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Kunststoffe und EMV

Elektromagnetische Verträglichkeit mit leitfähigen Kunststoffen

0321
2016
978-3-8169-8336-1
978-3-8169-3336-6
expert verlag 
Ulrich Leute

Kunststoffe sind aus den Bereichen der Büro-, Unterhaltungs- und Industrieelektronik nicht wegzudenken, obwohl sie mit verantwortlich sind für zwei ernst zu nehmende Probleme: Übliche Kunststoffe sind dielektrische Werkstoffe ohne Abschirmwirkung gegen elektromagnetische Felder und Wellen, die als gestrahlte elektromagnetische Störungen unerwünscht sind. Sie sind auch Isolatoren und neigen als solche zu reibungselektrischer Aufladung, die bei Auf- und Entladung erreichten Spannungen und Stromdichten können mikroelektronische Schaltkreise leicht zerstören. Dargestellt wird, welche elektrische Werkstoffeigenschaften zur Lösung der Probleme erforderlich sind, wie Kunststoffe mit diesen Eigenschaften ausgestattet werden können und wie die Wirksamkeit solcher Maßnahmen messtechnisch geprüft werden kann. Die Darstellung ist praxisorientiert und bezieht neueste Normen mit ein, enthält aber auch grundlegende Erklärungen. Inhalt: - Elektrotechnische Grundlagen (Felder und Wellen, elektrostatische Auf- und Abladung) - Messtechnik (Messprogramm, Werkstoffuntersuchungen, Gehäusemessungen, ESD-Messungen) - Kunststofftechnische Möglichkeiten (gefüllte Kunststoffe, leitfähig beschichtete Kunststoffe, organische Leiter)

Ulrich Leute Kunststoffe und EMV Kunststoffe und EMV Elektromagnetische Verträglichkeit mit leitfähigen Kunststoffen Prof. Dr. Ulrich Leute 4. Auflage Mit 83 Bildern und 12 Tabellen Kontakt & Studium Band 678 Herausgeber: Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Wilfried J. Bartz Dipl.-Ing. Hans-Joachim Mesenholl Dipl.-Ing. Elmar Wippler TAE 4. Auflage 2016 3., neu bearbeitete Auflage 2014 2. Auflage 2009 1. Auflage 2006 Bei der Erstellung des Buches wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem lassen sich Fehler nie vollständig ausschließen. Verlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Autoren dankbar. © 2006 by expert verlag, Wankelstr. 13, D -71272 Renningen Tel.: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 0, Fax: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 20 E-Mail: expert@expertverlag.de, Internet: www.expertverlag.de Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-8169-3336-6 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / www.dnb.de abrufbar. Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http: / / www.dnb.de Herausgeber-Vorwort Bei der Bewältigung der Zukunftsaufgaben kommt der beruflichen Weiterbildung eine Schlüsselstellung zu. Im Zuge des technischen Fortschritts und angesichts der zunehmenden Konkurrenz müssen wir nicht nur ständig neue Erkenntnisse aufnehmen, sondern auch Anregungen schneller als die Wettbewerber zu marktfähigen Produkten entwickeln. Erstausbildung oder Studium genügen nicht mehr - lebenslanges Lernen ist gefordert! Berufliche und persönliche Weiterbildung ist eine Investition in die Zukunft: - Sie dient dazu, Fachkenntnisse zu erweitern und auf den neuesten Stand zu bringen - sie entwickelt die Fähigkeit, wissenschaftliche Ergebnisse in praktische Problemlösungen umzusetzen - sie fördert die Persönlichkeitsentwicklung und die Teamfähigkeit. Diese Ziele lassen sich am besten durch die Teilnahme an Seminaren und durch das Studium geeigneter Fachbücher erreichen. Die Fachbuchreihe Kontakt & Studium wird in Zusammenarbeit zwischen der Technischen Akademie Esslingen und dem expert verlag herausgegeben. Mit über 700 Themenbänden, verfasst von über 2.800 Experten, erfüllt sie nicht nur eine seminarbegleitende Funktion. Ihre eigenständige Bedeutung als eines der kompetentesten und umfangreichsten deutschsprachigen technischen Nachschlagewerke für Studium und Praxis wird von der Fachpresse und der großen Leserschaft gleichermaßen bestätigt. Herausgeber und Verlag freuen sich über weitere kritischkonstruktive Anregungen aus dem Leserkreis. Möge dieser Themenband vielen Interessenten helfen und nützen. Dipl.-Ing. Hans-Joachim Mesenholl Dipl.-Ing. Elmar Wippler Vorwort Dieses Buch basiert auf dem gleichnamigen Werk aus dem Jahr 1997, das inzwischen vergriffen ist. Seit damals gab es natürlich eine Reihe von Weiterentwicklungen. Diese betreffen sowohl neue Materialien wie auch Messverfahren, die in neuen Normen beschrieben sind. Auch das Internet spielt eine viel größere Rolle als Mitte der 1990er. Es war also zu aktualisieren, zu ergänzen und zu streichen. Dies ist in der Auflage 2005 erfolgt, 2009 konnte unverändert nachgedruckt werden, und 2014 wurde für die 3. Auflage eine gründliche Aktualisierung eingearbeitet. 2016 erscheint nun die unveränderte 4. Auflage. Gleich bleibt aber die Intention, die aus dem damaligen Vorwort zitiert sei: Aufgabe dieses Buches ist es, einerseits dem Kunststoffingenieur die elektrotechnischen Grundlagen von Abschirmung und Ableitung klarzumachen, einigermaßen umfassend, aber dennoch genießbar. Andererseits soll der Elektroingenieur kennenlernen, welche Lösungen die Kunststofftechnik für Abschirm- und Ableitprobleme bietet. Das ganze soll praxisnah und industrietauglich dargestellt werden (z.B. mit Messverfahren nach deutschen, amerikanischen, europäischen oder internationalen Normen), dabei aber mit wissenschaftlicher Sorgfalt (was z.B. zu kritischer Diskussion einiger Normen führt). Vollständig kann die Behandlung nicht sein, insbesondere auf dem weiten Feld der Kunststoffprodukte und -verarbeitungsverfahren; sie dürfte aber einen vielseitigen Überblick vermitteln, garniert mit etlichen exemplarischen Details. Beabsichtigt ist vor allem, dass die Ingenieure der beiden Fachrichtungen, Kunststoff und Elektrotechnik, sich nach dem Durcharbeiten des Textes kompetent darüber unterhalten können, was Kunststoffe im EMV/ ESD-Gebiet realistischerweise zu leisten imstande sind. Das gilt für die Praktiker im Beruf, aber auch für Studenten höherer Semester, die diesem Buch (hoffentlich) wertvolle Ergänzungen ihres Fachwissens in engerem Sinne entnehmen können. Dem expert verlag sei für die Realisierung des Buches gedankt. Ulm, im April 2016 Ulrich Leute Inhaltsverzeichnis Vorwort 1 Einleitung ............................................................................................................. 1 1.1 Die EMV-Problematik ................................................................................... 2 1.2 Die EGB/ ESD-Problematik ........................................................................... 6 2 Elektrotechnische Grundlagen ........................................................................ 12 2.1 Felder und Wellen ........................................................................................ 12 2.1.1 Größen und Einheiten....................................................................... 12 2.1.2 Elektrische Felder und ihre Abschirmung........................................ 18 2.1.3 Magnetostatische Felder und ihre Abschirmung.............................. 27 2.1.4 Magnetische Wechselfelder und ihre Abschirmung ........................ 30 2.1.5 Elektromagnetische Wellen und ihre Abschirmung......................... 38 2.1.6 Zusammenfassung und Vergleich für ideale Schirmgeometrien ..... 48 2.1.7 Reale Schirme .................................................................................. 50 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung ........................................................... 56 2.2.1 Modelle............................................................................................. 56 2.2.2 Verpackungen und ESD-Schutzzonen ............................................. 60 3 Messtechnik ....................................................................................................... 65 3.1 Das Messprogramm ..................................................................................... 65 3.2 Werkstoffuntersuchungen ............................................................................ 68 3.2.1 Widerstandsmessungen .................................................................... 68 3.2.2 Nahfeldmessungen der Schirmdämpfung von Probeplatten ............ 78 3.2.3 Fernfeldmessungen der Schirmdämpfung an Probeplatten.............. 84 3.3 Gehäusemessungen ...................................................................................... 90 3.3.1 Gehäuse in Wechselfeldern und Wellen .......................................... 91 3.3.2 Gehäuse in Entladungen................................................................... 95 3.4 ESD-Messungen........................................................................................... 96 3.4.1 ESD Ableitwiderstand...................................................................... 96 3.4.2 Elektrostatische Reibungs-Aufladung.............................................. 97 3.4.3 Entladungsmessungen ...................................................................... 99 3.4.4 Elektrostatische Abschirmung.......................................................... 99 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten .............................................................. 101 4.1 Gefüllte Kunststoffe.................................................................................... 103 4.1.1 Werkstoffe mit Ruß und anderen Kohlenstoff-Modifikationen...... 108 4.1.2 Werkstoffe mit Metallfasern ........................................................... 122 4.1.3 Werkstoffe mit weiteren leitenden Füllstoffen ............................... 130 4.1.4 Kunststoffe mit magnetischen Füllstoffen ...................................... 135 4.1.5 Drahtgitter und Metallvliese ........................................................... 136 4.1.6 Dichtungen ...................................................................................... 139 4.2 Leitfähig beschichtete Kunststoffe ............................................................. 142 4.2.1 Leitlacke.......................................................................................... 146 4.2.2 Aufgedampfte Metalle .................................................................... 150 4.2.3 Galvanisch/ chemisch abgeschiedene Metallschichten ................... 155 4.2.4 Weitere Beschichtungen ................................................................. 160 4.3 Organische Leiter........................................................................................ 165 4.3.1 Leitende Polymere .......................................................................... 166 4.4 Zusammenfassende Bewertung .................................................................. 172 5 Anhänge ............................................................................................................ 176 5.1 Abkürzungen für wichtige Kunststoffe ...................................................... 176 5.2 Normen, Vorschriften, Institutionen........................................................... 178 5.2.1 Gesetze, Richtlinien ........................................................................ 179 5.2.2 Normen zu EMV und ESD ............................................................. 179 5.2.3 Internetadressen von Institutionen .................................................. 182 6 Literaturverzeichnis ........................................................................................ 183 7 Stichwortverzeichnis........................................................................................ 192 1 E inleitung Kunststoffe, genauer gesagt Polymerwerkstoffe ohne elektrisch leitende Additive, sind in der Regel elektrische Isolatoren; viele von ihnen, vom Bakelit bis zum Polyethylen, wurden ursprünglich direkt für die Aufgabe des Isolierens entwickelt. Das hat einerseits den Duroplasten, Thermoplasten und Elastomeren (die hier bequemlichkeitshalber zu den Kunststoffen gezählt werden) weite Anwendungsfelder in der Elektrotechnik geöffnet, und weite Bereiche der Elektrotechnik wären ohne Kunststoffe kaum denkbar (man denke etwa an die abenteuerlichen Isolierungen früher Kabel aus Teer, Wachs, Honig usw.). Andererseits taten sich im letzten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts zwei Problemfelder auf, die gerade von der Isolatoreigenschaft der Kunststoffe herrührt. Isolatoren lassen sich durch Reibung elektrostatisch aufladen. Mit dieser Reibungs- oder Triboelektrizität begann ja die elektrische Wissenschaft in der Antike 1 , und sie blieb praktisch die einzige „Elektrizitätsform“ bis ans Ende der Barockzeit, als Elektrisiermaschinen weitverbreitete Spielereien waren (vgl. / Leute 04/ S.185). Für den Elektrotechniker war sie wenig interessant, wenn man vom 1933 erfundenen Van-de-Graaff-Generator für hohe Spannungen absieht; unbeabsichtigte Reibungsaufladungen richteten an den robusten elektrischen Maschinen keinen Schaden an. Das änderte sich dramatisch mit dem Aufkommen elektronischer Halbleiterbauelemente, insbesondere der MOS-Feldeffekttransistoren, die unter Umständen weniger als 100 Volt Spannung aushalten. Man spricht von e lektrostatisch g efährdeten Bauelementen (EGB; engl. ESDS, also ESD-Sensitive Devices), die durch elektrostatische Entladungen (engl. Electrostatic Discharge, ESD) zerstört werden können. Die isolierenden und daher aufladbaren Kunststoffteile eines Elektronikarbeitsplatzes der 1960er und 70er Jahre (Tischfläche, Kunststoffboden, Klarsichtmagazine, Folien- und Blisterverpackungen, Klebefilme etc.) stellten eine ptentiell tödliche Umgebung für EGB dar. Mehr als die Hälfte der Versagensfälle von elektronischen Bauelementen werden auf ESD zurückgeführt! Man muss also den im Elektronikumfeld eingesetzten Kunststoffen die Reibungsaufladung abgewöhnen oder, wenn Aufladung passiert ist, diese unschädlich machen. Das zweite Problem hat damit zu tun, dass Isolatoren im Sinne der Materialphysik Dielektrika sind, durch die elektrische - und ebenso magnetische - Felder ungeschwächt hindurchgreifen (dielektrisch = dia-elektrisch mit dia (griech.) = durch). Als elektrische Geräte noch in soliden Stahlblechgehäusen untergebracht waren, hatten höchstens einige Funktechniker ein paar Probleme mit Abschirmung, weil 1 Schon Thales von Milet (625-547 v. Chr.) beschreibt elektrostatische Kräfte auf Flaumfedern etc.. 2 1 Einleitung Lüftungsschlitze oder Kabeldurchführungen Hochfrequenzstrahlung durchließen. Die großen Vorteile der Kunststofftechnik - freie Gestaltbarkeit, geringes Gewicht, wirtschaftliche Fertigung im Spritzgießverfahren (einschließlich aller Befestigungselemente usw.) - veranlassten aber oft den Übergang zu Kunststoffgehäusen, zumal die Elektronik nicht mehr nur die Labors füllte, sondern auch die vom Design her anspruchsvolleren Büros und Privaträume. Das schon im Vorwort erwähnte portable Mobiltelephon, das Handy, wird eben auch nach Schönheit gekauft! Da herkömmliche Kunststoffgehäuse aus dielektrischen Werkstoffen keinerlei Abschirmwirkung besitzen und störende Felder oder Wellen zum (oder vom) Nachbargerät durchlassen, müssen neue, abschirmende Kunststoffe gefunden werden - sonst ist die e lektromagnetische Verträglichkeit (EMV) zwischen den Geräten gefährdet. 1.1 Die EMV-Problematik Beispiele zur e lektromagnetischen Verträglichkeit (EMV; englisch electromagnetic c ompatibility: EMC) werden viele berichtet - hier eines aus der Verwandtschaft des Autors: Ein Vetter, von Beruf Arzt und deshalb früh Besitzer eines Autos mit Funktelephon und elektrischem Fensterheber, wurde in den ersten Wochen des Besitzes vom Telephon mit Frischluft versorgt - ein irregeleiteter Impuls beim Wählvorgang betätigte den Fensterheber! Sicher ein harmloses Beispiel (dafür ein wahres! ), doch der Gedanke an vergleichbare Effekte in der Luftfahrt 2 oder Medizintechnik 3 macht die Brisanz von EMV-Problemen klar. In diesem Buch wird der Begriff EMV in der Regel so verwendet, wie ihn auch schon die alte Norm VDE 0870 festlegte 4 , nämlich rein technisch als Verträglichkeit zwischen elektrischen bzw. elektronischen Geräten: 2 Nach einer Pressenotiz vom 4.1.96 versagte in der Silvesternacht 95/ 96 die Landeautomatik einer Alitalia-Maschine beim Anflug auf Turin, weil ein Passagier verbotswidrig sein Handy eingeschaltet gelassen hatte; der erfahrene Pilot landete trotz dichtem Nebel im „Handbetrieb“. 3 Nach einem Zeitungsartikel vom 5.1.96 hat wahrscheinlich ein Handy den Herz-Defribillator eines Rettungswagens gestört, dessen Versagen Mitursache am Tod einer Notfallpatientin war. Hier wäre die Störfestigkeit des Defibrillators zu gering gewesen! 4 Auch das EMV-Gesetz von 1995 bzw. 98, das die 89er EMV-Richtlinie der EG umsetzt, verwendet beinahe die gleiche Formulierung. Das EMVG von 2008, das die Richtlinie von 2004 umsetzt, formuliert in §4 etwas umständlicher. 1.1 Die EMV-Problematik 3 EMV ist die Fähigkeit einer elektrischen Einrichtung, in ihrer elektromagnetischen Umgebung zufriedenstellend zu funktionieren, ohne diese Umgebung, zu der auch andere Einrichtungen gehören, unzulässig zu beeinflussen. Offenbar sind - wie in Abb. 1.1 symbolisch gezeigt - zwei Seiten beteiligt, Sender (Störquellen) und Empfänger (Störsenken). Es geht einerseits um die Aussendung von Störungen, d h. von elektromagnetischen Beeinflussungen (EMB; viel häufiger verwendet das amerikanische EMI = E lectromagnetic Interference). Dies studiert man in Emissionsmessungen. Andererseits müssen elektrotechnische Geräte (oder Komponenten, Module, Baugruppen, Systeme etc.) auch unempfindlich genug gegen Einwirkungen von außen sein (nach Norm „Störgrößen bestimmter Höhe ohne Fehlfunktion ... ertragen“), also Störfestigkeit besitzen. Nachgewiesen wird sie in Störfestigkeitsbzw. Suszeptibilitätsmessungen, bei denen man den Einfluß von außen kommender Störungen auf die Funktion des Geräts untersucht. Abb. 1.1 Prinzip der EMV Die zweite Forderung wird von Abb. 1.2 illustriert; allerdings - vom Standpunkt eines Elektrotechnikers aus - recht ungewöhnlich gewichtet (5 „Gefahren“ von oben, nur 3 von unten). In vielen zusammenfassenden Darstellungen zur EMV (z.B. in / Schwab 94/ , / Gonschorek u. Singer 92/ , / Habiger 92/ , / Perez 95/ und in der ersten Ausgabe von / Nedtwig und Lutz 96/ ) oder in Tagungsbänden (z.B. der Karlsruher, Stuttgarter bzw. Düsseldorfer Kongresse EMV 88, 90 bis 2012) nimmt nämlich den größeren Raum die Diskussion der leitungsgebundenen Störungen ein, also der Spannungs- und Stromstärke-Unregelmäßigkeiten auf Erdverbindungen, Netzleitungen, sonstigen Leistungsleitungen, auf Signalleitungen und auf Leiterbahnen. Sie können über viele Kopplungswege in die Leitung gelangen; entweder durch direkten Kontakt (galvanische Kopplung), oder über elektrische Felder (kapazitive 4 1 Einleitung Kopplung) oder über magnetische (induktive Kopplung), evtl. über beide Feldtypen zugleich. Der Siegeszug der Lichtwellenleiter erklärt sich auch dadurch, dass sie gegen solche Einkopplung völlig immun sind. Abschirmende Kunststoffe aber haben mit dieser Problematik nur ganz am Rande zu tun, etwa bei der Kontaktierung zwischen Kabelschirm und leitendem Kunststoffgehäuse. Abb. 1.2 Schematische Darstellung der auf ein Gerät einwirkenden elektromagnetischen Störungen Es bleiben die nicht leitungsgebundenen Störungen, die sich durch den Raum ausbreiten und deren Träger Felder sind. Gegen sie hilft Schirmung bzw. Abschirmung (engl. shielding), und ein Hauptthema dieses Buches ist es, wie diese Abschirmung mit Kunststoffen zu realisieren ist. Das Wort „Abschirmung“ wird übrigens im alltäglichen technischen Sprachgebrauch in doppeltem Sinne verwendet: Zunächst ist das Innere des Geräts (oder ein Teilbereich des Inneren) durch einen Schirm zu schützen, abgeschirmt wird also beispielsweise eine Schaltung, ein Laufwerk, ein Zwischenverstärker etc.. Abgeschirmt, also geschwächt, wird aber auch manchmal ein Feld oder eine Welle; braucht man Klarstellung, so sollte man jetzt von einer Abschirmung gegen das Feld oder die Welle sprechen. Nicht verwenden sollte man - wie häufig zu hören - „Abschirmung“ als Schutzmaßnahme gegen Reibungsaufladung. Man kann zwar gegen das elektrostatische Feld einer triboelektrisch erzeugten Ladung schirmen, die Verhinderung der Aufladung ist aber keine Schirmmaßnahme. Wegen ihrer verschiedenen Ursachen und wegen der unterschiedlichen Schwierigkeit, Felder verschiedenen Typs und verschiedener Frequenz abzuschirmen, sind in Abb. 1.2 fünf verschiedene leitungsungebundene Störungen unterschieden. Zu- 1.1 Die EMV-Problematik 5 nächst gibt es die elektrischen Felder mit Frequenzen 5 zwischen 0 und etwa 30 MHz: Zu ihnen zählen die elektrostatische Felder, die sich aber auch langsam mit der Zeit ändern dürfen - der Finger einer elektrostatisch aufgeladenen Person, der sich einem Bauelement nähert, ist eine mögliche Ursache. Dann folgen mit zunehmender Frequenz die elektrischen Wechselfelder; sie werden meist von Wechselspannungen verursacht, bestehen aber auch im Nahfeldbereich einer Dipolantenne (siehe Abschnitt 2.1.2). Auf der anderen Seite gibt es die von Dauermagneten oder starken Gleichströmen erzeugten magnetostatischen Felder; es schließen sich die von Wechselströmen verursachten magnetischen Wechselfelder an. Bei hohen Frequenzen schließlich - eine sinnvolle, aber keinesfalls scharfe Mindestfrequenz ist 30 MHz - liegen zugleich magnetische und elektrische Wechselfelder vor, die zusammen gemäß den Maxwellschen Gleichungen eine elektromagnetische Welle bilden. Ursache sind meist Funksender bei UKW-Frequenzen und darüber, aber auch alle nicht geschirmten Leitungen, die hochfrequente Signale führen und ausreichende Länge besitzen („Antennenhöhe“). Die Abschirmmechanismen in diesen Bereichen sind unterschiedlich (vgl. die Abschnitte 2.1.1 bis 2.1.5), und Kunststoffe sind nicht für die Realisierung aller Mechanismen gleich gut geeignet - daher die differenzierte Darstellung. Zu Abb. 1.2 soll noch klargestellt werden, dass „Schirm“ nicht „schirmendes Gehäuse“ bedeuten muss, also ganz außen liegt. Manchmal sind nur Teile des Gehäuses abschirmend ausgerüstet. Schirme findet man auch im Inneren des Gehäuses; sie sollen einzelne Komponenten, Baugruppen etc. gegeneinander oder nach außen abschirmen. Leitfähige Kunststoffe finden z.B. ihren Einsatz bei der Schirmung von Baugruppen auf der Leiterplatten / Förster 96/ . Schließlich soll noch auf eine notwendige Erweiterung des technischen EMV- Begriffs hingewiesen werden: Eine „Unverträglichkeit“ kann sich auch zwischen einem technischen Sender und einem „biologischen Empfänger“ herausstellen, insbesondere einem Menschen. Der könnte beispielsweise zum Schreiben von Manuskripten vor einem PC-Monitor hocken, ein Handy bedienen oder unter einer Hochspannungsfreileitung wohnen. Das Ganze wird ebenso kontrovers wie emotional als Elektrosmog diskutiert. Dies ist nicht Thema dieses Buches (dazu / Leute 01 und 02/ ); einige der unten besprochenen Abschirmmaßnahmen können aber auch für die Reduzierung von Elektrosmog durchaus nützlich sein. Zum Schluss dieses einleitenden Abschnitts noch eine - wahrscheinlich unnötige - Klarstellung der kennzeichnenden Begriffe für leitfähige Materialien. In der Materialphysik wird gerne die elektrische Leitfähigkeit verwendet. Naheliegend ist, dass gut leitendes Material einen großen, und schwach leitendes Material einen 5 Allen zeitlich veränderlichen Größen kann man nach Fourier ein Frequenzspektrum zuordnen, auch wenn ihr zeitlicher Verlauf keine Sinus- oder Kosinusfunktion darstellt. 6 1 Einleitung kleinen Wert besitzt. Aus ihr kann man bei bekannter, einfacher Geometrie den Leitwert eines Materiestücks bestimmen. Dessen Einheit ist Siemens = 1/ Ohm ( 1 S = 1/ Ω ). Die Leitfähigkeit σ hat dann die Einheit S/ m = 1/ Ωm. Will man sozusagen umgekehrt argumentieren, so geht man zu den Kehrwerten: Der Widerstand in Ω = 1/ S ist Kehrwert des Leitwerts, der spezifische Widerstand ρ = 1/ σ Kehrwert der Leitfähigkeit. Was gut leitet, hat einen kleinen spezifischen Widerstand. Seine Einheit ist folglich das Ω·m. Leider leiden beide Materialgrößen unter alten Gewohnheiten: ρ wird oft noch in Ω·cm angegeben, σ in 1/ Ω·cm oder S/ cm. 1.2 Die EGB/ ESD-Problematik Wie oben erwähnt, ist Reibungselektrizität zwar die älteste „Elektrizitätsform“, aber zugleich auch eine nur unvollständig verstandene. Wichtig scheint weniger das Reiben zu sein als ein sehr inniger Kontakt mit anschließender Trennung 6 zwischen zwei isolierenden oder einem isolierenden und einem mäßig leitenden Körper. Während des Kontakts wandern Elektronen vom einen zum anderen Körper. Vor allem wenn sich die Austrittsarbeiten der Materialien unterscheiden wird die eine Seite negativ, die andere positiv. Beim Trennen der Körper fließen die Ladungen wie in Abb. 1.3 zurück und die Aufladungen suchen sich auszugleichen. Aufladung bleibt aber zurück, wenn die Trenngeschwindigkeit zu hoch ist, wenn die Volumenleitfähigkeit der Körper nicht groß genug ist, wenn die Oberflächenleitfähigkeit der Körper nicht groß genug ist, wenn Entladungen durch den Luftspalt zu wenig ausgleichend wirken. 6 Dass es der Material-Trennvorgang ist, der Ladungstrennung bewirkt, erkennt man daran, dass Tropfenbildung bei nicht leitenden Flüssigkeiten Aufladung verursacht: Harmlos beim Millikan- Versuch / Leute 04, S.193/ , Zeitbombe bei einem tropfenden Benzolfass auf isolierenden Holzböcken - irgendwann reicht die Spannung zwischen Fass und Erde für einem Zündfunken! . 1.2 Die EGB/ ESD-Problematik 7 Abb. 1.3 Schematische Darstellung der Ladungs-Ausgleichsvorgänge beim Trennen von Körpern An Oberflächen leiten v.a. adsorbierte Wasserschichten und Verunreinigungen, daher wirkt hohe Luftfeuchtigkeit der Aufladung entgegen. Zudem reduziert sie die elektrische Durschlagsfeldstärke der Luft und fördert so Entladung. Ähnlich wirkt ein hoher Ionengehalt der Luft, weswegen Luft-Ionisierungsgeräte zum Einsatz kommen. Weil die entstandenen Ladungen auf einem isolierenden Körper am Ort des Reibungsvorgangs verharren, handelt es sich um eine statische Ladungsverteilung, und ihr elektrisches Feld ist ein elektrostatisches Feld. Daher stammt der etwas verwirrende Begriff der elektrostatischen Aufladung - der Trennvorgang ist natürlich durchaus dynamisch. Nicht selten allerdings wird der aufgeladenen isolierende Körper als Ganzes bewegt; dann ändert sich auch das Feld und ist nicht mehr streng statisch. Was man immer vermeiden sollte, sind (in Prospekten oft zu lesende) Formulierungen wie „Schutz vor Elektrostatik“ oder „Maßnahmen gegen Elektrostatik“. Elektrostatik ist eine ganz unschuldige Teildisziplin der Elektrizitätslehre! Wie man sich aus dem Physikunterricht erinnert, gehört zur Reibungsaufladung ein Paar von Materialien (Glasstab-Fensterleder, Kunststoffstab-Katzenfell usw.). Man kann triboelektrische Reihen aufstellen, an denen sich ablesen läßt, welcher Partner einer Materialpaarung beim Reiben positiv, welcher negativ wird. Ganz präzise sind solche Reihen wie in Tabelle 1.1 aber nicht, denn Abweichungen können sich durch die Undefiniertheit von Naturprodukten, durch wechselnde Feuchtigkeitsgehalte oder auch durch unterschiedliche mechanische Beanspruchung der Partner ergeben. Reiben ist nicht gleich Reiben: Eine Violinsaite wird z.B. an einer Stelle gerieben, der Bogen aber über seine gesamte Ausdehnung. 8 1 Einleitung Tab. 1.1 Triboelektrische Reihe unter besonderer Berücksichtigung der Kunststoffe (ohne Füllstoffe! ); weiter links stehende Stoffe laden sich eher positiv auf ( + ) Luft, Asbest, Glas, menschl. Haar, PA, Wolle, Seide, PUR, Baumwolle, Bernstein, PET, PVC, PS, PE, PP, PTFE, Silikongummi ( - ) Die Kunststofftechnik bietet schon lange Produkte zur Vermeidung elektrostatischer Aufladung. Im ganzen Bereich 7 der explosionsgeschützen Räume und Anlagen, beispielsweise in petrochemischen Anlagen, Bergwerken, Getreide- oder Mehlsilos, werden leitfähige Kunststoffe eingesetzt. Hier kann die Leitfähigkeit des Materials (für einen leitfähigen Kunststoff) hoch sein, und der genaue Wert spielt eine untergeordnete Rolle. Im Gegensatz dazu sind die Anforderungen an den Zahlenwert der Leitfähigkeit im Elektronikumfeld strenger und schwieriger zu realisieren. Der Grund liegt bei den Mechanismen, mit denen eine Aufladung ein elektronisches Bauelement schädigen kann. Genauer gesagt ein elektronisches Halbleiterbauelement, denn Röhrenelektronik ist unempfindlich gegen ESD. Und noch genauer, ein miniaturisiertes, meist hoch integriertes Bauelement, da auch die dicken Einzeltransistoren der elektronischen Frühzeit der 1950er und 1960er Jahre recht robust waren. Die erste Norm für ESD-Schutzmaßnahmen taucht in den USA im Jahre 1979 auf. Der erste Schädigungsmechanismus beruht auf der Feldstärke des elektrostatischen Feldes. Ein Bauelement wie der MOS-Feldeffekt-Transistor (MOS-FET) von Abb 1.4 kann in durchaus starke Felder geraten: Er braucht nur auf einer geerdeten Unterlage zu liegen, und der Zeigefinger einer auf über 10 kV aufgeladenen Person deutet aus wenigen Millimeter Entfernung auf ihn; oder jemand hält das Bauteil nahe an die Glasscheibe eines alten Röhren-Bildschirms (wo die Haare auf dem Handrücken sich kribbelnd aufrichten). Dann können zwischen der Gate-Elektrode G und dem p-leitenden Halbleitersubstrat relativ hohe Spannungen auftreten, die das dünne Gateoxid aushalten muss (MO S bedeutet Metal-Oxide-Semiconductor). Was es nicht immer schafft, denn trotz der hervorragenden Durchschlagfestigkeit des Oxids (Siliziumoxid = Quarzglas hält 6 bis 10·10 8 V/ m aus) übertrifft eine solche Spannung nicht selten die Durchschlagsspannung der Oxidschicht. Schuld ist die extrem geringe Dicke von unter 100 nm bis unter 10 nm (Spannung = Feldstär- 7 Ein weiterer interessanter Bereich ist das Medizinumfeld, z.B. in einem Operationssaal. Einerseits sind die Anforderungen die gleichen wie bei der in 1.2 und 2.2 beschriebenen „normalen“ Elektronik, weil auch Medizinelektronik möglichst wenig gestört werden darf; andererseits sollte aber auch die Chirurgenhand samt Skalpell nicht unwillkürlich zucken, wenn der aufgeladene Operateur vom geerdeten Patienten einen elektrischen Schlag erhält. 1.2 Die EGB/ ESD-Problematik 9 ke x Dicke). Oxiddurchbruch, also ein dielektrischer Durchbruch, ist ein sehr häufiger Versagensmechanismus. Um Schädigung nach diesem Mechanismus abzuwenden muss man einfach so gut wie möglich Aufladung vermeiden, also eine leitfähige Umgebung schaffen, die (zunächst) durchaus gut leitfähig sein darf. Der zweite Mechanismus aber erfordert eine geringe, wenn auch zur Verhinderung des ersten ausreichende Leitfähigkeit. Man stelle sich vor, ein aufgeladener Mensch berührt einen Anschlußkontakt eines integrierten Schaltkreises (I ntegrated Circuit, IC), während ein anderer Kontakt des Bauelements die gut leitende und geerdete Tischplatte berührt. Dann fließt wegen der sehr widerstandsarmen, so genannten harten Erdung die Aufladung schlagartig durch den IC ab - der Ableitstrom ist ein Impulsstrom mit (sehr kurzfristig) großer Stärke bis gegen 100 A. Wegen der hohen Stromdichte schmelzen dann Leiterbahnen auf dem Chip nach Art einer ungewollten Schmelzsicherung. Bei Bipolartransistoren wie in Abb. 1.5 kann auch eine Art lokales Durchschmelzen des Halbleiters auftreten, ein Kurzschluss im Bereich des pn-Übergangs Emitter-Basis, der die Transistorwirkung unmöglich macht. Neben dem dielektrischen gibt es daher den thermischen Durchbruch. In der Frühzeit der EGB/ ESD-Erkenntnis baute man Tischplatten aus blankem Blech ein - mit katastrophalem Erfolg. Abb. 1.4 Schnitt durch einen MOS-FET in Planartechnik: S Source, D Drain, G leitender Gate-Kontakt, n + hoch n-dotierte Halbleiter-Wannen, p-Substrat Ob ein Bauelement gegen ESD empfindlich, also zu den EGB zu rechnen ist, das klassifiziert die Norm DIN IEC 61340-5-2 nach der ESD-Spannungsempfindlichkeit (maximale Spannung, bei der noch keine Schäden auftreten). Erfasst wird so über eine gut messbare Spannung der dielektrische Durchbruch. Die Parameter des thermischen (Energiemenge im Impulsstrom, lokale Wärmeentstehung, -verteilung und -abfuhr) sind viel schwieriger fassbar. 10 1 Einleitung Abb. 1.5 Schnitt durch einen Bipolartransistor in Planartechnik (E Emitter, B Basis, C Kollektor); Bereich des thermischen Durchbruchs schwarz. Gegen den zweiten Mechanismus der Bauelementschädigung benötigt man einen hohen Ableitwiderstand (z.B. zwischen 0,75 MΩ und 1 GΩ nach / Leitfaden 94/ ), den in unserem Beispiel die Tischplatte dadurch liefern muss, dass die Leitfähigkeit ihres Materials zwischen der eines isolierenden und eines gut leitenden Kunststoffs liegt. Jetzt kann man von weicher Erdung sprechen. Die ganze Elektronikumgebung in Labor, Fertigung, während des Transports, beim Kunden und während der Wartung hat in vergleichbarer Weise schwach leitfähig zu sein: So fließt eine zufällige Aufladung schnell genug ab, doch hohe Stromdichten können nicht zustande kommen. Kunststoffteile mit einer derartigen, relativ geringen Leitfähigkeit zu produzieren, stellt aber gewisse Anforderungen an Rohstoffhersteller und Verarbeiter. Bei manchen Produkten ist die geringe Leitfähigkeit noch präziser einzuhalten als bei Tischplattenbelägen. Manchmal setzt man empfindliche und teure EGB gar nicht mehr den Fährnissen der ESD-Umwelt aus, sondern steckt sie gleich nach der Fertigstellung in Kunststoffträger, z.B. in den alten, aber übersichtlichen Carrier von Abb. 1.6. Dieser Carrier muss so gut leiten, dass elektrostatische Aufladung sicher verhindert wird. Er muss aber auch die letzten Schritte des Fertigungsprozesses mitmachen: Elektrische Prüfungen müssen möglich sein, obwohl an sich das Carriermaterial die Anschlüsse „kurzschließt“. Das erfordert derartig geringe Leitfähigkeit des Kunststoffs, dass die Anschlüsse als gegeneinander isoliert gelten dürfen (z.B. fließen bei 5 V höchstens 2 µA ; vgl. / Bednarz 88/ ). Damit ist die zulässige Leitfähigkeit auf einen schmalen Bereich niedriger Werte eingeengt. Eine weitere Beanspruchung des Teils ist der burn-in-Prozeß, eine thermische Stress- Behandlung des elektronischen Bauteils, die Fertigungsmängel im Schaltkreis bis zum Ausfall weiterschädigt, und damit Frühausfälle der verkauften und eingebauten Bauteile ausschließt (die die Kunden sehr verärgern würden). ESD/ EGB-Produkte 1.2 Die EGB/ ESD-Problematik 11 wie solche Carrier stellen an Rohstoffhersteller und Verarbeiter sogar erhebliche Anforderungen. Abb. 1.6 Chip-Carrier aus Ultramid 85 (Werkbild BASF) Schließlich wird ab und zu auch elektrisch mehr gefordert als schwache Leitfähigkeit. Nicht selten, etwa bei Verpackungen, insbesondere Beuteln, muss im EGB- Umfeld vor beiden ESD-Schädigungs-Mechanismen geschützt werden. Dies erfordert dann einen mehrschichtigen Aufbau der Verpackung: Eine schwach leitende Schicht in direktem Kontakt mit dem Bauelement garantiert die schonende Ableitung elektrostatischer Aufladung, eine besser leitende ist Schirm gegen elektrostatische Felder (siehe Abschnitt 2.1.2). Die beiden Problemkreise Abschirmung und Ableitung greifen ineinander ! Übrigens nicht nur bei ESD-Verpackungen, die zusätzlich abschirmen müssen. Umgekehrt führt eine kräftige Entladung außen auf ein Schirmgehäuse zu Spannungen und Ableitströmen am Schirm, deren Felder durch Wände und Öffnungen nach innen greifen können. Jetzt muss ein Schirm mit einem Entladungsphänomen fertig werden. 2 E lektrotechnische G rundlagen Im Sinne des Brückenschlags im Vorwort soll jetzt der elektrotechnische bzw. physikalische Teil mit einem ausreichenden Maß an Breite und Tiefgang dargestellt werden. Auf die weniger leicht zugänglichen Methoden der theoretischen Elektrotechnik, etwa durchgehend komplexe Rechnung, wird verzichtet. Trotzdem sollen Kunststoffingenieure mit einer knappen Ausbildung in Elektrotechnik in die Lage versetzt werden, Probleme aus dem EMV- und ESD/ EGB-Umfeld selbst zu lösen, oder doch zumindest bei der Lösung kompetent mitzureden. Fachleuten für Ladungen, Felder und Hochfrequenzwellen wird ein Überfliegen des Kapitels genügen, doch auch für sie könnte die zusammenfassende Darstellung wie auch die auf Kunststoffe zugeschnittene Behandlung nützlich sein. 2.1 Felder und Wellen In diesem Abschnitt soll dargestellt werden, wie elektromagnetische Felder und Wellen beschrieben werden, wie sie zustande kommen, und - als Hauptthema - wie sie abgeschirmt werden können. Theoretische Ansätze zur Entwicklung von Abschirm-Formeln, die für einen bestimmten Feldtyp und Frequenzbereich Gültigkeit besitzen, gibt es meist mehrere. Es wird aber nicht als Aufgabe dieses Buches betrachtet, einen vollständigen Überblick über die Theorie zu bieten. Daher wird in jedem Abschnitt nur je ein wirksames und einigermaßen durchsichtiges Konzept vorgestellt. So werden in diesem Buch magnetische Wechselfelder nach dem Wirbelstromkonzept von Kaden / Kaden 50/ geschirmt, obwohl viele auch hier das Impedanzkonzept Schellkunoffs / Schellkunoff 43/ verwenden. Hingegen werden für die Schirmung gegen Wellen - in Analogie zur Optik - Schellkunoffs reflektierte bzw. absorbierte Wanderwellen betrachtet, obwohl auch Kaden hierfür eine ausgefeilte Theorie bereitstellt. 2.1.1 Größen und Einheiten Es darf wohl vorausgesetzt werden, dass die Spannung U in Volt (V), die Ladung q (auch Q ) in Coulomb (C) und der Strom I (auch i) in Ampere (A) angegeben werden. Das elektrische Feld, in der Regel beschrieben durch seine elektrische Feld- 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 13 stärke E (Vektoren werden fett gedruckt) hat die Einheit V/ m; das magnetische Feld hingegen wird entweder durch seine magnetische Feldstärke H mit der Einheit A/ m oder durch seine magnetische Induktion (auch magnetische Flussdichte) B mit der Einheit Tesla (1 T = 1 Vs/ m² ) beschrieben. Für B findet man nicht selten noch die alte Einheit Gauss (1 G = 10 -4 T; 1 mG = 0,1 µT). Im leeren Raum kann man B und H leicht über die magnetische Feldkonstante µ 0 = 4π⋅10 -7 Tm/ A= B/ H ineinander umrechnen; nützlich ist dann die Beziehung B/ µT = 1,256⋅ H / (A/ m). Weniger bekannt sind die physikalischen Größen, mit denen die „Stärke“ elektromagnetischer „Störungen“ einerseits und die „Abschirmwirkung“ eines Schirmes andererseits quantitativ bewertet werden; für diese Größen nimmt man oft Einheiten, die in der Physik und Technik sonst eher selten verwendet werden. Man kann nicht voraussetzen, dass sie jedem Ingenieur bekannt sind. Beginnen wir mit der Abschirmwirkung, zunächst gegen Felder wie in Abb. 2.1: Die naheliegende Quantifizierung erfolgt durch die Verhältnisbildung zwischen den Beträgen der Feldstärke ohne Schirm bzw. außerhalb des Schirms (elektrisch E 0 , magnetisch H 0 , Beträge nicht fett) und der Feldstärke innerhalb des Schirms (E bzw. H). So entsteht der Schirmfaktor Q E = E / E 0 (2.1) bzw. Q H = H / H 0 (2.2) Sein Wert ist offenbar stets < 1, Schwächung auf die Hälfte bedeutet Q = 1/ 2. Diese Definition wird im Physiklexikon (/ Lexikon 71/ Band 1, S.25) angegeben, ebenfalls bei Kaden (/ Kaden 50 und 59/ ), auf den wesentliche Abschirmtheorien zurückgehen; sie wird auch in / Schwab 94/ und von Singer (in / Gonschorek und Singer 92/ S. 204) verwendet. Bauer hingegen (in / Habiger 92/ S. 341) und z.B. die Firmenschrift / VAC 88/ bezeichnen den Kehrwert 1/ Q als Schirmfaktor und würden so Werte > 1 erhalten; die obige Schwächung würde als Schwächung um den Faktor 2 ausgedrückt. Die geschilderte Verwirrung braucht den Praktiker nicht zu beunruhigen, denn Schirmfaktoren werden kaum verwendet, sie sind nämlich unbequem klein (angestrebt wird Q < 0,01) oder - mit der anderen Definition - unbequem groß. Man geht zu einer (von allen Autoren gleich definierten) logarithmischen Verhältnisgröße über, zu dem Schirmdämpfungsmaß oder, kurz, der Schirmdämpfung a (engl. shielding effectiveness, deshalb oft mit S oder SE statt a bezeichnet) a E = 20⋅lg E E 0 (2.3) 14 2 Elektrotechnische Grundlagen bzw. a H = 20 lg H H 0 (2.4) bzw. a = 20 lg ( 1/ Q ) (2.5) Abb. 2.1 Definition des Schirmfaktors für elektrische Felder, schematisch Die Abkürzung „lg“ bedeutet den Zehnerlogarithmus. An sich ist die Schirmdämpfung eine dimensionslose Größe, doch wird, sozusagen als Gedächtnisstütze, die „Einheit“ Dezibel (dB; 1 dB = 0,1 Bel 8 ) angefügt. Die obigen Definitionen taugen auch für elektromagnetische Wellen, solange man etwa mit einer Antenne ihre elektrische Feldstärke misst. Für ganz kurze Wellen im Zentimeterbereich stehen aber keine präzise ausmessbaren Antennen mehr zur Verfügung; man bestimmt daher die Leistung P der Welle in einem Kalorimeter (ganz analog wie man im Haushalt die Funktionsfähigkeit seines Mikrowellenherds überprüfen kann, nämlich über die Zeit, die das Wasser in einem Glas bis zum Sieden braucht). Die Leistungsmessung führt zu einer weiteren Definition der Schirmdämpfung a P = 10⋅lg P P 0 (2.6) 8 Das Bel ist nach dem schott.-am. Erfinder Alexander Graham Bell (1847-1922) benannt, der für sein Telephon berühmt wurde.Wollte man in Bel rechnen, so würden die Vorfaktoren 20 bzw. 10 (bei der Leistung) wegfallen. Der gesamte technische Wertebereich wäre allerdings klein, zwischen 0 und vielleicht 12 Bel (d.h. von Schwächung 0 bis zu um den Faktor 10 12 geschwächte Leistungen). Präzise Werte hätten Nachkommastellen nötig! Praktischer ist der Bereich bis 120 dB, man kommt hier in der Regel ohne Kommastellen aus. 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 15 Der Vorfaktor 10 - statt 20 wie bei den Feldstärkeformeln (2.3) bis (2.5) - erklärt sich daraus, dass die Leistungsdichte S einer Welle (in W/ m²) quadratisch von der Feldstärke abhängt (vgl. / Leute 04/ S.292) S = ε 0 ε r E² c = µ 0 µ r H² c (2.7) Darin bedeutet c die Phasengeschwindigkeit der Welle. Um zu gleichen dB-Zahlen zu kommen wie bei der Definition über die Feldstärken, ist offenbar der Vorfaktor zu halbieren. Dezibel sind für alle logarithmischen Verhältnisgrößen (Pegel) üblich, insbesondere in der Hochfrequenztechnik und in der Akustik. In der Praxis nicht eingesetzt - wohl aber in der Theorie - wird die mathematisch gleichwertige Definition über den natürlichen Logarithmus (ln): a n = ln ( 1/ Q ) (2.8) Bei ihr würde statt Bel die „Einheit“ Neper 9 (1 Np = 8,686 dB) dazugeschrieben. Eine Abschwächung der Feldstärke auf 10 % bzw. um 90 % oder Q = 1/ 10 wird durch die Schirmdämpfung 20 dB ausgedrückt. Würde man ausschließlich mit dB- Werten arbeiten, so wäre es unerheblich, ob man sich auf die Feldstärke oder die Leistung bezieht. Findige Verkäufer von mäßig schirmenden Kunststoffen haben aber entdeckt, dass die Angabe einer prozentualen Abschwächung, also von 1-Q, für Leistungen eindrucksvoller ausfällt. Im obigen Beispiel haben wir bei den Feldstärken die Abschwächung durch 20 dB ausgedrückt. Diese Zahl bedeutet bei Leistungen eine Reduzierung auf 1 % oder um 99 %. Wenn man nur mit einer großen Menge von Neunern argumentiert, ohne den Bezug auf Leistungen zu erwähnen, so könnte beim Kunden ganz ungerechtfertigt die Vorstellung hoher Abschirmwirkung entstehen. Tabelle 2.1 soll helfen, solche Täuschungsversuche zu durchschauen. Manche Autoren, z.B. Singer (in / Gonschorek und Singer 92/ S. 200) bewerten nun die Qualität von Schirmen anhand ihrer dB-Werte: 0 - 10 dB Sehr geringe Schirmung 10 - 30 dB Erwähnenswerte Schirmung 30 - 60 dB Durchschnittliche Schirmung 60 - 90 dB Sehr gute Schirmung 9 Nach dem schott. Mathematiker John Napier oder Neper (1550-1617) benannt. 16 2 Elektrotechnische Grundlagen Tabelle 2.1: Vergleich verschiedener Schirmungsmaße; stellvertretend für beide Feldstärken wird nur die magnetische aufgeführt; AF soll die Abschwächung der Feldstärken bedeuten („um x Prozent“), AL die entsprechende Abschwächung der Leistungen Q = H/ H 0 1/ Q = H 0 / H P 0 / P AF AL a/ dB 0,5 2 4 50 % 75 % 6 0,1 10 100 90 % 99 % 20 0,01 100 10 4 99 % 99,99 % 40 0,001 1000 10 6 99,9 % 99,9999 % 60 0,0001 10000 10 8 99,99 % 99,999999 % 80 An anderer Stelle (MIL STD 285 und 461B, NSA 65-6 sowie VG-Norm 95 375) wird ebenfalls klassifiziert (30 dB geringe, 60 dB mittlere, 80 dB hohe und 100 dB höchste Schirmung). Das alles hat seine elektrotechnische Berechtigung, insbesondere wenn man fertige Geräteschirme in ihrer typischen Umgebung beurteilen will. Im Kontext von Schirmdämpfungsmessungen an Probeplatten aus abschirmenden Kunststoffen ist eine solche Einteilung aber sinnlos! Dieselbe Platte schirmt bei einer bestimmten Frequenz gegen elektrische Felder vielleicht mit 90 dB, gegen elektromagnetische Wellen mit 75 dB und gegen Magnetfelder mit 30 dB (für Kunststoffe gar nicht schlecht). Eine andere ist magnetisch völlig unwirksam (0 dB), obwohl die Welle um 45 dB und das elektrische Feld um 55 dB geschwächt werden. Die bisherigen in Dezibel angegebenen Größen waren echte (logarithmierte) Verhältnisse, in denen Zähler und Nenner beliebige Werte annehmen durften. Verwendet man aber immer den gleichen Nenner, so wird aus der relativen Verhältnisgröße eine absolute Größe, ein absoluter Pegel. Relativ bekannt sind die akustischen Pegel mit Angaben der Lautstärke als Schalldruckpegel in dB(A), was dem älteren Phon entspricht (vgl. / Leute 04/ S. 282 ff). Nur in Teilgebieten der Elektrotechnik üblich - dort aber praktisch und viel verwendet - sind Pegelangaben für die elektrische und die magnetische Feldstärke, für Spannung, Strom, Leistung usw.. Um die im Pegel verwendeten dB von den „echten Verhältnis-dB“ abzugrenzen, wird dahinter (oder als Index) vermerkt, auf welchen Wert im Nenner man sich bezieht (bei mW nicht ganz konsequent). So entstehen: 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 17 Spannungspegel in dBµV: U dB = 20 lg U 1 µV Strompegel in dBµA: I dB = 20 lg I 1 µA E- Feldstärkepegel in dBµV/ m E dB = 20 lg E 1 µV/ m H-Feldstärkepegel in dBµA/ m H dB = 20 lg H 1 µA/ m Leistungspegel in dBm P dB = 10 lg P 1 mW Leistungspegel in dBpW P dB = 10 lg P 1 pW Besitzt der Zähler den gleichen Wert wie der Nenner, so bekommt der Bruch den Wert 1 und sein Logarithmus den Wert 0. Es entsprechen sich also die Bezugsgröße im Nenner und der 0-dB-Wert. Ansonsten rechnet man nach den obigen Formeln: 1 Volt ergibt beispielsweise 120 dBµV und 1 Watt gibt 30 dBm. Auch negative Pegel sind möglich, wenn nämlich der Zähler kleiner als der Nenner wird: 10 µW entsprechen beispielsweise -20 dBm. Der große Vorzug der Pegel liegt (bei unserem Thema Schirmung) darin, dass man bei Abschwächung nicht dividieren muss, sondern - gemäß den Regeln des Rechnens mit Logarithmen - lediglich subtrahieren: Ein Feldstärkepegel von 60 dBµV/ m wird durch einen Schirm der Schirmdämpfung 50 dB auf 10 dBµV/ m reduziert. Zum Schluß sei auf den Gebrauch einer Einheit hingewiesen, der zwar bei einem Physiker Grausen verursacht, aber immerhin von der Norm abgesegnet ist (z.B. DIN VDE 0878 Teil 1 und 0877 Teil 2): „In der Funkstörmesstechnik ist es üblich, auch magnetische Feldstärken in der Einheit der elektrischen Feldstärke anzugeben, wobei die Umrechnung der Feldstärken unter Fernfeldbedingungen angewendet wird.“ Die Umrechnung bezieht sich auf die obige Formel (2.7) für die Leistungsdichte S einer Welle, aus der sich die für den leeren Raum gültige zahlenmäßige Gleichheit ableiten läßt (nicht aber eine inhaltliche Gleichartigkeit! ): E = μ ε 0 0 H = 377 Ω ⋅ H (2.9) 18 2 Elektrotechnische Grundlagen Für die Feldstärkepegel folgt daraus mit 20 lg 377 = 51,5 E dB = H dB + 51,5 dB (2.10) In der Norm werden übrigens Feldstärkepegel mit einem neuen Satz Buchstaben bezeichnet (E dB = F und H dB = G ); die hier verwendeten, weniger Lernaufwand erfordernden Bezeichnungen sind die gleichen wie bei / Schwab 94/ . 2.1.2 Elektrische Felder und ihre Abschirmung Wie schon in der Diskussion von Abb.1.2 angedeutet, können vom Abschirmmechanismus her die elektrostatischen Felder und die elektrischen Wechselfelder zusammengefaßt werden. Die Frequenz solcher Wechselfelder darf allerdings nicht so hoch sein, dass man gleich mit elektromagnetischen Wellen rechnen muss. Muss man das aber seit Maxwells Elektrodynamik nicht bei allen nicht-statischen Feldern? Bei oberflächlicher Kenntnis könnte man nämlich vermuten, es gäbe nur statische Felder und elektromagnetische Wellen. Im Prinzip ist das richtig, denn die in Abb. 2.2 illustrierten Maxwellschen Gleichungen (für den leeren Raum; Näheres, auch zur Schreibweise „rot“ = Rotation, siehe z.B. in / Leute 04/ Seiten 262f. und 124) rot H = ε 0 ⋅ dE/ dt (2.11) rot E = µ 0 ⋅ dH/ dt (2.12) verknüpfen elektrische Wechselfelder mit magnetischen Wirbelfeldern, die mit der gleichen Frequenz ihre Richtung wechseln, sowie magnetische Wechselfelder mit entsprechenden elektrischen Wirbelfeldern. So verursacht jedes Wechselfeld eine unendliche Kette „ineinander verhakter“ elektrischer und magnetischer Felder, kurz eine elektromagnetische Welle. Ein Übergang von der theoretischen Physik zur experimentellen bzw. zur Elektrotechnik besteht nun darin, dass man von Prinzipien zu quantitativen Aussagen übergeht. Die obige Welle hat eine räumliche Periode, eine Wellenlänge λ, die (im 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 19 leeren Raum) mit der Frequenz f des primären Wechselfeldes bzw. des Senders über die bekannte Gleichung c = λ ⋅ f (2.13) zusammenhängt. Wegen der ungeheuren Größe der Lichtgeschwindigkeit (im leeren Raum oder in Luft ist c = c 0 = 300 000 km/ s = 3⋅10 8 m/ s) sind Wellenlängen bei niedrigen Frequenzen riesig (bei 50 Hz 6000 km). Abb.2.2 Zusammenhang von Wechselfeldern mit Wirbelfeldern. Entscheidend ist nun, dass in der näheren Umgebung des Senders, im Nahfeldbereich, die „Gleichwertigkeit“ der beiden Wechselfeldtypen noch nicht eingestellt ist; es ist vor allem das primäre Wechselfeld zu spüren, z.B. im Nahfeld einer kurzen Stabantenne (elektrischer Dipol) das elektrische Dipolfeld. Die Ausdehnung des Nahfeldbereichs beträgt 10 λ / 2π oder grob λ / 6. In der Praxis ist sie nach Tabelle 2.2 für Frequenzen unterhalb etlicher MHz so groß, dass man für die Belange der EMV oft von Wechselfeldern ausgehen muss; schließlich treten EMV-Probleme meistens in der Nähe des Senders auf, denn es wird bei zunehmenden Abständen vom Störsender das (kaum gerichtete) Störsignal allein rein geometrisch immer schwächer. Nach der Tabelle liegt die obere Grenzfrequenz - bei höheren Frequenzen sollte man mit Wellen rechnen - je nach Anwendungsfall meist zwischen 1 und 100 MHz. Ein vernünftiger mittlerer Wert, der auch in Normen Eingang gefunden hat, ist 30 MHz; hier beträgt die Wellenlänge 10 m und das Nahfeld erstreckt sich über 1,6 m. Erst bei größeren Abständen vom Sender muss man die Wellennatur berücksichtigen; und befindet sich dann im Bereich des Fernfelds. 