Innovationskraft steigern mit LOBIM
Eine praxisnahe Methodenkopplung von TRIZ und Bionik – Entwicklung und Konstruktion; Maschinen und Maschinenelemente
1230
2016
978-3-8169-8325-5
978-3-8169-3325-0
expert verlag
Nick Eckert
Das vorliegende Buch bietet dem Leser eine Vielzahl von Lösungsangeboten anhand innovativer Grundprinzipien aus Natur und Technik. Die klassischen 40 TRIZ Grundprinzipien werden durch bionische Prinzipien zu einer sehr einfachen, neuen Methode erweitert und anhand von Beispielen erklärt. Das Buch soll außerdem zu Innovation motivieren und Mut machen. Dazu wird erklärt, dass Innovation ein immanenter Bestandteil der natürlichen und menschlichen Evolution ist. Durch neueste Erkenntnisse der Kreativitätsforschung und anhand von Erfinderbiografien wird versucht, die innovative Persönlichkeit und den kreativen Prozess zur erklären. Es wird auf die Rahmenbedingungen für ein innovatives Klima ebenso eingegangen, wie auf die Notwendigkeit neuer Innovationsmethoden. Inhalt: - Chemische, biologische und physikalische Evolution und Innovation - Kurze Geschichte der menschlichen Innovation - Merkmale innovativer Persönlichkeiten mit beispielhaften Biografien - Erkenntnisse aus der Kreativitätsforschung zum kreativen Prozess - Rahmenbedingungen für Innovation in Unternehmen - Kurzer Abriss bekannter Innovationsmethoden - LOBIM als neuartiger, praxisnaher Methodenverbund aus TRIZ und Bionik - Beispiele zur schnellen Inspiration bei der Lösungssuche - Anwendungsbeispiele von LOBIM aus der Automobilindustrie
<?page no="1"?> Nick Eckert Innovationskraft steigern mit LOBIM © <?page no="3"?> Innovationskraft steigern mit LOBIM © Eine praxisnahe Methodenkopplung von TRIZ und Bionik Dipl.-Ing. Nick Eckert Mit 142 Bildern und 3 Ta TT bellen <?page no="4"?> Bei der Erstellung des Buches wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem lassen sich Fehler nie vollständig ausschließen. Ve VV rlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Ve VV rantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Ve VV rbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Ve VV rlag und Autoren dankbar. rr © 201 by expert verlag, Wankelstr. rr 13, D -71272 Renningen Te TT l.: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 0, Fax: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 20 E-Mail: expert@expertverlag.de, Internet: www.expertverlag.de Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Das We WW rk einschließlich aller seiner Te TT ile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Ve VV rwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Ve VV rlags unzulässig und strafbar. rr Dies gilt insbesondere für Ve VV rvielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Ve VV rarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-8169-3325-0 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / / / w / / ww.dnb.de abrufbar. rr Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http: / / / / w / / ww.dnb.de 7 <?page no="5"?> V ORWORT 1 V ORWORT Evolution mit Methode: Zur pragmatischen Kopplung von TRIZ und Bionik mit LOBIM © „Ihr seht und sagt: Warum? Aber ich träume und sage: Warum nicht? “ George Bernard Shaw (1856 - 1950) Was haben Leonardo Da Vinci, Otto Lilienthal und die Firma Festo gemeinsam? Richtig, sie alle beschäftigen sich mit dem Fliegen, jeder auf seine Weise und zu sehr unterschiedlichen Zeiten. Im 15., 19. und 21. Jahrhundert nehmen sie sich die Natur zum Vorbild und entwickeln die nahe und ferne Zukunft, die irgendwann unsere Wirklichkeit ist. Spätestens seit Leonardo da Vinci besteht also der Wunsch, Lösungen aus der Natur in die Technik zu transferieren. Dieser Wunsch erscheint umso stärker, je mehr Anforderungen technische Systeme zu erfüllen haben - und je mehr sich diese Anforderungen dann widersprechen: Wenn es zunehmend und gleichzeitig um Effizienz, Energieeinsparung und Stabilität, Ressourcenschonung, Schönheit, Einfachheit und Funktionalität geht, immer soll es die Natur schon vorbildlich vorgemacht haben. Das klingt nun so, als lägen die genialen Ideen einfach so auf der Straße - pardon: in der Natur - und wir müssten nur hingehen und sie einsammeln. Ganz so einfach ist es dann aber nicht. Wo schauen wir denn im Falle eines Problems oder einer konkreten Aufgabenstellung hin, wenn wir die Antwort von der Natur abschauen wollen? Wo in der Natur findet der Entwickler denn eine vorbildliche Lösung, wenn er einen Airbag möglichst klein packen oder den Prozess des Entfaltens stabilisieren will? Schaut er in den Wald, auf den Meeresboden oder in die Wüste? Die Natur sagt uns nicht, wo ihre genialen Lösungen zu finden, woran sie zu erkennen und wie sie neuartig zu nutzen sind. Sie fügt unablässig bekannte Bestandteile zu Neuem zusammen und belohnt nur den Erfolg, nie den Versuch. Im Zweifel führt der wohlmeinende Rat, in der Technik doch verstärkt Lösungen aus der Natur zu versuchen, eher dazu, den Wald vor lauter Bäumen zu verkennen. Die Natur weiß ja <?page no="6"?> V ORWORT 2 nicht einmal, dass sie gerade an einer Muschel oder einer neuen Flügelform arbeitet. Vermutlich kann sie daher die Entwicklung auch nicht bewusst wie ein Entwickler in eine bestimmte Richtung lenken, zum Beispiel wenn es darum geht, schneller zu sein oder mit weniger Teilen oder Platz auszukommen. Ein Mensch hingegen kann sein Denken manipulieren. Das ist durchaus positiv gemeint: wenn herkömmliche Denkmuster versagen, können wir uns neue aneignen. Wichtig ist dabei zunächst zu erkennen, welche Situation vorliegt und welches Denk- und Handlungsmuster darin wirklich gebraucht wird. Nur der Mensch kann dann entscheiden, ob er sich auf gewohnte Denkmuster berufen oder erfinderisch-kreativ an ein komplexes Problem herangehen will. Wenn Sie nun auch schon einmal den Wunsch verspürt haben, es mit biologischen Prinzipien zur Lösung eines Problems zu probieren, und sich dabei von der größten Erfinderin - der Natur - etwas abschauen wollten, aber nicht so recht wussten, wo Sie dann hinschauen sollten, dann ist dieses Buch für Sie interessant. Wenn Sie dann noch die Herausforderung spüren, dass der Anspruch an Neuartigkeit und Lösungsorientierung in der technischen Entwicklung steigt, Sie aber eher weniger Zeit haben für Versuch und Irrtum, dann bietet ihnen das Buch eine echte Arbeitshilfe. Ausgangspunkt ist TRIZ, eine Sammlung von Methoden zur erfinderischen Problemlösung. Dieser in der ehemaligen Sowjetunion entwickelte Methodenbaukasten ersetzt Versuch und Irrtum gegen gezieltes Denken hin zu einem vielversprechenden Raum erprobter Lösungen. TRIZ beruht auf der Analyse von Patentschriften und hat aus diesen beobachtbaren Entwicklungsmustern allgemeingültige Prinzipien der technischen Problemlösung destilliert. Dabei gilt es, Kompromisse zwischen widersprüchlichen Anforderungen und „Entweder-oder-Lösungen“ zu vermeiden und Wege zu beschreiten, die ein „Sowohl-als-auch“ ermöglichen. Für die Transformation einer mit Hilfe von TRIZ gefundenen abstrakten Lösungsrichtung in eine spezifische, auf das konkrete Problem anwendbare Lösung ist dann weiterhin Fachwissen und Kreativität erforderlich, nur wird beides nun zielgerichteter einsetzbar. TRIZ liefert damit eine Systematik der Innovation (nicht nur! ) technischer Systeme und wird inzwischen weltweit eingesetzt. Die Bionik verfolgt die technische Umsetzung und Anwendung von Konstruktionen, Verfahren und Entwicklungsprinzipien biologischer Systeme in der Technik. Zum Lernen von der Natur gehören dabei auch alle Aspekte des Zusammenwirkens belebter und unbelebter Teile und Systeme sowie die wirtschaftlich-technische Anwendung biologischer Organisationskriterien. <?page no="7"?> V ORWORT 3 Dieses Buch nun koppelt TRIZ und Bionik und bildet eine Schnittmenge der Innovation technischer, also zweckorientierter Systeme mit der Evolution biologischer, also natürlicher Systeme. Dabei geht es dem Autor besonders um die systematischere Nutzbarmachung bionischer Lösungen für konkrete Fragestellungen in der Entwicklung. Das Buch veranschaulicht zunächst die innovativen Grundprinzipien aus TRIZ mit Lösungsbeispielen aus der Natur und liefert fast nebenbei einen Handlungsleitfaden, wie biologische und technische Evolution ganz pragmatisch zu kombinieren sind. Hierzu hat der Autor, ein in der Entwicklung von Fahrzeugsicherheitssystemen arbeitender Ingenieur mit viel Erfahrung in Invention, Innovation und Patentierung, seine Liebe zur Natur mit den aus TRIZ bekannten innovativen Grundprinzipien verbunden und praxisnahe Arbeitsbeispiele aufbereitet, wie die biologischen Analogien für technische Problemlösungen gezielter einsetzbar sind. Er ordnet eine Anzahl aus der Natur bekannter biologischer Lösungen auf eine Weise, die sie uns - ganz ohne Biologiestudium und mit viel Faszination - für technische Entwicklungszwecke von der Ideenfindung bis zur Umsetzung zugänglich und bewertbar macht. Lesen Sie dieses Buch also nicht, weil Sie Leonardo da Vinci, Otto Lilienthal oder Festo nachahmen wollen. Lesen Sie es auch nicht, weil Sie die Natur immer wieder nachhaltig beeindruckt. Lesen Sie es, weil Sie neugierig sind, Evolution mit Methode zu verbinden. Und wenn Sie sich entscheiden, dabei eher pragmatisch als akademisch vorzugehen: Warum versuchen Sie es dann nicht einfach mit dem hier vorgestellten LOBIM © -Ansatz? Fragen Sie nicht warum, aber er wird Sie zur lösungsorientierten bionischen Innovation inspirieren! Berlin, im Dezember 2016 P ROF . D R .-I NG . C LAUDIA H ENTSCHEL <?page no="8"?> D ANKSAGUNG 4 D ANKSAGUNG Ich möchte hiermit allen danken, die mich bei der Erstellung dieses Buches unterstützt haben. An erster Stelle danke ich meiner Frau Anke Eckert, Physiotherapeutin und Kunsttherapeutin B.A., für ihre schönen Fotos und klugen Hinweise. Ebenso danke ich meinen Kindern Rosa und Friedrich für ihre Geduld. Insbesondere gilt mein Dank Frau Heike Friauf, der Autorin und Kultursoziologin M.A., für das gewissenhafte Lektorieren und die vielen kreativen Anregungen. Meinen weiteren Dank spreche ich hiermit Frau Prof. Dr.-Ing. Claudia Hentschel von der HTW Berlin und Herrn Dr. Chengguang Li von der Universität Paderborn aus. Ich danke dem Team vom expert verlag für die Offenheit und den Mut, sich der Thematik anzunehmen. Zum Schluss sei auch noch der Fa. Festo AG & Co. KG dafür gedankt, dass ich ihr Bildmaterial verwenden darf. <?page no="9"?> W ARUM dieses Buch? 5 W ARUM DIESES B UCH ? „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich, dann gewinnst du! “ Mahatma Gandhi, indischer Politiker Heute wie vor 100 Jahren gibt es genug Probleme und Aufgaben zu lösen, die unser aller Kreativität erfordern. Die Aufgaben sind komplexer denn je und dennoch lösbar. Wir haben heute durch das Internet Zugang zu globalem Wissen wie nie zuvor. Es gibt eine einzige Sprache (Englisch), in der sich die Wissenschaftler und Techniker der Welt unterhalten können. Heute kommt es nicht mehr so sehr darauf an zu zeigen, dass der Mensch etwas erreichen kann (z.B. fliegen), sondern viel mehr, wie er es erreichen kann, ohne das Gleichgewicht der Natur zu stören. Wir sind zu viele Menschen auf diesem Planeten, als dass wir uns es noch länger leisten können, uns so wie bisher rücksichtslos weiter auszubreiten und uns alles aus der Natur zu nehmen, was wir haben wollen. Vielmehr sollten wir überlegter im Sinne von ganzheitlicher vorgehen, wenn wir Neues erfinden. Ich möchte mit dem ersten Teil des Buches (Kap. 1 - 5) all jene, welche die Lust am technisch, kreativen Gestalten spüren, ermutigen und motivieren trotz aller Schwierigkeiten nach innovativen Lösungen zu suchen, so wie es viele Generationen und die Natur vor uns schon getan haben. Der zweite Teil dieses Buches ist ein Arbeitsbuch (Kap. 6 - 9) für AnwenderInnen. Es wurde von einem Entwicklungsingenieur geschrieben, der sich schon immer ein Nachschlagewerk für neue Ideen gewünscht hat. Wer schnell eine Inspiration sucht, sollte gleich zu Kapitel 7 und der Innovationsmethode LOBIM mit den vielen Beispielen umblättern. Gleichzeitig kann dies der Leser auch auf www.lobim.de . Mit LOBIM (Lösungs-Orientierte Bionische Innovations-Methode) möchte ich ErfinderInnen ein sehr einfaches, strukturiertes, die Intuition stärkendes Werkzeug in die Hand geben, um einerseits an ihre eigenen schlummernden Ideen heranzukommen und dieses immense Potential an Wissen, welches in jedem von uns steckt, systematisch zu nutzen. Zum anderen möchte ich einen Weg eröffnen unser kollektives Wissen und das Wissen der Natur in nachhaltige Innovationen einzubringen. Die TechnikerInnen möchte ich darauf hinweisen, dass LOBIM eine Methode ist, um neue, außergewöhnliche Ideen zu generieren. Es geht um das berühmte eine Prozent, welches Edison so trefflich beschreibt. Der größte Teil der Arbeit, welche zu tun ist, um ein fertiges, verkaufsfähiges Produkt zu liefern (Entwicklung, Qualitätssicherung, Marketing usw.) muss im Anschluss trotzdem erfolgen, damit die Innovation sich durchsetzt. Dieses eine Prozent ist jedoch so entscheidend, dass durch die starke Vision die vielen Schwierigkeiten auf dem Weg bis zur fertigen Lösung bewältigt werden können. <?page no="10"?> I NHALT 6 I NHALT V ORWORT .................................................................................................. 1 D ANKSAGUNG ............................................................................................ 4 W ARUM DIESES B UCH ? ............................................................................... 5 1 E VOLUTION UND I NNOVATION ................................................................. 9 1.1 Einleitung....................................................................................................... 9 1.2 Chemische und Physikalische Evolution ....................................................... 9 1.3 Biologische Evolution ...................................................................................10 1.4 Menschliche Evolution..................................................................................14 1.5 Kulturelle und technische Evolution - die „Natur“ des Menschen................15 2 G ESCHICHTE DER MENSCHLICHEN I NNOVATION ...................................... 16 2.1 Einleitung......................................................................................................16 2.2 Innovation in vorgeschichtlicher Zeit.............................................................17 2.3 Innovation in der Antike ................................................................................22 2.4 Innovation im Mittelalter................................................................................23 2.5 Innovation in der Renaissance .....................................................................24 2.6 Innovation während der Industriellen Revolution ..........................................25 2.7 Innovation im und nach dem 2. Weltkrieg.....................................................25 2.8 „Erfindung“ von Musik, Kunst und Religion...................................................26 2.9 Zusammenfassung und Ausblick..................................................................28 3 M ERKMALE INNOVATIVER P ERSÖNLICHKEITEN ....................................... 29 3.1 Einleitung......................................................................................................29 3.2 Biographien ausgewählter kreativer Persönlichkeiten ..................................30 3.3 Eigenschaften innovativer Persönlichkeiten .................................................34 4 D ER KREATIVE P ROZESS ..................................................................... 37 4.1 Spiegelneurone und innere Bilder ................................................................37 4.2 Ohne Emotion kein kreatives Denken ..........................................................38 4.3 Ohne Unterbewusstsein keine Kreativität .....................................................39 4.4 Die 4 kreativen Phasen ................................................................................41 4.5 Die 7 kreativen Schritte ................................................................................42 4.6 Wie gute Ideen entstehen.............................................................................45 <?page no="11"?> I NHALT 7 5 R AHMENBEDINGUNGEN FÜR I NNOVATION .............................................. 48 5.1 Einleitung......................................................................................................48 5.2 Was kann technische Innovation im Unternehmen fördern? ........................48 5.3 Was fördert technische Innovationen in der Gesellschaft? ..........................51 5.4 Was verhindert, dass sich technische Innovationen durchsetzen? ..............56 5.5 Empfehlungen für Kreativ-Workshops ..........................................................59 6 H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN ...................................................... 61 6.1 Einleitung......................................................................................................61 6.2 Brainstorming ...............................................................................................61 6.3 Methodisches Konstruieren ..........................................................................62 6.4 Die 6 - 3 - 5-Methode ..................................................................................63 6.5 Die Flip - Flop -Technik................................................................................64 6.6 Die Osborn - Checkliste...............................................................................65 6.7 Das Edison-Prinzip .......................................................................................66 6.8 Innovationsmethode TRIZ ............................................................................68 6.9 Bionik als Innovationsmethode .....................................................................76 7 L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE I NNOVATIONS -M ETHODE (LOBIM) .... 81 7.1 Notwendigkeit einer neuen Innovations-Methode.........................................81 7.2 LOBIM-Vorgehensweise...............................................................................83 7.3 Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) ..........................................84 7.3.1 A. Funktionsorientierung statt Produktorientierung (Idealität) ................88 7.3.2 B. Positive und negative Rückkopplung .................................................89 7.3.3 C. Übergang zum Supersystem..............................................................91 7.3.4 D. Qualitätssprünge ................................................................................92 7.3.5 E. Ganzheitliche und schrittweise Optimierung ......................................94 7.3.6 F. Energie- und Materialeffizienz (Miniaturisierung/ direkte und indirekte Nutzung von Sonne) ................................................................97 7.3.7 G. Wechselwirkung (Kommunikation/ Vernetzung/ Symbiose)...............100 7.3.8 H. Lernen und Selbstorganisation ........................................................101 7.3.9 I. Harmonisierung, Symmetrie und Allometrie ......................................103 7.3.10 J. Redundanz .......................................................................................105 7.4 Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2)..............................106 7.4.1 Prinzip der Zerlegung / Segmentierung ................................................107 7.4.2 Prinzip der Abtrennung / Isolieren ........................................................109 7.4.3 Örtliche Qualität / Form / Struktur / Stabilität / Oberflächen - Reibung - Haftung................................................................................111 7.4.4 Asymmetrie / Geneigte Ebene / Hebel / Flaschenzug / Keil .................113 7.4.5 Vereinen / Koppeln / Kleben .................................................................115 7.4.6 Multifunktionalität / Universalität / Integration .......................................118 7.4.7 Verschachteln / Stülpen / Falten...........................................................119 <?page no="12"?> I NHALT 8 7.4.8 Gegenmasse / Auftrieb / Leichtbau ......................................................120 7.4.9 Prävention ............................................................................................121 7.4.10 Äquipotential / Konstante Spannung ....................................................126 7.4.11 Funktionsumkehr / Funktionsprinzip Ändern.........................................127 7.4.12 Krümmung / Kugelähnlichkeit / Spirale .................................................130 7.4.13 Dynamisierung / Bewegung..................................................................131 7.4.14 Partielle oder überschüssige Wirkung ..................................................133 7.4.15 Höhere Dimension / Wechsel der Raumebenen...................................136 7.4.16 Mechanische, Elektrische, Akustische Schwingungen .........................138 7.4.17 Periodische Wirkung.............................................................................138 7.4.18 Kontinuierliche Prozesse ......................................................................140 7.4.19 Überspringen / Durcheilen ....................................................................141 7.4.20 Schädliches in Nützliches umwandeln..................................................143 7.4.21 Rückkopplung.......................................................................................145 7.4.22 Vermittler ..............................................................................................146 7.4.23 Selbstversorgung / Selbstbedienung ....................................................148 7.4.24 Kopieren ...............................................................................................150 7.4.25 Begrenzte Lebensdauer .......................................................................151 7.4.26 Mechanik ersetzen ...............................................................................153 7.4.27 Pneumatik / Hydraulik / Strömung ........................................................159 7.4.28 Flexible Hüllen/ Folien ...........................................................................160 7.4.29 Poröse Materialien................................................................................161 7.4.30 Signalgebung / Farbveränderung / Lichtreflexion / Lumineszenz / Gerüche................................................................................................163 7.4.31 Homogenität .........................................................................................166 7.4.32 Beseitigung / Regeneration / Recycling ................................................167 7.4.33 Eigenschaftsänderung / Materialwechsel / Umwandlung / Aggregatzustand ..................................................................................168 7.4.34 Phasenübergang ..................................................................................170 7.4.35 Wärmeausdehnung / -transport / -strahlung .........................................171 7.4.36 Starkes Oxidationsmittel .......................................................................171 7.4.37 Träges Medium.....................................................................................173 7.4.38 Verbundmaterial / Stoffzusammensetzung ...........................................174 8 A NWENDUNG DER LOBIM-P RINZIPIEN IN WICHTIGEN E RFINDUNGEN ..... 175 9 A BLAUF EINES LOBIM - W ORKSHOPS ............................................... 186 L ITERATURVERZEICHNIS .......................................................................... 190 A NHANG : A RBEIT MIT DEM LOBIM-K ATALOG ANHAND VON B EISPIELEN ..... 193 A BBILDUNGSVERZEICHNIS ....................................................................... 226 I NDEX .................................................................................................... 230 <?page no="13"?> 1.1: Einleitung 9 1 E VOLUTION UND I NNOVATION „Es ist nicht wichtig, ob der Mensch vom Affen abstammt; viel wichtiger ist, dass er nicht wieder dorthin zurückkehrt.“ Richard Wagner, deutscher Komponist 1.1 E INLEITUNG Innovationen entstehen seit Anbeginn des Universums in einem ständigen Prozess. Sie sind das Neue, das die Welt antreibt. Natürliche wie gesellschaftliche Systeme gehen zugrunde, wenn sie sich nicht beständig an die veränderliche Umwelt anpassen und erneuern. Charles Darwin hat die Erneuerung in der Natur eindrucksvoll in seiner Evolutionstheorie dargestellt. (Junker, 2011 S. 28ff) Diese Theorie beschreibt die Entwicklungen, die ständig um uns herum auf dieser Erde stattfinden. Evolution ist weder positiv noch negativ. Sie geht auch nicht vom Niederen zum Höheren. Sie geht eher von einfach zu komplex und beinhaltet immer wieder neue Qualitäten (Innovationen). Evolution ist bestimmt durch Mutation, Rekombination und Selektion. Mutationen sind kleine zufällige Schwankungen in der Genstruktur von Pflanzen und Tieren, mit deren Hilfe bei plötzlichen Änderungen der Umwelt sich die Chance erhöht, dass irgendein Individuum überlebt. Z.B. erhöht die Mobilität einer neuen Art die Chance an Nahrung zu kommen. Rekombination ist die Mischung der Gene der Eltern bei den Nachkommen, welches zur raschen Verteilung der Gene in den Populationen führt. Selektion ist der Fortpflanzungserfolg der Individuen, die am besten an ihre Umwelt angepasst sind. Diese Individuen sind meist effizienter im Überleben und setzen sich gegenüber den schlecht Angepassten durch. 1.2 C HEMISCHE UND P HYSIKALISCHE E VOLUTION Es begann vor ca. 14 Mrd. Jahren mit dem sogenannten Urknall. Das ursprünglich noch winzig kleine Universum mit einer unendlich hohen Konzentration an Energie und Temperatur dehnte sich schlagartig aus und kühlte dabei ab. Schon die Entstehung der Materie (Elemente) aus Kernreaktionen unmittelbar nach dem Urknall war die erste Innovation. Diese ersten Elemente waren Wasserstoff, Helium und Lithium. Die Wasserstoff-Fusion bildete dann die ersten Sonnen. Die Heliumkerne wiederum verschmolzen miteinander, so dass Kohlenstoff, Sauerstoff, Eisen oder Stickstoff entstehen konnte. Vor ca. 9 Mrd. Jahren entstanden mit weiterer Abkühlung erste kleine Gesteinskörnchen wie Metalle, Silikate und Oxide. <?page no="14"?> K AP . 1: E VOLUTION UND Innovation 10 Durch die Art der chemischen Bindungen zwischen den Elementen fand ein Wachstum von Kristallstrukturen statt. Später verbanden sich diese zu größeren Gesteinsbrocken und zu den ersten Planeten. Mit dem Urknall ist aus Energie Raum, Zeit und Materie entstanden, welche im ständigen Umwandlungsprozess sind. Das war der Startschuss der Evolution und damit der Innovation, die Thema dieses Buches ist. Wenn chemische Elemente miteinander reagieren, entstehen Reaktionsprodukte, welche dann ggf. weiter mit anderen reagieren. Dabei wird entweder Energie aufgenommen oder abgegeben. Dieser Prozess (Produktentstehung und Energieumwandlung) ist dann innovativ, wenn er das erste Mal stattfindet. Immer mehr Prozesse werden im Laufe der Zeit in Gang gesetzt, wobei es stabile gibt, die immer noch stattfinden (Wasserstoff-Fusion in der Sonne) und auch Prozesse, die z.B. aus Energie- oder Stoffmangel enden (Feuer erlischt). Die immer noch stattfindende Kernreaktion auf der Erdsonne setzte mit ihrer Strahlungsenergie verschiedene innovative Prozesse auf unserer Erde in Gang. Auch unsere Erde enthält immer noch eine Menge Energie in ihrem heißen Erdkern. Das beweist zum einen unser schützendes Magnetfeld und zum anderen die ungeheure Kraft, die man bei Vulkanausbrüchen beobachten kann. Aus diesem Kern dampfte das erste Wasser, kondensierte an der Erdkruste und an Partikeln der Atmosphäre. (Schrenk, et al., 2006 S. 156ff) Es regnete Millionen Jahre und die Ozeane füllten sich. Dieses Wasser ist ein sehr innovatives Molekül, aufgrund seiner ausgeprägten zwischenmolekularen Anziehungskräfte. Es ist die einzige chemische Verbindung, die in allen 3 Aggregatzuständen natürlich auf der Erde vorkommt. 1.3 B IOLOGISCHE E VOLUTION Die Erdatmosphäre bestand vor etwa 3 Mrd. Jahren aus Wasserstoff, Helium, Methan, Kohlendioxid, Stickstoff und Wasser. Die Sonnenenergie setzte den Wasserkreislauf der Natur in Gang. Aus einer langen Kette aus Reaktionen von Ammoniak, Methan und Wasserstoff in Wasser entstanden unter Energiezufuhr (z.B. Blitze) vor ca. 3 Mrd. Jahren die ersten Lebensbausteine, die Aminosäuren. Daraus entstanden Eiweißketten (RNA), die sich unter Energieaufnahme selbstständig vervielfachten. Zum Schutz dieser Reaktion entstand eine Zellwand. Diese ersten Zellen ohne Zellkern nannte die Wissenschaft Prokaryonten (z.B. Cyanobakterien, früher Blaualgen genannt). Sie vermehren sich durch Teilung und beziehen ihre Energie aus dem Strahlungsspektrum des Sonnenlichtes. Riesige Matten aus Cyanobakterien bedeckten den flachen Meeresboden. Sie „erfanden“ die Photosynthese und produzierten damit fleißig Sauerstoff für die Entwicklung weiterer Lebensformen. Dann entwickelten sich Zellen, sog. Eukaryonten, die eine Art Symbiose mit den Prokaryonten eingingen, indem sie diese in sich aufnahmen, aber nicht verdauten. Die Prokaryonten lebten im Inneren der Zelle weiter und belieferten ihren Wirt mit Ener- <?page no="15"?> 1.3: Biologische Evolution 11 gie oder Nährstoffen. Die Eukaryonten „erfanden“ dann den Zellkern zum Schutz ihrer eigenen DNS (Gene) vor den Abfallprodukten der eingeschlossenen Zellen. Diese innovative Symbiose kann als Start des Lebens auf unserem Planeten bezeichnet werden. Demnach kann man sagen, dass Leben durch komplexe, interagierende chemische Moleküle (Gene) entstand, um die ein Körper geformt wurde, der diesen eine Möglichkeit bot, sich unter immer wieder veränderten Umweltbedingungen zu reproduzieren. In den anschließenden Jahrmillionen entstanden entsprechend der natürlichen Gegebenheiten und des Klimas immer wieder neue Körper um die Gene, welche sich selbst dabei auch veränderten. Die Gene steuern den Aufbau dieses zunehmend komplexeren Körpers. Dabei gibt es bei Lebewesen immer die gleichen evolutionären Faktoren, wie Mutation, Rekombination und Selektion. Die Veränderung der Genstruktur (Mutation) erfolgt zufällig oder durch äußere Einflüsse (z.B. radioaktive Strahlung). Sie sind für die Folgegeneration von Vorteil, Nachteil oder meist neutral. Die Rekombination beschreibt den Austausch und die Verbindung von Genen oder deren Abschnitten zu einem neuen, innovativen Gen. Ein besonders effektiver Austausch von Genen findet bei der sexuellen Rekombination statt. Auch hier waren die Eukaryonten die „Erfinder“ dieser Form der Rekombination. Mutation und Rekombination bilden die genetische Variabilität einer Art und sind wichtig für die Anpassungsfähigkeit einer Art an sich verändernde Umweltbedingungen (Schlüsselanpassung). Das Individuum mit den für seine Umwelt besten genetischen Voraussetzungen wird sich erfolgreicher reproduzieren können. Es findet eine Selektion statt, bei der die Nachkommen mit den besten Eigenschaften weiter existieren. Durch geographische Barrieren (Inseln) beispielsweise, welche eine Vermischung (Rekombination) zwischen einzelnen Populationen verhindert, kommt es zur Entstehung neuer Arten, weil sich durch die Trennung Mutationen ansammeln. Irgendwann sind diese Populationen einer ursprünglich gemeinsamen Art auch nicht mehr in der Lage sich sexuell fortzupflanzen (Schimpanse und Mensch). Nach einer großen Eiszeit, bei der fast der ganze Erdball mit Eis bedeckt war, kam es im Kambrium (ca. 540-480 Mio. Jahre) zu einer regelrechten Explosion des Lebens. Der Sauerstoffgehalt des Meeres stieg an und das Leben wurde aktiver (beweglicher). Die ersten Tiere waren weiche Lebewesen ohne Schale wie heutige Nacktschnecken oder Quallen. Es kam erstmals zum Wettlauf zwischen Raub- und Beutetieren, wobei sich die Räuber immer bessere „Waffen“ (Greif- und Sinnesorgane) beschafften, die Beute sich wiederum mit immer besserer Panzerung und Fluchtstrategie rüstete. Im Ordovizium (vor ca. 450 Mio. Jahren) entstanden die ersten Fische. Im Silur (vor ca.400 Mio. Jahren) kamen die ersten Algen und Pflanzen vom Wasser auf das Land. Erste Landpflanzen entstanden an den Küsten der Urmeere, welche als erfolgreiche Innovation Wurzel, Sprossachse und Blätter hervorbrachten. Blätter bauten mit Hilfe von Licht, Zucker auf. Wurzeln verankerten die Pflanze im Erdreich und versorgten sie mit Flüssigkeit und Mineralien. Sprossachsen (Stengel) verbanden die beiden und transportierten das Wasser von unten in die Blätter und den Zucker von oben in die Wurzeln. Zuerst verbreiteten sie sich durch Sporen, später <?page no="16"?> K AP . 1: E VOLUTION UND Innovation 12 durch Samen, welche am Anfang noch nackt waren. Im Devon (vor ca.350 Mio. Jahren) folgten dann die Amphibien als Nachfahren der Knochenfische zumindest zeitweise aus dem Wasser. Aus Kiemen wurden Lungen, wie man das heute noch bei der Metamorphose der Kaulquappen zum Frosch beobachten kann. Im Karbon (vor ca.300 Mio. Jahren) „erfanden“ die Insekten das Fliegen. Mit einer Million beschriebener Arten gelten Insekten als erfolgreichste Tiergruppe überhaupt. Am erfolgreichsten dabei ist der Käfer mit seinem kompakten Körperbau, seinen Schutzdeckeln für die Flügel und seinen beißend-kauenden Mundwerkzeugen. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Kriechtiere (Reptilien), welche permanent außerhalb des Wassers leben können. Vor ca. 250 Mio. Jahren, im Perm, kam es zum größten Massensterben der Arten in der Erdgeschichte; 90 - 95 % aller im Meer lebenden Tierarten starben aus. Ursachen waren vermutlich Vulkanismus, damit verbundener Temperaturanstieg und Sauerstoffmangel. Dennoch ließ sich das Leben nicht so einfach auslöschen. Vor ca. 240 Mio. Jahren entstanden die Blütenpflanzen. Die Farben ihrer Blüten richten sich nach ihren Bestäubern. Rote Blüten locken Vögel an, gelb, blau, violette - Insekten. In Ko- Evolution mit den bestäubenden Insekten haben sie sich derart stark ausgebreitet, dass sie heute mit ca. 300000 Spezies zu den artenreichsten Pflanzen gehören. Ihr Aufbau in Blütenhülle, Staubblätter, Stempel und Fruchthülle, welche die Samen umschließt, sorgt für eine hohe evolutionäre Anpassungsfähigkeit. Die ersten Säugetiere tauchten vor ca. 200 Mio. Jahren im Trias auf. Die neuartige Entwicklung eines Fells konnte erstmals die Körpertemperatur konstant gleichwarm halten. Dadurch war ihre Aktivität nicht an die Umgebungstemperatur gebunden und sie konnten, anders als die Reptilien, auch nachts jagen. Die Eizelle reift in ihrem Körper besser geschützt heran, die Jungen werden lebend geboren und sie betreiben intensive Brutaufzucht durch Säugen mit Muttermilch. Dennoch waren noch im Jura (vor ca.150 Mio. Jahren) eindeutig die Reptilien auf der Erde dominant. Sie entwickelten sich zu beachtlichen Größen (Dinosaurier) und „erfanden“ für sich das Fliegen neu, als eine sparsame Form der schnellen und raumüberbrückenden Fortbewegung. Eine besonders aufregende Innovation aus dieser Zeit war die Feder. Sie ist nach neuesten Erkenntnissen nicht aus den Reptilien-Schuppen entstanden, sondern eigenständig aus Hohlstäben oder Borsten in der Haut. Die neu auftauchende Tierklasse der Vögel verwendete sie zuerst zum Schutz vor Wasser und Kälte, dann später in ihrer komplexen Form als Flugfedern. Das Zeitalter der Dinosaurier endet abrupt in der Kreidezeit vor ca. 65 Mio. Jahren. Ein gigantischer Asteroid von etwa 10 km Durchmesser schlägt auf der mexikanischen Halbinsel Yukatan auf. Gewaltige Mengen von Staub gelangen in die Atmosphäre, der sich wie ein Mantel um die Erde legt. Die Sonneneinstrahlung wird drastisch reduziert, die Temperaturen sinken und Nahrungsketten werden unterbrochen. Die Dinosaurier sterben aus und kleine Säugetiere, die über gute Versteckmöglichkeiten verfügen, können überleben (Schrenk, et al., 2006 S. 27ff). Nur kleinere Reptilienarten, wie z.B. die Krokodile bleiben vom Aussterben verschont. <?page no="17"?> 1.3: Biologische Evolution 13 Es folgte das Zeitalter der Säugetiere und auch hier kam es zu vielfältigen Innovationen. Ein gutes Beispiel ist die Herausbildung der Hufe, deren Vorteil darin liegt, dass der Fuß insgesamt leichter ist und beim Vor- und Zurückschwingen weniger Energie verbraucht. Dem Huftier ermöglicht dies ein schnelleres Laufen oder gar Rennen. In der Biologie kommt es auf zwei Wegen zu Innovationen: durch Neuentstehung oder Funktionswechsel. Das Auge ist beispielsweise im Tierreich mindestens 40-mal unabhängig voneinander entstanden. Es gibt unterschiedlich komplexe Augenformen mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit. Häufiger als Neuentstehung jedoch ist der Funktionswechsel bereits existierender Strukturen oder Verhaltensweisen. Für eine gewisse Zeit werden verschiedene Aufgaben gleichzeitig erfüllt, wobei sich dann die Spezialisierung in einer neuen Richtung verstärkt und alte Aufgaben fallen gelassen oder anderen Körperteilen überlassen werden. Ursprünglich konnten Federn nicht zum Fliegen genutzt werden. Sie dienten wahrscheinlich der Wärmeisolation oder als Signal für die Werbung um einen Sexualpartner zur Fortpflanzung. Erst die Spezialisierung der Schwungfedern war zum Flug geeignet. Diese Innovationen finden in der Biologie selten sprunghaft statt und dauern somit oft viele Generationen. Eine zu starke genetische Veränderung ist selten auf Anhieb überlebensfähig, weil die natürliche Auslese im Anschluss viele lebensnotwendige Parameter nicht schnell genug optimieren kann. Der Fortpflanzungserfolg mit den übrigen Mitgliedern einer Population ist stark gefährdet, denn eine allzu starke äußerliche Abweichung von der eigenen Art führt zur Ablehnung durch potentielle Sexualpartner (Junker, 2011 S. 55 ff). Mutation und Rekombination sind also die innovativen Elemente der Evolutionsbiologie, weil aus ihnen neuartige Gene entstehen. Die natürliche Selektion entscheidet dann über den Erfolg und honoriert die besten Gene mit verstärkter Reproduktion. Neuste Forschungen zeigen sogar, dass einige Organismen ihre Mutationsrate erhöhen (somatische Hypermutation), wenn es in ihrer Umwelt zu lebensbedrohlichem Stress kommt. Jedoch umstritten ist, ob sie tatsächlich ihre Genetik zielgerichtet ändern (adaptive Mutation), um sie dann späteren Generationen weiterzuvererben. Unbestritten hingegen gibt es sowohl Pflanzen, als auch Tiere, die bei schwierigen Lebensbedingungen auf eine innovativere Art der Fortpflanzung umschalten. Beispielsweise vermehren sich Blattläuse bei günstiger Witterung im Frühjahr ungeschlechtlich (Klonen). Die zeitraubende Partnersuche entfällt und es entstehen sehr schnell viele Nachkommen. Erst bei ungünstigerem Wetter entstehen geflügelte, geschlechtliche Nachkommen, welche einerseits für eine bessere Durchmischung des Genpools (Rekombination) sorgen und andererseits größere Entfernungen bei der Partnerbzw. Futtersuche zurücklegen können. Dieses flexible Konzept nennt man heterogoner Generationswechsel. <?page no="18"?> K AP . 1: E VOLUTION UND Innovation 14 1.4 M ENSCHLICHE E VOLUTION Vor ca. 80 Mio. Jahren entwickelten sich aus den Säugetieren, die sogenannten Primaten. Aus ihnen entstanden dann vor etwa 7 Mio. Jahren die Hominiden (Menschenaffen) in Afrika. Zunächst entwickelte sich der aufrechte Gang auf den zwei Hintergliedmaßen. Die Regenwälder begannen in dieser Zeit zu schrumpfen und es breitete sich zwischen ihnen Grasland und Buschwerk aus. Die Menschenvorfahren mussten zwischen den bewaldeten Gebieten längere Strecken zurücklegen, was auf zwei Beinen sicherer ist, weil man besser nach Feinden Ausschau halten kann. Die Arme werden frei und können zum Halten von Beute oder abgebrochenen Ästen verwendet werden. Es existierten verschiedene Hominiden-Arten gleichzeitig in Afrika, wobei vor 2,5 Mio. Jahren der Homo rudolfensis eine entscheidende Entdeckung machte. Er war der erste der mit seinen freien Händen Steinwerkzeuge anfertigte. Sein Hirnvolumen war schon deutlich größer als das seiner Vorfahren, der Australopithecinen. Er hatte die Fähigkeit, aus einer Idee einen Gegenstand werden zu lassen. Das war ein bedeutender Meilenstein, welcher das Ende der rein biologischen Evolution einläutete. Durch seine komplexen Denkprozesse ist der Vorfahre des Menschen nun in der Lage, eine neue Form von Entwicklung bewusst zu gestalten, um seine Art zu erhalten. Und nicht nur das, er wird so erfolgreich, dass sein Nachfahre, der Homo sapiens, vor ca. 100 000 Jahren von Afrika aufbricht und die ganze Erde für sich erobert. Der frühe Mensch ist den Naturgesetzen wie alle Lebewesen schonungslos ausgesetzt. Sein evolutionärer Fortschritt beruht im Wesentlichen aus den „Früchten seines Denkens“. Wir uns zwar auch evolutionsbiologisch seit 7 Mio. Jahren verändert (Behaarung, aufrechtem Gang, Stellung des Daumens, Kehlkopf und Größe des Gehirns), sind dennoch dem Menschenaffen genetisch sehr nahe. Durch die Herstellung von Gegenständen hat sich der Mensch evolutionär einen Vorteil verschafft, den er immer weiter ausbaut. Er ist nicht mehr darauf angewiesen, dass ihm z.B. bei Veränderungen des Klimas ein Fell wächst. Er stellt sich mit seinen Werkzeugen ein Fell her, so wie er sich das vorstellt und benötigt. <?page no="19"?> 1.5: Kulturelle und technische Evolution - die „Natur“ des Menschen 15 1.5 K ULTURELLE UND TECHNISCHE E VOLUTION - DIE „N ATUR “ DES M ENSCHEN Um die einzelnen Vorstellungen der verschiedenen Individuen „unter einen Hut zu bringen“, und damit ein effizientes, friedliches Zusammenleben großer Menschenmengen zu gewährleisten, wurde die Kultur geschaffen. Mit Hilfe der Kultur hat sich der Mensch in die Lage versetzt, die Evolution im eigenen Interesse zu beschleunigen. Der britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins behauptet, dass sämtliche kulturelle Errungenschaften, auch technische Entwicklungen, sich in einem darwinistischen Evolutionsprozess entwickeln. Wobei das kulturelle Pendant zum Gen Mem genannt wird. Meme sind kulturelle Leistungen, die über Generationen fortbestehen, d.h. weitervererbt werden. Dabei besteht in Analogie zur Evolutionstheorie das Überleben des Bestangepassten im Fortbestand des Stabilen (Dawkins, 2014). Ideen, die sich über Generationen in einer menschlichen Population akkumuliert haben, sind in den Gehirnen oder kulturellen Artefakten (Büchern, Bauwerken, …) gespeichert. Dazu zählen aber auch Mythen, Religionen, Sitten, Gebräuche, Rituale und Kunstwerke. Sie werden immer wieder unter einem gewissen Selektionsdruck mit minimalen Abweichungen kopiert, als Folge ihres hohen Selektionswertes. Z.B. haben sich die Werke Mozarts bis heute erhalten und finden sich immer noch in den Konzertprogrammen, weil sie auch in Konkurrenz zu später entstandenen Werken anderer Komponisten einen hohen Hörwert beim Publikum darstellen (Selektion). Nach der Memtheorie ist der Antrieb kultureller Entwicklung nicht dem Willen der Menschen, sondern dem Replikationserfolg konkurrierender Ideen zu verdanken. Ebenso kann man kulturelle Mutation, Variation (Rekombination) und Selektion beobachten. Z.B. haben sich die Saiteninstrumente aus einem gespannten Bogen über Jahrtausende evolutionär entwickelt. Sie wurden vielfach variiert und die mit der besten Klangqualität sind heute am verbreitetsten. Durch zufällige oder gezielte Mutation sind z.B. die verschiedenen Resonanzkörper hinzugekommen. Angefangen von einem Flaschenkürbis bis hin zum Klangkörper einer Stradivari. Das Zusammenspiel aus Mutation, Rekombination und Selektion konkurrierender Ideen führt zu kulturellem Fortschritt. Diese Theorie wird z.Z. noch kontrovers diskutiert, d.h. es gibt noch eine Reihe andere, etabliertere, die ich aber an dieser Stelle nicht weiter erörtern möchte. Mir ist wichtig, darzustellen, dass die menschliche Innovationskraft, aus evolutionärer Sicht betrachtet, einem logischen Prinzip der Natur folgt und nichts mit übernatürlicher Inspiration zu tun hat. Unsere Innovationskraft und Kreativität ist Teil der natürlichen Evolution und wir sollten sie deshalb auch im konstruktiven Sinne zur Erhaltung unseres Planeten nutzen. <?page no="20"?> K AP . 2: G ESCHICHTE DER menschlichen Innovation 16 2 G ESCHICHTE DER MENSCHLICHEN I NNOVATION „Alle haben gesagt: ‚Das geht nicht! ‘ Dann kam einer, der das nicht wusste, und hat es gemacht.“ Unbekannter Autor 2.1 E INLEITUNG Für Unternehmen sind heute die Innovationen zum entscheidenden Faktor beim Erzielen von Marktanteilen und damit Profit auf dem heiß umkämpften Weltmarkt geworden. Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum in den Industrieländern betrug in den letzten 100 Jahren ca. 3 Prozent pro Jahr. Ein Prozent davon wird der Kapitalakkumulation zugeschrieben, die restlichen 2 Prozent kommen aus dem technischen Fortschritt ( (Smolny, Wintersemester 2010/ 2011) Z. B. sind in Deutschland in den letzten 60 Jahren bahnbrechende Erfindungen gemacht worden (z.B. Farbstofflaser, Blitzlicht, Videorecorder, Styropor, Scanner, Rasterelektronenmikroskop und das komprimierte Musikformat MP3). 50 000 Erfindungen werden jährlich vom Deutschen Patentamt genehmigt. Ca. ein Drittel davon kommt als neues Produkt auf den Markt. Die Zeitspanne zur Verdopplung des Wissens der Menschheit schrumpft von einstmals 100 auf nur noch 6 Jahre. 1665 erschien die erste wissenschaftliche Zeitschrift „The philosophical translation of the Royal Society“. 200 Jahre später waren es ca. 1000 wissenschaftliche Zeitschriften. Noch einmal 100 Jahre später, 1965, waren es 100 000 wissenschaftliche Zeitschriften mit ca. 5 Mio. Fachbeiträgen. Heute kommen pro Jahr schätzungsweise 15 - 20 Mio. wissenschaftliche Veröffentlichungen heraus. 