Arbeitsrecht in der täglichen Praxis
Ein Leitfaden für Führungskräfte aus der Praxis für die Praxis
1118
2016
978-3-8169-8364-4
978-3-8169-3364-9
expert verlag
Cornelia Stapff
Das Arbeitsrecht ändert sich ständig und wird immer unübersichtlicher. Dieses Buch ist Ihr aktueller Leitfaden für die tägliche Praxis. Seit der ersten Auflage gab es wieder neue Gesetzesänderungen und es wurden mittlerweile erste Entscheidungen zum Mindestlohn veröffentlicht. So wurden in der zweiten Auflage insbesondere die Ausführungen zum Mindestlohngesetz und zum Arbeitnehmerdatenschutzgesetz überarbeitet. Die komplexe Materie des deutschen Arbeitsrechts ist auch für Nichtjuristen verständlich und durch die Karikaturen von Frauke Vieregg humorvoll aufbereitet. Sie erhalten Tipps zu den typischen Fallen, über die Arbeitgeber immer wieder stolpern und die im Unternehmen hohe Kosten verursachen können, wie z.B. Fehler bei der Kündigung oder Unkenntnis über die Rechte und Pflichten der Mitarbeiter oder des Betriebsrates. Praxisgerecht aufbereitete Checklisten erleichtern Ihnen die tägliche Arbeit. Die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen nützt jedoch nichts, wenn sie diese als Führungskraft gegenüber den Mitarbeitern nicht umsetzen können. Im zweiten Teil finden Sie daher wichtige Hinweise zur Verbesserung der Kommunikation mit Mitarbeitern und dem Umgang mit dem Betriebsrat, aber auch zum taktischen Vorgehen, wenn man sich von Mitarbeitern trennen will. Inhalt: - A) Rechtliche Grundlagen 1. Was müssen Sie bei der Einstellung beachten? 2. Risiko Scheinselbständigkeit 3. Was sollte im Arbeitsvertrag stehen (oder auch nicht!)? 4. Minijobs, Gleitzone und kurzfristige Beschäftigung 5. Beendigung von Arbeitsverträgen 6. Pflichten der Mitarbeiter bei Beendigung von Arbeitsverträgen 7. Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis 8. Gesetze, die jedes Arbeitsverhältnis bestimmen 9. Grundzüge des betrieblichen Datenschutzes 10. Persönliche Haftungsrisiken von Führungskräften gegenüber Dritten 11. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates B) Kommunikation und Verhandlungsstrategien 1. Mitarbeiter motivieren - aber wie? 2. Das Personalentwicklungsgespräch 3. Deeskalationstechniken 4. Wie trenne ich mich von einem Mitarbeiter? 5. Das Vorstellungsgespräch 6. Umgang mit dem Betriebsrat C) Checklisten 1. Arbeitsverträge 2. Befristung 3. Kündigung 4. Abmahnung 5. Aufhebungsvertrag 6. Zeugnis 7. Vorstellungsgespräch 8. Zielvereinbarung 9. Betriebsratsanhörung
<?page no="1"?> Cornelia Stapff Arbeitsrecht in der täglichen Praxis <?page no="3"?> Reihe Westerham Band 16 Dr. Cornelia Stapff Arbeitsrecht in der täglichen Praxis Ein Leitfaden für Führungskräfte aus der Praxis für die Praxis 2., aktualisierte Auflage <?page no="4"?> 2., aktualisierte Auflage 2016 1. Auflage 2015 Bei der Erstellung des Buches wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem lassen sich Fehler nie vollständig ausschließen. Verlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Autoren dankbar. © 2015 by expert verlag, Wankelstr. 13, D -71272 Renningen Tel.: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 0, Fax: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 20 E-Mail: expert@expertverlag.de, Internet: www.expertverlag.de Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-8169-3364-9 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / www.dnb.de abrufbar. Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http: / / www.dnb.de <?page no="5"?> i Herausgeber-Vorwort „Kompetenz für Ihren Erfolg" - dieses Motto steht für mehr als 700 Fachseminare und Managementtrainings sowie rund 150 Inhouse-Trainings und Einzelcoachings, die die IHK-Akademie München Westerham jährlich durchführt. Dieses Motto und diesen Anspruch stellen wir auch vor diese Fachbuchreihe, die unter der Herausgeberschaft der IHK Akademie steht. Die IHK-Seminare zeichnen sich durch ihre große Praxisnähe aus und sind genau auf die Anforderungen in den Betrieben abgestimmt. Mit einer breiten Themenpalette aus den Bereichen Mitarbeiterführung, Methodentraining, Betriebswirtschaft, Technik, IT und Existenzgründung ist die IHK-Akademie kompetenter Partner vor allem für die klein- und mittelständischen Unternehmen. Unser Ziel ist es, im engen Austausch mit Wirtschaft und Wissenschaft den Transfer von Expertenkompetenz und Wissen in die Betriebe zu leisten. Entscheidend für erfolgreiche und effiziente Bildungsarbeit sind die erfahrenen Trainer mit ihrem Können, ihrer Erfahrung und ihrem Wissen. Sie sind für die Kompetenzvermittlung verantwortlich und erarbeiten mit den Seminarteilnehmern Lösungen für Problemstellungen in den Betrieben. Mit unserer Fachbuchreihe wollen wir den Praxistransfer unterstützen und stellen deshalb den Lesern kompaktes Know-How von Trainer-Experten zu praxisrelevanten Themen zur Verfügung. Nutzen Sie dieses Fachbuch als Begleitlektüre, zum Nachlesen oder zur Vertiefung Ihrer Kompetenz. Wir wünschen Ihnen bei der Lektüre dieses Buches viele interessante Einblicke und neue Erkenntnisse. Dr. Stefan Loibl Geschäftsführer IHK-Akademie München-Westerham <?page no="6"?> ii Vorwort zur ersten Auflage Das Arbeitsrecht ist ein unübersichtliches, sich ständig änderndes Rechtsgebiet, dessen Regelungen für den Unternehmer nicht immer nachvollziehbar sind. Mein Ziel ist es, die komplexe Materie des deutschen Arbeitsrechts für Ihre unternehmerische Praxis verständlich und übersichtlich aufzubereiten. Die von der großen Koalition im November 2013 beschlossenen und im Jahr 2014 schon umgesetzten Änderungen im Arbeitsrecht wie das Tarifautonomiestärkungsgesetz und das Mindestlohngesetz vom 11.08.2014, sind schon eingearbeitet. Ich berate seit Jahren Inhaber, Geschäftsführer und Personalleiter von mittelständischen Unternehmen und erlebe dabei tagtäglich, wie meine Mandanten immer wieder über die Tücken und Fallen des Arbeitsrechts stolpern. Sie verursachen nicht nur erhebliche Kosten, die ein Unternehmen auch existenziell bedrohen können, sondern belasten auch das Betriebsklima. Nur mit Kenntnis der wichtigsten arbeitsrechtlichen Grundlagen vermeiden Sie die typischen „Arbeitgeberfehler“. Allein das Wissen reicht aber nicht, Sie müssen die erforderlichen Maßnahmen im Betrieb auch umsetzen. Im zweiten Teil des Buches finden Sie daher wichtige Hinweise zur Verbesserung Ihrer unternehmensinternen Kommunikation. Dazu gehören Tipps zur Motivation, aber auch Strategien zur Vorgehensweise bei der Trennung von Mitarbeitern sowie zum Umgang mit dem Betriebsrat. Aus Gründen der Lesbarkeit wurde darauf verzichtet, jeweils die weibliche und die männliche Sprachform aufzunehmen. Es sind immer Männer und Frauen angesprochen. Ich freue mich, dass ich Frauke Vieregg dafür gewinnen konnte, dieses Buch mit Illustrationen zu versehen. Manche Entscheidungen der Arbeitsgerichte sind ja nur mit Humor zu ertragen. Ich bin mir sicher, dass dieses Buch Sie in Ihrem betrieblichen Alltag unterstützen wird. Kritik und Anregungen sind herzlich willkommen. Oberhaching, im Dezember 2014 Dr. Cornelia Stapff Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Referentin www.dr-stapff.de <?page no="7"?> iii Vorwort zur zweiten Auflage Mindestlohngesetz und Integration von Flüchtlingen in das Arbeitsleben. Das waren zwei Themen, die das Jahr 2015 und 2016 bestimmt haben. Nachdem nun das Mindestlohngesetz seit über einem Jahr Anwendung findet, haben sich für die Unternehmen in der praktischen Durchführung weitere Fragestellungen ergeben, auf die im Kapitel 8.16 nun ausführlicher eingegangen werden soll. Viel diskutiert wurde darüber, wie man Flüchtlinge besser in das Arbeitsleben integrieren kann. Die Unternehmen zeigen hierzu oft großes Interesse und Bereitschaft, aber scheitern in der Praxis häufig an bürokratischen Hürden. Erste Schritte zur Integration schafft das Integrationsgesetz. Die zum Integrationsgesetz gehörende Verordnung wurde nunmehr am 06.08.2016 erlassen. Eine wesentliche Erleichterung für die Einstellung von Flüchtlingen ist der Verzicht auf die sogenannte „Vorrangprüfung“. In den nächsten 3 Jahren kann die Agentur für Arbeit, abhängig von der regionalen Arbeitsmarktlage, auf die Vorrangprüfung verzichten. Ich hoffe, dass noch weitere Maßnahmen folgen werden, die ich dann zur dritten Auflage vorstellen kann. Auch die geplante Reform des Fremdpersonaleinsatzes erfolgte (zum Glück) noch nicht. Es gab und gibt große Widerstände gegen das geplante Gesetz. Dies führte dazu, dass der Gesetzesentwurf vom 16.11.2015 dann durch einen neuen Gesetzesentwurf vom 17.02.2016 modifiziert und vom Bundeskabinett im Mai 2016 beschlossen wurde. Diese Regelungen sollen dann zum 01.06.2017 in Kraft treten. Neu eingeführt werden soll auch der § 611 a BGB, der den Begriff des Arbeitnehmers definiert. Nach den gesetzgeberischen Vorstellungen sollen zukünftig drei Kriterien maßgeblich für die Arbeitnehmereigenschaft sein, nämlich Weisungsgebundenheit, Fremdbestimmtheit sowie die persönliche Abhängigkeit. Dieses Gesetz wird aber keine Rechtsicherheit für die Arbeitgeber bringen. Die Praxis, also insbesondere die Ergebnisse von Statusfeststellungsverfahren und Widerspruchsverfahren, zeigt deutlich die Tendenz der Rentenversicherung, die klar gegen Selbstständigkeit gerichtet ist und das wird sich in naher Zukunft trotz Widerstand aus verschiedenen Branchen nicht ändern. Ich freue mich auch weiterhin über Rückmeldungen. Oberhaching, im August 2016 Dr. Cornelia Stapff <?page no="8"?> iv Inhaltsübersicht H ERAUSGEBER -V ORWORT .................................................................................................. i A UTOREN -V ORWORT .......................................................................................................... ii V ORWORT ZUR ZWEITEN A UFLAGE ................................................................................. iii I NHALTSVERZEICHNIS ........................................................................................................ v A BKÜRZUNGSVERZEICHNIS .............................................................................................. xii A. R ECHTLICHE G RUNDLAGEN ........................................................................................1 1 Was müssen Sie bei der Einstellung beachten? .............................................1 2 Risiko Scheinselbstständigkeit ......................................................................10 3 Was sollte im Arbeitsvertrag stehen und was nicht? ..................................15 4 Minijobs, Gleitzone und kurzfristige Beschäftigung ..................................32 5 Beendigung von Arbeitsverträgen ................................................................35 6 Pflichten des Arbeitnehmers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ................................................................................ 64 7 Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis ..................................................67 8 Gesetze, die jedes Arbeitsverhältnis bestimmen..........................................82 9 Grundzüge des betrieblichen Datenschutzes .............................................117 10 Persönliche Haftungsrisiken von Führungskräften gegenüber Dritten............................................................................................................122 11 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates ..................................................130 B. K OMMUNIKATION UND V ERHANDLUNGSSTRATEGIEN ...........................................147 1 Kommunikation mit Mitarbeitern..............................................................148 2 Das Personalentwicklungsgespräch............................................................151 3 Deeskalationstechniken................................................................................155 4 Das Vorstellungsgespräch............................................................................157 5 Wie trenne ich mich von einem Mitarbeiter? ............................................159 6 Umgang mit dem Betriebsrat ......................................................................163 C. C HECKLISTEN ...........................................................................................................168 S TICHWORTVERZEICHNIS ..............................................................................................178 L ITERATURVERZEICHNIS ...............................................................................................183 L ITERATURHINWEISE .....................................................................................................184 <?page no="9"?> v Inhaltsverzeichnis H ERAUSGEBER -V ORWORT ................................................................................................. i A UTOREN -V ORWORT ......................................................................................................... ii V ORWORT ZUR ZWEITEN A UFLAGE ................................................................................ iii I NHALTSVERZEICHNIS ....................................................................................................... v A BKÜRZUNGSVERZEICHNIS ............................................................................................. xii A. R ECHTLICHE G RUNDLAGEN ........................................................................................1 1 Was müssen Sie bei der Einstellung beachten? .............................................1 1.1 Wann kommt ein Vertrag zustande? ...............................................................1 1.1.1 Aufnahme der Tätigkeit............................................................................................ 1 1.1.2 Einfühlungsarbeitsverhältnis .................................................................................... 2 1.2 Die richtige Stellenausschreibung ..................................................................2 1.3 Das Vorstellungsgespräch...............................................................................4 1.3.1 Mitteilungspflichten des Bewerbers ......................................................................... 4 1.3.2 Geheimhaltung.......................................................................................................... 5 1.4 Ersatz von Kosten ...........................................................................................6 1.4.1 Vorstellungskosten ................................................................................................... 6 1.4.2 Ärztliche Untersuchungen ........................................................................................ 6 1.4.3 Erstbelehrung............................................................................................................ 7 1.4.4 Polizeiliches Führungszeugnis ................................................................................. 7 1.5 Was muss wem gemeldet werden? .................................................................7 1.5.1 Krankenkasse............................................................................................................ 7 1.5.2 Minijob-Zentrale....................................................................................................... 8 1.5.3 Zeitpunkt der Meldung ............................................................................................. 8 1.5.4 Berufsgenossenschaft ............................................................................................... 9 1.5.5 Fachkraft für Arbeitssicherheit/ Betriebsarzt ............................................................ 9 2 Risiko Scheinselbstständigkeit ......................................................................10 2.1 Abgrenzung zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung ...............................................................................................10 Sondersituation Handelsvertreter .................................................................................12 2.2 Folgen der Scheinselbstständigkeit...............................................................12 2.2.1 Sozialversicherungsbeiträge ................................................................................... 12 2.2.2 Lohnsteuer .............................................................................................................. 12 2.2.3 Mehrwertsteuer ....................................................................................................... 13 2.2.4 Strafrechtliche Risiken ........................................................................................... 13 2.3 Arbeitnehmerähnliche Selbstständige...........................................................14 <?page no="10"?> vi 3 Was sollte im Arbeitsvertrag stehen und was nicht? ..................................15 3.1 Probezeit .......................................................................................................15 3.2 Dauer.............................................................................................................16 3.3 Arbeitsort und Tätigkeit................................................................................16 3.4 Arbeitszeit .....................................................................................................17 Überstunden..................................................................................................................17 3.5 Vergütung, Mindestlohn ...............................................................................18 3.5.1 Mindestlohn ............................................................................................................ 18 3.5.2 Sonderzuwendungen............................................................................................... 20 3.5.3 Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt ................................................................ 20 3.6 Abtretung und Verpfändung von Arbeitseinkommen ..................................21 3.7 Arbeitsverhinderung, Mitteilungspflichten...................................................21 3.8 Urlaub ...........................................................................................................22 3.9 Nebentätigkeit ...............................................................................................23 3.10 Geheimhaltung ..............................................................................................24 3.11 Wettbewerbsverbot .......................................................................................25 3.12 Fortbildungskosten........................................................................................26 3.13 Kündigung und Freistellung .........................................................................26 3.14 Ausschlussfristen ..........................................................................................27 3.15 Schriftformklausel.........................................................................................27 3.16 Bezugnahme auf Tarifverträge .....................................................................28 3.17 Haftungsbeschränkungen ..............................................................................30 3.18 Salvatorische Klausel....................................................................................30 4 Minijobs, Gleitzone und kurzfristige Beschäftigung ..................................32 4.1 Minijobs ........................................................................................................32 4.2 Gleitzone bis 850 Euro (Midijobs) ...............................................................33 4.3 Kurzfristige Beschäftigung ...........................................................................34 5 Beendigung von Arbeitsverträgen ................................................................35 5.1 Beendigung durch Aufhebung ......................................................................35 5.1.1 Widerruf von Aufhebungsverträgen ....................................................................... 35 5.1.2 Anfechtung von Aufhebungsverträgen................................................................... 36 5.1.3 Inhalt des Aufhebungsvertrages ............................................................................. 37 Zeitpunkt der Beendigung ............................................................................................37 Regelungen zur Freistellung .........................................................................................37 Abfindung.....................................................................................................................38 Dienstwagen .................................................................................................................38 Zeugnis .........................................................................................................................39 Rückgabe von Firmeneigentum....................................................................................39 Geheimhaltung .............................................................................................................39 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot.........................................................................40 Abgeltungsklausel ........................................................................................................40 Sperrzeit und Aufhebungsvertrag .................................................................................40 Resümee .......................................................................................................................40 5.2 Beendigung durch ordentliche Kündigung ...................................................41 <?page no="11"?> vii 5.2.1 Formelle Voraussetzungen ..................................................................................... 41 Nachweis des Zugangs .................................................................................................42 Schriftform ...................................................................................................................43 Begründung ..................................................................................................................44 Anhörungsbzw. Zustimmungserfordernisse...............................................................44 Anhörung des Betriebsrates..........................................................................................45 Kündigungsverbote.......................................................................................................46 5.2.2 Materielle Wirksamkeit von ordentlichen Kündigungen ....................................... 46 Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes ................................................................46 Einhaltung der Klagefrist .............................................................................................48 Betriebsbedingte Kündigung als Kündigungsgrund .....................................................48 Personenbedingte Kündigung.......................................................................................54 Verhaltensbedingte Kündigung ....................................................................................56 5.3 Beendigung durch fristlose Kündigung ........................................................56 5.3.1 Wichtiger Grund ..................................................................................................... 56 5.3.2 Abmahnung ............................................................................................................ 57 5.3.3 Interessenabwägung................................................................................................ 58 5.4 Recht auf Abfindung? ...................................................................................59 Sozialplan .....................................................................................................................60 1a-Kündigung ...............................................................................................................60 Aufhebungsvereinbarung .............................................................................................60 5.5 Beendigung von Verträgen mit Selbstständigen...........................................61 5.6 Was ist bei befristeten Verträgen zu beachten? ............................................61 5.6.1 Sachgrundlose Befristung....................................................................................... 61 5.6.2 Sachgrundbefristungen ........................................................................................... 62 6 Pflichten des Arbeitnehmers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ................................................................................ 64 6.1 Herausgabe von Unterlagen ..........................................................................64 6.1.1 Zurückbehaltungsrecht ........................................................................................... 64 6.1.2 Firmenwagen .......................................................................................................... 65 6.2 Geheimhaltung ..............................................................................................65 6.3 Wettbewerbsverbot .......................................................................................66 7 Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis ..................................................67 7.1 Schlechtleistung des Arbeitnehmers .............................................................67 7.2 Vergütungspflicht des Arbeitgebers .............................................................68 7.2.1 Anspruch auf Vergütung der Überstunden ............................................................. 69 7.2.2 Pauschalvergütung von Überstunden ..................................................................... 69 7.3 Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber ............................71 7.4 D & O-Versicherungen .................................................................................72 7.5 Weisungsrecht des Arbeitgebers...................................................................73 7.5.1 Inhalt der Tätigkeit ................................................................................................. 74 7.5.2 Arbeitsort ................................................................................................................ 74 7.5.3 Arbeitszeit............................................................................................................... 74 7.6 Reduzierung der Arbeitszeit .........................................................................75 7.6.1 Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit ............................................................ 