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Der Beitrag des Straßenverkehrs zur NOx- und Partikelemission

Sind die Grenzen der Schadstoffgesetzgebung erreicht?

1008
2014
978-3-8169-8274-6
978-3-8169-3274-1
expert verlag 
Norbert Metz

In diesem Themenband werden die aktuellen Fragestellungen der Abgasemissionen, der Luftqualität und der Wirkung von Dieselabgasemisssionen, sowie das Frackingverfahren behandelt. Die Verschärfung der Europäischen Emissions- und Immissionsgesetze und die Anstrengungen und Fortschritte der Motorenentwicklung und der Anlagenbetreiber haben zu einer deutlichen Verbesserung der Luftqualität gerade in den Großstädten geführt. Die Maßnahmen auf der Fahrzeugseite, Biokraftstoffe, sowie neue Antriebskonzepte werden vorgestellt und verbleibende Probleme bei der Luftgüte bei ungünstigen Wetterlagen inklusive der Lösungsansätze werden diskutiert. Auch das umstrittene Thema Fracking zur alternativen Gewinnung von Methan wird kritisch bewertet. Inhalt: - Quantifying real-time exposure of citizens with emerging technologies - Aktueller Stand der Luftreinhaltung in Bayern - Entwicklung der Luftqualität mit den Schwerpunkten Feinstaub und NO2 - Analyse des Anstiegs der Ozonmittelwerte und des Abfalls der Ozonmaxima - Alternative Gasgewinnung durch Fracking zur CO2-Absenkung - Aktueller Stand und Trends der Abgasgesetzgebung - Neuester Stand der Abgas-Emissionsabsenkung beim Pkw - Euro VI für Nutzfahrzeuge - Herausforderungen an die Motoren- und Abgasnachbehandlungsentwicklung und deren Umsetzung - Entwicklung der NO2-Emissionen des Straßenverkehrs sowie deren Auswirkungen auf die Luftqualitätsziele - BMW eDrive Hydrogen - Elektromobilität für die Langstrecke - Elektromobilität - Potential der Biokraftstoffe zur Emissionsabsenkung - HVO der künftige Biokraftstoff - Analyse der städtischen NO2- und Partikelanzahlemissionen und künftige Entwicklung der NO2 und Partikelanzahl-Luftqualität - Die zukunftsweisende SCR Technologie wird Realität im PKW - Dieselmotoremissionen - Aktuelle Aspekte zur Wirkung

<?page no="1"?> Norbert Metz (Hrsg.) und 21 Mitautoren Der Beitrag des Straßenverkehrs bei der NOx- und Partikelemission <?page no="3"?> Dr.-Ing. Norbert Metz (Hrsg.) und 21 Mitautoren Der Beitrag des Straßenverkehrs bei der NOx- und Partikelemission Sind die Grenzen der Abgasgesetzgebung erreicht? Mit 174 Bildern und 12 Tabellen Haus der Technik Fachbuch Band 134 Herausgeber: Prof. Dr.-Ing. Ulrich Brill · Essen <?page no="4"?> Bei der Erstellung des Buches wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem lassen sich Fehler nie vollständig ausschließen. Verlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Autoren dankbar. © 2014 by expert verlag, Wankelstr. 13, D -71272 Renningen Tel.: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 0, Fax: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 20 E-Mail: expert@expertverlag.de, Internet: www.expertverlag.de Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-8169-3274-1 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / www.dnb.de abrufbar. Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http: / / www.dnb.de <?page no="5"?> Haus der Technik Fachbuch Herausgeber der Reihe Prof. Dr.-Ing. Ulrich Brill Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Hauses der Technik e.V. Innovationen sind Antrieb für Wachstum und Konkurrenzfähigkeit. Voraussetzungen hierzu sind Wissen und Erfahrung, Motivation und Kreativität. Wissen und Bildung - somit auch Weiterbildung - werden längst als vierter Produktionsfaktor neben Arbeit, Boden und Kapital gewertet. So steuern die in zahlreichen Tagungen, Seminaren und Workshops oder auch aus Fachzeitschriften oder Fachbüchern gewonnenen Erkenntnisse die Entscheidungen und die ständig erforderlichen Verbesserungen in kleinen Schritten. Auch im Zeitalter des Internet und dessen neuer Möglichkeiten sind die traditionellen Informations- und Lernformen nach wie vor aktuell und erfreuen sich sogar zunehmender Nachfrage. Mit seiner interdisziplinären und praxisorientierten Zielrichtung war das Haus der Technik vor mehr als 75 Jahren die erste Einrichtung seiner Art; von Beginn an hatte Deutschlands führendes Institut qualitativ hoch stehende Weiterbildung in Wort und Schrift auf seine Fahnen geschrieben. Die bewährten Haus der Technik Fachbücher befassen sich mit den wichtigen Themen der Technik, der Wirtschaft und angrenzender Gebiete, wie Medizintechnik, Biotechnik und neue Medien. Das Beste, das oft mühsam und mit viel Aufwand von den Veranstaltungsreferenten zusammengetragen wurde, wird damit einem größeren Fachpublikum zugänglich gemacht. Die Haus der Technik Fachbücher dienen den Teilnehmern als nützliches Nachschlagewerk und anderen Interessenten beim Selbststudium zu beruflichem Nutzen und Erfolg. <?page no="6"?> Vorwort 1970 begann in Europa mit der Richtlinie ECE15 die erste Emissions- Reglementierung für die Pkw-Abgase, nachdem die Zahl der Kraftfahrzeuge immer weiter zunahm und insbesondere in Straßenschluchten die Luftqualität bei Kohlenmonoxid heute kaum mehr vorstellbare Werte bis zu 12 mg/ m 3 erreichte. Emissionsfaktoren lagen vor 1970 bei bis zu 28 g/ km, ab 1972 unter 20 g/ km und vor der Katalysatoreinführung bei 10 g/ km. Die kontinuierliche Steigerung des Kraftfahrzeugbestandes erzwang eine Verschärfung in mehreren Stufen. 1975 wurde mit der Stufe 1 (74/ 290/ EEC) die Emission von CO und HC um 40% und 1977 mit der Stufe 2 (77/ 102/ EEC) CO, HC und NOx um weitere 10 % verschärft. In der Folge reagierten die Motorenentwickler mit immer effizienteren Verbrennungsabläufen, die höhere Brennraumtemperaturen nach sich zogen und damit die NO Emissionen erhöhten. Da sich NO in der Atmosphäre sehr schnell zu NO 2 umwandelt und somit die NO 2 - Immission erhöht, wurden 1979 mit der Stufe3 (78/ 665/ EEC) die Grenzwerte für CO, HC und NOx um weitere 10 % verschärft. 1983 folgte die Stufe 4 (83/ 351/ EEC). Der Durchbruch kam mit der Einführung des Katalysators, der 1989 durch hubraumabhängige Grenzwerte begleitet wurde. Dies wurde möglich durch die Eliminierung des Bleigehalts im Benzin. Vor 1972 betrug er 0,55 g Pb/ Liter, 1972 wurde er auf 0,4 g Pb/ Liter begrenzt, bevor er 1976 auf 0,15 g Pb/ Liter begrenzt wurde; 1989 erreichte er bereits weniger als 0,05 g Pb/ Liter. Somit konnte die Stufe EU1 (91/ 441/ EEC) und damit die Katalysatortechnologie für die Pkw aller Hubraumklassen eingeführt werden, die 1993 mit der Stufe EU2 (94/ 12/ EC), 1999 mit der Stufe EU3 (98/ 69/ EC) und 2005 mit der Stufe EU4 immer weitere Verschärfungen mit sich brachten. CO war für Ottomotoren auf 1,0 g/ km limitiert, HC auf 0,1 g/ km, NOx auf 0,08 g/ km. Für Dieselmotoren wurde CO auf 0,5 g/ km, NOx auf 0,25 g/ km, die Summe von HC+NOx auf 0,30 g/ km und Partikel auf 0,025 g/ km. Die Stufe EU5 verschärfte ab 2010 die NOx- Emissionen beim Ottomotor auf 0,06 g/ km und beim Dieselmotor auf 0,18 g/ km, die Summe von HC+NOx auf 0,25 g/ km, sowie die Partikelemissionen auf 0,005 g/ km. Details sind im Beitrag von Dr. Hofegger dargelegt. Die Frage ist also durchaus berechtigt ob damit die Grenzen der Abgasgesetzgebung erreicht sind. In jedem Fall gilt dies für CO und HC. Wegen der Immissionssituation bei NO 2 , Feinstaub PM 10 und Feinststaub PM 2,5 ist diese Diskussion jedoch noch offen, da auch die Immissionsgrenzwerte verschärft wurden. Daher soll dieses Fachbuch dazu beitragen inwieweit Lösungen gefunden werden müssen um eine gewünschte Luftqualität zu erreichen. Herrsching, Oktober 2014 Norbert Metz <?page no="7"?> Inhaltsverzeichnis Vorwort 1 Quantifying real-time exposure of citizens with emerging technologies 1 Andreas Nikolaos Skouloudis 2 Aktueller Stand der Luftreinhalteplanung in Bayern 9 Richard Schlachta, Anita Wolf 3 Entwicklung der Luftqualität - NO 2 und Feinstaub 27 Andrea Wellhöfer, Mike Pitz 4 Entwicklung der Umweltsituation in Europa 42 Norbert Metz 5 Entwicklung des Trends beim bodennahen Ozon 55 Stefan Gilge, Wolfgang Fricke 6 Aktueller Stand und Trends der Abgasgesetzgebung 64 Werner Hofegger, Maria Seidl 7 Zukünftige Antriebsysteme und ihre Anforderungen an Kraftstoffe Future Powertrain Systems and their Fuel Demands 89 T homas Garbe (mit einem Kommentar des Herausgebers) 8 Aktuelles vom 35. Wiener Motorensymposium 2014 103 Norbert Metz 9 Entwicklung der NO 2 -Emissionen des Straßenverkehrs in Österreich und Deutschland sowie deren Auswirkungen auf die Luftqualitätsziele 106 Werner Tober 10 Potenzial von Biokraftstoffen zur Emissionsminderung 139 Olaf Schröder, Axel Munack, Jürgen Bünger, Christoph Pabst, Jürgen Krahl <?page no="8"?> 11 Hydrotreated Vegetable Oil: Neue Rohstoffe und Anwendungen 149 Sebastian Dörr (teilweise ergänzt durch den Herausgeber) 12 Analyse der städtischen NO 2 - und Partikelanzahlemissionen und künftige Entwicklung der NO 2 - und Partikelanzahl - Luftqualität Analyses of urban NO 2 and Particle number emissions and future development of NO 2 and Particle number - air quality 161 Rainer Vogt, Nicola Toenges-Schuller, Christiane Schneider (mit einem Kommentar des Herausgebers) 13 Unbeachtete Potenziale der Emissionsminderung im realen Verkehr 176 Joachim Sumpf 14 Wirkung ausgewählter Abgaskomponenten 191 Norbert Metz 15 Kritische Anmerkungen zur Einschätzung der Feinstaubwirkung 210 Norbert Metz 16 Fracking von Öl- und Gasquellen: “Game Changer” oder Endspiel? 224 Werner Zittel Die Autoren 231 <?page no="9"?> 1 Quantifying real-time exposure of citizens with emerging technologies Andreas Nikolaos Skouloudis Abstract Classical air quality monitoring has become outdated since the last decade. In the future long-live intelligent network applications with cloud relaying of big data, nested and assimilated information sharing targeted to specific health effects arising from environmental exposures to vulnerable population groups will complete the classical monitoring. Sensor systems for monitoring of atmospheric pollution have been available since 1990. However, these required calibration inputs that were either parameterised from empirical factors or were subject to interference and sensitivity errors that introduced uncertainties and limited the usefulness of their deployment. Recent advancements at distributed data architectures and sensor technologies provided a significant spin-off to integrated new applications that can address the aforementioned limitations and promote the use of accurate low-cost, electronic microsensors, which also alleviate the administration headaches involved with changing state of monitoring networks. In the coming years, it is expected that such microsensor technologies are mature for measuring hazardous gases. These will change the existing infrastructure of monitoring, will change the concept of regulatory interventions at regional and urban scale and will enable the abatement of atmospheric pollution on the basis of accurate characterisation of real population risks for potential health effects. Kurzfassung Zur klassischen Überwachung der Luftqualität hat sich seit den letzten zehn Jahren eine bessere Alternative herausgestellt. Die Kombination von langfristigen Umweltinformationssystemen mit den Wirkungserkenntnissen auf die menschliche Gesundheit mit der Cloud-Weiterleitung großer Datensätze, ermöglicht es eine Nutzung dieser Daten zur Erfassung der Exposition relevanter Stoffe und die gesundheitsspezifischen Wirkungen insbesondere für empfindliche Bevölkerungsgruppen zu bewerten. Sensorsysteme zur Überwachung der Luftqualität sind seit 1990 im Einsatz. Allerdings erfordern diese laufend eine Kalibrierung der Eingangsdaten, die entweder aus empirischen Faktoren parametriert oder deren Genauigkeit durch Interferenzen und Empfindlichkeitsfehler beeinträchtigt werden. Die dadurch bedingten Unsicherheiten begrenzen den Nutzen ihres Einsatzes. Die jüngsten Fortschritte bei örtlich und zeitlich aufgelösten Daten-Architekturen und Sensortechnologien eröffnen eine deutliche schnellere Einführung für integrierte neue Einsatzgebiete, ohne die oben genannten Einschränkungen und eine Anwendung von kostengünstigen genauen elektronischen Mikrosensoren, die auch die Sorgen der Verwaltung, die mit dem wechselnden Status von Netzwerken umgehen 1 <?page no="10"?> müssen, verringern können. In den nächsten Jahren ist zu erwarten, dass solche Mikrosensor-Technologien für die Messung gefährlicher Gase ausgereift sind. Das wird die bestehende Infrastruktur der Überwachung ändern, wird das Konzept der regulatorischen Eingriffe im regionalen und städtischen Maßstab verändern und wird die Minderung der Luftbelastung auf der Grundlage genauer Erfassung von realen Risiken der Bevölkerung für mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit ermöglichen. 1. Introduction The needs of mobile telecommunication all over the world have financed and encouraged the deployment of an intense network of ground and satellite based telematic stations which successfully remotely handle an enormous number of cells that share and relay voice or internet communication among users. These infrastructures are capable of handling more activities. In particular they can describe accurately the randomness of human behavior. For example if there is real danger from anthropogenic emissions we need to know why a certain number of cars need to utilize a certain piece of road at a specific time of a day. Certainly we need also to know where this pollution is dispersed. But, more importantly we need to know the age and medical characteristics of the persons involved, the exposure concentration, the time spent under such conditions, the possibilities for diverting these traffic flows to alternative routes and finally to successfully forecast and abate similar conditions in the near or long term future. Efforts therefore are being made to set up information systems, which link health effects to environmental causes through a set of monitoring parameters, which are generally referred to as indicators. These indicators have been utilized until now in compliance monitoring, which was the primary source of information in epidemiological studies. Unfortunately, this is inadequate to identify concretely the health and environment effects. In addition, the peak of health effects occurs at specific locations (hot spots) during specific episodes. Hence, large area averaging and reporting over the whole year are not sufficient and result in doubtful conclusions or even to incorrect abatement approaches. “Effect-assessment” has also to consider that both the human and environmental populations consist of individuals - every one of whom reacts in a unique way to a challenge or stressor. The key concept is high spatial resolution monitoring of populations susceptible to specific environmental hazards. Existing ground and remote telecommunication infrastructures can change drastically the monitoring of ambient (outdoor and indoor) air pollution and enhance the use of low cost innovative applications for the abatement of environmental pollution. The current understanding of the situation in densely populated areas should be increased, before commitments are made for reductions in total emissions as well as for assessing the effects of reduced transboundary fluxes. The potential benefits from the deployment of a network of sensors are already realized ([1], [2], [3]) and knowledge of population exposure, with the use of existing tools, can lead to the accurate characterization of health effects. Such sensor networks can be coupled with a wider use of earth observation that can assist in facilitating the monitoring and reporting requirements in high resolution and to promote the 2 <?page no="11"?> development of specific applications with links to the EU Environment and Health action plan. These observations also harmonize reporting and provide a systematic warning of legislative violations in areas which are crucial for population health [4]. There have been already for many years now attempts to enhance the health aspects of data and their connectivity across geographical borders, scales, and sectors. Even more than in the case of Environmental Information Systems this effort will require a strong infrastructure of distributed information systems at the local, regional and national levels. Making this possible will require technical enhancements to existing systems such as integrated population and environmental geo-referenced files at different scales, up-front work on data enhancement and harmonization and the application of advances in Information and Communication Technologies. We must also relax the “web of constraints” deriving from institutional factors, markets, regulations and the personal inclinations of European citizens [5]. Equally important is the improvement of techniques for communicating information to different target audiences (decision-makers, the public) and capacity building for effective health assessment and population health management. 2. Cognitive monitoring systems for environment and health assessments The pilot unit has been installed for a testing period of nine months and will stay operational over a densely populated urban domain one year. This unit is equipped with five sensors for the measurement of CO, NO x , NO 2 , O 3 and C 6 H 6 (benzene). Contrary to conventional monitoring devices, this unit is a system capable of recording values with a frequency of a few seconds and storing the values locally for transmission to a remote based data storage system. Hence, hourly values can be real temporal average of 120 measurements made every 30 sec instead of instantaneous values obtained every 60 minutes. This frequency has been selected for the initial deployment in order to avoid costly remote interrogations. (a) (b) Fig. 1: Depiction of the unit (a) with three sensors and the temperature and relative humidity measurement. In the unit are shown the sensor heater, the analogue data storage, the data processing and the data transmission section (b) a second genation of sensor module with gas chamber for faster data response for a single gas. 3 <?page no="12"?> Such devices have been tested now for several years at full scale monitoring and there several referred publications, which are now available with inter-comparisons already carried out with conventional monitoring. Two illustrative pictures of the unit utilised are shown in figure 1. Prior to full scale deployment a pilot unit has been utilised as a plug and play monitoring device over several months. The purpose of this demo-deployment is not the inter-comparison with conventional tools, nor the reporting for this single system for air-quality standards, but a demonstration of the capabilities of these systems to measure concentrations at a rate that other systems cannot do. In other words, at a zone where conventional monitoring is not possible as shown in figure 2, an area of heavy traffic within a specific street canyon, or in an area with high population concentration where human exposure is a sensitive issue (vicinity of a port or an industrial installation in an urban area). (a) (b) Fig. 2: Monitoring of atmospheric pollution in areas of (a) a port location in Malta or at (b) different heights of a street canyons in Florence Fig. 3: Comparison of sensor NO 2 , NO and NO x concentrations with data from the air-quality station in Malta. The sensor data are hourly mean values from measurements taken at two minute intervals. 4 <?page no="13"?> Fig. 4: Comparison of CO sensor concentrations at two different heights at Palazzo Mellini in Florence. The time series are obtained (A) in summer and during (B) late autumn. Ideally, we have tried to use of this unit in a populated urban area with a narrow road with frequent traffic. A limited set of the time series are shown in figure 3 for nitrogen oxides in Malta and for CO in figure 4 during summer and late autumn periods. The results showed a significant confidence level for all pollutants. Detailed analysis with full-scale deployment at different sites over long time periods has been carried out with emphasis to demonstrate the capabilities of such a network for assessing population exposure and the prediction of health effects. However, more comparisons with conventional monitoring stations are beyond the purposes of this manuscript. 3. Monitoring data needs for reliable assessment of exposure Nowadays, it is not rare to have health data to be closely connected to environmental conditions. Among other factors, it is essential to know not only the environmental causes of the problems but also the attribution of population at risk at very high spatial resolution. A few years ago such types of data were impossible to obtain. The uses of public health were data derive from an understanding of the basic epidemiologic parameters of time, place, and person. Nevertheless, recent developments show that within the domains of environmental health, disease ecology and public health geographical information systems have become an indispensable tool for processing, analyzing and visualizing of spatial data. In the field of health needs, higher resolution spatial data are required for constructing disease maps and for ecological analysis. This has also lead to more and more frequent updates of these spatial representations. But, taking into consideration that the environmental conditions are also changing very frequently with time and the randomness of human movement is an essential element of population exposure the overlaying of GIS layers has significantly assisted in the generation of health and environmental-relevant layers of information for interpolation and inter-comparisons. For this purpose the sensor devices are essential instruments for detecting the concentrations in time intervals of a few seconds. Thus, enabling to detect peaks that are otherwise hidden in the temporal averaging considered in air-quality data from convention monitoring stations as shown in figure 5 for NO x and in figure 6 for BTEX. 5 <?page no="14"?> Fig. 5: The NO x concentrations at different time averaging periods and comparisons with reported conventional monitoring station. Fig. 6: The BTEX concentrations at different time averaging periods and comparisons with reported conventional monitoring station. At the inset an event that was not accounted when the data were averaged for one hour. Although at a first glance, the issue of increased spatial and temporal resolution appears to be resolved, it seems that it is an extremely extensive problem. Coupled with the coherence of the data sets this can easily lead to significant uncertainties. How- 6 <?page no="15"?> ever, the need for the detection of noteworthy spatial patterns of disease distribution is expected to improve easily after the availability of information in higher spatial resolutions. The increasing use of remote sensing has already stimulated the availability of information systems in the field of Environmental Health Sciences. In the very near future, the integration and analysis of health-relevant data in one single data system will become a reality and open up many new research opportunities. Of course, the requirements may be different for different countries but will need to be related to the legislative targets. This means it is not enough to set pan-European environmental targets, which are never going to be met, such as the targets for airborne particles. We want to know how much we have improved the life of the population, and at what cost, and we have to be sure we have not simply exported the problem to someone else’s backyard. The existing trends in improving temporal and spatial resolution of data for sustainable development are driven by the need to: (a) Reveal temporal trends in diseases or injury after taking into consideration delays that occur between the exposure and the health problem as well as the interval between the onset of symptoms, the diagnosis of the problem and the eventual reporting. (b) Help in revealing the geographic distribution of the disease or of its causative exposures or risk-associated behavior. For example, elevated blood-lead levels in children may represent exposure to heavy metal hazards or the exposure to high concentrations due to the proximity in roads with heavy traffic and may require both medical and environmental intervention. (c) The identification of people or groups who develop specific patterns of diseases or who sustain specific injuries due to their environmental or occupational exposure; eventually leading into identification of those at high risk, and targeting intervention efforts in association with local cultural, economic, or social factors. (d) Through analysis of coherent environment and health data identify the appropriateness of the abatement measures which for the time being are based on nonverifiable forecasts. This however, if the temporal frequency of updates permit, could become useful in the detection of outbreaks of rapid environmental problems with health effects (heat-waves or the spread of important tropic diseases etc). For the eventual integration of information systems into a system for health assessments we should also maximize the protection of confidentiality and minimize the potential for inadvertent, inappropriate, or other potentially harmful release of information. 4. Prospective and conclusions No legislatives policies are currently focusing separately on the health for specific population groups, mainly because this requires the construction of composite data sets at the same spatial and temporal resolution. With the emergence of new technologies at high spatial and temporal resolution, such studies will become possible, allowing policies to be targeted at sensitive population groups, as well as for identifying problems masked within national and regional mean values. 7 <?page no="16"?> Over the short and medium term, it is possible to identify the synergies between exposure and environment and attribute effects on population groups according to age or occupation. Environmental monitoring with satellites and micro-sensors can significantly enhance the consistency of reporting of environmental problems and the improvement of geographical representativeness. This together with near real-time overlaying of environmental information will allow identification of important acute health effects. Finally, a network of micro-sensors can be of valuable assistance in areas where local health rates are significantly different from the macro-scale rates. In particular it will allow: A cost effective evaluation for the whole territory without the need of modelling or expensive passive sampler campaigns; A set of devices that due to their specifications, are capable to adapt to existing and stricter future legislative requirements; A network of positions, which are capable to analyze peak pollution episodes and identify hot spots with high spatial resolution; Monitor in real-time the effectiveness of local and national abatement strategies; Compliance with legislation for assessing population exposure in line with the European Commission Action Plan for Environment & Health; A unique early warning system for toxic substances in the periphery of industrial plants; and a provision of systematic recorded values for the European regional and urban modelling simulations and the “ground truth” measurements for European Space Agency Initiatives (GMES/ Copernicus etc). Literature [1] Carotta, M.C.; Martinelli, G.; Crema, L.; Gallana, M.; Merli, M.; Ghiotti, G.; Traversa, E.: Array of thick film sensors for atmospheric pollutant monitoring. In: Sensors & Actuators B 68. pp. 1-8, 2000 [2] Rickerby, D.G.; Waechter, N.; Horrillo, M.C.; Gutiérrez, J.; Gracià, I.; Cané, C.: Structural and dimensional control in micromachined integrated solid state gas sensors. In: Sensors & Actuators B 69. pp. 314-319, 2000 [3] Reichel, P.: Development of a Chemical Gas Sensor System. PhD Thesis University of Tübingen, Germany, 2005. [4] Tsujita, W.; Yoshino, A.; Ishida, H.; Moriizumi, T.: Gas sensor network for air pollution monitoring. In: Sensors & Actuators B 110. pp. 304-311, 2005 [5] Skouloudis, A.N., Kassomenos P.: Combining environment and health information systems for the assessment of atmospheric pollution on human health. In: Science of the Total Environment. In press, 2014 8 <?page no="17"?> 2 Aktueller Stand der Luftreinhalteplanung in Bayern Richard Schlachta, Anita Wolf Abstract The actual situation on air quality planning in Bavaria is presented. Examples of actual local measures are given to reduce the air pollution. Kurzfassung Im Rahmen des Vortrages wird der aktuelle Sachstand zur Luftreinhalteplanung in Bayern präsentiert. Es werden Beispiele für aktuelle lokale Maßnahmen zur Bekämpfung der Schadstoffbelastung vorgestellt. 1. Rechtliche Grundlagen Die Europäische Gemeinschaft räumt der Luftreinhaltepolitik hohe Priorität ein. Die EU-Luftqualitätsrichtlinie 2008/ 50/ EG [1] legt für verschiedene Luftschadstoffe anspruchsvolle und verbindliche Grenzwerte sowie Zielwerte fest, die eine unbedenkliche lufthygienische Situation für die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt gewährleisten sollen. Durch die Luftqualitäts-Richtlinie werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, für Luftschadstoffe die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte sicherzustellen und diese in ihr nationales Recht zu übernehmen. In Deutschland erfolgte dies in der 39. Bundes-Immissionsschutzverordnung (39. BImSchV) (siehe Tabelle 1) [2]. Tabelle 1: Übersicht zu den Immissionsgrenzwerten für Feinstaub (PM 10 ) und Stickstoffdioxid (NO 2 ) nach der 39. BImSchV Feinstaub PM 10 Ab 01.01.2005 Jahresmittel 40 μg/ m 3 24-h-Wert / Überschreitungen/ Jahr 50 μg/ m 3 / 35 Tage Stickstoffdioxid NO 2 Ab 01.01.2010 Jahresmittel 40 μg/ m 3 1-h-Wert / Überschreitungen/ Jahr 200 μg/ m 3 / 18 Std. 9 <?page no="18"?> In Deutschland ist die gesetzliche Grundlage zur Erstellung der Luftreinhaltepläne der § 47 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) in Verbindung mit § 27 der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV). Bei der Überschreitung bzw. der Gefahr der Überschreitung von Immissionsgrenzwerten bei Feinstaub PM 10 und Stickstoffdioxid sind Luftreinhaltepläne, zu erstellen, mit dem Ziel, die Einhaltung der Grenzwerte zu gewährleisten. Ein Luftreinhalteplan muss geeignete Maßnahmen enthalten, um den Zeitraum einer Nichteinhaltung so kurz wie möglich zu halten. 2. Vorgehensweise bei der Erstellung bzw. Fortschreibung eines Luftreinhalteplans in Bayern Nach Art. 8 des Bayerischen Immissionsschutzgesetzes (BayImSchG) [3] erlässt das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) die Pläne. Die Planentwürfe werden von den Regierungen in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) sowie den Kommunen erstellt. Das StMUV beauftragt Bezirksregierungen mit der Erstellung bzw. Fortschreibung eines Luftreinhalteplans im Regelfall, wenn • im Fall von PM 10 -Feinstaub, nach Ablauf des Winters (etwa im April) bereits mehr als 30 Überschreitungen des PM 10 -Tagesmittelwertes vorliegen. Im weiteren Verlauf des Jahres erhöht sich die Schwelle. • nach Ablauf eines Jahres Immissionsgrenzwerte PM 10 oder NO 2 überschritten waren • neue Erkenntnisse vorliegen, die eine Fortschreibung geboten erscheinen lassen. Unabhängig davon können die Regierung oder die Städte zur Berücksichtigung aktueller Entwicklungen beim StMUV auf eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans hinwirken. Nachdem sich bereits früh abgezeichnet hatte, dass die Einhaltung der ab 01.01.2010 gültigen Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid in einigen Kommunen Probleme bereiten wird, wurden bei den in den Feinstaub-ausgelösten Plänen auch darauf geachtet, dass die Maßnahmen nach Möglichkeit auch zur Verringerung der Stickstoffdioxidbelastung beitragen. Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) hat die Aufgabe, unter Auswertung der dort vorhandenen lufthygienischen Daten die Gebiete zu benennen, in denen Grenzwerte der 39. BImSchV überschritten sind, und die Gebiete, in denen die Einhaltung eines Grenzwerts zum vorgesehenen Zeitpunkt in Frage steht. Darüber hinaus ermittelt das LfU die Anteile der Verursacher und bewertet die Wirkung der Maßnahmen. Den Kommunen und Kreisverwaltungsbehörden kommt bei den Arbeiten zur Luftreinhalteplanung eine erhebliche Bedeutung zu. Entsprechend den örtlichen Zuständigkeiten sind bei der Aufstellung und Fortschreibung des Luftreinhalteplans auch im Hinblick auf eine spätere Umsetzung der Maßnahmen verschiedene Referate und Fachstellen der Kommunen und weitere nichtkommunale Dienststellen mit einzubeziehen. 10 <?page no="19"?> Die Öffentlichkeit wird bei der Erstellung bzw. Fortschreibung gemäß § 47 Abs. 5 bzw. 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) beteiligt. Die Pläne werden nach Abstimmung mit den Ressorts (z. B. Wirtschaftsministerium, Innenministerium) vom StMUV veröffentlicht. Die Luftreinhaltepläne haben die Aufgabe, die lufthygienische Situation zu analysieren, alle in Betracht kommenden Maßnahmen zu prüfen und diejenigen zu bestimmen, die verwirklichbar sind, sowie die Anstrengungen der öffentlichen Verwaltung zur Verbesserung der lufthygienischen Situation in diesem Gebiet zu organisieren. Sie binden die beteiligten Verwaltungsbereiche und erzielen Außenwirkung nur durch behördliche Einzelmaßnahmen auf der Grundlage entsprechender fachgesetzlicher Eingriffsregelungen. Maßnahmen im Bereich des Straßenverkehrs können hierbei nur im Einvernehmen mit der zuständigen Straßenbaubzw. Straßenverkehrsbehörde festgesetzt werden. Der Luftreinhalteplan ersetzt keine bestehenden Rechtsgrundlagen oder Verwaltungsverfahren für die Realisierung der Maßnahmen. Ebenso wenig schafft er neue Zuständigkeiten. Es ist vom StMUV vorgesehen, die Zuständigkeit zur Aufstellung der Luftreinhaltepläne zukünftig den bayerischen Bezirksregierungen zu übertragen 3. Übersicht der Bayerischen Städte mit Luftreinhalteplänen Die Grenzwerte für die Schadstoffe Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid, Benzol und Blei werden in Bayern eingehalten. Überschreitungen bei Feinstaub (PM 10 ) sowie bei Stickstoffdioxid (NO 2 ) liegen in städtischen Bereichen hauptsächlich an stark verkehrsbelasteten Orten vor [4]. In der Vergangenheit, vor allem in dem durch eine außergewöhnliche Meteorologie bekannten Jahr 2003 (Jahrhundertsommer), wurden erhöhte PM 10 -Feinstaubbelastungen festgestellt, die über dem zulässigen Grenzwert mit Toleranzmarge lagen. Für Bayern wurden daher bis Ende 2005 elf Luftreinhaltepläne mit Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität aufgestellt [5]: Für die Ballungsräume München, Nürnberg-Fürth-Erlangen, Augsburg und die Gebiete Ansbach, Arzberg, Lindau, Passau, Regensburg, Schwandorf, Weiden i. d. Oberpfalz und Würzburg. Aufgrund der Belastungssituation durch Feinstaub PM 10 bzw. NO 2 in den Folgejahren wurden weitere Luftreinhaltepläne für Bayreuth, Landshut, Ingolstadt, Burghausen und Neu-Ulm erarbeitet bzw. für Augsburg, Ansbach, Lindau, Nürnberg, München (viermal), Regensburg sowie Würzburg fortgeschrieben. Aufgrund der weiterhin bestehenden NO 2 -Grenzwertüberschreitung und der Ablehnung der Fristverlängerung zur Einhaltung bis 31.12.2014 [6], werden die Luftreinhaltepläne für die Städte Augsburg, München und Nürnberg fortgeschrieben. Die 5. Fortschreibung für München wurde aktuell der Öffentlichkeit vorgestellt und wird in Kürze in Kraft gesetzt. 11 <?page no="20"?> Bild 1: Stand der Luftreinhalteplanung in Bayern 4. Beispiele von Maßnahmen 4.1 Übersicht Die Luftreinhalteplanung ist kein abgeschlossener Prozess, sondern eine Daueraufgabe. So fließen neue Erkenntnisse über effektive und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen (z. B. Umweltzonen) ein. Die in den Luftreinhalteplänen vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität sind solche, die auf lokaler, kommunaler Ebene realisierbar sind. Sie betreffen insbesondere den Verkehr als maßgeblichen Verursacher der lokalen Belastung, wie z. B. • Umweltzonen, • Lkw-Durchgangsverkehr, • Verkehrsmanagement (z. B. Güterverkehrszentren, City-Logistik, dynamische Verkehrssteuerung, Parkraummanagement, Verkehrsverstetigung) 2004: München 1)2)3)5)7)9) Nürnberg 5a)9) / Fürth/ Erlangen Augsburg 1)4)9) Ansbach 4) Arzberg Alle Erstpläne (bis 2009) PM 10 ausgelöst 2005: Lindau 5) Passau 2) Regensburg 6) Schwandorf Weiden Würzburg 6a) 2008: Burghausen 2007: Bayreuth 1) Ingolstadt Landshut 2009: Neu-Ulm 2012: Inntal/ Ober audorf 8) 1) Auch NO 2 -ausgelöst 2) Fortschreibung 2007 3) Fortschreibung 2008 4) Fortschreibung 2009 5) Fortschreibung 2010; 5a) nur NO 2 -ausgelöst 6) Fortschreibung 2011; 6a) nur NO 2 -ausgelöst 7) Fortschreibung 2012 8) Nur NO 2 -ausgelöst 9) Fortschreibung in Bearbeitung 12 <?page no="21"?> • Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs • Nachrüstung des städtischen Fuhrparks mit Partikelfilter; Umstellung des kommunalen Fuhrparks auf schadstoffarme Fahrzeuge • Optimierung der Straßenreinigung • Reduzierung des Streumitteleinsatzes • Straßenbauvorhaben • Ausbau des Rad- und Fußwegenetzes. Weitere Maßnahmen sind beispielsweise: • Vollzug der Anforderungen an Anlagen • Förderung regenerativer („staubarmer“) Energien, Energieeinsparungen • Umstellung von Heizungsanlagen auf Erdgas • Merkblatt zur Staubminderung bei Baustellen • Verschärfung der lokalen Brennstoffverordnung Die Maßnahmen sind gemäß § 47 (4) BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Soweit durch einen Luftreinhalteplan Maßnahmen im Straßenverkehr erforderlich werden, beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften. Die Straßenverkehrsbehörde kann im Einvernehmen mit der für den Immissionsschutz zuständigen Behörde Ausnahmen von Verboten oder Beschränkungen des Kraftfahrzeugverkehrs zulassen, wenn unaufschiebbare und überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. Darüber hinaus gestattet § 40 Abs. 2 des BImSchG unabhängig von den planerischen Instrumenten Verkehrsbeschränkungen und -verbote, wenn der Kraftfahrzeugverkehr zur Überschreitung von Immissionswerten beiträgt. Gemäß dem Ministerratsbeschluss vom 08.02.2006 soll in Bayern kommunalen Vorschlägen bei der Maßnahmenplanung möglichst Rechnung getragen werden. 4.2 Lkw-Durchfahrtsverbote Die Luftreinhaltepläne für Augsburg, München und Neu-Ulm enthalten sogenannte Lkw-Durchfahrtsverbote [7]. Lkw-Durchfahrtsverbote in Städten haben den Zweck, alle Lkw, die nur durch die Stadt durchfahren wollen, ohne dort ein Ziel zu haben, aus der Stadt herauszuhalten. Im Rahmen der 1. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes für die Landeshauptstadt München wurde am 19. Oktober 2007 ein Konzept zur Umleitung des Lkw- Durchgangsverkehrs ab 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht auf die Autobahnumfahrung A 99 beschlossen. Dieses Konzept wurde mit Aufstellung der hierfür erforderlichen Schilder zum 01.02.2008 umgesetzt. Ausgenommen vom Fahrverbot ist der Lieferverkehr mit Ziel oder Quelle in München. Im Stadtgebiet München werden die Hauptzulaufstrecken zum Mittleren Ring mit dem Verkehrszeichen Z 253 StVO mit Zusatzzeichen „Lieferverkehr frei“ versehen sowie eine möglichst kurze und direkte Ableitung zu den nächstgelegenen Autobahnanschlussstellen (AS) beschildert. 13 <?page no="22"?> Auf den Autobahnen und den wichtigsten Zulaufstrecken auf das Stadtgebiet München wird durch Vorhinweisschilder auf die Sperrung des Lkw-Durchgangsverkehrs hingewiesen. Die Wirkung des Lkw-Durchfahrtsverbots konnte durch Verkehrsuntersuchungen des Planungsreferats der Landeshauptstadt München nachgewiesen werden. Es wurden die Daten von Verkehrszählungen im Bereich der Donnersbergerbrücke zwischen 2005 und 2009 verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass neben der Eröffnung der A 99 West im Jahr 2006 auch das Lkw-Durchfahrtsverbot ab dem 01.02.2008 zu einer spürbaren Entlastung beim Güterverkehr auf dem Westabschnitt des Mittleren Ringes geführt hat. Für den Bereich der Landshuter Allee konnte zwischen 2007 und 2009 eine Abnahme des Güterverkehrsanteils um ca. 18 % ermittelt werden [8]. Auch für Augsburg wurde in der 1. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für das Innenstadtgebiet für Lkw ab 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht beschlossen. Für Neu-Ulm existiert ein Selektives Durchfahrtsverbot für Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht > 3,5 Tonnen im Verlauf der B 10 / B 28 zwischen den Autobahnanschlussstellen Ulm-West (A 8) und Autobahndreieck Hittistetten (A 7). Für diese Fahrtbeziehung besteht eine leistungsfähige alternative Route über die A 7 und die A 8. 4.3 Umweltzonen in Bayern Umweltzonen sind Gebiete, die die Kommunen zunächst in ihrer eigenen Zuständigkeit bestimmen. Innerhalb dieser Gebiete werden „saubere“ Fahrzeuge mit „freier Fahrt“ belohnt, während Verkehrsbeschränkungen für Kraftfahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß ausgesprochen werden; d.h. in Umweltzonen dürfen nur Fahrzeuge fahren, die entweder allgemein gemäß dem Anhang 3 der Kennzeichnungsverordnung (35. BImSchV) ausgenommen sind (z.B. mobile Maschinen und Geräte, Arbeitsmaschinen, land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen, zwei- und dreirädrige Kraftfahrzeuge, Oldtimer mit Oldtimerkennzeichen) oder mit einer entsprechenden Plakette nach der 35. BImSchV gekennzeichnet sind. In Bayern wurden Umweltzonen im Rahmen der Luftreinhalteplanung als Maßnahme zur Reduktion der Feinstaubbelastung in den Städten Augsburg, München und Neu-Ulm eingerichtet. Grundlage der Gestaltung der Verkehrsbeschränkungen in Umweltzonen ist die Kennzeichnung von Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Bussen nach der Höhe der Abgasemissionen in Schadstoffgruppen gemäß der Kfz-Kennzeichnungsverordnung vom 10.10.2006 (BGBl I S. 2218, ber. S. 2543). In welchem Umfang die mit Plaketten gekennzeichneten drei Fahrzeuggruppen in Umweltzonen fahren dürfen, bestimmen die betroffenen Kommunen vor Ort. Im Anhang 3 der Verordnung sind Fahrzeuge genannt, die von Verkehrsverboten auch ohne Kennzeichnung ausgenommen sind (z. B. Kfz, mit denen bestimmte behinderte Personen fahren oder gefahren werden, Krankenwagen, mobile Maschinen). Zusätzlich kann die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Verkehr mit nicht gekennzeichneten Fahrzeugen zu und von bestimmten Einrichtungen zulassen, soweit dies im öffentlichen Interesse liegt. Grundlage für die Ausnahmeregelungen sind in Bayern die Empfehlungen des Deutschen Städtetags [9]. Für diese Einzelausnahmen gilt der Grundsatz „Nachrüs- 14 <?page no="23"?> tung vor Ausnahme“. Kann ein Fahrzeug nicht nachgerüstet werden, so ist eine Ausnahmegenehmigung in folgenden Fällen zeitlich befristet bis zur maximalen Dauer von einem Jahr möglich: a) Anwohner sowie Gewerbebetriebe mit Firmensitz in der Umweltzone b) Fahrten zur Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern, insbesondere die Belieferung des Lebensmitteleinzelhandels, von Apotheken, von Altenheimen, Krankenhäusern und ähnlichen öffentlichen Einrichtungen, von Wochen- und Sondermärkten c) Fahrten zur Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Dienstleistungen, insbesondere Fahrten zum Erhalt und zur Reparatur betriebsnotwendiger technischer Anlagen, zur Behebung von Gebäudeschäden einschließlich der Beseitigung von Wasser-, Gas- und Elektroschäden, für soziale und pflegerische Hilfsdienste d) Fahrten zur Wahrnehmung überwiegend und unaufschiebbarer Einzelinteressen, insbesondere für notwendige regelmäßige Arztbesuche, Schichtdienstleistende, die nicht auf den öffentlichen Nahverkehr ausweichen können, die Aufrechterhaltung von Fertigungs- und Produktionsprozessen, Einzelfahrten aus speziellen Anlässen (z.B. Schwertransporte, Veranstaltungen). Eine nochmalige Verlängerung ist, in Abhängigkeit von der dann geltenden Rechtslage nur möglich, wenn eine Nachrüstung technisch nicht erfolgen kann und eine der Voraussetzungen b) d) erfüllt sind (dies gilt dann auch für Anwohner und Gewerbetreibende). Die Münchner Umweltzone beschränkt sich auf das Gebiet innerhalb des Mittleren Rings. Bild 2: Umweltzone München [10] 15 <?page no="24"?> Eine Ausweitung der Umweltzone auf den Mittleren Ring und darüber hinaus wurde bei der Erstellung des Luftreinhalteplans geprüft und verworfen (siehe Kap. 3.6.3, S. 29 f der 2. Fortschreibung). Der Umgriff der Umweltzone auf den Bereich innerhalb des Mittleren Rings ohne den Mittleren Ring selbst ist Ergebnis eines komplexen Abwägungsprozesses. Der Mittlere Ring ist für München ein Verkehrsweg von zentraler Bedeutung für die gesamte Mobilitätsstruktur der Stadt und darüber hinaus im europäischen Verkehrswegenetz. Er ist darüber hinaus geeignet, der Umweltzone eine solide Außengrenze zu geben. Der Umgriff wurde bei der Einführung der Umweltzone unter Abwägung der Faktoren: hohe Immissionsbelastung hoher Anteil „Betroffener“ klare Abgrenzung verkehrliche Abwicklung (Umfahrungs-/ Umkehrmöglichkeit) ÖPNV Erschließung (als alternative Fahrtmöglichkeit) unter 4 Alternativen ausgewählt. Bei Einbeziehung des Mittleren Rings in die Umweltzone bestünde die Gefahr, dass Verkehrsteilnehmer in weniger geeignete Straßen in Wohngebieten ausweichen würden. Wie Untersuchungen für Berlin gezeigt haben [11], wirkt sich die Einführung einer Umweltzone auch auf das übrige Stadtgebiet aus. Damit ist auch eine Reduktion der Belastung am Mittleren Ring zu erwarten. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit war geboten, die Verkehrsbeschränkungen auf das Maß zu begrenzen, welches ausreicht, die benötigten verhaltenssteuernden Impulse zu geben. Darüber hinaus würde eine flächenhafte Ausweitung der Umweltzone auf das gesamte Stadtgebiet München vorwiegend Straßen erfassen, bei denen die Immissionsgrenzwerte ohnehin nicht überschritten sind. Die Festlegung auf den durch den Mittleren Ring gut abgegrenzten Innenstadtbereich ist somit Ergebnis eines sachgerechten Abwägungsprozesses und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geschuldet. Vor Einführung der 3. Stufe der Umweltzone (Einfahrt von Fahrzeugen mit grüner Plakette) wurde von der Fa. EM Plan die Wirkung der Umweltzone München ermittelt [12]. Im Folgenden sind die Ergebnisse zusammengefasst: a) Modernisierung der Fahrzeugflotte o Deutliche Verbesserung der Fahrzeugflotte als Ergebnis der Stufen 1 und 2: Im Vergleich zur Bundesflotte lag am 01.10.2011 der Anteil der Pkw mit einer grünen Plakette in München um ca. 10 % höher. o Insbesondere bei den Schweren Nutzfahrzeugen (SNfz) resultierte eine deutliche Verbesserung hin zu Fahrzeugen mit grüner Plakette: Der Anteil an Diesel - SNfz mit grüner Plakette liegt in München im Vergleich zur Bundesflotte um das 2fache höher. o Durch die 3. Stufe wird eine weitere Zunahme des Anteils der Kfz mit grünen Plaketten im Vergleich zum erreichten Zustand erwartet: bei den Pkw (Diesel + Benzin) um 1,6 %, bei den Diesel-Pkw um 2,3 % und bei den SNfz um 6,9 %. 16 <?page no="25"?> b) Verringerung der Auspuffemissionen o Durch eine beschleunigte Modernisierung der Fahrzeugflotte sind die auspuffbedingten Emissionen von Feinstaub PM 10 , Dieselruß und Stickstoffoxiden NOx, vermindert: Insgesamt über die Stufen 1 und 2 über die Summe der Emissionen der berechneten Straßenabschnitte betrachtet, resultierte im Vergleich zur Situation ohne Umweltzone eine Verbesserung um: 32,3 % bei Feinstaub PM 10 , 32,4 % bei Dieselruß und 2,5 % bei Stickstoffoxiden NOx. o Auch durch die 3. Stufe wird eine Verbesserung bei der Summe der Emissionen über die betrachteten Straßenabschnitte im Vergleich zu den Stufen 1 und 2 erwartet: 2,9 % bei Feinstaub PM 10 , 3,7 % bei Dieselruß und 1,4 % bei Stickstoffoxiden NOx. c) Verringerung der auspuffbedingten Immissionsbelastung o Durch die Flottenerneuerung und damit die Reduktion der auspuffbedingten Emissionen verbessert sich in der Umweltzone die Luftqualität (Belastung) in den einzelnen Straßenabschnitten. Bezogen auf die Situation ohne Umweltzone ergibt sich insgesamt durch die Stufen 1 und 2 eine Verbesserung: Feinstaub PM 10 : bis zu 4,6 % (2 g/ m 3 ; d.h. dies sind bis zu 8 Überschreitungstage weniger); Dieselruß: bis zu 33,6 % (1 g/ m 3 ); Stickstoffdioxid NO 2 : bis zu 0,7 % (0,6 g/ m 3 ) Die 3. Stufe wird im Vergleich zur bestehenden Situation (Stufe 1 und 2) trendbereinigt eine zusätzliche Verbesserung bringen: bei Feinstaub PM 10 : bis zu 0,6 % (0,2 g/ m 3 ; d.h. ca. 1 Überschreitungstag), Dieselruß: bis zu 12,5 % (0,2 g/ m 3 ); Stickstoffdioxid NO 2 : bis zu 2,3 % (1,7 g/ m 3 ). Auch andere Untersuchungen zeigen, z.B. für Leipzig, dass durch Umweltzonen insbesondere die krebserzeugenden Dieselruß-Emissionen vermindert und damit auch die Rußbelastung reduziert werden konnte [13]. Eine Übersicht zu den Umweltzonen in Deutschland wird vom Umweltbundesamt im Internet zur Verfügung gestellt [14]. Mit der am 02. Dezember 2013 errichteten, großen Umweltzone "Leonberg/ Hemmingen und Umgebung" sind in Deutschland insgesamt 48 Umweltzonen aktiv. Ab 01. Juli 2014 sind in den Umweltzonen Bonn, Hagen, Köln, Langenfeld, Mönchengladbach, Neuss, Remscheid und Ruhrgebiet (Bochum, Bottrop, Castrop-Rauxel, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Herne, Herten, Mülheim, Oberhausen, Recklinghausen) nur Fahrzeuge mit grüner Plakette zulässig. 17 <?page no="26"?> 4.4 Brennstoff-Verordnungen Insbesondere durch die Energiewende und dem Trend zur Nutzung von Holz als nachwachsender Brennstoff bekommt das Thema „Feinstaubemissionen aus Kleinfeuerungsanlagen“ eine große Bedeutung. Ein wesentlicher Anteil der Feinstaubbelastung im Winter resultiert vom Hausbrand: Wird mehr Holz verbrannt, wird auch mehr Feinstaub emittiert. In München ist am 10.09.2011 eine neue Brennstoffverordnung in Kraft getreten [15]. Sie gilt für Feuerstätten mit festen Brennstoffen wie Holz oder Kohle, die vorrangig zur Beheizung des Aufstellraumes verwendet werden. Auch feststoffbefeuerte Herde mit oder ohne indirekt beheizte Backvorrichtung fallen darunter. Diese Anlagen dürfen im Stadtgebiet der Landeshauptstadt München nur errichtet und betrieben bzw. wesentlich geändert werden, wenn sie die in der Verordnung festgesetzten Emissionsgrenzwerte für Kohlenmonoxid, Staub und Stickoxide und einen Mindestwirkungsgrad einhalten. Die neue Münchner Brennstoffverordnung löst die bisher für die Neuanlagen geltende Brennstoffverordnung vom 30.10.1999 in der zuletzt geänderten Fassung vom 03.05.2006 ab. Kernpunkt der BrennstoffV in München ist die Einforderung hochwertiger technischer Standards für neu installierte Holzfeuerungsanlagen. Das geeignete Mittel für eine Verschärfung ist das Vorziehen der Grenzwerte der 2. Stufe der novellierten 1. BImSchV. Beim Neukauf von handbeschickten Geräten für feste Brennstoffe (zum Beispiel Scheitholz, Holzpellets, Briketts), die zusätzlich zur Zentralheizung betrieben werden, müssen in München künftig die Grenzwerte beachtet werden, die bundesweit erst ab 1. Januar 2015 gelten. Mit Beschluss vom 28.01.2014 [16] plant der Umweltausschuss des Münchner Stadtrats ab 31.12.2018 an auch die Besitzer älterer Feuerstätten zur Einhaltung der Stufe-2-Werte der Kleinfeuerungsverordnung (1. BImSchV) zu verpflichten. Die 1. BImSchV sieht eigentlich vor, Altanlagen erst bis Ende 2024 entweder nach dem Stand der Technik nachzurüsten oder aber außer Betrieb zu nehmen. Betroffen wären ca. 38 000 Ofen-Besitzer, die vor Inkrafttreten der Münchner Brennstoffverordnung im Jahr 1999 eingebaut wurden. Die Regelung soll für Heizöfen, die per Hand mit festen Brennstoffen wie Holz oder Kohle beschickt werden, gelten. Das Referat für Umwelt und Gesundheit wird dem Stadtrat im III. Quartal 2014 eine verschärfte Münchner Brennstoffverordnung zur Entscheidung vorlegen. 4.5 Parkraum-Management Das Parkraum-Management ist eine wichtige Maßnahme zur Reduzierung der Verkehrsmengen in den Städten. So setzen Städte wie München [17] auf die abschreckende Wirkung hoher Parkgebühren. Damit sollen möglichst viele dazu gebracht werden, für die Fahrt in die Innenstadt öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Für das Abstellen seines Fahrzeuges zum Beispiel innerhalb des Altstadtrings in München fallen tagsüber je angefangene 12 Minuten 50 Cent an. Als Maßnahme der effizienten Parkraumbewirtschaftung in München zählt auch die Stellplatzabgabe. Diese wird fällig, wenn private Investoren ihre Immobilie nicht mit ausreichend Parkplätzen versehen. Die Einnahmen werden von der Stadt z.B. für Park & Ride-Anlagen oder zur Förderung von Fahrradstationen in S-Bahn Nähe genutzt. 18 <?page no="27"?