90% aller jemals lebenden ForscherInnen und WissenschaftlerInnen leben in der Gegenwart. In jeder Minute wird eine neue chemische Formel, alle 3 Minuten ein neuer physikalischer Zusammenhang und alle 5 Minuten eine neue medizinische Erkenntnis gewonnen und publiziert. (Wissen und Information bedeutet aber noch nicht gleich Innovation! Es gibt heute auch eine Menge nicht genutzte, unbrauchbare oder schlicht überflüssige Informationen.) <?page no="21"?> 2.2: Innovation in vorgeschichtlicher Zeit 17 2.2 I NNOVATION IN VORGESCHICHTLICHER Z EIT Die menschliche Entwicklung ist, wie schon erwähnt, eine ständige Folge von Innovationen. Schon die Ahnen des Homo Sapiens hatten gelernt einfache Gegenstände aus der Natur als Werkzeug oder Waffe zu benutzen. Beispiel Faustkeil Eine der ersten Erfindungen war der Faustkeil. Man kann heute nicht mehr sagen, welches Individuum vor ca. 1,5 Mio. Jahren in Afrika als erstes darauf kam, einen Stein so abzuschlagen, dass die Flanken zu messerscharfen Klingen wurden. Dieses Werkzeug wird auch zu Recht das „Schweizer Messer“ der Urzeit genannt, weil es multifunktionell einsetzbar war. Unsere Vorfahren konnten damit schaben, schneiden, hacken, schlagen und wahrscheinlich sogar werfen. Es wird wohl ein Zufall gewesen sein, der diesen ersten Erfinder neugierig gemacht und dazu verleitet hat, gezielt Feuerstein, Quarzit oder Obsidian zu bearbeiten. Vielleicht ist ihm ein Stein zersprungen und er hat sich daran geschnitten. Wichtig jedenfalls ist, dass er darüber nachgedacht hat und zu einer Schlussfolgerung gekommen ist. Durch gezielte Schläge mit einem Hammerstein auf die Kanten des Rohmaterials entsteht in wenigen Minuten ein Gerät, welches gut in der Hand liegt. Es hatte einen so universalen Gebrauchswert, dass es rund 1,3 Mio. Jahre unverändert benutzt wurde. Beispiel Feuer Ebenfalls vor ca. 1,5 Mio. Jahren verwendete der Mensch erstmals das Feuer. Wir wissen natürlich heute nicht mehr genau, wie der Mensch darauf kam das Feuer zu nutzen. Aber es war wesentlich für seine Entwicklung. Vielleicht hat es mit Schamanismus zu tun, da es schon eine gewisse Magie hat, wenn man in einer Sommernacht am Lagerfeuer sitzt und wie gebannt in die Flammen starren muss. Es wärmt uns in kühlen Nächten, aber wir verbrennen uns die Finger, wenn wir die Hände zu dicht nach den Flammen ausstrecken. Ich denke, es könnte ein verzweifelter Mann oder eine Frau gewesen sein, verfolgt von einem Raubtier und vor einem Waldbrand in die Enge getrieben. Todesmutig nahm er oder sie einen brennenden Stock aus den Flammen und schlug den Säbelzahntiger in die Flucht. Mit viel Mut hat der Mensch die instinktive Furcht vor dem Feuer überwunden. Zunächst hat man versucht durch Glut, welche bei Wanderungen mitgenommen wurde, das Feuer zu bewahren. Diese Aufgabe wird wohl ein Schamane gehabt haben, welcher über dieses Geschenk mit den Göttern in Verbindung stand. Die Möglichkeit ein Feuer durch Reibung zu entfachen wurde von den Menschen wohl eher zufällig und durch genaue Beobachtung entdeckt. Jeder, der schon einmal versucht hat, mit feuchtem Holz ein Feuer zu entfachen weiß, wie schwierig <?page no="22"?> K AP . 2: G ESCHICHTE DER menschlichen Innovation 18 das ist. Reibung oder Funkenerzeugung mit Hilfe von Steinen erfordert viel Geduld und Erfahrung. Die ältesten Feuerzeuge, die man fand, sind etwa 32 000 Jahre alt. Der Mensch ist von Natur aus neugierig. Auch Tiere sind neugierig. Und auch Tiere ziehen aus Erfahrungen Schlussfolgerungen. Nur die Verknüpfung ist bei Tieren oft nicht so komplex. Der Mensch ist in der Lage, sich einen Bauplan zu erarbeiten. Dazu muss er seine Erfahrungen ordnen. Er muss sie in Kategorien einteilen, die mehr oder weniger abstrakt sind. Z.B. eine essbare Pflanze (Dinkel-Korn) kommt in das Schubfach, auf dem „Nahrung“ steht. Da wir ja bekanntlich zu den Allesfressern gehören, liegen dort auch essbare Tiere (z.B. Wildziegen). Diese Schubladen werden im Verlauf eines Menschenlebens immer voller, je nach Neugier der verschiedenen Personen. Es gibt den sprichwörtlichen Bauern, der nur das isst, was er kennt. Aber auch den neugierigen Weltreisenden in Sachen Köstlichkeiten, der alles einmal ausprobiert. Doch nicht die Anzahl angehäufter Erfahrungen sind für Innovation ausschlaggebend, sondern die Fähigkeit, diese mit anderen Erfahrungen zu verknüpfen oder neu zu kombinieren. Beispiel Jagd Die Fähigkeit, Erfahrungen neu zu kombinieren, verschaffte den frühen Menschen einen Vorteil bei der Nahrungsbeschaffung. Beispielsweise ist das Jagen ist eine komplexe Aufgabe, bei der Raubtiere ausgefeilte Strategien entwickeln. Homo erectus, der erste Jäger, hingegen war kein Raubtier und hat nicht dessen spezialisierte Sinneswahrnehmung. Die Verfeinerung der Jagdmethoden und der damit einhergehende Erfolg bei der Nahrungsbeschaffung stellten einen beachtlichen kognitiven Fortschritt im menschlichen Denken dar. Der innovative Jäger beobachtet, ob ein für ihn interessantes Tier, z.B. eine Wildziege ebenfalls eine ihm bekannte essbare Pflanze (Dinkel) frisst. Wo diese Pflanze wächst, legt er sich auf die Lauer und erhöht somit seine Chance auf eine attraktive fleischliche Beute. Der Jäger hat also die Pflanze aus dem gedanklichen Schubfach „Nahrung“ herausgenommen und in das Schubfach „Köder“ gelegt. Er hat also sein Wissen neu verknüpft. Oder es hätte auch so sein können: Der Jäger hat auf der einen Seite ein Problem. Das lautet „Wie komme ich dicht genug an die Wildziege heran? “ Er hat verschiedene Techniken der Tarnung und des leisen Anschleichens ausprobiert und ist jedes Mal gescheitert. Er setzte sich ans Flussufer und aß aus seinem Vorrats-Beutel ein paar Körner Dinkel. Seine Gedanken kreisten um diese Hand voller Körner und er fragte sich, ob es noch anderen Geschöpfen so wie ihm geht, welchen dieses Getreide auch so köstlich schmecken würde. Es kam ihm plötzlich wieder sein Problem mit der Wildziege in den Sinn und er nahm sich vor, beim nächsten Mal den Ort aufzusuchen, bevor die Ziege da war, etwas Dinkel auszustreuen und sich auf die Lauer zu legen. Die Verknüpfung Dinkel - Ziege ist entstanden und wird überprüft. Seine späteren Jagderfolge bestätigen und festigen immer mehr seine neue Erfahrung. Voller Stolz teilt er sie am nächtli- <?page no="23"?> 2.2: Innovation in vorgeschichtlicher Zeit 19 chen Lagerfeuer den anderen Mitgliedern der Sippe durch Sprache mit. So oder ähnlich könnte es gewesen sein. Durch das Feuer konnte Fleisch bekömmlicher gemacht werden. Der vermehrte Verzehr von energiereicher, fleischlicher Nahrung hat die Menschheit in ihrer Entwicklung weiter vorangebracht. „…Dadurch stand vor allem stillenden Müttern die hochwertige eiweißhaltige Nahrung zur Verfügung, die notwendig war, um das nach der Geburt stark anwachsende Gehirn der Säuglinge mit energiereicher Nahrung zu versorgen.“ (Schrenk, et al., 2006 S. 46) Beispiel Ackerbau und Viehzucht (Neolithische Revolution) Mit der Verbesserung der Jagdmethoden wuchs die menschliche Population. Die Jagdgründe überschnitten sich und durch verbesserte Jagdwaffen sanken die Wildbestände dramatisch. Es kam zu Hungersnöten und es mussten neue Lösungen gefunden werden. (Schrenk, et al., 2006 S. 34) Es trug sich gegen Ende der letzten Eiszeit, vor ca. 12 000 Jahren zu. In der Gegend, wo heute die Türkei sich mit Syrien und dem Irak trifft, sitzt ein anderer Vorfahre vor seiner Hütte. Er döst in der Frühlingssonne und will seine Sorgen vergessen. Plötzlich kommen seine Kinder aus der Hütte und streiten sich um eine Hand voll Einkorn, weil sie Hunger haben. Dabei fallen wieder welche zu Boden. Wie im Herbst letztes Jahr. Da hatten sie aber noch etwas mehr Vorrat. Er schimpft ärgerlich mit den Kindern und jagt sie davon. Beim Auflesen der Körner fallen ihm ein paar dünne Hälmchen auf. Er beschließt einen Steinkreis darum zu machen, damit keiner sie zertreten sollte. Von diesem Zeitpunkt an sah er jeden Tag nach diesen Pflänzchen. Seine Ahnung sollte sich nach ca. 6 Wochen bestätigen. Sie wurden der Einkorn-Pflanze, die er aus der Wildnis kannte, immer ähnlicher. Im nächsten Jahr nahm er bewusst ein paar Körner und vergrub sie an derselben Stelle. Das war natürlich Nahrung, die er von seinem Anteil der Sippe abgezweigt hatte. Die anderen Sippenmitglieder hatten wenig Verständnis für sein Tun und verspotteten ihn. Außerdem musste er bewusst verzichten und ein Risiko eingehen, da es auch möglich war, dass am Ende die Körner nicht aufgehen oder die Pflanzen irgendwie vernichtet wurden. Trotzdem hat unser Vorfahr mit Beharrlichkeit, Risikobereitschaft und Selbstbewusstsein die Landwirtschaft erfunden. Eine Erfindung, die zur explosionsartigen Verbreitung der Menschheit auf unserer Erde geführt hat. Das war vor etwa 13 000 Jahren im Neolithikum. 3000 Jahre später begann man auch Tiere zu domestizieren. Man war somit auch nicht mehr vom Jagen und Sammeln abhängig. Der Eurasische Kontinent bot eine große Anzahl domestizierbarer Tierarten (Ziegen, Schafe, Pferde). Die indoeuropäischen Völker (Arier) aus den Gebieten nördlich vom Schwarzen Meer domestizierten das Pferd, erfanden das Rad und den Wagen (ca.4000 v.Chr.), welche sie bei der Eroberungen Westeuropas zu den Ackerbauern mitbrachten. Die Wagen waren zuerst vier-, dann zweirädrig und wurden von Ochsen bzw. Pferden gezogen. (Mahajan, 2008 S. 7ff) <?page no="24"?> K AP . 2: G ESCHICHTE DER menschlichen Innovation 20 Beispiel Sprache Sprache gab es schon vor der dem Neolithikum. Der Jagderfolg, insbesondere bei der gemeinschaftlichen Jagd auf Großwild, hing von einer guten Kommunikation zwischen den Jägern ab. Und wir Menschen kommunizieren vorwiegend mit Hilfe unserer Sprache. Man geht davon aus, dass schon die Neandertaler vor 160 000 Jahren eine Sprache hatten. Sie wurde offensichtlich nicht erfunden, sondern sie ist aus den tierischen Lauten unserer Vorfahren entstanden und hat sich evolutionär auch physiologisch (Zungenbein) immer stärker differenziert. (Schrenk, et al., 2006 S. 37-38) Diese Differenzierung ging einher mit zunehmender Handlungsplanung der Menschen. Man plante eine Jagd, einen Hausbau oder die Herstellung von Werkzeugen. Je differenzierter wir uns ausdrücken können, desto besser können wir unsere Erfahrungen mit den Sippen-Mitgliedern austauschen. Wenn wir sprachliche Begriffe haben, können wir auch besser in unserem Kopf „Ordnung“ schaffen und somit klarer denken. Das Wissen wurde mit Hilfe der Sprache von den Menschen innerhalb der Sippe und zu den Nachbarvölkern mündlich weitergetragen. Sprache kann das Wissen von einer Generation zur nächsten weitertragen. Das war für den Menschen ein evolutionärer Vorteil. Beispiel Schrift Doch es kam auch vor, dass manche fortschrittliche Erkenntnis wieder in Vergessenheit geriet, wenn eine Sippe ausstarb. Eine Möglichkeit zu verhindern, das Wissen auf diese Weise verlorengeht, war die Erfindung der Schrift. Schon 8 500 v. Chr. benutzte man kleine Kugeln, Kegel und Scheiben aus Ton, um Tiere oder Ernteerträge zu zählen. Als das zu umständlich wurde, ritzte man nur noch die Abbildung solcher Zählhilfen auf kleine Tontafeln. Diese Piktogramme wurden immer abstrakter zu Wörtern in Keil-Schrift umgedeutet. Die Keil-Schrift wurde ca. 3 500 v. Chr. in Mesopotamien von den Sumerern zuerst auf Tontafeln geschrieben. Später nehmen die Ägypter Papyrus, danach wurde Pergament verwendet. In China wurde die Schrift unabhängig davon etwas später ebenfalls erfunden. Genau wie in Südamerika durch die Maya. Zuerst bestand die Schrift aus aufeinanderfolgenden Symbolen, welche mit der Zeit abstrakter wurden und ihre Bedeutung veränderten. Die phönizische Schrift war wahrscheinlich die erste reine Lautschrift, welche wesentlich leichter zu erlernen war und somit nicht nur wenigen Auserwählten zur Verfügung stand. Da sich nahezu alle Sprachen auf ca. 30 Laute reduzieren lassen, ist dies ein sehr sparsames und effektives Verfahren. Die Schrift hat erstmals ermöglicht, Neuerungen von den Personen unabhängig zu machen, die sie beherrschten. Davor wurden die Erfahrungen teilweise als Geheimnisse von einer auf die nächste Generation einer Familie oder eines Stammes mündlich weitergegeben. Schrift war ein Qualitätssprung, der die Verbreitung von neuem Wissen ungemein beschleunigt hat. (Thorpe, et al., 2010 S. 345 ff) <?page no="25"?> 2.2: Innovation in vorgeschichtlicher Zeit 21 Abbildung 1: Sumerischer Verwaltungstext auf Ton Ausbreitung von Erfindungen Im geografisch und klimatisch günstigen Eurasien (nach der letzten Eiszeit) existierten lange Zeit verschiedene Kulturen von Ackerbauern, nomadischen Viehzüchtern, Jägern und Sammlern parallel und beeinflussten sich gegenseitig. Bereits vor 7 000 Jahren kam es zu einem regen Warenaustausch zwischen den Völkern Europas und Asiens. An den Handelsrouten entstanden im 4. Jahrtausend v. Chr. die ersten Städte, wie Uruk in Mesopotamien und Mohejo Daro im heutigen Pakistan. Dort wurden nicht nur Waren gehandelt, sondern auch Neuerungen aus aller Welt erprobt. Nachdem Holz, Stein, Pflanzen- und Tierprodukte Jahrtausende lang die wesentlichen Werkstoffe der frühen Menschen waren, wurden Keramik (13 000 v. Chr.), Bronze (3 000 v.Chr.) und Eisen (1 200 v.Chr.) mit Hilfe des Feuers und den entsprechenden Schmelz- und Brennverfahren erzeugt. Daraus ergab sich eine Vielzahl neuer Produkte mit neuen Eigenschaften. Tongefäße zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten und Nahrung, Messer, Sägen, Äxte aus Bronze oder später aus Eisen waren ein weiterer Fortschritt. Auch hier waren die Sumerer die ersten, die Kupfer und Bronze verarbeiteten. Glas wurde zuerst gepresst und in Formen gegossen. In Syrien erfand man im 1. Jahrhundert v. Chr. das Glas-Blasen und durch Zuschläge das transparente Glas. (Schneider, 2012 S. 61) <?page no="26"?> K AP . 2: G ESCHICHTE DER menschlichen Innovation 22 Auf dem afrikanischen und amerikanischen Kontinent wurde hingegen die Ausbreitung von Ideen durch geografische und klimabedingte Barrieren wie Gebirge und Wüsten stark gehemmt. Z.B. kam das Getreide erst durch die Holländer im 17. Jahrhundert, per Schiff nach Südafrika, weil die Sahara und die feuchtwarmen Tropen die Ausbreitung nach Süden nicht zuließen. Während eines relativ langen Zeitraumes (ca. 1,5 Mio Jahre) wurden die oben genannten Erfindungen gemacht, die das Fundament für die Entwicklung der antiken Zivilisationen bildeten. Ohne diese fundamentalen Innovationen wären die folgenden Entwicklungsschritte nicht möglich gewesen. Ohne den geografischen und klimatischen Vorteil Eurasiens hätten die aus Afrika eingewanderten Europäer nicht diese Vormachtstellung erlangt, wie wir sie noch heute beobachten können (Diamond, 2007). Aus dieser Zeit sind uns noch keine Namen von Erfindern (falls diese überhaupt schon welche hatten) bekannt. 2.3 I NNOVATION IN DER A NTIKE Mit Beginn der Geschichtsschreibung in der Antike erfahren wir mehr über die ersten Erfinder und ihre Erfindungen. Imhotep war Heiler, Gelehrter und Baumeister im alten Ägypten. Er erfand vermutlich etwa 2 650 v.Chr. die Pyramide in Form übereinander gestufter Quader. Sie diente der Verherrlichung seines Königs Djoser. (Hammelmann, 2010 S. 7) Wichtige Voraussetzung für diese Erfindungen waren die Entdeckungen in den Naturwissenschaften. Man versuchte die Natur zu erklären. Besonders wegen der Verehrung von Gottheiten und dem starken Eindruck der nächtlichen Himmelskörper beschäftigten sich die ersten Gelehrten (Wissenschaftler) mit Astronomie. Dieses Wissen wurde bei den Ägyptern, Maya und den anderen frühen Kulturen von Priestern gesammelt und streng gehütet. Um 600 v. Chr. begannen die Griechen mit Thales von Milet, Demokrit, Aristoteles und später Archimedes eine von Religion losgelöste Naturwissenschaft zu betreiben. (Subramanyam, 2011 S. 9 ff) Ihre Erkenntnisse flossen in Erfindungen wie z.B. den Flaschenzug (von Archimedes) ein. Alexandria, eine griechische Stadt an der Küste Ägyptens, verfügte um 200 v. Chr. über eine Universität und eine sagenumwobene, umfassende Bibliothek, welche Werke der ägyptischen, babylonischen und persischen Kultur enthielt. (Mahajan, 2008 S. 13 ff) In der Antike gab es eine Reihe bedeutender Erfindungen. Winde, Hebel, Rolle und Keil waren als mechanische Instrumente bekannt. Das Wasserrad, welches zunächst zur Bewässerung als Schöpfrad betrieben wurde, bekam ein Winkelgetriebe und wurde mit Getreidemühlen kombiniert. Die Römer bauten bei Arles im heutigen <?page no="27"?> 2.4: Innovation im Mittelalter 23 Frankreich, 16 an einem steilen Hang aufgestellte Wassermühlen. Ca. 50 n. Chr. wurde die Schraubenpresse zum Pressen von Wein und Oliven erfunden. Die Keramik als alleiniger Behälter zur Aufbewahrung von Flüssigkeiten wurde durch leichtere Holzfässer abgelöst. Die Römer bauten kombinierte Ruder- und Segelschiffe, um z.B. über das Rote Meer nach Indien zu segeln. Die Etrusker erfanden den gemauerten Rundbogen. Später erfanden die Römer den Mörtel (opus caementicium) und schufen damit im 1.Jahrhundert n. Chr. das Pantheon in Rom mit einer freitragenden Kuppel von 43 Metern Durchmesser. Sie benutzten Kräne, bestehend aus Flaschenzug und menschlichem Tretrad. Sie bauten künstliche Häfen mit Leuchttürmen und ca. 80 000 Kilometer gepflasterte Fernstraßen mit Brücken innerhalb ihres Imperiums. Beeindruckend sind auch die Bauten der Römer zur Wasserversorgung ihrer wachsenden Städte. Über Aquädukte wurde das Wasser aus entfernten Quellgebieten zu Verteilerbecken geleitet, von denen Rohrleitungen aus Blei ausgingen, die dann die einzelnen Stadtteile mit Wasser versorgten. Überhaupt begann schon mit den frühen Hochkulturen die Geschichte der Architektur. Dazu zählen die imposanten Bauten der Ägypter, Babylonier, Griechen, Römer, Maya und Inka. Manche Dinge wurden auch gleichzeitig in verschiedenen Regionen erfunden. Wie z.B. die Sonnenuhr in Ägypten, China und Indien. In Griechenland wurden der Flaschenzug und das Münzgeld, im alten Rom das Glas und ebenfalls in China der Kompass sowie das Papier erfunden. Der kaiserliche Beamte Cai Lun stellte aus Maulbeerrinde, alten Tüchern und verschiedenen Fasern als erster Papier aus Zellstoff her. Kurz darauf entstand dann auch in China das erste Papiergeld. Die Papyrus-Rolle wurde vom Codex aus Pergament (erfunden in Pergamon) abgelöst. Ein Codex ist wie ein Buch mit beschriebenen Seiten (auch beidseitig). In der Militärtechnik erfand man das Katapult und Belagerungstürme. Es wurden aber auch einige Erfindungen der Antike und antikes Wissen vergessen, wie z.B. das Wasserklosett, welches erst 1775 von dem Engländer Alexander Cummings wiedererfunden wurde. (Hammelmann, 2010 S. 36) In diesem Zeitraum (ca. 3 000 Jahre) kam es wie beschrieben zu weiteren grundlegenden Innovationen, welche einerseits durch den regen Austausch zwischen den frühen Zivilisationen und andererseits durch die Entstehung der Naturwissenschaften gefördert wurden. Die Rahmenbedingungen waren günstig. Gelehrte und Erfinder sind nun auch teilweise namentlich bekannt. 2.4 I NNOVATION IM M ITTELALTER 529 n. Chr. wurde auf Befehl des christlichen Kaisers Justinian die Universität von Alexandria geschlossen, weil sie als Brutstätte heidnischen Gedankenguts galt. (Thorpe, et al., 2010 S. 350) Fortan bestimmte die katholische Kirche, welches Wissen für die Menschen zuträglich war. Dennoch entstanden Erfindungen wie beispielsweise Windmühlen, Kanonen, die mechanische Uhr und der Buchdruck mit beweglichen Lettern. Auch hier waren die Naturwissenschaften eine treibende Kraft. <?page no="28"?> K AP . 2: G ESCHICHTE DER menschlichen Innovation 24 In dieser Zeit taten sich besonders die Araber, welche das Wissen der antiken Griechen und Inder vereinten, hervor. Sie übersetzten die griechischen Werke und entwickelten Mathematik und Optik weiter. Sie begründeten unser heutiges, weltweit gültiges Zahlensystem und erfanden die ersten Brillen. Mit der Erfindung der Nockenwelle konnte die Rotationsbewegung eines Wasserrades in Stampfbewegung zum Zerkleinern von Erzen aus Bergwerken umgewandelt werden. (Schneider, 2012 S. 8) Guido von Arezzo ein Mönch aus der Toskana, erfand um 1025 das musikalische Notensystem, um mehrstimmige Musikstücke aufzeichnen (kopieren) zu können, welches bis dahin nicht möglich war. Auch der Schiffbau hat sich in dieser Zeit in Europa stark entwickelt, als Voraussetzung für die spätere Kolonisation der anderen Kontinente. Marco Polo war ein bedeutender Entdecker und brachte Innovationen aus China mit. Der Erfinder Johannes Gutenberg führte um 1440 bis 1450 den Buchdruck mit beweglichen Lettern ein. Damit konnten Texte in kurzer Zeit in großen Mengen kopiert werden. Das ermöglichte eine schnellere und umfassendere Verbreitung von Information und Wissen. Diese ca. 1 000 Jahre waren im christlichen Abendland eine Zeit, in der die Innovationsgeschwindigkeit gering war. Das Wissensmonopol der katholischen Kirche verhinderte die Durchsetzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und damit auch Innovationen. 2.5 I NNOVATION IN DER R ENAISSANCE 1453, mit der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen, gelangt mit den Flüchtlingen antikes Wissen nach Europa und die Entdeckung der „Neuen Welt“ durch die Europäer, beflügelte die Naturwissenschaften und den Erfindergeist. Man spricht sogar von einer wissenschaftlichen Revolution. Erstmals wurden wissenschaftliche Thesen durch Experimente bewiesen. Leonardo da Vinci (1480 - 1505) erfand diverse Maschinen und Fluggeräte. Viele seiner Erfindungen waren ihrer Zeit voraus und konnten erst viel später verwirklicht werden. Newton und Kepler erklärten die irdische und astronomische Mechanik. Galileo erfand die Pendeluhr. Das erste Fernrohr wird gebaut und in Europa gab es einen starken Wettbewerb zwischen den Kleinstaaten. Viele Herrscher der kleinen Fürstentümer wollten es den Großen gleichtun und unterstützten Künstler und Erfinder. Der Zeitraum von ca. 200 Jahren war in Europa sehr innovativ. Die religiösen Fesseln wurden gelockert, Wissenschaft und Kunst erlebten eine Blüte. <?page no="29"?> 2.6: Innovation während der Industriellen Revolution 25 2.6 I NNOVATION WÄHREND DER I NDUSTRIELLEN R EVOLUTION Diese Epoche begann in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts und dauerte etwa bis zum 2. Weltkrieg. In Westeuropa, den USA und Japan fand ein Übergang von der Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft statt. James Watt verbessert die Dampfmaschine (Mahajan, 2008 S. 38ff). Die Dampfmaschine konnte erstmals mehr Leistung als die von Nutztieren bereitstellen. Der Frühkapitalismus schaffte für Europa die Voraussetzungen für die industrielle Revolution. Dampflokomotiven transportieren Menschen und Güter über große Strecken. Alfred Nobel erfindet das Dynamit. Die Entdeckung der Elektrizität machte die Nacht zum Tag, elektrischer Strom war eine neue, leicht zu transportierende Energieform. Daraus entstehen schlagartig viele neue Erfindungen. Edison bringt die Glühlampe heraus und entwickelt einen Phonographen mit dem sich Sprache aufzeichnen und wiedergeben lässt. Marconi sendet per Funk eine Nachricht über den Atlantik und Graham Bell erfindet das Telefon. Der Otto-Motor stellte Leistung auf noch kleinerem Raum zur Verfügung und war Voraussetzung für die Entwicklung des Automobils. Otto Lilienthal baute das erste taugliche Gerät, mit dem sich ein Mensch in die Lüfte erheben konnte. Die Gebrüder Wright bauten einen Motor ein, verbesserten die Steuerung und begründeten damit die moderne Luftfahrt. Die Wissenschaft erklärte die- Elektrizität, den Magnetismus und die Eigenschaften des Lichts. Die Zahl bedeutender Wissenschaftler, Erfinder und Industrieller wie z. B: Werner v. Siemens, Thomas Alva Edison und Albert Einstein steigt rapide. In diesen knapp 100 Jahren wurden 3 neue Energieformen nutzbar gemacht (Dampf, Erdöl und Elektrizität), auf welche eine Welle neuer Erfindungen folgten. Kommunikation und Transport beschleunigten sich. Rohstoffe wurden weltweit zunehmend, massiv ausgebeutet. 2.7 I NNOVATION IM UND NACH DEM 2. W ELTKRIEG Im 2. Weltkrieg wurden von allen beteiligten Staaten große Anstrengungen unternommen eine technologische Überlegenheit zu erlangen. Die Luftfahrt, im 1. Weltkrieg anfangs noch in den Kinderschuhen, machte große Fortschritte. Viele neue Flugzeug-Firmen entwickelten moderne Kampf- und Transport-Flugzeuge. Einige bekannte Namen sind Junkers, Messerschmitt, Heinkel, Jakowlew, Mikojan, Tupolew und Boeing. Die Deutschen entwickelten ihre sogenannten V-Waffen (Vergeltungs- Waffen oder auch Wunderwaffen) wie die V1, V2 und Gasturbinen zum Antrieb von Flugzeugen mit Überschallgeschwindigkeit. Die Briten perfektionierten Radar und Echolot, um die deutschen U-Boote aufzuspüren. Von den USA wurde erstmals die Atombombe einsatzreif entwickelt und verwendet. <?page no="30"?> K AP . 2: G ESCHICHTE DER menschlichen Innovation 26 Nach dem Krieg kam ein neuer Werkstoff, der Kunststoff, hinzu, der viele Produkte leichter und billiger machte. Die Automobilindustrie nahm in Deutschland einen großen Aufschwung. Marken wie Daimler, Porsche und Volkswagen wurden weltweit bekannt. Radio und Fernsehen machten uns zu einer Mediengesellschaft. Japanische Firmen wie Sony und Panasonic beherrschten die Unterhaltungselektronik. Schließlich war die Erfindung des Computers und des Internets ein weiterer enormer Schub für die weltweite Verbreitung von Wissen. US-Firmen wie IBM, Apple und Microsoft prägten und prägen immer noch diese Entwicklung. Dabei werden Erfindungen zunehmend in Entwicklungs-Labors von Entwicklungs-Teams gemacht. Edison hatte als erster ein solches Labor 1876 in Menlo Park (USA). Später gab es die Bell-Labs, in denen der Transistor und die Solarzelle erfunden wurden. In Kalifornien gründeten die Firmen IBM und Xerox das Palo Alto Research Center (PARC), wo der Laserdrucker, Ethernet und die grafische Benutzeroberfläche (GUI) erfunden wurden. Die NASA (National Aeronautics and Space Administration) ist ein weiteres USamerikanisches Unternehmen, welches mit dem Space Shuttle einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung von Luft- und Raumfahrt geleistet hat (Mahajan, 2008 S. 66 ff). Wissenschaft wird heute gezielt eingesetzt, um neue Produkte zu erfinden. In den letzten 70 Jahren entstand daraus eine globale Informationsgesellschaft. 2.8 „E RFINDUNG “ VON M USIK , K UNST UND R ELIGION Musik, Kunst und Religion sind im technischen Sinne keine Erfindung aber die Menschheit ist auf diesen Gebieten hochinnovativ. Ich möchte sie deshalb nicht unerwähnt lassen, obwohl mir bewusst ist, dass die folgenden Ausführungen höchst lückenhaft sind. Auf der schwäbischen Alb wurden Flöten aus Schwanenknochen und Mammutelfenbein gefunden, die 37 000 Jahre alt sind. Meines Erachtens dient Musik unter anderem wohl ebenso wie die darstellende Kunst der emotionalen Stabilität des Menschen. Noch heute singen viele Naturvölker, wenn sie besonders emotional erregt sind. Auch Kleinkinder reagieren instinktiv beruhigt auf die singende Stimme der Mutter. Innovation in der Musik entsteht aus der Variation der Töne, Takte und der unterschiedlichen Klänge von Instrumenten. Beispielsweise haben sich wahrscheinlich aus einem gespannten Bogen die ersten Saiteninstrumente entwickelt. Die Schwingungen der Bogensehne konnte mit einem Resonanzkörper (z.B. Flaschenkürbis) noch verstärkt werden. Die Vielzahl der Instrumente und Musik-Varianten der Völker der Erde zeigen die großen Innovationsmöglichkeiten, die in der Musik stecken. <?page no="31"?> 2.8: „Erfindung“ von Musik, Kunst und Religion 27 Die Bilder in der Höhle von Altamira in Spanien sind etwa 14 000 Jahre alt. Sie zeigen fast lebensgroße Wisente, Wildpferde und Hirschkühe, die äußerst ausdrucksstark an die Wände und Decken gemalt wurden. Ähnliche Bilder findet man in der Nähe von Lascaux in Frankreich, 17 000 Jahre alt. Die Darstellungen im „Saal der Stiere“ sind mehr als 20 Meter lang. Geschickt nutzten die frühen Künstler Felsvorsprünge und Mulden, um sie räumlich erscheinen zu lassen. In der Stadelhöhle im Hohlenstein im Lonetal in Deutschland wurde ein ca. 30 cm großer Löwenmensch, geschnitzt aus Elfenbein, gefunden, der ca. 35 000 Jahre alt ist. (Schrenk, et al., 2006 S. 40) Kunst hat einen starken emotionalen und phantasievollen Anteil. Die Entwicklung des menschlichen Gehirns und des Denkens hat nämlich nicht nur Vorteile gebracht. So macht unser Gehirn nur zwei Prozent unseres Gewichtes aus, benötigt aber relativ viel Energie (rund 25 Prozent der gesamten Stoffwechselenergie). Denken führt uns neben der Erkenntnis der Welt aber auch zu Fragen, die uns keiner beantworten kann. Fragen nach Herkunft und Sinn unseres Lebens und nach dem Tod beschäftigten die Menschen schon seit vielen Jahrtausenden. Begräbnisse mit Grabbeigaben (vor ca. 95 000 Jahren) sind Zeugnisse der ersten uns bekannten, sichtbaren Rituale. Unbeantwortete Fragen machen seit jeher den Menschen Angst und gefährden unsere innere, emotionale Stabilität. Künstler können sich damit beruhigen, wenn sie ihre Emotionen zum Ausdruck bringen können. Und Betrachter von Kunst können diese mit dem Künstler teilen und damit ebenfalls ein positives Gefühl von Beruhigung haben. Kunst und Rituale verstärken somit den Zusammenhalt einer Gruppe und stiften kulturelle Identität. Am Anfang in den Höhlen diente Kunst wahrscheinlich dem Schamanischen Kult (Schrenk, et al., 2006 S. 38). In der Antike kam die Selbstdarstellung in Form der monumentalen Kunst der Herrschenden dazu. Die Malerei in der Renaissance wurde dreidimensional und damit realistischer (Giotto). Die Italiener erfanden die Perspektive mit Licht und Schatten. Später, mit der Erfindung der Fotografie wurden die Bilder impressionistisch bzw. expressionistisch. Man wollte mehr abbilden, als nur die äußere Realität. In der Malerei erfanden die KünstlerInnen immer wieder neue Stile, sich auszudrücken. Materialien, Farben und deren Umgang wurden nicht nur perfektioniert, sondern auch immer wieder neu definiert. Leonardo da Vinci begründete eine neue Farbenlehre und prägte damit die Malerei seiner Zeit und darüber hinaus. Kreativer und handwerklicher Anteil der Kunst variieren in der Geschichte. Kunstobjekte faszinieren den Betrachter auf eine emotionale, religiöse oder sexuelle Art, wie bei der immer wiederkehrenden Darstellung des nackten menschlichen Körpers. Zu Leonardos Zeiten wurden die Ingenieursleistungen auch als Ingenieurskunst bezeichnet. Dieses Universalgenie war gleichzeitig der Erfinder komplexer Maschinen, sowie Schöpfer der Mona Lisa und des Letzten Abendmahls. Kunst war immer auch schon immer eng mit der Religion verbunden. Sie hat durch ihre Darstellung des Göttlichen die Vorstellungskraft der Menschen beflügelt. Zusammen mit der Musik konnte und kann sie noch heute einen starken Eindruck machen und religiöse Zeremonien unterstreichen. <?page no="32"?> K AP . 2: G ESCHICHTE DER menschlichen Innovation 28 Denn auch die Religion ist eine kreative „Erfindung“ der Menschen. Sie entstand aus dem Ahnenkult und der Magie der Jäger- und Sammlerkulturen. Die frühen Hochkulturen benutzten eine differenziertere Religion mit sozialen Regeln, um das Zusammenleben großer Menschenmengen zu ermöglichen. In kleinen Sippenverbänden war das noch nicht notwendig. Je mehr Menschen auf engem Raum zusammenleben, desto mehr soziale Regeln benötigt man. Diese lassen sich mit Hilfe der Religion sehr gut vermitteln. Nicht umsonst waren früher Religion und Staat miteinander verbunden. Viele Könige rechtfertigten ihren Machtanspruch und damit ihre Ordnung durch Gottes Willen. Religion schafft ein Zusammengehörigkeitsgefühl und Sicherheit. „… ist eine effektive, aber autoritäre Methode der Gemeinschaftsbildung bei Menschen“ (Junker, 2011 S. 119). Kunst und Religion sind wichtige Innovationen in der kulturellen Entwicklung der Menschheit. 2.9 Z USAMMENFASSUNG UND A USBLICK Die vorangegangene Zusammenstellung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Mir ist wichtig darzustellen, wie sich die Geschwindigkeit von Innovation in der Historie insgesamt gesteigert hat. Dieser Prozess ist jedoch im Einzelnen nicht kontinuierlich verlaufen und man konnte sehen, dass es je nach Rahmenbedingungen unterschiedliche Entwicklungssprünge in den verschiedenen Regionen der Welt gab. Diese ungleichmäßige Entwicklung ist auch heute noch zu beobachten. Der Innovationsindikator, eine Studie verschiedener europäischer Forschungsinstitute hat beispielsweise Deutschland für 2011 sehr gute Noten gegeben. Von 2006 bis 2011 hat das Land seine Innovationsleistung deutlich verbessert und steht damit im internationalen Vergleich auf dem 2. Rang hinter der Schweiz. Während der vergangenen Wirtschaftskrise (2007 - 2009) wurden die Forschungsaufwendungen beibehalten, während andere Nationen (z.B. die USA) drastisch gekürzt haben. Deutschland hat vor allem vom Handel mit den „neuen Industrieländern“ wie Indien und China profitiert. Japan wurde in diesem Zeitraum eine mangelnde Internationalisierung und schwache Leistungsfähigkeit der Wissenschaft bescheinigt. Wogegen für China auch weiterhin ansteigende Innovationsleistungen vorausgesagt werden 1 . 1 URL: http: / / www.innovationsindikator.de/ fileadmin/ user_upload/ Dokumente/ Innovationsindikator_2011 .pdf 28.10.2014 11: 35 Uhr. <?page no="33"?> 3.1: Einleitung 29 3 M ERKMALE INNOVATIVER P ERSÖNLICHKEITEN „Zwei Dinge sind zu unserer Arbeit nötig: Unermüdliche Ausdauer und die Bereitschaft, etwas, in das man viel Zeit und Arbeit gesteckt hat, wieder wegzuwerfen.“ Albert Einstein (deutsch-amerikanischer Wissenschaftler/ Physiker) 3.1 E INLEITUNG Viele in den vorigen Kapiteln genannte Erfindungen wurden von uns heute unbekannten Personen oder Gruppen gemacht. Mit Beginn der historischen Aufzeichnungen treten immer mehr uns namentlich bekannte Erfinder ins Rampenlicht, von denen teilweise sogar Biografien überliefert sind. Heute ist die Berufsbezeichnung „Erfinder“ im deutschsprachigen Raum weitgehend verpönt. Oftmals wird mit ihm der erfolglose „Spinner“ in Verbindung gebracht. Dabei gibt es eine ganz eindeutige Definition für eine patentierbare Erfindung vom „Deutschen Patent- und Markenamt“, die lautet: „Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.“ 1 Somit ist nach deutschem Patentrecht ein Erfinder jemand, der schon mindestens ein erteiltes Patent zugesprochen bekommen hat. Im Folgenden habe ich 4 Biografien von Erfindern ausgewählt, welche zeigen, dass es auch unter Technikern sehr unterschiedliche Motivationen und Ausdrucksformen gab. Bei den letzteren drei Beispielen beeindruckt mich besonders die überaus starke Phantasie der Persönlichkeiten. Ich möchte an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass in der einschlägigen Literatur im Wesentlichen männliche Erfinder zu finden sind. Das lässt den Eindruck entstehen, dass Frauen dabei kaum eine Rolle spielen. Um nicht denselben einseitigen Eindruck zu erwecken, möchte ich hier zumindest zwei geniale Frauen nennen: Zum einen sei hier Mary Anderson genannt, welche während einer Fahrt mit der New Yorker Straßenbahn 1903 den Scheibenwischer für Kraftfahrzeuge (U.S. Patent No. 743,801, damals noch handbetrieben) erfand. Zum zweiten sei hier Melitta Benz aus Dresden erwähnt, welche im Jahr 1908 aus einem Löschblatt ihres Sohnes den ersten Kaffeefilter entwickelte (Gebrauchsmuster beim Kaiserlichen Patentamt) und damit eine noch heute weltbekannte Firma gründete. 1 § 1 Abs. 1 PatG <?page no="34"?> K AP . 3: M ERKMALE INNOVATIVER Persönlichkeiten 30 Ärgerlicherweise ist es sehr schwierig detaillierte biographische Daten von Erfinderinnen zu finden. Der Leser möge deshalb bitte verzeihen, dass die folgende Auswahl dennoch nur männliche Erfinder enthält. 3.2 B IOGRAPHIEN AUSGEWÄHLTER KREATIVER P ERSÖNLICHKEITEN „Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig.“ Albert Einstein in einem Brief an Carl Seelig 1952 John Boyd Dunlop - Der Tierarzt löst ein technisches Problem Dunlop wurde 1840 in Dreghorn/ Schottland geboren. „Jonny ist ein schwieriges Kind, welches ein wenig zum Jähzorn neigt. Er ist aber auch ehrgeizig, gibt sein Bestes und kämpft bis zur Erschöpfung“, wird von Verwandten später berichtet. Dunlop legt mit 19 Jahren sein Tierarzt-Examen in Edinburgh ab und geht dann später nach Irland. Dort heiratet er 1876 in Belfast. Eines Tages kam sein Sohn John jr., 10 Jahre alt, ins Haus gestürmt und beschwerte sich bitter beim Vater, dass er im Dreiradrennen mit den Nachbarskindern verloren hätte, weil sein Gerät nicht schnell genug rollen würde. Nun wollte John sen. die Sache endlich anpacken. Er hatte sich schon lange darüber geärgert, dass er mit seiner Kutsche bei den vielen Hausbesuchen als Tierarzt immer wieder im Schlamm stecken blieb. Ein paar Ideen waren schon zu Papier gebracht, in denen er z. B. elastische, mit Metallfedern ausgestattete Speichen skizzierte. „Ich beschaffte mir eine Holzscheibe mit einem Durchmesser von etwa 16 Inches und kaufte dann etwas 1/ 32 Inches dickes Plattengummi (in Fellen), woraus ich einen Luftschlauch konstruierte. Der wurde auf der Peripherie der Holzscheibe mittels eines Überzuges aus dünnem Leinen befestigt, der mit kleinen Stiften an den Kanten der Scheibe festgemacht wurde. Ich pumpte den Luftschlauch durch einen kleinen Zufuhrschlauch mit der Fußballpumpe meines Sohnes auf und band den kleinen Zufuhrschlauch in der gleichen Weise ab, wie es bei einem Fußball gemacht wird.“ (Dunlop, 1925) Bei einer kleinen Wette mit seinem Tierarzt-Kollegen Dr. Kyle, welches Rad denn weiter rollen würde, verblüffte er diesen mit der fast doppelten Strecke, zugunsten der Luftbereifung. Dann machte er sich an die Arbeit, den Reifen auf das Dreirad von Sohn Jonny zu ziehen. Am 28.2.1888 hatte er es dann schließlich gegen 22 Uhr geschafft. Jonny durfte sein Gefährt dann um Mitternacht ausprobieren und war begeistert. Zusammen mit dem reichen Fabrikanten und Radrennfahrer Harvey du Cros gründete er eine Fahrradreifen-Firma in Dublin und übergab seine Praxis in Belfast seinem Bruder. (Hammelmann, 2010 S. 83) <?page no="35"?> 3.2: Biographien ausgewählter kreativer Persönlichkeiten 31 Nach 7 Jahren, die Dunlop Pneumatic Tyre Co. war inzwischen eine Weltfirma geworden, verkaufte er seine Firmenanteile wegen Streitigkeiten an seinen Partner. Finanzielle Sorgen brauchte er sich nun nicht mehr zu machen. Er widmete sich von da an bis zu seinem Tode 1921 anderen Dingen. Nikola Tesla - Der geniale Ingenieur mit der übergroßen Phantasie Tesla wurde 1856 in Kroatien geboren. Nikola hatte schon als Kind eine überschäumende Phantasie. Er konnte sich die Funktionen kompliziertester Maschinen allein in seinem Kopf vorstellen. Er verbesserte und testete sie, indem er die Arbeitsschritte im Kopf ablaufen ließ. Mit 19 Jahren studierte er an der Technischen Hochschule in Graz. Er war sehr fleißig, lernte wie besessen manchmal von 3 Uhr morgens bis abends um 11. Was er einmal angefangen hatte, musste er auch zu Ende bringen. Etwas Zwanghaftes lag schon in seiner Persönlichkeit, berichteten später Leute, die ihn kannten. Mit 28 wandert Tesla in die USA aus. Er bittet um eine Anstellung beim damals schon berühmten Thomas Alva Edison in New York. Er will bei Edison für seine Erfindung des Wechselstroms bei werben. Dieser interessiert sich jedoch dafür nicht, sondern beauftragt ihn für 50 000 $ die Effizienz seines Gleichstromdynamos zu verbessern. Nach einem Jahr Arbeit präsentiert Tesla erfolgreich ein verbessertes Gerät. Edison betrügt ihn um das Geld, so dass dieser enttäuscht kündigt. (GEO kompakt, 18/ 2009 S. 108ff) Zusammen mit dem Industriellen Westinghouse setzt er den Wechselstrom, welcher vorteilhafter als Edisons Gleichstrom ist, weltweit durch. Auch hier wird Tesla um Millionen betrogen. Er war einfach kein Geschäftsmann, der es vermochte sich seinen gebührenden Anteil zu sichern. Edison sagte einmal, dass Erfindungen aus 10 % Inspiration und 90 % Transpiration bestehen. Tesla meinte dagegen über Edison: “…wenn dieser eine Nadel im Heuhaufen suchen würde, dann dreht der jeden Strohhalm um, anstatt mal etwas Theorie und Berechnung zu nutzen.“ (Tesla, 1997) Beide Erfinder waren offensichtlich sehr verschieden. Tesla war strukturierter und hat den theoretischen Betrachtungen viel Wert beigemessen. Edison dagegen hat sehr fleißig viele Möglichkeiten ausprobiert und war der klügere Geschäftsmann dazu. In der zweiten Hälfte seines Lebens widmet Tesla sich der Erforschung der sogen. „Freien Energie“, einer praktisch kostenlosen Energie, die aus der Atmosphäre entnommen werden kann. Er begibt sich damit immer mehr in finanzielle Schwierigkeiten und auf parawissenschaftliches Gebiet. Tesla, der in seinem Leben ca. 700 Patente hervorgebracht hat, stirbt 86jährig völlig verarmt in einem New Yorker Hotelzimmer. <?page no="36"?> K AP . 3: M ERKMALE INNOVATIVER Persönlichkeiten 32 Antonio Gaudi - Der Künstler und praktische Architekt Gaudi wurde 1852 in Spanien geboren. Vater und Großvater waren Kesselschmiede. Wegen einer rheumatischen Erkrankung konnte er nicht mit den anderen Kindern spielen, sondern beobachtete stattdessen die Natur. Mit 21 Jahren ging er nach Barcelona und studierte Architektur. Während des Studiums schockierte er seine Lehrer durch stilistische Experimente. Gaudi ist ein hervorragendes Beispiel für die Verknüpfung von Kunst, Handwerk und außergewöhnlicher Kreativität. Er hatte einen potenten Gönner in Eusebi Güell, einen reichen Industriellen, der ihm viele Aufträge beschaffte. In seiner schöpfungs-intensivsten Zeit (um 1900) kreierte er einen neuen Baustil, den Modernisme, eine spanische Variante des Jugendstils. Seine Ästhetik bezieht dieser Stil aus Elementen der Natur. Formen, Farben und Material sind kühn und unkonventionell. Für die damalige Zeit waren seine Bauten eine Herausforderung für Handwerker, Geldgeber und die geschmackliche Toleranz seiner Zeitgenossen. Lange Zeit verachtet bilden heute seine Bauten den touristischen Anziehungspunkt der Stadt Barcelona. Allen voran seine immer noch unvollendete Sagrada Familia (christliche Kathedrale), die man als Überlebenswerk bezeichnen kann, da heute immer noch daran gebaut wird. Die Genialität seiner Konstruktionen wurde erst deutlich, als man durch Computersimulation ihre Statik nachrechnen konnte. Gaudi fand durch einfache Methoden (Hängemodell) den idealen Kraftfluss für seine tragenden Elemente heraus. Abbildung 2: Architektonisches Hängemodell <?page no="37"?> 3.2: Biographien ausgewählter kreativer Persönlichkeiten 33 Für viele seiner Zeitgenossen galten seine Bauten als pathologisch und kompliziert. Mir erscheinen sie eher komplex, durchdacht, im höchsten Maße kreativ und voller Symbolik. Gaudi starb im Alter von 74 Jahren bei einem Straßenbahnunfall. Karl Hans Joachim Janke - Der kreative Wahnsinn Janke wurde 1909 in Pommern geboren. 1932 machte er sein Abitur in Berlin und begann ein Studium der Zahnmedizin in Greifswald. Wegen einer psychischen Erkrankung brach er nach einem Semester das Studium ab und lebte darauf wieder bei seinen Eltern bei Kolberg. Nach dem kriegsbedingten Verlust seiner Heimat und dann der Eltern wurde er 1949 in verwahrlostem Zustand in eine Klinik eingeliefert. Janke verbrachte über die Hälfte seines Lebens in der Psychiatrischen Anstalt Schloss Hubertusburg in Sachsen. In dieser Zeit fertigt er über 4 000 Zeichnungen an, baut Modelle von Flugmobilen, futuristischen Raumschiffen und elektromechanischen Geräten. Seine nach eigenen Angaben 300 - 400 technischen Erfindungen in Form von Zeichnungen sind an Kreativität und Ausführungs-Qualität kaum zu überbieten. Er hat Zeit seines Lebens darum gerungen, als Erfinder anerkannt zu werden. Es wurde jedoch keine seiner Erfindungen jemals gebaut. Es fehlt bei den meisten Erfindungen der konsequente Bezug zur Realität. Janke ist derartig kreativ, dass er sogar die Physik neu erfindet. Er speist seine „Trajekte“ mit Hilfe der Raumelektrizität, welche dann wiederum sehr bodenständig mittels Elektromotoren, Schubdüsen und Turbinen angetrieben werden. Tatsächlich wurde nach seinem Tode ein Patent von ihm aus dem Jahr 1937 entdeckt, welches dem Prinzip des heutigen GPS sehr ähnlich ist. Seine technischen Zeichnungen haben mit Sicherheit einen künstlerisch ästhetischen Wert. Die Tragik liegt offensichtlich in seiner Krankheit, die ihn dazu zwang, sich schöpferisch auszudrücken. Er hat es nicht geschafft diesen Drang in ein glückliches, allseits erfülltes Leben zu integrieren. An diesem Beispiel kann man erkennen, dass die Motivation zur Kreativität ein entscheidender Faktor ist, der manchmal auch krankhaft sein kann. In seiner eigenen Wirklichkeit (Wahn) war er ein verkanntes Genie. Janke starb 1988 in der Psychiatrischen Klinik Wermsdorf (Sachsen) und wurde in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt. Seine Zeichnungen sind im Schloss Hubertusburg in einem kleinen Museum zu sehen. (Lang, et al., 2007) <?page no="38"?> K AP . 3: M ERKMALE INNOVATIVER Persönlichkeiten 34 3.3 E IGENSCHAFTEN INNOVATIVER P ERSÖNLICHKEITEN „Am wichtigsten ist es, dass Sie den Mut haben, Ihrem Herzen und Ihrer Intuition zu folgen. Alles andere ist nebensächlich.