Wasserkraftanlagen
Klein- und Kleinstkraftwerke
1230
2016
978-3-8169-8361-3
978-3-8169-3361-8
expert verlag
Sandor O. Pálffy
Wilfried J. Bartz
Das Buch gibt all jenen praxisbezogen Auskunft, die eine Wasserkraftanlage für Energietransformation und -verwendung im eigenen Betrieb errichten oder erwerben wollen, eine Wasserkraftanlage schon besitzen oder erwerben möchten, die aber modernisiert und eventuell vergrößert werden soll, eine bisher stillgelegte Anlage wieder in Betrieb nehmen wollen (hierbei ist in der Regel ebenfalls eine Modernisierung notwendig) oder die eine Wasserkraftanlage zur Stromerzeugung und Einspeisung in das öffentliche Netz nutzen wollen. Inhalt: - Wasserkraftanlagen: Klein- und Kleinstkraftwerke - Planung und Projektierung von Kleinwasserkraftwerken - Elektrische Ausrüstung - Turbinenreglung, Schutz, Wirkungsgradoptimierung, Kommunikation - Gesamtplanung, Reparaturen, Generalüberholung - Die Ossberger-Durchströmturbine: Funktionsprinzip, Konstruktion, Regelung, Betriebserfahrung - Kleine Wasserkraftwerke mit Schneckenantrieb - Europäische Netzsysteme - Steuerliche Fragen bei Errichtung, Erwerb und Modernisierung - Wasserrechtliche Anforderungen an Wasserkraftanlagen
<?page no="1"?> HSI Hydro Engineering GmbH, Schiffstraße 3, 54293 Trier / Germany Tel: +49 651 995620-0, info@hsihydro.de, www.hsihydro.de HSI steht für die Entwicklung, Konstruktion und Herstellung der weltweit ersten beweglichen über- und unterströmbaren Wasserkraftanlage. Lösungen mit hohem Wirkungsgrad Animation ab! WIR BEWEGEN WASSER. Ihr verlässlicher Partner für Komplettlösungen im Bereich Wasserkraft ökologisch - ökonomisch - nachhaltig Unterwasser Oberwasser Drehpunkt Turbine angehoben Turbine abgesenkt GENERATOR DREHACHSE <?page no="2"?> Nutzen Sie auch unseren Internet-Novitäten Service unter www.expertverlag.de Mit dem kompletten Verlagsprogramm, über 800 Titel aus Wirtschaft und Technik Wasserkraft & Energie Internationales Quartals-Magazin für Erneuerbare Energien mit dem Schwerpunkt Wasserkraft „Wasserkraft & Energie“ behandelt vierteljährlich den weiten Themenkreis der sauberen Energien. Wesentlicher Bestandteil sind ausführliche Beiträge über die technischen Belange der umweltfreundlichen Energieerzeugung, Arbeiten über Turbinenoptimierung, Techniken zu Wehrerhöhungen, Verbesserungen der Automatisierung, Veröffentlichungen von Patenten sowie Kommentierungen zu aktuellen Gesetzeslagen. wassertriebwerk Wasserkraft · Wasserwirtschaft · Wasserrecht · Elektrizitätswirtschaft Monatliches Verbandsorgan des Bundesverbandes Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) e.V. und der Arbeitsgemeinschaften der Länder Weitere Informationen und kostenlose Probeexemplare sowie das umfangreiche Buchsortiment unserer Versandbuchhandlung unter: Fachliteratur rund um die Wasserkraft Verlag Moritz Schäfer · Grabbestraße 7 32756 Detmold · Telefon +49 5231 9243-0 Fax 9243-43 · E-Mail: vertrieb@vms-detmold.de www.vms-detmold.de/ shop <?page no="3"?> Kontakt & Studium Band 322 Herausgeber: Prof. Dr. rr -Ing. Dr. rr h.c. Wilfried J. Bartz Dipl.-Ing. Hans-Joachim Mesenholl Dipl.-Ing. Elmar Wippler TAE Wasserkraftanlagen Klein- und Kleinstkraftwerke Prof. Dr. rr -Ing. h.c. S ndor O. Pálff ff y Prof. Dr.-Ing. Karel Brada Dipl.-Wirt.-Ing. Michael Gall Dipl.-Ing. Stefan Gruner Rainer Joswig Dipl.-Ing. Jörg Krebs Dipl.-Ing. Peter Marx Dipl.-Bauing. Urs Müller Georg Nowotny Mit 210 Bildern und 10 Ta TT bellen 8., aktualisierte und erweiterte Auflage Prof. Dr. Michael Reinhardt, LL.M. (Cantab.) Dipl.-Ing. Elmar Reitter Dipl.-Kfm. Karl Heinz Römer Dr.-Ing. Martin Sobczyk Dr.-Ing. Ute Urban Dipl.-Ing. Hartmut Walcher Dr. Tobias Weißbach Dipl.-Ing. Dieter Wirth á <?page no="4"?> 8., aktualisierte und erweiterte Auflage 2017 7., neu überarbeitete Auflage 2014 6. Auflage 2006 5. Auflage 2002 4. Auflage 1998 3. Auflage 1996 2., erweiterte Auflage 1994 1. Auflage 1991 Bei der Erstellung des Buches wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem lassen sich Fehler nie vollständig ausschließen. Ve VV rlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Ve VV rantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Ve VV rbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Ve VV rlag und Autoren dankbar. rr © 1991 by expert verlag, Wankelstr. rr 13, D -71272 Renningen Te TT l.: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 0, Fax: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 20 E-Mail: expert@expertverlag.de, Internet: www.expertverlag.de Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Das We WW rk einschließlich aller seiner Te TT ile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Ve VV rwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Ve VV rlags unzulässig und strafbar. rr Dies gilt insbesondere für Ve VV rvielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Ve VV rarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-8169-3361-8 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / / / w / / ww.dnb.de abrufbar. rr Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http: / / / / w / / ww.dnb.de <?page no="5"?> Herausgeber-Vorwort Bei der Bewältigung der Zukunftsaufgaben kommt der beruflichen Weiterbildung eine Schlüsselstellung zu. Im Zuge des technischen Fortschritts und angesichts der zunehmenden Konkurrenz müssen wir nicht nur ständig neue Erkenntnisse aufnehmen, sondern auch Anregungen schneller als die Wettbewerber zu marktfähigen Produkten entwickeln. Erstausbildung oder Studium genügen nicht mehr - lebenslanges Lernen ist gefordert! Berufliche und persönliche Weiterbildung ist eine Investition in die Zukunft: - Sie dient dazu, Fachkenntnisse zu erweitern und auf den neuesten Stand zu bringen - sie entwickelt die Fähigkeit, wissenschaftliche Ergebnisse in praktische Problemlösungen umzusetzen - sie fördert die Persönlichkeitsentwicklung und die Teamfähigkeit. Diese Ziele lassen sich am besten durch die Teilnahme an Seminaren und durch das Studium geeigneter Fachbücher erreichen. Die Fachbuchreihe Kontakt & Studium wird in Zusammenarbeit zwischen der Technischen Akademie Esslingen und dem expert verlag herausgegeben. Mit über 700 Themenbänden, verfasst von über 2.800 Experten, erfüllt sie nicht nur eine seminarbegleitende Funktion. Ihre eigenständige Bedeutung als eines der kompetentesten und umfangreichsten deutschsprachigen technischen Nachschlagewerke für Studium und Praxis wird von der Fachpresse und der großen Leserschaft gleichermaßen bestätigt. Herausgeber und Verlag freuen sich über weitere kritischkonstruktive Anregungen aus dem Leserkreis. Möge dieser Themenband vielen Interessenten helfen und nützen. Dipl.-Ing. Hans-Joachim Mesenholl Dipl.-Ing. Matthias Wippler <?page no="6"?> Autoren-Vorwort Die Problematik der Ausnützung, Bereitstellung und Verteilung der Primärenergiereserven steht weltweit im Mittelpunkt gesellschaftlicher Interessen. Die Wasserkraftanlagen - unabhängig von ihrer Größe - nützen einen Teil des von der Sonne in ständiger Bewegung gehaltenen natürlichen Wasserkreislaufs unserer Erde. Der Wirkungsgrad dieser Art der Energienutzung ist mit der höchste, den die Technik je hervorgebracht hat. Weitere Vorteile ergeben sich dadurch, dass dabei praktisch keine Belastung der Umwelt entsteht und u.a. keine Verschiebungen von Primärenergie-Quanten notwendig bzw. möglich sind. Das Erstellen von Klein- und Kleinstwasserkraftwerken kann ohne „High-Tech“ bewerkstelligt werden. Hohe Lebensdauer, jahrhundertelange Erfahrung und die Tatsache, dass die nicht ausgenützte Wasserkraft als volkswirtschaftlicher Verlust anzusehen ist, geben die Berechtigung dazu, dass auch Klein- und Kleinstkraftwerke (unterhalb von 500 kW) systematisch und mit Rücksicht auf alle anderen Aspekte der Energienutzung, wie Rechts-, Steuer- und Investitionsfragen, behandelt werden. Das vorliegende Buch enthält eine Auswahl von aktualisierten Original-Beiträgen des Symposiums für Klein- und Kleinstkraftwerke, das an der Technischen Akademie Esslingen stattgefunden hat. Der Band behandelt praxisnah planerische, technische, steuerliche, energie- und wasserrechtliche Fragen sowie die Kriterien der Wirtschaftlichkeit bei Erwerb, Neubau oder Modernisierung zwecks Stromerzeugung und Einspeisung in das öffentliche Netz. Zahlreiche Bilder, Diagramme und Tabellen ermöglichen einen raschen Überblick und Bezug auf die Auslegung und Konstruktion. Vorkenntnisse zur Theorie der Wasserturbinen werden im Buch nicht vorausgesetzt. Nach einer Einführung in die Grundlagen wird der Stand der Technik auf einer breiten Basis aufgezeigt. Eine vertiefte Einarbeitung in besondere Probleme ist anhand weiterführender Fachliteratur möglich, auf die im Literaturverzeichnis jeweils hingewiesen wird. Das Buch ist vorgesehen als Arbeitsmittel für Ingenieure, Techniker, Energieberater, Eigentümer, aber auch für die verantwortlichen Stellen der öffentlichen Hand in Bund, Ländern, Regionen und Gemeinden, die sich mit den Energieproblemen der mittelständischen gewerblichen Praxis beschäftigen. Nachdem das Buch eine überaus freundliche Aufnahme fand und nach verhältnismäßig kurzer Zeit vergriffen war, wurde eine erweiterte und überarbeitete zweite Auflage erforderlich. In diesem Rahmen wurden auch neue Aspekte der Klein- und Kleinstkraftwerke in ihrem veränderten Umfeld behandelt. Weitere Erfahrungen bei der Planung und Projektierung sowie ein neuer Typ der Mikroturbinen kamen hinzu; andererseits wurde den teilweise noch im Entstehen begriffenen neuen europäischen Netzsystemen sowie der veränderten rechtlichen Situation, vor allem in den neuen Bundesländern, Rechnung getragen. Diese Auflage konnte wegen des anhaltenden Interesses mehrfach neu aufgelegt werden. <?page no="7"?> Für die vorhergehende Auflage war das Thema Planung und Projektierung aktualisiert und gestrafft worden. Der technischen Weiterentwicklung wurde Rechnung getragen, indem die technischen Kapitel über die elektrische Ausrüstung, die Durchströmturbine und die Wasserkraftschnecke erheblich überarbeitet und aktualisiert wurden. Nicht zuletzt wurden neue Einsatzbeispiele aufgenommen. Für die jetzt vorliegende 8., aktualisierte und erweiterte Auflage wurden einige Kapitel überarbeitet. Das Kapitel über die Durchströmturbine wurde wiederum aktualisiert. Ganz neu hinzugekommen ist das Thema „Kleine Kaplanturbinen und Generatoren mit niedriger Drehzahl“. Starke Veränderungen haben die letzten Jahre auch im Bereich Gesetzgebung und Administration gebracht. Die aktualisierten Beiträge über die europäischen Strom- Netzsysteme, die steuerlichen Fragen und die wasserrechtlichen Anforderungen tragen dem Rechnung. Zu den zuletzt genannten Bereichen Gesetzgebung und Administration muss nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass hier weiterhin noch vieles im Fluss ist. Daher sei folgender Hinweis betont: Die Nutzung der erneuerbaren Energien findet weltweit zunehmende Beachtung. Daher entstehen laufend Institutionen der öffentlichen Hand, welche länder- und regionenspezifisch eine umfassende Beratung anbieten, betreffend gesetzlicher Auflagen der Energienutzung, Rechts- und Steuerfragen sowie Einspeisegebühren und Förderungsbeiträge. Diese können zur Zeit noch recht unterschiedlich ausfallen und immer wieder Änderungen erfahren - vor allem was verschiedene Länder betrifft -, weshalb unbedingt empfohlen wird, bei Projekten diese Stellen frühzeitig zu kontaktieren. Ennetbaden, im Dezember 2016 Prof. Dr.-Ing. h.c. S. O. Pálffy <?page no="8"?> Geleitwort Liebe Wasserkraftfreunde, als Betreiber mehrerer kleiner Wasserkraftanlagen, sowie langjähriger Vorsitzender und derzeitiger Beirat der Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg e.V. möchte ich mit dem Geleitwort für die 8. Auflage des vorliegenden Buches gerne eine Lanze für die kleine Wasserkraft brechen. Ein wichtiger Grund für die Überarbeitung des Buches ist das wachsende öffentliche Interesse an den „Erneuerbaren“ spätestens seit der politischen Entscheidung der Energiewende nach dem Reaktorunglück in Fukushima/ Japan im Jahr 2011. Weiterhin gibt es aber seit der letzten Ausgabe auch jede Menge wichtiger Neuerungen aus rechtlicher, wirtschaftlicher, ökologischer und insbesondere auch aus technischer Sicht. Gerade die (kleine) Wasserkraft muss hierbei als saubere, dezentrale und vor allem grundlastfähige Energieform in den Fokus gerückt werden, da sie einen wertvollen Beitrag zur Energiewende leisten kann. Zudem hat sie - verglichen mit den anderen erneuerbaren Energieträgern wie beispielsweise Wind, Sonne und Biogas - neben einem hohen Wirkungsgrad, hoher Verfügbarkeit und weitaus höchstem Erntefaktor auch eine sehr lange Lebensdauer. Manche Anlagen laufen schon seit über 100 Jahren mit der Technik aus den Gründungsjahren. Die Energieerzeugung aus dem tosenden Nass könnte in Deutschland um über die Hälfte gesteigert werden. In den letzten Jahren betrug die deutsche Jahreserzeugung aus Wasserkraft rund 24 Milliarden Kilowattstunden. Durch Ausbau, Optimierung und Neubau ließe sich dieser Ertrag um etwa 16 Milliarden Kilowattstunden im Jahr erhöhen, mehr als die Bevölkerung Baden-Württembergs privat verbraucht. Um 1900 arbeiteten in Deutschland etwa 80.000 Wasserkraftanlagen. Im Jahr 2000 noch knapp 8.000, also gerade mal noch ein Zehntel. Hier gibt es wieder viel zu tun. Mit vielen wichtigen und praxisnahen Themen beschäftigen sich die Autoren in diesem Buch. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es in einer glücklichen Synthese von Theorie und Praxis nicht nur die Grundlagen in verständlicher Form aufzeigt, sondern auch konkrete Handlungsanleitungen gibt: technische, wirtschaftliche und juristische Aspekte; auch praxisrelevante Modernisierungsfragen werden angesprochen. Es leistet daher einen wichtigen Nutzen für Betreiber, Ingenieure, Anlagenanbieter und letzten Endes für die Umwelt. Unser aller Ziel ist der Wille und die Zielsetzung, die Stromerzeugung aus Wasserkraft zu unterstützen und zu fördern, um diese umweltfreundliche Energie im Bestand zu sichern und nach Möglichkeit zu vergrößern. Es ist zu wünschen, dass die in diesem Buch veröffentlichten Beiträge einen breiten Leserkreis finden und zum weiteren Ausbau dieser umweltfreundlichen Technologie beitragen. Rechtenstein, im Dezember 2016 Dipl.-Ing. Elmar Reitter <?page no="9"?> Inhaltsverzeichnis Herausgeber-Vorwort Autoren-Vorwort Geleitwort 1 Wasserkraftanlagen - Klein- und Kleinstkraftwerke ................ 1 S. Pálffy 1.1 Begriffe, Hinweise ............................................................................................ 1 1.1.1 Hydraulische Energie....................................................................................... 2 1.2 Funktionsprinzipien.......................................................................................... 7 1.2.1 Gleichdruck oder Aktionsprinzip ...................................................................... 7 1.2.2 Überdruck oder Reaktionsprinzip .................................................................... 7 1.3 Wasserturbinen.............................................................................................. 27 1.3.1 Grundbegriffe ................................................................................................. 27 1.3.2 Dimensionslose Kenngrößen ........................................................................ 28 1.3.3 Das ausnützbare Gefälle ............................................................................... 33 1.3.4 Energieumwandlung in der Turbine............................................................... 35 1.3.5 Variation des Gefälles.................................................................................... 40 1.3.6 Modell-Großausführung................................................................................. 42 1.4 Charakteristiken ............................................................................................. 43 1.4.1 Bremsplan...................................................................................................... 44 1.4.2 Turbinentyp und Bremsplan .......................................................................... 44 1.4.3 Betriebscharakteristik l und II ........................................................................ 45 1.5 Serie-Kreiselpumpen im Turbinenbetrieb ...................................................... 48 1.6 Energietransformation in einem Wasserkraftwerk......................................... 50 1.7 Energietransformation in einer Reaktionsturbine .......................................... 51 1.8 Kavitation ....................................................................................................... 52 2 Planung und Projektierung von Kleinwasserkraftwerken ..... 63 U. Müller 2.1 Einleitung ....................................................................................................... 63 2.2 Vorgehen bei der Projektierung von Um- und Neubauten von Kleinwasserkraftwerken .......................................................................... 64 2.2.1 Allgemeines ................................................................................................... 64 2.2.2 Ablauf der Projektierung von Kleinwasserkraftanlagen................................. 65 2.3. Energieproduktion von Wasserkraftanlagen ................................................. 70 2.3.1 Hydrologische Grundlagen ............................................................................ 72 2.3.2 Energieproduktion.......................................................................................... 74 2.4. Wahl und Auslegung der einzelnen Anlageteile von Kleinkraftwerken ......... 77 2.5. Wirtschaftlichkeit von Kleinwasserkraftwerken.............................................. 83 2.5.1 Anlagekosten ................................................................................................. 83 2.5.2 Jahreskosten.................................................................................................. 85 2.5.3 Energiegestehungskosten ............................................................................. 86 2.5.4 Wirtschaftlichkeit ............................................................................................ 87 2.6. Schlussbemerkung ........................................................................................ 87 <?page no="10"?> 3 Elektrische Ausrüstung - Turbinenreglung, Schutz, Wirkungsgradoptimierung, Kommunikation .......................... 88 H. Walcher 3.1 Aufgabenstellung ........................................................................................... 88 3.2 Auswahlkriterien Synchron-Asynchron ......................................................... 90 3.2.1 Inselbetrieb .................................................................................................... 90 3.2.2 Netzparallelbetrieb......................................................................................... 91 3.2.3 Alte Synchrongeneratoren ............................................................................. 93 3.3 Energietransport ........................................................................................... 93 3.3.1 Steuerung ...................................................................................................... 97 3.3.2 Netzschutz- Generatorschutz ........................................................................ 98 3.3.3 Anlagenschutz ............................................................................................. 101 3.3.3.1 Drehzahlschutz ............................................................................................ 101 3.3.3.2 Riemenschlupf überwachen ........................................................................ 104 3.4 Turbinenregler ............................................................................................. 104 3.4.1 Turbinenverstellung ..................................................................................... 104 3.4.2 Elektronischer Regler .................................................................................. 109 3.5 Software....................................................................................................... 118 3.6 Fernwartung, Datenübertragung, Visualisierung......................................... 118 3.6.1 Ferndiagnose ............................................................................................... 119 3.6.2 Ferneinwahl ................................................................................................. 119 3.6.3 Kamera ........................................................................................................ 119 3.6.4 Batterieanlage.............................................................................................. 120 3.6.5 Leitsystem (Zentrale) ................................................................................... 120 3.7 Wasserstandsreglung .................................................................................. 122 3.8 Optimierungssteuerungen ........................................................................... 127 3.8.1 Folgereglung ................................................................................................ 127 3.8.2 Wirklast bzw. Durchflussabgleich ................................................................ 128 3.8.3 Optimierungsrechner .................................................................................. 129 4 Gesamtplanung, Reparaturen, Generalüberholung ............. 135 G. Nowotny 4.1 Einleitung ..................................................................................................... 135 4.2 Geschichte ................................................................................................... 135 4.3 Stellenwert ................................................................................................... 138 4.4 Einteilung der Wasserkraftanlagen.............................................................. 145 4.4.1 Niederdruckanlagen..................................................................................... 146 4.4.2 Mitteldruckanlagen....................................................................................... 146 4.4.3 Hochdruckanlagen....................................................................................... 146 4.5 Hauptkomponenten ..................................................................................... 148 4.5.1 Stauanlagen - Wehranlagen ....................................................................... 150 4.5.2 Rohrleitungen/ Wasserführung ..................................................................... 151 4.5.3 Reinigungsanlagen ...................................................................................... 153 4.5.4 Wasserturbinen............................................................................................ 155 4.6 Grundsätzliches über die Materie................................................................ 161 4.7 Neuanlagen, Modernisierung, Revision ...................................................... 168 4.8 Zukunft, Zahlen, Erwartungen ..................................................................... 172 <?page no="11"?> 5 Die OSSBERGER-Durchströmturbine - Funktionsprinzip, Konstruktion, Regelung, Betriebserfahrung......................... 173 D. Wirth 5.1 Geschichte ................................................................................................... 173 5.2 Funktionsprinzip........................................................................................... 174 5.3 Konstruktion ................................................................................................. 178 5.3.1 Gehäuse ...................................................................................................... 178 5.3.2 Leitapparat ................................................................................................... 179 5.3.3 Laufrad......................................................................................................... 181 5.3.4 Lagerung...................................................................................................... 182 5.3.5 Übergangsstück und Saugrohr .................................................................... 183 5.3.6 Fundamentrahmen ...................................................................................... 184 5.3.7 Materialien ................................................................................................... 184 5.3.8 Kompletter Maschinensatz .......................................................................... 184 5.4 Einbau und Montage.................................................................................... 185 5.5 Regelungen.................................................................................................. 187 5.6 Betriebserfahrungen an Hand von Einbaubeispielen .................................. 193 5.8 Literaturverzeichnis...................................................................................... 202 6 Kleine Wasserkraftwerke mit Schneckenantrieb.................. 203 K. Brada 6.1 Einleitung ..................................................................................................... 203 6.2 Anwendungsprinzip der Wasserkraftschnecke ........................................... 204 6.3 Geometrische Kennwerte der Anlage und der Schnecke .......................... 205 6.3.1 Drehzahlbestimmung................................................................................... 208 6.3.2 Schnellläufigkeit der Wasserkraftschnecke ................................................ 209 6.4 Wasser- und Energiefluss in der Wasserkraftschnecke ............................. 209 6.5 Konzeptionsbeispiele und Einsatzmöglichkeiten der Wasserkraftschnecke ........................................................................... 212 6.6 Feststellung der Hauptparameter bei kleiner Wasserkraftschnecke .......... 214 6.6.1 Resultate der experimentellen Versuche .................................................... 215 6.7 Einige realisierte Wasserkraftschnecken .................................................... 218 6.8 Schlussfolgerung ......................................................................................... 223 6.9 Literatur........................................................................................................ 224 7 Europäische Netzsysteme ...................................................... 225 R. Joswig, T. Weißbach 7.1 Einleitung ..................................................................................................... 225 7.2 Das kontinentaleuropäische Verbundsystem .............................................. 226 7.2.1 Verbund in der Bundesrepublik Deutschland .............................................. 227 7.2.1.1 Die Deutsche Verbundgesellschaft ............................................................. 227 7.2.1.2 Einbindung der neuen Bundesländer und West-Berlins in den westdeutschen Verbund .............................................................................. 228 7.2.1.3 Heutige ÜNB-Landschaft in Deutschland .................................................... 228 7.2.2 Entwicklung des Kontinentaleuropäischen Verbundsystems...................... 230 7.2.2.1 Der UCPTE-Verbund ................................................................................... 230 7.2.2.2 Synchronschluss mit den Osteuropäischen Staaten................................... 232 7.2.2.3 Von der UCPTE zum heutigen kontinentaleuropäischen Verbund ............. 232 7.2.3 Weitere Verbundsysteme in Europa............................................................ 234 <?page no="12"?> 7.3 Stromaustausch zwischen Verbundsystemen............................................. 234 7.3.1 Technische Möglichkeiten eines großräumigen Stromaustausches ........... 234 7.3.2 Stand und Entwicklung des grenzüberschreitenden Stromaustausches .... 237 7.3.3 Das Netz als Plattform für den integrierten europäischen Energiemarkt .... 238 7.3.3.1 Vergabe von Kuppelkapazitäten.................................................................. 239 7.3.3.2 Regionale Initiativen .................................................................................... 240 7.3.3.3 Weitere internationale Kooperationen zwischen ÜNB ................................ 241 7.4 Regulatorischer Rahmen in der EU............................................................. 241 7.4.1 Umgestaltung der europäischen Elektrizitätswirtschaftssysteme durch die EU ................................................................................................ 242 7.4.2 Das dritte Binnenmarktpaket ....................................................................... 242 7.4.3 Politisches und regulatorisches Umfeld in Deutschland ............................. 243 7.5 Literatur........................................................................................................ 244 8 Steuerliche Fragen bei Errichtung, Erwerb und Modernisierung ................................................................ 245 K. H. Römer 8.1 Rechtsformen............................................................................................... 245 8.2 Gestaltungsmöglichkeiten beim Erwerb ...................................................... 248 8.3 Bilanzsteuerrechtliche Fragen ..................................................................... 249 8.4 Steuerliche Vergünstigungen ...................................................................... 252 8.5 Landeszuschüsse, Kreditförderungen ......................................................... 253 8.6 Steuerartenspezifische Besonderheiten...................................................... 254 8.7 Liebhabereibetriebe ..................................................................................... 254 9 Wasserrechtliche Anforderungen an Wasserkraftanlagen .. 256 M. Reinhardt 9.1 Wasserkraftanlagen und Gewässerbenutzung ........................................... 256 9.2 Alte Rechte und alte Befugnisse ................................................................. 257 9.3 Bewirtschaftungsrechtliche Anforderungen an die Wasserkraftnutzung..... 259 9.4 Anforderungen an vorhandene Anlagen ..................................................... 262 9.5 Literatur........................................................................................................ 263 10 Kleine Kaplanturbinen und Generatoren mit niedriger Drehzahl............................................................. 264 J. Krebs, P. Marx, M. Sobczyk, S. Gruner, M. Gall, U Urban 10.1 Einleitung ..................................................................................................... 264 10.2 Kleine Kaplanturbinen bei niedrigen Fallhöhen........................................... 265 10.3 Langsam laufende Generatoren.................................................................. 268 10.3.1 Einteilung und Beschreibung ....................................................................... 268 10.3.2 Erregung und Funktion der Drehstromgeneratoren .................................... 269 10.4 Netzeinspeisung, Bauformen und Aufstellung ............................................ 271 10.5 Das bewegliche Wasserkraftwerk ............................................................... 274 Die Autoren ............................................................................................................. 279 <?page no="75"?> 63 2 Planung und Projektierung von Kleinwasserkraftwerken U. Müller 2.1 Einleitung Der Umbau und die Erneuerung von Kleinwasserkraftanlagen gewann in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der zunehmenden Energieverknappung, der Förderung der erneuerbaren Energien und der damit verbundenen zum Teil erheblichen Verteuerung der elektrischen Energie wieder vermehrt an Bedeutung. Auch die neuen gesetzlichen Regelungen mit kostendeckenden Einspeisevergütungen haben in den letzten Jahren zu einem starken Anstieg von neuen Projekten von Kleinwasserkraftwerken geführt. Da die Erstellung von neuen großen Wasserkraftanlagen vor allem aus ökologischen Gründen oft auf Widerstände stößt, lange Bewilligungsverfahren erfordert und nur mit großen Schwierigkeiten realisiert werden kann, ist aus Kleinkraftwerken meist noch eine Steigerung der Energieproduktion durch neue Maschinen mit besseren Wirkungsgraden und optimierten Ausbaugrößen zu erreichen. Dabei sind die Auswirkungen auf die Umwelt im Allgemeinen eher gering. Der Bereich der Kleinwasserkraftwerke wird je nach Standpunkt des Betrachters unterschiedlich abgegrenzt. Eine Expertengruppe der UNIPEDE (Internationale Union der Erzeuger und Verteiler Elektrischer Energie) schlug im Jahre 1982 folgende Einteilung vor: Installierte Leistung - Kleinwasserkraftwerk unter 10.000 kW - Miniwasserkraftwerk unter 2.000 kW - Mikrowasserkraftwerk (Kleinstwasserkraftwerk) unter 500 kW Diese Einteilung wurde auch in der Schweiz vom Bundesamt für Energie, Sektion Wasserkraft für die Statistik der Kleinwasserkraftwerke übernommen. Kleinkraftwerke haben in der Schweiz eine lange Tradition. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren bereits rund 7.000 Klein- und Kleinstwasserkraftwerke in Betrieb. Mit der Verfügbarkeit von günstigem Strom aus Großkraftwerken wurden jedoch viele Kleinwasserkraftwerke stillgelegt. Im Jahre 2012 werden in der Schweiz über 1.000 Kleinwasserkraftwerke mit einer installierten Leistung von rund 760 MW und einer Produktion von 3.400 GWh pro Jahr betrieben. Die Stromerzeugung in Kleinwasserkraftwerken ist sowohl ökonomisch als auch ökologisch interessant und ein weiterer Ausbau der Kleinwasserkraft ist unter Berücksichtigung ökologischer Maßnahmen durchaus möglich. Dadurch könnte ein Ausbaupotential in der Schweiz von rund 2.200 GWh pro Jahr realisiert werden. Technische Innovationen und Maßnahmen zur Reduktion der Umwelteinflüsse machen Kleinwasserkraftwerke zu günstigen Energiequellen, die dezentral und umweltfreundlich erneuerbaren Strom bereitstellen. <?page no="76"?> 64 Auch die große Anzahl der zum Teil alten Kleinwasserkraftanlagen zeigt, dass heute und in Zukunft die Planung und Projektierung dieser Kleinanlagen von Bedeutung bleiben wird. Die Bereitschaft der Eigentümer und Betreiber ihre Anlagen zu erhalten, zu erneuern oder auch zu erweitern richtet sich hauptsächlich nach der möglichen Energieproduktion und dem daraus erzielbaren Ertrag. Dabei spielen die von den Behörden gemachten Auflagen wie z. Bsp. Restwassermengen, Konzessionsdauer usw., sowie die von den Elektrizitätswerken, resp. von den Behörden für deren Neubau oder deren Erneuerung, garantierten Rückliefertarife oder kostendeckende Einspeisevergütungen eine entscheidende Rolle. Das vom schweizerischen Bundesrat beschlossene Förderung der erneuerbaren Energien und die vom Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement erlassenen Vorschriften für kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) wird der Bereitschaft Kleinwasserkraftwerke zu erneuern und zu erweitern zusätzlichen Anreiz und Impulse für neue Anlagen geben. 2.2 Vorgehen bei der Projektierung von Um- und Neubauten von Kleinwasserkraftwerken 2.2.1 Allgemeines Die Projektierung des Um- oder Neubaus eines Kleinwasserkraftwerks sollte zweckmäßigerweise einem auf Wasserkraftwerken spezialisierten Fachmann oder Ingenieurbüro übertragen werden. Neben Erfahrung und Referenzen spielen für die Wahl des Projektanten auch die Kenntnisse über den Verfahrensweg und die örtlichen Gepflogenheiten eine wichtige Rolle. Aus der Sicht des Projektanten unterscheidet sich die Planung von größeren Anlagen und Kleinkraftwerken nur wenig. Der Umfang der Abklärungen lässt sich insbesondere im Vorprojektstadium kaum wesentlich reduzieren, das Honorar ist aber im Allgemeinen durch die relativ geringen Anlagekosten wesentlich kleiner. Der projektierende Ingenieur muss deshalb versuchen, wenn immer möglich auf Standardlösungen zurückzugreifen. Die Projektierungsarbeiten sollen in enger Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber erfolgen. Bei bevorstehenden größeren Investitionen (z.B. Erneuerung der Maschinengruppen) sollte der Besitzer einer Kleinwasserkraftanlage unbedingt abklären, ob allenfalls eine Steigerung der Leistungsfähigkeit oder ein anderes Anlagekonzept nicht einen wirtschaftlicheren und optimierten Betrieb ermöglichen könnte. Dabei ist immer die Gesamtanlage zu betrachten und zu bewerten. So können beispielsweise einschneidende Restwasserauflagen der Behörden für ein Kanalkraftwerk durch Ersatz der Anlage mit einem Wehrkraftwerk elegant und allenfalls auch wirtschaftlich kompensiert werden. Zur Abklärung dieser Fragen kann bereits in einer Frühphase der Planung ein im Wasserbau erfahrenes Ingenieurbüro wertvolle Dienste leisten. <?page no="77"?> 65 Bild 2.1: Kraftwerk Herrentöbeli an der Thur (Schweiz); Niederdruckanlage vor dem Umbau (P A = 130 kW, H N = 6.5 m, Q A = 3 m 3 / s) Bild 2.2: Kraftwerk Herrentöbeli nach dem Umresp. Neubau (mit Leistungserhöhung) Stauwehr, Wasserfassung, Oberwasserkanal und Zentrale (P A = 840 kW, H N = 9.3 m, Q A = 11 m 3 / s) 2.2.2 Ablauf der Projektierung von Kleinwasserkraftanlagen Die nachfolgende kurze Umschreibung der wichtigsten Projektierungsschritte und die Benennung der einzelnen Phasen beziehen sich auf die Verhältnisse bei schweizeri- <?page no="78"?> 66 schen Wasserkraftanlagen, lassen sich aber mit unwesentlichen kleinen Anpassungen auch auf die Nachbarländer übertragen. Zwischen den einzelnen Projektierungsschritten empfiehlt es sich dem Auftraggeber, zusammen mit dem projektierenden Ingenieur immer wieder die Zweckmäßigkeit der Weiterführung des Projektes zu überprüfen. Neben den wasser- und energiewirtschaftlichen Aspekten sind vor allem die Wirtschaftlichkeit des Projektes, die rechtlichen Fragen, sowie die Belange der Natur und Umwelt in die Prüfung mit einzubeziehen. Ein schrittweises Vorgehen erlaubt einen möglichst sparsamen Einsatz der für die Projektierung notwendigen finanziellen Mittel. Nach jedem Schritt kann gegebenenfalls die Planung aufgegeben werden, wenn das Projekt aller Voraussicht nach nicht als vertretbare Lösung beurteilt wird. Ablauf der Projektierung 1. Grundlagenbeschaffung - Projekte und Anlagen - Pläne der bestehenden Anlagen (bei Umbauten) - Zustandsaufnahme und -beurteilung (bei Umbauten) - Nutzungsgrößen der bestehenden Anlagen - Rechte und Pflichten - Gesetze, Wasserrechtsverhältnisse (Konzession, ehehafte Rechte) - Restwasservorschriften, Umweltvorschriften - Topographische Unterlagen - Hydrologische Unterlagen (Wassermessungen, Abflussganglinien, etc.) - Geologie - Energiekosten / Energiebedarf - Umwelt und Natur 2. Vorstudien Untersuchung verschiedener Lösungsmöglichkeiten (Variantenstudium) - Bewertung der Lösungsmöglichkeiten - Wahl der Bestvariante Im Rahmen der Vorstudien fallen für jede Hauptvariante folgende Aufgaben an: - Abklärung der Ausbaumöglichkeiten - Art des Ausbaus, Wahl der optimalen Fassungsstellen - Bestimmung der Ausbauwassermenge - Auswahl möglicher Zentralenstandorte - Elektromechanische und hydromechanische Ausrüstung - Abschätzen der Ausbauwürdigkeit - Bestimmung von Leistung und Energieproduktion (mit Aufteilung Sommer/ Winter) - Überschlägige Berechnung der Anlage- und Jahreskosten - Kosten-/ Nutzenvergleich unter Berücksichtigung allfälliger Randbedingungen (z. Bsp. Umweltverträglichkeit). <?page no="79"?> 67 3. Vorprojekt bzw. Konzessionsprojekt Die aus den Vorstudien ausgewählte Bestvariante wird im dritten Schritt mit den erforderlichen Vorberechnungen und Vordimensionierungen von verschiedenen Untervarianten zu einem Vorprojekt weiterbearbeitet. Das Vorprojekt, das die wichtigsten Hauptabmessungen und -daten der Kraftwerkanlage verbindlich festlegt erlaubt eine Kostenschätzung und Beurteilung der Wirtschaftlichkeit mit einer Genauigkeit von rund 20%. Meist wird das Vorprojekt als Konzessionsprojekt der Behörde mit dem Gesuch um Wasserrechtsverleihung eingereicht. Die Abklärungen im Rahmen des Vorbzw. Konzessionsprojektes umfassen: - Typenwahl und Festlegung der wichtigsten Einzelbauwerke und Anlageteile, wie beispielsweise Fassungen, Druckleitungen, Turbinen und Generatoren - Darstellung der wichtigsten Auswirkungen des Projektes auf die Natur und Umwelt - Kontakte mit Behörden und gegebenenfalls mit direkt Betroffenen - Beurteilung der Wirtschaftlichkeit durch Vergleich der Energiegestehungskosten mit den Strombeschaffungskosten oder Rückliefertarifen ins öffentliche Netz - Erstellung eines Technischen Berichtes mit entsprechenden Planbeilagen. Dieser enthält im Allgemeinen folgende Abschnitte: - Einleitung - Beschrieb der bestehenden Anlage (bei Umbauten) - Hydrologie und Wasserwirtschaft - Geologie - Hauptdaten der neuen Anlage (Gefälleverhältnisse, Wasserspiegellagen, Ausbaugröße, Leistungen, Mittlere Energieproduktion) - Beschrieb der neuen Anlagen (Stauraum, Wehr, Triebwasserweg, Zentrale, Nebenanlagen) - Anlagekosten und Wirtschaftlichkeit (Energiegestehungskosten) - Für größere Anlagen (in der Schweiz über 3.000 kW installierter Leistung) ist die Abfassung eines Berichtes über die Umweltverträglichkeit des Projektes obligatorisch der zusammen mit dem Konzessionsprojekt an die Behörde einzureichen ist. Dieser Bericht zur Umweltverträglichkeit wird meist durch ein in diesem Fachgebiet spezialisierten Fachmann oder Büro erstellt. 4. Konzessionsverfahren Das Konzessionsprojekt wird der Behörde, welche die Wasserhoheit über das jeweilige Gewässer besitzt, mit einem Gesuch um Erteilung des Wasserrechtes eingereicht. Nach der öffentlichen Projektauflage und der Beurteilung durch die zuständigen Amtsstellen kann die Behörde dem Antragsteller das Wasserrecht erteilen oder verweigern. Gleichzeitig fallen in der Regel in dieser Projektphase auch die Grundsatzentscheide betreffend die fischereirechtlichen Bewilligung sowie, falls nötig der Rodungs- und weiterer Ausnahmebewilligungen. Der Auftraggeber und der Projektant haben in der Regel für Fragen zum Projekt, Behandlung von Einsprachen, Abgabe von weiteren Gutachten, usw. einen je nach Umstrittenheit des Projektes mehr oder weniger großen Arbeitsaufwand zu erbringen. <?page no="80"?> 68 5. Bauprojekt Nach Erteilung der Konzession wird das Vorprojekt weiter verfeinert und das Bauprojekt erstellt. Dieses ist Grundlage für die Ausschreibungen, den definitiven Bauentscheid und das meist parallel zur Projektierung laufende Baubewilligungsverfahren. Der definitive Kostenvoranschlag des Bauprojekts erreicht in der Regel eine Genauigkeit von rund 10%. Das Bauprojekt umfasst folgende Punkte: - Ev. Anpassung des Konzessionsprojektes aufgrund der bei der Konzessionserteilung gemachten Auflagen - Verfeinerung der hydrologischen, hydraulischen, statischen und wirtschaftlichen Berechnungen und Nachweise - Ausarbeitung der Bauprojektpläne als Grundlage für das Einholen der verbindlichen Offerten - Erstellen des Bauprogramms - Kostenvoranschlag und Wirtschaftlichkeit Nach Vorliegen der Baubewilligung und der Genehmigung des Bauprojektes durch den Auftraggeber kann mit den Ausschreibungen der verschiedenen Anlageteile begonnen werden. Zur Verkürzung und Vereinfachung der Genehmigungsverfahren wird für kleine und mittlere Kraftwerke das Konzessions- und Baubewilligungsverfahren oft zusammengefasst und in einem Verfahren abgehandelt. Grundlage für dieses Verfahren bildet in der Regel das Bauprojekt. 6. Ausschreibungen - Ausarbeiten der Ausschreibungsunterlagen - Einholen mehrerer vergleichbarer Angebote - Prüfung der Angebote - Abschließender Kosten-/ Nutzenvergleich Das Einholen der verbindlichen Unternehmerofferten erfolgt üblicherweise im offenen Verfahren mit einer öffentlichen Ausschreibung. Aufgrund der vorliegenden verbindlichen Angebote fällt der Auftraggeber auf Vorschlag des Projektanten in der Regel den definitiven Baubeschluss und nimmt die Vergabe der Bauarbeiten und Lieferungen vor. 7. Ausführungsprojekt, Bauausführung und Inbetriebnahme Ist der Baubeschluss gefasst und die Arbeiten an die verschiedenen Unternehmer vergeben, so fertigt der Projektant die Liefer- und Werkverträge an und erstellt als Grundlage für die Bauausführung das Ausführungsprojekt. Die Überwachung der Bauausführung erfolgt durch eine Bau- und Montageleitung. Nach erfolgter Ausführung organisiert der projektierende Ingenieur die Inbetriebsetzung der Anlage und veranlasst die Behebung allfälliger Mängel. - Vergebung der Aufträge, Liefer- und Werkverträge - Ausführungsprojekt - Überwachung der Ausführung, Bau- und Montageleitung - Überwachung der Inbetriebnahme - Dokumentation über das Kraftwerk - Instruktion des Werkpersonals - Definitive Abnahme der Anlage <?page no="81"?> 69 Bild 2.3: Projektierung von Um- und Neubauten von Kleinkraftwerken <?page no="82"?