Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen
Effektive Technologien und geeignete Werkstoffe
1215
2016
978-3-8169-8360-6
978-3-8169-3360-1
expert verlag
Horst Gießmann
Die kostengünstige Herstellung von höher belastbaren, ausfallsicheren Verzahnungsteilen aus Stahl und Gusswerkstoffen nimmt im Maschinenbau eine exponierte Stellung ein und besitzt enorme wirtschaftliche Bedeutung. Durch geeignete Wärmebehandlungsverfahren werden optimale Fertigungsabläufe und Bauteileigenschaften erzielt. Das Buch enthält allgemeinverständliche Darstellungen und Erläuterungen zu den Aspekten, die bei der Konstruktion und Produktion von Zahnrädern eine wichtige Rolle spielen.
<?page no="1"?> Horst Gießmann Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen <?page no="3"?> Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen Effektive Technologien und geeignete Werkstoffe Dipl.-Ing. (FH) Horst Gießmann 3., durchgesehene Auflage Mit 50 Bildern und 28 Tabellen <?page no="4"?> 3., durchgesehene Auflage 2017 2., neu bearbeitete Auflage 2010 1. Auflage 2005 Bei der Erstellung des Buches wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem lassen sich Fehler nie vollständig ausschließen. Verlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Autoren dankbar. © 2005 by expert verlag, Wankelstr. 13, D -71272 Renningen Tel.: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 0, Fax: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 20 E-Mail: expert@expertverlag.de, Internet: www.expertverlag.de Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-8169-3360-1 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / www.dnb.de abrufbar. Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http: / / www.dnb.de <?page no="5"?> Vorwort Getriebe besitzen einen sehr hohen wirtschaftlichen Stellenwert. Heute werden sehr viele Arten von Getrieben in unterschiedlichsten Größen hergestellt und eingesetzt. Sie übertragen Kräfte und Bewegungen in Maschinen und Anlagen aller Art (z.B. in Werkzeugmaschinen, Fahrzeugen, Verpackungsmaschinen, Kraftwerken und Robotern). Neben der hydraulischen und elektrischen Leistungsübertragung besitzt besonders die Mechanik nach wie vor eine besonders große ökonomische Bedeutung. Mechanische Getriebe (Zahnrad- und Umschlingungsgetriebe) bestehen aus Verzahnungsteilen wie Stirnrädern, Kegelrädern, Schnecken und Kettenrädern, deren Funktionalität sehr stark von der Bauteilform und Festigkeitseigenschaften abhängt. Unter Betriebsbedingungen werden Verzahnungsteile teilweise hohen Beanspruchungen ausgesetzt. Trifft man bei der Herstellung solcher Bauteile nicht die entsprechenden Vorkehrungen, rufen diese Beanspruchungen starken Verschleiß oder Brüche hervor. In einem Getriebe führt dies letztlich zum Funktionsausfall, was wiederum in der Regel gleichbedeutend mit dem Stillstand der Gesamtanlage ist. Dadurch können enorme Unkosten entstehen, die es zu vermeiden gilt. Die in Deutschland durch Verschleiß an metallischen Werkstoffen verursachten Schäden werden auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Entsprechend hohen Stellenwert besitzen Verschleißschutzmaßnahmen bei Herstellung von so wichtigen Maschinenbaugruppen wie Getrieben. Aufgrund der Beanspruchungen, denen sie ausgesetzt werden, sind Verzahnungsteile besonders gefährdete Komponenten. Der Anteil von Zahnradschäden an Getriebeausfällen liegt nach Untersuchungen der Getriebehersteller und der Versicherungswirtschaft je nach Getriebeart zwischen 30 und 60 % [1]. Deshalb verwendet man für höher belastete Verzahnungsteile vorwiegend Stähle und Gusswerkstoffe und optimiert deren Eigenschaften durch Wärmebehandlung. Auf der Basis einer richtigen Auswahl von Werkstoffen und Härteverfahren wird es möglich, die Tragfähigkeit von Verzahnungen sowie andere Bauteileigenschaften durch Wärmebehandlung erheblich zu verbessern. Diese neu erzeugte Bauteilqualität bildet neben anderen wichtigen Faktoren (z. B. konstruktive Gestaltung, Dimensionierung, Schmierung und Oberflächenqualität) die Grundlage für eine hohe Zuverlässigkeit und Lebensdauer von mechanischen Getrieben. Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt besteht darin, dass Werkstoff, Wärmebehandlung und Gesamttechnologie eine sinnvolle Einheit bilden müssen, um die Herstellungskosten wettbewerbsfähig zu halten. Ziel des Buches ist es, in allgemeinverständlicher Form einen Überblick über geeignete Stahl- und Gusssorten sowie über die Härteverfahren zu geben, die gegenwärtig bei der Herstellung von Verzahnungsteilen eine Rolle spielen. Ebenso wird dargestellt, wie die jeweiligen Wärmebehandlungen in den Fertigungsprozess eingebettet werden können, um optimale technische und ökonomische Ergebnisse zu ermöglichen. Als wichtige Problematik stellt sich in <?page no="6"?> diesem Zusammenhang die Minimierung von Maß- und Formänderungen dar, die im Zuge der jeweiligen Härteprozesse auftreten können. Die Wärmebehandlung verzeichnete als ein Spezialgebiet innerhalb des Maschinenbaus in den letzten Jahrzehnten eine rasante technische Weiterentwicklung. Triebkräfte dieser Entwicklung waren und sind in erster Linie der Druck zur Rationalisierung der Fertigungsprozesse sowie ständig steigende Anforderungen im Bereich des Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutzes. Das relativ hohe Einsparungspotential in den Bereichen Hartbearbeitungs- und Wärmebehandlungskosten führte zu vielen effektiven Anlagenkonzepten und härtetechnischen Verfahrensvarianten, die teilweise für ganz spezielle Problemstellungen entwickelt wurden. Aufgrund der entstandenen Vielfalt ist es heute weit schwieriger, das Angebot an Härteanlagen und -technologien zu überblicken. Neben den in der EN 10052 [9] verankerten Fachbegriffen kursiert auch eine Vielzahl von Bezeichnungen, die über das Patentrecht entstanden sind. Alle diese Härtemethoden im Detail zu kennen, zu unterscheiden und zu bewerten, ist selbst für Härterei-Spezialisten kaum noch möglich. Entsprechend schwer dürfte es deshalb härtetechnischen Laien fallen, bei der Auswahl geeigneter Werkstoffe und Härteverfahren die jeweiligen Vor- und Nachteile sicher abzuwägen und eventuelle Auswirkungen auf die Fertigung einzuschätzen. Das Buch soll insbesondere denen helfen, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit oder aus purem technischem Interesse einen Überblick über die Thematik verschaffen wollen. Das Hauptanliegen des Autors besteht darin aufzuzeigen, welche Möglichkeiten und Wege Werkstofftechnik und moderne Wärmebehandlung bei der Herstellung von Verzahnungsteilen bieten. Vor- und Nachteile der einzelnen Verfahren werden ebenso erläutert wie die erforderlichen Rahmenbedingungen, die für die sinnvolle Anwendung der jeweiligen Härteverfahren zu beachten sind. Ausführungen zu gültigen Normen und Darstellungen von konstruktiven Forderungen in der Zeichnung sind als Hilfestellung bei der Bewältigung konkreter praktischer Aufgaben gedacht. Das durchschnittliche technische Niveau der Wärmebehandlungsbetriebe erlebte in den letzten Jahrzehnten eine sehr stürmische, positive Entwicklung. Dieses Niveau wurde durch Spitzenleistungen von Anlagenherstellern und Anwendern möglich, nachdem viele großartige Wissenschaftler durch entsprechende Grundlagenforschungen hierfür die Basis geschaffen hatten. Für die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis sind hohes Engagement und Risikobereitschaft seitens Industrie erforderlich, um neue Technologien technisch sicher und ökonomisch tragfähig zu gestalten. Hierbei leisten besonders mittelständische Firmen sehr wichtige Beiträge. Eine praxisorientierte Darstellung des technologischen Spitzenniveaus in der Härtetechnik kann deshalb nur anhand von Beispielen aus der Industrie erfolgen, deren Auswahl ausschließlich unter fachlichen Gesichtspunkten erfolgte. <?page no="7"?> Die Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen stellt vielfach besonders hohe Anforderungen an das Equipment der Härterei und die Fachkenntnis der Ausführenden. Verschärfte Wettbewerbsbedingungen, denen auch Ofenhersteller und Wärmebehandlungsbetriebe unterliegen, gestatten keinen Stillstand. Als Folge dessen kann man heute eine große Anzahl leistungsfähiger Anbieter verzeichnen, die mit neuen Entwicklungen auf den Markt drängen bzw. das hohe Niveau in der Branche prägen. Bei der Behandlung des Themas „Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen“ sollen die gegenwärtige industrielle Praxis und zukunftsträchtige Entwicklungstrends dargestellt werden. Hierfür stellten freundlicherweise einige renommierte Anlagenhersteller und Härterei-Betriebe Informations- und Bildmaterial zur Verfügung. Besonderer Dank für ihre Unterstützung gilt den Firmen Carl Gommann KG, Remscheid Ipsen International GmbH, Kleve Lohnhärterei Harms GmbH & Co. KG, Magdeburg EFD Induction GmbH, Freiburg / Brsg. EFD Lohnhärterei Fritz Düsseldorf GmbH, Freiburg / Brsg. Eldec Schwenk Induction GmbH, Dornstetten Oerlikon Balzers Coating Germany GmbH, Bingen Fiand Automatisierungstechnik, Freiburg / Brsg. HSN Härteservice Naumann GbR, Neuwied Es besteht nicht die Absicht, mit diesem Buch Werbung für bestimmten Firmen oder Verfahren zu betreiben. Deshalb soll nicht unerwähnt bleiben, dass es noch eine Vielzahl anderer Anbieter gibt, die auf dem gleichen Niveau arbeiten und wichtige Beiträge leisten. Im Dezember 2016 Horst Gießmann <?page no="8"?> Inhaltsverzeichnis Vorwort Einleitung ................................................................................................1 1 Arten von Verzahnungsteilen..................................................3 1.1 Aufgabe von Verzahnungen und Zahnradgetrieben.......................... 3 1.2 Unterscheidungsmerkmale von Verzahnungsteilen .......................... 3 2 Beanspruchung, Bauteileigenschaften und Verschleißschutzschichten .............................................5 2.1 Beanspruchungen und Verschleiß..................................................... 5 2.2 Verschleißschutzschichten und Dauerfestigkeit ................................ 8 3 Werkstoffe und Härteverfahren für Verzahnungsteile ........12 3.1 Werkstoffe ........................................................................................ 12 3.2 Härteverfahren ................................................................................. 13 3.2.1 Thermochemische Härteverfahren .................................................. 15 3.2.2 Thermische Härteverfahren ............................................................. 16 4 Maß- und Formänderungen...................................................18 4.1 Eigenspannungen, Lastspannungen und Verzug ............................ 18 4.2 Systematik der Maß- und Formänderungen .................................... 20 4.3 Praktische Möglichkeiten der Einflussnahme .................................. 21 4.3.1 Konstruktion ..................................................................................... 21 4.3.2 Fertigung bis zum Arbeitsgang Härten ............................................ 22 4.3.3 Wärmebehandlung........................................................................... 24 4.3.3.1 Transport, Chargieren und Handling................................................ 24 4.3.3.2 Klassische Härteprozesse (Wärmebehandlung in Industrieöfen).... 25 4.3.3.3 Thermische Randschichthärteverfahren .......................................... 30 4.3.3.4 Anlassen .......................................................................................... 31 5 Einsatzhärten..........................................................................32 5.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung ............................................... 32 5.2 Werkstoffauswahl............................................................................. 38 <?page no="9"?> 5.3 Anlagentechnik und technologische Varianten ................................ 40 5.3.1 Aufkohlungs- und Härtetechnologien............................................... 40 5.3.2 Abschreckvorgang ........................................................................... 49 5.3.3 Waschen .......................................................................................... 52 5.3.4 Tiefkühlen zur Restaustenit-Umwandlung ....................................... 53 5.3.5 Anlassen .......................................................................................... 54 5.4 Praktische Möglichkeiten und Toleranzen ....................................... 54 5.5 Härteprüfung .................................................................................... 59 5.5.1 Prüfung der Oberflächenhärte ......................................................... 59 5.5.2 Härteverlauf ..................................................................................... 62 5.6 Beispiele für praxisgerechte konstruktive Forderungen an einsatzgehärtete Verzahnungsteile ............................................ 64 5.6.1 Allseitige Einsatzhärtung.................................................................. 64 5.6.2 Einsatzhärtung mit partiell unterschiedlichen Anforderungen.......... 66 5.6.3 Partielle Einsatzhärtung in mehreren Varianten .............................. 68 5.6.4 Separate Darstellung der Aufkohlung in der Zeichnung .................. 73 6 Carbonitrieren ........................................................................74 6.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung ............................................... 74 6.2 Werkstoffauswahl............................................................................. 76 6.3 Anlagentechnik und technologische Varianten ................................ 76 6.4 Praktische Möglichkeiten und Toleranzen ....................................... 77 7 Aufkohlen mit anschließendem Randschichthärten...........78 7.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung und mögliche technologische Varianten .......................................... 78 7.2 Werkstoffauswahl............................................................................. 80 7.3 Anlagentechnik ................................................................................ 80 7.4 Praktische Möglichkeiten und Toleranzen ....................................... 81 8 Nitrieren ..................................................................................82 8.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung ............................................... 82 8.1.1 Vorbehandlungsprozesse ................................................................ 84 8.1.2 Vorbereitung der Werkstücke auf den Nitrierprozess ...................... 86 8.1.3 Partielles Nitrieren............................................................................ 86 8.1.4 Chargierung ..................................................................................... 87 8.1.5 Nachbearbeitung nitrierter Bauteile ................................................. 87 8.2 Werkstoffauswahl............................................................................. 87 8.3 Anlagentechnik und technologische Varianten ................................ 91 8.3.1 Gasnitrieren ..................................................................................... 91 8.3.2 Plasmanitrieren ................................................................................ 96 <?page no="10"?> 8.4 Toleranzen und praktische Möglichkeiten ....................................... 99 8.4.1 Allseitige Nitrierung .......................................................................... 99 8.4.2 Örtlich begrenzte Nitrierung ............................................................. 99 8.5 Anwendungsbereich bei Verzahnungsteilen.................................. 100 9 Nitrocarburieren ...................................................................103 9.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung ............................................. 103 9.2 Werkstoffauswahl........................................................................... 104 9.3 Anlagentechnik und technologische Varianten .............................. 105 9.3.1 Gasnitrocarburieren ....................................................................... 105 9.3.2 Plasmanitrocarburieren.................................................................. 106 9.3.3 Nachoxidieren nach dem Nitrocarburieren im Gas oder im Plasma.................................................................. 106 9.3.4 Salzbadnitrocarburieren................................................................. 107 9.4 Toleranzen und praktische Möglichkeiten ..................................... 108 9.4.1 Allseitige Nitrocarburierung............................................................ 109 9.4.2 Örtlich begrenzte Nitrocarburierung............................................... 109 9.5 Anwendungsbereich bei Verzahnungsteilen.................................. 109 10 Borieren ................................................................................111 10.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung ............................................. 111 10.2 Werkstoffauswahl........................................................................... 112 10.3 Anlagentechnik und Technologie................................................... 112 10.3.1 Anlagentechnik .............................................................................. 112 10.3.2 Technologie ................................................................................... 113 10.4 Maßverhalten ................................................................................. 115 10.5 Zeichnungsangaben ...................................................................... 115 11 Beschichten von Zahnrädern..............................................116 12 Induktionshärten ..................................................................120 12.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung ............................................. 120 12.2 Werkstoffauswahl........................................................................... 129 12.3 Anlagentechnik und technologische Varianten .............................. 130 12.3.1 Anlagentechnik .............................................................................. 130 12.3.2 Darstellung und Anwendungsbereiche der vier Härtetechnologien............................................................. 132 12.4 Induktionshärten von Zahnstangen................................................ 147 12.4.1 Einzelzahnhärtung von Zahnstangen mit großem Modul .............. 147 12.4.2 Allzahnhärtung von Zahnstangen mit kleinem Modul .................... 148 <?page no="11"?> 12.4.3 Induktives Anlassen allzahngehärteter Zahnstangen .................... 150 12.4.4 Konventionelles Anlassen von Zahnstangen ................................. 150 12.5 Darstellung in der Zeichnung ......................................................... 151 12.5.1 Allzahnhärtung (Durchhärtung der Zähne bis unter Zahngrund) ... 151 12.5.2 Einzel-Zahnflankenhärtung ............................................................ 152 12.5.3 Einzel-Zahnlückenhärtung ............................................................. 152 12.5.4 Konturengetreues Härten............................................................... 153 13 Flammhärten.........................................................................154 13.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung ............................................. 154 13.2 Werkstoffauswahl........................................................................... 154 13.3 Darstellung in der Zeichnung ......................................................... 154 14 Anzustrebende Wärmebehandlungsergebnisse ...............155 14.1 Optimale Oberflächenhärte............................................................ 155 14.2 Härtetiefe randschichtgehärteter Zahnräder .................................. 157 14.2.1 Härtetiefe einsatzgehärteter und gehärteter Zahnräder ................ 157 14.2.2 Schichtdicke an nitrierten Zahnrädern ........................................... 158 15 Einsatzgebiete von Werkstoffen und Härteverfahren für Verzahnungsteile............................................................159 16 Literaturverzeichnis .............................................................160 17 Sachwortverzeichnis ...........................................................164 <?page no="13"?> 1 Einleitung Alle aus Stahl oder Guss hergestellten Erzeugnisse werden im Laufe ihrer Herstellung und Instandhaltung mehrfach Temperaturänderungen ausgesetzt. Schon im Altertum wurde erkannt, dass damit Eigenschaftsänderungen entstehen, die praktisch genutzt werden können. Man begann gezielt mit der Erzeugung von günstigen bzw. beanspruchungsgerechten Werkstoffzuständen. Somit bildeten sich Wärmebehandlungstechnologien als eigenständige Fertigungsprozessstufen heraus. Seit dem Beginn des Industriezeitalters sind die Anforderungen an die Qualität und Wirtschaftlichkeit von Maschinenbauteilen ständig schneller gestiegen. Durch die enge Verbindung von Wissenschaft und Technik liegen heute auf den Gebieten Werkstoffkunde, Verschleißverhalten und Wärmebehandlung umfangreiche theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen vor. Damit wurden die Grundlagen geschaffen, die es gestatten, das Festigkeits- und Verschleißverhalten von Bauteilen relativ exakt einzuschätzen. Bei der Auslegung von Bauteilen kalkuliert man heute auf dieser Basis die technisch machbaren Werkstoffeigenschaften weit stärker und exakter ein, als man dies vor 50 Jahren konnte. Daraus resultierend ergibt sich die ständig steigende Bedeutung der Wärmebehandlung für die Funktionalität und Lebensdauer von Bauteilen. Wärmebehandlungen werden durchgeführt, um den Materialeinsatz verringern zu können bestmögliche Werkstoffeigenschaften für die weitere Bearbeitbarkeit einzustellen den Bearbeitungsaufwand zu minimieren die erforderlichen Bauteileigenschaften für den jeweiligen Verwendungszweck herzustellen Bauteile möglichst klein dimensionieren zu können Es ist für jedes Unternehmen wichtig, ökonomische Verluste durch Fehlplanungen, Ausschuss und Nacharbeit bestmöglich zu reduzieren, um die ohnehin meist schmalen Gewinnmargen zu sichern. Größere Reklamationen, Rückholaktionen oder Unfälle durch Produktfehler können die Existenz einer Firma gefährden. Deshalb ist es unerlässlich, dass jeder Konstrukteur, jeder Fertigungsplaner und ebenso jeder Qualitätskontrolleur auf ausreichende Kenntnisse über Werkstoffe und Wärmebehandlungstechnologien zurückgreifen kann. Ebenso steigen die Anforderungen an die Wärmebehandlungsspezialisten ständig. <?page no="14"?> 2 Ein besonders schwieriges Gebiet innerhalb des Maschinenbaus stellt der Getriebebau dar. Die Herstellung qualitativ hochwertiger Verzahnungsteile ist gekennzeichnet von äußerst anspruchsvollen Technologien und dokumentiert auf hervorragende Weise die Leistungsfähigkeit des Maschinenbaus. Nachfolgende Ausführungen sollen einen Überblick zu folgenden Themen geben: Überblick über Verzahnungsteile und geeignete Wärmebehandlungsverfahren Beanspruchungen und Verschleißformen an Verzahnungen Zusammenhänge zwischen Werkstoff, Wärmebehandlung und Maßverhalten Werkstoffauswahl für die unterschiedlichen Härteverfahren Wärmebehandlungsverfahren für Verzahnungen und erreichbare Ergebnisse sinnvolle konstruktive Wärmebehandlungsforderungen und normgerechte Zeichnungsangaben als Grundlage für eine fachgerechte Wärmebehandlung <?page no="15"?> 3 1 Arten von Verzahnungsteilen 1.1 Aufgabe von Verzahnungen und Zahnradgetrieben Zahnräder dienen zur zwangsläufigen und schlupffreien Kraft- und Bewegungsübertragung von einer Welle auf eine andere. Dabei greifen die Zähne des Antriebsrades formschlüssig in die Zähne des Abtriebsrades ein. Das Übersetzungsverhältnis legt man durch Wahl der Zähnezahlen auf An- und Abtriebswelle fest. Dadurch werden Drehzahl und Drehmoment der Abtriebswelle bestimmt. Die Größe der Zahnräder entscheidet über den möglichen Achsabstand der Wellen, da eine Berührung der Zahnräder an ihren Teilkreisen erforderlich ist, um eine einwandfreie Übertragung zu ermöglichen [2]. 1.2 Unterscheidungsmerkmale von Verzahnungsteilen Zahnradmaße: Teilung, Teilkreisdurchmesser, Zähnezahl, Modul Verzahnungsarten (nach der Flankenform): Zykloide, Evolvente Zahnradarten: Bei parallelen Achsen: a) Kombinationen von Stirnrädern mit Außen- oder Innenverzahnung übertragen Drehmomente. b) Eine Kombination von Stirnrad und Zahnstange wandelt eine Drehbewegung in eine geradlinige Bewegung um. Bei Achsen, die sich in einem Punkt schneiden: Kegelräder mit Gerad- oder Schrägverzahnung Bei sich kreuzenden Achsen: Drehmomentübertragung mittels Hypoidgetriebe (Kegelräder mit bogenförmigen Zähnen) Schraubenräder Schnecke und Schneckenrad Nach der Richtung der Flankenlinie: Stirnräder Kegelräder Schneckengetriebe Geradverzahnung Geradverzahnung eingängig Schrägverzahnung Schrägverzahnung mehrgängig Pfeilverzahnung Hypoidverzahnung <?page no="16"?> 4 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 1 Stirnradgetriebe mit Geradverzahnung 2 Stirnradgetriebe mit Schrägverzahnung 3 Stirnradgetriebe mit Doppelschrägverzahnung 4 Stirnradgetriebe mit Pfeilverzahnung 5 Schraubenradgetriebe 6 Innenradpaar 7 Zahnstangengetriebe 8 Kegelplanrad 9 Kegelradgetriebe mit Geradverzahnung 10 Kegelradgetriebe mit Schrägverzahnung 11 Kegelradgetriebe mit Hypiodverzahnung 12 Zylinderschneckengetriebe 13 Globoidschneckengetriebe Bild 1: Verschiedene Zahnradgetriebe <?page no="17"?> 5 2 Beanspruchung, Bauteileigenschaften und Verschleißschutzschichten Wie unter Pkt. 1 dargestellt wurde, beinhaltet der Oberbegriff „Verzahnungsteil“ ein breites Spektrum unterschiedlichster Teiletypen und Bauformen. Die Bauteilgrößen reichen von wenigen Millimetern bis zu mehreren Metern Durchmesser. Entsprechend unterschiedlich können die Anforderungen bzgl. der Größe der zu übertragenden Kräfte oder hinsichtlich der Präzision der Bewegungsübertragung sein. Die unterschiedlichen Gestaltungsformen wurden entwickelt, um ganz bestimmte Übertragungsaufgaben von speziell dafür ausgelegten Getrieben optimal lösen zu können. Um jede dieser Bauformen kostengünstig herstellen und danach über eine lange Einsatzzeit hinweg deren volle Funktionsfähigkeit garantieren zu können, bedarf es vieler richtiger Entscheidungen im Rahmen von Konstruktion und Arbeitsvorbereitung. Für die dauerhafte Funktionsfähigkeit benötigt eine Verzahnung neben der optimalen geometrischen Form ganz bestimmte spezifische Eigenschaften. Diese Bauteileigenschaften sind als Systemverhalten von speziellen Werkstoffeigenschaften, der Konstruktion und der Fertigung abhängig [3]. Der Erzeugung und Veränderung von Bauteileigenschaften sind jedoch naturwissenschaftliche und fertigungstechnische Grenzen gesetzt. Die Zielsetzung besteht deshalb darin, innerhalb dieser Grenzen das optimale technische Ergebnis bei minimalen Kosten zu erzielen. Eine entscheidende Grundlage dafür bildet die richtige Werkstoffauswahl. Kriterien bei der Festlegung des Werkstoffes sind: erreichbare Tragfähigkeiten gegen die verschiedenen Beanspruchungen Material- und Bearbeitungskosten Bearbeitbarkeit (Gesamtprozess) Geräuschverhalten 2.1 Beanspruchungen und Verschleiß Bei einem Zahnradgetriebe wird der Zahn einer Zahnkraft ausgesetzt, die an der Zahnflanke ansetzt. Diese Zahnkraft erzeugt Beanspruchungen, die auf Zahnflanke und Zahnfuß wirken: Biegebeanspruchung (maximale Beanspruchung im Zahnfußbereich) Flächenpressung (Zahnflanke) Druckbeanspruchung Scherbeanspruchung <?page no="18"?> 6 Verzahnungen unterliegen hauptsächlich den nachfolgend aufgeführten drei Beanspruchungsarten, die jeweils spezifische Schadensarten am Bauteil hervorrufen: Tabelle 1: Beanspruchungen am Zahn eines Zahnrades Beanspruchung Schadensart Ursache Gegenmaßnahmen Zahnfußbiegung Zahnbruch Überlastung Zahnfuß größer dimensionieren Zahnfußfestigkeit erhöhen durch Härteverfahren Flankenpressung Grübchenbildung Ermüdungsschäden durch Flächenpressung Erhöhung der Zähnezahl positive Profilverschiebung Verbesserung der Oberflächenqualität Randschichthärtung Gleitbeanspruchung Fressen Mikroverschweißungen verbesserte Schmierung Für die konstruktive Auslegung von Verzahnungen existieren umfangreiche theoretische Grundlagen und praktische Erfahrungen. Es müssen zahlreiche Einflussfaktoren beachtet und einbezogen werden. Die Berechnung auf Zahnbruch bzw. Flankenschäden erfolgt üblicherweise gem. der DIN 3990 [4]. Die Tragfähigkeit und andere Bauteileigenschaften werden entscheidend von der Werkstoffcharakteristik im Einbauzustand bestimmt. Diese erzeugt man auf der Basis eines geeigneten Ausgangsmaterials in den meisten Fällen erst im Rahmen der Fertigung. Hierfür hat sich die Anwendung geeigneter Härteverfahren zur Verbesserung der Tragfähigkeit der Zahnflanken und/ oder zur Erhöhung der Zahnfußfestigkeit als die übliche technische Lösung etabliert. Zahnräder unterliegen hauptsächlich Rollverschleiß und Wälzverschleiß [5]. Der vorherrschend wirkende Verschleißmechanismus ist Oberflächenzerrüttung. Adhäsion, Abrasion und tribochemische Reaktionen können ebenfalls auftreten, sind jedoch von untergeordneter Bedeutung. Somit eignen nach gegenwärtigem Kenntnisstand sich folgende Verschleißschutzschichten für Verzahnungsteile: <?page no="19"?> 7 Tabelle 2: Verschleißschutzschichten für Verzahnungsteile Verschleißschutzschicht Erzeugungsart Verbesserte Eigenschaften Einsatzhärtungsschicht Aufkohlen / Carbonitrieren der Randschicht und Härten im Ofen Verschleißwiderstand gegen Abrasion, Wälzverschleiß, Kavitation, Erosion, Tribooxidation, Dauerschwingfestigkeit Nitrierschicht Nitrocarburierschicht Anreicherung der Randschicht mit Stickstoff Anreicherung der Randschicht mit Stickstoff und Kohlenstoff Verschleißwiderstand gegen Adhäsion und Abrasion, Korrosionsbeständigkeit (unleg. Stähle), Dauerfestigkeit Induktionshärtungsschichten Aufheizen mit Induktionserwärmung, Abschreckung mit Brausen (Polymerlösung oder Wasser) oder im Abschreckbad (Abschrecköl) Oberflächenhärte, Widerstand gegen Schlag und Druck, Verschleiß- und Gleiteigenschaften, Dauerfestigkeit, Dauerwälzfestigkeit Flammhärtungsschichten Erwärmung mit Brennern, Abschreckung mit Brausen (Polymerlösung oder Wasser) oder im Abschreckbad (Abschrecköl) Verschleiß- und Gleiteigenschaften, Dauerfestigkeit, Dauerwälzfestigkeit, Oberflächenhärte, Widerstand gegen Schlag und Druck Einhärtungsschichten Härten nach vollständigem Durchwärmen unter Verwendung von unlegierten oder schwach legierten Stählen, die auch bei dünneren Querschnitten nicht durchhärten (sog. Schalenhärter) Verschleißwiderstand der harten Randschicht, Zähigkeit des Kernwerkstoffes, Biege- und Schlagfestigkeit, Reduzierung der Rissgefahr Borierschichten [5] Anreicherung der Randschicht mit Bor extrem hoher Widerstand gegen Abrasion Hinsichtlich ihrer Verschleißschutzwirkung wären unter bestimmten Bedingungen weitere Schichten geeignet: Laserstrahlhärtungsschichten Elektronenstrahlhärtungsschichten Laser-Beschichtungen Diese stellen jedoch aus Kostengründen für die Massenproduktion von Verzahnungsteilen keine wirtschaftliche Lösung dar. Auch das Borieren ist ein vergleichsweise kostenintensives Verfahren. Es wird nur dann verwendet, wenn extreme Verschleißbedingungen bzgl. Abrasion vorherrschen, denen preiswertere Schichten (Nitrierschicht) nicht gewachsen sind. Im Vergleich zu anderen Härteverfahren (Einsatzhärten, Nitrieren, Induktionshärten) wendet man Borieren daher eher selten an. Für hoch belastete Verzahnungsteile und für bestimmte Belastungsfälle stellt die Erzeugung von Borierschichten quasi die einzige hochwertige Lösung dar. <?page no="20"?> 8 2.2 Verschleißschutzschichten und Dauerfestigkeit Mit den in Tabelle 2 dargestellten Verschleißschutzschichten lassen sich in Abhängigkeit von Werkstoff, Ausgangsgefüge, Kernfestigkeit und Oberflächenhärte unterschiedliche Belastbarkeiten erzielen. Wichtige Kenngrößen sind die Zahnfußdauerfestigkeit und die Grübchendauerfestigkeit. Niemann / Winter [6] geben diesbezüglich Werte für gebräuchliche metallische Werkstoffe in verschiedenen Wärmebehandlungszuständen an, welche in Tabelle 3 übernommen wurden. Diese Angaben sowie die in Pkt. 2.1 dargestellten Eigenschaften der jeweiligen Verschleißschutzschichten beinhalten Hinweise auf Werkstoffe und Härteverfahren, die sich für verschiedene Anwendungsfälle und zu erwartenden Belastungen eignen. Die Kommentare und Erläuterungen von Niemann / Winter zur Entstehung dieser Werte für Grübchen- und Zahnfußfestigkeit vermitteln weitere Detailinformationen. Da in Tabelle 3 lediglich ein schwerpunktmäßiger Überblick zu Werkstoffen und Wärmebehandlungen gegeben werden soll, wurde auf deren Darstellung verzichtet. Tabelle 3 zeigt deutlich, wie die besten Dauerfestigkeitswerte zu erzeugen sind: 1. Verwendung von legierten Einsatz- oder Vergütungsstählen bzw. Nitrierstählen 2. durch hohe Kernfestigkeiten (Vorvergüten) in Verbindung mit hohen Oberflächenhärten (Randschichthärten) <?page no="21"?> 9 Tabelle 3: Anhaltswerte für die Grübchen- und Fußdauerfestigkeit von Metallzahnrädern für unterschiedliche Werkstoffe und Behandlungszustände für 1 % Schadenswahrscheinlichkeit [6] Werkstoffgruppe Gültiger DIN-Kurzname Alter Kurzname Behandlungszustand Härte am fertigen Zahnrad Grübchendauerfestigkeit N/ mm 2 Zahnfußdauerfestigkeit N/ mm 2 Grauguss EN-GJL-200 EN-GJL-250 GG 20 GG 25 Lamellargraphit 180 HB 220 HB 300 360 80 110 Schwarzer Temperguss EN-GJMB-350-10 EN-GJMB-650-2 GTS 35-10 GTS 65-02 ferritisch perlitisch 150 HB 220 HB 320 460 330 410 Sphäroguss EN-GJS-400-15 EN-GJS-600-3 GGG 40 GGG 60 GGG100 ferritisch ferrit./ perlit. zw.st.vergütet 180 HB 250 HB 350 HB 370 490 700 370 450 520 Unlegierter Stahlguss GS 52.1 GS 60.1 160 HB 180 HB 320 380 280 320 Allgemeine Baustähle E295 E335 E360 St 50-2 St 60-2 St 70-2 160 HB 190 HB 210 HB 370 430 460 320 350 410 Vergütungsstähle C45E 34CrMo4 42CrMo4 Ck 45 normalisiert vergütet vergütet 190 HV10 270 HV10 300 HV10 530 530 600 410 520 570 Vergütungsstähle, flamm- oder induktionsgehärtet C45E 34CrMo4 42CrMo4 34CrNiMo6 Ck 45 normalisiert vergütet vergütet vergütet Härte Kern Flanke HV10 HV10 190 560 270 590 280 610 250 590 1030 1070 1170 1270 Zahnfußhärtung mit ohne 540 280 860 350 720 380 760 420 <?page no="22"?> 10 Fortsetzung von voriger Seite Werkstoffgruppe Gültiger DIN- Kurzname Alter Kurzname Behandlungszustand Härte am fertigen Zahnrad Grübchendauerfestigkeit N/ mm 2 Zahnfußdauerfestigkeit N/ mm 2 Vergütungsstahl, nitriert 42CrMo4 vorvergütet HV10 HV1 180 550 1070 770 Einsatstahl, nitriert 16MnCr5 vorvergütet 280 550 1110 810 Nitrierstahl, nitriert 31CrMoV9 14CrNiMo6.9 vorvergütet vorvergütet 320 700 360 770 1230 1270 840 860 Vergütungsstahl, nitrocarburiert C45 42CrMo4 normalisiert vergütet 220 420 280 610 710 830 620 680 Einsatstahl, nitrocarburiert 16MnCr5 normalisiert 230 560 770 650 Vergütungsstahl, carbonitriert 34Cr4 vergütet 450 650 1350 900 Einsatzstähle, einsatzgehärtet 16MnCr5 15CrNi6 17CrNiMo6 einsatzgehärtet einsatzgehärtet einsatzgehärtet 270 720 310 730 400 740 1470 1490 1510 860 920 1000 Aluminium AlZnMgCu0,5 160 HB 240 230 Sintermetall Fe+1,5%Cu +0,4%C 80 - 100 HB 400 500 <?page no="23"?> 11 Die ISO 6336-5 [7] stellt dar, welche Schichtdicken und Oberflächenhärten in Abhängigkeit von Modul, Werkstoff und den zu erwartenden Beanspruchungen mit den jeweiligen Härteverfahren herzustellen sind, um die optimale Widerstandsfähigkeit gegen Zahnflankenverschleiß (Pitting) und Zahnbruch zu erhalten. <?page no="24"?> 12 3 Werkstoffe und Härteverfahren für Verzahnungsteile 3.1 Werkstoffe Zur Platz sparenden Übertragung größerer Drehmomente benötigt man Verzahnungsteile mit zähem Kernwerkstoff und relativ harter Oberfläche. Deshalb stellt man solche Verzahnungsteile aus den nachfolgenden Stahl- und Gussarten her, die nach entsprechender Wärmebehandlung neben guter Härte und Zähigkeit besonders auch hohe Dauerfestigkeitswerte gem. Pkt. 2 Tabelle 3 ermöglichen: unlegierte oder legierte Einsatzstähle unlegierte oder legierte Vergütungsstähle Automatenstähle Nitrierstähle Baustähle (für Bauteile mit untergeordneter Bedeutung) Sphäroguss (vorvergütet) Diese o. g. Stahl- und Gussarten finden für ein breites Spektrum von Verzahnungsteilen Anwendung und besitzen daher eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung. Deshalb befassen sich die nachfolgenden Kapitel vornehmlich mit diesen Werkstoffen. Weitere gebräuchliche Werkstoffe und Varianten Der Vollständigkeit halber sollen die anderen Werkstoffe genannt werden, die in speziellen Sparten des Getriebebaus eingesetzt werden: Für Getriebe, die hauptsächlich der Bewegungsübertragung dienen, verwendet man auch Werkstoffe wie Thermoplaste, Messing, Aluminiumlegierungen, Al-Zn- Cu-Knetlegierungen oder Schichtpressstoffe [6]. Getriebekomponenten aus diesen Werkstoffen können mit niedrigen Material- und Herstellkosten produziert werden und arbeiten sehr geräuscharm. Im Schwermaschinenbau verbaut man, wenn das Getriebe größer sein darf, für bestimmte Einsatzfälle ungehärtete Zahnräder aus Vergütungsstahl (z. B. in Walzwerken). Dabei werden Härte- und Schleifkosten gespart und das Herstellungsrisiko sinkt. Die Verzahnungen aus weichem Werkstoff passen sich durch Einlaufen an oder sind mit vergleichsweise geringem Aufwand korrigierbar [6]. <?page no="25"?> 13 Grauguss ist sehr stoßempfindlich und besitzt eine sehr niedrige Tragfähigkeit. Deshalb ist er für die eigentliche Verzahnung nicht geeignet. Dieser Werkstoff besitzt aber Vorteile, die auch im Getriebebau genutzt werden. Grauguss eignet sich gut zur kostengünstigen Herstellung aufwendiger Bauformen von großen Rädern. Weitere Vorteile liegen in der guten Zerspanbarkeit und einer geräuschdämpfenden Wirkung. Deshalb verwendet man Grauguss der Sorten EN-GJL-200 bis EN-GJL-350 (alte Bezeichnung: GG 20 bis GG 35) zur Herstellung von Radinnenkörpern und schrumpft Stahlbandagen mit der Verzahnung auf [6]. Eine etwas bessere Tragfähigkeit besitzt Schwarzer Temperguss. Beispiel für die neue Bezeichnung: EN-GJMB-350-10 [8] Nach alter Bezeichnung: GTS-35-10 Daher verwendet man Schwarzen Temperguss für die Herstellung von kleinen, wenig belasteten Verzahnungen. Die Gussherstellung wird allerdings erst wirtschaftlich, wenn es sich um die Fertigung von größeren Serien handelt [6]. Zahnräder, die für den Einsatz in korrosiven Medien bestimmt sind, werden aus Nichtrostenden austenitischen Stählen (z. B. 1.4305) gefertigt. Der Anteil dieser Verzahnungsteile am Gesamtaufkommen ist relativ gering. Verzahnungsteile für Flugzeug- und Raketengetriebe müssen sich durch eine extrem gute Warmfestigkeit auszeichnen. Bauteile aus nitrierten Titanlegierungen [6] weisen diese Eigenschaft auf. 3.2 Härteverfahren Die Anforderungen an Verzahnungsteile hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur Übertragung von Kräften und Bewegungen bezogen auf die Menge verwendeten Materials, aber auch bzgl. ihrer Lebensdauer und Qualität wachsen ständig. Diese geforderten Tragfähigkeitswerte liegen meist deutlich über denen, die der Werkstoff im Ausgangszustand aufweist. Deren Erzeugung ist die Aufgabe der nachfolgend beschriebenen Härteverfahren. Getriebeteile, die hohe Kräfte übertragen sollen, werden in der Regel aus Stahl hergestellt, da Stähle folgende Vorteile bieten: in genügender Menge herstellbar relativ preiswert zu beschaffen mit vertretbarem Aufwand zu bearbeiten Einen weiteren sehr wichtigen, positiven Aspekt stellen die umfangreichen technischen Möglichkeiten der modernen Wärmebehandlung dar, die gerade bei Stahl zur Optimierung der Bauteileigenschaften genutzt werden können. Durch <?page no="26"?