76 7.6.2 Fiktion der Reduktion ............................................................................................. 76 7.6.3 Entgegenstehende betriebliche Gründe .................................................................. 76 <?page no="12"?> viii 7.7 Fürsorgepflicht des Arbeitgebers..................................................................77 7.8 Diskriminierungsverbot ................................................................................78 7.9 Zeugnis..........................................................................................................78 8 Gesetze, die jedes Arbeitsverhältnis bestimmen..........................................82 8.1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG)............................................................................82 8.1.1 Dauer ...................................................................................................................... 82 8.1.2 Lage ........................................................................................................................ 82 8.1.3 Ruhepausen............................................................................................................. 83 8.1.4 Ruhezeiten .............................................................................................................. 84 8.1.5 Nacht- und Schichtarbeit ........................................................................................ 84 8.1.6 Sonn- und Feiertagsarbeit ....................................................................................... 85 8.2 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ......................................................................85 8.2.1 Verfall ..................................................................................................................... 86 8.2.2 Geltendmachung ..................................................................................................... 86 8.2.3 Urlaubsabgeltung.................................................................................................... 86 8.2.4 Urlaubsentgelt......................................................................................................... 87 8.3 Mutterschutzgesetz (MuSchG) .....................................................................87 8.3.1 Gestaltung des Arbeitsplatzes................................................................................. 87 8.3.2 Beschäftigungsverbot und Einschränkungen in der Arbeitszeit............................. 87 8.3.3 Mutterschaftsgeld ................................................................................................... 88 8.3.4 Kündigungsverbot .................................................................................................. 88 8.3.5 Erholungsurlaub...................................................................................................... 89 8.4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) .........................................89 8.4.1 Anspruch auf Elternzeit .......................................................................................... 89 8.4.2 Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit ...................... 90 8.4.3 Mitteilung der Elternzeit......................................................................................... 90 8.5 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)......................................................91 8.5.1 Verbot der Diskriminierung.................................................................................... 91 8.5.2 Anspruch auf Teilzeit ............................................................................................. 91 8.5.3 Befristete Arbeitsverträge....................................................................................... 92 8.5.4 Arbeit auf Abruf ..................................................................................................... 92 8.5.5 Jobsharing ............................................................................................................... 93 8.6 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ............................................93 8.7 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) ........................................................95 8.8 Arbeitsschutzgesetze.....................................................................................96 8.8.1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ............................................................................. 97 8.8.2 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)............................................................................. 98 8.8.3 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ................................................................... 99 8.8.4 Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) ......................................................... 99 8.9 Berufsgenossenschaftliche Vorschriften für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (BGV) ............................................................................99 8.10 Technische Regeln und Normen .................................................................100 8.11 Tarifvertragsgesetz......................................................................................101 8.12 Das Nachweisgesetz (NachwG)..................................................................102 8.13 Berufsbildungsgesetz (BBiG) .....................................................................103 8.13.1 Pflichten der Ausbildenden .................................................................................. 103 <?page no="13"?> ix 8.13.2 Vergütung ............................................................................................................. 104 8.13.3 Probezeit ............................................................................................................... 104 8.13.4 Ende des Ausbildungsverhältnisses...................................................................... 104 8.13.5 Kündigung ............................................................................................................ 105 8.14 Sozialgesetzbuch IX (SBB IX): Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen .................................................................................105 8.14.1 Kündigungsschutz ................................................................................................ 106 Zustimmung des Integrationsamtes ............................................................................106 Fiktion der Zustimmung .............................................................................................106 Kündigungsfrist nach Zustimmung ............................................................................107 Prüfungsmaßstab des Integrationsamtes.....................................................................107 8.14.2 Zusatzurlaub ......................................................................................................... 107 8.14.3 Mehrarbeit, Schicht- und Nachtarbeit .................................................................. 108 8.14.4 Verringerung der Arbeitszeit ................................................................................ 108 8.14.5 Leistungen für den Arbeitgeber ............................................................................ 108 8.15 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ...................................................108 8.15.1 Erlaubnispflicht .................................................................................................... 109 8.15.2 Equal Pay .............................................................................................................. 110 8.16 Mindestlohngesetz (MiLoG).......................................................................111 8.16.1 Anwendungsbereich ............................................................................................. 111 8.16.2 Berechnung des Mindestlohnes ............................................................................ 112 8.16.3 Mindestlohn für Arbeitsbereitschaft und Wegzeiten............................................ 113 8.16.4 Mindestlohn in Arbeitszeitmodellen .................................................................... 113 8.16.5 Dokumentationspflichten nach dem MiLoG ........................................................ 114 8.16.6 Auftraggeberhaftung............................................................................................. 115 8.16.7 Verwirkung des Anspruches................................................................................. 115 8.16.8 Kontrolle der Einhaltung des MiLOG .................................................................. 115 9 Grundzüge des betrieblichen Datenschutzes .............................................117 9.1 Videoüberwachung .....................................................................................118 9.1.1 Heimliche Videoüberwachung ............................................................................. 118 9.1.2 Offene Videoüberwachung................................................................................... 118 9.2 Kontrolle von E-Mails ................................................................................119 9.3 Kontrolle von Telefonaten ..........................................................................120 10 Persönliche Haftungsrisiken von Führungskräften gegenüber Dritten.........................................................................................122 10.1 Haftung gegenüber dem Fiskus ..................................................................122 10.1.1 Haftungsumfang ................................................................................................... 122 10.1.2 Wer haftet? ........................................................................................................... 123 Organe der Gesellschaft .............................................................................................123 Faktischer Geschäftsführer .........................................................................................123 Haftung nach der Abgabenordnung............................................................................124 10.2 Haftung gegenüber Sozialversicherungsträgern .........................................124 10.3 Vertragliche Haftung gegenüber den Gläubigern des Unternehmens ........125 10.4 Haftung gegenüber Dritten im deliktischen Bereich ..................................126 10.5 Haftung für das Fehlverhalten von Mitarbeitern ........................................127 10.6 Haftung wegen Übernahme von Arbeitgeberpflichten ...............................128 <?page no="14"?> x 10.7 Compliance Haftung ...................................................................................129 11 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates ..................................................130 11.1 Personelle Einzelmaßnahmen .....................................................................130 11.1.1 Einstellung ............................................................................................................ 130 Auskunftspflichten des Arbeitgebers..........................................................................130 Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat ..............................................131 11.1.2 Versetzung, Eingruppierung und Umgruppierung ............................................... 132 11.1.3 Kündigung ............................................................................................................ 132 Inhalt der Unterrichtung .............................................................................................133 Widerspruch des Betriebsrates ...................................................................................133 11.2 Betriebsänderungen.....................................................................................134 Sozialplan und Interessensausgleich ..........................................................................135 11.3 Mitbestimmungstatbestände des § 87 BetrVG in sozialen Angelegenheiten .........................................................................................136 11.3.1 Ordnung des Betriebs, Verhalten der Arbeitnehmer ............................................ 137 11.3.2 Arbeitszeit: Beginn, Ende, Pausen sowie Verteilung ........................................... 138 11.3.3 Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeiten .................... 138 11.3.4 Zeit, Ort und Art der Auszahlung des Arbeitsentgeltes........................................ 138 11.3.5 Allgemeine Urlaubsgrundsätze, Urlaubsplan ....................................................... 139 11.3.6 Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen zur Überwachung.................................................................................................. 139 11.3.7 Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Gesundheitsschutz ................................................................................................ 140 11.3.8 Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen.......................... 140 11.3.9 Wohnräume für die Arbeitnehmer........................................................................ 141 11.3.10 Betriebliche Lohngestaltung................................................................................. 141 11.3.11 Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze, leistungsbezogene Entgelte............ 143 11.3.12 Grundsätze des betrieblichen Vorschlagswesens ................................................. 144 11.3.13 Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit ....................................... 144 11.4 Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung ...........144 11.5 Allgemeine personelle Angelegenheiten ....................................................145 B. K OMMUNIKATION UND V ERHANDLUNGSSTRATEGIEN ...........................................147 1 Kommunikation mit Mitarbeitern..............................................................148 1.1 Rahmenbedingungen von Mitarbeitergesprächen ......................................148 1.2 Synchronisieren...........................................................................................148 1.3 Aktives Zuhören..........................................................................................149 1.4 Gibt es einen richtigen Führungsstil? .........................................................149 2 Das Personalentwicklungsgespräch............................................................151 2.1 Zielvereinbarungen .....................................................................................151 2.2 Gehaltserhöhung .........................................................................................152 2.3 Kritikgespräche richtig und rechtzeitig führen ...........................................152 2.4 No-Gos bei Personalentwicklungsgesprächen............................................154 <?page no="15"?> xi 3 Deeskalationstechniken................................................................................155 3.1 Rückfragen ..................................................................................................155 3.2 Unterbrechen oder Abbrechen des Gesprächs ............................................156 3.3 Umgang mit Angriffen................................................................................156 4 Das Vorstellungsgespräch............................................................................157 4.1 Informationen an den Bewerber .................................................................157 4.2 Was darf und was soll der Arbeitgeber den Bewerber fragen? ..................157 4.3 No-Gos für das Vorstellungsgespräch ........................................................158 5 Wie trenne ich mich von einem Mitarbeiter? ............................................159 5.1 Optionen für den Arbeitgeber: Aufhebung oder Kündigung......................159 5.2 Die Abmahnung ..........................................................................................161 6 Umgang mit dem Betriebsrat ......................................................................163 6.1 Vorbereitung von Anhörungen und Besprechungen ..................................163 6.2 Ständiger Kontakt zum Betriebsrat.............................................................163 6.3 Gestaltungsrechte nutzen ............................................................................164 6.4 Betriebsversammlungen..............................................................................164 6.5 Einigungsstelle ............................................................................................165 6.6 Sachliche und finanzielle Ausstattung ........................................................166 C. C HECKLISTEN ...........................................................................................................168 1. Checkliste Arbeitsverträge..........................................................................168 2. Checkliste Befristung..................................................................................169 3. Checkliste Kündigung.................................................................................170 4. Checkliste Abmahnung ...............................................................................171 5. Checkliste Aufhebungsvertrag....................................................................172 6. Checkliste Zeugnis......................................................................................174 7. Checkliste Vorstellungsgespräch ................................................................175 8. Checkliste Zielvereinbarung .......................................................................176 9. Checkliste Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG ................................177 S TICHWORTVERZEICHNIS ..............................................................................................178 L ITERATURVERZEICHNIS ...............................................................................................183 L ITERATURHINWEISE .....................................................................................................184 <?page no="16"?> xii Abkürzungsverzeichnis AGG Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz ArbnErfG Arbeitnehmererfindungsgesetz ArbSchG Arbeitsschutzgesetz ASiG Arbeitssicherheitsgesetz ArbStättV Arbeitsstättenverordnung ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz ArbZG Arbeitszeitgesetz ASiG Arbeitssicherheitsgesetz AÜG Arbeitnehmerüberlassungsgesetz BAG Bundesarbeitsgericht BBiG Berufsbildungsgesetz BDSG Bundesdatenschutzgesetz BEEG Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz BetrVG Betriebsverfassungsgesetz BG Berufsgenossenschaft BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGH Bundesgerichtshof BGV Berufsgenossenschaftliche Vorschriften BildscharbV Bildschirmarbeitsverordnung BSG BMAS Bundessozialgericht Bundesministerium für Arbeit und Soziales BurlG Bundesurlaubsgesetz BVerfG Bundesverfassungsgericht DIN Deutsches Institut für Normung D & O Directors and Officers EntgFG Entgeltfortzahlungsgesetz EN Europäische Norm EStG Einkommenssteuergesetz <?page no="17"?> xiii EuGH Europäischer Gerichtshof GewO Gewerbeordnung HGB Handelsgesetzbuch ISO International Organization for Standardization JArbSchG Jugendarbeitsschutzgesetz KSchG Kündigungsschutzgesetz LAG Landesarbeitsgericht MiLoG Mindestlohngesetz MuSchG Mutterschutzgesetz NachwG Nachweisgesetz OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten RVG Rechtsanwaltsvergütungsgesetz SGB Sozialgesetzbuch StGB Strafgesetzbuch TRBS Technische Regeln für Betriebssicherheit TVG Tarifvertragsgesetz TzBfG Teilzeit- und Befristungsgesetz UVV Unfallverhütungsvorschriften VDE Verband der Elektrotechnik VDI Verein deutscher Ingenieure VDMA Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau <?page no="19"?> 1 A. Rechtliche Grundlagen 1 Was müssen Sie bei der Einstellung beachten? 1.1 Wann kommt ein Vertrag zustande? 1.1.1 Aufnahme der Tätigkeit Oftmals gehen Mitarbeiter davon aus, dass mit ihrem Arbeitgeber kein Arbeitsvertrag zustande gekommen sei, weil sie über keinen schriftlichen Vertrag verfügen. Das ist falsch, weil die Begründung eines Arbeitsverhältnisses nicht von der Form des Vertrages abhängt. An die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses werden erhöhte Formanforderungen gestellt, seine Begründung ist jedoch formfrei. Es bedarf nicht einmal einer Einigung über die wesentlichen Vertragsgrundlagen („essentialia negotii“) wie beispielsweise bei einem Kaufvertrag. Ein Arbeitsvertrag kommt daher selbst dann zustande, wenn der Mitarbeiter tätig wird und man sich noch nicht über den konkreten Lohn oder die Arbeitszeit geeinigt hat. Das Nachweisgesetz (NachwG) regelt zwar, dass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses eine Niederschrift über die wesentlichen Vertragsbedingungen aushändigen muss. Für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis besteht, ist es aber irrelevant, ob der Mitarbeiter einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber abschließt. Die Schriftform ist zwar zu empfehlen, aber nicht zwingend erforderlich, und deshalb hat ihr Fehlen keine Folgen für die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages. Allein wenn der Arbeitnehmer im Betrieb zu arbeiten beginnt und nach Weisung des Arbeitgebers Tätigkeiten ausführt, entsteht schon ein Anspruch auf angemessenen Lohn. Diese Tatsache übersehen viele Arbeitgeber, die nur ein befristetes Arbeitsverhältnis abschließen wollen. Sobald der Mitarbeiter, der ohne Sachgrund befristet eingestellt werden soll, einen Tag im Betrieb tätig geworden ist, ohne dass der befristete Arbeitsvertrag schriftlich abgeschlossen worden ist, scheidet eine sachgrundlose Befristung aus. Es wurde mit Beginn der Tätigkeit ohne Wissen und Wollen des Arbeitgebers ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet (vgl. hierzu Kapitel A.5.6). Die Vergütungspflicht besteht, sobald der Mitarbeiter eine Anwesenheits- und Arbeitspflicht hat, bestimmte Dienstzeiten einhalten muss und den Weisungen des Arbeitgebers unterworfen ist. <?page no="20"?> 2 1.1.2 Einfühlungsarbeitsverhältnis Soll der Mitarbeiter zunächst einmal im Betrieb tätig werden, ohne dass der Arbeitgeber zur Vergütung der Leistung verpflichtet ist, so kann dies nur im Rahmen eines sogenannten Einfühlungsarbeitsverhältnisses geschehen. Darunter ist ein erstes unverbindliches Kennenlernen zu verstehen, das einer Probezeit vorgeschaltet werden kann. Es entsteht jedoch nur dann keine Vergütungspflicht, wenn der Mitarbeiter sich nicht an Weisungen des Arbeitgebers halten muss. Ist der Proband mehr als 2 Wochen beim Arbeitgeber tätig, so wird auch diese Tatsache dafür sprechen, dass ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist. Es ist daher empfehlenswert, eine schriftliche Vereinbarung über das „Einfühlungsarbeitsverhältnis“ abzuschließen. 1.2 Die richtige Stellenausschreibung Bei der Stellenausschreibung sind die Grundsätze des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu berücksichtigen. Nach § 11 AGG darf daher ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen das AGG ausgeschrieben werden. Insbesondere muss die Stellenausschreibung in Bezug auf folgende Kriterien neutral sein: Geschlecht Alter (vermeiden Sie Formulierungen wie „Wir sind ein junges Team und suchen sportliche Mitarbeiter“) Religion oder Nationalität (schreiben Sie nicht: „Mitarbeiter für zuverlässiges deutsches Team gesucht“). Nicht nur grammatikalisch, sondern auch optisch werden Stellenanzeigen sehr unübersichtlich und wenig ansprechend, wenn ständig von „der/ die Mitarbeiter/ in“ die Rede ist. Um die Vorgabe einer geschlechtsneutralen Ausschreibung einzuhalten, sollte es deshalb ausreichen, wenn in der Stellenausschreibung durchgängig der Begriff „Bewerber“ verwendet wird, gleichzeitig aber deutlich wird, dass sich Personen beiderlei Geschlechts bewerben können und sollen. Das kann etwa durch einen Hinweis erfolgen, wonach die/ der Bewerber(in) die Unterlagen an eine bestimmte Adresse schicken soll. Derzeit lässt sich allerdings noch nicht abschätzen, ob die Rechtsprechung in Auslegung des § 11 in Verbindung mit § 1 AGG in Zukunft fordert, Stellenbezeichnungen in Ausschreibungen durchgängig geschlechtsneutral zu formulieren. Fakt ist, dass ein Verstoß gegen das AGG Entschädigungsansprüche nach sich ziehen kann. Die An- <?page no="21"?> 3 sprüche des Bewerbers sind jedoch auf 3 Monatsgehälter beschränkt, wenn der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Auch bei der Suche nach Organen für juristische Personen ist darauf zu achten, dass die Stellenausschreibung beide Geschlechter anspricht. Wird ein Geschäftsführer gesucht, darf in der Anzeige also nicht nur die männliche Berufsbezeichnung stehen. Im von einer abgelehnten Bewerberin angestrengten Schadensersatzprozess entschied das OLG Karlsruhe, dass der Begriff „Geschäftsführer“ ohne weitere Zusätze nicht geschlechtsneutral, sondern als männliche Berufsbezeichnung zu verstehen ist. Mit einer Stellenausschreibung unter der Überschrift „Geschäftsführer“ wird das Gebot zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung jedenfalls dann verletzt, wenn im weiteren Text der Anzeige nicht auch weibliche Bewerber angesprochen werden. 1 Neben der Beschreibung der Tätigkeit sollte die Stellenausschreibung auch die konkreten Anforderungen an den Bewerber enthalten. Aber auch hier muss der Arbeitgeber darauf achten, dass er nicht gegen das AGG verstößt. So gab das Bundesarbeitsgericht der Klage eines 36-jährigen Volljuristen statt, der sich erfolglos auf eine Anzeige mit der Überschrift „Traineeprogramm Hochschulabsolventen/ Young Professionals“ beworben hatte. In dieser Formulierung sah das Gericht ein Indiz für eine Benachteiligung wegen des Alters. 2 Vorsicht ist zudem geboten, wenn nicht nur extern, sondern auch intern nach potenziellen Mitarbeitern gesucht wird. Die externe Ausschreibung darf keine anderen, zumindest aber keine geringeren Anforderungen enthalten. Wird eine interne Bewerbung abgelehnt und stattdessen ein externer Bewerber ausgewählt, der nur die geringeren Anforderungen aus der externen Ausschreibung erfüllt, kann der Betriebsrat die Zustimmung zu dessen Einstellung verweigern. 1 OLG Karlsruhe, Urteil v. 13.09.2011, Az. 17 U 99/ 10. 2 BAG, Urteil v. 24.01.2013, Az. 8 AZR 429/ 11. <?page no="22"?