“ Steve Jobs an Studenten der Stanford University 2005 Wie man aus den vorangegangenen Beispielen sehen kann, haben kreative Menschen keinen einheitlichen Charakter. Leonardo da Vinci wird z.B. als offen und freundlich beschrieben, dennoch liebte er die Einsamkeit. Edison tat sich als Schüler schwer und zündete aus Neugier die elterliche Scheune an. Carl Benz war neuen Dingen immer sehr aufgeschlossen und hat risikofreudig die Mitgift seiner Frau Berta in seine Erfindungen investiert. Wernher von Braun, der Raketenpionier, baute als Schuljunge einen Raketenwagen, den er durch den Berliner Tiergarten fahren ließ. Später war er mit 25 Jahren Technischer Direktor der Raketenentwicklung in Peenemünde. Er wird als zielstrebig und skrupellos beschrieben. Es gibt keine Gemeinsamkeiten in Erfinderbiografien, welche eine Verallgemeinerung zulassen. Manche kamen aus armen Verhältnissen (wie James Watt) andere waren schon bei ihrer Geburt wohlhabend (von Braun). Auch haben sie nicht immer die besten Schulen besucht und waren auch nicht immer die viel zitierten Schulversager. Es gab und gibt alle Charaktere unter ihnen und auch ihr Intelligenzquotient ist wie bei der Durchschnitts-Bevölkerung sehr verschieden. Dennoch gibt es Eigenschaften, welche viele ErfinderInnen, ForscherInnen und EntdeckerInnen gemeinsam haben, wie z.B. die NEUGIER. Ich meine hiermit nicht die Neugier, zu wissen, ob der Nachbar ein neues Auto hat oder die Nachbarin ein neues Kleid. Ich meine die Neugier, wissen zu wollen, wie die Dinge funktionieren oder warum die Dinge nicht funktionieren. Das kann sowohl in der Natur, in der Gesellschaft oder auf ganz verschiedenen Gebieten sein. Diese Neugier ist eine ungeheure Motivation, die allen Menschen angeboren ist. Man muss nur einen Säugling beobachten, der auf jedes Geräusch, jeden Blick und jede Berührung reagiert. Wenn er sich fortbewegt, ist nichts vor ihm „sicher“, weil er alles erkunden will. Er will wissen, ob der Ball rollt. Wie oft rollt er? Hört er irgendwann auf zu rollen? Rollt er auch zu Papa oder Mama? Was kann man noch mit dem Ball machen? Auch in den Mund nehmen? usw. Das, was vielen Eltern nach einer gewissen Zeit sehr anstrengend wird, ist die natürliche Neugier des Menschen. Besonders eindringlich können die lieben „Kleinen“ einem die Nerven rauben, wenn sie dann schon sprechen können und die berühmten „Warum-Fragen“ stellen. „Warum hat der Apfel eine Beule? “ „Warum fällt der Apfel vom Baum? “ „Warum ist der Apfel da gewachsen? “ Die kreativen Menschen sind oft noch bis ins hohe Alter neugierig. Die Anderen geben sich irgendwann mit der Welt zufrieden, so wie sie ist. Eine zweite Eigenschaft, welche auch im Kleinkindalter beobachtet werden kann ist MUT. Mut zu fragen gehört auch dazu. Genauso wie Mut zum Ausprobieren. Nicht <?page no="39"?> 3.3: Eigenschaften innovativer Persönlichkeiten 35 alle Kinder haben diesen Mut aus verschiedenen Gründen. Neugier und Mut führen zu Erfahrungen, zu einem Wissensschatz an Allgemeinals auch Fachkenntnissen. Die dritte Eigenschaft ist AUSDAUER, eine Eigenschaft, die viele innovative Menschen haben. Die Ausdauer führt einen dann irgendwann zur Beantwortung der Fragen, die Neugier und der Mut gestellt haben. Kleinkindern sollte man die Dinge nicht zu früh aus der Hand nehmen. Sie sollten ruhig auch mal ein bisschen frustriert sein. Diese Frustration und manchmal auch Spott müssen überwunden werden. Die Freude, es später allein geschafft zu haben, ist dann umso größer. Edison hat einmal gesagt, nachdem er wieder einmal eine Vielzahl vergeblicher Tests zur Haltbarmachung des Glühfadens gemacht hatte: „Wir kennen jetzt 1 000 Wege, wie man keine Glühbirne baut“ (Meyer, 2008). Er hat jedes Scheitern als einen Wissenszuwachs betrachtet: „ Jede schlechte Idee ist ein Schritt zu einer guten Idee.“ (Meyer, 2008) Mit diesen drei Eigenschaften (Neugier, Mut, Ausdauer) kann auch ein durchschnittlich intelligenter Mensch große Erfindungen machen. Kreative Menschen interessieren sich oft nicht nur für das Ziel einer Arbeit, sondern meist auch für den Prozess. Ihnen ist das Malen, nicht nur das Bild wichtig. Ebenso sind ihnen das Schreiben, das Erfinden und das Forschen wichtig. Sie sind glücklich, wenn sie kreativ gestalten. Sie kommen in einen sogen. Flow und vergessen alles um sich herum. Den Begriff Flow hat der Kreativitäts-Forscher Mihaly Csikszentmihalyi geprägt. Er beschreibt damit jenes Hochgefühl, welches verschiedene kreative Menschen in seinen Studien immer wieder geäußert haben. Dieses Hochgefühl ist gekennzeichnet durch klare Ziele in jeder Phase der Tätigkeit und durch ein unmittelbares positives Feedback für das eigene Handeln. Die Aufgaben und Fähigkeiten der Person stehen im Gleichgewicht. Man ist weder übernoch unterfordert. Das Handeln und die Bewusstheit bilden eine Einheit. „…Beim flow sind wir dagegen vollständig auf das konzentriert, was wir gerade tun. Diese gezielte Aufmerksamkeit ist notwendig, um das feine Gleichgewicht von Fähigkeiten und Anforderungen zu bewahren, und sie ist möglich, weil man klare Ziele hat und ein sofortiges Feedback erhält.“ (Csikszentmihalyi, 1999) Es ist eine Art Selbstvergessenheit, in der man keine Versagensängste hat und das Zeitgefühl aufgehoben ist. Ablenkungen werden vom Bewusstsein ausgeschlossen. Die Aktivität wird autotelisch, d.h. der Weg ist das Ziel und wird dabei nicht als Anstrengung empfunden. Mit folgenden Aussagen sollte es daher möglich sein, einen Flow in der persönlichen Arbeit zu erzeugen: <?page no="40"?> K AP . 3: M ERKMALE INNOVATIVER Persönlichkeiten 36 Abbildung 3: Was ist Flow ? Für einen Flow ist es wichtig, dass man nach jeder Arbeits-Etappe überzeugt ist von dem, was als nächstes zu tun ist. Liegt der Fortschritt während der Arbeit unter den Erwartungen, kommt es zur negativen Rückkopplung in Form von Frustration und Unsicherheit, bis der Flow schließlich ganz abbrechen kann. Wenn der Fortschritt dagegen über den Erwartungen liegt, setzt eine positive Rückkopplung (Glücksgefühl) ein und die Motivation steigt. Der Flow kann sich dann sogar soweit beschleunigen, dass man in einer Art Rauschzustand alles um sich herum vergisst. Ob diese kreativen Menschen dann auch zu Lebzeiten erfolgreich sind, steht auf einem ganz anderen Blatt. Die Studie „Sind Erfinder anders als es die psychologische Forschung erwarten lässt? “ (Braun, et al., Wirtschaftspsychologie Heft 1/ 2009) hat u.a. herausgefunden, dass Erfinder generell neugierig und offen sind. Erfolgreiche Erfinder lassen sich aber ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr von ihrer Idee abbringen (Ausdauer) und verbessern sie solange, bis sie reif für den Markt ist. Die erfolglosen Erfinder sind auch dann noch offen (neugierig), wenn es um die mühevolle Umsetzung ihrer Idee geht und „verzetteln“ sich allzu oft. Interessanterweise wurden die entscheidenden Innovationen in der Fliegerei von jeweils zwei Brüdern gemacht, den Brüdern Lilienthal und Wright. Diese haben sich in ihrem Temperament und den Eigenschaften sehr gut ergänzt und waren meiner Meinung nach deshalb so erfolgreich. In diesen Fällen haben sich die Eigenschaften Neugier und Ausdauer nicht in einer Person, sondern in einem Team von zwei eng miteinander arbeitenden Personen verbunden. Diese „Dream teams“ aus zwei Persönlichkeiten findet man auch z.B. bei Daimler (umtriebiger Geschäftsmann) und Maybach (außergewöhnlicher Konstrukteur) (Fleck, et al., 1993), Siemens (kreativer Geschäftsmann) und Halske (hervorragender Handwerker) (von Siemens, 1881) und Jobs (Gründer und Visionär von Apple) und Wozniak (genialer Elektroniker) (Young, et al., 2009). Einer ist meist der Mutige, der andere der Ausdauernde und die kreative Vision schweißt beide zusammen. <?page no="41"?> 4.1: Spiegelneurone und innere Bilder 37 4 D ER KREATIVE P ROZESS „Nichts kann existieren ohne Ordnung - nichts kann entstehen ohne Chaos“ Albert Einstein, Nobelpreisträger 4.1 S PIEGELNEURONE UND INNERE B ILDER Ist Kreativität vererbt oder wird sie erlernt? Das System der Spiegelneurone, welches Wissenschaftler in den letzten Jahren im menschlichen Gehirn entdeckt haben, spielt im kreativen Prozess eine entscheidende Rolle. Menschen können Prozesse voraussehen und auch fühlen, die sie gar nicht selbst tun. Wir sehen beispielsweise eine Person, die einen Stein aufhebt und zum Werfen auf eine andere Person ansetzt. Wir wissen, was als folgendes passiert. Wir spüren förmlich den Schmerz, wenn die andere Person den Stein an den Kopf bekommt. Die dafür verantwortlichen Spiegelneurone erlauben es uns aber auch, die Geschichte im Kopf zu verändern. Stellen wir uns doch einfach vor, es wäre kein Stein, sondern eine Feder, die unsere erste Person dort aufhebt und wirft. Jede Lücke in der realen Wahrnehmung kann das Gehirn mit kreativen Vorstellungen füllen. Das ist Innovation. Innovation kann dennoch nicht aus dem Nichts entstehen. Vorhandene Erkenntnisse werden miteinander neu kombiniert bzw. erweitert. Das können gesehene, gehörte oder erlebte Kenntnisse oder Vorstellungen sein. Der Neurobiologe und Hirnforscher Gerald Hüther spricht von „Inneren Bildern“. Das sind Gedanken, Einstellungen, Verhaltensmuster und Informationen, die nicht nur Menschen besitzen, sondern selbst Einzeller und auch die ganze Gesellschaft. Es liegt in der Natur der Dinge, dass wir innovativ sind. „Die Neigung zur Verlängerung und Verdopplung von Gensequenzen ist eine immanente Eigenschaft der als Informationsträger genutzten DNA. Die Erzeugung neuer Ideen und Vorstellungen ist eine immanente Eigenschaft lernfähiger Gehirne, und die Tendenz zur ständigen Erweiterung des kollektiven Gedächtnisses ist eine zwangsläufige Folge des Wissenszuwachses jeder Gemeinschaft.“ (Hüther, 2011 S. 109) Die „Inneren Bilder“ werden von Generation zu Generation weitergegeben. Und es werden wesentlich mehr „Bilder“ produziert, als unmittelbar zum Überleben gebraucht werden. Das ist auch notwendig, da sich die Umweltverhältnisse für ein Individuum oder eine Gesellschaft auch ändern und existentielle Probleme auftauchen können. Dann nämlich können beispielsweise Menschen oder Menschengruppen aus diesem Reservoir „Innerer Bilder“ schöpfen und eine Lösung finden. Warum sonst schleppen wir unsere Erinnerungen teilweise ein Leben lang mit uns herum? Warum gibt es Geschichten oder Märchen, welche über Generationen weitergetragen werden? Damit wir in Notfällen auf unsere und die Erfahrungen ande- <?page no="42"?> K AP . 4: D ER KREATIVE Prozess 38 rer zurückgreifen und diese dann, neu kombiniert oder erweitert, zur Lösung unserer Probleme verwenden können. Die Menschen haben das im Laufe ihrer kulturellen Evolution immer stärker getan und tun das immer noch. Das ist ein wesentlicher Grund, warum sich Menschen so erfolgreich auf unserem Planeten entwickelt haben. Ihre „Inneren Bilder“ haben die Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Umweltbedingungen verbessert. 4.2 O HNE E MOTION KEIN KREATIVES D ENKEN Das Savant-Syndrom ist ein Phänomen, bei dem Menschen (oft mit kognitiver Behinderung) in einem kleinen Teilbereich außergewöhnliche Leistungen vollbringen. Etwa 100 Menschen mit Savant-Syndrom sind der heutigen Wissenschaft bekannt. Davon gelten etwa 50 als Autisten. Der US-Amerikaner Kim Peek ( 1951 - 2009) kannte den Inhalt von ca. 12 000 Büchern auswendig. Er las 2 Seiten gleichzeitig, jeweils eine mit dem linken und eine mit dem rechten Auge. Außerdem kann er zu jedem beliebigen Datum genau den Wochentag benennen. Er diente als Vorbild für den Kinofilm „Rain Man“ mit Dustin Hoffman und Tom Cruise. Oder Orlando Serell ( 1968), ebenfalls aus den USA, wurde mit 10 Jahren von einem Baseball am Kopf getroffen und erinnert sich seither an jeden Tag seines Lebens. Er kann genau sagen, was er an diesem Tag gegessen hat, welches Wetter war und was er sonst noch gemacht hat. Diese außergewöhnlichen Leistungen sind für die meisten Menschen verblüffend, nützen den Betroffenen meistens jedoch wenig. Menschen mit Savant-Syndrom haben oft Sprachschwierigkeiten, wirken emotional unterkühlt und abwesend. Ihnen fehlen oft die Emotionen. Dadurch haben sie nicht selten Probleme bei der Kommunikation und Integration in die Gesellschaft. Sie sind Experten im Detail, sehen jedoch einfache Zusammenhänge nicht. Hirnforscher vermuten, dass dieses Syndrom durch neuronale Fehlschaltungen verursacht wird. Sinneseindrücke werden wahllos gespeichert und können beliebig abgerufen werden ohne Relevanz oder emotionale Bedeutung. War Kim Peek denn tatsächlich kreativ? „Weil er sich alles merkte und nichts vergaß, konnte er sich kaum für eine Handlung entscheiden. Alle Möglichkeiten mussten zuvor durchdacht werden. So war er nicht einmal fähig sich ein Spiegelei zu braten, geschweige denn, alleine zu leben. Um kreativ zu sein muss man sich aber entscheiden können, muss man handlungsfähig sein.“ (Pöppel Ernst, 2012 S. 88) Der Hirnforscher Ernst Pöppel spricht vom „kreativen Vergessen“ als einer sinnvollen Eigenschaft unseres Gehirns, um uns vor Informationsmüll zu schützen. Es ist notwendig, um weiter nach der schon geahnten Lösung zu suchen. Und schon Sigmund Freud wusste, dass Emotionen das Vergessen steuern (Freud, 1907). Wissenschaftler lernen heute durch moderne Geräte (Hirnscanner), welche Teile des menschlichen Gehirns für bestimmte Denkoperationen aktiviert werden. <?page no="43"?> 4.3: Ohne Unterbewusstsein keine Kreativität 39 Sie haben herausgefunden, dass Emotionen in hohem Maße bestimmen, welche Hirnareale anbzw. abgeschaltet werden und somit für logisches und kreatives Denken zur Verfügung stehen. Wenn wir beispielsweise durch eine Wüste wandern, ist es ein Unterschied, ob das eine geführte Wanderung mit anderen Menschen, ausreichend Wasser und Schattenplätzen ist oder ob wir uns gerade mutterseelenallein und ohne Wasserflasche verlaufen haben. Im ersten Fall sind wir entspannt und denken wir an die schöne Landschaft Im Zweiten sind wir furchtsam und denken daran, wann wir endlich auf Wasser oder Menschen treffen, die uns helfen. Noch extremer wird die Situation, wenn wir plötzlich eine Schlange sehen und Angst haben. Wir denken nicht mehr an das Wasser, an die Menschen und schon gar nicht an die schöne Landschaft. Unser Denken ist nur noch auf Flucht fixiert. Beim kreativen Nachdenken ist es daher sinnvoll, möglichst viele Gefühle zuzulassen. Dadurch verändert sich unsere Wahrnehmung des Problems oder der Aufgabe. Bas Kast, ein deutscher Wissenschaftsjournalist und Autor, schreibt in seinem Buch „Wie der Bauch dem Kopf beim Denken hilft“: „Damit werden Gefühle zu einem Motor gerade auch des kreativen Denkens. Bei der Kreativität kommt es schließlich darauf an, die Dinge ein bisschen anders zu sehen als üblich. So ist es wohl kein Zufall, dass just Künstler und Menschen, die wir als Genies bezeichnen, oft mit einem turbulenten Gefühlsleben zu kämpfen hatten und haben.“. (Kast, 2007 S. 62) 4.3 O HNE U NTERBEWUSSTSEIN KEINE K REATIVITÄT „Das Bild kommt zu mir, wie ein Traum“ Vincent van Gogh, niederländischer Maler Das Unterbewusstsein ist die Ebene unserer Erfahrungen, welche wir nicht mit Sprache ausdrücken können. Dort liegt der größte Teil unseres Wissens und zwar länger als wir glauben. Wir komprimieren diese Erfahrungen und mischen sie mit Emotionen im Unterbewusstsein zu Intuition. Wir entscheiden nicht selten aus dem Bauch heraus, weil wir eine Intuition (Gefühl) haben. Besonders bei wichtigen Dingen, wie z.B. der Partnerwahl, sind diese Entscheidungen erfolgreicher. Unser bewusster Verstand sammelt Erfahrungen, Informationen und macht uns somit zu Experten. Für einfache Entscheidungen (Schuhkauf) reicht es, das Für und Wider abzuwägen, weil es relativ wenige Informationen zu vergleichen gibt. Für komplexe Entscheidungen sind es oft zu viele Daten, die wir im Bewusstsein nicht verarbeiten können. Wurden genug Informationen gesammelt, kann man sich ruhig auf seinen Bauch bzw. seine Intuition verlassen. Als Beispiel kann eine Geschichte aus dem schon zitierten Buch von Bas Kast dienen, welche in den 1980er Jahren rund um das Getty Museum in Los Angeles spielt. Damals wurde dem Museum eine antike griechische Statue zum Kauf für rund 10 Millionen Dollar angeboten. <?page no="44"?> K AP . 4: D ER KREATIVE Prozess 40 Um die Echtheit zu prüfen, wurden aufwendige Untersuchungen mit Elektronenmikroskop, Massenspektrometer und Röntgendiffraktions- und Röntgenfluoreszenzgeräten durchgeführt. Der eindeutige Befund lautete: Das Kunstwerk war echt. Kurz vor Vertragsabschluss warf der ehemalige Leiter des New Yorker Metropolitan Museum of Art einen Blick auf die Figur. Das Erste, was ihm dabei intuitiv in den Sinn kam, war das Wort „frisch“. Es wurden weitere erfahrene Kunstexperten hinzugezogen und auch diese meldeten Zweifel in Form unangenehmer Gefühle an. Die daraufhin angestellten Nachforschungen ergaben, dass die angeblich antike Statue aus einer Fälscherwerkstatt in Rom stammte. Den Experten, welche schon viele derartige antike Figuren in ihrem Leben gesehen hatten, reichte ihre Intuition, um echt von unecht zu unterscheiden. (Kast, 2007 S. 78 - 79) Um solches Expertenwissen zu verarbeiten, braucht unser Gehirn Zeit, damit die Informationen, Erfahrungen und Emotionen auf den Grund des eigenen Unterbewusstseins gelangen können, um sich zu neuen Verknüpfungen zusammenzufinden. Das geschieht nicht selten in unseren Träumen des Nachts oder auch am Tage. In Träumen werden sinnvoll erscheinende Einzelteile wie selbstverständlich zu einem sinnlos erscheinenden Ganzen verknüpft. Wenn wir aufwachen entstehen oft intuitive (kreative) Entscheidungen, mit denen wir langfristig zufriedener sind. (Kast, 2007 S. 82ff) Bewusstsein - konvergentes Denken Wenige, geordnete Informationen Filter Offen - kreativ Verschlossen - nicht kreativ Unterbewusstsein - divergente Gedanken Viele, chaotische Informationen Abbildung 4: Modell - Wechselspiel Bewusstsein/ Unterbewusstsein <?page no="45"?> 4.4: Die 4 kreativen Phasen 41 Der bewusste Verstand hingegen kann nur mit einer Handvoll Informationen umgehen, die geordnet sein müssen. Verstandes-Entscheidungen können schnell getroffen werden, weil wenige Parameter zu verarbeiten sind. Bewusstsein und Unterbewusstsein arbeiten dennoch sehr eng zusammen. Zwischen beiden kann man sich eine Art Filter vorstellen, welcher stark von Emotionen geprägt ist. Sind wir emotional negativ gestimmt, kommen nicht viele Wahrnehmungen im Unterbewusstsein an. Positive, euphorische Stimmungen dagegen lassen uns „die Welt in vollen Zügen auskosten“. Wir sind dann „zugänglicher“. Alkohol und Drogen sind eine andere Möglichkeit den Filter zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein durchlässiger zu machen. Nicht wenige Künstler haben diese Erkenntnis zur Steigerung ihrer Kreativität genutzt und sind dadurch süchtig geworden. Auch bei manchen psychischen Krankheiten scheint dieser Filter gestört zu sein. Die Phantasie (Unterbewusstsein) nimmt die Rolle der Realität (Bewusstsein) ein, wie wir an Jankes Beispiel gesehen haben. Wobei Wissenschaftler und Künstler offensichtlich dieselben kreativen Phasen durchlaufen, jedoch mit unterschiedlicher Intensität. Künstler müssen sich in ihrer kreativen Arbeit mehr ihren Emotionen öffnen als Wissenschaftler, um authentisch zu sein. Diese bringen sie nicht selten bis an ihre geistigen und körperlichen Grenzen. Hier kann ein kritischer Punkt erreicht werden, der sich als ein Zustand zwischen „Genie und Wahnsinn“ beschreiben lässt. Der gesunde Künstler schafft es, aus diesem Spannungsfeld durch konstruktive Arbeit herauszukommen. Er braucht das sogar, um nicht „verrückt zu werden“. Es gibt und gab aber auch einige, die in die Psychose abgerutscht sind (van Gogh). Wirklich Neues entsteht also nicht aus vorhandener Ordnung und nicht aus dem Chaos selbst, sondern aus dem intuitiven Neuordnen von vorhandenem Chaos. 4.4 D IE 4 KREATIVEN P HASEN „Erfinden heißt der Evolution auf die Sprünge helfen.“ d. Verf. Der Prozess des kreativen Denkens besteht aus zwei aufeinanderfolgenden Stadien der Informationsverarbeitung: dem divergenten Denken, gefolgt vom konvergenten Denken. (Boos, 2011 S. 7) Diese Sequenz wird oft mehrere Mal wiederholt durchlaufen, bevor sich eine kreative Lösung einstellt. Von Divergenz spricht man, wenn gedanklich aus Einem Vieles gemacht wird. Konvergenz ist, wenn dann wieder aus Vielem Eins gemacht wird. Das Viele entspricht dem Chaos, welches durch Konvergenz geordnet werden muss. Der englische Psychologe Graham Wallas hat 1926 ein 4- Phasen-Modell, als systematische Theorie des kreativen Denkens geschaffen. Die ersten beiden Phasen würde ich als divergent und die folgenden als zunehmend konvergent bezeichnen. <?page no="46"?> K AP . 4: D ER KREATIVE Prozess 42 Abbildung 5: 4-Phasen-Modell In der Inkubationsphase findet der eigentliche kreative Prozess statt. Um neue Lösungsansätze zu finden, ist der unbewusste Teil unseres Denkens wichtig. Bewusstes Denken beschäftigt sich mit uns bekannten Lösungen. Im Taoismus sagt man: „Man darf Kreativität nicht wollen - man muss sie zulassen.“ Man befindet sich in einem Wechselspiel zwischen Gedanken, die einem scheinbar chaotisch, unbewusst in den Sinn kommen, und dem Drang, diese in eine Ordnung zu bringen. Es ist wichtig diese chaotischen, divergenten (auseinanderstrebenden) „Inneren Bilder“ erst einmal zuzulassen und zu sammeln. Später, während der Illumination, werden sie dann zielgerichtet und konvergent in eine sinnvolle Ordnung gebracht. 4.5 D IE 7 KREATIVEN S CHRITTE In Ergänzung der 4 Phasen möchte ich hier noch etwas konkreter und mit einem Beispiel meine eigene Ansicht des individuellen Innovationsablaufes beschreiben. 7 Schritte scheinen mir in diesem Prozess wichtig zu sein: 1. Drängendes Problem erkennen: „Das ist unzureichend! “ 2. Vielversprechende Vision haben: „Das ist doch lösbar! “ 3. Hoffnungsvolles Konzept entwerfen: „So könnte es gehen! “ 4. Ausdauernde, systematische Arbeit: „Probieren, Ändern, Probieren…“ 5. Frustration des Scheiterns und des Außenseiters aushalten: „Ich weiß, dass es funktioniert! “ 6. Belohnende, innovative Lösung: „So geht es! “ 7. Beharrliche Realisation: „…99 % Transpiration.“ <?page no="47"?> 4.5: Die 7 kreativen Schritte 43 Am Beispiel der Lebensgeschichte von Otto und Gustav Lilienthal können diese Schritte ausführlich dargestellt werden. Otto wurde 1848 und Gustav ein Jahr später in Anklam geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters gingen die Brüder 1870 nach Berlin, um dort ihr „Glück zu suchen“. Die Stadt begann sich zu industrialisieren und sie erlangten in den aufstrebenden Maschinenbau-Firmen (z.B. Louis Schwartzkopff) und der dortigen Gewerbeakademie ihre technischen Fähigkeiten. Seit ihrer Jugend interessierten beide sich für den Vogelflug. Otto (Außenseiter) bekundete 1873 in einem Vortrag vor dem Potsdamer Gewerbeverein, dass er die Luftschifffahrt nach dem Prinzip leichter als Luft (z.B. Heißluftballon, Zeppelin) für eine Fehlentwicklung hält. Seine Vision vom Fliegen „Schwerer als Luft“ stand im Gegensatz zur Meinung vieler damaliger Autoritäten, wie z.B. dem weltberühmten Physiker Hermann von Helmholtz, welcher ebenfalls 1873 in einer Gesamtsitzung der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften erklärte, dass: „auch durch den allergeschicktesten, flügelähnlichen Mechanismus“ es kaum möglich sei, nach dem Prinzip „Schwerer als Luft“ zu fliegen. (Runge, et al., 2007 S. 100) Das Prinzip „Leichter als Luft“ bedeutet, dass der Auftrieb des Fluggerätes mit Hilfe eines Gases erzeugt wird, welches leichter als Luft ist (statischer Auftrieb durch heiße Luft, Wasserstoff oder Helium). Fluggeräte, die nach dem Prinzip „Schwerer als Luft“ fliegen, erreichen den Auftrieb durch die Geschwindigkeit, die Querschnittsform und die Länge der Tragflächen (dynamischer Auftrieb beim Flugzeug oder Hubschrauber). Die Lilienthal-Brüder wollten mit Erfindungen ihren Lebensunterhalt verdienen. Deshalb stand bei ihnen immer im Fokus, dass sie mit ihren Erfindungen Geld verdienen müssen (Vision). Otto versuchte es zuerst im Bergbau mit einer verbesserten Schrämm-Maschine zum Abbau von Kohle. Er erkannte die Schwächen der vorhandenen Technik (Problem) und verbesserte diese (Konzept). „Technische Unmöglichkeiten gibt es nicht und Schwierigkeiten müssen überwunden werden“, pflegte er zu sagen (Vision). Zusammen mit Gustav stellte er systematisch Berechnungen an, machte Skizzen und unzählige Versuche direkt im Bergwerk unter Tage (Ausdauer). Es gelang ihm eine kostengünstigere und effiziente Maschine zu bauen (Innovation), doch der kommerzielle Erfolg blieb aus verschiedenen Gründen aus (Scheitern). Gustav dagegen versuchte sich an der Erfindung von Kinderspielzeug. Er wollte, dass Kinder Architektur verstehen lernen (Vision) und schuf einen Steinbaukasten (Konzept). Die Steine sollten aus möglichst ähnlichem Material sein, wie beim richtigen Hausbau. Monatelang probierten sie verschiedene Mischungen, die sie nach dem Abformen im Ofen ihrer Küche trockneten (Ausdauer). Schließlich fanden sie die richtige Mischung und färbten die Steine in dem heute noch typischen rötlichen Ockerfarbton (Innovation). Auch diese Erfindung brachte keinen kommerziellen Erfolg (Scheitern). Sie verkauften das Patent an einen Geschäftsmann aus Thüringen, welcher mit den „Anker-Steinbaukästen“ reich wurde. Schließlich schaffte Otto dann doch den Durchbruch (Innovation). Der „Gefahrlose Dampfkessel aus Schlangenrohr-Elementen“(Deutsches Reichspatent Nr. 42 698) wurde die lange erhoffte Existenzgrundlage für sich und seine Familie. In einem klei- <?page no="48"?> K AP . 4: D ER KREATIVE Prozess 44 nen Unternehmen (Realisation) in Berlin produzierte er ab 1882 diese praktischen Energie-Maschinen vorwiegend für Handwerker und Kleinbetriebe. Nebenbei beschäftigten sich beide Brüder weiterhin mit der Fliegerei. Auf Basis zahlreicher Versuchsreihen mit selbstgebauten Gleitfliegern entstand Ottos bahnbrechendes Buch (Innovation) „Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst“ (Lilienthal, 1889). Damit war Otto Lilienthal somit auch ein früher Bioniker, da er sich die Natur zum Vorbild nahm. Er beschrieb als erster umfassend die technischen und theoretischen Grundlagen des Gleitfluges. Der Verkauf des Buches rentierte sich finanziell ebenso wenig, wie die in seiner Maschinenfabrik hergestellten Flug-Gleiter. Jedoch sollte dadurch der Autor in aller Welt berühmt werden. Zehn Jahre später benutzen es das Brüderpaar Wright bei ihrer Erfindung eines steuerbaren Flugapparates mit Motorantrieb und Propeller. Am 9. August 1896 stürzte Otto Lilienthal bei einem seiner selbst durchgeführten Gleitversuche in den Tod. Sein Bruder versuchte Jahre später noch einmal vergeblich einen Flugapparat mit Schlagflügeln als Antrieb zu bauen, so wie sie es sich in ihrer Jugend beide erträumt hatten. Zu dieser Zeit gab es schon eine Reihe motorisierter Flugzeuge, so dass keiner mehr an dem Schlagflügelprinzip interessiert war. Gustav starb 37 Jahre nach seinem Bruder auf dem Weg zum Flugplatz Berlin- Tempelhof. Die Biografie der Lilienthal-Brüder zeigt eindrucksvoll, wie wechselhaft solch ein Erfinderleben sein kann. Es ist geprägt von Neugier, Hoffnungen, Visionen, aber auch von ausdauerndem, hartem Ringen um die Lösung, sowie von der Frustration des Scheiterns und des Außenseitertums. Nachtrag zu den Lilienthals - Ideen leben weiter Im Jahr 2010 schuf die Fa. Festo im Rahmen des Bionic Learning Networks ein Flugmodell namens „SmartBird“, welches sich durch Flügelschlag wie ein Vogel fortbewegte. Hier wurde erstmals der Vogelflug mit auf- und abschlagenden Flügeln in einem technischen Gerät so naturnah umgesetzt, dass mit 24W elektrischer Leistung ein Fluggerät mit einem Gewicht von nur 450 g und 2 m Flügelspannweite zum Fliegen gebracht wurde. Aktive Torsion der Flügelenden (von der Natur abgeschaut) führte zu diesem erstaunlichen Ergebnis. <?page no="49"?> 4.6: Wie gute Ideen entstehen 45 Beispiel Festo SmartBird (Festo AG & Co.KG, 2011) Alle Rechte vorbehalten Abbildung 6: SmartBird Flugsequenzen frontal 4.6 W IE GUTE I DEEN ENTSTEHEN Eine weitere interessante Sichtweise, wie Innovationen entstehen, beschreibt Steven B. Johnson in seinem Buch „Wo gute Ideen herkommen“. Er nennt darin ebenfalls 7 Faktoren und behandelt sie anhand von Beispielen aus Natur- und Menschheitsgeschichte: 1. Das Nächstmögliche „Ideen sind wie Basteleien, zusammengebaut aus eben jenen angestaubten Überresten des schon immer Dagewesenen. Wir übernehmen bereits vorhandene Ideen oder welche, über die wir zufällig gestolpert sind, und fügen sie zu etwas Neuem zusammen.“ (Johnson, 2013 S. 39) Das Nächstmögliche liegt am Rande des ursprünglichen Betrachtungshorizonts. Man soll die Grenzen eines problematischen Systems betrachten. Oft wird da schon eine Lösung sichtbar. 2. Flüssige Netzwerke Als die Menschen begannen in Städten zu leben, entstanden Netzwerke, in denen Ideen schnell weitergegeben und entwickelt werden konnten. Die kreativen Leute zieht es schon immer in die Städte, in denen sie einerseits in der Anonymität unge- <?page no="50"?> K AP . 4: D ER KREATIVE Prozess 46 stört ihren Interessen nachgehen können, andererseits eine größere Chance haben, Gleichgesinnte zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen. Heute leben wir durch das Internet in einer globalen Stadt. Noch nie hatten so viele Menschen Zugriff auf so viel Informationen und Wissen. Noch nie konnten die Menschen so schnell und einfach über fast den gesamten Globus kommunizieren. 3. Die langsame Ahnung „Die meisten Ahnungen, die zu wichtigen Innovationen führen, brauchen geraume Zeit, um sich zu entwickeln. Sie beginnen als vages, nur schwer in Worte zu fassendes Gefühl, dass es für das anliegende Problem eine interessante Lösung geben könnte, auf die noch niemand gekommen ist. Dann verweilen sie manchmal jahrzehntelang in den dunklen Ecken des Bewusstseins, knüpfen Verbindungen und gewinnen an Kraft, bis sie sich eines Tages zu etwas Greifbarem transformieren.“ (Johnson, 2013 S. 91) So benötigte der Erfinder des World Wide Web Tim Berners- Lee zehn Jahre, um seine Idee einer Hypertext-Informationsplattform zu kultivieren: „…Das Web entstand als Antwort auf ein nicht genauer definiertes Problem, durch das Zusammenspiel vieler Einflüsse, Ideen und Einsichten aus verschiedenen Bereichen, bis ganz allmählich ein Konzept in meinem Kopf Gestalt annahm. Es war eher ein Wachstumsprozess als eine lineare Abfolge von Problemlösungen.“ (Johnson, 2013 S. 104) 4. Serendipität Es kommt aus dem Englischen und soll die Verbindung von glücklichen Zufällen und Neukombination beschreiben. Ein Beispiel dafür ist der schon erwähnte heterogone Generationswechsel. Unter ungünstigen Bedingungen pflanzen sich z.B. Wasserflöhe ungeschlechtlich fort. Es gibt nur Weibchen, die identische Klone mit identischer DNA von sich anfertigen. Das ist energiesparend, damit sehr erfolgreich aber auch anfällig. Während Trockenperioden werden auf einmal auch Männchen geboren und es beginnt die geschlechtliche, energetisch aufwendigere (Partner finden, verteidigen, etc.) Fortpflanzung, bei der die DNA-Sätze neu und zufällig miteinander kombiniert werden. Jetzt ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Individuen mit „kleinen Fehlern“ entstehen, die mit der Trockenheit besser zurechtkommen als die anderen. Somit kann die Art besser überleben. 5. Irrtum „Es gab sie zwar, die Erfinder, die spontan richtig lagen mit ihren Ahnungen und Ideen, aber die Liste derer, die meilenweit danebengriffen, und das mehrmals ist noch viel länger.“ (Johnson, 2013 S. 150) Den Erfindungen Röntgenbilder, Gummi und Plastik ging allen ein produktiver Fehler voraus. Die Vervielfältigung der DNA bei der geschlechtlichen Fortpflanzung ist zum Glück fehlerhaft, sonst würde es uns in der heutigen Form gar nicht geben. Die Fehlerrate (Mutationsrate) bei der Vermehrung von Bakterien erhöht sich drastisch, wenn sie zu wenig Nahrung zur Verfügung haben. Damit werden mehr unterschiedliche Nachkommen erzeugt, wovon hoffentlich einige, die ungünstigen Umweltbedingung besser überstehen. <?page no="51"?> 4.6: Wie gute Ideen entstehen 47 6. Exaptation Als Exaptation bezeichnet man in der Evolutionsbiologie einen Organismus, der zu einem ganz bestimmten Zweck ein ganz bestimmtes Merkmal entwickelt und dieses Merkmal später für eine völlig andere Funktion verwendet. Man kann es auch ganz einfach Zweckentfremdung nennen. Lee de Forest erfand 1906 die Vakuum-Röhre als Verstärker für den Radioempfang. Später wurde diese genutzt, um bei den ersten Computern Null und Eins Zustände zu realisieren. Auch Johannes Gutenberg, der Erfinder des Buchdruckes benutzte eine ursprüngliche Weinpresse zum Drucken. 7. Plattformen Auf der Basis von Plattformen entwickeln sich oft weitere Innovationen. Twitter und Google benutzen z.B. gezielt offene API (Application Programming Interface), um anderen Programmierern die Möglichkeit zu geben, eigene, innovative Anwendungs- Programme zu erstellen. Gleichnis mit einem Puzzle Man hat nur eine ungefähre Vision, wie das Puzzle am Ende aussehen soll. Aber man ist davon überzeugt, dass es funktioniert. Es gibt schon einige vorhandene alte Teile, an welche man anknüpfen kann. Doch am Anfang ist alles noch sehr lückenhaft und das macht ungeduldig. Wenn man an einer Stelle nicht weiterkommt, muss man es an anderen Stellen versuchen. Es ist noch nicht klar, wie die gesuchten Einzelteile genau aussehen. Deshalb werden manchmal Teile zweckentfremdet ausprobiert. Fehler sind dabei unvermeidbar, bringen aber im Ausschlussverfahren immer näher ans Ziel. Die Teile findet man zufällig, in flexiblen Netzwerken oder auf vorhandenen Plattformen. Das Puzzle nimmt Teil für Teil Gestalt an, wobei man nie sagen kann wie schnell das geht. Es wird oft wieder verworfen bevor es gänzlich fertig gestellt ist. <?page no="52"?> K AP . 5: R AHMENBEDINGUNGEN FÜR Innovation 48 5 R AHMENBEDINGUNGEN FÜR I NNOVATION „Es gibt keinen Grund, warum sich irgendjemand einen Computer in sein Haus stellen sollte“ Ken Olson, Vorsitzender und Gründer von DEC, 1977 auf einem Kongress der World Future Society 5.1 E INLEITUNG Wie müssen die persönlichen und die Umweltbedingungen sein, damit sich kreative Persönlichkeiten entfalten können? Es gibt verschiedene Wege zu innovativen Ideen zu gelangen: zufällig, durch Wissenstransfer, durch den Wunsch nach Verbesserung oder zielgerichtet. Dem Zufall verdanken wir die Entdeckung von Porzellan, Schießpulver, Fernrohr, Röntgenstrahlung, Teflon, Gummi und Batterie. Andere Erfindungen kamen aus fernen Ländern über die Handelsstraßen nach Europa, wie z.B. das Papier und der Kompass aus China. Eine große Motivation für Erfinder war und ist die Verbesserung vorhandener Produkte oder Verfahren. So waren Schreibmaschine, Verbrennungsmotor, Dynamo oder Dampfmaschine Resultate einer langen Kette von Verbesserungen durch verschiedene Erfinder. Die Entdeckung neuer Materialien, neuer Werkzeuge und neuer Diagnosegeräte (Fernrohr, Mikroskop) öffnet oft das Tor für eine ganze Folge von Innovationen. Das alles spielte und spielt sich unter verschiedenen Randbedingungen ab. Zielgerichtete Innovation erfordert bestimmte Rahmenbedingungen. 5.2 W AS KANN TECHNISCHE I NNOVATION IM U NTERNEHMEN FÖRDERN ? Kreativer Freiraum Wie wir in den vorangegangenen Biografien erkennen konnten, haben sich alle diese Persönlichkeiten ihren kreativen Freiraum geschaffen. Der Tierarzt Dunlop experimentierte in seiner Freizeit, Tesla hat seine Kreativität in seiner Profession ausgelebt. Gaudi hatte das Glück, einen Förderer in dem Industriellen Güell zu finden und Janke überredete die Klinikleitung, ihm einen Raum und Material zur Verfügung zu stellen. Es braucht nicht viel, einem kreativen Menschen die Arbeit zu erleichtern. Meist reicht es, ihnen nur keine Steine in den Weg zu legen. Beispielsweise kann man für Entwicklungsingenieure eine Art „Spielwiese“ schaffen. Ein gut eingerichte- <?page no="53"?> 5.2: Was kann technische Innovation im Unternehmen fördern? 49 tes Labor oder eine Musterbau-Werkstatt zur freien Verfügung und etwas Zeit neben dem Tagesgeschäft sind ideale Voraussetzungen. Zudem haben Studien an Ratten ergeben, dass eine abwechslungsreiche Umgebung sich förderlich auf das Hirnwachstum auswirkt. Es gibt eine messbare Zunahme an biochemischer Aktivität. Beim Menschen ist das nicht anders. Deshalb müssen Kinder möglichst abwechslungsreich spielen, um ihr Gehirn zu entwickeln. Je mehr Eindrücke gespeichert werden, desto eher entstehen Gedankenverbindungen und desto größer ist die Chance, aus deren Wechselspiel heraus neue Ideen zu bilden. Wer also viel erlebt, dem wird mehr einfallen. Fortbildungsmöglichkeiten in Unternehmen sollten nicht immer der naheliegenden Arbeitsthematik entsprechen, sondern auch Möglichkeiten bieten, mal „über den Tellerrand zu schauen“. Aktivität in der Natur Interessant ist auch die Frage bei welchen Gelegenheiten oder auch an welchen Orten die Menschen am kreativsten sind. Ich hatte einmal einen sehr kreativen Chef als Leiter eines Entwicklungs-Zentrums für Automobilzulieferer, der seine Einfälle auf einem Stück Toilettenpapier präsentierte. Die folgende Grafik zeigt, eine Verteilung der Gelegenheiten, bei denen die Befragten am kreativsten sind. Abbildung 7: Kreativitätsfördernde Situationen <?page no="54"?> K AP . 5: R AHMENBEDINGUNGEN FÜR Innovation 50 Es ist klar, dass die Atmosphäre eher entspannend sein sollte. Bei langweiligen Meetings gehen die Gedanken „spazieren“, wobei bei den interessanten der Geist am Thema des Meetings bleibt. Die gängigen Kreativtechniken scheinen ihre Wirkung laut dieser Studie allerdings nicht zu erzielen. Lediglich 1 % der Befragten gab an, mit Hilfe der geläufigen Kreativtechniken innovativ zu sein. Dazu muss gesagt werden, dass die am Häufigsten angewendete Technik hierzulande das Brainstorming ist. Diese ist zwar leicht anzuwenden, aber sie wird oft von den Extrovertierten einer Gruppe in Diskussionen dominiert. Das führt dazu, dass der Rest der Gruppe sich nicht traut, unkonventionelle Ideen vorzuschlagen. Viele andere Techniken sind sehr komplex und eher akademisch. Sie müssen erst aufwendig erlernt, bzw. von einem fähigen Moderator geleitet werden. Das leisten sich die wenigsten Unternehmen. Die von mir im Anschluss vorgestellte Methode LOBIM ist ohne Vorkenntnisse sofort anwendbar, sowohl von einer Gruppe als auch einzeln. Eine Diskussion während der Ideenfindung findet nicht statt, da die Bewertung bewusst hintenangestellt wird. Bei LOBIM soll eine starke Inspiration aus möglichst vielen verschiedenen Richtungen stattfinden. Im Idealfall sollte jeder Teilnehmer die Möglichkeit bekommen einen kreativen Flow-Zustand zu erreichen. Am kreativsten nach der oberen Grafik ist (28 % der Befragten) der Mensch in der Natur. Diese hat außer dem entspannenden Effekt auch noch eine sehr inspirierende Komponente. Beim Spaziergang in der Natur bieten sich demjenigen, der gerade über ein technisches Problem nachdenkt, bewusst oder unbewusst Lösungen aus Flora und Fauna an. Bei 3M, nach eigenen Angaben einem der weltweit innovativsten Multi Technologieunternehmen werden spezielle Bedingungen für die Mitarbeiter geschaffen. „Wer mit einem schwierigen fachlichen Problem kämpft, soll auf dem Firmengelände spazieren gehen. (Als ich 3M im Februar 2009 besuchte, spazierten auf dem Gelände, auf dem überall Rehe äsen, zahlreiche Mitarbeiter in gefütterten Daunenparkas herum.) Wer sich an einem Problem die Zähne ausbeißt, soll sich auf eine Couch am sonnigen Fenster legen, vor sich hin träumen oder eine Runde Flipper spielen.“ (Lehrer, 2012 S. 44) Körperliche Bewegung ist nicht nur für die Physis gesund, sie hat auch einen positiven Einfluss auf unser Denken. Z.B. fördert Klettern die Kreativität. Beim Klettern wird die Kreuzkoordination trainiert, welche die Verknüpfungen zwischen rechter und linker Hirnhälfte aktiviert. Gemeinsame Klettertouren als Firmenevent bieten nicht nur die Möglichkeit, das Team zu stärken, sondern auch durch die Natur Inspiration zu erhalten. <?page no="55"?> 5.3: Was fördert technische Innovationen in der Gesellschaft? 51 Motivierendes Betriebsklima Außerdem ist der Umgang mit neuen Ideen innerhalb der Firmen-Hierarchie ganz entscheidend für das Gedeihen von Innovation. Eine neue Idee ist wie eine Pflanze, die man pflegen muss. Am Anfang ist sie sehr zart und empfindlich. Es gibt viele Möglichkeiten sie sofort zu zerstören. Z.B mit Totschlag-Argumenten, wie „zu teuer“ oder „haben wir noch nie gemacht“ oder „zu kompliziert“. Mit dem sogenannten „Mauern“ von Informationen aus Konkurrenzverhalten zwischen den Mitarbeitern und Vorgesetzten ist schon so manche gute Idee „platt“ gemacht worden. Ideen von Mitarbeitern sollten in jedem Fall honoriert werden. Ein Eintrag beim Patentamt, eine Beteiligung am Umsatz mit dem neuen Produkt oder eine Prämie sollten festgelegt werden. Es sollten auch alle am innovativen Projekt Beteiligten (inkl. Werkstattmitarbeiter) in das Belohnungs-System eingebunden werden. Die Motivation jedes Einzelnen spielt die entscheidende Rolle. Es gibt eine Reihe kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, die man zu den sogenannten „Hidden Champions“ zählt. Diese Unternehmen sind in der Öffentlichkeit meist unbekannt, dafür aber Weltmarktführer in ihrem Segment. „Während der wichtigste Treiber ihres Wachstums in der Globalisierung zu suchen ist, fußt die Stärkung ihrer Wettbewerbsposition in den letzten zehn Jahren vor allem auf einer überlegenen Innovationsperformance. Für den Innovationserfolg sind Köpfe und Qualität wichtiger als Budgets.“ (Simon, 2007 S. 221-222) 5.3 W AS FÖRDERT TECHNISCHE I NNOVATIONEN IN DER G ESELLSCHAFT ? „Der Mensch mit einer neuen Idee ist so lange ein Verrückter, bis die Idee Erfolg hat.“ Mark Twain Ob eine Idee zum Erfolg wird oder nicht, liegt meist nicht an der Idee allein. Das Interesse, diese Idee umzusetzen bzw. sie zu benutzen, muss nicht selten erst geweckt werden. Wenn die Idee sehr neu, d.h. sehr innovativ ist, dann sind die Leute oft erst einmal skeptisch, ob das Produkt umsetzbar ist, beim Kunden ankommt und sich rechnet. Natürlich gibt es auch die sogenannten Selbstläufer, bei denen die Vorteile auf der Hand liegen (Luftreifen). Doch die meisten Innovationen benötigen sogenannte Katalysatoren, die ihnen zum Durchbruch verhelfen. Kleiner, leichter, kostengünstig und praktischer Die Schraube zum Beispiel war lange Zeit ein Luxusgut. Weil sie so aufwendig hergestellt werden musste, wurde sie bei den Römern nur an Schmuckstücken als Verschluss verwendet. Der massenhafte Durchbruch als lösbare Verbindungsmöglichkeit kam erst mit der Erfindung der Drehmaschine, mit der kostengünstig Gewinde und damit Schrauben hergestellt werden konnten. Wenn die Geräte kleiner, leichter oder einfacher zu bedienen sind, dann werden sie für die Menschen oft praktischer <?page no="56"?> K AP . 5: R AHMENBEDINGUNGEN FÜR Innovation 52 und besser akzeptiert. 1983 stellte Motorola das erste Mobiltelefon „Dynatac 8000X“ vor. Es sah aus wie ein Knochen, wog 800 g und kostete ca. 4000 US$. Durch die Einführung digitaler Mobilfunknetze Anfang der 90er Jahre konnten die Batterieleistung und damit die Größe der Geräte verringert werden. Heute sind Mobiltelefone ein Massenphänomen weltweit. Streben nach Luxus Es bedurfte erst einer gewissen Luxus- oder Prunksucht, um beispielsweise Glas als Fensterscheibe weit verbreitet einzusetzen. Die mittelalterlichen Kathedralen sollten zum Ruhme Gottes und seiner Kirchenfürsten besonders edel und beeindruckend sein. Je mehr Kirchen mit Glasfenstern ausgestattet wurden, desto besser und kostengünstiger wurde die Herstellung von Glasscheiben, so dass es sich bald auch Bürger für ihre Häuser leisten konnten. Es gibt Beispiele in der heutigen Automobilindustrie, wo sich die Innovationen zuerst bei den Luxus-Marken und danach erst allmählich bei den Fahrzeugen der sogenannten Volumenhersteller durchsetzen (Airbag, ABS usw.). Schaffung von Sicherheit Lange Zeit konnten sich bestimmte Erfindungen nicht durchsetzen, weil sie zu unsicher waren. Seit dem Mittelalter gab es z.B. schon Warenaufzüge, doch für Personen hielt man sie lange für gefährlich. 1854 versetzte Elisha Graves Otis bei einer Vorführung in New York die Menschenmenge in Schrecken, als er das einzige Befestigungsseil einer in schwindelerregender Höhe schwebenden Plattform, auf der er selbst stand, kappen ließ. Eine Stahlfeder, welche am Seil befestigt war, entspannte sich und rastete in eine Zahnschiene neben der Plattform ein, wodurch sie nach einigen Zentimetern des Fallens die Plattform vollständig abbremste und einen Absturz verhinderte. “All safe, Gentlemen! “, verkündete Otis daraufhin stolz. Nachdem Alfred Nobel erfolglos versucht hatte, den flüssigen Sprengstoff Nitroglyzerin stoßunempfindlicher zu machen, kam ihm der Zufall zugute. Ausgelaufenes Nitroglyzerin vermengte sich mit der extrem saugfähigen Kieselgur und bildete eine breiige Masse. Daraus entwickelte er den handhabungssicheren Detonationssprengstoff Dynamit. Leidensdruck Menschen, die einen Leidensdruck haben, beschäftigen sich besonders damit, diesen zu verringern. 1655 erfand der gelähmte Nürnberger Uhrmacher Stefan Farfler einen Rollstuhl mit Handkurbelantrieb. Die Weidenrinde ist seit Jahrhunderten als Schmerzmittel bekannt. Leider ist sie im Rohzustand schlecht verträglich. Durch ein bestimmtes chemisches Verfahren konnte 1897 durch die Fa. Bayer erstmals reine Acetylsalicylsäure gewonnen werden. Der bittere Geschmack und Nebenwirkungen, wie Magenbeschwerden wurden dadurch eliminiert. Der Markenname des Schmerzmittels Aspirin ist heute weltbekannt. Streben nach oder Erhaltung von Macht und wirtschaftliche Interessen <?page no="57"?> 5.3: Was fördert technische Innovationen in der Gesellschaft? 