10 keine scharfe Grenze, sondern ein allmählicher Übergang. 20 2 Elektrotechnische Grundlagen Die Diskussion von Wechselfeldern ist also sinnvoll. Im elektrischen ist allerdings der Unterschied statisches Feld - Wechselfeld weniger interessant als im magnetischen Fall. Dieser Abschnitt behandelt alle elektrischen Felder. Tabelle 2.2: Ausdehnung des Nahfeldbereichs mit Beispielen Frequenz Wellenlänge Nahfeld Beispiel 10 kHz 30 km ca. 5 km Stadt 100 kHz 3 km 500 m Dorf, Werksgelände 1 MHz 300 m 50 m Fabrik, Schiff 10 MHz 30 m 5 m Labor 30 MHz 10 m 1,6 m Labortisch 100 MHz 3 m 0,5 m Schreibtisch 1 GHz 0,3 m 5 cm Leiterplatte Elektrische Felder bestehen in der Umgebung geladener Körper. Sie werden, wie in den Beispielen von Abb. 2.3, durch Feldlinien und Äquipotentiallinien (eigentlich Äquipotentialflächen 11 ) dargestellt (vgl. / Leute 04/ Kap. 9.1). Einige Eigenschaften sind für uns interessant: •• Stets gehen (in der Elektrostatik) die Feldlinien von positiven Ladungen aus und enden auf negativen; die Pfeilrichtung von plus nach minus ist Konvention. •• Die Feldliniendichte an einem Ort r ist ein Maß für die dortige elektrische Feldstärke E(r). Homogene Felder besitzen daher parallele Feldlinien mit überall gleichem Abstand. •• Feldlinien stehen senkrecht auf Äquipotentialflächen, weil in diesen Flächen keine Kräfte wirken. Auf Leiteroberflächen treffen die Feldlinien rechtwinklig auf, denn Leiteroberflächen sind in der Elektrostatik Äquipotentialflächen. •• Das resultierende Feld mehrerer Ladungen entsteht durch Superposition, also durch Vektoraddition der Felder der Einzelladungen. Insbesondere können Felder durch Gegenfelder geschwächt oder gar vollständig bis zur Stärke Null kompensiert werden. Für die Thematik dieses Buches bedeutet Ladung auf einem Körper entweder Elektronenüberschuss - sie ist dann negativ - oder Elektronenmangel, was zu positiver Aufladung führt. 11 Der Schnitt der Äquipotentialflächen mit der Zeichenebene gibt die Äquipotentiallinien 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 21 Ein isolierender Körper kann an manchen Teilen positiv, an anderen negativ geladen sein, beispielsweise durch lokal verschiedene Aufladungsvorgänge. Zwar gibt es zwischen diesen verschieden geladen Teilen elektrische Felder und anziehende Kräfte, doch die lokalen Ladungen sind auf einem Isolator nicht beweglich und müssen an ihrem Ort verharren. Abb. 2.3 Beispiele für elektrostatische Felder, hier von 2 betragsmäßig gleich großen Punktladungen (Feldlinien mit Pfeil, Äquipotentiallinen gestrichelt) Ein leitfähiger Körper hingegen bietet für Ladungen Bewegungsmöglichkeiten. Trägt der Körper nur Ladung eines Vorzeichens, so verteilen sich die Ladungsträger wegen der Abstoßung untereinander möglichst gleichmäßig auf der Leiteroberfläche, wobei aber der Krümmungsradius der Oberfläche eine Rolle spielt (vgl. / Leute 04/ S. 191f.). Auch ein massiver Leiter, eine Vollkugel etwa, trägt Ladungen nur an der Oberfläche! Werden zugleich positive und negative Ladungen aufgebracht, so ziehen sie sich an, bewegen sich aufeinander zu und kompensieren sich - bei gleicher Zahl zu Null, sonst bleibt Aufladung eines Vorzeichens übrig. Ein sich selbst überlassener leitender Körper trägt daher nur Ladung eines Vorzeichens. Jetzt bringen wir einen leitenden, vorher ungeladenen Körper in ein äußeres elektrisches Feld, das von weit entfernten Ladungen erzeugt worden sein soll. Auf der Oberfläche des Körpers werden jetzt Elektronen verschoben, so dass sich zwei Aufladungen bilden (Influenz). Gegenüber der positiven Ladung des äußeren Feldes 22 2 Elektrotechnische Grundlagen baut sich eine negative Ladung auf, auf der anderen Seite eine positive. Da wir oben gesehen haben, dass Aufladung nur an der Oberfläche erfolgt, darf der leitende Körper auch hohl und seine Wandstärke gering sein. Damit ist ein Schirm gegen elektrische Felder realisiert. Zwei Beschreibungen seines Abschirmmechanismus sind äquivalent: • Äußere Feldlinien enden auf Oberflächenladungen des Schirmes. Damit wird die Zahl der Feldlinien im Innern reduziert; möglicherweise sogar auf Null, so dass der Innenraum feldfrei wird. • Zwischen den Oberflächenladungen des Schirmes besteht ein Gegenfeld zum äußeren Feld. Die Überlagerung beider Felder führt zu einer Schwächung; möglicherweise sogar zu einer vollständigen Kompensation, so dass der Innenraum feldfrei wird. Die zweite Beschreibung ist in Abb. 2.4 illustriert; wegen der Analogie zum Abschirmmechanismus bei magnetischen Wechselfeldern wird ihr der Vorzug gegeben. Abb. 2.4 Abschirmmechanismus gegen elektrische Felder Eine kurze Beispielrechnung soll zeigen, dass es durchaus leicht möglich ist, auf dem Schirm so viel Ladungen zu verschieben, dass primäres Feld und Gegenfeld gleich stark sind, und der Innenraum völlig feldfrei wird. Wieviel Ladung braucht man auf gegenüberliegenden Seiten eines würfelförmigen Schirmgehäuses mit Kantenlänge 30 cm, um ein Feld von 10 kV/ m = 100 V/ cm abzuschirmen? In der sehr groben Näherung eines Plattenkondensators mit homogenem Innenfeld, Plattenabstand d und Plattenfläche A beträgt die Kapazität (vgl. / Leute 04/ S. 194f.) 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 23 C = ε 0 A d , (2.14) im Beispiel also C = 2,66 pF. Um die Feldstärke U/ 30cm = 100 V/ cm zu erzeugen benötigt man die Spannung U = 3 kV bzw. die winzige Ladung Q = C ⋅U = 8,0 nC ≈ 10 -8 C. Zum Vergleich: Durch ein Taschenlampenbirnchen von 3 W fließen bei 3 V pro Sekunde 1 C, also um den Faktor 100 Millionen mehr! Dies erklärt, warum geringste Leitwerte des Schirmes ausreichen, solche Ladungen in kürzester Zeit zu verschieben. Typisch sind Maschendraht, Netze aus Drahtgeweben, metallische Bedampfungsschichten; charakteristisch ist der bekannte, ja populäre Name Faraday-Käfig für einen Schirm gegen elektrostatische Felder. Faraday-Käfige arbeiten fast genau so gut in elektrischen Wechselfeldern nicht zu hoher Frequenz wie in elektrostatischen Feldern; schließlich muss beispielsweise bei 5 kHz in einer halben Periode oder 10 -4 s einmal umgeladen werden, also bei den Zahlen des Beispiels im Mittel nur der geringfügige Strom 10 -8 C/ 10 -4 s = 0,1 mA fließen - und das bei 3000 V „angelegter Spannung“. Faraday-Käfige lassen sich mit leitfähigen oder leitfähig beschichteten Kunststoffen problemlos herstellen, die Leitfähigkeit dürfte stets ausreichen. Das gilt auch für das EGB-Umfeld, wo wegen des ersten Schädigungsmechanismus (über die hohe Feldstärke) eine gute Verpackung auch gegen elektrostatische Felder schirmen muss. Kriterium für Schirmwirkung gegen Wechselfelder ist, dass die Ladungen schnell genug verschoben werden können. Bei elektrischen Wechselfeldern zunehmender Frequenz ist nämlich zu bedenken, dass im obigen groben Modell ein Kondensator umzuladen ist, und zwar über den Widerstand der Seitenwände des Käfigs (wenn man die aufgeladenen Wände = Kondensatorplatten als Stirnwände bezeichnet, so fließt der Umladestrom über die Seiten). Ein solches Umladen, eine Kombination von Lade- und Entladevorgang, erfordert eine gewisse, wenn auch sehr geringe Zeitspanne. Ihre Länge hängt von Kapazität und Widerstand ab 12 und kann die zur Verfügung stehende Halbperiode (vgl. obiges Beispiel) übertreffen. Daher gelingt bei zu schnellem Umdrehen der Feldrichtung, also in Wechselfeldern zu hoher Frequenz, die vollständige Aufladung nicht mehr, das innere Gegenfeld erreicht nicht mehr den Wert des Außenfeldes und die Schirmwirkung sinkt mit zunehmender Frequenz. Zu diesem Absinken trägt auch ein Hochfrequenzeffekt bei, der den Widerstand mit zunehmender Frequenz anhebt. Beim Skin-Effekt aus Abb. 2.5 wird der Strom 12 Die einfache Zeitkonstante RC beschreibt den Vorgang nicht richtig, da das Feld sich sinusförmig ändert und nicht „rechteckig“ ein- und ausgeschaltet wird; zudem wäre bei kurzen Zeiten der Skineffekt zu brücksichtigen. 24 2 Elektrotechnische Grundlagen aus dem Innenbereich der Wand verdrängt, das Material also gar nicht mehr über seine volle Dicke ausgenutzt (vgl. / Leute 04/ S.249). Abb. 2.5 Zum Skin-Effekt: Das Wechselfeld E(t) verursacht nach Maxwell das magneti sche Wechselfeld B(t) und dieses induziert das Gegenfeld E ind ; damit ist im Innern das Gesamtfeld geschwächt und die Stromdichte j reduziert. Quantitativ beschrieben wird der Skin-Effekt durch einen Parameter, der in der gesamten Abschirmtheorie Bedeutung besitzt, nämlich durch die Eindringtiefe (engl. skin depth) δ = 1 0 π σ f r μ μ (2.15) Hier bedeuten f die Frequenz des Wechselfelds, σ die Leitfähigkeit des Materials und µ r seine relative magnetische Permeabilität (wegen des B-Feldes in Abb.2.5 sind die magnetischen Materialeigenschaften relevant! ), µ 0 die magnetische Feldkonstante. Die Eindringtiefe gibt an, in welcher Tiefe die Stromdichte auf 1/ e ≈ 37 % des Wertes am Rand gesunken ist (streng genommen unter der Voraussetzung einer dicken, ebenen, ausgedehnten Wand). Die Werte reichen je nach Leitfähigkeit und Frequenz von einigen Mikrometern (z.B. Metall bei 100 MHz) bis zu einigen Metern (leitfähige Kunststoffe unter MHz); ein paar für rasche Abschätzung nützliche Zahlenwerte zeigt Tabelle 2.3: 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 25 Tabelle 2.3: Einige Werte der Eindringtiefe für verschiedene Leitfähigkeiten und Frequenzen; offensichtlich ist die Tabelle leicht bis 1 oder 10 GHz zu ergänzen σ / (1/ Ωm) 10 kHz 100 kHz 1 MHz 10 MHz 100 MHz 5,7⋅10 7 (Cu) 656 µm 207 µm 66 µm 21 µm 6,6 µm 3,5⋅10 7 (Al) 840 µm 266 µm 84 µm 27 µm 8,4 µm 1,0⋅10 7 1566 µm 495 µm 157 µm 50 µm 16 µm 10 1,566 m 49,5 cm 15,7 cm 50 mm 16 mm 1 4,953 m 1,566 m 49,5 cm 15,7 cm 50 mm Bei Gehäusen aus abschirmenden Kunststoffen ist die Abnahme der elektrischen Schirmdämpfung bei hohen Frequenzen beobachtbar, bei dicken Metallblechen spielt sie im Nahfeldbereich kaum eine Rolle, weil die Schirmdämpfungswerte so hoch sind; im Fernfeldbereich der Welle ist eine andere Vorstellung vom Abschirmmechanismus angemessen. Konkrete Formeln für die Schirmdämpfung gegen elektrische Felder kann man nur für einfache Schirmgeometrien angeben. Dennoch taugen sie natürlich durchaus zur Abschätzung der zu erwartenden Schirmwirkung, denn genaue Rechnungen sind wegen der Verschiedenheit beim „Inhalt“ eines Gehäuses, bei den Durchbrüchen, Anschlüssen etc. sowie nie durchführbar. Nach / Bridges 88/ oder / Perez 95/ S. 402 13 gilt bei höheren Frequenzen für die elektrische Schirmdämfung einer dünnwandigen leitenden Kugel mit Radius r und Wandstärke d im Feld der Frequenz f a E = 20⋅lg E E 0 = 20 lg δ σ π ε δ 3 2 2 0 f r d e - (2.16) Für tiefe Frequenzen, wo δ >> d gilt und die ganze Wand leitet, vereinfacht sich die Formel auf a E ≈ 20 lg d f r σ π ε 3 0 (2.17) 13 Dort fehlt leider das Minuszeichen vor den Ausdrücken auf der rechten Seite ! 26 2 Elektrotechnische Grundlagen und natürlich ergibt sie im statischen Fall unendlich hohe Dämpfung, also einen feldfreien Innenraum. Abb. 2.6 gibt für die vereinfachte Formel Schirmdämpfungswerte für zwei typische abschirmende Kunststoffwände, nämlich eine metallisch beschichtete (3µm, 10 7 1/ Ωm) und eine aus einem mit Leitfähigkeitsadditiv gefüllten Werkstoff (3 mm, 1 1/ Ωm).Verglichen wird mit einem unmagnetischen Metallblech (1 mm, 10 7 1/ Ωm). Zu sehen sind die riesigen Werte der Schirmdämpfung bei niedrigen Frequenzen - 240 dB bedeutet ja ein Innenfeld, das um den Faktor 10 12 schwächer ist als das Außenfeld - sowie die Abnahme zu höheren Frequenzen hin. Abb. 2.6 Frequenzabhängigkeit der elektrischen Schirmdämpfung einer leitenden Hohlkugel mit Radius 20 cm, Wandstärke d und Leitfähikeit σ •• Zusammenfassend kann man klar sagen, dass zur Abschirmung elektrostatischer Felder und elektrischer Wechselfelder nicht zu hoher Frequenz neben Metallblechen auch metallisierte Kunststoffe sowie, in etwas geringerem Maße, leitfähig gefüllte Kunststoffe sehr gut taugen. Im Vorgriff auf einen späteren Abscchnitt könnte man noch fragen, warum es für elektrostatische Felder und lediglich dielektrische Kunststoffe nicht einen analogen Mechanismus gibt wie bei magnetostatischen Feldern (s.u. Abb. 2.7). Natürlich existiert er im Prinzip, und für eine dickwandige Hohlkugel kann man die elektrische Schirmdämpfung einfach angeben: a E = 20 lg (1 + 2 3 ⋅ ε r ⋅ d r ) (2.18) 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 27 Das Problem liegt bei der relativen Permittivität ε r (Dielektrizitätszahl, Dielektrizitätskonstante), die bei Kunststoffen meist im Bereich zwischen 2 und 6 liegt, selten 10 erreicht (siehe z.B. / Saechtling 95/ S. 704f. oder neuere Ausgaben des Kunststoff-Taschenbuchs). Ein Beispielwert von 4 führt zusammen mit 20 cm Radius und 3 mm Wandstärke zu jämmerlichen 0,3 dB Schirmdämpfung. Die Permittivität ist einfach viel zu klein für eine vernünftige Abschirmwirkung. Übrigens kann man ebenso einen manchmal angedachten Mechanismus über dielektrische Verluste vergessen. Werkstoffe, die man mittels HF-Schweißen fügen kann, würden zwar etwas hochfrequente Feldenergie absorbieren, sich dabei aber auch unzulässig erwärmen! 2.1.3 Magnetostatische Felder und ihre Abschirmung Waren elektrostatische Felder einfach abzuschirmen, so wird es bei magnetostatischen Feldern schwierig. Tatsächlich sind magnetostatische bzw. niederfrequente magnetische Felder die am schwierigsten abzuschirmenden. Erst bei höherfrequenten Magnetfeldern wird es etwas leichter, da ein zweiter Mechanismus hilft (siehe Abschnitt 2.1.4). Für Kunststoffe stellen Magnetfelder aber generell eine kaum, beziehungsweise nur mit größerem Aufwand zu lösende Aufgabe dar. Der Mechanismus für statische und niederfrequente Magnetfelder beruht darauf, dass ferro- oder ferrimagnetische Werkstoffe eine relative magnetische Permeabilität µ r besitzen, die - im Gegensatz zur relativen Permittivität der dielektrischen Kunststoffe - große Werte annehmen kann. Viele der hier benötigten weichmagnetischen 14 Materialien erreichen 1000, einige sogar 100 000. Damit wird die zu (2.18) analoge Formel 15 für die magnetostatische Schirmdämpfung einer dickwandigen Hohlkugel mit Innenradius r durchaus effektiv: a H = 20 lg (1 + 2 3 ⋅ µ r ⋅ d r ) (2.19) Die Gleichung liefert beispielsweise mit µ r = 10 4 bei 20 cm Radius und 3 mm Wandstärke gut nutzbare - allerdings keinesfalls mit den hohen Werten der Faraday-Käfige vergleichbare - 40 dB. Für einen Würfel mit Kantenlänge k gilt (über den Innenraum gemittelt) 14 Ein Schirmmaterial muss seine Magnetisierung nach dem äußeren Feld ausrichten (kleine Koerzitivfeldstärke), und diese muss ohne äußeres Feld praktisch verschwinden (kaum Remanenz) 15 Der Faktor 2/ 3 kommt hier und in (2.18) vom Entmagnetisierungsfaktor (siehe / Leute 04/ S. 199 u. 246) 28 2 Elektrotechnische Grundlagen a H = 20 lg (1 + 4 5 ⋅ µ r ⋅ d k ) (2.20) Illustriert wird der Mechanismus in Abb.2.7: Die magnetischen Feldlinien werden in der hochpermeablen Wand konzentriert, so dass der Innenraum relativ feldfrei wird. In der - nicht überall geläufigen - Sprache des magnetischen Kreises (vgl. / Leute 04/ , S. 242ff.) stellt der Innenraum mit seiner niedrigen relativen Permeabilität 1 einen großen magnetischen Widerstand dar, die hochpermeable Wand hingegen einen kleinen Parallelwiderstand; folglich fließt der magnetische Fluss (veranschaulicht durch die Feldlinien) zum größten Teil durch die Wand. Abb. 2.7: Mechanismus der magnetostatischen Abschirmung Leider hat man damit die magnetostatische Abschirmung noch nicht voll im Griff - und schon gar nicht mit Kunststoffen. Zum einen ist die relative Permeabilität keine Konstante, sondern vom äußeren Feld, von der „Aussteuerung“, abhängig: In starken Feldern nimmt sie drastisch ab. Ein Schirmbecher aus dem bekannten hochpermeablen MUMETALL ist z.B. nur bis ca. 10 000 A/ m oder 13 mT wirksam; Verdopplung dieser Feldstärke reduziert die Schirmdämpfung von etwa 60 dB auf 20 dB, nochmalige Verdopplung auf 6 dB (nach / VAC 88/ ). Zum zweiten kann man mit gefüllten Kunststoffen prinzipiell nie hohe Permeabilitäten erreichen. Grund ist das Phänomen der Scherung, das die Steigung der Hysteresekurve und damit die relative Permeabilität erheblich verkleinert (siehe / Leute 04/ S. 244). Es tritt immer auf, wenn das Magnetmaterial unterbrochen wird, und die Feldlinien einen Luftspalt überqueren müssen. Wobei der „Luftspalt“ durchaus mit Polymerwerkstoff gefüllt sein darf, denn „Luft“ bedeutet in der Magnetik schlicht Material mit µ r ≈ 1. Schon ein schmaler Schlitz (der Breite l L ) im 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 29 Ringkern (der Länge l K ) von Abb. 2.8 genügt, um die gemessene relative Permeabilität von einem sehr hohen Wert µ K auf den viel kleineren Wert µ KL ≈ l K / l L (2.21) herunterzuholen. Ein mit Partikeln aus hochpermeablem Magnetmaterial gefüllter Kunststoff ist nun leider voller Luftspalte (bzw. Polymermatrix zwischen der Füllstoffteilchen); von der hohen Permeabilität des Füllstoffmaterials bleibt daher nicht viel übrig. Für kugelförmige Teilchen (nicht sehr günstig, längliche Form bringt aber auch nicht viel mehr) mit dem Volumenfüllgrad p und nahezu unendlich großer relativer Permeabilität kann man die Permeabilität des Mischsystems angeben: µ mix ≈ 1 2 1 + − p p (2.22) Abb. 2.8: a) Geschlossener Ringkern mit Länge (= mittlerer Umfang des Rings) l K = 100 mm aus Material der relativen Permeabilität µ K = 50 000. b) Gleicher Ringkern mit Luftspalt der Breite l L = 1 mm hat nur noch µ KL ≈ 100. c) Ringkern aus gefülltem Kunststoff (schematisch), relative Permeabilität deutlich unter 100. Selbst der sehr hohe Volumenfüllgrad 80 % bewirkt lediglich eine Werkstoffpermeabilität von µ mix = 13. Mit anderen Partikelgeometrien und vielleicht noch höheren Füllgraden mögen Werte um 50 erreichbar sein, doch auch diese Zahl, in (2.18) eingesetzt, ergibt (bei 3 mm Wandstärke und 20 cm Radius) lediglich eine Schirmdämpfung von 3,5 dB. Darauf kann man verzichten angesichts der Probleme mit 30 2 Elektrotechnische Grundlagen Verarbeitung und mechanischem Verhalten, die man sich mit derart hoch gefüllten Werkstoffen einhandelt. Wenn nun gefüllte Kunststoffe nicht wirksam sein können, wie steht es dann mit beschichteten? Obwohl derzeit keine Technologie zur Verfügung steht, hochpermeable Metallschichten etwa nach dem Vorbild der Aluminium-Bedampfungen abzuscheiden (s.u. in Abschnitt 4.2.2), wäre auch dies keine Lösung. Nach (2.18) ergeben sich bei 5 µm Schichtdicke der Permeabilität 1000 (und wieder Radius 20 cm) verschwindende 0,14 dB. Nachweisbar ist magnetostatische Schirmdämpfung bei Mumetall-gefüllten Leitlacken erheblicher Schichtdicke, aber zur technischen Nutzung ebenfalls viel zu wenig (siehe Abb. 4.21). Es bleibt bei der Zusammenfassung: •• •• Statische oder niederfrequente Magnetfelder können mit magnetisch gefüllten oder beschichteten Kunststoffen praktisch nicht abgeschirmt werden. 2.1.4 Magnetische Wechselfelder und ihre Abschirmung Wenn das Prinzip der Feldlinienkonzentration in der Schirmwand bei magnetostatischen Feldern versagt, weil die im Kunststoff erreichbaren Permeabilitätswerte zu gering sind, könnte man sich da nicht auf das Prinzip der Gegenfelderzeugung besinnen - in Analogie zum Faraday-Käfig? Leider existieren keine magnetischen Ladungen, die man vom äußeren Feld verschieben lassen könnte. Magnetfelder werden ja stets von Strömen verursacht 16 . Ströme aber können auch von äußeren Feldern erzeugt werden, wenn diese Felder Wechselfelder sind. In leitfähigen Schirmwänden induzieren nämlich äußere magnetische Wechselfelder elektrische Wirbelfelder und damit Wechselspannungen, die nach Abb. 2.9 Wirbelströme fließen lassen, welche ihrerseits nach der Lenzschen Regel magnetische Gegenfelder verursachen. Im Inneren des Schirms überlagert sich das Gegenfeld dem äußeren Feld, so dass dort das resultierende Feld schwächer ist als das äußere. Zwei Parameter beherrschen die Effektivität dieses Mechanismus. Um große Gegenfelder zu erhalten benötigt man große Ströme und für diese gemäß dem Ohmschen Gesetz 16 Auch in Dauermagneten: Magnetische Momente können auf „Ringströme“ auf atomarem Niveau (z.B. rotierende geladene Teilchen) zurückgeführt werden. 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 31 I = U / R (2.23) große Spannungen und / oder kleine Widerstände; am besten beides. Für die erste Anforderung ist eine möglichst hohe Frequenz f des äußeren Wechselfelds (bzw. eine möglichst hohe Kreisfrequenz ω = 2 π f ) nützlich. Das Induktionsgesetz liefert nämlich bei einer vom (homogenen) Feld senkrecht durchsetzten Fläche A und einem äußeren Wechselfeld H = H m sin ( ω⋅t) = H m sin (2π⋅f⋅t) (2.24) eine induzierte Spannung U ind = µ 0 A ⋅ dH/ dt = f ⋅ 2π⋅µ 0 A H m cos (2π⋅f⋅t) , (2.25) die proportional zur Frequenz anwächst. Bei tiefen Frequenzen, etwa den technischen Frequenzen 16,7 Hz (des Bahnstroms in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Norwegen und Schweden) und 50 oder 60 Hz (des üblichen Wechselstroms in Europa bzw. Amerika) sowie ihren Harmonischen (= ganzzahligen Vielfachen, wobei die ganzen Zahlen klein sind) bleiben Induktionsvorgänge recht wenig effektiv: Verglichen mit 30 MHz - wo nach der alten deutscher Norm DIN VDE 0878 immer noch besonders auf magnetische Felder zu achten war - sind bei 16,7 Hz bzw. 50 Hz die induzierten Spannungen, Ströme und Gegenfelder um die gewaltigen Faktoren 1 800 000 bzw. 600 000 kleiner. Abb. 2.9: Mechanismus der Abschirmung gegen magnetische Wechselfelder durch einen lediglich leitfähigen Schirm Für einen kleinen Widerstand bzw. hohen Leitwert der Schirmwände braucht man möglichst viel Material-Leitfähigkeit sowie Wand- oder Schichtdicke. Und es soll gleich hier darauf hingewiesen werden, dass bei mehrteiligen Schirmen die 32 2 Elektrotechnische Grundlagen Kontaktwiderstände zwischen den Teilen gering sein müssen. In den schlechten Konstruktionen von Abb. 2.10 handelt man sich erhebliche bis riesige Kontaktwiderstände ein. Auch wenn die Wände selbst geringe Widerstände besäßen, machten die in Reihe geschalteten Kontaktwiderstände den Gesamtwiderstand groß. Abb. 2.10: Wirksamkeit mehrteiliger Schirme, Kontaktierung fett schwarz, sonst analog Abb. 2.9. Links unwirksame, in der Mitte mäßige, rechts gute Schirmung Ist der Schirm einteilig oder die Kontaktierung gut, so bestimmen Material und Geometrie die Abschirmwirkung. Die Theorie der Schirmung von magnetischen Wechselfeldern über induzierte Wirbelströme geht auf Kaden zurück (siehe / Kaden 50/ oder, besser zugänglich, / Kaden 59/ ). Von den mehreren analytisch durchgerechneten Schirmen im äußeren Magnetfeld (zwei parallele Platten, Zylinder im Längsfeld, Zylinder im Querfeld, Hohlkugel) wollen wir den Kugelschirm herausgreifen - mit Kunststoffen realisiert man keine Kabelschirme neben Starkstromanlagen, und nur bei derartigen Anwendungen könnte man von einer so klaren Feld- Schirm-Paarung reden wie z.B. Zylinder-Querfeld. Der Kugelschirm ist aber eine gute Näherung für alle Schirme oder schirmenden Gehäuse, die in alle drei Raumrichtungen etwa gleich groß sind, und wo niemand vorhersagen kann, aus welcher Richtung das störende äußere Feld angreift. 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 33 Die Schirmdämpfung im magnetischen Wechselfeld der Frequenz f für eine dünnwandige Hohlkugel mit Innenradius r und Wanddicke d aus einem Werkstoff der Leitfähigkeit σ und der relativen Permeabilität µ r beträgt 17: a H = 10 lg{ 1 9 [(r/ µ r δ)² + (µ r δ / r)²](cosh 2d/ δ cos 2d/ δ) + + 1 3 r/ µ r d (sinh 2d/ δ sin 2d/ δ) + + 1 3 µ r δ/ r (sinh 2d/ δ + sin 2d/ δ) + + ½ (cosh 2d/ δ + cos 2d/ δ)} (2.26) Die Frequenzabhängigkeit ist in der Eindringtiefe δ (2.15) verborgen. Da der Theoretiker Kaden in den vierziger Jahren seine Schirmdämpfungsgleichungen über den natürlichen Logarithmus wie in (2.6) formulierte, findet man z.B. bei / Schwab 94/ von (2.26) abweichende Formeln, die aber Dämpfungen in der ungebräuchlichen Einheit Neper ergeben. Zudem enthalten viele in der Literatur verwendete Formeln einen komplexen Parameter, da die magnetischen Wechselfelder komplex angesetzt werden und einen komplexen Schirmfaktor (2.2) ergeben; für die reelle - und real angestrebte - Schirmdämpfung braucht man aber den reellen Betrag des Schirmfaktors, was nach mühsamer Rechnerei auf das Formelungetüm (2.26) führt. In Grenzfällen kann man (2.26) ein wenig vereinfachen. Für niedrige Frequenzen ergibt sich a H ≈ 10 lg {(1 + 2 3 µ r ⋅ d r )² + ( 2 3 π µ 0 r d σ f)²} (2.27) Der vordere Term führt auf die schon bekannte magnetostatische Schirmdämpfung (2.19). Mit der ganzen Formel wollen wir bestätigen, dass auch ein gut leitender, aber unmagnetischer Blechschirm wie der von Abb. 2.6 (Leitfähigkeit 10 7 1/ Ωm, Dicke 1 mm, Radius 20 cm) bei 50 Hz unwirksam ist: (2.27) liefert kaum nachweisbare 0,3 dB. Im zweiten Grenzfall betrachten wir unmagnetisches Material bei hoher Frequenz (genauer µ r ⋅δ << r ) und erhalten a H ≈ 8,686 d ⋅ π σ μ f 0 + 20 lg (r/ 3 ⋅ π σ μ f 0 2 / (2.28) 17 Da eine Wurzel mit dem Logarithmus verrechnet wird, kommt hier der Vorfaktor 10 trotz der Definition (2.4) 34 2 Elektrotechnische Grundlagen Der obige Blechschirm bringt es bei 1 MHz auf gewaltige 104 dB! Und auch eine 3 µm dicke Metallisierung der gleichen Leitfähigkeit leistet bei 1 MHz noch knapp 50 dB und ist damit durchaus wirksam. Die Ergebnisse der Beispielrechnung sollte man mit den Dämpfungswerten der Faraday-Käfige in Abb. 2.6 vergleichen, natürlich auch bei 1 MHz. Die elektrische Schirmdämpfung liegt um gut 70 dB (eine gewaltige Zahl! ) höher als die magnetische! Ladungsverschiebungen für elektrische Gegenfelder und induzierte Ströme für magnetische Gegenfelder stellen an das Leitungsvermögen der Schirmwände offenbar völlig unterschiedliche Anforderungen - die für magnetische Abschirmung sind viel höher. Damit ist denkbar und kommt in der Praxis mäßig leitender Kunststoffschirme häufig genug vor, dass ein und derselbe Schirm sehr gut gegen elektrische und recht schlecht gegen magnetische Felder schirmt. Auch die für magnetische Abschirmung kaum befriedigende mittlere Konstruktion in Abb. 2.10 könnte für elektrische Schirmung eine völlig ausreichende Lösung bieten. Für die Realisierung und Bewertung von Schirmen ergibt sich eine fundamentale Folgerung: • Unter den lediglich leitfähigen, also unmagnetischen Schirmen für Wechselfelder müssen die elektrisch wirksamen Schirme keineswegs auch magnetisch wirksam sein; umgekehrt sind aber die magnetisch wirksamen mit Sicherheit elektrisch hoch wirksam. Um einen besseren Überblick über den Einfluss der Frequenz, des Geometrieparameters Schichtdicke sowie der Materialparameter Leitfähigkeit und Permeabilität auf die magnetische Schirmdämpfung zu erhalten, wurde in Abb. 2.11 für einige Parameterwerte der Graph der vollen Gleichung (2.26) aufgetragen. Daraus lernen wir: • Bei tiefen Frequenzen schirmt nur Material hoher relativer Permeabilität; • mit zunehmender Frequenz werden auch unmagnetische, also lediglich leitfähige Schirme wirksam; • dickwandige Schirme sind wirksamer als dünnwandige (eigentlich trivial); • Erhöhung der Permeabilität lässt die Kurve der Schirmdämpfung über der Frequenz stärker ansteigen; • Erhöhung der Leitfähigkeit lässt die Schirmdämpfung früher, d.h. schon bei kleineren Frequenzen ansteigen. Dazu kommt ein nicht in der Abbildung dargestellter Einfluss des Schirmdurchmessers: • Größere Schirme schirmen besser als kleine. 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 35 Abb. 2.11 Berechnete magnetische Schirmdämpfung eines Kugelschirms von 20 cm Durchmesser nach Kaden (aus / Leute 89/ ) Oben: Leitfähigkeit 100 1/ Ωm; Einfluss von Wandstärke und Permeabilität. Unten: Unmagnetische Wand von 0,5 mm Stärke; Einfluss der Leitfähigkeit bzw. des spezifischen Widerstands ρ = 1/ σ Ganz allgemein gilt nämlich, siehe z.B. / Kistenmacher 96/ , dass die Schirmdämpfung zunimmt mit wachsendem Verhältnis von Schirmfläche (senkrecht zum äußeren Feld) zu Umfang. Wem das rätselhaft erscheint, der sei an den Mechanismus der Gegenfelderzeugung erinnert (2.25): Die induzierte Spannung nimmt mit der Querschittsfläche A des Schirms zu! Was helfen die obigen Feststellungen bei der Konstruktion abschirmender Kunststoffgehäuse? Wenig hilfreich sind die Aussagen über die Frequenz, denn die wird von einem unbekannten Störer vorgegeben. Die Größe des Gehäuses orientiert sich vor allem am Inhalt, und niemand wird unwirtschaftliche halbleere Kästen bauen wollen; damit darf auch dieser Parameter für die Abschirmoptimierung (fast) 36 2 Elektrotechnische Grundlagen vergessen werden. Die Wandstärke liegt bei gefüllten Kunststoffen etwas höher als bei Blechen - vielleicht bei 2 bis 3 statt bei 0,5 mm. Sie kann aber keinesfalls zur Erhöhung der Abschirmwirkung wesentlich erhöht werden; Wirtschaftlichkeit, Gewicht und Spritzgießverarbeitung stehen dem entgegen. Und bei Beschichtungen ist sie stets gering (z.B. 5 µm bei Metallbedampfungen, z.B. 50 µm bei Leitlacken). Es bleiben die Werkstoffqualitäten. Mit gefüllten Kunststoffen lassen sich nach dem vorherigen Abschnitt 2.1.3 keine vernünftig verarbeitbaren Werkstoffe mit vernünftiger Permeabilität herstellen; dieser Parameter kann höchstens zu geringfügiger Verstärkung der Abschirmwirkung herangezogen werden (siehe Abb. 4.18). Damit beruht praktisch die ganze Abschirmwirkung auf elektrischer Leitfähigkeit. Die erreichbaren Leitfähigkeitswerte gefüllter Kunststoffe liegen allerdings 6 oder mehr Zehnerpotenzen unter denen der Metalle, was durch die etwas höhere Wandstäke keineswegs ausgeglichen werden kann. Und die besser leitenden Leitlacke sind dünn (s.o.), die sehr gut leitenden Metallisierungsschichten sogar sehr dünn. •• Trotzdem kann man mit Kunststoffen gegen magnetische Wechselfelder schirmen wenn die Anforderungen nicht zu hoch gesteckt sind. Das heißt konkret, dass unter einigen hundert kHz kaum nutzbare magnetische Schirmdämpfung zu erwarten ist, und dass hohe Dämpfungswerte, beispielsweise solche über 60 dB auch bei einigen MHz derzeit illusorisch sind. Notwendig ist auf alle Fälle die volle Ausnutzung der Möglichkeiten des Kunststoffs, also bei gefüllten Werkstoffen eine elektrische Leitfähigkeit von mindestens 10 1/ Ωm, bei Metallisierungen eine Schichtdicke von mindestens ca. 3 µm. Solche Schirme bieten dann mehrere Qualitäten: • nutzbare Schirmdämpfung gegen magnetische Wechselfelder höherer Frequenz, • und dazu (wie oben betont) sehr gute Schirmung gegen elektrische Felder bis zu recht hohen Frequenzen, • und dazu auch noch (dies sei im Vorgriff auf 2.1.5 genannt) gute Schirmung gegen elektromagnetische Wellen. Abschließend sei auf eine Möglichkeit hingewiesen, mit der metallbeschichtete Kunststoffe auch gegen magnetische Wechselfelder relativ tiefer Frequenz schirmen könnten, und die für die „konventionelle“ Abschirmtechnik schon lange diskutiert und eingesetzt wird / Kaden 59/ , Kap. F). Besonders wirksam sind eigentlich zwei-schalige Schirme aus einer hoch permeablen Schicht (z.B. Eisen) und einer 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 37 hoch leitfähigen Schicht (z.B. Kupfer). Die bisherigen Versuche, eine derartige Schichtfolge auf Kunststoff aufzutragen, führten allerdings nicht zu hohen Dämpfungen (siehe / Wolf 96/ ) - vermutlich verliert Eisen seine ferromagnetischen Qualitäten, wenn es in sehr dünner Schicht (2 µm) aufgedampft wird. Die bisherige Diskussion, die vor allem auf die Möglichkeiten des Schirmwerkstoffs abzielte, basiert auf Kadens Theorie für Kugelschirme. Sieht man von sehr exclusivem Design ab, so findet man selten elektronische Geräte in Kugelgehäusen. Was natürlich das Verdienst der Theorie nicht schmälert, solange die Kugel eine gute Näherung darstellt. Was die Kugel aber nicht annähern kann, sind scharfe Ecken, wie sie bei Blechgehäusen, aber auch Schirmkabinen häufig sind. Kunststoffgehäuse, bei denen die Fertigungstechnologie (Spritzgießen, Tiefziehen, Schäumen etc.) ganz scharfe Ecken sowieso ausschließt, sind weniger betroffen. Der Eckeneffekt wurde zunächst experimentell entdeckt, als man in Schirmkabinen die magnetische Feldstärke maß, um die Wirksamkeit der Abschirmung nachzuprüfen. Die Feldstärke ist in Eckennähe deutlich höher als in der Mitte des Schirminnenraums. Umgekehrt ausgedrückt, die Schirmdämpfung ist in Eckennähe geringer. Kaden hat den Effekt mit aufwendigen Näherungsrechnungen (Vor- Computer-Zeit! / Kaden 59/ , S.91ff) quantitativ nachvollzogen. Trifft z.B. auf einen Würfel der Kantenlänge 40 cm das äußere magnetische Wechselfeld senkrecht auf eine Seitenfläche, so ist im Innern 4 cm von der Ecke entfernt die Feldstärke gut doppelt so hoch wie in der Würfelmitte, in 2 cm Abstand von der Ecke sogar über 5 mal so hoch. Abhilfe schafft Abrunden der Ecken oder Verstärken der Wand in Eckennähe; besonders empfindliche „Antennen“ sollte man in der gut geschirmten Mitte platzieren, nicht in Eckennähe! Wie man im Hochspannungssaal des Deutschen Museums in München sehen kann, bestehen Faraday-Käfige häufig aus Maschendraht. Aber auch für die Abschirmung gegen magnetische Wechselfelder nach dem Wirbelstromprinzip kann man Drahtgitter einsetzen, wenn die Drähte geschlossene Stromwirbel zulassen. Die Schirmdämpfung wird geringer sein als bei homogenen leitfähigen Schirmwänden, denn zwischen den Drähten greift das äußere Feld in den Innenraum hinein, vergleichbar mit den Aperturen in 2.1.7. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass mit zunehmender Frequenz die Schirmdämpfung nicht beliebig zunimmt wie in Abb. 2.11, sondern dass sie sich, wie in der Beispielrechnung von Abb. 2.12 gezeigt, einem Grenzwert a max nähert. Bestimmende Parameter sind Drahtdurchmesser D D und Drahtabstand (Mitte-Mitte) A D ; der Wert von a max nimmt monoton mit D D / A D zu - bis sich die Drähte bei D D / A D = 1 berühren. Für Kunststoffe ist das Drahtgitter deshalb relevant, weil Spritzgießen - wo man sich Drahtgitter kaum vorstellen kann - zwar für große Stückzahlen das einzige sinnvolle Fertigungsverfahren ist. Bei Kleinserien und Einzelanfertigungen kom- 38 2 Elektrotechnische Grundlagen men aber auch Verfahren der Kunststofftechnologie zum Einsatz, die das Einbetten von Drahtnetzen, Metallvliesen und vergleichbaren „Drahtgittern“ in das Kunststoffteil erlauben. Gedacht ist vor allem an Tiefziehen und Schäumen oder an Duroplast-konstruktionen, bei denen eine Glasfasermatte durch das Drahtgitter ersetzt wird. Im Abschirmbereich besonders interessant sind durchsichtige Fenster aus organischen Gläsern, in die ein Gitter aus ganz feinen Drähten eingearbeitet ist (siehe Abschnitte 2.1.7 und 4.1.4). Abb. 2.12 Durchgezogen: Schirmdämpfung eines Käfigs aus Kupfer-Drahtgitter (Wandabstand 2 m, Drahtdurchmesser 2 mm, Drahtabstand 1 cm) als Funktion der Frequenz. Gestrichelt: Schirmdämpfung eines geschlossenen Kupferschirms gleicher Abmessung mit 2 mm Wandstärke. Nach / Kaden 59/ , S. 282. 2.1.5 Elektromagnetische Wellen und ihre Abschirmung Ein Schirm sei dem Wechselfeld - elektrisch oder magnetisch - eines Störers ausgesetzt, und der Abstand zwischen beiden sei fest und nicht sehr groß. Erhöht man nun die Frequenz des Wechselfeldes, so schrumpft der Nahfeldbereich des Störers nach Tabelle 2.2. Irgendwann muss der Schirm nicht mehr gegen Wechselfelder schirmen, sondern gegen elektromagnetische Wellen - er liegt jetzt im Fernfeldbereich. 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 39 Für die Diskussion von Abschirmungen müssen wir folgende Eigenschaften elektromagnetischer Wellen kennen (siehe auch / Leute 04/ , Kap. 13.3). Eine sich in x-Richtung ausbreitende elektromagnetische Welle besteht wie in Abb. 2.13 aus zwei gleichphasigen, fest aneinandergekoppelten Teilwellen, die von einem zeitlich und örtlich veränderlichen elektrischen Feld E(x, t) und einem ebensolchen magnetischen Feld H(x, t) gebildet werden. Der feste Faktor zwischen den ⎪E⎪- und ⎪H⎪-Werten beträgt in einem nichtleitenden Medium der relativen Permittivität ε r und der relativen Permeabilität µ r ⎪E⎪/ ⎪H⎪ = Z = μ μ ε ε 0 0 r r (2.29) Er wird als Wellenwiderstand bezeichnet (auch als Feldwellenwiderstand, engl. intrinsic impedance; im Slang kurz Impedanz); seine Einheit ist das Ohm (Ω), und sein Wert im leeren Raum (µ r = ε r = 1) beträgt Z 0 = 377 Ω , was schon bei (2.9) benützt wurde. Physikbücher beschränken sich meist auf Wellenausbreitungsmedien ohne Leitfähigkeit. Das ist leicht verständlich, da sich in Metallen Wellen nicht über größere Distanz ausbreiten können, weil z.B. die elektrischen Wechselfelder Ströme fließen lassen, deren Joulesche Verluste die Welle stark schwächen. Aber genau dieses ist ja die Aufgabe einer Schirmwand, sodass wir auch deren Wellenwiderstand Z S brauchen. Für leitende Materialien wie Metalle, eigentlich für σ >> 2πf ε 0 ε r (was wegen ε 0 = 8,854⋅10 12 F/ m und den mäßigen ε r -Werten auch mit leitenden Kunststoffen erfüllbar ist), gilt mit (2.15) Z S = 2 0 π σ f r μ μ = 2 σ δ (2.30) Ein Kupferblech mit σ = 5,8⋅10 7 1/ Ωm besitzt bei 1 MHz (δ = 66 µm) demnach den sehr geringen Wellenwiderstand von knapp 0,4 mΩ. Ein um den Faktor 10 6 schlechter leitender gefüllter Kunststoff hat einen um den Faktor 1000 höheren Wellenwiderstand, also um 0,4 Ω - immer noch weit unter den 377 Ω des leeren Raums. Wellen transportieren elektromagnetische Energie. Die Leistungsdichte oder Intensität einer Welle, also die Energiemenge pro Zeiteinheit und Querschnittsfläche, wird durch den Poynting-Vektor gegeben: S = E × H (2.31) 40 2 Elektrotechnische Grundlagen Er zeigt in Ausbreitungsrichtung und hat den schon in (2.8) genannten Betrag S = ε 0 ε r E² c = µ 0 µ r H² c (2.32) Ebenso wie die Quadrate der Feldstärken oszilliert die Intensität mit der doppelten Frequenz der Welle. Ihr zeitlicher Mittelwert (bei Amplituden von E m bzw. H m ) hat die Größe S = ½ ε 0 ε r E m ² c = ½ µ 0 µ r H m ² c (2.33) Abb. 2.13 „Momentaufnahme“ einer elektromagnetischen Welle Nun lassen wir ebene Wellen senkrecht auf eine unendlich ausgedehnte Schirmwand aus Material der (frequenzunabhängig angenommen) Leitfähigkeit σ und relativen Permeabilität µ r auftreffen. Elektromagnetische We llen haben mit anderen Wellen gemeinsam, dass bei Auftreffen auf einen Impedanzsprung, also eine Grenzfläche zwischen Gebieten mit unterschiedlichem Wellenwiderstand, ein Teil der Welle reflektiert wird. Am bekanntesten ist dieses Verhalten vielleicht bei den akustischen Wellen, die bei Ultraschall-Untersuchungen in Werkstoffprüfung und Medizin Einsatz finden. Nur ein Teil der Welle dringt in das „neue“ Gebiet ein. Bei Passieren der Schirmwand in Abb. 2.14 und 2.15 unterliegt eine elektromagnetische Welle mindestens 2 Reflexionen, einer an der Grenzfläche zwischen Außenraum (Index A in Abb. 2.14) und Schirm (Index S), sowie einer zweiten an der Grenzfläche zwischen Schirm und Innenraum (Index I). Eventuell sind Mehrfachreflexionen wie in Abb. 2.13 zu be- 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 41 rücksichtigen; sie spielen dann eine Rolle, wenn das Reflexionsvermögen beim Verlassen der Schirmwand groß ist. Das Verhältnis der Amplitude E A bzw. H A der auftreffenden Welle im Außenraum (mit Z A = Z 0 ) zur Amplituder der Welle im Schirm E S bzw. H S gleich hinter der Grenzfläche beträgt E E A S = H H A S = Z Z Z S S 0 2 + (2.34) Interessiert das Verhältnis der Intensitäten oder Leistungen, so ist wegen (2.32) die rechte Seite in (2.34) zu quadrieren. Beim Übertritt der Welle in den Innenraum mit Z I = Z 0 gelten analoge Gleichungen. Abb. 2.14 Abschwächung einer Welle durch zwei- oder mehrfache Reflexionen an einer Schirmwand (Schräges Auftreffen der Welle zur besseren Sichtbarmachung). Bei einem „Schirm“ aus einem verlustlosen Dielektrikum wären Reflexionen der einzige Mechanismus zur Schwächung der Welle, bei einem leitfähigen Schirm kommt vom Material des Schirms eine Abschwächung durch Absorption hinzu. Wie bei anderen Wellen auch erfolgt sie exponentiell über dem im Material zurückgelegten Weg x. E(x) = E(x=0) ⋅ δ x e − (2.35) 42 2 Elektrotechnische Grundlagen Der Absorptionskoeffizient, also der Vorfaktor von x, ist gerade der Kehrwert der Eindringtiefe δ (ausführliche komplexe Rechnung z.B. bei / Gonschorek u. Singer 92/ , S. 217 ff). In Abb. 2.15 wird die Absorption als weiterer Schwächungsmechanismus mit einbezogen. Auf dem beschriebenen Verhalten von Wellen an Grenzflächen mit Impedanzsprung und in Wänden mit Absorption beruht das Wanderwellen- oder Impedanzkonzept der elektromagnetischen Abschirmung / Schellkunoff 43/ . Wir brauchen dazu lediglich die Gleichungen (2.34) und (2.35) in Schirmdämpfungen umzurechnen. Abb. 2.15 Abschwächung einer Welle beim Passieren der Schirmwand durch 2 Reflexionen und Absorption Der Anteil der Reflexionsdämpfung zur gesamten Schirmwirkung ergibt sich für 2 Reflexionen zu a R = 20 lg ( ) Z Z Z Z S S 0 0 2 4 + (2.36) Bedenkt man, dass Z S für gut leitende Metalle recht klein ist (vgl. die Beispielrechnung nach (2.30)), so kann man das Argument des Logarithmus grob durch den Bruch Z 0 / 4Z S annähern und kommt auf durchaus hohe Werte. Für die schnelle Be- 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 43 rechnung von Reflexionsdämpfungen taugt die folgende Zahlenwertgleichung, in der die Frequenz in MHz einzusetzen ist und σ Cu ≈ 5,7⋅10 7 1/ Ωm die Leitfähigkeit von Kupfer bedeutet. a R = 108 - 10 lg μ r MHz Cu f σ σ / (2.37) Weitere Zahlenwertgleichungen, die mit amerikanischen Einheiten zu benutzen sind, findet man bei / White 80/ zusammengestellt. Abb. 2.16 zeigt gestrichelt den Graph von (2.37) für einige Metalle und einen leitfähig gefüllten Kunststoff. Da bei Ferromagnetika die Permeabilität bei hohen Frequenzen stark abnimmt, ist die entsprechende Kurve nur bis 1 MHz eingezeichnet. Offenbar nimmt die reine Reflexionsdämpfung mit zunehmender Frequenz ab. Abb. 2.16 Reflexionsdämpfung (gestrichelt) und Absorptionsdämpfung (durchgezogen) als Funktion der Frequenz für Metalle und einen leitfähig gefüllten Kunststoff (K mit σ / σ Cu = 10 -6 ); die Angaben in Klammer geben die Wanddicke an. Bei reiner Absorptionsdämpfung ergibt sich für eine Wand der Dicke d aus (2.35) mit 20⋅lg e = 8,686 die einfache Beziehung a A = 8,686 d / δ (2.38) 44 2 Elektrotechnische Grundlagen Auch sie kann man in der Praxis durch eine Zahlenwertgleichung ersetzen, in der wieder die Indices die zu verwendenen Einheiten angeben: a A = 130 ⋅ d mm ⋅ f MHz r Cu μ σ σ / (2.39) Offenbar nimmt die Absorptionsdämpfung mit steigender Frequenz zu, verhält sich also gegenläufig zur Reflexionsdämpfung. Allerdings ist nach Abb. 2.16 der Anstieg viel dramatischer, und er führt in unrealistische Höhen: Eisenblech der Stärke 1 mm erreicht nach der Formel bei 1 MHz knapp 1000 dB Schirmdämpfung, ebenso Aluminiumblech von 1 mm bei etwa 100 MHz. Derartiges wird jeder Hochfrequenzpraktiker bestreiten, der mit der mangelnden Abschirmung seines Blechschrankes kämpft. Als Vorgriff auf den Abschnitt 2.1.7 sei zugegeben, dass reale Schirme sich sehr deutlich von unendlich ausgedehnten Schirmwänden unterscheiden können. Der Abbildung 2.16 kann man entnehmen, dass für das Modell von Abb. 2.15 sich die gesamte Schirmdämpfung a = a R + a A (2.40) aus zwei verschiedenartigen Beiträgen zusammensetzt. Die Reflexionsdämpfung ist von der Schirmwanddicke unabhängig und nimmt mit zunehmender Frequenz mäßig ab. Die Absorptionsdämpfung ist proportional zur Dicke, bei tieferen Frequenzen verschwindend klein, steigt dann aber sehr steil mit der Frequenz an und übertrifft dann die Reflexionsdämpfung bei weitem. Die Summe beider Beiträge, also die gesamte zu erwartende Schirmdämpfung, wird bei tiefen Frequenzen von Reflexion bestimmt, nimmt also mit der Frequenz ab bis zu einem Minimum, wo diese Abnahme durch die einsetzende Absorption gestoppt wird. Mit weiter zunehmender Frequenz steigt die Schirmdämpfung dann kräftig an, weil jetzt das Verhalten der Absorptionsdämpfung überwiegt. In der Abb. 2.17 ist für den gut leitenden Kunststoff aus Abb. 2.16 die Summe a zusätzlich zu den Einzelbeiträgen a R und a A eingetragen. Das beschriebene Bild der Frequenzabhängigkeit, das man an soliden Metallblechen nachmessen kann, trifft nicht zu bei Schirmwänden, die man „ elektrisch dünn“ nennt. Sie sind für abschirmende Kunststoffe von Bedeutung, und die unten angegebene Formel (2.41) erklärt auch die typischen, von der Frequenz unabhängigen Messergebnisse, die man mit einer Fernfeld-Messzelle vom Koaxialtyp (siehe Abschnitt 3.2.3) erhält. Wegen der geringen Dicke spielt Absorption praktisch keine Rolle, es bleibt praktisch nur Reflexionsdämpfung. Deren Frequenzabhängigkeit stammt aber von der Eindringtiefe δ im Nenner von (2.30); liegt die Wanddicke deutlich unter der Eindringtiefe (d << δ), so wird stets die volle, konstante Wand- 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 45 stärke ausgenutzt, und die Frequenzabhängigkeit verschwindet. Durchrechnen ergibt (siehe z.B. / Wilson 88a/ , / Möbius 88/ ) die Näherungsformel a ≈ 20 lg (1 + Z 0 ⋅ d⋅σ / 2) (2.41) Sie enthält die Frequenz nicht mehr und liefert beispielsweise für σ = 10 7 1/ Ωm und d = 10 µm (z.B. metallisierter Kunststoff, nach Tabelle 2.3 „elektrisch dünn“ bis knapp 100 MHz) beeindruckende 86 dB, für σ = 57 1/ Ωm und d = 3 mm (den leitfähigen Kunststoff aus Abb. 2.16 und 2.17, der nach Tabelle 2.3 immer „dünn“ ist) immerhin noch 30,4 dB. Der Wert ist ebenfalls in Abb. 2.17 eingetragen und fällt mit dem Minimum der Gesamtdämpfung - nicht elektrisch dünn gerechnet - zusammen. Natürlich hat die Fernfeldrechnung für die niedrigeren Frequenzen nur mathematische Bedeutung. Abb. 2.17: Kurven der berechneten Schirmdämpfung a bzw. der Schirmdämpfungsanteile a R (Reflexion) und a A (Absorption) im Fernfeld nach (2.37, 2.39-40); ed bedeutet die Näherung „elektrisch dünn“ gemäß (2.41). Daten für den gefüllten Kunststoff aus Abb. 2.16. Aus der Diskussion der Abbildungen 2.16 und 2.17 schließen wir für Kunststoffe: •• Metallisierte Kunststoffe können ganz gut gegen elektromagnetische Wellen abschirmen; ebenso leitfähig gefüllte, diese aber deutlich schwächer. 46 2 Elektrotechnische Grundlagen In dieser bisherigen Diskussion haben wir mehrfache Reflexion weggelassen, was nach Autoren, die nur an Metallschirme denken (z.B. Singer in / Gonschorek und Singer 92/ , S.222), im Fernfeld immer zulässig ist. In den relativ schlechten Kunststoff-Schirmwänden mit ihrer mäßigen Absorption kann aber ein nicht unwesentlicher teil der Welle nach 3-facher oder noch häufigerer Reflexion noch einmal in den Innenraum von Abb. 2.14 einzudringen versuchen. Die mathematisch aufwändige Berücksichtigung eines dritten Terms in (2.40), eines Korrekturterms für Mehrfachreflexion, wurde z.B. in / Möbius 88/ durchgeführt und führt auf das Diagramm in Abb. 2.18, das die gesamte Schirmdämpfung als Funktion des spezifischen Widerstands darstellt. Von großer Wichtigkeit - für die Auswahl und die Entwicklung von Werkstoffen - ist die daraus ablesbare Aussage: • Vernünftig schirmende gefüllte Kunststoffe müssen einen spezifischen (Durchgangs)widerstand von unter 10 Ω cm = 0,1 Ω m besitzen bzw. eine elektrische Leitfähigkeit von mindestens 0,1 1/ Ω cm = 10 1/ Ω m. Abb. 2.18 Schirmdämpfung (SE = a) einer Schirmwand von 3 mm Dicke aus Werkstoffen mit verschiedenem spezifischem Widerstand ρ = 1/ σ gegen elektromagnetische Wellen (aus / Möbius 88/ ) Bisher wurden für Wellen unendlich ausgedehnte Schirmwände diskutiert, nicht aber endliche, geschlossenen Schirmgehäuse. Bei ihnen kommt ein für Wellen typisches Phänomen hinzu, das hier nur qualitativ angesprochen werden soll, weil für einen realen Schirm die Zahlenwerte sowieso nicht aussagekräfig sind. Gemeint ist das Auftreten von stehenden Wellen innerhalb des Schirms: Für bestimmte Wellen- 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 47 längen einerseits und Schirmabmessungen andererseits (Distanzen zwischen der ersten Schirmwand, durch die eine Welle von außen eindringt, und der gegenüberliegenden zweiten Wand, an der die eingedrungene Welle reflektiert wird) sind die Bedingungen für positive Interferenz erfüllt (vgl. / Leute 04/ , Kap. 13.1.3). Wellen mit Frequenzen, die zu solchen Wellenlängen gehören, sind im Schirminneren mit viel größerer Amplitude präsent als Wellen mit „nicht passenden“ Wellenlängen - man spricht von Raumresonanzen. Abb. 2.19 Schematischer Verlauf der Schirmdämpfung über der Frequenz bis in den Bereich der Raumresonanzen Die Kurve der Schirmdämpfung über der Frequenz in Abb. 2.19 zeigt scharfe Minima bei bestimmten Frequenzen, sogenannte Dämpfungseinbrüche. In ihrer Umgebung ist der Schirm wesentlich durchlässiger - vielleicht um 25 bis 35 dB - als unterhalb des ersten Einbruchs oder zwischen den Minima. Man muss sich allerdings darüber klar sein, dass eine derartige Kurve nur für einen bestimmten Ort im Schirm Gültigkeit besitzt (wichtig ist die Lage des Orts relativ zu Knoten und Bäuchen der stehenden Welle), und dass die Einbrüche für das Magnetfeld und für das elektrische Feld wegen verschiedener Randbedingungen bei unterschiedlichen Frequenzen liegen (vgl. / Kaden 59/ , S. 134 18 oder / Fuchs et al. 94/ ). Und vor allem verändert der Inhalt realer Schirme die Interferenzbedingungen - die Abb. 2.18 kann also nur schematische Darstellung sein. Trotzdem darf man nach Tabelle 2.2 18 Dort berechnet Kaden für den Mittelpunkt einer Kugel mit 1 m Radius (eher eine Schirmkabine als ein Gerätegehäuse! ) aus 0,1 mm starkem Kupfer den ersten elektrischen Einbruch bei 130 MHz und den ersten magnetischen bei 215 MHz. Moderne numerische Simulationsrechnungen (z.B. von FEKO) bestätigen Kadens Ergebnisse ausgezeichnet. 