darstellung. Das heißt aber nicht, dass die Gläubigen nicht schon vorher kraft ihrer Taufe Glieder des Leibes Christi wären, und ebenso wenig, dass die Selbsthingabe als Teilhabe an der Selbsthingabe Christi nicht schon vor der ‚sakramentalen‘ Darbringung möglich wäre. 162 Im Blick auf die katabatisch-anabatische Struktur christlichen Gottesdienstes verdeutlicht die Gabenbereitung äußerlich betrachtet zunächst die anabatische Bewegung. Jedoch ist diese von einer katabatischen Bewegung unterfangen: Die Selbsthingabe der Gläubigen ist durch die Selbsthingabe Christi ermöglicht. Dies wird exemplarisch deutlich in jenen Gabengebeten, die auf die Konsekration der Gaben vorausverweisen, die - dem profanen Gebrauch entzogen - „aufhören, in der dem Geschöpf zukommenden Weise einfach in sich selbst zu stehen und […] statt dessen zu reinen Zeichen Seiner Anwesenheit unter uns werden“ Diese ist vielmehr deren intensivster Ausdruck. 163 . Als Beispiel mag das Gabengebet der Weihnachtsmesse am Tage dienen. 164 162 Insofern erscheint die Formulierung von J UNGMANN , Messe im Gottesvolk 65, zu einseitig auf die Darbringungsaussage des Hochgebets fixiert: „Sosehr es wahr bleibt, daß das Opfer der Kirche nicht hier [d.h. in der Gabenbereitung; A.Z.] vollzogen wird, so sehr wird festgehalten, daß die liturgisch ausgeweitete zeichenhafte Darstellung desselben schon an dieser Stelle ihren Anfang nimmt.“ 163 R ATZINGER , Transsubstantiation 152 (Hervorhebung im Original). 164 Vgl. dazu P ASCHER , Orationen I, 107-109. <?page no="125"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses in Gabenbereitung und Kommunion 113 „Oblatio tibi sit, Domine, hodiernae sollemnitatis accepta, qua et nostrae reconciliationis processit perfecta placatio, et divini cultus nobis est indita plenitudo. Per Christum.“ 165 „Gott, unser Vater, in diesen Gaben willst du uns Versöhnung schenken und uns wieder mit dir verbinden. Nimm sie an und gib durch sie unserem heiligen Dienst die höchste Vollendung. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.“ 166 Die den Gaben zugeschriebenen Wirkungen der Wiedervereinigung mit Gott („nostrae reconciliationis“) und der Versöhnung („placatio“) weisen über die Gaben der Gemeinde hinaus auf die sakramental zu vergegenwärtigende Selbsthingabe Christi. Diese Deutung wird im lateinischen Text durch die Tempuswahl gestützt (Perfekt), in der deutschen Fassung dadurch, dass die „gnädige Absicht Gottes“ 167 Dieselbe (theo)logische Vorordnung der Katabasis gegenüber der Anabasis drückt sich in der Darbringungsaussage des Eucharistiegebets aus: Voraussetzung der Darbringung ist das Christusereignis bzw. konkret seine danksagend-lobpreisende Vergegenwärtigung: „memores … offerimus“. Zugleich bewirkt diese Vergegenwärtigung eine Umkehr der Gaberichtung: Was die Gemeinde gebracht hat, empfängt sie gewandelt zurück. Brot und Wein sind zum Medium der personalen Begegnung mit Christus und der interpersonalen Einung zum Leib Christi geworden. So verdeutlichen die Kommunionriten wiederum primär die katabatische Bewegung des eucharistischen Geschehens. hervorgehoben wird. Die Vollendung des Gottesdienstes als eines anabatischen Akts („divini cultus … plenitudo“) fällt also mit der Vergegenwärtigung des Christusereignisses so zusammen, dass dieses jenen begründet und ermöglicht. 168 Das Friedensgebet bittet Christus: „schenke [der Kirche] nach deinem Willen Einheit und Frieden“, wobei es sich auf seine Zusage an die Apostel beruft: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch“ Dies gilt insbesondere für den Friedensritus, die Brotbrechung und die Kommunion selbst. 169 165 Missale Romanum 2002 (2008), 160. . Das damit zitierte Wort Joh 14,27 präzisiert: „nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch“. Innerhalb der Messliturgie ist mit diesem überweltlichen, gottgeschenkten Frieden kein politischer oder gesellschaftlicher Frieden gemeint, sondern der Frieden der Kirche in der Einheit des Leibes Christi. Diese findet konkret ihren Ausdruck in der eucharistischen Gemeinschaft der feiernden Gemeinde, wenn alle von dem einen Brot, von dem einen eucharisti- 166 Meßbuch 1988, 41. 167 P ASCHER , Orationen 1,109. 168 Zu den Kommunionriten der römischen Messe in ihren aus der Bibel gespeisten Sinndimensionen vgl. jetzt B ÄRSCH , „… aus ihr empfangen Handlungen und Zeichen ihren Sinn“ (mit reichhaltigen Literaturhinweisen). Vgl. ferner N IKOLASCH , Brotbrechung; H EINZ , Überlegungen zur Struktur. 169 Meßbuch 1988, 517. <?page no="126"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 114 schen Leib Christi essen (1 Kor 10,16f.). 170 In diesem Sinne ist auch die Friedensbitte im dritten Durchlauf des Agnus Dei als Begleitgesang zur Brotbrechung zu verstehen. Dieser repräsentiert zugleich die neben der ekklesialen Dimension zweite Sinnebene des Ritus, nämlich seine passiologische Symbolik: „Das gebrochene Brot steht symbolisch für den am Kreuz gebrochenen Leib Christi“ 171 Die Kommunion schließlich schenkt die leibhafte Begegnung mit dem Auferstandenen. „Es gibt nur die ganze Gegenwart Christi. Und Eucharistie empfangen heißt: nicht eine ‚sachhafte‘ Gabe essen (Leib und Blut? ), sondern das Ineinandertreten von Person zu Person geschieht hier.“ , für das ‚Lamm Gottes‘, dessen Opfer ‚die Sünden der Welt hinweg nimmt‘. 172 In dieser Vereinigung mit Christus kommt das Wandlungsgeschehen der Messe zu seinem inneren Ziel: zur Darstellung des Leibes Christi, in dem die Christen, wie es die Kommunikantenepiklese des Hochgebetes für Messen für besondere Anliegen formuliert, „im Geist deiner Liebe für immer verbunden bleiben mit ihm und untereinander“ 173 „Corpus ergo Christi si vis intelligere, Apostolum audi dicentem fidelibus, Vos autem estis corpus Christi, et membra [1 Kor 12,27]. Si ergo vos estis corpus Christi et membra, mysterium vestrum in mensa Dominica positum est: mysterium vestrum accipitis. Ad id quod estis, Amen respondetis, et respondendo subscribitis. Audis enim, Corpus Christi; et respondes, Amen. Esto membrum corporis Christi, ut verum sit Amen. […] . Eine konsequente Auslegung der Eucharistie auf das ekklesiale Leib-Christi-Motiv hin liefert Augustinus in seinem sermo 272: „Wenn Du also verstehen willst, was der Leib Christi ist, dann höre auf den Apostel. Der sagt den Gläubigen: Ihr aber seid Christi Leib und Glieder (1 Kor 12,27). Wenn ihr selbst also Leib Christi und seine Glieder seid, dann liegt euer eigenes Geheimnis auf dem Altar: Ihr empfangt also euer eigenes Geheimnis. Auf das, was ihr seid, antwortet ihr ‚Amen‘. Und durch diese Antwort leistet ihr eine Unterschrift. Du hörst nämlich: ‚Leib Christi‘, und du antwortest: ‚Amen‘. Sei darum ein Glied des Leibes Christi, damit dein Amen wahr ist. […] 170 Analog zum oben bezüglich der Gabenbereitung Gesagten ergeben sich auch hier Anfragen an die Sinnfälligkeit der liturgischen Praxis, in der trotz der Emphase, mit der die Grundordnung des römischen Messbuchs unter Bezugnahme auf 1 Kor 10,17 das Gewicht der ekklesialen Symbolik der Brotbrechung betont (Nr. 83; vgl. AEM 56c) und folgerichtig die Verwendung von Einzelhostien eher als pastoral bedingte Ausnahme denn als liturgietheologisch begründeten Normalfall deklariert (Nr. 321; vgl. AEM 283), nur selten im Kirchenschiff mit gebrochenem Brot kommuniziert wird; vgl. dazu A. Z ERFASS , Der Schritt zurück 43-45. 171 B ÄRSCH , „… aus ihr empfangen Handlungen und Zeichen ihren Sinn“ 347. 172 R ATZINGER , Geist der Liturgie 77. 173 Meßbuch. Hochgebet für Messen für besondere Anliegen 19 u.ö.; vgl. Missale Romanum 2002 (2008), 690 u.ö. <?page no="127"?> Die Vergegenwärtigung des Christusereignisses in Gabenbereitung und Kommunion 115 Estote quod videtis, et accipite quod estis. Hoc Apostolus de pane dixit.“ 174 Seid also das, was ihr seht, und empfangt das, was ihr seid: Leib Christi. Das sagt der Apostel vom Brot.“ 175 Der eucharistische Leib wird der Gemeinde als „mysterium vestrum“ vor Augen gestellt. Das Amen beim Kommunionempfang ratifiziert („subscribitis“), dass der Kommunikant kraft der Taufe Glied des Leibes Christi ist. Charakteristischerweise ist damit zugleich eine Mahnung verbunden: „Esto membrum corporis Christi, ut verum sit Amen. - Sei ein Glied des Leibes Christi, damit dein Amen wahr sei.“ Die Gliedschaft am Leib Christi muss sich durch ein Handeln als Leib Christi erweisen. Auf dieser Linie liegt auch die Sendung am Ende der Messliturgie („Ite, missa est“), die auf die Verwirklichung der λογικὴ λατρεία im Alltag zielt. Das folgende Schaubild versucht, die damit beschriebene Dynamik des eucharistischen Teils der Messliturgie zusammenfassend darzustellen: dominant dominant dominant Handlungsgeschehen Wortgeschehen Handlungsgeschehen Gabenbereitung Eucharistiegebet Kommunionriten verdeutlicht primär komplexe Verschränkung verdeutlichen primär anabatische Bewegung beider Bewegungen katabatische Bewegung Sendung („Ite, missa est“) Alltag Handeln als Leib Christi 174 PL 38,1247f. 175 Übersetzung aus G EERLINGS - G RESHAKE (Hgg.), Quellen 1, 115. <?page no="128"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 116 4. Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung im Wortgottesdienst der Messe Die voranstehenden Überlegungen zu Gestalt und Gehalt der Eucharistiefeier dienten der Erhellung der inneren Dynamik desjenigen rituellen Geschehens, mit dem der Wortgottesdienst der Messe kontextiert ist. Daher ist das Gesagte nun explizit auf seine Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung in diesem Rahmen zu befragen. 4.1 Der christologische Fokus der eucharistischen Anamnese Die anamnetischen Aussagen und Vollzüge des eucharistischen Teils der Messe beziehen sich dominant auf Christus. Die Eucharistiefeier ist, darin dem Stiftungswillen Jesu folgend, zunächst Vergegenwärtigung des in der Konsequenz seiner aus Liebe frei gewählten Selbsthingabe erlittenen Todes und der Auferstehung Jesu Christi. Daher stehen im Zentrum des Eucharistiegebetes - unabhängig vom jeweiligen (kalendarischen, kirchenjahreszeitlichen, kasualen) Anlass der Messfeier - stets der die beim Mahl am Abend vor seinem Tod gesprochenen Worte aufnehmende Einsetzungsbericht und die auf die Vergegenwärtigung des Pascha-Mysteriums zielende Darbringungsaussage. Andere heilsgeschichtliche Themen im Hochgebet können, müssen jedoch nicht ausdrücklich auf das Christusereignis bezogen sein. So hebt beispielsweise die feststehende Präfation von Hochgebet II wie dessen spätantike Vorlage bezüglich der Schöpfung die Mittlerschaft Christi hervor, 176 „Et sic, Pater sancte, mundum dilexisti, ut, completa plenitudine temporum, Unigenitum tuum nobis mitteres Salvatorem“. während Hochgebet IV in Präfation und Postsanctus ohne christologischen Bezug auf die Schöpfung zu sprechen kommt. Doch wird auch in diesem Hochgebet das Christusereignis als Mitte und eschatologischer Zielpunkt der Heilsgeschichte markiert: 177 „So sehr hast du die Welt geliebt, heiliger Vater, dass du deinen eingeborenen Sohn als Retter gesandt hast, nachdem die Fülle der Zeiten gekommen war.“ 178 Auf jeden Fall hat die Christus-Zentrierung der Anamnese innerhalb der Eucharistiefeier Konsequenzen für das hermeneutische Koordinatensystem des ihr vorausgehenden Wortgottesdienstes. Dass die Verkündigung des Evangeliums als „Höhepunkt der Liturgie des Wortes“ 179 176 Vgl. dazu oben S. 94. anzusehen ist, dessen rituelle Gestaltung ihn „gegenüber den anderen Lesungen besonders 177 Missale Romanum 2002 (2008), 592. 178 Meßbuch 1988, 504. 179 Vgl. PEM 13: „Die Verkündigung des Evangeliums ist der Höhepunkt des Wortgottesdienstes.“ <?page no="129"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 117 auszeichnet“ (GORM 60) 180 , erscheint von hierher legitimiert, wenn nicht gar zwingend. Insbesondere von bibelwissenschaftlicher Seite wird kritisiert, hierin komme eine Geringschätzung des Alten Testaments zum Ausdruck. So argumentiert etwa Erich Zenger, der Wortgottesdienst der Messe stufe das Alte Testament in mehrfacher Hinsicht herab: einerseits durch die der Auswahl der alttestamentlichen Perikopen zugrunde liegende Hermeneutik, die diese „höchstens als auf das Evangelium hinführendes ‚Stimmungsbild‘ oder als neugierig machende, weil unverständliche Motivcollage“ erscheinen lasse und zudem meist auf das „Prinzip Verheißung - Erfüllung oder Vorausdarstellung (Typos) und Vollverwirklichung (Antitypos)“ festgelegt sei; andererseits durch rituelle Elemente, namentlich die Abfolge der Lesungen als „aufsteigende Linie vom Niedrigeren zum Höheren, zumal die liturgische Inszenierung das ‚Evangelium‘ als Klimax, als den Gipfelpunkt, herausstellt“. Im Ergebnis würden auf diese Weise Kategorien „wie ‚vorläufig - endgültig‘, ‚klein - groß‘, ‚alt - neu‘, ja ‚uneigentlich - eigentlich‘“ vermittelt. 181 Während die Kritik an der Auswahl der alttestamentlichen Lesungstexte in vielen Fällen berechtigt ist, 182 unterliegt Zengers Interpretation der rituellen Inszenierung einem kategorialen Irrtum. Sie setzt nämlich voraus, es sei Aufgabe und Anliegen des Wortgottesdienstes der Messe, die relative Wertigkeit unterschiedlicher Kanonteile abzubilden. 183 Tatsächlich jedoch speist sich die innere Logik und äußere Dramaturgie des Wortgottesdienstes nicht primär aus der Struktur des Bibelkanons, sondern aus der spezifischen Dynamik der Messfeier als Vergegenwärtigung des Pascha-Mysteriums. Wohl ist der Kanon im Formular des Wortgottesdienstes auf der vertikalen Ebene präsent, indem an Sonn- und hohen Festtagen zwei alttestamentliche und zwei neutestamentliche Texte je unterschiedlicher Gattungen das Ganze des Kanons repräsentieren. Jedoch gründet diese liturgische Gegebenheit nicht ursächlich in der literarischen Struktur des Kanons; vielmehr zielt sie auf die andernorts erläuterte Vermittlung der Jetztzeit mit dem Ganzen der Heilsgeschichte. 184 180 Vgl. AEM 35; ferner PEM 17: „Unter den Riten des Wortgottesdienstes achte man besonders auf die Verehrung, die man der Verkündigung des Evangeliums schuldet.“ Da von der Gesamtanlage der Messfeier her innerhalb dieses Ganzen der Heilsgeschichte das Christusereignis, speziell Tod und Auferstehung Jesu Christi, als Primäranlass und zentrales Thema der Feier feststehen, folgt genau daraus die hervorgehobene Bedeutung der Verkündigung des Evangeliums - als jener Gattung, die so unmittelbar wie keine andere dem Christuser- 181 Z ENGER , Missachtung 15. 182 Eindrückliche Negativbeispiele referieren G ERHARDS - K RANEMANN , Einführung 159f. 183 Vgl. unten Kap. 4.1.2 in Auseinandersetzung mit den Optionen Georg Brauliks und Norbert Lohfinks für eine Bahnlesung der Tora. 184 Vgl. dazu Teil A Kap. 3. GORM 57 stellt beide Aspekte nebeneinander, indem sie betont, dass durch die Leseordnung „die Einheit der beiden Testamente und der Heilsgeschichte herausgestellt wird“. <?page no="130"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 118 eignis zugeordnet ist - innerhalb dieser Feier. 185 4.1.1 Zur Gegenwart Christi in der Schriftverkündigung Daher rührt die rituelle Auszeichnung des Evangeliums nicht nur gegenüber der alttestamentlichen, sondern auch gegenüber der nichtevangelischen neutestamentlichen Lesung. Auf der Basis der Feststellung, dass Christus in jeder liturgischen Feier der Ersthandelnde ist, insofern diese vom gesamten Leib Christi, dem Haupt und den Gliedern, getragen wird, 186 PEM 23: „In diesem Ruf vor dem Evangelium nimmt die Gemeinde der Gläubigen den Herrn, der zu ihr sprechen will, auf, begrüßt ihn und bekennt singend ihren Glauben.“ stellt sich die Frage nach einer besonderen Gegenwart Christi in der Verkündigung des Evangeliums, heißt es doch im Messlektionar im Blick auf den der Evangelienlesung vorausgehenden Halleluja-Ruf: Das Konzil spricht in der Liturgiekonstitution allgemeiner von der Gegenwart Christi in den Lesungen, wenn es bei der Aufzählung der Gegenwartsweisen Christi in der Liturgie formuliert: „Gegenwärtig ist er in seinem Wort, da er selbst spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden“ (SC 7). 187 Gegenüber der für diese Passage maßgeblichen Textvorlage aus der Enzyklika Mediator Dei Pius’ XII. 188 stellt die Aussage über die Gegenwart im Wort eine Innovation dar, 189 war dort doch nur von der Gegenwart im die Messe zelebrierenden Priester, in den eucharistischen Gestalten, in den Sakramenten sowie in der Versammlung der Gläubigen zu Lob und Bitte die Rede gewesen. Während die Gesamtanlage des Artikels auf dem Konzil Gegenstand kontroverser Auseinandersetzungen war, da manche Väter eine Relativierung der eucharistischen Gegenwart befürchteten, 190 185 Vgl. K RANEMANN , Abwertung des Alten Testaments 196: „Das Paschamysterium ist der Ursprung der Eucharistiefeier. Es ist gleichzeitig der hermeneutische Ort für die Rezeption der biblischen Lesungen.“ Vgl. DERS ., Anmerkungen zur Dramaturgie 766f. erhob sich spe- 186 Vgl. SC 7: „Mit Recht gilt also die Liturgie als Vollzug des Priesteramtes Jesu Christi; […] jede liturgische Feier“ ist „Werk Christi, des Priesters, und seines Leibes, der die Kirche ist“. 187 Demgegenüber kann SC 33 („Denn in der Liturgie spricht Gott zu seinem Volk; in ihr verkündet Christus noch immer die Frohe Botschaft“) auch im Sinne einer Hervorhebung des Evangeliums gelesen werden. 188 Vgl. AAS 39 (1947), 528. 189 Vgl. jedoch zu den biblischen und patristischen Hintergründen sowie zum Fortleben dieser Vorstellung in der Tradition M ARTIMORT , Praesens adest; N USSBAUM , Von der Gegenwart Gottes 119-125; DERS ., Zur Gegenwart Gottes/ Christi 71-79. 190 Die enge Anlehnung an den Text der Enzyklika stellt bereits eine Reaktion auf diese Diskussion dar. Der ursprüngliche Textentwurf hatte zunächst mit Berufung auf Mt 18,20 allgemein von der Gegenwart Christi in den liturgischen Handlungen gesprochen und diese dann im Sinne verschiedener Handlungsweisen Christi ausdifferenziert. Hierbei hatte es an erster Stelle geheißen: „Ipse est qui loquitur dum verba sacrae Scripturae in Ecclesia leguntur“ (vgl. die Synopse der Textfassungen bei H ELLÍN [Hg.], <?page no="131"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 119 ziell gegen die Hinzufügung der Gegenwart im Wort kein ernsthafter Widerspruch. 191 Es fällt auf, dass auch die einschlägigen Kommentare zu SC 7 192 diese Vorstellung nicht eingehend erörtern. Einen substantiellen Deutungsvorschlag bietet lediglich eine kurze Bemerkung im Kommentar Herman Schmidts, der die Aussage zusammen mit SC 6 liest und - damit aber wohl nicht auf der Linie des Wortlauts bleibend - auf Christus als Objekt der gottesdienstlichen Schriftlesung bezieht. 193 Eine umfängliche Erklärung, ausgehend von einem theologiegeschichtlichen Überblick bis zum Vorabend des Konzils, unternimmt Franziskus Eisenbach in seiner Studie zur „Gegenwart Jesu Christi im Gottesdienst“. 194 Er sieht „das in der Kirche verkündete Wort Gottes als Aktualpräsenz des erhöhten Herrn und seiner Heilstat“ 195 , wobei aufgrund inkarnationstheologischer Prämissen die Gegenwart der im Gotteswort der Schrift verkündigten Heilstat (Aktualpräsenz) nicht von der personalen Gegenwart des inkarnierten Gotteswortes zu trennen ist. 196 Synopsis SC p. 32). In der Vorbereitungskommission wurde auf Vorschlag von Erzbischof Hurley von Durban ergänzt: „et explicantur“, was wiederum in der Aula auf Kritik stieß, sodass Joseph Martin in seiner Relatio festhielt: „non eodem modo loquitur Christus dum Sacra Scriptura in Ecclesia legitur et dum explicatur ab homine“ (ebd.; zur Sache vgl. K ACZYNSKI , Theologischer Kommentar 66f.). (Von einer Gegenwart Christi „in der Predigt seines Dieners, durch den Christus der Herr, der vor langer Zeit in der Synagoge von Nazaret geredet hat, nun sein Volk unterweist“, spricht jedoch jüngst das Homiletische Direktorium, Nr. 4.) - Die Revision nach der Formulierung Pius’ XII. geschah schließlich „ad omnes difficultates solvendas“ (H ELLÍN [Hg.], Synopsis SC p. 32), um also die Rede von verschiedenen Gegenwartsweisen über diejenigen in den eucharistischen Gestalten und im in persona Christi handelnden Priester hinaus als orthodox abzusichern. Lothar Lies hingegen zieht eine Analogie zur klassischen Transsubstantiationslehre, um - die von seinem Lehrer Johannes Betz geprägte Unterscheidung zwischen Aktualpräsenz und Realpräsenz erweiternd - die Verbalpräsenz Christi zu definieren: „Bei der Verbalpräsenz verwandelt Christus unser menschliches Wort in sein Wort; zugleich wird er selbst zur ‚Substanz‘ (! ) des Wortgeschehens, so daß unser menschliches Sprechen nur noch die Akzidentien darstellt. Unser Wortgeschehen enthält nicht 191 Vgl. L ENGELING , Kommentar 20. 192 Vgl. L ENGELING , Kommentar 19-28; J UNGMANN , Kommentar 20-23; K ACZYNSKI , Theologischer Kommentar 65-71. 193 S CHMIDT , Konstitution 184: „Von Anfang an hat darum die Kirche, wenn sie zur Feier der österlichen Geheimnisse zusammenkam, das gelesen, was ‚in allen Schriften von Ihm geschrieben steht‘ (Luk. 24,27 - Art. 6). Sie sieht diese Schriftlesung im Blick auf Christus, das menschgewordene Wort: Er selbst spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden, er selbst ist in seinem Wort gegenwärtig (Art. 7).“ 194 Vgl. E ISENBACH , Gegenwart 496-557. 195 Ebd. 541. 196 Entscheidend ist die Überlegung, „daß mit der Menschwerdung Jesu Christi das Wort Gottes selbst, das in der Offenbarung als Heilswort an die Menschen ergeht, definitiv und untrennbar eines ist mit der ‚Sache‘ des Heils, dem Christus-Ereignis“ (ebd. 545). <?page no="132"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 120 nur, sondern ist wesenhaft der ganze Christus.“ 197 Dies ist so zu denken, „daß die Gemeinde (Priester) dem Wort Christi ihr menschliches Wort leiht und ihn darin seine Liebe und Erlösungstat sich selbst uns zusprechen läßt.“ 198 Nach Eisenbach hängt die Gegenwart Christi in der Wortverkündigung letztlich von seiner eucharistischen Gegenwart ab. 199 Besteht nun diesbezüglich ein Unterschied zwischen der Verkündigung des Evangeliums und den anderen Lesungen? Einen Hinweis in diese Richtung scheint Paul VI. in seiner Enzyklika Mysterium fidei vom 3.9.1965 zu geben, wenn er in einem Zusammenhang, der die Unterscheidung der Gegenwartsweisen aus SC 7 erweiternd Dies lässt sich freilich sinnvoller Weise nur sagen, wenn die eucharistische Gegenwart nicht nach Art der abendländischen Schultheologie auf die durch die Rezitation der Verba Testamenti bewirkte Transsubstantiation der eucharistischen Gaben fixiert gedacht wird. In diesem Falle würde sich nämlich der banale Einwand erheben, dass die Konsekration im Ablauf der Messe erst nach dem Wortgottesdienst erfolgt. Bezieht man die Aussage Eisenbachs aber auf die rituelle ‚Intertextualität‘ (im weiten Sinn) innerhalb der Messfeier, wird sie schlüssig interpretierbar: Es ist der Kontext der christuszentrierten Eucharistiefeier, der den Wortgottesdienst der Messe in besonderer Weise zum Ort der Gegenwart Christi macht. 200 197 L IES , Verbalpräsenz 97. Vgl. ebd. 93: „Wort und Verkündigung Jesu bilden eine phonetisch-leibliche Gestalt, in die hinein Christus sich ausgesprochen hat: Verkündigung und Schrift gelten als jene leibliche Daseinsweisen, in die sich der ganze Christus mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit, mit seiner Vergangenheit und Zukunft, hineingegeben hat, so daß das menschliche Wort wirkliches Christuswort geworden ist. Wir können davon sprechen, daß sich der ganze Christus hier in Worte auslegt und in Wortleibern wirksam anwesend setzt. Verbalpräsenz meint also die Gegenwart des ganzen Christus mit seiner Geschichte in den Gestalten eines Wortleibes.“ aufgreift, schreibt: 198 Ebd. 99. 199 Vgl. E ISENBACH , Gedanken 306: „Die letzte Gewähr dafür, daß es wirklich der Herr ist, der in der kirchlichen Verkündigung des Evangeliums seinem Volk Heil zuspricht, gewinnt der Glaube wiederum aus der leibhaften Gegenwart Jesu Christi in den eucharistischen Gestalten.“ 200 Kritisch zur Absicht Pauls VI. L EONHARD , Heiligkeit 172f. Leonhard interpretiert die Ausdehnung der Rede von der Gegenwart Christi beispielsweise auf die Werke der Barmherzigkeit, verbunden mit der Klarstellung, die Gegenwart Christi liege in der Darbringung des Messopfers „in höherwertiger Weise“ vor (DEL 1, 435) und sei in den konsekrierten Gaben nicht nur „wirklich“, sondern „wesentlich“ (ebd. 436), als korrigierende Klarstellung der Konzilsaussage, wodurch die Rede von der Gegenwart in der Schriftverkündigung entwertet werde - ebenso wie durch die konkrete Praxis der Kirche etwa hinsichtlich der Handhabung priesterloser Wort-Gottes-Feiern. - Bemerkenswert ist, dass im Unterschied zu SC 7 (vgl. dazu oben S. 80 Anm. 366) von der Predigt die Rede ist. Mit L EONHARD , ebd. 173f., kann vermutet werden, dass damit eine Bindung an den Christus repräsentierenden Priester intendiert ist, dem die Homilie ja vorbehalten ist. - Ausdrücklich unterstrichen wurde der Gedanke von der Realpräsenz Christi im Wort jüngst von Benedikt XVI., Verbum Domini, Nr. 56: „Christus, der unter den Gestalten von Brot und Wein wirklich gegenwärtig ist, ist in analoger Weise auch in dem Wort gegenwärtig, das in der Liturgie verkündigt wird.“ <?page no="133"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 121 „Auf eine andere Weise zwar, aber ganz wirklich ist er seiner Kirche gegenwärtig, wenn sie predigt, da das Evangelium, das verkündet wird, das Wort Gottes ist, und nur im Namen und in der Autorität Christi, des fleischgewordenen Wortes Gottes, unter seinem Beistand, verkündet wird, damit ‚eine Herde sicher geborgen unter einem Hirten sei‘.“ 201 Dazu ist zunächst festzuhalten, dass zweifelsfrei alle Lesungen aus der Heiligen Schrift Wort Gottes sind, was im Messritus durch die die nichtevangelischen Lesungen abschließende Akklamation „Verbum Domini“ bzw. „Wort des lebendigen Gottes“ auch ausdrücklich inszeniert wird. 202 Das bedeutet vom Johannesprolog her, dass in ihnen der Logos spricht. Die spezifische Differenz der Evangelienperikopen besteht aber darin, dass in ihnen Jesus Christus, das Mensch gewordene Wort, spricht und handelt. Deshalb redet in ihrer Verkündigung der erhöhte Herr. 203 „Die durch den Geist vermittelte Selbstgegenwart des jetzt beim Vater lebenden Erhöhten“ vollzieht sich, wie Thomas Pröpper ausführt, angesichts „unserer geschichtlichen Situation und leibhaft-geistigen Verfassung“ so, „dass er auch als Erhöhter (wie schon als irdischer Jesus) uns Gottes Liebe in sinnlich-symbolisierter Weise zuwendet“ 204 : Durch den sinnlichen Vorgang der Verkündigung des Evangeliums wird ebenso wie durch die Gebets- und Symbolhandlungen der Eucharistiefeier „das geschichtliche Heilswerk Jesu Christi […] wirksam, weil der Erhöhte (in der aktuellen Zuwendung seiner durch den Tod hindurchgegangenen Liebe) es an uns wirksam werden lässt.“ 205 So realisiert sich die pneumatische Gegenwart Christi in der Verkündigung des Evangeliums auf spezifische Weise, insofern hier die Kunde vom Leben und Wirken, Leiden und Auferstehen des Gottessohnes zu dem Ort wird, dem zum Vater Erhöhten und in beider Geist Anwesenden hier und heute zu begegnen. Es geschieht „Zusammenkunft der erinnerten geschichtlichen Selbstbestimmung Gottes für uns in Jesus Christus mit der Selbstpräsenz Gottes und Jesu Christi in uns durch den Geist“. 206 Dieser göttlichen Selbstoffenbarung in Jesus Christus als der Erscheinung der „Güte und Menschenliebe Gottes, unseres Retters“ (Tit 3,4), eignet eine eschatologische Dynamik, die auf die Vollendung der ganzen Schöpfung 201 DEL 1, 434. 202 Vgl. dazu Teil C Kap. 2.1. 203 Vgl. G ERHARDS , Dem Wort Gottes Gestalt geben 152. L IES thematisiert die Frage, ob hinsichtlich der Gegenwart Christi ein Unterschied zwischen Evangelium und den anderen Lesungen besteht, nicht ausdrücklich. Im Licht der vorgetragenen Überlegungen könnte aber von einer Verbalpräsenz im Sinne einer Gegenwart des „ganze[n] Christus mit Leib und Seele, mit Gottheit und Menschheit“ (vgl. das Zitat im Kontext oben Anm. 197), nur im Blick auf das Evangelium die Rede sein. 204 P RÖPPER , Zur vielfältigen Rede 121. 205 Ebd. Vgl. L ANGEMEYER , Die Weisen der Gegenwart 305: „Durch das Glaubenswort der Kirche macht sich der fortlebende Christus in der Welt gegenwärtig“ (Hervorhebung im Original). 206 P RÖPPER , Zur vielfältigen Rede 113. <?page no="134"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 122 hindrängt, indem sie „in Freiheit auf Gottes Liebe antworte“ 207 . Gleichzeitigkeit mit dieser Selbstoffenbarung verweist daher nicht nur zurück in die Zeit der ersten Ankunft Christi, sondern zugleich voraus auf seine Wiederkehr am Ende der Zeit. Auf Seiten der liturgischen Ästhetik fungiert dementsprechend bereits die Evangelienprozession als „Inszenierung des ‚adventus Christi‘, d. h. seines Kommens als Herr der Welt, [als] ein präsentatives Symbol, das auf sein letztes Kommen ‚in Herrlichkeit‘ vorausverweist und dieses im Kommen in seinem Wort - dem Evangelium - rituell repräsentiert“ 208 . Konkret ist es „das Evangelienbuch, das in dieser rituellen Sequenz den erhöhten Christus repräsentiert“ 209 „Mit der Alleluia-Akklamation, die dem im Evangelium erscheinenden Auferstandenen gilt, wird die Eucharistie als symbolische Antizipation des himmlischen Hochzeitsmahls, also der endgültigen Zukunft und der Freude im Reich Gottes inszeniert. Das Evangelium spielt nicht einfach in der historischen Zeit Jesu, sondern ‚in illo tempore‘, d. h. letztlich in jener - künftigen - Zeit, in der Gott die Menschheit endgültig unter seine Herrschaft sammeln wird.“ . Speziell der die Prozession begleitende Gesang des Halleluja markiert den eschatologischen Charakter, macht „das Evangelium zur Anamnese der Zukunft“, taucht doch diese Akklamation im Neuen Testament ausschließlich in Offb 19,6 auf, mithin „in hocheschatologischem Zusammenhang“: 210 Dieser eschatologische Akzent der Christusanamnese findet im eucharistischen Teil der Messliturgie vielfältige Entsprechungen, sei es in expliziten Bezugnahmen auf die Parusie im Hochgebet, im Gesang des Benedictus, 211 in der Kommunion als sakramentalem Voraus-Bild der Begegnung „von Angesicht zu Angesicht“ (1 Kor 13,12) oder speziell in der eschatologischen Symbolik der Kelchkommunion 212 Zusammenfassend gilt im Kontext der Eucharistiefeier: „An die verkündigende Verlesung des Evangeliums ist eine spezifische Form der Gegenwart Jesu Christi im Gottesdienst gebunden; es geschieht die pneumatisch vergegenwärtigende memoria Jesu Christi in einem sehr konkreten Sinn des Wortes und einem unmittelbaren Erfahrungsbezug für die ganze Gemeinde.“ . 213 4.1.2 Liturgischer Kontext und kanonische Ordnung Die bisherigen Überlegungen haben gezeigt: Ein einfacher Übertrag kanontheologischer Erwägungen auf die spezifische liturgische Verkündigungssituation der Messfeier versäumt es, den konkreten Rezeptionszusammenhang als fundamentale hermeneutische Vorgabe hinreichend zu gewichten. Die 207 R ATZINGER , Geist der Liturgie 28. 208 M ESSNER , Wortgottesdienst 181. 209 Ebd. 210 Ebd. 211 Vgl. dazu F RANZ - H IEKE - H UBER - A. Z ERFASS , Sanctus, bes. 149.155.159f. 212 Vgl. AEM 240 bzw. GORM 281; K. R ICHTER , Zur Praxis der Kelchkommunion 18. 213 S ÖDING , Wort des lebendigen Gottes 72. <?page no="135"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 123 Liturgie setzt den poietischen Zugriff auf die biblische Überlieferung fort, die bereits für den Prozess der Kanonbildung maßgeblich war. 214 Dieser nämlich, weit gefasst als Prozess der Auswahl, Redaktion und Anordnung von Schriften zu einem via Rezeption normativen Textcorpus, verlief für die unterschiedlichen biblischen Kanongestalten 215 auf der Grundlage je spezifischer leitender Interessen und Perspektiven. 216 Der christliche Kanon beider Testamente rezipiert die Bibel Israels unter dem Eindruck des Christusereignisses. Dies bedeutet mindestens zweierlei: Zum einen geschah die Beibehaltung der Bibel Jesu als Teil der Heiligen Schrift des Christentums in dem Bewusstsein, dass Lehre und Geschick des Juden Jesus sowie deren Deutung in den Schriften des Neuen Testaments nur auf der Basis der Bibel Israels verständlich sind. Zum anderen verändert sich die Wahrnehmung der alttestamentlichen Schriften im Gesamtzusammenhang einer Kanonkonzeption, die in herausragender Weise am Christusereignis interessiert ist - und dies auch unterhalb der Schwelle einer ausdrücklichen Inanspruchnahme als Christusprophetie. In geschichtstheologischer Hinsicht erzeugt die für die christliche Rezeption der alttestamentlichen Schriften maßgebliche Septuaginta 217 ein lineares Konzept, das „im ersten Teil die Vergangenheit des Gottesvolkes in chronologischer Abfolge darstellt und dazu die ‚Schriften‘ einreiht. Der zweite Block wird von den weisheitlichen Lehrschriften gebildet, die für eine Gott gemäße Daseinsgestaltung in der Gegenwart Anleitung bieten sollen. Am Ende aber stehen - jetzt als Ziel und Sinnspitze des Ganzen - die Propheten als Künder der Zukunft. Aus dem hebräischen Gesetzbuch wird ein griechisches Erwartungsbuch.“ 218 Im Bereich der Geschichtsbücher entsteht anders als in der Hebräischen Bibel „v.a. durch die sich ganz offen in ptolemäisch-seleukidischer Epoche ansiedelnden Makkabäerbücher oder Jesus Sirach eine zeitliche Brücke, die das sonst entstehende ‚Niemandsland‘ zwischen Exil und Neuem Testament überbrücken kann“ 219 . Auf diese Weise ergibt sich eine ‚heilsgeschichtliche‘ Konzeption, die eine gewisse Kontinuität im historischen Duktus herstellt. 214 Vgl. L ATHROP , Rebirth of Images 295: „These images [der Bibel; A.Z.] used in the liturgy are arranged in successions, in skeins, which make the reinterpretation even clearer. In doing this the liturgy does what the Scripture does.“ 215 Vgl. dazu die Monographie von B RANDT , Endgestalten des Kanons. 216 Von hierher, bezogen also auf die jeweilige Kanonkonzeption, erscheint auch die Frage nach einer „Mitte der Schrift“ sinnvoll; vgl. S CHWIENHORST -S CHÖNBERGER , Einheit und Vielheit, bes. 66-68. 217 H IEKE - N ICKLAS , Worte der Prophetie 116 Anm. 222: „Die Tatsache, dass wohl nicht von einem jüdischerseits vorgegebenen alexandrinischen Kanon ausgegangen werden kann, den das frühe Christentum einfach übernehmen konnte, lässt […] die nicht ganz unberechtigte Vermutung zu, dass Reihenfolge und Umfang der LXX-Schriften erst von christlicher Seite zu dem zusammengestellt wurden, was heute als Septuaginta bezeichnet wird.“ 218 O EMING , Biblische Hermeneutik 79. 219 H IEKE - N ICKLAS , Worte der Prophetie 122. <?page no="136"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 124 Freilich ist ‚Heilsgeschichte‘ im biblischen Sinn weniger an einer historiographischen Chronologie gelegen als an der Deutung von Erfahrungen in der Beziehung zwischen Mensch und Gott. 220 Daher lässt sich die perspektivische Neubewertung der Schriften des Alten Testaments als Bestandteil des christlichen Bibelkanons noch treffender als Verschiebung der motivischen ‚Mitte‘ im Sinne der leitenden Kategorie zur Interpretation der Gotteserfahrung beschreiben. Im Kanon der hebräischen Bibel (TaNaK), der durch die unbestrittene Vorrangstellung der Tora geprägt ist, steht die Offenbarung am Sinai mit der Gabe des Gesetzes und dem Bundesschluss strukturell und hermeneutisch im Zentrum. 221 Im christlichen Alten Testament rückt demgegenüber das Exodusmotiv in den Vordergrund, weil es als Ausdruck derselben Gotteserfahrung erscheint, die auch die Auferstehungsbotschaft des Neuen Testaments prägt: Gott rettet und befreit aus dem, was das Leben existentiell in Frage stellt. Die Parallele lässt sich noch weiter ausziehen, insofern beide Testamente auch die Ambivalenzen dieser Gotteserfahrung thematisieren. Innerhalb des Alten Testaments erscheint das Exodusmotiv in gebrochener Perspektive, da es im Bewusstsein der Exilsproblematik verhandelt wird. Daher rührt die literarische Option, den Einzug ins gelobte Land nicht mehr als Bestandteil der Tora zu erzählen, sondern diese jenseits des Jordan mit dem Tod des Mose enden zu lassen. 222 Vor allem aber tritt in der prophetischen Literatur neben die Kunde vom geschehenen Auszug aus Ägypten die Hoffnung auf einen neuen, nunmehr definitiven Exodus. 223 In ähnlicher Weise setzt sich das Neue Testament, speziell Paulus und die Johannesapokalypse, mit dem Erfahrungsdefizit der Auferstehungsbotschaft auseinander: Die mit Tod und Auferstehung Jesu bereits definitiv verbürgte Überwindung des Todes als ultimativer Grenze menschlichen Lebens ist an der Erfahrungswirklichkeit dieser Welt nur bedingt abzulesen, weswegen das „Der Tod wird nicht mehr sein“ (Offb 21,4) gemessen an der Dimension diesseitiger Erfahrung bis zur Parusie eine futurische Aussage bleiben muss. Diese offene Spannung zwischen „Schon“ und „Noch nicht“ ist auch in der Botschaft Jesu vom Reich Gottes grundgelegt, das bereits angebrochen, jedoch noch nicht vollständig offenbar geworden ist. 224 220 Vgl. dazu näher Teil A Kap. 3. Im Blick auf das Verhältnis zum Juden- 221 Vgl. O EMING , Biblische Hermeneutik 78: Im masoretischen Kanon steht die Tora „am Anfang und bildet das sachliche Fundament. Die folgenden Propheten und die Schriften sind Erläuterungen und Exemplifizierungen der Tora, was z.B. durch die enge Anbindung der Eckpunkte der jeweiligen Blöcke (Jos 1, Mal 3, Ps 1) an die Tora signalisiert wird.“ 222 Vgl. L OHFINK , Moses Tod. 223 Vgl. dazu beispielsweise Z ENGER , Der Gott des Exodus. Ein ähnlicher Vorgang liegt dem Prozess der Eschatologisierung der Messiasvorstellung im Alten Testament zugrunde; vgl. einführend F ABRY - S CHOLTISSEK , Der Messias. 224 Vgl. Mt 6,10 par Lk 11,2; Mt 12,28 par Lk 11,20; Mt 13,31-33 par Lk 13,18-21; Mk 1,15; Mk 4,26-32; Mk 9,1 par Lk 9,27; Lk 10,9.11; Lk 12,32; Lk 17,20f.; Lk 19,11; Lk 21,29-33; Joh 3,3. <?page no="137"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 125 tum ergibt sich aus dieser eschatologischen Konvergenz eine höchst bedeutsame „Partnerschaft in der Erwartung“ 225 . Einem möglichen Missverständnis des oben Gesagten ist an dieser Stelle zu wehren: Es darf nicht darum gehen, zwischen den beiden Schlüsselkategorien ‚Sinaioffenbarung‘ und ‚Exodus‘ einen Gegensatz zu konstruieren. Vom Selbstverständnis der Tora als Basis des TaNaK her ist immer klar, dass die von JHWH geschenkte Ordnung gelingenden Lebens, dass „das Tora-Gebot theologisch grundsätzlich im Exodusparadigma“ verankert ist. 226 Umgekehrt hebt die christliche Erlösungsperspektive von ihren jesuanischen Wurzeln her erklärtermaßen die Tora als Lebensordnung nicht auf, sondern interpretiert sie. 227 Dennoch handelt es sich um eine Verschiebung des perspektivischen Fluchtpunktes innerhalb des gemeinsamen Feldes: Im Fall des TaNaK mit der Tora als Herzstück liegt der Fokus auf der konkreten Neuordnung des Lebens, 228 die auf der Befreiungstat Gottes beruht. Die christliche Bibel lenkt den Fokus umgekehrt auf die Befreiungstat Gottes, auf der dann die Neuordnung des Lebens fußt - nachdem, paulinisch gesprochen, der ‚alte Mensch mitgekreuzigt‘ wurde (Röm 6,6). Der innere Zusammenklang der beiden Testamente (als Teile der christlichen Bibel) im Exodus- und Auferstehungsmotiv spiegelt sich heortologisch in der Fortschreibung des jüdischen Pesachfestes durch das christliche Osterfest. Die komplexe Frage nach den historischen Zusammenhängen zwischen jüdischer Pesach- und christlicher Paschafeier in frühchristlicher Zeit kann an dieser Stelle nicht angegangen werden; 229 deutlich ist jedoch, dass zentrale Texte der Osterliturgie explizit den theologischen Zusammenhang zwischen Exodus- und Auferstehungsgedächtnis herausstellen. Dies gilt beispielsweise 225 E BENBAUER , Mehr als ein Gespräch 270. Zum bleibenden Überschuss an durch Christus nicht aufgehobener, sondern bekräftigter Verheißung vgl. S CHÖTTLER , Christliche Predigt und Altes Testament 486f.512-515; A. Z ERFASS , Der wahre Tag des Herrn 273. 226 S CHÖTTLER , Christliche Predigt und Altes Testament 194 (Hervorhebung im Original). 227 Mt 5,17: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben.“ Vgl. dazu S CHÖTTLER , Christliche Predigt und Altes Testament 588f. (Hervorhebungen im Original): „In Mt 5,21-48 wird an sechs legislativen Toratexten exemplarisch die Frage beantwortet, wie die Tora Israels im Licht des Christusereignisses auszulegen und zu leben ist (Halacha), nicht die Frage, ob sie Geltung auch für die christliche Gemeinde hat. Diese christus-bezogene Tora-Rezeption schaut von der Bibel Israels prospektiv darauf, wie in der Nachfolge Jesu die Tora zu leben (‚erfüllen‘) ist.“ 228 Vgl. S CHÖTTLER , Christliche Predigt und Altes Testament 177 (Hervorhebungen im Original): „Auf die Fünf-Bücher-Mose in ihrer nachexilischen Endredaktion, aber auch auf die im Exil entstandenen Teile bezogen, bedeutet dies: Wir haben es mit einer literarischen ‚Fiktion‘ zu tun, die die theologischen, religiösen und ethischen Grundlagen für die nachexilische Restitution Israels in seine Anfänge zurückbzw. (je nach Standpunkt) vor-verlegt. Dies gilt für die narrativen und legislativen Tora-Texte gleichermaßen. Diese im wahrsten Sinne also ‚ursprüngliche‘ Normen-Verortung nimmt eine doppelte Perspektive ein: Sie hat die Neuordnung Israels nach dem Exil im Blick, also seine zukünftige Gestalt, es wird aber, was die Begründung dieser Neuordnung betrifft, auf die Anfänge Israels, also seine Geschichte, Bezug genommen.“ 229 Vgl. dazu L EONHARD , Jewish Pesach. <?page no="138"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 126 für das Exsultet der Osternacht, wie im folgenden Ausschnitt aus dessen anamnetischem Teil augenfällig wird: „Haec sunt enim festa paschalia, in quibus verus ille Agnus occiditur, cuius sanguine postes fidelium consecrantur. 1 Dies nämlich ist das Osterfest, an dem jenes wahre Lamm geschlachtet wird, durch dessen Blut die Türpfosten der Gläubigen geheiligt werden. Haec nox est, in qua primum patres nostros, filios Israel eductos de Aegypto Mare Rubrum sicco vestigio transire fecisti. 2 Dies ist die Nacht, in der du am Anfang unsere Väter, die Söhne Israels, herausgeführt aus Ägypten, das Rote Meer auf trockenem Pfad durchschreiten ließest. Haec igitur nox est, quae peccatorum tenebras columnae illuminatione purgavit. 3 Dies ist also die Nacht, die das Dunkel der Sünden durch die Erleuchtung der Säule vertrieben hat. Haec nox est, quae hodie per universum mundum in Christum credentes, a vitiis saeculi et caligine peccatorum segregatos, reddit gratiae, sociat sanctitati. 4 Dies ist die Nacht, die heute auf der ganzen Erde die, die an Christus glauben, von den Lastern der Welt und der Finsternis der Sünden geschieden, der Gnade zurückgibt, der Heiligkeit [den Heiligen] verbindet. Haec nox est, in qua, destructis vinculis mortis, Christus ab inferis victor ascendit.“ 230 5 Dies ist die Nacht, in der Christus, nachdem er die Fesseln des Todes zerstört hat(te), als Sieger von den Toten emporsteigt/ emporstieg. Das „Haec sunt enim festa paschalia“ (1) fungiert als „Überschrift“ 231 dieses Abschnitts. 232 Das Zentralmotiv aus Ex 12 von der Schlachtung der Lämmer, deren Blut den Tod vorüberziehen lässt, wird aufgegriffen und auf Christus, „jenes wahre Lamm“ 233 , bezogen. Damit ist bereits die wesentliche Identität von alttestamentlichem Pesach und christlichem Osterfest grundgelegt. Diese wird in den folgenden Aussagen (2-5), gegliedert durch den vierfachen Ausruf „Haec nox est“, näher ausgeführt. Dabei sind die beiden äußeren (2.5) und die beiden inneren Aussagen (3.4) jeweils miteinander verklammert. 234 230 Missale Romanum 2002 (2008), 343f. Die äußere Klammer besteht im Motiv der Befreiung aus dem, was das Leben existentiell bedroht (2: „eductos de Aegypto“ bzw. 5: „destructis vinculis mortis“), welche Erfahrung den Exodus (2: „patres nostros […] transire fecisti“) und die Auferstehung (5: „Christus ab inferis victor ascendit“) zusammenbindet. Die innere Klammer bildet das Motiv der Aufhebung der Dun- 231 L OHFINK , Das Exsultet deutsch 94. 232 Vgl. kommentierend zu dieser Passage F UCHS - W EIKMANN , Exsultet 52-63. 233 Vgl. Joh 19,33-36; 1 Kor 5,7; Offb 5,6-12 u. ö. 234 M ESSNER , Einführung 361-363, sieht demgegenüber eine konzentrische Struktur der Sätze 1-5 (a b c b’ a’). <?page no="139"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 127 kelheit der Sünde (3: „peccatorum tenebras […] purgavit“ bzw. 4: „a […] caligine peccatorum segregatos“), wobei das in der Mitte des gesamten Abschnitts stehende Bild der Feuersäule (3: „columnae illuminatione“) einerseits als Element der Exodus-Erzählung fungiert (Ex 13,21f.), andererseits als Anspielung auf die konkrete Osterkerze, über die das Osterlob des Exsultet gesungen wird, in die Gegenwart der liturgischen Feier (4: „hodie“), speziell auf die in der Osternacht stattfindende Taufe (4: „in Christum credentes […] reddit gratiae, sociat sanctitati“) verweist. 235 Bezieht man diese Überlegungen auf den Wortgottesdienst der Messe zurück, so ließe sich sagen, dass die Messe durch die Feier der Eucharistie als Gedächtnis von Tod und Auferstehung, als Gedächtnis des definitiven Exodus aus dem Machtbereich des Lebensfeindlichen, in gewisser Weise den basalen Impetus des christlichen Kanons aufgreift und liturgisch inszeniert. In analoger Form ist von der Toralesung des jüdischen Synagogengottesdienstes als „reenactment“ des Sinaiereignisses gesprochen worden. 236 Wie sich hier die konkurrenzlose Stellung der Toralesung vom kanonischen ebenso wie liturgischen Kontext her geradezu zwangsläufig ergibt, so dort jene der Evangelienverkündigung. Theologen, die gegen eine besondere rituelle und buchgestalterische Auszeichnung des Evangeliums innerhalb der Messliturgie und für eine kanontheologisch begründete Parallelität von (so der Vorschlag von Braulik, Lohfink und Schöttler) Bahnlesung der Tora und Bahnlesung des Evangeliums argumentieren, 237 scheinen die hier umrissene spezifische Kontextualität der liturgischen Verkündigungssituation innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe und die darin zum Ausdruck kommende kanontheologische Akzentsetzung zu vernachlässigen. 