> 70 Der zeitliche Ablauf der Projektierungs- und Bauarbeiten lässt sich nur aufgrund von groben Richtwerten angeben. Dieser ist bei jedem Projekt wieder neu festzulegen und hängt stark von den Konzessions- und Bewilligungsverfahren ab. Für die Grundlagenbeschaffung benötigt man in der Regel rund einen Monat. Die Ausarbeitung eines Vorprojektes dauert ab Auftragserteilung je nach Größe der Anlage 2 bis 6 Monate. Das Bauprojekt und die Ausschreibungsunterlagen erfordern rund 6 bis 12 Monate. Das Ausführungsprojekt, das normalerweise parallel mit der Bauausführung erstellt wird kann wenige Monate, aber auch 2 bis 3 Jahre dauern. Bild 2.4: Beispiel eines Allgemeinen Projektierungs- und Bauprogrammes eines Kleinkraftwerkes (Um- oder Neubau mit Konzessionsverfahren) 2.3. Energieproduktion von Wasserkraftanlagen Das vom Wasserdargebot und dem Gefälle abhängige natürliche Arbeitsvermögen des Wassers wird mit Hilfe der Wasserkraftanlagen in elektrische Energie umgewandelt. Die Größe der Energieproduktion hängt nebst den Verlusten durch den Wirkungsgrad der Anlage hauptsächlich von der nutzbaren Wassermenge und dem Nutzgefälle ab. <?page no="83"?> 71 Bild 2.5: Kraftwerk Dorf, Sevelen (Schweiz): Hochdruckanlage - Maschinensaal der Zentrale mit 2-düsig Peltonturbine und Synchrongenerator (P A = 1080 kW, H N = 365 m, Q A = 350 l/ s) Bild 2.6: Kraftwerk Piumogna, Dalpe (Schweiz): Zentrale mit 6-düsiger vertikalachsiger Turbine, Synchrongenerator und Steuertafeln (P A = 1100 kW, H N = 68 m, Q A = 1‘800 l/ s) <?page no="84"?> 72 2.3.1 Hydrologische Grundlagen - Wasserdargebot Die Wasserführung eines Gewässers ist je nach den klimatischen und meteorologischen Verhältnissen mehr oder weniger starken Schwankungen unterworfen. Insbesondere besteht in unseren Regionen zwischen dem Sommer- und Winterhalbjahr eine große Differenz. Die Wassermengen eines Gewässers lassen sich heute vielfach aus den Messdaten der zahlreichen amtlichen hydrometrischen Wassermessstationen einfach und genau ermitteln. Die Abflussmengen der größeren Gewässer werden jährlich in hydrologischen Jahrbüchern publiziert oder sind bei den Wasserwirtschaftsämtern einsehbar. Die Daten sind meist in Form von Tabellen oder Diagrammen dargestellt und für längere Zeitperioden ausgewertet. Um die Messwerte mit genügender Sicherheit für die Bestimmung einer mittleren Abflussmenge eines Kleinkraftwerkes verwenden zu können, sollten mindestens Zahlenwerte von 8 - 10 Jahren zur Verfügung stehen. Übertragung der Abflussmengen in Funktion des Einzugsgebietes: Meistens befindet sich die Messstation nicht in direkter Nähe des Kraftwerkes, sodass die Abflussmengen umzurechnen sind. Bei nicht allzu verschiedenartigen und verschieden großen Einzugsgebieten kann allenfalls Proportionalität vorausgesetzt werden. Die Werte der Messstation können dann entsprechend der Größe des Einzugsgebietes übertragen werden. E E Q Q n Messstatio Kraftwerk n Messstatio Kraftwerk ⋅ = bzw. für q Kraftwerk = q Messstation (gleiche spezifische Abflüsse) Die Abflussmessung einer hydrometrischen Messstation geschieht bei einem bestimmten Messquerschnitt anhand einer kontinuierlichen Pegelaufzeichnung mit einem Schwimmerpegel. Die Umrechnung dieser Pegelstände in Abflussmengen erfolgt mittels einer zum Messquerschnitt gehörenden Pegelrelation, die an Ort mit sporadischen Abflussmessungen mit dem Messflügelverfahren ermittelt wird. Die über das Jahr aufgezeichnete Abflussmengenkurve wird auch Abflussganglinie genannt. - Dauerkurve der Abflussmengen Aus der Abflussganglinie lässt sich zum Beispiel für ein Jahr eine Dauerkurve der Abflussmengen ermitteln, die zeigt an wie vielen Tagen im Jahr ein bestimmter Abfluss überschritten wird (Bild 7). <?page no="85"?> 73 Bild 2.7: Bestimmung der Dauerkurve der Abflüsse aus der Abflussganglinie Die Auswertung von Tagesabflussmittelwerten einer langen Messperiode zu einer mittleren Dauerkurve lässt sich mit EDV-Einsatz und den entsprechenden Rechenprogrammen rasch durchführen. In den hydrologischen Jahrbüchern sind die Dauerkurven meist für die ganze Messperiode ausgewertet und die Überschreitungswassermenge an 9, 18, 55, 91, 137, 182, 227, 272, 329 und 347 Tagen angegeben. - Ausbauwassermenge und Nutzwasserfracht Die Ausbauwassermenge ist diejenige Wassermenge, auf welche die Kraftwerksanlage bemessen wird. Diese Menge wird heute bei kleineren Laufkraftwerken meist so gewählt, dass diese im Mittel an 80 - 100 Tagen im Jahr erreicht oder überschritten wird. Bei neuen größeren Anlagen mit 2 oder mehreren Maschinen werden heute auch Ausbauzeiten von 60 Tage gewählt. Die optimale Ausbauwassermenge lässt sich mit einer wirtschaftlichen Untersuchung mehrerer Projektvarianten verschiedener Ausbaugröße finden. Dabei können beispielsweise die auf dem Markt angebotenen standardisierten Turbinentypen mit einem großen Variationsbereich der Wassermenge auf die Ausbaugröße der Anlage einen entscheidenden Einfluss haben. <?page no="86"?> 74 Bild 2.8: Dauerkurve der Abflussmengen Ausbauwassermenge - Nutzwasserfracht Die Nutzwasserfracht V N entspricht der Fläche unter der Dauerkurve der Abflussmengen bis zur Ausbauwassermenge Q A . Falls eine Restwassermenge bei der Fassungsstelle abgegeben werden muss, reduziert sich die Nutzwasserfracht um das entsprechende Wasservolumen. 2.3.2 Energieproduktion - Nutzbares Gefälle Das nutzbare Gefälle einer Wasserkraftanlage ermittelt sich aus der Höhendifferenz zwischen dem Ober- und Unterwasser einer Nutzungsstrecke (Bruttofallhöhe) und den Energieverlusten im Triebwassersystem. Je nach topographischen Verhältnissen, Turbinentyp und Anlagenanordnung ändert sich die Bruttofallhöhe. Eine Freistrahlturbine (Peltonturbine) wird um 1 bis 2 m über dem höchsten Unterwasserspiegel angeordnet, damit der Freihang gewährleistet ist (Bild 9). Die Nutz- oder Nettofallhöhe H N wird bis zum Düseneinlauf gemessen und beträgt: h 2 o V H H v g 2 N − + = mit H : Bruttofallhöhe H N : Nettofallhöhe h v : Verlusthöhe in der Oberwasserleitung V o : Geschwindigkeit im Oberwasser Meist gilt, weil 2 o V g 2 vernachlässigbar klein ist: H N = H - h v <?page no="87"?> 75 Bild 2.9: Nettogefälle einer Peltonturbinenanlage mit Düseneinlauf E Bei Überdruckturbinen (Francis-, Kaplan-, Diagonalturbinen) wird das gesamte Gefälle zwischen dem Ober- und Unterwasser ausgenutzt (Bild 10). Diese Maschinentypen werden in Bezug auf den Unterwasserspiegel derart angeordnet, dass keine Kavitation entsteht. Neben den Verlusten in der Zulauf- oder Oberwasserleitung sind auch diejenigen der Unterwasserleitung zu berücksichtigen. Die Nutz- oder Nettofallhöhe H N beträgt: h h 2 u V o V H H vu vo g 2 2 N − − − + = mit H: Bruttofallhöhe H N : Nettofallhöhe h vo , h vu : Verlusthöhe in der Oberbzw. Unterwasserleitung V o , V o : Geschwindigkeit im Oberbzw. Unterwasser Meist gilt, weil 2 o V g 2 und 2 u V g 2 vernachlässigbar klein sind: H N = H - h vo - h vu Die Verlusthöhe h v im Oberresp. Unterwasser setzt sich aus den Reibungs-, Einlauf-, Rechen-, Krümmungs- und Auslaufverlusten zusammen. Bei der Berechnung der Nettofallhöhe von Niederdruckanlagen gilt es zu beachten, dass der Unterwasserspiegel bei großen Wassermengen stark ansteigen kann und das Nutzgefälle beeinflussen kann. In solchen Fällen ist es unerlässlich die Unterwasserspiegellagen durch eine hydraulische Abflussberechnung zu ermitteln. <?page no="88"?> 76 Bild 2.10: Nettogefälle einer Francisturbinenanlage mit Einlauf E und Auslauf A - Leistungs- und Energieberechnung Leistung einer Wasserkraftanlage P = 9.81 x Q x H N x η tot [kW] mit Q: Nutzwassermenge in m3/ s H N : Nettofallhöhe in m η tot = η Turb . η Geno . η Trafo : Gesamtwirkungsgrad η Turb : Turbinenwirkungsgrad η Geno : Generatorwirkungsgrad η Trafo : Transformatorenwirkungsgrad Im Sinne einer Faustregel kann zur Bestimmung der Nettoleistung folgende Näherungsformel verwendet werden. Diese stimmt genau für einen Gesamtwirkungsgrad von η tot = 81.5%. P = 8 x Q x H N [kW] Bei Kleinstanlagen, die in der Regel einen schlechteren Wirkungsgrad aufweisen, ist es deshalb ratsam im untersten Leistungsbereich mit der Näherungsformel P = 7 x Q x H N zu rechnen. Die Energieproduktion in Kilowattstunden entspricht dem Produkt aus Leistung mal Zeit beziehungsweise dem Integral der Leistung über eine bestimmte Zeit. Energieproduktion E = P.dt = 9.81 x Q x H N x η tot .dt Als Faustformel gilt bei einem Wasserkraftwerk, dass ein Wasservolumen von 1 m 3 bei einer Fallhöhe von 450 m zur Erzeugung von rund 1 kWh elektrischer Energie ausreicht. <?page no="89"?> 77 - Leistungsplan Aus der im Kapitel 2.3.1 gefundenen Dauerkurve der Abflussmengen lässt sich für jeden Zufluss die entsprechende Nettofallhöhe und zugehörige Leistung bestimmen. Wie bei den Abflussmengen lässt sich auch für die Leistung und das Gefälle eine Dauerlinie aufzeichnen. Der somit erhaltene Leistungsplan enthält alle Angaben über Wassermengen, Gefälle, Leistung und Energieproduktion einer Wasserkraftanlage. Die Fläche unterhalb der Leistungsdauerlinie entspricht der maximal möglichen Energieproduktion. Bild 2.11: Leistungsplan einer Niederdruckanlage 2.4. Wahl und Auslegung der einzelnen Anlageteile von Kleinkraftwerken Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen auf alle Besonderheiten der verschiedenen Anlageteile im Detail einzugehen. Für die jedem Einzelfall notwendigen Abklärungen, Berechnungen, wird die zahlreiche Fachliteratur verwiesen. Im Folgenden wird kurz auf einige besonders zu beachtende Punkte hingewiesen, denen der Projektant besondere Aufmerksamkeit schenken muss. - Wasserfassungen und Wehre: - Hochwassersicherheit - Geschiebefreiheit der Turbinenresp. Kanaleinläufe - Ausreichende Spülmöglichkeiten für Geschiebe, Sand und Geschwemmsel - Einfache Geschwemmselabweisung (z. Bsp. Tauchwand) <?page no="90"?> 78 - Kein Kieseintrag in die Fassung - Richtige Entsandung durch Anordnung genügend großer Absetzbecken - Reduktion der Einlaufverluste durch gute hydraulische Formgebung - Automatischer unbemannter Betrieb der Anlagen (außer bei Extremhochwassern) Bild 2.12: Bauumleitung der Kraftwerkbaustelle mit Fangdamm und provisorischer Baubresche im Stauwehr garantiert die Wasserableitung im Hochwasserfall - Oberwasserkanäle - Genügendes Freibord im Normalbetrieb - Max. Wassermenge = Ausbauwassermenge - Ausreichende Schwallentlastungsanlage bei Schnellabschaltungen der Turbinen - Unterhaltsarme Bauweise - Druckleitungen - Direkte Linienführung anstreben - Ausführung in der Hangfalllinie - Berücksichtigung von Hangbewegungen durch optimale Anordnung von Fixpunkten, Expansion oder Dehnfugen - Ausführung von erdverlegten Druckleitungen vermeidet große Eingriffe ins Landschaftsbild (ev. Querriegel zur Stabilisierung der Rohrumhüllung im steilen Gelände) - Optimierung der Rohrdurchmesser durch Minimierung der Rohrkosten und Energieverluste <?page no="91"?> 79 Bild 2.13: Stauwehranlage mit festem Überfallwehr bietet bei Kleinkraftwerken große Vorteile (große Hochwassersicherheit, kleiner Wartungsaufwand) Bild 2.14: Schrägrechenfassungen bei einer Kleinstwasserkraftanlage (Q A = 200 -500 l/ s) (Kleinkraftwerke Buoholzbach und Ossasco (Schweiz)) <?page no="92"?> 80 Bild 2.15: Druckleitungen der Kleinkraftwerke Ossasco und Cerentino (Schweiz) - Zentralen- und Fassungseinläufe - Rechenanlage richtig auf das Gewässer und anfallende Geschwemmsel abgestimmt - Einfache und leistungsfähige Geschwemmselbeseitigungsanlage - Gute Abschlussmöglichkeiten der Turbinen im Revisionsfall (z. Bsp. mit Dammbalken) - Optimale Einlaufverhältnisse der Turbinen Bild 2.16: Einlaufbauwerk mit Tauchwand, Kiesschwelle und Spülschütze sorgt für eine einfache Geschwemmsel- und Geschiebeabweisung <?page no="93"?> 81 Bild 2.17: Fassungseinlauf des Kleinkraftwerkes Cerentino (Schweiz) mit festem Wehr, Spülschütze, Dotierauslass und Entsandereinlauf (rechts) - Zentrale - Gute Zugänglichkeit aller Anlageteile - Ausreichender Montageplatz für Erstmontage und spätere Revisionen - Automatischer, unbemannter Betrieb der Anlage - Sichere Energieableitung - Einfache Betriebs- und Revisionszugänge Bild 2.18: Zentrale und Maschinengruppe des Kleinkraftwerkes Cerentino (Schweiz) <?page no="94"?> 82 - Wasserrückgabe - Kleine Austrittsverluste - Gute Abströmverhältnisse auch im Hochwasserfall (Einstau möglichst gering halten) - Anordnung der Wasserrückgabe am Ort mit kleinster Gefahr von Auflandungen oder Geschiebeablagerungen - Fischaufstiegsanlagen - Sicherstellung, resp. Aufrechterhaltung der freien Fischwanderung bei Fassungen und Zentralen - Wo möglich Anordnung von natürlichen Umgehungsgerinne oder künstlich Aufstiegsgerinne (Vertikal-Slot-Fishpass) Bild 2.19: Vertical-Slot-Fishpass im Kraftwerk Kappelerhof Baden (Schweiz) Diese Angaben bedeuten eine nicht vollständige Zusammenstellung von Problempunkten, die dem Verfasser in den letzten Jahren bei der Projektierung von einigen Kleinwasserkraftwerken begegnet sind. <?page no="95"?> 83 Bild 2.20: Kraftwerk Lienz am Rheintaler Binnenkanal (Schweiz). Kegelrad-Rohrturbine mit aufgesetztem Asynchrongenerator (P A = 350 kW, H N = 3.2 m, Q A = 13 m 3 / s) 2.5. Wirtschaftlichkeit von Kleinwasserkraftwerken Eine einfache Möglichkeit, die Wirtschaftlichkeit eines Kleinwasserkraftwerkes zu beurteilen besteht im Vergleich der Kosten mit dem Ertrag der Anlage. Auf der Aufwandseite sind die Anlagebzw. Jahreskosten einzusetzen, auf der Ertragsseite der Erlös aus der Energieproduktion unter Berücksichtigung der jahres- und tageszeitlichen Unterschiede und der erzeugten Leistung. 2.5.1 Anlagekosten Die Anlagekosten einer Wasserkraftanlage setzen sich aus den reinen Baukosten und den Allgemeinen Kosten zusammen (Bild 21). Die Baukosten umfassen: - Kosten für die baulichen Anlageteile - Wasserfassung und Wehr - Triebwassersystem - Zentrale - Wasserrückgabe - Erschließung - Kosten der stahlwasserbaulischen Anlageteile - Rechen und Rechenreinigungsmaschinen - Abschlussorgane (Schützen, Klappen, Dammbalken) - Druckleitungsrohre <?page no="96"?> 84 - Kosten der mechanischen Einrichtungen - Turbinen - Hilfsbetriebe (wie Krananlagen, Kühlwasseranlage, Klimaanlage, etc.) - Kosten der elektromechanischen und elektrischen Einrichtungen - Generatoren - Schaltanlagen, Transformatoren - Schutz- und Regelungseinrichtungen - Verschiedenes und Unvorhergesehenes ca. 10 - 15% der oben aufgeführten Baukosten (je nach Stand der Projektierung) Die Allgemeinen Kosten beinhalten: - Kosten für Projektierung, Bauleitung und Inbetriebsetzung der Kraftwerksanlage (ca. 10 - 15% der Baukosten je nach Größe der Anlage) - Kosten für Kapitalbeschaffung, Steuern, Konzessionsgebühren, etc. - Bauzinsen (von der Ausführung des Anlageteils bis zur Inbetriebsetzung) Die Allgemeinen Kosten betragen normalerweise je nach Größe der Anlage, der effektiven Bauzeit und dem jeweiligen Bauzinssatz rund 20 - 22% der Baukosten. Bild 2.21: Zusammensetzung der Anlagekosten <?page no="97"?> 85 2.5.2 Jahreskosten Die Jahreskosten setzen sich aus den jährlichen Aufwendungen für den Betrieb der Anlage sowie den aus der Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten anfallenden Belastungen zusammen. Die Jahreskosten unterteilen sich wie folgt: - Kapitalkosten - Betriebs- und Unterhaltskosten - Steuern, Wasserrechtsabgaben (Wasserzins) - Kosten für Erneuerungen (je nach angenommener Nutzungsdauer einzelner Anlageteile) Die Kapitalkosten beanspruchen im Allgemeinen den größten Teil der Jahreskosten und umfassen die Verzinsung und Tilgung der Anlagekosten. Die Tilgung des Fremdkapitals ist grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten möglich: a) mit jährlich gleich großen Raten (Annuitäten), die sich von Jahr zu Jahr verschieden auf Verzinsung und Tilgung aufteilen, oder b) mit jährlich gleich hohen Tilgungsbeträgen, wobei die Verzinsung des restlichen Fremdkapitals bei gleichem Zinssatz von Jahr zu Jahr kleinere Beträge erfordert. Der jährlichen Annuitäten lassen sich bei einem Zinssatz i und einer Tilgungsdauer von N Jahren folgendermaßen berechnen: 1 i) (1 i) (1 i t N N − + + ⋅ = (Annuität- oder Kapitalwiedergewinnungsfaktor) Bsp. N = 80 Jahre t = 0.05103 oder 5.103% i = 5% Im Allgemeinen werden für die Tilgung der Kosten der einzelnen Anlageteile folgende Lebensdauern angenommen: - 80 Jahre für bauliche Anlagen (oder Konzessionsdauer) - 50 Jahre für Allgemeine Kosten und Stahlwasserbau - 40 Jahre für maschinelle Anlagen und Innenausbau des Maschinenhauses - 25 Jahre für Hilfs- und Steuereinrichtungen Die Betriebs- und Unterhaltskosten umfassen die Personal- und Reparaturkosten, der Aufwand für das notwendige Betriebsmaterial sowie die Versicherungs- und Verwaltungskosten. Die Personalkosten lassen sich mit einem vollautomatischen und unbemannten Betrieb des Kraftwerkes stark reduzieren. Das Betriebspersonal weilt nur zu Kontrollzwecken, Störungen oder bei Revisionen im Kraftwerk. <?page no="98"?> 86 Für Betrieb und Unterhalt können als erste Näherung für Kleinkraftwerke folgende Richtwerte angenommen werden: Jahreskosten bezogen auf die Baukosten der betreffenden Anlagekomponenten untere Grenze [%] obere Grenze [%] - Staumauern, Stollen, Druckschächte, Ausgleichsbecken, Kanäle, Flussbauten 0.1 0.1 - Wehre, Fassungen, Triebwasserleitungen 1.2 1.6 - Gebäude und bauliche Nebenanlagen 0.4 0.6 - Mechan. und elektr. Einrichtungen 3.0 6.0 Die jährlichen Abgaben für Steuern und Wasserrecht beanspruchen rund 0.8 - 1% der Anlagekosten. Die Kosten für Erneuerungen sind von der bei der Berechnung der Kapitalkosten angenommenen Nutzungsdauer der einzelnen Anlageteile abhängig. Falls für alle Anlageteile die gleiche Nutzungsdauer der Gesamtanlage (z.B. 80 Jahren) gewählt wird, sind für Wehre und Fassungen rund 1.2%, Zentralen 1.5% und die mechanischen und elektrischen Einrichtungen 2.5% der jeweiligen Baukosten als jährliche Erneuerungskosten einzusetzen. Die Jahreskosten von Kleinwasserkraftwerken liegen heute im Mittel zwischen 8 und 13% der Anlagekosten. Die Größe des jeweiligen Ansatzes hängt stark von den Kapitalkosten (Zinssatz), der Betriebsorganisation, sowie dem Automatisierungsgrad der Anlage ab. 2.5.3 Energiegestehungskosten Aus der Energieproduktion und den Jahreskosten lassen sich die für die Wasserkraftanlage geltenden mittleren Energiegestehungskosten berechnen. Energiegestehungspreis [CHF/ kWh] duktion Energiepro en Jahreskost = K Mittels einer Bewertung der erzeugten Energie (So, Wi, HT, NT), zum Beispiel entsprechend den Rückliefertarifen des öffentlichen Elektrizitätswerkes, lassen sich auch die Energiegestehungspreise der Winter- und Sommer- resp. Hoch- und Niedertarifenergie angeben. Für die über das ganze Jahr mindestens verfügbare Leistung (Leistung bei kleinstem Zufluss) wird oft ein jährlicher Leistungsertrag vom Elektrizitätswerk angerechnet. Will man diese Leistungsbewertung bei der Berechnung des mittleren Energiegestehungspreises berücksichtigen sind die Jahreskosten entsprechend zu reduzieren. <?page no="99"?> 87 2.5.4 Wirtschaftlichkeit Die Wirtschaftlichkeit und der Ertrag eines Kleinkraftwerkes hängen entscheidend von der Verwendung des erzeugten Stromes sowie von der jahres- und tarifzeitlichen Produktion ab. Bei Anlagen, die ausschließlich oder vorwiegend Strom für den Eigenbedarf erzeugen können als Ertrag die eingesparten Kosten für den Fremdenergiebezug eingesetzt werden. In diesen Fällen wird die Energie meist in Niederspannung (400 V) ins eigene Netz eingespeist. In diesem Falle lassen sich je nach Region mittlere Energiegestehungskosten von 15 - 20 Rp/ kWh für eine Kleinwasserkraftanlage rechtfertigen. Bei Eigenbedarfsanlagen, die auch Strom ins öffentliche Netz abgeben hängt der Energieertrag stark vom Rückliefertarif der Überschussenergie ab. Diese muss meist auf Mittelspannung (10 - 20 kV) transformiert werden und wird gemäß den geltenden Tarifen der kostendeckenden Einspeisevergütung ins Netz des Elektrizitätswerkes abgegeben werden. Bei Kleinwasserkraftanlagen mit Speichermöglichkeit lassen sich die Energieerzeugung auf die Bedürfnisse des Elektrizitätswerkes anpassen und die Energie während den Spitzenbelastungszeiten ins Netz einspeisen. Damit lassen sich auch höhere Rückliefertarife und eine wertvolle Entschädigung für die Leistungsbereitstellung erreichen. Bei einer vom Elektrizitätswerk unabhängigen Bewirtschaftung des Speicherbeckens lassen sich auch unliebsame Leistungsspitzen im eigenen Netz vermeiden. Damit lässt sich die teure Entschädigung für die Leistungsbereitstellung verringern. Die Wirtschaftlichkeit einer Kleinwasserkraftanlage lässt sich am einfachsten mit einen Vergleich von Aufwand (Jahreskosten) und Ertrag (Energie- und Leistungsertrag pro Jahr) beurteilen. Aus dem resultierenden Gewinn/ Verlust muss der Betreiber oder Planer der Anlage entscheiden, ob sich die Investition lohnt oder das Projekt aufgegeben werden muss. 2.6 Schlussbemerkung Die Planung und Projektierung von Kleinwasserkraftanlagen ist ein sehr interessantes und abwechslungsreiches Arbeitsgebiet. Die sehr unterschiedlichen Anlagetypen bedeuten für den projektierenden Ingenieur stets eine neue Herausforderung und verlangen von ihm immer wieder neue Lösungen. Die Erfahrung und Sachkenntnisse auf dem Gebiet der Wasserkraftanlagen sind Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung eines Um- und Neubaus einer Kleinwasserkraftanlage. <?page no="100"?> 88 3 Elektrische Ausrüstung - Turbinenreglung, Schutz, Wirkungsgradoptimierung, Kommunikation H. Walcher 3.1 Aufgabenstellung Wasserkraftanlagen werden bezüglich der elektrischen Auslegung generell individuell für die einzelnen Standorte neu geplant und erfordern daher einen relativ hohen Aufwand an Ingenieurleistungen, sofern der Kraftwerksbetreiber langfristig zufrieden gestellt werden soll. Die Vielzahl an Turbinentypen, Wasserrädern und Wasserschnecken mit den erforderlichen Zusatzeinrichtungen wie Rechenreinigungsmaschinen, Wehr- und Stauklappen, Schleusen, Fischtreppen usw. können einen beachtlichen Planungsaufwand erforderlich machen, bezüglich der umzusetzenden Steuer- und Regelaufgaben. Dieser Beitrag kann nur Ansätze und Hinweise bei der Projektierung und Planung aufzeigen, die zu einer Vertiefung der Details im Gespräch zwischen dem Kraftwerksbetreiber und dem Ausführenden führen sollen. Da der überwiegende Teil an neu zu planenden Steuerungen für bestehende Kraftwerke, die modernisiert werden müssen, zu projektieren ist, wird in diesem Kapitel auch auf die Ansteuerung und Regelung alter Generatoren und Turbinen eingegangen. Die Grafik Bild 3.1 stellt die grundsätzlichen Aufgaben dar, die bei der Projektierung zur Automatisierung eines Wasserkraftwerkes als Planungsgerüst festzulegen sind. Zunächst ist die zukünftige Betriebsweise festzulegen. Im Normalfall wird der Netzparallelbetrieb standardmäßig vorgesehen, um alle überschüssige Energie ins öffentliche Netz jederzeit einspeisen zu können. Damit dies realisiert werden kann muss ein Netzschutz nach den Vorschriften des zuständigen Netzbetreibers bzw. entsprechend der aktuellen Norm VDE-AR-N 4105 eingebaut sein. Der Netzschutz dient in erster Linie zur Sicherheit des Personals, des zuständigen Netzbetreibers und auch zum erweiterten Schutz des Kraftwerkes. Der Anlagenschutz wird zum Schutz der Kraftwerksanlage wie etwa Drehzahlüberwachungen, Temperaturüberwachungen, Betriebsdrücken, Überströmen, Berührungsschutz und vieles mehr konzipiert. Bereits in der ersten Phase der Planung sollte der Generatortyp (Asynchron- oder Synchrongenerator) festgelegt werden, weil hiermit auch die Auslegung der Turbinenverstelleinrichtung z.B. des Hydraulikaggregates abhängig ist. <?page no="101"?> 89 Bei kleineren Kraftwerken bis hin zu etwa 300 - 500 kW werden gerne Asynchrongeneratoren eingesetzt, weil hierdurch sowohl der Steuerungsaufwand als auch die Turbinenverstelleinrichtungen preiswerter als bei einer Synchronanlage hergestellt werden können. Bild 3.1 Blockschaltbild: Projektierung Asynchrongeneratoren benötigen immer ein vorhandenes Drehstromnetz in welches sie die Energie einspeisen. Asynchrongeneratoren können normalerweise keinen Inselbetrieb fahren. Soll ein Inselbetrieb (also Stromerzeugung auch dann, wenn kein öffentliches Netz vorhanden ist) möglich sein, muss ein Synchrongenerator eingesetzt werden. Der Inselbetrieb setzt entsprechend gute Turbinenverstelleinrichtungen für die erforderlich exakte Drehzahlreglung voraus. <?page no="102"?> 90 Synchrongeneratoren können sowohl im Inselbetrieb für eine autarke Stromversorgung, als auch für den Netzparallelbetrieb bestens eingesetzt werden. Um einen Synchrongenerator allerdings parallel zum Netz schalten zu können, wird eine Synchronisiereinrichtung erforderlich. Diese benötigt wiederum in der Regel ein Hydraulikaggregat bzw. aufwändigeren Turbinenregler, um eine exakte Drehzahlregelung realisieren zu können. Dagegen lassen sich Asynchrongeneratoren mittels eines einfachen Drehzahlrelais ohne Synchronisiereinrichtung schnell und preiswert vollautomatisch zum Netz parallel schalten. Infolgedessen, weil nicht aufwändig synchronisiert werden muss, kann auch an der mechanischen Turbinenverstelleinrichtung bezüglich der Technik gespart werden. Neben einfach aufgebauten Hydraulikaggregaten haben sich auch gerade bei kleineren Wasserkraftanlagen preiswerte elektrische Stellmotoren in der Regel 24V Motoren etabliert. Wird eine Turbinenanlage ausschließlich im Inselbetrieb gefahren, weil z.B. kein öffentliches Netz vorhanden ist, kann der Aufwand bezüglich eines Anlagenschutzes relativ einfach gehalten werden. Diese Betriebsweise ist in der Regel jedoch recht unwirtschaftlich, weil keinerlei Überschussenergie genutzt werden kann. Bei geringem Strombedarf fließt dann das Wasser ungenutzt an der Turbine vorbei. 3.2 Auswahlkriterien Synchron-Asynchron Bereits bei der Planung einer neuen Turbine wird in der Regel vom Turbinenlieferanten und dem Betreiber des Kraftwerkes festgelegt, welche Betriebsart, Synchron oder Asynchron, später zum Einsatz kommt. In nicht allzu seltenen Fällen spielt bei der Entscheidung der Wunsch nach einer autarken also netzunabhängigen Stromversorgung eine dominierende Rolle. Autarke Stromversorgung bedeutet höhere Investitionskosten in den Turbinenregler und den Einsatz von Synchrongeneratoren. Häufig ist die Entscheidung über die Betriebsart (Synchron oder Asynchron) bereits gefallen, bevor der Planungsingenieur für die Elektrotechnik und die Turbinenregelung hinzugezogen wird. Die hier zu treffende Wahl des Generators und der dazu erforderlichen Regeleinrichtung kann gerade bei kleinen Anlagen im Leistungsbereich von ca. 10-100 kW den elektrischen Teil kostenmäßig stark beeinflussen, sofern sowohl für die Synchronals auch Asynchronanlage der vollautomatische Betrieb des Kraftwerkes, welcher später im Netzparallelbetrieb arbeiten soll, angenommen wird. 3.2.1 Inselbetrieb Wasserkraftanlagen, die nur im Inselbetrieb, also ohne Ankopplung an das vorhandene Netz betrieben werden sollen, müssen mit Synchrongeneratoren oder bei sehr kleinen Anlagen gelegentlich auch noch mit Gleichstromgeneratoren ausgerüstet <?page no="103"?> 91 sein. Die Variante mit Gleichstromgeneratoren wird hier nicht weiter behandelt, da es sich hierbei beim Stand der heutigen Technik praktisch um Exoten handelt. Im Inselbetrieb kann der Aufwand für die Schaltanlage speziell im unteren Leistungsbereich recht klein gehalten werden, unter der Voraussetzung, dass ein funktionstüchtiger Turbinenregler vorhanden ist. In der Praxis trifft man gelegentlich noch Schaltanlagen an, die lediglich mit ein paar Sicherungen, einem Amperemeter und Spannungsmesser betrieben werden, in der stillen Hoffnung, dass es auch zukünftig weiterhin schon gut gehen wird. Sofern hier jedoch ebenfalls Schutzeinrichtungen sowohl für den Generator als auch für die Turbine und insbesondere für die angeschlossenen Verbraucher wie z.B. Computer, Motoren, Leuchtstofflampen, Fernsehgeräte, Radios usw. gegeben sein sollen, wird auch für diese Anlagen kein Weg um eine moderne Schaltanlage mit entsprechenden Sicherheitsvorrichtungen herumführen. Damit unterscheiden sich dann allerdings die Kosten für die Steuerung im Inselbetrieb praktisch nicht mehr von den Kosten einer entsprechenden Anlage für den Netzparallelbetrieb. Gerade die nicht mehr wegzudenkende Elektronik allerorten, erfordern eine stabile Spannung und Frequenz vom Generator. 3.2.2 Netzparallelbetrieb Heutzutage wird generell der Betrieb eines Generators parallel zum öffentlichen Stromversorgungsnetz angestrebt, selbst dort, wo die gesamte Stromerzeugung des Generators im eigenen Werk praktisch vollständig als Eigenbedarf verbraucht werden kann. Der Grund hierfür liegt in folgenden Fakten: a) Drehzahl- und Spannungsstabilität auch bei starken Lastschwankungen infolge des führenden Netzes. b) Der erforderliche Energiebedarf, sowohl bei Unterdeckung als auch bei Überschuss wird für den Anlagenbetreiber nicht spürbar permanent zwischen Kraftwerk und Netzbetreiber ausgeglichen. c) Die Überschussenergie kann an das Energieversorgungsunternehmen zu guten Preisen verkauft werden. d) Bei einem eventuellen Ausfall der Turbinenanlage oder Trockenheit bleibt eine gesicherte Stromversorgung gewährleistet. Der Parallelbetrieb eines Generators mit dem Netz des übergeordneten Elektrizitätswerkes erfordert, wie bereits im Bild 3.1 dargestellt, Schutzeinrichtungen, die sicherstellen, dass bei Störungen im Versorgungsnetz der Generator innerhalb von etwa 100 ms vom Netz sicher getrennt wird. Aufgrund der zunehmend wachsenden Zahl von dezentral vorhandenen Energieerzeugern wie z.B. PV-Anlagen, Biogasanlagen, Kraftwärmekopplung treten zunehmend Spannungsprobleme im öffentlichen Stromnetz auf, die zusätzliche bisher nicht <?page no="104"?> 92 bekannte Maßnahmen wie das Einspeisemanagement zur Spannungsstabilität erforderlich machen. Der Netzparallelbetrieb wird wie bereits zuvor beschrieben sowohl mittels Asynchronals auch Synchrongeneratoren problemlos realisiert. Sofern ausschließlich der Parallelbetrieb mit dem Netz des EVU vorgesehen ist, bietet sich in der Regel bis zur Anlagengröße von ca. 500 kW der Einsatz eines Asynchrongenerators vorteilhaft gegenüber dem des Synchrongenerators an. Der Asynchrongenerator ist von der Bauweise her robuster und einfacher aufgebaut, daher in der Regel auch preisgünstiger, als ein Synchrongenerator. Auch die Schaltanlage für den Asynchrongenerator kommt mit weniger Bauelementen aus. Da zum Zuschalten des Asynchrongenerators kein klassischer Drehzahlregler erforderlich ist, kann also auch die Turbinenverstelleinrichtung in vielen Fällen etwas billiger realisiert werden. Die Nachteile des Asynchrongenerators gegenüber dem eines Synchrongenerators liegen vor allem bei größeren Generatoren im Problem des sogenannten Einschaltrush, der in den ersten ca. 100 ms bis zum zehnfachen des aufgenommenen Nennstromes des Generators betragen kann. Bei schwachen Netzen führt dies zu erheblichen Störungen im Netz, bedingt durch das Zuschalten des Generators. Als weiterer Nachteil ist auch zu berücksichtigen, dass Asynchrongeneratoren permanent zum Aufbau ihres Magnetfeldes Blindleistung aus dem Netz beziehen müssen. Diese Blindleistung wird in der Regel durch entsprechende zusätzlich zu installierende Phasenschieberkondensatoren (Blindstromkompensationsanlage) ausgeglichen. Es ist also grundsätzlich die Technik und die dazugehörigen Investitionskosten so aufeinander abzustimmen, dass am Schluss die wirtschaftlichste Lösung erreicht wird. Soll die zu projektierende Wasserkraftanlage jedoch auch die Funktion eines Notstromaggregates bei Netzausfall übernehmen, wird der Einsatz eines Synchrongenerators generell erforderlich. In Betrieben, in denen z.B. chemische Prozesse, Klimatisierung usw. ablaufen, kann es unter Umständen zwingend erforderlich sein, mit der Wasserkraftanlage einen Notstrombetrieb aufrecht zu erhalten, um die Prozesse nicht zu unterbrechen. Ebenso kann es zweckmäßig sein, bei Netzausfall über die Wasserkraftanlage bestimmte Abteilungen, wie Datenverarbeitung, Büros, wichtige Betriebseinrichtungen usw. weiterhin mit Strom zu versorgen. Regelungstechnisch kann mit überschaubarem Zusatzaufwand eine Steuerung so aufgebaut werden, dass bei einem Netzausfall ein „Notstromnetz“ durch die Wasserkraftanlage unterbrechungsfrei aufrecht erhalten werden kann. In diesen Betriebszuständen ist im Vorfeld allerdings sicher zu stellen, dass in jedem Fall bei einem unerwarteten Netzausfall die zu versorgenden „Notstromabteilungen“ mit ihrer jeweils aktuell benötigten Leistung weiter versorgt werden kann. Dies lässt sich nur dann gewährleisten, wenn der Generator bzw. die Turbine auch immer genügend Energie bei dem aktuell vorhandenen Wasserdargebot erzeugen kann. <?page no="105"?> 93 Da die Forderung nach genügend vorhandenem Wasser bei einem Netzausfall häufig nicht sicherzustellen ist, besteht der in der Regel realisierte Weg, dass man zunächst bei einem Netzausfall die Turbine ohne Last alleine weiter laufen lässt oder auch stillsetzt, um dann anschließend langsam von Hand Schritt für Schritt einen stabilen Inselbetrieb aufbaut. Sobald die abgenommene Leistung größer ist als die Turbine aktuell an Leistung erzeugen kann, bricht infolge von Überlastung das ganze Inselnetz schlagartig zusammen. Dieses Problem besteht auch nach einem Netzausfall in den öffentlichen Netzen der Stromversorger, weil es sehr schwer ist, bei großflächigem Stromausfall das Netz, welches in diesem Moment ein großes Inselnetz ist, langsam wieder aufzubauen, bis ein stabiler Netzbetrieb wieder möglich ist. Es sind also grundsätzlich einige Fakten zu prüfen und gegeneinander abzuwägen, bevor eine Entscheidung bezüglich der zu wählenden Technik getroffen werden sollte. 3.2.3 Alte Synchrongeneratoren An dieser Stelle soll kurz auf die Problematik älterer Synchrongeneratoren eingegangen werden. Bei größeren Generatorleistungen, speziell wenn es sich um hochpolige Genetatoren mit niedrigen an die Turbinendrehzahl angepassten Drehzahlen handelt, ist es oft wirtschaftlich nicht zu vertreten, diese Generatoren gegen neue Maschinen auszutauschen. Für den angestrebten vollautomatischen Betrieb müssen dann in der Regel automatische Cosinus-Phi- und Spannungsregler besorgt werden, die immer schwieriger zu beschaffen sind, weil für die entsprechenden Hersteller dies kein Markt mit Zukunft mehr ist. Hier bietet sich gelegentlich die Lösung an, mit elektronischen Spannungsreglern (Netzteilen) die Erregermaschine komplett zu ersetzen, womit dann durch einfache Steuersignale von 0-20 mA die Erregung des Generators geregelt wird. Ein Anfahren des Generators im Inselbetrieb ist bei dieser Lösung dann allerdings nicht mehr möglich, weil für das Netzteil zunächst eine 400 V Spannung zur Verfügung stehen muss. Eine alternative einfache Variante bestünde darin, die in diesen Fällen vorhandenen Feldstellwiderstände gegen motorbetriebene Feldsteller auszuwechseln unter Beibehaltung der Erregermaschine. 3.3 Energietransport Die von den Generatoren erzeugte elektrische Energie muss zum sogenannten Endverbraucher transportiert werden. Je nach Leistungshöhe, also kW, müssen unterschiedliche Maßnahmen zum sicheren Transport der Energie ergriffen werden. <?page no="106"?> 94 Für neu zu errichtende Anlagen ab Juli 2012, die generell ins Niederspannungsnetz einspeisen, an dem auch fremde Verbraucher mit angeschlossen sind, wird eine selbsttätige Schaltstelle vorgeschrieben, siehe Bild 3.2. Bei bereits bestehenden Wasserkraftwerken gilt ein Bestandsschutz, weshalb auf die selbsttätige Schaltstelle dort verzichtet wird. Im Bild 3.3 wird die Einspeisung eines Niederspannungsgenerators dargestellt, bei dem auf Grund der hohen Leistung eine eigene Transformatorenstation vorhanden bzw. vorgeschrieben ist. Hier kann ebenfalls auf die selbsttätige Schaltstelle verzichtet werden. Bild 3.4 ist typisch für die Einspeisung von großen Kraftwerken, wo man direkt in die 10 kV oder 20 kV Mittelspannung den Generator mit dem Transformator als sogenannten „Block“ gemeinsam schaltet. Werden mehrere Generatoren parallel auf die Mittelspannung geschaltet, hat diese Variante den Vorteil, dass beim Stillsetzen eines Generators der dazugehörige Transformator generell mit abgeschaltet wird und somit keine Leerlaufverluste mehr produziert. Bild 3.2 Selbsttätige Schaltstelle Bild 3.4 Einspeisung ins Mittelspannungsnetz Bild 3.3 Einspeisung ins Niederspannungsnetz <?page no="107"?> 95 Bei kleinen Kraftwerken von ca. 10 - 100 kW wird normalerweise der Leistungsteil und der Steuerteil in einem gemeinsamen Schaltschrank untergebracht. Ab ca. 100 kW trennt man normalerweise den Leistungsteil vom Steuerteil. Zum Leistungsteil, der bei hohen Strömen viel Platz in Anspruch nimmt, rechnen wir das Sammelschienensystem, den Übergabeschalter zum öffentlichen Netz und den oder die Generatorenschalter. Hinzu kommen noch Leistungsabgänge für den Eigenbedarf. Bei Asynchrongeneratoren kann auch noch die Blindstromkompensation für den oder die Asynchrongeneratoren hinzugerechnet werden. Für den Leistungsteil werden eigene Schrankfelder vorgesehen. Der dann noch erforderliche Steuerteil ist somit in vom Leistungsteil sauber getrennten separaten Schaltschrankfeldern untergebracht. Bei Kraftwerksleistungen ab etwa 500-700 kW (der Leistungsübergang ist hierbei fließend) bis hin zu den größten Kraftwerken, überträgt man die Leistung in der Regel über einen Transformator direkt in die Mittelspannung von 10 oder 20 kV. Die Entscheidung darüber mit welchen Spannungen auf der Seite des Generators (400 V - 690 V, 5 kV, 6 kV oder 10 kV gearbeitet wird, hängt hierbei letztendlich von den jeweils aktuellen vorhandenen oder neu zu beschaffenden Anlagenkomponenten ab. Diese werden bestimmt von den jeweils aktuellen Preisen für Generatoren, Transformatoren, Mittelspannungsanlagen und der vorhandenen Netzstruktur. Hierbei werden bei der Planung die Verluste der geplanten Transformatoren und Generatoren sowie die Anschaffungskosten wirtschaftlich bewertet. Die technischen Anforderungen bezüglich des Parallelbetriebes zum öffentlichen Netz sind im Laufe der letzten Jahrzehnte immer weiter modifiziert worden und somit generell mit höheren Herstellungskosten verbunden. Warum jetzt neuerdings eine selbsttätige Schaltstelle in neue Wasserkraftanlagen eingebaut werden soll, ist nur durch übertriebene technische Ansprüche zu erklären, die aus den hunderttausenden ins Netz einspeisenden Photovoltaik-Anlagen abgeleitet wurden. Bei der selbsttätigen Schaltstelle geht man davon aus, dass ein Schutzrelais oder Schaltschütz ausfallen könnte und deshalb generell noch ein unabhängiges zweites Schutzrelais mit Schaltschütz bzw. Schalter vorhanden sein muss. Technisch gesehen ist dies zwar eine sehr gute Lösung mit extrem hohem Schutz, andererseits werden hierdurch die Kosten für eine kleine Wasserkraftanlage in die Höhe getrieben. In der Praxis wird man wohl kaum, insbesondere bei einem Asynchrongenerator, ein ungewolltes Inselnetz bei defektem Netzschutz auf Dauer aufrecht erhalten können, da die in Bezug zum öffentlichen Netz sehr kleine Wasserkraftanlage von den noch angeschlossenen Verbrauchern schlichtweg wegen extremer Überlastung abgewürgt würde. Theoretisch lässt sich natürlich ein weiteres Parallelfahren zum Inselnetz konstruieren, weshalb nun eben auch die kleinen Anlagen bei Neuanschluss alle mit dieser selbsttätigen Schaltstelle ausgerüstet werden müssen. <?page no="108"?> 96 Würde man ein echtes Gefahrenpotenzial sehen, müssten eigentlich auch die tausende bestehenden in die Niederspannung einspeisenden Kraftwerke nachgerüstet werden. Standardsteuerung für Kleinkraftwerke Bild 3.5 Standardanlage Bedienfeld Um die Kosten für kleine Wasserkraftanlagen niedrig zu halten hat Walcher einen Standard für entsprechende Steuerungen entwickelt. Siehe Bild 3.5 und 3.6. Bei der Konzeption wurde davon ausgegangen, dass ein Mindeststandard in jeder Wasserkraftanlage vorhanden sein muss, um sowohl den Parallellaufbedingungen des EVU als auch den gültigen VDE Normen für Schaltanlagen zu entsprechen. Weiterhin sollten nachstehende Standards für Wasserkraftwerke eingehalten werden: a) Automatische Zuschaltung des Generators bei Erreichen der Nenndrehzahl. b) Generatorschutz mit Sicherungen und Überstromauslösern. c) Speicherprogrammierbare Steuerung d) Rückleistungsschutz e) Netzschutz (selbsttätige Schaltstelle) f) Turbinenregler mit Anfahrvorgang (und Pegelregelung) g) Anzeige aller wichtigen Betriebs und Störmeldungen über ein Bedienpanel. h) Vorbereitete Schnittstelle für Ferndiagnose. i) Ausführliche Dokumentation Die zuvor aufgeführten Eigenschaften können jedoch bei der Standardanlage nur dann vollständig umgesetzt werden, wenn eine entsprechende Ansteuerung des Leitapparates an der Turbine oder einer Einlaufschütze am Wasserrad usw. vorhanden sind. Bild 3.6 geöffnete Standardanlage <?page no="109"?> 97 Werden zusätzliche Anforderungen an die Steuerung gestellt, wie zum Beispiel die Ansteuerung einer Verstelleinrichtung (Hydraulikaggregat oder Gleichstromantriebe), Leerschussschütze, Rechenreinigungsmaschine usw. muss generell eine neue kundenspezifische Anlage entwickelt werden, einschließlich der dazugehörigen angepassten Software und Dokumentation. 3.3.1 Steuerung Für die Kraftwerkssteuerungen werden entweder Speicher-Programmierbare- Steuerungen (SPS) oder Industriecomputer eingesetzt. In der Automatisierungstechnik und somit auch der Steuerungstechnik für Wasserkraftanlagen hat sich überwiegend der Einsatz von Speicherprogrammierbaren Steuerungen durchgesetzt. Der Grund hierfür liegt bei den leicht nachzurüstenden modularen Erweiterungsmöglichkeiten, verbunden mit der Möglichkeit dezentrale Steuerungen über Bussysteme unproblematisch anzukoppeln. Die hohe Betriebssicherheit von SPS‘ en ist ein weiterer Grund für den stark verbreiteten Einsatz. Speicherprogrammierbare Steuerungen arbeiten immer häufiger über Bussysteme wie z.B. Ethernet, Profibus oder MPI mit Panel-PC oder normalen PC’ s zusammen. Dies trifft insbesondere bei der Archivierung und Auswertung von Daten zu. Die SPS ist zunächst ohne Software nicht in der Lage eine Funktion zu erfüllen. Der in die SPS einzuspielenden Software kommt daher eine überragende Bedeutung bezüglich des Steuerungsablaufes und insbesondere auch der Betriebssicherheit des Kraftwerkes zu. Fähige Programmierer gibt es genügend, um auch komplexe Programme zu schreiben. Gute und insbesondere betriebssichere Softwareprogramme sind jedoch ganz entscheidend von den Betriebserfahrungen des Programmierers, bezüglich der erforderlichen Überwachung und Regelcharakteristika von Wasserkraftwerken, abhängig. In einem guten Softwareprogramm sind sämtliche denkbaren Funktionen speziell auch bei jedem zu erwartenden theoretischen Fehler vorher einzuplanen und somit auch der entsprechende Ablauf der Anlage zu programmieren, damit kein zusätzlicher Schaden im Störungsfall durch eine unzureichend programmierte Software entsteht. Eine Software wird gegliedert und somit in einzelne überschaubare kleine Schritte aufgeteilt. Hierfür werden Unterprogramme, zum Beispiel Funktionsbausteine geschrieben. Diese Funktionsbausteine können als getestete Softwarebausteine in eigenen Bibliotheken des Herstellers für alle Programmierer seines Betriebs abrufbar hinterlegt werden. So setzt sich letztendlich ein neues Steuerungsprogramm aus vielen kleinen bereits getesteten Einzelprogrammen zusammen, auf die sich speziell bei der Inbetriebnahme der Inbetriebnahme-Ingenieur später verlassen kann. Dies verkürzt die Zeit für <?page no="110"?> 98 die Inbetriebsetzung des Kraftwerkes und somit auch die Kosten für die Inbetriebnahme ganz erheblich. Bild 3.7 SPS in Kraftwerkssteuerung (Leittechnik) Eine gründliche Inbetriebnahme sollte Bestandteil jeder neuen Anlage sein. Wird hierbei aus Kostenbzw. Wettbewerbsgründen geschludert, kann sich dies im ungünstigsten Fall Jahre später teuer auswirken. Daher sollten die einzelnen Inbetriebnahme-Prüfungen dokumentiert werden, um den Nachweis der Funktionalität zum Zeitpunkt der Übergabe führen zu können. 3.3.2 Netzschutz- Generatorschutz In jeder Stromerzeugungsanlage die parallel zum Netz betrieben wird, also Strom ins öffentliche Netz einspeist, wird entsprechend den aktuellen vom VDEW herausgegebenen Parallellaufbedingungen festgelegt, wie der Netzschutz aufgebaut sein muss. Für den einzubauenden Netzschutz wird hierbei unterschieden, inwieweit die Messung direkt auf der 400 V Seite oder auf der Mittelspannungsebene, über angepasste Strom und Spannungswandler, zu erfolgen hat. <?page no="111"?