> 4 1.3 Das Vorstellungsgespräch 1.3.1 Mitteilungspflichten des Bewerbers Nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch der Bewerber unterliegt gewissen Aufklärungspflichten. So muss er dem Arbeitgeber von sich aus mitteilen, wenn er die angebotene Arbeit nicht leisten kann oder darf, weil er beispielsweise nicht über die notwendige Ausbildung verfügt. Bei Krankheit oder Schwerbehinderung besteht grundsätzlich keine Mitteilungspflicht des Bewerbers. Ist er infolge dessen jedoch so eingeschränkt, dass er die ausgeschriebene Tätigkeit nicht ausüben kann, ist der Bewerber verpflichtet, den Arbeitgeber über diese Tatsache zu informieren. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber alles erfragen, was sich auf den Arbeitsplatz bezieht. Manche Fragen sind dennoch unzulässig. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zu diesem Thema ist vor allem aus Arbeitgebersicht nicht nachvollziehbar. So muss zum Beispiel eine Bewerberin auf die Frage des Arbeitgebers, ob eine Schwangerschaft besteht, nicht wahrheitsgemäß antworten 3 (vgl. auch Kapitel B, 5.2). Wenn jedoch die Frage nach der Schwangerschaft aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist z.B. bei der Einstellung einer Arzthelferin in einem Labor, dann ist die Frage nach der Schwangerschaft zulässig. 3 BAG, Urteil v. 15.10.1992, Az. 2 AZR 227/ 92. <?page no="23"?> 5 In jedem Fall unzulässig sind Fragen, die gegen das Persönlichkeitsrecht verstoßen oder den Intimbereich des Bewerbers betreffen. Weil der Arbeitnehmer nur eine Aufklärungspflicht hinsichtlich solcher Vorstrafen hat, die für den betreffenden Arbeitsplatz von Bedeutung sind, im polizeilichen Führungszeugnis aber auch hierfür irrelevante Vorstrafen aufgeführt sind, hat der Arbeitgeber in der Regel keinen Anspruch auf Vorlage eines solchen Führungszeugnisses. Bei sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, etwa bei der Personenkontrolle in Flughäfen oder bei Geldtransporten, bestehen jedoch erweiterte Auskunftspflichten des Bewerbers und er muss daher ein polizeiliches Führungszeugnis beibringen. Je nach Tätigkeit sollte immer ein polizeiliches Führungszeugnis angefordert werden, wenn dies erforderlich ist, auch wenn der Arbeitnehmer nicht zur Auskunft verpflichtet wäre. In manchen Bereichen ist es wichtig, dass der Arbeitgeber auch Kenntnis von Straftaten erlangt, die nicht im polizeilichen Führungszeugnis aufgeführt sind. Bei einer Tätigkeit mit Kindern oder Jugendlichen besteht daher beispielsweise eine Verpflichtung des Bewerbers zur Auskunft auch über Verurteilungen wegen Straftaten, die nicht im polizeilichen Führungszeugnis aufgeführt sind. Trägern von Schulen, Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen empfehle ich, von Bewerbern ein sogenanntes erweitertes Führungszeugnis anzufordern, in dem auch Sexualstraftaten aufgelistet werden, die nicht im polizeilichen Führungszeugnis erscheinen. 1.3.2 Geheimhaltung In einem Vorstellungsgespräch können Informationen zur Sprache kommen, die aus der Sicht des Arbeitgebers oder auch aus der Sicht des Bewerbers bzw. des vorherigen Arbeitgebers des Bewerbers geheimhaltungsbedürftig sind. Geheimhaltungsbedürftig sind Informationen dann, wenn sie nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt sind und nach dem Willen des Arbeitgebers aufgrund eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses ausdrücklich geheim gehalten werden sollen. In einem bestehenden Arbeitsverhältnis wird der Geheimhaltungswille des Arbeitgebers meist explizit in den mit den Mitarbeitern geschlossenen Anstellungsverträgen bekundet. Aber auch unabhängig von einer schriftlichen Vereinbarung unterliegen die Mitarbeiter einer Geheimhaltungspflicht. Zwischen den Teilnehmern an einem Vorstellungsgespräch besteht jedoch (noch) kein Vertragsverhältnis. Der noch in einem Anstellungsverhältnis stehende Bewerber muss berücksichtigen, dass er gegenüber dem Unternehmen, bei dem er sich bewirbt, keine geheimhaltungsbedürftigen Informationen des bisherigen Arbeitgebers preisgeben darf. Auch ein Bewerber, dessen Arbeitsverhältnis bereits beendet ist, darf dem neuen (potenziellen) Arbeitgeber keine Betriebsgeheimnisse des ehemaligen Arbeitgebers offenbaren. Er ist grundsätzlich auch nach dem Ende seines Arbeitsverhältnisses zur Geheimhaltung verpflichtet (vgl. hierzu Kapitel A.3.10 und A.3.11). Wenn ein Bewerber bei der Weitergabe von Infor- <?page no="24"?> 6 mationen zu seiner bisherigen Tätigkeit vorsichtig ist, zeugt ein solches Verhalten deshalb eher von Professionalität als von mangelnder Kompetenz. Umgekehrt muss sich der Arbeitgeber aber darüber im Klaren sein, dass der Bewerber nicht verpflichtet ist, Informationen, beispielsweise zu neuen Projekten, für die er eingesetzt werden soll, vertraulich zu behandeln. Denn es besteht weder eine ausdrückliche Vereinbarung noch ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Bewerber und dem neuen Unternehmen, aus dem sich eine grundsätzliche Verpflichtung zur Geheimhaltung der im Vorstellungsgespräch erlangten Informationen ableiten ließe. Allenfalls gibt es eine sogenannte vorvertragliche Geheimhaltungspflicht, die aber wohl nur dann zum Tragen kommt, wenn später tatsächlich ein Vertrag zwischen dem Bewerber und dem Arbeitgeber zustande kommt. Ist es für ein sinnvolles Vorstellungsgespräch unabdingbar, geheimhaltungsbedürftige Informationen an den Bewerber weiterzugeben, sollte der Arbeitgeber vom Bewerber daher eine Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnen lassen. 1.4 Ersatz von Kosten 1.4.1 Vorstellungskosten Viele Arbeitgeber wissen nicht, dass sie dem Bewerber, den sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen haben, die dafür angefallenen Kosten erstatten müssen. Wenn keine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist, hat ein Arbeitgeber grundsätzlich die notwendigen Fahrt-, Verpflegungs- und Unterkunftskosten des Bewerbers zu tragen. Ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, beispielsweise eine Bahnfahrt in der ersten und nicht in der zweiten Klasse oder einen Flug in der Business- und nicht in der Economy-Klasse zu finanzieren, hängt davon ab, welche Stelle zu besetzen ist. Nicht erstattungspflichtig ist jedoch ein Verdienstausfall des Bewerbers. Will der Arbeitgeber diese teilweise nur schwer kalkulierbaren Vorstellungskosten nicht übernehmen, muss er bereits bei der Einladung ausdrücklich darauf hinweisen, dass Vorstellungskosten entweder gar nicht oder nur bis zu einer bestimmten Höhe erstattet werden. Der Anspruch auf Ersatz der Vorstellungskosten entsteht nämlich unabhängig davon, ob mit dem Bewerber dann ein Arbeitsvertrag zustande kommt oder nicht. 1.4.2 Ärztliche Untersuchungen Unterzieht sich der Bewerber auf Wunsch des Arbeitgebers einer ärztlichen Untersuchung, sind die Kosten dafür vom Arbeitgeber zu tragen. <?page no="25"?> 7 In einigen Fällen ist eine ärztliche Untersuchung vor Beschäftigungsbeginn obligatorisch, wie z.B. in der Gastronomie oder in der Lebensmittelherstellung. Das gilt beispielsweise aber auch für Jugendliche (vgl. § 2 Abs. 2, §§ 32 ff. Jugendarbeitsschutzgesetz - JArbSchG). 1.4.3 Erstbelehrung Für Beschäftigte in bestimmten Branchen ist eine Erstbelehrung erforderlich, beispielsweise für Beschäftigte im Lebensmittelbereich. So muss nach §§ 42, 43 Infektionsschutzgesetz ein Mitarbeiter vor erstmaliger Ausübung seiner Tätigkeit eine Bescheinigung gemäß § 43 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (sog. Erstbelehrung) vorlegen. Die Gesundheitsämter, die in der Praxis diese Erstbelehrungen durchführen, stellen nur dann dem Arbeitgeber die Gebühren in Rechnung, wenn eine schriftliche Kostenübernahme durch den Arbeitgeber vorgelegt wird, im Übrigen erfolgt die Belehrung bei den meisten Gesundheitsämtern gegen Barzahlung. 1.4.4 Polizeiliches Führungszeugnis Ohne spezielle vertragliche Vereinbarung ist davon auszugehen, dass der Bewerber die Kosten für die Ausstellung eines polizeilichen Führungszeugnisses auch dann selbst zahlen muss, wenn der Arbeitgeber ein solches Zeugnis von ihm angefordert hat. 1.5 Was muss wem gemeldet werden? 1.5.1 Krankenkasse Die Meldepflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern wurden erheblich verschärft. Rechtsgrundlage für die Arbeitgebermeldung ist § 28a Sozialgesetzbuch IV (SGB IV). Diese Regelung dient dem Zweck, den Sozialversicherungsträger über das Entstehen der Versicherungspflicht zu informieren und ihm so die Möglichkeit zu geben, die Beitragsabführung zu überwachen. Weil es nur wenige Ausnahmen gibt, muss fast jeder Arbeitnehmer gemeldet werden. Auch Studenten, die während ihres Studiums eine Beschäftigung ausüben, die die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, müssen der Krankenkasse gemeldet werden. Wegen ihrer dann bestehenden Rentenversicherungspflicht zählen auch diese Studenten zu den anmeldepflichtigen Mitarbeitern. Wenn es sich nicht um einen Minijob oder eine kurzfristige Beschäftigung handelt (hierzu Kapitel A.1.5.2) ist grundsätzlich die zuständige Krankenkasse als Einzugsstelle Adressat der Anmeldung. <?page no="26"?> 8 Der Arbeitgeber muss seinen neu einzustellenden Mitarbeiter daher stets befragen, bei welcher Krankenkasse er zuletzt versichert war. 1.5.2 Minijob-Zentrale Für Arbeitnehmer, die einer kurzfristigen Beschäftigung nachgehen oder in sogenannten Minijobs geringfügig beschäftigt sind (vgl. hierzu ausführlich Kapitel A.4.3), ist die Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung zentrale Einzugs- und Meldestelle. 1.5.3 Zeitpunkt der Meldung Im Regelfall muss die Meldung spätestens 6 Wochen nach Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung erfolgen (§ 6 Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung DEÜV). Eine Meldung in Papierform ist nicht mehr zulässig. Die Meldungen können nur mehr durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen oder mittels maschinell erstellter Ausfüllhilfen abgegeben werden. Die für die verschlüsselte Datenübertragung erforderliche Software kann kostenlos über die Informationstechnische Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherungs-GmbH (ITSG) bezogen werden. In manchen Branchen gibt es jedoch eine Pflicht zur sofortigen Meldung. Dies gilt insbesondere im Baugewebe seit dem 01.01.2009 aber auch in der Gastronomie und der Hotellerie. Hintergrund ist das in diesen Branchen erhöhte Risiko für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung. Ein neuer Mitarbeiter muss daher spätestens bei Aufnahme der Beschäftigung gemeldet werden, auch wenn sein Tätigkeitsbeginn nicht auf einen Werktag fällt. Neben dem bereits erwähnten Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe und dem Baugewerbe betrifft diese sofortige Meldepflicht auch das Personenbeförderungs-, das Speditions-, das Schaustellersowie das Gebäudereinigungsgewerbe. Zudem muss in den hier genannten Branchen jeder Mitarbeiter offizielle Ausweisdokumente wie den Personalausweis mit sich führen und bei Kontrollen vorzeigen. Auf diese Ausweispflicht muss der Arbeitgeber schriftlich hinweisen. Die sofortige Meldung kann auch via Internet unter www.itsg.de erfolgen. Hierbei handelt es sich allerdings lediglich um eine zusätzliche Meldung. Die reguläre und ausführliche Anmeldung zur Sozialversicherung wird dadurch nicht ersetzt. Von der Meldepflicht zu unterscheiden sind die Fälligkeitstermine für die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und für die Erstellung der Beitragsnachweise. <?page no="27"?> 9 1.5.4 Berufsgenossenschaft Auch bei der zuständigen Berufsgenossenschaft muss der neue Mitarbeiter gemeldet werden. Dazu ist unter anderem die Angabe der achtstelligen sogenannten Betriebsnummer erforderlich. Arbeitgeber, die zum ersten Mal einen Mitarbeiter einstellen, müssen daher bei der für den Betriebssitz zuständigen Agentur für Arbeit zunächst eine solche Betriebsnummer beantragen. Hier ist in Zukunft der Lohnnachweis für das Beitragsjahr 2016 auf elektronischem Weg dem zuständigen Unfallversicherungsträger zu übermitteln. Im Baugewerbe, auf dessen Besonderheiten hier nicht gesondert eingegangen werden kann, erfolgt die Anmeldung bei der SOKA-Bau. 1.5.5 Fachkraft für Arbeitssicherheit/ Betriebsarzt Ferner muss die Anstellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit mitgeteilt werden. Die Einsatzzeiten der Fachkraft für Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin richten sich nicht nur nach Betriebsart, sondern auch nach der Mitarbeiterzahl. Deswegen müssen auch die externen Fachkräfte, die das Unternehmen betreuen, über die Einstellung eines neuen Mitarbeiters informiert werden. <?page no="28"?> 10 2 Risiko Scheinselbstständigkeit Schon vor Beginn der Beschäftigung eines Mitarbeiters treffen den Arbeitgeber etliche Pflichten und während des Beschäftigungsverhältnisses nimmt deren Zahl und Umfang eher noch zu. Deshalb entscheiden sich viele Unternehmen dafür, Arbeitsleistungen nicht von fest angestellten Mitarbeitern, sondern von Subunternehmern, Leiharbeitnehmern oder auch freien Mitarbeitern erbringen zu lassen. Dass dies mit erheblichen finanziellen, aber auch strafrechtlichen Risiken verbunden sein kann, zeigt das folgende Kapitel. 2.1 Abgrenzung zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung In vielen Branchen werden sogenannte freie Mitarbeiter beschäftigt. Oft sind es die Mitarbeiter selbst, die Interesse an einer derartigen Beschäftigungsform haben, wie beispielsweise häufig in der IT-Branche. Ein Statusfeststellungsverfahren, das vor Einstellung des ersten freien Mitarbeiters bzw. spätestens 3 Monate nach Beginn der Tätigkeit vor der Clearingstelle des Deutschen Rentenversicherungsbundes durchgeführt wird, ist bei einem Unternehmen, das keine GmbH ist und keine sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter beschäftigt, die einzige Möglichkeit, Rechtssicherheit darüber zu erlangen, dass kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Auch der neugefasste § 611 a BGB, der vermutlich Mitte des Jahres 2017 in Kraft treten wird, bringt für die Arbeitnehmer keine Rechtsicherheit. Nach den gesetzgeberischen Vorstellungen sollen zukünftig drei Kriterien maßgeblich für die Arbeitnehmereigenschaft sein, nämlich Weisungsgebundenheit, Fremdbestimmtheit sowie die persönliche Abhängigkeit. Dies entspricht der Rechtsprechung des BAG und lässt nach wie vor viel Auslegungsspielraum für die Rentenversicherung, die Strafgerichte und die Sozial- und Arbeitsgerichte. Aber nicht nur im Rahmen einer Betriebs- oder Lohnsteuerprüfung, auch durch das Hauptzollamt kann unangemeldet eine Statusüberprüfung der freien Mitarbeiter bzw. Subunternehmer erfolgen. Für Arbeitgeber wird es insbesondere immer dann kritisch, wenn sie einen Dienstvertrag mit einer natürlichen Person als Vertragspartner geschlossen haben und diese nur für einen Auftraggeber tätig wird. Ist der Vertragspartner hingegen eine juristische Person, bietet der freie Mitarbeiter seine Leistung also als GmbH oder UG an, geht zumindest die deutsche Rentenversicherung derzeit grundsätzlich davon aus, dass keine Sozialversicherungspflicht besteht. Dennoch können aber auch Verträge mit einer sogenannten Einmann GmbH als scheinselbstständige Tätigkeit gewertet werden. <?page no="29"?> 11 Eine versicherungsfreie Tätigkeit liegt dann vor, wenn der freie Mitarbeiter im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die selbstständige Tätigkeit ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet: Auftritt als Selbstständiger nach außen (z.B. durch einen eigenen Briefkopf und entsprechende Werbung). Tätigkeit auf Dauer und im Wesentlichen nicht nur für einen Arbeitgeber. (Die Behörden gehen derzeit davon aus, dass die Tätigkeit nur für einen Auftraggeber dann zu bejahen ist, wenn der Umsatz, der mit dem Hauptauftraggeber erzielt wird, 5/ 6 des Gesamtjahresumsatzes beträgt). Die Tätigkeit des freien Mitarbeiters ist nicht identisch mit der Tätigkeit der fest angestellten Arbeitnehmer des Auftraggebers. Der freie Mitarbeiter ist nicht weisungsgebunden. (Ein Indiz für eine Scheinselbstständigkeit ist es beispielsweise, wenn der freie Mitarbeiter Urlaub beim Auftraggeber beantragen muss). Keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers. (Eine Eingliederung liegt zum Beispiel dann vor, wenn dem freien Mitarbeiter ein Büroarbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird und er gemeinsam mit den fest angestellten Beschäftigten auf den Telefonlisten des Auftraggebers aufgeführt ist). Der freie Mitarbeiter hat selbst einen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten angestellt, also Beschäftigung eines Mitarbeiters nicht nur im Rahmen eines sogenannten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses. Das wichtigste Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit ist die Beschäftigung eines eigenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers. Viele meinen auf der rechtssicheren Seite zu stehen, wenn sie für mehrere Auftraggeber tätig sind. Das ist ein Irrtum. Rechtssicherheit besteht bei Einzelunternehmen nur bei Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens oder bei Beschäftigung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Das Risiko, dass eine Scheinselbstständigkeit festgestellt wird, besteht nicht nur bei einer Statusüberprüfung durch das Hauptzollamt oder im Rahmen einer Lohnsteuer- oder Betriebsprüfung. Oftmals sind es die Mitarbeiter selbst, die nach Beendigung der Zusammenarbeit mit einem Auftraggeber Klage vor dem Arbeitsgericht erheben. Im Rahmen des Arbeitsgerichtsprozesses wird zunächst geprüft, ob das Arbeitsgericht für die Klage des Mitarbeiters zuständig ist. Das ist dann der Fall, wenn zwischen dem klagenden Mitarbeiter und dem beklagten Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis besteht. <?page no="30"?> 12 Sondersituation Handelsvertreter Gemäß § 5 Abs. 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) sind die Arbeitsgerichte für die Klage eines Handelsvertreters dann nicht zuständig, wenn es sich um einen Mehrfachvertreter handelt, der Handelsvertreter also nicht als sogenannter Ausschließlichkeitsvertreter nur für ein Unternehmen tätig wird. Das Arbeitsgericht ist ferner dann nicht zuständig, wenn der Handelsvertreter als Ausschließlichkeitsvertreter in den letzten 6 Monaten einen durchschnittlichen monatlichen Verdienst von mehr als 1.000 Euro erzielte. Maßgeblich für den Berechnungszeitpunkt ist die Rechtshängigkeit der Klage, also die Zustellung der Klage an den Gegner. Aber auch wenn das Arbeitsgericht diesen Kriterien zufolge nicht zuständig ist, kann eine Statusfeststellung ergeben, dass der betreffende Handelsvertreter als Arbeitnehmer des Unternehmens zu bewerten ist, für das er Verträge vermittelt. Wie ein Damokles-Schwert schwebt das Risiko der Feststellung einer Scheinselbstständigkeit daher gerade über den Branchen, die sich in großem Umfang freier Mitarbeiter bedienen. Dazu gehören insbesondere Handelsvertreter in der Versicherungsbranche, die als Ausschließlichkeitsvertreter nur für eine Versicherung tätig sind. 2.2 Folgen der Scheinselbstständigkeit 2.2.1 Sozialversicherungsbeiträge Wird nun festgestellt, dass der freie Mitarbeiter scheinselbstständig und damit als Arbeitnehmer zu betrachten ist, kann die Deutsche Rentenversicherung auf Grundlage einer fiktiven Lohnvereinbarung Sozialversicherungsbeiträge beim Arbeitgeber nacherheben, und zwar rückwirkend für einen Zeitraum von bis zu 4 Jahren und bei nachgewiesen vorsätzlichem Handeln sogar noch länger. Die Sozialversicherungsbeiträge werden in der Praxis oft anhand des vereinbarten Subunternehmerentgelts als fiktiver Nettolohnvereinbarung berechnet, was für den Arbeitgeber zu hohen Nachzahlungen führen kann. Zudem hat der Sozialversicherungsträger das Recht, bei der Berechnung die Lohnsteuerklasse 4 zugrunde zu legen, was die zu leistende Nachzahlung zusätzlich zulasten des Arbeitgebers erhöht. Zu guter Letzt können auch noch Säumniszuschläge anfallen, da die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus Sicht der Sozialversicherungsträger verspätet erfolgt. 2.2.2 Lohnsteuer Der Arbeitgeber haftet neben dem Scheinselbstständigen für die Nachzahlung der Lohnsteuer rückwirkend für einen Zeitraum von 4 Jahren und das jeweilige Finanzamt wird den meist wirtschaftlich stärkeren Arbeitgeber in der Regel zunächst in Anspruch <?page no="31"?> 13 nehmen. Hat der Scheinselbstständige Einkommensteuer gezahlt, wird sie grundsätzlich auf die Lohnsteuerforderung angerechnet. In den meisten Fällen wird allerdings dennoch eine Nachzahlung erforderlich sein, da die Bemessungsgrundlagen für die Lohnsteuer und die Einkommenssteuer unterschiedlich sind und darüber hinaus die vom Scheinselbstständigen angesetzten Betriebsausgaben im Rahmen der Lohnsteuerberechnung oftmals nicht oder nur teilweise anerkannt werden. Der Arbeitgeber, der vom Finanzamt zu Lohnsteuernachzahlungen aufgefordert wird, hat zwar einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Scheinselbstständigen; das Risiko einer Insolvenz des Scheinselbstständigen trägt jedoch er. 2.2.3 Mehrwertsteuer Eine weitere finanzielle Belastung ergibt sich für den Arbeitgeber ferner daraus, dass der Scheinselbstständige ihm Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt hat und dass dieser Betrag in die Umsatzsteuererklärung des Arbeitgebers eingeflossen ist. Der Arbeitgeber ist daher zusätzlich zur Nachzahlung der in Anspruch genommenen Vorsteuer verpflichtet. 2.2.4 Strafrechtliche Risiken Bei der Beschäftigung von Scheinselbstständigen drohen dem Arbeitgeber nicht nur erhebliche Nachzahlungen, deren Umfang existenzbedrohend sein kann, sondern unter Umständen auch strafrechtliche Konsequenzen. Die Beschäftigung Scheinselbstständiger ist Schwarzarbeit. Nach § 266a StGB macht sich insbesondere strafbar, wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung vorenthält. Erforderlich ist jedoch zumindest bedingter Vorsatz in Bezug auf das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses. Wenn dem Arbeitgeber nachgewiesen wird, dass er die Arbeitnehmereigenschaft wenigstens billigend in Kauf genommen hat, liegt damit ein Verstoß gegen § 266a Strafgesetzbuch vor, weil Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten werden. Ferner stellt nach der Rechtsprechung des BGH ein Irrtum des Arbeitgebers über die Arbeitnehmereigenschaft seines Mitarbeiters einen den Vorsatz nicht berührenden Subsumptionsirrtum dar, da der Arbeitgeber durch Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens für jeden Mitarbeiter die Arbeitnehmereigenschaft klären könnte. Das kann zu einem Strafverfahren und Verurteilung wegen Vorenthalten und Veruntreuung von Arbeitsentgelt führen. Auch wenn der Arbeitgeber in der Lage ist, die finanziellen Nachforderungen zu leisten, kann das Strafurteil dazu führen, dass er seiner Tätigkeit wegen „Unzuverlässigkeit“ nicht mehr nachgehen darf. <?page no="32"?> 14 Wegen dieser doch nicht unerheblichen Risiken akzeptieren viele Unternehmen nur mehr juristische Personen als Vertragspartner für ihre Dienstverträge oder fordern von ihren freien Mitarbeitern die Anstellung eines sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiters. 2.3 Arbeitnehmerähnliche Selbstständige Als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger ist zu werten, wer zwar ähnlich wie ein Arbeitnehmer wirtschaftlich von einem Auftraggeber abhängig ist, jedoch wegen fehlender Eingliederung in die betriebliche Organisation und freier Arbeitszeitgestaltung nicht auch in vergleichbarer Weise persönlich vom Auftraggeber abhängig ist. Eine arbeitnehmerähnliche Person ist ein selbstständiger Unternehmer. Die vorgenannten Merkmale treffen hauptsächlich auf diejenigen Handelsvertreter zu, die Ausschließlichkeitsvertreter sind. Für diese Selbstständigen gelten arbeitsrechtliche Besonderheiten, beispielsweise ist das Bundesurlaubsgesetz auf sie anwendbar. Soweit sie selbst keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt 450 Euro übersteigt, sind arbeitnehmerähnliche Personen ferner rentenversicherungspflichtig (vgl. § 2 Nr. 9 SGB VI). Allerdings ist auch hier die Tendenz der Deutschen Rentenversicherung und der Sozialgerichte zu erkennen, dass sie Mitarbeiter, auch wenn sie nicht im Unternehmen eingegliedert sind und auch keinen Weisungen ihres Auftraggebers unterliegen, dann als scheinselbstständige Mitarbeiter bewerten, wenn ein Kapitaleinsatz durch eigene Arbeitsmittel fehlt. Die Rentenversicherung dürfte sich in ihrer Rechtsauffassung durch die geplanten Gesetzesänderungen gestärkt fühlen. Neu eingeführt werden soll der § 611 a BGB, der den Begriff des Arbeitnehmers definiert. Nach den gesetzgeberischen Vorstellungen sollen zukünftig drei Kriterien maßgeblich für die Arbeitnehmereigenschaft sein, nämlich Weisungsgebundenheit, Fremdbestimmtheit sowie die persönliche Abhängigkeit. Die Praxis der Entscheidungen der Rentenversicherung zeigt, dass diese bei wirtschaftlicher Abhängigkeit (mehr als 5/ 6 des Umsatzes durch einen Auftraggeber) automatisch davon ausgeht, dass der Auftragnehmer nicht nur wirtschaftlich von seinen Hauptauftraggeber abhängig ist, sondern auch persönlich. <?page no="33"?> 15 3 Was sollte im Arbeitsvertrag stehen und was nicht? In keinem anderen Rechtsgebiet wird durch arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen zugunsten des Arbeitnehmers die Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers so stark eingeschränkt wie im Arbeitsrecht. Eine weitere Einschränkung der Gestaltungsfreiheit von Arbeitsverträgen ergibt sich daraus, dass seit der zum 01.01.2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsreform auch Arbeitsverträge der sogenannten AGB-Kontrolle unterliegen. Dies hat zur Folge, dass manche Bestimmungen zwar im Individualvertrag im Arbeitsrecht an sich zulässig wären, letztlich dennoch nicht zulässig sind, weil sie nach den Grundsätzen, die zur Prüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) entwickelt wurden, den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Um AGB handelt es sich immer dann, wenn Klauseln für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind, wobei für den Gesetzesbegriff „Vielzahl“ schon die Absicht reicht, diese dreimal zu verwenden. Die Tatsache, dass nunmehr auch Arbeitsverträge einer AGB-Kontrolle unterzogen werden können, führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Für etliche in der Praxis übliche Klauseln ist bisher noch nicht durch die Rechtsprechung geklärt, ob sie (noch) zulässig sind. Dieses Buch verzichtet deshalb auf Vertragsmuster. Stattdessen empfehle ich jedem Unternehmen, zusammen mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht eigene Muster zu formulieren, die auf die Besonderheiten des Betriebes, der Branche sowie der eventuell zwingend geltenden Tarifverträge zugeschnitten sind. Die folgenden Anmerkungen dienen hierfür als Leitfaden. 