238 Im Blick auf die erforderliche Revisionsarbeit am Ordo Lectionum Missae „bleibt bei allen Bemühungen dennoch die bleibende, wohl kaum aufzulösende Aporie, daß die Bibel Israels als christliches ‚Altes Testament‘ im christlichen Gottesdienst, insbesondere in der Eucharistiefeier, in einem explizit christologischchristozentrischen Kontext vorkommt, der implizit den alles übergreifenden hermeneutischen Referenzrahmen abgibt, so daß die Bibel Israels im christli- Dabei bringt gerade Schöttler diesen Aspekt klarsichtig auf den Punkt: 235 Vgl. F RANZ - F UHRMANN - A. Z ERFASS , Einführung in die Liturgiewissenschaft 201. 236 Vgl. L ANGER , Sinai, Zion, and God; DIES ., Reenactment of Sinai. 237 Vgl. B RAULIK , Die Tora als Bahnlesung; L OHFINK , Moses Tod 163f.; S CHÖTTLER , Die Bibel kanonisch lesen 117-120. 238 Exemplarisch ist folgende Bemerkung von S TADELMANN , Liturgie und Bibel 252: „Die von Braulik erarbeiteten Richtlinien für ein Vierlesungsmodell während drei Jahren mit durchlaufender Lesung (‚Bahnlesung‘) aus Pentateuch und Evangelium sind also bibeltheologisch wie liturgiegeschichtlich gut abgedeckt, müssten eigentlich jeden Liturgiker überzeugen […].“ Das liturgiehistorische Argument ist brüchig (vgl. dazu unten S. 160f.); eine eigenständige liturgietheologische Herangehensweise wird nicht in Betracht gezogen. <?page no="140"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 128 chen Gottesdienst - in Liturgie und Predigt - immer in der großen Gefahr steht, als ‚praeparatio et figura Christi‘ (vgl. LG 9) zu verkommen.“ 239 Dass Schöttlers groß angelegte, höchst fundierte und perspektivenreiche Studie „Christliche Predigt und Altes Testament“ diesen vom Autor selbst als hermeneutisch wesentlich beschriebenen Punkt „nur am Rande anklingen“ 240 lässt, dürfte dadurch bedingt sein, dass Schöttler ihn einseitig von seinem - tatsächlich ja auch gegebenen - Problempotential her sieht. Die kontextuell bedingte Hermeneutik ist aber nicht nur von ihren Risiken her eine „Aporie“, also eine Situation, aus der man sich eigentlich herausbegeben möchte, nur keinen Weg dazu findet. Vielmehr ist sie eine der Kommunikationssituation Messliturgie inhärente Gegebenheit, die zunächst einmal neutral zu beschreiben und dann auch, gerade unter homiletischem Blickwinkel, positiv auf ihre Chancen zu befragen wäre. 241 Jenseits spezifisch liturgiewissenschaftlicher Einwände gegen die genannten Vorschläge bezüglich der Parallelität von Tora- und Evangelienlesung 242 wäre auch zu prüfen, ob nicht die kanontheologischen Prämissen der genannten Autoren zu einem gewissen Grad anachronistisch sind, insofern sie die strukturelle Logik des TaNaK mit dem Neuen Testament kombinieren, anstatt die oben angedeuteten Eigenheiten des Septuagintakanons zu gewichten. Darüber hinaus hat Clemens Leonhard aus dem Blickwinkel des jüdischchristlichen Dialogs schwerwiegende Argumente gegen eine Bahnlesung der Tora im christlichen Wortgottesdienst vorgetragen, der sich damit eines Würdetitels Israels bemächtigen würde. 243 Dem etwa von Heinz-Günther Schöttler formulierten Postulat, liturgische Schriftlesung habe sich vor der kanonischen Konzeption der Bibel zu verantworten, ist zweifelsfrei zuzustimmen: „Hat man die kanonische Struktur der ganzen Bibel als unhintergehbaren Rahmen des Verstehens und Auslegens erkannt, dann ist eine Perikopen-Ordnung, die diesen Verstehensrahmen durch Elektion zerstört, schlechterdings nicht (mehr) möglich, sondern die Einbettung der im Gottesdienst gelesenen Abschnitte in die kanonische Konzeption der Bibel von deren ‚Selbstverständnis‘ her unhintergehbar.“ 244 Die kanonische Konzeption der Bibel erweist sich jedoch nicht als eine statische Vorgabe, die mit Notwendigkeit eine bestimmte Struktur des Wortgottesdienstes bis in die Details der liturgischen Leseordnung hinein nach sich zöge. Vielmehr gestattet eine Reflexion auf die Pluralität biblischer Kanonkonzeptionen und deren jeweilige Eigendynamik, die immer auch als kreative 239 S CHÖTTLER , Christliche Predigt und Altes Testament 151 (Hervorhebungen im Original). 240 Ebd. 241 Vgl. zu den homiletischen Perspektiven Kap. 4.1.3, bes. S. 134f. 242 Vgl. dazu besonders auch F RANZ , Wortgottesdienst 313-320, sowie die ausführliche Erwiderung von B RAULIK , Pentateuch-Bahnlesung. 243 Vgl. L EONHARD , Torah als Bahnlesung. 244 S CHÖTTLER , Die Bibel kanonisch lesen 117 (Hervorhebungen im Original). <?page no="141"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 129 Relecture literarischer Vorgaben und alternativer Kanonkonzeptionen zu verstehen ist, innerhalb der christlichen Messliturgie eine entsprechende Verlebendigung der spezifisch christlichen, das rettende und befreiende Handeln Gottes in der Geschichte vom Christusereignis her neu bedenkenden kanonischen ‚Logik‘ der Heiligen Schrift - ja sie gebietet sie gar. Möglicherweise ist der Nachdruck, mit dem manche Exegeten um die Berücksichtigung ihrer kanontheologischen Optionen in der Leseordnung der Messe streiten, 245 in Teilen auch einer erwartungsmäßigen Überfrachtung des Wortgottesdienstes der Messe geschuldet, die sich aus der weithin vorherrschenden liturgischen Monokultur speist. Da es keine anderen Wortgottesdienste als denjenigen der Messe zu geben scheint, muss dieser allen denkbaren Kriterien rechten Umgangs mit der Schrift, auch jedem bibeltheologischem Kriterium, genügen. Stellte man demgegenüber eine Vielfalt gottesdienstlicher Formen der Wortliturgie in Rechnung (neben der Messe z.B. die Vigil bzw. Lesehore des Stundengebets, die in SC 35,4 empfohlenen „Wortgottesdienste an den Vorabenden der höheren Feste, an Wochentagen im Advent oder in der Quadragesima“ sowie Wort-Gottes-Feiern an Sonn- und Feiertagen, aber auch an Werktagen), wäre es leichter, deren jeweils spezifische Eigenlogiken anzuerkennen, ohne die das Evangelium in besonderer Weise akzentuierende Messliturgie als Ausdruck eines liturgischen Kryptomarkionismus interpretieren zu müssen. In diesem Kontext wäre übrigens auch die Frage zu erörtern, ob es sinnvoll ist, dass sich der Verkündigungsteil der Wort-Gottes-Feier 246 bis in die Einzelheiten hinein an demjenigen der Messe orientiert. 247 Wenn es nicht ohne Folgen für die Hermeneutik eines Wortgottesdienstes sein kann, ob er mit der Eucharistiefeier (oder einer anderen sakramentlichen Feier) verbunden ist, dürften auch abweichende Gestaltungsformen möglich und angemessen sein. 248 245 Vgl. etwa die bereits erwähnte Erwiderung Brauliks auf Franz (s. oben Anm. 242). 246 Vgl. dazu ausführlich D ÜRR , Brannte uns nicht das Herz 64-128. 247 Vgl. S ÖDING , Wort des lebendigen Gottes 72, zur Schlussstellung des Evangeliums: „In einer liturgischen Feier der memoria passionis et resurrectionis Jesu Christi ist dies sachlich begründet (während andere Gottesdienstformen eher die Leseordnung in anderer Weise strukturieren und gewichten können).“ Kritisch zur formalen Identität äußert sich auch M ESSNER , Wortgottesdienst 183; jetzt ausführlicher DERS ., Historische Typologie 96-109. 248 Dies gilt zumal für Wort-Gottes-Feiern an Werktagen, während für solche an Sonntagen mit dem zeitlichen Kontext des Sonntags als Christusfest argumentiert werden könnte. - Einen deutlichen Schritt in Richtung der Emanzipation der Wort-Gottes-Feier von der Messliturgie macht das 2014 neu erschienene deutschschweizerische Liturgiebuch. Zwar bleibt die Struktur des Verkündigungsteils zumindest am Sonntag unangetastet. (An Werktagen erfolgt die „Auswahl der Schriftlesungen […] nach pastoralen Gesichtspunkten. Es können auch längere Abschnitte aus einem Buch des Alten Testaments oder einem neutestamentlichen Brief unterbrochen von Gesang, Stille oder Instrumentalmusik vorgetragen werden“; Pastorale Einführung, Nr. 63). Doch gewinnt die Feier insbesondere durch den im Vergleich zum deutschen Liturgiebuch noch eigenständiger gestalteten Eröffnungsteil mit Litaneigebet sowie durch eine Zeichenhandlung im Anschluss an die Wortverkündigung (Verehrung des Wortes [Prozession mit Kerzendarbringung oder Verneigung vor dem Buch], Zuspruch eines biblischen Wortes, Taufgedächtnis oder <?page no="142"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 130 Am Ende dieses Kapitels sei nicht verschwiegen, dass - unbeschadet der sachlich begründeten Heraushebung des Evangeliums - in der konkreten Umsetzung und Wahrnehmung des Wortgottesdienstes der Messe durchaus potentielle (und vielerorts auch reale) Probleme hinsichtlich der Wertigkeit der nichtevangelischen Lesungen bestehen. 249 Diese jedoch sind sachgerecht nicht durch eine Änderung des Ritus, sondern durch eine Revision der Leseordnung 250 und eine ästhetisch sensible Praxis zu lösen. Letztere betrifft nicht zuletzt den Umgang mit den die Lesungen enthaltenden Büchern. Dem Evangeliar kommt im Ritus des Wortgottesdienstes der Messe eine bedeutsame und sachlich begründete Rolle zu, 251 sodass die Aufhebung der Unterscheidung zwischen Lektionar und Evangeliar zugunsten einer Lesebibel 252 für diese liturgische Feierform nicht angezeigt erscheint. 253 Von hierher, nicht als Ausdruck einer apriorischen Höherwertigkeit des Evangeliums gegenüber anderen Teilen der Bibel, sondern im Blick auf Funktion und Kontext innerhalb des Messritus, rechtfertigt sich auch die in PEM 36 beschriebene besondere buchtechnische Ausgestaltung des Evangeliars. Umso mehr ist aber etwa darauf zu achten, dass im Zuge der Evangelienprozession das Lektionar nicht lieblos vom Ambo ‚abgeräumt‘ wird. Hinsichtlich der bislang nur an wenigen Orten angegangenen Frage nach einem Aufbewahrungsort des liturgischen Buchs zur Schriftverkündigung außerhalb der gottesdienstlichen Feier 254 Bußakt und Versöhnung) spezifisches Profil. Dies ist bewusst angezielt, denn der Würde der Wort-Gottes-Feier „als eigenständige[r] Gottesdienstform“ gebührt „eine eigene, unverwechselbare Gestalt“ (ebd., Nr. 24). wäre schließlich eher an das alle Schriftlesungen der Messliturgie enthaltende Lek- 249 Vgl. dazu K RANEMANN , Abwertung des Alten Testaments; DERS ., Anmerkungen zur Dramaturgie. 250 PEM 13 spricht explizit vom vorbereitenden Charakter der dem Evangelium vorausgehenden Lesungen, die „vom Alten Testament zum Neuen fortschreiten“. Dies kann, zumal in Verbindung mit SC 5, wo „die göttlichen Machterweise am Volk des Alten Bundes“ als „Vorspiel“ („praeluserant“) zum Christusereignis beschrieben werden, in der Tat problematisch gelesen werden. Entsprechend fehlt es in der geltenden Leseordnung nicht an Beispielen alttestamentlicher Lesungen, die dem Eigenwert des AT nicht gerecht werden und es in fragwürdiger Weise als Trittbrett, teilweise gar als Gegenbild zum Evangelium funktionalisieren. S CHÖTTLER , Christliche Predigt und Altes Testament 148, identifiziert zwei leitende Modelle „für die relationale Auswahl der alttestamentlichen Lesung […]: das ‚Verheißung-Erfüllung-Schema‘ und das typologisch-christologische Verstehensmodell.“ Vgl. dazu ferner G AFUS , Das Alte Testament - Stiefkind. 251 Vgl. dazu oben S. 59f. und Teil C Kap. 3.3. 252 So der Vorschlag beispielsweise von K RANEMANN , Anmerkungen zur Dramaturgie 767f.; S CHÖTTLER , Die Bibel kanonisch lesen 122f.; S ÖDING , Wort des lebendigen Gottes 73f. 253 Hingegen ist es konsequent, wenn die Wort-Gottes-Feier ausdrücklich nicht mit dem Evangeliar operiert. So heißt es etwa in der Pastoralen Einführung zum neuen Schweizer Buch, Nr. 57: „In der Wort-Gottes-Feier kommt dem Lektionar besondere Bedeutung zu. Wird anstelle des Lektionars eine Bibel verwendet, kommt noch stärker zum Ausdruck, dass Gott durch das Wort der ganzen Schrift zu den Menschen spricht.“ 254 Vgl. dazu K ACZYNSKI , Wertschätzung der Bücher; F USSBROICH , Neuere Bemühungen; K RANEMANN , Wort - Buch - Verkündigungsort 68-70. <?page no="143"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 131 tionar als an das Evangeliar zu denken, dessen besondere Würde an den Vollzug des Ritus gebunden bleibt. 4.1.3 Christologische Hermeneutik der Schriftlesungen Noch für Josef Andreas Jungmann war selbstverständlich, dass alttestamentliche Lesungen im Wortgottesdienst der Messe sich einlinig durch eine christologische Interpretation legitimieren müssten: „Dabei ist es klar, daß auch das Alte Testament, wo es in den Lesungen der Vormesse erscheint, nicht um seiner selbst willen oder nur als irgendwelcher heiliger Text gelesen wird, sondern daß es dasteht seines prophetischen Gehaltes wegen und in neutestamentlicher Beleuchtung.“ 255 Dass die Lesungen aus dem Alten Testament nur als „Seitenstücke und Schattenbilder zu den Berichten des Evangeliums“ 256 zu betrachten seien, entspricht gewiss nicht dem Stand einer heutigen liturgischen Hermeneutik, die vielmehr sehr wohl vorauszusetzen hat, dass das Alte Testament als Teil der Heiligen Schrift ‚um seiner selbst willen‘ gelesen wird - und dies aus israelebenso wie aus bibel- und liturgietheologischen Gründen. 257 „Die Bibel Israels ist sprach-logische und theo-logische Erkenntnisquelle, das Christusereignis auszudrücken. Die Reihenfolge [von Altem und Neuem Testament] gibt die Leserichtung vor, und diese bestimmt die Interpretationsrichtung, also: ‚von vorne nach hinten‘, nicht umgekehrt! “ Auf einer grundlegenden Ebene gilt innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe wie innerhalb des christlichen Bibelkanons: 258 Dessen unbeschadet stellt sich im vorliegenden Zusammenhang die Frage, inwiefern das beschriebene christologische Gefälle der gesamten Messliturgie in besonderer Weise eine christusbezogene Hermeneutik auch der alttestamentlichen Lesungen legitimiert. Die Pastorale Einführung in das Messlektionar legt dies nahe, wenn sie formuliert: „So folgt die Kirche in der Liturgie treu der Art und Weise, wie Christus die heiligen Schriften gelesen und ausgelegt hat. Er hat dazu aufgefordert, alle Schriften zu ergründen vom ‚Heute‘ des Ereignisses her, das er selber ist.“ 259 255 J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 508. 256 Ebd. 509. 257 Vgl. dazu B ECKER , Dies große Wort, bes. 422-424.429.432.435f.439. 258 S CHÖTTLER , Christliche Predigt und Altes Testament 462. 259 PEM 3. In der zugehörigen Anm. 8 belegt PEM die Aussage mit Lk 4,16-21 (Jesus in der Synagoge von Nazareth; vgl. bes. V. 21: „Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt“) sowie Lk 24,25-35.44-49 (Emmaus; vgl. hier bes. V. 27: „Und er legte ihnen dar, ausgehend von Mose und allen Propheten, was in der gesamten Schrift über ihn geschrieben steht“ und V. 44: „Alles muss in Erfüllung gehen, was im Gesetz des Mose, bei den Propheten und in den Psalmen über mich gesagt ist“). <?page no="144"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 132 Tatsächlich können die aus und an sich mehrdeutigen Lesungstexte, die nicht auf einen historisch-situativen Sinn reduzierbar sind, 260 im liturgischen Rezeptionskontext in unterschiedlichem Maße christologisch 261 determiniert werden. Als Beispiel mag die erste Lesung der weihnachtlichen missa in nocte dienen. Die Verheißung Jes 9,1-6 wird bereits im Neuen Testament 262 und darauf aufbauend - ähnlich wie Jes 7,14 und Jes 11 - in der patristischen und liturgischen Tradition christologisch gelesen. 263 Diese Applikation des Textes nimmt eine in ihm selbst und seiner Wachstumsgeschichte angelegte, auch historisch-kritisch zu eruierende Bewegung auf, in deren Rahmen er auf immer neue Situationen angewandt wurde (Hiskija als Hoffnungsträger des Nordreichs Israel angesichts der assyrischen Besatzung, Ermunterung der Exilgemeinde, protoapokalyptische Universalisierung): „Im Laufe des Fortschreibungsprozesses wird ein Trostwort an das Nordreich zu einem pazifistischen Messianismus ausgebaut. In dieser Form wird er zum Weihnachtstext, der das Wesen und Wirken Jesu Christi aufdeckt.“ 264 Zwei mehr oder minder willkürlich gewählte Beispiele von aufeinander folgenden Sonntagen aus der Mitte des Jahreskreises im Lesejahr A, also aus einem kirchenjahreszeitlich nicht vorgeprägten Umfeld, können die spezifische Relevanz des eucharistischen Kontextes vielleicht noch deutlicher zeigen. Am 15. Sonntag im Jahreskreis ist als erste Lesung Jes 55,10f. vorgesehen: Die Verkündigung der Perikope in der Weihnachtsliturgie ist vom kirchenjahreszeitlichen Kontext und der diesbezüglichen Rezeptionsgeschichte des Textes her dominant christologisch determiniert, ohne dass dadurch andere Auslegungsrichtungen, zumal in anderen Kontexten, ausgeschlossen oder abgewertet würden. „So spricht der Herr: Wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.“ 260 Näheres dazu aus literaturwissenschaftlicher Perspektive in Teil C Kap. 1.1. 261 S CHÖTTLER , Christliche Predigt und Altes Testament 460, unterscheidet „zwischen christologischer und christozentrischer Auslegung des Alten Testamentes“. Für erstere gilt: „Die entscheidenden Aussagen über Jesus werden in dem von den Schriften der Bibel Israels vorgegebenen theologischen Sinnhorizont und in diesem ‚Sprachspiel‘ gemacht.“ Letztere hingegen geht „den umgekehrten Interpretationsweg […] Sie vermutet in der Bibel Israels einen verborgenen christlichen Sinn und findet auch, was sie vermutet.“ Somit blickt erstere „von der Bibel Israels aus pro-spektivisch auf Jesus als den Christus“, während die Methode letzterer „retro-spektivisch [ist], d.h. eine Rückprojektion von Jesus Christus her auf das Alte Testament“ (ebd. 461; Hervorhebungen im Original). 262 Vgl. Mt 4,16; Lk 1,32f.79. 263 Vgl. dazu beispielhalber zur Jerusalemer Tradition B RAKMANN , Der gemeinsame Erlöser 241. 264 O EMING , Die verborgene Nähe 199. <?page no="145"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 133 Im Wortgottesdienst der Messe, deren vorangehender Eröffnungsteil die Aufmerksamkeit bereits massiv auf Christus gelenkt hat (Altarkuss, liturgischer Gruß, Huldigungsruf des Kyrie eleison, zweite Hälfte des Gloria in excelsis, Mittlerformel am Schluss des Tagesgebets), wird es besonders nahe liegen, das von Gott ausgesandte wirkmächtige Wort auf den schöpferischen Logos zu beziehen, der in Jesus Christus Mensch geworden ist (Joh 1 in Anspielung auf Gen 1). Die alttestamentliche Lesung am 16. Sonntag ist dem Buch der Weisheit entnommen (Weish 12,13.16-19). Der Text, als Anrede an Gott formuliert, preist dessen Stärke, Gerechtigkeit und Milde. Im letzten Vers der Perikope heißt es: „Durch solches Handeln hast du dein Volk gelehrt, dass der Gerechte menschenfreundlich sein muss, und hast deinen Söhnen die Hoffnung geschenkt, dass du den Sündern die Umkehr gewährst.“ Wiederum begünstigt es der Kontext der christusbezogenen Messfeier, beim Hören dieses Verses an Jesus von Nazareth als Exempel des menschenfreundlichen Gerechten zu denken, in dessen Handeln und Verkündigung das Angebot Gottes zur Umkehr der Sünder anschaulich wird. Die angedeuteten christologischen Nuancen sind lediglich eine Facette im offenen Bedeutungsspektrum der beiden Lesungstexte. Im Formular des Wortgottesdienstes vom 15. Sonntag werden sie nicht explizit gemacht; vielmehr lenkt hier die Kombination mit dem Gleichnis vom Sämann (Mt 13,1- 23) das Verständnis auf die Verkündigung (Mt 13,19: „das Wort vom Reich“). Am 16. Sonntag hingegen bringt das Evangelium (Mt 13,24-43) in der Auflösung des Gleichnisses vom Unkraut unter dem Weizen den Menschensohn als eschatologisch Handelnden ins Spiel (V. 37.41), wodurch eine christologische Lesart der ersten Lesung gestützt werden könnte. Doch geschieht dies auch in diesem Fall nicht deutlich und scheint keineswegs die leitende Absicht bei der Zusammenstellung des Formulars gewesen zu sein. Keinesfalls kann also die Rede davon sein, die alttestamentlichen Lesungen würden auf die Funktion eines christologischen Zubringers festgelegt. Eine im beschriebenen Sinn vom situativen Kontext her begünstigte christologische Lesart alttestamentlicher Texte kommt zudem nicht für jeden Text in gleicher Weise in Frage. Schließlich kann und darf sie auch im Wortgottesdienst der Messe niemals Exklusivität für sich beanspruchen. Vielmehr gilt für die liturgische Verkündigungssituation der gleiche Vorbehalt, den Jürgen Werbick für christliches Bibelverständnis im Allgemeinen formuliert: Die hermeneutische Mitte zentriert ein spannungsreiches Feld, aus dem sie ihre Dynamik bezieht - und nicht umgekehrt. „Die Normativität des Christologischen läßt sich […] auch als hermeneutische Zentralität zur Geltung bringen: Das Verständnis der Bibel ist für Christen auf das in Jesus Christus Geschehene zentriert; sie lesen die Bibel mit dem Vor- Urteil, der Bezug zu diesem Zentrum lasse in der Bibel in vieler Hinsicht entscheidende Zusammenhänge aufscheinen und als Gottesoffenbarung verste- <?page no="146"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 134 hen. Aber dieses hermeneutische Zentrum zentriert offenkundig nicht alles ausschließlich auf sich hin; und es steht in einer Spannung zu dem, was es auf sich hin zentriert. Die Zentrierung geschieht in einem Feld von Spannungen, die das Zentrum niemals zum exklusiven Ausgangspunkt der verstehenden Zuordnung werden lassen, sondern in vielfacher Hinsicht aus den Spannungen heraus verstanden werden muß, in denen ihm seine Zentralbedeutung zukommen kann.“ 265 Homiletisch folgt aus dem Gesagten, dass ein kontextuell sich einstellender Christusbezug alttestamentlicher Lesungen nicht mit einer brachialen Christologisierung derselben verwechselt werden darf. Ihr Eigenstand, auch als Teil der Bibel Israels, gegebenenfalls auch ihre Widerständigkeit, ist ernst zu nehmen. Von ihrem kontextuell bedingten Christusbezug her zu predigen, bedeutet vielmehr, eine Lesung im Licht des in der Eucharistie gefeierten Pascha-Mysteriums auszulegen, 266 Auf dieser Linie definiert auch die Päpstliche Bibelkommission in ihrem beachtlichen Dokument „Die Interpretation der Bibel in der Kirche“ aus dem Jahr 1993 den ‚geistlichen Sinn‘ der Schrift: im Licht also des im Christusereignis manifest gewordenen Hinübergangs aus der Knechtschaft des Todes und der Sünde hin zum ‚Leben in Fülle‘ (Joh 10,10), das kein Tod mehr nehmen kann, im Licht der radikalen Zuwendung Gottes zum Menschen in seiner Leidens- und Todesverfallenheit, um ihm am göttlichen Leben Anteil zu geben. „In der Regel läßt sich der geistliche Sinn in der Perspektive des christlichen Glaubens als der Sinn definieren, den die biblischen Texte ausdrücken, wenn sie unter dem Einfluß des Heiligen Geistes im Kontext des österlichen Mysteriums Christi und des daraus folgenden neuen Lebens gelesen werden.“ 267 Auf das zuletzt angesprochene Beispiel des 16. Sonntags im Jahreskreis Lesejahr A angewandt bedeutet dies: Es geht nicht darum, den Text aus Weish 12 dahingehend auszulegen, in Vers 19 sei ‚in Wirklichkeit Christus gemeint‘, auch nicht darum zu behaupten, es bedürfe des Bezugs auf Christus, um den 265 W ERBICK , Bibel Jesu und Evangelium Jesu Christi 216 (Hervorhebungen im Original). 266 Vgl. GORM 65: Die Homilie „soll einen Gesichtspunkt aus den Lesungen der Heiligen Schrift […] darlegen - unter Berücksichtigung des Mysteriums, das gefeiert wird, und der besonderen Bedürfnisse der Hörer“ (Hervorhebung A.Z.; vgl. AEM 41). Vgl. ferner PEM 24: „In der Meßfeier soll durch die Homilie die Verkündigung des Wortes Gottes zusammen mit der Feier der Eucharistie zur ‚Botschaft von den Wundertaten Gottes in der Geschichte des Heils, d. h. im Mysterium Christi‘ [SC 35,2], werden. Denn das in Lesungen und Homilie verkündete Geheimnis von Tod und Auferstehung Christi wird durch das Meßopfer vollzogen. Christus selbst ist ja stets gegenwärtig und wirkt, wo immer die Kirche sein Wort verkündet.“ Stärker inkarnationstheologisch gewendet und auf die Realpräsenz Christi bezogen findet sich derselbe Gedanke bei Benedikt XVI., Verbum Domini 55: „Das Wort Gottes wird im eucharistischen Geschehen sakramentales Fleisch. Die Eucharistie öffnet uns für das Verständnis der Heiligen Schrift, ebenso wie die Heilige Schrift ihrerseits das eucharistische Geheimnis beleuchtet und erklärt.“ 267 II.B.2. <?page no="147"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 135 Text angemessen verstehen zu können. 268 4.2 Der Zielpunkt der eucharistischen Dynamik: Handeln als Leib Christi Wohl aber kann (nicht: muss! ) ein christliches Verständnis im Rahmen einer christlichen Predigt dem Text vom Zeugnis des Lebens und der Lehre Christi her eine bestimmte inhaltliche Füllung abgewinnen, wenn es ihn „im Kontext des österlichen Mysteriums Christi und des daraus folgenden neuen Lebens“ liest. Die lobpreisende und danksagende Vergegenwärtigung des Pascha-Mysteriums in den anamnetischen Teilen des eucharistischen Hochgebets ist verbunden mit einem Akt des Handelns als Leib Christi (Darbringungsaussage), der sich kraft des Geistes vollzieht (Epiklese) (Kap. 2). Die innere Dynamik des doppelten Wandlungsgeschehens innerhalb des eucharistischen Teils der Messe zielt also auf das Handeln der Kirche als Leib Christi (Kap. 3). Nicht erst die Gabenbereitung, sondern bereits der Wortgottesdienst ist im Kontext der Messfeier in diese Dynamik einbezogen. So gilt analog für die verkündigende Vergegenwärtigung des Pascha-Mysteriums: Auch sie zielt - im doppelten Sinne der Zusage wie des Anspruchs - auf das Handeln der Kirche als Leib Christi. Das Zweite Vatikanische Konzil reflektiert diesen Zusammenhang im Blick auf die Verhältnisbestimmung der kirchlichen Grundvollzüge martyria, leitourgia und diakonia. 269 268 Etwas gönnerhaft heißt es in demselben Dokument dazu (I.C.1): „Vor allem aber liest die Kirche das Alte Testament im Lichte des österlichen Geschehens - Tod und Auferstehung Jesu Christi. Das führte zu etwas grundlegend Neuem und verleiht den heiligen Schriften mit souveräner Autorität einen entscheidenden und definitiven Sinn (vgl. Dei Verbum, 4). Diese neue Sinnbestimmung gehört voll und ganz zum christlichen Glaubensgut. Trotzdem darf sie deshalb der älteren, kanonischen Interpretation, die dem christlichen Osterglauben vorausging, nicht jede Bedeutung absprechen. Denn jede Phase der Heilsgeschichte muß auch in ihrem Eigenwert geachtet werden. Das Alte Testament seines Sinnes zu entleeren, hieße das Neue Testament von seinen geschichtlichen Wurzeln abschneiden.“ Immerhin wird hier aber einer einseitigen Festlegung auf die christologische Lesart gewehrt, wie sie noch in PEM 5 aufscheint: „Die Kirche verkündet ein und dasselbe Mysterium Christi, wenn sie das Alte und wenn sie das Neue Testament im Gottesdienst verkündet. Denn im Alten Testament ist das Neue verborgen, und im Neuen Testament erschließt sich das Alte. Wie Christus die Mitte und Fülle der ganzen Heiligen Schrift ist, so ist er auch die Mitte und Fülle des ganzen Gottesdienstes: Daher müssen alle, die nach Heil und Leben verlangen, aus seinen Quellen trinken.“ Zu dem hier zur Verhältnisbestimmung von AT und NT herangezogenen Augustinus-Zitat vgl. H IEKE , Dei Verbum 64f.; H UBER , Das Neue im Alten verborgen 292f. Die vielzitierte Aussage von der Liturgie als Höhepunkt und Quelle des kirchlichen Tuns in SC 10 wird nämlich im Anschluss dahingehend entfaltet, dass alle (außerliturgische) Verkündigung letztlich auf die Teilnahme an der Eucharistie zielt (daher: „Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt“), aus der wiederum der entscheidende Impuls zur praktizierten Christusnachfolge hervorgeht (insofern: „die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt“). 269 Vgl. dazu auch PO 6. <?page no="148"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 136 SC 10: „Dennoch ist die Liturgie der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt. Denn die apostolische Arbeit ist darauf hingeordnet, daß alle, durch Glauben und Taufe Kinder Gottes geworden, sich versammeln, inmitten der Kirche Gott loben, am Opfer teilnehmen und das Herrenmahl genießen. Andererseits treibt die Liturgie die Gläubigen an, daß sie, mit den ‚österlichen Geheimnissen‘ gesättigt, ‚in Liebe eines Herzens sind‘ [Postcommunio der Ostervigil und des Ostersonntags]; sie betet, daß sie ‚im Leben festhalten, was sie im Glauben empfangen haben‘ [Oration der Messe am Dienstag in der Osterwoche]; wenn der Bund Gottes mit den Menschen in der Feier der Eucharistie neu bekräftigt wird, werden die Gläubigen von der drängenden Liebe Christi angezogen und entzündet. Aus der Liturgie, besonders aus der Eucharistie, fließt uns wie aus einer Quelle die Gnade zu; in höchstem Maß werden in Christus die Heiligung der Menschen und die Verherrlichung Gottes verwirklicht, auf die alles Tun der Kirche als auf sein Ziel hinstrebt.“ Was das Konzil hier mit Zitaten aus liturgischen Gebeten der Osterzeit umreißt, wird in der Pastoralen Einführung in das Messlektionar stärker diskursiv entfaltet. Der dialogischen Struktur der Liturgie gemäß entspricht dem Wort Gottes die Antwort des Menschen, und diese erfolgt nicht nur innerhalb des Gottesdienstes selbst, dort primär in Form von Gebet und Gesang, 270 PEM 6: „Im Gottesdienst antwortet die Kirche gläubig mit demselben ‚Amen‘, das Christus, der Mittler zwischen Gott und den Menschen, ein für allemal und für alle Zeiten sprach, als er sein Blut vergoß, um den Neuen Bund im Heiligen Geist mit göttlicher Kraft zu begründen. sondern auch und vor allem im alltäglichen Leben. Wenn Gott sein Wort mitteilt, erwartet er also immer Antwort, nämlich das Hören und die Anbetung ‚im Geist und in der Wahrheit‘ (Joh 4,23). Der Heilige Geist macht diese Antwort lebendig, so daß sich im Leben entfaltet, was in der Liturgie gehört wird entsprechend der Mahnung: ‚Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach‘ (Jak 1,22). […] Daher nehmen die Gläubigen um so tiefer am Gottesdienst teil, je aufrichtiger sie sich bemühen, dem in Christus Mensch gewordenen Wort Gottes selbst nachzufolgen, wenn sie es im Gottesdienst verkündet hören. So versuchen sie, einerseits in ihrer Lebensführung zu bewahren, was sie im Gottesdienst feiern, und andererseits in den Gottesdienst einzubringen, was sie in ihrem Leben tun.“ PEM 48: „Diese Antwort wird sich im Gebet und in der Hingabe ihrer selbst ausdrücken, und das nicht nur innerhalb der Feier, sondern im ganzen christlichen Leben.“ Gottesdienstliche Verkündigung wirkt kraft der inneren Dynamik der liturgischen Form darauf hin, dass die Feiernden sich das Pascha-Mysterium durch Christusnachfolge handelnd zueigen machen. Erfahrung und Praxis der Gliedschaft am Leib Christi ist, wie die Kommunikantenepiklese des eucharis- 270 Vgl. SC 33. <?page no="149"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 137 tischen Hochgebets verbal reflektiert, pneumatologisch vermittelt: Es ist der Geist Christi, der die Zugehörigkeit zu ihm und damit die Gotteskindschaft ebenso wie die Verbindung untereinander konstituiert und zum Sprechen und Handeln vor Gott ebenso wie vor der Welt befähigt. 271 PEM 9: „Damit aber das Wort Gottes nicht nur in den Ohren klingt, sondern in den Herzen wirkt, ist das Handeln des Heiligen Geistes notwendig. Durch seine Eingebung und seinen Beistand wird das Wort Gottes zum Fundament des Gottesdienstes, zur Wegweisung und Quelle der Kraft für das ganze Leben. Auf dieser Linie hebt die Pastorale Einführung in das Messlektionar bezüglich der Schriftverkündigung hervor: So geht das Wirken des Geistes allem gottesdienstlichen Handeln voraus, begleitet es und geht neu aus ihm hervor. Der Geist lehrt aber auch das Herz jedes einzelnen Menschen, was in der Verkündigung des Wortes Gottes der ganzen Gemeinde der Gläubigen gesagt wird. Er entfaltet die verschiedenen Gnadengaben, ermutigt zu vielfältigem Handeln und fügt alles zur Einheit zusammen.“ PEM 47: „Wenn die Kirche das Wort Gottes verkündet und für die Lebenspraxis auslegt, durchdringt es die Gläubigen mit dem Licht des Heiligen Geistes und treibt sie an, das ganze Mysterium des Herrn in die Tat umzusetzen.“ Es ist erfreulich und der Sache angemessen, dass hier die Bedeutung des Heiligen Geistes stärker akzentuiert wird als in den grundlegenden liturgietheologischen Aussagen der Liturgiekonstitution, wo der nachträglich geänderte Schlusssatz von Art. 6 (im Deutschen als eigener Satz: „All das aber geschieht in der Kraft des Heiligen Geistes.“) das pneumatologische Defizit nur notdürftig kaschiert. 272 Die Dynamik auf eine Aneignung des Pascha-Mysteriums im eigenen Lebensvollzug hin lässt sich freilich nicht auf den Wortgottesdienst der Messe oder überhaupt auf liturgische Schriftverkündigung beschränken; vielmehr wohnt sie jeder lectio divina inne. 273 Verbum Domini, Nr. 52: „In einem gewissen Sinn muss die Hermeneutik des Glaubens im Hinblick auf die Heilige Schrift ihren Bezugspunkt stets in der Li- Allerdings kann mit Benedikt XVI. festgehalten werden, dass hinsichtlich dieser Aneignung der Schrift für das eigene Leben die kontextuell bedingte Dynamik gottesdienstlicher Schriftverkündigung als Modell für christliches Schriftverständnis überhaupt anzusehen ist. 271 Vgl. z.B. Röm 8,1-17.26; 1 Kor 12,1-27; Gal 4,6; Mk 13,10f. parr. 272 Vgl. K ACZYNSKI , Theologischer Kommentar 65. Grundsätzlich bemerkt B AUMGARTNER , Wort 165, zu Recht: „Viel entschiedener als bisherige Verlautbarungen nehmen die Praenotanda der Leseordnung für die Messe das pneumatologische Anliegen wahr […].“ Vgl. auch T RIACCA , Valore teologico 629f. 273 Vgl. PEM 12: „Der tägliche Umgang mit der Heiligen Schrift macht das Volk Gottes bereit, sich im Licht des Glaubens dem Heiligen Geist zu öffnen und durch sein Leben vor der Welt Zeugnis abzulegen für Christus.“ Vgl. auch F UCHS , Biblische Geschichten. Zur grundlegenden Unterscheidung zwischen liturgischer Schriftlesung und lectio divina vgl. Teil A Kap. 1. <?page no="150"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 138 turgie haben, wo das Wort Gottes als aktuelles und lebendiges Wort gefeiert wird“. Zu dieser kontextuellen Hermeneutik liturgischer Schriftverkündigung äußert sich auch Papst Franziskus in seinem Apostolischen Schreiben zum Abschluss des Jahres des Glaubens 2012/ 13. Evangelii gaudium, Nr. 138: „Wenn die Verkündigung im Kontext der Liturgie geschieht, wird sie eingefügt als Teil der Opfergabe, die dem Vater dargebracht wird, und als Vermittlung der Gnade, die Christus in der Feier ausgießt. Ebendieser Kontext verlangt, dass die Verkündigung die Gemeinde und auch den Prediger auf eine Gemeinschaft mit Christus in der Eucharistie hin ausrichtet, die das Leben verwandelt.“ Wenn Franziskus die Verkündigung als „Teil der Opfergabe, die dem Vater dargebracht wird“, qualifiziert, ist damit nicht nur auf ihren auch doxologischen Charakter 274 abgestellt. Vielmehr geht es darum, dass die anamnetische Funktion liturgischer Verkündigung an jener Dynamik der Selbsthingabe teilhat, die im eucharistischen Teil der Messfeier insbesondere in Gabenbereitung und Darbringungsaussage Gestalt annimmt. Wortgottesdienst und Eucharistiefeier konvergieren in ihrer Ausrichtung auf die Gemeinschaft mit Christus, und zwar derart, dass diese Gemeinschaft „das Leben verwandelt“, wie Franziskus sagt. 275 Der Wortgottesdienst der Messe ist „Wort, das aktuelle, jetzt geltende und die ganze menschliche Existenz in Anspruch nehmende Anrede ist“ 276 , „vergegenwärtigende Feier des Gotteswortes, das seine verwandelnde Kraft in den Hörenden entfalten will“ 277 Damit ergibt sich zugleich eine wichtige Ergänzung im Verständnis der oben thematisierten Gegenwart Christi im Wort: Wie die eucharistische Gegenwart, zu der sie in Analogie steht, . 278 ist die Gegenwart Christi im Wort nicht primär statisch, sondern dynamisch zu denken: 279 Sie drängt wesenhaft auf die ‚Kommunion‘ zwischen Christus und den Gläubigen und der Gläubigen untereinander. „Diese Gegenwart ist nicht einfach passiv, sondern will erneut wirksam werden; als Gegenwärtiger will Christus selbst im Wort von den Gläubigen empfangen, aufgenommen werden und dadurch deren Leben verwandeln.“ 280 Eine wichtige vermittelnde Rolle kommt in diesem Zusammenhang der Homilie zu, für deren Verständnis und Praxis das hier entfaltete Profil der 274 Vgl. B RADSHAW , The Use of the Bible 42f. 275 Vgl. auch H AUNERLAND , Lebendig ist das Wort Gottes 123 (zitiert oben S. 81 Anm. 1). 276 M ESSNER , Wortgottesdienst 182. 277 G ERHARDS , Das Wort, das zum Ereignis wird 138. 278 Vgl. oben S. 120 Anm. 200. 279 Damit soll weder die bleibende Gegenwart Christi in den konsekrierten Gaben geschmälert noch darüber hinweggegangen werden, dass im Blick auf die Gegenwart im verkündigten Wort, also in einem Vollzug, ohnehin schwerlich von statischer Präsenz gesprochen werden könnte. 280 K LÖCKENER , Bibel und Liturgie 169. <?page no="151"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 139 Schriftverkündigung innerhalb der Messliturgie unmittelbare Konsequenzen hat. Dies gilt in zweifacher Hinsicht: Zum einen ist die Predigt ein privilegierter Ort, die der Liturgie immanente anamnetische Hermeneutik der Schriftverkündigung explizit zu erschließen, das heißt etwa die biblische Heilsgeschichte als Raum der Gottesbegegnung der Heutigen bewusst zu machen, zur Rollenidentifikation zwecks Prüfung der eigenen Glaubenserfahrungen anzuleiten, die im Wachstum begriffene Gegenwart des Reiches Gottes und die zugesagte wie aufgegebene Teilhabe am Pascha-Mysterium zu entfalten. 281 Dieser Lebensbezug der Schriftverkündigung umfasst auch die gegebenenfalls bereits in der Textpragmatik der Lesungen angelegten, durch die Dynamik der liturgischen Feier aber auf jeden Fall verstärkten Handlungsaufforderungen bezüglich der Zuwendung zum Nächsten, die im Sinne der Christusnachfolge zu erschließen der Predigt aufgegeben ist 282 - freilich ohne dabei die jeder menschlichen Aktivität vorausliegende gnädige Zuwendung Gottes aus dem Blick zu verlieren. 283 Darüber hinaus ist die Homilie auch insofern ein Ort der Vergegenwärtigung des Pascha-Mysteriums, als die Predigt vom Reich Gottes selbst eine besondere Form der Christusnachfolge darstellt, die sich nicht nur durch ihren gedanklichen Inhalt, sondern auch durch ihre kommunikative Form 284 der biblischen Botschaft vom rettenden und befreienden Gott als angemessen zu erweisen hat. Die Bewältigung dieser Herausforderung durch den Prediger wird seitens der Gläubigen als ein entscheidendes Kriterium der Glaubwürdigkeit seiner Verkündigung empfunden und kann für die pastorale Praxis der Gemeinden im positiven wie im negativen Sinne stilbildend wirken. Als zielführend erscheint hier das von Rolf Zerfaß entwickelte Konzept der „Predigt als Intervention“, 285 281 Vgl. dazu ausführlich Teil A zum anamnetischen Charakter der liturgischen Schriftverkündigung. Zur vermittelnden Funktion der Homilie vgl. W IEDERKEHR , Predigt und Eucharistiefeier 257f.264f., sowie jetzt B ÄRSCH , Gemeinschaft, bes. 108f. Vgl. ferner Homiletisches Direktorium, Nr. 15. als helfendes und heilendes Eingreifen in einen 282 Dieser Impetus berührt sich mit dem auffälligen Akzent jüngerer lehramtlicher Äußerungen zur Verkündigungspraxis in Wort und Tat, die Udo Schmälzle als Wiederentdeckung der „diakonalen Christuspräsenz im Geringsten“ beschrieben hat (S CHMÄLZLE , Charismen teilen 177). Schmälzle bezieht sich ausdrücklich auf die Enzyklika Deus caritas est Benedikts XVI. Besonders stark ausgeprägt ist die beschriebene Tendenz im Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium von Papst Franziskus. 283 Vgl. dazu W IEDERKEHR , Predigt und Eucharistiefeier 261; F UCHS , Predigt als Gnadenerfahrung, bes. 319-321. 284 Vgl. die Wortbedeutung ὁμιλεῖν = „sich freundschaftlich unterhalten, unaufgeregt miteinander sprechen, intim (auch geschlechtlich) miteinander umgehen“ (R. Z ERFASS , Regelmäßig 291); die „Semantik dieses Begriffs [ist] sehr vom wechselseitigen Austausch geprägt“ (Ph. M ÜLLER , Predigt ist Zeugnis 43). Grundlegende Schlussfolgerungen für eine Kriteriologie kirchlicher Verkündigungspraxis zieht R. Z ERFASS , Herrschaftsfreie Kommunikation. 285 Vgl. R. Z ERFASS , Textpredigt 14-58. <?page no="152"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 140 unabhängig von der Predigt bereits stattfindenden Prozess 286 mit dem Ziel, angesichts der hier und heute herrschenden Ambivalenzen und Nöte auf die Befreiung aus lebensfeindlichen Umständen hinzuwirken. 287 „In der Weise, wie Jesus beide [die Sünderin und den Pharisäer; A.Z.] im Gleichnis anleitet, sich auf eine neue Weise zu sehen, macht er ihnen bewußt, daß sie beide weniger leben, als sie leben könnten, und welche Möglichkeiten sich ihnen auftun, wenn sie einander in Gottes Namen annehmen - als gemeinsame Schuldner und gemeinsame Freigelassene Gottes. Als Matrix seines Modells dient Zerfaß ein Beispiel aus der Verkündigungspraxis Jesu, nämlich die Szene mit der Jesus die Füße salbenden Sünderin im Haus des Pharisäers Simon (Lk 7,36-50). Dabei hat Jesus mit keinem Wort von Gott gesprochen. In der ganzen Geschichte kommt Gott nicht vor. Aber in der Weise, wie Jesus auf Simon zugeht, ihn in diese Vergebungsparabel hineinholt, und in der Weise, wie er die Frau in den Frieden Gottes entläßt, macht er Gott gegenwärtig. Durch sein Verhalten wird aus der peinlichen Konfliktsituation eine Erlösungssituation. Die Situation verändert sich, weil Gott in Jesus jetzt offenbar wird als der, der alle Beteiligten von ihrer Vorgeschichte befreien will; sie wird sich weiter zugunsten der Lebenschancen aller verändern, wenn sie seine Einladung aufgreifen, sich anders als bisher zueinander zu verhalten und so ihre Situation von innen her zu verändern. So wird Gott als Erlöser geoffenbart: Er löst die unerträglichen, unlebbaren Verhältnisse auf und verwandelt sie in einen möglichen ‚Lebensraum‘. Die Herrschaft von Menschen über Menschen hört auf. Das Urteilen, das Ausschließen hört auf. Gottes Herrschaft bricht an. Darin aber genau liegt auch der Sinn jeder weiteren Predigt über die Erzählung des Lukas in den Gottesdiensten der Kirche bis heute. Diese Erzählung ist nur dazu in der Bibel aufbewahrt und in die Leseordnung unserer Gottesdienste übernommen worden, daß die befreiende Macht Gottes sich neu in den Situationen durchsetzt, die uns familiär, beruflich und politisch belasten und am Leben hindern, weil da immer noch der Glaube an die falschen Götter die falschen Grenzen festlegt: wer gut und wer böse ist, wer reich und wer arm, wer behindert und wer nicht behindert, wer rechts und wer links, wer gläubig, ungläubig und andersgläubig.“ 288 Predigen im Geist Jesu ist eine Weise des Handelns als Leib Christi, ein Modell gelingender Kommunikation als Form der tätigen Zuwendung zum Nächsten. Eine solche helfende und heilende Kommunikation des Evangeliums vom rettenden Gott, die Reich Gottes erfahrbar macht, verlangt das En- 286 Erinnert sei in diesem Zusammenhang (vgl. oben S. 78) an die fundamentale Mahnung von Papst Franziskus (Evangelii gaudium, Nr. 155): „Es ist jedoch [bei der Predigtvorbereitung; A.Z.] nötig, die Sensibilität zu steigern, um das zu erkennen, was wirklich mit ihrem [d.h. der Gottesdienstteilnehmer; A.Z.] Leben zu tun hat. Erinnern wir uns daran, dass man niemals auf Fragen antworten soll, die sich keiner stellt“ (Hervorhebung im Original). 287 Dies fügt sich nahtlos in die oben (Kap. 4.1.2) beschriebene Entsprechung zwischen den ‚paschalen‘ Eigenlogiken des christlichen Bibelkanons und der Messliturgie. 288 R. Z ERFASS , Textpredigt 22f. <?page no="153"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 141 gagement der ganzen Person. Sie erlaubt nicht den Rückzug in Unpersönlichkeit und Unverbindlichkeit; bezogen auf die liturgische Schriftverkündigung bedeutet dies einmal mehr, dass der eucharistische Kontext den Weg zu einer historisch-kritischen Distanzierung, die die biblische Botschaft allein in der Vergangenheit verortet, ebenso versperrt 289 wie die Flucht in Allgemeinplätze theologischer Katechismus-Sprache. 290 4.3 Geistliche Nahrung von beiden Tischen ‚Arbeit‘ am Reich Gottes in der Nachfolge Jesu heißt, sich selbst darzubringen: sich mit Rat und Tat einzusetzen, um dem Anderen den Auszug aus seinem ‚Ägypten‘ zu ermöglichen. Von diesem Verständnis der Schriftverkündigung her, das um die existentielle Selbsthingabe als Material- und Formalobjekt kreist (und sie exemplarisch verwirklicht), ergibt sich eine Brücke zum oben beschriebenen Opfercharakter des eucharistischen Teils der Messliturgie: die Vergegenwärtigung der am Kreuz gipfelnden Pro-Existenz durch praktizierte Christus- und Kreuzesnachfolge im Alltag, realsymbolisch verdichtet in der Liturgie. Die folgenden Ausführungen stehen sachlich in enger Verbindung zum zuletzt Gesagten; nun aber geht es analog um die Brücke zum Wortgottesdienst der Messe vom Mahlcharakter der Eucharistie her. Im vom Konzil wiederentdeckten Bild von den beiden Tischen 291 PEM 10: „An beiden Tischen wird die Kirche geistlich genährt - an dem einen mehr, indem sie unterwiesen wird, an dem anderen vor allem, indem sie geheiligt wird.“ wird zum Ausdruck gebracht, dass beide Teile der Messliturgie geistliche Speise bieten. Erfüllt die Kommunion die Gläubigen „mit aller Gnade und allem Segen des Himmels“ 292 , stärkt sie sie 293 als „Gastmahl Christi“ 294 Das Bild vom nährenden Gotteswort ist bereits alttestamentlichen Ursprungs: „Das Schrift gewordene Wort Gottes als ‚Lebens-Mittel‘ ist eine beliebte biblische Metapher, um die Lebensnotwendigkeit des Wortes Gottes , so werden die ersten Gänge dieses kräftigenden Gastmahls bereits auf dem Tisch des Wortes gedeckt. 289 Vgl. B AUMGARTNER , Verkündigung im Rahmen der Liturgie 436: „In der Predigt, die am Heilsgeschehen der Liturgie teilhat, wird nicht bloß referiert, was sich dort und damals zutrug (in illo tempore), sondern Gott bietet je und je neu sein Heil an, das die Hörenden annehmen oder ablehnen können.“ 290 R. Z ERFASS , Textpredigt 247, zeichnet treffend „das patriarchalische Klischee des Theologen und Pfarrherrn […], die auf der Kiste des depositum fidei hocken und, wenn sie einmal den Deckel aufmachen, immer nur abgetragene Sachen anzubieten wissen.“ 291 Vgl. oben S. 81f. Neben SC und DV 21 vgl. noch PO 18 und PC 6. 292 Hochgebet I, Supplices: Meßbuch 1988, 475. 293 Hochgebet III, Kommunikantenepiklese: Meßbuch 1988, 496. 294 GORM 84. <?page no="154"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 142 auszudrücken.