> 14 geeignete Härtevorgänge besteht die Möglichkeit, die Kernfestigkeit sowie die Oberflächenhärte zu erhöhen und dadurch die Tragfähigkeit der Verzahnung zu verbessern. Gehärtete Verzahnungsflächen können im Vergleich zu ungehärteten Werkstoffen höhere Kräfte übertragen. Es kommt zu geringeren Formänderungen durch Verschleiß, wodurch auch die Genauigkeit von Bewegungsübertragungen länger stabil und auf hohem Niveau gehalten wird. Als Resultat dessen wird es möglich, kleiner zu dimensionieren, Werkstoff zu sparen und eine längere Lebensdauer zu gewährleisten. Entsprechend groß ist die Bedeutung der Härtetechnik für die Herstellung von Verzahnungsteilen aus Eisenwerkstoffen, auch wenn dadurch die Problematik der Maß- und Formänderungen wieder negativ in Erscheinung treten kann. Allerdings bietet die moderne Wärmebehandlung heute eine große Vielfalt an Technologien. Eine Reihe dieser Verfahren sind gekennzeichnet durch niedrige Behandlungstemperaturen oder nur partielle Einbringung von Wärme. Dadurch entsteht ein sehr moderates Verzugsverhalten. Nicht selten sind mehrere Wärmebehandlungsverfahren geeignet, um dem Bauteil die geforderte Härte oder Verschleißfestigkeit zu verleihen. Es ist die Aufgabe des Konstrukteurs, die zu erwartenden Bauteilbelastungen realistisch einzuschätzen bzw. zu berechnen und auf dieser Basis eine dazu passende Werkstoffart und -güte sowie das gesamttechnologisch kostengünstigste Härteverfahren auszuwählen. Die nachfolgend aufgelisteten thermischen und thermochemischen Verfahren werden in unterschiedlichen technologischen Verfahrensvarianten ausgeführt. Man entwickelte im Verlaufe des letzten Jahrhunderts viele industriell nutzbare Wärmebehandlungstechnologien und Anlagenkonzepte, um den Anforderungen bestmöglich gerecht zu werden. Einige angestrebte und verwirklichte Entwicklungsziele: höhere Effektivität und Durchsatzleistung bessere Reproduzierbarkeit / Qualität Vermeidung von Verzunderung Minimierung der Maß- und Formänderungen Minimierung der Rissgefahr gute Arbeitsbedingungen Umweltschutz Die folgende Darstellung gibt einen Überblick über die für Verzahnungsteile gebräuchlichen Härteverfahren. <?page no="27"?> 15 Bild 2: Übersicht über die gebräuchlichsten Härteverfahren für Verzahnungsteile 3.2.1 Thermochemische Härteverfahren Die EN 10052 [9] definiert den Begriff „Thermochemische Behandlung - 131“ als „Wärmebehandlung in einem geeigneten Mittel, um eine Änderung der chemischen Zusammensetzung des Grundwerkstoffes durch Stoffaustausch mit dem Mittel zu erreichen“. In der Vergangenheit wurde eine Vielzahl von Diffusionsverfahren entwickelt, die Nichtmetalle, Metalle oder deren Kombinationen unter Zugabe von Wärmeenergie zur Diffusion bringen. Für Verzahnungsteile haben die Diffusionsverfahren zur Anreicherung der Bauteiloberfläche mit Kohlenstoff und/ oder Stickstoff die größte Bedeutung. Eine wirtschaftlich vertretbare Alternative zu den anderen in Bild 5 genannten Verfahren stellt die Diffusion von Bor (Borieren) nur dann dar, wenn es gilt, extrem hohen abrasiven und adhäsiven Verschleißbeanspruchungen entgegen zu wirken. Weitere Diffusionsverfahren wie Chromieren, Vanadieren, Aluminieren oder Silicieren besitzen aus technischen und/ oder wirtschaftlichen Gründen keine Bedeutung für Verzahnungsteile. Ähnliches gilt für die meisten Varianten der Beschichtungsverfahren PVD und CVD, die im Werkzeugbau und für bestimmte andere Bauteile große Bedeutung erlangt haben. In der Serienfertigung von Verzahnungsteilen finden seit einigen Jahren lediglich bestimmte Niedertemperatur-Varianten der PVD-Technologie Thermochemische Härteverfahren Thermische Härteverfahren Einsatzhärten Carbonitrieren Nitrieren Nitrocarburieren Borieren Induktionshärten Flammhärten Vergüten Einhärtung (Schalenhärtung) Härteverfahren für Verzahnungsteile <?page no="28"?> 16 Anwendung [10]. Man setzt diese meist dann ein, wenn es zur Absicherung der Bauteilfunktion darum geht, die Tragfähigkeit von einsatzgehärteten oder vergüteten Zahnrädern weiter zu verbessern. Mit den so genannten DLC-Schichten (DLC= diamond-like carbon), die aus diamantähnlichem Kohlenstoff bestehen und besonders reibungsarm sind, erreicht man diese angestrebte Verbesserung der Verschleißbeständigkeit. Besonders erfolgreich eingesetzt werden andererseits Verfahrensvarianten, bei denen neben Kohlenstoff noch ein Metall (z. B. Wolfram) in die aufwachsende Schicht eingebracht wird. Aufgrund der relativ niedrigen Temperaturen von unter 250 °C, bei denen die Beschichtung erfolgen kann, beeinflusst man die bereits erzeugte Härte von einsatzgehärteten oder vergüteten Zahnrädern nicht negativ. Da es sich um einen zusätzlichen, zudem kostenintensiven Arbeitsgang handelt, wird sich die Anwendung sicher auch in Zukunft auf extrem belastete Problemteile (z. B. für den Motorrennsport) beschränken. 3.2.2 Thermische Härteverfahren Bei diesen Verfahren erfolgen keine chemischen Veränderungen in der Randschicht der Werkstoffe, sondern es werden durch gezielte thermische Prozesse Gefügeumwandlungen hervorgerufen und Werkstoffeigenschaften verändert. Dies kann bei durchgreifender Erwärmung im gesamten Bauteil oder mittels gezielter Wärmeeinbringung nur an der Werkstückoberfläche bzw. an bestimmten Partien geschehen. Ausgehend von den Belastungen, denen Verzahnungsteile unterliegen, sowie dem Wunsch nach minimalen Maß- und Formänderungen stieg in den letzten Jahrzehnten die Bedeutung der thermischen Randschicht-Härteverfahren bei Verzahnungsteilen. Besonders das Induktionshärten der Verzahnung, das ohne thermische Beeinflussung des Werkstückkernes erfolgt, erfüllt diese Forderungen sehr gut. Die Induktionserwärmung gestattet die Begrenzung der Wärmeeinbringung auf die Bauteil-Randschicht. So ist es möglich, die Martensitbildung auf Funktionsflächen zu begrenzen. Geringe Wärmeeinbringung und nur auf die Randschicht begrenzte Gefügeumwandlungen haben ein günstiges Eigenspannungsniveau zur Folge. Dadurch entsteht durch Induktionshärten üblicherweise deutlich weniger Verzug als bei Härteverfahren mit durchgreifender Erwärmung. Die Eigenschaften des Grundmaterials (z.B. Zähigkeit, Festigkeit) bleiben in den ungehärteten Werkstückpartien unverändert erhalten. Flammhärten ist ein relativ einfaches und robustes Verfahren zur partiellen Randschichthärtung von massiveren Bauteilen. Die Wärmeeinbringung ist deutlich größer als beim Induktionshärten. Infolge des schlechteren Wirkungsgrades bei der Wärmeübertragung ergeben sich längere Erwärmungszeiten und gröbere <?page no="29"?> 17 Härtezonen als beim Induktionshärten. Ein Vorteil des Flammhärtens gegenüber Induktionshärten besteht in einem relativ geringen Werkzeugaufwand, der besonders bei der Randschichthärtung von massiven Einzelstücken mit speziell geformter Härtekontur deutlich zu Buche schlagen kann. Durchhärten von Verzahnungsteilen aus legiertem Vergütungsstahl im Ofen mit anschließendem Anlassen bei niedrigen Temperaturen wird in der Praxis zwar gelegentlich ausgeführt, dürfte aber vielfach auf mangelnde Kenntnisse der Besteller zurückzuführen sein. Die so gehärteten Verzahnungen verfügen zwangsläufig nicht über optimale Eigenschaften, da ihnen die Zähigkeit im Kern verloren geht. Bei Verwendung von unlegierten Vergütungsstählen mit Kohlenstoffgehalten von 0,3 - 0,6 %, die auch als Schalenhärter bezeichnet werden, wird nur eine schalenartige Randschicht im Dickenbereich von 2 bis maximal 20 mm martensitisch umgewandelt. Das darunter liegende Material besteht aus Zwischenstufengefüge, welches gute Zähigkeitseigenschaften besitzt. Die mit dieser Technologie erzielbaren Bauteileigenschaften hängen stark von der Werkstoffauswahl, Form und Abmessungen der Teile sowie der Abschreckverhältnisse ab. Aufgrund der relativ großen, ungleichmäßigen Verzüge und der gleichzeitig hohen Rissgefahr findet die Schalenhärtung für Verzahnungen selten Anwendung. Weit größer ist die Bedeutung des Vergütens einzuschätzen. Zum einen werden hoch vergütete Verzahnungsteile direkt eingebaut, wenn eine etwas niedrigere Oberflächenhärte ausreicht. Andererseits bildet die Vorvergütung eine gute Grundlage für nachfolgende thermische und thermochemische Randschichthärteverfahren. <?page no="30"?> 18 4 Maß- und Formänderungen 4.1 Eigenspannungen, Lastspannungen und Verzug Maß- und Formänderungen verursachen im Maschinenbau erhebliche Kosten (Hartbearbeitung, Ausschuss). Im Rahmen der industriellen Produktion von Verzahnungsteilen bestimmen die dafür nötigen Aufwendungen die Effektivität der Fertigung maßgeblich mit. Seit vielen Jahren beschäftigen sich deshalb Wissenschaftler und Praktiker besonders intensiv mit der Erforschung der Ursachen des Verzugs und der dabei wirkenden Mechanismen. Die EN 10 052 [9] definiert den Begriff Verzug als „jede Maß- und Formänderung gegenüber dem Ausgangszustand infolge einer Wärmebehandlung“. Dies bedeutet, dass der Verzug zwar als die zwangsläufige Folge einer Wärmebehandlung auftritt, die Wärmebehandlung aber nicht die einzige Ursache für Verzug ist. Wärmebehandlungen werden gezielt durchgeführt, um bestimmte, für das Bauteil vorteilhafte Eigenspannungszustände zu erzeugen. Als ungewollter Nebeneffekt entsteht Verzug. Formänderungen werden dadurch hervorgerufen, dass Maßänderungen mehrachsig auftreten können. Für Maß- und Formänderungen infolge von Wärmebehandlung sind aber auch die von außen wirkenden Spannungen (Lastspannungen) von Bedeutung [11]. Eigenspannungen: - Spannungen in einem abgeschlossenen System keine einwirkenden Kräfte und Momente von außen Lastspannungen von außen auf das System wirkende Spannungen erzeugt durch mechanische oder nichtmechanische Einwirkungen während der Wärmebehandlung z. B. durch - Temperaturunterschiede zwischen System und Umgebung - Eigengewicht der Bauteile - Reibung zwischen Bauteil und Gestell Nachfolgendes Schaubild zeigt, dass beim Härten von Bauteilen nicht nur gewünschte neue Bauteileigenschaften entstehen, sondern unvermeidlich auch unerwünschte Effekte wie ungleichmäßige Eigenspannungen und Verzug. <?page no="31"?> 19 Bild 3: Härten - eine Systembetrachtung [12] Beim Abschrecken finden Gefügeumwandlungen statt. Im Vergleich zu anderen Gefügearten besitzt das Härtegefüge Martensit ein größeres Volumen. Es kommt zu Spannungen und Dehnungen im Werkstück, die in gegenseitiger Wechselwirkung stehen. Durch diese plastischen Dehnungen werden Maß- und Formänderungen hervorgerufen. Im Zuge von Maßkorrekturen nach dem Härten ist es meist unumgänglich, dass gehärtetes Material auch und besonders an Funktionsflächen abgetragen wird. Man reduziert dadurch u. U. die Tragfähigkeit des Bauteils, weil diese Funktionsflächen anschließend nur noch eine dünnere Schicht mit verschleißbeständigem Härtegefüge aufweisen. Da die Härte eines randschichtgehärteten Bauteils zum Werkstückinneren hin abnimmt, vermindert sich bei starkem Materialabtrag neben der Härtetiefe zusätzlich oft auch die verbleibende Oberflächenhärte. Durch Planungs- oder Fertigungsfehler kann es vorkommen, dass bei der Wiederherstellung der Maßhaltigkeit die gehärtete Schicht partiell zu weit abgetragen wird. Derartige Werkstücke sind dann als Ausschuss anzusehen, weil Nacharbeit u. a. aufgrund der Maßsituation selten möglich ist. Werden diese partiell weichen Bauteile infolge eines mangelhaften Qualitätsmanagementsystems dennoch verbaut, ist ein Ausfall der ganzen Baugruppe oder Maschine vorprogrammiert. Die negativen Auswirkungen der Maß- und Formänderungen gilt es zu minimieren oder zumindest kalkulierbar zu gestalten. In der Praxis helfen dabei die Kenntnis und Berücksichtigung der theoretischen Zusammenhänge sowie gezielte konstruktive und technologische Maßnahmen. System Eingangsgrößen Geometrie Werkstoff Herstellungsart Zeit Temperatur Mittel Ausgangsgrößen Gewünschte Eigenschaftsänderungen Eigenspannungen Randschichtausbildung VERZUG Nach H.J. Spies <?page no="32"?> 20 4.2. Systematik der Maß- und Formänderungen Der Praktiker wird nach einer Wärmebehandlung mit Maß- und Formänderungen an konkreten Bauteilen konfrontiert, welche im Normalfall die Summe der Auswirkungen mehrerer der in Bild 3 genannten Faktoren darstellen. Die Nacharbeit am gehärteten Bauteil zur Herstellung der Einbaumaße ist teuer. Deshalb macht es Sinn, unter Berücksichtigung wissenschaftlicher und praktischer Erkenntnisse im Vorfeld der Wärmebehandlung entsprechende Initiativen zu ergreifen, um den Aufwand für Hartbearbeitung gering zu halten. Bild 4: Systematik der Formänderungen bei der Wärmebehandlung [13] Maß- und Form änderungen Unbeeinflussbar Maßänderungen Beeinflussbar Verzug System atisch Unsystem atisch System atisch Unsystem atisch Äussere Ursachen Innere Ursachen Äussere Ursachen Innere Ursachen W ärmespannungen Volumenänderungen U mwandlungen / G efügeänderungen Streuungen Temperaturgleichmäßigkeit im O fen Volumendifferenz Einseitige Erwärmung und Abkühlung Einseitige D iffusion C hargierung Eigengewicht Blockseigerungen Schmiedetextur Knüppelausgangsform W erkstückgeometrie U ngleichmäßige Erwärmung und Abkühlung U ngleichmäßige D iffusion (Kanten) W erkstoffhärtbarkeit Bearbeitungsspannungen Korngröße Kristallseigerungen Korrektur Toleranz Beseitigen Beseitigen Minimieren Minimieren nach Hammer <?page no="33"?> 21 Entsprechend den in Bild 4 dargestellten Erkenntnissen bleiben folgende Wege, um auf die Gegebenheiten zu reagieren: „Unbeeinflussbare Maßänderungen“ sind naturwissenschaftlich begründet und unvermeidbar. Man kann sie lediglich zur Kenntnis nehmen und bestmöglich einplanen. Über entsprechende Maßkorrekturen und Festlegung praxisgerechter Toleranzen versucht man die damit verbundenen negativen Auswirkungen abzuschwächen. Die meisten Ansatzpunkte zur positiven Einflussnahme bieten sich den Technikern bei der Reduzierung des vermeidbaren Anteils der Maß- und Formänderungen. Dabei sind die Entstehungsphasen eines Bauteiles von der Konstruktion bis zur Fertigstellung als Komplex zu sehen. Jeder einzelne Einflussfaktor ist dabei bedeutsam. H. Mallener [14] spricht in diesem Zusammenhang von einem „Regelkreis“. Nur wenn alle Einflussfaktoren positiv verändert werden, sind akzeptable (d.h. geringe, kalkulierbare) Maß- und Formänderungen zu erwarten. 4.3 Praktische Möglichkeiten der Einflussnahme 4.3.1 Konstruktion Der Konstrukteur hat entscheidenden Einfluss auf die erreichbare Qualität und Kostenstruktur eines Bauteils. Da die Herstellung eines hochwertigen Verzahnungsteiles vergleichsweise schwierig und aufwendig ist, kommt den konstruktiven Festlegungen hierbei besondere Bedeutung zu. Die wichtigsten Aspekte dabei sind: Durchdachte Materialauswahl hinsichtlich seiner Herstellung, der chemischen Zusammensetzung, des Gefügezustandes sowie der technologischen Eigenschaften. Fertigungsgerechte Gestaltung Die Verzahnungsteile sollten ohne extreme fertigungstechnische Schwierigkeiten (Umformung, Zerspanung) und mit Verfahren, Maschinen und Werkzeugen gem. Stand der Technik herstellbar sein. Extreme Oberflächenverfestigungen durch sehr intensive Umformprozesse wirken sich beim Aufkohlen oder Nitrieren negativ auf das Ergebnis aus. Neben einem mangelhaften Diffusionsverhalten können auch unnötig große Verzüge hervorgerufen werden. Im Rahmen einer soliden, erprobten Gesamttechnologie werden erfahrungsgemäß die wenigsten Bearbeitungsspannungen eingebracht und es liegen auch die meisten Erfahrungen bzgl. Verzugsminimierung vor. <?page no="34"?> 22 Härtegerechte Gestaltung Bauteile sind hinsichtlich ihrer Form dann härtegerecht gestaltet, wenn folgende Kriterien berücksichtigt wurden: 1. möglichst gleichmäßige Massenverteilung am Werkstück 2. annähernd symmetrische Bauteilform 3. Vermeidung schroffer Querschnittsänderungen 4. Vermeidung extremer Dünnwandigkeiten 5. Auswahl geeigneter, möglichst verzugsarmer Härteverfahren 6. Festlegung von konstruktiven Härteforderungen, die a) zum Werkstück und dem verwendeten Werkstoff passen b) die Möglichkeit einer möglichst verzugsarmen Wärmebehandlung bieten c) ausreichend groß toleriert sind Anmerkung: Sind konstruktive Forderungen einer Serienfertigung nicht praxisgerecht oder aus anderen Gründen nicht einzuhalten, wirken Sie sich negativ auf die Qualität aus und werden contraproduktiv. Vorgaben, die man nicht vollständig einhalten kann, werden erfahrungsgemäß im Laufe der Zeit immer mehr missachtet. Falsche konstruktive Vorgaben bewirken erheblichen, unnötigen Mehraufwand und damit Zusatzkosten in der Fertigung wie auch bei der Qualitätssicherung. Bei konsequenter statistischer Qualitätskontrolle erkennt man in solchen Fällen, dass die geforderte Prozesssicherheit nicht gegeben ist. 4.3.2 Fertigung bis zum Arbeitsgang Härten Der gesamte Herstellungsprozess sollte danach ausgerichtet werden, dass die Einbringung übermäßiger Bearbeitungsspannungen weitgehend vermieden wird. Fehler, die zu derartigen Spannungen führen können, sind u. a.: Falsche technologische Vorgaben und Einstellwerte Schmieden: Einsatzgewicht, Erwärmung, Schmiedetemperatur, Abkühlgeschwindigkeit, Anzahl der Umformstufen Zerspanung: zu hohe Vorschübe, Kaltverfestigung, Scharfkantigkeit Unzureichende Prozessführung defekte, verschlissene oder veraltete Maschinen und Anlagen Verschlissene Werkzeuge Drehwerkzeuge, Bohrer oder Fräser mit stumpfen Schneiden <?page no="35"?> 23 Fehlen notwendiger Glüharbeitsgänge zur Spannungsreduzierung und Gefügeoptimierung - Normalglühen nach dem Schmieden - Weichglühen vor dem Biegen oder Zerspanen - Spannungsarmglühen nach dem Schweißen oder zwischen spanabhebenden Arbeitsgängen Bild 5: Temperaturbereiche der wichtigsten Glühverfahren Eigenspannungen lassen sich nur sehr schwierig und kostenaufwendig messen. Nachweisbar sind sie manchmal jedoch relativ einfach durch Härteprüfung. Weist ein noch ungehärtetes Bauteil zwischen stark bearbeiteten und unbearbeiteten Partien deutliche Härteunterschiede auf, deutet dies auf einen ungünstigen Eigenspannungszustand hin. Die Ursache hierfür ist selten im Material an sich, sondern vorrangig im Fertigungsablauf (Schmieden, Stanzen, Zerspanen, Rollen von Kugellaufbahnen) zu sehen, bei dem Partien der Bauteiloberfläche stark verfestigt sind und übermäßig große Bearbeitungsspannungen eingebracht wurden. Durch entsprechende Glüharbeitsgänge, die möglichst kurz nach Einbringung der Spannungen durchgeführt werden sollten, kann das Niveau der Eigenspannungen reduziert werden. Es ist aber auch als wichtig anzusehen, die Eigenspannungsunterschiede innerhalb eines Bauteils zu reduzieren. Die negativen Auswirkungen von ungleichmäßigen Eigenspannungsverteilungen im Bauteil auf die Streuung der Ovalität nach 1000 800 600 400 200 Temperatur (°C) 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Kohlenstoffgehalt (%) Weichglühen Normalglühen Spannungsarmglühen Anlassen <?page no="36"?> 24 dem Härten wurden von Volkmuth u. Hengerer [15] beschrieben. Anschließend an das Glühen können die entstandenen Maß- und Formänderungen mittels mechanischer Feinbearbeitung am weichen Bauteil korrigiert werden, sofern genügend Aufmass vorgehalten wurde. Dies ist bei weitem kostengünstiger als Hartbearbeitung. Gelingt es, vor dem Härten ein niedriges, homogenes Eigenspannungsniveau im Bauteil zu realisieren, kann man erfahrungsgemäß mit geringeren absoluten Maßabweichungen und einer kleineren Streuung rechnen. Durch die Festlegung sinnvoller Vormaße auf der Basis von Messreihen lässt sich dann der Fertigungsprozess optimieren. Als Ergebnis sollte die deutliche Reduzierung des Hartbearbeitungsaufwandes stehen. Ein hohes Eigenspannungsniveau und/ oder Eigenspannungsunterschiede im Bauteil stellen auch wegen der bestehenden erhöhten Rissgefahr keine guten Voraussetzungen für einen Härteprozess dar. Es ist dann damit zu rechnen, dass im Zuge des Härtens partielle Spannungsspitzen entstehen, die neben starken Verzügen im Extremfall Risse an kritischen Bauteilkonturen hervorrufen. Da Verzug und Risse meist unmittelbar nach der Wärmebehandlung festgestellt werden, wird der Härter sehr schnell und oft zu Unrecht zum alleinigen Verursacher gestempelt. Aus den o. g. Gründen ist man gut beraten, bei der Ursachenermittlung stets die Konstruktion sowie den gesamten Fertigungsprozess zu analysieren. 4.3.3 Wärmebehandlung Natürlich kann auch der Wärmebehandler im Rahmen der Planung und Durchführung der jeweiligen Härteprozesse erheblichen Einfluss auf die Maß- und Formänderungen nehmen. Nachfolgend einige wichtige Voraussetzungen für gute Maß- und Formstabilität im Zusammenhang mit Wärmebehandlung: 4.3.3.1 Transport, Chargieren und Handling Diese Abläufe werden oft hinsichtlich Ihrer Bedeutung unterschätzt, obwohl bei diesen Arbeitsschritten besonders ungehärtete Verzahnungsteile durch Stöße und Schläge irreparabel beschädigt werden können. Feine Verzahnungen vertragen nur selten die Behandlung als Schüttgut. Im ungehärteten Zustand sind sie besonders gefährdet. Beim Umschütten oder dem Transport in Blechkästen als Schüttgut entstehen mitunter Schlagstellen oder Materialquetschungen an der Verzahnung, die am gehärteten Zahnrad Geräusche bzw. sogar Funktionsstörungen hervorrufen können. Es empfiehlt sich, für den längeren Transport Spezialgestelle oder Kästen aus Kunststoff einzusetzen und das Zusammenschlagen der Verzahnungen durch weiche Zwischenlagen, Netzschlauch oder Formeinsätze zu verhindern. <?page no="37"?> 25 Präzisionsteile müssen so in Härtekörbe gesetzt werden, dass sie im Ofen gleichmäßig von Gasen, Ölen oder Salzen umspült werden können. Eine Chargierung ist mangelhaft, wenn sich Bauteile durch ihr Eigengewicht, durch das Gewicht anderer, darüberliegender Werkstücke oder durch aufgesetzte Härtekörbe verformen. Zu beachten ist dabei, dass das glühende Material bei Aufkohlungs- oder Härtetemperatur deutlich geringere Festigkeiten aufweist als im kalten Zustand. Damit wächst bei unsachgemäßer Chargierung die Gefahr von Beschädigungen. Stark verzogene Chargierkörbe oder Härtegestelle können sich unter Umständen negativ auswirken, da diese keine gerade Auflagefläche bieten. Die Chargengröße ist ein wichtiger Faktor für das Härteergebnis. Zu große Chargen bezogen auf die Ofengröße haben negative Folgen auf die Gleichmäßigkeit der Erwärmung, der Diffusion und der Abschreckung. Die als Folge entstehenden starken Streuungen bei den Härteergebnissen (z. B. Oberflächenhärte, Einsatzhärtungstiefe, Gefügeausbildung) gehen meist mit stärkerem Verzug einher. Auch zu kleine Chargen können sich ungünstig auswirken, da sich im Verhältnis zu den Reaktionsgasen im Ofen zu wenig Bauteil-Oberfläche im Ofen befindet. Für jeden Ofentyp und jede Ofengröße gibt es einen optimalen Bereich für Chargengewicht und Chargenoberfläche. Für das stabile, kalkulierbare Maßverhalten einer Serienfertigung bildet das Festschreiben einer bewährten Chargier-Methode eine wesentliche Grundlage und eine sinnvolle Hilfe. 4.3.3.2 Klassische Härteprozesse (Wärmebehandlung in Industrieöfen) Einsatzhärten, Carbonitrieren, Härten und Vergüten Bei diesen Verfahren treten relativ große Maß- und Formänderungen auf. Gründe: hohe Diffusions- und Härtetemperaturen starke, teilweise schroffe Temperaturänderungen Härtespannungen Änderung der Gefügevolumen (Austenitisierung, Martensitbildung) Um den beeinflussbaren Anteil zu minimieren, empfiehlt es sich folgende Aspekte zu beachten: a) Wahl eines für die Härtung von Verzahnungsteilen geeigneten Ofenprinzips (z. B. Mehrzweckkammerofen) Die beim Chargieren erzeugte definierte Lage der Teile bleibt während der gesamten Wärmebehandlung erhalten. <?page no="38"?> 26 b) Wahl der Ofengröße Kleine, verzugsempfindliche Zahnräder mit geringer Einsatzhärtungstiefe (EHT) und mit engen Toleranzen bzgl. Oberflächenhärte platziert man besser in nicht zu großen Härteanlagen. Kleinere Öfen erwärmen gleichmäßiger, bieten dadurch geringere Diffusionsunterschiede innerhalb der Charge. Wiederum sollten sehr massive Teile eher in großen Ofenanlagen wärmebehandelt werden, um die nötige Abschreckintensität (z.B. durch ausreichende Größe des Abschreckbades) zu gewährleisten. c) Anwärmen Das Anwärmen der Charge auf Härtetemperatur sollte nicht zu schnell und mit Haltestufen erfolgen, um die Temperaturunterschiede zwischen Oberfläche und Kern gering zu halten. d) Durchwärmen Eine genügende Durchwärmdauer ist nötig, um vor dem Abschrecken über den gesamten Bauteilquerschnitt möglichst die gleiche Temperatur vorliegen zu haben. e) Abschreckung Für Verzahnungsteile empfiehlt sich eine lageorientierte Abschreckung, d. h. die Bauteile treffen immer in gleicher Stellung auf das Abschreckmedium (z. B. beim Eintauchen in ein Abschreckbad mit Härteöl). f) Abschreckmedium Den Abschreckvorgang wählt man vorteilhaft möglichst mild, um den Verzug gering zu halten. Allerdings ist ein Abschreckmedium erforderlich, welches schroff genug ist, um die für die Bildung von Härtegefüge (Martensit) erforderliche Abschreckgeschwindigkeit (kritische Abschreckgeschwindigkeit) zu erreichen. Folgende Abschreckmedien besitzen für die o. g. Verfahrensgruppe eine technische Bedeutung: Tabelle 4: Abschreckmedien und Abschreckwirkung Abschreckmedium Abschreckwirkung Technische Bedeutung für die Härtung von Verzahnunreines Wasser sehr schroff heute kaum noch verwendet wässrige Polymerlösung schroff Massivbauteile, offene Abschreckbäder Härteöl mild z. Z. am weitesten verbreitet Abschreckgas (Stickstoff, Helium) sehr mild für relativ dünnwandige Bauteile aus legierten Einsatzstählen <?page no="39"?> 27 Die Abschreckmedien können konkret nach Werkstück bzw. Werkstoff ausgewählt und abgestimmt werden. Ihre Abschreckwirkung lässt sich modifizieren. So hat man heute eine große Vielfalt an hochwertigen Härteölen (Hochleistungsabschrecköle, Warmbadöle) mit ganz spezifischer Abschreckwirkung zur Auswahl, um neben dem Härteverhalten besonders auch das Maßverhalten beim Härten zu optimieren. Bei anderen Technologien bieten Einstellwerte zusätzliche Möglichkeiten der positiven Einflussnahme. Bei der Gasabschreckung sind dies u. a. Druck, Strömungsrichtung und Wechselzyklen der Strömungsrichtung des Abschreckgases die Gasart gezielte Temperaturführung beim Abschreckvorgang Die Anwendung der Gasabschreckung war früher aufgrund des Fehlens geeigneter Ofentechnik und spezifischer Erfahrungen für Verzahnungsteile kaum praktikabel. Durch die Weiterentwicklungen auf dem Sektor Vakuumofentechnik in Verbindung mit neuen Technologien wie z. B. Niederdruck- und Plasmaaufkohlung versucht man gegenwärtig die Vorteile dieser im Allgemeinen verzugsärmsten Abschreckart auch für Einsatzstähle zu nutzen. Man wendet diese Technologien heute erfolgreich an, wenn es um die Einsatzhärtung dünnwandiger, verzugsempfindlicher Kleinteile geht. Ökonomische Anreize zur Anwendung der Gasabschreckung entstehen durch eine minimale Hartbearbeitung sowie durch den Wegfall von Reinigungsarbeitsgängen. Die früher oft anzutreffende Wasserabschreckung nach durchgreifender Erwärmung ist u. a. wegen des ungleich höheren Verzuges für Verzahnungen nicht zu empfehlen. Reines Wasser als Abschreckmittel wird wegen technischer Nachteile (Wasserdampf-Bildung, nachteilig bei geschlossenen Ofenanlagen) und qualitativer Mängel (Weichfleckigkeit infolge von Dampfblasenbildung, Rissgefahr) kaum noch eingesetzt. Durch Zugabe von polymeren Abschreckmittel-Zusätzen lassen sich die Probleme bzgl. Weichfleckigkeit und Rissgefahr deutlich mildern. Im Vergleich zur Abschreckung mit reinem Wasser entstehen homogenere Eigenspannungszustände, was sich letztlich auch positiv auf das Verzugsverhalten auswirken kann. Stark rückläufig ist seit Jahrzehnten die Anwendung der Salzbadtechnik. Obwohl bzgl. Maßverhalten und Gefügeausbildung gute Ergebnisse erreicht werden können, setzt man auch die Warmbadabschreckung nur noch für spezielle Anwendungen ein. Die wesentlichsten Nachteile der Salzbadtechnik sind in Umweltschutzaspekten (Verwendung von Giftstoffen) sowie Problemen bei der Bauteilreinigung (Salzrückstände, z. B. in Bohrungen) zu sehen. <?page no="40"?> 28 Abschrecken in einer Härtepresse wird zum Thema, wenn besonders dünnwandige, großflächige Teile verzugsarm gehärtet werden sollen. Dies ist u. a. beim Abhärten von großen Tellerrädern der Fall. g) Technischer Stand des Ofens und Instandhaltung Ein gut funktionierender Ofen ist die Voraussetzung für jede Qualitätswärmebehandlung. Die geplante Technologie ist nur mit einem einwandfrei arbeitenden Ofen optimal realisierbar. Defekte Baugruppen wirken sich u. U. auch auf das Maß- und Formänderungsverhalten negativ aus. Besonders die Qualität der Temperaturführung, der Regelung der Gaszusammensetzungen und eine gute Umwälzung der Schutz- und Reaktionsgase sowie des Abschreckmediums sind als äußerst relevant anzusehen. Nitrieren und Nitrocarburieren Nitrierverfahren finden immer breitere Anwendung dort, wo die relativ dünnen, aber sehr harten Nitrier- oder Nitrocarburierschichten für die zu erwartenden Beanspruchungen ausreichende Tragfähigkeitswerte bieten. Da die Behandlungstemperaturen überwiegend zwischen 450°C und 600°C liegen und kein Abschrecken zwingend erforderlich ist, entstehen nur minimale Verzüge. Die Maße verändern sich am spannungsarmen Werkstück aus homogenem Werkstoff (z. B. vorvergütetem Stahl) normalerweise nur im Bereich von wenigen Mikrometern. Diese Abweichungen resultieren dann überwiegend aus dem teilweise auftragenden Wachstum der Nitrierschicht. Nitrocarburierte Teile sollten möglichst nicht und nitrierte Oberflächen nur minimal geschliffen werden, da sonst zu viel der vergleichsweise dünnen Härteschicht wieder abgetragen wird. Entsprechend ist es wichtig, vor dem Nitrieren bzw. Nitrocarburieren eine ausreichende Oberflächengüte herzustellen. Der Härter trägt zum positiven maßlichen Ergebnis beim Nitrieren durch richtige Wahl der Prozessparameter und deren konstante Einhaltung über alle Chargen bei. Borieren Bei der Diffusion von Bor werden Boride gebildet, die eine harte Oberflächenschicht erzeugen. Diese Schichtbildung ist mit einer Volumenvergrößerung verbunden. Etwa 25 % der erzeugten Schicht wirken als lineares Wachstum [5], d.h. bei 40 μm Schichtdicke entsteht eine Längenzunahme von etwa 10 μm. Dies kann bei der Festlegung der Vormaße eingeplant werden. <?page no="41"?> 29 Metallhaltige DLC-Hartstoffschichten Metallhaltige DLC-Hartstoffschichten weisen Dicken im Bereich von 1 - 4 μm auf. Da sie sich sehr gleichmäßig und formgetreu ausbilden, sind sie auch für Präzisionsverzahnungen geeignet. Da die Beschichtungstemperatur relativ niedrig ist, entsteht ein ausgezeichnetes Maßverhalten [16]. <?page no="42"?> 30 4.3.3.3 Thermische Randschichthärteverfahren Induktionshärten Als Alternative zu klassischen Härteverfahren hat das induktive Randschichthärten von Verzahnungen bereits vor Jahrzehnten große wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Da bei diesem Verfahren in wenigen Sekunden nur die äußeren Partien und Materialschichten eines Werkstückes erwärmt werden, die später hart sein sollen, ist die Wärmeeinbringung um ein Vielfaches geringer als bei durchgreifender Erwärmung. Große Teile des Materialquerschnittes bleiben auf Raumtemperatur und halten das Werkstück dadurch maßstabil. Dies wirkt sich im Vergleich zur Ofenhärtung äußerst vorteilhaft aus. Es wurden für das Induktionshärten von Verzahnungen unterschiedliche Technologien entwickelt, die den Beanspruchungen sowie der Größe der Verzahnung Rechnung tragen. Je nach dem, welche induktive Härtetechnologie zum Einsatz kommt, gibt es kleinere Unterschiede innerhalb eines insgesamt guten Maßverhaltens. Größere Maß- und Formabweichungen können entstehen, wenn das Bauteil nicht härtegerecht konstruiert oder gefertigt wurde. Fehlerquellen können u. a. Dünnwandigkeit, unsymmetrische Konturen und ungünstige Eigenspannungszustände sein. Im Rahmen des Härtevorganges führen hauptsächlich Ungleichmäßigkeiten bei der Erwärmung oder Abschreckung zu verstärktem Verzug. Da bei Induktionshärten eine martensitische Umwandlung erfolgt, wächst das Gefügevolumen der Randschicht. Dadurch entstehen zwangsläufig kleinere Maßänderungen (üblicherweise Zuwächse) und mikroskopisch sichtbare Unebenheiten. Diese werden im Normalfall im Vormaß berücksichtigt und durch Schleifen beseitigt. Flammhärten Flammhärten stellt in einigen wenigen Fällen ein alternatives Verfahren zur Induktionshärtung dar. Hierbei erwärmt man die Werkstückoberfläche mit Brennersystemen. Die Leistungsübertragung mit direkter Flamme liegt deutlich unter dem Wirkungsgrad der induktiven Erwärmung. Bedingt durch die wesentlich tiefere Einwärmung ist der Verzug größer als beim Induktionshärten. Daher ist eine anschließende Maßkorrektur durch Schleifen üblich. Laserhärten Laserhärten von ganzen Verzahnungen konnte aus technologischen und ökonomischen Gründen bisher keine Bedeutung erlangen. <?page no="43"?> 31 Einsatzfälle ergeben sich an Verzahnungsteilen dann, wenn sehr kleine Härtezonen an schwer zugänglichen Werkstückpartien (kleine Bohrungen, Mitnehmer o. ä.) realisiert werden sollen. Entsprechend der extrem geringen Wärmeeinbringung sind die Maßänderungen minimal. 4.3.3.4 Anlassen Durch Anlassen werden Härte und Sprödigkeit von Bauteilen reduziert und die Zähigkeit verbessert. Außerdem besitzt angelassener Martensit ein kleineres spezifisches Volumen als nicht angelassener Martensit, was zu einer Verbesserung des Eigenspannungszustandes im Bauteil und zu höherer Maßstabilität führt. <?page no="44"?> 32 5 Einsatzhärten 5.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung Zielstellung Durch Einsatzhärten sollen folgende Werkstückeigenschaften erzeugt werden: Werkstückoberfläche mit harter, verschleißfester Randschicht Wichtige Kenngrößen: Oberflächenhärte Einsatzhärtungstiefe CHD (alte Bezeichnung: Eht) Werkstückinneres aus einem möglichst zähen Kernwerkstoff Wichtige Kenngrößen: Kernfestigkeit, Zähigkeit Werkstoffe Am besten realisieren kann man diese Zielstellung bei Verwendung von legierten Einsatzstählen. Dies sind kohlenstoffarme, zähe Stähle (C-Gehalt kleiner 0,25%) mit geringen Gehalten an positiven Eisenbegleitern (Mangan, Chrom, Molybdän, Nickel). Prinzipiell können Einsatzhärtungsschichten aber auch unter Verwendung anderer härtbarer Eisenwerkstoffe (andere Stähle, Sintereisenlegierungen, Gusseisen oder Stahlguss) erzeugt werden. Dabei müssen allerdings Abstriche bei bestimmten Bauteileigenschaften hingenommen werden. Die DIN 17022 Teil 3 [17] beschreibt das Verfahren Einsatzhärten sehr komplex und gibt Hinweise für die praktische Anwendung verschiedener Verfahrensvarianten. Die technologische Abfolge des Einsatzhärtens besteht aus mehreren Wärmebehandlungsschritten: Aufkohlen Zwischenglühen (optional) Härten (Abschrecken) Tiefkühlen (optional) Anlassen Die Arbeitsgänge Aufkohlen, Zwischenglühen, Härten und Anlassen können in einem gewissen, normkonformen Toleranzbereich durch den Härter modifiziert werden. Ausgehend von dem verwendeten Werkstoff ist es möglich, die jeweiligen Anforderungen an das Bauteil optimal einzustellen. Hierzu liegen umfangreiche wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen vor, die u. a. in vielen DIN-Vorschriften fixiert wurden. Bei schwierig herzustellenden und hoch belasteten Bauteilen können die Auswirkungen bestimmter Details der Wärme- <?page no="45"?> 33 behandlungstechnologie entscheidend für den Fertigungsaufwand und die erreichbare Bauteilqualität sein. Zwischenglühen und/ oder Tiefkühlen sind für viele unkomplizierte Bauteile technisch nicht erforderlich und können dann entfallen. Nachfolgende Schaubilder stellen die möglichen Zeit-Temperatur-Folgen der unterschiedlichen Varianten des Einsatzhärtens dar: Zeit Temperatur Einfachhärten von Verzahnungsteilen Ac 3 -Kern Ac 3 -Rand Aufkohlen Härten Anlassen Abschrecken Zeit Temperatur Direkthärten Ac 3 -Kern Ac 3 -Rand Aufkohlen / Carbonitrieren Abschrecken Anlassen vorwiegend nach Carbonitrieren <?page no="46"?> 34 Bild 6: Übliche Zeit-Temperatur-Folgen beim Einsatzhärten von Verzahnungsteilen auf Basis der DIN 17022 Teil 3 Prinzipiell ist natürlich auch eine Abschreckung aus einem Temperaturbereich oberhalb Ac 3 -Kern möglich, um die Kernfestigkeit zu erhöhen. Aufgrund des zu Zeit Temperatur Einfachhärten nach Zwischenglühen Aufkohlen Härten Anlassen Glühen Zeit Temperatur Doppelhärten Aufkohlen Härten Anlassen Abschrecken Zeit Temperatur Härten nach isothermischem Umwandeln (Verzahnungsteile) Aufkohlen Härten Anlassen Umwandeln Abschrecken <?page no="47"?> 35 erwartenden höheren Verzuges und des schlechteren Randgefüges macht dies bei eng tolerierten Präzisionsteilen, wie dies Zahnräder im Allgemeinen sind, nur selten Sinn. Im Regelfall gibt man bei Verzahnungsteilen der optimalen Randschicht den Vorzug. Einsatzgehärtete Teile allgemein, aber auch speziell Verzahnungsteile, unterliegen oft stark unterschiedlichen Anforderungen. Dieses Spektrum kann man nicht mit einer einzigen, universellen Härtetechnologie abdecken. Die oben dargestellten Zeit-Temperatur-Folgen veranschaulichen die Abläufe, die nötig sind, um alle diese unterschiedlichen Bauteileigenschaften erzeugen zu können. Umgesetzt werden diese Prozesse in Ofenanlagen, die technisch und ökonomisch für eine oder mehrere dieser Varianten besonders gut geeignet sind. <?page no="48"?