3.1 Probezeit Der Zweck der Vereinbarung einer Probezeit besteht hauptsächlich darin, für die Dauer der Probezeit von maximal 6 Monaten die kurze 2-wöchige Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB zu vereinbaren. Unabhängig von der Vereinbarung einer Probezeit wird das Kündigungsschutzgesetz in den ersten 6 Monaten des Beschäftigungsverhältnisses in jedem Fall nicht angewendet. Soweit keine andere Vereinbarung vorliegt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Arbeitsvertrag nach Ende der Probezeit ohne Kündigung nicht endet. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 5 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) kann die Probezeit befristet werden. Dann endet der Arbeitsvertrag automatisch, wenn die Probezeit vorüber ist. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Mitarbeiter seine Tätigkeit nach der Probezeit auch tatsächlich beendet. Der Arbeitnehmer hat auch dann keinen Kündigungsschutz, wenn beispielsweise eine Schwangerschaft besteht. <?page no="34"?> 16 Meist ist in den ersten 6 Monaten noch nicht erkennbar, ob der neue Mitarbeiter für die ausgeschriebene Position geeignet ist. Wurde keine Probezeitbefristung vereinbart, bleibt dem Arbeitgeber nur die Möglichkeit, einen Aufhebungsvertrag mit einer Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung abzuschließen oder noch in der Probezeit mit einer längeren Frist zu kündigen. Wenn die Kündigungsfrist zu lange ist oder die Vertragsdauer über mehrere Monate verlängert wird, besteht allerdings das Risiko, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist. Mehr Rechtssicherheit bietet daher die Variante, das Arbeitsverhältnis nach § 14 Abs. 2 TzBfG bereits von Anfang an ohne Angabe eines Sachgrunds zu befristen, da nach einer Probezeitbefristung keine sachgrundlose Befristung mehr erfolgen kann (vgl. hierzu Kapitel A.5.6). 3.2 Dauer Obwohl nach 6 Monaten das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, werden die meisten Arbeitsverträge nach wie vor auf unbestimmte Zeit geschlossen. Zu beachten ist, dass das Arbeitsverhältnis ohne ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag nicht automatisch endet, wenn das Rentenalter erreicht wurde. Zu empfehlen ist daher die Aufnahme einer Regelung, wonach das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf des Monates endet, in dem der Arbeitnehmer das für ihn gesetzlich festgelegte Renteneintrittsalter vollendet hat. Oftmals wird vergessen, dass ein solcher Bezug auf die Regelaltersgrenze eine auflösende Bedingung darstellt und im Ergebnis mit einer Befristung gleichzusetzen ist, so dass gemäß § 15 Abs. 2 TzBfG grundsätzlich eine schriftliche Vereinbarung notwendig ist. 3.3 Arbeitsort und Tätigkeit Im NachwG finden sich Regelungen, die in einem Arbeitsvertrag enthalten sein sollen. § 2 Abs.1 Nr. 5 NachwG verlangt eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit. Je ausführlicher und detaillierter die Tätigkeit beschrieben ist, desto mehr schränkt sich der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechtes ein, d.h. er kann dann bestimmte Tätigkeiten, die nicht im Arbeitsvertrag aufgeführt sind, grundsätzlich nicht im Rahmen seines Direktionsrechts dem Mitarbeiter zuweisen, sondern müsste grundsätzlich eine Änderungskündigung aussprechen. Aus Arbeitgebersicht ist daher zu überlegen, ob man auf eine konkrete Beschreibung des Aufgabengebietes des Mitarbeiters, zum Beispiel durch Verweis auf eine Stellenbeschreibung, verzichtet und dann aber auch keine Versetzungsklausel in den Arbeitsvertrag aufnimmt. Eine solche in Arbeitsverträgen übliche Versetzungsklausel ermöglicht es dem Arbeitgeber zwar, dem Mitarbeiter andere Tätigkeiten zuzuweisen, ohne dass er eine Änderungskündigung aussprechen muss. Viele Arbeitgeber überse- <?page no="35"?> 17 hen jedoch, dass sich durch eine Versetzungsklausel für den Fall der betriebsbedingten Kündigung der Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Mitarbeiter erweitert. Für die Sozialauswahl ist nämlich nicht nur die Tätigkeit selbst, sondern vor allem die Vereinbarung im Arbeitsvertrag maßgeblich. Die Reichweite des Direktionsrechtes bestimmt die Reichweite des Kündigungsschutzes maßgeblich mit. Derartige Versetzungsklauseln führen daher in der Praxis zu noch mehr Rechtsunsicherheit bei betriebsbedingten Kündigungen (vgl. hierzu Kapitel A.5.2). 3.4 Arbeitszeit Die wöchentliche Arbeitszeit muss vereinbart werden. Eine genaue Regelung der Lage der Arbeitszeit ist aus Sicht des Arbeitgebers meist nicht notwendig und auch nicht sinnvoll, da der Arbeitgeber dann aufgrund seines Weisungsrechts bestimmen kann, wie die Arbeitszeit verteilt werden soll. Die Arbeitsleistung kann gem. § 106 Gewerbeordnung jedoch nur nach „billigem Ermessen“ bestimmt werden, d.h. dass der Arbeitgeber in angemessener Weise auf die Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen muss. Will der Arbeitgeber die verabredete Arbeitszeitmenge bedarfsorientiert abrufen, kann er ein sogenanntes Abrufarbeitsverhältnis nach § 12 TzBfG vereinbaren. Aber auch in diesem Fall müssen bestimmte wöchentliche Mindestarbeitszeiten festgelegt werden (vgl. Kapitel A 8.5.4). Überstunden Ein Mitarbeiter ist nur dann zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn dies im Arbeitsvertrag konkret vereinbart ist. Überstunden sind grundsätzlich zu vergüten. Ob eine vertragliche Regelung, die die Vergütung von Überstunden ausschließt, wirksam ist, hängt wesentlich davon ab, welche Vergütung ein Mitarbeiter erhält und ob der Mitarbeiter eine Vergütung der Überstunden erwarten darf. Wenn ein Mitarbeiter kein herausgehobenes Entgelt bezieht, dann ist die Leistung von Überstunden nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nur gegen eine zusätzliche Vergütung zu erwarten. Als herausgehoben kann das Entgelt regelmäßig dann gelten, wenn es die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet. 4 Überstunden sind jedoch nur dann zu vergüten, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet oder zumindest geduldet sind. Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist der Arbeitnehmer beweislastpflichtig. 4 BAG, Urteil v. 22.02.2012, Az. 5 AZR 765/ 10. <?page no="36"?> 18 Bei der Festlegung der Arbeitszeit sind das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) und bei Tarifbindung auch die Tarifverträge zu beachten. Der Gesetzgeber geht grundsätzlich von einer 48-Stunden-Woche aus. Die werktägliche Arbeitszeit darf 8 Stunden nicht überschreiten. Die Arbeitszeit kann jedoch auf 10 Stunden täglich verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Damit ist die Einführung flexibler Gleitzeitmodelle in den Unternehmen problemlos möglich, ohne gegen das ArbZG zu verstoßen. Die im ArbZG vorgesehenen Ruhepausen müssen jedoch in jedem Fall eingehalten werden. Eine abweichende Regelung im Arbeitsvertrag ist nicht zulässig. Das ArbZG sieht vor, dass den Mitarbeitern bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden eine Ruhepause von mindestens 30 Minuten gewährt werden muss. Liegt die Arbeitszeit bei mehr als 9 Stunden, muss die Ruhepause mindestens 45 Minuten betragen. Der Arbeitgeber kann auch längere Pausen anordnen, ohne dass es im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Ein Verstoß gegen das ArbZG kann zu nicht unerheblichen Bußgeldzahlungen führen (vgl. Kapitel A 8.1). 3.5 Vergütung, Mindestlohn 3.5.1 Mindestlohn Einen allgemeinen, für alle Arbeitsverhältnisse gültigen und durch Gesetz verordneten Mindestlohn gab es bisher in Deutschland nicht. In manchen Branchen haben die Tarifvertragsparteien jedoch schon vor Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes solche Mindestlöhne ausgehandelt und in Tarifverträge aufgenommen, die für allgemeinverbindlich erklärt worden sind. Damit galten und gelten solche branchenspezifischen Mindestlöhne auch für die nicht tarifvertraglich gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. <?page no="37"?> 19 Die zwingenden Regelungen zu den Arbeitsbedingungen und damit auch zum Mindestlohn in Deutschland gelten zudem auch für Arbeitnehmer, die von im Ausland ansässigen Arbeitgebern zur grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen nach Deutschland entsandt werden. Das ergibt sich aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz. Bis Ende 2014 existierten solche Mindestlöhne nur für einige Branchen, wie beispielsweise im Baugewerbe. Am 02.04.2014 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie beschlossen, dessen wichtigster Bestandteil der gesetzliche Mindestlohn ist. Der Bundestag hat am 03.07.2014 das Tarifautonomiestärkungsgesetz mit einigen Änderungen verabschiedet, dessen Kernpunkt u.a. der Mindestlohn ist. Der Bundesrat hat diesem Gesetz dann am 11.07.2014 zugestimmt. Im Mindestlohngesetz (MiLoG), das am 11.08 2014 in Kraft getreten ist, werden die Einzelheiten geregelt. Erstmals gilt damit in Deutschland ab 01.01.2015 ein gesetzlicher Mindestlohn von Euro 8,50 brutto je Zeitstunde. Nur wenige Tätigkeiten sind vom Mindestlohn ausgeschlossen (vgl. dazu Kapitel 8.16.1) In einer Übergangszeit bis zum 31.12.2016 sind ferner tarifliche Abweichungen zulässig, wenn die tarifvertraglichen Regelungen für alle unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber sowie deren Arbeitnehmer verbindlich gemacht worden sind. Abweichungen bis zum 31.12.2016 sind ferner noch zulässig aufgrund von Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage des § 11 Arbeitnehmerentsendegesetzes oder § 3 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassen worden sind. Ab 01.01.2017 gilt der Mindestlohn jedoch unbeschränkt. Danach sind auch keine Abweichungen mehr durch Tarifvertrag möglich. Wird das Lohnniveau von 8,50 Euro pro Stunde nicht erreicht, dann gilt für diese Arbeitnehmer automatisch auch der gesetzliche Mindestlohn. Darüber hinaus wurde jetzt die Höhe des allgemeinverbindlichen Mindestlohnes erstmals zum 30.06.2016 mit Wirkung zum 01.01.2017 durch eine Kommission der Tarifpartner, deren Mitglieder von den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer benannt werden, überprüft und angepasst. Ab 01.01.2017 beträgt der Mindestlohn EUR 8,84. Auch dieser „neue“ Mindestlohn wird dann über eine Rechtsverordnung staatlich erstreckt und damit allgemeinverbindlich. Weitere Ausführungen zum Mindestlohngesetz finden Sie unter Kapitel 8.16. Ferner soll in Zukunft der Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf alle Branchen erweitert werden. Damit haben alle ausländischen Mitarbeiter Anspruch auf die in den jeweiligen Branchen zwingend geltenden Mindestarbeitsbedingungen und Mindestlöhne. <?page no="38"?> 20 3.5.2 Sonderzuwendungen Grundsätzlich wird ein monatlicher Bruttofestlohn vereinbart. Zunehmend gehen die Parteien dazu über, das Entgelt in mehrere Bestandteile aufzuteilen: Dabei wird ein niedrigerer monatlicher Grundlohn festgelegt, der durch Sonderzuwendungen aufgestockt wird, die allerdings nur dann gezahlt werden, wenn bestimmte Ereignisse eintreten, z.B. ein bestimmtes Umsatzziel erreicht wird. Das ist zulässig. Zu beachten ist allerdings, dass das unternehmerische Risiko nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden kann. Es darf also nicht ein unangemessen großer Teil des Entgelts vom Unternehmensergebnis abhängig gemacht werden. 3.5.3 Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt Üblich ist, dass zusätzliche Leistungen unter einen sogenannten Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt gestellt werden. In der Praxis wird beides oft vermischt, ohne die grundsätzlichen Unterschiede zu beachten. Eine Leistung kann jedoch nur entweder freiwillig sein oder sie kann widerrufen werden. Formulierungen wie „Diese Leistung ist eine freiwillige Leistung und kann jederzeit widerrufen werden“ sind daher unwirksam. 5 Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist auch eine Klausel unwirksam, die einen Anspruch suggeriert, obwohl er eben gerade nicht bestehen soll. Das ist beispielsweise bei folgender Formulierung der Fall: „Sie erhalten einen Bonus in Höhe von 1.000 Euro. Ein Rechtsanspruch darauf entsteht auch bei wiederholter Zahlung nicht.“ 6 Aus dem Arbeitsvertrag muss also eindeutig hervorgehen, dass die Zahlung freiwillig ist. Ferner sollte im Arbeitsvertrag ein Hinweis darauf enthalten sein, dass auch bei einer wiederholten freiwilligen Zahlung kein Rechtsanspruch für die Zukunft begründet wird. Dies ist notwendig, weil durch das Rechtsinstitut der „betrieblichen Übung“ ein Anspruch des Arbeitnehmers auf diese freiwillige Leistung entstehen kann (vgl. Kapitel A. 3.15). Die Rechtsprechung ist auch hier sehr arbeitnehmerfreundlich. Zu empfehlen ist daher, dass der Arbeitgeber bei jeder Auszahlung einer Sonderzuwendung nochmals darauf hinweist, dass die Leistung freiwillig erfolgt und auch bei mehrmaliger Zahlung kein Anspruch besteht. Eine Leistung kann auch unter einen Widerrufsvorbehalt gestellt werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Leistung immer wieder in derselben Höhe gezahlt werden soll. Ein Widerrufsvorbehalt ist allerdings nur dann wirksam, wenn die Gründe für einen Widerruf so konkret wie möglich bereits in der Zusage der Leistung beschrieben werden. Das Bundesarbeitsgericht hat die Anforderungen an eine transpa- 5 BAG, Urteil v. 14.09.2011, Az. 10 AZR 526/ 10. 6 BAG, Urteil v. 30.07.2008, Az. 10 AZR 606/ 07. <?page no="39"?> 21 rente Gestaltung des Widerrufsvorbehalts immer weiter verschärft. Es reicht daher nicht aus, eine Widerrufsmöglichkeit lediglich mit einem pauschalen Verweis auf wirtschaftliche Gründe zu rechtfertigen; die Begründung muss vielmehr konkreter und nachvollziehbar sein. Bei Führungskräften werden Vergütungsbestandteile meist an das Erfüllen bestimmter Zielvereinbarungen gekoppelt. In der Praxis werden zwar bei Vertragsschluss häufig Zielvereinbarungen getroffen, sie werden dann aber im weiteren Verlauf des Beschäftigungsverhältnisses nicht erneuert. Dennoch kann zugunsten des Mitarbeiters ein Anspruch auf den vollen Bonus entstehen, weil es Aufgabe des Arbeitgebers ist, die Initiative zum Abschluss von Zielvereinbarungen zu ergreifen. 3.6 Abtretung und Verpfändung von Arbeitseinkommen Es ist umstritten, ob es zulässig ist, ein Abtretungs- oder Verpfändungsverbot der Vergütungsansprüche zu vereinbaren. Dennoch empfiehlt es sich, ein derartiges Verbot aufzunehmen. Dies dient auch dem Schutz des Mitarbeiters, da etliche Kredit- oder Leasingverträge in ihren AGB die Abtretung des Arbeitseinkommens vorsehen. Beruft sich der Vertragspartner des Mitarbeiters gegenüber dem Arbeitgeber auf eine solche Abtretungsvereinbarung in den AGB, dann muss der Arbeitgeber nicht prüfen, ob sie rechtswirksam zustande gekommen ist. Er kann sich auf das Abtretungsverbot im Arbeitsvertrag beziehen. Nicht selten treten ja mehrere Gläubiger an den Arbeitgeber heran und machen ihre Ansprüche geltend. Für den Arbeitgeber ist es aber oft schwierig festzustellen, welche Gläubiger welche Ansprüche in welcher Reihenfolge haben. Auch in solchen Fällen kann die Regelung von Abtretungs- und Verpfändungsverboten den Mitarbeiter, aber auch den Arbeitgeber schützen, der sich eventuell schadensersatzpflichtig macht, wenn Auszahlungen an die Gläubiger nicht erfolgen oder an einen Gläubiger mehr Geld ausgezahlt wird, als diesem zusteht. Es ist nur begrenzt zulässig, eine Kostenpauschale für die Bearbeitung von Lohn- und Gehaltspfändungen zu vereinbaren. Viel wichtiger als die Regelung einer solchen pauschalierten Kostenübernahme durch den Arbeitnehmer ist daher die Vereinbarung eines generellen Abtretungsverbotes oder eines Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt. 3.7 Arbeitsverhinderung, Mitteilungspflichten Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine Erkrankung unverzüglich mitteilen. Dem EntgFG zufolge hat der Arbeitnehmer bei einer Arbeitsunfähigkeit, die länger als 3 Kalendertage dauert, eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Es ist sinnvoll, diesen Gesetzeswortlaut auch in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, weil <?page no="40"?> 22 dann Abmahnungen wegen Verletzung dieser Anzeige- und Nachweispflichten mit direktem Verweis auf die Regelung im Arbeitsvertrag begründet werden können. Nach § 5 Abs. 1 EntgFG kann der Arbeitgeber grundsätzlich verlangen, dass die ärztliche Bescheinigung bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegt wird. Will der Arbeitgeber von diesem Recht Gebrauch machen, muss er eine dementsprechende Regelung im Arbeitsvertrag aufnehmen. Gemäß § 616 BGB ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei vorübergehender Verhinderung des Mitarbeiters für eine gewisse Zeit und unter bestimmten Umständen den Lohn fortzuzahlen, etwa wenn der Mitarbeiter ein minderjähriges Kind pflegen muss und deshalb nicht zur Arbeit erscheinen kann. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, im Arbeitsvertrag eine Regelung aufzunehmen, die diesen Anspruch ausschließt. Ein solcher Ausschluss ist zulässig und bewirkt, dass sich der Zahlungsanspruch des Mitarbeiters nicht gegen den Arbeitgeber, sondern gegen die Krankenkasse richtet. Fehlt er hingegen, dann verweigern die Krankenkassen die Lohnfortzahlung und verweisen den Mitarbeiter stattdessen auf seinen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber. 3.8 Urlaub Der gesetzliche Urlaubsanspruch verfällt nicht automatisch, wenn er aufgrund von Krankheit nicht genommen werden kann. Deshalb sollte im Arbeitsvertrag unterschieden werden zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch, der nicht verfallen kann und einem zusätzlich gewährten vertraglichen Mehrurlaub, der bei Krankheit verfällt, da nach Rechtsprechung des BAG der über den gesetzlichen Mindesturlaub <?page no="41"?> 23 hinausgehende Urlaub verfallen kann, auch wenn der Arbeitnehmer diesen krankheitsbedingt nicht in Anspruch nehmen konnte. 7 Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt derzeit 24 Tage auf Basis einer 6-Tage-Woche, das entspricht bei einer 5-Tage-Woche 20 Arbeitstagen im Kalenderjahr. Jugendliche und Schwerbehinderte haben Anspruch auf Zusatzurlaub. Was den gesetzlichen Urlaubsanspruch angeht, sind Vereinbarungen zulasten des Mitarbeiters unzulässig. 3.9 Nebentätigkeit Wegen der verfassungsrechtlich garantierten Berufsfreiheit kann es Arbeitnehmern nicht grundsätzlich untersagt werden, einer Nebentätigkeit nachzugehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es jedoch zulässig, wenn eine Nebentätigkeit des Mitarbeiters der Zustimmung des Arbeitsgebers bedarf. Der Mitarbeiter hat einen Anspruch auf Genehmigung der Nebentätigkeit, wenn eine Beeinträchtigung von Interessen des Arbeitgebers nicht zu erwarten ist. Auch ohne vertragliche Regelung ist der Mitarbeiter verpflichtet, sich während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses an das Wettbewerbsverbot zu halten (vgl. Kapitel A.3.11). Nebentätigkeiten, die gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen, sind daher von vornherein unzulässig. Der Umfang der Nebentätigkeit fließt in die Berechnung der Arbeitszeit nach dem ArbZG ein. Ist ein Mitarbeiter also beispielsweise 10 Stunden wöchentlich in seiner Nebentätigkeit und 42 Stunden bei seinem Hauptarbeitgeber beschäftigt, beträgt seine Gesamtarbeitszeit wöchentlich 52 Stunden. Damit überschreitet er die nach dem ArbZG zulässige Grenze von 48 Wochenstunden. Kennt der Arbeitgeber den Umfang der Nebentätigkeit, besteht die Gefahr, dass ihm ein vorsätzlicher Verstoß gegen das ArbZG zur Last gelegt wird. Er kann aber genau aus diesem Grund dem Mitarbeiter die Zustimmung zur Nebentätigkeit verweigern. 7 BAG, Urteil v. 12.03.2013, Az. 9 AZR 292/ 11. <?page no="42"?> 24 3.10 Geheimhaltung Auch wenn eine Geheimhaltungspflicht des Mitarbeiters nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart ist, besteht sie doch als Ausprägung seiner arbeitsvertraglichen Nebenpflicht. Dennoch empfiehlt es sich, im Vertrag klarzustellen, dass die Geheimhaltungspflicht eine arbeitsvertragliche Pflicht darstellt. Eine Zugfahrt im ICE an einem Wochentag zeigt, dass die Mitarbeiter oftmals nicht mit der erforderlichen Sorgfalt mit Geschäftsgeheimnissen umgehen. Um die Mitarbeiter in Bezug auf ihre Geheimhaltungspflicht zu sensibilisieren, ist es sinnvoll, eine Vertragsstrafe zu vereinbaren. Ob eine solche Vertragsstrafe und welcher Höhe sie tatsächlich zulässig ist, bestimmt sich nach dem konkreten Einzelfall. Da auch Arbeitsverträge der AGB-Kontrolle unterliegen, besteht ein Risiko, dass Vertragsstrafenregelungen einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. In der Praxis bewirken solche Regelungen jedoch, dass die Mitarbeiter weniger sorglos mit Betriebsgeheimnissen umgehen. Beschäftigte, die beispielsweise in der Personalabteilung die Daten anderer Mitarbeiter verarbeiten, sind darüber hinaus gemäß § 5 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) auf das Datengeheimnis zu verpflichten. <?page no="43"?> 25 3.11 Wettbewerbsverbot Eine Wettbewerbstätigkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist für den Mitarbeiter jederzeit möglich, auch wenn arbeitsvertraglich eine Geheimhaltungsverpflichtung auch nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden ist. Will der Arbeitgeber verhindern, dass der Mitarbeiter unmittelbar nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Wettbewerber wechselt, muss er dies in einem sogenannten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot regeln. Damit die Regelung wirksam ist, muss dem Mitarbeiter für die Dauer des Wettbewerbsverbotes eine Karenzentschädigung von mindestens 50 Prozent seiner durchschnittlichen Vergütung gezahlt werden. Auch Sachleistungen und variable Leistungen sind in Ansatz zu bringen. Bei variablen Leistungen wie Provisionen ist bei der Berechnung die Vergütung zugrunde zu legen, die im Durchschnitt in den letzten 3 Jahren seit Beginn der Karenzzahlung gezahlt worden ist. Ferner darf der Mitarbeiter nicht mehr als 2 Jahre an das Wettbewerbsverbot gebunden sein. Zudem muss das Wettbewerbsverbot konkret gefasst werden, sowohl was die örtliche Beschränkung betrifft, als auch was die Tätigkeit an sich angeht. Genügt eine Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nicht diesen Voraussetzungen, dann ist sie im Zweifel unwirksam. Aufgrund der recht unübersichtlichen Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Wettbewerbsverboten, insbesondere was die Beschränkung der Tätigkeit betrifft, verzichten Arbeitgeber oftmals auf die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes. Ein weiterer Grund, warum auf ein Wettbewerbsverbot in arbeitsvertraglichen Vereinbarungen verzichtet wird, ist auch die Tatsache, dass der Arbeitgeber nicht jederzeit auf das Wettbewerbsverbot verzichten kann. <?page no="44"?> 26 3.12 Fortbildungskosten In die Fortbildung eines Mitarbeiters zu investieren, ergibt nur dann Sinn, wenn der Betreffende danach noch über längere Zeit für das Unternehmen tätig bleibt. Arbeitsverträge sehen daher oftmals Regelungen vor, nach denen der Mitarbeiter verpflichtet ist, den gesamten Betrag oder einen Teilbetrag zurückzuerstatten, wenn das Arbeitsverhältnis bereits nach einem kurzen Zeitraum beendet wird. Eine derartige Rückzahlungsverpflichtung ist jedoch dann unwirksam, wenn sie den Mitarbeiter jahrelang an das Unternehmen bindet, er also beispielsweise nach 5 Jahren immer noch Fortbildungskosten zurückzahlen müsste. Die Rechtsprechung macht keine konkreten Vorgaben, ab welcher Dauer eine Rückzahlungsverpflichtung unwirksam ist und den Mitarbeiter unangemessen benachteiligt. Möglich ist eine Vereinbarung, die regelt, dass sich die Rückzahlungspflicht pro Monat um einen bestimmten Prozentsatz verkürzt. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, Fortbildungskosten zu erstatten, wenn diesbezüglich keine Vereinbarung getroffen worden ist. 3.13 Kündigung und Freistellung Es ist sinnvoll, im Arbeitsvertrag die gesetzlichen Kündigungsfristen zu übernehmen. Lange Kündigungsfristen können für beide Parteien von Nachteil sein. Der Mitarbeiter kann ohne Zustimmung des Arbeitgebers nicht sein Arbeitsverhältnis rechtzeitig beenden, um eine neue Stelle anzutreten. Für den Arbeitgeber können Mehrkosten insbesondere dann entstehen, wenn mit Ausspruch der Kündigung der Mitarbeiter von seiner Arbeitsleistung freigestellt wird. Mit zunehmender Betriebszugehörigkeit verlängern sich sowieso die Kündigungsfristen zumindest für den Arbeitgeber (vgl. hierzu § 622 Abs. 2 BGB). Steht im Arbeitsvertrag nicht, dass diese Verlängerung der Kündigungsfrist auch für den Arbeitnehmer gilt, kann jedoch ein Mitarbeiter, auch wenn er seit 30 Jahren im Betrieb tätig ist, das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von 4 Wochen zum Monatsende kündigen. Ein Recht des Arbeitgebers, einen Mitarbeiter freizustellen, gibt es nicht. Weil der Arbeitgeber aber oft wünscht, dass der gekündigte Mitarbeiter nicht mehr weiter im Unternehmen tätig ist, sollte der Arbeitsvertrag eine Regelung enthalten, die den Arbeitgeber berechtigt, den Mitarbeiter bei Ausspruch der Kündigung freizustellen. Manche Tarifverträge sehen ausdrücklich eine Freistellungsmöglichkeit für den Arbeitgeber vor. Findet ein solcher Tarifvertrag jedoch keine Anwendung, kann der Arbeitgeber grundsätzlich den Mitarbeiter nicht freistellen, weil er die Pflicht hat, ihn vertragsgerecht zu beschäftigen. <?page no="45"?> 27 Wenn ein Unternehmen in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt, können im Arbeitsvertrag kürzere Kündigungsfristen als im Gesetz vorgesehen vereinbart werden (§ 622 Abs. 5 Nr. 2 BGB). Die Anzahl der Mitarbeiter wird dabei auf die gleiche Weise berechnet wie bei der Überprüfung der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (vgl. hierzu Kapitel A. 5. 2. 2). Auch in vielen Tarifverträgen sind kürzere Kündigungsfristen vereinbart. Bei der Berechnung der Kündigungszeiten ist auch der Grundsatz des Verbotes der Altersdiskriminierung zu beachten. Das bedeutet, dass auch Beschäftigungszeiten eines Mitarbeiters vor dem 25. Lebensjahr in die Berechnung einfließen. Eine Regelung, der zufolge diese Beschäftigungszeiten nicht berücksichtigt werden sollen, ist wegen Verstoßes gegen das AGG unwirksam. 3.14 Ausschlussfristen In Arbeitsverträgen ist die Verkürzung der Verjährung durch Ausschlussfristen, das sind Fristen, in denen die Parteien ihre gegenseitigen Ansprüche geltend machen müssen, üblich. Dies ist als Besonderheit des Arbeitsrechts allgemein anerkannt. Grundsätzlich sind Ausschlussfristen in Tarifverträgen, aber auch in Formulararbeitsverträgen im Arbeitsrecht üblich und zulässig, obwohl sie die gesetzlichen Verjährungsfristen erheblich verkürzen. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch entschieden, dass Ausschlussfristen nicht zu kurz sein dürfen. Nach dieser Rechtsprechung ist eine Ausschlussfrist unwirksam, die die schriftliche Geltendmachung des Anspruches innerhalb von 3 Monaten fordert. 