“ 295 Tertullian, De resurrectione mortuorum 37,1-3: Die innere Beziehung dieser Metaphorik zur Christologie und Eucharistietheologie wird von den Kirchenvätern vor allem über die johanneische Brotrede (Joh 6) hergestellt: Christus, das Fleisch gewordene Wort (Joh 1,14), ist „das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist“ (Joh 6,51). Dieses „Brot des Lebens“ (Joh 6,35) ist nicht nur im eucharistischen Leib und Blut Christi zugänglich, sondern auch in seinem Wort: „Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben“ (Joh 6,63), es sind die „Worte des ewigen Lebens“ (Joh 6,68). Ausdrücklich entfaltet wird dieser Zusammenhang in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts bei Tertullian und Origenes. 296 „Sic et si carnem ait nihil prodesse, ex materia dicti dirigendus est sensus. Nam quia durum et intolerabilem existimauerunt sermonem eius, quasi uere carnem suam illis edendam determinasset, ut in spiritum disponeret statum salutis, praemisit: ‚Spiritus est qui uiuificat‘ atque ita subiunxit: ‚Caro nihil prodest‘ (Io 6,64), ad uiuificandum scilicet. Exequitur etiam, quid uelit intelligi spiritum: ‚Verba, quae locutus sum vobis, spiritus sunt, uita sunt‘ (Io 6,64), sicut et supra: ‚Qui audit sermones meos et credit in eum, qui me misit, habet uitam aeternam et in iudicium non ueniet sed transiet de morte in uitam‘ (Io 5,24). Itaque sermonem constituens uiuificatorem, quia spiritus et uita sermo, eundem etiam carnem suam dixit, quia et sermo caro erat factus, proinde in causam uitae adpetendus et deuorandus auditu et ruminandus intellectu et fide digerendus.“ „Wenn er aber sagt, das Fleisch nütze nichts (vgl. Joh 6,63), muss man den Sinn aus dem Gehalt des Gesagten erheben. Denn da sie sein Wort für hart und unerträglich hielten (vgl. Joh 6,60), als ob er ihnen tatsächlich sein Fleisch zur Speise bestimmt hätte, schickte er, um den Zustand des Heils im Geist zu verorten, voraus: ‚Der Geist ist es, der lebendig macht‘, und fügte daran an: ‚das Fleisch nützt nichts‘ (Joh 6,63). Er erklärt auch, was unter dem Geist verstanden werden soll: ‚Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben‘ (Joh 6,63), genauso wie weiter oben: ‚Wer meine Worte hört und an den glaubt, der mich gesandt hat, hat das ewige Leben und wird nicht ins Gericht kommen, sondern vom Tod ins Leben hinübergehen‘ (Joh 5,24). Indem er also erklärt, sein Wort mache lebendig, da sein Wort ja Geist und Leben ist, bezeichnet er ebendieses Wort auch als Fleisch, da ja das Wort Fleisch geworden war. Daher muss man es um des Lebens willen suchen und mit dem Gehör verschlingen und mit dem Verstand wiederkäuen und mit dem Glauben ausführen.“ 295 S CHÖTTLER , Eingeladen zum Hochzeitsmahl des Wortes 72. Als Beispiele werden ebd. 72f. genannt: Dtn 8,3 (mit Mt 4,4; Lk 4,4); Ps 1,2; Jos 1,8; Jer 15,16; Ez 2,8-3,4; Offb 10,9f. 296 CChrSL 2,969f. Borleffs; eigene Übersetzung. <?page no="155"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 143 Origenes, Homilia in Leviticum 7,5: 297 „Dominus et Salvator noster dicit: ‚nisi manducaveritis carnem meam et biberitis sanguinem meum, non habebitis vitam in vobis ipsis. Caro enim mea vere cibus est, et sanguis meus vere potus est‘ (Io 6,53.55). Iesus ergo quia totus ex toto mundus est, tota eius caro cibus est et totus sanguis eius potus est, quia omne opus eius sanctum est et omnis sermo eius verus est. Propterea ergo et caro eius verus est cibus et sanguis eius verus est potus. Carnibus enim et sanguine verbi sui tamquam mundo cibo ac potu potat et reficit omne hominum genus.“ „Unser Herr und Retter spricht: ‚Wenn ihr mein Fleisch nicht gegessen und mein Blut nicht getrunken habt, werdet ihr das Leben nicht in euch haben. Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank‘ (Joh 6,53.55). Da Jesus also ganz und gar rein ist, ist sein ganzes Fleisch eine Speise, und sein ganzes Blut ist ein Trank, 298 Insbesondere dieser in der Exegese von Joh 6 verankerte Zusammenhang zwischen Eucharistie und Wortverkündigung ist es, der in der Folge das Motiv vom Tisch des Wortes in der Patristik ebenso wie in der mittelalterlichen Theologie prominent sein lässt. da jedes seiner Werke heilig ist und jedes seiner Worte wahr ist. Deshalb also ist sein Fleisch eine wahre Speise und ist sein Blut ein wahrer Trank. Mit den Fleischteilen und dem Blut seines Wortes nämlich tränkt und erfrischt er das ganze Menschengeschlecht wie mit einer reinen Speise und einem [reinen] Trank.“ 299 Als Zeuge der mittelalterlichen Tradition sei das Hauptwerk der devotio moderna aufgerufen, Thomas von Kempens 1418 zuerst erschienenes De imitatione Christi (4,11): 300 „Dedisti itaque mihi infirmo sacrum corpus tuum ad refectionem mentis et corporis: et posuisti lucernam pedibus meis verbum tuum. Sine his duobus bene vivere non possem; nam verbum Dei lux animae meae: et sacramentum tuum panis vitae. Haec possunt etiam dici mensae duae hinc et inde: in gazophylacio sanctae ecclesiae positae. Vna mensa est sacri altaris habens pa- „Du hast mir Schwachem Deinen heiligen Leib zur Stärkung des Geistes und des Leibes gegeben und als Leuchte für meine Füße Dein Wort aufgestellt [vgl. Ps 119,105]. Ohne diese beiden könnte ich nicht leben; denn das Wort Gottes ist das Licht meiner Seele und Dein Sakrament das Brot des Lebens. Man kann auch sagen, dass dies die ‚zwei Tische‘ sind, die in der Schatzkammer [vgl. Ez 44,19] der heiligen Kirche stehen, der eine hier, der andere dort. Der eine ist der Tisch 297 GCS 29 (= Origenes, Bd. 6),386f. Baehrens; eigene Übersetzung. Zu der gesamten Konzeption bei Origenes vgl. B UCHINGER , Pascha 838-855. 298 Im Kontext geht es bei Origenes um die Auslegung der Speisegebote bzw. die Unterscheidung zwischen reinen und unreinen Speisen. 299 Vgl. C ONGAR , Les deux formes 47-58; S CHÖTTLER , Eingeladen zum Hochzeitsmahl des Wortes 70; DERS ., Unser Manna 84-87. 300 Lateinischer Text: ed. Pohl 122; Übersetzung aus: S CHÖTTLER , Eingeladen zum Hochzeitsmahl des Wortes 69. <?page no="156"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 144 nem sanctum id est corpus Christi pretiosum; altera est divinae legis continens doctrinam sanctam: erudiens fidem rectam, et firmiter usque ad interiora velaminis ubi sunt sancta sanctorum perducens. Gratias tibi Domine Iesu lux lucis aeternae, pro doctrinae sacrae mensa: quam nobis per servos tuos prophetas et apostolos, aliosque doctores ministrasti.“ des heiligen Altars mit dem heiligen Brot, das ist der kostbare Leib Christi; der andere ist der [Tisch] des göttlichen Gesetzes [divina lex = Heilige Schrift], auf dem die heilige Lehre liegt: Sie lehrt den rechten Glauben und geleitet sicher bis zum Innersten hinter den Vorhang [vgl. Hebr 6,19], wo das Allerheiligste ist [vgl. Hebr 9,3]. Dank Dir, Herr Jesus, Licht vom ewigen Licht, für den Tisch mit der heiligen Lehre, den Du uns durch Deine Diener, die Propheten und Apostel, und durch andere Lehrer bereitet hast! “ Die Aufwertung des Wortgottesdienstes im Zuge der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil lässt die Zuordnung der Wort- und der eucharistischen Liturgie wieder deutlicher hervortreten. So „entsprechen die Ehrungen, die dem Evangeliar zukommen, denjenigen, die wir dem Altar bzw. den eucharistischen Gaben erweisen (Kuß, Verneigung, Weihrauch, Leuchter, Bekreuzigen, Wechselgruß)“ 301 . Auch sehen die Bestimmungen zur Gestaltung der liturgischen Funktionsorte vor, dass „Ambo und Altar einander entsprechen und in richtiger Beziehung zueinander stehen“ (PEM 32). Diese äußeren Signale in Raum und Ritus 302 zeigen die innere Einheit der zweipoligen Messliturgie als doppelter Vergegenwärtigung des Pascha- Mysteriums an. 303 301 B AUMGARTNER , Verkündigungsanliegen 131f. Diese innere Einheit bezieht sich sowohl auf die (anabatische) Dimension des Handelns als Leib Christi (Kap. 4.2) als auch (katabatisch) auf den Mahlcharakter. Im Wortgottesdienst geschieht verbal die wirkmächtige Zusage dessen, was sich im sakramentalen Ritus in Handlungsgestalt verdichtet: die Begegnung mit dem rettenden und befreienden Gott, der sich dem Menschen in Jesus Christus zuwendet, um ihm den Auszug aus der Knechtschaft des Lebensfeindlichen, aus dem Einschluss in das eigene Selbst, aus Sünde und Tod, zu ermöglichen und ihn in seinen Bund einzuladen. 302 Zu erwähnen wäre hier ferner die Regelung, dass auch bei Konzelebration oder bei Mitwirkung eines Diakons in der Regel der der Eucharistie vorstehende Priester die Homilie halten soll (AEM 42 bzw. GORM 66). Vgl. dazu jetzt auch Homiletisches Direktorium, Nr. 5: „Die Beziehung zwischen dem Tisch des Wortes und dem Tisch der Eucharistie ist so eng, dass der Priester, der den Gottesdienst leitet, in der Regel selbst die Homilie halten soll […] oder aber in jedem Fall ein geweihter Amtsträger, der der Feier der Eucharistie vorsteht oder an ihr mitwirkt.“ 303 Vgl. B ÄRSCH , Gemeinschaft 105: „Der heilsgeschichtliche Raum, der sich in den biblischen Lesungen öffnet und der die Versammelten zu Zeitgenossen der Heilszeit (‚in illo tempore‘) macht, umschließt sie im eucharistischen Geschehen und schenkt ihnen realsymbolisch Anteil an eben jenem Heil, das hier und jetzt (‚das ist heute‘) vergegenwärtigt wird.“ <?page no="157"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 145 Analog zum oben über die auf Nachfolge drängende Dynamik der Schriftverkündigung Gesagten gilt auch hier wieder, dass sich ein Verständnis der Schrift als Nahrung und Stärkung, als Geschmack des Heils, nicht auf ihre liturgische Verkündigung einschränken lässt, sondern grundsätzlich für jede geistliche Schriftlektüre prägend ist. Doch gleichzeitig gilt, dass die Verbindung mit dem rituell vollzogenen Mahl der Eucharistie dem Mahlcharakter des Wortgottesdienstes der Messe eine besondere Dichte verleiht, insofern er in einem Erfahrungsraum stattfindet, der von vornherein durch das eucharistische Geschehen geprägt ist. Die sich daraus ergebenden hermeneutischen Optionen haben speziell für die homiletische Erschließung der Schrifttexte eine doppelte Konsequenz: a) Der Homilie kommt strukturell eine vermittelnde Funktion im Gesamtritus zu. 304 b) Die Homilie „bringt den dynamischen Vorgang der Verkündigung zu einem ersten Abschluß mit dem Ziel, den Anwesenden das Brot des Wortes zu brechen, damit sie es sich ‚einverleiben‘, bevor die Gemeinde sich im Gebet an ihren Herrn wendet.“ Die durch den Kontext implizit gegebene Beleuchtung der Schrifttexte von der Eucharistie her bzw. auf die Eucharistie hin kann in der Homilie explizit entfaltet werden. Dadurch wird nicht nur eine Hilfestellung zum tieferen Verständnis der Schrifttexte geleistet, sondern auch eine innerlich gefüllte tätige Teilnahme am eucharistischen Mahl vorbereitet. 305 Wie Tertullian im oben zitierten Text ausführt, setzt eine Aneignung der biblischen Botschaft („fide digerendus“) einerseits die Motivation zur Auseinandersetzung mit ihr („adpetendus“), andererseits ihre bereitwillige Aufnahme im Hörvorgang („deuorandus auditu“) und ihre bewusste Meditation („ruminandus intellectu“) voraus. Dem Gelingen dieses komplexen Vorgangs dient die Homilie, indem sie die Feiernden an die verkündigten Perikopen heranführt, Hürden zu ihrem Verständnis zu überwinden hilft sowie ihren Zusammenhang untereinander und mit der Lebens- und Glaubenserfahrung der Hörerinnen und Hörer erschließt. Im Dienst der biblischen Texte zu predigen, bedeutet, sie im Blick auf ihre Lebensdienlichkeit für die Gemeinde auszulegen - sei es als tröstende Zusage oder als irritierende Infragestellung. In diesem Sinne muss der Mahlcharakter des Wortgottesdienstes (im Licht des Mahlcharakters der Eucharistiefeier) nicht immer den Inhalt, 306 auf jeden Fall aber die Form der Auslegung bestimmen. 307 304 B AUMGARTNER , Verkündigung im Rahmen der Liturgie 438: „Der Homilie bleibt es aufgetragen, die Hinordnung der ‚beiden Tische‘ aufeinander deutlich zu machen und dadurch die Einheit der Feier zu gewährleisten, denn wenn das Wort nicht zum Ritus hinüberleitet, verliert es sich im intellektuellen Gerede, und wenn der Ritus nicht vom Wort her seine Erhellung findet, sinkt er zu einer leeren Zeremonie ab.“ 305 Ebd. 434. 306 Vgl. W OHLMUTH , An der Schwelle 277f.: „Die Homilie, die im eucharistischen Kontext gehalten wird, wird die Perikopen von ihrer Gabe-Dimension her auf die Eucharistie hin und umgekehrt von der Eucharistie her auf ihre Gaben-Dimension hin deuten. […] Auch die Texte des Ersten Testaments verkünden, was es heißt, ein Wort zu geben, das eine leibhaftige Gabe ist, in der Gottes Liebe und Treue im Menschenwort aufleuchtet.“ <?page no="158"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 146 Ausgehend von der Brotrede im sechsten Kapitel des Johannesevangeliums, die, wie wir gesehen haben, schon für die patristische Theologie der Wortverkündigung leitend war, bedenkt Rolf Zerfaß diese Orientierung des Wortgottesdienstes auf ein Nähren der Gläubigen, auf ihre Entfaltung im Sein hin: „Münzen, Ikonen, Bücher kann man sammeln, nebeneinanderstellen, einordnen, vorzeigen. Mit dem Brot ist es anders. Es verbraucht sich einfach. Es kann nicht gehortet werden (vgl. Ex 16,19). Es ist einfach ‚zubereitet‘, d. h. für den Verzehr ‚aufbereitet‘; wir legen es allenfalls kurze Zeit ins Regal; dann nehmen wir es in uns selber auf. So ist Gott in Jesus: unser Lebens-Mittel. Er hat sich uns zubereitet, daß wir ihn aufzehren, um von ihm zu leben. Das nennen wir die Offenbarung Gottes. So von Gott zu denken heißt glauben. Anders von ihm zu denken ist vielleicht fromm oder religiös, aber nimmt ihn nicht, wie er genommen sein möchte. Wenn dies wahr ist, hat der ganze Gottesdienst Mahlcharakter - nicht nur die Eucharistiefeier, sondern auch der Wortgottesdienst. Solange wir den Mahlcharakter des Wortgottesdienstes nicht kultivieren (im Sinn von Spr 9,1-6), werden wir auch den Mahlcharakter der Eucharistie nicht wirklich gelten lassen können. Die landläufige Meßopferkatechese mißbrauchte die Eucharistie lange zur Heranbildung von ‚Opferseelen‘, wie die landläufige Predigt den Wortgottesdienst zum Einschärfen von Glaubenswahrheiten und Moralprinzipien. Der Grund: Wir können uns nichts schenken lassen. Wir sind nicht bereit, Gott so anzunehmen, wie er sich uns anbietet: als Lebensunterhalt. Er will uns nicht ‚bereichern‘ (Haben), sondern zur Entfaltung bringen (Sein).“ 308 4.4 Die Korrektivfunktion des Wortgottesdienstes Die Beeinflussung des hermeneutischen Koordinatensystems durch den größeren Kontext des liturgischen Vollzugs verläuft zwischen Wortgottesdienst und Eucharistiefeier nicht über eine Einbahnstraße. Wurden bislang, der Fragestellung der vorliegenden Arbeit entsprechend, die Konsequenzen für die Hermeneutik der Wortverkündigung innerhalb der Messe bedacht, die sich aus der Verbindung mit der eucharistischen Liturgie ergeben, soll daher das Augenmerk abschließend auf das umgekehrte Phänomen gerichtet werden: Innerhalb des zweieinen Messrituals prägt auch der vorausgehende Wortgottesdienst das Verständnis der Eucharistiefeier mit. Aufgrund der erheblich größeren Variabilität der in Lesungen und Predigt konkret erfolgenden Wortverkündigung lässt sich dieser Effekt schwerer generalisieren. Über eine mögliche inhaltliche Beleuchtung relevanter Aspekte etwa des Eucharistiever- 307 Vgl. N EUHEUSER , Wortliturgie 34: „Die nachdrückliche Verwendung der Nährungsmetapher (‚Tisch des Wortes reicher bereiten‘, SC 51) durch das Zweite Vatikanum unterstreicht die Notwendigkeit, den Verkündigungsakt mit einer einladenden, gastfreundlichen, aufbauenden, ja therapeutischen Geste auszustatten. Die Darreichung des Wort Gottes muss hinsichtlich der heilenden sowie nährenden, formenden (SC 48) und insoweit stärkenden und erfrischenden Intention erkennbar sein.“ 308 R. Z ERFASS , Textpredigt 129f. <?page no="159"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 147 ständnisses, des Gottes- oder Kirchenbildes hinaus kommt dem Wortgottesdienst im Blick auf die Eucharistiefeier aber auf jeden Fall insofern eine bedeutsame prinzipielle Funktion zu, als er die unterschiedlichen Dimensionen der Vergegenwärtigung des Christusereignisses auf eine ausgewogene Basis stellt. Sowohl in der gefeierten Liturgie, insbesondere der Sakramente, als auch in der liturgiewissenschaftlichen Reflexion gibt es die Tendenz, den verkündigten Christus einseitig in den Vordergrund zu rücken. Um aber das Pascha- Mysterium, „sein seliges Leiden, seine Auferstehung von den Toten und seine glorreiche Himmelfahrt“ (SC 5), als Mitte des Christuskerygmas angemessen verstehen zu können, bedarf es der Vermittlung mit dem in Wort und Tat das Reich Gottes verkündigenden Jesus, in dem Gott zu den Menschen kommt. Hier die rechte Balance zu wahren, ist gerade um der inneren Einheit der Person Jesu Christi willen von entscheidender Bedeutung. Der Tod am Kreuz, liturgisch gesprochen das ‚Kreuzesopfer‘, ist die Verdichtung der von Jesus gelebten und gepredigten Pro-Existenz, der Selbsthingabe an Gott und den Nächsten. In diesem Pascha, als „seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen“ (Joh 13,1), kommt zugleich das Sohn-Sein Jesu zur „Vollendung“ (Joh 13,2): „Der Sohn ist als Sohn und insoweit er Sohn ist, ganz und gar nicht aus sich und so eben ganz eins mit dem Vater; da er nichts neben ihm ist, nichts Eigenes behauptet, das nur Er wäre, nichts nur ihm Gehörendes dem Vater entgegenstellt, keinen Vorbehaltsraum des bloß Eigenen behält, darum ist er ganz dem Vater gleich. […] ‚Sohn‘ bedeutet für Johannes das Sein-vom-andern-her; mit diesem Wort definiert er also das Sein dieses Menschen als ein Sein vom andern her und auf die andern hin, als ein Sein, das ganz und gar nach beiden Seiten geöffnet ist, keinen Vorbehaltsraum des bloßen Ich kennt.“ 309 Die Selbstoffenbarung Gottes in Jesus von Nazareth, der sich in seiner Existenz restlos „vom andern her“ beanspruchen lässt (Inkarnation), realisiert sich konkret in Jesu „Sein auf die andern hin“, in der grenzenlosen Hingabe an die Menschen - „denn Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8). Diese Hingabe führt zum Tod am Kreuz, der aber nicht die totale Vernichtung der Existenz bringt, sondern sie im Vater als ihrem Ursprung birgt 310 (von Johannes in das doppelsinnige Bild der Kreuzigung als „Erhöhung“ 311 gefasst). So bricht dieses Sterben, Quintessenz und Resultat eines Lebens der aus Liebe frei gewählten Selbsthingabe, die Macht des Todes als definitiver Grenze der Lebensmöglichkeiten, markiert den Exodus aus der Herrschaft von Sünde und Tod, und zwar „in Christus“ auch für die Glieder seines Leibes: 312 309 R ATZINGER , Einführung 146. Wie das Konzil in SC 310 Vgl. Joh 16,28: „Vom Vater bin ich ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.“ 311 Vgl. oben S. 96 Anm. 91. 312 Vgl. Röm 6,23: „Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserem Herrn“; Röm 8,2: „Denn das Gesetz des Geistes <?page no="160"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 148 5 mit einem Zitat aus der (seinerzeit einzigen, heute ersten) Osterpräfation sagt, hat „er durch sein Sterben unseren Tod vernichtet und durch sein Auferstehen das Leben neugeschaffen“ 313 Was an Jesus Christus vom Vater her geschieht und was er vom Vater her (und damit zugleich auf den Vater hin) an den Menschen geschehen lässt, kulminiert also in seinem Leiden und Tod sowie seiner Auferstehung und Erhöhung. Zugleich prägt es von Anfang an das, was er sagt und tut, und wie die Menschen ihn im konkreten Umgang erleben. Diese in den Evangelien erzählerisch gefasste Erfahrung mit der Reich-Gottes-Verkündigung Jesu in Wort und Tat ist - gegenüber der angesichts der irdischen Erfahrungswirklichkeit einstweilen erst „in der Hoffnung“ zu ergreifenden Perspektive der eschatologischen Errettung (Röm 8,24) im Pascha-Mysterium - hier und heute leichter mit der Lebenserfahrung des Einzelnen vermittelbar, zumal sie ausdrücklich auf das Wachsen des Reiches Gott in dieser Welt abzielt. Aus ihr erwachsen spezifische Handlungsoptionen, die die Auferstehungsbotschaft im alltäglichen Leben einwurzeln lassen, allen voran das Doppelgebot der Liebe (Mk 12,28-31 parr). Der untrennbare Zusammenhang zwischen der Hinwendung zu Gott und der Zuwendung zum Menschen, besonders zum Geringsten, prägt die gelebte und gepredigte Botschaft Jesu durchgängig, sei es beispielsweise im heilenden Umgang mit Kranken und Sündern, in der Mahlgemeinschaft mit gesellschaftlich Verachteten oder in der Bildsprache seiner Gleichnisse. Die Sabbatpraxis Jesu (Mk 2,23-3,6 parr) zeigt prophetisch an, dass es keine angemessene Form der Gottesverehrung geben kann, die der Zuwendung zum Nächsten zuwiderläuft. . Im Blick auf das Verhältnis von Wortgottesdienst und Eucharistiefeier ergibt sich aus dem Gesagten eine Wechselbeziehung: ‣ Im Wortgottesdienst kommt der zu Wort, in dem Gott handelt, verkündet Christus selbst (Kap. 4.1.1). Dieses im Vorgang der Verkündigung liturgisch inkarnierte Wort Gottes (katabatische Linie) zielt letztlich auf die existentielle Nachfolge im Handeln als Leib Christi (anabatische Linie; Kap. 4.2). ‣ In der Eucharistiefeier feiern wir den, dessen Verkündigung durch die Auferstehung gerade im scheinbaren Scheitern beglaubigt wurde, der kraft seines Geistes gegenwärtig ist und den Gläubigen in der Kommunion von Person zu Person begegnen will. Das anamnetisch-epikletische Hochgebet (anabatische Linie) vergegenwärtigt das Heilshandeln Gottes in Christus (katabatische Linie). Auch an dieser Stelle sind aus den Überlegungen zur liturgischen Hermeneutik skizzenhaft einige homiletische Konsequenzen zu ziehen: und des Lebens in Christus Jesus hat dich frei gemacht vom Gesetz der Sünde und des Todes“; 1 Kor 15,22: „Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden“. 313 Hervorhebung A.Z. <?page no="161"?> Konsequenzen für die Hermeneutik der Schriftverkündigung 149 a) Auf der Linie der faktisch in den meisten Fällen vor allem durch die verkündete Evangelienperikope vorgegebenen Perspektive auf den vorösterlichen Jesus (wobei in Inhalt und Erzählstrategie der Texte auch Erfahrungen mit dem nachösterlich erhöhten Herrn eingegangen sein können) bietet die vom Evangelium ausgehende Homilie eine Möglichkeit zur komplementären Ergänzung der Eucharistiefeier, indem sie - pointiert formuliert - „Jesus“ gegenüber „Christus“ profiliert. Dies bedeutet freilich nicht, einen vermeintlich ‚historischen Jesus‘ dem Christus der Evangelien gegenüberzustellen; die Evangelien verkündigen ja den verkündigenden Jesus als Christus. Vielmehr geht es im Gegenteil gerade darum, die innerneutestamentlich stärker entfalteten Christologien der Briefliteratur und des Johannesevangeliums mit Kolorit und Substrat der in den synoptischen Evangelien übermittelten Jesusüberlieferung in Deckung zu sehen. Für die Hörerinnen und Hörer ist dies deshalb von zentraler Bedeutung, weil die anabatische Dimension der Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers bzw. des Pascha-Mysteriums (des gefeierten Christus in der Eucharistie also), wie sich oben mit Röm 12,1 ergab, darin besteht, dass die Gläubigen sich mit ihrer Person und in ihrem Leben das aneignen, was Jesus sagt und tut: „Sein wie der Sohn, Sohn werden, also nicht auf sich und nicht in sich stehen, sondern ganz geöffnet leben im ‚Von-her‘ und ‚Aufzu‘.“ 314 b) Speziell die alttestamentliche Lesung und der Antwortpsalm und mit ihnen die alttestamentliche Predigt 315 „Diese neue Sicht und Wertschätzung des jüdischen Glaubens als Haltung in den Herzen der ‚Christusgläubigen‘ tief einzuprägen, ist zu einem guten Teil Aufgabe der Predigt als Teil des Gottesdienstes. Die Predigt ist der Ort, wo dies eingeübt werden kann […] in der Art und Weise, wie vom Alten Testament gesprochen wird, daß es nämlich auch und zuerst Bibel Israels ist, daß der erste Teil der christlichen Bibel von PredigerInnen als Glaubenszeugnis Israels wahrgenommen und […] als Wurzel unseres christlichen Glaubens dargestellt wird. Hier hat die Predigt auch deshalb eine besondere Aufgabe, als [sic] ihr in ihrem gottesdienstlichen Kontext, der höchst christologisch geprägt ist, ja teilweise auch christozentrisch verengend wirkt, eine entsprechende Korrektivfunktion zukommt.“ haben die Chance und die Aufgabe, sowohl die Verkündigung Jesu als auch den verkündigten Christus von ihren alttestamentlichen und jüdischen Wurzeln her zu beleuchten. Dies kann nur gelingen, wenn das Alte Testament nicht vorschnell und ausschließlich von einem vorher gewussten spezifisch christlichen Standpunkt aus interpretiert, sondern auch und zunächst als Zeugnis des jüdischen Glaubens Jesu und der ersten Christen verstanden wird. 316 314 R ATZINGER , Einführung 147. 315 Zur alttestamentlichen Predigt in christlicher Liturgie vgl. R. Z ERFASS - P OENSGEN (Hgg.), Die vergessene Wurzel, hier besonders den Grundlagenbeitrag von P OENSGEN , Was macht die christliche Predigt. 316 S CHÖTTLER , Christliche Predigt und Altes Testament 624. <?page no="162"?> Der Wortgottesdienst im Kontext der Eucharistiefeier 150 c) Im Geiste der oben angedeuteten Option Jesu für den unauflöslichen Zusammenhang von Gottesverehrung und Nächstenliebe, von Liturgie und Diakonie, hat die Predigt einer möglichen Tendenz der Liturgie zur Selbstgenügsamkeit vorzubeugen, indem sie das Gefeierte (im Sinne von Zuspruch und Anspruch) mit dem Alltagsleben der Gemeinde vermittelt. Auf dieser Linie Jesu zu predigen, wehrt jedem Liturgizismus, der Doxologie gegen Diakonie ausspielt, äußere er sich in Form eines rubrizistischen Ritualismus oder eines schwelgerischen Ästhetizismus. Damit wird nicht nur nach innen einer sich vor der Heiligen Schrift verantwortenden Stimmigkeit der Glaubenspraxis der versammelten Gemeinde, sondern auch nach außen ihrer missionarischen Kraft durch die Stärkung ihrer Glaubwürdigkeit ein Dienst erwiesen. 317 317 Vgl. S CHMÄLZLE , Abendmahl/ Eucharistie; DERS ., Das Herrenmahl. <?page no="163"?> C. Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe Innerhalb der Liturgia Verbi stehen die Texte der Lesungen in einem Kontext, der durch eine Vielzahl verbaler und nonverbaler Elemente konstituiert wird. Gewiss repräsentieren die Lesungen die kanonischen Kontexte, denen sie entnommen sind. 1 Verlesen wird jedoch nicht ein biblisches Buch als solches; selbst die Bahnlesungen, wie sie für Epistel und Evangelium an den Sonntagen im Jahreskreis sowie für beide Lesungen an den Wochentagen im Jahreskreis vorgesehen sind, bieten - im Unterschied zur synagogalen Toralesung - nicht den vollständigen Text der biblischen Bücher. Vielmehr besteht die Bahnlesung aus einer Folge dem Ablauf des kanonischen Buches entsprechend gereihter Perikopen, d.h. ‚ringsherum beschnittener‘ Textstücke, 2 zwischen denen unterschiedlich lange Passagen ausgelassen sein können. 3 Mit der Perikopierung verbinden sich daher auf der horizontalen Ebene, also bezogen auf die Abfolge der liturgischen Feiern im Jahreskreis, Entscheidungen von großer Tragweite, sowohl die Auswahl als auch die Abgrenzung der zu verkündigenden Texteinheiten betreffend. Analoges gilt für die vertikale Ebene, also bezogen auf die Zusammenstellung der Texte innerhalb der einzelnen Feiern: Die Perikopen erscheinen hier aus ihrem kanonischen Zusammenhang herausgelöst und werden mit anderen biblischen Perikopen sowie mit weiteren verbalen wie nonverbalen liturgischen Rituselementen neu kontextiert. Die Kriterien, die dem Ordo Lectionum Missae auf horizontaler und vertikaler Ebene zugrunde liegen, 4 und die Frage, wie sich diese Kriterien und ihre konkrete Anwendung zu exegetischen Perspektiven auf den kanonischen Text in bibeltheologischer ebenso wie literarischer Hinsicht verhalten, sind seit geraumer Zeit Gegenstand einer intensiven Fachdiskussion. 5 1 Oben (vgl. S. 30) wurde zudem bereits darauf hingewiesen, dass die vier Lesungen (den Antwortpsalm inbegriffen) des sonntäglichen und hochfestlichen Wortgottesdienstes den Kanon als Ganzen repräsentieren. Angesichts ihrer spezifischen Fragestellung ist es nicht die Absicht der vorliegenden Studie, diese Debatte um die Produktionsästhetik der Leseordnung, um 2 Der Begriff ist erstmals in der Mitte des 2. Jahrhunderts bei Justin belegt; vgl. M ARKSCHIES , Liturgisches Lesen 83. 3 Darüber hinaus kennen liturgische Tradition und gegenwärtige Ordnung auch Versauslassungen innerhalb einer Perikope. Die Handhabung dieses Instruments im OLM (vgl. dazu PEM 77) wird, speziell hinsichtlich der alttestamentlichen Perikopen, vielfach heftig kritisiert: vgl. z.B. G AFUS , Das Alte Testament in der Perikopenordnung 73-142. 4 Vgl. dazu PEM 64-77.92-110; F ONTAINE , Commentarium; B UGNINI , Liturgiereform 439- 456; N ÜBOLD , Entstehung und Bewertung 171-391; F RANZ , Wortgottesdienst 71-97. 5 Vgl. z.B. N ÜBOLD , Entstehung und Bewertung; F RANZ , Alttestamentliche Lesungen; DERS ., Das Alte Testament; B ECKER , Bibel Jesu; DERS ., Wortgottesdienst als Dialog; S CHÜRMANN , Konsonante Episteln; G AFUS , Das Alte Testament - Stiefkind. Vgl. ferner die in der Einleitung S. 2 Anm. 7 zitierte Literatur. <?page no="164"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 152 ihre Gestaltungsprinzipien und deren Umsetzung im Einzelfall, weiterzuführen. Doch ist es für eine Untersuchung der Rezeptionsästhetik im liturgischen Verkündigungsvorgang von entscheidender Bedeutung, dass sich die Liturgie zwar materialiter streng an den biblischen Kanon als Textreservoire der Lesungen 6 und normative Inspirationsquelle aller liturgischen Textgattungen 7 bindet, zugleich aber in gewissem Sinne kreativ weiterschreibend damit umgeht. 8 1. Biblische Lesungen im Kontext biblischer Lesungen Dieses Phänomen steht in Zusammenhang mit dem in Teil A beschriebenen vergegenwärtigenden Charakter liturgischer Schriftverkündigung, der die biblischen Glaubenszeugnisse nicht auf einen fixen Ort (weder historisch noch literarisch) festgelegt sein lässt (unbeschadet der bleibenden Relevanz des historischen und literarischen Ortes der jeweiligen Perikope), sondern als je aktuelles Offenbarungswort an die feiernde Gemeinde inszeniert. Besonderes Interesse verdient diesbezüglich die rituelle Gestaltung der Schriftlesungen. Der einzelne biblische Lesungstext ist aus seinem literarischen Kontext im Rahmen des biblischen Kanons herausgelöst (perikopiert) und wird in der Liturgie neu kontextiert, unter anderem nach Maßgabe der Leseordnung mit weiteren biblischen Verkündigungstexten, namentlich einer oder zwei weiteren Lesungen sowie dem Antwortpsalm. Neben dieser Kontextierung auf vertikaler Ebene, also im Formular eines Wortgottesdienstes, kontextiert die Leseordnung die Perikope auch auf horizontaler Ebene in der Aufeinanderfolge der Formulare. Wie die beiden Ebenen im Verhältnis zueinander gewichtet sind, differiert abhängig davon, nach welchen Prinzipien die Lesungen ausgewählt sind. Hinsichtlich der Kriterien für Auswahl und Anordnung der Lesungen, also vom Produzenten der Leseordnung her gedacht, ergibt sich folgende Typologie: ‣ lectio continua (fortlaufende Lesung): Auf der horizontalen Ebene bleibt der kanonische Kontext erhalten, indem ein biblisches Buch von Feier zu Feier abschnittsweise lückenlos vorgetragen wird. In Reinform wird dieser Typ repräsentiert durch die Toralesung im jüdischen Synagogengottesdienst. 9 ‣ lectio semi-continua (fortlaufende Lesung in Auswahl; Bahnlesung): Von Feier zu Feier werden Abschnitte eines biblischen Buches entsprechend ihrer literarischen Abfolge vorgetragen, wobei es zwischen den Perikopen Auslassungen geben kann. ‣ lectio selecta (Auswahllesung): Der Lesungstext wird frei gewählt, meist bestimmt durch den kalendarischen oder kasualen Kontext, der sich ebenfalls 6 Vgl. PEM 12; GORM 57. 7 Vgl. grundlegend SC 24. 8 Vgl. dazu auch Teil B Kap. 4.1.2. 9 Vgl. M AIER , Schriftlesung. <?page no="165"?> Biblische Lesungen im Kontext biblischer Lesungen 153 stark in der Euchologie, den Gesängen und nicht zuletzt in den frei formulierten Texten wie der Begrüßung niederschlägt. Das Prinzip der Auswahllesung ist daher häufig verbunden mit einer starken Gewichtung der vertikalen Ebene, insofern sich ein ganzes Formular zum vorgegebenen Anlass (Fest, Heiligengedenken, sakramentliche Feier) 10 ‣ Zu benennen ist demnach schließlich das Konzept der Konsonanz, welches rein auf die vertikale Ebene bezogen ist: Gemeint ist damit ein thematischer und/ oder motivischer Zusammenhang der Lesungen eines Formulars, der als solcher bewusst komponiert ist. fügt. Ohne die in der geltenden Leseordnung gefundenen Lösungen im Einzelnen zum Gegenstand der Untersuchung zu machen, sind im Folgenden die Grundoptionen des Ordo Lectionum Missae im durch das Koordinatensystem dieser Typologie beschriebenen Feld auf ihre hermeneutischen Implikationen für die Rezeptionssituation im Wortgottesdienst der Messe hin zu befragen. 1.1 Intertextualität und Konsonanz Die Schaffung eines konsonanten Formulars (vertikale Ebene) ist dann möglich, wenn es nicht mehr als eine fortlaufende Lesung oder Bahnlesung gibt (horizontale Ebene). Dessen ungeachtet legen sich die in einem Formular vereinten Texte immer gegenseitig aus - unabhängig davon, ob das ausdrücklich beabsichtigt ist oder nicht: Eine für die Relevanz des Kontexts sensible Hermeneutik belegt diesen Umstand mit dem Schlüsselbegriff der Intertextualität. Der Ausdruck stammt aus der Literaturwissenschaft und bezeichnet ein vielschichtiges Phänomen: 11 a) Im Sinne der Produktionsästhetik: Intentional, bewusst und gesteuert werden Beziehungen zwischen Texten hergestellt. Zugrunde liegt das Paradigma der zielgerichteten Kommunikation: Der Sender einer Botschaft - dies 10 Die Liturgie kennt kalendarische (darunter auch kirchenjahreszeitliche) und kasuale ‚Themen‘. Zur Problematik von „Zwecksonntagen“ in neuerer Zeit vgl. B ERGER , Pastoralliturgisches Handlexikon 513f. (Art. Thematischer Gottesdienst). 11 Vgl. die konzise Einführung bei A CZEL , Intertextualität. Ebd. 299: „I. [= Intertextualität] bezeichnet die Eigenschaft von insbes[ondere] literar[ischen] Texten, auf andere Texte bezogen zu sein. […] Grundsätzlich sind zwei Kategorien von IT. [= Intertextualitätstheorien] zu unterscheiden. In der einen wird I. als deskriptiver Oberbegriff für herkömmliche Bezugsformen von Texten verstanden, in der anderen in einem umfassenderen ontologischen Sinn zur qualitativen Bezugnahme auf sämtliche Arten von bedeutungstragenden Äußerungen verwendet. Während deskriptive IT. versuchen, die intentionale und spezifische Anspielung eines Autors auf das Werk eines anderen zu bezeichnen, wurde der ontologische Begriff der I. urspr[ünglich] innerhalb eines breiteren und radikaleren theoretischen Projekts geprägt, das gerade die Vorstellung auktorialer Intentionalität […] sowie die Einheit und Autonomie des ‚Werks‘ selbst unterminieren wollte.“ Gemeint sind damit poststrukturalistische Ansätze (v.a. Julia Kristeva [* 1941], die den Begriff „Intertextualität“ eingeführt hat, und Roland Barthes [1915-1980]). Bedeutsam ist auch der Versuch von Gérard Genette (* 1930), „[i]n dem bisher umfassendsten intertextualitätstheoretischen Projekt […], eine systematische Typologie intertextueller Relationen aufzustellen“ (ebd. 300): vgl. G ENETTE , Palimpseste. <?page no="166"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 154 kann neben dem Autor, Redaktor oder Kompilator eines Textes oder Textcorpus auch die mit der Schaffung einer Leseordnung betraute Kommission sein - codiert diese Botschaft, auf dass sie als solche ankommen, entschlüsselt werden möge. Das Verfahren beruht auf der Voraussetzung, dass der Empfänger mit den Codes, in die die Botschaft gefasst ist, umgehen und sie, in Beherrschung ihrer Grammatik, als Bedeutungsträger erfassen kann. Codes, die auf Intertextualität aufbauen, rufen beim Empfänger die vorgängige Kenntnis anderer Texte ab, die zitiert werden oder auf die angespielt wird, die transformiert bzw. nachgebildet werden oder die im Sinne einer gattungsmäßigen Typologie den Hintergrund des Textverständnisses bilden. 12 Eine große Rolle spielt die so verstandene Intertextualität beispielsweise in der Literatur der griechisch-römischen Antike. 13 b) Im Sinne der Rezeptionsästhetik: De facto steht Text immer in Kontext, der auf das Verstehen des Textes einwirkt. Umberto Eco spricht vom „offenen Kunstwerk“ 14 , dessen prinzipiell unerschöpflicher Sinnüberschuss nicht in der Intentionalität des Autors (für den biblischen Kanon wäre zu ergänzen: des Redaktors oder Kompilators; im vorliegenden Zusammenhang: der die Leseordnung verantwortenden Kommission) aufgeht. Die Aktualisierung von Sinnpotentialen wird vielmehr durch den jeweiligen Rezeptionskontext, nicht zuletzt auch durch die kollektiven und individuellen Voraussetzungen der Rezipienten 15 maßgeblich mitbestimmt. 16 Die Debatte um Konsonanz als Leitbild der Leseordnung setzt gemeinhin eine Intertextualität des Typs a) voraus: Wer die Leseordnung erstellt, hat 12 Eine knappe Übersicht über die verschiedenen Formen transtextueller Beziehungen nach Gérard Genette bietet G ERHARDS , Bibel 248f.; dazu ausführlicher B RÜSKE , Lesen. 13 Vgl. dazu S CHMITZ , Moderne Literaturtheorie 91-99. Als Beispiel sei der kaiserzeitliche Dichter Valerius Flaccus (1. Jh. n. Chr.) herausgegriffen, der im 5. Buch seines Argonauten-Epos eine erste Begegnung der Protagonisten Iason und Medea gestaltet (V. 329- 454), die auf die Szenenfolge rund um das erste Aufeinandertreffen zwischen Aeneas und Dido im 1. Buch der Aeneis Vergils (V. 335-655) Bezug nimmt, in deren Hintergrund wiederum die Begegnung zwischen Odysseus und Nausikaa bei Homer (Odyssee VI 110-315) durchscheint. Durch die intertextuellen Bezüge werden bewusst Erwartungshaltungen aufgebaut, die Valerius Flaccus in kreativer Weise neu füllt. Vgl. dazu z.B. K ORN , Valerius Flaccus; B ESSONE , Valerius. 14 Vgl. E CO , Das offene Kunstwerk. In der deutschsprachigen Literaturwissenschaft haben Hans Robert Jauß (1921-1997) und Wolfgang Iser (1926-2007) die entscheidenden Beiträge in dieser Richtung vorgelegt: vgl. v.a. J AUSS , Ästhetische Erfahrung; I SER , Der Akt des Lesens; vgl. auch den Sammelband W ARNING (Hg.), Rezeptionsästhetik. 15 Vgl. dazu grundlegend G ADAMER , Wahrheit und Methode. 16 Vgl. B RAULIK , Rezeptionsästhetik 40: „Modernen rezeptionsästhetischen Literaturtheorien gilt die Rezeption selbst als ein schöpferischer Akt, in dem der Rezipient zum Beispiel einen Psalm als für ihn relevant, als bedeutsam entdeckt und dabei interpretiert. Zu dieser Konkretisierung im Bewusstsein des Rezipienten legitimiert ihn die Bedeutungsvielfalt des Textes. Denn jeder Text besitzt - natürlich innerhalb seines Textrepertoires - einen Bedeutungsüberschuss gegenüber dem ursprünglich intendierten Aussagesinn. […] Jeder neue literarische und situative Kontext erschließt noch weitere Sinndimensionen. Denn Aussage wie Verständnis literarischer Texte sind immer kontextgebunden.“ <?page no="167"?> Biblische Lesungen im Kontext biblischer Lesungen 155 Bezüge - sei es in der Form eines einfachen wörtlichen Zitats, sei es auf der Ebene identischer Themen oder Motive, sei es im Sinne eines komplexen inhaltlichen Spannungsfeldes - zwischen verschiedenen Perikopen entdeckt und zielt darauf, dass auch die Hörer sie entdecken. 17 Obwohl aufgrund der prinzipiellen Offenheit der Texte und des Rezeptionsvorgangs die im Formular angelegte Konsonanz weder die Hörer noch den Prediger zwingend festlegt, 18 ist realistischer Weise davon auszugehen, dass eine ‚produzierte‘ (d.h. in den biblischen Texten entdeckte, aber dann bewusst platzierte) Konsonanz prinzipiell auch ‚rezipiert‘ werden soll. Kritiker sehen darin „eine faktische Beschränkung der Auslegung und Rezeption der Texte“ 19 , gar die „Gefahr der Verzweckung der Bibel“ 20 . Anzustreben sei daher ein Modell, das nicht ein „thematisch aufeinander abgestimmtes Menü für den ‚Tisch des Wortes‘ festlegt, sondern […] das Wort der Heiligen Schrift als notwendigen ‚fremden Gast‘ [inszeniert], der unberechenbar und überraschend ins Leben tritt, widerständig und doch lebensdienlich herausfordernd.“ 21 „Auch zwischen Texten, die nicht aus einem sachlichen Zueinander ausgewählt wurden, ergeben sich ganz unvermutet Bezüge, allerdings nicht auf einer oberflächlichen Ebene der Stichwortassoziation, sondern erst dann, wenn man nach der Botschaft Gottes durch diese Texte für heute fragt. Grundlegender als alle gewollten Konstruktionen erhellen solche Einsichten die Einheit Wer so argumentiert, setzt eher auf die unkalkulierbare Intertextualität des Typs b) - wobei allemal festzuhalten ist, dass diese auch einem konsonanten Formular ebenso erhalten bleibt wie dem bewusst gestalteten Kanon als ganzen und dem in einer bestimmten historischen Situation gezielt formulierten bzw. redigierten biblischen Einzeltext. 17 Vgl. B ECKER , Dies große Wort 434: „Der Leittext enthält das Leitmotiv, das diesen mit den übrigen Texten verbindet. […] Weil der biblische Text selbst das Thema stellt, ist auch die Konsonanz biblisch und kann, weil objektiv in den Texten verankert, ohne theologische Voraussetzungen durch aufmerksames Hören erkannt und in ihrer Bedeutung für den Sinnzusammenhang der Texte vom Hörer bedacht werden.“ 18 Vgl. ebd. 434f.: „Die Deutung geschieht nicht zuerst in der Predigt, sondern im Hören des Leittextes, einschließlich seiner ihn deutenden Kontexte, wobei diese zu einem multiperspektivischen Verstehen des Leittextes durch den Hörer anregen (theologische Intertextualität). […] Konsonanz ist hierfür ein möglicher Weg, keine Fessel.“ 19 H AUNERLAND , Lebendig ist das Wort Gottes 120. Vgl. D EEG , Gehört wird 88: „Kleine Ausschnitte aus biblischen Zusammenhängen werden in einen völlig neuen Klangraum gestellt - und die Frage kann laut werden: Haben die Texte eigentlich noch eine eigene Stimme? Wird ihr Idion noch hörbar? Oder ist die Rezeption so stark in bestimmte Richtungen gelenkt, dass das Eigene kaum mehr vernehmbar ist? “ Vgl. ferner F RANZ , Wortgottesdienst 296f., im Rahmen einer differenzierten Abwägung der Argumente pro und contra Konsonanz ebd. 296-305. 20 L OHFINK , Perikopenordnung 224. 21 S CHÖTTLER , Die Bibel kanonisch lesen 121. Vgl. ebd.: „Die kanonisch-intertextuelle MachArt der biblischen Texte ist in der Predigt einzuspielen und entsprechend dem Predigtziel aufzuzeigen, nicht aber durch die Leseordnung vorzugeben.“ <?page no="168"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 156 der Schrift, die durch die Verlesung unterschiedlicher Teile der Bibel in der Liturgie bezeugt wird.“ 22 Gelegentlich wird ins Spiel gebracht, der angemessene Gegenbegriff zu einer angestrebten Konsonanz sei nicht die Dissonanz als zusammenhanglose „Dichotomie“ 23 , sondern die Kontrapunktik 24 „In ihr [der polyphonen Musik] verlaufen die Melodien der einzelnen Stimmen zwar selbständig und harmonisch, aber sie umarmen sich im gemeinsamen Hören. Dagegen gleicht die geforderte ‚Konsonanz der Lesungen‘ eher der Musik einer jüngeren Epoche, in der die Autonomie der verschiedenen Einzelstimmen weitgehend im Klang der Harmonien verschwindet.“ polyphoner Musik: 25 Um im Bild zu bleiben, erhebt sich an dieser Stelle die Frage nach der ‚Durchhörbarkeit‘ der Komposition: Inwieweit besteht bei einmaligem Hören überhaupt die Chance, die verschiedenen Texte als Gesprächspartner eines (durchaus auch kontrapunktisch gespannten) Dialogs präsent zu halten? Denn unabhängig davon, welches hermeneutische Leitbild favorisiert wird, unterliegt die Rezeption der Lesungen im Wortgottesdienst spezifischen Bedingungen des Hörvorgangs. Nicht jeder Kontext, der objektiv gegeben ist, wird in gleicher Weise wahrgenommen; dass er wahrgenommen wird, ist aber Voraussetzung seiner hermeneutischen Wirksamkeit. Ausgehend von Erkenntnissen der Lernpsychologie die Funktionsweise des Gedächtnisses betreffend, 26 ergibt sich Ansgar Franz zufolge ein starkes Argument für das Konsonanzprinzip. Der Übergang vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis - wenn es also darum geht, etwas länger als eine Minute zu behalten (mittelfristiges Gedächtnis) - setzt eine Codierung der zu memorierenden Informationen voraus, indem „verschiedene Elemente zu übergeordneten Einheiten zusammengefaßt (verschlüsselt) werden“ 27 „Der Hörer muß Zeit für die Prozesse des Memorierens und Verschlüsselns haben; es dürfen nicht zu viele Informationen in zu kurzer Zeit geboten wer- . Die Konsequenzen für Dramaturgie und Ordnung des Wortgottesdienstes benennt Franz wie folgt: 22 H AUNERLAND , Lebendig ist das Wort Gottes 121. 23 B RAULIK , Pentateuch-Bahnlesung 260. Der musikalischen Terminologie angemessener ist freilich die Deutung bei C YRUS , Konsonanz 44: „Interessant für eine Diskussion um die Perikopen scheint auch zu sein, dass der musikalische Gegenbegriff zur Konsonanz nicht völlige Verhältnislosigkeit von Tönen, sondern deren Dissonanz ist. […] Lebt nicht zumindest die Musik von einem gesunden Wechsel zwischen Konsonanz und Dissonanz? “ Cyrus selbst plädiert ausgehend von einer Sichtung neuerer evangelischer Perikopenrevisionen und in Rücksicht auf die rituelle Inszenierung des Gottesdienstes für einen weiten Begriff von Konsonanz; dieser umfasst den „Reiz, auch gegeneinander widerständige Texte in einem Formular zu vereinen, einen Textraum zu bauen, der möglichst vielfältige Optionen der Deutung zulässt“ (ebd. 49). 24 Vgl. ebd. 45. 25 B RAULIK , Pentateuch-Bahnlesung 260. 26 Vgl. F RANZ , Wortgottesdienst 276-280. 27 F RANZ , Wortgottesdienst 277f. <?page no="169"?> Biblische Lesungen im Kontext biblischer Lesungen 157 den. Die längerfristige Erinnerung bedarf der Etiketten. Das zu rezipierende Material sollte so gestaltet sein, daß die notwendigen Hinweisreize und Gedächtnishilfen mitgespeichert werden können.