48 2 Elektrotechnische Grundlagen abschätzen 19 , dass mit Raumresonanzen bei üblicher Gerätegröße vielleicht ab einem halben Gigahertz zu rechnen ist. 2.1.6 Zusammenfassung und Vergleich für ideale Schirmgeometrien In den Abschnitten 2.1.2 bis 2.1.5 wurde die Wirksamkeit von Abschirmungen gegen äußere Felder und Wellen besprochen, und zwar gegen homogene elektrische und magnetische Felder sowie gegen senkrecht auftreffende Wellen. Qualitativ lassen sich die darin gewonnenen Aussagen, insbesondere über die Tauglichkeit von Werkstoffen, auch auf inhomogene Felder und schräges Auftreffen übertragen. Qualitative Übertragbarkeit gilt auch für Schirme, die die Abstrahlung einer Schaltung in ihrem Inneren unterdrücken sollen, also Schirme mit innerer Felderregung. Solche Schirme brauchen (meistens) die Geräte, denen bescheinigt werden soll, dass ihre Funkstörfeldstärke die Normwerte nicht überschreitet (siehe Kap. 5). Selbstverständlich gilt Übertragbarkeit für Wellen im Fernfeld, weil in Abschnitt 2.1.5 ja zunächst gar keine Schirme, sondern Schirmwände diskutiert wurden, auf die die Welle genauso gut von innen auftreffen darf. Da störender Sender und Schirmwand aber relativ nahe beieinander liegen, dürften Fernfeldbedingungen erst bei höheren Frequenzen realisiert sein; nach Tabelle 2.1 bei einem größeren Gehäuse vielleicht ab 0,5 GHz, bei einem Funktelefon erst ab 2 oder 3 GHz. Übertragbarkeit gilt aber auch für Nahfelder. So ist beispielsweise nach / Kaden 59/ , S. 179ff. das Feld einer Luftspule im Außenbereich eines (kugelförmig angenommenen) Schirmbechers einfach ein magnetisches Dipolfeld, das im Vergleich zur Spule ohne Becher um einen Schirmfaktor geschwächt ist - und zwar um den bekannten Schirmfaktor des Kugelschirms im äußeren homogenen Feld. Zu beachten ist allerdings die Rückwirkung des Feldes auf die felderzeugende Anordnung, die dort Schaltungseigenschaften verändern kann (und im Beispiel eine Verringerung der Induktivität der Spule bewirkt). Doch das ist kein Problem der Schirmwirkung nach außen mehr. Bei leeren Kugelschirmen in einem bekannten homogenen äußeren Feld konnte man die Feldstärke im Innern absolut ausrechnen und damit Störungsmöglichkeiten auf die Schaltung abschätzen. Entsprechendes, die quantitative Angabe einer Feldstärke im Außenraum, ist bei Schirmen mit innerer Felderregung kaum mehr möglich - dabei ist das der Wert, den man zur Normerfüllung braucht. Außer bei so ein- 19 Die Eigenfrequenzberechnung bei diesem Hohlraumresonator ist nicht ganz so durchsichtig wie bei Seilwelle und Orgelpfeife; die Frequenzen der vorigen Fußnote gehören zu Verhältnissen Wellenlänge zu Durchmesser von 1,14 bzw. 0,70 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 49 fachen „Sendern“ wie der obigen Spule mit ihrem Dipolfeld, oder geradlinigen Leitern in Kabelschirmen, dürfte die „sendende“ Schaltung in der Regel ein kompliziert inhomogenes Feld abstrahlen, das durch Schirmrückwirkung nicht übersichtlicher wird. Im Prinzip gilt natürlich, dass bei passiven Bauelemenen - und dazu zählen Schirme - das Vorzeichen von Spannungen, Strömen, Strahlungsrichtung etc. umgedreht werden darf, doch bei Schirmen ist diese Reziprozität diskussionswürdig. Zumindest weil ein Außenfeld auch in der Praxis homogen sein kann, ein Innenfeld aber nicht. Entscheidend ist daher letztlich die Messung am fertigen Gerät unter Normbedingungen: Die abgestrahlte Funkstörfeldstärke - von der Schaltung irgendwie abgestrahlt und vom Schirm um einen bestimmten Faktor geschwächt - darf in einem gewissen Abstand vom Gerät den Normwert nicht übersteigen. Nach dem Gesagten besitzt praktisch für alle Abschirmprobleme Gültigkeit, was in 2.1.2 bis 2.1.5 für die Möglichkeiten abschirmender Kunststoffe abgeleitet wurde. Wir wiederholen: •• Zur Abschirmung elektrostatischer Felder und elektrischer Wechselfelder sind metallisierte Kunststoffe sowie, in etwas geringerem Maße, gut leitfähig ausgerüstete Kunststoffe sehr gut geeignet. •• Metallisierte Kunststoffe können recht gut gegen elektromagnetische Wellen abschirmen, ebenso leitfähig gefüllte; diese aber deutlich schwächer. •• Auch gegen magnetische Wechselfelder kann man mit Kunststoffen schirmen wenn optimale Kunststoffe eingesetzt werden und die Frequenz nicht zu niedrig liegt. •• Statische oder niederfrequente Magnetfelder können mit magnetisch gefüllten oder beschichteten Kunststoffen praktisch nicht abgeschirmt werden. Die zuletzt genannten Feldtypen können wir also (derzeit) praktisch vergessen. Unter den übrigen ergibt sich für die abschirmende Ausrüstung von Kunststoffen die folgende Hierarchie: ••• Am leichtesten zu schirmen ist gegen elektrostatische Felder und elektrische Wechselfelder nicht zu hoher Frequenz, dann folgen elektromagnetische Wellen, dann magnetische Wechselfelder nicht zu niedriger Frequenz. Es gibt einige Anwendungen, z.B. im ESD-Umfeld, wo gezielt gegen die statischen oder quasistatischen elektrischen Felder aufgeladener Körper zu schirmen ist. 50 2 Elektrotechnische Grundlagen Hier haben dünnste Metallisierungen und geringe Konzentrationen an Leitfähigkeitsadditiven ihren Platz - zu sehen auf bzw. in den ESD-Schutzbeuteln. Im Problemfeld der abgeschirmten Gehäuse oder technischen Schirme im Innern von Geräten sind jedoch fast überall die Anforderungen entweder unbestimmt - sodass man mit Störungen aller Art rechnen muss - oder bekanntermaßen höher. Hier genügt eine nachgewiesene Wirkung als Faraday-Schirm keineswegs; ein solcher könnte durchaus Wellen nur schlecht und magnetische Wechselfelder überhaupt nicht dämpfen (vgl. auch Abb. 3.8). Anzustreben ist akzeptable Schirmwirkung gegen magnetische Wechselfelder; die Hierarchie liefert dann automatisch noch bessere Schirmwirkung gegen Wellen und hervorragende gegen elektrische Felder. Für diese „Politik“ spricht der obige Hinweis, dass bei der Abstrahlung von Geräten der „Nahfeldbereich auf der Frequenzskala“ bis zu recht hohen Frequenzwerten reicht. Wenn die machbare kunststofftechnische Lösung dies zu leisten nicht imstande ist, so muss zumindest die Fernfelddämpfung gegen Wellen akzeptabel sein. Praktisch keine Aussagekraft hinsichtlich des Nutzens eines Schirmmaterials bieten Daten über die elektrische Schirmwirkung allein! An Proben gemessene dB-Zahlen unterscheiden sich kräftig, je nach Feldtyp und Frequenz (letzteres wegen (2.41) bei vielen Fernfeldmessungen nicht nötig). Definiert wird der Feldtyp durch Antenne und Geometrie des Messaufbaus. Macht ein Anbieter abschirmender Kunststoffe dazu keine Angaben, so ist höchste Vorsicht angebracht. War nämlich „nur“ die elektrische Dämpfung gemeint, so kann man mit dem Material wenig anfangen - und Zweifel an der Kompetenz oder Seriosität der anbietenden Firma sind angezeigt. 2.1.7 Reale Schirme Ein bisschen hat uns ja die Realität schon am Ende des Abschnitts 2.1.5 eingeholt, als darauf hingewiesen wurde, dass Schirme, insbesondere für elektronische Geräte, meist mit Leiterplatten, Modulen, Komponenten etc. gefüllt sind, die ihrerseits Wellen reflektieren können. Die Frequenzlage und „Stärke“ von Raumresonanzen kann man nicht aus einer idealisierten Schirmgeometrie ableiten. Ebenfalls auf reale Schirme bezog sich auch schon der Hinweis auf den Eckeneffekt am Schluss von Abschnitt 2.1.4, nach dem in der Nähe scharfer Ecken die Schirmwirkung geringer ist als in der Mitte des Schirminnenraums. Bei der Platzierung besonders empfindlicher elektronischer Baugruppen innerhalb eines Schirms muss er gegebenenfalls in Betracht gezogen werden, ebenso bei der Dimensionie- 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 51 rung der Wandstärke im Eckenbereich oder der Leitlack- oder Metallisierungschichtdicke - es wäre besonders schlecht, wenn nicht richtig zugängliche Ecken eine besonders dünne Schicht aufgetragen erhielten! Bisher nicht angesprochen ist aber ein fundamentales Problem, das der Funktion von Schirmen überaus schädlich ist: Jeder Schirm hat Löcher! Elektronische Komponenten im Innern müssen irgendwie in das Gehäuse hineingekommen sein, sie brauchen Versorgung mit Strom und Kühlluft, und sie sollen mit der Außenwelt in Verbindung stehen. Typische Löcher sind deshalb: Fugen zwischen Gehäuseteilen, Ränder von Türen, Klappen, abnehmbaren Wänden etc., Durchbrüche für Bildschirme, Durchbrüche für Messgerätediplays oder -skalen, Durchbrüche für Kontrollampen, Schalter, Drehknöpfe, Tasten, Sicherungen etc., Durchführungen für Netzleitungen, Durchführungen für Kupfer-Signalleitungen, Durchführungen für Glasfaserkabel, Durchführungen für Druckluftschläuche, Durchführungen für Schläuche mit Temperierflüssigkeiten, Lüftungsöffnungen (Löcher, Schlitze, Kamine), etc. Diese Löcher im Schirm, auch Aperturen genannt, können die Schirmwirkung dramatisch beeinflussen, ja sie können den Wert der gesamten Schirmdämpfung fast ausschließlich bestimmen. Ein antikes Analogon zur Illustration: Das Leder eines prall gefüllten Weinschlauchs, das der undurchbrochenen Schirmwand entspricht, ist nahezu dicht und führt nur zu minimalen Flüssigkeitsverlusten. Kritisch sind aber die vielleicht nur nachlässig zugebundenen Öffnungen, durch die wesentlich mehr Wein nach außen rinnen kann als quer durch das Leder; diese Lecks bestimmen im wesentlichen die Verlustrate! In einem etwas moderneren Vergleich stellen die „Wege“ durch die Schirmwand und durch die Lecks Parallelwiderstände dar, und bekanntlich liegt der Wert des Gesamtwiderstands unter dem Wert des kleinsten Einzelwiderstands. Falls bei zweien der größere viel größer ist, liegt der Gesamtwiderstand ganz knapp unter dem Wert des kleineren. 52 2 Elektrotechnische Grundlagen Falls man die Löcher oder Lecks durch Leckverluste L i in dB charakterisieren kann, so kommt man nach / White 80/ , S. 1.36, im ungünstigsten Fall auf folgende effektive Schirmdämpfung a eff des durchlöcherten Schirms, der ohne Löcher die Schirmdämpfung a besitzen würde: a eff = -20 lg { 10 -a/ 20 + 10 20 − ∑ L i i } (2.42) Demnach wird ein 70-dB-Schirm durch ein 50-dB-Leck auf eine effektive Dämpfung von 49,2 dB reduziert. White / White 80/ und Singer (/ Gonschorek u. Singer 92/ , S. 230) geben als Beispiele für L i etwa für Türfugen 88 dB bzw. 75 dB; wahrscheinlich ist dabei an Metallkonstruktionen gedacht. Die obige Betrachtung ist zwar prinzipiell lehrreich, was den Einfluss von Lecks angeht, doch eigentlich kann man für ein Loch keine feste dB-Zahl angeben. Der Durchgriff von Feldern und Wellen durch Löcher und Schlitze (vgl. / Kaden 59/ , Kap. G und H) führt nämlich dazu, dass hinter dem Loch in Abb. 2.20 stark inhomogene Felder entstehen, insbesondere Dipolfelder mit einem fiktiven Dipol im Loch oder Schlitz. Die Stärke solcher Felder hängt bekanntlich von der genauen Position (Winkel und Abstand relativ zum Dipol) ab, für die man die Feldstärke wissen möchte. Da die Schirmdämpfung aus dem Vergleich des homogenen Feldes vor dem Schirm mit dem Feld hinter dem Schirm (mit Loch) abgeleitet wird, würde sich so etwas wie eine ortsabhängige Schirmdämpfung ergeben. Die dB-Zahlen haben deshalb nur Gültigkeit für fixe Positionen von Schirm und Empfänger. Statt nur sehr beschränkt gültiger Formeln (solche findet man z.B. in / White 80/ , S. 2.20 ff. und / Perez 95/ , S. 426) daher nur einige Ratschläge: Abb. 2.20 Durchgriff eines Magnetfeldes durch ein Loch in einer Schirmwand 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 53 Vermeiden sollte man vor allem längere Schlitze, da sie bei geeigneter Ausrichtung der Feldvektoren buchstäblich als Antennen wirken können (in der Hochfrequenztechnik gibt es Schlitzantennen! ). / Wittenburg 89/ warnt insbesondere vor Schlitzen, die mehr als λ / 20 (bei hohen Anforderungen sogar nur λ / 50) lang sind. Natürlich denkt man hierbei sofort an Lüftungsschlitze, die leider einen klaren, wenn auch immer wieder zu beobachtenden Konstruktionsfehler darstellen! Unvermeidbar sind hingegen Fugen von Türen und Klappen oder zwischen Gehäuseteilen. Bei gefüllten Kunststoffen sollte man aber auch die Bindenähte des Spritzgießprozesses nicht außer acht lassen; denkbar ist, dass sich dort längliche Zonen mit geringer Konzentration an Leitfähigkeitsadditiven ausbilden - bekanntlich eilt das ungefüllte Polymer dem Füllstoff voran. Der mechanisch solide Schirm wäre dann elektro-magnetisch geschlitzt. Wie bei der Wasserversorgung oder in der Pneumatik setzt man zum Abdichten von Fugen auch in der Hochfrequenztechnik Dichtungen ein. Das können metallische Kontaktfederleisten sein oder federnd zusammendrückbare Schläuche aus Metallgeweben; technisch reizvoll - weil sie zugleich elektromagnetische Dichtungen und Dichtungen gegen Luft oder Flüssigkeiten sein können - sind Elastomerprofile, die mit Metallpartikeln gefüllt sind - in weiterem Sinne wieder leitfähig gefüllte Kunststoffe (siehe Abschnitt 4.1.5). Sicherzustellen ist, dass der (möglichst geringe) Kontaktwiderstand von der Dichtung zum Gehäuseteil während der Lebensdauer des Geräts nicht wesentlich zunimmt. So werden die Elastomerdichtungen nicht selten mit Silber gefüllt (wie auch die Leitkleber), weil das Korrosionsprodukt von Silber elektrisch beinahe so hervorragend leitet wie das Metall selbst. Braucht man Lüftungsöffnungen, so darf man sie, wie erwähnt, möglichst nicht als Schlitze ausbilden. Vorzuziehen sind, wie in Abb. 2.21 illustriert, perforierte Wände mit vielen kleineren Löchern, die aber natürlich noch strömungstechnisch wirksam 20 sein müssen. Für die Schirmdämpfung sind sie bei gleichem Perforationsgrad (Verhältnis gesamte Lochfläche zur perforierten Fläche) „weniger schädlich“ / Schwab 94/ als Felder mit wenigen größeren Löchern; neuere Messungen dazu werden in / Bernauer 96/ vorgestellt. Wiederum sollte man beim Spritzgießen perforierter Wände aus gefüllten Kunststoffen auf Umströmungsprobleme achten. Denkbar ist ja, dass wenig leitende Bindenähte aus Lochreihen Schlitze machen. 20 Solange es sich um um ein „großes“ Loch in einer „dünnen“ Wand handelt, ist für den Volumenstrom praktisch nur die Fläche maßgebend (sowie die Form der Lochkante und der Druckunterschied). „Dünne“ Kanäle in relativ „dicken“ Wänden sind aber „Rohre“; beim Extremfall laminarer Strömung hängt der Volumenstrom dann von der 4. Potenz des Durchmessers ab halbiert man den Durchmesser und nimmt dafür 4 „Rohre“, so fließt trotz gleicher Fläche nur ein Viertel des vorigen Volumenstroms. 54 2 Elektrotechnische Grundlagen Für Luft durchlässig, für elektromagnetische Wellen aber praktisch „dicht“ sind bei richtiger Auslegung Kamine. Nützlich sind solche Rohre auch für die Durchführung von (isolierenden) Kunststoffwellen bei Schaltern, von Druckluftschläuchen etc.. Im Prinzip sind Kamine Hohlleiter, die nur Wellen mit Frequenzen über einer Grenzfrequenz durchlassen (vgl. / Leute 04/ , S.293f.). Wellen mit geringeren Frequenzen werden nach einem kurzen Stück weggedämpft. Für einen luftgefüllten zylindrischen Kamin mit Durchmesser D und Länge l beträgt die Grenzfrequenz f G = 17.6 GHz / c m D (2.43) und die Dämpfung a K = 32 ⋅ l/ D (2.44) Damit hat ein Rohr von 5 mm Durchmesser und 15 mm Länge sehr wirksame 96 dB Dämpfung, wenn die Frequenz unter 35 GHz bleibt. Abb. 2.21 Verschiedene Anordnungen von Lüftungsöffnungen mit ungefähr der gleichen Luftdurchlassfläche, aber nach rechts abnehmenden Schwächung der Schirmwirkung Will man viel Luft fördern, so ordnet man viele Kamine nebeneinander an. Bei solchen Wabenkaminen ist der Querschnitt des Einzelrohrs häufig quadratisch oder sechseckig; die obigen Formeln sind aber noch akzeptable Näherungen. Ist das Rohr mit einem Dielektrikum gefüllt (z.B. Kunststoffwelle), so reduziert sich die Grenz frequenz (2.43) um den Faktor ε r ; bei ε r = 4 also auf die Hälfte. Die flächenmäßig größten, wenn auch nicht unbedingt die durchlässigsten Löcher in einem schirmenden Gehäuse sind bei entsprechenden Geräten Fenster, insbesondere die „Glasscheiben“ von Bildschirmen und Displays. Diese Scheiben sind 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 55 zwar ebenfalls geschirmt, es ist aber ein gewisser Widerspruch, zugleich gute optische Durchsichtigkeit und gute Abschirmwirkung zu fordern. Die üblichen Lösungen verwenden entweder sehr dünne leitfähige Schichten aus aufgesputtertem 21 Gold (Nanometer! ), Silberoxid oder Indium-Zinn-Oxid (ITO, Indium-Tin-Oxide). Oder man setzt für höhere Abschirmansprüche feiner Maschendrahtnetze (Kupfer oder Edelstahl, oft geschwärzt) ein, die über das Glas gespannt (empfindlich) oder, besser, ins Glas eingebettet werden (siehe Abschnitt 4.1.4). Wobei „Glas“ neben Mineralglas auch Acrylglas, Polycarbonat oder Polyester bedeuten kann. Die Schirmdämpfung von Drahtgittern steigt bei Magnetfeldern nicht mit zunehmender Frequenz beliebig an wie bei „massiven“ Schirmen (vgl. Abb. 2.12), sondern sie nähert sich einem maximalen Grenzwert, der durchaus in einem gut nutzbaren Wertebereich liegen kann (vgl. / Kaden 59/ , S. 282, oder / Gonschorek 92/ , S. 234). Dennoch müssen Fenster in der Regel als großflächige Schwachstellen im Schirm berücksichtigt werden. Reale Gehäuse müssen kontaktiert werden. Wenn abgeschirmte Leitungen durch die Gehäusewand geführt werden, so sind Kabelschirm und Gehäuseschirm miteinander zu verbinden - und zwar von außen und nicht nur an einem Punkt, sondern am besten auf dem vollen Umfang des Kabelschirms, zumindest aber an zwei oder mehr Punkten. Eine weitere Veranlassung zur Kontaktierung eines schirmenden Gehäuses ist Erdung. Erdung ist zwar für die Funktion der in 2.1.2 bis 2.1.5 beschriebenen Schirme überhaupt nicht nötig (mit der Ausnahme von einzeln stehenden „Abschattungsblechen“ gegen elektrische Felder, die man manchmal zur gegenseitigen Abschirmung zweier Leiterplatten einsetzt), in der Elektrotechnik wird aber gern und viel geerdet und manchmal zu viel - wie es Lewis in / Perez 95/ , S. 301 ff. amüsant schildert. Nicht nur punktuelle Kontakte, sondern (beinahe) linienhafte Kontakte sind zwischen Gehäuseteilen (Boden, Deckel usw.) herzustellen, sonst ist Abschirmung über Wirbelströme nicht möglich (vgl. Abb. 2.10), und man hat stark durchlässige Schlitze in den Schirm eingebaut. Kontaktierung ist kein Problem bei Metallwänden: Es genügt für Punktkontakte eine Löt- oder Schweißverbindung oder eine Schraube, bei der man allerdings auf blanke Metallkontaktflächen und Korrosionsschutz achten muss. Ausreichend dichte Schraubenreihen stellen auch Linienkontakte her. Bei Kunststoffwänden ist der Kontakt schwieriger herzustellen, was an dieser Stelle nur angedeutet werden soll (mehr in Kapitel 4). Dünne Metallisierungs- 21 Die (kaum gebräuchliche) deutsche Bezeichnung für Sputtern ist Kathodenzerstäuben: Von einem elektrischen Feld beschleunigte positive Argon-Ionen schlagen aus einem Vorrat des abzuscheidenden Materials (negatives Target = Kathode) winzige Partikel heraus, die sich (auch) auf der zu beschichtenden Fläche (Substrat) ablagern. 56 2 Elektrotechnische Grundlagen schichten sind oft nicht stabil bzw. haftfest genug, als dass man sie direkt mit Kupferlitze oder ähnlichem zusammenbringen könnte. Manchmal helfen hier federnde Andruckverbindungen auf etwas größerer Fläche. Auch Linienkontakte bedürfen erheblicher Überlegung; es ist nicht leicht, Verbindungen nach der Art von Nut und Feder wirksam, aber „unsichtbar“ und abriebfest zu metallisieren. Bei gefüllten Kunststoffen müssen die metallisch leitenden Füllstoffpartikel erst freigelegt werden, indem man mechanisch durch die isolierende Spritzhaut durchdringt (z. B. durch schneidende Gewinde oder Anfräsen). Stets muss das Alterungsverhalten solcher Kontakte überprüft werden! 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung Ein Teil der ESD/ EGB-Problematik wurde in Abschnitt 2.1.2 über die Faraday- Käfige schon abgehandelt, denn diese sind natürlich auch gegen die statischen oder langsam veränderlichen elektrischen Felder aufgeladener Körper wirksam. Was fehlt ist die Beschreibung der Vorgänge des Auf- und Entladens, deren Ablauf durch die elektrischen Parameter eines Ersatzschaltbildes aus Kapazitäten, Widerständen (seltener auch Induktivitäten) samt ihren Verbindungsleitungen festgelegt wird. Ebenfalls zu beschreiben ist die EGB-Umgebung, die diese Auf- und Entladungen verhindern bzw. harmlos gestalten soll - hier spielen leitfähige Kunststoffe eine Schlüsselrolle. Nicht behandelt werden hier schaltungstechnische Schutzmaßnahmen für EGB: Es ist zwar sehr wichtig, die genauen Schädigungsmechanismen auf dem Chip herauszufinden und diese dann - soweit möglich - durch den Einbau schützender Schaltelemente oder sonstige Layoutänderungen unschädlich zu machen; dieser Teil der EGB-Literatur zählt aber zur Halbleiterphysik bzw. Mikroelektronik und liegt außerhalb des Rahmens dieses Buches. 2.2.1 Modelle Die vielen denkbaren elektrostatischen Schädigungssituationen müssen schematisiert werden, damit man in standardisierten Prüfungen feststellen kann, ob irgendwelche Bauelemente empfindlich und irgendwelche Schutzmaßnahmen wirksam 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 57 sind. Die Situationen müssen durch konkrete Ersatzschaltbilder elektrisch modelliert werden, damit man Prüfschaltungen aufbauen kann, in denen der Schädigungsvorgang im Labor nachgestellt und untersucht werden kann. In einer ersten schematisierten Situation wird der Mensch aufgeladen, der dann Unheil anrichtet, also z.B. mit den Fingern eine Computer-Tastatur oder einen herumliegenden IC berührt. Dies war beim Aufkommen der ESD-Problematik das wichtigste Schädigungsszenario - beinahe sprichwörtlich der Chef, der Besucher herumführt und mit dem Finger überall draufdeutet. Es hat dank konsequenter Schulung und vielfältiger Schutzmaßnahmen in Labor und Fertigung an Schrecken verloren, besitzt aber immer noch erhebliche Bedeutung. Weil die Schutzmaßnahmen viel mit leitfähigen Kunststoffen zu tun haben, verdient das Human-Body- Model (HBM) durchaus Erwähnung auch hier, obwohl es zur Untersuchung von Bauelementen konzipiert ist. Zudem taugt es zur Gehäuseprüfung in Abschnitt 3.3.2. Im Modell soll nachgestellt werden, was man bei Experimenten mit Personen herausgefunden hat, die isoliert stehend auf 16 kV aufgeladen wurden: Bei der Entladung produzieren sie Stromimpulse, die innerhalb von 0,5 bis 50 ns (nano! ) auf bis zu 60 A ansteigen, dann innerhalb 50 bis 100 ns wieder abklingen. Zunächst interessiert, wieviel Ladung der menschliche Körper trägt. Der dafür zuständige „Körperparameter“ ist die elektrische Kapazität C K des Körpers. Im HBM beträgt diese Kapazität 150 pF; in der Literatur diskutiert bzw. in älteren Versionen der Normen IEC 801-2 und VDE 0843-Teil 2 angegeben wurden Werte zwischen 50 pF und 500 pF. Der Mensch ist eben ein schwierig zu normendes Gebilde, bei dem alle Werte des Wertebereichs realistischerweise auftreten können. Für den in 1.2 beschriebenen Schädigungsmechanismus über hohe Stromstärken beim Entladevorgang ist ebenfalls wichtig, wie schnell die Ladung abfließen kann. Dies regelt der Parameter Widerstand, der eigentlich aus 2 hintereinandergeschalteten Einzelwiderständen besteht: Im Modell immer gleich ist der Innenwiderstand R K des Körpers; unterschiedlich von Situation zu Situation ist der Kontaktwiderstand R Kon , beispielsweise zwischen Fingerspitze und Bauelementanschluß oder PC- Taste. Im ungünstigsten Fall ist der Kontaktwiderstand aber verschwindend klein, weswegen das HBM einfach mit dem alleinigen Widerstand R K = 330 Ω arbeitet. Früher diskutierte Werte lagen zwischen 100 Ω und 10 kΩ, früher genormte waren 150 Ω und 1,5 kΩ. Abb. 2.22 zeigt mehr als das übliche HBM, das nur die in der Bildunterschrift genannten Schaltungsteile beinhaltet. Die zur Aufladung vorher „von außen“ angelegte Spannung - im Fall der realen Schädigung von einem Reibungsvorgang geliefert - wird im Fall der Prüfung bei geöffnetem Schalter S 2 über den geschlossenen Schalter S 1 von einem entsprechenden Generator (über einen nicht eingezeichneten hohen Aufladewiderstand) zur Verfügung gestellt. Nach dem Aufladevorgang ist S 1 58 2 Elektrotechnische Grundlagen geöffnet. Zur Entladung wird S 2 geschlossen, sodass die in C K gespeicherte Ladung über R K durch das Bauelement BE auf Erde abfließen kann. So kann man mit Hilfe des HBM Bauelemente auf ihre Empfindlichkeit überprüfen. Der erweiterte Schaltplan enthält auch eine in Induktivität L, da bei den schnellen Entladungszeiten im Bereich einiger Nanosekunden der induktive Widerstand auch gerader Leiterstücke eine Rolle spielt. Ferner ist der schon besprochene Kontaktwiderstand R Kon eingezeichnet. Hat man schon Maßnahmen zur weichen Erdung ergriffen, so können diese durch den Schutzwiderstand R S simuliert werden. So bekommt man einen Eindruck, ob das Bauelement auch noch bei Ableitung der Ladung über hohe Widerstände gefährdet ist. Abb. 2.22 Schaltbild eines erweiterten Human-Body-Modells; zum eigentlichen HBM gehören der Aufladegenerator, die Schalter, der „menschliche Körper“ mit R K und C K , das Bauelement BE und die Ableitungen zur Erde Ein zweites Modell stellt ein Schädigungsszenario nach, das man in vielen Elektronikfertigungen an Bestückungsautomaten studieren kann. Es hat das inzwischen sorgfältig beachtete HBM-Szenario an „Schädigungshäufigkeit“ abgelöst und stellt ein großes, vermutlich das größte ESD-Problem für EGB dar. Integrierte Schaltkreise, ICs, besitzen meist 22 ein Plastikgehäuse und sind daher elektrostatisch aufladbar. Das kann selbst bei Gleiten über Metallschienen erfolgen und ist häufig ein Problem bei Reibung in Versandstangen (siehe z.B. / Ewler 95/ ); das sind stangen- 22 Keramikgehäuse werden nur für teure ICs und bei besonders hohen Anforderungen eingesetzt, Großserien-ICs werden mit Epoxid-Preßmassen umhüllt. 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 59 artige Kunststoffprofile, die am Bestückungsautomaten auch gleich als Stangenmagazine dienen können. Längliche ICs, z.B. die in den alten Dual-Inline-Gehäusen (DIL oder DIP, Dual-Inline-Package), aber auch modernere SMD-Bausteine 23 ähnlicher Gestalt werden so verpackt. Um aus der Stange von Abb. 2.23 problemlos herausrutschen zu können, müssen die Bauelement lose in dem Profil liegen. Bei den Erschütterungen des Transports, eventuell auch bei Rüttelbewegungen zur besseren Förderung (Vibrationsfeeder), finden dauernd Reibungsvorgänge zwischen dem IC und der Stangeninnenwand statt. Besonders kritisch sind die von Lager bzw. Automatenbedienung geforderten durchsichtigen, nur antistatisch ausgerüsteten Stangen - man will erkennen, welches Bauelement in welcher Anzahl enthalten ist. Aber auch bei Stangen aus leitfähigen Kunststoffen wird Aufladung beobachtet / Ewler 95/ , weswegen das Modell hier Erwähnung verdient. Folge des Rüttelns in der Stange ist nicht selten ein aufgeladenes Bauelement (Charged Device). Fällt dieses aus der Stange und berührt einer seiner Kontakte ein geerdetes Metallteil, so fließt die Ladung des IC-Gehäuses typischerweise innerhalb von deutlich weniger als einer Nanosekunde ab. Die Schädigung durch diesen Impulsstrom wird im Charged-Device-Model (CDM) nachgebildet. Vom HBM unterscheidet es sich lediglich darin, dass C K und R K jetzt als Bauelementkapazität bzw. widerstand zu verstehen sind und deutlich niedriger liegen. Die Kapazität liegt zwischen 1 und 100 pF, der Widerstand zwischen 0 und 10 Ω; die wegen der Schnelligkeit der Entladung relevante Induktivität der Leitung zur Erde wird mit 0 bis 500 nH angesetzt / Reiner 93/ . Abschließend soll darauf hingewiesen werden, dass zur realitätsnahen Bauelementprüfung beide Modelle modifiziert und erweitert werden; beim Machine Model (MM) wird keine Person, sondern eine Maschine statisch aufgeladen, beim Field Induced Model (FIM) entlädt sich die Person oder Maschine gar nicht, schädigend wirkt das elektrische Feld in ihrer Nähe. Modelle werden auch kombiniert, etwa HBM plus CDM (z.B. in / Gieser 93/ ). 23 Surface-mounted-device für Oberflächenmontage: Kontakte werden auf der Leiterplattenoberseite direkt auf die Leiterbahn gelötet oder geklebt und nicht mehr durch ein Loch in der Leiterplatte gesteckt und auf der Unterseite gelötet. Dies erspart die Löcher und macht geringe Kontaktabstände möglich. 60 2 Elektrotechnische Grundlagen Abb. 2.23 Kunststoff-Versandstange für (alte) DIL-ICs und Schädigung nach dem CDM 2.2.2 Verpackungen und ESD-Schutzzonen Beginnen wir mit der Anlieferung elektrostatisch gefährdeter Bauelemente beim Anwender, der aus ihnen ein elektronisches Gerät zusammenbauen will. Da Transport und Lagerung es erfordern, kommen die EGB in Verpackungen, von denen die Normen drei Sorten unterscheidet: Direkt anliegende Verpackungen, die zu dem EGB direkten Kontakt haben; lose umhüllende Verpackungen ohne direkten Kontakt, äußere Verpackungen zum Schutz während des Transports. Das Verpackungsmaterial für die dritte Sorte ist so auszusuchen, dass es die beim Transportieren auftretenden Beanspruchungen wie Stöße, Nässe etc. aushält 24 . An das Material der ersten beiden werden aber auch elektrische Anforderungen gestellt, die mit den Ausdrücken in Tabelle 2.4 klassifiziert werden können. Wobei früher statt „gering aufladbar“ der weit verbreitete, aber wenig sinnvolle Ausdruck „antistatisch“ üblich war. „Dissipativ“ wird zunehmend auch im Deutschen verwendet, 24 Falls sie allerdings in die ESD-Schutzzone gebracht werden soll, muss sie ebenfalls antistatisch sein 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 61 denn die Unterscheidung zwischen ableitend, ableitfähig und leitfähig erscheint logisch nicht ganz zwingend. • Direkt anliegende Verpackungen müssen antistatisch sowie elektrostatisch leitfähig oder ableitfähig sein 25 ; wobei unter „antistatisch“ bei den hochohmigen Materialien ( > 10 10 Ω bzw. > 10 7 Ωm) zu verstehen ist, dass die Ableitzeit zwischen 1000 V und 50 V höchstens 2 s beträgt. Zu den direkt anliegenden Verpackungen zählen neben Beuteln und Folien auch Schaumstoffe, auf denen bedrahtete EGB montiert sind - man sieht oft diese „Schaumstoffkissen“, in die die ICs mit ihren „Beinchen“ hineingesteckt sind. Tabelle 2.4: Materialklassifizierung im EGB/ ESD-Umfeld. Die messtechnisch definierten Begriffe spezifischer Durchgangswiderstand ρ bzw. spezifischer Oberflächenwiderstand ρ S werden in 3.2.1 ausführlich vorgestellt. „Isolierend“ ρ S > 10 12 Ω oder ρ > 10 9 Ωm engl.: Insulating „Elektrostatisch ableitend/ ableitfähig“ 10 12 Ω > ρ S > 10 6 Ω oder electrostatic dissipative 10 3 Ωm > ρ > 10 9 Ωm „Elektrostatisch leitfähig“ 10 3 Ω > ρ S > 10 6 Ω oder electrostatic conductive 1 Ωm > ρ > 10 3 Ωm „Elektrostatisch abschirmend“ ρ S < 10 4 Ω oder ρ < 10 9 Ωm; electrostatic shielding entscheidend aber ausreichende Schirmdämpfung gegen elektrische Felder „Gering aufladbar“ Nur minimale Reibungsaufladung Low charging • Lose umhüllende Verpackungen müssen elektrostatisch leitfähig oder abschirmend 26 sein. 25 Für EGB unter Spannung, wie geladenen Kondensatoren, gelten 10 5 bis 10 9 Ωm 26 Gilt innerhalb ESD-Schutzzonen, außerhalb nur abschirmend. 62 2 Elektrotechnische Grundlagen Beide Verpackungstypen können in einer einzigen vereinigt sein, etwa in einem einzelnen Beutel, wenn dieser elektrostatisch abschirmt, die äußere und die innere Oberfläche elektrostatisch ableitend sind und die innere dazu noch antistatisch. Nun müssen irgendwann die Verpackungen aufgemacht werden. Wo das mit der äußeren geschieht, ist belanglos; die beiden erstgenannten dürfen aber nur in einer ESD-Schutzzone (engl. E SD Protected Area, EPA) geöffnet werden. Will man allerdings auch die äußere bis in die EPA bringen, so muss sie antistatisch sein - das schließt die üblichen Klebestreifen und unbehandelte Folien und Schaumstoffe aus. Vor Aufklebern wird übrigens in der Norm speziell gewarnt, da sie manchmal als Siegel auf ansonsten akzeptablen Verpackungen zu finden sind und ihr Abziehen (etwas unphysikalische, nämlich) „schwerwiegende elektrostatische Potentiale erzeugen“ kann. Unter einer ESD-Schutzzone versteht man einen Raum oder Bereich, dessen Ausstattung für EGB praktisch ungefährlich ist. In ihren Aufbau wurden in den 1980er Jahren riesige Summen investiert. Für das Thema dieses Buches interessieren weniger die zahlreichen Erdungsmöglichkeiten als diejenigen Teile der EPA, wo große Mengen leitfähiger oder zumindest antistatischer Kunststoffe zum Einsatz kommen: Fest eingebaute Ausstattungsteile wie Fußbodenbelag, Arbeitsplatzoberflächen, Regale etc.; Bewegliche Einrichtungen wie Stühle und anderes Mobiliar; Wagen aller Art, etc.; Transportsysteme und Lagerboxen wie Leiterplattenständer, Eurobehälter, Schaumstoffe; Arbeitsmittel wie Prüf- und Fertigungsgeräte, Werkzeuggriffe, Papierkörbe, Klarsichthüllen etc.; Kleidung von Kopf (Reinraummütze) bis Fuß (Schuhe) einschließlich scheinbar unwesentlicher Details wie Ausweishüllen - und zwar für das länger in der Schutzzone tätige Personal ebenso wie für kurzzeitig anwesende Besucher ! Und das Ganze ist weithin sichtbar zu kennzeichnen durch die genormten Warnschilder von Abb. 2.24! Ein ESD-Schutzzone im Kleinen muss der Wartungstechniker im Feldeinsatz realisieren, wenn er vor dem zu reparierenden Elektronikschrank eine Leiterplatte mit EGB aus seiner schützenden Verpackung holen will. Notwendig ist eine Schutz- 2.2 Elektrostatische Auf- und Entladung 63 matte mit den gleichen Eigenschaften wie der Fußbodenbelag einer EPA, die mit der Erde des Schranks und einem Erdungsarmband des Technikers verbunden ist. Abb. 2.24 Warnzeichen für ESD-EPA (schwarz auf gelbem Grund). Links: Gefahr für ESD-gefährdete Bauelemente („die Finger davon lassen“). Rechts: ESD-Schutzkomponente bzw. -Material („kann berührt werden“). Fußbodenbeläge, Arbeitsplatz- und Regaloberflächen sowie Lehnen und Sitzflächen von Stühlen etc. werden am besten durch ihren Ableitwiderstand charakterisiert. Dieser Widerstand zwischen einer beliebigen Stelle der möglicherweise ausgedehnten Fläche und ihrer Erdung (vgl. Abschnitt 3.5.1) legt die Stromstärke fest, die etwa beim Entladen eines aufgeladenen ICs auf dieser Fläche das Bauelement gefährdet. Nun kann der IC aber ganz in der Nähe der Erdung oder auch in einer ganz entfernten Ecke die Fläche berühren. Im ersten Fall dürfte der Entladestrom wesentlich höher ausfallen als im zweiten. Die absolute Angabe des Widerstands ist daher aussagekräftiger als Materialkenngrößen wie der spezifische Oberflächenbzw. Durchgangswiderstand, die in Normen ebenfalls genannt werden. • Ableitwiderstände sollen an keiner Stelle der Fläche außerhalb des Wertebereichs zwischen 0,75 M Ω und 1 GΩ liegen. Falls Ableitung von 1000 V auf 50 V innerhalb 2 s sichergestellt ist, dürfen bei Fußböden und Sitzgelegenheiten ohne Erdungsfunktion auch 10 12 Ω erreicht werden. In der Regel dürften die geforderten Werte mit Werkstoffen erreichbar sein, deren spezifischer Widerstand zwischen 10 Ωm und 10 6 Ωm (ohne Erdungsfunktion 64 2 Elektrotechnische Grundlagen 10 9 Ωm) oder deren spezifischer Oberflächenwiderstand zwischen 10 kΩ und 1 GΩ (1 TΩ ohne Erdungsfunktion) liegt. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Anforderungen und Werte auch schon bei der geringen relativen Luftfeuchtigkeit von 20 % RF und ohne die Hilfe von Luftionisiergeräten eingehalten werden müssen. Das mag einigen „Naturprodukten“ wie Holz oder Karton zwar ebenfalls gelingen, vor allem aber ist der Einsatz in der ESD-Schutzzone die Domäne der leitfähigen Kunststoffe. Nur bei ihnen gelingt quantitativ und reproduzierbar die gezielte Einstellung schwacher Leitfähigkeit über die Konzentration des leitenden Additivs. Und auch mit den Reinraumforderungen einer modernen Elektronikfertigung kommen sie zurecht! 3 Messtechnik In Kapitel 2 wurde ein Abriss der physikalischen, teilweise auch recht theoretischen Vorstellungen versucht, mit denen man Abschirmwirkung und Ableitung rechnerisch abschätzen kann. Es stecken aber soviel vereinfachende Annahmen hinter diesen Formeln und Modellen, dass man unbedingt die gerechneten Werte experimentell überprüfen muss. Dazu muss man dauernd die in Kapitel 2 vorgestellten Begriffe anwenden - zum Beispiel wird im Fernfeld und im Nahfeld die Schirmdämpfung ganz unterschiedlich gemessen. Zudem muss man sich auch häufig die Materialparameter in den Formeln, insbesondere die elektrische Leitfähigkeit, durch eigene Messung beschaffen. Das spricht dafür, das Kapitel über Messtechnik direkt an das Grundlagenkapitel 2 anzuschließen. Etwas dagegen spricht andererseits, dass die in der Messung untersuchten Proben einige Eigenschaften nicht nur vom Material als solchem, sondern auch von seiner Verarbeitung mitbekommen. Diese Eigenschaften müssen dann eben im Vorgriff auf Kapitel 4 schon hier bei der Messtechnik genannt werden. Dies erscheint aber sinnvoller, als bei der Diskussion kunststofftechnischer Realisierungen abschirmender und ableitender Werkstoffe Messkurven zu präsentieren, von denen man nicht weiß, wie sie entstanden und wie sie zu beurteilen sind. 3.1 Das Messprogramm Wir beginnen mit der Messung der Abschirmwirkung. Solche Messungen gibt es auf mehreren Ebenen - vier werden hier vorgestellt. Unabdingbar, weil als einzige die Erfüllung von Normen und Vorschriften beweisend, sind Messungen am fertigen Gerät im fertigen Schirmgehäuse. Zeitlich gesehen kommen sie aber erst am Schluss. Die vom Gerät abgestrahlte Störung wird nämlich bestimmt durch die Strahlung der Schaltung im Inneren einerseits und die Dämpfung des Schirmes andererseits. Es ist durchaus denkbar, mit einer schwach strahlenden Schaltung in einem miserablen Schirm und mit einer stark strahlenden Schaltung und einem hervorragend dämpfenden Schirm im Außenraum die gleiche Störfeldstärke zu erhalten. Während der Entwicklung eines Gerätes muss man aber 66 3 Messtechnik die beiden bestimmenden Größen - primäre Strahlung und ihre Dämpfung durch den Schirm - getrennt beurteilen können. Damit ist zuerst der Elektronik-Konstrukteur aufgerufen, seine Schaltung so auszulegen, dass sie möglichst wenig strahlt. Hierfür bestehen schon lange Erfahrungen und seit den 1990er Jahren auch Computer-Programme. Waren beispielsweise frühere Lay-Out-Programme für Leiterplatten nur an optimaler Platzausnutzung orientiert, so überprüfen modernere Programme zusätzlich, ob längere Leiterbahnen als Antennen wirken etc.. Das wichtige Gebiet EMV auf der Leiterplatte und auf allen weiteren Ebenen des elektrischen Geräteaufbaus ist aber nicht Thema dieses Buches. Nehmen wir an, das elektrische Design sei vernünftig, habe aber eine gewisse „primäre“ Abstrahlung der Schaltung nicht vermeiden können. Jetzt ist der Gehäusekonstrukteur aufgerufen, entsprechend der primären Abstrahlung ein stark, mittel oder nur schwach schirmendes Gehäuse zu entwickeln (oder einen internen Schirm im Innern eines größeren Gehäuses, was wir hier aber nicht separat betrachten wollen). Oft werden Gründe der Wirtschaftlichkeit, des Gewichts und des ästhetischen Designs ein Kunststoffgehäuse nahelegen. Und hier stellt sich dann die Frage der Werkstoffauswahl - welches Material oder welche Beschichtung? Damit sind wir bei der zweiten Klasse von Messungen. Sie dient zunächst der qualitativen Einteilung der Werkstoffe in die obigen Kategorien stark, mittel und schwach schirmend. In anderen Worten, man kann durch die Untersuchung von Probeplatten die unwirksamen Schirmmaterialien herausfinden, ebenso die hoch wirksamen; dazwischen bleibt ein Graubereich. Was man aber keinesfalls herausfinden kann ist, ob ein Gehäuse aus einem bestimmten Material beispielsweise genau die 33 dB liefert, um die ein Abstrahlungspeak im Emissionsspektrum der Schaltung über dem zulässigen Grenzwert lag. Unmöglich machen dies die Einflüsse von Geometrie (Schirmform und Position von Störern relativ zur Schirmwand, Mehrteiligkeit eines Schirmgehäuses mit Fugen, Durchbrüche) wie auch Verarbeitung (Probeplatten sind meist ideal gepresst oder spritzgegossen bzw. beschichtet, Gehäuse aber nicht). Damit dient die Messung an Probeplatten dem relativen Werkstoffvergleich - durchaus quantitativ, aber nicht direkt übertragbar auf reale Gehäuse. Man ist sich ja nach dem gerade gesagten (und nach Unterkapitel 2.1) darüber im Klaren, dass eine schirmende Platte und ein fertiges Gerät zwei möglicherweise sehr verschiedene Dinge sind. Daher kann einem hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Werkstoff- und Verfahrensauswahl derartig unwohl werden, dass man sinnvollerweise statt in einem großen Sprung in zwei kleineren Schritten vorgeht - man untersucht ein Zwischending, das leere Gehäuse. Entweder platziert man einen Empfänger ins Gehäuseinnere und setzt das Ganze einer äußeren Störung aus, oder 3.1 Das Messprogramm 67 ein Sender kommt ins Innere und man misst die nach außen dringende Strahlung. Damit hat man zwar nicht die gleiche Situation wie mit der Originalschaltung im Innern, man kann aber durchaus so kritische Punkte wie die Dichtigkeit von Fugen zwischen Gehäuseteilen studieren und im Verlauf der weiteren Entwicklung optimieren. Messungen am fertigen Gerät sind sehr aufwendig, Messungen der Schirmdämpfung an Probeplatten und leeren Gehäusen sind ziemlich aufwendig - man denke nur an die weiten Frequenzbereiche, die entsprechende Geräte erfordern (durchstimmbare Sender bzw. Tracking Generatoren, Spektrum- oder Netzwerk- Analysatoren, Messzellen, evtl. geschirmte Räume usw. im Gesamtwert von etlichen zehntausend bis einigen hunderttausend Euro). Offenbar ist der Wunsch nach einfacheren Verfahren verständlich. Zwar gibt es sie nicht für echte Abschirmmessungen, aber es gibt ja in Unterkapitel 2.1 Formeln für die Schirmdämpfung a, die nur die Materialparameter elektrische Leitfähigkeit σ und relative magnetische Permeabilität µ r enthalten (wobei die letztere bei Kunststoffen kaum von Bedeutung ist und im Folgenden nicht weiter besprochen wird). Aus diesen Formeln, auch aus Abb. 2.18 , leitet man Mindestwerte für σ oder Entsprechungen zwischen Wertebereichen von σ und von a ab. Vergleichsweise einfache Messung der elektrischen Leitfähigkeit bzw. ihres Kehrwert ρ = 1/ σ, des spezifischen Widerstands, gestattet so eine rasche Grobsortierung angebotener Werkstoffe. Sie ist aber weniger aussagekräftig als die durch die Messung der Schirmdämpfung an Probeplatten erhaltene, da sie die exakte Gültigkeit der unter idealen Annahmen hergeleiteten Formeln voraussetzt. Für manche Probeplatten erhält man leider Messkurven, deren Gestalt zu keiner der vorliegenden Theorien paßt - und in der Physik ist eben das Experiment oberste Entscheidungsinstanz! Die Unterteilung in verschiedene Klassen von Messungen, insbesondere in Untersuchungen an Werkstoffen und an Geräten, gilt ganz ausgeprägt für die bisher angesprochene Abschirmproblematik. Das gleiche Prinzip kann man aber auch bei den Prüfmethoden für Kunststoffe aus dem EGB/ ESD-Umfeld erkennen. Wieder braucht man einerseits Information zur elektrischen Leitfähigkeit bzw. zum Oberflächenwiderstand des Materials. Dann aber muss andererseits das Ableitverhalten des ganzen Verpackungsbeutels, der Magazinschiene, des Bodenbelags untersucht werden. Das Kapitel 3 kann deshalb generell unterteilt werden: Wir beginnen mit den Werkstoffuntersuchungen (3.2) und untersuchen in einem zweiten Teil (3.3) dann Systeme und Geräte. 68 3 Messtechnik 3.2 Werkstoffuntersuchungen Das Gebiet ist natürlich viel größer, als das, was im Folgenden gezeigt werden wird. Das gesamte Feld der mechanischen Eigenschaften, unkritisch bei Metallen, muss bei Kunststoffen für Gehäuse sorgfältig durchgegangen werden, insbesondere da die abschirmende Ausrüstung eventuell auch Einfluss auf die mechanischen Werte hat. Die Bestimmung von mechanischen Moduln, Festigkeiten, Schlagzähigkeiten etc. ist aber nicht Thema dieses Buches und kann in Standardwerken der Kunststofftechnik nachgelesen werden (z.B. / Saechtling Kunststofftaschenbuch/ , / Schmiedel 92/ ). Entsprechendes gilt für die Beständigkeit der Gehäusewerkstoffe gegen Umwelteinflüsse, ihr Alterungs- und Brandverhalten. Hier im Unterkapitel 3.2 werden nur die für die EMV- und ESD/ EGB-Qualitäten relevanten elektrische Eigenschaften diskutiert; weitere Werkstoffeigenschaften werden ab und zu in Kapitel 4 angesprochen. 3.2.1 Widerstandsmessungen Für viele Werkstoffe kann man die elektrische Leitfähigkeit ( = 1/ spez. Widerstand) einfach nachschlagen. Zwar findet man für Kupfer manchmal 5,7⋅10 7 1/ Ωm und manchmal 5,8⋅10 7 1/ Ωm, doch derartig kleine Unterschiede, die wohl auf die Herstellungstechnologie und die Reinheit des untersuchten Metalls zurückzuführen sind, sind bedeutungslos für die Bedürfnisse der Abschirmtechnik. Damit weiß man aus Tabellen „alles“ notwendige über Bleche oder gegossene Schirmwände. Über dünne Metallschichten weiß man allerdings schon etwas weniger. So scheint beispielsweise Aluminium, das durch Hochvakuumbedampfen abgeschieden wird, etwas weniger leitfähig zu sein als massives Aluminium / Severin 88/ , was wohl mit der speziellen Form der Kristallkörner (Stengelkristalle) zu erklären ist. Die Messung der Leitfähigkeit von dünnen Schichten gestaltet sich schwierig, da nicht nur die Kornstruktur ungewöhnlich sein kann, sondern der Begriff „Schichtdicke“ bei den häufig vorkommenden rauen Schichtoberflächen nicht mehr klar ist. Und schließlich sind gefüllte leitfähige Kunststoffe natürlich nirgends tabelliert. Erstens kann das Leitfähigkeitsadditiv in (bis zu gewissen Grenzen) beliebiger Konzentration zugemischt sein, und zweitens kann die Herstellung des Probekör- 3.2 Werkstoffuntersuchungen 69 pers zu Konzentrations- und Ausrichtungsunterschieden innerhalb des Körpers führen. Vielleicht gelingt bei gepressten Platten eine einigermaßen homogene 27 und - v.a. bei Fasern wichtig - isotrope 28 Verteilung der Füllstoffpartikel; bei Probekörpern „aus der Spritzgießmaschine“ muß man aber stets wegen der Strömung mit Anisotropie rechnen, mit Konzentrationsunterschieden und mit einer füllstoffarmen Randschicht, der (beinahe) isolierenden Spritzhaut. Im Vorgriff auf Kapitel 4 sei hier schon darauf hingewiesen, dass die Leitfähigkeit bei Fasern und anderen anisotropen Füllern von der Kontaktwahrscheinlichkeit zwischen den leitenden Teilchen abhängt, und die wird nicht nur von der Konzentration, sondern auch von der Ausrichtung beeinflußt (Regellosigkeit ist am besten, Parallelität am schlechtesten). Bei der Diskussion von Widerstandsmessungen an Kunststoffproben, insbesondere bei schwach leitfähigen (z.B. für ESD-Anwendungen), ist vorauszuschicken, dass sie eventuell vor der Messung konditioniert, also in einem geeigneten Klima gelagert werden müssen, um ihren Wassergehalt definiert einzustellen. Auch die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur können (v.a. bei Oberflächenströmen) eine Rolle spielen. Ferner ist mechanische Beanspruchung (Biegung, Streckung) der Probe vor der Messung zu vermeiden; ihren Einfluss auf den gemessenen Widerstand versteht man leicht als Zerstörung von Kontakten zwischen leitenden Füllstoffpartikeln. Für - im Vergleich zu Metallen - relativ schlecht leitende Werkstoffe hat die Materialphysik ein Verfahren bereit, das für Halbleiterscheiben ebenso taugt wie für den Erdboden 29 , das aber auch bei leitfähigen Kunststoffen eingesetzt werden kann. Die Idee hinter der Vierpunkt-Kontaktierung von Abb. 3.1 ist die, dass der Strom I durch die äußeren Elektroden in das Material eingeleitet wird, die Spannung U aber an den inneren Elektroden gemessen wird. Wenn das letztere mit einem sehr hochohmigen Spannungsmesser (Elektrometer) erfolgt oder mittels einer Kompensationsmethode, so geschieht es praktisch stromlos, und es kann kein Spannungsabfall an den nicht genau bekannten Kontaktwiderständen zwischen Elektrode und Material die Messung verfälschen. Für die Strommessung sind die Kontaktwiderstände irrelevant. Für gleiche Elektrodenabstände s gilt 27 An jedem Ort im Körper gleiche skalare Eigenschaft, hier Füllstoffkonzentration. 28 Im Körper rein zufällige, statistische Ausrichtung der Fasern; Gegenteil ist anisotrope Ausrichtung mit einer bevorzugten Orientierung. 