> 36 Die nachfolgende Tabelle 5 kommentiert diese Varianten unter konstruktiven und technologischen Gesichtpunkten der Fertigung von Verzahnungsteilen: Tabelle 5: Varianten der Einsatzhärtung von Verzahnungsteilen sowie deren Vor- und Nachteile Technologische Folge Variante lt. DIN 17022 Vorteile Nachteile - Aufkohlen - Direkthärten evtl. Tiefkühlen - Anlassen Direkthärten A Hauptvariante kostengünstig hohe Kernhärte erzielbar auch Technologie für Carbonitrieren bei direkt. Abschrecken aus ca. Ac 3 -Kern mehr Verzug und Hartbearbeitung schlechtere Randgefüge - Aufkohlen u. Abkühlen evtl. partielle Bearbeitung - Härten evtl. Tiefkühlen - Anlassen Einfachhärten B partielle Bearbeitung nach dem Aufkohlen möglich bessere Randgefüge flexibel (Kombination von Aufkohlungsu. Härtetechnologie) höherer Energieaufwand - Prozessdauer - Aufkohlen - Abkühlen - Umwandeln / Umkörnen - Erwärmen auf Härtetemp. - Abschrecken - Anlassen Härten nach isotherm. Umwandeln C qualitativ sehr hochwertig sehr gute Gefüge aufwendig bzgl. Prozessdauer, Anlagentechnik u. Energie nur für spezielle, kritische Teile wirtschaftlich - Aufkohlen und Kernhärten - Randhärten - Anlassen Doppelhärten D reduziert Kernhärte gute Gefüge wenig Restaustenit höherer Verzug aufwendiger - Aufkohlen - Zwischenglühen - Härten - Anlassen Einfachhärten nach Zwischenglühen E partielle Bearbeitung nach dem Aufkohlen möglich bessere Randgefüge flexibel bzgl. Härtetechnologie geringer Verzug hoher Zeit- und Energieaufwand Die chemische Zusammensetzung der Randschicht des Werkstoffes ist für das qualitative Ergebnis des Einsatzhärtens von ausschlaggebender Bedeutung. Das Vorhandensein von genügend Kohlenstoff ist die Grundvoraussetzung für die Bildung des Härtegefüges Martensit beim Abschreckvorgang. Der Randkohlenstoffgehalt im Bauteil ist entscheidend für die erzielbare Oberflächenhärte. Einsatzstähle verfügen im Ausgangszustand nicht über genügend Kohlenstoff, <?page no="49"?> 37 um brauchbare Härtewerte erzielen zu können. Deshalb reichert man die Randschicht der Bauteile zunächst mit Kohlenstoff an. Die erforderliche Zeitdauer zur Erzeugung einer bestimmten Aufkohlungstiefe wird hauptsächlich durch die reale Aufkohlungstemperatur bestimmt. Beim Einsatzstahl 16MnCr5 darf die Aufkohlungstemperatur gem. EN 10084 [18] zwischen 880°C und 980°C liegen. Für massive Bauteile und große Einsatztiefen strebt man in erster Linie möglichst kurze Behandlungszeiten an und kohlt deshalb im oberen Temperaturbereich auf. Bei ohnehin mehrere Stunden dauernden Kohlungszyklen bleibt trotzdem genügend Zeit für die exakte Einstellung der Aufkohlungstiefe und des Randkohlenstoffgehaltes. Dünnwandige, verzugempfindliche Bauteile und kleine Einsatztiefen realisiert man dagegen eher mit Anwendung des unteren Temperaturspektrums, da so ausreichend Zeit für eine präzisere Regelung besteht und mit weniger Verzug zu rechnen ist. Nach Erreichen der Sollwerte bei Aufkohltiefe und Randkohlenstoffgehalt wird der Aufkohlungsvorgang beendet. Es schließen sich die weiteren Arbeitsschritte gemäß den in Bild 6 aufgezeigten Zeit-Temperatur-Folgen an. Die Legierungselemente Mangan (Mn), Chrom (Cr), Molybdän (Mo) und Nickel (Ni) sind wichtig für die realen Abläufe des Einsatzhärtens wie auch für das spätere qualitative Ergebnis (Kernfestigkeit). Sie verändern das Umwandlungsverhalten und ermöglichen dadurch eine riss- und verzugsärmere Härtung durch Verwendung milderer Abschreckmedien. Im Anhang A empfiehlt die DIN 17022 Teil 3 Höchst-Randkohlenstoffgehalte legierter Einsatzstähle. Diese liegen zwischen 0,63% C und 0,75% C (je nach Legierungsgrad der jeweiligen Stahlsorte). Eine deutliche Unterschreitung der unteren Toleranzgrenze reduziert die erreichbare Oberflächenhärte. Bei einer erheblichen Überkohlung ist u. a. die Bildung von Restaustenit als Negativfolge zu verzeichnen. Eine geringfügige Überbzw. Unterschreitung dieses Richtwertes wirkt sich meist noch nicht negativ auf die Qualität aus bzw. kann mittels Nacharbeit korrigiert werden. Überschreitungen des empfohlenen maximalen Randkohlenstoffgehaltes um mehr als 0,1 % C verschlechtern die Gefügequalität dann zunehmend und sind nicht mehr vollständig korrigierbar. Werden stark überkohlte Stähle tiefgekühlt, treten häufig Mikrorisse im Randgefüge auf. Diese können sich negativ auf die Lebensdauer des Bauteils auswirken. Für Bauteile, die nach dem Einsatzhärten noch geschliffen werden sollen und ein Aufmass von etwa 0,2 mm beinhalten, steuert der Wärmebehandlungspraktiker einen etwas höheren Randkohlenstoffgehalt an. Aufgrund des Abfalls der Kohlenstoffkonzentration zum Werkstückinneren hin, hat sich für solche Teile ein Randkohlenstoffgehalt vor dem Schleifen von 0,7 - 0,9 % (je nach Werkstoff und Größe des Schleifaufmasses) bewährt. An einer Verzahnung neigt der Zahnkopf am schnellsten zur Überkohlung, da diese Kontur die besten Bedingungen für den Kohlenstoffübergang bildet. Der Zahnkopf nimmt beim Aufheizen die Aufkohlungstemperatur am frühesten an, ist <?page no="50"?> 38 durch die Zerspanung vergleichsweise wenig verfestigt und bietet dem Aufkohlmedium gute Diffusionsbedingungen. Deshalb entsteht am Zahnkopf eine größere Aufkohlungstiefe als im Zahngrund. Wenn an einer Zahnflanke bereits eine deutliche Überkohlung feststellbar ist, kann man am Zahnkopf dieses Bauteils in der Regel noch wesentlich höhere Konzentrationen an Kohlenstoff messen. Stark überkohlte Verzahnungsteile sind extrem riss- und bruchgefährdet. Deshalb enden sie meist als Ausschuss. Somit besitzt die Messung und Steuerung des Kohlenstoffpegels (C-Pegel) und der Ofentemperatur große Bedeutung für die Qualität der Einsatzhärtung. Gem. EN 10052 wird der Kohlenstoffpegel -87definiert als „Randkohlenstoffgehalt einer Probe aus Reineisen, der bei vorgegebenen Bedingungen mit dem Aufkohlungsmedium im Gleichgewicht steht.“ Die dominierende Abschreckart der industriellen Einsatzhärtung ist aus technologischen und qualitativen Gründen die Ölabschreckung. In weit geringerem Maße kommen für spezielle Anwendungen und Qualitätsanforderungen Salzschmelzen zur Anwendung. Die Abschreckung von legierten Einsatzstählen im Wasserbad scheidet aus qualitativen und technologischen Gründen weitgehend aus. Die Hochdruck-Gasabschreckung wird gegenwärtig für aufgekohlte Einsatzstähle nur in begrenztem Umfang, d.h. für relativ dünnwandige, kleinere Bauteile (meist für Fahrzeugteile), erfolgreich praktiziert. Da hinsichtlich Werkstoff und Rahmenbedingungen besondere Anforderungen zu berücksichtigen sind, macht es sich erforderlich, diese Technologie gesondert zu betrachten. 5.2 Werkstoffauswahl Für Einsatzhärten von Verzahnungsteilen mit Abschreckung in Öl oder nitrid-/ nitrathaltigen Salzschmelzen kommen z. B. folgende gebräuchliche legierte Einsatzstähle zur Anwendung: Tabelle 6: Für Verzahnungsteile verwendete legierte Einsatzstähle, besonders geeignet für Abhärten in Öl oder Warmbad STOFF-NR. Kurzname gem. EN 10084 : 1998 1.7131 16MnCr5 1.7147 20MnCr5 1.5918 17CrNi6-6 1.5919 15CrNi6 1.7016 17Cr3 1.6587 18CrNiMo7-6 1.7321 20MoCr4 <?page no="51"?> 39 Chrom-legierte und Chrom-Mangan-legierte Einsatzstähle Man verwendet diese Stähle für mittelgroße Zahnräder, wenn diese eine gute Verschleißfestigkeit und eine mittlere Kernfestigkeit benötigen. Chrom-Nickel-legierte und Chrom-Nickel-Molybdän-legierte Einsatzstähle Diese Werkstoffe werden für große Zahnräder eingesetzt, da diese Stähle auch an massiven Bauteilen hohe Zähigkeit und Kernfestigkeit ermöglichen. Einige Einsatzstähle werden mit erhöhten Gehalten an Schwefel oder Blei angeboten, um die Zerspanbarkeit zu verbessern. Diese Stähle besitzen dann eine eigene Werkstoffnummer und eine eigene Bezeichnung. z. B. 1.7139 16MnCrS5 1.7149 20MnCrS5 1.7160 16MnCrB5 Auf die Härteergebnisse hat dies keinen wesentlichen Einfluss. Seit einiger Zeit beschäftigen sich Stahlhersteller mit der Verbesserung der Abschreckbarkeit im Gasstrom von bestimmten legierten Einsatzstählen. Diese ist bedingt gegeben, wenn Einsatzstähle mit hohen Legierungsgehalten an Molybdän, Nickel, Mangan und Chrom Verwendung finden und die daraus hergestellten Bauteile nicht zu massiv sind. Ebenso bemühen sich Ofenbauer, Wissenschaftler und Anwender die Ofentechnik sowie die Abschreckabläufe zu verbessern, um so die erfolgreiche Gasabschreckung von legierten Einsatzstählen bauteilspezifisch zu optimieren. Derzeit setzt man vorwiegend folgende Einsatzstähle ein, wenn mit Hochdruck- Gasabschreckung gearbeitet werden soll [19]: Nickellegierte Einsatzstähle: 1.5920 18CrNi8 1.6587 18CrNiMo7-6 Niedrig legierte Einsatzstähle: 1.6571 20NiCrMoS6-4 1.7147 20MnCr5 1.7321 20MoCr4 1.6523 21NiCrMo2 1.7131 16MnCr5 Die zu erzielenden Härteergebnisse hängen hauptsächlich von den Faktoren Stahlsorte, Anlagentechnik und Abschrecktechnologie ab. Bei Verwendung von Stahlchargen mit zur oberen Grenze hin eingeengten Streubändern (HH-Sorten) erzielt man aufgrund der höheren Legierungsgehalte bessere Härtewerte. <?page no="52"?> 40 Ein wichtiges Kriterium für die Beurteilung der Härteergebnisse bei Gasabschreckung von Verzahnungsteilen stellt die Härte im Zahngrund dar. 5.3 Anlagentechnik und technologische Varianten Die Erzeugung der harten Randschicht erfolgt in den beiden Teilschritten Aufkohlen und Härten. 5.3.1 Aufkohlungs- und Härtetechnologien Für das Aufkohlen können unterschiedliche Aufkohlmittel eingesetzt werden: Gase Salzschmelzen Pulver und Pasten Gasaufkohlung Die wichtigste technologische Variante des Aufkohlens ist gegenwärtig die Aufkohlung unter Verwendung von Schutz- und Reaktionsgasen. Bei geregeltem Kohlenstoff-Überschuss, Überdruck und Aufkohlungstemperatur diffundiert der im Gas der Ofenatmosphäre enthaltene Kohlenstoff in die Werkstückrandschicht hinein. Neben der Aufkohlungstemperatur ist der Kohlenstoffpegel (C-Pegel) in der Ofenatmosphäre die entscheidende Kenngröße für die Aufkohlungswirkung. Gasaufkohlen mit C-Pegel-Regelung ist heute Stand der Technik und die effektivste Technologie. Die Ofenatmosphäre zur Gasaufkohlung besteht jeweils aus einem Trägergas sowie Kohlenstoff abgebenden Komponenten (Anreicherungsgas). Es finden heute sehr viele Begasungsarten Anwendung, die in der DIN 17022 Teil 3 [17] aufgezeigt und erläutert werden. Besonders gebräuchliche Methoden für Gasaufkohlungsöfen sind: <?page no="53"?> 41 Tabelle 7: Wichtige Begasungsarten zur Gasaufkohlung Bezeichnung Kohlenstoffträger Art der Herstellung Anreicherungsgas Endogas Erdgas Propan Generator Endexo-Retorte Erdgas Propan Stickstoff Methanol Methanol Direkteinspritzung Erdgas Propan Supercarb Erdgas Propan Isopropanol Aceton Direktbegasung Direktbegasung Direktbegasung Direktbegasung Je nach Anwendungsbereich sowie technischen und ökonomischen Gesichtspunkten kann man unter diesen und anderen Begasungsvarianten wählen. Edenhofer und Lerche [20] geben einen Gesamtüberblick über die gängigen Begasungsvarianten beim Gasaufkohlen und erläutern die Auswahlkriterien. Gemessen und geregelt werden bei modernen Gasaufkohlungsprozessen bestimmte Komponenten in der Ofenatmosphäre, die nach thermischen Reaktionen im Ofen vorhanden sind und in einem bestimmten Verhältnis zum C-Pegel stehen (siehe DIN 17022 Teil 3 Anhang A2). Gemessen werden können a) der Sauerstoffpartialdruck mit der Sauerstoffsonde b) der CO 2 -Gehalt mittels CO / CO 2 -Analysator c) der Wasserdampfgehalt über Taupunktmessung d) der Masseanteil des Kohlenstoffs in einer aufgekohlten Folie aus Reineisen durch Gewichtsänderung einer Probe beim Aufkohlen Für die laufende Messung des Kohlenstoffpegels im Ofen während der Wärmebehandlung setzt man heute gem. Stand der Technik vorrangig Sauerstoff- Sonden und CO / CO 2 -Analysatoren ein. Diese Geräte sind direkter Bestandteil der modernen Ofenregeltechnik. Zusätzliche, periodische C-Pegelmessungen sind mittels Taupunkt-Messung bzw. Folienprobe möglich. Die Folienprobe ist eine geeignete Methode für die Gegenprüfung aller anderen Messverfahren. Die Gesetzmäßigkeiten der Kohlenstoff-Diffusion sind weitgehend erforscht und es gibt seit vielen Jahren Software, die in Verbindung mit den Mess- und Steuereinrichtungen am Ofen eine optimierte und automatisierte Prozessführung erlaubt. Alle relevanten Prozessparameter werden ständig erfasst, ausgewertet und dokumentiert. Entsprechende Software verwendet die Messergebnisse des CO / CO 2 -Analysators bzw. der Sauerstoffsonde, um sofort regelnd in den Aufkohlungsprozess einzugreifen. <?page no="54"?> 42 Mittels dieser Steuerungs- und Regelungstechnik kann innerhalb eines Prozesses mit veränderlichem Kohlenstoffpegel (C-Pegel) gearbeitet werden. Dadurch reduziert sich die Behandlungszeit besonders bei größeren Einsatzhärtungstiefen erheblich. Aufkohlung mit veränderlichem C-Pegel bedeutet: Man kann in der ersten Phase des Aufkohlungsprozesses mit maximalem Kohlenstoffangebot in der Ofenatmosphäre arbeiten, in dem man den C-Pegel knapp unter der Sättigungsgrenze hält. Dies hat in dieser Prozessphase einen hohen Kohlenstoffübergang, aber auch einen überhöhten Kohlenstoffgehalt in der Randschicht des Werkstückes zur Folge. In einer zweiten, darauf folgenden Periode reduziert man den C-Pegel stark und lässt den eingebrachten Kohlenstoff tiefer in die Randschicht diffundieren. So stellt man den Kohlenstoffgehalt im Werkstückrand auf den für den jeweiligen Werkstoff optimalen Wert ein. Für größere Aufkohlungstiefen lässt man ggf. mehrere dieser Zyklen aufeinander folgen. Mehrzweck-Kammerofen Der nachfolgend abgebildete Ofentyp stellt eine Bauform von Schutzgasöfen dar, die überwiegend zum Einsatzhärten, Carbonitrieren, Aufkohlen, Härten und Vergüten von verzugsempfindlichen Verzahnungsteilen zum Einsatz kommt. Im Härteofen kohlt man in einer nahezu sauerstofffreien Atmosphäre auf und anschließend wird in einem ständig gekühlten Ölbad mit Zwangsumwälzung abgeschreckt bzw. in einer über dem Ölbad befindlichen Kammer in einer umgewälzten Schutzgas-Atmosphäre abgekühlt. Mehrere dieser Härteöfen gem. Bild 7 arbeiten parallel und bilden verknüpft mit Waschmaschinen und Anlassöfen komplexe Wärmebehandlungseinheiten. Diese so genannten Mehrzweckkammerofen-Anlagen sind gut automatisierbar, so dass alle technologischen Vorgänge in den Einzelanlagen, aber auch die Chargenbewegungen zwischen den einzelnen Öfen und Maschinen ohne manuellen Bedieneraufwand realisierbar sind. Die Möglichkeit des mannlosen Betriebes erhöht die Verfügbarkeit der Anlage und verbessert damit die Kostenstruktur. Einen wichtigen Vorteil dieser Anlagen stellt deren hohe Flexibilität beim Wechsel von Härteverfahren, Chargenaufbau oder Chargengröße dar. Aus qualitativer Sicht zeichnen sich MZK-Anlagen dadurch aus, dass sie sehr gut regelbar sind und die Bauteile lageorientiert wärmebehandelt werden. Damit können Verzüge minimiert und härtetechnisch bedingte Schlagstellen vermieden werden. <?page no="55"?> 43 Bild 7: Prinzipskizze Mehrzweckkammerofen Hersteller: Fa. Ipsen, Kleve Einsatzhärten von Massivbauteilen Für Getriebeteile, die extrem hohen Dauerfestigkeitsbelastungen im Schwermaschinenbau ausgesetzt werden sollen, benötigt man neben einer hohen Kernfestigkeit besonders dicke und harte Randschichten. Diese Eigenschaften können mittels Einsatzhärten erzeugt werden. Die maximal erreichbare Einsatzhärtungstiefe (CHD) liegt bei 6 - 7 mm. Diese maximale CHD führt unter Beachtung aller konstruktiven und fertigungstechnischen Aspekte jedoch nicht zwangsläufig zur optimalen Bauteilqualität bzw. zu den niedrigsten Herstellungskosten. Die Tiefkohlung und Abhärtung von mehreren Tonnen schweren Massivbauteilen stellt ein Spezialgebiet der Wärmebehandlung dar. Dabei sind besondere Kenntnisse und Erfahrungen zu folgenden Themenkreisen notwendig: Anforderungen an Größe und technische Möglichkeiten der Aufkohlungs- und Abschreckeinrichtungen Materialauswahl (chem. Zusammensetzung, Gefüge, Eigenspannungszustand) gestufte Erwärmung C-Pegelvariierungen und Diffusionsvorgänge bei der Tiefkohlung Rückbildung der durch extrem lange (mehrtägige) Aufkohlungszeiten auftretenden Kornvergröberung <?page no="56"?> 44 gezieltes Zusammenspiel von Abschreckmedien (Öl, Polymer) und Abschrecktechnologie (Abschreckmittelmenge, Umwälzung, partielle Abschreckwirkung usw.) sichere Prognosen zu Maß- und Formänderungen als Basis für die Herstellbarkeit der Bauteile Spezialisten auf diesem Gebiet ist es in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern gelungen, auf der Basis von jahrzehntelangen praktischen Erfahrungen eine Simulationssoftware zu entwickeln und Ofenanlagen zu gestalten, um diese schwierigen Prozesse erfolgreich bewältigen zu können. Die Komplexität der Problematik macht es unbedingt erforderlich, dass der Hersteller solcher Bauteile bereits in der Konstruktionsphase alle Details mit dem Härtereibetrieb abstimmt. Bild 8: Ritzelwellen vorbereitet für Einsatzhärtung, Bauteil links partiell abgedeckt mit Schutzpaste Fa. Harms Lohnhärterei GmbH & Co. KG, Magdeburg Unterdruck-Aufkohlung mit anschließender Hochdruck-Gasabschreckung Teileproduzenten unterliegen einem ständigen Druck zur Rationalisierung aller Fertigungsabläufe. Im Hinblick auf die Kostenstruktur bei der Herstellung von Verzahnungsteilen geraten dabei die Härteprozesse sowie die nachfolgende <?page no="57"?> 45 Hartbearbeitung schnell ins Visier der Kostenrechner. Deshalb suchen Industrieofenbauer und Härtereibetriebe ständig nach Effizienzverbesserungen. Logische Ansatzpunkte bildeten hierzu in den letzten Jahren u. a. die Unterdruck-Aufkohlung und die Hochdruck-Gasabschreckung, die für bestimmte Anwendungsfälle erhebliche Einspar- und Verbesserungspotentiale gegenüber anderen Technologien des Einsatzhärtens beinhalten. Somit wurden neue Ofenkonzepte entwickelt, die für eine effektive Anwendung dieser Technologien geeignet sind und bei Bedarf eine Verknüpfung der beiden Komponenten gestattet. Prinzipiell lassen sich die Abläufe auch in Einkammeröfen realisieren. Diese Öfen zeigen jedoch Nachteile hinsichtlich Durchsatzleistung und Abschreckwirkung. Als logische Folge dieser Anforderungen wurden z. B. Mehrkammeröfen auf Basis der aus dem Werkzeugsektor bekannten Vakuumofentechnik entwickelt, die bei großen Durchsatzmengen besonders effektiv arbeiten. Derartige Öfen bestehen, wie in Bild 9 dargestellt, aus einer so genannten „Kalten Kammer“ und können (je nach Bedarf) über 1 bis 3 beheizbare Kammern verfügen. Aufgeheizt wird bis etwa 800°C konvektiv unter Stickstoff (Druck 2 bar). Oberhalb von 800°C erfolgt der Wärmeübergang mittels Strahlung. Als Kohlenstoffträger wurden ursprünglich Methan oder Propan verwendet. In den letzten Jahren hat sich die Verwendung von Azethylen als besonders vorteilhaft erwiesen. Edenhofer [21] stellt die o. g. technologischen Abläufe dar und nennt folgende Vorteile des Unterdruck-Aufkohlens mit Azethylen bei Verwendung moderner Ofentechnik: Ökonomische Vorteile kurze Prozesszeiten durch hohe Aufkohlungsleistung und Entfall von Zeiten für Ofenkonditionierung hohe Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Öfen (keine Bildung von Ruß und Teer) Technische Vorteile sichere Prozessführung, hohe Prozesswiederholbarkeit keine Randoxidation dichte Chargierung möglich gute Ergebnisse bei der schwierigen Aufkohlung von Sackbohrungen hoher Sicherheitsstandard (keine brennbaren Gase, kein Wärmeverlust) <?page no="58"?> 46 Bild 9: Mehrkammerofen zur Unterdruck-Aufkohlung und Hochdruck-Gasabschreckung Es entstehen weitere Vorteile, wenn diese Aufkohlungstechnologie in Verbindung mit Hochdruck-Gasabschreckung erfolgt: geringer Verzug keine Öl-Nebel Wegfall des Waschens nach dem Härten Integrierbarkeit in die Fertigung Einsatzgebiete für Verzahnungsteile Verzahnungsteile mit relativ dünnen Materialquerschnitten besonders verzugsempfindliche Teile Verzahnungen mit hohen Anforderungen an die Aufkohlungsgleichmäßigkeit Kalte Kammer Evakuieren auf ca. 10 Pa Abschrecken mit max. 20 bar, Abkühlen Mitteltür Beheizte Kammern Aufheizen mit Haltestufen auf Aufkohlungstemperatur, Aufkohlen u. Diffundieren (ggf. mehrere Zyklen), Abkühlen auf Härtetemperatur Prinzipdarstellung: Mehrkammerofen zur Unterdruck- Aufkohlung und Hochdruck- Gasabschreckung Aufkohlung: Temperatur: 800 - 1100°C (meist ca. 1050°C) Druck: 100 - 1000 Pa Dauer: wenige Minuten Ergebnis: hoher Rand-C-Gehalt Diffusion: Temperatur wie Aufkohlung Druck: 10 Pa Dauer: Mehrfaches der Aufkohlphase Ergebnis: wachsende Aufkohltiefe; Kohlungsverlauf wird optimiert <?page no="59"?> 47 Plasma-Aufkohlung mit Hochdruck-Gasabschreckung Die Aufkohlung im Plasma stellt eine vergleichsweise neue Technologie dar. Die dazu erforderlichen Anlagen sind Vakuumhärteöfen, die zusätzlich mit einem Plasma-Generator und entsprechendem Begasungszubehör ausgerüstet wurden. Aufheizen und Gasabschrecken verlaufen analog den vergleichbaren Vorgängen beim Unterdruck-Aufkohlen. Hinsichtlich Aufkohlungsmethodik, Aufkohlungstemperaturen und Druckeinstellungen bestehen ebenfalls starke Parallelen zur Unterdruck-Aufkohlung. Vor Beginn der Aufkohlung erfolgt ein Sputtern mit Argon und/ oder Wasserstoff. Als Kohlenstoffspender beim Plasma-Aufkohlen verwendet man Methan. Ritter [22] stellt die Vorgänge bei der Plasma-Aufkohlung wie folgt dar: Im Ofenraum stellt man einen Behandlungsdruck kleiner 20 mbar mit Stickstoff als Trägergas her. Das Trägergas Stickstoff wird während des Aufkohlungspulses durch den Kohlenstoffspender Methan ersetzt. In der Pulspause wechselt man wieder auf Stickstoff. In mehreren solchen Zyklen (Gaspuls-Prozess) wird bei Temperaturen zwischen 950 und 1050°C die Aufkohlung bewirkt. Die Charge steht elektrisch isoliert vom Ofengehäuse. Durch eine gepulste elektrische Gleichspannung zwischen Ofenwand und Charge erzeugt man über Glimmentladungen ein Plasma. Dieses Plasma spaltet das im Ofen vorhandene, kohlenstoffhaltige Methan auf und beschießt die Werkstückoberfläche (Kathode) mit Ionen. Es kommt nur an den mit Plasma beaufschlagten Flächen zur Diffusion, d. h. eine partielle Aufkohlung lässt sich für bestimmte Konturen (z.B. Stirnseiten) relativ einfach realisieren. Anwendungsgebiete und Vorteile: partielle Aufkohlung Aufkohlung von Sacklochbohrungen möglich geringer Energie- und Reaktionsgasverbrauch kaum Umweltverschmutzungen Im Anschluss an die Aufkohlphase ist sowohl eine allmähliche Abkühlung wie auch die Abhärtung mit Gashochdruck-Abschreckung (Druck bis 20 bar, Stickstoff oder Helium) möglich. Die Verbindung des Aufkohlungsvorganges mit der Abschreckung im Gasstrom ermöglicht ein hervorragendes Verzugsverhalten. <?page no="60"?> 48 Aufkohlen und Abhärten mittels Salzbadtechnik Salzbäder waren noch vor 40 Jahren fast in jeder Härterei im Einsatz. Im Vergleich zur Pulveraufkohlung bedeutete die Salzbadtechnologie damals einen großen technologischen Fortschritt. Die Prozessführung über die Parameter Temperatur, Zeit und Zyan-Gehalt der Schmelze konnte relativ einfach und sicher gestaltet werden. Ein wesentlicher Vorteil der Salzbadtechnik besteht in ihrer hohen Flexibilität, da die offenen Bäder es gestatten, gleichzeitig in einem Ofen unterschiedliche Einsatztiefen, Bauteile und Werkstoffe aufzukohlen. Der Hauptnachteil der Salzbad-Technologie ist aus umweltschutz-technischer und arbeitshygienischer Sicht zweifellos darin zu sehen, dass die Salzschmelzen in Kohlungsbädern große Mengen hochgiftiger Zyanide als Kohlenstoff- und Stickstoffträger enthalten. Zudem ist der manuelle Betrieb der offenen Salzbadöfen für den Härter nicht ganz ungefährlich, da man sich beim Chargieren sehr dicht der Glut nähern muss. Bei der Salzbadwärmebehandlung hängt man Bauteile an verknotete Drähte oder an Vorrichtungen. Diese wiederum taucht man an Stangen hängend in die Salzschmelze ein. Nach erfolgter Aufkohlung entnimmt man sie glühend aus dem Salzbadofen und setzt sie von Hand oder mittels Hebezeug in ein Abschreckbad (offenes Ölbad oder Wasserabschreckbad) um. Dabei ist der Härter bei den manuellen Tätigkeiten unmittelbar körperlichen Anstrengungen und Hitze ausgesetzt. Es bestehen Restrisiken bezüglich Verbrennungsgefahr bei Handlingsfehlern sowie die Möglichkeit von gesundheitlichen Langzeitschäden infolge des Einatmens schädlicher Dämpfe. Es gab und gibt umfangreiche Aktivitäten, um diese Technologie zu modernisieren. Anlagenhersteller bieten heute eingekapselte, vollautomatische und umweltoptimierte Salzbadhärtereien an, die die genannten Risiken weitgehend kalkulierbar gestalten. Ob damit langfristig die Berechtigung dieser Technologie gesichert werden kann, bleibt abzuwarten. Bild 10: Tiegelsalzbadofen mit Charge Bild 11: Drahtbunde für die Wärmebehandlung im Salzbad Fotos: Härteservice Gebr. Naumann, Neuwied <?page no="61"?> 49 Aufkohlung mit Pulvern und Pasten Pulver und Pasten als Kohlenstoff abgebende Mittel werden heute kaum noch eingesetzt, da sie aus technologischer und arbeitshygienischer Sicht den Anforderungen eines modernen Betriebes nicht mehr genügen. Beim Pulveraufkohlen werden die Bauteile zusammen mit dem Aufkohlungspulver in speziellen Glühkästen aus Guss mit einem geschlossenen und mit Lehm abgedichteten Deckel gegeben und bei Aufkohlungstemperatur entsprechend der gewünschten Aufkohlungstiefe (ohne Schutzgas) geglüht. Bzgl. der Ansteuerung der Sollwerte von Kohlenstoffkonzentration oder Aufkohltiefe im Werkstück-Randbereich ist das Verfahren sehr ungenau und daher nicht mehr für die Erfüllung heutiger Qualitätsansprüche geeignet. 5.3.2 Abschreckvorgang Zum Zwecke des Abhärtens werden die aufgekohlten, glühenden Teile in einem Ölbad, einem Wasserbad oder unter Verwendung eines speziellen Salzbadofens (Warmbad) abgeschreckt bzw. mit einem inerten Gas (meist Stickstoff) intensiv angeblasen. Erreicht man dabei eine ausreichende Abschreckgeschwindigkeit, führt dieser Vorgang in der aufgekohlten Oberflächenschicht zur Erzeugung des Härtegefüges Martensit. Bild 12: Prinzipielle Temperatur-Zeit-Verläufe der verschiedenen Abschreckmedien Temperatur Zeit Wasserabschreckung Ölabschreckung gestuftes Abkühlen Warmbad und anschl. Luft Hochdruck- Gasabschreckung langsames Abkühlen z. B. unter Schutzgas <?page no="62"?> 50 Wasserabschreckung: Im Zusammenhang mit der Einsatzhärtung findet Wasserabschreckung nur noch selten statt, da sich das Medium Wasser nur schwer in moderne Ofenanlagen integrieren lässt und erhebliche qualitative Nachteile mit sich bringt. Legierte Einsatzstähle sind nur bedingt im Wasser härtbar, da dieses Abschreckmittel für diese Stähle zu schroff ist. Risse und überhöhter Verzug sind bei Wahl dieser technologischen Variante einzukalkulieren. Durch Zugabe von Polymerzusätzen werden die spezifischen Nachteile des Wassers reduziert. So wird es möglich, massivere Bauteile abzuschrecken, wenn mit Ölabschreckung die benötigte Abkühlintensität nicht gewährleistet werden kann. Ölabschreckung: Für hochwertige Verzahnungsteile verwendet man überwiegend legierte Einsatzstähle. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung sind diese Stähle am besten für das Abhärten im Öl geeignet. Mit dieser Technologie erreicht man gute Gefügequalitäten, vertretbar geringe Verzüge und, bedingt durch ausgefeilte Ofentechnik, akzeptable Härtekosten. Zur Ölabschreckung sind schroffere wie auch mildere wirkende Abschrecköle auf dem Markt, deren Auswahl die erreichbare Härte, die Gefügeausbildung und den Verzug beeinflussen. Der Härter wählt Öle mit entsprechender Abschreckwirkung nach Werkstoff und Bauteilform aus. Die intensive Umwälzung der gesamten Ölmenge im Abschreckbad stellt eine wichtige Voraussetzung für ein gleichmäßig gutes Härteergebnis innerhalb der Charge dar. Gestufte Abkühlung (Warmbadhärtung): Verzugs- und rissempfindliche Bauteile aus hochlegiertem Einsatzstahl werden mit dieser Methode nach dem Aufkohlen besonders schonend abgehärtet. Gleichzeitig erreicht man eine nahezu vollständige Umwandlung in der Martensitstufe. Grundprinzip der gestuften Abschreckung: Beim Abkühlen eines Bauteils im Rahmen des Abschreckvorganges gibt es normalerweise größere Temperaturunterschiede zwischen Werkstückrand und Werkstückkern. Während der Rand wesentlich schneller erkaltet, ist die Temperatur im Werkstückinneren von Massivteilen oft zum gleichen Zeitpunkt noch um mehrere hundert Grad höher. Liegen diese Temperaturunterschiede noch beim Start der Martensitbildung vor, wirkt sich dies negativ auf die Martensitbildung und die entstehenden Eigenspannungsverhältnisse im Bauteil aus. Im Werkstück entstehen Spannungsspitzen, die Verzug und Risse hervorrufen können. Mit einer gezielten Temperaturführung kann man diese negativen Effekte deutlich begrenzen. Genutzt wird dabei der Fakt, dass die Bildung des Härtegefüges bei Temperaturen beginnt, die weit unter der jeweiligen Austenitisierungs- oder Kohlungstemperatur liegen. <?page no="63"?> 51 Man kühlt die Werkstücke zunächst auf eine Temperatur ab, die knapp oberhalb oder unterhalb der Martensit-Starttemperatur liegt. Für die Festlegung dieser Temperatur ist die chemische Zusammensetzung der Randschicht im aufgekohlten Zustand maßgebend. Anschließend hält man max. 20 Minuten auf dieser Temperatur, bis sich Rand- und Kerntemperatur des Bauteils weitgehend ausgeglichen haben. Danach kann mit Luft weiter abgeschreckt werden. Die Martensitbildung läuft nach dem Temperaturausgleich unter besseren Startbedingungen ab. Dies führt zu deutlich besserem Verzugsverhalten und die Rissgefahr wird minimiert. Gasabschreckung: Im Formen- und Werkzeugbau hat der Vakuumhärteofen längst die anderen Ofenarten hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung aus dem Feld geschlagen. Viele Werkzeugstähle (Lufthärter) sind für die relativ milde Gasabschreckung besonders gut geeignet. Rechnergesteuert können im Vakuumofen massive Formenteile (z. B. aus Warmarbeitsstahl) stufenweise auf Härtetemperatur erwärmt und anschließend sehr schonend mit Gas abgeschreckt werden. Die so gehärteten Werkzeugteile weisen minimale Maß- und Formänderungen auf. Sie sind außerdem absolut sauber und metallisch blank. Dies führt zu einem hervorragenden Aussehen der Teile und es fallen üblicherweise, im Gegensatz zu anderen Abschrecktechnologien, keine Reinigungsarbeitsgänge an. Mit entsprechender Steuerungssoftware und direkt am massiven Bauteil platzierten Thermoelementen kann man bei der Erwärmung wie auch beim Abschrecken die Temperaturunterschiede zwischen Werkstück-Kern und Werkstück-Rand gering halten. Dies bewirkt eine Minimierung der Härtespannungen, der Rissgefahr und des Verzuges. Um die zur Martensitbildung erforderliche kritische Abschreckgeschwindigkeit an praktischen Bauteilen aus aufgekohlten legierten Einsatzstählen mittels Gasabschreckung zu erreichen, benötigt man in erster Linie eine ausreichend hohe Abschreckintensität. Da die Kühlleistung von technischen Gasen nicht beliebig erhöht werden kann, stößt man hierbei vielfach noch an Grenzen hinsichtlich Materialauswahl und Bauteilabmessungen. Die Bildung von Härtegefüge funktioniert mittels Gasabschreckung nur, wenn der Stahl ausreichende Anteile an bestimmten, die Härtbarkeit steigernden Legierungselementen aufweist. Früher reichte die Abschreckintensität meist nicht aus, um Bauteile aus aufgekohlten Einsatzstählen im Vakuumofen mit Gasabschreckung einwandfrei aushärten zu können. Durch die bereits beschriebene Weiterentwicklung der Ofentechnik ergeben sich heute deutlich bessere Realisierungsmöglichkeiten. Nicht zuletzt entscheiden ökonomische Kriterien, ob diese technologische Variante sinnvoll ist. Nachteilig wirken sich dabei relativ hohe Härtekosten infolge teuerer Ofentechnik sowie evtl. erhöhte Materialkosten aus. <?page no="64"?> 52 Gravierende Vorteile der Gasabschreckung bei Verzahnungsteilen aus höher legiertem Einsatzstahl sind im meist ausgezeichneten Maßverhalten und dem Wegfall von Nachreinigungsprozessen zu sehen. Für Fertigungsprozesse, bei denen eine aufwendige Hartbearbeitung erheblich reduziert werden kann, lässt sich der ökonomische Nutzen der Gasabschreckung erfahrungsgemäß relativ leicht darstellen. Hier findet die Gasabschreckung in Verbindung mit Unterdruck- oder Plasmaaufkohlung bereits seit Jahren industrielle Anwendung. Vorwiegend für die Einsatzhärtung von Großserien bestimmter hochwertiger Verzahnungsteile der Autoindustrie hat sich diese Technik bereits bewährt, da in diesem Umfeld die Ofenanlage für konkrete Bauteile konzipiert werden kann. Für kleinere Betriebe gestaltet sich aus den o. g. Gründen die Auslastung einer solchen Spezialanlage häufig problematisch. Mit weiteren Verbesserungen der Ofentechnik dürfte sich das Spektrum der für Gasabschreckung geeigneten Bauteile im Bereich Einsatzhärten noch deutlich erweitern lassen. Von Bedeutung für das erreichbare Ergebnis sind: Werkstückform und -größe Masseverteilung am Werkstück Werkstoff Chargenaufbau und -masse Art des Abschreckgases (Stickstoff oder Helium) Abschreckdruck (10 bar oder 20 bar) Abschrecktechnologie (zyklische Richtungswechsel des Gasstromes) Abschreckkammer (warm oder kalt) Zu dieser Problematik sind die Forschungen und Entwicklungen noch nicht abgeschlossen. Sicher wird auch in Zukunft nicht jedes Bauteil im Gasstrom erfolgreich abzuschrecken sein, aber man kann von weiteren Fortschritten auf diesem Gebiet ausgehen. Aufgrund der im Raum stehenden technologischen Vorteile wie geringer Verzug in der Mehrzahl der Fälle, Entfall von Reinigungsarbeitsgängen und Minimierung des Schleifaufwandes könnte die Gasabschreckung als Bestandteil des Einsatzhärtens zukünftig weiter an Bedeutung gewinnen, wenn dem Industrieofenbau die Entwicklung noch effektiverer Abschrecksysteme gelingt. 5.3.3 Waschen Nach dem Abschrecken ist eine Bauteilreinigung zwingend erforderlich, um die Bauteiloberfläche von anhaftenden Salzrückständen (Salzbadtechnik) oder von Abschrecköl zu befreien. Lediglich für im Gasstrom abgeschreckte Bauteile kann dieser Aufwand eingespart werden. <?page no="65"?> 53 Dieser Arbeitsgang ist sehr wichtig für das Aussehen der Bauteile, der Verhinderung von Verunreinigungen der nachfolgenden Anlagen (Anlassöfen) sowie für die Minimierung des erforderlichen Aufwandes bei der Weiterbearbeitung. Bei der Salzbadtechnologie sind zusätzlich die hohen Forderungen des Giftgesetzes und des Umweltschutzes einzuhalten. Als Waschmedien setzt man vornehmlich ein: alkalisch und neutral eingestellte wässrige Reiniger entaromatisierte Kohlenwasserstoff-Reiniger / modifizierte Alkohole CKW-Reiniger Dem Waschprozess wird heute eine große Bedeutung beigemessen, da die Sauberkeit der Bauteile eine wichtige Voraussetzung für nachfolgende Fertigungsprozesse darstellt. Die Bauteilreinigung in einer Härterei läuft heute überwiegend in technisch hochwertigen Waschmaschinen ab, die vielseitige Waschprogramme ermöglichen und optimale Reinigungseffekte realisieren. Es ist vielfach notwendig, die Bauteilreinigung in eine automatisierte Ofenanlage zu integrieren. Bei Reinigungsmaschinen, die mit Wasch- und Spülflotten auf wässriger Basis arbeiten, ist dies sowohl auch aus sicherheitstechnischer Sicht besonders gut möglich. Entsprechend der Ofenanlage verwendet man nach dem Durchlaufprinzip arbeitende Waschmaschinen (Mehrkammersystem) oder diskontinuierlich arbeitende Einkammeranlagen. Für ein gutes Reinigungsergebnis hat sich der Einsatz von mehreren, gut umgewälzten Wasch- und Spülflotten bewährt. Qualitätsrelevant ist besonders auch der Teilschritt Bauteiltrocknung. Bei einfachen Waschmaschinen besteht die Trocknungseinheit aus einer Heizung und einem Gebläse. Moderne Einkammer-Waschmaschinen arbeiten zusätzlich mit Vakuumtrocknung. Trotz aller technischen Möglichkeiten und Fortschritte sind die Reinigungs- und Trocknungsergebnisse von der Art der Verschmutzung und Bauteilform abhängig. Meistens kann man sie als gut, selten aber als perfekt bezeichnen. CKW und Kohlenwasserstoffreiniger / modifizierte Alkohole zeichnen sich gegenüber wässrigen Waschkonzepten durch bessere Entfettungswirkung aus. Allerdings stellen auch sie keine Universallösung dar. Bei Installation und Betrieb dieser Anlagen sind sicherheitstechnische Aspekte zu beachten. 5.3.4 Tiefkühlen zur Restaustenit-Umwandlung Als Folge eines zu hohen Randkohlenstoffgehaltes oder zu hoher Härtetemperatur entsteht, im Härtegefüge eingelagert, ein bestimmter Prozentsatz an Restaustenit. Dieser weiche Gefügebestandteil beeinflusst die Verschleißfestigkeit der gehärteten Randschicht negativ. Zudem besitzt es die Eigenschaft, sich <?page no="66"?> 54 innerhalb mehrerer Wochen unter Normalbedingungen in Martensit umzuwandeln. Mit der Martensitbildung geht dann eine Maßänderung (Wachstum) einher. Würde ein Bauteil mit hohem Restaustenit-Anteil (größer 10%) auf Passung geschliffen und montiert, könnte es während des Betriebes zum ungewollten Pressen der Passung bis hin zum Blockieren kommen. Daher achtet man bei bestimmten Bauteilen sehr auf sofortige Minimierung des Restaustenit-Gehaltes im Zuge des Einsatzhärteprozesses. Durch Tiefkühlen auf Temperaturen von unter -60°C gelingt es die Umwandlungszeit drastisch zu reduzieren. Mit speziellen Kühltruhen erreicht man in einigen Stunden Kühlzeit etwa -80 °C. Noch wesentlich schneller kann man den Umwandlungsprozess mittels Eintauchen in Flüssiggas herbeiführen, da z. B. Flüssigstickstoff -196°C kalt ist. Nach dem Tiefkühlen sollte unbedingt angelassen werden, da sonst unangelassener, spröder Martensit mit ungünstigen mechanischen Eigenschaften vorliegen würde. 5.3.5 Anlassen Der Anlassvorgang sollte in kurzem Zeitabstand nach dem Abhärten erfolgen. Durch Anlassen reduziert man die Oberflächenhärte so weit, dass eine ausreichende Zähigkeit des Bauteils gewährleistet werden kann. Durch diese thermische Behandlung sinkt das Eigenspannungsniveau und somit wird die Rissgefahr gemindert. Ob das Anlassen unter Schutzgas erfolgen muss oder nicht, hängt in erster Linie von der geforderten Endhärte, dem Anlassverhalten des Werkstoffes und damit von der notwendigen Anlasstemperatur ab. Erst bei über Temperaturen über 300 °C beginnt die Zunderbildung, die man mittels einer Schutzgas-Atmosphäre vermeiden kann. Meist liegen die erforderlichen Anlasstemperaturen im Bereich zwischen 170 und 250 °C. Diese Prozesse können ohne Schutzgas durchgeführt werden. 5.4 Praktische Möglichkeiten und Toleranzen Während die DIN 17 022 Teil 3 die möglichen und technisch richtigen Verfahrensabläufe beschreibt, regelt die DIN 6773 „Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen - Darstellung und Angaben wärmebehandelter Teile in Zeichnungen“ [23] verbindlich, welche Eintragungen bzgl. Wärmebehandlung für einsatzgehärtete Teile richtig und zulässig sind. <?page no="67"?> 55 Ausgangspunkt sind dabei die Härteprüfverfahren, die für die jeweilig erzeugten Qualitäten ( Oberflächenhärte, Einsatzhärtungstiefe ) geeignet sind und zur Anwendung kommen. Härteprüfung erfolgt mit Eindringverfahren, die hinsichtlich Prüfablauf, Eindringkörper und Prüfkraft exakt festgelegt sind. Bestimmte Schichtdicken und Oberflächenhärten dürfen nur mit Verfahren und Prüflasten getestet werden, die allein diese Randschichten charakterisieren und kein Mischergebnis, etwa mit darunter liegenden Gefügeschichten, liefern. Oberflächenhärte Die Härte der Oberfläche eines Werkstücks kann, im Gegensatz zur Bestimmung der Einsatzhärtungstiefe (CHD), zerstörungsfrei geprüft werden. Als Härteprüfverfahren kommen hierfür die Verfahren nach Vickers (EN ISO 6507-1) oder nach Rockwell (EN ISO 6508-2) zur Anwendung. Einsatzhärtungstiefe Auskunft, welche Härteprüfverfahren für welche CHD und Oberflächenhärte zur Anwendung kommen dürfen, geben die Tabellen 1 - 3 der DIN 6773. Die Tabelle 6 legt die zulässigen CHD-Toleranzen fest, die für das Einsatzhärten als praxisgerecht und sinnvoll anzusehen sind. Nachfolgende Toleranzen lt. DIN sind in der Fertigungspraxis für Verzahnungsteile kleinerer und mittlerer Größe am häufigsten anzutreffen. Der Fachausschuss 10 „Harte Schichten“ der AWT [5] nennt eine Faustformel für das richtige Verhältnis von Einsatzhärtungstiefe und Modul. Es lautet: CHD = 0,2 - 0,3 x Modul Die ISO 6336-5 [7] konkretisiert diese Empfehlung in Bezug auf die Beanspruchungsarten Pitting und Zahnbruch. Unter Pkt. 14 folgen hierzu nähere Ausführungen. Eine gute Bauteilqualität ergibt sich, wenn am einsatzgehärteten Zahn die Randschicht und der Kernwerkstoff im richtigen Verhältnis vorliegen. Für die Festlegung der CHD und der Oberflächenhärte ist jedoch nicht nur der vorliegende Modul entscheidend. Zusätzlich zu berücksichtigen sind die jeweilige Zahnform der evtl. Abtrag der Härteschicht vor der Montage Entscheidend dabei ist der Einbauzustand. Die DIN 6773: 2001-04 gibt in Tabelle 6 für die Einsatzhärtungstiefe CHD Nennwerte und dazugehörige obere Grenzabweichungen an. <?page no="68"?