> 4.6 Tempo-Limits Tempo-Limits können geeignete Maßnahmen zur Reduzierung der Schadstoffbelastung sein, insbesondere wenn dadurch es zu einer Verstetigung des Verkehrs kommt. Ein Vorteil dabei ist auch, dass diese Maßnahme relativ kurzfristig zu ergriffen werden kann. So gilt beispielsweise an der Inntalautobahn, Streckenabschnitt Oberaudorf, eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/ h [18]. Laut der Immissionsprognose des ifeu-Instituts erscheint damit ab 2015 der NO 2 -Jahresgrenzwert einhaltbar. Langfristig ist es jedoch das Ziel, eine umweltsensitive Verkehrssteuerung nach österreichischem Muster zu errichten. Die Geschwindigkeitsbegrenzung erfolgt dann in Abhängigkeit von der Schadstoffbelastung. Der Entwurf der 5. Fortschreibung des Luftreinhalteplans München sieht eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/ h anstelle von 60 km/ h an der Landshuter- Allee mit strenger Geschwindigkeitsüberwachung vor [19]. Ein Gutachten des Ingenieurbüros Lohmeyer lässt eine Minderung von bis zu 11 μg/ m 3 des NO 2 - Jahresmittelwertes gegenüber dem Jahr 2011 annehmen. 4.7 Weitere Maßnahmen Weitere wichtige Maßnahmen der 5. Fortschreibung [19] sind u.a. Machbarkeitsstudien zur Verbesserung der Luftqualität und Lärmbelastung am Mittleren Ring, insbesondere die Errichtung zusätzlicher Tunnel, weitere Projekte von München als Modellregion Elektromobilität sowie die Entwicklung und Simulation von Verkehrssteuerungsmaßnahmen für das umweltorientierte Verkehrsmanagement. Bezüglich letzterem ist anzumerken, dass seit dem 17. April 2012 die Landeshauptstadt Potsdam ein derartiges von der EU gefördertes System zur Reduzierung Schadstoffgehalts der Luft betreibt [20]. Mit der umweltorientierten Verkehrssteuerung sollen Grenzwertüberschreitungen bei Stickstoffdioxid und Feinstaub vermieden werden. Bei erhöhter Schadstoffbelastung wird der Zufluss des Verkehrs in die Stadt für begrenzte Zeiträume dosiert („Pförtnerung"). Damit sollen Verkehrskonzentrationen in der Stadt verhindert werden. Gleichzeitig wird der Verkehr in der Stadt „verflüssigt": Die Ampeln werden anders geschaltet und der Verkehr in der Stadt beschleunigt, um die Belastungen durch Halte- und Bremsvorgänge zu reduzieren. Seit April 2010 betreibt die Stadt Hagen [21] eine vom Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt geförderte immissionsabhängige dynamische Verkehrssteuerung für den Märksichen Ring. 5. Können die Grenzwerte mit lokalen Maßnahmen eingehalten werden? Mit Beschluss vom 20.02.2013, C(2013) 900 final, hat die EU-Kommission über die deutschen Anträge auf Verlängerung der Frist zur Einhaltung der NO 2 -Grenzwert bis 31.12.2014 entschieden [6]. Die Anträge Bayerns für Augsburg, München und Nürnberg wurden, wie bei vielen anderen deutschen Städten [22], abgelehnt. Grund hierfür ist, dass die „formalen“ Voraussetzungen nach der EU-Luftqualitätsrichtlinie nicht erfüllt werden (Einhaltung eines NO 2 -Grenzwertes einschließlich Toleranzmarge von 19 <?page no="28"?> 60 μg/ m 3 ). Für die Inntalautobahn (Streckenabschnitt Oberaudorf) wurde der Verlängerung wegen widersprüchlichen und unzutreffenden Angaben verweigert. Die Städte Regensburg und Würzburg haben dagegen eine Fristverlängerung erhalten, weil die im Auftrag des LfU vom ifeu-Institut durchgeführten Immissionsprognosen die Einhaltung der NO 2 -Grenzwerte nach Ablauf der Fristverlängerung zeigen. Anders schaut es dagegen in München aus: An der Messstation München - Landshuter Allee ist mit einer Einhaltung des NO 2 -Jahresimmissionsgrenzwertes weder in 2015 noch in 2020 zu rechnen, wie in fielen anderen Metropolen in Europa. Bild 3: Immissionsprognosen der Fa. ifeu für München für den NO 2 -Jahresmittelwert [23] Demnach beträgt der NO 2 -Jahresmittelwert für die LÜB-Messstation München - Landshuter Allee im Jahr 2015 86 - 90 μg/ m 3 und in 2020 62 - 65 μg/ m 3 im Referenzfall (d.h. nur durch die natürliche Flottenerneuerung und damit verbundenen Emissionsminderung durch die strengeren Euro-Abgasnormen). Als Ergebnis ist festzuhalten, dass sich die NO 2 -Immissionsbelastung zwischen 2010 und 2015 um ca. 13 % verringern wird. Zur Einhaltung des NO 2 -Grenzwertes für das Jahresmittel im Jahr 2015 müsste bezogen auf das Jahr 2010 die Verkehrsmenge an diesen Stationen um ca. 52 - 84 % reduziert werden. 20 <?page no="29"?> 84 56 52 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Landshuter Allee Stachus Prinzregentenstr. Bild 4: Erforderliche Reduktion der Verkehrsmenge zur Einhaltung des NO 2 -Jahresgrenzwertes (Bezugsjahr 2010) [23] Im Rahmen der Erarbeitung des 7. Umweltaktionsprogramms der EU-Kommission hat die EU-Kommission auch die zukünftige NO 2 -Belastung in Europa untersuchen lassen [24]. Laut den Berechnungen des TSAP#6 Reports [25] sollte gemäß Tabelle 3.1.3 im Jahr 2020 die NO 2 -Belastung in Deutschland bei der gegenwärtigen Gesetzeslage im Jahresmittel bei 18 Luftmessstationen in einem Bereich von 35 - 45 μg/ m 3 liegen (NO 2 -Jahresgrenzwert: 40 μg/ m 3 ), 10 Messstationen lägen über 45 μg/ m 3 . Selbst im Jahr 2025 befänden sich noch 14 Messstationen im Bereich von 35 - 45 μg/ m 3 , in 2030 immer noch 4. Damit zeigen diese Untersuchungen aber auch, dass der Handlungsspielraum für Kommunen und Länder zur Minderung der NO 2 -Belastung ohne massive Einschnitte im Straßenverkehr durch Verkehrsverbote mit entsprechenden Folgen für die auf Mobilität angewiesenen Strukturen derzeit begrenzt ist. Die zur NO 2 -Einhaltung in 2015 erforderlichen drastischen Maßnahmen wären unter Berücksichtigung der Bündelungsfunktion der Hauptverkehrsstraßen in der Stadt nicht verhältnismäßig und auch nicht vermittelbar. 6. Zusammenfassung Probleme mit der Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte in Bayern konzentrieren sich auf den Luftschadstoff Stickstoffdioxid. Immissionsprognosen zeigen, dass der NO 2 -Jahresgrenzwert auch langfristig an sehr stark verkehrlich belasteten Straßen mit ungünstigen Schadstoffausbreitungsbedingungen („Straßenschluchten“) nicht eingehalten werden kann (Beispiel München - Landshuter Allee). Hauptverursacher der NO 2 -Belastung ist der Straßenverkehr, im Wesentlichen die Dieselfahrzeuge. Dies ist aber ein deutschlandweites und europäisches Problem. Laut Auswertung des Umweltbundesamts [26] lagen im Jahr 2013 an etwa 56 Prozent der städtisch ver- 21 <?page no="30"?> kehrsnahen Stationen die NO 2 -Jahresmittelwerte über 40 g/ m 3 . Unter Einbeziehung der noch fehlenden Daten aus Passivsammlermessungen wird sich dieser Prozentsatz nach den Erfahrungen der Vorjahre auf ca. 70 Prozent erhöhen. An einzelnen verkehrsnahen Messstationen (ca. 3 Prozent) traten öfter als achtzehnmal NO 2 - Stundenwerte über 200 g/ m 3 auf. Die Stickstoffdioxidbelastung im Jahr 2013 war demnach ähnlich wie in den Vorjahren. Zur wirksamen Reduktion von Feinstaub und Stickstoffdioxid ist ein umfassendes Maßnahmenkonzept notwendig. Die Maßnahmen müssen auf allen Ebenen EU - Bund - Land - Kommune bei allen Verursachern ansetzen. Da die lokalen Maßnahmen in Luftreinhalteplänen nur auf die örtlichen Emittenten abzielen, ist zur Einhaltung der Grenzwerte insbesondere auch die Absenkung der hohen Hintergrundbelastung notwendig. Genau darauf zielt das am 18.12.2013 veröffentlichte Programm der EU-Kommission „Saubere Luft in Europa“ ab [27]. Dieses sieht Emissionsminderungen bei den relevanten Verursachern vor. Damit die Erwartungen der neuen Abgasnorm Euro 6 erfüllt werden, ist die Anpassung des europäischen Fahrzyklus an die realen Fahrverhältnisse auf europäischer Ebene von erheblicher Bedeutung. So weist die EU- Kommission in ihrem Programm selbst unter „2.2.1 Regelung noch offener Fragen: Emissionen aus Dieselfahrzeugen“ darauf hin, dass die Entwicklung einer neuen Prüfmethode zur Beurteilung der NOx-Emissionen aus Pkws und leichten Nutzfahrzeugen unter realen Fahrbedingungen erforderlich sei. „NOx-Emissionen unter Realbedingungen (real driving emissions, RDE) sollen ab den verbindlichen Euro-6- Stichdaten (im Jahr 2014) aufgezeichnet und gemeldet werden, und maximal drei Jahre später wird das RDE-Verfahren zusammen mit robusten Emissionsgrenzwerten (not-to-exceed limits, NTE-Grenzwerte) in das Typgenehmigungsverfahren einbezogen. Auf diese Weise können die NOx-Emissionen unter Realbedingungen in dem hohen Umfang reduziert werden, der erforderlich ist, um unter normalen Fahrbedingungen die Einhaltung der Euro-6-NOx-Emissionsgrenzwerte zu gewährleisten.“ Die ursprünglich geplante Revision der EU-Luftqualitätsrichtlinie 2008/ 50/ EG wurde von der EU-Kommission bis auf weiteres zurückgestellt. Kernproblem ist eine fehlende Harmonisierung der europäischen Emissionsgesetzgebung speziell für Fahrzeuge mit den EU-Immissionsschutzvorschriften: Die Einhaltung von NO 2 -Immissionsgrenzwerten wird in 2010 gefordert, aber die strenge Euro- Abgasnorm 6 (Pkw) / VI (Lkw) zur Emissionsminderung beim Hauptverursacher Straßenverkehr ist erst ab 2013 / 2014 verbindlich, d.h. die Verschärfungen der Kfz- Emissionsgrenzwerte kommen zu spät und treffen auf eine vorhandene Fahrzeugflotte mit einem sehr hohen Anteil neuer und neuwertiger Fahrzeuge, die noch auf viele Jahre deren Emissionspotenzial bestimmen. Eine wesentliche Verbesserung der Belastungssituation durch die Umstellung der Fahrzeugflotte auf Euro 6 / VI-Fahrzeuge ist daher erst deutlich nach Ende dieses Jahrzehnts anzunehmen. Um die Entwicklung hin zu emissionsfreien bzw. -armen Elektroautos zu fördern, plant das Bundesverkehrsministerium die Schaffung von Benutzervorteilen [28]. So sollen als Elektroauto gekennzeichnet Fahrzeuge durch z.B. kostenlose Nutzung von Parkplätzen, freie Fahrt auf der Busspur privilegiert werden. Dadurch sollen Anreize zur Anschaffung dieser Fahrzeuge geschaffen werden, um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, damit bis 2020 eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren. 22 <?page no="31"?> Die Überschreitung der NO 2 bzw. PM 10 -Feinstaub-Grenzwerte aktiviert natürlich Umweltverbände zu Klagen vor Gericht. So hat die Deutsche Umwelthilfe mehrere Klagen in Deutschland initiiert, u.a. gegen den Freistaat Bayern, zur Einhaltung der Grenzwerte. Mit seinem Urteil vom 09.10.2012 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München der Klage der Deutschen Umwelthilfe entsprochen und fordert den für München geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid NO 2 im Stadtgebiet München beinhaltet [29]. Der Freistaat Bayern hatte gegen das Urteil Widerspruch eingelegt, diesen aber vor der am 10.04.2014 geplanten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof München zurückgezogen. Das Urteil ist somit rechtsgültig. In England hat der Supreme Court auf die Klage eines Umweltverbandes [30] hin festgestellt, dass in 16 Gebieten Immissionsgrenzwerte überschritten sind. Darauf hin hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet [31]. Obwohl in Bayern das Feinstaub-Problem zwischenzeitlich weitgehend im Griff ist, können insbesondere durch ungünstige meteorologische Situationen sogenannte Feinstaubepisoden zu Überschreitungen führen. Dies war jetzt wieder kürzlich der Fall, als es in der zweiten März-Woche zu einer hohen Feinstaub PM 10 -Belastung in Teilen von Frankreich, Belgien und Deutschland kam [32]. Das französische Umweltministerium hat einige kurzfristige Maßnahmen angeordnet. Beispielhaft ist zu nennen die kostenlose Nutzung des ÖPNV in der Region Paris bis Sonntag 16.03.2014, Tempolimits in bestimmten Gebieten, Kontrollen bei der Düngemittelausbringung, Verbote für Holzfeuerungen (ausgenommen Hauptheizungen) [33]. Kurzfristige Maßnahmen im Sinne von Aktionen sind bei den Feinstaubepisoden keine geeigneten Maßnahmen, um eine Einhaltung der Grenzwerte zu erreichen. Aus diesem Grund ist die Pflicht der EU-Vorgängerrichtlinie zur Aufstellung von Aktionsplänen bei der Gefahr der Immissionsgrenzwertüberschreitung bei der Luftqualitätsrichtlinie 2008/ 50/ EG entfallen. Im Fall von Überschreitungsperioden bei Feinstaub ist wegen der ungünstigen Luftaustauschbedingungen der Handlungsspielraum begrenzt. Die nachfolgende Äußerung des Oberbürgermeister von Stuttgart, Fritz Kuhn, drückt repräsentativ die Entwicklung der lokalen Maßnahmen hin zu einer nachhaltigen Mobilität aus und weist vor allem auch darauf hin, dass jeder Einzelne auch durch sein persönliches Verhalten an der Verbesserung der Luftqualität maßgeblich Anteil haben kann: „Was Stuttgart nicht braucht, ist die ewige Fortdauer seiner Probleme mit dem Autoverkehr. Morgens Staus auf den großen Bundesstraßen, die in die Stadt hineinführen, nachmittags dasselbe auf den Rückwegen. Hier ist die Luft giftig, hochbelastet von krebserregendem Feinstaub. Niemand kann die Blechlawinen wegzaubern. Aber alle sollten mithelfen, das Problem zu verringern. Die Stichworte sind Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung. Im Klartext: mehr zu Fuß gehen oder das Fahrrad nehmen, und vor allem umsteigen auf Bahn und Bus. Dafür müssen mehr Anreize geschaffen werden….Was Stuttgart braucht, sind innovative Lösungen für eine neue, vernetzte und nachhaltige Mobilität. Rad, Schiene, Busse und weniger Autos mit weniger umweltbelastenden Antriebsarten sind deren Säulen.“ 23 <?page no="32"?> Literatur [1] Richtlinie 2008/ 50/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa, Amtsblatt L 152 vom 11.06.2008; http: / / eurlex.europa.eu/ LexUriServ/ LexUriServ.do? uri=OJ: L: 2008: 152: 0001: 0044: de: PDF [2] 39. BImSchV, Neununddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes, Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen vom 2. August 2010, BGBl. I S. 1065; http: / / www.gesetzeim-internet.de/ bimschv_39/ [3] Bayerisches Immissionsschutzgesetz (BayImSchG), BayRS III, S. 472, http: / / www.gesetzebayern.de/ jportal/ portal/ page/ bsbayprod.psml? showdoccase=1&doc.id=jlr- ImSchGBYrahmen&doc.part=X [4] Lufthygienisches Landesüberwachungssystem Bayern: www.luft.bayern.de [5] Luftreinhaltung in Bayern: www.luft.bayern.de [6] EU-Kommission: Entscheidungen zur Fristverlängerungen; http: / / ec.europa.eu/ environment/ air/ review_air_policy.htm [7] Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Lkw-Durchfahrtsverbote, http: / / www.stmuv.bayern.de/ umwelt/ luftreinhaltung/ massnahmen/ 39bimschv/ dur chfahrtsverbot.htm [8] Landeshauptstadt München, KVR, Lkw-Durchfahrtsverbot, http: / / www.muenchen.de/ rathaus/ Stadtverwaltung/ Kreisverwaltungsreferat/ Verk ehr/ Umleitung-des-LKW-Durchgangverkehrs/ Lkw-Sperrkonzept.html [9] Empfehlungen des Deutschen Städtetags für Ausnahmen von Fahrverboten in Umweltzonen: http: / / www.rismuenchen.de/ RII2/ RII/ DOK/ SITZUNGSVORLAGE/ 1287597.pdf [10] Landeshauptstadt München, Kommunalreferat, Vermessungsamt, Umweltzone München, http: / / www.muenchen.de/ rathaus/ Stadtverwaltung/ Referat-fuer- Gesundheit-und-Umwelt/ Luft_und_Strahlung/ Umweltzone/ Worum_geht_es.html [11] Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Berlin, Ein Jahr Umweltzone Berlin: Wirkungsuntersuchungen, Mai 2009; Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz Berlin, Ein Jahr Umweltzone Stufe 2 in Berlin, Juni 2011; http: / / www.stadtentwicklung.berlin.de/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ luftreinhalteplan/ do ku_umweltzone.shtml [12] Manfred Ertl, em plan, Umweltzonen München und Augsburg - Ergebnisse der Wirkungsanalyse 2012, in Fachtagung des Bayerischen Landesamtes für Umwelt „Luftreinhalteplanung - Maßnahmen gegen Feinstaub und Stickstoffoxide“ vom 23.10.2012, www.bestellen.bayern.de [13] Medizin-Aspekte, Wissenschaftliche Belege für Wirkung der Umweltzone, http: / / www.medizin-aspekte.de/ Wissenschaftliche-Belege-fuer-Wirkung-der- Umweltzone_48406.html 24 <?page no="33"?> [14] Umweltbundesamt, Umweltzonen in Deutschland, http: / / www.umweltbundesamt.de/ themen/ luft/ luftschadstoffe/ feinstaub/ umweltzo nen-in-deutschland [15] Referat für Umwelt und Gesundheit der Landeshaupt München, Münchner Brennstoff-Verordnung vom 20.10.1999, zuletzt geändert am 09.09.2011, http: / / www.muenchen.de/ rathaus/ Stadtverwaltung/ Referat-fuer-Gesundheitund-Umwelt/ Luft_und_Strahlung.html [16] Beschluss des Umweltausschusses des Münchner Stadtrates vom 28.01.2014, Verschärfung der Münchner Brennstoffverordnung; Vorlagen-Nr. 08-14 / V 13221, http: / / www.ris-muenchen.de/ RII2/ RII/ ris_sitzung_to.jsp? risid=3144207 [17] Landeshauptstadt München, KVR, Parklizenzierung - Maßnahmen, http: / / www.muenchen.de/ rathaus/ Stadtverwaltung/ Kreisverwaltungsreferat/ Verk ehr/ Parkraummanagement/ Allgemeine-Informationen.html [18] Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, Luftreinhalteplan für die Inntalautobahn - Streckenabschnitt Oberaudorf, 2012, http: / / www.regierung.oberbayern.bayern.de/ imperia/ md/ content/ regob/ internet/ d okumente/ bereich5/ technischerumweltschutz/ lrp/ lrp_inntalautobahn_streckenab schnitt_oberaudorf_neu.pdf [19] Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Luftreinhalteplan für die Stadt München 5. Fortschreibung, Dezember 2013, http: / / www.regierung.oberbayern.bayern.de/ aufgaben/ umwelt/ allgemein/ luftrein halte/ 02716/ [20] Landeshauptstadt Potsdam, TopThema Umweltorientierte Verkehrssteuerung, http: / / www.potsdam.de/ content/ topthema-umweltorientierte-verkehrssteuerung/ [21] Stadt Hagen, Umweltamt, Luft & Lärm, https: / / www.hagen.de/ web/ de/ webseiten/ 69/ 69_06/ 69_0602/ 69-0602.html [22] Umweltbundesamt, Auswertung zur NO 2 -Fristverlängerung in Deutschland; http: / / www.umweltbundesamt.de/ luft/ reinhaltestrategien/ luftreinhalterichtlinien.ht ml [23] Frank Dünnebeil, Udo Lambrecht, Ingo Rehberger, ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH, Forschungsbericht „Szenarien zur Entwicklung der NO 2 -Immissionsbelastung an verkehrsnahen Luftmessstationen in Bayern“, Heidelberg, in Fachtagung des Bayerischen Landesamtes für Umwelt „Luftreinhalteplanung - Maßnahmen gegen Feinstaub und Stickstoffoxide“ vom 13.10.2011, www.bestellen.bayern.de [24] EU-Kommission Umwelt: Review of the EU air policy, http: / / ec.europa.eu/ environment/ air/ review_air_policy.htm; http: / / ec.europa.eu/ environment/ air/ clean_air_policy.htm; EU-Kommission Umwelt, Proposal for a new EU Environment Action Programme to 2020, COM(2012) 710 final, http: / / ec.europa.eu/ environment/ newprg/ intro.htm; Bundesratsdrucksache Nr. 745/ 12 vom 01.02.2013 [25] M. Amann, International Institute for Applied Systems Analysis IIASA, TSAP#6 Report, TSAP-2012 Baseline Health and Environmental Impacts, November 2012; http: / / ec.europa.eu/ environment/ air/ pdf/ tsap_impacts.pdf [26] Umweltbundesamt, Hintergrund / / Februar 2014, Luftqualität 2013, vorläufige Auswertung, http: / / www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 377/ publikationen/ hg _luftqualitaet_web.pdf 25 <?page no="34"?> [27] EU-Kommission, „Saubere Luft für Europa“ (COM(2013)918final), Bundesrats- Drucksache BR-Drs. 817/ 13, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über ein Programm „Saubere Luft für Europa“ [28] D. Kuhr, Süddeutsche Zeitung vom 28.03.2014, Nr. 73, S. 6, Freie Fahrt auf der Busspur [29] Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München in der Verwaltungsstreitsache Deutsche Umwelthilfe e.V. gegen Freistaat Bayern vom 09.10.2012, M 1 K 12.1046 [30] J. Vidal, theguardian, UK government failing legal duty on air pollution, supreme court rules, 01.05.2013, http: / / www.theguardian.com/ environment/ 2013/ may/ 01/ government-pollutionsupreme-court [31] Pressemitteilung der EU-Kommission vom 20.02.2014, Environment: Commission takes action against UK for persistent air pollution problems, http: / / europa.eu/ rapid/ press-release_IP-14-154_en.htm [32] Europäische Umweltagentur, Very high air pollution levels across Western Europe, Pressemitteilung vom 14.03.2014, http: / / www.eea.europa.eu/ highlights/ very-high-air-pollution-levels [33] Umweltbundesamt, Feinstaubbelastung zu hoch: Fahrverbot in Frankreich, 17.03.2014, http: / / www.umweltbundesamt.de/ themen/ feinstaubbelastung-zu-hochfahrverbot-in-frankreich [34] Fritz Kuhn, Was Stuttgart braucht, http: / / fritz-kuhn-ins-rathaus.de/ wasstuttgartbraucht/ 26 <?page no="35"?> 3 Entwicklung der Luftqualität - NO 2 und Feinstaub Andrea Wellhöfer, Mike Pitz Abstract In this paper, the pollution levels of the air pollutants nitrogen dioxide NO 2 and particulate matter PM 10 are considered for Bavaria. Furthermore the polluters are analyzed for the city of Munich, as one example. Kurzfassung Im vorliegenden Beitrag wird die Immissionssituation für die Luftschadstoffe Stickstoffdioxid NO 2 und Feinstaub PM 10 in Bayern betrachtet. Am Beispiel der Stadt München werden zudem die Verursacher der Luftschadstoffe analysiert. 1. Einführung Der Rat der EU-Umweltminister hat am 14.04.2008 die vom Europäischen Parlament am 11.12.2007 beschlossene Richtlinie über die Luftqualität und saubere Luft für Europa angenommen. Diese EU-Luftqualitätsrichtlinie (2008/ 50/ EG) ist ein Bestandteil der thematischen Strategie zur Luftreinhaltung, die von der Kommission im September 2005 vorgestellt wurde. Für verschiedene Luftschadstoffe wurden anspruchsvolle und verbindliche Grenzwerte sowie Leit- und Zielwerte festgelegt, die eine unbedenkliche lufthygienische Situation für die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt gewährleisten sollen. Deutschland hat die Richtlinie 2008/ 50/ EG mit der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen - 39. BImSchV [1] umgesetzt. Im folgenden Beitrag liegt der Focus auf der Entwicklung der Luftqualität hinsichtlich der Luftschadstoffe Stickstoffdioxid NO 2 und Feinstaub PM 10 . Stickstoffoxide entstehen vorwiegend bei Verbrennungsprozessen. Eine der Hauptquellen sind die Kraftfahrzeugmotoren des Straßenverkehrs. Feinstaub wird von Kraftfahrzeugmotoren, Öfen und Heizungen in Wohnhäusern sowie von industriellen Anlagen emittiert. Er kann aber auch aus der Sekundärbildung von Partikeln aus gasförmigen Vorläufersubstanzen sowie aus natürlichen Quellen stammen, z.B. von Vulkanausbrüchen oder Sandstürmen, wenn der Feinstaub unter besonderen Windverhältnissen Tausende von Kilometern bis nach Deutschland transportiert wird (z.B. Saharastaub). 27 <?page no="36"?> Verkehrsbedingter Feinstaub wird nicht nur mit den Motorabgasen - vor allem von Dieselmotoren - emittiert, sondern auch durch Bremsen- und Reifenabrieb sowie durch die Aufwirbelung des Staubes von der Straßenoberfläche freigesetzt. Nicht zu vergessen, weil ebenfalls anthropogenen Ursprungs: Sehr hohe Belastungen sind am Jahresanfang zu beobachten, wenn durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern die Belastung der Luft mit Schadstoffen insbesondere mit Feinstaub kurzzeitig sehr hohe Werte erreicht. Folgende Tabelle enthält die Immissionsgrenzwerte für NO 2 und PM 10 . Tabelle 1: Immissionsgrenzwerte für PM 10 und NO 2 nach der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen - 39. BImSchV Schadstoff NO 2 PM 10 Mittelungszeitraum 1 Stunde Kalenderjahr Tag Kalenderjahr Immissionsgrenzwert 200 μ/ m 3 40 μ/ m 3 50 μ/ m 3 40 μ/ m 3 Zulässige Anzahl von Überschreitungen 18 / Jahr - 35 / Jahr - Stichtag 01.01.2010 01.01.2010 01.01.2005 01.01.2005 2. Stickstoffdioxid- und Feinstaubbelastung 2.1 Bayernweite Entwicklung der Stickstoffdioxid- und der Feinstaubbelastung Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) betreibt zur Feststellung und Überwachung der Luftqualität das Lufthygienische Landesüberwachungssystem Bayern (LÜB) gemäß den EU-Vorschriften, die in der bereits erwähnten 39. BImSchV in nationales Recht umgesetzt wurden. Das LÜB umfasst derzeit 54 Messstationen. Die Anforderungen an das Luftschadstoffmessnetz (Standorte, Anzahl der erforderlichen Stationen, gemessene Parameter usw.) sind in der 39. BImSchV geregelt. Durch das Lufthygienische Landesüberwachungssystem wird die Luftqualität in Bayern repräsentativ und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben für das gesamte bayerische Staatsgebiet ermittelt. Die Messwerte der LÜB-Stationen können im Internet abgerufen werden [2]. Um eine räumlich differenzierte Bewertung der Luftbelastung aufzeigen zu können, sind die einzelnen Messstationen des Lufthygienischen Überwachungssystems Bayern (LÜB-Messstationen) in drei unterschiedliche Belastungssituationen und zwar in „Ländlicher Hintergrund“, „Städtischer Hintergrund“ und „Städtisch verkehrsnah“ klassifiziert. Die Grundbelastung als „ländlicher Hintergrund“ bezeichnet, steht für Gebiete, in denen die Luftqualität weitgehend unbeeinflusst von lokalen Emissionen ist, und wird auch als großräumiger oder regionaler Hintergrund bezeichnet. 28 <?page no="37"?> „Städtischer Hintergrund“ ist charakteristisch für Gebiete, in denen die gemessenen Schadstoffkonzentrationen als typisch für die Luftqualität in der Stadt angesehen werden können. Sie beschreibt die Belastung, die sich aus städtischen Emissionen (Straßenverkehr, Hausbrand, etc.) und dem v. g. ländlichen Hintergrund ergibt. „Städtisch verkehrsnah“ steht für Stationen, die sich typischerweise an Straßen mit entsprechendem Verkehrsaufkommen befinden. Hier addiert sich zum „städtischen Hintergrund“ ein Beitrag, der durch die Emissionen des Straßenverkehrs von hochbelasteten Straßen am jeweiligen Standort entsteht (z.B. Messstationen an der Vonder-Tann-Straße in Nürnberg oder an der Landshuter Allee in München). Bild 1: Klassifizierung der Belastungssituationen modifiziert nach Lenschow et al., 2001 [3] In den nachfolgenden Bildern 2 und 4 ist die Entwicklung der NO 2 -und der PM 10 - Jahresmittelwerte im Mittel über alle LÜB-Stationen im Zeitraum von 2000 bis 2013 für Bayern aufgezeigt. Des Weiteren werden in den Bildern 3 und 5 die NO 2 - und PM 10 -Jahresmittelwerte im Mittel über die klassifizierten Stationen „ländlicher Hintergrund“, „städtischer Hintergrund“ und „städtisch verkehrsnah“ gezeigt. Die NO 2 -Immissionen in Bayern zeigen danach eine geringe Abnahme an verkehrsnahen Stationen und im Stadtgebiet. An ländlichen LÜB-Stationen verändern sich die Werte auf niedrigem Niveau in den letzten Jahren nur wenig. 29 <?page no="38"?> 0 10 20 30 40 50 60 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 NO2-Konzentration[μg/ m3] Alle Stationen in Bayern Bild 2: NO 2 -Jahresmittelwerte 2000-2013 über alle Stationen in Bayern (gemittelt) 10 20 30 40 50 60 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 NO2-Konzentration [μg/ m3] Ländlicher Hintergrund (Vor)städtischer Hintergrund Verkehrsmessstationen Bild 3: NO 2 -Jahresmittelwerte 2000-2013 klassifiziert 30 <?page no="39"?> 0 10 20 30 40 50 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 PM10-Konzentration [μg/ m3] Alle Stationen in Bayern Bild 4: PM 10 -Jahresmittelwerte über alle Stationen in Bayern 2000-2013 10 20 30 40 50 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 PM10-Konzentration [μg/ m3] Ländlicher Hintergrund (Vor)städtischer Hintergrund Verkehrsmessstationen Bild 5: PM 10 -Jahresmittelwerte 2000-2013 in Bayern (klassifiziert) 31 <?page no="40"?> Der PM 10 -Immissionsverlauf gemittelt über alle Stationen in Bayern zeigt insgesamt eine abnehmende Tendenz. In 2008 hieß es noch: Langfristig ist immer noch ein fallender Trend bei der PM 10 -Feinstaubbelastung feststellbar [4]. Seither ist allerdings bei den Verkehrsmessstationen kein eindeutig fallender Trend mehr zu erkennen. Das Jahr 2012 galt allgemein als ein meteorologisch besonders günstiges Jahr, so dass hier ein kleiner Knick zu sehen ist. Im Jahr 2013 lag die Belastung jedoch wieder auf dem Niveau der Vorjahre. 2.2 Stickstoffdioxid- und Feinstaub-Immissionen an verkehrsnahen Messstationen 2.2.1 Stickstoffdioxid-Immissionen an verkehrsnahen Messstationen In folgender Tabelle sind die NO 2 -Jahresmittelwerte [μg/ m 3 ] von ausgewählten LÜB- Messstationen für die Jahre 2008 bis 2013 dargestellt. Tabelle 2: Übersicht von NO 2 -Jahresmittelwerten [7] LÜB-Messstation 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Ansbach Residenzstraße 31 36 35 40 39 34 Aschaffenburg Bussardweg 29 33 34 33 32 31 Aschaffenburg Schweinheimer Straße 36 35 31 - - - Augsburg Karlstraße 53 57 54 49 46 - Augsburg Königsplatz 45 47 51 49 33 32 Bayreuth Hohenzollernring 35 34 34 31 32 30 Erlangen Pfarrstraße 35 38 36 - - - Fürth Theresienstraße 28 32 31 33 31 - Landshut Podewilsstraße 32 32 29 28 32 30 München Landshuter Allee 85 92 99 85 81 81 München Lothstr. 35 35 35 33 31 31 München Moosach 37 38 39 39 35 - München Prinzregentenstraße 77 74 68 61 - - München Stachus 74 78 74 76 60 64 Nürnberg Bahnhof 37 38 40 37 35 35 Nürnberg Von-der-Tann-Straße 55 53 50 49 46 47 Nürnberg Ziegelsteinstraße 36 37 34 30 - - Oberaudorf Inntal-Autobahn 48 43 49 46 43 45 Passau Stelzhammerstraße 33 29 31 35 31 30 Regensburg Rathaus 44 45 48 45 44 42 Würzburg Kardinal-Faulhaber-Platz 32 28 34 34 - - Würzburg Stadtring Süd 45 42 44 44 42 42 Werte für das Jahr 2013 sind derzeit noch vorläufig! Fett: Überschreitung des NO 2 -Jahresgrenzwertes von 40 μg/ m 3 , gültig seit 1.1.2010 (Hinweis: Vorher betrug der Grenzwert + Toleranzmarge: 44 μg/ m 3 für das Jahr 2008 und 42 μg/ m 3 für das Jahr 2009; Fristverlängerungen sind hier nicht berücksichtigt (siehe dazu [7])) 32 <?page no="41"?> 2.2.2 Feinstaub-Immissionen an verkehrsnahen Messstationen Um Erkenntnisse über die Feinstaubinhaltsstoffe zu erhalten und Erfahrungen für die Probenahme, Analyse, Quantifizierung und Auswertung zu sammeln, untersucht das LfU seit 2006 die Feinstaubinhaltsstoffe im PM 10 . In diesem Zusammenhang wurden umfangreiche Staubinhaltsstoffanalysen durchgeführt. Es werden u.a. die Überschreitungen des PM 10 -Tagesgrenzwertes an den betreffenden Messstationen des Lufthygienischen Landesüberwachungssystem Bayern (LÜB), die auf Ausbringung von Streusand und -salz im Winterdienst zurückzuführen sind, ermittelt und untersucht. Den jährlichen Kurzberichten [5] darüber ist zu entnehmen, dass sich zahlreiche Überschreitungstage auf den Winterdienst zurückführen lassen. Insofern erhält die in der EU-Luftqualitätsrichtlinie vorgesehene Möglichkeit, bei entsprechendem Nachweis die Überschreitungen durch den Winterdienst für die Luftreinhalteplanung unberücksichtigt zu lassen, eine große Bedeutung [6]. Allerdings ist keine einfache Systematik, mittels der die Überschreitungstage, z.B. anhand von Prognosen oder Berechnungen bestimmt werden könnten, erkennbar. Mit Ausnahme der LÜB-Messstation München/ Landshuter Allee, an der durchschnittlich 10 Überschreitungstage pro Jahr auf die Ausbringung von Streusalz zurückzuführen sind, schwankt die Zahl der Überschreitungstage an den anderen untersuchten Stationen sehr stark. Als Untersuchungsergebnis lässt sich deshalb bereits jetzt ableiten, dass die analytische Bestimmung des Streusalzanteils für die Berichterstattung an die Europäische Kommission weiterhin an allen relevanten Messstationen des LÜB (in der Regel sind dies verkehrsorientierte Messstationen mit einer hohen Anzahl von Überschreitungen des PM 10 -Tagesgrenzwertes) notwendig sein wird. In folgender Tabelle sind Anzahl der Tage an welchen der PM 10 -Tagesmittelwert von 50 μg/ m 3 überschritten war, an den bereits in Tabelle 2 aufgeführten LÜB- Messstationen für die Jahre 2008 bis 2013 dargestellt. 33 <?page no="42"?> Tabelle 3: Anzahl der Tage an welchen der PM 10 -Tagesmittelwert von 50 μg/ m 3 überschritten war mit Kennzeichnung der Werte bei einer Überschreitung von mehr als 35 Tagen [7] LÜB-Messstation 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Ansbach Residenzstraße 10 22 22 21 12 16 Aschaffenburg Bussardweg 7 17 7 13 - - Aschaffenburg Schweinheimerstraße 9 17 10 - - - Augsburg Karlstraße 30 24 34 35 21 (18) - Augsburg Königsplatz 36 33 44 38 22 (21) 26 Bayreuth Hohenzollernring 8 21 15 21 14 12 Erlangen Pfarrstraße 9 15 17 - - - Fürth Theresienstraße 11 25 23 19 8 9 Landshut Podewilsstraße 13 23 30 23 9 14 München Landshuter Allee 61 52 65 48 27 (17) 39 (30) München Lothstr. 11 16 27 11 5 11 München Moosach - - - - - - München Prinzregentenstraße 14 15 31 17 - - München Stachus 21 33 47 35 14 (11) 19 (17) Nürnberg Bahnhof 11 18 22 26 - - Nürnberg Von-der-Tann-Straße 18 22 34 32 17 (15) 31 (21) Nürnberg Ziegelsteinstraße 6 15 15 17 - - Oberaudorf Inntal-Autobahn 5 2 24 6 14 22 Passau Stelzhammerstraße 11 22 35 29 12 (11) 16 Regensburg Rathaus 20 21 24 34 18 (15) 28 (23) Würzburg Kardinal-Faulhaber-Platz 7 19 14 17 - - Würzburg Stadtring Süd 9 16 17 36 19 (17) 19 (17) Werte für das Jahr 2013 sind derzeit noch vorläufig! Fett: Stationen an welchen der PM 10 -Tagesmittelwert von 50 μg/ m 3 und an mehr als 35 Tagen überschritten war, gültig seit 1.1.2005 (Hinweis: Die Ausnahmen bei Fristverlängerungen mit besonderen Tagesmittelwerten sind hier nicht berücksichtigt (siehe dazu [7])) Werte in Klammern (): Anzahl der Überschreitungstage abzüglich der Tage, die auf die Ausbringung von Streusalz zurückzuführen sind (vgl. § 25 der 39. BImSchV) In Tabelle 3 wird dargestellt, dass es Überschreitungen des Tagesmittelwerts für PM 10 gibt, die auf die Ausbringung von Streusand (Splitt) und -salz auf Straßen im Winterdienst zurückzuführen sind. Diese Tage dürfen für den Vergleich mit den Grenzwerten außer Ansatz bleiben. Diese Möglichkeit wurde den Mitgliedstaaten im Rahmen der EU-Vorschriften zur Luftqualität eingeräumt. Dabei ist für jeden Überschreitungstag zu zeigen, dass ein für die Grenzwertüberschreitung relevanter Anteil des Feinstaubs auf Streusand (Splitt) und -salz zurückzuführen ist. 34 <?page no="43"?> Grenzwertüberschreitungen, insbesondere des Tagesmittelwertes, treten in Städten vor allem im Nahbereich verkehrsreicher Straßen auf. Die Höhe der PM 10 - Immissionskonzentration ist dabei abhängig vom Verkehrsaufkommen, dem Anteil des Schwerlastverkehrs und von den Umgebungsverhältnissen (Bebauung: z.B. Enge und Orientierung der Straßenschlucht zur Hauptwindrichtung). Darüber hinaus hängt die PM 10 -Belastung wesentlich von den meteorologischen Verhältnissen ab. Insbesondere schwachwindige Hochdruckwetterlagen mit anhaltenden, bodennahen Inversionen können im Winter dazu führen, dass die Schadstoffe nicht wegtransportiert werden und sich somit in den unteren Luftschichten wie unter einer Glocke ansammeln (z.B. Inversionswetterepisode Winter 2006). In solchen Fällen können auch großflächig deutlich erhöhte PM 10 -Konzentrationen auftreten, wobei auch im ländlichen Hintergrund der Tagesgrenzwert überschritten werden kann. 2.3 Stickstoffdioxid- und Feinstaubbelastung an hochbelasteten LÜB-Stationen im Jahr 2013 (vorläufige Werte) Nachfolgend sind die Ergebnisse für NO 2 und PM 10 der im Jahr 2013 am höchsten belasteten Messstationen aufgeführt. Tabelle 4: LÜB-Messstationen mit Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte (IGW) für Stickstoffdioxid in 2013 (Feinstaub PM 10 ergänzend mit angegeben) 2013 Stickstoffdioxid NO 2 Feinstaub PM 10 LÜB- Messstation Anzahl der Überschreitungen des Stundenmittelwertes (SMW 200 μg/ m³) Jahresmittelwert [μg/ m³] (Grenzwert für JMW 40 μg/ m³) Anzahl der Überschreitungen des Tagesmittelwertes (TGW 50 μg/ m 3 ) Jahresmittelwert [μg/ m³] (Grenzwert für JMW 40 μg/ m³) München, Landshuter Allee 50 81 39 Tage (30) 31 München, Stachus - 64 19 Tage (17) 26 Nünberg / Von-der- Tann-Straße - 47 31 Tage (21) 28 Oberaudorf / Inntal- Autobahn - 45 22 Tage 25 Regensburg / Rathaus - 42 28 Tage (23) 28 Würzburg / Stadtring Süd - 42 19 Tage (17) 27 Die Werte für das Jahr 2013 sind derzeit noch vorläufig! Werte in Klammern (): Anzahl der Überschreitungstage abzüglich der Tage, die auf die Ausbringung von Streusalz zurückzuführen sind (vgl. § 25 der 39. BImSchV) 35 <?page no="44"?> 2.3. Zusammenfassung der Stickstoffdioxid- und Feinstaubbelastungen 2.3.1 Zusammenfassung zur Stickstoffdioxidbelastung In Bayern wird ausschließlich an Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen der Immissionsgrenzwert im Jahresmittel für Stickstoffdioxid (40 μg/ m 3 ) überschritten. Der Stundengrenzwert (200 μg/ m 3 ) mit zulässiger Überschreitungshäufigkeit von 18 Stunden im Jahr wird bis auf die Messstation an der Landshuter Allee in München in Bayern seit dem Stichtag 01.01.2010 eingehalten. 2.3.2 Zusammenfassung zur Feinstaubbelastung Die höchsten Immissionswerte für Feinstaub werden an stark verkehrsbelasteten Innerortsstraßen mit dichter Randbebauung gemessen, weil hier die Ausbreitungs- und Verdünnungsbedingungen besonders ungünstig sind. Der Immissionsgrenzwert im Jahresmittel für Feinstaub PM 10 (40 μg/ m 3 ) wird in Bayern überall eingehalten. Die Überschreitung des Tagesmittelwertes für Feinstaub PM 10 (50 μg/ m 3 ) wird außerhalb von Städten ebenfalls eingehalten (d.h. höchstens 35 Überschreitungen im Jahr). In den letzten Jahren 2012 und 2013 ist die positive bayernweite Entwicklung zu beobachten, dass keine Überschreitungen der zulässigen Anzahl von 35 Überschreitungstagen des PM 10 -Tagesmittelwertes an den LÜB-Messstationen aufgetreten sind. Selbst am „Brennpunkt“, Landshuter Allee in München, mit einem täglichen Verkehrsaufkommen von etwa 140.000 Kfz/ 24h und einem Schwerlastanteil von 6,8% ist der Kurzzeit-Grenzwert eingehalten. Der Grenzwert für das PM 10 - Jahresmittel von 40 μg/ m 3 wurde an der Landshuter Allee zuletzt im Jahr 2006 überschritten. Neben Feinstaub PM 10 werden seit Beginn des Jahres 2008 auch Messungen der PM 2,5 -Fraktion durchgeführt. Für die gesundheitliche Bewertung hat Feinstaub PM 2,5 eine noch größere Bedeutung. Die Partikelgröße beträgt weniger als 2,5 m und kann deshalb tief bis in die Atemwege zu den Bronchiolen und Alveolen vordringen. Der Zielwert für PM 2,5 von 25 μg/ m 3 als Jahresmittelwert sollte ab 1. Januar 2010 unterschritten sein. Ab 1. Januar 2015 ist dann der Grenzwert von 25 μg/ m 3 als Jahresmittelwert einzuhalten. Die Jahresmittelwerte der PM 2,5 -Belastung lagen bisher an allen LÜB-Messstationen unter dem ab 1. Januar 2015 gültigen Grenzwert von 25 g/ m 3 . Auch an der am höchsten belasteten Messstation an der Landshuter Allee in München bereitet der Grenzwert kein Problem. Die Daten können den Lufthygienischen Jahresberichten.[7] entnommen werden. Die deutschlandweiten Angaben zur Luftqualität werden vom Umweltbundesamt aus den gemeldeten Daten der Länder zusammengestellt und stehen im Internet zur Verfügung. „Die Luftqualität unterliegt derzeit mehr oder weniger starken zwischenjährlichen Schwankungen. Die mittlere Immissionsbelastung in Deutschland weist sowohl bei Feinstaub (PM 10 ) als auch bei NO 2 eine ausgeprägte Abnahme von den Ballungsräumen zum Land auf. Die höchsten Belastungen treten in der Nähe ihres Entstehungsortes, in Ballungsräumen und an stark verkehrsbelasteten Orten auf.“ [8] 36 <?page no="45"?> 3. Verursacher der Stickstoffdioxid- und Feinstaubbelastung am Beispiel der Stadt München [9] 3.1 Emissionen an Stickstoffdioxid und Feinstaub in München In folgenden beiden Bildern sind die prozentualen Anteile der NO X - und PM 10 - Emissionen der entsprechenden Verursacher für das Stadtgebiet von München dargestellt. Der Kfz-Verkehr ist bei NO X mit 58% und bei PM 10 mit 52% die dominierende Emissionsquelle im Stadtgebiet von München. Auch der Hausbrand stellt bei PM 10 mit 26% und bei NO X mit 15% einen erheblichen Anteil dar. Bild. 6: Aufteilung der NO X -Emissionen im Stadtgebiet von München auf die verschiedenen Quellsektoren für das Bezugsjahr 2012 Bild 7: Aufteilung der PM 10 -Emissionen im Stadtgebiet von München auf die verschiedenen Quellsektoren für das Bezugsjahr 2012 37 <?page no="46"?> 3.2 Immissionen an Stickstoffdioxid und Feinstaub an den Münchner LÜB-Messstationen Der Einfluss des Verkehrs ist bei den NO 2 -Immissionen maßgeblich (siehe Bild 8). Aufgrund der ungünstigen Durchlüftungssituation an der Landshuter Allee beträgt der Anteil des lokalen Verkehrs hier rund 68% und erhöht sich durch die Belastung aus dem städtischen Hintergrund auf über 81%. Am Stachus beträgt die Verkehrsbelastung aus dem lokalen Verkehr und städtischen Hintergrund insgesamt rund 73%. Demgegenüber liegt der Beitrag durch den lokalen Verkehr an der Lothstraße nur bei etwa 11% und wird durch den Verkehrsanteil aus der Hintergrundbelastung mit 37% übertroffen. Die NO 2 -Beiträge der Anlagen aus dem Emissionskataster (EKAT) variieren lediglich zwischen 2 und 6% und spielen somit eine untergeordnete Rolle. Bild 8: NO 2 -Immissionsanteile an den LÜB-Messstationen in München für das Bezugsjahr 2012 [μg/ m 3 ] Bei den verkehrsbezogenen LÜB-Messstationen ist bei PM 10 (siehe Bild 9) zu beobachten, dass neben der regionalen Hintergrundbelastung auch der lokale Beitrag des Verkehrs eine dominante Rolle spielt. An der Landshuter Allee ist der lokale PM 10 -Verkehrsbeitrag mit etwa 52% am höchsten, gefolgt vom Stachus mit einem Beitrag von etwa 31%. Bei den genannten lokalen PM 10 -Verkehrsbeiträgen dominieren die Aufwirbelungs- und Abriebanteile (AWAR). Diese AWAR-Anteile machen beispielsweise an der Landshuter Allee etwa 42% des lokalen PM 10 -Verkehrsanteiles aus. Demgegenüber variieren die PM 10 -Beiträge der Anlagen aus dem Emissionskataster (EKAT) an den LÜB-Standorten nur zwischen 1 und 3%. 38 <?page no="47"?> Bild 9: PM 10 -Immissionsanteile an den LÜB-Messstationen in München für das Bezugsjahr 2012 [μg/ m 3 ] 3.3. Zeitlicher Trend der Verursacheranteile in München Im Vergleich zu den bisherigen Verursacheranalysen für die Bezugsjahre 2002/ 2003 an der LÜB-Station Stachus sowie für das Bezugsjahr 2005 an den LÜB-Stationen Lothstraße, Stachus und Landshuter Allee ergeben sich gleiche Kernaussagen. Insbesondere der Kfz-Verkehr bleibt weiterhin der Hauptverursacher der Immissionen an den verkehrsbezogenen LÜB-Messstationen. Städtische Beiträge aus Industrie und Hausbrand spielen sowohl an verkehrsbezogenen als auch an den Hintergrundstationen des LÜB eine untergeordnete Rolle, obwohl diese Verursachergruppen einen nicht unerheblichen Anteil an den Gesamtemissionen, bezogen auf das gesamte Stadtgebiet von München, beitragen. Der regionale Beitrag bleibt weiterhin dominierend bei den PM 10 -Belastungen der LÜB-Hintergrundstationen. 4. Ausblick In Gebieten, in denen die Immissionsgrenzwerte überschritten sind, hat das Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit (seit Oktober 2013: Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz) Luftreinhaltepläne nach § 47 BlmSchG insgesamt 17 Luftreinhaltepläne aufgestellt [10]. Konkrete Maßnahmen lassen sich aus der jeweils aktuellen Fassung des örtlichen Luftreinhalteplans entnehmen. 39 <?page no="48"?> Primär müssen Maßnahmen dort ergriffen werden, wo eine hohe Luftschadstoffbelastung vorliegt. Sofern belastbare Hinweise auf Überschreitungen von Immissionsgrenzwerten bestehen, muss die Kommune Maßnahmen zur Reduktion der Luftschadstoffbelastung ermitteln und innerhalb des gesetzlichen Rahmens umsetzen. Ist z. B. der Straßenverkehr Hauptverursacher, sind in Zusammenarbeit mit den zuständigen Straßenverkehrsbehörden auf diesen Sektor bezogene Maßnahmen einzuleiten. Die Regierung und das Landesamt für Umwelt (LfU) unterstützen die Kommune dabei fachlich. Die Luftreinhalteplanung ist kein abgeschlossener Prozess, die Pläne werden bei Bedarf fortgeschrieben. So fließen neue Erkenntnisse über effektive und verhältnismäßige Minderungsmaßnahmen ein. Da die Gegebenheiten und die Verursacher von Luftschadstoffen von Ort zu Ort unterschiedlich sind, kommt es darauf an, eine für das betroffene Gebiet maßgeschneiderte Lösung zu entwickeln. In diesem Zusammenhang führt das LfU Analysen zu Verursachern und zur Wirkung von Maßnahmen durch. Umfangreiche technische Verbesserungen von industriellen Filtersystemen, der Einsatz von modernsten Motoren und Kraftstoffen in Fahrzeugen und die Verwendung von modernen Öl- und Gasbrennern in den Haushalten führten in der Vergangenheit zu einem Rückgang der anthropogenen Feinstaubemissionen. Ehrgeizige NO 2 -Immissions-Grenzwerte gelten bereits seit dem 1. Januar 2010, aber die strenge Abgasstufe Euro 6 für Pkw ist erst ab Erstzulassung September 2015 verbindlich. Somit kommt die Abgasstufe Euro 6 für Pkw relativ spät und trifft auf eine erst kürzlich umfassend erneuerte Fahrzeugflotte mit einem sehr hohen Anteil neuer und neuwertiger Fahrzeuge (grüne Plakette, Abwrackprämie). Mit einer Verbesserung der NO 2 -Belastung an stark verkehrsbelasteten Standorten durch Euro 6-Pkw ist daher vermutlich erst ab Ende dieses Jahrzehnts zu rechnen. Weitergehende verkehrliche Maßnahmen an Brennpunkten wie Tempolimit, Verkehrsmanagement und Verkehrssteuerung werden daher noch notwendig sein. Im Beitrag „Aktueller Stand der Luftreinhalteplanung in Bayern“ in diesem Tagungsband werden mögliche Maßnahmen im Einzelnen erläutert. Bürgerinnen und Bürger können sich mit Fragen bezüglich der Luftqualität und Messungen an die zuständigen örtlichen Kreisverwaltungsbehörden wenden. Diese prüfen die Anfrage und veranlassen ggf. weitere Schritte. Messungen verursachen jedoch erhebliche Kosten und sollten mindestens über ein Kalenderjahr durchgeführt werden, um eine Bewertung hinsichtlich gültiger Grenzwerte vornehmen zu können. Der Messzeitraum von einem Kalenderjahr begründet sich durch den Jahresbezug der Grenzwerte. Aus diesem Grund wird, sofern die fachliche Notwendigkeit vorliegt, zuerst eine konservative Berechnung der verkehrsbedingten Schadstoffzusatzbelastungen im jeweiligen Untersuchungsgebiet vorgenommen. Ergibt die Berechnung eine Unterschreitung des Grenzwertes, sind keine weiteren Schritte veranlasst. Zeigen die Ergebnisse der Berechnung eine Überschreitung des Grenzwertes, wird eine Messung nicht für notwendig erachtet. Sie liefert kein anderes Ergebnis oder zusätzliche Erkenntnisse als die Berechnung. 40 <?page no="49"?> Nur wenn mit der Berechnung nicht sicher festgestellt werden kann, ob Grenzwerte eingehalten werden, wäre aus fachlicher Sicht eine Messung angezeigt. Messungen und Berechnungen von Luftschadstoffen können von dafür zugelassenen Messinstituten [11] im privaten oder öffentlichen Auftrag durchgeführt werden. Das LfU kann dafür in besonders begründeten Fällen, durch die örtliche Behörde, die Regierungen oder das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz beauftragt werden. Literatur [1] Neununddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen - 39. BImSchV) vom 2. August 2010 (BGBl. I S. 1065) [2] Informationen über Immissionsmessungen http: / / www.lfu.bayern.de/ luft/ immissionsmessungen/ index.htm [3] Lenschow, P. Abraham, H.-J. Kutzner, K. Lutz, M. Preu, J.-D. Reichenbacher W. 2001. Some ideas about the sources of PM10. Athmospheric Environment 35, 23-33. [4] Schlachta, R. Klein, S. Wunderlich, O., 2008. Aktueller Stand der Luftreinhalte- Aktionsplanung. Haus der Technik - Fachbuch 92 [5] Berichte zur Quantifizierung des Beitrags von Streusalz zur Feinstaubbelastung (PM10) in Bayern für die Kalenderjahre 2010 bis 2012 http: / / www.lfu.bayern.de/ luft/ immissionsmessungen/ index.htm [6] Schlachta, R. Diemer, J. Schmid, M. Ott, H. 2013. Überschreitungen des Feinstaub PM 10 -Grenzwertes aufgrund der Ausbringung von Streusalz auf Straßen [7] Lufthygienische Jahresberichte des Bayerischen Landesamt für Umwelt der Jahre 2008 bis 2013 http: / / www.lfu.bayern.de/ luft/ lufthygienische_berichte/ index.htm [8] Entwicklung der Luftqualität http: / / www.umweltbundesamt.de/ themen/ luft/ datenkarten/ entwicklung-der-luftqualitaet [9] 5. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes München (derzeit in der öffentlichen Auslegung), anschließend unter http: / / www.muenchen.de/ rathaus/ Stadtverwaltung/ Referat-fuer-Gesundheitund-Umwelt/ Luft_und_Strahlung/ Luftreinhalteplan.html [10] Luftreinhaltepläne in Bayern http: / / www.stmuv.bayern.de/ umwelt/ luftreinhaltung/ luftreinhalteplaene/ [11] Messstellenliste http: / / www.lfu.bayern.de/ luft/ p26_messstellen/ index.htm 41 <?page no="50"?> 4 Entwicklung der Umweltsituation in Europa Norbert Metz Abstract Emissions of stationary and mobile sources for selected exhaust gas components are shown in their development. For Europe (EU 27) total as well for all single 27 States air quality data are listed and compared with existing air quality standards. For NO 2 , PM 10 , partial for PM 2,5 and Benzene air quality data are shown for several years. A detailed analysis is conducted for NO 2 , PM 10 and Benzene. Kurzfassung Für die 27 EU-Staaten werden die Emissionen der stationären und mobilen Quellen für einige ausgewählte Abgaskomponenten in ihrer Entwicklung aufgezeigt. Die Auswirkung auf die Luftqualität wird für die EU insgesamt und auch für die 27 Einzelstaaten mit bestehenden Grenzwerten dargestellt. Für NO 2 , PM 10 , teilweise für PM 2,5 und Benzol wird die Luftqualität über mehrere Jahre betrachtet. Bei NO 2 , PM 10 und Benzol werden die Emissionen detailliert analysiert. Quelle: EEA, publications/ air-quality-in-europe-2012 eea.europa.eu/ publications/ air-quality-in-europe-2013 Bild 1: Entwicklung der wichtigsten Abgasemissionen im Europa der 27 Staaten Die Beitragsverteilung für die Problemkomponenten NOx und PM 10 ergibt sich aus Bild 2. 42 <?page no="51"?> Bild 2: Anteil der Quellen an den wichtigsten Abgasemissionen in der EU 27 in 2011 Der Straßenverkehr hat in 2011 bei NOx noch einen Anteil von 40 %, bei PM 10 von 14 %. Der Anteil in 2014 ist noch nicht dokumentiert, er wird voraussichtlich geringer werden. Quelle: http: / / www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ figures/ contributions-to-eu-emissions-from-1 Bild 3: Entwicklung der NOx-, PM 10 - und PM 2,5 - Emissionen im Europa der 27 Staaten 43 <?page no="52"?> Bild 3 zeigt bei der NOx-Emission eine Differenzierung zwischen Nutzfahrzeugen (HDV) und Pkw (PC), bei der PM 10 -Emission ist auch der Reifen- und Bremsabrieb dargestellt. Im unteren Teil ist neben der PM 10 -Emission auch die PM 2,5 -Emission gezeigt. Eine Differenzierung zwischen HDV und PC ist im Beitrag von Werner Tober zu sehen. Zwar ist die PM 10 -Emission des Strassenverkehrs nur die Hälfte der stationären Quellen, wegen der PM 10 -Immissisionsmessungen am Straßenrand bleiben sie im Fokus des Gesetzgebers. Vergleicht man die übers Jahr gemittelte Luftqualität, siehe Bild 4, so zeigt sich für NO 2 , dass in 2011 nur Deutschland die Bandbreite aller Stationen (Balken) den Grenzwert überschreitet, unten ist der Vergleich für das Jahr 2005 zusammengestellt. NO 2 , annual limit value, 2011 The graph is based on the 90.41 percentile of PM 10 daily mean concentration values corresponding to the 36th highest daily mean for each Member State; the boxes present the range of concentrations at all stations types (in g/ m 3 ) officially reported by the EU Member States Quelle: http: / / www.eea.europa.eu/ publications/ air-quality-in-europe-2013 Bild 4: Vergleich der NOx- Immissionen im Europa der 27 Staaten 44 <?page no="53"?> Quelle: http: / / www.eea.europa.eu/ publications/ air-quality-in-europe-2013 Bild 5: Vergleich der PM 10 - Immissionen im Europa der 27 Staaten Die Bandbreite aller deutschen Stationen liegt unter dem Grenzwert von 50μg/ m 3 . Quelle: http: / / www.eea.europa.eu/ publications/ air-quality-in-europe-2013 Bild 6: PM 10 - und PM 2,5 - Immissionen ländlich, städtisch und verkehrsnah Die gemittelten Werte zeigen den Unterschied zwischen Verkehrsstationen, urbanen und Hintergrundstationen, wobei für PM 10 keine eindeutige Veränderung seit 2001 ersichtlich ist, bei PM2,5 erfolgte bis 2008 eine Verbesserung, die danach wieder verloren ging. 45 <?page no="54"?> Ursachen In den Wintermonaten addieren sich mehrere ungünstige Faktoren und führen in europäischen Großstädten zur Überschreitung geltender Luftqualitätsziele. Zum einen ist die planetarische Grenzschicht nur wenige hundert Meter hoch und verhindert eine gute Durchmischung belasteter Luftmassen, zum zweiten emittiert der Hausbrand wegen des erhöhten Heizbedarfs mehr als im Sommer und zum dritten verzögern die kälteren Temperaturen die Anspringzeit der Katalysatoren der Kraftfahrzeuge. Dazu kommt, dass im Winter auch Inversionswetterlagen häufiger auftreten. Zusätzliche Partikel gelangen durch Streusalz und die Aufwirbelung von Reifen- und Straßenabrieb in die Messgeräte der Luftüberwachungsstationen. Bild 7 zeigt am Beispiel München Stachus die Unterschiede von einem Winter- und einem Sommermonat für das Jahr 1990 auf. Die deutlichere Abnahme bei den Partikeln ist auch auf die wachsende Anzahl der Diesel-Pkw und Busse mit Partikelfilter zurückzuführen. Bild 7: NO 2 - und PM-Monatsmittel im Januar und Juli 1990 am verkehrsreichen Stachus (Q: LFU) 46 <?page no="55"?> (Die Monatsmittel in 2013 bei NO 2 mit 62 im Jan und 68 im Juli, bei PM 10 mit 28 im Jan und 17 im Juli sind noch tiefer) Bild 8. NO 2 - und PM 10 -Monatsmittel im Januar und Juli 2012 am verkehrsreichen Stachus (Q: LFU) Der Vergleich mit Bild 8 zeigt kaum Änderungen beim NO 2 bedingt durch mehrere Einflussfaktoren, auf die auch der Beitrag von Andrea Wellhöfer näher eingeht. Deutliche Verbesserungen ergeben sich jedoch bei dem Partikelvergleich, wobei zu beachten ist, dass in 1990 noch alle Partikeln im Begriff PM enthalten sind und in 2012 im Begriff PM 10 nur die unter der Größe von 10 μm. Korrelationsmessungen haben ergeben dass der PM 10 -Wert ca. 80 % des PM-Werts beträgt. Zusätzlich kommt dazu, dass in 2012 der Januar vergleichsweise mild war und höhere PM 10 -Werte erst im Februar auftraten. Es stellt sich die Frage warum trotz massiver NOx-Emissionsverminderungen insbesondere vom Straßenverkehr die NO 2 Konzentrationen in der Stadtluft nicht deutli- 47 <?page no="56"?