8 In etlichen Tarifverträgen werden die Fristen, in denen der Mitarbeiter seine Ansprüche geltend machen muss, allerdings zulasten der Mitarbeiter ganz beträchtlich (oftmals auch kürzer als 3 Monate) verkürzt. Allerdings muss der Arbeitgeber dabei bedenken, dass er dann auch seine eigenen Ansprüche, zum Beispiel auf Schadensersatz wegen Schlechtleistung, bereits nach sehr kurzer Zeit nicht mehr geltend machen kann. Wird keine Ausschlussfrist vereinbart, können Ansprüche noch bis zu 3 Jahre nach Fälligkeit geltend gemacht werden. 3.15 Schriftformklausel Der Arbeitgeber muss berücksichtigen, dass auch nach Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages mündlich getroffene Abreden immer Vorrang haben, auch wenn eine sogenannte Schriftformklausel vereinbart worden ist. Eine Schriftformklausel ist eine Vereinbarung, die regelt, dass nur schriftlich getroffene Vereinbarungen wirksam sein 8 BAG, Urteil v. 12.03.2008, 10 AZR 152/ 07. <?page no="46"?> 28 sollen. Ist einem Mitarbeiter mündlich eine Gehaltserhöhung versprochen worden, kann er sich auf diese mündliche Zusage berufen, auch wenn es im Arbeitsvertrag eine Schriftformklausel gibt. Das ließe sich allenfalls durch eine doppelte Schriftformklausel vermeiden, die regelt, dass auch ein Verzicht auf die Einhaltung der Schriftform nur wirksam ist, wenn dieser wiederum schriftlich vereinbart wurde. Allerdings halten doppelte Schriftformklauseln in Arbeitsverträgen einer AGB-Kontrolle meist nicht stand, weil sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Schriftformklauseln können dennoch sinnvoll sein, wenn es um das Entstehen von Ansprüchen aufgrund betrieblicher Übung geht. Kann der Arbeitnehmer aus der regelmäßigen Wiederholung eines bestimmten Verhaltens des Arbeitgebers, beispielsweise aus der regelmäßigen Übernahme von Kindergartengebühren, darauf schließen, dass ihm eine Leistung auf Dauer eingeräumt wird, spricht man von betrieblicher Übung. Betriebliche Übungen können erhebliche Ansprüche von Mitarbeitern begründen, ohne dass es einer ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung bedarf. Nach der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine Schriftformklausel das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern. Fordert der Mitarbeiter dann beispielsweise die Zahlung der Kindergartengebühren, kann der Arbeitgeber ihm entgegenhalten, dass diese Kostenübernahme nicht schriftlich zugesagt wurde. 9 3.16 Bezugnahme auf Tarifverträge Die rechtliche Lage unterscheidet sich je nach Sachverhalt: Handelt es sich um einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, gilt der Tarifvertrag automatisch auch ohne Bezugnahme im Arbeitsvertrag. Ist der Unternehmer Mitglied eines Arbeitgeberverbandes, der einen nicht allgemeinverbindlichen Tarifvertrag geschlossen hat, dann gilt der Tarifvertrag nur dann auch ohne Bezugnahme, wenn der Arbeitnehmer Mitglied der tarifabschließenden Gewerkschaft ist. Bei Tarifverträgen, die nur für eine bestimmte Arbeitnehmergruppe Anwendung finden, gelten diese nur für die benannte Arbeitnehmergruppe und auch nur dann, wenn beide, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer Mitglied der tarifabschließenden Parteien sind. Im Übrigen gilt ein Tarifvertrag nur dann und nur insoweit, als in den Arbeitsverträgen auf seine Vorschriften Bezug genommen wird. Arbeitgeber sollten also prüfen, ob sie in ihren Arbeitsverträgen auf die in ihrer Branche geltenden Tarifverträge verweisen wollen, insbesondere wenn sie nicht Mitglied im Arbeitgeberverband sind, da diese Bestimmungen damit ohne genaue Kenntnis und Einfluss auf den Inhalt des Tarifvertrages zwischen den Parteien gelten. Je nach Bezugnahmeklausel müssen dann z.B. tarifliche Lohnerhöhungen selbst dann an die 9 BAG, Urteil v. 20.05.2008, Az. 9 AZR 382/ 07. <?page no="47"?> 29 eigenen Mitarbeiter weitergegeben werden, wenn die wirtschaftliche Lage des Betriebes Lohnerhöhungen nicht trägt. Beispiel Die Arbeitsverträge eines Zulieferbetriebs enthalten eine Verweisungsklausel, der zufolge ein bestimmter Gehaltstarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden soll. Weil es der Branche insgesamt gut geht, kommt es zu einem aus Arbeitnehmersicht sehr vorteilhaften Tarifabschluss. Der Zulieferbetrieb kann sich gegenüber seinen Mitarbeitern nicht darauf berufen, dass sein Umsatz zurückgegangen ist und er deshalb keine Gehaltserhöhungen gewähren kann. Durch den Verweis auf Tarifverträge schränken sich die Unternehmen in ihrer Vertragsfreiheit oft unnötig ein. Bei der Einführung von neuen Arbeitszeitmodellen hat sich gezeigt, dass viele Regelungen in Tarifverträgen zum Teil veraltet und nicht praxisgerecht sind. Die Geltung der tarifvertraglichen Regelungen bedeutet in solchen Fällen eine erhebliche Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten durch den Arbeitgeber, der an sich sonst nur an die doch sehr großzügigen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes gebunden ist. Beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wünschen aber flexible Arbeitszeitmodelle. Tarifverträge enthalten zudem häufig unwirksame Bestimmungen. Dazu gehören zum Beispiel Regelungen, wonach sich der Urlaubsanspruch mit zunehmendem Alter eines Mitarbeiters erhöht. Eine altersabhängige Urlaubsstaffelung ist jedoch unwirksam. 10 Beinhaltet der Vertrag einen Verweis auf einen Tarifvertrag mit einer wegen Ungleichbehandlung unwirksamen Klausel zum Urlaubsanspruch, können daraus unkalkulierbare finanzielle Risiken für den Arbeitgeber entstehen, weil dann alle jüngeren Arbeitnehmer evtl. höhere Urlaubsansprüche geltend machen können. Auf der anderen Seite enthalten manche Tarifverträge auch Regelungen zugunsten der Arbeitgeber, die diese finanziell entlasten können, wie zum Beispiel kurze Kündigungsfristen und oftmals sehr kurze Ausschlussfristen. Drum prüfe, wer sich an einen Tarifvertrag bindet! In Deutschland sind viele Arbeitsverträge durch Tarifverträge geprägt. Laut einer im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw) vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung durchgeführten Umfrage, deren Ergebnisse 2012 veröffentlicht wurden, sollen in Bayern fast 80 % der Arbeitsverhältnisse unmittelbar oder mittelbar durch Tarifvertrag bestimmt sein. Durch die von der Großen Koalition geplanten Änderungen wird dieser Anteil aller Voraussicht nach in Deutschland insgesamt eher noch steigen. 10 BAG, Urteil v. 20.03.2012, Az. 9 AZR 529/ 10. <?page no="48"?> 30 Im „Tarifautonomiestärkungsgesetz“, das am 11. August 2014 in Kraft getreten ist, wird die Erstreckung eines Tarifvertrages auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber erleichtert. Die Erstreckung des Tarifvertrages auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer soll künftig immer dann möglich sein, wenn dies die Sozialpartner auf Branchenebene und auf Ebene der Spitzenverbände für erforderlich halten und sie im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Nicht mehr notwendig ist, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50 % der Arbeitnehmer beschäftigen. Zudem ist im Tarifautonomiestärkungsgesetz vorgesehen, dass das Arbeitnehmerentsendegesetz für alle Branchen gelten soll. Damit werden die tariflich vereinbarten Branchenmindestlöhne auch für alle aus dem Ausland entsandten Mitarbeiter Anwendung finden. 3.17 Haftungsbeschränkungen Ist der Arbeitnehmer aufgrund einer von ihm zu vertretenden Schlechtleistung zum Schadensersatz verpflichtet, ist seine Haftung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begrenzt. So haftet der Arbeitnehmer in Fällen leichtester Fahrlässigkeit gar nicht, bei mittlerer Fahrlässigkeit anteilig und allenfalls bei grober Fahrlässigkeit voll für den von ihm verursachten Schaden. Darüber hinaus ist für den Umfang der Haftung das gezahlte Entgelt von Bedeutung, sodass sich auch daraus weitere Beschränkungen der Haftung des Arbeitnehmers ergeben, etwa wenn das gezahlte Arbeitsentgelt in deutlichem Missverhältnis zum Schadensrisiko steht (vgl. hierzu Kapitel A.7.3). Von diesem Haftungsprivileg darf nicht zulasten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Zulässig ist jedoch eine Besserstellung des Arbeitnehmers durch entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarungen. Gerade für Führungskräfte, die aufgrund ihrer Tätigkeit einem erhöhten Haftungsrisiko ausgesetzt sind, bei denen aber auch aufgrund des Arbeitsentgeltes eine höhere Haftung in Frage kommt, kann es aus Sicht des Arbeitnehmers daher sinnvoll sein, Haftungsbeschränkungen im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, auch wenn man nicht die Tätigkeit als Geschäftsführer ausübt (vgl. hierzu Kapitel A.10). 3.18 Salvatorische Klausel Im Individualvertrag sind salvatorische Klauseln zulässig und sinnvoll. Eine salvatorische Klausel ist eine Regelung, der zufolge der Vertrag insgesamt wirksam bleiben soll, auch wenn einzelne oder mehrere Bestimmungen des Vertrages unwirksam sind oder werden. Ferner wird in solchen Klausen meist geregelt, dass an die Stelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung diejenige wirksame Regelung treten soll, deren Inhalt dem Willen der Parteien am nächsten kommt. <?page no="49"?> 31 Eine solche Klausel ist in allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. § 306 BGB nicht zulässig. Eine geltungserhaltende Reduktion in der Weise, dass die unwirksame Regelung so ausgelegt wird, was die Parteien gewollt hätten, ist nur bei einem Individualvertrag möglich. Das Gesetz bestimmt bei allgemeinen Geschäftsbedingungensieht, dass soweit eine Bestimmung unwirksam ist, sich der Inhalt des Vertrages nach den gesetzlichen Vorschriften richtet und nicht nach dem Willen der Parteien. Meiner Ansicht nach ist es daher nicht erforderlich, eine Salvatorische Klausel in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, wenn dieser nicht individuell verhandelt wird. Im Individualvertrag kann eine solche Klausel jedoch sinnvoll sein. Auch das Thema Arbeitsvertragsgestaltung zeigt, wie notwendig es ist, dass sich auch Nichtjuristen mit dem Arbeitsrecht befassen, da schon bei Vertragsabschluss wesentliche Weichen dafür gestellt werden, welche Rechte und Pflichten jede Vertragspartei hat. Führungskräfte erfüllen ja nicht nur Arbeitgeberfunktion, sondern sind selbst auch Angestellte. Dieses Kapitel soll daher auch die Führungskräfte als Angestellte in die Lage versetzen, kritisch ihren eigenen Arbeitsvertrag zu hinterfragen, bzw. bei Neuabschluss eines Arbeitsvertrages schon vor Beginn bestimmte Regelungen zu verhandeln, weil diese während des Arbeitsverhältnisses oftmals schwieriger verhandelbar sind, als vor Beginn des Arbeitsverhältnisses. <?page no="50"?> 32 4 Minijobs, Gleitzone und kurzfristige Beschäftigung 4.1 Minijobs Um einem Minijob handelt es sich dann, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig monatlich 450 Euro (bis 31.12.2012 lag die Grenze bei 400 Euro) nicht übersteigt (vgl. hierzu § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV). Viele Arbeitgeber übersehen, dass für die Minijobs grundsätzlich die gleichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen gelten wie für „normale“ Arbeitsverhältnisse. Auch den sogenannten Minijobbern selbst ist oftmals nicht bewusst, dass sie dieselben Rechte und Pflichten haben wie Vollzeitarbeitnehmer (Grundsatz der Gleichbehandlung). Bekannt ist diese Tatsache jedoch Betriebsprüfern: Bei der Berechnung des Arbeitsentgelts bringen sie deshalb auch bei Minijobbern Einmalzahlungen, wie zum Beispiel Weihnachtsgeld, zum Ansatz, auch wenn diese Leistungen nicht an Minijobber, sondern nur an Vollzeitarbeitnehmer eines Unternehmens ausgezahlt werden. Das kann zur Folge haben, dass ein Mitarbeiter, der 450 Euro im Monat verdient, insgesamt die Grenze der geringfügigen Beschäftigung überschreitet und dann auch in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig wird. Zwar darf die 450-Euro-Grenze zweimal im Jahr überschritten werden, etwa weil ein erhöhter Bedarf wegen Krankheitsvertretung bestand. Das Entgelt darf aber insgesamt nicht über 5.400 Euro im Jahr liegen. Es empfiehlt sich daher, die 450-Euro-Grenze nicht auszureizen, und zwar insbesondere dann, wenn es im Betrieb Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld gibt. Sonst besteht das Risiko, dass die geringfügige Beschäftigung einer Betriebsprüfung nicht standhält und als „normales“ sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis beurteilt wird, was oft sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer von Nachteil ist. Zu beachten ist ferner, dass aufgrund des Mindestlohngesetzes, die monatliche Stundenzahl 52, 9 Stunden nicht überschreiten darf. Wenn sich im Jahr 2017 der Mindestlohn erhöht, dann ist die Stundenzahl noch etwas geringer, die nicht überschritten werden darf. Neu ist auch, dass gem. § 17 I Mindestlohngesetz der Arbeitgeber verpflichtet ist, für Minijobber Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens 2 Jahre aufzubewahren! Für Beschäftigte in Privathaushalten gilt diese Verpflichtung nicht. Minijobs, die ab dem 01.01.2013 beginnen, sind in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig. Es kann jedoch beim Arbeitgeber eine Befreiung beantragt werden. Der Eigenanteil des Minijobbers fällt mit der Befreiung weg. Ohnehin nach wie vor rentenversicherungsfrei sind diejenigen Mitarbeiter, die bereits vor dem Stichtag 01.01.2013 auf Basis eines Entgelts in Höhe von 400 Euro im Monat als Mi- <?page no="51"?> 33 nijobber gearbeitet haben und diese Einkommensgrenze nicht überschreiten. Rentenversicherungspflichtige Minijobber müssen nur eine geringe Differenz zum allgemeinen Beitragssatz ausgleichen, da der Arbeitgeber für sie bereits einen Pauschalbetrag in Höhe von 15 % des Arbeitsentgeltes an die Rentenversicherung abführt. Für den Arbeitgeber bleibt es dabei, dass er für Minijobber 15 % Rentenversicherung, 13 % Krankenversicherung, 2 % Pauschalsteuer und eine Umlage in Höhe von 0,25 % an Sozialabgaben zahlen muss. Bei Beschäftigung in Privathaushalten sind die zu leistenden Sozialabgaben für den Arbeitgeber noch geringer. Der Arbeitgeber eines geringfügig entlohnten Beschäftigten hat also neben bestimmten Umlagen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Krankenversicherung zu tragen, obwohl der Minijobber nicht krankenversicherungspflichtig ist. Ein Nachteil solcher 450-Euro-Jobs ist es, dass der Arbeitgeber nur sehr begrenzt auf erhöhten Arbeitsbedarf reagieren kann und jede Mehrbeschäftigung dazu führen kann, dass der Mitarbeiter in vollem Umfang sozialversicherungspflichtig wird. Viele Arbeitgeber neigen dazu, zusätzlichen Bedarf durch weitere Minijobber abzudecken. Für Betriebe, die in jedem Fall dem Kündigungsschutzgesetz unterliegen, ist das unproblematisch. Manche Kleinunternehmen beachten jedoch nicht, dass sie sich durch die Einstellung von mehreren 450-Euro-Kräften unter Umständen in den Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes katapultieren mit weitreichende Folgen. Entscheidend für die Frage, ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet oder nicht, ist die Anzahl der Mitarbeiter. Bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl wird jede 450- Euro-Kraft aber mit 0,5 angesetzt, zählt also genauso wie jeder Mitarbeiter, der bis zu 20 Stunden wöchentlich arbeitet (vgl. hierzu ausführlich Kapitel A.5.2.2). Für manche Unternehmen wäre es daher sinnvoller, einen Mitarbeiter innerhalb der sogenannten Gleitzone bis 850 Euro anstelle von zwei Mitarbeitern auf Minijob-Basis zu beschäftigen. 4.2 Gleitzone bis 850 Euro (Midijobs) Bei Mitarbeitern mit einem Einkommen in der Entgeltzone von 450 Euro bis 850 Euro (bis 31.01.2012 lag die Grenze bei 800 Euro) muss der Arbeitgeber zwar den vollen Arbeitgeberbeitrag zahlen, beim Mitarbeiter selbst steigen die Sozialabgaben jedoch nur linear. Das bedeutet, dass ein Mitarbeiter in einem solchen auch als Midijob bezeichneten Beschäftigungsverhältnis weniger Sozialabgaben zahlt, als ein Mitarbeiter, der im vollen Umfang sozialversicherungspflichtig ist, weil er über Euro 850 monatlich verdient. Darüber hinaus ist die Beschäftigung eines Midijobbers statt eines Minijobbers auch für den Einzelunternehmer von Vorteil, der nur für einen Auftraggeber tätig wird, weil sich so das Risiko einer Scheinselbstständigkeit reduzieren lässt (vgl. hierzu ausführlich Kapitel A.2). Auch bei Midijobs ist zu berücksichtigen, dass auf- <?page no="52"?> 34 grund des Mindestlohngesetzes die monatliche Stundenzahl 100 Stunden nicht überschreiten darf, wenn der Mindestlohn bei EUR 8,50 liegt. 4.3 Kurzfristige Beschäftigung Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn sie von vornherein auf nicht mehr als 2 Monate oder insgesamt 50 Arbeitstage im Kalenderjahr begrenzt ist und nicht berufsmäßig ausgeübt wird. Für einen Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2018 werden diese Zeitgrenzen erhöht auf einen Zeitraum von 3 Monaten bzw. 70 Arbeitstagen. Die Höhe des Verdienstes ist dabei unerheblich. Als nicht berufsmäßig gilt eine Tätigkeit beispielsweise dann, wenn sie dazu dient, die Zeit zwischen Schulabschluss und Beginn des Studiums zu überbrücken. Personen, die beschäftigungslos sind und bei der Arbeitsagentur für eine mehr als kurzfristige Beschäftigung als Arbeitssuchende gemeldet sind, sind als berufsmäßig beschäftigt anzusehen und immer sozialversicherungspflichtig, sobald ihr Arbeitsentgelt 450 Euro im Monat überschreitet. Aktuell und verständlich informiert zu der Thematik Minijobs und kurzfristige Beschäftigung die Minijobzentrale, die im Internet unter www.minijob-zentrale.de aufgerufen werden kann. Auch die Hotline der Minijob-Zentrale informiert kompetent bei allen Rechtsfragen im Zusammenhang mit geringfügiger und kurzfristiger Beschäftigung. <?page no="53"?> 35 5 Beendigung von Arbeitsverträgen Während ein Arbeitsverhältnis begründet werden kann, ohne dass schriftlich irgendetwas fixiert worden ist, kann es grundsätzlich nur durch schriftlichen Aufhebungsvertrag, schriftliche Kündigung oder in sehr seltenen Fällen auch dadurch beendet werden, dass das Gericht das Arbeitsverhältnis auflöst. Insolvenz des Arbeitgebers, Schließung eines Betriebes, Veräußerung des Betriebes, Fernbleiben des Arbeitnehmers, lange Krankheit oder der Eintritt einer Erwerbsminderung beenden das Arbeitsverhältnis hingegen nicht. 5.1 Beendigung durch Aufhebung Ein Aufhebungsvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Mitarbeiter über das Ende des Arbeitsverhältnisses und die Bedingungen der Beendigung. Das Arbeitsverhältnis kann aber nur wirksam beendet werden, wenn die gemäß § 623 BGB auch für Aufhebungsverträge geltende Schriftformerfordernis eingehalten wird, wenn also beide Parteien den Aufhebungsvertrag eigenhändig unterzeichnet haben. In vielen Bereichen außerhalb des Arbeitsrechtes ist aufgrund des Rechtsinstitutes der sogenannten Anscheins- und Duldungsvollmacht von einer wirksamen Vertretung des Arbeitgebers durch seine Mitarbeiter auszugehen. Bei Aufhebungsverträgen und Kündigung empfiehlt es sich jedoch dringend, die Vertretungsregelungen einzuhalten, die im Unternehmen bekannt gegeben oder auch im Handelsregister eingetragen worden sind. Hat etwa ein Prokurist nur Gesamtprokura mit einem anderen Prokuristen inne, müssen beide Prokuristen den Aufhebungsvertrag unterzeichnen. Der Aufhebungsvertrag ist heute ein wichtiger und häufiger Fall der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, weil er angesichts der meist sehr langwierigen Verfahren vor den Arbeitsgerichten und der nicht abschätzbaren Rechtsprechung für beide Parteien den Vorteil der Rechtsklarheit über die Konditionen der Beendigung bietet. 5.1.1 Widerruf von Aufhebungsverträgen Wie im übrigen Vertragsrecht gilt auch für den Aufhebungsvertrag der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind („pacta sunt servanda“). Hat der Mitarbeiter einmal eine Beendigung akzeptiert, muss er sich grundsätzlich an diesen Vertrag halten. Trotz dieses Grundsatzes, dass Verträge bindend sind, besteht Rechtsunsicherheit, ob Aufhebungsverträge nicht widerrufen werden können. Woher kommt diese Rechtsunsicherheit? Das BGB regelt in § 312 ein Widerrufsrecht innerhalb von 14 Tagen, wenn <?page no="54"?> 36 es sich um sogenannte Haustürgeschäfte handelt. § 312 BGB findet aber bei Arbeitsverhältnissen, insbesondere beim Abschluss von Aufhebungsverträgen, keine Anwendung. Das bedeutet, dass ein Aufhebungsvertrag, der einmal unterzeichnet ist, nicht widerrufen werden kann. In manchen Tarifverträgen wird zugunsten des Mitarbeiters jedoch eine Widerrufsmöglichkeit vereinbart. Dieses Recht kann der Mitarbeiter jedoch nur dann in Anspruch nehmen, wenn beide Parteien tarifgebunden sind oder die Anwendung des Tarifvertrages im Arbeitsvertrag vereinbart worden ist. 5.1.2 Anfechtung von Aufhebungsverträgen Auch eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages gemäß § 119 BGB wegen eines Irrtums wird in der Praxis nicht in Frage kommen. Ein Aufhebungsvertrag kann daher beispielsweise nicht deshalb angefochten werden, weil der betreffenden Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht bekannt war, dass sie schwanger ist. Allenfalls unter bestimmten Umständen ist eine Anfechtung nach § 123 BGB möglich. Hauptanwendungsfall ist die Drohung mit einer fristlosen Kündigung. Ein Anfechtungsrecht besteht jedoch nur dann, wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter widerrechtlich mit einer fristlosen Kündigung oder einer Strafanzeige gedroht hat. Die Drohung mit einer Kündigung ist zulässig, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine Kündigung ernsthaft in Betracht gezogen hätte. Dann darf der Arbeitgeber auch mit einer fristlosen Kündigung drohen. Es kommt dabei nicht darauf an, ob ein Fachanwalt für Arbeitsrecht oder ein Arbeitsrichter die Kündigung, mit der gedroht wird, tatsächlich für wirksam erachtet. Das Fehlverhalten des Mitarbeiters muss grundsätzlich geeignet sein, einen Kündigungsgrund abzugeben. Nicht maßgeblich ist auch, ob der Arbeitgeber einen Kündigungsschutzprozess tatsächlich später gewonnen hätte. Bei Kündigungsgründen, die im persönlichen Vertrauensbereich liegen, etwa wenn der Mitarbeiter etwas gestohlen oder unterschlagen hat, wird ein verständiger Arbeitgeber eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung ernsthaft in Betracht ziehen können und damit mit der fristlosen Kündigung drohen dürfen. Beispiel Ein Mitarbeiter hat ein Essen mit seiner Lebensgefährtin bei der Reisekostenabrechnung als Geschäftsessen deklariert. Der Arbeitgeber, der Kenntnis von dem Spesenbetrug erlangt hat, bittet den Mitarbeiter zum persönlichen Gespräch. Dort bietet er ihm eine Aufhebung des Arbeitsvertrages unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist an, mit dem Hinweis, dass er die fristlose Kündigung aussprechen wird, wenn der Mitarbeiter den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet. Daraufhin unterzeichnet der Mitarbeiter die Vereinbarung. <?page no="55"?> 37 Ergebnis: Der Aufhebungsvertrag kann vom Arbeitnehmer nicht angefochten werden, da der Arbeitgeber wegen des Betrugs eine fristlose Kündigung in Betracht ziehen konnte und er sie deshalb auch androhen durfte. Anders sind jedoch die Fälle zu beurteilen, in denen dem Mitarbeiter keine schwerwiegende Pflichtverletzung im Leistungsbereich vorwerfbar ist, wie zum Beispiel unentschuldigtes Fehlen. Ein Arbeitgeber, der wegen eines solchen Verhaltens eine fristlose Kündigung androht, muss wissen, dass zunächst eine Abmahnung erfolgen muss, auch wenn er nicht Jurist oder Richter ist. In solchen Fällen könnte ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag mit Erfolg anfechten. Keinen Anfechtungsgrund bildet hingegen eine Verletzung von Aufklärungspflichten durch den Arbeitgeber. Weist zum Beispiel ein Arbeitgeber den Mitarbeiter nicht darauf hin, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag dazu führen kann, dass der Arbeitnehmer gesperrt ist, d.h. zunächst keine Leistungen von der Agentur für Arbeit erhält, kann der Aufhebungsvertrag nicht aus diesem Grund angefochten werden. 5.1.3 Inhalt des Aufhebungsvertrages Zeitpunkt der Beendigung Aus dem Aufhebungsvertrag muss eindeutig hervorgehen, wann das Arbeitsverhältnis beendet ist. Unter bestimmten Voraussetzungen hat auch die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch einen Aufhebungsvertrag keine Sperrzeit zur Folge. Damit der Mitarbeiter unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitslosengeld erhält, muss insbesondere die Kündigungsfrist eingehalten worden sein. Das Arbeitsverhältnis darf also nicht früher enden, als es durch die ordentliche Kündigung geendet hätte. Zur Vermeidung einer Sperrzeit sollte im Aufhebungsvertrag klargestellt werden, dass die Beendigung auf Veranlassung des Arbeitgebers erfolgt ist, um einer ordentlichen Kündigung zuvorzukommen. Der Arbeitgeber ist allerdings nicht verpflichtet, die Fristen für eine ordentliche Kündigung einzuhalten. Wenn sich die Parteien darauf einigen, kann ein Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag auch sofort beendet werden. Regelungen zur Freistellung Wenn im Aufhebungsvertrag nichts geregelt ist, dann hat der Arbeitgeber eine Beschäftigungspflicht und der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine Arbeitskraft bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses anzubieten. Weil aber beide Parteien daran oft kein Inte- <?page no="56"?> 38 resse haben, sehen die meisten Aufhebungsverträge eine Freistellungsregelung vor. Dabei muss beachtet werden, dass Urlaubsansprüche oder eventuelle Ansprüche auf Überstundenausgleich in diese Zeit der Freistellung einbezogen werden müssen. Im Aufhebungsvertrag sollte deswegen stehen, dass der Mitarbeiter unter Anrechnung sämtlicher noch ausstehender Ansprüche auf Urlaub und Überstundenausgleich von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Abfindung In den meisten Fällen wird der Aufhebungsvertrag mit einer Abfindungszahlung an den Mitarbeiter „erkauft“. Nicht nur für den Arbeitgeber, auch für den Arbeitnehmer kann es vorteilhaft sein, das Arbeitsverhältnis trotz Risiko einer Sperre durch die Agentur für Arbeit mit einer Abfindungszahlung einvernehmlich zu beenden. Für die Abfindung sind keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Auch auf das Arbeitslosengeld wird die Abfindung nicht angerechnet. Die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages führt derzeit auch dann nicht zu einer Sperrzeit durch die Agentur für Arbeit, wenn die Beendigung aus betriebsbedingten Gründen erfolgt, die Kündigungsfrist eingehalten worden ist und die Höhe der Abfindung 0,25 bis 0,5 Bruttomonatsgehälter beträgt. Liegt der im Aufhebungsvertrag festgelegte Termin für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst mehrere Monate nach Abschluss des Vertrages, kann es sinnvoll sein, ein Recht des Arbeitnehmers auf vorzeitige Kündigung aufzunehmen. Die Parteien können vereinbaren, dass der Mitarbeiter die im Falle der vorzeitigen Beendigung noch ausstehenden Gehälter ganz oder teilweise als Abfindung erhalten soll. Gerade für Arbeitnehmer, die unmittelbar nach Ausspruch der Kündigung eine neue Beschäftigung finden, ist diese Klausel günstig. Auch wenn sie unmittelbar oder sehr bald nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Anschlussbeschäftigung finden, erhalten sie zusätzlich noch Geld in Form einer Abfindung. Die Abfindung ist sozialversicherungsfrei, wenn sie wegen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wird. Dienstwagen Hat der Arbeitgeber dem Mitarbeiter einen Dienstwagen auch für die Privatnutzung zur Verfügung gestellt, kann er ihm das Fahrzeug nicht ohne Weiteres entziehen, auch wenn der Mitarbeiter freigestellt ist. Enthält der Dienstwagenüberlassungsvertrag keine Regelung, dass der Mitarbeiter bei Ausspruch der Kündigung oder Freistellung den Dienstwagen sofort herausgeben muss, dann kann der Mitarbeiter diesen weiter nutzen, wenn im Aufhebungsvertrag nichts Abweichendes geregelt ist (vgl. Kapitel 6.1.2). <?page no="57"?