> 56 Die nachfolgende Auflistung zeigt, wie die Einsatzhärtungstiefe toleriert werden sollte, um praxisgerecht zu sein: CHD = 0,1 + 0,1 CHD = 0,8 + 0,4 CHD = 2,0 + 0,8 CHD = 0,2 + 0,1 CHD = 1,0 + 0,4 CHD = 0,3 + 0,2 CHD = 1.2 + 0,5 CHD = 2,5 + 1,0 CHD = 0,4 + 0,2 CHD = 1,4 + 0,5 CHD = 0,5 + 0,3 CHD = 1,6 + 0,6 CHD = 3,0 + 1,2 CHD = 0,7 + 0,3 CHD = 1,8 + 0,6 Wichtig ist, dass analog der DIN die Toleranzbreite mit der Einsatzhärtungstiefe wächst. Es macht keinen Sinn, wenn dem Härter zu enge, nicht fertigungsgerechte CHD-Toleranzen vorgegeben werden. Mehr Erfolg bringt erfahrungsgemäß eine rechtzeitige Abstimmung der konstruktiven Erfordernisse und der technischen Möglichkeiten zwischen Konstrukteur, Arbeitsvorbereitung und Wärmebehandler. Besonders sorgsam sollte man bei der Festlegung der Einsatzhärtungstiefe für sehr schlanke Zahnformen vorgehen, um dem Zahn genügend Zähigkeit zu bewahren. Hier kann es zum Beispiel sinnvoll sein, die CHD an die Untergrenze des lt. IWT-Faustformel berechneten Bereiches zu legen und ggf. dafür die Kernfestigkeit minimal zu erhöhen. Dies kann man elegant mittels der Werkstoffauswahl lösen. Verwendet man z. B. statt des Einsatzstahles 16MnCr5 (1.7131) den Stahl 20MnCr5 (1.7147), so erhöht man damit den Level der Kernfestigkeit um 50 - 100 N/ mm 2 . Damit wird die Widerstandsfähigkeit gegen Zahnbruch verbessert und die gute Verschleißfestigkeit der Oberfläche erhalten. Aufgrund der zu erzielenden Zähigkeit strebt man für die Kernfestigkeit von einsatzgehärteten Verzahnungen mit höherer Belastung hauptsächlich den Bereich von 1000 - 1400 N/ mm 2 an [6]. Über 1500 N/ mm 2 nimmt die Zähigkeit einsatzgehärteter Teile dann rapide ab und eine spezielle positive Eigenschaft des Einsatzhärtens , die hohe dynamische Belastbarkeit, geht mit weiter steigender Kernfestigkeit verloren. Verzahnungsteile mit normaler Größe Das Hauptaufkommen der Verzahnungsteile, die einsatzgehärtet werden, dürfte in folgende Raster fallen: Gewicht von 50 g bis 20 kg Modul < 10 Einsatzhärtungstiefe bis 2 mm <?page no="69"?> 57 Für diese Baugrößen lässt sich das Einsatzhärten besonders rationell durchführen. Gerade für diese typischen Verzahnungsteile kommen die Vorteile des Einsatzhärtens sehr gut zur Geltung: relativ geringe Material- und Härtekosten hohe Verfahrenssicherheit gute Automatisierbarkeit vertretbare, meist kalkulierbare Maß- und Formänderungen vertretbare Kosten für Hartbearbeitung hervorragende Verschleißeigenschaften Große Verzahnungen Sehr massive Bauteile können heute mit Sondertechnologie und entsprechender Werkstoffauswahl bis etwa 7 mm tief einsatzgehärtet werden. Für sehr große Verzahnungsteile stellt das Einsatzhärten wegen der zu erwartenden Maßänderungen nur unter bestimmten Bedingungen die optimale Lösung dar. Bei einem Zahnrad mit Dm 500 mm sind Maß- und Formänderungen in einer Größenordnung von 1 - 1,5 mm durchaus realistisch. Ohne Gegenmaßnahmen hätte dies relativ viel Schleifaufwand und hohe Nachbearbeitungskosten zur Beseitigung der Maß- und Formänderungen zur Folge. Dieser Aufwand kann minimiert werden, wenn man a) genügend Erfahrungen hat und Maßänderungen in den Vormaßen entsprechend berücksichtigt b) die Bauteile härtegerecht konstruiert sind c) die Härteöfen und Abschreckbäder entsprechend dimensioniert und ausgelegt sind Anmerkung: Bei der Parameterfestlegung ist zu beachten, dass gem. ISO 6336-5 die max. Einsatzhärtungstiefe am Fertigteil 6 mm nicht überschreiten soll. Über Härteanlagen für extrem große und massive Bauteile (meist Schachtöfen) verfügen mehrere Härterebetriebe. Es gibt heute Aufkohlungsanlagen, in welchen man Zahnräder bis Dm 4000 mm behandelt. Das maximal mögliche Chargengewicht dieses Ofens wird mit 38 t angegeben. Um derartige Chargen abschrecken zu können, werden entsprechend groß ausgelegte Abschreckbäder mit spezieller Zwangsumwälzung benötigt. Die oben genannte Ofenanlage verfügt über ein Ölabschreckbad mit 60 m³ Inhalt und ein Polymerabschreckbad mit 100 m³ Fassungsvermögen [24]. <?page no="70"?> 58 Die genannten Fakten sollen die anlagentechnischen Erfordernisse verdeutlichen, die zur erfolgreichen und gefahrlosen Realisierung solcher extremen Härteaufgaben zu erfüllen sind. Bei derartig großen Bauteilen bietet Induktionshärten der Verzahnung mittels Einzelzahnhärtung (Zahnflankenhärtung oder Zahngrundhärtung) in vielen Fällen eine sinnvolle Alternative, die jedoch gegenüber dem einsatzgehärteten Bauteil eine andere Werkstoffauswahl sowie veränderte Fertigungsabläufe erfordert (siehe Pkt. 12). Für diese Wärmebehandlung benötigt man andere Stähle und es ergeben sich andere Vormaße. Der Fakt, dass bei Induktionshärten lediglich partiell Wärme eingebracht wird, bedeutet vielfach den Schlüssel zur Herstellbarkeit von verzugsgefährdeten Bauteilen. Für etwas robustere Werkstücke kommt auch Flammhärten in Frage. Bei diesem Verfahren ergeben sich gegenüber dem Induktionshärten aber aufgrund des wesentlich langsameren Wärmeübergangs zwangsläufig tiefere Einwärmungen und u. U. höhere Verzüge. Letztlich ist die Gesamtheit der konstruktiven Forderungen, Kosten und Rahmenbedingungen dafür ausschlaggebend, welcher technologische Weg eingeschlagen wird. Kleinstteile Dabei ist zu beachten, dass für einen kleineren Mehrzweck-Kammerofen mit Chargengewichten größer 100 kg die kleinste praktikable Toleranz bei CHD = 0,1 + 0,1 mm liegt. Prinzipiell steigt die Streuung mit der Größe der Charge, weil durch die unterschiedliche Erwärmung innerhalb der Charge die Kohlenstoff-Diffusion nicht gleichzeitig beginnt. Verzahnungsteile des Kleingetriebebaus oder der Uhrenindustrie, die zwangsläufig dünn chargiert als Schüttgut einsatzgehärtet werden müssen, sollten in kleineren Öfen und mit niedrigen Chargengewichten behandelt werden. 40 kg Chargen-Nettogewicht sind dabei keine Seltenheit. Für den Härter sind solche Chargen aus wirtschaftlicher Sicht wenig lukrativ, da klassische Wärmebehandlung normalerweise nach Euro pro Kilogramm abgerechnet wird und das normale Chargengewicht auch bei Öfen der Größe T6 (Ofenraum 900 x 600 x 600mm) bei 200 - 300 kg liegt. Zusätzlicher Aufwand fällt an, da derartig kleine und leichte Bauteile im Rahmen der Chargenvorbereitung noch mit Spezialabdeckungen gegen Ausschwemmen beim Abschrecken geschützt werden müssen. In solchen Fällen ist es an den Technikern zu entscheiden, ob die Bauteile ohne Qualitätsabstriche in einem hinsichtlich der Härtekosten günstigeren Ofentyp (z.B. Durchlauföfen) gehärtet werden können. Sind qualitative Nachteile (Verzug, Schlagstellen) zu erwarten, sollte die solidere technische Lösung angestrebt werden. Kleinmodulige Verzahnungen kohlen und härten durch. Somit trifft man schlechtere Zähigkeitseigenschaften an. Deshalb empfiehlt sich für viele Verzahnungen eine etwas reduzierte Oberflächenhärte von etwa 600 - 650 HV einzustellen. <?page no="71"?> 59 Dies realisiert der Härter völlig unproblematisch mit einer etwas höheren Anlasstemperatur. Als alternatives Wärmebehandlungsverfahren für Kleinverzahnungen hat sich das Nitrocarburieren durchgesetzt (siehe Pkt. 9.). 5.5 Härteprüfung 5.5.1 Prüfung der Oberflächenhärte Die Oberflächenhärte einsatzgehärteter Bauteile prüft man nach dem Vickersbzw. Rockwell-Verfahren. Rockwell-Verfahren gemäß EN ISO 6508-1 Grundprinzip: Ein Eindringkörper (Diamantkegel, Stahlkugel oder Hartmetallkugel) wird unter definierten Bedingungen in die zu prüfende, leicht überschliffene Materialprobe gedrückt. Gemessen wird die verbleibende Eindringtiefe h nach Rücknahme der Prüfzusatzkraft, aber unter Prüfvorkraft. Die Rockwell-Härte errechnet sich dann aus dem Quotienten von h und der Skalenteilung S. Der Härtewert wird analog (Messuhr) oder digital am Prüfgerät angezeigt. Die o. g. Europa-Norm stellt alle Rahmenbedingungen detailliert dar. Es gibt mehrere Varianten dieses Verfahrens. Für randschichtgehärtete Teile werden am häufigsten die Verfahrensvarianten HRC und HRA angewendet. Verfahrenstechnisch bedingt wird die Rockwell- Prüfung hauptsächlich für Verzahnungsteile mittlerer Größe eingesetzt. Tabelle 8: Eindringkörper und Prüfkräfte HRC und HRA Kurzzeichen Eindringkörper Prüfvorkraft Prüfzusatzkraft Prüfgesamtkraft Anwendungsbereich HRC Diamantkegel 120° 98,07 N 1,373 kN 1,471 kN 20 - 70 HRC HRA Diamantkegel 120° 98,07 N 490,3 N 588,4 N 20 - 88 HRA Zu beachten ist, dass bei Härteprüfungen nach HRC bzw. HRA relativ große Eindringtiefen des Prüfkörpers zu verzeichnen sind. Das kann bei dünnen Schichten zu Messfehlern führen. Nach EN ISO 6508-1 hat deshalb die Dicke der zu prüfenden Schicht mindestens dem Zehnfachen der Eindringtiefe zu entsprechen. Deshalb müssen die Proben Mindestdicken aufweisen, deren Wert <?page no="72"?> 60 umgekehrt proportional von der vorliegenden Härte abhängt (EN ISO 6508-1, Anhang B, Bild B.1). Somit ist die Anwendbarkeit der Rockwell-Verfahren hinsichtlich der Prüfung von einsatzgehärteten Bauteilen begrenzt, um ein Mischergebnis (Fehlmessung) zwischen Einsatzhärteschicht und Kernwerkstoff zu vermeiden. Die DIN 6773: 2001-04 [23] konkretisiert in Tabelle 3, unter welchen Bedingungen (Oberflächen-Mindesthärte, Mindest-Härtetiefe CHD) die Verfahren HRC und HRA für die Oberflächenhärte-Prüfung einsatzgehärteter Teile anwendbar sind: HRC: Mindest-CHD 0,8 mm bei Oberflächen-Mindesthärte 60 HRC HRA: Mindest-CHD 0,4 mm bei Oberflächen-Mindesthärte 81 HRA Liegt eine niedrigere Oberflächenhärte vor, dürfen die Verfahren erst bei entsprechend größeren Einsatzhärtungstiefen zur Messung benutzt werden. Die Härteprüfung nach Rockwell findet daher auch bei Verzahnungsteilen nur für ausreichend massive Messstellen Anwendung. Es gilt die in der o. g. Norm genannten Rahmenbedingungen zu erfüllen, um einwandfreie Messungen zu gewährleisten. Prüfungen direkt am Zahn sind nur bei großen Modulen möglich. Zur Anfertigung von Härteverläufen ist das Rockwell-Verfahren nicht geeignet. Dünnere Schichten bzw. dünnwandige Bauteile sind vorzugsweise mit dem Vickers-Verfahren (HV) und normgerechter Laststufe zu prüfen. Vickers-Härteprüfung gemäß EN ISO 6507-1: Grundprinzip: Ein Eindringkörper in Form einer geraden Diamant-Pyramide mit Öffnungswinkel 136° wird mit einer definierten Prüfkraft in die polierte Oberfläche einer Probe gedrückt. Nach Rücknahme der Prüflast wird ein Eindruck mit viereckiger Prüffläche auf der Probe sichtbar. Dessen beiden Diagonalen werden vermessen und zur Berechnung der Fläche des Eindruckes herangezogen. In der Praxis bildet man den Mittelwert der beiden Diagonalen und liest dann in einer Tabelle, die es speziell für jede Laststufe gibt, die Vickers-Härte ab. Moderne, digitale Prüfgeräte zeigen den Wert direkt an. Das Vickers-Verfahren ist das wichtigste Verfahren für die Härteprüfung. Es kommt für die Ermittlung der Oberflächenhärte wie auch für die CHD-Bestimmung zum Einsatz. <?page no="73"?> 61 Man unterteilt gem. EN ISO 6507-1 Tabelle 1 [26] in folgende 3 Bereiche: Tabelle 9: Vickers-Lastbereiche und ihre Anwendungsgebiete Vickers-Härteprüfung Prüfkraft 5 kp ( HV5 ) Oberflächenhärtebestimmung Vickers-Kleinlasthärteprüfung Prüfkraft 0,2 bis 5 kp (HV0,2 bis HV 5) Härteverläufe, Oberflächenhärtebestimmung Vickers-Mikrohärteprüfung Prüfkraft 0,01 bis 0,2 kp Metallografie Besonders bei Verzahnungsteilen ist die Festlegung einer Messstelle wichtig, weil es unterschiedliche Härtetiefen und Härten an den verschiedenen Bereichen einer Verzahnung gibt (siehe Bild 13). Durch die Messstelle wird verbindlich festgelegt, an welcher Stelle am Bauteil die geforderte CHD vorhanden sein muß und wo auch im Streitfall geprüft wird. Verzahnungen zeigen nach dem Aufkohlen keine durchgängig gleiche Diffusion. Die Einsatzhärtungstiefe ist am Zahnkopf immer größer als im Zahnfuß oder dem vollen Querschnitt des Zahnrades (siehe Bild 13 sowie Bild 14 und 15). Wie groß die Unterschiede sind, hängt in erster Linie von der Zahnform, den Abmessungen des Bauteils und der Einsatzhärtungstiefe ab. Ursachen: schnellere Erwärmung des Zahnkopfes als des Zahngrundes am Zahnkopf Diffusion von mehreren Seiten im Zahnfuß schlechtere Diffusions- und Abschreckbedingungen Bild 13: Geätzter Schliff einer einsatzgehärteten Verzahnung aus 16MnCr5 zur Darstellung der Einsatzhärteschicht [27] <?page no="74"?> 62 5.5.2 Härteverlauf Die Einsatzhärtungstiefe wird gem. EN ISO 2639 [28] geprüft, in dem man so genannte Härteverläufe anfertigt (Bild 14 und 15). Die in der Praxis übliche Methode zur Bestimmung der Einsatzhärtungstiefe stellt die Anfertigung von Härteverläufen dar. Damit ist eine sicheres, aussagekräftiges und gem. DIN verbindliches Ergebnis zu erzielen, welches dem Praktiker zusätzlich wichtige Erkenntnisse über die Qualität der durchgeführten Wärmebehandlung liefert. Härteverläufe werden üblicherweise am nicht geätzten Längs- oder Querschliff ermittelt, da für die Vickers-Messung eine reflektierende Oberfläche benötigt wird. Die Schliffe werden in folgenden Schritten präpariert: 1. Nasstrennschleifen entlang der Längsachse (Längsschliff) oder im rechten Winkel zur Längsachse des Bauteils 2. Einbetten zur Verbesserung der Schliffqualität besonders im Randbereich (optional, für die Realisierung besonders hoher Genauigkeitsanforderungen oder bei CHD kleiner 0,3 mm auf jeden Fall zu empfehlen) 3. Nassschleifen der Prüffläche mit mehreren Nassschleifpapieren unterschiedlicher Körnung von grob nach fein 4. Polieren auf einer Filzscheibe 5. Härteverlauf Nach EN ISO 2639: 202 (D) dient ein so genannter Grenzhärtewert (GH) zur Definition der Stelle in der Randschicht, an welcher das Härtegefüge endet und der ungehärtete Werkstoff beginnt. Mittels Metallografie wäre dieser Punkt nicht so eindeutig festzulegen. Die Bilder 14 und 15 verdeutlichen das Prinzip der Härteverläufe und der CHD-Bestimmung. Im Regelfall ist die Grenzhärte beim Einsatzhärten bei 550 HV und es kommt die Prüflast 9,81 N (1 kp) zur Anwendung: GH = 550 HV 1 Entsprechend der o. g. Norm [28] können zwischen den beteiligten Parteien andere Härtegrenzwerte als 550 HV 1 vereinbart werden. Der Grenzhärtewert sollte aus praktischen Gründen etwa bei 80 % der Mindest- Oberflächenhärte (gem. Zeichnungsforderung) oder bei ca. 80 % der gemessenen Härte liegen. Die Prüfkraft darf in solchen Sonderfällen zwischen 4,91 N (0,5 kp) und 49,1 N (5 kp) liegen. <?page no="75"?> 63 Bild 14: Härteverlaufskurve Verzahnung gemäß Bild 13, im Zahngrund gemessen [27] Bild 15: Härteverlaufskurve Verzahnung gemäß Bild 13, am Zahnkopf gemessen [27] <?page no="76"?> 64 5.6 Beispiele für praxisgerechte konstruktive Forderungen an einsatzgehärtete Verzahnungsteile 5.6.1 Allseitige Einsatzhärtung Beispiel 1: Ritzel aus Wst. 1.7131 (16MnCr5) d k = 30 mm, Modul m = 0,8 Tabelle 10: Beispiel Zeichnungsvorschrift für allseitige Einsatzhärtung Zeichnungsvorschrift: einsatzgehärtet und angelassen Festlegung in der DIN 6773 [23] 600 + 100 HV 1 Prüfkraft gem. Tabelle 1 CHD = 0,1 + 0,1 mm CHD-Toleranz gem. Tabelle 6 Anmerkung: Da keine gesonderte Angabe existiert, liegt die Grenzhärte bei 550 HV1. Beispiel 2: Ritzelwelle aus 1.7149 (20MnCrS5) d K = 320 mm, Modul m = 10 Variante a) Tabelle 11: Beispiel Zeichnungsvorschrift für allseitige Einsatzhärtung mit zwei Messstellen (Welle-Zahnkopf) Zeichnungsvorschrift: einsatzgehärtet und angelassen Erläuterungen Messstelle 1: Wellenstumpf 60 + 4 HRC CHD = 0,8 + 0, 4 mm - Wellenstumpf ist messbar mit HRC, d. h. Prüflast 1,471 kN (150 kp) - HRC ist hier das effizienteste Prüfverfahren (sicher, schnell) Messstelle 2: Zahnkopf 650 + 100 HV 30 CHD = 0,8 + 0,6 mm - Zahnkopf ist in diesem Fall für die Funktion eine wichtige Kontur. - Die relativ kleine Fläche am Zahnkopf prüft man besser mit HV. - Die CHD wird am Zahnkopf höher sein als am Wellenstumpf. Variante b) Wäre statt des Zahnkopfes der Zahnfuß (auch Zahngrund genannt) für die Funktion besonders wichtig, würde man diesen Bereich als Messstelle 2 festlegen. <?page no="77"?> 65 Tabelle 12: Beispiel Zeichnungsvorschrift für allseitige Einsatzhärtung mit zwei Messstellen (Welle-Zahnfuß) Zeichnungsvorschrift: einsatzgehärtet und angelassen Erläuterungen Messstelle 1: Wellenstumpf 60 + 4 HRC CHD = 0,8 + 0, 4 mm - Wellenstumpf ist messbar mit HRC - Korrekturfaktor gem. Anhang C für zylindrische Oberflächen beachten! Messstelle 2: Zahnfuß 600 + 150 HV 3 CHD 450 = 0,6 + 0,6 mm - Wegen ungünstigerer Diffusions- und Abschreckbedingungen wird man hier geringere Härte und CHD erreichen. - HV 3 erforderlich, weil die Härte im Zahngrund nur über Härteverlauf zu bestimmen ist! (Oberflächenhärteprüfung am Zahnfuß messtechnisch nicht möglich) Hinweise: Wenn für die Wärmebehandlung besondere Vorschriften einzuhalten sind, so sollten diese in einer Wärmebehandlungsanweisung (WBA) oder einen Wärmebehandlungsplan (WBP) enthalten sein. Die Zeichnung hat in diesem Fall auf die Unterlage zu verweisen, um evtl. Fehlbehandlung vorzubeugen. Es ist ratsam, die Anzahl der Messpunkte und Vorgaben zu minimieren. Keinesfalls sollten Vorgaben sich gegenseitig ausschließen oder eingrenzen. Eher sollte im Beispiel 2 die Messstelle 1 entfallen, als dass man 3 Messpunkte in der Zeichnung anführt. Der Einsatzhärteprozess kann nur nach einem Messpunkt gesteuert werden. Die CHD und die Oberflächenhärte an den weiteren Konturen ergeben sich nach naturwissenschaftlichen Gesetzen automatisch und sie sind reproduzierbar. Deren konkrete Werte sind hauptsächlich abhängig vom Werkstoff und der Bauteilform. Aus wirtschaftlicher Sicht ist von erheblicher Bedeutung, mit welchem Aufwand die Messpunkte zu prüfen sind. Um z. B. die Einsatzhärtungstiefe oder Härte im Zahngrund prüfen zu können, muss mindestens 1 Bauteil zerstört werden. Bei großen Verzahnungsteilen schlägt sich dies erheblich auf die Kosten nieder. In der Regel ist es sinnvoller, über Versuchshärtungen und anschließende Werkstoffprüfung die realen Verhältnisse an den einzelnen Bauteilkonturen zu untersuchen. Selbst die Anfertigung und Untersuchung von Grenzmustern rechnet sich bei Serienfertigungen, wenn dadurch der tägliche Präparations- und Prüfaufwand deutlich reduziert werden kann. Die Grenzmuster-Untersuchungen müssen bei allen relevanten technologischen Veränderungen wiederholt werden. Aus Sicht des Qualitätsmanagements bleibt zu betonen, welche fatale Wirkung praxisfremde, überflüssige oder falsche Zeichnungsvorgaben haben. Dies führt dann schnell zu Fehlinterpretationen und letztlich zu einem schlechteren Qualitätslevel. <?page no="78"?> 66 5.6.2 Einsatzhärtung mit partiell unterschiedlichen Anforderungen Es treten häufig Anwendungsfälle auf, bei denen an einem Werkstück unterschiedliche Oberflächenhärten, Einsatzhärtungstiefen oder Gefüge in der Randschicht erforderlich sind. In solchen Fällen ergeben sich gegenüber der „normalen“ Allseitigen Einsatzhärtung mit einheitlicher CHD andere technologische Abläufe und Zeichnungsdarstellungen. Die DIN 6773 gibt vor, wie diese Forderungen in den Zeichnungen unmissverständlich einzutragen sind. a) Allseitige Einsatzhärtung mit unterschiedlicher Oberflächenhärte (Beispiel entsprechend DIN 6773: 2001-04, Pkt. 6.5.4.2.1.) Bild 16: Ritzelwelle mit partiell unterschiedlicher Oberflächenhärte Sachverhalt: Am dünnwandigen Ansatz soll das Bauteil eine reduzierte Härte aufweisen. Dies kann funktionelle Gründe haben, aber auch ausschließlich zur Minimierung der Riss- oder Bruchgefahr notwendig sein. Deshalb wird dieser Bereich wie im Bild gesondert gekennzeichnet. Man legt Messpunkte fest und versieht jeden Messpunkt mit der für ihn zutreffenden Härteforderung. Technologie: Aus dieser Zeichnungsforderung heraus ergibt sich folgender Fertigungsablauf: Einsatzhärten des gesamten Teils Anlassen des gesamten Teils auf die Forderung für Messpunkt 1 Induktives Anlassen des dünnwandigen Bereiches auf Länge 12+5 mm auf die angegebene Härte von Messpunkt 2 1 2 12 +5 einsatzgehärtet und angelassen CHD= 0,3 + 0,2 1 700 + 100 HV 10 2 550 HV 10 <?page no="79"?> 67 Zu beachtende Fakten: Beim induktiven Anlassen herrschen deutlich schlechtere Bedingungen als bei einem Ofenprozess. Besonders bei legierten Einsatzstählen lässt sich die Oberflächenhärte durch Induktionsglühen nur mit Schwierigkeiten unter 50 HRC reduzieren, da ungewollte Aufhärtungen in der Abkühlphase schwer vermieden werden können. Außerdem ist innerhalb der induktiv geglühten Zone mit einer größeren Härtestreuung zu rechnen, da zwischen Anheizbereich, Mittelbereich der Glühzone und Glühauslauf unterschiedliche Bedingungen herrschen. Für jeden induktiv angelassenen Bereich ist eine breite Übergangszone erforderlich. Deren Lage und Breite ermittelt man üblicherweise in Versuchen. Mit dem Eintrag von praxisgerechten Messpunkten sowie einer realistischen, großzügigen Tolerierung hilft der Konstrukteur nicht nur dem Härter, sondern er zeigt auch klar und deutlich an, welche Härteforderungen für die Funktion des Bauteiles unverzichtbar sind. b) Allseitige Einsatzhärtung mit unterschiedlicher Einsatzhärtungstiefe (Beispiel entsprechend DIN 6773: 2001-04, Pkt. 6.5.4.2.2.) Sachverhalt: Ein Bauteil benötigt aus konstruktiven Gründen (Bruchsicherheit) an bestimmten Konturen (Verzahnung, dünner Ansatz) eine niedrigere Einsatzhärtungstiefe. Deshalb werden diese Messpunkte mit gesonderten Vorgaben ausgewiesen. Bild 17: Zahnrad mit unterschiedlicher CHD Technologie: Im vorliegenden Fall würde man das gesamte Teil gemäß Vorgaben des Messpunktes 1 einsatzhärten. Die Bereiche, die später die dünnere Einsatzschicht aufweisen sollen, belässt man dabei mit einem größeren Vormaß. Im Anschluss an den Arbeitsgang Einsatzhärten trägt man über Hartbearbeitung Härteschicht ab. 2 1 3 einsatzgehärtet und angelassen 700 + 100 HV 10 CHD = 0,5 + 0,3 1 3 60 + 4 HRC CHD = 0,8 + 0,4 2 und <?page no="80"?> 68 Diese Variante ist geeignet, wenn die reduzierte CHD nur geringfügig unter der sonstigen Einsatzhärtungstiefe liegen soll. Bei größeren Unterschieden in den Forderungen bzgl. Einsatzhärtungstiefe an einem Bauteil (mehr als 0,5 mm CHD-Differenz) steigt der Aufwand, da die Oberflächenhärte in dieser Gefügeschicht durch reduzierten Kohlenstoffgehalt u. U. zu niedrig sein wird. In diesem Fall wäre ggf. ein zweiter, spezieller Wärmebehandlungsprozess (Nachkohlen zur partiellen Erhöhung des Randkohlenstoffgehaltes, Abhärten) notwendig, um auch an der CHD-reduzierten Passage die volle Oberflächenhärte herstellen zu können. Zu beachtende Fakten: Der Abtrag der Einsatzhärteschicht bewirkt an dieser Partie eine Reduzierung der Oberflächenhärte entsprechend dem jeweiligen Härteverlauf. Da die Verwirklichung derartige Zeichnungsforderungen hohe Kosten verursacht, sollte vom Konstrukteur vorher geprüft werden, ob effektivere Lösungen möglich sind. 5.6.3 Partielle Einsatzhärtung in mehreren Varianten Variante 1: Partielle Einsatzhärtung mit Bereichen, die weder aufgekohlt noch gehärtet werden dürfen (siehe DIN 6773: 2001-04, Pkt. 6.5.4.3.2. und Bild 28) Sachverhalt: Ein Bauteil soll einsatzgehärtet werden, darf aber in bestimmten Bereichen weder aufgekohlt noch gehärtet sein. Mögliche Gründe: Hohe Kohlenstoff-Anteile behindern die Schweißbarkeit. Niedrigere Festigkeiten benötigt man z. B. zum Vernieten. Bild 18: ZSB-Rad mit weichem Wellenansatz (nicht aufgekohlt, ungehärtet) einsatzgehärtet und ganzes Teil angelassen 650 + 150 HV 10 CHD = 0,3 + 0,2 15 +10 <?page no="81"?> 69 Technologie: Einen einfachen Realisierungsweg für größere Bauteile bietet die Salzbadtechnik. Man chargiert die Teile so, dass nur der markierte Bereich der Werkstücke in die Schmelze eintaucht, der aufgekohlt und abgehärtet werden soll. Für Kleinteile analog Bild 15 wäre diese Technologie aufgrund der Größenverhältnisse nicht praktikabel. In Gasaufkohlungsöfen kann man eine durchgreifende Erwärmung des gesamten Teiles während der Behandlung nicht verhindern. Entsprechend würden auch die Prozesse der Kohlenstoff-Diffusion am gesamten Bauteil stattfinden. Durch Bestreichen mit Abdeckpasten kann dies verhindert werden. Für die Serienfertigung gibt es noch die Möglichkeit, die zu schützenden Partien galvanisch zu verkupfern. So aufgekohlte Bauteile werden dann partiell abgehärtet. Dies kann mittels Induktionshärten, Flammhärten oder Salzbadhärtung erfolgen. Für diese Art von Härteaufgaben konnte in der industriellen Praxis das Verfahren Induktionshärten aufgrund seiner spezifischen Vorteile einen hohen Stellenwert erringen, da es für ein großes Teilespektrum anwendbar ist. Partielle Aufkohlung im Plasma ist relativ einfach realisierbar durch Abdecken mit Stahlhülsen oder Abdeckblechen. Die einfachste Möglichkeit des Schutzes einer geraden Fläche (z. B. einer Stirnseite) vor Diffusion ist das Auflegen des Teiles mit dieser zu schützenden Fläche auf den Chargenträger. Auch beim Härteprozess ist sicherzustellen, dass in den zu schützenden Werkstückpartien keine Diffusionsprozesse stattfinden. Deshalb dürfen hier auch bei der Erwärmung auf Härtetemperatur und der Durchwärmung keine Kohlenstoff abgebenden Medien (Gase, Salzschmelzen) einwirken. Darstellung in der Zeichnung: Die Einsatzhärtezone wird mit einer breiten Strichpunktlinie dargestellt. Die Übergangszone liegt immer im Härtebereich. Die tatsächliche Breite der Übergangszone hängt von der Summe der Einflussfaktoren ab (Verfahrensvariante, CHD, Werkstoff, Art des Diffusionsschutzes). Hier ist generell eine großzügige Tolerierung in der Zeichnung sinnvoll. Steht nur ein kleiner Bauteilbereich für den Übergang zur Verfügung, wäre es sinnvoll die Machbarkeit im Vorversuch zu prüfen. Zu beachtende Fakten: Der Übergangsbereich sollte möglichst in konstruktiv unkritischen Bauteilbereichen liegen, um die Entstehung von konstruktiven Kerben oder anderen Schwachstellen am Bauteil zu verhindern. <?page no="82"?> 70 Variante 2: Örtlich begrenzte Einsatzhärtung, Teil ganz aufgekohlt (siehe DIN 6773: 2001-04, Pkt. 6.5.4.3.3. und Bild 29) Sachverhalt: An einem Bauteil soll lediglich ein bestimmter Bereich gehärtet werden (z.B. die Verzahnung). Für die anderen Konturen stört der Kohlenstoffanteil in der Oberfläche des Bauteils nicht und auch der mit der Aufkohlung verbundene Festigkeitsanstieg wirkt sich nicht negativ aus oder ist sogar gewünscht. Bild 19: Vollständig aufgekohltes Ritzel, nur Verzahnung gehärtet Technologie: Es ist sinnvoll, aus Kostengründen die Freiheiten lt. Zeichnung zu nutzen. Deshalb wird man in der Regel das komplette Teil aufkohlen und anschließend die zu härtende Kontur partiell abhärten. In der überwiegenden Zahl der Fälle geschieht dies mittels Induktionshärten. Letztlich entscheidend für die Auswahl des Randschicht-Härteverfahrens sind Faktoren wie Bauteilform und Bauteilgröße sowie Lage und Größe der Härtezone. Darstellung in der Zeichnung: Nur der abzuhärtende Teil wird mit einer breiten Strichpunktlinie dargestellt. Sollten die Bauteilkonturen (Absätze) die Begrenzung des Härtebereiches nicht unterstützen, ist die Festlegung eines Übergangsbereiches nötig. Variante 3: Örtlich begrenzte Einsatzhärtung, einzelne Bereiche gehärtet, aber nicht aufgekohlt (siehe DIN 6773: 2001-04, Pkt. 6.5.4.3.4. und Bild 30) Sachverhalt: Ein Bauteil besitzt einen Bereich (Gewinde, Ansatz), der nicht aufgekohlt werden soll, weil man z. B. eine Versprödung in diesem Bereich vermeiden will. einsatzgehärtet und angelassen Aufkohlung des ganzen Teiles zulässig 58 + 4 HRC CHD = 1,0 + 0,4 <?page no="83"?> 71 Andererseits stellt die mit der Blindhärtung der nicht aufgekohlten Partie einhergehende Festigkeitserhöhung kein Problem dar. Die Härteangabe für diesen Bereich wird werkstoffabhängig toleriert. Die Toleranz sollte etwas größer sein als die nach DIN erlaubte Spanne gem. Stirnabschreckversuch für den gewählten Werkstoff. Bild 20: Ritzelwelle mit abgedecktem Ansatz Technologie: Eine Kontur schützt man mit den bereits genannten Methoden vor dem Aufkohlen. Bei den Wärmebehandlungsschritten Aufkohlen, Härtung und das Anlassen müssen dann keine weiteren Sondermaßnahmen getroffen werden. Abdeckpaste bzw. Kupferschicht werden nach der Wärmebehandlung durch Waschen und mechanische Arbeitsgänge entfernt. Darstellung in der Zeichnung: Den einsatzgehärteten Bereich umfasst eine breite Strichpunktlinie. Notwendige Toleranzen für das Abdecken gehen zu Lasten der weicheren Zone. Variante 4: Örtlich begrenzte Einsatzhärtung mit Bereichen, die einsatzgehärtet sein dürfen (siehe DIN 6773: 2001-04, Pkt. 6.5.4.3.5. und Bild 31) Sachverhalt: Ein Bauteil weist Funktionsflächen auf, die einsatzgehärtet werden müssen. Bei anderen Konturen des Teils entsteht kein Nachteil, wenn diese zur Vereinfachung des Wärmebehandlungsprozesses auch einsatzgehärtet werden. Bestimmte andere Partien dürfen wiederum nicht aufgekohlt sein. einsatzgehärtet und ganzes Teil gehärtet und angelassen 33 + 15 HRC 56 + 4 HRC 1 2 80 +8 1 2 <?page no="84"?> 72 Bild 21: Verzahnungsteil mit nicht aufzukohlender Bohrung Technologie: Den entscheidenden Punkt in diesem Fall stellt die Verhinderung der Aufkohlung an bestimmten Werkstückpartien dar. Es darf in diese Bereiche weder beim Aufkohlen noch beim Abhärten Kohlenstoff diffundieren. Außenkonturen kann man mit den üblichen Methoden abschirmen. Gewindebohrungen verschließt man häufig mit Schrauben. Glatte Bohrungen sind nur mit einem größeren Aufwand abzuschirmen. Entweder deckt man die entsprechenden Oberflächenbereiche mit Paste ab und bohrt erst nach dem Einsatzhärten oder man verwendet Abdeckkappen aus Stahl. Diese müssen jedoch sehr gut passen bzw. (bei Gewindeansätzen) aufgeschraubt sein. Darstellung in der Zeichnung: einsatzgehärtet und ganzes Teil angelassen 56 + 6 HRC CHD = 1,0 + 0,4 Der einsatzgehärtete Bereich wird mit einer breiten Strichpunktlinie gekennzeichnet. Mit einer breiten Strichlinie stellt man die Bereiche dar, wo Einsatzhärtung zulässig ist. Bereiche ohne Kennzeichnung dürfen nicht aufgekohlt sein. <?page no="85"?> 73 5.6.4 Separate Darstellung der Aufkohlung in der Zeichnung a) Allseitige Aufkohlung (siehe DIN 6773: 2001-04, Pkt. 6.5.4.4.1. und Bild 32) Die Zeichnung enthält lediglich den Vermerk Der Index 0,35 bezeichnet den Grenzkohlenstoffgehalt in %. Man geht dabei davon aus, dass werkstoffspezifisch alle Anteile der Randschicht mit Masseanteilen an Kohlenstoff von 0,35 % C der Aufkohlungstiefe zugerechnet werden. b) Partielle Aufkohlung (siehe DIN 6773: 2001-04, Pkt. 6.5.4.4.2. und Bild 33) Die Kennzeichnung des aufgekohlten Bereiches erfolgt mit breiter Strichpunktlinie. Der Übergang zwischen dem Kohlungsbereich und den nicht gekohlten Passagen liegt grundsätzlich außerhalb der Markierung. Bild 22: Partielle Aufkohlung aufgekohlt At 0,35 = 0,7 + 0,3 95 +10 aufgekohlt At 0,35 = 1,0 + 0,4 <?page no="86"?> 74 6 Carbonitrieren 6.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung Carbonitrieren ist gem. DIN 17022 Teil 3 eine Verfahrensvariante des Einsatzhärtens. Entsprechend gibt es sehr viele Gemeinsamkeiten. Allerdings sind auch erhebliche Unterschiede in Bezug auf Werkstoffauswahl Wärmebehandlungstechnologie Maßverhalten Belastbarkeit zu verzeichnen, die nicht unbeachtet bleiben dürfen. Deshalb erscheint es sinnvoll, das Carbonitrieren als Härteverfahren für Verzahnungsteile gesondert zu betrachten. Es findet bei Stählen Anwendung, die kaum Anteile an positiven Eisenbegleitern wie Cr, Mn, Mo oder Ni haben und deren Kohlenstoffgehalt ebenfalls sehr niedrig liegt. Ihre technologische und wirtschaftliche Bedeutung liegt in ihren anderen Eigenschaften begründet: preislich günstig effektiv zerspanbar gut schweißbar Beim Carbonitrieren wird die Randschicht eines Werkstücks analog dem Einsatzhärten aufgekohlt. Zusätzlich reichert man diese mit etwas Stickstoff an. Dies verbessert die Härtbarkeit der unlegierten Werkstoffe und beeinflusst bestimmte Gebrauchseigenschaften positiv. Carbonitrieren erfolgt lt. DIN 17022 Teil 3 zwischen 700 und 930°C. Dabei kommen zwei Temperaturbereiche zur Anwendung: 1. Oberhalb AC 3 des Ausgangswerkstoffzustandes 2. Zwischen AC 1 und AC 3 des Ausgangswerkstoffzustandes Die Stickstoffaufnahme ist im niedrigeren Temperaturbereich (unter AC 3 ) höher als oberhalb des AC 3 -Punktes. Deshalb gibt es qualitative Unterschiede hinsichtlich der Gebrauchseigenschaften der jeweils erzeugten Randschichten. <?page no="87"?> 75 Bei Carbonitrieren oberhalb AC 3 geht es in erster Linie um die Verbesserung der Härtbarkeit der Randschicht. Diese Technologie verwendet man für größere Einsatzhärtungstiefen (CHD 0,3 mm). Die Variante unter AC 3 ist temperaturabhängig von langsameren Diffusionsvorgängen gekennzeichnet. Daher strebt man hier üblicherweise dünnere Schichten (CHD 0,3 mm) an. Die Vorteile dieser Technologie sind im relativ geringen Verzug und in einer besonders verschleißfesten Randschicht zu sehen. Diese unlegierten Einsatzstähle und Automatenstähle sind von ihrer Charakteristik her Wasserhärter. Bei der schroffen Abschreckung im Wasserbad ergeben sich trotz Verwendung von Polymerzusätzen zwangsläufig große Maß- und Formänderungen. Die zusätzliche Anreicherung der Randschicht mit Stickstoff verändert das Umwandlungsverhalten im härtetechnischen Sinne positiv, in dem die Umwandlungspunkte hin zu niedrigeren Temperaturen verschoben werden. Die Härtbarkeit wird dadurch verbessert. So können Kleinteile aus den nachfolgend genannten Gruppen unlegierter Stähle wie legierte Einsatzstähle in modernen Wärmebehandlungsanlagen mit Ölabschreckung verzugsarm gehärtet werden. Aufgrund des Fehlens positiver Eisenbegleiter ist das Härteverhalten dieser Stähle grundsätzlich etwas schlechter als das von legierten Einsatzstählen. Daher muss mit einer Neigung zur Weichfleckigkeit gerechnet werden. Eigentlich wäre für die Technologie, die die Diffusion von Kohlenstoff und Stickstoff sowie das anschließende direkte Abhärten beinhaltet der Begriff Carbonitrierhärten treffender. In der Praxis verwenden die Praktiker den Begriff Carbonitrieren sowohl für den Diffusionsvorgang als auch für den Gesamtprozess incl. Abhärten. Die technologischen Abläufe des Carbonitrierens ähneln denen des Einsatzhärtens sehr stark. Lediglich bei der Temperaturführung und der Ofenbegasung gibt es kleinere Unterschiede. Der anzustrebende Rand-C-Gehalt liegt bei diesen Stählen mit etwa 0,90 % etwas höher als bei legierten Einsatzstählen. Die Gefahr von Härterissen ist bei Verwendung dieser unlegierten Stähle sehr gering. Diese Materialien verhalten sich unproblematisch. Bei massiveren Bauteilen aus unlegierten Einsatzstählen oder Automatenstählen können beim Abschrecken in Öl oft nur ungenügende Härten erzielt werden, da die Abschreckintensität unter diesen Bedingungen nicht ausreicht. Als Alternativen bieten sich dann nur Wasser- oder Polymerabschreckungen an. Diese führt man entweder direkt aus der Wärme des Aufkohlungs- oder Carbonitriervorganges heraus oder im Zusammenhang mit einer nachfolgenden partiellen Erwärmung (Induktionshärten, Flammhärten) aus. <?page no="88"?> 76 6.2 Werkstoffauswahl Gebräuchliche Werkstoffe für Verzahnungsteile, die carbonitriert werden (Beispiele): A) Unlegierte Einsatzstähle 1.1140 C15R DIN EN 10084: 1998-06 1.1207 C10R DIN EN 10084: 1998-06 1.1121 C10E DIN EN 10084: 1998-06 1.1141 C15E DIN EN 10084: 1998-06 B) Einsatzstähle - Automatenstähle 1.0715 11SMn30 DIN EN 10087: 1999-01 1.0718 11SMnPb30 DIN EN 10087: 1999-01 1.0721 10S20 DIN EN 10087: 1999-01 6.3 Anlagentechnik und technologische Varianten Es werden die gleichen Anlagentypen wie beim Einsatzhärten verwendet. Carbonitrieren im Gas Beim Carbonitrieren im Gas oberhalb AC 3 erfolgt zunächst ein technologischer Ablauf analog dem Gasaufkohlen. In der letzten Phase vor Erreichen der Aufkohltiefe gibt man dann Ammoniak als Stickstoffträger zu. Die notwendige Volumenkonzentration an NH 3 ist temperaturabhängig und muss entsprechend eingestellt werden. Ebenso ergeben sich durch die Ammoniakanteile im Gas veränderte Bedingungen für die C-Pegel-Einstellung (siehe DIN 17022 Teil 3 Pkt. 5.4.2. und Bild 8). Für die Durchführung des Carbonitrierens in einer Gasatmosphäre aus Schutz- und Reaktionsgasen ist lediglich zusätzlich ein Ammoniak-Anschluss zum Ofenraum sowie eine geeignete Regelung der Durchflussmenge erforderlich. In Gasatmosphären carbonitriert man meist bei Temperaturen zwischen 780 °C und 930°C. Eine weit verbreitete Technologie stellt das Gascarbonitrieren im Mehrzweckkammerofen mit anschließender Ölabschreckung dar. Durch Verwendung schroff wirkender Abschrecköle gelingt es, kleine und mittlere Bauteile vergleichsweise verzugsarm zu härten. Carbonitrieren in Salzschmelzen Bei Carbonitrieren im Salzbad ist eine sehr schnelle und exakte Veränderung des C-Pegels während der Aufkohlung kaum möglich, da dieser vom Zyangehalt der Salzschmelze abhängt. <?page no="89"?> 77 Da sich die diffundierenden Komponenten während des Carbonitrierens verbrauchen, muss die Salzschmelze durch Nachfüllen entsprechender Bestandteile regelmäßig aufgefrischt werden. Die technologischen Möglichkeiten (Temperaturführung, C-Pegel-Steuerung, Abschreckung) sind bei der Anwendung von Salzbadtechnik sehr begrenzt. Am Ende der Carbonitrierdauer erfolgt die Direkthärtung, d. h. man setzt das Härtegut direkt ins Wasser- oder Ölabschreckbad um. Auch wenn es mittlerweile automatisierte und gekapselte Salzbadanlagen gibt, werden diese Arbeiten in den meisten Härterein noch manuell ausgeführt. Die erreichbare Qualität hängt deshalb auch stark vom Härter ab, da beim Abhärten Erfahrung und Sorgfalt gefragt sind. Die Arbeitsbedingungen an manuell bedienten Salzbadanlagen sind schlecht. Dies resultiert aus der großen körperlichen Belastung der Hitze am Ofen dem Gefahrenpotential im Umgang mit offener Glut dem Einwirken von Gift- und Öldämpfen auf den Härter Bei der Salzbad-Carbonitrierung, die meist im Temperaturbereich von 700 bis 870 °C abläuft, sind gegenüber Einsatzhärten etwas veränderte Temperaturführungen und Zyangehalte notwendig. Unempfindliche Verzahnungsteile kann man aus der Salzschmelze heraus direkt ins Wasserabschreckbad umsetzen und abschrecken. Für dünnwandige Teile ist auch hier die Ölabschreckung vorzuziehen. 