53 Politik und Wirtschaft haben schon sehr früh in der Geschichte ihre gemeinsamen Interessen entdeckt. Die Skythen erfanden den Steigbügel zum Sattel, um beim Reiten gleichzeitig mit Pfeil und Bogen schießen zu können. Selbst während sie scheinbar flohen, konnten sie nach hinten auf die Verfolger schießen. Damit hatten sie zu ihrer Zeit einen entscheidenden Vorteil im Machtkampf gegenüber ihren Nachbarn. Minen, U-Boote, Radar usw. wurden alle erfunden, um einen Vorteil im Krieg zu erlangen, damit die Macht zu erhalten oder auszudehnen. Die Produzenten neuartiger Waffen erzielen noch heute überdurchschnittliche Gewinne. Außerdem erhalten Rüstungsfirmen oft enorme Entwicklungs-Budgets von ihren Regierungen. Für IngenieurInnen aus anderen Branchen ist es immer wieder erstaunlich und beneidenswert, wie wenig dort auf die Kosten geachtet werden muss. Rüstungsprojekte sind dazu noch oft technisch führend im Hinblick auf neue Verfahren und Materialien und somit reizvoll für TechnikerInnen. Kreative und ehrgeizige Ingenieure, wie z.B. Wernher von Braun, wussten die kriegerischen, imperialen Rüstungsbestrebungen im 3. Reich geschickt auszunutzen, um den Traum vom Flug ins Weltall zu verwirklichen. Dabei wurde auch er selbst, neben den Politikern, Rüstungskonzernen und Banken, aus meiner Sicht zum Kriegsverbrecher. Beispiel: Rüstungswettlauf zwischen NATO und Warschauer Pakt Von den 50’er bis 90’er Jahren des vorigen Jahrhunderts, im sogenannten Kalten Krieg tobte der Rüstungswettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion. Dabei ging es z.B. darum, den Gegner jeweils immer besser auszuspionieren bzw. am Spionieren zu hindern. Die Amerikaner überflogen die Sowjetunion mit dem Aufklärungsflugzeug U2 in 30 000 m Höhe, um deren Militärbasen auszuspionieren. Die Sowjets konnten lange Zeit nur zusehen, da ihre Abfangjäger nicht in der Lage waren, so hoch zu fliegen. Irgendwann schafften sie es dann eine U2 abzuschießen und sogar die US-Piloten gefangen zu nehmen. Danach flogen die Amerikaner mit der S71 Blackbird nicht nur hoch, sondern auch über Mach 3 schnell. Wieder konnten die Sowjets lange Zeit nur zuschauen und sie entwickelten fieberhaft die Mig 31 und Abfang-Raketen, welche ein adäquates Gegenmittel darstellten. Skunk Works, die Entwicklungs-Abteilung der US-Rüstungsfirma Lockheed, entwickelte in den 70ern das erste für Radar unsichtbare Flugzeug (Stealth). Der Mitarbeiter Denys Overholser hatte in einer Veröffentlichung eines sowjetischen Wissenschaftlers die mathematische Formel zur Berechnung von Körpern mit der kleinsten Radarsignatur gefunden. Daraus entwickelte er in nur 8 Wochen ein Computerprogramm, mit dem man eine komplette Flugzeuggeometrie berechnen konnte. Ergebnis war eine Konstruktion, welche eine um Zehnerpotenzen geringere Radarsignatur besaß, aber aerodynamisch völlig unüblich aussah. Die Aerodynamiker bei Skunk Works gaben ihm den Spitznamen „hoffnungsloser Diamant“. (Rich, et al., 1994) Die schlechten Flugeigenschaften konnten nur durch komplexe, elektronische Steuersys- <?page no="58"?> K AP . 5: R AHMENBEDINGUNGEN FÜR Innovation 54 teme ausgeglichen werden. Die F117 Nighthawk war eine hochinnovative und kostenintensive Entwicklung. Abbildung 8: F117 - Nighthawk In der Sowjetunion gab es im selben Zeitraum Entwicklungen, die darauf abzielten, den gegnerischen Radar möglichst zu unterfliegen. Dazu diente das sogenannte „Ekranoplan“ (Erdflugzeug), welches den Bodeneffekt ausnutzte. (Kommissarov, 2002) Ein Fluggerät mit Stummelflügeln fliegt in etwa 10 bis 20 m über der Erdoberfläche, so wie es beispielsweise Seevögel tun, um viele Kilometer mit wenig Kraftaufwand auf See zurückzulegen. Abbildung 9: Ekranoplan Das Verhältnis von Kosten und Nutzen solcher Entwicklungen in der Zeit des kalten Krieges war insbesondere für die Sowjetunion ruinös. Aber auch in den NATO- Staaten wurden Steuergelder, die in soziale Systeme hätten fließen können, meiner Meinung nach sinnlos verschleudert. Potente Unterstützung und gegenseitige Befruchtung <?page no="59"?> 5.3: Was fördert technische Innovationen in der Gesellschaft? 55 Es ist von Vorteil reiche und einflussreiche Gönner (Sponsoren) zu haben. Leonardo da Vinci fand mit dem König von Frankreich (Franz I.) einen reichen Unterstützer. Der wohlhabende Fabrikant Eusebio Güell verschaffte Antonio Gaudi die lukrativsten seiner Aufträge. Außerdem ist es von Vorteil, in den wissenschaftlichen und geistigen Zentren seines Faches zu arbeiten, da man in direktem Kontakt und Austausch mit anderen Wissenschaftlern sein kann und davon profitiert. Das Silicon Valley an der Westküste der USA ist heute solch ein Ort, an dem eine große Dichte an Universitäten (Stanford, Berkeley) und High-Tech-Firmen der Computer- und Internetbranche (Intel, Apple, Google usw.) zu finden sind. Konsequente Umsetzung Eine Idee allein reicht in den meisten Fällen nicht. Wichtig sind Menschen, die dieses zarte Pflänzchen tragen und gedeihen lassen. Das sind nicht immer die Erfinder selbst. Wenn Edison sagt, dass eine Erfindung zu 1 % Inspiration und 99 % Transpiration ist, dann will er damit ausdrücken, dass die Umsetzung von einer Idee in ein Produkt noch ein hartes Stück Arbeit bedeutet. Dazu sind oft viele Tests mit diversen Prototypen, welche Schritt für Schritt vom Einfachen zum Ausgereiften wachsen, nötig. Nicht selten dauert dies Jahre, wenn die äußeren (physikalischen) Einflussgrößen komplex sind. Schutz der Innovation durch Patentrechte „Patente belohnen ihren Inhaber oder ihre Inhaberin durch ein für maximal 20 Jahre befristetes und räumlich begrenztes Nutzungsmonopol. Sie erfüllen gleichzeitig eine wichtige Informationsfunktion mit der Bekanntmachung der Erfindung als Anreiz für weitere Innovationen.“ (Deutsches Patent- und Markenamt, Oktober 2013) Eine Patenterteilung entscheidet noch lange nicht, ob eine Idee umgesetzt wird. Es gibt viele Patente, die weltweit ungenutzt in den Regalen verstauben. Manchmal dienen sie lediglich dem Wettbewerber auf dem Markt das Leben schwer zu machen. Aufwand zur Umsetzung und Nutzen spielen die größte Rolle. Ist der zu erwartende Nutzen hoch, so ist man auch bereit, die vielen großen und kleinen Risiken, Schwierigkeiten und Investitionen in Angriff zu nehmen, welche oft mit der Umsetzung eines Patentes verbunden sind. Dabei versucht der Patentschutz das Risiko der Nachahmung durch Dritte zu verringern. Das hat aber nur Sinn, wenn sich weltweit alle Marktteilnehmer daran halten, und nicht wie in der Vergangenheit durch einige asiatische Länder ignoriert wurde. Heute gibt es dahingehend hoffnungsvolle Ansätze, wie im Folgenden zu lesen: Am 22.08.2012 berichtete die Zeitschrift „Wirtschaftswoche“, dass in der Volksrepublik China mittlerweile 1,6 Millionen Patente angemeldet wurden. Nirgendwo auf der Welt stieg zwischen 1999 und 2009 die Zahl der Patente so schnell wie diesem Land (von 3 100 auf 65 400 pro Jahr). Grund dafür sei die massive Unterstützung von Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen durch den chinesischen Staat. Die Hilfe reicht von finanziellen Anreizen über Steuervergünstigungen bis zur kompletten Übernahme der Kosten für Patentanmeldungen. Da aber kein Unter- <?page no="60"?> K AP . 5: R AHMENBEDINGUNGEN FÜR Innovation 56 schied zwischen Patenten und Gebrauchsmustern gemacht wird, führt dies zu einer Flut von Meldungen, wovon nur ca. 30 % wirklich innovativ sind. Gebrauchsmuster werden nämlich gemäß dem internationalen Patentrecht nicht geprüft. Zu begrüßen ist dennoch, dass das mit deutscher Unterstützung aufgebaute Patentwesen nach internationalen Richtlinien jetzt mehr Rechtsicherheit bietet. Krisen Rohstoff-oder Wirtschaftskrisen sind Prüfungen für die Flexibilität von Unternehmen. Die Ölkrise 1973 war für die bayrische Firma Brandstätter, die bis dahin nur große Kunststoffteile herstellte, eine neue Chance. Sie entwarf die Playmobil- Spielzeugfiguren, welche weniger Kunststoff auf Erdölbasis benötigten als ihre früheren Produkte. Damit konnte nicht nur das Überleben gesichert, sondern auch der Gewinn beträchtlich gesteigert werden. 5.4 W AS VERHINDERT , DASS SICH TECHNISCHE I NNOVATIONEN DURCH- SETZEN ? “ Alles was erfunden werden kann, wurde bereits erfunden.“(Charles Duell, Leiter des US-Patentamtes, 1899) „Wegen der begrenzten Anzahl von Chauffeuren wird die weltweite Nachfrage nach Automobilen die Zahl 5 000 nicht übersteigen“ (Marktanalyse von Mercedes Benz, 1900) „Ich denke, dass es einen Weltmarkt für höchstens 5 Computer gibt.“ (T.J. Watson, Vorsitzender von IBM, 1943) Neben diesen extremen Fehleinschätzungen gibt es dennoch auch sehr reale Hemmnisse, die es einer Innovation erschweren oder gar unmöglich machen, sich durchzusetzen. Machtpolitik 1543 brachten die Portugiesen die ersten Feuerwaffen nach Japan. Diese wurden schnell von japanischen Schmieden kopiert und in großer Zahl hergestellt. Nach langen Bürgerkriegen wurde Anfang des 17. Jahrhunderts das Reich unter einem Herrscher vereint. Für ca. 250 Jahre herrschte von nun an in Japan ein absolutistisches Regime. Mit großer Härte wurden die Provinzen unterdrückt. Die Samurai waren die Wächter dieser Ordnung und traditionell hervorragende Schwertkämpfer. Um Aufstände gegen die herrschende Dynastie zu vermeiden, wurden die Herstellung und der Besitz von Feuerwaffen verboten. Ein Samurai konnte zu leicht von einem Bauern mit der Schusswaffe getötet werden. Da Japan sich in dieser Zeit von der restlichen Welt abschottete, mussten sie sich auch nicht gegen äußere Feinde verteidi- <?page no="61"?> 5.4: Was verhindert, dass sich technische Innovationen durchsetzen? 57 gen. Bis 1879, als die Amerikaner Japan mit Gewalt zwangen, ihre Häfen für fremde Schiffe zu öffnen, gab es dort keine Feuerwaffen. Der Fortschritt kann also aus machtpolitischen Gründen in einem totalitären Staat verboten werden. Aus ähnlichen Gründen wurde in China, abgesehen vom Kaiser, jedem der Besitz von Uhren verboten. Die kaiserlichen Beamten waren der Meinung, dass das gemeine Volk keine Uhren haben sollte. Komplexität Ebenfalls in China wurde im 11. Jahrhundert bereits lange vor Gutenberg der Buchdruck mit beweglichen Lettern erfunden. Er konnte sich aus dem Grund nicht durchsetzen, weil die Chinesen eine Wortschrift haben. Ein Zeichen ist ein Wort oder Wortteil. Damals gab es aber schon ca. 20 000 Zeichen. Das war für einen Schriftsetzer zu aufwendig. Er schnitzte lieber den gesamten Text in Holzplatten, um damit zu drucken. Wirtschaftskrisen Die Wirtschaftskrisen nach dem 1. Weltkrieg haben in Deutschland die Entwicklung der Luftfahrt beträchtlich gebremst. Hinzu kamen die Auflagen des Versailler Vertrages über die Beschränkungen im Flugzeugbau durch die Alliierten. Widerstand der alten Produktivkräfte und Marktmanipulation Die Einführung von Nähmaschinen und Webmaschinen im 19. Jahrhundert brachte starke soziale Unruhen hervor. Ohnehin schon arme Lohnarbeiter wurden nun arbeitslos und damit um ihre Existenz gebracht. Daraufhin stürmten sie beispielsweise in England zwischen 1811 und 1817 die Maschinen und zerschlugen sie. Letztendlich wurden diese Unruhen niedergeschlagen und der Fortschritt ließ sich nicht aufhalten. Im Jahre 2010 gelang der Firma DBM Energy mit einem Elektroauto eine Fahrt von München nach Berlin (ca. 600 km) ohne zwischendurch aufzuladen. Die Kolibri- Akkutechnologie (LiMPo) besitzt einen Wirkungsgrad > 97 %, kostet halb so viel wie ein Lithium-Ionen-Akku, hat ein Drittel vom Volumen und ein Zehntel des Gewichtes von Blei-Akkus. Trotzdem findet sich bis jetzt kein Automobilhersteller in Deutschland, der diese Akkus in seine Fahrzeuge einbauen möchte. Es wurde bisher zu viel in die Entwicklung der Lithium-Ionen-Technik investiert. Womöglich wollen die Entscheidungsträger nicht einsehen aufs „falsche Pferd“ gesetzt zu haben bzw. sind die Kosten für ein Umschwenken auf die neue Technologie sehr hoch. Womöglich möchte man aber auch die eigenen, nicht so fortschrittlichen Technologien schützen, um sie weiterhin verkaufen zu können. Oft gibt es in der sogenannten „freien Marktwirtschaft“ in den großen Industriezweigen Kartelle, die über Innovation und deren Umsetzung entscheiden. Zu den Entscheidungsträgern gehören auch Politiker, welche eng mit diesen Kartellen verbunden sind und in deren Sinne Gesetze beschließen. Manipulation von Angebot und Nachfrage durch die Medien (Werbung, Nachrichten) führen dazu, dass sich nicht <?page no="62"?> K AP . 5: R AHMENBEDINGUNGEN FÜR Innovation 58 immer das beste Produkt durchsetzt. Manipulationen der Finanzwelt (Banken, Börsenanleger) führen dazu, dass „gesunde“ Unternehmen oder auch Staaten Bankrott gehen. Patente mit Alleinstellungsmerkmal Patente wurden eigentlich zum Schutz der Rechte des Erfinders geschaffen. Allerdings kann man damit gleichzeitig verhindern, dass andere Unternehmen, die vielleicht bessere Voraussetzungen erfüllen ein Produkt herstellen. Das ist nicht im Sinne des gesamtgesellschaftlichen Fortschritts. Beispielsweise wurde die Vakuum-Verpackungs-Technologie für Airbags jahrelang nicht eingesetzt, weil die Automobilhersteller nicht wollten, dass lediglich ein Lieferant aus patentrechtlichen Gründen in der Lage war, einen um 30 % kleineren Airbag zu produzieren. Die Hersteller machen sich ungern von einem Lieferanten abhängig, da sie dann weniger Druckmittel bei den Preisverhandlungen haben. Nicht selten ist eine großzügige Lizenzvergabe bzw. eine Nichtverfolgung von Nutzungsrechten für die Verbreitung Produktes äußerst lukrativ. Microsoft hat in den Anfangsjahren die Nutzung ihres MS Dos oder Windows lizenzrechtlich kaum verfolgt. Damit hat sich quasi illegal dieses System bei den Usern weltweit etabliert, obwohl es durchaus vergleichbare bzw. sogar bessere Betriebssysteme und Oberflächen gab. Sie wurden zum weltweiten Standard und haben die anderen Systeme fast vollständig verdrängt. Mangelnde technische Umsetzungsmöglichkeiten zum aktuellen Zeitpunkt Leonardo da Vinci entwarf Dutzende Maschinen, die erst Jahrhunderte später verstanden wurden. Dazu gehörten ein Unterseeboot ebenso wie ein Hubschrauber und andere Geräte zum Fliegen. Den Airbag hat er so nebenbei auch gleich erfunden. Es gibt jedoch bis heute keinen Beweis, dass seine Erfindungen jemals gebaut wurden. Offensichtlich war er mit seinen Ideen seiner Zeit zu weit voraus. (GEO kompakt, 18/ 2009 S. 32ff) <?page no="63"?> 5.5: Empfehlungen für Kreativ-Workshops 59 5.5 E MPFEHLUNGEN FÜR K REATIV -W ORKSHOPS „Wenn eine Idee am Anfang nicht absurd klingt, dann gibt es keine Hoffnung für sie.“ (Albert Einstein) In den vergangenen zehn Jahren habe ich Workshops zu verschiedenen Problemstellungen mit jeweils etwa 5 bis 8 Teilnehmern durchgeführt. Die „Ausbeute“ betrug jeweils ca. 20 - 30 innovative Ideen. Am besten funktionierte die LOBIM-Methode bei der Suche nach innovativen technischen Problemlösungen. Aber auch bei der Suche nach neuen Produkten konnten gute Ergebnisse erzielt werden. In einem beispielhaften Workshop Anfang 2013 wurde mit denselben 6 Personen zuerst ein Brainstorming und 10 Tage danach ein LOBIM-Workshop zu ein und derselben Fragestellung durchgeführt. Beim Brainstorming wurden 26 innovative Ideen generiert, beim LOBIM-Workshop noch einmal 11 neue Ideen dazu. In diesem Fall wurde mit LOBIM die Ideen-Ausbeute gegenüber dem Brainstorming um 42% erhöht. Alle Ideen konnten den Innovativen Prinzipien nach LOBIM zugeordnet werden. Ausgehend von diesen Erfahrungen möchte ich im Folgenden einige Beobachtungen als Empfehlung für Ideenfindungs-Workshops geben. Pausen Der kreative Prozess kann, wie oben dargestellt, sehr anstrengend sein, ja bis zur körperlichen und gedanklichen Verkrampfung führen. Deshalb ist es wichtig, immer wieder Pausen zu machen. Während sogenannter kreativer Pausen verknüpft unser Gehirn neue Informationen im Unterbewusstsein mit Erinnerungen und Emotionen. Diese werden sortiert, geordnet und spielerisch neu vernetzt. Bewegung ist ein gutes Mittel die Ideen auf den Grund des Unterbewusstseins „sacken“ zu lassen. Dort werden sie mit anderen Erfahrungen vermischt und können bei neuerlichem „hervorkramen“ gewissermaßen mit „angeklebten“ alten Erfahrungen neu kombiniert werden. Bei Brainstorming-Workshops mit meinen Gruppen habe ich beobachtet, dass es zunächst zwei Wellen des kreativen Maximums gibt. Zuerst sprudeln die einfachen Ideen aus den Teilnehmern nur so heraus. (Vgl. Boos, 2011 S 34) Nach etwa 20 Minuten gibt es ein kreatives Loch. Danach entstehen meist noch einmal einige komplexere Ideen. Nach ca. 30 Minuten sollte eine aktive Pause eingelegt werden. Nach der Pause, wenn sich in den Köpfen einiges „gesetzt“ hat, sollte man mit einer anderen Kreativ-Methode (vgl. Kap.6) weiter nach wertvollen, innovativen Ideen suchen. <?page no="64"?> K AP . 5: R AHMENBEDINGUNGEN FÜR Innovation 60 Abbildung 10: Ablauf Brainstorming Flow Wenn ein „Flow“ entsteht, sprudeln die Ideen nur so hervor, als wenn ein Damm gebrochen ist. Man kann es als Zustand fließender Inspiration verstehen. Die Person ist entspannt und offen. Sie ist hochmotiviert, leidenschaftlich und mutig. Gleichzeitig ist sie wach, konzentriert und neugierig. Oft ist es plötzlich eine neue Sichtweise auf das Problem, welche spontan viele neue Lösungs-Ideen erzeugt. Jetzt alles aufschreiben! Nutzen Sie diese intensiven Momente, denn sie können kurz sein. Etwas Müdigkeit Studien haben herausgefunden, dass das Gehirn, wenn es wach und ausgeruht ist, eher gut analytisch arbeiten kann. Für kreative Arbeit ist es besser etwas müde zu sein. Im ermüdeten Zustand kommt es vor, dass auch Inhalte abgerufen werden, die auf den ersten Blick kaum sinnvoll erscheinen. Das müde, unkonzentrierte Gehirn bedient sich dabei eher aus der Trickkiste (Mutation oder Fehler), als aus der Faktenkiste, was zu außergewöhnlichen Ideen führen kann. Keine Detail-Diskussionen Es ist meines Erachtens bei der Ideen-Findung nicht förderlich, zu konkret in die Detail-Diskussion zu gehen. Die TeilnehmerInnen verbeißen sich in eine Sache und werden schnell blind für andere Wege. Das Unterbewusstsein wird verdrängt und steht für Neukombinationen nicht mehr zur Verfügung. Die Gruppendynamik kann bei diesen Diskussionen zusätzlich hinderlich sein, da Personen mit hohem Selbstdarstellungsbedürfnis andere, eher introvertierte Teilnehmer mit kreativen Ideen nicht zu Wort kommen lassen. <?page no="65"?> 6.1: Einleitung 61 6 H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN „Um an die Quelle zu kommen muss man gegen den Strom schwimmen“ Konfuzius - Chinesischer Philosoph, 551 - 479 v. Chr. 6.1 E INLEITUNG Während meiner 20-jährigen Tätigkeit in Entwicklungsabteilungen von Industrie- Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Nationalitäten konnte ich einen Einblick in die heutige Innovations-Kultur gewinnen. Diese beruht im Wesentlichen auf der Kreativität einzelner Mitarbeiter im Zusammenspiel mit der Offenheit der Unternehmensleitung gegenüber neuen Ideen. Selten wird Innovation methodisch und kontinuierlich betrieben. 6.2 B RAINSTORMING Meistens wird kurzfristig unter Zeitdruck eine neue Lösung gebraucht, wenn es mit der alten nicht mehr funktioniert oder diese zu teuer geworden ist. Dann setzt man sich zu einem Brainstorming zusammen, um in kurzer Zeit irgendeine neue Idee zu generieren. Dabei kommt es darauf an, wie viele motivierte, kreative Mitarbeiter bei diesem Brainstorming anwesend sind und ob diese genug Zeit haben, aus ihrem Tagesgeschäft geistig auszusteigen. Wenn eine Lösung gefunden wird, geht man auseinander und klärt, wer diese Idee in die Tat umsetzen soll. Keine leichte Aufgabe, da sich oft erst bei der Realisierung herausstellt, ob die Idee wirklich gut war. Brainstorming wurde 1939 von Alex F. Osborn erfunden und ist die einfachste Methode, jedoch führt sie aus meiner Sicht selten zu wirklichen Innovationen. Jonah Lehrer sagt in seinem Buch „Imagine: How Creativity Works“ „Die Teilnehmer setzen das um, was ohnehin in ihren Köpfen vorhanden ist. Der Geist wird nicht im divergenten Sinne geöffnet. Man dreht sich oft im alt bekannten Kreis. Dass der gewünschte Effekt beim Brainstorming ausbleibt, liegt wohl an der Trägheit, die bei den Teilnehmern erzeugt wird: Wenn jeder Recht hat und alle Ideen gelten - warum soll man sich dann den Kopf zerbrechen, um innovative Lösungen abseits der gewohnten Wege zu finden? Zudem führt die Methode der freien Gedankenassoziation häufig zu enttäuschenden Ergebnissen. Auf die Frage nach Assoziationen zum Wort „blau“ antworten viele Menschen Himmel“, gefolgt von „Meer“ und „grün“. Unsere Sprache ist voll von nutzlosen Klischees, die wir beim Brainstorming gerne einfach reproduzieren.“ (Lehrer, 2012) „Dazu fand 1958 in Yale ein einfaches Experiment statt: 48 männliche Studenten aus unteren Semestern wurden in zwölf Gruppen unterteilt und erhielten eine Reihe von Rätseln, die sie nur mit kreativem Denken lösen konnten. Die Gruppen erhielten die Anweisung, sich streng an Osborns Richtlinien <?page no="66"?> K AP . 6: H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN 62 zum Brainstorming zu halten. Als Kontrollgruppe mussten 48 weitere Studenten dieselben Rätsel alleine lösen. Die Ergebnisse waren mit Blick auf die Ansprüche des Brainstormings ernüchternd: Die einzeln arbeitenden Studenten lösten nicht nur doppelt so viele Rätsel wie die Brainstorming-Gruppen, ihre Lösungen wurden von einem Gremium von Juroren auch als «praktikabler» und «effizienter» eingestuft. Mit anderen Worten: Brainstorming verfehlte das Ziel, das Potenzial der Gruppe zu erschließen. Vielmehr blockierte es den Ideenreichtum und sorgte dafür, dass die Beteiligten weniger kreativ dachten.“ (Lehrer, 2014 S. 167 ff) Aus meiner persönlichen Erfahrung ist bei einem klassischen Brainstorming der Einfluss der Gruppendynamik sehr stark. Dominante TeilnehmerInnen bestimmen die Denkrichtung für den Rest der Gruppe, der sich gern anschließt. Oder einige TeilnehmerInnen sagen aus Prinzip das Gegenteil der anderen, um selbst in der Gruppenhierarchie zu dominieren. Es gibt bessere Methoden als Brainstorming, welche im Folgenden mit ihren Vor-und Nachteilen kurz beschrieben werden. Dabei unterscheidet man 2 Arten von Kreativitätstechniken, die intuitiven und die diskursiven. Die intuitiven Techniken verfolgen das Ziel, innerhalb kurzer Zeit eine möglichst große Anzahl von Ideen zu generieren. Ordnung und Bewertung werden vorerst nicht durchgeführt. Bei den diskursiven Techniken werden die Probleme sehr genau analysiert und zerlegt. Die Lösung wird dann Schritt für Schritt gesucht. Beide Arten können in den Zusammenhang mit der Funktion bestimmter Hirnareale gebracht werden. 1 Die Methoden TRIZ und Bionik werde ich etwas ausführlicher behandeln, da sie die Grundlagen für meine neu entwickelte Methode LOBIM sind. 6.3 M ETHODISCHES K ONSTRUIEREN Methodisches Konstruieren gehört heute zum Repertoire der modernen Ingenieursausbildung an deutschen Hochschulen und ist ganz klar eine diskursive Technik. Man richtet sich dabei nach der VDI-Richtlinie 2222 sowie nach der Vorgehensweise, welche in dem Standardwerk „Konstruktionslehre“ (Pahl, et al., 2013) beschrieben ist. Das Problem wird in einzelne physikalische Parameter (Eigenschaften, Merkmale) zerlegt, z.B. Material, Art der Bewegung, Energiebereitstellung und in bestimmten Ordnungsschemata dargestellt. Dann werden mit Hilfe von Konstruktionskatalogen oder Katalogen physikalischer Effekte neue Lösungsvarianten gesucht. 1 Anfang der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts hat der US-amerikanische Neurophysiologe Roger W. Sperry nachgewiesen, dass unsere linken und rechten Hirnhälften weitgehend selbständig arbeiten, wobei die rechte Hälfte eher für Gefühl, Intuition und Fantasie zuständig ist, die linke Hälfte für das rationale, systematisch-analytische Denken. Somit fordert eine intuitive Kreativitätstechnik eher die rechte Hirnhälfte und die diskursive Technik eher die linke Hirnhälfte. (Boos, 2011 S. 6ff) <?page no="67"?> 6.4: Die 6 - 3 - 5-Methode 63 Die Teillösungen können auch mit Hilfe der Morphologischen Matrix zu Gesamtlösungen kombiniert werden. Für jeden Parameter werden dazu Ausführungsmöglichkeiten gesucht, (z.B. in Holz, Metall oder Gummi, durch Translation oder Rotation, elektrisch, mechanisch oder hydraulisch) und miteinander kombiniert. Hat man mehrere Lösungsansätze gefunden, gibt es nach VDI 2225 verschiedene Bewertungsmethoden um eine zielführende Lösung auszuwählen. In der „Konstruktionslehre“ (Pahl, et al., 2013) werden außerdem bestimmte Gestaltungsprinzipien genannt wie: • Prinzip der gleichen Gestaltfestigkeit - mit Hilfe von Werkstoff und Form überall gleich hohe Festigkeit • Prinzip der direkten und kurzen Krafteinleitung - Minimum an Werkstoff, Volumen, Gewicht und Verformung • Prinzip der abgestimmten Verformung - vermeidet Beanspruchungserhöhungen • Prinzip des Kraftausgleichs - sucht mit Elementen oder Anordnung Belastungen auszugleichen • Prinzip der Aufgabenteilung - durch Teilfunktionen austauschbar • Prinzip der Selbsthilfe - erhöht selbstverstärkend, -ausgleichend, -schützend die Sicherheit eines Systems • Prinzip der Stabilität - robuster gegen Störungen durch gute Gestaltung • Prinzip der Bistabilität - 2 Schaltzustände • Prinzip der fehlerarmen Gestaltung - „Die Genialität einer Konstruktion liegt in ihrer Einfachheit - Kompliziert bauen kann jeder.“ 1 Der Vorteil dieser Methode liegt ganz klar in einer guten Struktur. Nachteilig aus meiner Sicht ist jedoch der relativ große Zeitaufwand und das diese Methode kaum auf andere Fachbereiche neben dem Maschinenbau schaut. 6.4 D IE 6 - 3 - 5-M ETHODE Die 6 - 3 - 5-Methode ist eine intuitive Technik. 6 Personen sitzen an einem Tisch. Als erstes definiert man möglichst genau die Problemstellung. Dann bringen die 6 Personen jeweils 3 Grundideen in 5 Minuten zu Papier. Nach diesen 5 Minuten reichten die Teilnehmer die Ideen an den rechten Nachbarn weiter. Dies geschieht sinnvollerweise in Form einer Tabelle (6 Tabellen zu 3 Spalten und 6 Zeilen) und wird solange wiederholt, bis man wieder die eigene Grundidee vor sich liegen hat. 1 Sergej Koroljow, Sowjetischer Raumfahrt-Konstrukteur in „Sowjetische Raketen“, Peter Stache, 1987, Militärverlag der DDR <?page no="68"?> K AP . 6: H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN 64 Der Nachbar hat die Aufgabe, aus den 3 Grundideen abgeleitete Ideen darunter zu schreiben oder zu skizzieren. So erhält man in 30 Minuten 108 Ideen (18 Grundideen und 90 abgeleitete Ideen). Es ist besser dabei nicht zu sprechen oder ans Handy zu gehen. Der Vorteil ist die große Ausbeute an Ideen und ein gegenseitiger Übertrag von Ideen aller TeilnehmerInnen. Nachteilig aus meiner Sicht ist, dass man sich mit den jeweils 3 Grundideen schon frühzeitig auf Lösungsrichtungen festlegt. 6.5 D IE F LIP - F LOP -T ECHNIK Die Flip-Flop-Technik zählt ebenfalls zu den intuitiven Kreativitätstechniken. Wie bei den meisten Techniken wird zuerst das Problem definiert. Dann wird das Problem genau in sein Gegenteil transferiert und für alle sichtbar im Raum angebracht. Zum Beispiel: • „Wie können wir den Benzinverbrauch erhöhen? “ • „Wie können wir die Kosten erhöhen? “ • „Wie können wir die Qualität verschlechtern? “ • „Wie können wir das Gewicht erhöhen? “ Jetzt werden Ideen gesammelt (Brainstorming oder andere Techniken), welche das negierte Problem lösen könnten. Es ist erstaunlich, wie kreativ die Teilnehmer sein können, wenn es darum geht eine Sache zu verschlimmern. Außerdem macht diese Herangehensweise eine Menge Spaß, so dass man eher aufpassen muss, dass die Veranstaltung seriös bleibt. Man erhält eine Liste an Vorschlägen von den Dingen, die man nicht tun sollte, um sein Problem zu lösen. Das Gegenteil dieser Vorschläge ist dann der „richtige“ Lösungsvorschlag, welcher als Zielsetzung für die weitere Entwicklung dienen kann. Dabei können oft erstaunlich neue Blickwinkel und Chancen eröffnet werden. Das ist auch der große Vorteil dieser Technik. Sie kann sehr kreativ bzw. phantasievoll sein. Wobei aus meiner Sicht diese kreativen Ideen auch zu weit weg von einer realistischen Lösung sein können. Das ist eher nachteilig. <?page no="69"?> 6.6: Die Osborn - Checkliste 65 6.6 D IE O SBORN - C HECKLISTE Die Osborn-Checkliste ist eine diskursive Technik. Sie versucht, neue Lösungen durch Veränderung vorhandener Lösungen zu kreieren. Die vorhandene Lösung (alte Lösung oder neuer Lösungsansatz) wird nach folgenden Kriterien variiert: • Andere Verwendungsmöglichkeit - Wie kann man das Produkt noch anders verwenden? • Anpassen - Welche Produkte ähneln diesem Produkt? • Modifizieren - Können Eigenschaften verändert werden? • Vergrößern - Kann etwas hinzugefügt werden? • Verkleinern - Kann etwas weggelassen werden? • Ersetzen - Können Eigenschaften ersetzt werden? • Umgruppieren - Können Einzelteile anders angeordnet werden? • Umkehren - Lässt sich das ins Gegenteil verkehren? • Neu kombinieren - Lassen sich Ideen kombinieren? Leichte Modifikationen einer vorhandenen Lösung können schon zielführend sein. Das ist ein Vorteil der Methode (wenig kostenintensiv). Für mich ist sie aber auch zu wenig kreativ: weil kaum „über den Tellerrand“ geschaut wird (Nachteil). <?page no="70"?> K AP . 6: H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN 66 6.7 D AS E DISON -P RINZIP „Eine kleine Erfindung alle 10 Tage, eine große Sache alle 6 Monate.“ (Thomas Edison) Dieser Ausspruch von Thomas Alva Edison an seine Mitarbeiter und sich selbst beschreibt seinen Anspruch regelmäßig innovativ zu sein. In seinem Erfinder-Labor in Menlo Park setzte er das in die Tat um. Edison zählt mit über 1000 Erfindungen noch heute zu den produktivsten Erfindern aller Zeiten. Heute versucht man seine Methode, welche eine Kombination aus intuitiver und diskursiver Technik ist, zu verallgemeinern zu dem sogenannten EDISON-Prinzip. (Meyer, 2008) Es besteht aus folgenden Teilschritten: E rfolgschancen erkennen Hier gilt es, Probleme bzw. Schwächen an einem Produkt oder Prozess zu finden. Manchmal gibt es sogar noch ein hintergründiges Problem hinter einem Problem. Hilfreich könnten Kundenbeschwerden in Diskussionsforen im Internet sein. Man kann einen Trend erkennen und versuchen, sich mit einer neuen Idee an die Spitze zu setzen. Oder man macht sich aus einer Not heraus Gedanken, um die Dinge zu ändern. („Not macht erfinderisch.“) D enkautobahnen verlassen Dies kann man erreichen, indem man z.B. die Frage nach dem Problem auf viele verschiedene Arten stellt. (Warum verbraucht das Auto so viel Benzin? Wie viel Benzin wird denn wirklich benötigt? Worauf könnte man verzichten? ) Man kann das Problem aus verschiedenen Richtungen betrachten. (Wie viel Geld gebe ich für Benzin aus? Wie viel Geld verdient die Mineralölindustrie daran? ) Und auch Umwege sollte man nicht scheuen. (Wie komme ich von A nach B? Gibt es Alternativen zum Auto? Gibt es Alternativen zum Benzin? ) I nspiration suchen „Ich bin ein guter Schwamm, denn ich sauge Ideen auf und mache sie dann nutzbar. Die meisten meiner Ideen gehörten ursprünglich Leuten, die sich nicht die Mühe gemacht haben, sie weiterzuentwickeln.“ (Thomas Edison) Man kann sich Inspirationen beispielsweise auf Messen, im Internet, in Museen, im Supermarkt oder in der Natur suchen. Edison arbeitete oft an vielen verschiedenen Lösungen gleichzeitig. Wenn er sich in einer Lösung verrannt hatte, machte er woanders weiter und kehrte später zur ersten zurück. Die Inspiration kam dann oft von ganz anderer Seite. <?page no="71"?> 6.7: Das Edison-Prinzip 67 S pannung erzeugen Spannung kann erzeugt werden, wenn man mit den Dingen spielt, sie auseinander nimmt, neu zusammensetzt und damit experimentiert. Man nennt dies „Kaleidoskopisches Denken.“ Z.B. experimentierte Edison, um das optimale Material für die Sprechmuschel des Telefons zu finden, mit: Graphit, Harz, Gelatine, Fischblasen, gebranntem Gips, Zucker, Salz und Mehl. Er benötigte 150 Versuche, um am Ende bei Gummi zu landen. O rdnen und optimieren Jetzt sollten die Ideen geordnet und bewertet werden. Die Ideen müssen kritischen Fragen von anderen Experten standhalten. Man sollte allerdings geschlossene Fragen vermeiden, die mit Ja oder Nein zu beantworten sind. Das endet oft in einer Sackgasse und ist nicht konstruktiv. Stattdessen sind offene Fragen nach dem Wie oder Was oft zielführender. (Z.B. nicht: Wird das Gerät einwandfrei funktionieren? - Stattdessen - Was ist zu tun, damit das Gerät einwandfrei funktioniert? ) N utzen maximieren Zum Schluss ist natürlich eine optimale Vermarktung wichtig, um Akzeptanz, Risikobereitschaft und Begeisterung zu wecken. Der Wert eines Produktes sollte optimal, ohne Übertreibung, herausgestellt werden. Diese Methode ist auch gut strukturiert, bietet aber keine konkrete Hilfe für die Frage, woher die Inspiration kommen soll. <?page no="72"?> K AP . 6: H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN 68 6.8 I NNOVATIONSMETHODE TRIZ TRIZ ist eine kombinierte Innovationsmethode, die von G. Altschuller in den 30er Jahren in der damaligen Sowjetunion entwickelt wurde. TRIZ ist das russische Akronym für „теория решения изобретательских задач“ (übersetzt „Theorie des Erfinderischen Problemlösens“). (Klein, 2002) Altschuller hat als Patent-Offizier der Roten Armee ca. 200 000 Patente auf ihren innovativen Gehalt untersucht und festgestellt, dass es ca. 40 Innovative Grundprinzipien (IGP) gibt, mit denen alle Probleme gelöst wurden. Tabelle 1: Innovative TRIZ-Grundprinzipien Folgerichtig hat er dann ebenfalls ermittelt, um welche Probleme es sich dabei handelt. Diese wurden dann von ihm in Form von sog. Standard-Widersprüchen (Widerspruchs-Paaren) formuliert. Dabei verbessert sich ein Parameter, während sich der andere verschlechtert. Beispiel: Die Höchstgeschwindigkeit des Autos soll sich verbessern (zunehmen), der Kraftstoffverbrauch verschlechtert sich (erhöht sich). Nach Altschuller gibt es 39 Standard-Widersprüche, die in ihren 1482 möglichen Kombinationen all diesen Patenten als Aufgabenstellungen zugrunde lagen. <?page no="73"?> 6.8: Innovationsmethode TRIZ 69 Tabelle 2: TRIZ-Standard-Widersprüche Er entwickelte dann daraus eine Matrix, mit der man Lösungen in Form von IGPs für bestimmte Kombinationen aus einem Standard-Widerspruchs-Paar finden kann. Tabelle 3: TRIZ-Lösungs-Matrix (Ausschnitt) In den Zeilen und Spalten sind jeweils die 39 Standard-Widersprüche eingetragen. Dort, wo sich eine Zeile des sich verbessernden Parameters mit der Spalte des sich sich verschlec hternder P aram eter sich verbessernder P aram eter 1 M asse des bew eglichen O bjekts 15,8 ,29,34 29,17,38,34 2 M asse des unbew eglichen O bjekts 1 0,1,29,35 35,30 3 Länge des bew eglichen O bjekts 8,15,29,3 4 15,17,4 4 Länge des unbeweglichen O bjekts 35,28,40,29 17,7,1 5 F läche des beweglichen O bjekts 2,17,29,4 14,1 5,18 ,4 6 F läche des unbew eglic hen O bjekts 30,2,1 4,18 2 6,7,9,39 7 V olum en des bew eglichen O bjekts 2 26 29 4 0 1 7 4 35 1 7 4 17 Masse des beweglichen Objekts Masse des unbeweglichen Objektes Länge des beweglichen Objektes Länge des unbeweglichen Objektes Fläche des beweglichen Objektes Fläche des unbeweglichen Objektes <?page no="74"?> K AP . 6: H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN 70 verschlechternden Parameters trifft, sind Lösungsvorschläge aus den 40 innovativen Grundprinzipien (IGP) zu finden. Die grundsätzliche Vorgehensweise hierbei ist im anschließenden Bild dargestellt. Abbildung 11: TRIZ-Vorgehensweise Ein Problem wird zunächst abstrahiert und in Altschullers Standard-Widerspruchs- Paaren ausgedrückt. Danach erhält man aus der Matrix die Standard Lösungen in Form der Innovativen Grundprinzipien. Diese müssen dann in die konkreten technischen Lösungen „spezialisiert“ werden. In der Fachwelt gibt es kontroverse Diskussionen, ob die Widerspruchs-Matrix sinnvoll oder zumindest unvollständig ist. Es ist schon nicht so einfach, die richtigen Widerspruchs-Paare zu definieren. Man sollte sich meines Erachtens nicht so lange damit aufhalten. Außerordentlich wertvoll hingegen ist die Liste der IGPs, welche auch nach dem Tod Altschullers von seinen Schülern und Interessierten in aller Welt weiter gepflegt wird. Inzwischen geht die Patent-Recherche auf diesem Gebiet in die Millionen. Dennoch ist es bei den 40 IGPs geblieben, was eine großartige Bestätigung von Altschullers empirisch ermittelter Theorie ist. Die „Nachfolger“ Altschullers haben herausgefunden, dass einige IGPs häufiger als andere Verwendung finden. Mit den folgenden 10 Prinzipien 35, 10, 1, 28, 2, 15, 19, 18, 32, 13 können ca.60% aller Aufgabenstellungen gelöst werden (Klein, 2002). Oder sie werden nach ihrer Verwendbarkeit kategorisiert. Dr. Dietmar Zobel teilt sie in “…Universelle Prinzipien; Prinzipien geringeren Verallgemeinerungsgrades und Technisch-Technologische Detail-Empfehlungen…“. (Zobel, et al., 2016) Diese Art der Einteilung ist aus meiner Sicht sehr sinnvoll, da sie bei der Lösungssuche ein effizienteres Vorgehen ermöglicht. Außerdem lassen sich damit die Prinzipien besser erlernen, um sie ggf. auch intuitiv anwenden zu können. <?page no="75"?> 6.8: Innovationsmethode TRIZ 71 TRIZ-Toolbox Die Wiederspruchs-Matrix ist nur ein Werkzeug aus der sehr umfangreichen TRIZ- Toolbox. Sie werden von den verschiedenen TRIZ-Experten unterschiedlich strukturiert. Eine aus meiner Sicht einfache Struktur bietet (Hentschel, et al., 2010). Demnach gibt es Werkzeuge zur Analyse und Abstraktion einer Problemstellung und welche zur Analogiebildung und Ideenfindung. TRIZ-Werkzeuge zur Analyse und Abstraktion • Idealität und ideales Endresultat • Ressourcen • Situations-Checkliste • Systemdenken • Funktionsanalyse • Trimming • Problemformulierung • Neun Felder • S-Kurve • Evolution und Trends TRIZ-Werkzeuge zur Analogiebildung und Ideenfindung • Technische Widersprüche • 39 technische Parameter • 40 innovative Grundprinzipien • Physikalische Widersprüche • Vier Separationsprinzipien • Stoff-Feld-Modell und 76 Standardlösungen • Operator Material-Zeit-Kosten • Zwerge-Modell • Antizipierende Fehlererkennung • Effekte Nachfolgend beschreibe ich einige mir wichtig erscheinende Werkzeuge genauer. <?page no="76"?> K AP . 6: H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN 72 Idealität und ideales Endresultat Das Prinzip der Idealität ist aus meiner Sicht sehr gut geeignet sich dem Kern eines Problems zu nähern und evtl. schon erste Lösungsansätze zu erkennen. Idealität reduziert ein Problem auf das Wesentliche (oft auf die Funktion). Tu dazu folgendes: 1. Eliminiere Neben-Funktionen (aufgezwungene Aktionen) Was ist die Hauptfunktion? Brauche ich die anderen Neben-Funktionen überhaupt? Wie kann ich diese vereinfachen? Beispiel: Um eine Schraubverbindung herzustellen, muss die Schraube durch Drehen in ein Gewinde eingebracht werden. Ich will eigentlich gar nicht drehen. Ich will die Schraube einbringen. Lösung: Steckbare Schrauben 2. Eliminiere Teile Was ist das Hauptteil? Brauche ich die Neben-Teile überhaupt? Wie kann ich aus 2 oder mehr Teilen ein Teil machen? Beispiel: An einem Topf sind 2 Griffe angenietet. Ich muss die Griffe herstellen und annieten. Lösung: Durch Angießen oder Umformung werden die Griffe gleich bei der Herstellung des Topfes angebracht (Integration von Bauteilen). 3. Ersetze Einzelteile, Komponenten oder das ganze System Kann ich ein störendes Teil durch ein anderes Teil oder Verfahren ersetzen? Beispiel: Um Lack auf eine Oberfläche aufzusprühen, wird durch Lösungsmittel dieser Lack dünnflüssig gehalten. Danach verdampft das umweltschädliche Lösungsmittel und der Lack wird hart. Lösung: Aufbringen des Lackes als Pulver auf die Oberfläche und anschließendes Schmelzen des Pulvers im Ofen durch Erwärmen (Pulverlackieren). Das Lösungsmittel wurde durch Wärme ersetzt. 4. Erkenne Selbstbedienungsmöglichkeiten und nutze vorhandene Ressourcen Was fällt außer der eigentlichen Funktion noch an Ressourcen (Stoff und Energie) an? Kann die Haupt-Funktion auch noch weitere Funktionen mit erledigen? Arten von Ressourcen: • Stoffliche Ressourcen: Z.B. Abfälle wie Abgase, Schmutzpartikel oder aus der Umwelt die umgebende Luft • Feldförmige Ressourcen: Z.B. Abwärme, Strahlung, Lärm oder aus der Umwelt Licht, Gravitation und Erdmagnetfeld <?page no="77"?> 6.8: Innovationsmethode TRIZ 73 • Informations-Ressourcen: Z.B. Farbwechsel bei chem. Reaktionen • Zeitliche Ressourcen: Z.B. Pausen in Prozessen • Räumliche Ressourcen: Z.B. ungenutzter Hohlraum Beispiel: Ein Kolben-Verbrennungs-Motor muss die Verbrennungsluft in den Kolben einsaugen. Dadurch geht Leistung verloren. Lösung Abgasturbolader: Durch Vorverdichten (zeitliche Ressource) mittels der ausgestoßenen Abgase (stoffliche Ressource) wird die Luft komprimiert und strömt von selbst in den Verbrennungsraum ein. 5. Ändere das Funktionsprinzip Kann die Haupt-Funktion grundlegend anders realisiert werden? Beispiel: Ein neuer Rasenmäher soll erfunden werden, der leiser ist, weniger verbraucht und weniger kostet. Die Erfinder machen sich viele Gedanken. Doch der eigentliche Kern des Problems ist nicht der Mäher, sondern das Gras, welches zu hoch wächst. Ideal wäre es, wenn das Gras nicht höher als gewünscht wächst. Lösung: Züchtung einer Rasensorte, die kleinwüchsig ist. Das Prinzip der Idealität hilft uns die richtigen (zielführenden) Fragen zu stellen. S-Kurve, Evolution und Trends Im TRIZ wird mit der sogenannten S-Kurve die Entwicklung des Reifegrades eines technischen Systems (Produktes) beschrieben. Abbildung 12: S-Kurve (Reifung eines Systems) <?page no="78"?> K AP . 6: H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN 74 Um das Potential seines aktuellen Produktes zu erkennen, sind folgende Fragen zu stellen: • Wo in diesem Diagramm befindet sich mein System/ Produkt? • Hat mein System/ Produkt noch Entwicklungspotential? • Wenn ja, welche Reifemöglichkeiten gibt es noch? • Muss ich schon mit der Entwicklung eines Ersatz-Systems/ Produktes beginnen? Zuerst wird ein neues Produkt entwickelt, welches ein Bedürfnis von potentiellen Käufern anspricht. Dann wird es in den Markt eingeführt. Das Produkt wird immer besser vom Markt akzeptiert (es wird immer besser verkauft). Dabei werden die qualitativen und technischen Schwachstellen des Produktes immer mehr beseitigt. Das Produkt reift aus. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem der Markt gesättigt ist, das Produkt aufgrund seiner Basistechnologie nicht weiter verbessert werden kann und wegen des starken Wettbewerbs kaum noch Geld damit zu verdienen ist. In der Zwischenzeit wurde ein neues Produkt entwickelt und setzt sich auf dem Markt durch, welches das erschöpfte Produkt vom Markt verdrängt. (z.B. Walkman - Discman - MP3-Player) Der Prozess der Systemreifung findet nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten statt: 1. Vollständigkeit von Systemkomponenten 2. Verbesserte Energieeffizienz 3. Harmonisierung des Rhythmus 4. Zunehmende Idealität 5. Uneinheitliche Entwicklung der Systemkomponenten (Engpass) 6.Übergang zum Supersystem 7.Übergang vom Makrozum Mikro-Niveau (Miniaturisierung) 8. Zunehmende Verbesserung der Stoff-Feld-Wechselwirkung 9. Zunehmende Dynamisierung 10. Zunehmende Automatisierung 11. Zunehmende Kontrollierbarkeit <?page no="79"?> 6.8: Innovationsmethode TRIZ 75 Beispiel aus der Technik …Auto Kraftstoffverbrauch 1) Um ein Auto sinnvoll zu gebrauchen sind immer mehr Systemkomponenten dazugekommen. Am Anfang war die Kutsche mit einem Verbrennungsmotor. Dann kamen Kupplung, Getriebe, Anlasser und noch viele andere sinnvolle Teilsysteme dazu. 2) Spätestens seit der Ölkrise in den 1970’er Jahren wurden zunehmend Verbrauchsärmere Motoren entwickelt. 11) Die Kontrolle der Fahreigenschaften ist durch ABS, ESP und andere Komponenten gestiegen. Beispiel aus der Gesellschaft …Menschliche Kommunikation 1) Die menschliche Kommunikation entwickelte (vervollständigte) sich stetig, beginnend mit Mimik und Gesten, dann Sprache, danach Schrift, Fernsehen, Internet … . 10) Informationen werden heute oft automatisch von Maschinen erstellt. Z.B. teilt eine grüne Ampel dem Verkehrsteilnehmer mit, ob er fahren darf. 11) Im Textverarbeitungsprogramm wird auf Fehler kontrolliert. Antizipierende Fehlererkennung Bei der Antizipierenden Fehlererkennung versucht man möglichst viele Fehler bewusst zu erzeugen, um der Problemlösung näher zu kommen. Z.B.: Was kann ich tun, damit ein Pkw möglichst viel Kraftstoff verbraucht? Ich muss z.B. das Gewicht erhöhen, den Luftwiderstand erhöhen oder die Kraftstoffverbrennung wirkungsärmer gestalten usw. Im Umkehrschluss kenne ich jetzt meine „Stellschrauben“, welche ich „in die andere Richtung drehen muss“. Die vier Separationsprinzipien Diese werden im Kapitel 8.1 unter dem Prinzip 1 „Zerlegung/ Segmentierung“ beispielhaft erklärt. <?page no="80"?> K AP . 6: H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN 76 Anwendung von TRIZ in der Industrie TRIZ wird weltweit in großen Unternehmen angewendet und hat dort zu beachtlichen Ergebnissen geführt. Die Anwendung von TRIZ hat: • … die Anzahl der Erfindungen bei Rolls Royce verdoppelt! • … dem Unternehmen United Utilities 5 Mio. Britische Pfund eingespart! • … die Produktionskosten bei Samsung um 92 Mio. US-Dollar reduziert! • … ein 20 Jahre altes Problem bei Pilkington Glass gelöst! • … Samsung Electronics 70 Mio US-Dollar ROI (Return On Investment) eingebracht! • … Samsung Electronics auf Platz 6 der US-Patent-Rangliste gebracht! Mit den Innovativen Grundprinzipien (IGP) als Inspirations-Hilfe verfügt TRIZ über einen wertvollen Schatz an Lösungsmöglichkeiten aus Millionen vorhandener Patente. Das ist meiner Ansicht nach die große Stärke dieser Methode. 6.9 B IONIK ALS I NNOVATIONSMETHODE Bionik ist ein Kunstwort aus Biologie und Technik. Sie „befasst sich mit der technischen Umsetzung und Anwendung von Konstruktionen, Verfahren und Entwicklungsprinzipien biologischer System.