> cher abgenommen haben. Im Betrachtungszeitraum liegt die Kraftfahrzeug-Zunahme bei 15 %, wobei ältere Fahrzeuge mit ungünstigeren Abgasemissionen aus dem Bestand ausscheiden und durch emissionsärmere ersetzt werden. Das führt insgesamt zu deutlich niedrigeren Abgasemissionen wie auch der Beitrag von Werner Tober zeigt. Ein weiterer Grund kann im zunehmenden Dieselanteil in der Pkw-Flotte liegen. In 1990 lag der Anteil an Dieselfahrzeugen im Bestand bei ca. 12%, heute ist er auf 30 % angestiegen. Dieselfahrzeuge haben eine vergleichsweise höhere NO- Emission, da durch den Luftüberschuss beim Verbrennungsprozess nur Oxidationskatalysatoren verwendet werden können. Neuere Techniken wie z.B. der Einsatz von Harnstoff kommen im Betrachtungszeitraum noch nicht zum Tragen. Ein weiterer Effekt ist die raschere Umwandlung von NO zu NO 2 bedingt durch die insgesamt sauber werdende Atmosphäre. Der Anstieg der mittleren Ozonkonzentration in den Städten unterstützt diesen Prozess ( NO + O 3 = NO 2 +O 2 ). Auch die Zunahme der mittleren Umgebungstemperatur kann dazu beitragen. Quelle: UBA-Texte 65/ 2013, Rainer Stern, Juni 2013, FKZ 206 43 200/ 01 Bild 9: NO 2 - Beiträge - abgeschätzt für 2015 - an einigen verkehrsreichen Messstationen Im Hinblick auf die Entwicklung der Partikelkonzentration wird neben der Betrachtung der PM 10 -Fraktion in den letzten Jahren auch die Feinststaubimmission PM 2,5 mitgemessen, da aus einigen epidemiologischen Studien eine bessere Korrelation der Wirkung zu den PM 2,5 - Werten abgeleitet wird. Zusätzlich wird neben der Masse auch die Anzahl der Teilchen PN als wichtig erachtet. Der Beitrag von Rainer Vogt geht darauf näher ein. Die Wirkung von Partikeln ist von vielen Einflussfaktoren abhängig, wie Bild 10 zeigt. 48 <?page no="57"?> Quelle: Thomas Cartus, AVL-Beitrag beim VDA-Technischer Kongress 1999. Frankfurt Bild 10: Charakterisierung der Partikeleigenschaften auch im Hinblick auf ihre Wirkung Neben der Masse, der Form, der chemischen Zusammensetzung und dem Anteil an angelagerten Komponenten wird in jüngster Zeit der Partikel-Anzahl erhöhte Aufmerksamkeit gezollt. Zur Masse sind in den Bildern 1 bis 3 bereits Daten genannt, die Größenverteilung zeigt Bild 11. Quelle: Nicola Toenges-Schuller et al., FAT-Schriftenreihe 262 Bild 11: Typische Partikel-Größenverteilung schematisch dargestellt für die Zahl und Masse 49 <?page no="58"?> Quelle: Sorsche Petra, FVV-Bericht 640 Partikelkenngrößen, F., 1997 Bild 12: Größenverteilung von Dieselrußpartikeln mit dem Anteil flüssiger Teilchen Im Bereich unter 100 nm zeigt sich oft ein zweiter Peak, der auf den Anteil flüssiger Teilchen zurückzuführen ist, wie Messungen am Prüfstand mit einem sogenannten Thermodenuder beweisen, siehe auch Bild 12. Quelle: Thomas Cartus, AVL-Beitrag beim VDA-Technischer Kongress 1999. Frankfurt Bild 13: Größenverteilung gemessen mit einem Scanning Mobility Particle Sizer Spectrometer Die Messung mit Elektromobilitätsmeßgeräten ist relativ rasch durchführbar, allerdings ist darauf zu achten, dass sich der geometrische Partikeldurchmesser deutlich vom Mobilitätsdurchmesser unterscheidet, siehe Bild 13. Folgerungen wie weit Partikel in die Lunge eindringen, müssen daher darauf achten, welcher Durchmesser wirklich relevant für die Deposition ist. 50 <?page no="59"?> Dazu kommt, dass sich Partikeln abhängig von ihrer Wasserlöslichkeit, der relativen Luftfeuchtigkeit, ihrer Verweilzeit in der Atmosphäre und ihrer Umgebung in ihrer Größe verändern, siehe Bild 14. www.esrl.noaa.gov/ gmd/ Photo_Gallery/ GMD_Figures/ aero_figures/ Overview-Plots/ tn/ Aerosols_humidity_and_climate_oh_my.jpg.html Bild 14: Einflüsse auf das Partikelwachstum in der Atmosphäre Inwieweit sich die Größe der Partikel auf dem Weg durch die Trachea und die Bronchialäste bis hin zu den Alveolen durch die dort herrschende Feuchtigkeit verändert ist bisher kaum erforscht. Die chemische Zusammensetzung der Partikel in der Umgebung und die angelagerten Stoffe spielen insbesondere bei der Betrachtung der Wirkung eine wichtige Rolle. Rest 34 % MgO 0.6 % CaO 1.8 % K 2 O 0.7 % Na 2 O 2.6 % NH 4+ 7.4 % SO 42- 17 % NO 3- 11 % Cl - 1.4 % PAHs 0.001 % OM 12 % Fe 2 O 3 2.3 % ZnO 0.7% PbO 0.1 % CdO+NiO+As 2 O 3 0.08 % EC 9 % PM 10 = 28.7 ± 9.3 μg/ m³ Rest 18 % MgO 0.1 % CaO 1.9 % K 2 O 0.4 % Na 2 O 1.7 % NH 4+ 7.9 % SO 42- 13 % NO 3- 14 % Cl - 2.6 % PAHs 0.02 % OM 23 % Fe 2 O 3 4.9 % ZnO 0.5 % PbO 0.1 % CdO+NiO+As 2 O 3 0.04 % EC 15 % ´´ PM 10 = 44.9 ± 16.9 μg/ m³ Quelle: VDI-Bericht Feinstäube, Düsseldorf, 2003 Bild15: Chemische Zusammensetzung von Partikeln in Nordrhein-Westfalen 1998/ 99 Die zugrunde liegenden Messungen sind schon 15 Jahre alt. Der Anteil z.B. der PAH und Benzo(a)pyren hat sich zwischenzeitlich insbesondere in Deutschland deutlich erniedrigt, siehe Bild 16. d 51 <?page no="60"?> Quelle: http: / / www.eea.europa.eu/ publications/ air-quality-in-europe-2013 Bild 16: Abstand der B(a)P-Konzentrationen in EU27-Staaten 2011 vom WHO-Zielwert Klaus Bruns, Rückgang der Benzolkonzentrationen in der Luft Bild 17: Abstand der Benzol-Konzentrationen in Hessen von den gültigen Grenzwerten Bedingt durch die Einführung und laufende Verbesserung der Katalysatortechnologie, dem Einbau des Aktivkohlefilters, die Saugrüsselabsaugung beim Tanken, dem auf 1% herabgesetzten Benzolgehalt im Benzin und dem niedrigeren Aromaten- 52 <?page no="61"?> gehalt im Kraftstoff wurde die Verringerung der Benzolkonzentrationen sehr zügig erreicht. Quelle: http: / / www.eea.europa.eu/ publications/ air-quality-in-europe-2013 Bild 18: Abstand der Benzol-Konzentrationen in EU27-Staaten 2011 vom EU-Grenzwert Auch in den übrigen 27 EU-Staaten liegt der Jahresmittelwert von Benzol deutlich unter dem seit 2010 geltenden EU-Grenzwert. Zusammenfassend lässt sich also sagen: Die heute gültigen Grenzwerte und die technischen Fortschritte bei den Fahrzeugen, aber auch bei stationären Anlagen haben die Luft in Europäischen Großstädten deutlich verbessert und dazu geführt, dass die bestehenden Immissionsgrenzwerte - die ja auch an den technischen Fortschritt und neuen Erkenntnissen bei der Wirkungsforschung angepasst worden sind - in den meisten Fällen eingehalten werden. Vereinzelt kann es zu Episoden mit kurzzeitigen Überschreitungen kommen, meist durch das Zusammentreffen ungünstiger meteorologischer Einflussfaktoren und/ oder weiträumigen Verfrachtungen belasteter Luftmassen. Der Schluss liegt daher nahe, dass die Grenzen der Abgasgesetzgebung erreicht sind. Literatur [1] EEA, publications/ air-quality-in-europe-2012 Report ISBN: 978-92-9213-328-3 [2] EEA.europa.eu/ publications/ air-quality-in-europe-2013 http: / / www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ figures/ contributions-to-eu-emissions-from-1 [3] LFU- Monatsberichte 1990 und 2012 [4] KBA Statistik verschiedener Jahre 53 <?page no="62"?> [5] VDA Jahresberichte [6] Umweltbundesamt Publikationen [7] Rainer Stern, Texte | 65/ 2013, Juni 2013, FKZ 206 43 200/ 01 [8] Prognose der Luftqualität und Abschätzung von Grenzwertüberschreitungen in Deutschland für die Referenzjahre 2010, 2015 und 2020 [9] Thomas Cartus, AVL-Beitrag beim VDA-Technischer Kongress 1999. Frankfurt [10] Sorsche Petra, FVV-Bericht 640 Partikelkenngrößen, F., 1997 [11] Dr. rer. nat. Nicola Toenges-Schuller et al., Modellierung der Auswirkungen verkehrsbedingter Anzahlemissionen auf die Luftqualität für eine Hauptverkehrsstrasse, FAT-Schriftenreihe 262, Frankfurt, September 2013 [12] www.esrl.noaa.gov/ gmd/ Photo_Gallery/ GMD_Figures/ aero_figures/ Overview- Plots/ tn/ Aerosols_humidity_and_climate_oh_my.jpg.html [13] Klaus Bruns, Rückgang der Benzolkonzentrationen in der Luft, http: / / www.hlug.de/ fileadmin/ dokumente/ das_hlug/ jahresbericht/ 2010/ jb2010_0 75-082_I2_Bruns_final.pdf 54 <?page no="63"?> 5 Entwicklung des Trends beim bodennahen Ozon Stefan Gilge, Wolfgang Fricke Abstract Long-term, ground based in-situ observations of ozone (O 3 ) and its precursor gases nitrogen dioxide (NO 2 ) and carbon monoxide (CO) at Hohenpeissenberg Meteorological Observatory (HPB) are presented [1]. The ozone trend shows a reversal in the 2000s. The supra-regional relevance is confirmed by comparison with the DACH stations (additional to HPB the high alpine mountain stations Zugspitze (ZSF, D), Sonnblick (SNB, A) and Jungfraujoch (JFJ, CH)) and is in agreement with nearly all observations in Europe and also in parts of North America, while in Asia the mixing ratios are further increasing [2]. This trend reversal also effects the seasonal variation in a way that a secondary, spring time maximum is visible in recent years. In addition, the frequency distribution has changed toward a narrower one. This means very small (caused by titration) and very high (summer smog episodes) ozone mixing ratios occur much less compared to the first years of measurement. Ozone mixing ratios are clearly affected by their precursor substances on a short time scale (days, weeks), however, this is not clearly visible on a longer time scale (month, years). Kurzfassung Langzeitbeobachtungen von bodennahem Ozon (O 3 ) und seine Vorläufergasen Stickstoffdioxid (NO 2 ) und Kohlenmonoxid (CO) vom Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg (HPB) werden vorgestellt [1]. Der Ozon-Trend zeigt eine Umkehr in den 2000er Jahren. Die überregionale Bedeutung wurde durch Vergleich mit den DACH-Stationen (zusätzlich zum HPB: Zugspitze / Schneefernerhaus (ZSH, D), Sonnblick (SNB, A) und Jungfraujoch (JFJ, CH) bestätigt und ist in Übereinstimmung mit fast allen Beobachtungen in Europa und auch in Teilen von Nordamerika, während in Asien die Ozon-Mischverhältnisse noch weiter ansteigen [2]. Diese Trendumkehr beeinflusst auch den mittleren Jahresgang des Ozons, der nunmehr zusätzlich zum Sommermaximum ein Frühjahrsmaximum zeigt. Auch die Frequenzverteilung hat sich dahingehend geändert, dass sie insgesamt schmalbandiger geworden ist, d.h. sehr geringe (Titrationseffekte) und sehr hohe (Sommersmogepisoden) Ozonmischungsverhältnisse sind wesentlich seltener geworden. Ozon-Mischungsverhältnisse werden auf einer kurzen Zeitskala (Tage, Wochen) eindeutig durch Vorläufersubstanzen beeinflusst, dies ist jedoch auf längeren Zeitskalen (Monate, Jahre) nicht deutlich sichtbar. 55 <?page no="64"?> 1. Einleitung Troposphärisches Ozon ist ein sekundäres Spurengas, d.h. es wird nicht direkt in die Atmosphäre injiziert, sondern dort erst durch sog. Vorläufersubstanzen in photochemischen Reaktionszyklen gebildet. Da die Vorläufersubstanzen zum großen Teil anthropogen emittiert werden und Ozon relativ leicht gemessen werden kann und auch schon vergleichsweise lange gemessen wird, ist es eine ideale „Schlüsselsubstanz“ zur Charakterisierung einer Luftmasse hinsichtlich möglicher anthropogener Beeinflussung und möglicherweise abgelaufener photochemischer Prozesse. 2. Zeitreihe und Trend Am HPB wird seit 1971 das bodennahe Ozon gemessen. Damit gehören die Messungen zu den längsten verfügbaren, ununterbrochenen Reihen. Seit 1995 ist das HPB eine Globalstation im Global Atmosphere Watch (GAW) Programm der WMO. Durch die fortlaufende Qualitätssicherung in diesem Programm, insbesondere durch wiederholte Audits durch das Weltkalibrationszentrum (für O 3 und CO: EMPA, Schweiz) sind die Hohenpeißenberger Spurengasdaten quantitativ abgesichert. Bild 1: Zeitreihe des bodennahen Ozons (Monatsmittelwerte und polynomischer Trend) am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg Bild 1 zeigt die Monatsmittelwerte des troposphärischen Ozons. Die polynomische Trendfunktion visualisiert den Trend. Ein starker Anstieg in den 70er und 80er Jahren ist besonders deutlich, der in den 90igern abnimmt und sich seit ca. 2000-2005 sichtbar umkehrt. Um zu überprüfen, ob es sich hierbei um ein lokales Phänomen handelt oder um einen mindestens regional, eventuell auch überregional ausgeprägten Effekt, wurde 0 10 20 30 40 50 60 70 80 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Ozon (ppb) Zeitreihe des bodennahen Ozons am HPB Monatsmittel O3 (ppb) Poly. (Monatsmittel O3… 56 <?page no="65"?> die Hohenpeissenberger Ozonreihe mit den jeweiligen Reihen der sogenannten DACH-Stationen Zugspitze/ Schneefernerhaus, Sonnblick und Jungfraujoch verglichen. (Das „DACH“-Projekt ist eine Zusammenarbeit der o.g. GAW-Stationen, um Aussagen über mögliche Spurenstoffveränderungen auf eine möglichst abgesicherte Basis zu stellen, lokale und regionale Einflüsse besser trennen zu können, aber auch um „know how“ auszutauschen.) Abbildung 2 zeigt die Ozonanomalien, also die monatlichen Abweichungen vom Mittelwert über die betreffende Messperiode, für die Zeiträume 1990 bis 2009 (gesamter Zeitraum des Vergleichs) und nochmals getrennt für die 90iger und 2000er Jahre. Bild 2: Zeitreihe der monatlichen Ozonanomalien für die Zeiträume 1990-2009 und 1990-1999, bzw. 2000-2009 für die „DACH“-Stationen HPB, ZUG, SNB und JFJ und jeweiliger linearer Trend. Drei der vier Stationen zeigen über den Gesamtzeitraum einen ansteigenden Trend (SNB: kein Trend), für JFJ ist dieser signifikant. Getrennt für die beiden Dekaden zeigen alle Stationen für die erste Dekade einen ansteigenden Trend (signifikant für JFJ) und alle einen abfallenden Trend für die 2. Dekade (signifikant für SNB). Damit wird deutlich, dass es sich hierbei um ein Verhalten handelt, dass mindestens für den Alpenraum, wahrscheinlich sogar für Mitteleuropa typisch ist. Die Ergebnisse des „Second International Workshop on Tropospheric Ozone Changes“ in Toulouse im April 2011 zeigten, dass nahezu alle Europäischen und Nordamerikanische Stationen ein ähnliches Verhalten zeigen, während die Ozonmischungsverhältnisse in Asien weiter zunehmen [2]. 57 <?page no="66"?> 3. Veränderungen im Jahresgang Der Trend und seine Änderungen verändern ebenfalls den mittleren Jahresgang, da der Ozontrend sich in verschiedenen Monaten unterschiedlich auswirkt. In Abbildung 3 sind die Monatsmittelwerte für jeweils 5 Jahre im Jahresgang aufgetragen. Bild 3: Mittlerer Jahresgang des troposphärischen Ozons am HBP für jeweils 5 Jahre. In der ersten Hälfte der 70er Jahre erkennt man insgesamt recht niedrige Mischungsverhältnisse mit einem breiten, zum August hin ansteigenden Maximum. In der zweiten Hälfte der 70er Jahre herrschen insgesamt höhere Konzentrationen vor, das breite Sommermaximum ist recht symmetrisch verteilt. In den 80ern hält dieser Trend an, wobei die Winterwerte relativ stärker zunehmen als die Sommerwerte. Auch in der ersten Hälfte der 90er gilt das eben Gesagte. In der zweiten Hälfte der Neunziger sind erstmals die Mischungsverhältnisse (MV) für den Juli deutlich gesunken, dabei sind Winter- und Frühjahrswerte angestiegen, die für die anderen Sommermonate bleiben in etwa gleich, was eine sich abschwächende Amplitude bedeutet. Im Intervall 2001-2005 steigen die MV nicht mehr an, das Maximum liegt im Juni. Das Intervall 2006-2010 zeigt bei insgesamt geringer werdenden MV erstmals zwei separierte Maxima. In den letzten drei Jahren schließlich zeigt der Jahresgang, nach insgesamt nochmals gesunkenen MVs, neben dem Sommermaximum im August ein deutliches Frühjahrsmaximum im Mai, wie es auch an anthropogen unbelasteten Stationen oftmals zu beobachten ist. Eine Veränderung des Jahresgangs ist auch an vielen anderen Stationen zu beobachten [3]. 58 <?page no="67"?> 4. Veränderungen in der Häufigkeitsverteilung Wie bei der Veränderung des Jahresgangs gezeigt, konnte man für die unterschiedlichen Jahreszeiten unterschiedliche Trends beobachten. Das spiegelt sich auch in der Häufigkeitsverteilung wider. Abbildung 4 zeigt die Häufigkeitsverteilung des troposphärischen Ozons am HBP für die gleichen Fünfjahresintervalle, die auch für Abbildung 3 gewählt wurden. Bild 4: Häufigkeitsverteilung der verschiedenen Größenklassen der Ozonmischungsverhältnisse am HPB für verschiedene Fünfjahresintervalle. Während in der ersten Hälfte der 70er Jahre der Anteil von MV unter 10 ppb noch etwa 10% ausmachte und das Maximum bei etwa 30 ppb lag, waren in der zweiten Hälfte der 70er die unteren Klassen deutlich weniger belegt, die höheren dafür etwas stärker und das Maximum verschob sich zur 30-40 ppb-Klasse. Die höchsten Klassen verändern sich dagegen kaum, so dass die Häufigkeitsverteilung schmalbandiger wird. Dieser Trend setzt sich in den 80ern fort. In der ersten Hälfte der 90er nehmen dann auch die höchsten Klassen deutlich zu. In der 2. Hälfte dagegen nehmen die kleinsten wie die größten Klassen deutlich ab, was nochmals eine Verschmälerung der Frequenzverteilung bedeutet. In den 2000er Jahren schließlich treten die mittleren Klassen noch etwas häufiger auf, wobei in den letzten Jahren die hohen Klassen wieder seltener und die niedrigsten Klassen etwas häufiger geworden sind. 59 <?page no="68"?> 5. Zeitreihen primärer Spurengase Da das Verhalten des troposphärischen Ozons zum großen Teil durch die Vorläufersubstanzen beeinflusst wird, sollte sich auch bei diesen ein Trend widerspiegeln. In den Abbildungen 5 bis 7 sind die Zeitreihen der primäreren Spurengase Kohlenmonoxid (CO), Schwefeldioxid (SO 2 ), sowie der Stickoxide (NO, NO 2 , NO y (mit NO y wird die Summe aller Stickoxide mit einer Oxidationszahl >2 bezeichnet)), dargestellt. Bild 5: Zeitreihe der Monatsmittelwerte der CO MV am HPB. Des Weiteren sind der gleitende 12-Monats-Mittelwert und ein linearer Trend eingezeichnet. Bild 6: Zeitreihe der Monatsmittelwerte der SO 2 MV am HPB. Des Weiteren sind der gleitende 12-Monats-Mittelwert und ein linearer Trend eingezeichnet. 60 <?page no="69"?> Bild 7: Zeitreihe der Monatsmittelwerte der NO, NO 2 und NO y MV am HPB. Des Weiteren sind der gleitende 12-Monats-Mittelwert und ein linearer Trend eingezeichnet. Leider reichen die Zeitreihen der primären Spurengase nur bis 1995 zurück, da mit diesen Messungen qualitätsgeprüft erst mit dem Aufbau der GAW-Station begonnen wurde. CO zeigt eine starke jahreszeitliche Variation mit maximalen Werten im Winter. Insgesamt ist ein signifikanter negativer Trend mit -1.63±0.92 ppb/ a zu verzeichnen, der allerdings mit etwa 1%/ a sehr viel geringer ist, als von der Europäischen Umweltbehörde (EEA) berechnet (3-4%/ a). Beim SO 2 ist der Trend mit -0.017±0.004 ppb/ a und entsprechend etwa -6.5%/ a sogar noch etwas größer, als durch die EEA berechnet. Grund dafür ist die starke Abnahme in den ersten fünf Jahren der Messreihe, die sozusagen das „Tailing“ der intensiven Rauchgasminderung in den 80ern und 90ern bilden. Seit etwa dem Jahr 2000 sind die SO 2 Mischungsverhältnisse auf niedrigem Niveau konstant. Die Stickoxide zeigen gar keinen beziehungsweise einen leichten, nicht signifikanten, ansteigenden Trend. Laut EEA wird aber ein Rückgang von etwa 1-2%/ a erwartet. Analysiert man die Daten genauer und sortiert nach Windrichtungen, so sieht man, dass aus beiden Hauptwindrichtungen, aus denen Luftmassen an den HPB antransportiert werden, leicht fallende Trends zu verzeichnen sind. Allerdings ist der NE Windsektor durch München und Umland durch höhere Mischungsverhältnisse gekennzeichnet, als der WSW-Sektor, aus dem für mitteleuropäische Verhältnisse weitestgehend unbeeinflusste Luftmassen antransportiert werden. Es gibt aber den meteorologischer Trend, dass der SWS-Sektor immer weniger und der NE-Sektor immer häufiger auftritt, so dass insgesamt der negative Trend sich als leicht ansteigender Trend darstellt; d.h. sich verändernde Strömungsmuster sind dafür verantwortlich. Die anthropogenen Kohlenwasserstoffe zeigen ebenfalls in Abhängigkeit ihrer mittleren atmosphärischen Verweilzeit einen jährlichen Rückgang von etwa 1 - 10%. 61 <?page no="70"?> 6. Schlussfolgerungen und Ausblick Die Immissionskonzentrationen der primären Spurengase gehen schon seit etwa der Mitte der 90er Jahre zurück, das troposphärische Ozon allerdings erst seit etwa der Jahrtausendwende. Die Wochengänge zeigen einen direkten Einfluss der Stickoxide auf die Ozonkonzentration; demnach würde man auch eine stärkere Kopplung zwischen den Langzeittrends erwarten. Allerdings gibt es vielfältige Einflussfaktoren auf das Ozon, die diese Kopplung maskieren. So bewirkt eine Reduktion der Stickoxide zwar eine geringere photochemische Produktion im Sommer, aber auch geringere Titrationseffekte und damit höhere Ozonmischungsverhältnisse im Winter. Dazu kommen meteorologische Veränderungen wie z.B. eine sich schleichend ändernde Anströmverteilung, oder eine bessere Durchmischung mit höheren Luftschichten, die z.B. den Ferntransport von Peroxyacetylnitrat (PAN) aus Amerika oder sogar Asien begünstigt und damit einen weiteren Ozonproduktionsweg verstärkt. Um möglichst viele dieser Einflussfaktoren in die Analyse miteinbeziehen zu können, ist man auf kombinierte Chemie-Transportmodelle angewiesen. Während die Modelle Ozonprognosen für die nächsten Tage sehr gut berechnen können und auch die Verläufe innerhalb einer relativ kurzen Periode sehr gut beschreiben, vermögen sie es zur Zeit noch nicht, den tatsächlichen Ozontrend über Jahrzehnte hinweg quantitativ zu beschreiben [4],[5]. Da meteorologische Gegebenheiten wie auch diejenigen langlebiger Spurengase (z.B. Treibhausgase) recht gut wiedergegeben werden, liegt die Vermutung nahe, dass die chemischen Reaktionszyklen in ihrer Vielfältigkeit noch nicht gut genug bekannt und in den Modellen erfasst sind. Hier besteht also noch Forschungsbedarf. Damit kommt den Messungen am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg, dem GAW Programm der WMO, aber auch andern ähnlichen Programmen und Stationen, die langfristige Spurenstoffmessungen durchführen, enorme Bedeutung zu, da nur diese Daten die Wirklichkeit genau genug beschreiben können und sie zur Modellverbesserung und -validierung dringend benötigt werden. Literatur [1] Gilge, S., C. Plass-Duelmer, W. Fricke, A. Kaiser, L. Ries, B. Buchmann, and M. Steinbacher, 2010: Ozone, carbon monoxide and nitrogen oxides time series at four alpine GAW mountain stations in central Europe; Atmos. Chem. Phys., 10, 12295-12316. www.atmos-chemphys.net/ 10/ 12295/ 2010/ , DOI: 10.5194/ acp-10-12295-2010 [2] Schultz, M.G., et al., Report on the second international workshop on tropospheric ozone changes, in: IGAC News, Issue No. 45, 25-35, October 2011. [3] Parrish, D.D., K. S. Law, J. Staehelin, R. Derwent, O.R. Cooper, H. Tanimoto, A. Volz-Thomas, S. Gilge, H.-E. Scheel, M. Steinbacher, and E. Chan; Lower tropospheric ozone at northern midlatitudes: Changing seasonal cycle; G.R.L., Vol. 40, 1631-1636, doi: 10.1002/ grl.50303, 2013. [4] Parrish, D.D., J.-F. Lamarque, V. Naik, L. Horowitz, D.T. Shindell, J. Staehelin, R. Derwent, O.R. Cooper, H. Tanimoto, A. Volz-Thomas, S. Gilge, H.-E. Scheel, M. Steinbacher, M. Fröhlich; Long-term changes in lower tropospheric baseline 62 <?page no="71"?> ozone concentrations: Comparing chemistry-climate models and observations at northern mid-latitudes; submitted to: J. Geophys. Res., 06. March 2014. [5] Cooper, O.R., D.D. Parrish, J. Ziemke, N.V. Balashov, M.Cupeiro, I.E. Galbally, S. Gilge, L. Horowitz, N.-R. Jensen, J.-F. Lamarque, V. Naik, S.J. Oltmans, J. Schwab, D.T. Shindell, A.M. Thompson, V. Thouret, Y. Wang, R.M. Zbinden: Global distribution and trends of tropospheric ozone: An observation-based review, submitted to Elementa, Feb. 27., 2014; http: / / elementascience.org 63 <?page no="72"?> 6 Aktueller Stand und Trends der Abgasgesetzgebung Werner Hofegger , Maria Seidl Abstract Air quality concerns still existing in many European cities, as well as worldwide are forcing the introduction of more stringent emission related requirements. Exhaust emission legislation no longer means only fulfilling of emission limits or their determination through specific test cycles. The durability requirements of emission reduction devices have increased significantly. On-Board-Diagnostic systems, which control the functionality of installed emission reduction devices, are required and they have to guarantee the compliance with defined emission limits over the useful life of the vehicle. Additional to gaseous pollutants like CO, HC, NO x and particulate mass also particulate numbers limitations have been introduced. Mandatory values for fuel efficiency or CO 2 -emissions, which depend on the manufacturer’s fleet, are new challenges for manufacturers. Studies have shown that real world driving emissions differ significantly from type approval values and due to bad air quality, which still exists, new procedures are under development to ensure future compliance. Corresponding catchwords are realdriving-emissions (RDE) and the worldwide harmonized light vehicles test procedure (WLTP). Current status and trends, as well as consideration of new technologies and harmonization of emission legislation are outlined in the subsequent chapters. Kurzfassung Schlechte Luftqualität in vielen Städten Europas und auch weltweit, forcierten die Einführung von strengeren Limits verbunden mit zusätzlichen Anforderungen. Abgasgesetzgebung bedeutet mittlerweile nicht mehr nur das Einhalten von Grenzwerten für bestimmte Emissionen bzw. deren Bestimmung durch Testzyklen. Die Dauerhaltbarkeit der Emissionsminderungseinrichtungen muss über eine deutlich längere Laufleistung gewährleistet werden. On-Board-Diagnosesysteme überwachen die emissionsmindernden Systeme hinsichtlich Funktion und Einhaltung von vorgegebenen Emissionslimits. Neben den gasförmigen Schadstoffen wie CO, HC bzw. NO x und der Partikelmasse wird mit den letzten Änderungen in der Gesetzgebung auch die Anzahl der emittierten Partikel limitiert. Studien zeigten, dass die Emissionen von Fahrzeugen im realen Betrieb deutlich von den einzuhaltenden Typprüfungswerten abweichen, weshalb Testzyklen reformiert 64 <?page no="73"?> werden. Real-Driving-Emissions und WLTP sind die damit zusammenhängenden Schlagworte. Steigende Treibhausgasemissionen und Verknappung der fossilen Treibstoffe führten zur Einführung von CO 2 -Emissionszielen und Limitierung der Treibstoffverbräuche. Aktueller Stand und Trends, sowie neue Technologien und Harmonisierung der Emissionsgesetzgebung werden in nachfolgenden Kapiteln beschrieben. 1. Einleitung “Reaktion auf Luftverschmutzung: Paris verhängt Fahrverbot wegen Smog. Zum ersten Mal seit 1997 gibt es wegen starker Luftverschmutzung im Großraum Paris Fahrverbote.“ [1] Pressemeldungen wie diese sind aus Indien und China bekannt. Aber auch in europäischen Städten stehen Probleme mit der Luftverschmutzung auf der Tagesordnung. [2] Strengere Gesetze und vielfältige Strategien zur Reduzierung der Luftverschmutzung wurden erarbeitet und implementiert. Trotz allem sind in der Europäischen Union noch immer bis zu 90% der Stadtbewohner Feinstaubkonzentrationen über den WHO-Grenzwerten ausgesetzt. Dies hat unter andrem dazu geführt, dass EU Umweltkommissar Janez Poto nik für 2013 das „Jahr der Luft“ ausgerufen hat. Bereits 1973 startete die EU mit Umweltaktionsprogrammen (UAP) als Basis für umweltpolitische Tätigkeiten. [3] Am 28. Dezember 2013 wurde das 7. UAP im Amtsblatt der EU veröffentlicht, welches die nachstehend angeführten prioritären Ziele für die Zeit bis zum 31. Dezember 2020 definiert [4]: - Schutz, Erhaltung und Verbesserung des Naturkapitals der Union; - Übergang zu einer ressourceneffizienten, umweltschonenden und wettbewerbsfähigen CO 2 -armen Wirtschaftsweise; - Schutz der Unionsbürger vor umweltbedingten Belastungen, Gesundheitsrisiken und Risiken für die Lebensqualität; - Maximierung der Vorteile aus dem Umweltrecht der Union durch verbesserte Umsetzung; - Verbesserung der Wissens- und Faktengrundlage für die Umweltpolitik der Union; - Sicherung von Investitionen für Umwelt- und Klimapolitik und Berücksichtigung der externen Umweltkosten; - Verbesserung der Einbeziehung von Umweltbelangen und der Politikkohärenz; - Förderung der Nachhaltigkeit der Städte in der Union; - Verbesserung der Fähigkeit der Union, wirksam auf internationale Umwelt- und Klimaprobleme einzugehen. 65 <?page no="74"?> Im Weißbuch 2011 der Europäischen Kommission werden Ziele für ein wettbewerbsorientiertes und ressourcenschonendes Verkehrssystem angeführt, mit welchen eine 60%ige Reduktion der Treibhausgasemissionen erreicht werden soll. Dabei wird auf die Entwicklung und Einführung neuer und nachhaltiger Kraftstoffe und Antriebssysteme, auf die Optimierung von Logistikketten sowie auf die Effizienzsteigerung des Verkehrs eingegangen [5]: - Halbierung der Nutzung „mit konventionellem Kraftstoff betriebener PKW“ im Stadtverkehr bis 2030; Erreichung einer im Wesentlichen CO 2 -freien Stadtlogistik in größeren städtischen Zentren bis 2030 - 30 % des Straßengüterverkehrs über 300 km sollen bis 2030 auf andere Verkehrsträger wie Eisenbahn- oder Schiffsverkehr verlagert werden, mehr als 50 % bis 2050 - Vollendung eines europäischen Hochgeschwindigkeitsschienennetzes bis 2050. - Ein voll funktionsfähiges EU-weites multimodales TEN-V-„Kernnetz“ bis 2030 Von den oben genannten Programmen und Zielen der Europäischen Union ist auch die Automobilindustrie betroffen. Nachdem mit der Richtlinie 70/ 220/ EWG im März 1970 die ersten „Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Abgase von Kraftfahrzeugmotoren mit Fremdzündung“ und im Jahr 1992 der Emissionsstandard Euro 1 eingeführt wurden, ist ab September 2014 bereits Euro 6 der geforderte Emissionsstandard für Personenkraftwagen in Europa. [6] Von Euro 1 bis Euro 6 wurden die Grenzwerte für Dieselmotoren stark reduziert: das Limit für PM wurde beispielsweise von 0.14 g/ km auf 0.0045 g/ km reduziert. Beginnend mit Euro 5 wurde auch die Partikelanzahl bei Dieselmotoren begrenzt. Neben Abgasemissionen, wie NO x , HC, CO und Partikel, werden bereits auch CO 2 -Ausstoß und Treibstoffverbrauch limitiert. Die Strategie der Europäischen Union zur Minderung der CO 2 -Emissionen, welche nicht von der Abgasgesetzgebung umfasst werden, wurde im Jahr 1995 veröffentlicht. [7] Der Zielwert von 130 g CO 2 / km für Personenkraftwagen ab 2015 soll durch Optimierung der Motorentechnik und den Einsatz von innovativen Technologien erreicht werden. [8] Eine weitere Reduktion auf 95 g CO 2 / km wird ab 2021 für 100% der Fahrzeugflotte eines Herstellers erreicht werden müssen. [9] Resultierend aus oben genannten Aspekten werden, bezogen auf Treibhausgasemissionen und Luftschadstoffe von PKWs und LKWs, für den Zeitraum bis 2021 folgende Ziele gesetzt [10]: - Euro VI Emissionsstandard für LKWs (2013) - Euro 6 Emissionsstandard für PKWs (2014) - CO 2 -Flottengrenzwert von 130 g CO 2 / km für PKWs (2015) - CO 2 -Flottengrenzwert von 175 g CO 2 / km für leichte Nutzfahrzeuge (2017) - CO 2 -Flottengrenzwert von 95 g CO 2 / km für PKWs (2021; 95% der Flotte eines Herstellers im Jahr 2020) - CO 2 -Flottengrenzwert von 147 g CO 2 / km für leichte Nutzfahrzeuge (2020) Der aktuelle Stand der Emissionsgesetzgebung sowie Trends werden in den nachfolgenden Kapiteln erläutert. 66 <?page no="75"?> 2. Abgasgesetzgebung PKW - aktueller Stand und Trends Die strengsten Abgasnormen gelten derzeit in Europa, USA, Kalifornien, Japan und Korea. Bei der Einführung von Emissionsstandards folgen viele Länder der Europäischen Union oder orientieren sich an US-Standards, meist jedoch mit einer zeitlichen Verzögerung im Vergleich zu Europa und den USA. Länder wie Kanada und Mexiko verwenden amerikanische Standards, asiatische Länder, Russland und einige Länder Südamerikas lehnen ihre Gesetzgebung an die EU-Standards an. Australien verwendet primär EU-Standards, japanische und US- Standards sind jedoch als Alternativen erlaubt. Die nachfolgende Abbildung zeigt die erwarteten globalen Emissionsstandards für das Jahr 2018. Bild 1: Erwartete PKW Emissionsstandards im Jahr 2018 Wie bereits erwähnt übernehmen viele Länder, wie Indien, China oder Russland, EUäquivalente oder EU-ähnliche Standards. Die Einführungstermine werden in diesen Ländern jedoch sehr oft verschoben, was vor allem auf das Fehlen von schwefelarmem Kraftstoff zurückzuführen ist. Bild 2 gibt einen Überblick über bestehende und zukünftige Emissions- und Treibhausgas-/ Treibstoffverbrauchsstandards in wichtigen Automobilmärkten. In den USA gelten die neuen Tier 3 Standards ab 2017, zwei Jahre nach der Einführung der LEV III-Standards in Kalifornien. Beide Standards werden stufenweise implementiert und über die Einführungszeit harmonisiert. Der Hersteller kann aus einem Emissionsstandards wählen (sogenannten Bins) und muss zusätzlich ein NMOG+NO X Flottenstandard erfüllen. Tier 3 sowie LEV III fordern im Modelljahr 2025 einen NMOG+NO x Flottendurchschnitt von 30 mg/ mi für alle Fahrzeugklassen. Die Harmonisierung der amerikanischen Vorschriften wird es Automobilherstellern zum 67 <?page no="76"?> ersten Mal ermöglichen, mit einem Set von Standards die Anforderungen aller 50 Staaten gleichzeitig zu erfüllen. In den USA und in Kalifornien bieten Phase-In- Bestimmungen den Herstellern mehr Laufzeit und Flexibilität für die Umsetzung von neuen Technologien. Bild 2: Globale Emissions- und Treibhausgas-/ Treibstoffverbrauchsstandards für PKW Indische Standards ähneln den europäischen Standards. Auch in Indien wird der NEDC als Testzyklus verwendet, jedoch mit einer reduzierten Höchstgeschwindigkeit von 90 km/ h anstatt 120 km/ h. Indien schreibt zwei verschiedene Standards vor: strengere Limitierungen in den Megastädten und gelockerte im Rest des Landes. Die Einführung von neuen Standards ist, unter Berücksichtigung von zwei möglichen Szenarien, in Diskussion: unterschiedliche Normen für Megastädten und den Rest des Landes oder die Umsetzung eines gemeinsamen Standards für das ganze Land. Die Einführung dieser Standards hängt auch hier von der Verfügbarkeit schwefelarmer Kraftstoffe ab. Auch chinesische Standards basieren auf europäischen Standards. Im Vergleich zum Rest des Landes gelten in Peking und Shanghai strengere Abgasnormen, wobei Peking die strengsten Normen in China fordert: derzeit Phase 5 für Benzinfahrzeuge, was Euro 5 entspricht. Die landesweite Umsetzung der Phase 4 für Diesel wurde verschoben. Wie bereits erwähnt ist die Implementierung strengerer Abgasgesetzgebungen in China und Indien aufgrund des Mangels an schwefelarmen Kraftstoff zeitlich unsicher. In Japan gibt es derzeit keine Informationen über eine Einführung von strengeren Abgasnormen. Die Einführung des WLTPs wird diskutiert. 68 <?page no="77"?> Südkorea verwendet zwei verschiedene Ansätze der Emissionsgesetzgebung. Für Dieselfahrzeuge werden europäische Standards übernommen, mit einer Einführung von Euro 6 im Jahr 2014. Benzinfahrzeuge müssen die Anforderungen der ähnlich der CARB LEV II-Regulierung erfüllen. Zusätzlich wurden HC-Flottendurchschnittsgrenzwerte festgelegt, die jährlich strenger werden. Abhängig vom Fortschritt in der Entwicklung des WLTPs erwägt Korea ebenfalls seine Einführung. Zusätzlich soll auch die RDE-Gesetzgebung nach europäischem Vorbild umgesetzt werden. Bild 3 zeigt die globalen Trends der CO 2 -Flottenwerte sowie einen Ausblick auf zukünftige gesetzliche Vorschriften. Seit dem Jahr 2000 werden deutliche Reduktionen der CO 2 -Emission in allen Märkten erzielt. Die Europäische Union hat hinsichtlich der zukünftigen Flottenwerte die strengsten Anforderungen. Auch in anderen Märkten, wie zum Beispiel in den USA, wurden erhebliche Reduktionen bis 2025 als Ziel gesetzt. Bild 3: Globale Trends der CO 2 -Flottenwerte für PWK und Ausblick auf zukünftige gesetzliche Vorschriften [11] 2.1 Abgasgesetzgebung PKW und leichte Nutzfahrzeuge in Europa Abgasemissionen werden seit Anfang der Siebziger Jahre in Europa begrenzt und seitdem permanent verschärft. Dabei trifft diese Verschärfung neben der Höhe der Emissionswerte auch andere Anforderungen wie z.B. Testabläufe, Referenzkraftstoffe, Dauerhaltbarkeit und On-Board-Diagnose. Die Richtlinie 70/ 220/ EWG, verabschiedet von der Europäischen Union, regelte die zulässigen Abgasemissionen der Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeuge und wurde im Laufe der Zeit auch entsprechend überarbeitet. Seit Beginn der Abgasgesetzgebungsentwicklung wurden in den letzten 40 Jahren Emissionen einzel- 69 <?page no="78"?> ner Komponenten bis in den Promillebereich abgesenkt. Kohlenmonoxid- (CO) und Kohlenwasserstoffemissionen (HC) von PKW spielen nur mehr eine untergeordnete Rolle, weshalb die entsprechenden Limits seit Euro 4 nicht mehr strenger geworden sind. Im Gegensatz dazu wurden Stickstoffoxidemissionen (NO x ) und Partikel bis Euro 6 schrittweise weiter reduziert. Bei NO x -Emissionen näherten sich die Emissionslimits von Diesel- und Ottomotoren an. [12] Um sicherzustellen, dass Emissionen von ultrafeinen Partikeln kontrolliert werden, wurde die Kommission aufgefordert, spätestens mit Inkrafttreten der Stufe Euro 6 zusätzlich zur festgelegten Partikelmasse ein Limit für die Partikelzahl festzulegen. [13] Um zukünftige höhere Partikelemissionen von direkteinspritzenden Ottomotoren zu verhindern, wurden auch diese den strengen Partikelgrenzwerten unterstellt. Aufbauend auf der grundlegenden Richtlinie 70/ 220/ EWG erfolgten entsprechende Überarbeitungen: - Euro 1: Richtlinie 91/ 441/ EWG bzw. 93/ 59/ EWG - Euro 2: Richtlinie 94/ 12/ EG bzw. 96/ 69/ EG - Euro 3 und 4: Richtlinie 98/ 69/ EG bzw. Richtlinie 2002/ 80/ EG Mit der Einführung der Verordnung (EG) Nr. 715/ 2007 und der zugehörigen Verordnung (EG) Nr. 692/ 2008 (Euro 5 und 6) wurde die Richtlinie 70/ 220/ EWG und deren Änderungen aufgehoben. Diese neue Verordnung und eine Reihe von Durchführungsmaßnahmen sollen die Anpassung der Richtlinien auf den Stand der Technik erleichtern. Zusätzlich wird bei den Durchführungsrichtlinien auf die entsprechende UNECE Regelung R83 verwiesen, was zu einer weiteren internationalen Harmonisierung der EU Richtlinien beitragen soll. Das nachfolgende Bild zeigt die Änderung der Emissionslimits von Euro 1 bis Euro 6 für PKWs und leichte Nutzfahrzeuge mit einer Bezugsmasse unter 1,305 kg. Hier ist die deutliche Verschärfung der Grenzwerte, speziell für Dieselfahrzeuge, zu sehen. Die Partikellimits dieser Fahrzeugkategorien wurden dabei um ca. 97 % verringert. Auch die Annäherung der Limits für Fahrzeuge mit Diesel- und Ottomotoren ist klar ersichtlich. Es wurden nicht nur die NO x -Limits stark reduziert bzw. nahezu angeglichen, sondern auch erstmals für direkteinspritzende Ottomotoren Partikelmasselimits eingeführt. Neu mit Euro 5 ist die Einführung eines Partikelanzahllimits, welches sich ab Euro 6c für Otto- und Dieselmotoren auf demselben Niveau befindet. Seit der Gesetzgebungsstufe Euro 1 wird als Testzyklus der Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) auf einem Rollenprüfstand zur Bestimmung der Emissionen verwendet. Euro 6 gilt ab 1. September 2014 für die Typzulassung und ab 1. Januar 2015 für die Zulassung und den Verkauf von neuen Fahrzeugtypen. Außer der Einhaltung der oben genannten Emissionsgrenzwerte müssen die Hersteller die Dauerhaltbarkeit der Emissionsminderungseinrichtungen über eine Gesamtlaufleistung von 160 000 km gewährleisten. Zum Vergleich wurde bei Euro 4 100 000 km gefordert. Die ordnungsgemäße Funktion der Emissionsminderungseinrichtungen in den in Betrieb befindlichen Fahrzeugen ist über einen Zeitraum von 5 Jahren oder 100 000 km zu kontrollieren. 70 <?page no="79"?> Bild 4: Entwicklung der Emissionsgrenzwerte von Euro 1 bis Euro 6 Für die nachstehenden Parameter sind entsprechende Verfahren und Vorschriften einzuhalten: • Auspuffemissionen, einschließlich Prüfzyklen, Emissionen bei niedriger Umgebungstemperatur, Leerlaufemissionen, Abgastrübung, ordnungsgemäße Funktion und Regeneration der Abgasnachbehandlungssysteme; • Verdunstungsemissionen und Kurbelgehäuseemissionen; • On-Board-Diagnosesysteme (OBD-Systeme) und Leistung der emissionsmindernden Einrichtungen im Betrieb; • Dauerhaltbarkeit der emissionsmindernden Einrichtungen, Ersatzteile der Emissionsminderungseinrichtungen, vorschriftsmäßiges Arbeiten dieser Einrichtungen in im Betrieb befindlichen Fahrzeugen, Vorschriftsmäßigkeit der Produktion und die technische Überwachung der Fahrzeuge; • Kohlendioxidemissionen und Kraftstoffverbrauch; • Bezugskraftstoffe wie Benzin, Dieselkraftstoff, gasförmige Kraftstoffe und Biokraftstoffe; • Messung der Motorstärke Der Gesetzgeber ist mit einer steigenden Anzahl von Antriebstechnologien, alternativen Kraftstoffen bzw. einer fortschreitenden Elektrifizierung der Antriebssysteme konfrontiert. Bild 5: Zunehmende Vielfalt der Antriebssysteme [14] 71 <?page no="80"?> Bild 6 gibt eine Übersicht über die gültigen Typprüfungsvorschriften entsprechend der aktuellen Version der EU Verordnung 692/ 2008. Die Typprüfungen sind in Abhängigkeit vom verwendeten Kraftstoff und entsprechend der Fahrzeugklasse, d.h. Fahrzeuge mit Fremdzündungs- oder Selbstzündungsmotoren einschließlich Hybridantriebe, reine Elektrofahrzeuge oder Wasserstoff, durchzuführen. Bild 6: Prüfvorschriften zur Typgenehmigung [15] 72 <?page no="81"?> On-Board-Diagnose bei PKW Mit Euro 6 treten auch strengere Anforderungen für On-Board-Diagnose (OBD)- Systeme in Kraft. Ziel der OBD ist die ständige Überwachung der abgasrelevanten Komponenten, sowie sofortiges Erkennen und Anzeigen von wesentlichen Emissionserhöhungen oder Fehlfunktionen während der gesamten Lebensdauer jedes Fahrzeugs. Tritt ein Fehler auf, wird dieser über eine Fehlerwarnlampe (MIL-Lampe) dem Fahrer angezeigt. Mit Euro 6 wurden Mindestanforderungen bezüglich der In-Use-Performance-Ratio (IUPR) eingeführt. Damit sichergestellt ist, dass die Nichtanzeige eines OBD-Fehlers nicht darauf zurückzuführen ist, dass die Monitorings zu selten ablaufen, wird ein Überwachen der Monitorings selbst gefordert. Dazu wird betrachtet, wie häufig die Randbedingungen erfüllt sind, unter denen die Monitoring-Routine hätte starten sollen, und wie häufig das Monitoring tatsächlich vollständig durchgeführt wurde. Das Verhältnis dieser beiden Werte wird als In-Use-Performance-Ratio bezeichnet. Für diese IUPR sind Mindestwerte vorgeschrieben, die während der Einführung von Euro 6 wesentlich verschärft werden. Besonders streng ist beispielsweise die Überwachung der Funktion der NOx- Abgasnachbehandlung mit SCR, wobei ein Reagens zur Emissionsminderung eingesetzt wird. Das Fahrzeug muss über ein Warnsystem verfügen, das den Fahrer durch ein optisches Signal darauf aufmerksam macht, dass der Reagensfüllstand niedrig ist, der Reagensbehälter bald aufgefüllt werden muss oder das Reagens nicht die vom Hersteller vorgeschriebene Qualität hat. Dieses Warnsystem kann auch ein akustisches Signal zur Warnung des Fahrers abgeben. Es ist möglich alternativ Abgassonden zu verwenden, um überhöhte NOx-Mengen in den Auspuffabgasen direkt zu messen. Das Fahrzeug muss über ein Aufforderungssystem für den Fahrer verfügen, um zu gewährleisten, dass das Fahrzeug jederzeit mit einem funktionsfähigen Emissionsminderungssystem betrieben wird. Dieses Aufforderungssystem muss so konzipiert sein, dass es den Betrieb des Fahrzeugs mit leerem Reagensbehälter unmöglich macht. Das Aufforderungssystem muss sich spätestens dann aktivieren, wenn der Füllstand im Reagensbehälter einen Pegel erreicht, der der mittleren Reichweite des Fahrzeugs mit vollem Kraftstofftank entspricht. Es können mehrere Varianten eines Aufforderungssystems gewählt werden. - Methode „kein Neustart des Motors nach Countdown“: Countdown für die Neustarts oder die verbleibende Fahrstrecke läuft, sobald sich das Aufforderungssystem aktiviert hat - Methode „Anlasssperre nach Betankung“: das Fahrzeug kann nach dem Tanken nicht mehr angelassen werden, sobald sich das Aufforderungssystem aktiviert hat - Methode „Tanksperre“: das Betankungssystem wird verriegelt, sodass das Fahrzeug nicht mehr mit Kraftstoff betankt werden kann, sobald sich das Aufforderungssystem aktiviert hat - Methode „Leistungsdrosselung“: die Fahrzeuggeschwindigkeit wird spürbar gedrosselt und die Höchstgeschwindigkeit erheblich herabgesetzt, sobald sich das Aufforderungssystem aktiviert hat, wobei eine solche Geschwindigkeitsbegrenzung entweder allmählich oder nach einem Anlassen des Motors wirk- 73 <?page no="82"?> sam werden muss. Unmittelbar bevor ein Neustart des Motors verhindert wird, darf die Fahrzeuggeschwindigkeit 50 km/ h nicht mehr überschreiten. Hier wird deutlich, dass durch die OBD-Regelung auch das nicht konforme Betreiben eines Fahrzeuges verhindert wird. [16] Testzyklen - WLTC/ WLTP Testzyklen dienen der standardisierten Ermittlung von Normverbräuchen und Schadstoffemissionen. Die dabei resultierenden Werte dienen u.a. der Berechnung von Hersteller-Flottenverbräuchen und als Verkaufsinformation. Von der UNECE (United Nations Economic Commission for Europe) wird zurzeit eine neue Testprozedur (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure - WLTP) erarbeitet. Diese soll das aktuelle Testverfahren auf Basis des NEFZ ablösen. Entscheidende Beweggründe für die Einführung neuer Verfahren sind die Berücksichtigung neuer Technologien sowie die Ermittlung realitätsnaher Verbrauchswerte. Regulierungsbehörden und auch Fahrzeughersteller haben ein starkes Interesse an der Harmonisierung von Emissionsprüfverfahren und gesetzlichen Anforderungen. Auf UNECE Ebene wurde eine informelle Arbeitsgruppe von den relevanten Interessensvertretern, mit dem Ziel einer Harmonisierung der emissionsbezogenen Testverfahren für leichte Fahrzeuge unter Darstellung der realen Fahrbedingungen, ins Leben gerufen. Im Juni 2009 wurde eine erste Roadmap, bestehend aus drei Phasen, vorgestellt, welche später mehrere Male überarbeitet wurde. Folgende Hauptphasen wurden definiert: - Phase 1 (2009-2014): Entwicklung des weltweit harmonisierten Fahrzyklus für leichte Fahrzeuge und den zugehörigen Testverfahren für die Messung der Schadstoffemissionen, CO 2 -, Kraftstoff-und Energieverbrauch. - Phase 2 (2014-2018): Niedertemperatur- / Höhentestverfahren, Haltbarkeit, Übereinstimmung im Betrieb, technische Anforderungen an On-Board- Diagnose (OBD), Energieeffizienz für mobile Klimaanlagen, Off-Cycle bzw. reale Fahremissionen. - Phase 3 (2018-...): Definition von Emissionsgrenzwerten und OBD-Schwellenwerten, Definition der Bezugskraftstoffe, Vergleich mit den regionalen Anforderungen. Die Europäische Union hatte seit Beginn des WLTP-Prozesses ein starkes politisches Interesse an der Umsetzung einer neuen und realistischeren Testprozedur bis 2014, vorgegeben durch ihre Verordnungen (EG) 443/ 2009 und 510/ 2011. Da im März 2014 die erste Phase (Phase 1a) von der UNECE als GTR (Global Technical Regulation) verabschiedet wurde, kann nun die Implementierung in die europäische Gesetzgebung beginnen. [17] Im Verlauf der Entwicklung des WLTP haben die Behörden der USA (ursprünglich Sponsor des Programmes) entschieden, den WLTP/ C nicht anzuwenden und stattdessen weiterhin eigene Testverfahren für die Ermittlung von Emissions- und Verbrauchsdaten zu nutzen. Indien, Japan und Europa halten jedoch weiterhin am neuen Verfahren fest. 74 <?page no="83"?> Bild 7 gibt einen Überblick über die Testzyklen für PKW in der EU, in den USA, Japan und zeigt den WLTC für Fahrzeuge der Klasse 3 (3-2). Bild 7. Testzyklen für PKW in der EU, den USA, in Japan sowie der WLTC Der NEDC soll durch den WLTC ersetzt werden. Der WLTC besteht aus vier Phasen (low / medium / high / extra-high), definiert durch ihre Geschwindigkeiten. Abhängig vom spezifischen Leistungsgewicht gibt es noch Unterschiede im Geschwindigkeitsverlauf. Der japanische Zyklus JC08 soll auch durch den WLTC ersetzt werden. In den USA werden zur Zertifizierung neben dem bekannten FTP-75 noch der US Highwaytest und die Tests US06 (zur Simulation eines aggressiven Fahrstils) und der SC03 (Simulation von hohen Temperaturen und den Einsatz einer Klimaanlage) eingesetzt. Real Driving Emissions Studien, durchgeführt vom Joint Research Center (JRC) der Europäischen Kommission und einigen Mitgliedsstaaten, zeigten, dass auf dem Markt befindliche Dieselfahrzeuge mit Schadstoffklasse Euro 5 weit von der Einhaltung der gesetzlichen Emissionsgrenzwerte unter realen Fahrbedingungen entfernt sind. Die gesammelten Ergebnisse verdeutlichten außerdem, dass sich die realen NO x -Emissionen der Euro 3 - Euro 5 Fahrzeuge von leichten Dieselfahrzeugen nur geringfügig änderten, auch wenn in den letzten zehn Jahren die Grenzwerte stark reduziert wurden. [18] In der Euro 5/ 6 Verordnung (EU) Nr. 715/ 2007 wird die EU-Kommission deshalb aufgefordert zu berücksichtigen, dass sich die Grenzwerte auf das tatsächliche Verhalten der Fahrzeuge bei ihrer Verwendung beziehen und dass die bei der Typgenehmigungsprüfung gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb ent- 75 <?page no="84"?> sprechen müssen. Der Einsatz transportabler Emissionsmesseinrichtungen und die Einführung eines „not-to-exceed“ Limits sollten ebenfalls in Erwägung gezogen werden. [13] Ein Verfahren zur Bestimmung und Beurteilung von Emissionen im realen Fahrbetrieb (Real Driving Emissions - RDE) von PKW und leichten Nutzfahrzeugen soll daher entwickelt werden. Verfahren mit mobilen Messgeräten (Portable Emission Measurement Systems - PEMS) und Labortests, bei denen zufällig generierte Fahrzyklen verwendet werden sollten, wurden genauer untersucht. Man einigte sich darauf, die Labortests nicht mehr weiter in Betracht zu ziehen. Lediglich für die Bestimmung der Partikelanzahlemission im Realbetrieb wird als Alternative zu den PEMS-Messungen noch an einem Zyklengenerator gearbeitet. Die Europäische Kommission arbeitet mit Hochdruck an der Implementierung der RDE-Gesetzgebung für den PKW, welche nach dem Inkrafttreten von Euro 6 eingeführt werden soll. Die Erfassung der Partikelanzahl (PN), im Zuge der mobilen PEMS Messung, wird derzeit evaluiert. Bis spätestens September 2017 sollen, aus jetziger Sicht, die PEMS Testprozeduren und das Einhalten von Emissionslimits für gasförmige Emissionen und Partikelanzahl verpflichtend sein. 2.2 CO 2 Gesetzgebung PKW und leichte Nutzfahrzeuge in Europa Bereits im Jahr 1995 veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Strategie zur Minderung der CO 2 -Emissionen von Personenkraftwagen bzw. zur Senkung des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs. [12] 1998 hat sich der Verband europäischer Automobilhersteller (ACEA) verpflichtet, die durchschnittlichen CO 2 -Emissionen der verkauften Neuwagen bis 2008 auf 140 g/ km zu senken. 1999 sind auch der Verband der japanischen Automobilhersteller (JAMA) und der Verband der koreanischen Automobilhersteller (KAMA) eine Verpflichtung zur Senkung der durchschnittlichen CO 2 -Emissionen verkaufter Neuwagen auf 140 g/ km bis 2009 eingegangen. Diese Verpflichtungen hat die Kommission anerkannt. [8] In der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen (Verordnung (EG) Nr. 443/ 2009) wird eine durchschnittliche CO 2 -Emission der Neuwagenflotte von 120 g/ km festgelegt. Dabei soll ein Zielwert von 130 g/ km durch Verbesserungen der Motorentechnik und innovative Technologien erreicht werden. Eine weitere Reduktion um 10 g/ km soll durch zusätzliche Maßnahmen (Optimierung von Reifen, Klimaanlage, Einsatz von alternativen Kraftstoff und Fahrverhalten) realisiert werden. [12] Ab dem Jahr 2021 wird der Zielwert auf 95 g/ km für die europäische Neuwagenflotten herabgesetzt werden, wobei bereits ab 2020 95% der Fahrzeugflotte diesen Wert erreichen müssen. [8] 76 <?page no="85"?> Bild 8: EU-Verordnung zur Reduzierung der CO 2 -Emissionen der Neuwagenflotte[19] Um die Vielfalt des Automarkts entsprechend zu berücksichtigen, wurden die CO 2 - Ziele für Personenkraftwagen in linearer Abhängigkeit von der Masse der Fahrzeuge festgesetzt (siehe Bild 8). Es werden auch Daten zu alternativen Parametern wie der Fahrzeugstandfläche (Produkt aus Spurweite und Radstand) erfasst, um längerfristige Bewertungen des Konzepts zu erleichtern. Die Kommission soll 2014 die Datenprüfen und einen Vorschlag zur Anpassung des Parameters für den Nutzwert unterbreiten. [8] Ab Ende 2014 sowie anschließend alle drei Jahre, wird die Bezugsmasse M 0 anhand der durchschnittlichen Masse der vergangenen drei Jahre überprüft und entsprechend für die Folgejahre angepasst. Die in Bild 8 angegebene Bezugsmasse M 0 gilt somit vorerst von 2012-2015. [19] Für Fahrzeuge mit einem Elektroantrieb, die ihre Energie ganz oder teilweise aus dem Stromnetz beziehen (reine Elektroautos (Battery Electric Vehicle - BEV) und Plug-in-Hybride (Plug-in-Hybrid-Electric Vehicle - PHEV)), gelten besondere Vorschriften zur Ermittlung ihrer CO 2 -Emissionen. Batteriegetriebene Autos gelten als Null-Emissionsfahrzeuge, da sie während des Testzyklus kein CO 2 ausstoßen. Das bedeutet, dass die CO 2 -Emissionen der Stromerzeugung nicht berücksichtigt werden. Bei PHEV müssen bei der Berechnung beide unabhängigen Energiequellen berücksichtigt werden. Bei der Berechnung der CO 2 - Emissionen wird eine Kombination der Emissionen aus beiden Antriebsarten gebildet. In die Berechnung gehen die elektrische Reichweite des Fahrzeugs ein sowie die CO 2 -Emissionen, die es im NEFZ ausstößt, wenn es mit dem Verbrennungsmotor fährt. Supercredits Mit Supercredits sollen gezielt besonders emissionsarme Fahrzeuge gefördert werden. Dabei kann ein besonders emissionsarmes Fahrzeug mehrfach auf das Flottenziel eines Autoherstellers angerechnet werden. Bis zum Jahr 2015 werden in der EU PKWs mit einem Ausstoß von weniger als 50 g CO 2 / km mit einem höheren Faktor bei der Berechnung des Flottenverbrauchs der Hersteller angesetzt, wobei Emissionswerte von unter 50 g CO 2 / km derzeit eigentlich nur von Plug-in-Hybriden und Elektroautos erreicht werden. 