> 39 Zeugnis Vor allem der Arbeitnehmer wird oftmals darauf bestehen, dass in die Aufhebungsvereinbarung auch eine Regelung zum Zeugnis aufgenommen wird, und gegebenenfalls fordern, dass sich der Arbeitgeber auf einen bestimmten Zeugnisentwurf verpflichtet oder dass zumindest eine konkrete Gesamtbewertung vereinbart wird. Rückgabe von Firmeneigentum Der Arbeitgeber verliert mit Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages nicht seinen Anspruch auf Rückgabe der Unterlagen, die im Firmeneigentum stehen. Der Mitarbeiter ist lediglich Besitzdiener. Ihm steht kein eigenes Besitzrecht zu. Die einzige Ausnahme bilden zur Privatnutzung überlassene Gegenstände wie z.B. ein Dienstwagen. In der Zeit der Freistellung empfiehlt es sich daher im Aufhebungsvertrag aufzunehmen, wann zur Privatnutzung überlassene Gegenstände herauszugeben sind und sich ferner durch den Mitarbeiter bestätigen zu lassen, dass keine Unterlagen und Gegenstände mehr in seinem Besitz sind und er auch keine Daten oder Programme mehr besitzt, die Firmeneigentum sind oder an denen der Arbeitgeber Nutzungsrechte hat. Geheimhaltung Grundsätzlich ist ein Mitarbeiter auch nach Beendigung seiner Tätigkeit verpflichtet, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse geheim zu halten. Dennoch ist es sinnvoll, eine diesbezügliche Vereinbarung in den Aufhebungsvertrag aufzunehmen und darüber hinaus zu regeln, dass auch über den Inhalt der Aufhebungsvereinbarung Stillschweigen zu wahren ist. <?page no="58"?> 40 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot Grundsätzlich kann ein Mitarbeiter nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses, nicht aber während der Freistellungszeit eine Tätigkeit bei einem Wettbewerber aufnehmen. Anders ist es, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart worden ist. Während sich der Arbeitgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen einseitig vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot lösen kann, ist das für die Parteien jederzeit möglich, wenn sie sich darüber verständigen. Es ist auch zulässig, in einem Aufhebungsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot neu zu vereinbaren. Abgeltungsklausel Sinnvoll ist auch die Aufnahme von Abgeltungsklauseln im Aufhebungsvertrag, es sei denn, Schadensersatzansprüche gegen den Mitarbeiter könnten streitgegenständlich werden. In solchen Klauseln wird dann vereinbart, dass die Parteien weitere gegenseitige Ansprüche, auch solche, die im Aufhebungsvertrag nicht geregelt sind oder noch nicht bekannt sind, gegenseitig nicht mehr geltend machen werden. Sperrzeit und Aufhebungsvertrag Auch wenn ein Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet worden ist, verhängt die Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich keine Sperrzeit, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: 1. Die Kündigung wurde durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt. 2. Die Arbeitgeberkündigung wurde auf betriebliche Gründe gestützt. 3. Das Arbeitsverhältnis wird nicht früher beendet als es durch ordentliche Kündigung hätte beendet werden können, die ordentlichen Kündigungsfristen wurden also eingehalten. 4. Der Arbeitnehmer erhält eine Abfindung von mindestens 0,25 und höchstens 0,50 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass sich die Rechtsprechung, aber auch die Praxis der Agentur für Arbeit ändern kann und dementsprechend auch immer darauf zu achten ist, ob andere Formulierungen in den Aufhebungsvertrag aufzunehmen sind. Resümee Aufhebungsverträge sind eine sinnvolle Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Beide Parteien haben Vorteile: <?page no="59"?> 41 Der Arbeitnehmer kann für ihn wichtige Punkte, wie zum Beispiel Formulierungen des Zeugnisses in den Aufhebungsvertrag mit aufnehmen; umgekehrt kann der Arbeitgeber im Rahmen einer Abgeltungsklausel Ansprüche ausschließen, was Rechtsfrieden für die Zukunft bedeutet. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat nicht anhören. Die Zustimmung des Integrationsamtes ist bei Aufhebungsverträgen nicht erforderlich, wenn das Arbeitsverhältnis mit einem schwerbehinderten Mitarbeiter beendet werden soll. Eine eventuelle Abfindung ist sozialversicherungsfrei. Zwar muss die Abfindung jetzt grundsätzlich versteuert werden, sie unterliegt aber einem verminderten Steuersatz. Auch durch Verschieben der Auszahlung in das folgende, eventuell einkommensärmere Jahr kann die Steuerzahlung erheblich reduziert werden. Die Parteien haben keine Kosten in der ersten Instanz (dort trägt jede Partei selbst ihre Anwaltskosten) und kein Prozessrisiko in der zweiten Instanz. Die psychische Belastung eines Kündigungsschutzverfahrens kann insbesondere für einen Arbeitnehmer, dem verhaltensbedingt gekündigt würde, erheblich sein. Der Arbeitgeber kann und darf den Mitarbeiter nicht schonen, insbesondere, wenn er eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung begründen muss. Der Abschluss eines einvernehmlichen Aufhebungsvertrages kann diese Belastung vermeiden. Der größte Vorteil für den Arbeitgeber ist die Tatsache, dass das sogenannte Verzugslohnrisiko im Kündigungsschutzprozess entfällt, was in der Praxis mit der Höhe der Abfindung „eingepreist“ wird. 5.2 Beendigung durch ordentliche Kündigung 5.2.1 Formelle Voraussetzungen Es verwundert in der Praxis, wie viele Fehler immer noch bei Zugang und Schriftform der Kündigung gemacht werden und wie viele Kündigungsschutzprozesse allein aus formalen Gründen verloren werden. Den Arbeitgeber trifft die Beweislast für den Zugang der Kündigung und für die Einhaltung der Schriftform. <?page no="60"?> 42 Nachweis des Zugangs Der Nachweis des Zugangs der Kündigung kann am einfachsten dadurch erbracht werden, dass der Mitarbeiter bestätigt, dass er die Kündigung erhalten hat. Das ist aber in der Praxis nicht immer möglich. Zu empfehlen ist dann die Zustellung durch Boten oder per Einwurf-Einschreiben. Der rechtssichere Nachweis des Zugangs kann mit der Zustellung durch einen Boten erfolgen. Nicht notwendig ist dabei, dass der Bote den Arbeitnehmer persönlich antrifft. Es reicht aus, wenn er das Schreiben zu der Adresse bringt, die dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer mitgeteilt worden ist, und es dort in den Briefkasten wirft, auf dem der Name des zu kündigenden Mitarbeiters steht. Bestreitet der Mitarbeiter im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses, dass er die Kündigung erhalten hat, muss der Zugang bewiesen werden. Dazu muss der Bote aber nicht nur bestätigen, dass er einen Brief in den Briefkasten geworfen hat, sondern er muss auch Kenntnis davon gehabt haben, dass es sich dabei um das Kündigungsschreiben handelte. Sonst kann der Arbeitnehmer vortragen, dass es nicht die Kündigung war, die ihm zu einem bestimmten Zeitpunkt zugegangen ist. Kann der Arbeitgeber diesen Beweis nicht führen, dann ist er den Behauptungen des Arbeitnehmers ausgeliefert. So kann der Zugang schon deswegen scheitern, weil der Arbeitnehmer (in Erwartung der Kündigung) den Briefkasten abmontiert hat oder das Namensschild entfernt. Es kann daher aus taktischen Gründen sinnvoll sein, eine Kündigung nicht anzukündigen. Es sollte aber dann unmittelbar nach Zugang der Kündigung das Gespräch gesucht werden. Allein das Versenden einer Kündigung per Einschreiben genügt nicht, denn in diesem Fall wird der Einwurf in den Briefkasten nicht dokumentiert und damit kann der Zugang der Kündigung nicht nachgewiesen werden. Auch das Versenden durch Einschreiben mit Rückschein ist nicht empfehlenswert. Möglicherweise holt der Mitarbeiter das Einschreiben erst so spät ab, dass die Kündigung nicht mehr wirksam zu dem vom Arbeitgeber gewünschten Zeitpunkt ausgesprochen worden ist, weil die hierfür geltende Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde. Eventuell holt der Mitarbeiter das Schreiben auch gar nicht ab, mit der Folge, dass die Kündigung nicht zugegangen ist. Ein Einwurf-Einschreiben ist daher die beste der verschiedenen Varianten eines eingeschriebenen Briefs. Aber auch hier muss der Arbeitgeber in der Lage sein, den Zugang zu beweisen; der Mitarbeiter, der das Einwurf-Einschreiben zur Post bringt, muss also davon Kenntnis haben, dass sich in dem betreffenden Umschlag das Kündigungsschreiben befindet. <?page no="61"?> 43 Beispiel Der Arbeitgeber möchte einem Mitarbeiter kündigen, der seit zwei Jahren im Betrieb beschäftigt ist. Am 28. Januar gibt er das Kündigungsschreiben seiner Sekretärin, die es noch am selben Tag zur Post bringt und als Einschreiben mit Rückschein versendet. Der Arbeitnehmer holt das Einschreiben jedoch erst am 2. Februar ab. Gemäß § 622 Abs. 2 Nr. 1 BGB beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Ende eines Kalendermonats. Ergebnis: Weil dem Mitarbeiter das Kündigungsschreiben erst mit der Abholung am 2. Februar zugegangen ist, konnte die Kündigung wirksam erst für Ende März ausgesprochen werden. Hätte der Arbeitgeber die Kündigung stattdessen am 28. Januar durch einen Boten in den Briefkasten des Arbeitnehmers einwerfen lassen, wäre die Kündigung bereist zu Ende Februar wirksam ausgesprochen gewesen. Besonders ärgerlich sind solche Fehler, wenn eine Kündigung erst zum Quartalsende ausgesprochen werden kann. Auf diese Art und Weise kann ein Arbeitgeber 3 Monate „verlieren“. Schriftform § 623 BGB verlangt für eine Kündigung die Schriftform, was bedeutet, dass die Kündigung eigenhändig unterschrieben werden muss. Ein Fax genügt dieser Anforderung nicht. Ist der Vertretungsberechtigte des Unternehmens, zum Beispiel der Geschäftsführer einer GmbH, nicht erreichbar, so muss er dafür Sorge tragen, dass jemand bevollmächtigt wird, Kündigungen zu unterzeichnen. Beispiel Der Geschäftsführer einer GmbH erlangt am 1. Februar Kenntnis davon, dass ein Mitarbeiter Geld unterschlagen hat. Noch am selben Tag telefoniert er mit dem Mitarbeiter und konfrontiert ihn mit diesem Sachverhalt. Nachdem er zunächst nicht ganz sicher ist, ob er den Mitarbeiter fristlos kündigen will, entscheidet er sich am 13. Februar schließlich doch zu diesem Schritt. Da er sich zu diesem Zeitpunkt im Ausland aufhält und die Kündigung nicht persönlich unterschreiben kann, beauftragt er damit seinen Prokuristen, der jedoch keine Einzelprokura hat. Der Prokurist spricht am 14. Februar die fristlose Kündigung aus und unterzeichnet diese alleine. Der Arbeitnehmer weist die Kündigung zwei Tage später zurück, weil der Prokurist keine Einzelprokura hat. Gemäß § 626 Abs. 2 BGB ist die Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes möglich. Ergebnis: Die Zurückweisung der Kündigung durch den Arbeitnehmer war berechtigt, weil der Prokurist keine Einzelprokura hatte und keine Vollmachtsurkunde vorgelegt wurde. Da aber die gesetzlich vorgeschriebene Zwei-Wochen-Frist mittlerweile verstrichen ist, kann dem Mitarbeiter nicht mehr fristlos gekündigt werden. <?page no="62"?> 44 Durch das Telefonat am 1. Februar wusste auch der Mitarbeiter, dass der Geschäftsführer bereits am 1.2. Kenntnis von der Unterschlagung hatte. Eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung mit sofortiger Freistellung bleibt jedoch möglich. Begründung Manche Kündigungen müssen begründet werden, wie zum Beispiel die Kündigung von Auszubildenden oder schwangeren Mitarbeiterinnen. Bis auf wenige Ausnahmen bedarf die Kündigung jedoch keiner Begründung. Es ist auch davon abzuraten, Kündigungen zu begründen, weil sich der Arbeitgeber damit schon beim Ausspruch der Kündigung auf einen bestimmten Kündigungsgrund festlegt. Anhörungsbzw. Zustimmungserfordernisse Schwerbehinderte Menschen haben im Vergleich zu nicht behinderten Menschen einen zusätzlichen Schutz vor Kündigungen. Bereits der Antrag eines Arbeitnehmers auf Anerkennung als Schwerbehinderter kann dazu führen, dass die diesbezüglichen Sonderbestimmungen Anwendung finden, obwohl die Schwerbehinderung noch nicht festgestellt ist. Allerdings setzt der besondere Kündigungsschutz nur dann ein, wenn der schwerbehinderte Mitarbeiter zu dem Zeitpunkt der Kündigung mehr als 6 Monate in dem Betrieb beschäftigt war. Der besondere Schutz besteht darin, dass die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen nur wirksam ist, wenn vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt worden ist. Das bedeutet nicht, dass schwerbehinderten Menschen nicht gekündigt werden kann. Eine Zustimmung wird nur dann nicht erteilt werden, wenn die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Die Formulare für den Antrag auf Zustimmung können über die Webseiten der jeweiligen Integrationsämter abgerufen werden. Die Zustimmung des Integrationsamtes ergeht in Form eines Bescheides. Stimmt das Integrationsamt der beantragten Kündigung zu, muss der Arbeitgeber innerhalb eines Monats kündigen (vgl. hierzu § 88 Abs. 3 SGB IX). Entscheidet das Integrationsamt nicht innerhalb von 2 Wochen nach Eingang des Antrags, gilt bei fristlosen Kündigungen die Zustimmung gemäß § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX kraft Gesetzes als erteilt (Fiktion der Zustimmung). Auch bei ordentlichen Kündigungen tritt diese Fiktion der Zustimmung in bestimmten Fällen nach einem Monat ein (vgl. § 88 Abs. 5 SGB IX). In den Fällen, in denen die Zustimmungsfiktion nicht besteht, muss diese erst eingeklagt werden. Beispiel Der Arbeitgeber will einem schwerbehinderten Mitarbeiter verhaltensbedingt fristlos kündigen, weil er als Betriebsleiter Schichtpläne manipuliert hat. Der Antrag auf Zu- <?page no="63"?> 45 stimmung ging beim Integrationsamt am 14. November ein. Das Integrationsamt reagiert nicht. Der Arbeitgeber kann erst am 29. November kündigen, muss aber auch unverzüglich nach Ablauf der Frist kündigen. Ein Zuwarten auf die schriftliche Mitteilung des Integrationsamtes über den Eintritt der Zustimmungsfunktion wäre schädlich, denn dann würde die Kündigung nicht mehr unverzüglich ausgesprochen worden sein. Nach Maßgabe des Kündigungsschutzgesetzes muss eine Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden. Es ist riskant, wenn Arbeitgeber das Erfordernis der Zustimmung des Integrationsamtes ignorieren, weil diese 3-Wochen-Frist nicht zu laufen beginnt, solange die Zustimmung des Integrationsamtes nicht vorliegt oder keine Fiktion der Zustimmung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen angenommen wird (vgl. auch Kapitel A. 8.14). Das deutsche Arbeitsrecht enthält auch hier Stolperfallen, die zu ganz erheblichen finanziellen Mehrbelastungen für den Arbeitgeber führen können. Beispiel Der Arbeitgeber hat einem schwerbehinderten Mitarbeiter am 1. März ordentlich betriebsbedingt gekündigt, ohne zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen, weil er der Ansicht ist, dass bei einer betriebsbedingten Kündigung eine Zustimmung nicht erforderlich ist. Die Kündigung ging dem Arbeitnehmer am selben Tag zu. Sechs Wochen nach Erhalt der Kündigung erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage. Diese wird Erfolg haben, auch wenn die Drei-Wochen-Frist des § 4 Abs. 1 Satz 1 KSchG verstrichen ist, weil die Kündigung unwirksam ist und das Verstreichen lassen der Drei-Wochen-Frist im konkreten Fall unschädlich ist. Aber auch bei der außerordentlichen Kündigung von Schwangeren oder Auszubildenden bestehen Besonderheiten in Bezug auf Zustimmungserfordernisse der jeweils zu beteiligenden Aufsichtsbehörden. Bei Betriebsräten bedarf die außerordentliche Kündigung gemäß § 103 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) der Zustimmung des Betriebsrates. Anhörung des Betriebsrates Vor Ausspruch jeder Kündigung, sei sie fristlos oder ordentlich, ist der Betriebsrat anzuhören. Oftmals wird eine fristlose, hilfsweise eine ordentliche Kündigung ausgesprochen. Zu beachten ist hierbei, dass der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung sowohl zur außerordentlichen, als auch zur hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung anzuhören ist (vgl. hierzu ausführlich Kapitel A.11.1.3). Widerspricht der Betriebsrat der Kündigung, so hat der gekündigte Arbeitnehmer auch nach Ablauf der Kündigungsfrist gemäß § 102 Abs. 5 BetrVG einen Weiterbeschäftigungsanspruch. <?page no="64"?> 46 Dieser Anspruch besteht allerdings nur bei Ausspruch von ordentlichen Kündigungen. Der Widerspruch des Betriebsrats verbessert daher die Ausgangsposition des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess erheblich, weil dieser im laufenden Verfahren einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung geltend machen kann. Kündigungsverbote Eine Kündigung kann auch schon deswegen aus formalen Gründen unwirksam sein, weil bestimmten Personengruppen nicht ordentlich gekündigt werden kann. Gemäß § 15 Abs. 1 KSchG ist die ordentliche Kündigung eines Betriebsrates unzulässig, es sei denn, der Betrieb wird stillgelegt. Ferner besteht gemäß § 9 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ein Kündigungsverbot für Schwangere. Arbeitnehmer, die einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen und sich in der sogenannten Pflegezeit befinden, dürfen gemäß § 5 Pflegezeitgesetz nicht gekündigt werden. Besonderen Kündigungsschutz genießen darüber hinaus Mitarbeiter in der Elternzeit, Schwerbehinderte, Auszubildende, aber zum Beispiel auch der Datenschutzbeauftragte. 5.2.2 Materielle Wirksamkeit von ordentlichen Kündigungen Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes Für die Frage, ob eine ordentliche Kündigung ohne Kündigungsgrund ausgesprochen werden kann, ist zunächst einmal maßgeblich, ob das Kündigungsschutzgesetz im konkreten Fall Anwendung findet. Im sogenannten Kleinbetrieb, das bedeutet in Betrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, kann ein Arbeitsverhältnis jederzeit ordentlich gekündigt werden, ohne dass ein Kündigungsgrund die Kündigung rechtfertigt. Leider ist es der Gesetzgebung nicht gelungen, ein einheitliches Recht für alle Arbeitnehmer zu schaffen. § 23 Abs. 1 KSchG regelt, dass das Kündigungsschutzgesetz in jedem Fall für Betriebe Anwendung findet, in denen in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind. In Betrieben, in denen mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt sind, deren Arbeitsverhältnis vor dem 31.12.2003 begonnen hat, findet das Kündigungsschutzgesetz für die Mitarbeiter Anwendung, die vor dem 31.12.2003 angestellt worden sind, auch wenn in der Regel weniger als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind. <?page no="65"?> 47 Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer gilt Folgendes: Mitarbeiter mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bis zu 20 Stunden werden mit dem Wert 0,5 angesetzt, Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit von 21 bis 30 Stunden mit dem Wert 0,75 und Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit ab 31 Stunden mit dem Wert 1,0. Maßgeblich für die Berechnung ist die vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, nicht die tatsächlich geleistete Arbeitszeit. Auszubildende werden nicht mitgerechnet. Bisher hatte der Arbeitgeber Rechtssicherheit dahingehend, dass bei der Ermittlung der Zahl der Mitarbeiter Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb bei der Beschäftigtenzahl nicht berücksichtigt werden. Nun hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass auch Leiharbeitnehmer bei der Berechnung der Beschäftigtenzahl mitgezählt werden, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel vorhandenen Personalbedarf“ beruht. 11 Auch Familienangehörige sind mitzuzählen, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Frage, ob das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist oder nicht, ist vor allem wegen der Regelungen in § 23 Abs.1 Satz 2 und Satz 3 KSchG kompliziert. So kann ein Betrieb dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen, weil der Betrieb zwar nur sechs Arbeitnehmer beschäftigt, deren Arbeitsverhältnisse aber bereits vor dem 31.12.2003 begründet wurden, während gleichzeitig das Kündigungsschutzgesetz für ein anderes Unternehmen mit ebenfalls sechs Beschäftigten nicht gilt, weil die Mitarbeiter erst nach dem Stichtag eingestellt wurden. Diese Regelungen führen zu dem absurden Ergebnis, dass beispielsweise in einem Betrieb, in dem 6 der insgesamt 9 Mitarbeiter vor dem 31.12.2003 eingestellt wurden, lediglich diese sechs Beschäftigten Kündigungsschutz genießen und die übrigen 3 nicht, weil sie ihre Tätigkeit erst später aufgenommen haben. Beispiel Für das Werbeblatt „Furchtbar viel los im Moos“ arbeiten zehn Mitarbeiter auf geringfügiger Basis sowie eine Vollzeitsekretärin. Alle Beschäftigten sind vor dem 31. Dezember 2003 eingestellt worden. Die Zahl der Beschäftigten berechnet sich wie folgt: Die zehn Minijobber zählen als fünf Mitarbeiter, die Vollzeitsekretärin als ein Mitarbeiter, insgesamt hat das Unternehmen also sechs Mitarbeiter. Da sie alle vor dem 31.Dezember 2003 eingestellt worden sind, findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Wären die Vollzeitsekretärin oder zwei der Minijobber erst nach dem Stichtag eingestellt worden, würde das Kündigungsschutzgesetz für das Unternehmen nicht gelten. 11 BAG, Urteil v. 24.01.2013, Az. 2 AZR 140/ 12. <?page no="66"?> 48 Beispiel In einer Spedition sind acht LKW-Fahrer angestellt, sechs von ihnen wurden vor dem 31.Dezember 2003 eingestellt, zwei erst im Jahr 2005. Für die sechs LKW-Fahrer, die vor dem 31.Dezember 2003 eingestellt worden sind, besteht Kündigungsschutz, nicht hingegen für die beiden erst später eingestellten Fahrer. Auch wenn diese beiden Fahrer ebenfalls schon etliche Jahre für die Spedition arbeiten und ihre Leistung noch so gut ist, kann ihnen - im Gegensatz zu ihren sechs Kollegen - ohne Kündigungsgrund gekündigt werden. Es besteht daher unterschiedlicher Kündigungsschutz im selben Betrieb. Diese Rechtslage ist für Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus nachvollziehbaren Gründen nicht akzeptabel. Sie muss aber dennoch bereits im Vorfeld, also vor Ausspruch einer Kündigung berücksichtigt werden. Weitere Voraussetzung für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes ist, dass der betroffene Mitarbeiter mindestens 6 Monate im Betrieb beschäftigt ist. Einhaltung der Klagefrist Eine Besonderheit des deutschen Arbeitsrechtes ist die 3-wöchige Klagefrist. Wenn eine Kündigung nicht innerhalb von 3 Wochen seit Zugang durch eine Klage beim Arbeitsgericht angegriffen wird, wird die Wirksamkeit der Kündigung fingiert (§ 7 KSchG). Das bedeutet, dass die Kündigung als von Anfang an als wirksam gilt, auch wenn sie beispielsweise sozial ungerechtfertigt ist. Es gibt jedoch Fälle, in denen diese Wirksamkeitsfiktion nicht eintritt, etwa wenn die Schriftform nicht eingehalten wurde oder wenn die 3-Wochen-Frist erst gar nicht zu laufen beginnt, weil das Integrationsamt bei der Kündigung eines Schwerbehinderten nicht beteiligt wurde. Wird die Kündigung rechtzeitig angegriffen, dann ist gemäß § 1 Abs. 2 KSchG zu prüfen, ob die Kündigung durch Gründe bedingt ist, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. Betriebsbedingte Kündigung als Kündigungsgrund Nur unter folgenden Voraussetzungen kann betriebsbedingt gekündigt werden: 1. Wegfall des Arbeitsplatzes 2. Keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit <?page no="67"?> 49 Wegfall des Arbeitsplatzes Maßgeblich für die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung ist, ob der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers weggefallen ist. Zu unterscheiden ist dabei, ob der Wegfall des Arbeitsplatzes auf Ursachen zurückgeht, die von außen auf das Unternehmen einwirken oder auf solche, die das Unternehmen selbst herbeiführt. Oftmals führen Gründe außerhalb des Unternehmens, wie beispielsweise Auftragsrückgang zu Umstrukturierungsmaßnamen im Betrieb (also innerbetriebliche Gründe), die dann wiederum den Wegfall des Arbeitsplatzes zur Folge haben. Bei der betriebsbedingten Kündigung ist die Darlegungs- und Beweislast abgestuft verteilt. Im Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber darlegen, dass dringende betriebliche Erfordernisse für die Kündigung vorliegen. Er muss im Einzelnen vortragen, dass der Arbeitsplatz aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung (das wäre ein innerbetrieblicher Grund) oder aufgrund von Auftragsmangel (das wäre ein außerbetrieblicher Grund) weggefallen ist. Im Falle von innerbetrieblichen Gründen muss der Arbeitgeber darlegen, welche unternehmerischen Maßnahmen er getroffen hat und warum es dadurch zum Wegfall des Arbeitsplatzes gekommen ist. Er muss nicht beweisen oder darlegen, dass diese unternehmerische Entscheidung vernünftig oder sachlich richtig ist. Auch das Arbeitsgericht wird und kann die unternehmerische Entscheidung nicht auf Zweckmäßigkeit, sondern nur dahingehend prüfen, ob sie offensichtlich willkürlich war. Stützt der Arbeitgeber seine Kündigung hingegen auf außerbetriebliche Umstände, zum Beispiel einen Umsatzrückgang durch Auftragsrückgang, dann muss er konkret darlegen, dass die Aufträge im behaupteten Umfang zurückgegangen sind und dass sich der Rückgang unmittelbar so auf die Beschäftigungsmöglichkeiten auswirkt, dass der Arbeitsplatz des gekündigten Mitarbeiters weggefallen ist. Weil das in der Praxis sehr schwer nachzuweisen ist, scheitern oftmals betriebsbedingte Kündigungen, die auf außerbetriebliche Umstände wie einen Auftragsrückgang gestützt werden. Beispiel Ein Handwerksbetrieb beschäftigt zwölf Monteure und eine Teilzeitmitarbeiterin im Büro, die für die Lohnbuchhaltung und das Inkasso der Rechnungen zuständig ist. Der Unternehmer beschließt, in Zukunft den Steuerberater mit der Lohnbuchhaltung und ein Inkassounternehmen mit dem Inkasso der Rechnungen zu beauftragen. Er kündigt deswegen der einzigen Büromitarbeiterin. Es handelt sich um eine betriebsbedingte Kündigung aufgrund einer innerbetrieblichen Unternehmerentscheidung, die dazu geführt hat, dass der Arbeitsplatz der Mitarbeiterin weggefallen ist. <?page no="68"?