“ (Nachtigall, 2002 S. 3) Es wird versucht, grundlegende Lösungsprinzipien aus der Natur auf technische Probleme anzuwenden. (Hill, 1999 S. 7ff) Tiere und Pflanzen unterliegen derselben Physik wie wir Menschen. Damit die Art überleben kann, sind Funktionen notwendig, die den Lebensprozess aufrechterhalten und die Fortpflanzung ermöglichen. Jede Art hat ihre Schlüsselanpassung in Form einer individuellen Erfindung. Eine große Geodiversität, bestehend aus Temperatur, Sonneneinstrahlung und Feuchtigkeit erzeugt eine starke Biodiversität (Artenvielfalt). Das sind dieselben physikalischen oder chemischen Bedingungen (Probleme und Aufgaben), vor denen wir Menschen auch stehen. Anstatt durch Züchtung und Genmanipulation neue Arten zu schaffen, ist es sinnvoller die vielen noch unbekannten Innovationen der Millionen Pflanzenbzw. Tierarten zu nutzen. Ein gutes Beispiel ist das Fliegen und damit verbundene Prinzip vom aerodynamischen Auftrieb. Das Fliegen ist eine Fortbewegungsart, welche in der Natur schon seit Millionen Jahren verwendet wird. Der Mensch fliegt gerade einmal seit ca. 100 Jahren. Fliegen ist eine ziemlich ökonomische Fortbewegungsart, besonders wenn man schnell große Strecken überwinden möchte. Beim Autofahren sind Rollreibung und Luftwiderstand auszugleichen. Die Rollreibung ist von der Beschaffenheit des <?page no="81"?> 6.9: Bionik als Innovationsmethode 77 Untergrundes abhängig. Das Auto kann meistens keine Ideallinie (Gerade) zum Ziel fahren und muss sowohl in der Longitudinalen als auch in der Transversalen Kurven fahren. Beschleunigung und Abbremsen sind zusätzlich beachtliche „Energiefresser“. Beim Fliegen nutzen Mensch und Tier den Auftrieb, der mit der Fluggeschwindigkeit zunimmt. Vögel und Flugzeuge sind umso effizienter, je schneller sie fliegen. Will man doppelt so schnell fahren, muss ein Motor eine achtmal höhere Leistung abgeben. Doppelt so schnell fliegen bedeutet etwa doppelt so viel notwendige Leistung. Allerdings ist die Leistungs-Kurve nicht geradlinig und unterhalb eines Optimums, welches für die verschiedenen Tiere oder auch Flugzeuge unterschiedlich ist, ist Fliegen weniger effizient. Höckerschwan - Beispiel für die bessere Effizienz der Natur gegenüber der modernen Technik Ein ausgewachsener Höckerschwan wiegt ungefähr 10 kg und fliegt ca. 86 km/ h schnell. (Tennekes, 1997 S. 129ff) Seine Flugmuskeln geben etwa 200 W Leistung während des Fluges ab. Er verbraucht pro Kilometer 1,1 g Fettreserven, die er sich vorher angefressen haben muss. Nach einer Flugstrecke von 1000 km, die er in 12 h zurücklegt hat er knapp 1,2 kg (12 %) Körpergewicht verloren. Ein trainierter Radsportler kann ebenfalls eine Dauerleistung von ca. 200 W abgeben. Am 23. April 1988 flog der griechische Radprofi Kannellos Kannellopoulos ungefähr 120 km weit von der Insel Kreta nach Santorin in 4 Stunden. Sein pedalgetriebenes Fluggerät Daedalus 88 wurde im MIT (Massachusetts Institut of Technology) entwickelt, bestand im Wesentlichen aus Kohlefaser und Aluminium, wog 104 kg (mit Pilot), hatte eine Spannweite von 34 m und einen Propeller mit einem Durchmesser von 3,5 m. Kannellopoulos Leistung entsprach etwa der eines doppelten Marathons. Dabei verbrauchte er 4 Liter eines Glucose-Mineral-Mischgetränks und nahm etwa 5% an Körpergewicht ab. Der Schwan flog fast 3-mal so schnell und verbrauchte nur 1,2 % seines Körpergewichtes auf 100 km. Ganz abgesehen, dass er keinen „Energy-Drink“ zu sich genommen hatte. Der Schwan kann einerseits seine 200 W aufgrund seiner günstigeren Anordnung der Flugmuskulatur in höhere Fluggeschwindigkeit umsetzen und ist aufgrund seiner besseren Aerodynamik andererseits wesentlich effizienter als Mensch und Technik. Außerdem ist das Skelett von Vögeln generell sehr leicht im Verhältnis zum ganzen Körper, was grundsätzlich den Energieverbrauch senkt. Bioniker können aus der Untersuchung der aerodynamischen Anpassung des Schwans Verbesserungen für Fluggeräte ableiten. Technische Simulation der Evolution Man kann Evolution heute auch schon technisch simulieren. Durch Einbringen ungezielter Änderungen in ein technisches System, der Kombination und Vervielfältigung <?page no="82"?> K AP . 6: H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN 78 nach bestimmten natürlichen Regeln erhält man zufällig eine neue Generation des Systems. Die Folge-Generationen werden auf bessere Anpassung getestet und die schlechten aussortiert (selektiert). Das macht man mit jeder weiteren Generation, bis sich nichts mehr verbessern lässt, d.h. sich ein Optimum eingestellt hat. (nach Prof. Dr. Ingo Rechenberg, TU-Berlin) Der Unterschied zwischen biologischer Evolution und menschlicher Innovation (kulturelle Evolution) ist dennoch, dass Evolution in der Natur langsamer, dafür aber umfassender erfolgt. Der Mensch hat eine Reihe bedeutender Innovationen hervorgebracht, die aber oft nicht allumfassend ausgereift (systemisch) sich in den natürlichen Kreislauf einfügen. Ein markantes Beispiel ist die völlig unausgereifte Atomenergie- Erzeugung. Dabei sind die Probleme der Sicherheit und Entsorgung überhaupt nicht zufriedenstellend gelöst. Das macht die natürliche Evolution im Wesentlichen besser! Vorgehen zur Ableitung technischer Lösungen aus der Natur Bei der technischen Lösungsfindung mit Hilfe der Natur stellen sich die Bioniker (manchmal auch ein Team aus Biologen und Technikern) folgende Fragen: 1. Welche technisch/ physikalischen Widersprüche liegen vor? 2. Wo liegen analoge Widersprüche in Form von Umweltbedingungen in der Natur vor? 3. Welche Lösungen haben die dort lebenden Organismen evolutionär hervorgebracht? 4. Wie können diese Lösungen technisch analog genutzt werden? Frage 1 ist vom Techniker entsprechend zu formulieren. Die Fragen 2 und 3 sind am besten durch einen Biologen, speziell von Ökophysiologen zu untersuchen. Diese erforschen die Anpassung der belebten Natur an ihre Umwelt, der belebten und unbelebten Natur (Geografie). Sie sollten die Lösungen so physikalisch abstrakt wie möglich darstellen. Zu Frage 4 muss wiederum der Techniker dann mit Hilfe der abstrahierten Natur-Lösungen und Assoziation technische Lösungsvorschläge erarbeiten. Er versucht dann die physikalischen Grundlagen der biologischen Funktionen ins Technische zu „übersetzen“. Bei den Materialien muss er meist organische durch anorganische Stoffe ersetzen. Dieses Vorgehen nennt man Top-Down-Prozess, wobei ausgehend von der technischen Anforderung eine natürliche Lösung gesucht wird, um dann daraus wiederum eine technische Lösung zu entwerfen. Die zweite Möglichkeit des Vorgehens ist der sogenannte Bottom-Up-Prozess, bei dem zu einem zufällig entdeckten natürlichen Prinzip eine technische Anwendung gesucht wird. <?page no="83"?> 6.9: Bionik als Innovationsmethode 79 Sensitivitätsmodell nach Vester Mit Hilfe der Biokybernetik hat Frederic Vester, ein deutscher Biochemiker und Umweltexperte, ein Modell entwickelt, um die komplexen Vorgänge in unserer Gesellschaft zu erfassen und zu beeinflussen. Es ist aus der Beobachtung der Systeme in der Natur entstanden und übertragbar auf technische und gesellschaftliche Prozesse. Dieses „Sensitivitätsmodell“ (nach Vester) betrachtet Systeme generell in ihrer vollständigen Komplexität. Die Entwickler von gestern und heute tendieren dazu, komplexe Probleme in Teilaufgaben zu splitten, diese zu lösen und dann alles wieder zusammenzusetzen. Dabei geht nicht selten das Wissen über Systemzusammenhänge verloren, was sich manchmal erst nach längerer Zeit als fatal erweist. Man muss nicht immer mehr Informationen über ein System sammeln, sondern man sollte das System als Ganzes erfasst und ggf. auch mit einem Mangel an Informationen bzw. „unscharfen“ Informationen auskommen. (Vester, 2000) Abbildung 13: Oberrheintal - System Natur und Mensch <?page no="84"?> K AP . 6: H EUTIGE I NNOVATIONS -M ETHODEN 80 Bionic Learning Network (Festo AG & Co. KG) Ein sehr positives Beispiel für gelungene Innovationsförderung sehe ich bei der Firma Festo. Der weltführende Hersteller für Automatisierungstechnik aus Esslingen rief 2006 ein Programm ins Leben, bei dem Hochschulen und Industrie auf Basis der Bionik eng zusammenarbeiten. Mit dem Bionic Learning Network (BLN) möchte Festo Innovationen anstoßen, inspirieren und begeistern. Die Inspirationen kommen in den meisten Fällen aus der Natur, wobei häufig nach dem Buttom-Up-Prozess vorgegangen wird. So sind beispielsweise aus der funktionellen Anatomie einer Fischschwanzflosse (FinRay Effect) adaptive Greifer für drucksensible Gegenstände entstanden. Insgesamt wurden bisher rund 40 Projekte dieser Art realisiert. Die Prototypen werden dabei oftmals medienwirksam in Szene gesetzt und dienen gleichzeitig als intelligente Werbung für das Unternehmen. Höhepunkt war sicherlich 2008 die Teilnahme an der Ausstellung „Design and the Elastic Mind“ des New Yorker Museum of Modern Art, auf der Festo die Exponate Airacuda, Aqua_ray und Air ray vorstellte (Festo AG & Co.KG, 2011). Abbildung 14: Airacuda von Festo AG & Co.KG Alle Rechte vorbehalten Die Bionik als Innovationsmethode bietet enorm viele Möglichkeiten der Inspiration durch die Lösungen aus der Natur. Leider gibt es bisher meiner Meinung nach noch keine einfache, praktische und strukturierte Vorgehensweise sich diese Möglichkeiten für technische Problemstellungen zu erschließen. <?page no="85"?> 7.1: Notwendigkeit einer neuen Innovations-Methode 81 7 L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE I NNOVATIONS - M ETHODE (LOBIM) „Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“ Albert Einstein 7.1 N OTWENDIGKEIT EINER NEUEN I NNOVATIONS -M ETHODE Die menschliche Entwicklung hat sich, wie schon bemerkt, immer schneller vollzogen. Es wurden und werden nach wie vor die Natur und besonders die Rohstoffe extensiv ausgebeutet. Man braucht nicht sonderlich gebildet zu sein, um zu verstehen, dass der Topf irgendwann leer ist. Die Abfallprodukte unserer Lebenstätigkeit, wie CO 2 und Müll, häufen sich zu immer größeren Bergen in unserer Umwelt an. Bald sind alle Rohstoffe verarbeitet und kontaminieren als Müll auch noch das letzte saubere Trinkwasser. Der Zug, in dem wir alle sitzen, fährt mit immer höherer Beschleunigung gegen die Wand. Wir, die Menschheit sollten langsamer fahren und uns andere Wege ausdenken, um den Kollaps zu vermeiden. Unsere Lebensweise muss sich ändern. Wir müssen nachhaltig wirtschaften lernen, d.h. unsere Ressourcen effizienter einsetzen und geschlossene Stoffkreisläufe schaffen. Dazu muss das kurze, lokale Denken durch langfristiges, globales, ganzheitliches Denken ersetzt werden. Das gilt für uns alle, insbesondere für Politik und Wirtschaft. Kurzfristige Profitinteressen müssen durch langfristiges Wirtschaften in stabilen Systemen ersetzt werden. Erfinder können dazu einen Beitrag leisten, indem sie gerade wegen des immer enger werdenden Wettbewerbs (Rohstoffpreise) auf ganzheitliche, naturorientierte Innovationen setzen. Es lohnt sich über den Tellerrand zu schauen und sich dadurch langfristig einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Zwei Aufgaben sind dabei von entscheidender Bedeutung: Nutzung nicht fossiler Energiequellen Wir haben auf der Erde drei grundsätzliche, riesige Energiequellen. Die Sonneneinstrahlung, die verbliebene thermische Energie im Erdkern und die Bewegungen der Erde (Sonnen- und Eigenrotation). Unser Planet besitzt also selbst Energie und es werden täglich von der Sonne beträchtliche Mengen zugeführt (dreimal so viel, wie die Menschheit z.Z. verbraucht). Es muss grundsätzlich möglich sein, diese Energie in einen ökologisch verträglichen Kreislauf zu führen, ohne unsere Lebensgrundlagen zu zerstören. <?page no="86"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 82 Vermeidung von Abfall Das Prinzip der begrenzten Lebensdauer findet man überall in der Natur. Solange Produkte gebraucht, d.h. benutzt werden, solange müssen sie einwandfrei funktionieren. Danach werden sie in den Stoffkreislauf zurückgeführt. Auch das Reparieren sollte wieder in Mode kommen. Allzu oft versagen nur kleine Bauteile und dennoch wird die gesamte Baugruppe oder gar das ganze Gerät ausgetauscht. Beispiel Stoffkreislauf Laub-Blätter Bei Laubbäumen in Mitteleuropa „arbeiten“ die Blätter vom Frühling bis zum Herbst, wenn die Sonne ausreichend scheint. Sie nehmen mit Hilfe der Photosynthese (Chlorophyll) die Energie der Sonne auf und stellen sie dem restlichen Baum in Form von Glukose für das Wachstum zur Verfügung. Nach der Wachstumsperiode, wenn nicht mehr genügend Licht und Wärme zur Verfügung stehen, wird das Chlorophyll abgebaut, die Wurzeln können nicht mehr so viel Wasser aufnehmen, die Pflanzensäfte ziehen sich in Stamm und Wurzel zurück, die Laubblätter vertrocknen und fallen ab. Am Boden dienen die Blätter als Nahrung für Organismen wie Pilze, Bakterien und Kleintiere, die sie wiederum in ihre Bestandteile wie Kohlendioxid, Mineralien und Stickstoff (Humus) zersetzen. Im nächsten Jahr nimmt die Pflanze mit dem Wasser über die Wurzeln diese Stoffe wieder auf. Der Kreislauf beginnt von vorn. Es wird nur Sonnenenergie genutzt und keinerlei ungenutzter Abfall erzeugt. Der überschüssige Sauerstoff gelangt in die Atmosphäre und dient anderen Organismen (z.B. Mensch) als Lebensgrundlage. Abbildung 15: 1000-jährige Linde in Collm (Sachsen) <?page no="87"?> 7.2: LOBIM-Vorgehensweise 83 Mit der Innovationsmethode LOBIM können nachhaltige umweltschonende Problemlösungen gefunden werden. Sie ist strukturiert und zugleich einfach anzuwenden. LOBIM integriert den Erfindungsreichtum der Natur in den Ideenfindungsprozess. 7.2 LOBIM-V ORGEHENSWEISE Die von mir entwickelte Lösungsorientierte Bionische Innovation Methode bietet strukturiert Anregungen für die Suche konkreter Problem-Lösungen unter Zuhilfenahme von vorhandenen technischen und biologischen Lösungen. Sie greift die Innovativen Grund- und Evolutionsprinzipien und von TRIZ (Hentschel, et al., 2010) auf und erweitert sie durch die evolutionären Prinzipien aus der Bionik (Nachtigall, 2002) und Biokybernetik (Vester, 2000). Alle Prinzipien sind in einem digitalen LOBIM- Katalog aufgelistet und mit passenden Beispielen gefüllt. Es werden von mir fortlaufend neue Beispiele hinzugefügt, um sie als zusätzliche Inspiration bei Innovations- Workshops zu verwenden. Mit LOBIM habe ich versucht diese Inspirationsquellen zu strukturieren und gleichzeitig so einfach und anschaulich wie möglich (praktikabel) zu halten. Zulassen (intuitiv) Suchen (diskursiv) Durch Ausnutzen der heutigen Erkenntnisse der Kreativitätsforschung (siehe Kap.4) versuche ich in den Ideen Workshops einen Flow-ähnliche Zustand zu erzeugen. Vage Ahnungen zulassen und pflegen Zufällige Verknüpfungen zulassen Zweckentfremdung zulassen und ausprobieren Fehler zulassen und auswerten Angrenzende Möglichkeiten suchen und erkennen Verknüpfungen suchen (LOBIM-Werkzeuge 1 und 2) Flexible Netzwerke suchen und schaffen Offene Plattformen suchen und nutzen <?page no="88"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 84 Dazu ist es nützlich, zu Anfang eines solchen Workshops eine bestimmte innere Haltung einzunehmen. Ich habe deshalb die sieben Faktoren nach Johnson (Kap.4.6) den zwei Innovations-Arten Intuitiv und Diskursiv zugeordnet. Bei der Intuition kommt es auf das Zulassen und beim Diskurs auf das Suchen an. Das Zulassen betrifft die Einstellung, die wir zu Beginn der Arbeit und auch währenddessen uns immer wieder bewusst machen müssen. Das Suchen wird mit den im Anschluss gezeigten LOBIM- Werkzeugen 1 und 2 anhand von Beispielen zu den genannten Prinzipien durchgeführt. 7.3 E VOLUTIONSPRINZIPIEN NACH LOBIM (W ERKZEUG 1) Evolutionsprinzipien als Verbesserungs-Werkzeug Evolution funktioniert immer nach bestimmten Regeln, welche man sich übrigens auch auf noch unbekannten Planeten mit anderen Lebensbedingungen vorstellen kann. Wenn z.B. Wasser vorhanden ist, sollte sich eine dem Schwimmen ähnliche Fortbewegung etabliert haben. Wenn Licht vorhanden ist, dann sollten auch Augen zur Erfassung von Nahrung gebildet worden sein. Denn Nahrung (Energie) benötigt jedes System und eine Körperöffnung zur Aufnahme müsste auch entstanden sein. Es könnte allerdings anstatt Wasser auch flüssiger Stickstoff als Lebensgrundlage dienen. Dazu wäre es auf diesem Planeten allerdings höchstens minus 198°C warm, was eine Art Eisversion unserer Erde entspräche. Der kausale Zusammenhang von Ursache und Wirkung ist unter allen Rahmenbedingungen bzw. Planeten zu vermuten. Eine neue Art, welche in einer bestimmten Umwelt entstanden ist, verhält sich wie ein neues Produkt welches in einem freien Markt auftaucht. Es gibt im Laufe seiner Existenz unterschiedliche Stufen der Reifung (Anpassung). Dabei ist der Entwicklungstrend immer auf das Überleben unter Konkurrenzbedingungen fokussiert. Ein Produkt muss gegen die Wettbewerbsprodukte bestehen, damit es immer wieder gekauft wird. Entweder, weil es günstiger, effektiver oder einen höheren Wert besitzt als die anderen vergleichbaren Produkte. Es findet ebenso eine Selektion statt, wie in der Natur, wo nur der überlebt, der sich am besten an die gegebenen Umweltbedingungen angepasst hat. Ein Produkt muss sich an die Marktbedingungen ebenso anpassen, sonst wird es nicht mehr gekauft und verschwindet aus den Regalen, wie die folgende Darstellung unterstreicht. <?page no="89"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 85 Abbildung 16: Evolutionskurve Die Evolutionskurve beschreibt eine Kausalität in dem Streben von Systemen nach Idealität (Effizienz und Stabilität). Das betrifft Systeme aus Natur, Technik und Wirtschaft. Dabei kann es sich um Produkte, Produktgruppen, Prozesse und auch Individuen aus der Natur handeln. In wirtschaftlichen Entwicklungen geht es um Wachstum und Stabilität, in der Technik um Innovation und Zuverlässigkeit und in der Natur um Anpassung und Arterhaltung. Die Kurve stellt dar, wie sich der Reifegrad eines Systems im Lauf der Zeit verändert. Er wird verändert durch menschliche Aktivität oder durch Umweltbedingungen und richtet sich in beiden Fällen nach ähnlichen Prinzipien. Eine positive Rückkopplung beschleunigt das Wachstum (Reife) eine negative Rückkopplung bremst, denn alle Systeme haben Grenzen. Möchte man die technische und wirtschaftliche Grenze überwinden, muss man entweder Kosten senken oder das Produkt erneuern (Innovation). Manche Prozesse mit positiver Rückkopplung werden allerdings zum Problem (Steigendes CO² in der Atmosphäre). Hier kann eine negative Rückkopplung sehr nützlich sein. <?page no="90"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 86 Technisches Beispiel: Telefon Das erste praktisch verwendbare Telefon brachte 1881 der Amerikaner Alexander Graham Bell heraus. Dazu wurden Schallwellen in elektrische Signale gewandelt, über elektrische Leitungen übertragen und wieder hörbar gemacht. Anfangs gab es einen Sender, eine Leitung und einen Empfänger. Als Nächstes wurden die Leitungen vernetzt, wobei die Gesprächspartner im Vermittlungsamt manuell verbunden wurden. Erst jetzt stellte sich der kommerzielle Erfolg (positive Rückkopplung) durch eine breite Nutzung ein. Ab 1908 löste das Impulswahlverfahren das „Fräulein vom Amt“ ab. In den folgenden 60 Jahren wurden in den Industrieländern alle Haushalte vernetzt und mit Telefonen ausgestattet (der Markt wurde gesättigt). 1973 kam in den USA das erste Telefon mit Funkübertragung auf den Markt (Motorola Dynatac 8000X). Die Geräte waren am Anfang noch unhandlich und schwer (800 g) und teuer (ca. 4000,- US$). Dennoch löste das in den folgenden Jahren eine mobile Revolution aus. Festnetzbetreiber wie die Deutsche Telecom mussten auch Funknetze aufbauen, um im Wettbewerb zu bleiben. Heute (2014) besitzen etwa 63 Mio Bundesbürger ein Mobilfunktelefon und günstige Geräte bekommt man schon für 15,- € (ohne Vertrag). Das kleinste Handy ist so groß wie ein Feuerzeug und wiegt 55 g. 2009 wurden 1,2 Mrd. Mobilfunktelefone weltweit verkauft. Da auch hier der Markt allmählich satt wird, kommt schon ein weiterer Evolutionsschritt - die umfassende Vernetzung und Multifunktion der Geräte. Ein Handy, heutzutage auch Smartphone genannt, kann große Mengen Musik und Daten speichern. Es kann fotografieren, filmen und über GPS navigieren. Der wichtigste Evolutionssprung ist jedoch die Verbindung (Supersystem) von Mobilfunk und der zweiten großen Innovation des 21. Jh. - dem Internet. Hier ist gegenwärtig die Evolutionskurve noch nicht an ihrer Grenze angekommen. Ökonomisches Beispiel: Telekommunikationskonzern Nokia Dass technische und ökonomische Entwicklung eng verflochten sind, zeigt das Beispiel Mobiltelefon aus der wirtschaftlichen Perspektive. Der finnische Technologiekonzern Nokia baute seit 1987 Mobilfunkgeräte. Durch kontinuierliche Rationalisierung und globale Ausrichtung (positive Rückkopplung) wurde er zum weltweiten Markführer (36 % Marktanteil 2009). Ab 2010 sank der Marktanteil trotz steigender Verkaufszahlen. Nokia hatte den Trend zum Smartphone verschlafen (negative Rückkopplung - keine Innovation) und musste Marktanteile an asiatische Konkurrenten wie Samsung abtreten. Als der Marktanteil 2013 auf unter 15 % sank, entschied man sich, die Mobilfunksparte an Microsoft, den US-amerikanischen Markführer bei Computersoftware, zu verkaufen. Damit ist aus wirtschaftlicher Perspektive eine Verbindung zwischen <?page no="91"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 87 Computer, Internet und Mobilfunk geschaffen worden (Supersystem), wovon man sich wieder steigende Gewinne erhofft. Natürliches Beispiel: Dinosaurier Die Dinosaurier entstanden vor etwa 245 Mio Jahren aus kleineren Echsen. Sie waren gut an die damaligen klimatischen Bedingungen angepasst (wechselwarme Körpertemperatur) und breiteten sich auf der ganzen Erde aus (positive Rückkopplung). Vor 66 Mio. Jahren kam es durch einen Meteoriteneinschlag zu einem Klimasturz auf der gesamten Erde. Das Pflanzenwachstum wurde gestört, Nahrungsketten brachen zusammen und das führte zum fast vollständigen Aussterben der großen Echsen. Die Evolution konnte die Dinosaurier nicht so schnell anpassen (keine Innovation in so kurzer Zeit möglich), um Nahrungsalternativen zu nutzen. Die Grenze der Anpassungsfähigkeit war für diese Art erreicht. Andere Tiere (Vögel und Säuger), welche durch Körperbehaarung und Federkleid eine gleichwarme Körpertemperatur halten konnten, waren nun im Vorteil und eroberten die Lebensräume. Die 10 Evolutionsprinzipien nach LOBIM Die folgenden 10 Evolutionsprinzipien sind in Abwandlung der 8 Grundregeln der Biokybernetik von F. Vester, den 10 bionischen Entwicklungsregeln von W. Nachtigall und aus den Evolutionsgesetzen von TRIZ entstanden. Mit ihrer Hilfe lassen sich ganzheitliche Lösungen für komplexe Probleme erarbeiten. Zu jedem dieser Prinzipien gibt es eine Vielzahl Beispiele aus dem LOBIM-Katalog. Im Anschluss stelle ich eine Auswahl besonders prägnanter Beispiele zur Verdeutlichung der Prinzipien vor. A. Funktionsorientierung statt Produktorientierung (Idealität) B. Positive und negative Rückkopplung C. Übergang zum Supersystem D. Qualitätssprünge E. Ganzheitliche und schrittweise Optimierung F. Energie- und Materialeffizienz (Miniaturisierung/ direkte und indirekte Nutzung der Sonne) G. Wechselwirkung (Kommunikation/ Vernetzung/ Symbiose) H. Lernen und Selbstorganisation I. Harmonisierung, Symmetrie und Allometrie J. Redundanz (Stabilität) <?page no="92"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 88 7.3.1 A. F UNKTIONSORIENTIERUNG STATT P RODUKTORIENTIERUNG (I DEALITÄT ) Produkte erfüllen immer eine bestimmte Funktion. Letztendlich können Produkte, die ein und dieselbe Funktion erfüllen sollen, ganz verschieden aussehen. Wenn sich die Rand-(Umwelt-) Bedingungen in einem System für eine Funktion ändern, dann muss sich das Produkt ändern. Ideal ist ein Produkt dann, wenn die Funktion ohne Material und Energieaufwand erfüllt wird (kompromisslos). Bionisches Beispiel: Evolution Das Leben kam aus dem Wasser. Die Gliedmaßen der Wassertiere veränderten sich so, dass sie der Funktion Fortbewegung auf dem Land besser angepasst wurden. Die Seekuh und der Elefant z.B. haben einen gemeinsamen Vorfahren. Hier hat sich in der Evolution ein Landtier wieder zum Wassertier entwickelt. Die Gliedmaßen haben sich an die Fortbewegung im Wasser angepasst. Abbildung 17: Funktionsorientierung Technisches Beispiel: Zierrasen Der Rasenmäher ist ein Produkt, welches für den Menschen immer komfortabler wurde. Von der Sichel beginnend wurde er bis zum autonomen Mähroboter immer weiterentwickelt. Im Prinzip ist die Funktion aber immer gleich geblieben - er schneidet Rasen. Die Funktion, den Rasen kurz zu halten, kann aber auch durch Manipulation des Wachstums vom Rasen erreicht werden (Züchtung, Wachstums Hemmer). Dieser Wandel vom Produkt Rasenmäher zur Funktion Rasenwachstum ist ein Schritt zur Idealität des Systems. Der Material- und Energieverbrauch beim Rasenschneiden wird komplett auf null reduziert. <?page no="93"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 89 7.3.2 B. P OSITIVE UND NEGATIVE R ÜCKKOPPLUNG Positive Rückkopplung ist die Selbstverstärkung eines Systems, welche zu immer stärkerem Wachstum oder höherer Geschwindigkeit führt (Lawine). Da in der Regel nie genug Platz für ein System ist unendlich zu wachsen und auch zu beschleunigen, wird es zwangsläufig irgendwann abgebremst. Die Frage ist nur, ob es ein Aufprall (crash) oder eine moderate Verzögerung wird. Negative Rückkopplung ist so eine moderate Verzögerung. Wenn negative Rückkopplung einer positiven in einem System übergeordnet ist, erhält man einen stabilen Regelkreis gegen Störungen oder Grenzüberschreitungen. Bionisches Beispiel: Gleichgewicht zwischen Katzen- und Mäusepopulationen Katzen fressen Mäuse und vermehren sich stark, wenn das Angebot groß ist (positive Rückkopplung). Immer weniger Mäuse entkommen den Raubtieren. Die Mäuse verlieren immer mehr Elterntiere und haben dadurch weniger Nachwuchs. In der Folge gibt es weniger Nahrung für die Katzen. Einige Katzeneltern verhungern, weil das Nahrungsangebot sinkt. Dadurch gibt es weniger Nachwuchs bei den Raubtieren (negative Rückkopplung). Es pegelt sich ein stabiles Gleichgewicht zwischen der Anzahl von Katzen und Mäusen ein. Abbildung 18: Hauskatze <?page no="94"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 90 Technisches Beispiel: Preis-Stabilisierung durch Angebot und Nachfrage Wenn ein neues Produkt auf den freien Markt (Idealfall) kommt, kann es bei hoher Nachfrage zu einem hohen Preis verkauft werden. Falls das Produkt nicht patentrechtlich geschützt ist, kommen Nachahmer (Konkurrenz) und bringen dasselbe Produkt in steigender Stückzahl auf den Markt. Die Nachfrage sättigt sich. Der Preis und die Stückzahl werden nach unten korrigiert, bis sich beide auf einem niedrigeren Niveau einpegeln. Abbildung 19: „Preiskampf“ <?page no="95"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 91 7.3.3 C. Ü BERGANG ZUM S UPERSYSTEM Wenn ein System an seiner Wachstumsgrenze angekommen ist, kann es durch Verknüpfung mit anderen Systemen dennoch weiter wachsen. Ein übergeordnetes System (Supersystem) entsteht. Technisches Beispiel: Automobil Jahrhunderte lang war die von Pferden gezogene Kutsche das vorherrschende Personentransportmittel. Aus der Kutsche plus dem Verbrennungsmotor entstand das Supersystem Automobil. Dieses System „Motorkutsche“ wächst nun seit über 100 Jahren kontinuierlich und weltweit. Abbildung 20: Automobil <?page no="96"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 92 Bionisches Beispiel: Schwärme Einzelne Vögel oder auch Fische schließen sich zu Schwärmen zusammen. Damit können sie Fressfeinde täuschen und sich gegenseitig auf Futter aufmerksam machen. Der Vogelschwarm ist ein Supersystem, welches aus vielen einzelnen Individuen besteht und dadurch diesen bessere Überlebensbzw. Entwicklungschancen bietet. Abbildung 21: Vogelschwarm 7.3.4 D. Q UALITÄTSSPRÜNGE Ist ein System auf Wachstumskurs, zum Beispiel durch positive Rückkopplung, gibt es eine weitere Möglichkeit einen Crash zu vermeiden. Durch Qualitätsänderung (Metamorphose) wird das Wachstum in eine andere Richtung gelenkt. Bionisches Beispiel: Überleben der Katzenpopulation (aus Bsp. 7.3.2) Angenommen, es wäre keine Maus entkommen und die Katzen hätten alle aufgefressen. Da Mäuse ihre einzige Nahrung sind, werden sie verhungern, wenn nicht irgendetwas passiert. Sie geben ihre Spezialisierung auf Mäuse auf und fressen Frösche. Es ist eine neue Qualität im Fressverhalten der Katzen entstanden, wodurch ihr Überleben gesichert ist. <?page no="97"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 93 Abbildung 22: Teichfrosch Technisches Beispiel: Überleben durch neue Produkte (aus Beisp. 7.3.2) Angenommen, es gibt zu viele Nachahmer, die unser Produkt aus irgendwelchen Gründen (Lohn-und Rohstoffkosten) zu einem Preis auf den Markt bringen, der für unser Unternehmen unrentabel ist. Die Kunden kaufen unser Produkt nicht mehr und unser Unternehmen wird vom Markt verdrängt, wenn nicht etwas passiert. Es ist höchste Zeit, das Produkt weiter zu entwickeln (Evolution) oder ein neues auf den Markt zu bringen (Revolution oder neue Qualität). Abbildung 23: Neue Produktgeneration <?page no="98"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 94 7.3.5 E. G ANZHEITLICHE UND SCHRITTWEISE O PTIMIERUNG Um die Wirkung von Einzelkomponenten in einem System zu erkennen, sollten Veränderungen in kleinen Schritten erfolgen, sonst können Ursachen oft nicht erkannt werden oder Teilsysteme können sich nicht schnell genug anpassen und werden zum „Flaschenhals“ im Gesamtsystem. Fehlentwicklungen lassen sich bei schrittweiser Veränderung besser korrigieren. In der Natur findet Evolution in Zeiträumen von Jahrmillionen statt. In der kulturellen Evolution gibt es häufig sehr kurzfristige Sprünge und damit das Risiko, dass nicht alle Teile des Systems auf die Innovation abgestimmt sind. Die Menschen gehen dann Kompromisse ein und verhindern dadurch ein ganzheitliches Optimum. Ein sehr erfolgreiches und positives Beispiel hingegen ist, das in der japanischen Industrie (z.B. Toyota) angewandte Prinzip des „Kaizen“. Alle Mitarbeiter sind angehalten Produktions- und andere Prozesse ständig zu verbessern. Bionisches Beispiel: Anpassung an den Luftdruck Wenn wir als untrainierter Mensch zu schnell einen hohen Berg über 2 500 m besteigen, können wir die Höhenkrankheit bekommen. Der geringe Sauerstoffanteil in der Luft führt zur Unterversorgung der Lunge. Unser Körper ist bei schrittweiser Verringerung des Luftdruckes jedoch sehr wohl in der Lage sich anzupassen, indem er vermehrt rote Blutkörperchen produziert. Abbildung 24: Menschen im Gebirge <?page no="99"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 95 Technisches Beispiel: Atomkraft Die Atomtechnik stellt einen enormen Sprung bei der Energiegewinnung dar. Mit sehr wenig Brennstoff kann eine große Menge Energie erzeugt werden. Völlig unbefriedigend ist dagegen die Entsorgung des radioaktiven Abfalls gelöst. Dadurch wird die weitere Entwicklung und Verbreitung dieser Technologie behindert. Bei einer langsameren Entwicklung in kleinen Schritten hätte man dieses Problem womöglich schon gelöst. Abbildung 25: Kraftwerk Bionisches Beispiel: Schultergelenk Ein menschliches Schultergelenk besteht aus dem konvexen Oberarmknochenkopf und dem konkaven Schulterblatt. Dieses Kugelgelenk rollt und gleitet in der Pfanne. Bei Überschreitung von Querkräften ist es möglich, dass der Kopf aus der Pfanne springt. Konstruktiv ist dies keine optimale Lösung für ein solches Gelenk. Da aber der Mensch sich ursprünglich als Primat auf vier Beinen fortbewegte, kam die stärkste Krafteinwirkung auf dieses Gelenk axial durch den Oberarmknochen. Das bedeutet, dass die Pfanne besonders stabil ausgelegt wurde, welches auf Kosten der geringeren Querkraftstabilität geschah. Aus diesem Grund passiert es häufiger, dass die Kugel beim senkrechten Stütz aus dem Gelenk herausspringen kann. <?page no="100"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 96 Abbildung 26: Skelett eines Primaten Technisches Beispiel: 3-Punkt-Sicherheitsgurt Der heute am meisten verwendete 3-Punkt-Sicherheitsgurt stellt nicht das ganzheitliche Optimum bei der Rückhaltung von Fahrzeuginsassen im Crash dar. Er belastet die Brust einseitig und kann zu einer ungünstigen Insassenrotation führen. Besser wäre ein sogenannter Hosenträgergurt, der symmetrisch und großflächig den Insassen zurückhält (bekannt aus dem Rennsport). Es wurde jedoch festgestellt, dass die Fahrzeuginsassen sich weniger oft anschnallen, weil ein Hosenträgergurt beim Anlegen unkomfortabel ist. Dieser Kompromiss ist das Gegenteil einer ganzheitlichen Optimierung und somit ein Beispiel, dass in von Menschen gemachten Systemen der Faktor Bequemlichkeit hier das Sicherheitsoptimum verhindert. Technisches Beispiel: Anrühren einer Gipsmasse Wenn man ohne Waage das richtige Verhältnis von Wasser zu Gipspulver herstellen möchte, sollte man das Wasser schrittweise, in kleinen Dosen dazugeben, da das System bei einem bestimmten Sättigungsgrad schnell kippt und zu wässrig wird. <?page no="101"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 97 7.3.6 F. E NERGIE - UND M ATERIALEFFIZIENZ (M INIATURISIERUNG / DIREKTE UND INDIREKTE N UTZUNG VON S ONNE ) Der Wettbewerb um Ressourcen und Marktanteile zwingt die biologischen und technischen Systeme zu immer mehr Energieeffizienz. Besonders in extrem Ressourcenarmen Gegenden sind Pflanzen, Tiere und Menschen zu beobachten, die Techniken entwickelt haben, die besonders energieeffizient sind. Ein Weg zur Effizienz kann Miniaturisierung sein. Durch Verkleinerung werden Material und Energie eingespart. Ein anderer Weg ist die Nutzung der Sonnenenergie. Sie ist eine Energieform, die uns aus dem All zur Verfügung gestellt wird. Sie ist der Ursprung aller Energie auf der Erde und wird von der Natur entweder sofort genutzt oder auf vielfältige Weise gespeichert und später verwendet. Wer es versteht sie zu nutzten, arbeitet auch effizient. Oft kann man in der historischen Entwicklung eines Produktes ähnliche Stufen der Evolution beobachten. Die übergeordneten Stufen zeichnen sich meistens durch mehr Energie- und auch Materialeffizienz aus. Abbildung 27: Technische Evolutionsstufen <?page no="102"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 98 Technisches Beispiel für die Evolutionsstufen: Schienenfahrzeuge Die ersten Schienenfahrzeuge waren Loren, mit welchen in Bergwerken Erze oder Kohle transportiert wurden. Die Bergleute schoben sie mit ihrer Körperkraft (mechanisch). Danach wurden Schienenfahrzeuge durch Dampfmaschinen angetrieben (pneumatisch, hydraulisch, thermisch). Dann gab es Diesel-Loks (chemische Energie), welche Züge antrieben. Ihnen folgen Elektrolokomotiven, bis schließlich Magnetschwebebahnen mit Hilfe elektromagnetischer Felder die Fahrzeuge antrieben. Abbildung 28: Erste deutsche Lokomotive Technisches Beispiel zur Miniaturisierung: Laptop Miniaturisierung ist nicht immer möglich. Z.B. kann ein Hebel meist nicht wesentlich kleiner werden, um die gewünschte Funktion zu erfüllen. Eine Rechenmaschine (Computer) soll dagegen nur Zahlenwerte berechnen. Es ist der Funktion egal, ob sie so groß wie ein Wohnzimmer oder klein wie ein Buch ist. Abbildung 29: Laptop <?page no="103"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 99 Bionisches Beispiel: Photosynthese der Pflanzen Blätter nehmen mit Hilfe des Chlorophylls die Energie der Sonne auf und spalten Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Dann wird aus der Luft Kohlendioxid entnommen und reagiert mit dem Wasserstoff zu Kohlenhydrat, einem energiereichen Stoff, welcher von der Pflanze später für ihr Wachstum genutzt wird. Im Kohlenhydrat ist also gespeicherte Sonnenenergie enthalten. Abbildung 30: Photosynthese Technisches Beispiel: Windkraftanlage Wind ist strömende Luft, die durch Druckunterschiede auf der Erdoberfläche entsteht. Diese wiederum resultieren aus den Temperaturunterschieden der von der Sonne unterschiedlich erhitzten Luftmassen. In Windkraftanlagen wird die mechanische Energie der Luftströmung in elektrische Energie umgewandelt. Abbildung 31: Windkraftanlage <?page no="104"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 100 7.3.7 G. W ECHSELWIRKUNG (K OMMUNIKATION / V ERNETZUNG / S YMBIOSE ) Ein Objekt ist immer Teil eines Systems und somit vernetzt. Seine Wechselwirkungen mit den anderen Teilen sollten erkannt und genutzt werden. Am besten in einer Symbiose, weil diese durch kurze Transportwege den Energie- und Rohstoffverbrauch senkt. Außerdem sind solche internen Kooperationen stabiler und müssen nicht aufwendig kontrolliert werden. Bionisches Beispiel: Kommunikation bei Ameisenvölkern Ameisen kommunizieren mit Hilfe von Duftstoffen. Hat eine Ameise eine Futterquelle gefunden, wird eine Duftspur (Pheromone) zurück zum Nest gelegt. Anhand dieser Spur können die anderen Ameisen den Weg zur Nahrung ebenfalls finden, ohne dass die eine Ameise immer vorausgehen muss. Das ist ein evolutionärer Vorteil. Technisches Beispiel: Internet Das Internet ist eine weltumspannende, netzartige Kommunikation zwischen Computern und deren Anwendern. Aufgrund seines starken Einflusses auf Wirtschaft und Gesellschaft ist es sehr schnell gewachsen. Es hat der Entwicklung der globalen Weltwirtschaft einen enormen Impuls gegeben. Abbildung 32: Internet <?page no="105"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 101 7.3.8 H. L ERNEN UND S ELBSTORGANISATION Lernen ist eine wichtige Optimierungsstrategie der Natur. Ein Individuum (Tier, Pflanze, Mensch) muss im Laufe seines Lebens lernen, wo die beste Nahrung zu finden ist. Das ist ein evolutionärer Vorteil. Selbstorganisationsprozesse finden oft auf atomarer Ebene statt. Selbstorganisierende Prozesse stabilisieren sich selbst ohne äußeres Eingreifen. Sie formieren von selbst Materie aus dem chaotischen Zustand in einen geordneten Zustand. Sie sind robuster gegenüber äußeren Störgrößen als zwangsformierte Prozesse. Kulturelles Beispiel für Lernen: Kollektives Lernen von Menschen Menschen können generationsübergreifend Gelerntes in Form von mündlichen und schriftlichen Überlieferungen weitergeben. Somit lernt die ganze menschliche Gesellschaft über Generationen hinweg. Die Erfindung der Schrift und des Buchdruckes haben dieses Lernen enorm beschleunigt. Abbildung 33: Buch <?page no="106"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 102 Natürliches Beispiel für Lernen: Evolutionäres Lernen Durch äußere Umstände (z.B. Ernährung) können Gene auch während des Lebens eines Individuums sich verändern. Erworbene Eigenschaften können somit mit Hilfe der Gene an die nächste Generation weitergegeben werden. Das kann man als eine Form von Lernen auf biologischer Ebene betrachten. Abbildung 34: Nächste Generation Physikalisches Beispiel für Selbstorganisation: Kristallisation Wenn die Temperatur einer Metall-Schmelze sinkt, bewegen sich die Atome langsamer. Wird schließlich der Schmelzpunkt unterschritten, kommt es zur Bildung eines einheitlichen Gitters. Der Grad der Unordnung (Enthalpie) des Stoffes sinkt und es entsteht durch Selbstorganisation ein fester Kristall. Abbildung 35: Kristall <?page no="107"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 103 7.3.9 I. H ARMONISIERUNG , S YMMETRIE UND A LLOMETRIE Arbeitstakte und Eigenfrequenzen von Einzelkomponenten werden zunehmend synchronisiert (harmonisiert) bis hin zur Nutzung von Resonanzeffekten. Symmetrie ist ein recht häufiges Prinzip in der Natur. Organe sind oft symmetrisch angeordnet und damit auch gleich mindestens zweimal vorhanden. Allometrie ist das konstante Verhältnis verschiedener biologischer Größen zueinander. Es gibt z.B. ein Gesetz (Kleibers Gesetz) das besagt, dass die Stoffwechselrate sich umgekehrt proportional zur vierten Wurzel aus der Körpermasse verhält. (Eine Kuh lebt deshalb etwa 5,5mal so lange wie ein Murmeltier, dessen Herz auch 5,5mal schneller schlägt) Technisches Beispiel für Harmonisierung: Zertrümmern von Nierensteinen Bei der Zertrümmerung von Nierensteinen werden die Stoßwellen mit der Eigenfrequenz der Steine abgestimmt (harmonisiert). Der Resonanzeffekt sorgt für eine effiziente Zerkleinerung. Bionisches Beispiel für Symmetrie: Spiegelung von Verhaltensmustern Als Symmetrie kann auch das Prinzip der Spiegelung betrachtet werden, welches z.B. in den Verhaltensweisen von Mensch und Tier eine wesentliche Bedeutung hat. Menschen und Tiere, welche andere spiegeln können, d.h. in der Lage sind Verständnis und Einfühlungsvermögen zu zeigen (Empathie), kommunizieren besser miteinander und sind dadurch sozial erfolgreicher. Bionisches Beispiel für Allometrie: Goldener Schnitt Der Goldene Schnitt ist ein wiederkehrendes Größenverhältnis, welches oft in der Natur vorkommt und bestimmte biologische Zusammenhänge beinhaltet. Beim sogenannten Goldenen Schnitt teilt sich 100 % einer Größe in 61,8 % und 38,2 % auf. Z.B. wird ein Vollkreis (360°) in 222,5° und 137,5° aufgeteilt. Der „Goldene Winkel“ ist der kleinere, also 137,5°. Die Samen in der Blüte der Sonnenblume sind in einem solchen Verhältnis (Fibunacci-Spiralen) angeordnet, um für jeden einzelnen Samen die optimale Reifung durch die Sonnenstrahlen zu erreichen. Die Analyse der Blattstellung von verschiedenen Blütenblättern hat zu neuen Wohnbaukonzepten mit verbesserter lokaler Besonnung bzw. Beschattung geführt. <?page no="108"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 104 Abbildung 36: Samen einer Sonnenblume mit Fibunacci-Spiralen Physikalisches Beispiel für Allometrie: Reynoldszahl Die Reynoldszahl ist eine wichtige Größe innerhalb der Ähnlichkeitstheorie bei Strömungen. Sie ist das Verhältnis der Trägheit zur Viskosität eines Fluids. Sie ist von der Dichte, der Strömungsgeschwindigkeit, der charakteristischen Länge des umströmten Gegenstandes sowie von der dynamischen und kinematischen Viskosität des Fluids abhängig. <?page no="109"?> 7.3: Evolutionsprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 1) 105 7.3.10 J. R EDUNDANZ Redundanz ist das mehrfache Vorhandensein eines Bauteils. Sie erhöht die Sicherheit eines Systems bei Ausfällen. Technisches Beispiel: Flugzeug Sicherheitsrelevante Funktionen wie z.B. Höhenmesser sind in jedem modernen Flugzeug mehrfach (redundant) vorhanden. Flugzeuge benötigen redundante Systeme, um ihre Flugfähigkeit beim Ausfall eines Systems sicherzustellen, da die Folgen wesentlich dramatischer sind als bei anderen Transportsystemen (Auto, Bahn). Abbildung 37: Flugzeug Biologisches Beispiel: Mensch Der Mensch hat sehr viele redundante Organe wie Augen, Arme, Beine, Lungenflügel, Nieren, Nasenlöcher und vor allem Hirnareale, die bei Ausfall anderer Areale deren Funktionen übernehmen können. Somit ist der Mensch in Bezug auf einen Teilausfall ein relativ sicheres System. Mit diesen Prinzipien ist es möglich, effiziente, stabile und damit auch geschlossene Kreisläufe, wie sie in der Natur vorkommen, zu schaffen. Bevor man mit LOBIM (Werkzeug 2) in die Detaillösungen einsteigt, sollte versucht werden mit diesen 10 Prinzipien (Werkzeug 1) zuerst eine ganzheitliche Lösung anzustreben. <?page no="110"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 106 7.4 I NNOVATIVE G RUNDPRINZIPIEN NACH LOBIM (W ERKZEUG 2) Die 38 Innovativen Grundprinzipien (abgeleitet von TRIZ) mit ihren technischen und bionischen Beispielen sollen im nächsten Schritt als Inspiration bei der strukturierten Suche nach konkreten Lösungen dienen. Die 38 Innovativen Grundprinzipien nach LOBIM 1. Zerlegung/ Segmentierung 2. Abtrennung/ Isolierung 3. Örtliche Qualität/ Form/ Struktur/ Stabilität/ Oberflächen-Reibung-Haftung 4. Asymmetrie/ geneigte Ebene/ Hebel/ Flaschenzug/ Keil 5. Vereinen/ Koppeln/ Kleben 6. Multifunktionalität/ Universalität/ Integration 7. Verschachtelung/ Stülpen/ Falten 8. Gegenmasse/ Auftrieb/ Leichtbau 9. Prävention 10. Äquipotential/ konstante Spannung 11. Funktionsumkehr/ Funktionsprinzip ändern 12. Krümmung/ Kugelähnlichkeit/ Spirale 13. Dynamisierung/ Bewegung 14. Partielle, Überschüssige Wirkung 15. Höhere Dimension/ Wechsel der Raumebenen 16. Mechanische- Elektrische- Akustische Schwingungen 17. Periodische Wirkung 18. Kontinuierliche Prozesse 19. Überspringen/ Durcheilen 20. Schädliches in Nützliches umwandeln 21. Rückkopplung 22. Vermittler 23. Selbstversorgung/ Selbstbedienung 24. Kopieren 25. Begrenzte Lebensdauer 26. Mechanik ersetzen/ Elektrizität/ Magnetismus/ Wellenerscheinungen/ Gravitation 27. Pneumatik/ Hydraulik/ Strömung 28. Flexible Hüllen/ Folien 29. Poröse Materialien 30. Signalgebung/ Farbveränderung/ Lichtreflexion/ Lumineszenz/ Gerüche 31. Homogenität 32. Beseitigung/ Regeneration/ Recycling 33. Eigenschaftsänderung/ Materialwechsel/ Umwandlung/ Aggregatzustand 34. Phasenübergang 35. Wärmeausdehnung/ -transport/ -strahlung <?page no="111"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 107 36. Starkes Oxidationsmittel 37. Träges Medium 38. Verbundmaterial/ Stoffzusammensetzung 7.4.1 P RINZIP DER Z ERLEGUNG / S EGMENTIERUNG Manchmal ist die Lösung, eine gewünschte Funktion durch Bauteil-Segmentierung zu erreichen. Dabei kann unterschieden werden zwischen: a. Zerlegung im Raum - das Objekt wird in Einzelteile zerlegt Frage: Wo muss die jeweils benötigte Eigenschaft vorhanden sein? b. Zerlegung in der Zeit - Arbeitsschritte werden in anderen Reihenfolgen erledigt Frage: Wann muss das System in der einen und wann in der anderen Eigenschaft arbeiten? c. Zerlegung durch Bedingungswechsel - Zerlegbar unter bestimmten Bedingungen Frage: Unter welchen Bedingungen muss die eine und unter welchen Bedingungen die andere Eigenschaft vorhanden sein? Bionisches Beispiel für räumliche Zerlegung: Wirbelsäule Die Wirbelsäule eines Säugetieres ist ein stabiles Element des Körpers, an das Sehnen und Muskeln angewachsen sind. Durch den segmentierten Aufbau aus einzelnen Wirbelkörpern und den dazwischen liegenden Bandscheiben hat sie eine sehr große Flexibilität gegen Biegung, Rotation und Stauchen. <?page no="112"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 108 Abbildung 38: Wirbelsäule eines Sauriers Technisches Beispiel für räumliche Zerlegung: Güter- oder Personenzug Ein Zug kann eine große Menge Güter oder Personen mit Hilfe einer Zugmaschine (Lokomotive) transportieren. Er ist in einzelne koppelbare Waggons (in Australien bis zu 200) gegliedert. Diese Segmentierung erlaubt den Transport über kurvenreiche Streckenführungen und die flexible Zusammenstellung der Waggons zu weiteren Zügen mit unterschiedlichen Bestimmungsorten. Abbildung 39: Güterzug <?page no="113"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 109 Technisches Beispiel für Zerlegung unter bestimmten Bedingungen: Kuppelbare Seilbahn Abbildung 40: Seilbahn einer Wakeboardanlage Eine kuppelbare Seilbahn kann die Gondeln, Sessel oder Haken unter bestimmten Bedingungen, wenn z.B. eine Person zusteigen möchte, auskuppeln und wieder einkuppeln. Technisches Beispiel für zeitliche Zerlegung: Mähdrescher Ein Mähdrescher für Getreide kann mehrere Ernteschritte, wie Schneiden, Dreschen und Strohballen pressen in einem Arbeitsgang erledigen. Früher lagen zwischen diesen Arbeitsschritten oft längere Transportwege und mehrere Arbeitstage. 