6.4 Praktische Möglichkeiten und Toleranzen Für Carbonitrieren gelten im Wesentlichen die gleichen Vorschriften, Grundaussagen und Feststellungen wie für Einsatzhärten. Härteprüfung und die Darstellung in der Zeichnung sind ebenfalls mit dem Einsatzhärten identisch. Zu beachten ist, dass unlegierte Einsatzstähle und Automatenstähle niedrigere Kernfestigkeiten aufweisen als legierte Einsatzstähle. Daraus resultiert eine niedrigere erreichbare Zahnfußfestigkeit. Bei dünneren Querschnitten erreicht man bei diesen Stählen auch mittels Ölhärtung brauchbare Ergebnisse. Für Gasabschreckung sind unlegierte Werkstoffe jedoch völlig ungeeignet. <?page no="90"?> 78 7 Aufkohlen mit anschließendem Randschichthärten 7.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung und mögliche technologische Varianten Dem Aufkohlen als separatem Arbeitsgang kommt aufgrund der anschließend bestehenden technologischen Möglichkeiten eine wichtige Bedeutung in der Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen zu. Wie beim Einsatzhärten und Carbonitrieren ist der Ausgangspunkt ein Werkstück aus einem Stahl, der wegen zu niedrigem Kohlenstoffgehalt (meist kleiner 0,2 %) im Ausgangszustand nicht härtbar ist (legierte oder unlegierte Einsatzstähle, Automatenstähle mit niedrigem C-Gehalt). Der unter Pkt. 5.1. „Einsatzhärten“ beschriebene Teilschritt Aufkohlung läuft in gleicher Weise als separater Arbeitsgang ab, der hier immer mit einer allmählichen Abkühlung endet. Im Zuge des Aufkohlens wird bereits der für die spätere Randschichthärtung erforderliche Rand-C-Gehalt eingestellt. Nach dem Aufkohlen gibt es mehrere technologische Möglichkeiten, die in Bild 23 dargestellt sind. Wie sich aus dieser Darstellung ableiten lässt, sind die aufgezeigten technologischen Abläufe gegenüber dem Einsatzhärten etwas aufwendiger. Dafür bietet die vorläufige Unterbrechung der Wärmebehandlung nach dem Aufkohlen die Möglichkeit, sehr gezielte technologische Schritte zur Herstellung einer optimalen Bauteilqualität einzuleiten. Wie bereits erwähnt, nehmen legierte Einsatzstähle infolge ihres Anteils an Legierungselementen nach dem Aufkohlen eine höhere Festigkeit an. Deshalb führt man bei legierten Einsatzstählen nach dem Aufkohlen normalerweise ein Weichglühen durch. Dadurch vermeidet man erhöhten Zeitaufwand und stärkeren Maschinen- und Werkzeugverschleiß bei Zerspanungsarbeiten, die nach dem Aufkohlen zur Maßkorrektur zum partiellen Entfernen der Aufkohlungsschicht oder zur Maßkorrektur durchgeführt werden müssen. Bei Verwendung von unlegierten Einsatzstählen oder Automatenstählen steigt die Festigkeit des Materials infolge des Aufkohlens nicht nennenswert an. Die Zerspanbarkeit bleibt auch ohne Weichglühen erhalten. Bauteile aus unlegierten Stahl können deshalb ohne vorheriges Weichglühen randschichtgehärtet werden. Bei dem nachfolgenden Abhärten von bestimmten Werkstückpartien ist es von Vorteil, wenn die Wärmeeinbringung sich nur auf die zu härtenden Partien beschränkt. Hier hat sich bereits vor Jahrzehnten das Verfahren Induktionshärten einen erheblichen Marktanteil erkämpft. Aufgrund der sehr hohen Leistungsübertragung ergeben sich sehr kurze Heizzeiten. So lässt sich die von der Wärme beeinflusste Zone minimieren und die Härtezone eng begrenzen. <?page no="91"?> 79 Damit ist es zum Beispiel meist möglich, ein Zahnrad schon vor der Induktionshärtung der Außenverzahnung an den Innenkonturen fertig zu bearbeiten. Bild 23: Technologische Möglichkeiten in Verbindung mit Aufkohlen und nachfolgendem Randschichthärten von Verzahnungen Für partielle Randschichthärtungen an massiveren Verzahnungsteilen mit gröberen Härtezonen sowie zur Realisierung maximaler Einhärtetiefen hat sich das Verfahren Flammhärten bewährt. Auch Flammhärteanlagen können heute mit CNC-Steuerungen ausgestattet sein und rationelle Abläufe realisieren. Partielles Randschichthärten (Verzahnung u. andere Funktionsflächen) Induktionshärten Flammhärten optional Weichglühen (bei legierten Einsatzstählen zur Wiederherstellung einer für die Zerspanung geeigneten Festigkeit erforderlich) Zerspanung Partielles Entfernen der Einsatzschicht oder Maßkorrektur Induktionshärten Verzahnung, Funktionsflächen Flammhärten Verzahnung, Funktionsflächen Abhärten im Abschreckbad Abhärten unter der Härtepresse Wiedererwärmen auf Härtetemperatur im Ofen (ohne Diffusion) oder mittels induktiver Erwärmung AUFKOHLEN anschl. allmählich Abkühlen <?page no="92"?> 80 Alternativ zu den beiden Randschichthärteverfahren Induktionshärten und Flammhärten bleibt auch die Möglichkeit des Abhärtens eines Verzahnungsteiles im Ofen. Dabei sind folgende Aspekte zu beachten: 1. Da bei diesem Härtevorgang durchgreifend erwärmt wird, gibt es zwangsläufig Maß- und Formänderungen am gesamten Bauteil. 2. Bei diesem Härteprozess wird ein rein thermischer Prozess angestrebt. Besonders Flächen, die lt. Zeichnung kohlenstoffarm verbaut werden sollen, dürfen nicht mehr in Kohlenstoff abgebenden Medien behandelt werden. Besonders großflächige, dünnwandige und damit verzugsempfindliche Bauteile zeigen selbst im Zuge des Induktionshärtens ein ungenügendes Maßverhalten. Für diese Art von Bauteilen (z. B. dünnwandige Zahnkränze größeren Durchmessers, Tellerräder) bietet sich das Abhärten unter einer Härtepresse an. Wenn möglich kohlt man die Teile im Durchlaufofen auf, entnimmt die Teile glühend und härtet aus der Aufkohlungswärme unter Druck mit Öl- oder Polymerabschreckung ab. Müssen die Bauteile zwischen Aufkohlen und Härten bearbeitet werden, erfolgt die Wiedererwärmung auf Härtetemperatur im Durchlauf- oder Drehherdofen oder mit Induktionserwärmung. Von dort können kontinuierlich glühende Teile für die Härtepresse entnommen werden. Dies kann manuell, bei Serienfertigung vorzugsweise mittels Roboter erfolgen. Durch den Einsatz von Härtepressen lässt sich hinsichtlich der Planebenheit ein Optimum erreichen. 7.2 Werkstoffauswahl Es kommen die Werkstoffe zur Anwendung, die für Einsatzhärten oder Carbonitrieren geeignet sind: legierte Einsatzstähle unlegierte Einsatzstähle Automatenstähle mit niedrigem Kohlenstoffgehalt 7.3 Anlagentechnik Da der Wärmebehandlungsfluss nach dem Aufkohlen ohnehin unterbrochen wird, können nahezu alle Arten von Aufkohlungsanlagen eingesetzt werden. Besonderes Augenmerk sollte beim Aufkohlungsprozess aus ökonomischer und technischer Sicht auf folgende Faktoren gelegt werden: Qualität Wirtschaftlichkeit Umweltverträglichkeit <?page no="93"?> 81 Bauteilsauberkeit / Zunderfreiheit rationelle Anbindung nachfolgender Arbeitsgänge (Härtepresse) Unter Berücksichtigung dieser Aspekte verwendet man heute zum separaten Aufkohlen vornehmlich Schachtöfen und Mehrzweckkammeröfen, die mit nahezu sauerstofffreien Aufkohlungsatmosphären arbeiten. Für die Kombination mit Härtepressen eignen sich Durchlauföfen und Drehherdöfen besonders gut, da diese Bauarten kontinuierlich arbeiten. Die separate Aufkohlung im Salzbad ist auf Grund von Problemen beim Handling, der Giftproblematik sowie des vermeidbaren Reinigungsaufwandes als nicht optimal anzusehen. 7.4 Praktische Möglichkeiten und Toleranzen Die praktischen Möglichkeiten dieser Technologien sind vielfältig. Sie vereinen bei sachgerechter Nutzung die speziellen qualitativen Stärken der einzelnen Verfahren in sich. Vorteile: 1. Es wird eine verzugsarme, partielle Einsatzhärtung möglich. 2. Die Tiefe der Einhärtung wird beim Aufkohlen festgelegt. Das vereinfacht die Abläufe beim nachfolgenden Randschichthärten. 3. Es sind die gleichen Wärmebehandlungstoleranzen wie beim Einsatzhärten und Carbonitrieren realisierbar. 4. Der Härteprozess ist sehr gut bauteilspezifisch zu optimieren und lässt sich am Werkstück lokal begrenzen. 5. Qualitativ besonders schwierige Bauteile werden mittels der genannten technologischen Vorgehensweise u. U. überhaupt erst herstellbar. Nachteil: Zunächst entsteht ein Mehraufwand (Anlagentechnik, Fertigungszeit) gegenüber dem Einsatzhärten (Direkthärten) oder Carbonitrieren. <?page no="94"?> 82 8 Nitrieren 8.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung Die Verfahrensabläufe des Nitrierens und Nitrocarburierens von Eisenwerkstoffen beschreibt die DIN 17022 - 4 [29]. Ziel des Nitrierens ist es, durch Diffusion von atomarem Stickstoff in der Randschicht von Werkstücken aus legierten Eisenwerkstoffen Nitride zu bilden. Es entsteht eine harte Randschicht, die wichtige Bauteileigenschaften verbessert: Widerstandsfähigkeit gegen abrasiven und adhäsiven Verschleiß durch Senkung des Reibungskoeffizienten Beständigkeit gegen Wälzverschleiß Verbesserung der Dauerfestigkeit Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit D. Liedtke und H. Altena stellen in nachfolgender Tabelle dar, welche Kenngrößen beim Nitrieren bzw. Nitrocarburieren für die jeweiligen Beanspruchungsarten wichtig sind: Tabelle 13: Gegenüberstellung von Beanspruchungsart und Kenngrößen des nitrierten und nitrocarburierten Werkstoffzustands gebräuchlicher Eisenwerkstoffe [30] Beanspruchung Charakteristisches Merkmal Werkstoff Verfahren Adhäsionsverschleiß VS Eisenwerkstoff * Nitrocarburieren (Nitrieren) Abrasionsverschleiß VS Nht Eisenwerkstoff * Nitrierstahl Nitrocarburieren Nitrieren Wälzverschleiß Nht Nitrierstahl Legierter Vergütungsstahl Nitrieren Nitrieren (Nitrocarburieren) Tribooxidation VS Eisenwerkstoff * Nitrocarburieren Dauerfestigkeit Nht Nitrierstahl Eisenwerkstoff * Nitrieren Nitrocarburieren *) gemeint sind damit Stähle, Gusseisen und Sintereisenlegierungen <?page no="95"?> 83 Die Eigenschaften nitrierter Bauteile lassen sich den zu erwartenden Beanspruchungen anpassen. Dies kann über folgende Parameter erfolgen: Werkstoffauswahl Kernfestigkeit Nitrierhärtetiefe optimaler Nitrierschichtaufbau optimale Oberflächenhärte Das Nitrierergebnis ist abhängig von den Faktoren: Legierungsgrad des zu nitrierenden Materials Festigkeit und Gefügezustand des Werkstoffes Nitriertemperatur Druck und Gaszusammensetzung im Ofenraum Oberfläche der Charge Nitrieren und Nitrocarburieren kann man Teile aus Stahl, Stahlguss, Gusseisen sowie Sinterwerkstoffe aus Stahlpulver. Die dabei zu erzielenden Nitrierergebnisse (Oberflächenhärte, Nitrierhärtetiefe) hängen sehr stark von den Anteilen an nitridbildenden Eisenbegleitern (Cr, V, Mo, Al, Ti) und dem Gefügezustand des Werkstoffes ab. Prinzipieller Schichtaufbau Die äußerste und härteste Phase einer Nitrierbzw. Nitrocarburierschicht nennt man Verbindungsschicht (VS). Direkt unter dieser Verbindungsschicht liegt zum Werkstoffkern hin die etwas weichere Diffusionsschicht (DS). Bild 24: Aufbau einer Nitrierschicht Verbindungsschicht (VS) Diffusionsschicht (DS) Grundwerkstoff <?page no="96"?> 84 Nitrieren hat sich als wichtiges Härteverfahren für Verzahnungsteile bereits vor vielen Jahren etabliert. Bedingt durch die spezifischen Vorteile des Verfahrens in Verbindung mit positiven Entwicklungen im Industrieofenbau (Gasnitrieren, Plasmanitrieren) ist in den letzten Jahren die Bedeutung des Verfahrens weiter gewachsen. Bei richtiger Vorbehandlung und Durchführung bietet Nitrieren folgende Vorteile: sehr gute Verschleiß- und Korrosionsschutzeigenschaften ein hervorragendes, reproduzierbares Maßverhalten (wenig Hartbearbeitung erforderlich) Ein Manko des Verfahrens ist darin zu sehen, dass sich nur relativ dünne Nitrierschichten erzeugen lassen. Nitrieren ist im Gasstrom und mittels Plasma-Technik möglich. Anmerkung: Bei der Behandlung im Salzbad diffundieren Stickstoff und Kohlenstoff. Außerdem liegen die Behandlungstemperaturen bei etwa 580 °C. Somit handelt es sich um Nitrocarburieren (siehe Pkt. 9.). Die größten Durchsätze verzeichnet dabei gegenwärtig das Gasnitrieren, da diese Verfahrensvariante sehr universell einsetzbar ist, technisch ausgezeichnete Nitrierergebnisse ermöglicht und sich gegenüber Plasmanitrieren hinsichtlich der Gesamtkosten meist günstiger darstellt. Allerdings gibt es auch Anwendungsfälle und Werkstoffe, bei welchen Salzbad- oder Plasmatechnologie wiederum Vorteile gegenüber dem klassischen Gasnitrieren bieten (z. B. partielles Nitrieren, Nitrieren von rost- und säurebeständigen Stählen). 8.1.1 Vorbehandlungsprozesse Bauteile sollten als Voraussetzung für ein verzugsarmes Nitrieren günstige Eigenspannungszustände aufweisen. Durch Umformprozesse (wie z.B. Schmieden) eingebrachte Spannungen und Gefügefehler (Grobkorn, Mischkorn) beseitigt man deshalb vor dem Nitrieren durch Normalglühen. Für die Reduzierung von Spannungen, die während der Zerspanung ins Bauteil eingebracht wurden, stellt das Spannungsarmglühen die richtige Behandlung dar. Die Glühtemperatur sollte dabei so hoch wie technologisch möglich, aber immer mindestens 30 °C über der späteren Nitriertemperatur liegen. So wird bereits beim Glühen ein Großteil der Spannungen frei und unvermeidliche Maß- und Formänderungen entstehen noch vor dem Nitrieren. Erforderliche Maßkorrekturen an weichen Bauteilen erzeugen meist geringeren fertigungstechnischen Aufwand als Hartbearbeitung. Außerdem vermeidet oder reduziert man die Schädigung der Nitrierschicht durch Materialabtrag. <?page no="97"?> 85 Der Grundfestigkeit des Werkstoffes kommt für das Verschleißverhalten nitrierter Bauteile eine entscheidende Bedeutung zu. Ein sehr gutes Basisgefüge für zu nitrierende Bauteile erzeugt man durch Vergüten gemäß DIN 17022-1. Im Zuge dieser Wärmebehandlung entstehen ungewollte Maß- und Formänderungen. Darum werden die Bauteile mit entsprechendem Vormaß vergütet, um diese Abweichungen noch vor dem Nitrieren korrigieren zu können. Vergüten heißt Härten mit nachfolgendem Anlassen bei höheren Temperaturen. Diese Anlasstemperatur sollte dabei wiederum mindestens 30°C über der späteren Nitriertemperatur liegen. Dadurch wird ein ungewolltes Absenken der Kernfestigkeit verhindert. Ein vergütetes Werkstück bietet folgende Vorteile: Das vorliegende Werkstoffgefüge (hoch angelassener Martensit) ist besonders maßstabil und bildet einen widerstandsfähigen Unterbau für die Nitrierschicht. Eine möglichst hohe Festigkeit des Grundwerkstoffes führt zu insgesamt besseren Nitrierergebnissen (Oberflächenhärte, Nht). Vergütet wird üblicherweise auf Festigkeiten im Bereich von 700 - 1100 N / mm 2 . Die Kriterien zur Festlegung der Vergütungsfestigkeit, für die der Härter eine Toleranz von mindestens 150 N/ mm 2 benötigt, sind die mechanische Bearbeitbarkeit der verwendeten Werkstoffe und die Abmessungen des Rohlings. Die Zerspanbarkeit nimmt mit steigender Festigkeit ab. Einen guten Kompromiss zwischen Zerspanung und Wärmebehandlung stellt die Vergütung auf 700 - 900 N/ mm 2 dar. In diesem Festigkeitsbereich erweisen sich die Werkstücke als gut bearbeitbar. Maß- und Formänderungen, Entkohlungen oder Oxidschichten lassen sich vor dem Nitrieren problemlos beseitigen bzw. spielen sie keine Rolle für das spätere Nitrierergebnis. BF- oder BG-geglühte Stähle werden ebenfalls häufig nitriert und nitrocarburiert. Gegenüber dem gleichen Stahl im vorvergüteten Zustand sind die erreichbaren Nitrierhärten und Nitrierhärtetiefen nicht gravierend geringer. Als wichtiger anzusehen sind die niedrigeren Kernfestigkeiten sowie die größere Inhomogenität des Grundwerkstoffes verbunden mit schlechteren Zähigkeitseigenschaften. Diese Faktoren können sich stark auf das Maßverhalten beim Nitrieren und die Verschleißbeständigkeit auswirken. Im Einzelfall sollte genau geprüft werden, ob die Anforderungen an den Fertigungsprozess und an das Werkstück bei Einsatz von geglühtem Stahl insgesamt erfüllt werden können. Die Verwendung von ungeglühtem Material als Basis für Nitrieren und Nitrocarburieren ist für Bauteile mit höheren Anforderungen nicht zu empfehlen, da aufgrund von Inhomogenitäten keine konstanten Ergebnisse zu erwarten sind. <?page no="98"?> 86 8.1.2. Vorbereitung der Werkstücke auf den Nitrierprozess Als Voraussetzung für einwandfreie Nitriervorgänge werden bestimmte Anforderungen an die Bauteile gestellt: Die Werkstücke müssen sauber, fettfrei und trocken sein. Die Bauteiloberflächen dürfen keine passivierenden Schichten aufweisen. Aus den o. g. Gründen besitzt der Reinigungsprozess vor dem Nitrieren und Nitrocarburieren extrem große Bedeutung für das spätere qualitative Ergebnis der Wärmebehandlung. Zum Waschen verwendet man heute hauptsächlich die bereits unter Pkt. 5.3.3. genannten Medien: entaromatisierte Kohlenwasserstoff-Reiniger / modifizierte Alkohole CKW-Reiniger leicht alkalisch und neutral eingestellte wässrige Reiniger Früher wurden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) wegen ihrer ausgezeichneten Entfettungswirkung als Waschmedium verwendet. Dies ist mittlerweile aus Gründen des Gesundheits- und Umweltschutzes verboten. Der Einsatz von Chlorkohlenwasserstoffen (CKW) darf nur in gekapselten Waschanlagen erfolgen. Durch Beizen oder Strahlen kann man optional die gereinigten und entfetteten Bauteiloberflächen aktivieren und entgraten. Einen Aktivierungseffekt erreicht man durch das Erzeugen einer dünnen Oxidschicht. Bei den meisten Nitrier- oder Nitrocarburierprozessen bildet das so genannte Voroxidieren den ersten Teilschritt. Dieser Prozess lässt sich einfach durchführen, indem man die Charge vor dem Nitrieren bei Temperaturen von 300 - 400 °C etwa 30 - 60 Minuten unter Luftatmosphäre glüht. Dabei bildet sich eine dünne Oxidschicht auf der Bauteiloberfläche. Die Außenhaut des Werkstücks wird für den späteren Nitriervorgang aktiviert und es findet zusätzlich ein Reinigungsprozess durch Verbrennung anhaftender Stoffe statt. 8.1.3 Partielles Nitrieren Bauteile können auch partiell nitriert werden. Dazu gibt es unterschiedliche Methoden und Abdeckmittel für die jeweiligen Verfahrensvarianten, um bestimmte Werkstückpartien vor der Diffusion zu schützen: Gasnitrieren: Abdeckpaste, galvanisch Verkupfern oder Vernickeln Plasmanitrieren: Abdecken mit Schutzhülsen oder Abdeckblechen, spezielle Abdeckpaste, Schrauben Bohrungen: Verhinderung der Diffusion im Bohrungsbereich durch gezielte Einstellparameter <?page no="99"?> 87 8.1.4 Chargierung Der Chargierung kommt bzgl. Qualitätssicherung eine große Bedeutung zu. Grundregeln: flächiges Berühren vermeiden - Verformung durch Eigengewicht oder andere Teile verhindern max. mögliches Chargengewicht und max. Chargenoberfläche nicht überschreiten - Gasnitrieren: Umspülung aller Bauteilflächen mit Reaktionsgas gewährleisten - Plasmanitrieren/ -nitrocarburieren: Mindestabstand zwischen den Bauteilen als Voraussetzung für das vollständige Zünden des Plasmas einhalten Verfahrensbedingte Besonderheit: An Auflageflächen und Berührungsstellen erfolgt keine Diffusion! 8.1.5 Nachbearbeitung nitrierter Bauteile Nitrierte Bauteile besitzen in der äußersten Randschicht ihre höchste Härte und Verschleißbeständigkeit. Deshalb sollten Nitrierteile möglichst nicht oder nur geringfügig geschliffen werden. Schleifen zur Maßkorrektur, Verbesserung der Oberflächenqualität oder zum Abtrag der Verbindungsschicht erfolgt deshalb üblicherweise nur in Form von Feinbearbeitungen, welche die Nitrierschicht um nicht mehr als 0,1 mm reduzieren. Bei der Festlegung des Werkstoffes und der konstruktiven Wärmebehandlungsforderungen ist der Materialabtrag nach dem Nitrieren unbedingt zu berücksichtigen. 8.2 Werkstoffauswahl Nitrieren lassen sich quasi alle Eisenwerkstoffe. Hinsichtlich dem erreichbaren Nitrierergebnis (Härte, Nht, Schichtaufbau) und der jeweils anzuwendenden Ofentechnik gibt es allerdings erhebliche, werkstoffabhängige Unterschiede. Für Verzahnungsteile, die für höhere Belastungen vorgesehen sind, verwendet man vorwiegend Stahl. Aus technischen Gründen kommen nur bestimmte Stahlgruppen in Frage. Der Stahl soll einerseits genügend Eisenbegleiter besitzen, um beim Nitrieren eine genügend harte Nitrierschicht zu bilden. Andererseits benötigen Verzahnungsteile im Regelfall eine hohe Zähigkeit bei möglichst hoher Kernfestigkeit. Unlegierte Stähle (Baustähle, Automatenstähle, unlegierte Einsatzstähle) nehmen keine hohe Härte an. Diese Werkstoffe werden ggf. nitrocarburiert, um die Korrosionsbeständigkeit zu verbessern. <?page no="100"?> 88 Sphäroguss mit entsprechender chemischer Zusammensetzung ist einwandfrei nitrierbar, wenn entsprechende Nitridbildner enthalten sind. Als Nitridbildner kommt dabei in erster Linie Aluminium in Frage. Lt. Untersuchungen der Fa. Carl Gommann [31] werden zur Erzielung einer brauchbaren Nitrierhärte ca. 1 - 3 % Aluminium benötigt. Aluminium gelangt als Verunreinigung über den Siliziumanteil in den Guss, der optimal bei etwa 3,5 % liegen sollte. Folgende Sphäroguss-Sorten werden hauptsächlich verwendet: Tabelle 14: Zum Nitrieren geeignete Sphäroguss-Sorten mit bedingter Eignung für Verzahnungsteile Werkstoffbezeichnung alt Werkstoff-Nr. alt Bezeichnung neu gem. DIN EN 1561 Werkstoff-Nr. neu gem. DIN EN 1561 GGG 50 0.7050 EN-GJS-500-7 EN-JS1050 GGG 60 0.7060 EN-GJS-600-3 EN-JS1060 Für hoch belastete Verzahnungsteile setzt man Sphäroguss kaum ein, da die Kernfestigkeit und/ oder die Schlagzähigkeit relativ niedrig sind und der Werkstoff in dieser Hinsicht nur mäßig belastbar ist. Hochlegierte Stähle (Werkzeugstähle) wiederum kennzeichnet eine sehr große Sprödigkeit, weshalb diese Stähle für Verzahnungen ungeeignet sind. Somit verwendet man vorwiegend Stähle mit mittleren Legierungsgehalten. Dies sind in erster Linie legierte Vergütungsstähle, Nitrierstähle und legierte Einsatzstähle. Früher wurden überwiegend aluminium-legierte Nitrierstähle verwendet, da diese hohe Nitrierhärten von über 900 HV ermöglichen. Die mit hoher Härte einhergehende Sprödigkeit der äußersten Nitrierschicht kann sich jedoch gerade bei Getriebeteilen negativ auf das Verschleißverhalten auswirken. Wie Huber-Gommann [32] darlegt, ist es daher notwendig, über entsprechende Verfahrensparameter gerade bei Verwendung dieser Stähle für Getriebeteile eine zähere Oberfläche anzustreben. Die Verbindungsschicht ist der sprödeste Bestandteil der Nitrierschicht. Deshalb macht es beim Nitrieren von Verzahnungen Sinn, deren Bildung durch geeignete Nitrierparameter zu unterdrücken. Die fast ausschließlich aus Diffusionszone bestehende Nitrierschicht erfüllt die Anforderungen des Verschleißschutzes sehr gut. Die Möglichkeiten zur gezielten Beeinflussung der Nitrierschicht durch Wärmebehandlungsparameter, praktische Erfahrungen hinsichtlich des Verschleißverhaltens sowie Kostenaspekte führten in den letzten Jahren tendenziell zu <?page no="101"?> 89 einer Abkehr von den aluminium-legierten Nitrierstählen für die Herstellung von Getriebeteilen. Aus heutiger Sicht kann ein vergleichbar gutes Verschleißverhalten mit kostengünstigeren Materialien wie nicht aluminium-legierten Nitrierstählen, Vergütungsstählen oder Einsatzstählen erzielt werden. Zur Realisierung optimaler Eigenschaften sollten dabei aber folgende Kriterien erfüllt werden: 1. Hoher Legierungsgehalt der realen Charge an Nitride bildenden Eisenbegleitern (z. B. Cr, Mo, Mn, V, Al, Ti) Die Metallurgie ist heute in der Lage, die chemische Zusammensetzung der Stähle sehr exakt zu steuern. Dies führt dazu, dass aus Kostengründen die Anteile an den o. g. Elementen gern an der unteren zulässigen Toleranzgrenze nach DIN gehalten werden. Besonders bei legierten Vergütungsstählen und legierten Einsatzstählen kann es dadurch vorkommen, dass die in früheren Jahren problemlos einhaltbaren Härtewert-Vorgaben heute nicht mehr realisiert werden können. Deshalb erweist es sich als ratsam, beim Materialeinkauf auf hohe Legierungsgehalte zu achten, wenn optimale Nitrierergebnisse benötigt werden. 2. Vorvergüten auf eine möglichst hohe Festigkeit zur Schaffung einer guten Grundlage für den Nitriervorgang (Schichtbildung, Maßverhalten) und als stützenden Unterbau für die Nitrierschicht zur Verbesserung der Verschleißbeständigkeit 3. Gezielte Beeinflussung des Schichtaufbaus, ggf. Unterdrückung der Verbindungsschicht und Nitrieren auf maximale Nitrierhärtetiefe 4. Minimierung der Hartbearbeitung Tabelle 15 zeigt wichtige Werkstoffe für Verzahnungsteile sowie dazugehörige Ergebnisse, die unter optimalen werkstoffseitigen und verfahrenstechnischen Bedingungen beim Gasnitrieren erreichbar sind. Plasmanitrieren bringt verfahrensbedingt für gleiche Werkstoffe etwas unterschiedliche Ergebnisse im Vergleich zum Gasnitrieren. Häufig liegen die Werte für die Nitrierhärtetiefe oder die Oberflächenhärte bei den aufgezeigten Werkstoffgruppen geringfügig unter denen des Gasnitrierens. Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen plasmanitriert man normalerweise maximale Nitrierhärtetiefen im Bereich von 0,5 - 0,7 mm. Außerdem liegt die optimale Nitriertemperatur beim Plasmanitrieren in der Regel etwas höher als beim Gasnitrieren. Dadurch sinkt die erreichbare Oberflächenhärte. Bedingt durch die höhere Nitriertemperatur reduziert sich die Nitrierzeit. Diese Verhältnisse führen meist zu Schichten mit insgesamt schwächerem Härteverlauf. <?page no="102"?> 90 Tabelle 15: Stähle für Verzahnungsteile und dazugehörige erzielbare Nitrierergebnisse beim Gasnitrieren [33] Bild 25: Nitrierschicht auf maximale Nht gasnitriert Werkstoff: 14CrMoV6-9 (1.7735), vorvergütet auf 900 - 1000 N/ mm 2 Nht ca. 0,9 mm Fa. Carl Gommann, Remscheid Werkstoffgruppe Bezeichnung Werkstoff-Nr. Oberflächenhärte (HV) Erreichbare Nht (mm) Vergütungsstähle 34CrNiMo6 1.6582 600 - 750 0,6 25CrMo4 1.7218 600 - 750 0,9 34CrMo4 1.7220 600 - 750 0,8 42CrMo4 1.7225 550 - 750 0,7 50CrMo4 1.7228 550 - 700 0,5 32CrMo12 1.7361 750 - 900 0,8 30CrMoV9 1.7707 750 - 850 0,8 14CrMoV6-9 1.7735 750 - 900 0,9 50CrV4 1.8150 550 - 700 0,6 Einsatzstähle 16MnCr5 V 1.7131 650 - 750 1,0 20MnCr5 V 1.7147 650 - 750 1,0 18CrNiMo7-6 1.6587 700 - 800 0,8 Nitrierstähle 31CrMo12 1.8515 750 - 900 0,8 31CrMoV9 1.8519 750 - 850 0,8 15CrMoV5-9 1.8521 750 - 900 0,9 34CrAlS5 1.8506 900 - 1100 0,8 34CrAlNi7 1.8550 950 - 1150 0,9 <?page no="103"?> 91 Prinzipiell kann man alle Stähle der o. g. Gruppen plasmanitrieren, die auch im Gas nitrierbar sind. Die gezielte Einflussnahme auf die Schichtausbildung und die Unterdrückung der Verbindungsschicht geschieht beim Plasmanitrieren über die Einstellparameter und ist daher relativ einfach und unkompliziert möglich. Somit lassen sich auch beim Nitrieren in der Plasma-Anlage sehr gute Verschleißschutzeigenschaften erzeugen. Nachfolgende Aufstellung zeigt, welche Ergebnisse in etwa beim Plasmanitrieren zu erwarten sind: Tabelle 16: Stähle für Verzahnungsteile und dazugehörige erzielbare Nitrierergebnisse beim Plasmanitrieren Daten teilweise von Fa. Rübig [34] übernommen Werkstoffgruppe Bezeichnung Werkstoff-Nr. Oberflächenhärte (HV) Erreichbare Nht (mm) Vergütungsstähle 34CrNiMo6 1.6582 500 - 650 0,6 42CrMo4 1.7225 550 - 650 0,6 50CrMo4 1.7228 550 - 650 0,5 Einsatzstähle 16MnCr 5V 1.7131 650 - 700 0,7 18CrNiMo7-6 1.6587 700 - 750 0,6 Nitrierstähle 15CrMoV5 9 1.8521 700 - 850 0,5 31CrMo12 1.8515 750 - 900 0,5 34CrAlNi7 1.8550 900 - 1100 0,5 8.3 Anlagentechnik und technologische Varianten 8.3.1 Gasnitrieren Üblicher technologischer Ablauf: Chargieren - Waschen - Voroxidieren - Nitrieren - optional: Nachoxidieren - Abkühlen (Gas) Temperaturbereich: werkstoffabhängig, 480 - 550°C, vorrangig: 500 - 520° C Stickstoffspender: Ammoniak (NH 3 ) Behandlungsdauer: mehrere Stunden bis Tage <?page no="104"?> 92 Diffusion: Ammoniak wird an der heißen Bauteiloberfläche thermisch zersetzt in atomaren und molekularen Stickstoff sowie Wasserstoff. Der atomare Stickstoff diffundiert teilweise in die Bauteiloberfläche. Ofenanlagen: Schachtöfen, Kammeröfen, Haubenöfen Härtereibetriebe mit großem Durchsatz, häufig wechselnden Bauteilen und unterschiedlichen konstruktiven Forderungen (z. B. Automobilindustrie) setzen zum Nitrieren und Nitrocarburieren automatisierte Ofenanlagen ein. Diese bestehen aus verkettet arbeitenden Waschmaschinen und evakuierbaren Kammeröfen und eignen sich besonders für Nitrierteile kleinerer und mittlerer Abmessungen. Für die Behandlung sehr großer Chargen oder für Massivbauteile bieten Schachtöfen die besten Voraussetzungen. In diesen Öfen lässt sich auch bei sehr großen Nutzraumabmessungen eine hervorragende Gleichmäßigkeit der Temperatur innerhalb der Charge erreichen. Da die Nitriertemperatur erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse hat, sollte die Temperaturstreuung innerhalb des Ofens deutlich unter 5°C liegen. Es kommen Schachtöfen zum Einsatz, die die Nitrierung von Bauteilen mit Durchmessern bis 4 m bzw. Werkstücklängen bis zu 12 m ermöglichen. Bild 26: Stirnrad für Schiffsgetriebe mit Dm 3900 mm Werkstoff: 1.7225 / 42CrMo4V Wellenansätze mit grüner Nitrierschutzpaste abgedeckt, vorbereitet zum Gasnitrieren Fa. Carl Gommann, Remscheid <?page no="105"?> 93 Die Nitrierwirkung einer Ofenatmosphäre beim Gasnitrieren beschreibt die Nitrierkennzahl. Sie wird aus dem Partialdruckverhältnis von Ammoniak und Wasserstoff im Ofenraum berechnet. Nitrierkennzahl und Nitrierwirkung verhalten sich proportional. Durch Einstellen der Gaszusammensetzung im Ofen kann in Verbindung mit Druck- und Temperaturregelung Einfluss auf die chemische Zusammensetzung und die Dicke der Nitrierschicht genommen werden. Das in DIN 17022-4 Bild 3 [29] dargestellte Diagramm nach E. Lehrer zeigt die Bedingungen bzgl. Temperatur und Nitrierkennzahl auf, unter welchen ganz bestimmte Nitrierschichten erzeugt werden können. Mit diesem Grundwissen und moderner Prozessregeltechnik gelingt es, die besonders wichtige äußerste Randschicht einer nitrierten Oberfläche, die Verbindungsschicht, durch einen gezielten Nitrierprozess hinsichtlich ihrer Verschleißbeständigkeit zu optimieren. Hierzu verändert man während des Nitrierprozesses die Ofenparameter und damit die Nitrierkennzahl. Durch diese Beeinflussung erreicht man, dass sich in der Verbindungsschicht vorrangig die für die zu erwartende Verschleißart am besten geeignete Nitridzusammensetzung (z. B. - Phase) aufbaut oder aber die Bildung einer Verbindungsschicht unterdrückt wird. Viele heute im Einsatz befindliche Nitrieranlagen verfügen nicht über Steuerungen, die eine gezielte Änderung der Nitrierkennzahl ermöglichen. Gegenwärtig ist es auch an neueren Anlagen durchaus noch üblich, mit konstanten Gasmengen und -drücken zu nitrieren. Für Bauteile geringer und mittlerer Belastung ist diese Technologie ausreichend. Einige besonders geeignete Stähle lassen sich im Gas auf eine Nitrierhärtetiefe von 0,9 bis 1,0 mm nitrieren. Diese großen Nitriertiefen realisiert man mit viel zusätzlichem Aufwand (Zeit, Energie, Stickstoffspender). Um eine Nht von 0,9 - 1,0 mm gem. DIN zu erzielen, ist eine reine Nitrierdauer von etwa einer Woche erforderlich. Zu dieser Nitrierzeit benötigen große Ofenanlagen noch bis zu 2 Tagen für Aufheizen und Abkühlen. Somit ergeben sich für derartige Chargen Gesamtprozesszeiten von über 200 Stunden. Dieser Fakt ist für die Kostenrechnungen der Bauteilhersteller und der Härterei gleichermaßen wichtig. Einen Weg, um derartige Prozesse ökonomisch ausführen bzw. wettbewerbsfähig anbieten zu können, stellt die Behandlung großer Chargengewichte in sehr großen Öfen dar. Chargengewichte von mehreren Tonnen wiederum lassen sich nicht in jeder Härterei realisieren, da der entsprechende Durchsatz fehlt und sich darum sehr große Öfen nicht rentieren. Aus den genannten Gründen führen Nitrierungen auf maximale Nitrierhärtetiefe nicht alle Härtereien aus. Die Behandlung bestimmter, sehr hoch belasteter Bauteile im Großgetriebebau konzentriert sich deshalb auf einige wenige Anbieter, die über entsprechende Ausrüstungen und Erfahrungen verfügen. In der Praxis haben sich für mittlere Werkstückbelastungen Nitrierschichten mit einer Nht von 0,5 - 0,7 mm durchaus bewährt. Bei einer Nitriertemperatur von 510°C beträgt die reine Nitrierzeit zur Realisierung dieser Nitrierhärtetiefe 50 - 80 Stunden. <?page no="106"?> 94 Somit ergeben sich (je nach Ofengröße) Zykluszeiten von 4 - 6 Tagen. Dies stellt einen vielfach praktizierten Kompromiss zwischen Technik und Ökonomie dar. Die Diffusionsprozesse verlaufen temperaturabhängig. Darum benötigt man zum Nitrieren einer Schicht mit Nht = 0,3 mm bei 480°C deutlich länger als bei 520 °C. Dafür kann man bei niedrigeren Nitriertemperaturen prinzipiell höhere Härten erzielen. Beim klassischen Nitrieren bilden sich in der Regel aufgrund der verwendeten Temperaturen und Werkstoffe Verbindungsschichten mit Dicken unter 15 μm. Nachfolgende Tabelle zeigt typische Nitrierprozesse für kleinere Bauteile und die zu erwartenden Ergebnisse bezogen auf Verbindungsschicht (VS) und Nitrierhärtetiefe (Nht): Tabelle 17: Standard-Nitrierprozesse Verfahren Nitriertemperatur Nitrierdauer in Stunden Dicke der VS in μm Nht in mm Nitrieren 510 °C 36 3 - 10 0,3 - 0,4 Nitrieren 510 °C 80 3 - 15 0,5 - 0,7 Derartige Standardtechnologien werden häufig von Lohnhärtereien ausgeführt, wenn Nitrierchargen aus mehreren unterschiedlichen Kundenaufträgen zusammengestellt werden müssen. Gründe: - Sicherung der Ofenauslastung und Kostendruck - Termindruck durch den Kunden selbst Zusammenhang von Modul und Nht Ein verantwortungsvoll arbeitender Wärmebehandlungsfachbetrieb wird immer in erster Linie bestrebt sein, bei massiven Bauteilen die geforderte Mindest- Nitrierhärtetiefe (Nht) und die Oberflächenhärte zu garantieren. Eine etwas höhere Nht ist in den meisten Fällen technisch unbedenklich, sofern keine Dünnwandigkeit vorliegt. Feinere Verzahnungen stellen in diesem Sinne dünne, bruchgefährdete Querschnitte dar. Deshalb ist es ratsam, die Nht auf die jeweiligen Module abzustimmen. <?page no="107"?> 95 Unterschiedliche Module sollten mit Nitriertiefen versehen werden, die a) tief genug sind, um genügenden Verschleißschutz zu bieten b) nicht zu tief sind, um die Beständigkeit gegen Zahnbruch zu optimieren Die ISO 6336-5 [7] weist Richtwerte für effektive Nitrierhärtetiefen in Abhängigkeit vom Modul (siehe Pkt. 14) aus. Auf der Basis jahrzehntelanger praktischer Erfahrungen als Spezialist auf dem Gebiet des Nitrierens veröffentlichte die Fa. Carl Gommann bereits vor Jahren folgende Empfehlungen bzgl. der Festlegung der Nitrierhärtetiefe von Verzahnungsteilen: Tabelle 18: Empfohlene Nitrierhärtetiefe für Zahnräder mit verschiedenen Modulen [32] Modul (mm) Nitrierhärtetiefe Nht (mm) < 1,5 0,1 - 0,15 1,5 - 3 0,2 - 0,3 3,5 - 4,75 0,5 - 0,6 > 5 maximal Zusammenhang zwischen Nht und Maßänderungen Wie bei jeder Wärmebehandlung sind auch beim Gasnitrieren geringe Maßänderungen zu erwarten, die hierbei ausschließlich auf die ablaufenden Diffusionsvorgänge beim Nitrieren zurückzuführen sind. Verzug durch Eigenspannungen der Bauteile o. ä. bleibt hier außerhalb der Betrachtung. Vorteile des Nitrierens sind in diesem Zusammenhang: a) der geringe Umfang der Maßänderung b) stets Wachstum der Teile (kein Schrumpfen) c) Kalkulierbarkeit der Maßänderungen (dadurch Berücksichtigung über Vormaße möglich) <?page no="108"?> 96 Untersuchungen der Fa. Carl Gommann brachten folgende Ergebnisse bzgl. Maßänderungen beim Gasnitrieren in Abhängigkeit von der Nitrierhärtetiefe: Tabelle 19: Volumenzunahme in Abhängigkeit von der Nitrierhärtetiefe [32] Nitrierhärtetiefe Nht (mm) Volumenzunahme (μm) 0,1 - 0,15 4 - 8 0,2 - 0,3 ca. 10 0,5 - 0,6 10 - 15 0,8 - 1,0 10 - 20 Die obigen Angaben gelten allerdings nicht für dünnwandige Bauteile (Ringe, Rohre usw.), da deren Maß- und Formänderungen meist deutlich stärker und unkalkulierbarer ausfallen. An Kanten, Ecken und scharfen Konturübergängen tritt gerade beim Gasnitrieren auf höhere Nitriertiefen ein besonders hoher Materialzuwachs auf, der zu einer Aufwölbung dieser Partien führt. Abplatzungen am Bauteil können verhindert werden, wenn der Konstrukteur bereits entsprechende Maßnahmen ergreift. Diese liegen in einer nitriergerechten konstruktiven Gestaltung und beinhaltet gebrochene Kanten und Ecken sowie die Einbringung von Radien an Durchmesserbzw. Maßübergängen. Veränderungen der Rauhtiefen durch Gasnitrieren Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Praxis ist die Veränderung der Oberflächenrauhigkeit im Zuge des Gasnitrierens. Gemäß den Untersuchungen der Fa. Carl Gommann sind lediglich bei sehr feinen Oberflächen (Rautiefen bis 3 μm) werkstoffabhängige Verschlechterungen der Oberflächenrauhigkeit festzustellen. Diese müssen ggf. durch Polieren korrigiert werden. Bei Oberflächen mit Rautiefen 4 μm wurde keine weitere negative Beeinflussung der Rautiefe festgestellt. 8.3.2 Plasmanitrieren Üblicher technologischer Ablauf: Waschen - Chargieren - Voroxidieren - Sputtern - Nitrieren - optional: Nachoxidieren - Abkühlen (Gas) Temperaturbereich: werkstoffabhängig, 480 - 550°C Stickstoffspender : Stickstoff (N 2 ) Behandlungsdauer: mehrere Stunden bis Tage Elektrische Schaltung: Werkstück: Katode Ofenwand: Anode <?page no="109"?> 97 Diffusion: Stickstoffgas ionisiert man mittels Glimmentladung und die beschleunigten Stickstoff-Ionen werden auf die Bauteiloberfläche gelenkt. Es kommt zur Diffusion. Prozessgase: zum Sputtern Argon, Wasserstoff zum Nitrieren Wasserstoff, Stickstoff Der Arbeitsschritt Sputtern schafft vor dem eigentlichen Nitrier- oder Nitrocarburiervorgang im Plasma die Basis für einen einwandfreien Schichtaufbau. Durch Beschuss der Werkstückoberfläche mit den schweren Ionen des Edelgases Argon und/ oder des Wasserstoffs erreicht man eine zusätzliche Reinigung und Aktivierung der Bauteiloberfläche. Dies ist die Grundlage für eine gleichmäßige Diffusion an der gesamten Reaktionsfläche des Bauteils. Bei kleineren Verzahnungen stellt das Nitrieren in den Zahngrund oft ein Problem dar. Ein intensives Sputtern (Druck, Gasmenge, Behandlungsdauer) bildet die Grundlage, um eine ausreichend dicke bzw. zumindest geschlossene Verbindungsschicht im Zahngrund nitrieren zu können. Nitrierhärtetiefe und Verbindungsschichtdicke fallen im plasmanitrierten Zahngrund meist trotz aller Gegenmaßnahmen des Wärmebehandlers niedriger aus als an der Zahnflanke oder gar am Zahnkopf. Diesen Effekt gibt es auch bei den anderen Nitrierverfahren, allerdings tritt er dort nicht so stark auf. Die Ursache liegt darin begründet, dass der Ofenführer bei praktischen Chargen elektrische Einstellwerte (Anodenspannung, Anodenstrom) und den Gasdruck nicht beliebig erhöhen kann, ohne partielle Überhitzungen am Bauteil zu riskieren. Dies sollte der Konstrukteur analog dem Einsatzhärten / Carbonitrieren berücksichtigen und klare Vorgaben für eine bestimmte, besonders qualitätsrelevante Messstelle fixieren. Nach dieser Vorgabe steuert der Härter dann seinen Nitrierprozess und der Härtereikontrolleur kann über das Prüfergebnis eine eindeutige Qualitätsbeurteilung vornehmen. Plasmanitrieren erlaubt eine gezielte Einflussnahme auf den qualitativen und quantitativen Aufbau der Verbindungsschicht. Durch Variation der Gaszusammensetzung im Ofen legt man reproduzierbar fest, welche Eisennitrid-Phase in der Verbindungsschicht vornehmlich gebildet wird und wie stark diese Schicht ausfällt. Man unterscheidet zwischen der stärker stickstoffhaltigen -Phase (Fe 4 N) sowie der ’-Phase (Fe 2-3 N), die eine etwas niedrigere Stickstoffkonzentration aufweist. Jede der beiden Phasen ist für bestimmte Verschleißarten besonders geeignet: -Phase: gute Gleiteigenschaften, hohe Korrosionsbeständigkeit ’-Phase: Reibung, Druck <?page no="110"?