> 50 Beispiel Ein Handwerksbetrieb mit zwölf Vollzeitmonteuren kündigt im Januar 2016 einem der Monteure unter Hinweis darauf, dass 2015 nicht mehr wie bisher üblich etwa 120 Aufträge, sondern nur noch 90 Aufträge eingegangen waren. Der Arbeitgeber verliert den Kündigungsschutzprozess, weil er nicht darlegen kann, in welcher Weise sich der Umsatzrückgang auf die Beschäftigungsmöglichkeit des gekündigten Mitarbeiters ausgewirkt hat. Der gekündigte Monteur trägt insbesondere vor, dass der Betrieb zwar weniger Aufträge, dafür jedoch solche mit einem größeren Arbeitsvolumen erhalten habe. Auch im Jahr 2015 hätten die Monteure etliche Überstunden leisten müssen. Eine betriebsbedingte Kündigung scheitert in diesem Fall schon daran, dass der Arbeitsplatz nicht weggefallen ist. Keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit Auch wenn der Arbeitsplatz eines Mitarbeiters aus inner- oder außerbetrieblichen Gründen tatsächlich weggefallen ist, heißt das nicht, dass die Kündigung auch wirksam ist. Nach dem Ultima-Ratio-Prinzip ist eine Kündigung nur zulässig, wenn es kein milderes Mittel gibt, also beispielsweise Abbau von Überstunden, eine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz oder eine Beschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen. Soweit eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb besteht, muss sie dem Arbeitnehmer angeboten werden, auch wenn es sich um eine geringwertigere Beschäftigung handelt. Beispiel Ein Handwerksbetrieb beschäftigt zwölf Monteure und eine Teilzeitmitarbeiterin im Büro, die dort unter anderem für die Lohnbuchhaltung und das Inkasso der Rechnungen zuständig ist. Der Unternehmer will die Lohnbuchhaltung und das Inkasso in Zukunft von externen Dienstleistern erledigen lassen und kündigt der Teilzeitkraft. Gleichzeitig sucht er aber in einem Zeitungsinserat eine Mitarbeiterin für einfache Schreibtätigkeiten, Ablage und Telefon. Die Kündigung wird schon deswegen scheitern, weil im Unternehmen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, wenn auch mit einem anderen Schwerpunkt, besteht. Änderungskündigung Wenn im Unternehmen eine Möglichkeit besteht, eine anderweitige Beschäftigung aufzunehmen, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht endgültig beenden. Als milderes Mittel kommt dann eine sogenannte Änderungskündigung in Betracht. Auch die Änderungskündigung ist eine Kündigung und muss daher deren formale Voraussetzungen erfüllen. Sie ist jedoch verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsver- <?page no="69"?> 51 hältnis auf der Grundlage eines neuen Arbeitsvertrags zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Akzeptiert der Arbeitnehmer dieses Angebot nicht innerhalb der ihm vom Arbeitgeber gesetzten Frist, die nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mindestens 3 Wochen betragen muss, ist das Arbeitsverhältnis beendet. Wenn sich der Mitarbeiter gegen eine solche Änderungskündigung wehren will, kann und muss er innerhalb der 3-Wochen-Frist Klage vor dem Arbeitsgericht erheben. Der Arbeitnehmer, der nicht riskieren will, dass das Arbeitsverhältnis endet, nimmt das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter dem Vorbehalt der Wirksamkeit an und erhebt gleichzeitig eine sogenannte Änderungsschutzklage. Bei einer Änderungsschutzklage streiten sich die Parteien nicht über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, sondern „nur“ über die Zulässigkeit der Änderungen. Für einen Arbeitnehmer, der in keinen Fall ein geändertes Beschäftigungsverhältnis akzeptieren will und auch das Risiko der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Kauf nimmt, kommt eigentlich nur eine Kündigungsschutzklage in Frage. Im Rahmen der Kündigungsschutzklage oder der Änderungsschutzklage wird dann geprüft, ob ein Beendigungsbzw. Änderungsgrund vorliegt und ob die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist. Wie bei der „normalen“ ordentlichen Kündigung muss auch bei der Änderungskündigung ein Kündigungsgrund vorliegen. Die Kündigung ist also nur gerechtfertigt, wenn entweder ein personenbedingter, ein verhaltensbedingter oder ein betriebsbedingter Grund vorliegt. In einem zweiten Schritt wird geprüft, ob die vorgeschlagenen Änderungen vom Arbeitnehmer billigerweise hingenommen werden müssen. Im Rahmen dieser Zumutbarkeitsprüfung ist eine umfassende Interessensabwägung zwischen den Interessen des Arbeitgebers und Interessen des Arbeitnehmers vorzunehmen. Eine Besonderheit der Änderungskündigung ist jedoch, dass der Arbeitnehmer nicht nur die 3-wöchige Frist zur Klageerhebung beachten muss, sondern der Arbeitnehmer muss auch gegenüber dem Arbeitgeber innerhalb dieser 3-Wochen-Frist das Angebot annehmen und zugleich erklären, dass er dieses Angebot nur unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annimmt (§ 2 Satz 2 KSchG). Diese Annahme unter Vorbehalt muss dem Arbeitgeber nachweisbar innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Änderungskündigung zugehen. Wird allerdings die 3-wöchige Klagefrist versäumt, dann erlischt auch der noch rechtzeitig erklärte Vorbehalt. Sozialauswahl Der Arbeitgeber muss immer dann eine Sozialauswahl vornehmen, wenn für eine ordentliche Kündigung oder eine Änderungskündigung zwei oder mehr Arbeitnehmer in Frage kommen. <?page no="70"?> 52 Bevor die Sozialauswahl anhand der dafür relevanten Kriterien vorgenommen wird, muss zunächst bestimmt werden, wer überhaupt in die Sozialauswahl einzubeziehen ist. Schon dieser erste Schritt erweist sich in der Praxis oft als schwierig genug. In die Sozialauswahl sind alle Arbeitnehmer einzubeziehen, die mindestens 6 Monate im Unternehmen beschäftigt sind und die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben, also untereinander austauschbar sind. Vergleichbar sind gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten. Nicht in den Vergleich einbezogen werden diejenigen Arbeitnehmer, die nach ihrem Arbeitsvertrag nicht mit der Tätigkeit des gekündigten Mitarbeiters betraut werden können. 12 Eine sogenannte Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag, wonach der Arbeitnehmer entsprechend seinen Leistungen und Fähigkeiten mit anderen gleichwertigen Tätigkeiten betraut werden kann, ist für Arbeitnehmer im Hinblick auf die Sozialauswahl unter Umständen vorteilhaft: Aufgrund der Versetzungsklausel muss der Mitarbeiter in die Sozialauswahl einbezogen werden und genießt daher eventuell einen größeren Kündigungsschutz. Beispiel Ein Unternehmen beschäftigt neun Facharbeiter, zwei Büroangestellte und eine Reinigungskraft. Der Inhaber will nunmehr die Reinigungsarbeiten an externe Dienstleister vergeben und der Reinigungskraft kündigen. Der betreffende Mitarbeiter ist als Gebäudereiniger eingestellt. Sein Arbeitsvertrag enthält keine Versetzungsklausel auf eine andere Tätigkeit. Der Unternehmer muss demnach keine Sozialauswahl unter mehreren Mitarbeitern durchführen. Das Unternehmen muss ausnahmsweise auch solche Mitarbeiter nicht in die Sozialauswahl einbeziehen, deren Weiterbeschäftigung insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten, Leistungen oder auch zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes im berechtigten betrieblichen Interesse des Unternehmers liegt (vgl. hierzu § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG). Nimmt ein Arbeitgeber derartige Personen aus der Sozialauswahl aus, geht er allerdings ein nicht unerhebliches Risiko ein, weil eine Rechtsunsicherheit besteht, ob das Arbeitsgericht im konkreten Fall bejaht, dass die Herausnahme aus der Sozialauswahl im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Es muss sich schon um einen Mitarbeiter mit besonderen Qualifikationen handeln, die ihn deutlich von anderen Beschäftigten unterscheiden. Von einem berechtigten betrieblichen Interesse an einer Weiterbeschäftigung ist beispielsweise dann auszugehen, wenn ein Mitarbeiter über spezielle Sprachkenntnisse und darüber hinaus auch noch über besondere Kontakte zu Lieferanten verfügt. Das Kündigungsschutzgesetz stellt in § 1 Abs. 3 Satz 3 ein wichtiges Instrumentarium bereit, damit bei betriebsbedingten Kündigungen die Belegschaft nicht überaltert. Zur 12 BAG, Urteil v. 02.03.2006, Az. 2 AZR 23/ 05. <?page no="71"?> 53 Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes kann die Belegschaft in Altersgruppen eingeteilt und aus jeder Gruppe eine gleich große Anzahl von Arbeitnehmern bestimmt werden, die entlassen werden. Dadurch bleibt die bisher bestehende Altersstruktur des Unternehmens erhalten. Allerdings bietet das Kündigungsschutzgesetz keine Rechtsgrundlage dafür, eine neue Personalstruktur mit jüngeren Arbeitnehmern zu schaffen. Auswahlkriterien sind allein Dienstalter, Lebensalter, Unterhaltspflichten und eine Schwerbehinderung. Weitere Umstände dürfen und können nicht berücksichtigt werden. Wie der Arbeitgeber diese im Kündigungsschutzgesetz aufgeführten Kriterien untereinander gewichtet, ist gesetzlich nicht vorgegeben. 13 Das bedeutet, dass der Arbeitgeber zum Beispiel dem Dienstalter mehr Gewicht beimessen kann, als dem Lebensalter. Am meisten Rechtssicherheit lässt sich erreichen, wenn ein Punkteschema erstellt wird, aus dem hervorgeht, in welchem Verhältnis die gesetzlichen Kriterien zueinander gewichtet werden. Anhand dieses Punkteschemas kann dann die Sozialauswahl erfolgen. Beispiel Ein Handwerksbetrieb hat sechs Monteure. Weil alle vor dem 31.12.2003 eingestellt wurden, findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Der Sozialauswahl wurde folgendes Punkteschema zugrunde gelegt: Betriebszugehörigkeit: ein Punkt für jedes Dienstjahr Lebensalter: ein Punkt für jedes Lebensjahr Unterhaltspflichten: vier Punkte für jede unterhaltsberechtigte Person. Eine Auflistung der Sozialdaten der Monteure ergibt folgende Bewertung: Betriebszugehörigkeit Alter Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen Schwerbehinderung Punkte gemäß Punkteschema Monteur 1 8 Jahre 40 Jahre 2 Nein 56 Monteur 2 6 Jahre 25 Jahre 1 Nein 35 Monteur 3 10 Jahre 30 Jahre 2 Nein 48 Monteur 4 10 Jahre 35 Jahre 0 Nein 45 Monteur 5 14 Jahre 56 Jahre 2 Nein 78 Monteur 6 5 Jahre 26 Jahre 0 Nein 31 13 BAG, Urteil v. 05.11.2009, Az. 2 AZR 676/ 08. <?page no="72"?> 54 Falls der Unternehmer drei der sechs Monteure entlassen muss, so wäre nach diesem Punktschema den Monteuren 2, 4 und 6 zu kündigen. Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass das Lebensalter trotz des Verbots der Altersdiskriminierung als Auswahlkriterium bei der Sozialauswahl berücksichtigt werden kann. Bei der Anwendung eines Punkteschemas werden ältere Arbeitnehmer tendenziell bevorzugt und jüngere Arbeitnehmer benachteiligt. Diese Ungleichbehandlung ist aber nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts gerechtfertigt, da mit ihr ein legitimes Ziel verfolgt wird, denn ältere Arbeitnehmer hätten typischerweise schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Ein Arbeitgeber kann die Ungleichbehandlung wegen des Alters jedoch auch dadurch ausgleichen, dass er Unterhaltspflichten höher bewertet oder Altersgruppen bildet. Bei der Gewichtung der einzelnen Kriterien steht dem Arbeitgeber insgesamt ein relativ großer Spielraum zu. Es lässt sich dennoch nicht sicher sagen, ob eine Sozialauswahl wie in dem oben genannten Beispiel einer richterlichen Prüfung standhalten würde. Im konkreten Einzelfall sollte das Punkteschema daher immer mit einem Rechtsanwalt unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung abgestimmt werden. Insbesondere muss beachtet werden, wie sich die Rechtsprechung zum AGG weiterentwickelt. Wichtig ist auch die aktuelle Rechtsprechung zu der Frage, welche Mitarbeiter zulässigerweise aus der Sozialauswahl herausgenommen werden können, weil sie Leistungsträger sind. Personenbedingte Kündigung Bei der personenbedingten Kündigung liegen die Gründe für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in der Person des Mitarbeiters. Eine personenbedingte Kündigung ist möglich, wenn der Mitarbeiter die Tätigkeit nicht (mehr) ausüben kann. Häufigster Fall der personenbedingten Kündigung ist die Kündigung wegen Krankheit. Wirksamkeit von krankheitsbedingten Kündigungen Zur Frage der Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die sogenannte Stufentheorie entwickelt. Danach sind folgende Voraussetzungen notwendig, damit eine Kündigung rechtswirksam ist: Zunächst ist in einer ersten Stufe zu prüfen, ob eine negative Gesundheitsprognose besteht. In einer zweiten Stufe ist dann bei Vorliegen einer negativen Gesundheitsprognose zu prüfen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen besteht, um dann in einer dritten Stufe eine Abwägung zwischen den Interessen des Arbeitnehmers an der Fortbeschäftigung auf der einen und den Interessen des Arbeitgebers an der Kündigung auf der anderen Seite vorzunehmen. <?page no="73"?> 55 Im Falle häufiger Kurzerkrankungen hat die Rechtsprechung folgende Leitlinien entwickelt: 1. Stufe: Negative Prognose Für eine negative Zukunftsprognose verlangt die Rechtsprechung, dass der Arbeitnehmer über einen Beobachtungszeitraum von mindestens 2 Jahren aufgrund von Kurzerkrankungen insgesamt mehr als 6 Wochen pro Jahr arbeitsunfähig krank war. Teilweise wird zusätzlich eine Fehlzeitquote von 20 bis 40 % der vertragsmäßig zu leistenden Arbeitszeit gefordert. 2. Stufe: Interessenbeeinträchtigung Die Rechtsprechung verlangt eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen. Hohe Entgeltfortzahlungskosten stellen Kosten dar, die den Arbeitgeber erheblich beeinträchtigen können. Ob dies allein reicht, ist strittig. Für die Rechtswirksamkeit einer Kündigung müssen daher grundsätzlich weitere Beeinträchtigungen hinzukommen, wie beispielsweise die Überlastung der Kollegen oder negative Auswirkungen auf den Betriebsablauf, die nicht durch zumutbare Überbrückungsmaßnahmen beseitigt werden können. 3. Stufe: Interessenabwägung In dieser dritten und letzten Stufe und in der Praxis auch kritischsten Stufe der Prüfung treffen die Gerichte eine Abwägung, ob die erheblichen Beeinträchtigungen, mit denen der Arbeitgeber wegen der häufigen Kurzerkrankungen konfrontiert ist, nicht mehr hinzunehmen sind und zu einer unzumutbaren Belastung für den Arbeitgeber führen. Wenn die Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers allein in der Belastung mit Lohnfortzahlungskosten liegt, fordern die Gerichte teilweise eine erhöhte Anzahl von Krankheitstagen (45 bis 60 Krankheitstage im Jahr), damit im Rahmen der Abwägung die Interessen des Arbeitgebers an der Kündigung überwiegen. Ist der Arbeitgeber nicht nur durch die hohen Entgeltfortzahlungskosten belastet, sondern kann er darüber hinaus auch nachweisen, dass die häufigen Kurzerkrankungen nachteilige Auswirkungen auf den Betriebsablauf hatten und weiter haben werden, dann ist diese weitere Belastung zu Gunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit eines Arbeitnehmers und gegebenenfalls die Tatsache, dass die Erkrankungen auf die ausgeführte Tätigkeit zurückzuführen sind, spielen bei der Interessenabwägung eine Rolle. Von einem Arbeitgeber wird mehr soziale Rücksichtnahme gegenüber einem Mitarbeiter erwartet, der schon länger im Betrieb beschäftigt ist. Langzeiterkrankungen wirken sich auf den Betrieb weniger belastend aus. Das Unternehmen kann Fehlzeiten durch Neueinstellungen besser ausgleichen. Daher ist es schwieriger, eine unzumutbare Belastung nachzuweisen, die Voraussetzung auch für die Wirksamkeit der Kündigung bei Langzeiterkrankungen ist. Zugunsten des Arbeit- <?page no="74"?> 56 gebers ist zwar zu berücksichtigen, dass zumindest der gesetzliche Mindesturlaub, der aufgrund von Krankheit nicht genommen und gewährt werden konnte, zunächst nicht verfällt und der Arbeitgeber dadurch zusätzlich durch Zahlung der Urlaubsabgeltung finanziell belastet wird. Dieses Argument alleine wird jedoch für die Kündigung nicht ausreichen. Betriebliches Eingliederungsmanagement Bei Mitarbeitern, die ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, muss der Arbeitgeber gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX unter Beteiligung des betroffenen Arbeitnehmers und des Betriebsrats respektive Personalrats klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Dieser Klärungsprozess wird als Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) bezeichnet. Führt der Arbeitgeber kein BEM durch, zieht dies nicht ohne Weiteres die Unwirksamkeit der Kündigung nach sich; allerdings wird dieser Umstand im Rahmen der Interessenabwägung zulasten des Arbeitgebers berücksichtigt. Verhaltensbedingte Kündigung Bei der verhaltensbedingten Kündigung liegt der Grund für die Kündigung in einem Fehlverhalten des Mitarbeiters, das ein weiteres Festhalten am Arbeitsverhältnis für den Arbeitgeber unzumutbar macht. Oft, aber nicht zwingend wird die verhaltensbedingte Kündigung als fristlose Kündigung ausgesprochen. 5.3 Beendigung durch fristlose Kündigung Ein Arbeitsverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. 5.3.1 Wichtiger Grund Gestützt werden kann eine fristlose Kündigung auf Gründe, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Hauptfall und damit auch Hauptstreitpunkt ist die Kündigung aufgrund schuldhafter Vertragsverletzung. <?page no="75"?> 57 Beispiele Wiederholte Verletzung eines wirksam vereinbarten Alkoholverbotes Konkurrenztätigkeit (auch ohne eine vertragliche Vereinbarung ist der Arbeitnehmer verpflichtet, sich während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses jeglicher Konkurrenztätigkeit zu enthalten) Nicht nur einmalige, sondern ständige Verletzung der Anzeigepflicht bei Arbeitsunfähigkeit trotz Abmahnung Pflichtverletzungen im Vertrauensbereich wie Diebstahl, Beleidigung oder Körperverletzung stellen grundsätzlich immer einen wichtigen Grund dar. Auch der Diebstahl oder die Unterschlagung geringwertiger Güter kann zu einer fristlosen Kündigung führen. Öffentliche Aufmerksamkeit hat dieser Kündigungsgrund durch die sogenannte Pfandbon-Entscheidung (Fall Emmely) erfahren. Das Landesarbeitsgericht Berlin bestätigte die Zulässigkeit der Kündigung wegen der Unterschlagung von Pfandbons im Wert von 1,30 Euro durch eine Mitarbeiterin, die dem Betrieb seit 31 Jahren angehörte. Das Bundesarbeitsgericht hob diese Entscheidung allerdings auf. 14 Bei der Entwendung geringwertiger Güter kommt es für die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung immer auf eine Interessenabwägung zwischen den Parteien an (vgl. hierzu Kapitel A.5.3.3.). Auch der Verstoß gegen unternehmenseigene Richtlinien bzw. Compliance-Regeln stellt eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar. Das betrifft in der Praxis insbesondere leitende Mitarbeiter auf der mittleren Führungsebene. Auch Verhalten, das jahrelang geduldet oder sogar gefördert wurde, kann ohne vorherige Abmahnung zur fristlosen Kündigung führen. 5.3.2 Abmahnung Aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip folgt, dass es bei vertragswidrigem Verhalten vor Ausspruch der Kündigung oft zunächst einer Abmahnung bedarf, denn eine Abmahnung ist gegenüber der Kündigung ein milderes Mittel. Mahnt ein Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten ab, wie zum Beispiel die Nichtanzeige einer Arbeitsverhinderung, dann ist dieser Kündigungsgrund damit verbraucht; der Arbeitgeber kann also wegen genau dieses konkreten Fehlverhaltens nicht mehr die fristlose Kündigung aussprechen. Wenn dem Arbeitnehmer dann aber erneut eine gleichartige Vertragsverletzung nachzuweisen ist, wird zulasten des Arbeitnehmers berücksichtigt, dass er wegen dieser Vertragsverletzung bereits abgemahnt worden ist. 14 BAG, Urteil v. 10.06.2010, Az. 2 AZR 541/ 09. <?page no="76"?> 58 Abmahnung bedeutet, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf dessen vertragliche Pflichten hinweist, ihn auf die konkrete Vertragsverletzung anspricht und ihn zugleich für die Zukunft auffordert, sich vertragsgetreu zu verhalten. Damit die Abmahnung die notwendige Rüge- und Warnfunktion erfüllt, muss sie darüber hinaus konkret genug gefasst sein. Aus der Abmahnung muss für den Arbeitnehmer eindeutig hervorgehen, welche Vertragsverletzung ihm vorgeworfen wird und dass bei einer wiederholten Vertragsverletzung die Kündigung droht. Bei Störungen im sogenannten Leistungsbereich ist in der Regel eine vorherige Abmahnung notwendig. Bei strafrechtlich relevanten Vertragsverletzungen, also Störungen im Vertrauensbereich wie Diebstahl, Betrug oder Unterschlagung, ist eine Abmahnung hingegen meist nicht erforderlich. Nach der Rechtsprechung bedarf es hier keiner Abmahnung, weil die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar ist, und er damit rechnen muss, dass sein Verhalten durch den Arbeitgeber nicht hingenommen wird. 5.3.3 Interessenabwägung Jede außerordentliche Kündigung setzt eine umfassende Interessenabwägung voraus. Im Ergebnis müssen dabei die Interessen des Arbeitgebers gegenüber den Interessen des Mitarbeiters überwiegen. In die Gesamtwürdigung müssen alle Umstände des Einzelfalls einfließen. Dazu gehört insbesondere die Frage, ob das Fehlverhalten bereits abgemahnt worden ist. Zu berücksichtigen sind dabei aber auch andere Tatsachen wie beispielsweise die Dauer der Betriebszugehörigkeit oder die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung des Mitarbeiters. Bei den sogenannten Bagatelldelikten, also Eigentums- und Vermögensdelikten in Bezug auf geringwertige Sachen, hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob er den Arbeitnehmer nicht an einen anderen Arbeitsplatz versetzen kann, an dem er nicht mit Geld in Berührung kommt. Zudem muss auch bei geringfügiger wirtschaftlicher Schädigung zugunsten des Arbeitnehmers berücksichtigt werden, wenn das Arbeitsverhältnis jahrelang ohne rechtlich relevante Störungen verlaufen ist. Anders als bei Störungen im Leistungsbereich gilt für Störungen im Vertrauensbereich, also insbesondere bei Straftaten zulasten des Arbeitgebers, dass das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers gestört und damit das Arbeitsverhältnis so belastet ist, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oft nicht mehr zugemutet werden kann. Auch bei geringfügigen Schäden kann der Arbeitgeber in der Summe hohe Einbußen durch eine Vielzahl für sich genommen geringfügiger Schädigungen erleiden. 15 15 BAG, Urteil v. 10.06.2010, Az. 2 AZR 541/ 09 („Fall Emmely“). <?page no="77"?> 59 Vertragsverletzungen im Vertrauensbereich werden daher eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung eher rechtfertigen als Kündigungen wegen Schlechtleistung, bei denen je nach Sachverhalt zwar nicht die fristlose, aber zumindest eine verhaltensbedingte ordentlich Kündigung zulässig sein kann, wenn das Fehlverhalten bereits zuvor abgemahnt worden ist. Beispiel Der seit zehn Jahren bei einer Industriehaftpflichtversicherung als Sachbearbeiter tätige Volljurist hat trotz mehrmaliger Abmahnung nicht auf E-Mails von Kunden reagiert. Einer Kundin steht unstrittig ein Auszahlungsanspruch gegen die Versicherung in Höhe von EUR 200.000 zu. Die Kundin fordert den Mitarbeiter mehrmals per E- Mail auf, die Überweisung des Betrages in Höhe von 200.000 Euro zu veranlassen. Der Sachbearbeiter beantwortet auch diese E-Mail ohne Grund nicht. Eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung ist zulässig, da das Verhalten des Arbeitnehmers zeigt, dass mit einer Besserung seines Leistungsverhaltens nicht zu rechnen ist. Eine Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse des Arbeitgebers, bei Kunden nicht durch die unterbliebene Arbeitsleistung seiner Mitarbeiter in Misskredit zu kommen, im konkreten Fall überwiegt. 16 5.4 Recht auf Abfindung? Arbeitnehmer gehen oftmals davon aus, sie hätten bei Kündigung ein Recht auf Abfindung. Das ist schlichtweg falsch. Nur in wenigen Ausnahmen besteht ein Anspruch 16 Vgl. dazu LAG Köln, Urteil v. 28.06.2010, Az. 5 SA 289/ 10. <?page no="78"?> 60 auf Abfindung. Im Folgenden werden die Konstellationen erläutert, in denen es tatsächlich so etwas wie einen Anspruch auf Abfindung gibt. Sozialplan Zwischen Betriebsrat und Unternehmen wurde ein Sozialplan erstellt, in dem geregelt wird, welche Mitarbeiter unter welchen Voraussetzungen bei betriebsbedingten Kündigungen Abfindungen erhalten. 1a-Kündigung Der Arbeitgeber kündigt wegen dringender betrieblicher Erfordernisse und weist im Kündigungsschreiben darauf hin, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung in Höhe von 0,5 Bruttomonatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses beanspruchen kann, wenn er nicht innerhalb der 3-wöchigen Frist eine Kündigungsschutzklage beim Amtsgericht erhebt. In diesem Fall hat der Mitarbeiter tatsächlich einen Anspruch, wenn er die Klagefrist verstreichen lässt (vgl. § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG, siehe auch Muster in Kapitel C. 3). Aufhebungsvereinbarung Arbeitgeber und Mitarbeiter einigen sich in einem Aufhebungsvertrag über die Konditionen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, der auch eine Abfindung in bestimmter Höhe vorsieht. In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Abfindung aus dem Aufhebungsvertrag, der auch einklagbar ist. In den übrigen Fällen besteht kein Anspruch auf Abfindung, d.h. die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache und bestimmt sich nach dem Risiko, ob in einem Gerichtsverfahren die Kündigung für wirksam oder unwirksam erachtet wird. Ein wichtiges Kriterium, ob und in welcher Höhe eine Abfindung gezahlt wird, ist daher die Tatsache, ob zunächst erst einmal das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, dann bemisst sich die Höhe nach den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage. Zu Lasten des Arbeitgebers ist dabei immer das sogenannte Verzugslohnrisiko zu berücksichtigen, d.h., das Risiko, dass ein Arbeitgeber im Falle einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage den Verzugslohn zu zahlen hat, obwohl der Mitarbeiter in der Zeit des Kündigungsschutzrechtsverfahrens nicht für den Arbeitgeber tätig geworden ist. Das Risiko minimiert sich, wenn der klagende Arbeitnehmer während des Kündigungsschutzprozesses eine gleich- oder besserbezahlte Tätigkeit gefunden hat, weil dieser Lohn dem Verzugslohn gemäß § 615 Satz 2 BGB anzurechnen ist. <?page no="79"?