77 <?page no="86"?> Bis zum Jahr 2015 werden in der EU Supercredits mit folgenden Faktoren auf die Flottenziele angerechnet: mit dem Faktor 3.5 im Jahr 2013, mit dem Faktor 2.5 im Jahr 2014 und mit dem Faktor 1.5 im Jahr 2015. Supercredits werden auch für die Emissionsziele 2020 wie folgt verwendet: mit dem Faktor 2.0 im Jahr 2020, mit dem Faktor 1.67 im Jahr 2021 und mit dem Faktor 1.33 im Jahr 2022. Die Supercredits werden aber mit einem Wert von 7,5 g CO 2 / km über die gesamte Periode 2020-2022 limitiert. Ökoinnovationen Fahrzeughersteller haben in der EU die Möglichkeit, über sogenannte Ökoinnovationen, ihren Fahrzeugflotten CO 2 -Emissionen gutzuschreiben um die geforderten Ziele zu erreichen. Dabei muss der Fahrzeughersteller nachweisen, dass durch diese Ökoinnovationen CO 2 gespart wird, wobei diese Ersparnis nicht durch Standardtestzyklen erfasst werden kann. Die genauen Anforderungen zur Genehmigung von Technologien als Ökoinnovation sind in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 725/ 2011 festgelegt. Durch Ökoinnovationen kann sich ein Hersteller Reduktionen von bis zu 7 g CO 2 / km anrechnen lassen. Zu Ökoinnovationen zählen beispielsweise besonders sparsame Beleuchtungssysteme, Solardächer oder auch Geräte zur Wandlung der Abwärme in elektrische Energie. [20] Strafzahlung bei Nichterreichen des CO 2 -Ziels für PKW Wird das CO 2 -Flottenziel eines Fahrzeugherstellers ab 2012 überschritten, muss der Hersteller für jedes registrierte Fahrzeug Strafe bezahlen. Für das erste Gramm CO 2 müssen € 5, für das zweite Gramm € 15, für das dritte Gramm € 25, und für jedes weitere € 95 bezahlt werden. Ab 2019 gelten € 95 bereits für das erste Gramm CO 2 . [21] 2.3. Die nächsten Schritte in der europäischen PKW-Gesetzgebung Nachdem der Vorschlag für die 2020/ 2021-Ziele bezüglich CO 2 -Emissionen auch vom Europäischen Ministerrat angenommen wurde, wird in den nächsten Monaten die finale Verordnung erwartet. Die Korrelation der CO 2 -Werte von WLTP/ NEDC wird derzeit analysiert, wobei die Implementierung vom WLTC für CO 2 -Emissionen noch in Diskussion steht. Die Einführung des WLTC für Emissionen wird derzeit diskutiert, wobei September 2017 als spätester Zeitpunkt angenommen wird. RDE ist derzeit ein bestimmendes Thema in der Europäischen Union. Mit Einführung von Euro 6c im September 2017 sollen gesetzlich bindende Limits eingeführt werden. Die dafür notwendigen Grenzwerte sollen Mitte 2015 definiert werden. Ohne binden- 78 <?page no="87"?> de Limits sollen jedoch bereits Ende 2014 gasförmige Schadstoffe überwacht werden, wobei mit einer Verzögerung zu rechnen ist. Es wurde mit dem Verfahren gestartet, das weltweit harmonisierte Testverfahren WLTP ins europäische Recht überzuführen, um wie erhofft die Einführung des WLTP mit Euro 6c sicherstellen zu können. Parallel wird in der ECE der WLTP weiterentwickelt werden. Für PKW werden, in einem erst kürzlich veröffentlichten Vorschlag, auch mögliche zukünftige NO 2 -Grenzwerte, Einführung von separaten THC Limits für Fahrzeuge die mit CNG betrieben werden oder eine Adaptierung des CO Grenzwertes im Kalttest diskutiert. [22] 3. Abgasgesetzgebung LKW - aktueller Stand und Trends Bei schweren Nutzfahrzeugen verhält es sich ähnlich wie bei PKWs. Die strengsten Abgasnormen gelten in Europa, USA, Kalifornien, Japan und Korea. Viele Länder folgen der Europäischen Union oder orientieren sich an US-Standards bei der Definition ihrer Emissionsstandards. Bild 9 gibt einen Überblick über bestehende und zukünftige Emissions- und Treibhausgas-/ Treibstoffverbrauchsstandards für LKW in wichtigen Automobilmärkten. Bild 9: Globale Emissions- und Treibhausgas-/ Treibstoffverbrauchsstandards für LKW 3.1 Abgasgesetzgebung LKW in Europa In der von der Europäischen Union verabschiedeten Richtlinie 88/ 77/ EWG wurden die zulässigen Abgasemissionen von schweren Nutzfahrzeugen geregelt. Nach mehreren Überarbeitungen wurde diese Richtlinie durch die Richtlinien 2005/ 55/ EG und 2005/ 78/ EG ersetzt. 79 <?page no="88"?> Mit der Einführung von Euro VI wurde die Gesetzgebungssystematik an Euro 5 und 6 für leichte Fahrzeuge angepasst. Verordnung (EG) 595/ 2009, mit der zugehörigen Verordnung (EU) 582/ 2011 zur Implementierung der Standards, wurden verabschiedet. Mittlerweile wurden diese Verordnungen mehrmals geändert, zuletzt durch die Verordnung (EG) 136/ 2014 vom 11. Februar 2014. Euro VI führte zu deutlich verschärften Anforderungen in der Gesetzgebung. Es wurden nicht nur strengere Grenzwerte, sondern auch neue Testverfahren und Zyklen eingeführt. Themen wie On-Board Diagnose (OBD) oder Emissionen außerhalb des Zyklus (Off-Cycle Emissions - OCE), neue Messverfahren für In-Service-Conformity und deutlich erhöhte Dauerhaltbarkeitsanforderungen kamen auf die LKW-Hersteller zu. Mit der letzten Änderung wurden auch Typprüfungsvorschriften für Dual-Fuel Motoren implementiert. [23] Mit der Einführung von Euro VI wurden die NO x -Emissionen beispielsweise von 2.0 g/ kWh auf 0.4 bzw. 0.46 g/ kWh, abhängig vom Testzyklus, gesenkt. Erstmals wird in Euro VI neben der Partikelmasse (PM) auch die Partikelanzahl (PN) begrenzt. Grundsätzlich werden Emissionslimits bzw. Emissionsgesetzgebungen ohne Vorschreibung einer bestimmten Technologie definiert. Der PN-Grenzwert erfordert aber den Einsatz eines Dieselpartikelfilters (DPF). Die folgende Abbildung stellt die Grenzwertänderungen von Euro I bis Euro VI für Diesel-LKW dar. Bild 10. Entwicklung der Emissionsgrenzwerte für Diesel-LKW von Euro I bis Euro VI Mit Euro VI wurde erstmals der weltweit harmonisierte Testzyklus für Motoren von schweren Nutzfahrzeugen in der Gesetzgebung eingeführt. Von UNECE Arbeitsgruppen wurden in langjähriger Arbeit ein Fahrzeugzyklus entwickelt, der die Fahr- 80 <?page no="89"?> bedingungen für Nutzfahrzeuge weltweit berücksichtigt. Aus dem Fahrzeugzyklus wurden anschließend auf Basis eines repräsentativen Fahrzeug- und Getriebemodells der transiente Motorzyklus WHTC (World Harmonized Transient Cycle) und der stationäre Motorzyklus WHSC (World Harmonized Stationary Cycle) generiert. Beide Zyklen sind in der GTR Nr.4 der UN ECE geregelt. Die Europäische Union hat als Vorreiter diese Zyklen mit Euro VI erstmals verbindlich eingeführt. Mittlerweile ist China gefolgt und Japan plant ebenfalls deren Einführung. In den USA ist eine Einführung dieser Zyklen aus heutiger Sicht nicht absehbar. 11. Transienter Motorzyklus WHTC [23] Hersteller müssen sicherstellen, dass die Auspuffemissionen während der gesamten normalen Lebensdauer eines Fahrzeuges unter normalen Nutzungsbedingungen wirkungsvoll begrenzt werden. Für leichte Nutzfahrzeuge der Klassen M1, N1 und M2 gilt eine Laufleistung von 160 000 km oder fünf Jahre, je nachdem, was zuerst eintritt. Schwere Nutzfahrzeuge mit einer technisch zulässigen Gesamtmasse von über 16 Tonnen müssen bis zu 700 000 km oder sieben Jahre die Einhaltung der Emissionsvorschriften gewährleisten. Es ist geplant auch für Stickstoffdioxid-Emissionen (NO 2 ), welche derzeit bei den NO x -Grenzwerten einfließen, eigene Grenzwerte zu definieren, da viele die Luftqualität betreffende Probleme mit NO 2 -Emissionen in Verbindung stehen. Testprozedur für Hybridfahrzeuge Für konventionelle Antriebe ist das Motor basierte Abgasprüfverfahren entwickelt worden, um den großen Bereich von Fahrzeugenvarianten und Anwendungsfälle sinnvoll abzudecken. Beim Hybridfahrzeug müssen jedoch die Konfiguration von Antriebstrang und Energiespeicher sowie die Fahrzeugparameter berücksichtigt werden, um das Abgasverhalten richtig abzubilden. In Japan wurde ein HILS (Hardware in-the-Loop Simulation) Verfahren entwickelt, das das Zusammenspiel der einzelnen Antriebskomponenten (Motor, E-Motor, Batterie, Getriebe) berücksichtigen soll. 81 <?page no="90"?> Im Rahmen eines Arbeitsprogramms der UN-ECE Arbeitsgruppe wird ein Testverfahren entwickelt und soll in seiner ersten Fassung voraussichtlich bis November 2014 fertig gestellt sein. Basiszyklus für die Simulation ist der WHVC, der die Basis für den WHTC bzw. WHSC darstellt. Ergebnis der Simulation ist ein für das Fahrzeug repräsentativer Motorzyklus, im Gegensatz zum allgemein gültigen WHTC. Die HILS Methode beruht zwar weitgehend auf Simulationsmodellen, beinhaltet aber noch Hardware Komponenten wie den Hybrid Controller und den Verbrennungsmotor, die real getestet werden. Alternativ zu HILS ist auch ein Test des Hybrid Antriebsstrangs auf einem Rollenprüfstand möglich. Dieser Test basiert auf den entsprechenden US Vorschriften. Den Aufbau der HILS Methode zeigt Bild 12. Bild 12. Prinzip HILS Systemaufbau [23] Zunächst wird aus einer Bibliothek von Hybridkomponenten das HILS System zusammengestellt und gegen ein Referenzmodell getestet. Anschließend wird das HILS Modell aufgebaut und mit den Daten der Komponententests (z.B. Leistungsdiagramm des Elektromotors oder der Batterie) „gefüttert“. Mit HILS wird erstmals eine zum Teil auf Simulation beruhende Testmethode in die Abgasgesetzgebung eingeführt. [23] Die erste Phase der Testprozedur soll 2014 fertiggestellt werden. Sobald die Globale Technische Regelung (gtr 4) entsprechend geändert wurde, kann diese in nationale Gesetzgebung umgesetzt werden, wobei Japan und die EU starkes Interesse an der Umsetzung zeigen. 3.2. Off-Cycle Emissions und In-Service Conformity Laut der Verordnung (EU) Nr. 582/ 2011 Artikel 14 muss der Hersteller alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, „um zu gewährleisten, dass die Abgasemissionen wäh- 82 <?page no="91"?> rend der gesamten normalen Lebensdauer eines Fahrzeugs und bei normalen Nutzungsbedingungen wirkungsvoll begrenzt werden“. [24] Um Emissionen wirksam zu kontrollieren sollen diese in einem breiten Spektrum von Motorbetriebszuständen und Umgebungsbedingungen getestet werden. Dabei müssen auch Emissionen außerhalb des Zyklus gewisse im Gesetz definierte Grenzwerte (Not-to-Exceed Limits - NTE, Off-Cycle Emissions - OCE) für CO, THC, NO x und PM einhalten. Diese OCE werden während der Typprüfung sowie im tatsächlichen Betrieb des Fahrzeugs überprüft. Während der Typgenehmigung werden Off-Cycle-Emissionen im sogenannten WNTE-Test entsprechend der UNECE Regelung R49 am Prüfstand durchgeführt. Bei diesem Test wird ein breiter Bereich des Motorkennfeldes entsprechen Bild 13 berücksichtigt. Bild 13. Beispiel für WNTE Test Bereich [25] Neben der Verwendung von transportablen Emissionsmessgeräten PEMS bei der Zertifizierung, werden auch bei der Feldüberwachung (In-Service Conformity - ISC) eingesetzt. Die Fahrzeuge werden dann unter „normalen“ Betriebsbedingungen auf der Straße geprüft. Dabei müssen CO, THC und Stickstoffoxide bei Dieselmotoren, sowie bei Gasmotoren zusätzlich CH 4 bestimmt und bestimmte Übereinstimmungsfaktoren dabei eingehalten werden. Eine Erweiterung der Anforderungen ist geplant, davor ist jedoch eine Evaluierung des jetzigen Verfahrens durchzuführen. 3.3. On-Board-Diagnose und NO x -Überwachung bei LKWs Alle Motorsysteme und Fahrzeuge müssen mit einem On-Board-Diagnosesystem ausgestattet sein. Die Verordnung (EU) Nr. 582/ 2011 fordert, wie auch bei PKWs, dass das OBD-System in der Lage sein muss, „während der gesamten Lebensdauer des Fahrzeugs die Arten von Verschlechterungen oder Fehlfunktionen zu erkennen, aufzuzeichnen und zu übermitteln“. [24] Auch die Anforderungen betreffend Leistung des OBD-Systems im Betrieb unter allen normalen und nach vernünftigem Ermessen vorhersehbaren Betriebsbedingungen müssen erfüllt werden. Dabei müssen nicht 83 <?page no="92"?> nur beispielweise der Dieselpartikelfilter oder SCR überwacht, sondern auch OBD- Limits eingehalten werden. Ähnlich wie beim PKW werden im Gesetz auch „Vorschriften zur Gewährleistung des ordnungsgemäßen Arbeitens von Einrichtungen zur Begrenzung der NO x - Emissionen“ angeführt. [24] Während der normalen Motorlebensdauer und unter normalen Betriebsbedingungen muss jedes Motorsystem diese Vorschriften erfüllen. In diesem Zusammenhang muss der Hersteller u.a. folgende Angaben machen: - Funktions- und Betriebsmerkmale des Motorsystems - Eigenschaften aller Reagenzien, die von einem Emissionsminderungssystem verbraucht werden (Art, Konzentration, …) - Funktions- und Betriebsmerkmale des Frühwarnsystems und des Fahreraufforderungssystems Auch hier werden Fahreraufforderungssysteme eingesetzt, deren Nichtbeachtung zu einer Drehmomentminderung des Motors führen kann oder soweit, dass es nur mehr möglich ist, das Fahrzeug im Kriechmodus zu betreiben. 3.4 CO 2 Gesetzgebung LKW in Europa Treibstoffverbrauch bzw. Treibhausgasemissionen werden in USA und China bereits geregelt. Auch Japan sieht ab 2015 eine bestimmte Kraftstoffeffizienz vor. In der EU werden CO 2 -Grenzwerte für LKWs für den Zeitraum 2020-2023 erwartet. Das Überwachen und Bestimmen der CO 2 -Emissionen wird jedoch voraussichtlich ab 2016 gefordert. [26] Im Gegensatz zu den USA, wo separate Grenzwerte für Fahrzeug und Motor festgelegt wurden, welche ab 2017 verbindlich sind, soll in der EU nur ein Fahrzeug basierender Ansatz gewählt werden. Für die Ermittlung der Emissionen soll das Simulationstool VECTO (Vehicle Energy Consumption calculation TOol) in der EU verwendet werden. Bild 14. Simulationstool VECTO [23] 84 <?page no="93"?> Der Hersteller bestimmt die Eingangsgrößen für die Simulation wie Verbrauchskennfeld des Motors, Rollwiderstand, Getriebeverluste, Leergewicht u.v.m. Mit Hilfe des Simulationstools VECTO wird schließlich der CO 2 Wert für jedes einzelne Fahrzeug ermittelt. [23] Die Regelung ist in der EU derzeit in der Entwicklungsphase. Im Auftrag der Kommission arbeitet ein Konsortium von Forschungsinstituten unter Mitarbeit des Automobilherstellerverbandes ACEA an der Regelung. Im Gegensatz zu den Abgasemissionen beziehen sich diese Regelungen auf das Gesamtfahrzeug und nicht nur auf den Motor. Um die Vielzahl der Fahrzeugvarianten mit vernünftigem Aufwand erfassen zu können soll eine Simulationsmethode wie VECTO eingesetzt werden. Mit der Veröffentlichung eines Entwurfs der Regelung wird im 2. Halbjahr 2014 gerechnet. [23] NOx Grenzwerte Kalifornien Das kalifornische Air Resources Board (ARB) hält eine weitere Absenkung der Fahrzeugemissionen bis 2050 für erforderlich. In diesem Zusammenhang wird ab 2015 eine freiwillige NOx Reduktion von NFZ Motoren eingeführt. Diese beinhaltet drei verschiedene Stufen: 50 %, 75 % oder 90 % des gegenwärtigen US Grenzwerts von 0.20 g/ BHP-hr. Durch Förderungen soll der Anreiz zur Entwicklung bzw. zum Kauf der Niedrigemissionsfahrzeuge erhöht werden. Ob und bis wann Grenzwerte dieser Größenordnung verbindlich eingeführt werden ist noch unklar. 4. Internationalisierung der Abgasgesetzgebung Die Automobil- und Nutzfahrzeugindustrie hat sich längst zu einer globalen Industrie entwickelt. Um eine Vielzahl unterschiedlicher regionaler Regelungen zu vermeiden und den bestmöglichen Umweltnutzen zu erzielen, werden globale harmonisierte Abgasvorschriften durch Arbeitsgruppen der UN Wirtschaftskommission für Europa (ECE) erarbeitet. Um die gegenseitige Anerkennung von Genehmigungen zu erleichtern und Handelshemmnisse abzubauen, wurde im Rahmen der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UN/ ECE) ein Übereinkommen über die technische Harmonisierung von Fahrzeugen, das sogenannte „Übereinkommen von 1958", und das sogenannte Parallelübereinkommen von 1998 ausgearbeitet. Die EU ist beiden Abkommen beigetreten. Beide Übereinkommen bezwecken die Harmonisierung der technischen Regelungen für Sicherheit, Umweltschutz, Antriebssysteme und Diebstahlsicherung. 85 <?page no="94"?> Das Übereinkommen von 1958 Nach dem Übereinkommen von 1958 ist eine Vertragspartei, die eine UN/ ECE- Regelung angenommen hat, dazu berechtigt, Typgenehmigungen für die von dieser Regelung betroffenen Fahrzeuge zu erteilen. Ebenso muss sie die Typgenehmigung jeder anderen Vertragspartei anerkennen, die diese Regelung angenommen hat. Im Rahmen dieses Übereinkommens wurden bisher mehr als 120 Regelungen ausgearbeitet. Das Übereinkommen von 1958 zählt 47 Vertragsparteien. Das Parallelübereinkommen von 1998 Im Gegensatz zum Übereinkommen von 1958 enthält das Parallelübereinkommen keine Vorschriften zur gegenseitigen Anerkennung von Genehmigungen. Dies ermöglicht es jenen Ländern, die noch nicht bereit sind, die sich aus der gegenseitigen Anerkennung ergebenden Verpflichtungen zu übernehmen, an der Ausarbeitung der globalen technischen Regelungen konkret mitzuwirken. Die globalen technischen Regelungen werden in einem globalen Register aufgenommen. Diese können zu einem späteren Zeitpunkt von allen Ländern der Welt übernommen werden. Die Festlegung einer globalen technischen Regelung verpflichtet die Vertragsparteien nicht, dieser Rechtsverbindlichkeit zu verleihen. Jedoch müssen die Vertragsparteien bekannt geben, ob sie eine globale technische Regelung annehmen oder ablehnen, und ab wann sie sie anwenden. [ 27 ] Im Rahmen des Übereinkommen von 1958 werden in der Europäischen Union eine Vielzahl von Regelungen für die Typprüfung anerkannt wie zum Beispiel die Regelung R 83 Schadstoffemissionen von leichten Fahrzeugen oder die Regelung 49 bezüglich Schadstoffemission von Diesel- und Gasmotoren die in schweren Nutzfahrzeugen in Einsatz kommen. Die technischen Anhänge der neuen Abgasgesetzgebungen Euro 5&6 bzw. Euro VI beziehen sich direkt auf die UNECE Richtlinien R83 bzw. R49. Die globalen technischen Regelungen festgelegt im Übereinkommen von 1998 müssen erst in nationale Gesetzgebungen eingearbeitet werden um Gültigkeit zu erlangen. Europa verwendet für Euro VI den WHDC, globale OBD-Anforderungen und Off- Cycle Tests für die bereits globale technische Regelungen verabschiedet wurden. Japan plant deren Einführung ebenfalls mit der nächsten Abgasgesetzgebungsstufe. In China wird das Testen nach dem WHDC bereits gefordert. Nur in den USA gibt es keine Anzeichen diese Regelungen zu übernehmen. Die neuen Testmethoden für die Bestimmung von CO 2 -Emissionen von Nutzfahrzeugen mit Hybridantrieb werden derzeit als Änderung der gtr 4 entwickelt. Mit der Entwicklung des WLTPs wird die erste globale technische Regelung für PKWs und leichte Nutzfahrzeuge vorbereitet. Federführend sind hier die EU und Japan. Die USA, welche ursprünglich zu den Förderern gezählt haben, zogen sich zurück. 86 <?page no="95"?> Diese Globalisierungsbemühungen erleichtern es den Herstellern umweltfreundliche Fahrzeuge global zu vermarkten und ermöglichen es Schwellenländern moderne Abgasemissionsgesetzgebung anzuwenden und die Umweltstandards rascher anzuheben. [27] Literatur [1] http: / / www.spiegel.de/ wissenschaft/ technik/ smog-paris-verhaengt-erstesfahrverbot-seit-1997-a-959001.html 18.03.2014 [2] http: / / www.dw.de/ eus-air-pollution-problems-festering/ a-17284632 18.03.2014, [3] European Environment Agency: „Air quality in Europe - 2013 report” No 9/ 2013 [4] BESCHLUSS Nr. 1386/ 2013/ EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. November 2013 über ein allgemeines Umweltaktionsprogramm der Union für die Zeit bis 2020 „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“ [5] Europäische Kommission: „WEISSBUCH Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum - Hin zu einem wettbewerbsorientierten und ressourcenschonenden Verkehrssystem”, 28.3.2011 [6] Richtlinie 70/ 220/ EWG des Rates vom 20. März 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Abgase von Kraftfahrzeugmotoren mit Fremdzündung [7] ÖVK: „Neue Autos helfen der Umwelt”, 2. Aktualisierte Auflage, Jänner 2013 [8] VERORDNUNG (EG) Nr. 443/ 2009 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO 2 -Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen [9] Proposal for a REGULATION (EU) No …/ 2014 OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL amending Regulation (EC) No 443/ 2009 to define the modalities for reaching the 2020 target to reduce CO 2 emissions from new passenger cars [10] European Environment Agency: „Towards a green economy in Europe - EU environmental policy targets and objectives 2010-2050”, No 8/ 2013 [11] ICCT: „Global Transportation Energy and Climate Roadmap”, November 2012 [12] R. Rosenitsch, Österreichischer Verein für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK): „Neue Autos helfen der Umwelt“, (2. aktualisierte Auflage), Jänner 2013 [13] VERORDNUNG (EG) Nr. 715/ 2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge [14] Prof. Dr. Uwe D. Grebe, AVL List GmbH, Graz, Austria: „Herausforderungen der Globalisierung - Wie ändert sich die Zusammenarbeit in der Automobilindustrie? “, 34. Internationales Wiener Motorensymposium 2013 87 <?page no="96"?> [15] VERORDNUNG (EU) Nr. 136/ 2014 DER KOMMISSION vom 11. Februar 2014 zur Änderung der Richtlinie 2007/ 46/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 692/ 2008 der Kommission hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) sowie der Verordnung (EU) Nr. 582/ 2011 hinsichtlich der Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen (Euro VI) [16] VERORDNUNG (EG) Nr. 692/ 2008 DER KOMMISSION vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/ 2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge [17] Economic Commission for Europe Inland Transport Committee, World Forum for Harmonization of Vehicle Regulations 162 nd session, Geneva, 11-14 March 2014: „Proposal for a global technical regulation on the Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure Proposal for a new global technical regulation on the Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure (WLTP). [18] Dr. A. Perujo, Dr. P. Bonnel, Dr. M. Weiss, Dr. A. Provenza, JRC: „In-Use Emissions Testing Developments in the New and Future European Motor Vehicle Emissions Regulations”, Abgas und Partikelforum [19] RWTH Aachen Universität, Institut für Kraftfahrzeuge: „CO 2 -Reduzierungspotenziale bei Pkw bis 2020“, Dezember 2012 [20] Durchführungsverordnung (EU) Nr. 725/ 2011 [21] http: / / ec.europa.eu/ clima/ policies/ transport/ vehicles/ cars/ index_en.htm 21.03.2014 [22] Proposal for a REGULATION OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL amending Regulations (EC) No 715/ 2007 and (EC) No 595/ 2009 as regards the reduction of pollutant emissions from road vehicles [23] J. Stein: „Trends der Abgasgesetzgebung für NFZ und Nonroad Motoren - was erwartet uns nach Euro VI und Stufe IV? “, Ludwigsburg, April 2014 [24] VERORDNUNG (EU) Nr. 582/ 2011 DER KOMMISSION vom 25. Mai 2011 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 595/ 2009 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen (Euro VI) und zur Änderung der Anhänge I und III der Richtlinie 2007/ 46/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates [25] AVL Emission Report, www.avl.com/ legislation-services [26] Dr. Manfred Schuckert: „Fuel efficiency improvements and emission reduction of HDV - a comparison of European and Chinese approaches“, Beijing, March 2014 [27] http: / / europa.eu/ legislation_summaries/ internal_market/ single_market_for_ goods / motor_vehicles/ motor_vehicles_technical_harmonisation/ l24471_de.htm 88 <?page no="97"?> 7 Zukünftige Antriebsysteme und ihre Anforderungen an Kraftstoffe Future Powertrain Systems and their Fuel Demands Thomas Garbe Bild 1: Zukunftsvision Bild 2: Gliederung der nachfolgenden Folien 89 <?page no="98"?> Bild 3: Hauptgründe für die Anforderungen an zukünftige Motoren und Fahrzeuge Bild 4: Anforderungen an zukünftige Motoren und Fahrzeuge: Weltweite CO 2 -Vorschriften 90 <?page no="99"?> Bild 5: Anforderungen an zukünftige Motoren und Fahrzeuge: Europäische Emissionsgrenzwerte Bild 6: Anforderungen an zukünftige Motoren und Fahrzeuge: Potenziale und Pfade für Biokraftstoffe 91 <?page no="100"?> Bild 7: Anforderungen an zukünftige Motoren und Fahrzeuge: Zukünftige Produktion europäischer Biokraftstoffe Bild 8: Zukünftige Fahrzeuge und ihr Bedarf an die Kraftstoffqualität: Der VW Weg 92 <?page no="101"?> Bild 9: Zukünftige Fahrzeuge und ihr Bedarf an die Kraftstoffqualität: Benzinmotoren Bild 10: Zukünftige Fahrzeuge und ihr Bedarf an die Kraftstoffqualität: Abgasnachbehandlung beim Benzinmotor 93 <?page no="102"?> Bild 11: Zukünftige Fahrzeuge und ihre Anforderungen an die Kraftstoffqualität: Dieselmotoren Bild 12: Zukünftige Fahrzeuge und ihre Anforderungen an die Kraftstoffqualität: Abgasnachbehandlung beim Dieselmotor 94 <?page no="103"?> Bild 13: Zukünftige Fahrzeuge und ihre Anforderungen an die Kraftstoffqualität: Plug In Hybrid Fahrzeuge Bild 14: Zukünftige Fahrzeuge und ihre Anforderungen an die Kraftstoffqualität: CNG-„Compressed Natural Gas“- Fahrzeuge 95 <?page no="104"?> Bild 15: Zukünftige Fahrzeuge und ihre Anforderungen an die Kraftstoffqualität: Road Map zur Standardisierung Bild 16: Weltweite „Roll Out“-Technologie: Erfordernisse und Verfügbarkeit in USA, China, … 96 <?page no="105"?> Bild 17: Weltweite „Roll Out“-Technologie: Weltweite Emissionsgrenzwerte Bild 18: Weltweite „Roll Out“-Technologie: Motorentechnologie, Kraftstoffqualität 97 <?page no="106"?> Bild 19: Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Bild 20: Die Flotte der Volkswagen AG 98 <?page no="107"?> Kommentar des Herausgebers zum Beitrag von Dr. Thomas Garbe „Künftige Antriebssysteme und ihre Anforderungen an die Kraftstoffe“ Durch die laufende Verschärfung der Abgasgrenzwerte, Forderungen zur Kraftstoffeinsparung und geringerer CO 2 -Emissionen werden die Ansprüche an die Motoren- und Fahrzeugentwicklung immer komplexer und aufwendiger. Das gilt sowohl für Ottomotoren, wie auch für Dieselmotoren und in zunehmendem Maße auch für Kraftstoffqualitäten. Die Forderungen - siehe Bild 3 - leiten sich im Wesentlichen aus drei Gründen ab: • Der Beteiligung an den Treibhausgas-Emissionen insbesondere an CO 2 • Dem Beitrag des Straßenverkehrs zur Luftqualität, insbesondere in Großstädten und • Der Endlichkeit fossiler Brennstoffe Weltweit wurden daher CO 2 -Ziele für die jeweiligen Fahrzeugflotten definiert, die mit den Jahren immer weiter verschärft werden. Das gilt für Europa, die USA, Japan und China, siehe Bild 4. Im Vergleich zu anderen Quellen ist der Beitrag des Straßenverkehrs zwar nicht sehr hoch, argumentiert wird aber mit der steigenden Zahl der Fahrzeuge, die deshalb durch niedrigere CO 2 -Emissionen moderner Fahrzeuge kompensiert oder verringert werden sollen. Ähnliches gilt für die Abgasemissionen des Straßenverkehrs, siehe Bild 5. Da zur Überwachung der Luftqualität viele Messstationen am Straßenrand positioniert wurden, wird dem Beitrag der Fahrzeuge eine dominante Rolle zugeteilt. Dabei sind Kohlenwasserstoff-, NO 2 - und Partikel-Emissionen im Fokus, da sie insbesondere bei ungünstigen meteorologischen Verhältnissen zum Smogaufbau beitragen. In den vergangenen Dekaden hat der Kraftstoffverbrauch des Straßenverkehrs kontinuierlich zugenommen, ein Trend der in Europa in den letzten Jahren durch immer effizientere Fahrzeuge gestoppt wurde. Der Anteil des Straßenverkehrs am Erdölverbrauch liegt in Europa bei ca. 60 % weltweit bei ca. 53 %. Weltweit wird seitens der Ölindustrie bis 2040 ein Anstieg seit 2010 um 75 % erwartet, bedingt durch das Wirtschaftswachstum vorwiegend in China, aber auch in Indien, Brasilien, Mexiko und der Türkei. Der Hauptanstieg erfolgt beim Dieselkraftstoff wegen der weltweiten Zunahme der Nutzfahrzeuge. Es wird daher befürchtet, dass die Vorräte an fossilen Energieträgern knapp werden. Die Ölindustrie setzt daher auf neue Fördertechniken, die jedoch kostspieliger werden. 99 <?page no="108"?> Ein weiterer Weg eröffnet sich durch den Einsatz alternativer Treibstoffe, wie Erdgas, Biokraftstoffe, etc. Auf der Emissionsseite haben die Verschärfungen insbesondere bei NOx und den Partikeln zu immer aufwendigeren technischen Losungen geführt und damit auch zur Qualitätsverbesserung der Kraftstoffe beigetragen. Der Bleigehalt im Benzin ist schon seit 20 Jahren nahe Null, Benzol und Polyaromaten sind vermindert worden, der Schwefelgehalt im Dieselkraftstoff, aber auch im Benzin ist deutlich abgesenkt worden. Damit konnte die Wirksamkeit und Lebensdauer von Katalysator- und Filtertechnologien weiter gesteigert werden. Moderne Einspritztechnologien haben die Verbrennung durch bedarfsgerechte Bereitstellung des Kraftstoffs im Motor noch weiter verbessert. Bei schweren Dieselmotoren ist auch der Einsatz von Harnstoff eingeführt worden. Die bisherigen Gesetzesverschärfungen haben den Druck auf die Fahrzeugindustrie massiv erhöht und führen zwangsweise zu höheren Aufwendungen beim Fahrzeughersteller und letztlich auch beim Kunden. Die Sorge endlicher Ölvorräte hat den Weg zu alternativen Kraftstoffen geebnet, siehe auch Bild 6. Das hat auch sowohl in Europa wie in den USA zu einer steigenden Biokraftstoffproduktion geführt, siehe Bild 7. Das Potential wird in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren um mehr als die Hälfte ansteigen. Auch das Angebot von Gas-, Biokraftstoff-, Elektro- und Hybridfahrzeugen nimmt zu, siehe Bild 8. Ein Lösungsansatz sind Flexfuel-Fahrzeuge die wahlweise mit Ethanol betrieben werden können. Betrachtet man die Konzepte im Einzelnen wird beim Ottomotor eine verstärkte Turboaufladung genutzt, um bei gleicher Leistung den Motor kleiner und damit leichter bauen zu können. Ein weiterer Weg ist die Variable Ventilsteuerung, die den Verbrennungsablauf optimieren kann. Ein im Motorraum integrierter Krümmer sowie eine Start/ Stop-Automatik sind weitere Mittel. Angestrebt wird dabei ein gutes Klopfverhalten und gute Verbrennungsbedingungen auch mit alternativen Kraftstoffen, teilweise unter einem Einsatz von Reinigungsadditiven, siehe auch Bild 9. Die Nachbehandlung beim Ottomotor konzentriert sich auf den Katalysator. Er wird noch motornäher angebracht, um eine noch schnellere Anspringtemperatur zu erreichen. Seine Zelldichte wird noch gesteigert bei einer Verringerung der Zellwände. Entscheidend ist auch hier die Sauberkeit des Kraftstoffs, das Verbannen von Metalladditiven, die Schwefelfreiheit und passende Reinigungsadditive, siehe Bild 10. Beim Dieselmotor wird ebenso das Mittel der Motorverkleinerung mit Turboaufladung genutzt, zusätzlich eine Niederdruck-Abgasrückführung, die variable Ventilsteuerung, die Zylinderdruckkontrolle, Start/ Stop-Automatik und Regenerationszyklen zum Freibrennen des Filters. Das erfordert auf der Kraftstoffseite zur optimalen Zündwilligkeit eine angepasste Cetanzahl, optimierte Öl- und Viskositätseigenschaf- 100 <?page no="109"?> ten, saubere Kraftstoffqualitäten, insbesondere bei Biokraftstoffen eine verlässliche Oxidationsstabilität und einen Höchstwert der Zumischung von FAME (Fatty Acid Methyl Esther), siehe Bild 11. Die Nachbehandlung beim Dieselmotorbetrifft den Oxidationskatalysator, den Partikelfilter und die NOx-Nachbehandlung. Der Schwerpunkt liegt dabei beim NOx- Speicherkatalysator und beim SCR-System (Selective Catalytic Reduction). Das funktioniert nur bei einem extrem niedrigen Schwefelrestgehalt im Dieselkraftstoff, beim Fehlen anderer Katalysatorgiftstoffe. Der Energiegehalt insbesondere bei Biokraftstoffen muss optimiert sein, siehe Bild 12. Die heutigen Forderungen an die Fahrzeugentwickler haben zu Angeboten an alternativen Fahrzeugen geführt. Zunehmend werden sogenannte „Plug in Hybrid“- Fahrzeuge erprobt. Hier wird der konventionelle Verbrennungsmotor mit einem Elektromotor ergänzt. Schwerpunkte sind hier eine möglichst große Reichweite im elektrischen Betrieb um damit einen geringen Kraftstoffverbrauch zu erzielen. Wichtig dabei sind ein schneller Start des Antriebsaggregats und eine lange unbeeinträchtigte Verweilzeit im Kraftstofftanks, siehe Bild 13. Ein weiterer Ansatz ist das Gasauto, das zweckmäßigerweise mit komprimiertem Erdgas (CNG) betrieben wird. Das erfordert beim Erdgas den richtigen Energiegehalt, die Beachtung der passenden Methanzahl, des minimalen Schwefelgehalts und die Sauberkeit des Gases. Zusätzlich notwendig ist eine Anpassung des Motors, des Tanksystems und des Gasregelsystems. Die Anforderung an den Kraftstoff (im Falle des Betriebs mit flüssigen Kraftstoffen) ist eine verlässliche Oxidationsstabilität und insbesondere im Winter eine angepasste Kältefließfähigkeit und weitere Wintereignung, siehe Bild 14. Zur erfolgreichen Verbreitung müssen europaweit die Spezifikationen einheitlich definiert werden, um auch Reisen über die Grenzen der einzelnen Länder hinweg problemlos durchführen zu können. Besonders wichtig dabei sind dabei die Anforderungen an Olefin- und Aromatengehalt beim Ottokraftstoff und beim Dieselkraftstoff die Oxidationsstabilität. Für beide gilt die Einhaltung einer sauberen Kraftstoffqualität. In der nahen Zukunft muss daher an der Zündungsfähigkeit und dem Verbrennungsverhalten ebenso gearbeitet werden, wie am Siedeverhalten und dem Energieinhalt von Biokraftstoffen. Die Anforderungen an den reibungslosen Winterbetrieb erfordern die Beibehaltung der Eigenschaften das ganze Jahr hindurch. Insbesondere muss die Oxidationsstabilität weiter verbessert werden. Die weitere Forschung wird zeigen inwieweit neue Kraftstoffkomponenten und weitere emissionsrelevante Parameter mit einbezogen werden können, siehe Bild 15. Die künftige Entwicklung alternativer Fahrzeuge erfordert den Verkauf und Betrieb weltweit, wie z.B. in USA in China und anderen wachsenden Ländern, um die Probleme zu hoher Konzentrationen an NO 2 und PM 2,5 in den Großstädten in den Griff zu bekommen. Andere Quellen wie Kraftwerke, Industrie und Hausbrand dürfen dabei nicht außer Acht gelassen werden, siehe Bild 16. 101 <?page no="110"?> Die Gesetzgeber haben mit ihren Abgasstandards diese Anforderungen weltweit zum großen Teil schon aufgegriffen und die Fahrzeugindustrie hat sowohl bei den konventionellen, wie auch bei alternativen Fahrzeugen bereits große Fortschritte erzielt, siehe Bild 17 und Bild 18. Zusammenfassend - siehe Bild 19 - lässt sich also feststellen: • Fahrzeuge mit Benzin-, Diesel- und Gasmotoren werden noch für viele Jahre den weltweiten Fahrzeugmarkt dominieren • Zusätzlich werden Hybridtechnologien eine wichtige Rolle spielen • Die zukünftige Kraftstoffqualität wird bestimmt durch o Effiziente Verbrennungsprozesse o Emissionsverringerungsmaßnahmen o Längeren Verweilzeiten von Kraftstoffen im Tank • Weltweit sind einheitliche Spezifikationen festzulegen - keine Einzelregelungen von Land zu Land Durch die zunehmenden schärferen Anforderungen und den wachsenden Bedarf an emissionsarmen und verbrauchsarmen Fahrzeugen müssen sich neuartige alternative Fahrzeuge weltweit verbreiten um Entwicklungen rasch umsetzen zu können 102 <?page no="111"?> 8 Aktuelles vom 35. Wiener Motorensymposium 2014 Norbert Metz Abstract The main focus concentrates on low fuel consumption and low CO 2 emissions. Gasoline and diesel engines remain the dominant power trains. There is still a huge potential for further improvements. All companies offer 3-cylinder-powertrains with turbocharged engines provide in the engine displacement between 1 and 1.5 liters with enough power for the customers. Engineers of all brands work on hybridvehicles and alternative fuel concepts. Pure electric vehicles are not in favour, more hybrid plug in concepts with different power on the electric engine are preferred. Kurzfassung Der Fokus liegt zweifelsfrei an der weiteren Verringerung des Kraftstoffverbrauchs und der CO 2 -Emission. Die konventionellen Otto-und Dieselmotoren haben nach wie vor ein großes Weiterentwicklungspotential. Alle Hersteller setzen im Hubraumbereich 1 bis 1,5 Liter in Zukunft auch beim Ottomotor auf 3-Zylinder-Aggregate, die mit der Turboaufladung bis zu 170 kW erreichen. Des Weiteren beschäftigen Hybrid- Antriebe sowie alternative Treibstoffe die Ingenieure. Das reine Elektroauto ist weniger gefragt als Hybrid-Plug-In-Konzepte, wobei die Hersteller für den Elektromotor unterschiedliche Leistung konzipieren. Kernaussagen • Aus Verbrauchsgründen werden gerade dem Dieselmotor gute Weiterverbreitungschancen eingeräumt. Sein hoher thermodynamischer Wirkungsgrad sowie sein Drehmomentpotenzial im unteren Drehzahlbereich sind entscheidende Voraussetzungen für Downsizing und Downspeeding. • Auch beim Ottomotor wird eine Effizienzsteigerung von 15 % bis 2020 für durchführbar angesehen. • Hubraumreduzierte Turbo-Benzindirekteinspritz-Motoren arbeiten mit Technologien, wie Luftpfadoptimierung inklusive Ventilvariabilitäten, Niederdruckabgasrückführung, Turboaufladung. Dazu werden die Potenziale durch verschiedene Hybridisierungsgrade ausgelotet und die Zukunftspotenziale durch Weiterentwicklung bei den Einspritzsystemen untersucht. Die Funktionen zur Emissionsreduktion umfassen die genauere Abklärung des Kaltstarts und beim Warmlauf. • Ein Schwerpunkt der Entwicklung liegt auf Common-Rail-System-Komponenten und Sensoren, welche unabhängig von Einsatzort, Kraftstoffqualität 103 <?page no="112"?> sowie anderen Umgebungsbedingungen eine optimale Verbrennung sicherstellen können. • Fokus von Neuentwicklungen liegt auf der Steigerung der Einspritzdrücke sowie einer Verbesserung der Mengenzumessgenauigkeiten. Die Japanischen Autofirmen setzen bei Benzinern auf eine gekühlte Abgasrückführung. • Ein nächster Entwicklungsschritt ist der elektrisch angetriebene Verdichter. • Für Euro-6-Motoren kann die Integration der DeNOx-Abgasnachbehandlung, alternativ der NOx-Speicherkatalysator- oder die SCR-Technik zur Verwendung kommen. • Mit beheizbaren Katalysatoren sollen die strengen Euro 6c-Anforderungen erfüllt werden. • Leichtbau mit Vollaluminium-Aggregaten, gekühlte Abgasrückführung im Zylinderkopf und trägheitsoptimierte Turbolader, um auch bei ganz niedrigen Drehzahlen ein hohes Drehmoment nutzen zu können. • Generell ist bei der Erzeugung von Drehmoment der elektrische Antriebsstrang um 30 Prozent gewichtseffizienter als der Verbrennungsmotor. Alternative Antriebe und Kraftstoffe • Kernbegriffe sehen die VDI-Nachrichten im Downsizing, der Elektrifizierung des Antriebsstranges, in synthetischen Kraftstoffen und im sauberen Strom für batterieelektrische Autos. [1] • Prof. Robert Schlögl vom MPI für chemische Energiekonversion sieht in synthetischem Sprit wie Oxymethylenether einen sinnvollen Einsatz. [7] • Aufgrund der energieintensiven Batterieproduktion ist ein effizienter Diesel über die Gesamtlebensdauer beim CO -Ausstoß auf Augenhöhe mit dem batterieelektrischen Auto. • „Kunden und Gesellschaft wollen die E-Mobilität, daher wird die Elektromobilität in vielen Städten schnell Einzug halten“ erwartet der BMW Entwicklungsvorstand. • Elektromobilität in Verbindung mit innovativen Fahrzeugkonzepten und dem Einsatz von modernen Leichtbau-Werkstoffen wird zu weiteren Steigerungen von Elektrischen Hydrid-Fahrzeugen führen. 2030 werden Autos zu 40 % hybridisiert oder teilhybridisiert sein. • Durch Fahrzeugkonzepte und Werkstoffe werden die Möglichkeiten der Elektrifizierung maximal ausgeschöpft. • Eine Erhöhung der Bordspannung hilft die CO 2 -Emission in Richtung des CO 2 -Grenzwertes von 95 g/ km zu senken, gezeigt am 48-Volt-EcoDrive- System als milde Hybridisierung mit elektrifizierter Kupplung (E-Clutch) sowie mit einem speziellen Thermomanagement, mit zusätzlichen Maßnahmen zur Verminderung der Reibungsverluste im Motor und dem Einsatz eines elektrisch heizbaren Katalysators. Alle Vorträge sind in [7] detailliert dargelegt. 104 <?page no="113"?> Literatur [1] VDI-Nachrichten, 23. Mai 2014, Ausgabe Nr. 21, Wiener Motorensymposium 2014 [2] Rudolf Skarics, DER STANDARD, 15.05. und 16.05.2014 [3] REGIONEWS Presse-Artikel vom 14.05.2014 [4] Götz Fuchslocher, Joachim Becker und Maria Brandl http: / / www.automobil-produktion.de/ 2014/ 05/ wiener-motoren-symposium-blickin-die-motor-glaskugel/ 13.05.2014, Online Zeitschrift Produktion [5] SZ vom 17.5.2014 [6] http: / / kurier.at/ lebensart/ motor/ wiener-motorensymposium-genug-fuer-dienaechsten-900-jahre [7] VDI-Fortschritt-Berichte, Reihe 12, Nr.777, Lenz Hans-Peter, Düsseldorf, VDI- Verlag 2014, ISBN 978-3-18-377712-9, ISBN 0178-9449 105 <?page no="114"?> 9 Entwicklung der NO 2 -Emissionen des Straßenverkehrs in Österreich und Deutschland sowie deren Auswirkungen auf die Luftqualitätsziele Werner Tober Abstract The legislations of emissions and air quality were identified and analysed in this work as a direct and indirect environmental and climate-related legal framework of motorized road transport, as well as energy policies and regulations. The created calculations and forecasts of emissions, as well as the comparison with the development of the air quality, show that no further actions are necessary at the chemical components carbon monoxide CO, nitrogen oxides NO x , particulate matters PM and sulfur dioxide SO 2 , which go beyond the already fixed regulations. The development of the emission and air quality of the chemical components • Nitrogen dioxide NO 2 • Carbon dioxide CO 2 are classified as critical. At traffic monitoring stations, a fulfillment of the European NO 2 air quality limits 2010/ 2015 is expected in 2017 - 2019. The compliance of the Austrian NO 2 air quality requirements, applicable from 2012 on, will be expected in 2022 - 2023. A full compliance of the European and Austrian NO 2 air quality standard is not possible by the sole reduction of NO x and NO 2 emissions from road transport. The high proportion of background levels as well as the additional primary (NO 2 ) and secondary (NO NO 2 ) emissions require, despite the extensive anticipated reductions in road traffic, the NO x and NO 2 emission reduction of other issues. The technical actions planned at the passenger cars and commercial vehicles to reduce NO x and NO 2 emissions are purposeful, although compliance with the NO 2 air quality limits occurs at different times. The entire work is published in [1]. 106 <?page no="115"?> Kurzfassung Als direkte und indirekte umwelt- und klimarelevante rechtliche Rahmenbedingungen des motorisierten Straßenverkehrs wurden in dieser Arbeit die Emissions- und Immissionsgesetzgebung sowie energiepolitische Maßnahmen bzw. Regulierungen identifiziert und analysiert. Die zur Beurteilung des weiteren Handlungsbedarfs erstellten Emissionsberechnungen bzw. -prognosen und der Vergleich mit der Immissionsentwicklung zeigen auf, dass bei den chemischen Komponenten Kohlenmonoxid CO, Stickstoffoxide NO x , Partikel PM und Schwefeldioxid SO 2 kein weiterer Handlungsbedarf, welcher über die bereits fixierten Regelungen hinausgeht, besteht. Die Emissionsbzw. Immissionsentwicklungen der chemischen Komponenten • Stickstoffdioxid NO 2 • Kohlendioxid CO 2 sind hingegen als kritisch einzustufen. Von einer Einhaltung des ab 2010/ 2015 für NO 2 geltenden europäischen Immissionsgrenzwertes ist an verkehrsnahen Messstellen ab 2017 bis 2019 auszugehen. Die Einhaltung des ab 2012 geltenden österreichischen NO 2 Immissionsgrenzwertes ist ab 2022 bis 2023 zu erwarten. Eine ausnahmslose Einhaltung des europäischen bzw. österreichischen NO 2 - Immissionsgrenzwertes ist durch die alleinige Reduktion der NO x - und NO 2 - Straßenverkehrsemissionen nicht möglich. Der hohe Anteil der Hintergrundbelastung sowie die zusätzlichen primären (NO 2 ) und sekundären (NO NO 2 ) Emissionen erfordern trotz der umfassenden zu erwartenden Reduktionen im Straßenverkehr auch die NO x - und NO 2 -Emissionsreduktion anderer Emittenten. Die bei Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen geplanten technischen Maßnahmen zur Reduktion der NO x bzw. NO 2 -Emissionen sind zielführend, wenngleich die Einhaltung der NO 2 -Immissionsgrenzwerte zeitversetzt eintritt. Die vollständige Arbeit wurde in [1] veröffentlicht. 1. Einleitung Mit der Erfindung des Automobils und dessen breiter Akzeptanz wurden individuelle Mobilität und der Transport von Gütern auf flexible Weise über weite Strecken möglich. Mit ansteigendem Fahrzeugbestand nahmen jedoch auch die Schadstoffemissionen des Straßenverkehrs zu. Dies führte bereits in den 70er-Jahren zu nationalen und im Folgenden zu europäischen Abgasgesetzgebungen, um den Emissionsausstoß einzugrenzen. 107 <?page no="116"?> In Ergänzung dazu wurden sektoral übergreifende, nationale und europäische Immissionsgrenzwerte geschaffen, deren Einhaltung den dauerhaften Schutz der Gesundheit des Menschen sowie des Tier- und Pflanzenbestandes gewährleistet. Insbesondere an stark befahrenen Straßen in Ballungsräumen und in Regionen mit besonderen klimatischen Bedingungen kann sich der Straßenverkehr wesentlich auf die Umwelt auswirken. Ferner führt der stetig weltweit wachsende Bestand an Kraftfahrzeugen dazu, dass der Straßenverkehr zu den wesentlichen Treibhausgasproduzenten zu zählen ist. Zur Gewährleistung nachhaltiger Mobilität ist eine kontinuierliche Verbesserung des Umwelt- und Klimaschutzes im Verkehrssektor integraler Bestandteil nationaler und internationaler Umweltstrategien. Bestimmend für den Reduktionsbedarf sind auf direkte Weise die jeweils geltenden Abgasgesetzgebungen, die indirekt geltenden nationalen Emissionsbzw. Immissionsgesetzgebungen sowie direkt und indirekt geltende Energie- und Klimaschutzziele bzw.-gesetzgebungen. Ziel dieser Arbeit ist die Bestimmung der aus heutiger Sicht bis zum Jahr 2030 als kritisch zu bewertenden chemischen Abgaskomponenten, die Beurteilung der sich technologiebedingt darstellenden Reduktionpotentiale im Straßenverkehr sowie die Beschreibung des Handlungsbedarfs und das Aufzeigen von Lösungsansätzen zur Erreichung der politischen und gesetzlichen Grenzwertziele. 2. Chemische Komponenten im Fokus der Gesetzgebung Die kontinuierliche Verbesserung der Umwelt- und Klimaauswirkungen von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor wird von rechtlichen Rahmenbedingungen begleitet. Diese stellen wesentliche Innovationstreiber im automotiven Sektor dar. [2] Als direkte und indirekte umwelt- und klimarelevante rechtliche Rahmenbedingungen des motorisierten Straßenverkehrs werden in dieser Arbeit die Emissions- und Immissionsgesetzgebung sowie energiepolitische Maßnahmen bzw. Regulierungen identifiziert. Die drei Bereiche Emission, Immission und Energie wurden auf angesprochene chemische Komponenten untersucht, um jene Stoffe, welche zum Zweck des Umwelt- und Klimaschutzes bzw. der Ressourcenschonung mehrfach adressiert werden, zu bestimmen. Bild 1 gibt einen Überblick zum Analyseergebnis. 108 <?page no="117"?> Bild 1: Angesprochene chemischen Komponenten bzw. energiepolitische Ziele Der Darstellung ist zu entnehmen, dass die Schadstoffe • CO, • NO x , • PM, • SO 2 , und das Treibhausgas • CO 2 durch mehr als eine Regulierung angesprochen werden. Dies weist auf die Bedeutung dieser Stoffe für den Umwelt- und Klimaschutz bzw. die Ressourcenschonung hin. Der Fokus in dieser vorliegenden Arbeit wird auf diese Auswahl eingegrenzt. Zufolge der erwarteten hohen Relevanz von NO 2 wird dieser Schadstoff als Untergruppe der chemischen Komponenten NO x , neben den oben gelisteten chemischen Komponenten, ebenfalls in der vorliegenden Arbeit betrachtet. Im Folgenden werden, zur Bewertung des Status Quo und der zu erwartenden Reduktionspotentiale, die Emissionsbzw. Immissionsentwicklungen der chemischen Komponenten NO x und NO 2 untersucht. Die ergänzenden Analysen zu CO, PM, SO 2 und CO 2 sind [1] zu entnehmen. Limitierte Schadstoffe • CO • SO 2 • NO x / NO 2 • PM 10 / PM 2,5 • Pb • C 6 H 6 • O 3 • As • Cd • Ni • C 20 H 12 Immission Emission Schwerpunkte • Substitution fossiler durch erneuerbarer Energiequellen • Reduktion der Treibhausgasemissionen • Erhöhung der Energieeffizienz Energie/ Klimaschutz Limitierte Schadstoffe • CO • SO 2 • NO x • PM • PN • HC • NMHC • NH 3 Limitierte Treibhausgase • CO 2 109 <?page no="118"?> 3. Emissions- und Immissionsentwicklung der im Fokus stehenden chemischen Komponenten Im Folgenden werden, zur Bewertung des Status Quo und der zu erwartenden Reduktionspotentiale, die Emissions- und Immissionsentwicklungen der chemische Komponenten NO x und NO 2 untersucht. Die Emissionsentwicklungen wurden mit PROVEM (basierend auf [3]) berechnet und verstehen sich als Prognosen unter den gesetzten Rahmenbedingungen. Dargestellt werden die Berechnungsergebnisse des Zeitraumes 1990 bis 2030, um die bisherigen Entwicklungen und die Auswirkungen bereits gesetzter rechtlicher und technischer Maßnahmen auf die zukünftigen Emissionen zu bewerten. Die im Folgenden wiedergegebenen Immissionsentwicklungen basieren auf, bei Behörden und Ämtern erhobenen Jahresmittelwerten der Luftqualität der Länder Österreich und Deutschland. Der abgebildete Zeitraum zeigt mit 1991 bis 2008 einen Blick auf die Vergangenheit. Eine Prognose der Immissionssituation ist nicht auf triviale Weise möglich, da eine Vielzahl unterschiedlicher Emittenten sowie Umwelt- und Klimabedingungen die Luftqualität mit hoher Dynamik beeinflussen. Zur Bewertung des Einflusses des Straßenverkehrs auf die Luftqualität werden die Entwicklungen der Immissionskonzentrationen, differenziert nach Messstationen, im städtischen Hintergrund und verkehrsnah dargestellt. 3.1 Stickstoffoxide - NO x Stickstoffoxid wird sowohl emissionsals auch immissionsseitig reglementiert. Dementsprechend werden im Folgenden die Emissions- und Luftqualitätsentwicklungen analysiert. 3.1.1 Emissionsentwicklung von Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen Die NO x -Emissionen werden nach Einführung des Dreiwegekatalysators vorrangig von Dieselmotoren bestimmt. Zudem liegen die NO x -Emissionen des PKW- und des Nutzfahrzeugsektors etwa auf gleichem Niveau. Seitens des Gesetzgebers werden für Personenkraftwagen, leichte Nutzfahrzeuge und schwere Nutzfahrzeuge mit Dieselmotor stetig sinkende NO x -Emissionsgrenzwerte vorgeschrieben. Insbesondere von Euro 5 auf Euro 6 wird der Grenzwert um 56% (PKW und leichte Nutzfahrzeuge) bzw. um 80% (schwere Nutzfahrzeuge) abgesenkt. Insgesamt wird der NO x -Grenzwert von Euro 3 auf Euro 6 um 84% bzw. 92% reduziert. Diese umfangreichen Reduktionen erfordern neben innermotorischen Maßnahmen auch neue Wege der Abgasnachbehandlung [4]. 110 <?page no="119"?> Das erwartete Emissionsreduktionspotential dieser Technologien wird durch die aktualisierten Emissionsfaktoren in [5] beschrieben und in den folgenden Emissionsentwicklungen ausgewiesen. Zur Beschreibung der Wirkfähigkeit wurde in Ergänzung zur erwarteten Emissionsentwicklung ein Szenario Euro 5 = Euro 6 berechnet. In diesem Szenario werden für die Fahrzeuge der Emissionsstufe Euro 6 die höheren Emissionsfaktoren nach [5] der Fahrzeuge der Emissionsstufe Euro 5 verwendet, um das Absenkpotential von Euro 6 zu zeigen. Österreich Trotz umfangreicher Reduktionen der zulässigen Grenzwerte führte der starke Anstieg des PKW-Dieselbestandes der letzten beiden Jahrzehnte zu einer weniger intensiven Emissionsreduktion. Bild 2 gibt diese Entwicklung wieder. Der Rückgang des „Dieselbooms“ und vor allem die sehr strengen Grenzwerte der Abgasgesetzgebungsstufe Euro 6 führen bis zum Jahr 2030 jedoch zu einem Emissionsrückgang von 86%, bezogen auf das Jahr 1990. Im Jahr 2030 werden in der Prognose die NO x -Emissionen der Personenkraftwagen mit einem Anteil von 73% von den dieselbetriebenen Personenkraftwagen dominiert. Der Darstellung ist die Reduktion der NO x -Emissionen, bedingt durch die Einführung der Euro 6 Grenzwerte und der damit einhergehenden NO x -Reduktionstechnologien, zu entnehmen (roter Pfeil). Die Einführung von Euro 6 führt im Sektor PKW im Zeitraum 2012 bis 2030 gegenüber einer Fortführung von Euro 5 (strichlierte Linie) zu einer beträchtlichen NO x -Emissionsreduktion von 117 kt bzw. 32% (roter Pfeil). Bild 2: Entwicklung und Prognose der PKW NO x -Emissionen in Österreich in kt/ a 0 10 20 30 40 50 60 70 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 Diesel EURO6 Otto EURO6 Diesel EURO5 Otto EURO5 Diesel EURO4 Otto EURO4 Diesel EURO3 Otto EURO3 Diesel EURO2 Otto EURO2 Otto EURO1 OGKAT Diesel US83 Diesel ECE 1504 Otto ECE 1504 Otto ECE 1503 Otto ECE 1501 Otto ECE 1500 Diesel vor 1983 Otto vor 1973 Euro 5 = Euro 6 PKW NO x -Emissionen [kt/ a] 111 <?page no="120"?