> 99 Für Wasserkraftanlagen wird prinzipiell ein dreiphasiger Über- und Unterspannungsschutz einschließlich Schieflastüberwachung und ein Frequenzschutz als Mindeststandard vorgeschrieben. Diese Schutzrelais sollen unterhalb 100 ms einen Abschaltbefehl auf den Generatorschalter geben, sobald die Spannungen oder die Frequenz aus den vorgegebenen Grenzwerten für den Netzparallelbetrieb herausfallen. Die Schutzfunktion des Netzschutzes soll verhindern, dass bei einem Netzausfall oder auch bereits bei einer Kurzunterbrechung im Netz, der bzw. die Generatoren am Netz bleiben, was neben ungewollten Störungen auch zur Gefahr für Netzmonteure werden könnte. Bild 3.8 zeigt einen sehr komfortablen Maschinenschutz, so wie er in der Regel von den großen EVU‘ s für Ihre eigenen Kraftwerke mit Synchrongeneratoren vorgeschrieben wird. Folgende Überwachungsfunktionen werden hierbei erfüllt: Stromdifferenzialschutz Ständererdschlussschutz Läufererdschlussschutz Überlastschutz Überstromzeitschutz gerichtet Abhängiger Überstromzeitschutz Überspannungsschutz Unterspannungsschutz Frequenzschutz Rückleistungsschutz Übererregungsschutz Untererregungsschutz Schieflastschutz Schalterversagerschutz Anlaufzeitüberwachung Drehfeldschutz Weitere Schutzfunktionen für den Generator können bei Bedarf zusätzlich integriert werden. Bei kleineren Anlagen und auch bei Anlagen von Privatleuten kommt man in der Regel mit wesentlich preiswerteren Schutzrelais aus, die bezüglich des Netzschutzes nicht weniger sicher arbeiten. Es gilt bei der Projektierung immer abzuwägen, inwieweit theoretisch auftretende Fehler durch den nicht gerade billigen Schutz (Bild 3.8) frühzeitig erkannt werden, wodurch die Reparaturen an sehr großen Generatoren unter Umständen relativ klein gehalten werden können. Bei einem Synchrongenerator kann es zu großen Schäden kommen, sofern der Netzausfall nicht rechtzeitig erkannt wird. Kehrt das Netz z. B. nach einer Kurzunterbrechung wieder, wird es auf den zwischenzeitlich nicht mehr synchron zum Netz laufenden Generator zugeschaltet. Eine derartige Fehlsynchronisierung kann den Generator schwer beschädigen und daneben auch noch zu Schäden an Kupplung oder Getriebe führen. Dieses Problem der Fehlsynchronisierung besteht bei Asynchrongeneratoren nicht, weil diese Generatoren auf Grund Ihrer Konstruktion relativ unkritisch zum Netz parallel geschaltet werden können. <?page no="112"?> 100 Bild 3.8 Generatorschutz eingebaut in eine Walcher-Steuerung für einen 1250 kVA Synchrongenerator Zusammenfassend sei hier festgehalten: Synchrongeneratoren müssen zum Aufschalten aufs Netz generell mittels geeigneter Synchronisiereinrichtung sauber mit richtiger Spannung, Frequenz und Phasenlage synchronisiert werden. Asynchrongeneratoren werden lediglich von der Turbine auf Nenndrehzahl gebracht und dann mittels eines Drehzahlrelais beim Erreichen der Nenndrehzahl zugeschaltet. Bild 3.9 Netzschutzrelais für selbsttätige Schaltstelle <?page no="113"?> 101 3.3.3 Anlagenschutz Dem Anlagenschutz wird, je größer das Wasserkraftwerk ist, eine entsprechend mitwachsende Bedeutung zugeordnet. Da die Turbinen und Generatoren einer Wasserkraftanlage enorme Sachwerte darstellen, ist es erforderlich in die Überwachung dieser Maschinenteile entsprechen zu investieren. Zum Standard gehören hier vielfältige Sensoren, wie Temperaturmessungen für Lager und Getriebe, Strömungswächter für Schmier- und Ölkreisläufe und für die gesamte Elektrotechnik Schutz und Messeinrichtungen wie auch der zuvor beschriebene Generatorschutz, die einen sicheren Betrieb der Kraftwerksanlage gewährleisten müssen. 3.3.3.1 Drehzahlschutz. Einen herausragenden Stellenwert nimmt die Drehzahlüberwachung bei Wasserkraftanlagen ein. Bei größeren Turbinen wird die Drehzahlüberwachung normalerweise redundant aufgebaut. Zwei völlig unabhängig voneinander arbeitende Drehzahlüberwachungen, die sich auch noch gegeneinander überwachen sollten, sorgen dafür, dass immer eine sichere Erfassung der Drehzahl gegeben ist. Jahrzehnte lang wurden zur Drehzahlüberwachung Tachomaschinen an die Generatoren angebaut, die ein analoges Signal von der gemessenen Drehzahl abgegeben haben. Von diesen Tachodynamos ist man mittlerweile abgekommen, weil die Montage in der Regel als Sonderleistung bereits beim Generatorenhersteller vorgenommen werden musste. Bei nachträglicher Montage bestand die Gefahr, dass die Tachomaschine nicht exakt zentrisch montiert wurde, was wiederum leicht zum Verschleiß der Tachokupplung führte. Inzwischen hat sich der Einsatz von überwiegend induktiven Näherungsschaltern durchgesetzt, die mittels Zahnscheiben oder auch Schraubenköpfen Impulse an ein elektronisches Drehzahlrelais bzw. auch direkt an die SPS senden. Die Anzahl der gemessenen Impulse innerhalb von 1-2 sek gibt das Maß für die Drehzahl an. Der Nachteil dieser Messung liegt zumindest für den Elektriker bei der nachträglichen Montage darin, dass auch für Näherungsschalter eine stabile mechanische Halterung mit der zur Abtastung erforderlichen Zahnscheibe oder ähnlichem zu montieren sind. Bild 3.10 Drehzahlmessumformer und Schaltrelais <?page no="114"?> 102 Ganz ohne Mechanik kommt dagegen die Drehzahlerfassung von Walcher aus. Dieses Drehzahlrelais wertet die Restspannung (Remanenzspannung) des Generators aus, die auch noch von einem entregten Generator im Leerlauf abgegeben wird. Auch Asynchrongeneratoren behalten durch das magnetisierte Eisenpaket einen geringen Restmagnetismus zur Erzeugung von ca. 1-3 V, der von dem sehr empfindlichen Messeingang des Drehzahlrelais zur Drehzahlauswertung des leerlaufenden Generators herangezogen wird. Siehe Bild 3.10 In Bild 3.11 ist die Beschaltung des Drehzahlrelais dargestellt. Das Drehzahlrelais wird unmittelbar an die Klemmen des Generators angeschlossen. Hierzu muss eine kurzschlussfeste Leitung von den Klemmen des Generators zu den in der Nähe der Generatorklemmen zu installierten Sicherungen für das Drehzahlrelais verlegt werden. Das Drehzahlrelais kann sowohl als Messumformer mit galvanisch getrenntem Analogausgang von 0-10 V (bzw. 2-10V) und auch als Schaltrelais gleichzeitig eingesetzt werden. Der Analogausgang wird zur Drehzahlanzeige im Bedienpanel der SPS mit herangezogen. Da das analoge Drehzahlsignal bereits in der SPS verarbeitet wird, lassen sich weitere Auswertungen an Hand des Drehzahlsignales realisieren. So können die Befehle für das Einlegen einer Turbinenbremse bei reduzierter Turbinendrehzahl generiert werden. Auch Notabschaltungen sind zu realisieren, sofern eine Überdrehzahl bedingt durch einen Netzausfall die Turbine in kritische Drehzahlbereiche kommen sollte. Wenn der Turbinenregler die Funktion einer Drehzahlregelung übernimmt, dient das Ausgangssignal des Relais auch als Führungsgröße für den Turbinenregle Bild 3.11 Schaltung: Drehzahlauswertung <?page no="115"?> 103 Es wird zum Beispiel das Drehzahlsignal für die Anfahrrampe beim Starten der Turbine aus dem Stillstand herangezogen. Mittels der Drehzahlregelung lässt sich der Generator leicht auf die Leerlaufdrehzahl regeln, damit anschließend die Synchronisiereinrichtung das Parallelschalten zum Netz übernehmen kann. Die Ansprechwerte lassen sich an die örtlichen Verhältnisse mittels dreier unter dem Gerätedeckel befindlichen Kodierschalter schnell und einfach einstellen. Da es sich bei dem Drehzahlrelais eigentlich um eine Frequenzmessung handelt, weil die Generatorfrequenz gemessen wird, braucht die Nenndrehzahl nicht vorgegeben werden, solange es sich um ein 50 Hz Netz handelt. Beim Einsatz für 60 Hz Netze muss die Nennfrequenz bereits werkseitig durch Einspielen einer angepassten Software für 60 Hz voreingestellt werden. Für Drehzahlerfassungen unterhalb 10 % der Nenndrehzahl ist das Drehzahlrelais nicht geeignet. Soll der Stillstand der Turbine überwacht werden ist es sinnvoll, diesen Stillstand über einen zusätzlich angebauten Näherungsschalter abzufragen. Zur reinen Stillstandserkennung ist es nicht erforderlich eine Zahnscheibe oder ähnliches zu montieren. Hier reicht es aus, zum Beispiel eine Passfeder oder Nut an der Welle abzufragen, und somit softwaremäßig genau den Stillstand der Anlage zu erkennen. Bild 3.12 Schaltschema Drehzahlauswertung <?page no="116"?> 104 3.3.3.2 Riemenschlupf überwachen Da Generatoren im unteren Leistungsbereich häufig mittels Riemen angetrieben werden, ist es zweckmäßig, den Riemenschlupf aus Sicherheitsgründen zusätzlich zu überwachen. Die Generatordrehzahl wird ja generell gemessen, um den Generator beim erreichen der Nenndrehzahl zum Netz parallel zu schalten. Gleichzeitig hat man hierdurch auch die Turbinendrehzahl erfasst, solange der Riemen keinem nennenswerten Schlupf unterworfen ist. Will man jedoch auch frühzeitig einen Riemenschlupf erkennen, wird es erforderlich neben der Generatordrehzahl auch die Drehzahl der Riemenscheibe separat auf der Turbinenwelle abzufragen. Dies erfolgt am Einfachsten durch Abfragen der Speichen an der großen Riemenscheibe auf der Turbinenwelle, mittels Näherungsschalter. Die gemessenen Impulse der Speichen werden in einem passenden Auswerterelais in ein analoges Signal von 4-20 mA umgesetzt und auf einen Analogeingang der SPS geschaltet. Nun werden die Signale des Drehzahlrelais vom Generator und die des Impulsauswerterelais der Riemenscheibe innerhalb der SPS so skaliert, dass sie permanent miteinander verglichen werden können. Weichen die beiden skalierten Signale voneinander ab, muss der Riemen rutschen und die Steuerung kann bereits bei kleinen Differenzüberschreitungen ein Warnsignal abgeben oder auch die Leistung der Turbine drosseln, um den Schlupf bei geringerer Last zu vermeiden. Bei Erkennen eines größeren zu parametrierbaren Schlupfes wird die Turbine automatisch stillgesetzt um Schäden an der Anlage bereits im Vorfeld zu vermeiden. 3.4 Turbinenregler 3.4.1 Turbinenverstellung Voraussetzung für den Einsatz eines elektronischen Turbinenreglers ist zunächst einmal, dass der Leitapparat, die Leitschaufeln oder auch das Leit- und Laufrad gemeinsam, je nach Turbinentyp, mechanisch, durch Ansteuerung mittels vom Turbinenregler abgegebenen Stellsignalen, verstellt werden kann. Auch heute noch ist eine große Anzahl von alten hydraulischen Turbinenreglern nach dem Prinzip des Fliehkraftreglers im Einsatz. Siehe Bild 3.13. Mit diesen Reglern wird in der Regel zunächst mittels eines Handrades der Leitapparat so weit geöffnet, dass die Turbine sich zu drehen beginnt, wodurch dann durch eine mechanisch angetriebenen Hydraulikpumpe Druck erzeugt wird, um die weitere Regelung des Leitapparates zu übernehmen. Das Handrad wird nach dem Aufbau des Regeldruckes wirkungslos geschaltet, damit anschließend über den in der Regel am hydraulischen Regler vorhandenen Drehzahlverstellung-Motor oder den Öffnungsbegrenzung-Motor die weiteren Regelaufgaben vom externen elektronischen Turbinenregler, durch das Ansteuern der Verstellmotoren, übernommen werden können. <?page no="117"?> 105 Bild 3.13 Alter Ölhydraulischer Turbinenregler mit Stellmotoren Nachdem die Turbine ca. 90 % ihrer Nenndrehzahl erreicht hat, übernimmt der Turbinenregler durch ansteuern der elektrischen Drehzahlverstellung das heranführen an die synchrone Drehzahl des Generators. Ist der Generator erfolgreich zum Netz synchronisiert, erfolgt das weitere Öffnen der Turbine über den zweiten Stellmotor, der „Öffnungsbegrenzung“. Da es immer weniger Monteure gibt, die in der Lage sind die alten Turbinenregler zu reparieren, ist das Ende dieser sehr langlebigen Regler abzusehen. Hydraulikaggregate Auf dem Markt gibt es relativ viele Anbieter für moderne Hydraulikaggregate, die preiswerte und gute Systeme anbieten. Der Vorteil der modernen Hydraulikaggregate gegenüber den alten zuvor beschriebenen Fliehkraftreglern besteht auch darin, dass sie mit erheblich besseren Wirkungsgraden arbeiten, weil die Hydraulikpumpen nicht permanent mitlaufen müssen. Ein Hydraulikschema zum Regulieren einer einfach geregelten Turbine ist in Bild 3.14 dargestellt. Im Vorrats-Ölbehälter „H“ befindet sich das Hydrauliköl. Dieses Öl wird , wenn Stellbewegungen erforderlich werden, von der Hydraulikpumpe „D“ über das 4/ 3 Wegeventil „C“ in den Hydraulikzylinder „G“ eingedrückt, um die gewünschte Verstellung des Zylinders bzw. Leitapparates der Turbine zu bewirken. Die Magnetventile „B“ sind die Schnellschlussventile, welche bei Netzausfall oder Störmeldungen aus der Turbinensteuerung stromlos werden und ein sicheres <?page no="118"?> 106 Schließen des Hydraulikzylinders erzwingen. Da bei Netzausfall kein Strom für die Hydraulikpumpe zur Verfügung steht, wird in dem Stickstoffspeicher „A“ die Energie gespeichert, um den Leitapparat der Turbine sicher mittels des Hydraulikzylinders „G“ zu schließen. Bild 3.14 Hydraulikschema für Turbinenregler Das Überdruckventil „J“ dient der Sicherheit gegen einen unzulässigen hohen Öldruck über 220 bar und leitet beim Ansprechen das Öl in den Tank des Ölbehälters zurück. Das zurücklaufende Öl wird generell gefiltert, um auch kleinste Verschmutzungen aus dem Öl heraus zu filtern, da derartige Verschmutzungen ansonsten zu einem Ausfall, sprich verklemmen der Magnetventile führen könnte, was wiederum fatale Folgen für die sichere Abschaltung der Turbine nach sich zöge. Hydraulikaggregate ähnlich Bild 3.15 entsprechen dem derzeitigen üblichen Standard zur Regulierung von Turbinen aller Bauformen. Aus Umweltschutzbedingungen <?page no="119"?> 107 sollen diese Aggregate in einem Ölauffangbehälter montiert werden um im Störungsfall auslaufendes Öl auffangen zu können. Hydraulikaggregate bieten vielfältige Möglichkeiten bezüglich der feinfühligen Ansteuerung von Hydraulikzylindern. Stellgeschwindigkeiten und Stellkräfte lassen sich in weiten Bereichen genau an die Bedürfnisse der Anlage individuell einstellen. Für komfortable Regelaufgaben zum Beispiel einer Drehzahlregelung im Inselbetrieb werden anstelle von sogenannten Schwarz-Weiß Ventilen Proportionalventile eingesetzt, die es erlauben in Bruchteilen von Millimetern feinfühlig zu regeln. Bild 3.15 Hydraulikaggregat Elektrischer Stellantrieb: Bei kleinen und speziell auch bei nachzurüstenden Turbinen werden gerne auch preiswerte Elektromotoren für Gleichspannung, anstelle von Hydraulikaggregaten, eingesetzt. Hierdurch können gelegentlich preiswertere Lösungen gegenüber denen mit einem modernen Hydraulikaggregat realisiert werden. Gleichstromantriebsmotoren können nicht so schnell arbeiten wie Hydraulikzylinder. Dies bedingt, dass die Stellzeiten für das komplette Schließen der Turbine in der Regel zwischen 20-40 Sekunden gewählt werden. Durch diese relativ langen Stellzeiten geht eine voll geöffnete Turbine bei einem Netzausfall zwangsweise für ca. 30-60 Sek. oder auch länger auf ihre Durchgangsdrehzahl, was bei kleinen Turbinen normalerweise als unkritisch betrachtet werden kann. Nicht geeignet sind elektrische Antriebe zur Drehzahlregelung beim Synchronisieren und erst recht nicht für einen Inselbetrieb. <?page no="120"?> 108 Bild 3.16 Anbau 24V DC Motor an altem Fliehkraftregler Bild 3.17 moderner 24 V DC Stellantrieb Zur Drehzahlregelungen von Turbinen sollten Hydraulikzylinder möglichst mit Proportionalventilen eingesetzt werden. Stellmotoren müssten zu oft in kurzen Intervallen nachregeln, wodurch ein extremer Verschleiß an den Schaltschützen für die Motoren und auch für die Motoren selbst auftreten würde. Wird hingegen ausschließlich mit dem Generator zum Netz parallel gefahren, ist die Regelaufgabe zur Wasserstandsreglung einfach, sofern der Turbinenregler richtig eingestellt ist. Nach eingeschwungenem Wasserstand treten dann nur noch gelegentlich leichte Stellbewegungen auf, für die der Gleichstromantrieb dann ebenfalls gut geeignet ist. Bild 3.16 zeigt den nachträglichen Anbau eines 24V DC Motors an einen alten Ölhydraulischen Turbinenregler, der stillgelegt wurde, in dem sowohl der Riemen für die Hydraulikpumpe als auch der Riemen für das Pendel der Drehzahlregelung entfernt wurde. Der Regler wird nur noch mit seiner Mechanik genutzt. An das Handrad zum Verstellen des Leitapparates wird eine Kettenscheibe angebaut, die wie dargestellt von einem 24 V Gleichstromgetriebemotor betätigt wird. Da die Übersetzung durch die Spindel des Handrades groß ist, kann auch durch das Ansteuern des Gleichstromgetriebemotors feinfühlig eine Wasserstandsreglung realisiert werden. Bild 3.17 zeigt eine modernere Lösung mittels Gleichstromgetriebemotor. Der Vorteil dieses Antriebes liegt darin, dass sowohl Wegeendschalter, Rückführgeber und Drehmomentschalter bereits industriemäßig eingebaut sind. Ein weiterer Vorzug besteht auch darin, dass ein Handrad jederzeit ermöglicht selbst bei ausgefallener Batterie die Turbine leicht zu schließen. Spannungs- und Drehmomenten-Überwachung Werden Gleichstromantriebe zum Verstellen des Leitapparates an einer Turbine eingesetzt, sollten zusätzliche elektronische Schutzrelais vorgesehen werden. Zunächst ist die Batterie permanent auf Ihre volle Funktionalität durch messen der Batteriespannung zu überprüfen. Werden die Batterien durch die hohen Ströme der Stellmotoren belastet, geht die Spannung auch bei neuen Batterien in der Regel um ein bis zwei Volt in die Knie. Bei älteren Bleibatterien kann bei starker Belastung die Batteriespannung unter die Nennspannung von 24 V absinken. Dies muss durch einen Batteriespannungswächter kontrolliert werden, der dann in diesem Fall einen Notschluss auf den Stellmotor <?page no="121"?> 109 gibt, um in der Regel dann gerade noch den Leitapparat sicher zu schließen. Ein Wiederanfahren der Turbine darf danach nicht mehr erfolgen. Natürlich kann man durch weitere Spannungsauswertungen der Batterie bereits frühzeitig Warnungen generieren, um damit dann ein noch höheren Sicherheitsgrad zu erreichen. Als weitere Schutzfunktion sowohl für die Batterie, aber in erster Linie für den Stellmotor und die angeschlossene Mechanik, ist es zweckmäßig einen elektronischen Überstromschutz zusätzlich einzubauen. Dieser Schutz kann sehr schnell innerhalb von ca. 100 ms reagieren um speziell mechanische Schäden von den Stellorganen zu vermeiden. Da die Stellmotoren beim Einschalten generell hohe Ströme aufnehmen, muss eine Zeitüberbrückung von 1 -2 sek für die Anfahrvorgänge vorgesehen werden. Das bedeutet, dass leider der Anfahrvorgang nicht in die schnelle Überwachungszeit eingebunden werden kann. Andererseits bringt der Stellmotor in dieser Anfahrphase auch nicht sein maximales Drehmoment auf. Der elektronische Überlastschutz arbeitet parallel zum normalen Motorschutzschalter, welcher auf Grund seiner Konstruktion eine sehr lange Ansprechzeit von mehreren Sekunden bei einer mechanischen Überlastung hat. Diese lange Verzögerungszeit ist in der Regel für den Motor bezüglich seiner Erwärmung unkritisch, kann aber zu mechanischen Beschädigungen (speziell auch bei Schützentafeln) führen. 3.4.2 Elektronischer Regler Schlechte bzw. gute Turbinenregler beeinflussen den Ertrag eines Wasserkraftwerkes deutlich mehr als viele Kraftwerkbetreiber annehmen. Es gibt immer noch viel zu viele Wasserkraftwerke, die mit uneffektiven Turbinenreglern betrieben werden, oder gar ausschließlich von Hand an die unterschiedlichsten Wasserverhältnisse angepasst werden müssen. Dies kommt einer Verschwendung von Ressourcen gleich, zumal sehr leistungsfähige Turbinenregler in unterschiedlichen Preisklassen auf dem Markt sind, die auch in bestehende Steuerungen nachträglich eingebaut werden können. Durch den Einsatz moderner Regelungstechnik lassen sich je nach Anlagentyp und Wasserverhältnissen Ertragssteigerungen zwischen 5 - 30% erreichen. Dies setzt allerdings voraus, dass auch mechanische Stelleinrichtungen wie unter Kapitel 3.4.1 beschrieben, vorhanden sind. Im Schema Bild 3.18 wird dargestellt, welche Funktionen ein moderner Turbinenregler ausführen können sollte. Anfahrrampe: Mit der Anfahrrampe wird der Anfahrvorgang der Turbine aus dem Stillstand heraus definiert, da zu diesem Zeitpunkt der Drehzahlregler noch nicht sinnvoll eingreifen kann. Die Anfahrrampe wird in der Regel durch kurze Stellimpulse auf den Leitapparat arbeiten, womit ein definiertes in der Regel langsames Hochfahren der Drehzahl erreicht wird. <?page no="122"?> 110 Bild 3.18 Blockschaltbild Software-Turbinenregler Max. Anfahröffnung: Der Parameter für die maximale Anfahröffnung dient zur Sicherheit der Turbine bzw. Regelung. Es wird davon ausgegangen, dass zum Beispiel bei einer zulässigen maximalen Turbinenöffnung von 40% die Turbine spätestens zu drehen beginnt. Andernfalls ist entweder die Drehzahlerfassung ausgefallen oder ein Fehler im Hydrauliksystem usw. liegt vor. In all diesen Fällen muss die Turbinenanlage automatisch in den Störungsbetrieb geschaltet werden, da die Sicherheit des Kraftwerkes oberste Priorität hat. Maximale Anfahrzeit: Parallel zur maximalen Anfahröffnung wird an dieser Stelle auch die zulässige Anfahrzeit eingestellt bzw. überwacht. Mit der Startfreigabe für den Anfahrvorgang beginnt eine Wartezeit abzulaufen, innerhalb derer der Generator zum Netz parallel geschaltet sein muss. Auch hierdurch wird die einwandfreie Funktion der Anlage zeitabhängig überprüft. Sowohl die Drehzahlerfassung als auch die Synchronisiereinrichtung werden hierdurch sinnvoll mit überwacht. Ist die Anfahrzeit überschritten, geht die Turbinenanlage in den Zustand Anlage gestört mit der Meldung Anfahrzeit überschritten. <?page no="123"?> 111 Synchronisation I-0: Die Turbine wird zunächst über die Anfahrrampe geöffnet. Je nach Charakteristik der Turbine wird bei ca. 80-90 % der Nenndrehzahl vom Drehzahlregler die Annäherung an die Nenndrehzahl weiter fortgeführt. Mit dem Parameter Synchronisation „Ein-Aus“ übergibt der Drehzahlregler die Turbine an die Synchronisiereinrichtung, welche nun mit feinfühligen Puls-Pausentakten den Generator auf die synchrone Drehzahl bringt. Nach erfolgter gleicher Phasenlage und Frequenz zwischen dem zu synchronisierenden Generator und dem Netz kann dann die Zuschaltung des Generators durch die Synchronisiereinrichtung erfolgen. Leistungsvoröffnung: Da nach dem Synchronisieren die Turbine zunächst keine Leistung abgibt, soll nun unmittelbar nach dem synchronisieren des Generators die Turbine unabhängig vom Wasserstand eine Leistungsvoröffnung anfahren, um zu vermeiden, dass die Turbine wegen Rückleistung sofort wieder vom Netz genommen wird. Die Leistungsvoröffnung sollte man nicht zu groß wählen, da ansonsten bei wenig Wasser gleich ein „Loch oder Wassertal“ in die Regelung gefahren wird. Dies kann dann zu relativ langen Einschwingvorgängen der Wasserstandsreglung führen. Ebenso besteht die Gefahr, dass in sehr trockenen Zeiten die Anlage gleich wieder über den Rückleistungsschutz vom Netz geht Pegelsollwert: Mit diesem Parameter wird das gewünschte Stauziel vorgegeben, auf welches der Wasserstand eingeregelt werden soll. Drehzahlsollwert: Der Drehzahlsollwert wird ebenfalls als einstellbarer Wert herausgeführt. Dieser Wert wird nur im Anfahrvorgang, zur Synchronisierung oder im Inselbetrieb aktiviert. <?page no="124"?> 112 Öffnungsbegrenzung: Mit dem Parameter Öffnungsbegrenzung gibt man den Wert der Turbinenöffnung vor, welcher nicht von der Wasserstandsreglung überschritten werden soll, auch wenn genügend Wasser vorhanden sein sollte. Zum einen kann man diesen Wert nutzen, wenn mehrere Turbinen am gleichen Stau im Einsatz sind, um die Turbine im günstigsten Wirkungsgradpunkt zu betreiben, wenn eine andere Turbine die Pegelhaltung übernimmt. Zum anderen kann es im Herbst bei starkem Laubbefall durchaus Sinn machen die Turbine mit reduzierter Leistung zu betreiben, weil ansonsten die Rechenputzmaschine durch das starke Ansaugen von Laub sich in kürzester Zeit zusetzen könnte. Andere Betreiber, speziell in den Alpenregionen, fahren bei starkem Gewitter die Turbinen in ihrer Leistung gelegentlich zurück, weil ansonsten zu viel Geschiebe in den Turbinengraben mit hineingesogen wird, dessen Beseitigung teurer wird, als der Verlust von kWh durch die reduzierte Turbinenöffnung. Schließbegrenzung: Mit dem Parameter Schließbegrenzung wird dem Turbinenregler vorgegeben, die Turbine im Normalbetrieb nicht unter den eingestellten Wert zu regeln. Die Schließbegrenzung kann Sinn machen, wenn bei sich schnell ändernden Wasserverhältnissen, z.B. durch einen parallel betriebenen Schleusenbetrieb die Turbine nicht durch die Wasserstandsreglung zu weit zugefahren werden soll, um dann durch den Rückleistungsschutz herauszufallen. Auch im Inselbetrieb macht es für die Drehzahlreglung gelegentlich Sinn bei extremen Lastschwankungen mit einer Schließbegrenzung die Drehzahlreglung zu unterstützen. Einsatzgebiet Turbinenregler Die klassischen Aufgaben bestehen im Anfahrvorgang, der Drehzahl- und Wasserstandsreglung. Optional können Turbinenregler auch weitere Funktionen wie OWQ - Regelung, Kaskadenregelung, und die Optimierungssteuerung beim Parallelbetrieb mehrerer Turbinen übernehmen. Moderne Turbinenregler sind in erster Linie Softwarepakete, die in handelsüblichen SPS-en oder Industrie PC eingespielt werden. Da in all diesen Fällen sowohl in der SPS als auch im PC genügend Speicherplatz zur Verfügung steht, bietet es sich an, alle Kraftwerksfunktionen zum Ansteuern der Turbine, Schützentafeln. Rechenreinigungsmaschinen usw. gleich mit einzubinden. Der Vorteil einer kompakten Maschinensteuerung besteht nicht nur darin, dass Hardwarekosten eingespart werden können, sondern auch die Betriebssicherheit der Anlage in der Regel erhöht wird. Dies gilt allerdings nur dann, wenn eine einzelne <?page no="125"?> 113 Turbine betrieben wird und keine sicherheitsrelevanten Steuerfunktionen von der Maschinen SPS mit zu übernehmen sind. Unter sicherheitsrelevanten Funktionen fallen alle Steuerbefehle, die beim Ausfall des Turbinenreglers bzw. der Turbinensteuerung weiter funktionieren müssen. Wehre, Schützentafeln, Bypässe müssen erst recht immer dann funktionieren, wenn die Turbinensteuerung, warum auch immer ausfällt und sollten daher eine eigene von der Maschinen SPS unabhängige Regelung zumindest aber Steuerung haben. Nachstehend werden moderne Turbinenregler vorgestellt, die je nach Anlagengröße und Aufgabenstellung ihre Berechtigung haben. Bild 3.19 Textpanel zur Kraftwerksteuerung Das Bild 3.19 zeigt die Bedienoberfläche eines Turbinenreglers mit einem vierzeiligen Bedienpanel für kleine Anlagen, die aus Kostengründen einfach gehalten werden müssen. Über die insgesamt 12 Tasten können die Betriebsarten Handbetrieb, Automatikbetrieb und Wasserstandsreglung eingestellt werden. Der Regler zeigt in einem eigenen Fenster alle theoretisch auftretbaren Störmeldungen an, wodurch eine schnelle Fehleranalyse und deren Behebung erleichtert werden. In einem weiteren Fenster stehen die für den Anwender freigegebenen Reglerparameter zur individuellen Einstellung zur Verfügung. Handbetrieb: Wird die Betriebsart Handbetrieb eingestellt, lässt sich die Turbinenöffnung ausschließlich durch Betätigung der Tasten „Auf“ und „Zu“ (F1 und F2) verstellen. <?page no="126"?> 114 Automatikbetrieb: wird bei Walcher als halbautomatischer Betrieb verstanden. Im Automatikbetrieb ist die Wasserstandsreglung stillgelegt. Die Turbine kann aus dem Stillstand über eine Anfahrrampe angefahren werden und nach der Zuschaltung zum Netz in die vorgewählte Anfahröffnung automatisch steuern. Werden zwei Turbinen am gleichen Stau betrieben, fährt man gerne eine der Turbinen im Automatikbetrieb zum Einstellen eines guten Wirkungsgradpunktes und die zweite bzw. Führungsturbine im Wasserstandsbetrieb, sofern keine Optimierungssteuerung vorhanden ist. Bei einem eventuellen Netzausfall stellt sich die Turbine über den Automatikbetrieb selbsttätig ab, um nach Netzwiderkehr wie zuvor beschrieben wieder ans Netz mit der eingestellten Anfahröffnung zu fahren. Wasserstandsbetrieb: An den Regler muss zur Wasserstandsreglung eine Pegelmesseinrichtung mit einem Ausgangssignal von 0-20mA besser 4-20 mA angeschlossen werden. Zusätzlich erwartet der Regler auch eine Rückführung in Form eines Schiebe- oder Drehpotenziometers, welches zur feinfühligen Wasserstandsreglung und für den Automatikbetrieb zweckmäßig ist. Für einen ordentlich arbeitenden PID-Turbinenregler, wird eine Wegemessung (Messung der Turbinenöffnung bzw. Verstellbewegung) mittels einer Rückführung notwendig. Bei sehr kleinen Anlagen verzichtet man auch einmal aus Kostengründen auf die Wegmessung, weshalb dann zum Erreichen der gewünschten Leistungsanfahröffnung mit entsprechenden Zeitintervallen gearbeitet wird. Durch den Zeittakt kann man die Turbine nach dem Zuschalten relativ ordentlich in die gewünschte Position fahren, wobei die Temperaturen der Anlage (z.B. des Hydrauliköls) erheblich Unterschiede in den angefahrenen Öffnungen bewirken können. Beim Einsatz einer Wegmessung wird hingegen die Position sehr genau angefahren, die auch nachträglich durch eine Veränderung der gewünschten Turbinenöffnung, auch während des Betriebes, automatisch nachgeführt werden kann. Turbinenregler können normalerweise auch in ältere bestehende Kraftwerkssteuerungen nachgerüstet werden, um relativ einfach eine Wasserstandsbetrieb mit guten Regelergebnissen zu erreichen. Standard-Turbinenregler Baureihe WA-PID-V und WA-S04 Prinzipiell arbeiten alle Turbinenregler von Walcher als standardisierte PID-Regler, die je nach Konfiguration bzw. Aufgabenstellungen mit einer Vielzahl von zusätzlichen Softwaremodulen aufgerüstet werden können, um den gestellten Anforderungen zu entsprechen. <?page no="127"?> 115 Bild 3.20 zeigt die grafische Oberfläche des Turbinenreglers WA-PIDV, welcher mit unterschiedlichen großen Panels (Touch-Panel) für Turbinenleistungen ab ca. 30-75 kW bis in den MW - Bereich zur Anwendung kommen. Die grafische Oberfläche wird im Bedarfsfall auch an Kundenwünsche angepasst, insbesondere dann, wenn der Kunde bereits in seinen anderen Kraftwerken einen Standard bezüglich der Visualisierung vorgegeben hat. Die Abbildung 3.20 zeigt die Bedienoberfläche eines Turbinenreglers für eine doppelt regulierte Kaplan Turbine. Der Regler hat neben der Pegelreglung auch die Betriebsart Durchflussreglung, die speziell zur Wasserbewirtschaftung in größeren Flusskraftwerken eingesetzt werden können. Eine hohe Regelgenauigkeit für exakte Regelungen erreicht man auch mit der Kombination Pegel- und Durchflussregelung. (OWQ-Regelung). Als Führungsgröße dient der Wasserstand und als Regelgröße wird der Durchfluss durch die Turbine mit herangezogen. Weil sich der Durchfluss durch die Turbine unmittelbar bei einer Verstellung des Leitapparates auswirkt, wohingegen eine Pegelveränderung nur langsam vor sich geht, erreicht man durch die Kombination beider Größen eine verbesserte Regelung. Bild 3.20 Touchpanel zur Kraftwerkbedienung und Fernabfrage Angezeigt am Panel oder Bildschirm werden die jeweiligen Soll- und Istwerte für den Wasserstand, Durchfluss, Leitrad und das Laufrad, mit grafischer und numerischer Darstellung. <?page no="128"?> 116 Wird mit Proportionalventilen gearbeitet können auch die Stellsignale auf die Proportionalventile in ihrer Größe zusätzlich mit angezeigt werden. Die Turbinenregler sind so ausgelegt, dass eine ständige Überwachung zwischen den Soll- und Istwerten erfolgt. Überschreitet der eingestellte Grenzwert „Abweichung %“ den Wert zwischen „Leitapparat-Soll“ und den Vergleichswert „Leitapparat ist“ wird eine Störung generiert, die zum Stillsetzen der Turbine führen muss. Hiermit wird frühzeitig eine Störung im gesamten Regelsystem der Kraftwerksanlage erkannt, die aus Sicherheit für die Turbine und den Generator zur Stillsetzung führen muss. Kann in solch einem Störfall die Turbine nicht mehr selbsttätig schließen, sollten zusätzliche Sicherheitsorgane wie zum Beispiel eine automatisierte Einlaufschützentafel vorhanden sein, die dann die Wasserzufuhr zur Turbine verhindern. Der Turbinenregler wird bei Walcher zusammen mit der allgemeinen Maschinensteuerung in einer gemeinsamen SPS untergebracht. Neben der Einsparung an zusätzlicher Hardware bringt diese Kombination auch den deutlichen Vorteil an Einsparung überflüssiger, störanfälliger und häufig recht aufwändigen Schnittstellen, zwischen der Maschinensteuerung und dem Turbinenregler. Fällt der Turbinenregler oder die Turbinensteuerung aus, muss in beiden Fällen die Turbine in den Notschlussbetrieb übergehen und still gesetzt werden. Dies bedeutet, dass auch bei einer Aufteilung auf zwei unabhängige Steuerungen in der Regel kein zusätzlicher höherer Anlagenschutz erreicht wird. Genau das Gegenteil ist der Fall. Eine zweite SPS die nicht existiert kann auch nicht defekt gehen. Bei doppelt regulierten Kaplanturbinen wird der Leitapparat in einem bestimmten Verhältnis zum Laufrad dem sogenannten „Ao-Phi-Zusammenhang“ gefahren. Zu diesem Zweck werden die für die jeweilige Turbine charakteristischen Kurven im Turbinenregler hinterlegt, nach denen dann der Zusammenhang zwischen dem Leitapparat und dem Laufrad vom Turbinenregler geregelt wird. Bei starken Schwankungen in der Fallhöhe ändern sich die Kurven für den Ao-Phi Zusammenhang, weshalb man eine zweite Pegelerfassung im Unterwasser der Turbine vorsieht, um die Fallhöhe hiermit zu erfassen. Danach kann ein fallhöhenabhängiger Zusammenhang für die Turbine vom Regler berechnet werden. Hierdurch wird bei Kaplanturbinen eine deutliche Verbesserung der Energieausbeute in Form von zusätzlich erzeugten kWh erreicht. Die grafische Oberfläche des Turbinenreglers erlaubt durch Antippen der Felder (Button) auf dem Bildschirm, die Turbine direkt zu bedienen. So können die Betriebsarten verändert werden oder auch in eine andere Seite (Menü) gesprungen werden. Für eine Wasserkraftanlage sind in der Regel 5-10 anlagenspezifische Seiten vorhanden, die eine selbsterklärende kinderleichte Bedienung des Kraftwerkes ermöglichen. Nachstehend werden einige weitere Beispiele der Bedienoberfläche eines Turbinenreglers WA-S04 mit einem kleinen 5,8“ Display wiedergegeben. <?page no="129"?> 117 Bild 3.21 Kraftwerk Übersicht Bild 3.22 Steuerung Maschine 1 Bild 3.23 Übersicht Getriebe Bild 3.24 Pegel Bild 3.25 Störmeldeprotokoll Bild 3.26 Einstellung der Parameter <?page no="130"?> 118 Die grafischen Darstellungen erlauben durch Antippen der in der unteren Leiste befindlichen Schaltfelder „Button“ schnell von einer Seite auf die andere umzuschalten. Bei der Planung einer neuen Steuerung spielt für die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine die Größe des Panels eine nicht unerhebliche Rolle. Hier sind entsprechend den persönlichen Bedürfnissen die Kosten mit dem erweiterten Komfort eines größeren Panels abzuklären. Sollen Trendkurven und eine Fernbedienung via Internet umgesetzt werden ist es empfehlenswert ein größeres Panel einzusetzen. 3.5 Software Wie aus dem Bisherigen bereits erkennbar, steht und fällt eine moderne Kraftwerkssteuerung mit der Qualität der Software. Die Software wird in der Regel aus vielen kleinen Unterprogrammen, zum Beispiel mit Funktionsbausteinen zusammengesetzt. Diese Bausteine werden in entsprechenden Firmenarchiven gespeichert, sobald sie geprüft und in der Praxis auch getestet wurden. Dies bedeutet dass dem Firmenarchiv ein wichtiges Qualitätsmerkmal zukommt. Firmen die seit Jahrzehnten in der Kraftwerksautomation tätig sind, bringen hierdurch einen hohen Qualitätsstandard mit entsprechend reichhaltigen Erfahrungen auf Grund vieler getesteter Unterprogramme und Anlagen mit. In der Praxis werden des Öfteren Mängel in der Mechanik durch Anpassen der Software an die mangelhafte Mechanik kaschiert. Auf den ersten Blick ist dies eine schnelle und preiswerte Lösung, da alles zum Besten bestellt scheint. Tatsächlich werden hierdurch eigentliche Schwächen der Mechanik kaschiert, die sich zu einem späteren Zeitpunkt schnell rächen können. Auch hier sollte der Leitsatz beachtet werden, dass gute Technik nur dann gut ist, wenn sowohl die Mechanik als auch die Elektrotechnik und die Software harmonisch zusammenarbeiten. Die Software ist immer noch weitestgehend an bestimmte Betriebssysteme und Fabrikate gebunden, weshalb man leider für jedes Fabrikat von SPS‘en oder auch für neuere Generationen in der Regel die Software komplett neu schreiben muss, auch wenn die Funktionen eins zu eins übernommen werden könnten. 3.6 Fernwartung, Datenübertragung, Visualisierung Wasserkraftwerke werden immer häufiger weitestgehend wärterlos betrieben, weshalb der Kommunikation zwischen der Anlage und dem Betreuer bzw. Inhaber des Kraftwerkes eine wichtige Bedeutung zukommt. Dadurch ist es nicht mehr zwingend erforderlich, dass der Anlagenbetreuer regelmäßig seinen Rundgang bzw. Inspektion vor Ort durchführt. <?page no="131"?> 119 Mit modernen Kommunikationsmitteln wird bei anfallenden Unregelmäßigkeiten der Kraftwerksbetreuer zum Beispiel per SMS informiert, sodass er an Hand des Textes die Wichtigkeit eines unmittelbaren Eingreifens abschätzen kann. So ist es inzwischen Standard, sich mittels PC und Internetbrowser unmittelbar in die Kraftwerksteuerung einzuwählen und bei Bedarf auch von der Ferne genauso einzugreifen, als stünde man vor der Schaltanlage. Siehe Bilder 3.21 - 3.26. 3.6.1 Ferndiagnose Bezüglich der Kommunikationswege unterscheidet Walcher zwischen der einfachen Ferndiagnose und der Ferneinwahl. Die Ferndiagnose ermöglicht lediglich eine Einwahl vom Programmierer der Anlage in die SPS. Dies wird bereits seit rund 20 Jahren umgesetzt und bringt für den Anlagenbetreiber den Vorteil, dass im Störungsfall überwiegend teure Servicereisen vermieden werden können, da über die Ferndiagnose der Programmierer sich unmittelbar von seinem Arbeitsplatz aus in die Software der Steuerung einwählen kann und somit der Anlagenfehler gemeinsam mit dem Betreuer vor Ort lokalisiert wird. Dieses Verfahren wird überwiegend bei kleinen Steuerungen mit Textpanel angewendet, da die kleinen Textpanels nicht über eine Ferneinwahl abzufragen sind. 3.6.2 Ferneinwahl Unter einer Ferneinwahl verstehen wir, die Einwahl des Anlagenbetreibers direkt in sein Kraftwerk. Dies kann über einen direkten Telefonanschuss oder über das Internet umgesetzt werden. Er kann sich in das Bedienpanel der Anlage einwählen und somit alle Anlagenzustände ansehen und auch sein Kraftwerk unmittelbar bedienen. In die Software der Maschinensteuerung soll und darf sich der Anlagenbetreiber nicht einwählen können, da er hierfür zum Einen ein Programmiergerät für die Anlagensoftware benötigen würde und zum Anderen große Schäden an der gesamten Steuerung verursachen könnte. Hinzu kommt, dass aus Sicherheitsgründen sich auch der Programmierer nicht mehr in die Steuerung einwählen kann, wenn auch nur kleinste Änderungen an der Software von Dritten vorgenommen wurden. Grundsätzlich kann sich immer nur derjenige wieder in die Software einwählen, der die letzte Änderung vorgenommen und diese auf seinem Rechner auch entsprechend gesichert hat. Die Einwahl in die Kraftwerkssteuerung wird mit einem PC durchgeführt. Entweder mittels Internetbrowser oder speziellen Softwaretools. 3.6.3 Kamera Die Rechenreinigungsmaschine stellt bei jedem Kraftwerk einen neuralgischen Punkt dar. Hier können sehr schnell größere Baumstämme oder Anderes angeschwommen kommen, die ein schnelles Eingreifen des Betreuers notwendig machen. <?page no="132"?> 120 Auch hier kann die Arbeit bzw. Kommunikation mittels installierter Kameras erleichtert werden. Es gibt Kameras die sowohl für Tageslicht (Farbe) als auch für Nachtlicht, dann allerdings nur noch in schwarz weiß gut geeignet sind. Sollte sich der Rechen stark zusetzen, kann über eine intelligente Abfrage der Spiegeldifferenz bereits eine Warnmeldung (SMS) frühzeitig abgesetzt werden. 3.6.4 Batterieanlage Die ganzen schönen Überwachungen fallen flach, wenn bei einem Netzausfall die Versorgungsspannung (400/ 230 V) ausfällt. Um die Kommunikation auch bei Netzausfall aufrecht zu erhalten, sollte eine Batterieanlage mit 24V DC als Notstromversorgung für das Kraftwerk zur Verfügung stehen. Je nach Auslegung und gewünschtem Sicherheitsstandard kann mit der Batterieanlage im Notfall auch eine Schleuse oder Schützentafel angesteuert werden. Da eine jederzeit einsatzfähige Batterieanlage zur Sicherheit des Kraftwerkes notwendig ist, muss auch die Batterieladeeinrichtung mit entsprechenden Schutzeinrichtungen zusätzlich überwacht werden. 3.6.5 Leitsystem (Zentrale) Bild 3.27 zeigt ein Schema des Datenverbundes zweier Kraftwerke mit weiteren räumlich verteilten externen Komponenten wie Rechenputzmaschinen und Einlaufschützentafeln, die von einer Leitzentrale über Ethernet überwacht und auch bedient werden sollen. Da bereits überwiegend Steuerleitungen zwischen den einzelnen Gewerken vorhanden waren, konnten diese auch weitergenutzt werden. Die bereits bestehenden Steuerungen für die Rechenreinigungsmaschinen wurden zunächst beibehalten. Damit diese Maschinen zukünftig jedoch auch von der Zentrale bzw. einem mobilen Rechner beobachtet werden können, wurden netzwerkfähige Kameras mit Tag- und spezieller Nachtoptik eingesetzt. Die Daten der Kamera wurden von Extendern umgesetzt um über die mehrere km langen Zweidraht-Leitungen übertragen werden zu können. Die beiden Kraftwerkssteuerungen wurden ebenfalls über die bestehenden Steuerleitungen mittels der Extender und Switch gekoppelt. Das Ethernet erhält mittels des Routers vom Kraftwerk 2 seinen Anschluss ans Internet. Nun besteht von jedem Internetbrowser aus die Möglichkeit sich passwortgeschützt in das Kraftwerk und seine einzelnen IP- Adressen (Unterstationen) einzuwählen. <?page no="133"?> 121 Wenn das ganze System komfortabel ausgeführt wird, kann man noch einen Zentralrechner im Kraftwerk installieren, um das Bedienen und Beobachten ohne Anwahl der einzelnen IP-Adressen, zum Beispiel mit einem übersichtlichen Schaubild, zu vereinfachen. Bild 3.27 Schema: Datenkommunikation zwischen Zentrale und Kraftwerken <?page no="134"?> 122 3.7. Wasserstandsreglung Wasserkraftwerke sollen möglichst effektiv betrieben werden, weshalb ein guter Gesamtwirkungsgrad das A u. O einer jeden Anlage sein sollte, gleichgültig ob es sich um ein Kleinstkraftwerk oder eine größere Wasserkraftanlage handelt. Die Turbinenfirmen und Generatorhersteller haben Unsummen von Entwicklungskosten im Lauf der Jahrzehnte in die Wirkungsgradverbesserung ihrer Maschinen investiert, wobei zwei bis drei Prozent Wirkungsgradverbesserung Entwicklungssprünge darstellen, die heutzutage immer schwerer weiter zu optimieren sind. Gerade bei kleinen Wasserkraftwerken wird auch heute noch bezüglich der Wasserstandsreglung viel gesündigt. So werden mit bestem Gewiss von einigen Kraftwerksbetreibern immer noch zur Pegelregelung völlig ungeeignete Mess- und Steuersysteme eingesetzt. Schlechte Regelsysteme kosten den Betreiber von Wasserkraftanlagen besonders dann viel Geld, wenn die Fallhöhen gering sind. Unter geringen Fallhöhen verstehen wir Fallhöhen unter drei Metern. Unnötige Pegelschwankungen im Bereich von nur 5 -10 cm schmälern bereits den Betrag an erzeugten kWh um 3 bis etwa 10 %, je nach Fallhöhe. Dies kann bei einem Kraftwerk mit lediglich 100.000 kWh / Jahr bereits 300 - 1000,- € an verschenkter Energie sein. Zwei- und Dreipunktregler sind generell zur Wasserstandsreglung nicht geeignet, da sie durch Ihr Regelverhalten nicht nur den Wasserstand sehr ungenau halten können, sondern auch noch zu einem permanenten Nachregeln der Turbine führen, was wiederum dem Stellorgan der Turbine einen zusätzlichen Verschleiß abfordert. Als Messwertgeber für Zwei- und Dreipunktregler werden gerne Schwimmerschalter oder konduktive Sonden eingesetzt, mit denen die Grenzwerte Wasser zu hoch bzw. zu tief für den Regler vorgegeben werden. Bild 3.28 Zweipunktregler H = Pegel zu hoch S = Pegel Sollwert T = Pegel zu tief <?page no="135"?> 123 Zweipunktregler kennen nur zwei Schaltpunkte, die wir mit zu hoch „H“ oder zu tief „T“ definieren wollen. Obwohl Zweipunktregler millionenfach eingesetzt werden und sich für bestimmte Aufgaben bestens bewährt haben, wird kein vernünftiger Techniker auf die Idee kommen einen Zweipunktregler zur Wasserstandsreglung einzusetzen. Thermostate (Bimetalle) zur einfachen Temperaturreglung z.B. in Bügeleisen, Heizlüftern usw. haben sich für diese Art der Reglung zu Recht ihren Marktanteil gesichert. Würde ein Zweipunktregler in einer Wasserkraftanlage eingesetzt, bedeutete dies, dass die Anlage ununterbrochen auf und zu gefahren würde, ohne jemals zur Ruhe zu kommen. Bei der Meldung Wasserstand zu niedrig „T“ käme ein Schließbefehl, der auch dann, wenn er mit Takt - und Pausenrelais verlangsamt würde, solange die Turbine schlösse, bis die Meldung Wasser zu groß „H“ wieder anstünde. Diese Meldung wäre wiederum der Öffnungsbefehl für die Turbine solange bis wieder zu klein erreicht wäre. Siehe (Bild 3.28). Fazit : ein Zweipunktregler ist absolut ungeeignet für eine Turbinensteuerung , da er zum Einen den Wasserstand nur sehr grob halten kann und zum Anderen die Turbine oder den Schieber permanent verstellt, was sich auf die Lebenserwartung einer Maschine schädlich und somit kostenintensiv auswirkt. Dreipunktregler unterscheiden sich vom zuvor genannten Zweipunktregler durch einen weiteren Schaltpunkt. Haben wir beim Zweipunktregler die Schaltpunkte „zu groß“ und „zu klein“, so ist nun beim Dreipunktregler noch der Schaltpunkt „in Ordnung“ hinzugekommen. Dieser Schaltpunkt „in Ordnung“ bringt eine gewisse Beruhigung in das Regelverhalten, da es nun einen Bereich gibt in dem nicht geregelt wird, sodass, wenn alles passt, in gewissen Intervallen die Regelung sich vorübergehend beruhigen kann. Der Abstand zwischen den Schaltpunkten „zu hoch“ und „zu niedrig“ wird in der Fachsprache auch als Schalthysterese bzw. Hysterese oder Totbereich bezeichnet. Je größer die Schalthysterese gewählt wird, umso größer ist der „Totbereich“ in welchem die Regelung wegen vermeintlich abgeglichenen Zustandes nicht regelt. Die Schalthäufigkeit des Reglers wird demnach zunächst geringer, wobei die Gefahr eines Aufschwingens der Regelung und somit eines noch stärkeren Pendelns ebenfalls größer wird. Gleichzeitig handelt man sich mit einer größeren Schalthysterese zwangsweise eine größere Regelungenauigkeit ein. Größere Regelungenauigkeit bedeutet wiederum bei der Wasserkraft, dass entweder Fallhöhenverluste oder Verluste durch übers Wehr abfließendes Wasser hingenommen werden müssen. Des Weiteren neigt ein Dreipunktregler generell zum starken Schwingen, wie am Beispiel Bild 3.29 gezeigt wird. <?page no="136"?