29 In der Geophysik wird die Bodenwiderstandsmessung z.B. bei der Suche nach Wasser führenden und damit besser leitenden Schichten, in der Archäometrie z.B. zum Aufsuchen von schlecht leitenden Mauerfundamenten unter besser leitendem Humus eingesetzt 70 3 Messtechnik bei beliebig dicken Proben U = s I σ π 2 (3.1) bei dünnen Proben der Dicke d U = d I σ π 2 ln (3.2) Abb. 3.1 Leitfähigkeitsmessung an plattenartigen Proben nach dem Prinzip der Vierpunktkontaktierung. Die Vierpunktmethode steht als Grundidee hinter zwei genormten Verfahren zur Bestimmung des spezifischen Widerstands von leitfähigen Kunststoffen (ISO bzw. DIN EN 3915) bzw. von leitenden und antistatischen Gummiwerkstoffen (ISO 1853). Die Probe in Abb. 3.2 ist ein rechteckiger Streifen 30 gleichförmiger Dicke, an dessen Schmalseiten die Stromelektroden angeklemmt sind. Die Spannungselektroden sind zwei metallische Schneiden, deren Länge gleich der Streifenbreite ist. Die Schneiden 31 werden parallel in 10 mm Abstand 32 senkrecht zur Stromrichtung auf die Probenoberfläche gedrückt; die Andruckkraft auf das Schneidenpaar wird mit 65 N pro Meter Schneidenlänge vorgeschrieben. Aus der Stärke des eingespeisten Stroms I und dem Spannungsabfall ΔU zwischen den Spannungselektroden ergibt sich der Widerstand R = ΔU / I (3.3) Mit der Querschnittsfläche A = Streifenbreite × Probendicke und dem Spannungselektrodenabstand S folgt dann der spezifische Widerstand 30 ISO 1853: Streifenbreite 10 bis 150 mm, Streifenlänge 70 bis 150 mm, Probendicke üblicherweise 2,4 oder 6,3 mm. ISO 3915: Breite 10 mm, Länge 70 bis 150 mm, übliche Dicke 3 bis 4 mm. 31 mit Radius 0,5 mm 32 ISO 1853: 10 bis 20 mm. ISO 3915: Üblich 10 mm, auch bis 70 mm. 3.2 Werkstoffuntersuchungen 71 ρ = S A R (3.4) Häufig wird auch eine der genormten Widerstandsmessmethoden für nichtmetallische Werkstoffe der Elektrotechnik verwendet. In den einschlägigen Normen wird der Begriff „spezifischer Widerstand“, der in der Physik die einzige Materialkenngröße ist, durch zwei Zusätze ergänzt: Bei der Prüfung von schlecht leitenden Werkstoffen gibt es erstens einen spezifischen Durchgangswiderstand und, zweitens, einen spezifischen Oberflächenwiderstand. Beide werden durch Einsetzen von Geometriegrößen der Versuchsanordnung (Elektrodenfläche und -abstand) aus dem gemessenen Durchgangswiderstand bzw. Oberflächenwiderstand abgeleitet. Abb. 3.2 Genormte Elektrodenanordnung für leitfähige Kunststoffe und Gummiwerkstoffe Natürlich gibt es, ganz streng genommen, überhaupt keinen Oberflächenwiderstand, auch keinen spezifischen. Strom braucht zum Fließen ein Volumen, eine zweidimensionale Fläche genügt nicht. Es gibt aber nicht wenige Proben, bei denen sich eine dünne, oberflächennahe Schicht durch eine andere elektrische Leitfähigkeit auszeichnet als der viel größere Innenbereich des Volumens (engl. bulk). Man kann sich zum Beispiel leicht in einem Umspannwerk einen Hochspannungsisolator vorstellen, der von Schornsteinruß stark verschmutzt im dichten Nebel steht. Die feuchte Schmutzschicht wird um Größenordnungen besser leiten als das bestens isolierende Kunstharz, aus dem der Isolator gegossen wurde. Auch an anderen Werkstoffen, etwa Gläsern, ist häufig Wasser adsorbiert, das zusammen mit einigen Ionen eine einigermaßen leitfähige Oberfläche über einem fast nichtleitenden Volumen ergibt. Wir kennen aber auch das „umgekehrte“ Beispiel einer Ober- 72 3 Messtechnik flächenschicht, die schlechter leitet als der Innenbereich - die mehrfach erwähnte füllstoffarme Spritzhaut eines leitfähig gefüllten Kunststoffs 33 . Durch geeignete Elektrodenanordnungen (s.u.) kann man den Widerstand der Oberflächenschicht bestimmen. Klar sind die Verhältnisse allerdings nur, wenn die Schicht nicht extrem dünn ist und ihre Leitfähigkeit um einige Größenordnungen über der des Innenbereichs liegt, da dann der Strom wirklich fast ausschließlich durch die Oberflächenschicht fließt. Sind die Unterschiede nicht so ausgeprägt, oder leitet die Oberflächenschicht gar eher schlechter als das Innere, so wird ein erheblicher Teil des Messstromes durch die „Tiefe“ des Materials fließen. Man erhält zwar nach Norm einen „Oberflächenwiderstand“, der aber zu einem unbekannten Anteil die Leitfähigkeitseigenschaften tieferliegenden Materials mit einbezieht! Trotz aller beschriebenen Schwäche ist der Oberflächenwiderstand eine unbedingt notwendige Größe aus dem einfachen Grund, dass man leitfähigen Schichten auf einem isolierenden Träger nur von einer Seite „beikommt“. Beide Messelektroden müssen auf einer Fläche angebracht werden, der Oberfläche. Die Grenzfläche zum Träger, etwa zum Kunststoff, ist unzugänglich, was die Messung von Stromdurchgang quer durch die Schicht verhindert. Den Unterschied in der Messung von Durchgangs- und Oberflächenwiderstand kann man besonders klar an der Anordnung von Abb. 3.3 erläutern; sie ist auch besonders gut für die hier überwiegend interessierenden Proben in Gestalt von Platten oder dicken Folien geeignet. Bei der Messung des Durchgangswiderstands wie in Abb. 3.4 links fließt der Strom von der ungeschützten Elektrode 3 durch die Probe P zur geschützten Elektrode 1. Die Adjektive erklären sich dadurch, dass die Schutzelektrode 2, der Schutzring, bei dieser Art Messung ebenso wie die Elektrode 1 geerdet ist. Oberflächenströme, die von der positiven Elektrode 3 aus auf der Probenoberfläche um den Probenrand herum zur Gegenelektrode fließen wollen, landen am Schutzring und nicht an der „Messelektrode“ 1, in deren Zuleitung der Strom gemessen wird. Damit verfälschen sie den „Volumenstrom“ durch die Probe nicht. Bei der Messung des Oberflächenwiderstands sind in Abb. 3.4 rechts die Elektroden 1 und 3 geerdet, der „frühere Schutzring“ 2 nimmt jetzt nicht nur eine Hilfsfunktion ein, sondern ist eine der Messelektroden und liegt auf positivem Potential. Damit fließt der Strom über den Oberflächenspalt von 2 nach 1; in der Zuleitung zu 1 liegt das Strommessgerät. Wenn eine besser leitende Oberflächenschicht existiert, so kann man auf diese Weise einen sinnvollen Oberflächenwiderstand bestimmen. Zum gemessenen Strom tragen aber prinzipiell auch, wie oben angesprochen, Ströme durch tiefere Volumenbereiche bei. 33 Für Messungen des Oberflächenwiderstands taugen solche Proben nicht, denn der Strom wird sich möglicherweise Strompfade in der besser leitenden Tiefe des Materials suchen. 3.2 Werkstoffuntersuchungen 73 Nehmen wir an, es seien bei beiden Messungen Strom und Spannung abgelesen - für die elektrischen Details sei auf die Normen verwiesen - und aus ihnen der jeweilige Widerstand R x ausgewertet. Die spezifischen Widerstände erhält man dann mit den Bezeichnungen aus Abb. 3.3 nach folgenden Gleichungen: Spezifischer Durchgangswiderstand ρ = R x ⋅ A/ h (3.5) Darin bedeutet A die effektive Elektrodenfläche A = π ( ) d g 1 2 4 + (3.6) Abb. 3.3 Ringelektroden (nach mehreren Normen )zur Messung von Durchgangs und Oberflächenwiderstand; Probenplatte schraffiert. Abb. 3.4: Links: Beschaltung bei Rechts: Beschaltung bei der Messung der Messung des Durchgangswiderstands des Oberflächenwiderstands 74 3 Messtechnik Man sollte ρ in Ω⋅m angeben, obwohl die eigentlich längst veraltete Einheit Ω⋅cm noch weit verbreitet ist. Zu dem bisher verwendeten „physikalischen“ spezifischen Widerstand ρ = 1/ σ besteht eigentlich keinerlei Unterschied. Mehr Kommentar erfordert die zweite Messung: Spezifischer Oberflächenwiderstand ρ S = R x ⋅ p / g (3.7) Darin bedeutet p den effektiven Elektrodenumfang p = π ( d 1 + g ) (3.8) Man sieht den Formeln an, dass sich die Einheiten der beiden Längen p und g herauskürzen und die Dimension des spezifischen Widerstands daher die eines Widerstands ist! Seine Einheit ist schlicht das Ohm (Ω), ganz genau so wie die des Oberflächenwiderstands. Und nun kommt die Möglichkeit zur Konfusion: In einem Gedankenversuch sollen zwei gegenüberliegende Seiten eines Quadrats die Elektroden darstellen und der Strom durch die Quadratfläche fließen, also über die Distanz einer Seitenlänge. Damit wäre in (3.7) Elektrodenlänge p = Strompfadlänge g = Seitenlänge und der Bruch würde verschwinden. Unabhängig der Größe des Quadrats bedeutet ρ S stets auch den „auf eine quadratische Fläche bezogenen Oberflächenwiderstand. ... In der Praxis wird manchmal auch auf „Ohm je Quadrat“ bezogen.“ (DIN IEC 93). Diese Formulierung war Anlass zu einem Kommentar im Nationalen Vorwort dieser Norm, denn sie „hat weltweit Verwirrung ausgelöst. Vielfach wird der spezifische Oberflächenwiderstand unzutreffend in Ω/ cm² angegeben.“ Man lasse also am besten alle Zusätze zur Einheit Ω weg (z.B. Ω/ sq oder Ω/ ) und verwende auch keine Formelbuchstaben mit einem abgekürzten „square“ oder einem Quadrätchen im Index — auch wenn es noch so stört, dass ein Widerstand und ein spezifischer Widerstand die gleiche Einheit haben! Allerdings, außer beim Quadrat, nicht den gleichen Zahlenwert! Für das ESD/ EGB-Umfeld, also etwa für Arbeitsplatzoberflächen oder Fußbodenbeläge, schlug die Norm DIN EN 100015 ein Messverfahren vor, das die Vorstellung vom „Quadratwiderstand“ direkt realisiert. Die Elektroden in Abb. 3.5 sind parallel angeordnete Metallstäbe (rostfreier Stahl, Messing vergoldet) mit quadratischem Querschnitt von 5 mm Seitenlänge. Ihre Länge beträgt 65 mm, und dies ist auch ihr Abstand von Innenseite zu Innenseite. Die Anordnung wird durch ihr Gesamtgewicht von 2,5 kg (einschließlich Belastungsgewichte) auf die Probenoberflä- 3.2 Werkstoffuntersuchungen 75 che gedrückt. Haftelektroden sind nicht vorgesehen, höchstens soll Leitgummi 34 bei unebenen Oberflächen für (einigermaßen) definierten Kontakt sorgen. Die so gewonnen Werte für den spezifischen Oberflächenwiderstand (= gemessener Widerstand) sind weniger zuverlässig als die mit der Hilfe von Leitsilbermustern (s.u.) bestimmten. Dafür ist das Verfahren leicht praktikabel und vielseitig (Schaumstoffe). Abb. 3.5 Messung des Oberflächenwiderstands für Arbeitsplatzoberflächen usw. in ESD-Schutzzonen Zurück zu Ringelektroden: Wenn es das zur Verfügung stehende Probenmaterial erlaubt - und insbesondere in Schiedsfällen - sollen die Elektrodenabmessungen d 1 = 50 mm, d 2 = 60 mm und d 3 = 80 mm betragen, was eine Schutzspaltbreite g = 5 mm bedeutet. In Formel (3.7) hat p/ g dann den Wert 11π = 34,6. Die ganze Messung gibt zu hohe Fantasiewerte des Widerstands, wenn nicht sichergestellt ist, dass das Elektrodenmaterial innigen, ganzflächen Kontakt zu der Probeplatte herstellen kann (Luftspalte und Kontaktwiderstände verfälschen unter Umständen die Werte dramatisch). Diese Notwendigkeit bedeutet für die Praxis häufig, dass man das Muster von Abb. 3.3 mit Leitsilber 35 sorgfältig auf die Probenplatte pinselt und somit Haftelektroden herstellt. Sie kontaktiert man dann mit „massiven“ Metallelektroden (z.B. aus Messing) von etwas geringeren Abmessungen, die ihrerseits leicht mit den Zuleitungen zu verbinden sind. Kommerzielle, normgerechte Anordnungen arbeiten mit Leitgummi als Kontaktfläche. Bei Probeplatten aus Kunststoffen mit Leitfähigkeitsadditiv, die im Spritzgießverfahren hergestellt wurden und deshalb eine füllstoffarme und nur schwach leitende Oberflächenschicht aufweisen, genügt Leitsilber zur Kontaktierung nicht. Will man wirklich den spezifischen Durchgangswiderstand des gefüllten Kunst- 34 Relativ gut leitfähiger, weil hoch rußgefüllter Gummi; sinnvoll natürlich nur, wenn er um Größenordnungen besser leitet als die zu untersuchende Probe ! 35 hoch mit Silber gefüllter Leitlack. 76 3 Messtechnik stoffs messen, den man ja in den Formeln braucht (und nicht nur eine Norm erfüllen), so muss man vor der Kontaktierung die Oberflächenschicht abtragen. Möglich ist etwa das Abfräsen von einigen wenigen zehntel Millimetern. Das beschriebene Verfahren zur Messung von Durchgangs- und Oberflächenwiderstand ist nicht das einzig normgerechte. Falls die Probeplatte nicht groß genug ist, kann man andere Kreisdurchmesser als die oben angegebenen verwenden. Es soll aber bei Durchgangsmessungen der kleinste Kreisdurchmesser d 1 mindestens 10mal größer als die Probendicke h sein. Die größten Durchmesser d 3 und d 4 sollen (d 2 + h/ 2) übertreffen. Bei Oberflächenmessungen gilt für d 1 die gleiche Bedingung, dazu soll die Spaltbreite g mindestens gleich der doppelten Probendicke 2h sein, sinnvollerweise aber nicht weniger als 1 mm - man tut sich mit präzisem Pinseln von Leitsilber schwer! Auch mit reduzierten Kreisdurchmessern braucht man aus praktischen Gründen (z.B. wegen der Genauigkeit der Spaltbreite bei aufgemalten Haftelektroden) eine ebene Fläche von gut 3 cm Durchmesser. Will man beispielsweise fertige Spritzgußteile untersuchen - denn die Verarbeitung kann die Leitfähigkeit deutlich beeinflussen - so kann das durchaus zuviel sein. Hierfür sieht DIN IEC 60167 (früher DIN 53 482) die Elektrodenanordnung B vor, Haftelektroden in Gestalt von parallen Strichen von 1,5 mm Breite, 25 mm Länge und 2 mm Abstand (sorgfältig pinseln! ! ). Der gemessene Oberflächenwiderstand heißt R OB und ist „nicht vergleichbar“ mit Oberflächenwiderständen, die mit anderer Probengeometrie bestimmt wurden. Ein spezifischer Oberflächenwiderstand wird nicht ausgewertet. Mit 100 mm-Strichen in 10 mm Abstand ist der R OD definiert. Interessiert die Leitfähigkeit im Inneren der Probenplatte, ist aber dieses Innere von den Elektroden durch eine schlecht leitende Oberflächenschicht (Spritzhaut bei leitfähig gefüllten Kunststoffen) getrennt, so versagen natürlich die bisherigen genormten Methoden (s.o. Abfräsen). Vielleicht hilft hier der Widerstand zwischen Stöpseln nach DIN IEC 60167 (früher DIN 53 482). In Löcher von 5 mm Durchmesser und 25 mm Mittenabstand werden stramm passend metallische Kegelstifte eingepresst. Sie kontaktieren (hoffentlich) die Füllstoffpartikel im Innern und der zwischen ihnen gemessene Widerstand ist ein Maß für die Leitfähigkeit des Probeninnern. Zum Schluß eine etwas kritische Diskussion der beschriebenen Widerstandsmessungen; sie ist nötig, weil es viel zu viele Normen aus den verschiedensten Richtungen gibt (Elektrotechnik, Werkstoffe, Produkte), weil bequeme Verfahren (wie die Bestimmung des R OB ) sich bei Entwicklern großer Beliebtheit erfreuen und weil den Zahlenwerten mehr Substanz zugesprochen wird, als ihnen innewohnt. Auch ist die Warnung angebracht, dass die Widerstands-Begriffe scharf zu unterscheiden sind! 3.2 Werkstoffuntersuchungen 77 Die Kritik beginnt bei der Vielfalt der Formelzeichen 36 : Durchgangswiderstand in Ω R d (DIN IEC 693) R 3 (DIN EN 1081) R V (DIN IEC 61340-4-1) Spez. Durchgangswiderstand in Ωm ρ oder ρ V (DIN IEC 60093, DIN EN 61340-2-3, DIN EN ISO 3915) Oberflächenwiderstand in Ω: R O (DIN IEC 60093) R 3 (DIN EN 1081) R S (DIN IEC 61340-4-1) Spez. Oberflächenwiderstand 37 in Ω σ (DIN IEC 60093) ρ S (DIN EN 61340-2-3) Nun zur Anwendbarkeit der Daten: Bei homogenen Probeplatten taugen die Resultate für ρ nach (3.1, 3 und 5) dazu, direkt in in Formeln der Abschirmtheorie eingesetzt zu werden. Bei Proben mit Randschichten unbekannter Eigenschaft und Dicke kann man aber wenig mit ihnen anfangen. Oberflächenwiderstände, auch spezifische, beinhalten brauchbare Informationen für das Ableitverhalten (vgl. 3.3.1) , denn ein Ableitstrom wird durch ihre Größe bestimmt - eventuell muss man vom Quadrat auf andere Geometrien umrechnen. Sie sind stets nützlich zu relativen Vergleichen, wenn man sich darüber klar ist, dass die Leitfähigkeit und die Dicke der stromdurchflossenen Oberflächenschicht beide in das Ergebnis eingehen. Erhält man bei einer neuen Metallisierungstechnik einen neuen Wert, so muss man mit unabhängigen Verfahren die Schichtdicke überprüfen. Was bei rauhen oder sehr dünnen Schichten eine zweifelhafte Angelegenheit sein kann! Für Abschirmformeln taugen spezifische Oberflächenwiderstandswerte nur, wenn die stromdurchflossene Oberflächenschicht genau definiert und ihre Dicke d genau bekannt ist. Falls Reflexionsdämpfung überwiegt (siehe (2.41)), braucht man ausschließlich die Leitfähigkeit und muss sie von der Dicke „abtrennen“. Man kann dies für eine Abschätzung, wenn man sich an die Quadratvorstellung erinnert, nach der ρ S der Widerstand eines Quadrats mit Seitenlänge l darstellt - beziehungsweise den Widerstand eines quaderförmigen Leiters mit Querschnittsfläche dl und Länge l. Den kann man aber aus dem „physikalischen“ spezifischen Widerstand ρ = 1/ σ und der Geometrie ausrechnen: 36 nach der Zusammenstellung in / Haupt 05/ 37 „Sigma“ ist in diesem Buch für die Leitfähigkeit reserviert! 78 3 Messtechnik ρ S = ρ l d l = ρ / d (3.9) Offensichtlich liegen bei dünnen leitfähigen Beschichtungen ρ und ρ S um etliche Größenordnungen auseinander! Misst man daher an einer 100 µm dicken Leitlackschicht mit Elektrodenanordnung C und den empfohlenen Elektrodenabmessungen einen Oberflächenwiderstand R x von 1 MΩ, so entspricht ihm nach (3.7) ein spezifischer Oberflächenwiderstand ρ S von 35 MΩ und nach der obigen Formel (3.9) ein spezifischer Widerstand ρ von 3,5 10 3 Ωm. Letzterer ist der Wert, den man für die Reflexionsdämpfung braucht! Wären die 1 MΩ beispielsweise an einer 0,1 µm dicken Bedampfungsschicht gemessen worden, so müsste das Material viel besser leiten und ergäbe eine deutlich höhere Reflexionsdämpfung. In analoger Weise, aber gröber, kann man ρ aus dem Oberflächenwiderstand R OB abschätzen, wenn die Annahme bekannter Leitschichtdicke gerechtfertigt ist. Der Widerstand zwischen Stöpseln taugt nur bedingt zu relativen Vergleichen, weil die Strompfade sich in verschiedenen Proben verschieden ausbilden dürften. Ist das zu untersuchende Probenmaterial ein gefüllter Kunststoff mit stark anisotropen Füllstoffpartikeln, etwa Metallfasern, so wird auch bei guter Verarbeitung im Spritzgießprozeß eine gewisse Ausrichtung der Fasern in Strömungsrichtung nicht zu vermeiden sein. Man erhält dann parallel zur Plattennebene geringere Widerstände als quer durch die Platte. Durchgangswiderstände misst man nun quer zur Platte, die abschirmenden Ströme fließen aber parallel zur Platte. Hier sind Daten aus Vierpunktverfahren aussagekräftiger, vorausgesetzt, der füllstoffhaltige Innenbereich wird kontaktiert. Anfräsen der Oberfläche, also Abfräsen der Spritzhaut, verhilft im Notfall zu einer solchen Kontaktierung. 3.2.2 Nahfeldmessungen der Schirmdämpfung von Probeplatten Das naheliegende Messprinzip wird in Abb. 3.6 dargestellt und ist sehr leicht zu verstehen. In einer ausgedehnten, äußerst gut abschirmenden Wand (z.B. eines abgeschirmten Raumes) befindet sich eine Öffnung. Zu beiden Seiten der Wand sind in Höhe der Öffnung Antennen angeordnet; für elektrische Nahfeldmessungen beispielsweise Stabantennen, für magnetische Rahmenantennen, also eine Art Luftspulen. Ob man sich wirklich im Nahfeld befindet hängt von den Abmessungen der Anordnung ab. Werden wie bei der amerikanischen Methode nach einem modifi- 3.2 Werkstoffuntersuchungen 79 zierten 38 MIL-STD-285 die Antennen ca. 30 cm von der Wand entfernt platziert, so befindet sich die Öffnung nach Tabelle 2.2 bis zu Frequenzen etwas über 100 MHz im Nahfeld der Sendeantenne. Abb. 3.6: Nahfeldmessungen nach Art von MIL-STD-285, Probe schraffiert. In einer ersten Messung, der Referenzmessung, wird nun festgestellt, wieviel Feldstärke bei einer gewissen Sendeleistung durch die Öffnung bis zur Empfängerantenne durchkommt. Der empfangene Feldstärke-Pegel hängt außer von der Leistung, der Größe der Öffnung und den Abständen Antenne-Wand auch von der Frequenz ab (man denke nur an den Wechselstromwiderstand der Antennen und ihrer Zuleitungen). Bei einer zweiten Messung mit gleicher Sendeleistung wird die Öffnung mit der zu untersuchenden Probeplatte verschlossen, wobei Lecks zwischen Platte und Wand sorgfältig vermieden werden müssen (eventuell durch Dichtungen, Leitsilber am Plattenrand etc.). Durch die Probeplatte wird jetzt nur ein geschwächtes Feld zur Empfangsantenne gelangen. Die Differenz 39 zwischen dem empfangenen Feldstärkepegel ohne Probe (Referenzpegel) und dem Pegel mit Probe über der Öffnung ergibt die gesuchte Schirmdämpfung. Natürlich müssen Sender und Empfänger so ausgelegt sein, dass auch bei der höchsten zu erwartenden Dämpfung das 38 Die Norm MIL-STD-285 beschreibt eigentlich die Schirmdämpfungsmessung an Gehäusen, d.h. die beiden Antennen sind auf beiden Seiten einer schirmenden Wand des zu untersuchenden Gehäuses platziert; in modifizierter Form wurde der Aufbau aber auch für Probeplatten eingesetzt (siehe z.B. / KINNINGHAM et.al. 1988/ ). 39 In MIL-STD-285 wird zuerst mit Probe gemessen, dann ohne Probe, wobei ein kalibrierter Abschwächer den Pegel auf den Wert mit Probe zurückdreht. Am Abschwächer liest man die Differenz ab. Moderne Geräte mit Speicherung von Messkurven erlauben die direkte Ausgabe der Differenzkurve. 80 3 Messtechnik Empfangssignal noch klar vom Rauschen unterschieden werden kann - die höchste nachweisbare Dämpfung definiert den Dynamikbereich des Aufbaus. Die prinzipielle Schwäche des Messprinzips ist die ausgeprägte Abhängigkeit der gemessenen Schirmdämpfung von den Details der Antennen- und Öffnungsgeometrie. Schuld ist die Inhomogenität des abgestrahlten Feldes, das beim Durchgang durch die Öffnung noch einmal verzerrt wird (vgl. die Verzerrung eines homogenen Feldes durch eine Öffnung in Abb. 2.19). Verschiedene Versuchsaufbauten werden sich auch in der Kontaktqualität zwischen Probeplatte und Wand unterscheiden, dazu in der Anordnung von Kabeln und Antennenhaltern, die auch zu Feldverzerrungen führen. Bei jedem Versuchsaufbau wird eine andere Feldstärke aufgefangen - obwohl nominell nach der gleichen Norm gemessen wurde. Ein Ringversuch / Kinningham u. Yenni 88/ , an dem 4 Labors Messungen nach einem modifizierten MIL-STD-285 an 6 unterschiedlichen Probeplatten durchführten, demonstrierte das drastisch: Bei der Materialeinstufung hinsichtlich der Abschirmwirkung landete eine der Proben einmal auf dem ersten, einmal auf dem zweiten, einmal auf dem dritten und einmal auf dem vierten Platz! Das Messproblem kann auf verschiedene Arten entschärft werden. Hilfreich wird sein, die Antennen sehr nahe an die ausgedehnte Öffnung bzw. Probe zu platzieren - damit werden die Verzerrungen durch den Rand reduziert. Oder man arbeitet mit homogenen eingestrahlten Feldern, was natürlich nicht mehr mit einfachen Antennen funktioniert (s.u.). Sinnvoll wäre auch, den Versuchsaufbau nicht den Labors zu überlassen, sondern Antennen, Probenhalterung und Wand samt Öffnung „am Stück“ zu vereinheitlichen. Die erste und die letzte Idee führten zur Konstruktion der Doppelkammer- Messzellen (dual chamber) von Abb. 3.7. Dort ist eine Messzelle für elektrische Nahfeldmessungen skizziert; interpretiert man die Antennen-“Striche“ nicht als Stabantennen, sondern als waagrecht liegende Schleifen, so kann man auch im magnetischen Nahfeld messen. Derartige Zellen waren einige Jahre in den USA nach ASTM ES 7-83 genormt, doch ist die Gültigkeit der Norm schon lange abgelaufen - ES bedeutet „Emergency Standard“, also eine eilig realisierte, nur einige Jahre gültige Normung. Gedacht ist, dass sie nach einer Bewährungszeit durch eine richtige Normung abgelöst werden kann. Die Dual chamber hat sich aber nicht bewährt. Äußerst problematisch ist es, die Probenplatte mit der mittlerer Trennwand zwischen den beiden Kammern HF-dicht zu kontaktieren, wofür federnde Kontaktstreifen (vgl. Unterkapitel 4.3) eingebaut sind. Zudem treten in der Blechschachtel bei höheren Frequenzen störende Raumresonanzen auf. Und schließlich erinnern wir uns, dass elektrische Nahfeldmessungen sowieso nicht aussagekräftig sind; auf die Doppelkammer für das elektrische Nahfeld kann man getrost verzichten (vgl. Abschnitt 2.1.6 und Abb. 3.10). 3.2 Werkstoffuntersuchungen 81 Abb. 3.7 Doppelkammer für elektrische Nahfeldmessungen, Probe schraffiert. Für Nahfeldmessungen an Schirmmaterialien, aber auch für recht hohe Frequenzen bis GHz) ist eine weitere, recht komplexe Messzelle konzipiert, die Doppel- TEM-Zelle (Dual TEM) von Abb. 3.8. Unter TEM-Zellen versteht man Aufweitungen von Koaxialleitern, die aber nicht mehr zylindersymmetrisch sind, sondern rechteckigen Querschnitt und einen flächigen Innenleiter besitzen (trotzdem verwenden die Elektrotechniker die Bezeichnung koaxialer Wellenleiter bzw. rectangular coaxial transmission line). In solchen Wellenleitern bilden sich t ransversal elektromagnetische Moden aus - daher TEM. Interessant sind die definierten Feldverhältnisse in einem solchen Gebilde beim Durchgang einer elektromagnetischen Welle vom Sender zum Abschlusswiderstand. In Abb. 3.8 wird die Welle durch die obere TEM-Zelle transportiert. An sie ist unten eine zweite Zelle mit einer gemeinsamen Seitenwand angekoppelt. Eine Öffnung, eine Apertur, in dieser gemeinsamen Wand lässt nun einen Teil der von der Welle transportierten Leistung in die zweite Zelle übergehen, wo er an den beiden Ausgängen registriert wird. Und wie oben wird zweimal gemessen, einmal mit offener Apertur, einmal mit einer Probenplatte über der Aperturöffnung. Wobei wieder die Dichtigkeit am Probenrand ein ganz kritischer Punkt ist! Mit Nahfeld hat dieser Wellenleiter deshalb zu tun, weil in der TEM-Zelle das elektrische Feld senkrecht zur Probenfläche steht, das magnetische tangential dazu. Man kann daher durch geeignete Auswertung die magnetische und die elektrische Schirmdämpfung separat untersuchen. Die Auswerteformeln sind allerdings ähnlich komplex wie der experimentelle Aufbau (siehe / Wilson u. Ma 88/ , / Schwab 94/ ). Da unter den Nahfelduntersuchungen die magnetische die einzig aussagekräftige ist, soll für sie jetzt noch eine in der Praxis erprobte, gut handhabbare, allerdings 82 3 Messtechnik nicht genormte Messzelle vorgestellt werden, bei der Sender und Empfängerspule sehr nahe an der Probeplatte platziert sind, und bei der Dichtigkeitsprobleme kaum auftreten. Sie wurde zuerst von HF-Experten der Siemens AG 40 in München aufgebaut, dann in der Fachhochschule Ulm weiterentwickelt (vgl. / Leute 86/ und / Leute u. Meyer 91/ ). Abb. 3.8 Aufbau der Doppel-TEM-Zelle, schematisch Der Probenhalter (b) in Abb. 3.9 ist ein dickwandiger Messingzylinder mit Boden, auf den als Deckel die kreisrunde Probenplatte (a) von ca. 12 cm Durchmesser gelegt wird. Zwischen Probe und Auflagefläche dient ein Metallgewebeschlauch (c) als HF-Dichtung. Über einen massiven Ring (d) wird die Probe mit dem Probenhalter verschraubt. Etwa 10 mm oberhalb der Probenmitte ist die Sendespule (e) angeordnet, 10 mm darunter auf der gleichen Achse eine identisch aufgebaute Empfängerspule; der Spulenabstand ist unabhängig von der Probendicke immer derselbe. Dank der gewählten Feldgeometrie, dank einer außen um die Sendespule gewickelten dicken Kupferfolie (die natürlich die Stirnfläche freilässt), dank des Rings und der Dichtung verliert die Frage der HF-dichten Kontaktierung praktisch ihre Bedeutung. Im Gegensatz zu den bisher besprochenen und einer noch folgenden Zelle (s.u. Abb. 3.11) mit ihren dauernden Kontaktproblemen ist jetzt für alle Probenarten ohne weitere Vorbehandlung (Leitsilber am Rand etc.) die Reproduzierbarkeit gut. Selbst bei einseitig metallisierten Proben (ohne Metallisierung des Rands) ergibt sich kein Unterschied, ob die Metallseite oben oder unten liegt. 40 Dafür sei noch einmal Herrn Born und Herrn Kessler vom Standort Hoffmannstraße gedankt ! 3.2 Werkstoffuntersuchungen 83 Abb. 3.9 Messzelle für das magnetische Nahfeld; a: Probe, b: Probenhalter, c: Metallgewebeschlauch, d: Ring, e: Sendespule, f: Empfangsspule; Zuleitungen Koaxialkabel. Die in Abb. 3.10 und in Kap. 4 vorgestellten Messkurven der magnetischen Schirmdämpfung wurden mit der Zelle von Abb. 3.9 (bzw. ihrem Vorgänger) aufgenommen. Die Abbildung 3.10 belegt noch einmal, dieses Mal aber mit experimentellen Daten, was in 2.1.6 auf Basis der Theorie behauptet, und was auch in diesem Abschnitt schon mehrfach ausgesprochen wurde: Schirmdämpfungswerte in dB fallen für ein und diesselbe Probe völlig unterschiedlich aus, je nachdem im magnetischen oder elektrischen Nahfeld oder im Fernfeld gemessen wird. Die höchsten, aber unrealistischen Werte liefert die elektrische Nahfeldmessung, hier mit der Doppelkammer nach ASTM-ES 7-83 durchgeführt 41 , die niedrigsten Werte stammen von der magnetischen Nahfeldmessung, die Fernfelddaten liegen dazwischen. Die magnetische Nahfeldmethode ist deshalb am aussagekräftigsten, weil nachgewiesene magnetische Schirmwirkung auch gute Schirmung im Fernfeld und sehr gute im elektrischen Nahfeld garantiert. Umgekehrt sagt gute elektrische Schirmdämpfung (z.B. 40 dB bei 4 MHz bei der obersten Messkurve) gar nichts, weil im Fernfeld wesentlich weniger (23 dB) und im magnetischen Nahfeld überhaupt keine Schirmwirkung gefunden wurde. 41 Für die elektrischen Messungen nach ASTM ES 7-83 sei Herrn Dr. Benz, damals Universität Karlsruhe, noch einmal gedankt ! 84 3 Messtechnik Abb. 3.10 Schirmdämpfungskurven für 2 schlecht schirmende gefüllte Kunststoffe: a: elektrische Nahfeldmessung mit der Doppelkammer nach ASTM-ES 7-83; b: Fernfeld nach ASTM-ES 7-83; c: magnetisches Nahfeld. 3.2.3 Fernfeldmessungen der Schirmdämpfung an Probeplatten Man kann zwar ins freie Feld ziehen, um Fernfeldmessungen durchzuführen, doch wird man dort in den meisten Gegenden Deutschlands außer der Strahlung des eigenen Senders die störenden Wellen vieler weiterer Sender aufzeichnen - Rundfunk, Fernsehen, Mobilfunk, Militär usw. verursachen nahezu allgegenwärtige „elektromagnetische Umweltverschmutzung“. Also geht man in einen abgeschirmten Raum mit Absorbern; hier stört niemand von außen und störende Strahlung im Innern wird an der Wand nicht reflektiert, sondern absorbiert. Was hier stört, ist die mangelnde Verfügbarkeit solcher Räume beziehungsweise ihr Preis. Ähnliches gilt für die beinahe raumgroßen Wellenleiter-Zellen. Wo bekommt man ohne große Kosten eine Welle her, ohne in große Distanz zu einem starken Sender zu gehen? Nun, jedes Koaxialkabel leitet Wellen, und eine Probe, in einem solchen Kabel an einer Stelle anstatt des Isoliermaterials zwischen Innen- und Außenleiter eingebaut, wird von der Welle durchdrungen. Die Idee ist gut, aber nicht praktikabel, weil sie winzige, millimetergroße, schlecht handhabbare Proben erfordern würde. Und wenn man an gefüllte Kunststoffe denkt mit Füll- 3.2 Werkstoffuntersuchungen 85 stoffpartikeln, die ebenfalls einen oder gar einige Millimeter groß sind, so ergäbe dies bei der einen Probe metallischen Kurzschluss, bei der nächsten vielleicht nicht, und deshalb völlig unterschiedliche Messergebnisse. Die Lösung besteht in einer Messzelle in Gestalt eines aufgeweiteten Koaxialleiters. Sie wurde zuerst am Batelle-Institut in Columbus, Ohio, entwickelt / Simon u. Stutz 83/ , also in dem Institut, aus dem auch die etwas über einen Millimeter großen Alumimium-Flakes stammen, die lange als ideale Füller für leitfähige Kunststoffe propagiert wurden. Um derartige Werkstoffe reproduzierbar untersuchen zu können, musste man offenbar so große Proben einbauen, dass über viele Flakes gemittelt wird. Es entstand die später nach ASTM ES 7-83 genormte Fernfeldmesszelle (Transmission-Line-Zelle) von Abb. 3.11. Die Koaxialzelle ist Teil einer 50-Ω-Koaxialleitung und besteht aus einem zylindersymmetrischen Mittelteil von gut 10 cm Außendurchmesser sowie zwei konischen Übergangsteilen zur Durchmesseranpassung auf übliche Kabel. Charakteristisch sind die durchgehenden Innen- und Außenleiter (continous conductor, CC). Die Probe hat die Gestalt einer überdimensionierten Beilagscheibe (von 4,35 cm Innendurchmesser und 9,90 cm Außendurchmesser / Wilson et al. 88/ ) und verbindet in der Mitte des Mittelteils den Außenmit dem Innenleiter. Um die Probe dort zu halten und elektrisch zu kontaktieren, sind die beiden Leiter durch Längsschlitze federnd ausgebildet (weswegen der Innenleiter hohl und die Wände beider Leiter relativ dünn sein müssen). Abb. 3.11 Schematischer Aufbau der Transmission-Line-Messzelle nach ASTMES 7-83, Probe schraffiert. Gemessen wird, wie üblich, mit und ohne Probe, verglichen werden die Messresultate mit (2.41) - oder man benutzt diese Formel, um mit der Zelle die Leitfähig- 86 3 Messtechnik keit des Probenmaterials zu bestimmen. Auch die Fernfeldkurven in Abb. 3.8 sind so zustande gekommen 42 . Doch trotz einer großen Zahl von Untersuchungen mit dieser Zelle kam es wegen Schwierigkeiten mit der Reproduzierbarkeit zu keiner endgültigen Normung, der provisorische Standard ASTM ES 7-83 ist schon lange nicht mehr gültig. Das Problem liegt bei den Kontakten zu Innen- und Außenleiter, sie sind die offensichtlichen Schwachstellen der Anordnung. Bei gefüllten Kunststoffen unterscheiden sich Probescheiben, die im Spritzgießverfahren mit den geforderten Maßen hergestellt wurden (isolierende Spritzhaut am Rand! ) klar von Scheiben, die aus größeren Platten gedreht worden (freiliegende Füllstoffpartikel). Bei Metallisierungen kommt es darauf an, ob die Metallschicht wirklich bis zum Rand der Fläche reicht, vielleicht gar um den Rand umgreift. Auch Leitsilber am Probenrand hilft nicht zuverlässig. In / Wilson et al. 88/ wird die Reproduzierbarkeit („repeatability“) nur als „moderate or poor“ eingestuft und bei / Catrysse et al. 92/ heißt es, „the measured SE-values may contain significant errors“ (zur Erinnerung: SE = shielding effectiveness = Schirmdämpfung). Die amerikanische Normungsbehörde, das National Bureau of Standards NBS, hat eine alternative Transmission-Line-Zelle entwickelt / Wilson et al. 88/ , bei der die Kontaktierung wesentlich zuverlässiger funktioniert als bei der gerade besprochenen Zelle. Sie wurde daher in einer „regulären“ Norm, der ASTM D 4935, standardisiert. Charakteristisch für die NBS-Zelle in Abb. 3.12 ist die Unterbrechung von Innen- und Außenleiter, zwischen den Teilen besteht eine Stoßkopplung bzw. beim Außenleiter eine Flanschverbindung, die von 4 Nylonschrauben zusammengehalten wird. Ein großer Vorzug ist die großflächige und damit recht zuverlässige Kontaktierung der scheibenförmigen Probe (Durchmesser 5,24 Zoll = 133,1 mm) sowohl am massiven Innenleiter (Durchmesser 1,30 Zoll = 33,2 mm) wie auch am Flansch (Innendurchmesser 3,00 Zoll = 76,2 mm, Außendurchmesser wie Probe 133,1 mm). Die Unterbrechung der beiden Leiter bedeutet allerdings lediglich kapazitive Kopplung der Leiter, nicht mehr galvanische. Eine vernünftige „Überbrückung“ des Spalts erfordert Frequenzen von einigen MHz, sodass diese Zelle samt jeweiliger Probe eine von der Spaltbreite = Probendicke abhängige Mindestfrequenz aufweist. Abb. 3.13 zeigt (für diese speziellen Proben mit ihrer bestimmten Probendicke) , dass der Teil der Kurve, der der nur noch leicht ansteigt und ausgewertet werden kann, erst bei vielleicht 30 MHz beginnt; der Anlaufteil bei tieferen Frequenzen hat wenig bis nichts mit den Materialeigenschaften zu tun. 42 wobei das Absinken der Kurve ungeklärt ist. 3.2 Werkstoffuntersuchungen 87 Abb. 3.12 Schematischer Aufbau der Transmission-Line-Messzelle nach ASTM D 4935, Probe schraffiert. Abb. 3.13 Messkurven von zwei Schirmdämpfungsmessungen nach ASTM D 4935; 1 gut schirmende Aluminium-Bedampfungsschicht, 2 wesentlich schwächer schirmende Leitlackschicht. Eine zweite Konsequenz der Leiterunterbrechung ist, dass die Referenzmessung nicht, wie bisher, ganz ohne Probe durchzuführen ist, sondern ohne Probe im Wellenausbreitungsbereich der Zelle zwischen Innen- und Außenleiter. Zwischen den Flanschteilen und Innenleiterstirnflächen braucht man aber zur Sicherstellung gleicher Kopplungsverhältnisse eine Referenzprobe von genau der gleichen Qualität und Dicke wie das Untersuchungsobjekt. Bei Materialien mit Volumenleitfähigkeit bedeutet das die Ring-plus-Scheibe-Gestalt von Abb. 3.14, bei metallisch sehr dünn 88 3 Messtechnik beschichteten, aber im Volumen nicht leitenden Proben kann man einfach eine unbeschichtete Kreisscheibe verwenden. Bei einseitiger Metallisierung der scheibenförmigen Proben spielt es nach eigenen Untersuchungen / Leute 94/ praktisch keine Rolle, ob die Metallschicht dem Sender oder dem Empfänger zugewandt ist. Die Mittelwerte sind praktisch gleich, die Kurve mit der Schicht zum Sender zeigt allerdings etwas mehr Welligkeit. Auch eine sehr dünne Isolationsschicht über dem Metall verändert die Messkurve fast nicht. Auf gewisse Schwierigkeiten bei dicken Proben (z.B. 8 mm) und bei oberflächenleitenden Proben, die den Spalt in den Leitern mit einem Widerstand überbrücken, wird in / Catrysse et al. 92/ hingewiesen. Abb. 3.14 Geometrie der zu untersuchenden Probenplatte (links) und der Referenzprobe für die Zelle nach ASTM D 4935. Die Unterbrechung der Leiter behindert natürlich den Leistungsdurchgang durch die Zelle, insbesondere bei (für die Zelle) relativ tiefen Frequenzen. Stark dämpfende Proben reduzieren das Signal daher bis zum Rauschpegel die höchsten nachweisbaren Dämpfungen ( Messdynamik ) liegen bei Probendicken von ca. 3 mm bei gut 90 dB. In der Abbildung 3.13 kann man übrigens eine Schwäche des Messverfahrens erkennen, die die gerade besprochene Zelle mit den anderen Transmission-Line- Zellen gemeinsam hat, und die man vielleicht als „mangelnde Eigendynamik“ bezeichnen könnte. Nach der Aussage von magnetischen Nahfeldmessungen bestehen zwischen den beiden Proben erhebliche Unterschiede in der Abschirmwirkung. Die beiden gezeigten Messkurven liegen aber nicht allzuweit von einander entfernt. Während die magnetische Schirmdämpfung zwischen 0 dB und (bei Kunststoffuntersuchungen) einem Maximalwert von vielleicht 60 dB variiert, liegt die entsprechende Variationsbreite bei den Fernfeldmessungen zwischen vielleicht 40 dB und 3.2 Werkstoffuntersuchungen 89 90 dB. In anderen Worten: Wenn man weiß, dass 75 dB eine recht gute Dämpfung bedeutet, so darf man nicht den Fehlschluß ziehen, dass 50 dB, also immerhin 2/ 3 des vorigen Werts, noch eine ähnlich gute Schirmwirkung anzeigen - 50 dB sind mäßig. Zur besseren Einordnung: Die Norm ASTM D 4935 schlägt als Testmaterial eine goldbedampfte Mylarfolie vor mit 5 Ω spezifischem Oberflächenwiderstand; diese Probe soll 32 dB ergeben. Sie schirmt aber wohl kaum, denn nach (3.7) ist die Goldschicht 43 nur 4,4 nm dick. Die erste der besprochenen Transmission-Line-Zellen hatte das Hauptproblem mit der Kontaktierung der Proben, war aber dafür in der Frequenz nach unten nicht beschränkt. Die zweite stellt gute Kontakte sicher, funktioniert aber nur oberhalb einiger MHz. Es liegt nahe, beide Stärken zu kombinieren, um beide Schwächen auszuschalten. Dies gelingt in der in / Schwab et al. 90/ vorgestellten neueren TEM- Zelle, die von der Karlsruher Firma HILO-Test hergestellt wird; sie wird beispielsweise bei einer umfassenden Studie über metallisierte Kunststoffe / Wolf et al. 96/ eingesetzt. Nachteilig ist nur, dass sie keiner Norm entspricht. Die Zelle unterscheidet sich von der vorigen im Wesentlichen nur im Kopplungsbereich in der Mitte. Abb. 3.15 zeigt, dass einerseits die Probe flächig und damit recht zuverlässig kontaktiert wird, andererseits besteht galvanische Verbindung der Innenwie der Außenleiterstücke. Wegen dieser guten Kopplung kann die Zelle bis zu niedrigen Frequenzen eingestzt werden („praktisch bis in den DC- Bereich“ nach / Schwab et al. 90/ ); sie gestattet ferner den Durchgang großer Leistungen, so dass die Messdynamik groß ist - die Schirmdämpfung einer 3 mm dicken Messingplatte in Höhe von 115 dB war noch nachweisbar. Abb. 3.15 Kopplungsbereich der Zelle der Fa. HILO-Test 43 Mit 2,2⋅ 10 -8 1/ Ωm als Leitfähigkeit; Einsetzen dieses Werts und von d = 4,4 nm in (2.41) liefert die 32 dB. 90 3 Messtechnik Außer der gerade skizzierten Messzelle wurden noch weitere vorgeschlagen, bei deren Konstruktion die Schwächen der genormten Zellen behoben werden sollen, die aber leider selbst noch nicht genormt sind. Zu ihnen gehört auch eine sogenannte TEM-t-Zelle mit rechteckigem Querschnitt / Catrysse et al. 92/ . 3.3 Gehäusemessungen Die vorherigen Abschnitte über Probeplatten waren zwar sicherlich nicht vollständig, haben aber vermutlich die meisten wichtigen Methoden abgedeckt. Über Gehäuse kann im Gegensatz dazu nur exemplarisch berichtet werden. Gedacht ist hier an entwicklungsbegleitende Messungen an leeren Gehäusen, mit deren Hilfe außer der Werkstoffqualität auch der Einfluss der Gehäuseform, der Verbindung zwischen Gehäuseteilen und etwaiger Aperturen studiert werden kann. Von besonderer Bedeutung sind solche Untersuchungen im Hochfrequenzbereich, wo sich Fugen und Spalte in Schlitzantennen verwandeln (vgl. Abschnitt 2.1.7). Bei Kunststoffgehäusen kommen Verarbeitungseinflüsse hinzu, die etwa bei Gehäusen im Metalldruckguß nahezu unbekannt sind. Spritzgegossene Gehäuse aus leitfähig gefüllten Werkstoffen werden gemäß dem Verlauf des Formfüllvorgangs örtliche Unterschiede in Konzentration und Orientierung der Füllstoffpartikel aufweisen, und zwar noch in erheblich höherem Maße wie spritzgegossene Probeplatten, wo dieses Problem bei der Widerstandsmessung schon angesprochen wurde. Im Vorgriff auf Kapitel 4 sei hier schon darauf hingewiesen, dass die Leitfähigkeit von Fasern und anderen anisotropen Füllern von der Kontaktwahrscheinlichkeit zwischen den leitenden Teilchen abhängt, und die wird nicht nur von der Konzentration, sondern auch von der Ausrichtung beeinflußt (Regellosigkeit ist am besten, Parallelität am schlechtesten). Bei einfachen Geometrien und optimierten Strömungsverhältnissen - zum Beispiel mit der Hilfe einschlägiger CAD-Programme für die Spritzgießverarbeitung - werden diese lokalen Unterschiede unerheblich sein; bei schwierigen Geometrien, schwierig zu verarbeitenden Werkstoffen und nicht optimalen Strömungsverhältnissen können die Konzentrations- und Orientierungunterschiede zu Schwachstellen im Schirm, im Extremfall sogar zu unbeabsichtigten Lecks führen - elektromagnetische Lecks natürlich, denn das Gehäuse sieht ganz perfekt aus! 3.3 Gehäusemessungen 91 Auch bei leitfähig beschichteten Gehäuse kann es so etwas wie Verarbeitungseinflüsse auf die Dicke und Qualität der schirmenden Schicht geben. Hier geht es vor allem um schlecht zugängliche Ecken und Winkel. Galvanikbäder können hier verarmen, wenn die Ecke strömungstechnisch ungünstig ist; Bedampfungen werden etwas dünner, und dass die gerichteten Verfahren der Leitlackauftragung und des Plasma-, Lichtbogen oder Flammspritzens sich mit versteckten Winkeln schwer tun, ist leicht einzusehen. Die Probleme sind besonders ärgerlich, wenn bei scharfen Ecken der „schirmungstheoretische“ Eckeneffekt (siehe Abschnitt 2.1.4) zu der ungenügenden Schichtdicke hinzukommt. 3.3.1 Gehäuse in Wechselfeldern und Wellen Offensichtlich gibt es genügend Gründe, während der Entwicklung eines schirmenden Gehäuses, insbesondere eines Kunststoffgehäuses, seine Schirmwirkung zu überprüfen. Hierfür gibt es einige Möglichkeiten, die noch deutlich weniger aufwendig sind als die genormten Messungen am fertigen Gerät. Zunächst können bei manchen Gehäusen die gleichen Antennenanordnungen verwendet werden wie für die Plattenproben in Abschnitt 3.2.2, vorausgesetzt, Form und Größe des Gehäuses machen dies möglich. Die alte Norm MIL-STD-285 ist beispielsweise im Original für die Untersuchung schirmender Gehäuse konzipiert. Auch die Messzelle für das magnetische Nahfeld, die in Abb. 3.9 vorgestellt wurde, taugt nach Abb. 3.16 dazu, die Schirmdämpfung kleiner Gehäuse zu untersuchen. Die gewonnenen Aussagen sind allerdings nicht für das ganze Gehäuse gültig, sondern vor allem für die Schirmwandbereiche auf gerader Linie direkt zwischen Sende- und Empfangsantenne. Aussagekräftiger sind Verfahren, bei denen das ganze Gehäuse einem homogenen Feld ausgesetzt ist, und wo der Homogenitätsbereich des Feldes groß genug ist, um das Gehäuse darin in alle Richtungen zu drehen. Damit können wirklich alle Wände, Fugen und Aperturen bei definierter Feldstärke studiert werden. Das Gehäuse enthält nur eine Empfangsantenne. Es ist allerdings nicht trivial (vgl. z.B. / Graskamp 96/ ), diese Antenne mit dem Messgerät außerhalb von Gehäuse und Feld zu verbinden, ohne das Feld merkbar zu stören und Störsignale vom Feld einzufangen. 92 3 Messtechnik Abb. 3.16 Messzelle für das magnetische Nahfeld, hier eingesetzt zur Untersuchung eines kleinen Gehäuses. Ein klassisches Verfahren zur Erzeugung homogener Magnetfelder sind die bekannten Helmholtz-Spulen 44 . Man versteht darunter ein Paar identischer, sehr kurzer 45 Spulen nach Abb. 3.17 mit je n Windungen, die koaxial im Abstand ihres Radius r aufgestellt werden. In einem großen Teil des Volumens zwischen den Spulen beträgt die magnetische Induktion ziemlich genau B = μ 0 1 40 n I r , (3.10) Verwendet man wie in / Graskamp 96/ Rahmenantennen nach dem Helmholtzprinzip von 130 cm Durchmesser, so kann man zwischen ihnen durchaus Gehäuse mit Abmessungen um 0,5 m studieren. Helmholtzspulen erzeugen allerdings nicht nur ein Feld im Spulen-Zwischenraum, sondern natürlich auch im Raum außerhalb der Spulen. Man strahlt daher bei Hochfrequenzmessungen in der Regel soviel ab, dass die ganze Anordnung in einen geschirmten Raum gehört. Ein zweites Verfahren zur Erzeugung homogener Hochfrequenzfelder ist wesentlich aufwendiger und wird meist für Suszeptibilitätsmessungen 46 an fertigen Geräten eingesetzt, über deren Störfestigkeit man Informationen braucht. Damit ist es aber auch für Dichtigkeitsuntersuchungen an Gehäusen geeignet, die nur eine Empfangsantenne enthalten. Man dimensioniert Wellenleiter wie die bei Abb. 3.8 beschriebenen (aber nicht verdoppelten) TEM-Zellen derartig groß, dass sie das 44 nach dem dt. Arzt, Physiker und „Kanzler der deutschen Physik“ H. v. Helmholtz (1824-91) 45 Mittlerer Kreisdurchmesser >>> Spulenlänge 46 Auch für Emissionsmessungen werden TEM- und GTEM-Zellen eingesetzt, doch stören dort Vielfachreflexionen an den leitenden Wänden. 3.3 Gehäusemessungen 93 Einbringen und Drehen der Gehäuse gestatten. Nicht selten liegen die Abmessungen bei mehreren Metern (so dass die Investitionskosten recht erheblich werden). Dabei ist in Abb. 3.18 das für den Prüfling (engl. EUT, E quipment under Test) nutzbare Volumen geringer, denn seine Abmessungen müssen deutlich unter dem Abstand zwischen Innenleiter (Septum genannt) und Außenwand bleiben; gut homogen ist das Feld nur in der Mitte des rechteckigen Teils in etwas Abstand von den Knicken. Zudem hat ein derartiger „Hohlleiter“ eine obere Grenzfrequenz, die mit zunehmender Größe der Zelle abnimmt - Kompromisse sind nötig zwischen den Forderungen nach großem Messvolumen und nach großem Frequenzbereich. Abb. 3.17 Helmholtz-Spulenpaar. Für Frequenzen bis in den Gigahertzbereich wurden Zellen entwickelt, die eigentlich nur aus dem trichterförmigen „Anlaufteil“ der TEM-Zelle bestehen, sogenannte GTEM-Zellen. Ihr Feld ist (bis auf eine leichte Krümmung) gut homogen und der außermittig angeordnete Innenleiter in Abb. 3.18 vergrößert das Messvolumen erheblich. Abgeschlossen wird der Wellenleiter (in der Abbildung am rechten Ende) durch ein flächenhaftes Widerstandsnetzwerk für niedrige Frequenzen (nicht gezeichnet) sowie die bekannten stachelartigen Hochfrequenzabsorber. Beide „klassischen“ Messzellen für Suszeptibilitätsmessungen, die TEM- und die GTEM-Zelle, stellen im Vergleich zu ihrem eigenen Raumbedarf kein sehr großes nutzbares Messvolumen zur Verfügung. Es sind daher weitere Zellen entwickelt worden, die hinsichtlich der Raumausnutzung deutliche Verbesserungen bringen (siehe z.B. / Göpel u. Stöckl 96/ ). 94 3 Messtechnik Abb. 3.18 Messzellen für Suszeptibilitätsmessungen; links TEM, rechts GTEM; P Prüfling im homogenen Feld. Wohl am aufwändigsten, aber auch am vielseitigsten sind Messungen in Kammern bis Hallen, in denen an Gehäusen sowohl Suszeptibilitätswie auch Emissionsmessungen durchgeführt werden. Geprüft werden die Schirmwirkung von schirmenden Kunststoffen in realer Gehäusegeometrie, verschiedene Fugenkonstruktionen, Verschraubungen, Dichtungen etc. Das Prinzip ist einfach: Emissionsmessungen erfolgen am arbeitenden Gerät oder zumindest am Gehäuse mit einer Sendeantenne im Innern; eine Empfangsantenne ist außen. Für Suszeptibiltäsmessungen wird außen gesendet, innen ist eine Empfangsantenne oder die arbeitende Elektronik, die mehr oder weniger gestört wird. Der anfangs angesprochene Aufwand erklärt sich so, dass nur die Mess- und Störgrößen erfasst werden sollen und diese auch klar definiert sein müssen. Klassisch und seit langem im Einsatz sind Absorberräume. Die Innenseite der Wände, Boden und Decke sind mit Absorbern ausgekleidet, sodass nur die direkte Strahl- Verbindung Antenne - Prüfling zählt, nicht aber zusätzliche, irgendwie an der Wand reflektierte Strahlung. Je nach Anforderung sind die Absorber Ferrit-Kacheln oder Absorberpyramiden bzw. -keile, oft aus leitfähigem, weil mit Graphit ausgerüstetem Schaumstoff. Die Räume enthalten Antennen auf der einen Seite und eine drehbare Probenaufnahme auf der anderen. Gut nutzbar ist eine Kammer von 7,60 x 4,20 x 3,60 m 3 (L x B x H, Daten der EMV-Messkammer der Hochschule Ulm); in der Luftfahrtindustrie hat man aber wirklich von Hallen zu sprechen. Für Absorberräume ist der Aufwand allerdings hoch. Eine jüngere und deutlich günstigere Alternative, die 2011 auch genormt wurde (IEC EN 61000-4-21), ist die Modenverwirbelungskammer (Mode Stirred oder Reverberating Chamber). Die 3.3 Gehäusemessungen 95 Wände reflektieren, aber direkt vor der Antenne befindet sich ein „Rührer“; das ist z.B. ein sich langsam drehender Blechpropeller. Damit werden die elektromagnetischen Randbedingungen dauernd verändert. Im zeitlichen Mittel wird die Strahlung gleichmäßig in der Kammer verteilt. Die Abstrahlcharakteristik von sendender Antenne oder sendendem Prüfling spielt keine Rolle mehr. 3.3.2 Gehäuse in Entladungen Am Ende des Unterkapitels 1.2 der Einleitung wurde darauf hingewiesen, dass Schirmgehäuse auch die Auswirkungen elektrostatischer Entladungen unschädlich machen sollen. Ob sie das wirklich leisten, kann man natürlich nicht in homogenen Feldern studieren. Das Entladungsphänomen ist nur insoweit übersichtlich, als der zeitliche Verlauf in den Modellen von 2.2.1 genormt ist - der zeitliche Verlauf, wohlgemerkt, des Stromes, der idealerweise den aufgeladenen Körper zur Erde hin verlässt. Auf dem Schirm allerdings, auf dem die Entladung „einschlägt“, verteilt sich der Strom. Widerstand, Kapazität und Induktivität der Strompfade bestimmen den zeitlichen Verlauf des Abflusses der Ladung zu einer geerdeten Stelle - falls ein solcher Erdungspunkt überhaupt existiert, was bei Kunststoffgehäusen, die z.B. nur auf der Innenseite metallisiert sind, gar nicht selbstverständlich ist. Man kann nicht vorhersagen, welche Spannungen und elektrischen Feldstärken, und welche Ströme und magnetischen Feldstärken sich auf dem Schirm ausbilden. Man muss daher die elektrostatische Entladung experimentell simulieren. Das Schaltbild eines ESD-Simulators entspricht Abb. 2.22, wo das Human- Body-Model vorgestellt worden war. Körperkapazität und -widerstand sind dabei in einer Art Pistole vereint, die über ein Kabel von einer Hochspannungsquelle aufgeladen wird. Unter dem Kontaktwiderstand hat man sich eine Entladungselektrode vorzustellen, die dem Prüfling genähert wird. In der Regel schlägt ein Funke über, bevor der Schirm wirklich berührt wird; damit trägt auch der Widerstand der Funkenstrecke zum Kontaktwiderstand bei, was nur wenig definiert sein kann. Funkenüberschläge hängen eben von etlichen Parametern ab (Feldstärke, auch über gekrümmten Flächen; Luftdichte, Luftfeuchtigkeit, Luftströmung). Manchmal bevorzugt man daher statt der Luftentladung eine Vorrichtung zur Kontaktentladung, bei der ein geeignetes Relais Pistole und Entladungselektrode trennt. Die Entladung wird erst geschaltet, wenn zwischen Prüfling und Elektrode guter Kontakt sichergestellt ist. Eine andere Alternative besteht darin, dass die Entladung auf eine Stab- oder Rahmenantenne am Kopf der Prüfpistole geleitet wird, sodass der Schirm impulsartigen transienten Feldern ausgesetzt werden kann. 96 3 Messtechnik Die beschriebenen Entladungssimulationen nach IEC-801-2 bzw. IEC 1000-4-2 dienen meist der Störfestigkeitsprüfung fertiger Geräte. Das Gehäuse (fast) allein prüft man, wenn innen nicht die teure (und vielleicht nach der Prüfung beschädigte) Elektronik, sondern nur eine Empfangsantenne untergebracht ist (deren Signal dank der kurzen Anstiegszeiten im Nanosekundenbereich aber nicht leicht zu registrieren ist). Oder man bringt eine kleine Simulationsschaltung in das Gehäuse / Borgmanns et al. 95/ , die aus Induktionsspulen mit verschiedenen Windungszahlen (die verschieden hohe Spannungen liefern), Flipflops und LEDs sowie einer Batterie besteht. Ausreichend hohe Induktionsspannungen, irgendwie verursacht von der Ableitung auf dem Schirm, schalten die Leuchtdioden ein. Nach „Beschuss“ mit der Prüfpistole öffnet man das Gehäuse und schaut nach, wieviel LEDs leuchten - keine bedeutet gute Schirmwirkung, alle schlechte Wirkung. Derartige Prüfungen ergeben zwar keine theoretisch nachvollziehbaren Schirmdämpfungswerte, erlauben aber praxisnahe Vergleiche verschiedener Gehäusekonstruktionen hinsichtlich ihrer ESD-Schirmwirkung. 