“ 28 Während die erste Hälfte dieser Aussage sich auf den Rhythmus der Verkündigungssequenz bezieht, 29 betrifft die zweite Hälfte unmittelbar die Auswahl der Lesungen, insofern die Konsonanz in der Lage ist, die für die Codierung erforderlichen „Hinweisreize und Gedächtnishilfen“ zur Verfügung zu stellen. Zu beachten ist dabei, dass das Argument bei Franz nicht einer didaktischen Optimierung des Wortgottesdienstes im Sinne eines außerliturgischen Programms dient, sondern sich genuin liturgietheologisch vor dem zentralen Kriterium der participatio actuosa verantworten will. 30 Unter dem Gesichtspunkt der bewussten und tätigen Teilnahme der Gläubigen 31 am Wortgottesdienst erscheint es nämlich problematisch, wenn „im Normalfall nur diejenige Lesung im Gedächtnis der Hörenden überlebt, die auch Thema der Predigt ist“ 32 . Auf jeden Fall zeigt die Position von Franz, dass sich die Frage nach der Konsonanz nicht allein auf die pointierte Gegenüberstellung eines eher gemeindepädagogischen Anliegens (konsonante Formulare, die um der Bibelkenntnis der Hörer willen memorierbar sein sollen) und eines primär doxologischen Verständnisses des Wortgottesdienstes (nicht konsonante Formulare, die zur Ehre Gottes erklingen und daher von der Gemeinde nicht unbedingt verstehend gehört werden müssen) zuspitzen lässt. 33 Gleichzeitig bleibt unbestreitbar eine Spannung bestehen: Liturgische Schriftverkündigung soll das Wort Gottes zur Geltung bringen; eine Intertex- Vielmehr kann sich das Plädoyer für eine Leseordnung, die die Hörerinnen und Hörer mit Rezeptionshilfen etwa im Sinne thematischer Bezüge ausstattet, mit der participatio conscia et actuosa auf einen Topos berufen, der auch eine Voraussetzung für die Wirksamkeit liturgischer Schriftverkündigung im Sinne der in den Teilen A (Anamnese) und B (Handeln als Leib Christi) dieser Studie untersuchten Kriterien darstellt. 28 Ebd. 300. 29 Vgl. die Hinweise auf Phasen der Stille nach den Lesungen in GORM 56, vor allem aber in PEM 28: „Der Wortgottesdienst soll in einer Weise gefeiert werden, daß er zur Besinnung führt. Es ist selbstverständlich, daß darum jede Eile vermieden werden muß, da sie der Sammlung im Wege steht. Das Zwiegespräch zwischen Gott und den Menschen unter dem Einfluß des Heiligen Geistes erfordert Augenblicke der Stille. Wenn sie auf die Gemeinde abgestimmt sind, helfen sie ihr, das Wort Gottes innerlich anzunehmen und eine Antwort im Gebet vorzubereiten. Solche Augenblicke der Stille sind im Wortgottesdienst an verschiedenen Stellen möglich z.B. vor dem Beginn des eigentlichen Wortgottesdienstes, unmittelbar nach der Ersten und Zweiten Lesung und schließlich nach der Homilie.“ 30 Vgl. F RANZ , Wortgottesdienst 298-301. 31 Vgl. SC 11.18.48. 32 F RANZ , Wortgottesdienst 301, hier bezogen auf das mit drei parallelen Bahnlesungen operierende System des amerikanischen Revised Common Lectionary, doch gewiss auch weithin zutreffend auf die hiesige Praxis. 33 Diese Tendenz wohnt beispielsweise der Darstellung bei D EEG , Gehört wird 79-84, inne. <?page no="170"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 158 tualität des Typs a) ist jedoch zunächst einmal Ausdruck menschlicher Intentionalität. 34 Dass es dieser darum zu tun ist, weniger der je eigenen Idee als vielmehr dem Geist Gottes Raum zu verschaffen, der „weht, wo er will“ (Joh 3,8), wird sich zu erweisen haben durch „einen unter Umständen herausfordernd bunten Textraum […], in dem ganz unterschiedliche Bewegungen des Denkens und Fühlens und ganz unterschiedliche Erfahrungen möglich sind“ 35 . Bezogen auf die einzelne Lesung hat die Perikopierung sich vor dem inspirierten kanonischen Text, seinen literarischen Strukturen und Wirkabsichten zu verantworten. Problematisch erscheint demgegenüber, wenn eine Zuspitzung auf die im Rahmen der Konsonanz benötigte Pointe betrieben wird, die unter exegetischen Gesichtspunkten als textwidrig zu betrachten wäre. 36 1.2 Die Spannung zwischen vertikaler und horizontaler Ebene im Ordo Lectionum Missae Während in den geprägten Zeiten des Kirchenjahres aus naheliegenden Gründen das Prinzip der Auswahllesung in einem konsonanten Formular vorherrscht, 37 kombiniert der Ordo Lectionum Missae an den Sonntagen im Jahreskreis 38 bekanntlich die Prinzipien der Bahn- und der Auswahllesung. Während Epistel und Evangelium jeweils als lectio semi-continua organisiert sind, 39 34 Dies gilt freilich für jedes denkbare Perikopensystem und bereits für jede einzelne Perikopierung. In jedem Fall entscheiden Menschen darüber, wie das kanonische Gotteswort präsentiert wird. ist die alttestamentliche Lesung (und mit ihr der thematisch bzw. mo- 35 D EEG , Gehört wird 87. In diesem Zusammenhang verweist Deeg auf das „Spannungsfeld von pluraler Rezeption vs. linearer Kommunikation“ (ebd.). Dem entspricht die valente Problemanzeige: „Das Paradigma der erwünschten Rezeption, das hinter diesen Versuchen der Schaffung einer möglichst weitgehenden Konsonanz liegt, ist damit weniger die Begehung eines unterschiedlich konturierten Textraums als vielmehr das Verstehen und Erkennen eines Zusammenklangs und Zusammenhangs verschiedener Texte“ (ebd. 86; Hervorhebungen im Original). 36 Zweifellos stellt jede Perikopierung eine Dekontextualisierung und damit eine Zuspitzung dar. Entscheidend ist, ob die Perikope - auch aus exegetischer Sicht - einen Ausschnitt bietet, der dem Charakter des Ursprungstextes in seinem kanonischen Rahmen zumindest nicht zuwider läuft; vgl. I RWIN , Context and Text 94; J ANOWSKI , Kontrastive Einheit 43f. Ein Veto-Recht der Exegese in diesem Sinne gilt auch für die Textkombination innerhalb des Formulars wie für die Auslegung in der Homilie. 37 Vgl. jedoch die Sonntage der Quadragesima, wo die alttestamentliche Lesung und das Evangelium unabhängig voneinander nach einer jeweils die gesamte Quadragesima umgreifenden Konzeption ausgewählt sind: vgl. PEM 97. 38 Kritisch zum Konzept der Sonntage im Jahreskreis, das an die Stelle einer Unterscheidung zwischen Sonntagen nach Epiphanie und Sonntagen nach Pfingsten getreten ist: F RANZ , Wortgottesdienst 90f. (Unterbrechung und Verkürzung der evangelischen Bahnlesung durch den Osterfestkreis an zentraler Stelle, in Lesejahr A inmitten der Bergpredigt); B ECKER , Dies große Wort 437 Anm. 42. 39 Gleiches gilt für die beiden Lesungen in der Leseordnung für die Werktage. <?page no="171"?> Biblische Lesungen im Kontext biblischer Lesungen 159 tivisch auf sie abgestimmte Antwortpsalm) 40 passend zum Evangelium gewählt. 41 War im mit der Leseordnung befassten Coetus XI des Rates zur Ausführung der Liturgiekonstitution zunächst die Schaffung thematisch konsonanter Formulare, ausgehend von der Bahnlesung des Evangeliums, favorisiert worden, entschied man sich im Mai 1966, Epistel und Evangelium in zwei parallelen Bahnlesungen zu führen. 42 Im Blick auf die Rezeption der Leseordnung werden auf diese Weise divergente Signale gesetzt: Der im Formular angelegte thematische Zusammenhang zwischen alttestamentlicher Lesung und Evangelium will wahrgenommen werden, während gleichzeitig die thematisch differente Epistel, die zwischen die konsonanten Lesungen eingeschaltet ist, eben jener Wahrnehmung im Wege steht. 43 Fragt man nach der sich mit den Bahnlesungen von Epistel und Evangelium verbindenden Absicht, so äußert sich die Pastorale Einführung in das Messlektionar dazu explizit: PEM 68: „Die Lesungen für die einzelnen Sonntage im Jahreskreis sind inhaltlich nicht bestimmten Themen zugeordnet, wie dies für die Geprägten Zeiten angemessen ist. Eine solche Zuordnung nur aus Gründen einer leichteren homiletischen Unterweisung erschien nicht angebracht. Dagegen spricht nämlich ein richtiges Verständnis des Gottesdienstes selbst; dieser ist immer die Feier 40 P LANYAVSKY , Katholische Kirchenmusik 47f., unterscheidet vier Arten von Bezügen zwischen alttestamentlicher Lesung und Antwortpsalm: assoziativ („Der Berührungspunkt entsteht aus einer verbalen Verklammerung oder aus der Verwendung eines ähnlichen Bildes“), affirmativ („die ausgewählte Stelle bekräftigt die Aussage“), komplementär („in der Lesung wird die eine Seite, im Psalm die (oder eine) andere gezeigt“) und kontemplativ („greift die Gesamtstimmung des Gottesdienstes auf“). 41 Zu den verschiedenen inhaltlichen Mustern, die in dieser Zuordnung erkennbar werden, vgl. N ÜBOLD , Entstehung und Bewertung 288-293; DERS ., Kriterien zur Auswahl; höchst kritisch S CHÖTTLER , Christliche Predigt und Altes Testament 148-151. Ein schwerwiegender Einwand gegen die Grundoption, die AT-Lesung vom Evangelium her auszuwählen, ergibt sich vom Votum des Konzils her, die erneuerte Leseordnung solle „die wichtigsten Teile der Heiligen Schrift“ (SC 51) zu Gehör bringen: Der signifikant engere thematische Fokus der Evangelien bedingt die „Gefahr, die Offenbarung nicht in ihrer ganzen Breite wahrnehmen zu können“ (F RANZ , Wortgottesdienst 75; vgl. die detaillierte Auswertung ebd. 215-238). Sehr kritisch auch G AFUS , Das Alte Testament - Stiefkind, bes. 37-40. 42 Vgl. N ÜBOLD , Entstehung und Bewertung 153; F RANZ , Wortgottesdienst 93. Zu den Hintergründen vgl. auch die selbstkritische Einschätzung von Adrien Nocent, selbst Mitglied von Studiengruppe XI, der auf „die schweren Nachteile einer solchen Regelung“ aufmerksam macht und einräumt, es sei „hier ein taktischer Fehler unterlaufen“ (N OCENT , Kleine Geschichte; die Zitate ebd. 655.656). Für eine Bahnlesung der Epistel hatte sich im Vorfeld der Münchner Oratorianer Heinrich Kahlefeld stark gemacht, allerdings verbunden mit einem Votum für das Konsonanzprinzip: „Es wurde dem OLM zum Verhängnis, daß er H. Kahlefeld mit seinem Prinzip der Bahnlesungen der Episteln an den Sonntagen im Jahreskreis gefolgt ist, nicht aber dessen entschiedener Ablehnung einer parallelen Bahnlesung von Epistel und Evangelium […] und auch nicht seiner Forderung nach Konsonanz beider zueinander“ (S CHÜRMANN , Konsonante Episteln 404 Anm. 37). 43 Vgl. N OCENT , Parole de Dieu 148; N ÜBOLD , Entstehung und Bewertung 364-367. <?page no="172"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 160 des Mysteriums Christi und verwendet überlieferungsgemäß das Wort Gottes nicht nur aus Gründen der Vernunft oder aus irgendwelchen äußeren Gründen, sondern in der Absicht, das volle Evangelium zu verkünden und die Gläubigen in die ganze Wahrheit zu führen.“ Die Bildung thematisch einheitlicher Formulare legitimiert sich demzufolge nur in den geprägten Zeiten des Kirchenjahres, die von sich aus bestimmte Aspekte des Pascha-Mysteriums hervortreten lassen. 44 Abgesehen davon erblickt der Text im Streben nach thematischer Einheitlichkeit eine unsachgemäße Überlagerung genuin liturgischer Gesetzmäßigkeiten durch homiletische oder allgemein didaktische Interessen. 45 Diesen gegenüber wird die Absicht hervorgehoben, „das volle Evangelium zu verkünden“, welcher das zuvor in Nr. 67 benannte Prinzip der „fortlaufenden Lesung in Auswahl“ (Bahnlesung) am besten zu entsprechen scheint. Angesichts der im gleichen Zuge konstatierten Abstimmung der alttestamentlichen Lesung auf das jeweilige Evangelium 46 Was die Bahnlesung hermeneutisch zu leisten vermag, hängt zunächst wesentlich davon ab, dass sie von den Rezipienten überhaupt als solche wahrgenommen wird. Speziell hinsichtlich der Epistel ist, wohl nicht zu Unrecht, wiederholt bezweifelt worden, dass selbst bei regelmäßiger Teilnahme am Sonntagsgottesdienst der Zusammenhang der Lesungen von Woche zu Woche verfolgt werden könne. ist die Zurückweisung thematischer Einheitlichkeit offenkundig inkonsequent. Umso mehr stellt sich die Frage, was das mit hoher Priorität implementierte Prinzip der lectio semi-continua unter welchen Umständen leisten soll und kann. 47 Tatsächlich dürfte im christlichen Gottesdienst die fortlaufende Lesung historisch gesehen unter den spezifischen Bedingungen personell stabiler Gruppen aufgekommen sein, die die Perikopen in zeitlich dichter Folge hörten: Zu denken ist hier etwa an die täglichen Versammlungen im Rahmen der vorösterlichen Taufvorbereitung 48 44 Vgl. analog zur Leseordnung für die Wochentage PEM 69. sowie an das tägliche Stundengebet. Während die ältere Forschung dazu neigte, in der lectio (semi-)continua das schlechthin ursprüngliche Prinzip der liturgischen 45 Die Aussage steht in vernehmlichem Kontrast zu den Optionen, die dem Lektionarentwurf der Benediktinerabtei Maredsous aus dem Jahr 1965 zugrunde lagen, der der zuständigen Arbeitsgruppe des Consilium als Vorschlag vorgelegen hatte. Vgl. zu diesem Entwurf F RANZ , Wortgottesdienst 41-70. 46 PEM 67: „Das Prinzip der ‚fortlaufenden Lesung in Auswahl‘ hingegen findet Anwendung bei den Episteln und Evangelien der Sonntage im Jahreskreis, die bekanntlich nicht besonders geprägt sind; die Lesungen aus dem Alten Testament sind an diesen Sonntagen jedoch auf die Evangelien abgestimmt.“ 47 Vgl. N ÜBOLD , Entstehung und Bewertung 363; F RANZ , Wortgottesdienst 93; D EEG , Gehört wird 89; C YRUS , Konsonanz 43; anders z.B. B RAULIK , Die Tora als Bahnlesung 137, der voraussetzt, eine sonntägliche Bahnlesung könne „das kanonisch ebenfalls angezielte Gefühl für die literarischen Zusammenhänge“ vermitteln. 48 Zur lectio (semi-)continua aus dem Buch Genesis in diesem Rahmen vgl. M ARGONI - K ÖGLER , Perikopen 607-609. <?page no="173"?> Biblische Lesungen im Kontext biblischer Lesungen 161 Schriftverkündigung 49 vor der Herausbildung fixer Leseordnungen zu erblicken, 50 zwingen neuere Einzeluntersuchungen hier zur Differenzierung: Bei Augustinus beispielsweise erscheint die fortlaufende Lesung außerhalb der geprägten Zeiten nicht als die Regel, sondern als eine fallweise bewusst gewählte Ausnahme. 51 Auch die mittelalterliche Leseordnung der römischen Liturgie kennt keine Bahnlesung des Evangeliums, 52 wiewohl die eröffnende Formel „Sequentia sancti evangelii“ etwas anderes insinuiert. 53 Von daher erscheint es nicht zielführend, das Modell der Bahnlesung historisch zu legitimieren. 54 Obwohl die liturgische Tradition dieses Modell zweifellos kennt, scheint es von den Rezeptionsbedingungen her an bestimmte Voraussetzungen gebunden zu sein, die in einer regelmäßig besuchten Werktagsmesse eher erfüllt sind als im Sonntagsgottesdienst. 55 49 Im Hintergrund steht vielleicht eine zu eng gesehene Analogie zu Einzelheiten des jüdischen Synagogengottesdienstes mit seiner lectio continua der Tora. 50 Vgl. z.B. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 510: „Es ist bekannt, daß im Gottesdienst der alten Kirche die einzelnen Bücher der Heiligen Schrift fortlaufend, in der Weise der lectio continua gelesen wurden. Der sichtbarste Beleg dafür sind die umfangreichen Kommentare zu ganzen Büchern des Alten wie des Neuen Testamentes, die uns von verschiedenen Vätern überliefert sind und die nichts anderes sind als die schriftlich festgehaltenen Homilien, die sie im Anschluß an die gottesdienstliche Schriftlesung gehalten haben.“ Vgl. aber bereits kritisch K UNZE , Lesungen 129-135. 51 Vgl. M ARGONI -K ÖGLER , Perikopen 621: „Für Liturgiefeiern in der festfreien Zeit des Jahres konnte Augustinus die Perikopen völlig frei bzw. - soweit ersichtlich - anlaßspezifisch wählen. Abgesehen von den Predigtreihen der en. Ps. zu den ‚psalmi graduum‘ und zeitgleichen Io. eu. tr. sowie manchen Osteroktavserien (z.B. ep. Io. tr.) geben die erhaltenen Predigten keine positiven Hinweise auf eine über längere Zeit hin durchgezogene lectio continua oder Bahnlesung eines biblischen Buches, was nicht eo ipso ausschließt, daß Augustinus gelegentlich einige aufeinander folgende Abschnitte als Perikopen auswählte, um sie in sukzessiven Predigten zu behandeln […].“ 52 Vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 514f.: „Es ist nun nicht wenig auffallend, daß das Perikopensystem der Evangelien trotz dieser Ausdehnung auf zwei bis drei Wochentage nirgends eine durch mehrere Folgen fortgesetzte Bahnlesung erkennen läßt, von einer lectio continua nicht zu reden. Die Perikope ist vielmehr fallweise frei gewählt, ohne Rücksicht auf die vorausgehende oder auf die nachfolgende Perikope.“ 53 Wohl aber verweisen die Episteln nach Pfingsten auf eine Art weitmaschiger Bahnlesung: vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 511-514. 54 Bei B RAULIK , Die Tora als Bahnlesung 142-149, wird die vergleichsweise stark judenchristlich geprägte und vielleicht von daher dem Modell der Bahnlesung besonders aufgeschlossene syrische Tradition einseitig zum liturgietheologischen Generalmodell erhoben: „Die lectio continua - als laufende Lesung freilich niemals verabsolutiert - erscheint hier als die eigentliche Form liturgischer Bibellektüre“ (ebd. 143). In dieser apodiktischen Form gewiss diskussionswürdig ist auch die in diesem Zusammenhang erhobene Maxime: „je näher ein System, auf das man zurückgreift, am Ursprung ist, desto beachtenswerter bleibt es“ (ebd.). 55 Charakteristischerweise gelten die Bahnlesungen von Apostolos und Evangelium im byzantinischen Ritus (vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 511) nur für die Wochentage, während die Lesungen an Samstagen und Sonntagen speziell ausgewählt sind (vgl. L ASH , Scripture 377). <?page no="174"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 162 So erhebt sich schließlich die Frage, ob sich, unabhängig von historischen und gedächtnispsychologischen Befunden, eigenständige liturgietheologische Argumente für die Bahnlesung benennen lassen. Die oben zitierte „Absicht, das volle Evangelium zu verkünden und die Gläubigen in die ganze Wahrheit zu führen“ (PEM 68), ließe sich in diesem Sinne auf zwei Ebenen interpretieren: a) Wenn die einzelne Perikope auf der horizontalen Ebene nach dem Prinzip der Bahnlesung kontextiert wird, bleibt zumindest ansatzweise der kanonische Ausgangskontext gewahrt - wenn auch häufig nicht der unmittelbare, so doch zumindest der weitere literarische und damit auch theologische Kontext. Auf diese Weise käme zumindest bei den synoptischen Evangelien, deren Bahnlesung jeweils den ganzen Zyklus der Sonntage im Jahreskreis prägt, ein Eindruck von der literarischen Spezifik und der sich darin artikulierenden theologischen Akzentsetzung der Evangelien zustande, 56 die je auf ihre eigene Art „das volle Evangelium“ zur Geltung bringen. Ansgar Franz wendet ein, es sei eine „Fiktion […], die biblischen Textzusammenhänge präsentieren zu können - das tun ‚Perikopen‘, ‚rundherum geschnittene Texte‘ per definitionem nicht“. 57 b) Dessen ungeachtet ließe sich argumentieren, das Prinzip der Bahnlesung sei theologisch legitimiert, weil es durch die Achtung des kanonischen Kontextes die Auslegungsgemeinschaft zur Geltung bringe ‚Das volle Evangelium‘ kommt demnach stets nur im Medium der einzelnen Perikope zur Sprache. Eine Einführung in die literarische Eigenart der kanonischen Schriften wäre demgegenüber als bibeldidaktisches Anliegen zu begreifen, dessen Umsetzung von der Liturgie weder geleistet werden kann noch soll. 58 bzw. weil es - in Ermangelung adäquaterer Kriterien - eine angemessene Textrepräsentanz sicherstelle. 59 56 Dies unabhängig davon, ob der konkrete Inhalt der jeweils am letztvergangenen Sonntag verkündigten Perikope im Einzelnen erinnert werden kann. Letztere Überlegung bezieht sich allein auf die Auswahl der Verkündigungstexte, die in Summe geeignet sein soll, „das volle Evangelium zu verkünden und die Gläubigen in die ganze Wahrheit zu führen“ (PEM 57 F RANZ , Wortgottesdienst 302. Vgl. ähnlich D EEG , Gehört wird 87: „Die im Gottesdienst gelesene, die perikopierte Bibel, ist nicht die ganze Bibel.“ Vgl. ferner B ECKER , Dies große Wort [10f.], speziell zu den Evangelien sowie zur Apostelgeschichte (als Lesematerial der Osterzeit): „Entscheidend ist, dass die Struktur des Evangeliums mit den heortologischen Vorgaben des Kirchenjahrs inkompatibel ist: Der Höhepunkt des Evangeliums wird aus der lectio continua herausgenommen und der Karwoche und Osterzeit zugeordnet. Durch diese Ziellosigkeit der Bahnlesung wird die theologische Struktur des Evangeliums außer Kraft gesetzt. Das gilt auch für die Apostelgeschichte, in der die Pfingstlesung Apg 2 nicht das Ende, sondern Voraussetzung des Buches ist, wie schon Johannes Chrysostomus bemerkt.“ 58 Vgl. S CHÖTTLER , Die Bibel kanonisch lesen 117. 59 Im Falle des Synagogengottesdienstes inszeniert die lectio continua der Tora den kanonischen Zentraltext als solchen. <?page no="175"?> Biblische Lesungen im Kontext biblischer Lesungen 163 68); 60 die Frage der Anordnung der Texte innerhalb der Leseordnung bleibt davon unberührt. Bezüglich des Kanons als Artikulationsform der Auslegungsgemeinschaft ist festzuhalten, dass Kanon und Liturgie gewiss zwei aufeinander bezogene, aber doch strikt voneinander zu unterscheidende Orte des kulturellen Gedächtnisses des Christentums sind, deren je spezifische Eigenlogik nicht unmittelbar wechselseitig übertragbar ist. 61 Entscheidend ist vor diesem Hintergrund nicht der ohnehin in der Wahrnehmung der Gläubigen schwerlich zu verankernde Versuch, den kanonischen Zusammenhang auf der horizontalen Ebene in der Verknüpfung der Formulare untereinander abzubilden, sondern vielmehr die exemplarische Präsenz des gesamten Kanons auf der vertikalen Ebene innerhalb eines Sonntagsformulars, das zwei alttestamentliche und zwei neutestamentliche Texte umfasst. 62 Damit ist die Reflexion abschließend nochmals auf die Verhältnisbestimmung zwischen horizontaler und vertikaler Ebene zurückverwiesen. Nicht nur aus wahrnehmungspsychologischen, sondern auch aus theologischen Gründen gebührt der vertikalen Ebene - zu ihr gehört auch die Intertextualität im weiten Sinne, also der Kontext des Gesamtritus - die Priorität. „Jede einzelne Feier ist theologisch als Einheit konzipiert und wird humanwissenschaftlich gesehen als Einheit erfahren. Unverkennbar gibt es hier einen Primat der ‚Vertikalen‘ vor der ‚Horizontalen‘. […] Ebenso hat theologisch gesehen der einzelne Sonntag - er ist, noch vor dem österlichen Jahres-Pascha, die wöchentliche Anamnese des Pascha-Mysteriums - die ältere Dignität vor dem ausgefalteten Kirchen- (und Lese-)Jahr. Bezogen auf die Leseordnung bedeutet das: So wichtig und angemessen eine sinnvolle Strukturierung der Abfolge der einzelnen Sonntagslesungen im Verlauf des Kirchenjahres ist […], Priorität hat die einzelne sonntägliche Meßfeier […].“ 63 60 Inwieweit es dem Ordo Lectionum Missae gelingt, wie vom Konzil gefordert die „praestantior pars“ der Heiligen Schrift (SC 51) zu repräsentieren, ist - zumal im Blick auf das Alte Testament - höchst umstritten; vgl. oben S. 159 Anm. 41. 61 Vgl. dazu Teil B Kap. 4.1.2. 62 Vgl. oben S. 30. 63 F RANZ , Wortgottesdienst 303; vgl. auch I RWIN , Context and Text 96. Die Pastorale Einführung in das Messlektionar schwankt in dieser Frage, wie die Regelungen für den Fall, dass eine Bischofskonferenz aus pastoralen Gründen die Auslassung einer Lesung gestattet haben sollte, zeigen: „Daher soll man, sofern nichts anderes vorgesehen ist, zwischen den beiden ersten Lesungen unter folgenden Gesichtspunkten wählen: Welche Lesung paßt besser zum Evangelium? Welche trägt besser entsprechend der erwähnten Absicht zu einer organischen Unterweisung in einer Predigtreihe bei? Welche läßt die fortlaufende Lesung in Auswahl aus einem Buch der Schrift zu? “ (PEM 79). Während die Frage „Welche Lesung paßt besser zum Evangelium? “ die vertikale Ebene stark macht (Konsonanz), setzt die Frage „Welche läßt die fortlaufende Lesung in Auswahl aus einem Buch der Schrift zu? “ auf die horizontale Ebene (Bahnlesung). In der zugehörigen Anm. 106 verschiebt sich der Akzent sogar eher in Richtung der horizontalen Ebene: „Beispielsweise sind in der Fastenzeit (Österlichen Bußzeit) die Lesungen des Alten Testaments entsprechend dem Fortgang der Heilsgeschichte ausgewählt; an den Sonntagen im Jahreskreis ist die fortlaufende Lesung in Auswahl aus einem Brief vorgesehen. In diesen Fällen empfiehlt es sich, zugunsten einer organischen Verkündigung die ge- <?page no="176"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 164 Ob daraus mit Ansgar Franz notwendigerweise zu folgern ist, dass „deren Einheit durch konsonante Formulare gestützt, nicht aber durch inhaltlich heterogene Lesungen verunklärt werden sollte“ 64 , kann unter der Fragestellung der vorliegenden Arbeit dahingestellt bleiben. 65 Konkret ist die - produktionsästhetisch gesehen - in der geltenden Leseordnung gewählte Kompromisslösung faktisch hörpsychologisch unbefriedigend. Zu bedenken ist dabei auch, dass sich der Höreindruck immer von vorne her aufbaut (wenn nicht ein einheitliches ‚Thema‘ vom kirchenjahreszeitlichen oder kasualen Anlass der Feier her zuvor bekannt ist). Dies erschwert die Wahrnehmung eines Zusammenhangs zwischen alttestamentlicher und evangelischer Lesung über die Epistellesung hinweg zusätzlich, da der inhaltliche ‚Basistext‘ zuletzt erklingt. Es sei nochmals hervorgehoben, dass unter dem Gesichtspunkt einer rezeptionsorientierten Hermeneutik die Intertextualität zwischen den Lesungen und den anderen verbalen wie nonverbalen Rituselementen des Wortgottesdienstes wie auch der Messfeier als ganzer in jedem Fall sowohl das Verständnis lenkend als auch sinnproduktiv ist - unabhängig davon, ob es sich um einen bewusst komponierten Zusammenhang handelt. Ein nie auszuschöpfender Sinnüberschuss kommt nicht nur dem Einzeltext zu (über die Intention des Autors, der Redaktion hinaus), sondern auch dem ganzen Formular (über die Intention, die seiner Komposition zugrunde liegt, hinaus). Um den Wortgottesdienst als Einheit wahrzunehmen, bedarf es hörpsychologisch der Anknüpfungspunkte, die jedoch ganz unterschiedlich beschaffen sein können und keineswegs zwingend produktionsästhetisch bewusst geschaffen sein müssen. Selbst wenn es in dieser Weise intendierte Anknüpfungspunkte gibt, werden die realisierten nicht zwangsläufig mit den intendierten übereinstimmen. 66 1.3 Zwischenergebnis und homiletische Konsequenzen Aufgrund der gewählten Fragestellung verfolgt die vorliegende Untersuchung nicht die Absicht, der im Einzelnen durch die konkrete Textauswahl des Ordo Lectionum Missae insinuierten Hermeneutik der biblischen Lesungen nachzugehen. Es hat sich jedoch gezeigt, wie bedeutsam es für eine Hermeneutik liturgischer Schriftverkündigung ist, dass der einzelne Text nicht nur seine kanonischen Kontexte mit aufruft, sondern durch die Leseordnung in neue biblische Kontexte gestellt wird. Diese Kontextierung entspricht auch dann, wenn bewusst ein Zusammenhang zwischen mehreren Perikopen herwählte Reihe an mehreren aufeinanderfolgenden Sonntagen beizubehalten. Man soll also nicht willkürlich und ohne Zusammenhang einmal die Lesung aus dem Alten Testament und einmal die aus den Briefen nehmen.“ 64 F RANZ , Wortgottesdienst 303. 65 Vgl. jedoch grundlegend zum Prinzip der Konsonanz oben Kap. 1.1. 66 Vgl. dazu B ECKER , Dies große Wort 427, dessen eigener Leseordnungsentwurf „Patmos“ unter anderem deshalb an den Sonntagen nach Pfingsten die Konsonanz von dem zuerst gehörten alttestamentlichen ‚Basistext‘ her aufbaut. <?page no="177"?> Biblische Lesungen im Kontext biblischer Lesungen 165 gestellt wird (Konsonanz), nicht zwangsläufig bibelwissenschaftlichen Befunden. Liturgischer Schriftgebrauch ist, wie Alex Stock schreibt, poietisch und kreativ: „Das ist im Prinzip ein poetischer (‚poietischer‘) Gebrauch, d. h. mit der Textvorgabe muß jetzt etwas Neues angefangen und gemacht werden, und zwar in einer Situation, die mit keiner der historisch-kritisch rekonstruierten Textsituationen identisch ist. Diese Tätigkeit fällt offenbar in den Bereich der produktiven Einbildungskraft. Deren schöpferische Arbeit kann von der historischkritischen Exegese, ihren Methoden und Ergebnissen, angeregt, aber auch gelähmt, auf keinen Fall aber geregelt werden.“ 67 Was hier gesagt wird, gilt sowohl für die Erstellung der Leseordnung als auch für die Homilie als besondere Form der erschließenden Rezeption des jeweils vorgegebenen Formulars. Eine Vergewisserung der historischen Situationen, die der Entstehung der biblischen Texte zugrunde liegen, wie auch wesentlicher Stationen ihrer Wirkungsgeschichte ermöglicht die „Unterscheidung der Überlieferungsschichten und des kerygmatischen Schwerpunktes, den jede Überlieferungsstufe neu formuliert“ 68 . Daraus erwachsen für die Predigtvorbereitung Anregung und Korrektiv zugleich. Dennoch kann die historischkritische Exegese den letzten Schritt der Integration einer Perikope in einen spezifischen liturgischen Kontext nur mehr bedingt begleiten. Eine größere Affinität besteht an dieser Stelle zu denjenigen exegetischen Ansätzen, die sich am biblischen Kanon (in seinen unterschiedlichen Ausprägungen) und damit per se an Prozessen und Phänomenen der Rezeption und Kontextualisierung orientieren. Zwischen einer solchen Exegese - Georg Steins spricht von „kanonisch-intertextueller Lektüre“ 69 , Christoph Dohmen, Thomas Hieke und andere von „biblischer Auslegung“ 70 - und liturgischer Schriftverwendung besteht eine „geradezu ‚natürliche‘ Verbindung“ 71 . Doch hat die vorliegende Studie an verschiedenen Stellen gezeigt, wie auch hier aufgrund unterschiedlicher Betrachtungsweisen Reibungen entstehen. 72 Heinz-Günther Schöttler weist darauf hin, dass sich aus der Perspektive der Hörerinnen und Hörer nicht nur die Lesungen, sondern auch die Homilie 67 S TOCK , Typologische Exegese 167. 68 R. Z ERFASS , Textpredigt 102 (vgl. das Schema ebd. 103). 69 Vgl. den Untertitel zu S TEINS , Bindung Isaaks. 70 Vgl. z.B. H IEKE , Vom Verstehen biblischer Texte. 71 H IEKE , Alles Auslegungssache 102. Diese innere Affinität gründet nicht zuletzt darin, dass der Kanon selbst in gewisser Weise seinen Ursprung in der Liturgie hat; vgl. B RAULIK , Rezeptionsästhetik 39: „‚Liturgische Exegese‘ ist selbstverständlich immer kanonische Bibelauslegung, in der sich Altes und Neues Testament intertextuell wechselseitig interpretieren. Steht doch schon das Werden des christlichen Kanons in unmittelbarer Wechselbeziehung mit der liturgischen Lesepraxis seiner Bücher. So ist auch der implizite Rezipient kanonischer Texte primär nicht der/ die Einzelne, sondern die zur Liturgie versammelte Rezeptionsgemeinschaft.“ 72 Vgl. bes. Teil A Kap. 3 Exkurs sowie Teil B Kap. 4.1.2. <?page no="178"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 166 als „offenes Kunstwerk“ 73 „Die biblischen Texte sind offen gestaltet, und biblisch adäquat predigen heißt, es nicht unter ihrem Niveau zu tun, d. h., an diese Struktur hermeneutisch anzuschließen und von ihr zu lernen, indem die Predigt als eine offene Predigt konzipiert wird. Gemäß der Struktur der biblischen Texte selbst zu predigen, heißt, die Predigt durch das Wechselspiel von Unbestimmtheit und Eindeutigkeit als offenen Such-Raum zu gestalten, der Freiheit ermöglicht und damit die je eigene, erfahrungsbezogene Gott-Suche der Hörerinnen und Hörer herausfordert. Die Offenheit betrifft nicht nur die literarische Form der Predigt, sondern - wie der Schluss des Matthäusevangeliums zeigt, der die Jünger gemeinde (= Kirche) in die bleibende Spannung zwischen Vertrauen und Zweifel entlässt - auch den Inhalt der verkündigten Botschaft.“ im Sinne Ecos darstellt. Die Predigt sollte darum wissen, dass sie offen rezipiert wird und aus diesem Umstand - sowie aus der von der Offenheit der biblischen Texte selbst herrührenden theologischen Option - Konsequenzen ziehen: 74 Dem Idealbild eines ‚offenen Such-Raums‘ wird die Homilie am ehesten dadurch entsprechen können, dass sie sich selbst und damit auch ihre Adressaten der Schrift und ihrer liturgischen Präsentationsform anvertraut. Diese beschreibt Harald Buchinger - im Kontext seiner Ausführungen bezogen auf die Psalmodie, der Sache nach aber auch zutreffend auf die Lesungen des Wortgottesdienstes - als Eröffnung einer Landschaft von Erfahrungen, die dazu einlädt, sich frei in ihr zu bewegen: „Weder kennt […] die Bibel einen einzigen und ursprünglichen ‚Wortsinn‘, noch setzt die Liturgie einen ihn absorbierenden oder verdrängenden ‚Vollsinn‘ voraus; liturgische Bibelrezeption besteht vielmehr in der Anreicherung von Sinn- und Verständnisdimensionen im Wechselspiel von fremder und eigener Erfahrung und ihrer Deutung in der Vielfalt biblischer und liturgischer Tradition. Bildlich gesprochen, geht es dabei nicht - wie früher gelegentlich unter problematischen theologischen Voraussetzungen angenommen - um einen hermeneutischen ‚Aufstieg‘ vom ‚Wortsinn‘ zum ‚Vollsinn‘ auf einer Stufenleiter zunehmender Verchristlichung; die Liturgie ist vielmehr die Eröffnung eines biblischen Erfahrungs- und Deutungsraumes, in dem man sich wie in einer Landschaft bewegen kann. Je nach Standpunkt wechseln Horizonte und Perspektiven. Die liturgische Textauswahl legt Blickwinkel fest; Antipho- 73 Vgl. S CHÖTTLER , Predigt als Schriftauslegung 250. 74 Ebd. 260f. Vgl. auch S CHÖTTLER , Ex sacra Scriptura 147: „Die Predigt soll einen Suchraum eröffnen, der das akute und prekäre Leben mit seinen atemberaubenden Gleichzeitigkeiten - auch in den Gestalten des Glaubens und Kirche-Seins - partiell abbildet; kurzum: interpretatorische Spielräume eröffnen, ohne in Beliebigkeit zu verfallen. […] Für die Predigthörerinnen und -hörer heißt dies, nicht Eindeutigkeit, geschweige denn doktrinale Bestimmtheit zu erwarten, sondern die ‚Lücken‘, die sich in der Predigt auftun und die die ‚Lücken‘ und Fragen des biblischen Textes selbst widerspiegeln, mit dem eigenen Leben und Glauben zu ‚bewohnen‘ und in den ‚Grenzen der Interpretation‘ (Umberto Eco), die nicht zuletzt durch die Eingebundenheit in die Text- und Interpretationsgemeinschaft gegeben sind, ihre je eigene, sie betreffende Deutung zu suchen.“ - <?page no="179"?> Biblische Lesungen im Kontext biblischer Lesungen 167 nen und andere Propriumstexte sind gewissermaßen hermeneutische Wegweiser, denen man folgen kann, aber nicht muss […].“ 75 Spitzt man das Gesagte auf den Wortgottesdienst der Messe zu, so resultiert die beschriebene Offenheit und Komplexität der zu begehenden biblischen Landschaft nicht zuletzt aus dem Nebeneinander der biblischen Perikopen. 76 Wie sie sich wechselseitig ins Licht setzen, fungiert hier als hermeneutischer Wegweiser. Die Homilie wird gut beraten sein, sich nicht nur auf die Erklärung der in der Leseordnung bewusst angelegten Zusammenhänge zu verstehen, 77 sondern sich von dem unverrechenbaren Reichtum intertextueller Beziehungen, die durch das faktische Nebeneinander der Texte entstehen, inspirieren zu lassen. In der Praxis bezieht sich die Homilie, sofern sie als Schriftpredigt gehalten wird, weithin dominant (wenn nicht ausschließlich) auf das Evangelium. Die Möglichkeit, die verschiedenen Texte eines Formulars homiletisch ins Gespräch miteinander zu bringen, 78 bleibt häufig ungenutzt. Dies ist umso bedauerlicher, als darin eine eminente Chance verborgen liegt, am Beispiel deutlich zu machen, dass die Feier der Liturgie keine Nummernrevue ist, sondern ein ‚Gesamtkunstwerk‘ 79 75 B UCHINGER , Mehr als ein Steinbruch? 25. in dem Sinne, dass ihr Inhalt und ihre Wirkung erst im Geflecht aller Elemente und Ausdrucksformen konstituiert werden. 76 Vgl. D EEG , Gottesdienst in Israels Gegenwart 38: „Intertextualität eröffnet dabei Perspektiven der Entdeckung, die weiter reichen als dort, wo das Kriterium diachroner Entwicklung oder nachweisbarer intentio auctoris die Wahrnehmung bestimmt.“ 77 Das Messlektionar wirbt dafür, diese Zusammenhänge zu berücksichtigen und ggf. explizit zu erklären. PEM 19: „Hilfreich können auch kurze Hinweise sein, die die Auswahl von Psalm und Kehrvers und ihre Beziehungen zu den Lesungen zeigen.“ Ebd. 39: „Insbesondere der Vorsteher muß den Aufbau der Leseordnung genau kennen, damit er sie in den Herzen der Gläubigen fruchtbar zu machen versteht. Außerdem muß er durch Gebet und Studium voll zu erfassen suchen, wie die verschiedenen Texte des Wortgottesdienstes zueinander passen und miteinander übereinstimmen, so daß die Leseordnung zum richtigen Verständnis des Mysteriums Christi und seines Heilswerkes beiträgt.“ Vgl. auch ebd. 92 sowie 123. 78 Vgl. B RÜSKE , Lesen 102: „Aufgabe der Predigt […] wäre es, einzelne intertextuelle Bezüge für den Hörer zu deuten.“ Das Homiletische Direktorium rät dabei jedoch zur Gelassenheit: „Es ist nicht erforderlich, dass der Prediger sich zu jeder Lesung äußert oder künstliche Brücken zwischen Lesungen schlägt, die in gar keinem Zusammenhang stehen: Das verbindende Prinzip ist, wie das Geheimnis von Tod und Auferstehung Christi in dieser liturgischen Versammlung offenbart und gefeiert wird. […] In jedem Fall ist es aber nicht das Ziel der Homilie, in einem Kraftakt sämtliche Themenstränge aus allen Lesungen erschöpfend zusammenzuführen. Vielmehr soll der Prediger einem einzelnen Themenstrang folgen, um den Gläubigen das Geheimnis von Leben, Tod und Auferstehung Christi, das in der Liturgiefeier gegenwärtig wird, tiefer zu erschließen“ (Nr. 149). 79 Vgl. B RÜSKE , Gesamtkunstwerk. <?page no="180"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 168 2. Text und Paratext Ein Spezialfall intertextueller, nach der Terminologie Gérard Genettes genauer: paratextueller 80 2.1 Rahmende Formeln und Akklamationen - d.h. durch das Nebeneinander von Texten bedingter -, Beziehungen entsteht, wenn ein Text durch bestimmte Textelemente gerahmt wird, denen dann im Rezeptionsprozess des Haupttextes eine das Verständnis lenkende Funktion zukommen kann. Im Wortgottesdienst der Messe sind in diesem Zusammenhang die Rahmenformeln der Schriftlesungen sowie der Kehrvers des Antwortpsalms von besonderem Interesse. 2.1.1 Die Rahmung der nichtevangelischen Lesungen Die dem Evangelium vorangehenden Lesungen aus dem Alten und Neuen Testament werden vom Lektor mit der Formel „Lesung aus dem Buch …“ bzw. „Lesung aus dem Brief …“ angekündigt. 81 Die Gemeinde antwortet auf die Lesung mit der Akklamation 82 „Dank sei Gott“ (lateinisch „Deo gratias“). 83 Im Unterschied zur vorherigen Praxis wird die Antwort der Gemeinde im erneuerten Messbuch stets durch einen (gesprochenen oder gesungenen) 84 Ruf des Lektors eingeleitet, 85 der im lateinischen Messbuch für alle Lesungen inklusive des Evangeliums einheitlich „Verbum Domini“ lautet, 86 80 Unter dem Begriff „Paratextualität“ fasst Genette „die Beziehung zwischen einem Text und den ihn unmittelbar einrahmenden Versatzstücken von Texten, wie z.B. Titel, Einleitung, Nachwort, Anmerkungen, Epigraph usw.“ (A CZEL , Intertextualität 300f.). 81 Vgl. PEM 120-122. 82 Vgl. AEM 89.91 (ohne den Wortlaut der Akklamation an dieser Stelle zu nennen) bzw. GORM 128.130. 83 Dieser Zuruf ist in historischer Perspektive zunächst als Formel der Kenntnisnahme zu betrachten (vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 537f.; H ÄUSSLING , Akklamationen 234f.), wird aber durch die Kombination mit dem vorausgehenden Ruf des Lektors inhaltlich aufgewertet: „Durch ihre Antwort ehrt die versammelte Gemeinde das Wort Gottes, das sie im Glauben und im Geist der Danksagung aufgenommen hat“ (PEM 18). Vgl. K RANEMANN , Heilige Schrift 167: „Die Gläubigen zeigen durch den Ruf ‚Dank sei Gott‘, dass das Wort Gottes sie erreicht hat und dass sie zustimmen, sich also unter dieses Wort stellen.“ 84 Vgl. Meßbuch 1988, 334. 85 Zur Praxis im vorkonziliaren Messbuch bzw. in der außerordentlichen Form des römischen Ritus vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 518: „Der Einleitungsformel entspricht manchmal eine Schlußformel. Sie ist aber in der Messe nicht so zur Regel geworden, wie dies etwa in unserer Matutin der Fall ist. Nur am Ende der Prophetenlesung heißt es jedesmal: dicit Dominus omnipotens. In mehreren Fällen endet auch die Pauluslesung mit einer solchen angefügten Schlußwendung, mit dem Wort, in dem das Grundmotiv paulinischen Denkens anklingt: in Christo Jesu Domino nostro.“ Zu den Details vgl. D ICK , Einleitungs- und Schlußformeln. 86 Im Rechenschaftsbericht Bugninis zum Verlauf der Liturgiereform ist von der Einführung dieses Rufs erstmals im Zusammenhang mit einer Befragung der Präfekten der vatikanischen Dikasterien zum Schema des neuen Messordo die Rede, die im Sommer 1968 <?page no="181"?> Text und Paratext 169 während im Deutschen zwischen erster (und zweiter) Lesung („Wort des lebendigen Gottes“) und Evangelium („Evangelium unseres Herrn Jesus Christus“) differenziert wird. 87 „Wo nach der Lesung ein Zuruf der Gemeinde üblich ist, fügt der Lektor folgenden Ruf an. Das deutschsprachige Messbuch stellt das ganze Rituselement je nach lokalem Usus zur Disposition und regelt: Wort des lebendigen Gottes. Die Gemeinde antwortet: Dank sei Gott.“ 88 Die relativierende Formulierung „Wo nach der Lesung ein Zuruf der Gemeinde üblich ist“ hat in der Praxis zwar durchaus unterschiedlichen Lösungen Raum gegeben, die auch die Auslassung oder Ersetzung der vorgesehenen Formel einschließen. 89 Dennoch ist der Ruf „Wort des lebendigen Gottes“ weithin etabliert. Gegenüber der lateinischen Wendung „Verbum Domini“, deren durch den liturgischen Sprachgebrauch nahegelegte Deutung auf den Dominus Christus hin problematisch erscheint, 90 verweist die deutsche Formel eindeutig auf den Vater. Die Bezeichnung „lebendiger Gott“ verfügt über einen breiten biblischen Hintergrund 91 sowohl im Alten 92 durchgeführt wurde. Bei dieser Gelegenheit schlug demnach Franjo Šeper, der Präfekt der Glaubenskongregation, vor, „man solle jede Lesung mit ‚Wort Gottes‘ oder ‚Wort des Herrn‘ beenden“ (B UGNINI , Liturgiereform 402). Paul VI. machte sich diese Anregung im Herbst 1968 zueigen und notierte in seinen Bemerkungen zum Ordo Missae, die in der 11. Vollversammlung des Consilium ad exsequendam Constitutionem de Sacra Liturgia (8.-17.10.1968) diskutiert wurden: „Am Schluß der biblischen Lesungen scheint dieser Hinweis angebracht zu sein: ‚Wort Gottes‘ (oder ‚Wort des Herrn‘)“ (ebd. 405). als auch im Neuen 87 PEM 125 suggeriert praktische Überlegungen als Grund dieser Innovation: „Am Ende jeder Lesung soll für den Vorlesenden die Formel ‚Verbum Domini‘ abgedruckt sein bzw. die entsprechende Formel je nach den örtlichen Gewohnheiten - deutsch: ‚Wort des lebendigen Gottes‘ bzw. ‚Evangelium unseres Herrn Jesus Christus‘ -, um so den Antwortruf der Gemeinde zu erleichtern“ (Hervorhebung A.Z.). Vgl. dazu F ISCHER , Formen 82: „Die technische Schwierigkeit, daß das Volk nicht weiß, wann es mit seiner Antwort einsetzen soll, hat die Neuordnung durch ein stereotypes Stichwort (Verbum Domini) für das Ende aller Lesungen gelöst […].“ 88 Meßbuch 1988, 334 (vgl. 335 zur zweiten Lesung bzw. 337 zum Evangelium). 89 Vgl. E ISSING , Von der Bedeutung 49 Anm. 24: „In der Praxis gibt es an dieser Stelle unterschiedliche Formulierungen, aber bisher wohl keine von gleicher Präzision und Offenheit. Die Formulierungen enthalten entweder recht wenig, weil sie nur das Ende feststellen (wie z. B. ‚Das waren die Worte der Lesung‘), oder sie identifizieren die tradierten Menschenworte allzu kurzschlüssig als Worte Gottes (z. B. ‚[Das waren] Worte Gottes‘).“ Ebenfalls kritisch zu alternativen Formeln: B ALLHORN , Wort des lendigen Gottes 10f. 90 Vgl. S ÖDING , Wort des lebendigen Gottes 65f. 91 Vgl. zusammenfassend H IEKE , Doppelte Autorschaft 210f.; F REILINGER - U RBANZ - Z UGMANN , Dynamik 17-20. 92 Vgl. K REUZER , Der lebendige Gott; die ausdrücklichen Belege für die Junktur „der lebendige Gott“ sind zusammengestellt und ausgewertet ebd. 259-298. <?page no="182"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 170 Testament. 93 Dabei zeichnet sich vom Alten Testament her ab, dass die Redeweise in Verbindung steht mit „der Vorstellung von der Gottesherrschaft, d.h. der Herrschaft Jahwes über das (werdende und dann in verschiedener Ausgestaltung bestehende) Volk Israel“. 94 Der lebendige Gott ist ein wirksamer und an den Menschen handelnder Gott. 95 So begegnet die Wendung vornehmlich im Kontext von „Aussagen über die Beziehung zwischen Gott und Volk und zu der Entfaltung und zu den Krisen dieser Beziehung“. 96 Im Neuen Testament „hat sie vor allem - im Rahmen des Missionskerygmas in semantischer Opposition zu den ‚toten Götzen‘ - eine polytheismuskritische Stoßrichtung (Apg 14,15; 1 Thess 1,9; 2 Kor 6,16 [sek? ]; vgl. Röm 9,26 [Hos 2,1]), kann aber auch pneumatologisch (2 Kor 3,3), ekklesiologisch (1 Tim 3,15), verheißungs- (1 Tim 4,10) oder gerichtstheologisch (Röm 14,11 [Jes 49,18]) konnotiert sein.“ 97 Generell betont sie „in der Kontinuität alttestamentlich-frühjüdischer Gottesrede zunächst die hoheitsvollen Züge Gottes“ 98 Angesichts dieser knapp angedeuteten biblischen Konnotationen bringt die Formel „Wort des lebendigen Gottes“ treffend die aktualisierende, anamnetische Dimension liturgischer Verkündigung zum Ausdruck, indem sie verdeutlicht, „dass es um die Dynamik, die Prozesshaftigkeit, den Ereignischarakter, den Tatcharakter, eben um die Lebendigkeit des Wortes Gottes geht“. , aber gerade nicht im Sinne einer weltabgewandten Erhabenheit, sondern einer weltzugewandten Wirkmächtigkeit. 99 „‚Wort Gottes‘ meint […] ein Geschehen, ein Ereignis, nicht einen toten Buchstaben. […] Die Schrift ist ‚Wort Gottes‘, insofern sie Zeugnis des Vorgangs der heilshaften Selbstmitteilung Gottes ist und den Hörer bzw. Leser in diesen Kommunikationsvorgang mit hineinnimmt.“ Dass Gott ‚lebendig‘, dem Menschen bleibend zugewandt ist, verbürgt, dass sein einst ergangenes Wort (die inkarnierten Erfahrungen, die Menschen mit ihm gemacht und authentisch bezeugt haben) auch heute gültig ist und die Kraft hat, die Existenz der gegenwärtig Liturgie Feiernden zu erschließen. 100 Das Adjektiv „lebendig“ verdeutlicht genau diese Eigenschaft der liturgisch verkündigten Heiligen Schrift. Thomas Söding beurteilt die Formel „Wort des lebendigen Gottes“ aus exegetischer Perspektive dennoch kritisch: Sie wirke „überdramatisiert“ 101 93 Vgl. S TENGER , Gottesbezeichnung, sowie speziell zum Hebräerbrief, der die Wendung unter den neutestamentlichen Schriften am häufigsten gebraucht: B ACKHAUS , Per Christum in Deum, bes. 258-260. , zumal „die meisten Lesungstexte […] schlichtweg 94 K REUZER , Der lebendige Gott 355. 95 Vgl. S TENGER , Gottesbezeichnung 61. 96 K REUZER , Der lebendige Gott 375. 97 B ACKHAUS , Per Christum in Deum 258. 98 Ebd. 259. 99 G ABEL , Wort des lebendigen Gottes 26. 100 Ebd. 25. 101 S ÖDING , Wort des lebendigen Gottes 67. <?page no="183"?> Text und Paratext 171 überfordert“ seien, „wenn sie das Niveau, die Leidenschaft und Dichte jener Gotteserfahrung widerspiegeln sollen, die sich mit dem Motiv des ‚lebendigen Gottes‘ verbindet.