> 124 Bild 3.29 Prinzipielles Regelverhalten eines Dreipunktreglers Darstellung des schwingenden Pegels und die darauf zeitversetzte Reaktion des Leitapparates. H = Schaltpunkt oben, S = Sollwert des Pegel, T = Schaltpunkt unten, Abstand H-T = Schalthysterese, 1- 6: Zeitabschnitte Der einfache Dreipunktregler ist zur Regelung von Turbinen genau so ungeeignet wie der Zweipunktregler, da keine stabilen Betriebszustände gefahren werden können. Man kann zwar mit einem Dreipunktregler halbwegs den Wasserstand in groben Grenzen halten, erkauft sich dies jedoch durch ständiges Regeln bzw. Verstellen des Leitapparates, sowie Pegelschwankungen. Durch diese Pegelschwankungen werden ebenfalls permanente Verluste produziert, die den theoretisch erzeugbaren Ertrag an kWh empfindlich schmälern. Erläuterung des Diagrammes Dreipunktregler nach Bild 3.29 Zeitpunkt 1: Der Pegel ist zu tief, der Dreipunktregler taktet den Leitapparat langsam zu, um seinen Sollpegel „S“ anzufahren. Zeitpunkt 2: Der Leitapparat ist soweit geschlossen, dass der Pegel wieder beginnt zu steigen. Hier an dieser Stelle müsste das Schließen bereits beendet werden. Tatsächlich schließt der Leitapparat wegen der Meldung Wasser zu Tief jedoch weiter, womit das nächste Überschwingen bereits eingeleitet wird. Zeitpunkt 3: Erst an dieser Stelle erkennt der Dreipunktregler die Meldung Wasser i.O. Der Leitapparat ist bereits viel zu weit geschlossen, sodass ein neuerliches Überschwingen erfolgt. Zeitpunkt 4: Zwischen den Punkten 3 u. 4 hat der Dreipunktregler nicht gearbeitet, weil der Pegel sich im Hysteresebereich „abgeglichener Zustand“ befindet und muss deshalb wieder ein Überschwingen zulassen. Dreipunktregler in Wasserkraftanlagen verursachen Verluste Rechenexempel: Schalthysterese 5 cm, Fallhöhe 2,20m Turbinenleistung im Jahresmittel rund 30 kW. <?page no="137"?> 125 Durch das Schwingen der Regelung werden im Mittel Fallhöhenverluste von 5 - 10 cm hingenommen. Beim Überschwingen fließt Wasser ungenutzt über das Wehr, Schützentafel oder Bypass ab. Ein Fallhöhenverlust von 6 cm bedeuten bei 2m Fallhöhe bereits 3% Verluste wegen verschenkter Stauhöhe und zusätzlich eine ständige Beanspruchung des Leitapparates durch unnötiges Regeln, sowie zusätzliche Regelarbeit für das Stellorgan. Berechnung der Verluste wegen ungenauer Regelung: 30 kW x 8760h/ Jahr = 260100 kWh erzeugte Jahresarbeit. Verluste 3% = 7803 kWh x 0,125 € = 975,-€ jedes Jahr. P-Regler : Mit einem P-Regler lassen sich bereits brauchbare Regelergebnisse erzielen, da der P-Regler als Stellorgan grundsätzlich die Regelabweichung (Unterschied zwischen Soll und Ist) als Bezugsgröße zur erforderlichen Stellgröße berechnet. Damit er die Regelabweichung richtig erkennen und berechnen kann, muss für die Pegelerfassung ein Sensor bzw. Messumformer mit geeignetem Signalausgang 4-20 mA z.B. eine Druckmesssonde oder auch Ultraschallsonde eingesetzt werden. Bei großen Unterschieden zwischen Soll und Ist werden demnach auch große Regelschritte bzw. Stellbefehle abgearbeitet. Kleine Abweichungen zwischen Soll u. Ist ergeben demnach kleine Stellbewegungen. Nachteilig am P-Regler ist, dass der P-Regler auf Grund der zuvor beschriebenen Charakteristik prinzipiell immer nach dem Ausregeln eine sogenannte bleibende Regelabweichung beibehält, dies bringt geringfügige Ungenauigkeiten gegenüber einem PI-Regler mit sich. Außerdem neigt dieser Regler leichter zum Schwingen. Im Bild 3.30 werden 2 Anfahrvorgänge dargestellt. Die Linien A-B symbolisieren den Totbereich, in welchen sich der Regler nach erfolgtem Ausregeln (Abgleich) einstellt. Es kann also dauerhaft eine bleibende Regelabweichung bestehen bleiben. Bild 3.30 P-Regler <?page no="138"?> 126 PI Regler: sind die klassischen Regler, die zum Einsatz für Wasserstandsreglungen, zum Erreichen bester Regelergebnisse eingesetzt werden sollten. Ein PI Regler besteht im Grunde genommen aus der Kombination von zwei verschiedenen Reglern mit unterschiedlichem Regelverhalten. Einmal aus dem zuvor beschriebenen P-Regler, kombiniert mit einem zweiten I-Regler. I-Regler haben einen integralen Regelanteil, welcher für den exakten Abgleich „Soll- Ist“ sorgt. Auf die nähere Wirkungsweise soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. Genauso wurde bewusst auf die Verwendung von Formeln aus der Regelungstechnik verzichtet, da jeder Interessierte diese in der Fachliteratur oder auch dem Internet nachlesen kann. Die Grafik Bild 3.31 zeigt zwei klassische Regelkurven eines PI Reglers, der wie man sieht ohne Hysterese arbeitet. Die durchgezogene Linie zeigt einen schwach gedämpften Regelvorgang, mit dem Vorteil, dass relativ schnell die gewünschte Turbinenöffnung erreicht wird. Der P- Anteil des Reglers wurde groß und der I-Anteil relativ klein gewählt. Die gestrichelte Linie erhält man mit dem gleichen Turbinenregler bei deutlich kleinerem eingestelltem P-Anteil und dafür stärkerem I-Anteil. Das Regelverhalten der Turbine ist stark gedämpft. Die Zeit bis die Turbine Ihre Nennöffnung erreicht hat ist in der Regel deutlich länger, als bei einer schwach gedämpften Regelung. Hinweis: In der Regelungstechnik und auch in Turbinensteuerungen werden überwiegend PID - Regler eingesetzt. Der PID- Regler ist eine Kombination aus 3 Reglern mit dem Regelverhalten eines P-Reglers, I - Reglers und D-Reglers. Der D-Anteil wird bei der Regelung von Wasserständen in der Regel auf „0“ gesetzt, da er nur für schnelle Regelvorgänge, z.B. für die Drehzahlregelung im Inselbetrieb der Turbine erforderlich und sinnvoll ist. Bild 3.31 PI-Regler <?page no="139"?> 127 Zum Nachrüsten bestehender älterer Kraftwerke lässt sich mit relativ einfachen und preiswerten Mitteln in der Regel ein moderner Wasserstandsregler nachträglich in bestehende Steuerungen integrieren. Messverfahren zur Pegelerfassung: a) Schwimmer mit angebautem Potenziometer zur Umwandlung des Pegelstandes in ein Spannungssignal. Dieses Messverfahren ist recht robust jedoch zwischenzeitlich veraltet und auch nicht so genau wie elektronische Messungen. b) Elektronische Druckmesssonde mit einem Ausgangssignal von 4-20 mA. Gutes Preis/ Leistungsverhältnis bei einer Messauflösung von < 1mm. Nachteilig wirkt sich aus, dass die mechanisch empfindlichen Sonden hin und wieder gereinigt werden sollten. Trotz in der Regel eingebauten Überspannungsschutz lässt sich eine gewisse Empfindlichkeit gegen Überspannungen in Folge Blitzeinschlag nicht vermeiden. c) Ultraschallsonde mit einem Ausgangssignal von 4-20mA. Vorteil: Die Montage erfolgt außerhalb des Wassers. Ebenfalls hohe Messgenauigkeit, in der Regel jedoch deutlich teurer als die Druckmesssonden. Bei Nebel kann es zu Messungenauigkeiten kommen. Welchen der hier beschriebenen Messverfahren der Vorzug gegeben werden sollte, hängt auch von der Messstelle, den Umgebungsbedingungen und dem Anschaffungspreis ab. 3.8 Optimierungssteuerungen Werden zwei oder mehrere Turbinen am gleichen Stau, in der Regel auch im gleichen Krafthaus betrieben, macht es Sinn, diese Turbinen automatisch je nach dem aktuellen Wasserdargebot nacheinander zu- oder auch abzuschalten, damit der Gesamtwirkungsgrad des Kraftwerkes in vernünftigen Rahmen gehalten wird. Bei starken Schwankungen des Wasserdargebotes zum Beispiel beim plötzlichen Auftreten von Gewittern oder weil der Oberlieger Schwallbetrieb fährt, kann man nur durch automatisches Zu- und Abschalten der einzelnen Turbinen ein wärterloses Kraftwerk effektiv betreiben. Hierzu bieten sich unterschiedliche Verfahren (Investitionskosten) an. 3.8.1 Folgereglung Die Folgereglung ist die einfachste Art Turbinen nacheinander an- oder abzustellen, wenn die Kosten niedrig gehalten werden sollen. Diese Reglung setzen wir speziell bei sehr kleinen Turbinen ein, wenn unter Anderem auf Rückführgeber an den Turbinen verzichtet werden soll. Zur Meldung der Turbinenöffnungen werden lediglich Endschalter für die Meldungen „Auf“ und „Geschlossen“ abgefragt. Eine Führungsturbine wird am Panel der Turbinensteuerung angewählt. Diese Turbine bleibt bei allen Wasserverhältnissen immer als Führungsmaschine am Netz. <?page no="140"?> 128 Kommt die Meldung über den Endschalter Turbine Auf, und gleichzeitig die Meldung Wasserstand zu hoch, wird automatisch die nachgeführte Turbine gestartet und nach dem Zuschalten zum Netz mit einer voreingestellten Zeit geöffnet. Hierdurch wird unter Umständen der Pegel wegen des Betriebes von nun zwei Turbinen absinken. Dieses Absinken des Pegels muss nun von der Wasserstandsreglung durch das entsprechende Schließen der Führungsturbine ausgeglichen werden. Steigt das Wasser weiter an, wird zunächst die Wasserstandsreglung die Führungsturbine wieder weiter bis zum Endschalter öffnen. Nach der Meldung Führungsturbine voll geöffnet kann die Wasserstandsreglung auf die nachgeführte zweite Turbine umgeschaltet werden. Bei Rückläufigem Wasser würden dann beide Turbinen gemeinsam von der Wasserstandsreglung jeweils geschlossen werden können. Das Abschalten der nachgeführten Turbine erfolgt dann wegen fehlender Rückführungen über die Leistungsmessung beider Turbinen. Eine vergleichbare Strategie wird auch bei kleinen Durchströmturbinen mit ihren beiden Kammern umgesetzt. 3.8.2 Wirklast bzw. Durchflussabgleich Die Regelung nach dem Wirklastabgleich stellt eine Verfeinerung des Steuervorganges der Folgereglung dar. Voraussetzung hierbei ist, dass an den Turbinen generell Rückführgeber als Stellungsmelder bzw. Wegemessungen angebaut sind. Die Messungen nach der Zeit bzw. der Turbinenleistungen sind auf Dauer recht ungenau, weil sich die Stellzeiten der Turbinen je nach Außentemperaturen ändern können, ebenso wie die Leistungen der Turbinen stark von der Fallhöhe abhängig sind und somit keine auf Dauer zufriedenstellende Ergebnisse erreicht werden. Mittels der Wegemessung an den Turbinen können über die Reglersoftware die genauen Parameter für das Zu- und Abschalten der nachgeführten Turbinen eingestellt werden. Sind zwei Turbinen unterschiedlicher Größe mit z.B. 1/ 3 und 2/ 3 anteiliger Leistung vorhanden, wird üblicherweise zunächst die kleinere der Turbinen bei wenig Wasser gestartet. Diese Turbine wird man in der Regel bis zu ihrer maximalen Turbinenöffnung im Wasserstandsbetrieb fahren. Nach der Meldung „Wasserstand zu hoch und gleichzeitig Turbine 1 voll geöffnet“ wird die große Turbine gestartet und nach dem Zuschalten des Generators gleichzeitig die kleinere Turbine still gesetzt. Anschließend, wenn dann die große Turbine in einem günstigen Wirkungsgradpunkt betrieben wird, erfolgt bei steigendem Wasseraufkommen das zusätzliche Zuschalten der kleineren Turbine. Sind gleichzeitig zwei Turbinen am Netz, werden diese dann so vom Turbinenregler gesteuert, dass beide Turbinen immer in einem guten Wirkungsgradpunkt zueinander betrieben werden. Es darf nicht auf Dauer eine Turbine mit annähernd 75-100% Öffnung betrieben werden, während die nachgeführte Turbine mit einem extrem schlechten Wirkungsgrad bei einer Öffnung von z.B. 20 -30 % arbeitet. Die hier beschriebene Regelung eignet sich ebenfalls optimal zum Regeln von Durchströmturbinen für die große und kleine Kammer, um auch aus diesen Turbinen ihr Maximum an produzierbarer Wirkarbeit heraus zu holen. <?page no="141"?> 129 3.8.3 Optimierungsrechner Optimierungsbetrieb steigert die jährlich erzeugbaren kWh Werden in einem Wasserkraftwerk zwei oder mehrere Turbinen parallel am gleichen Stau betrieben, ist es gewinnbringend diese parallel arbeitenden Turbinen entsprechend ihrer Wirkungsgradkennlinien permanent aufeinander abzugleichen, um das erzielbare Maximum an Jahresarbeit (kWh) zu erwirtschaften. Hierzu hat WALCHER einen neuen Optimierungsrechner entwickelt, welcher bei zwei und mehr parallel betriebenen Maschinen an Hand hinterlegter Wirkungsgradkurven die Turbinen immer im günstigsten Lastverhältnis zueinander betreibt. Je höher die Turbinenleistungen des Kraftwerkes sind, umso schneller amortisiert sich die Nachrüstung einer Optimierungssteuerung wegen der deutlich verbesserten jährlichen Energieausbeute. Grundlage für den Einsatz einer Wirkungsgradoptimierung ist die Möglichkeit des vollautomatischen Betriebes. Ein vollautomatischer Betrieb kann dann realisiert werden, wenn die Turbinenverstelleinrichtungen wie Hydraulikaggregate oder Stellmotoren an den Regulierwellen der Leitapparate elektrisch angesteuert werden können. Nur mit einem guten Turbinenregler in Kombination mit dem Optimierungsrechner lässt sich aus parallel betriebenen Turbinen ein Maximum an Wirkarbeit erwirtschaften. Über die im Rechner hinterlegten Wirkungsgradkennlinien wird das Verhältnis der jeweils optimalen Arbeitspunkte zueinander zyklisch berechnet. Die Vorgaben für den Gesamtdurchfluss durch das Kraftwerk werden vom Turbinenregler in Abhängigkeit des Wasserdargebotes als Pegelbzw. OWQ-Regler vorgegeben. Somit wird die maximale Leistung bei dem zur Verfügung stehenden Durchfluss erreicht. Hierzu wird ein Rechner (SPS) mit erhöhter Rechenleistung benötigt. Voraussetzung für richtiges Rechnen der Optimierungssteuerung ist der ungestörte Zu- und Abfluss des Wassers sowie ein sauberer Rechen. Das Bild 3.32 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Optimierungssteuerung, in diesem Fall für zwei Turbinen. <?page no="142"?> 130 Pegel-Durchflussregelung und Optimierungsfunktion für 2 Turbinen Der Optimierungsbaustein wird mit Ein- und Ausgangssignalen beschaltet, die zur Berechnung der jeweiligen günstigsten Turbinenöffnungen erforderlich sind. Der Optimierungsrechner erhält zunächst vom Pegelregler die Vorgabe der abzuarbeitenden Wassermenge in Abhängigkeit der Wasserzuführung. Über die Wegemessungen der Rückführungen werden in den Wandlern „Weg/ Q“ zunächst die Durchflussmengen durch die einzelnen Turbinen dem Optimierungsrechner vorgegeben. Die Datenbausteine mit den hinterlegten Wirkungsgradkennlinien η1 und η2 werden vom Optimierungsrechner abgefragt und bei der Berechnung entsprechend bewertet. Als weitere Rechengrößen können die Fallhöhe sowie Vorgaben über von Hand vorgewählten maximalen und minimalen zulässigen Öffnungsbegrenzungen zur Berechnung mit herangezogen werden. Bild 3.32 Schema Optimierungsrechner <?page no="143"?> 131 Die Ausgänge des Optimierungsrechners geben entsprechende Stellsignale an die z.B. hydraulischen oder auch elektromechanischen Turbinenverstelleinrichtungen. In der Grafik Bild 3.33 sind Wirkungsgradkurven der unterschiedlichsten Wasserkraftmaschinen eingetragen. Die hier dargestellten Kurven wurden aus Firmenprospekten bzw. einschlägiger Literatur entnommen. Wie man deutlich erkennen kann, hat die Auswahl der Turbine erhebliche Auswirkungen auf den später zu erwartenden Ertrag an kWh. Um die Wirkungsgradkennlinien in Relation bezüglich der später zu erwartenden Arbeit zu setzen, ist die zusätzliche Bewertung der Verfügbarkeit des Wassers (Jahresdauerlinie) unerlässlich. Ebenso dürfen die Kosten der Investitionen für den einen oder anderen Maschinentyp bei der Anschaffung der Turbine nicht vernachlässigt werden. Bild 3.33 Wirkungsgradkennlinien von Wasserkraftmaschinen günstigsten Turbinenöffnungen so berechnen, dass die höchstmögliche aktuelle Leistung aus der Kraftwerksanlage zu erwirtschaften ist. Im nachstehenden Beispiel wird an Hand zweier Turbinen, und zwar einer doppelt regulierten Kaplanturbine mit einem Schluckvermögen von 10 m³/ s und einer Francis Turbine mit 5 m³/ s, nachgewiesen, wie durch einen Optimierungsrechner eine Verbesserung der Jahresarbeit erreicht wird. Im Bild 3.34 sind die Wirkungsgradkennlinien von zwei Turbinen (Francis und Kaplan) dargestellt, wobei bei der oberflächlichen Betrachtung die Kaplanturbine mit der besseren Wirkungsgradkennlinie generell eingesetzt werden sollte. Aus der Zusammenstellung der Wirkungsgradkurven in Bild 3.33 kann man erkennen, dass bei den unterschiedlichen Wasserkraftmaschinen bei gleichem Schluckvermögen bzw. gleicher Wassermenge, speziell im Teillastbereich, sehr unterschiedliche Leistungen erzielt werden können. Sofern nur eine Turbine, Wasserrad oder Wasserschnecke vorhanden sind, lässt sich durch eine Optimierung nichts erreichen, da ja das Wasser nicht auf zwei Anlagen verteilt werden kann. Sobald jedoch bei zwei und mehr Maschinen, speziell auch bei zwei unterschiedlich großen Turbinen das Wasser aufgeteilt werden kann, lassen sich durch den Optimierungsrechner die <?page no="144"?> 132 Unter der Berücksichtigung, dass die Francis Turbine jedoch nur die Hälfte des Schluckvermögens der Kaplanturbine hat ,arbeitet die Kaplanturbine im Bereich unter 2,5 m³ / s mit einem schlechteren Wirkungsgrad als die Francisturbine, weshalb die Francisturbine im unteren Bereich die Stromerzeugung übernehmen sollte. Bei einer Wassermenge ab 4 m³/ s lohnt es sich wieder auf die Kaplan Turbine umzuschalten. In den folgenden Diagrammen werden die durch den Optimierungsrechner errechneten Turbinenöffnungen grafisch dargestellt, wobei der rote (obere) waagerechte Balken die Turbinenöffnung der Kaplanturbine und der grüne (untere) waagerechte Balken die Turbinenöffnung der Francis Turbine jeweils darstellt, um die optimierte Leistung aus dem Kraftwerk durch aufeinander abgestimmte Turbinenöffnungen zu erzielen. Bei zunehmendem Wasser ist es demnach sinnvoll, ab dieser Wassermenge mit der Kaplanturbine alleine das Wasser abzufahren. Bild 3.34 Wirkungsgradkurven von Francis- und Kaplanturbine Der Optimierungsrechner würde also die bis ca. 3,8 m³/ s betriebene Francis Turbine stillsetzen und die Kaplan Turbine ans Netz schalten. Bild 3.35 Arbeitspunkt bei Q= 4,5m³/ s Bild 3.36 Arbeitspunkt bei Q=9m³/ s <?page no="145"?> 133 In den Bildern 3.35 - 3.38 werden die Fahrweisen beider Turbinen zueinander im wirkungsgradoptimierten Betrieb dargestellt. Am Bild 3.36 kann man ablesen, dass die Kaplanturbine im Alleinbetrieb bei 9 m³/ s eine Leistung von 449 kW abgeben würde. Beide Turbinen zusammen ergeben tatsächlich eine Leistung von rechnerisch 470,7 kW. Dies stellt eine Ertragsverbesserung von 21,7 kW bei gleichem Wasser dar. Bezogen auf die erzeugte Leistung der Kaplanturbine im Alleinbetrieb ist dies eine Verbesserung des Gesamtwirkungsgrades in diesem Arbeitspunkt von 4,8 %. Im Bild 3.37 wird ein Durchfluss von 10 m³/ s berechnet. Die Kaplan Turbine alleine erzielte 493,2 kW. Beide Turbinen gemeinsam betrieben erreichen insgesamt jedoch 519,9 kW. Auch hier wird eine Wirkungsgradverbesserung von 5,4 % erreicht, bzw. 26,7 kW bei gleichem Wasserdargebot zusätzlich erzeugt. Bild 3.38 zeigt die Situation bei einem Durchfluss von 12 m³/ s. In einer einfachen automatischen Folgesteuerung wäre die Kaplanturbine voll geöffnet und die Francis Turbine würde den Rest mit 2 m³/ s abfahren. Dies ergäbe eine rechnerische Leistung von 493,2 kW für die Kaplanturbine und gleichzeitig 91,7 kW für die Francis Turbine. Dies ergibt eine Gesamtleistung von 584,9 kW. Durch die Optimierung werden tatsächlich 616,8 kW erreicht. Dies entspricht einer Verbesserung der Gesamtleistung um 5,4 %. Einschränkungen: Bei jeder noch so gut berechneten Optimierungssteuerung lässt es sich, bedingt durch die Physik der Strömungsmaschinen, nicht vermeiden, dass es Arbeitspunkte gibt, die nicht immer das theoretische Optimum des Kraftwerkes erreichen. Diese Konstellation tritt fast immer dann ein, wenn von einer auf zwei Turbinen oder auch umgekehrt umgeschaltet werden muss. Bild 3.37 Arbeitspunkt bei Q=10m³/ s Bild 3.38 Arbeitspunkt Q = 12m³/ s <?page no="146"?> 134 In der Regel schaltet man bei steigendem Durchfluss von einer Turbine, mit relativ gutem Wirkungsgradpunkt auf zwei Maschinen um, die im Parallelbetrieb zunächst nicht den gleichen guten Wirkungsgrad wie die allein betriebene Turbine erreichen. In diesen Fällen steht man vor der Wahl entweder die erste Maschine länger am Netz zu halten und gleichzeitig Wasser über das Wehr abfließen zu lassen, oder auf zwei Maschinen mit schlechterem Wirkungsgrad umzuschalten. Muss allerdings der Wasserpegel gehalten werden, steht diese Frage des Überstaus nicht an. Wird hingegen Wasser über das Wehr weglaufen lassen, um den guten Wirkungsgrad zu halten, damit die erzeugte Leistung nicht durch das Umschalten zurückgeht, stellt sich dem uneingeweihten Betrachter die Frage, warum das fortfließende Wasser nicht genutzt wird. Schlussbetrachtung: Inwieweit eine Optimierungssteuerung, wie hier im Beispiel bis zu 5% oder mehr Ertragssteigerung bringt, muss für jedes Kraftwerk individuell nach Prüfung der Wirkungsgradkennlinien berechnet werden. Dies hängt auch von der Qualität der bestehenden Regelsysteme und den Turbinen ab. In der Praxis stellt sich des Öfteren heraus, dass die angenommenen typischen Wirkungsgradkennlinien häufig extrem von den an den Turbinen gemessenen Leistungswerten abweichen. Es lässt sich in diesen Fällen nicht eindeutig zuordnen inwieweit die Turbinenwirkungsgrade und Durchflussmengen richtig erfasst werden. Hier sind zeitaufwändige nachträgliche Anpassungen in der Praxis gelegentlich notwendig, die ein mitarbeiten des Kraftwerkbetreibers erforderlich machen. Ist eine Onlineverbindung in die Turbinensteuerung möglich, können relativ leicht über einen längeren Zeitraum die Daten der Turbinen nachträglich kontrolliert und noch optimiert werden. Selbst wenn die angenommenen Wirkungsgradkurven nicht erreicht werden, ist letztendlich entscheidend, dass durch die Optimierungssteuerung auch bei unbefriedigenden Wirkungsgraden der einzelnen Turbinen der Gesamtanlagenwirkungsgrad möglichst am Optimum gefahren wird. Mit moderner Steuerungstechnik lassen sich häufig wirtschaftliche Verbesserungen erzielen, die dann auch bei kleineren Anlagen zur Förderung nach dem neuen EEG führen können. Je größer die Turbinenleistungen sind, umso schneller rechnet sich alleine der Einsatz einer Optimierungssteuerung, auch ohne die Strompreisverbesserung durch das EEG 2012. <?page no="147"?> 135 <?page no="148"?> 136 <?page no="149"?> 137 <?page no="150"?> 138 4 4 <?page no="151"?> 139 <?page no="152"?> 140 <?page no="153"?> 141 <?page no="154"?> 142 <?page no="155"?> 143 <?page no="156"?> 144 <?page no="157"?> 145 <?page no="158"?> 146 <?page no="159"?> 147 <?page no="160"?> 148 <?page no="161"?> 149 <?page no="162"?> 150 <?page no="163"?> 151 <?page no="164"?> 152 <?page no="165"?> 153 <?page no="166"?> 154 <?page no="167"?> 155 <?page no="168"?> 156 <?page no="169"?> 157 <?page no="170"?> 158 <?page no="171"?> 159 <?page no="172"?> 160 <?page no="173"?> 161 <?page no="174"?> 162 <?page no="175"?> 163 <?page no="176"?> 164 <?page no="177"?> 165 <?page no="178"?> 166 <?page no="179"?> 167 <?page no="180"?> 168 <?page no="181"?> 169 <?page no="182"?> 170 <?page no="183"?> 171 <?page no="184"?> 172 <?page no="185"?> 173 5 Die OSSBERGER-Durchströmturbine - Funktionsprinzip, Konstruktion, Regelung, Betriebserfahrung D. Wirth 5.1 Geschichte 1906 gründet der Civil-Ingenieur Fritz Ossberger das Unternehmen mit dem Namen „Apparate & Mühlenbau“. Nach zahlreichen Erfindungen landwirtschaftlicher und Müllereimaschinen erkennt Fritz Ossberger, dass den Handwerkern und Gewerbetreibenden eine betriebssichere und kostengünstige Antriebsenergie fehlt. Er greift das genial einfache Prinzip der 1903 von A.G.M. Michell erstmals vorgestellten „Radial Flow Turbine“ auf und bringt es durch zahlreiche Ideen und Verbesserungen zur Serienreife. Nach dem Reichspatent 1922 für die „Freistrahlturbine“ erhält Fritz Ossberger 1933 das Reichspatent Nr. 615445 für die „Durchströmturbine“. Die ideale Turbine für den Kleinst- und Kleinwasserkraftbereich war geboren. In mehr als 100-jähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit hat die OSSBERGER GmbH + Co die Turbine durch viele konstruktive Verbesserungen zur OSSBERGER- Durchströmturbine entwickelt. Hierfür steht ein eigener Turbinenversuchsstand auf dem Werksgelände zur Verfügung und es werden Erkenntnisse aus der CFD- Simulation genutzt. Die Erfahrung aus bisher über 10.000 gebauten Einheiten, die in mehr als 90 Ländern vertrieben wurden, floss ebenfalls in die Entwicklung mit ein. Bild 5.1: Einsatzbereich der OSSBERGER-Durchströmturbine [3] <?page no="186"?> 174 Im Werk in Weißenburg in Bayern werden komplette Kleinwasserkraftwerke im Fallhöhenbereich von 2 - 200 m und im Wassermengenbereich von 100 l/ s - 15.000 l/ s gefertigt. Die Leistungsgrenze wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut und liegt derzeit bei 5000 kW je Einheit. Zur Komplettierung einer Wasserkraftanlage werden zudem Eigenentwicklungen von - Reglern - Generatorschaltanlagen - Rechenreinigern im Werk in Weißenburg gefertigt. 5.2 Funktionsprinzip Vergleicht man die spezifischen Drehzahlen der verschiedenen Turbinentypen, so zählt die OSSBERGER-Durchströmturbine zu den Langsamläufern. spezifische Drehzahl n q = n* Q 1/ 2 / H 3/ 4 mit: n = Turbinendrehzahl in U/ min Q = Durchfluss in m³/ s H = Fallhöhe in m Bild 5.2: Einsatzbereich unterschiedlicher Turbinen in Abhängigkeit der Fallhöhe h f und der spezifischen Drehzahl n q [1] <?page no="187"?> 175 Ein Vergleich bezüglich der spezifischen Wassermenge ist bei der OSSBERGER- Durchströmturbine nicht möglich, da neben dem Durchmesser des Laufrades auch noch dessen Breite den Wasserdurchsatz beeinflusst. In der Praxis eröffnet dies die Möglichkeit, dass durch ein Baukastensystem mit wenigen genormten Laufraddurchmessern und Variation der Laufradbreite eine Turbine exakt auf die Nennwassermenge des Projektes ausgelegt werden kann und damit eine maßgeschneiderte Anlage entsteht. Vom Wirkprinzip her ist die OSSBERGER-Durchströmturbine eine Freistrahlturbine und wird grundsätzlich über dem Unterwasserspiegel angeordnet. Bei Fallhöhen unter 35 Metern ist es bei der OSSBERGER-Durchströmturbine möglich durch Anbau eines Saugrohres auch die Saughöhe zu nutzen. Die Bruttofallhöhe ist demnach der senkrechte Abstand vom Oberwasserbis zum Unterwasserspiegel. Wird bei einer Freistrahlturbine ein Saugrohr verwendet, so muss die Saugsäule steuerbar sein. Dies wird durch ein einfaches Belüftungsventil erreicht, welches, durch eine Feder vorgespannt, das Saugrohr definiert belüftet und damit den Unterdruck am Laufradaustritt begrenzt. Die Saugsäule besteht daher aus einem Wasser- Luft-Gemisch und unter dem Laufrad bildet sich ein sog. Zwischenwasserspiegel aus. Je nach Anteil der Saugsäule am Gesamtnutzgefälle variiert der Wirkungsgrad von 81% - 84 % bei Turbinen mit langen Saugrohren und bis zu 87% bei Ausführungen als Freistrahlturbine ohne Saugrohr. Bild 5.3: Druckverteilung in der Durchströmturbine aus der CFD-Simulation [5] <?page no="188"?> 176 Die OSSBERGER-Durchströmturbine ist eine radial- und teilbeaufschlagte Gleichdruckturbine, d.h. im Laufradbereich herrscht annähernd Umgebungsdruck. Die gesamte Lageenergie des Wassers wird im Leitapparat in Geschwindigkeitsenergie umgewandelt und die Eintrittsgeschwindigkeit ins Laufrad errechnet sich somit zu c 1 ≈ (2*g*H) 1/ 2 . Das Wasser tritt in radialer Richtung in das Laufrad ein, durchströmt an der Welle vorbei das Laufradinnere und verlässt das Laufrad wieder in radialer Richtung. Die Umfangskomponente der Geschwindigkeit c 4 sollte im Bestpunkt möglichst klein sein, damit nahezu die gesamte Energie im Laufrad genutzt wird. Dabei wird die Geschwindigkeitsenergie des Wasserstrahles durch die Umlenkung an den gekrümmten Schaufeln in Rotationsenergie umgewandelt und über die Endscheiben in die Welle eingeleitet. Die Schaufeln werden somit zweimal passiert und das Laufrad erfährt dadurch einen sog. Selbstreinigungseffekt, denn Blätter oder kleinere Zweige und Äste, die sich beim Eintritt über die Schaufelvorderkante gelegt haben, werden beim Austritt wieder abgeschwemmt. Bild 5.4: Geschwindigkeitsdreiecke im Laufrad der Durchströmturbine [4] Durch die Zweizellen-Ausführung wird die OSSBERGER-Durchströmturbine für die Anwendung im Kleinwasserkraftbereich interessant. In der Standardausführung ist das Gehäuse im Verhältnis 1: 2 unterteilt. So können mit der kleinen Zelle Wassermengen bis 1/ 3 des Nenndurchflusses, über die große Zelle Mengen von 1/ 3 bis 2/ 3 und über beide Zellen 2/ 3 bis zur Vollwassermenge stufenlos und mit optimalem Wirkungsgrad abgearbeitet werden. Dies erlaubt den garantierten Einsatzbereich der OSSBERGER-Durchströmturbine von 17% Beaufschlagung bis zur Volllast mit Wirkungsgraden über 80% angeben zu können. <?page no="189"?> 177 Bild 5.5: Wirkungskurve einer zweizelligen OSSBERGER-Durchströmturbine als Freistrahlmaschine ohne Saugrohr. Der Gesamtwirkungsgrad der Turbine setzt sich aus den einzelnen Kurven der kleinen Zelle, der großen Zelle und beiden Zellen zusammen. [3] Auch macht es dieses Zwei-Zellen-System möglich bei stark schwankenden Wassermengen eine Ein-Maschinenlösung anzubieten und dennoch das Wasserdargebot in einem breiten Bereich zu nutzen. <?page no="190"?> 178 Bild 5.6: Abflussdauerlinie eines mitteleuropäischen Fließgewässers mit den Nutzungsbereichen einer schnellläufigen Francis- und einer unterteilten Durchströmturbine [1] 5.3 Konstruktion Die OSSBERGER-Durchströmturbine ist eine reine Schweißkonstruktion. Durch den Einsatz von modernen CNC-Maschinen kann auf die Verwendung von gusstoleranzbehafteten Bauteilen verzichtet werden. Aus einem Baukastensystem mit genormten Laufraddurchmessern wird für jeden Anwendungsfall eine auf die Auslegedaten und Einbausituation maßgeschneiderte Turbine entworfen. Denn im Gegensatz zu anderen Turbinensystemen kann bei der Durchströmturbine auch die Laufradbreite variiert und damit zur Anpassung an den Einsatzbereich herangezogen werden. 5.3.1 Gehäuse Das Gehäuse der OSSBERGER-Durchströmturbine besteht aus Stahlseitenwänden, dem vorderen und hinterem Leitblech und der sog. Spitze als Trennung zwischen der kleinen und großen Zelle. Die unterschiedlich starken Platten der Seitenwände und die Spitze werden von einer CNC-Brennschneidanlage ausgebrannt, verschweißt und auf CNC-Fräsmaschinen vorgefertigt. Für die Herstellung der Leitbleche als Formbleche steht eine CNC-Abkantpresse zur Verfügung. Das fertig geschweißte Gehäuse wird je nach Größe auf einer CNC-Fräse oder einem CNC-Bohrwerk allseitig passgenau bearbeitet. In einer Aufspannung werden auch die Aussparungen zur Aufnahme der Lagerklötze der Leitschaufellager fluchtend gefräst und die Gewindebohrungen zur Befestigung der Hauptlagergehäuse und Anschlussrohre angebracht. Direkt am Gehäuse angeflanscht ist der sog. Eckkasten, auf dem bei Turbinen mit Saugrohr auch das Belüftungsventil angebracht ist. Er geht über die komplette Gehäusebreite, ist einfach abschraubbar und gewährt so einen leichten Zugang zum Laufrad, ohne dass die Turbine demontiert werden muss. <?page no="191"?> 179 Bild 5.7: Aufbau einer zweizelligen OSSBERGER-Durchströmturbine mit horizontaler Rohrleitungsanbindung und Hebelarmen mit Schließgewichten [7] 5.3.2 Leitapparat In der unterteilten Turbine wird die Triebwasserzufuhr durch zwei nebeneinander angeordnete Profilleitschaufeln gesteuert. Die Leitschaufeln teilen den Wasserstrom, beschleunigen und richten ihn, unabhängig vom Öffnungsgrad, zum annähernd stoßfreien Eintritt in das Laufrad. Ebenso wie die Leitbleche werden auch die Leitschaufeln nach Schablonen aus Formblechen hergestellt und mit der durchgehenden Leitschaufelachse verschweißt. Die Leitschaufeln von schmalen Turbinen können aus einem Stück als Frästeil gefertigt werden. Die beiden Profilleitschaufeln werden dichtend in das Turbinengehäuse eingepasst und erlauben in geschlossenem Zustand nur eine geringe Leckage. Zusammen mit den an den Regulierhebeln befestigten Schließgewichten ist ein Turbinennotschluss ohne Fremdenergie möglich. Bei Fallhöhen bis zu etwa 25 m kann auf ein Absperrorgan vor der Turbine verzichtet werden. Bei Fallhöhen über 25 m genügt das Absperrorgan als handbetätigtes Revisionsorgan. Zur Lagerung der Leitschaufeln werden wartungsfreie Sinterbüchsen mit Graphiteinlagerung verwendet. Als Gegenlauffläche ist bei kleineren Turbinen die Leitschaufelachse aus Edelstahl oder es sind Wellenschutzhülsen aufgezogen. <?page no="192"?> 180 Bild 5.8: Leitschaufeln mit den Wellenschutzhülse und den Lagerklötzen [7] Die Abdichtung der Achsen erfolgt einfach und wartungsfreundlich über nachstellbare Stopfbuchsen mit Talgschnüren. Der Ausbau der unabhängig voneinander beweglichen Leitschaufeln ist auch nach längerer Betriebszeit in radialer Richtung zusammen mit den speziellen Lagerklötzen problemlos möglich. Diese Konstruktion ist zwar aufwändig, da die Lagerklötze in das Gehäuse eingepasst werden müssen, aber es wurde bewusst auf die Verwendung einer in der Herstellung einfacheren und kostengünstigeren Steckverbindung der Leitschaufeln mit den Regulierachsen verzichtet. <?page no="193"?> 181 Bild 5.9: Einbau der Leitschaufel mit Lagerklotz in das Turbinengehäuse [7] 5.3.3 Laufrad Kernstück der Turbine ist das trommelförmige Laufrad, welches für jeden Auftrag speziell berechnet und ausgelegt wird. Es ist mit profilierten Schaufeln bestückt, die für jeden Laufraddurchmesser nach einem bewährten Verfahren aus Walzstahl hergestellt werden. Je nach Durchmesser, diese reichen von 200 mm bis 1250 mm, hat das Laufrad bis zu 37 Schaufeln. Das Drehmoment aus der Strömungsumlenkung wird über die beiden Endscheiben auf die Welle übertragen. Hier sieht der Baukasten Wellendurchmesser bis 340 mm vor. Die Wellen-Naben-Verbindung als Schrumpfsitz auszuführen hat sich schon über viele Jahre bestens bewährt. In Abhängigkeit der Laufradbreite und der Fallhöhe erhält das Laufrad mehr oder weniger Zwischenscheiben zur Unterstützung der Schaufeln und Versteifung des Laufradkorbes. Nach einem speziellen Verfahren werden nach dem Zusammenbau alle Schaufeln mit den End- und Zwischenscheiben verschweißt. Im Anschluss daran werden die Schweißnähte sorgfältig und strömungsgünstig verschliffen. Besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, dass der fertig geschweißte Läufer frei von Wärmespannungen ist, welche sich im Betrieb negativ auf die Haltbarkeit auswirken würden. Sorgfältige Bearbeitung der Lagersitze und Auswuchten des Laufrades, bei Bedarf auch dynamisch, gewährleisten einen schwingungsarmen und ruhigen Lauf. <?page no="194"?> 182 Bild 5.10: Radialer Einbau des Laufrades [7] 5.3.4 Lagerung Die Lagerung der Laufradwelle der Durchströmturbine ist in den am Gehäuse angeflanschten Lagergehäusen räumlich getrennt vom Wasserstrom untergebracht. Über einen Passbund werden diese Lagergehäuse im Turbinengehäuse zentriert. Da das Laufrad nahezu keine Axialkräfte erzeugt, können genormte Pendelrollenlager mit Fettschmierung verwendet werden, die mittels konischer Spannhülsen auf der Welle fixiert werden. Zwei Filzringe dichten gegen das Eindringen von Schmutz und Wasser ab und verhindern Überschmieren. Wegen der räumlichen Trennung zum Wasserstrom gelangen keine Schmierstoffe ins Triebwasser und es können ohne Gefahr für die Umwelt mineralische, lithiumverseifte Schmierfette verwendet werden. Darüber hinaus gibt es auch gute Betriebserfahrungen mit biologisch abbaubaren Schmiermitteln. <?page no="195"?> 183 Bild 5.11: Montage der Laufradlager [7] Ebenfalls in den Lagergehäusen ist die Stopfbüchsenabdichtung der Laufradwelle angeordnet. Durch die leichte Zugänglichkeit ist das Nachziehen der Stopfbuchsbrillen oder das Auswechseln der Talgschnüre schnell und einfach möglich. 5.3.5 Übergangsstück und Saugrohr Die beiden direkt an der Turbine angeflanschten Rohre, das Übergangsstück auf der Druckseite und das Saugrohr auf der Saugseite, tragen nicht unerheblich zum gelungenen Gesamtkonzept bei und werden auftragsbezogen bemessen und angefertigt. Beim Übergangsstück ist besonders auf den Übergang von der kreisförmigen Rohrleitung auf den rechteckigen Querschnitt der Turbine zu achten, der darüber hinaus noch mit einer konstanten Beschleunigung zu erfolgen hat. Die Blechstärke und die Versteifungen sind mit notwendiger Sicherheit auf die auftretenden Druckverhältnisse ausgelegt. Im Übergangsstück integriert ist noch der strömungsgünstig ausgeführte Wasserverteiler zur kleinen und großen Zelle sowie ausreichend dimensionierte Handlochdeckel, welche einen Zugang zum Eintrittsquerschnitt der Turbine ohne Rohrdemontage ermöglichen. Das Saugrohr muss so ausgebildet sein, dass die Saugsäule, trotz Belüftung, auch bei kleinen und kleinsten Wassermengen nicht abreist, da damit ein Teil der Fallhöhe verloren gehen würde. Um die Austrittsverluste zu minimieren, darf die Geschwindigkeit am Ende des Saugrohres nicht zu hoch sein. <?page no="196"?> 184 5.3.6 Fundamentrahmen Mit dem stabilen Fundamentrahmen, bei Saugrohrturbinen zweiteilig ausgeführt, wird die OSSBERGER-Durchströmturbine mit dem Fundament verbunden und die Kräfte in das Bauwerk eingeleitet. Bei Turbinen ohne Saugrohr wird das Abflussrohr in den dann einteiligen Fundamentrahmen integriert. Der Fundamentrahmen ermöglicht eine einfache Montage und Ausrichten der Turbine. 5.3.7 Materialien Die unterschiedlichen Einsatzbereiche der Turbinen verlangen die Verwendung verschiedener Werkstoffe. Diese müssen den Anforderungen, wie mechanische oder chemische Belastung, Trinkwasser, Salzwasser, Stand halten. Je nach Einsatzfall kommen Kohlenstoffstahl, Edelstahl (VA), verschleißfester Stahl (z.B. Hardox) oder Superduplexstahl zur Anwendung. 5.3.8 Kompletter Maschinensatz Im Vergleich zu anderen Turbinensystemen hat die Durchströmturbine eine niedrige Drehzahl, so dass bei kleinen und mittleren Gefällen eine Drehzahlübersetzung auf die gewählte Generatordrehzahl notwendig ist. Zum Einsatz kommen meist 6- oder 8-polige Generatoren mit 1000 bzw. 750 U/ min. Die Drehzahlübersetzung kann entweder mittels eines Flachriementriebes oder eines Getriebes realisiert werden. Zur Koppelung der einzelnen Aggregate werden zweiteilige elastische Kupplungen verwendet. Bild 5.12: Maschinensatz mit Stirnradgetriebe zur Drehzahlübersetzung [7] <?page no="197"?> 185 Bei höheren Gefällen und damit höheren Turbinendrehzahlen kann häufig auf eine Übersetzung verzichtet werden und es ist möglich die Durchströmturbine direkt mit dem Generator über eine elastische Kupplung zu verbinden. Bild 5.13: Maschinensatz mit Direktantrieb eines Generators [7] 5.4 Einbau und Montage Die OSSBERGER-Durchströmturbine kann sehr gut an die örtlichen Verhältnisse angepasst werden und eignet sich daher hervorragend für den Einbau in vorhandene Strukturen. Die verschiedenen Applikationen der OSSBERGER-Durchströmturbine ermöglichen dem Planer ein kostengünstiges Turbinenhaus zu erstellen: - Anbindung an einen Wasserkasten oder an eine Rohrleitung - Rohrleitungsanbindung horizontal oder vertikal - Abflussrichtung des Unterwasserkanals unabhängig von der Rohrachse und Maschinenachse - Hochwassersicherer Einbau durch Anordnung über dem Unterwasser - Turbinenhaus besteht nur aus waagrechten oder senkrechten Wänden - Keine Saugrohrschalung notwendig Die Montage der kompletten Anlage erfolgt im Primärbeton auf den nach dem Fundamentplan des Herstellers vorbereiteten Fundamenten. Das vorgesehene Konzept erfordert keine vorab einbetonierten Turbinenbauteile. Da alle Bauteile im Werk vormontiert worden sind, begrenzt sich die Montage auf den Zusammenbau der einzelnen Aggregate. Spezialwerkzeuge sind nicht notwendig. Nach der Montage müs- <?page no="198"?> 186 sen nur noch die Fundamentöffnungen vergossen werden und der Maschinensatz ist nach der Betonaushärtung einsatzbereit. Bild 5.14: Einbauplan einer Wasserkraftanlage mit Einlaufbecken und Krafthaus [7] 5.5 Regelungen Kleine Wasserkraftanlagen dienten bis weit in die 60er Jahre zum einen für den mechanischen Antrieb von Mühlen, Sägewerken, kleineren Industrien und Handwerksbetrieben, zum anderen aber auch zur vollständigen oder teilweisen Versorgung die- <?page no="199"?> 187 ser Betriebe mit elektrischer Energie. Hier war fast immer die Arbeit der Wasserkraft auch direkt mit der Arbeit im Haus, der Industrie oder dem Handwerk verbunden. Es war also ständig genügend Personal zum Betrieb der Anlage vorhanden. So wurden beim mechanischen Betrieb über Handstellzeuge die Turbinen entsprechend dem Wasserdargebot oder der geforderten Leistung von Hand geöffnet bzw. geschlossen, der Einlaufrechen gesäubert und die drehenden Teile mit genügend Schmierstoff versorgt. Wenn elektrische Energie erzeugt wurde, so gewährleistete ein mechanischer, direkt von der Turbine angetriebener ölhydraulischer Regler eine Drehzahlregelung mit einer für den Eigenbedarf ausreichenden Genauigkeit. Bei den Kleinwasserkraftanlagen in heutiger Zeit stehen jedoch andere Kriterien im Vordergrund. Die vorhandene Wasserkraft, d.h. die zum jeweiligen Zeitpunkt verfügbare Wassermenge muss im Interesse des Investors mit dem maximalen Gefälle die höchstmögliche elektrische Leistung bei geringstem Personaleinsatz erzeugen. Zu Beginn der Projektierung einer Neuanlage, eines Umbaus oder einer Modernisierung ist daher zwischen drei grundsätzlichen Betriebsarten einer Wasserkraftanlage zu unterscheiden: 1. Reiner Netzparallelbetrieb mit Einspeisung in das öffentliche Netz. 2. Netzparallelbetrieb mit Einspeisung in das öffentliche Netz und Notstromversorgung für den Eigenbedarf bei Netzausfall. 3. Autonome Versorgung diverser angeschlossener Verbraucher im sog. Inselbetrieb. Im Falle 1 kommt eine sog. Asynchronanlage zur Ausführung, welche die gesamte erzeugte elektrische Energie in das öffentliche Netz einspeist. Der Asynchrongenerator funktioniert im Prinzip wie ein Käfigläufermotor. Wird die Maschine mit einer höheren Drehzahl als die synchrone Drehzahl (negativer Schlupf) angetrieben, funktioniert sie als Generator. Die Erregung oder die Magnetisierungsenergie des Generators wird als Blindstrom vom öffentlichen Netz bezogen, das auch über die Polpaarzahl und die Netzfrequenz die Drehzahl bestimmt. Bei größeren Leistungen werden aber immer mehr auch Synchrongeneratoren eingesetzt, die mittels Eigenerregung ihr Magnetfeld selbst erzeugen und daher die Fähigkeit besitzen Blindstrom ins Netz einzuspeisen und so zur Netzstabilität beitragen können. Permanent erregte Synchrongeneratoren (PMG), die mit variabler Drehzahl betrieben werden, ermöglichen bei schwankenden Nettofallhöhen den Betrieb mit der jeweils optimalen Turbinendrehzahl. Bei solchen Anlagen ist die Aufgabe der Regelung die zum jeweiligen Zeitpunkt vorhandene Wassermenge unter dem größtmöglichen Gefälle abzuarbeiten. Der Regler öffnet und schließt den Leitapparat der Turbine bei Konstanthaltung des Oberwasserspiegels. Man spricht auch von einer Wasserstandsregelung. Da sich die Abflussverhältnisse des Fließgewässers nicht innerhalb weniger Sekunden ändern, handelt es hier um relativ langsame Signale und Stellbewegungen an der Turbine. Im Gegensatz zu den Fließgewässern werden an Stauseen oder kleineren Talsperren Turbinen mit Abflussmengenregelung eingesetzt, welche entsprechend der Speicherbewirtschaftung, unabhängig vom Oberwasserspiegel, vorgegebene Wassermengen konstant halten und an das Unterwasser abgeben. Im Falle 2 kommt eine Synchronanlage zum Einsatz. Im Netzparallelbetrieb wird die Turbine wasserstandsabhängig betrieben und die Regelung unterscheidet sich nicht <?page no="200"?> 188 von den oben beschriebenen Asynchronanlagen. Bei Netzausfall muss eine Drehzahlregelung für konstante Netzfrequenz sorgen. Da meist Rohrleitungs- oder Kanalsysteme das Wasser zur Kraftanlage transportieren und entsprechend dem zur Verfügung stehenden Gefälle und Länge des Systems zwangsläufig Trägheiten der jeweils transportierten Wassermenge entstehen - die sog. Wasseranlaufzeit - zum anderen sich aber schlagartig Leistungssprünge am Generator durch Zubzw. Abschalten von Energieverbrauchern ergeben können, muss ein Speichersystem - in Form von Schwungmassen oder übergeordneten Leistungssteuerungen die Wasseranlaufzeiten überbrücken. Es werden also schnelle Regelbewegungen am Leitapparat der Turbine gefordert und der Regler benötigt neben den langsamen Regelparametern für den wasserstandsabhängigen Betrieb noch einen zweiten Regelkreis mit den schnellen Parametern der Drehzahl- oder Leistungsregelung. Im Inselbetrieb wird man die Anlage nach dem Bedarf mehr oder weniger begrenzen. Die Zu- und Abschaltung zum Netz ist heute mit automatischen Synchronisiereinrichtungen problemlos. Ein wichtiges Kriterium ist jedoch der Übergang zwischen Notstrom- und Netzparallelbetrieb bzw. umgekehrt. Hier muss die Regeleinrichtung im Zusammenhang mit den Schwungmassen oder der Leistungsregelung so gestaltet sein, dass der Verbraucher keinen Unterschied merkt, ob jetzt die Energie von der Wasserkraft allein oder im Netzverbund bereitgestellt wird. In Bild 5.15 ist das Blockschaltbild eines solchen Regleraggregates dargestellt. Zu sehen ist der Reglerbaustein für den Netzparallelbetrieb. Er hat als Eingangssignal den von der Drucksonde gemessenen Wasserstand im Einlaufbecken. Der Regelbaustein für Inselbetrieb hat die Drehzahl als Eingangssignal. Beide Regler sind stetige PID-Regler und die Parametersätze werden je nach Betriebsart automatisch umgeschaltet. Die wärterlos betriebene Anlage dient primär der Stromerzeugung im Netzparallelbetrieb. Zum anderen soll bei Ausfall des Netzes die Eigenversorgung im sog. Inselbetrieb aufrechterhalten werden. Die Regeleinrichtung muss daher folgenden Anforderungen genügen: stabiler Leerlauf selbsttätiges Synchronisieren und Übergang in den wasserstandsgeregelten Betrieb - Optimierungssteuerung der zweizelligen Turbine - Selbsttätiges Umschalten von Netzauf Inselbetrieb und umgekehrt - Stabiler Inselbetrieb Im Falle 3 muss die Drehzahlregelung nach den gleichen Kriterien wie im Falle 2 ausgelegt werden, jedoch mit dem Unterschied, dass hier der gesamte Beaufschlagungsbereich der Anlage „inselfähig“ sein muss. Darüber hinaus soll es auch die Möglichkeit für den sog. Schwarzstart geben, d.h. der Maschinensatz muss ohne Fremdenergie angefahren werden können. <?page no="201"?