> Auch die in Bild 3 dargestellte Entwicklung der NO x -Emissionen des Nutzfahrzeugsektors zeigt die Wirksamkeit der Grenzwerteabsenkungen (insbesondere ab Euro III) auf. Es wird eine Reduktion um 89% zwischen 1990 und 2030 erreicht. Der Einfluss der Euro VI-Grenzwerte und der damit verbundenen Reduktionstechnologien auf die NO x -Emissionen wird durch die Differenz zum Szenario „Euro 5 = Euro 6“ (roter Pfeil) dargestellt. Die Umsetzung der Euro VI-Grenzwerte führt im Zeitraum 2009 bis 2030 zu einer NO x -Reduktion im Nutzfahrzeugsektor von 60% bzw. 218 kt. Bild 3: Entwicklung und Prognose der Nutzfahrzeug NO x -Emissionen in Österreich in kt/ a Der in Bild 4 wiedergegebene Sektorenvergleich für Österreich zeigt für den Zeitraum 1990 bis 2007 ein deutlich anderes Bild als die im obigen berechneten Emissionsentwicklungen für PKW und NFZ. [6] Der dramatische Verkehrseinfluss ist durch die Berücksichtigung des Tanktourismus zu erklären. In der in [6] durchgeführten Berechnung wird der gesamte in Österreich abgesetzte Kraftstoff (d.h. inkl. Tanktourismus) zur Emissionsberechnung herangezogen. Es wird somit von einer überhöhten, in Österreich nicht generierten Fahrleistung ausgegangen. Der in der Darstellung angeführte NO x -Summenwert für Personenkraftwagen und Nutzfahrzeuge dieser Arbeit macht den Einfluss des Tanktourismus (violetter Pfeil) deutlich. Der Straßenverkehr ist auch nach Bereinigung des Tanktourismus der dominierende Emittent in Österreich. Aber etwa ab 2015 sind umfassende Reduktionen durch die Einführung der Euro 6-bedingten NO x -Reduktionstechnologien zu erwarten. 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 Lieferwagen Diesel Lieferwagen Otto LKW Lastzüge Sattelzüge Linienbus Reisebus Sonstige NFZ Euro 5 = Euro 6 NFZ NO x -Emissionen [kt/ a] 112 <?page no="121"?> Bild 4: Sektorenvergleich der NO x -Emissionen in Österreich [6], [eigene Berechnungen] Deutschland Der sich für Deutschland darstellende NO x -Emissionsverlauf des PKW-Sektors, wiedergegeben in Bild 5, lässt erkennen, dass der Dieselboom später und weniger intensiv eingesetzt hat. Insgesamt wird zwischen 1990 und 2030 eine Emissionsreduktion von 92% erreicht. Die durch die Einführung von Euro 6 realisierbare Emissionsreduktion (roter Pfeil) des Sektors PKW kann im Zeitraum 2012 bis 2030 mit 983 kt bzw. 36% angegeben werden. Bei den in Bild 6 wiedergegebenen NO x -Emissionen des NFZ-Sektors liegt die Reduktion im Zeitraum 1990 bis 2030 bei 88%. Die Einführung von NO x -Reduktionstechnologien bedingt durch die Euro VI-Grenzwerte (roter Pfeil) führen in diesem Zeitraum 2009 bis 2030 zu einer NO x -Reduktion von 55% bzw. 2.265 kt. 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Energiewirtschaft Kleinverbraucher Industrie Verkehr Landwirtschaft Sonstige PKW und NFZ (diese Arbeit) Verkehr inkl. Tanktourismus PKW- und NFZ-Verkehr exkl. Tanktourismus NO x -Emissionen [kt/ a] 113 <?page no="122"?> Bild 5: Entwicklung und Prognose der PKW NO x -Emissionen in Deutschland in kt/ a Bild 6: Entwicklung und Prognose der Nutzfahrzeug NO x -Emissionen in Deutschland in kt/ a Der in Bild 7 wiedergegebene Sektorenvergleich für Deutschland bestätigt den starken Rückgang der NO x -Emissionen des Verkehrssektors. [7] Das bestätigt auch die in die Darstellung eingefügte Summe der PKW- und NFZ-NO x -Emissionen Deutsch- 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 Diesel EURO 6 Otto EURO 6 Diesel EURO 5 Otto EURO 5 Diesel EURO 4 Otto EURO 4 Diesel EURO 3 Otto EURO 3 Otto EURO 2 Otto EURO 1 Diesel EURO 2 Diesel schadstoffarm Otto geregelter Kat Otto ungeregelter Kat Otto sonstige Otto 1504 Otto 1503 Otto 1501 Diesel vor 1986 Otto 1500 Otto Ost Otto 2-takt Euro 5 = Euro 6 0 100 200 300 400 500 600 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 Lieferwagen Diesel Lieferwagen Otto LKW Lastzüge Sattelzüge Linienbus Reisebus Sonstige NFZ Euro V = Euro VI PKW NO x -Emissionen [kt/ a] NFZ NO x -Emissionen [kt/ a] 114 <?page no="123"?> lands, welche in dieser Arbeit berechnet wurden. Der sich darstellende Unterschied ist durch die ebenfalls in [7] berücksichtigten weiteren Verkehrsbereiche erklärbar. Der Straßenverkehr ist auch in Deutschland der dominierende Emittent. Ab etwa 2015 sind jedoch, wie auch in Österreich, umfassende Reduktionen durch die Einführung der Euro 6-bedingten NO x -Reduktionstechnologien zu erwarten. Bild 7: Sektorenvergleich der NO x -Emissionen in Deutschland [7], [eigene Berechnungen] 3.1.2 Immissionsentwicklung Die Entwicklung der NO x -Immissionskonzentrationen österreichischer und deutscher Luftqualitätsmessstellen werden als Jahresmittelwerte differenziert nach Messstationen, im städtischen Hintergrund und verkehrsnah dargestellt. Wie Bild 8 zu entnehmen ist, sanken die Konzentrationswerte im städtischen Hintergrund mit Ausnahme der Messstelle „Linz - Neue Welt“ zwischen 1991 und 2008 kontinuierlich. Der Mittelwert der Konzentrationen sinkt zwischen 1991 und 2008 um 48% von 75 g/ m³ auf 39 g/ m³. Der Vergleich mit der Entwicklung an den verkehrsnahen Messstellen, wiedergegeben in Bild 9, zeigt einen vergleichbaren Trend. Der Mittelwert der Konzentrationen sinkt von 222 g/ m³ im Jahr 1991 auf 123 g/ m³ im Jahr 2008. Dies entspricht einer Reduktion von 45%. 0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400 1.600 Energiewirtschaft Verarbeitendes Gewerbe Verkehr Haushalte und Kleinverbraucher Industrieprozesse Landwirtschaft PKW und NFZ (dieser Arbeit) NO x -Emissionen [kt/ a] 115 <?page no="124"?> Das Konzentrationsniveau liegt im Jahr 2008 an verkehrsnahen Messstellen um den Faktor 3,2 (3,0 im Jahr 1991) höher als an den städtischen Hintergrundmessstellen. Bild 8: NO x -Jahresmittelwerte der Immissionskonzentration an ausgewählten städtischen Hintergrundmessstellen (h) [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15] Bild 9: NO x -Jahresmittelwerte der Immissionskonzentration an ausgewählten Verkehrsmessstellen (v) [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15], [16] 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Berlin-Nansenstraße (Neuköln) 042 (h) Dresden - Mitte (h) Dresden - Herzogingarten (h) Düsseldorf - Lörick (h) Hamburg Sternschanze (h) Innsbruck Nordkette (h) Linz - Neue Welt (h) Stuttgart-Bad Cannstatt (h) Wien - Stephansplatz (h) Wien-Schafbergbad (h) NOx Mittelwert (h) 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Berlin Karl-Marx-Straße (v) Dresden - Nord (v) Düsseldorf-Cornelisusstraße (v) Düsseldorf - Mörsenbroich (v) Hamburg Stresemannstraße (v) Innsbruck Fallmerayerstraße (v) Linz-ORF Zentrum (v) München-Stachus (v) Stuttgart-Am Neckartor (v) Wien - Hietzinger Kai (v) Wien-Rinnböckstraße (v) Wien-Liesing (v) NOx Mittelwert (v) NO x -Jahresmittelwert - Hintergrund [ g/ m³] NO x -Jahresmittelwert - verkehrsnah [ g/ m³] 116 <?page no="125"?> 3.2 Stickstoffdioxid - NO 2 Zufolge der erwarteten hohen Relevanz von NO 2 wurde dieser Schadstoff als Untergruppe der chemischen Komponenten NO x ebenfalls als „im Fokus stehend“ bewertet und im Weiteren analysiert. 3.2.1 Emissionsentwicklung von Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen Die seitens der Abgasgesetzgebung nicht direkt reglementierten NO 2 -Emissionen zeigen eine von NO x abweichende Entwicklung. Die sowohl bei Personenkraftwagen als auch bei leichten und schweren Nutzfahrzeugen erfolgte Weiterentwicklung der Motoren- und Abgasnachbehandlungstechnologien führte während der letzten Gesetzgebungsstufen zu einer Erhöhung des NO 2 -Anteiles an den NO x -Emissionen. Für den Anstieg des NO 2 / NO x -Verhältnisses auf bis zu 80% [17] bei Dieselmotoren ist primär die Einführung des Oxidationskatalysators (Oxidation des Stickstoffs im Abgas) und des Dieselpartikelfilters (Passive Regeneration/ Oxidation der Partikel mit NO 2 ) verantwortlich. [4], [18] Österreich Die in Bild 10 dargestellte Entwicklung und Prognose der PKW NO 2 -Emissionen zeigt einen im Jahr 2001 beginnenden deutlichen Anstieg bis zu einem Maximum im Jahr 2010. Zwischen 1990 und 2010 steigen die NO 2 -Emissionen des österreichischen PKW-Sektors um 148%. Neben der stetigen Zunahme des Diesel-PKW-Bestandes ist im Besonderen die Änderung des NO 2 -Anteiles am NO x für diese Entwicklung verantwortlich. Wie durch das Szenario „Euro 5 = Euro 6“ (strichlierte Linie) visualisiert wird, reicht die Wirkung der Gesetzgebungsstufe Euro 5 nicht aus, um die NO 2 -Emissionen langfristig deutlich zu senken. Erst ein weiterer Rückgang des NO 2 / NO x -Verhältnisses während der Euro 6 Gesetzgebungsstufe und die deutliche NO x -Grenzwertabsenkung führen zu einer nachhaltigen Reduktion (roter Pfeil) auf ein Niveau, welches im Jahr 2030 um 39% unter dem von 1990 liegt. Der Einfluss der Euro 6- Gesetzgebung kann mit 38% bzw. 43 kt bewertet werden. 117 <?page no="126"?> Bild 10: Entwicklung und Prognose der PKW NO 2 -Emissionen in Österreich in kt/ a Die sich für Nutzfahrzeuge darstellende Entwicklung und Prognose der NO 2 - Emissionen wird in Bild 11 ausgewiesen. Mit PKW vergleichbare Motoren- und Abgasnachbehandlungstechnologien von Nutzfahrzeugen und der stark ansteigende Bestand von leichten Nutzfahrzeugen führt zu einer deutlichen Zunahme der NO 2 - Emissionen des Nutzfahrzeugsektors. Die Einführung der Gesetzgebungsstufe Euro 6 und die damit einhergehenden NO x - Reduktionstechnologien ermöglichen die Darstellung einer Emissionsreduktion zwischen 1990 und 2030 von 53%. Bedingt durch die Gesetzgebungsstufe Euro 6 werden zwischen 2009 und 2030 62kt bzw. 62% der NO 2 -Emissionen des Nutzfahrzeugsektors reduziert (roter Pfeil). 0 1 2 3 4 5 6 7 8 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 Diesel EURO6 Otto EURO6 Diesel EURO5 Otto EURO5 Diesel EURO4 Otto EURO4 Diesel EURO3 Otto EURO3 Diesel EURO2 Otto EURO2 Otto EURO1 OGKAT Diesel US83 Diesel ECE 1504 Otto ECE 1504 Otto ECE 1503 Otto ECE 1501 Otto ECE 1500 Diesel vor 1983 Otto vor 1973 Euro 5 = Euro 6 PKW NO 2 -Emissionen [kt/ a] 118 <?page no="127"?> Bild 11: Entwicklung und Prognose der Nutzfahrzeug NO 2 -Emissionen in Österreich in kt/ a Ein Sektorenvergleich der Emittenten nach [6] liegt nicht vor. Deutschland Für Deutschland können vergleichbare Erkenntnisse abgeleitet werden. In Bild 12 werden die Analysen für den Personenkraftwagenverkehr dargestellt. Die Einführung der durch Euro 6 erforderlichen NO x -Abgasnachbehandlungstechnologien und die Reduktion des NO 2 -Anteiles im NO x führen zu einer NO 2 - Reduktion von 17% bzw. 291 kt. Insgesamt sinkt das NO 2 -Emissionsniveau von 1990 bis 2030 um 63%. Verglichen mit Österreich werden, bedingt durch die weniger diesel-bestimmte Bestandsentwicklung, in Deutschland geringere „Spitzenemissionswerte“ erreicht und weitreichendere Reduktionen erzielt. 0 1 2 3 4 5 6 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 Lieferwagen Diesel Lieferwagen Otto LKW Lastzüge Sattelzüge Linienbus Reisebus Sonstige NFZ Euro 5 = Euro 6 NFZ NO 2 -Emissionen [kt/ a] 119 <?page no="128"?> Bild 12: Entwicklung und Prognose der PKW NO 2 -Emissionen in Deutschland in kt/ a Die Auswirkungen der Euro VI Gesetzgebungsstufe bzw. der daraus resultierenden Abgasnachbehandlungstechnologien auf die NO 2 -Emissionsentwicklung des Nutzfahrzeugverkehrs werden in Bild 13 dargestellt. Die daraus ableitbare Euro VIbedingte NO 2 -Reduktion ist mit 62% bzw. 578 kt anzugeben. Zwischen 1990 und 2030 kann so eine Senkung der NO 2 -Emissionen um 53% erreicht werden. 0 10 20 30 40 50 60 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 Diesel EURO 6 Otto EURO 6 Diesel EURO 5 Otto EURO 5 Diesel EURO 4 Otto EURO 4 Diesel EURO 3 Otto EURO 3 Otto EURO 2 Otto EURO 1 Diesel EURO 2 Diesel schadstoffarm Otto geregelter Kat Otto ungeregelter Kat Otto sonstige Otto 1504 Otto 1503 Otto 1501 Diesel vor 1986 Otto 1500 Otto Ost Otto 2-takt Euro 5 = Euro 6 PKW NO 2 -Emissionen [kt/ a] 120 <?page no="129"?> Bild 13: Entwicklung und Prognose der Nutzfahrzeug NO 2 -Emissionen in Deutschland in kt/ a Ein Sektorenvergleich der Emittenten nach [7] liegt nicht vor. 3.2.2 Immissionsentwicklung Zur Bewertung des Einflusses des Straßenverkehrs wird auch die Entwicklung der NO 2 -Immissionskonzentrationen differenziert nach Messstationen, im städtischen Hintergrund und verkehrsnah ausgewertet. An den städtischen Hintergrund-Messstellen sind, mit Ausnahme jener Messstellen, welche bereits auf einem niedrigen Niveau liegen, konstant fallende NO 2 - Konzentrationswerte zu verzeichnen. Wie in Bild 14 dargestellt sinkt der Konzentrationsmittelwert der betrachteten Messstellen zwischen 1991 und 2008 um 38% von 40 g/ m³ auf 25 g/ m³. Der ab dem Jahr 2010 geltende europäische NO 2 - Immissionsgrenzwert von 40 g/ m³ und der ab 2012 geltende österreichische Immissionsgrenzwert von 30 g/ m³ (als Jahresmittelwerte) werden demnach eingehalten. Abzüglich der nicht durchgängig verfügbaren Jahresmittelwerte der Messstationen „Düsseldorf-Lörick“ und „Innsbruck Nordkette“ liegt die Reduktion des Mittelwertes zwischen 1991 und 2008 bei 30% und mit 28 g/ m³ unter dem europäischen und österreichischen Grenzwert. 0 10 20 30 40 50 60 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 Lieferwagen Diesel Lieferwagen Otto LKW Lastzüge Sattelzüge Linienbus Reisebus Sonstige NFZ Euro 5 = Euro 6 NFZ NO 2 -Emissionen [kt/ a] 121 <?page no="130"?> Bild 14: NO 2 -Jahresmittelwerte der Immissionskonzentration an ausgewählten städtischen Hintergrundmessstellen (h) [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15] Der Trend an verkehrsnahen Messstellen, wiedergegeben in Bild 15, unterscheidet sich davon. Der Mittelwert der Konzentrationen sinkt in diesem Fall von 58 g/ m³ im Jahr 1991 auf ein Minimum von 48 g/ m³ im Jahr 2001, um bis 2008 wieder auf 59 g/ m³ anzusteigen. Insgesamt ergibt sich daraus ein Anstieg von 2% im Zeitraum 1991 bis 2008. Daraus ist abzuleiten, dass eine flächendeckende Einhaltung des ab 2010/ 2015 geltenden europäischen Immissionsgrenzwertes von 40 g/ m³ und des ab 2012 geltende österreichischen Immissionsgrenzwertes von 30 g/ m³ (als Jahresmittelwerte) nicht realistisch erscheint. Das Konzentrationsniveau liegt im Jahr 2008 an verkehrsnahen Messstellen um den Faktor 2,4 (1,5 im Jahr 1991) höher als an den städtischen Hintergrundmessstellen und bestätigt damit den zunehmenden Einfluss des Straßenverkehrs. 0 10 20 30 40 50 60 70 80 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Berlin-Nansenstraße (Neuköln) 042 (h) Dresden - Mitte (h) Düsseldorf-Lörick (h) Hamburg Sternschanze (h) Innsbruck Nordkette (h) Linz-Neue Welt (h) Stuttgart-Bad Cannstatt (h) Wien-Stephansplatz (h) Wien-Schafbergbad (h) NO2 Mittelwert (h) NO 2 -Jahresmittelwert - Hintergrund [ g/ m³] 122 <?page no="131"?> Bild 15: NO 2 -Jahresmittelwerte der Immissionskonzentration an ausgewählten Verkehrsmessstellen (v) [8], [9], [10], [11], [12], [13], [14], [15], [16] 3.3 Zwischenfazit Eine zusammenfassende Darstellung der Entwicklungen der Luftqualität und der Straßenverkehrsemissionen wird in Tabelle 1 wiedergegeben. Stickstoffoxide - NO x Die Entwicklung der Luftqualität zeigt für den Zeitraum 1991 bis 2008 eine Reduktion der Konzentrationen um 48% bzw. 45% auf. Die Reduktion der Straßenverkehrsemissionen liegt in diesem Zeitraum mit 53% etwa auf gleichem Niveau. Aus dem Verhältnis der Immissionskonzentrationen „städtischer Hintergrund“ und „verkehrsnah“ kann mit 3,0 im Jahr 1991 und 3,2 im Jahr 2008 der gewichtige und zunehmende Einfluss der Straßenverkehrsemissionen auf die NO x -Konzentration in der Luft abgeleitet werden. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit existiert nach [19] jedoch kein Immissionsgrenzwert und der kritische Wert zum Schutz der Vegetation und von Ökosystemen nach [19] lag laut [20] an 16 von 17 Messstellen unter der unteren Belastungsschwelle. Insbesondere weil die zu erwartende Emissionsreduktion im Straßenverkehr bis 2030 gegenüber 1990 mit 90% angegeben werden kann und kein Immissionsgrenz- 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Berlin Karl-Marx-Straße (v) Dresden - Nord (v) Düsseldorf-Cornelisusstraße (v) Düsseldorf-Mörsenbroich (v) Hamburg Stresemannstraße (v) Innsbruck Fallmerayerstraße (v) Linz-ORF Zentrum (v) München-Stachus (v) Stuttgart-Am Neckartor (v) Stuttgart-Mitte (v) Wien-Hietzing (v) Wien-Rinnböckstraße (v) Wien-Liesing (v) NO2 Mittelwert (v) NO 2 -Jahresmittelwert - verkehrsnah [ g/ m³] 123 <?page no="132"?> wert für den Schutz der menschlichen Gesundheit existiert, werden die Stickstoffoxide als unkritisch eingestuft. Stickstoffdioxid - NO 2 Die Entwicklung des Einflusses von NO 2 auf die Luftqualität ist nach dem städtischen Hintergrund und verkehrsnahen Messstellen differenziert zu betrachten. Im städtischen Hintergrund konnte zwischen 1991 und 2008 mit 30% eine Reduktion der NO 2 -Konzentraion erreicht werden. Verkehrsnah erfolgt jedoch im selben Zeitraum ein Anstieg um 2%. Diese Beobachtung korreliert mit der Emissionsentwicklung des Straßenverkehrs in diesem Zeitraum. Die Erhöhung der Straßenverkehrsemissionen um 29% führte zu einem Anstieg des Verhältnisses der Immissionskonzentrationen „städtischer Hintergrund“ zu „verkehrsnah“ von 1,5 im Jahr 1991 auf 2,4 im Jahr 2008. Dies unterstreicht den zunehmenden Einfluss des Straßenverkehrs. Zudem wird der in [19] zum Schutz der menschlichen Gesundheit vorgeschriebene und ab 2010/ 2015 in Europa geltende Jahresmittelwert von 40 g/ m³ im Jahr 2009 laut [20] an 20 von 156 österreichischen Messstationen überschritten. Dies ist insbesondere auch deswegen als kritisch zu bewerten, da der in [21] für Österreich vorgeschriebene und ab 2012 geltende Grenzwert bei 30 g/ m³ liegt und beide Regulierungen keine Überschreitungen erlauben. Zwischen 1991 und 2008 überschreitet der Mittelwert der ausgewählten verkehrsnahen Messstellen durchgehend beide Grenzwerte. Wird berücksichtigt, dass in Österreich (zwischen 1991 und 2008) im Jahr 1996 (Deutschland 1998) die niedrigsten NO 2 -Emissionen des Straßenverkehrs generiert wurden und es trotzdem zu einer theoretischen EUbzw. Österreich- Grenzwertüberschreitung von 35% (Deutschland 28%) bzw. 80% kam und dieses Emissionsniveau gemäß der erstellten Prognose erst 2021 (Deutschland 2018) wieder erreicht wird, ist Stickstoffdioxid als kritischer Stoff einzustufen, da die Grenzwerte bereits ab 2010/ 2015 bzw. 2012 gelten. Tabelle 1: Entwicklung der Luftqualität und der Straßenverkehrsemissionen Chemische Immission Emissionen Komponente Städtischer Hintergrund Verkehrsnah Verhältnis Verk./ s.H. Straßenverkehr (PKW und NFZ) ´91-´08 ´91-´08 ´91 | ´08 ´91-´08 ´90-´30 Stickstoffoxid NO x -48% -45% 3,0 | 3,2 -53% -90% Stickstoffdioxid NO 2 -30% +2% 1,5 | 2,4 +29% -58% 124 <?page no="133"?> 4. Bewertung des weiteren Handlungsbedarfs im Straßenverkehr Als Ergebnis der vorangegangenen Arbeit wird im Folgenden die chemischen Komponenten NO 2 und der auf diesen Stoff bezogene weitere emissionsseitige Handlungsbedarf im Straßenverkehr betrachtet und bewertet. Der Fokus der Analysen wird dabei auf Österreich gelegt. Für das insbesondere nach Luftqualitätsrichtlinien als kritisch einzustufende NO 2 wurde zur Bestimmung des Handlungsbedarfs eine NO 2 -Immissionsprognose bis 2030 durchgeführt. Mit dieser wird der weitere immissionsseitige Reduktionsbedarf zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte bestimmt. 4.1 Modelle der NO 2 -Immissionsberechnung Ein häufig verwendeter mathematischer Zusammenhang zur Bestimmung der NO 2 - Immissionskonzentration ist der 1996 in [22] publizierte Regressionsansatz (Romberg-Formel, Gleichung 1). Dabei wird die NO 2 -Immissionskonzentration als Funktion der NO x -Immissionskonzentration bestimmt. Die empirisch ermittelten Konstanten für den Jahresmittelwert A, B und C stellen dabei die Regressionsparameter dar. In [23] wurde 2006 die Anwendbarkeit der Romberg-Formel (Gleichung 1) untersucht und bestätigt. A =103, B=130 und C=0,005 Gleichung 1: Romberg-Formel [22] Um dem sich ändernden NO 2 / NO x -Konzentrationsverhältnis zu entsprechen, wurde in [24] eine Anpassung der Regressionsparameter unter Berücksichtigung der Jahresmittelwerte der Jahre 2004-2006 durchgeführt. Dabei wurden die Werte A=29, B=35 und C=0,217 bestimmt. Die angepasste Romberg-Formel wird im Weiteren als Bächlin-Formel bezeichnet. Wie dem Aufbau der Gleichung 1 und [24] zu entnehmen ist, kann ohne Anpassung der Regressionsparameter A, B und C der Einfluss eines sich ändernden NO 2 / NO x - Konzentrationsverhältnisses auf die NO 2 -Konzentration nicht dargestellt werden. Gerade dies ist jedoch Ziel dieser Arbeit, da emissionsseitig von einer dynamischen Änderung der NO 2 / NO x -Emission auszugehen ist. Aufgrund der vielschichtigen chemischen Zusammenhänge der NO 2 -Bildung ist eine präzise Bewertung des Straßenverkehrseinflusses nur unter Berücksichtigung der relevanten Parameter (Ozonkonzentration, Verkehrsaufkommen, Flottenzusammensetzung, etc.) im Rahmen einer Modellrechnung möglich. Insbesondere die örtlich unterschiedlichen Gegebenheiten wie Windgeschwindigkeit, Temperatur u.a.m. sind darin abzubilden. 125 <?page no="134"?> In [25] wurde ein vereinfachtes Chemiemodell auf Basis der Jahresmittelwerte der NO x -, NO 2 - und O 3 -Hintergrundbelastung sowie des primären NO x / NO 2 -Emissionsverhältnisses vorgestellt. Diese, hier als Düring-Modell bezeichnete Berechnungsmethodik, geht von folgenden Annahmen aus: • Das Gleichgewicht zwischen NO 2 , NO und O 3 wird schnell erreicht. • Die Reaktion mit flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) wird nicht berücksichtigt. • Der Durchmischungsprozess wird mit einer „starren“ Durchmischungszeit parametrisiert. • Der Windeinfluss wird nicht berücksichtigt. Die analysierten Reaktionen können gemäß Gleichung 2 und Gleichung 3 wiedergegeben werden: k…Reaktionskoeffizient in | IM…Immissionskonzentration Gleichung 2: NO 2 Produktion [25] J… Photolysefrequenz in | IM…Immissionskonzentration Gleichung 3: NO Produktion [25] Im Zustand des photochemischen Gleichgewichts gilt Gleichung 4. Gleichung 4: Photochemisches Gleichgewicht Die Lösung der drei Differentialgleichungen (Gleichung 4), unter Berücksichtigung von Gleichung 5 und Gleichung 6, führt zu der in Gleichung 7 angeführten Bestimmungsgleichung der NO 2 -Immissionskonzentration. EM…Emission | IM…Immissionskonzentration | V…Verkehr | H…Hintergrund Gleichung 5: NO 2 -Immission des Straßenverkehrs [25] IM…Immissionskonzentration | V…Verkehr | H…Hintergrund Gleichung 6: NO-Immission des Straßenverkehrs [25] 126 <?page no="135"?> mit den Variablen: IM…Immissionskonzentration | V…Verkehr | H…Hintergrund k…Reaktionskoeffizient in | …Zeitkonstante in s | J… Photolysefrequenz in Gleichung 7: Bestimmungsgleichung der NO 2 -Immissionskonzentration [25] Im vereinfachten Ansatz nach [25] sind zur Bestimmung des NO 2 -Jahresmittelwertes folgende Werte anzusetzen: • Reaktionskoeffizient k=0,00039 • Zeitkonstante =100 s (Straßenschlucht) bzw. 40 s (freie Ausbreitung) • Photolysefrequenz J=0,0045 Die Anwendung des Düring-Modells erfordert demnach untenstehende Eingangsgrößen: • NO x -Immissionskonzentration an der zu untersuchenden Verkehrsmessstelle • NO x -Immissionskonzentration der Hintergrundstation • NO 2 -Immissionskonzentration einer geeigneten Hintergrundstation • O 3 -Immissionskonzentration einer geeigneten Hintergrundstation • NO x / NO 2 -Emissionsverhältnis Ohne Anwendung eines Chemiemodells sind im Falle einer Zukunftsbetrachtung für die Bestimmung der erforderlichen NO x,V -, NO x,H -, NO 2,H -, O 3,H -Immissionskonzentrationen entsprechende Annahmen zu treffen. Da die Bestimmung dieser Konzentrationen Unsicherheiten unterliegen, wurde im Weiteren ein empirischer Ansatz entwickelt, welcher auf die direkte Bestimmung der im Obigen angeführten zukünftigen Immissionskonzentrationen verzichtet. Nach der Vorstellung dieses Modells werden die vorliegenden vier Berechnungsmethoden anhand eines Fallbeispiels verglichen. Grundlage des in dieser Arbeit empirisch entwickelten Modells sind die in [26] durchgeführten Untersuchungen. Ziel war es, dabei die modellbasierten Berechnungen soweit zu vereinfachen, dass eine gegenüber Düring [25] weiter vereinfachte Berechnung durchgeführt werden kann. Zum Unterschied von Düring sollte dabei lediglich die NO 2 -Immissionskonzentration eines Bezugsjahres bzw. die NO x - und NO 2 - Emissionen erforderlich sein. Die durch Iteration ermittelte empirische Näherungsformel zur Berechnung der NO 2 - Immissionskonzentration eines beliebigen Jahres wird in Gleichung 8 dargestellt. Die Berechnung berücksichtigt die gemessene NO 2 -Immissionskonzentration eines 127 <?page no="136"?> Basisjahres und die berechneten bzw. prognostizierten NO x - und NO 2 -Emissionen des Straßenverkehrs des Jahres der gesuchten NO 2 -Immission. Für die Simplifizierung des Modells wurde der in Gleichung 9 wiedergegebene Verhältnisfaktor a empirisch bestimmt. Dabei erfolgt eine Mittelung der Modelldaten der vier in [26] untersuchten Messstellen. (IM… Immission in g/ m³, EM… Emission in kt/ Jahr, x… Jahr, y… Bezugsjahr) Gleichung 8: NO 2 -Immissionswert [ g/ m³] (IM… Immission in g/ m³, EM… Emission in kt/ Jahr, i… Wert an der Messstelle) Gleichung 9: Verhältnisfaktor a [-] Voraussetzung für die Anwendbarkeit der hier entwickelten Näherung ist, dass analog zu den in [26] analysierten Daten das Verhältnis zwischen der NO 2 - Immissionsreduktion des Straßenverkehrs und der NO 2 -Immissionsreduktion des städtischen Hintergrundes im Mittel 1 beträgt. 4.2 Modellvergleich Für den Vergleich der vier Berechnungsmethoden wurden die NO 2 -Jahresmittelwerte der Konzentration der Luftqualitätsmessstelle Wien - Hietzinger Kai mit den Modellen rekonstruiert. Als städtischer Hintergrund dienen die Messdaten der Luftqualitätsmessstelle Wien - Schafberg. Da für die Luftqualitätsmessstelle Wien - Schafberg keine O 3 -Konzentrationswerte vorliegen, wurden jene der Luftqualitätsmessstelle Wien - Stephansplatz ersatzweise gewählt. Die Messdaten der Luftqualitätsmessstellen sind [15] zu entnehmen. Wie Bild 16 entnommen werden kann, stellt die Romberg-Formel mit einer durchschnittlichen Abweichung von 6% (Flächenintegral) die beste Näherung an die realen Messdaten dar. Festzustellen ist jedoch, dass ab dem Jahr 2002 der Anstieg der NO 2 -Immissionskonzentration, bedingt durch das steigende NO 2 / NO x - Emissionsverhältnis, nicht abgebildet wird. Da in der vorliegenden Arbeit der Betrachtungszeitraum bis 2030 reicht und sich das NO 2 / NO x -Emissionsverhältnis zunehmend verändert, wird eine steigende Abweichung erwartet. Die Bächlin-Formel als Anpassung der Romberg-Formel an aktuelle NO 2 / NO x - Emissionsverhältnisse führt erwartungsgemäß in den ersten Jahren zu einer Überschätzung der NO 2 -Immissionskonzentrationen. Erst ab 2006 erfolgt eine Annäherung der berechneten Werte an die Messwerte. Da die Berechnungsmethode 128 <?page no="137"?> vergangene und zukünftige NO 2 -Immissionskonzentration gleichermaßen bestimmen soll, ist die Bächlin-Formel nur eingeschränkt nutzbar. Nach dem Romberg-Modell stellt das Düring-Modell mit einer durchschnittlichen Abweichung von 12% (Flächenintegral) die zweitbeste Näherung an die Realdaten dar. Ab dem Jahr 2000 ist mit steigendem NO 2 / NO x -Emissionsverhältnis eine gute Übereinstimmung des NO 2 -Immissionskonzentrationsverlaufs festzustellen. Absolut wird das NO 2 -Immissionskonzentrationsniveau tendenziell überschätzt. Das in dieser Arbeit entwickelte empirische Modell liefert mit einer durchschnittlichen Abweichung von 17% (Flächenintegral) mit dem Düring-Modell vergleichbare Ergebnisse. Absolut werden die NO 2 -Immissionskonzentrationen ebenfalls tendenziell überschätzt. Die gute Übereinstimmung des Verlaufs der NO 2 - Immissionskonzentration ist auch in diesem Modell gegeben. Bild 16: NO 2 -Jahresmittelwerte der Immissionskonzentration der Verkehrsmessstelle Wien-Hietzinger Kai [15], [eigene Berechnung] 4.3 Immissionsprognose Die in den obigen Kapiteln durchgeführten Analysen und Berechnungen ermöglichen nunmehr die Erstellung einer Immissionsprognose. Dabei wird unterstellt, dass an der im Folgenden betrachteten durchschnittlichen österreichischen verkehrsnahen Immissionsmessstelle eine durchschnittliche österreichische Emissionssituation vorliegt. Die für die Anwendung der einzelnen Berechnungsmethoden erforderlichen Eingangsparameter wurden wie folgt bestimmt. 50 60 70 80 90 100 110 120 Messdaten Düring-Modell Romberg-Formel Bächlin-Formel Diese Arbeit Jahresmittelwert [ g/ m³] 129 <?page no="138"?> Der Trend der O 3 -Immissionskonzentrationsentwicklung der Hintergrund-Luftqualitätsmessstelle Wien - Stephansplatz wurde aus den Jahresmittelwerten 1991 bis 2008 [15] bestimmt und in Gleichung 10 wiedergegeben. Gleichung 10: O 3 -Bestimmungsgleichung Die Entwicklungen der NO x -Immissionskonzentrationen an den Luftqualitätsmessstellen Wien - Hietzinger Kai und Wien - Schafberg wurden für die Jahre 1991-2005 [15] zu den nationalen NO x -Straßenverkehrsemissionen in Relation gesetzt. Aus der Verknüpfung der jeweiligen Trendfunktionen konnten die in Gleichung 11 angeführten Bestimmungsgleichungen für die Fortschreibung der NO x -Jahresmittelwerte, basierend auf den jährlichen NO x -Straßenverkehrsemissionen, abgeleitet werden. Gleichung 11: NO x -Bestimmungsgleichungen Die Analyse der Entwicklung der NO x - und NO 2 -Jahresmittelwerte der Luftqualitätsmessstelle Wien - Schafberg der Jahre 1991-2008 [15] führte zu der in Gleichung 12 wiedergegebenen Bestimmungsgleichung für die Fortschreibung der NO 2 - Jahresmittelwerte, basierend auf den NO x -Jahresmittelwerten der Luftqualitätsmessstelle Wien - Schafberg. Gleichung 12: NO 2 -Bestimmungsgleichung Die Anwendung der vier vorgestellten Berechnungsmethoden mit den im Obigen dargelegten Eingangsdaten führt für die Luftqualitätsmessstelle Wien - Hietzinger Kai zu den in Bild 17 dargestellten Verläufen. Festzustellen ist, dass das Düring-Modell und das in dieser Arbeit entwickelte Modell zu quasi deckungsgleichen Prognosen führen. Der Vergleich zwischen Romberg- und Bächlin-Formel zeigt auf, dass mit zunehmend sinkendem NO x -Emissionsbzw. Immissionsniveau die Prognosen zu näherungsweise deckungsgleichen Prognosen führen. Ab etwa 2020 liefern alle vier Berechnungsmethoden gut vergleichbare Ergebnisse. Um einer mögliche Überschätzung im Sinne zu hoher NO 2 -Immissionen zwischen 2008 und 2020 durch das Modell dieser Arbeit und das Modell von Düringer zu vermeiden, werden für die weiteren Analysen die Bandbreiten der Ergebnisse der vier betrachteten Berechnungsmethoden (Minimum/ Maximum) herangezogen. 130 <?page no="139"?> Bild 17: NO 2 -Immissionsprognosen der Luftqualitätsmessstelle Wien - Hietzinger Kai und NO x bzw. NO 2 -Emissions des Straßenverkehrs (PKW-NFZ) in Österreich Die in Bild 18 wiedergegebene NO 2 -Immissionsentwicklung an der Luftqualitätsmessstelle Wien - Hietzinger Kai stellt den erwarteten Fall dar. Es ist festzustellen, dass der europäische bzw. österreichische Immissionsgrenzwert (als Jahresmittelwert) in den Jahren 2010/ 2015 bzw. 2012 nicht eingehalten wird. Von einer Einhaltung des europäischen Immissionsgrenzwertes ist an verkehrsnahen Messstellen (hier Wien - Hietzinger Kai) ab 2017 bis 2019 auszugehen. Die Einhaltung des österreichischen Immissionsgrenzwertes ist ab 2022 bis 2023 - somit 10 bis 11 Jahre nach Einführung - zu erwarten. 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 0 20 40 60 80 100 120 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 NO2 JMW (Messdaten) NO2-JMW (Düring-Modell) NO2-JMW (Romberg-Formel) NO2-JMW (Bächlin-Formel) NO2-JMW (Diese Arbeit) NOx-Emission des Straßenverkehrs NO2-Emission des Straßenverkehrs NO 2 -Immission als Jahresmittelwert [ g/ m³] Emissionen des österr. Straßenverkehrs [kt/ a] 131 <?page no="140"?> Bild 18: NO 2 -Immissionsprognose der Luftqualitätsmessstelle Wien - Hietzinger Kai vs. Grenzwerte Die Betrachtung der Immissionsentwicklung an einer durchschnittlichen Luftqualitätsmessstelle erfolgt in Bild 19. Es ist festzustellen, dass der europäische Immissionsgrenzwert bereits 2014, also innerhalb der Fristverlängerung, eingehalten wird. Die Einhaltung des österreichischen Immissionsgrenzwertes ist an einer durchschnittlichen Luftqualitätsmessstelle ab dem Jahr 2017 - 5 Jahre nach Einführung des Grenzwertes - zu erwarten. 0 10 20 30 40 50 60 70 80 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 EU-Immissionsgrenzwert ab 2010/ 2015 Österreich-Immissionsgrenzwert ab 2012 Bandbreite der Modelle NO 2 -Immission als Jahresmittelwert [ g/ m³] 132 <?page no="141"?> Bild 19: NO 2 -Immissionsprognose einer durchschnittlichen Luftqualitätsmessstelle vs. Grenzwerte (Prognosemodell dieser Arbeit) 4.4 Handlungsbedarf und Lösungsansätze Eine ausnahmslose Einhaltung des europäischen bzw. österreichischen NO 2 - Immissionsgrenzwertes (Jahresmittelwert) ist durch die alleinige Reduktion der NO x - und NO 2 -Straßenverkehrsemissionen nicht möglich. Der hohe Anteil der Hintergrundbelastung sowie die zusätzlichen primären (NO 2 ) und sekundären (NO NO 2 ) Emissionen erfordern trotz der umfassenden, zu erwartenden Reduktionen im Straßenverkehr auch die NO x - und NO 2 -Emissionsreduktion anderer Emittenten. Ein über die Einführung der NO x -Abgasnachbehandlungstechnologien (zufolge Euro 6) hinausgehender Beitrag des Straßenverkehrs kann in effizienter Weise durch die beschleunigte Verjüngung des dieselbetriebenen PKW- und leichten Nutzfahrzeugbestandes erfolgen. Insbesondere sind dieselbetriebene Kraftfahrzeuge der Abgasstufen Euro 3 und Euro 4 durch Euro 6-Kraftfahrzeuge zu ersetzen. Aufgrund des geringeren Bestandes, der verringerten Jahresfahrleistungen und der „günstigeren“ NO 2 / NO x -Verhältnisse sind ältere Fahrzeuge (vor Euro 3) weniger NO 2 emissionsrelevant. Zudem wirkt sich ein Wechsel von mit Diesel betriebenen Kraftfahrzeugen zu mit Ottokraftstoffen, Erdgas oder elektrisch betriebenen Kraftfahrzeugen auf die durch den Straßenverkehr initiierte NO 2 -Immissionen unmittelbar positiv aus. Einer Nachrüstung von NO x -Reduktionssystemen für Fahrzeuge vor Euro 6 ist kritisch gegenüber zu stehen. Abgasnachbehandlungssysteme zur NO x -Minderung sind 0 10 20 30 40 50 60 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 EU-Immissionsgrenzwert ab 2010/ 2015 Österreich-Immissionsgrenzwert ab 2012 NO 2 -Immission als Jahresmittelwert [ g/ m³] 133 <?page no="142"?> auf den jeweiligen Motor abgestimmt und das System Motor/ Abgasnachbehandlung unterliegt komplexen Wechselwirkungen. Im Zuge einer Nachrüstung können diese Wechselwirkungen nicht in einfacher Weise geregelt werden. Höhere CO 2 - Emissionen bei einer gleichzeitig marginalen Änderung der NO x bzw. NO 2 - Emissionen können die Folge sein. 5 Zusammenfassung Als direkte und indirekte umwelt- und klimarelevante rechtliche Rahmenbedingungen des motorisierten Straßenverkehrs wurden in dieser Arbeit die Emissions- und Immissionsgesetzgebung sowie energiepolitische Maßnahmen bzw. Regulierungen identifiziert und analysiert. Die Schadstoffe • Kohlenmonoxid CO, • Stickstoffoxide NO x , • Partikel PM, • Schwefeldioxid SO 2 , und das Treibhausgas • Kohlendioxid CO 2 wurden dabei durch mehrere Maßnahmen bzw. Regulierungen adressiert. Aufgrund der erwarteten Relevanz wurde zudem die chemische Komponente • Stickstoffdioxid NO 2 untersucht. Die zur Beurteilung des weiteren Handlungsbedarfs erstellten Emissionsberechnungen bzw. -prognosen und der Vergleich mit der Immissionsentwicklung zeigte auf (siehe hierzu [1]), dass bei den chemischen Komponenten • Kohlenmonoxid CO, • Stickstoffoxide NO x , • Partikel PM, • Schwefeldioxid SO 2 , kein weiterer über die derzeitigen bereits geltenden Regulatorien hinausgehender Handlungsbedarf besteht. Die Emissionsbzw. Immissionsentwicklungen der chemischen Komponenten • Stickstoffdioxid NO 2 • Kohlendioxid CO 2 (siehe hierzu [1]) sind hingegen als kritisch einzustufen. Aus dem Vergleich der NO 2 -Emissionen des Straßenverkehrs mit den NO 2 - Immissionen (als Jahresmittelwerte) verkehrsnaher Luftqualitätsmessstellen und Messstellen im städtischen Hintergrund ist ein direkter Verkehrseinfluss abzuleiten, denn die Erhöhung der Straßenverkehrsemissionen zwischen 1991 und 2008 um 29% (aus Emissionsprognose) führte zu einem Anstieg des Verhältnisses der Immissionskonzentrationen „städtischer Hintergrund“ zu „verkehrsnah“ von 1,5 im Jahr 1991 auf 2,4 im Jahr 2008. 134 <?page no="143"?> Wird berücksichtigt, dass in Österreich (zwischen 1991 und 2008) im Jahr 1996 die niedrigsten NO 2 -Emissionen des Straßenverkehrs generiert wurden und es trotzdem zu einer theoretischen (damals noch nicht gültigen) EUbzw. Österreich- Grenzwertüberschreitung von 35% bzw. 80% kam, ist die Klassifizierung als kritisch erforderlich. Eine mit vier Modellen erstellte, auf den berechneten Emissionsdaten basierende Immissionsprognose bestätigt, dass der europäische bzw. österreichische Immissionsgrenzwert (als Jahresmittelwert) in den Jahren 2010/ 2015 bzw. 2012 nicht eingehalten wird. Von einer Einhaltung des ab 2010/ 2015 geltenden europäischen Immissionsgrenzwertes ist an verkehrsnahen Messstellen (hier Wien - Hietzinger Kai) erst ab den Jahren 2017 bis 2019 auszugehen. Die Einhaltung des strengeren österreichischen Immissionsgrenzwertes ist erst ab 2022 bis 2023 - somit 10 bis 11 Jahre nach Einführung - zu erwarten. Eine ausnahmslose Einhaltung des europäischen bzw. österreichischen NO 2 - Immissionsgrenzwertes (Jahresmittelwert) ist durch die alleinige Reduktion der NO x - und NO 2 -Straßenverkehrsemissionen nicht möglich. Der hohe Anteil der Hintergrundbelastung sowie die zusätzlichen primären (NO 2 ) und sekundären (NO NO 2 ) Emissionen erfordern trotz der hohen zu erwartenden Reduktionen im Straßenverkehr auch die NO x - und NO 2 -Emissionsreduktion anderer Emittenten (wie Industrie und Haushalte). Ein über die Einführung der NO x -Abgasnachbehandlungstechnologien (zufolge Euro 6) hinausgehender Beitrag des Straßenverkehrs kann in effizienter Weise durch die beschleunigte Verjüngung des dieselbetriebenen PKW- und leichten Nutzfahrzeugbestandes erfolgen. Insbesondere sind dieselbetriebene Kraftfahrzeuge der Abgasstufen Euro 3 und Euro 4 durch Euro 6-Kraftfahrzeuge zu ersetzen. Aufgrund des geringeren Bestandes, der verringerten Jahresfahrleistungen und der „günstigeren“ NO 2 / NO x -Verhältnisse sind ältere Fahrzeuge (vor Euro 3) weniger NO 2 emissionsrelevant. Zudem wirkt sich ein Wechsel von mit Diesel betriebenen Kraftfahrzeugen zu mit Ottokraftstoffen, Erdgas oder elektrisch betriebenen Kraftfahrzeugen auf die durch den Straßenverkehr initiierte NO 2 -Immissionen unmittelbar positiv aus. Einer Nachrüstung von NO x -Reduktionssystemen für Fahrzeuge vor Euro 6 ist kritisch gegenüber zu stehen. Abgasnachbehandlungssysteme zur NO x -Minderung sind auf den jeweiligen Motor abgestimmt und das System Motor/ Abgasnachbehandlung unterliegt komplexen Wechselwirkungen. Im Zuge einer Nachrüstung können diese Wechselwirkungen nicht in einfacher Weise geregelt werden. Höhere CO 2 - Emissionen bei einer gleichzeitig marginalen Änderung der NO x bzw. NO 2 - Emissionen können die Folge sein. Schlussfolgerung: Die geplanten technischen Maßnahmen zur Reduktion der NO 2 -Immissionen sind zielführend, wenngleich die Einhaltung der Grenzwerte zeitversetzt eintritt. 135 <?page no="144"?> Literaturverzeichnis [1] W. 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Tober, Abschlussbericht "Einsatz und Potenzial von biogenen Designerkraftstoffen - BTL (Biomass to Liquid) im Motoreneinsatz" Teilbericht zum Arbeitspaket 9 - Erstellen einer Ökobilanz (Life Cycle Assessment - LCA) für BTL, Wien: TU Wien, Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Kraftfahrzeugbau, 2009. [33] W. Tober, Ökologische Lebenswegpotenziale neuer alternativer Dieselkraftstoffe im österreichischen Straßenverkehr, Wien: TU Wien, Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Kraftfahrzeugbau, 2009. [34] L. e. a. Moosmann, Auswirkungen der NO2-Emissionen bei Diesel-KFZ auf die Immissionsbelastung, Wien: Umweltbundesamt, 2008. [35] W. e. a. Spangl, Jahresbericht der Luftgütemessungen in Österreich 2009, Wien: Umweltbundesamt GmbH, 2010. [36] W. Tober, Zukünftige Mobilität - Elektromobilität als Lösung? , Wien: TU Wien, Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Kraftfahrzeugbau, 2010. 138 <?page no="147"?> 10 Potenzial von Biokraftstoffen zur Emissionsminderung Olaf Schröder, Axel Munack, Jürgen Bünger, Christoph Pabst, Jürgen Krahl Abstract In the diesel sector, vegetable oil methyl esters (biodiesel) has been established as a pure fuel and as a blending component to fossil diesel fuel. In addition, hydrogenated vegetable oil (HVO) is currently also introduced into the fuel market. These fuel components showed an improved greenhouse gas balance and even more beneficial effects on diesel engine emissions. In addition, there are research activities on the production of Fischer-Tropsch fuels from biomass (Biomass-to-Liquid, BtL). Until large scale production of BtL is established, gas-to-liquid fuels (GTL), which are prepared in a similar way from natural gas, serve as estimation to the emission reduction potential. Emissions of limited pollutants are mostly lower using biodiesel. One exception is the increase of nitrogen oxides emissions. On average, these emissions are ten percent higher using biodiesel. HVO as compared to fossil diesel fuel showed in all limited pollutants lower emissions with heavy duty engines. This was demonstrated by means of two series of measurements on two heavy duty engines. Also, the exhaust gas showed a lower mutagenic potential with HVO. Trends in emissions of GTL are similar to those of HVO. In summary, it can be stated that biogenic fuels still offer the possibility to reduce emissions by the choice of the fuel. Kurzfassung Auf dem Dieselsektor ist Fettsäuremethylester (Biodiesel) als Reinkraftstoff und als Mischkomponente zu fossilem Dieselkraftstoff etabliert. Daneben wird hydriertes Pflanzenöl (HVO) zurzeit ebenfalls in den Markt eingeführt. Diese Kraftstoffkomponenten zeigen neben einer verbesserten Klimagasbilanz auch weitere günstige Auswirkungen auf die Dieselmotoremissionen. Daneben wird an der Herstellung von Fischer-Tropsch Kraftstoffen aus Biomasse (Biomass-to-Liquid, BtL) geforscht. Bis zur großtechnischen Herstellung von BtL kann der auf ähnlichen Weg aus Erdgas hergestellte Gas-to-Liquid-Kraftstoff (GtL) dazu dienen, um Emissionsminderungspotenziale abzuschätzen. Die Emissionen von limitierten Schadstoffen sind beim Betrieb mit Biodiesel zumeist geringer. Eine Ausnahme ergibt sich bei den Stickoxidemissionen, die im Biodieselbetrieb durchschnittlich um zehn Prozent höher liegen. HVO zeigt gegenüber fossilem Dieselkraftstoff in Nfz-Motoren bei allen limitierten Schadstoffen geringere Emissionen. Dies wird anhand von zwei Messreihen an zwei Nfz-Motoren dargestellt. Auch zeigt das Abgas im HVO-Betrieb ein geringeres mutagenes Potenzial. Die Trends bei den Emissionen von GtL entsprechen weitgehend denen von HVO. 139 <?page no="148"?> Zusammenfassend kann gesagt werden, dass biogene Kraftstoffe noch die Möglichkeit eröffnen, Emissionen zu mindern. 1. Einleitung Um den Anteil der regenerativen Energien zu erhöhen und die Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern sowie die CO 2 -Emissionen zu senken, besteht von Seiten der Politik ein großes Interesse an der Beimischung von biogenen Komponenten zu fossilen Kraftstoffen [1,2]. Auf dem Dieselsektor ist Pflanzenöl der dominierende Ausgangsstoff für biogene Kraftstoffe. Er wird hauptsächlich als Pflanzenölmethylester (Biodiesel) verwendet. Daneben gewinnt hydriertes Pflanzenöl (HVO) an Bedeutung, während reines Pflanzenöl in Deutschland ab 2008 fast ganz aus dem Markt verschwunden ist. Wurde Biodiesel bis 2004 fast ausschließlich als Reinkraftstoff verwendet, wird er nach einer Übergangsphase ab 2009 vorrangig als Blendkomponente bis zu 7 % im Dieselkraftstoff eingesetzt (Abbildung 1). Aufgrund der Nutzungskonkurrenz zu Nahrungsmitteln bei pflanzenölbasierten Kraftstoffen werden zurzeit große Anstrengungen unternommen, Kraftstoffe aus biogenen Reststoffen herzustellen. Dazu soll die Biomasse zuerst in ein Synthesegas umgewandelt werden. In einem zweiten Schritt wird danach aus dem Synthesegas mittels Fischer-Tropsch-Synthese Kraftstoff hergestellt. Bisher ist noch keine Industrieanlage zur Herstellung von BtL in Betrieb [22]. Jedoch kann als Modellkraftstoff ein Gas-to- Liquid-Kraftstoff verwendet werden, bei dem sich zwar die Ausgangsstoffe unterscheiden, bei dem aber der letzte Produktionsschritt gleich ist. Bei allen neuen Kraftstoffen stellt sich die Frage, inwieweit sie sich auf den Betrieb und die Umwelt auswirken. Das ist insbesondere bei biogenen Kraftstoffen der Fall, da bei diesen aufgrund ihrer Herkunft ein positiver Umwelteffekt impliziert wird. 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 Verbrauch von Biokraftstoffen [kt] Biodiesel (ab 2011 Biodiesel und HVO) als Beimischung Pflanzenöl Bild 1: Entwicklung des Kraftstoffverbrauchs von Biodiesel, HVO und Pflanzenöl in Deutschland [3] 140 <?page no="149"?> 2. Emissionen biogener Kraftstoffe 2.1 Biodiesel Im Dieselbereich war Biodiesel der erste biogene Kraftstoff und konnte gegen Ende der 1990er Jahre in Deutschland Marktanteile am Dieselverbrauch von über 13 % erreichen. Seine Emissionen wurden vielfach untersucht [4,5]. Im Schnitt ergab sich mit Ausnahme der Stickoxide eine deutliche Absenkung der limitierten Emissionen. Eigene Messungen [6-17] aus den letzten 20 Jahren zeigten, dass insbesondere die Partikelemissionen bei Euro II und Euro III Motoren deutlich abgesenkt werden konnten (Abbildung 2). Bei noch älteren Motoren waren die Partikelmassen aufgrund unverbrannter Kraftstoffanteile höher als bei Dieselkraftstoff. Jedoch konnte auch hier eine Verringerung des organisch unlöslichen Anteils festgestellt werden. Mit der Einführung von Dieselpartikelfiltern bei der Abgasstufe Euro IV verschwand der Vorteil des Biodiesels bei den Partikelemissionen. Die Stickoxidemissionen bei Biodieselbetrieb zeigten sich über alle Abgasklassen erhöht (Abbildung 3). Insbesondere bei SCR-Katalysatoren kann die Erhöhung der Stickoxidemissionen besonders hervortreten, wenn durch das Motormanagement eine fest eingestellte Menge reduziert wird. Diese Einstellung bezieht sich dann auf die Emissionen bei Dieselkraftstoff und berücksichtigt die höheren Emissionen bei Biodiesel nicht. Neben den limitierten Emissionen, ergeben sich auch bei den nicht limitierten Abgaskomponenten deutliche Unterschiede. Als Summenparameter zur Bestimmung der Abgaswirkung kann der Ames-Test angewendet werden. Er zeigt die Mutagenität des Abgases auf. Biodiesel zeigte bis in den 1990iger Jahren gegenüber Dieselkraftstoff eine verringerte Mutagenität. Durch die Weiterentwicklung der Motoren und die Verbesserung des Dieselkraftstoffs drehte sich dieser Trend zum Teil um, so dass heute die genau auf Dieselkraftstoff abgestimmten Motoren bei deutlich verringertem Mutagenitätspotenzial im Biodieselbetrieb gegenüber Dieselkraftstoff keinen eindeutigen Vorteil mehr zeigen (Abbildung 4). 0.001 0.01 0.1 1 10 5P 5P Kat 5P 8S 13S 8S 13S 13S 13S ESC ESC ESC ESC ETC ESC ESC ETC . Farymann Fendt 1 Fendt 2 OM904 OM 906 MAN D08 OM 904 keine Abgasklasse Euro II Euro III Euro IV Euro IV Partikelmassenemission [g/ kWh] DK RME Bild 2: Entwicklung der Partikelmassenemissionen bei unterschiedlichen Emissionsklassen (Datengrundlage: [6-17]) DPF SCR 141 <?page no="150"?> 0 5 10 15 20 5P 5P Kat 5P 8S 13S 8S 13S 13S 13S ESC ESC ESC ESC ETC ESC ESC ETC . Farymann Fendt 1 Fendt 2 OM904 OM 906 MAN D08 OM 904 keine Abgasklasse Euro II Euro III Euro IV Euro IV Stickoxidemission [g/ kWh] DK RME Bild 3: Entwicklung der Stickoxidemissionen bei unterschiedlichen Emissionsklassen (Datengrundlage: [6-17]) 0 50 100 150 200 250 300 350 5P 5P Kat 5P 8S 13S 8S 13S 13S 13S ESC ESC ESC ESC ETC ESC ESC ETC . Farymann Fendt 1 Fendt 2 OM904 OM 906 MAN D08 OM 904 keine Abgasklasse Euro II Euro III Euro IV Euro IV Mutationen [%] DK (-S9) DK (+S9) RME (-S9) RME (+S9) Bild 4: Entwicklung des mutagenen Potenzials bezogen auf das jeweilige von fossilem Dieselkraftstoff (=100 %) bei unterschiedlichen Emissionsklassen (Datengrundlage: [6-17]) 2.2 Biodieselblends In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass sich die limitierten Emissionen entsprechend der Anteile von Biodiesel und fossilem Dieselkraftstoff ändern [9, 10, 15]. Eine Ausnahme ergibt sich jedoch bei dem nicht limitierten Mutagenitätspotenzial. Hier zeigte sich bei einem Blend von 20 % Biodiesel im Dieselkraftstoff ein Maximum der Mutagenität (Abbildung 5, [18]). DPF SCR DPF SCR 142 <?page no="151"?> Ebenfalls ergab sich bei diesem Mischungsverhältnis ein Maximum der Prezipitatbildung, wenn ein sehr unpolarer Dieselkraftstoff als Mischkomponente gewählt wurde (Abbildung 6, [19]). Dies kann auf die Bildung von Oligomeren zurückgeführt werden. Dabei neigen insbesondere die Methylester von mehrfach ungesättigten Fettsäuren unter Sauerstoffeinfluss zur Oligomerisierung. Um die Sedimentbildung zu verhindern eignen sich Alkohole als Additive. Eine grundlegende Beschreibung zu dieser Möglichkeit des Kraftstoffdesign findet sich in der Dissertation von Schmidt [20]. 0 10 20 30 40 50 60 70 80 DK B5 B10 B20 B30 B40 Mutationen pro Platte Bild 5: Mutagenes Potenzial von verschiedenen Diesel/ Biodiesel-Mischungen 0 20 40 60 80 100 120 140 160 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Gealterter RME in GtL [Vol %] Unlösliche Sedimente [mg/ 100 g] Bild 6: Bildung von unlöslichen Sedimenten von gealtertem RME in GtL 143 <?page no="152"?> 2.3 Hydriertes Pflanzenöl (HVO) und Fischer-Tropsch Kraftstoffe Sowohl Fischer-Tropsch Kraftstoffe mit Erdgas als Ausgangsstoff (GtL) als auch HVO werden im industriellen Maßstab hergestellt. Die Herstellung von Fischer- Tropsch-Kraftstoffen aus Biomasse (BtL) ist dagegen noch in der Entwicklung. Limitierte und nicht limitierte Emissionen verringern sich meist bei der Nutzung beider Kraftstoffe im Vergleich zu fossilem Dieselkraftstoff. Eine Ausnahme davon ergab sich bei den Stickoxidemissionen im PKW-Bereich. Bei einem Flottentest mit HVO zeigte sich ein Anstieg der Stickoxidemissionen um im Schnitt 10 % [21]. Im Folgenden ist der Vergleich der Emissionen von hydriertem Pflanzenöl (HVO) mit fossilen Dieselkraftstoff (DK) und Rapsölmethylester (RME) anhand zweier Messreihen aufgezeigt werden. Dafür wurden ein Euro III und ein Euro IV Nfz-Motor der Daimler AG vom Typ OM 904 LA und OM 906 LA genutzt. Der Motor OM 906 (Euro III) hatte keine Abgasnachbehandlung, wohingegen der Motor OM 904 LA mit einem SCR-Katalysator ausgestattet war. Beim Euro III-Motor wurde zusätzlich Jathrophaölmethylester (JME) in die Testreihe aufgenommen. Die Stickoxidemissionen bei den Messreihen sind in Abbildung 7 dargestellt. Für RME ergeben sich gegenüber DK höhere Stickoxidemissionen. Bei HVO lässt sich ein gegenläufiger Effekt erkennen. Die Stickoxidwerte verringern sich deutlich. Das relative Verhältnis der Stickoxidemissionen bei den verschiedenen Kraftstoffen ist bei dem Euro IV-Motor mit SCR-System deutlich stärker ausgeprägt. Dies ist der bei unterschiedlichen Kraftstoffen gleichbleibenden Dosierung des Reduktionsmittels geschuldet. Bei den im Verlauf des Tests vorgegebenen Belastungen des Motors wird eine gleichbleibende Menge der Stickoxide aus dem Abgas entfernt. Eine volumetrische Anpassung des Reduktionsmittels an die tatsächlichen Emissionen fand nicht statt. OM 904 LA (Euro IV) OM 906 LA (Euro III) 0,0 1,0 2,0 3,0 4,0 DK HVO RME Spez. NO X -Emissionen [g/ kWh] Grenzwert (Euro IV): 3,5 g/ kWh 0 1 2 3 4 5 6 7 DK HVO RME JME Spez. NO X -Emissionen [g/ kWh] Grenzwert (Euro III): 5,0 g/ kWh Bild 7: Spezifische NO x -Emissionen von DK, Biodiesel und HVO Für die Partikelmasseemissionen (Abbildung 8) ergeben sich gegenüber DK für RME und HVO geringere PM-Emissionen, wobei durch RME eine höhere Reduktion erzieht wird. Durch den Einsatz von RME reduzieren sich die PM-Emissionen um etwa die Hälfte beim Euro IV-Motor und etwa 40% beim Euro III-Motor. Dabei ist die Art des Biodiesels nicht entscheidend. Bei HVO verringert sich die Partikelmasse ebenfalls beim Euro IV-Motor stärker (ca. 30 %) als beim Euro III-Motor (ca. 10 %). Dieses 144 <?page no="153"?> Verhalten deutet darauf hin, dass der SCR-Katalysator bei HVO und insbesondere bei Biodiesel Bestandteile der Partikelmasse besser oxidieren kann als bei DK. Die geringeren Emissionen von JME zeigen auch die Möglichkeit auf, durch die Wahl eines entsprechenden Fettsäurespektrums, die Emissionen zu beeinflussen. Ausführlich wurde dies bei Schaak [25] untersucht. OM 904 (Euro IV) OM 906 (Euro III) 0,000 0,005 0,010 0,015 0,020 DK HVO RME Spez. PM-Emissionen [g/ kWh] Grenzwert (Euro IV): 0,03 g/ kWh 0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 DK HVO RME JME Spez. PM-Emissionen [g/ kWh] Grenzwert (Euro III): 0,1 g/ kWh Bild 8: Spezifische PM-Emissionen von DK, Biodiesel und HVO Neben den limitierten Emissionen erfolgte auch eine Untersuchung der Mutagenität von Partikulat und Kondensat des Abgases (Abbildungen 9 und 10). Das Abgas von HVO zeigte sowohl im Euro IVaus auch im Euro III-Motor eine geringere Mutagenitat gegenüber DK, wobei die Größenordnung der Mutagenität vom Euro III zu Euro IV deutlich abnahm. Biodiesel zeigt beim Euro III-Motor eine höhere Mutagenität gegenüber DK. Beim Euro IV-Motor zeigt sich jedoch ein entgegengesetzter Trend. Hier ist im Biodieselabgas weniger Mutagenität nachweisbar. OM 904 (Euro IV) OM 906 (Euro III) 0 20 40 60 80 100 DK HVO RME Mutationen [1/ test] -S9 +S9 0 50 100 150 200 DK HVO RME JME Mutationen [1/ test] -S9 +S9 Bild 9: Vergleich der Mutagenität der Partikulate von DK, Biodiesel und HVO 145 <?page no="154"?