3.4 ESD-Messungen Im ESD/ EGB-Umfeld gibt es wesentlich weniger theoretisch abgesicherte Vorstellungen und Modelle als bei der Schirmung. Umso wichtiger ist es, dass die Wirksamkeit einer ESD-Schutzmaßnahme nachgemessen wird: Für unseren Themenkreis bedeutet dies, dass Verpackungen, IC-Versandstangen oder Beläge von Böden und Tischen realitätsnah und aussagekräftig zu untersuchen sind. 3.4.1 ESD Ableitwiderstand Auch wenn der spezifische Durchgangs- oder Oberflächenwiderstand eines Materials nach einem der in 3.2.1 beschriebenen Verfahren bestimmt worden ist, so kann man daraus nicht immer leicht auf den Widerstand schließen, der bei einer elektrostatischen Entladung vom Strom auf dem Weg zur Erde überwunden werden muss. Zwischen dem Berührungspunkt eines geladenen Fingers auf einer Tischplatte und dem Erdungspunkt des Tisches schlägt der Strom nämlich bei den notwendigerweise geringen Leitfähigkeiten des Plattenmaterials recht unübersichtliche Pfade ein 3.4 ESD-Messungen 97 (man darf nicht unbewusst mit Kupferklötzen vergleichen, bei denen immer das ganze Volumen vom Strom ausgenutzt wird). Zu messen ist daher der Ableitwiderstand zwischen einem Oberflächenpunkt (im Beispiel der Tischplatte) und der „ESD-Erdungseinrichtung“. Gemessen wird der Ableitwiderstand wie in Abb. 3.19 zwischen Erde und einer auf die Oberfläche gestellten Messelektrode. Das ist gemäß DIN IEC 61340-4-1 bzw. 2-3 ein Zylinder aus rostfreiem Stahl oder vergoldetem Messing von 63,5 mm Durchmesser und 2,25 kg Masse, dessen Stirnfläche die Probenoberfläche über eine Schicht Leitgummi kontaktiert. Üblich für Tischplatten, Fußböden etc. sind Messungen, bei denen die Messelektrode in einem Raster von 25 cm bis 1,5 m aufgelegt wird. Nirgendwo auf der untersuchten Fläche darf der Widerstand zwischen einem dieser Punkte und der Erdungseinrichtung den zulässigen Wertebereich (siehe Abschnitt 2.2.2) verlassen. Analog werden Ableitwiderstände auch an allen möglichen „Leitungs-Objekten“ der EPA geprüft (z.B. Handgelenk-Erdungsbänder, Kleidung, Schuhwerk). Abb. 3.19 Messung des Ableitwiderstands. 3.4.2 Elektrostatische Reibungs-Aufladung Es ist in der Einleitung 1.2 schon angedeutet wurde, dass elektrostatische Aufladung ein überaus komplexer und nicht detailliert überschaubarer Vorgang ist. Es nimmt daher nicht Wunder, dass der Begriff „antistatisch“ bzw. „gering aufladbar“ oder „low charging“ bzw. in der Tabelle 2.4 nur in Worten definiert werden konnte und dass, zweitens, manche der in den Normen vorgeschlagenen Messverfahren (z.B. der alten DIN EN 100 015) wissenschaftlich nicht ganz überzeugend wirken. 98 3 Messtechnik 98 Das Prinzip der Aufladungsmessungen besteht darin, dass - wohl im Sinne des Charged Device Models - ein Bauelement am Prüfling einigermaßen definiert gerieben wird. Sollen Materialproben, also z.B. Kunststoffstreifen geprüft werden, so wird ein dem EGB „ähnlicher“ IC (Abmessungen ? Gehäusewerkstoff ? ) mit 0,25 N gegen den Streifen gepreßt; natürlich mit der „Oberseite“, nicht mit der Seite, wo die Anschlußkontakte herausragen. Dann werden IC und Streifen über eine Strecke von 100 mm aneinander entlang gezogen. Nach einer spezifizierten 47 Zahl von solchen Reibungsvorgängen wird das aufgeladene Bauelement in einen Faradaybecher 48 verbracht, der mit einem Elektrometer verbunden ist. Resultat der Prüfung ist ein Wert der Aufladung in nC/ cm², wahrscheinlich bezogen auf die reibende IC- Fläche (Fläche in der Norm unklar, vgl. / Leit 94/ ). Ganz analog ist das Normverfahren zur Überprüfung von IC-Versandstangen bzw. -Magazinen. Man lässt ein Bauelement zwischen Endstoppern hin und herrutschen, was dadurch kontrolliert geschehen soll, dass das Magazin um die Mitte in beide Richtungen um 45 ° gedreht wird. Nach 6 Drehbewegungen entfernt man einen der Stopper und lässt das Bauelement in einen Faradaybecher rutschen. Wiederum wird dann mit einem Elektrometer die Aufladung des ICs bestimmt. Die Ladungsangabe in nC/ cm² ist hier noch unklarer, da in dem Magazin die Reibfläche am IC wohl nicht eindeutig definiert ist. Die angedeutete Kritik an DIN EN 100 015 wird teilweise schon in / Leit 94/ ausgesprochen, wo auch auf die etwas detailliertere Norm ANSI-EIA-541 hingewiesen wird. In dieser amerikanischen Norm aus dem Jahr 1988 wird übrigens auch das Reibungs-Aufladeverhalten von antistatischen Beuteln geprüft, indem solche Beutel mit Teflonbzw. Quarzscheiben als Inhalt einigermaßen definiert „gerüttelt“ werden. Auch hier kommen Zweifel an der Präzision der Resultate auf; dennoch - es ist unbedingt nötig, die antistatische Qualität der fertigen Produkte zu überprüfen. Es genügt einfach nicht, Materialparameter wie die Leitfähigkeit zu kennen. Eine Untersuchung an 14 verschiedenen Stangen, die mit „antistatic“, „dissipative“ (= elektrostatisch ableitfähig) oder „conductive“ gekennzeichnet waren, kommt zu dem Schluß: „Es kann kein Zusammenhang zwischen dem Stangenprofil und der Höhe der Aufladung der ICs sowie den ermittelten Werten des spezifischen Oberflächen- und Durchgangswiderstands festgestellt werden.“ / Ewler 95/ . 47 „Bewege ... mit jeweils (100 ± 5) Abläufen pro Minute, und das für 20 Zyklen.“ ? ? 48 Nicht Faraday-Käfig, wie in der Norm fälschlicherweise angegeben. Ein Faradaybecher ist ein Metallbecher, daher wird alle innen aufgebrachte Ladung auf die äußere Oberfläche fließen, und dort ist der Kontakt zum Elektrometer. 3.4 ESD-Messungen 99 3.4.3 Entladungsmessungen Weil Aufladungsprüfungen nach dem gerade gesagten etwas undefiniert und wenig aussagekräftig erscheinen, wird in modernen Prüfverfahren definiert aufgeladen und dann das zeitliche Entladeverhalten untersucht. Ausführliche Beschreibungen enthält die Norm DIN EN 61340-5-1 bzw. 2-1. Aufgeladen wird mittels eines Hochspannungsgenerators über direkten Anschluss ein sehr gut isolierter, einseitig geerdeter Plattenkondensator, z.B. auf 1000 V. Dann wird der Kondensator von der Spannungsquelle abgetrennt, die Aufladung bleibt (idealerweise). Das zu prüfende Objekt (Schraubenzieher, Handschuh usw.) wird jetzt in Kontakte mit der nicht geerdeten Platte gebracht, diese also über den Prüfling entladen. Gemessen wird dabei der zeitliche Verlauf der Kondensatorspannung mit einer Auflösung von weniger als 1 Nanosekunde. Ist der ganze Messaufbau zu einem Gerät vereinigt, so heißt das Ding Charged Plate Monitor (CPM). Ein anderes Verfahren für andere Prüflinge (z.B. Platten) benutzt direkte Aufladung der Probe über galvanischen Kontakt, dann Messung der elektrischen Feldstärke über der Probe. Eine weitere Methode (z.B. für Textilproben) bringt die Ladung über eine Corona-Entladung 49 auf und misst wiederum das Abklingen der Feldstärke. Interessant ist neben der Zeit, die der Ableitvorgang braucht (z.B. von 90% auf 10 % der maximalen Feldstärke oder Spannung) auch die Frage, ob die Entladung eine vollständige ist: Landet die Messkurve bei der Spannung Null oder bleibt sie bei 100 V „hängen“? 3.4.4 Elektrostatische Abschirmung Bei dem Begriff „elektrostatische Abschirmung“ denkt der Praktiker wohl zuerst an Schutzbeutel aus leitfähigem Kunststoff, die vermutlich häufigste Verpackungsart sowohl für EGB wie auch für Leiterplatten, die mit EGB bestückt sind. Wie in Abschnitt 2.2.2 ausgeführt, übernehmen sie oft die Funktion derjenigen Verpackung, die auch gegen elektrische Felder abschirmen soll. Die Prüfung mit einem ESD- Simulator nach DIN EN 61340-5-1 (früher DIN EN 100 015 und ANSI-EIA-541) 49 Gasentladung in Atmosphärenluft infolge hoher Feldstärke, oft an spitzen Elektroden bei nicht extremer Spannung (Sägeartig gezahnte Elektrode ähnlich Zackenkrone = corona). 100 3 Messtechnik 100 hat daher große Ähnlichkeit mit der Prüfung in Abschnitt 3.4., wo abschirmende Gehäuse einer elektrostatischen Entladung ausgesetzt wurden; unterschiedlich sind allerdings einige Bauelementdaten. Ein Pulsgenerator schießt Hochspannungspulse (1000 V, 50 J) auf einen Plattenkondensator, in dem sich der Beutel befindet. Als elektrostatisch empfindlicher Inhalt des Beutels ist der kapazitive Sensor zu betrachten, nichts anderes als ein Plattenkondensator von 22 mm Plattendurchmesser und 10 mm Plattenabstand mit einem isolierenden Abstandshalter aus PC oder Acryl; seine Kapazität liegt unter 10 pF. Ein nicht perfekt abschirmender Beutel führt bei der äußeren Entladung zu einer Aufladung des Sensors. Sind die Sensorplatten über einen 500 Ω Widerstand kurzgeschlossen, so kann man den Kurzschlussstrom als Funktion der Zeit aufzeichnen. Das Ergebnis hängt durchaus auch von den elektrischen Eigenschaften des Systems ab (Anmerkung in Norm: „Das Verhalten des Testers wird stark von parasitärer Kapazität und Induktivität beeinflusst.“). Die Prüfung taugt weniger zur Erzielung absoluter und präziser Daten, etwa von Schirmdämpfungswerten, sondern mehr für relative Vergleiche der Schirmwirksamkeit. Abb. 3.20 Prüfung der elektrostatischen Abschirmung von ESD-Schutzbeuteln (schwarz) 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten Bisher wurde festgestellt, welche Eigenschaften abschirmende oder ableitende Werkstoffe besitzen müssen, und es wurde beschrieben, wie solche Eigenschaften gemessen werden können. Nun soll dargestellt werden, wie die Eigenschaften mit den Mitteln der Kunststofftechnik realisiert werden können. Verglichen mit Konstruktionen aus metallischen Werkstoffen muss bei dieser Darstellung wesentlich mehr Gewicht auf die Verarbeitungstechnologie gelegt werden. Ein vereinfachendes Beispiel: Blechgehäuse fertigt man aus Halbzeug, dessen Stärke und Qualität die Abschirmeigenschaften weitgehend festlegt (von Lecks und Konstruktions- und Fertigungsfehlern abgesehen). Ein Kunststoffgehäuse hingegen könnte im Spritzgießprozess aus Granulat entstehen, das relativ lange Metallfasern enthält. Solche Fasern sind zwar kein extrem empfindlicher Füllstoff, bei mangelnder Erfahrung oder Überlegung können aber dennoch Spritzgießmaschinen plus Werkzeuge mit allen ihren Einstellparametern aus ein und demselben Granulat Gehäuse recht unterschiedlicher Abschirmqualität fabrizieren. Im Folgenden werden daher nicht nur elektrisch leitende Polymerwerkstoffe vorgestellt, sondern daneben auch ihre Verarbeitungstechnologie. Natürlich ist vor allem die zweite Präsentation keine umfassende, denn es ist unmöglich, auf alle Materialtypen einer Werkstoffklasse (im obigen Beispiel fasergefüllte Gehäusewerkstoffe) und ihre Verarbeitbarkeit in allen Spritzgießmaschinentypen, Verteilersystemen, Werkzeugen usw. detailliert einzugehen. Es kann aber eine hinreichende Menge an Information geboten werden, sodass der Kunststoffverarbeiter eine reelle Chance hat, in akzeptabler Zeit technisch und wirtschaftlich vernünftige Lösungen zu finden - und die gröbsten Fehler zu vermeiden. Verarbeitungstechnologie bedeutet in der folgenden Behandlung meistens Spritzgießverarbeitung von Thermoplasten (wenn nicht gerade tiefziehfähiges Material oder Dichtungen behandelt werden). Jedenfalls wird auf die Kleinserienfertigung aus Halbzeug (Biegen und Abkanten von Leitlack-beschichtetem Plattenmaterial) nicht speziell eingegangen; ebenfalls kaum auf Duroplastverarbeitung - und zwar aus drei Gründen. Erstens dürfte die Massenproduktion im Spritzgießverfahren wirtschaftlich wesentlich wichtiger sein, und zweitens sind bei der Duroplastverarbeitung hoch gefüllter Materialien in der Regel die Verarbeitungsprobleme wesentlich geringer als bei Thermoplasten - es sei nur an die niedrigere Harzviskosität erinnert und an die geringeren Scherraten beim Füllprozess. Aus der Beschreibung der schwierigeren Spritzgießverarbeitung kann daher auch der Duroplastverarbeiter genügend nützliche Informationen entnehmen. Und drittens besteht bei Beschich- 102 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 102 tungen kein prinzipieller Unterschied zwischen Kunststoffgehäusen, die nach verschiedenen Methoden gefertigt wurden. In einer abschließenden Bemerkung am Ende der Diskussion eines Werkstoffs oder Verfahrens wird jeweils versucht, die Eignung eines leitfähigen Kunststoffs für Abschirmung und Ableitung zu bewerten. Der Autor ist sich voll bewusst, dass dies nur eine Bewertung auf der Basis seines eigenen derzeitigen Kenntnisstandes sein kann. Werkstoffe und Verfahren werden weiterentwickelt, und was vor kurzem noch eine abschätzige Bewertung verdiente, kann in naher Zukunft wirtschaftlich und technisch ein empfehlenswertes Produkt sein (so ging es beispielsweise den Edelstahlfasern, die lange zu teuer waren und zu schlecht verarbeitet wurden, seit Mitte der 1990er Jahre aber attraktiv sind). Hinzuweisen ist auch, dass sich die Bewertung auf die zwei Punkte Abschirmung und Ableitung beschränkt; vielleicht sind schlecht beurteilte Werkstoffe beispielsweise zur Widerstandsheizung oder zur Reflexion von Radar- oder Mikrowellen durchaus verwendbar. Wenn dort Reflexion von 90 % der Feldstärke genügt, so wäre dies ein Beitrag von nur 20 dB für die Abschirmung und würde kritisiert, taugt aber durchaus für Reflektoren und Antennenschüsseln. Eine Bewertung ist also keine unumstößliche Wahrheit, aber andererseits genau das, wonach ein Praktiker bei der Verfahrensauswahl sucht. Die wichtigste Qualität eines Kunststoffs für elektrostatische Ableitung oder für Abschirmung ist selbstverständlich seine elektrische Leitfähigkeit. Die hat er, wie schon in der Einleitung angesprochen, in der Regel nur in äußerst geringen Maße; Polymere sind fast immer von ihrer Chemie her Isolatoren. Über Leitungselektronen verfügen sie nicht, da die äußeren Elektronen ihrer Atome in kovalenten Bindungen fest eingebunden sind. Etwas Ionenleitung tritt zwar auf, doch eigentlich nur mittels solcher beweglicher Ionen, die man als Verunreinigungen zu bezeichnen hätte. Es handelt sich um Reste eines unvollkommenen Syntheseprozesses, um abgespaltene (z.B. in PVC) oder eingeschleppte Ionen, und natürlich spielt dann der Wassergehalt auch eine Rolle (z.B. in PA). All das bleibt aber (zumindest bei Raumtemperatur) im Wertebereich elektrischer Isolierwerkstoffe und kommt höchstens in Extremfällen knapp über die Schwelle zu den „ableitenden“ Stoffen im Sinne von Tabelle 2.4. Es können nun drei verschiedene Strategien verfolgt werden, um Kunststoffe mit Leitfähigkeit auszustatten. Am radikalsten wäre, die Chemie der Polymere so zu verändern, dass sie leiten (Unterkapitel 4.3). Das heißt vor allem, dass sie über Elektronenleitfähigkeit verfügen. Solche eigenleitenden oder - um einen aus der Halbleiterphysik entlehnten Ausdruck zu verwenden - solche intrinsisch leitfähigen Polymere (intrinsically conductive polymers, ICP) spielen heute in der EMV, aber noch mehr in anderen innovativen Bereichen, eine erhebliche Rolle. Durch geeigneten chemischen Aufbau der Hauptkette, nämlich durch den Einbau von Ethylen- 4.1 Gefüllte Kunststoffe 103 oxid-Kettenstücken (-CH 2 - CH 2 - O-) n , die ja ein elektrisches Dipolmoment tragen, kann man aber auch schwach leitende Polymere erzeugen, die Ionenleitfähigkeit besitzen. Nach den Begriffen von Tabelle 2.4 befinden wir uns im dissipativen Bereich, also haben wir IDP (intrinsically oder inherently dissipative polymers). Erwähnen kann man schließlich leitende Molekülkristalle. Das andere Extrem wäre, den Gehäusewerkstoff überhaupt nicht zu verändern, dafür aber eine Gehäusewand und eine Schirmwand sozusagen nebeneinander zu stellen: Die erste sorgt für die mechanisch befriedigenden Eigenschaften, die zweite für Abschirmung oder Ableitung. Praktisch bedeutet dies die leitfähige Beschichtung eines üblichen, nichtleitenden Gehäuses und wird in Unterkapitel 4.2. beschrieben. Eine Art Mittelweg folgt einer in der Kunststofftechnik sehr häufig eingeschlagenen Richtung: Viele „Nebenqualitäten“ von Kunststoffen (wie die Farbe, die UV- Stabilität, die Flammfestigkeit usw.) pflegt man über Additive einzustellen - warum nicht auch die Leitfähigkeit? Derartig leitfähig gefüllte Kunststoffe sind Thema von Unterkapitel 4.1. Behandelt werden in diesem Buch nur Additive, die zu dauernder Erhöhung der elektrischen Leitfähigkeit führen. Im Gebiet der Ableitung von elektrostatischen Aufladungen werden nur die permanent antielektrostatischen Werkstoffe diskutiert, denn nur sie wirken zuverlässig. Damit sind organische Antistatika kein Thema, die lediglich Leitfähigkeit in einer adsorbierten Feuchtigkeitsschicht an der Oberfläche erzeugen, abhängig von der Luftfeuchtigkeit). Jede Reinigung ruiniert auf Dauer (falls das Antistatikum oberflächlich aufgetragen ist) oder zumindest auf einige Zeit (falls es eingearbeitet ist und wieder zur Oberfläche diffundieren kann) ihre Wirkung. 4.1 Gefüllte Kunststoffe Der Diskussion von Kunststoffen mit Leitfähigkeitsadditiv muss man eine Betrachtung voranstellen, die mit durchaus astronomischen Zahlenwerten jongliert. Tabelle 4.1. zeigt, dass zwischen den Leitfähigkeitswerten von üblichen Polymeren, den Matrixwerkstoffen gefüllter Systeme, und denen der Füllstoffe viele Größenordnungen liegen! Bei dem für Abschirmung durchaus realistischen Paar Edelstahl-PC sind es über 21 Zehnerpotenzen, bei der im ESD-Umfeld allgegenwärtigen Paarung Leitruß-PP immer noch etwa 18. 104 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 104 Derartige Unterschiede schließen die üblichen Mischungsregeln aus, nach denen eine geringe Zugabe des Additivs ein bisschen wirksam ist, eine etwas höhere eben ein bisschen mehr und eine hohe Konzentration schließlich hoch wirksam. Man muss statt dessen ganz klar erkennen, dass Strom praktisch überhaupt nicht durch das Polymer, sondern praktisch ausschließlich durch das Additiv fließen kann - falls dieses die ganze Probe zwischen den Kontaktflächen „überbrückt“: ••• Elektrische Leitung erfolgt nur über durchgehende Strompfade sich berührender Füllstoffpartikel. Tabelle 4.1: Elektrische Leitfähigkeiten einiger Polymere (nahe Raumtemperatur (nach / Saechtling 95/ ) und einiger Füllstoffe (Ruße komprimiert, nach / Gilg 96/ ; Zinnoxid-Pulver bei 2 kbar, nach / Brendel u. Münstedt 96/ ) PTFE < 10 -16 1/ Ωm PC < 10 -15 1/ Ωm PP < 10 -15 1/ Ωm PS < 10 -14 1/ Ωm PSU < 10 -14 1/ Ωm ABS < 10 -13 1/ Ωm Silber 6,3⋅10 7 1/ Ωm Kupfer 5,8⋅10 7 1/ Ωm Aluminium 3,6⋅10 7 1/ Ωm Edelstahl ca. 1⋅10 6 1/ Ωm Graphit ca. 1 10 5 1/ Ωm Leitruß 1 bis 2,5⋅10 3 1/ Ωm SnO 2 mit Sb 2 O 5 ca. 10 1/ Ωm Für die Praxis irrelevant, wenn auch für die Forschung sehr reizvoll, ist die Frage, wie innig man sich den Kontakt vorzustellen hat. Muss er wirklich streng galvanisch sein, oder können dünne isolierende Polymerschichten zwischen Leiterteilchen durchquert, also von Elektronen durchtunnelt werden? Sehr wichtig für die Praxis ist aber die folgende Feststellung: Haben sich wegen zu geringer Konzentration noch keine durchgehende Strompfade ausgebildet, so ist 4.1 Gefüllte Kunststoffe 105 das eingemischte Leitfähigkeitsadditiv absolut unwirksam! Etwas zuwenig Additiv gibt eben nicht nur eine etwas zu geringe Leitfähigkeit, sondern überhaupt keine. Beim Zumischen von immer mehr Additiv bilden sich die ersten durchgehenden Strompfade in der Umgebung einer kritischen Konzentration, was dann innerhalb eines schmalen Konzentrationsbereichs den Widerstand der Probe zusammenbrechen und die Leitfähigkeit des Materials in die Höhe schnellen lässt - typisch um 13 bis 15 Zehnerpotenzen. Erhöht man die Konzentration über die kritische Konzentration hinaus, so entstehen immer mehr solcher Pfade, die häufig parallel geschaltet sind. Folglich nimmt der Gesamtwiderstand weiter ab und die Leitfähigkeit weiter zu, allerdings längst nicht mehr so dramatisch wie beim Auftreten der ersten Pfade. Das beschriebene Verhalten ist schematisch in Abb. 4.1 dargestellt; die (häufiger gezeichnete) Kurve für den spezifischen Widerstand als Funktion der Additiv- Konzentration wird als Perkolationskurve bezeichnet. Weil das lateinische „percolare“ deutsch „durchsickern“ bedeutet kann man sich das „Tröpfeln“ von elektrischer Ladung durch die dünnen Strompfade gut vorstellen. Abb. 4.1 Schematischer Verlauf von Leitfähigkeit und spezifischem Widerstand eines gefüllten Kunststoffs als Funktion der Volumenkonzentration bei Zugabe von leitfähigen Additiven (Perkolationskurve). 106 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 106 Leitfähigkeitsadditive sind meist teurer als der reine Polymerwerkstoff, sie können sich auch nachteilig auf die sonstigen Eigenschaften des Werkstoffs auswirken, beispielsweise auf seine Verarbeitbarkeit und seine mechanischen Eigenschaften. Man versucht daher in der Regel mit einer möglichst geringen Konzentration, genauer gesagt Volumenkonzentration, im Werkstoff auszukommen - Volumen deshalb, weil die Raumerfüllung über die Kontakte (s.u.) entscheidet, nicht der Massenanteil. Da bei der Verarbeitung in der Regel aber die von der Dosiertechnik herkommenden, bequemen Gewichtsprozente verwendet werden, sei kurz an die Umrechnung in Volumenprozente erinnert. Mit dem Index 1 werde der Füllstoff bezeichnet, mit 2 das reine Polymer. Der Massenanteil bzw. die Massenkonzentration c G an Füllstoff, was ebenso historisch wie unkorrekt 50 meist in Gewichtsprozent angegeben wird, ist dann definiert als c G = m m m 1 1 2 + (4.1) Der Rest (1 c G ) ist Polymer, woraus sich das nützliche Verhältnis (1 c G ) / c G = m 2 / m 1 (4.2) ableitet. Mit den Dichten ρ i = m i / V i (nicht mit dem spezifischem Widerstand verwechseln! ) folgt dann für die Volumenkonzentration c V = V V V 1 1 2 + = 1 1 2 1 1 2 + m m ρ ρ = 1 1 1 1 2 + −c c G G ρ ρ (4.3) Je kleiner die Dichte des Füllstoffs ist, desto größer fällt die Volumenkonzentration aus: In ABS bedeuten 10 Gew. % Metallanteil beispielsweise 1,3 Vol. % beim Füllstoff Kupfer, aber 1,4 Vol. % bei Edelstahl und sogar 4,1 Vol.% bei Aluminium. Entscheidend für die Lage der kritischen Konzentration auf der Konzentrationsachse ist das Zustandekommen der Kontakte zwischen den Füllstoffpartikeln, und das wird durch vier Parameter bestimmt: • Die Form der leitenden Füllstoffpartikel; • ihre Ausrichtung, falls sie nicht gerade kugelförmig sind; • die elektrische Leitfähigkeit des Füllstoffmaterials; • möglicherweise eine Wechselwirkung zwischen Additiv und Polymermatrix. 50 Eingewogen wird Masse in kg, die ein Gewicht (Kraft! ) in Newton besitzt. 4.1 Gefüllte Kunststoffe 107 Der Einfluß der ersten beiden Parameter ist schon vor langer Zeit untersucht (siehe z.B. / Biggs 77/ , / Yamaki et al. 78/ ). Bekannt sind folgende Aussagen, in denen „günstig“ eine kleine kritische Konzentration des (teuren) Additivs bedeuten soll: • Besonders ungünstig, sind Kugeln, v.a. wenn sie massiv sind und alle die gleiche Größe besitzen. • Für anisotrope Teilchen ungünstig ist parallele Ausrichtung. • Besonders günstig sind faserartige Teilchen mit einem hohen Verhältnis Länge / Durchmesser (Aspektverhältnis, aspect ratio, L / D ) in zufälliger statistischer Ausrichtung (random orientation); sie haben die höchste Kontaktwahrscheinlichkeit untereinander. Plättchenartige Partikel (Flakes) und kurze Fasern rangieren zwischen den Kugeln und den langen Fasern. Nicht direkt klassifiziert sind die nicht massiven Partikel mit eigener Struktur wie metallisierte Glasfasern oder Glaskugeln, sowie die überaus komplex strukturierten Leitrußpartikel (siehe Abschnitt 4.1.1). Bei ihnen gilt aber sinngemäß ebenso, dass Partikel, die sich bei kleinem Eigenvolumen möglichst weit und in möglichst viele Richtungen erstrecken, zu einem niedrigen Wert der kritischen Konzentration führen. Nicht überall, wo man gefüllte leitfähige Kunststoffe einsetzen will, sind allerdings die von der Kontaktwahrscheinlichkeit her optimalen sehr langen (z.B. 10 mm) und dünnen (z.B. 10 µm) Fasern unbedingt willkommen. Ein Extrembeispiel sind die hoch gefüllten Leitkleber, die über Stempel, durch engmaschige Siebe (Siebdruck) oder dünne Hohlnadeln (Dispenser) zu Schichtdicken von vielleicht 30 µm Stärke verarbeitet werden sollen. Hier müssen verschiedene Formen der Metallpartikel kombiniert werden - kugelige (reduzieren Viskosität), „spratzige“ (einfach herzustellende Teilchen von „Kartoffel“-Gestalt), plättchenförmige (gut für Kontakte), eventuell dazu noch Teilchen in Form kurzer Fasern. Manchmal gibt es also außer der kritischen Konzentration noch weitere Kriterien für die Auswahl der Partikelgeometrie. Der Einfluss des Werkstoffs lässt sich teilweise an Tabelle 4.1 ablesen. Teilweise deshalb, weil für die Stromleitung im gefüllten Kunststoff nicht nur die Volumen- Leitfähigkeit der Metalle gefordert ist (und bei Ruß ist eine solche Volumenleitfähigkeit kaum definierbar). Wichtig sind auch die Kontaktwiderstände zwischen den Partikeln - und zwar nicht nur beim frisch hergestellten Kunststoffteil, sondern auch nach langer Alterung! Etwaige „Korrosionschichten“ an der Oberfläche dürfen die Kontaktwiderstände nicht wesentlich erhöhen. Silber ist in dieser Hinsicht hervorragend; zwar für Kästen oder Gehäuse zu teuer, aber der beste Füllstoff in Dich- 108 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 108 tungen und Leitklebern (letztere kommen dank geringer Schichtstärke ja nur in winzigen Mengen zum Einsatz). Bei Aluminium war ein besonderes Verfahren zu entwickeln, das zu wenig korrodierenden Oberflächen der früher oft präsentierten Flakes führte; der in Fasern verwendete Edelstahl von V4A-Qualität wurde nicht zuletzt wegen seiner minimalen Korrosionsanfälligkeit ausgewählt. Der letzte oben angeführte Parameter läßt sich auf die ersten beiden zurückführen und ist vor allem bei Ruß interessant, dessen Oberfläche groß ist und mit den chemisch verwandten Polymermolekülen in Wechselwirkung tritt (Benetzung usw.). Stets sind alle Einflüsse zusammen zu bewerten; so ist beim Ruß zwar die Leitfähigkeit vergleichsweise mäßig, was er aber über die verästelte Gestalt der Partikel mehr als wettmachen kann. Das bisher Gesagte gilt für einigermaßen homogene Verteilung der Additivpartikel im Material. Nicht selten ist aber das für die leitfähigen Partikel zugängliche Volumen eingeschränkt. Mehr dazu in 4.1.1., doch ist die Überlegung nicht auf Ruß oder Graphit beschränkt. Für Additivpartikel, die Moleküle an Größe weit übertreffen, sind Kristallite, eingelagerte Gummi-Kugeln (impact modifier), andere Füllstoffpartikel oder Verstärkungsadditive nicht zugänglich. Dafür drängen sich die Partikel des Leitfähigkeitsadditivs in den amorphen Polymerbereichen und ihre Konzentration ist dort höher als bei homogener Verteilung. Bezogen auf das ganze Werkstoffvolumen bilden sich Strompfade schon bei kleinerer Konzentration. 4.1.1 Werkstoffe mit Ruß und anderen Kohlenstoff-Modifikationen Für Leitfähigkeit ist Kohlenstoff in Diamantstruktur wertlos, weil Diamant sehr gut isoliert. Andere Modifikationen - meist Graphit-Abkömmlinge - sind für unsere Zwecke viel wertvoller. Mengenmäßig mit Abstand wichtigstes Additiv ist Ruß. Bekannterweise findet Ruß (engl. carbon black 51 , frz. noir de carbone) weite Anwendung in der Kautschuk- und Kunststoffindustrie; alltäglich ist der Einsatz als hoch wirksames schwarzes Pigment, als UV-Absorber, als Antioxidans und natürlich vor allem zur Verstärkung - über 90 % der Welt-Rußproduktion landet als Füllstoff in Elastomeren, davon zwei Drittel in Reifen. Bei diesen Einsätzen wird 51 Leider wird im Deutschen mit dem Wort Ruß so ziemlich alles bezeichnet, was schwarz ist und aus einer Verbrennung stammt, egal, ob es sich um Schmutz oder um einen anspruchsvollen Werkstoff handelt. Andere Sprachen sind hier präziser und verwenden die angegebenen Ausdrücke für das hier diskutierte technische Produkt, hingegen soot (engl.) bzw. suie (frz.) für das unerwünschte Schwarz in Kamin und Dieselauspuff. 4.1 Gefüllte Kunststoffe 109 elektrische Leitfähigkeit in gewissem Maße „mitgeliefert“ und ist dann nicht selten durchaus willkommener Nebeneffekt - schwarze Autoreifen sind leitfähig genug, um trotz dauernder Reibungs- und Trennungsvorgänge zwischen Gummi und (trockener) Straßenoberfläche statische Aufladung zu verhindern (Erdungsbänder, wie früher oft zusehen, braucht ein Auto wirklich nicht). Im Kontext von Abschirmung und Ableitung dient Ruß aber in erster Linie zur gezielten Einstellung von elektrischer Leitfähigkeit - er dient als Leitfähigkeitsruß. Hergestellt wird er durch unvollständige Verbrennung oder durch thermische Zersetzung (Cracken) von Kohlenwasserstoffen. Die unvollständige Verbrennung ist zwar bei Öfen, Kaminen und anderen Feuerungen unerwünscht, wird aber bei der Rußerzeugung ausgenutzt - ganz ähnlich wie im Ofen, aber natürlich auf kontrollierte Art. Tatsächlich nennt schon die alte Klassifizierung (US War Production Board 1943) als besonders wichtige Rußsorte die Ofenruße bzw. Furnace-Ruße. Unter „Ofen“ hat man sich allerdings einen chemischen Reaktor vorzustellen, in dem bei bis zu 1800 °C hochsiedende aromatenreiche Öle einer definierten Pyrolyse unterworfen werden. Die technische und wirtschaftliche Rolle der Furnace-Ruße ist, verglichen mit anderen Rußsorten, auf allen Anwendungsfeldern dominierend - um 95 % aller Ruße werden so hergestellt. Auch auf dem Gebiet der Leitfähigkeitsruße führen sie, genauer gesagt, bei den Standard-Leitfähigkeitsrußen. Leitfähigkeitsruße höherer Wirksamkeit, d.h. mit geringerer kritischer Konzentration, erzeugt man nämlich durch Verfahren, die an der gesamten Rußproduktion einen verschwindend geringen Anteil haben (z.B. durch thermische Spaltung von Acetylen oder im Synthesegas-Prozeß). So entstehen die Hoch-Leitfähigkeitsruße. Ruß ist deshalb leitfähig, weil seine kleinsten Einheiten gestörte Kohlenstoff- Mikrokristalle sind, und zwar keine isolierenden Diamantkristalle, sondern so etwas Ähnliches wie die leitenden Graphitkristalle von Abb. 4.2. Dort sind nur innerhalb der Ebenen (heute Graphen genannt) die Atome kovalent gebunden, 3 der 4 Elektronen des Kohlenstoffs (sp 3 -Hybridisierung) sind also fixiert und nicht für Stromleitung einsetzbar. Das vierte aber ist fast metallisch frei bewegliches Leitungselektron. Daher leiten alle Graphen-Abkömmliche elektrisch. Interessant ist noch, dass im Graphit sich die Ebenen sich leicht abscheren lassen, weswegen Graphit als Schmierstoff taugt, aber auch „schreibt“. Ein rußgefülltes Kunststoffteil hinterlässt auf weißem Papier „Bleistift“-Striche - schließlich sind Bleistiftminen auch aus Graphit. Graphit als Leitfähigkeitsadditiv kommt in Polymerwerkstoffen zum Einsatz, spielt aber bisher „nur eine untergeordnete Rolle“ / Graphit 2005/ . Wichtiger ist meist die Verbesserung der Schmiereigenschaften und der Wärmeleitfähigkeit des Kunststoffs. 110 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 110 Ruß unterscheidet sich vom Graphit dadurch, dass die Sechserring-Schichten konzentrisch um die Mitte eines ungefähr kugelförmigen Primärteilchens angeordnet sind („turbostratische Struktur“), wobei ihr Abstand etwas höher 52 ist als im Graphit und ihre Anordnung untereinander auch nicht so regelmäßig. Die - bei Leitrußen 53 - etwa 10 bis 100 nm großen Primärteilchen können über stark gestörte Bereiche aneinander gehängt werden. So wachsen größere Aggregate wie in Abb. 4.3 zusammen. Man charakterisiert die geometrische Gestalt der zusammengewachsenen Teilchen als ihre Struktur und sagt zum Beispiel, ein bestimmtes Verfahren 54 liefere „sehr grobteilige Ruße mit sehr niedriger Struktur“. Abb. 4.2 Kristallstruktur des Graphit. Leitfähigkeitsruße hingegen sind sehr feinteilig und hoch strukturiert; typische Strukturen zeigen die schematischen Abbildungen 4.4. Insbesondere bei den besonders guten Leitrußen (rechts) enthält die Struktur äußerst viele Poren und Hohlräume und damit relativ sehr wenig Masse; dennoch bestehen gute Kontaktmöglichkei- 52 Schichtebenenabstand turbostratisch 0,3440 nm gegenüber 0,3353 nm in idealem Graphit 53 bei anderen Rußen sind die Primärteilchen oft größer, bis ca 500 nm 54 das Spaltrußverfahren mit Erdgas (Zitat aus / Römpp 92/ . Spaltruße oder Thermalruße entstehen durch thermische Zersetzung niedriger Kohlenwasserstoffe in Abwesenheit von Sauerstoff bei hohen Temperatur. Spalten von Acetylen liefert Leitruße 4.1 Gefüllte Kunststoffe 111 ten an den Rändern der umkreisten Bereiche. Wenn es gelingt, eine solche Ruß- Struktur in einem rußgefüllten Kunststoff zu realisieren, so wird die kritische Konzentration erfreulich tief liegen. Quantitativ, wenn auch summarisch, beschreibt man diese Feinheiten durch die spezifische Oberfläche des Rußes, also das Verhältnis seiner Oberfläche zu seiner von dieser Oberfläche eingeschlossenen Masse. Sie wird bestimmt durch Partikel- Feinheit und -Porösität sowie Oberflächenrauigkeit. Ein sehr guter Leitruß kann 1500 m 2 / g erreichen (ab 800 m²/ g spricht man von Hoch-Leitfähigkeitsruß), ein anderer Ruß erreicht vielleicht weniger als 100 m²/ g. Für die Struktur, d.h. das Zusammenwachsen der Primärteilchen, gibt es einezweite Kenngröße. Es ist - wie häufig in der Oberflächencharakterisierung - die Menge einer adsorbierten Substanz. Früher bei Ruß oft Dibutylphtalat, DBP; heute ein ÖL; daher OIL Adsorption Number OAN. Sehr guter Leitruß bringt bis OAN = 550 ml Oil / 100 g Carbon Black. Abb. 4.3 Transmissionselektronenmikroskopische Aufnahme eines Rußaggregats (Photo Degussa). 112 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 112 Abb. 4.4 Struktur von Rußen (aus / Gilg 96/ ): Links: Einfacher Leitfähigkeitsruß Rechts: Hoch-Leitfähigkeitsruß Abb. 4.5 demonstriert, wie unterschiedlich die gemessenen Perkolationskurven von Leitfähigkeitsrußen ausfallen, die deutlich verschiedene Werte von spezifischer Oberfläche bzw. OAN-Adsorption aufweisen. Bei gleicher Einarbeitung in die gleiche Polymermatrix zeigt der Ruß mit höchster Struktur eine kritische Konzentration von nur etwa 4 % (Gewichtsprozent bei einer Rußdichte um 1,9 g/ cm³), der mit mittlerer Struktur braucht ca. 9 %, der wenig strukturierte vielleicht 17 %. Zudem scheint auch der Endwert des spezifischen Widerstands bei hoher Rußkonzentration deutlich niedriger zu liegen, wenn man die Rußstruktur höher wählt. 4.1 Gefüllte Kunststoffe 113 Abb. 4.5 Einfluss der spezifischen Oberfläche und der Struktur auf die Perkolationskurven von Leitfähigkeitsrußen (nach / Wehner 13/ ). Außer der Geometrie der Oberfläche eines Rußteilchens ist auch ihr chemischer Aufbau von Wichtigkeit. Oberflächen können unterschiedliche, vom reinen Kohlenstoff verschiedene chemische Gruppen, tragen - meist sauerstoffhaltige wie in Abb. 4.6. Diese Gruppen verschlechtern den Kontakt zwischen den Kohlenstoffteilchen und sind deshalb bei Leitfähigkeitsrußen, so gut es geht, zu vermeiden. Ruße mit vielen solchen Gruppen sind stets schlechte Leitruße. Dazu zählen die oxidativ nachbehandelten Ruße wie auch die Gasruße, die man durch unvollständiges Verbrennen von Ölen mit Trägergas erhält. Die den Kontakt verschlechternden Gruppen sind mit verantwortlich dafür, dass die elektrischen Leitfähigkeit komprimierter Rußproben bei Gasrußen nur zwischen 150 und 600 1/ Ωm liegt, wogegen nach Tabelle 4.1 gute Leitruße den Wert 2000 1/ Ωm übertreffen können (nach / Gilg 96/ ). Wobei man sich darüber klar sein muss, dass es wegen der stark gegliederten und oft porösen Struktur von Rußen unmöglich ist, massiven homogenen Ruß zu untersuchen. Volumendaten, wie man sie für Metalle oder auch noch (einigermaßen 114 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 114 vernünftig) für Graphit angeben kann, existieren für Ruße nicht. Vergleichbar sind nur Werte, die an gleich komprimierten Proben gemessen wurden. Abb. 4.6 Sauerstoffhaltige Gruppen an Ruß-Oberflächen (aus / Gilg 89/ ). Sollen Ruße in Thermoplaste eingearbeitet werden, so wird man in der Regel zur Vermeidung von Staub geperlte Rußtypen auswählen oder Ruß-Compounds, die leicht zum Granulat hinzudosiert werden können. Zur Einarbeitung eingesetzt werden Kneter, Mischextruder, manchmal auch direkt eine geeignete Spritzgießmaschine. In Duroplaste, die vor dem Aushärten selbst als Flüssigkeiten vorliegen, wird man den Ruß als Pulver einbringen. Zwischen der Oberfläche eines Rußteilchens und dem Polymeren besteht eine physikalisch-chemische Wechselwirkung, die man bei zugänglicheren Oberflächen 55 als Benetzbarkeit bezeichnen würde. Ruße mit hoher Porösität müssen aufwendiger, länger und gründlicher eingemischt werden, um Benetzung auch in den 55 Auf einer ausgedehnten, ebenen, horizontalen Fläche aus Ruß würde das flüssige Polymer Tropfen ausbilden von fast kugelförmig (schlecht benetzend) bis flach zerlaufend (gut benetzend). 4.1 Gefüllte Kunststoffe 115 Poren zu erzielen. Benetzbarkeit ist für den Wert der kritischen Konzentration von Bedeutung und erklärt einen Teil der Verschiedenheit der Perkolationskurven in Abb. 4.7, wenn verschiedene Polymere mit Ruß gefüllt werden. Vorwiegend physikalisch ist ein Einfluss, der mit der Phasenstruktur 56 des Polymeren zu tun hat und zu inhomogener Rußverteilung führt. Amorphe homogene Polymere wie PS gestatten eine homogene Rußverteilung. In teilkristallinen Substanzen hingegen wie den Polyolefinen PE, PP usw. sind nahezu perfekt dicht gepackte Kristallite in eine amorphe, defektreiche Matrix desselben Materials eingebettet. Rußteilchen werden sich kaum im Innern der Kristallite unterbringen lassen - beim Kristallisieren einer homogen mit Ruß durchmischten Schmelze kommt es zur Entmischung, so dass eine rußgefüllte amorphe Phase die rußfreien kristallinen Bereiche umgibt. Weil im Amorphen dann die Rußkonzentration höher liegt, und auch weil eine derartige Rußanordnung (mit Ähnlichkeit zu Abb. 4.8) für durchgehende Leitfähigkeitspfade durchaus förderlich ist, liegt in Abb. 4.7 beim höher kristallinen HD-PE die kritische Konzentration tiefer als beim LD-PE mit weniger Kristallanteil. Kristallinität des Polymeren kann also das Perkolationsverhalten deutlich beeinflussen. Eine andere Art der Phasentrennung kann in Copolymeren auftreten, deren bekanntester Vertreter vielleicht das ABS ist (Acrylnitril-Butadien-Styrol, also Propfcopolymere von Styrol und Acrylnitril auf Butadien-Polymerisate). In einer harten, homogenen Phase aus Acrylnitril-Styrol-Copolymer sind die Butadien- Kautschukphasen dispergiert, die den Werkstoff ABS bekanntlich so schlagzäh machen. Auch hier kommt es zu einer ähnlich inhomogenen Rußverteilung wie in den teilkristallinen Werkstoffen - ABS zeigt in Abb. 4.7 ein günstigeres Perkolationverhalten als PS. Schließlich ist zu erwähnen, dass die Rolle der mit Ruß nicht mischbaren eingelagerten Phasen auch von anderen Füllstoffpartikeln übernommen werden kann. Aus Gründen der Maßhaltigkeit und Verzugsfreiheit enthält beispielsweise der Werkstoff des Chip-Carriers von Abb. 1.5 an Füllstoffen neben Leitruß auch mineralische Füllstoffpartikel. Wenn das Polymere um die Mineralpartikel herum homogen rußgefüllt ist, so ist es höher gefüllt und damit leitfähiger, als wenn der der Ruß im ganzen Kunststoffvolumen zu verteilen gewesen wäre. Falls die Füllstoffpartikel also nicht die Rußverteilung beeinträchtigen - durch Strömungsbehinderung in engen Querschnitten des Angusses beispielsweise oder durch Entmischung infolge verschiedener Strömungsgeschwindigkeiten (der Suspensionen verschieden geformter Partikel) im Werkzeug - kann die Anwesenheit weiterer Füllstoffe sich auf die Wirksamkeit des Leitrußes vorteilhaft auswirken. 56 im Sinne der Thermodynamik 116 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 116 Abb. 4.7 Perkolationskurven verschiedener Polymerer (nach / Gilg 96/ ). Wenn man die Idee konsequent weiterverfolgt, dass inhomogene Rußverteilung „um ungefüllte Teilchen herum“ zu einer Rußeinsparung führt, so kommt man zu Werkstoffen in Kern-Mantel-Struktur (vgl. z.B. / Möbius 88a/ ). Polymerpulver und Rußpulver werden innig gemischt, dann verpresst, ohne dass die Schmelztemperatur des Polymeren erreicht wird - eine Art Sintern. Wie in der schematischen Abb. 4.8 umgibt jetzt ein leitfähiges Netzwerk von hoch rußhaltigem Material die isolierenden Polymerpartikel; schon sehr geringe Konzentrationen weit unter 1 Gewichts-Prozent Ruß machen den Kunststoff leitfähig (/ Möbius 88a/ , / Gilg 89/ ). Allerdings ist dieser Kunststoff kein Thermoplast mehr, denn Aufschmelzen würde das Netzwerk ja zerstören und eine weniger wirksame, eher homogene Rußverteilung einstellen. Aber erstens gibt es auch nützliche Anwendungen für Halbzeug 57 , Plattenmaterial etwa, und zweitens gibt es ja Polymere, die sowieso nur durch sinterartige Prozesse zu verarbeiten sind man denke an ultrahochmolekulares PE oder PTFE. Ähnliche Strukturen mit Leitfähigkeit bei sehr geringem Additivgehalt bei nutzbarer Leitfähigkeit sind beispielsweise auch mit geschlossen-zelligem Styropor rea- 57 schon auf der Messe K 86 von der BASF z.B. als Lupolen 5261 Z vorgestellt 4.1 Gefüllte Kunststoffe 117 lisiert worden. Geschäumte Kügelchen werden oberflächlich mit „Graphitfarbe“ dünn beschichtet, dann wird das Ganze in der gewünschten Form „zusammen gebacken“. Es entstehen Schaum-Formteile, die bei sehr geringem Kohlenstoffanteilanteil einigermaßen leitfähig und dabei extrem leicht sind (z.B. Hochfrequenz- Absorberpyramiden der Fa. TDK). Abb. 4.8 Inhomogene Ruß-Verteilung mit Kern-Mantel-Struktur (nach / Gilg 89/ ). Rußteilchen sind - verglichen mit Fasern - wenig anistrop. Dennoch sind die Aggregate eher kettenartig („Leitrußketten“), und Ketten kann man erstens strecken und ausrichten, und zweitens zerbrechen. Bei der Verarbeitung rußgefüllter Kunststoffe, insbesondere bei Extrusion durch Düsen mit hoher Schergeschwindigkeit und im Spritzgießprozeß, ist beides zu berücksichtigen. Wie bei allen anistropen Leitfähigkeitsadditiven ist Ausrichtung auch bei Leitrußketten nachteilig für den erreichbaren Wert der elektrischen Leitfähigkeit. Diese kann in der Extrusionsfolie oder im ungünstigen Spritzgießteil ganz massiv unterhalb der Werte liegen, die man bei gleicher Rußkonzentration an gepressten Probeplatten gemessen hat. Der Spritzgießverarbeiter muss sich daher bemühen, zumindest die üblichen Vorsichtmaßnahmen gegen übermäßige Orientierung zu ergreifen - schließlich muss er ja auch die übermäßige Orientierung der Polymer-Kettenmoleküle vermeiden (sonst handelt er sich Probleme ein mit Eigenspannungen, Verzug, evtl. optischer Doppelbrechung usw.). Dazu gehören die Konstruktion des Teiles und die rheologische Auslegung des Werkzeugs, in dem keine zu hohen Schergeschwindigkeiten bzw. Schergradienten auftreten sollen. Auch die Abkühlrate sollte nicht zu hoch liegen, damit ausgerichtete Ketten genügend Zeit im flüssigen, also beweglichen Zustand erhalten, um eine weniger parallelisierte Anordnung einzunehmen. 118 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 118 Beschädigt man die Struktur der Rußpartikel durch übermäßige Scherbeanspruchung während der Verarbeitung, so reduziert man ebenfalls die Wirksamkeit des Leitfähigkeitsrußes - kürzere Kettenstücke sind „kugelähnlicher“ und haben eine geringere Kontaktwahrscheinlichkeit untereinander. Die zur Quantifizierung der Struktur herangezogene spezifische Oberfläche kann allerdings auf zwei Arten zustande kommen: Die Partikel können stark verästelt sein, zerbrechen leicht und sind dann durch Scherung stark gefährdet. Hoch-Leitfähigkeitsruße hingegen (spezifische Oberfläche > 800 m²/ g ) beziehen ihre geringe Masse von den zahlreichen Poren; ihre Partikel sind deutlich weniger scherempfindlich! Was sehr willkommen ist, denn stark poröse Teilchen müssen für ausreichende Benetzung sehr intensiv eingemischt, sehr kräftig geknetet werden; ohne erhebliche Scherbeanspruchung ist ihre Einarbeitung unmöglich. Welcher Mechanismus, Ausrichtung oder Kettenverkürzung, für die Abnahme der Leitfähigkeit infolge hoher Scherbeanspruchung wirklich verantwortlich ist, das ist am fertigen Teil kaum feststellbar (oder nur mit großem Aufwand). Dass aber der Einfluss der Scherung ganz erheblich sein kann, das zeigen die Daten von Abb. 4.9, die an einem schwach leitenden Polyamid - im Steilbereich der Perkolationskurve -bestimmt wurden (Ultramid 85, eine mineral- und leitrußgefüllte Spritzgießtype für elektrostatische Ableitung). Natürlich sind die Daten nur exemplarisch, sie gelten nicht allgemein, weil die Größe Einspritzgeschwindigkeit v E zwar wichtig für die Scherrate im Material ist, diese aber natürlich von der gesamten Rheologie in der verwendeten Spritzgießmaschine und in dem zu füllenden Werkzeug abhängt. Trotzdem ist eindrucksvoll, wie sich der Oberflächenwiderstand 58 durch Zunahme der Einspritzgeschwindigkeit um den Faktor 5 etwa um der Faktor 180 erhöhen läßt, von 3·10 5 auf 5,3·10 7 Ω. Eine Zunahme der Scherbeanspruchung erhält man auch durch Absenkung der Massetemperatur, da dadurch die Viskosität der Schmelze ansteigt. Bei 280 °C statt den 300 ° in Abb. 4.9 erhält man bei 25 mm/ s Einspritzgeschwindigkeit einen Oberflächenwiderstand von 10 8 Ω , immerhin eine Zunahme um den Faktor 50 (Werksangaben BASF). Vergleicht man schließlich optimal verpresste Probeplatten mit Spritzgussteilen, bei deren Herstellung alles massiv falsch gemacht wurde (Masse- und Werkzeugtemperatur zu tief, Einspritzgeschwindigkeit zu hoch, Strömungsquerschnitt zu gering), so findet man Unterschiede im spezifischen Widerstand von etlichen Zehnerpotenzen (10? , siehe / Wehner 2013/ ) 58 In den Unterlagen der BASF als „Oberflächenwiderstand nach DIN 53 482“ bezeichnet; nach der Norm müsste allerdings auch die Elektrodenanordnung angegeben werden. Wahrscheinlich ist der spezifische Oberflächenwiderstand gemeint. 4.1 Gefüllte Kunststoffe 119 Höher leitfähige Werkstoffe mit deutlich mehr Ruß, bei denen man den Steilbereich der Perkolationskurve schon hinter sich gelassen hat, reagieren nicht derart empfindlich auf Scherbeanspruchung bei der Verarbeitung. Rußgefüllte elektrisch leitende Kunststoffe decken vor allem die Leitfähigkeitsbereiche „elektrostatisch leitfähig“ und „elektrostatisch ableitfähig“ der Tabelle 2.4 ab. Ihr Hauptanwendungsgebiet - innerhalb der Themenfelder dieses Buches - sind daher Produkte zur Vermeidung und Ableitung elektrostatischer Aufladung. Abb. 4.9 Oberflächenwiderstand R von spritzgegossenen Probekörpern aus Ultramid 85 als Funktion der Einspritzgeschwindigkeit v E bei einer Massetemperatur von 300 °C (Daten aus Unterlagen der BASF). Als Abschirmmaterialien sind rußgefüllte Kunststoffe kaum geeignet, da die bei Abb. 2.18 geforderten Höchstwerte des spezifischen Widerstands von rußgefüllten Kunststoffen nur gerade knapp erreicht werden . Nach Abb. 4.7 liegen die spezifischen Widerstände über oder um 0,1 Ωm, nach Abb. 4.5 beim Hochleistungsmaterial auch knapp darunter; gefordert sind aber Werte deutlich darunter. Zudem bewirkt die Zugabe von Ruß in den entsprechenden hohen Konzentrationen mehr oder weniger erhebliche Beeinträchtigung der Verarbeitbarkeit (Viskositätserhöhung! ) und der mechanischen Eigenschaften. Und schließlich ist Ruß ein sehr effektives schwarzes Pigment. In der Labor-ähnlichen Umgebung einer EGB-Schutzzone ist diese „hübsche schwarze Farbe“ (/ Gilg 89/ ) oft hinnehmbar, für die abschirmende Kunststoffgehäuse von elektronischen Geräten im Büro, Rechenzentrum oder Haushalt aber keineswegs. Zu beachten ist schließlich auch eine gewisse Gefahr von Abrieb - mit rußgefüllten Kunststoffteilen kann man auf Papier „schreiben“, fast wie mit einem Bleistift, 120 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 120 der ja eigentlich Graphitstift ist, meist mit polymerem Binder. Oft ist dies unproblematisch, bei Maschinen mit Abrieb, z.B. Papierführungen, aber nicht. Auch in Reinräumen ist Abrieb nicht akzeptabel. Das Problem des Pigmentabriebs ist lösbar, wenn man anstatt Leitruß als Additiv Kohlenstoff-Fasern (Kohlefasern, Carbon-Fasern, C-Fasern) einsetzt 59 . Fasern sind elektrisch wegen ihres hohen Aspektverhältnisses L / D immer erwünscht (bei C- Fasern ist der Durchmesser um 10 µm, die Länge beliebig). Man kennt sie seit etlichen Jahren als Verstärkungsfasern auf dem Gebiet mechanisch hoch beanspruchter Kunststoffteile im Flugzeugbau oder bei Sportgeräten (CFK); ihre buchstäbliche „Stärke“ ist entweder extrem hohe Zug-Festigkeit (bis ca. 5 GPa) oder extrem hoher Zug-E-Modul (bis ca. 7 GPa). Hergestellt werden die Kohlenstoff-Fasern durch definiertes Vernetzen und Pyrolisieren von Kunstfasern. Aus anisotropen PAN - Fasern erhält man die hochfesten Fasern, zusätzliches „Graphitieren“ ergibt die Hochmodul-Fasern. Beide sind HighTech-Produkte mit entsprechendem, relativ hohem Preis. Geht man von istropen Kunstfasern aus, so entstehen die etwas billigeren Pech - C - Fasern mit deutlich geringeren mechanischen Werten, aber guter elektrischer Leitfähigkeit. Reduziert wurden die Preise, wie häufig, durch zunehmende Verwendung und Ausbau der Produktionskapazitäten. Hinzu kommt inzwischen ein wachsendes Angebot an Recyclingmaterial: Bei der Herstellung von CFK-Teilen müssen die über die Form überstehenden Teile des Fasergeleges abgetrennt werden und können dann eingemahlen werden. Es entstehen Kurzfasern ohne Kunststoff, ein wirksames Leitfähigkeitsadditiv. Beim Verschrotten von CFK-Teilen kann die Faser durch Pyrolyse vom Kunststoff getrennt werden, so dass dann auch hier einigermaßen reine C-Fasern eingemahlen werden können. Kurze (mm), recyclierte Fasern sind relativ preiswert, geben aber ein gutes Leitfähigkeitsadditiv für Thermoplaste. Manchmal werden solche kurze C-Fasern lediglich als Leitfähigkeitsadditiv an Stelle von Ruß eingesetzt. Vorteile sind dann Vermeidung von Pigmentabrieb und eine begrenzte Einfärbbarkeit in dunklen Farben. Die etwa 10 µm dicken und noch viel längeren Fasern sind eben viel weniger fein dispergiert als die winzigen Rußpartikel, färben also nicht so gut. Oft nutzt man aber zusätzlich im Kunststoffteil die Verbesserung von Festigkeit, Wärmeleitfähigkeit und tribologischen Eigenschaften sowie die Reduzierung der thermischen Ausdehnung, alles Eigenschaften, die C-Fasern auch bewirken. Leichte, hoch stabile, schnell bewegte Teile, die sich nicht triboelektrisch aufladen dürfen, das sind typische Anwendungen für kurze C-Fasern. 