7.4.2 P RINZIP DER A BTRENNUNG / I SOLIEREN Vom Objekt ist das störende Teil oder die störende Eigenschaft abzutrennen. Bionisches Beispiel: Häutung von Reptilien Während des Wachstums einer Schlange, verliert diese, nicht kontinuierlich Hautschuppen, sondern es wächst unter der vorhandenen Haut eine neue. Wenn die neue Haut fertig ist, stirbt die alte ab und wird dann im Stück abgestreift. <?page no="114"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 110 Abbildung 41: Schlange Technisches Beispiel: Trägersystem für Space Shuttle Die mehrstufige Träger-Rakete für das Space Shuttle sorgt dafür, dass nur der Raumgleiter ins All gelangt. Treibstoffbehälter und Haupttriebwerke werden nach Gebrauch abgeworfen und wiederverwertet. Abbildung 42: Raumgleiter „Buran“ <?page no="115"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 111 Bionisches Beispiel: Wärmeisolation durch Fell Es soll durch Fell (Isolationsmaterial) verhindert werden, dass der Körper Energie in Form von Wärme an die Umgebung (Luft, Wasser) verliert. Abbildung 43: Eisbär 7.4.3 Ö RTLICHE Q UALITÄT / F ORM / S TRUKTUR / S TABILITÄT / O BERFLÄCHEN - R EIBUNG - H AFTUNG Die örtliche Qualität beschreibt einen Zustand, bei dem jeder Teil eines Objektes, die Eigenschaft hat, die genau dort gebraucht wird. Örtliche Qualität ist eine Spezialisierung auf eine ganz bestimmte Aufgabe. Dem entgegen steht Flexibilität und Multifunktion. Hochspezialisierte Teile verlieren zwangsweise ihre Flexibilität und sind kritisch für die Funktion eines Gesamtsystems. Bionisches Beispiel: Haftstrukturen an Gecko-Füßen An Gecko-Füßen befinden sich viele sehr feine Härchen, welche jedes für sich mit Hilfe der Van-der-Waals-Kräfte eine Anziehung mit der berührenden Oberfläche haben. Genau an dem Ort, wo sie gebraucht werden befinden sich hinreichend viele Hafthärchen. Technisches Beispiel: Bohrwerkzeug Ein Steinbohrer ist ein Werkzeug, bei dem an der am stärksten beanspruchten Stelle (Spitze) ein härteres Material eingesetzt wird, um den Verschleiß zu reduzieren. <?page no="116"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 112 Bionisches Beispiel: Spinnen - Netz Eine Spinne konstruiert ihr Netz so, dass z.B. der Fangbereich (Ort) klebrige Fäden hat, wo die Beute hängen bleiben soll. Sie vermeidet selbst diese Fäden zu betreten. Falls es doch einmal passiert, ist ihr Körper deshalb mit Öl überzogen und haftet somit nicht. Abbildung 44: Spinnennetz Technisches Beispiel: Zahnbürste Bei modernen Zahnbürsten wird an einigen Stellen Gummi angespritzt, damit man einen besseren Griff hat. Genau der Ort am Bauteil, wo Haftung notwendig ist, wird gummiert. Abbildung 45: Zahnbürste <?page no="117"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 113 7.4.4 A SYMMETRIE / G ENEIGTE E BENE / H EBEL / F LASCHENZUG / K EIL Von der symmetrischen Form des Objektes ist zur asymmetrischen überzugehen. Der Grad der Asymmetrie ist zu erhöhen, wenn das Objekt bereits asymmetrisch ist. Asymmetrie kann neue Möglichkeiten eröffnen, neben der in der Natur und Technik geläufigen Symmetrie. Technisches Beispiel: Hebel Das Hebelprinzip wird schon seit Anbeginn der Menschheitsentwicklung genutzt. Dabei wird durch asymmetrische Krafteinleitung über die Hebelarme eine Kraftverstärkung erreicht. Bionisches Beispiel: Knallkrebs (Pistolenkrebs) Die Scheren vom Knallkrebs sind sichtbar asymmetrisch. Mit einer dieser Scheren erzeugt das Tier einen sehr lauten Knall und gleichzeitig einen Lichtblitz. Das soll Feinde abschrecken und betäubt kleine Beutetiere. Ähnlich wie die Winkerkrabbe welche eine große und eine kleine Schere besitzt. Die große wird zur Abschreckung hin und her bewegt. <?page no="118"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 114 Abbildung 46: Knallkrebs Technisches Beispiel: Exzenter Exzenter rotieren um einen Punkt, der nicht ihr Mittelpunkt ist. Sie können Kreisbewegungen in Translation umwandeln und umgekehrt. Man nutzt sie wegen ihrer unterschiedlichen Hebel auch zur Kraftverstärkung. Kolbenmaschinen nutzen dieses Prinzip (Dampfmaschine, Verbrennungsmotor). <?page no="119"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 115 Abbildung 47: Antriebsgestänge einer Dampflock 7.4.5 V EREINEN / K OPPELN / K LEBEN Gleichartige oder zur Koordinierung bestimmte Systeme oder Operationen sind zu koppeln. Beim Vereinen fallen Schnittstellen zwischen den Teilen, samt Material und Energieverbrauch weg. Bionisches Beispiel: Erdnussschale Mehrere (bis zu 6) Samen befinden sich in einer Schale. Das spart Gewicht und Material. Zusätzlich erhöht es die Wahrscheinlichkeit, dass wenigstens einer der Samen keimt und eine Pflanze hervorbringt. <?page no="120"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 116 Abbildung 48: Erdnuss Technisches Beispiel: Filmscharnier Ein Filmscharnier besteht aus Kunststoff und verbindet 2 Teile auf bewegliche Art. Eigentlich ist es nur ein Teil, welches an einer definierten Stelle so dünn ausgeführt ist, dass es dort beweglich wird. Abbildung 49: Filmscharnier <?page no="121"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 117 Technische Beispiele: Lösbare und unlösbare Verbindungstechniken Abhängig von Flexibilität und gewünschter Festigkeit wird eine Verbindungsart ausgewählt. Dazu zählen das Schrauben, Nieten, Verrasten, Kleben, Schweißen, Löten usw. Abbildung 50: Schraubverbindung Bionisches und technisches Beispiel: Klettverbindung Die Klettverbindung ist eine lösbare Verbindung, welche von der Klette (Pflanze) zur Verbreitung ihres Samens durch das Fell der Tiere genutzt wird. Der Schweizer Ingenieur Georges de Mestral erfand nach dem natürlichen Vorbild 1951 den technischen Klettverschluss. Abbildung 51: Klette <?page no="122"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 118 7.4.6 M ULTIFUNKTIONALITÄT / U NIVERSALITÄT / I NTEGRATION Ein Prinzip, dass in der Natur sehr häufig vorkommt ist die Multifunktion oder Universalität. Ein Bauteil übernimmt mehrere Aufgaben/ Funktionen. Das spart Material und Energie. Bionisches Beispiel: Mensch Ein sehr gutes Beispiel ist der menschliche Körper. Unsere Hände können Greifen, Klemmen, Instrumente spielen oder streicheln. Der Mund kann kauen, beißen, sprechen oder eine Pfeife festhalten. Abbildung 52: Menschliche Hand Bionisches Beispiel: Diplocaulus (ausgestorben) Der breite pfeilförmige Kopf diente wahrscheinlich sowohl als schnelle Auftriebshilfe, als auch zum Schutz vor Fressfeinden, welche diese nicht so leicht in den Schlund bekamen. Abbildung 53: Fossiler Kopf eines Diplocaulus <?page no="123"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 119 Technisches Beispiel: Schweizer Taschenmesser Dieses Taschenmesser kann aus bis zu 81 Einzelwerkzeugen bestehen, die 141 Funktionen erfüllen. Man erspart sich dadurch unterwegs einen ganzen Werkzeugkoffer mitzuschleppen. Abbildung 54: Schweizer Taschenmesser 7.4.7 V ERSCHACHTELN / S TÜLPEN / F ALTEN Ein Objekt ist im Inneren eines anderen Objektes durch Stecken, Stülpen, Falten oder ähnliches integriert. Durch Verschachteln wir Platz gespart! Hohlräume werden als Behälter für weitere Objekte oder Teile genutzt. Bionisches Beispiel: Zwiebel In der Zwiebel speichern Lauchpflanzen Wasser und Stärke. Die Außenschalen dienen zum Schutz der Keime gegen Austrocknung. Abbildung 55: Zwiebel im Schnitt <?page no="124"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 120 7.4.8 G EGENMASSE / A UFTRIEB / L EICHTBAU Die Masse eines Objektes ist durch Kopplung mit einer Gegenmasse oder Wechselwirkung mit einem anderen Medium (Auftrieb) zu kompensieren. Mit einer Gegenmasse oder Auftriebshilfe kann ein Ausgleich zur Gravitation geschaffen werden, welche auf ein Objekt wirkt. Bionisches Beispiel: Vogelflügel Durch die kombinierte Nutzung der Flügel zum Vortrieb (Geschwindigkeit) und als Auftriebskörper kann der Vogel die Schwerkraft überwinden und fliegen. Abbildung 56, Adler Technisches Beispiel: Schiffshebewerk Ein Schiffshebewerk hat die Aufgabe einen Höhenunterschied im Schiffsverkehr zu überwinden. Zum Heben wird meist ein Gegengewicht verwendet. Damit muss der Antrieb lediglich die Reibung im System überwinden. <?page no="125"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 121 Abbildung 57, Schiffshebewerk 7.4.9 P RÄVENTION Im Vorfeld werden Aktionen durchgeführt, die spätere negative Auswirkungen vermeiden sollen. In diesem Prinzip sind die TRIZ-Prinzipien Vorgezogene Wirkung, Vorgezogene Gegenwirkung und Vorbeugemaßnahme zusammengefasst. Technisches Beispiel: Vorspannung von Fahrradspeichen Das Vorspannen (Zugspannung) der Speichen am Fahrrad dient der Kompensation der Druckspannung im Betrieb. Das Spannen der Speichen ist essentiell für die Funktion des Rades. Die dünnen Speichen knicken sonst bei Belastung. (Dies könnten auch Stahlseile sein.) <?page no="126"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 122 Abbildung 58: Herren-Fahrrad um 1965 Bionisches Beispiel: Schärfen von Nagerzähnen Nagerzähne wachsen ständig nach. Sie sind an der Schneide sehr hart und damit scharf. Die harten und damit spröden Schneiden brechen irgendwann nach Gebrauch ab. Die Bruchstelle ist dann wieder sehr scharfkantig. Abbildung 59: Sibirisches Streifenhörnchen <?page no="127"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 123 Bionisches Beispiel: Springkraut Die Kapselfrüchte sind durch den Zellsaftdruck gespannt und platzen bei Berührung an vorbestimmten Aufreißkanten explosionsartig auf. Dadurch werden sie auf einer großen Fläche, möglichst weit weg von der Ursprungspflanze verteilt. Abbildung 60: Springkraut Bionisches Beispiel: Dromedar Dromedare speichern vorsorglich in den Höckern Fett als Energiereserve. Diese kann die Tiere in der Wüste über einen langen Zeitraum ohne Nahrung auskommen lassen. Abbildung 61: Dromedar <?page no="128"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 124 Technisches Beispiel: Cutter-Messer Dieses Messer braucht man nicht zu schärfen. Die Messer-Schneide wird an vorbestimmten Bruchkanten abgebrochen und ist dann wieder sehr scharf. Abbildung 62: Cutter Messer Bionisches Beispiel: Igel - Stacheln Zum vorbeugenden Schutz vor Fressfeinden und als Dämpfung für Stürze dienen die Stacheln eines Igels. Sie haben sich im Laufe der Evolution aus dem Fell entwickelt. Abbildung 63: Europäischer Igel <?page no="129"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 125 Bionisches Beispiel: Eidechse Manche Eidechsenarten trennen sich bei Gefahr von ihren Schwanz. Dieser hat vorbeugende Sollbruchstellen, an denen er leicht abbrechen kann. Später wächst er dann wieder nach. Abbildung 64: Eidechse <?page no="130"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 126 7.4.10 Ä QUIPOTENTIAL / K ONSTANTE S PANNUNG Das Objekt soll mit konstantem Energiepotential arbeiten. Es soll nicht angehoben oder abgesenkt werden (nicht antigravitatorisch bewegt werden). Bionisches Beispiel: Spannungsabhängiges Wachstum am Baum Bäume wachsen spannungsabhängig. Wenn ein Baum einseitig belastet wird, erfolgt an der Lastseite verstärktes Wachstum. Es wird von der Natur ein gleichmäßiges Spannungspotential angestrebt. Die Wikinger bauten ihre Schiffe aus sogenannten gewachsenen Spanten. Gewachsene Spanten werden aus krumm gewachsenen Hölzern (Knieholz) gefertigt, so dass der Verlauf der Holzfasern weitgehend der Form des Spants bzw. der Außenhaut folgt. Dadurch kann mit einem kleineren Querschnitt die gleiche Festigkeit erreicht werden wie bei aus geraden Stücken gesägten Spanten. 1 Abbildung 65: Baumwachstum 1 Aus Wikipedia <?page no="131"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 127 Bionisches Beispiel: Spannungsabhängiges Wachstum eines menschlichen Knochens Menschliche Knochen wachsen ebenfalls spannungsabhängig. Werden die Knochen nicht belastet, wie zum Beispiel bei Astronauten in der Schwerelosigkeit entsteht die gefürchtete Ostheoporose (Knochenschwund). Technisches Beispiel: Wankelmotor Der Wankelmotor (Kreiskolbenmotor) macht keine axialen Kolbenbewegungen. Der rotierende Kolben arbeitet immer auf einem konstanten Energieniveau. Abbildung 66: Wankelmotor im Schnitt 7.4.11 F UNKTIONSUMKEHR / F UNKTIONSPRINZIP Ä NDERN Die Wirkung einer Funktion wird umgekehrt, wenn dies effizienter ist. Der dynamische Teil wird statisch und der statische Teil wird dynamisch. Bionisches Beispiel: Spinnennetz Die Spinne geht nicht auf die Jagd wie andere Beutefänger. Sie wartet bis sich ihre Beute vorbeikommt und sich im Netz verfängt. Sie spart damit offensichtlich mehr Energie, als sie beim Bau ihrer Falle (Netz) verbraucht. <?page no="132"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 128 Abbildung 67: Spinne mit Netz (vergrößert) Bionisches Beispiel: Seestern Wenn ein Seestern eine Muschel frisst, dann steckt er seinen Magen in die Muschelschale und verdaut sie auf der Stelle. Anstatt die Nahrung zum Verdauen in den eigenen Körper zu bringen, stülpt er seinen Körper in den Körper der Nahrung. Abbildung 68: Seesterne <?page no="133"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 129 Technisches Beispiel: Drehmaschine Üblicherweise wird ein Werkzeug um seine Funktion durchzuführen wie im Fall eines Hammers, Bohrers oder einer Bürste. Bei der Drehmaschine hingegen bewegt (dreht) sich das Werkstück und das Werkzeug (Drehmeißel) steht still. Abbildung 69: Drehmaschine Technisches Beispiel: Rolltreppe Die meisten Treppen sind starr und man muss mühsam hinaufsteigen, um in die nächst höhere Etage zu gelangen. Im Falle der Rolltreppe bewegt sich die Treppe und die Person kann stehenbleiben, um dasselbe Ziel zu erreichen. Abbildung 70: Rolltreppe <?page no="134"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 130 7.4.12 K RÜMMUNG / K UGELÄHNLICHKEIT / S PIRALE Es ist zu gekrümmten Flächen (Rollen, Kugeln) überzugehen. Aus Translation wird Rotation oder eine Spiralförmige Bewegung. Bionisches Beispiel: Schneckenhaus Schneckenhäuser sind immer spiralförmig. Gekrümmte Flächen sind stabiler gegen Querkräfte, benötigen entsprechend weniger Material und stellen damit eine Form von Leichtbau dar. Sie sind außerdem platzsparender für den Schutz eines länglichen Körpers. Die ersten Schneckenhäuser waren noch nicht vollständig eingerollt. Abbildung 71: Fossiles Schneckenhaus Technisches Beispiel: Rad Die Rotation eines Rades ist zur Fortbewegung energiesparender als einen Körper auf einer Fläche zu schieben (Translation), weil Rollreibung in der Regel geringer als Gleitreibung ist. Abbildung 72: Autoreifen <?page no="135"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 131 Technisches Beispiel: Wäscheschleuder Früher wurde aus der gewaschenen Wäsche das Wasser durch kräftiges, translatorisches Zusammendrücken herausgepresst. Eine Wäscheschleuder nutzt die Fliehkraft, welche bei der Rotation wirkt, zum Herauszupressen des Wassers. Abbildung 73: Wäscheschleuder ca.1970 7.4.13 D YNAMISIERUNG / B EWEGUNG Feste Objekte oder Teile sind dynamisch (beweglich, elastisch) zu gestalten. Auch eine Beschleunigung der vorhandenen Bewegung kann nützlich sein. Die Systeme werden mit zunehmender Entwicklung flexibler und damit besser an die Umweltbedingungen anpassbar. Z.B. sind Antriebe erst einstufig, dann mehrstufig und am Ende stufenlos. Bionisches Beispiel: Vogelflügel Vögel bewegen ihre Flügel während des Fluges in verschiedenen Achsen, um zeitgleich Auftrieb, Vortrieb und Widerstand zu regulieren. <?page no="136"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 132 Abbildung 74: Möwe im Gleitflug Technisches Beispiel: Überschall-Passagierflugzeug Cockpit Die Cockpits der beiden Überschall-Passagierflugzeuge Concord und TU 144 sind so absenkbar, dass die Piloten beim Landeanflug eine bessere Sicht haben. Abbildung 75: Spitze der TU 144 von unten <?page no="137"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 133 Bionisches Beispiel: Chamäleon Das Chamäleon besitzt eine sehr lange, klebrige Zunge, die es sehr weit schleudern kann, um damit Insekten zu fangen. Die Zunge wird zur Jagd extrem beschleunigt. Abbildung 76: Chamäleon 7.4.14 P ARTIELLE ODER ÜBERSCHÜSSIGE W IRKUNG Um den gewünschten Effekt zu erzielen, sollte etwas mehr Energie oder Material, als üblich eingesetzt werden (Überschuss). Oder es wird die Wirkung, die sonst großräumiger erfolgt nur partiell eingeleitet. Bionisches Beispiel: Samenproduktion Pflanzen oder auch Tiere produzieren oft einen Überschuss an Samen, um bei hohen Ausfallraten die Fortpflanzungswahrscheinlichkeit zu erhöhen. <?page no="138"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 134 Abbildung 77: Zapfen Technisches Beispiel: Schablonieren Anstatt das Muster zeitaufwendig auf die Wand zu malen, wird eine Schablone benutzt. Dann wird die Farbe sehr einfach und schnell über die Schablone gestrichen. Das Zuviel an Farbe wird von der Schablone aufgenommen und das Muster ist perfekt auf der Wand aufgebracht. <?page no="139"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 135 Abbildung 78: Dekor-Schablone Technisches Beispiel: Induktionsherd Ein Induktionsherd erwärmt nur (partiell) den Boden eines magnetisch leitenden Gefäßes (Topf) und die darin befindlichen Speisen nach dem Prinzip der elektromagnetischen Induktion. Die Erwärmung der gesamten Kochplatte und damit der Energieverlust an den Stellen, die keinen Kontakt zum Topf haben wird vermieden. Abbildung 79: Induktionsherd <?page no="140"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 136 7.4.15 H ÖHERE D IMENSION / W ECHSEL DER R AUMEBENEN Es ist manchmal sinnvoll die Dimension im Raum zu erhöhen (z.B.: Punkt zu Linie, Linie zu Fläche, Fläche zu Raum). Es kann auch einfach die Größe oder Menge erhöht werden. Bionisches Beispiel: Metamorphose des Schmetterlings Als Raupe bewegt sich die Art quasi zwei-dimensional auf der Erdoberfläche. Nach der Metamorphose agiert der Schmetterling auch im Raum (Luft=dritte Dimension). Abbildung 80: Schmetterling Technisches Beispiel: Stern-Motor Um das Schwingungsverhalten von Motoren mit stehenden Kolben zu verbessern, hat man hauptsächlich für Flugmotoren die Kolben radial angeordnet. Der Wechsel der Dimension erfolgte von der Linie zum Kreis. <?page no="141"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 137 Abbildung 81: Stern-Motor Technisches Beispiel: Container-Schiffe Um die Effizienz (Transportkosten pro Warenmenge) zu erhöhen werden immer größere Containerschiffe gebaut. Abbildung 82: Containerschiff <?page no="142"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 138 7.4.16 M ECHANISCHE , E LEKTRISCHE , A KUSTISCHE S CHWINGUNGEN Mechanische, elektrische, oder akustische Schwingungen (Wellen) können eine Wirkung beträchtlich erhöhen. Eigenfrequenzen von Körpern können genutzt werden. Bionisches Beispiel: Blattschneideameise Die Blattschneideameise versetzt ihre Schneidwerkzeuge in Schwingung, um die Blätter besser durchtrennen zu können. Technisches Beispiel: Ultraschall Reiniger Mit Hilfe von Ultraschall-Reinigern werden Gegenstände gereinigt. Die Schwingungen der Flüssigkeit lösen die Schmutzpartikel an der Oberfläche des Gegenstandes. Technisches Beispiel: Mikrowellenofen Im Mikrowellenofen werden die Wassermoleküle in Speisen durch elektromagnetische Strahlung in verstärkte Schwingungen versetzt und damit die Speisen erwärmt. Abbildung 83: Microwellenofen 7.4.17 P ERIODISCHE W IRKUNG Manchmal erhöhen periodisch wiederkehrende Impulse die Wirkung. Man kann auch die Länge und Intensität der Perioden variieren. <?page no="143"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 139 Bionisches Beispiel: Buntspecht Durch periodisches Schlagen mit dem Schnabel hackt der Specht Löcher in einen Baumstamm, um sich eine Nesthöhle für seine Brut zu schaffen oder auch Insekten als Nahrung in der Baumrinde aufzustöbern. Abbildung 84: Buntspecht Technisches Beispiel: Schlagbohrhammer Beim Bohren von Löchern in sehr harte Betonwände reicht oft die Rotation des Bohrers nicht aus. Mit Hilfe periodischer axialer Schläge während der Rotation wird die Bohrleistung erhöht. Abbildung 85: Bohrhammer <?page no="144"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 140 7.4.18 K ONTINUIERLICHE P ROZESSE Die Funktion soll ohne Unterbrechungen, gleichmäßig arbeiten. Energie und Material werden dabei kontinuierlich zubzw. abgeführt. Bionisches Beispiel: Organischer Stoffkreislauf Die Blätter am Baum wachsen im Frühling und wandeln bis zum Herbst Sonnenenergie in chem. Energie um (Photosynthese). Im Herbst verwelken sie, fallen zu Boden und werden zu Humus. Im Jahr darauf nutzt der Baum den Humus als organischer Dünger für sein erneutes Wachstum. Abbildung 86: Laubbaum im Sommer Technisches Beispiel: Gasturbinen-Triebwerk Wenn ein Gasturbinen-Triebwerk einmal gezündet ist, arbeitet es kontinuierlich. Dazu muss kontinuierlich Kraftstoff und Luft zugeführt werden. Um es zu stoppen, wird die Kraftstoffbzw. Luftzufuhr gedrosselt. <?page no="145"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 141 Abbildung 87: Flugzeug-Turbine 7.4.19 Ü BERSPRINGEN / D URCHEILEN Der Prozess ist mit hoher Geschwindigkeit zu durchlaufen. Bei hohen Geschwindigkeiten kann man sich die Trägheit einiger Teile im Prozess zu Nutze machen. Bionisches Beispiel: Helmbasilisk An den Zehenrändern befinden sich Schuppensäume, in denen Lufttaschen entstehen, die es dem Tier ermöglichen, bei Gefahr in hoher Laufgeschwindigkeit kurze Strecken auf Wasseroberflächen zurückzulegen. Technisches Beispiel: Spielfilm Bei der Wiedergabe von bewegten Bildern macht man sich die Trägheit des menschlichen Auges zunutze. Es genügen bereits 16-18 Bilder pro Sekunde, um eine fließende Bewegung darzustellen. Moderne Fernsehgeräte liefern 100 bis 200 Bilder pro Sekunde. <?page no="146"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 142 Abbildung 88: Filmprojektor 1961 Technisches Beispiel: Härten von Stahl Ein Meißel ist ein Werkzeug, welches aus i.d.R. aus einer Sorte Stahl gefertigt wird. Die Spitze oder Kante wird (örtlich) gehärtet, damit sie nicht so schnell stumpf wird. Der Schaft bleibt „weich“ um beim Schlagen nicht zu brechen. Beim Härten wird der Stahl auf eine bestimmte Temperatur erwärmt und danach sehr schnell abgekühlt. Das Kristallgitter im Metall hat nicht genug Zeit sich wieder zu ordnen. Die entstehenden Verwerfungen im Kristall machen den Werkstoff an der Oberfläche hart. Abbildung 89: Gehärtete Meißelspitze <?page no="147"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 143 7.4.20 S CHÄDLICHES IN N ÜTZLICHES UMWANDELN Schädliche Faktoren für eine bestimmte Funktion können für andere Funktionen nützlich sein. Bionisches Beispiel: Pionierpflanzen Bei Waldbränden werden viele Pflanzen zerstört. Pionierpflanzen (z.B. Salweide) treten als erste nach einem Waldbrand wieder auf und profitieren vom Nährstoffgehalt der zurückgebliebenen Asche. Abbildung 90: Salweide Technisches Beispiel: Heilpflanzen Efeu ist z.B. eine an sich giftige Pflanze, welche aber in geringen Dosen angewendet, heilende Wirkung u.a. bei Husten hat. Es wird als Medikament verwendet. <?page no="148"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 144 Abbildung 91: Efeu Bionisches Beispiel: Meeresschnecke Glaucus atlanticus Abbildung 92: Glaucus atlanticus <?page no="149"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 145 Diese Nacktschnecken ernähren sich von Segel- und Staatsquallen (Gattungen Velella, Porpita und Physalia). Die Nesselzellen der Beute werden in die Hautauswüchse eingelagert und dienen den Schnecken als Fraßschutz. Es ist unbekannt, wie die Nesselkapseln daran gehindert werden zu explodieren, während die Quallen gefressen werden. 7.4.21 R ÜCKKOPPLUNG Ein Teil der Ausgangsgröße eines Systems ist zugleich Eingangsgröße desselben Systems. Es findet entweder eine Verstärkung (positive R.) oder eine Abschwächung (negative R.) statt. Bionisches Beispiel: Sensorische Rückkopplung Eine Fledermaus sendet akustische Wellen im Ultraschallbereich aus und kann die Reflexion dieser Wellen sensorisch erfassen. Dadurch ist sie in der Lage, während des Fluges über diese kontinuierliche Rückkopplung beweglicher Beute hinterherzufliegen (Biosonar). Abbildung 93: Flughund Technisches Beispiel: Fliehkraftregler Wird die Klappe geöffnet, erhöht sich die Drehzahl. Die Kugeln streben nach außen und betätigen den Hebelmechanismus, welcher die Klappe wieder schließt. Wenn dann die Drehzahl sinkt wird die Klappe wieder geöffnet. (geschlossener Regelkreis) <?page no="150"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 146 Abbildung 94: Fliehkraftregler einer Dampfmaschine 7.4.22 V ERMITTLER Es ist ein Zwischenobjekt zu nutzen, welches die Wirkung von einem Objekt auf ein anderes Objekt überträgt. Bionisches Beispiel: Sinneshaare im menschlichen Ohr sensieren Beschleunigung Die Sinneshaare im menschlichen Ohr ragen in eine gelartige Substanz, welche bei Beschleunigung oder Verzögerung aufgrund ihrer Trägheit hin und her schwappt und somit die Haarbüschel abknickt. Sie bilden einen Vermittler zu den Nervenfasern, welche die Beschleunigungs-Information an das Gehirn weiterleiten. <?page no="151"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 147 Abbildung 95: Menschliches Ohr Technisches Beispiel: Kontaktgel bei Ultraschallmessungen Für eine Ultraschalluntersuchung im trockenen Raum ist es günstiger ein Kontaktgel als Vermittler zu verwenden, da dieses den Schall besser überträgt als Luft. <?page no="152"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 148 Abbildung 96: Ultraschallbild 7.4.23 S ELBSTVERSORGUNG / S ELBSTBEDIENUNG Der Prozess nutzt vorhandene oder selbst erzeugte Stoffe/ Energie für eigene Funktionen. Bionisches Beispiel: Bau der Präriehunde Abbildung 97: Präriehund <?page no="153"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 149 Um die Eingangslöcher ihrer Tunnelhöhlen haben die Präriehunde einen Wall geschüttet. Wenn Wind über die Prärie streift, wird er an den Flanken des Walls beschleunigt und saugt beim Vorbeistreifen an der Öffnung die verbrauchte Luft aus dem Bau. Technisches Beispiel: Selbstschmierendes Lager Wenn ein Gleitlager aufgrund von erhöhter Reibung warm wird, beginnt das in den Öffnungen der Lagerfläche befindliche feste Schmiermittel zu schmelzen, fließt auf die Lauffläche und verringert den Reibwert. Technisches Beispiel: Mechanischer Rasenmäher mit selbstschärfenden Schneiden Durch die Rotation der schräggestellten Schneiden werden einerseits der Rasen gemäht. Gleichzeitig werden an einer federbelasteten Wetzleiste die Schneiden geschärft. Abbildung 98: Mechanischer Rasenmäher <?page no="154"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 150 7.4.24 K OPIEREN Es werden vereinfachte und billige Abbildungen oder Kopien von einem Original genutzt. Bionisches Beispiel: Schmetterlingsflügel Im Ruhezustand hat der Schmetterling die Flügel zusammengeklappt, um sich zu tarnen. Die Unterseite sieht dann aus wie ein verwelktes Blatt. Bei Gefahr klappt er ruckartig seine Flügel auseinander und zeigt die Oberseite, die aussieht, als ob ein großes Tier mit Augen einen anschaut. Das schreckt Fressfeinde ab. Abbildung 99: Motte Technisches Beispiel: Fotografie Bei der Fotografie wird ein Abbild der Realität auf einem Träger (früher Glas oder Papier, heute elektronisch) erzeugt. Dazu wird über Linsen das vom Objekt ausgesendete oder reflektierte Licht gesammelt. Diese Abbilder der Realität können vielfältig verwendet werden (Satellitenbilder, Röntgenbilder) <?page no="155"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 151 Abbildung 100: Polaroid Kamera 7.4.25 B EGRENZTE L EBENSDAUER Die Lebensdauer eines Produktes wird bewusst, konstruktiv so ausgelegt, dass nur die notwendige Funktionsdauer erhalten bleibt. Danach zerfällt das Produkt oder wird unbrauchbar. Bionisches Beispiel: Eintagsfliege Die erwachsenen Tiere der Eintagsfliege leben meist nur ein bis vier Tage, manchmal nur wenige Minuten, selten länger als eine Woche. Sie paaren sich. Die Weibchen legen die Eier ab und sterben. Damit ist ihre evolutionäre Aufgabe (Arterhaltung) erfüllt. <?page no="156"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 152 Abbildung 101: Eintagsfliege Technisches Beispiel: Papiertaschentuch Das Papiertaschentuch ist ein typischer Einweg-Artikel. Zum Glück ist es biologisch abbaubar oder recyclebar. Einwegartikel, die nicht recyclebar sind, stellen ein Umweltproblem dar und sind eine schlechte konstruktive Lösung. Abbildung 102: Papiertaschentücher <?page no="157"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 153 7.4.26 M ECHANIK ERSETZEN Es ist ein Ersatz mechanischer Lösungen durch elektrische, magnetische oder andere Verfahren (Felder) zu suchen. Elektrizität Die elektrostatische Anziehung wirkt in verschiedenen Stärken zwischen den Atomen bzw. Molekülen als Bindungskraft. Diese Bindungskraft ist gespeicherte Energie, welche in chemischen Reaktionen umgewandelt werden kann. Elektrische Ladungen erzeugen elektrische Felder. Zu den Molekularkräften zählen die Kohäsion und Adhäsion, zu den Molekularbewegungen die Diffusion und Osmose. Oberflächenspannung, Kapillarkräfte und Elektrolyse spielen in der Natur ebenfalls eine bedeutende Rolle. Natürliches Beispiel: Anziehungskräfte zwischen Wassermolekülen Die Wasserstoffbrückenbindung ist eine elektrostatische Bindung zwischen den einzelnen Wassermolekülen. Sie spielt außerdem eine wichtige Rolle in der DNA zur Aufrechterhaltung der Doppel-Helix-Struktur. Abbildung 103: Brandung Bionisches Beispiel: Nilhecht Nilhechte haben ein elektrisches Organ, mit dem sie auf Beutefang gehen. Sie erzeugen ein elektrisches Feld und können Veränderungen in diesem Feld wahrnehmen. Damit orientieren sie sich z.B. in trübem Wasser. <?page no="158"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 154 Abbildung 104: Nilhecht Technisches Beispiel: Beschichtung durch Galvanisieren Beim Galvanisieren wird mit Hilfe von Gleichstrom ein Objekt mit in einem Elektrolyse-Bad mit einer dünnen Metallschicht überzogen. Das Objekt ist am Minuspol angeschlossen und das Beschichtungsmaterial am Pluspol. Beim Anlegen des Gleichstroms lösen sich vom Pluspol Metall Ionen ab, wandern durch das Elektrolytbad und lagern sich allseitig am Minuspol (Objekt) in Form einer dünnen Schicht an. Abbildung 105: Galvanisierte Bad-Armatur <?page no="159"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 155 Magnetismus Im Universum existiert eine Vielzahl von Magnetfeldern. Unsere Erde umgibt ein Magnetfeld, ebenso wie sie eine Atmosphäre besitzt. Zudem gibt es verschiedene Gesteine, welche magnetische Eigenschaften haben. Es handelt sich um eine Kraftwirkung zwischen Magneten und bewegten elektrischen Ladungen. Die Kraft wird über ein Magnetfeld vermittelt. Natürliches Beispiel: Erdmagnetismus Die Erde besitzt ein Magnetfeld, welches sich vom Arktischen Magnetpol zum Antarktischen Magnetpol rundherum erstreckt. Vögel, Meeresschildkröten und weit ziehende Fische können sich mit Hilfe ihres Magnetsinns an diesem Magnetfeld orientieren. Die Honigbiene hat vor dem Hinterleib eine Region, die aus magnetischen Kristallen aufgebaut ist. Damit richten sie ihre Waben nach dem Erdmagnetfeld aus. Technisches Beispiel: Magnetschwebebahn Bei einer Magnetschwebebahn gibt es während der Bewegung keinen Kontakt mit der Schiene, also auch keine Rollreibung. Der Zug schwebt auf einem elektrisch erzeugten Magnetfeld. Abbildung 106: Transrapid Station Shanghai <?page no="160"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 156 Wellenerscheinungen Wellen transportieren zeitlich verändert Energie, jedoch keine Materie durch den Raum. Sie können an Materie gebunden sein (Schall) oder sogar im Vakuum sich ausbreiten wie z.B. dynamische elektromagnetische Felder (Licht). Natürliches Beispiel: Schallwellen in der Luft Schallwellen breiten sich in der Luft, ausgehend von einer Quelle wellenförmig mit einer bestimmten Frequenz aus. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist von der Lufttemperatur und -dichte abhängig. Von 16 Hz bis 20kHz können Menschen sie hören. Technisches Beispiel: Rundfunk Radiowellen sind elektromagnetische Wellen, die sich auch im Vakuum ausbreiten. Sie haben Wellenlängen von 10cm bis 100km und Frequenzen von einigen kHz bis ca. 3 GHz. Sie werden für die drahtlose Übertragung von Sprache oder Musik (Rundfunk) verwendet. Abbildung 107: Radio von 1933 <?page no="161"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 157 Bionisches Beispiel: Sinnesorgan der Grubenotter Diese Schlangen können mit Hilfe ihres Grubenorgans zwischen den Nasenlöchern Wärmestrahlung (elektromagnetische Strahlung im Infrarotbereich) erkennen und somit warmblütige Beutetiere auch bei Nacht aufspüren. Abbildung 108: Grubenotter Bionisches Beispiel: UV-Sehen der Honigbiene Die Honigbiene kann im Gegensatz zu uns Menschen bis in den ultravioletten Bereich (Wellenlängen <380nm) sehen. Verschiedene Blütenblätter sind in diesem Spektrum besonders auffällig gemustert, um den Insekten den Weg ins Zentrum der Blüte, zum Nektar zu erleichtern. <?page no="162"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 158 Abbildung 109: Honigbiene Gravitation Gravitation ist ein Kraftfeld, dass anziehend zwischen Massen (Energie) wirkt. Auf der Erde wirkt sie in Richtung Erdmittelpunkt auf jeden Körper der belebten und unbelebten Natur. Gravitation ist eine Anziehungskraft, die zwischen allen Massen und Energieformen wirkt. Natürliches Beispiel: Erdanziehung Alle Körper auf der Erde werden in Richtung des Massemittelpunktes der Erde angezogen. <?page no="163"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 159 Technisches Beispiel: Klärschlamm bei der Abwasser-Reinigung Klärschlamm fällt bei der Abwasserreinigung an und ist eine Mischung aus Wasser und Feststoffen. Bei den Feststoffen handelt es sich um Schwebstoffe, die sich in der Kläranlage aus dem Wasser absetzen und aufgrund der Erdanziehung zu Boden sinken. Abbildung 110: Kläranlage 7.4.27 P NEUMATIK / H YDRAULIK / S TRÖMUNG Die Eigenschaften von Gasen oder Flüssigkeiten können zur Kraft- und Bewegungsübertragung genutzt werden. Bionisches Beispiel: Turgor (Zellsaftdruck) Als Turgor wird der Flüssigkeitsdruck in der Pflanzenzelle bezeichnet. Er kann bis zu 40bar (20facher Innendruck eines Autoreifens) betragen. Er entsteht durch Osmose. Eine Mimose steuert bei mechanischer Erschütterung über den Turgor ihren Blattbewegungs-Mechanismus. Technisches Beispiel: Gasdruck-Feder Das viskose Gas in dem Zylinder dämpft durch sein träges Strömungsverhalten die axiale Bewegung. Die Klappe lässt sich gedämpft schließen. Technisches Beispiel: Strahlpumpe Mit Hilfe einer Strahlpumpe wird durch ein schnell strömendes Fluid (Flüssigkeit oder Gas) ein Medium angesaugt, beschleunigt oder verdichtet. <?page no="164"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 160 7.4.28 F LEXIBLE H ÜLLEN / F OLIEN Es sind biegsame Hüllen und dünne Folien zu verwenden. Diese können leicht, flexibel und auch sehr fest sein. Bionisches Beispiel: Kehlsack vom Pelikan Der Pelikan hat unter seinem Schnabel einen stark dehnbaren Hautsack, mit dem er wie mit einem Kescher seine Beute großräumig mit Wasser einschaufelt. Danach lässt er das Wasser ausströmen und schluckt die Beute. Abbildung 111: Pelikan <?page no="165"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 161 Technisches Beispiel: Segel Ein klassisches Segel ist aus flexiblem Material (Stoff oder Kunststoff-Folie) hergestellt und dient dem Vortrieb von Schiffen durch Wind. Abbildung 112: Großsegler 7.4.29 P ORÖSE M ATERIALIEN Es sind poröse Werkstoffe zu verwenden oder ein Werkstoff ist porös zu machen. Diese Stoffe sind im Verhältnis zu ihrem Volumen besonders leicht und trotzdem stabil. Bionisches Beispiel: Knochenstruktur von Wirbeltieren Ein Knochen besitzt viele Hohlräume (Poren). Die Porenwände sind so angeordnet, dass sie je nach Belastung ausreichend Festigkeit bieten. Wäre der Knochen vollständig ausgefüllt, würde er sehr schwer sein. <?page no="166"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 162 Abbildung 113: Schädel eines Sauriers Technisches Beispiel: Schaumpolystyrol Dieses Material ist mit Gas aufgeschäumt worden, wobei sich viele kleine Hohlräume gebildet haben. Es wird zur Dämpfung und Isolation verwendet. Abbildung 114: Schaumpolystyrol <?page no="167"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 163 7.4.30 S IGNALGEBUNG / F ARBVERÄNDERUNG / L ICHTREFLEXION / L UMI- NESZENZ / G ERÜCHE Signale können auf verschiedene Arten erzeugt werden. Eine Farbveränderung zeigt z.B. einen neuen Zustand des Objektes an. Sehr weit verbreitet in der Natur ist die Signalgebung durch Gerüche (olfaktorisch). Sie hat mindestens eine genau so starke Bedeutung wie das Sehen oder Hören. In der Technik wird der Geruch als Signal kaum genutzt, da es noch keine zuverlässigen Sensoren gibt. Bionisches Beispiel: Sepia Sepien sind eine Art Tintenfisch. Sie verändern zur Tarnung ihre Hautfarbe und sondern eine Tintenwolke ab, um Fressfeinden zu entkommen. Abbildung 115: Sepien <?page no="168"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 164 Bionisches Beispiel: Zebra Die Streifen vom Zebra sind als Tarnung vor der Tsetse-Fliege evolutionär entstanden. Die Fliegen mit ihren Facettenaugen können das Zebra dadurch nicht erkennen. Deshalb sind die Tiere besser vor der durch die Fliege übertragenen Schlafkrankheit geschützt. Abbildung 116: Zebra Technisches Beispiel: Transparente Verpackungen Transparente Verpackungen ermöglichen dem Käufer die Ware zu sehen, ohne sie auszupacken. <?page no="169"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 165 Abbildung 117: Transparente Verpackung Bionisches Beispiel: Tiefseefische Durch Biolumineszenz locken in der Dunkelheit der Tiefsee einige Tiere ihre Beute oder Sexualpartner an. Diese Tiere produzieren durch chemische Oxidation Energie in Form von Licht. Bionisches Beispiel: Geruchsorgan beim Hund Hunde können millionenfach besser riechen als Menschen. Sie nutzen ihren ausgeprägten Geruchssinn zur Orientierung und Verfolgung von Beutetieren. <?page no="170"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 166 Abbildung 118: Labrador Hund 7.4.31 H OMOGENITÄT Interagierende Objekte sollten aus gleichen bzw. ähnlichen Stoffen sein. Es sollten möglichst genormte Gleichteile verwendet werden. Bionisches Beispiel: Fischschuppen Fischschuppen sind Teile, die in großer Zahl an einem Individuum als auch bei verschieden Arten Verwendung finden. Sie haben sich als „Standard-Bauteile“ evolutionär bewährt. Abbildung 119: Fossiler Knochenfisch <?page no="171"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 167 Technisches Beispiel: Schraubverbindungen aus demselben Material Um Korrosion an einer Schraubverbindung zu vermeiden, sollten Schraube und zu verschraubendes Objekt aus möglichst gleichem Material bestehen. Das edlere Metall würde sonst vom unedleren Metall Elektronen abziehen. (siehe elektrochem. Spannungsreihe) Abbildung 120: Schraubverbindung 7.4.32 B ESEITIGUNG / R EGENERATION / R ECYCLING Objekte, die ihre Funktion erfüllt haben, werden beseitigt oder regeneriert. Bionisches Beispiel: Nachwachsende Gliedmaßen Bei Amphibien und Krebstieren wachsen zumindest im jungen Alter abgetrennte Gliedmaßen nach. Dieser Reparaturmechanismus ist ein evolutionärer Vorteil. Abbildung 121: Krebs <?page no="172"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 168 Technisches Beispiel: Metall als Werkstoff Fast alle Metalle können nach Gebrauch wieder eingeschmolzen und recycelt werden. Das spart Energie im Vergleich zur Herstellung aus den Rohstoffen. Abbildung 122: Teil eines Doppel-T-Trägers aus Stahl 7.4.33 E IGENSCHAFTSÄNDERUNG / M ATERIALWECHSEL / U MWANDLUNG / A GGREGATZUSTAND Verwende ein anderes Material, einen anderen Aggregatzustand oder auch Zwischenzustände. Wandle ein und dasselbe Material in einen anderen Aggregatzustand um. Bionisches Beispiel: Spinnennetz Die Fäden innerhalb eines Spinnennetzes haben unterschiedliche Festigkeiten. Die Sicherungsfäden und die Fäden für das Grundgerüst sind besonders stabil. Die Fäden der Fangspirale sind besonders elastisch und klebrig. <?page no="173"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 169 Abbildung 123: Netz einer Kreuzspinne Technisches Beispiel: Flüssiggas Gas wird durch Druck oder Abkühlung verflüssigt, um es besser speichern und transportieren zu können. Es bekommt somit eine höhere Dichte und ein kleineres Volumen Abbildung 124: Flüssiggasflasche <?page no="174"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 170 7.4.34 P HASENÜBERGANG Beim Phasenübergang treten nutzbare Erscheinungen wie z.B. Volumen- und Temperaturänderungen auf. Bionisches Beispiel: Schwitzen (Verdunstungskühlung) Verdunstung ist der Übergang von einer flüssigen in einen gasförmigen (Dampf) Zustand. Dabei wird dem Körper Wärme entzogen (Kühlung). Hunde regulieren ihre Körpertemperatur über die Verdunstungskühlung auf der Zungenoberfläche und beschleunigen dies durch Luftzufuhr (Hecheln). Abbildung 125: Hund <?page no="175"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 171 Technisches Beispiel: Wärmepumpe Ein expandierendes, flüssiges Gas nimmt Wärme aus der Umgebung auf. Wenn es dann wieder komprimiert wird, gibt es die Wärme an eine Heizung wieder ab. Die zur Kompression benötigte Energie beträgt etwa ein Drittel der erzeugten Wärmeenergie. 7.4.35 W ÄRMEAUSDEHNUNG / - TRANSPORT / - STRAHLUNG Ausnutzen von Dehnung oder Verdichtung verschiedener Materialien bei Wärmezufuhr. Bionisches Beispiel: Australischer Feuerprachtkäfer Dieser Käfer hat Infrarot-Sinnesorgane, bei denen eine Cutikula (Häutchen) durch Wärmedehnung Sinneszellen mechanisch gereizt werden. So kann er einen Brand aus mehreren Kilometern Entfernung wahrnehmen und im Anschluss seine Eier ablegen. Technisches Beispiel: Bimetall Ein Bimetall ist eine Verbindung aus ein 2 Metallen mit unterschiedlicher Wärmeausdehnung. Unter Wärmeeinwirkung verbiegt es sich in Richtung des Metalls mit der geringeren Ausdehnung und betätigt dann z.B. einen Schalter. 7.4.36 S TARKES O XIDATIONSMITTEL Ein Stoff, der Elektronen aufnehmen kann, heißt Oxidationsmittel. In erhöhter Konzentration beschleunigt er die Oxidation während einer chemischen Reaktion. Bionisches Beispiel: Atmung des Menschen Der Mensch benötigt den Sauerstoff aus der Luft für Gewinnung von Bewegungsenergie aus Glukose und Fett in seinem Körper. Dort finden Oxidationen statt, die man bei bestimmten chronischen Krankheiten mit reinem Sauerstoff verbessern kann. <?page no="176"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 172 Technisches Beispiel: Raketentriebwerk Durch Zufuhr von reinem Sauerstoff, wird die Verbrennung und damit die Gasgeschwindigkeit in einem Raketentriebwerk deutlich erhöht. Man erhöht damit den Schub der Rakete. Abbildung 126: Raketenstart Soyus <?page no="177"?> 7.4: Innovative Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) 173 7.4.37 T RÄGES M EDIUM Ein Stoff, der kaum oder gar keine Elektronen aufnehmen kann, heißt inert oder reaktionsträge. Mit diesem Prinzip kann man unerwünschte chemische Reaktionen unterbinden. Bionisches Beispiel: Bärtierchen Bärtierchen können extreme Temperaturen (-243°C; +77°C) und extreme Trockenheit überleben. Sogar im Vakuum des Weltraums haben sie überlebt. Sie schalten dabei für eine bestimmte Zeit ihre Vitalfunktionen ab. Spezielle Enzyme reduzieren dabei den Stoffwechsel (Oxidation) auf null. Technisches Beispiel: Stickstoff in der Lebensmittelverpackung Durch Zufuhr von Stickstoff in gasdichte Lebensmittelverpackungen wird ein Verderben der Lebensmittel gebremst. Der Sauerstoff wird dabei vom Stickstoff aus der Verpackung verdrängt. Abbildung 127: Lebensmittel unter Schutzgas verpackt <?page no="178"?> K AP . 7: L ÖSUNGSORIENTIERTE B IONISCHE Innovations-Methode (LOBIM) 174 7.4.38 V ERBUNDMATERIAL / S TOFFZUSAMMENSETZUNG Es werden Stoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften zu einem neuen Bauteil kombiniert. Bionisches Beispiel: Holzstamm Ein Holzstamm besteht aus miteinander verbundenen Zellulosefasern (tote Zellen), sowie lebenden Zellen und einem Klebstoff. Die Fasern erhöhen die Festigkeit des Stammes. Abbildung 128: Baumscheibe Erle Technisches Beispiel: Sandwich-Flügelprofil Dieser Flügel einer Windkraftanlage ist hohl und je nach Festigkeitsanforderungen aus verschiedenen porösen oder Faserverstärkten Kunststoffen mit Epoxidharzen verklebt. Abbildung 129: Schnitt durch den Flügel eines Windrad <?page no="179"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-P RINZIPIEN IN WICHTIGEN Erfindungen 175 8 A NWENDUNG DER LOBIM-P RINZIPIEN IN WICHTIGEN E RFINDUNGEN „Es gibt mehr Leute, die kapitulieren, als welche, die scheitern.