“ 102 Auch ein zweiter Einwand, der gegen den Ruf „Wort des lebendigen Gottes“ und sein lateinisches Äquivalent „Verbum Domini“ erhoben wird, greift zu kurz: Wenn beanstandet wird, die Formeln brächten „die kennzeichnende Dialektik zwischen Gotteswort und Menschenwort nicht heraus“ Allerdings wäre zu fragen, ob dieser Einwand auf der richtigen Ebene ansetzt: Es geht ja nicht um die Qualität dieses oder jenes Bibeltextes, sondern um die liturgietheologische Grundaussage, dass Schriftverkündigung vom Prinzip her aktuell betreffende Anrede ist. 103 , versäumt man es, die die Lesung abschließenden Rufe in Verbindung mit den die Lesung eröffnenden Formeln zu betrachten. Als Komposition verstanden, bringt nämlich die liturgische Rahmung der Lesungen genau jene „doppelte Autorschaft der Bibel“ 104 zum Ausdruck, die das Zweite Vatikanische Konzil in den einschlägigen inspirationstheologischen Kernsätzen von Dei Verbum 11-13 definiert hat. 105 „11. Das von Gott Geoffenbarte, das in der Heiligen Schrift enthalten ist und vorliegt, ist unter dem Anhauch des Heiligen Geistes aufgezeichnet worden; denn aufgrund apostolischen Glaubens gelten unserer heiligen Mutter, der Kirche, die Bücher des Alten wie des Neuen Testamentes in ihrer Ganzheit mit allen ihren Teilen als heilig und kanonisch, weil sie, unter der Einwirkung des Heiligen Geistes geschrieben (vgl. Joh 20,31; 2 Tim 3,16; 2 Petr 1,19-21; 3,15- 16), Gott zum Urheber haben und als solche der Kirche übergeben sind. Zur Abfassung der Heiligen Bücher hat Gott Menschen erwählt, die ihm durch den Gebrauch ihrer eigenen Fähigkeiten und Kräfte dazu dienen sollten, all das und nur das, was er - in ihnen und durch sie wirksam - geschrieben haben wollte, als echte Verfasser schriftlich zu überliefern. […] 12. Da Gott in der Heiligen Schrift durch Menschen nach Menschenart gesprochen hat, muß der Schrifterklärer, um zu erfassen, was Gott uns mitteilen wollte, sorgfältig erforschen, was die heiligen Schriftsteller wirklich zu sagen beabsichtigten und was Gott mit ihren Worten kundtun wollte. […] 13. In der Heiligen Schrift also offenbart sich, unbeschadet der Wahrheit und Heiligkeit Gottes, eine wunderbare Herablassung der ewigen Weisheit […] Denn Gottes Worte, durch Menschenzunge formuliert, sind menschlicher Rede ähnlich geworden, wie einst des ewigen Vaters Wort durch die Annahme menschlich-schwachen Fleisches den Menschen ähnlich geworden ist.“ Durch die Nennung der biblischen Quelle zu Beginn der Lesung wird markiert, dass das Verlesene nicht in dem eindimensionalen Sinn ‚Wort Gottes‘ ist, dass Gott die Zuhörenden direkt und unvermittelt anspräche. Vielmehr 102 Ebd. 68. 103 Ebd. 68. Vgl. ausführlicher G ABEL , Wort des lebendigen Gottes. 104 Vgl. H IEKE , Doppelte Autorschaft. 105 Zur Textgeschichte und Auslegung der Artikel vgl. G RILLMEIER , Kommentar DV 528- 558; H OPING , Theologischer Kommentar 765-776; H IEKE , Dei Verbum 57-62. <?page no="184"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 172 liegt das Wort Gottes in der Form eines von Menschen verfassten, redigierten und komponierten literarischen Corpus vor. 106 „Die Einleitung mit ‚Lesung aus dem Buch …‘ bzw. ‚Lesung aus dem Brief des …‘ macht die menschliche Seite der Autorschaft deutlich. […] Menschen waren es, die ihre Erfahrungen mit Gott und Gottes Anspruch niedergeschrieben haben […] Am Ende jedoch wird der doppelten Autorschaft insofern Rechnung getragen, als die Wendung ‚Wort des lebendigen Gottes‘ zum Ausdruck bringt, dass hier nicht ‚nur‘ irgendein Wort eines ehrwürdigen alten Mannes (Mose, Amos, Paulus) vorgetragen wurde, sondern dass gerade in diesen Menschenworten der bleibende und aktuelle Anspruch Gottes steckt.“ Die Autoren der Bibel sind „echte Verfasser“ (DV 11) der verkündigten Texte, die zugleich, „unter der Einwirkung des Heiligen Geistes geschrieben […], Gott zum Urheber haben“ (ebd.). Die Vorstellung der Verbalinspiration weist das Konzil zurück, indem es der Exegese zu erheben aufgibt, „was die heiligen Schriftsteller wirklich zu sagen beabsichtigten“ (DV 12). Hinter dieser menschlichen Aussageabsicht setzt das Konzil jedoch die göttliche Urheberschaft voraus. Sowohl, dass geschrieben wird, als auch, was geschrieben wird, beruht auf der Initiative Gottes, der sich menschlicher Erfahrung zugänglich macht. Insofern kann gesagt werden, dass „Gott in der Heiligen Schrift durch Menschen nach Menschenart gesprochen hat“ (ebd.), bzw. dass die Bibel „Gottes Worte, durch Menschenzunge formuliert“ (DV 13), enthält. Wie die liturgischen Rahmenformeln diese komplexe Situation treffend auf den Punkt bringen, fasst Thomas Hieke so zusammen: 107 Darüber hinaus bringt die abschließende Akklamation der Gemeinde „Dank sei Gott“ („Deo gratias“) einen weiteren grundlegenden kanontheologischen Sachverhalt zum Ausdruck: Voraussetzung der Kanonizität des Verkündigten ist, dass es von der Kirche als Auslegungsgemeinschaft, konkret repräsentiert durch die feiernde Gemeinde, je aktuell als normativer Bezugspunkt ihrer Selbstdeutung im Licht der Gottesbeziehung („Wort des lebendigen Gottes“) anerkannt und bekräftigt wird. 108 2.1.2 Die Rahmung der Evangelienlesung Die mit dem liturgischen Gruß eingeleitete Eröffnung der Evangelienverkündigung durch die Ankündigung „Aus dem heiligen Evangelium nach N.“ 109 106 Dabei ist unerheblich, ob beispielsweise der „Brief des Apostels Paulus an die Kolosser“ nach dem Stand heutiger Exegese nicht von Paulus selbst stammt. Entscheidend ist, dass die traditionelle Zuschreibung an den Apostel einen menschlichen Autor benennt. 107 H IEKE , Doppelte Autorschaft 217; vgl. auch E ISSING , Von der Bedeutung 48f. 108 Vgl. H IEKE , Doppelte Autorschaft 218. 109 Die bis zur Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils geübte Unterscheidung nach „Sequentia sancti Evangelii secundum N.“ und (im Sonderfall, dass der Anfang eines Evangeliums verlesen wurde) „Initium sancti Evangelii secundum N.“ hatte eine kontinuierliche, zumindest jedoch eine Bahnlesung des Evangeliums suggeriert. Vgl. aber oben S. 160f. <?page no="185"?> Text und Paratext 173 und die Gemeindeakklamation „Ehre sei dir, o Herr“ reflektiert in gewisser Weise verbal die durch die Evangelienprozession 110 rituell inszenierte Christusgegenwart. 111 So verwundert es nicht, dass diese Eröffnung in der westlichen Liturgiegeschichte erstmals durch frühmittelalterliche Quellen aus dem gallischen Raum bezeugt ist, 112 wo auch der Evangelienprozession besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Durch den liturgischen Gruß, der im Lateinischen ja - anders als es die deutsche Fassung durch die Ergänzung des Wunschkonjunktivs „sei“ insinuiert - eine Zusage der Gegenwart Christi darstellt („Dominus vobiscum“), 113 „Nicht dass die Evangelisten gute Theologen sind, wird liturgisch gefeiert, sondern dass sie als Evangelisten Jesus, den Christus, zu Wort kommen lassen, indem sie die Geschichte seines Wirkens und Leidens im Licht des Ostertages erzählen. Nicht: ‚Respekt, lieber Markus‘, sondern ‚Ehre sei dir, o Herr‘ und ‚Lob sei dir Christus‘ ist die Antwort der Ekklesia. Das Evangelium steht im Abendmahlsgottesdienst außer Konkurrenz. Die liturgische Ehrenbezeugung gilt nicht einem weiteren biblischen Buch, sondern Jesus Christus selbst, von dessen Worten und Taten, aber auch von dessen Menschwerdung, Leiden, Sterben und Auferstehung die Evangelien handeln.“ und durch die Gemeindeakklamation wird deutlich markiert, dass die mit der Evangelienlesung verbundene besondere Ehrbezeugung direkt Jesus Christus gilt. 114 Wie hier bereits angeklungen, greifen die sich an die Evangelienlesung anschließenden Rufe den erläuterten Zusammenhang erneut auf. Die Nennung Christi im Ruf „Evangelium unseres Herrn Jesus Christus“ 115 ist sowohl im Sinne eines Genitivus objectivus als auch eines Genitivus subjectivus zu verstehen: Nicht nur sind die Worte und Taten Jesu der Gegenstand der Proklamation des Evangeliums, sondern in ihr spricht der erhöhte Herr. 116 110 Vgl. dazu Kap. 3.3.2. Die Ge- 111 K RANEMANN , Heilige Schrift 167: „Der Vokativ vor bzw. nach dem Evangelium (‚Ehre sei dir, o Herr‘; ‚Lob sei dir, Christus‘) zeigt die Präsenz dessen an, der verkündigt wird.“ Vgl. auch Teil B, Kap. 4.1.1. 112 Die gallische Tradition wiederum folgte hierin, wie häufig, orientalischem Vorbild. Vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 572f. 113 Vgl. J EGGLE -M ERZ u.a., Der Herr sei mit euch 52-54. Der gleiche Einwand erhebt sich natürlich auch gegenüber der Formulierung „Ehre sei dir, o Herr“ („Gloria tibi, Domine“): ‚Gloria‘ (δόξα) muss für den Herrn nicht erbeten werden, sondern kommt ihm zu, insofern er mit seiner Menschheit in die Sphäre des dreieinen Gottes eingegangen ist (zum Motiv kabod - δόξα - gloria vgl. Chr. M ÜLLER u.a., Gloria 110-118). 114 S ÖDING , Wort des lebendigen Gottes 73. 115 Wie bei den nichtevangelischen Lesungen ist dieser Ruf (im Lateinischen wie bei jenen „Verbum Domini“ lautend) erst im Zuge der jüngsten Liturgiereform eingeführt worden. 116 Vgl. die Rede von der Verbalpräsenz Christi bei Lothar Lies (dazu oben Teil B Kap. 4.1.1). Vgl. auch die nach mittelalterlichem Vorbild (vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 581) wiederhergestellte Segensbitte über den Diakon, der im Begriff ist, das Evangelium zu verlesen: „Der Herr sei in deinem Herzen und auf deinen Lippen […]“ (Meßbuch 1988, 336). <?page no="186"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 174 meindeantwort „Lob sei dir, Christus“, anders als die Akklamation vor dem Evangelium erst seit dem Spätmittelalter belegt, 117 hält fest, „daß Christus die Ehre schlechthin zukomme, darin wiederum seine Gegenwart im Wort bezeugend“. 118 Zur Rahmung der Evangelienlesung in paratextueller Hinsicht gehört auch der meist der Perikope selbst entnommene Vers, der im Ruf vor dem Evangelium (d.h. außerhalb der Österlichen Bußzeit kombiniert mit dem Halleluja) erklingt. Ähnlich wie der Kehrvers zum Antwortpsalm 119 2.1.3 Die Anfangsworte der Lesungen lenkt er die Aufmerksamkeit der Hörerinnen und Hörer auf einen bestimmten Aspekt der Perikope. Der Ordo Lectionum Missae behält den Brauch bei, die Perikopen, wo dies sinnvoll ist, mit einer formelhaften Wendung beginnen zu lassen. PEM 124: „Die Anfangsworte lauten wie üblich: ‚In jener Zeit‘, ‚In jenen Tagen‘, ‚Brüder‘, ‚Geliebte‘, ‚So spricht der Herr‘. Diese Worte können entfallen, wenn aus dem Text selbst Zeit und Personen hinreichend erkennbar sind oder wenn es der Inhalt des Textes nahelegt. Aufgrund von Beschlüssen der zuständigen Autorität können in den einzelnen Volkssprachen diese Formeln geändert oder ausgelassen werden.“ Die genannten Formeln besitzen zunächst eine pragmatische Funktion, indem sie die aus dem literarischen Fluss des jeweiligen biblischen Buches herausgeschnittenen Perikopen in einer der spezifischen Gattung gemäßen Form sinnvoll beginnen und auf diese Weise nicht allzu isoliert erscheinen lassen. 120 Sie gründen jedoch nicht nur in der literarischen Formensprache der biblischen Bücher, sondern beziehen sich auch auf die Kommunikationssituation der liturgischen Feier und ihre theologischen Implikationen. Wenn etwa die Perikopen aus den paulinischen Gemeindebriefen mit einer Anrede beginnen, soll dies nicht nur (im Sinne einer Information) verdeutlichen, dass es sich um Auszüge aus adressierten Schreiben handelt; vielmehr identifiziert es die Hörerinnen und Hörer mit den oder besser: als die Adressaten des Gesagten 121 - zumindest in dem Sinne, dass es sie zur Rollenidentifikation zur Prüfung eigener Glaubens- und Lebenserfahrungen einlädt. 122 117 Vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 573 Anm. 35. Die bei erzählenden Texten aus dem Alten Testament, den Evangelien oder der Apostelgeschichte verwendeten Formeln „In jener Zeit“ bzw. „In jenen Tagen“ verweisen - darin der Funktion des „Es war einmal“ im Märchen nicht un- 118 H ÄUSSLING , Akklamationen 234. 119 Vgl. dazu näher Kap. 2.2. 120 Vgl. D E Z AN , Bible and Liturgy 47. 121 Hinsichtlich der Übersetzung der lateinischen Anrede fratres „empfiehlt es sich, um der konkreten Wahrheit der hörenden Gemeinde wegen [sic] diese mit ‚Schwestern und Brüder‘ anzusprechen“ (K UNZLER , Dienst am Wort Gottes 104). 122 Vgl. dazu Teil A, Kap. 3, bes. S. 37f. <?page no="187"?> Text und Paratext 175 ähnlich - nicht primär auf den spezifischen historischen Kontext des Berichteten, 123 sondern auf dessen Bedeutsamkeit jenseits des kontinuierlichen Zeitflusses. 124 Anders formuliert: Sie weisen das Erzählte nicht (nur) als Ereignis der historischen Vergangenheit, sondern der normativen Ursprungszeit 125 des kulturellen Gedächtnisses aus. 126 2.2 Der Kehrvers des Antwortpsalms Der Antwortpsalm fungiert im Wortgottesdienst der Messe zunächst als biblische Lesung, 127 deren Vortragsart sich - der poetischen Gattung entsprechend - von derjenigen der übrigen Lesungen unterscheidet. Auf den solistischen Vortrag des Psalmisten (in der Praxis meist identisch mit dem Kantor), der in der Regel (aber keineswegs zwingend) einem auf den klassischen Psalmtönen beruhenden Melodiemodell folgt, antwortet die Gemeinde mit einem mehrfach wiederholten Kehrvers (responsum). So verdichtet sich im Vollzug des Antwortpsalms die dialogische Struktur der Liturgie, 128 „indem die Antwort des Volkes in Form des Kehrverses unmittelbar mit dem Vortrag des Schriftwortes durch die Kantorin bzw. den Kantor verwoben ist“ 129 . Die Iteration des Kehrverses begünstigt die von den liturgischen Büchern betonte meditative Funktion, die auf die innere Aneignung des Schriftwortes zielt. 130 Zugleich bestimmt der Kehrvers in erheblichem Maße das Verständnis des Psalms im jeweiligen Kontext mit. 131 Nachdem der Psalm traditionell Introitus, Graduale und Offertorium des Ersten Adventssonntags gestellt hatte, ist er auch heute im Lesejahr C als Antwortpsalm des Ersten Advents (sowie im Anhang als im Advent wahl- Dies soll im Folgenden am Beispiel von Ps 25(24) untersucht werden, der im gegenwärtigen Messlektionar mit sechs verschiedenen Kehrversen verbunden wird. 123 Wäre dies angezielt, müssten präzisere Formulierungen zum Einsatz kommen. 124 Vgl. I RWIN , Context and Text 93. 125 Vgl. M ESSNER , Wortgottesdienst 173.181. 126 Vgl. dazu Teil A, bes. Kap. 1. 127 Vgl. dazu oben S. 30 Anm. 98. Eine gewisse Unklarheit in der Funktionsbestimmung des Antwortpsalms in den kirchlichen Dokumenten und die daraus resultierende pastoralliturgische Diskussion dokumentiert P ACIK , Antwortpsalm. Zur Geschichte und Theologie des Antwortpsalms im Horizont einer Anthropologie des Singens vgl. W ILLA , Singen als liturgisches Geschehen. 128 Vgl. dazu näher unten Kap. 3.4.1. 129 A. Z ERFASS , Alles, was atmet 111. 130 PEM 21: „Das Singen des Psalms oder auch nur des Kehrverses trägt viel dazu bei, den geistlichen Sinn des Psalms zu erfassen und zu meditieren“; vgl. auch GORM 61. 131 Traditionell kommt den Kehrversen respektive Antiphonen eine erhebliche Bedeutung für die liturgische Hermeneutik der Psalmodie zu (vgl. die grundlegenden Ausführungen hierzu bei B UCHINGER , Zur Hermeneutik), nicht zuletzt auch im Blick auf die Anbahnung christologischer Sinndimensionen (dazu klassisch F ISCHER , Psalmen). Eine beispielhafte Studie zur hermeneutischen Funktion der Antiphonen im Stundengebet der vorösterlichen Tage hat jüngst Ingrid Fischer vorgelegt: vgl. I. F ISCHER , Tagzeitenliturgie, bes. 108-190.296-309.336-384. <?page no="188"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 176 weise anstelle des jeweils vorgesehenen Psalms verwendbarer Antwortpsalm) angesetzt. Gesungen werden die Verse 4f.8-10.14 mit dem Kehrvers „Zu dir, o Herr, erhebe ich meine Seele“ (V. 1), der an den Introitus „Ad te levavi“ gemahnt. Dieser bringt in seinem Text (wie auch in der Melodie) zu Beginn des Kirchenjahres programmatisch den „nach oben gerichtete[n], nach Hilfe ausschauende[n] Blick des erlösungsbedürftigen Menschen“ 132 Ein weiteres Mal in der Adventszeit begegnet der Psalm (wiederum mit der Versauswahl 4f.8-10.14) am 23. Dezember. Im Anschluss an die Lesung aus dem Finale des Buches Maleachi, die vom Tag des Herrn und vom Kommen Elijas spricht (Mal 3,1-4.23f.; das Evangelium Lk 1,57-66 knüpft daran mit der Geburt Johannes des Täufers an), setzt der neutestamentliche Kehrvers „Richtet euch auf, erhebt euer Haupt, denn es naht eure Erlösung“ (nach Lk 21,28) einen Akzent auf die bevorstehende Ankunft Christi, die sowohl weihnachtlich als auch eschatologisch zu verstehen ist. zum Ausdruck. - Mit dem gleichen Kehrvers sind die Verse 1-6.8f. am Mittwoch der 9. Woche im Jahreskreis (Reihe I) als Antwortpsalm vorgesehen, der dort auf die Lesung Tob 3,1-11a.16-17a folgt. In diesem Fall greifen Psalm und Kehrvers die Bewegung der in der Lesung vorgetragenen Gebete Tobits und Saras auf. Neben dem Advent findet der Psalm einen weiteren Ort in den geprägten Zeiten des Kirchenjahrs am Ersten Fastensonntag des Lesejahrs B. Thematisch abgestimmt auf die erste Lesung vom Noach-Bund (Gen 9,8-15), bilden hier die Verse 4-9 den Antwortpsalm. Der an Vers 10 angelehnte 133 Die gleichen Psalmverse 4-9 werden an anderen Stellen mit zwei weiteren Kehrversen verknüpft, die wiederum unterschiedliche Facetten an denselben Versen hervortreten lassen. Am 3. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B) lautet der Kehrvers „Zeige mir Herr, deine Wege, lehre mich deine Pfade! “ (V. 4). Unter dem Eindruck der ersten Lesung von der Umkehr der Niniviten auf Jonas Bußpredigt hin (Jona 3,1-5.10) wird der Blick auf die Möglichkeit des Heils gelenkt, sofern man nur bereit ist, sich auf die Wege des Herrn einzulassen. Das Evangelium von der Berufung der ersten Jünger (Mk 1,14-20) wird dieses Motiv aufgreifen. Kehrvers „Deine Wege, Herr, sind Huld und Treue für alle, die deinen Bund bewahren“ verknüpft das Motiv des Bundes aus der Lesung mit dem Motiv des von Gott angeleiteten Weges aus dem Psalm (V. 4.8.9). 134 132 S CHWEMMER , Erster Adventssonntag 378. - Der gleiche Kehrvers mit dem identisch perikopierten Psalm erhält am Montag der 3. Adventswoche einen ganz anderen Klang, wenn er auf die Lesung Num 24,2-7.15-17a (ein Stern geht auf in Jakob) folgt. Der kirchenjahreszeitliche Kontext lässt unweigerlich an den Stern von Betlehem denken, der den Weg zur Krippe zeigen wird. 133 Vgl. Ps 25(24),10: „Alle Pfade des Herrn sind Huld und Treue denen, die seinen Bund und seine Gebote bewahren.“ 134 In ähnlicher Weise fungiert der Kehrvers mit den Versen 4f.8-10.14 des Psalms am Donnerstag der 9. Woche im Jahreskreis (Reihe II) nach der Lesung 2 Tim 2,8-15, die dazu mahnt, sich angesichts des Evangeliums standhaft vor Gott zu bewähren. <?page no="189"?> Text und Paratext 177 Am 26. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) erhalten die Verse 4-9 den Kehrvers „Denk an dein Erbarmen, Herr, und an die Taten deiner Huld! “ (V. 6ab). Der Akzent liegt hier auf dem göttlichen Erbarmen, das die Umkehr erst möglich macht. Damit wird ein Bogen geschlagen von der ersten Lesung aus dem Buch Ezechiel (Ez 18,25-28), in der zugesagt wird: „Wenn sich der Schuldige von dem Unrecht abwendet, das er begangen hat, und nach Recht und Gerechtigkeit handelt, wird er sein Leben bewahren“ (Ez 18,27), zum Evangelium Mt 21,28-32, in dem Jesus den Hohenpriestern und Ältesten vorhält, Zöllner und Dirnen würden eher als sie ins Reich Gottes gelangen, da sie im Unterschied zu ihnen Johannes dem Täufer geglaubt hätten. - In kürzerer Form („Denk an dein Erbarmen, o Herr! “) ist derselbe Kehrvers am Dienstag der 3. Fastenwoche vorgesehen. Der Psalm schließt hier an das Gebet Asarjas an (Dan 3,25.34-43), wobei der Kehrvers mit dem Stichwort ‚Erbarmen‘ unmittelbar das Ende der Lesung aufgreift: „Überlass uns nicht der Schande, sondern handle an uns nach deiner Milde, nach deinem überreichen Erbarmen! Errette uns, deinen wunderbaren Taten entsprechend; verschaff deinem Namen Ruhm, Herr! “ (Dan 3,42f.). Schließlich ist eine Verwendung des Psalms im Sanctorale zu erwähnen. Am Gedenktag des hl. Willibald (7. Juli), Bischof von Eichstätt, erklingen die Verse 4f.8-10.14 mit dem Kehrvers „Du, Herr, bist der Hirt deines Volkes“, nachdem die Lesung aus dem Hebräerbrief (Hebr 13,7f.15-17.20f.) ermahnt hat: „Denkt an eure Vorsteher, die euch das Wort Gottes verkündet haben“ (Hebr 13,7). Dadurch erscheint der heilige Bischof als exemplarischer Vorsteher der Gemeinde, dessen den Weg weisende Verkündigung die Hirtenfunktion Gottes - bzw. bei christologischer Lesart des Psalms - Christi in das Leben des Gottesvolkes umsetzt. Überblickt man den referierten Befund, so tritt die hermeneutische Funktion der Kehrverse deutlich zutage. Während sich die Perikopierung des Psalms im Wesentlichen auf zwei Modelle beschränkt (V. 4f.8-10.14 bzw. V. 4-9), entsteht durch die Kehrverse ein weit differenzierteres Panorama von Deutungen und Schwerpunktsetzungen. 135 135 Vgl. B UCHINGER , Zur Hermeneutik 217: „durch die unterschiedliche Auswahl und Akzentuierung erscheint auch derselbe Text oder Textteil wie in einem Kaleidoskop in verschiedenem Licht.“ Zu Recht weist Buchinger ebd. darauf hin, dass bei umfassender Kenntnis und Erfahrung der Liturgie im Laufe des Kirchenjahres gilt: „Diese liturgischen Konnotationen ergänzen einander und reichern das Verständnis des jeweiligen Textes an. Die gesamte Liturgie [Messe und Tagzeitenliturgie; A.Z.] ist also [neben dem kanonischen Kontext; A.Z.] ein zweiter hermeneutischer Horizont für das Verständnis eines Psalms oder Psalmverses.“ Vgl. ebd. 219: „Über das Syntagma einer liturgischen Feier im Kontext des gesamten jeweiligen Festes hinaus wird das Verständnis des einzelnen darin verwendeten Textes schließlich auch noch von allen hermeneutischen Dimensionen angereichert, die der Text an anderer Stelle des liturgischen Jahres erhält.“ Fast alle Kehrverse sind psalmogen und richten so den hermeneutischen Fokus auf einen bestimmten Vers oder Halbvers des Psalms selbst, der zugleich eine Verbindung zur vorangehenden Lesung (sowie an Sonntagen außerhalb der geprägten Zeiten zum <?page no="190"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 178 Evangelium) herstellt. 136 Die differenzierte Hermeneutik der Kehrverse kommt in der liturgischen Praxis nur eingeschränkt zum Tragen, da das Gemeindegesangbuch „Gotteslob“ nur eine begrenzte Zahl von Kehrversen anbietet, die weit hinter der im Messlektionar vorgesehenen Vielfalt zurückbleibt. Von den sechs Kehrversen zu Ps 25(24) hatten im alten „Gotteslob“ (1975) zwei eine enge Entsprechung, Beinahe ausnahmslos sind die Kehrverse Anreden an den „Herrn“, sodass sie im engeren Sinn die Rolle der Antwort der Gemeinde auf das verkündigte Gotteswort übernehmen können. 137 während in allen anderen Fällen auf Kehrverse mehr oder minder verwandten Inhalts ausgewichen werden musste. 138 Im neuen „Gotteslob“ (2013) hat sich die Situation nicht verändert; von den beiden passgenauen Kehrversen ist sogar nur einer geblieben. 139 136 Zu der in diesem Sinne integrativen Funktion des Kehrverses vgl. B ECKER , Cantando meditari 141. Die Folge ist, dass die feingliedrige Lenkungsfunktion der Kehrverse nicht oder nur bedingt realisiert werden kann. 137 Zu „Zu dir, o Herr, erhebe ich meine Seele“ vgl. GL (1975) 529,2; zu „Richtet euch auf, erhebt euer Haupt; denn es naht eure Erlösung“ vgl. GL (1975) 126. 138 So greift das Kantorenbuch zum Gotteslob 153f. beispielsweise am 26. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A), wo im Lektionar der Kehrvers „Denk an dein Erbarmen, Herr, und an die Taten deiner Huld! “ vorgesehen ist, auf den Kehrvers „Lehre uns Herr, deinen Willen zu tun“ (GL [1975] 170,1) zurück. Das Münchener Kantorale A 289 hingegen schlägt den Kehrvers „Gott sei uns gnädig, mache uns frei“ (GL [1975] 529,3) vor. Beide Kehrverse beruhen auf keiner bestimmten Schriftstelle, sondern sollen vielfältig anschlussfähig sein. Im vorliegenden Fall kommt der Kehrvers im Münchener Kantorale demjenigen im Lektionar inhaltlich näher, während die Lösung des Kantorenbuchs an der spezifischen Hermeneutik, wie sie im Lektionar angelegt ist, vorbeizielt. 139 GL (2013) 634,3 = GL (1975) 126. <?page no="191"?> Ritus, Raum und Bewegung 179 3. Ritus, Raum und Bewegung Während die bislang in Teil C erörterten Gesichtspunkte weithin anhand des Textbestands von Lektionar und Messbuch diskutiert werden konnten, sind in der Folge jene Aspekte der hermeneutischen Rahmenbedingungen des Wortgottesdienstes der Messe zu reflektieren, die alleine im Vollzug der gottesdienstlichen Handlung zum Tragen kommen. Es sind dies sinnlich erfahrbare Kontexte, die für die Hermeneutik des Verkündigungsgeschehens von erheblicher Relevanz sind. Im einzelnen werden in den Blick genommen: das räumliche Setting des Verkündigungsortes (3.1), Kleidung und Sitzplatz (aus dem sich ein Bewegungsprofil ergibt) der mit den Schriftlesungen betrauten liturgischen Dienste (3.2), der Umgang mit dem Evangeliar (3.3), der Vortrag der Lesungen als Kommunikations- und Klangereignis (3.4) sowie Rolle und Verhalten der Hörerinnen und Hörer (3.5). Dabei verbleiben die Überlegungen auf der Ebene des Grundsätzlichen und gehen von den Konstitutiva des Ritus des Wortgottesdienstes aus, wie er in den liturgischen Büchern geregelt ist. Zweifellos konstituiert sich die hermeneutisch relevante Rezeptionsästhetik aus der Perspektive der Gottesdienstteilnehmer je unter dem Eindruck der spezifischen räumlichen, akustischen, personellen usw. Gegebenheiten am Ort und zu der Zeit der konkreten liturgischen Feier. 140 Was hier als ritueller Kontext des Wortgottesdienstes umrissen wird, wäre also im Einzelfall auf die konkrete Performanz 141 hin auszubuchstabieren. 142 3.1 Der Ambo als Ort der Lesungen Dies müsste sinnvollerweise unter Einbeziehung empirischer Daten geschehen, womit ein Feld eröffnet wird, das den Horizont der vorliegenden Studie überschreitet. Beansprucht wird allerdings, mit den hier dargebotenen Überlegungen ein Koordinatensystem relevanter Gesichtspunkte abzustecken, welches einer solchen empirischen Untersuchung zugrunde gelegt werden könnte. Die das zweite Jahrtausend beherrschende einseitig kultisch-latreutische Auffassung der Messliturgie ließ die Schriftverkündigung (als einen der Gemeinde zugewandten Akt der Kommunikation) verkümmern. Während noch die hoch- und spätmittelalterlichen Lettner unter anderem die Funktion der Lesebühne besessen hatten 143 140 Vgl. K RANEMANN , Heilige Schrift 161. - daher die Bezeichnung lectorium -, maß der nach- 141 Vgl. M ELZL , Schriftlesung 235: „Während Ritual-Theorien an der Wiederholung des immer Gleichen interessiert sind, konzentrieren sich Performance-Theorien auf das je und je Sich-Ereignende, auf den Akt als Akt, auf die spezifischen Bedingungen dieses sich Ereignens, auf die sich daraus ergebende Interaktion zwischen Akteuren und Zuschauern und auf ihre Wirkung bei den jeweiligen Interaktionspartnern.“ 142 Vgl. zu diesem Postulat K RANEMANN , Anmerkungen zur Hermeneutik 153-156. 143 Vgl. S CHMELZER , Mittelalterliche Lettner. Vielfach fungierte der Lettner speziell als „der außerordentlich feierliche Ort der Verkündigung“ des Evangeliums in herausgehobenen Kirchenjahreszeiten. „Im Gegensatz dazu fand die Predigt nur in Ausnahmefällen auf dem Lettner statt“ (ebd. 367). <?page no="192"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 180 tridentinische Kirchenbau der Frage nach einem eigenen Ort der liturgischen Schriftverkündigung praktisch keine Bedeutung mehr bei. 144 Die Liturgische Bewegung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lenkte durch ihre Neubesinnung auf das Wesen der Liturgie als gemeinschaftlicher Handlung die Aufmerksamkeit erneut auf das Problem einer Konzeptionierung des liturgischen Raums, die der Teilnahme der Gläubigen ebenso Rechnung trug wie dem Charakter der einzelnen liturgischen Vollzüge. 145 Obwohl bei den Architekten aus dem Umfeld der Liturgischen Bewegung weithin die Stellung und Gestaltung des Altars im Zentrum des Interesses stand, 146 kam damit der Ambo - teilweise auch in Anlehnung an die Ausstattung verschiedener römischer Basiliken mit zwei Ambonen 147 - überhaupt erst wieder in den Blick, der seit der Spätantike und mit regionalen Unterschieden bis weit ins Mittelalter hinein zur Ausstattung zahlreicher Kirchen gehört hatte. 148 Im Zuge der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde der Ambo als regulärer Bestandteil des gottesdienstlichen Raumes (wieder) eingeführt, worin sich die theologische Aufwertung der Schriftverkündigung durch das Konzil niederschlägt. 149 144 Die seit der Predigttätigkeit der Bettelorden populär gewordenen Kanzeln, die selbstverständlich auch in den katholischen Kirchenbauten der Neuzeit ihren Platz hatten, dienten der außerliturgischen Schriftverkündigung (vgl. oben S. 75). 145 Vgl. einführend Z AHNER , Raumkonzepte. 146 Vgl. exemplarisch die Maxime in der Programmschrift „Christozentrische Kirchenkunst. Ein Entwurf zum liturgischen Gesamtkunstwerk“ Johannes van Ackens (Gladbeck 1922/ 2 1923): „Was wir wollen, ist in einem Satze das: Der Altar als der ‚mystische Christus‘ soll der Ausgangspunkt und gestaltende Mittelpunkt des Kirchenbaus und der Kirchenausstattung sein“ (zitiert nach: Z AHNER , Raumkonzepte 71). 147 Diese Möglichkeit wurde später im Zuge der Liturgiereform zunächst noch eingeräumt (vgl. die Instruktion Inter Oecumenici der Ritenkongregation vom 26.09.1964, Nr. 96 [DEL 1,294]), im erneuerten Missale Romanum von 1970 jedoch nicht weiter verfolgt, wo der eine Ambo im Gegenüber zum einen Altar erscheint. Im Unterschied zur Ritenkongregation bestand das Consilium ad exsequendam Constitutionem de Sacra Liturgia bereits Ende 1964 unter Berufung auf die Einheit der Schrift auf der Einzahl des Ambos: vgl. P ACIK , Der Ambo 246. 148 Zur Geschichte des Ambos vgl. P ACIK , Der Ambo 243f.; D ANNECKER , Der Ambo. Überlegungen 90-97; P IOTH , Feierorte im Kirchenraum 452-458. Eine bedeutende Sonderform im syrischen und mesopotamischen Raum stellt das der entsprechenden Einrichtung in der Synagogenarchitektur verwandte Bema dar: vgl. B OUYER , Liturgie und Architektur 30-42; R ENHART , Das syrische Bema. 149 Vgl. K RANEMANN , Wort - Buch - Verkündigungsort 59-63. P ACIK , Der Ambo 245, weist darauf hin, dass die von der Vorbereitenden Liturgiekommission des Konzils formulierte Declaratio zu Art. 106 im Schema vom Januar 1962 (entspricht Art. 128 im verabschiedeten Text von SC) unter Punkt 7 ausdrücklich festgehalten hatte: „Beim Bau von Kirchen sollen Ambonen oder Lesepulte für die Verkündigung der heiligen Lesungen in der Regel so errichtet werden, daß Würde und Bedeutung der heiligen Schriften, zumal des verkündeten Wortes Gottes, klar hervortreten.“ <?page no="193"?> Ritus, Raum und Bewegung 181 3.1.1 Topologische Verhältnisbestimmungen Indem das Konzil Wortgottesdienst und Eucharistiefeier als die beiden Teile bezeichnet, „aus denen die Messe gewissermaßen besteht“ und die zusammen „einen einzigen Kultakt ausmachen“ (SC 56), überwindet es die bis dato übliche Abwertung der der eucharistischen Handlung vorangehenden Teile zur ‚Vormesse‘. Das bipolare Verständnis der Messliturgie schlägt sich in den nachkonziliaren Bestimmungen zur Gestaltung des Kirchenraums nieder, indem der Ambo entsprechend in eine gewisse Polarität zum Altar tritt. 150 PEM 32: „Für die Verkündigung des Wortes Gottes muß es im Kirchenraum einen Ort geben, der der Bedeutung des Wortes Gottes angemessen ist und den Gläubigen bewußt machen kann, daß in der Messe der Tisch sowohl des Wortes wie des Leibes Christi bereitet wird. Dieser Ort muß erhöht, feststehend und würdig sein und ganz seinem Zweck entsprechen. Insbesondere muß er der Gemeinde das aufmerksame Hören im Wortgottesdienst leichtmachen. Daher soll für jede Kirche eine Lösung gesucht werden, bei der Ambo und Altar einander entsprechen und in richtiger Beziehung zueinander stehen.“ Im Messlektionar heißt es dazu: Neben die Anforderungen, die sich aus der Funktionalität des Ambos ergeben, 151 tritt das theologische Postulat einer Entsprechung von Ambo und Altar, das im konziliaren Bild vom „Tisch des Wortes wie des Leibes Christi“ 152 150 Welch prinzipielle Bedeutung dieser Polarität der Funktionsorte beigemessen wird, zeigt sich exemplarisch in einer Antwort der Heiligen Kongregation für Sakramente und Gottesdienst aus dem Jahr 1978 auf die Anfrage, ob der Priester in dem Fall, dass er „mit einer kleinen Gemeinde die Messe feiert, ohne daß ein Vorstehersitz und ein eigener Ort für den Wortgottesdienst vorhanden ist“, während des Wortgottesdienstes am Altar bleiben dürfe. Die Antwort lautet: „Die geltenden liturgischen Richtlinien unterscheiden eindeutig den Ort für die Wortverkündigung vom Altar (AEM 257-272). Wenn die Orte noch nicht für die erneuerte Liturgie eingerichtet sind - was unverzüglich geschehen soll -, müssen wenigstens ein Sitz für den Zelebranten und ein bewegliches Lesepult für den Lektor bereitstehen. Wo der Zelebrant selber als Vorleser tätig sein muß, vor allem beim Evangelium, soll er die Verkündigung vom beweglichen Lesepult aus tun. In wirklich seltenen Fällen, in denen nicht einmal ein Sitz aufgestellt werden kann, kann sich der Priester an den Altar stellen, wobei das Meßbuch und das Lektionar auf dem auf dem Altar befindlichen ‚Lesepult‘ (Buchständer) liegen“ (Supplement zu DEL 1667 in DEL Bd. 3, S. 1058). verankert wird. Für die hermeneutische Wirkung, die der Ort der Wortverkündigung im Vollzug entfaltet, ist freilich nicht die abstrakte Vorgabe eines präskriptiven Regelwerks auschlaggebend, sondern die im jeweiligen Kirchengebäude konkret sich darbietende Raumsituation. Bewusst verzichten die einschlägigen Dokumente darauf, ausdrücklich zu definieren, wie die Entsprechung von Ambo und Altar architektonisch und gestalterisch umzu- 151 Vgl. dazu weiter PEM 34. 152 Vgl. dazu oben S. 81f. <?page no="194"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 182 setzen sei. 153 Denn die „konkrete Platzierung und Gestalt des Ambos richten sich nach den Gegebenheiten des Raumes.“ 154 In einigen Fällen hat man versucht, das Bild von den beiden Tischen unmittelbar baulich zu fassen, indem man Altar und Ambo direkt nebeneinander anordnete und auch dem Ambo die Form eines Tisches verlieh. 155 Weit häufiger jedoch beschränkt sich die optische Entsprechung auf die Verwendung gleicher oder verwandter Materialien und eventuell eine aufeinander abgestimmte ornamentale Gestaltung. Hinsichtlich der Positionierung finden sich neben „der klassischen nachkonziliaren Anordnung des Ambos neben dem Altar bzw. seitlich von ihm, vor oder zurückversetzt, […] Lösungen in der Mitte vor oder hinter dem Altar“. 156 Von erheblicher Bedeutung in diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach der relativen Position des Ambos zu den Sitzen des Priesters und seiner Assistenz, die ebenso verdeutlichen wie verunklären kann, dass auch diese unter dem Anspruch des verlesenen Gotteswortes stehen. Was die Entsprechung von Ambo und Altar betrifft, ist zu bedenken, dass dem Altar unbeschadet seiner Hinordnung auf die eucharistische Handlung von alters her auch eine statische Funktion als Christussymbol zukommt, 157 153 Beispiele nachkonziliarer Ambonen aus dem deutschen Sprachraum (mit Abbildungen) bietet D ANNECKER , Der Ambo. Überlegungen 98-102; DERS ., Ambo als Tisch des Wortes 56-59. Lösungen aus dem romanischen Raum präsentieren M ARCHESI - V ALDINOCI , Die Planung des Ambos in Italien; D A R OCHA C ARNEIRO , Beispiele in Frankreich und Belgien. Verschiedene Raumlösungen in historischen Kirchenbauten Österreichs werden mit entsprechendem Bildmaterial diskutiert bei P ACIK , Der Ambo 252-254. während die Bedeutung des Ambos noch strikter an den Vollzug gebunden ist. 154 Deutsche Bischofskonferenz, Leitlinien 25. P IOTH , Feierorte im Kirchenraum 460, scheint aus der geänderten Reihenfolge, in der AEM und GORM die liturgischen Funktionsorte normieren, ein Indiz über die gewünschte Position des Ambos ableiten zu wollen: „Der Standort [des Ambos] ist nicht genauer angegeben. Zwar stehen die einschlägigen Bestimmungen über ihn im engen Zusammenhang mit denen über den Altarraum, doch immerhin erst hinter denen des Vorstehersitzes (der eindeutig in den Altarraum gehört) und unmittelbar vor denen über den Raum der Gemeinde. Ein Standort weiter vorn im Kirchenschiff wäre danach nicht unerlaubt. Die neue 3 IGMR nennt den Ambo noch vor dem Priestersitz. Es scheint sich ein Platz im oder doch unmittelbar am Presbyterium durchgesetzt zu haben.“ Dass der Ambo nun unmittelbar nach dem Altar genannt wird, dürfte jedoch eher theologische als raumgestalterische Signalwirkung anzielen. 155 Das bekannteste Beispiel dieser Art im deutschen Sprachraum dürfte die Heilig-Geist- Kirche in Emmerich am Niederrhein sein (1963-1966 erbaut, Architekt: Dieter G. Baumewerd, Altar und Ambo gestaltet von Waldemar Kuhn); vgl. dazu J ANNSEN - G ROTE (Hgg.), Zwei Jahrtausende 578f. Im Ansatz kritisch zu derartigen Lösungen äußert sich G ERHARDS , Wo Gott und Welt sich begegnen 77; vgl. DERS ., Wort und Sakrament 12: „Die Polarität der beiden ‚Tische‘ ist als Wort-Metapher nicht unmittelbar in ein Raumkonzept zu übertragen.“ 156 G ERHARDS , Ambo als Ort 151. 157 Vgl. B RAUN , Der christliche Altar I, 751. Das Gebet zur Weihe des Altares im gegenwärtigen Pontifikale bittet: „Dieser Altar sei uns ein Bild des Herrn Jesus Christus“ (S. 153). Im Eröffnungsteil der Messliturgie schlägt sich dieses Verständnis in Altarkuss und Inzens als Begrüßung Christi und Ehrbezeugung für ihn nieder. <?page no="195"?> Ritus, Raum und Bewegung 183 „In den verschiedenen theologischen Beiträgen der jüngeren Zeit schälte sich ein Konsens heraus, dass der Ambo seine Bedeutung als Ort des Verkündigungsgeschehens erhält. Das Wesentliche ist also der an ihm stattfindende Akt, durch den die Vergegenwärtigung des Wortes Gottes in der feiernden Versammlung geschieht. Insofern sich am Ambo Anamnese und damit Vergegenwärtigung ereignet, ist er im Vollzug durchaus mit dem Altar als Ort der eucharistischen Anamnese vergleichbar.“ 158 Es stellt eine komplexe Gestaltungsaufgabe dar, die bezogen auf die Vollzugsdimension bestehende Analogie zwischen Ambo und Altar baulich bzw. künstlerisch darzustellen, 159 während zugleich der unterschiedliche Grad an statischer (also auch jenseits des Vollzugs präsenter) Symbolik ein gestuftes Maß an eigenständiger bildhafter Ausgestaltung zu verlangen scheint. 160 Der Ambo steht „in einer Analogie zum Altar als Ort der Christusanamnese in der Eucharistie. In vielen, vielleicht sogar in den überwiegenden Fällen wird die derzeitige Lösung diesem Anspruch nicht gerecht. Der Ambo kann sich weder hinsichtlich seiner Gestalt noch seiner Platzierung gegenüber dem Altar behaupten.“ Auf jeden Fall müsste bei aller Zentralität von Eucharistiegebet und eucharistischer Zeichenhandlung die Aufwertung der Schriftverkündigung im Rahmen des bipolaren Verständnisses der Messliturgie, wie es vom Konzil und den nachkonziliaren Dokumenten entfaltet wird, deutlich markiert werden. Nicht zuletzt aufgrund der architektonischen Vorgaben in Kirchenräumen, die in früheren Epochen unter diesbezüglich anderen Voraussetzungen errichtet wurden, fällt es bisher weithin schwer, dieser Gestaltungsaufgabe wirklich gerecht zu werden. 161 Neuere Raumkonzepte, die freilich keine Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen wollen und deren Implementierbarkeit ganz von den jeweiligen Voraussetzungen vor Ort abhängig ist, versuchen hier, grundlegend Abhilfe zu schaffen. Seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts wird das Modell 158 G ERHARDS , Ambo als Ort 149. 159 In seinem nachsynodalen Apostolischen Schreiben Verbum Domini hält Benedikt XVI. fest, der Ambo solle im Idealfall „als plastisches Element in ästhetischer Harmonie mit dem Altar entworfen sein, so dass auch optisch der theologische Sinn des zweifachen Tisches des Wortes und der Eucharistie vermittelt wird“ (Nr. 68; Hervorhebung im Original). 160 Vgl. D ANNECKER , Ambo als Tisch des Wortes 59: „Insgesamt ist man mit einer Monumentalisierung des Ambo sehr zurückhaltend, ganz im Gegensatz zu den historischen Ambonen, deren monumentale Botschaft auch ohne Worte verkündigt hat.“ Zu denken ist dabei etwa an die vor allem in Italien verbreitete Symbolik des leeren Ostergrabes als des Ursprungsortes der Auferstehungsbotschaft (vgl. dazu DERS ., Der Ambo 93-97, mit Verweis auf Spezialliteratur) oder auch an mit dem Adler, dem Symbol des Evangelisten Johannes, geschmückte Lesepulte. Bezeichnenderweise handelt es sich in beiden Fällen um eine dezidiert neutestamentliche Symbolik, wodurch eine christologische Hermeneutik der an solchen Ambonen verkündigten (auch alttestamentlichen) Perikopen begünstigt werden dürfte. 161 G ERHARDS , Liturgie als Begegnung 343. <?page no="196"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 184 des Communio-Raums diskutiert und vermehrt auch umgesetzt: 162 „Die Grundrisse der meisten Communio-Räume nehmen die Form einer Ellipse an, wobei sich Altar und Ambo in den Brennpunkten befinden. Zwischen den beiden Brennpunkten des Lebens (Altar und Ambo symbolisieren ‚Hingabe und Sendung‘) ergibt sich eine ‚leere‘ Mitte, die je nach Raumsituation als ‚Erwartungs- und Verweisraum‘ bewusst frei bleiben oder zumindest temporär durch Osterkerze und/ oder Taufbecken eingenommen werden kann.“ 163 Was die Hermeneutik der Schriftverkündigung im Wortgottesdienst der Messe betrifft, bringt dieses Modell die Polarität der zentralen Vollzüge zur sinnlichen Anschauung und befördert auf diese Weise die durch die Intertextualität (im weiteren Sinne) der Messliturgie als ganzer in Gang gesetzten hermeneutischen Prozesse. 164 Seit der Jahrtausendwende existiert ferner eine Variante des Konzeptes, die „den Ort der Wortverkündigung in dem offenen Segment eines zum Oval, zur Ellipse oder zur U-Form gestreckten Kreises positioniert“ 165 und die der Mainzer diözesane Baudezernent Johannes Krämer als „Orientierte Versammlung“ bezeichnet hat. 166 In diesem Begriff kommt treffend zum Ausdruck, dass dieses Modell, bei dem Priestersitz, Altar und Ambo auf einer Achse liegen, die den Scheitelpunkt der geschwungenen Sitzreihen der Gemeinde schneidet, die Raumsituation differenziert den einzelnen liturgischen Vollzügen anpasst: gemeinsame ‚Orientierung‘ beim Gebet (einschließlich des Eucharistiegebets) und ‚Versammlung‘ um den Altar beim eucharistischen Mahl. Damit wird das Konzept einem bedeutenden Einwand gerecht, den Reinhard Meßner gegenüber einseitigen Versuchen formuliert hat, das gottesdienstliche Grundgeschehen baulich zu fassen, beispielsweise gegenüber der christologischen Altarzentrierung mancher Kirchengebäude aus der Zeit der Liturgischen Bewegung: „Die ‚Mitte‘ der zum Gottesdienst versammelten Gemeinde ist exzentrisch, d. h. sie ist nicht einfach durch kirchenbauliche Gegebenheiten darstellbar.“ 167 Vielmehr sei die Feiergestalt „zu differenzieren nach ihren unterschiedlichen Vollzügen, denen unterschiedliche Kommunikationssituationen entsprechen“. 168 162 Vgl. dazu G ERHARDS - S TERNBERG - Z AHNER (Hgg.), Communio-Räume; G ERHARDS , Liturgie als Begegnung 342-344; K OPP , Der liturgische Raum 159-169. Im Blick auf die Position des Ambos in der offenen Stelle, auf die hin sich die liturgische Versammlung beim Gebet ‚ori- 163 K OPP , Der liturgische Raum 160f. 164 Vgl. Teil B dieser Arbeit. 165 K OPP , Der liturgische Raum 170. 166 Vgl. ebd. 170-172, auch zur Umsetzung des Modells in der Bonifatius-Kapelle des Mainzer Priesterseminars (nach Renovierung 2008 geweiht). Vgl. außerdem K RÄMER , Offener Raum. Offenkundig knüpft das Konzept der Orientierten Versammlung an das Modell des „offenen Ringes“ von Rudolf Schwarz, einem maßgeblichen Baumeister der Liturgischen Bewegung, an; vgl. S CHWARZ , Vom Bau der Kirche 45-64; Z AHNER , Rudolf Schwarz 132-136. 167 M ESSNER , Gebetsrichtung 27. 168 Ebd. 28. <?page no="197"?> Ritus, Raum und Bewegung 185 entiert‘ 169 und die sie sinnlich zur eschatologischen Erwartung anleitet, bedeutet dies, dass die Schriftverkündigung einerseits durch die Umkehr der Kommunikationsrichtung als Zuwendung Gottes zum Menschen, andererseits in ihrem vergegenwärtigenden Charakter als Antizipation der eschatologischen Vollendung (der Parusie Christi) inszeniert wird, die die Fragmentarität des irdischen Daseins und irdischer Beziehungen heilt (symbolisiert im Schließen des offenen Kreises während der Verkündigung). 170 „Im Gegenüber der mit der Verkündigung betrauten Person kommt Gottes Wort, sein Wort, auf die Gemeinde zu; der Mensch, der Gottes Wort (in Schriftlesung und Predigt) verlautet, stellt gerade in seinem leiblichen Gegenüber das ‚extra‘ des Gotteswortes dar, das die Gemeinde eben nicht in ihrer Mitte vorfindet oder hat.“ Insofern kommt auch im Wortgottesdienst die Exzentrik des liturgischen Vollzugs zur Geltung: 171 Nach dem Gesagten liegt auf der Hand, dass die hermeneutische Wirkung der Raumsituation, betreffend die Position und die künstlerische Gestaltung des Verkündigungsortes, ganz und gar von den konkreten Gegebenheiten jedes einzelnen Kirchenraums abhängt. Zu der in der überwiegenden Zahl der Kirchengebäude des längsgerichteten Basilikatyps vorherrschenden Frontalstellung des Ambos im Gegenüber zu den parallel stehenden Sitzreihen der Gemeinde ließe sich mit gebotener Zurückhaltung allgemein folgende These formulieren: Diese Form des Gegenübers entspricht allgemeinen kommunikativen Erfordernissen, 172 169 Zur gemeinsamen Orientierung des Gebets und ihren kirchenbaulichen Konsequenzen in Geschichte und Gegenwart vgl. G ERHARDS , Blickt nach Osten; F RANZ , Leiblichkeit 143-149. trägt jedoch - speziell während der nichtevangelischen Lesungen, beim Antwortpsalm und während der Predigt, wenn die 170 Vgl. G ERHARDS , Liturgie als Begegnung 343f.: „Der Communio-Raum bringt in seiner Dialektik von Geschlossenheit und Öffnung das Paradox des ‚Schon‘ und des ‚Noch nicht‘ zur Darstellung. Die freie Mitte wird zum Erfahrungsort des verborgenen und doch nahen Gottes, der einerseits in seiner Gemeinde wirkt, zu dem diese andererseits stets unterwegs bleibt. Die Kirche befindet sich fortwährend im Stadium der Verwandlung, sie führt gewissermaßen eine ‚Karsamstagsexistenz‘. In diesem Zusammenhang behält der im offenen Segment verbleibende Ambo seine symbolische Bedeutung. Denn die Gemeinde wird sich immer wieder durch das Wort auferbauen lassen müssen, um auf dem Weg zu bleiben. Versammlung und Aufbruch sind Grundbefindlichkeiten einer Kirche, die sich als pilgerndes Gottesvolk auf Erden versteht.