59 Die anwendungstechnischen Ausführungen orientieren sich teilweise an / Wiessner 05/ 4.1 Gefüllte Kunststoffe 121 Sozusagen als konsequente Weiterentwicklung der Fasergeometrie mit ihrem günstigen Aspektverhältnis ( L/ D ) sind heute die 1991 entdeckten Kohlenstoff- Nanoröhrchen (/ Iijima 91/ ; Carbon Nanotubes, CNT) anzusehen, gezeigt in Abb. 4.10. Sie gehören zu den Nanoteilchen, das sind Teilchen mit 3 oder 2 Dimensionen im Nanometerbereich 60 . In diese Richtungen sind sie nur einige Atomabstände groß, einwandige CNT haben z.B. Durchmesser von etwa 1,5 nm, können allerdings lang werden (bis einige Millimeter! ). „Hergestellt“ kann man sich die Röhrchen denken durch „Aufwickeln“ von Graphen (Graphit-Ebenen); je nach „Wickelrichtung“ sind die Röhrchen elektrisch Halbleiter oder Metalle. Es gibt einwandige, zweiwandige und mehrwandige Röhrchen (single wall nanotube SWCNT, double wall, multiwall). Auch wenn mehrere Röhrchen zu Bündeln zusammengelagert sind, haben die Teilchen ein fantastisches L / D - Verhältnis. Abb. 4.10 Atomarer Aufbau eines einwandigen Kohlenstoff-Nanoröhrchens Lagert man metallisch leitende CNT in klar durchsichtiges Polymer ein, so genügt eine derartig niedrige Konzentration für elektrostatische Leitfähigkeit, dass dünne Schichten und Folien aus solchem Material durchsichtig bleiben, obwohl reine CNT-Proben so schwarz sind wie Ruß / Sahakalkan 2013/ . Sehr interessant für ESD-Probleme! Man kann aber auch deutlich mehr CNT-Material „einarbeiten“ - wobei die Methode des Einarbeitens beim Additiv CNT eher noch eine größere Rolle spielt als bei anderen Leitfähigkeitsadditiven. So erreicht man Leitfähigkeitsbereiche, die im Prinzip Anwendung für das EMV-Problem Abschirmung gestatten. Eigene Messungen im Fernfeld ergaben eine Schirmdämpfung von 47 dB zwischen 100 MHz und 1,1 GHZ für 3 mm dicke Proben, die 5,4 Gewichtsprozent einwandige CNT (SWCNT) in PC enthielten / Hornbostel 08/ . 60 Nanos = Zwerg (griech.). Kohlenstoff bildet noch eine Sorte Nanoteilchen aus, die kugeligen Fullerene ab C60 aus 60 oder mehr Atomen: oft mit Fußbällen verglichen, weil die Bindungen ein Muster aus 5- und 6-Ecken darstellen. 122 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 122 Interessant ist natürlich auch die extreme mechanische und chemische Stabilität der Röhrchen. Vorteilhaft ist für Reinraum- und ähnliche Technologien, dass die (fast molekularen) Röhrchen und die Matrixpolymer-Moleküle so gut ineinander hängen, dass z.B. im Liquid Particle Count 61 wesentlich weniger Partikel freigesetzt werden als bei ruß- oder kohlefasergefüllten Werkstoffen / Luecke 05/ . Mit der guten „Integration“ der CNT in die Matrix sind auch hoch glänzende Oberflächen zu erklären, die mit den „groben“ C-Fasern nicht möglich sind. CNT finden im Bereich von Kunststoffen plus EMV durchaus interessante Anwendungen, bis hin zu recht alltäglichen Anwendungen wie ESD-geschützten Fässern / Funder 08/ . Ihr Potential ist aber sehr viel größer und reicht von Nanoelektronik über Flachbildschirme (Feldemissionsdiyplays) bis zur Weltraumfahrt. Über 8,3 Millionen Einträge lieferte Google zu „carbon nanotubes“ im September 2013! 4.1.2 Werkstoffe mit Metallfasern Von den prinzipiellen Überlegungen zur elektrischen Leitfähigkeit her sind lange, dünne Metallfasern vorzüglich geeignet: Metalle sind die besten elektrischen Leiter, und für lange dünne Fasern in statistischer Orientierung liegt die kritische Konzentration am niedrigsten. Diese ideale Wirksamkeit kann aber im realen Werkstoff bzw. Spritzgußteil durchaus eingeschränkt sein, was schon in den Einleitungen zum Kapitel 4 und zum Unterkapitel 4.1 kurz angesprochen wurde, hier aber noch einmal diskutiert werden muss. Um ihre Wirksamkeit voll zur Geltung zu bringen, sollten die Fasern (für ein Thermoplastadditiv 62 ) lang sein - zumindest mehrere Millimeter, vielleicht um zehn. Und sie müssen dünn sein - sicher unter 50 µm Durchmesser, wenn möglich um oder gar unter 10 µm. Daraus folgen eine Reihe von Problemen, die zwar durchaus lösbar sind, aber Aufmerksamkeit erfordern. Zunächst einmal ist es nicht einfach, Metalldrähte mit derartigen Durchmessern herzustellen 63 , die dann zu Fasern zerschnitten werden. Das ist zwar eigentlich ein Metallurgieproblem und würde damit nicht unbedingt hierher gehören; weil es sich aber natürlich im Preis des Additivs und damit des gefüllten Kunststoffs nieder- 61 Spritzgussteil im Ultraschallbad mit reinem Wasser. 62 Übliche E-Glas-Kurzglasfasern haben im Spritzgussteil eine Länge von 0,3 bis 0,5 mm. 63 Zum Vergleich: Die Bonddrähte aus dem zum Drahtziehen gut geeigneten Gold, mit denen Halbleiterchips kontaktiert werden, haben 25 µm Durchmesser. 4.1 Gefüllte Kunststoffe 123 schlägt 64 , muss wenigstens erwähnt werden, dass ausgesprochene Billig-Kunststoffe sich wohl nie mit den beschriebenen Metallfasern als Füllstoffen realisieren werden lassen. Wir reden im Folgenden über Konstruktionswerkstoffe, über engineering plastics. Und eine zweite Auswirkung haben die Metallurgieargumente - sie sind ein Faktor bei der Metallauswahl für die Fasern. In früheren Arbeiten wurden neben metallisierten Glas- und Kohlenstofffasern verschiedene massive Metallfasern untersucht, insbesondere solche aus Stahl, Nickel, Aluminium und Kupfer (siehe z.B. / Mazanek et al. 91/ , / Li und Chung 94/ ). Die metallisierten Fasern erbrachten damals 65 (für Abschirmzwecke) einfach nicht genügend elektrisches Leitvermögen und schieden daher bald aus; bei den massiven Fasern ist eine ganze Reihe von weiteren Auswahlkriterien abzuwägen. Es sind dies: • Die Herstellbarkeit von dünnen Fasern, z.B. mit ca 10 µm Durchmesser; • die mechanische Widerstandsfähigkeit der Metallfasern während der Kunststoffverarbeitung; • die chemische und mechanische Verträglichkeit zwischen Metallfaser und Polymermatrix (Haftung, wenig Änderung der mechanischen Werte); • ein akzeptables Alterungsverhalten, insbesondere wenig Korrosion der metallischen Kontakte zwischen den sich berührenden Fasern; • befriedigende Recyclingmöglichkeiten, insbesonders Vermeidung toxischer Produkte bei der thermischen Abfallentsorgung (Schwermetalle können in der Müllverbrennung bei Anwesenheit von Halogenen die Entstehung von Dioxinen katalysieren). Für technisch einsetzbare Produkte scheinen sich Edelstahlfasern durchgesetzt zu haben. Das Material sind z.B. legierte Stähle von V4A-Qualität (18 % Cr, 8-9% Ni, < 2 % Mn etc., 88-94 % Martensitgehalt, Dichte 7,98 g/ cm³, Mohs-Härte 4,4); die Fasern sind im Granulat 12,5 mm lang und haben einen Durchmesser von ca. 8 µm, was ein günstiges Verhältnis Länge zu Durchmesser ( L / D ) von gut 1500 bedeutet (nach / Pfeiffer 96/ ). Hat man bestimmte Fasern ausgewählt, so müssen sie in ein Kunststoffteil eingearbeitet werden. Auch hier in der Kunststoffverarbeitungstechnik sind einige Schritte keineswegs trivial. 64 Ende der 1980er Jahre waren dünne Edelstahlfasern so teuer, dass damit (in wirksamer Konzentration) gefüllte Kunststoffe unrealistisch hohe Preise gehabt hätten. Mitte der 1990er hatte man in die für etliche Anwendungen akzeptable Preisklasse anderer Hochleistungsthermoplaste erreicht. 65 Neue verbesserte metallisierte C-Fasern taugen auch für Abschirmung (eigene Messungen), sind aber teurer und weniger gut als Edelstahlfasern (meist Versuchsprodukte). 124 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 124 Den ersten übernimmt der Rohstoffbzw. Granulathersteller. Zur weiteren thermoplastischen Verarbeitung werden nämlich robuste Granulatkörner benötigt, keine hoch empfindlichen losen Faserstücke (mit denen anfänglich experimentiert wurde). Nach verschiedenen Zwischenlösungen werden die Edelstahlfasern, auch Filamente genannt, heute in der Regel in großer Zahl (hunderte bis tausende) zu Bündeln zusammengefasst und mit einem geeigneten Polymer imprägniert. Schneidet man die in einem Pultrusionsverfahren in Polymer eingebetteten Bündel, so erhält man als Granulatkörner die Langfaser-Pellets von Abb. 4.11, bei denen die Länge des zylindrischen Korns gleich der Faserlänge ist (vgl. beispielsweise / Mazanek et al. 91/ oder / Pfeiffer 96/ ) Das die Filamente im Bündel bzw. Pellet verbindende Polymer muss auf den gewünschten Matrixwerkstoff abgestimmt werden, damit bei der weiteren Verarbeitung eine gute Durchmischung ermöglicht wird. Die Mischung des Fasergranulats mit einem ungefüllten Granulat zu einer Granulatmischung ist problemlos; oft wird man aber das Fasergranulat (Konzentrat) direkt bei der Verarbeitung an der Spritzgießmaschine zudosieren. Vermeiden sollte man zusätzliche Compoundierung, da auch ein Mischextruder die langen Fasern schädigt! Abb. 4.11 Vergleich Kurzfaser- und Langfaser-Granulat (aus / Pfeiffer 96/ ). In der Verantwortung des Spritzgießverarbeiters liegt jetzt die notwendigerweise schonende Verarbeitung, obwohl Werkstoffe aus dem beschriebenen Langfasergranulat unempfindlicher sind, als auf Grund früherer Erfahrungen, etwa mit langen Glasfasern, von manchen befürchtet wird. Das Spritzgießverfahren bringt mit sich, dass die Fasern gebogen und geknickt werden (was in einem bestimmten Ausmaß nie zu vermeiden ist), dass sie zu kleinen, kugelähnlichen Knäueln aufgewickelt werden könnten (was für die Leitfähigkeit sehr schädlich ist), und dass sie auch in 4.1 Gefüllte Kunststoffe 125 kurze Stücke zerbrechen könnten (was vergleichbar schädlich ist). Edelstahlfasern werden wegen der mechanischen Qualität des Stahls (Duktilität und Festigkeit) durch „Aufwickeln“ und „Zerbrechen“ praktisch nicht geschädigt! Was quantitativ unter „schonender Verarbeitung“ zu verstehen ist, sei an zwei Beispielen illustriert: Für ein Polystyrol mit Edelstahlfasern (Styroplus KR 2780 EMI der BASF 66 ) wurde in / Hönl 89/ angegeben: Massetemperatur 260° bis 280°, niedrige Drehzahl, schonende Schneckengeometrie. Genaueres zur Schnecke und ihrer Bewegung findet man für Celstran S ® der Fa. Ticona (verschiedene Polymere ebenfalls mit Edelstahlfasern) in Tabelle 4.2: Beim Einspritzen ist eine gewisse Scherung notwendig, um ausreichende Durchmischung sicherzustellen. Zu hohe Scherung der Schmelze ist aber zu vermeiden - insbesondere im Werkzeug - da eine Orientierung der langen Fasern den elektrischen Widerstand des gespritzten Teils erhöht. Ebenfalls problematisch ist eine Entmischung zwischen Polymer und Füllstoff; sie kann zu Verstopfungen in Düsen, Verteilerkanälen, Anschnitten und anderen Engstellen der Fließwege führen, oder sie bewirkt größere Konzentrationsunterschiede im Spritzgussteil. Letzteres bedeutet bei der Anwendung als Abschirmmaterial Schwachstellen im Schirm, die manchmal geradezu Lecks gleichkommen können. Vergleichsweise unproblematisch ist der Füllstoff Edelstahlfaser hinsichtlich der Abrasion in der Maschine; die Fasern sind weniger hart als Glasfasern und gleiten auch besser auf den Stahloberflächen von Maschine und Werkzeug. Tabelle 4.2: Schneckenparameter zur schonenden Verarbeitung von Celstran S ® (nach / Pfeiffer 96/ ). Durchmesser ≥ 40 mm Kompressionsverhältnis 2 : 1 Gangtiefe Einzugszone ≥ 5 mm L/ D ≤ 20 Drehzahl 20-50 UpM Einspritzgeschwindigkeit 40-60 mm/ s 66 Nach Kenntnis des Autors nicht mehr erhältlich. 126 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 126 Wegen der hohen Wirksamkeit der langen dünnen Fasern liegt die kritische Konzentration bei guter Verarbeitung relativ niedrig. Sind die Anforderungen an die Leitfähigkeit nicht sehr hoch, so kommt man daher mit einem so kleinen Anteil Stahlfasern aus, dass das Spritzgussteil eine akzeptable Oberfläche erhält, insbesondere, wenn diese nicht ganz glatt gewählt wurde, sondern strukturiert ist. Auch die Farbe des Spritzgussteils wird kaum beeinflusst; v.a. unter den dunkleren Farbtönen ist die Einfärbung des Kunststoffs nahezu beliebig wählbar - kein Vergleich mit dem einheitlichen Schwarz rußgefüllter Werkstoffe. Natürlich nehmen aber diese Vorzüge ab oder entfallen ganz, wenn für anspruchsvolle Abschirmungsaufgaben hohe Füllgrade gefordert werden, oder wenn bei mittleren Füllgraden ganz helle, glatte Oberflächen erzeugt werden sollen. Dann verliert man den wirtschaftlichen Vorzug der Herstellung in einem einzigen Schritt und muss sich zu einer Weiterbearbeitung entschließen, das Teil also in der Regel nachlackieren. Welchen Stahlfaseranteil der Werkstoff besitzen muss, darüber entscheidet (neben dem Preis) die Aufgabe, die das Spritzgussteil erfüllen soll. Es gibt Werkstoffe, die rein für den ESD-Bereich konzipiert sind und mit sehr wenigen Gewichtsprozent (z.B. 1 bis gut 2 %) auskommen, dazu helle Farben und nahezu glatte Oberflächen bieten. Wirksame Abschirmung darf man von ihnen allerdings nicht erwarten. Man begegnet im ESD-Bereich Fasern mit noch geringeren Durchmessern als bei den oben besprochenen 8 µm Fasern. Wenn man von lediglich 3 µm dicken Fasern ausgeht und diese in eine transparente Folie einmischt, dann bleibt diese Folie einigermaßen durchsichtig. So wurden ESD-Schutzbeutel realisiert 67 , die den Inhalt erkennen lassen, und die wesentlich langlebiger sind als dünn metallisierte Beutel. Sowohl gute Ableitung wie auch eine gewisse Abschirmwirkung bieten Typen mit ca. 6 Gewichts- oder 0,7 Volumenprozent Faseranteil. Bei ihnen beträgt nach Abb. 4.12 die Fernfelddämpfung immerhin gut 50 dB, ihr spezifischer Durchgangswiderstand liegt bei 1 Ωm. Werkstoffe für ausgeprägte Abschirmaufgaben brauchen mindestens 10, besser 15 bis 20 Gew.% Stahlfaseranteil 68 . Sie haben bei 10 % (oder ca. 1,4 Vol.%) schon einen spezifischen Durchgangswiderstand von 0,1 Ωm nach DIN VDE 0303; fräst man die schwach leitende Oberflächenschicht von ca 0,5 mm Dicke ab, so kommt man sogar auf unter 0,003 Ωm / Pfeiffer 96/ . Probeplatten aus solchen Werkstoffe erreichen im Fernfeld die beachtlichen Schirmdämpfungswerte von Abb. 4.13 (wobei noch darauf hingewiesen werden muss, dass 86 dB am Rand des Dynamikbereichs des Messaufbaus liegen, der Wert also vielleicht noch größer ist; hinzuweisen ist auch auf die deutliche Verschiedenheit in der Probendicke - eine Umrech- 67 Daten von 3M Typ 2750 68 Im Fernfeld ist nach Abb. 4.12 der Unterschied zwischen 10 und 20 % nicht groß (vgl. aber die Diskussion von Abb. 3.13), im magnetischen Nahfeld nach Abb. 4.13 aber durchaus deutlich. 4.1 Gefüllte Kunststoffe 127 nung auf einheitliche Dicke würde aber die Verwendung von Näherungsformeln notwendig machen, die nur noch beschränkt gültig wären und daher für den direkten Vergleich zu grobe Daten lieferten). Abb. 4.12 Schirmdämpfung im Fernfeld nach ASTM D 4935-89, Probenmaterial Celstran S ® (PPS-SF 6), Probendicke 3 mm (aus / Pfeiffer 96/ ). Auch im magnetischen Nahfeld sind die gemessenen Schirmdämpfungswerte in einem Wertebereich, der sie für viele Abschirmaufgaben geeignet erscheinen lässt. Die 44 dB bei 35 MHz in Abb. 4.14 für die Probe mit 20 Gew. % Stahlfaseranteil sind vergleichbar mit Aluminium-bedampften Proben von 5 µm Schichtstärke. Abb. 4.13 Fernfeldschirmdämpfung, gemessen bei 500 MHz nach ASTM D 4935-89 an verschiedenen Edelstahlfaser-gefüllten Probeplatten: 1 Dicke 2,6 mm, ABS mit 1,5 Vol. % Faseranteil; 2 Dicke 2,6 mm, ABS mit 2 Vol. %; 3 Dicke 4 mm, PA12 mit 10 Gew. % Faseranteil; 4 Dicke 4 mm, PA12 mit 20 Gew. % . Messung FH Ulm, Proben 1 u.2 Faradex der Fa. DSM, 3 u.4 Celstran S ® der Fa. Hoechst; beiden Firmen sei für die Überlassung der Proben gedankt. 128 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 128 Wie bei anderen gefüllten Kunststoffen beeinflußt die Art des Matrixpolymers auch bei Metallfasern in komplexer Weise - über Mischbarkeit und Strömungseigenschaften - die Ausbildung des leitfähigen Netzwerks und damit die Abschirmwirkung. Unter den Celstran S ® -Typen mit 6 Gew.% Fasergehalt besitzen nach / Pfeiffer 96/ die Werkstoffe auf Basis ABS, PBT und PC bei 1 GHz eine Fernfeld- Schirmdämpfung von 55-58 dB, die Werkstoffe auf Basis PA66, PP und PPS aber nur eine solche von 45-47 dB. In weiterem Sinne liegt hier ein Einfluss der Verarbeitung vor. Als vorteilhaft wird von den Rohstoffherstellern herausgestellt, dass die guten elektrischen Werte schon bei relativ geringen Volumenfüllgraden um 2 % zu erzielen sind. Die Auswirkungen auf die mechanischen Eigenschaften sind daher nicht groß, was exemplarisch in Tabelle 4.3 gezeigt wird. Abb. 4.14 Schirmdämpfung im magnetischen Nahfeld als Funktion der Frequenz (Messung FH Ulm, gemessen wurden die Proben 3 und 4 von Abb. 4.13). 4.1 Gefüllte Kunststoffe 129 Tabelle 4.3: Einige mechanische Kenndaten von ungefüllten und Edelstahl- Faser-gefüllten Werkstoffen; die PA 66-Daten gelten für Celstran S ® -Typen der Fa. Hoechst (aus / Pfeiffer 96/ ), die ABS-SF-Daten sind Herstellerangaben der Fa. DSM für Faradex XA 211 (Material der Probe 1 aus Abb. 4.14) Zugfestigkeit Zug-E-Modul IZOD-Schlagzähigkeit in N/ mm² in kN/ mm² in J/ m PA66 ungefüllt 77-84 2,7-3,0 43-53 PA66-SF6 79 4,1 36,4 PA66-SF10 76 3,5 36,4 ABS 32-45 1,9-2,7 ABS-SF 1,5 Vol% 36 2,4 Die bisherige Diskussion war hauptsächlich auf solche fasergefüllte Kunststoffe ausgerichtet, die Edelstahlfasern als Leitfähigkeitsadditiv enthielten. Zu begründen ist dies mit den oben aufgezählten Kriterien zur Metallauswahl, auf Grund derer sich der Edelstahl bei kommerziellen Produkten derzeit durchgesetzt hat. Natürlich sind aber auch Versuchsprodukte mit anderen Metallfasern untersucht worden, und die ergaben zum Teil ebenfalls gute Abschirmwerte - z.B. die Kupferfasern und versilberten Kupferfasern in / Mazanek et al. 91/ . Weil aber diese Fasern längst nicht so dünn sein konnten wie die Edelstahlfasern (z.B. 50 µm Durchmesser statt 8 µm), waren stets deutlich höhere Füllgrade nötig. Abb. 4.15 illustriert diesen Befund: Für einigermaßen mit Abb. 4.14 vergleichbare Schirmdämpfungswerte im magnetischen Nahfeld werden statt 20 % wie bei Stahl etwa 30 bis 35 % benötigt 69 . Das wirkt sich auf Verarbeitung, Gewicht, mechanische Qualitäten und Wirtschaftlichkeit recht nachteilig aus. Offenbar scheint aber Abb. 4.15 bei den Stahlfasern in massivem Widerspruch zu Abb. 4.14 zu stehen - die zwei untersten Kurven für 10 bzw. 14 Gew.% liegen wesentlich schlechter als die Kurven in Abb. 4.14, obwohl das Stahlfaser-Ausgangsmaterial recht ähnlich war. 69 In ABS oder PA12 entsprechen 35 Gew.% Cu-Fasern ca. 5,9 Vol%; 20 Gew.% Stahlfasern aber nur ca. 3,2 Vol.%. 130 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 130 Abb. 4.15 Magnetische Schirmdämpfung im Nahfeld als Funktion der Frequenz (aus / Leute u. Meyer 91/ ); a - 35 Gew.% Cu-Faser in PA 6; b - 25 % Cu-Faser plus 2 % Stahlfaser in PPO; c - 35 % Cu-Faser in ABS/ PC; d - 14 % Stahlfas ser in PS; e - 10 % Stahlfaser in ABS/ PC. Der Grund liegt vor allem in der wesentlichen Verbesserung der Verarbeitungstechnik zwischen 1990, als die Probeplatten für die Kurven aus Abb. 4.15 gespritzt wurden, und 1996, dem Herstellungsjahr der Proben aus Abb. 4.14. Der Vergleich mit den alten Diagrammen aus / Leute u. Meyer 91/ schafft eine willkommene Gelegenheit, noch einmal auf die Vorzüge der modernen Langfasergranulate sowie einer sorgfältigen Spritzgießverarbeitung hinzuweisen! 4.1.3 Werkstoffe mit weiteren leitenden Füllstoffen Hoch gefüllte und leitende Kunststoffe: Etwa um die Mitte des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts wurde ein gut thermoplastisch verarbeitbarer Kunststoff vorgestellt, der von Kunststoff- und Additivherstellern, Kunststoffverarbeitern und anwendern sowie Hochschulinstituten 70 entwickelt worden war. Seine elektrische 70 IKV Aachen, Siemens, HEK, Arburg, Oechsler, Coperion, Dt. Metallfaserwerk; Hersteller A. Schulmann, Produkt Schulatec TinCo 50 4.1 Gefüllte Kunststoffe 131 Leitfähigkeit beträgt nach Hersteller 2·10 5 1/ Ωm 71 / Dopper 2013/ , was doppelt so viel wäre als bei reinem Graphit und 1/ 5 der Werte für die Metalle Wismuth und Quecksilber. Schlecht leitende, hoch legierte Stähle haben ähnliche Werte wie der neue, auch Plastik-Metall-Hybrid genannte Werkstoff. Logischerweise ist auch das Abschirmvermögen hoch, genannt werden 80 dB zwischen 30 kHz und 1,2 GHz; und das sogar gemessen an relativ dünnen Proben von 1,5 mm Dicke. Wie kommt man zu solchen Leitfähigkeitswerten? Polymermatrix sei Polyamid. Zugesetzt wird (nach Gewichtsprozenten ! ) das 3,7 fache an Kupferfasern. Ein unmöglicher, nicht thermoplastisch verarbeitbarer Werkstoff! Aber jetzt kommen noch 30 Gewichtsprozent Metall mit niedrigem Schmelzpunkt dazu, also einem Material, das Lötzinn vergleichbar und bei der Verarbeitungstemperatur von Polyamid dünnflüssig ist. Im Schmelzzustand haben wir daher eine so geringe Viskosität, dass Spritzgießen sehr gut möglich ist. Beim Erstarren bildet sich im Formteil ein enges Netzwerk aus den Kupferfasern und dem das Kupfer gerne benetzenden Lot; das Lot bildet selbst unregelmäßige Metallbereiche von vielleicht 50 bis 300 µm Größe. Umhüllt wird das Netzwerk von der Polyamid-Matrix. Vorteilhaft für den Spritzgießprozess ist auch die hohe Wärmeleitfähigkeit von über 7 W/ K (5 W/ K ? ), die selbst bei größeren Teilen kurze Taktzeiten erlaubt. Die hohen Werte der Wärmeleitfähigkeit sind sicher auch bei manchen Anwendungen nützlich. Mechanische Daten könnten allerdings Anwendungsmöglichkeiten einschränken. Wegen des vielen Metalls ist die Dichte hoch ( 3,4 g/ cm 3 ), das Material ist relativ „fest“ (Zug-E-Modul von 4,1 GPa und Zugfestigkeit von 33 MPa), aber auch etwas spröde (Bruchdehnung nur 3 %). Man wird also eher nicht große Abschirmgehäuse mit dem Material realisieren, denkbar sind aber kleine Schirme innerhalb von elektrischen Geräten und außerhalb der EMV natürlich komplexe Leiterkonstruktionen; Stromtragfähigkeit und Kontaktiermöglichkeiten sind gut. Aluminium-Plättchen: Zwar waren lange, dünne Metallfasern in den 1970er Jahren als theoretisch idealer Füllstoff für elektrisch leitende Kunststoffe erkannt, die ersten technisch eingesetzten metallischen Füllstoffpartikel hatten aber eine andere Geometrie. Anfang der 1980er Jahre wurden nämlich die Aluminium-Flakes propagiert, ein wirtschaftlich interessantes Additiv - Edelstahlfasern waren noch zu teuer. Die manchmal verwendete deutsche Übersetzung „Flocken“ beschreibt die Geometrie der Füllstoffpartikel schlecht. Die Gestalt der vermutlich am häufigsten verwendeten Sorte (Transmet K-102) ist ein Quadrat der Seitenlänge 1,0 mm, die Dicke beträgt 25 µm. Material ist extrem rasch abgekühltes Aluminium von über 99 % Reinheit, das in einem ähnlichen Abschreckverfahren wie die amorphen Me- 71 Die Materialdaten in verschiedenen Quellen streuen; Daten hier meist nach der TAE-Präsentation 2013. 132 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 132 talle erzeugt wird 72 ; das in diesem „melt-spinning-Prozeß“ entstehende Band wird in kurze Stücke zerschnitten und liefert so die Quadrate oder auch Rechtecke (z.B. Transmet K 101 mit 0,6 mm Länge bei 1,0 mm Breite). Das Abschreckverfahren ist entwickelt worden, weil normales Aluminium sich bekanntlich leicht mit dicken Oxidschichten bedeckt, was die elektrischen Kontakte zwischen den Füllstoffpartikeln stark beeinträchtigen würde, insbesondere im Laufe der Alterung eines damit gefüllten Kunststoffs. Das abgeschreckte Material hingegen ist sehr viel weniger korrosionsanfällig, denn es bildet während des Prozesses eine dichte, aber äußerst dünne - und dünn bleibende - Oxidhaut aus, die elektrischen Stromfluss noch zulässt. Ferner sind Duktilität und Steifheit des Metalls deutlich besser als in üblichem Aluminium, was für einen Füllstoff bei der Verarbeitung im Spritzgießverfahren vorteilhaft ist. Beide Qualitäten zeichnen übrigens auch die ähnlich hergestellten amorphen Metalle aus, doch ist das Aluminium der Flakes praktisch kristallin. Aluminium-Flakes als Additiv für elektrische Leitfähigkeit haben den Vorteil des gut leitenden Materials (nach Tab. 4.1 knapp 40 mal besser als Edelstahl), aber auch den Nachteil der weniger langgestreckten Geometrie. Leider überwiegt klar der Nachteil, zumal die wirksame Größe der etwas sperrigen Partikel im Spritzgießprozeß durch Knicken, Falten und Brechen noch deutlich reduziert wird und natürlich auch eine gewisse Parallelisierung auftritt (siehe z.B. Schnittbild in / Leute 88/ ). Will man das Material für Abschirmzwecke einsetzen, so braucht man nach Abb. 4.16 offenbar 40 Gewichtsprozent oder mehr - und das sind wegen der geringen Dichte des Aluminums für ein Polymer der Dichte 1,0 g/ cm³ immerhin rund 20 Volumenprozent. Das ist grob zehnmal mehr als beim Einsatz von Edelstahlfasern! Derartige Füllgrade eines Additivs aus 1 mm × 1mm großen Plättchen sind nicht leicht zu verarbeiten und auch nicht in allen Werkzeugen - ein Punktanguss wäre sofort verstopft. Abrasion ist bei Aluminium mit einer Härte von 2,4 auf der Mohs- Skala kein Problem. Außer mit gewissen Verarbeitungsproblemen ist mit Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften wegen des hohen Füllgrads zu rechnen. Schließlich ergibt das Material auch eine ausgeprägt fleckige Oberfläche des gespritzten Teils, die wohl nur bei rein technischen Produkten (z.B. ein Gehäuse der Automobilelektronik irgendwo im Motorraum) zu akzeptieren ist. Sonst muss lackiert werden, oder man setzt das maschinentechnisch aufwendige Zweikomponentenverfahren ein / Eckardt 89/ . Dabei wird mit zwei Spritzzylindern zuerst nichtleitendes, dann leitendes Material in das Werkzeug gespritzt, so dass das Teil äußerlich nichtleitende Wände mit leitendem Kern erhält. Das Verfahren lässt sich allerdings nur bei relativ einfachen Strömungsverhältnissen im Spritzgussteil realisieren; zusätzlich erhebt sich von der Schirmungstechnik her die schwierige Frage, wie 72 1978 vom Batelle Memorial Institute, Columbus, Ohio, vorgestellt. 4.1 Gefüllte Kunststoffe 133 zwei im Zweikomponenten-Spritzguss erzeugte Teile elektrisch miteinander zu kontaktieren sind (die von / Eckardt 89/ in Abbildung 12 gezeigte Überlappung der leitenden Kernzonen ist wohl unzureichend, denn sie stellt eine undichte Fuge dar). Abb. 4.16 Magnetische Schirmdämpfung im Nahfeld als Funktion der Frequenz (aus / Leute u. Meyer 91/ ): a - ABS mit 50 Gew. % Al-Flakes, Dicke 2,4 mm; b - ABS mit 40 % Al- Flakes, Dicke 2,4 mm; c - ABS mit 30 % Al-Flakes, Dicke 2,1 mm. Fasst man die geschilderten Problempunkte zusammen, so sind die Werkstoffe mit Aluminium-Flakes trotz (anfänglicher) wirtschaftlicher Vorteile als Abschirmwerkstoffe nicht unbedingt vorteilhaft einsatzbar. Ob sie mit geringeren Füllgraden, die aber vom Volumen her immer noch nicht gerade niedrig sind, für Anwendungsfälle mit wenig anspruchsvollen Abschirmaufgaben geeignet sind, oder vielleicht für Ableitaufgaben, das muss im Einzelfall geprüft werden. Erwähnt werden soll noch ein Einsatzfeld, das eigentlich außerhalb des Themenkreises dieses Buches liegt: Mit Aluminium-Flakes gefüllte Kunststoffe haben eine gewisse Bedeutung als einigermaßen wärmeleitende Thermoplaste erlangt, denn (nach Herstellerangaben in der Transmet-Firmenschrift „Designing for Thermal 134 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 134 Conducuctivity with Flake Filled Compounds“) wurden 2 bis 6 W/ (m⋅K) erreicht. Also eher weniger als mit den vorher erwähnten Kupfer-Lot-Additiven. Aluminium ist nämlich - wie vom Wiedemann-Franz-Gesetz (vgl. / Leute 04/ , Kap. 10.2.1) gefordert - sowohl ausgezeichneter Leiter für elektrischen Strom wie auch für Wärme. Mit ca. 210 W/ (m⋅K) liegt seine Wärmeleitfähigkeit etwa um den Faktor 700 höher als die der meisten Polymere, deren Werte um 0,3 W/ (m⋅K) streuen. Das ist nicht sehr viel im Vergleich zu den in Tabelle 4.1 steckenden Faktoren, so dass - experimentell bestätigte - Mischungsregeln (siehe z.B. / Progelhof et al. 76/ ) aufgestellt werden können, die für die Wärmeleitfähigkeit über der Füllstoffkonzentration einen steilen, aber recht kontinuierlichen Verlauf ergeben - kein Vergleich zu der sprunghaften Perkolationskurve von Abb. 4.1. Damit gibt es auch keine scharfe kritische Konzentration, und damit ist ein Einfluss der Partikelgeometrie auf die thermische Leitfähigkeit zwar deutlich vorhanden, aber keineswegs derartig dramatisch wie bei der elektrischen Leitfähigkeit über die Verschiebung der kritischen Konzentration. Insbesondere führt auch die Schädigung der Flakes im Spritzgießprozeß nicht zu gleich starken Auswirkungen auf die thermische Leitfähigkeit wie auf die elektrische. Eine gewisse Einschränkung der Einsatzmöglichkeiten für Flake-gefüllte wärmeleitende Thermoplaste ist die „mitgelieferte“ elektrische Leitfähigkeit solcher Werkstoffe. In Elektrotechnik und Elektronik braucht man nämlich oft gleichzeitig Wärmeableitung und elektrische Isolation, und dies leisten die Werkstoffe nicht! Metallisierte Glasfasern und -kugeln: Die Schwierigkeiten mit steifen Glasfasern sind - außer der schwarzen Farbe - im Prinzip die gleichen wie mit den C-Fasern (siehe 4.1.1). Für Abschirmung sind sie wegen des nichtleitenden Glases elektrisch ungenügend, im ESD-Bereich mag es spezielle Anwendungen geben. Metallisierte Glaskugeln - massiv oder hohl - ergeben aus den bekannten Geometriegründen noch deutlich schlechter leitende Teile; allerdings sind hier hohe Füllgrade für die Viskosität, also für die Verarbeitung nicht problematisch. Das erklärt ihren Einsatz beispielsweise in Leitklebern. Hellfarbige Füllstoffe: Die Vermeidung elektrostatischer Aufladung ist heute auch in Umfeldern notwendig, wo schwarze Farbe nicht akzeptiert wird. Man braucht also „permanent antistatische“ Kunststoffe mit hellen Füllstoffen. Solche Füllstoffe sind Zinn- und Antimonoxide, ihre Leitfähigkeit liegt aber nach Tabelle 4.1 weit unter der von Metallen und auch noch deutlich unter der von Ruß. Sie werden entweder direkt als Pulver eingesetzt / Brendel u. Münstedt 96/ , oder man beschichtet mit ihnen nichtleitende helle Füllstoffpartikel, beispielsweise dünnste Keramikfasern aus Kaliumtitanat / Brendel u. Münstedt 96/ , oder mineralische Additive. Abschirmende Kunststoffe sind auf diese Weise nicht entstanden, wohl aber nach Abb. 4.17 gut ableitende. Mischt man allerdings nicht ideal in Lösung, sondern mittels 4.1 Gefüllte Kunststoffe 135 Kneter in der Schmelze, so liegen die erreichten Leitfähigkeitswerte niedriger und die Perkolationsschwelle höher. Abb. 4.17 Leitfähigkeit von Compounds aus PS und SnO 2 mit Sb 2 O 5 (CP40W) sowie PS und Keramikfasern, beschichtet mit SnO 2 ⋅Sb 2 O 5 ; beide hergestellt in Lösung (aus / Brendel u. Münstedt 96/ ) Es würde im Rahmen dieses Buches, das sich Studium wie Praxis verpflichtet fühlt, zu weit führen, auf Vollständigkeit alle Füllstoffe aufzuzählen, die in der Forschung als Leitfähigkeitsadditiv in Versuchsprodukte eingemischt wurden - falls einem Autor überhaupt die vollständige Information zugänglich wäre. Additive „auf „molekularer Ebene“, nämlich Polymermolekülen mit Elektronen- oder Ionenleitfähigkeit, werden in Unterkapitel 4.3 besprochen. 4.1.4 Kunststoffe mit magnetischen Füllstoffen Es ist in den Abschnitt 2.1.3 und 2.1.4 deutlich ausgesprochen worden, dass kaum eine Chance besteht, reale Gehäusewerkstoffe mit wirksamer weichmagnetischer Qualität herzustellen - also mit Werten der relativen Permeabilität von deutlich 136 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 136 über 50. Es gibt aber Kunststoffe, die für andere Zwecke 73 entwickelt wurden und hoch mit weichmagnetischem Ferrit gefüllt sind; ihre relative Permeabilität liegt etwas über 50. Probeplatten aus solchem Material zeigen in Abb. 4.18 sowohl eine magnetostatische Dämpfung bei tiefer Frequenz, wie auch einen deutlichen Anstieg bei hoher. Hilfreich ist die Zugabe von 2 bis 3 Gew. % Edelstahlfasern, die noch etwas Leitfähigkeit beisteuern, denn der keramische Ferrit ist ein schlechter Leiter. Abb. 4.18 Magnetische Schirmdämpfung im Nahfeld als Funktion der Frequenz; unten PA6 mit 88 Gew. % Ferrit, oben Kurve etwas zusätzlichen Stahlfasern. Kunststoffe mit Füllgraden um 90 Gewichtsprozent (nicht allzu schwerer Additive! ) lassen sich aber nur mit großer Mühe verarbeiten und weisen im Spritzgussteil sehr unbefriedigende mechanische Eigenschaften auf. Kein Gehäusewerkstoff sicherlich, aber vielleicht in einer Nischenanwendung nützlich. 4.1.5 Drahtgitter und Metallvliese Ob die metallischen „Füllstoffe“ der folgenden Diskussion wirklich im Innern einer Kunststoffwand platziert sind, oder mehr am Rand, so dass man vom einer Oberflächenbeschichtung reden kann und das Thema in Unterkapitel 4.2 behandeln müsste 73 Als Filter für HF-Leitungen: Ein extrudierter Kunststoffmantel soll die übliche Anordnung aus zwei halben Ferrit-Hohlzylindern ersetzen, die man um die Leitung legt. 4.1 Gefüllte Kunststoffe 137 - das ist ziemlich unerheblich. Es handelt sich um technisch interessante Produkte, bei denen Metall während der Formung des Teils eingearbeitet wird; das ist ein Unterschied zu den „fertigen“ Kunststoffteilen von 4.2, die „nachträglich“ und manchmal in einem ganz anderen Betrieb beschichtet werden. Gehäuse: Will man nur mäßige Stückzahlen fertigen, so gibt es neben dem Abkanten von Plattenmaterial und neben Duroplastkonstruktionen noch weitere spezifisch kunststofftechnische Methoden 74 zur Herstellung von Gehäusen. Beim Tiefziehen wird eine dünne Kunststoffplatte bzw. eine dicke Folie über die Öffnung einer Form gespannt, dann - etwa durch IR-Strahler - bis zur thermoplastischen Verformbarkeit erwärmt. Ein Stempel oder Druckluft von der einen Seite bzw. Vakuum von der anderen bewirken nun ein Umformen des Halbzeugs bis zur gewünschten Gestalt. Beim Schäumen füllt man eine Form beispielsweise im RIM- Verfahren 75 mit einer unter Schaumentwicklung reagierenden Mischung, die fast ohne Druck auch große Volumina füllt; so werden hohe Wandstärken möglich, die beim Spritzgießen wegen der Wärmeabfuhrprobleme und Taktzeiten unmöglich wären. Interessant sind auch Kombinationen beider Verfahren, z.B. ein Hinterschäumen tiefgezogener Folien, was glatte und feste Oberflächen ergibt. Gerade bei der genannten Kombination kann man sich vorstellen, in die schon tiefgezogene Folie ein Drahtgitter oder Metallvlies einzulegen, das der Form angepasst ist. Nach dem Hinterschäumen hat man dann ein abschirmendes Kunststoffteil mit unsichtbarem Metallkern vor sich. Die Abschirmwirkung ist diejenige des Gitters (behandelt am Ende von Abschnitt 2.1.4) und damit möglicherweise ganz gut, problematisch ist vielleicht die Kontaktierung zwischen verschiedenen Teilen. Problematisch in wirtschaftlichem Sinne ist aber sicherlich das Einlegen von Hand, wenn mehr als nur geringste Stückzahlen gefertigt werden sollen. Viel eleganter ist ein tiefziehfähiges Metallvlies, das zusammen mit dem Kunststoffhalbzeug in einem Verarbeitungsschritt umgeformt wird. Das von der Fa. 3M realisierte Material vom Typ 6100 ist ein Laminat aus einem Metallgeflecht und einem EVA- Vlies. Das erste wird bei den üblichen Tiefziehtemperaturen weich genug, um sich mindestens im Verhältnis 2,5 : 1 verformen zu lassen, denn der Metallschmelzpunkt liegt bei nur 138 °C. Das zweite verbindet als Schmelzkleber (mit 88 °C Schmelztemperatur) das Metallvlies mit dem tiefgezogenen Kunststoffteil. Hinterschäumen, wie eingangs dargestellt, ist nicht mehr nötig (aber denkbar). Da das Metall auf der Innenseite des fertigen Teils zugänglich ist - wie in Abb. 4.19 zu erkennen - und die Metall-Legierung als lötfähig bezeichnet wird, kann man sich Kontaktierung des Schirms ohne große Schwierigkeiten vorstellen. 74 Die Beschreibungen von Tiefziehen und Schäumen sind stark verkürzt. 75 Reaction Injection Molding 138 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 138 Abb. 4.19 Tiefgezogenes abschirmendes Kunststoffteil mit Metallvlies (Photo 3M) Die Abschirmwirkung des Materials wird vom Hersteller für „derart beschichtete Kunststoffe“ als mindestens 50 dB angegeben (im Fernfeld nach ASTM-D 4935 zwischen 100 MHz und 1 GHz). Eigene Messungen an der FH Ulm haben eine Schirmdämpfung von ca. 46 dB ergeben (im Fernfeld nach ASTM-D 4935 zwischen 30 und 500 MHz). Dieser Wert wurde aber am nicht tiefgezogenem Ausgangsvlies bestimmt. Weil Tiefziehen einerseits zwar das Vlies dünner macht, andererseits möglicherweise die Kontakte zwischen den Vliesfasern verbessert, ist die Auswirkung des Umformprozesses auf die Schirmdämpfung kaum vorherzusagen - die Werte könnten auch besser werden. Fenster: Eine besondere Art „Kunststoffwand“ mit einem Drahtgitter im Innern sind die in Abschnitt 2.1.7 angesprochenen Fenster in Schirmgehäusen (sofern sie nicht durch Beschichtungen abgeschirmt werden). Engmaschige Drahtgewebe aus feinsten Drähten (z.B. 30 bis 50 µm Drahtstärke und 100 bis 200 Öffnungen pro Zoll 76 ) übernehmen hier die Abschirmung (Theorie am Ende von Abschnitt 2.1.4). Um optisch weniger aufzufallen, sind die Drähte meist geschwärzt (Edelstahldraht versilbert oder verkupfert und geschwärzt, Kupferdraht geschwärzt). Aufgabe der Kunststofftechnik ist es, das Drahtgewebe in die Scheibe einzubetten, denn die manchmal noch zu findenden vor die Scheibe gespannten Drahtgewe- 76 Bei 30 µm Drahtstärke und 100 opi (openings per inch) ist ein Gitter mit quadratischen Maschen zu 78 % = (224/ 254)² für Licht durchlässig 4.1 Gefüllte Kunststoffe 139 be sind mechanisch viel zu empfindlich. Die häufigste Lösung ist bei größeren Stückzahlen wirtschaftlich und sehr vielseitig, aber kunststofftechnisch reizlos: Zwischen zwei Scheiben - aus Mineralglas oder aus Kunststoff (PMMA, PC, Polyester, PVC) - wird das Drahtgewebe mit Hilfe eines transparenten Klebefilms fixiert. Ein solches im Autoklaven gefügtes Laminat kann auch noch weitere Schichten enthalten, insbesondere optische Filter. Auf einen Kleber verzichten kann man bei heißverpressten Scheiben aus Acryl- Polymeren, zwischen die zuvor das Drahtgewebe eingelegt wurde. Die Temperaturbeständigkeit ist die des Scheibenmaterials und damit meist höher als die des Laminatklebers im vorigen Verfahren. Bei einem dritten Verfahren werden die Scheiben gegossen. Hier wird es nur schwer gelingen, das Drahtgewebe genau in die Mitte der Scheibendicke zu platzieren, was sich auf die optische Qualität nachteilig auswirken kann. Die Temperaturbeständigkeit ist die des Gießharzes (auch hier kommen Acrylpolymere in Betracht sowie das von Kunststoffbrillengläsern her bekannte CR 39 77 ) und damit relativ hoch. Bei allen Verfahren sind natürlich Lufteinschlüsse zu vermeiden, was durch Vakuum zu erreichen ist. Wichtig ist stets die Herausführung des Drahtschirmes ganz bis zum Rand oder auch über die Scheibe hinaus, um den Fensterschirm mit der Schirmwand des Gehäuses kontaktieren zu können. Silberleitlack auf der Stirnseite erleichtert den Kontakt, ebenso im Randbereich zusätzlich einlaminierte und nach außen geführte Metallfolie (bei Laminatkonstruktionen). 4.1.6 Dichtungen Vom kleinen Kästchen bis zur Absorberhalle werden fast immer „Schirmgehäuse“ aus Einzelteilen zusammengefügt und haben zwischen den Einzelteilen Fugen. Oft genug müssen Türen, Klappen, Deckel während des Gebrauchs immer wieder geöffnet und geschlossen werden, was ihre Fugen ausleiern lässt - wir reden nicht über Safe-Türen, sondern über nicht beliebig steife Blechkonstruktionen oder über Kunstoffteile (die hinsichtlich Steifigkeit dem Blech durchaus überlegen sein können). Um solche Fugen nicht zu bedenklichen Lecks im Schirm werden zu lassen, werden mehr oder weniger flexible Hochfrequenzdichtungen (HF-Dichtungen) ein- 77 Columbia Resin der Pittsburgh Plate Glass Industries Inc., ein Diallyl Diglycol Carbonat (DADC), das nach dem Aushärten ein optisch hervorragendes und relativ kratzfestes Glas mit Brechzahl 1,498 und Dichte 1,320 g/ cm³ ergibt, das eine Dauergebrauchstemperatur von 100 °C aufweist. 140 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 140 gelegt, die auch bei etwas ausgeleierten Fugenspalt den Durchgriff von Feldern und Wellen verhindern (vgl. Abschnitt 2.1.7). Manchmal braucht man solche Dichtungen auch für den ursprünglichen Zweck von Dichtungen, nämlich um Flüssigkeiten und Gase vom Innern des Geräts fernzuhalten - Handfunkgeräte sollen auch im Regen verwendbar sein. Dann muss man auch die Kriterien der „normalen“ Dichtungen hinsichtlich Gas- oder Flüssigkeitsdichtigkeit bei bestimmten Druckdifferenzen erfüllen (z.B. beim einfachen O-Ring die Geometrien von Ring und Nut) und sie mit den Kriterien für HF-Dichtigkeit zu vereinen versuchen. Die wichtigsten Anforderungen an HF-Dichtungen ergeben sich aus Abb. 2.10 - also aus der Notwendigkeit, einen niederohmigen, nahezu ununterbrochen linienhaften, dazu langlebigen Kontakt zwischen den durch die Fuge getrennten Gehäuseteilen sicherzustellen (trotz Korrosion, oftmaliger Kompression, Alterung). Man kann diese Forderungen mit höchst verschiedenartigen Konstruktionen mehr oder weniger gut erfüllen; die Aufzählung hier 78 ist keinesfalls vollständig! Auch ist die Einordnung hier in Unterkapitel 4.1 (Leitfähig gefüllte Kunststoffe) nicht ganz zwingend, weil in etlichen Konstruktionen das leitende Additiv ganz und gar nicht homogen verteilt ist. Da bei Dichtungen direkter Kontakt zwischen den Metallteilen der Dichtung und den Gehäusewerkstoffen besteht, muss als neues Auswahlkriterium für das Metall in der Dichtung die chemische bzw. elektrochemische Wechselwirkung mit dem Gehäusemetall berücksichtigt werden - bisher ging es in 4.1.2 und 4.1.3 um das Vermeiden von Korrosion innerhalb des Kunststoffs zwischen den Füllstoffpartikeln, jetzt auch um Korrosion der Kontakte zwischen Gehäusemetall und Dichtungsmetall. In Anwesenheit von Salzwasser brauchen Aluminium- und Stahlblechgehäuse vielleicht ganz verschiedene Dichtungsmetalle. Nur erwähnt werden sollen in diesem Buch die rein metallischen Kontaktstreifen, was hier streifenförmig angeordnete Kontaktfedern bedeutet, meist aus Beryllium-Kupfer. Begegnet sind wir diesen Kontaktfederstreifen schon bei der Doppelkammer-Messzelle von Abb. 3.7. Der Kontakt zu Kunststoffproben war dort wenig zuverlässig; für Kunststoff-Gehäuse gilt entsprechendes. Kontaktstreifen sind ein Bauteil für rein metallische Gehäuse (Blech, Guß, stranggepresste Profile). Auch bei den Dichtungsschnüren kommen manche Konstruktionen ganz ohne Kunststoff aus, wie im linken Teil von Abb. 4.20 zu sehen. Vollmetall- Gewebeschnüre (Gewirke, mesh) bestehen aus gestrickten Metallfäden, die Fäden ihrerseits aus Monel (67 % Ni, 30 % Cu), Aluminium, Stahl (verkupfert und ver- 78 Sie orientiert sich va. an Unterlagen der Fa. Bavaria Electronik (Rosenheim); für die Überlassung besten Dank! 4.1 Gefüllte Kunststoffe 141 zinnt) usw.. Natürlich ist die Elastizität eines solchen schlauchartigen Gebildes nicht allzu hoch, weshalb sie nur dort eingesetzt werden sollten, wo die abzudichtenden Teile einmal zusammengeschraubt werden und dann zusammen bleiben - seltene Wartungsarbeiten ausgenommen. Verformt man die Gewebeschnüre nämlich, wie bei Türen o.ä. unvermeidlich, erstens häufig und zweitens undefiniert stark, so bleibt ein Rest Verformung, und die Dichtwirkung leidet 79 . Beginnen wir nun mit „kunststoffhaltigen“ Dichtungen. Das Problem der mangelnden Elastizität der metallischen Gewebeschnüre behebt ein Elastomerkern im Gewebeschlauch, zu sehen rechts in Abb. 4.20. Eine korrekte Beschreibung der Konstruktion ist ein Elastomerprofil (rund oder rechteckig), das ein- oder mehrfach mit Metallgewebe umstrickt wurde. Wobei die metallischen Drähte auch durch metallisierte Kunststofffasern, z.B. versilbertes Nylon, ersetzt werden können, oder eine Kombination aus Kunststoff- und Metallfäden verwendet wird. Das Elastomer kann massiv sein und ist dann zwar gut verformbar (die erhältlichen Shorehärten variieren in einem weiten Bereich), aber nicht allseitig kompressibel. Wird, etwa wegen enger Nuten, auch Kompressibilität gefordert, so wählt man geschäumtes Material. Je nach geforderter Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit werden z.B. Neopren, EPDM, PU-Schaum, thermoplastische Elastomere oder Silikon verwendet. Gute Dichtungen für elektromagnetische Strahlung wie auch für Wasser oder Gase sind die „echt“ leitfähig gefüllten Elastomere. Besonders häufig wird Silikonkautschuk gewählt; die Auswahl unter den leitenden Additiven ist sehr groß: Angeboten werden u.a. als massive Partikel Kohlenstoff, Nickel, Silber; als versilberte 80 Partikel gibt es beispielsweise Aluminium, Nickel, Kupfer und Glas. Geliefert werden Platten (z.B. zwischen ca. 0,5 mm und ca. 3 mm Stärke), Stanzteile aus solchen Platten, oder extrudierte Profile. Manchmal wird ein ungefülltes weiches Silikonprofil mit einer dünnen Oberflächenschicht aus gefülltem und damit leitfähigem Silikon versehen. Bei bestimmten Platten aus Silikonwerkstoffen werden schwach gekräuselte Metallfäden eingelagert, und zwar senkrecht zur Dichtungsoberfläche und damit untereinander parallel. Was bisher bei Thermoplasten als Verarbeitungsfehler getadelt wurde, nämlich die Ausrichtung, das sorgt jetzt für besonders effektiven Stromfluss: zwischen den Dichtungsflächen der Gehäuseteile quer durch die Dichtung. Und genau so soll der Strom ja fließen können! Von der Technik her besonders interessant sind gefüllte Silikone, die vor der Aushärtung zähflüssig mit Dispenser (Hohlnadel) aufgetragen werden, in der Ferti- 79 nach Herstellerangaben sind 20 % Deformation zulässig, ab 40 % stets bleibende Verformung. 80 Zur Erinnerung: Korrosionsprodukte von Silber leiten oft beinahe so gut wie metallisches Silber 142 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 142 gung mittels Robotor. So werden auch schwierige Formen realisierbar: Komplexe ebene Strukturen, wenn etwa viele schirmende Wände zu einem gemeinsamen Deckel hin abzudichten sind; oder sogar „räumlichen“ Strukturen, bei denen die Silikonraupe auch in der dritten Dimension verlegt werden muss. Die üblichen Dichtungen (Stanzteile, O-Ringe usw.) haben nun einmal zweidimensionale Struktur und taugen nur für ebene Dichtflächen. Nach kurzer Zeit reagiert das Silikon zu Silikongummi, und eine am Teil haftende, leitfähige Dichtung ist fertig. Abb. 4.20 HF-Dichtungen mit Metallgewebe; links Vollmetallgewebeschnüre, rechts mit Elastomerkern (Photo Bavaria Elektronik). 4.2 Leitfähig beschichtete Kunststoffe Leitfähige Schichten auf nichtleitenden Kunststoffwänden, -platten oder -folien bestehen entweder aus praktisch reinem Metall und werden durch PVD-Verfahren 81 , d.h. Bedampfen oder Sputtern, durch Flamm-, Plasmabzw. Lichtbogenspritzen oder chemisch / galvanisch aufgebracht. Oder die aufgebrachte Schicht kann ihrer- 81 Physical Vapor Deposition, also Bedampfen und Sputtern (= Kathoden-Zerstäuben; deutsch, aber nicht sehr gebräuchlich). CVD wäre Chemical VD mit Reaktionen im Gas und an der Oberfläche. 4.3 Organische Leiter 143 seits als leitfähig gefüllter Kunststoff betrachtet werden - wenn nämlich im Leitlack die meist metallischen Füllstoffpartikel durch einen Binder, also ein Harz, zusammengehalten werden. Da einige der in Unterkapitel 4.1 angestellten Überlegungen auch für Leitlacke Gültigkeit besitzen, soll die Diskussion solcher Schichten an den Anfang gestellt werden. Beschichtungen aus selbst leitenden Polymeren werden in Unterkapitel 4.3 angesprochen. Allen Beschichtungen gemeinsam ist ein Qualitätskriterium, das bisher (in Unterkapitel 4.1) noch nicht zu berücksichtigen war: die Haftung auf der Kunststoffoberfläche. Und zwar kurze Zeit nach der Auftragung (notwendig für weiteres Handling) ebenso wie nach Alterung und Klimaeinwirkung. Haftung zu messen ist aber nicht einfach, da es sich (bei der zerstörenden Prüfung) darum handelt, einen einwandfreien Adhäsionsbruch zwischen Schicht und Substrat 82 messtechnisch zu erfassen - wobei einer der „Fügepartner“, die Schicht nämlich, zu dünn ist, um vernünftig mechanisch gefasst zu werden. In der Literatur wurden bis zu 250 verschiedene Verfahren aufgeführt / Mittal 91/ ; die in der Praxis üblichen Methoden von Tabelle 4.4 stellen einen Kompromiss dar zwischen Praktikabilität und physikalischer Aussagekraft. Da Haftung von der Qualität der Kunststoffoberfläche abhängt, muss diese meist durch entsprechende Oberflächenvorbehandlung optimiert werden. Dabei geht es nur teilweise um die auch bei anderen Substraten selbstverständlichen Vorbedingungen: Trocken, fett- und staubfrei muss die Oberfläche sein und, wenn möglich, etwas rau (wobei man durch Schmirgeln, Strahlen etc. etwas nachhelfen kann). Kunststoffe können auch spezielle Probleme aufwerfen, die bei anderen zu beschichtenden Werkstoffen nicht bekannt sind. So werden bei Spritzgussmassen nicht selten Entformungshilfsmittel (Trennmittel) zugesetzt, die die Haftung zwischen der Metalloberfläche des Spritzgieß- Werkzeugs und dem Kunststoffteil minimieren sollen. Schließlich will man das Teil schnell und ohne Schwierigkeiten aus der Form entnehmen können. Natürlich sind diese Mittel aber auch noch wirksam beim späteren Metallisieren des Teils und müssen deshalb vorher mit Lösungsmitteln oder Detergentien abgewaschen werden. Insbesondere silikonhaltige Entformungshilfsmittel sind kaum nachträglich zu entfernen und sind deshalb strikt zu vermeiden - selbstverständlich auch ein Silikonspray für das Spritzgießwerkzeug. 