“ Henry Ford, Automobil-Pionier, 1895 In der Vergangenheit wurde eine Vielzahl von Erfindungen sicherlich ohne Wissen dieser Grundprinzipen gemacht. Trotzdem zeigt die folgende willkürliche Auswahl von Lösungen, dass man in allen die Grundprinzipien erkennen kann. Interessanterweise werden in den dargestellten Lösungen oft mehrere Prinzipien verwendet. Ich möchte hiermit für die AnwenderInnen noch einmal darstellen, dass auch im umgekehrten Fall, wenn die Lösung da ist, mit großer Wahrscheinlichkeit mindestens ein LOBIM-Prinzip zur Anwendung kommt. <?page no="180"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-Prinzipien in wichtigen Erfindungen 176 Beispiel Faustkeil • Grundprinzipien: 3/ 6/ 19/ 33/ A/ C/ E/ I Das Prinzip der örtlichen Qualität (3) wurde in Form von extra scharf zugeschlagenen Kanten umgesetzt. Mit diesem Werkzeug konnte man nicht nur schneiden. Es war das sogen. „Schweizer Messer“ der Steinzeit. Mit dem Faustkeil wurde auch geschabt, gebohrt, gegraben usw. (6). Durch periodisches Schlagen wurden Bäume ausgehöhlt oder Knochen geöffnet, um an das nahrhafte Mark zu gelangen (19). Faustkeile wurden aus einem homogenen Material (Flint) gefertigt (33). Irgendwann (ca. 7000 v.Chr.) wurde der Faustkeil mit einem Stiel versehen und zum Hammer bzw. zur Steinaxt zu einem Supersystem weiterentwickelt (C). Sie waren kompromisslos funktionell (A) und wurden ca. 1,3 Mio. Jahre lang nahezu unverändert verwendet. Schritt für Schritt wurde die Funktion perfektioniert (E). Die Form war annähernd symmetrisch (I). Man konnte den Faustkeil beidseitig benutzen. Die technische Evolution verlief vom Stein zum Faustkeil. Aus diesem entstanden Meißel, Hammer und Axt (später aus Metall). Moderne Hochleistungs-Hämmer werden elektrisch oder pneumatisch angetrieben. Abbildung 130: Faustkeil <?page no="181"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-P RINZIPIEN IN WICHTIGEN Erfindungen 177 Beispiel Boot • Grundprinzipien: 1/ 3/ 8/ 14/ 29/ 30/ 33/ 35/ 40/ C/ I Die ersten Boote wurden aus einem ausgehöhlten Baumstamm hergestellt (33).Später bestanden sie aus Holzbrettern, mit Tierhäuten bespannten Gerüsten und wurden z.T. zerlegbar ausgeführt (1).Sie mussten leicht und gleichzeitig stabil gegen den Wasserdruck sein (3).Das Prinzip Auftrieb (8) ist die physikalische Grundlage für die Funktion eine Bootes. Bootsrümpfe sind gekrümmt, um den Wellenwiderstand zu verringern (14).Manche, wie z.B. Schlauchboote bestehen aus flexiblen Folien (30).Die Oberflächenreibung sollte am Rumpf, der Kontaktfläche mit dem Wasser möglichst gering sein. Deshalb sind Bootsrümpfe außen sehr glatt (3).Kleine Boote aus Kunststoff sind mit Glasfasern verstärkt und somit in Verbundbauweise hergestellt (40). Wenn Boote größer gebaut werden, steigt neben dem Gewicht auch das Volumen und somit der notwendige Auftrieb. Im Frontalquerschnitt (Spanten) sind Boote symmetrisch aufgebaut (I). Containerschiffe, welche einen großen Teil des Transportes auf den Weltmeeren abwickeln, sind u.a. in ihrer Größe limitiert, weil es für Schiffe keine effektiven Bremsen gibt. In der Entwicklung der Schifffahrt kam es mehrere male zum Übergang in das Supersystem (C)(Ruder, Segel, Dampfmaschine, Dieselantrieb, Atomreaktorantrieb). Der Bugsporn ist ein Nasen-förmiger Auswuchs am Schiffsbug, der den Wellenwiderstand und somit den Kraftstoffverbrauch senkt (29). Schiffe entwickelten sich vom Einbaum zum Plankenboot (mit Häuten, Holz, später aus Stahl). Tragflächen- und Luftkissenboote sind aktuelle Weiterentwicklungen (35). Abbildung 131: Boot im Hafen <?page no="182"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-Prinzipien in wichtigen Erfindungen 178 Beispiel Schraube • 4/ 5/ 13/ 14/ 15/ 20/ D Die Wirkung einer Schraube als Verbindungselement beruht auf dem Prinzip der geneigten Ebene bzw. des Keils (4). Schraubverbindungen werden über ein Vorspannmoment verschraubt. Die Haftreibung an der Gewindesteigung des Außengewindes führt zum Klemmen mit dem Innengewinde der Mutter (5). Durch Rotation kann sie sich sowohl selbst, als auch ihr Gegenstück (Mutter) axial bewegen (13). Die spiralförmigen Gewindegänge können große Kräfte übertragen (14). Sie wandeln Rotation in axiale Bewegung (15). Die Archimedische Schraube kann kontinuierlich z.B. Schüttgut (Sand) oder Flüssigkeiten transportieren (20). Selbstschneidende Schrauben haben die Funktion des Gewindeschneiders überflüssig gemacht. Sie erreichten damit eine höhere, evolutionäre Qualität (D). Die Schraube entwickelte sich von der Holzbauform zur Metallschraube. Anfangs mussten Schraube und Mutter individuell zueinander passend gefertigt werden (Ritter-Rüstungen). Mit Erfindung der mechanischen Drehbank konnten Schrauben in großer Stückzahl mit genormten Gewinden, Längen und Köpfen hergestellt werden. Innovationen gibt es immer wieder bei den Schraubenköpfen. Sie werden den gewünschten Anwendungen immer besser angepasst (6-kt-Schrauben, Kreuzschlitz- Schrauben, Torx-Schrauben, usw.). Abbildung 132: Archimedische Schraube zur Wasserförderung <?page no="183"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-P RINZIPIEN IN WICHTIGEN Erfindungen 179 Beispiel Windmühle • 1/ 4/ 8/ 20/ 25/ 40/ B/ G Bei der Windmühle wurde der Antrieb in Segmente (Rotorblätter) zerlegt (1). Diese sind zur Windrichtung schräg gestellt bzw. geneigt und nutzen somit die Querkomponente des Winddruckes (4). Moderne Windgeneratoren nutzen zusätzlich durch ihr Flügelprofil den entstehenden Auftrieb (8). Bei gleichmäßigem Wind findet eine kontinuierliche Rotation des Mahlwerkes statt (20). Die amerikanischen Windräder (zum Wasser pumpen) drehen sich mit ihrer Fahne selbständig immer in die beste Position (25). Die Rotorblätter heutiger Windgeneratoren sind aus Festigkeits- und Gewichtsgründen aus Verbundmaterial gefertigt (40). Moderne Windräder drehen bei überhöhter Windgeschwindigkeit selbständig ihre Rotorblätter aus dem Wind, um Beschädigungen zu vermeiden (B). Da Wind eine Folge unterschiedlicher Temperaturen auf der Erdoberfläche ist, haben wir es hier mit einer indirekten Nutzung von Sonnenenergie zu tun (G). Die ersten Windräder stammen aus Persien, hatten eine vertikale Achse und wurden zum Mahlen von Getreide benutzt. Sie bestanden aus Holz und waren teilweise mit Gewebe bespannt. Die Rotorblätter standen parallel zur Achse, wie bei einem alten Wasserrad. Später entdeckte man, dass schräg angestellte Rotorblätter, die radial zu einer waagerechten Achse verlaufen, effektiver sind (Vortriebsläufer). Heutige Windräder dienen zur Stromerzeugung, sind sogen. Auftriebsläufer und bestehen aus Verbund-Kunststoff. Abbildung 133: Bockwindmühle <?page no="184"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-Prinzipien in wichtigen Erfindungen 180 Beispiel Rakete • 1/ 2/ 28/ 34/ 35/ 38/ C Trägerraketen für Weltraummissionen bestehen aus Segmenten (1), die nach Gebrauch abgetrennt (2) werden. Sie arbeiten nach dem Rückstoßprinzip, wobei der Impuls einer beschleunigten Gasmasse verwendet wird (28). Die abgetrennten Treibstoffbehälter werden in der Regel wiederverwendet (34). Der Treibstoff ist zunächst in flüssigem oder festem Zustand und wird dann zu Gas verbrannt (35). Es wird zur besseren Verbrennung Sauerstoff als Oxydationsmittel (38) verwendet. Das Space Shuttle stellt eine Kombination aus Flugzeug und Rakete dar (C). Die ersten Raketen im alten China (13. Jahrhundert) wurden mit Feststoff betrieben. Der Entwicklungstrend ging zum Flüssigkeits-Treibstoff. Abbildung 134: Sowjetische Rakete <?page no="185"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-P RINZIPIEN IN WICHTIGEN Erfindungen 181 Beispiel Dampfmaschine • 15/ 23/ 28/ 36/ 37/ B/ C/ G Die Dampfmaschine wandelt Wärmeenergie in mechanische Bewegung um (15). Dabei wird das Dampfventil mittels eines Fliehkraftreglers über die Drehzahl geregelt (23) (B). Mechanische Kraft wird durch Dampfkraft ersetzt (28). Wasser wird dabei vom flüssigen in den gasförmigen Zustand gebracht (36). Die Expansion des heißen Gases bewegt einen Kolben (37). Eine Lokomotive ist eine mobile Dampfmaschine, welche sich selbst und die angehängte Last zieht (C). Das Kesselwasser wird mit Kohle oder anderen fossilen Brennstoffen erhitzt. Es handelt sich um Biomasse, die mit Hilfe der Sonnenenergie entstanden ist (G). Die Entwicklung der Dampfmaschine vollzog sich zu immer höheren Temperaturen und Drücken. Von einem anfänglichen Wirkungsgrad bei 0,5% stieg dieser dadurch auf letztendlich 16 %. Sie sind heute weitgehend von Verbrennungsmotoren abgelöst wurden (Wirkungsgrad 30 - 40 %). Abbildung 135: Dampfmaschine der Fa. Borsig um 1840 <?page no="186"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-Prinzipien in wichtigen Erfindungen 182 Beispiel elektrische Batterie oder Akkumulator • 1/ 14/ 24/ 27/ 28/ 31/ 34/ B/ G Eine Batterie ist meist aus mehreren, zusammengeschlossenen Zellen aufgebaut (1). Manchmal sind die Elektroden einer Zelle aus Platzgründen spiralförmig aufgewickelt (Monozelle) (14). Der Elektrolyt zwischen den Elektroden dient als Vermittler (24). Es gibt Zellen, die nach Entladung unbrauchbar sind (27). Eine elektrische Batterie kann elektrische Energie chemisch speichern. Diese elektrische Energie kann bei Bedarf mechanische Energie ersetzen (28). In Blei-Akkumulatoren werden zwischen den Elektroden sogenannte Scheider aus porösem Material verwendet (31). Akkumulatoren sind wieder aufladbare elektrische Batterien (34). In Blei-Akkumulatoren wird beim Aufladen Bleisulfat in Wasser gelöst. Wenn das vorhandene Bleisulfat vollständig gelöst ist, findet kein weiteres Aufladen mehr statt (B). Man versucht möglichst viel Kapazität auf kleinem Raum zu speichern (G). Die immer engere Packdichte führt zu Problemen bei der Wärmeabfuhr (B). Der Entwicklungstrend geht klar in Richtung Verkleinerung und Kapazitätssteigerung. Flüssiges Elektrolyt wird zunehmend durch festes oder gelförmiges ersetzt. Abbildung 136: Blei-Akkumulator <?page no="187"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-P RINZIPIEN IN WICHTIGEN Erfindungen 183 Beispiel Fotoapparat • 6/ 7/ 15/ 26/ 27/ 30/ 32/ D/ G In modernen Fotoapparaten sind verschiedene Funktionen integriert (Objektiv, Film, Blitz) (6). Zoom Objektive sind heute in der Regel teleskopierbar (7). Sie werden dynamisch aus- und eingefahren (15). Mit Hilfe dieses Apparates kann eine Kopie der momentanen Realität angefertigt werden (26). Es gibt Einweg-Fotoapparate, die mit dem Film zusammen zum Entwickeln abgegeben werden (27). Ein Film ist aus einer flexiblen Folie hergestellt (30). Er ist lichtempfindlich (32). Mit dem Übergang vom Fotoapparat zur Film-Kamera vollzog sich ein Qualitätssprung (D). Fotoapparate wurden im Laufe der Zeit immer kleiner (G). Die Evolution vollzog sich entlang des Materials vom Bildträger. Zuerst waren Glasplatten die Bildträger, dann flexible, aufrollbare Folien, bis schließlich heute die Bilder digital gespeichert werden. Abbildung 137: Reisekamera um 1916 <?page no="188"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-Prinzipien in wichtigen Erfindungen 184 Beispiel Television • 1/ 15/ 17/ 19/ 21/ 26/ 28/ G Bei der Television werden Bilder zeilenweise abgetastet und in elektrische Signale umgewandelt (1). Das Abtasten erfolgt periodisch (19). In der Bildröhre wird ein Strahl durch elektromagnetische Felder abgelenkt, woraus dann wieder zeilenweise ein Bild auf einer beschichteten Scheibe entsteht (28). Durch schnell hintereinander projizierte Einzelbilder entsteht der visuelle Eindruck einer Bewegung (21). Ein Fernsehbild ist eine Kopie der Realität (26). Im Wesentlichen gibt es kaum mechanische Komponenten (28). Die Television funktioniert nur mit elektrischer Energie (28). Tragbare (15) und kleine, flache Geräte (G) gehören heute zum Alltag. Die Entwicklung erfolgt von Schwarz/ Weiß-Bildern beginnend zum Farbfernsehen. Heute gibt es bereits 3-dimensionale Bilder (17) in sehr hoher Auflösung. Aus den voluminösen Röhren-Geräten wurden Flachbildschirme. Abbildung 138: Fernseher um 1950 <?page no="189"?> K AP . 8: A NWENDUNG DER LOBIM-P RINZIPIEN IN WICHTIGEN Erfindungen 185 Beispiel Flugzeug • 4/ 8/ 14/ 15/ 17/ 29/ 40/ G/ I Ein Flugzeug hebt vom Boden ab, weil es den dynamischen Auftrieb nutzt (8).Die Tragflächen können erst Auftrieb erzeugen, wenn sie an Ober- und Unterseite unterschiedlich (4) stark gekrümmt sind (14). Es gibt verschiedene Teile am Flugzeug, die dynamisch während des Fluges einstellbar sind (Höhen- und Seitenleitwerk, Landeklappen, Schwenkflügel) (15). Ein Flugzeug ermöglichte erstmals Reisen in einer anderen Dimension (Luft) (17). Beim Fliegen muss man auf Luftströmungen, Verwirbelungen und Wirbelablösungen achten (29). Rumpfteile müssen verwindungssteif und leicht sein. Deshalb werden sie in Sandwich- Verbundbauweise hergestellt (40). Ein Flugzeug ist bezüglich der Längsachse symmetrisch aufgebaut (I). Insbesondere Segelflugzeuge nutzen indirekt die Sonnenenergie als Thermik für den Auftrieb (G). Die Evolution des Flugzeuges begann beim antriebslosen Segelflugzeug. Danach wurden Verbrennungsmotoren mit Luftschrauben zum Vortrieb genutzt. Um die Geschwindigkeit und Effizienz zu steigern erfand man den Antrieb durch Gasturbinen. Aus dem Flugzeug entwickelte sich der Hubschrauber durch Dynamisierung (Rotation) (15) der Auftriebsflächen. Neueste Flugzeuge sind unbemannt (Drohnen) und werden über Funk gesteuert. Abbildung 139: Junkers Ju 52 <?page no="190"?> K AP . 9: A BLAUF EINES LOBIM - Workshops 186 9 A BLAUF EINES LOBIM - W ORKSHOPS „Das Problem zu erkennen ist wichtiger, als die Lösung zu erkennen, denn die genaue Darstellung des Problems führt zur Lösung.“ Albert Einstein (1879 - 1955) Die Methode LOBIM spricht anhand einer konkreten Frage das divergente Denken der Workshop-TeilnehmerInnen an. Es geht darum, mit Hilfe der Innovativen Grundprinzipien möglichst viele gute Ideen und Visionen zu generieren. Aus der Vision werden im Anschluss konkrete Lösungen erarbeitet. Vorgehensweise 1. Frage formulieren Zunächst wird möglichst präzise die Grundfrage formuliert, die das Problem am treffendsten beschreibt. Dazu hilft es, sich die Frage nach dem Ideal zu stellen: Ideal ist ein Gerät oder System, wenn es zuverlässig genau das macht, was man erwartet. Man kann nichts hinzufügen und nichts wegnehmen. Alle überflüssigen Teile und Funktionen müssen reduziert werden. 2. Verinnerlichen der LOBIM-Einstellung Dann sollten die TeilnehmerInnen sich im „Kopf freimachen“ und die folgende innere Einstellung einnehmen. Vage Ahnungen zulassen und pflegen Zufällige Verknüpfungen zulassen Zweckentfremdung zulassen und ausprobieren Fehler zulassen und auswerten <?page no="191"?> K AP . 9: A BLAUF EINES LOBIM - W ORKSHOPS 187 3. Inspiration durch Sammeln von Informationen I. Angrenzende Möglichkeiten nutzen Durch Benchmark (Internet, Kataloge, Messen, Einkauf) und Patentrecherche (Internet, Patentamt) kann man einen Überblick über den aktuellen Stand der Technik gewinnen. Dabei werden oft auch schon naheliegende Lösungen von selbst sichtbar. II. Flexible Netzwerke und offene Plattformen nutzen Literatur- und Internet-Recherche nach wissenschaftlichen Beiträgen zum Thema vertiefen das Problemverständnis und lassen ebenfalls schon Lösungen sichtbar werden. 4. Inspiration durch Anwendung der LOBIM-Werkzeuge Dann ist es notwendig, dass die Teilnehmer zunächst die Innovativen Grundprinzipien anhand von Beispielen aus Natur und Technik verstehen lernen. Der Moderator erklärt die Prinzipien nacheinander. Die TeilnehmerInnen versuchen in den Flow zu kommen und notieren ihre aufkommenden Ideen. Dazu kann leise klassische Musik (z.B. Bach) hilfreich sein. Jeder Teilnehmer entwickelt für sich selbst seine kreativen Gedanken und schreibt oder zeichnet seine Ideen auf. Es werden möglichst viele, kreative Ideen erzeugt. Die 48 (10 + 38) LOBIM-Prinzipien werden nacheinander gedanklich nach Lösungsmöglichkeiten untersucht. I. Die 10 Evolutionsprinzipien (Werkzeug 1) Zuerst sollte man versuchen, mit Hilfe der Evolutionsprinzipien Lösungen zu finden, welche die Problemfrage im Systemzusammenhang beantworten könnten. Dazu betrachtet man nacheinander alle 10 Prinzipien und versucht sie auf das Problem zu übertragen. Der Moderator erklärt und die TeilnehmerInnen schreiben oder skizzieren ihre Ideen auf. - Nicht bewerten! <?page no="192"?> K AP . 9: A BLAUF EINES LOBIM - Workshops 188 II. Die 38 Erfinderische - Grundprinzipien nach LOBIM (Werkzeug 2) Jetzt versuchen die TeilnehmerInnen mit Hilfe der Grundprinzipien Detaillösungen zu erarbeiten. Nach diesem Verfahrensabschnitt ist erfahrungsgemäß die Ausbeute an innovativen Ideen schon relativ groß. Die TeilnehmerInnen haben ihren eigenen Ideen-Vorrat in der Regel erschöpft. Hier sollte man eine Pause machen und im Anschluss die Methode wechseln. 5. Varianten erzeugen Hier kann mit der 6-3-5-Methode (Kap.6.3) erreicht werden, dass sich die TeilnehmerInnen gegenseitig inspirieren. 6-3-5 Methode Es werden von jedem Teilnehmer 3 Ideen aus dem Bauch heraus ausgewählt, erklärend vorgetragen und in Form einer dreispaltigen Tabelle in die oberste Zeile geschrieben. Danach wird die Tabelle dem Nachbarn weitergereicht und von ihm unter jeder Idee mit Varianten oder Ergänzungen versehen. Das macht man bis die „Reihe rum“ ist. (Man geht aus Zeitgründen von nicht mehr als 6 Teilnehmern aus, die für jeden „Zug“ nur 5 Minuten benötigen, ist aber nicht zwingend.) Dann, wenn noch ausreichend Zeit zur Verfügung steht, versuche ich mit Hilfe der LOBIM-Kataloge noch die restliche Inspiration aus den TeilnehmerInnen herauszulocken. Arbeiten mit den LOBIM-Katalogen Man ordnet alle gefundenen Lösungen nach den verwendeten LOBIM- Prinzipien. Im Anschluss sucht man in den Katalog-Spalten der Prinzipien weitere Beispiele, die als Lösungsvorschlag dienen können. In den LOBIM-Lösungs-Katalogen sind weitere Beispiele für konkrete Lösungen der abstrakten Grundprinzipien aus Natur, Technik und Gesellschaft zu finden. Es gibt dazu folgende Einzelkataloge: 1. Katalog - System Natur 2. Katalog - System Technik und Gesellschaft 3. Katalog - Bionik 4. Katalog - Technik 5. Katalog - Physikalische und Chemische Effekte <?page no="193"?> K AP . 9: A BLAUF EINES LOBIM - W ORKSHOPS 189 Abbildung 140: Lösungs-Katalog - System Die LOBIM-Methode kann in Workshops mit einer beliebigen Anzahl von Personen durchgeführt oder auch von einer Person in Selbstarbeit angewendet werden. In Workshops findet während der Inspirationsphase keine Diskussion oder Bewertung statt. Ausnahme ist lediglich Schritt 1, wenn die Fragestellung gemeinsam formuliert wird. <?page no="194"?> <Literaturverzeichnis 190 L ITERATURVERZEICHNIS Albrecht, Peter Dr. 2008. Geniale Erfindungen Vom Dosenöffner zum Internet. Fränkisch-Crumbach : Sammüller Kreativ GmbH, 2008. Bachler, Elke Barbara. 2007. The Evolution of Innovation - TRIZ Trends and Bionics. München : Grin Verlag Gmbh, 2007. Boos, Evelyn. 2011. Das große Buch der Kreativitäts-Techniken. München : Compact Verlag GmbH, 2011. Csikszentmihalyi, Mihaly. 1999. Kreativität. Stuttgart : Klett-Cotta, 1999. Dawkins, Richard. 2014. Das egoistische Gen. Heidelberg : Springer Spektrum, 2014. Deutsches Patent- und Markenamt. Oktober 2013. Patente - Info-Broschüre zum Patentschutz. München : Deutsches Patent- und Markenamt, Oktober 2013. Diamond, Jared. 2007. Arm und reich. Frankfurt am Main : S.Fischer Verlag GmbH, 2007. Dunlop, John Boyd. 1925. The history of the pneumatic tyre. s.l. : A.Thom & Co., 1925. Festo AG & Co.KG. 2011. Smard Bird. Esslingen : Firmen-Broschüre, 2011. Fleck, Michael und Huckfeldt, Hartwig. 1993. Menschen, Mächte und Motoren. Brilon : Verlag Walter Podszun, 1993. Freud, Sigmund. 1907. Zur Psychopathologie des Alltagslebens: Über Vergessen, Versprechen, Vergreifen, Aberglaube und Irrtum. Berlin : Verlag von S. Karger, 1907. Fritz, Martin. 2007. Die Potentialanlalyse einer Methodenkopplung von TRIZ und Bionik. München : Grin Verlag Gmbh, 2007. GEO kompakt, Nr.18. 18/ 2009. Die 100 wichtigsten Erfindungen. Hamburg : Gruner & Jahr AG, 18/ 2009. Günther, Hans Jochen. 2014. TRIZ und Bionik. Düsseldorf : Symposion, 2014. Hammelmann, Küntzel Karolin. 2010. 111 mal Wissen, Entdecker und Erfinder. München : Compact Verlag, 2010. Hentschel, Claudia, Gundlach, Carsten und Nähler, Horst Thomas. 2010. TRIZ - Innovation mit System. München : Carl Hanser Verlag, 2010. <?page no="195"?> <Literaturverzeichnis 191 Hill, Bernd. 1999. Naturorientierte Lösungsfindung. Renningen-Malmsheim : expert- Verlag, 1999. Hüther, Gerald. 2011. Die Macht der inneren Bilder. Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht, 2011. Johnson, Steven. 2013. Wo gute Ideen herkommen. s.l. : SCOVENTA Verlagsgesellschaft mbH, 2013. Junker, Thomas. 2011. Die 101 wichtigsten Fragen Evolution. München : C.H.Beck- Verlag, 2011. Kast, Bas. 2007. Wie der Bauch dem Kopf beim Denken hilft. Frankfurt am Main : S.Fischer Verlag, 2007. Klein, Bernd. 2002. TRIZ/ TIPS Methodik des erfinderischen Problemlösens. München : Oldenbourg Verlag, 2002. Kommissarov, Sergey. 2002. Russia's Ekranoplans. 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Renningen : Expert Verlag, 2016. <?page no="197"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 193 A NHANG : A RBEIT MIT DEM LOBIM-K ATALOG ANHAND VON B EISPIELEN In den folgenden Beispielen wird die Arbeit mit den Lösungs-Katalogen dargestellt. Die Grundprinzipien wurden bereits in der Inspirationsphase ermittelt. Die Spalten mit den Grundprinzipien wurden in den verschiedenen Katalogen durchgesehen und die Ideen auf der rechten Blatthälfte vermerkt. Im Anschluss wurden die Ideen in einer Bewertungsmatrix mit Punkten von 1 bis 10 versehen (je höher, desto besser) und entsprechend ausgewählt. Dabei wurde festgestellt, dass es noch offene Fragestellungen gibt. Mit diesen wurde dann genau so verfahren, wie mit der ersten Frage. Nach 3 Iterationen war das neue, patentreife Verfahren ausreichend beschrieben. Beispiel Vakuumfaltung Pat.-Nr.: DE102004056128A1 Abbildung 141: Deckblatt Offenlegungsschrift zum Patent Vakuumfaltung Die Idee der Vakuumfaltung entstand, wie so oft aus einer Not heraus. Um einen Airbag mit einem gefüllten Volumen von bis zu 64 Liter Gas in einem Lenkrad unterzubringen, muss er sehr stark gepresst werden. Design und elektronische Schalter im <?page no="198"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 194 Lenkrad führten zu immer engeren zur Verfügung stehenden Bauräumen. Es wurden deshalb die Presskräfte immer weiter erhöht. Es wurden immer größere und stärkere Presszylinder verwendet bis die physikalischen Grenzen erreicht wurden. Frage 1: Welche alternativen Möglichkeiten gibt es, Packvolumen zu reduzieren? Grundprinzipien aus Inspirationsphase bereits im Vorfeld ermittelt: • D - Qualitätssprünge • A - Funktionsorientierung • 1 - Zerlegung / Segmentierung • 2 - Abtrennung / Isolierung • 6 - Universalität • 7 - Verschachtelung • 11 - Funktionsumkehr • 12 - Krümmung / Kugelähnlichkeit • 33 - Eigenschaftsänderung / Materialwechsel • 35 - Wärmeausdehnung Die im Excel-Katalog vorhandenen Lösungsbeispiele für die relevanten Grundprinzipien werden sequentiell betrachtet, um weitere Inspirationen zu erhalten. <?page no="199"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 195 Weitere Lösungsvorschläge erarbeiten: Katalog - System Natur Die Inspirationen dazu sind in den Kästchen auf der rechten Blatthälfte zu sehen. Beispiele zu A - Funktionsorientierung: Evolution 1. Andere Rückhaltesysteme Walfischflossen Weitere Lösung erarbeiten: Katalog - Bionik Beispiele zu 1 - Zerlegung / Segmentierung: Acetobacter xylinium Bakterien Bruchweide Kürbissamen Attelabus nitens Deporaus betulae Springspinne Auge 2. Biegsame Stiele zur Rückhaltung Holzwespe Legebohrer Temnostoma vespiforme Larve Bohrplatte Hamster Gebiss Schiffshalter Saugscheibe Vieraugenfisch waagerechtes Auge 3. Viele Bälle als Airbag Dialommus senkrechtes Auge Mensch Wirbelsäule Wurzelfüßer Gehäuse Mensch Oberschenkelknochen Seeigel Kalkschale Wegerich Blatt Strangfasern <?page no="200"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 196 Beispiele zu 6 - Universalität: Kokosnuss Schmeißfliege Menschliche Hände Haut 4. Kappe als Haut aufblasbar Fell Gefieder Kürbissamen Schlange Bauchschilder Insekten - Fühler Diplocaulus Kopf Gartenkreuzspinne Radnetz Beispiele zu 7 - Verschachtelung: Schildkrötenhals 5. Teleskopfaltung Kellerassel (Plattenpanzer) Gürteltier Fledermausohren Ohrwurm-Flügel Schlangenkörper Nachtschwalbe Attelabus nitens Deporaus betulae Diplopoden Faltenwespe Flügel Wanderheuschrecke Flügel Maikäfer Flügel Schabe Flügel Citrusfrüchte Fruchtkammern Säugetierlunge Termiten Nest Wespe Nest Capside Stechborstenbündel <?page no="201"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 197 Beispiele zu 11 - Funktionsumkehr: Spinnennetz 6. Aufblasen einer elastischen Membran Fallen Beispiele zu 12 - Krümmung / Kugelähnlichkeit: Aptenodytes forsteri (Kaiserpinguin) Kugelfisch Früchte Bakterien Pilze Löwenzahn Blütenstand mit Früchten Schmetterlingsrüssel Wurmfarn Wedel 7. Rollfaltung Specht Zunge Rinderwanze Stechborsten aufgerollt Weinbergschnecke Haus Sonnenblume Fruchtstand Wurzelfüßer Gehäuse Herzmuschel Schale Mensch Fußskelett Steinkoralle Kalkskelett Torfmoos Blatt Diatomeen Schale Insekten Tracheen Holz Faserstruktur Schnecken Pinguin Kugelform <?page no="202"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 198 Beispiele zu 33 - Eigenschaftsänderung / Materialwechsel: Baumwolle Biene Blaue Schmeißfliege Flügelverspannung Dinoflagellate Mineralisation 8. Gummiblase, welche erstarrt Meerohr Haftfuß Trematomus nicolai Frostschutz Vertebraten Wirbeltiere Spinndrüse Seidenspinne Schlange Bauchschilder Röhrenaal Röhre Zuckerrohr Stengelknoten Lotusblume Blattoberfläche Noppen Wachs Kannenpflanze Wachsplättchen brechen ab Gliederfüßer Hautskelett Honigbiene Tarsalglied Odinshühnchen Tropfentechnik Sandskink Moose statische Oberfläche Delfin Haut Hornschicht Bienen Flattern dient im Stock als Heizung im Winter Stenocara-Käfer Wasserkondensation Buschhuhn Sonnenenergie Karettschildkröte Sonnenenergie Blatt Chlorophyll Sonnenenergie Beispiele zu 35 - Wärmeausdehnung: Feuerkäfer Melanophila 9. Bügeln Melanophila acuminata Klapperschlange Grubenorgan Weitere Lösung erarbeiten: Katalog - Technik <?page no="203"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 199 Beispiele zu 1 - Zerlegung / Segmentierung: PC-Komponenten Großprojekt in Teilprojekte Baukastenmöbel Waggons eines Zuges Jalousie 10. Wechselfalten Polymaran Beispiele zu 2 - Abtrennung / Isolierung: Lärmende Teile in den Außenbereich (Klimaanlage) Hundegebell als Alarmanlage Ferngesteuertes Flugzeug mit Mikrowellen gespeist Vogelschreie auf Flughäfen Ballast abwerfen Evakuieren 11. Vakuum Weitere Lösung erarbeiten: Katalog - Physikalische und chemische Effekte Beispiele zu 1 - Zerlegung / Segmentierung: Elektrische Entladungen Eletrohydraulischer Effekt Resonanzschwingungen 12. Freiräume durch Vibration schließen Ultraschall Kavitation Induzierte Strahlung, Laser Explosion, Sprengstoffe Hohlladung Elektr. Und magn. Separierung Dichteänderung in magn. Flüssigkeiten Zentrifugalkräfte 13. Freiräume durch Schleudern schließen Sorption Diffusion 14. Diffusionslöcher in der Silikonschicht Osmose <?page no="204"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 200 Beispiele zu 7 - Verschachtelung: Verschachtelung von Spiralen telescopierbare Spiralbänder Faltstrukturen 15. Platzsparende Faltung - Leporello Bewertung der Lösungsvorschläge Kosten gering Nutzen hoch Akzeptanz hoch Summe 1. Andere Rückhaltesysteme mit gleicher Funktion 1 5 1 7 2. Biegsame Stiele zur Rückhaltung 1 5 1 7 3. Viele Bälle als Airbag 3 5 3 11 4. Kappe als Haut aufblasbar 3 10 3 16 5. Teleskopfaltung 5 3 10 18 6. Aufblasen einer elastischen Membran 3 10 3 16 7. Rollfaltung 5 3 10 18 8. Gummiblase, welche erstarrt 3 10 3 16 9. Bügeln 5 6 8 19 10. Wechselfalten 6 3 10 19 11. Vakuum 3 8 8 19 12. Freiräume durch Vibration schließen 5 4 10 19 13. Freiräume durch Schleudern schließen 5 4 10 19 14. Diffusionslöcher in der Silikonschicht 6 5 8 19 15. Platzsparende Faltung - Leporello 6 3 10 19 Punkte: 1 - 10; je höher, desto bessere Bewertung <?page no="205"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 201 Lösungsvorschlag 11: Aus dem IGP 2 und den dazugehörigen physikalischen Effekten entstand die Idee, die Luft zu isolieren und mit Hilfe einer Vakuumpumpe abzusaugen. Das berechnete Packvolumen aus dem reinen Luftsackgewebe (Volumen=Masse/ Dichte von PA6.6) war deutlich geringer, als das was wir mit den stärksten Packzylindern erreichen konnten. Zudem sprang beim Lösen der Kraft das Packet oft wieder auf. Es entstand der Gedanke, dass nicht nur das Luftsackgewebe für die Verpackung relevant ist. Durch Auftrennung in die Einzelkomponenten wurde deutlich, dass Luft auch ein nicht unwesentlicher Teil der Verpackung ist. Wir versuchten ständig eine nicht geringe Menge Luft zu komprimieren, die nicht schnell genug entweichen konnte. Es ist, als wenn man versucht, möglichst schnell eine Luftmatratze zusammenzufalten. Bewertung Lösungsvorschlag 11: Obwohl mehrere Vorschläge die hohe Summe von 19 erhielten, fiel die Auswahl auf den Vorschlag 11, weil Nutzen und Akzeptanz relativ hoch waren. Durch Versuche wurde eine maximal mögliche Packvolumenreduktion von bis zu 50% ermittelt. Ein Wert, der nur durch eine dehnbare Folie (Luftballon) zu überbieten ist. Die Akzeptanz wurde deshalb hoch eingeschätzt, weil weder die Faltung, noch das Luftsackmaterial verändert wurden. Wie hoch die nötigen Investitionen sind, war kaum abzuschätzen und deshalb wurden die Kosten eher konservativ bewertet. Weiter offene Fragestellung Die Lösung war aber noch nicht komplett. Es galt noch ein weiteres Problem zu lösen. Die Luft, welche abgesaugt wurde, strömte ständig nach. Es gab zu viele Öffnungen im Luftsack, wie z.B. Nahtstiche, Gas-Einfüllbereich und Ventilationsöffnungen. Das reduzierte Packet behielt seine Form nicht, sondern „blühte“ sofort wieder auf. <?page no="206"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 202 Frage 2: Wie ist es möglich, ein Nachströmen der Luft zu vermeiden? Grundprinzipien aus Inspirationsphase bereits im Vorfeld ermittelt: • 2 - Abtrennung / Isolierung • 5 - Kleben • 6 - Universalität • 7 - Verschachtelung • 13 - Dynamisierung • 14 - Partielle oder überschüssige Wirkung • 18 - Kontinuität der Prozesse • 19 - Überspringen / Durcheilen • 28 - Flexible Hüllen und Folien • 35 - Wärmeausdehnung • 36 - Starkes Oxidationsmittel Weitere Lösung erarbeiten: Katalog - Bionik Beispiele zu 2 - Abtrennung / Isolierung: Blattschneiderameise Gartenschnecke Mundwerkzeuge Schnecke Stenoglosse Radula Schnecke Reibplatte Schnecke Fächerzunge Wiederkäuer Kauorgan Holzwespe Legebohrer 1. mit Papier / Folie / Stoff umhüllen Delfin Haut Hornschicht Biber <?page no="207"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 203 Beispiele zu 5 - Kleben: Ascidien 2. nach dem Vakuum, Paket verkleben Bärtierchen Bauchhärling Blattschneiderameise Botrylloides Braunalge Brauntang Chlorella Diatomeen Dionaea muscipula Drosera Entenmuschel Fettkraut Fisch Fliege Fruchtfliege Drosophila Fucus Furnarius Rufus Gliedertiere Haliotis Hundertfüssler Krebstier Makroalge Miesmuschel Byssusfäden Molluske Muschel Mytilus edulis Nacktschnecke Orchidee Pinguicula Podostomaceen Schnecke Schwalbe <?page no="208"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 204 Seeohr Seepocke Sonnentau Spinne Tausendfüßler Termiten Töpfervogel Venusfliegenfalle Vogelmilbe Nepidae Druckknopfarretierung Gartenkreuzspinne Radnetz Gelbrandlarve Mundhöhlenverschluß Lachesiella pedicularia Flügelkopplung Schmetterling Verbindung Flügel Honigbiene Verbindung Flügel 3. mit Wachs versiegeln Heteroptera Flügelkopplung Insektenorgane Kopplung Boraginaceen Fruchtwand Widerhaken Fruchtknoten Pollen Klette Gecko Heften Furchenschwimmer Saugvorrichtung Tintenfisch Saugnapf Neunauge Rundmaul Pipterenlarven Umklammern Stengel Japyx solifugus Klammern Monogenoidea Klemmen Mücken Hinterleibenden zur Begattung Milbe Klammerorgan Bienenlaus Klammerfuß Honigbiene Antennenputzapparat Flußkrebs Schere Dryinidenweibchen Klemmung <?page no="209"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 205 Beispiele zu 6 - Universalität: Kokusnuss Schmeißfliege Menschliche Hände Haut Fell Gefieder Kürbissamen Schlange Bauchschilder Insekten - Fühler Diplocaulus Kopf Gartenkreuzspinne Radnetz 4. mit Netz umhüllen Beispiele zu 7 - Verschachtelung: Schildkrötenhals 5. Luftsackgewebe straff überstülpen Kellerassel (Plattenpanzer) Gürteltier Fledermausohren Ohrwurm-Flügel Schlangenkörper Nachtschwalbe Attelabus nitens Deporaus betulae Diplopoden Faltenwespe Flügel Wanderheuschrecke Flügel Maikäfer Flügel Schabe Flügel Citrusfrüchte Fruchtkammern Säugetierlunge Termiten Nest Wespe Nest <?page no="210"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 206 Beispiele zu 13 - Dynamisierung: Carausius morosus Columba livia Dytisciden Escherichia coli Faultier Feldheuschrecke Fisch Flamingo Fliege Forelle Garnele Gyriniden Hai Hecht Höckerschwan Känguru Krabbe Krake Meeraal Neunauge Notonecta glauca Octopus 6. mit Spannband umschlingen Oncorhynchus mykiss Pinguin Pygoscelis Pygoscelis papua Quetzalcoatlus northropi Regenbogenforelle Schabe Spinne Stabheuschrecke Tausendfüßler <?page no="211"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 207 Beispiele zu 14 - Partielle oder überschüssige Wirkung: Floh Sprungmechanismus Samenproduktion 7. Übervakuum und schnell in die Kappe Beispiele zu 19 - Überspringen / Durcheilen: Helmbasilisk Wasserlaufen 8. Schockgefrieren Beispiele zu 28 - Flexible Hüllen und Folien: Zeltmembranstrukturen 9. Folienbeutel Faltenwespen Nest Frosch Schallblase Elefant Zahnwechsel Hai Zahnfolge Beispiele zu 36- Starkes Oxidationsmittel: Knochenfisch Gas Drüse Atmung 10. Sauerstoff entziehen durch chem.Reaktion Weitere Lösung erarbeiten: Katalog - Technik Beispiele zu 6 - Universalität: Sofa mit ausklappbarem Bett Kinderwagen gleichzeitig als Autokindersitz 11. Kappe als Hülle Dickere Drähte leiten Wärme ab Selbstschärfende Messer beim Einschieben in Halter Liniertes Deckblatt am Schreibblock Schweizer Taschenmesser <?page no="212"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 208 Beispiele zu 14 - Partielle oder überschüssige Wirkung: Zylinder in Farbe tauchen und rotieren 12. in Lack tauchen Maskierung bei Sprayzeichnungen Wärmeüberschuß und dann Kühlung Beispiele zu 18 - Kontinuität der Prozesse: Bohrer mit Schneiden für beide Drehrichtungen Schwungradantrieb Bidirektionaler Tintenstrahldrucker Pumpe füllt dauernd den Tank eines Wasserturms 13. konstantes Absaugen Viertaktmotor Doppelschneidkanten Transportlogistik Beispiele zu 35 - Wärmeausdehnung: Öffnen eines Gewächshausfensters durch Bimetall Schwerpunktverlagerung durch Flüssigkeit gefüllte Rohre Schrumpfschlauch, -folie 14. Schrumpffolie Einbau von Lagern in heißem Zustand Induktive Wärmedehnung zur Diamantherstellung Beispiele zu 14 - Partielle oder überschüssige Wirkung: Explosion, Sprengstoffe Zerlegung von Gashydraten und Hydriden Reaktionen mit Freisetzung von Gasen Volumenzunahme von Metallen bei H2-Aufnahme Polymerisation Zerlegung von flüssigem Ozon Veränderung der Reibung durch: Reduktion von Metallen Elektrolyse mit Gasfreisetzung Verw. von oberflächenaktiven Stoffen Polymerbeschichtungen 15. Beschichtung aufsprühen Hydrieren <?page no="213"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 209 Bewertung der Lösungsvorschläge Kosten gering Nutzen hoch Akzeptanz hoch Summe 1. mit Papier / Folie / Stoff umhüllen 5 5 5 15 2. nach dem Vakuum, Paket verkleben 7 7 2 16 3. mit Wachs versiegeln 5 6 2 13 4. mit Netz umhüllen 9 8 8 25 5. Luftsackgewebe straff überstülpen 9 8 8 25 6. mit Spannband umschlingen 7 6 5 18 7. Übervakuum und schnell in die Kappe 9 9 8 26 8. Schockgefrieren 2 7 3 12 9. Folienbeutel 5 10 10 25 10. Sauerstoff entziehen durch chem. Reaktion 5 5 5 15 11. Kappe als Hülle 5 8 8 21 12. in Lack tauchen 4 6 3 13 13. konstantes Absaugen 8 7 7 22 14. Schrumpffolie 8 8 8 24 15. Beschichtung aufsprühen 4 6 3 13 Punkte: 1 - 10; je höher, desto bessere Bewertung Lösungsvorschlag 9: Der gefaltete Luftsack wird in einen Folienbeutel gesteckt und danach aus diesem die Luft mit Hilfe einer Vakuumpumpe abgesaugt. Dabei verringert sich das Volumen des Beutelinhaltes mit steigendem Vakuum im Beutel. Die Technik ist bei Lebensmittelverpackungen weit verbreitet, wobei sich der Beutel aus 2 Teilen, einer tiefgezogenen Unterfolie und einer flachen (oft bedruckten) Oberfolie zusammensetzt. Ober- und Unterfolie werden bei Erreichen des Vakuums thermisch verschweißt. <?page no="214"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 210 Bewertung Lösungsvorschlag 9: Durch experimentelles Ausprobieren der Vorschläge 4, 5, 9 und 14 sind die Varianten 4 und 5 aufgrund zu schwieriger Umsetzung entfallen. Die Wahl fiel auf Lösung 9, weil es eine überdurchschnittlich hohe Akzeptanz gab, da das Verfahren in der Lebensmittelindustrie schon seit langer Zeit etabliert ist. Man muss nur den Faltprozess mit der Verpackung kombinieren. Weiter offene Fragestellung Üblicherweise wird der Luftsack mit Hilfe von Gewinde-Bolzen im Airbag-Gehäuse verschraubt. Die Abdichtung mit der Folie erfordert eine alternative Befestigung, da beim Durchdringen der Folie mit dem Gewinde das Vakuum verloren gehen würde. Frage 3: Wie ist es möglich, das Paket alternativ zu halten? Grundprinzipien aus Inspirationsphase bereits im Vorfeld ermittelt: • 3 - Örtliche Qualität • 4 - Asymmetrie • 5 - Vereinen / Kleben • 6 - Universalität • 7 - Verschachtelung • 11 - Funktionsumkehr Weitere Lösung erarbeiten: Katalog - Bionik <?page no="215"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 211 Beispiele zu 3 - Örtliche Qualität Aeschynanthus specionsus Adlerkralle 1. Klammer von außen Cynomys ludovicianus Diadema setosum Dünengras Dünenzwergstrauch Dunkelkäfer Echinus esculentus Eier Essbare Seeigel Felis tigris Fledermaus Fliege Forelle Gastropoda Gebuchteter Hammerhai Gecko Hydropsychidae Istiompax Istiophoridae Istiophorus Käferschnecke Kaiserpinguin Kanarische Kiefer Kiefer Köcherfliegenlarve Kofferfisch Kompasstermite Lepidochora kahani Macrotermes Macrotermes bellicosus Macrotermes spec Macrozannonia <?page no="216"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 212 Makaira Makrele Mehlschwalbe Merlin Mohn Molinia Molinia coerulea Napfschnecke Nashornkäfer Nephila Nephila clavipes Nephila edulis Ophiocoma wendtii Ostracion Patella vulgata Pfahlrohr Pfeifengras Pierwurm Pinguin Polyplacophora Präriehund Pygoscelis Pygoscelis papua Radiolarien Radnetzspinne Netz Riffkoralle Rindenwanze Schildkröte Schmeißfliege Schwarzbär 2. Krallen im Gehäuse Schwarzer Dornhai Schwertfisch Mensch Nasenhöhle Waran Geruchsorgan Totenkopffalter Rüssel <?page no="217"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 213 Moskito Röhrenorgan Specht Zunge Scorpion Stachel Fadenwurm Saugeinrichtung 3. Haften durch Ansaugen Amöbe Fortbewegung Schlangenbussard Schnabel Portugiesische Galeere Fangarme 4. Halteband umschlingen Picea excelsa Staubblätter Pflanzen Siebröhren Rattenschwanzlarve Atemröhre 5. Bayonettverschluss Termitenbau Luftzirkulation Säugetier Sinn für Drehung Arbeitsbiene Fühler Honigbiene Sammelbein Weinbergschnecke Haus Bledius spectabilis Brutbau Faltenwespen Nest Citrusfrüchte Fruchtkammern Nerium oleander Stipa capillata Königskerze Blattoberfläche Zecke Kopf-u.Mundwerkzeuge 6. seitliche Greifer Seelilie Kelch Sackkalkschwamm Gans Schnabelraum Regenwurm Borsten Süßwasserschwamm Lipiden unipolare Moleküle Flüssig-Mosaik-Membran Wal Barten Diplocaulus Kopf 7. Hinterschnitt-Haken Cyclocosmia truncata Aronstab <?page no="218"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 214 Fisch - Spreizflosse Edelmarder Gebiß Igel Stacheln Grau Hai Zahnreihen Sauergrass Blattrand Pfeilschwanzkrebs Kauladen Schnecke Pfeilzunge Schnecke Balkenzunge Schnecke Bandzunge Schnecke Federzunge Eidechse Eizahn Küken Eizahn Blattlauslöwe Schalenöffner Pergamentspinner Dorn an der Puppe Florfliegenpuppe Öffnen mit Kiefer Schiffshalter Saugscheibe 8. Saugnäpfe Brachiopode Schalenklappen Boraginaceen Fruchtwand Widerhaken Spinne Mundwerkzeuge Kohlweißling Schuppenbau Mensch Beinskelett Windepflanzen Kletterhaare Lepidoptere Schuppen Riesenseerose Blattunterseite Trottellumen Eiform Ameisenlöwe Kraterfalle Schenkelbiene Härchen zum Öl sammeln Beispiele zu 5 - Vereinen / Kleben: Ascidien Bärtierchen Bauchhärling Blattschneiderameise <?page no="219"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 215 Botrylloides Braunalge Brauntang Chlorella Diatomeen Dionaea muscipula Drosera Entenmuschel Fettkraut Fisch Fliege Fruchtfliege Drosophila Fucus Furnarius Rufus Gliedertiere Haliotis Hundertfüssler Krebstier Makroalge Miesmuschel Byssusfäden 9. Paket verkleben Molluske Muschel Mytilus edulis Nacktschnecke Orchidee Pinguicula Podostomaceen Schnecke Schwalbe Seeohr Seepocke Sonnentau Spinne Tausendfüßler Termiten <?page no="220"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 216 Töpfervogel Venusfliegenfalle Vogelmilbe Nepidae Druckknopfarretierung Gartenkreuzspinne Radnetz Gelbrandlarve Mundhöhlenverschluß Lachesiella pedicularia Flügelkopplung 10. Verriegeln Schmetterling Verbindung Flügel Honigbiene Verbindung Flügel Heteroptera Flügelkopplung Insektenorgane Kopplung Boraginaceen Fruchtwand Widerhaken Fruchtknoten Pollen Klette 11. Klettverschluss Gecko Heften Furchenschwimmer Saugvorrichtung Tintenfisch Saugnapf Neunauge Rundmaul Pipterenlarven Umklammern Stengel Japyx solifugus Klammern Monogenoidea Klemmen Mücken Hinterleibenden zur Begattung Milbe Klammerorgan Bienenlaus Klammerfuß Honigbiene Antennenputzapparat Flusskrebs Schere Dryinidenweibchen Klemmung 12. Selbsthemmung Flussmuschel Schließmuskel Insekt Außenskelett Wirbeltier Innenskelett Freyanella plataleae Klammermechanik Michealichus heteropus Klammerm. Riesenwasserwanze Gleitkoppelmech. Riesenherzmuschel Schalenschloss Gelenkkopplungen Säuget., Vogel, Insekt <?page no="221"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 217 Wirbelknochen Blattfloh Flügelkopplung Wespe Flügelkopplung Schädeldach Wespe Stachelapparat Mensch Kugelgelenk Hüfte Schildwanze Flügelkopplung Rosenkäfer Flügeldecken Laubheuschreckenweibchen Legeröhre Mensch Knochengelenk Schlupfwespe Legebohrer Rückenschwimmer Vorderflügel Holzbock Stachelapparat 13. Widerhaken Graphosoma spec. Flügelkopplung Vogelfeder Microhäkchen Waran Schädel Gans Schädel Krebs Beinglieder Klapperschlange Schädel Pfeilschwanzkrebse Scharniere Panzer Ampferblattkäfer Haftkraft Rot gepunktete Tokeh Haftung Große Klette Gemshorn Holzbiene Haftung beim Paarungsflug 14. Formschluss Erdnuss Beispiele zu 6 - Universalität: Kokosnuss Schmeißfliege Menschliche Hände Haut Fell Gefieder Kürbissamen <?page no="222"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 218 Schlange Bauchschilder Insekten - Fühler Diplocaulus Kopf Gartenkreuzspinne Radnetz Beispiele zu 7- Verschachtelung: Schildkrötenhals Kellerassel (Plattenpanzer) Gürteltier Fledermausohren Ohrwurm-Flügel Schlangenkörper Nachtschwalbe Attelabus nitens Deporaus betulae Diplopoden Faltenwespe Flügel Wanderheuschrecke Flügel Maikäfer Flügel Schabe Flügel Citrusfrüchte Fruchtkammern Säugetierlunge 15. Unterdruck im Gehäuse Termiten Nest Wespe Nest Capside Stechborstenbündel Weitere Lösung erarbeiten: Katalog - Technik Beispiele zu 5 - Vereinen / Kleben: Radiorecorder Zweifarbenstift Kühlflüssigkeit auf Werkzeug Diagnosegerät erfasst mehrere Parameter gleichzeitig PC im Netzwerkbetrieb Doppelmikroskop für 2 Personen <?page no="223"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 219 Riemen direkt auf den Betonmischer Kleben 16. Verkleben von Luftsack, Folie und Kappe Filmscharnier Weitere Lösung erarbeiten: Katalog Physikalische und chemische Effekte Beispiele zu 3- Örtliche Qualität: Wabenstrukturen Möbius Band Formgebung mit Stiftmatrizen, Blechpacketen, Bürsten Formgebung mit losen Stoffen gepresst, evakuiert Aufwickeln von Objekten Messung der Eigenschwingungsfrequenz Magnetische oder elektrische Marker 17. Permanentmagnet Messung el. Oder magn. Parameter Laser-Interferometer Holografie Computerunterstützte Bildverarbeitung (UV, infrarot, Sicht) Einführung von Marker-Stoffen Änderung des spezifischen el. Widerstandes Lichtabsorption, -brechung, -reflexion Polarisiertes Licht Elektro- und magnetooptische Erscheinungen Röntgenstrahlung und radioaktive Strahlung Spektroskopie, Optothermischer Effekt Elektronen und Kernspinresonanz Magnetoelastischer Effekt Übergang über den Curie-Punkt Hopkins-Effekt und Barkhausen-Effekt Ultraschall und Infraschall Akustische Emission Mössbauer-Effekt Hall-Effekt Farbstoffe als Marker Feste, flüssige, gasf. photochrome Stoffe Chemolumineszenz Reaktionen mit Gasfreisetzung Goldener Schnitt <?page no="224"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 220 Beispiele zu 7- Verschachtelung: Verschachtelung von Spiralen 18. Verschrauben mit Abdichtung telescopierbare Spiralbänder Faltstrukturen 2-3 dimensionale Faltenbälge <?page no="225"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 221 Bewertung der Lösungsvorschläge Kosten gering Nutzen hoch Akzeptanz hoch Summe 1. Klammer von außen 7 8 6 21 2. Krallen im Gehäuse 9 8 8 25 3. Haften durch Ansaugen 5 7 5 17 4. Halteband umschlingen 8 8 8 24 5. Bajonettverschluss 8 8 8 24 6. seitliche Greifer 5 7 7 19 7. Hinterschnitt-Haken 9 9 9 27 8. Saugnäpfe 6 6 6 18 9. Paket verkleben 5 5 5 15 10. Verriegeln 5 8 8 21 11. Klettverschluss 5 5 5 15 12. Selbsthemmung 8 6 7 21 13. Widerhaken 7 7 6 20 14. Formschluss 8 8 8 24 15. Unterdruck im Gehäuse 5 5 5 15 16. Verkleben von Luftsack, Folie und Kappe 5 5 15 17. Permanentmagnet 3 4 8 15 18. Verschrauben mit Abdichtung 3 8 8 19 Punkte: 1 - 10; je höher, desto bessere Bewertung Lösungsvorschlag 7: Im Modulgehäuse aus Blech sind seitlich Laschen ausgestanzt, die nach innen gebogen werden können. Dadurch schafft man einen Hinterschnitt gegenüber dem im Luftsack befindlichen Halteblech. Wenn der Luftsack entfaltet und an seiner Befestigung zieht, blockieren die Laschen ein Ablösen des Luftsackes vom Gehäuse. Bewertung Lösungsvorschlag 7: Die Hinterschnitt - Haken lassen sich gut in ein Blechgehäuse integrieren und sind damit kostengünstig. Die Funktion wurde in Tests als sehr gut beurteilt. Das nach innen Biegen der Blech-Haken erfolgt in einem einzigen Fertigungsschritt und hat damit eine hohe Akzeptanz der Fertigungs-Technologen. <?page no="226"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 222 Weiter offene Fragestellung Obwohl es in der weiteren Entwicklung noch einige Detail-Fragen zu klären galt, war das Konzept hiermit vollständig. Vollständige Lösung Das vollständige Lösungs-Konzept besteht aus Faltanlage (bekannte Technik), Vakuumanlage (Übernahme Lebensmittelindustrie), Folienverpackung (Übernahme Lebensmittelindustrie) und Hinterschnitt-Verbindung (neue Technologie). Mit der Lösung dieser 3 Teil-Probleme ist ein Gesamtkonzept entstanden, welches einen hohen Innovationsgrad besitzt, bei gleichzeitig akzeptablem Risiko durch die Verwendung bekannter Teil-Lösungen. Es ist ein Produkt entstanden, welches um 30-50% kleiner ist, als sein Vorgänger und somit einen beachtlichen Wettbewerbsvorteil darstellt. Einsatz der Erfindung Vakuum verpackte Airbags findet man heute in den Fahrzeugen von verschiedenen Herstellern mit besonders kleinen Lenkradnaben. 