> 189 Bild 5.15: Blockschaltbild eines PID-Reglers für Netzparallel- und Inselbetrieb [7] <?page no="202"?> 190 Das Bild 5.16 zeigt ein hierfür geeignetes Hydraulikaggregat mit einer auf dem Tankdeckel aufgebauten Regelpumpe, einem Öl-/ Luftkühler, dem Ventilblock mit den Regel- und Notschlussventilen und einer Handpumpe für den Schwarzstart ohne Fremdenergie. Bild 5.16: Hydraulikaggregat mit Handpumpe und Regelpumpe sowie Ölkühler [7] Besonderes Augenmerk muss auf die Steuerung des Netzes gelegt werden, da heute auch bei Inselnetzen, die von Kleinanlagen versorgt werden, Genauigkeiten wie in Großnetzen gefordert werden. Man denke dabei nur an kleine Netze auf Missionsstationen in Afrika mit angeschlossenen Hospitälern und ihren medizinischen Apparaten. So wird deutlich, dass die Aufgaben der Automatisierung und der Regelung bei Kleinanlagen heute einen hohen technischen Stand bedingen, der ohne die Verwendung moderner elektronischer Bauelemente nicht möglich wäre. Bei der Auslegung und Parametrierung des Reglers müssen berücksichtigt werden: - Länge, Querschnitt und Gefälle des Hangkanals - Länge und Durchmesser der Rohrleitung - Anlaufzeit der Wassersäule - Material der Rohrleitung - Maximale Lastzubzw. Lastabschaltungen - Trägheitsmoment des Maschinensatzes <?page no="203"?> 191 Zur Stabilisierung der Regelprozesse und Vermeidung großer Druckgradienten in der Rohrleitung ist fast immer ein Schwungrad oder gar ein Wasserschloss nötig. Eine einfache Variante des Drehzahlreglers und nur für kleine Leistungen geeignet ist der sog. Konstantlastregler. Unabhängig von der aktuell benötigten Leistung bleibt die Öffnung der Turbine unverändert. Ein elektronischer Regler hält die Drehzahl des Maschinensatzes konstant indem er die überschüssige, vom Verbraucher nicht benötigte Energie einem Vernichter zuführt. Der Vernichter kann als Heizelement im Turbinenunterwasser installiert sein oder auch zum Erwärmen von Brauchwasser in einem Boiler verwendet werden. Dieser Konstantlastregler kann sehr schnell auf Lastschwankungen reagieren, da die Dynamik das hydraulischen Systems und des Maschinensatzes keinen Einfluss auf die Regelstabilität haben. Die Regelung findet nur auf der elektrischen Seite statt und die Turbinenöffnung bleibt konstant. Eine integrierte Notschlusseinrichtung soll den Betrieb bei Durchgangsdrehzahl verhindern. Bei all diesen sich eröffnenden Möglichkeiten und erfüllbaren Wünschen darf gerade bei Kleinanlagen der Gesichtspunkt der Einfachheit und Überschaubarkeit keinesfalls außer Acht gelassen werden, denn die Anlagen werden in den allermeisten Fällen nicht von Technikern betrieben. Solches Personal ist teuer und steht oftmals auch nicht zur Verfügung. Dem Projektanten und dem Konstrukteur der Kleinanlage fällt hier die Aufgabe zu, den Betreibern eine Anlage zur Verfügung zu stellen, die geringstmöglichen Wartungsaufwand und überschaubare Technik bei bestmöglicher Aufgabenübernahme bietet. Eine gute Grundlage für die Aufstellung von technischen Angaben für Regeleinrichtungen bietet die IEC 61362 und die DIN 4321. Hier sind alle wesentlichen technischen Merkmale einer der Aufgabe angepassten Regeleinrichtung zusammengefasst und dargestellt. Alle Turbinen werden im Werk zusammen mit den Reglern aufgebaut. Dabei wird der Anbau der Zylinder auf den Verstellweg der Leitschaufeln so angepasst, dass nicht gegen Anschläge der Turbine, sondern gegen die Endlagen der Zylinder gefahren wird. Es werden die Regelparameter eingespielt, die Ansprechempfindlichkeit der Bauteile getestet, die Schließ- und Öffnungszeit ermittelt und die Notschlusszeit gemessen, wenn nötig angepasst. Charakteristisch für alle OSSBERGER-Regler ist die Notschlussfähigkeit der Anlage ohne Fremdenergie. Großzügig dimensionierte Schließgewichte an den Hebelarmen gewährleisten ein sicheres Schließen der Turbine bei gleichzeitiger Umgehung der Regelventile durch stromlos zwangsöffnende Notschlussventile. <?page no="204"?> 192 Bild 5.17: Turbine mit Hebelarm zur Verstellung der Leitschaufeln, Schließgewicht und Hydraulikzylinder [7] <?page no="205"?> 193 5.6 Betriebserfahrungen an Hand von Einbaubeispielen Bild 5.18: Typische Anordnung einer OSSBERGER-Durchströmturbine mit Asynchrongenerator und Stirnradgetriebe für Netzparallelbetrieb. Die Turbine hat eine horizontale Rohrleitungsanbindung. [7] Nutzfallhöhe: 29,3 m Wassermenge: 2300 l/ s Turbinenleistung: 542 kW Turbinendrehzahl: 258 U/ min Generatordrehzahl: 1008 U/ min <?page no="206"?> 194 Bild 5.19: Platzsparende Turbinenanordnung mit Winkelgetriebe. [7] Nutzfallhöhe: 5,6 m Wassermenge: 2500 l/ s Turbinenleistung: 112 kW Turbinendrehzahl: 149 U/ min Generatordrehzahl: 1015 U/ min <?page no="207"?> 195 Bild 5.20: OSSBERGER-Durchströmturbine mit vertikaler Beaufschlagung. Die Turbine steht an der Stelle einer ehemaligen Francisturbine im nun trockenen Schachtbauwerk. Die Rohrleitung wurde direkt an das Einlaufbauwerk angeschlossen und von oben auf die Turbine geführt. Der Maschinensatz steht im Trockenen und ist von allen Seiten gut zugänglich. [7] Nutzfallhöhe: 11,6 m Wassermenge: 1500 l/ s Turbinenleistung: 137 kW Turbinendrehzahl: 254 U/ min Generatordrehzahl: 1015 U/ min <?page no="208"?> 196 Bild 5.21: Stirnradgetriebe mit geschlossenem Kühlkreislauf mittels Öl-/ Luftkühler, der direkt neben dem Getriebe montiert ist. Die Verrohrung ist gut kontrollierbar, da keine Einbauten im Unterwasser nötig sind. [7] Nutzfallhöhe: 22,8 m Wassermenge: 10000 l/ s Turbinenleistung: 1900 kW Turbinendrehzahl: 145 U/ min Generatordrehzahl: 1000 U/ min <?page no="209"?> 197 Bild 5.22: OSSBERGER-Durchströmturbine am Unterbecken des Pumpspeicherkraftwerkes Wehr der Schluchseewerk AG [7] Nutzfallhöhe: 16 - 36 m Wassermenge: 4000 l/ s Turbinenleistung: 380 - 1440 kW Turbinendrehzahl: 230,8 U/ min Generatordrehzahl: 230,8 U/ min Die Turbine wurde im Jahr 2000 eingebaut zur regenerativen Energiegewinnung eines Teiles des bisher ungenutzt durch das Unterbecken des Pumpspeicherwerkes Wehr fließenden Wassers des Flusses Wehra. Da bei stark unterschiedlichen Fallhöhen, die aus dem Betrieb des Pumpspeicherkraftwerkes resultieren, die schwankenden Wassermengen der Wehra abgearbeitet werden müssen, hat sich die Schluchseewerk AG für den Einbau einer zweizelligen Durchströmturbine entschieden. Der flache Wirkungsgradverlauf und der uneingeschränkte Betrieb über den gesamten Fallhöhenbereich, auch bei kleinen Wassermengen, haben den Ausschlag zur Entscheidung für diesen Turbinentyp gegeben. Der Anschluss an das vorhandene Rohrleitungssystem erfolgte im Auslaufbauwerk durch einen rechtwinkligen Abzweig Ø 1600 an den rechten Rohrstrang Ø 2800 kurz vor einem der Kegelstrahlschieber. Vor der Turbine sind eine notschlussfähige Absperrklappe mit Fallgewichtsantrieb und ein in die Rohrleitung integrierter Rechen angeordnet. Die zwei- <?page no="210"?> 198 zellige Durchströmturbine mit einem Laufraddurchmesser von 1000 mm treibt ohne Übersetzungsgetriebe auf den 26-poligen Synchrongenerator. Wegen des hohen Gewichtes wurde der Generatorläufer mit Rücksicht auf eine kostengünstige Krananlage vor Ort in den Stator eingebaut. Über die Wehradurchflussregulierung ist die Turbine als weiteres Regulierorgan in das Abflussregime eingebunden. Kleinere und mittlere Abflüsse werden über die Turbine abgefahren und bei größeren Durchflüssen werden die weiteren Ringkolben- und Kegelstrahlschieber in Betrieb genommen. Bild 5.23: Auslaufbauwerk mit Anbau für das Sperrenkraftwerk [6] Turbinen mit ähnlicher Aufgabenstellung sind zum Beispiel am Pumpspeicherkraftwerk Markersbach, an den Talsperren Falkenstein, Dröda, Werda, Tambach- Dietharz, Lingese und Brucher eingebaut. In 2012 sollen auch Dotierturbinen an den Speicherkraftwerken Sufers und Bärenburg am Hinterrhein in der Schweiz in Betrieb genommen werden. In allen Fällen handelte es sich um einen nachträglichen Einbau in die bestehenden Staumauern und neben dem großen Einsatzbereich haben die verschiedenen Aufstell- und Anpassungsmöglichkeiten der Durchströmturbine den Einbau in die vorhandenen Strukturen ermöglicht. <?page no="211"?> 199 Bild 5.24: OSSBERGER-Durchströmturbine zum Druckabbau in einer Trinkwasserleitung der finnischen Stadt Turku [7] Nutzfallhöhe: 47,5 - 52,5 m Wassermenge: 861 l/ s Turbinenleistung: 337 - 368 kW Turbinendrehzahl: 337 U/ min Generatordrehzahl: 337 U/ min Im Jahre 2011 wurde eine Durchströmturbine mit Laufraddurchmesser 800 mm in einer Trinkwasseraufbereitungsanlage der finnischen Stadt Turku in Betrieb genommen. Die Herausforderung bestand darin, dass der Druck aus einer 60 km langen Rohrleitung vom Trinkwasserspeicher zur Aufbereitung abgebaut werden musste. Um unzulässige Druckstöße zu vermeiden, waren die Öffnungs- und Schließzeiten mit mindestens 20 min vorgegeben und auch bei Notschluss der Turbine und Übergang in die Durchgangsdrehzahl durfte keine Durchflussänderung auftreten. Um der Aufgabenstellung der langen Stellzeiten gerecht zu werden, wurden an Stelle der Hydraulikzylinder Elektrohubzylinder mit 24 VDC-Motoren zur Verstellung der Leitschaufeln verwendet. Dabei wird in Kauf genommen, dass ein entsprechendes Batteriesystem bereitgestellt werden muss, welches bei einer Netzstörung die Motoren der Hubzylinder versorgt und dass der Maschinensatz dann über die Länge der Schließzeit in Durchgangsdrehzahl betrieben wird. Zur Vermeidung der Durchflussänderung bei Übergang in die Durchgangsdrehzahl wurde eine spezielle Auslegung der Turbine und Bemessung der Beaufschlagungsbreite angewandt, welche am firmeneige- <?page no="212"?> 200 nen Versuchsstand getestet worden war. Die Durchströmturbine wurde mit zwei gleich großen Zellen ausgeführt und komplett aus Edelstahl gefertigt. Als Schmiermittel und Anstriche kamen nur lebensmittelechte Produkte in Frage. Erfahrung hatte man bei OSSBERGER schon aus einer vergleichbaren Anlage in Italien, die im Jahre 2000 in Betrieb gegangen war. Hier betrug die Rohrleitungslänge 33 km und bei einer statischen Fallhöhe von 110 m schwankte die Nettofallhöhe je nach Durchfluss zwischen 48 m und 97 m. Der Maschinensatz, bestehend aus einer OSSBERGER-Durchströmturbine mit Laufraddurchmesser 800 mm und direkt gekoppeltem Asynchrongenerator hat eine max. Leistung von 1 MW. Der Betreiber hatte sich für den Einbau der Turbine entschieden, da es immer wieder Probleme mit den Ventilen zum Druckabbau gegeben hatte. Bild 5.25: Anlage für Inselbetrieb mit Synchrongenerator und Schwungrad. Das Hydraulikaggregat hat eine Handpumpe für den Schwarzstart. Fremdenergie oder ein Batteriesystem wird nicht benötigt. [7] Nutzfallhöhe: 11 m Wassermenge: 1300 l/ s Turbinenleistung: 115 kW Turbinendrehzahl: 310 U/ min Generatordrehzahl: 1000 U/ min <?page no="213"?> 201 Bild 5.26: Auf dem oberen Bild einer Anlage in Nepal, das kurz nach dem Bau aufgenommen wurde, sind sehr gut der Hangkanal, das Einlaufbecken mit Entlastung, die Rohrleitung und das Turbinenhaus zu erkennen. Auf dem unteren Bild hat die Natur wieder Besitz ergriffen und die Anlage ist komplett eingewachsen. Von den Rodungen aus der Bauphase ist nichts mehr zu sehen. [7] <?page no="214"?> 202 5.8 Literaturverzeichnis [1] Giesecke, Jürgen: Wasserkraftanlagen - Planung, Bau und Betrieb. Springer Verlag, Berlin 1997 [2] Fa. OSSBERGER GmbH + Co: Die Wasserkraftidee. Weissenburg, 1990, Firmenschrift [3] Fa. OSSBERGER GmbH + Co.: Die Original OSSBERGER-Durchströmturbine. Weissenburg, 2015, Firmenschrift [4] Bohl, Willi: Strömungsmaschinen (Berechnung und Konstruktion). Vogel Verlag, Würzburg 1980 [5] Hochschule Ansbach: 2D-Simulation einer OSSBERGER-Turbine. Abschlussbericht, 2007 [6] Glebsattel, Schneider, Wirth: Bau einer Kleinwasserkraftanlage mit Durchströmturbine an der Wehratalsperre. Wasserwirtschaft, April 2000 [7] Werksbilder Fa. OSSBERGER GmbH + Co. <?page no="215"?> 203 6 Kleine Wasserkraftwerke mit Schneckenantrieb K. Brada Kurzfassung Die vorliegende Arbeit beschreibt die Anwendung der Schneckenpumpe als eines relativ einfach herzustellenden Wasserkraftantriebs. Die Berechnungsmethoden für die Hauptmessungen der Wasserkraftschnecke, sowie die Energieflussbilanz und der daraus folgende Wirkungsgrad werden abgeleitet. Der Beitrag beinhaltet Resultate von Optimierungsuntersuchungen des geometrischen Wasserkraftschneckenvolumens. Folgend werden Konstruktionsbeispiele und Messeinrichtungen für die Hauptparameterfeststellung an der 7-kW-Modell-Wasserkraftschnecke, d.h. an einer Einrichtung angeführt, die z.Z. europa ja weltweit an mehr als 200 Kraftwerken mit Wasserkraftschnecken erfolgreich eingesetzt wurde. 6.1 Einleitung Das Prinzip der hydraulischen Gleichdruckmaschine mit einer Spindel als Arbeitselement ist seit mehr als 2.000 Jahren bekannt. Zurzeit erlebt diese Maschine ihre Renaissance in Abwasserreinigungsanlagen, obwohl ihre ursprüngliche Anwendung in der Bewässerung lag. Die Archimedische Schraube verfügt über folgende Vorteile: Einfachheit, lange Lebensdauer, Transportfähigkeit von Wasser mit Sand und diversem Abfall, einfacher Zugang zu den Arbeitsräumen bei Reinigung. Die kleine Drehzahl und das Gleichdruckprinzip der Maschine (drehende Schnecke im offenen Trog) bringen dagegen folgende Nachteile: relativ geringe Übertragungsleistung und der daraus folgende Bedarf nach einem Getriebe zwischen Schnecke und Elektrogenerator. Auch die Förderhöhe ist auf etwa 5 m begrenzt. Die größten Schnecken, die z.Z. hergestellt werden, verfügen über 4 m Rotoraußendurchmesser und leisten Durchflüsse bis 6 m 3 .s -1 . Das Funktionsprinzip der Archimedischen Schraube ermöglicht sowohl den Pumpen-, als auch den Turbinenlauf beim Wirkungsgrad um 80 % mit einem flachen Verlauf der Wirkungsgradabhängigkeit von der Durchflussmenge. Einen großen Vorteil der Archimedischen Schraube gegenüber anderen hydraulischen Maschinen stellen die relativ geringen technologischen Anforderungen dar, die sich daraus ergeben, dass die Schraube eine Schweißkonstruktion ist und die Spalte zwischen Rotor und Trog etwa 10mal größer ist als z.B. jene zwischen Laufrad und Gehäuse bei den Propellerpumpen. Mein Beitrag befasst sich mit der Verwendung der Archimedischen Schraube eigentlich im umgekehrten Sinne, nämlich als einer kleinen Wasserkraftschnecke. Den Anstoß dazu brachten Betriebsfälle während des Beobachtens einer Wasserförderschnecke, die bei Stromausfall und fehlender Rücklaufsperre mit hoher Drehzahl rückwärts lief. Dabei wurden Kenntnisse aus dem Pumpenanlagenbau weltbekannter Hersteller ausgewertet, sowie Anwendererfahrungen, wenn der Turbinenlauf der Schneckenpumpe beim Stromausfall Schwierigkeiten brachte. Anlagenbau und Konstruktion wurden von den Herstellern durchgeführt; umfangreiche Erfahrungen aus der Praxis der letzten 30 Jahre liegen vor. Bislang haben sich allerdings <?page no="216"?> 204 auch die Hochschulen in Forschung und Lehre mit der Schnecke befasst. Hier allerdings schlummern noch mögliche Fortschritte. Man kann hoffen, dass hier ein Wandel eintritt. An der Technischen Universität Prag wurden Modellversuche mit einer Wasserkraftschnecke, Diameter Ø 1.050 und 2 m Fallhöhe, Leistung bis etwa 7 kW, in Jahren 1995-1996, vorgenommen. Von außerordentlicher Bedeutung ist auch die Reaktivierung zahlreicher Wasserkraftwerke, die einige Zeit brachlagen. Bis in die1980er Jahre waren in der ČSR fast 15.000 Mikrokraftwerke mit einer Durchschnittsleistung von 16 kW vorhanden. Mehr als 14.000 davon wurden im Laufe der letzten 70 Jahren stillgelegt. Eine Wiederaktivierung dieser Energiequellen würde 550.000 T/ a Braunkohlebzw. Elektroenergie im Umfang von 11.900 GWh/ a entsprechen. Ähnlich ist die Situation auch in Baden- Württemberg, wo rund 4.000 Kleinwasserkraftwerke zu erneuern sind. Das als mobilisierbar zu betrachtende Potential dieser Kraftwerke kann man auf 2.387 GWh/ a schätzen. Auch im Erzgebirge hat die DDR-Energiepolitik unzählige Mühlen und Kleinkraftwerke sterben lassen, um die Auslastung der Braunkohlekraftwerke zu steigern. Der größte Teil der ungenutzten Wasserkräfte liegt bei 1-5 m Fallhöhe im Bereich von 1-50 kW, der früher ausschließlich den Wasserrädern vorbehalten war. Hier kann man die Wasserkraftschnecke unter Verwendung von Herstellernormteilen allen vorkommenden Verhältnissen wie auch den jeweiligen Vorortbedingungen anpassen, denn im Gegensatz zu Wasserrädern besteht kein Zusammenhang zwischen Fallhöhe und Durchmesser. Die Anlagekosten je kW unterscheiden sich von Fall zu Fall, doch sie liegen in der Regel deutlich unter den Kosten für Sonnenenergie, Windkraft oder Entspannungsturbinen. 6.2 Anwendungsprinzip der Wasserkraftschnecke Die Wirkungsweise einer Schnecke wird durch das Schema im Bild 6.1 erläutet. Das schwimmende Wasserkraftwerk bringt die Vorteile von kompakten energetischen Zentralen, d.h. die Minimierung der Bau- und Montagearbeit und damit auch einen aus der Umweltsicht minimalen Eingriff in die Wasserstausituation. Das ist vor allem bei alten Wehrkörpern von Bedeutung, bei denen die schräge Schnecke dem Wehrumriss angepasst werden kann. Ein weiterer Grundvorteil der Wasserkraftschnecke ist der Entfall des Saugrohres und die Anpassungsfähigkeit des Wasserkraftwerkes an die veränderliche Fallhöhe, die sich durch Unterwasserschwankung unter dem Wehr einstellt. Die Schnecke 1, die als mehrgängig abwickelbare, auf das Tragrohr aufgewickelte Schraubenfläche errichtet ist, rotiert im zylindrisch offenen Trog 2. Zwischen dem Trog und der drehenden Schnecke entstehen Arbeitswasserräume, die oben gefüllt werden und nach unten sinken. Damit wird die Wasserlageenergie in die mechanische Energie (auf der Schrägfläche der Schenkel) der rotierenden Schnecke umwandelt. Die Größe des Arbeitswasserraumes zwischen zwei Nachbargängen, die bei gegebener Drehzahl für die Schluckfähigkeit und damit auch für die Leistung der <?page no="217"?> 205 Wasserkraftschnecke maßgebend ist, wird durch die Rotorneigung, bei der Steigung und Gangzahl der Schneckenfläche, beeinflusst. Je kleiner der Schneckenneigungswinkel gegen den Wasserspiegel ist, desto größer wird dann der Arbeitswasserraum. Gleichzeitig wird auch die Rotorlänge vergrößert. Als optimal wird die Neigungswinkelgröße der Rotorachse auf 30° festgesetzt. Die Gangzahl der Schnecke soll ungerade sein, wegen der Gleichmäßigkeit des Durchflusses, wie dies bei hydrostatischen Maschinen üblich ist. Die häufigste Anzahl ist dabei die 3. Die optimale Steigung der Schneckenfläche hängt von der Rotorneigung und der Gangzahl ab. Bild 6.1: Schwimmendes Wasserkraftwerk mit Wasserkraftschnecke Der Schneckenrotor ist in oberem Radial- und unterem Radioaxiallager eingefasst. Das Drehmoment wird von dem Wellenende über das Ketten- oder (am häufigsten) das Riemengetriebe 5 und den Getriebekasten 6 auf den Elektrogenerator 7 übertragen. Getriebe und Generator sind im wasserdichten Maschinenraum 3 untergebracht, der eine feste Konstruktionsgruppe darstellt, die mit Obergelenk 4 am Wehr 8 gelagert wird. Damit entsteht eine kippbare Verbindung der Wasserkraftanlage mit dem Wehr, die das Anpassen der Wasserkraftschneckenlage an den jeweiligen Unterwasserschwankungsgrad ermöglicht. Dies wird dann beim Maschinenraumheben für Wartung und Reparaturen genützt. Der Anlauf der Wasserkraftschnecke auf die Betriebsdrehzahl wird durch Öffnung der Anlauf- und Absperrschieber ausgeführt. Der Schieber wird beim Außerbetriebsetzen der Wasserkraftschnecke, z.B. bei Stromausfall und der dadurch entstandenen Durchgangsdrehzahlgefahr, gesperrt. Die Einrichtung des Maschinenraumes in der wasserdichten Kammer unter dem Wasserspiegel wirkt umweltfreundlich, denn das Geräusch von Getriebe und Gene 1 - Schnecke, 2 - Trog, 3 - Maschinenkammer, 4 - Obergelenk, 5 - Kettengetriebe, 6 - Getriebekasten, 7 - Elektrogenerator, 8 - Wehrkörper, 9 - Trogschwimmer <?page no="218"?> 206 rator wird gedämpft. Der Maschinenraum und auch die Wasserkraftschnecke stören damit in minimaler Weise das ursprüngliche Profil der umgebenden Landschaft. Die Leistungssteuerung der Wasserkraftschnecke ist selbsttätig. Bis zu 40 % Durchflussabsenkung (durch obere Wasserspiegelabsenkung) wird der Wirkungsgrad nur sehr wenig beeinflusst. Bei oberem Wasserspiegelsteigen steigt das Wasser über Arbeitsräume der Schnecke; es kommt zu keiner Leistungssteigerung. Der Wirkungsgrad der Wasserkraftschnecke nimmt wegen Volumensteigerung und Hydraulikverluste ab. Es ist sehr wichtig, den oberen Wasserspiegel in konstanter Höhe zu halten, z.B. durch Verwendung mehrerer Wasserkrafteinheiten, die stufenweise je nach Durchfluss ein- und ausgeschaltet werden. Das große Wasser muss man entweder mit dem Steuerungsfeld des Wehres, oder durch Abstellen der Wasserkraftanlage lösen. Die Nutzung der Wasserenergie bei hohem Unterwasser ist bei Wasserkraftwerken für die Fallhöhen von 1 bis 5 m sowieso problematisch. Die Bauarbeiten, die mit der Installation der schwimmenden Wasserkraftschnecken verbunden sind, sind vor dem Einrichten der Wehrkrone durchzuführen, um möglichst große Eintrittsquerschnitte zu sichern und die Brutto-Fallhöhe optimal nützen zu können. Des Weiteren ist es notwendig, eine Verankerung des Halters der Wasserkraftschnecke auszuführen. Unter dem Wehr muss genügend Boden ausgegraben werden, um bei niedrigstem Unterwasserspiegel das Feststecken der Schwimmer zu vermeiden. 6.3 Geometrische Kennwerte der Anlage und der Schnecke Die Anordnung der Wasserkraftschnecke mit gekennzeichneten geometrischen und geodätischen Angaben zeigt das Bild 6.2. Für den Turbinenbetrieb sind folgende Niveaus wichtig: oberer Wasserspiegel A (Stauniveau), der idealweise durch den Eintrittspunkt 1 eigentlich den höchsten Füllpunkt der Schnecke - verläuft. unterer Wasserspiegel B, für den richtigen Turbinenbetrieb soll dieser bei allen Betriebszuständen durch den Punkt 2 verlaufen. - Das Einhalten der Schneckenlänge gegen A- und B- Niveaus garantiert die Ausnützung der Fallhöhe H, die durch die Differenz der geodätischen Höhen des oberen und unteren Wasserspiegels gegeben ist. Höhere Werte dieser Niveaus bringen höhere hydraulische Verluste, die durch Überschwämme beider Schneckenschlüssen hervorgerufen werden. - Das Überfallniveau C, das in der Höhe des niedrigsten Punktes am Außendurchmesser des oberen Schneckenendes liegt. Die Spiegeldifferenz A - C bestimmt den Bereich der Schneckenfüllung H Z von maximalem Durchfluss bis zu Null. - Die Durchflussmenge Q nimmt verhältnismäßig rasch mit Verringerung der Füllhöhe H z ab, während der Wirkungsgrad der Wasserkraftwerkschnecke bis zur Hälfte des Nenndurchflusses langsam sinkt (etwa um 20 %). - Die Schneckenfläche wird üblich als abwickelbare Fläche gebildet, mit der Tangente zu der Schraubenlinie im Tragrohr. Man kann diese Schneckenfläche aus einem ebenen Material (Kreisring) formen. Die Berechnung der Schneckenabmessungen kommt aus dem Volumen einer Tasche (Wasserinhalt des zwischen den Gewinden begrenzten Raumes), die <?page no="219"?> 207 mit der Zylinderfläche des Tragrohres und den ebenen Fläche des Wasserspiegels weiter definiert wird. Das geometrische Volumen V g , das den theoretischen Durchfluss der Schnecke bei einer Umdrehung zeigt, können wir mit der Gleichung: m 3 (6.1) beschreiben, wo i - Gangzahl und D - Schneckendurchmesser sind. Der Parameter q ist das dimensionslose geometrische Volumen einer Tasche der Kraftschnecke; er ist von den dimensionslosen geometrischen Größen d / D und λ / D und dem Neigungswinkel β abhängig (siehe Bild 6.2). Bild 6.2: Geometrische Kennwerte der Schneckenturbine Das Nabenverhältnis d / D hat oft die Größe 0,5; diese gewährleistet eine hinreichende Steifheit des Rotors. Kleinere Werte d / D beeinflussen die Größe q sehr wenig. Mit zunehmendem Winkel nimmt q ab. Überwiegend ist hier der Winkel β = 30° vorhanden. Bei Archimedischen Schrauben wird sehr oft die Gangzahl i = 3 verwendet. Die Verhältnissteigung λ / D hat gewöhnlich den Wert q (6.1). Die Feststellung des größten geometrischen Volumens q ist eine Optimierungsangabe. Die Ermittlung wird mit der grafischen Berechnungsmethode, durch Zerlegen des Taschenvolumens auf die elementaren Teilchen, durchgeführt. Die Resultate der Volumenoptimierung bringt das Bild 6.3. Es ist ersichtlich, dass beim Neigungswinkel β = 40° das geometrische Volumen um ein Drittel niedriger als β = 30° ist. 3 g . . D q i V = <?page no="220"?> 208 Bild 6.3: Grafische Darstellung der optimierten Berechnung des geometrischen Volumens einer Wasserkraftschnecke Da wegen der Leckverluste eine geringere Schluckmenge als errechnet zu bewerten ist, liegt die tatsächliche Leistung der Wasserkraftschnecke in Wirklichkeit höher. Dies wird durch die Viskositäts- und Zentrifugalkräfte verursacht, denn ein Teil von der Wassermenge bleibt haften auf der nicht getauchten Schneckenfläche. Diese Überschreitung des theoretisch ermittelten Wasserstromes macht etwa 15 % unter folgenden Bedingungen: die Wasserkraftschnecke ist richtig gefüllt (Bild 6.2 Punkt 1) die Spalte und Schnecke s = 0,045 D die Drehzahl der Schnecke muss so hoch liegen, dass gerade noch keine Überschwemmung eintritt. 6.3.1 Drehzahlbestimmung Die Schneckendrehzahlgröße hängt mit dem theoretischen Durchfluss nach der Gleichung (6.2) zusammen, wobei n die Schneckendrehzahl darstellt. m3·s-1 (6.2) Die Schneckendrehzahl wird durch Reibungs- und Hydraulikverluste sowie durch Volumen- und Schleuderverluste begrenzt. Die Bedingung gleicher verhältnismäßiger Volumenverluste (gleicher Volumenswirkungsgrad) und Zentrifugalkräfte (gleicher Schleudereffekt, d.h. das Abspritzen des Wassers aus der Schneckenarbeitsfläche) gibt den Zusammenhang zwischen Drehzahl und Schneckendiameter n = konst. D -1/ 2 . Die gleiche verhältnismäßige Reibungsleistung (der gleiche mechanische Wirkungsgrad) und die gleichen hydraulischen Verluste (der gleiche hydraulische Wirkungsgrad) gibt den Zusammenhang der Drehzahl und des Schneckendiameters n D q i n V Q . . . . 3 t t = = <?page no="221"?> 209 n = konst. D -1 . Die meisten weltbekannten Hersteller von Schneckenpumpen richten sich nach der Gleichung (6.3), die einen Kompromiss der letzten zwei Ausdrücke für Schneckendrehzahl darstellt, min-1 (6.3) welche auch in Literatur [1] empfohlen werden. Die Drehzahl, abhängig von der Schneckengröße, bewegt sich in den Grenzen n = 20 bis 100 -1 . 6.3.2 Schnellläufigkeit der Wasserkraftschnecke Im Prinzip ist die Arbeitsweise einer Wasserkraftschnecke ähnlich dem Wasserrad, bei dem jedoch die Drehzahl von der Fallhöhe abhängig ist. Im Durchschnitt läuft die Wasserkraftschnecke dreimal schneller als ein Wasserrad, da beide Typen für kleine Fallhöhen bestimmt sind. Die Unabhängigkeit des Schneckendiameters von der Fallhöhe gibt die Möglichkeit der Durchmessertypisierung, während die Fallhöhe die Schneckenlänge bestimmt. Die spezifische Schnellläufigkeit der hydraulischen Maschinen wird durch die spezifische Drehzahl definiert. Die Arbeitsbereiche einzelner Typen von Wassermotoren zeigen, dass Wasserkraftschnecken im Vergleich mit Wasserrädern die Schnellläufer sind. Die im Vergleich mit den Wasserrädern höhere Drehzahl der Wasserkraftschnecken führt zu kleineren Abmessungen der Schnecken, die auch geringere Masse und niedrigere Herstellungskosten bedeuten. 6.4 Wasser- und Energiefluss in der Wasserkraftschnecke In die Wasserkraftschnecke kommt die Wassermenge hinein, welche die Schluckfähigkeit Q der Schnecke definiert. Die Fallhöhe H nimmt gegen die Stauhöhe ab, was durch die Wasserzufuhrverluste bedingt ist. Die effektive (wirkende) Durchflussmenge der Wasserkraftschnecke ist größer als der theoretische Durchfluss, nämlich um die Volumenverluste, die zwischen Trog und Schnecke entstehen (siehe Bild 6.5). Es ist ein Teil der Wassermenge, der durch die Viskositätskräfte verursacht wird und den die Schneckenblätter an der Oberfläche mitnehmen. Dieser Anteil ist energetisch wirksam und das Durchflussaufnehmen wird durch die Relation Q ef = ε.Q (m 3 .s -1 ) ausgedrückt. <?page no="222"?> 210 Bild 6.4: Flüssigkeits- und Energiefluss durch die Wasserkraftschnecke Die Volumenverluste, die zwischen dem Trog und der Schnecke entstehen, sind von der Wasserhöhe in der Tasche h = (λ / i) = sin β abhängig. Die Spaltengröße ist s = 0,045 D. Die volumetrischen Verluste in der Wasserkraftschnecke sind kleiner als beim Pumpenlauf, denn das Schneckenblatt bewegt sich in der Durchflussrichtung. Der geometrische Wirkungsgrad im Pumpen- und Kraftschneckenlauf sollte in folgender Relation je nach Größe der Wasserkraftschnecke bestehen. 1 (6.4) Die hydraulischen Verluste entstehen am Ein- und Austritt durch das Flüssigkeitsrühren und durch den Verlust der kinetischen Energie (am Austritt). Wenn der Wasserspiegel recht hoch ist (A, B im Bild 6.2), dann sind die Rührungsverluste minimal (stoßloser Ein- und Austritt). Am Austritt kommt das Wasser mit der Geschwindigkeit v a = λ / .n heraus. Der hydraulische Verlust beträgt J·kg-1 (6.5) und der hydraulische Wirkungsgrad mit Vernachlässigung der Ein- und Austrittsverluste ergibt. 1 (6.6) Für die Feststellung der mechanischen Verluste der Wasserkraftschnecke ist es notwendig, den Energietransformationsweg vom Eintrittsflüssigkeitsfluss zum Rotor, über die Lager, die Stopfbuchse, die Kupplungen und die Getriebe zum Generator zu <?page no="223"?> 211 verfolgen. Auf den Rotor der Wasserkraftschnecke wird die Leistung zugeführt (siehe Bild 6. 6). W (6.7) Auf die Generatorwelle wird diese Leistung transportiert, mit Verminderung um: die Verlustleistung durch die Rotorreibung (Schneckenblätter, Tragrohr und Flüssigkeitskörper um den Trog) im Bild 6.7, gezeichnet P mG + P mT die Verlustleistung in den Lagern und in der Stopfbüchse PmLD die Verlustleistung in den Kupplungen, dem Kettenbetriebe und im Getriebekasten PMK Die Reibungsverlustleistung der Schneckenblätter und des Tragrohres wird als hydrodynamischer Verlust bestimmt, nach dem Schema W (6.8) Die mechanischen Innenverluste P mLD und Außenverluste P mK müssen geschätzt werden. Der Gesamtwirkungsgrad der Wasserkraftschnecke mit mechanischen Außenverlusten ist definiert durch η = mechanische Austrittsleistung / hydraulische Eintrittsleistung: 1 (6.9) Die Resultate der Berechnung einer Wasserkraftschnecke werden für gewöhnliche Größen verallgemeinert. Die Wasserkraftschneckenparameter gelten unter der Voraussetzung: η = 0,8; λ / D = 1.3; d / D = 0,5; i = 3 Die Leistungen gelten für die Fallhöhe H = 4 m, sonst sollen die Leistungsangaben linear nach der Fallhöhe umgerechnet werden. <?page no="224"?> 212 Tabelle 6.1: Parameter der Wasserkraftschnecke 6.5 Konzeptionsbeispiele und Einsatzmöglichkeiten der Wasserkraftschnecke Im Bild 6.1 wird das schwimmende Wasserkraftwerk gezeigt, das minimale Bau- und Montagearbeiten erfordert. Diese Wasserzentrale ergibt den Vorteil der selbsttätigen Anpassung der Wasserkraftschnecke an veränderliche Fallhöhen, die sich aufgrund Bild. 6.5: Wasserkraftschnecke mit festem Trog <?page no="225"?> 213 von Unterwasserschwankungen unterhalb des Wehres bei veränderlicher Durchfluss-menge ergeben. Bei Fallhöhesenkung wird die Leistungsverminderung durch die Schluckmenge der Wasserkraftschnecke (der Neigungswinkel β der Rotorachse nimmt ab, siehe Kap. 6.3) teilweise eliminiert. Die einfachste Ausführung der Wasserkraftschnecke, die aus der Konzeption der Schöpfwerke mit Wasserkraftschnecke abstammt, ist in Bild 6.7 angeführt. Die Konzeption ergibt sich aus den gewöhnlichen Ausführungen der Entwässerungsanlagen. Der Stirnrad- oder Planetengetriebekasten ist mit dem Asynchrongenerator integriert. Ein Nachteil dieser Konzeption ist die Absenz der Vertikalstellung des unteren Schneckenendes, was bei der Unterwassersteigung zu einem größeren hydraulischen Verlust führt. Bei niedrigem Unterwasserstand wird nicht die volle Fallhöhe ausgenützt. Diese Ausführung vereinfacht die Konstruktion und spart die Kosten. Der Trog wird aus Beton, Fertigteilen, oder aus Blech mit äußerer Versteifung erbaut. Bild 6.6: Wasserkraftschnecke mit kippbarem Trog und handbetätigtem Verstellmechanismus Wasserschnecke mit kippbarem, mechanisch betätigtem Trog, der die Anpassung der Rotorlänge an die Unterwasserschwankung ermöglicht, wird im Bild 6.8 dargestellt. Der Schneckentrog ist mit einem Gelenk ausgestattet und damit klappbar. Mit dem handbetätigten Schraubenmechanismus wird einfach die Anpassung des unteren Schneckenendes an den jeweils veränderten Unterwasserstand erreicht. Die Wasserenergie beim Außennominaldurchfluss wird mit maximalem Wirkungsgrad und bei optimaler Leistung ausgenützt. Die Stirnwand am Schneckeneintritt wird aus einem elastischen Material (armierter Gummi) erzeugt. <?page no="226"?> 214 Die Wasserkraftschnecke kann auch zu Energiespeicherung und -rückgewinnung verwendet werden. Dies wird mit wechselnder Drehrichtung, abwechselnd als Wasserförderschnecke erreicht, was die Zusammenarbeit der Schnecke mit anderen Kraftmaschinen ermöglicht. Dies könnte ein Beispiel der zeitweise und mit unregelmäßiger Leistung arbeitenden Windkraftzentrale zeigen, die den Elektroantrieb einer Kreiselpumpe speist. Eine Bypass-Anbindung der Schneckenmaschine begleicht dann den Überschuss oder den Mangel an elektrischer Energie, die sonst annähernd konstant bleiben soll. 6.6 Feststellung der Hauptparameter bei kleiner Wasserkraftschnecke Für den Betrieb einer Wasserschnecke ist der Wirkungsgrad, der mit der Gleichung (6.9) definiert wird, ein sehr wichtiger Parameter im ökonomischen Sinne. Den Gesamtwirkungsgrad des Mikrokraftwerkes kann man definieren durch 1 (6.10) Aus praktischer Erfahrung mit Wasserförderschnecken ist bekannt, dass der Wirkungsgrad mit der Größe der Maschine zunimmt. Daraus folgt, dass die experimentellen Untersuchungen mit den Schnecken mit Außendurchmesser 800 bis 1.000 mm durchgeführt werden sollten. Die Realisierungsgefahren und damit auch die Spalte zwischen Schnecke und Trog sind dann die gleichen am Modell und an der Wasseranlage. Die Volumenverluste können ähnlich modelliert werden. Im Bild 6.9 wird ein Schema der Maßeinrichtung für die Feststellung von Hauptparametern der Wasserkraftschnecke dargestellt. Die Wasserkraftschnecke 1 arbeitet in einem Kreislauf, der den Wasserumlauf und das Heben der Umwälzpumpe 13 besorgt. Die Durchflussmenge Q wird am Überfall im Messkanal 11 gemessen. Die Fallhöhe H wird festgestellt. Die elektrische Austrittsleistung wird mit dem Wattmeter 18 gemessen. Die Messeinrichtung gestattet in bestimmten Grenzen, den Ober- und Unterwasserspiegel und damit auch die Fallhöhe zu bestimmen. Mit dem Mechanismus 6 wird die Schneckenlage (Winkel β) geändert. Es werden die optimalen Bedingungen für maximale Wasserkraftschneckenleistung ermittelt. Die Wirtschaftlichkeit einer Wasserkraftschnecke betrifft nicht nur den Wirkungsgrad (6.10), sondern auch die Erstellungskosten. <?page no="227"?> 215 Bild 6.7: Schema der Messeinrichtung für Leistungsermittlung der Wasserkraftschnecke 6.6.1 Resultate der experimentellen Versuche Auf den Gedanken, die Schnecke auch als einen Wassermotor zur mechanischen Energieerzeugung zu verwenden, kamen unabhängig voneinander zwei Erfinder. An der TU Prag im Laboratorium für Strömungsmaschinen wurde eine Wasserkraftschnecke (Schneckendurchmesser 1.050 mm, Länge ca. 4,7 m) von der Fa. SIG- MA, Hranice (Nachfolger: Fa. GESS-CZ GmbH, Hranice) aufgebaut und langfristig getestet. Nach erfolgreichem Abschluss der Versuche wird die Versuchschnecke jetzt in der Praxis zwecks Energiegewinnung eingesetzt. In Oberer Schlägweidmühle bei Bopfingen-Aufhausen wurde eine Wasserkraft gefunden, zu der Schluckvermögen und Fallhöhe der Versuchsanlage recht gut passten (Kennlinien im Bild 6.10). Nach dem Herrichten für die örtlichen Verhältnisse wurde die Schnecke als erste Wasserkraftschnecke der Welt zur Demonstration und Praxiserprobung aufgestellt; sie erzeugt Strom, der in das EVU-Netz eingespeist wird. <?page no="228"?> 216 Bild 6.8: Typische Kennlinien der Wasserkraftschnecke bei der Einstellung β = 30°, n m = 53 min -1 , n E = 1515 min -1 η m - Gesamtwirkungsgrad der Wasserkraftschnecke, η E = Gesamtwirkungsgrad (an den Klemmen), Q - Schluckmenge, m - Drehmoment an der Schneckenwelle, P - Austrittsleistung an der Schneckenwelle, n m - Drehzahl der Schnecke, n E - Drehzahl des Asynchrongenerators 1 h 1 h Bild 6.9: Dimensionslose Parameter von der Kraft- und der Förderschnecke <?page no="229"?> 217 Die Leistungsprüfungen wurden mit folgenden variablen Parametern durchgeführt: - Der Neigungswinkel β sollte im Motorbetrieb zwischen 25° bis 36° liegen, kleinere Winkel bei größerer Schluckfähigkeit verlängern die Baulänge der Schnecke, größere Winkel bringen kleinere Durchflüsse und damit auch geringere Leistungen; als optimal, nach Wirkungsgrad und Energieumfang, erscheint β = 30° bis 38°; die größeren Winkel sind wichtig bei großen Förderhöhen, weil sich dadurch die Rotorlänge verkürzt. - Die Drehzahl variierte in den Grenzen zwischen 50 und 61 min -1 . - Das Zulaufniveau H 1 (Motorlauf - sieh Bild 6.9) wurde vom Schluckvolumen der Schnecke bestimmt. Das Ziel der experimentellen Untersuchung war die Feststellung der maximalen Schluckfähigkeit und des Wirkungsgradverlaufs der Schnecke bei veränderlicher Drehzahl. Auf dem Bild 6.11 sind die gemessenen Kennlinien der Wasserkraftschnecke beim Neigungswinkel β = 30° angeführt. Der flache Kennlinienverlauf des Wirkungsgrades ist ersichtlich; der optimale Arbeitsbereich liegt bei einer Zulaufhöhe zwischen 300 bis 450 mm (das entspricht der Schluckenge 170 bis 270 l/ s). Die maximale Zulaufhöhe (bei η = 0,78) war durch die Einlaufbeckenhöhe auf H 1 = 500 mm begrenzt, denn die Möglichkeit der Schneckenüberfüllung wurde erst während des Betriebs erkannt. Beim Arbeitseinsatz der Wasserschnecke als Hydromotor werden die Arbeitsräume (Taschen) überfüllt. Als Unterschied ergibt sich, dass die Durchflussmenge (Bild 6.11 links) m q der Wasserkraftschnecke um etwa ein Drittel höher liegt. Daraus folgt, dass die Leistungsaufnahme P 1P der Wasserförderschnecke und die Leistungsabgabe P 1m der Wasserkraftschnecke dagegen um etwa ein Drittel überlastet werden können. Die Parameter der Schnecke können in dimensionsloser oder in einer Einheitsform verallgemeinert werden; sie gelten dann für jede in der Typenreihe des Herstellers angegebene Größe. Nach den Gesetzen der geometrischen und hydraulischen Ähnlichkeit können Leistungsparameter bei jeder Größe der Wasserkraftschnecke bestimmt werden. Die Tabelle zeigt die auf solche Weise ermittelten Parameter bei Wasserkraftschnecken in den Größen D = 280 bis 2.250 mm (selten bis 4.000 mm), die aus gemessenen Werten berechnet werden. Die Analyse der einzelnen Verluste für Wasserkraftschnecken ergibt die Möglichkeit, eine Parameterprognose auch für andere Geometrie und Gangzahl zu ermitteln. <?page no="230"?> 218 Tabelle 6.2: Parameter einer Typenreihe von Wasserkraftschnecken; abgeleitet vom Modell D = 1.050 mm; β = 30°; n = 54,7 min -1 6.7 Einige realisierte Wasserkraftschnecken Bild 6.10: Aufbau der Wasserkraftschnecke in Oberer Schlägweidmühle (im Jahre 1996 - erste in der Welt) Technische Daten: Schneckendurchmesser 1.050 mm, Beblätterlänge 7.000 mm, Neigungswinkel stellbar 25 bis 36°, Drehzahl 50 bis 61 min -1 , Zulaufhöhe 300 bis 450 mm, Schluckmenge 170 bis 270 l/ s, Energiegewinnung von 20.000 kWh/ a. <?page no="231"?> 219 Bild 6.11: Wasserkraftanlage an der Diebacher Rödermühle an der fränkischen Saale, Hersteller Ritz-Atro Technische Daten: Fallhöhe 1,1 m, Wassermenge 1.040 l/ s, Energieleistung 9,5 kW/ h Mühleeigner neben den vorhandenen drei Wasserrädern im Oktober 2001 zusätzlich mit einer Wasserkraftschnecke errichtet. Bild 6.12: Wasserkraftschnecke Kindberg - Probebetrieb, Hersteller Ritz-Atro Technische Daten: Schneckendurchmesser 3,6 m, Länge ca. 19 m, Gewicht 24 Tonnen, Nennwassermenge 5 m 3 .s -1 , Energiegewinnung von 500.000 kWh/ a, 160 kW in das Strom-versorgungsnetz, Drehzahl 21-25 min -1 , Probebetrieb April 2008. <?page no="232"?> 220 Bild 6.13: Wasserkraftschneckenherstellung - Werkhalle von Fa. GESS-CZ GmbH - Rouske, Tschechische Republik. Bild 6.14: Transport einer Wasserkraftschnecke in einen Bestimmungsort in Polen - GESS-CZ GmbH. <?page no="233"?> 221 Bild 6.15: Wasserkraftschnecke in Goryń - Polen, Hersteller GESS-CZ GmbH. Technische Daten: Fallhöhe 1,8 m, Wassermenge 6 m 3 .s -1 , Energieleistung 80 kW/ h. Inbetriebnahme: Jahr 2011 Einzigartige Fähigkeit die ganze Wasserkraftschnecke während des Hochwasserstands zu evakuieren. Bild 6.16: Wasserkraftschnecke in Luboszyce - Polen, Hersteller GESS-CZ GmbH. Technische Daten: Fallhöhe 1,6 m, Wassermenge 4 m 3 .s -1 , Energieleistung 44 kW/ h. Inbetriebnahme: Jahr 2011 Eine Alternative Montage des Troges aus Stahlblech mit Ortbeton hintergossen. Es garantiert Spaltgenauigkeit. <?page no="234"?> 222 Bild 6.17: Wasserkraftanlage - Rohrschnecke in Irland, Hersteller: Anonym Technische Daten: Wassermenge 0,5 m 3 .s -1 , Fallhöhe 5,0 m, Leistung 16 kW, Durchmesser 1,4 m, Blattlänge 10,47 m (3-gängig) Bild 6.18: Rohrschnecke mit Notfallschieber und Schaltschrank „Demo-Modell“, Hersteller: Anonym Technische Daten: Wassermenge 0,8 m³.s -1 , Fallhöhe 1,35 m, Leistung 7,5 kW. Möglichkeit der Beschichtung der Schnecken mit dem hochverschleißfesten Keramikverbundwerkstoff „nanoseal“. <?page no="235"?> 223 6.7.1 Vorteile der Schneckenturbinen Die Schneckenturbinen haben im Vergleich mit den üblichen Turbinen folgende Vorteile: • Eindeutig niedrigere Kosten für den Bau des Kleinwasserkraftwerkes • Niedrigere Anschaffungskosten (um ca. 30 - 40 %) • Gute Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu Turbinen und Wasserrädern. • Höherer Wirkungsgrad im Teillastbereich als bei vergleichbaren Wasserrädern und Turbinen. • Nutzung der geringen Fallhöhen - ab etwa 1 m • Einfache Konstruktion • Lange Lebensdauer • Hoher Wirkungsgrad • Zuverlässigkeit auch bei geringerem Durchfluss (schon bei 20-prozentigem Durchfluss erreicht sie einen Wirkungsgrad von 74 %) • Einfache Bedienung - niedrige Betriebskosten • Installation im Wehr möglich • Einfache Zugänglichkeit zum Betriebsraum • Feine Rechen nicht erforderlich - die Turbine ist für die Wasserlebewesen extrem schonend - die Rechen ermöglichen das Passieren für Fische ohne dass sie dabei Gesundheitsschäden erleiden. • Die Turbine bringt Sauerstoff in das Wasser ein und damit tragen sie zur Verbesserung der Wasserqualität bei. 6.8 Schlussfolgerung Im Kapitel 6 wurde das Verhalten der Wasserkraftschnecke während des Revers- Motor-Gangs analysiert. Eine dermaßen entstandene hydraulische Maschine (Turbine) kann man in der Verbindung Archimedische Schraube (Schnecke) - Beschleunigungsgang - Elektrogenerator als ein kleines Wasserkraftwerk einsetzen. In den 1950er Jahren kam es zur erweiterten Anwendung der Wasserkraftschnecken, die sich wegen Robustheit, unkomplizierter Wartung und langer Lebensdauer in industriellen und kommunalen Wasserkläranlagen betriebsmäßig gut bewährten. Erst 30 Jahre später, durch das zunehmende Interesse an der Nutzung wiederherstellbarer Energiequellen, erreichte die den natürlichen Wasserstrom nutzende Schneckenmaschine ihre Verwendung auch in den kleineren Wasserkraftwerken. Ergebnisse von Daten, die am Labormodell Ø 1.050 mm - Messrohr erhalten wurden: - Der Schneckenmotor verfügt bei der gleichen Geometrie, der gleichen Einlaufhöhe und etwa den gleichen Drehungen über einen um 1/ 3 größeren Wasserdurchlauf als im Falle des umgekehrten (Pumpen-)Laufs. Dies wird dadurch erreicht, dass die zwischen Fuge und Schnecke entstandenen Verluste auf den Abfluss zusteuern, wie auch die durch Schneckenoberfläche bedingten Reibungs-verluste den Wasserstrom in die gleiche Richtung abführen. <?page no="236"?