82 „Substrat“ bezeichnet ganz generell eine „Unterlage“ die „von oben“ flächig behandelt, z.B. beschichtet wird; Beispiele sind Silizium-Scheiben, Leiterplatten und hier schirmende Kunststoffwände. 144 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 144 Tabelle 4.4 Einige genormte Verfahren zur quantitativen Charakterisierung der Haftung von Schichten ASTM D 3359-90 Tape Test Dünne Beschichtungen DIN 53151 Gitterschnittprüfung Lacke u.ä. DIN EN 24624 bzw. Stirnabzugsversuch Lacke u.ä. ISO 4624 DIN 58196 Teil 6 Klebebandtest Dünne Schichten Optik DIN EN 582 Haftzugfestigkeit Thermisch gespritzte Schichten DIN 53494 Abzugskraft Galvanisierte Kunststoffe Die angesprochenen Lösungsmittel und Detergentien können Kunststoffe schädigen, deren chemischer Aufbau ja mit dem dieser organischen Flüssigkeiten nahe verwandt ist. Kunststoffe können durch Lösemittel angelöst werden oder quellen gar auf. Benetzende „Waschmittel“ können in dafür anfälligen Kunststoffen, z.B. PC, PSU, Spannungsrisse auslösen, wenn das Teil mit reichlich Eigenspannungen gefertigt wurde (nicht optimierter Spritzgießprozeß, schwierige Geometrie). Will man geschäumte Teile beschichten, so darf dies erst erfolgen, wenn die beim Schäumen freiwerdenden Gase vollständig entwichen sind. Entsprechenden gilt für Duroplastkonstruktionen, wenn bei der Verarbeitung Lösemittel eingesetzt oder niedermolekulare Verbindungen nicht in das Netzwerk eingebaut wurden. Beide „bewegliche“ Substanzklassen müssen vor der Beschichtung entwichen sein. Manche Polymere schließlich weisen wegen der unpolaren Chemie ihrer Oberflächen 83 kaum Adhäsionsmöglichkeiten auf - v.a. die Polyolefine oder PTFE sind fast nicht haftfest zu beschichten, es sei denn, ihre Oberfläche wird chemisch verändert. Für solche Kunststoffe wurden Methoden entwickelt, die v.a. Sauerstoffgruppen einbauen: Beflammen im oxidierenden Teil einer Flamme, Coronaentladung an Luft (mit Ozonbildung; Fußnote 49), Plasmaätzen in teilweise ionisierten Gasen bei Unterdruck und schließlich nasschemisches Beizen. Verbessernd auf die Haftfestigkeit wirken diese Vorbehandlungen auch bei den weniger kritischen Kunststoffen, die an sich ohne derartigen Aufwand beschichtbar sind. Zusammen- 83 Abzulesen ist dies an den geringen Oberflächenenergien (in mJ/ m²): PTFE 18,5; PP 29; PE 31; PS 34; PVC 40; EP 47. Viel höher liegen die Metalle: Al 1200, Ag 1250; Ti 2050. 4.3 Organische Leiter 145 fassende Diskussionen der Vorbehandlungsverfahren findet man übrigens auch in Darstellungen der Klebetechnik (z.B. in / Habenicht 90/ ), da Klebeverbindungen mit den gleichen Adhäsionsschwierigkeiten zu kämpfen haben. Bei einigen Vorbehandlungen und Beschichtungstechnologien ist zu berücksichtigen, dass Kunststoffteile im Vergleich zu Blechkästen recht temperaturempfindlich sind. Anschmelzen der Oberfläche (etwa beim Beflammen) ist ein offensichtlicher Fehler, nicht akzeptieren kann man aber auch das Verziehen von stark eigenspannungsbehafteten Spritzgussteilen bei erhöhter Temperatur. Abschließend ein sehr wichtiger Hinweis, der über die Abschirm- oder Ableitqualität des fertigen Teils mit entscheidet und nicht an Probeplatten überprüft werden kann: Man muss Kunststoffteile beschichtungsgerecht konstruieren! Erstens arbeitet kein Beschichtungsverfahren völlig homogen bzw. isotrop - die Tröpfchen aus einer Spritzpistole fliegen gerichtet, in einem gewissen Ausmaß auch die Metallatome beim Bedampfen, und eine Galvanikflüssigkeit scheidet in einem schlecht durchströmten Winkel weniger Metall ab. Hinterschneidungen, enge und tiefe Nuten und ähnlich schlecht zugängliche Stellen sind zu vermeiden. Zweitens will man ja meist nur die Innenseite beschichten und braucht dann für solch einen partiellen Auftrag eine Maskierung, also eine Abdeckung durch Kunststoff oder Metall, der nicht zu beschichtenden Bereiche. Vor allem bei der Konstruktion von Lüftungsschlitzen oder anderen Durchbrüchen muss man bedenken, wie eine Maske sinnvoll abdecken kann. Und drittens fordert die Abschirmaufgabe zwingend, dass zwischen einzelnen Gehäuseteilen guter und nahezu linienhafter elektrischer Kontakt möglich ist. Nut-Feder-Konstruktionen müssen zuverlässig beschichtbar sein, ebenso Schnappverbindungen und Anschraubpunkte für Masseanschlüsse. Im Bereich von immer wieder zu öffnenden Kontakten muss besonders auf die Haftfestigkeit der Schicht geachtet werden. Und ganz zum Schluss noch eine Klage des neutralen Berichterstatters: Jedes Verfahren birgt prinzipiell gewisse Gefahren für die Qualität des Prozesses in sich: Es sind dies vor allem Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften des Kunststoffs durch aggressive Chemikalien, thermische Belastung des spritzgegossenen Kunststoffteils, Änderungen von Haftung und Widerstand der Schicht nach Alterung, Temperaturwechseln, Klimalagerung usw.. Dazu findet man leider in der technischen Literatur, insbesondere aber in Firmenschriften, durchaus einseitige Darstellungen. Die Probleme des eigenen Prozesses habe man voll im Griff (so dass der Anwender sie eigentlich vergessen könne), man weise aber warnend auf die Schwierigkeiten konkurrierender Verfahren hin, von denen sich das eigene höchst vorteilhaft abhebe. Das ist kommerziell legitim, entspricht technisch aber nicht der Wirklichkeit, weil der eigene Prozess in seiner optimalen Form angewendet wurde, die fremden Verfahren meist aber recht wenig optimiert. Es scheint so zu sein, dass 146 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 146 bei fast allen Verfahren die potentiellen Gefahren auf ein akzeptables Maß reduziert werden können, und dass es dann noch gewisse Schwächen gibt, diese aber kein Verfahren von vornherein unmöglich machen. Man darf nach Abschirmqualität und Wirtschaftlichkeit aussuchen. 4.2.1 Leitlacke Leitlacke bestehen bei der Verarbeitung aus 3 Hauptanteilen. Zwei davon entsprechen den Hauptkomponenten eines leitfähig gefüllten Kunststoff: ein Polymersystem als Binder, wie hier der Matrixwerkstoff bezeichnet wird, und ein leitendes Additiv, das hier Pigment heißt. Als Binder kommen verschiedene Harze in Frage, oft ein Acrylat, aber auch Vinylpolymere und Polyurethane. Pigmente sind Teilchen aus Graphit, Kupfer, Nickel, Silber, oder anderen Metallen, manchmal auch aus Kombinationen wie versilbertem Kupfer. Der große Unterschied zum leitfähig gefüllten Kunststoff besteht natürlich in der Verarbeitung, und die bestimmt die weitere Rezeptur des Leitlacks. Während eine Thermoplastschmelze Viskositätswerte 84 von 100, 1000 Pa⋅s oder noch mehr aufweisen darf - schließlich bringt es eine Spritzgießmaschine auch auf 100, 1000 oder noch mehr bar Spritzdruck - , wird für Leitlacke besipielsweise einige Zehntel Pa⋅s an dynamischerViskosität 85 angegeben (Electrodag 1415 M der Fa. Acheson). Dies erfordert die Verarbeitbarkeit. Will man Einzelstücke oder Prototypen mit dem Pinsel lackieren, so kann ein Lack mit derartiger Viskosität direkt eingesetzt werden. In der Fertigung wird aber in der Regel eine Spritzpistole Verwendung finden, die (oft) eine weitere Verdünnung erfordert. Dritter Hauptbestandteil des verarbeitungsbereiten Lacks ist also (oft) ein Verdünner. Die gewünschte niedrige Viskosität ist in der gegenseitigen Abstimmung von Harzsystem, Pigmentgeometrie (plättchenförmig, spratzig, dendritisch etc.) und Verdünneranteil zu optimieren - hinsichtlich Verarbeitbarkeit des Lacks bei maximaler elektrischer Leitfähigkeit der trockenen Schicht. 84 Statt der Pascalsekunde (Pa⋅s, nicht Pa/ s) findet man oft noch die alte Poise (P); für die Umrechnung gilt 1 cP = 1 mPa⋅s, was übrigens etwa der Viskositätswert von Wasser bei 20° C ist 85 Das Adjektiv unterscheidet die hier verwendete Viskosität von der kinematischen Viskosität, bei der noch durch die Dichte der Flüssigkeit zu dividieren ist. Weiteres zur Viskosität z.B. in / Leute 04/ Abschnitt 5.3.2. 4.3 Organische Leiter 147 Die Beschichtung eines Kunststoffteils mit Leitlack erfolgt in (mindestens) 4 Schritten 86 . Zuerst ist die Oberfläche vorzubereiten. Wie oben in der Einleitung zu Unterkapitel 4.2 geschildert, müssen Schmutz, Fett und Trennmittel entfernt werden. Für viele Gehäusewerkstoffe ist dies ausreichend, andere (z.B. PU, Polyester) erfordern für ausreichende Haftung ein mechanisches Aufrauen durch Schmirgeln oder Sandstrahlen. Noch wirksamer ist der Auftrag eines Primers, also eines Haftung vermittelnden Anstrichs mit hierfür geeigneter chemischer Zusammensetzung. Im zweiten Schritt muss der Leitlack vorbereitet werden. Wegen der großen Dichteunterschiede zwischen dem Pigment (das 30 bis 60 Gew. % ausmacht) und dem nassem Binder setzen sich die Metallteilchen beim Stehenlassen ab (Graphitteilchen etwas weniger). Homogenisieren ist unbedingt nötig, was vor dem Verarbeiten durch Farbschüttler oder geeignete Rührer geschehen kann. Soll der Lack mit einer Spritzpistole aufgetragen werden, so muss er (oft) nach dem Homogenisieren noch verdünnt werden. Verdünner sind Wasser oder verschiedene organische Lösemittel bzw. Lösemittelmischungen. Verdünnungsverhältnisse reichen typischerweise von 2: 1 (2 Gewichtsteile Lack zu 1 Teil Verdünner) bis über 10: 1. Der dritte Schritt umfasst den eigentlichen Auftrag des Lacks. Pinselauftrag kommt nur für geringe Stückzahlen in Frage; in der Regel werden Saugbecherpistolen oder Kesselpistolen zum Spritzen eingesetzt. Geführt werden die Spritzpistolen von Hand oder durch Roboter. Falls mit einer Hand-Pistole gearbeitet wird, muss natürlich sorgfältig auf gleichmäßigen Auftrag, auch an schwer zugänglichen Stellen, geachtet werden. Aus ca. 20 cm Distanz werden nebeneinander überlappende Streifen gespritzt. Dünnere Schichten (bei Silberleitlack werden ca. 20 µm Dicke der trockenen Schicht empfohlen) werden in einem Durchgang beschichtet, bei dickeren Schichten (trocken 50 bis 75 µm bei anderen Pigmenten) sind zwei Durchgänge besser. Zum Abschluss muss der nasse Lack getrocknet werden. Meist wird dies an der Umgebungsluft erfolgen; die Schicht ist (z.B.) dann handhabbar nach 10 min und durchgetrocknet nach 4 bis 16 Stunden. Leicht erwärmte Luft beschleunigt die Trocknung, zu heiße Luft kann aber Risse hervorrufen. Zur Qualitätskontrolle eignen sich besonders Prüfungen der Haftung (z.B. Gitterschnittprüfung), der Schichtdicke (z.B. nach ASTM 1005-51) sowie des Oberflächenwiderstands. Die Abschirmeigenschaften von leitlackbeschichteten Proben richten sich auch nach der aufgetragenen Schichtdicke. Diese kann aber aus wirtschaftlichen, möglicherweise auch aus technischen Gründen (Haftung, Klemmen in Nuten usw.) nicht beliebig erhöht werden. Wichtiger ist daher das verwendete Pigment: Graphit ist 86 Darstellung teilweise nach Unterlagen der Fa. Acheson, der hierfür gedankt sei.. 148 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 148 wenig befriedigend, doch Lacke mit Metallpigmenten erbringen eine nutzbare Abschirmwirkung selbst im magnetischen Nahfeld. In Abb. 4.21 scheint versilbertes Kupfer ein besonders interessantes Pigment zu sein; das Versuchsprodukt mit dem hochpermeablen Mü-Metall weist zwar bei tiefen Frequenzen magnetostatische Dämpfung auf, zeigt aber sonst aber mäßige Werte. Abb. 4.21 Schirmdämpfung im magnetischen Nahfeld als Funktion der Frequenz für verschiedene Beschichtungen: a - Cu/ Ni galvanisch, Schichtdicke 35 µm; b- zweifach zinkflammgespritzt; c - Al-bedampft, 5 µm; ab d Leitlacke mit d - Cu 145 µm, e - Cu versilbert 90 µm, f - Cu versilbert 40 µm, h - Ni 60 µm, i - Mü-Metall 410 µm (aus / Leute u. Meyer 91/ ) Von großer Wichtigkeit ist ein etwaiger Einfluss von Temperaturwechselbelastung und von Klimalagerung. Die Fernfelddaten in Abb. 4.22 und ebenso die direkt vergleichbaren Ergebnisse in / Gerling 94/ belegen, dass Leitlacke durch derartige Belastungen nicht leiden, sondern eher besser werden. Eine mögliche Erklärung wäre das Entweichen letzter Reste von Lösemittel, also eine gewisse Schrumpfung und damit eine Verbesserung der Kontakte zwischen den Metallpartikeln. Vielleicht nimmt auch eine vom Auftrag stammende Ausrichtung der Partikel durch die Warmlagerung ab, vergleichbar der Ausheilung von Eigenspannungen beim Tempern von Kunststoffteilen 4.3 Organische Leiter 149 Abb. 4.22 Schirmdämpfung im Fernfeld von leitlackbeschichteten Proben nach ASTM D 4935; K nach Klimalagerung; Messung FH Ulm. 1 Pigment Ag/ Schichtdicke 10 µm/ Substrat B ayblend; 2 Ag/ 13/ Novodur; 3 Ag/ 16/ Makrolon; 4 Cu/ 45/ B; 5 Cu/ 45/ Nr; 6 Cu/ 45/ M; 7 Ni versilbert/ 17/ B; 8 Ni vers./ 16/ N; 9 Ni vers./ ca. 20/ M. Ein gewisser Vorzug der Leitlackschichten ist die chemische und damit auch mechanische Ähnlichkeit von Binder und Substrat, die für Temperaturwechsel vorteilhaft ist. Leitlackschichten sind auch recht glatt, ein Abblättern leitfähiger Partikel ist unwahrscheinlich. Bei der Kontaktierung zwischen Gehäuseteilen muss allerdings überprüft werden, ob beim Zusammenfügen die Schicht angekratzt wird - vielleicht muss die Fuge auf die Beschichtung ausgelegt werden. Die Abschirmwirkungen für Leitlacke mit gutem metallischem Pigment sind so, dass ein erheblicher Teil der Abschirmaufgaben von derartig beschichteten Kunststoffteilen erfüllt werden kann. Für ausgesprochen hohe Anforderungen an die Abschirmqualität sind Leitlacke aber weniger geeignet. Einige mit Leitlack beschichtete Kunststoffteile aus dem Elektronikbereich zeigt Abb. 4.23. 150 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 150 Abb. 4.23 Leitlackbeschichtete Kunststoffteile (Photo Acheson) 4.2.2 Aufgedampfte Metalle Unter den P VD-Verfahren, die rein physikalisch beschichten, also ohne chemische Reaktion an der Oberfläche, spielt die Hochvakuum-Bedampfung mit Abstand die größte Rolle; unter den Bedampfungen ist es die mit Aluminium, die den größten Anteil hat. Aluminium eignet sich - unter anderem wegen seines niedrigen Schmelzpunktes - besonders gut für das Verdampfen, also das Überführen in eine Art Gas aus einzelnen Metallatomen (es fliegen tatsächlich Atome, nicht, wie manchmal behauptet, Tröpfchen). Für die Aluminiumbedampfung von Kunststoffen liegen schon lange Erfahrungen vor, auch bevor man mit solchen Schichten abschirmte: Dekorative Beschichtungen kann man z.B. auf den unzähligen glitzernden Flaschenverschlüssen in einer Parfümerie bewundern, optisch reflektierende Schichten findet man in Scheinwerfern und Beleuchtungskörpern aller Art. Einige der dort typischen Probleme (hohe Temperaturbelastung in Lampenreflektoren, spiegelnd glatte Kunststoffoberflächen durch Vorlackierung etc.) sind für das Auftragen von abschirmenden oder ableitenden Schichten weniger relevant. Hat man die Haftfestigkeit - auch nach Klimalagerung und Temperaturwechseln - im Griff, so hat die chemische Unterschiedlichkeit des Metalls und des Kunst- 4.3 Organische Leiter 151 stoffs den Vorteil, dass (außer beim Einsatz von Primern) der Kunststoff nicht leidet. Bei chemischer Einwirkung (wie beim Lackieren und beim Galvanisieren unvermeidlich! ) wäre eine Verschlechterung der Schlagzähigkeit möglich. Beschichtbar durch Hochvakuum-Bedampfen 87 sind geeignet konstruierte Kunststoffteile aus fast allen üblichen Werkstoffen; geschäumte Teile müssen geschlossenporig sein. Zuerst ist die Oberfläche vorzubereiten. Nach üblicher Reinigung kann ein mechanisches Aufrauen erfolgen, das einerseits gründliche Abtragung auch von Trennmitteln gewährleistet, andererseits dem Metall in einem gewissen Maß formschlüssige Verbindung bietet. Die Haftung auf Oberflächen wie in Abb. 4.24 ist deutlich höher als auf nicht aufgerauten Kunststoffen. Gegenüber Primern ist der Abb. 4.24 Mikroaufrauung einer Kunststoffoberfläche (Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme Fa. Nußbaum). Vorteil der, dass keine chemische Beeinflussung der Oberfläche erfolgt, die den Kunststoff bei späteren Beanspruchungen unter Umständen anfälliger reagieren lässt. Natürlich erhöhen aber sorgfältig ausgewählte Primer, die auf „chemisch unempfindliche“ Kunststoffe aufgetragen werden, ebenfalls die Haftfestigkeit. Nun werden die maskierten Teil in geeigneten Halterungen in den Vakuumrezipienten eingebracht. Wirtschaftliches Bedampfen erfordert die gleichzeitige Behandlung möglichst vieler Teile sowie ein schnelles Erreichen des Vakuumdrucks. 87 Prozessbeschreibung nach Unterlagen der Fa. Nußbaum (Kaufbeuren) sowie der Fa. GfO (Schwäbisch Gmünd) bzw. nach / Gwinner 95a und 95b/ . Beiden Firmen sei herzlich gedankt. 152 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 152 Der Rezipient von Abb. 4.25 hat daher ein Volumen von 10 m³; entsprechend leistungsfähig muss die Vakuumanlage ausgelegt sein (z.B. mit Drehschieber-Vorvakuumpumpe, Wälzkolben- und Diffusionspumpe). Ihre maschinentechnische Leistungsfähigkeit (z.B. unter 10 -4 mbar in wenigen Sekunden) wird allerdings längst nicht erreicht; adsorbierte Gase von den Teilen und der Wand des Rezipienten, v.a. aber Ausgasungen des Kunststoffs (niedermolekulare Additive und Hilfsstoffe) müssen ebenfalls abgepumpt werden. Abb. 4.25 Vakuumaufdampfanlage mit drehbar aufgehängten Teilen (Photo GfO). Im Rezipienten erfolgt meist eine weitere Oberflächenvorbehandlung: Wenn beim Abpumpen ein Druck um (z.B.) 0,1 mbar erreicht ist, wird eine Glimmentladung gezündet, eventuell mit Zugabe von Sauerstoff oder anderen Gasen. Damit werden die Teile einer Niederdruckplasma-Behandlung ausgesetzt, insbesondere einem Beschuss mit freien Elektronen. Er erwärmt eine dünnste Oberflächenschicht und lässt adsorbierte Moleküle abdampfen. Diese weitere Oberflächenvorbehandlung trägt ebenfalls wesentlich zur Haftung bei. Die eigentliche Metallisierung erfolgt bei einem Druck knapp unter 10 -4 mbar und dauert typischerweise 10 Minuten. In BN-Schiffchen oder Wolfram-Wendeln, positioniert im Zentrum der Kammer, werden die vorher im Versuch ermittelten 4.3 Organische Leiter 153 Metallmengen verdampft. Der sich radial ausbreitende „Metalldampf“ kondensiert an Oberflächen, wobei hier nur die Oberflächen des Kunststoffteils interessieren. Als heterogener Keim wirken Kanten und Ecken 88 , dann wachsen um die Keime Inseln, die sich allmählich zu Schichten verbinden. Zuerst sind solche Schichten kaum mehr als ein Atom dick, sich wachsen dann stengel- oder säulenartig in die Höhe, bis man bei Erreichen der gewünschten Schichtdicke den „Nachschub“ aus der Dampfphase aufhören lässt. Eine 5 µm dicke Aluminiumschicht zeigt Abb. 4.26. Wohl sind die Säulen ziemlich gut zusammengewachsen, doch beträgt die Leitfähigkeit einer so entstanden Aluminiumschicht nur etwa 70 % der Leitfähigkeit des massiven Metalls - dafür ist sie hervorragend duktil und damit in der Lage, Verformungen des Kunststoffsubstrats ohne Rissbildung mitzumachen. Abb. 4.26 Aufgedampftes Aluminium auf Kunststoffoberfläche (REM-Aufnahme GfO). Übliche Schichtdicken liegen zwischen 1 µm und 10 µm für Zwecke der Abschirmung und zwischen 0,1 µm und 1 µm für die Ableitung elektrostatischer Aufladung. Außer Aluminium werden auch Chrom-Nickel- und Kupfer-Zinn-Schichten aufgedampft; letztere haben den Vorzug direkter Lötbarkeit. Zwar bedeckt sich eine aufgedampfte Aluminiumschicht beim Kontakt mit Luft sofort mit einer dünnen Oxidschicht, doch möchte man in vielen Fällen das Metall mit einer speziellen Schutzschicht versehen. Sie verbessert Langzeitstabilität und Abriebverhalten. Elegant in den Beschichtungsprozess integrierbar ist das Aufbringen einer Plasmapolymerschicht. Noch im Vakuum wird gasförmiges siliziumorganisches Mo- 88 Typisch für alle Keimbildungsvorgänge bei Phasenumwandlungen (Blasen an Siedesteinchen! ) 154 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 154 nomer zugeführt, das im Plasma einer Glimmentladung an der Metalloberfläche in alle Richtungen vernetzt und eine 0,1 bis 0,5 µm dicke Polymerschicht ausbildet. Sie ist transparent, korrosionsfest und dicht, lässt aber Kontaktierung zu. Ebenfalls hoch korrosionsfest und kontaktierfähig (weil elektrisch leitend) sind Chromatierungsschichten auf Aluminium. Nicht kontaktierfähig sind hingegen Schutzlackierungen; dafür ist ihre Schutzwirkung sehr hoch. Die Abschirmwirkung von aufgedampften Aluminiumschichten hängt von der Schichtdicke ab. Schichten von 5 µm und mehr bieten nach Abb. 4.21 eine gute Abschirmwirkung, die generell über der von Leitlacken liegt. Sie sind eine empfehlenswerte Lösung für einen großen Teil der Abschirmaufgaben. Beim Auftrag der dicksten Schichten besteht allerdings eine gewisse thermische Belastung - angegeben werden durchschnittlich 10 K/ µm 89 . Ob auch Spritzgußteile mit sehr hohen Eigenspannungen sich dabei wirklich nicht verziehen / Gwinner 95a/ , das sollte im Einzelfall nachprüft werden. Die Schirmdämpfungswerte für Schichten um oder etwas unter 3 µm Dicke liegen deutlich tiefer, sowohl im magnetischen Nahfeld (vgl. / Gerling 94/ ) wie auch im Fernfeld nach Abb. 4.27. Sie entsprechen den Werten guter Leitlacke und sind damit durchaus nutzbar. Noch dünnere Schichten verschenken eigentlich viel vom Potential der Methode, es sei denn, man begibt sich in den Bereich deutlich unter 1 µm und peilt lediglich ESD-Ableitvermögen an. Man kann hier so weit gehen, dass die Metallschicht so dünn wird, dass man durch sie durchsehen kann. Schutzbeutel gegen elektrostatische Entladungen mit einer solchen Aluminium-Bedampfung schirmen zwar praktisch kaum mehr ab - 20 dB im Fernfeld 90 nach ASTM D 4935 - , lassen aber ihren Inhalt erkennen. Außer den eingeführten Hochvakuum-Bedampfungsverfahren mit direkter elektrischer Aufheizung des aufzudampfenden Materials gibt es weitere Methoden mit anderer Beheizung (Elektronenstrahl u.a.; vgl. auch / Wolf et al. 96/ ). Will man die metallisierten Kunststoffteile entsorgen oder einem Recycling des Kunststoffs zuführen, so kann die Metallschicht durch geeignete chemische Verfahren vorher entfernt werden. Damit kann ein Schirmgehäuse mit akzeptablem Aufwand zu Regenerat verarbeitet werden. 89 nach Unterlagen Fa. Nußbaum. 90 Beutel 2100R der Fa. 3M, der für Überlassung des Musters gedankt sei. 4.3 Organische Leiter 155 Abb. 4.27 Schirmdämpfung von aluminiumbedampften Kunststoffen im Fernfeld nach ASTM D 4935-89; Dämpfungsmessung FH Ulm; Schichtdicke nominell (gemessen); K nach Klimalagerung. 1 - 2,5 µm (3,8 µm); 2 - 4 (4,8); 3 - 5 (6,5); 4 - 6 (6,9); 5 - 10 (12,6); 6 - 6 µm nominell. Die Proben 1, 3, 5 wurden von der Fa. GfO, die Proben 2, 4, 6 von der Fa. Nußbaum freundlicherweise zur Verfügung gestellt. 4.2.3 Galvanisch/ chemisch abgeschiedene Metallschichten Mit dem Schrägstrich-Ausdruck in der Überschrift ist gemeint, dass hier zwei nasschemisch erzeugten Schichtarten besprochen werden sollen: die eigentlichen galvanischen, die mit elektrischem Stromfluß erzeugt werden, sowie die chemisch stromlos abgeschiedenen. Sie haben aber im Prozessablauf sehr viel gemeinsam, und auch die verwendeten Chemikalien sind recht ähnlich. Daher werden sie gemeinsam in einem Abschnitt diskutiert. 156 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 156 Galvanisierte Kunststoffe sind ganz alltäglich seit den 60er Jahren. Das zeigt heute noch der Blick ins Bad, wo ein erheblicher Teil der glänzenden Armaturen gar nicht aus massivem Metall besteht, und das zeigte auch der Blick auf die früher üblichen „chromblitzenden“ Autos, bei denen ebenfalls viele der Zierleisten galvanisierte Plastikteile waren. Zwar war diese Mode vorbei und taucht erst allmählich wieder auf, beachtenswert ist aber, dass damals die haftfesten und dicken Galvanikschichten (von vielleicht 35 µm Stärke) entwickelt wurden, die man für den Außenbereich des Autos benötigte. Galvanisieren auf Kunststoff ist aber eigentlich paradox, denn zum Galvanisieren braucht man ein elektrisch leitendes Substrat und Kunststoffe sind in der Regel Isolatoren - dazu noch organische mit ganz anderer Chemie wie die Metalle. Galvanisieren begann daher mit einem chemisch-physikalisch recht speziellen Polymersystem, das allerdings technisch als weit verbreiteter Gehäusewerkstoff (z.B. Telefonapparate! ) erhebliche Bedeutung besitzt: ABS bedeutet Acrylnitril- Butadien-Styrol und stellt eine „Art“ besonders schlagzähes Polystyrol dar. Obwohl galvanisieren inzwischen auf sehr viele Polymere angewandt werden kann, soll das Verfahrensprinzip am Beispiel des ABS aufgezeigt werden. Das Problem ist zunächst die geringe Haftung zwischen irgendwelchen auf der Oberfläche platzierten Metallatomen und dem chemisch so unterschiedlichen Polymer. Nun bildet aber ABS als Propf-Copolymerisat 91 eine ausgeprägte Phasenstruktur aus - Butadien-Kautschukkügelchen in einer Matrix aus dem Rest -, an der das Galvanisierverfahren einhakt. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn im ersten Schritt löst eine aggressive Beize die an die Oberfläche angrenzenden Butadien-Kautschuk-Phasen aus dem Kunststoff. Es bleiben wie in Abb. 4.28 kleine Höhlen, oft mit kleinerem „Höhleneingang“ als „Höhlendurchmesser“. Jetzt bringt man Metall auf die Oberfläche, das dort lediglich adsorbiert wird, also schwach haftet. Auf dieser sehr dünnen Lage adsorbierter Atome scheidet man anschließend weiteres Metall ab. So wachsen dickere Schichten - viel dicker als der „Höhlendurchmesser“ -, füllen dabei die Höhlen mit Metall und lassen dadurch eine stabile formschlüssige Verbindung entstehen. Ganz anschaulich bezeichnet man manchmal die Verbindung Metall-Kunststoff als „Druckknopfverbindung“. Generell lässt sich der Galvanikprozess in 4 oder 5 Schritten darstellen, wobei in der industriellen Praxis ein Schritt aus mehreren Einzelschritten bestehen kann (vielfaches Spülen und Trocknen wird hier weggelassen). 91 Auf eine Hauptkette werden chemisch unterschiedliche Seitenketten „aufgepropft“ (wie beim Veredeln von Obstbäumen); hier meist Styrol und Acrylnitril auf Butadienlatex. 4.3 Organische Leiter 157 Abb. 4.28 Prinzipskizze eines gebeizten ABS-Teils; Butadien schraffiert. Nach üblicher Probenvorbereitung wird das Kunststoffteil gebeizt; die Beize ist notwendigerweise recht aggressiv und besteht im Falle des ABS aus Chrom- und Schwefelsäure (z.B. 100 g Kaliumdichromat plus 1000 g Schwefelsäure plus 300 g Wasser). Vorteilhaft ist, dass eine solche Beize selbst fettentfernend wirkt, die Vorreinigung muss also nicht perfekt sein. Manchmal wird als gewisser Nachteil angeführt, dass eine gewisser Beeinflussung (Schädigung? ) auch derjenigen Polymerbereiche, die nicht weggeätzt werden sollen, nicht ganz auszuschließen ist. Im zweiten Schritt wird nach entsprechender Spülung die Oberfläche aktiviert, indem eine katalytische Palladium-haltige Lösung aufgebracht wird. Aus ihr scheiden sich metallisches Palladium ab; damit haben wir die oben erwähnten adsorbierten Metallatome. Auf der Aktivierungsschicht wird nun stromlos aus Kupfer- oder Nickelbädern Metall abgeschieden. Im herkömmlichen Galvanisierprozess für ABS ist die Schichtdicke, die in diesem dritten Schritt erzeugt wird, relativ gering. Galvanisch, also mit Stromfluss, wird nun viertens das Metall verstärkt, und eine relativ dicke Kupferschicht von mindestens 2 µm Stärke aufgetragen, manchmal auch wesentlich mehr. Offenbar muss stets eine dicke Kupferschicht vorhanden sein, denn sie ist duktil und passt sich den Bewegungen des Kunststoffteils, beispielsweise bei Temperaturwechseln, am besten an. Galvanisch können aber zusätzlich auch weitere Metallschichten abgeschieden werden. Falls nur Kupfer abgeschieden wurde, muss diese Schicht unbedingt noch vor Korrosion und mechanischer Beschädigung geschützt werden. In der Regel erfolgt dies durch eine Nickelschicht von vielleicht 0,3 µm Stärke, das Material ist meist eine Nickel-Phosphor-Legierung großer Härte. Manchmal wird außen auch eine 158 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 158 dünne Goldschicht aufgetragen, wenn eine niederohmige Kontaktierung durch federnde oder elastische Kontakte gefordert wird. Die galvanisch/ chemische Metallisierung wurde in verschiedene Richtungen weiterentwickelt. Verschieden zusammengesetzte Beizen gestatten das chemische Aufrauen verschiedener Polymeroberflächen. Natürlich bietet ABS mit den empfindlichen Butadienphasen besonders gut zugängliche „Angriffspunkte“. Man kann aber auch die amorphen Zwischenbereiche zwischen PP-Sphärolithen herausbeizen, ja sogar amorphes PC ausreichend in der Oberfläche aufrauen. Galvanikverfahren gibt es heute für zahlreiche Polymere und verschiedene Anwendungsfelder - so will man beispielsweise elektrische Leiterbahnen auf Spritzgussteilen aus Hochtemperaturthermoplasten anbringen. Von den ursprünglichen galvanischen Verfahren unterscheiden sich die (heute von verschiedenen Anbietern propagierten) stromlosen Methoden dadurch, dass schon im dritten Schritt eine dicke Metallschicht erzeugt wird. Die anschließende galvanische Verstärkung entfällt. Stromlos entstehen in vernünftigen Zeiten aber nur die dünneren Schichten (z.B. 3 µm in 1 h); für 30 µm wird man sicherlich „echte“ Galvanik einsetzen. Schließlich besteht eine für die Bedürfnisse der Abschirmschichten besonders wichtige Weiterentwicklung in der Möglichkeit des partiellen Metallisierens. Hierbei wird die nicht zu beschichtende Fläche durch eine Maske abgedeckt. Freiliegende Flächen werden mit einem sogenannten „Basecoat“ besprüht, der die Funktionen der Beize und der katalytischen Aktivierungslösung übernimmt. Nach dem Trocknen wird in einem Bad stromlos chemisch verkupfert - und zwar nur die besprühte Fläche, in den anderen Bereichen bleibt die „Kunststoffoberfläche in Farbe und Aussehen unverändert“ / Immel u. Haydu 93/ . Die Abschirmwirkung von galvanisch/ chemisch beschichteten Kunststoffen ist, je nach Schichtdicke, gut bis hervorragend, insbesondere auch im magnetischen Nahfeld (siehe u.a. / Gerling 94/ , / Pingler 95/ und Abb. 4.21). Natürlich sind nicht alle Schichten so dick wie die Galvanikschicht in Abb. 4.21, doch auch solche Schichten von 25 bis 50 µm Dicke - und mit den höchsten bei abschirmenden Kunststoffen realisierbaren Abschirmwirkungen - haben durchaus ihren Sinn. Sie sollen beispielsweise bei Elektronikmodulen Metallgehäuse ersetzen und dabei Gewicht einsparen. Auch ein Schirmgehäuse im Motorraum, das einen Teil der Motorelektronik enthält, steht in direktem Wettbewerb zu Gehäusen aus Aluminium oder Metall-Druckguss und muss daher so gut schirmen, wie es irgend geht. Und dass eine 35 µm dicke Galvanikschicht am Auto haftfest ist, das haben die glitzernden Zierleisten an den Autos der 1970er Jahre bewiesen! 4.3 Organische Leiter 159 Die Fernfeldschirmwirkung von dünneren galvanisch/ chemischen Schichten stellt Abb. 4.28 vor (siehe auch / Gerling 94/ , / Pingler 95/ ). Es werden hier Werte zwischen ca. 75 und 85 dB erreicht. Abb. 4.29 Schirmdämpfung im Fernfeld für einige galvanisch/ chemische Schichten nach ASTM D 4935; K nach Klimalagerung; Messung FH Ulm. 1 - 2,0 µm Cu/ Ni auf Bayblend; 2 - 2,1 µm Cu/ Ni auf Nivodur, 3 - 1,7 µm Cu/ Ni auf Makrolon; 4 - zweiseitig 1,8/ 0,6 µm Cu/ Ni auf Bayblend; 5 - 1,2/ 0,2 µm Cu/ Ni auf Novodur; 6 - 1,0/ 0,1 µm Cu/ Ni auf Makrolon Interessant sind zwei Folgerungen aus diesen und zahlreichen vergleichbaren Messungen: Galvanikschichten sind etwas besser als nach Dicke und Metallart eigentlich gleichwertige Aufdampfschichten (wenn man die Materialdaten der üblichen Metallproben einsetzt). Offenbar sind Galvanikschichten „dichter“ als die Aufdampfschichten mit ihrer besonderen Kristallstruktur, deren etwas geringere Leitfähigkeitswerte schon oben in Abschnitt 4.2.2 angesprochen wurden. Zum Zweiten sind zweiseitige Beschichtungen etwas besser als einseitige mit - in der Summe - gleicher Schichtdicke. Darin spiegelt sich wohl die Zahl der Reflexionen; zwei Metallschichten besitzen eben 4 reflektierende Grenzflächen, eine nur 2. Zu- 160 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 160 sammen mit der gleichen Absorptionsdämpfung ergibt dies einen Vorteil für die Doppelschicht. Vorteilhaft für das Recycling galvanisch/ chemischer Schichten ist, erstaunlicherweise, die Chemie. Natürlich gibt es in einem Galvanikprozess problematische Substanzen, galvanisiert wird aber so viel, dass sie beherrschbar sind. Und mit beinahe der gleichen Chemie kann der Kunststoff auch wieder entschichtet werden, bevor er in Regenerat überführt wird. Da diese Chemie sowieso beherrscht werden muss, schafft das Recycling keine neuen Probleme. Als nachteilig wird manchmal dargestellt, dass der intensive chemische Angriff beim Beizen die mechanischen Qualitäten des Werkstoffs reduzieren kann, beispielsweise hinsichtlich Spannungsrissempfndlichkeit. Endgültige Klarheit schafft hier nur die Prüfung im Einzelfall. 4.2.4 Weitere Beschichtungen Sputtern: PVD-Verfahren (physical vapor deposition) beschichten aus der Gasphase bei deutlich reduziertem Druck. Die zweite Klasse von PVD-Verfahren neben dem Bedampfen wird mit Sputtern bezeichnet, auf Deutsch (aber weniger üblich) Zerstäuben. Noch genauer Kathoden-Zerstäuben, und dieses Wort skizziert schon die älteste und einfachste Art des Sputterns. Beim DC-Sputtern von Abb. 4.30 wird nämlich ein Vorrat des aufzutragenden Schichtmaterials (Target) als Kathode geschaltet, also auf negative Spannung gebracht. Damit schlagen auf dem Target (engl. = Zielscheibe) positive Gasionen ein und zerstäuben die Oberfläche dieses Materials; die herausgeschleuderten Atome setzen sich dann auf den Flächen im Vakuumgefäß ab, natürlich auch gegenüber auf dem zu beschichtenden Substrat. Dieses ist als Anode geschaltet, um nicht seinerseits von den Gasionen bombardiert zu werden. Es bleibt die Herkunft der positiven Gasionen zu erklären. Die ganze Anordnung befindet sich im Vakuum, das zunächst zum Zwecke der Reinigung von Substrat und Target von adsorbierten Oberflächenschichten (Wasser etc.) auf unter 10 -4 mbar eingestellt wird. Dann wird das chemisch inerte Edelgas Argon eingelassen, so dass der Druck auf ca. 10 -2 mbar steigt, und es werden zwischen Target und Substrat 5 bis 50 kV Spannung angelegt. Damit zündet eine Gasentladung in Argon, die die Ionen als Ar + zur Verfügung stellt. 4.3 Organische Leiter 161 Abb. 4.30 Prinzipskizze einer Sputteranlage. Reale industrielle Sputteranlagen sind etwas komplizierter; manchmal werden zusätzliche Reaktivgase zugegeben, manchmal wird mit hochfrequenter Wechselspannung gearbeitet (RF-Sputtern, gut für nichtleitende Materialien), manchmal zusätzlich mit überlagerter Gleichspannung (RF-Sputtern mit bias, gut für Haftung wegen Ionenätzung am Substrat) usw.. Für uns interessant ist, dass nahezu alle Targetmaterialien auf fast allen Substratschichten abscheidbar sind, also auch leitende Schichten auf Kunststoffen. Sputtern ist eigentlich ein Verfahren der Dünnschichttechnik 92 , und häufig werden Schichten unter 1 µm Dicke abgeschieden. Das ist für „richtige“ Abschirmung zu wenig; dennoch findet man dünne Sputterschichten häufig, und zwar auf den durchsichtigen Scheiben von Displays und Bildschirmen. Akzeptabel ist dies, wenn das Abschirmproblem gering ist und die optische Transparenz hoch sein soll. Aufgetragen wird Gold, Silberoxid oder, zumeist, Indium-Zinn-Oxid, bekannt als ITO (engl. i ndium-tin-oxide). Für ITO-Schichten wird z.B. im Fernfeld zwischen 1 und 1000 MHz eine Schirmdämpfung von ca. 25 dB angegeben / Gwinner 95b/ , was im Lichte der Diskussion in Abschnitt 3.2.3 nicht viel ist, aber immer noch besser als ein offenes Leck. Fenster mit höheren Abschirmanforderungen muss man nach Abschnitt 4.1.4 mit Drahtgittern abschirmen, wobei 50 bis 80 dB erreichbar sind. 92 Fachausdruck der Elektronikfertigung für Schichtdicken meist unter 1 µm; im Gegensatz zur Dickschichttechnik, wo z.B. Leiterbahnen im Siebdruck mit vielleicht 30 µm Dicke aufgebracht werden. 162 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 162 ITO-Schichten zeigen den interessanten Nebeneffekt, dass sie zwar im Sichtbaren sehr gut transparent sind, dass die Transmission im Infraroten aber schon ab 1 µm Wellenlänge völlig zusammenbricht 93 . Für manche Anwendungen ist eine Scheibe nützlich, die Wärmestrahlung spiegelt und doch (für das menschliche Auge) fast völlig durchsichtig ist. Zu ITO bleibt anzumerken, dass Indium ein so genanntes „strategisches“ Metall ist. Am Weltmarkt kann es nur von wenigen Ländern (z.B. China) angeboten werden, was zu einer gewissen Abhängigkeit führt. Und der Bedarf ist stark gewachsen, da die meisten Flachbildschirme, v.a. LCD-Fernseher, aber auch andere Displays, es für durchsichtige Elektroden einsetzen. Der Sputterprozeß ist durchaus in der Lage, auch für „echte“ Abschirmung geeignete dickere Metallschichten auf Kunststoffoberflächen aufzubringen. Eine Schichtfolge dünner Edelstahl, dann 1 µm reines Kupfer (variierbar zwischen 0,5 und 4 µm), dann wieder eine dünne Schutzschicht aus Edelstahl bringt es auf gut 70 dB im Fernfeld 94 ; sie zeigt auf vielen Kunststoffen sehr gute Haftung. Im Vergleich zu ähnlich dicken Aufdampfschichten spielen aber dicke Sputterschichten derzeit kaum eine Rolle, v.a. weil ihre Auftragung teuer ist. Die üblichen, wesentlich dünneren Sputterschichten sind für ESD-Ableitung von erheblicher Bedeutung. Thermisches Spritzen: Dieser Begriff umfasst mehrere Verfahren, denen gemeinsam ist, dass ein Metall (oder ein anderes Material bis hin zur Keramik) sehr hoch erhitzt wird, sich in kleine Teilchen bzw. Tröpfchen „auflöst“, und diese dann durch einen schnellen Gasstrom auf die Substratoberfläche geschleudert werden. Die Anlagerung dort ist relativ regellos (kein Ankristallisieren von Einzelatomen wie beim Bedampfen), die entstehende Schicht ist daher etwas porös (wenig bei hoher Auftreffgeschwindigkeit, sonst bis ca. 10 % Porösität) und rau. Die Anlagerung ist aber auch relativ schnell, so dass Schichtdicken der Größenordnung 0,1 mm problemlos erreicht werden können. Beim Flammspritzen liefert ein Mittelding zwischen Spritzpistole und Schweißbrenner sowohl die benötigte große Hitze wie auch in seinen Brenngasen den transportierenden Gasstrom. Das Beschichtungsmaterial wird meist als Draht in die Flamme eingebracht. Beim Lichtbogenspritzen ist die Wärmequelle ein elektrischer (und damit gut zu regulierender) Lichtbogen; als Transportgas wird ein Inertgas eingeblasen. Ein „verwandtes“ Verfahren ist das Plasmaspritzen mit einem eben- 93 Alle metallischen Leiter spiegeln und sind für „Licht“ undurchlässig; bei „silbrigen“ gilt das eben im vollen sichtbaren Spektralbereich, bei gelbem Gold und rotem Kupfer schon nicht mehr im vollen sichtbaren, bei ITO erst im Infraroten. 94 nach Unterlagen der Fa. Inco Vacuum Coatings, West Bromwich, U.K. 4.3 Organische Leiter 163 falls gut einstellbaren Plasmabrenner. Weitere, bei Kunststoffen aber kaum eingesetzte Verfahren sind das Laser-Spritzen mit einem energiereichen Laser zum Einbringen der Wärme, sowie das Detonationsspritzen. Ursprünglich 95 wurden mit thermischen Spritzverfahren Metalloberflächen mit anderen Metallen beschichtet, beispielsweise um Verschleißschutz (mit Molybdän, Hartmetallen etc.) oder Korrosionschutz (mit Zink, Edelstahl, etc.) zu erreichen; am bekanntesten ist vielleicht das Zinkflammspritzen. Es sind aber auch Kunststoffe beschichtbar, und zwar viele der gebräuchlichen Gehäusewerkstoffe (ABS, PC, PPO, PA-GF etc., Duroplaste). Dazu müssen die Kunststoffteile zuerst wie üblich gereinigt werden. Anschließend wird entweder mechanisch aufgeraut (Strahlen), oder es wird ein Primer aufgetragen. Dann erfolgt das Spritzen, heute meist Lichtbogenspritzen oder Plasmaspritzen. Die aufgetragene Schicht haftet gut (z.B. im Zugversuch ca. 150 N/ cm² bei Zink auf PC nach Herstellerangabe der Fa. Otte). Die Abschirmwirkung von Metallschichten, insbesondere auch von Zinkschichten, die im Lichtbogen- , Plasma- oder Flammspritzverfahren aufgebracht worden sind, ist bei vielen Schichten ausgezeichnet. Schließlich handelt es sich um reine Metallschichten, deren Werte höchstens durch Porösität etwas geringer ist als die von Massivzink. Dazu ist die Schichtdicke sehr groß - wegen der Rauheit nicht präzise angebbar -, doch werden ca. 50 bis 150 µm genannt / Wolf et al. 96/ . Die relativ hohe Schirmdämpfung im magnetischen Nahfeld wird in Abb. 4.21 und in / Wolf et al. 96/ gezeigt. Im Fernfeld nach ASTM D 4935-89 ergaben eigene Messungen 96 im Frequenzbereich 100 bis 500 MHz Werte zwischen 74 und 78 dB. Damit können sehr viele Abschirmanforderungen erfüllt werden. Dennoch sind die Schirmdämpfungswerte eigentlich nicht sehr hoch, wenn man an die vergleichsweise „riesigen“ Schichtdicken denkt. In Abb. 4.21 ist nicht sehr viel Unterschied zwischen den Kurven für zweimal zinkflammgespritzte Proben (sicher >100 µm Schichtdicke) und für 5 µm Aluminiumbedampfung. Und in / Wolf et al. 96/ liegen die Kurven für eine 80 µm Plasma-gespritzte Al-Schicht und für eine (nach einem speziellen Verfahren) aufgedampfte 5 µm Al-Schicht praktisch gleich. Offenbar ist die Metallschicht doch ein gutes Stück vom homogenen Metall entfernt! 95 1910 erfand Max Ulrich Schoop (1870-1956, Physiker u. Chemiker in Zürich) das Handgerät, mit dem durch eine Wassserstoff-Sauerstoff- oder Acetylen-Sauerstoff-Flamme Metalle gespritzt werden konnten - daher auch Schoopieren oder Schoopen für Metall-Flammspritzen. 96 Muster wurden freundlicherweise von der Fa. Otte (Diepenau) zur Verfügung gestellt. Deren eigene Messungen ergeben für 130 µm Zn auf ABS nach ASTM D 4935 bis knapp unter 100 dB. 164 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 164 Drastisch bestätigt wurde dies in eigenen Untersuchungen an einer mittels Lichtbogenspritzen zinkbeschichteten Kunststoffplatte. Der Taster eines Conturographen - der Messbereich normaler Rauheitsmessgeräte war längst überschritten - beschrieb eine Zackenlinie mit ca. 80 µm zwischen höchstem und tiefstem Punkt (maximale Profilhöhe R y ); das war mehr als die Hälfte der „Schichtdicke“. Eine Oberfläche mit derartiger „Rauheit“ ist in Abb. 4.31 zu sehen. Offenbar ist die Metallschicht stark zerklüftet, und es befinden sich an ihrer Oberfläche mehr oder weniger große nur lose gebundene Teile. Eine solche Oberfläche ist problematisch. Sie lässt den Abrieb gut leitender Metallpartikel befürchten, und sie dürfte der Anlass dafür sein, dass die Metallschicht an scharfen Kanten im beschichteten Teil abbröckeln soll. Auch bei beschichteten Nut-Feder-Verbindungen zwischen Gehäuseteilen wird es beim Zusammensetzen oder Auseinanderbauen zum Abkratzen von Metall kommen. Für viele elektronische Geräte ist hier Vorsicht angezeigt. Ein klarer Schutzlack über der Zinkschicht hilft zwar gegen Abrieb, erschwert aber Kontaktierung. Abb. 4.31 Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Probe, die im Lichtbogenspritzverfahren mit Zink beschichtet wurde (Muster freundlicherweise von Fa. Otte zur Verfügung gestellt, Aufnahme FH Ulm). Falls mit einer Hand-Pistole gearbeitet wird, muss natürlich wieder sorgfältig auf gleichmäßigen Auftrag, auch an schwer zugänglichen Stellen, geachtet werden. Ebenfalls sorgfältig müssen die Prozessparameter optimiert werden, z.B. die Einstellungen der Brenner. Idealerweise sind die im Gasstrom transportierten Teilchen oberflächlich angeschmolzen; so backen sie zu einer relativ massiven Schicht zu- 4.3 Organische Leiter 165 sammen. Sowohl feste wie auch vollständig flüssige Teilchen führen zur Ausbildung sehr unebener und poröser Schichten. Wenig porös wird eine thermisch gespritzte Schicht bekannterweise bei hoher Auftreffgeschwindigkeit der Teilchen und bei Vorheizung des Substrats, doch sind diese Maßnahmen bei den thermisch empfindlichen Kunststoffen nur in geringem Umfang anwendbar - wenn überhaupt. Thermische Belastung des Kunststoffteils scheint eine hauptsächliche Schwäche des thermischen Spritzens zu sein / Wolf et al. 96/ , weil eben wegen des Transportmechanismus über Teilchen oder Tröpfchen (nicht über Atome! ) dünne Schichten unter ca. 50 µm gar nicht möglich sind. Zudem dringen die Metallteilchen in den weichen Kunststoff ein und heizen diesen effektiv auf; sie sind dann auch teilweise voneinander isoliert und tragen zur Leitfähigkeit wenig bei. Thermisches Spritzen mit Transport im schnellen Gasstrom ist ein stark gerichtetes Auftragverfahren, bei dem Teilchen im Wesentlichen geradeaus fliegen. Es scheint geeignet für Standardgehäuse mit einfacher Geometrie - solche ohne abschattende Teile im Innenbereich (dünne Schicht), ohne scharfen Kanten (Haftung) und ohne Eigenspannungen aus dem Spritzgießprozess (Verziehen bei thermischer Belastung). Ob kompliziertere Teile damit beschichtbar sind, muss im Einzelfall geprüft werden. 4.3 Organische Leiter Metallische Leitfähigkeit, d.h. elektrisches Leitvermögen mittels beweglicher Elektronen, das findet man sehr selten unter den organische Verbindungen. Normalerweise sind in den Molekülen der organischen Chemie 97 selbst die äußeren Elektronen entweder in den kovalenten Bindungen fixiert, oder ihre Bewegung ist auf das einzelne Molekül beschränkt (Beispiel Benzol-Ring). Unter den wenigen Ausnahmen sind von technischem Interesse vielleicht einige Molekülkristalle, vor allem aber die selbst (= intrinsisch) leitenden Polymere - Polymere also, die kein Leitfähigkeitsadditiv brauchten. 97 Das ist die Chemie des Kohlenstoffs und die seiner Verbindungen mit H, O, N und wenigen anderen Atomen; zu dieser Stoffklasse gehören die meisten Moleküle in lebenden Organismen. 166 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 166 4.3.1 Leitende Polymere Als im Jahre 1977 die ersten selbstleitenden Polymere vorgestellt wurden / Shirakawa et al. 77/ , brach in der Materialwissenschaft eine wahre Euphorie los, eine „Goldgräberstimmung“ und eine „explosionsartige Ausbreitung der Forschungsaktivitäten“ / Sauerer 91/ . Die später mit ICP bezeichneten Materialien (I ntrinsically Conducting Polymers, auch Inherently Conductive Polymers) waren ohne Additive elektrisch leitfähig, weil sie Elektronen längs der Polymerkette transportieren konnten. Sie waren also metallische Leiter - aber mit der Dichte von organischen Polymeren! Für solche extrem leichten und (hoffentlich) mit den eleganten Methoden der Kunststofftechnologie verarbeitbaren „organischen Metalle“ - eine früher auch kommerziell benutzte Bezeichnung - schien sich eine Fülle faszinierende Anwendungsfelder zu öffnen. Am populärsten war wohl die Vorstellung von der leichtgewichtigen, vielleicht sogar flexiblen Polymerbatterie, die das Elektroauto alltagstauglich 98 machen sollte. Den Forschungsanstrengungen hat die euphorische Stimmung sicher viel Schwung verliehen, doch über drei Jahrzehnte nach der Entdeckung der ICP sind ihre Anwendungsperspektiven - und nur sie können Thema der folgenden Diskussion sein - stark zurecht gestutzt. Zwei massive Probleme sind nämlich nur teilweise gelöst: • ICP sind in der Regel kaum löslich und praktisch unschmelzbar; von thermoplastischer Verarbeitung reiner ICP ist man daher weit entfernt. • Die elektrische Leitfähigkeit vieler ICP ist nicht stabil, sie nimmt mit der Zeit mehr oder minder dramatisch ab. Um dieses „unerfreuliche“ Verhalten erklären zu können muss kurz auf den chemischen Aufbau und den Leitungsmechanismus der ICP eingegangen werden. Abb. 4.32 zeigt die Kette des Polyacetylen - historisch das älteste ICP, chemisch das einfachste und daher in der Forschung beliebt, wegen der unstabilen Leitfähigkeit an Luft aber technisch nur von eingeschränktem Interesse. Charakteristisch für alle potentiell leitenden Ketten ist die Abfolge von Einfach- und Doppelbindungen; Chemiker sprechen von konjugierte Doppelbindungen. Die fehlerfreie Kette leitet aber keinen Strom. Durch Dotierung - ein Ausdruck aus der Halbleiterphysik - mit aggressiven Stoffen wie Jod oder AsF 5 kann nun der in der Abbildung gezeigte Feh- 98 Hauptproblem sind die schweren und klotzigen Akkumulatoren; zunächst Blei, alternative Akkus (Natrium, Zebra, NiMH, Li-Ionen u.a.) haben auch noch zu keinem echten Durchbruch geführt. Die damaligen Ideen zu „Polymerbatterien“ wurden nicht realisiert (Li-Polymer-Akku ist etwas anderes). 4.3 Organische Leiter 167 ler eingebaut werden: ein Konjugationsfehler, denn der regelmäßige Wechsel zwischen Einfach- und Doppelbindung ist unterbrochen. Weil vom Dotierungsmittel ein Elektron aus dem Elektronenpaar der Bindung abgezogen wurde, sehen wir wie bei einem Radikal 99 ein einzelnes Elektron. Ladungstransport längs der Kette wird dadurch möglich, dass sich ein Elektron aus einer Nachbar-Doppelbindung (z.B. der rechten) mit dem einzelnen Elektron zu einer Bindung vereinigt. Damit ist an der Stelle des Defekts wieder eine reguläre Doppelbindung entstanden, der Defekt hat sich um 2 Kohlenstoffabstände in der Kette (nach rechts) verlagert, eine Elementarladung wurde (nach links) transportiert. Abb. 4.32 Ausschnitt aus einer Polyacetylenkette in trans-Konfiguration mit Konjugationsfehler. Nach dem beschriebenen Prinzip leiten alle ICP, alle besitzen längs der Kette, evtl. unter Einbeziehung von Ringsystemen, ein Folge konjugierter Doppelbindungen. Technisch wichtige Materialien sind insbesondere Polypyrrol (PPY), Polyanilin (PANI), Polythiophen (PT) und vor allem seine Derivate, insbesondere Polyethylendioxythiophen (PEDT oder PEDOT); einige Strukturformeln zeigt Abb. 4.33. Durch geeignete Dotierung kann man übrigens sowohl Elektronenwie Löcherleiter erzeugen. Bei ihnen ist die Leitfähigkeit viel stabiler als beim Polyacetylen, bei dem die Zahl der zur Leitung beitragenden Defekte unter der Wirkung von Sauerstoff, Wasser und Licht in wenigen Wochen um Größenordnungen abnimmt. Die erzielten Werte listet Tabelle 4.5. Der Vergleich mit Tabelle 4.1 zeigt, dass sogar der Leitfähigkeitsbereich der Metalle erreichbar ist - leider derzeit nur mit dem am wenigsten stabilen Material. In die Bereiche von Ruß oder Graphit gelangt man allemal. 