2011 erhielt das Entwicklungsteam für die Vakuumfaltung den renommierten PACE-Award für die besonders innovative Leistung im Automobilbereich. Abbildung 142: Vakuum gefalteter Airbag <?page no="227"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 223 Beispiel Knieairbag Pat.-Nr.: DE000010039555A1 US020020020996A1 Abbildung 143: Deckblatt zum US-Patent Knierolle • 7 - Falten • 12 - konstante Spannungen • 14 - Krümmung • 33 - Homogenität Die Knierolle ist eine Erfindung, welche aus 2 typischen Widersprüchen entstanden ist. Einerseits soll ein stabiler Airbag für die Knie mit einem hohen Innendruck bereitgestellt werden. Andererseits sollen die Kosten (wie fast immer) gering sein. Üblich für Knie-Airbags ist eine Kissenform, welche bei den hohen Innendrücken große partielle Spannungen an der Oberfläche hat. Man muss diesen hohen Spannungen durch Verstärkungen begegnen, damit der Airbag nicht reißt. Das treibt die Kosten in die Höhe. Um eine möglichst homogen (33) verteilte Oberflächenspannung zu erreichen, ist es nützlich gekrümmte Flächen für ein dreidimensionales Gebilde zu verwenden (14). Die homogenste Spannungsverteilung (12) an der Oberfläche hat eine Kugel. Da diese geometrisch für einen Kniebag nicht sinnvoll erscheint, kommt als nächstes ein Zylinder in Betracht. Um einen Zylinder aus einer gerollten Gewebe- Lage herzustellen, muss man die Enden (wie ein Bonbon-Papier) in Falten legen (7). Damit erhält man einen Kniebag aus einem einzigen Gewebezuschnitt, mit nur 3 geraden Nähten, welcher äußerst kostengünstig ist. <?page no="228"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 224 Beispiel Selbstgenerierender Diffusor Pat.-Nr.: DE19626463A1 Abbildung 144: Deckblatt zur Offenlegungsschrift Patent Selbstgenerierender Diffusor • 2 - Abtrennung • 7 - Ausstülpen • 15 - Dynamisierung • 28 - Mechanik ersetzen • 29 - Strömung In einem Airbag hat der Diffusor die Funktion das Gas zu leiten, welches in den Luftsack einströmt (29). Dieser Diffusor nimmt relativ viel Platz im Airbag-Modul ein, welcher für den gefalteten Luftsack fehlt. Deshalb wurde der Gas leitende Teil abgetrennt (2) und nach dem Prinzip der Dynamisierung (15) erst bereitgestellt, wenn er gebraucht wird. Der selbstgenerierende Diffusor wird erst bei Airbagzündung ausgestülpt (7). Er wird nicht mechanisch, sondern durch Gasdruck aktiviert (28). <?page no="229"?> A NHANG : Arbeit mit dem LOBIM-Katalog anhand von Beispielen 225 Beispiel Surfacebag Pat.-Nr.: DE10200617751A1 Abbildung 145: Deckblatt zur Offenlegungsschrift Patent Surfacebag • 2 - Abtrennen, Isolieren • 5 - Verschmelzen • 6 - Integration • 30 - Flexible Hüllen und Folien Der Surfacebag ist ein Airbag, der in eine Oberfläche des Fahrzeug-Innenraumes integriert wurde (6). Er ist flach ausgebreitet in eine Folie (30) unter Vakuum (2) eingeschweißt (5). Danach wird er wie ein extra Layer auf den Instrumententafelträger eingeschäumt und mit einer Folie beklebt, welche bei der Airbag-Zündung definiert aufreißt. <?page no="230"?> A BBILDUNGSVERZEICHNIS 226 A BBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Sumerischer Verwaltungstext auf Ton ................................................. 21 Abbildung 2: Architektonisches Hängemodell........................................................... 32 Abbildung 3: Was ist Flow ? ..................................................................................... 36 Abbildung 4: Modell - Wechselspiel Bewusstsein/ Unterbewusstsein....................... 40 Abbildung 5: 4-Phasen-Modell.................................................................................. 42 Abbildung 6: SmartBird Flugsequenzen frontal ........................................................ 45 Abbildung 7: Kreativitätsfördernde Situationen......................................................... 49 Abbildung 8: F117 - Nighthawk................................................................................ 54 Abbildung 9: Ekranoplan .......................................................................................... 54 Abbildung 10: Ablauf Brainstorming ......................................................................... 60 Abbildung 11: TRIZ-Vorgehensweise ....................................................................... 70 Abbildung 12: S-Kurve (Reifung eines Systems)...................................................... 73 Abbildung 13: Oberrheintal - System Natur und Mensch ......................................... 79 Abbildung 14: Airacuda von Festo AG & Co.KG Alle Rechte vorbehalten................ 80 Abbildung 15: 1000-jährige Linde in Collm (Sachsen) ............................................... 82 Abbildung 16: Evolutionskurve ................................................................................. 85 Abbildung 17: Funktionsorientierung ........................................................................ 88 Abbildung 18: Hauskatze.......................................................................................... 89 Abbildung 19: „Preiskampf“ ...................................................................................... 90 Abbildung 20: Automobil........................................................................................... 91 Abbildung 21: Vogelschwarm ................................................................................... 92 Abbildung 22: Teichfrosch ........................................................................................ 93 Abbildung 23: Neue Produktgeneration .................................................................... 93 Abbildung 24: Menschen im Gebirge........................................................................ 94 Abbildung 25: Kraftwerk ........................................................................................... 95 Abbildung 26: Skelett eines Primaten ....................................................................... 96 Abbildung 27: Technische Evolutionsstufen ............................................................. 97 Abbildung 28: Erste deutsche Lokomotive................................................................ 98 Abbildung 29: Laptop................................................................................................ 98 Abbildung 30: Photosynthese ................................................................................... 99 Abbildung 31: Windkraftanlage................................................................................. 99 Abbildung 32: Internet ............................................................................................ 100 Abbildung 33: Buch ................................................................................................ 101 Abbildung 34: Nächste Generation ......................................................................... 102 Abbildung 35: Kristall .............................................................................................. 102 Abbildung 36: Samen einer Sonnenblume mit Fibunacci-Spiralen ......................... 104 Abbildung 37: Flugzeug .......................................................................................... 105 Abbildung 38: Wirbelsäule eines Sauriers .............................................................. 108 Abbildung 39: Güterzug .......................................................................................... 108 Abbildung 40: Seilbahn einer Wakeboardanlage.................................................... 109 Abbildung 41: Schlange.......................................................................................... 110 Abbildung 42: Raumgleiter „Buran“ ........................................................................ 110 <?page no="231"?> A BBILDUNGSVERZEICHNIS 227 Abbildung 43: Eisbär .............................................................................................. 111 Abbildung 44: Spinnennetz..................................................................................... 112 Abbildung 45: Zahnbürste....................................................................................... 112 Abbildung 46: Knallkrebs ........................................................................................ 114 Abbildung 47: Antriebsgestänge einer Dampflock .................................................. 115 Abbildung 48: Erdnuss ........................................................................................... 116 Abbildung 49: Filmscharnier ................................................................................... 116 Abbildung 50: Schraubverbindung.......................................................................... 117 Abbildung 51: Klette ............................................................................................... 117 Abbildung 52: Menschliche Hand ........................................................................... 118 Abbildung 53: Fossiler Kopf eines Diplocaulus....................................................... 118 Abbildung 54: Schweizer Taschenmesser.............................................................. 119 Abbildung 55: Zwiebel im Schnitt............................................................................ 119 Abbildung 57, Adler ................................................................................................ 120 Abbildung 58, Schiffshebewerk .............................................................................. 121 Abbildung 56: Herren-Fahrrad um 1965 ................................................................. 122 Abbildung 57: Sibirisches Streifenhörnchen ........................................................... 122 Abbildung 58: Springkraut ...................................................................................... 123 Abbildung 59: Dromedar......................................................................................... 123 Abbildung 60: Cutter Messer .................................................................................. 124 Abbildung 61: Europäischer Igel............................................................................. 124 Abbildung 62: Eidechse .......................................................................................... 125 Abbildung 63: Baumwachstum ............................................................................... 126 Abbildung 64: Wankelmotor im Schnitt ................................................................... 127 Abbildung 65: Spinne mit Netz (vergrößert)............................................................ 128 Abbildung 66: Seesterne ........................................................................................ 128 Abbildung 67: Drehmaschine.................................................................................. 129 Abbildung 68: Rolltreppe ........................................................................................ 129 Abbildung 69: Fossiles Schneckenhaus ................................................................. 130 Abbildung 70: Autoreifen ........................................................................................ 130 Abbildung 71: Wäscheschleuder ca.1970 .............................................................. 131 Abbildung 72: Möwe im Gleitflug ............................................................................ 132 Abbildung 73: Spitze der TU 144 von unten ........................................................... 132 Abbildung 74: Chamäleon ...................................................................................... 133 Abbildung 75: Zapfen ............................................................................................. 134 Abbildung 76: Dekor-Schablone ............................................................................. 135 Abbildung 77: Induktionsherd ................................................................................. 135 Abbildung 78: Schmetterling................................................................................... 136 Abbildung 79: Stern-Motor...................................................................................... 137 Abbildung 80: Containerschiff................................................................................. 137 Abbildung 81: Microwellenofen............................................................................... 138 Abbildung 82: Buntspecht....................................................................................... 139 Abbildung 83: Bohrhammer .................................................................................... 139 Abbildung 84: Laubbaum im Sommer .................................................................... 140 Abbildung 85: Flugzeug-Turbine............................................................................. 141 <?page no="232"?> A BBILDUNGSVERZEICHNIS 228 Abbildung 86: Filmprojektor 1961 ........................................................................... 142 Abbildung 87: Gehärtete Meißelspitze.................................................................... 142 Abbildung 88: Salweide .......................................................................................... 143 Abbildung 89: Efeu ................................................................................................. 144 Abbildung 90: Glaucus atlanticus ........................................................................... 144 Abbildung 91: Flughund.......................................................................................... 145 Abbildung 92: Fliehkraftregler einer Dampfmaschine ............................................. 146 Abbildung 93: Menschliches Ohr ............................................................................ 147 Abbildung 94: Ultraschallbild .................................................................................. 148 Abbildung 95: Präriehund ....................................................................................... 148 Abbildung 96: Mechanischer Rasenmäher ............................................................. 149 Abbildung 97: Motte................................................................................................ 150 Abbildung 98: Polaroid Kamera .............................................................................. 151 Abbildung 99: Eintagsfliege .................................................................................... 152 Abbildung 100: Papiertaschentücher ...................................................................... 152 Abbildung 101: Brandung ....................................................................................... 153 Abbildung 102: Nilhecht.......................................................................................... 154 Abbildung 103: Galvanisierte Bad-Armatur............................................................. 154 Abbildung 104: Transrapid Station Shanghai ......................................................... 155 Abbildung 105: Radio von 1933.............................................................................. 156 Abbildung 106: Grubenotter.................................................................................... 157 Abbildung 107: Honigbiene..................................................................................... 158 Abbildung 108: Kläranlage...................................................................................... 159 Abbildung 109: Pelikan ........................................................................................... 160 Abbildung 110: Großsegler..................................................................................... 161 Abbildung 111: Schädel eines Sauriers .................................................................. 162 Abbildung 112: Schaumpolystyrol .......................................................................... 162 Abbildung 113: Sepien ........................................................................................... 163 Abbildung 114: Zebra ............................................................................................. 164 Abbildung 115: Transparente Verpackung ............................................................. 165 Abbildung 116: Labrador Hund............................................................................... 166 Abbildung 117: Fossiler Knochenfisch.................................................................... 166 Abbildung 118: Schraubverbindung........................................................................ 167 Abbildung 119: Krebs ............................................................................................. 167 Abbildung 120: Teil eines Doppel-T-Trägers aus Stahl .......................................... 168 Abbildung 121: Netz einer Kreuzspinne ................................................................. 169 Abbildung 122: Flüssiggasflasche .......................................................................... 169 Abbildung 123: Hund .............................................................................................. 170 Abbildung 124: Raketenstart Soyus ....................................................................... 172 Abbildung 125: Lebensmittel unter Schutzgas verpackt ......................................... 173 Abbildung 126: Baumscheibe Erle.......................................................................... 174 Abbildung 127: Schnitt durch den Flügel eines Windrad ........................................ 174 Abbildung 128: Faustkeil ........................................................................................ 176 Abbildung 129: Boot im Hafen ................................................................................ 177 Abbildung 130: Archimedische Schraube zur Wasserförderung............................. 178 <?page no="233"?> A BBILDUNGSVERZEICHNIS 229 Abbildung 131: Bockwindmühle.............................................................................. 179 Abbildung 132: Sowjetische Rakete ....................................................................... 180 Abbildung 133: Dampfmaschine der Fa. Borsig um 1840 ...................................... 181 Abbildung 134: Blei-Akkumulator............................................................................ 182 Abbildung 135: Reisekamera um 1916................................................................... 183 Abbildung 136: Fernseher um 1950 ....................................................................... 184 Abbildung 137: Junkers Ju 52 ................................................................................ 185 Abbildung 138: Lösungs-Katalog - System ............................................................ 189 Abbildung 139: Deckblatt Offenlegungsschrift zum Patent Vakuumfaltung ............ 193 Abbildung 140: Vakuum gefalteter Airbag .............................................................. 222 Abbildung 141: Deckblatt zum US-Patent Knierolle................................................ 223 Abbildung 142: Deckblatt zur Offenlegungsschrift Patent Selbstgenerierender Diffusor ................................................................................................................... 224 Abbildung 143: Deckblatt zur Offenlegungsschrift Patent Surfacebag ................... 225 T ABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1: Innovative TRIZ-Grundprinzipien ............................................................. 68 Tabelle 2: TRIZ-Standard-Widersprüche .................................................................. 69 Tabelle 3: TRIZ-Lösungs-Matrix (Ausschnitt) ........................................................... 69 <?page no="234"?> I NDEX 230 I NDEX A Abtrennung .... 106, 109, 192, 197, 200, 222 Abwasser-Reinigung ......................157 Aggregatzustand ....................106, 166 Air ray ...............................................80 Airacuda ...........................................80 Akkumulator....................................180 Allometrie..........................87, 103, 104 Altschuller .........................................68 Ameisenvölker ................................100 Anderson ..........................................29 Aqua_ray ..........................................80 Äquipotential...........................106, 125 Asymmetrie.....................106, 113, 208 Atmung ...................................169, 205 Atomkraft ..........................................95 Auftrieb ...... 43, 76, 106, 119, 130, 175, 177, 183 Automobil..................................91, 173 B Bärtierchen .....................171, 201, 212 Begrenzte Lebensdauer .........106, 149 Benz .................................................29 Beseitigung.............................106, 165 Bewegung.... 50, 59, 62, 106, 129, 130, 140, 153, 157, 176, 179, 182 Bewusstsein ...................35, 39, 40, 41 Bimetall...................................169, 206 Biokybernetik ........................79, 83, 87 Bionik..... 62, 76, 80, 83, 186, 193, 200, 208 Blattschneideameise ......................137 Bohrwerkzeug.................................111 Boot ................................................175 Brainstorming ..... 50, 59, 60, 61, 62, 64 Buntspecht......................................138 C Chamäleon .....................................132 Container-Schiffe ............................136 Csikszentmihalyi ...............................35 Cutter-Messer ................................ 123 D Dampfmaschine.25, 48, 114, 144, 175, 179 Darwin ............................................... 9 Diplocaulus .....117, 194, 203, 211, 216 Divergenz ........................................ 41 Drehmaschine...........................51, 128 Drei-Punkt-Sicherheitsgurt............... 96 Dromedar....................................... 122 Dunlop ........................................30, 31 Dynamisierung.74, 106, 130, 183, 200, 204, 222 E Eidechse .................................124, 212 Eigenschaftsänderung ...106, 166, 192, 196 Eintagsfliege .................................. 149 Ekranoplan ...................................... 54 Elektrizität .........................25, 106, 151 Emotion ........................................... 38 Energieeffizienz ..........................74, 97 Erdanziehung..........................156, 157 Erdmagnetismus............................ 153 Erdnussschale ............................... 114 Evolution ..9, 10, 12, 14, 15, 38, 41, 71, 73, 77, 78, 84, 87, 88, 93, 94, 97, 123, 174, 181, 183, 193 Exzenter ........................................ 114 F Fahrradspeichen............................ 120 Falten..............................106, 118, 221 Farbveränderung ....................106, 161 Faustkeil ...................................17, 174 Festo.................................4, 44, 45, 80 Filmscharnier ..........................115, 217 FinRay ............................................. 80 Fischschuppen............................... 164 Flaschenzug ...............22, 23, 106, 113 Fledermaus.............................143, 209 <?page no="235"?> I NDEX 231 Flexible Hüllen 106, 158, 200, 205, 223 Fliehkraftregler................................144 Flow .................. 35, 36, 50, 60, 83, 185 Flugzeug...... 25, 43, 53, 105, 140, 178, 183, 197 Flüssiggas ......................................167 Folien..... 106, 158, 175, 181, 200, 205, 223 Form 11, 12, 14, 22, 27, 33, 36, 40, 46, 63, 68, 69, 70, 76, 78, 82, 101, 102, 106, 111, 113, 125, 129, 152, 163, 174, 186, 199 Fotoapparat ....................................181 Fotografie .................................27, 148 Funktionsorientierung .87, 88, 192, 193 G Galvanisieren..................................152 Gasdruck-Feder..............................157 Gasturbine ......................................139 Gaudi ....................................32, 33, 55 Gecko ..................... 111, 202, 209, 214 Gegenmasse ..........................106, 119 Geneigte Ebene..............................113 Georges de Mestral ........................116 Gerüche..................................106, 161 Gipsmasse........................................96 Gleichgewicht .........................5, 35, 89 Goldener Schnitt.....................103, 217 Grubenotter ....................................155 H Haftstrukturen .................................111 Haftung ................... 106, 111, 112, 215 Harmonisierung ..................74, 87, 103 Härten.............................................141 Häutung ..........................................109 Hebel .................. 22, 98, 106, 113, 114 Heilpflanzen....................................142 Helmbasilisk ...........................140, 205 Höhere Dimension ..................106, 135 Homogenität ...................106, 164, 221 Honigbiene .... 153, 155, 196, 202, 211, 214 Hund ...............................163, 164, 168 Hüther...............................................37 Hydraulik.................................106, 157 I Idealität .........71, 72, 73, 74, 85, 87, 88 Igel 123, 212 Induktionsherd ............................... 134 Inspiration 5, 15, 31, 50, 55, 60, 66, 67, 80, 83, 106, 185, 186 Integration...........38, 72, 106, 117, 223 Internet .5, 46, 66, 75, 86, 87, 100, 185 Isolieren ..................................109, 223 J Janke ............................................... 33 K Kast ................................................. 39 Katzenpopulation ............................. 92 Keil 20, 22, 106, 113 Kleben ...106, 114, 116, 200, 201, 208, 212, 216, 217 Klettverbindung.............................. 116 Knallkrebs ...................................... 113 Knieairbag ..................................... 221 Knochen ...................52, 126, 159, 174 Konstante Spannung ..................... 125 Kontinuierliche Prozesse ........106, 139 Konvergenz...................................... 41 Kopieren .................................106, 148 Koppeln ..................................106, 114 Kreativtechniken .............................. 50 Krümmung ......106, 129, 192, 195, 221 Kugelähnlichkeit......106, 129, 192, 195 L Laptop.............................................. 98 Laubblätter....................................... 82 Leichtbau ........................106, 119, 129 Lernen ..............................87, 101, 102 Lichtreflexion...........................106, 161 Lilienthal .........................25, 36, 43, 44 LOBIM .....5, 50, 59, 62, 81, 83, 84, 87, 105, 106, 173, 184, 185, 186, 187, 191 Luftdruck .......................................... 94 Lumineszenz...........................106, 161 <?page no="236"?> I NDEX 232 M Magnetismus ....................25, 106, 153 Magnetschwebebahn .....................153 Mähdrescher...................................109 Materialwechsel...... 106, 166, 192, 196 Meeresschnecke ............................143 Mensch 5, 9, 11, 14, 15, 17, 18, 25, 35, 50, 51, 76, 77, 78, 82, 94, 95, 101, 103, 105, 117, 169, 193, 195, 210, 212, 215 Metall 63, 102, 141, 152, 165, 166, 174 Metamorphose....................12, 92, 135 Mikrowellenofen..............................137 Multifunktionalität ....................106, 117 Mutation..................................9, 11, 15 N Nachtigall..........................................87 Nagerzähne ....................................121 Nighthawk.........................................54 Nilhecht ..................................151, 152 O Oberflächen ......................58, 106, 111 Ohr 145 Optimierung ..........................87, 94, 96 Örtliche Qualität ..... 106, 111, 208, 209, 217 Oxidationsmittel ...... 107, 169, 200, 205 P Papiertaschentuch ..........................150 Patente .....................31, 55, 58, 68, 76 Pelikan............................................158 Periodische Wirkung...............106, 137 Personenzug ..................................108 Phasenübergang ....................106, 168 Photosynthese..............10, 82, 99, 139 Pionierpflanzen...............................142 Pneumatik...............................106, 157 Poröse Materialien..................106, 159 Präriehund ..............................146, 210 Prävention ..............................106, 120 Q Qualitätssprünge ................87, 92, 192 R Rad .....................................19, 30, 129 Rakete ............................110, 170, 178 Raketentriebwerk........................... 170 Rasenmäher .......................73, 88, 147 Recycling ................................106, 165 Redundanz ...............................87, 105 Regeneration ..........................106, 165 Reibung ....17, 106, 111, 119, 147, 206 Rekombination........................9, 11, 15 Reynoldszahl ................................. 104 Rolltreppe ...................................... 128 Rückkopplung ....36, 85, 86, 87, 89, 92, 106, 143 Rundfunk ....................................... 154 S Samenproduktion....................132, 205 Sandwich ................................172, 183 Schablonieren................................ 133 Schädliches in Nützliches .......106, 141 Schaumpolystyrol .......................... 160 Schienenfahrzeuge.......................... 98 Schiffshebewerk ............................ 119 Schlagbohrhammer ....................... 138 Schmetterlingsflügel ...................... 148 Schneckenhaus ............................. 129 Schraube ....................51, 72, 165, 176 Schraubverbindungen.............165, 176 Schultergelenk ................................. 95 Schwärme........................................ 92 Schweizer Taschenmesser.....118, 205 Schwingungen ..................26, 106, 137 Schwitzen ...................................... 168 Seestern ........................................ 127 Segel ..............................143, 159, 175 Segmentierung 75, 106, 107, 108, 192, 193, 197 Seilbahn......................................... 109 Selbstbedienung .....................106, 146 Selbstgenerierender Diffusor ......... 222 Selbstorganisation ............87, 101, 102 Selbstschmierendes Lager ............ 147 Selbstversorgung....................106, 146 Selektion .................................9, 11, 15 Separationsprinzipien .................71, 75 Sepia ............................................. 161 Signalgebung..........................106, 161 SmartBird....................................44, 45 <?page no="237"?> I NDEX 233 Space Shuttle ...................26, 110, 178 Spannungsabhängiges Wachstum 125, 126 Spielfilm ..........................................140 Spinnen - Netz................................112 Spinnennetz............ 112, 126, 166, 195 Spirale ....................................106, 129 Springkraut .....................................122 Stabilität.... 26, 27, 63, 85, 87, 106, 111 Stern-Motor.....................................135 Stickstoff ...................9, 10, 82, 84, 171 Stoffkreislauf.............................82, 139 Stoffzusammensetzung ..........107, 172 Strahlpumpe ...................................157 Strömung ........................106, 157, 222 Struktur ............... 63, 71, 106, 111, 151 Stülpen ...................................106, 118 Supersystem.... 74, 86, 87, 91, 92, 174, 175 Surfacebag .....................................223 Symmetrie ........................87, 103, 113 T Television .......................................182 Tesla.................................................31 Tiefsesfische...................................163 Träges Medium.......................107, 171 TRIZ 62, 68, 69, 70, 71, 73, 76, 83, 87, 106, 120 TU 144............................................131 Turgor .............................................157 U Überleben ....... 9, 15, 37, 56, 84, 92, 93 überschüssige Wirkung .132, 200, 205, 206 Ultraschall Reiniger ........................137 Ultraschallmessungen ....................145 Umwandlung...........................106, 166 Universalität ...106, 117, 192, 194, 200, 203, 205, 208, 215 Unterbewusstsein .....39, 40, 41, 59, 60 V Vakuumfaltung........................191, 220 Van-der-Waals-Kräfte .................... 111 Verbindungstechniken ................... 116 Verbundmaterial .............107, 172, 177 Vereinen .........106, 114, 208, 212, 216 Vermittler ........................106, 145, 180 Verpackungen................................ 162 Verschachteln ................................ 118 Vester .........................................79, 87 Vogelflügel ..............................119, 130 von Braun ...................................34, 53 W Wärmeausdehnung106, 169, 192, 196, 200, 206 Wärmeisolation .........................13, 111 Wärmepumpe ................................ 169 Wäscheschleuder .......................... 130 Wassermolekül .............................. 151 Wechsel der Raumebenen .....106, 135 Wellenerscheinungen .............106, 154 Widersprüche..................68, 69, 71, 78 Windkraftanlage........................99, 172 Windmühle..................................... 177 Wirbelsäule .....................107, 108, 193 Z Zahnbürste .................................... 112 Zebra ............................................. 162 Zerlegung 75, 106, 107, 108, 109, 192, 193, 197, 206 Zierrasen ......................................... 88 Zwiebel .......................................... 118 <?page no="238"?> Doz. D Sys Method 5., neu b 54,00 €, ISBN 97 Zum Buc Das Buch Praxis um und den modernen Zahlreiche praktische Autor ha Erfindung eingebrac einschließ über natu fähigkeit schließlich Inhalt: Der schö halbsyste der mode Anregung Widersprü Die Inter Manager Methodike Erfindung Fachhoch und techn Rezensio »Das Buc Beispielen geholfen, Umsetzun nicht nur Beispiele »Mit dem denen kre Der Auto Dietmar Z 1962 - 19 dem Geb sowie - B Dr. rer. na stema den und bearb. u. e , 89,50 CH 78-3-8169ch: h setzt die m. Ausgehen halbsystem n widerspruc e Beispiele e Wirksamke at die auf smethodik s cht. Ausfüh ßlich der Arb urwissenscha entscheiden h technische öpferische M matischen M ernen Erfind gen - Anhan üche (Innova ressenten: und Mitarbe er, Produktio en Interess hschullehrer, nischer Fach onen: ch zeichnet n beschriebe technische ng und Reali r ausführlich und Zitate e Buch wurde eatives Scha or: Zobel, Jahrg 992. Promot biet der Anor Branchen übe at. habil. atisc Beispie erw. Aufl. 2 HF (Reihe -2939-0 These »Erfi nd von einer matischen M chsorientierte aus unters eit der Lehre f den Arb selbst entsch rlich behan beiten zum c aftliche und/ o d verbesser er Kreativität Mensch - S Methoden - G dungsmetho ng: Die Wid ative Prinzipie eiter der Bere onspraktiker, sierte, Gymn Studenten richtungen neben sein en werden, Lösungen s isierung von und umfas ine erfreulich en nicht nur P ffen generell gang 1937. tion 1967, H rganischen P ergreifend - Be Tel: 071 E-Mail: ex Dietmar ches le für de 2009, 422 S Technik) nden ist leh r kurzen Ein Methoden we en Methode schiedlichen e vom Syste beiten von eidend weite ndelt werde computerges oder technis rn will. Meth weit hinaus: Suchen durc Grundlagen d dik - Entw erspruchsma en) eiche F & E, alle an Neu nasial-, Hoc naturwisse ner Ausführl so dass de systematisch Erfindungen ssend zu inf he Praxisnäh Patentjäger i l am Herzen Industrieche Habilitation 1 Phosphorche als TRIZ-Tra estellhot 159 / 92 65xpert@exp r Zobel Erfin n Praktik S., 66 Abb hr- und erle führung zu erden insbe en ausführlic Branchen ematischen Altschuller er entwickelt en auch d stützten Erfin sche Kenntn hodisch geht Denkmetho ch gedankli des systema wicklungslinie atrix und die , Kreativitäts uerungen und chschul- und enschaftliche lichkeit aus, er Leser zah h zu suchen, n. Dem Auto formieren, s he und oft üb in der F&E-A liegt.« emiker, Erfin 974. Zahlrei emie). Heute ainer. (www. tline: 0 • Fax: -20 pertverlag.d nden ker ., 10 Tab., rnbar« in di den intuitive esondere di ch behandel belegen di Erfinden. De r basierend und seine u die neueste nden. Das B isse verfügt t das Buch de rangiert v ches Probie atischen Erfin en - Praktis e Liste der sd d er dass die T hlreiche Anre , sondern de or ist zu dank sondern auc berraschende Mitteilung Abteilung ang M nder, Facha che Patente e tätig als G .dietmar-zob 0 de e n e t. e er e mfangreiche en methodi Buch ist für j und der se über die ge vor Erfindung eren - Eini ndens: ARIZ sche Beispi Prinzipien z Themen pra egungen erh er Autor befa ken, dass er h zu unterh e Lösungen a gen der deu gesprochen, MTZ - Motor utor, Method e und Fachp Gutachter, Be el.de) en Industriee ischen Ent jeden verstä ine kreative ezielte Förde gsmethode. ige der »kla Z und TRIZ - iele und m zum Lösen t axisnah und hält. Es wird fasst sich au r es erreicht, halten, da v aufzeigen.« utschen Pate sondern au rtechnische diker. Indus publikationen erater, Meth erfahrungen wicklungen ändlich, der Leistungserung ausassischen« - Bausteine methodische technischer mit vielen d nicht nur uch mit der den Leser viele seiner entanwälte uch all jene, Zeitschrift strietätigkeit (meist auf hodikdozent <?page no="239"?> Doz. D Dr.-Ing Erfi TRIZ: P Ordnu 2., durch 44,00 € (Reihe T ISBN 97 Zum Buc TRIZ, die vor etwa Praxis inte Prinzipien empfohlen einer krit anstelle b werden d Lösungen Beispiele Erfindung Inhalt: TRIZ als Wirken au Die Inter Manager Neuerung naturwiss Rezensio Buchvorst Zeitschrift Werkstoff cosulting. »Deutsch Innovation Die Auto Dietmar Z 1962 - 19 dem Geb sowie - B Rainer H Promotion Dr. rer. na g. Rainer indu Prinzipie ngskrite hges. Aufla €, 57,50 CH Technik) 78-3-8169ch: faszinierend 60 Jahren g ernational m n zum Lösen nen Prinzipie isch-konstru bzw. in Ergän das erfinderi n behandelt. näher erläut spraktiker w Erfindungsle usgewählter ressenten: und Mitarbe gen und Erfin enschaftliche onen: tellungen sin t für Pro fe«, bei der » de«, beim » en Aktion n www.dabei oren: Zobel, Jahrg 992. Promot biet der Anor Branchen übe Hartmann, J n 1982. Heut at. habil. r Hartman ungsm en, Analo rien, Bei age 2016, HF -3244-4 de Theorie z geschaffen. mehr und me n technische en über ein ktiven Analy nzung der Ma isch besond Alle method tert. Das Bu wesentlichen ehre und De Universalprin eiter der Be ndungen Inte er und techn nd erschiene oduktentwick »TRIZ Cons »Erfinderclub nsgemeinsch i-ev.de. gang 1937. tion 1967, H rganischen P ergreifend - ahrgang 19 te tätig als se Be Tel: 071 E-Mail: ex Dietmar nn mus ogien, ispiele 218 S., 28 um Lösen E Seit etwa zw hr an Bedeu er Widersprü e Zuordnung yse dieser atrix mit eine ders wichtige ischen Vorsc ch ergänzt d Punkten. enkstrategie nzipien - Ne ereiche F & eressierte, Gy nischer Fachr en in der »Ko klung und ulting Group b-Berlin.de« haft Bildu Industrieche Habilitation 1 Phosphorche als TRIZ-Tra 946. Ingenie elbstständige estellhot 159 / 92 65xpert@exp r Zobel ster 8 Abb., 12 T Erfinderischer wei Jahrzeh utung. Ein be üche, wobei gs-Matrix au Vorgehensw er Hierarchie e Umkehrpr chläge werd die widerspru - Die Hiera euere Beispie & E, Kreativi ymnasial-, H richtungen Konstruktion - Ingenieur p - www.tritz und bei de ung-Erfinden emiker, Erfin 974. Zahlrei emie). Heute ainer. (www. eur, Method er Berater un tline: 0 • Fax: -20 pertverlag.d Tab., r Aufgaben, hnten gewinn esonders bel i die zur Lö usgewählt w weise. Von e der Lösung rinzip sowie en anhand n uchsorientier archie der L ele zu den Pr itäts-Method Hochschulun - rzer nnder, Facha che Patente e tätig als G .dietmar-zob iker, Erfinde nd TRIZ-Trai 0 de wurde von G nt die Metho iebtes TRIZösung eines erden. Das den Autoren sprinzipien z das Konze neuerer und rte methodis Lösungsprinz rinzipien-Kat iker, Produk nd Fachhoch utor, Method e und Fachp Gutachter, Be el.de) er. Hochsch ner (www.triz G. S. Altschu ode in der in -Instrument bestimmten Buch befas n wird vorg zu arbeiten. ept der »Vo neuester (z. sche Literatu zipien - Beis tegorien ktionspraktik hschullehrer, diker. Indus publikationen erater, Meth hultätigkeit 1 zconsult.de) uller bereits ndustriellen sind die 40 n Problems sst sich mit geschlagen, Ausführlich on Selbst«- T. eigener) r in für den spiele zum er, alle an Studenten strietätigkeit (meist auf hodikdozent 1972-1981, . <?page no="240"?> Dr. Ho Erfi So spr 2., neu b 29,80 €, ISBN 97 Zum Buc Wer möch die Beatl Leben ruf Leonardo Wir alle tr was Sie eigenen freizusetz Was ist K Intuition o Prinzipien Kreativität Ideen pat dass Krea Kreativität Ideen mit - für ande Inhalt: Eine Erfin zipien zur Ideen un Ingenieur Kreativität Die Inter Manager Neuerung naturwiss Rezensio „Die beide beschäftig aber nich verstehen Die Auto Beide Aut ihre Firma und wurd zeichnet. technik an vier Jahre war zudem lger M. H inde rengen w bearb. Auf , 49,60 CH 78-3-8169ch: hte nicht kre es? Eine e fen wie Face da Vinci? ragen Kreati tun müssen kreativen Pr zen - anhand Kreativität - i oder auch S n, nach den t in der Kun tentierbar? D ativität durch t macht nich anderen zu ere! ndungsstory r Entfesselun nd Umgang - Die Evolu t am nötigste ressenten: und Mitarbe gen und Erfin enschaftliche onen: en Physiker gen sich mit ht darauf, da n, ; wie Kreati oren: toren sind p a IBM haben en dafür mit Gerhard Els n der FH Düs e lang Semin m nebenberu Hinkel, D n ist wir unser l. 2016, 18 HF (Reihe -3303-8 ativ sein? M rfolgreiche, ebook-Gründ vität in uns - n, um Ihre b rozess und d von Beispie m Unterschi ystematik? W nen man ne nst etwas m Dies sind Fra h eine neue t nur Spaß, s teilen. Die e - Was ist ng der Krea mit neuen ution der Te en? eiter der Be ndungen Inte er und techn Holger Hink Erfindungen ass immer ivität geht‘. S romovierte P n sie gemein t insgesamt sner war nac sseldorf tätig nare über Ne uflich 12 Jah Be Tel: 071 E-Mail: ex Dr. Gerha t gen re Denks 83 S., 30 A Technik) alen wie Pic in Kürze m der Mark Zuc - jedoch me bereits vorha die Prinzip elen. Denn k ied zu Routin Welches sin eue Ideen e iteinander z agen, die in Geisteshaltu sondern nac empfehlensw t Kreativität? tivität - Bew Ideen - D chnik - Wo ereiche F & eressierte, Gy nischer Fachr kel und Gerh n und grundl wieder neue Sie wollen Re Physiker und nsam mehr 19 Invention ch seiner IB g, Holger M. eue Technolo re als Gastd estellhot 159 / 92 65xpert@exp ard Elsne nial schablon Abb., casso? Song milliardenschw ckerberg? Er eist gefesselt andene Kre pien, die es kreativ zu sei ne? Was ha d die Förde entwickeln k u tun? Wie unserem Bu ung (mind se chhaltige Fre werte Devise ? - Die Prin wertung neue Der Göttlich brauchen w & E, Kreativi ymnasial-, H richtungen hard Elsner legend mit K e Wunder d egeln finden, d ehemalige als 100 Erfi n Achieveme BM Tätigkeit Hinkel leitete ogien am IB dozent an Fa tline: 0 • Fax: -20 pertverlag.d er P: \AK\DIG\u1\ .jpg nen gs schreiben were Firma rfinden wie e t. Zwei erfolg ativität zu e anzuwende n, ist für uns at Kreativität rer der Krea kann? Habe bewertet ma uch behande etting) relativ ude - insbes lautet daher ner he wir itäts-Method Hochschulun haben ein s Kreativität. In der Kreativitä um Kreativit Pr wissenscha ndungen in ent Awards ( noch 13 Jah e nach seine M Internation chhochschul 0 de wie ins einst greiche IBM entfesseln, o en gilt, um alle möglich mit Intelligen ativität, welch n Kreativitä an ihre Qua elt werden. A v schnell fre sondere, wen r: Kreativ - g iker, Produk nd Fachhoch spannendes n ihrem Buch ät zu ,besin tät aktiv zu fö rof. Dr. Fran ftliche Mitarb der Comput (»Oscars« fü hre als Profe er Tätigkeit a nal Educatio len tätig. Erfinder zei offenbaren I die eigene h. nz zu tun? Is hes die Kille ät in der Te alität? 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