> 224 - Der Wirkungsgrad im Pumpenlauf ist etwa gleich (flach) ca. 0,8 wie bei der kleinen Propellerturbine. Dies bestätigt die Eigenschaft der Kolben(Verdränger-)maschinen: das Wasser wird von dem Kolben (hydrostatisch durch den Wasserstrom, d.h. durch die Wassersäule vom oberen Wasserspiegel), nicht also vom hydrodynamischen Effekt der Schnecke, herausgedrängt. Betrieb mit umgebautem Modell Ø 1.050 mm in Oberer Schlägweidmühle: - Der Schneckenmotor wurde nach Einlieferung dem Terrain angepasst: es war erforderlich, die leichte Transmission umzubauen, indem diese gegen eine robustere Ausführung umgetauscht wurde. - Die Einrichtung ist seit 16 Jahren im Betrieb. Einige Probleme beim Aufbau kleiner Schneckenwasserkraftwerke: - Das hydraulische Ein- und Auslaufprofil eines kleinen Wasserkraftwerks (WKW- WKS) mit Schnecke ist nach den Grundsätzen der Niederdruckturbinenhydraulik auszuführen: breite Querschnitte, geringe Geschwindigkeiten, sanfte Verbiegungen des Wasserstrahls, keine Kanten. - In einigen Gebieten ist für die Baustelle wegen Fauna- und Floraschutz eine spezielle Baugenehmigung erforderlich; einen Bestandteil der Bauanlage stellt ein Fischweg mit Treppen dar. Vergleich mit anderen Arten erneuerbarer Energiequellen: Das kleine Schneckenwasserkraftwerk wird von der Öffentlichkeit positiv als umweltkonform angenommen. Sehr oft wird es am Rand von Klein- und Mittelgroßstädten errichtet; die Anlage wird auch als bedeutendes urbanistisches Werk geschätzt. 6.9 Literatur [1] Nagel G., Radlik, Karl-August: Wasser-Förderschnecken, Udo Pfriemer Buchverlag, 1988, 165 S., ISBN 3-7625-2623-3. [2] Palffy, S.: Wasserkraftanlagen - Klein und Kleinstwerke. Kapitel 6: Brada, K.: Schneckentrogpumpe als Mikroturbine. Expert Verlag, Sammelband für die Seminare TAE Esslingen, S. 191-209, 1994, ISBN 2-8169-1100-5. [3] Brada, K.: Wasserkraftschnecke ermöglicht Stromerzeugung, Maschinenmarkt, Würzburg, 105 (1999) 14, S. 52-54, ISSN 0341-5775. <?page no="237"?> 225 7 Europäische Netzsysteme R. Joswig, T. Weißbach Überarbeitungen und Ergänzungen auf Basis des Textes von Dr.-Ing. R. Hartenstein 7.1 Einleitung In einem elektrischen Verbundsystem sind die Höchstspannungsnetze zum Zweck der elektrizitätswirtschaftlichen Zusammenarbeit über Netzkupplungen miteinander galvanisch verbunden, d. h. alle Kraftwerke sind über das Verbundnetz synchron parallel geschaltet. Innerhalb eines Verbundsystems liegt im störungsfreien Betrieb also unter Vernachlässigung schneller elektromechanischer Ausgleichsvorgänge an jedem Ort die gleiche Frequenz vor. Der Verbund trägt entscheidend zur Erhöhung sowohl der Sicherheit als auch der Wirtschaftlichkeit der Stromversorgung bei, und zwar durch gegenseitige Störungshilfe und Reservebeistellungen sowie durch regelmäßigen Energieaustausch zur Schaffung einer Plattform für den integrierten europäischen Strommarkt. In Europa existieren derzeit fünf verschiedene elektrische Verbundsysteme, in denen die Stromnetze der Partnerländer elektrisch synchron zusammengeschaltet sind, vgl. Bild 1: - Kontinentaleuropäisches Verbundsystem (Regional Group Continental Europe) mit einer installierten Leistung von rund 822 GW 1 - ehemals UCTE - Skandinavisches Verbundsystem (Regional Group Nordic) mit einer installierten Leistung von rund 90 GW 1 - ehemals NORDEL - Verbundsystem Großbritanniens mit einer installierten Leistung von rund 73 GW 1 (Regional Group UK) - Verbundsystem Irlands mit einer installierten Leistung von rund 17 GW 1 (Regional Group Ireland) - Baltisches Verbundsystem mit einer installierten Leistung von rund 10 GW 1 (Regional Group Baltic) Die heute bestehenden Verbundsysteme sind nicht etwa die Folge einmaliger „Gründungsakte", sondern das Ergebnis einer jahrelangen kontinuierlichen Entwicklung. Über die letzten Jahre hinweg wurden die synchronen Verbundsysteme zudem zunehmend miteinander über Gleichstromverbindungen gekoppelt, so dass ein bedeutsamer Energieaustausch auch zwischen den Verbundsystemen ermöglicht wird, und damit ein europaweiter Stromtransport. Die Zusammenarbeit der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) in Europa erfolgt seit 2008 unter dem Dach der europäischen Organisation der Transportnetzbetreiber ENTSO-E, deren koordinierende und teilweise bestimmende Rolle hinsichtlich eines sicheren und effizienten Netzbetriebs seit 2009 per EU-Verordnung europarechtlich verankert ist [Richtlinie 2009/ 72/ EG]. 1 im Jahr 2014 [1] <?page no="238"?> 226 Bild 1: Verbundsysteme in Europa [1] 7.2 Das kontinentaleuropäische Verbundsystem Das kontinentaleuropäische Verbundsystem ist das mit Abstand größte aller Verbundsysteme innerhalb Europas, sowohl was die installierte Leistung als auch die erzeugte Jahresstrommengen betrifft. Der Grundstein für das Verbundsystem wurde bereits im Jahr 1926 mit dem Baubeginn der ersten 600 km langen 220-kV-Leitung zwischen alpinen Speicherkraftwerken und Kohlekraftwerken an Rhein und Ruhr gelegt. Damit bestand im grenzüberschreitenden Stromaustausch der erste freie Warenverkehr in Europa, lange vor Gründung der EG und den römischen Verträgen. 7.2.1 Verbund in der Bundesrepublik Deutschland Die Entwicklung des Transportnetzes in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg bis heute lässt sich grob in drei Phasen untergliedern: a) die zunächst getrennte Entwicklung des Verbunds in West- und Ostdeutschland mit der Sonderstellung West- Berlins, gefolgt von b) einer Phase der Harmonisierung nach dem Netzzusammenschluss wenige Jahre nach der Wiedervereinigung, und schließlich c) der Eintritt in den liberalisierten Strommarkt und damit einhergehenden Entflechtung der ehemals vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen unter den Randbedingungen der politisch ausgerufenen Energiewende. <?page no="239"?> 227 7.2.1.1 Die Deutsche Verbundgesellschaft In der Bundesrepublik Deutschland hatten sich bereits im Jahre 1948 die überregionalen Versorgungsunternehmen in der Deutschen Verbundgesellschaft (DVG) zusammengeschlossen, vor allem mit dem Ziel der gemeinsamen Planung eines nach dem 2. Weltkrieg neu zu errichtenden übergeordneten 380-kV-Netzes. In allen Fragen des Verbunds, der Vermaschung der Hoch- und Höchstspannungsnetze über Kupplungen im nationalen und internationalen Bereich, der Leistungs- Frequenz-Regelung, Fragen der Sekunden-, Minuten- und Dauerreserven und Spielregeln der Zusammenarbeit wurde in der DVG auf freiwilliger Basis zusammengearbeitet. Die Lastverteilung des RWE hatte dabei die Leistungs-Frequenz-Regelung des gesamten deutschen Verbundnetzes gegenüber den ausländischen Verbundpartnern im Auftrag aller DVG-Partner übernommen. Eine zentrale Lastverteilung für Deutschland gab es allerdings nicht. Erst das vermaschte, ausgeregelte Verbundnetz konnte die damals neuen leistungsstarken, effizienten Kraftwerksblöcke mit einer installierten Leistung zwischen 700 bis 1.300 MW ohne Gefährdung der Versorgungssicherheit bei Ausfall einer derartig großen Leistung integrieren. Bild 2 zeigt die Arbeitsgebiete der neun großen Mitgliedsunternehmen der DVG im Jahr 1991. Bild 2: Arbeitsbereiche der Mitglieder der Deutschen Verbundgesellschaft (DVG) im Jahr 1991 Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Liberalisierung der Energiewirtschaft und zunehmenden Forderungen einer Herauslösung des Netzbetriebs aus den vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen fusionierte die DVG im Jahr 2001 mit der Fachgruppe „Netze“ des Verbands der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) zum „Verband der Netzbetreiber e.V. - VDN - beim VDEW“ . Aus VDN und VDEW entstand im Jahr 2007 durch Zusammenlegung mit dem Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) und dem Verband der Verbundunternehmen und Regionalen Energieversorger in Deutschland (VRE) der „Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.“ (BDEW), der sich seitdem um die Interessensvertretung der Branche gegenüber Politik und Öffentlichkeit kümmert. <?page no="240"?> 228 7.2.1.2 Einbindung der neuen Bundesländer und West-Berlins in den westdeutschen Verbund Der Betrieb der deutschen Höchstspannungs-Übertragungsnetze erfolgte Mitte 1993 immer noch in drei getrennten Systemen, die wegen fehlender Kupplungen auf der Höchstspannungsebene noch nicht parallelgeschaltet werden konnten: - Das westdeutsche Netz (rd. 60 GW Höchstlast) im Parallelbetreib mit dem westeuropäischen Verbundsystem (UCPTE); das ostdeutsche Netz (rd. 12 GW Höchstlast) im Parallelbetrieb mit dem osteuropäischen Verbundsystem (VES); das Netz im bisherigen West-Berlin (rd. 2 GW-Höchstlast) über eine 110-kV- Notverbindung mit dem Netz in Ost-Berlin verbunden und somit parallel mit dem ostdeutschen Verbundnetz (VES). Am 1. Dezember 1992 wurde eine Verbindung zwischen dem Inselnetz der Berliner Städtische Elektrizitätswerke AG (BEWAG) im Westteil und dem Netz der Energieversorgung Berlin AG (EBAG) im Ostteil Berlins in Betrieb genommen, um bis zum verzögerten Anschluss an das westliche Verbundsystem mögliche Leistungsengpässe zu vermeiden und bei Kraftwerksausfällen evtl. notwendige Reserveleistung beziehen zu können. Mit dem Einschalten dieser Verbindung war das BEWAG-Netz für eine Übergangszeit mit dem osteuropäischen Verbundnetz parallel geschaltet, d. h. im BEWAG-Versorgungsgebiet herrschte die gleiche Frequenz wie im VES-Netz. Die Westberliner beobachteten seitdem mit Erstaunen, dass auf ihre Synchronuhren kein Verlass mehr war. Nach gut 2 Monaten bestand bereits eine Zeitabweichung von 75 Minuten zwischen Synchronzeit und astronomischer Zeit. Die großen Normaluhren gingen falsch. Tresorräume von Großbanken waren zeitweise nicht mehr zugänglich, Schaltuhren schalteten zu falscher Zeit die angeschlossenen Geräte. Die Synchronisation zwischen den alten und neuen Bundesländern erfolgte letztendlich erst im September 1995, kurz vor der Synchronisation des UCPTE Synchronverbunds mit dem CENTREL Verbund im Oktober 1995, s. Kap. 8.2.2.2. 7.2.1.3 Heutige ÜNB-Landschaft in Deutschland Die fortschreitende Liberalisierung der Energiewirtschaft führte zu einer immer weitergehenden Separierung des Netzbetriebs von den restlichen Aufgaben der ehemals vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen. Zudem fanden im Laufe dieser Umbruchsphase zahlreiche und teilweise kartellrechtlich bedingte Umstrukturierungen, Fusionen und Verkäufe einzelner Unternehmen statt, so dass Ende 2002 das deutsche Transportnetz nur noch durch vier ÜNB betrieben wurde, der EnBW Transportnetze AG, E.ON Netz GmbH, RWE Transportnetz Strom GmbH und der Vattenfall Europe Transmission GmbH. Vorgaben der EU sowie immer strenger werdende gesetzliche Unbundling-Vorgaben führten schließlich zum Verkauf bzw. Teilverkauf von dreien der vier deutschen ÜNB durch die jeweiligen Konzerngesellschaften. Die resultierende heutige ÜNB-Landschaft in Deutschland zeigt Bild 3. <?page no="241"?> 229 Bild 3: ÜNB-Landschaft in Deutschland im Jahr 2016 Nicht erst aufgrund der seitens der Politik infolge der Nuklearkatastrophe in Fukushima ausgerufenen Energiewende findet derzeit ein deutlicher Wandel der gesamten elektrischen Energieversorgung statt. Begünstigt durch den national- und europapolitischen Rahmen hat sich beispielsweise der Anteil erneuerbarer Energien an der Gesamtstromerzeugung Deutschlands in den letzten Jahren beträchtlich erhöht. Dieser stattfindende Umbau der elektrischen Stromversorgung erweitert das Anforderungsprofil an den Transportnetzbetrieb erheblich. Lag die mittlere Entfernung, über die Strom durch das Netz von Erzeugung zu Verbrauch zu transportieren ist, in der Vergangenheit bei ca. 80 km, so bedingt die zunehmende Diversifizierung der Erzeugung eine stark variierende mittlere Transportentfernung, die von nahezu 0 km bei dezentraler Erzeugung („Fotovoltaik auf dem Dach“) bis hin zu mehreren 100 km bei großräumigem Transport von Windstrom von Nordnach Süddeutschland betragen kann. Hieraus ergeben sich stark steigende Anforderungen an die Flexibilität der Verteilungs- und Transportnetze, insbesondere im Hinblick auf die Übertragungskapazität und die für die Spannungshaltung erforderliche Blindleistungsbereitstellung. Neben den notwendigen Effizienzverbesserungen seitens der Übertragungsnetzbetreiber, beispielsweise durch Kooperationen wie die Gründung des Netzregelver- <?page no="242"?> 230 bunds zur koordinierten Aktivierung von Regelenergie in Deutschland, ist ein weitgehender Ausbau der Netze unvermeidlich, der an einigen Stellen bereits begonnen wurde. Ein Beispiel hierfür stellen der Rückbau der 220-kV-Spannungsebene und die einhergehende Aufrüstung auf 380 kV in der Regelzone der TransnetBW dar. Im Ergebnis des gemeinsamen deutschen Netzentwicklungsplans (NEP), den die deutschen Übertragungsnetzbetreiber seit dem Jahr 2012 jährlich vorlegen, ist ein erheblicher Netzausbaubedarf bis zum Jahre 2030 zu erwarten. In den Netzausbauplanungen sind ebenfalls die notwendigen Hochspannungs-Gleichstromübertragungen (HGÜ) enthalten, um den zunehmenden Anteil von Strom durch Windeinspeisung im Norden insbesondere in windstarken Zeiten hin zu den südlichen Lastzentren transportieren zu können. Zudem findet eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern statt. 7.2.2 Entwicklung des Kontinentaleuropäischen Verbundsystems Parallel zur Entwicklung der Hoch- und Höchstspannungsnetze in Deutschland begann bereits frühzeitig eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, die im Jahre 1958 zu einer ersten frequenzsynchronen Zusammenschaltung der Höchstspannungsnetze Deutschlands, Frankreichs und der Schweiz am „Stern von Laufenburg“ führte. Über die folgenden Jahre wurde der Verbund sukzessiv erweitert - ein Prozess, der auch heute noch nicht abgeschlossen ist: Die Türkei, die sich seit dem Jahr 2010 testweise im Synchronbetrieb befunden hatte, wurde im April 2015 permanent synchron an das kontinentaleuropäische Verbundsystem angeschlossen . 7.2.2.1 Der UCPTE-Verbund Die in Paris nach dem 2. Weltkrieg gegründete Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit Europas, die OECD, regte die internationale energiewirtschaftliche Zusammenarbeit an. Am 23. Mai 1951 wurde die „Union für die Koordinierung der Erzeugung und des Transports elektrischer Energie" (Union pour la coordination de la production et du transport de l'électricité, UCPTE) gegründet. Fachleute aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, aus Österreich und der Schweiz hatten Sitz und Stimme. Die wichtigsten Etappen in der Entwicklung des UCPTE-Verbundsystems sind in Bild 4 dargestellt. <?page no="243"?> 231 Bild 4: Entwicklung des UCPTE-Verbundsystems Bis 1955 war die UCPTE noch in 5 asynchrone Gebiete unterteilt. Parallelbetrieb mit P max = 13 GW bestand nur zwischen Deutschland, Österreich, Luxemburg und Belgien. Am 4. April 1958 gingen dann mit einer Leistung P max = 27,5 GW versuchsweise die Landesnetze von Deutschland, Frankreich und der Schweiz über die Schaltanlage Laufenburg - sie liegt am Rhein in der Nordschweiz bei Basel - parallel. Es entstand der sogenannte „Stern von Laufenburg". Im Jahr 1964 erfolgte die synchrone Netzankopplung Italiens, der Niederlande und des Festlandanteils von Dänemark und versuchsweise auch Spanien und Portugal. Die Höchstleistung betrug damals P max = 68 GW. Im Jahr 1987 wurden Griechenland, Jugoslawien, Portugal und Spanien als Vollmitglieder in die UCPTE aufgenommen, was zu einer weiter stark steigenden Höchstleistung von ca. P max = 250 GW führte. Oberster Grundsatz in der Betriebsführung dieses komplexen Systems waren ebenfalls wie in der Deutschen Verbundgesellschaft die Autarkie und Eigenverantwortlichkeit jedes Partners für sein Netz. Probleme des Betriebes, die alle Partner betreffen, sollten jedoch koordiniert werden. Die UCPTE hatte sich zunächst zum Ziel gesetzt, die Erzeugungs- und Übertragungsanlagen optimal zu nutzen, freie Energie aus Wasserkraft zu verwerten, <?page no="244"?> 232 sich gegenseitig über die zur Verfügung stehende Leistung der Wasserkraftwerke zu unterrichten, den internationalen Energieaustausch zu erleichtern und zu erweitern. Über die ursprünglichen Ziele hinaus traten bald weitere wesentliche Aufgaben innerhalb der Verbundorganisationen auf: - Gegenseitige Aushilfe und Übertragung von Reserveleistung bei Kraftwerks- und Netzstörungen im Sekunden- und Minutenbereich, - Stromübertragung aus vertraglich gesicherter Kraftwerksleistung außerhalb des eigenen Versorgungsgebietes, und wirtschaftlicher Einsatz von Kraftwerken durch kurzfristigen Stromaustausch durch die damals neu eingeführte „Strombörse". Die resultierende Zusammenarbeit erhöhte die Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Stromversorgung in den Mitgliedsländern wesentlich. 7.2.2.2 Synchronschluss mit den Osteuropäischen Staaten Gleichzeitig mit der Entwicklung des UCPTE Verbundsystems hatten sich in Osteuropa die Netze der Länder Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Slowakei, Tschechien, Polen und bis Ende 1993 auch die fünf neuen Bundesländer frequenzsynchron gekoppelt und waren über die Netze der Ukraine und Moldawiens mit dem sogenannten Einheitlichen Energie System (EES, engl. Unified Power System UPS) der GUS- Staaten verbunden. Während die UCPTE einen Verbund von Stromversorgungsunternehmen darstellte, waren die Vereinigten Energiesysteme Osteuropas (VES) in erster Linie ein Wirtschaftsverbund. Das Prinzip der Arbeitsteilung im sozialistischen Wirtschaftssystem hatte zur Folge, dass gewisse wirtschaftliche Aufgaben von einzelnen Ländern für andere Partner mit übernommen wurden, ebenso im osteuropäischen Stromverbund. So entwickelte sich in den 50er Jahren im Rahmen des damaligen Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) parallel zur UCPTE ein Verbundsystem, bei dem die Stromversorgung in den meisten Ländern nicht autark war. Im Jahr 1962 wurde die zentrale Lastverteilerorganisation mit Sitz in Prag für die VES Osteuropas gegründet. Im Jahr 1978 wurde die erste 750-kV-Verbindung zwischen der damaligen UdSSR und Ungarn aufgenommen. Zwei weitere folgten nach Polen und Rumänien. 1991 erfolgte über 43 internationale Kuppelleitungen ein Energieaustausch in Höhe von 5 % des öffentlichen Stromverbrauchs. In der Absicht, sich an das westeuropäische UCPTE-Netz anzukoppeln, schlossen sich die Betreiber der polnischen, tschechischen, slowakischen und ungarischen elektrischen Übertragungsnetze im Oktober 1992 zu einer Netzgesellschaft unter dem Namen CENTREL zusammen, um insbesondere Regelung, Lastverteilung und Telekommunikation dem UCPTE-Standard anzupassen. Der Anschluss des CENTREL-Netzgebiets an den UCPTE-Verbund erfolgte schließlich im Jahr 1995. 7.2.2.3 Von der UCPTE zum heutigen kontinentaleuropäischen Verbund Im Jahr 1999 fand ausgehend von den strenger werdenden Entflechtungsvorgaben der Europäischen Union eine Neuausrichtung der UCPTE ausschließlich auf das Übertragungsnetz statt, sowie eine Weiterentwicklung zu einem eigenständigen Ver- <?page no="245"?> 233 band. Konsequenterweise erfolgte einhergehend eine Namensänderung hin zu UCTE, indem der Buchstabe „P“, der für die „Produktion“ stand, weggelassen wurde. Im gleichen Jahr wurde die „Association of European Transmission System Operators“ (ETSO) gegründet, in der neben der UCTE als Verband der kontinentaleuropäischen Netzbetreiber auch die NORDEL und die Netzbetreiber Großbritanniens über deren Verbände ATSOI und UKTSOA Mitglieder wurden. Während sich der neue europäische Verband ETSO primär um netzwirtschaftliche und regulatorische Themen kümmerte, fokussierte sich die UCTE auf rein technische Belange. Auch in der Ära der UCTE veränderte sich der kontinentaleuropäische Verbund weiter. Im Jahr 2002 wurden die seit Beginn des Balkankriegs vom restlichen kontinentaleuropäischen Verbund getrennten Netze der Balkanländer Bosnien Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Griechenland, Mazedonien, Montenegro, Rumänien und Serbien, sowie ein Teilnetz der West-Ukraine, resynchronisiert. Zudem wurde das Gleichstrom-Seekabel zwischen Italien und Griechenland in Betrieb genommen. Ausgehend von europapolitischen Entwicklungen, die neben den „20-20-20“-Zielen auch die künftige Forderung einer noch stärker formalisierten Zusammenarbeit der europäischen Übertragungsnetzbetreiber erwarten ließen, wurde Ende 2008 das „European Network of Transmission System Operators for Electricity“ (ENTSO-E) gegründet, das sowohl alle UCTE-Mitglieder als auch die Organisationen der anderen Verbundsysteme in Europa umfasste. Heute ist das kontinentaleuropäische Verbundsystem unter ENTSO-E eingegliedert als „Regional Group Continental Europe“. Die enorme Entwicklung des kontinentaleuropäischen Verbunds über die letzten Jahrzehnte wird unter anderem in der Entwicklung der Netto-Stromerzeugung deutlich. Deren starker Anstieg seit 1975, vgl. Bild 5, beruht zum einen auf der steigenden Nachfrage der Stromverbraucher, zum anderen aber auch auf der stetigen horizontalen Erweiterung des Verbundsystems. Im Jahr 2014 wurden innerhalb des ENTSO-E Gebiets rund 3270 TWh an elektrischer Energie erzeugt [1]. Bild 5: Entwicklung der Stromerzeugung im kontinentaleuropäischen Verbundsystem bzw. innerhalb des ENTSO-E Gebiets (ab 2009) [2] Wasserkraft Kernkraft fossile Energieträger sonstige, insbesondere erneuerbare Energien <?page no="246"?> 234 Mit der Verabschiedung des dritten Binnenmarktpakets durch die EU (vgl. Kap. 8.4.2) übernahm ENTSO-E die seitens der EU Kommission vorgesehene Rolle als „Europäischer Verbund der Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber“. Eine Mitarbeit in diesem Verbund ist für alle ÜNB der EU Mitgliedsländer obligatorischer Bestandteil ihrer Geschäftstätigkeit. Neben den bereits vorher bestehenden Aufgaben aus dem gemeinsamen Verbundbetrieb und entsprechenden technischen und wirtschaftlichen Abstimmungen wurde ENTSO-E im Rahmen des dritten Binnenmarktpakets mit der Erarbeitung europäischer Network Codes betraut, die nach ihrer Verabschiedung durch die EU Kommission verbindliches Recht in den Mitgliedsländern werden. Der Rahmen für die Network Codes wird durch die seitens der europäischen Regulatoren erarbeiteten „Framework Guidelines“ vorgegeben. Eine weitere Aufgabe der ENTSO-E besteht in der Erarbeitung eines „Ten Year Network Development Plans“ (TYNDP) zur besseren europaweiten Koordination von Netzausbaumaßnahmen. 7.2.3 Weitere Verbundsysteme in Europa Die ÜNB des skandinavischen Verbundsystems arbeiteten in der „Nordisk elkraftsamarbejde“ (NORDEL) zusammen, deren Rolle analog zur UCTE in Kontinentaleuropa definiert war. Unter der ENTSO-E firmiert das skandinavische Verbundsystem nun unter der „Regional Group Nordic“. Bemerkenswert ist das hohe Energieaufkommen aus Wasserkraft von verbundweit ca. 56 % 2 . Insbesondere der hohe Anteil an installierter Wasserkraftleistung (ca. 50 GW 2 ) und deren weiteres Potential macht das skandinavische System interessant für den Ausgleich großer Leistungsschwankungen im kontinentaleuropäischen Verbundsystem, u.a. aufgrund der zunehmend ungesicherten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, über die bestehenden bzw. geplanten Gleichstromverbindungen. Erwähnt werden soll noch das Verbundsystem Großbritanniens. Infolge seiner Insellage ist es ein rein nationales Versorgungsnetz, das allerdings über Gleichstromkabel mit Frankreich und den Niederlanden verbunden ist. Es ist ähnlich stark wie der skandinavische Verbund mit einer installierten Leistung von ca. 90 GW. Das Verbundsystem der baltischen Staaten ist mit einer installierten Leistung von ca. 10 GW vergleichsweise klein. 7.3 Stromaustausch zwischen Verbundsystemen Grundbedingungen für einen synchronen Parallelbetrieb elektrischer Netze sind vor allem eine ausreichende Kraftwerksleistung und -regelfähigkeit für den Normal- und Störbetrieb sowie ausreichende Netzquerschnitte, wodurch eine ausreichende Frequenz- und Spannungshaltung möglich ist. Vereinfacht lässt sich sagen: der synchrone Verbund funktioniert auf Dauer nur zwischen Partnern gleicher Leistungsfähigkeit. 7.3.1 Technische Möglichkeiten eines großräumigen Stromaustausches Technisch gesehen stehen für eine intensive stromwirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen zwei Verbundsystemen zwei grundsätzliche Wege zur Wahl, s. Bild 6. 2 im Jahr 2014 [1] <?page no="247"?> 235 Bild 6: Technische Möglichkeiten des Stromaustausches zwischen Netzen unterschiedlicher Frequenzen <?page no="248"?> 236 Eine Möglichkeit besteht darin, die Voraussetzungen für eine Zusammenschaltung der Netze zu einem synchronen Parallelbetrieb zu schaffen. Aber auch der andere Weg, die Kooperation zwischen frequenzgetrennten Netzen, lässt eine Reihe von Möglichkeiten für den Stromaustausch zu. Beim sogenannten „Richtbetrieb" wird z.B. ein Kraftwerk vom eigenen Netz abgekoppelt, so dass es nur in das benachbarte Netz mit dessen Frequenz Strom einspeisen kann. Voraussetzung ist dabei das Bestehen einer Leitungsverbindung zwischen den beiden Netzen. Richtbetrieb ist auch in anderer Form möglich, nämlich in der sogenannten „Teilnetzaufschaltung", bei der eine Verbrauchergruppe vom eigenen Netz abgetrennt und dem benachbarten Netz zugeschaltet wird. Seine Vorteile erweist diese Form des Stromaustausches in beiden Varianten vor allem bei der bilateralen Zusammenarbeit, da sie die Versorgung grenznaher Netzbereiche mit geringem Investitionsaufwand und bei geringen Übertragungsverlusten ermöglicht. Eine andere Art der Stromübertragung zwischen frequenzgetrennten Systemen bietet die Technik der Hochspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ). Hierbei wird der Drehstrom in der jeweiligen Energieflussrichtung durch Gleich-und Wechselrichter zunächst in Gleichstrom und dann wieder in Wechselstrom umgewandelt. Bei der Gleichstrom-Kurzkopplung sind diese Gleich- und Wechselrichter in derselben Station installiert. Der Energietransport findet auf Drehstromleitungen statt. Bei der Gleichstrom-Fernübertragung sind dagegen Gleich- und Wechselrichter-station geographisch getrennt und durch eine Gleichstromleitung oder ein Gleichstromkabel verbunden. Ein Hauptanwendungsfall ist die Stromübertragung durch Seekabel, die überhaupt nur mit Gleichstrom möglich ist. Vorteile der Kopplung getrennter Netze durch HGÜ sind vor allem: die sehr gute Regelbarkeit des Leistungsflusses; die Vermeidung von Erhöhung der Kurzschlussleistung im Gegensatz zu einer Parallelschaltung zweier Netze; das Entfallen von Stabilitätsproblemen, also Vermeidung unkontrollierter Stromflüsse oder Schwingungen bzw. Netzpendelungen; das Entfallen von aufwendigen Schalthandlungen, im Gegensatz zum Richtbetrieb. Aufgrund der stark zunehmenden Einspeisung erneuerbarer Energien in Deutschland kommt die HGÜ-Technologie auch in den konkreten Planungen eines dem Drehstromnetz überlagerten Gleichstromnetz (Overlay-Netz) zur Verbindung der Einspeisezentren im Norden Deutschlands mit den Lastzentren im Süden zum Einsatz. Die bisherigen Untersuchungen zeigen allerdings auch, dass diese HGÜ- Verbindungen aufgrund der relativ hohen Photovoltaik-Einspeisung in Süddeutschland und der Ausspeisung aus den Pumpspeicherwerken ebenso in Süd-Nord- Richtung zum Einsatz kommen werden. Unter den Gesichtspunkten Fehlerbehandlung, Leistungsskalierbarkeit, Minimierung der Filterelemente, Regeldynamik und Mitführung auf bestehendem Gestänge wird eine HGÜ-Verbindung in VSC- Technologie (Voltage Sourced Converter) favorisiert. Nach Willen des Gesetzgebers 3 sollen HGÜ-Verbindungen in Deutschland zudem vorrangig verkabelt ausgeführt werden. 3 Gesetz zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus, beschlossen am 3. Dezember 2015 <?page no="249"?> 237 7.3.2 Stand und Entwicklung des grenzüberschreitenden Stromaustausches Die starke Zunahme des grenzüberschreitenden Stromaustauschs innerhalb Europas über die letzten Jahrzehnte ist in Bild 7 dargestellt. Bild 7: Entwicklung des grenzüberschreitenden Stromhandels seit 1975 [1] Der grenzüberschreitende Stromaustausch hat sich über die letzten 35 Jahre um den Faktor 6-7 erhöht. Vor dem Bestehen grenzüberschreitender Strommärkte waren Einbrüche im Verlauf des grenzüberschreitenden Stromaustauschs größtenteils auf Trockenperioden infolge Schneemangels zurückzuführen, die es den alpinen Ländern nicht gestattete, Überschüsse an die Partner weiterzugeben. Der deutlich sichtbare Rückgang des grenzüberschreitenden Stromaustauschs im Jahr 2009 lässt sich größtenteils auf die zu diesem Zeitpunkt schwache Wirtschaftslage zurückführen. Im Jahr 2010 betrug der Stromaustausch zwischen allen ENTSO-E-Ländern annähernd 350 Mrd. kWh, der Stromaustausch einschließlich der Drittländer lag bei ca. 380 Mrd. kWh. Der Stromaustausch zwischen den verschiedenen synchronen Verbundsystemen erfolgt über Gleichstromverbindungen, in der Regel Seekabel. Der kontinentaleuropäische Verbund ist über mehrere Gleichstrom-Seekabel mit dem skandinavischen Verbund gekoppelt, und zwar zwischen - Deutschland und Dänemark („Kontek“, Kuppelleistung 600 MW), - Deutschland und Schweden („Baltic“, Kuppelleistung 600 MW), - Niederlande und Norwegen („NorNed“, Kuppelleistung 700 MW), - Dänemark-West und Norwegen („Cross-Skagerrak“, Kuppelleistung 1040 MW) - Dänemark-West und Schweden („Konti-Skan“, Kuppelleistung 740 MW), - Dänemark-West und Dänemark-Ost („Great Belt Link“, Kuppelleistung 600 MW), - Polen und Schweden („SvePol“, Kuppelleistung 600 MW). <?page no="250"?> 238 Eine Gleichstrom-Seekabelverbindung mit der Gesamtkuppelleistung von 2000 MW besteht zudem zwischen Großbritannien und Frankreich („Cross-Channel“), eine weitere Verbindung zwischen Großbritannien und den Niederlanden mit 1000 MW („BritNed“). Ein Energieaustausch zwischen Finnland und Russland ist ebenfalls über eine Gleichstromkupplung möglich. Weitere Verbindungen, allerdings Drehstromverbindungen, existieren zwischen Spanien und Marokko über die Meerenge von Gibraltar, zwischen Griechenland und der Türkei sowie zwischen Bulgarien und der Türkei. Somit werden die nordafrikanischen Netze Marokkos, Tunesiens und Algeriens und das türkische Netz frequenzsynchron zum kontinentaleuropäischen Verbund betrieben, letzteres seit 2010 im Testbetrieb. Wie sich Importe und Exporte im Jahr 2014 auf die einzelnen ENTSO-E-Länder verteilen, ist aus Bild 8 zu entnehmen. Exporteure waren vor allem Frankreich, Deutschland, Tschechien, Schweden und Norwegen. Importeure waren in erster Linie Italien, Finnland (Import aus Russland), Großbritannien und die Niederlande. Bild 8: Import- und Exportbilanzen der ENTSO-E Mitgliedsländer im Jahr 2014 [1] 7.3.3 Das Netz als Plattform für den integrierten europäischen Energiemarkt Der Handel an Europas Strombörsen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die wichtigsten Märkte für kurzfristige Stromgeschäfte sind die vortägigen Spotmärkte (Day- Ahead-Märkte), an denen elektrische Energie für den jeweils nachfolgenden Tag gehandelt wird. Gemäß Vorgaben der Europäischen Union zu einem einheitlichen EU- Binnenmarkt für Strom werden die nationalen Märkte Schritt für Schritt gekoppelt mit <?page no="251"?> 239 dem Ziel, einen einheitlichen börslichen Day-Ahead-Strommarkt in Europa zu schaffen. Die gleichen Ziele werden auch mit Blick auf die Terminmärkte, sowie Kurzfristmärkte (Intraday, Balancing) verfolgt. Die physikalische Basis für die Kopplung mehrerer Marktgebiete bilden die elektrischen Übertragungsnetze, die über Kuppelleitungen (auch als Interkonnektoren bezeichnet) den Austausch elektrischer Leistung zwischen den Marktgebieten ermöglichen. Übersteigt die Nachfrage seitens des Stromhandels systematisch die verfügbare Kapazität eines Interkonnektors, so spricht man von einem strukturellen Engpass. Die Bewirtschaftung dieser Engpässe, insbesondere die diskriminierungsfreie und effiziente Vergabe der verfügbaren Leitungskapazitäten an die Marktteilnehmer unter Einhaltung aller netzseitigen Sicherheitsgrenzen, ist eine der Kernaufgaben eines ÜNB. 7.3.3.1 Vergabe von Kuppelkapazitäten Zur Sicherstellung einer marktbasierten Vergabe der Kuppelkapazitäten an diejenigen Marktteilnehmer, die den höchsten Preis dafür bieten, werden an jeder Grenze Auktionen durchgeführt. Zur Abdeckung der verschiedenen Zeitbereiche der handelbaren Stromprodukte erfolgen Auktionen im Rahmen der Jahres-, Monats,- Tages-, und Intraday-Kapazitätsvergabe. Grundsätzlich werden explizite und implizite Formen der Auktion von Kuppelkapazität unterschieden. Bei expliziten Auktionen bieten Marktteilnehmer einen konkreten Preis für die Nutzung der Kuppelkapazität, bevor sie ein grenzüberschreitendes Energiegeschäft tätigen. Bei impliziten Auktionen bieten alle Marktteilnehmer dagegen nur für Energie; der Preis für die Nutzung der Kuppelkapazität ist implizit in den Energiegeboten enthalten. Die effizienteste Möglichkeit der Kapazitätsvergabe ist die implizite Auktion. Durch sie wird die Kapazität automatisch für diejenigen grenzüberschreitenden Stromgeschäfte zur Verfügung gestellt, die insgesamt zum größten Nutzen für alle Käufer und Verkäufer führen. Berechnet der zugrundeliegende Algorithmus lediglich die in diesem Fall ausgetauschten Energiemengen, so spricht man von einer „Volumenkopplung“. Dabei werden die Börsenpreise innerhalb jedes Marktgebiets getrennt über die jeweiligen lokalen Preisbildungsmechanismen bestimmt. Eine zentrale Berechnung der Börsenpreise aller miteinander gekoppelten Marktgebiete durch den Kopplungsalgorithmus wird dagegen als „Preiskopplung“ bezeichnet. Hierbei ist insbesondere sichergestellt, dass sich die Börsenpreise in zwei oder mehr preisgekoppelten Marktgebieten angleichen, wenn zwischen diesen ausreichend Kuppelkapazität zur Verfügung steht. Da eine implizite Kapazitätsvergabe nur über eine enge Verzahnung des Engpassmanagements mit dem Stromhandel realisiert werden kann, sind typischerweise bereits in der Implementierungsphase einer Marktkopplung neben den Übertragungsnetzbetreibern auch die Strombörsen der Region eingebunden. Auch die Betriebsphase der Marktkopplung setzt eine enge Zusammenarbeit zwischen den Übertragungsnetzbetreibern und Strombörsen auf europäischer Ebene voraus. <?page no="252"?> 240 7.3.3.2 Regionale Initiativen Als zunächst zu erreichende Vorstufe eines vollständig integrierten europäischen Strommarkts schlugen die Regulatoren auf europäischer Ebene unter ERGEG 4 vor, mehrere Regionen in sogenannte „Regionale Initiativen“ zu gruppieren, s. Bild 9a, die eine Kopplung der Strommärkte in den jeweiligen Regionen zum Ziel haben. Diese Gruppierung wurde von der Europäischen Kommission in die EU-Verordnung 714/ 2009 übernommen, s. auch Kap. 8.4. a) b) Bild 9: Regionale Initiativen der Marktkopplung in Europa a) Lage der „ERGEG Regional Initiatives“ b) Marktkopplung „Price Coupling Of Regions“ der europäischen Strombörsen, Umsetzungsstand April 2016 [5] 4 European Regulator Group for Electricity and Gas, ab Juli 2011 ersetzt durch die “Agency for the Cooperation of Energy Regulators” (ACER) <?page no="253"?> 241 Die erste vollständige Marktkopplung des börslichen Day-Ahead-Marktes wurde in der Region „Central-West Europe“ (CWE) erreicht und startete am 9. November 2010. Gleichzeitig startete eine überlagerte Kopplung der gesamten CWE-Region mit den bereits in sich gekoppelten skandinavischen Märkten, so dass nun unter Beteiligung von 7 ÜNB und 3 Strombörsen zwischen Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlanden und Skandinavien die bisher größte Region mit gekoppelten Day-Ahead-Märkten für Strom in Europa entstanden war. Zudem war Österreich über sein gemeinsames Marktgebiet mit Deutschland ebenfalls Teil dieser Marktkopplung. Diese Marktkopplung bildete die Keimzelle für eine vollständige implizite Kopplung der nationalen Day-Ahead Strommärkte in Europa über das sogenannte „Pricecoupling Of Regions (PCR)“ der europäischen Strombörsen (s. Bild 9b). Im Rahmen der europäischen Marktkopplungen haben die Übertragungsnetzbetreiber neue betriebliche Aufgaben zu erfüllen, insbesondere für die koordinierte Berechnung der verfügbaren grenzüberschreitenden Leitungskapazitäten, für abgestimmte Betriebsplanungsprozesse und Eingriffe in die Fahrweise von Marktteilnehmern zur Aufrechterhaltung der Systemstabilität. Hierzu ist eine fortlaufende enge Abstimmung zwischen den Übertragungsnetzbetreibern innerhalb einer Region und überregional notwendig. 7.3.3.3 Weitere internationale Kooperationen zwischen ÜNB Nicht nur der durch die Ausweitung des internationalen Stromhandels zunehmende nationale und internationale Stromtransport, sondern auch die zunehmenden Lastflüsse durch die Integration der erneuerbaren Energien erfordern eine zunehmende Abstimmung zwischen den Übertragungsnetzbetreibern. Ein Beispiel hierfür ist die durch elf ÜNB aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande, Polen, Ungarn und der Tschechischen Republik im Jahr 2008 gegründete „Transmission System Operator Security Cooperation“ (TSC). Um die Netzsicherheit weiterhin optimal und sowohl regional als auch länderübergreifend zu gewährleisten haben Netzsicherheitsexperten dieser Unternehmen in einem ersten Schritt ein gemeinsames Beobachtungssystem für die Übertragungsnetze in Zentraleuropa eingeführt. Dieses ermöglicht es jedem Übertragungsnetzbetreiber, den Status aller beteiligten Übertragungsnetze in Echtzeit auf seinem Monitor zu verfolgen und die Gesamtsituation zu bewerten. Erscheint eine Warnmeldung für eines der Netze, so können frühzeitig Maßnahmen zur Abwendung von Störungen gemeinsam koordiniert und rechtzeitig umgesetzt werden. Zudem existiert eine gemeinsame IT- Plattform für Netzanalysen, eine gemeinsame tägliche Abstimmung des Netzbetriebs per Videokonferenz sowie ein Testabkommen für multilaterale Redispatch- Maßnahmen. 7.4 Regulatorischer Rahmen in der EU Die Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts hatte bereits 1993 ein entscheidendes Ziel erreicht: Anfang 1993 war der Gemeinsame Markt mit über 340 Millionen Bürgern in Kraft getreten. Kennzeichnend für die Entwicklung des gemeinsamen Marktes in der damaligen Ausprägung waren der Abbau von Beschränkungen des freien Waren-, Dienstleistungs-, <?page no="254"?> 242 Personen- und Kapitalverkehrs und die Öffnung der Märkte, um grenzüberschreitende Geschäftsaktivitäten zu erleichtern und neue Marktchancen zu eröffnen. 7.4.1 Umgestaltung der europäischen Elektrizitätswirtschaftssysteme durch die EU In ihrem Stufenplan zur Liberalisierung des Zugangs zu den Elektrizitätsnetzen sah die EG-Kommission bereits Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts drei Stufen vor, um bestehende Monopole und marktbeherrschende Positionen einzelner Stromproduzenten zu beseitigen. Als erste Stufe galt die Umsetzung der Richtlinien 90/ 377/ EWG und RL 90/ 547/ EWG über den Transit von Elektrizität und über die Preistransparenz. Die zweite Phase, die ab 1993 vorgesehen war, sah die Abschaffung der ausschließlichen Rechte für die Stromproduktion und den Bau von Leitungen vor, um auch unabhängigen Betreibern und großen Unternehmen mit intensivem Stromverbrauch eine Investition in Energieproduktion und Transport zu ermöglichen. Vertikal zusammengeschlossene Unternehmen sollten zudem „entbündelt" werden, d.h. die Trennung zwischen Produktion, Übertragung und Verteilung erfolgen. Der dritte Schwerpunkt bestand in der Einführung des Zugangs Dritter zum Netz (TPA = third party access). Im Jahr 1996 folgten mit der auf den bestehenden Einzelrichtlinien aufbauenden Richtlinie 96/ 92 EG erstmals „gemeinsame Vorschriften für einen europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt“, die seitens der Mitgliedsstaaten bis zum Jahre 1999 umzusetzen waren und konkretere Vorgaben für einen transparenten und diskriminierungsfreien Betrieb von Übertragungsnetzen enthielten. In diesem Zusammenhang wurde gefordert, dass die Übertragungsfunktion von vertikal integrierten Unternehmen unabhängig von den anderen Aktivitäten betrieben wird und der Informationsfluss zwischen dem Übertragungsnetzbetreiber und dem restlichen integrierten Unternehmen zu beschränken ist. Zu den Öffnungs- und Transparenzvorgaben der Richtlinien von 1990 wurde auch der Grundstein für eine freie Wahl des Stromanbieters für größere Kunden gelegt, allerdings noch zeitlich abgestuft nach Höhe deren Jahresverbrauchsmengen. Im Jahre 2004 wurde die Richtlinie 96/ 92 EG von einer neu gefassten und erweiterten Richtlinie 2003/ 54 EG abgelöst. Hierin wurde die Gründung einer europäischen Gruppe der Regulierungsbehörden durch die Europäische Kommission angekündigt. Ein weiterer Meilenstein bestand in der Forderung einer freien Wahl des Stromanbieters für alle Kunden, einschließlich der Haushaltskunden, ab Juli 2007. Allerdings wurden noch keine Eigentumsfragen adressiert. 7.4.2 Das dritte Binnenmarktpaket Auch wenn über die letzten Jahre in vielen Bereichen eine Annäherung stattfand variieren die Strukturen der Elektrizitätswirtschaft in den EU-Mitgliedstaaten nach wie vor deutlich, u.a. in der Struktur der Shareholder der Versorgungs- und Netzgesellschaften, dem Marktmodell hinsichtlich des Führens von Bilanzkreisen und den Regelenergiemärkten oder der räumlichen Ausdehnung von Versorgungsgebieten. <?page no="255"?> 243 Zur Weiterentwicklung der europäischen Binnenmärkte für Strom und Gas wurde im Jahr 2009 seitens der EU das sogenannte „Dritte Binnenmarktpaket“ (Third Package) verabschiedet, das aus zwei Richtlinien und drei Verordnungen besteht: - Richtlinie 2009/ 72/ EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/ 54/ EG; - Richtlinie 2009/ 73/ EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/ 55/ EG; - Verordnung (EG) Nr. 714/ 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/ 2003; - Verordnung (EG) Nr. 715/ 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/ 2005; - Verordnung (EG) Nr. 713/ 2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden. Zu den Kernvorgaben des Dritten Binnenmarktpakets zählen weitergehende Vorgaben für die Entflechtung ehemals vertikal integrierter Energieversorgungsunternehmen, die nun auch die bisher nicht adressierten Eigentumsfragen bei einer Entflechtung beinhalten. Hierfür ist entweder eine eigentumsrechtlichen Entflechtung durch direkte Veräußerung oder durch Aufteilung der Anteile des integrierten Unternehmens in Anteile des Netzunternehmens und Anteile des verbleibenden Stromversorgungs- und Stromerzeugungsunternehmens vorgesehen, sofern die mit der eigentumsrechtlichen Entflechtung verbundenen Anforderungen erfüllt werden. Zur Prüfung der Umsetzung der Vorgaben dient ein Zertifizierungsprozess. Neben zahlreichen weiterführenden Vorgaben u.a. zum Verbraucherschutz, Integration der europäischen Märkte und Ausbau der Stromnetze ist für den Verbundnetzbetrieb vor allem die Formalisierung der Zusammenarbeit aller europäischen Übertragungsnetzbetreiber unter ENTSO-E von Bedeutung, die sich insbesondere in der gemeinsamen Erarbeitung europäischer Network Codes, deren Regelungen den Status einer EU-Verordnung erhalten und somit in jedem Mitgliedsland auch direkt rechtlich verbindlich werden, äußert. Zudem regelt das Dritte Binnenmarktpaket die Zusammenarbeit der europäischen Energieregulierungsbehörden neu, indem die Gründung einer entsprechenden Agentur angeordnet wird. Die „Agency for the Cooperation of Energy Regulators“ (ACER) nahm im März 2011 ihre Arbeit mit Sitz in Ljubljana auf. Eine der zunächst anzugehenden Hauptaufgaben von ACER besteht in der Erstellung sog. „Framework Guidelines“ als Leitplanken für die seitens ENTSO-E zu erstellenden Network Codes. 7.4.3 Politisches und regulatorisches Umfeld in Deutschland Während die europäischen Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt werden müssen, was unter anderem durch eine Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes im Jahre 2011 erfolgte, sind die Vorgaben der Network Codes nach ihrer Verabschiedung durch die EU-Kommission direkt rechtlich verbindlich. Neben den gesetzlichen Vorgaben ist das politische und regulatorische Umfeld in Deutschland maßgeblich durch die seitens der Politik ausgerufene Energiewende und dem kurzfristig beschlossenen Kernenergieausstieg infolge der Nuklearkatastrophe in Fukushima geprägt. Entsprechende Fördermechanismen, beispielsweise für erneuerbare Energien <?page no="256"?> 244 und Kraft-Wärme-Kopplung, und Besteuerungen haben dazu geführt, dass der eigentliche Wertschöpfungsanteil der Stromerzeugung nur noch etwas weniger als die Hälfte am Brutto-Strompreis für Haushaltskunden beträgt, s. Bild 10. Im Jahr 2000 lag dieser Anteil noch bei über 60 % [4]. Bild 10: Strompreiszusammensetzung für deutsche Haushaltskunden 2015 [5] Nach wie vor das entscheidende Thema der nächsten Jahre für Politik und Regulierung ist der Netzausbau in Deutschland. Für die Realisierung notwendiger Netzausbaumaßnahmen ist neben den technischen und energiewirtschaftlichen Prämissen eine umfassende Unterstützung der Politik hinsichtlich der Genehmigungsverfahren sowie der regulatorischen Rahmenbedingungen erforderlich. Neben der Schaffung eines investitionsfreundlichen Regulierungsrahmens ist allerdings die Schaffung der gesellschaftlichen Akzeptanz für den Ausbau der Netzinfrastrukturen als der Erfolgsfaktor Nummer Eins anzusehen. Hier ist die Bevölkerung frühzeitig einzubeziehen, indem die Erfordernis für den Ausbau der Netzinfrastruktur unter Berücksichtigung der technischen Alternativen dargestellt wird, um langjährige Rechtsstreitigkeiten und Verzögerungen bei der Realisierung der dringend erforderlichen Netzausbauprojekte zu vermeiden. 7.5 Literatur [1] ENTSO-E Yearly Statistics & Adequacy Retrospect 2014, erhältlich unter www.entsoe.eu [2] ENTSO-E Annual Report 2011, erhältlich unter www.entsoe.eu [3] www.epexspot.com[ [4] bdew: 46 Prozent des Strompreises sind Steuern und Abgaben, Presseinformation vom 11. März 2011 [5] BMWi: Der Strompreis. http: / / www.bmwi.de/ DE/ Themen/ Energie/ Energiemarkt-und- Verbraucherinformationen/ preise.html <?page no="257"?