99 Ein äußerst reaktives Molekül mit einem ungepaarten Elektron, das sehr leicht Bindungen eingeht. 168 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 168 Tabelle 4.5: Leitfähigkeit in 1/ Ωm für einige leitfähige Polymere; zum Vergleich zwei Metalle Polyacetylen 2·10 6 Polyacetylen orientiert, in Vorzugsrichtung 1,7⋅10 7 Polypyrrol 10 4 bis 7,5⋅10 5 Polythiophen 10 3 bis 10 5 Polyanilin 3⋅10 3 bis 2⋅10 4 Eisen 1,0⋅10 7 Aluminium 3,7⋅10 7 Der Konjugationsfehler mit dem einzelnen radikalischen Elektron verursacht neben dem elektrischen Leitvermögen auch eine gewisse Vernetzung der Ketten - derartige Einzelelektronen entstehen ja auch bei der Elektronenbestrahlung von Polyethylen und wirken dort ebenfalls vernetzend (VPE für Stromkabel). Damit ist es fast unmöglich geworden, das Material zum Zwecke der Verarbeitung zu schmelzen (thermoplastische Verarbeitung), sehr schwierig ist, sie in Lösemitteln zu lösen (z.B. für Gießfolien). Herstellbar sind häufig nur Pulver, manchmal kolloidale Lösungen, oft Folien und Beschichtungen. Abb. 4.33 Strukturformeln von Polypyrrol (oben), Polythiophen (Mitte) und Polyanilin (unten). 4.3 Organische Leiter 169 Trotz der geschilderten Probleme gibt es heute zahlreiche innovative Nutzungsmöglichkeiten für ICP, die sich in Stadien zwischen „bewährter kommerzieller Anwendung“ und „Versuchsprodukt“ befinden - Durchkontaktierungstechnik für Leiterplatten, gedruckte integrierte Schaltungen auf Folien, polymere Lumineszenz- Dioden und -Displays (PLED als Untergruppe der populären OLEDs), Sensoren, transparente und flexible Elektroden, elektrochrome Fenster und mehr bis hin zu molekularer Elektronik. Auf unseren Gebieten - vor allem ESD, weniger EMV- Abschirmung 100 - gibt es aber auch Anwendungen. Zunächst könnte man an leitfähige Folien denken, die zur Verpackung, vielleicht sogar Abschirmung dienen. Freitragende Folien von 10 bis 200 µm Stärke sind gut aus Polypyrrol herstellbar / Sauerer 91/ , doch sind sie intensiv schwarz und damit für EGB-Verpackungen wenig geeignet, für Abschirmung noch unwirksam, und schlecht weiter verarbeitbar. Mehr verspricht die Beschichtung von nichtleitenden Folien (z.B. aus PC oder PET) für ESD-Verpackungen; dies ist ein Anwendungsfeld, auf dem verschiedene ICP zur Anwendung kommen. Solche Folien müssen weiterverarbeitbar (z.B. tiefziehfähig) und in gewissem Maße durchsichtig sein. Zunächst gelang es, leitfähiges Polypyrrol direkt auf einer PC-Folie zu synthetisieren. Da PPY aber die sehr intensive schwarze Farbe aufweist, war die Transparenz unzureichend. Eine Alternative ist Polyanilin (PANI). Dieses Polymer ist nicht molekular löslich, sondern in geeigneten Flüssigkeiten kolloidal: Es wird mit einer Teilchengröße 101 von 10 nm in einer reinen Flüssigkeit, Wasser oder Isopropanol, dispergiert. Mit dieser Dispersion erhält man eine reine PANI-Beschichtung; für ESD-Zwecke; wirtschaftlicher sind aber Lacke, die zusätzlich ein Bindemittel enthalten, beispielsweise ein Acrylat. Eigentlich liegen dann Leitlacke vor mit PANI als Pigment in sehr geringer Partikelgröße. Derart beschichtete Folien sind mehr oder weniger - je nach gewünschter Leitfähigkeit - grün transparent und taugen zur EGB- Verpackung. Mit den beschriebenen Leitlacken kann man natürlich nicht nur Folien, sondern auch andere Kunststoffteile beschichten wie durchsichtige Behälter, Kasetten, Spulen usw., die im Spritzgießverfahren aus nichtleitendem PC, PS, usw. hergestellt wurden. Die Dispersionen kann man aber auch in verschiedene Thermoplaste einarbeiten (PVC, PP, PS u.a.) und nähert sich damit der ursprünglichen Wunschvorstellung vom thermoplastisch verarbeitbaren organischen Metall / Passiniemi 95/ , / Wessling 95/ . Natürlich sind solche relativ dickwandigen Teile dunkel undurch- 100 obwohl das Nobelpreiskommitee für den Chemie-Preis 2000 ausdrücklich „shields for computer screens against electromagnetic radiation“ als Anwendung für ICP anführt, was, vergleichbar zu ITO, nur mäßig funktionieren kann. 101 Angaben in diesem Absatz nach Unterlagen der Fa. Ormecon, Ahrensburg. 170 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 170 sichtig. Sie wurden auch für Abschirmungen vorgeschlagen / Shacklette et al. 91/ , doch sind die berichteten Schirmdämpfungswerte von ca. 40 bis 55 dB im Fernfeld bei 3,2 mm Plattenstärke mäßig, das Produkt also höchstens für geringe Abschirmanforderungen geeignet. Blends von PANI mit anderen Polymeren gibt es nicht nur aus dem Thermoplastbereich, sondern auch unter den Elastomeren, und den Duroplasten. Bemerkenswert sind die relativ niedrigen PANI-Anteile; so wurde bei einem Epoxidharz- PANI-Gemisch die Perkolationsschwelle schon bei 0,2 % erreicht / Passiniemi 95/ . Relativ reizlos erscheint die Methode, ICP-Partikel in Thermoplaste einzuarbeiten; lediglich als Ersatz für Ruß oder ähnliche Füllstoffe. Wissenschaftlich und technisch hoch reizvoll sind hingegen die Produkte / Luecke 05/ , bei denen es gelungen ist, ICP-Moleküle und Matrix-Polymer-Moleküle mit molekularer Durchdringung zu mischen (Apparent Interpenetrating Network). Folge der fast molekularen Durchmischung ist eine Verflachung, vielleicht sogar das Verschwinden der Perkolationsstufe. Jetzt existiert ein fast lineares Mischungsgesetz, die Leitfähigkeit steigt etwa proportional zur ICP-Konzentration. Damit wird es viel einfacher, präzise Leitfähigkeitswerte über die Konzentration einzustellen - Problem war ja der Steilbereich (siehe Abb. 4.1). Weitere Vorzüge solcher Produkte seien ein fast unverändertes Fließverhalten, fast unveränderte mechanische Werte, Beibehaltung der Leitfähigkeit beim Verstrecken 102 sowie einige Möglichkeiten der Einfärbung. Das Ganze bei wirtschaftlich akzeptablen Preisen. Derartige Compounds sind für ESD-Anwendungen recht interessant. Das am weitesten entwickelte Material wird dadurch erreicht, dass man kolloidale Lösungen 103 von PEDT herstellt; und zwar in Gegenwart wässriger Polystyrolsulfonsäure, daher das Kürzel PEDT/ PSS. PEDT-Oligomere (aus vielleicht einem Dutzend Oligomeren) werden an lange PSS-Ketten angelagert, was zusammen mit Wasser oder anderen Lösungsmitteln zu Suspensionspartikeln führt. Mit dieser Suspension können Folien, organische und mineralische Gläser so zu sagen „lackiert“ werden - „leitfähig, transparent und nahezu farblos (schwach blau)“ 104 . Eine so behandelte PC-Folie war dann zwischen 400 und 700 nm zu ca. 70 % transparent und im Sinne von Tabelle 2.4 elektrostatisch (oder noch besser) leitfähig / Jonas 95/ . Transparenz, Leitfähigkeit und mechanisches Verhalten wurden dann immer weiter verbessert, indem die Kolloidstruktur der Suspension optimiert wurde. So 102 Bei herkömmlich gefüllten Materialien reißen die Kontakte zwischen den Additiv-Teilchen und die Leitfähigkeit sinkt stark. 103 Kolloidale Lösungen sind Dispersionen mit einer Teilchengröße der dispersen Phase zwischen nm und µm, also ohne molekulare Durchmischung. 104 Produktinformation Baytron P der Bayer AG; nach Ausgliederung und zweifachem Verkauf des Firmenteils heißt das Produkt jetzt Clevios und wird von Heraeus produziert 4.3 Organische Leiter 171 entstehen z.B. transparente ESD-Beschichtungen auf photographischen Filmen 105 oder fast „knitterbeständige“, transparente ESD-Verpackungsfolien. ITO- Beschichtung bringt zwar auch Transparenz und Leitfähigkeit, bekommt aber bei Krümmungsradien unter etwa 8 mm Risse (anorganische Schichten sind stets etwas spröd) / Paetzhold 2003/ . ICP sind wohl in manchen Umgebungen noch ungewohnt und etwas exotisch. Wenn es um größere Teilemengen geht, die elektrostatisch geschützt ausgerüstet werden sollen, also um Transportkästen, Behälter aller Art, Regalbretter usw., dann sieht man konventionellerweise schwarz. Wirtschaftliche und klassisch bewährte, dazu dauerhafte und klimaunabhängige ESD-Ausrüstung benutzt Ruß als Additiv. Und der ist nun einmal tief schwarz. Aber braucht man wirklich die Leitfähigkeitswerte, die Rußfüllungen zur Verfügung stellen? Das sind grob ein paar Größenordnungen unter 1 / Ωm; das ist etwa der elektrostatisch „leitfähige“ Bereich (nach Tab2.4 1 bis 1/ 1000 1/ Ωm). Für die genannten Kisten darf es aber auch durchaus weniger sein, nur Aufladung soll vermieden werden. Hier genügt es für den Kunststoff, dissipativ zu sein, und dazu hat man Polymere entwickelt, die im Compound mit üblichen Polymerwerkstoffen (PP, PC, ABS etc.) ein derartige Produkt liefern: IDP, Inherently Dissipative Polymers. Also nach Tab. 2.4 schlechter leitend als „Conductive“. Die IDP sind Copolymere mit sauerstoffhaltigen Teilen in der Kette, z.B. Polyethylenoxid PEO (-[CH 2 - CH 2 - O]- . Das ergibt einen gewissen polaren Charakter, und an diesen Dipolen können sich Ionen entlang bewegen. Es ist also keine Elektronen- oder Löcherleitung auf der Kette wie bei ICP, sondern Ionenleitung direkt daneben. Man gibt nun etwa 10 bis 30 % IDP in den Matrixwerkstoff, dann bildet sich ein „interpenetrating network“ aus bzw. „co-continuous Phases“ (siehe z.B. / Rosner 01/ ). Das Prinzip ist das gleiche wie das des Additivteilchen- Netzwerks, nur leitet der leitende Partner viel schlechter als eine Metallfaser oder ein Kohlenstoffröhrchen. Es ist darauf zu achten, dass das Netzwerk während der Verarbeitung (Spritzgießen! ) nicht zu stark strapaziert wird. Aber dann sind die IDP fest im Kunststoff verankert und bleiben auch dort (Reinraumtauglichkeit! ). Von der äußeren Luftfeuchtigkeit sind sie praktisch unabhängig. Und sie sind hell einfärbbar: hell gelbe oder rote Kästen können ohne Probleme produziert werden. Je nach Matrixpolymer ist sogar eine gewisse Transparenz möglich. 105 Beim Abrollen von belichteten, aber nicht entwickelten Filmen kann es zu Aufladung kommen, die zu Entladungen führt, die auf dem Filmmaterial abgebildet werden (Produkt Orgacon von Agfa). 172 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 172 4.4 Zusammenfassende Bewertung Eigentlich steht ja schon am Ende jeder Einzeldiskussion eines Werkstoffs oder Beschichtungsverfahrens ein bewertender Kommentar, der die technisch-wissenschaftlich begründete, doch natürlich bis zu einem gewissen Grad dennoch subjektive Meinung des Autors zur Eignung für Abschirmung oder Ableitung angibt. Vielleicht ist es aber für den Leser zum Zwecke des Vergleichens und Auswählens hilfreich, die Bewertungen in Kurzform nebeneinander zu stellen. Relativ einfach ist der Vergleich für ableitende Werkstoffe im Bereich des ESD- Schutzes. Hier ist nämlich der Leitruß als Additiv beinahe unschlagbar, es sei denn, man fordert zusätzlich Qualitäten wie helle Farbe oder Durchsichtigkeit. Dies erklärt den Aufbau von Tabelle 4.6. Ob die alternativen Produkte wirtschaftlich sinnvoll sein können, das muss (v.a. bei den organischen Leitern) unbedingt im Einzelfall geprüft werden. Tabelle 4.6 Einige Alternativen zu Ruß auf dem Gebiet der dauerhaften antielektrostatischen Ausrüstung von Kunststoffen Anforderung Additiv/ Beschichtung Heller Gehäusewerkstoff: Unter 3 Gew. % Edelstahlfasern; Zinn- und Antimonoxide, auch als Beschichtung von Füllstoffpartikeln. Compounds mit ICP und IDP. Durchsichtige Folien: Sehr dünne Al-Bedampfung, Sputterschichten; unter 1 % Edelstahlfasern im Volumen; Intrinsisch leitende Polymere. Durchsichtige Beschichtungen auf transparenten Kunststoffteilen: Al-Bedampfung, Sputterschichten; Intrinsisch leitende Polymere (PANI, PEDT), CNT. 4.4 Zusammenfassende Bewertung 173 Bei den abschirmenden Kunststoffen gibt es kein - dem Ruß vergleichbares - herausragendes Verfahren oder Additiv. Es müssen daher praktisch alle Verfahren und Additive in den Vergleich einbezogen werden, was in Tabelle 4.7 (manchmal etwas verkürzt) auch geschehen ist. Zu bewerten ist natürlich zuerst die Abschirmwirkung („Schirmung“ in Tabelle 4.7); diese muss auch sichergestellt sein nach Alterung, Klimaeinflüssen und Temperaturwechseln. Im Falle von Beschichtungen schließt dies eine ausreichende Haftung der Abschirmschicht ein, auch bei üblichen mechanischen Beanspruchungen (Montage, Wartung etc.). Dann sind aber noch eine Reihe weiterer Kriterien zu beachten (die in Tabelle 4.7 unter „Sonst“ zusammengefaßt wurden). So ist zu fragen, ob die Verarbeitung mit vorhandenem oder erschwinglichem Equipment durchführbar ist (bei der Spritzgießverarbeitung wäre etwa ein extrem abrasiver Füllstoff wie Ferrit, der gepanzerte Schnecken erforderte, negativ zu bewerten - Edelstahlfasern hingegen, die in jeder für Kurzglasfasern geeigneten Maschine verarbeitbar sind, sind positiv zu bewerten). Wie schmal sind die Verarbeitungsfenster der Prozessparameter, gelingt ein akzeptables Produkt nur bei perfekter Einstellung aller Parameter? Ist ein Teil von Hand zuverlässig beschichtbar (z.B. durch Lackieren oder thermisches Spritzen), oder gewährleistet nur der Einsatz von teuren Robotern eine gleichmäßige Beschichtung? Auch die Qualität des fertigen Teils ist zu bewerten. So können Füllstoffpartikel mehr oder weniger an der Teileoberfläche erkennbar sein. Ist das Design nachteilig eingeschränkt durch die Notwendigkeit nicht glatter Oberflächen oder nicht heller Farben? Ist gar eine Nachbearbeitung notwendig, etwa durch Lackieren? Hat ein Beschichtungsverfahren die mechanischen Qualitäten oder das Alterungsverhalten des Polymerwerkstoffes spürbar verschlechtert? Sind kompliziert geformte Teile nach dem Beschichten verzogen? Eine ökologische Bewertung ist heute unabdingbar. Erfordert die Verarbeitung besondere Maßnahmen zum Schutz von Personal und Umwelt, etwa beim Galvanisieren, Lackieren, thermischen Spritzen? Ist der Transportaufwand zu einer Beschichtungsfirma vertretbar? Wie kann das abschirmende Kunststoffteil entsorgt werden? Ist Ablösen einer Beschichtung vernünftig machbar? Kann der Kunststoff, auch ein gefüllter, wieder granuliert und dem Recycling zugeführt werden? Was passiert mit Kunststoffteilen, die - unerwünschterweise - auf der Deponie, in der Pyrolyse oder der Müllverbrennung landen? Bekanntlich ergeben Polymere plus Halogene plus Schwermetalle unter Umständen Dioxine! 174 4 Kunststofftechnische Möglichkeiten 174 Tabelle 4.7 Bewerteter Vergleich zwischen verschiedenen Verfahren zur elektromagnetischen Abschirmung von Kunststoffteilen. Bei „Schirmung“ bedeutet 3 hervorragende Schirmdämpfungswerte, die auch mit Metallen konkurrieren können, 2 eine gute Schirmung, die vielen Anforderungen gerecht wird, 1 eine Schirmwirkung, die für manche Aufgaben ausreicht und 0 eine praktisch unwirksame, wenn auch vielleicht messtechnisch nachweisbare Schirmung. Bei „Sonst“ ist 3 die beste Durchschnittsnote aus den weiteren Kriterien, 0 die schlechteste. Verfahren Schirmung Sonst Gefüllte Kunststoffe Lange, dünne Edelstahlfasern, gute Verarbeitung, um 20 Gew. % 2-3 2 um 10 % 1-2 2 um 6 % 1 2 unter 5 % 0-1 2-3 Lange Metallfasern, über 30 % 2-3 0-1 Al-Flakes, ca. 50 % 2 0-1 ca. 40 % 1-2 1 unter 30 % 0-1 1 Metallisierte Kohlefasern (ausreichend hohe Konz.) 2 1 Kurze Metallfasern, metallisierte Glasfasern, Kohlefasern, Leitruß, metallisierte Glaskugeln 0-1 0-2 Beschichtungen Galvanisch Cu/ Ni ca. 30 μm 3 2-3 Galvanisch Cu/ Ni ca. 3 μm 2-3 3 Al-Hochvakuum-Bedampfen, 5 μm und mehr 2-3 2-3 um 3 μm 2 3 Leitlack mit gutem Metallpigment 1-2 2 mit Graphit etc. 0-1 2 Flamm-/ Lichtbogen-/ Plasmaspritzen 2-3 1 Sputtern 1-2 0-1 4.4 Zusammenfassende Bewertung 175 Selbstverständlich sind alle bisherigen Kriterien auch wirtschaftlich zu kalkulieren. Was kostet ein Kunststoffteil in einer bestimmten Stückzahl, wenn es direkt aus einem abschirmenden, aber relativ teuren Werkstoff hergestellt wird? Was kostet das Teil aus einem billigeren, nicht leitenden Gehäusewerkstoff, wenn es nachträglich von einem Oberflächenveredlungsbetrieb beschichtet wird - einschließlich Kosten für den Transport, für Halterungen und Maskierungen beim Beschichten etc.? Da derartige Rechnungen nur für konkrete Teile und Aufträge durchführbar sind, können sie in die hier vorgenommene Bewertung nur wenig einfließen (z.B. Preis dicker Sputterschichten). Es wird aber hier keine Technik diskutiert, die vom wirtschaftlichen Standpunkt völlig und in allen Fällen unakzeptabel und unrealistisch wäre. Praktisch alle in Tabelle 4.7 aufgeführten Produkte sind kommerziell erhältlich, nur ganz wenige (z.B. lange Kupferfasern, metallisierte Kohlefasern) sind Versuchsprodukte. 5 Anhänge 5.1 Abkürzungen für wichtige Kunststoffe Einigen Lesern - vielleicht v.a. denen, die von der Elektrotechnik herkommen - werden die vielen Abkürzungen nicht alle geläufig sein, mit denen Kunststofftechniker sich die zungenbrechenden Exaktbezeichnungen aus der Chemie ersparen (wenn sie nicht gleich Handelsnamen verwenden, was in diesem Buch aber weitgehend vermieden werden sollte). Die meisten Kürzel sind genormt (DIN 7728 T1 1988 bzw. ISO 1043.1); ein R als letzter Buchstabe bezeichnet stets Elastomere (R = Rubber = Kautschuk). ABS Acrylnitril-Butadien-Styrol BS Butadien-Styrol CA Celluloseacetat CR Chloropren-Kautschuk EP Epoxid-Harz EVA Ethylen-Vinylacetat IR Polyisopren-Kautschuk MF Melamin-Formaldehyd-Harz PA Polyamid NBR Nitrilkautschuk NR Naturkautschuk PAI Polyamidimid PAN Poly(acrylnitril) PANI Polyanilin PB Polybuten-1 PBT (auch PBTP) Poly(butylenterephtalat) PC Polycarbonat PE Polyethylen 5.1 Abkürzungen für wichtige Kunststoffe 177 PE-HD High-density-PE (linear) PE-LD Low-density PE (verzweigt) PE-LLD Linear low-density PE (kurzkettenverzweigt) PEDT Polyethylendioxythiophen PEEK Poly(etheretherketon) PEI Poly(etherimid) PES Poly(ethersulfon) PET (auch PETP) Poly(ethylenterephtalat) PI Polyimid PIB Polyisobutylen PMMA Poly(methylmethacrylat) POM Polyoxymethylen PP Polypropylen PPO Polyphenylenoxid PPS Poly(phenylensulphid) PPY Polypyrrol PS Polystyrol PSU Polysulfon PT Polythiophen PTFE Poly(tetrafluorethylen) PUR Polyurethan PVC Poly(vinylchlorid) PVDF Poly(vinilydenfluorid) SAN Styrol-Acrylnitril SBR Styrol-Butadien-Kautschuk SI Silonkonharz UF Harnstoff-Formaldehyd-Harz UP Ungesättigtes Polyester-Harz VPE Vernetztes Polyethylen 178 5 Anhänge 178 5.2 Normen, Vorschriften, Institutionen Auf dem Gebiet der elektrostatischen Aufladung, mehr noch auf dem Gebiet der Abschirmung sind zahlreiche deutsche, europäische oder internationale Normen und Vorschriften zu berücksichtigen. Vor allem im Gefolge der europäischen EMV- Richtlinien und der daraus resultierenden deutschen EMV-Gesetze entstand ein ganzes Netzwerk von Vorschriften, deren Hierarchien 106 und Gültigkeitsbereiche nicht immer leicht zu durchschauen sind. Hierzu findet man eine ausführliche und aktuelle Darstellung der EMV-relevanten Vorschriften in der jeweils neuesten Ausgabe der Loseblatt-Sammlung mit CD-ROM / Hauke u. Leininger 05/ . Solche oder ähnliche „Nachschlagewerke“ bzw. Suchmaschinen muss derjenige Anwender bemühen, bei dem Aktualität sehr wichtig ist! Die folgende Aufstellung ist daher keineswegs vollständig; bei der riesigen Zahl der Normen - formuliert für den zivilen und den militärischen Bereich, von verschiedenen Gremien und in verschiedenen Ländern - ist dies sowieso kaum möglich. Subjektive Auswahl war nötig, die sich vor allem am inhaltlichen Bezug zu den Themen dieses Buches orientierte. Wenn ältere, nicht mehr gültige Normen z.B. noch messtechnisch Interessantes bieten, wurden auch sie in die Liste aufgenommen. Auch in vielen Datenblättern für jahrelang bewährte und heute noch am Markt erfolgreiche Produkte findet man ja Eigenschaften, gemessen nach älteren Normen! Schließlich soll darauf hingewiesen werden, dass Normen zwar zur Kommunikation in der Wirtschaft unabdingbar sind, dass sie aber manchmal wissenschaftlich nicht befriedigen können - die mit ihrer Hilfe gewonnen Daten sind in solchen Fällen wenig aussagekräftig (vgl. die Diskussion der Widerstandsmessungen an Kunststoffen in Abschnitt 3.2.1). Zumindestens in der Forschungs- und Entwicklungsphase sollte man daher auch nach eigenen, für die jeweilige Problemstellung optimierten Verfahren messen. 106 Generic Standards (Fachgrundnormen, Querschnittsnormen), Basic Standards (Grundnormen), Product Standards (Produktnormen, Produktfamiliennormen) 5.2 Normen, Vorschriften, Institutionen 179 5.2.1 Gesetze, Richtlinien Europäisch alt: EMV-Richtlinie (89/ 336/ EWG), anwendbar bis 19.07.09, geändert durch Richtlinien 91/ 263/ EWG, 92/ 31/ EWG, 93/ 68/ EWG, 93/ 97/ EWG, dazu auch Leitfaden zur Anwendung der Richtlinie ..., z.B. in der Fassung vom 26.05.97 neu: EMV-Richtlinie (2004/ 108/ EG), anzuwenden ab 20.07.09 siehe dazu z.B. http: / / www.ce-richtlinien.eu/ richtlinien/ EMV.html ; dort auch Leitfäden und Kommentare Deutsch alt: EMV-Gesetz (vom 09.11.1992, mit der Änderung vom 30.08.1995, in der Fassung vom 18.09.98) Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutz- Gesetzes (enthält Grenzwerte zum Schutz der Umwelt; Bundesratdrucksache 393/ 96) Anlage 1 zur AmtsblVfg Nr. 243/ 1991: Allgemeingenehmigungen nach dem Gesetz über den Betrieb von Hochfrequenzgeräten (Grenzwerte für die magnetische Funkstörfeldstärke in Anhang 1 ! ) neu: Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG vom 26.02.2008, BGBl. I S. 220; geändert 07.08 2013, BGBl I S.3154) siehe z.B. http: / / www.gesetze-iminternet.de/ bundesrecht/ emvbg/ gesamt.pdf 5.2.2 Normen zu EMV und ESD Die Suche nach bzw. die Beschaffung von Normen, nicht bindenden Prüfvorschriften (z.B. MPR) oder Gütezeichen (z.B. TCO) wird erleichtert, wenn man ihre Herkunft kennt: ANSI (Am. Nat. Standard Inst.) US Zivil ASTM (Am. Soc. f. Testing & Materials) US Zivil DIN (Dt. Inst. f. Normung) Deutsch Zivil EIA (Electronic Industries Ass.) US Zivil EN (Eur. Norm) zivile Europäisch Zivil 180 5 Anhänge 180 IEC (Int. Electrotechn. Commission) International Zivil ISO (Int. Org. f. Standardization) International Zivil MIL STD (Military Standard) US Militärisch MPR (Statens Mät-och Provrad) Schwedisch Zivil NSA (Nat. Stand. Ass.) US Zivil VDE (Verein dt. Elektrotechniker) Deutsch Zivil VG (Verteidigungsgeräte-Norm) Deutsch Militärisch SS (Svensk Standard) Schwedisch Zivil TCO (Schwed. Angest. Gewerkschaft) Schwedisch Zivil Auflistung ausgewählter Normen Umwelt EMVU / Elektrosmog DIN EN 50413; VDE 0848-1: 2009-08: 2009-08 Grundnorm zu Mess- und Berechnungsverfahren der Exposition von Personen in elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern (0 Hz bis 300 GHz) Technik Übersicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 11.04.2012 (C 104) alt : DIN VDE 0870 Begriffe der EMV IEC 1000-6-1 / IEC 1000-6-2 / EN 50081 / VDE 0839 Teil 81-1 und 81-2 Störaussendung IEC 1000-6-1 / IEC 1000-6-2 / EN 50082 / VDE 0839 Teil 82-1 und 82-2 Störfestigkeit EN 61000-4-8 Störfestigkeit gegen Magnetfelder EN 61000-4-3 / VDE 0847 T4-2 Störfestigkeit gegen HF-Felder Auf die weitere Nennung zahlreicher Normen zu rein elektrotechnischen EMV-Themen wird verzichtet MPR II, MPR III/ SS 436 14 90, Abstrahlung von Bildschirmgeräten TCO 95 bzw. 99 bzw. 03 und Ergonomie Schirmung MIL STD 285, NSA 65-6 Schirmdämpfungsmessverfahren ASTM D 4935 Abschirmwirkung von Probeplatten im Fernfeld 5.2 Normen, Vorschriften, Institutionen 181 ASTM ES 7-83 (lange abgelaufen) Abschirmwirkung von Probeplatten im Fernfeld und im elektrischen Nahfeld VG 95 373 T15 Messverfahren für Kopplungen und Schirmungen EN 50 147-1 Schirmdämpfungsmessung Absorberräume IEC EN 61000-4-21: 2011 Modenverwirbelungskammer ESD - Normen IEC 62631-1 2011 Aktuell für schlechte Leiter: Dielectric and resistive properties of solid insulating materials - Part 1: General. IEC 62631-x-y in Vorbereitung, sollen u.a. DIN IEC 60093 ersetzen DIN EN 61340-x-y, IEC 61340 - … Messverfahren Elektrostatik ANSI/ ESD S20.20-2007 EPA, Verpackung Kennzeichnung ANSI/ ESD-S541-2008 Verpackungsmaterialien für EGB DIN IEC 60093 Durchgangswiderstand DIN EN 1081 DIN IEC 60093 Spezifischer Durchgangswiderstand DIN EN 61340-2-3 DIN EN ISO 3915 DIN IEC 60093 Oberflächenwiderstand DIN EN 1081 DIN IEC 60093 Spez.Oberflächenwiderstand DIN EN 61340-2-3 DIN 53 482 bzw. VDE 0303 Nichtmetallische Werkstoffe der Elektrotechnik 182 5 Anhänge 182 5.2.3 Internetadressen von Institutionen Die folgende Liste enthält die Internet-Adressen von Behörden, Verlagen, Verbänden usw., die mit EMV befasst sind und über die man oft Zugang zu aktuellen Normen und Vorschriften erhalten kann. Europäische Union http: / / www.europa.eu.int/ EU-Richtlinien http: / / europa.eu.int/ comm/ enterprise/ policy en.htm Amtsblattmitteilungen http: / / europa.eu.int/ eur-lex/ de/ oj/ index.html EU -Gesetzgebung http: / / europa.eu.int/ eur-lex/ de/ consleg/ index.html Geräteklassifizierung / Harmonisierte Frequenzen http: / / europa.eu.int/ comm/ enterprise/ rtte/ listeq.htm Benannte Stellen http: / / europa.eu.int/ comm/ enterprise/ newapproach/ legislation/ nb/ notified-bodies.htm BMWA http: / / www.bmwi.de/ Homepage/ Politikfelder/ Telekommunikation %26 Bundesgesetze http: / / www.bundesgesetze.de/ bundesgesetze/ index. htm Bundesanzeiger Verlag http: / / www.bundesanzeiger.de Bundesnetzagentur (früher Regulierungsbehörde ) http: / / www.bundesnetzagentur.de Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information http: / / www.dimdi.de/ de/ mpg/ index.htm Luftfahrt-Bundesamt http: / / www.lba.de Bundesamt für Strahlenschutz http: / / www.bfs.de Kraftfahr-Bundesamt http: / / www.kba.de Bundesamt f. Wehrtechnik http: / / www.bwb.org/ DIN httc: / / www. normung.din.de Beuth Verlag (Normen) http: / / www2.beuth.de/ Zentralverband Elektrotechnik u. Elektronik http: / / www.zvei.org/ Bundesverband IT, TK, NeueMedien http: / / www.bitkom.org/ 6 Literaturverzeichnis Bäuerle 93 P. Bäuerle, Advanced Materials 5 , 879 (1993) Bednarz 88 J. Bednarz, Montage, Prüffeld und Transport von elektrostatisch gefährdeten Bauelementen (EGB); in J. Bednarz (Hrsg.), Kunststoffe in der Elektrotechnik und Elektronik, Kohlhammer Stuttgart 1988, S. 272 Bernauer u. Schwab 96 J. Bernauer, A. Schwab, Die Schirmwirkung perforierter Schirmwände im magnetischen Nahfeld; in H. Schmeer (Hrsg.), EMV 96, VDE- Verlag Berlin, 1996 Biggs 77 D.M. Biggs, Conductive Polymeric Compositions, Polym. Eng. Sci. 17 (12), 842 (1977) Borgmanns et al. 95 C. Borgmanns, L. Steenbakkers, L. Anaf, J. Catrysse, Beurteilung des ESD-Schutzvermögens von Gehäusen aus verschiedenen elektrisch leitenden Kunststoffen mit einer neue en Messmethode in H. Schmeer (Hrsg.), Ta gungsband 4. ESD-Forum 1995, S. 49 Bridges 88 J.A. Bridges, IEEE Trans. Electromagn. Compat. 30 (3), 211-221 (1988) Catrysse et al. 92 J. Catrysse,M. Delesie, W. Steenbakkers, The Influence of the Test Fixture on Shielding Effectiveness Measurements; IEEE Trans. Electromagn. Compat. 34 (3), 348-351 (1992) Dopper 2013 A. Dopper, Elektrisch leitendes compound Schulatec TinCo Symposium „Elektrisch leitende Kunststoffe“, Techn. Akademie Esslingen 2013 184 6 Literaturverzeichnis Eckardt 89 H. Eckardt, Abgeschirmte Gehäuse in einem Arbeitsgang mit Hilfe des Mehrkomponenten- Spritzgießverfahrens; in H. Mair, S.Roth (Hrsg.), Elektrisch leitende Kunststoffe, 2. Aufl., Hanser, München 1989 Ewler 95 T. Ewler, Eigenschaften von Versandstangen und Aufladung von ICs in Bestückungsautoma ten; in H. Schmeer (Hrsg.), Tagungsband 4. ESD-Forum 1995, S. 85 Förster 96 G. Förster, Einsatz metallisierter Kunststoffe zum Abschirmen elektronischer Schaltungen; SMT&CADS 4/ 96, S. 36 Fuchs et al. 94 Fuchs, Ch., Imo, F., Schwab A., Theorie elekt romagnetischer Schirme - das Impedanzkon zept; in H. Schmeer (Hrsg.), EMV 94, VDE- Verlag Berlin, 1994 Funder 08 C. Funder, P. Kolditz, Kunststoffe 9/ 2008 Gerlin 94 F. Gerling, Metallisierte Kunststoffgehäuse, Kunststoffe 84(7), 899-903, 1994 Gieser u. Egger 93 H. Gieser, P. Egger; Charged Device Model - Tester und ihre Standardisierung; in Tagungs band 3. ESD-Forum 1993/ 94, S. 180 Gilg 89 R.G. Gilg, Ruß für leitfähige Kunststoffe; in H. Mair, S.Roth (Hrsg.), Elektrisch leitende Kunststoffe, 2. Aufl., Hanser, München 1989 Gilg 96 R.G. Gilg, Ruß und andere Pigmente für leitfä hige Kunststoffe; Lehrgang Technische Akade mie Esslingen ‘Elektrisch leitende Kunststoffe’, Mai 1996 Göpel u. Stöckl 96 K.-D. Göpel, P. Stöckl, Die preisgünstige Alter native - Kompakte EMV-Messzelle zur Messung der Störfestigkeit; EMV-ESD 7(1996) 2, S. 14-17 6 Literaturverzeichnis 185 Gonschorek u. Singer 92 K.H. Gonschorek, H. Singer (Hrsg.), Elektro magnetische Verträglichkeit; Teubner, Stuttgart, 1992 Graphit 05 Firmenschrift „Graphit für Polymerwerkstoffe“ der Graphit Kropfmühl AG, 2005 Graskamp 96 B. Graskamp, Eine neue Messtechnik zur Ermitt lung des Schirmdämpfungsmaßes von Gerätegehäusen; in H. Schmeer (Hrsg.), EMV 96, VDE- Verlag Berlin, 1996 Gwinner 95a D. Gwinner, PVD-Abschirmschichten Teil 1, Metalloberfläche 49(1), 48-50, 1995 Gwinner 95b D. Gwinner, PVD-Abschirmschichten Teil 2, Metalloberfläche 49(1), 124-126, 1995 Habenicht 90 G. Habenicht, Kleben, Springer Berlin, 1990 Habiger 92 E. Habiger (Hrsg.), Handbuch Elektromagneti sche Verträglichkeit, Verlag Technik, Berlin, München 1992 Hauke u. Leininger 05 R. Hauke, M. Leininger (Hrsg.), Praxis- Handbuch Elektromagnetische Verträglichkeit, WEKA-Fachverlag Augsburg, 2005 Haupt 05 H. Haupt, Die Bestimmung spezifischer Wider standskennwerte an schwach leitenden Werkstof fen, Symposium „Elektrisch leitende Kunststoffe“, Techn. Akademie Esslingen 2005 Hönl 89 H. Hönl, Polystyrol mit elektromagnetischer Abschirmwirkung, Firmenschrift BASF (Aweta Thermoplaste), Sept. 1989 Hornbostel 08 B. Hornbostel, U. Leute, P. Poetschke, J. Lotz, D. Kornfeld, P. Chiu, S. Roth, Attenuation of electromagnetic waves by carbon nanotubes composites; Physica E 40 (2008) 2425-2429 Iijima 91 S. Iijima, Helical microtubules of graphitic carbon, Nature 354, 56 (1991)] 186 6 Literaturverzeichnis Immel u. Haydu 93 W. Immel, J Haydu, Cu/ Ni-Überzüge für das EMI-Shielding von Thermoplasten; Metallober fläche 47(4), 180-185, 1993/ 94 Jonas 95 F. Jonas, 3,4-Polyethylendioxythiophen: Leitfä hige Beschichtungen, technische Anwendungen und Eigenschaften; 6. Symposium ‘Elektrisch leitende Kunststoffe’, Technische Akademie Esslingen, Mai 1995 Kaden 50 H. Kaden, Die elektromagnetische Schirmung in der Fernmelde- und Hochfrequenztechnik, Springer, Berlin 1950 Kaden 59 H. Kaden, Wirbelströme und Schirmung in der Nachrichtentechnik, Springer, Berlin 1959 Kinnigham u. Yenni 88 B.A. Kinnigham, D. Yenni, Messmethode für elektromagnetisch abschirmende Materialien; in H. Schmeer, M. Bleicher (Hrsg.), EMV 88, Hüthig-Verlag Heidelberg, 1988 Kistenmacher u. Schwab 96 P. Kistenmacher, A. Schwab, Schirmdämpfung heterogener, leitfähiger Einfach- und Mehrkammergehäuse beliebiger Kontur; in H. Schmeer (Hrsg.), EMV 96, VDE-Verlag Berlin, 1996 Leit 94 Leitfaden für ESD-Schutz, VDE-Verlag Berlin 1994 Leute 86 U. Leute, Mit Sorgfalt gut geschirmt, Elektro technik 68(1986), 10, S.16 Leute 88 U. Leute, Gehäuse mit elektromagnetischer Abschirmwirkung; in J. Bednarz (Hrsg.), Kunststoffe in der Elektrotechnik und Elektronik, Kohlhammer Stuttgart 1988, S. 289- 295 Leute 89 U. Leute, Physikalisch-technische Grundlagen der Abschirmung elektromagnetischer Felder und Wellen durch leitfähige Kunststoffe; in H. 6 Literaturverzeichnis 187 Mair, S.Roth (Hrsg.), Elektrisch leitende Kunst stoffe, 2. Aufl., Hanser, München 1989 Leute 94 U. Leute, Elektromagnetische Abschirmung mit leitfähigen und leitfähig beschichteten Kunststoffen; in H. Schmeer (Hrsg.), EMV 94, VDE-Verlag Berlin, 1994 Leute 01 U. Leute, Was ist dran am Elektrosmog, Schlembach-Verlag, Weil der Stadt 2001 Leute 02 U. Leute, Wie gefährlich ist Mobilfunk? , Schlembach-Verlag, Weil der Stadt 2002 Leute 04 U. Leute, Physik und ihre Anwendungen in Technik und Umwelt; Hanser, München, 2. Aufl. 2004 Leute u. Meyer 91 U. Leute, P. Meyer, Bewertung der Abschirmverfahren für Kunststoffgehäuse, Kunststoffe 81(1991), 8, S. 700-704 Lex 70 dtv-Lexikon der Physik, H. Franke (Hrsg.); dtv München, 1970-71 Li und Chung 94 L., D. Chung, Electrical and mechanical properties of electrically conductive polyether sulfone composites; Composites, 25(3), 215- 223, 1994 Luecke 05 A. Luecke, Kunststoff-Compounds mit leitfähigen Polymeren und CNT, Seminar Neuartige elektrisch leitende Kunststoffe, Leitung U. Leute, Haus der Technik, Berlin 2005 Mazanek et al. 91 J. Mazanek, U. v. Gizycki, S Anders, Elektro magnetische Abschirmung von Thermoplasten mit 50 µm dicken Metallfasern, Kunststoffe 81(2), 141-146, 1991 Möbius 88a K.H. Möbius, Füllstoffhaltige elektrisch leitfähige Kunststoffe; Kunststoffe 78(1), 53-58, 1988 188 6 Literaturverzeichnis Möbius 88b K.H. Möbius, Elektromagnetische Abschirmung mit elektrisch leitenden Kunststoffen; Kunststoffe 78(4), 345-350, 1988 Nedtwig u. Lutz 96 J. Nedtwig. M. Lutz (Hrsg.), Elektromagnetische Verträglichkeit, WEKA Fachverlag Augsburg, 1996 Passiniemi 95 P. Passiniemi, Antistatische Polymermischungen mit intrinsisch leitfähigem Polyanilin; 6. Symposium ‘Elektrisch leitende Kunststoffe’, Technische Akademie Esslingen, Mai 1995 Paetzhold 2003 R. Paetzhold et al., Performance of flexible poly-meric light-emitting diodes under bending conditions; Appl. Phys. Lett. 82(2003) 3342 Perez 95 R. Perez (ed.), Handbook of Electromagnetic Compatibility; Academic Press, San Diego, 1995 Pfeiffer 96 B. Pfeiffer, Celstran S ® : Konstruktionswerkstoffe mit Edelstahlfilamenten gefüllt für ESD- und EMV-Anwendungen; Lehrgang Technische Akademie Esslingen ‘Elektrisch leitende Kunststoffe’, Mai 1996 Pingler 95 U. Pingler, Schirmung per Galvanotechnik; Metalloberfläche 49(1), 42-44, 1995 Progelhof et al. 76 R.C. Progelhof, J. Throne, R. Ruetsch, Methods for Predicting the Thermal Conductivity of Composite Systems: A Review, Polym. Eng. Sci. 16 (9), 615 (1976) Reiner et al. 93 J.C. Reiner, M.R. Herrmann, H.A. Gieser, P. Egger, Untersuchung der Zuverlässigkeit einer CDM-reproduzierbaren Feldvorschädigung; in Tagungsband 3. ESD-Forum 1993/ 94, S. 170 Römpp 92 Römpp Chemie-Lexikon, Thieme Stuttgart 1992 Rosner 01 R.B. Rosner, Conductive Materials for ESD Applications: An Overview 6 Literaturverzeichnis 189 http: / / www.ce-mag.com/ archive / 01/ Spring/ Rosner.html Saechtling 95 H. Saechtling, Kunststofftaschenbuch, 26. Ausgabe; Hanser, München, 1995 Sahakalkan 2013 S. Sahakalkan, Fraunhofer IPA, CNT Anwendungen, Symposium „Elektrisch leitende Kunststoffe“, Techn. Akademie Esslingen 2013 Sauerer 91 W. Sauerer, Elektronisch selbstleitende Polymere; Kunststoffe 81 (8), 694-699 (1991) Shellkunoff 43 Shellkunoff, S. A., Electromagnetic Waves, Van Nostrad, New York, Princeton, 1943 Schmiedel 92 H. Schmiedel, Handbuch der Kunststoffprüfung; Hanser, München 1992 Schwab et al. 90 A. Schwab, Th. Benz, J. Herold, Messung der Schirmdämpfung leitfähiger Kunststoffe - Eine neue TEM-Messzelle; in H. Schmeer (Hrsg.), EMV 90, VDE-Verlag Berlin, 1990 Schwab 94 A. Schwab, Elektromagnetische Verträglichkeit; Springer, Berlin, 1994 Severin 88 H.G. Severin, Elamet-Hochvakuumbeschichtung von Kunststoffen zur elektromagnetischen Abschirmung, in H. Schmeer, M. Bleicher (Hrsg.), EMV 88, Hüthig-Verlag Heidelberg, 1988 Shacklette et al. 91 L. Shacklette, N. Colaneri, V. Kilkarni, B. Wessling, EMI Shielding of Intrinsically Conductive Polymers; Proc. SPE 49th Annual Technical Conf. ANTEC 91, 665 (1991) Shirakawa 77 H. Shirakawa, E.Louis, A. MacDiarmid, C Chiang, A. Heeger, J.Chem.Soc.Chem.Comm., 579 (1977) 190 6 Literaturverzeichnis Simon u. Stutz 83 R.M. Simon, D.Stutz, Test methods for shielding materials; EMC Techn. 2(4), 1983, p. 39-48 VAC 88 Firmenschrift Magnetische Abschirmungen, Vacuumschmelze Hanau, 1988 Wehner 13 G.Wehner, Conductive Carbon Black und andere Pigmente für leitfähige Kunststoffe. TAE-Symposium Elektrisch leitende Kunststoffe April 2013 Wessling 95 B. Wessling, Polyanilin, ein stromleitendes Polymer; 6. Symposium ‘Elektrisch leitende Kunststoffe’, Technische Akademie Esslingen, Mai 1995 Wiessner 05 J. Wiessner, Kohlenstofffaser verstärkte Kunsttoffe, Seminar Kunststoffe und EMV, Leitung U. Leute, Haus der Technik, Berlin 2005 White 80 D.R. White, A Handbook ofElectromagnetic Shielding Materials and Performance; Don Whi te Consultants, Gainesville (Va), 1980 Wilson et al. 88 P.F. Wilson, M.T. Ma, J.W. Adams, Techniques for Measuring the Electromagnetic Shielding Effectiveness of Materials: Part I.-. Far-Field Source Simulation; IEEE Trans. Electromagn. Compatibility 30 (3), 239-250, 1988 Wilson u. Ma 88 P.F. Wilson, M.T. Ma, Techniques for Measuring the Electromagnetic Shielding Effectiveness of Materials: Part II - Near-Field Source Simulation; IEEE Trans. Electromagn. Compatibility 30 (3), 251-259, 1988 6 Literaturverzeichnis 191 Wittenburg 89 J. Wittenburg, Abschirmung von elektrischen Geräten; in H. Mair, S.Roth (Hrsg.), Elektrisch leitende Kunststoffe, 2. Aufl., Hanser, München 1989 Wolf et al. 96 J. Wolf, E. Habiger, R. Messinger, Kunststoffbeschichtungen - Die Schirmdämpfungseigenschaften von Ein- und Mehrfachschichten aus verschiedenen Werkstoffen; in H. Schmeer (Hrsg.), EMV 96, VDE-Verlag Berlin, 1996 Yamaki et al. 78 J.Yamaki, O. Maeda, Y. Katayama, Electrical Conductivity of Conductive Filler-Polymer Composites; Rev. Electr. Commun. Labs. 26 (3-4), 1978 7 Stichwortverzeichnis A bleitung ..................................... 153 Ableitwiderstand ........................63, 96f Abschirmmechanismus, elektr. Feld ................................................... 18ff ABS ................................104, 115, 156f Abschirmmechanismus, magn. Wechselfeld .................... 30ff Abschirmmechanismus, Wellen ..... 38ff Abschirmmechanismus, magnetostat. Feld........................27f Abschirmung, Definition..................... 4 Abschwächung .................................15f Absorberraum .................................... 94 Absorptionsdämpfung .................... 41ff Aluminium....................................... 104 Aluminium-Flakes ........................ 131ff Antistatika ....................................... 103 Aperturen........................................ 50ff Aufdampfen .......... siehe Hochvakuum- ........................................ Bedampfen B edampfen ........ siehe Hochvakuum-Bedampfen Beize ............................................. 157ff Beutel .............. siehe ESD-Schutzbeutel Bipolar-Transistor ..............................9f C -Fasern ...siehe Kohlenstoff-Fasern Carbonfasern siehe Kohlenstoff-Fasern Carbon Nanotubes ............... siehe CNT Carrier................................................ 11 CDM.................................................59f Charged Device Model ....... siehe CDM Charged Plate Monitor ....... siehe CPM Chemisch Metallisieren ................ 158ff CNT ............................................... 120f Corona-Entladung ......................99, 144 CPM ...................................................99 D ezibel, Definition .........................14 Dichtungen.............................. 53, 139ff Dispenser-Auftrag.......................... 141f Dissipativ ...........................................61 Doppelkammer .... siehe Dual Chamber Doppel-TEM-Zelle .......................... 81f Drahtgitter ................................ 37f, 140 Dual Chamber .................................. 80f Durchbruch, dielektrisch.................... 8f Durchbruch, thermisch.........................9 Durchgangswiderstand............... 71f, 77 E ckeneffekt.........................37, 50, 91 Edelstahl...........................................104 Edelstahl-Fasern............................ 123ff EGB, Definition ...................................1 Eindringtiefe, Definition .................. 24f Elektrosmog .........................................5 Elektrostatische Abschirmung ......... 99f EMB, Definition ..................................3 EMC, Definition ................................ 2f EMI, Definition....................................3 EMV, Definition ................................ 2f Entladungsmessung ...........................99 Entformungshilfsmittel ....................142 EPA, Definition .............................. 62ff Erdung, harte........................................9 Erdung, weiche ..................................10 Erdungskontakt ..................................55 ESD, Definition ...................................1 7 Stichwortverzeichnis 193 ESD-Schutzbeutel....... 11, 60f, 99f, 154 ESD-Schutzzone............................. 62ff ESD-Simulator ................................ 100 ESD-Verpackung............................ 60ff ESDS, Definition ................................. 1 EUT, Definition ................................. 93 F araday-Käfig, Definition .............. 23 Faraday-Becher.................................. 98 Fenster ..................... 38, 54f, 138f, 161f Fernfeld, Definition ..................... 19, 38 Ferrit ................................................ 136 Field Induced Model .............siehe FIM FIM .................................................... 59 Flammspritzen ................................162f Fugen ................................ 32, 51f, 139f G alvanisieren............................ 155ff Gewichtsprozent .............................. 106 Gitterschirm ............................ 37f, 138f Graphit .......................... 104, 108f, 135f GTEM-Zellen ...................................93f H aftfestigkeit ............................... 143 HBM .................................................57f Helle Farben ...........................134f, 172 Helmholtz-Spulen .............................92f Hochvakuum-Bedampfen ............. 150ff Hohlleiter ..........................................53f Human Body Model ........... siehe HBM I CP.............................................. 166ff IDP..................................................171f Impedanz ........................................ 40ff Impedanzkonzept...................... 12, 41ff Influenz.............................................. 21 Intrinsisch leitende Polymere 102, 166ff ITO-Schichten ..........................55, 161f K abelschirm .................................. 55 Kathoden-Zerstäuben ....................160ff Kern-Mantel-Struktur ...................116ff Kohlenstoff-Fasern .......................120ff Kohlenstoff-Nanoröhrchen ..siehe CNT Konditionierung ................................ 69 Korona ............................. siehe Corona Kritische Konzentration ................. 105f L angfaser-Granulat..................... 124f Lecks ...............................................50ff Leitlack..................................146ff, 170 Leitruß...................................104, 108ff Leitungsgebundene Störungen ........... 3f Lichtbogenspritzen........................162ff Löcher im Schirm............................50ff Luftfeuchtigkeit......... 7, 63, 69, 95, 103 Lüftungsschlitze ............................... 53f Luftionisierung.............................. 7, 63 Luftspalt ........................................... 28f M achine Model ................siehe MM Magnetische Füllstoffe............. 28f, 135 Magnetostatische Felder .................27ff Messzelle magnetisches Nahfeld 82f, 92 Metallfasern ................................... 123f Metallvlies...................................... 136f MM ................................................... 59 Modenverwirbelungskammer ........... 94 MOS-FET .......................................... 8f N ahfeld, Definition....................... 19f Nano-Teilchen................................. 120 NBS-Zelle .......................................86ff Neper, Definition .............................. 15 194 6 Literaturverzeichnis O berflächenwiderstand........ 71ff, 77f Organische Metalle.......................... 166 P egel............................................ 15ff Perforierte Wände.............................. 53 Perkolation............................ 105ff, 170 Pigment............................................ 146 Plasmapolymerisation ....................153f Plasmaspritzen.............................. 162ff Primer ...................................... 147, 151 PVD-Verfahren ............... 142, 150, 160 Q uadratwiderstand .......................74f R aumresonanzen...........................46f Reflexionsdämpfung ...................... 40ff Reibungselektrizität........................1, 6f Ringelektroden .................................. 73 Ruß ............................................... 108ff S chädigungsmechanismen ............. 8ff Scherung ...........................................28f Schirmdämpfung, Definition ............13f Schirmfaktor, Definition ................... 13 Schlitze .............................................52f Schoopieren ..................................... 163 Schutzbeutel ... siehe ESD-Schutzbeutel SE, Definition .................................... 13 Septum............................................... 93 Shielding Effectiveness, Definition... 13 Skin-Effekt ..................................... 23ff Spezifische Oberfläche ................. 111ff Spez. Durchgangswiderstand .....72f, 77 Spez. Oberflächenwiderstand ...... 74, 77 Spritzverfahren, thermische.......... 162ff Sputtern ........................................ 160ff Stahlfasern .................................... 123ff Stangenmagazin ............................... 59f Störfestigkeit ........................................3 Stromlose Metallisierung .............. 155ff Struktur bei Rußen ........................ 110ff Suszeptibilitätsmessung .............. 3, 96ff T EM-Zellen ........................... 81f, 92f Thermisches Spritzen.................... 161ff Transmission-Line-Zellen............... 85ff Trennmittel.......................................143 Triboelektrische Reihe .........................7 Triboelektrizität.............................. 1, 6f V erpackung ........................... 11f, 60f Versandstangen ................................ 59f Vierpunkt-Kontaktierung ................. 69f Volumenprozent...............................106 W abenkamin .................................54 Wanderwellenkonzept..................... 42ff Widerstandsmessung ...................... 68ff Wirbelstromkonzept.................. 12, 30ff Z inkflammspritzen .......................163 Dipl.-In ESD Norme und M 3., neu b 257 S., (Kontakt ISBN 97 Zum Buc Das Bu elektronis Entladun Ausgehe wird daz zu überw Systems Auch die sowie AN praktisch Umsetzu Inhalt: ESD Nor Plan - A Grundlag Die Inter Fachu Fertigung Der Auto hat nach Halbleite an ICs v Schutz e Feldern. heute ein ng. Hartm D-Sc en, Kon Messtec bearbeitete 188 Abb., t & Studium 78-3-8169ch: ch behand scher Bau ngen und Fe end von den u befähigt, wachen. Sch «. e Anforderu NSI/ ESD S2 hen Anwend ung und die rmen (DIN Anforderung gen und pra ressenten: nd Führun g und Quali or h seinem S erhersteller g verantwortlic elektronisch Seit mehre n weltweit a mut Bern chutz nzepte chnik in e Aufl. 201 57 Tab., 5 m, 675) -3235-2 delt die A uelemente elder. n Gefährdu die Einrich hwerpunkt i ngen aus d 20.20-2007 dung in ein Erfahrunge EN 61340gen an »E aktische Erfa ngskräfte in tätsmanage tudium (Fa gearbeitet. ch. Er verf her Bauelem eren Jahren anerkannter Be Tel: 071 E-Mail: ex ndt z der Pra 6, 4,00 €, 89 Anforderung und Baug ungsmodelle htung von » st dabei die den gültigen 7 werden be em ESD-B en, die sich -5-1 und DI ESD Contro ahrungen n Arbeitsvo ement chrichtung: Dabei war e ügt über ei mente und n ist er in de Fachmann estellhot 159 / 92 65xpert@exp axis ,50 CHF gen an ein gruppen vo en werden »ESD-Berei e praktische n Normen D ehandelt. V ereich. 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Inhalt: Physik un Halbleiter Die Inter Das Buch computeru technisch bildung v kern. Auf lagen kan Laien hel Schaltung Rezensio »Die ansc einzudring Das Auto besteht au tätig und a Dr.-Ing. H Mitautor wurf d Sim bleite PICE und Tech E, Transist lussmetho nikschaltu neu bearb t & Studium 78-3-8169ch: uch vermitte Netzwerk-An r-Bauelemen gewidmet. D die zugehör scher Schaltu . nd Technolo r-Bauelemen ressenten: h wendet sich unterstützten er Fachricht on im Beruf Grund der nn es darü lfen, die Zu gstechnik zu onen: chauliche Da gen. Sie mac orenteam us führenden auch mit den Haybatola ren ulatio ersch nologie de tormodelle ode, rechn ungen mit . u. erw. 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Simulation, g - Schaltung analoger Sch roblematik d g an Studente so der Weit n und Techn ng der Grun interessierte elektronische sieren. t es Student e Weiterbildu gebietes, we ndustrie vertr tline: 0 • Fax: -20 pertverlag.d mit urf von 8 Abb., 79 n Halbleitersc en zunächst er Schaltung der comput . Weitere Te gezeigt an d sanalyse mi haltungen der en teninden en ten, schnell ung von Inge lche seit vie aut sind. 0 de Tab., 96,0 chaltungen u die physikal gssimulation terunterstützt eile des Buc den Ergebni t PSPICE A in die nicht enieuren bes len Jahren in 00 €, 159,0 und ihre Sim lischen Grun ist ein weite ten Schaltun ches befasse issen vieler A/ D - Modell ganz einfac sonders geeig n Forschung 00 CHF mulation mit ndlagen der rer Teil des ngsanalyse en sich mit simulierter lierung von che Materie gnet.« Frequenz und Lehre