> OM 904 (Euro IV) OM 906 (Euro III) 0 20 40 60 80 100 DK HVO RME Mutationen [1/ test] 0 50 100 150 200 DK HVO RME JME Mutationen [1/ test] Bild 10: Vergleich der Mutagenität der Kondensate von DK, Biodiesel und HVO 3 Ausblick Als biogene Kraftstoffe im Dieselsektor besitzen Biodiesel, HVO und zukünftig auch BtL-Kraftstoffe ein Potenzial, Emissionen weiter zu senken. Bei Biodiesel und im PKW-Bereich auch bei HVO ergeben sich jedoch Nachteile durch höhere Stickoxidemissionen. Auch die immer bessere Abstimmung der Motoren auf den Standarddieselkraftstoff mit maximal sieben Prozent Biodiesel wird zukünftig das Emissionsminderungspotenzial durch höhere Biodieselblends oder reinem Biodiesel verringern. HVO und auch BtL zeigen dagegen im Nfz-Bereich bei allen Emissionen Vorteile. Durch die vermehrte Einführung solcher Kraftstoffe ist somit mit einer weiteren Verringerung der Emissionen zu rechnen. Literatur [1] BioKraftQuG (2006) Gesetz zur Einführung einer Biokraftstoffquote durch Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromsteuerrechtlicher Vorschriften. Bundesgesetz, BT-Drs 16/ 2709 [2] EG 2009/ 28 (2009) RICHTLINIE 2009/ 28/ EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/ 77/ EG und 2003/ 30/ EG [3] Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (2011b) Amtliche Mineralöldaten Online: http: / / www.bafa.de/ bafa/ de/ energie/ mineraloel_rohoel/ amtliche_ mineraloeldaten/ 2013/ dezember.xls zitiert am 5.04.2014 [4] EPA (2002) Comprehensive Analysis of Biodiesel Impacts on Exhaust Emissions, EPA-Technical Report online: www.epa.gov/ otaq/ models/ analysis/ biodsl/ p2001.pdf [5] Bünger J, Krahl J, Schröder O, Schmidt L, Westphal GA (2012) Potential hazards associated with combustion of bio-derived versus petroleum-derived diesel fuel, Critical reviews in toxicology, 42(9), 2012, 732-750 146 <?page no="155"?> [6] Munack A, Schröder O, Stein H, Krahl J, Bünger J (2003) Abschlussbericht des Forschungsvorhabens „Systematische Untersuchungen der Emissionen aus der motorischen Verbrennung von RME, MK1 und DK“. 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Field tests have shown a lot of advantages: Savings of fossil fuels, reduction of conventional and non regulated Exhaustgas emissions as well as greenhouse gases. The quality of HVO meet the requiries of EN 590. Kurzfassung Hydrierter Biokraftstoff HVO wird bereits heute in mehreren Neste Oil Raffinerien in Mengen von mehr als 2 Millionen Tonnen hergestellt. In verschiedenen Flottentests ergaben sich positive Ergebnisse, wie die Einsparung fossiler Energieträger, deutliche Verringerungen bei den konventionellen und nichtlimitierten Abgasemissionen, wie auch bei den klimarelevanten Treibhausgasen. Die Qualität des HVO-Biokraftstoffes entspricht der Norm EN 590. Einleitung Eine der Alternativen zur Einsparung fossiler Kraftstoffe ist die Verwendung von Biodieselkraftstoff. Um die damit verbundenen Nachteile zu vermeiden hat die finnische Raffinerie Neste Oil einen Prozess entwickelt der aus Pflanzenöl und Fettabfällen mit der Zusetzung von Wasserstoff hydrierten Biokraftstoff erzeugt. Im Folgenden werden einzelne Schritte, Anwendungsbeispiele und Feldversuche aufgezeigt. Zum Abschluss werden die Chancen für diesen Kraftstoff abgeschätzt. 1. NExBTL: Process and Performance Der Prozess zur Herstellung von HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) ist ähnlich wie bei der Herstellung des konventionellen Biodieselkraftstoffs, der durch Umesterung von pflanzlichen oder tierischen Fetten und Ölen mit Methanol entsteht. Da nachfolgend einige Begriffe und Abkürzungen verwendet werden folgen an dieser Stelle bereits kurze Erläuterungen: NExBTL= patentierter Markenname von NesteOil für hydrierten Biodieselkraftstoff FAME= Fatty Acid Methyl Ester, bzw. auf deutsch: Fettsäuremethylester RME= Rapsmethylester BTL= Biomass to Liquid, bzw. auf deutsch: Biomasseverflüssigung LCA -GHG: LCA= Life Cycle Assessment deutsch Lebenszyklusanalyse GHG= Greenhouse Gases auf deutsch Treibhausgase,vor allem CO 2 149 <?page no="158"?> Statt Methanol wird bei NExBTL Wasserstoff zugegeben, wobei die katalytischen Prozesse in der Raffinerieanlage entsprechend angepasst sind, siehe Bild 1. Bild 1: Prozessvergleich NExBTL und FAME (Fatty Acid Methyl Ester, Fettsäuremethylester) In Bild 2 ist der Herstellungsprozesses von Biodiesel allein schematisch dargestellt. Quelle: Jon Van Gerpen: Biodiesel processing and production. In: Fuel Processing Technology. 86, 2005, S. 1097 Bild 2: Schematische Darstellung des Herstellungsprozesses von Biodiesel Bild 3: Verfahrensschema der BTL-Herstellung (nach Shmuel Csaba Otto Traian aus Wikimedia Commons) Der Prozess verläuft unterschiedlich, ohne auf weitere Details einzugehen. In der NExBTL-Einheit von Neste Oil werden mit Wasserstoff bei gleichen Ausgangsstoffen Biokraftstoffgas, Biobenzinkomponenten und NExBTL Diesel gewonnen. Bild 4 zeigt schematisch den Vergleich der gängigen Diesel-Herstellverfahren 150 <?page no="159"?> Bild 4: Schematische Darstellung der Herstellungsprozesse von Dieselkraftstoffen NExBTL und Fischer-Tropsch liefern beide biobasierte Kohlenwasserstoffe, außer bei FAME / RME entstehen reine Kohlenwasserstoffe. Bild 4a: Eigenschaften des hydrierten Biodieselkraftstoff HVO HVO als NExBTL ist nach dem traditionellen Biokraftstoff der nächste Schritt mit einer neuen Technologie zu einem verbesserten Kraftstoff. Der große Vorteil ist die volle Verträglichkeit mit mineralischem Dieselkraftstoff. Daher erübrigen sich Kompromisse bei der Kraftstoffqualität und der Leistung. NExBTL wird weltweit bereits in vielen Raffinerien hergestellt. 151 <?page no="160"?> HVO - Superior Quality Fuel Properties EN 590 HVO Typical values Diesel Fuel Bild 5: Typische Eigenschaften von HVO verglichen mit genormtem Dieselkraftstoff. HVO weist eine deutlich höhere Cetanzahl auf (ist also zündwilliger), die Dichte ist geringer, der Schwefelgehalt ist Null und der Siedebereich ist gleich. 2. Applications and Field Tests Das nächste Kapitel zeigt einige Anwendungsfälle und berichtet über Erfahrungen von Flottenversuchen. In Helsinki wurden bereits 50 Millionen Kilometer mit dem HVO-Kraftstoff in den Jahren 2007 bis 2010 zurückgelegt. Als wesentliche Ergebnisse sind festzuhalten: HVO trägt zu einer signifikanten Verringerung der Abgasemissionen bei: - Die Stickstoffoxidemissionen NOx werden um 10 % abgesenkt - Die Partikelemissionen verringern sich um 30 %. - Die Treibhausgase (LCA -GHG) nehmen um 50 % ab. Bild 6: Flottentesterfahrungen mit HVO in Helsinki von 2007 bis 2010 152 <?page no="161"?> Bild 7: Flottentesterfahrungen mit HVO mit Mercedes-Nutzfahrzeugen und Bussen Auch beim Flottentest von Daimler, bei dem bisher 1 Million km problemlos zurückgelegt wurden, ergaben sich Verringerungen bei NOx von 15 % und bei den Treibhausgasen um 60 %. Insgesamt werden 3,3 Million km gefahren. Dabei werden mehr als 2000 Tonnen CO 2 eingespart. Ein weiteres Testfeld ist der Einsatz von HVO bei Flugzeugen. Dazu wurde von der Lufthansa im Rahmen des bundesweiten Forschungsprojektes FAIR (Future Aircraft Research) das Teilprojekt „burn FAIR“ mit einem Airbus A321 (D-AIDG) durchgeführt , mit viermal täglich (acht Flüge) zwischen Hamburg und Frankfurt (insgesamt 1187 Flüge), wobei eines seiner Triebwerke zu 50 Prozent mit Biokraftstoff betrieben wurde. Dabei wurden 1557 Tonnen Biokerosingemisch verbraucht. Bild 8: HVO-Projekt in Flugzeugen auf der Route Hamburg-Frankfurt-Hamburg Das Einführungskonzept sieht vor eines der Triebwerke mit einem Gemisch von HVO und Kerosin zu betreiben. Der erste Tankwagen füllt das HVO-Kerosingemisch in den Tank auf der Steuerbordseite ein, der zweite Tankwagen füllt das konventionelle Jet-A1 in den Tank auf der Backbordseite ein. Die mit Bio-Kerosin betriebenen Turbinen arbeiten problemlos ohne wesentliche Änderungen beim Cockpit-Check. 153 <?page no="162"?> Bild 9: HVO-Projekt in Flugzeugen - Erste Erfahrungen In Bild 10 sind die ersten Ergebnisse zusammengefasst: Bild 10: HVO-Projekt in Flugzeugen - Erste Ergebnisse Der Kommentar der Lufthansa ist vielversprechend: „Unser Projekt burnFAIR verlief reibungslos und zu unserer vollsten Zufriedenheit. Der Biokraftstoff hat sich, wie von uns erwartet, als alltagstauglich erwiesen. Langfristig hilft uns dieser Versuch, unsere Klimaschutzziele zu erreichen. Er wird im Rahmen eines übergreifenden Forschungsprojekts realisiert, das neben der Verträglichkeit von Biokraftstoffen auch andere Themen wie zum Beispiel neue Antriebs- und Flugzeugkonzepte oder andere Kraftstoffe (z. B. aus ölproduzierenden Algen) untersucht. Nach dem erfolgreichen Praxiseinsatz legen wir nun den Fokus auf Eignung, Verfügbarkeit, Nachhaltigkeit und Zertifizierung der Rohstoffe. Dieser Markt muss aber 154 <?page no="163"?> erst erschlossen werden. Weiterführende Informationen rund um die Praxiserprobung sowie zu den Ergebnissen erhalten Sie unter www.puresky.de“ 3. Challenge Biomass Die Herausforderungen an die Biokraftstoffe sind vielfältig, bieten aber auch Chancen. Die Einführung am Markt begann mit einem Netzwerk von Tankstellen bereits im Jahr 2008. Der Anteil von Biokraftstoffen betrug mehr als 10 %. Die Standards der Richtlinie EN 590 werden erfüllt, die Verträglichkeit mit allen Dieselmotoren ist gewährleistet. Änderungen der Logistik sind nicht nötig, auch im Winter-betrieb wurden bisher keine Störungen gemeldet. Abgas- und Treibhausgas-Emissionen verringern sich. 10 % HVO-Treibstoff „Green 100“ wird bereits angeboten. Bild 11: Kernaussagen bei der HVO-Einführung am Markt Im Oktober 2011 wurde das Projekt „Diesel Regenerative“ abgeschlossen, das von Neste Oil, VW, OMV zusammen mit der Hochschule Coburg vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit gefördert wurde und von der Europäischen Kommission unterstützt wurde. An einer Pkw-Flotte von 11 Fahrzeugen wurde über ein Jahr eine Mischung von HVO und Biodieselkraftstoff untersucht. Insgesamt wurden 207677 km ohne kraftstoffbedingte Fahrerbeanstandungen zurückgelegt. Neben verringerten konventionellen Abgasemissionen der meisten Pkw zeigten sich mit bei den nicht limitierten Abgaskomponenten (Aldehyden und bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen) wie auch bei der Partikelanzahl geringere Emissionen, die jedoch noch weiter abgesichert werden müssen. 155 <?page no="164"?> Bild 12: HVO im Projekt „Diesel Regenerativ“ mit der Bayerischen Staatsregierung Ermutigt durch die positiven Ergebnisse hat das Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit ein Folgeprojekt „Diesel R33“ mit deutlich mehr Fahrzeugen ermöglicht. Getestet wird eine Mischung von 67 % fossilem Dieselkraftstoff mit 33 % Biokraftstoff, die innerhalb der Dieselkraftstoffnorm EN 590 liegt. Der Vorteil liegt in der Verwendbarkeit aller Abgaskonzepte. Zielsetzung ist mittelfristig den Anteil von Biokraftstoffen erhöhen zu können. Bild 13: HVO im Folge-Projekt „Diesel R 33“ mit der Bayerischen Staatsregierung 156 <?page no="165"?> HVO Rohmaterialien Bild 14: Flexibilität beim Einsatz verschiedener Ausgangsmaterialien Um den Kritiken der „Teller/ Tank“-Diskussionen Rechnung zu tragen kann bei HVO ein weites Spektrum an Ausgangsstoffen eingesetzt werden. Neben Palm- und Raps-öl sind auch Jatrophapflanzen und Algen, Fette und andere Abfallprodukte möglich. Derzeit sind Palmöl, Stearin, Fettsäure-Destillate, Sojaöl, tierische Fettabfälle der Nahrungs- und Fischaufbereitungsindustrie sowie Rapsöl im Einsatz. Bild 15: Derzeit übliche Ausgangsmaterialien 157 <?page no="166"?> Neue Ausgangsmaterialien schließen Abfälle der Agrarwirtschaft und der Papierindustrie ein, um Zucker zu gewinnen, der mit Hilfe von Mikroben in mikrobielle Öle umgewandelt werden und im NExBTL-Prozess der Neste Oil zu Kraftstoff raffiniert wird. Daraus entsteht ein Premiumqualitätskraftstoff der sowohl in Pkws, Nutzfahrzeigen und Flugzeugen eingesetzt werden kann. Bild 16: Neues Ausgangsmaterial: Abfall und rückstandsbasierte mikrobielle Öle Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Verwendung von Abfallprodukten, die sonst teuer entsorgt werden müssten, Der Prozess der Lignosezellstoffe in Biokraftstoff umzuwandeln ist effizient Das Öl eignet sich hervorragend für paraffinische Kraftstoffe Die Herstellung von Tierfutter kann parallel zur Biokraftstoff verlaufen und dabei ergeben sich noch höhere Treibhausgaseinsparungen Bild 17: Vorteile von mikrobiellen Ölen 158 <?page no="167"?> Auch die Verwendung von Algen ist ein vielversprechender Ansatz: Es gibt einige zehntausend verschiedene Algenarten, die beachtliche intrazellare Flüssigkeiten erzeugen. Für ihr Wachstum brauchen sie nur Wasser und Licht. Sie können in Meer- oder Landgebieten angesiedelt werden, die für eine anders weitige Nutzung unbrauchbar sind. Ihr Potential zur Kraftstoffgewinnung ist deutlich höher als bei konventionellen Raffinerien. Allerdings ist der Weg zur industriellen Nutzung erst am Anfang. Neste Oil beteiligt sich an zwei Forschungsprojekten in den Niederlanden und Australien, um mehr Erfahrungen zu sammeln welche Algenarten am besten zur industriellen Produktion eingesetzt werden können. Bild 18: Öl aus Mikroalgen Zusammenfassung Hydrierter Biokraftstoff HVO bei Neste Oil unter dem Namen NExBTL geführt - wird bereits heute in mehreren Neste Oil Raffinerien in Mengen von mehr als 2 Millionen Tonnen hergestellt. Die Erfahrungen bei verschiedenen Flottentests sind durchwegs positiv, zusätzlich zur Einsparung fossiler Energieträger werden auch deutliche Verringerungen bei den konventionellen und nichtlimitierten Abgasemissionen, wie auch bei den klimarelevanten Treibhausgasen erzielt. Die Qualität des HVO-Biokraftstoffes entspricht der Norm EN 590 und wird von allen Motoren und Turbinen vertragen. An neuen Ausgangsmaterialien wird gearbeitet um der Teller/ Tank-Kritik Rechnung zu tragen. Literatur [1] Markku Honkanen, Press Release der Neste Oil Corporation vom 23.02.2009, Excellent results from cold-weather tests on NExBTL renewable diesel in Canada, http: / / www.nesteoil.com 159 <?page no="168"?> [2] Markku Honkanen, 5TH annual meeting, Biofuels 2010 Amsterdam, 9-12 November 2010, European premiere: manufacturing advanced hydrocarbon biodiesel. [3] Jon Van Gerpen: Biodiesel processing and production. In: Fuel Processing Technology. 86, 2005, S. 1097 [4] Shmuel Csaba Otto Traian aus Wikimedia Commons [5] Press Release der Neste Oil Corporation vom 10. 2.2011: Excellent results from biofuel trial involving Neste Oil, Helsinki Region Transport, and Proventia: significantly reduced local emissions [6] Pressebericht der Daimler AG vom 9.6.2009: Weniger CO 2 -Emissionen mit neuem Diesel aus erneuerbaren Rohstoffen [7] Green Car Congress vom 11.6.2009, Schuckert Manfred Daimler AG und Steffen Frankenberg Deutsche Post DHL: NExBTL Pilot Test Shows Lower NOx and CO 2 Emissions with Renewable Diesel [8] Future Aircraft Research Teilprojekt „burn FAIR http: / / konzern.lufthansa.com/ de/ themen/ biofuel.html [9] Diesel regenerativ: Anja Zimon, Jürgen Krahl, Olaf Schröder , Barbara Fey, Dieter Bockey, Cuvillier Verlag Göttingen, 2012 [10] Katrin Pudenz, Diesel regenerativ 33: Forscher der Hochschule Coburg testen Kraftstoff Diesel R33 Fachbuch in der Reihe Betriebsstoffe, http: / / www.springerprofessional.de 160 <?page no="169"?> 12 Analyse der städtischen NO 2 - und Partikelanzahlemissionen und künftige Entwicklung der NO 2 - und Partikelanzahl - Luftqualität Analyses of urban NO 2 and Particle number emissions and future development of NO 2 and Particle number - air quality Rainer Vogt, Nicola Toenges-Schuller, Christiane Schneider Content Introduction Nitrogen dioxide (NO 2 ) air quality Particle Number (PN) air quality Summary Bild 1: Gliederung der nachfolgenden Folien Introduction NO 2 European air quality NO 2 standards are exceeded at 12% of the stations in the EU (2006-2010) including Germany, Netherlands, Sweden, France, UK etc. Roadside measurement / real world driving by Member States indicates real driving NOx has not decreased as fast as expected - attributed to increasing dieselization and different offcycle NOx performance. EU Commission is working on development and implementation of ‘Real Driving Emissions’ regulations for Euro-6.2 (2017/ 18) NO 2 air quality analysis and prediction is needed to guide reasonable emission legislation Bild 2: Einleitung für NO 2 161 <?page no="170"?> Note: Orange and red dots correspond to exceedances of the annual limit value (40 g/ m3). Red dots correspond to exceedances of the annual limit value + 5 g/ m3. Bild 3: Überschreitungen des NO 2 -Jahresmittel-Grenzwertes in 22 der 27 EU Mitgliedsländer im Jahr 2010 • Annual limit value of NO 2 < 40 μ g m -3 was exceeded in 22 of 27 EU Members in 2010 162 <?page no="171"?> DISTANCE TO NO 2 TARGET FOR DIFFERENT CLASSES OF AQ STATIONS Bild 4: Abstand zum NO 2 -Zielwert für verschiedene Luftqualitätsverkehrsstationen Analysis of urban NO2 sources and their effect on NO 2 air quality Bild 5: Analyse städtischer NO 2 -Quellen und ihre Auswirkung auf die NO 2 -Luftqualität • Largest distance to NO 2 target at traffic Air Quality stations 163 <?page no="172"?> Bild 6: Zusammensetzung der Flotten 2005, 2010, 2015 und 2020 Bild 7: Simulationen der Emissionen 164 <?page no="173"?> Bild 8: Emissions- und Luftqualitäts-Modell Bild 9: NO 2 -Luftqualität: Abschätzung verschiedener Quellen 165 <?page no="174"?> Bild 10: NO 2 -Luftqualität: Quellen-Abschätzung der Monatsmittelwerte Bild 11: NO 2 -Luftqualitäts-Simulation für Deutschland NO2 AIR QUALITY SIMULATION (GERMANY) 0 20 40 60 80 100 120 140 0 20 40 60 80 100 Annual mean NO 2 [μg/ m³] sorted stations 2006 Measurements 2006 base 2015 base 2020 base 2025 base 2030 base 2030 Euro 6 only limit Am Neckartor Corneliusstraße Dachauer Straße • Estimation of number of non-compliant AQ measurement stations 166 <?page no="175"?> Bild 12: Grenzwertüberschreitungen Bild 13: Zusammenfassung zur Luftqualitätsanalyse für NO 2 EXCEEDANCE OF LIMIT • Number of air quality stations non-compliant with the annual mean of 40 μg/ m³ NO 2 • 197 traffic stations in Germany are considered • Base case (HBEF3.1) EU-6 : -65% (vs. EU-5) 0 20 40 60 80 100 120 measurements base base base base base Euro 6 only 2006 2010 2015 2020 2025 2030 BG 2030 Number of stations exceeding limit 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% measurements base base base base base Euro 6 only 2006 2010 2015 2020 2025 2030 BG 2030 Fraction of stations exceeding limit • HBEF 3.1 base scenario: 94% of traffic stations are compliant in 2030. 98,5% are compliant, if all vehicles would be Euro-6 167 <?page no="176"?> Bild 14: Partikelanzahl (PN)-Luftqualität Bild 15: Modell-System 168 <?page no="177"?> Bild 16: Ergebnisse für die Emissionen Bild 17: Modellsimulationen: Emissionen und Immissions-Anzahl-Konzentrationen 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% 2010 2015 2020 2025 Verteilung PN-Emissionen Pkw-Ds-Euro-6 Pkw-Ds-Euro-5 Pkw-Ds-Euro-4 Pkw-Ds-Euro-3 Pkw-Ds-Euro-2 Pkw-Ds-Euro-1 Pkw-Ds-Euro-0 Pkw-Otto-Euro-6 Pkw-Otto-Euro-5 Pkw-Otto-Euro-4 Pkw-Otto-Euro-3 Pkw-Otto-Euro-2 Pkw-Otto-Euro-1 Pkw-Otto-Euro-0 leichte Nutzfahrzeuge Busse schwere Nutzfahrzeuge 0 50 100 150 200 250 300 350 2010 2015 2020 2025 PN-Emissionen in E18 # / (km*a) Pkw-Ds-Euro-6 Pkw-Ds-Euro-5 Pkw-Ds-Euro-4 Pkw-Ds-Euro-3 Pkw-Ds-Euro-2 Pkw-Ds-Euro-1 Pkw-Ds-Euro-0 Pkw-Otto-Euro-6 Pkw-Otto-Euro-5 Pkw-Otto-Euro-4 Pkw-Otto-Euro-3 Pkw-Otto-Euro-2 Pkw-Otto-Euro-1 Pkw-Otto-Euro-0 leichte Nutzfahrzeuge Busse schwere Nutzfahrzeuge Szenario „Elektromobility“: • All vehicles are electric • No exhaust components • Non-exhaust particles are not effected MODEL SIMULATIONS: EMISSIONS AND AMBIENT PN CONCENTRATION 0 5 10 15 20 25 30 35 0 6 12 18 24 PN [10 3 # / cm 3 ] Uhrzeit Messung Eisenbahnstraße Messung If T Modell typische Straßenschlucht Modell ohne Aerosoldynamik Modell ohne Emissionen 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 0 10 20 30 40 50 60 70 80 0 6 12 18 24 Ruß [g/ (km*h)] PN [10 15 # / (km*h)] Uhrzeit Emi PN Emi Ruß • Model simulations base run 2010 : • „typical street canyon“ • Model w/ o aersol dynamics • Modell w/ o emissions • Measurements: (Birmili et al. IfT) • 2010 Eisenbahnstraße (street station) • 2010 IfT (urban background) Base run w/ o emissions fits well with urban background „Typical street canyon”: Emissions • as Corneliusstraße, Düsseldorf • Higher than Eisenbahnstraße, Leipzig: Corneliusstr.: DTV = 46.200 Kfz/ Tag Eisenbahnstr.: DTV = 11.000 Kfz/ Tag • D‘dorf vs. Leipzig delayed : Sun rise and working time is later Simulated diurnal PN fits well with measurements Modell w/ o aerosol dynamics underestimates PN by ca. 23% (no nucleation particles) Emissionen Konzentrationen 169 <?page no="178"?> Bild 18: Zusammenfassung zur Analyse der Partikel-Anzahl und -Konzentration Bild 19: Danksagung SUMMARY: ANALYSIS OF PN EMISSIONS AND CONCENTRATION • Base run 2010: plausible results • Emission reductions: • 2025 vs. 2010: by 90% • „Elektromobilität“: by 98% (Rest: PN non-exhaust) • Ambient PN concentration: • 2025 vs. 2010: - 29% • „Elektromobility“ vs. 2010: - 60% • Ambient PN Soot (EC): (Model assumption: externally mixed aerosol) • 2025 vs. 2010: - 76% „Elektromobility“: - 87% • Direct injection gasoline vehicles: • 2025 : contribution to total ambient road side PN 4% -120% -100% -80% -60% -40% -20% 0% Emi PN PN PN nuc PN acc PN EC Änderung ggü. 2010 2015 2020 2025 Sz El Funding of the PN simulation work by Forschungsvereiningung Automobiltechnik (FAT) Members of the FAT AK1 W. Birmili IfT Leipzig ACKNOWLEDGEMENTS 170 <?page no="179"?> Kommentar des Herausgebers zum Beitrag von Dr. Rainer Vogt, Dr. Nicola Toenges-Schuller und Dr. Christiane Schneider Die Luftqualität in europäischen Großstädten ist aufgrund der kontinuierlichen Emissionsverminderungen - sowohl bei stationären wie bei mobilen Quellen - in den letzten Jahren immer besser geworden. Da in Europa auch die Immissionsgrenzwerte immer ambitionierter festgelegt wurden, treten bei ungünstigen Wetterlagen - Inversionen, austauscharme Windverhältnisse - und an sogenannten „hot spots“ immer noch Überschreitungen bei NO 2 und Partikeln auf. Auf Basis der Daten von 2006 bis 2010 werden die NO 2 -Immissionsgrenzwerte an 12% der Messstationen der EU überschritten. Dabei sind die Staaten Deutschland, die Niederlande, Schweden, Frankreich, England und andere eingeschlossen, siehe auch Bild 3. Messungen am Straßenrand unter dem sogenannten „real world driving“-Betrieb zeigten, dass entgegen den Erwartungen die NOx-Emissionen nicht schnell genug abnehmen. Mögliche Gründe dafür liegen in der Zunahme von Dieselfahrzeugen im Pkw-Flottenbestand und im unterschiedlichen Emissions-Verhalten von Fahrzeugen außerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Messzyklusses. Daher arbeitet die EU-Kommission an der Festlegung und Einführung einer „Real Driving Emission-Richtlinie für die Abgasstufe Euro 6-2, die in den Jahren 2017 und 2018 gesetzlich vorgeschrieben werden soll. Um angemessene Emissionsgesetze erlassen zu können, ist eine begleitende Überwachung der Luftqualität für NO 2 notwendig. In den folgenden Bildern des Beitrags von Dr. Rainer Vogt vom Ford Forschungszentrum in Zusammenarbeit mit Dr. Nicola Toenges-Schuller und Dr. Christiane Schneider von der AVISO GmbH in Aachen ist daher eine Analyse der NO 2 -und Partikelzahl- Emissionen sowie der zu erwartenden Luftqualität für diese Schadstoffe dargelegt. Als Modellstraßen wurden in Stuttgart die Station Am Neckartor mit einem Tagesdurchsatz von 73.500 Fahrzeugen, in Düsseldorf die Station Corneliusstraße mit einem Tagesdurchsatz von 46.000 Fahrzeugen und in München die Station Dachauerstraße mit einem Tagesdurchsatz von 23.500 Fahrzeugen ausgewählt, siehe Bild 5. Die mittlere Flottenzusammensetzung und die Emissionsfaktoren wurden auf Basis des Handbuchs für Emissionsfaktoren (Version 3.1) abgeleitet, siehe Bild 6. Die Abschätzung der Luftqualität erfolgte mit dem Box-Modell RADM2, das 161 chemische Reaktionen und 59 Einzelkomponenten berücksichtigt, siehe Bild 8. Die Luftqualitätsmessungen im Jahre 2006 wurden für das Basisszenario 2006 zugrunde gelegt, siehe Bild 9. Weitere Szenarien werden für 2010, 2015, 2020, 2025 und 2030 durchgerech- 171 <?page no="180"?> net. Dargestellt sind die Ergebnisse für 2006, 2015, 2020, 2025 und 2030, siehe auch Bild 11. Es zeigt sich, dass neben den direkten NO 2 -Emissionen der urbane Hintergrund und die chemischen Reaktionen (im Wesentlichen die Reaktion von NO mit O 3 zu NO 2 ) einen deutlichen Teil sowohl im Tagesgang wie im Jahresverlauf zu den NO 2 - Konzentrationen beitragen, siehe auch Bild 10. Beachtenswert ist, dass in den Wintermonaten der Beitrag des urbanen Hintergrunds und im Sommer der Beitrag der chemischen Reaktionen ansteigt. Bereits in zehn Jahren wird die Zahl der Messstationen mit Überschreitungen signifikant abgenommen haben. Erfreulich ist auch, dass in 2030 von 197 Verkehrsmessstationen 94 % den Immissions-Grenz-wert einhalten werden. Die Berechnung hat auch ergeben, dass nur 1,5 % aller Verkehrsstationen über dem Grenzwert wären, wenn alle Fahrzeuge die Euro-6-Emissionstechnologie hätten, siehe Bild 11. Fasst man das Ergebnis für NO 2 zusammen, so kann man feststellen: 1. Die NO 2 -Luftqualität wird durch das komplexe Zusammenwirken der urbanen Hintergrundkonzentrationen, der chemischen Reaktionen in der Atmosphäre und der lokalen Verkehrsemissionen bestimmt, wobei diese von der Flottenzusammensetzung und der Verkehrsdichte abhängen. Die örtlichen Gegebenheiten (Straßenschluchten, etc.) und die meteorologischen Einflüsse (Temperatur, Luftfeuchte, Windverhältnisse, Inversionswetterlagen) spielen dabei eine nicht zu vernachlässigende Rolle. 2. Eine Quantifizierung für Messstationen mit starkem Verkehr ergibt einen Anteil des urbanen Hintergrundes von 24 % bis 70 %, einen Anteil der chemischen Reaktionen von 19 % bis 27 % und einen Anteil der direkten Emissionen des Verkehrs von 12 % bis 51 %. 3. Die Modellierung der NO 2 -Luftqualität für 2015 und 2030 zeigt, dass sich infolge der abnehmenden NO X -Emissionen des Straßenverkehrs auch die NO 2 - Immissionen verbessern. 4. Maßnahmen zur Reduktion der NO X -Emissionen sind die laufende Flottenerneuerung mit modernen Fahrzeugen und Motoren mit immer geringeren Abgas- Emissionen. Ebenso können ein wirksames Verkehrsmanagement, Verbesserungen beim Verkehrsfluss sowie alternative Fahrzeuge und Kraftstoffe dazu beitragen. Wegen der Komplexität ist nicht eine Einzelmaßnahme, sondern nur die Summe aller Maßnahmen zielführend. Neben NO 2 liegt die Aufmerksamkeit auch bei den Partikeln. Zunächst betrachtete man die Partikel einer aerodynamischen Größe unter 10 μm PM 10 für die in der Tochterrichtlinie 1999/ 30/ EG vom 22. April 1999 zur Luftqualitätsrichtlinie Grenzwerte für Feinstaub festgelegt wurden. Mit der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft - 22. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV) vom 11. September 2002 wurden die Grenzwerte auch in deutsches Recht umgesetzt. 172 <?page no="181"?> 1. Seit dem 1. Januar 2005 beträgt der einzuhaltende Tagesmittelwert für PM 10 50 μg/ m³ bei 35 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr. (In Österreich sind von 01.01. 2005 bis 31.12. 2009 nur 30 Überschreitungen/ Jahr erlaubt) 2. Seit dem Jahr 2005 beträgt der Jahresmittelwert für PM 10 40 μg/ m³. 3. Seit dem 1. Januar 2010 darf der einzuhaltende Tagesmittelwert für PM 10 weiterhin 50 μg/ m³ betragen, die ursprünglich vorgesehenen nur noch 7 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr sind durch Richtlinie 2008/ 50/ EG vom 21. Mai 2008 (Anhang XI) wieder auf die ursprünglich zulässigen 35 Überschreitungen korrigiert worden. Seit dem Jahr 2010 sollte der Jahresmittelwert für PM 10 nur noch 20 μg/ m³ betragen. Auch dies ist durch die Richtlinie 2008/ 50/ EG vom 21. Mai 2008 (Anhang XI) wieder entschärft worden, so dass ab 2010 weiter der Jahresmittelwert für PM 10 40 μg/ m³ gilt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt in den Luftgüterichtlinien für PM 10 : • Jahresmittel PM 10 20 μg/ m³ • Tagesmittel PM 10 50 μg/ m³ ohne zulässige Tage, an denen eine Überschreitung möglich ist. Seit 2010 werden auch die Partikel einer aerodynamischen Größe unter 2,5 μm PM 2,5 gemessen, da in der Luftqualitätsrichtlinie 2008/ 50/ EG dafür bereits Grenzwerte festgelegt wurden. Mit der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes wurden die Grenzwerte ins nationale Recht übernommen. Die neuen Standards für PM 2,5 sind: • Zielwert: 25 μg/ m 3 als Jahresmittelwert, sollte ab 1.1.2010 erreicht sein • Grenzwert Stufe 1: 25 μg/ m 3 als Jahresmittelwert, der ab 1.1.2015 einzuhalten ist • Grenzwert Stufe 2: 20 μg/ m 3 Jahresmittelwert, der ab 1.1.2020 einzuhalten ist Den Mitgliedstaaten wurde die Möglichkeit gegeben, die für die Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte gesetzten Fristen per Mitteilung an die EU-Kommission zu verlängern. In den Luftgüterichtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO für PM 2,5 ist festgelegt: • Jahresmittel PM 2,5 10 μg/ m³ • Tagesmittel PM 2,5 25 μg/ m³ ohne zulässige Tage, an denen eine Überschreitung möglich ist. Die Richtwerte der WHO liegen damit deutlich unter den rechtswirksamen EU- Grenzwerten. Zusätzlich wird auch ein Immissions-Grenzwert für die Anzahl der Partikel PN diskutiert, ohne dass dafür ein Grenzwert definiert ist. Im Gegensatz dazu sind auf der Emissionsseite sowohl die Masse PM wie auch die Anzahl PN mit einem Grenzwert 173 <?page no="182"?> geregelt. Dabei ist der Anzahlgrenzwert etwa 15 Mal schärfer verglichen mit dem massebezogenen PM-Grenzwert. Die Forschungsvereinigung FAT des VDA hat daher ein Projekt durchgeführt mit dem Ziel die reale Exposition und den Beitrag des Straßenverkehrs an der Partikelanzahl zu quantifizieren, siehe Bild 14. Dabei wurde die erwartete Verringerung der Partikelanzahl in der Umgebungsluft durch die Einführung der Dieselfiltertechnologie modelliert. Berücksichtigt wurde auch eine Quantifizierung des Beitrags von Direkteinspritz-Ottomotoren, wie auch die Abnahme der Partikelzahl mit der Entfernung von der Quelle. Zur Modellierung der Luftqualität am Straßenrand wurde das AVISO-Chemie-Box Modell verwendet und die Partikeldynamik am Auspuff wurde mit dem EURAD-MADE-Modell ermittelt, siehe Bild 15 Die Modellrechnungen wurden nicht für eine konkrete Straße, sondern für eine „typische“ hochbelastete Hauptverkehrsstraße (Straßenschlucht) in Deutschland durchgeführt. Diese ist hinsichtlich des Verkehrsaufkommens, der Flottenzusammensetzung und der Straßengeometrie an die Corneliusstraße in Düsseldorf angelehnt, siehe Bild 17. PN aus dem städtischen Hintergrund wird vom Wind in die Straßenschlucht transportiert und daher als Eingangsparameter für das Modell benötigt (Stundenwerte der Konzentrationen, vollständiges Jahr). Solche Messungen liegen für den städtischen Hintergrund in Düsseldorf nicht vor. Es wurden daher für die „typische Straße” Messungen vom Dach des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (Hintergrundstation) herangezogen, siehe auch Bild 17. Zum Vergleich mit den Modellrechnungen wurden auch PN Messungen aus der Eisenbahnstraße in Leipzig (Straßenstation) betrachtet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Verkehrsbelastung in der Eisenbahnstraße mit 11.000 Kfz pro Tag deutlich niedriger ist als in der Corneliusstraße in Düsseldorf mit 46.200 Kfz/ Tag. Für 2015 wird eine Reduktion der Anzahl der emittierten Partikel gegenüber 2010 (300 x 10 18 pro Kilometer und Jahr) auf die Hälfte prognostiziert, für 2020 auf weniger als ein Viertel und für 2025 eine Reduktion um 90% auf 20 x 10 18 pro Kilometer und Jahr. Bei der angesetzten Flottenzusammensetzung haben nach den Pkw die leichten Nutzfahrzeuge die zweithöchsten PN-Emissionen. Zusätzlich wurde ein Szenario „Elektromobilität“ modelliert, hier wurde angenommen, dass sämtliche Fahrzeuge in der Straßenschlucht elektrisch betrieben werden. Dadurch entfallen die motorbedingten Emissionen, die Partikelemissionen bleiben aufgrund von Aufwirbelung und Abrieb aber bestehen, siehe Bild 18. Die mittleren Tagesgänge der Modellrechnungen und der Messungen stimmen gut überein, siehe Bild 17. Unterschiede lassen sich durch die unterschiedlichen Verkehrsmengen in der Corneliusstraße und der Eisenbahnstraße sowie durch unterschiedliche Arbeitszeiten (früherer Sonnenaufgang und traditionell früherer Arbeitsbeginn im Osten Deutschlands) erklären. Durch Abschalten der Aerosol-Dynamik im Modell lässt sich der Anteil der sekundär im Straßenraum durch Abkühlung und Oxidation von zunächst gasförmigen Abgas- 174 <?page no="183"?> komponenten gebildeten Aerosole an PN bestimmen. Dieser ist mit 23% (Jahresmittel) nicht zu vernachlässigen. Die Reduktionen der jahresmittleren PN-Konzentrationen im Straßenraum sind deutlich geringer als die der PN-Emissionen (2025 ggü. 2010: -29%). Dies ist einerseits auf Beiträge aus dem Hintergrund und andererseits auf die sekundär im Straßenraum gebildeten Partikel zurückzuführen. Letztere entfallen im Szenario „Elektromobilität“. Hier beträgt der Rückgang gegenüber 2010 -60%, siehe auch Bild 18. Der Beitrag der direkt einspritzenden Otto Pkw zur PN-Konzentrationen in der Straßenschlucht wird für 2025 im Jahresmittel auf 4% prognostiziert. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Die Modellierung des Basis-Rechengangs liefert plausible Ergebnisse. Die PN-Emissionen in 2025 verglichen mit 2010 ergeben eine Verringerung um 90 %. Unter der Annahme, dass alle Fahrzeuge elektrisch betrieben werden liegt die Verringerung bei 98 % (die verbleibenden 2 % stammen aus Aufwirbelung und Abrieb). Die PN-Konzentrationen in der Luft verringern sich bis 2025 um 29 %, wären alle Fahrzeuge elektrisch betrieben erreichte die Verringerung 60 %. Der Beitrag von Otto-Direkteinspritz-Fahrzeugen liegt bei 4 %. Das Projekt wurde dankenswerterweise von der Forschungsvereinigung Automobiltechnik FAT finanziert, Mitglieder des Arbeitskreises AK-1 „Auto und Umwelt“ haben das Projekt initiiert und wissenschaftlich begleitet. Herr Wolfram Birmili vom Troposphäreninstitut e.V. IfT in Leipzig hat die Anzahlmessdaten der Luftqualität in Leipzig beigesteuert. Danksagung Für die kritische Durchsicht danke ich Dr. Nicola Toenges-Schuller und Dr. Christiana Schneider von der Aviso GmbH in Aachen. 175 <?page no="184"?> 13 Unbeachtete Potenziale der Emissionsminderung im realen Verkehr Joachim Sumpf Abstract Technically based emission control measures - several times aggrevated - have reached already limits without reaching the aspired goal to avoid exceedances at the road-sided measuring stations of all components. Hence more extensive legal requirements/ limits are under consideration. As an widening aspect is suggested to involve traffic technology as an affecting parameter. This idea won't be a new one, yet requiring lot of material, money and manpower, reproducing real traffic situation and measuring accompanying emission readings. From a relatively new thesis partial results are presented, dealing with the simulation of real traffic and interacting independent non deterministic cars and drivers. The influences of traffic technology, participative interferences and enforcement of local regulation on traffic flow is the core issue but contains as a side aspect the accompanying emissions and fuel consumption. The simulation is a tool providing readings for any different traffic situation. This tool provide a clue for valuable informations on the influence of a more dynamical traffic flow on emissions, fuel consumption and greenhouse gases, especially CO 2 . Kurzfassung Eigenartigerweise haben die bisher auf der Fahrzeugseite technisch durchgeführten massiven Emissionsminderungsmaßnahmen nicht zu dem gewünschten Erfolg bei der Luftreinhaltung in Städten geführt. Dies zeigt sich an den zeitweise immer noch auftretenden Überschreitungen einiger Luftqualitätsgrenzwerte. Deshalb werden immer noch weitere Verschärfungen der Emissionsgrenzwerte überlegt. Ein wirksamerer Weg zur Lösung dieses Dilemmas ist die Einbeziehung der Verkehrstechnologie. Dieser Gesichtspunkt ist an sich nicht neu, fordert er doch einen erheblichen Aufwand an Material, Finanzmittel und Arbeitskräften, um reale Verkehrsabläufe zu simulieren. In diesem Beitrag werden daher Teilergebnisse einer relativ neuen Arbeit vorgestellt, die auf einer realen aber auch frei bestimmbaren Randbedingungen für den Verkehr mit Automobilen und Nutzfahrzeugen basieren. Die Einflüsse der Verkehrstechnologie, die einbezogenen Wechselwirkungen und die Einführung von lokalen Regelungen des Verkehrsflusses sind Kernelemente. Zusätzlich werden auch die Emissionsauswirkungen und der Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch behandelt. Die Simulation ist ein geeignetes Mittel zur Dokumentation für jede Verkehrssituation. Mit den Ergebnissen verschiedener Szenarien ergibt sich ein Schlüssel zur Beeinflussung eines dynamischeren Verkehrsflusses mit positiven Auswirkungen auf Verbrauch und Abgasemissionen. 176 <?page no="185"?> Einleitung - Der verkehrstechnische Aspekt Das Thema Abgasemissionen und die begrenzten Potenziale für weitere Absenkungen wurde in den mehreren Beiträgen bereits dargelegt. Auch die Grenzwertüberschreitungen an Tagen mit ungünstigen meteorologischen Verhältnissen bei einigen Komponenten an den Verkehrs-Messstationen wurden bereits erläutert. Sicherlich liegen Erklärungen auf der Hand - wie der Beitrag anderer Emissionsquellen oder besondere lokale Strömungsverhältnisse der Umgebungsluft. Doch diese Erklärungen lösen nicht das Problem und in der Öffentlichkeit bleibt der Eindruck, dass zu wenig getan wird, was dazu führt, dass in den Medien nach wie vor Alarm geschlagen wird. Teilweise wird vermutet, dass die Fahrzeuge in der Realität mehr emittieren als in der Typprüfung angegeben. Zu prüfen wäre, ob der reale Fahrbetrieb als Resultat von Verkehrsdichte und lokalen Regelungen und damit auch Emotionen der Fahrer sich nicht ausreichend in den Fahrzyklen zur offiziellen Ermittlung der Abgasemissionen abbilden. Hier wäre gegebenenfalls die Verkehrstechnik gefragt. Dieser Gedanke ist natürlich nicht neu, doch standen bisher nur Erfahrungswerte für Standardsituationen im Verkehr zur Verfügung. [1][2] Welchen Zusatznutzen kann an solcher Stelle ein Verkehrstechniker bringen? Nun, zu technischen Lösungen kann er wahrscheinlich wenig beitragen, doch Umweltfragen lassen sich selten von Verkehrsfragen trennen [3]. Die Vorteile einer Umsetzung der verschiedenen technischen Maßnahmen in die Realität sind ableitbar als umgekehrte Fragestellung der simulationsgestützten Methode zur Ermittlung der Wirkung partizipativer Maßnahmen auf den lokalen Verkehr [4]. Diese behandelt zwar schwerpunktmäßig die Aufgabe, Methoden darzustellen, um die Folgen von Eingriffen in den Verkehrsfluss und -durchsatz zu ermitteln und dabei auch die Umweltauswirkungen zu betrachten. Die im Folgenden vorgestellten Ergebnisse sind Teil der Validierung im Sinne der Anwendbarkeit eines Simulators für diese Zwecke. Die Verlässlichkeit der berechneten Daten an sich wurde schon früher festgestellt [11]. Ein wichtiger Aspekt dieser Methode war auch diese Ergebnisse breit zu kommunizieren und vor allem die Deutungshoheit über diese zu behalten. Mit diesem Paradigma sollen im Folgenden zunächst die einfachen Grundannahmen zum Emissionsthema kurz beschrieben und daraus die Verzahnung von Umwelt und Verkehr auch für die öffentliche Wahrnehmung gestützt werden [5]. Dieses geschieht aus Sicht eines Verkehrstechnikers und daran sind die späteren Schlussfolgerungen zu messen. Vereinfachte Sicht auf die Emissionsthematik Die Motorentechnik hat in den vergangenen Jahrzehnten große Reduktionspotenziale bei den Emissionen von Verbrennungsmotoren umgesetzt. Eine solche Entwicklung kann jedoch nicht ad infinitum fortgesetzt werden, da sich die Werte asymptotisch einem technischen Minimum nähern werden. Auf der anderen Seite zeigen straßennahe Messstationen, dass es im Verkehr offensichtlich noch andere Potenziale geben muss. Es wird daher überlegt, diese durch verschärfte Zulassungsvorschriften zu nutzen [6]. Angesichts des erreichten technischen Standes ist es daher notwendig, auch die Öffentlichkeit und die politischen Entscheidungsträger zu überzeugen, dass die Erwartungen für zukünftige Reduktionen durch Zulassungsregeln überdacht werden 177 <?page no="186"?> müssen. Das Problem besteht darin, dass sich aus den geringen spezifischen Emissionen durch Multiplikation mit der Fahrleistung oder dem Kraftstoffdurchsatz über einen längeren Zeitraum ein Teil des ökologischen Fußabdrucks jedes Fahrzeugnutzers oder z.B. des gesamten Pkw-Verkehrs errechnen lässt. So erreicht man es, für Bürger und Politiker (oder NGO´s) vorstellbare Daten zu präsentieren. Der ökologische Fußabdruck oder wie man es auch nennt, findet nicht so viel öffentliche Beachtung, kommt dieser doch akademisch zustande oder basiert auf Prüfstandwerten. Verweist man die Bürger allerdings analog dazu auf die offensichtliche Abweichung zwischen Normverbrauch und realem Kraftstoffdurchsatz, zu der jeder Erfahrungswerte beitragen kann, lassen sich in den Medien viele der Aussagen zu geringen weiteren Reduktionspotenzialen in Frage stellen. Umgekehrt ist es auch wenig hilfreich, wenn Klagen über Mehrverbräuche von bis zu einem Drittel gegenüber den angegebenen Werten zurückgewiesen werden, deren Fahrverhalten kritisiert wird mit dem Rat einen Kurs zum ökonomischen Fahren zu absolvieren, wenngleich darin ein Potenzial liegt. Ein entsprechendes Verhalten über neue oder verschärfte Verkehrsregeln erzwingen zu wollen, erzielt oft die gegenteilige Wirkung. [3][4][7] [8] Die Emissions- und Verbrauchsangaben basieren auf normierten Fahrzyklen, mit denen versucht wird, realistische und repräsentative Fahrweisen nachzubilden und eine Vergleichsgrundlage für alle Fahrzeuge zu gewährleisten. Die normierten Rahmenbedingungen für die Versuche tragen zu einem günstigen Verbrauch bei. Dass dabei mit geübten Testpersonen oder Automaten niedrigere Werte erzielt werden ist naheliegend. Doch daraus kann keine Täuschungsabsicht seitens der Hersteller abgeleitet werden, da die Unterschiede zum realen Verkehr in den Testberichten der Motorpresse aufgezeigt werden. Was nämlich die Fahrzyklen nicht abbilden können, sind die realen Bedingungen der Infrastruktur. Schlechte Fahrbahnoberflächen erhöhen massiv die Fahrwiderstände und schalten dem sonst flüssigen Verkehrsablauf eine dynamische Komponente in Form von Geschwindigkeitsänderungen und Ausweichbewegungen bei Fahrbahnschäden auf, der sich ggf. als Störung im teilgebundenen Verkehr weiträumiger bemerkbar macht. Des Weiteren gibt es durch den Rückstau bei den Investitionen in die Infrastruktur auch Kapazitätsengpässe [3]. Zum Einfluss der Infrastruktur gehören auch lokale Eingriffe in den Verkehr, oft sogar partizipativ initiiert [4]. In wie weit diese Maßnahmen im Einzelnen berechtigt sind, wird hier nicht bewertet, denn sie dienen dazu, einen Interessenausgleich zwischen vielen unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern schaffen. Dazu gehört auch, dass die Individual- und Gruppeninteressen gegeneinander abgewogen werden müssen, wie auch die Hoffnung, dass der Verkehrszuwachs verlagerbar ist oder geringer ausfallen wird und damit der Infrastrukturbedarf sinkt [9][10]. Bisher wurde bei der Entscheidung zu wenig einberechnet, dass die erwarteten Verbesserungen aus einer Maßnahme auch einen Preis haben in Form von Kraftstoffmehrverbrauch und höheren motorischen Emissionen aber auch anderen Nachteilen (z.B. Bremsenabrieb). Diese Einflussgrößen konnten wegen fehlender Berechnungsgrundlagen lange nicht ausreichend quantitativ bewertet werden und auch die Folgen eines Eingriffs nicht prognostiziert werden konnten [1] [2]. In der bereits angesprochenen Dissertation der Autors wurden diese Defizite an Hand einzelner Eingriffe auf diskreten Straßenabschnitte behandelt [4]. Das fand auf Basis 178 <?page no="187"?> eines vorhandenen Simulationsprogramms statt, das für diesen Zweck umgearbeitet wurde. Für konkrete Untersuchungen sind die darin verwendeten Fahrzeuge und Emissionsprofile für die aktuelle Fahrzeugflotte nicht mehr repräsentativ, aber die herausgearbeiteten Tendenzen sind weiter gültig. Mit dem aktuellen, deutlich erweiterten Programm ließen sich weitaus mehr Situationen simulieren, umfassendere Aussagen generieren und eine bessere optische Darstellung liefern., An Hand einiger Beispiele wird gezeigt, wo und auf welche Weise höhere Emissionen und Mehrverbrauch entstehen und welche Maßnahmen sich diesbezüglich besonders negativ auswirken, oft ohne dass ihnen ein entsprechender Vorteil, z.B. für schwächere Verkehrsteilnehmer gegenüber steht. Dieser Beitrag soll aufzuzeigen, wo und mit welchen Maßnahmen (bzw. Nichthandeln) der hohe Aufwand der Fahrzeugingenieure und der Hersteller im Emissionsbereich konterkariert wird und beispielsweise die Absenkung der Umweltbzw. Anwohnerbelastung durch neue Abgasgesetze mit schärferen Grenzwerten egalisiert oder relativiert wird. Das ist ein Punkt, der besonders angesichts der sinkenden Potenziale und dem steigenden Aufwand für weitere Reduktionen der Emissionen mehr Beachtung verdient. Nicht die Verkehrsmaßnahmen selbst, sondern deren Ausgestaltungen bestimmen im Wesentlichen die Auswirkung auf Emissionen und Verbrauch einerseits und die erwarteten Verbesserungen der lokalen Verkehrssituation andererseits. [8] Es folgt zunächst die Beschreibung des Simulators und der hinterlegten Modelle. Der Simulator Bis zum Zeitpunkt der Erstellung der Untersuchung gab es im Bereich Fahrzeug und Verkehr zwei Arten von Simulatoren. Die verkehrstechnische Version bildete den Verkehrsfluss in Verkehrsnetzen nach. Die beteiligten Fahrzeuge waren in ihren Spezifikationen sehr einfach gehalten und die Wechselbeziehungen nur begrenzt, oft deterministisch, mit dem Nachteil, dass es untereinander gelegentlich Unfälle gab. Soweit diese nicht systematisch geschahen, wurde davon ausgegangen, dass reale Fahrer die Konflikte besser lösen, die Unfälle vermeiden können und der Verkehr prinzipiell in dieser Weise abläuft. Untersucht wurde, wie bei Änderungen in einzelnen Abschnitten sich die Fahrzeuge im Netz verteilen und welche Kapazitätsänderungen auftreten. Die zweite Art von Simulatoren dient zum Ersatz vieler Prüfstandversuche. Durch die Einspeicherung verschiedener Kennlinien und Fahrprogrammen konnten Versuche im Prüfstand reproduzierbar nachgebildet werden, ohne dass die Testfahrzeuge umgerüstet werden mussten. In Abwandlung des Programms ließ sich auch das Verhalten eines Fahrers in kritischen Situationen testen, es gab aber geringe Wechselbeziehungen zu anderen Fahrzeugen. Das ist die Einrichtung, die üblicherweise als Fahrsimulator verstanden wird: Ein realer Fahrer reagiert mit den Bedienelementen eines Fahrzeugs auf Situationen aus einem Film. Der hier verwendete Simulator schließt eine wesentliche Lücke in der Verkehrssimulation. Bisher ließ man entweder eine reales Fahrzeug im Verkehr mitfahren und maß direkt die relevanten Werte oder übertrug das Fahrprofil auf einen Prüfstand mit 179 <?page no="188"?> anderen realen oder virtuellen Fahrzeugen oder aber, man filmte aus Fahrersicht und ließ einem realen Fahrer im Fahrsimulator darauf reagieren. Schwierig wird diese Methode, wenn man verschiedene Szenarien durchspielen will (unterschiedliche Verkehrsdichte, veränderte Verkehrsregelungen etc.) Die andere Art von Simulatoren ist rein rechnergestützt und betrachtete bisher nur den Verkehrsstrom als Ganzes, die beteiligten Fahrzeuge verhalten sich stöchometrisch oder statistisch-deterministisch, reagieren mangels Fahrerindividualität aber nur begrenzt aufeinander. Die beiden Gruppen (der schon länger vorhanden) Simulatoren decken die Ecken des Gesamtsystems Verkehr ab. Dieses kann man in vier Ebenen aufteilen. Zum Übergangsbereich zwischen Simulation und Verkehrsstatistik zählt die Makro-Ebene, mit der beispielsweise die Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke (DTV) bis hinunter etwa zu Halbstunden Werten bestimmt wird. Die Meso-Ebene betrachtet Fahrzeug-Pulks von der Größe, wie sie beispielsweise während einer Grünphase eine Lichtsignalanlage passieren. Hierfür wird ggfls. auch eine statistische Varianz des Verhaltens angegeben bzw. eine Differenzierung nach ihrer Zusammensetzung vorgenommen. Auf der Mikroebene wird das einzelne Fahrzeug im Zusammenspiel mit seinem Fahrer als aktives Element im Verkehrsstrom geführt. Die Sub-Mikro- Ebene liefert Daten über das Fahrzeug selbst wie z.B. über Abgasemissionen, Verbrauch, Drehzahlen oder Häufigkeit und Art der Betätigung von Bedienelementen (z.B. als Belastungsfaktoren). Der für die beschriebene Untersuchung eingesetzte Simulator namens PELOPS 1 verbindet Meso-Ebene mit der Sub-Mikro-Ebene, wobei die Neuheit in den Simulationsmöglichkeiten mit Schwerpunkt auf der Mikro-Ebene ihrer Modelltiefe liegt. Das dient dem Zweck, Fahrversuche mit definiertem Verhalten, mit Fahrprogramm und mit verschiedenen technischen Veränderungen darzustellen. In der vorgenommenen geringen Modifikation erlaubt das Simulationsprogramm eine Fahrer - Fahrzeugpopulation und in ihrer Zusammensetzung individuell zu wählen. Für die Fahrzeuge können Maße, Gewichte und mögliche Dynamik bzw. Fahrprofil (Lieferverkehr, Busse) jeder einzelnen Versuchsgröße gewählt werden und für jeden ihrer Fahrer deren Temperament, Sicherheitsbedürfnis und Bediencharakteristik [11][12]. Konflikte zwischen Fahrzeugen müssen gelöst werden, sonst erfolgt eine Unfallmeldung und Abbruch des Simulationslaufes. Das Verhalten der Fahrer- Fahrzeugkombination ist nicht deterministisch, sondern erfolgt situationsbezogen [13]. Einige Fahrzeuge sind auch mit den wesentlichen Kennlinien für Momentanverbrauch, zugehörigen Emissionen und Getriebekennlinie realer Fahrzeuge abgespeichert. Sie fahren im Verkehrsstrom mit. Diese Daten können in feinen, diskreten Schritten abgerufen werden. Diese Versuche können durch seinerzeitige Begrenzungen des Programms nur auf einzelnen Straßenabschnitten in einer Richtung durchgeführt werden. Diese konnten mit den üblichen Störungen des laminaren Verkehrsfluss in Kombination und individueller Gestaltung versehen werden 2 . Die Szenarien beinhalten Verengungen des Fahrbahnprofils, eine Schwelle, lokale Geschwindigkeitsbegrenzungen (Tempo 30), Fußgängerüberwege, Lichtsignalanlagen und Bushaltestellen mit Bucht oder Halt auf der Fahrbahn sowie PELOPS Programmsystem zur Entwicklung Längsdynamischer mikrOskopischer VerkehrsProzesse in Systemrelevanter Umgebung 2 Genauere Beschreibung des eingesetzten Simulators, siehe. [4] Kap. 3.6 u. 3.7, S 31ff. 180 <?page no="189"?> Kombinationen dieser Maßnahmen. Betrachtet und ausgewertet wurde der Zulaufbereich vor den Eingriffen, in dem sich der Verkehr anpasst und gegebenenfalls staut bis zum Ablaufbereich dahinter, wo sich der Verkehrsverlauf wieder normalisiert und die Pulks sich entmischen. Der Referenzwert 100% bezieht sich jeweils auf freien, ungehinderten Verkehr und nicht auf den NEFZ (Neuen Europafahrzyklus) oder die Werte aus den Zulassungsunterlagen. Es wäre zwar mit einigem Aufwand möglich gewesen, diesen Zyklus einigen Fahrzeugen und ihren Fahrern aufzuschalten, doch das wäre gedanklich konträr zum Ziel der Untersuchung gewesen 3 . Darin soll festgestellt werden, wie einzelne Fahrzeuge auf Eingriffe reagieren und wie sich durch deren Wechselwirkung der Verkehrsfluss ändert. Je nach Position eines Fahrzeugs im Verkehrsstrom ergeben sich eigene Verbrauchs- und Emissionswerte. Durch den Versuch, die Realfahrzeuge (also jene, die diese Daten liefern) gleichmäßig über den Messzyklus zu verteilen, lassen sich kumulierte Werte bilden. D.h. ein Fahrzeug kann zügig den Bereich durchfahren haben, ein anderes kann stark behindert worden sein. Bei mehreren Durchläufen bei verschiedenen Verkehrsstärken wurden die Daten kumuliert, um eine Zufallskomponente gering zu halten und weitgehend eine statistische Signifikanz der Ergebnisse zu erhalten. Da die Untersuchung in die Breite, nicht in die Tiefe erfolgte, gab es eine Streuung bei den kumulierten Einzelwerten, wie gut aus den Bildern erkennbar wird. Durch die Regression der Werte aus den Messreihen ergaben sich Kurven, die plausibel zu erläutern sind. Es war nicht Ziel exakte Zahlen für ganz konkrete Verkehrssituationen bzw. Folgen von Eingriffen zu liefern, sondern zunächst mit Beispielen darzulegen, dass eben diese Möglichkeiten der Verkehrssimulation für eine große Breite von Fragestellung und für konkrete Verkehrsmaßnahmen mit ihren Konsequenzen bestehen. Es soll ein Werkzeug sein, dass Entscheidern - und hier ist auch die Bürgerbeteiligung ausdrücklich eingeschlossen - sehen können, was bei einigen Ausführungen „angerichtet“ werden kann. In Bezug auf Emissionen und im Zusammenhang mit den in diesem Buch thematisierten Emissionen soll es als Memento vor allem an jene verstanden sein, deren „Business Case“ es ist, für weitere Absenkungen der Emissionen einzutreten, verbunden mit der Frage, ob dazu die Vertreter der Fahrzeugtechnik weiterhin die Hauptansprechpartner sein sollten. 