> 98 Die -Phase erzeugt man mit den folgenden Verhältnissen der Durchflussmengen: Stickstoff (N 2 ): 40 - 90 % Wasserstoff (H 2 ): 10 - 60 % Die ’-Phase erhält man, wenn die Verhältnisse wie folgt eingestellt werden: Stickstoff (N 2 ): 10 - 40 % Wasserstoff (H 2 ): 60 - 90 % Ein weiterer, bereits erwähnter Vorteil des Verfahrens Plasmanitrieren besteht darin, dass man durch Wahl der Einstellparameter die Ausbildung der Verbindungsschicht unterdrücken kann bzw. diese üblicherweise ohnehin dünner als bei einem vergleichbaren Gasnitrierprozess ausfällt. Um die VS zu unterdrücken, wird die dem Ofen zugeführte Gasmischung stark wasserstoffhaltig eingestellt: Verhältnis der Durchflussmengen H 2 : N 2 etwa 10 : 1 Dieser Fakt wird seit Jahren besonders im Formenbau genutzt, um die Kanten beim Plasmanitrieren entsprechend formgetreu und verschleißfest zu gestalten. Auch an Verzahnungen, versehen mit einer relativ hohen Nitrierhärtetiefe, ist eine dicke Verbindungsschicht eher nachteilig. An Zahnrädern mit großem Modul, welche eine hohe Biegewechselfestigkeit aufweisen sollen, erzeugt man deshalb gern Nitrierschichten ohne Verbindungsschicht. Dies ist beim Plasmanitrieren sehr gut möglich. Die Nitrierschicht besteht dann nur aus der zähen Diffusionszone. Ofenanlagen: Haubenöfen, Kammeröfen, Schachtöfen mit Stahlretorte und evakuierbar Nachoxidieren Im Anschluss an den Nitriervorgang (Gasnitrieren, Plasmanitrieren) kann man die Abkühlphase bei Temperaturen zwischen 400 und 500 ° C unterbrechen und durch Zugabe von destilliertem Wasser im Ofenraum Wasserdampf erzeugen. In dieser Atmosphäre bildet sich auf der Oberfläche der nitrierten Teile eine hauchdünne, 1 - 3 μm dicke Schicht bestehend aus Fe 3 O 4 . Dadurch tritt eine weitere Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit der Nitrierschicht ein. Die Bauteile nehmen dabei eine dunkle Farbe an. Dieser dekorative Effekt wird vielfach gern angenommen. <?page no="111"?> 99 8.4 Toleranzen und praktische Möglichkeiten Die DIN 6773.2001-04 [23] regelt in Punkt 6.6. die Darstellung nitrierter Bauteile in der Zeichnung. Beim Nitrieren prüft man die Oberflächenhärte und die Nitrierhärtetiefe. Diese Kriterien trägt man entsprechend als konstruktiven Vorgaben auf der Zeichnung ein. Falls es für die Bauteilqualität von Bedeutung ist, legt der Konstrukteur noch zusätzlich das genaue Nitrierverfahren fest. Die Nitrierhärtetiefe Nht wird mittels einer so genannten Grenzhärte ermittelt. Im Allgemeinen ist die Grenzhärte nach DIN 50190-3 [35] als Ist-Kernhärte des Werkstückes plus 50 HV 0,5 definiert. Für Getriebeteile gilt gem. DIN ISO 6336-5 [7] eine spezielle Grenzwert- Festlegung: Die effektive Nitrierhärtetiefe ist definiert als die Entfernung von der Oberfläche bis zu dem Punkt mit der Härte von 400 HV. Überschreitet die Kernhärte 380 HV, verwendet man Ist-Kernhärte + 50 HV als Grenzwert. Um die Nht ermitteln zu können, muss ein Bauteil oder eine Referenzprobe zerstört, präpariert und mittels Kleinlast-Härteverlauf vermessen werden. Die erreichbare Oberflächenhärte ist stark vom Werkstoff, der jeweiligen chemischen Chargen-Analyse und der tatsächlichen Gefügequalität abhängig. Gem. DIN wird nur die Mindestoberflächenhärte angegeben. In Tabelle 7 der DIN 6773 [23] sind die Grenzabweichungen zu den jeweiligen Nht-Werten festgelegt. 8.4.1 Allseitige Nitrierung Beispiel 1: Beispiel 2: Beispiel 3: gasnitriert nitriert plasmanitriert 650 HV 10 700 HV 30 650 HV 5 Nht = 0,3 + 0,1 Nht = 0,4 + 0,2 Nht = 0,2 + 0,1 8.4.2 Örtlich begrenzte Nitrierung Wie beim Einsatzhärten wird die nitrierte Zone mit einer breiten Strichpunktlinie gekennzeichnet die Übergangszone außerhalb dieses Bereiches gelegt <?page no="112"?> 100 8.5 Anwendungsbereich bei Verzahnungsteilen Nitrieren ist ein typisches Härteverfahren für mittelgroße und große Bauteile, die im eingebauten Zustand hohen Umfangsgeschwindigkeiten ausgesetzt werden bzw. die Bewegungen genau übertragen sollen. Nitrierteile benötigen genügend große Wandstärken, dass aufgrund ihrer Abmessungen eine gehärtete Randschicht von bis zu 1 mm keine qualitativen Nachteile durch Versprödung o. ä. hervorruft. Geringe und dazu weitgehend kalkulierbare Maßänderungen haben dem Verfahren in der Technik Berechtigung und hohen Stellenwert verschafft. Es ist nicht geeignet für Kleinstteile und unlegierte Werkstoffe. Diese Anwendungsfälle sind eine Domäne des Nitrocarburierens. <?page no="113"?> 101 Bild 27: Nitrierhärteverlauf einer Probe mit Nht = 0,9 mm Werkstoffe: 1.7735 und 1.8521 Kernfestigkeit: 970 N/ mm 2 Nitrierzeit: 168 Stunden bei 510°C Fa. Carl Gommann, Remscheid <?page no="114"?> 102 Bild 28: Nitrierhärteverläufe von 2 Proben mit unterschiedlichen Kernfestigkeiten und einer Nht = 0,6 mm Werkstoff: 1.7225 Kernfestigkeiten: 1100 bzw. 800 N/ mm 2 Nitrierzeit: 84 Stunden bei 500°C Fa. Carl Gommann, Remscheid <?page no="115"?> 103 9 Nitrocarburieren 9.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung Nitrocarburieren erfolgt hauptsächlich im Temperaturbereich 570 - 580 °C. Die Randschicht der Bauteile beaufschlagt man wie beim Nitrieren mit Stickstoff, aber auch mit geringen Mengen von Kohlenstoff. Dadurch wird es möglich, auch unlegierte Werkstoffe (Stahl, Guss) mit brauchbaren Oberflächenhärten zu versehen und gleichzeitig analog dem Nitrieren die Korrosionsschutz-Eigenschaften dieser sonst anfälligen Materialien zu verbessern. Die Korrosionsbeständigkeit lässt sich durch das im Pkt. 8.3. beschriebene Nachoxidieren, das in gleicher Weise wie beim Nitrieren abläuft, weiter verbessern. Ein Ölfilm auf der nachoxidierten Oberfläche erhöht die Korrosionsbeständigkeit noch zusätzlich und verschafft dem Bauteil ein anthrazitfarbig glänzendes, dekoratives Aussehen. Ziel des Nitrocarburierens ist der Aufbau einer Verbindungsschicht, die vorwiegend aus -Nitriden besteht. Diese Schicht weist die jeweils charakteristische Härte auf, die in Abhängigkeit vom Gehalt an Nitrid bildenden Eisenbegleitern des verwendeten Werkstoffs zwischen 300 und 800 HV liegen kann. Die gleichzeitig entstehende Diffusionsschicht dient als Stützschicht und ist häufig von untergeordneter Bedeutung. Nitrocarburieren von niedrig legierten Vergütungs- oder Einsatzstählen stellt eine kostengünstige, schnelle Alternative zum Langzeitnitrieren dar und zeigte sich für viele, leichtere Belastungsfälle als ausreichend verschleißfest. Beim Nitrocarburieren erzeugt man für andere Maschinenbauteile (z. B. Wellen, Gehäuse) sehr gern stärkere Verbindungsschichten (> 20 μm), was verfahrensbedingt relativ einfach möglich ist. Für Verzahnungen, die nicht mehr geschliffen werden sollen, ist dieser Schichtaufbau nicht optimal. Ist die VS wesentlich dicker als 20 μm, wird sie immer poröser und es besteht die Gefahr des Abplatzens. Gelangt dieses harte Material in den Schmierstoff eines Getriebes, wirkt es wie Schmirgel und führt zu zusätzlichem Verschleiß. Deshalb werden für Verzahnungsteile sicherheitshalber eher Schichtdicken von 5 - 20 μm angestrebt. Aufgrund der Wichtigkeit der Problematik ermittelt man optisch (unter Zuhilfenahme eines Auflicht-Mikroskops) die Dicke und auch ggf. die Porosität der Verbindungsschicht. Die Nitrocarburierdauer liegt üblicherweise im Bereich von 1 bis etwa 8 Stunden. In Ausnahmefällen nitrocarburiert man z. B. volle, rotationssymmetrische Wellenteile mit grober Verzahnung auch knapp 10 Stunden lang, um eine maximale VS von 25 - 30 μm und eine große Nht zu erhalten. <?page no="116"?> 104 In diesem Fall trägt man allerdings einen Teil der Verbindungsschicht vor der Montage mechanisch ab. Die Festigkeitseigenschaften des Bauteils lassen sich verbessern, in dem man Rohlinge, analog dem Nitrieren, vor dem Nitrocarburieren auf höhere Festigkeiten vergütet. Das Verfahren Nitrocarburieren kann man ebenfalls im Gas, im Plasma oder im Salzbad durchführen. Man nitrocarburiert in erster Linie kleine und mittlere Verzahnungsteile wie Ritzel, Triebe, Zusammenbauräder und Ritzelwellen. Im Kleingetriebebau verwendet man vielfach auch unlegierte Vergütungsstähle oder Automatenstähle (z.B. 11SMn30, alte Bezeichnung 9 SMn 28), die oft nur geringe Oberflächenhärten (300 - 500 HV1) beim Nitrocarburieren erreichen, den Gesamtanforderungen von Kleinstteilen aber gerecht werden. Vorteile des Nitrocarburierens: kurze Behandlungszeiten relativ unkomplizierte Abläufe unterschiedliche Werkstoffe in einer Charge behandelbar geringe Verzüge gegenüber Einsatzhärten / Carbonitrieren 9.2 Werkstoffauswahl Nitrocarburiert werden vorwiegend folgende Werkstoffe: unlegierte Vergütungsstähle unlegierte Einsatzstähle Automatenstähle Baustähle Stahlguss Sphäroguss Sintereisen niedrig legierte Vergütungsstähle niedrig legierte Einsatzstähle Unlegierte Stähle verzeichnen durch Nitrocarburieren nur einen geringen Härteanstieg (siehe Werkstoff C45 E). Hier überwiegt als Motivation in erster Linie die Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit. Durch Abschrecken aus der Nitrocarburier-Temperatur kann die Dauerschwingfestigkeit verbessert werden. <?page no="117"?> 105 Tabelle 20: Geeignete Werkstoffe zum Nitrocarburieren sowie übliche Oberflächenhärten und Nht [33] Werkstoffgruppe Bezeichnung Werkstoff-Nr. Oberflächenhärte (HV1) Übliche Nht-Bereiche (mm) Unlegierte Vergütungsstähle C45E 1.1191 300 - 400 0,1 - 0,5 Legierte Vergütungsstähle 25CrMo4 1.7218 650 - 750 0,1 - 0,35 34CrMo4 1.7220 650 - 750 0,1 - 0,3 42CrMo4 1.7225 650 - 750 0,1 - 0,25 50CrMo4 1.7228 650 - 750 0,1 - 0,2 Legierte Einsatzstähle 16MnCr5 1.7131 700 - 800 0,1 - 0,35 Sphäroguss GGG 50 ca. 500 GGG 60 ca. 550 Sinterwerkstoff Sint D 30 ca. 300 9.3 Anlagentechnik und technologische Varianten 9.3.1 Gasnitrocarburieren (auch Kurzzeitgasnitrieren genannt) Üblicher technologischer Ablauf: Chargieren - Waschen - Voroxidieren - Nitrocarburieren - optional: Nachoxidieren - Abkühlen (Gas) oder Abschreckung (Öl) Temperaturbereich: werkstoffabhängig, 560 - 580°C Voroxidieren: Luft, evtl. Zusätze von Zitronensäure Stickstoffspender: Ammoniak (NH 3 ) Kohlenstoffspender: Kohlendioxid ( CO 2 ) oder Kohlenmonoxid (CO) Füllgas: Stickstoff (N 2 ) Nachoxidieren: Destilliertes Wasser Nitrocarburierdauer: 1,5 - 10 Std., Hauptbereich: 3 - 6 Stunden Diffusion: Ammoniak wird an der heißen Bauteiloberfläche thermisch <?page no="118"?> 106 zersetzt in atomaren und molekularen Stickstoff sowie Wasserstoff. Der atomare Stickstoff diffundiert teilweise in die Bauteiloberfläche. Ebenso zerfällt das Kohlenstoff abgebende Gas und atomarer Kohlenstoff dringt in geringen Mengen in die Bauteiloberfläche ein. Ofenanlagen: Schachtöfen, Kammeröfen, Haubenöfen, Mehrzweckkammeröfen, Banddurchlauföfen 9.3.2 Plasmanitrocarburieren Üblicher technologischer Ablauf: Waschen - Chargieren - Voroxidieren - Sputtern - Nitrocarburieren - (optional: Nachoxidieren) Abkühlen (Gas) Temperaturbereich: werkstoffabhängig, 560 - 580°C Nitrocarburierdauer: 4 - 10 Std. Gase zum Sputtern: Argon, Wasserstoff Gase zum Nitrocarburieren: Stickstoff, Wasserstoff, Methan Stickstoffspender : Stickstoff (N2) Kohlenstoffspender: Methan ( CH4) Nachoxidieren: Destilliertes Wasser Diffusion: Stickstoffgas und Methan ionisiert man mittels Glimmentladung und die beschleunigten Stickstoff- und Kohlenstoff-Ionen werden auf die Bauteiloberfläche gelenkt. Es kommt zur Diffusion. Ofenanlagen: Schachtöfen, Kammeröfen, Haubenöfen mit Stahlretorte und evakuierbar 9.3.3 Nachoxidieren nach dem Nitrocarburieren im Gas oder im Plasma Im Anschluss an den Nitrocarburiervorgang unterbricht man wie beim Nitrieren die Abkühlphase. Durch Zugabe von Wasserdampf oder anderen Mitteln mit gleicher Wirkung kann man die ca. 500 °C heiße Oberfläche der Bauteile hauchdünn (1 - 3 μm) nachoxidieren. Effekte: verbesserte Korrosionsbeständigkeit dunkle, dekorative Färbung <?page no="119"?> 107 In Verbindung mit einer stärkeren Verbindungsschicht (15 - 25 μm) weisen nitrocarburierte und nachoxidierte Flächen ähnliche Eigenschaften wie hartverchromte Schichten auf. Nachoxidierte Bauteile bieten vielfach eine umweltfreundliche Alternative zur Brünierung. 9.3.4 Salzbadnitrocarburieren Die so genannten „Salzbäder“ zum Nitrocarburieren sind Tiegelöfen oder Wannenöfen. Diese beheizt man elektrisch oder mit Gas. In Tiegeln oder Wannen aus hitzebeständigen Gusslegierungen (Nickel, Titan) wird Salz geschmolzen. Zyanat (Salzschmelze) ist zugleich Stickstoff- und Kohlenstoffspender. In diese Schmelze werden die zu nitrierenden Bauteile so lange gehängt, bis die notwendigen Diffusionsprozesse abgeschlossen sind. Temperatur (Nitrocarburieren im Salzbad): 580 °C Nitrocarburierdauer: ca. 90 Minuten Ein wesentlicher Vorteil dieser Technologie: Sie ermöglicht äußerst flexible Behandlung von Kleinmengen. Das Salzbadnitrocarburieren, früher die wichtigste Nitriertechnologie, hat in den letzten Jahren durch die guten qualitativen Entwicklungen auf dem Sektor Gas- und Plasmanitrieren an Bedeutung verloren. Dies resultiert unter anderem aus den ständig steigenden Anforderungen des Umweltschutzes. Die direkten und indirekten Kosten für die Nutzung und die spätere Entsorgung von Salzen auf Zyan-Basis, wie sie beim Nitrieren im Salzbad verwendet werden, steigen ständig an. Ebenso wird es immer aufwendiger, berechtigte gesetzliche Auflagen im Umgang mit giftigen Stoffen einzuhalten. Trotz guter qualitativer Ergebnisse der Salzbadtechnologie wuchsen daher in den letzten Jahrzehnten die Umsatzanteile des Nitrierens / Nitrocarburierens im Gas oder im Plasma immer stärker. Tenifer ® -Verfahren Q, QP und QPQ : Hierbei handelt es sich um rechtlich geschützte Verfahrensvarianten des Salzbadnitrocarburierens, die die guten Korrosionsschutzeigenschaften nitrocarburierter Schichten weiter verbessern. Die Verfahren beruhen darauf, dass im Salzbad nitrocarburierte Teile in einem oxidierenden Salzbad abgeschreckt werden (Quenchen - Q). Durch die Oxidation im AB1-Salzbad entsteht an der Oberfläche der Teile oberhalb der Verbindungsschicht Edelrost, der eine dekorative Schwärzung hervorruft. Die Korrosionsbeständigkeit kann noch weiter verbessert werden, wenn man die Oberflächen anschließend poliert (Polish - P) und wiederum im AB1-Salzbad nachoxidiert (Q). <?page no="120"?> 108 QPQ-Schichten sind sehr wirtschaftlich herstellbar und ersetzen in bestimmten Einsatzgebieten (z. B. in der Lebensmittelindustrie) hochlegierte Chromstähle bzw. diverse galvanische Schichten wie Hartchrom, Nickel, Phosphatierung oder Brünierung. 9.4 Toleranzen und praktische Möglichkeiten Die DIN 6773: 2001-04 [23] regelt in Pkt. 6.6. auch die Darstellung nitrocarburierter Bauteile in der Zeichnung. Beim Nitrocarburieren prüft man gem. DIN 17022-4 [29] hauptsächlich die Dicke der Verbindungsschicht. Prüfungen der Oberflächenhärte und der Nitrierhärtetiefe sind nicht zwingend notwendig. Angegeben in der Zeichnung werden a.) Dicke der Verbindungsschicht mit Toleranz b.) Verfahren bzw. Verfahrensvariante Aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus, werden firmenintern sehr oft zusätzlich Forderungen hinsichtlich der Oberflächenhärte und der Nht erhoben. Hierbei besteht allerdings sehr schnell die Gefahr, den Fertigungsspielraum zu sehr einzuengen und den Aufwand drastisch zu erhöhen. Letztlich bleibt es den jeweiligen Verantwortlichen überlassen, welchen Aufwand sie als notwendig ansehen. Neben der Gefügeuntersuchung mit optischer Vermessung der Verbindungsschichtdicke sind folgende zusätzliche Überwachungsmethoden prinzipiell denkbar: Erstellen einer Wärmebehandlungsvorschrift und deren ständige Kontrolle Sichtkontrolle Prüfung der Oberflächenhärte Prüfung der Nht durch Härteverlauf Eingrenzung der chem. Analyse des eingesetzten Werkstoffes Schnelltest bzgl. geschlossener VS mit Kupfer-Ammonium-Lösung Die ISO 6336-5 [7] gibt an, dass die Oberflächenhärte nach dem Nitrocarburieren bei legierten Stählen > 500 HV liegen sollte. Unlegierte Stähle gelten als einwandfrei nitrocarburiert, wenn ihre Oberflächenhärte > 300 HV beträgt. <?page no="121"?> 109 9.4.1 Allseitige Nitrocarburierung Beispiel 1: Beispiel 2: Beispiel 3: nitrocarburiert gasnitrocarburiert plasmanitrocarburiert VS = 10 + 5 μm nach WBV… siehe WBA … VS = 15 + 8 μm VS = 8 + 4 μm Die Toleranzen für Verbindungsschichtdicken VS sind in Tabelle 10 der DIN 6773: 2001-04 [23] festgelegt. 9.4.2 Örtlich begrenzte Nitrocarburierung Das Abdecken zu schützender Werkstückbereiche erfolgt beim Salzbadnitrocarburieren durch Vernickeln. Wie beim Nitrieren wird die nitrocarburierte Zone mit einer breiten Strichpunktlinie gekennzeichnet und die Übergangszone außerhalb dieses Bereiches gelegt. 9.5 Anwendungsbereich bei Verzahnungsteilen Nitrocarburieren setzt man vorwiegend für Kleinteile und mittelgroße Bauteile ein. Besonderes Augenmerk gilt beim Nitrocarburieren der Ausbildung und der Dicke der Verbindungsschicht. Die VS-Dicke ist die Steuergröße, nach welcher der Prozess angelegt wird. Sie wird als Zeichnungstoleranz angegeben. Die Nht und die Oberflächenhärte ergeben sich abhängig von Werkstoff- und Wärmebehandlungstechnologie. Massive Teile werden in der Regel gem. Pkt. 8. nitriert. <?page no="122"?> 110 Bild 29: Gasnitrocarburieren Nitrierhärteverlauf einer Probe mit Nht = 0,18 mm VS = 8 - 15 μm, Werkstoff: 1.7225 42CrMo4 Kernfestigkeit: ca. 1000 N/ mm 2 Nitrocarburierzeit: 1,5 Stunden bei 580°C Fa. Carl Gommann, Remscheid <?page no="123"?> 111 10 Borieren 10.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung Borieren ist ein thermochemisches Wärmebehandlungsverfahren. Durch die Diffusion von Bor können in der Randschicht von Stahlteilen äußerst harte und verschleißfeste Eisenboride erzeugt werden. Es entstehen Oberflächenhärten, die bei Stahl im Bereich von 1600 - 2000 HV liegen können. Aufgrund dieser extremen Härte zeigen sich Boridschichten besonders wirksam bei der Senkung des abrasiven und adhäsiven Verschleißes. Borieren findet Anwendung im Maschinen-, Apparate- und Anlagenbau sowie im Fahrzeugbau. Das Verfahren eignet sich u. a. auch besonders für hoch belastete Zahnräder aus dem Automobilsektor. Fahrzeuggetriebe von modernen Dieselfahrzeugen übertragen sehr hohe Drehmomente. Borierte Zahnräder erreichen dabei gegenüber mit anderen Verfahren gehärteten Teilen bessere Belastbarkeits- und Verschleißeigenschaften. Als Bor spendende Medien kommen heute fast ausschließlich Pasten, Granulate und Pulver zum Einsatz, die in Modifikationen für unterschiedliche Grundwerkstoffe (Stahl, Nickelbasiswerkstoffe) und Qualitätsanforderungen (Schichtqualität, Schichtdicke, Handling) angeboten werden. Diese Technologie ist mit viel Schmutz verbunden und daher aus arbeitshygienischer und umweltschutztechnischer Sicht kritisch zu sehen. Deshalb unternimmt man seit einiger Zeit Anstrengungen, um das Borieren im Plasma als Alternativtechnologie zu entwickeln. Bad- und Gasborieren konnte sich aufgrund von verfahrenstechnischen Problemen nicht durchsetzen. Die Borierung findet in der Regel zwischen 850 - 950°C statt. Es können werkstoffabhängig Schichten mit Dicken von 20 - 300 μm erzeugt werden, die eine sehr gute Verbindung mit dem Grundmaterial eingehen. Bei Stahl sind Schichtdicken bis 200 μm möglich. Überwiegend boriert man aber im Dickenbereich bis 60 μm. Das Grundmaterial sollte eine gute Grundfestigkeit aufweisen, um gute Belastbarkeiten hinsichtlich Flächenpressung zu erzielen. Borierschichten sind thermisch belastbar. Deshalb können borierte Bauteile ggf. auch bei höheren Temperaturen (bis etwa 600°C) eingesetzt werden, wenn dies keine unerwünschten Qualitätsveränderungen am Grundwerkstoff hervorruft [5]. <?page no="124"?> 112 Boridschichten zeigen auch bei reduzierter oder fehlender Schmierung ein gutes Verschleißverhalten, was aus umweltschutztechnischer Sicht zukünftig zu einem technisch bedeutsamen Fakt werden könnte. Weiterhin bewirken diese Schichten bei Teilen aus niedriglegierten Stählen eine wesentliche Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit. Aufgrund des hohen manuellen Aufwandes ist Borieren ein kostenintensives Verfahren. Diverse Arbeitsschritte wie Vorwärmebehandlung, Einpacken, Bepasten, Auspacken, Reinigen und Nachwärmebehandlung gestalten sich aufwendig und werden üblicherweise nach dem tatsächlichen Aufwand berechnet. Deshalb setzt man Borieren nur dann ein, wenn preiswertere Härteverfahren (z. B. Einsatzhärten oder Nitrieren) für höchst belastete Bauteile nicht genügend Verschleißschutz bieten können. 10.2 Werkstoffauswahl Prinzipiell eignen sich die meisten Eisenwerkstoffe zum Borieren: Vergütungsstähle Armco-Eisen Einsatzstähle Gusseisen Baustähle Sintereisen Werkzeugstähle chem. beständige Stähle Ebenso boriert man Nickellegierungen, Hartmetalle und Titanlegierungen. Nicht geeignet sind Stähle mit zu hoher Härtetemperatur (HSS) und Stähle mit hohem Silizium-Gehalt. Für Zahnräder setzt man vorrangig Vergütungsstähle ein (z. B. 42CrMo4), da bei diesen Stählen mit einem schonenden Härtevorgang nach dem Borieren eine gute Kernhärte erzielt werden kann. Auf diese Weise entsteht die Eignung der Zahnräder für Belastungsfälle mit hohen Flächenpressungen. 10.3 Anlagentechnik und Technologie 10.3.1 Anlagentechnik Zum Borieren mit Pasten, Pulvern oder Granulaten setzt man überwiegend Kammeröfen, Schachtöfen, Topföfen und Muffelöfen ein, die eine hohe Heizleistung gewährleisten. <?page no="125"?> 113 10.3.2 Technologie Borieren ist ein Spezialverfahren, das von relativ wenigen Anbietern ausgeführt wird. Die qualitätsgerechte Ausführung erfordert umfangreiche Detailkenntnisse, die in den Firmen teilweise über Jahrzehnte hinweg gewachsen sind und nun entsprechend gehütet werden. Das Borieren von Verzahnungsteilen, das wiederum eine Spezialdisziplin darstellt, führen relativ wenige Anbieter in Serie aus. Vorwärmebehandlung Dem Bauteilzustand vor dem Borieren kommt eine große Bedeutung zu, obwohl bei der Boriertemperatur von ca. 900 °C der Ausgangsgefügezustand aufgehoben wird. Die Teile sollten im Hinblick auf das spätere Maßverhalten spannungsarm sein, da eine Maßkorrektur nach dem Borieren aufgrund der erreichten Härte kaum möglich ist. Bearbeitungsspannungen werden durch Spannungsarmglühen oder Rekristallisationsglühen vor der Fertigbearbeitung beseitigt. Vergüten vor der Feinbearbeitung stellt eine häufig genutzte Möglichkeit dar, um bei diffizilen Bauteilen (z. B. Zahnrädern) eine Minimierung der Maßänderungen zu bewirken. Man erzeugt damit vor der mechanischen Bearbeitung den gleichen Zustand im Kerngefüge, der für den Einbauzustand angestrebt wird. So reduzieren sich die Maß- und Formänderungen, die im Rahmen der Nachwärmebehandlung (Vergüten) durch Gefügeumwandlungen hervorgerufen werden. Vorbearbeitung Obwohl Boridschichten nicht zum Abplatzen neigen, sind die Kantenbereiche gefährdet. Da durch das Borieren entstehende Kantenaufwürfe zum Abplatzen neigen, dürfen die Bauteile keine scharfen Kanten aufweisen. Die Oberflächenrauigkeit vor dem Borieren entspricht normalerweise dem Endzustand, da eine anschließende Korrektur durch mechanische Bearbeitung aufgrund der extremen Härte kaum möglich ist. Beim Borieren einer polierten Oberfläche entsteht eine Rauigkeit von etwa 2 μm, die für höchste Ansprüche ggf. geläppt oder poliert werden kann [5]. Bauteilreinigung Die Bauteile müssen sauber, öl- und fettfrei sein. Flugrost o. ä. Schichten müssen durch Strahlen oder Bürsten entfernt werden. Chargierung (Pulver- oder Pastenborierung) Die Bauteile gibt man in spezielle Glühkästen, die möglichst der Form der Werkstücke angepasst sein sollten. Da die Teile in Boriermittel eingebettet werden müssen, benötigt man so mit weniger Pulver oder Granulat. <?page no="126"?> 114 Pasten werden mit Tauchen oder Streichen aufgebracht und finden vorrangig für partielle Borierungen Anwendung. Boriervorgang (Pulver- oder Pastenborierung) Der Borierprozess läuft in einer Retorte oder einem Retortenofen unter Verwendung von Schutzgas ab, da sich Sauerstoff negativ auf die Qualität der Schicht auswirken würde. Als Schutzgas dienen je nach Anwendungsfall Argon, Stickstoff, Argon- Wasserstoff-Gemische, Formiergas oder reiner Wasserstoff. Die Behandlungsdauer liegt zwischen einer und mehreren Stunden. Üblicherweise boriert man Verzahnungsteile aus Vergütungsstahl bei Temperaturen von über 900 °C. Verzahnungsteile, die anschließend vergütet werden sollen, erhalten normalerweise Schichtdicken bis max. 30 μm, da sonst die Boridschicht zu rissempfindlich wird. Am Ende des Borier-Zyklus erfolgt eine Abkühlung unter Schutzgas. Die Entfernung des Borierpulvers bzw. der -paste ist aufwendig und schmutzintensiv. Diese Arbeit erfolgt durch Abschütteln, Abblasen, Bürsten und Waschen. Nicht zuletzt deshalb richten sich die Hoffnungen auf die technische Weiterentwicklung des Plasmaborierens. Plasmaborieren Die Entwicklungen dieser Verfahrensvariante sind noch nicht abgeschlossen. Für Plasmaborier-Versuche verwendet man gegenwärtig Borieranlagen, die konstruktive Merkmale von Plasmanitrier-Haubenöfen sowie spezielle Modifizierungen aufweisen. N. Kashaev, H.-R. Stock und P. Mayr [36] beschreiben neue positive Ergebnisse beim Plasmaborieren von niedriglegierten Vergütungs- und Einsatzstählen, die auch für zu borierende Zahnräder verwendet werden. Mit dem sauerstofffreien Mittel Trietylboran B(C 2 B 5 ) 3 konnte man auf den wichtigen Stählen 42CrMo4, 25CrMo4 und 16MnCr5 innerhalb von 6 Stunden Behandlungszeit eine etwa 20 μm dicke, geschlossene und monophasige Fe 2 B-Schicht mit guten Eigenschaften erzeugen. Deshalb ist davon auszugehen, dass noch vorhandene technische Probleme gelöst werden und Plasmaborieren in absehbarer Zeit als serienreifes Verfahren breite Anwendung finden wird. Nachwärmebehandlung Beim Borieren von Stahl strebt man die Bildung einer möglichst reinen Fe 2 B- Schicht an. Infolge zu geringer Diffusion bildet sich aber in der äußersten Randschicht häufig eine besonders borreiche FeB-Phase. Fe 2 B und FeB besitzen stark unterschiedliche Dehnungseigenschaften, die bei der Abkühlung nach dem Borieren zu Spannungen und Abplatzungen (FeB) führen würden. Deshalb führt <?page no="127"?> 115 man eine Nachdiffusion durch. Dabei leitet man überschüssiges Bor ins Schichtinnere ab und wandelt FeB in Fe 2 B um. Verzahnungsteile erhalten optimale Eigenschaften durch einen vergüteten Kernwerkstoff. Borierte Teile kann man nachträglich im Vakuumofen vergüten, ohne dass die Boridschicht geschädigt wird. Allerdings sollte die Schichtdicke nicht über 30 μm liegen, da sonst Rissgefahr besteht. 10.4 Maßverhalten Beim Borieren diffundieren Atome des Elementes Bor in den Werkstoff ein und es kommt zur Bildung einer Boridschicht. Diese Schicht weist gegenüber dem Ausgangswerkstoff ein größeres Volumen auf. Es kommt zu einem linearen Aufwachsen, das etwa 25 % der Schichtdicke beträgt. Beispiel: Eine Schichtdicke von ca. 28 μm erzeugt ein Aufwachsen von ca. 7 μm. Da diese Maßänderung gering und kalkulierbar ist, kann sie im Vormaß eingeplant werden. Spannungsbedingte Verzüge minimiert man über Vorwärmebehandlung (siehe Pkt. 10.3.2.). 10.5 Zeichnungsangaben Für Borieren gibt es keine spezielle DIN, die exakte Regelungen zum Verfahren trifft. Verfahrensangabe Die DIN EN 10052 [9] empfiehlt, das Boriermittel auf der Zeichnung anzugeben. Beispiele: Pulverborieren oder Pastenborieren Schichtdicke: Boridschichten bilden sich bei niedriglegierten Stählen etwas zahnförmig aus. Dadurch ist die Angabe und Tolerierung der Schichtdicke etwas problematisch. Entsprechend sollte toleriert werden. Oberflächenhärte Die Härte wird als Mikrohärte angegeben. Sie sollte für niedriglegierte Vergütungs- und Einsatzstähle im Bereich von 1600 bis 1800 HV 0,025 liegen. <?page no="128"?> 116 11 Beschichten von Zahnrädern Beschichtungen, besonders die CVD- und PVD-Verfahren, haben im Werkzeugsektor als Verschleißschutzmaßnahme große Bedeutung erlangt. Wie bereits unter Pkt. 3.2.1. erwähnt, sind die meisten Beschichtungen aus den unterschiedlichsten Gründen für Verzahnungswerkstoffe und / oder Verzahnungen nicht einsetzbar bzw. nicht sinnvoll. Gründe können u. a. sein: Schicht für die verzahnungsspezifischen Beanspruchungen nicht geeignet (Verschleißbeständigkeit, Belastbarkeit, Schichtdicke, Haftfähigkeit) Beschichtungstemperatur zu hoch (Maßverhalten, negativer Einfluss auf die Festigkeit des Grundwerkstoffes) technische Probleme Kosten Diese grundsätzlichen Fakten führen dazu, dass Beschichtungen als alleiniger Verschleißschutz für Verzahnungsteile ungeeignet sind bzw. sich aus Kostengründen nicht durchsetzen konnten. Für extrem hoch belastete Zahnräder kann man vielfach mit den üblichen thermischen und thermochemischen Härteverfahren keine ausreichende Verschleißbeständigkeit erzielen. Ebenso zeigen sich diese Bauteile im praktischen Einsatz sehr anfällig gegenüber Mangelschmierung oder Trockenlauf. Aus ökologischer Sicht kritisch zu sehen ist die Verwendung von stark phosphor- und schwefelhaltigen Additiven in den Schmierstoffen. Deshalb sucht man nach Möglichkeiten, um diese gehärteten Verzahnungen weiter qualitativ zu verbessern. Schichten aus diamantähnlichem Kohlenstoff Die Beschichtungstechnik entwickelte bisher eine Verfahrensvariante, die für Verzahnungsteile anwendbar ist und deutliche Verbesserungen hinsichtlich Verschleißbeständigkeit, Schmierungsbedarf und Reibwert ermöglicht. Mit dieser Technik gelingt es bei Temperaturen von unter 250°C an niedriglegierten Stählen fest haftende Hartschichten aufzubringen. Diese reibungsarmen Schichten bestehen aus diamantähnlichem Kohlenstoff. Deshalb werden sie auch DLC-Schichten (engl. diamond-like carbon) genannt. Die Schichtbildung erfolgt nach dem Prinzip der PVD-Technologie. PVD = engl. Abkürzung für „physikal vapour deposition“ <?page no="129"?> 117 Es handelt sich dabei also um eine physikalische Abscheidung in der Dampfphase, bei der die Schichtbildung durch den Transport von Atomen, Molekülen, Ionen im Vakuum stattfindet die Teilchen durch physikalische Vorgänge verdampft werden Die PVD-Technologie ermöglicht es, dünne Schichten aus praktisch allen Elementen herzustellen und dabei die Temperatur der zu beschichtenden Werkstoffe (Bauteile) niedrig zu halten [5]. Metallhaltige DLC-Schichten (Me-C: H) Es ist möglich, verschiedene Stoffe zu verdampfen und in die Oberfläche einzubauen. Damit kann die Schicht nach den zu erwartenden Beanspruchungen zusammengesetzt werden. Für Verzahnungen hat sich eine Kombination von Kohlenstoff und dem Metall Wolfram als besonders geeignet erwiesen. Im Gegensatz zu den ursprünglichen DLC-Schichten, die nur aus Kohlenstoff und 10 - 30 % Wasserstoff bestehen, sind metallhaltige DLC-Schichten elektrisch leitfähig. Dadurch wird es möglich, diese Schichten unter Verwendung der technisch einfacheren, kostengünstigeren Gleichstrom-Prozesstechnologie zu erzeugen [37]. Beschichtungstechnologie Um die Schichthaftung gewährleisten zu können, ist eine gründliche Vorreinigung der Bauteile notwendig. Nach der Chargierung erfolgt ein Sputtern unter Argon. Dieser Arbeitsschritt verbessert die Bauteilreinigung und bereitet die Oberfläche für die Beschichtung vor. Anschließend zündet man unter Argon ein Plasma und bringt eine dünne Schicht des Metalls (Wolfram) auf. Dann gibt man ein Kohlenwasserstoffgas zu. Bei entsprechendem Partialdruck bauen sich dann verstärkt Kohlenstoff und Wasserstoff in die Metallschicht ein und wandelt diese in Metallcarbid um. Das Verfahren wird von der Fa. Oerlikon Balzers unter dem Namen Balinit® C vermarktet und als Dienstleistung angeboten. Angaben der Fa. Oerlikon Balzers [38] [39]: Schichtmaterial: WC / C (Wolframcarbid / Carbid) (a-C: H: W) Typische Schichtdicke: 1 - 4 μm Mikrohärte ( HV 0,05): 1000 - 1500 Maximale Anwendungstemperatur: 300 °C Reibwert (trocken gegen Stahl): 0,1 - 0,2 Farbe: anthrazit <?page no="130"?> 118 Für Zahnräder wird aufgrund der hohen dynamischen Belastungen eher eine etwas niedrigere Härte von ca. 1000 HV als optimal angesehen (geringere Abplatzgefahr). Vorteile: gute Verschleißbeständigkeit hohe Belastbarkeit auch bei Mangelschmierung oder Trockenlauf niedriger Reibwert Schutz gegen: Abrasivverschleiß * Adhäsivverschleiß *** Tribooxidation ** Korrosion * hervorragender Fressschutz sehr gutes Einlauf- und Glättungsverhalten für hohe Flächenpressungen geeignet Die Beschichtung ermöglicht bei Zahnrädern: leichtere Bauweise längere Lebensdauer höhere Belastbarkeit Gut beschichtbare Werkstoffe (Zahnräder): Vergütungsstähle Nitrierte Stähle Einsatzstähle Niedertemperaturbeschichtung < 250 °C möglich! Erforderlicher Oberflächen- und Werkstoffzustand: metallisch blank, d. h. möglichst geschliffen und poliert keine Oxidhäute, Schleifrisse, Neuhärtezonen keine Pastenrückstände (Polieren oder Läppen) saubere Bohrungen und Sacklöcher Härte des Grundwerkstoffes soll ausreichend hoch sein, um Stützwirkung für die Balinit-Schicht zu gewährleisten (Flächenpressung). Anlasstemperatur sollte über der Beschichtungstemperatur liegen Anwendungen im Zahnradbereich: Auto- und Motorradrennsport Problemlöser, wenn Motorenleistung die Aufnahmefähigkeit des Getriebes übersteigt geringere Mengen Schmierstoff (ohne Additive) erforderlich <?page no="131"?> 119 Balinit® C erhöht die Tragfähigkeit von vergüteten Zahnrädern um 30 - 40 % von einsatzgehärteten Zahnrädern um 10 - 15 % <?page no="132"?> 120 12 Induktionshärten 12.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung Induktionshärten ist eines der Randschichthärteverfahren gem. DIN 17022-5 [40]. Es wird hier in einer Gruppe mit den Verfahren Flammhärten, Laserhärten und Elektronenstrahlhärten geführt. Als thermisches Randschichthärteverfahren für Verzahnungsteile besitzt Induktionshärten unter den o. g. Technologien die weitaus größte Bedeutung. Während bei klassischer Härtung ganze Chargen in einem Ofen gleichzeitig wärmebehandelt werden, führt man Induktionshärten an Einzelstücken aus. Aus Rationalisierungsgründen wurden Anlagen und Vorrichtungen entwickelt, die bei kleineren, dafür geeigneten Bauteilen und Werkstoffen die Härtung von gleichzeitig zwei oder (in Ausnahmen) bis zu vier Bauteilen ermöglichen. Induktionshärten erfolgt auf speziellen Maschinen, die für die Realisierung der technologischen Abläufe (Bewegungen, Schaltvorgänge, Energieübertragung, Abschreckmittelführung) ausgelegt sind. Dabei unterscheidet man zwischen Universalhärtemaschinen (für Einzelstücke, Klein- und Mittelserien) und Sondermaschinen (für Großserien, Spezialtechnologien). Der Arbeitsgang Induktionshärten besteht üblicherweise aus folgenden Arbeitsschritten: Induktive Erwärmung Abschreckung optional Waschen Anlassen Prinzip der Induktionserwärmung Die Erwärmungsenergie liefert ein Generator, der diese über ein Werkzeug berührungslos in Form von induktiver Erwärmung in die Randschicht des Werkstückes überträgt. Die Induktionserwärmung beruht auf dem Prinzip des Transformators, wobei das Werkzeug (Induktor) als die Primärseite wirkt und das Werkstück die kurzgeschlossene Sekundärwicklung darstellt. Von einem Wechselstrom durchflossene Leiter bauen um sich herum ein elekromagnetisches Feld auf. Dieses Feld schwankt analog einem Wechselstrom in Stärke und Richtung um einen Nullpunkt. Gelangt ein zweiter Leiter in den Bereich des Feldes, so wird in dessen Material eine Spannung induziert. Die induzierte Spannung hat wiederum einen Wechselstrom zur Folge. Dieser induzierte Strom fließt in jedem Moment entgegengesetzt zu dem Strom im ersten Leiter. Ist der Induktionsstrom groß genug, so führt dies zum Erhitzen des <?page no="133"?> 121 zweiten Leiters durch Stromwärme bis zum Schmelzen. Wird statt des zweiten Leiters ein Werkstück in die Nähe des ersten Leiters gebracht, so wird es auf gleiche Weise erwärmt. Der vom Generatorstrom durchflossene Induktor besteht aus Kupferprofilen. Durch das Innere dieser Rohre oder vierkantigen Hohlprofile wird mit möglichst hohem Druck eine möglichst große Kühlwassermenge geleitet und so Wärme vom Induktor abgeleitet. Induktionserwärmung nutzt man nicht nur für die Randschichthärtung, sondern u. a. auch zum Löten, für Schmiedeerwärmung, Schmelzprozesse, Schweißen von Rohren, Spannungsarmglühen von Schweißnähten, Kleben, Beschichten sowie für Schrumpfverbindungen. Bild 30: Prinzip der induktiven Erwärmung [41] Der große Vorteil der induktiven Erwärmung beruht auf der sehr hohen Leistungsübertragung, die äußerst kurze Erwärmungszeiten ermöglicht. Damit kann die Wärmeeinbringung weitgehend auf bestimmte Oberflächen- oder Werkstückpartien konzentriert und beschränkt werden. Die sehr hohe Leistungsübertragung bei induktiver Erwärmung bietet für die praktische Anwendung große Vorteile und technische Möglichkeiten. Die Tabelle 1 der DIN 17022-5 [40] enthält Angaben dazu, welche Leistungsdichten mit verschiedenen technischen Erwärmungsverfahren übertragbar sind. Einige Angaben der DIN weichen von denen anderer Literaturquellen ab. Besonders beim Vergleich des Induktionshärtens mit dem Flammhärten scheinen die Angaben der anderen Quellen besser mit praktischen Erfahrungen überein zu stimmen. Für das überwiegende Sortiment an industriellen Bauteilen ermöglicht die induktive Erwärmung gegenüber der Erwärmung mit Brennersystemen sehr viel kürzere Aufheizzeiten. <?page no="134"?> 122 Tabelle 21: Für die Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen relevante Energiequellen und dazugehörige Leistungsdichten Energiequelle Ofen / Anlage Leistungsübertragung (W / cm 2 ) (Angaben verschiedener Quellen) DIN 17022-5 [40] Benkowsky [42] Fa. HWG Inductoheat [43] Konvektion (Wärmemitnahme durch Molekular- Bewegung) Kammerofen 0,5 0,5 0,5 Strahlung Elektroofen, Muffelofen 8 8 Wärmeleitung, Berührung Salzbadofen 20 20 20 Brenner Flammhärteanlage 1.000 bis 6.000 1.000 1.000 Induktionserwärmung Induktionsanlage 1.000 bis 10.000 30.000 10.000 Laser Laserhärteanlage 1.000 bis 10.000 10 8 (CO 2 -Laser) Elektronenstrahl 1.000 bis 10.000 10 10 Bei ausreichend großer Generatorleistung sowie richtiger Werkzeug- und Frequenzwahl ist eine sekundenschnelle Erwärmung von Werkstück-Randschichten für die Induktionserwärmung kennzeichnend. Die vom Generator abgegebene Frequenz hat entscheidenden Einfluss auf die Erwärmungstiefe. Der so genannte Skineffekt bewirkt, dass induzierte Ströme höherer Frequenz fast ausschließlich in der äußersten Randschicht fließen. Induktionshärten Den Skineffekt nutzt man u. a. bei der induktiven Randschichthärtung gezielt aus. Er ermöglicht das Erwärmen einer dünnen Randschicht des Werkstückes in wenigen Sekunden auf Härtetemperatur, während die überwiegende Masse des Werkstückes von Wärme unbeeinflusst bleibt. Weiter minimieren kann man die Wärmeeinbringung, wenn nicht die gesamte Bauteiloberfläche, sondern nur kleinere Oberflächenzonen (Verzahnungen, Lagerflächen, Laufflächen u. a.) erwärmt werden. Der überwiegende Teil des Werkstückvolumens bleibt kalt und formstabil. Dadurch entsteht ein sehr günstiges Verzugsverhalten. <?page no="135"?