“ 171 M ESSNER , Gebetsrichtung 28f. 172 Vgl. dazu D ANNECKER , Ambo als Tisch des Wortes 59: „Aus kommunikativen Erfordernissen heraus, also auch aus funktionalen Aspekten, sind die meisten Ambonen der Versammlung gegenüber aufgestellt: Die verkündigende Person wird in den meisten Beispielen der Versammlung gegenüber oder schräg seitlich platziert. Dies entspricht einem kommunikativen Grundempfinden: Eine nicht im Blickfeld befindliche Person wird die Kommunikation nicht als angenehm empfinden. Ebenso sind eine klare Ausrichtung und wenig Ablenkung hilfreich.“ <?page no="198"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 186 Gemeinde sitzt 173 - vor dem Hintergrund außerliturgischer Erfahrungswirklichkeiten potentiell didaktische Implikationen in sich, die in Spannung zur primär anamnetischen Dimension des Wortgottesdienstes der Messe 174 treten können. Tatsächlich erfolgte die Ausstattung katholischer Kirchenräume durch Sitzbänke seit dem Barock ja nach reformatorischem Vorbild und unter anderem im Blick auf die durch das Konzil von Trient angestrebte Stärkung der Katechese, dies freilich nicht in Verbindung mit dem Ambo als liturgischem, sondern mit der Kanzel als außerliturgischem Verkündigungsort. 175 Es ist eine Frage des Bewusstseins und damit der liturgischen Bildung, wie im Wortgottesdienst das Sitzen im Gegenüber zum Vortragenden erlebt wird. Mit dem oben zitierten Text Reinhard Meßners ist daran zu erinnern, dass das Gegenüber des Lektors nicht den Lehrer symbolisiert, von dessen Vortrag man sich im günstigen Fall informieren und anregen, im ungünstigen Fall konsumierend berieseln lässt, sondern das ‚Extra nos‘ des Gotteswortes. Das Sitzen der Gläubigen soll geprägt sein von der „Bereitschaft zum gesammelten Hören“ 176 und „der Sammlung dienen; der Leib soll entspannt sein, damit das Hören und Verstehen ganz in sein Recht tritt.“ 177 3.1.2 Funktionale Verhältnisbestimmungen Die prekäre Stellung des Ambos in der Liturgiegeschichte schlägt sich bis heute in einer gewissen Unsicherheit im Umgang mit ihm nieder. Trotz entsprechender Bestimmungen wird ihm häufig weder innerhalb noch außerhalb der Liturgie ein Respekt gezollt, der seiner Würde entspricht. Auch wenn die Bedeutung des Ambos, wie oben gesehen, strikt auf den Vollzug der Wortverkündigung hingeordnet ist, bedingt deren hohe Dignität eine entsprechende Wertschätzung des Verkündigungsortes auch jenseits des konkreten Verkündigungsvorgangs. 178 In diesem Zusammenhang erscheint es höchst problematisch, dass die funktionale Reservierung des Ambos für bestimmte Vollzüge nur in seltenen Fällen umgesetzt wird. Die einschlägigen Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz formulieren hierzu im Anschluss an AEM 272 179 173 Beim Evangelium ist durch die stehende Körperhaltung und das ausgeprägte Begleitritual (vgl. Kap. 3.3.2 und 3.5.1) die Kommunikationssituation anders konnotiert. : 174 Vgl. dazu oben S. 13. 175 Vgl. G ERHARDS , Wo Gott und Welt sich begegnen 130: „Auch die Gegenreform führte die Kanzel als Bestandteil des barocken Kirchenraums ein, nun aber in Verbindung mit den festen Kirchenbänken. Damit entsprach man den Anordnungen des Trienter Konzils bezüglich der Aufwertung von Katechese und Predigt.“ 176 S EQUEIRA , Ausdruckshandlung 32. 177 R ATZINGER , Geist der Liturgie 169. 178 Vgl. D ANNECKER , Ambo als Tisch des Wortes 59. 179 AEM 272: „Am Ambo werden die Lesungen, der Antwortpsalm und der österliche Lobgesang ‚Exsultet‘ vorgetragen; er kann auch für die Homilie und die Fürbitten benutzt werden. Kommentator, Kantor und Chorleiter sollten an sich ihren Dienst nicht vom Ambo aus versehen.“ <?page no="199"?> Ritus, Raum und Bewegung 187 „Der Ambo dient in erster Linie der Verkündigung des Wortes Gottes (Schriftlesungen und Antwortpsalm); außerdem können die Homilie, die Fürbitten und - in der Osternacht - das Exsultet vom Ambo aus vorgetragen werden. Andere Dienste und Vollzüge, z. B. Begrüßung und Einführung sowie Abschluss der Feier, sollen nie, Kommentare und Leitung des Gesangs möglichst nicht vom Ambo aus erfolgen.“ 180 Noch deutlicher ist die entsprechende Regelung in der neuen Grundordnung des Römischen Messbuchs gefasst: GORM 309: „Vom Ambo aus werden ausschließlich die Lesungen, der Antwortpsalm und der österliche Lobgesang (Exsultet) vorgetragen; es können dort auch die Homilie gehalten und die Anliegen des Allgemeinen Gebetes gesprochen werden. Die Würde des Ambos verlangt, dass allein der Diener des Wortes an ihn herantritt.“ Wenn der Ambo dem „Diener des Wortes“ vorbehalten ist, erscheint es allerdings inkonsequent, dass Homilie und Allgemeines Gebet auf eine Stufe gestellt und potentiell dem Ambo zugewiesen werden. Die Homilie ist, zumindest wenn sie als Schriftpredigt gehalten wird, zweifelsfrei ein Akt der Schriftverkündigung. Die Anliegen des Fürbittgebetes hingegen werden zwar in aller Regel von einem „Diener des Wortes“ vorgetragen (von einem Lektor bzw. einer Lektorin), der jedoch in diesem Fall nicht als Vorleser, sondern als Vorbeter der Gemeinde fungiert. Damit ist eine grundlegend andere Kommunikationssituation gegeben, die an sich auch eine andere Sprechrichtung verlangt. 181 Es ist kaum sinnvoll, dass der Lektorendienst per se dazu legitimiert, am Ambo zu sprechen, auch wenn aktuell nicht verkündet, sondern gebetet wird. 182 Wenn der Ambo als Ort des Allgemeinen Gebetes gewählt wird, geschieht dies einerseits zum Schaden für die Wahrnehmbarkeit der exklusiven Würde der Schriftverkündigung - gleiches gilt dann, wenn am Ambo Wechselgesänge (abgesehen natürlich vom Antwortpsalm) angeleitet, Begrüßungen oder Abkündigungen etc. gesprochen werden. Andererseits wird auch der für die Ausübung des gemeinsamen Taufpriestertums zentrale Akt der Fürbitten zu einer weiteren Lesung (oftmals zweifelhafter Qualität) eingeebnet. 183 180 Deutsche Bischofskonferenz, Leitlinien 25. Sowohl die strikte Reservierung des Ambos für Akte der Schriftverkündigung als auch umgekehrt die mehr oder minder beliebige Handhabung dieses liturgischen Ortes haben jeweils Konsequenzen für die Hermeneutik der gottesdienstlichen Schriftverkündigung: Im ersten Fall wird 181 Vgl. M ESSNER , Gebetsrichtung 28f. 182 Beim an sich dem Diakon vorbehaltenen Gesang des Osterlobs Exsultet liegen die Dinge freilich analog. Der historische Befund weist den Ambo eindeutig als seinen Ort aus (vgl. beispielsweise entsprechende Darstellungen auf mittelalterlichen Exsultetrollen: C AVAL- LO [Hg.], Exultet 137.163.165.218.244.256.263.279.286.289.330.373.432), obwohl es sich auch hierbei nicht um Verkündigung, sondern um ein Gebet handelt. Ausschlaggebend scheint auch hier zu sein, dass der Vortrag des Exsultet analog zum Vortrag des Evangeliums durch den Diakon am Ambo verortet wurde. 183 Vgl. M ESSNER , Wortgottesdienst 180. <?page no="200"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 188 sie als spezifischer Akt in Polarität zum eucharistischen Geschehen am Altar konturiert, im zweiten Fall wird ihre besondere Relevanz überspielt und stellt sie sich schlimmstenfalls als tendenziell austauschbarer Bestandteil eines „kirchlichen Wort-Durchfalls“ (Paul M. Zulehner) dar. 184 Dass dieses Problem in den meisten Gemeinden nicht behoben wird, ist zunächst ein Symptom für die nach wie vor weithin mangelnde Sensibilität gegenüber Rang und Bedeutung der Schriftverkündigung. 185 Zugleich dürfte eine wesentliche Rolle spielen, dass man die in der Tat in vielen Raumsituationen diffizile Suche nach einem weiteren Ort neben den klassischen Funktionsorten Altar, Ambo und Priestersitz scheut, von dem aus Vorsänger, Vorbeter und Kommentator ihren Dienst versehen könnten. 186 3.2 Kleidung und Bewegung der mit den Lesungen betrauten liturgischen Dienste Anders als es in der laufenden Diskussion beispielsweise durch Michael Kunzler wiederholt suggeriert wurde, 187 sieht die für den deutschen Sprachraum geltende Rechtsordnung, konstituiert durch AEM und PEM, für Lektorinnen und Lektoren ohne ständige Beauftragung zwei Möglichkeiten vor: Sie können ihren Dienst sowohl in Zivilkleidung als auch in liturgischer Kleidung versehen. 188 PEM 54: „Wenn bei einer Gemeindemesse ein Priester, der nicht Leiter des Gottesdienstes ist, oder ein Diakon oder ein Lektor am Ambo das Wort Gottes vortragen, sollen sie ein ihrem Dienst entsprechendes liturgisches Gewand tragen. Die Vorleser aber können in ortsüblicher Zivilkleidung an den Ambo treten.“ 189 Vorgeschrieben ist die Verwendung liturgischer Kleidung demnach neben den geweihten Amtsträgern auch dem Lektor im technischen Sinne des beauftragten Dienstes, der „in einem eigenen Ritus übertragen“ wird (PEM 51), 184 Vgl. Z ULEHNER , Wie Musik zur Trauer. Vgl. zum Problem der Dauer-Benutzung des Ambos auch P ACIK , Der Ambo 248. 185 Vgl. K LÖCKENER , Von größtem Gewicht 44f. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch, dass im Zweifel der Ambo, nicht aber der Priestersitz gewählt wird, wenn ein Mikrofon für einen Akt jenseits der Schriftverkündigung bzw. der Gottesdienstleitung benötigt wird. Die Scheu vor dem Ort der Hierarchie scheint ausgeprägter zu sein als die Scheu vor dem Ort des Gotteswortes. 186 Im Grunde bedürfte es sogar mehrerer Orte für die genannten Dienste, um den unterschiedlichen Kommunikationssituationen (Rederichtungen) angemessen Ausdruck zu verleihen. 187 Vgl. v.a. K UNZLER , Liturgische Kleidung 188f.; DERS ., Dienst am Wort Gottes 64-68. 188 Auch im deutschsprachigen Zeremoniale für die Bischöfe, Nr. 50 (S. 32f.), findet sich die im lateinischen Caeremoniale Episcoporum an dieser Stelle formulierte Regelung, liturgische Dienste dürften im Altarraum nur mit liturgischer Kleidung ausgeführt werden (p. 25), nicht. 189 Bezeichnenderweise wird diese unmissverständliche Aussage zur Erlaubtheit der Zivilkleidung von Kunzler nicht zitiert. <?page no="201"?> Ritus, Raum und Bewegung 189 nicht aber dem von diesem verschiedenen, in der pastoralen Praxis fast ausschließlich zur Verfügung stehenden „Vorleser“. Im Messbuch findet sich keine entsprechend differenzierte Regelung; wohl definiert es die Möglichkeit, dass Dienste, die nicht dem Diakon vorbehalten sind, auch von nicht ständig beauftragten Laien wahrgenommen werden können (AEM 70; GORM 107), 190 ohne jedoch ausdrücklich zu klären, was daraus für die Frage der Kleidung folgt. Deutlich ist nur, dass liturgische Kleidung trägt, wer am liturgischen Einzug teilnimmt und sich infolgedessen während der Feier dauerhaft im Altarraum aufhält. Diese Möglichkeit sieht das Messbuch für Lektoren - im umfassenderen Sinn, also auch für „Vorleser“ - (und Kantoren) explizit vor; der Lektor kann, wenn kein Diakon mitwirkt, beim Einzug das Evangeliar tragen. 191 Als Gewand der liturgischen Laiendienste kommen laut Messbuch die Albe oder „ein anderes in den einzelnen Gebieten rechtmäßig zugelassenes Gewand“ in Frage (AEM 301); 192 190 Vgl. grundlegend c. 230 § 2 CIC/ 1983. verbreitet wird anstelle der 191 Vgl. AEM 25.82.148-149 bzw. GORM 47.120.194-195. 192 AEM 298 definiert als das „allen liturgischen Diensten entsprechende Gewand“ die Albe. Nachdem die Gewandung von Priester (299) und Diakon (300) geregelt wurde, heißt es sodann zu den liturgischen Laiendiensten: „Alle anderen, die einen Dienst am Altar versehen und nicht Priester oder Diakone sind, können eine Albe oder ein anderes in den einzelnen Gebieten rechtmäßig zugelassenes Gewand tragen“ (301; die Betonung von „Dienst am Altar“ scheint in Zusammenhang mit AEM 70 zu stehen, wo Frauen nur für Dienste außerhalb des Altarraums in Betracht genommen werden - diese Unterscheidung nach Geschlechtern ist in GORM nicht mehr aktuell, abgesehen vom Schlusssatz von GORM 107, der sich auf den Einsatz weiblicher Ministranten bezieht, der vom Diözesanbischof für sein Bistum gestattet sein muss). AEM 298 scheint demnach „liturgische Dienste“ unsachgemäß auf geweihte Amtsträger zu beziehen; der entsprechende Artikel GORM 336 präzisiert denn auch: „Das allen geweihten Amtsträgern und beauftragten liturgischen Diensten jedweden Grades gemeinsame liturgische Gewand ist die Albe.“ „Beauftragt“ bezieht sich hier wohl auf die ständige, nicht auf die befristete Beauftragung. Beide Gruppen, ständig und befristet Beauftragte, kommen dann in GORM 339 (entspricht AEM 301) in den Blick: „Akolythen, Lektoren und die anderen Laien, die einen liturgischen Dienst ausüben, können die Albe oder ein anderes in den einzelnen Gebieten von der Bischofskonferenz rechtmäßig zugelassenes Gewand tragen (vgl. Nr. 390).“ Die Regelungssystematik bleibt damit immer noch inkonsequent, da Akolythen und (ständig beauftragte) Lektoren ja schon in Nr. 336 erfasst sind. Bezogen auf sie, denen in Nr. 336 das Tragen eines liturgischen Gewands fest zugeordnet wird, lässt sich das Modalverb „können“ in Nr. 339 sinnvoll nur als Auswahlmöglichkeit zwischen zwei Gewandtypen deuten. Bezogen auf die (fast ausschließlich anzutreffenden) nicht ständig beauftragten Dienste hingegen ließe sich „können“ auch in dem Sinne interpretieren, dass entweder eines der beiden genannten Gewänder oder gar kein liturgisches Gewand getragen werden kann. So müsste wenigstens AEM 301 von PEM 54 her verstanden werden, denn die zweite Auflage des OLM erschien im lateinischen Original 1981 und damit sechs Jahre nach der Editio typica altera des Missale als letztgültiger Quelle der AEM. Jedenfalls bleibt festzuhalten, dass auch in GORM (auf der Basis der Editio typica tertia des Missale) von einer Verpflichtung der nicht ständig beauftragten Dienste zur liturgischen Gewandung nirgends ausdrücklich die Rede ist. <?page no="202"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 190 Albe eine Kombination von Talar und Chorhemd getragen. 193 a) Die Lektorin bzw. der Lektor trägt liturgische Kleidung, zieht mit dem Vorsteher und den anderen liturgischen Diensten in die Kirche ein, nimmt im Altarraum Platz und tritt von dort aus an den Ambo. Da die Frage der Kleidung des nicht ständig beauftragten Lektors bzw. der Lektorin mithin vom liturgischen Recht nicht eindeutig geklärt ist, sind im Blick auf die Hermeneutik der Schriftverkündigung im Wortgottesdienst der Messe jene beiden Varianten auf ihre Implikationen hin zu bedenken, die auch in der Praxis zu beobachten sind: b) Die Lektorin bzw. der Lektor trägt Zivilkleidung, nimmt im Kirchenschiff Platz und tritt von dort aus an den Ambo. Im Sinne einer liturgischen Ästhetik gilt es, die Wirkung beider Möglichkeiten für die Hermeneutik der Schriftverkündigung zu beschreiben und theologisch zu evaluieren. Eine besondere Rolle spielt dabei die Frage nach einer Theologie der liturgischen Kleidung, die im Zusammenhang der vorliegenden Studie nur in Zuspitzung auf die in Frage kommenden Gewänder, insbesondere die als Norm vorgesehene Albe, in den Blick genommen werden kann. 3.2.1 Lektoren und Kantoren (Psalmisten) in liturgischer Kleidung Historisch gesehen hat sich die liturgische Kleidung bekanntlich aus der spätantiken Alltagskleidung heraus entwickelt 194 und ist im Zuge der germanischen Völkerwanderung, die die Kleidersitten der Germanen kulturell prägend werden ließ, als „stehen gebliebene Mode“ 195 zum Bedeutungsträger geworden. Um die Zeichenhaftigkeit des liturgischen Gewands zu erfassen, kann auf die Unterscheidung dreier Dimensionen rekurriert werden, die Sr. Klara Antons eingeführt hat 196 und die in der liturgiewissenschaftlichen Reflexion wiederholt rezipiert worden ist: 197 a) Als funktionale Dimension der Paramente fasst Antons jene Aspekte, die das Messbuch selbst an der liturgischen Kleidung hervorhebt: Sie dient einerseits dazu, die Verschiedenheit der Aufgaben zu bezeichnen; andererseits trägt sie zur Festlichkeit bzw. Schönheit der liturgischen Handlung bei (AEM 297; GORM 335). Gewiss kann eine im Stil aufeinander abgestimmte liturgi- 193 Diese Lösung wird von K UNZLER zu Recht kritisch beurteilt, „weil sie am ehesten dem Missverständnis Vorschub leistet, auch die liturgische Kleidung sei weniger ein gottesdienstliches Ausdrucksmittel sondern eine Verkleidung“ (Dienst am Wort Gottes 75): „Was immer die historische Wurzel dieser Ministrantenkleidung gewesen sein mag, sie imitiert die klerikale Chorkleidung“ (ebd. 76). Mit bedenkenswerten Gründen plädiert K UNZLER , Liturgische Kleidung 192-197, für eine Kombination von Tunika und Skapulier (in kirchenjahreszeitlich wechselnder Farbe). 194 Vgl. einführend A NTONS , Paramente 21-49. Speziell zur Geschichte der Albe, die aus der Tunika entstanden ist, vgl. B RAUN , Gewandung 57-92. 195 S TUFLESSER , LiturgieGewänder 45. 196 Vgl. A NTONS , Paramente 137-165. 197 Vgl. z.B. S TUFLESSER , LiturgieGewänder 50-61; G ERHARDS , Textilien 313. <?page no="203"?> Ritus, Raum und Bewegung 191 sche Kleidung aller liturgischen Dienste den ästhetischen Gesamteindruck des Gottesdienstes befördern. Gleiches gilt, je nach Beschaffenheit des Kirchenraums, für die Beruhigung der Bewegungsdimension durch kurze Wege des Lektors und Kantors zum Ambo von ihren Plätzen im Chorraum aus. Was die Hervorhebung der verschiedenen Aufgaben betrifft, so erschiene nicht nur eine Unterscheidung zwischen Geweihten und nicht Geweihten angezeigt, sondern auch eine Differenzierung der liturgischen Laiendienste. Dies spricht bei Lektoren und Kantoren für einen Gewandtyp, der sich von der verbreiteten Ministrantenkleidung erkennbar abhebt, im Regelfall für die Albe. b) Unter der sakralen Dimension der Paramente summiert Antons verschiedene Gesichtspunkte, von denen für die liturgischen Laiendienste vor allem das „eschatologische Prinzip“ 198 relevant erscheint: Von der biblischen Symbolik her verweist die Albe auf das weiße Gewand der Erlösten, das diese bei der himmlischen Liturgie vor dem Throne Gottes (Offb 7,9-17) bzw. beim Hochzeitsmahl des Lammes (Offb 19,7-9) tragen. 199 c) Im Blick auf die personale Dimension der Paramente beschreibt Antons ein Spannungsfeld zwischen der Alltagskleidung, die in hohem Maße ein Ausdruck der individuellen Persönlichkeit sei, und dem liturgischen Kleid, das gleichwohl ebenfalls für die persönliche Aneignung des Vollzugs in Dienst genommen werden könne, etwa indem sein Anlegen als „Schwellenritus“ Die liturgische Gewandung der Laiendienste unterstreicht also, dass wir „[i]n der irdischen Liturgie […] vorauskostend an jener himmlischen Liturgie teil[nehmen], die in der heiligen Stadt Jerusalem gefeiert wird, zu der wir pilgernd unterwegs sind“ (SC 8). 200 die Einstimmung auf die Feier begünstige oder das „Bewußtsein für die Kleidung“ bei allen Beteiligten die „Wahrnehmung der Sinne“ 201 stärke. Beide, liturgische Kleidung wie Zivilkleidung, stehen also auf je unterschiedliche Weise in Beziehung zur Personalität liturgischen Handelns: erstere nach Antons eher den sinnlichen Eindruck, letztere den sinnlichen Ausdruck begünstigend. Häufig wird für die Albe eine Anspielung auf das Taufkleid in Anspruch genommen, 202 einschließlich der mit diesem verbundenen Bildhaftigkeit des „Christus Anziehens“, wie sie von Paulus her entwickelt werden kann. 203 198 A NTONS , Paramente 151. Allerdings ergibt sich daraus eine nicht leicht aufzulösende Spannung zwischen der Symbolik des den bestimmten liturgischen Dienst auszeichnenden Gewandes und dem allen Christen gemeinsamen Taufpriestertum, dessen 199 Vgl. ferner Offb 3,4.5.18; 6,11; 19,14; 21,2. 200 A NTONS , Paramente 158. 201 Ebd. 159. 202 Vgl. z.B. K UNZLER , Liturgische Kleidung 189-192; DERS ., Dienst am Wort Gottes 72-75. Freilich ist angesichts der hierzulande beinahe flächendeckenden Praxis der Säuglingstaufe zu bedenken, dass es de facto kein real getragenes Taufkleid gibt, an das die Albe erinnern könnte. 203 Vgl. Gal 3,27; Röm 13,14; ferner Eph 4,24. <?page no="204"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 192 Ausübung bei der Liturgie durch die gesamte Gemeinde das Zweite Vatikanische Konzil nachdrücklich hervorhebt (SC 14). 204 So gesehen könnte das liturgische Gewand der Laiendienste dem Missverständnis Vorschub leisten, die Übernahme eines bestimmten Dienstes sei der Maßstab der vom Konzil geforderten „participatio actuosa“, 205 die doch zu allererst ein innerliches Geschehen ist, das sich dann freilich - bei allen Mitfeiernden - auch leiblichäußerlich niederschlägt (durch verschiedene Körperhaltungen, Gesten, Akklamationen, Gesang etc.). 206 Vollends problematisch erscheint Kunzlers offenkundig aus der additiven Paramentensystematik der außerordentlichen Form des römischen Ritus inspirierter Deutungsvorschlag, die Albe bzw. Tunika sei „so etwas wie das liturgische Gewand des gemeinsamen Priestertums aller“, über dem dann die geweihten Amtsträger „die Gewänder und Insignien des Weiheamtes so tragen, wie auch das amtliche Weihepriestertum das gemeinsame Priestertum aus Taufe und Firmung nicht zerstört, sondern auf diesem aufbaut.“ 207 Damit wird - entgegen der wesenhaften Unterscheidung von gemeinsamem und besonderem Priestertum in Lumen Gentium 10 - eine graduelle Steigerung des gemeinsamen Priestertums durch die Weihe suggeriert. 208 Einer der zentralen Ansätze zur Deutung der liturgischen Kleidung ist schließlich, dass diese die Individualität bzw. Subjektivität der Agierenden zurücknehme und die liturgische Rolle vor der jeweiligen Person inszeniere. 209 Zweifellos kommt dem liturgischen Gewand im Prinzip eine entpersonalisierende Wirkung zu. 210 Bezogen auf die Schriftverkündigung lässt es die Person des Verkündigers hinter der Objektivität des unverfügbaren Wortes Gottes zurücktreten - auch wenn, wie an anderer Stelle zu erörtern ist, 211 204 Vgl. S TUFLESSER , LiturgieGewänder 55. Entsprechend wird von manchen Autoren liturgische Kleidung für alle Teilnehmenden ins Gespräch gebracht (zumindest in der reduzierten Gestalt eines ‚Taufschals‘ o. Ä.): vgl. A NTONS , Paramente 175-178. Auf die damit verbundenen praktischen Probleme weist S TUFLESSER , LiturgieGewänder 64f., hin. das verlesene Schriftwort gerade durch den individuellen Stimm- und Körpereinsatz des Verkündigers seinen jeweiligen Klangleib erhält, in dessen Gestalt es den Hörerinnen und Hörern entgegentritt. Dennoch kann liturgische Kleidung aufgrund ihres überpersönlichen Charakters die Ritualität des Vollzugs 205 Ein solches kurzschlüssiges Verständnis wird von R ATZINGER , Geist der Liturgie 147- 152, als Aktionismus beklagt. 206 Vgl. dazu die Instruktion Musicam Sacram, Nr. 15 (DEL 1,747). 207 K UNZLER , Liturgische Kleidung 190. 208 So zu Recht A NTONS , Paramente 142. 209 Vgl. z.B. A NTONS , Paramente 142; G ERHARDS , Textilien 313; S TUFLESSER , LiturgieGewänder 42.56. 210 Die einschränkende Formulierung ist erforderlich, da die individuell gebatikte Kasel unter Umständen sehr wohl Ausdruck persönlichen Geschmacks sein kann - ebenso, wie die demonstrative Entscheidung für eine Kasel in Bassgeigenform möglicherweise als höchst persönliches Statement verstanden werden will. 211 Vgl. dazu Kap. 3.4. <?page no="205"?> Ritus, Raum und Bewegung 193 stützen, deren Bedeutung insbesondere für die anamnetische Dimension der Schriftverkündigung oben hervorgehoben wurde. 212 3.2.2 Lektoren und Kantoren (Psalmisten) in Zivilkleidung Allerdings lässt sich gerade an diesem Punkt auch ein Argument für die Zivilkleidung anschließen. Die Person des oder der Verkündigenden ist für den Verkündigungsvorgang von hoher Bedeutung, denn „wer ‚verkündigt‘, ist nicht neutraler Berichterstatter, sondern Zeuge, der für das Gesagte einsteht“ 213 - er oder sie „spricht aus persönlichem Glauben.“ 214 Wenn, wie Paulus sagt, der Glaube vom Hören kommt (Röm 10,17), dann besteht der Mehrwert des Hörens gegenüber dem Lesen nicht nur darin, dass ein anderer Mensch das „extra nos“, den von außen kommenden Zuspruch und Anspruch der Glaubensbotschaft verkörpert, sondern eben auch darin, dass er mit seiner eigenen Person für die Glaub-Würdigkeit des Verkündigten bürgt. Diese Beschaffenheit der Verkündigungssituation behält auch im Kontext der Liturgie ihre Gültigkeit, wo sie freilich mit anderen Faktoren eine spannungsreiche Verbindung eingeht. In gewisser Weise bildet die Paradoxie des Zurücktretens hinter das ‚Wort des lebendigen Gottes‘, das zugleich durch die je eigene Person bezeugt wird, eine Analogie zur oben (Kap. 2.1) untersuchten formelhaften Rahmung der Schriftlesungen, die die doppelte Autorschaft des Schriftwortes verdeutlicht. Jedenfalls besteht hinsichtlich der Spannung zwischen Rolle und Person ein Unterschied etwa zwischen dem eine Lesung vortragenden Lektor und dem eine Oration sprechenden Priester, der in der Tat ganz hinter das im Namen der gesamten Gemeinde gesprochene Gebetswort zurücktritt. 215 Im genannten Spannungsfeld akzentuiert also die Zivilkleidung des Lektors bzw. Psalmisten das Moment der persönlichen Bezeugung, 216 Während demnach beide Optionen valente theologische Gesichtspunkte für sich beanspruchen können, zeigen die Ausführungen Kunzlers in seiner Einführung in den Lektorendienst exemplarisch an, wie ideologisch vermint das Feld der liturgischen Ästhetik im Bereich der Kleiderfrage ist. In auffälliwährend die liturgische Gewandung stärker das Moment des göttlichen Ursprungs des Verkündigten hervortreten lässt. 212 Vgl. Teil A Kap. 4.5.2. Vgl. ferner Teil B Kap 4.1.1 zur Gegenwart Christi in der Schriftverkündigung. 213 L OHAUS , Wort des lebendigen Gottes 67. 214 Ebd. 68. 215 Dies gilt umso mehr, seit die Gebetstexte der Liturgie, einsetzend in der Spätantike, verschriftlicht und nicht mehr vom Vorsteher improvisiert wurden. 216 Natürlich gilt das zur Relevanz der persönlichen Bezeugung Gesagte auch für den Priester oder Diakon, der das Evangelium verkündet (innerhalb des Wortgottesdienstes freilich der am stärksten ritualisierte Vollzug) oder die Homilie hält (innerhalb des Wortgottesdienstes der am wenigsten ritualisierte Vollzug). Es wäre jedoch absurd, daraus die Idee eines Wechsels der Kleidung innerhalb der liturgischen Feier je nach Sprechakt abzuleiten. Beim Priester als Vorsteher und beim Diakon als dessen Assistent steht außer Zweifel, dass sie in der Liturgie insgesamt dominant aus ihrer Rolle heraus agieren. <?page no="206"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 194 ger Weise zeichnet er ein ästhetisch desaströses Bild vom Lektorendienst in Zivilkleidung, 217 um ihn gleichzeitig als kirchenpolitisches Statement und Ausdruck einer laizistischen Ideologie zu interpretieren: Die zivil gekleideten liturgischen Dienste begäben sich nach der obligaten Absprache in der Sakristei vor dem Beginn des Gottesdienstes „in die Bankreihe, um zu demonstrieren, dass sie eben Laien sind, als Laien ihren Dienst ausüben und demgemäß dazu aus der Bankreihe heraustreten“. 218 Dieser Szene eigne „auf eine seltsam berührende Weise ein ‚emanzipatorischer‘ Charakter: Jetzt sind wir, die Laien, zumal die Frauen, dran; jetzt setzt sich der Klerus, und wir haben das Wort.“ 219 Die darin unterstellte Motivationslage liturgischer Laiendienste dürfte weithin wirklichkeitsfremd sein. Abstrahiert man von der Polemik Kunzlers, 220 Wenn der Lektor in Zivilkleidung aus der Bank hervortritt, kennzeichnet dieser Vorgang die Übernahme des liturgischen Dienstes als eine Weise (unter vielen), das Taufpriestertum aktiv auszuüben, indem der jedem Getauften, auch und zunächst in seinem Alltagsleben, zukommende Verkündigungsauftrag auf spezifische Weise liturgisch wahrgenommen wird. Demgegenüber verdeutlicht der liturgisch gewandete Lektor, der sich durchgängig im Chorraum aufhält, die Objektivität der liturgischen Rolle und die subjektivem Zugriff enthobene Verbindlichkeit des Offenbarungswortes. Anstatt die Frage durch böswillige Verzerrungen zu ideologisieren, gilt es, das jeweilige legitime Anliegen beider Lösungen ernst zu nehmen - und gleichzeitig die ihnen führen seine Überlegungen auf die Frage zurück, wie sich die vom Konzil vorausgesetzte participatio actuosa aller Getauften (SC 14) und die Ausübung der gestuften liturgischen Dienste zueinander verhalten. In dieser Hinsicht setzen die beiden Lösungen unterschiedliche Akzente, ohne dass dadurch jeweils die Berechtigung des anderen Akzentes bestritten würde: 217 K UNZLER , Dienst am Wort Gottes 67f.: „Eine Lektorin in kaum sonntäglicher Kleidung, etwa in der fast unvermeidlichen Kombination von Jeanshose und T-Shirt, kommt kurz vor dem Beginn der Messe mit dem Lektionar unter dem Arm aus der Sakristeitür, begibt sich zu ihrem Platz in einer der Bankreihen und tritt nach Beendigung des Tagesgebets an den Ambo, von wo sie sich nach Beendigung des Dienstes sogleich wieder an ihren Platz zurück begibt. Ein Herr mit quietschenden Schuhsohlen und offen stehendem Übergangsmantel nach Erscheinungsweise des amerikanischen Kommissars und Krimihelden Columbo wäre die männliche Entsprechung.“ Gewiss: Wer hätte dergleichen nicht schon gesehen? Die Ehrlichkeit verlangt aber, darauf hinzuweisen, dass „sowohl das eine als auch das andere [d.i. das Tragen von liturgischer oder ziviler Kleidung] offen für weniger gelungene Umsetzungen ist“: A LTER , Haltung 81. 218 K UNZLER , Dienst am Wort Gottes 66. 219 Ebd. 70. 220 Geradezu zynisch wirkt, wie K UNZLER das Selbstverständnis ehrenamtlich engagierter Laien ironisiert, indem er hervorhebt, dass „der Priester als Glied des Gottesvolkes auch nach dem Empfang der Priesterweihe ein ‚Laie‘“ sei (Dienst am Wort Gottes 66). So korrekt diese Feststellung im Sinne einer theologischen Semantik ist (Laie = Glied des Volkes Gottes), so wenig kann sie das real existierende Machtgefälle kaschieren. Nach aktueller kirchenrechtlicher Terminologie ist die verbindende Kategorie das „christifidelis“ (vgl. H ALLERMANN , Gläubige; M ECKEL , Herde 181-187), wobei die Nicht-Geweihten als „christifideles laici“ bezeichnet werden. <?page no="207"?> Ritus, Raum und Bewegung 195 jeweils immanenten Missbrauchsmöglichkeiten kritisch zu reflektieren: Diesbezüglich dürfte es unrealistisch sein, die eine Lösung per se als gut, 221 3.3 Ritueller Umgang mit dem Evangeliar die andere als schlecht zu definieren. Dass und warum es speziell das Evangeliar (und nicht das Lektionar) ist, dem in der Messliturgie ein besonderer ritueller Umgang zuteilwird, wurde an anderer Stelle bereits erörtert. 222 3.3.1 Eröffnungsteil der Messe Über das dort Gesagte hinaus sind die betreffenden Handlungssequenzen hier im Einzelnen auf ihre hermeneutischen Implikationen hin zu befragen. Die geltende Ordnung sieht vor, dass das Evangeliar bei der Einzugsprozession vom Diakon oder vom Lektor mitgetragen werden kann, 223 um dann „auf den Altar gelegt bzw. gestellt“ zu werden. 224 Wenn das Evangeliar nicht bei der Prozession mitgeführt wird, kann es bereits vor Beginn der Messe auf den Altar gelegt werden. 225 Letztere Variante entspricht dem frühesten für die römische Liturgie bezeugten Brauch (Ordo Romanus I für die feierliche Papstmesse): 226 Die Einzugsprozession inszenierte hier „in hochritualisierter Form die Annäherung der Gemeinde an den heiligen Ort, letztlich das himmlische Heiligtum, das durch den im Canon missae mit dem himmlischen Altar symbolisch identifizierten Altar repräsentiert ist“. 227 221 K UNZLER , Dienst am Wort Gottes 70, interpretiert das Tragen liturgischer Gewänder durch Laiendienste als Ausdruck der Demut, die „sich auch dem dramaturgischen Aspekt liturgischen Tuns“ beugt. Gewiss trifft das auf viele Betroffene zu. Liegt aber nicht auch die Deutung nahe, dass manche(r) das Gewand als Zeichen der Heraushebung gegenüber der übrigen Gemeinde empfinden könnte? Ein solches Missverständnis wird tendenziell genährt durch die exklusive Teilnahme an der Kelchkommunion, wie sie für Erwachsene häufig mit der Übernahme eines Dienstes im liturgischen Gewand und mit Sitzplatz im Altarraum verbunden ist. Dem entsprach, dass sich das Evangeliar, das zu einem späteren Zeitpunkt im Ablauf der Liturgie (Evangelienprozession) den seinen Einzug haltenden erhöhten Herrn symbo- 222 Vgl. Teil B, Kap. 4.1.1 und 4.1.2, bes. S. 130. 223 Vgl. zum Diakon AEM 128 bzw. GORM 172, zum Lektor AEM 82.148 bzw. GORM 120.194. Entschiedener formuliert PEM 17: „Ist ein Evangeliar vorhanden, so wird es bei der Eingangsprozession vom Diakon oder vom Lektor getragen und auf den Altar gelegt oder gestellt“ (Hervorhebung A.Z.). Dass ein vom Lektionar unterschiedenes, besonders hochwertig ausgestattetes Evangeliar vorhanden sei, wird in PEM 35f. ausdrücklich empfohlen. Gleichzeitig wird auch die Bedeutung des Lektionars als Zeichen der Würde des Wortes Gottes hervorgehoben, weshalb die Verwendung von „Zettel[n] und Drucksachen“ anstelle des liturgischen Buches ausgeschlossen ist (PEM 37). 224 AEM 84; vgl. AEM 129.149. GORM 122 definiert strikter: „das Evangeliar wird angemessenerweise auf dem Altar niedergelegt“ (vgl. GORM 173.195). 225 Vgl. AEM 79 bzw. GORM 117. 226 Andrieu 2,80-85 (Nr. 41-55), bes. 83 (Nr. 51). 227 M ESSNER , Geschichte 49. <?page no="208"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 196 lisieren sollte, bereits zu Beginn der Messe auf dem Altar befand: Christus, der Hohepriester des Neuen Bundes, ist ein für alle Mal in das himmlische Heiligtum eingetreten (Hebr 9,12). 228 In der fränkischen Rezeption der römischen Liturgiebücher erfuhr die Einzugsprozession eine neue Deutung: Was zuvor den Einzug der irdischen Gesellschaft in die himmlische Polis darstellen sollte, wird „in der allegorischen Messerklärung als Einzug Christi“ interpretiert, „meist als sein erstes Kommen in die Welt bei der Inkarnation“ - diese „Neuakzentuierung auf den ‚introitus Christi in mundum‘ zeigt sich auch darin, dass das Buch in der römisch-fränkischen Messe bei der Einzugsprozession mitgetragen wird.“ 229 Die gegenwärtigen Dokumente rechnen das Mittragen des Evangeliars beim Einzug zu den Zeichen der „Verehrung, die man der Verkündigung des Evangeliums schuldet“ (PEM 17). Dem entspricht die in der neuen Grundordnung des Römischen Messbuchs erfolgte Präzisierung, das Evangeliar möge „ein wenig erhoben“ 230 getragen werden, wodurch die Sichtbarkeit gewährleistet werden soll. Ginge es allein um den Aspekt der Verehrung, wäre die verschiedentlich vorgetragene Kritik kaum von der Hand zu weisen, die Verwendung des Evangeliars statt des Lektionars (oder einer Lesungsbzw. Vollbibel) etwa während der Einzugsprozession könne die kanonische Würde der ganzen Schrift verdunkeln. 231 228 J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 569 Anm. 16, legt im Anschluss an Amalar von Metz eine abweichende Deutung vor, die auf den Altar als Christussymbol abhebt: „Das geschah offenbar, um die Herkunft der heiligen Botschaft von Christus auszudrücken.“ Tatsächlich ist aber zu fragen, inwiefern die referierten historischen Deutungen ihre Gültigkeit behalten, die den herausgehobenen Umgang mit dem Evangeliar im Eröffnungsteil strikt auf die Verkündigung des Evangeliums und ihre besondere Bedeutung im Kontext der Messliturgie hinordnen. Auch in der heutigen Ordnung bleiben ja der Altar als Ausgangspunkt der Evangelienprozession und deren eschatologisch-parusiale Interpretation bedeutsam (vgl. unten 3.3.2). Die dadurch konstituierte Symbolik des Evangeliars und ihr innerer Bezug zur Symbolik des Altars als ‚Aufenthaltsort‘ Christi vor der Parusie (himmlisches Heiligtum) dürfte jedoch im Zusammenhang der Eröffnungsriten kaum wahrgenommen werden, zumal das Mitführen des Evangeliars bei der Einzugsprozession, wie oben erläutert, liturgiegeschichtlich gesehen mit einer anderen Symbolik (erste Ankunft) korreliert. Es ist demnach eine gewisse historisch bedingte Unstimmigkeit zwischen der Bildhaftigkeit der Einzugsprozession mit Evangeliar und der Evangelienprozession zu konstatieren. 229 M ESSNER , Geschichte 49. Zur Interpretation der Einzugsriten in der Messallegorese vgl. S UNTRUP , Zahlenbedeutung 336-345. 230 GORM 120.172; vgl. GORM 194: „leicht erhoben“. 231 Vgl. z.B. B RAULIK , Das neue Evangeliar; K RANEMANN , Abwertung des Alten Testaments 197; DERS ., Anmerkungen zur Dramaturgie 767; S CHÖTTLER , Die Bibel kanonisch lesen 122f. <?page no="209"?> Ritus, Raum und Bewegung 197 3.3.2 Evangelienprozession Falls das Evangeliar sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Altar befindet, geht der Verkündigung des Evangeliums durch den Diakon 232 PEM 17: „Um der Würde des Evangeliums gerecht zu werden, soll der Diakon oder, wenn kein Diakon da ist, der Priester das Evangeliar zur Verkündigung des Evangeliums vom Altar nehmen und zum Ambo tragen. Dabei gehen Altardiener mit Kerzen und Weihrauch oder anderen Zeichen der Verehrung voran. Die Gläubigen stehen und verehren das Evangeliar mit einem Ruf an den Herrn, dem Ruf vor dem Evangelium. Trägt ein Diakon das Evangelium vor, verneigt er sich vor dem Zelebranten und erbittet und empfängt den Segen. Verkündet ein Priester das Evangelium, weil kein Diakon da ist, verneigt er sich vor dem Altar und betet leise: ‚Heiliger Gott...‘.“ oder den Priester eine Prozession mit dem Evangeliar vom Altar zum Ambo voraus. Die Pastorale Einführung in das Messlektionar sagt dazu: 233 Die Evangelienprozession dient jedoch nicht nur dazu, die Aufmerksamkeit auf das Evangeliar zu lenken und auf diese Weise „der Würde des Evangeliums gerecht zu werden“. Vielmehr repräsentiert das Evangelienbuch „in dieser rituellen Sequenz den erhöhten Christus“ 234 232 Dass die Verkündigung des Evangeliums an sich dem Diakon zukommt, „resultiert in der römisch-katholischen Tradition noch aus dem wichtigen altkirchlichen Hilfsdienst des Diakons am Lehramt des Bischofs“: S TEGER , Der Ständige Diakon 443; vgl. B RAKMANN , Zum Dienst des Diakons 153f.; W EBER , Der Dienst des Diakons 360-373. Die Verkündigung des Evangeliums durch den Diakon kann die spezifisch diakonische Dimension der Verkündigung (vgl. dazu H UDELMAIER , Diakonische Elemente, bes. 170- 172) unterstreichen, vorausgesetzt natürlich, der verkündigende Diakon besitzt in der Ausübung seines Amtes tatsächlich ein entsprechendes, für die Gemeinde wahrnehmbares Profil. , der von der Gemeinde 233 Vgl. ferner AEM 92-95 bzw. GORM 131-134 (ohne Diakon) und AEM 131 bzw. GORM 175 (mit Diakon). 234 M ESSNER , Wortgottesdienst 181. Zum Evangeliar als Symbol der Christuspräsenz und (-präsidenz) in anderen Zusammenhängen, z.B. bei Synoden/ Konzilien sowie in der Weiheliturgie, vgl. J OIN -L AMBERT , L’évangéliaire. - Besonders ausgeprägt war dieses Verständnis in der altgallischen Liturgie, wovon etwa die Expositio antiquae liturgiae gallicanae (7./ 8. Jh.; vgl. V OGEL , Introduction 225f.) eindrucksvoll Zeugnis ablegt: „Egreditur ‹igitur› processio sancti euangelii uelud potentia christi triumphantis de morte cum praedictis ‹h›armoniis et cum vij candelabris luminis que sunt vii dona sancti spiritus uel v‹ii› legis lumina mysterio crucis confixa ascendens in tribunal analogii uelud christus sedem regni paterni ut inde intonet dona uite ∙ clamantibus clericis Gloria tibi domine in speci[a]e angelorum qui nascente domino Gloria in excelsis deo pastoribus apparentes cecinerunt“ (Nr. 11; ed. Ratcliff 7); vgl. dazu B ERNARD , Liturgie de la victoire 372-383; S MYTH , Ante altaria 59-61. - Zum byzantinischen Ritus, wo der sog. Kleine Einzug mit dem Evangelienbuch dem römischen Introitus entspricht und daher noch vor der Lesung des Apostolos erfolgt, vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 344.569f.; M ATEOS , La célébration de la Parole; zu anderen orientalischen Riten D ALMAIS , Rites et prières. <?page no="210"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 198 empfangen und begrüßt wird. 235 Insbesondere durch den Gesang des Halleluja, der von seiner einzigen neutestamentlichen Bezugsstelle Offb 19,6 her eschatologisch codiert ist, wird das Ritual näherhin auf die endzeitliche Ankunft Christi bezogen, welche „im Kommen in seinem Wort - dem Evangelium - rituell repräsentiert“ 236 wird. Ausgehend von der ältesten überlieferten Schilderung der Evangelienprozession im römischen Ritus (Ordo Romanus I) 237 weist Reinhard Meßner darauf hin, dass diese „rituell inszenierte[] Parusie des auferstandenen Christus“ 238 auf die Formensprache der Epiphanie weltlicher Herrscher, also ihrer feierlichen Ankunft in einer Stadt, zurückgreift: 239 „Dieser Vorgang ist vor dem Hintergrund des antiken Herrscheradvents zu verstehen: Das Evangelienbuch repräsentiert im Ritual Christus, der zu seiner Parusie aus dem himmlischen Heiligtum (für das der Altar steht) feierlich mit Licht und Weihrauch eingeholt wird und selbst im verlauteten Wort des Evangeliums präsent ist.“ 240 Im Blick auf die liturgische Hermeneutik der Evangelienverkündigung ergibt sich daraus, dass die Anamnese des Christusereignisses, wie sie sich in diesem Vollzug manifestiert, nicht auf die Mimesis des historischen ‚introitus in mundum‘ zielt (vgl. oben 3.3.1), sondern auf ein eschatologisches Aufbrechen dieser Weltzeit in die Vollendung hinein: 241 Das liturgisch proklamierte Evangelium spielt „letztlich in jener - künftigen - Zeit, in der Gott die Menschheit endgültig unter seine Herrschaft sammeln wird“. 242 235 Vgl. GORM 62: Die Halleluja-Akklamation „stellt einen selbständigen Ritus, das heißt eine eigenständige Handlung, dar: Die Versammlung der Gläubigen empfängt und begrüßt den Herrn, der im Evangelium zu ihr sprechen wird, und bekennt singend ihren Glauben.“ Die Betonung, es handele sich bei der Akklamation um „einen selbständigen Ritus“ ist insofern missverständlich, als es sich zunächst einmal funktional um einen Begleitgesang zur Evangelienprozession handelt. Allerdings fällt der Gesang auch dann nicht aus, wenn keine Prozession stattfindet. Diese Her- 236 M ESSNER , Wortgottesdienst 181. 237 Andrieu 2,87f. (Nr. 59f.). 238 M ESSNER , Geschichte 36. 239 Vgl. dazu B ERNARD , Liturgie de la victoire 352-370; D UFRAIGNE , Adventus Augusti, bes. Kap. I (Le cérémonial de l’adventus à Rome). 240 M ESSNER , Geschichte 36. Beim Vorantragen von Licht und Weihrauch handelt es sich um eine Ehrbezeugung, die in der Spätantike von weltlichen auf kirchliche Würdenträger übertragen wurde (Einzugsprozession) und vor diesem Verständnishintergrund dem im Evangeliar repräsentierten Christus zuteilwird; vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 570f. Die Inzensierung des Buches am Verkündigungsort ist erst seit dem hohen Mittelalter bezeugt (vgl. ebd. 579; P FEIFER , Weihrauch 62). Älter ist eine Inzensierung von Klerus und Gläubigen bzw. des Kirchenraums, die schon zeitgenössisch auf den sich verbreitenden „Duft des Evangeliums“ bezogen wurde (P FEIFER , Weihrauch 61). Die heutige Praxis stellt ein weiteres Zeichen der Verehrung des Evangeliums dar (vgl. ebd. 63). 241 Vgl. Teil A Kap. 4.4, bes. S. 59f. 242 M ESSNER , Wortgottesdienst 181. <?page no="211"?> Ritus, Raum und Bewegung 199 meneutik stellt freilich darauf ab, ein Potential zur Veränderung der Verhältnisse im Hier und Jetzt zu entfalten. 243 Inwiefern das Ritual der Evangelienprozession überhaupt in der Lage ist, eine Wirkung für die Hermeneutik der Schriftverkündigung zu erzielen, hängt jedoch in erheblichem Maße von seiner sachgerechten Umsetzung ab. Reinhard Meßner weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf zwei Problemfelder hin. Zum einen bedürfe eine Prozession, um als solche wahrgenommen zu werden, „angemessener räumlicher Entfaltung“ 244 . Die Gestaltung des liturgischen Raums müsse daher wirklich einen Prozessionsweg zwischen Altar und Ambo bieten; konkret schlägt Meßner vor, vielerorts könne die im Kirchenschiff befindliche Kanzel als Ambo genutzt werden. 245 Zum anderen zwinge die hermeneutische Schlüsselfunktion der Halleluja- Akklamation dazu, diese auch wirklich als „Begleitgesang der Adventus- Prozession“ 246 Zum rituellen Umgang mit dem Evangeliar im Rahmen der Evangelienverkündigung zählen schließlich seine Bekreuzung vor der Verkündigung, die im Zusammenhang mit der Selbstbekreuzung von Verkündiger und Gemeinde entstanden und zu deuten ist, zu inszenieren und nicht zum mehr oder minder funktionslosen ‚Zwischengesang‘ verkommen zu lassen. Tatsächlich hängen beide Probleme in der Praxis vielerorts miteinander zusammen, wenn das Fehlen eines angemessenen Prozessionsweges es unmöglich macht, das Halleluja während der Prozession zu singen. 247 und der Kuss des Evangeliars nach der Verkündigung. Dieser erfolgt heute nur noch durch den Verkündiger, war aber bis ins hohe Mittelalter hinein Sache des ganzen Klerus, nördlich der Alpen zeitweise gar des Volkes. 248 Er ist zu verstehen im „Sinn einer ehrfurchtsvollen und dankbaren Begrüßung“ 249 des in Gestalt des Evangeliums präsenten Herrn, an den sich die anschließend leise gesprochene Bitte um Vergebung der Sünden, die auf die Wirkmacht seiner Worte abhebt, 250 persönlich wendet. 251 243 Vgl. dazu Teil B Kap. 4.2. 244 M ESSNER , Wortgottesdienst 181. 245 Vgl. ebd.; ähnlich P ACIK , Der Ambo 249. P FEIFER , Weihrauch 64, schlägt ggf. „eine Prozession durch die Kirche“ vor, „die begleitet würde vom Gesang eines Hallelujapsalms oder einer Sequenz. Deutlich sichtbar würde darin die Parallele zum Einzug. Dort kommt der Herr in seine Gemeinde, hier tritt er vor sie und spricht zu ihr.“ 246 M ESSNER , Wortgottesdienst 181f. 247 Vgl. daher unten Kap. 3.5.1. 248 Vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 575-577. 249 Ebd. 577. Vgl. den Altarkuss im Zusammenhang der Einzugsriten. 250 Dem entspricht auch die zu Beginn der Evangelienprozession am Altar formulierte Bitte des Priesters (bzw. wenn ein Diakon das Evangelium liest, die entsprechende Segensbitte) um eine würdige, d.h. auch: dieser Wirkmacht gerecht werdende, Verkündigung des Evangeliums: Meßbuch 1988, 336. 