3 Dieser wurde unter Anderem zur Kalibrierung des Programms verwendet 181 <?page no="190"?> 0% 100% 200% 300% 400% 500% 600% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% NOx CO HC Verbrauch NOx 30 CO 30 HC 30 Verbrauch 30 V/ V frei [%] NOx CO HC Verbrauch (Referenz: Geschwindigkeit ohne LSA =100%, Trendlinien verbinden Werte bei Beschränkung auf 50 km/ h) Bild 1: Verbrauch und Emissionen als Funktion der mittleren Geschwindigkeit Im Bild 1 wurde die Relation zwischen Kraftstoffverbrauch und der möglichen Fahrgeschwindigkeit dargestellt. Die Behinderungen entstanden durch zunehmende Verkehrsdichte. Sie wurden bei 50km/ h auf Hauptverkehrsstraßen innerorts ermittelt, ähneln aber denen, die auf Schnellstraßen sich darstellten [14]. Am Beispiel der Verkehrsregelung durch Lichtsignalanlagen wurden 21 verschiedene Verkehrsszenarien simuliert, die allgemein in der Reihenfolge als Verschärfung der Regelungsdichte verstanden werden (Szenario 1 ist der Referenzfall ungeregelter Verkehr). Eine genaue Beschreibung, welche Eingriffe sich dahinter verbergen und welche Überlegungen dazu führten, diese Konfigurationen auszuwählen, ist bei [4] S. 62 bis S. 86 zu finden. 182 <?page no="191"?> 0% 100% 200% 300% 400% 500% 600% 40% 60% 80% 100% 120% 140% 160% 180% NOx CO HC Verbrauch Nox 30 CO30 HC30 Verbrauch 30 Auslastung (Q zufluss / C) NO x CO HC Verbrauch Bild 2: Verbrauch und Emissionen als Funktion der Verkehrsdichte Da die Ergebnisse unter unterschiedlichen Gesichtspunkten ausgewertet wurden und es nicht eindeutig festlegbar war, welcher Eingriff als gravierender für Verkehrsablauf, Emissionen oder Sicherheit zu werten ist und diese Feststellung auch mit der Verkehrsdichte variieren kann, bildet sich in den einzelnen Bildern die Reihenfolge nur tendenziell ab. In den folgenden Bildern sind zugunsten der Übersichtlichkeit als Beispiele nur die Szenarien bei koordinierten Lichtsignalanlagen (sog. Grüne Welle) dargestellt. Bei den höheren Versionen der Szenarien sind Störelemente, wie z.B. eine Bedarfssteuerung für Fußgänger dazwischen ergänzt. Abschließend werden die Szenarien kumuliert gegenübergestellt und dabei auch der durchschnittlich erreichte Verkehrsfluss aufgezeigt. Das heißt, es wird die Verkehrsstärke im Zufluss mit dem Grenzwert für die passierenden Fahrzeugen an der Lichtsignalanlage verglichen [15] [16][17][18]. Bei den Bildern 3, 4 und 5 wurde die Zuflussmenge der Fahrzeuge auf der Abszisse aufgetragen, die Übersichtsbilder 6 und 7 beziehen sich auf den maximalen Verkehrsdurchsatz. Der Grund für die unterschiedlichen Skalen erklärt sich selbst aus den Zielstellungen der Darstellung. 183 <?page no="192"?> 0% 50% 100% 150% 200% 250% 300% 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 Szenario10 Szenario11 Szenario12 Szenario13 Szenario14 Szenario15 Szenario16 Szenario17 Szenario18 Szenario19 Szenario20 Szenario21 Q zufluss [Fzge/ h] Referenz: Szenario1=100% 19 21 20 18 14 16 13 15 17 10 12 11 Kraftstoffverbrauch Bild 3: Kraftstoffverbrauch über Verkehrsstärke verschiedener Szenarien, mit einer koordinierten Lichtsignalanlage LSA 0% 50% 100% 150% 200% 250% 300% 350% 400% 450% 500% 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 Szenario 10 Szenario 11 Szenario 12 Szenario 13 Szenario 14 Szenario 15 Szenario 16 Szenario 17 Szenario 18 Szenario 19 Szenario 20 Szenario 21 Q NOx Bild 4: Stickstoffoxid-Emissionen über Verkehrsstärke, koordinierte Lichtsignalanlagen 184 <?page no="193"?> 0% 50% 100% 150% 200% 250% 300% 350% 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Potenziell (10) Potenziell (12) Potenziell (13) Potenziell (14) Potenziell (15) Potenziell (16) Potenziell (17) Potenziell (18) Potenziell (19) Potenziell (20) Potenziell (21) Q HC Referenz: Szenario 1 = 100% Bild 5: Kohlenwasserstoff-Emissionen über Verkehrsstärke mit einer koordinierten Lichtsignalanlage 0% 50% 100% 150% 200% 250% 300% 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1 2 3 4 5 6 7 8 10 9 11 12 13 14 15 16 1 18 19 20 21 Q geringe Verkehrsregelungsdichte hohe Verkehrsregelungsdichte Kumulierte Emissionswerte Bild 6: Kumulierte Emissionswerte je Szenario, unbehinderte Fahrt entspricht 100% 185 <?page no="194"?> Lediglich als Orientierungshilfe und ohne Bezug auf bestehende Fahrzyklen wurde in den Bildern 6 und 7 eine Gerade aus dem Koordinatenursprung eingezeichnet, die eine normale Verkehrssituation beschreibt. Das heißt Busverkehr und Lichtsignalanlagen sind als Teil des realen Stadtverkehrs zu betrachten, gelten als normaler Zustand, werden vom NEFZ abgedeckt während, im zugrunde gelegten Referenzfall diese Faktoren nicht enthalten sind (Schnellstraße). 0% 50% 100% 150% 200% 250% 300% 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1 2 3 4 5 6 7 8 10 9 11 12 13 14 15 16 1 18 19 20 21 Q hohe Verkehrsregelungsdichte niedrig Verkehrsregelungsdichte Kumulierte Verbrauchswerte Bild 7: Kumulierte Verbrauchswerte je Szenario, unbehinderte Fahrt entspricht 100% Viele weitere Eingriffe in den Straßenverkehr wurden weitgehend unter verkehrstechnischen Kennzahlen betrachtet. Ein zweites reales Beispiel, das im Hinblick auf Emissionen und Kraftstoffverbrauch näher betrachtet wurde, waren Busse im fließenden Verkehr mit anderen Fahrzeugen [19]. Busse üben bereits ohne Halte durch ihre vom Pkw-Verkehr abweichende Dynamik erkennbaren Einfluss auf den fließenden Verkehr aus [20]. Dieser wächst durch das Ein- und Ausscheren aus Busbuchten und wird noch deutlich verstärkt durch das auch politisch geförderte Halten auf durchgehenden Fahrstreifen (sog. Buskaps) [21]. Auch die Reihenfolge bei wechselnder Anordnung scheint eine Rolle zu spielen. Wichtige Beiträge der Fahrzeugtechnik aus den letzten Jahren, die auch aufgrund der durch die verschlechterten Verkehrssituation vermehrt auftretenden ungünstigen Betriebszustände der Fahrzeuge umgesetzt wurden, sind hier wegen den hier verwendeten Daten älterer Fahrzeuge noch nicht abbildet. Dazu gehören z.B. die Start-Stop-Anlagen, die Leerlaufmissionen bei Fahrzeug-/ Verkehrsstillstand vermeiden. Der zweite Beitrag ist die Hybridisierung, das heißt der elektrische Betrieb in emissionskritischen Betriebszuständen, wodurch die Einflüsse von Verkehrsstörungen berücksichtigt werden. Dadurch können die dargestellten Emissions- und 186 <?page no="195"?> Verbrauchswerte bei gestörtem Verkehrsfluss höher liegen, als bei aktuellen Fahrzeugen. Ziel war aber den Einfluss des Verkehrsablaufs zu zeigen. Die angeführten Tendenzen weisen das nach, selbst wenn die absolute Abweichung von dem Referenzwert mit heutiger Technologie etwas überzeichnet ist. 0% 50% 100% 150% 200% 250% 300% 350% 400% 300 450 600 750 900 1050 1200 2 Busstops 2 Busstops Typ 2 Busbucht/ Busstop Busbucht/ Busstop Typ 2 2 Busbuchten Busdurchfahrt Busdurchfahrt Typ 2 Emissionen HC+NO x Q zufluss [Fzge/ h] 2 Busstops 2 Busstops Typ 2 Busdurchfahrt Typ 2 Busdurchfahrt Busbuchten Busbucht/ Busstop Typ 2 Busbucht/ Busstop (Bezugsgröße: Strecke ohne Bushalt und ohne Lichtsignalanlagen = 100%) Bild 8: Einfluss verschiedener Haltestellentypen auf die Abgasemissionen 187 <?page no="196"?> 0 1 2 3 4 5 6 N0x+HC 1 Fahrstreifen+LSA N0x+ HC 2 Fahrstreifen+LSA N0x+HC 1 Fahrstreifen Freie Fahrt 2 Bushaltebuchten Busdurchfahrt Bushaltebucht +Haltestellenkap 2 Haltestellenkaps Emissionen [g/ km] Trendlinie NOx+HC 1 Fahrstreifen+LSA Trendlinie NOx+HC 2 Trendlinie NOx+HC 1 Szenarien Bild 9: Emissionsvergleich für verschiedene Haltestellentypen und Straßenauslegungen Bei dem Busverkehr und der Gestaltung seiner Haltestellen ist zu beachten, dass eine stärkere Behinderung des Pkw-Verkehrs deutlich über das Maß hinaus, bei dem die Verkehrsleistung der Busse hypothetisch von Pkw inklusive Taxi erbracht würde, den ökologischen Vorteil des ÖPNV in diesem Bereich kompensieren. Schlussbetrachtung und verkehrliche Maßnahmen zur Emissionsreduzierung Defizite bei der Infrastruktur und alle Maßnahmen, die den Verkehrsfluss beeinträchtigen, zeigen sich an den Luftqualitätsmessstationen. Das Bewusstsein für diese Problematik ist vor allem in der Politik zu wenig ausgeprägt, erlebt man vor allem Pkw doch als höchst anpassungsfähig für Geschwindigkeitsänderungen durch verschiedenste Vorgaben und Bedingungen. Dass damit zwangsläufig ungünstigere Betriebsbedingungen für die Motoren auftreten, was sich in Abgasemissionen, Verbrauch und CO 2 ablesen lässt, muss begleitend kommuniziert werden. Um welche Größenordnungen es dabei lokal handelt, haben die vorangegangenen beispielhaften Szenarien gezeigt. Es sollte der Politik deutlich gemacht werden, dass die Fahrzeugtechnik nur mehr einen begrenzten Beitrag für ein weiteres Verbessern der Luftqualität im Straßenraum erbringen kann und die Verpflichtung zum Handeln zu den Verkehrsbehörden übergehen muss. Das bedeutet, dass eine Verflüssigung des Verkehrs einen großen Beitrag leisten kann. Dabei sind auch die Maßnahmen der Verkehrssteuerung, -verdrängung und die lokalen Maßnahmen auf ihre Emissionsrelevanz zu prüfen. Konkret heißt das z.B., die Schaltung der Lichtzeichen- 188 <?page no="197"?> anlagen zu optimieren, Eingriffe zur lokalen oder punktuellen Geschwindigkeitsabsenkung sparsam einzusetzen und Bushaltestellen auf stark befahrenen Straßen zu vermeiden oder zumindest dort Bushaltestellen einzurichten. Des Weiteren sind Rahmenbedingungen zu schaffen, die vor allem in Verdichtungsräumen weniger verkehrsfördernd sind, denn auch die Strukturpolitik kann einen großen Beitrag leisten. [9] Hierbei handelt es sich um eine Neuausrichtung der Ansiedlungs- und Strukturförderung, wie auch eine konsequente städtische Strukturplanung im Einklang mit der vorhandenen oder künftigen Verkehrsinfrastruktur. Literatur [1] W. Knörr, Ch. 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Sachverständigengutachten Umwelt und Straße, Bonn 08.03.1994 [6] Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU), Sachverständigengutachten Umwelt und Straße, Kapitel 9, Verkehr, Vorabdruck, Berlin 5/ 2005 [7] Umweltbundesamt, „Erfahrungen mit Tempo 30“, Rechtliche Vorgaben S. 19- 22; Straßenraum S. 33-44; Maßnahmen u. 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Weilkes, RWTH Aachen, ”Investigation of Intelligent Traffic Systems by Means of Simulation” Kap. 2 und 3, 4 th World Congress on Intelligent Transport Systems, Berlin, 21.-24. Oktober 1997 [12] Dirk Ehmanns, „Modellierung des taktischen Fahrerverhaltens bei Spurwechselvorgängen“, Schriftenreihe Automobiltechnik, Bestell - Nr. 6303, Institut für Kraftfahrwesen, Aachen 2005 [13] Dirk Neunzig, Ahmed Benmimoum, (ika) Peter Krüger, Christian Maag, (IZVW) , „Effizienzsteigerung durch professionelles/ partnerschaftliches Verhalten“, S.101-169, Forschungsgemeinschaft Automobiltechnik (FAT), Heft Nr. 181, Frankfurt/ M 2003 [14] Transportation Research Board, “Highway Capacity Manual”, Special Report 209, Kapitel 3, S. 7-15, National Research Council, Washington D.C. 1994 [15] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), „Richtlinie für die Ausgestaltung von Lichtsignalanlagen (RiLSA)“, Ausgabe 1992, FGSV- Verlag Köln, 1992. [16] Bernhard Friedrich, Universität Hannover, “Verkehrs-adaptive Steuerung von Lichtsignalanlagen”, Veröffentlichungen des Fachgebiets Verkehrstechnik und Verkehrsplanung der TU München, S. 69 - 102, München 2002 [17] Ning Wu, Ruhr Universität Bochum, Rückstaulänge an Lichtsignalanlagen unter verschiedenen Verkehrsbedingungen, Zeitschrift Straßenverkehrstechnik Ausgabe 5/ 96, S. 226 - 234, Kirschbaum Verlag, Bonn, 1996 [18] Michael Schreckenberg, Universität Duisburg-Essen, „Das Geheimnis der grünen Welle“, Süddeutsche Zeitung, 17.06.2003, Querverweis auf Physical Review E, Band 67, 2003, Paper 56124 [19] I. Birk, O. Kampschulte, H. Luda, Studiengesellschaft. Nahverkehr mbH, „Linienbusse im Stadtverkehr“, Kap. 1 und 2, S. 7 - 20, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft V10, Berg. Gladbach 1993 [20] Hartmut Topp, M. Maag, Ch. Hupfer, Universität Kaiserslautern: “Haltestellenformen an innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen“, S. 7 - 24, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft V12, Berg. Gladbach 1994 [21] H. Sedlmayer, S. Snizek, “Einsatzkriterien für ÖPNV-Bevorrangungsmaßnahmen auf Hauptverkehrsstraßen” Zeitschrift Straßenverkehrstechnik 9/ 2000, S. 441-447, Kirschbaum Verlag, Bonn 190 <?page no="199"?> 14 Wirkung ausgewählter Abgaskomponenten Norbert Metz Abstract Health effects and criteria for high concentrations of the exhaust gas components CO, NOx, PM 10 , Benzene, B(a)P, and for secondary formed NO 2 and O 3 are described. Kurzfassung Für die Abgaskomponenten CO, NOx, PM 10 , Benzol, B(a)P, und die sekundär gebildeten Verbindungen NO 2 und Ozon werden Wirkungskriterien und die Folgen bei hochdosierten Konzentrationen aufgezeigt. Kohlenmonoxid CO Kohlenmonoxid CO ist farblos, geruchslos und geschmackslos. Es erhöht den Hämoglobin-Spiegel auf und behindert dadurch den Sauerstofftransport und außerdem die Sauerstoffabgabe an Organe und Körpergewebe. Organe mit hohem Sauerstoffbedarf, wie Herz und Gehirn, können dadurch in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Akute Wirkungen bei hohen CO-Konzentrationen sind die Beeinträchtigung der Psychomotorik und Reaktionsfähigkeit, Kopfschmerz, Unwohlsein, Leistungsschwäche, Bewusstseinseinschränkungen, Kreislaufkollaps sowie Lähmungen bis hin zum Erstickungstod. Tabelle 1: Symptome bei verschiedenen Carboxihämoglobinspiegeln im Blut 10% CO-Hb: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit, EKG: ST-Senkung 20% CO-Hb: Beeinträchtigung des Urteilsvermögens, Gesichtsfeldeinengung 30% CO-Hb: Beginnende Bewusstseinsstörung, flache Atmung 40% CO-Hb: Kreislaufkollaps, Lungenödem 60% CO-Hb: Muskelkrämpfe, Koma, Atemstillstand, Tod Spätschäden nach CO-Vergiftungen können z. B. in Form von Hautschäden, Nierenversagen sowie neuropsychiatrischen Störungen auftreten. Längere Belastungen durch CO-Einwirkungen in geringeren Konzentrationen betreffen können sich auf die Funktionen des Zentralnervensystems und des Herz-Kreislauf-Systems auswirken. Herzkranke mit Verengung der Herzkranzgefäße, Kinder, Schwangere und älteren Menschen zählen zu den empfindlichen Personengruppen. 191 <?page no="200"?> Carboxihämoglobinspiegel CO-Hb in % Expositionszeit in Stunden Bild 1: Zusammenhang zwischen CO-Konzentration (Werte auf den Kurven), Expositionsdauer, Arbeitsbelastungsintensität und Carboxihämoglobin-Spiegel im Blut Bewertungsmaßstäbe Für Kohlenmonoxid existiert kein Immissionswert nach TA Luft. Zur Bewertung von CO-Immissionen können die immissionsbegrenzenden Werte des Bund/ Länder- Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz von 10 mg/ m 3 (8-Stunden-Mittel) und 30 mg/ m 3 (Halbstundenmittel) verwendet werden. Der LAI-Orientierungswert für Kohlenmonoxid als 8-Stunden-Mittelwert basiert auf dem entsprechenden Grenzwert der 2. Tochterrichtlinie der EU "Richtlinie 2000/ 69/ EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 über Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft". Diese Richtlinie wurde mittlerweile in die Richtlinie 2008/ 50/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa überführt. Berufliche Gefährdungsschwerpunkte Autowerkstätten, Garagen, Autotunnels, Tiefgaragen bei defekter Belüftung, Kohleverarbeitung, Erzverhüttung, Brandbekämpfung (Feuerwehr), Feuerung Schornsteinbau, Heizungs-, Ofen- und Gasinstallation Referenz- und Grenzwerte • AGW bzw. MAK-Wert: 35 mg/ m³ bzw. 30 ml/ m³(ppm) • Spitzenbegrenzung: 1(II) • BGW bzw. BAT-Wert: 5% CO-Hb (Probenahmezeitpunkt: Expositionsbzw. Schichtende) 192 <?page no="201"?> • Normgrenze (Nichtraucher, Normalbevölkerung): <1% CO-Hb (in Einzelfällen bis 5%) • Confounder: Rauchen (5-10% CO-Hb, in Einzelfällen > 10%) • Dichlormethanbelastung (Biotransformation zu CO) Risikogruppen • Schwangere: R E 1 - beim Menschen bekanntermaßen fruchtschädigend (ent wicklungsschädigend). Das Risiko kann auch bei Einhaltung des AGW und des BGW bzw. MAK- und des BAT-Wertes nicht ausgeschlossen werden. • Vermutlich bei kardio-pulmonalen Erkrankungen • Neurologisch-psychiatrische Patienten Stickstoffoxide NOx und insbesondere NO 2 Die Gruppe der Stickstoffoxide setzt sich im Wesentlichen aus Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 zusammen. NO ist im Verhältnis zu NO 2 unkritisch - ein früher aufgestellter Richtwert ist fallen gelassen worden - aber da sich NO nach dem Austreten in die Umgebungsluft innerhalb weniger Minuten in NO 2 umwandelt gilt die Aufmerksamkeit dem sekundärgebildeten NO 2 . Als Reizgas mit stechend-stickigem Geruch wird NO 2 bereits in geringen Konzentrationen wahrgenommen. Die Inhalation ist der einzig relevante Aufnahmeweg. Die relativ geringe Wasserlöslichkeit des NO 2 bedingt, dass NO 2 nicht in den oberen Atemwegen gebunden wird, sondern auch in tiefere Bereiche des Atemtrakts über die Bronchiolen bis in die Alveolen eindringt. Wirkungen im Atemtrakt bei niedrigeren Konzentrationen sind u. a. durch eine Erhöhung des Atemwegswiderstandes, Lungenfunktionsänderungen, Beeinträchtigung der Infektionsabwehr und morphologische Schädigungen der Lunge gekennzeichnet. Nach einer chronischen Belastung können fibrotische Veränderungen (krankhafte Vermehrungen des Bindegewebes) sowie die Ausbildung eines Emphysems auftreten. Bild 2: Wirkung bei chronischer Bronchitis auf die obere Bronchialschleimhaut 193 <?page no="202"?> Für Stickstoffdioxid kann nach aktuellem Kenntnisstand kein Schwellenwert benannt werden, bei dessen Unterschreiten langfristige Wirkungen von NO 2 auf den Menschen ausgeschlossen werden können. Für besonders empfindliche Personen scheint die Wirkungsschwelle sehr tief zu liegen. Die Erkenntnisse zu den Kurz- und Langzeitwirkungen von Stickstoffdioxid wurden anhand von Tierversuchen, human-experimentellen Untersuchungen, wie Kammerexperimenten und epidemiologischen Studien gewonnen. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Hinsichtlich der Kurzzeitwirkungen zeigten verschiedenen Studien, dass eine Erhöhung der NO 2 -Exposition assoziiert ist mit einer Zunahme der Gesamtsterblichkeit (alle Todesursachen), der Herz-Kreislauf-bedingten Sterblichkeit, der Krankenhausaufnahmen und Notfall-Konsultationen aufgrund von Atemwegserkrankungen und Asthma sowie der Krankenhausaufnahmen aufgrund chronischer Bronchitis ermittelt werden. Zu den Langzeitwirkungen liegen nur wenige epidemiologische Untersuchungen vor. In den wenigen Studien konnte aber bei Zunahme der langjährigen NO 2 -Exposition eine Zunahme der Sterblichkeit (alle Todesursachen, Herz- und Atemwegserkrankungen, Lungenkrebs) sowie eine Zunahme der Häufigkeit von Lungenkrebs erkrankungen, chronischen Atemwegsbeschwerden bei Erwachsenen, Hustenepisoden und Bronchitis mit Lungenfunktionsverschlechterungen bei Schulkindern, chronischer Bronchitis bei Kindern mit diagnostiziertem Asthma festgestellt werden. Es liegen allerdings auch Kurz- und Langzeitstudien vor, in denen kein Zusammenhang zwischen der NO 2 -Exposition und der Sterblichkeit und der Erkrankungshäufigkeit ermittelt wurde. In der Richtlinie VDI 2310 Blatt 12 „Maximale Immissionswerte zum Schutz des Menschen; Maximale Immissions-Konzentrationen für Stickstoffdioxid“ wird zur Beurteilung der kurzfristigen Wirkungen von NO 2 auf den Menschen für Wohngebiete, die im Allgemeinen repräsentativ für die Belastungssituation der Bevölkerung sind, ein 24-h-MIK-Wert von 50 μg NO 2 / m 3 festgelegt. Da sich, insbesondere aus epidemiologischen Studien, kein Schwellenwert für langfristige NO 2 -Wirkungen auf den Menschen ableiten lässt, wird von der Kommission Reinhaltung der Luft im VDI und DIN, unter Gesichtspunkten der gesundheitlichen Vorsorge, für langfristige Belastungen in Wohngebieten ein Jahresmittelwert in Höhe von 20 μg NO 2 / m 3 für erstrebenswert gehalten. Bewertungsmaßstäbe Zur Bewertung von Stickstoffdioxid-Immissionen im Rahmen der Genehmigung und Überwachung von Anlagen nach BImSchG stehen die Immissionswerte der TA Luft von 40 μg/ m 3 als Jahresmittel und 200 μg/ m 3 als Stundenmittel mit 18 zulässigen Überschreitungen im Jahr zur Verfügung. Die Immissionswerte der TA Luft für Stickstoffdioxid basieren auf den entsprechenden Grenzwerten der 1. Tochterrichtlinie der EU "Richtlinie 1999/ 30/ EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft". Diese wurde mittlerweile in die Richtlinie 2008/ 50/ EG des Europäischen 194 <?page no="203"?> Parlaments und des Rates vom 21.5.2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa überführt. Kohlenwasserstoffe Unter der Gruppe der Kohlenwasserstoffe sind im Abgas von Otto- und Dieselfahrzeugen mehrere einzelne Kohlenwasserstoffe enthalten, siehe Bild 3 Bild 3: Ausgewählte Kohlenwasserstoffe im Abgas von Kraftfahrzeugen Lufthygienische Bedeutung haben davon insbesondere Benzol, und aus der Untergruppe Polyzyklische Aromatische Hydrocarbons (PAH) die drei bis fünfkernigen PAH mit der Leitkomponente Benzo[a]pyren B(a)P. Benzol C 6 H 6 Wichtigster Aufnahmeweg bei der umweltbedingten Exposition gegenüber Benzol ist die Inhalation, d. h., die Aufnahme über die Atemwege. Benzol kommt in die Umgebungs-Luft und stammt überwiegend aus dem Kraftfahrzeugverkehr (Betankung, Abgase), sowie aus Feuerungsanlagen, Kokereien und Kraftstofflagern, in Innenräumen aus Tabakrauch. Zu den akuten Symptomen nach kurzfristiger Exposition gegenüber Benzol zählen u. a. Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Übelkeit, Benommenheit sowie Sehstörungen. In schweren Fällen kann es zu Bewusstlosigkeit und Tod infolge Atemlähmung kommen. Es sind zahlreiche Todesfälle nach Unfällen oder missbräuchlicher Verwendung („Schnüffeln“) von Benzol bekannt. Die chronische Toxizität zeichnet sich durch eine Reihe relativ unspezifischer Symptome, wie Müdigkeit, Schwäche, Schlaflosigkeit sowie Schwindel, Blässe, Augenflimmern und Herzklopfen bei körperlichen Anstrengungen, aus. 195 <?page no="204"?> Benzol schädigt die Blutbildung im Knochenmark und kann Leukämie (Blutkrebs) sowie andere Tumorerkrankungen erzeugen. Benzol leistet bei den derzeit in der Außenluft auftretenden Konzentrationen an Belastungsschwerpunkten einen nennenswerten Beitrag zum allgemeinen Krebsrisiko. Des Weiteren ist Benzol ein Stoff mit erbgutveränderndem Potenzial. Die Zahlen in Klammern (%) geben den Anteil der Metaboliten im Urin von Versuchstieren und Mensch an Bild 4: Pfade der Benzol-Metabolisierung nach Kouros B. und Dehnen W. Alle allgemein toxischen Wirkungen spielen sich in der Regel allerdings in einem Konzentrationsbereich ab, der für Außenluftverhältnisse irrelevant ist. Somit verbleibt für die Allgemeinbevölkerung als wesentliches gesundheitliches Risiko von Benzol die kanzerogene bzw. erbgutverändernde Wirkung. Im Handbuch für Umweltmedizin wird für das Unit Risk eine Bandbreite von 2,8 x 10 - 6 bis 30 x 10 - 6 genannt. Bewertungsmaßstäbe Im Rahmen der Genehmigung und Anlagenüberwachung nach BImSchG und TA Luft ist zur Bewertung der möglichen adversen gesundheitlichen Wirkungen nach langfristiger inhalativer Exposition gegenüber Benzol der Immissionswert der TA Luft von 5 μg/ m³ als Jahrmittel zu verwenden. Der Immissionswert der TA Luft für Benzol basiert auf dem entsprechenden Grenzwert der 2. Tochterrichtlinie der E U "Richtlinie 2000/ 69/ EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 über Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft". Diese wurde mittlerweile in die Richtlinie 2008/ 50/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa überführt. 196 <?page no="205"?> Emissionsentwicklung in Deutschland in t/ Jahr Bild 5: Entwicklung der Benzolemission in kt/ Jahr in Deutschland Infolge der deutlichen Verringerung der Benzolemission seit 1990 sinken auch die Benzol-Konzentrationen in der Umgebungsluft insbesondere an den Verkehrsmessstationen auf unkritische Werte. http: / / www.lanuv.nrw.de/ luft/ emissionen/ vorlage_benzol.htm Bild 6: Entwicklung der Benzolimmission in Deutschland in μg/ m 3 Das Landesamt in Nordrhein-Westfalen hat daher seine Messungen deutlich eingeschränkt und führt die grafische Darstellung der Jahresmittel nicht mehr fort. 197 <?page no="206"?> Polyzyklischen aromatische Kohlenwasserstoffe PAH Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen als Produkt der unvollständigen Verbrennung von organischem Material. Diese schwerflüchtigen Verbindungen finden sich vor allem in Rußen, Kokereirohgasen, Braun- und Steinkohlenteerpechen, in Auspuffgasen von Kraftfahrzeugen, Nahrungsmitteln (Räucherwaren) sowie im Zigarettenrauch. Die bei der unvollständigen Verbrennung entstehenden PAK-Gemische weisen je nach Ausgangsmaterial und Reaktionsbedingungen sehr unterschiedliche Mengenverhältnisse, die sogenannten PAK-Profile, auf. Es existieren mehrere hundert verschiedene PAK. Messtechnisch erfasst werden in aller Regel nur ausgewählte (meist 3bis 5-kernige) PAK und Benzo[a]pyren (BaP) als Stellvertreter aller PAK. Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch PAK können sowohl nach inhalativer und oraler Exposition als auch nach dermaler Exposition hervorgerufen werden. Eine wichtige Rolle bei der inhalativen PAK-Exposition spielt aktives und passives Rauchen. Die wesentliche Quelle der oralen Aufnahme ist die Nahrung. Stark erhitzte Speisen (Grillgut), aber auch Getreideprodukte (aufgrund der absoluten Menge) tragen wesentlich zur Belastung bei. Hinsichtlich der möglichen gesundheitsschädlichen Wirkungen von PAK stehen eindeutig die krebserzeugenden Wirkungen im Vordergrund. Die krebserzeugende Wirkung von einigen PAK bzw. BaP wurde in einer Vielzahl von Untersuchungen am Menschen und an Versuchstieren nachgewiesen. Schon 1775 wurde über das gehäufte Auftreten von Krebserkrankungen bei Schornsteinfegern nach Hautkontakt mit PAK berichtet. Fluoren, Fluoranthen, Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen, Pyren, Chrysen, Benzo(a)anthracen, Phenanthren, Benzopyren, Indeno(1,2,3-cd)pyren, Dibenzo(a,h,)anthracen, Benzo(g,h,i)perylen, Coronen Bild 7: Einige ausgewählte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe 198 <?page no="207"?> Einige PAK können beim Menschen nach inhalativer Aufnahme zu Lungenkrebs führen. Nach Aufnahme über die Haut kann es zu Hauttumoren kommen; auch nach oraler Aufnahme sind PAK wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen. Für den Menschen liegen hinsichtlich der kanzerogenen Wirkungen nach inhalativer Exposition vor allem Daten aus epidemiologischen Untersuchungen bei Arbeitern an Kokerei-Arbeitsplätzen vor. PAK treten hierbei immer in Gemischen auf. Es existieren daher für den Menschen zwar eine Reihe von Erkenntnissen im Zusammenhang mit unterschiedlichen PAK-Gemischen, der Kenntnisstand aus epidemiologischen Untersuchungen bezüglich des kanzerogenen Potenzials einzelner PAK ist aus methodischen Gründen aber gering. Benzo[a]pyren BaP als Leitkomponente der PAH Für einzelne PAH liegt eine Vielzahl von Erkenntnissen aus Tierversuchen vor. Die kanzerogene Wirkung von BaP als Einzelsubstanz wurde in tierexperimentellen Untersuchungen hinreichend untersucht. Die Bewertung der Kanzerogenität erfolgt daher zumeist mit Hilfe von Benzo[a]pyren (BaP) als Leitsubstanz der PAK. In der MAK- und BAT-Werte-Liste stuft die Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Pyrolyseprodukte, wie beispielsweise Kokereirohgase und Braun- und Steinkohlenteerpeche, in denen der Anteil von PAK besonders hoch ist, als krebserzeugend für den Menschen ein. Für verschiedene andere Organisationen gilt die Kanzerogenität von bestimmten PAK und insbesondere BaP als erwiesen. (MAK=Maximale Arbeitskonzentration, BAT= Biologischer-Arbeitsstoff-Toleranzwert) Die nicht-kanzerogenen chronischen gesundheitsschädlichen Effekte durch PAK sind gegenüber den kanzerogenen Wirkungen von untergeordneter Bedeutung und vergleichsweise wenig untersucht. Zu nennen sind hier vor allem lungentoxische, immuntoxische, reproduktions- und fruchtschädigende Wirkungen. Zur akuten Toxizität von PAK liegen nur wenige Informationen, zumeist aus Tierversuchen, vor. Demnach ist die akute Toxizität gering. Bewertungsmaßstäbe Zur Bewertung der möglichen gesundheitlichen Wirkungen nach langfristiger inhalativer Exposition gegenüber BaP ist im Rahmen der Luftreinhalteplanung der Zielwert der 22. BImSchV von 1 ng/ m³ maßgebend. Ein Zielwert ist nach 22. BImSchV „... die nach Möglichkeit zu erreichende Immissionskonzentration, die mit dem Ziel festgelegt wird, die schädlichen Einflüsse auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhindern oder zu verringern.“ Der Zielwert der 22. BImSchV basiert auf dem Zielwert der "Richtlinie 2004/ 107/ EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft". Diese EU-Richtlinie inklusive des Zielwertes für BaP wurde durch die 22. BImSchV in bundesdeutsches Recht umgesetzt. Zur Bewertung von BaP-Immissionen im Rahmen der Genehmigung und Überwachung von Anlagen nach BImSchG in Verbindung mit der Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) kann der Orien- 199 <?page no="208"?> tierungswert des Länderausschusses für Immissionsschutz 1(LAI) herangezogen werden. Dieser wurde auf der Basis der krebserzeugenden Wirkungen abgeleitet. Hierbei wurde vom LAI bei der Ableitung das Unit risk der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation - WHO) von 8,7 x 10 -5 (μg/ m 3 ) -1 zugrunde gelegt. Dieses Unit risk besagt, dass statistisch aufgrund einer lebenslangen Belastung (70 Jahre) von 1 ng BaP/ m 3 Luft rund 9 von 100.000 Personen an (Lungen-)Krebs versterben. Der LAI-Orientierungswert wurde im LAI-Bericht „Bewertung von Schadstoffen, für die keine Immissionswerte festgelegt sind“ vom September 2004 in Anlehnung an den EU-Zielwert der Richtlinie 2004/ 107/ EG vom 15. 12. 2004 festgesetzt und beträgt 1 ng/ m 3 . B(a)P-Emissionen in t/ a in Deutschland 2013_01_28_em_Entwicklung_in_d_Trendtabelle_pop_v1.1.0_sauber Bild 8: Entwicklung der B(a)P-Emissionen aller Quellen in t/ a in Deutschland Überwiegend entstehen die Emissionen bei der Kraftstoffverwendung der Industrie B(a)P-Emissionen vom Straßenverkehr allein in t/ a in Deutschland 2013_01_28_em_Entwicklung_in_d_Trendtabelle_pop_v1.1.0_sauber Bild 9: Entwicklung der B(a)P-Emissionen des Straßenverkehrs in t/ a 0 20 40 60 80 100 120 140 160 1990 1995 2000 2005 2010 BaP in t/ a ,000 ,05000 ,1000 ,15000 ,2000 ,25000 ,3000 ,35000 1990 1995 2000 2005 2010 BaP in t/ a 200 <?page no="209"?> Die B(a)P-Emissionen des Straßenverkehrs betragen nur einen Bruchteil der Gesamten B(a)P-Emissionen aller Quellen. Jahresmittelwerte in ng/ m 3 http: / / www.lanuv.nrw.de/ luft/ emissionen/ vorlage_B(a)P.htm Bild 10: Entwicklung der B(a)P-Immissionen in ng/ m 3 in Nordrhein-Westfalen Infolge der deutlichen Verringerung der B[a]P-Emission seit 1990 sinken auch die B[a]P-Konzentrationen in der Umgebungsluft insbesondere an den Verkehrsmessstationen auf unkritische Werte. Das Landesamt in Nordrhein-Westfalen hat daher seine Messungen deutlich eingeschränkt und führt die grafische Darstellung der Jahresmittel nicht mehr fort. Partikel unter einer Größe von 10 μm PM 10 Bei den luftgetragenen Partikeln PM 10 handelt es sich um Partikel mit einem Durchmesser 10 μm. Sie gelangen durch Nase und Mund in die Lunge, wo sie je nach Größe bis in die Hauptbronchien oder Lungenbläschen transportiert werden können. Bild 11: Eindringtiefe von Partikeln in den Atemtrakt abhängig von ihrer Größe 201 <?page no="210"?> Bei Partikeln PM 2,5 handelt es sich um Partikel mit einem Durchmesser 2,5 μm. Sie gelangen über die Hauptbronchien und die Bronchiolen bis in die Alveolen (Lungenbläschen). Forscher in USA vermuten, dass ultrafeine Partikel (PM 0,1 ) als Bestandteil von PM 10 von den Alveolen in die Blutbahn übertreten und so im Körper verteilt werden und andere Organe erreichen. Aus epidemiologischen Untersuchungen wird eine Assoziation zwischen kurzen Episoden mit hoher PM 10 -Exposition und Auswirkungen auf die Sterblichkeit (Mortalität) und Erkrankungsrate (Morbidität) abgeleitet. Bild 12: Mögliche Einwirkungsmechanismen verschieden großer Partikel nach Neas PM 10 , PM 2,5 oder eine oder mehrere angelagerte Komponenten sind nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand an schädlichen Gesundheitseffekten beim Menschen beteiligt, wobei Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen dabei am wichtigsten sind. Ebenso kann eine Langzeit-Exposition mit erhöhten PM 10 -Konzentrationen über Jahrzehnte mit ernsten gesundheitlichen Auswirkungen verbunden sein. So wurden bei Kindern eine erhöhte Rate von Atemwegserkrankungen und Störungen des Lungenwachstums festgestellt. Eine Erhöhung der PM 10 -Konzentration wird mit einem Anstieg der Gesamtsterblichkeit und der Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Sterblichkeit assoziiert. Auch wird eine erhöhte Lungenkrebssterblichkeit vermutet. Eine kürzlich abgeschlossene Feinstaub-Kohortenstudie an Frauen in NRW bestätigte den vermuteten Zusammenhang zwischen der Sterblichkeit an Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Konzentration von PM 10 am Wohnort mit statistischer Signifikanz. Bei einer langfristigen Erhöhung der PM 10 -Konzentration um 7 μg/ m³ steigt die Wahrscheinlichkeit um ein Drittel an Atemwegs- und Herz-Kreislauf- Erkrankungen zu versterben. 202 <?page no="211"?> Toxikologische Untersuchungen mit Tieren und Zellen konnten allerdings bislang noch nicht abschließend die Frage beantworten, welche Partikeleigenschaften und welche toxikologischen Mechanismen die Ursache für die beobachteten statistischen Verknüpfungen zwischen Partikeln und gesundheitlichen Effekten sind. Insgesamt wird gefolgert, dass PM 10 inklusive der angelagerten Stoffe einen Beitrag zu den schädlichen Gesundheitseffekten beim Menschen leistet. Ein Schwellenwert, unterhalb dessen nicht mehr mit gesundheitsschädlichen Wirkungen zu rechnen ist, kann für PM 10 nach aktuellem Kenntnisstand nicht angegeben werden. Eine zunehmende Zahl von epidemiologischen Studien zwischen der Exposition gegenüber PM 2,5 und schädlichen Gesundheitseffekten zeigt klarere Assoziationen, woraus eine höhere Relevanz von PM 2,5 abgeleitet wird. Dies wird durch Erkenntnissen aus toxikologischen Untersuchungen gestützt. Bewertungsmaßstäbe Zur Prüfung, ob für PM 10 nach BImSchG und TA Luft der Schutz der menschlichen Gesundheit sichergestellt ist, sind ermittelte Immissionen mit dem Immissionswert der TA Luft von 40 μg/ m 3 als Jahresmittel zu vergleichen. Hinsichtlich der möglichen gesundheitlichen Wirkungen nach kurzfristiger Exposition gegenüber PM 10 ist der 24- Stunden-Immissionswert der TA Luft heranzuziehen. Der 24-Stunden-Immissionswert für PM 10 von 50 μg/ m 3 gilt als eingehalten, wenn ermittelte Tagesmittelkonzentrationen diesen an nicht mehr als 35 Tagen pro Jahr überschreiten. Hinsichtlich der Kriterien zur Einhaltung des Kurzzeit-Immissionswertes für PM 10 wird auf die TA Luft Nr. 4.7.2 verwiesen. Die Immissionswerte der TA Luft für Schwebstaub basieren auf den entsprechenden Grenzwerten der 1. Tochterrichtlinie der EU "Richtlinie 1999/ 30/ EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel und Blei in der Luft". Diese wurde mittlerweile in die Richtlinie 2008/ 50/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa überführt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat für PM 10 Luftgüterichtwerte und Zwischenziele aufgestellt, um eine bessere Luftqualität zu erreichen : „Auf Grundlage unserer Arbeit der letzten Jahre hat die WHO nun neue Ziele vorgegeben, auf die die Mitgliedsstaaten sich in ihrer Politik beziehen können. Die Staaten können ihre Distanz zu den Zielen feststellen, die gesundheitlichen Folgen ihrer aktuellen Belastungswerte abschätzen und diese reduzieren, um von den gesundheitlichen Folgen zu profitieren.“ Tabelle 2: Luftgüte-Richtwerte (Air Quality Guidelines) und Zwischenziele (Interim targets) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Jahresmittelwert [μg/ m³] Tagesmittelwert [μg/ m ³] (99. Perzentil; zulässige Überschreitungshäufigkeit: 3 Tage/ Jahr) Zwischenziel 1 (ZZ 1) 70 150 Zwischenziel 2 (ZZ 2) 50 100 Zwischenziel 3 (ZZ 3) 30 75 Luftgüte- Richtwert 20 50 203 <?page no="212"?> Partikel unter einer Größe von 2,5 μm PM 2,5 und kleiner Je kleiner ein Partikel ist, desto tiefer dringt er in den Atemtrakt ein. Bild 13: Eindringtiefe in den Atemtrakt abhängig von der Partikelgröße Epidemiologische Studien assoziieren eine besser passende Wirkung mit den PM 2,5 -Konzentrationen. Zunächst werden daher PM 2,5 -Messungen durchgeführt. Ab 2015 schreibt die Europäische Kommission eine Limitierung des PM 2,5 -Wertes mit 40 μg/ m 3 vor. Die WHO empfiehlt einen Richtwert von 20 μg/ m 3 . Quelle: Krug N.: Eikmann Thomas, Die gesundheitlichen Risiken der Feinstaubbelastung, Kassel 2005 Bild 14: Hypothesen zu Wirkmechanismen von ultrafeinen Partikeln Dieselruß Die Größe des Dieselrußes fällt in den Bereich unter 10 μm. Primärrußteilchen liegen bei 25 nm, Aggregatrußteilchen ab 100 nm bis zu einigen Hundert nm. Wegen ihrer 204 <?page no="213"?> Fähigkeit als Transportvehikel für toxische angelagerte Stoffe zu dienen wird ihnen eine besondere Aufmerksamkeit und Gefährlichkeit zugebilligt. Quelle: CASAC USA 9/ 2000 Bild 15: Einschätzung der amerikanischen Umweltschutzbehörden Am 12. Juni 2012 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO Dieselruß als Erreger von Lungenkrebs eingestuft. Seit 1988 wurde von wahrscheinlicher Krebsgefahr («probably carcinogenic to humans») gesprochen. Dieselruß gilt jetzt als erwiesenermaßen («based on sufficient evidence») Lungenkrebs erregend. Partikelanzahl Die Partikelzahl wird einmal als Konzentration in Anzahl pro cm 3 aber auch als Emission in Anzahl pro km angegeben. Bild 14 zeigt den Konzentrations-Vergleich von Abgas eines Nutzfahrzeugs mit und ohne Partikelfilter mit Zigarettenrauch der zeigt, dass der Partikelfilter im gesamten Größenbereich die Anzahl der Partikel deutlich absenkt. Bild 16: Vergleich der Partikelanzahl PN von Motorenabgas mit Zigarettenrauch 205 <?page no="214"?> Messungen in Hohenpeißenberg zeigen, dass auch in der Atmosphäre die Anzahlkonzentration zwischen 3000 und 4000 PN pro cm 3 liegt (Fricke,2006) . Da die Massenangabe bereits so niedrig ist, dass meßtechnische Probleme auftreten ist man dabei die Anzahl der Partikel zu messen und zu limitieren. Ab 2017 gilt dann der neue Grenzwert für die Partikelanzahl: 6x10 11 pro km. Die PN-Emissionswerte der Fahrzeuge mit der Abgasstufe 6 werden diese Standards erfüllen. Ozon O 3 Ozon wird mit der Atemluft aufgenommen. Der Atemtrakt ist daher im Sommer am ehesten von den Wirkungen des Reizgases betroffen. Da sich Ozon in Wasser schlecht löst, wird es von den Schleimschichten in den oberen Bereichen des Atemtraktes nicht zurückgehalten und kann bis in die feinsten Verästelungen der Lunge, in den Bereich der Bronchiolen und Alveolen, vordringen. Abhängig von der aufgenommenen Ozondosis können verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden. Die Ozondosis ergibt sich aus der Ozonkonzentration und der eingeatmeten Luftmenge, die wiederum von der Dauer der Einwirkung und vom Ausmaß der körperlichen Betätigung beeinflusst wird. Akute Wirkungen Höhere Ozonkonzentration können das menschliche Wohlbefinden stören. Die folgende Aufstellung gibt einen Überblick über die akuten Wirkungen von Ozon auf den Menschen, die nach mehrstündiger Einwirkung mit gleichzeitiger körperlicher Belastung auftreten können. Hierbei sind im Allgemeinen die niedrigsten Konzentrationen angegeben, bei denen die jeweiligen Wirkungen festgestellt wurden: • Ab circa 120 g/ m 3 kann sich die Lungenfunktion, z.B. der Atemwegswiderstand verändern, die bronchiale Reaktionsbereitschaft (Reagibilität) steigt. Studien weisen darauf hin, dass hierbei eher kurzzeitige Ozon-Konzentrationsspitzen als die gesamten eingeatmeten Ozon-Mengen ausschlaggebend sind. • Ab circa 120 bis 140 g/ m 3 nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit ab. • Ab circa 150 bis 200 g/ m 3 können in den oberen und den unteren Atemwegen entzündlichen Reaktionen entstehen. • Ab circa 200 g/ m 3 können sich subjektive Befindlichkeitsstörungen wie Reizung der Atemwege, Husten, Kopfschmerz und Atembeschwerden ergeben sowie Tränenreiz, der vornehmlich durch die Begleitstoffe des Ozons verursacht wird. • Ab circa 300 g/ m 3 häufen sich Asthmaanfällen bei empfindlichen Personen. Erhöhte Ozonbelastung können die Anfälligkeit der Atemwege für allergische Reaktionen steigern. Dies bedeutet, dass sich die Reaktion auf Allergene (zum Beispiel Gräserpollen) bei Allergikern unter Ozonbelastung verstärkt. Bei wiederholter intensiver Ozonbelastung kann sich die Reaktionsbereitschaft der Bronchialmuskulatur anpassen. Das bedeutet: Ozonkonzentrationen, die anfangs eine deutliche Wirkung zeigen, führen nach einigen Tagen nur noch zu schwächeren oder keinen erkennbaren klinischen Wirkungen. Im Gegensatz zu den Anpassungsreaktionen der Lungenfunktion treten entzündliche Reaktionen auch bei wiederholter Ozonexposition nahezu unverändert auf. Veränderungen der bronchialen Reagibilität bei wiederholter Ozonbelastung können bleiben. 206 <?page no="215"?> Chronische Wirkungen Zu den langfristigen, nicht krebserregenden Auswirkungen häufiger Ozonbelastung beim Menschen ist noch wenig bekannt. Die Ergebnisse bisheriger Untersuchungen lassen darauf schließen, dass sich bei Menschen, die extremen Ozonbelastungen ausgesetzt sind, dauerhafte und sich nicht mehr zurückbildende Veränderungen des Lungengewebes entwickeln können. Die in Mitteleuropa derzeit auftretenden Ozonkonzentrationen liegen allerdings deutlich unterhalb solcher Werte. Kanzerogene Wirkung Die Datenlage hinsichtlich der Krebs erzeugenden Wirkung von Ozon ist derzeit nicht eindeutig. In Tierversuchen konnte eine Erbanlagen schädigende Wirkung von Ozon festgestellt werden. Ebenfalls aus Tierversuchen ist bekannt, dass sehr hohe Ozonkonzentrationen bei lebenslanger Einwirkung Lungenkrebs verursachen können. Auch für den Menschen besteht der Verdacht eines erhöhten Lungenkrebsrisikos. So weist beispielsweise eine Studie aus den USA ein erhöhtes Lungenkrebsrisiko bei Männern aus, nicht jedoch bei Frauen. Aufgrund der unsicheren Datenlage stuft die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Ozon in ihrer MAK- und BAT-Werte-Liste 2002 (MAK = Maximale Arbeitsplatz-Konzentration; BAT = Biologischer-Arbeitsstoff- Toleranzwert) vorläufig als einen krebsauslösenden Stoff ein. Betroffene Personengruppen Viele Studien haben gezeigt, dass die individuelle Empfindlichkeit gegenüber Ozon sowohl bei gesunden Erwachsenen und Kindern als auch bei Lungenkranken sehr unterschiedlich ist. Gegenwärtig ist nicht bekannt, welche Faktoren diese unterschiedliche Empfindlichkeit bedingen. Etwa 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung reagieren besonders empfindlich auf Ozon. Umstritten ist ob Asthmatiker und Personen mit Erkrankungen des Atemtraktes zu den ozonempfindlichen Personen gehören. Bild 17: Ozonwirkung auf verschiedene Bevölkerungsgruppen Grundsätzlich gefährdet sind Personen, die bei erhöhten Ozonkonzentrationen über einen längeren Zeitraum körperlich anstrengende Tätigkeiten im Freien ausüben. (Personen mit Freiluft-Arbeitsplätzen, Personen, die im Freien Sport treiben). Personen mit Funktionsstörungen im Atemtraktes, z. B. bei chronischer Bronchitis oder Bronchialasthma, sollten sich vor erhöhten Ozonkonzentrationen schützen. 207 <?page no="216"?> Säuglinge und Kleinkinder atmen wegen ihres relativ größeren Sauerstoffbedarfs eine Luftmenge ein, die im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht schon im Ruhezustand so groß ist wie bei einem sich körperlich betätigenden Erwachsenen. Jede zusätzliche körperliche Anstrengung (Schreien, Strampeln, Krabbeln) erhöht entsprechend das Atemvolumen und damit die aufgenommene Ozonmenge. Daher sind Säuglinge und Kleinkinder ebenfalls zur Ozonrisikogruppe zu zählen. Ozongrenzwerte EU- Grenzwert 120 μg/ m 3 8h-Wert mit 25 Übertretungen, 180 μg/ m 3 als 1h-Mittel , LTO- Zielwert 120 μg/ m 3 als 8h-Wert, (LTO= Long Term Objective) WHO-Richtwert 150 bis 200 μg/ m 3 als 1h-Mittel TRK-Wert: 0,1 ppm = 200 μg/ m 3 (Technische Richtkonzentration). Dazu wurden auch zum Schutz von Nutzpflanzen AOT40-Grenzwerte erlassen. Im Rahmen dieses Beitragswird darauf nicht näher eingegangen. Zusammenfassung Gesundheitliche Beeinträchtigungen sind bei der Luftqualität in europäischen Großstädten generell nicht zu befürchten. Erhöhte Konzentrationen, insbesondere bei NO 2 und PM 10 treten vereinzelt episodenhaft nur kurzzeitig auf, meist bedingt durch ungünstige meteorologische Verhältnisse und oft durch weiträumigen Transport belasteter Luftmassen. Die Erhöhung des Carboxi-Hämoglobin-Spiegels bei CO unter dem Grenzwert von 30 mg/ m 3 ist unkritisch, der 24-h-MIK-Wert von 50 μg NO 2 / m 3 als Jahresmittel schützt auch sensible Bevölkerungsgruppen, die PM 10 Grenzwerte ( 24- Stunden-Immissionswert für PM 10 von 50 μg/ m 3 , Jahresmittel von 20 μg/ m 3 ), sowie der PM 2,5 -Richtwert von 20 μg/ m 3 , der ab 2015 geltende PM 2,5 -Grenzwert von 40 μg/ m 3 , der Rußgrenzwert von 5 μg/ m 3 , der Benzolgrenzwert von 5 μg/ m 3 , der PAH- Richtwert von 1 ng/ m 3 wurden aufgestellt um gesundheitliche Beeinträchtigungen weitgehend auszuschließen. Auch der Ozon-Richtwert der WHO 150-200 μg/ m 3 und der Ozongrenzwert der EU von 120 μg/ m 3 als rollendes 8h-Mittel wurde zum gleichen Zweck aufgestellt. Literatur [1] http: / / www.lanuv.nrw.de/ gesundheit/ schadstoffe/ co.htm [2] AWMF-online Reg.nr. 002/ 018 Arbeit unter Einwirkung von Kohlenoxid [3] http: / / www.lanuv.nrw.de/ gesundheit/ schadstoffe/ no2.htm [4] Netter Frank. Atlas der Anatomie [5] Morgenroth K., Bronchitis, München, 1983 [6] Pfeffer Ulrich, http: / / www.lanuv.nrw.de/ luft/ emissionen/ vorlage_benzol.htm [7] Kouros B. und Dehnen W., „Benzol-Vorkommen, biologische Wirkung und Wirkungskriterien“, 1990 [8] http: / / www.lanuv.nrw.de/ gesundheit/ schadstoffe/ benzol.htm [9] http: / / www.lanuv.nrw.de/ gesundheit/ schadstoffe/ pak.htm 208 <?page no="217"?> [10] Jörres R.A., 2. Umweltsymposium, Herrsching am 15.5.2008 [11] Handbuch der Umweltmedizin, Wichmann, Schlipköter und Füllgraff, ecomed-V. [12] 2013_01_28_em_entwicklung_in_d_trendtabelle _pop_v1.1.0_sauber [13] http: / / www.lanuv.nrw.de/ gesundheit/ schadstoffe/ pm10.htm [14] Krug N.: Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 2005 in Eikmann Thomas, Die gesundheitlichen Risiken der Feinstaubbelastung , Tagung Kassel 2005 [15] http: / / www.hlug.de/ fileadmin/ dokumente/ luft/ faltblaetter/ PM10_Broschuere.pdf [16] Witten J., Stec-Lazaj, Feinstaub (PM 10 )Eigenschaften - Quellen - Gesundheitliche Bewertung [17] Quelle.Fricke W., 1.And.Umweltsymp., 16.Okt.2006 aus DWD-MOHp 10/ 2006 [18] http: / / www.lanuv.nrw.de/ gesundheit/ schadstoffe/ ozon.htm [19] WHO Acute effects on health of smog episodes, Regional publ.Europ. Series 43 209 <?page no="218"?> 15 Kritische Anmerkungen zur Einschätzung der Feinstaubwirkung Norbert Metz Abstract Estimates of PM 10 and PM 2.5 -health effects, including diesel soot are quantified and needs to be analyzed and critical discussed in deeper detail. A simple model is the basis of an UBA paper with questionable assumptions for an exposition-health effectrelation. Associations from epidemiologic studies in USA for total mortality, cardiovascular, respiratory disease and lung cancer with air pollution were derived. With these assumptions number of avoidable death rates for implemented diesel filters are estimated. A better data basis and a reliable model is recommended. Kurzfassung Die in letzter Zeit diskutierten Vorwürfe über die Gesundheitsgefährdung von Feinstaub und die Beteiligung von Dieselrußpartikel werden hinterfragt und analysiert. In einer vom UBA in Auftrag gegebenen Studie wurden mit einem einfachen Rechenansatz und einigen unsicheren Annahmen Expositions-Wirkungsbeziehungen für Deutschland abgeleitet. Für die Gesamtmortalität, für Todesfälle durch Herz-Kreislauf und Atemwegserkrankungen sowie für Todesfälle durch Lungenkrebs werden aus amerikanischen epidemiologischen Studien Assoziationen zur Luftqualität hergestellt. Damit werden Zahlen zu vermeidbaren Todesfälle und Lebenszeitverkürzungen angegeben, die durch mit Dieselrußfilter beim Pkw erreicht werden könnten. In diesem Beitrag werden die getroffenen Annahmen kritisch diskutiert und relativiert. Aufgrund der unsicheren Annahmen im WHO-Ansatz und der in Europa fehlenden Datengrundlage wird empfohlen den WHO-Ansatz besser abzusichern, und die Europäischen Verhältnisse zugrunde zu legen, bevor sie von politischen Gremien als Entscheidungsgrundlage für weitere Forderungen bei Dieselfahrzeugen eingesetzt werden und von den Medien irreführend verbreitet werden. Einleitung Da Dieselpartikel in der Feinstaubfraktion (Partikel unter 10 μm) enthalten sind, wird zunächst auf diese detailliert eingegangen. Die Wirkung von Dieselrußpartikeln wird seit jeher kontrovers diskutiert. In den siebziger und achtziger Jahren wurden die am Ruß angelagerten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAH) für eine krebsauslösende Wirkung verantwortlich gemacht. Insbesondere den dreibis fünfkernigen PAH - mit Benzo(a)pyren als Leitkomponente - galt die größte Aufmerk- 210 <?page no="219"?> samkeit [1]. Durch ein aufwendiges Anreicherungsverfahren bei der Probenahme und der Analytik konnten die niedrigen PAH-Konzentrationen von 15 PAH am Dieselruß gaschromatisch nachgewiesen werden [2]. Tabelle 1 zeigt typische PAH-Emissionswerte für Pkw-Dieselruß der siebziger Jahre und für einige PAH Luftqualitäts-Konzentrationen in neuerer Zeit [25]. Ergebnisse aus früheren Tierversuchen Mit drei Tierarten wurden umfangreiche Inhalationsversuche in Europa, den USA und Japan durchgeführt. [6-8], die nur bei Ratten zu erhöhten Tumorraten führten. Die Hamster zeigten bei gleicher Dosierung keine Tumore. Wegen hoher Spontantumorraten selbst in der Kontrollgruppe der verwendeten Mäusen konnten diese Befunde nicht verwendet werden. Mitte der achtziger Jahre schwenkte die Begründung um, da mit hohen Dosen auch andere PAH-freie Feinstäuben im Rattenmodell Tumore ausgelöst haben [9]. Heute weiß man, dass diese Tumore auf eine Überladung der Rattenlunge zurückzuführen und kein Beleg für die krebsauslösende Wirkung niedriger Rußkonzentrationen sind [16]. Neuere Untersuchungen zeigen, dass mit Dieselrußen von modernen Motoren auch im Rattenmodell keine Dosis-Wirkungsbeziehung ableitbar ist [10]. Die PAH- Konzentrationen heutiger Dieselruße betragen nur noch einen Bruchteil der in Tabelle 1 gezeigten Werte [11]. Wenn man der Hypothese folgt, dass hauptsächlich der Partikelkern für eine Tumorgenese verantwortlich ist und damit die Größenverteilung der Dieselrußpartikel eine wesentliche Rolle spielt, lässt sich der neuere Befund nicht erklären. Das Maximum der Größenverteilung von Ruß alter und moderner Dieselmotoren hat sich nämlich nicht verändert und liegt beim aerodynamischen Durchmesser bei 100 nm [12], beim Mobilitätsdurchmesser zwischen 70 und 80 nm. [13-14]. Es haben Komponente Kürzel E-Faktor Luftqualität Fluoren Flu 7 μg/ km Phenanthren Phen 3 μg/ km Anthracen Ant 1 μg/ km Fluoranthen FluA 1 μg/ km Pyren Pyr 1 μg/ km Chrysen Chr 0,6 μg/ km Benzo(bjk)fluoranthen BbjkF 0,1 μg/ km Benzo(a)anthracen BaA 0,5 μg/ km 0,14 ng/ m 3 Benzo(e)pyren B(a)P 0,1 μg/ km 0,15 ng/ m 3 Benzo(a)pyren B(e)P 0,2 μg/ km 0,30 ng/ m 3 Perylen Per 0,2 μg/ km Indeno(123cd)pyren IndP 0,1 μg/ km Dibenzo(ah)anthracen DbahA 0,03 μg/ km 0,04 ng/ m 3 Benzo(ghi)perylen BghiP 0,2 μg/ km 0,29 ng/ m 3 Coronen Cor 0,2 μg/ km 0,16 ng/ m 3 211 <?page no="220"?