> 245 8 Steuerliche Fragen bei Errichtung, Erwerb und Modernisierung K . H . Römer Aus meiner Beratungspraxis weiß ich, dass die mit der Errichtung oder Modernisierung eines Wasserkraftwerks zusammenhängenden technischen Fragen meist sehr eingehend und mit erheblichem Aufwand sondiert und geklärt werden. Dagegen treten die mit der Wasserkraft verbundenen zivilrechtlichen, wasserrechtlichen und steuerlichen Probleme oft in den Hintergrund oder werden überhaupt nicht erkannt. Den Betreibern wird dies meist erst schmerzlich bewusst, wenn sich später wasserrechtliche Probleme einstellen oder ein Betriebsprüfer des Finanzamtes im Hause ist. Die Klärung rechtlicher und steuerlicher Fragen im Vorfeld einer Neuplanung, eines Erwerbs oder einer Modernisierung ist ebenso wichtig wie eine sorgfältige durchgeführte technische Planung einschließlich Wirtschaftlichkeitsberechnung. Zwischen beiden Bereichen bestehen zahlreiche Interdependenzen, denen durch enge Zusammenarbeit der verschiedenen Beratungsbereiche Rechnung getragen werden muss. Zunächst werde ich näher auf die für Betreiber möglichen Rechtsformen eingehen. Sodann sind die Gestaltungsmöglichkeiten beim Erwerb eines Wasserkraftwerks zu erörtern. Später komme ich auf bilanzsteuerrechtliche Fragen zu sprechen; besonderes Interesse dürften die Abschreibungsmöglichkeiten der Anlagenteile, die steuerlichen Vergünstigungen und aktuellen Förderprogramme der Länder finden. Zuletzt werde ich noch einige steuerartenspezifische Besonderheiten und den Begriff des Liebhabereibetriebs ansprechen. 8.1 Rechtsformen Grundsätzlich eignen sich die geläufigen Rechtsformen für den Betrieb eines Wasserkraftwerks unter 500 kW Leistung. Aufgrund der Betriebsgröße scheidet jedoch die Aktiengesellschaft aus, da sie erhebliche Gründungskosten verursacht und somit größeren Betreibern vorbehalten bleibt. Die weitaus größte Zahl der kleinen Wasserkraftwerke werden in der Rechtsform von Einzelunternehmen geführt. Hierbei steht der Einzelunternehmer, der sämtliche betrieblichen Entscheidungen allein trifft, voll im unternehmerischen Risiko. Er haftet für Betriebsschulden mit seinem gesamten Vermögen. Die Bereitschaft der Banken zur Krediteinräumung (Kreditbasis) wird bei dieser Rechtsform von der Bonität des Einzelunternehmers und dessen Vermögensstatus abhängen. Die Rechtsform einer Personengesellschaft, die als BGB-Gesellschaft, stille Gesellschaft, offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft ausgestaltet werden kann, kommt vor allem für Objekte von mehreren 100 kW in Frage, wobei hier die <?page no="258"?> 246 breitere Kapital- und Kreditbasis eine Rolle spielt. Bei größeren Projekten bestehen die finanzierenden Kreditinstitute oft darauf, dass wegen der unbeschränkten Haftung aller Gesellschafter eine BGB-Gesellschaft gegründet wird. Allerdings muss bedacht werden, dass die betriebliche Entscheidungsfindung bei Personengesellschaften, namentlich BGB-Gesellschaften, wesentlich schwieriger ist. Bei sämtlichen Entscheidungen sind, abgesehen von der stillen Gesellschaft und der Kommanditgesellschaft, Gesellschafterbeschlüsse nach Maßgabe der jeweiligen Satzung herbeizuführen. Steuerlich schlagen bei der BGB-Gesellschaft und der offenen Handelsgesellschaft Verluste voll auf die Gesellschafter durch. Bei der Kommanditgesellschaft ist § 15 a EStG zu beachten. Hierbei darf dem Kommanditisten der auf ihn entfallende Anteil am Verlust steuerlich nur soweit zugerechnet werden, als hierdurch kein negatives Kapitalkonto entsteht. Die steuerliche Verlustzurechnung beschränkt sich also auf seinen Kommanditanteil. Als Kapitalgesellschaft kommt bei der betrachteten Betriebsgröße ausschließlich die GmbH in Frage. Diese Rechtsform verursacht relativ hohe Gründungs-, Prüfungs- und laufende Verwaltungskosten. Gesellschafterbeschlüsse sind teilweise notariell zu beurkunden. Im Übrigen besteht, abgesehen von jährlichen Ausschüttungen des Handelsbilanzgewinns, seitens der Gesellschafter kein Entnahmerecht. Bei Verlusten kann es zu Nachschusspflichten der Gesellschafter kommen, wenn eine Unterkapitalisierung vorliegt. Von der Gesellschaft erwirtschaftete Verluste schlagen nicht auf die Gesellschafterebene durch, können also von Gesellschaftern nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden. Die GmbH als juristische Person kann im Rahmen des Verlustausgleichs die Verluste nur selbst rückbzw. vortragen. Im Übrigen ist bei der Gewerbesteuer kein Freibetrag zu berücksichtigen. Einzelunternehmen und Personengesellschaften wird dagegen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ein Freibetrag von EUR 24.500 jährlich gewährt. Das heißt nicht, dass die Rechtsform der GmbH für Wasserkraftwerke im betrachteten Bereich völlig ungeeignet wäre. Dies, weil u.a. in den letzten Jahren der Körperschaftsteuersatz auf 15 % gesenkt wurde. Beim Anteilseigner gilt das Halbeinkünfteverfahren. Risikountersuchungen, die bereits beim Erwerb eines Werks von hierzu befähigten Technikern und Ingenieuren durchzuführen sind, können hier in Einzelfällen den Ausschlag zugunsten der GmbH geben. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Ertragslage nicht unerfreulich ist. Ich rate, diese Risikogesichtspunkte nicht allzu leicht zu nehmen. Die Erfahrung zeigt, dass das Risikopotential eines Wasserkraftwerks je nach den Eigentümlichkeiten der Anlage und der Anlagenteile völlig unterschiedlich sein kann. Selbstverständlich sollten die Hauptrisiken, soweit sie versicherbar sind, wenn irgend möglich, über entsprechende Versicherungen abgedeckt werden. Versicherbar sind Risiken bei Kraftwerksmitarbeitern (auch Teilzeitkräften) durch die gesetzliche Unfallversicherung, also die zuständige Elektro-Berufsgenossenschaft. Haftpflichtrisiken elektrischer Art werden durch eine spezielle Haftpflichtversicherung für Elektrizitätswerke übernommen. Risiken der maschinellen Ausstattung übernimmt <?page no="259"?> 247 eine Maschinenbruchversicherung. Allerdings sind die Versicherer oft nicht bereit, das Risiko bei Rechenreinigungsanlagen zu übernehmen. Im Übrigen schreiben die Versicherungen oft regelmäßige Maschinenrevisionen vor. Bei guter Ertragslage und alten Maschinensätzen ist auch an den Abschluss einer Betriebsunterbrechungsversicherung zu denken. Die mit dem Gebäude verbundenen Maschinen und Teile sind meist über die Gebäudeversicherung gegen Feuer und Explosion mitversicherbar, ansonsten leistet hier eine zusätzliche Feuerversicherung insbesondere für die elektrischen Anlagenteile gute Dienste. Diese kann ebenfalls durch eine Betriebsunterbrechungsversicherung ergänzt werden. Das Risikopotenzial der nicht versicherten und nicht versicherbaren Anlagenteile ist also durch Fachleute zuverlässig abschätzen zu lassen, um, darauf aufbauend entsprechende unternehmerische Entscheidungen treffen zu können. Dass hier ein erhebliches Restrisiko verbleiben kann, soll nochmals unterstrichen werden. Zu denken ist an nicht versicherbare Wehranlagen aus Stein oder Beton, Kanalanlagen, Verdolungen, Triebwasserleitungen, die bei ungünstigen hydraulischen Verhältnissen oder unter dem Einfluss von Hochwasser oder Naturkatastrophen zerstört werden können. Hinzu kommen dadurch hervorgerufene Folgeschäden durch Überschwemmungen usw. Da der Betreiber nach den wasserrechtlichen Normen zur Instandhaltung seiner Anlagen verpflichtet ist, hat er also auch eine etwa durch Hochwasser zerstörte Wehranlage wieder aufzubauen und entsprechende Gewässerabschnitte zu sanieren. Kenner der Materie wissen, dass die Wiederherstellung großer Wehr- oder Kanalanlagen Unsummen verschlingen kann. Sollte sich insbesondere bei alten Anlagen ein solches Restrisiko abzeichnen, kann ernsthaft die Rechtsform der GmbH oder auch der GmbH & Co KG in Erwägung gezogen werden. Die GmbH haftet im Schadensfall lediglich mit dem Gesellschaftsvermögen. Ein Durchgriff der Gläubiger auf das Vermögen der Gesellschafter ist nur in Ausnahmefällen möglich. Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit besteht darin, das Wasserkraftwerk zu verpachten (Betriebsaufspaltung). Sofern keine dinglichen Rechte an den Kraftwerksanlagen bestellt werden, verbleibt dabei das Wasserrecht beim Eigentümer der Wasserkraftanlagen. Unter gewissen Umständen kann erreicht werden, dass die Wasserkraftanlage samt Grund und Boden und Gebäude beim Verpächter nicht zum steuerlichen Betriebsvermögen gezogen werden. Durch schriftlich abgeschlossene und tatsächlich durchgeführte Verträge zwischen Ehegatten oder Eltern und Kindern können sich hier interessante Gestaltungen ergeben. 8.2 Gestaltungsmöglichkeiten beim Erwerb Hier ist zunächst der unproblematische Fall zu nennen, bei dem das Kraftwerksgrundstück samt Kanalanlagen sowie die Wehranlagen, die Maschinen mit Zubehör erworben werden. Der Vertrag ist in der für Grundstücksverträge vorgeschriebenen Form notariell zu beurkunden. <?page no="260"?> 248 Besonderer Wert muss wie übrigens bei allen möglichen Gestaltungen darauf gelegt werden, dass die Wehranlage zusammen mit den übrigen Zubehör- und Bestandteilen der Wasserkraftanlage übertragen wird. Die Wehranlage stellt, obwohl sie fest mit dem Gewässerbett verbunden ist, nach den wasserrechtlichen Regelungen nicht Bestandteil des Grund und Bodens dar, sondern wird im Rechtssinne als selbstständige Sache behandelt (Scheinbestandteil). Das Wasserrecht selbst kann durch Vereinbarung nicht (isoliert) übertragen werden, da es kraft Gesetzes mit der Wasserbenutzungsanlage auf den Rechtsnachfolger übergeht (§ 8 Abs. 6 Wasserhaushaltsgesetz). Daher muss darauf geachtet werden, dass die eigentliche Wasserbenutzungsanlage (also vor allem das Wehr, die Kanalanlagen, soweit vorhanden, sowie die Wasserkraftmaschinen) vollständig dem Käufer übereignet werden. Werden jeweils Teile einer Wasserbenutzungsanlage an verschiedene Erwerber übertragen, führt dies in der Regel zum Erlöschen des Wassernutzungsrechts. Als weitere Möglichkeit kommt der Erwerb von Teilgrundstücken eines größeren Komplexes, wie er oft bei alten Mühlen anzutreffen ist, in Frage. Hier sollten in jedem Fall die für den Betrieb der Wasserkraft notwendigen Grundstücksteile aus dem Gesamtgrundstück herausgemessen werden, also das Krafthausgrundstück, die Kanalgrundstücke und möglichst auch die am Wehr angrenzenden Grundstücke. Die Aufteilung in dem hier geschilderten Umfang setzt jedoch voraus, dass eine entsprechende Teilungsgenehmigung erlangt werden kann. Diese wird von den Behörden in der Regel nur dann erteilt, wenn bei bebauten Grundstücken entsprechende Grenzabstände eingehalten sind oder die abzuteilenden Gebäudeteile durch Brandmauern vollständig voneinander getrennt sind. Bei größeren Werkskomplexen können erhebliche Vermessungskosten anfallen, über deren voraussichtliche Höhe man sich vorab informieren sollte. In schwierigen Fällen, in denen Teilungsgenehmigungen nicht zu erreichen sind, ist der Weg über die Bildung von Teilbzw. Sondereigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz gangbar. Hierfür ist eine sog. Abgeschlossenheitsbescheinigung erforderlich, d.h. die Räume müssen (notfalls durch provisorische Abtrennung) voneinander getrennt sein. Diese Gestaltung ermöglicht eine sehr weitgehende Aufteilung von Objekten, verursacht jedoch durch die damit verbundenen Aufteilungsplanungen und relativ komplizierten Verträge zusätzliche Kosten. Außerdem ist der Erwerb des Wasserkraftwerks im Rahmen des sog. Dauernutzungsrechts (§§ 31 ff. Wohnungseigentumsgesetz) realisierbar. Hierbei wird das vererbliche und verkäufliche Recht übertragen, die Anlagen im Rahmen der Dauernutzung zu benutzen. Grundstücke oder Grundstückteile sind in diesem Fall nicht mitzuübertragen. Diese Gestaltung kommt in den Fällen zum Tragen, in denen der Eigentümer lediglich die Wasserkraft auf Dauer abgeben will, im übrigen die Grundstücke und Gebäudeteile außer dem eigentlichen Turbinenraum weiterhin selbst nutzen oder anderweitig verwerten möchte. Im letzten Gestaltungsfall, der dem Fall der Dauernutzung recht nahe kommt, kann der Erwerb der Kraftanlage durch (privatschriftlichen) Kauf der Wehranlage und der <?page no="261"?> 249 übrigen technischen Anlagenteile (soweit nicht Bestandteil) erfolgen. Zwecks Nutzung des Krafthauses und der Kanalgrundstücke wird ein langfristiger Miet- oder Überlassungsvertrag abgeschlossen, der über eine Grunddienstbarkeit zu Lasten des Krafthausgrundstückes abgesichert wird. Diese Dienstbarkeit wird am dienenden Grundstück zugunsten des Erwerbers bestellt und im Grundbuch eingetragen. Auf die Möglichkeit der Übertragung auf etwaige Rechtsnachfolger ist zu achten. In allen bisher besprochenen Erwerbsalternativen geht das Wasserrecht auf den oder die Erwerber über. Nach herrschender Meinung genügt auch die dingliche Rechtsstellung des Erwerbers für den gesetzlichen Rechtsübergang. Die Umschreibung im Wasserbuch hat lediglich deklaratorische, keine rechtsbegründende Wirkung. Sie sollte dennoch, jedenfalls bei dauernd ausgeübten Rechten, aus Gründen der Rechtsklarheit unter Beifügung entsprechender Vertragsunterlagen bei der wasserbuchführenden Bezirksregierung bzw. Regierungspräsidium beantragt werden. 8.3 Bilanzsteuerrechtliche Fragen Nach dem Erwerb der Anlage zu einem im Kaufvertrag nicht oder nur grob aufgegliederten Kaufpreis stellt sich die Frage, welche Wirtschaftsgüter im steuerlichen Sinn im einzelnen übernommen wurden und mit welchen Werten sie in der Anfangsbilanz des Erwerbers auszuweisen sind. Es ist selbstverständlich, dass eine willkürlich vorgenommene oder nicht sachgerechte Aufteilung mit ziemlicher Sicherheit vom Finanzamt nicht anerkannt werden wird. Es ist nicht ratsam, lediglich Grund- und Gebäudewerte einerseits und „maschinelle Anlagen" andererseits zu trennen und diese großen Anlagenblöcke außer Grund und Boden jeweils einheitlich abzuschreiben. Die vielgeübte Praxis, lediglich den Posten „Wasserkraftanlage" auszuweisen, widerspricht im übrigen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, da die Anlage tatsächlich aus einer Vielzahl von Anlagenteilen (Sachgesamtheit) besteht, die bilanzrechtlich zum Teil unterschiedlich zu behandeln sind. Zunächst ist der Grund und Boden nach den tatsächlichen Grundstückswerten aus dem Erwerbspreis auszugliedern. Anhaltspunkte für die Bewertung bieten die Bodenrichtwerte der Stadtverwaltungen. Es ist jedoch zu bedenken, dass abseits gelegene, unbebaute, vielleicht sogar im Überschwemmungsgebiet liegende Grundstücke sowie reine Wasserflächen in der Regel einen sehr geringen Wert haben. Meist sind diese Grundstücke mit Öd- und Unland vergleichbar. Dann ist die eigentliche Wasserkraftanlage im weiteren Sinne zu untersuchen. Eine solche Anlage hat in aller Regel folgende Hauptanlagenteile: • Stauanlage • Umleitungsanlage • Krafthausanlage. <?page no="262"?> 250 Als Stauanlagen gelten Wehre einschließlich notwendiger Uferbefestigungen, Überläufe und Grundablässe, Sandschleusen, Staubecken, Fischtreppen, Messeinrichtungen usw. Umleitungsanlagen lassen sich unterteilen in Ober- und Unterwasserkanäle, Stollen. Rohrleitungen, Wasserschlösser, Sandfänge sowie Ein- und Auslaufbauwerke. Meist sind auch Umgehungsgerinne, Fischaufstiegs- und Abstiegsanlagen vorhanden. Bei Krafthausanlagen ist einmal an den eigentlichen Krafthausbau, die Wasserkraftmaschinen und die elektrischen Anlagen zu denken. Der Krafthausbau wiederum lässt sich weiter unterteilen in den Turbinen- und Krafthaustiefbau einschließlich der Rechen, Rechenreiniger, Rechenguttransportanlagen, Schützen und Leerschüsse sowie den Krafthaushochbau, also das eigentliche Turbinen- oder Krafthaus. Als Wasserkraftmaschinen zu nennen sind Turbinen verschiedener Bauarten, Wasserräder einschließlich Getrieben, Übersetzungen, Vorgelegen, Reglern und dazugehöriger Maschinenteile, während als letztes die elektrischen Anlagen aus Generatoren, Schalt-, Steuerungs- und Überwachungsanlagen, Transformatoren sowie Nieder- und Mittelspannungsschaltanlagen bestehen können. Einiges spricht dafür, die Anlagenteile bilanzmäßig nicht zu stark zu Gesamtanlagepositionen zusammenzufassen. Eine tiefe Aufgliederung bietet sich insbesondere in den Fällen an, in denen über unterschiedliche Abschreibungsmethoden und Abschreibungsdauern ein für das jeweilige Unternehmen optimaler Gesamtabschreibungsverlauf angestrebt wird. Wichtig ist für Sie die Kenntnis der regelmäßigen Abschreibungsdauern und sonstigen Abschreibungsmodalitäten, die sich wie folgt darstellen: Bei Stauanlagen wird bei Bauwerken von Nutzungsdauern von etwa 40 Jahren und bei maschinellen Staueinrichtungen (Stauklappen usw.) von etwa 25 Jahren auszugehen sein. Bei Umleitungsanlagen, also Kanälen, Stollen, Dämmen und Stauseen von 50 - 60 Jahren je nach Bauart, beim Krafthaus- und Turbinentiefbau sowie massiven Kraftwerksgebäuden von 50 Jahren. Fischwandereinrichtungen haben je nach Bauart Nutzungsdauern von 10 - 40 Jahren. Für Wasserkraftmaschinen werden einschließlich der Fundamente Nutzungsdauern von 22 Jahren angenommen, für elektrische Anlagenteile in der Regel 20 Jahre. Bei den genannten Nutzungsdauern sind normale Boden-, Luft- und Wasserbeschaffenheit vorausgesetzt. Sollten wie beispielsweise in der Werra besonders starke Salzfrachten auf die Turbinen einwirken, wird selbstverständlich eine entsprechende Verkürzung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Turbinen geboten sein. Eine Verkürzung ist selbstverständlich auch bei gebraucht erworbenen Anlagenteilen möglich und geboten. Noch ein Wort zur Abgrenzung der Gebäude von den sogenannten Betriebsvorrichtungen: Diese Unterscheidung ist deshalb bedeutsam, weil Betriebsvorrichtungen steuerlich als bewegliche Wirtschaftsgüter gelten, obwohl sie fest mit dem Gebäude verbunden sind. Sie können regelmäßig bei Anschaffung vor dem 31.12.2010 degressiv abgeschrieben werden. <?page no="263"?> 251 Als Betriebsvorrichtungen sind sämtliche baulichen Bestandteile einer Wasserkraftanlage zu behandeln, also auch Wehre, Brücken, Kanäle, Stauseen, Uferbefestigungen, Fischwandereinrichtungen sowie der Turbinen- oder Krafthaustiefbau. Das Turbinenhaus (ohne den Tiefbau) wird dagegen als Gebäude einzustufen sein, wenn es die bewertungsrechtlichen Gebäudebestandteile aufweist. Einen Sonderfall bildet die Kaverne eines Kavernenkraftwerks, die trotz Fehlens der bewertungsrechtlichen Gebäudebestandteile unter Umständen als Gebäude angesehen werden kann. Gebäude, also Turbinenhäuser (im Betriebsvermögen), können nach der Neufassung des § 7 Abs. 4 und 5 EStG linear mit 3%, degressiv anfangs 10 Jahre mit 10%, dann 3 Jahre mit je 5% und später mit jeweils 2,5% abgeschrieben werden, falls sie nach dem 31.12.1985 und vor dem 1.1.1994 neu erbaut wurden oder Erwerb im Herstellungsjahr vorliegt. Für den Altbestand gilt unverändert ein linearer Abschreibungssatz von 2 bzw. 2,5%. Wesentlicher Bestandteil einer vorausschauenden Abschreibungspolitik ist weiterhin die Festlegung der Abschreibungsmethoden. Normale Abschreibungsmethode ist die lineare Abschreibung. Hierbei werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten (AHK) gleichmäßig auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes verteilt. Daneben besteht die Möglichkeit, die sogenannte degressive Abschreibungsmethode anzuwenden. Steuerlich zugelassen ist die sogenannte geometrisch degressive Abschreibung, also die Abschreibung in Höhe eines gleichbleibenden Prozentsatzes vom jeweiligen Buch- oder Restwert. Diese Methode ermöglicht eine relativ hohe Aufwandsverrechnung in den ersten Jahren. Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, zu denen steuerlich auch die Betriebsvorrichtungen zählen, darf der anzuwendende Hundertsatz höchstens das 2,5-fache des bei der linearen Abschreibung geltenden Satzes betragen und 25 % nicht übersteigen. Leider ist diese Regelung befristet bis zum 31.12.2010. Ob eine Wiedereinführung erfolgt, muss abgewartet werden. D.h. bei einer Schaltanlage mit 20 Jahren Nutzungsdauer würde sich ein linearer Abschreibungssatz von 5% ergeben, degressiv können dagegen 12,5 % vom jeweiligen Buchrestwert abgeschrieben werden. Der Übergang zur linearen Abschreibung (des Restbuchwerts) ist vorzunehmen, sobald die degressive Jahresabschreibung unter die Jahresabschreibung sinkt, die sich nach der linearen Methode ergibt. Auch ein früherer Wechsel zur linearen Abschreibung ist möglich, wenn vernünftige wirtschaftliche Gründe dafür sprechen. Ein Übergang von der zunächst gewählten linearen Abschreibung auf die degressive Abschreibung ist dagegen nicht zulässig. Neuerdings ist auch der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit, wie er im neuen Bilanzrichtliniengesetz (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 Handelsgesetzbuch) definiert ist, zu beachten. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für Kapitalgesellschaften, sondern für alle Kaufleute und besagt, dass bei der Bewertung der im Jahresabschluss ausgewiesenen Wirtschaftsgüter und Schulden die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden anzuwenden sind. Ein willkürlicher Wechsel zwischen zwei Abschreibungsmethoden ist daher nicht zulässig. Dies unterstreicht die unbedingte Notwendigkeit einer vorausschauenden bilanzpolitischen Planung bereits im Jahr des Betriebsbeginns. <?page no="264"?> 252 Der erwähnte Grundsatz verbietet natürlich nicht die Inanspruchnahme steuerlicher Sonderabschreibungen. Außerdem ist in begründeten Ausnahmefällen eine Unterbrechung der Bewertungsstetigkeit möglich. Wesentlich ist noch die Abgrenzungsfrage Reparaturaufwand / aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut. Maßgeblich für die Abgrenzung ist bei bereits bestehenden Anlagen die Feststellung, ob über den bereits bestehenden Zustand hinaus substanzmäßig etwas Neues, Zusätzliches, geschaffen wurde oder nicht. Reparaturen an der Stauanlage oder dem Kanalsystem werden regelmäßig als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln sein, sofern die Anlagen nicht erweitert oder vollständig erneuert wurden. Wird die Turbinenanlage einschließlich des Getriebes überholt, so liegt auch hier Reparaturaufwand vor, selbst wenn im Einzelfall sehr hohe Kosten entstehen. Dagegen spricht auch nicht, dass im Rahmen der Überholung die Anlage auf den neuesten Stand der Technik gebracht wurde. Eine Verteilung dieses Aufwandes auf mehrere Jahre ist grundsätzlich nicht möglich. Ist dagegen der Austausch der gesamten Anlagengruppe erforderlich, so führt dies zu aktivierungspflichtigen Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Hier ist an den Fall zu denken, dass die alte, verbrauchte Turbine mit Kammrad entfernt und durch eine neue (oder auch neuwertige) Turbine mit modernem Präzisionsgetriebe ersetzt wird. Gleiches gilt für den Einsatz eines Wasserrades durch eine Turbine. Häufig werden bei großen Umbauten alter Anlagen Reparaturaufwand und aktivierungspflichtige AHK nebeneinander vorliegen. Hier ist auch mit Blick auf die teilweise ausschließliche Fördermöglichkeiten von AHK bei den Landesförderprogrammen eine genaue Abgrenzung notwendig, die auch einer etwaigen Überprüfung durch die Behörden standhält. 8.4 Steuerliche Vergünstigungen Hier sind zunächst die steuerlichen Sonderabschreibungen zu nennen. § 7 g EStG erlaubt in der neuen Fassung (ab 2008) kleinen und mittleren Gewerbebetrieben (Betriebsvermögen unter EUR 235.000) bei neuen und gebrauchten beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (also auch Betriebsvorrichtungen) neben der linearen oder degressiven Abschreibung unter gewissen Voraussetzungen eine Sonderabschreibung bis zu insgesamt 40 % im Jahr der Anschaffung oder Herstellung (Investitionsabzug). Die Summe der Investitionsabzüge für das Wirtschaftsjahr des Abzugs und der drei vorangegangenen Jahre darf EUR 200.000,-nicht überschreiten. Weiterhin ist zusätzlich zur normalen Abschreibung eine Sonderabschreibung von 20 % im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und den folgenden 4 Jahren möglich. Bemessungsgrundlage für diese Abschreibung sind die um den gebildeten Investitionsabzug gekürzten AHK (§ 7g Abs. 5 EStG). Eine weitere Vergünstigung kann bei der Veräußerung eines Werks in der Regelung des § 6 b EStG gesehen werden. <?page no="265"?> 253 Hiernach sind die beim Verkauf aufgedeckten stillen Reserven, soweit sie in Grund und Boden und Gebäuden gebunden waren, innerhalb bestimmter Zeiträume ganz oder teilweise auf neu angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens übertragbar. Die Buchwerte der neu angeschaffenen Wirtschaftsgüter vermindern sich nach der Übertragung entsprechend. Außerdem kann (einmal im Leben) bei Veräußerungsgewinnen der ermäßigte Einkommensteuersatz beantragt werden, wenn der Veräußerer das 55. Lebensjahr vollendet hat oder dauernd berufsunfähig ist. Ein Freibetrag von EUR 45.000,-kann nur in Anspruch genommen werden, wenn bestimmte Freigrenzen nicht überschritten sind. Die noch aus der Kriegszeit stammende Verordnung über die steuerliche Begünstigung von Wasserkraftwerken wurde über den 31.12.1990 hinaus nicht mehr verlängert. Sie ist jedoch für Anlagen und Erweiterungen mit Baubeginn bis zu diesem Zeitpunkt noch anwendbar. Hiernach unterliegen Wasserkraftwerksgewinne auf die Dauer von 20 Jahren bei fast allen Steuerarten nur dem halben Steuersatz (vgl. „das wassertriebwerk" Nr. 12/ 1983, 2/ 1985 und 11/ 1988). 8.5 Landeszuschüsse, Kreditförderungen Der Bundesgesetzgeber hat im Rahmen des rigorosen Subventionsabbaus durch das Steuerreformgesetz 1990 praktisch alle für Wasserkraftwerke bedeutsamen Steuervergünstigungen abgeschafft. Gleichzeitig hat er die Länder und Kommunen zur verstärkten Förderung der Wasserkraft aufgefordert. Dem sind einige Bundesländer mit entsprechenden Zuschussprogrammen nachgekommen, die teilweise leider wieder abgeschafft wurden. Dass diese nicht ohne mehr oder minder massive Interventionen des Bundesverbandes Deutscher Wasserkraftwerke www.wasserkraft-deutschland.de. bzw. der Arbeitsgemeinschaften Wasserkraftwerke der Länder zu erreichen waren, soll hier nochmals hervorgehoben werden. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert weiterhin neue Wasserkraftanlagen. Näheres unter www.progres.nrw.de. Staatlich geförderte Kredite (Existenzgründungsprogramm, ERP-Umweltprogramm usw.) vergibt die Kreditanstalt für Wiederaufbau www.kfw.de. Hier sind entsprechende Merkblätter abrufbar. Bei der steuerlichen Behandlung von Investitionszuschüssen besteht ein Wahlrecht. Entweder können die Zuschüsse im Jahr des Zuflusses als Betriebseinnahmen (gewinnerhöhend) vereinnahmt werden oder aber sie sind von den AHK der Wirtschaftsgüter, für die sie gewährt wurden, abzusetzen Dadurch wird das künftige Abschreibungsvolumen verringert. Eine steuerneutrale Behandlung der Zuschüsse wie bei der früheren Investitionszulage des Bundes <?page no="266"?> 254 konnte nicht erreicht werden. Die Zuschüsse werden daher, zeitlich versetzt, über höhere Steuereinnahmen wieder teilweise in die Staatskasse zurückfließen. 8.6 Steuerartenspezifische Besonderheiten Wasserkraftwerke, die nicht nur ausschließlich zur Stromerzeugung für den eigenen Haushaltsbedarf dienen, stellen steuerlich einen Gewerbebetrieb dar. Sofern nicht die Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz gewählt wird, ist umsatzsteuerlich von der sog. Regelbesteuerung auszugehen. Der aufnehmende Netzbetreiber wird dem Betreiber die Umsatzsteuer dann zusätzlich zu den Strompreisvergütungen erstatten. Der Betreiber ist hinsichtlich der in den AHK und Betriebsausgaben enthaltenen Vorsteuerbeträgen voll zum Vorsteuerabzug berechtigt. Soweit Strom für Haushaltszwecke entnommen wird, unterliegt dieser der Eigenverbrauchsbesteuerung. 8.7 Liebhabereibetriebe Wie bei vielen Dingen sollte man auch bei der Inanspruchnahme steuerlicher Vergünstigungen den Bogen nicht überspannen. Es kommt bisweilen vor, dass ein Steuerpflichtiger ein kleines Werk zu einem weit überhöhten Preis erwirbt und meint, alle steuerlichen Möglichkeiten zur Steuerersparnis voll ausschöpfen zu müssen. In solch gravierenden Fällen (insbesondere bei Vollfinanzierung der Erwerbskosten) wird das Finanzamt versuchen, das Unternehmen steuerlich in den Bereich des sog. Liebhabereibetriebs abzudrängen. Dies hat zur Folge, dass die erwirtschafteten Verluste steuerlich nicht anerkannt werden. Besonders gefährdet sind Steuerpflichtige, die erhebliche Einkünfte aus anderen Einkunftsarten erzielen und das Kleinkraftwerk als „Bauherrenmodell" umfunktionieren wollen. Sollte sich hierbei nach einer Reihe von Jahren zeigen, dass das Werk noch nicht einmal die linearen Abschreibungsbeträge verdienen kann, besteht die ernste Gefahr der Annahme eines Liebhabereibetriebs. Entstehen dagegen bei einem Werk, dessen Betrieb betriebswirtschaftlich einen Sinn ergibt, durch hohen Reparaturaufwand in einzelnen Jahren Verluste bzw. Anfangsverluste durch Inanspruchnahme degressiver oder Sonderabschreibungen, so braucht dies allein nicht für einen Liebhabereibetrieb zu sprechen. Vielmehr muss es auch auf lange Sicht objektiv unmöglich sein, Gewinn zu erwirtschaften, wobei auch eventuell mögliche spätere Veräußerungsgewinne in die Betrachtung mit einzubeziehen sind. Es ist wünschenswert, dass auch solche (unwirtschaftlichen) Kleinstanlagen wiederhergestellt werden. Dem Betreiber sollte in solchen Fällen jedoch unmissverständlich klar gemacht werden, dass das Werk voraussichtlich auf Dauer trotz eventueller Zuschussgewährung nicht wirtschaftlich arbeiten kann und die ernste Gefahr der steuerlichen Nichtanerkennung besteht. <?page no="267"?> 255 Die Investitionsentscheidungen müssen dann vom Betreiber im Bewusstsein dieser Nachteile getroffen werden. Die stetige Verbesserung der Vergütungssituation, die verstärkte Zuschussgewährung auf Länderebene in früheren Jahren sowie die Verbesserung der wasserrechtlichen Rahmenbedingungen (vgl. „das wassertriebwerk" Nr. 9/ 1989) haben im Bereich bestehender Wasserkraftanlagen bis 500 kW ein verstärktes Ausbau- und Modernisierungspotenzial gebracht. Bei Neuplanungen an bisher kraftwerksfreien und naturnahen Standorten ist wie bisher durch restriktive Behandlung bei den Genehmigungsbehörden mit erheblichen Problemen bei der Realisierung zu rechnen. <?page no="268"?> 256 9 Wasserrechtliche Anforderungen an Wasserkraftanlagen M. Reinhardt 9.1 Wasserkraftanlagen und Gewässerbenutzung Der Begriff der Wasserkraftanlage ist dem Wasserhaushaltsgesetz fremd. Aus verfassungsrechtlichen Gründen spricht § 35 WHG von Wasserkraftnutzungen, erklärt den Begriff selbst jedoch nicht näher. Dagegen finden sich in den Wassergesetzen der Länder vereinzelte Bezugnahmen auf Wasserkraftanlagen (z. B. § 24 LWG BW, Art. 16 Abs. 5 BayWG, § 29 LWG Rh.-Pf., § 28 LWG NW); auch hier verzichten die Gesetzgeber aber auf eine allgemeinverbindliche Begriffsbestimmung. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, daß das Wasserrecht bei der Begründung behördlicher Zulassungspflichten traditionell nicht an einen Zustand (Anlage), sondern an ein Verhalten (Benutzung i. S. des § 9 WHG) anknüpft. Erst recht kommt der Größe der Anlage keine kategorische Bedeutung im wasserrechtlichen Sinne zu. Anknüpfungspunkt für die wasserrechtliche Beurteilung ist also das Nutzungsverhalten des Anlagenbetreibers, das regelmäßig mehrere wasserrechtliche Benutzungstatbestände erfüllt, insbesondere das Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 WHG), das Aufstauen von oberirdischen Gewässern (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 WHG) sowie das Einleiten von Stoffen in Gewässer (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG). Daneben kann die Errichtung einer Wasserkraftanlage auch einen Gewässerausbau, etwa in der Gestalt der wesentlichen Umgestaltung eines Gewässers und seiner Ufer (§ 67 Abs. 2 Satz 2 WHG) oder des Deich- oder Dammbaus (§ 67 Abs. 2 Satz 3 WHG) darstellen. In jedem Fall bedarf daher die Nutzung der Wasserkraft der vorherigen Zulassung durch die zuständige Wasserbehörde, im Fall der Gewässerbenutzung grundsätzlich in der Form einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung (§ 8 WHG), im Fall des Gewässerausbaus in der Form der aufwendigeren Planfeststellung oder Plangenehmigung (§ 68 WHG). Nach § 12 Abs. 1 WHG muß die Behörde Erlaubnis und Bewilligung zwingend versagen, wenn schädliche Gewässerveränderungen zu erwarten sind oder andere Anforderungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht erfüllt werden. Damit errichtet das Gesetz ein komplexes Prüfprogramm, bei dem für die Zulassung von Wasserkraftnutzungen heute insbesondere die Bestimmungen der §§ 33 bis 36 WHG über die Bewirtschaftung oberirdischer Gewässer im Vordergrund stehen. Mit diesen im März 2010 in Kraft getretenen Vorschriften enthält das Wasserhaushaltsgesetz nun erstmals auch ausdrückliche Anforderungen an Mindestwasserführung, Gewässerdurchgängigkeit und Wasserkraftnutzung, die im Zulassungsverfahren zu beachten sind. Liegt ein absoluter Versagungsgrund nach § 12 Abs. 1 WHG nicht vor, hat der Unternehmer damit noch keinen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis oder Bewilligung. Vielmehr verfügt die Wasserbehörde gemäß § 12 Abs. 2 WHG über ein Bewirtschaftungsermessen, das sie mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt, andere Gewässerbenutzungen und den Gewässerschutz auch zur Ablehnung des Antrags berechtigt. Inhaltlich im Wesentlichen vergleichbar, wenngleich auch verfah- <?page no="269"?> 257 rensrechtlich deutlich umfänglicher, gestaltet sich das Prüfprogramm nach § 68 Abs. 2 WHG bei der Planfeststellung eines Gewässerausbaus. Regelmäßig wird hier auch die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Erlaubnis, Bewilligung, Planfeststellung und Plangenehmigung sind Verwaltungsakte, bei deren vollständiger oder partieller Versagung der Antragsteller Verpflichtungsklage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben kann. 9.2 Alte Rechte und alte Befugnisse Von besonderer praktischer Bedeutung für die Nutzung der Wasserkraft in Kleinkraftwerken sind die §§ 20, 21 WHG, mit denen der Gesetzgeber die Privilegierung von Rechten aus der Zeit vor der Geltung des Wasserhaushaltsgesetzes weiter fortgeführt hat. § 20 WHG schafft ein Sonderrecht für diejenigen Gewässerbenutzungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Wasserhaushaltsgesetzes am 1. März 1960 in zulässiger Weise ausgeübt wurden. Man war seinerzeit davon ausgegangen, daß eine vollständige Unterwerfung der vorhandenen Berechtigungen auf der Grundlage des alten Wasserrechts der Länder nicht nur praktisch unmöglich, sondern auch der Sache nach sinnlos gewesen wäre. Jüngere Rechte waren zumeist bereits unter Berücksichtigung des maßgeblichen Wohls der Allgemeinheit erteilt worden, und bei älteren Zulassungen ging der Gesetzgeber davon aus, daß sie schon durch jahrzehnte-, teilweise jahrhundertelangen Bestand eine gewisse Rechtfertigung gefunden hatten und aus Gründen der Rechtssicherheit nicht einer erneuten behördlichen Überprüfung unterworfen werden sollten. Das Wasserhaushaltsgesetz hat dem dadurch Rechnung getragen, daß für vorgefundene Benutzungen pauschal angenommen wurde, diese entsprächen auch den neueren gesetzlichen Kriterien, so daß eine weitere behördliche Kontrolle im Rahmen eines eigenen Zulassungsverfahrens als entbehrlich angesehen wurde. Einer erneuten behördlichen Erlaubnis oder Bewilligung nach §§ 8, 10 WHG bedarf es daher nicht, wenn und soweit die Benutzung auf Grund der alten Zulassung ausgeübt werden durfte. Zur Klarstellung der Rechtslage wurden aber die Inhaber unter Androhung des Rechtsverlusts aufgefordert, die Rechte zum Wasserbuch anzumelden (§ 21 WHG). Welche alten Rechte und alten Befugnisse fortgelten können, listet § 20 Abs. 1 WHG allgemein auf. Daneben werden die Länder ausdrücklich ermächtigt, abweichende, d. h. einschränkende oder erweiternde eigene Regelungen zu treffen. Bundesrechtlich erfaßt werden insbesondere solche Rechte, die nach den Landeswassergesetzen erteilt oder aufrechterhalten worden sind. Der Begriff der Landeswassergesetze ist dabei grundsätzlich weit zu verstehen und meint nicht nur förmlich als „Wassergesetze“ ausgewiesene Kodizes, wie insbesondere die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert verabschiedeten Wassergesetze, sondern alle Vorschriften, nach denen eine Gewässerbenutzung unter wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten hoheitlich zugelassen werden konnte. Notwendig ist weiterhin, daß das Recht „erteilt“ worden ist, d. h. nach einer behördlichen Prüfung auf wasserrechtlicher Grundlage im konkreten Einzelfall zuerkannt worden ist. Nutzungsrechte, die sich allgemein unmittelbar aus einer früheren Rechtslage ergeben haben, fallen mangels berechtigtem Bestands- und Vertrauensschutzes nicht hierunter. Praktische Schwierigkeiten bereitet schon wegen des mitunter erheblichen Zeitablaufs vielfach der Nachweis darüber, ob ein altes Recht oder eine alte Befugnis i. S. des § 20 Abs. 1 WHG besteht oder welche Benutzung es in welchem Umfang ge- <?page no="270"?> 258 währt. Lassen sich im Streitfall die näheren Umstände der Benutzungsberechtigung nicht von Amts wegen aufklären, so trifft den Antragsteller selbst die objektive Beweislast. Mißlingt der Beweis, kommt eine Befreiung vom Erlaubniserfordernis nach § 20 WHG nicht in Betracht. Entscheidend für die erlaubnisfreie Ausübung der Benutzung ist die präzise Klärung von Inhalt und Umfang des alten Rechts oder der alten Befugnis. Zu ermitteln sind beispielsweise die genaue Art der zugelassenen Benutzung, das Ausmaß etwa der abzuleitenden Wassermengen und das seinerzeit geregelte Verhältnis zu Drittbetroffenen. Der Umstand allein, daß dereinst überhaupt ein Recht erteilt worden war, reicht für sich noch nicht für eine Freistellung von der Erlaubnispflicht. Weitgehenden Bestandsschutz vermittelt dem Rechteinhaber auch die eingeschränkte Widerruflichkeit nach § 20 Abs. 2 WHG. Grundsätzlich setzt ein Widerruf voraus, daß von der Benutzung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist. Der Betroffene ist für den Entzug nach näherer Maßgabe des § 96 WHG zu entschädigen. Lediglich wenn die Benutzung drei Jahre ununterbrochen nicht ausgeübt worden ist, wenn sie für den Unternehmer nicht mehr erforderlich ist, wenn ihr Zweck nicht mehr mit der seinerzeitigen Zwecksetzung übereinstimmt oder wenn der Rahmen der Befugnis überschritten worden ist, besteht kein Kompensationsanspruch. Der den §§ 20, 21 WHG ursprünglich zu Grunde liegende Gedanke, die nach dem neuen Wasserhaushaltsgesetz maßgeblichen Zulassungsvoraussetzungen dürften auch bei zuvor erteilten Gestattungen nach altem Recht auch ohne erneutes wasserbehördliches Genehmigungsverfahren durchaus als erfüllt angesehen werden, bedarf mehr als fünfzig Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes der inhaltlichen Überprüfung. Zielte das Wasserhaushaltsgesetz anfänglich ganz überwiegend auf die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung für die Gewässer, hat es insbesondere durch die Ökologisierungsphasen bei der Schaffung des modernen deutschen Umweltrechts in den 1970er Jahren und bei der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie 2000/ 60/ EG in weiten Teilen den Charakter eines medialen Umweltschutzgesetzes angenommen, der das nahtlose Anknüpfen an das alte Wasserrecht inhaltlich in Frage stellt. Entsprechende Versuche des Bundesumweltministeriums, die Privilegierungen der alten Rechte und alten Befugnisse wenigstens mittelfristig aufzugeben und die Benutzungen in das allgemeine wasserrechtliche Zulassungsregime zu überführen, sind indes stets am parteiübergreifenden Widerstand im Deutschen Bundestag gescheitert. Dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, daß die materiellen wasserrechtlichen Vorgaben für die Gewinnung von Energie aus Wasserkraft auch dann gelten, wenn wegen bestehender alter Rechte oder Befugnisse ein erneutes förmliches Zulassungsverfahren entbehrlich ist. Denn der Bund ist schon aus unionsrechtlichen Gründen nicht berechtigt, gewässerschützerische Anforderungen des Europarechts für einen nicht nur unerheblichen Teil der Gewässerbenutzungen ganz oder teilweise zu ignorieren. <?page no="271"?> 259 9.3 Bewirtschaftungsrechtliche Anforderungen an die Wasserkraftnutzung Im Vordergrund der materiellen wasserhaushaltsrechtlichen Anforderungen an die Wasserkraftnutzung stehen die §§ 33 ff. WHG. Sie greifen in allgemeiner Weise vor allem die biologischen und hydromorphologischen Qualitätskomponenten auf, die nach Anhang V der Wasserrahmenrichtlinie zur Einstufung des guten ökologischen Gewässerzustands (§ 27 Abs. 1 WHG) oder Gewässerpotentials (§ 27 Abs. 2 WHG) vorgegeben werden. Weitere Konkretisierungen in Übernahme der Spezifizierungen der Wasserrahmenrichtlinie enthält die Oberflächengewässerverordnung des Bundes vom 20. Juni 2016 (BGBl. I S. 1373). Im Einzelnen werden dabei die drei Ebenen des Wasserhaushalts, der Durchgängigkeit und der Morphologie unterschieden. So setzt beispielsweise ein sehr guter Gewässerzustand voraus, daß Menge und Dynamik der Strömung und die sich daraus ergebende Verbindung zum Grundwasser vollständig oder nahezu vollständig den Bedingungen bei Abwesenheit störender Einflüsse entsprechen (Wasserhaushalt), daß die Durchgängigkeit des Flusses nicht durch menschliche Tätigkeiten gestört wird und eine ungestörte Migration aquatischer Organismen und der Transport von Sedimenten ermöglicht werden (Durchgängigkeit) und daß schließlich Laufentwicklung, Variationen von Breite und Tiefe, Strömungsgeschwindigkeiten, Substratbedingungen sowie Struktur und Bedingungen der Uferbereiche vollständig oder nahezu vollständig den Bedingungen bei Abwesenheit störender Einflüsse entsprechen (Morphologie). Einleitend weist § 33 WHG auf die hohe wasserwirtschaftliche Bedeutung der Mindestwasserführung für die ökologische Funktionsfähigkeit eines Gewässers hin und setzt der Benutzung eines Gewässers in der auch und gerade für die Wasserkraftnutzung bedeutsamen Form des Aufstauens, Entnehmens oder Ableitens inhaltliche Grenzen. Maßstab für die genaue Bestimmung des Mindestwasserabflusses sind die allgemeinen und besonderen Bewirtschaftungsziele der §§ 6 Abs. 1, 27 bis 31 WHG. Die durch entsprechende Benutzungen verminderte Restwasserführung kann nicht nur die Durchgängigkeit für die aquatische Fauna beeinträchtigen und so ökologisch unerwünschte Migrationshindernisse schaffen, sondern auch das Gewässer als solches in seiner Eigenschaft als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen erheblich beeinträchtigen. Insoweit überschneidet sich der Regelungsbereich des § 33 WHG mit dem Durchgängigkeitserfordernis des § 34 WHG. § 34 WHG enthält sodann durch spezifische Einschränkungen für Stauanlagen Anforderungen an die Durchgängigkeit des Gewässers insbesondere für Gewässerorganismen. Zugleich zielen die Einschränkungen für Errichtung, Betrieb und wesentliche Änderung von Stauanlagen auf morphologische Erfordernisse der betroffenen Gewässer. Erneut werden auch hier die allgemeinen ökologischen Bewirtschaftungsziele für oberirdische Gewässer ausdrücklich zum gesetzlichen Beurteilungsmaßstab erklärt. Nach den in Bundesrecht umgesetzten Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie wird ein sehr guter Gewässerzustand angenommen, wenn (u. a.) die Durchgängigkeit nicht durch Eingriffe des Menschen gestört wird und eine ungestörte Migration aquatischer Organismen und der Transport von Sedimenten ermöglicht sind. Die Regelung zielt darauf ab, den nachteiligen Auswirkungen der Aufstauung eines oberirdischen Gewässers beispielsweise durch Verminderung der natürlichen Fließgeschwindigkeit, der Hebung des Grundwasserspiegels oder der Durchwanderbarkeit für aquatische Populationen zu begegnen. Sie begrenzt die Zulässigkeit der ent- <?page no="272"?> 260 sprechenden Gewässerbenutzungen, enthält aber kein grundsätzliches Verbot von Stauanlagen in oberirdischen Gewässern. Allerdings stellt sie den Aufstau unter den Vorbehalt, daß die Durchgängigkeit durch kompensatorische Vorkehrungen und Verhaltensweisen soweit ökologisch erforderlich erhalten oder wiederhergestellt wird. In grundsätzlich dieselbe Richtung zielt der in seiner Entstehung politisch höchst umstrittene § 35 WHG. Er greift in seiner nun Gesetz gewordenen Fassung die problematische Kollision der einander widerstreitenden Belange des Tierschutzes und der emissionsfreien Energiegewinnung bundesrechtlich zwar ausdrücklich auf, verfehlt aber eine vollzugsfähige Steuerungsanordnung. Seine Forderung, daß die Nutzung von Wasserkraft nur zugelassen werden darf, wenn auch geeignete Maßnahmen zum Schutz der Fischpopulation ergriffen werden, ist nicht mehr als ein symbolhafter Kompromiß, der die Wasserbehörden zur Berücksichtigung des Konflikts anhält, ihr aber eindeutige Entscheidungsmaßstäbe für den Einzelfall vorenthält. Daß - anders als in den §§ 33, 34 WHG - nicht ausdrücklich auf die ökologischen Bewirtschaftungsziele der §§ 27 bis 31 WHG Bezug genommen wird, ist unerheblich, da diese Regelungen als Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie der Aussetzung für einzelne Nutzungen grundsätzlich nicht zugänglich sind. Auch insoweit gilt mithin der vollständige Anforderungskatalog des europäischen Gewässerschutzrechts. § 35 WHG selbst zielt indes allein auf den Schutz des vorfindlichen Fischbestands, nicht aber zugleich auf andere Bestandteile der Gewässerfauna, die nach der Wasserrahmenrichtlinie für die Beurteilung des biologischen Gewässerzustands gleichfalls maßgeblich sind. Ebenfalls nicht vom Schutz dieser Vorschrift erfaßt sind gewässertypische Arten, die im Gewässer derzeit nicht heimisch sind, deren Wiederansiedlung aber als ökologisch wünschenswert erachtet wird. Schließlich sind nach dem Normtext auch vorhandene Fischvorkommen nur insoweit geschützt, als ihr Bestand als solcher gefährdet ist. Die Entwurfsbegründung weist hierzu erläuternd darauf hin, daß ein absoluter Schutz vor jeglichen Fischschäden nicht angestrebt wird (BTags-Drucks. 