251 Meßbuch 1988, 337. Eine solche Bitte ist in ähnlichen Worten seit der Wende vom ersten zum zweiten Jahrtausend verbreitet (vgl. J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 577). <?page no="212"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 200 3.4 Der Vortrag der Lesungen 3.4.1 Die Lesung als Akt der Kommunikation und Interpretation Der Vortrag der Lesungen stellt ein vielschichtiges Kommunikationsgeschehen dar, in dem sich die Ebenen Gott-menschlicher und zwischenmenschlicher Kommunikation überlagern. Zweifellos sind die Lesungen innerhalb der Messliturgie zentraler Bestandteil jenes Dialogs zwischen Gott und Mensch, den das Zweite Vatikanische Konzil - kaum zufällig in modifizierender Anlehnung an die so genannte Torgauer Formel Martin Luthers 252 SC 33: „Denn in der Liturgie spricht Gott zu seinem Volk; in ihr verkündet Christus noch immer die Frohe Botschaft. Das Volk aber antwortet mit Gesang und Gebet.“ - in der Liturgiekonstitution beschreibt: In dieser zweigliedrigen Aussage wird das die gesamte Konstitution bestimmende Grundverständnis der Liturgie als katabatisch-anabatisches Geschehen 253 im Sinne eines Kommunikationsvorgangs ausbuchstabiert, in dem Gott Beziehung stiftet, in die der Mensch im Glauben eintritt. 254 a) Indem er das von Josef Andreas Jungmann identifizierte „Grundschema“ der Wortliturgie, bestehend aus der Abfolge von Lesung, Gesang und Gebet, Um die Schriftlesungen in diesem Rahmen sachgerecht zu interpretieren, bedarf es einer dreifachen Differenzierung: 255 unbeschadet seiner Infragestellung in historischer Hinsicht, 256 als theologisches Modell aufgreift, beschreibt Albert Gerhards die Dramaturgie des Wortgottesdienstes dreiteilig: 257 Zwischen Katabasis (Gottes Wort an den Menschen) und Anabasis (Antwort des Menschen an Gott, im Wortgottesdienst der Messe primär in Gestalt des Allgemeinen Gebets 258 252 Vgl. D EEG , Heilige Schrift und Gottesdienst 49f. Das Gotteshaus ist nach Luther zu nichts anderem bestimmt, „[…] dann das unser lieber Herr selbs mit uns rede durch sein heiliges Wort und wir widerumb mit jm reden durch Gebet und Lobgesang“ (Predigt bei der Einweihung der Schlosskirche zu Torgau am 17. Sonntag nach Trinitatis 1544; zitiert nach ebd. 49). ) tritt als not- 253 Vgl. dazu L ENGELING , Liturgie 26-33; grundlegend ist die Wesensbeschreibung der Liturgie in SC 7. 254 Vgl. I RWIN , Context and Text 86-90. 255 Vgl. J UNGMANN , Wortgottesdienst, bes. 54-67 (Kap. „Das liturgische Grundschema“). 256 Vgl. M ESSNER , Einführung 184. 257 Vgl. G ERHARDS , Das Wort, das zum Ereignis wird 137-139; DERS ., Dem Wort Gottes Gestalt geben 150-157 (hier gefasst unter den Begriffen proclamatio verbi - meditatio verbi - redditio verbi). 258 Das Messbuch deklariert ausdrücklich auch das Glaubensbekenntnis als Element der menschlichen Antwort auf die Verkündigung des Wortes Gottes (AEM 43; GORM 67). Dies gilt jedoch nur eingeschränkt; das ursprünglich in der Taufliturgie verortete Credo ist der jüngste Teil des Messordinariums und fungiert in diesem Zusammenhang als explizite „Vergewisserung und Bekräftigung der Glaubensgemeinschaft vor Gott und voreinander“ (G ERHARDS , Das Wort, das zum Ereignis wird 139). Seine Sprechrichtung ist <?page no="213"?> Ritus, Raum und Bewegung 201 wendiger Zwischenschritt die Diabasis als innerliche Aneignung des Gehörten. Notwendig ist dieser Zwischenschritt vor dem Hintergrund allgemeiner Gesetzmäßigkeiten der Kommunikation, wird doch das Schriftwort im Gottesdienst „unter den Bedingungen vermittelt, die auch im zwischenmenschlichen Bereich für die glaubwürdige Mitteilung und vertrauensvolle Annahme gelten“ 259 : Da „ein veränderndes Wort Zeit braucht, um zu wirken“, bedarf es im Wortgottesdienst verschiedener „Akte der Verinnerlichung, Umwandlung und Motivation“ 260 . Eine besondere Rolle spielen dabei Phasen der Stille, 261 GORM 56: „Die Liturgie des Wortes ist so zu feiern, dass sie die Betrachtung fördert. Deshalb muss jede Art von Eile, die der Sammlung hinderlich ist, gänzlich vermieden werden. Der Sammlung dienen auch kurze Momente der Stille, die der jeweiligen Versammlung angemessen sind, in denen durch das Gnadenwirken des Heiligen Geistes das Wort Gottes im Herzen aufgenommen und die Antwort darauf durch Gebet vorbereitet werden soll. Solche Momente der Stille können passenderweise etwa vor Beginn der Liturgie des Wortes, nach der ersten und der zweiten Lesung, schließlich auch nach der Homilie gehalten werden.“ auf die die neue Grundordnung des Römischen Messbuchs verstärkt Wert legt: 262 Im Blick auf die hermeneutischen Implikationen der konkret gefeierten Wortliturgie ist von hoher Bedeutung, inwieweit der Diabasis tatsächlich Raum gelassen wird. Die vielerorts zu beobachtende Tendenz, den Wortgottesdienst zu verkürzen, indem etwa von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, eine der beiden nichtevangelischen Lesungen (und den Antwortpsalm) auszulassen, signalisiert jedenfalls durchaus keine ausgeprägte Wertschätzung des Gotteswortes, insbesondere seiner aktuellen bzw. existentiellen Relevanz. b) Zu Recht macht Peter Ebenbauer darauf aufmerksam, dass der Dialog zwischen Gott und Mensch, wie er in der Liturgie Gestalt gewinnt, mehr sei „als ein von Gott eröffnetes Gespräch nach Menschenmaß“ 263 in erster Linie horizontal, von Mensch zu Mensch: „Ich glaube an Gott, den Vater …“. Gewiss reagiert es in der Dramaturgie der Messe auf die Schriftverkündigung; jedoch stellt es nicht eigentlich eine Antwort im Sinne einer Anrede an Gott als den Urheber des Schriftwortes dar. . Zwar drückt sich in der Abfolge von Lesung und (Gebets-)Antwort die im Heilsgeschehen 259 G ERHARDS , Das Wort, das zum Ereignis wird 138. 260 Ebd. 139. Vgl. oben S. 80 (mit ausführlicherem Zitat) zur diabatischen Funktion der Homilie. 261 Vgl. V ERHEUL , Le service de la Parole 240f. 262 Der in der editio typica tertia des erneuerten Messbuchs erstmals aufgenommene Artikel ist programmatisch zu Beginn des Abschnitts über die Liturgie des Wortes platziert, noch bevor vertieft auf die biblischen Lesungen eingegangen wird. Vgl. auch PEM 28: „Das Zwiegespräch zwischen Gott und den Menschen unter dem Einfluß des Heiligen Geistes erfordert Augenblicke der Stille.“ - In der Praxis wird diese Stille nicht selten durch einen unprofessionellen Gebrauch des Liedanzeigers beeinträchtigt. 263 E BENBAUER , Mehr als ein Gespräch 242. <?page no="214"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 202 immer vorausliegende Initiative Gottes 264 aus, doch entzieht sich die Interaktion zwischen Gott und Mensch einer eindeutigen Festschreibung der Kommunikationsakte im Sinne zwischenmenschlicher Rede und Gegenrede. 265 Vielmehr ist „liturgischer Heilsdialog“ in sämtlichen Ausdrucksformen die „existentiell bedeutsame Kommunikation des unauslotbaren Durchdrungenseins des Menschen in all seinen Dimensionen von einem nicht einholbaren Anruf oder Wort“ 266 „Offenbarung geschieht liturgisch nicht allein durch die Rezitation heiliger Texte, wie auch umgekehrt die Verkündigung ihrerseits bereits Aspekte der Antwort in sich trägt. Dass der Mensch in der Liturgie feierlich und in menschlicher Zeugenschaft Gottes Wort rezitiert und dieses Wort zu hören bereit ist, trägt bereits Antwortcharakter im Sinn wechselseitiger Anamnese zwischen Gott und Mensch in sich.“ : 267 So wichtig diese Differenzierung für eine theologische Beschreibung der Innenseite des liturgischen Geschehens ist, bleibt davon die Notwendigkeit klarer Kategorien für die Strukturierung seiner Außenseite unberührt. c) Die grundlegendste Ergänzung, die bei der Formulierung aus SC 33 mitzulesen ist, stellt die offenbarungstheologische Grundoption dar, die das Konzil später in Dei Verbum formulieren sollte: Die Anrede Gottes an den Menschen vollzieht sich im Medium menschlicher Rede. 268 Im Vortrag der Lesungen geschieht äußerlich betrachtet zunächst Kommunikation von Mensch zu Mensch, und dies wiederum auf zwei Ebenen: einerseits zwischen den menschlichen Urhebern des Textes, angefangen beim Autor über eventuelle Stufen der Redaktion bis hin zu den Übersetzern, und den Hörerinnen und Hörern, andererseits zwischen der die Lesung vortragenden Person (Lektorin, Lektor, Diakon, Priester) und den Hörerinnen und Hörern. Die hermeneutischen Prozesse im Verkündigungsvorgang werden dabei mitbestimmt durch den Hörerinnen und Hörern im Vorfeld bekannte Interpretationen und Rezeptionen der biblischen Texte, nicht zuletzt aber auch durch die in der konkreten Art des Vortrags liegende Interpretationsleistung. 269 264 Vgl. L ENGELING , Liturgie 28. Auf diese 265 So bereits ebd. 29: „Von den beiden Aspekten wird der heilshaft-absteigende vor allem in Sakrament und Schriftlesung verwirklicht, der aufsteigende in Gebet und Eucharistie, sofern sie Opferfeier ist. Jedoch fehlt der je andere Aspekt niemals.“ Vgl. auch B IERITZ , Wort 62. 266 E BENBAUER , Mehr als ein Gespräch 242. 267 Ebd. 239; vgl. auch ebd. 264. 268 Vgl. oben Kap. 2.1.1 zu den Rahmenformeln der nichtevangelischen Lesungen. 269 Vgl. dazu B IERITZ , Es wechseln die Zeiten 132 Anm. 82: „Selbstverständlich vollzieht sich auch jede Verlesung des Schriftwortes als Akt der Interpretation: Der Vorlesende spricht (oder singt) das Wort immer auf seine Weise (Sprache, Gestik, Mimik, Artikulation usw.) im Rahmen eines bestimmten liturgischen Settings (Ort, Zeit, Kleidung, rituelle Inszenierung der Lesung usw.) in eine konkrete Situation hinein, die über die Rezeption, das Verständnis, die Wirkung des solchermaßen ‚verlauteten‘ und ‚verleiblichten‘ Wortes aktuell mitbestimmt“ (Hervorhebungen im Original). <?page no="215"?> Ritus, Raum und Bewegung 203 Weise schlagen sich auf der Ebene der zwischenmenschlichen Kommunikation die Glaubenserfahrungen und Glaubensüberzeugungen aller Beteiligten, sowohl des Autors (bzw. der Redaktion) und des Vortragenden als auch der Adressaten, nieder. Die Bibel „vermittelt die Absicht Gottes zur Kommunikation, zur Begegnung und Beziehung mit den Menschen. […] Verkündigen und Hören der Schrift entspricht jenem Prozess der personalen Gottesbegegnung, den uns Jesus Christus in seiner menschlichen Existenz erschlossen hat. […] Natürlich können solche Verbindungslinien nicht im Sinne eines automatischen Vorgangs verstanden werden, sondern als Ausdruck und Folge einer bewussten und beabsichtigten Grundhaltung des Menschen. Sie besteht vornehmlich darin, die Bibel nicht als eine Schrift wie jede andere zu lesen, sondern sich im darin wahrgenommenen Part des Kommunikationsvorgangs - sei es das Lesen, das Hören oder auch selbst das Verkündigen - bewusst auf Gott hin zu öffnen in der Absicht, seine Rede als persönlichen Anruf in das eigene Leben aufzunehmen und sich erschließen zu lassen.“ 270 Liturgische Schriftverkündigung ist „an die personale Glaubens- und Zeugnisqualität der Sprecher/ innen und Hörer/ innen dieses Wortes gebunden. Zur objektiven Wahrheit des Wortes Gottes gehört […] untrennbar seine je und je neu zu aktivierende Zeugniskraft, im Sinn der vertrauensvollen Aneignung und Bewährung seines existentiell bedeutsamen Gehaltes.“ 271 Dieser Aspekt mag unter dem Gesichtspunkt heutiger Subjektzentrierung als besonders relevant erscheinen, 272 gehört jedoch von Anfang an zu den Konstitutiva der Verkündigungspraxis. Für Paulus gründet der Glaube „im Hören“ (Röm 10,17: ἐξ ἀκοῆς), das sich auf die Botschaft von Christus einlässt (ἡ δὲ ἀκοὴ διὰ ῥήματος Χριστοῦ). 273 „Einen Text vorgelesen zu bekommen, ist etwas ganz anderes als ihn selbst zu lesen. Der Vorleser interpretiert den Text und bringt damit auch sein eigenes Verhältnis zu ihm zum Ausdruck; er gibt preis, dass die verlesenen Worte für ihn Bedeutung haben; er tritt zu den versammelten Zuhörern in Kontakt und versucht, ihr Gehör zu finden; die Zuhörer sind direkt angesprochen. Die gottesdienstliche Lesung hat deshalb immer ein kommunikatives Plus gegenüber der Privatlektüre.“ Dieses Hören setzt aber voraus, dass jemand verkündigt (10,14: πῶς δὲ ἀκούσωσιν χωρὶς κηρύσσοντος; ). Um zu verkündigen, muss man wiederum gesandt sein (10,15: πῶς δὲ κηρύξωσιν ἐὰν μὴ ἀποσταλῶσιν; ). Der ‚Apostel‘, der sich von Gott gesandt weiß, steht mit seiner Existenz für die Relevanz der Botschaft ein. - Wer in der Liturgie das Schriftwort verkündigt, stellt sich in diese Dynamik hinein. 274 270 K IRCHSCHLÄGER , Das Wort Gottes feiern 84. 271 E BENBAUER , Mehr als ein Gespräch 237. 272 Vgl. dazu G ERHARDS , Dem Wort Gottes Gestalt geben 148. 273 Zum Inhalt dieses ῥῆμα Χριστοῦ vgl. Röm 10,9. 274 B UDDE , Gemeinsame Tagzeiten 65f. Aufgrund des solcherart bestimmten Eigenwerts des verbum Dei declamatum (vgl. B IERITZ , Es wechseln die Zeiten 132f.) erscheint es äußerst <?page no="216"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 204 Von diesem kommunikativen Plus her gewinnt das Modell Heinz-Günther Schöttlers seine Plausibilität, wenn er die liturgische Schriftverkündigung als „Re-Inszenierung bzw. Mimesis des initialen Offenbarungsgeschehens“ 275 versteht. Die von ihm hierfür in Anspruch genommenen Parallelen in der islamischen Koran-Rezitation und der jüdischen Tora-Lesung können zwar nur eingeschränkt als Analogie herangezogen werden, da sich die christliche Schriftverkündigung - umso mehr seit dem Abschied von der Vorstellung einer Verbalinspiration der Heiligen Schrift in ihrer traditionellen Form 276 - nicht (primär) auf einen verbalen Offenbarungsvorgang bezieht und diesen in Gestalt kunstvoller Oralität (Koran-Rezitation) 277 oder ritueller Dramatisierung (Tora-Lesung) 278 zu reinszenieren sucht. Situiert man aber das ‚initiale Offenbarungsgeschehen‘ nicht primär in einer verbalen Mitteilung, sondern in Interaktion und Erfahrung, die im Wort der Schrift verdichtet sind, 279 so schafft die Verlesung dieses Wortes wiederum einen Resonanzraum von Interaktion und Erfahrung und hält auf diese Weise das Offenbarungsgeschehen zugänglich. Da die Erfahrungen in der Beziehung zwischen Gott und Mensch und ihre sprachliche Verdichtung im Medium der Heiligen Schrift auf unterschiedlichen Ebenen liegen, erscheint für diesen Zusammenhang jedoch der Begriff ‚Mimesis‘ weniger geeignet, der stärker dramatisierten Handlungsgestalten der Liturgie und Volksfrömmigkeit vorbehalten bleiben sollte. 280 3.4.2 Die Lesung als sinnliches Ereignis Der Text einer Lesung trifft in der Liturgie als Klanggeschehen auf die Gemeinde; dabei verhält sich die konkret erfahrene Lesung zum im Lektionar problematisch, wenn S EIP , Das Lesen ordnen 33, in ahistorischer Idealisierung des ‚Schott‘ für ein „Lesungsbuch für alle“ plädiert. 275 S CHÖTTLER , Ex sacra Scriptura 134. 276 Zum Verständnis der Inspiration vgl. jetzt das Schreiben „Inspiration und Wahrheit der Heiligen Schrift“ der Päpstlichen Bibelkommission vom 22. Februar 2014. 277 Vgl. dazu S CHÖTTLER , Ex Sacra Scriptura 114-121 unter eingehender Auswertung islamwissenschaftlicher Literatur; zusammenfassend 120: „die Koran-Rezitation als Nachvollzug der initialen Sprechsituation zwischen dem Engel Gabriel und Muḥammad, als Re-Inszenierung des Offenbarungsgeschehens des Anfangs“. 278 Vgl. ebd. 121-133; zusammenfassend 126: „Die ganze Ordnung der Tora-Lesung ist so gestaltet und die sie begleitenden Texte sind so formuliert, dass sich die Vorstellung der Besteigung des Sinai, der Offenbarung der Tora und des Abstiegs vom Offenbarungsberg darin einstellt sowie die Vorstellung des Wüstenzugs mit der mitziehenden Lade und der Tora, wenn die Tora-Rolle in einer Prozession durch die Gemeinde zur Bima getragen wird.“ Vgl. ferner L EONHARD , Heiligkeit 157-162. 279 Vgl. V ODERHOLZER , Die Heilige Schrift wächst 169. 280 Der am stärksten dramatisierte Teil des Wortgottesdienstes der Messe, die Verkündigung des Evangeliums, zielt gerade nicht auf eine Mimesis des erzählten Geschehens, sondern repräsentiert in seiner rituellen Gestalt den eschatologischen Adventus Christi (vgl. oben Kap. 3.3.2). Zur Unterscheidung von Anamnesis und Mimesis vgl. B IERITZ , Zwischen Raum- und Zeitgenossenschaft 52-55. <?page no="217"?> Ritus, Raum und Bewegung 205 enthaltenen Text wie die konkrete Aufführung eines Musikstücks zur Partitur. Erst der Vortrag verleiht dem Schrifttext jenen „Klangleib“ 281 , in dessen Gestalt er hörend rezipiert wird. In dieser „Lautung“ 282 des Textes liegt, wie bereits angedeutet, eine für den Rezeptionsvorgang bedeutsame Interpretationsleistung, 283 woraus hohe Anforderungen an die Ausbildung, Kompetenz und praktischen Fertigkeiten der Vortragenden resultieren. 284 Sowohl in religionsvergleichender Perspektive 285 als auch im Blick auf die christliche Liturgiegeschichte und den konfessionellen Vergleich mit den Traditionen des orientalischen Christentums kommt in diesem Zusammenhang der Kantillation eine besondere Rolle zu. Mit diesem neuzeitlichen Begriff 286 wird ein Phänomen bezeichnet, das in der Antike auch außerhalb religiöser Vollzüge kulturell verankert und dessen Entstehung zunächst praktisch bedingt war. Eine melodische Stilisierung des natürlichen Sprachduktus zielte auf die bessere Vernehmlichkeit eines Redners vor größeren Zuhörergruppen. Josef-Anton Willa unterscheidet zwei Typen der Kantillation, deren erster die natürliche Modulation der Sprache aufgreift und steigert, während sich der zweite feststehender Melodieformeln bedient. 287 Letztere Form herrscht auch in den für die Liturgie gebräuchlichen Lektionstönen vor: 288 „Die Klanggestalt der Rede wird durch einprägsame musikalische Formeln stilisiert. Der Text wird auf einer oder mehreren Rezitationsebenen vorgetragen; melodische Kadenzen deuten das Satz- und Phrasengefüge an: Anfang und Ende, Zäsuren, Akzente.“ 289 Dadurch, dass eine gemeinkulturelle Vertrautheit mit dem Sprechgesang heute nicht mehr gegeben und seine akustische Funktion durch elektronische Verstärkung überflüssig geworden ist, treten die hermeneutischen Effekte der als außergewöhnlich empfundenen Kantillation gegenwärtig umso stärker hervor. Sie dient dazu, „Kraft und Schönheit - Zeichen des Heiligen - zu gewinnen“ 290 , und lässt aufgrund des entindividualisierenden Charakters ihrer Melodiemodelle das Schriftwort „als quasi objektiv der Feiergemeinde vorgegebenes göttliches Wort“ 291 281 G ERHARDS , Das Wort, das zum Ereignis wird 138. Zur Sache vgl. G UARDINI , Besinnung 82-86. erscheinen. Sie ist nicht mehr mit dem Bemühen um leichtere Verständlichkeit des verkündigten Textes konnotiert, 282 So die Kapitelüberschrift zu M ELZL , Schriftlesung 285-291, wo die Rolle des Lektors im Spannungsfeld zwischen objektiver Textvorgabe und subjektiver Darstellung diskutiert wird. 283 Vgl. Kap. 3.4.1, bes. S. 202f. mit Anm. 269. 284 Vgl. hierzu z.B. R. Z ERFASS , Lektorendienst. 285 Zur Kantillation im Judentum vgl. S CHÖTTLER , Ex sacra Scriptura 128-133 (mit weiterführenden Literaturangaben). 286 Vgl. P ACIK , Kantillation 277. 287 Vgl. W ILLA , Seele des Wortes 68. 288 Vgl. einführend E HAM , Ruf 203-206, bes. 205. 289 P ACIK , Kantillation 277. 290 G ELINEAU , Musik 139. 291 W ILLA , Seele des Wortes 68. <?page no="218"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 206 sondern führt umgekehrt zu „seiner überhöhten, zum Teil sogar verhüllenden Darstellung“, ja hält ihn „auf ehrfürchtige Distanz“. 292 So dürfte es kein Zufall sein, dass es im Zuge des durch die Liturgiereform ermöglichten Wechsels zur Volkssprache zunächst „kontroverse Diskussionen über das Ob und Wie von Kantillation in der Muttersprache“ 293 „Die Kantillation dient in erster Linie der rhetorischen Gestaltung und damit der affektiven Erschließung des Textes. Sie schafft das für die Verlautung eines heiligen Textes nötige Pathos und ist insofern auch eine Hilfe für den Lektor zur Vermeidung eines den liturgischen Vollzug immens beeinträchtigenden falschen Pathos - wenn er die Regeln der Kantillation beherrscht […] Außerdem dient sie einer gewissen Verfremdung des Textes. […] Die kantillierte Lesung verfremdet die gottesdienstliche Schriftlesung gegenüber alltäglichem Gerede. Es geht hier ja um das Wort, das dem Leben der Hörenden Gestalt geben soll und das daher selber angemessene Gestalt - Wortgestalt wie Klanggestalt - annehmen muss. In all dem dient die kantillierte Schriftlesung der Präsentation des Wortes Gottes. Das ist im wörtlichen Sinn zu verstehen: In diesem Wort, das anders vorgetragen wird als irgendein Bericht über irgend ein mehr oder minder relevantes vergangenes Geschehen, als irgend ein noch so hehrer moralischer Appell, in dem Wort, das aktuelle, jetzt geltende und die ganze menschliche Existenz in Anspruch nehmende Anrede ist, ist die Präsenz Gottes sinnlich - im Hören des Wortklanges - wahrnehmbar. Dieses Wort ist präsentatives - Gegenwart schaffendes - Symbol des Heiligen. Die Art der Verlautung hat dem zu entsprechen. Im kantillierten Schriftwort richtet sich die Lesung nicht bloß an den Intellekt, sondern setzt vor allem Affekte frei, die in ihm enthalten, sozusagen gespeichert sind, damit die Hörer diese zu ihren eigenen Affekten machen.“ gab. Zugleich ist zu beobachten, dass die Kantillation der Lesungen in Teilen der liturgiewissenschaftlichen Diskussion um eine stärkere Würdigung der Ritualität des Wortgottesdienstes - sowohl von katholischer als auch von evangelischer Seite - jüngst wieder zunehmend positiv gewertet wird. Exemplarisch hierfür ist die Argumentation bei Reinhard Meßner: 294 Die Argumentation Meßners zugunsten der Kantillation verläuft zweigleisig. Zum einen wird hervorgehoben, dass die Stärkung der klanglichen Seite der Lesung die Hörerinnen und Hörer affektiv besser erreiche als ein reines Vorlesen 295 292 Ebd. und dass dadurch die Aneignung der im Schriftwort enthaltenen 293 M AILÄNDER , Deutscher Liturgiegesang 134. 294 M ESSNER , Wortgottesdienst 182f. 295 Vgl. auch DERS ., Einige Defizite 334: „In der formalisierten Sprache des Rituals tritt die mitteilende Funktion der Sprache gegenüber ihrer expressiven Dimension einschließlich ihrer sinnlich wahrnehmbaren Klanggestalt zurück; das rituelle Wort richtet sich daher in ganz anderer Weise als die Alltagssprache an die affektiven Potenzen des Menschen.“ Zur neurophysiologischen Plausibilität dieser Beobachtung vgl. S TÜRBER , Mit erhobener Stimme 66. <?page no="219"?> Ritus, Raum und Bewegung 207 Affekte erleichtert werde. 296 Zum anderen wird auf den Effekt einer gewissen Verfremdung gegenüber alltäglichem Sprechen abgehoben, der die sinnliche Erfahrung von Heiligkeit, von göttlicher Präsenz ermögliche. In diesem Sinne erscheint die Kantillation nicht etwa als ein optionales Mittel zur fallweisen Steigerung der Feierlichkeit, 297 sondern als die der liturgischen Schriftverkündigung grundsätzlich angemessene Form. 298 Aus evangelischer Perspektive kritisiert Alexander Deeg mit ähnlichen Argumenten das Abgehen von der Kantillation als Ausdruck einer „Homiletisierung“ 299 der Schriftlesung, die einseitig „in ein neuzeitliches Paradigma des Verstehens“ 300 gezwängt werde, und plädiert im Anschluss an Martin Nicol 301 für die kultisch-rituelle Verfremdung des Wortes gegen die „Einlinigkeit und Eintönigkeit einer einseitig kognitiv verstehenden Rezeption“ 302 . Konkret ist dabei weniger an die Rückkehr zur traditionellen Form der Kantillation gedacht als an neue Gestaltungsweisen: „Wege der Verlangsamung (durch Pausen oder Wiederholung), der Verfremdung (durch unterschiedliche Stimmen oder unterschiedliche Orte im Raum) oder des Zusammenspiels von Musik und Stimme“. 303 An dieser Stelle tut sich erneut eine Spannung auf, die analog bereits für die Homilie als Bestandteil des gottesdienstlichen Rituals reflektiert wurde. Bei den vorgeschlagenen Formen dürfte jedoch die Gefahr des Manierismus nicht von der Hand zu weisen sein. 304 Das Wort der Schrift wird der Gemeinde - zumal im Kontext der Eucharistiefeier - zur Stärkung am ‚Tisch des Wortes‘ gereicht; 305 296 Zu fragen wäre allerdings, ob die zweifellos gegebene affektive Wirkung des kantillierten Vortrags in jedem Fall den im konkreten Text gegebenen Affekten dienlich ist. Nicht nur kann eine stimmlich bzw. technisch misslingende Kantillation den affektiven Zugang zum Text verstellen (ebenso wie ein besonders gelungener gelesener Vortrag ihn gewiss erschließen kann). Grundsätzlicher erscheint die Überlegung bei P ACIK , Kantillation 279, ob durch die entindividualisierende Wirkung von Melodiemodellen nicht nur (angemessener Weise) die Individualität des Lektors, sondern auch (problematischer Weise) „die Individualität des Textes […], also der - auch affektive - Reichtum seines Inhaltes“ zurücktrete (Hervorhebung im Original). es handelt sich also um 297 So vielfach propagiert, z.B. tendenziell bei P ACIK , Kantillation 281; W ILLA , Seele des Wortes 69. 298 Vgl. auch M ESSNER , Einige Probleme 339: „Andererseits ist das wichtigste Mittel der rhetorischen Gliederung eines öffentlich vorgetragenen Textes die Kantillation, die nicht einer Verfeierlichung zu besonderen Anlässen, sondern dem sachgemäßen Vollzug des Vortrags dient, indem der Text durch die Kadenzen in das Verständnis fördernde Abschnitte gegliedert wird.“ Zum sachgemäßen Vollzug „gehört auch die Unterscheidung vom alltäglichen, auf möglichst eindeutige Vermittlung kognitiver Botschaften konzentrierten Sprechen“ (ebd. Anm. 79). Vgl. ferner S CHÖTTLER , Ex Sacra Scriptura 137. 299 D EEG , Heilige Schrift und Gottesdienst 66. 300 Ebd. 64. 301 Vgl. N ICOL , Weg im Geheimnis 135-161 (Kap. „Kultbuch Bibel. Für eine Ritualität des Wortes“); vgl. dazu M ELZL , Schriftlesung 156-160. 302 D EEG , Heilige Schrift und Gottesdienst 65. 303 Ebd. 66. 304 Vgl. oben Teil A Kap. 5, bes. S. 79. 305 Vgl. oben Teil B Kap. 4.3. <?page no="220"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 208 einen dem Menschen zugewandten Akt, in dem Gott sein Heil erfahrbar machen will. Gleichzeitig bleibt Gott auch in seinem Wort der ganz Andere, die Verkündigung mithin ein „Ereignis präsenter Absenz“ 306 . Vor diesem Hintergrund erscheint es angemessen, wenn sich auch in der Klanggestalt der Verkündigung Zugänglichkeit und Entzogenheit 307 , Zuspruch und Anspruch, Schon und Noch-nicht des im proklamierten Gotteswort wirkmächtig verheißenen Heils in wechselnder Gewichtung Ausdruck verschaffen. Praktisch bedeutet dies, dass die Sinnlichkeit der ritualisierten Schriftlesung sowohl die Dimension der überindividuellen, transzendenten Heiligkeit als auch den Charakter einer von Menschen persönlich erfahrenen und verbürgten Botschaft transportiert. Man könnte sagen, dass die offenbarungstheologische Rede von der doppelten Autorschaft der Bibel - ähnlich wie optisch durch die Kleidung des Lektors 308 - auch akustisch unterschiedlich akzentuiert werden kann: Die Kantillation lässt stärker die Objektivität der göttlichen Urheberschaft hervortreten, 309 Die Dramaturgie der Lesesequenz im Wortgottesdienst der Sonntagsmesse zeichnet sich nicht nur durch die ausgewogene Repräsentanz der beiden biblischen Testamente (mit je zwei Texten) aus, sondern auch „durch Abwechslung der Gattungen von Lesung und Gesang“ die vom Prinzip her individueller modulierte Verlesung hingegen die Vermittlung der Gotteserfahrung in menschlicher Sprachgestalt. 310 . Zwischen die (gelesenen oder kantillierten) Lesungen treten mit dem Antwortpsalm und dem Ruf vor dem Evangelium zwei eigentlich musikalische Elemente, 311 die auf eine reichere klangliche Entfaltung angelegt sind. 312 306 D EEG , Das äußere Wort 436. Beim Antwortpsalm steht die 307 Bereits das Verklingen des gesprochenen Wortes der Lesung ist Zeichen ihrer Unverfügbarkeit. 308 Vgl. dazu Kap. 3.2. 309 Vgl. W ILLA , Singen als liturgisches Geschehen 215. 310 B ECKER , Cantando meditari 134. 311 Diese unter dem verbreiteten Begriff „Zwischengesänge“ (vgl. die Überschrift vor AEM 36) zu fassen, ist dennoch nicht sinnvoll. Diese Terminologie überspielt die je spezifische eigenständige Bedeutung der Elemente, die in GORM gegenüber AEM stärker hervorgehoben wird (vgl. GORM 61f.). Speziell beim Antwortpsalm begünstigt sie das durch die höchst problematische Rubrik des deutschen Messbuchs „Im Notfall darf der Antwortpsalm durch einen anderen geeigneten Gesang ersetzt werden“ (Meßbuch 1988, 335) eröffnete Missverständnis, es gehe an dieser Stelle darum, auf eine tendenziell beliebige Weise die vorangegangene Lesung zu meditieren. „In dieser Funktion hat der Psalm demnach kaum einen Eigenwert. Er kann durch andere Gestaltelemente wie Stille, Instrumentalmusik, sonstige Gesänge oder Texte ersetzt werden, die sich unter Umständen besser dafür eignen“ (W ILLA , Singen als liturgisches Geschehen 217). 312 Beim Antwortpsalm wird gesungener Vollzug vorausgesetzt, wann immer dies möglich ist (PEM 20.22; GORM 61); beim Ruf vor dem Evangelium ist von der Möglichkeit eines gelesenen Vollzugs gar nicht die Rede (PEM 23: „Das ‚Halleluja‘ [in der Fastenzeit der andere entsprechende Ruf vor dem Evangelium] muß gesungen werden, und zwar nicht nur vom Kantor, der den Ruf anstimmt, oder von der Schola, sondern von der ganzen Gemeinde“; GORM 62). <?page no="221"?> Ritus, Raum und Bewegung 209 musikalische Form durch die Verlangsamung des Vortrags und die kunstvollere Artikulation im Dienst einer meditativen Aneignung des Schriftwortes - wohlbemerkt des Psalms selbst, nicht etwa der vorangegangenen Lesung. 313 „Die existenzielle Dimension des Wortgottesdienstes kann im Singen Gestalt annehmen und verwirklicht werden. Singend begibt sich der Hörer des Wortes so, wie er vor Gott steht, d.h. in seiner aktuellen psycho-physischen Verfassung, in das liturgische Geschehen hinein und setzt sich dem Zuspruch und Anspruch des Wortes Gottes aus. […] Er erkennt und anerkennt durch den Akt des Singens, dass das vernommene Wort mit seiner Person zu tun hat und sein Leben im Innersten formen will. Das Wort geht in die Leiblichkeit des Menschen ein. Ermöglicht wird dies durch den großen körperlichen und emotionalen Einsatz, den das Singen auszeichnet und erfordert: die Gebundenheit an den eigenen Körper als Klangleib, die Intensivierung einer häufig diffusen, unterschwelligen oder unterdrückten emotionalen Lage. Diese wird im Singen verstärkt und ins Bewusstsein gehoben, aber nicht exzessiv ausgelebt, sondern in kontrollierte Bahnen gelenkt, so dass der Feiernde weder freudige Empfindungen unterdrücken noch unangenehme verdrängen muss.“ Zugleich eröffnet sich der Gemeinde durch das Singen des Kehrverses eine besonders intensive, anthropologisch ganzheitliche Form der tätigen Teilnahme: 314 Bedeutsam ist an diesem Vorgang auch die Gemeinschaftlichkeit im responsorialen Singen des Psalms. Dies betrifft einerseits das Wechselspiel zwischen Vorsänger und Gemeinde als „Zeichen liturgischer Weggemeinschaft“ 315 , andererseits den gemeinsamen Gesang des Kehrverses: „Jeder singt, und ich bin hineingenommen in ein tönendes Ganzes. Jeder gibt sich selbst, unverwechselbar, ganz hinein. Aber ich höre nicht ein Vielerlei, sondern ein Ganzes […] Singen baut Gemeinde: Gemeinde aber ist Einheit in der Vielfalt.“ 316 Der Ruf vor dem Evangelium, außerhalb der Österlichen Bußzeit also das Halleluja, spiegelt als musikalischer Höhepunkt des Wortgottesdienstes klanglich die lobpreisende Begrüßung des „Herrn, der im Evangelium zu ihr sprechen wird“ (GORM 62). 317 313 Vgl. PEM 19 und besonders 21: „Das Singen des Psalms oder auch nur des Kehrverses trägt viel dazu bei, den geistlichen Sinn des Psalms zu erfassen und zu meditieren.“ Seiner angemessen feierlichen Ausführung kommt im Blick auf die Entfaltung der im Ritual der Evangelienverkündigung angelegten Hermeneutik entscheidende Bedeutung zu. - Einen Sonderfall stellt schließlich die Sequenz dar, die an Ostern („Victimae paschali laudes“) und Pfingsten („Veni, Sancte Spiritus“) verpflichtend, an Fronleichnam („Lauda Sion“) und am Gedenktag der Schmerzen Mariens („Stabat Mater“) fakultativ vor dem Halleluja gesungen wird und eine poetische Verdichtung der Theologie und Spiritualität des jeweiligen Festes bietet. 314 W ILLA , Singen als liturgisches Geschehen 210. Vgl. auch R EICH , „… davon ich singen und sagen will“ 17. 315 W ILLA , Singen als liturgisches Geschehen 208. 316 R EICH , „… davon ich singen und sagen will“ 18f. 317 Vgl. das oben Kap. 3.3.2 zur Evangelienprozession Gesagte. <?page no="222"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 210 3.5 Die tätige Teilnahme der Gemeinde Schon zuletzt war von der Teilnahme der Gemeinde in Form des Gesangs die Rede. Weitere Weisen der tätigen Teilnahme an der Liturgie benennt die Instruktion Musicam Sacram (1967), indem sie innere von äußeren Formen unterscheidet und erstere in letzteren zum Ausdruck kommen sieht: „a) Zunächst soll eine innerliche Teilnahme vorhanden sein, indem die Gläubigen mit dem Herzen bei dem sind, was sie vortragen und hören, und mit der himmlischen Gnade zusammenwirken. b) Doch muß die Teilnahme auch eine äußere sein, das heißt die innere Teilnahme in Gesten, in der Körperhaltung, in Akklamationen, in Antworten und im Gesang ausdrücken.“ 318 In Ergänzung zu den bereits oben traktierten Phänomenen von Akklamationen und Antworten (Kap. 2.1) sowie des Gesangs (Kap. 3.4.2) ist im Folgenden zunächst auf Gesten und Körperhaltungen einzugehen (Kap. 3.5.1), bevor abschließend die dispositionellen Rahmenbedingungen der inneren Teilnahme in den Blick genommen werden (Kap. 3.5.2). 3.5.1 Haltungen und Gebärden Anthropologisch gesehen ist die leibliche Seite menschlichen Verhaltens mehr als eine ‚bloße Äußerlichkeit‘. Äußere Haltung und innere Haltung stehen in einem engen Zusammenhang, der sich als Doppelbewegung beschreiben lässt: Einerseits ist sie von innen nach außen gerichtet, insofern die Körperlichkeit des Menschen ein Ausdrucksmedium ist, das zunächst grundlegend seinem „Selbstvollzug“ 319 dient, dessen Artikulationen zugleich aber „prinzipiell sprachfähig“ 320 sind in dem Sinne, dass sie bewusst dazu herangezogen werden können, bestimmte Wirklichkeiten des inneren Erlebens und Strebens wahrnehmbar und damit kommunikabel zu machen. Andererseits führt sie von außen nach innen, indem die äußere Haltung die innere Haltung nicht nur auszudrücken, sondern ihrerseits wiederum zu beeinflussen vermag. 321 Im gemeinschaftlichen Tun innerhalb der Liturgie kommt hinzu, dass die Leiblichkeit nicht nur Erscheinungsform des Individuums ist, sondern „Ausdruck der kirchlichen Gemeinschaft“ 322 318 Ritenkongregation und Rat zur Ausführung der Liturgiekonstitution, Instruktion Musicam Sacram (05.03.1967), Nr. 15 (DEL 1,747). Zum Spannungsfeld von innerer und äußerer Teilnahme vgl. S TUFLESSER , Actuosa Participatio. . Die Bewegungsdimension der Liturgie zielt daher auch auf die Verinnerlichung von im Ritus Gestalt gewordenen Gehalten. 319 S EQUEIRA , Ausdruckshandlung 13. 320 B IERITZ , Anthropologische Grundlegung 103. 321 Vgl. G UARDINI , Liturgische Bildung 37. 322 S EQUEIRA , Ausdruckshandlung 17. <?page no="223"?> Ritus, Raum und Bewegung 211 Das Sitzen während der Lesungen als Haltung der gesammelten Aufmerksamkeit wurde bereits in anderem Zusammenhang erörtert. 323 Zu den Elementen, die die Verkündigung des Evangeliums als „Höhepunkt des Wortgottesdienstes“ (PEM 13) ausweisen, zählt der Wechsel zur stehenden Körperhaltung. 324 Diese, „seit alters symbolisch als Zeichen der österlichen Existenz der Erlösten verstanden“ 325 , kann mit Romano Guardini einerseits als Zeichen der gespannten Bereitschaft, andererseits als Ausdrucksform der Ehrerweisung interpretiert werden. 326 Sie reagiert damit auf die durch die Evangelienprozession inszenierte Prolepse der Parusie, auf die Gegenwart des erhöhten Herrn in seinem Wort, und signalisiert zugleich die Offenheit der Gemeinde, sich für ein Handeln als Leib Christi in Anspruch nehmen zu lassen. 327 Neben dem Stehen ist in diesem Zusammenhang auf die dreifache Bekreuzigung zur Gemeindeakklamation „Ehre sei dir, o Herr“ als weitere Ausdrucksgebärde 328 zu verweisen. „[D]aß die Gläubigen nach dem Gruß des Diakons ein Kreuz auf die Stirne zeichnen“, ist erstmals im 9. Jahrhundert bezeugt. 329 Für die Verdreifachung des Kreuzzeichens auf Stirn, Mund und Brust sowie die gleichzeitige Bezeichnung des Buches existieren Quellen seit dem 11. Jahrhundert. 330 Diese gestische Entfaltung spiegelt eine deutungsmäßige Anreicherung der ursprünglich wohl als Segenszeichen verstandenen Bekreuzigung: „Wir wollen für das Wort, das uns Christus gebracht hat und das in diesem Buche niedergelegt ist, mit offener Stirne eintreten, es mit dem Munde bekennen, vor allem aber es treu im Herzen bewahren.“ 331 3.5.2 Vorverständnisse und Verstehensvoraussetzungen Einen Faktor, der für die Rezeptionsästhetik der gottesdienstlichen Lesungen von fundamentaler Bedeutung, gleichzeitig aber für die vorliegende Untersuchung in ihrer Allgemeinheit nur schwer zu fassen ist, stellt die individuelle Person der Hörerin bzw. des Hörers dar. 332 Sie sind es, die die „Leerstellen“ 333 323 Vgl. oben S. 186. des Textes durch ihre je eigene Interpretation füllen. Diese Interpretation ist durch eine Vielzahl von Voraussetzungen mitbestimmt, die teilweise die gesamte Gottesdienstgemeinde in gleicher oder ähnlicher Weise, teilweise aber 324 Vgl. dazu aus historischer Perspektive J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 573-575. 325 S EQUEIRA , Ausdruckshandlung 32. 326 Vgl. G UARDINI , Von heiligen Zeichen 15-17. 327 Vgl. zu diesen beiden Gesichtspunkten Teil B Kap. 4.1.1 bzw. 4.2. 328 Als Ausdrucksgebärde definiert S EQUEIRA , Ausdruckshandlung 30, solche Haltungen und Bewegungen, die „eine eigenständige Aussage machen, ohne daß sie dazu anderer Ausdrucksmittel als der betr. Haltung und/ oder Bewegung des Körpers bedürfen“. 329 J UNGMANN , Missarum Sollemnia I, 579. 330 Vgl. ebd. 579f. 331 Ebd. 581. 332 Vgl. K RANEMANN , Biblische Texte - liturgische Kontexte 263f. 333 E CO , Lector in fabula 63. <?page no="224"?> Text und Kontext innerhalb des Wortgottesdienstes der Messe 212 auch die oder den Einzelnen je unterschiedlich betreffen. Folgende Aspekte überindividueller Art lassen sich namhaft machen: ‣ der kirchenjahreszeitliche oder kasuale Kontext ebenso wie natürliche (Jahreszeit, Uhrzeit) und soziale (Wochentag) zeitliche Rahmenbedingungen; ‣ der politisch-gesellschaftliche Kontext im Großen wie im Kleinen; ‣ die soziokulturelle Zusammensetzung der Gemeinde sowie die in ihr gegenwärtig herrschende Situation; ‣ die Gegebenheiten des jeweiligen Kirchenraums, in dem aktuell gefeiert wird; ‣ die den Lesungen vorangegangenen Elemente der Messfeier, namentlich die (nicht zuletzt kirchenmusikalische) Gestaltung des Eröffnungsteils und speziell das unmittelbar vor den Lesungen erklungene Tagesgebet. Hinzu treten individuelle Faktoren, die teilweise auch in Wechselwirkung mit den zuvor genannten überindividuellen Gesichtspunkten stehen können: ‣ die persönliche Veranlagung, die möglicherweise eine positive oder negative Gestimmtheit gegenüber Themen, aber auch Gattungen der biblischen Texte bedingt; ‣ die individuelle Lebenssituation und daraus resultierende persönlich bewegende Fragen, in deren Horizont die Lesungen gehört und an denen sie bewusst oder unbewusst gemessen werden; ‣ religiöse und kirchliche Einstellungen, die die Aufgeschlossenheit gegenüber Inhalt und Stil der verkündigten Perikopen beeinflussen; ‣ Umfang und Beschaffenheit der Bibelkenntnisse, die es erlauben, erschweren oder auch verunmöglichen, den gehörten Text in seine kanonischliterarischen und/ oder historischen Kontexte einzuordnen. 334 Die hohe Bedeutung, die Sacrosanctum Concilium der „vollen, bewußten und tätigen Teilnahme“ (Art. 14) 335 334 So stellt G ERHARDS , Psalmen 356, bezogen auf die liturgische Psalmodie fest: „Voraussetzung des rechten liturgischen Gebrauchs der Psalmen ist der tägliche Umgang mit der Bibel allgemein und speziell mit dem Psalter. Die durch den liturgischen Kontext sich ergebende Akzentuierung des Einzelpsalms oder Psalmverses muß vor dem Hintergrund permanenter kanonischer Psalter- (und Bibel-)Rezeption gesehen werden.“ der Gläubigen beimisst, zeitigt im vorliegenden Zusammenhang unmittelbar Konsequenzen einerseits innerhalb der liturgischen Feier insbesondere für die Homilie (a), andererseits für die Fragestellungen liturgiewissenschaftlicher Forschung (b): 335 Vgl. dazu H ÄUSSLING , Religiöse Sprache 60f.: Die Gläubigen „nehmen an der Liturgie teil, ‚tätig‘, also nicht nur gedanklich, ‚voll‘, also extensiv ihre Fähigkeiten einbringend, schließlich auch ‚conscie‘, einerseits ‚bewußt‘, d. h. den Sinn verstehend und diesem dann Ausdruck gebend, aber andererseits auch von diesem Sinn im Gewissen, in der ‚conscientia‘, betroffen und als die Menschen in Freiheit, die sie sind, der Sache der Liturgie, dem Gott für die Menschen, hingegeben.“ <?page no="225"?> Ritus, Raum und Bewegung 213 a) Vor dem Hintergrund der oben näher bestimmten Funktion der Homilie, dem anamnetischen Charakter der Schriftverkündigung zu dienen, 336 wird dem Prediger eine hohe Sensibilität für die spezifische Beschaffenheit der Gemeinde abverlangt, zu der er spricht: 337 „Wer predigt, muss das Herz seiner Gemeinde kennen“ 338 . Es ist seine Aufgabe, diesen konkreten Menschen einen Hinweis zu geben, wo ihr Ort im „Lebensraum des Wortes“ 339 sein kann. Dazu muss er den Inhalt der Lesungen verknüpfen „mit einer Erfahrung, die das Licht des Wortes Gottes braucht“ 340 . Aufrichtige Empathie für diese Erfahrungen 341 b) Der Liturgiewissenschaft erwächst aus dem Gesagten die Aufgabe, die Hörerperspektive bzw. die konkrete Hörerfahrung als zentralen Gesichtspunkt einer Hermeneutik liturgischer Schriftverkündigung zu erkennen und sie mit geeigneten Methoden empirisch zu erforschen - zu denken wäre an Zugriffsweisen der qualitativen Sozialforschung, etwa Interviews ist in diesem Sinne unabdingbare Voraussetzung für eine Homilie, die den hermeneutischen Implikationen der liturgischen Feier gerecht wird. 342 im Anschluss an die Mitfeier der Liturgie. 336 Vgl. Teil A Kap. 5. 337 Ausgehend von der Feststellung, „that personal and communal histories inform how we hear and appropriate scriptural texts“, leitet I RWIN für die Predigt ab: „homilists need to understand that this dynamic hermeneutic of liturgical context implies that the strengths and weaknesses of the given assembly are taken seriously and that the particular history of a given congregation influences and helps to shape the text of the homily“ (Text and Context 98.105). 338 Franziskus, Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium, Nr. 137. 339 Vgl. den Titel von B UCHINGER , Lebensraum des Wortes. 340 Franziskus, Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium, Nr. 154. 341 Vgl. H ÄUSSLING , Liturgie und Leben 135: „Die andere Seite [gegenüber der Vorlage der liturgischen Bücher; A.Z.] ist der Mensch, unser Zeitgenosse in all seiner Größe und Armseligkeit, seinem Stolz und seiner Schwäche, seinem Mut und seiner Angst, seinem Pathos großer Vorhaben und seinem Kleinmut ob schier bodenloser Angst; zwar tüchtig und fähig zu unerhörten Taten der Weltbeherrschung - wenigstens für Zeit und auf den ersten Anschein -, aber noch tiefer geschwächt von Schrecken aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, preisgegeben kalten Analysen gekonnter Wissenschaften, noch und noch enttäuscht durch verratene Liebe und mißbrauchtes Vertrauen, enttäuscht auch von Heilsparolen und Beglückungsorganisationen - Kirche nicht ausgenommen -, und doch, wunderlich, immer wieder noch nicht am Ende seines Hoffens. Das ist der Mensch - sind wir selbst -, den Liturgie zu feiern die Kirche anhält und anleiten soll.“ 342 Vgl. zur Anwendung dieser Methode im liturgiewissenschaftlichen Kontext exemplarisch F UHRMANN , Abend 267-275.280-285. <?page no="227"?> Poetischer Nachklang Die Untersuchung hat gezeigt, dass und in welcher Weise die Hermeneutik der Schriftverkündigung im Wortgottesdienst der Messe durch den liturgischen Kontext mitbestimmt ist - und dies auf mehreren Ebenen: durch den anamnetischen Grundzug liturgischen Feierns, durch die innere Dynamik der auf den Wortgottesdienst folgenden Eucharistiefeier und durch verbale ebenso wie nonverbale Kontextualisierungen innerhalb des Wortgottesdienstes selbst. Wer den gottesdienstlichen Schriftgebrauch zu interpretieren oder gar in der Diskussion um eine Revision der Leseordnung zu regulieren beansprucht, aber auch, wer als Vorsteher oder durch die Übernahme eines liturgischen Dienstes für die sachgerechte Gestaltung des Wortgottesdienstes mitverantwortlich ist, wird sich mit dieser kontextuellen Hermeneutik auseinanderzusetzen haben. Insofern verbindet sich mit der vorliegenden Studie die Hoffnung, sowohl dem akademischen Diskurs um die Theologie des Wortgottesdienstes und damit mittelbar der Debatte zu Fragen der Leseordnung als auch der liturgiepastoralen Praxis, was die sinnliche Gestalt der Schriftverkündigung und ihre homiletische Erschließung betrifft, einen Dienst zu erweisen. Die Vielgestaltigkeit der Kontexte, die im Gang der Untersuchung abzuschreiten waren, verlangt danach, als solche wahr- und ernstgenommen zu werden. Daher verbietet sich die bündige Zusammenfassung eines Gesamtergebnisses, die hinter der Komplexität des behandelten Gegenstandes zurückbleiben müsste. Angemessener erscheint es, am Schluss der Arbeit ausblickartig noch einen weiteren, in diesem Fall poetischen Kontext zu eröffnen, in dem sich wesentliche Gesichtspunkte des Gedankengangs spiegeln, und zwei Lieder des niederländischen Dichters Huub Oosterhuis (* 1933) über die Bibel einzubeziehen. Oosterhuis steht der so genannten Amsterdamer Schule nahe, 1 einer in sich nochmals differenzierten Bewegung innerhalb der niederländischen Theologie vornehmlich reformierter Provenienz, zu deren Merkmalen neben der besonderen Wertschätzung des Alten Testaments eine ausgeprägte Sensibilität für den Zusammenhang zwischen Bibel und Liturgie zählt. 2 So wird die Bibel selbst als liturgisches Buch verstanden, dessen Schriften „aufgeschrieben und gesammelt wurden, um vorgelesen und gehört zu werden“. 3 Insofern ein Wechselverhältnis besteht zwischen der Bibel als „erzählte[r] Liturgie“ und der „Liturgie als erzählte[r] Geschichte“ 4 1 Vgl. D EEG , Das äußere Wort 519. , fallen für die Amsterdamer Schule die Hermeneutik der Bibel als Kanon und die Hermeneutik der Liturgie weitgehend in eins. 2 Vgl. einführend B AUER , Amsterdamer Schule. 3 D E V RIES , Dienst am Wort 415. 4 Ebd. <?page no="228"?