> sich im Laufe der Entwicklungsfortschritte weder die Größe der Primärpartikel noch die der Aggregatpartikel wesentlich geändert [13], siehe Bild 1. Bild 1: Größenverteilung der Dieselrußpartikel verschiedener Abgasgrenzwertstufen Aufgrund der nahezu gleichen Größenverteilung können daher Rußpartikel modernerer Motoren die Gesundheit nicht mehr gefährden, wie teilweise irrtümlich vermutet. Den sogenannten ultrafeinen Partikel (kleiner 50 nm) wird eine Sonderrolle zugeteilt, da Hypothesen davon ausgehen, dass die Partikel einmal eingeatmet zu klein für die Erkennung und Beseitigung durch die Alveolar-Makrophagen seien. Die im Dieselabgas nach Mobilitätsdurchmesser gemessenen Teilchen unter 50 nm sind jedoch hauptsächlich flüchtig und keine elementaren festen Rußpartikel [26]. Heizt man straßennah gesammelte Partikelproben auf 270 Grad, sind diese Teilchen, die als „nukleation mode“ bekannt sind, weitgehend verschwunden, siehe Bild 2. Bild 2: Größenverteilung von vier Partikelfraktionen einer verkehrsnahen Luftprobe Der gleiche Effekt zeigt sich bei Partikelgrößenverteilungsmessungen emissionsseitig am Rollenprüfstand [20]. Anzahl Partikel % Anzahl Partikel % 20 40 60 80 100 120 140 160 180 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 150nm D p [nm] 25°C 280°C 20 30 40 50 60 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 50nm D p [nm] 20 40 60 80 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 80nm dN/ dlog D p , norm [cm -3 ] D p [nm] 15 20 25 30 35 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 30nm dN/ dlog D p , norm [cm -3 ] D p [nm] BAB A4 , gemessen am 18.8.2000 20 40 60 80 100 120 140 160 180 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 150nm D p [nm] 25°C 280°C 20 30 40 50 60 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 50nm D p [nm] 20 40 60 80 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 80nm dN/ dlog D p , norm [cm -3 ] D p [nm] 15 20 25 30 35 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 30nm dN/ dlog D p , norm [cm -3 ] D p [nm] BAB A4 , gemessen am 18.8.2000 212 <?page no="221"?> Im Übrigen liegt bereits der Primärpartikeldurchmesser vom Dieselruß zwischen 20nm und 30 nm. Primärpartikel allein kommen kaum vor [13] und bilden Aggregatpartikel mit einem typischen Partikeldurchmesser von 100 nm bis 200 nm. Bild 3: Typischer Rußaggregatpartikel bestehend aus mehr als 50 Primärpartikel Teilchen unter 30 nm sind in der Regel keine Feststoffpartikel. Ultrafeinpartikel im Stadtaerosol sind also keine Dieselrußpartikel. Ergebnisse, die im Tierversuch mit sphärische Rußpartikel von z. B. 35 nm erzielt wurden [15], haben für die Wirkung von Dieselrußen keine Relevanz, da sie künstlich in Funkenrußgeneratoren erzeugt wurden (mit anderen Aggregateeigenschaften). Wegen dieser Probleme und auch wegen der generellen Schwierigkeit Tierversuchsergebnisse auf den Menschen zu übertragen [16] wird seit einigen Jahren verstärkt versucht mit epidemiologischen Methoden die Wirkung von Feinstäuben und damit auch Dieselpartikeln auf den Menschen herauszufinden. Dazu hat das UBA eine Studie [17] in Auftrag gegeben, auf die im Folgenden näher eingegangen wird. Ziel der Studie war es die positiven gesundheitlichen Auswirkungen durch den Einsatz von Dieselrußfiltern zu quantifizieren. Mit einem einfachen Rechenansatz wurde versucht das relative Risiko verschiedener PM 2,5 -Konzentrationen und das Zusatzrisiko durch erhöhte PM 2,5 -Konzentrationen auf die Bevölkerung zu bestimmen. Die Partikelfraktion kleiner 2,5 μm wurde gewählt, da sie am ehesten mit epidemiologischen Auswertungen korreliert. Der Anteil des Dieselrußes an der PM-Konzentration wurde geschätzt. Die PM 2,5 -Konzentrationen werden aus epidemiologischen Daten der USA mit der Gesamtmortalität, den Todesfällen durch Herz-Kreislauf- und Atemwegsproblemen sowie durch Lungenkrebs assoziiert, da sich offenbar diese Partikelfraktion besser eignet als PM 10 oder Ruß allein. Die Assoziationen wurden wegen damals fehlender Daten für Europa aus einer amerikanischen Studie [18] herangezogen, wobei der Versuch gemacht wurde, die Übertragbarkeit auf Deutschland, wo solche Daten noch nicht verfügbar sind, zu rechtfertigen. 213 <?page no="222"?> Annahmen des Rechenansatzes Als mittlere PM 2,5 -Konzentration zur Expositionsbasis für die Stadt- und Landbevölkerung wurden15 μg/ m 3 angenommen, abgeleitet aus 60% der PM 10 -Konzentration von 25 μg/ m 3 . Der Dieselrußanteil wurde mit 20 %, d.h. 3 μg/ m 3 angenommen. Bei Einführung des Partikelfilters wird dies als volles Absenkungs-Potential zugrunde gelegt. Der Beitrag aller restlichen Quellen zur PM 2,5 -Konzentration beträgt also 12 μg/ m 3 . Eine risikolose Grundbelastung wird nach dem WHO-Ansatz mit 7,5 μg/ m 3 angenommen. Für Konzentrationen größer 50 μg/ m 3 wird keine weitere Wirkungssteigerung angenommen. Bild 4: Der Berechnung zugrundeliegende Expositionswirkungsbeziehung Die Steigung der EWB und die Höhe der PM 2,5 -Konzentration bestimmt somit das relative Risiko. Relatives Risiko (RR) Das relative Risiko ist definiert als der Quotient zwischen der Häufigkeit der Schädigung bei Exponierten zur Häufigkeit der Schädigung bei Nichtexponierten, bzw. der Sterbewahrscheinlichkeit Exponierter zur Sterbewahrscheinlichkeit Nicht-Exponierter. RR = 1+ax, wobei a die Steigung der EBW im Bereich 7,5 μg/ m 3 bis 50 μg/ m 3 ist. Betrachtet werden die relativen Risiken jeweils für die Gesamtmortalität (alle Sterbefälle), die Todesfälle aufgrund Herzkreislauf- und Atemwegsproblemen sowie die Todesfälle durch Lungenkrebs. Aus USA übernommene Assoziationen für 10μg/ m 3 PM 2,5 Aus [18] werden folgende Daten zur Eingabe der relativen Risiken übernommen. Gesamtmortalität RR = 1,06 (1,02-1,11) als 95%-Konfidenzintervall Kardio-Pulmonal RR = 1,09 (1,03-1,16) als 95%-Konfidenzintervall Lungenkrebsmort. RR = 1,14 (1,04-1,23) als 95%-Konfidenzintervall. Da die chemische Zusammensetzung der Partikel wesentlichen Einfluss auf ihre Wirkung hat, ist allein die Annahme „Partikel in Europa verhalten sich wie Partikel in USA“ fraglich und muss erst verifiziert werden. Das Kriterium der Größe allein ist unzureichend. RR = Relatives Risiko MR x / MR b 0 7,5 x 50 PM 2,5 μg/ m 3 1 MR x = Mortalitätsrate bei der Konzentration x MR b = Mortalitätsrate bei der Konzentration < 7,5 μg/ m 3 EWB EWB = Expositions-Wirkungsbeziehung RR = Relatives Risiko MR x / MR b 0 7,5 x 50 PM 2,5 μg/ m 3 1 MR x = Mortalitätsrate bei der Konzentration x MR b = Mortalitätsrate bei der Konzentration < 7,5 μg/ m 3 EWB EWB = Expositions-Wirkungsbeziehung 214 <?page no="223"?> Zusatzrisiko (Exzessrisiko=ER) für die PM 2,5 -Veränderung von 1 μg/ m 3 Das zusätzliche Risiko ER wird im Bereich von 7,5 μg/ m 3 bis 50 μg/ m 3 definiert ER = a * (x - 7,5), wobei a die Steigung der Gerade ist und aus der amerikanischen Studie übernommen wurde. (Die 6%, 9% und 14% für 10 μg/ m 3 ergeben für 1 μg/ m 3 entsprechend 0,6, 0,9 und 1,4) Tabelle 2: Zusatzrisiko bei Erhöhung der PM 2,5 -Konzentration um 1 μg/ m 3 ___________________________________________________________________ Todesursache Exzessrisiko 95%-Konfidenz 95%-Konfidenz ER = a *x in Untere Grenze Obere Grenze % In % In % Gesamt 0,6 0,2 1,1 Kardiopulmonal 0,9 0,3 1,6 Lungenkrebs 1,4 0,4 2,3 Angenähert 0,33 ER 1,8 ER ___________________________________________________________________ Zugrunde gelegte Todesfälle in Deutschland Gesamtmortalität 800 000 aus 828 541 gerundet Kardio-Pulmonal 460 000 aus 411 398 + 48 807 gerundet Lungenkrebsmort. 40 000 aus 37 971 gerundet. Die Daten wurden 2003 vom Statischen Bundesamt veröffentlicht und gelten für das Jahr 2001. Neuere Daten scheinen bei der Studie nicht verfügbar gewesen zu sein. Nur zum Vergleich die Daten des Statischen Bundesamtes von 2012: Todesfälle in Deutschland im Jahr 2012 Vergleichsdaten v. Statischen Bundesamt 2013 Gesamtmortalität 870 000 aus 869 582 gerundet Kardiovaskulär 350 000 aus 349 217 gerundet Lungenkrebsmort. 45 500 aus 14 500 + 31 000 (in 2011). Krebs insgesamt 221 611 Lungen-, Bronchial- oder Kehlkopfkrebs Frauen: 14 500, Männer: 31 000 Errechnete hypothetische vermeidliche Todesfälle durch Dieselpartikelfilter in Deutschland mit den aus USA übernommenen Assoziationen Der Anteil von Dieselruß an der PM 2,5 -Fraktion wird mit 20% von 15 μg/ m 3 also mit 3 μg/ m 3 angenommen. Zusammen mit den in Tabelle 2 angegebenen Zusatzrisikofaktoren ER können die in Tabelle 3 abgeleiteten Zahlen errechnet werden. 215 <?page no="224"?> Tabelle 3: Berechnung hypothetischer Todesfälle aus den oben aufgeführten Daten __________________________________________________________________ Gesamtmortalität im Mittel 3 x 0,6 = 1,8% von 800 000 sind 14 400 95%-Konfidenzintervall (1,02-1,11) ergibt 3x0,2= 0,6% bis 3x1,1= 3,3% sind 4800 -26 400 Kardio-Pulmonal im Mittel 3 x 0,9 = 2,7% von 460 000 sind 12 420 95%-Konfidenzintervall (1,03-1,16) ergibt 3x0,3= 0,9% bis 3x1,6=4,8% sind 4140 -22 080 Lungenkrebsmort. im Mittel 3 x 1,4 = 4,2% von 40 000 sind 1 680 95%-Konfidenzintervall (1,04-1,23) ergibt 3x0,4=1,2% bis 3x2,3=6,9% sind 480 - 2 760 "Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes gibt es jährlich im Schnitt rund 47.000 vorzeitige Todesfälle infolge der zu hohen Feinstaubbelastung, durch akute Atemwegserkrankungen, kardiopulmonale Erkrankungen (Herz- und Lungenerkrankungen) oder Lungenkrebs", meinte Holzmann der Vizepräsident des UBA. Quelle: http: / / www.n24.de/ n24/ Nachrichten, vom 16.02.2014 Verkürzung der Lebenszeit Neben den Angaben zu Toten wird auch von einem vorzeitigen Sterben (lost life month) gesprochen. Bei einer Veränderung der Gesamtmortalitätsänderung um 1% wird aus einer amerikanischen Studie [19] die Veränderung der Lebenserwartung um 0,09 Jahre bzw. um 1,1 Monate abgeschätzt. Die im vorigen Kapitel errechnete Änderung der Gesamtmortalität von 1,8 % führt also zu einer Änderung der Lebenserwartung um 1,8 x 0,09 Jahre = 0,16 Jahre bzw. 1,9 Monate. Kritische Stellungnahme (Schwachstellen des Ansatzes) Zum Rechenmodell Der Modellansatz RR = 1 + a * x bedingt für sich schon, dass in jedem Fall ein zusätzliches relatives Risiko besteht. Wenn man jeden noch so kleinen Wert für a * x einsetzt und ihn mit der großen Zahl der Todesfälle multipliziert ergeben sich immer für jede Todesart Werte, die stark von den getroffenen Annahmen bestimmt sind. Die von der WHO übernommene Modellvorstellung einer überproportionalen Steigung im interessanten Bereich von 7,5 μg/ m 3 bis 50 μg/ m 3 ist schwer nachvollziehbar. Es wird damit ein relativ willkürlicher Schwellenwert eingeführt, der bisher für Stoffe mit karzinogenen Potential immer abgelehnt wurde [22]. Grundsätzlich ist nichts gegen einen Schwellenwert einzuwenden, sofern er hinreichend wissenschaftlich fundiert begründet werden kann. Bei Verzicht dieser Anhebung der Steigung würden die angeführten Zahlen im Bereich 7,5 μg/ m 3 bis 50 μg/ m 3 niedriger und im restlichen Bereich höher ausfallen. Man könnte den Schwellenwert auch bei 12 μg/ m 3 oder 15 μg/ m 3 beginnen lassen und käme damit auf andere Werte. Zu den Luftqualitätsdaten Die Konzentrationsangaben beim Ruß sind nicht schlüssig. Messungen der Landesämter für Umweltschutz zeigen selbst verkehrsnah deutlich andere Werte. So liegen beispielsweise die Werte verkehrsnah in Berlin unter 5 μg/ m 3 und im urbanen Hintergrund unter 3 μg/ m 3 [20], [21]. Im VDI-Bericht Feinstäube [22] wird die chemische Zusammensetzung der PM 10 -Fraktion an einer verkehrsnahen und ländlichen Messstelle im Jahr 1999 analysiert. Dabei ist verkehrsnah der EC-Anteil an der PM 10 - 216 <?page no="225"?> Fraktion von 45 μg/ m 3 bei 15 % also bei 7μg/ m 3 , an der ländlichen Station von 29 μg/ m 3 bei 9 %, also kleiner 3 μg/ m 3 . In der PM 2,5 -Fraktion spielen Sekundäraerosole bereits eine größere Rolle. Die wenigen Messreihen, die für PM 2,5 existieren deuten einen abnehmenden Trend um rund 5 % an [22], was zur Folge hat, dass heutige Konzentrationen bei PM 2,5 bei 20 μg/ m 3 und bei Ruß verkehrsnah unter 5 μg/ m 3 liegen dürften. Tabelle4: Luftqualitätsdaten für 2001 und 2005 für PM 10 , PM 2,5 und Ruß (EC) in μg/ m 3 und unten Luftqualität für 2007/ 8 aus www.envit.de/ umweltbundesamt/ luftdaten [30] Die in der Studie vorgenommene Mittelung von Stadt- und Landkonzentrationen ist willkürlich und nicht schlüssig. Wenn unter 7,5 μg/ m 3 PM 2,5 keine Wirkung erwartet wird, kann eine Absenkung der im ländlichen Raum ohnehin niedrigen Ruß-Werte im ländlichen Raum keinen Einfluss haben. Unter der angegebenen Annahme, dass die Hälfte der Bevölkerung im ländlichen Raum lebt, kann auch bei den Todesfällen nicht die Gesamtzahl verwendet werden. Zur exakten Quantifizierung müsste eine nachvollziehbare Differenzierung nach Stadt und Land vorgenommen werden. Zur Assoziation der USA-Daten aus dem Zeitraum 1982 bis 1998 Gesamtmortalität Übernommen wurde ein Mittelwert von 1,06 und für das 95%-Konfidenzintervall Werte von 1,02 bis 1,11. Unberücksichtigt dabei ist eine unterschiedliche chemische Zusammensetzung der PM 2,5 -Partikelfraktion in den „metropolitan areas“ der USA Partikelfraktion Ländlich urbaner verkehrsnah Jahr Hintergrund 2001 PM 10 10 - 18 20 - 30 30 - 45 PM 2,5 10 - 15 15 - 20 25 - 30 Ruß 2 4 12 Dieselruß 1,8 3,6 8,4 2005 PM 10 8 - 14 16 - 24 24 - 36 PM 2,5 8 - 12 12 - 16 20 - 24 Ruß 1,6 3,2 9,6 Dieselruß 1,5 2,9 6,7 Partikelfraktion Ländlich urbaner verkehrsnah Jahr Hintergrund 2001 PM 10 10 - 18 20 - 30 30 - 45 PM 2,5 10 - 15 15 - 20 25 - 30 Ruß 2 4 12 Dieselruß 1,8 3,6 8,4 2005 PM 10 8 - 14 16 - 24 24 - 36 PM 2,5 8 - 12 12 - 16 20 - 24 Ruß 1,6 3,2 9,6 Dieselruß 1,5 2,9 6,7 217 <?page no="226"?> und unseren Ballungsgebieten. Es wurde zwar eine Europäische Studie erwähnt mit einem mittleren RR von 1,043 und einem 95%-Konfidenzintervall von 1,026 bis 1,061, (Werte, die allerdings wieder aus älteren amerikanischen Studien von Dockerey und Pope übernommen wurden, die aber nicht weiter berücksichtigt wurden). Würde man diesen Mittelwert zugrunde legen so ergibt sich statt 1,8 % ein Wert von 3 x 0,43 = 1,29 %. Nimmt man hypothetisch an, dass die Todesfälle in Deutschland gleichmäßig auf Stadt und Land verteilt sind, (in der Stadt also 400 000 Fälle) und wegen der am Land niedrigeren PM 2,5 -Konzentration dort eine Absenkung wirkungslos ist, so ergäben sich allein aus diesen beiden Änderungen der Eingangsdaten bei um 3 μg/ m 3 niedrigerer PM 2,5 -Konzentration 5160 statt 14400 Fälle. Bei den Zahlen für die Konfidenzintervalle gilt sinngemäß das Gleiche (sie sind hier nicht neu berechnet). Herzkreislauf- und Atemwegstodesfälle Übernommen wurde ein Mittelwert von 1,09 und für das 95%-Konfidenzintervall Werte von 1,03-1,16. Auch hier wurde die unterschiedliche chemische Zusammensetzung der PM 2,5 -Partikelfraktion in den „metropolitan areas“ der USA und unseren Ballungsgebieten nicht berücksichtigt. Aus einer Europäischen Dreiländer-Studie ergibt sich ein mittleres RR von 1,0131 für respiratorische und 1,0125 für Herzkreislauf- Hospitalisierungen mit 95%-Konfidenzintervallen von 1,001 bis 1,025 für respiratorische und 1,007 bis 1,019 für Herzkreislauf-Hospitalisierungen. Unter der Annahme, dass beide Ursachen gleichmäßig beitragen und dass die Werte für Hospitalisierungen auch auf die Todesfälle übernommen werden können, ergibt sich ein mittleres RR von (1,0131+1,0125)/ 2 = 1,0128 Würde man diesen Mittelwert zugrunde legen so ergibt sich statt 2,7 % ein Wert von 3 * 0,128=0,384%. Nimmt man hypothetisch an, dass die Todesfälle in Deutschland gleichmäßig auf Stadt und Land verteilt sind (in der Stadt also 230 000 Fälle), so ergäbe sich allein aus diesen beiden Änderungen der Eingangsdaten bei einem Absinken der PM 2,5 -Konzentration um 3μg/ m 3 die Zahl 883 statt 12 420. Lungenkrebstodesfälle Übernommen wurde in der Studie ein Mittelwert von 1,14. In Europa gibt es dazu keine Studien, die zum Vergleich herangezogen werden könnte. Um die Änderung der Zahlen trotzdem aufzuzeigen wird zur Demonstration der Einflüsse der Zahlen das untere 95 %-Konfidenzintervall der amerikanischen Studie von 0,4 % für den Vergleich genutzt. Würde man diesen Wert zugrunde legen so ergibt sich für 3 μg/ m 3 statt 4,2 % ein Wert von 1,2%. Nimmt man hypothetisch an, dass die Todesfälle in Deutschland gleichmäßig auf Stadt und Land verteilt sind (in der Stadt also 20000 Fälle), so ergäbe sich allein aus diesen beiden Änderungen der Eingangsdaten bei 3μg/ m 3 niedrigerer PM 2,5 -Konzentration eine Zahl von 201 statt 1 680. Diese Beispiele zeigen, dass je nach den getroffenen Annahmen die Ergebnisse beliebig ausfallen können. Diskussion und Plausibilitätsprüfungen Variation der Modellannahmen Würde man mit dem Ansatz die Todesfälle beispielsweise auf die Luftqualität für das Jahr 1985 errechnen, einem Jahr das einen deutlich geringeren Dieselanteil in der 218 <?page no="227"?> Pkw-Flotte hatte und in dem eine geschätzte mittlere PM 2,5 -Konzentration von 37,5 μg/ m 3 zugrunde gelegt wird (PM 2,5 = (37,5-7,5) = 30 μg/ m 3 ) so ergäben sich für die Gesamtmortalität 30 x 0,6 = 18 % von 800 000 = 144 000 Herz-Kreislauf und Atemweg 30 x 0,9 = 27 % von 460 000 = 124 200 Lungenkrebs 30 x 1,4 = 42 % von 40 000 = 16 800. Die Zahlen verdeutlichen den willkürlichen Rechenansatz und den Wert der Aussage. Zwischenzeitlich wurden auch Berechnungen mit anderen Eingangsdaten von IIASA, (Intern. Inst. For Appl.Systems Analysis), dem von der EU beauftragten Institut in Laxenburg, im Zuge des CAFE-Programms für alle EU-Mitgliedsstaaten durchgeführt. Für Deutschland werden 65 000 Tote aufgrund von PM 2,5 -Werten zwischen 12 μg/ m 3 und 20 μg/ m 3 angegeben. Aufgrund des Rechenansatzes RR=1+ax ergibt sich immer ein Faktor größer 1 und damit eine beliebige Angabe für zusätzliche Todesfälle. Ausschließliche Berücksichtigung der Außenluft Alle Abschätzungen beziehen sich nur auf die Luftqualität in der Außenluft. Dabei ist die Expositionsdauer für viele Stoffe im „Indoor“-Bereich um ein vielfaches höher. In Innenräumen können zusätzliche Feinstaubquellen sowohl in Bezug auf die Höhe als auch hinsichtlich der biologischen Wirksamkeit (Schimmelpilze, Hausstaubmilben) u.U. eine wesentlich größere Rolle spielen. Ein ernsthafter Ansatz müsste zudem die Expositionsdauer bei jedem Konzentrationsniveau zeitlich und örtlich aufgeschlüsselt berücksichtigen. In öffentlichen Verkehrsmitteln kann beispielsweise die Feinstaubkonzentration deutlich ungünstiger sein [27]. Für Stockholm werden für PM 10 Werte von 267 μg/ m 3 bis 357 μg/ m 3 und für PM 2,5 Werte von 148 μg/ m 3 bis 199 μg/ m 3 angegeben, und für London werden für PM 10 Werte von 500 μg/ m 3 bis 1120 μg/ m 3 und für PM 2,5 ein Wert von 246 μg/ m 3 genannt. Berechnungen des relativen Risikos mit diesen Konzentrationen würden selbst bei einer begrenzten Expositionszeit von z.B. einer Stunde für Hin- und Rückfahrt zum Arbeitsplatz drastisch höher ausfallen. Korrektur der Störgrößen In der Epidemiologie müssen viele Einflussfaktoren betrachtet werden. Fast unmöglich ist es eine Wirkung einer schwachen Ursache von der einer dominanten zu differenzieren. Alter, Geschlecht, Rasse, Rauchen, Ausbildung, Familienstand, Körpergewicht, Alkoholkonsum, berufliche Belastung und Ernährung können jeweils unterschiedliche Einflüsse haben. In der Studie aus USA [18] wird angegeben, dass alle diese Störgrößen berücksichtigt sind, ohne jedoch Fehlerbreiten für die Korrektur anzugeben. Zweifelhaft bleibt ob die Korrektur die realen Verhältnisse wiedergibt. Vergleich mit anderen Risikofaktoren Bei der Suche nach den Ursachen für Todesfälle generell sind die wesentlichsten Risikofaktoren weltweit in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit ermittelt worden [23]. Weltweit ergibt sich dabei für die Gesamtmortalität das folgende Ranking: 219 <?page no="228"?> Hoher Blutdruck mit 7100 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 12,7 % Tabakkonsum mit 4900 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 8,8 % Hohes Cholesterin mit 4300 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 7,7 % Untergewicht der Mutter/ Kind mit 3800 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 6,8 % Ungeschützter Geschlechtsverkehr mit 2900 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 5,2 % Unterversorgung Obst/ Gemüse mit 2800 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 5,0 % Übergewicht mit 2700 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 4,8 % Bewegungsmangel mit 2000 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 3,6 % Alkohol mit 1900 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 3,4 % Unreines Wasser mit 1820 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 3,3 % Innenrauch mit 1780 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 3,2 % Eisenmangel mit 1750 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 3,1 % Urbane Luftverunr. mit 900 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 1,6 % Zinkmangel mit 850 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 1,5 % Vitamin-A-Mangel mit 800 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 1,4 % Unreine Spritzen mit 600 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 1,1 % Partikel mit 500 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 0,9 % Verletzungen mit 400 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 0,7 % Bleiexposition mit 300 Tsd von Gesamt 55 861 Tsd = 0,5 % Im Hinblick auf die Verkürzung der Lebenserwartung kommt Luftverschmutzung unter den ersten 20 Ursachen nicht vor, bei der Mortalität erst am 13.Platz der Liste mit 1,6 % der weltweiten Gesamtmortalität. Dabei handelt es sich um eine weltweite Betrachtung, bei der die Luftqualität vieler Mega-Städte, wie Sao Paulo, Kairo, Dehli, Kalkutta, Peking, Mexiko City mit bei weitem höheren Belastungen eingeht. Dazu kommt noch, dass Dieselpartikel eine Untermenge der Luftverschmutzung darstellt. Gesamtpartikel landen mit 0,9 % auf Platz 17. Eine andere Abschätzung [24] sieht für die Luftverschmutzung einen maximalen Anteil von 1,2 % vor. Für industrialisierte Länder ist die Reihenfolge teilweise anders: Tabakkonsum 12 % Bluthochdruck 11 % Alkoholkonsum 9,3 % Hohes Cholesterin 8 % Übergewicht 7,5 % Obst/ Gemüse-Defizit 4 % Bewegungsmangel 3,5 % Illicit Drogen 2 % Ungeschützter Geschlechtsverkehr 1,4 % Eisenmangel 1,3 % Die vier wesentlichsten Gründe sind generell das Rauchen, Bluthochdruck, Alkohol und erhöhte Cholesterinwerte. Es wird bezweifelt, dass Partikel oder eine Unterfraktion PM 10 oder PM 2,5 einen messbaren Einfluss haben können. Ein aktuelleres Ranking findet sich für die Europäischen Regionen der WHO im Gesundheitsbericht 2009 [29] mit der Meßgröße DALY=Behinderungen bereinigter Lebensjahre (Lebensjahre, die durch vorzeitigen Tod verlorengehen und Lebensjahre, in denen die Gesundheit durch Krankheit oder Behinderung eingeschränkt ist). 220 <?page no="229"?> Verlorene DALY aufgrund der 25 wichtigsten Ursachen Bevölkerung (in Tausend): 883 311. (aus The global burden of disease: 2004 update) Auch hier fehlt der Zusammenhang mit einer schlechten Luftqualität. In Deutschland nimmt beispielsweise die Lebenserwartung seit Jahren zu. Laut Statistischem Bundesamt lag die Lebenserwartung 1992 durchschnittlich noch bei 72 Jahren, in 2000 bereits bei 79 Jahren. Die kalkulatorische Lebenserwartung eines 50-jährigen liegt bei Frauen bei 94 Jahren, bei Männern bei 90 Jahren. 1990 waren dies noch 90 Jahre bzw. 85 Jahre. 20-jährige Frauen können 99 Jahre erwarten, 20jährige Männer 95 Jahre. 1990 waren dies noch 95 Jahre bzw. 87 Jahre. Zusammenfassung und Schlussfolgerung Neue Diesel-Pkw sind mit Dieselrußfilter ausgerüstet. Die Rußpartikelemission der gesamten Dieselflotte wird damit weiter abnehmen und den seit Jahren rückläufigen Trend der Ruß-Luftqualität fortsetzen. Wenn PM 10 -Konzentrationen und PM 2,5 - 221 <?page no="230"?> Konzentrationen diesem rückläufigen Trend nicht folgen ist dies ein klarer Beweis dafür, dass für PM 10 und für PM 2,5 andere Quellen hauptsächlich verantwortlich sind. Angaben zu Korrelationen und Assoziationen von Gesundheitsbeeinträchtigungen, zu Verlust an Lebenszeit oder Todesfälle in Deutschland mit der PM 10 - und PM 2,5 - Luftqualität sind fraglich und bedürfen einer fundierteren Absicherung. Bei den vorliegenden Behauptungen werden epidemiologische Assoziationen aus USA auf Deutschland übertragen, ohne die tatsächlichen Verhältnisse bei uns zu berücksichtigen. Damit sind die Zahlen zwar medienwirksam, nicht jedoch wissenschaftlich haltbar. Literatur [01] UBA, „Luftqualitätskriterien für Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe“, Schmidt-Verlag, 1975, Berlin [02] Grimmer G. et al., Probenahme und Analytik polycyclischer aromatischer Kohlenwasserstoffe in Kraftfahrzeugabgasen“, Erdöl, Erdgas und Kohle, 25 (1972), S.531 [03] Metz N., SAE 871987, „Round Robin Testing for selected unregulated exhaust emissions”, PC-Meeting 19. 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This article analyses success, preconditions and consequences of the development in the US and tries to integrate them into the broader global picture of resource depletion. Kurzfassung Seit einigen Jahren wird die amerikanische Energierevolution medial verbreitet, die den USA eine baldige Energieunabhängigkeit ermöglichen werde. Grundlage dieser Hoffnungen ist die Erschließung unkonventioneller Öl- und Gasvorkommen mittels der Stimulierung der Bohrungen. Der Artikel beschreibt die Erfolge, Voraussetzungen und Folgen dieser Entwicklung in den USA und versucht, diese in den globalen Zusammenhang einzuordnen. 1. Einleitung Die aktuelle Diskussion um eine Diversifizierung der Energieimportabhängigkeit Deutschlands geht auch darum, inwieweit die Erdgasabhängigkeit von Russland durch eine Neuorientierung der Importstaaten reduziert werden kann. Seit dem World Energy Outlook 2012 der Internationalen Energieagentur wird vor allem die zügige Erschließung unkonventioneller Gasreserven in den USA als Beginn einer neuen Ära der Versorgung mit fossilen Energieträgern thematisiert, auch wenn dies durch den letzten World Energy Outlook 2013 wieder relativiert wurde [1, 2]. So wird auch diskutiert, dass die USA mit künftigen Exportmengen Europa unabhängiger von anderen Bezugsquellen machen könnten. Doch auch die heimische Erdgasförderung könne durch die zügige Erschließung der großen erhofften unkonventionellen Erdgasvorräte nochmals einen wichtigen Beitrag leisten. Sind das tatsächlich energiepolitische Optionen, die Europa ein Stück Unabhängigkeit bringen können? Dieser Fragestellung wird in diesem Beitrag nachgegangen. 224 <?page no="233"?> 2. Charakteristika der unkonventionellen Erdgasförderung Unkonventionelle Erdgasvorkommen sind per Definition technisch aufwändiger und kostenintensiver in der Erschließung als konventionelle Vorkommen. Dies ist dadurch bedingt, dass der Gasgehalt je Tonne Gestein geringer als in konventionellen Lagerstätten ist. Erdgas im Schiefergestein konnte nicht vom Ort der Entstehung entweichen, da das Gestein zu dicht ist. Die Fließfähigkeit ist so gering, dass man es erst fördern kann, wenn man einen Zugang geschaffen hat, indem man das Gestein aufreißt, um möglichst großen Flächenkontakt mit dem eingeschlossenen Gas zu erhalten. Zudem sind entsprechende Gesteinsschichten oft sehr schmal; man muss mit einer horizontalen Bohrung innerhalb dieser Schicht einen möglichst großen Bereich erschließen. Solche komplexen Bohrungen sind wesentlich teurer als konventionelle Bohrungen, über die bei Druckentspannung das entweichende Gas gefördert wird. Durch die geringe Fließfähigkeit des Gases in unkonventionellen (insbesondere Schiefergas-) Lagerstätten erreicht man mit einer einfachen Bohrung nur sehr wenig Erdgas. Erst die aufwändige Erhöhung des Oberflächenkontaktes mittels stimulierter Bohrungen ergibt halbwegs akzeptable Förderraten. Allerdings lässt der Förderdruck in diesen Bohrungen sehr schnell nach. Diese Effekte zusammen ergeben ein Förderprofil, wie es für Schiefergasförderbohrungen typisch ist: Zu Förderbeginn erhält man die höchste Förderrate von einigen zig-tausend m³-Tagesförderleistung. Diese lässt mit einer Rückgangrate von mehreren Prozent pro Monat stetig nach. Oft summiert sich dieser Förderabfall einer einzelnen Bohrung zu 40-80 Prozent im ersten Jahr. Man muss den Förderbeitrag einer Bohrung also regelmäßig durch weitere neue Bohrungen ersetzen. Bei monatlich konstanter Investition in neue Bohrungen wird die Förderung stagnieren, sobald der Förderrückgang der bereits aktiven Bohrungen so groß wird wie der Förderbeitrag der neu hinzukommenden Bohrungen. Sind die neu hinzukommenden Bohrungen auch weniger ergiebig, wie das bei der Erschließung einer ganzen Region typisch ist, lassen die Investitionen nach oder steigen die Erschließungskosten, dann wird auch sehr schnell die Förderung der gesamten Region wieder zurückgehen. Dass dies nicht nur Theorie ist, können wir gerade in den USA beobachten. 3. Schiefergasförderung in den USA Einige Jahre war der Barnettshale in Texas die ergiebigste Erdgasschieferformation in den USA. In einem Gebiet von etwa 13.000 km² wurden in den vergangenen fünfzehn Jahren über 17.000 Bohrungen abgeteuft, im Mittel mehr als eine Bohrung je km² [3]. Im Jahr 2012 erreichte die Förderung mit fast 60 Mrd. m³den Höhepunkt. Der Förderbeitrag je Bohrung betrug 3,5 Mio. m³/ a. Bis Januar 2014 nahmen weitere 800 Bohrungen die Förderung auf. Doch die Förderung ist bereits um 20 Prozent gefallen, der Förderbeitrag je Sonde betrug im Januar 2014 hochgerechnet auf das ganze Jahr nur noch 2,8 Mio. m³. Ab dem Jahr 2009 galt Haynesville in Louisiana als ergiebigste Schieferformation. Es wurden mit im Mittel 10 Mio. USD je Bohrung Investitionskosten wesentlich teurere Bohrungen. Nach nur drei Jahren stagnierte die Förderung auf einem Maximum in den Jahren 2011 und 2012. Im Jahr 2013 war sie bereits um 30 Prozent gefallen, obwohl mit fast 2.300 aktiven Förderbohrungen ein neuer Rekord erreicht war [4, 5]. Heute sind fast alle US-Schiefergasformationen im Förderrückgang. Dieser wird nur 225 <?page no="234"?> noch durch die Ausweitung in der Marcellus-Formation vor allem in Pennsylvania ausgeglichen [6]. Doch auch hier kommt die Förderung an ein Maximum, 2014 wird möglicherweise weniger gefördert als im Vorjahr. In den vergangenen fünf Jahren waren die Gaspreise zu niedrig. Fast alle Firmen investierten mehr in die Bohrungen, als sie durch den Gasverkauf erlösten. Doch damit wurde eine neue Phase eingeleitet. Die steigenden Investitionsausgaben bei niedrigen Gaspreisen schmälern auch die Dividende der Aktionäre [7]. Und diese reagieren. Sie haben das Budget für Schiefergas- und Öl-Bohrungen in den USA deutlich reduziert. Shell beschreibt das im Strategic Report 2013 mit: “Ab 2014 werden tight-Gas und ölreiche Schiefer in unserer Strategie eine andere Rolle spielen. Wir sehen sie jetzt eher als langfristige Chance und nicht für die unmittelbare Zukunft. In unseren Bemühungen die finanzielle Performance zu verbessern, werden wir die Zahl dieser Projekte in unserem nordamerikanischen Portfolio reduzieren [8].” ExxonMobil formulierte das auf dem 2014 Analyst Meeting knapper: ”Das Mittel der Wahl zur Verbesserung der Ertragslage je Produktionseinheit ist die Minimierung des Kapitaleinsatzes für nordamerikanisches Gas [9].” Chesapeake bestätigte am 26.Februar 2014 auf der Investorenkonferenz eine Reduktion der Gesamtinvestitionen im Jahr 2014 um etwa 60% verglichen mit dem Mittelwert der Jahre 2010-2012 [10].“ 4. Umweltaspekte der Schiefergasförderung in den USA Der Fracking-Boom in den USA hat vermutlich nach nur wenigen Jahren den Höhepunkt erreicht und wird in den folgenden Jahren wieder nachlassen, da steigende Kosten, reduzierte Investitionen und die Erschöpfung der ergiebigsten Schiefergasvorkommen die Förderung zunehmend beeinträchtigen. Die erhoffte Importunabhängigkeit blieb aus. Die Öl- und Gasfirmen haben sich finanziell verausgabt. Doch was am Ende bleiben wird, sind enorme Umweltschäden. Diese wurden bereits vielfach beschrieben und dokumentiert [11]. Trotz vieler Berichte, Proteste und empirischer Untersuchungen gibt es bisher nur wenige Berichte, die schwerwiegende Unfälle explizit konkreten Bohrungen zuordnen und fehlerhaftes Verhalten mit Schadenersatzansprüchen nachweisen und durchsetzen konnten, die über seitens der Behörden geahndete nachgewiesene Regelverstöße und Verschmutzungen hinausgehen [12]. Aufsehen erregte im September 2008 der Bericht einer staatlichen Untersuchungskommission, in dem die Explosion eines Hauses in in Ohio konkret dem Eindringen von Erdgas aus einer schadhaften Bohrung in den Grundwasseraquifer zugeordnet werden konnte, aus dem die Wasserversorgung gespeist wurde [13]. Im April 2014 wurde jetzt erstmals in einer privaten Klage ein Gasförderunternehmen zu einer Zahlung von mehreren Millionen US-Dollar an eine Familie verurteilt. Klagegegenstand war die gesundheitliche Beeinträchtigung der Familie durch die Bohraktivitäten der Firma [14]. Diese erste gerichtlich von einer Privatperson erwirkte Schadensersatzzahlung könnte weitreichende Folgen auf künftige Firmenaktivitäten haben, da deren finanzielle Risiken damit deutlich zunahmen. Die Klimarelevanz der mit stimulierten Bohrungen verbundenen Treibhausgasemissionen wurde in der Vergangenheit oft mit konventionellen Bohrungen gleichgesetzt und in der Dimension als gering eingestuft, obwohl es immer wieder entsprechende anderslautende Hinweise gab. Neuere mit in Flugzeugen installierten Lasern durchgeführte in-situ Messungen der Methanemissionen aus einzelnen Bohrungen oder 226 <?page no="235"?> über Bohrgebieten zeigen, dass diese Methanemissionen deutlich höher sind als in den von der Umweltbehörde durchgeführten Berechnungen der Klimawirksamkeit von Erdgas angenommen wird. Zwischen 6 und 12% Emissionen des geförderten Gases wurden aus dem atmosphärischen Konzentrationsprofil über der Uintah Formation in Utah ermittelt [15]. Hochrechnungen der neueren Messergebnisse legen nahe, dass die Substitution von Kohle durch Erdgas keine klimarelevanten Emissionsvorteile bietet [16]. 5. Voraussetzungen des Fracking-Booms in den USA Die schnelle Ausweitung der Erdgasförderung mittels stimulierter Bohrungen in Schiefergasformationen in den USA wurde durch mehrere Aspekte begünstigt: Steigende Preise seit dem Jahr 2000 stimulierten attraktive Investitionen. Die Optimierung zielgerichteter horizontaler Bohrungen erlaubte die Erschließung auch weniger ergiebiger Formationen. Die Änderung finanztechnischer Regularien der amerikanischen Börsenaufsicht (SEC) erlaubte die Verbuchung nichtkonventioneller Vorräte als Reserven. Letztlich aber sorgte die Aufweichung von Umweltstandards für das schnelle und kostengünstige Abteufen neuer Bohrungen auch in kritischen Regionen. Erste finanzielle Anreize für unkonventionelle Bohrungen wurden bereits in den späten 1970 Jahren gegeben. Als Kriterium steuerlicher Anreize wurde die Durchlässigkeitsgrenze des Gesteins mit 0,1 Millidarcy festgesetzt [17]. Auch wenn der Übergang zwischen konventionellen und unkonventionellen Gasvorkommen fließend ist, so hat sich seither diese Markierung zur Abgrenzung etabliert. Breite politische Unterstützung erhielt die Fördertechnologie im Jahre 2001 im Rahmen der Nationalen Energiepolitik (National Energy Policy), die unter der Federführung von Dick Cheney von der „Energy Task Force“ unter der Bush-Administration verabschiedet wurde. Im Dezember 2003 unterzeichneten die US Umweltbehörde und die Unternehmen BJ Services, Halliburton und Schlumberger eine Vereinbarung, auf Dieselderivate zur Injektion bei stimulierten Bohrungen zu verzichten. Diese Vereinbarung wurde zur Voraussetzung dafür, dass die Umweltbehörde in einer Umweltverträglichkeitsstudie im Jahr 2004 formulierte, dass „der Prozess des Stimulierens von Bohrungen kein Risiko für das Grundwasser darstelle“ [18]. Auf dieser Aussage der Umweltbehörde wiederum wurde die Befreiung der US-Öl- und Gasbohraktivitäten von den Regularien des Gesetzes zur Sicherung des Trinkwassers (Safe Drinking Water Actes) begründet, wie sie im Energy Policy Act 2005 dann gesetzlich festgelegt wurde [19]. Die Gasindustrie muss gemäß dieser Gesetzesänderung den Behörden gegenüber keinerlei Rechenschaft ablegen über die hierbei verwendeten Chemikalien, deren Zusammensetzung und Auswirkungen. Diese Befreiung von der gesetzlich vorgeschriebenen Überwachung entzog auch der Umweltbehörde die Legitimation, diese Aktivitäten zu beobachten und zu bewerten. Die Verflechtungen des damaligen Vizepräsidenten D. Cheney, der diese Gesetzesänderungen maßgeblich vorantrieb, mit der Kohlenwasserstoffwirtschaft gingen in die US-Presse als „Halliburton Schlupfloch“ ein [20]. Obwohl in der Zwischenzeit eine Vielzahl von Verstößen gegen das Verbot des Einsatzes von Dieselderivaten beim Fracking nachgewiesen werden konnte und mehrere Versuche unternommen wurden, die Gesetzeslage zu verschärfen, blieben diese bisher erfolglos [21]. Letztlich waren aber auch USA-spezifische finanztechnische Instrumente eine wesentliche Voraussetzung des Fracking-Booms in den USA. Beispielsweise erwarben die frühen im Schiefergasgeschäft aktiven Firmen frühzeitig viele Bohrrechte auf 227 <?page no="236"?> Kreditbasis. Der Hauptakteur Chesapeake häufte auf diese Weise beispielsweise über 40 Mrd. US-Dollar an Verbindlichkeiten an. Nach der US-Finanzkrise im Jahr 2009 brach der Gaspreis ein, die Förderkosten stiegen über die Gasverkaufserlöse an. Die Firmen kompensierten diese Defizite durch den Verkauf von Bohrrechten an externe, vorwiegend internationale, Investoren: Im Jahr 2010 erwarb ExxonMobil die Firma XTO Energy für ca. 40 Mrd. US-Doller; Ein Jahr darauf verkaufte Chesapeake seine Anteile am Fayetteville-Schiefergasvorkommen für fast 5 Mrd. US-Dollar an BHP-Biliton. Im Jahr 2010 wechselten entsprechende Anteile im Wert von mehr als 50 Mrd. US-Dollar den Besitzer. Diese Aufbruchsstimmung wurde gezielt mit euphorischen Medienberichten geschürt, wie unabhängige Finanzberater beschreiben [22, 23] und die von der New York Times veröffentlichten Dokumente belegen [24] 6. Einordnung und globale Perspektive In den USA vollzieht sich mit der Reduktion der Investitionen in die Exploration und Produktion der Öl- und Gasfirmen die dritte Phase der Erschöpfung der weltweiten Kohlenwasserstoffvorräte: War die erste Phase durch das Fördermaximum der Nordsee und eine Welle an Firmenfusionen mit seit 2001 nachfolgendem Preisanstieg gekennzeichnet, so begann die zweite Phase mit dem Fördermaximum der großen an der Börse notierten Ölfirmen um 2003. Gegenüber der Phase vor 2003 haben sich deren Investitionen in Exploration und Förderung Vervielfacht, deren Förderung ist seit 2003 dennoch in Summe um etwa 20 Prozent gefallen. Extrem fällt dies bei der Firma Shell auf, deren Ölförderung um etwa 40% gegenüber 2003 zurückgegangen ist, obwohl die Explorations- und Förderausgaben versechsfacht wurden. Investiert wurde vor allem in teure offshore-Förderung und nichtkonventionelle Öl- und Gasförderung in den USA und Kanada. Die dritte Phase beginnt nun damit, dass die Investitionen in diese Aktivitäten zurückgefahren werden - die Aktionäre treten auf die Bremse, sie bevorzugen Renditeerwartungen bei reduzierter Förderung. Dieser Phase wird fast unvermeidlich ein Förderrückgang folgen, der wieder zu einem Preisanstieg führen wird. Somit wird es ein Weg zwischen Skylla und Charybdis werden: Steigen die Preise zu sehr, dann wird das entsprechende ökonomische Konsequenzen auf die Wirtschaft haben. Steigen sie zu wenig, dann werden die Öl- und Gasfirmen ihre Investitionen und damit die Förderung reduzieren. Und in Deutschland? Bisher herrscht ein Moratorium (wie auch z.B. in Frankreich und Bulgarien), nicht mit umweltrelevanten Chemikalien zu fracken. Aber schon heute wird deutlich, dass die Firmen es nicht hierbei belassen wollen. Dabei sind die Fördervoraussetzungen in Deutschland wesentlich ungünstiger als in den USA: Die Bevölkerungsdichte ist ungleich höher als in den entsprechenden Regionen in Norddakota, Pennsylvania oder Südtexas mit oft weniger als einem Einwohner je km². Landnutzungskonkurrenzen und Konflikte mit Anwohnern sind unvermeidlich. Zunächst ist das steigende Interesse der Erdgasindustrie an entsprechenden Aktivitäten als Eingeständnis dafür zu werten, dass die konventionellen Vorräte zu Ende gehen, und dass die Industrie mittel- und langfristig mit stark steigenden Erdgaspreisen in Europa rechnet. Andernfalls würden natürlich weiterhin leichter und kostengünstiger zu erschließende konventionelle Gasfelder erschlossen. Tatsächlich geht die Erdgasförderung in Europa seit der Jahrtausendwende zurück - ohne Norwegen sogar um mehr als 50 Prozent. Auch in Deutschland geht die Gasförderung seit der 228 <?page no="237"?> Jahrtausendwende um bisher 60 Prozent. Die deutschen Gasreserven sind ebenfalls deutlich gefallen. Würde die Gasindustrie nicht mit steigenden Gaspreisen rechnen, dann würde sie kaum größere Investitionen in die Erschließung unkonventioneller Vorkommen riskieren. Voraussichtlich wird der mögliche Beitrag gering bleiben. Allein die Verfügbarkeit an Bohranlagen würde nicht mehr als einige Dutzend Bohrungen pro Jahr erlauben. Ungeachtet abgeschätzter Potenziale bliebe damit der Beitrag zur deutschen Gasversorgung marginal. Ob es nun unter 1 Prozent bliebe oder ein paar Prozent erreichte, wenn intensiv gefrackt würde, das bleibt gleich und bietet keine Basis für eine langfristige Strategie in die Unabhängigkeit und in die Nachhaltigkeit. 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Strategic Report, 31. Dezember 2013. [9] ExxonMobil, 2014 Analyst Meeting, Februar. [10] Chesapeake Investorenkonferenz 26. Februar 2014. [11] Lechtenböhmer, S., Altmann, M., Capito, S., Matra, Z., Weindorf, W., Zittel, W., 2011: Auswirkungen der Gewinnung von Schiefergas und Schieferöl auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung A: Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik. Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, IP/ A/ ENVI/ ST/ 2011-07 [12] Fractured Communities. Case studies of Environmental Impacts of Industrial Gas Drilling. Riverkeeper. September 2010. Siehe http: / / www.riverkeeper.org/ wp-content/ uploads/ 2010/ 09/ Fractured- Communities-FINAL-September-2010.pdf (30 April 2014) [13] Report on the Investigation of the Natural Gas Invasion of Aquifers in Bainbridge Township of Geauga County, Ohio. Ohio Department of Natural Resources, Division of Mineral Resources Management. September 1, 2008 229 <?page no="238"?> [14] Amaro, J. 2014: Jury In Fracking Lawsuit Awards Texas Family Nearly $3 Million. Siehe http: / / www.oilgaslawsuits.com/ jury-in-fracking-lawsuit-awards-texasfamily-nearly-3-million/ (26. April 2014). [15] Caulton, D.R., Shepson, R., Santoro, R.L., Sparks, J.P., Howarth, R., Ingraffea, A.R., Cambaliza, M.L., Sweeny C., Karion, A., Davis, K.J., Stirm, B.H., Montzka, S.A., Miller, B.R., Towards a better understanding and quantification of methane emissions from shale gas development. In: PNAS early edition. http: / / www.pnasorg/ cgi/ doi/ 10.1073/ pnas.1316546111 (30. April 2014) [16] Karion, A,. Sweeny, C., Petron, G., Frost, G., Hardesty, R.M., Kofler, J., Miller, B.R., Newberger, T., Wolter, S., Banta, R., Brewer, A., Dlugokencky, E., Lang, P., Montzka, A., Schnell, R., Tans, P., Trainer, M., Zamora, R., Conley, S., Methane emissions estimate from airborne measurements over a western United States natural gas field. In: Geophysical Research Letters, vol. 40, No. 16, 27. August 2013, DOI: 10.1002/ grl.50811 [17] Holditch, S.A.: Tight Gas Sands. In: Journal of Petroleum Technology, vol 58, Nr. 6 (2006). Pp. 86-93. [18] Lustgarten, A.: EPA launches national study of hydraulic fracturing. In: Pro Publica, 18. März 2010. Siehe http: / / www.propublica.org/ article/ epa-launchesnational-study-of-hydraulic-fracturing. (30. Januar 2014) [19] Energy Policy Act, Sec. 322 (Hydraulic Fracturing) vom 8. August 2005. [20] Das Halliburton Schlupfloch (The Hallyburton Loophole). Kommentar in der New York Times vom 3. November 2009. Siehe http: / / www.nytmes/ 2009/ 11/ 03/ opinion/ 03tue3.html (30.Januar 2014). [21] Waxman, H., Markey, D.; Memorandum to Members oft he Subcommittee on Energy and Environment oft he House of Congress Examining the Potential Impact of Hydraulic Fracturing. Memorandum vom 18. Februar 2010. Siehe http: / / democrats.energycommerce.house.gov/ Press_111/ 20100218/ hydraulic_fr acturing_memo.pdf (30. Januar 2014). [22] Rogers, D.: Shale and Wall Street: Was the decline in natural gas prices orchestrated? In: Energy Policy Forum, Februar 2013. [23] Der Mythos vom billigen Gas. Bankhaus Rott, Artikel vom 14. April 2014. Siehe http: / / www.rottmeyer.de/ der-mythos-vom-billigen-us-gas-i/ (20. April 2014) [24] Leaked industry documents, New York Times. Sammlung seit 2009 von e-mails und Dokumenten. Siehe http: / / www.nytimes.com/ interactive/ us/ natural-gasdrilling-down-documents-4-intro.html? _r=0. (30. Januar 2014) 230 <?page no="239"?> Autorenverzeichnis Prof. Dr. Ing. Norbert Metz hat Verfahrenstechnik an der Technischen Universität in München studiert und promoviert. Er hat in seiner Industrietätigkeit für die Firmen Sick in München, Daimler-Benz in Stuttgart und BMW in München auf dem Gebiet der Abgasemissionen, ihrem Einfluss auf die Luftqualität und ihre Wirkungen gearbeitet. Er war Mitglied in nationalen und internationalen umweltrelevanten Expertengremien und Arbeitsgruppen, hat Vorlesungen an der Uni München und Coburg gehalten und ist 2008 an der Hochschule Coburg zum Honorarprofessor ernannt worden. Heute leitet er das Ingenieurbüro Emitrade München-Herrsching. Dipl. Ing. Sebastian Dörr hat Maschinenbau studiert und 1986 zunächst in einer kleinen Tuningfirma gearbeitet bevor er ein Jahr später Produktmanager und Verkaufsleiter für Schmierstoffe im Automobilsektor wurde. Seit 2001 ist er selbstständiger Direktor der Lubtrading GmbH mit den Schwerpunkten Basisöle, Beratung und erneuerbare Kraftstoffaktivitäten für die finnische Neste Oil Corporation. Dr. Thomas Garbe hat 1998 sein Chemiestudium beendet und ist seitdem bei der Volkswagen AG beschäftigt. Parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit hat er 2001 zum Dr.rer. nat. promoviert. Er hat verschiedenen Positionen in der Firma wahrgenommen und ist heute Teamleiter für Kraftstoffe in der Motorenentwicklung der Volkswagen AG in Wolfsburg. Seit 2003 hält er Vorlesungen an der Hochschule Coburg bei der Fakultät für angewandte Naturwissenschaft ab. 231 <?page no="240"?> Dr. Stefan Gilge hat Chemie an der RWTH Aachen studiert und promoviert und ist seit 1994 Dezernent am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg des Deutschen Wetterdienstes. Er hat an zwei Expeditionsfahrten mit der MS Polarstern teilgenommen und doziert am Global Atmosphere Watch Training und Education Centre der World Meteorology Organization in der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus auf der Zugspitze über Ozon, NOx und SO 2 . Seit 2010 ist er Mitglied in der Scientific Advisory Group for Reactive Gases (SAG/ RG) von GAW/ WMO und im wissenschaftlichen Beirat des österreichischen Observatoriums Sonnenblick der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in den Hohen Tauern. Dr. Werner Hofegger hat an der Technischen Universität Graz Wirtschaftsingenieurwesen-Maschinenbau studiert. Anschließend war er bei der AVL List GmbH in Graz studentischer Mitarbeiter und hat an der TU Graz promoviert. Von 1995 bis 2001 arbeitete er als Umweltmanager bei der Austriamicrosystems AG südlich von Graz. 2001 hat er zur AVL List GmbH gewechselt und ist leitender Ingenieur für Emissionsgesetzgebungen weltweit und Informations Services. Dr. Richard Schlachta hat Chemie an der Technischen Universität München studiert und auf dem Gebiet der physikalischen Chemie promoviert. Seine berufliche Karriere begann er 1992 beim Bayerischen Landesamt für Umweltschutz, bald als stellvertretender 232 <?page no="241"?> Referatsleiter für den anlagenbezogenen Umweltschutz, 2005 wechselte er in das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz als stellvertretender Referatsleiter für Luftreinhaltung und Anlagensicherheit und ganz aktuell leitet er seit Februar 2014 das Sachgebiet technischer Umweltschutz bei der Regierung von Oberbayern mit den Schwerpunkten Abfallwirtschaft, Lärmschutz (Luftreinhalte-/ Lärmaktionsplanung), BImSchG-Anlagen, Störfall-Verordnung und Gentechnik. Dr. Olaf Schröder hat an der Technischen Universität Braunschweig Studiert und promoviert. Er ist Mitarbeiter am Technologietransferzentrum Automotive der Hochschule Coburg TAC und baut aktuell einen modernen Prüfstand für Dieselmotoren auf, an dem künftig Tests mit modernen Biokraftstoffen durchgeführt werden können. Dr. Andreas Skouloudis hat Maschinenbau und Strömungslehre studiert anschließend in Physik promoviert. Seit 1986 leitete er bei der Europäischen Kommission in ISPRA zunächst den Sektor „Urban Impact Assessments“ und jetzt koordiniert er die multidisziplinäre Forschung zur Erfassung der Schlüsseleinflussfaktoren auf die menschliche Gesundheit und die Erprobung innovativer und neuaufkommender Technologien im Hinblick auf die Effizienz gesetzlicher Entscheidungen. Für die World Health Organisation WHO, die SANCO (Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher der Europäischen Kommission), die CNECT dem „Directorate General for Communications Networks, Content and Technology“ und dem „Directorate Environment“ ist er als wissenschaftlicher Ratgeber aktiv. Er war maßgeblich bei den beiden Auto-Oil-Programmen der Kommission mit der Auto-und Ölindustrie beteiligt und er organisiert darüber hinaus internationale Symposien zu diesen Themen. 233 <?page no="242"?> Dr. Joachim Sumpf hat 1977 an der TU Berlin das Maschinenbaustudium mit den Schwerpunkten Fahrzeugsicherheit und Unfallforschung abgeschlossen. Nach seinem zweiten Staatsexamen wurde er Amtlicher Sachverständiger für Fahrzeughomologation, Fahrerlaubnis und Fahreignung und trat 1979 bei der BMW AG in München ein zunächst als Leiter der Gruppe Unfallforschung und Verkehrstechnik, danach war er zuständig für Internationale Zulassungen und Analysen der Gesetzgebung im Vorfeld, inklusive der neuen Regelungen. Von 1987 bis 1990 war Unfallforschung und Verkehr sowie Diebstahlschutz sein Betätigungsfeld, danach war er Ansprechpartner für Politik und NGO´s zu den Themen Verkehr und Umwelt inklusive dem Erstellen von Studien und Expertisen zu den Themen Stau, Verkehrsinfrastruktur, öffentlichem Verkehr, Neuen Technologien, sowie einem Periodikum zur Geschichte der Fahrzeuginnovationen. Zuletzt arbeitete er in der Konzernstrategie und hat zum Abschluss seiner Berufstätigkeit 2008 noch promoviert. Dr. Werner Tober hat an der Fakultät Maschinenbau der Technischen Universität Wien Betriebstechnik und Projektmanagement studiert und promoviert. 1996 begann er als Assistent der Geschäftsführung eines Mehrmarkenhauses bevor er 2006 wissenschaftlich am Institut für Fahrzeugantriebe & Automobiltechnik der Technischen Universität Wien für die Bereiche Verkehr und Umwelt, strategische Trendanalysen, Gesamtfahrzeuganalysen, Elektromobilität und Vehicle Standards Development tätig wurde. Seit 2008 leitet er das Sachverständigenbüro TOBER zur Erstellung von Privat- und Gerichtsgutachten in den Fachgebieten Verkehrsunfallrekonstruktion, KFZ-Wesen und Handel mit KFZ. 234 <?page no="243"?> Dr. Rainer Vogt hat in Kiel Chemie studiert und 1992 in Physikalischer Chemie promoviert. Es folgte 1992-1995 ein Post-doc-Studium an der University of California Irvine. Bei der Rückkehr aus USA übernahm er die Stelle eines Senior Wissenschaftlers am Max- Planck-Institut für Chemie in Mainz und hat sich 2002 an der Universität Wuppertal habilitiert. Neue Abgasmessmethoden und unregulierte Emissionen, zukünftige Kraftstoffe und Fragen zur Luftqualität gehören zu seinem Spezialgebiet. Dr. Rainer Vogt leitet die Partikelmeßtechnik im FORD Forschungszentrum in Aachen. Dipl. Ing. Andrea Wellhöfer hat an der Hochschule Coburg Maschinenbau mit dem Studienschwerpunkt Umwelttechnik studiert und ist seitdem im Bayerischen Landesamt für Umweltschutz tätig. Sie arbeitete in den Bereichen Luftreinhaltung bei der Holzindustrie, Katalysatorwerken und Chemieanlagen, Lärmschutz, seit 2009 leitet sie verschiedene Referate wie Lärmschutz bei Anlagen und in der Planung, Elektromagnetische Felder und Freizeitlärm, seit 2013 das Referat Luftreinhalteplanung und Verkehr. Für die Bauingenieure an der Fachhochschule Augsburg hatte sie zehn Jahre lang den Lehrauftrag „Lärmschutz an Verkehrswegen“ übernommen. 235 <?page no="244"?> Dr. Werner Zittel hat an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Physik studiert und an der Technischen Universität Darmstadt promoviert. Danach hat er am Institut für Technische Thermodynamik der DFVLR in Stuttgart und dem Fraunhofer Institut für Festkörpertechnologie geforscht bevor er zur Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH wechselte. Er beschäftigt sich mit der Analyse von Potenzialen und Versorgungsmöglichkeiten mit fossilen Brennstoffen und Energieverbrauchsanalysen und deren Umsetzung. Er ist ehrenamtlicher Vorstand der Ludwig-Bölkow-Stiftung, Ottobrunn und Mitglied in verschiedenen Energie- und Fachbeiräten, sowie Vorstandsmitglied von ASPO-Deutschland (Association for the Study of Peak Oil and Gas). 236 <?page no="245"?> Dr.-Ing Elek Antr für H Elek Das ko Antrieb für den 2014, 47 78,00 €, ISBN 97 Zum Buc Der Them zu einem zeugherst der relativ zögerlich für Stadtb Im PKWelektrisch werden. B auf ca. 25 Ferner is maschine zeugbere zeugen im zahlen, sp Stecker u eine nicht Die richti technolog Die Inter Führungs (PKW/ NK biltechnik- Elektrisch systeme, und Mech schen Un einschläg Die Auto Die Beträ verfasst, i innovative neue Tren g. 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