> 123 Die exakte Dosierung der Energie auf bestimmte Werkstückpartien sowie deren gleichmäßige Abschreckung stellen bei diesem Verfahren die Hauptkriterien für die Qualität der Härtung (Gefügeausbildung, Maßverhalten) dar. Verfahrensspezifisch bedingt gestaltet sich die Festlegung der Einstellwerte (Generator und Maschine) etwas schwieriger als bei anderen Härteprozessen. Dies resultiert daraus, dass es viele Einflussfaktoren gibt, die ohne entsprechende praktische Erfahrungen kaum zu einem positiven Härteergebnis verknüpft werden können. Die wesentlichsten Faktoren sind: Werkstück und Härtekontur (Form, Größe, Material) Induktor (Form, erreichbarer Wirkungsgrad) Abschreckeinrichtung (erreichbare Abschreckintensität und Gleichmäßigkeit der Abschreckung) Generator ( Nennleistung, Frequenz) technisches Niveau der Maschine (Steuerung, Schaltvorgänge, Bewegungen von Induktor und Werkstück) Die Erwärmung auf Härtetemperatur erfolgt überwiegend innerhalb weniger Sekunden. Bei bestimmten Anwendungsfällen, wie z. B. bei konturengetreuem Härten von Verzahnungen, sind sogar extrem kurze Heizzeiten von unter 1 Sekunde möglich. Sofort nach Abschalten der Heizenergie verliert die Randschicht an Temperatur. Ein Halten auf Härtetemperatur wie bei einem Ofenhärteprozess findet quasi nicht statt. Deshalb erwärmt man üblicherweise auf eine um 30 - 50 °C höhere Temperatur als beim Härten im Ofen. Die Abschreckung erfolgt möglichst kurz nach dem Abschalten der Heizenergie (Standverfahren) oder direkt hinter der wandernden Glühzone (Vorschubverfahren). Die für die Härtung des jeweiligen Werkstoffes notwendige Temperatur soll im Moment des Abschreckbeginnes dabei so gleichmäßig wie möglich an der gesamten Glühzone vorliegen. Diese Gleichmäßigkeit kann man bei vielen Bauteilen besser herstellen, in dem man Induktor und Werkstück in geeigneter Weise während des Aufheizens bewegt sowie die ins Werkstück einzubringende Energiemenge entsprechend den Bauteilkonturen variiert. Unter Nutzung des hohen Niveaus der Anlagentechnik, des Werkzeugbaus und vielfältiger technologischer Erfahrungen wurden Möglichkeiten geschaffen, um auch schwierige Werkstückpartien in Serienqualität induktiv härten zu können. Die Wichtigkeit der Einhaltung der üblichen konstruktiven Grundsätze für die härtegerechte Gestaltung von Werkstücken bleibt allerdings bestehen. Scharfkantige oder dünnwandige Partien werden stärker erhitzt als massive, volle Bauteilflächen. Im Extremfall kommt es an gefährdeten Querschnitten zu Anschmelzungen. Kann der Induktionshärter trotz aller Bemühungen starke partielle Überhitzungen nicht verhindern und verursachen ungünstige Masseverteilungen ungleichmäßige Erwärmungs- oder Abkühlungsverhältnisse, ist das Bauteil für Induktionshärtung nicht geeignet. <?page no="136"?> 124 Induktorenbau und die Detailgestaltung des Härteprozesses beruhen bei diesem Verfahren überwiegend auf dem Spezialwissen und praktischer Erfahrung. Trotzdem bildet die Kenntnis physikalischer Regeln über Ausbildung induktiver Felder eine wichtige Grundlage. Theoretische Berechnungen bei der Prozess- oder Werkzeugplanung sind hier eher die Ausnahme oder werden bisher in den meisten Härtereien lediglich zur Grobabschätzung der benötigten Generatorleistung benutzt. Abschreckung Abgeschreckt werden Verzahnungsteile aus unlegierten Werkstoffen meist mit einem Gemisch aus Wasser und einem Polymerzusatz. Der Polymeranteil, der hinsichtlich seiner Konzentration dem zu härtenden Werkstoff angepasst wird, schränkt die Dampfblasenbildung ein und dient auch zum Korrosionsschutz der feuchten, gehärteten Teile. Über spezielle Abschreckbrausen oder in bewegten Abschreckbädern erfolgt die zum Härten notwendige rasche, gleichmäßige Abkühlung der Werkstücke. Hinsichtlich der Abschreckwirkung hat die Polymerlösung keine Nachteile gegenüber der Härtung mit reinem Wasser, die man in Induktionshärtereien aus genannten Gründen heute kaum noch antrifft. Verzahnungsteile aus höher legierten Stählen härtet man möglichst mittels Ölabschreckung. Die Abschreckung nach induktiver Erwärmung erfolgt dann generell im Abschreckbad. Brausen können bei der Ölabschreckung nicht verwendet werden (Brandgefahr). Technologische Aspekte Beim induktiven Härten erfolgt eine gewollte Gefügeumwandlung in der Randschicht des Werkstückes, die dort eine Volumenvergrößerung hervorruft. Deshalb bleibt bei der Herstellung von Präzisionsteilen trotz relativ geringen Verzuges eine Hartbearbeitung im Härtebereich meist unverzichtbar. Im Gegensatz zur klassischen Härtung spielt für Induktionshärten bereits der maßliche Ausgangszustand der Teile eine wichtige Rolle. Der Abstand zwischen Werkstückoberfläche und Induktor, Ankoppelabstand genannt, besitzt starken Einfluss auf die Erwärmungsgeschwindigkeit sowie die reale Ausbildung der Erwärmungszone. Innerhalb einer Serie sollte dieses Maß deshalb konstant gehalten werden, um ein reproduzierbar gutes Härteergebnis zu gewährleisten. Zu geringe Ankoppelabstände führen zu Anschmelzungen bzw. Kurzschlüssen, die im schlimmsten Fall Induktor und Werkstück zerstören. Bei zu großem Ankoppelabstand sinkt der Wirkungsgrad der Leistungsübertragung drastisch. Dadurch steigt die erforderliche Heizzeit, die erwärmte Zone streut und die Härtetemperatur wird nicht mehr erreicht. Für ein optimales Verzugsverhalten hält man die Erwärmungszeit so gering wie möglich. Der Induktionshärter richtet den Härteprozess nach einem beliebigen Bauteil des Härteloses ein und lässt nach Erreichen aller geforderten Vorgaben wie Ansprunghärte, Randhärtetiefe (Rht), Härtebild die Einstellwerte der Anlage <?page no="137"?> 125 unverändert. Induktionshärten zeichnet sich bei richtiger Anwendung durch eine sehr hohe Wiederholgenauigkeit aus. Durch den Einsatz von CNC-Steuerungen lassen sich auch komplizierte Abläufe unter Serienbedingungen exakt reproduzieren. Durch Überwachung der wichtigsten Maschinen- und Härteparameter werden geringste, qualitätsrelevante Veränderungen im Prozess registriert und führen zum Maschinenstopp. Solche überwachungswürdigen Parameter sind u. a.: Energiemenge pro Heizintervall Abschreckmittelmenge Abschreckmitteltemperatur Kühlwassermenge Kühlwassertemperatur Bauteilposition Bei Serienhärtungen kann man unter bestimmten Bedingungen eine direkte Temperaturmessung am Werkstück über Strahlungspyrometer vornehmen, die Ergebnisse in die Anlagensteuerung integrieren und so den Heizzyklus überwachen bzw. steuern. Vielfach stellt man bei der Induktionshärtung aufgrund von wirtschaftlichen Zwängen (Einzelstücke, Kleinserien) oder technischen Bedingungen (veraltete Härtemaschinensteuerung, ungünstige Messbedingungen) die Härtetemperatur nach der per Auge optisch wahrgenommenen Glühtemperatur ein. Die Richtigkeit der verwendeten Temperatur lässt sich anschließend über die Härteergebnisse (Oberflächenhärte, Gefügequalität) überprüfen. Neben der Speicherung der Überwachungsergebnisse in der Steuerung ist natürlich auch die Ausgabe an einen Drucker oder PC möglich, um den Forderungen der Statistischen Prozesskontrolle nachzukommen. Bei Serienhärtungen bestimmter Teilegruppen ist es sinnvoll, zusätzlich eine zerstörungsfreie Wirbelstromprüfung in die Härteanlage zu integrieren. Besonders effektiv lassen sich Wirbelstromprüfungen an Horizontal-Härtemaschinen durchführen. Mittels dieser Prüfeinheit ist es möglich, Oberflächenhärte, Randhärtetiefe und Lage der Härtezone ohne zusätzlichen Aufwand an Fertigungszeit zu überwachen, in dem man jedes Härteteil mit einem Soll-Zustand vergleicht. Einen typischen Einsatzfall für Wirbelstromprüfung stellt seit Jahren die Überwachung der Induktionshärtung von Zahnstangen aus Rundmaterial dar. Generell darf man eine konstante Qualität der Induktionshärtung aber nur erwarten, wenn die Qualität der Werkstücke vor der Härtung in Ordnung ist und die Maschine infolge guter Instandhaltung stets exakt arbeitet. Induktionshärten ist ein Präzisionshärteverfahren mit vielen Vorteilen. Allerdings werden diese nur wirksam, wenn man genau gearbeitete, gratfreie und gewaschene Bauteile in konstanter Qualität verarbeitet. Fehler an ungehärteten Bauteilen (Werkstoff, Maßhaltigkeit, Form, Oberflächen- <?page no="138"?> 126 beschaffenheit, Spannbasis) wirken sich negativ auf die Serienqualität aus. Sie haben Härtefehler, erhebliche Verzüge und Beschädigungen der Werkstückoberfläche zur Folge. Außerdem sind sie meist die Ursache für Störungen im Fertigungsablauf. Höhere Stillstandszeiten können zu unökonomischen Prozessabläufen führen. Vorteile des Induktionshärtens harte, verschleißfeste Oberfläche und gleichzeitig weicher, zäher Kernwerkstoff geringere Wärmeeinbringung als bei klassischer Härtung und damit geringerer Verzug wirtschaftlich günstig (bei gesamttechnologisch sinnvollen Einsatzfällen und richtiger Anwendung) gute Integrierbarkeit in die Fertigung hohe Wiederholgenauigkeit kaum Verzunderung umweltfreundlich Nachteile hohe Investkosten viel Erfahrung sowie Vorrichtungs- und Werkzeugaufwand erforderlich vergleichsweise hoher Personalaufwand Frequenzbereiche Für die Induktionshärtung von Verzahnungen haben sich aufgrund des damit verbundenen Erwärmungsverhaltens folgende Frequenzbereiche bewährt: A) Mittelfrequenz 3 - 10 kHz B) Zwischenfrequenz 10 - 100 kHz C) Hochfrequenz 100 - 800 kHz D) Übertragung von MF- und HF-Energie in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen gleichzeitig auf einen Induktor Einsatzbereiche für Mittelfrequenz: größere, massive und dickwandige Bauteile größere Randhärtungstiefen (überwiegend im Bereich von 2 - 5 mm) Ganzflächenerwärmung massiver Bauteile die Härtung bestimmter Konturen (Zahnlückenhärtung) Härtung von Gusswerkstoffen <?page no="139"?> 127 Einsatzbereiche für Hochfrequenz: kleine, dünnwandige und verzugsempfindliche Teile geringe Randhärtungstiefen (vorwiegend < 2mm) eng begrenzte Härtezonen Der Begriff Zwischenfrequenz ist rein technologisch zu sehen und existiert in der Physik nicht. Der Frequenzbereich unterhalb etwa 70 kHz wird physikalisch allgemein der MF zugerechnet, während man die angrenzenden Frequenzen oberhalb dieser Marke üblicherweise schon als Hochfrequenz bezeichnet. Erst mit der Entwicklung der Transistor-Generatoren wurde der Frequenzbereich 10 - 100 kHz härtetechnisch optimal nutzbar. Zwischenfrequenz kommt sinnvoll zur Anwendung für mittelgroße Bauteile und bei Härteaufgaben, die in den technischen und wirtschaftlichen Grenzbereichen zwischen HF und MF angesiedelt sind. Hinsichtlich der Erwärmungscharakteristik bietet dieser Frequenzbereich für das Induktionshärten bestimmter Verzahnungen spezifische Vorteile. Zwischenfrequenz ist besonders geeignet für Randhärtungstiefen zwischen 1,5 und 3 mm. In den letzten Jahrzehnten wurden mehrere Verfahrensvarianten entwickelt, um durch die Überlagerung der speziellen Erwärmungscharakteristiken von HF und MF ein konturengetreues Härtebild an Verzahnungen zu erzielen. Ziel dieser Bestrebungen war und ist es, auf ökonomische Art über induktive Erwärmung ein Härtebild zu erzeugen, dass folgende Eigenschaften aufweist: Einhärtung im Zahngrund (Erhöhung der Zahnfußfestigkeit) konturengetreue, harte Randschicht (Zahnflanken, Zahnkopf) und zäher Werkstoff im Inneren des Zahnes Genutzt werden dabei die Vorteile des Induktionshärtens hinsichtlich der kurzen Erwärmungszeiten, der geringen Wärmeeinbringung und des daraus resultierenden minimalen Verzuges. Das konturengetreue Härten erfolgt analog der Allzahnhärtung mit einfachen Ringinduktoren und ist daher sehr rationell. Leider funktionieren alle bisher entwickelten Verfahrensvarianten nur in einem eng begrenzten Anwendungsspektrum. <?page no="140"?> 128 Allgemeine Verfahren der Induktionshärtung: Standhärtung Umlauf-Standhärtung Vorschub-Härtung Umlauf-Vorschub-Härtung Gesamtflächen-Härtung Umfang-Vorschub-Härtung H = Induktor, W = Werkstück, A = Abschreckbrause, n = Drehzahl, S = Sprungbewegung, V = Vorschubbewegung Bild 31: Induktionshärteverfahren [44] <?page no="141"?> 129 Verfahren der induktiven Zahnradhärtung Bei der Induktionshärtung von Verzahnungsbauteilen kommen momentan in der Industrie 4 verschiedene Verfahren zur Anwendung: 1. Allzahnhärtung ( Einfrequenzverfahren, Durchhärtung der Zähne) 2. Einzel-Zahnflankenhärtung 3. Einzel-Zahnlückenhärtung 4. Konturengetreues Härten 12.2 Werkstoffauswahl Bereits in der Konstruktionsphase wird bei Festlegung des Werkstoffes und der Wärmebehandlungsforderungen unter Umständen über Qualität der Bauteile sowie die Wirtschaftlichkeit ihrer Fertigung entschieden. Generell bietet ein vergüteter Stahl aufgrund homogenerer Gefügestruktur, höherer Festigkeit (Stützwirkung für die gehärtete Randschicht) sowie der besseren Maßstabilität des Grundwerkstoffes die beste qualitative Basis für optimale Endqualität und Belastbarkeit induktiv gehärteter Verzahnungen. Legierungszusätze an positiven Eisenbegleitern wie Chrom, Molybdän oder Vanadium verringern die kritische Abschreckgeschwindigkeit. Dadurch wird es möglich, größere Materialquerschnitte auf höhere Festigkeiten zu vergüten. Die Verwendung höher legierter Stähle kann allerdings bei der Induktionshärtung Probleme (Verzug, Risse) bereiten, wenn aus technologischen Gründen mit der relativ schroff wirkenden Polymerlösung abgeschreckt werden muss. Legierte Stähle erweisen sich dagegen für den Härteprozess vorteilhaft, wenn nach der induktiven Erwärmung in Öl abgeschreckt wird. Legierte Stähle bilden Sondercarbide und sind dadurch verschleißfester als unlegierte Stähle. Legierungsbestandteile verschiedener Eisenbegleiter (Nickel) verbessern die Kerbschlagzähigkeit und die Stoßbelastbarkeit [6]. Der Legierungsgrad hat weniger Einfluss auf die Grübchen-Dauerfestigkeit. Hier spielen eher die Oberflächenqualität sowie die Qualität der Härtung eine Rolle. Für kleinere Verzahnungsteile und niedrigere Belastungen verwendet man reine Kohlenstoffstähle oder niedrig legierte Vergütungsstähle. Diese kommen vorwiegend vergütet oder normalgeglüht zum Einsatz. Bei Verwendung von ungeglühtem Stahl können erheblich schlechtere Härteergebnisse und stärkere, unregelmäßige Verzüge zu Schwierigkeiten führen. Mit steigendem Kohlenstoffgehalt steigen die Zahnfußfestigkeit und die Verschleißfestigkeit (Flankenbereich). Die Zähne verlieren jedoch dabei sehr an Zähigkeit. <?page no="142"?> 130 Tabelle 22: Geeignete Werkstoffe für Induktionshärten von Verzahnungsteilen Kurzbezeichnung gem. DIN Werkstoff-Nr. gem. DIN Alte Bezeichnung Erreichbare Härte (in HRC) Stähle für Flamm- und Induktionshärten C35G 1.1183 Cf 35 52 - 57 C45G 1.1193 Cf 45 56 - 61 C53G 1.1213 Cf 53 58 - 63 41CrMo4 1.7223 59 - 64 49CrMo4 1.7238 57 - 62 50CrV4 1.8159 57 - 62 58CrV4 1.8161 59 - 64 Vergütungsstähle C35 1.0501 52 - 57 C45 1.0503 56 - 61 C35E 1.1181 Ck 35 52 - 57 C45E 1.1191 Ck 45 56 - 61 42CrMo4 1.7225 54 - 59 50CrMo4 1.7228 57 - 62 Aufgekohlte Einsatzstähle siehe Pkt. 5.1.2. Aufgekohlte Automatenstähle siehe Pkt. 5.2.2. 12.3 Anlagentechnik und technologische Varianten 12.3.1 Anlagentechnik Tabelle 23: Generatoren für Induktionshärteanlagen Altgeräte Aktuelle Generatortechnik Hochfrequenz (HF) Röhrengeneratoren HF-Transistor-Umrichter Zwischenfrequenz Transistor-Umrichter Mittelfrequenz (MF) Parallelschwingkreis- Umrichter Transistor-Umrichter Zwei-Frequenz- Simultan-Verfahren (konturengetreues Härten) 1 HF-Transistor-Umrichter und 1 MF-Transistor-Umrichter mit einem gemeinsamen Leistungsausgang <?page no="143"?> 131 Transistor-Umrichter zeichnen sich aus durch: hohe Energieeffizienz (Wirkungsgrad um 90% bei Volllast) Kompaktheit Bedienerfreundlichkeit stufenlose Leistungsregelung automatische Anpassung In vielen Härtereien findet man noch ältere Generatoren wie Röhrengeneratoren oder Parallelschwingkreis-Umrichter. Diese Geräte haben sich über viele Jahrzehnte hinweg bewährt. Sie sind langlebig, äußerst robust und zuverlässig. HF-Röhrengeneratoren haben folgende Nachteile: geringerer Gesamtwirkungsgrad (max. 60 %) manuelle Anpassung erforderlich zukünftig Probleme bei Ersatzteilbeschaffung (Senderöhren) zu erwarten Gefahrenpotential bei unsachgemäßer Bedienung und Instandhaltung infolge Hochspannung (Röhrengenerator) großer Platzbedarf Bild 32: Transistor- Umrichter für MF, ZF u. HF Typ Simpac 70/ 135 DF Arbeitsfrequenz: 10-100 kHz Fa. EFD Bild 33: Hochfrequenz- Transistor- Generator Typ FCM-85 Arbeitsfrequenz: 150 - 300 kHz Fa. EFD Bild 34: Zweifrequenz- Simultan- Generator Typ SDF 75 igbt 75 kW MF u. 75 kW HF Fa. Eldec <?page no="144"?> 132 Durch die ständige Weiterentwicklung der Generatoren für das konturengetreue Härten von Verzahnungen mit gleichzeitig zwei Frequenzen auf einem Induktor durch mehrere renommierte Anbieter ist diese Verfahrensvariante des Induktionshärtens von Verzahnungen auf einem guten Weg. Mit ständigen Erhöhungen der technisch möglichen Ausgangsleistungen und Verbesserungen seitens des Bedienungskomforts erweitern sich auch zwangsläufig die härtetechnischen Möglichkeiten und damit das Anwendungsspektrum. Härtemaschinen: Vertikal-Härtemaschinen (Universalmaschinen, Sondermaschinen) alt: Nockensteuerung neu: CNC-Steuerung mit 3 oder 4 gesteuerten Bewegungsachsen Horizontal-Härtemaschinen Durchstoßprinzip (einbahnig, doppelbahnig) Durchlaufprinzip (einbahnig) Sondermaschinen (z. B. Hubbalkenmaschinen) 12.3.2 Darstellung und Anwendungsbereiche der vier Härtetechnologien Der Konstrukteur entscheidet, welche der 4 induktiven Härtetechnologien gem. Pkt. 12.1. hinsichtlich der Bauteilbelastung prinzipiell geeignet sind. Weitere Auswahlkriterien ergeben sich aus den technischen Möglichkeiten und den damit Bild 35: Universal- Induktionshärtemaschine Typ MHM-750 Modular aufrüstbar mit mehreren Zusatzvorrichtungen für diverse technologische Abläufe und Anforderungen Fa. Fiand Automatisierungstechnik, Freiburg / Brsg. <?page no="145"?> 133 verbundenen Fertigungskosten. Induktives Randschichthärten von Verzahnungen hat die Zielsetzung, Druckeigenspannungen in der Randschicht aller funktionswichtigen Verzahnungskonturen zu erzeugen. Durch Härtung der Zahnflanken erhöht sich die Beständigkeit gegen Zahnflankenwälzverschleiß (Einzel-Zahnflankenhärtung). Bei Einhärtung in den Zahngrund steigert man die Zahnfußbiegefestigkeit (Einzel-Zahnlückenhärtung). Viele Verzahnungen werden sowohl im Flankenbereich wie auch im Zahngrund belastet. Für derartige Bauteile kommen als Induktionshärteverfahren die Einzel- Zahnlückenhärtung, die Einfrequenz-Allzahnhärtung und das konturengetreue Härten in Betracht. Für Verzahnungen, die leichteren Belastungen unterliegen und in erster Linie in den Flanken auf Verschleiß beansprucht werden, ist die Härtung der Zahnflanken ausreichend. Im Rahmen der Einzel-Zahnflankenhärtung erreicht man keine Verbesserung der Zahnfußfestigkeit. Härtet man bei dieser Technologie zu weit in den Zahngrund hinein, werden Zahnbruchfestigkeit und Zahndauerfestigkeit sogar gemindert [42]. Ursächlich hierfür ist die Überlagerung der am Härteauslauf entstehenden Zugeigenspannungen mit von außen eingebrachten Zugspannungen, die aus der Beanspruchung resultieren. Der Bereich mit dem Spannungsmaximum befindet sich in den Fußausrundungsradien [6]. Deshalb ist es wichtig, dass die Härtezonen der Einzel- Zahnflankenhärtung möglichst vor diesen Radien enden. Eine optimale Härtung liegt vor, wenn vom Zahnkopf aus etwa 70 - 90% der Zahnflanke hart sind. Allzahnhärtung Bild 36: Induktive Allzahnhärtung Die gesamte Verzahnung wurde bis unter Zahngrund aufgeheizt und abgeschreckt. Der gesamte Zahn ist durchgehärtet, wenn wie im Beispiel gem. Bild 36 ein durchhärtender Stahl (z. B. C 45) verwendet wird. Bei aufgekohlten Einsatz- oder Automatenstählen entsteht im Gegensatz zu Bild 36 an der Verzahnung ein nahezu konturengetreues Härtebild analog dem Einsatzhärten. Ringinduktor Zahnrad mit Härtebild <?page no="146"?> 134 Die preiswerteste und einfachste Induktionshärtetechnologie für Zahnräder stellt die Allzahnhärtung dar. Da bei dieser Methode nur die Verzahnung wärmebehandelt wird und die anderen Bauteilbereiche unbeeinflusst bleiben, reduziert sich der Aufwand für Maßkorrekturen und Hartbearbeitung. Somit konnte sich diese Technologie als Alternative zu den thermochemischen Verfahren Einsatzhärten und Carbonitrieren etablieren. Die induktive Allzahnhärtung erfolgt überwiegend nach dem Einfrequenz- Verfahren, d. h. der Ringinduktor wird von nur einem Generator mit Energie einer Frequenz versorgt. Die Härtung kann als Umlauf-Standhärtung oder Umlauf-Vorschub-Härtung erfolgen (siehe Bild 31). Umlauf-Standhärtung bedeutet, dass die gesamte rotierende Verzahnung aufgeheizt und anschließend mittels Brause oder im Abschreckbad abgeschreckt wird. Der Energiebedarf für dieses Verfahren liegt hoch, da eine relativ große Fläche erwärmt werden muss. Bei der Umlauf-Vorschub-Härtung erwärmt der Induktor jeweils nur eine Ringzone der rotierenden Verzahnung. Diese glühende Zone wird vom Induktor mit Vorschub von unten nach oben vorangetrieben und mit einer nachfahrenden Brause sofort nach dem Induktor abgeschreckt. Der Bedarf an Generatorleistung ist hierbei gegenüber der Umlauf-Standhärtung meist geringer. Der Härter beurteilt nach den Abmessungen und der Form des Zahnrades, welche der beiden Technologien besser geeignet ist. Verzahnungen mit größerer Zahnbreite härtet man entsprechend den technischen Möglichkeiten mittels Umlauf-Vorschub-Härtung, während für schmale Verzahnungen meist eine Umlauf- Standhärtung die effektivere Lösung darstellt. Mit dem Bauteildurchmesser steigt der Bedarf an Generatorleistung. Diese muss über den Induktor auf das Werkstück übertragen werden. Um die Lebensdauer und Steifigkeit des Induktors zu sichern, verwendet man für größere Werkstücke entsprechend gröbere Kupferprofile (Abmessungen, Wandstärke, Kühlkanal). Für die induktive Erwärmung zum Zwecke der Allzahnhärtung von Verzahnungen verwendet man in der Praxis alle 3 Frequenzbereiche. Der Induktionshärter entscheidet sich für eine bestimmte Frequenz unter Berücksichtigung folgender Gesichtspunkte: - Abmessungen und Form des Teils - Modul - Werkstoff <?page no="147"?> 135 Folgende Bauteilarten können bei entsprechenden Voraussetzungen hinsichtlich Abmessungen und Modul im Allzahnverfahren gehärtet werden: Stirnräder (gerad- und schrägverzahnt) Schraubenräder Schneckenräder und Schnecken Kegelräder runde Zahnstangen Kettenräder Steht genügend Leistung zur Verfügung und wird mittels eines eng gekoppelten Induktors eine hohe Übertragungsrate realisiert, entstehen bei sehr kurzen Heizzeiten Härtebilder, die mehr oder weniger nach der Verzahnungskontur geformt sind. Bei längeren Heizzeiten verschwindet die Welligkeit des Härtebildes unter Zahngrund und die Rht unter Zahngrund wächst. Um Temperaturunterschiede am Zahn auszugleichen, kann man einen Vorwärmintervall einfügen bzw. nach erreichen der Härtetemperatur die Zuschaltung der Abschreckbrause verzögern. Kleinere Verzahnungsteile (Durchmesser, Modul) erwärmt man mit Hochfrequenz-Energie. Größere Bauteile und Module heizt man mit Zwischenfrequenz bzw. Mittelfrequenz auf. Allzahnhärtung mit HF Bei Allzahn-Erwärmung mit Hochfrequenz baut sich die Glühzone vom Zahnkopf her auf und fließt dann durch Wärmeleitungsprozesse in Richtung Zahngrund. Erst wenn deutlich unter Zahngrund Härtetemperatur vorliegt, wird abgeschreckt. Hochfrequenz (HF) ist daher besonders gut für Zahnräder mit kleinen Modulen (kleiner 2) sowie kleinen Durchmessern (bis etwa 150 mm) geeignet. Eher selten werden Härtebilder gewünscht, die keine Einhärtung in den Zahngrund gestatten. Diese Forderung realisiert man über eine hohe Frequenz und kurze Heizzeit. Allzahnhärtung mit MF Massive Zahnräder mit mittleren Verzahnungsgrößen (m= 2,5 bis 6) im Durchmesserbereich von 100 bis etwa 500 mm sind ein Fall für Mittelfrequenzerwärmung. Bei MF entsteht die Glühzone zuerst im Zahngrund und fließt anschließend zum Zahnkopf. Für Verzahnungen mit Modulen > 6 kommt die induktive Allzahnhärtung kaum in Betracht, da durch unterschiedliches Ankopplungsverhalten von Zahnkopf und Zahnfuß zu große Temperaturunterschiede am Zahn entstehen. <?page no="148"?> 136 Allzahnhärtung mit ZF Bauteile, die hinsichtlich Durchmesser und Modul im Grenzbereich zwischen HF und MF einzuordnen sind, können heute vorteilhaft mit Zwischenfrequenz (ZF) erwärmt werden. Mit der Entwicklung der Transistorgeneratoren konnten diese Frequenzen wirtschaftlich erzeugt werden und gewannen schnell Bedeutung für bestimmte Anwendungen im Rahmen des Induktionshärtens. Zwischenfrequenz erzeugt gerade bei bestimmten Verzahnungen ein Erwärmungsverhalten, das die positiven Eigenschaften von HF und MF kombiniert. Besonders vorteilhaft zeigt sich dieser Frequenzbereich bei der Allzahnhärtung von Zahnrädern im Durchmesserbereich von 100 bis 250 mm und Modulen zwischen 2 und 4 mm. Die Fa. EFD Induction GmbH, Freiburg / Brsg. gibt folgende modulabhängige Frequenzempfehlungen für Allzahnhärtungen mit relativ niedriger spezifischer Leistung, Durchhärtung der Zähne und Einhärtung unter Zahngrund: Tabelle 24: Frequenzempfehlungen für die Allzahnhärtung Modulbereich (mm) 1,0 - 1,5 1,75 - 2,5 2,75 - 4,0 4,25 - 6,0 Empfohlener Frequenzbereich kHz) 350 - 200 150 - 80 50 - 20 15 - 8 Abschreckung Die Erfordernisse hinsichtlich der Abschreckung prägen hauptsächlich zwei Kriterien: Werkstoff Modul Als Abschreckmittel kommen Polymerlösung oder Härteöl in Frage. Die effektivste Abschrecktechnologie stellt sicherlich die Polymerabschreckung mittels Abschreckbrause dar, da hierbei ein exakter und kontinuierlicher Fertigungsablauf realisiert werden kann. Deshalb ist diese Variante in der industriellen Praxis dominierend. Sie ist bei Allzahnhärtung nicht anwendbar, wenn der Modul der Verzahnung zu groß ist und/ oder ein höher legierter Werkstoff zum Einsatz kommt. Für unlegierte Stähle benötigt man eine schroffe Abschreckung. Deshalb ist für diese Stähle hinsichtlich des Abschreckmittels weniger Aufwand erforderlich als für höher legiertes Material. Man setzt für schroffe Abschreckungen niedrig konzentrierte, möglichst kalte (T < 30°C) Polymerlösung ein. Ein bestimmter Grundaufwand bei der Verwendung von Polymerlösung ist dennoch unumgänglich. Polymerlösungen sollten möglichst ständig in einem geschlossenen Kreislauf durch Pumpen bewegt werden und eine kontinuierliche Reinigung über Bandfilter erfahren. Dadurch werden Schmutz, Öl und Fett entfernt, die ungewollt über Härteteile in den Kreislauf eingeschleppt werden. <?page no="149"?> 137 Der Verbleib dieser Verunreinigungen in der Lösung würde zu starker Vermehrung von Bakterienstämmen führen. Größerer Bakterienbefall erzeugt negative Veränderungen des Abschreckmittels durch Säurebildung und hätte Beeinträchtigungen der Bauteilqualität (Rost) sowie arbeitshygienische Probleme (Ekzeme) zur Folge. Die erwähnten Pflegemaßnahmen stellen sicher, dass derartige Probleme vermieden werden. Über die regelmäßige Kontrolle der Konzentration und des ph-Wertes kann man die Wirksamkeit dieser Aktivitäten kontrollieren und eine hohe Qualität des Abschreckmittels über einen langen Zeitraum hinweg erhalten. Polymerlösung wird neben der Brausenabschreckung auch in Abschreckbädern verwendet. Als Abschreckmittel für legierte Stähle benötigt man ein möglichst mild wirkendes Medium. Deshalb finden in diesen Fällen Härteöle oder höher konzentrierte, ggf. angewärmte Polymerlösungen Anwendung. Verzahnungen mit Modulen 4 lassen sich problemlos mit einer geeigneten Abschreckbrause mit Polymerlösung abschrecken. Vielfach werden auch Verzahnungsteile mit Modulen > 4 mittels Allzahn- Verfahren induktiv gehärtet. Erfolgt dabei die Abschreckung in einem gut bewegten Abschreckbad, kann auch bei relativ großen Modulen eine konstant gute Härtequalität erzielt werden. Induktives Allzahnhärten von Zahnrädern m > 4 unter Verwendung von Abschreckbrausen ist dagegen bedenklich. Weil weder die Erwärmung noch die Abschreckung über die gesamte Zahnkontur hinweg gesehen mit der nötigen Gleichmäßigkeit verlaufen, entsteht üblicherweise eine starke Weichfleckigkeit und es ist mit Härterissen zu rechnen. Gründe: stark differierendes Abkühlungsverhalten beim Abschrecken zwischen dem dünneren Zahnkopf und dem massiveren Zahnfuß partiell schlechter Wirkungsgrad der Abschreckbrause (tote Winkel, „Schaufelrad-Wirkung“, Nachglühen beim Abschrecken) Anlassen Die Möglichkeit, eine harte Verzahnung zu erzielen und die restlichen Werkstückpartien zerspanbar zu halten, ist für viele Anwendungen entscheidend. Bei Allzahnhärtung einer Verzahnung aus einem Vergütungsstahl härten die Zähne in der Regel durch und erweisen sich als relativ spröde. In Verbindung mit einer zu hohen Härte (> 58 HRC) kann sich dies bei schlagartigen Belastungen nachteilig auswirken. Als günstige Oberflächenhärte bei schlagbelasteten Zahnrädern, die im Allzahn- Verfahren gehärtet wurden, haben sich Härten um die 55 HRC bewährt. Da die für Verzahnungsteile verwendeten Werkstoffe nach dem Induktionshärten meist eine höhere Ansprunghärte annehmen, ist es sinnvoll, durch Anlassen die Härte abzusenken und damit auch die Sprödigkeit zu reduzieren. <?page no="150"?> 138 Anlassen erfolgt am effektivsten in einem Ofen (z. B. Luftumwälzofen), kann aber unter bestimmten Bedingungen auf Sonderanlagen auch induktiv erfolgen. Einzel-Zahnflankenhärtung Bild 37: Schliff Einzel-Zahnflankenhärtung Die Einzel-Zahnflankenhärtung wendet man üblicherweise für Verzahnungen mit Modulen 4 an, die fast ausschließlich auf Flankenverschleiß beansprucht werden. Bei dieser Technologie wird extrem wenig Wärme ins Bauteil eingebracht. Deshalb ist der Verzug sehr gering, so dass vielfach die Hartbearbeitung entfallen kann. Im Gegensatz zur Allzahnhärtung härtet der Zahn nicht durch, sondern es bleibt genügend zäher Kernwerkstoff erhalten. Diese Vorteile kompensieren und rechtfertigen bei bestimmten Verzahnungen den größeren härtetechnischen Aufwand. Mittels eines Induktors, der die beiden Flanken sowie den Zahnkopf umschließt, erfolgt die Erwärmung des Zahnes. Üblicherweise härtet man im Vorschubverfahren. Lediglich bei Bauteilen mit sehr geringer Zahnbreite kommt eine Standhärtung zur Anwendung. Härtetemperatur erreichen dabei der Zahnkopf und etwa 70 - 90 % der sich an den Zahnkopf anschließenden Zahnflanken. Die nachfolgende Abschreckbrause härtet genau diesen erwärmten Bereich mittels Polymerlösung ab. Je nach Modul wählt man mit der Auswahl der Härteanlage die Frequenz und damit den möglichen Dickenbereich der Randhärtungstiefe Rht vor. Für Module kleiner 10 kommt in der Regel Hochfrequenz zur Anwendung. Die dabei eingesetzten Induktoren sind feiner als die bei Mittelfrequenz verwendeten Werkzeuge, was den Platzverhältnissen in der Zahnlücke entgegenkommt. Mit Hochfrequenz erzeugt man Randhärtetiefen um 1 mm. Wichtig dabei ist die Vermeidung von partiellen Überhitzungen. Frequenz- und verfahrensbedingt sind besonders der Zahnkopf und die Kanten des Zahnes gefährdet. Zahnflanke gehärtet Zahnfuß ungehärtet Zahnkopf gehärtet <?page no="151"?> 139 Sehr hohe Frequenzen verschärfen dieses Problem eher. Deshalb haben sich für die Zahnflankenhärtung mit Hochfrequenz Generatoren mit ca. 200 kHz bewährt. Da man mit induktiven Feldern arbeitet, ist dieses Problem nicht ganz einfach zu lösen. Die Härterei benötigt zur Gestaltung und Positionierung des Werkzeuges sowie bei der Festlegung der Härtetechnologie in erster Linie viel Erfahrung. Für die größeren, später sicher wesentlich stärker belasteten Verzahnungen erzeugt man wunschgemäß Randhärtetiefen zwischen 1,5 und 3 mm mittels Mittelfrequenzerwärmung. Wichtig ist, dass man bei der Einzel-Zahnflankenhärtung nicht zu nah an den Zahnfuß heranhärtet und gleichzeitig den auf Flankenwälzverschleiß beanspruchten Teilkreisbereich gut aushärtet. Auch schräg verzahnte Zahnräder und Zahnstangen können mittels Einzel- Zahnflankenhärtung induktionsgehärtet werden. Allerdings werden dafür im Vergleich zur Härtung von Geradverzahnungen aufwendigere Werkzeuge (Induktoren), CNC-Programme und Aufbauten an der Maschine benötigt. Der Härtevorgang ist in gewissem Rahmen rationalisierbar. Mit etwas höherem Werkzeug- und Einrichter-Aufwand härtet man heute 2 Zähne gleichzeitig. Die Bewegungen und Abläufe der Maschine (Induktor, Brausen, Bauteil) steuern moderne Härteanlagen per CNC. Für veraltete Maschinen mit Nockensteuerung finden Teilungsapparate Anwendung, mit denen man die richtige Position des Zahnes zum Induktor mechanisch fixiert. Einzel-Zahnlückenhärtung Bild 38: Schliffbild Einzel-Zahnlückenhärtung Auch Zahnräder und Kettenräder mit großem Modul und Durchmesser, die hohe Zahnfußfestigkeiten benötigen, kann man partiell induktiv abhärten. Das dafür in Frage kommende Verfahren ist die induktive Einzel-Zahnlückenhärtung. Die Härtung erfolgt meist als Vorschubhärtung. Bei geringen Zahnbreiten ist allerdings auch eine Standhärtung möglich. Dieses Verfahren erfordert besonders Zahnflanke (gehärtet) Zahnfuß (gehärtet) <?page no="152"?> 140 viel Erfahrung und exakte Werkzeuge, wenn relativ kleinmodulige Verzahnungen gehärtet werden sollen. Qualifizierte Induktionshärtereien führen Einzel-Zahnlückenhärtungen für Verzahnungen ab Modul 6 aus. Größere Module vereinfachen die Härtung, da die Zahnlücken entsprechend größer ausfallen. Über die Qualität einer Zahnlückenhärtung entscheiden folgende Faktoren: gleichmäßige Erwärmung von Zahngrund und Zahnflanken ausreichende Erwärmungstiefe in den Zahngrund gleichmäßige und ausreichende Abschreckung Abschirmung bereits gehärteter Nachbarzähne mit Abschirmbrausen gegen ungewolltes induktives Anlassen genaue Positionierung von Induktor, Abschreckbrause und der Abschirmbrausen zum Werkstück exakte härtetechnische Abläufe Bild 39: Werkzeuganordnung bei einer Einzel-Zahnlückenhärtung Gehärtet werden bei der Einzel-Zahnlückenhärtung der Zahngrund und die Zahnflanken. Der Zahnkopf bleibt ungehärtet. Eine gut ausgeführte Zahnlückenhärtung erkennt man an einer annähernd konturengetreuen Härteschicht, die im Zahnfuß eine ausreichende Randhärtetiefe (Rht) aufweist. Bauchförmige, wesentlich tiefere Einhärtungen im Flankenbereich sind nicht erwünscht, da sie sich negativ auf die Zähigkeit des Zahnes auswirken können. Verzahnung Abschirmbrause Abschreckbrause Induktor <?page no="153"?> 141 Die Einhärtung in den Zahngrund ist ein Hauptkriterium, denn sie stellt den schwierigsten Teil der Härteaufgabe dar. Das Problem besteht darin, dass sich das induktive Feld aus physikalischen Gründen nur bei ganz exakter, fachgerechter Werkzeuggestaltung und -positionierung in genügender Stärke im Zahngrund-Bereich konzentrieren lässt. Um eine stabile Härtetemperatur und genügende Einwärmung im Zahngrund zu erreichen, darf der Ankoppelabstand nur sehr gering sein. Eine genügende Rht ist wichtig, da bei fehlerhafter Härtung des Zahngrundes die Zahnfußfestigkeit eher negativ beeinflusst wird. Eine zu tiefe Einhärtung in den Zahngrund ist aus physikalischen Gründen kaum zu befürchten. Neben der Erwärmung des Zahngrundes auf Härtetemperatur hat der Härter außerdem für eine ausreichend schnelle, gleichmäßige Abschreckung der gesamten Zahnlücke zu sorgen. Hierfür setzt man Spezialbrausen ein, deren Form und Brausebild der jeweiligen Zahnlücke angepasst sein sollte. Die sachgerechte Zahnlückenhärtung einer Verzahnung mit m = 6 erfordert außerdem viel Erfahrung des Einrichters sowie einen guten Zustand der Härtemaschine. In der Praxis erreicht man an Zahnrädern und Zahnstangen mit m 6 bei exakter Ausführung der Härtung im Zahngrund Randhärtetiefen im Bereich von 1 - 3 mm. Dies ist in den meisten Fällen völlig ausreichend um die Zahnfußfestigkeit genügend zu erhöhen. Für die Vorbereitung schwieriger Härteaufgaben (z. B. Verzahnungen mit m = 6) oder für eine exakte Ermittlung und Dokumentation der erreichten Härtewerte benötigt der Induktionshärter baugleiche Probestücke. Um das Härtebild kontrollieren und optimieren zu können, sind Makroschliffe unumgänglich. Dazu macht es sich erforderlich, das Probestück mittels Nasstrennschleifen zu zerschneiden. Leider gibt es bisher keine praktikable zerstörungsfreie Prüfmethode, die ausreichend genau Aufschluss über Härteverlauf und Härtebild gibt. Für die Oberflächenhärteprüfung im Teilkreis-Bereich bei Verzahnungen mit großem Modul gibt es spezielle, transportable Messgeräte. Diese sind einsetzbar, wenn die Prüflast im rechten Winkel auf den Teilkreis wirken kann. Anderenfalls ist kein brauchbares Messergebnis zu erwarten. Anschließend an das Induktionshärten und Anlassen kann man durch Kugelstrahlen eine weitere Verbesserung der Festigkeitseigenschaften erreichen. Mangelhafte Oberflächenhärte oder Weichfleckigkeit werden am gestrahlten Teil besonders gut sichtbar. Hinsichtlich der Werkstoffauswahl gelten die für Zahnflankenhärtung gemachten Aussagen. Allerdings ist der härtetechnische Spielraum bei Zahnlückenhärtung verfahrensbedingt eher geringer. Aufgrund der Schwierigkeit der Problematik sollte vor Fertigungsbeginn hinsichtlich der Werkstoffauswahl und dem technologischen Ablauf eine Abstimmung mit der Härterei erfolgen. <?page no="154"?> 142 Konturengetreues Härten von Zahnrädern Bereits vor Jahrzehnten suchten Hersteller von Induktionshärteanlagen und Anwender nach technischen Lösungen, um konturengetreue Härtebilder an Verzahnungen realisieren zu können. Als Vorbild dienten dabei einsatzgehärtete Schichten. Einsatzgehärtete Bauteile zeichnen sich, wie in Pkt 5. ausgeführt, durch sehr hohe Belastbarkeit und Verschleißbeständigkeit aus. Ziel der verschiedenen Verfahrensentwicklungen zum konturengetreuen Induktionshärten von Zahnrädern war und ist es, den so behandelten Verzahnungen möglichst identische positive Eigenschaften hinsichtlich Bauteilfestigkeit und Verschleißverhalten zu verleihen. Zusätzlich werden durch Nutzung der Vorteile des Induktionshärtens äußerst rationelle Fertigungs- und Härteprozesse angestrebt, da sehr kurze Härtezeiten erforderlich sind der Härteprozess gut in die Fertigung integrierbar ist der Verzug verfahrensspezifisch gering ist die Hartbearbeitung entfallen kann oder eine Minimierung möglich ist. Nach gegenwärtigem Stand der Technik ist es bislang nur in einem begrenzten Modul- und Durchmesserbereich möglich, solche Härtebilder an Verzahnungen mittels Induktionshärtung zu realisieren. Aufgrund der ständigen Weiterentwicklungen der Generatoren für Induktionserwärmung können aber heute bereits wichtige Bereiche des Teilespektrums an Zahnrädern mehr oder weniger „konturengetreu“ gehärtet werden. Der Begriff „konturengetreues Härtebild“ wird für eine große qualitative Spannweite von Härteergebnissen verwendet. Als „konturengetreu“ bezeichnet man einerseits Härteprofile, die denen einsatzgehärteter Verzahnungen sehr nahe kommen, andererseits aber auch Härtungen mit fast durchgehärteten Zähnen. Für die Fixierung von konstruktiven Vorgaben und Bewertung von realen Härteergebnissen an verschiedenen Zahnradtypen ist es deshalb sinnvoll, wenn klare Kriterien herangezogen werden. <?page no="155"?