> Poetischer Nachklang 216 In seinem 1985 entstandenen „Schriftlied“ Der Chaos schuf zu Menschenland 5 1 entfaltet Oosterhuis die Zeitstruktur der Heiligen Schrift auf eine Weise, die sich eng mit den in der vorliegenden Arbeit angestellten Überlegungen zum vergegenwärtigenden Charakter der liturgischen Schriftverkündigung (Teil A) sowie zum Verhältnis von Kanon und Liturgie (besonders Teil B Kap. 4.1.2) berührt. Der Chaos schuf zu Menschenland, Der Menschen hier zusammenband, Er schrieb sein Wort, gegeben zum Schutz für unser Leben. Er schrieb uns frei mit eigner Hand. Schrift, die Menschenursprung schreibt. Wort, das treu bleibt. 2 Das Buch, das jeden Namen nennt, Gesichter, Seelen, Menschen kennt, die Liebe, so lebendig, die Liebe, so vergänglich, die Wehn, die nie zu Ende gehn. Schrift, die Menschentage schreibt. Licht, das hell bleibt. 3 Sein unvergänglich Testament: daß Er uns auch im Tod noch kennt - die Tage, die wir leben, auf Tod hin festgeschrieben, zum ewig Leben hingelenkt. Schrift, die Menschenzukunft schreibt. Er, der treu bleibt. Der von Strophe zu Strophe leicht variierte Refrain markiert, dass die Heilige Schrift die gesamte Geschichte umspannt: Sie beginnt mit der Schöpfung und schließt mit der Vision der eschatologischen Neuschöpfung, reicht also vom „Menschenursprung“ (1,6) bis zur „Menschenzukunft“ (3,6). Dazwischen liegen die „Menschentage“ (2,6), auch jene der Gegenwart der jeweiligen liturgischen Feier. Als fundierende Geschichte wird in Strophe 1 neben der Schöpfung, die aus dem Chaos eine bewohnbare Welt macht (1,1), der Bundesschluss mit der Gabe des dem Leben dienlichen Gesetzes hervorgehoben (1,2-4): Der dieses Gesetz gibt, ist der Gott des Exodus - „Er schrieb uns frei 5 Das niederländische Original erschien zuerst 1986, die deutsche Übersetzung von Frans Doevelaar vier Jahre später; nähere Informationen bei S TOCK , Der Chaos schuf 493. Der Text wird zitiert nach ebd. 492f. Mit der 1993 erstmals publizierten Melodie von Antoine Oomen ist das Lied im Gotteslob (2013) in den Diözesananhängen für Mainz (Nr. 712,5) und Trier (Nr. 838) enthalten. <?page no="229"?> Poetischer Nachklang 217 mit eigner Hand“ 6 (1,5). Derselbe Gott des Exodus ist es, der dem Menschen im „unvergänglich Testament“ (3,1) seine Zukunft zuweist: Auch wenn alles Leben auf der Welt dem Tod entgegeneilt (3,3f.), ist es von Gott, der „uns auch im Tod noch kennt“ (3,2), bereits „zum ewig Leben hingelenkt“ 7 Zwischen Anfang und Ende der Bibel, und das heißt: zwischen Anfang und Ende der Geschichte, liegen die „Menschentage“ (2,6), von denen die Schrift zu erzählen weiß: „Gesichter, Seelen, Menschen“ (2,2) nicht nur der Figuren, die in den Geschichten der Bibel explizit erwähnt werden; die Bibel ist das „Buch, das jeden Namen“ kennt (2,1), in dem das Leben jedes Menschen vorkommt, voller Liebe in all ihrer Größe und all ihrer Vergänglichkeit (2,3f.) und ebenso voller Leid (2,5 in Anspielung auf Röm 8,22). Über all diesen Erfahrungen leuchtet nach dem Zeugnis der Schrift Gott, das „Licht, das hell bleibt“ (2,7), denn es ist „Er, der treu bleibt“ (3,7). (3,5). Der Exodus aus der Knechtschaft des Lebensfeindlichen wird somit als innere Klammer der biblischen Gottesbotschaft konturiert. Vergegenwärtigung der Heilsgeschichte durch die Liturgie bedeutet Begegnung mit dem treuen Gott, der heute so handelt, wie er einst gehandelt hat. Sie ermöglicht die Rollenidentifikation der Feiernden mit den Gestalten der biblischen Ursprungsgeschichte und auf diese Weise die Prüfung der eigenen Glaubenserfahrung am Zeugnis der Schrift (Teil A Kap. 3: Angelus Häußling). Darüber hinaus kann insofern von einer Gleichzeitigkeit mit biblischen Heilsereignissen gesprochen werden, als die Liturgie durch die rituelle Re-Präsentation konkreter heilsgeschichtlicher Erfahrungen den Eintritt in die überzeitliche Wirklichkeit Gottes gewährt, die sich einst geschichtlich manifestiert hat und heute liturgisch manifestiert (Teil A Kap. 4, ausgehend von der Mysterientheologie). Die Liturgie ist Begegnung mit dem rettenden und befreienden Gott, von dem die Bibel erzählt und dessen Name nicht zufällig im Zusammenhang der Exodusgeschichte offenbart wird: „Ich bin der ‚Ich-bin-da‘“ (Ex 3,14). Das Lied Was leichthin über dich geschrieben steht von Oosterhuis 8 nähert sich diesem Gott durch eine Collage biblischer Motive und Anspielungen. 6 S TOCK , Der Chaos schuf 496, weist darauf hin, dass damit angespielt ist auf „die beiden Tafeln der Bundesurkunde, steinerne Tafeln, auf die der Finger Gottes geschrieben hatte“ (Ex 31,18). - Der Zusammenhang zwischen Exodus und Gesetz kommt paradigmatisch zum Ausdruck in der Präambel des Dekalogs (Ex 20,2; Dtn 5,6). 7 Im niederländischen Text lautet der Vers: „ten eeuwig leven omgewend“: „das meint im Bildfeld des Buches die Wendung des Blattes, Gottes Umblättern unserer todgeweihten Lebenstage auf die Kehrseite des ewigen Lebens“ (S TOCK , Der Chaos schuf 497). 8 Der Text wird zitiert nach: O OSTERHUIS , Du Atem 80 (Nr. 35; Übersetzung aus dem Niederländischen von Birgitta Kasper-Heuermann). Dort ist das Lied mit einer 1984 entstandenen Melodie von Antoine Oomen verbunden. Bereits 1981 war es mit einer anderen Melodie, komponiert von Tom Löwenthal, erschienen. - Die folgende Liedinterpretation beruht auf A. Z ERFASS , Was leichthin über dich geschrieben steht. <?page no="230"?> Poetischer Nachklang 218 1 Was leichthin über dich geschrieben steht: dass du bist die Glut von dem, was lebt, der Seelenfunken, der den Brand entfacht, der Atemquell, der uns zu trinken gibt - 2 was feurig steht geschrieben, dass du kommst, rettest, was verloren ist, dies Wort, dass du ein Herz hast, Augen, dass du hörst, ‚Ich werde da sein‘, Lichtblick, neuer Bund - 3 dies große Wort, geschrieben weiß auf schwarz, treu bei uns, wie hat es uns befreit, beschämt, berauscht, getröstet und gereizt. Wie brennen wir zu wissen, wer du bist. Wie bei einem jener Bilder, die aus kleineren Bildern zusammengesetzt sind und ihren Gesamteindruck erst offenbaren, wenn man einen Schritt zurücktritt, fügt sich aus dieser Collage die Szene von der Offenbarung des Gottesnamens im brennenden Dornbusch (Ex 3). Das entsprechende Bildfeld wird bereits in der ersten Strophe angelegt („Glut“, „Seelenfunken“, „Brand“), die es jedoch mit zwei weiteren Bildbereichen verschränkt, dem des Atems („von dem, was lebt“, „Atemquell“) und dem des Wassers („Atemquell, der uns zu trinken gibt“). Auf diese Weise entsteht ein Assoziationsraum, der unterschiedliche alt- und neutestamtliche Bezüge miteinander verwebt, etwa den göttlichen Lebenshauch aus der Schöpfungsgeschichte (Gen 2,7), die Feuerzungen der Pfingsterzählung, die in den Jüngern das Feuer des Geistes entfachen (Apg 2,3f.), oder das Gespräch Jesu mit der Samariterin am Jakobsbrunnen über das Wasser des ewigen Lebens (Joh 4) 9 Auf ähnliche Weise verfährt Strophe 2: Deutlich wird auf die Worte Gottes aus dem Dornbusch abgehoben, der das Leid seines Volkes gesehen und gehört hat („Augen“, „dass du hörst“) und sich davon rühren lässt („dass du ein Herz hast“) . 10 9 Vgl. auch Joh 7,37f.: „Am letzten Tag des Festes, dem großen Tag, stellte Jesus sich hin und rief: Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt. Wie die Schrift sagt: Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.“ - vor allem natürlich durch den Gottesnamen „Ich werde da sein“. Doch auch diese Strophe lässt sich nicht einseitig auf die Szene Ex 3 festlegen. „Dass du kommst, rettest, was verloren ist“, fügt sich einerseits in den Kontext der Exoduserzählung, zitiert jedoch gleichzeitig Lk 19,10: „Der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“ Wie in der russischen Ikonenmalerei scheint Jesus im Zentrum des brennenden Dornbuschs auf, der „Immanuel“ - „Gott ist mit uns“ (Mt 1,23). In ihm wird Gott Mensch, hat tatsächlich Herz, Augen und Ohren. So greift auch die Wendung „neuer Bund“ schon über den im Buch Exodus erzählten Bundes- 10 Ex 3,7f.: „Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne ihr Leid. Ich bin herabgestiegen, um sie der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen […].“ <?page no="231"?> Poetischer Nachklang 219 schluss hinaus auf jenen neuen Bund aus, der im Blut Jesu, also seiner Selbsthingabe, beschlossen ist (1 Kor 11,25). Dieselbe Grunderfahrung mit Gott nämlich, die innerhalb des Alten Testaments in der Exoduserzählung ihren beispielhaften Ausdruck findet, haben die Jünger Jesu gemacht, als sich erwies, dass mit dem deprimierenden Tod Jesu am Kreuz dessen Geschichte nicht einfachhin zu Ende war. Die Erfahrung der Auferstehung ist die Erfahrung eines Todes, der nicht zerstört, sondern der, wie das Johannesevangelium sagt, Erhöhung (Joh 12,32 u.ö.) und Übergang „aus dieser Welt zum Vater“ (Joh 13,1) ist. Diese Erfahrung der Auferstehung deckt sich mit der Exoduserfahrung des Volkes Israel: Gott rettet aus dem, was das Leben von Grund auf in Frage stellt. 11 Strophe 3 spricht von der Wirkung des Wortes Gottes. Es ist „geschrieben weiß auf schwarz“. Es bringt Licht ins Dunkel, zeichnet sich hell auf der dunklen Folie des Leids ab. Es ist „treu bei uns“, „befreit“ die Singenden wie die Israeliten aus der Knechtschaft, es kann sie berauschen und trösten, aber auch reizen (mit „gereizt“ wird das niederländische „getart“ übersetzt, 12 Die biblische Botschaft von Gott hält das Lied in Bewegung - und diejenigen, die es singen. Über dieses Wort wird gesagt, es sei „leichthin“ geschrieben (1,1). Im niederländischen Original steht „vrolijk“ („fröhlich“), was nicht die negative Konnotation hat wie das deutsche „leichthin“. Dennoch trifft die Übersetzung einen Nerv des Liedes: Denn „dies große Wort“ der Schrift (3,1), „feurig geschrieben“ (2,1), schöpft Gott nicht aus, kann ihn nicht definieren wie eine mathematische Formel. Bei allem, was die Schrift von Gott verrät, bleibt am Ende die Frage, „wer du bist“ (3,4), unauslotbar. was wörtlich „verstimmt“, „trotzig“ bedeutet) und dann wieder beschämen - vielleicht ebenso wie die Israeliten, die sich von der Botschaft, die Mose vom „Ich-bin-da“ gebracht hatte, nicht trösten lassen wollten (Ex 6,9). „Doch der Gott der biblischen Erzählungen und Lieder ist kein ‚unsagbarer‘ Gott und kein unaussprechliches Geheimnis. Die Geschichten der Bibel sagen eine Menge darüber, wer er ist und nicht ist, wie er Gott ist, und wie und wo man die Spuren seiner Gegenwart findet. […] Über ihn wird nicht in Definitionen gesprochen, sondern in Bildern und Metaphern. Definitionen schließen einander aus, Bilder und Metaphern umarmen einander. […] Bilder und Metaphern, Bedeutungsschattierungen und Zwischentöne, schimmernde Sprache der Morgenröte: Das ist die Sprache der Liturgie, der Verkündigung und des Gebetes, die Sprache, in der wir singen.“ 13 Der Wortgottesdienst der Messe determiniert die Gottesrede der Schriftlesungen einerseits durch den Kontext der Eucharistiefeier (Teil B) - Tit 3,4: in 11 Vgl. auch Jes 63,16*: „Du, Herr, bist unser Vater, / »Unser Erlöser von jeher« wirst du genannt.“ 12 Für Hinweise zum niederländischen Text danke ich Dr. Martin Lüstraeten, Münster. Die niederländische Fassung ist z.B. greifbar in: O OSTERHUIS , Aandachtig liedboek 190 (Nr. 133). 13 O OSTERHUIS , Language 51f. (Übersetzung aus dem Englischen: A.Z.). <?page no="232"?> Poetischer Nachklang 220 Christus ist „die Güte und Menschenliebe Gottes, unseres Retters“, erschienen - und andererseits durch die mannigfaltigen textlichen und rituellen, biblischen und liturgischen Kontextualisierungen innerhalb der Wortliturgie (Teil C). Gleichzeitig erschließt jeder Kontext neue Sinnpotentiale, sodass das Wort der Schrift auch und gerade im vielfarbigen Gewebe der Liturgie ein offener Raum bleibt, der je neu bewohnt werden will. Manche Kontexte sind durch die liturgische Form (Ordo Missae, Leseordnung) fest vorgegeben, manche der Gestaltung zugänglich und bedürftig. Letzteres betrifft teilweise die Ebene von vor Ort längerfristig zu treffenden Grundentscheidungen (etwa hinsichtlich der Gestaltung des Altarraums), teilweise die individuelle Feierkompetenz der liturgischen Dienste (z.B. Vortragsart und Kleidung des Lektors), nicht zuletzt aber auch der ganzen Gemeinde (im Blick auf deren tätige Teilnahme), auf dass sie sich vom Wort Gottes befreien, beschämen, berauschen, trösten und reizen lasse. Es bedarf der Sensibilität dafür, dass in der Liturgie Form und Inhalt nie getrennt sind. Am Umgang mit dem Wortgottesdienst entscheidet sich daher wesentlich der Umgang mit der Schrift als Quelle und Bezugspunkt christlicher Existenz. <?page no="233"?> Literaturverzeichnis Die verwendeten Abkürzungen richten sich nach: Siegfried M. S CHWERTNER , IATG 3 - Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete. Zeitschriften, Serien, Lexika, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben, Berlin - Boston 3 2014; ergänzt durch das Abkürzungsverzeichnis des LThK 3 . Abweichend werden folgende Abkürzungen gebraucht: ALw Archiv für Liturgiewissenschaft JLw Jahrbuch für Liturgiewissenschaft PiLi.S Pietas Liturgica. Studia 1. Textausgaben der Heiligen Schrift Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel, Vol. 12: Esaias, ed. Roger G RY - SON , 2 Bde., Freiburg i. Br. 1987-1997. Biblia Sacra iuxta Vulgatam versionem, ed. Robert W EBER - Roger G RYSON , Stuttgart 4 1994. Novum Testamentum Graece, ed. 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Zur christologischen Koinzidenz von Opfertheologie und Opferkritik, in: KuD 51 (2005), 72-99. <?page no="271"?> Sekundärliteratur 259 Z ULEHNER , Paul M., Wie Musik zur Trauer ist eine Rede zur falschen Zeit (Sir 22,6). Wider den kirchlichen Wort-Durchfall, Ostfildern 2 1998. <?page no="273"?> Register 1. Schriftstellen Gen 52 Gen 1 64, 94, 133 Gen 1-2 36 Gen 1-3 20, 21 Gen 1,1-2,2 17 Gen 1,1-2,6 20 Gen 1,26f. 22 Gen 2,7 218 Gen 2,7-3,24 20 Gen 2,8 22 Gen 3 20 Gen 3,23f. 22 Gen 5,31-8,21 20 Gen 9,8-15 176 Gen 15,6 23 Gen 17,5 23 Gen 22 23 Gen 22,15 23 Gen 22,18 23 Ex 3 218 Ex 3,7f. 218 Ex 3,14 36, 217 Ex 6,5f. 21 Ex 6,9 219 Ex 12 16, 19, 126 Ex 12,39 26 Ex 12,46 96 Ex 13,21f. 127 Ex 14-15 25 Ex 16,19 146 Ex 20,2 217 Ex 25,21 84 Ex 31,18 217 Lev 4,21 84 Lev 16,14f. 84 Lev 16,16 84 Lev 16,17 84 Num 24,2-7.15-17a 176 Dtn 5,6 217 Dtn 8,3 142 Jos 1 124 Jos 1,8 142 Tob 3,1-11a.16-17a 176 Ps 1 124 Ps 1,2 142 Ps 2,7 53 Ps 25(24) 175-178 Ps 25(24),1 176 Ps 25(24),1-6.8f. 176 Ps 25(24),4 176 Ps 25(24),4f.8-10.14 176, 177 Ps 25(24),4-9 176, 177 Ps 25(24),6 177 Ps 25(24),10 176 Ps 110(109),3 53 Ps 119(118),105 143 Spr 9,1-6 146 Weish 12,13.16-19 133 Weish 12,19 134 Jes 4 15 Jes 7,14 132 Jes 9,1-6 132 Jes 9,5 93 Jes 11 132 Jes 42,1 91 Jes 49,18 170 Jes 52,7 51 Jes 53,4-12 85 Jes 53,7 85 Jes 53,11f. 85 Jes 54,4a.5-14 15 Jes 54,17-55,11 15 Jes 55,1-11 15 Jes 55,10f. 62f., 132 Jes 63,16 219 Jer 15,16 142 Bar 3,9-15.32-4,4 15 Bar 3,9-38 15 Ez 2,8-3,4 142 Ez 18,25-28 177 Ez 18,27 177 Ez 36,16-17a.18-28 15 <?page no="274"?> Register 262 Ez 37,1-14 15 Ez 44,19 143 Dan 3,1-24 15 Dan 3,25.34-43 177 Dan 3,39f. 110 Dan 3,42f. 177 Hos 2,1 170 Joel 3,1 38 Jona 3,1-5.10 176 Mal 1,11 106 Mal 3 124 Mal 3,1-4.23f. 176 Mt 1,18 94 Mt 1,23 94, 218 Mt 3,17 92 Mt 4,4 142 Mt 4,16 132 Mt 5,17 125 Mt 5,21-48 125 Mt 6,10 124 Mt 12,18 91 Mt 12,28 124 Mt 12,40 94 Mt 13,1-23 133 Mt 13,19 133 Mt 13,24-43 133 Mt 13,31-33 124 Mt 13,37.41 133 Mt 14,22-33 38f., 77 Mt 14,27 38 Mt 14,31 38 Mt 18,20 118 Mt 20,1-16 66 Mt 21,28-32 177 Mt 25,31 44 Mt 26,28 85 Mt 27,52f. 94 Mk 1,14-20 176 Mk 1,15 124 Mk 2,23-3,6 148 Mk 4,26-32 124 Mk 9,1 124 Mk 10,45 93 Mk 12,28-31 148 Mk 13,10f. 137 Mk 14,24 85 Lk 1,32f.79 132 Lk 1,57-66 176 Lk 2,11 93 Lk 4,4 142 Lk 4,16-21 131 Lk 4,21 131 Lk 7,36-50 140 Lk 9,27 124 Lk 10,9.11 124 Lk 11,2 124 Lk 11,20 124 Lk 12,32 124 Lk 13,18-21 124 Lk 17,20f. 124 Lk 19,10 218 Lk 19,11 124 Lk 21,28 176 Lk 21,29-33 124 Lk 22,19f. 95 Lk 24 95 Lk 24,25-35.44-49 131 Lk 24,27 83, 119, 131 Lk 24,30f. 95 Lk 24,44 131 Joh 1 64, 133 Joh 1,1 44, 94 Joh 1,3 44, 94 Joh 1,14 44, 142 Joh 1,29 85 Joh 3,3 124 Joh 3,3-7 26 Joh 3,8 158 Joh 3,14 96 Joh 4 218 Joh 4,23 136 Joh 4,34 93 Joh 4,42 93 Joh 5,30 93 Joh 6 81, 95, 142 Joh 6,35 142 Joh 6,38 93 Joh 6,51 142 Joh 6,53.55 143 Joh 6,56 95 Joh 6,63 142 Joh 6,68 142 Joh 7,37f. 218 <?page no="275"?> Schriftstellen 263 Joh 8,28 96 Joh 10,10 69, 134 Joh 12,32 219 Joh 12,32-34 96 Joh 13,1 87, 147, 219 Joh 13,2 147 Joh 14,27 113 Joh 16,28 147 Joh 19,33-36 126 Joh 20,31 68, 171 Apg 2 44, 162 Apg 2,3f. 218 Apg 2,17 38 Apg 2,27-31 94 Apg 14,15 170 Röm 3,24f. 84 Röm 3,25 84 Röm 4,16 23, 27 Röm 4,23f. 23 Röm 6,3-5 26 Röm 6,6 125 Röm 6,23 147 Röm 8,1-17.26 137 Röm 8,2 147 Röm 8,14-17 23 Röm 8,22 217 Röm 8,24 148, 69 Röm 9,8 23 Röm 9,26 170 Röm 10,7 94 Röm 10,9 203 Röm 10,14 203 Röm 10,15 203 Röm 10,17 37, 193, 203 Röm 11,17 26 Röm 11,25 24 Röm 12,1 86, 97, 101, 102, 104, 106, 110, 149 Röm 12,2 98 Röm 12,3-8 98 Röm 13,14 191 Röm 14,11 170 1 Kor 2,1f.6b-7 46 1 Kor 5,7 16, 85, 96, 126 1 Kor 6,17 105 1 Kor 10 19 1 Kor 10,1-10 18 1 Kor 10,11 18 1 Kor 10,16f. 98, 107, 113f. 1 Kor 10,17 114 1 Kor 11,24 95 1 Kor 11,25 106, 219 1 Kor 11,26 106 1 Kor 12 106f. 1 Kor 12,1-27 137 1 Kor 12,12f. 98 1 Kor 12,13 107 1 Kor 12,27 98, 114 1 Kor 13,12 122 1 Kor 15,3 85 1 Kor 15,20-22 44 1 Kor 15,22 148 1 Kor 15,28 62 2 Kor 3,3 170 2 Kor 5,14 86 2 Kor 5,18f. 84f. 2 Kor 5,21 84 2 Kor 6,16 170 2 Kor 9,15 83 Gal 1,4 85 Gal 3,7-9 23 Gal 3,8 27 Gal 3,26-4,7 23 Gal 3,27 191 Gal 3,29 22 Gal 4,4 93 Gal 4,6 137 Eph 1,4f. 44 Eph 1,5f. 23 Eph 1,7 93 Eph 1,12 83 Eph 4,9 94 Eph 4,24 191 Eph 5,2 85 Eph 6,19 59 Phil 2,8f. 96 Kol 1,16 44 Kol 1,18 44, 94 Kol 1,27 68 1 Thess 1,9 170 1 Tim 2,6 86 1 Tim 3,15 170 1 Tim 4,10 170 <?page no="276"?> Register 264 2 Tim 2,8-15 176 2 Tim 3,16 171 Tit 3,4 121, 219 Hebr 4,12 63 Hebr 4,12f. 63 Hebr 6,19 144 Hebr 7,11 85 Hebr 7,27 85 Hebr 9,3 144 Hebr 9,9-12 97 Hebr 9,12 196 Hebr 9,24-26 85f. Hebr 10,1 53 Hebr 10,10.14 85 Hebr 10,18 86 Hebr 13,7 177 Hebr 13,7f.15-17.20f. 177 Hebr 13,15f. 86, 97, 104 Jak 1,22 136 1 Petr 1,18 93 1 Petr 1,18f. 86, 93 1 Petr 1,20 93 1 Petr 2,9 94 1 Petr 3,19 94 1 Petr 4,6 94 2 Petr 93 2 Petr 1,19-21 171 2 Petr 3,15f. 171 1 Joh 4,8 147 Offb 3,4.5.18 191 Offb 5,6-12 126 Offb 6,11 191 Offb 7,9-17 191 Offb 10,9f. 142 Offb 19,6 60, 122, 198 Offb 19,7-9 191 Offb 19,14 191 Offb 21,2 191 Offb 21,4 69, 124 Offb 21-22 36 <?page no="277"?> Kirchliche Dokumente 265 2. Kirchliche Dokumente Vorbemerkung: Die Dokumente sind chronologisch sortiert. Konzil von Mâcon (585) can. 4 110 Konzil von Trient, Dekret über das Messopfer (17.09.1562) cap. 1-2 82 can. 1-4 82 can. 3 83 Pius XII., Enzyklika Mediator Dei (20.11.1947) 118 II. Vatikanisches Konzil, Sacrosanctum Concilium (04.12.1963) Art. 5 130, 147, 148 Art. 6 75, 83, 119, 137 Art. 7 9, 13, 80, 106, 118, 119, 120, 200 Art. 8 191 Art. 10 135f. Art. 11 157 Art. 14 192, 194, 212 Art. 18 157 Art. 21 111 Art. 24 1, 64, 152 Art. 33 13, 45, 118, 136, 200 Art. 35,1 1 Art. 35,2 75, 76, 134 Art. 35,4 129 Art. 47 83 Art. 48 81, 102, 146, 157 Art. 51 1, 13, 81, 146, 159, 163 Art. 52 75, 76, 79 Art. 56 12, 81, 181 Art. 92 13 Art. 102 12 Art. 128 180 Hl. Ritenkongregation - Rat zur Ausführung der Liturgiekonstitution, Instruktion Inter Oecumenici (26.09.1964) Nr. 96 180 II. Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium (21.11.1964) Art. 10 192 Paul VI., Enzyklika Mysterium fidei (03.09.1965) 120f. II. Vatikanisches Konzil, Perfectae Caritatis (28.10.1965) Art. 6 141 II. Vatikanisches Konzil, Dei Verbum (18.11.1965) Art. 4 135 Art. 11 171, 172 Art. 12 171, 172 Art. 13 171, 172 Art. 21 81, 141 II. Vatikanisches Konzil, Presbyterorum Ordinis (07.12.1965) Art. 6 135 Art. 18 141 Hl. Ritenkongregation, Instruktion Musicam Sacram (05.03.1967) Nr. 15 192, 210 Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch (editio typica altera 27.03.1975/ Meßbuch 2 1988) Nr. 2 82 Nr. 7 82 Nr. 8 81, 82 Nr. 25 189 Nr. 35 117 Nr. 36 30, 208 Nr. 41 76, 134 Nr. 42 144 Nr. 43 200 <?page no="278"?> Register 266 Nr. 47 82 Nr. 48 83 Nr. 49 108 Nr. 55 103 Nr. 56c 114 Nr. 70 189 Nr. 79 195 Nr. 82 189, 195 Nr. 84 195 Nr. 89 168 Nr. 91 168 Nr. 92-95 197 Nr. 108 103 Nr. 128 195 Nr. 129 195 Nr. 131 197 Nr. 148 189, 195 Nr. 149 189, 195 Nr. 240 122 Nr. 257-272 181 Nr. 272 30, 74, 186f. Nr. 283 114 Nr. 297 190 Nr. 298 189 Nr. 299 189 Nr. 300 189 Nr. 301 189 Heilige Kongregation für Sakramente und Gottesdienst, Antwort auf eine Anfrage (1978) 181 Pastorale Einführung in das Messlektionar (editio typica altera 21.01.1981/ Meßlektionar I 1982) Nr. 3 131 Nr. 4 13f., 63, 68 Nr. 5 14, 135 Nr. 6 136 Nr. 7 14, 68 Nr. 9 137 Nr. 10 13, 42, 141 Nr. 12 44, 137, 152 Nr. 13 116, 130, 211 Nr. 15 74 Nr. 17 72, 117, 195, 196, 197 Nr. 18 72, 168 Nr. 19 167 Nr. 20 208 Nr. 21 175 Nr. 22 208 Nr. 23 118, 208 Nr. 24 76, 134 Nr. 28 157, 201 Nr. 32 144, 181 Nr. 33 74 Nr. 34 181 Nr. 35f. 195 Nr. 36 130 Nr. 37 195 Nr. 39 167 Nr. 47 137 Nr. 48 136 Nr. 51 188 Nr. 54 188, 189 Nr. 57 74 Nr. 61 13 Nr. 64-77 151 Nr. 67 160 Nr. 68 159f., 162f. Nr. 69 160 Nr. 77 151 Nr. 79 163 Nr. 92 167 Nr. 92-110 151 Nr. 97 32, 158 Nr. 120-122 72, 168 Nr. 123 167 Nr. 124 174 Nr. 125 169 Codex Iuris Canonici (25.01.1983) c. 230 § 2 189 c. 834 § 1 9 Päpstliche Bibelkommission, Die Interpretation der Bibel in der Kirche (15.04.1993) I.C.1 135 II.B.2 134 III.B.3 63 IV.C.1 1, 63 <?page no="279"?> Kirchliche Dokumente 267 Grundordnung des Römischen Messbuchs (editio typica tertia 20.04.2000/ Vorabpublikation zum Deutschen Messbuch [3. Auflage] 2007) Nr. 17 82 Nr. 27 82 Nr. 28 81 Nr. 47 189 Nr. 56 157, 201 Nr. 57 44, 117, 152 Nr. 60 116f. Nr. 61 30, 175, 208 Nr. 62 198, 208 Nr. 65 76, 134 Nr. 66 144 Nr. 67 200 Nr. 72 82, 83 Nr. 73 108 Nr. 79 103 Nr. 83 114 Nr. 84 141 Nr. 107 189 Nr. 117 195 Nr. 120 189, 195, 196 Nr. 122 195 Nr. 128 72, 168 Nr. 130 168 Nr. 131-134 197 Nr. 134 72 Nr. 148 103 Nr. 172 195, 196 Nr. 173 195 Nr. 175 72, 197 Nr. 194 189, 195, 196 Nr. 195 189, 195 Nr. 281 122 Nr. 309 30, 74, 187 Nr. 321 114 Nr. 335 190 Nr. 336 189 Nr. 339 189 Nr. 390 189 Deutsche Bischofskonferenz, Leitlinien für den Bau und die Ausgestaltung von gottesdienstlichen Räumen (6. Auflage 2002) Kap. 5.3 182, 187 Benedikt XVI., Motuproprio Summorum Pontificum (07.07.2007) Art. 1 7, 8 Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Verbum Domini (30.09.2010) Nr. 52 137f. Nr. 53 3, 6, 63, 69 Nr. 55 134 Nr. 56 60, 120 Nr. 68 183 Nr. 69 44 Franziskus, Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium (24.11.2013) Nr. 135-159 78 Nr. 137 214 Nr. 138 80, 138 Nr. 154 214 Nr. 155 78, 140 Päpstliche Bibelkommission, Inspiration und Wahrheit der Heiligen Schrift (22.02.2014) 204 Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Homiletisches Direktorium (29.06.2014) Nr. 1 78 Nr. 4 119 Nr. 5 144 Nr. 15 139 Nr. 149 167 Die Wort-Gottes-Feier am Sonntag (Bischöfe der deutschsprachigen Schweiz), Pastorale Einführung (13.11.2014) Nr. 24 130 Nr. 57 130 Nr. 63 129 <?page no="280"?> Register 268 3. Namen Abel (AT) 33, 103 Abraham (AT) 22-24, 28, 103 Aczel, R. 4, 153, 168 Adam (AT) 33 Adam, A. 77 Aeneas 154 Alter, G. 194 Amalar v. Metz 196 Ambrosius v. Mailand 96, 99f. Amos (AT) 172 Andrieu, M. 109, 195, 198 Angenendt, A. 110 Antoninus Pius 108 Antons, K. 190, 191, 192 Antor, H. 4 Asarja (AT) 110, 177 Assmann, J. 9f., 11, 52 Auf der Maur, H. 11 Augustinus 114f., 135, 161 Austin, J. L. 64f. Backhaus, K. 170 Baehrens, W. A. 143 Bärsch, J. 1, 13, 64, 75, 96, 113, 114, 139, 144 Baldovin, J. F. 78, 89 Ballhorn, E. 73, 169 Barsotti, D. 2 Barthes, R. 153 Bauer, U. F. W. 215 Baumewerd, D. 182 Baumgartner, J. 3, 14, 68, 137, 141, 144, 145 Baumstark, A. 20 Becker, H. 1, 31-35, 73, 131, 151, 155, 158, 162, 164, 178, 208 Benedikt XVI. 3, 6, 7, 44, 60, 63f., 69, 120, 134, 137, 139, 183; vgl. Ratzinger, J. Berger, R. 153 Bernard, Ph. 197, 198 Bessone, F. 154 Betz, J. 46, 119 Bieritz, K.-H. 6, 11, 75, 202, 203, 204, 210 Blanchard, Y.-M. 72 Borleffs, J. G. Ph. 142 Botte, B. 88, 90, 91, 92 Bouyer, L. 88, 180 Bradshaw, P. F. 12f., 14, 34, 87, 89, 90, 91, 92, 95, 98, 138 Brakmann, H. 87, 132, 197 Brandt, P. 123 Braulik, G. 1, 2, 23, 24, 34, 73, 117, 127, 128, 129, 154, 156, 160, 161, 165, 196 Braun, J. 182, 190 Brüske, G. 44, 154, 167 Buchinger, H. 27, 143, 166, 167, 175, 177, 213 Budde, A. 106, 203 Bürki, B. 3 Bugnini, A. 88, 100, 151, 169 Bultmann, R. 39-41 Burgard, Ch. 2 Busa, R. 54 Casel, O. 5, 45-53, 56, 60, 62, 63, 68, 83 Cavallo, G. 187 Cazelles, H. 2 Chavasse, A. 15, 25 Childs, B. S. 43 Coebergh, Ch. 22 Congar, Y. 143 Connolly, R. H. 92 Cullmann, O. 34 Cyrus, M. 156, 160 Da Rocha Carneiro, A. 182 Dalmais, I.-H. 197 Daniélou, J. 2, 31 Dannecker, K. P. 180, 182, 183, 185, 186 Darlap, A. 31, 35 David (AT) 78, 79 De Clercq, Ch. 110 De Vries, S. 215 De Zan, R. 1, 174 Debuyst, F. 53 Deeg, A. 3, 155, 157, 158, 160, 162, 167, 200, 207, 208, 215 Deiss, L. 3 <?page no="281"?> Namen 269 Deissler, A. 85 Dick, K. 168 Dido 154 Dölger, F. J. 96 Doevelaar, F. 216 Dohmen, Chr. 165 Dold, A. 21 Driscoll, J. 90, 93, 94, 97 Duensing, H. 91, 93 Dürr, M. 129 Dufraigne, P. 198 Ebenbauer, P. 4, 21, 45, 125, 201, 202, 203 Eco, U. 66, 154, 166, 211 Egeria 13 Eham, M. 205 Eisenbach, F. 119, 120 Eissing, D. 63, 169, 172 Eizenhöfer, L. 102 Engberding, H. 88 Fabry, H.-J. 21, 124 Faller, O. 96 Filthaut, Th. 46 Fischer, B. 78, 169, 175 Fischer, I. 175 Fischer-Lichte, E. 6 Fish, S. E. 43 Fontaine, G. 151 Franz, A. 1, 2, 3, 24, 30, 34, 37, 46, 80, 91, 93, 94, 122, 127, 128, 129, 151, 155, 156, 157, 158, 159, 160, 162, 163, 164, 185 Franziskus (Papst) 78, 80, 138, 139, 140, 213 Freilinger, Chr. 169 Frey, J. 31 Fuchs, G. 126 Fuchs, O. 77, 137, 139 Fuhrmann, S. 24, 46, 127, 213 Fussbroich, H. 130 Gabel, H. 170, 171 Gabriel (Engel) 204 Gadamer, H.-G. 154 Gafus, G. 130, 151, 159 Gamber, K. 96, 102 Geerlings, W. 115 Gelineau, J. 89, 205 Genette, G. 153, 154, 168 Gerhards, A. 4, 29, 76, 77, 80, 87, 117, 121, 138, 154, 182, 183, 184, 185, 186, 190, 192, 200, 201, 203, 205, 212 Gerken, A. 46, 95, 99 Giraudo, C. 75, 93 Goliath (AT) 78 Greshake, G. 115 Grillmeier, A. 94, 95, 171 Grote, U. 182 Gryson, R. 91 Guardini, R. 5, 45, 49, 51, 53-56, 59, 60, 61, 62, 70, 72, 205, 210, 211 Gudeman, A. 17 Güntner, D. 21, 37, 38 Häußling, A. A. 2f., 5, 12, 37f., 42, 45, 46, 48, 76, 79, 110, 168, 174, 212, 213, 217 Hahn, F. 84 Hahn, S. 3 Halbwachs, M. 9 Hallensleben, N. J. 5, 48 Hallermann, H. 194 Haunerland, W. 9, 44, 81, 88, 105, 138, 155, 156 Hauschildt, E. 70f., 73 Hegel, G. W. F. 61 Heininger, B. 84 Heinz, A. 99, 113 Hellín, F. G. 118, 119 Hengel, M. 31, 32, 36 Hennig, J. 24, 37 Hieke, Th. 84, 85, 122, 123, 135, 165, 169, 171, 172 Hieronymus 48 Hilarius v. Poitiers 81 Hippolyt v. Rom 88, 89 Hiskija (AT) 132 Homer 154 Hoping, H. 61, 171 Huber, K. 122, 135 Hudelmaier, U. 197 Hurley, D. E. 119 Iason 154 Ignatius v. Antiochien 47 <?page no="282"?> Register 270 Irwin, K. W. 4, 6, 37, 75, 158, 163, 175, 200, 213 Isaak (AT) 28 Iser, W. 65-68, 154 Jannsen, H. 182 Janowski, B. 21, 158 Jauß, H. R. 154 Jeggle-Merz, B. 2, 9, 173 Jilek, A. 109, 111 Jörns, K.-P. 72 Johannes d. Täufer 85 Johnson, M. E. 89, 90, 91, 92, 95, 98 Join-Lambert, A. 3, 197 Jorissen, H. 83 Jounel, P. 2 Jungmann, J. A. 2, 81, 83, 88, 100, 107, 109, 110, 112, 119, 131, 161, 168, 173, 174, 196, 197, 198, 199, 200, 211 Justin d. Märtyrer 45, 96, 108f., 151 Kaczynski, R. 46, 119, 130, 137 Käsemann, E. 68 Kahlefeld, H. 159 Kamphaus, F. 39, 77 Kasper-Heuermann, B. 217 Kehl, M. 17, 31 Kirchschläger, W. 203 Kleinheyer, B. 88 Klöckener, M. 1, 3, 81, 87, 138, 188 Klostermann, E. 61 Koch, K. 35f. Kohelet (AT) 33 Kopp, S. 184 Korn, M. 154 Krämer, J. 184 Krahe, M. J. 5, 46, 48, 53 Kranemann, B. 3, 4, 13, 36, 37, 42, 117, 118, 130, 168, 173, 179, 180, 196, 211 Kranemann, D. 26 Krause, C. 46, 51 Krauter, S. 31 Kremer, J. 96 Kreuzer, S. 169, 170 Kristeva, J. 153 Küppers, K. 90, 96 Kuhn, W. 182 Kunz, R. 73 Kunze, G. 161 Kunzler, M. 107, 110, 174, 188, 190, 191, 192, 193, 194, 195 Lang, A. P. 17, 22, 25 Langemeyer, B. 121 Langer, R. 127 Lash, E. 161 Lathrop, G. 123 Lengeling, E. J. 1, 119, 200, 202 Leo d. Gr. 17, 22, 48 Leonhard, C. 11, 20, 72, 120, 125, 128, 204 Lichtenberger, H. 31 Lies, L. 119, 120, 121, 173 Löhr, H. 109 Löwenthal, T. 217 Lohaus, G. 193 Lohfink, N. 2, 15, 16, 17, 18, 21, 23, 33f., 117, 124, 126, 127, 155 Luckmann, Th. 70 Luestraeten, M. 219 Luther, M. 200 Luz, U. 38, 39 Maas-Ewerd, Th. 75 MacGregor, A. J. 20 Maier, J. 152 Mailänder, R. 206 Marchesi, A. 182 Marcovich, M. 96, 108 Margoni-Kögler, M. 160, 161 Marini, P. 88 Markschies, Chr. 89, 151 Markus (NT) 173 Martimort, A.-G. 118 Martin, J. 119 Mateos, J. 197 Max, M. 35 Mazza, E. 88, 90, 93 McCall, R. D. 98 Meckel, Th. 194 Medea 154 Melchisedek (AT) 85, 103 Melito v. Sardes 94 Melzl, Th. 3, 71, 74, 179, 205, 207 Merklein, H. 85 Messie, G. 20 <?page no="283"?> Namen 271 Meßner, R. 3, 9, 11, 13, 14, 37, 38, 43, 59, 60, 69, 70, 71, 72, 73, 89, 90, 91, 96, 99, 100, 104, 105, 106, 107, 110, 122, 126, 129, 138, 175, 184, 185, 186, 187, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 206, 207 Metz, J. B. 43 Metzger, M. 89 Meyer, H. B. 36, 109 Meyer-Blanck, M. 75 Mödl, L. 75 Moling, M. 54 Mose (AT) 33, 172 Mosis, R. 33 Müller, Chr. 173 Müller, G.L. 41 Müller, K. 40, 66, 77, 78 Müller, K. W. 40 Müller, Ph. 139 Muhammad 204 Nausikaa 154 Nawar, A. 51 Neuheuser 3, 81, 146 Neunheuser, B. 45, 46, 51 Nicklas, T. 123 Nicol, M. 207 Nikolasch, F. 113 Nocent, A. 159 Nordhofen, J. 84, 85, 86 Nübold, E. 1, 32, 151, 159, 160 Nußbaum, O. 21, 118 Odysseus 154 Oeming, M. 123, 124, 132 Oomen, A. 216, 217 Oosterhuis, H. 215-219 Origenes 61, 81, 142f. Ortkemper, F.-J. 79 Pacik, R. 30, 175, 180, 182, 188, 199, 205, 207 Pannenberg, W. 18, 33, 59 Parsch, P. 2 Paschasius Radbertus 48, 63 Pascher, J. 83, 112, 113 Paul VI. 88, 120, 169 Paulus (NT) 18, 19, 43, 46f., 84, 86, 97, 98, 105, 106, 124, 172, 191, 203 Petrus (NT) 38 Pfeifer, M. 198, 199 Philips, L. E. 89, 90, 91, 92, 95 Pioth, J. 180, 182 Pistoia, A. 3 Pius XII. 15, 16, 118, 119 Planyavsky, P. 159 Plüss, D. 71 Poensgen, H. 79, 149 Pohl, M. J. 142 Ponga, S.-S. 60, 63 Post, P. 6 Pröpper, Th. 121 Rahner, K. 31 Rappaport, R. 71, 72 Ratcliff, E. C. 197 Ratzinger, J. 63f., 85, 104, 105, 112, 114, 122, 147, 149, 186, 192; vgl. Benedikt XVI. Reich, Chr. 209 Renhart, E. 180 Richter, K. 122 Richter, O. 21 Ritter, A. M. 43 Röwekamp, G. 13 Rouwhorst, G. 89 Saul (AT) 79 Schaeffler, R. 44f. Schilson, A. 5, 47, 50, 53, 54 Schmälzle, U. F. 139, 150 Schmaus, M. 45 Schmelzer, M. 179 Schmidt, H. 15, 16, 20, 23, 25, 119 Schmitz, B. 30 Schmitz, J. 88 Schmitz, Th. 154 Schöttler, H.-G. 2, 30, 31, 40, 43, 66, 73, 81, 125, 127f., 130, 131, 132, 142, 143, 149, 155, 159, 162, 165, 166, 196, 204, 205, 207 Scholtissek, K. 124 Schürmann, H. 1, 151, 159 Schütz, A. 70 Schulz, H.-J. 46, 97, 100 Schumacher, Th. 104 Schwarz, R. 184 Schwemmer, M. 175 <?page no="284"?> Register 272 Schwienhorst-Schönberger, L. 43, 123 Searle, J. R. 65 Seeliger, H. R. 109 Seip, A. 204 Šeper, F. 169 Sequeira, R. 186, 210, 211 Seraphim, H.-Chr. 100 Serra, D. 26 Simon (NT) 140 Smyth, M. 89, 197 Sodi, M. 3 Söding, Th. 36, 122, 129, 130, 169, 170, 173 Söhngen, G. 45 Spinks, B. 98, 102 Stadelmann, A. 127 Steger, S. 197 Steimer, B. 89 Steins, G. 2, 37, 38, 43, 165 Stenger, W. 170 Sternberg, Th. 3, 184 Stewart-Sykes, A. 89 Stock, A. 110, 165, 216, 217 Stockhoff, N. 37 Stürber, B. 206 Stuflesser, M. 100, 102, 190, 192, 210 Suntrup, R. 196 Taft, R. 98, 100 Tertullian 142, 145 Thaler, A. 107 Thönnes, D. 11 Thomas v. Aquin 54, 81 Thomas v. Kempen 143f. Thomassen, J. 68 Triacca, A. M. 3, 137 Tück, J.-H. 81 Urbanz, W. 169 Utzschneider, H. 30 Vagaggini, C. 88, 89, 91 Valdinoci, M. 180 Valerius Flaccus 154 van Acken, J. 180 van Gennep, A. 71 van Olst, E. H. 3 Vanni, U. 72 Vergil 154 Verheul, A. 29, 64, 78, 201 Voderholzer, R. 204 Vogel, C. 197 von Hofmann, J. Chr. K. 31 Vorgrimler, H. 23 Wagner, J. 87, 88, 89 Wahle, S. 3, 11, 18, 21, 24, 28, 42, 60f., 62 Walz, F. 71 Ward, A. 15, 16, 20, 23, 25 Warnach, V. 5, 45, 56-60, 61, 62 Warning, R. 154 Weber, H. J. 197 Weikmann, H. M. 126 Weinrich, H. 43 Weiser, A. 31 Wentz, R. 21, 61 Werbick, J. 133f. Wiederkehr, D. 77, 139 Willa, J.-A. 175, 205, 207, 208, 209 Willi-Plein, I. 84 Winkler, G. 91, 98 Winter, S. 68 Wohlmuth, J. 60, 145 Zahner, W. 180, 184 Zenger, E. 2, 32f., 34, 36, 117, 124 Zerfaß, A. 1, 3, 5, 10, 11, 24, 40, 46, 69, 93, 94, 114, 122, 125, 127, 175, 217 Zerfaß, R. 13, 77, 78f., 139f., 141, 146, 149, 165, 205 Zimmermann, R. 84, 85, 86 Zingerle, A. 81 Zugmann, M. 169 Zulehner, P. M. 188 <?page no="285"?> Sachen 273 4. Sachen Agnus Dei 114 Akklamation 6, 59, 72, 80, 122, 168, 174, 192, 210 „Wort des lebendigen Gottes“ 168-172 „Dank sei Gott“ 168, 172 „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir“ 98f., 105 „Ehre sei dir, o Herr“ 173, 211 „Evangelium unseres Herrn Jesus Christus“ 169, 173 „Lob sei dir, Christus“ 173f. „Wort des lebendigen Gottes“ 121, 168-172, 193 Halleluja-Ruf/ Akklamation Siehe Halleluja Albe 189f., 191f. Altar 75, 83, 100, 105, 108-111, 114, 133, 143f., 180-188, 189, 195f., 197-199 Ambo 7, 30, 59, 74, 130, 144, 179- 188, 190, 191, 194, 197, 199 Anabasis 80, 106, 112f., 115, 144, 148f., 200 Anaklese 17f., 22, 23 Anamnese 9-80, 83, 90, 93-95, 97, 102, 103, 105f., 116, 122, 125-127, 135, 138f., 148, 157, 163, 170, 183, 186, 193, 198, 202, 213, 215, Siehe auch Vergegenwärtigung Antwortpsalm 30, 149, 152, 159, 168, 174, 175-178, 185, 186-188, 201, 208f., Siehe auch Kehrvers Auslegungsgemeinschaft 43, 162, 172 Kanon und Auslegungsgemeinschaft Siehe Kanon Auswahllesung = lectio selecta 13, 152f., 158f. Bahnlesung = lectio semi-continua 128, 151-153, 158-163, 172 des Alten Testaments 32f. der Tora 73, 117, 127f. der Epistel 151, 158f. des Evangeliums 13, 127, 133, 151, 158-163 Benedictus 122 Brotbrechung 83, 113f. Code 65f., 72, 154, 198 Codierung 156f. Sprachcode 75 Diabasis 80, 200f. Diakon 9, 108, 173, 187, 188, 189, 193, 195-197, 199, 202 Diakonie 109, 150, 197 Didaktik 12f., 34, 157, 160, 162, 186 Doxologie 12, 99, 103, 138, 150, 157 Dramaturgie 4, 117, 156, 200, 208 Einzugsprozession 195f., 198 Epiklese 17, 18, 20f., 23, 26, 36f., 90, 98, 100, 103, 135, 148 Gabenepiklese 99f., 103 Kommunikantenepiklese 98- 102, 103, 106f., 114, 136f. Erfahrung Exoduserfahrung 40, 219 Glaubenserfahrung 32, 37-41, 76f., 79, 145, 217 Gotteserfahrung 30f., 35, 44, 124, 171, 208 Heilserfahrung 35 Ostererfahrung 44 Pfingsterfahrung 44 Eucharistie Eucharistiefeier 6, 12, 42, 62, 70, 81-115, 116, 118, 120-22, 127, 129, 134, 136, 138, 144- 146, 147-149, 181, 207, 215, 219 Eucharistiegebet Siehe Gebet Eucharistietheologie 82, 98, 100, 142 Evangeliar 130, 144, 179, 189, 195- 199 Evangelienprozession 60, 122, 130, 173, 195-199, 211 <?page no="286"?> Register 274 Exegese 1f., 31, 38, 40, 48, 77, 143, 158, 165, 172 historisch-kritisch 19, 165 kanonisch 32, 34, 165 typologisch 18 Existenz 21, 72 menschlich 11, 31, 35, 40, 41, 56, 59, 64, 104, 138, 147, 170, 203, 206, 211, 220 Pro-Existenz Jesu Christi 43, 84, 102, 141, 147 Exsultet 11, 20, 126f., 186, 187 Gabenbereitung 6, 83, 87, 97, 107, 108-113, 114, 115, 135, 138 Gebet 11, 21, 24, 36f., 44f., 108f., 110, 136, 145, 157, 167, 177, 182, 184, 185, 187, 200-202 Eucharistiegebet 6, 11, 37, 83, 87-107, 108, 110, 112, 113, 115, 116, 122, 135, 137, 148, 183, 184 Hochgebet der sog. Traditio Apostolica 87-102, 105 Hochgebet I = Canon Romanus 88, 89, 91, 96, 99, 100, 102-105, 107, 111, 195 Hochgebet II 89, 98-100, 103, 105, 116 Hochgebet III 88, 101f., 103, 141 Hochgebet IV 88, 100f., 102, 116 Hochgebet für Messen für besondere Anliegen 87, 114 Fürbitten/ Allgemeines Gebet 186, 187, 200 Oration 15-29, 112f., 193 Deus, cuius antiqua miracula 24-27 Deus, incommutabilis virtus et lumen aeternum 15 Deus, Pater summe fidelium 22-24, 26, 28 Deus, qui Ecclesiam tuam 15 Deus, qui mirabiliter creasti 20-22, 28 Deus, qui nos ad celebrandum paschale sacramentum 15 Deus, qui primis temporibus impleta miracula 24-27 Oblatio tibi sit, Domine, hodiernae sollemnitatis accepta 113 Omnipotens sempiterne Deus, adesto magnae pietatis tuae sacramentis 16 Omnipotens sempiterne Deus, multiplica in honorem nominis tui 15 Omnipotens sempiterne Deus, qui es in omnium 15, 16- 19, 22, 28 Omnipotens sempiterne Deus, spes unica mundi 15 Gedächtnis, kulturelles 5, 9-11, 35, 40, 44, 52, 72, 163, 175 Gesang 37, 45, 60, 122, 129, 136, 187, 192, 197-199, 200, 208f., 210 Gottesdienst Papstmesse 109, 195 Sonntagsgottesdienst/ Sonntagsmesse 160, 161, 208 Werktagsmesse 161 Wort-Gottes-Feier 3, 5, 12, 120, 129f. Gruß, liturgischer 133, 172, 173 Halleluja 60, 118, 122, 174, 197-199, 208, 209 Handeln als Leib Christi 115, 135, 148, 157, 211 Heilsgeschichte 5, 11, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 22, 23, 26, 27, 28, 29, 30, 31-36, 56, 57, 60, 64, 76, 94, 116, 123, 139, 144, 217 Heilswille = Heilsratschluss 28, 30, 54 Homilie 1, 7, 11, 30, 37, 43, 51, 75- 80, 82, 119, 120, 128, 134f., 138- 141, 144, 145f., 148-150, 155, 157, 158, 164-167, 179, 185, 186, 187, 193, 200, 201, 207, 212f. Schriftpredigt 15, 34, 75, 76, 77, 167, 187 <?page no="287"?> Sachen 275 Intentionalität 153, 154, 158 Intertextualität 4, 120, 153, 154, 155, 158, 163, 164, 167, 184 Interzessionen 99, 103 Inzens Siehe Weihrauch Kanon (Bibel) 2, 30, 33f., 36, 43f., 72, 117, 122-129, 131, 140, 151, 152, 154, 158, 162, 165, 212, 215 Kanon und Auslegungsgemeinschaft 43, 163, 172 Kanon und Liturgie 163, 165, 216 Kanonbildung 38, 43, 123 Kanonizität 172 Kantillation 60, 205-208 Kantor 175, 186, 189, 190, 191, 193, 208 Kanzel 75, 186, 199 Katabasis 79f., 106, 112f., 115, 144, 148, 200 Katechese 146, 186 Kehrvers 30, 167, 168, 174, 175-178 „Deine Wege, Herr, sind Huld und Treue für alle, die deinen Bund bewahren“ 176 „Denk an dein Erbarmen, Herr, und an die Taten deiner Huld! “ 177, 178 „Du, Herr, bist der Hirt deines Volkes“ 177 „Richtet euch auf, erhebt euer Haupt, denn es naht eure Erlösung“ 176 „Zeige mir Herr, deine Wege, lehre mich deine Pfade! “ 176 „Zu dir, o Herr, erhebe ich meine Seele“ 176, 178 Kerygma 12, 57, 58f. Siehe auch Verkündigung Christuskerygma 44 Missionskerygma 170 Kleidung, liturgische 188-195 Kommunikation 9-11, 40, 64-69, 71-73, 75, 79f., 128, 139f., 153f., 158, 170, 174, 179, 184-186, 188, 200-204, 210 Alltagskommunikation 9, 65, 66, 72 Kommunikationsakt 179, 200, 202 Kommunikationsgeschehen 4, 200 zeremonielle Kommunikation 10 Kommunion 6, 83, 101, 107, 108, 112, 113-115, 122, 138, 141, 148 Kelchkommunion 122, 195 Konsekration 95f., 100, 105, 112, 120 Konsonanz 153-159, 163, 164, 165 Kreuzzeichen 144, 199, 211 lectio continua Siehe Lesung, fortlaufend lectio divina 9, 137 lectio selecta Siehe Auswahllesung lectio semi-continua Siehe Bahnlesung Lektionar 6, 130, 179, 181, 194, 195, 196, 204 Lektor 9, 74, 168, 169, 181, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 193, 194, 195, 202, 205, 206, 207, 208, 219 Lesebibel 130 Leseordnung 9, 15, 13, 31, 34, 38, 72, 79, 117, 128, 129, 130, 137, 140, 151, 152, 153, 154, 155, 157, 158, 159, 160, 161, 163, 164, 165, 167, 214, 219 Lesung alttestamentlich 2, 13, 32, 130, 131, 133, 149, 158, 159, 160 der Tora 127, 128, 151, 152 der Epistel 2, 164 des Evangeliums 2, 38, 44, 59, 60, 118, 128, 129, 149, 159, 172, 173, 174, 193, 198 fortlaufend = lectio continua 13, 152, 153, 160f., 162, 163 Vigillesung 13, 14, 15, 24 Liturgietheologie 23, 40, 43, 83 Liturgiewissenschaft 1, 2, 3, 6, 7, 24, 38, 213 logike latreia = λογικὴ λατρεία 98, 102, 104, 110, 115 <?page no="288"?> Register 276 Mysterium Kultmysterium 45, 46, 47, 49, 50, 51, 70 Mysterium Christi 14, 76, 134, 135, 160, 167 Pascha-Mysterium Siehe Pascha Neuschöpfung 111, 215 Opfer 23, 47, 82-87, 96f., 100-102, 103f., 106f., 110-112, 114, 136 Lobopfer 86, 97, 104 Opferfeier 202 Opfergabe 83, 85, 101, 102, 108, 138 Opferkult 84, 85, 86 Opfertheologie 84, 85 Paraklese 12 participatio actuosa 62, 145, 157, 180, 192, 194, 209, 210-213 Parusie 51, 59, 69, 105, 106, 122, 124, 185, 196, 198, 211 Pascha Paschalamm 16, 18 Pascha-Mysterium 42, 69, 79, 83, 87, 116, 117, 134, 135, 136, 137, 139, 144, 147, 148, 149, 160, 163 Pascha-Typologie 16 Performance/ Performanz 7, 71, 72, 179 Performativität 3, 6, 38, 42, 51, 62- 69 Perikope alttestamentlich 7, 14, 117, 151 Evangelienperikope 79, 121, 149 Perikopenordnung 128, Siehe auch Leseordnung Perikopierung 2, 7, 20, 151, 152, 158, 162, 177 Postsanctus 102, 105, 116 Präfation 99, 102, 103, 105, 116 Präsenz Aktualpräsenz 46, 119 Präsenz/ Anwesenheit Gottes 28, 62, 206 Realpräsenz 95f., 119, 120, 134 Verbalpräsenz 119, 120, 121, 173 Predigt Siehe Homilie Priester 9, 83, 92, 97, 100, 108, 110, 118, 119, 120, 144, 181, 188, 193, 194, 197, 202 Produktionsästhetik 7, 151, 153, 164 Realsymbol 61, 96 Rezeptionsästhetik 2, 4, 15, 152, 154, 165, 179, 211 Ritus 6, 7, 10, 11, 12, 44, 59, 61, 62, 70, 72, 73, 75, 79, 104, 108, 109, 112, 114, 116, 117, 118, 120, 127, 130, 131, 144, 145, 152, 156, 161, 179, 188, 195, 197, 198, 202, 204, 206, 207, 210, 216 byzantinischer Ritus 197 Einzugsritus 196, 199 Eröffnungsritus 196 Friedensritus 113 Kommunionritus 83, 87, 107, 113, 115 Messritus 121, 130 Ritualität 14, 70-74, 192, 206, 207 römischer Ritus 15, 16, 168, 192, 198 Schwellenritus 191 Taufritus 16 Rollenidentifikation 5, 38, 39, 40, 42, 76, 78, 139, 174, 216 Ruf vor dem Evangelium 118, 174, 197, 208, 209, Siehe auch Halleluja Sanctus 98, 99, 103 Schöpfung 16, 17, 18, 19, 20, 22, 28, 29, 30, 36, 52, 54, 94, 99, 103, 111, 116, 121, 215 Stille 80, 129, 157, 201, 208 Stundengebet 10, 12, 58, 129, 160, 175, Siehe auch Tagzeitenliturgie Tagzeitenliturgie 5, 12, 177, Siehe auch Stundengebet Taufe 6, 18, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 47, 92, 107, 112, 115, 127, 136, 192 Transsubstantiation 95, 100, 119, 120 Verbalinspiration 172, 204 Vergegenwärtigung 4, 5, 9, 12, 14, 18, 19, 23, 36, 42, 43, 44, 45, 48, 49, 50, 51, 55, 57, 59, 75, 76, 78, <?page no="289"?> Sachen 277 82, 83, 86, 87, 96, 97, 102, 107, 108, 111, 113, 116, 117, 135, 139, 141, 144, 147, 149, 183, 217, Siehe auch Anamnese Verkündigung 12, 14, 22, 23, 27, 28, 32, 39, 43, 44, 45, 48, 50, 51, 52, 57, 58, 59, 62, 68, 69, 75, 77, 78, 116, 117, 118, 120, 121, 132, 133, 134, 135, 136, 137, 138, 139, 141, 145, 148, 149, 163, 170, 177, 179, 180, 181, 185, 187, 196, 197, 199, 200, 202, 204, 208, 211, 219, Siehe auch Kerygma Vigil 12, 28, 129 Osternacht/ Paschavigil 11, 14, 15, 16, 17, 18, 20, 23, 27, 126, 127, 136, 187 Pfingstvigil 25 Vigillesung Siehe Lesung Weihe Bischofsweihe 88, 90, 109 Priesterweihe 194 Weihepriestertum 192 Weihrauch 110, 144, 182, 197, 198 <?page no="291"?> PIETAS LITURGICA · STUDIA Interdisziplinäre Beiträge zur Liturgiewissenschaft begründet von Hansjakob Becker herausgegeben von Ansgar Franz und Alexander Zerfaß Bisher sind im A. Francke Verlag erschienen: Band 12 Christoph Joosten Das Christkönigsfest Liturgie im Spannungsfeld zwischen Frömmigkeit und Politik 2002, XXXVI, 445 Seiten €[D] 74,00 ISBN 978-3-7720-3271-4 Band 13 Annette Albert-Zerlik Liturgie als Sterbebegleitung und Trauerhilfe Spätmittelalterliches Erbe und pastorale Gegenwart 2003, 297 Seiten €[D] 54,00 ISBN 978-3-7720-3272-1 Band 14 Ansgar Franz Wortgottesdienst der Messe und Altes Testament Katholische und ökumenische Lektionarr eform nach dem II. Vatikanum im Spiegel von Ordo Lectionum Missae, Revised Common Lectionary und Four Year Lectionary Positionen, Probleme, Perspektiven 2002, XII, 393 Seiten €[D] 54,00 ISBN 978-3-7720-3273-8 Band 15 Claudia Resch Trost im Angesicht des Todes Frühe reformatorische Anleitungen zur Seelsorge an Kranken und Sterbenden 2006, 255 Seiten €[D] 78,00 ISBN 978-3-7720-8191-0 Band 16 Philipp Gahn Johann Michael Sailers Gebetbücher Eine Studie über den lebenslangen Versuch, ein Dolmetsch des betenden Herzens zu sein 2007, X, 253 Seiten €[D] 58,00 ISBN 978-3-7720-8192-7 Band 17 Anne-Madeleine Plum Adoratio Crucis in Ritus und Gesang Die Verehrung des Kreuzes in liturgischer Feier und in zehn exemplarischen Passionsliedern 2006, 448 Seiten €[D] 78,00 ISBN 978-3-7720-8194-1 Band 18 Siri Fuhrmann Der Abend in Lied, Leben und Liturgie Studie zu Motiven, Riten und Alltagserfahrungen an der Schwelle vom Tag zur Nacht 2008, XIV, 440 Seiten €[D] 88,00 ISBN 978-3-7720-8258-0 Band 19 Alexander Zerfaß Mysterium mirabile Poesie, Theologie und Liturgie in den Hymnen des Ambrosius von Mailand zu den Christusfesten des Kirchenjahres 2008, XII, 360 Seiten €[D] 68,00 ISBN 978-3-7720-8271-9 <?page no="292"?> Band 20 Franz-Rudolf Weinert Mainzer Domliturgie zu Beginn des 16. Jahrhunderts Der Liber Ordinarius der Mainzer Domkirche 2., überarbeitete Auflage 2009, XVIII, 249 Seiten + CD-ROM €[D] 58,00 ISBN 978-3-7720-8341-9 Band 21 Andreas Heinz Lebendiges Erbe Beiträge zur abendländischen Liturgie- und Frömmigkeitsgeschichte 2010, 420 Seiten €[D] 88,00 ISBN 978-3-7720-8380-8 Band 22 Ingrid Fischer Die Tagzeitenliturgie an den drei Tagen vor Ostern Feier - Theologie - Spiritualität 2013, VIII, 423 Seiten €[D] 68,00 ISBN 978-3-7720-8493-5 Band 23 Annette Albert-Zerlik Wandlungen in Glaubensverständnis und Spiritualität Traditionelle und moderne Osterlieder im Vergleich 2014, XIV, 426 Seiten €[D] 58,00 ISBN 978-3-7720-8519-2 Band 24 Alexander Zerfaß Auf dem Weg nach Emmaus Die Hermeneutik der Schriftlesung im Wortgottesdienst der Messe 2016, XII, 272 Seiten €[D] 58,00 ISBN 978-3-7720-8581-9 <?page no="293"?> Wenn im Gottesdienst aus der Bibel vorgelesen wird, geschieht etwas grundlegend anderes als bei persönlicher Schriftlektüre oder dem kritischen Studium des Bibelwissenschaftlers. Der liturgische Kontext beeinflusst das Verständnis der Schrifttexte. Dies betrifft zunächst den anamnetischen Charakter der Liturgie, der die Gegenwart der Feiernden mit der biblischen Heilsgeschichte in Beziehung bringt. Beim Wortgottesdienst der Messe kommt das Spannungsfeld hinzu, das aus der Verbindung des Verkündigungsteils mit der Feier der Eucharistie entsteht. Schließlich ergeben sich innerhalb der Wortliturgie vielfältige verbale und nonverbale Kontexte: Biblische Texte werden mit anderen biblischen Texten ins Gespräch gebracht, durch rahmende Formeln und Akklamationen beleuchtet und nicht zuletzt rituell in Szene gesetzt. Die liturgiewissenschaftliche Reflexion auf die spezifische Hermeneutik der Schriftlesung im Wortgottesdienst der Messe versteht sich zugleich als Beitrag zum interdisziplinären Gespräch mit Exegese und Homiletik über Fragen der Schriftauslegung und der Leseordnung.