16/ 12275, S. 61). Schutzziel ist also lediglich die Erhaltung der Reproduktionsfähigkeit der Art als solcher, nicht aber der individuelle Schutz für das einzelne Tier. Das bedeutet für den Fischschutz zunächst, daß die für die Bestandserhaltung notwendige Gewässerdurchgängigkeit i. S. des § 34 WHG zu gewährleisten ist, um laichfähigen Arten den Auf- und Abstieg im querverbauten Gewässer zu erhalten. Zudem ist dafür zu sorgen, daß die Fische bei ihren Wanderbewegungen nicht in Wasserkraftturbinen eingesogen und dadurch verletzt oder getötet werden. Nach dem arten-, nicht individualbezogenen Schutzzweck der Norm ist dabei gesetzlich kein absoluter Schutz geboten, vielmehr ist der Gefährdung der Fische lediglich insoweit entgegenzuwirken, daß eine Schädigung des natürlichen Bestands über vereinzelte, die Reproduktionsfähigkeit des Vorkommens nicht in Frage stellende Verluste hinaus vermieden wird. Wo im einzelnen Fall die Grenze zwischen noch hinnehmbaren Bestandseinbußen und unzulässiger Beeinträchtigung der Fischpopulation zu ziehen ist, läßt § 35 Abs. 1 WHG offen. Vielmehr ist dies im einzelnen Fall von der zuständigen Wasserbehörde vor der Anordnung einer geeigneten Maßnahme als Nebenbestimmung zum Zulassungsbescheid unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls zu ermitteln und festzusetzen. Eher lapidar formuliert die Entwurfsbegründung insoweit, daß die „Fische bei ihrer Wanderung grundsätzlich unbeschadet an der Wasserkraftanlage vorbeikommen“ sollen (BTags-Drucks. 16/ 12275, S. 61). Die allgemeine Zielrichtung des § 35 WHG wie auch sein Verhältnis zu den ökologischen und artensowie tierschutzrechtlichen Bestimmungen des europäischen und deutschen Rechts deuten darauf hin, daß das Maß noch hin- <?page no="273"?> 261 nehmbarer Schädigungen des Fischbestands nicht anhand einer reinen Wirtschaftlichkeitsberechnung der Wasserkraftanlage - die vor allem bei kleineren Anlagen in hohem Maße von der jeweils geleisteten Subventionierung nach dem Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) abhängt - vorgenommen werden kann, sondern auf der Grundlage der Erreichung der wasserhaushaltsrechtlichen Bewirtschaftungsziele der §§ 27 bis 31 WHG zu erfolgen hat. Eine nutzungsbedingte Reduktion der Fischpopulation bis zu einem Grad, der nur eben noch die Reproduktionsfähigkeit aufrechterhält, wird daher von § 35 Abs. 1 WHG nicht getragen. Vielmehr wird die Wasserbehörde grundsätzlich auf eine möglichst weitgehende Minimierung der Verluste nach einem Geringfügigkeitsmaßstab zu drängen haben. Die Umweltverträglichkeit der Energiegewinnung aus Wasserkraft ist insoweit dem Gewässerschutz grundsätzlich nachgeordnet. Auch die Bestimmung der von § 35 WHG geforderten „geeigneten Schutzmaßnahmen“ wird im Gesetz nicht eindeutig vorgenommen, sondern ist von der Wasserbehörde im jeweiligen Einzelfall vorzunehmen. Allgemein zählen hierzu je nach Gewässer und Anlage solche Einrichtungen und Betriebsweisen, die den Fischen eine Umgehung der Wasserkraftanlage mit der und gegen die Fließrichtung des Gewässers erlauben. Entsprechende Vorrichtungen sind im Sinne der allgemeinen ökologischen Ausrichtung der Gewässerbewirtschaftung grundsätzlich naturnah auszugestalten. Die teilweise erheblichen Kosten für die Errichtung derartiger Fischwege werfen notwendig die Frage nach der Verhältnismäßigkeit ihrer behördlichen Anordnung im einzelnen Fall auf. Gerade die Betreiber von Klein- und Kleinstkraftwerken verfügen regelmäßig kaum über großen wirtschaftlichen Spielraum zur Verwirklichung der anspruchsvollen ökologischen Zielsetzungen des europäischen Umweltrechts. Für jeden einzelnen Fall ist daher eine Abwägung zwischen dem Aufwand für die ökologisch erforderlichen Einrichtungen und Vorkehrungen einerseits und der Rentabilität der Wasserkraftanlage andererseits vorzunehmen. Ökologischer Maßstab sind dabei insbesondere die im geltenden Maßnahmenprogramm (§ 82 WHG) enthaltenen Konkretisierungen der Bewirtschaftungsziele für das jeweils genutzte Gewässer. Diese rechtlich allenfalls eingeschränkt disponible übergreifende ökologische Zielsetzung des § 35 WHG steht wie schon erwähnt einer rein betriebswirtschaftlich durchgeführten Kosten-Nutzen-Analyse entgegen. Vielmehr wird der Betreiber regelmäßig von der Wasserkraftnutzung absehen müssen, wenn die Beachtung der von den Bewirtschaftungszielen vorgegebenen ökologischen Standards außer Verhältnis zu dem von der Anlage erwarteten Ertrag steht. Gesetzgeber und Behörden sind nicht verpflichtet, den Betrieb kleiner Wasserkraftanlagen durch entsprechende Ausgestaltung und Anwendung des Energie- und Wasserrechts rentabel zu halten. Auf der anderen Seite dürfen auf § 35 WHG gestützt aber auch keine Anstrengungen verlangt werden, die mit erheblichem finanziellen Aufwand nur eine geringfügige Verbesserung des Schutzes der betroffenen Fischpopulation zu bewirken in der Lage sind. 9.4 Anforderungen an vorhandene Anlagen Formal sind die bewirtschaftungsrechtlichen Regelungen der §§ 33 ff. WHG am 1. März 2010 in Kraft getreten. Soweit sie Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie an den ökologischen Gewässerzustand aufgreifen, ersetzen sie gemeinsam mit der Oberflächengewässerverordnung allerdings lediglich bereits zuvor geltendes Lan- <?page no="274"?> 262 deswasserrecht. Sie gelten zunächst im wasserbehördlichen Zulassungsverfahren (§§ 33, 34 Abs. 1, 35 Abs. 1 WHG), sind also bei der Prüfung der Neuerrichtung von Wasserkraftanlagen zu berücksichtigen. Daneben ordnet das Wasserhaushaltsgesetz aber auch die Anpassung vorhandener Anlagen an die neuen Standards des ökologischen Gewässerschutzes an. Entsprechen vorhandene Stauanlagen nicht den Durchgängigkeitsanforderungen, so hat die zuständige Wasserbehörde nach § 34 Abs. 2 WHG Anordnungen zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit zu treffen, um die Erreichung der gesetzlichen Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31 WHG sicherzustellen. Entsprechend verpflichtet § 35 Abs. 2 WHG zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen, um vorhandene Wasserkraftnutzungen den neuen Standards anzupassen. Die Betreiber von Wasserkraftanlagen können sich damit grundsätzlich nicht mit der Begründung gegen eine Anpassungspflicht zur Wehr setzen, bei der ursprünglichen Planung mit einer derartigen Anspannung der Rechtspflichten nicht gerechnet zu haben. Allerdings unterliegt diese Form einer sog. unechten Rückwirkung von Gesetzen dem rechtsstaatlichen Vorbehalt einer Abwägung zwischen Anpassungsinteresse der Allgemeinheit und Bestandsschutzinteresse des Betroffenen. Insbesondere stehen danach bei kleinen Wasserkraftanlagen, deren Betrieb im Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der seinerzeit maßgeblichen Vorgaben für Ausgestaltung der Anlage und gesetzlicher Förderung nach dem EEG eher knapp kalkuliert worden war, Vertrauensschutzinteressen des Betreibers einer Inpflichtnahme nicht kategorisch entgegen. Denn ein geschütztes Vertrauen des Bürgers in den unveränderten Fortbestand einer bestimmten Rechtslage wie die Förderung der Wasserkraft nach dem EEG besteht nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nicht (BVerfGE 30, 250, 269; 38, 61, 83; BVerfG NJW 2002, S. 3009 ff.; DStR 2010, S. 1736 ff.). Anderes kann für den Bestands- und Investitionsschutz größerer Wasserkraftwerke gelten, die nicht allein um der Mitnahme der gesetzlichen Fördermittel willen errichtet worden sind. Während § 34 Abs. 2 WHG die Behörde verpflichtet, entsprechende Anordnungen zur Gewährleistung der Gewässerdurchgängigkeit zu treffen, sind die Betreiber von Wasserkraftanlagen gemäß § 35 Abs. 2 WHG unmittelbar von Gesetzes wegen gehalten, die erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Pflichten zu treffen. Trotz der weitreichenden Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Erstellung und der breitflächigen Veröffentlichung der planerischen Instrumente kann vom Anlagenbetreiber selbst aber kaum erwartet werden, sich an Hand der allgemein zugänglichen Informationen die Fristbestimmung des § 35 Abs. 2 WHG selbst zu erarbeiten. Zur Konkretisierung der Pflicht wird daher im Zweifelsfall auch hier eine behördliche Entscheidung sinnvoll erscheinen. Bei der Festlegung der Frist sind die Besonderheiten des einzelnen Falls unter Berücksichtigung von Art, Umfang und Betriebsweise der jeweiligen vorhandenen Anlage ebenso zu berücksichtigen wie die - ggf. sich auch saisonal wandelnden - Bedürfnisse des konkret zu schützenden Fischbestands. Im Übrigen ist die Fristbestimmung an dem durch § 27 WHG vorgeschriebenen und in den Maßnahmenprogrammen für den Vollzug umgesetzten iterativen Prozeß zur Erreichung der Umweltziele der Wasserrahmenrichtlinie zu orientieren. Auch das untergesetzliche Recht, wie es vor allem in der konkretisierenden Oberflächengewässerverordnung niedergelegt ist, vermag die Einzelfallprüfung nicht zu ersetzen. Bei dieser ist auch zu berücksichtigen, daß ein auf die weitere Gewässerbenutzung zwingend angewiesener Gewerbebetrieb bereits existiert und durch nach- <?page no="275"?> 263 trägliche Anordnungen ungleich härter getroffen würde als im Fall des Antrags auf Erstzulassung. Zwar ist der Betreiber auch hierdurch nicht vor nachträglichen Einschränkungen seiner Rechtsstellung gefeit, doch kann aus dem verfassungsrechtlich geschützten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eine stärkere Beschränkung der wasserbehördlichen Anordnungsbefugnisse folgen. 9.5 Literatur [1] K. Berendes: Wasserhaushaltsgesetz, Kurzkommentar, 2010. Erich Schmidt Verlag. [2] R. Breuer: Gewässerausbau, Wasserkraftnutzung und alte Mühlenrechte, Das Recht der Wasser- und Entsorgungswirtschaft, Heft 29, 2001, Carl Heymanns Verlag. [3] R. Breuer: Rechtsfragen des Konflikts zwischen Wasserkraftnutzung und Fischfauna, 2006. Erich Schmidt Verlag. [4] M. Czychowski, M. Reinhardt: Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 10. Auflage 2010. Verlag C. H. Beck. [5] M. Reinhardt: Die gesetzliche Förderung kleiner Wasserkraftanlagen und der Gewässerschutz, Natur und Recht 2006, S. 205-214. [6] M. Reinhardt: Neue wasserrechtliche Anforderungen an die Modernisierung von Wasserkraftanlagen, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2011, S. 1089-1094. [7] M. Reinhardt: Gewässerdurchgängigkeit und Schutz der Fischpopulationen an Bundeswasserstraßen, UBA-Texte 12/ 2012. [8] F. Sieder, H. Zeitler, H. Dahme, G.-M. Knopp: Wasserhaushaltsgesetz, Abwasserabgabengesetz, Kommentar, Loseblatt, Stand Mai 2016. Verlag C. H. Beck. <?page no="276"?> 264 10 Kleine Kaplanturbinen und Generatoren mit niedriger Drehzahl J. Krebs, P. Marx, M. Sobczyk, S. Gruner, M. Gall, U. Urban 10.1 Einleitung Seit Beginn der Nutzung der Wasserkraft vor über 5.000 Jahren werden Flüsse an Wehranlagen aufgestaut. Allein in Deutschland gibt es heute über 50.000 Stauhaltungen. Viele dieser Wehranlagen sind für Wanderfische nicht mehr passierbar; wodurch viele Arten von ihren früheren Laichgebieten abgeschnitten wurden. Mit Beginn der Elektrifizierung Ende des 19. Jahrhunderts wurden an Wehren zunehmend Generatoren eingebaut, die vor allem den lokal entstehenden Bedarf nach elektrischer Energie decken konnten. Bestehende Mühlen, Wehre, Hammer- oder Sägewerke wurden zum Kern der Erzeugung elektrischer Energie. Der steigende Strombedarf führte zum Ausbau der Verteilnetze in den Industriestaaten. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts sind in dieser Infrastruktur vorrangig Großbauwerke installiert worden, so dass die Eigenstromerzeugung an kleinen Wasserkraftstandorten oftmals eingestellt wurde. Mit der Einführung des Vorrangs für erneuerbare Energien und einer festen Einspeisevergütung seit 2000 werden die unbestreitbaren Vorteile der Kleinwasserkraft wieder herausgehoben: die Stromerzeugung erfolgt konstant und dicht am Verbraucher, so dass keine langen Übertragungsnetze erforderlich sind. Eingriffe in Habitat und Landschaft sind bei existierenden Bauwerken vergleichsweise moderat - oder die Reaktivierung führt sogar zu einer Verbesserung der vorgefundenen Situation. Die Kleinwasserkraft stellt somit einen wichtigen Baustein nachhaltiger Energieversorgung dar und leistet einen Beitrag zur Steigerung der regenerativen Stromerzeugung. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Anlagentechnik erfordert die Berücksichtigung der hydrologischen und ökologischen Randbedingungen, insbesondere den Anforderungen des Hochwasserabflusses. Mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie sollen bis 2025 die wesentlichen Probleme der fehlenden Durchgängigkeit in Fließgewässern angegangen werden. Gleichzeitig soll der Anteil erneuerbarer Energien - und damit auch der Wasserkraft - am Energiemix erhöht werden. Hierbei sind die unterschiedlichen hydrologischen, ökologischen und ökonomischen Belange abzuwägen. Ein wichtiger Aspekt ist die Verbesserung des Hochwasser-Abflussquerschnittes durch eine optimale hydrologische Zu- und Abströmung auch bei hohen Pegelständen. Die Verhinderung der Verlandung und Verschlammung von Stauhaltungen bzw. die Sohlerosion unterhalb des Wehres sind hierfür zu berücksichtigen. Die hohe Effizienz von Turbine und Generator für eine hohe Leistungsausbeute ist dabei die Voraussetzung für ein wirtschaftliches Kosten-Nutzen-Verhältnis von Kleinwasserkraftanlagen. Eine ökologische Durchgängigkeit für flussauf- und flussabwärts wandernde Fische und Kleinlebewesen muss zudem gewährleistet werden, um die Genehmigung zu erreichen. Durch die Zusammenarbeit der Partner und Akteure im Planungsverfahren wird eine für Mensch, Natur und Umwelt ausgewogene Einbettung neuer Anlagen ermöglicht. <?page no="277"?> 265 Besonders die Kombination kleiner Kaplanturbinen mit (im Idealfall direkt gekuppeltem) Generator mit netzparallelem Betrieb stellt eine wirtschaftlich interessante Lösung für die Energieerzeugung dar. Diese Generatoren erreichen insbesondere bei schwankenden Wasserständen durch den kontinuierlichen Betrieb über ein breites Kennlinienfeld einen hohen Wirkungsgrad über das ganze Jahr. Hierdurch können auch Kleinwasserkraftanlagen wirtschaftlich und ökologisch verträglich betrieben werden. 10.2 Kleine Kaplanturbinen bei niedrigen Fallhöhen Im Niederdruckbereich unter 20-50 m Fallhöhe werden überwiegend Kaplan- und Kaplanrohrturbinen eingesetzt. Bei den gegebenen Bauwerksabmessungen wird mit dieser Turbinenbauart der größte Durchfluss erreicht und somit Standorte mit geringer Fallhöhe erschlossen. Die durch die Doppelregulierung möglichen hohen Wirkungsgrade und die höchste Drehzahl bei gegebenem Angebot potentieller Energie (Fallhöhe und Durchfluss) tragen dazu bei, dass selbst im Klein- und Kleinstwasserkraftbereich die doppelt regulierten Kaplanturbinen die anderen Turbinenarten abgelöst haben. Auch können stark wechselnde Zuflüsse mit einer Kaplanturbine effektiver genutzt werden als z. B. durch zwei Francisturbinen in der klassischen 2/ 3-1/ 3-Aufteilung. Für eine möglichst kostengünstige, kompakte und funktionssichere Variante ist die Skalierung bewährter Großanlagen jedoch nicht ausreichend. Bild 10. 1: Einsatzbereiche verschiedener Turbinenbauarten (Qua10) Hier hat man in den achtziger Jahren neue Wege eingeschlagen, indem man die Gehäuse als Stahlschweißkonstruktionen anstatt als Gussgehäuse ausgeführt und viele Normteile (Wälzlager anstatt Gleitlager) zum Einsatz gebracht hat. Somit wurde man flexibler, schneller und kostengünstiger. Aus diesem Grund wurden und werden Neuanlagen im Niederdruckbereich überwiegend mit doppelt regulierten Kaplanturbinen ausgeführt. 1 10 100 1000 10000 0,01 0,1 1 10 100 1000 Durchfluss Q in m³/ s Fallhöhe H in m Pelton Francis Kaplan Rohr Ossberger <?page no="278"?> 266 Auch die Substitution von bestehenden Anlagen (Wasserräder, Francisturbinen und Durchströmturbinen) durch Kaplanturbinen kann eine Effizienzsteigerung erreichen. Früher wurden viele Standorte nur so groß ausgebaut, wie es nötig war, um die vor Ort ansässigen Betriebe, wie Mühlen, Sägewerke, Papierfabriken usw., zu betreiben. Heute soll der Standort und das Wasserangebot technisch und wirtschaftlich optimal ausgebaut werden. Daher baut man die Anlagen nach ökologischen, ökonomischen und hydrologischen Gesichtspunkten aus. Wie eingangs erwähnt ist die doppeltregulierte Kaplanturbine die Turbine mit dem größten Durchsatz bei gegebenen Bauwerksabmessungen sowie dem höchsten Energiertrag bei gegebener potentieller Energie. Dadurch lassen sich oft vorhandene Turbinen ohne größere Umbaumaßnahmen durch Kaplanturbinen ersetzen, verbunden mit einer erheblichen Ertragssteigerung am gleichen Standort. Man unterscheidet zwischen den klassischen Kaplanschachtturbinen mit vertikaler Welle und den Kaplanrohrturbinen mit horizontaler oder leicht geneigter Welle. Die Kaplanrohrturbinen haben gegenüber den vertikalen Kaplanturbinen einen weiteren Vorteil. Da man die Strömung nicht so stark umlenken muss, kann man mit gleichem Laufraddurchmesser etwa 25% mehr Durchsatz erreichen und der Wirkungsgrad ist höher sowie die Empfindlichkeit gegen Unterwasseranstieg geringer. Weiterhin spart man Gründungstiefe gegenüber der vertikalen Turbine und bei den Betonbauarbeiten. Die Kaplanrohrturbine benötigt jedoch frontale An- und Abströmung, somit ist das Einsatzgebiet begrenzt, da dies anhand der vorhandenen Peripherie nicht immer umsetzbar ist. Bild 10. 2: Kaplanschachtturbine (HSI) Bild 10. 3: Kaplanrohrturbine (HSI) Um den Nachteil der Gründungstiefe (Baukosten) zu kompensieren, werden vertikale Kaplanturbinen oft in der sogenannten geheberten oder teilgeheberten Ausführung errichtet. Bei der vollgeheberten Ausführung befindet sich der Leitapparat komplett über dem Oberwasserspiegel, bei der teilgeheberten Ausführung ist der Oberwasserstand etwa mittig zum Leitapparat. Beides hat Vor- und Nachteile. <?page no="279"?> 267 Der Vorteil bei der Vollheberung besteht darin, dass durch die Belüftung der Einlaufkammer die Turbine schnell und sicher stillgesetzt werden kann. Sie hat aber auch den Nachteil, dass der Wasserspiegel zum Anlaufen der Anlage angehoben werden muss. D.h., man benötigt zusätzliche Einrichtungen wie Vakuumpumpe, Ventile und man hat zusätzlichen Steuerungsaufwand. Ein besonderes Augenmerk bei geheberten Anlagen ist darauf zu richten, dass keine Kavitation durch den zu hohen Einbau der Turbine entsteht. Man trachtet bei den vertikalen Turbinen die Maschine so hoch wie möglich einzubauen, da im geraden, konischen Saugrohr die Energierückgewinnung mit den besten Wirkungsgraden erzielbar ist. Je höher die Geschwindigkeit bei der Umlenkung im Ellenbogen- Saugrohr ist um so höher sind die Verluste. Um ein gutes Saugrohr auszubilden, kann man als Faustformel eine Gründungstiefe von der Laufradachse bis zur Sohle des Krümmers von etwa 2,5 bis 3 mal Laufraddurchmesser ansetzen. Die Umbaumöglichkeiten zur Steigerung der Effizienz zeigen die nachfolgenden Beispiele eindrucksvoll: Bild 10. 4: Ersatz einer Francisturbine durch eine Kaplanturbine/ Turbine mit direktgekoppeltem Permanentmagnetgenerator (wassergekühlt) (HSI) Bild 10. 5: Ersatz von alten Kaplanturbinen mit Getrieb-/ Generatoreinheit auf direkt gekopplete Kaplanturbinen mit PSM (HSI) <?page no="280"?> 268 Zur Steigerung des Wirkungsgrades kann es durchaus sinnvoll sein, vorhandene, alte Kaplanturbinen, welche über ein Getriebe und einen alten Generator verfügen, durch eine neue Kaplanturbine mit einem direktgekuppelten permanent-magnetisch erregten Synchrongenerator (PSM) zu ersetzen. Die Wirkungsgrade im Voll- und vor allem im Teillastbereich sind um einige Prozentpunkte höher. Zudem ist die Laufruhe wesentlich besser. Im vorliegenden Fall (Bild 10.6) ) am Fluss Aare mussten die alten Turbinen mit Getriebe bisher nachts abgestellt werden, da die neu gebauten Wohnungen rund um das Kraftwerk sonst nicht bewohnbar gewesen wären. Neben der Einhaltung der Anforderung an den Luftschall war der Körperschall ausschlaggebend. Der Körperschall der Getriebe wurde auf die Gebäude übertragen. Nach dem Umbau auf langsam laufende PSM-Generatoren gab es keine Beschwerden mehr. Bild 10. 6: Kraftwerk und Wohngebäudesituation; Stadt Unterseen in Interlaken (CH) am Fluss Aare (HSI) 10.3 Langsam laufende Generatoren 10.3.1 Einteilung und Beschreibung In einer Wasserkraftanlage folgt in Richtung des Energieflusses dem hydraulischmechanischen Energiewandler, der Turbine, die mechanisch-elektrische Einheit, der Elektrogenerator. Um die mechanische Energie der Turbine verlustarm in elektrische Energie umzuwandeln, ist eine direkte Kopplung beider Bauteile zielführend. Dies erfordert langsam (mit Turbinendrehzahl) laufende Generatoren. Zudem sollte sich der Generator durch einen guten Teillastwirkungsgrad auszeichnen, da die nutzbare Leistung im Jahreslauf vom Wasserangebot abhängt und somit der Vollastbetrieb eher die Ausnahme als die Regel ist. Um diese Schwankungsbreiten effektiv nutzen zu können, bieten sich PSM-Generatoren mit hohem Teillast-Wirkungsgrad an. <?page no="281"?> 269 10.3.2 Funktion der Drehstromgeneratoren Bei der PSM muss für die magnetische Erregung keine elektrische Leistung zugeführt werden, da die magnetische Energie in den Permanentmagneten gespeichert ist. Bei der Synchronmaschine (SM) muss der konzentrierten Erregerwicklung Strom zugeführt werden, um das Polradfeld zu erregen. Die geschieht bei den bürstenlosen Erregersystemen über einen zweiten Erregergenerator und einen rotierenden Gleichrichter (beides nicht dargestellt). Bei der Asynchronmaschine (ASM) mit ihrer verteilten Kurzschlusswicklung muss ähnlich der SM ein Rotorstrombelag angetrieben werden, was bei gegebenen Magnetisierungsstrombelag im Stator durch eine Differenzdrehzahl zwischen Stator- und Rotorfeld (dem sogenannten Schlupf) und der Spannungsinduktion in der Kurzschlusswicklung des Rotors erfolgt. Die ASM erhält ihre Erregerleistung somit über den Stator, dessen Wicklungen über den erforderlichen Magnetisierungsstrom zusätzlich belastet werden. Verglichen mit der konzentrierten Erregerwicklung der SM fallen in der verteilten Kurzschlusswicklung der ASM höhere Erregerverluste an als in der SM. Der Rotor von SM und ASM (und die Erregermaschine der SM) sind nun verlustbehaftet und erfordern somit eine aktive Kühlung. Der Erregerleistungsbedarf ist bei SM und ASM abhängig vom Verhältnis der Polteilung zur Luftspaltdicke. Da die Luftspaltdicke technologisch (über die erzielbaren Fertigungstoleranzen) nach unten begrenzt ist, steigt der Erregerleistungsbedarf beider Maschinen mit der zu realisierenden Polpaarzahl. In beiden Fällen sind hohe Polzahlen, wie sie für langsam laufende Generatoren erforderlich sind, bei hohen Wirkungsgraden nur durch einen hohen Materialeinsatz zu erreichen, was zu einem großen Bauvolumen und Masse führt. Die PSM haben insbesondere als langsam laufende Generatoren große Vorteile. Der Stator als magnetisch aktives Element besteht aus dem Blechpaket mit Nuten, in welchen die Spulen der Dreiphasenwicklung eingelegt sind. Die Achsen der Spulengruppen sind elektrisch um 120° und mechanisch um 120°/ p versetzt. Wird nun der Rotor in Drehung versetzt, so läuft der von ihm induzierte Hauptfluss mit der mechanischen Drehfrequenz (PSM und SM) um und induziert in den Statorspulen eine Spannung mit der Frequenz f=f mech *p (bei der ASM: f=f mech *pf schlupf ). Werden die Wicklungsenden der Statorwicklung mit dem Dreiphasennetz verbunden, kann die Wirkleistungsabgabe an das Dreiphasennetz erfolgen. Bei Teil-, Voll- und Überlastbetrieb eines PSM Generators an einem Netz mit fluktuierender Spannung ergeben sich cosφ-Kennlinien des Leistungsfaktors wie in Bild 10. 7 dargestellt. <?page no="282"?> 270 Bild 10. 7: Kennlinien des Phasenwinkels cosφ der PSM über der Klemmenspannung für verschiedene Lasten (0,25…1,25*Nennleistung) Damit Leistungsfaktor und Wirkungsgrad der PSM in den gewünschten Bereichen bleiben (vom Netzbetreiber werden in der Regel Leistungsfaktoren >0,9 verlangt), ist die genaue Berechnung von Polradspannung und Induktivität erforderlich, die mit hoher Präzision in der Fertigung und Materialprüfung umzusetzen ist. Die Möglichkeit einer Spannungskorrektur im Feld ist vorzusehen, um das Betriebsverhalten der PSM an geänderte Netzbedingungen anpassen zu können. Damit das Polrad der PSM und der SM bei mechanischer oder elektrischer Anregung nicht in Drehschwingungen geraten kann, ist in den weichmagnetischen Polschuhen des Rotors ein Dämpferkäfig eingelassen. In deren Kurzschlusswicklung wird bei jeder Asynchronität von Statordrehfeld und mechanischer Drehfrequenz eine Spannung induziert, welche einen Kurzschlussstrom hervorruft, der wieder seiner Entstehungsursache (der Asynchronität) dämpfend entgegenwirkt. Die maximalen Wirkungsgrade der PSM erreichen im Teillastbereich zwischen 50 und 75% der Bemessungsleistung. Die Differenz der Wirkungsgrade, im Vergleich zu SM und ASM, steigt mit sinkender Belastung, deshalb ist die PSM besonders für Standorte mit einem hohen Zeitanteil im Teillastbetrieb, z.B. aufgrund von Niedrigwasser, geeignet. <?page no="283"?> 271 Bild 10. 8: Energieflussdiagramm eines Drehstromgenerators (PSM, SM und ASM), Rotor- und Erregerverluste (grau), sie treten nur bei SM und ASM auf Aufgrund der fehlenden Erregerverluste kann die PSM mit hohen Leistungs- und gleichzeitig niedrigen Stromdichten bemessen werden. Aufgrund der hierdurch geringen Verluste, bleiben die Temperaturen dabei auf niedrigem Niveau. Die fehlenden Erregerverluste prädestinieren die PSMs für die Anwendung in flusswasserumspülten Bulbgeneratoren, da der Rotor nicht gesondert gekühlt werden muss. Daher sind die PSM besonders für Bulb Anwendungen und als Getriebeersatz (getriebeloser Retrofit => begrenzte Deckenlasten) geeignet. Die PSM zeichnet sich durch nur ein einziges Wicklungssystem mit geringer thermischer Belastung aus. Verglichen mit den bürstenlosen Synchrongeneratoren, die einschließlich des Erregerapparates insgesamt 4 Wicklungssysteme benötigen, ergeben sich dadurch eine deutlich höhere Zuverlässigkeit und ein reduzierter Wartungsaufwand. Aufgrund geschrägter Ausführung, sinusförmiger Luftspaltinduktion und großer Luftspalte sind bei der PSM die Schallemissionen verringert (ca. 3-6 dB). 10.4 Netzeinspeisung, Bauformen und Aufstellung Alle relevanten Größen, Eigenschaften, Merkmale und Toleranzen sind in der DIN EN 50160: 2010 und den technischen Anschlussbedingungen (TAB) der Netzbetreiber geregelt. Energieerzeugungsanlagen müssen sich demzufolge wie Kraftwerke am Netz verhalten. Nach der BDEW Mittelspannungsrichtline 2008 beinhaltet dies, dass bei einem Netzfehler die Anlagen nicht mehr automatisch vom Netz getrennt werden, sondern das Netz wie ein Kraftwerk stützen. Diese Richtlinie ist für den Anlagenbetreiber verbindlich. <?page no="284"?> 272 Bauart, Aufstellungsart und Klemmkastenlage rotierender elektrischer Maschinen sind in der IEC 60034-7 beschrieben und klassifiziert. Die geläufigsten Aufstellungsarten sind die Fußaufstellung IM B3, die vertikale Flanschaufstellung V1 und die Kaplan-Bulb-Turbine. Die Fußaufstellung IM B3 (Bild 10. 9) wird für alle Anlagen mit waagerechter Abtriebsachse angewendet, eine der wenigen Ausnahmen davon sind S-Turbinen mit Winkelgetriebe und V1-Generator. Bild 10. 9: Asynchrongenerator in der Aufstellung IM B3 im Vordergrund die Peltonturbine, mittig eine Schwungscheibe mit Friktionsbremseinrichtung Diese Aufstellung findet sich oft bei Pelton-, Francis- und Durchströmturbinen. Bei leichten Peltonlaufrädern ist die Lagerung des Laufrades auf der Generatorwelle Stand der Technik. Die schweren Francis- und Durchströmturbinenlaufräder werden in der Regel separat gelagert und mit einer elastischen Kupplung (teuer bei hohen Drehmomenten) angebunden. Die zeitgemäße Variante der dargestellten Friktionsbremse ist vereinzelt noch anzutreffen. In der Regel versucht man aber ein Trudeln durch Leckage-freies Absperren oder aber durch elektrische Bremseinrichtungen (bei PSM) zu ersetzen. Die Rotorlager können hier Wälz- oder Gleitlager sein. Die vertikale Flanschaufstellung IM V1 findet sich z. B. Bild 10. 10 : <?page no="285"?> 273 Bild 10. 10: Kaplanturbine mit V1 Generator in Dreilagerausführung Bemerkenswert ist die Ausführung der Dreilagertechnik in Bild 10. 10, die bei vertikalen Francis- und Kaplanturbinen seit Jahrzehnten praktiziert wird und eine einfache Abstützung des Laufrades durch ein Führungslager direkt oberhalb des Turbinendeckels ermöglicht. Die Wellenverbindung ist eine starre Flansch- oder Steckwellenverbindung. Die teure Elastomer-Kupplung und ein zweites Turbinenlager entfallen dadurch und die Funktionsgruppen bleiben dennoch trennbar. Weiterhin findet sich das Traglager mit der größten Belastung gut zugänglich im oberen (N-seitigen) Lagerschild des Generators. Das untere Führungslager wird vorzugsweise als geteiltes, ohne Abheben des Generators wechselbares, Lager ausgeführt. Die dargestellte Bauform findet bei Pelton-, Francis- und Kaplanturbinen Anwendung. Bei Peltonturbinen vorzugsweise in Zweilagerausführung (das Turbinenlaufrad wird direkt auf die Generatorwelle montiert). Die Lager können Wälz- oder Gleitlager sein. Bekannte Lösungen sind: • N-Seite: Axialpendelrollenlager + Rillenkugellager; D-Seite: Rillenkugellager oder Zylinderrollenlager (oft teilbar) • N-Seite: 2-fach Schrägkugellager; D-Seite: Rillenkugellager oder Zylinderrollenlager (oft teilbar) • N-Seite: kombinierte Radial-Axial-Gleitlager; D-Seite: Radialgleitlager (meist teilbar) Ausnahmen bei Kaplanturbinen sind Synchrongeneratoren, die ohne eigene Rotorlagerung zwischen Trag- und Führungslager der Turbine gehängt werden. Eine Kaplan-Bulb-Turbine mit einer PSM zeigt Bild 10.11: <?page no="286"?> 274 Bild 10. 11: Kaplan-Bulb-Turbine mit permanenterregtem Synchrongenerator (PSM) Aufgrund des geringen Abstandes zwischen Turbinenlaufrad und Generator werden die Bulb-Turbinen meist in Zweilagerausführung (das Turbinenlaufrad ist direkt auf die Generatorwelle montiert) realisiert. Die dargestellte Lösung findet sich derzeit nur bei Kaplanturbinen mit PSM. Wälz- oder Gleitlageranordnungen sind analog zu denen der V1-Generatoren. 10.5 Das bewegliche Wasserkraftwerk Aus dieser Maschinentechnik und den Anforderungen an neue Wasserkraftanlage ist eine neue Bauform, die bewegliche Wasserkraftanlage, entwickelt worden, die die Komponenten optimal verknüpft. Die gesamte Anlage ist über- und unterströmbar, so dass Sediment und Geschwemmsel transportiert und die Verlandung oberhalb des Querbauwerks verhindert werden. Dazu ist das Kraftwerk anhebbar und so beschaffen, dass es bei Hochwasser den Abflussquerschnitt vergrößert. Die Anlage fügt sich unauffällig in das Landschafts- und Städtebild ein, da sie kein oberirdisches Kraftwerk benötigt. Durch den Einsatz der PSM-Generatoren entsteht keine über den normalen Geräuschpegel einer Flusskulisse hinausgehende Schall-Emission. Die Lösung in Form des beweglichen Wasserkraftwerkes beinhaltet daher: - Konstruktion einer beweglichen Lagerung des Kraftwerkes, - Montage und Test des kompletten Kraftwerkes "in der Halle“, so dass hohe Fertigungstoleranzen durch definierte Fertigungsbedingungen realisiert werden, - Funktionsintegration von Rechen und Rechenreiniger im Bogenrechen, - Kostenreduktion im Stahl-/ Wasserbau durch Vorfertigung, standardisierte Bauteilen für die Gesamtanlage aus Kraftwerk, Rechen, Turbine und Generator, größenabhängige Modulbauweise, wiederholbares Design der Baugruppen reproduzierbare Anlagenkomponenten, - Reduzierung der Bauzeit am Wasserkörper durch Vorfertigung, Die beweglichen Wasserkraftwerke zeichnen sich dadurch aus, dass diese durch die Vorfertigung mit nur geringem Eingriff in den bestehenden Stauhaltungen eingebaut werden können und für ihre Funktion keine Ausleitungsstrecken benötigen. Sie haben eine hohe Verfügbarkeit und können auch bei Hochwasser weiter betrieben werden. Durch die strömungsgünstige Auslegung und den Weitertransport des Geschie- <?page no="287"?> 275 bes entfallen regelmäßige Baggerarbeiten nach Hochwasserereignissen weitgehend, so dass die Betriebskosten reduziert werden. Bild 10. 12: Das bewegliche Wasserkraftwerk (schematische Darstellung) (HSI) <?page no="288"?> 276 Beim beweglichen über- und unterströmbaren Wasserkraftwerk werden in einem Bauwerk folgende Eigenschaften integriert: das schwenkbare Kraftwerkgehäuse ersetzt einen beweglichen Wehrverschluss, gesonderte Gerinne zur Weitergabe der Sedimente bzw. des Geschiebes sind nicht mehr notwendig, ein besonders fischfreundlicher Rundbogenrechen samt Reiniger ist am Einlauf integriert, sowohl ein sohlals auch oberflächennaher Fischabstieg sind möglich. Diese Konzeption bietet gegenüber herkömmlichen Ausführungen viele Vorteile. So ist eine Verbesserung des Hochwasserabflusses ohne zusätzliche Bauwerke unmittelbar gegeben. Die ökologische Durchgängigkeit für flussauf- und flussabwärts wandernde Fische und Kleinlebewesen wird gewährleistet, so dass insbesondere in bestehenden Stauhaltungen die Durchgängigkeit verbessert wird. Eine Verlandung des Staubereichs und des Wiedereinleitungsbereichs findet nicht statt, da das Geschiebe durch die Gestaltung des Strömungsquerschnittes problemlos unter der Anlage durchgeleitet wird. Durch den Verzicht auf gesonderte Gerinne kann das Wasserdargebot fast vollständig zur Stromerzeugung genutzt werden. Der Einsatz getriebeloser PSM Generatoren reduziert die Schall-Emissionen und erreicht gleichzeitig einen hohen Gesamtwirkungsgrad durch die optimierte Hydraulik und die Abstimmung der Maschinen-Komponenten. Durch die Geschiebeweitergabe im Hochwasserfall wird das ökologische Gleichgewicht in der Stauhaltung erhalten und der Verlandung des Staubereiches fortlaufend entgegengewirkt. Bei einer Wasserführung kleiner dem maximalen Schluckvermögen der Turbine wird durch Schließen der Öffnung die maximale potentielle Energie genutzt. Nach heutigem wissenschaftlichem Kenntnisstand deutet sich die Konfiguration des ständig eingestauten Rundbogenrechens in Kombination mit der ständigen Überströmung als hervorragende Möglichkeit für den Fischschutz und Fischabstieg oberflächennah abwandernder Fischarten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien an. Durch die Anhebung des Kraftwerkes kann auch der Forderung nach einem Fischabstieg für bodenorientierte Fischarten entsprochen werden. Entgegen den bekannten Verstopfungen üblicher Aalrohre kann durch Anheben des Kraftwerkes der Abstromquerschnitt vergrößert und Verklauselungen einfach entfernt werden. Gegenüber konventionellen Anlagenausführungen können mit diesem Anlagenkonzept die Fischabstiegskorridore ohne zusätzlichen finanziellen Aufwand realisiert werden. Der Anlagentyp wurde bereits an neun Standorten verschiedenster Typologie in Deutschland (Eixendorf, Gengenbach), Österreich (Styer) und in der Schweiz (Schönenberg) errichtet und die positiven Effekte auf die Gewässerökologie durch unabhängige Forschungsberichte und Monitorings nachgewiesen (EU-Life 2011). Mit dieser Konstruktion der Wasserkraftanlage werden die bestehenden Bedenken gegen den Ausbau von Kleinwasserkraft ausgeräumt, so dass Standorte, die bisher aus ökologischer Sicht nicht ausgebaut werden, auch genutzt werden können. <?page no="289"?> 277 10.6 Literatur [ABB2006] ABB-Firmenschrift: DC Motors Type DMR, Publ.Nr.: 3BSM013461-1 Rev 1.0 [MüPo2006] Germar Müller, Bernd Ponick: Grundlagen elektrischer Maschinen, 2006 Wiley-VCH, Weinheim [PP2008] Prof. Dr.-Ing. N. Parspour: Grundlagenpraktikum Drehstromasynchronmaschine, Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abt. Elektrische Energiewandlung, 2008 Universität Stuttgart [Qua2010] Volker Quaschning, Erneuerbare Energien und Klimaschutz, 2. Auflage, 2010, Carl Hanser Verlag, München [VEM2013] VEM-Firmenschrift: Transnormmotoren Niederspannungs- und Hochspannungsausführung I Katalog 01-2013 [DBU2004] Grundlagenbericht 19267: HydroEnergie Roth/ Universität Stuttgart, Institut für Strömungsmechanik und hydraulische Strömungsmaschinen: Berechnung des Ejektor-Effekts und Simulation von Vibrationen, 2004 [DBU2010] Bericht 24839 Bad Sulza; HydroEnergie Roth: Realisierung einer Versuchsanlage, 2010 [EU-Life2011] ENV/ D/ 00485 Movable HEPP Offenburg und Gengenbach; Hydro- Energie Roth/ E-Werke Mittelbaden: Verbesserung des Lebensraumes, Re- Establishment des Lachses in der Kinzig, 2011 [Monitoring2016] Fischverträglichkeitsuntersuchung durch das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Untersuchung abgeschlossen, Auswertung in Arbeit): Fischmonitoring in Gengenbach 10.7 Abbildungsnachweis Bild 10. 1 Einsatzbereiche verschiedener Turbinenbauarten (Qua10) ................265 Bild 10. 2 Kaplanschachtturbine (HSI) .............................................................................. 266 Bild 10. 3 Kaplanrohrturbine (HSI) ..................................................................266 Bild 10. 4 Ersatz einer Francisturbine durch eine Kaplanturbine/ Turbine mit direktgekoppeltem Permanentmagnetgenerator (wassergekühlt) (HSI)..........267 Bild 10. 5 Ersatz von alten Kaplanturbinen mit Getrieb-/ Generatoreinheit auf direkt gekopplete Kaplanturbinen mit PSM (HSI) ......................................267 Bild 10. 6 Kraftwerk von Bild 10.5 in Bildmitte; Stadt Unterseen in Interlaken (CH) am Fluss Aare (HSI)......................................................................268 Bild 10. 7 Kennlinien des Phasenwinkels cosφ der PSM über der Klemmenspannung für verschiedene Lasten (0,25…1,25*Nennleistung) ......................270 <?page no="290"?> 278 Bild 10. 8 Energieflussdiagramm eines Drehstromgenerators (PSM, SM und ASM), Rotor- und Erregerverluste (grau), sie treten nur bei SM und ASM auf .................................................................271 Bild 10. 9 Asynchrongenerator in der Aufstellung IM B3 im Vordergrund die Peltonturbine, mittig eine Schwungscheibe mit Friktionsbremseinrichtung .....272 Bild 10. 10 Kaplanturbine mit V1 Generator in Dreilagerausführung ......................273 Bild 10. 11 Kaplan-Bulbturbine mit permanenterregtem Synchrongenerator .........273 Bild 10. 12 Das bewegliche Wasserkraftwerk (schematische Darstellung) (HSI) ...275 ABKÜRZUNGEN PSM: permanent-magnetisch erregten Synchrongenerator HSI: HSI Hydro Engineering GmbH N-Seite: oberes Lagerschild des Generators D-Seite: unteres Lagerschild des Generators ASM: Asynchronmaschine SM: Synchronmaschine <?page no="291"?> 279 Die Autoren Prof. Dr.-Ing. h.c. Sándor O. Pálffy CH-5408 Ennetbaden Prof. Dr.-Ing. Karel Brada CZ-12000 Praha 2 Dipl.-Wirt.-Ing. Michael Gall Krebs & Aulich GmbH D-38895 Derenburg www.krebsundaulich.de Dipl.-Ing. Stefan Gruner Krebs & Aulich GmbH D-38895 Derenburg www.krebsundaulich.de Rainer Joswig TransnetBW GmbH D-70173 Stuttgart www.transnetbw.de Dipl.-Ing. Jörg Krebs Krebs & Aulich GmbH D-38895 Derenburg www.krebsundaulich.de Dipl.-Ing. Peter Marx HSI Hydro Engineering GmbH D- 54293 Trier www.hsihydro.de Dipl.-Bauing. Urs Müller IM Ingegneria Maggia SA CH-6601 Locarno www.im-maggia.ch/ Georg Nowotny WKA Wasserkraftanlagen GmbH D-89522 Heidenheim www.wka-wasserkraftanlagen.de Prof. Dr. Michael Reinhardt, LL.M. (Cantab.) Institut für Deutsches und Europäisches Wasserwirtschaftsrecht Universität Trier, Fachbereich Rechtswissenschaft D-54 286 Trier www.wasserrecht.uni-trier.de Dipl.-Ing. Elmar Reitter Arbeitsgemeinschaft Wasserkraftwerke Baden-Württemberg e.V. D-89611 Rechtenstein www.wasserkraft.org Dipl.-Kfm. Karl Heinz Römer D-77836 Rheinmünster Dr.-Ing. Martin Sobczyk Krebs & Aulich GmbH D-38895 Derenburg www.krebsundaulich.de Dr.-Ing. Ute Urban Energie- und Umweltberatung D-38895 Derenburg www.krebsundaulich.de Dipl.-Ing. Hartmut Walcher Walcher GmbH & Co. KG D-36124 Eichenzell www.walcher.com Dr. Tobias Weißbach TransnetBW GmbH D-70173 Stuttgart www.transnetbw.de Dipl.-Ing. Dieter Wirth OSSBERGER GmbH + Co D-91781 Weissenburg www.ossberger.de <?page no="292"?> Prof. D Ene Chanc 2., aktua ISBN 97 Mit der E neu. Es n Umgestal Photovolta den Weg te, interes scheidung gen, und Frage ges nahmen k den Natu und die K Weges. D Energieko Probleme der Naturg Inhalt: Energie: Methoden - Résumé Klima: Kl der Erdte Mythen - Die Inter An einer Studieren Rezensio ... fast 300 Chancen, Klima, Ene Der Autor stichhaltlig Thema an »Wer sich hinterfrag »'Energie Der Auto Prof. Dr. H Über Klim achteten W Dr. Horst ergie cen, Risik alisierte Au 78-3-8169nergiewende immt dabei e tung der el aik, Biomass gebracht. W ssiert heute gen die gesa eine bisher stellt. Die ak können nur d rschutz, die Kosten ergeb Die Konkurre osten jeden e lassen sich gesetze, Wir Ressource n Wind, Sonn é zur Energie limafakten - mperaturen Begleitersch ressenten: technisch or de, Entsche onen: 0 Seiten wisse Risiken, Myt ergie und Um r liefert mit e ge, sauber du nthropogene h ein quanti gen, wird das und Klima' i or: Horst-Joachi mathemen ha Wissenschaf -Joachim e und ken, Myth uflage 2016 -3302-1 e und im Kli eine weltwei ektrischen S se sowie au Was früher die vor dem H amte Gesells gesicherte S ktuelle Energ dann sinnvol Versorgung en. Dieses B enzfähigkeit u Bürgers un h nicht mit p rtschaftlichke n - Einflus ne und Bioga epolitik Deuts - Klimawande - Treibhaus heinungen de rientierten An idungsträger enschaftlich e then. Lüdeck mwelt zusamm einer bewun urchgerechn Treibhausga itatives Bild s Buch von L ist ein mutige im Lüdecke at er in den ftszeitschrifte Be Tel: 071 E-Mail: ex m Lüdeck d Kli hen 6, 286 S., 2 maschutz er te Sonderste Stromversorg fwendige CO e zuständige intergrund a schaft - den Stromversorg giewende un l sein, wenn gssicherheit Buch untersu unseres Lan nd schließlic olitischem W eit und Umwe ssgrößen - as - zukünfti schlands - d el - Klimafo effekt - Klim es Klima-Ala nalyse der E r in Wirtschaf exakter und m ke hat sich erh menzutragen dernswerten nete, quantita ase versus Kl der Energie üdecke mit s es Buch, das ist Diplomph letzten zwe en veröffentli estellhot 159 / 92 65xpert@exp ke ima 28,00 €, 3 rfindet sich D ellung ein. D gung durch O 2 -Vermeidu n Ingenieure aktueller poli nn die Strom gung wird zu nd die Klima sich hieraus mit elektrisc ucht die Chan ndes, die Sic ch die Umw Wunschdenke eltschonung - die altern ige Kernkraf die Energiezu olgen - Gesc mamodelle - armismus Energiewend ft und Behör mit unzähligen rhebliche Müh n. Holg n Akribie ein ative Antworte lima auftreten eprobleme m seinen 300 Q s den Leser a hysiker mit B ei Jahren vie icht. tline: 0 • Fax: -20 pertverlag.d 36,40 CHF Deutschland ie komplette Windräder, ung sind auf e beschäftigitischer Entmkosten steiunehmend in aschutzmaßs Vorteile für chem Strom, ncen, Risike cherheit gege welt stehen en, sondern lösen. nativen ftwerke ukunft chichte Klimade und der K rden. n Quellen bel he gemacht a ger Douglas, es Vollblut-P en auf jede F n könnte. 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Aufl. 2 44,00 €, (Reihe T ISBN 97 Zum Buc Energiesp von erneu optimalen Sicherheit liefern S versorgun Inhalt: Luft als S wassersto sche Ene Schwungr - Suprale Die Inter Ingenieure ten und D einschläg Rezensio »Alle Tec die Vortechnolog stehen mö »Das Buc Prof. Rum Gebiet de »Grundleg Der Auto Univ. Pro Technisch Prof. i. R ergie lagen, K me und A 2015, 234 , 73,00 CH Technik) 78-3-8169ch: peicher ermö uerbaren En n Energieein t der Energi pitzenleistun ng. Speichermed offe und dere ergiespeiche radspeicher eitende magn ressenten: e in den Ber Dozenten an iger Fachrich onen: chnologien w und Nacht gischen Gru öchte, ist die ch bietet eine mmich gilt a er Photovolta gende Darst or: of. i. R. Dipl. he Universitä R. Dipl.-In espe Kompone Anwendu S., 94 Abb HF -3297-0 öglichen eine nergiequellen satz. 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Be Tel: 071 E-Mail: ex Weik Dr. Herman ises 1999 slexi rgie Techn m Verstän g der Son e Energieb Aufl. 2006 F (expertLe mählich, dass e verursacht ellbaren Folg enenergie ei r Weiterentw ) entstanden wie die ve d wie die au gieformen St erden könne üros - E enten der Ve manner unde ave been coi elopment. It p entered the biomass, can ors.« omovierte üb nd Atomphys ren in der Sc er Kerntechn Fachbereic einer Lehru hnik auf, mit Bauen und ude errichtet and wurde 2 estellhot 159 / 92 65xpert@exp nn Scheer ikon niken ndnis der nnenenerg bereitstellu 6, 399 S., 2 exikon) s die unmäß und die dam gen darstellt. n wirksames wicklung der nen Fachbeg rschiedenen us dem gesa trom, Wärme en. 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