> 143 Die im Induktionsanlagenbau und im Lohnhärterei-Sektor tätige EFD-Gruppe verwendet zur Beurteilung von mittels Induktionshärten erzeugten konturenähnlichen Härtebildern folgende Systematik: Kontur K = S / H * 100 (%) H = Zahnhöhe T = Härtetiefe am Zahnkopf R = Härtetiefe in der Zahnlücke S = Sinus-Schwingung der Härtekontur S = H + R - T (mm) Bild 40 : Bewertungsmaßstab für erzielte Härtekontur [45] Wird für ein Stirnrad mit m = 2 ein Wert für die Kontur K von über 90 % erzielt, kann man diesem Härtebild eine gute Konturengetreue bescheinigen. Etwa auf dem gleichen Niveau bewegen sich auch die Verhältnisse an einer einsatzgehärteten Verzahnung dieser Größe, da auch dort am Zahnkopf, wie in Punkt 5.1. beschrieben, stärkere Einsatzhärtungstiefen als im Zahngrund entstehen. Die qualitative Untergrenze für ein konturengetreues Härtebild wurde mit K 75 % festgelegt. Verfahrensvarianten Um konturenähnliche Härteschichten mittels Induktionshärten zu erzeugen, müssen diese Konturen sehr schnell austenitisiert werden und der Rest des Bauteiles deutlich kälter bleiben. Dazu benötigt man eine sehr hohe Leistungsübertragung vom Induktor auf die äußerste Randschicht der Verzahnung. Erfolgt der Aufheizvorgang in der Randschicht zu langsam, wärmen die Zähne infolge von Wärmeleitprozessen durch und die Konturentreue geht verloren. Zahnfuß oder Zahnkopf sind getrennt von einander ohne weiteres in Bruchteilen von Sekunden auf Härtetemperatur zu bringen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass es keine Einzelfrequenz gibt, mit der man bei kontinuierlichem Heizen die gesamte Kontur (Zahnkopf, Zahnflanke und Zahnfuß) einer Verzahnung mit Modul >1,5 ausreichend zeitgleich und in ähnlicher hoher Geschwindigkeit austenitisieren kann. <?page no="156"?> 144 Zur Lösung dieses Problems wurden 2 generelle Ansatzpunkte gewählt: a.) Nutzung von Vorwärmprozessen bei Verwendung von 1 Frequenz b.) zeitlich versetzte oder gleichzeitige Überlagerung von 2 Frequenzen Die ersten Verfahrensentwicklungen auf diesem Gebiet, beschreibt Benkowsky [42] unter den Bezeichnungen Zweileistungsverfahren und Duplex-Verfahren: Zweileistungsverfahren (heute auch Einfrequenz-Methode genannt) Man wärmt das Zahnrad mit geringer Leistung auf ca. 600°C vor. Danach schaltet man die Leistung aus und wartet den Wärmeausgleich an der Verzahnungskontur ab. Anschließend heizt man die äußersten Verzahnungskonturen mit hoher Leistung der gleichen Frequenz auf Härtetemperatur. Dabei entstehen ein Wärmestau an der Oberfläche und ein Temperaturgefälle zum Werkstückinneren. Bei einer möglichst verzögerungsfreien Abschreckung erhält man für Verzahnungen in einem bestimmten Modul- und Durchmesserbereich konturenähnliche Härtebilder. Duplex-Verfahren (heute auch Zweifrequenz-Verfahren genannt) Für dieses Verfahren ist eine Härtemaschine erforderlich, die sowohl an einen MF-Generator wie auch an einen HF-Generator angeschlossen ist. Die Induktoren für beide Energien sind übereinander an der Maschine angeordnet. Zunächst heizt man das Zahnrad mit MF vom Zahngrund her auf ca. 700 °C vor. Während einer kurzen Pause, die zum Wärmeausgleich dient, fährt man den HF-Induktor in Position. Ein sehr kurzer, kräftiger HF-Impuls austenitisiert nur die Verzahnungskonturen. Sofort nach Erreichen der Härtetemperatur wird ohne Verzögerung abgeschreckt. Damit sind für bestimmte Baugrößen Härtebilder mit ausgezeichneter Konturentreue herstellbar. Aufgrund der hohen Investkosten fand dieses Verfahren nur geringe Verbreitung. 2 Frequenzen gleichzeitig auf 1 Induktor Mit der Einführung der Transistor-Generatoren in die Induktionshärtetechnik ergaben sich neue Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der konturengetreuen Induktionshärtung von Verzahnungen. Diese resultieren u. a. daraus, dass der Frequenzbereich von 10 - 200 kHz besser nutzbar wurde und diese neuartigen Generatoren spezifische Vorteile aufweisen. Diese Vorteile sind u. a.: Kompaktheit gute Integrierbarkeit einfachere Ansteuerung hoher Wirkungsgrad <?page no="157"?> 145 Zusätzlich wurde es möglich, eine MF-Grundschwingung mit einer hochfrequenten Schwingung zu überlagern und beide Schwingungen in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen gleichzeitig auf 1 Induktor zu übertragen. Diese Generatortechnik in Verbindung mit einer modernen Härtemaschine stellt einen weiteren Meilenstein in der Entwicklung des konturengetreuen Härtens dar. Diese Härtetechnik wird innerhalb der EFD-Gruppe unter dem Namen EFD Profile Hardening (EPH) geführt. Die Fa. Eldec Schwenk Induction GmbH [41] propagiert diese Technik unter der Bezeichnung Zweifrequenz-Simultan-Verfahren (SDF). Mit dieser Weiterentwicklung des Zweifrequenz-Verfahrens entstehen weitere Vorteile gegenüber dem alten Duplex-Verfahren: noch kürzere Härtezeiten (Vorwärmen und Wärmeausgleich entfallen) bessere Aushärtung des Fußkreises (Zahnlücke) minimaler Verzug Anmerkung: Es werden besondere Anforderungen an die Härtbarkeit des Materials gestellt (C-Gehalt möglichst 0,5 %, vorvergütet). Hinsichtlich der Tragfähigkeit werden bei induktiv konturengehärteten Zahnrädern aus legiertem Vergütungsstahl (50CrMo4) die gleichen hohe Werte erreicht wie bei einsatzgehärteten Zahnrädern aus legiertem Einsatzstahl [45]. Aus qualitativer und wirtschaftlicher Sicht gibt es für jede der beschriebenen Technologien sinnvolle Anwendungsfälle. Die erreichbaren Ergebnisse sind sehr stark bauteilabhängig (Durchmesser, Modul, Verzahnungsart, Zahnform, Werkstoff). Gegenwärtige Anwendungsgrenzen Tabelle 25: Anwendungsgrenzen des Konturhärtens von Stirnrädern [45] [41] Verfahren Modulbereich (mm) Durchmesserberei ch (mm) Anmerkungen Einfrequenzmethode 1,5 - 3 bis ca. 150 schlechtere Konturentreue, aber kostengünstiger (nur 1 Generator erforderlich) Zweifrequenz- Verfahren 1,5 - 5 bis über 250 2 Generatoren erforderlich, dafür größerer Dm-Bereich EPH-Verfahren SDF-Verfahren 2 bis 5 bis 250 sehr wirtschaftlich bzgl. Härtezeiten <?page no="158"?> 146 Neben geradverzahnten Stirnrädern sind auch schrägverzahnte Stirnräder, gerad- und schrägverzahnte Innenverzahnungen und Kettenräder konturenähnlich härtbar. Bei Schrägverzahnungen treten Abweichungen von der Kontur (tiefere Einhärtung) besonders zu den Auslaufkanten der Verzahnung hin auf. Die technische Entwicklung auf dem Gebiet konturengetreuen Induktionshärtens von Verzahnungen dürfte noch nicht abgeschlossen sein. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Anwendungsbereiche dieser Technik vergrößert werden können. An den mit dieser Technologie erreichbaren konstruktiven und fertigungstechnischen Vorteilen besteht kein Zweifel. Bild 42: Konturengetreues Härten Zahnrad Dm 112 mm SDF- Verfahren Fa. Eldec Bild 43: Konturengetreues Härten Ritzel Dm 20 mm SDF- Verfahren Fa. Eldec Bild 44: Konturengetreues Härten EPH- Verfahren Fa. EFD Bild 41: Großes Kettenrad Härtung nach dem SDF-Verfahren Fa. Eldec <?page no="159"?> 147 12.4 Induktionshärten von Zahnstangen Die Härtung der Verzahnung an Zahnstangen stellt aufgrund der besonderen Bauteilform ein Spezialgebiet des Induktionshärtens dar. Grundsätzlich gibt es mehrere Technologien, die unter Berücksichtigung nachfolgender Kriterien zur Anwendung kommen: Bauteilform und -größe Modul Fertigungsstückzahl Werkstoff 12.4.1 Einzelzahnhärtung von Zahnstangen mit großem Modul Besonders wichtig für die Wahl der Härtetechnologie ist die Zahngröße. Analog zur induktiven Zahnradhärtung lassen sich bei Zahnstangen mit Modulen > 4 brauchbare Härteergebnisse nur mittels Einzel-Zahnhärtung erzielen. Einen wichtigen Aspekt bei der Induktionshärtung aller Arten von Zahnstangen stellt immer das maßliche Verhalten beim Härten dar, da Zahnstangen durch ihr meist ungünstiges Längen-Dicken-Verhältnis stark verzugsgefährdet sind und die Funktionsfähigkeit durch Maß- und Formänderungen zerstört werden kann. Noch extremer als bei Zahnrädern würden sich bei der Allzahnhärtung von Zahnstangen mit großer Zahnhöhe härtetechnische und qualitative Probleme infolge der großen Wärmeeinbringung sowie der Ungleichmäßigkeiten bei Erwärmung und Abschreckung einstellen. In der Praxis verhindern Kurzschlüsse beim Aufheizen, partielle Überhitzungen (bis hin zu Anschmelzungen), Verzug, Weichfleckigkeit und Rissbildung die Allzahnhärtung solcher Zahnstangen. Entsprechend können derartige Bauteile nur mittels Einzelzahn-Technologie induktiv behandelt werden. Überwiegend findet hierbei die Einzel-Zahnflankenhärtung Anwendung, da infolge der sehr geringen Wärmeeinbringung der Verzug gering gehalten werden kann. Entscheidend für das reale Maßverhalten sind aber auch bei dieser Technologie der Materialquerschnitt im Verzahnungsbereich und die Materialbeschaffenheit (Gefüge, Eigenspannungszustand). Derartige Zahnstangen werden aus Vierkantmaterial oder dickem Rundmaterial (Dm > 80 mm) gefertigt, in welches die Verzahnung eingefräst wird. Bei der Induktionshärtung liegen die Zahnstangen waagerecht auf der Maschine. Mit entsprechenden Positionier-Einrichtungen fixiert man die Lage des zu härtenden Zahnes zum Induktor. Alle weiteren Funktionen realisiert die Härtemaschine. Für kleine und mittlere Serienhärtungen wurden Werkzeuge entwickelt, welche die gleichzeitige Zahnflankenhärtung von 2 Zähnen gestattet. <?page no="160"?> 148 Hinsichtlich der Wahl der Arbeitsfrequenz gelten die gleichen Kriterien wie für die Einzelzahnhärtung von Zahnrädern. Als härtetechnische Alternative zur Induktionshärtung eignen sich ggf. Nitrieren oder Nitrocarburieren, wenn damit bei entsprechender Werkstoffauswahl eine ausreichende Tragfähigkeit erreicht werden kann. 12.4.2 Allzahnhärtung von Zahnstangen mit kleinem Modul Kleinere Zahnstangen, meist aus Rundmaterial gefertigt, setzt man in großen Stückzahlen im Automobil- und Fahrzeugbau ein. Entsprechend weit im Vordergrund steht dabei die Rationalität des Härtevorganges. Die rationellste Methode stellt dabei die Nutzung der Horizontalhärtetechnik dar, da auf dieser Basis eine Automatisierung des Teileflusses in der Härteanlage sowie hohe Durchsatzleistungen sehr effektiv umgesetzt werden können. Allerdings ergeben sich aus dieser Technologie (für die praktische Nutzung meist unerhebliche) Abweichungen vom idealen Härtebild, da keine gleichmäßige Einhärtung unter Zahngrund über die gesamte Zahnbreite hinweg möglich ist. Dies resultiert daraus, dass die angefräste Verzahnung einen erheblichen Unterschied zur (für die Induktionshärtung idealen) Kreisform darstellt. Die um die Längsachse rotierende Zahnstange bewegt man nach dem Durchstoß-Prinzip durch einen Ringinduktor. Während dieser horizontalen Vorschubhärtung wirkt der Induktor nur relativ kurz auf die einzelnen Bereiche der Verzahnungskontur ein. Die induktive Ankopplung fällt im mittleren, der Bauteil-Längsachse am nächsten liegenden Bereich deutlich ungünstiger aus als an den weiter außen liegenden Teilen des Zahnes. Während die äußeren Bereiche einer Zahnbreite gut unter Zahngrund eingehärtet werden können, lässt sich dies in der Mitte nicht realisieren. Als Abschreckeinrichtungen fungieren eine Ringbrause und zusätzlich Kastenbrausen, die unmittelbar hinter dem Induktor positioniert wurden. Vielfach lassen Bauteilform, Verzugsverhalten und konstruktive Forderungen bzgl. Härtebild die Horizontalhärtung nicht zu. In diesen Fällen greift man gern auf eine speziell für runde Zahnstangen entwickelte Vertikalhärtetechnik zurück, die sehr gute qualitative Ergebnisse ermöglicht. Dabei werden Zahnstangen mit einem speziell geformten Induktor (Steigbügel-Induktor genannt) im Vorschub-Verfahren gehärtet. Diese Methode gestattet unter Nutzung moderner Mess- und Steuerungstechnik sogar, in bestimmten Grenzen die Verformung von Zahnstangen während des Aufheizprozesses auszugleichen. <?page no="161"?> 149 Bild 45: Vertikale Zahnstangenhärtung mit Steigbügel-Induktor Fa. EFD Induction GmbH, Freiburg / Brsg. Bild 46: Schliffbild Zahnstange Steigbügel-Technologie Fa. EFD Induction GmbH, Freiburg / Brsg. Bei der Anlage gemäß Bild 47 werden gleichzeitig zwei Zahnstangen vertikal mit Steigbügel-Induktor gehärtet und anschließend mit einem mehrwindigen Induktor mit großer Kopplung ruhend induktiv angelassen. Eine weitere, seit Jahrzehnten bewährte Methode zur Allzahnhärtung von Zahnstangen basiert auf konduktiver Erwärmung. Diese Methode wendet man besonders bei Zahnstangen an, bei denen die Verzahnung mit einem herkömmlichen Induktor formbedingt nicht angefahren werden kann und so eine Bild 47: Anlage zum Induktionshärten und induktiven Anlassen von Zahnstangen mit Roboter- Beschickung Fa. EFD Induction GmbH Freiburg / Brsg. Zwillings- Härtestation Anlass- Station <?page no="162"?> 150 Induktionshärtung nach den beschriebenen Technologien nicht möglich ist. Bei der konduktiven Erwärmung führt man den HF-Strom über Kontakte dem zu härtenden Werkstückbereich direkt zu. Legt man diese Kontakte an die Enden der Verzahnung einer Zahnstange und führt die Kontaktzuleitungen (Konduktoren) direkt über die zu erwärmenden Flächen, kann der Stromfluss in der Verzahnung konzentriert werden. Benkowsky [42] beschreibt die konduktive Erwärmung als Verbindung der Vorteile von direkter Widerstandserwärmung und Induktionserwärmung. Durch die Kontaktierung entsteht bei der Erwärmung ein sehr hoher Wirkungsgrad, der zusammen mit der über den Konduktor im Werkstück hervorgerufenen induktiven Erwärmung zu sehr kurzen Heizzeiten führt. Der Aufbau bei der konduktiven Erwärmung ist sehr robust. Der Druck, der von oben auf die Kontaktstellen aufgebracht wird, sowie der Gegendruck durch einen Lagerbock wirken während der Erwärmung bereits einer Verformung entgegen. Dadurch ergibt sich beim Härten von verzugsempfindlichen Zahnstangen eine gute Maßstabilität. Die Einwärmtiefe lässt sich analog der sonstigen Gesetzmäßigkeiten der Induktionserwärmung über Arbeitsfrequenz, Heizzeit und Ankoppelabstand steuern. Der Ankoppelabstand ist optimierbar, in dem die Konduktorform der Verzahnung angepasst wird. Für die Abschreckung kommen die üblichen Kastenbrausen zur Anwendung, die auch bei anderen Induktionshärtungen eingesetzt werden. 12.4.3 Induktives Anlassen allzahngehärteter Zahnstangen Bei Großserien besteht in der Regel bei den Anwendern der Wunsch, den Anlassvorgang kontinuierlich zu gestalten. Deshalb verfügen entsprechende Induktionshärteanlagen der Automobilindustrie meist über integrierte Stationen zum induktiven Anlassen. Induktiv Anlassen kann man je nach Anlagenkonzept im Vorschub oder am ruhenden Bauteil. Angelassen wird mit geringer MF-Energie und speziellen Induktoren mit großer Kopplung. 12.4.4 Konventionelles Anlassen von Zahnstangen Natürlich können alle Zahnstangen ebenso wie andere Bauteile in geeigneten Öfen (z. B. Luftumwälzofen) angelassen werden. <?page no="163"?> 151 12.5 Darstellung in der Zeichnung Die DIN 6773 [23] regelt die sachgerechte Darstellung von Randschichthärtungen in der Zeichnung. Die Lage der gehärteten Schicht und das erforderliche Härtebild sind in den meisten Fällen von erheblicher Bedeutung für die Gebrauchseigenschaften randschichtgehärteter Verzahnungen. Deshalb ist die Randschicht mittels einer dünnen Strichpunktlinie in der Zeichnung darzustellen. Eine breite Strichpunktlinie kennzeichnet die Bauteiloberfäche im zu härtenden Bereich. An wellenähnlichen Bauteilen oder Bauteilkonturen kann die Härtung eines zwischen zwei Härtezonen liegenden Bereiches verfahrenstechnisch günstiger sein als die Unterbrechung der Härtezone. Ist dies zulässig, stellt man diesen zusätzlichen Härtebereich mit einer breiten Strichlinie dar. 12.5.1 Allzahnhärtung (Durchhärtung der Zähne bis unter Zahngrund) = randschichtgehärtet und ganzes Teil angelassen 52 + 6 HRC 48 + 4 HRC 28 HRC Bild 48: Allzahnhärtung - Darstellung in der Zeichnung 3 2 1 2 3 1 <?page no="164"?> 152 Verfahrenstechnisch bedingt werden die Messpunkte unterschiedliche Härtewerte aufweisen. Am Messpunkt 1 (Zahnkopf) liegen optimale Abschreckbedingungen vor. Deshalb wird die Härte hier bei korrekter Härtung höher liegen als in Messpunkt 2. Die Maß- und Härtewertangabe für Messpunkt 2 legt die Einhärtung unter Zahngrund fest. Eine zusätzliche Rht-Angabe ist deshalb nicht erforderlich. Messpunkt 3 kennzeichnet die Kernfestigkeit im unbeeinflussten Bereich. 12.5.2 Einzel-Zahnflankenhärtung Die entscheidende Bauteilkontur bei diesem Härteverfahren ist die Zahnflanke. Da mit der Einzel-Zahnflankenhärtung hauptsächlich die Widerstandsfähigkeit gegen Pitting erhöht werden soll, wird Messpunkt 1 im Bereich der höchsten Beanspruchung positioniert. = randschichtgehärtet und ganzes Teil angelassen 55 + 6 HRC Rht 475 = 1 + 1 Bild 49: Einzel-Zahnflankenhärtung 12.5.3 Einzel-Zahnlückenhärtung Den randschichtgehärteten Bereich stellt man mit einer dicken Strichpunktlinie dar, die in der Zahnlücke außerhalb der Verzahnungskanten verläuft. Die Flächen zwischen den Kanten der Verzahnung und einer schmalen Strichpunktlinie kennzeichnet das Härtebild (Form, Lage, Begrenzung). 1 <?page no="165"?> 153 Die Messpunkte, in der Regel Zahngrund und Zahnflanke, konkretisieren die konstruktiven Forderungen hinsichtlich Rht an den wichtigen Konturen der Verzahnung. Die Rht bestimmt man mit Kleinlast-Härteverlauf (HV 0,5 bis HV5) am Makroschliff. Die Grenzhärte GH beträgt 80 % der geforderten Mindest- Oberflächenhärte, wenn folgende Bedingung erfüllt ist: GH (Kernhärte + 100) HV Wäre mit dieser 80%-Regelung der Unterschied zwischen Grenzhärte und Kernhärte zu gering, muss ein Grenzhärtewert vereinbart werden. = randschichtgehärtet und ganzes Teil angelassen Rht 425 = 1,6 + 1,3 55 + 6 HRC Rht 400 = 1 + 1 Min. 500 HV Bild 50: Einzel-Zahnlückenhärtung 12.5.4 Konturengetreues Härten Weder die DIN 6773: 2001-04 noch die ISO 6336-5 regeln bisher die Darstellung der Zeichnungsforderungen für diese Technologie. Sinnvoll dürfte es sein, vorläufig entsprechende Vereinbarungen auf der Basis der Systematik entsprechend Bild 40 zu treffen. 1 2 <?page no="166"?> 154 13 Flammhärten 13.1 Allgemeine Verfahrensbeschreibung Für Verzahnungsteile lassen sich Allzahnhärtung, Einzel-Zahnlückenhärtung und Zahnflankenhärtung durchführen. Statt eines Induktors verwendet man beim Flammhärten Gasbrennersysteme und heizt die Werkstück-Randschicht partiell mit Flammen auf. Der von der Wärme beeinflusste Bereich ist wesentlich größer als beim Induktionshärten. Oft kommt Flammhärten dann zur Anwendung, wenn bei sehr massiven Teilen die erforderliche große Generatorleistung für das Induktionshärten nicht bereitgestellt werden kann, der Induktor zu teuer werden würde oder die etwas sanftere Erwärmung dieses Verfahrens ungünstige Bauteilpartien besser vor Anschmelzungen schützt. Infolge der größeren Erwärmungszeiten beim Flammhärten ergibt sich eine wesentlich stärkere Wärmeeinbringung als beim Induktionshärten. Entsprechend ist auch verfahrensbedingt mit mehr Verzug zu rechnen. Die Gefahr der Durchhärtung sowie die Rissanfälligkeit stellen sich daher besonders bei dünnwandigen Bauteilpartien weit kritischer dar. Größere Einhärtungstiefen (bis hin zum werkstoffabhängigen Maximum) lassen sich relativ leicht realisieren. Für dünne Härteschichten und Kleinteile erweist sich Induktionshärten als besser geeignet. 13.2 Werkstoffauswahl Alle Werkstoffe entsprechend Pkt. 12.2. Tab. 22, die induktiv gehärtet werden, sind prinzipiell auch zum Flammhärten geeignet. 13.3 Darstellung in der Zeichnung Die Härteangaben trägt man analog dem Induktionshärten gemäß der DIN 6773: 2001-04 Pkt. 12. ein. Flammhärten benötigt im Vergleich zu einer Induktionshärtung generell größere Toleranzen hinsichtlich der Rht und bei der Lage von Härtezonen. <?page no="167"?> 155 14 Anzustrebende Wärmebehandlungsergebnisse Die ISO 6336-5 [7] spricht Empfehlungen zur Festigkeit und Qualität der Werkstoffe für Stirnräder und schrägverzahnte Zahnräder aus. Damit wurden offizielle Richtwerte dafür geschaffen, welche Werkstoffqualitäten für Zahnräder mit unterschiedlichen Beanspruchungen zum Einsatz kommen sollen und wie diese Bauteile belastet werden dürfen. Außerdem erhalten Konstrukteure und Wärmebehandler Anhaltspunkte zu der Frage, welche Oberflächenhärten, Härtetiefen und Kernfestigkeiten bei den verschiedenen Härteverfahren und Bauteilgrößen optimale Verschleißeigenschaften erzeugen. Dabei werden 3 Qualitätsklassen für Zahnräder unterschieden: MLniedrigste Ansprüche an Materialqualität und Wärmebehandlung MQ- Vorgaben, die man bei versierten Herstellern zu vertretbaren Kosten realisiert ME- Bauteile, die höchsten Anforderungen hinsichtlich Beanspruchbarkeit und Ausfallsicherheit genügen 14.1 Optimale Oberflächenhärte Tabelle 1 der ISO 6336-5 gibt folgende Mindest- und Maximalhärten für unterschiedliche Werkstoffe und Wärmebehandlungen an: Tabelle 26: Empfohlene Oberflächenhärten in Abhängigkeit von Werkstoff, Beanspruchung, Qualitätsanforderung und Wärmebehandlung Material Typ Symbol Qualität Härte in Min. Härte Max. Härte Durchgehärtete Schmiedestähle Kontakt Kohlenstoffstähle V ML, MQ ME HV 135 135 135 210 210 210 Legierte Stähle V ML MQ ME HV 200 200 200 360 360 390 Biegung Kohlenstoffstähle V ML MQ ME HV 15 115 15 215 215 215 Legierte Stähle V ML MQ ME HV 200 200 200 360 360 390 <?page no="168"?> 156 Fortsetzung von voriger Seite Material Typ Symbol Qualität Härte in Min. Härte Max. Härte Durchgehärteter Stahlguss Kontakt Kohlenstoffstähle V Guss ML/ MQ ME HV 130 130 215 215 Legierte Stähle V Guss ML/ MQ ME HV 200 200 360 360 Biegung Kohlenstoffstähle V Guss ML/ MQ ME HV 130 130 215 215 Legierte Stähle V Guss ML/ MQ ME HV 200 200 360 360 Einsatzgehärtete Schmiedestähle Kontakt Eh ML MQ ME HV 600 660 660 800 800 800 Biegung Kernhärte: 25 HRC, niedriger als 25 HRC, höher als 30 HRC Eh ML MQ ME HV 600 660 660 660 660 800 800 800 800 800 Stahl / Stahlguss (induktions- oder flammgehärtet) Kontakt IF ML MQ ME HV 485 500 500 615 615 615 Biegung IF ML MQ ME HV 485 500 570 500 615 570 615 615 Nitrierte Schmiedestähle / Nitrierstähle / Durchhärtende Stähle Kontakt Nitrierstähle NT (nitr.) ML MQ ME HV 650 650 650 900 900 900 Durchhärtende Stähle NV (nitr.) ML MQ ME HV 450 450 450 650 650 650 Biegung Nitrierstähle NT (nitr.) ML MQ ME HV 650 650 650 900 900 900 Durchhärtende Stähle NV (nitr.) ML MQ ME HV 450 450 450 650 650 650 Schmiede- Stähle Nitrocarburiert Kontakt Durchhärtende Stähle NV (nitrocarb.) ML MQ/ M E HV 300 300 450 650 450 650 Biegung Durchhärtende Stähle NV (nitrocarb.) ML MQ/ M E HV 300 300 450 650 450 650 <?page no="169"?> 157 14.2 Härtetiefe randschichtgehärteter Zahnräder Die ISO 6336-5 verweist auf die Bedeutung einer angemessenen Härtetiefe bei randschichtgehärteten Verzahnungen. Eine ausreichend dicke Härteschicht wird benötigt, damit der belastete Zahn allen Beanspruchungen gewachsen ist. Die Härtetiefe sollte in der Zeichnung mit Minimum- und Maximumwert angegeben sein. Es wird darauf hingewiesen, dass die Optimalwerte der Härtetiefe hinsichtlich Biegefestigkeit und Oberflächenbelastbarkeit des Zahnes unterschiedlich sind. Eine Obergrenze der Schichtdicke sollte nicht überschritten werden, da sonst eine Versprödung am Zahnkopf zu erwarten ist und die Bruchgefahr steigt. 14.2.1 Härtetiefe einsatzgehärteter und gehärteter Zahnräder Die nachfolgenden Werte gelten für Einsatzhärten, Carbonitrieren sowie den Verfahrensvarianten des Induktions- und Flammhärtens, bei denen die Zähne nicht durchhärten und ein konturenähnliches Härtebild erzeugt wird. Empfohlene Einsatzhärtungstiefe im Hinblick auf Grübchendauerfestigkeit: Die optimale Härtetiefe CHD H opt sowie die maximale Härtetiefe CHD max zur Vermeidung von Grübchenbildung werden berechnet: Für Module < 10: CHD H opt = 0,15 * m n [7] Für Module 10: CHD H opt = 0,083 * m n + 0,67 [7] Bereich Modul 1 bis Modul 2: CHD H opt = 0,3 mm [7] Minimalwert: CHD min 0,3 mm (m 1) Maximalwert: CHD max 6 mm Anmerkungen: Werte bezogen auf den Teilkreis nach Fertigbearbeitung m n -Normalmodul (mm) Empfohlene CHD zur Vermeidung von Zahnbruch: Optimale Härtetiefe CHD F opt gegen Zahnbruch CHD F opt = 0,1 …0,2 m n <?page no="170"?> 158 14.2.2 Schichtdicke an nitrierten Zahnrädern Die ISO 6336-5 [7] empfiehlt in Figure 18 Werte für eine effektive Nitrierhärtetiefe (Nht) in Abhängigkeit vom Modul. Überträgt man die Werte des grafisch dargestellten Toleranzfeldes in eine Tabelle, so ergeben sich etwa die Nht-Bereiche lt. Spalte 2 der nachfolgenden Tabelle 27. Spalte 3 enthält Toleranzvorschläge für wärmebehandlungsgerechte Zeichnungsangaben, in die ggf. noch das Schleifaufmaß eingearbeitet werden muss. Tabelle 27: Empfohlene Nht auf der Basis der ISO 6336-5 Modul (mm) Nitrierhärtetiefe Nht (mm) am Fertigteil ISO 6336-5 Vorgabe für die Härterei (ohne Schleifaufmaß) 1 0,10 - 0,20 0,10 - 0,15 2 0,17 - 0,30 0,20 - 0,30 3 0,22 - 0,35 0,25 - 0,35 4 0,27 - 0,40 0,30 - 0,45 5 0,30 - 0,46 0,35 - 0,50 6 0,35 - 0,50 0,40 - 0,50 8 0,43 - 0,60 0,50 - 0,60 10 0,50 - 0,67 0,55 - 0,70 > 10 0,55 - 0,72 0,60 - 0,80 <?page no="171"?> 159 15 Einsatzgebiete von Werkstoffen und Härteverfahren für Verzahnungsteile Tabelle 28: Härteverfahren, Verzahnungswerkstoffe und Einsatzgebiete Härteverfahren Werkstoffe Einsatzgebiete Nitrocarburieren Automatenstähle unleg. Einsatzstähle unleg. Vergütungsstähle leg. Einsatzstähle leg. Vergütungsstähle Kleingetriebe, vorwiegend Bewegungsübertragung, geringer Verschleiß Nitrieren leg. Vergütungsstähle leg. Einsatzstähle Al-freie Nitrierstähle große Getriebe (z. B. Schiffsgetriebe), hohe Zuverlässigkeit und Umfangsgeschwindigkeiten, genaue Bewegungsübertragung Induktionshärten (alternativ Flammhärten möglich) unlegierte oder legierte Vergütungsstähle alternativ unlegierter oder legierter Stahlguss Allzahnu. konturengetreues Härten: Kleingetriebe, Pkw-Getriebe, geringe bis mittlere Kräfte, Zahnstangen Einzelzahnhärtung: Großgetriebe, große Zahnkränze große Abmessungen, große Kräfte, niedrige Drehzahlen, Einzelfertigung Carbonitrieren unlegierte Einsatzstähle Automatenstähle Fahrzeuggetriebe relativ hohe Tragfähigkeit bei geringen Materialkosten, kleinere Abmessungen Einsatzhärten legierte Einsatzstähle Direkthärtung kleine Getriebe (Elektrowerkzeuge, Fördergetriebe) Übertragung mittlerer Kräfte, kompakte Bauweise, Einfachhärtung mittlere Baugrößen (Lkw- und Traktorengetriebe) hohe Tragfähigkeit Doppelhärtung Flugzeug- / Raketengetriebe [6], max. Tragfähigkeit u. Zuverlässigkeit, Leichtbau Kompaktheit Borieren leg. Vergütungsstähle leg. Einsatzstähle extreme Verschleißbeanspruchung, thermische Beanspruchung, Fahrzeuggetriebe PVD- Beschichten mit metallhaltigen DLC-Schichten leg. Vergütungsstähle vergütet, leg. Einsatzstähle einsatzgehärtet, nitrierte Stähle Schichtkombination für hohe Verschleißbeanspruchung und Mangelschmierung, Eigenschaftsoptimierung, Fahrzeuggetriebe <?page no="172"?> 160 16 Literaturverzeichnis [1] Bartz und 9 Mitautoren: Schäden an geschmierten Maschinenelementen, 3. überarbeitete Auflage, expert verlag, Renningen 1999 [2] Braun u. a.: Fachkunde Metall, Verlag Europa-Lehrmittel, Nourney, Vollmer GmbH & Co., Haan-Gruiten, 1992 [3] Grosch und 8 Mitautoren: Schadenskunde im Maschinenbau, 6., neu bearbeitete Auflage, expert verlag, Renningen 2014 [4] DIN 3990, Teil 1 - 5: Tragfähigkeitsberechnung von Stirnrädern, Beuth- Verlag, Dezember 1987 [5] Fachausschuss 10 „Harte Schichten“ der AWT: Verschleißschutz - Ein Ratgeber für die Anwendung verschleißhemmender Schichten, Arbeitsgemeinschaft Wärmebehandlung und Werkstofftechnik (AWT), Wiesbaden, Februar 1997 [6] Niemann / Winter: Maschinenelemente, Band 2: Getriebe allgemein, Zahnradgetriebe-Grundlagen, Stirnradgetriebe, 2. Auflage, Springer-Verlag Berlin - Heidelberg - New York, 2003 [7] ISO 6336-5: 2003 (E), International Standard, second edition 2003-07-01, Calculation of load capacity of spur and helical gears, Part 5: Strength and quality of materials, ISO copyright office, CH-Genève [8] Peter Marks: Europäische Gusseisensorten, Bezeichnungssystem und DIN-Vergleich, 1. Auflage 2001, Herausgeber: DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Beuth Verlag GmbH, Berlin - Wien - Zürich [9] EN 10052 Begriffe der Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen, Deutsche Fassung, Oktober 1993, CEN Europäisches Komitee für Normung; Zentralsekretariat, Rue de Stassart 36, B- 1050 Brüssel, im DIN-Taschenbuch 218, 5. Auflage, März 2007, Beuth Verlag GmbH, Berlin - Wien - Zürich [10] http: / / www.produktionstechnologe.info/ files/ plasma_ip_2008-04.pdf Beitrag von Sascha Hessel, Oerlikon Balzers Coating Germany [11] J. Volkmuth: „Eigenspannungen und Verzug“, HTM 51 (1996) 3, Carl Hanser Verlag München [12] Spies, H. 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Auflage, März 2007, Beuth Verlag GmbH, Berlin - Wien - Zürich [18] EN 10084 Einsatzstähle - Technische Lieferbedingungen, Deutsche Fassung, April 1998, CEN Europäisches Komitee für Normung, Zentralsekretariat. Rue de Stassart 36, B-1050 Brüssel, im DIN-Taschenbuch 218, 5. Auflage, März 2007, Beuth Verlag GmbH, Berlin - Wien - Zürich [19] K. Löser und V. Heuer: „Neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Hochdruck-Gasabschreckung“, HTM 2/ 2003 [20] B. Edenhofer und W. Lerche: „Entwicklungen in der Verfahrens- und Prozesstechnik der Gasaufkohlung“, HTM 49 (1994 ) 2, Carl Hanser Verlag München [21] B. Edenhofer : Acetylene Low Pressure Carburising - Process and Control, Ipsen International GmbH, Kleve. http: / / www.ipsen-intl.com/ pdfs/ ontop1_2002.pdf [22] K. Ritter: „Flexible Anlagenkonzepte für die Vakuumwärmebehandlung mit Hochdruck-Gasabschreckung“, HTM 58 (2003) 2, Carl Hanser Verlag München [23] DIN 6773 Wärmebehandlung von Eisenwerkstoffen - Darstellung und Angaben in Zeichnungen, April 2001, Normenausschuss Werkstofftechnologie ( NWT ) im DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Normenausschuss Technische Grundlagen (NATG) im DIN, im DIN-Taschenbuch 218, 5. Auflage, März 2007, Beuth Verlag GmbH, Berlin - Wien - Zürich [24] Homepage Lohnhärterei Harms GmbH & Co. KG, Magdeburg, http: / / www.harms-lohnhaerterei.de [25] EN ISO 6508-1 Härteprüfung nach Rockwell - Teil 1: Prüfverfahren (Skalen A, B, C, D, E, F, G, H, K, N, T), (ISO 6508-1: 2005, Deutsche Fassung EN ISO 6508-1: 2005, Normenausschuss Materialprüfung (NMP) im DIN, im DIN-Taschenbuch 218, 5. Auflage, März 2007, Beuth Verlag GmbH, Berlin - Wien - Zürich <?page no="174"?> 162 [26] EN ISO 6507-1 Europäische Norm Dezember 2005, Ersatz für EN ISO 6507-1: 1997. Deutsche Fassung, Metallische Werkstoffe - Härteprüfung nach Vickers, Teil 1: Prüfverfahren (ISO 6507-1: 2005), CEN Europäisches Komitee für Normung, Management-Zentrum: Rue de Stassart 36, B-1050 Brüssel, im DIN-Taschenbuch 218, 5. Auflage, März 2007, Beuth Verlag GmbH, Berlin - Wien - Zürich [27] Proben-Archiv Lohnhärterei Fritz Düsseldorf GmbH, Freiburg / Brsg., Stand 03/ 2003 [28] EN ISO 2639, Europäische Norm November 2002, Deutsche Fassung, Stahl - Bestimmung und Prüfung der Einsatzhärtungstiefe, (ISO 2639: 2002), CEN Europäisches Komitee für Normung, Management- Zentrum: Rue de Stassart 36, B-1050 Brüssel, im DIN-Taschenbuch 218, 5. Auflage, März 2007, Beuth Verlag GmbH, Berlin - Wien - Zürich [29] DIN 17022-4 Verfahren der Wärmebehandlung - Teil 4: Nitrieren und Nitrocarburieren, Januar 1998, Normenausschuss Werkstofftechnologie (NWT) im DIN, Deutsches Institut für Normung e.V., im DIN-Taschenbuch 218, 5. Auflage, März 2007, Beuth Verlag GmbH, Berlin - Wien - Zürich [30] D. Liedtke u. H. Altena: „Prozessregelung zum Optimieren der Zielgrößen beim Nitrieren und Nitrocarburieren“, HTM 3/ 2003, Carl Hanser Verlag München [31] Nitrieren von Sphäroguss, Merkblatt, Fa. Carl Gommann, Remscheid [32] U. Huber-Gommann: „Anwendungen und Erfahrungen beim Gasnitrieren“, Sonderdruck aus Antriebstechnik 24 (1985) Nr. 7 [33] Beispiele für im Ammoniakgasstrom nitrierte Werkstoffe und erprobte Verwendungsmöglichkeiten , Tabelle 1, Stand 01.03.2003, teilweise Datenübernahme aus einer Veröffentlichung der Fa. Carl Gommann, Remscheid [34] Handbuch und Dokumentation zur Plasmanitrier-Anlage, Fa. Rübig GmbH & Co. KG, A-Wels, Stand 1999 [35] DIN 50190 Teil 3 Härtetiefe wärmebehandelter Teile - Ermittlung der Nitrierhärtetiefe, März 1979, Normenausschuss Werkstofftechnik metallischer Werkstoffe (NWT), im DIN Deutsches Institut für Normung e.V., Fachnormenausschuss Materialprüfung (FNM) im DIN, Normenausschuss Stahl und Eisen im DIN, im DIN-Taschenbuch 218, 5. 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induktive..............120, 127, 134 - konduktive...........................150 - gestufte .................................43 Evakuieren ...................................46 F ehler .................................22, 123 - Fertigungsfehler ....................19 - Handlingsfehler .....................48 - Gefügefehler .........................84 - Härtefehler ..........................126 Ferrit...............................................9 Flammhärten........... 16, 58, 75, 154 Formabweichung .........................30 G asaufkohlen.......................40, 76 Gascarbonitrieren ........................76 Gasnitrieren .................... 84, 86, 91 Gefüge .........................................43 - Ausgangsgefüge .....................8 - Gefügeausbildung...........25, 50 - Gefügearten ..........................19 - Gefügequalität.. 37, 48, 99, 125 - Gefügeoptimierung ...............23 - Gefügeschichten ...................55 - Gefügezustand ...............21, 83 - Gefügevolumen ..............25, 30 - Härtegefüge ....... 19, 26, 35, 51 - Randgefüge ....................35, 37 - Zwischenstufengefüge .........17 Glühen .........................................24 - Induktionsglühen...................67 - Normalglühen..................23, 84 - Weichglühen ...................23, 78 H alten...................................... 123 Härten ......................... 7, 22, 24, 40 Härteöl ......................... 26, 27, 136, Härtepresse ...........................28, 80 Härterei ........................... 44, 48, 93 Härterisse............................ 75, 137 K ammerofen ............................122 Kohlenstoff .............. 15, 36, 69, 116 Kohlenstoffgehalt ............ 17, 36, 68 Konvektion .................................121 Korrosion......................... 7, 82, 118 Kurzzeitgasnitrieren ...................105 L ufthärter....................................51 M artensit ................. 16, 19, 31, 54 <?page no="177"?> 165 Maßänderung ..........18, 54, 95, 113 Mehrzweck-Kammerofen.......42, 58 Methan .................................45, 106 Methanol ......................................41 N itrid...............................38, 82, 89 Nitrieren .....................28, 82, 86, 94 - Gasnitrieren ....................84, 90 - Plasmanitrieren .........84, 91, 98 Nitrocarburieren .............28, 82, 103 - Gasnitrocarburieren ....105, 110 - Plasmanitrocarburieren.......106 - Salzbadnitrocarburieren......107 - QPQ ....................................107 O berflächenhärte .....8, 55, 58, 125 P astenaufkohlung ......................40 Pastenborieren ..........................113 Polymer......................7, 26, 75, 124 Pulveraufkohlung .........................48 Pulverborieren ...................111, 113 R andkohlenstoffgehalt ...36, 53, 68 Reaktionsgas .............25, 40, 76, 87 Reinigen.....................................112 S alzbad ..................27, 48, 69, 107 Sauerstoff ..................................114 Sauerstoffpartialdruck..................41 Sauerstoffsonde...........................41 Schalenhärter ..........................7, 17 Schutzgas ................42, 49, 54, 114 Spannungen ..........................18, 84 - Eigenspannung...............18, 95 - Lastspannungen ...................18 - Bearbeitungsspannungen....21, 113 - Spannungsreduzierung.........23 - Härtespannungen ...........25, 51 - Druckeigenspannungen......133 - Zugeigenspannungen .........133 - Gleichspannung ....................47 - Hochspannung....................131 Standverfahren ..........................123 Stickstoff .................. 15, 26, 45, 74 T aupunktmessung......................41 Temperatur ............... 17, 26, 47, 75 Thermoelement............................51 Tiefkühlen ..............................32, 53 Ü berkohlung.........................37, 38 V ergüten.................. 17, 25, 42, 85 Verschleiß ................... 5, 14, 82, 88 Vorvergüten .............................8, 89 Vorwärmen.................................145 W armbad ...................... 27, 38, 49 Z ahnflanke............... 5, 38, 97, 127 Zahnfuß..................... 5, 61, 64, 135 Zahnfußfestigkeit .... 6, 77, 127, 133 <?page no="178"?> Horst Gießmann Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen Effektive Technologien und geeignete Werkstoffe 3., durchgesehene Auflage Mit 50 Bildern und 28 Tabellen Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen Die kostengünstige Herstellung von höher belastbaren, ausfallsicheren Verzahnungsteilen aus Stahl und Gusswerkstoffen nimmt im Maschinenbau eine exponierte Stellung ein und besitzt enorme wirtschaftliche Bedeutung. Durch geeignete Wärmebehandlungsverfahren werden optimale Fertigungsabläufe und Bauteileigenschaften erzielt. Das Buch enthält allgemeinverständliche Darstellungen und Erläuterungen zu den Aspekten, die bei der Konstruktion und Produktion von Zahnrädern eine wichtige Rolle spielen. Inhalt: Arten von Verzahnungsteilen - Beanspruchung, Bauteileigenschaften und Verschleißschutzschichten - Verschleiß und Verschleißschutz - Maß- und Formänderungen - Werkstoffauswahl - Normen - Ausführliche Erläuterungen der Härteverfahren (Stand der Technik, Varianten, Trends, Einsatzbereiche, Praxisbeispiele, ökonomische Gesichtspunkte) - Anzustrebende Wärmebehandlungsergebnisse und Darstellung in der Zeichnung Rezensionen: »Buchtitel des expert verlags haben traditionell einen hohen Praxisbezug. Auch dieses Buch setzt diese Tradition fort. Es ist sehr beeindruckend, welches Teilespektrum sich unter dem Begriff Verzahnungsteile verbirgt und in diesem Buch dargestellt wird.« Der Wärmebehandlungsmarkt Die Interessenten: Das Buch vermittelt Überblickswissen für Ingenieure, Techniker, Berufseinsteiger und alle technisch Interessierten. Der Autor: - Langjährige Tätigkeit auf dem Gebiet Wärmebehandlung als Härter, Arbeitsvorbereiter, Bereichsingenieur, Härtereileiter, Geschäftsführer - Berufliche Praxisfelder u.a.: Induktionshärten, Einsatzhärten, Nitrieren, Vakuumhärten, Planungen und Rationalisierungen, QMS, Wärmebehandlung von Verbindungselementen u. a. ISBN 978-3-8169-3360-1 9 783816 933601 www.expertverlag.de Gießmann 3360-1_Giessmann_RT_U_16 21.11.16 08: 01 Seite 1