> 61 5.5 Beendigung von Verträgen mit Selbstständigen Für die Frage der Beendigung von Verträgen mit Selbstständigen ist die vertragliche Regelung vorrangig. Es ist also zunächst zu prüfen, ob der Vertrag eine Regelung zu den Kündigungsfristen enthält. Findet sich im Vertrag keine Regelung, so gilt § 621 BGB. Die Kündigungsfristen richten sich nach dem Zeitraum, nach dem die Vergütung bemessen wird. Wenn die Vergütung zum Beispiel nach Monaten bemessen ist, dann kann das Vertragsverhältnis mit dem Selbstständigen spätestens am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats beendet werden. Grundsätzlich gelten hier also doch um einiges kürzere Kündigungsfristen als bei der Beendigung eines Arbeitnehmerverhältnisses. Bei der Kündigung von Selbstständigen ist jedoch immer zu berücksichtigen, ob es sich wirklich um ein selbstständiges Vertragsverhältnis handelt oder ob der Mitarbeiter als Arbeitnehmer zu werten ist (vgl. hierzu ausführlich Kapitel A.2). Wehrt sich ein freier Mitarbeiter gegen die Kündigung und macht geltend, dass es sich in Wahrheit um ein Arbeitnehmerverhältnis handelt, dann wird er die Kündigungsschutzklage nicht vor dem Zivilgericht, sondern vor dem Arbeitsgericht erheben. Das Arbeitsgericht prüft dann, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Wenn die Klage nur Erfolg hat, wenn der Mitarbeiter Arbeitnehmer ist, dann reicht für die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes die bloße Behauptung, Arbeitnehmer zu sein. Für die Beurteilung, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis oder um ein echtes selbstständiges Vertragsverhältnis handelt, kommt es weniger auf die Regelung des Vertrags als vielmehr darauf an, wie das Vertragsverhältnis tatsächlich gelebt wird. Stellt das Arbeitsgericht fest, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt, dann kann sich der Scheinselbstständige auf das Kündigungsschutzgesetz berufen, falls der Betrieb dessen Geltungsbereich unterfällt. 5.6 Was ist bei befristeten Verträgen zu beachten? Bei einer wirksamen Befristung eines Arbeitsverhältnisses endet das Arbeitsverhältnis automatisch nach Ablauf der Frist, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Es endet beispielsweise sogar dann, wenn die Arbeitnehmerin schwanger ist. Das Arbeitsverhältnis wird jedoch nur dann wirksam beendet, wenn die Befristung zulässig vereinbart worden ist. Die Rechtsgrundlagen sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. 5.6.1 Sachgrundlose Befristung Damit eine sachgrundlose Befristung wirksam ist, muss der Arbeitgeber folgende Voraussetzungen beachten: <?page no="80"?> 62 Vor Beginn des Arbeitsverhältnisses muss schriftlich ein befristetes Arbeitsverhältnis geschlossen werden. Die Befristung darf maximal für einen Zeitraum von 2 Jahren erfolgen. Die Befristung darf höchstens dreimal verlängert werden. Anlässlich der Verlängerung dürfen jedoch keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen werden, sonst ist die Befristung unwirksam. Es muss sich um eine Neueinstellung handeln, der Mitarbeiter darf also zuvor (nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in den letzten 3 Jahren vor Beginn der Tätigkeit) keinen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber abgeschlossen haben. Auch die vorherige Beschäftigung eines Mitarbeiters auf geringfügiger Basis ist als Arbeitsverhältnis zu bewerten. Eine wirksame sachgrundlose Befristung kann deswegen mit diesem Mitarbeiter nicht mehr vereinbart werden. 5.6.2 Sachgrundbefristungen Sachliche Gründe sind folgende: Es besteht ein vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung. Die Befristung erfolgt im Anschluss an eine Ausbildung. Es handelt sich um die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers. Die Eigenart der Arbeitsleistung rechtfertigt die Befristung. Es handelt sich um eine Befristung zur Erprobung. In der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe rechtfertigen die Befristung. Der befristet beschäftigte Arbeitnehmer wird aus Haushaltsmitteln vergütet, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind. Die Befristung beruht auf einem gerichtlichen Vergleich. Da ein Berufsausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 14 Abs. 2 TzBfG darstellt, hat der an zweiter Stelle genannte Sachgrund nur Bedeutung für Befristungen von mehr als 2 Jahren Dauer. Zu beachten ist allerdings, dass das befristete Arbeitsverhältnis eines zuvor als Auszubildenden Beschäftigten spätestens am Tag nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses schriftlich begründet sein muss. Wird der Ausgebildete auch nur einen Tag im Anschluss an das Ausbildungsverhältnis ohne Befristungsabrede weiterbeschäftigt, greift die Fiktion des § 24 Berufsbildungsgesetz (BBiG) ein, es gilt dann ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet. Zweithäufigster Anwendungsfall ist die Befristung zur Erprobung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 5 TzBfG. Auch dieser Sachgrund rechtfertigt den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags. Doch auch hier darf nicht bereits vorher ein Arbeitsverhältnis bestanden haben, in dessen Rahmen eine Erprobung erfolgte. Im Zweifel ist die Probezeit der Beginn eines auf unbestimmte Zeit eingegangenen Arbeitsverhältnisses. Deswegen muss die Befristung des Arbeitsverhältnisses auf die Dauer der Probezeit ausdrücklich, <?page no="81"?> 63 eindeutig und schriftlich vereinbart sein. Weil innerhalb der ersten 6 Monate das Kündigungsschutzgesetz nicht angewendet wird, spielt dieser Befristungsgrund in der Praxis nur dann eine Rolle, wenn dieser Zeitraum nicht ausreicht, um die Eignung und Leistung des Mitarbeiters zu beurteilen. Aber auch hier empfiehlt sich generell die Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG für ein Jahr, die dann noch einmal bis zu einem weiteren Jahr verlängert werden kann. Wichtig ist jedoch, dass in die vertragliche Vereinbarung das Recht zur ordentlichen Kündigung aufgenommen wird. Durch § 14 Abs. 2 TzBfG, der eine kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ermöglicht, hat die Bedeutung der Befristung mit Sachgrund abgenommen und die meisten Befristungen erfolgen daher sachgrundlos. Dennoch sind Sachgrundbefristungen nach wie vor notwendig und sinnvoll. So kann beispielsweise eine sachgrundlose Befristung gar nicht mehr erfolgen, wenn zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Ein weiterer Vorteil der Befristung mit Sachgrund ist, dass sie je nach Sachverhalt auch eine Befristung von mehr als 2 Jahren ermöglicht. Ein großer Nachteil einer Befristung mit Sachgrund liegt allerdings in der doch recht großen Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Frage, ob wirklich ein Sachgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt, der eine Befristung rechtfertigt. Aus diesem Grund greifen viele Arbeitgeber auf die sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG zurück. <?page no="82"?> 64 6 Pflichten des Arbeitnehmers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses 6.1 Herausgabe von Unterlagen Auch ohne spezifische vertragliche Regelungen ist der Mitarbeiter verpflichtet, Unterlagen und Gegenstände, die im Eigentum des Arbeitgebers stehen oder über die er verfügungsberechtigt ist, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses herauszugeben. Diese Verpflichtung besteht nach § 667 BGB, der auch bei Arbeitsverhältnissen Anwendung findet. Vom Herausgabeanspruch umfasst sind auch Unterlagen, die für den Arbeitgeber selbst angelegt worden sind, nicht jedoch rein private Aufzeichnungen des Mitarbeiters. 6.1.1 Zurückbehaltungsrecht Unsicherheit besteht im Hinblick auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Mitarbeiter ein Zurückbehaltungsrecht an den Unterlagen zusteht. Der Mitarbeiter kann beispielsweise ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, weil noch Lohnzahlungen fällig sind oder weil er die Unterlagen zur Verteidigung in einem gegen ihn geführten Prozess benötigt. Das Bundesarbeitsgericht hat aber deutlich gemacht, dass kein Zurückbehaltungsrecht an Geschäftsunterlagen zum Zwecke einer künftigen Verteidigung in einem Zivil- oder Strafverfahren besteht. Der Arbeitnehmer verfüge über hinreichende Möglichkeiten, im Wege der Akteneinsicht an die für seine Verteidigung notwendigen Informationen zu gelangen. Auch ein Zurückbehaltungsrecht etwa wegen offener Lohnforderungen ist grundsätzlich ausgeschlossen, da der Arbeitnehmer nur sogenannter Besitzdiener für die Gegenstände und Unterlagen des Arbeitgebers ist. <?page no="83"?> 65 6.1.2 Firmenwagen Etwas anders zu bewerten ist die Situation bei einem Firmenwagen, den der Arbeitnehmer auch privat nutzen darf. Hier ist ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitnehmers nicht generell ausgeschlossen. Wurde der Arbeitnehmer gekündigt und mit sofortiger Wirkung freigestellt, muss er den Firmenwagen erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und nicht bereits in der Freistellungsphase zurückgeben. 6.2 Geheimhaltung Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer aufgrund seiner Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren. Auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geheim zu halten. Das betrifft jedoch nur Tatsachen, die nicht offenkundig sind. Tatsachen sind dann nicht offenkundig, wenn ein Interessierter sie ohne besondere Schwierigkeiten und Mühen in Erfahrung bringen kann. Nach der Rechtsprechung sind allgemein bekannte Umstände und Vorgänge auch dann keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, wenn der Inhaber sie als solche bezeichnet. Maßgeblich ist daher, ob diese Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind und ob die Kenntnisnahme durch Außenstehende dem Arbeitgeber zum Nachteil gereichen kann. Der Arbeitnehmer ist nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses frei, seine Kenntnisse auch für den Wettbewerber zu verwerten. Ein nachvertragliches Verwertungsverbot für die Konkurrenz kann grundsätzlich nur mit einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot erreicht werden. So stellt der Kundenkreis eines Unternehmens an sich kein geschütztes Rechtsgut dar und das Abwerben von Kunden gehört vielmehr zum Wesen des Wettbewerbs. 17 Nicht erlaubt jedoch ist das Kopieren von Kundendaten, zum Beispiel in digitaler Form, und die Weitergabe an den neuen Arbeitgeber. Eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht bedarf auch keiner Karenzentschädigung, wie beispielsweise bei der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes. Eine Regelung, die über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hinausgehende nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtungen enthält, ist jedoch unwirksam. Mit dem Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers abzuwägen ist insbesondere das Interesse des Arbeitnehmers, seinen Beruf frei auszuüben. 17 BHG, Urteil v. 11.03.2010, Az. I ZR 27/ 08. <?page no="84"?> 66 6.3 Wettbewerbsverbot Will sich der Arbeitgeber wirksam vor einem nachvertraglichen Wettbewerb durch den Arbeitnehmer schützen, so bedarf es der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes mit wirksamer Karenzentschädigung. Während der Arbeitnehmer dem Wettbewerbsverbot unterliegt, solange das Arbeitsverhältnis besteht, ist er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr verpflichtet, Wettbewerb gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber zu unterlassen. Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes vergleiche Kapitel A.3.11. <?page no="85"?> 67 7 Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis 7.1 Schlechtleistung des Arbeitnehmers Der Mitarbeiter hat das Recht, aber auch die Pflicht, für den Arbeitgeber zu arbeiten. In der Praxis relevant ist die Frage, wann der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, weil er seine Arbeitsleistung schlecht oder zu langsam erbringt. Für Art und Umfang der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit ist an erster Stelle die vertragliche Vereinbarung maßgeblich. Zu berücksichtigen ist dabei insbesondere, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag nicht um einen Werkvertrag handelt, bei dem ein bestimmter Erfolg geschuldet ist, sondern um einen Dienstvertrag. Kennzeichnend für den Dienstvertrag im Gegensatz zum Werkvertrag ist, dass nur das Tätigwerden und nicht das konkrete Ergebnis geschuldet ist. Bei der Beurteilung, ob dem Arbeitnehmer eine Vertragsverletzung vorzuwerfen ist, ist nicht nur die objektive, sondern auch die subjektive Leistungsfähigkeit entscheidend. Grundsätzlich sind unter Schlechtleistung alle Verletzungen arbeitsvertraglicher Pflichten zu verstehen, die weder Verzug, noch Unmöglichkeit der Arbeitsleistung zur Folge haben. Schlechtleistung in einem weiteren Sinn ist auch gegeben bei einem Verstoß gegen Nebenpflichten, etwa bei der Verletzung von Integritätsinteressen des Arbeitgebers. Beispiel Ein Mitarbeiter betätigt sich in einer rechtsextremistischen Fangruppe eines Fußballvereins. Am Ende eines Fußballspieles kommt es zu Ausschreitungen, an denen der Mitarbeiter beteiligt ist. In Presseberichten über die Ausschreitungen wird sowohl der Mitarbeiter als auch sein Arbeitgeber namentlich genannt. Der Arbeitgeber kann sich darauf berufen, dass seine Integritätsinteressen durch das Verhalten des Arbeitnehmers verletzt sind, weil die Gefahr besteht, dass sein Ruf geschädigt wird. Die Schlechtleistung im eigentlichen Sinn, nämlich die Schlechterfüllung der Hauptleistungspflicht im konkreten Arbeitsverhältnis, ist aufgrund der persönlichen Leistungspflicht und des subjektiven Leistungsmaßstabes nur schwer zu bestimmen. So ist auch grundsätzlich eine Minderung des Arbeitsentgeltes wegen Schlechtleistung ausgeschlossen. Inwieweit die Schlechtleistung zur Kündigung berechtigt, bestimmt sich neben den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen auch nach der Art der Tätigkeit, insbesondere danach, ob es sich um eine verantwortungsvolle Arbeit handelt. So kann bei bestimm- <?page no="86"?> 68 ten Berufen, wie zum Beispiel bei einem Arzt oder Piloten, allein das Risiko des Eintritts eines hohen Schadens schon bei fahrlässigen Pflichtverletzungen eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn dadurch das Vertrauensverhältnis des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer beeinträchtigt wird. Insbesondere die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Patienten oder Kunden des Arbeitgebers oder unbeteiligter Dritter berechtigen zur Kündigung, je nach Sachverhalt auch zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Grundsätzlich bedarf es vor Ausspruch einer Kündigung jedoch einer Abmahnung (vgl. hierzu ausführlich Kapitel A.5.3). Der Arbeitgeber hat die Pflicht, den Mitarbeiter an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen, wenn dieser subjektiv nicht in der Lage ist, quantitativ und qualitativ die geforderten Leistungen zu erbringen. Eine solche Versetzung kommt jedoch nur dann infrage, wenn die Leistungsmängel des Arbeitnehmers an diesem anderen Arbeitsplatz nicht auftreten würden. 7.2 Vergütungspflicht des Arbeitgebers Der Arbeitgeber ist auch dann verpflichtet, den Arbeitnehmer zu vergüten, wenn er keine Arbeit hat; ihn trifft insoweit eine Beschäftigungspflicht. Bietet der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung jedoch gar nicht erst an, besteht für den Arbeitgeber auch keine Pflicht zur Vergütung. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf der in der Kündigung genannten Frist seine Arbeitsleistung nicht extra anbieten muss, wenn er Kündigungsschutzklage erhoben hat. Haftet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber für einen Schaden, den er diesem vorsätzlich oder fahrlässig zugefügt hat (vgl. hierzu ausführlich Kapitel A.7.3), dann ist der <?page no="87"?> 69 Arbeitgeber berechtigt, diesen Schaden von seinem Lohnanspruch abzuziehen. Er muss hierbei jedoch die Pfändungsfreigrenzen beachten. 7.2.1 Anspruch auf Vergütung der Überstunden Zunächst muss geklärt werden, ob tatsächlich Überstunden geleistet worden sind und wer die Beweislast dafür trägt. Sind Überstunden geleistet worden, stellt sich die Frage, ob diese auch zu vergüten sind. Überstunden sind Arbeitszeiten, die vorübergehend die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit überschreiten. Wann eine derartige Überschreitung vorliegt, richtet sich nach dem Arbeitsvertrag. In Tarifverträgen werden diese Stunden häufig als Mehrarbeit bezeichnet. Ob überhaupt Überstunden zu leisten sind, richtet sich nach dem Arbeitsvertrag, eventuell auch nach Betriebsvereinbarungen und dem Tarifvertrag. Eine gesetzliche Regelung gibt es dazu nicht. Der Arbeitgeber kann Überstunden nicht beliebig anordnen; er muss immer die Interessen des Unternehmens gegen die Interessen des Mitarbeiters abwägen. Häufig macht ein Mitarbeiter die Vergütung von Überstunden geltend, nachdem ihm gegenüber eine Kündigung ausgesprochen wurde. Grundsätzlich müssen nur solche Überstunden der Arbeitnehmer bezahlt werden, die vorher vom Arbeitgeber angeordnet oder zumindest geduldet worden sind. Besondere Konstellationen können jedoch zu einer anderen Beurteilung führen. Das ist etwa dann der Fall, wenn Überstunden des Krankenhauspersonals notwendig sind, um die Versorgung der Patienten sicherzustellen, oder wenn die einem Kraftfahrer angewiesene Tour nur unter Leistung von Überstunden zu bewältigen ist. Solche Überstunden sind unabhängig von einer ausdrücklichen Anordnung zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich. Der Mitarbeiter muss jedoch jeweils einzeln darlegen, an welchem Tag er zu welcher Uhrzeit seine Arbeit im Betrieb begonnen hat und wann er diese wieder beendet hat. Er hat insbesondere darzulegen und zu beweisen, dass und wie viel Arbeit er in einem die normale Arbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Der Arbeitgeber kann jedoch nicht die Anordnung bzw. Leistung von Überstunden pauschal bestreiten. Er muss substantiiert darlegen, wann er dem Arbeitnehmer welche Arbeiten zugewiesen hat. 7.2.2 Pauschalvergütung von Überstunden Grundsätzlich müssen Überstunden vergütet werden. Unter den in Ziff. 7.2.1 beschriebenen Voraussetzungen kann der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB eine Vergütung auch für die geleisteten Überstunden verlangen. Viele Arbeitsverträge enthalten Klauseln, die Überstunden pauschal abgelten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Klausel zur pauschalen Vergütung von Überstunden nur dann <?page no="88"?> 70 wirksam und zulässig, wenn sie klar und verständlich ist. Zudem muss sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergeben, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von der Pauschalvergütung erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was auf ihn zukommt und welche Leistungen er für welche Vergütung erbringen muss. Auch durch mündliche Vereinbarung können Überstunden mit der Vergütung abgegolten sein. Beispiel Beim Einstellungsgespräch wurde dem Arbeitnehmer ausdrücklich mitgeteilt, dass in der vereinbarten Vergütung die ersten 20 Überstunden im Monat „mit drin“ sind. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Vereinbarung als zulässig erachtet, weil nicht nur im bayerischen Sprachraum damit unmissverständlich zum Ausdruck kommt, dass mit der Monatsvergütung neben der Normalarbeitszeit bis zu 20 weitere Arbeitsstunden abgegolten sind. 18 Ob solche Vereinbarungen einer Abgeltung zulässig sind, bestimmt sich jedoch immer nach dem konkreten Einzelfall. Nicht zulässig ist daher beispielsweise die Vereinbarung, wonach ein Lagerleiter in einer Spedition, der 1.800 Euro brutto monatlich verdient, für die von ihm geleisteten Überstunden keine weitergehende Vergütung erhält. Diese Regelung ist unwirksam, weil der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss nicht erkennen kann, was gegebenenfalls auf ihn zukommt und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss. 19 Allerdings betont das Bundesarbeitsgericht in dem diesbezüglichen Urteil auch, es gebe eben keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten sei. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Art und des Umfangs sowie der Dauer der Dienstleistung festzustellen. So kann sich ein Anspruch auf Überstundenvergütung dadurch ergeben, dass im betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. In vielen Teilen des Arbeitslebens gibt es deshalb eine objektive Vergütungserwartung im Hinblick auf Überstunden. Sie fehlt jedoch insbesondere dann, wenn Dienste höherer Art geschuldet sind oder insgesamt eine deutlich herausgehobene Vergütung gezahlt wird. Das ist nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes dann der Fall, wenn das Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet. 20 18 BAG, Urteil v. 16.05.2012, Az. 5 AZR 331/ 11, BAG, Urteil v. 18.11.2015, 5 AZR 751/ 13 19 BAG, Urteil v. 22.02.1012, Az. 5 AZR 765/ 10. 20 BAG, Urteil v. 22.02.2012, Az. 5 AZR 765/ 10. <?page no="89"?> 71 Fälschlicherweise wird oftmals davon ausgegangen, dass für Überstunden Zuschläge zu zahlen sind. Dies ist aber nicht gesetzlich geregelt. Nur wenn im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag Zuschläge für Überstunden vorgesehen sind, besteht auch ein Anspruch auf solche Zuschläge. 7.3 Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber Zur Haftung des Arbeitnehmers gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung. Gerade für eine Führungskraft besteht ein ganz erhebliches Risiko, Haftungsansprüchen des Unternehmens ausgesetzt zu sein. Aber nicht nur eine Führungskraft, sondern jeder einzelne Mitarbeiter kann dem Unternehmen durch sein Verhalten einen nicht unerheblichen Schaden zufügen. Grundsätzlich haften Arbeitnehmer dem Arbeitgeber, den Kollegen und betriebsfremden Dritten für alle Personen- und Sachschäden, die sie schuldhaft verursachen. Dem Arbeitgeber haften sie darüber hinaus auch für Vermögensschäden. Anders als bei den Vertretern von juristischen Personen, die als Organ der juristischen Person ein ganz erhebliches persönliches Haftungsrisiko tragen, ist die Haftung der Arbeitnehmer in vielfacher Hinsicht eingeschränkt. In diesem Kapitel wird die Haftung gegenüber dem Arbeitgeber aufgrund des bestehenden Arbeitsverhältnisses beschrieben. In Kapitel A.10 wird das Haftungsrisiko von Führungskräften gegenüber Dritten erläutert. Früher hatte die Rechtsprechung den Begriff der gefahrengeneigten Tätigkeit geprägt, um die Haftungsrisiken des Arbeitnehmers zu beschränken. Sie spielt inzwischen keine Rolle mehr. Maßstab für die Höhe der Haftung des Arbeitgebers ist der Grad des Verschuldens. Dabei haben sich nur im Arbeitsrecht geltende Verschuldenskriterien herausgebildet. So wird nunmehr unterschieden zwischen Vorsatz, grober Fahrlässigkeit, mittlerer oder auch normaler Fahrlässigkeit und leichter Fahrlässigkeit. Gesetzliche Vorgaben und Unfallverhütungsvorschriften, werksinterne Vorschriften, aber insbesondere die Weisungen des Arbeitgebers (vgl. Kapitel A.7.5) bestimmen, ob dem Mitarbeiter eine Pflichtverletzung vorwerfbar ist. Bei Vorsatz haftet der Arbeitnehmer immer für den ganzen Schaden. Dabei muss sich der Vorsatz sowohl auf die Verletzungshandlung als auch auf den Verletzungserfolg beziehen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die Sorgfaltspflicht in besonders schwerem Maße verletzt hat. Das heißt, dass er schon einfachste, ganz nahelie- <?page no="90"?> 72 gende Überlegungen nicht angestellt hat, die im konkreten Fall jedem hätten einleuchten müssen. Der Arbeitnehmer haftet grundsätzlich für den gesamten Schaden, den er grob fahrlässig verursacht hat. Beispiel Ein Arbeitnehmer hat mit dem Fahrzeug des Arbeitgebers einen Verkehrsunfall verursacht, weil er eine rote Ampel nicht beachtet hat. Auch im Fall grober Fahrlässigkeit prüfen die Gerichte jedoch, ob die volle Haftung zulasten des Arbeitnehmers zumutbar ist. Insbesondere wird abgewogen, in welchem Verhältnis der Verdienst des Arbeitnehmers zum verwirklichten Schadensrisiko der Tätigkeit steht. Es gibt Gerichte, die die Haftung bei bestimmten Berufsgruppen auf drei Bruttomonatslöhne beschränken, etwa bei LKW-Fahrern, die grobfahrlässig ihrem Arbeitgeber einen Schaden zufügen. Hier wird es aber immer auf den konkreten Einzelfall ankommen, so dass weder auf der Arbeitgebernoch auf der Arbeitnehmerseite Rechtssicherheit besteht, in welcher Höhe der Arbeitnehmer bei grober Fahrlässigkeit den Schaden ersetzen muss. Bei normaler Fahrlässigkeit wird der Schaden in der Regel zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt. Wer welchen Schaden in welcher Höhe zu tragen hat, hängt insbesondere vom Grad des Verschuldens, der Höhe des Schadens, dem Verdienst des Arbeitnehmers sowie der Abdeckung der Schäden durch eine Versicherung ab. Das führt dazu, dass der Arbeitgeber den größeren Haftungsanteil trägt, wenn der Arbeitnehmer möglicherweise zwar einen beträchtlichen Schaden verursacht hat, aber ein vergleichsweise geringes Gehalt bezieht. Leichte Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn dem Arbeitnehmer nur eine geringfügige Pflichtverletzung zur Last gelegt wird. Auch ein leicht fahrlässiges Verhalten kann zu einem hohen Schaden führen. In diesen Fällen hat das Unternehmen den Schaden voll zu tragen. Beispiel Dem Arbeitnehmer rutscht sein Laptop aus der Hand. Es fällt auf den Boden, wird beschädigt und für das Unternehmen wichtige Daten, die der Mitarbeiter nicht gesichert hat, gehen verloren. 7.4 D & O-Versicherungen Gerade Führungskräfte tragen ein nicht unerhebliches Haftungsrisiko, vor allem in den Fällen, bei denen unklar ist, ob der Schaden durch grob, normal oder leicht fahrlässi- <?page no="91"?> 73 ges Handeln entstanden ist. Aus diesem Grund werden in Unternehmen zunehmend sogenannte Directors-and-Officers-Versicherungen (D & O-Versicherungen) nicht nur für die Organe einer juristischen Person, sondern auch für sonstige leitende Führungskräfte abgeschlossen. Die Besonderheit bei einer D & O-Versicherung ist, dass Versicherungsnehmer zwar das Unternehmen, die versicherte Person aber die Führungskraft ist. Bei Regressansprüchen der Gesellschaft gegen die Führungskraft hat letztere damit automatisch auch eine Rechtschutzversicherung, die die Kosten des Rechtsanwaltes und des Gerichtsverfahrens trägt. Mit Ausnahme von vorsätzlichem (bei manchen Versicherungen auch grob fahrlässigem) Handeln sind durch diese Versicherung sämtliche Vermögensschäden abgedeckt, die der Arbeitnehmer zum Nachteil der Gesellschaft herbeigeführt hat. Manche Versicherungen sehen hohe Selbstbehalte vor. Bei Vorständen einer Aktiengesellschaft besteht nach dem Vorstandsvergütungsgesetz ein Selbstbehalt in Höhe von 10 % der Schadenssumme bzw. 150 % des Jahresfixgehaltes kraft Gesetzes, auch wenn in den D & O-Verträgen kein Selbstbehalt vereinbart ist. Das Verhalten von Führungskräften kann zu nicht unerheblichen Schäden führen, etwa wenn sie einen Vertrag zulasten des Unternehmens ungünstig aushandeln oder keine Haftungsbeschränkungen vereinbaren. Fahrlässiges Verhalten einer Führungskraft ist jedoch gerade bei haftungsrelevantem Handeln wie Vertragsabschlüssen nur schwer nachzuweisen. Die Beweislast hierfür trägt der Arbeitgeber. Der Mitarbeiter haftet zudem nicht für den Schaden, den er leicht fahrlässig handelnd dem Unternehmen zugefügt hat. Auch das Unternehmen darf sich daher nicht durch den Abschluss einer D&O-Versicherung in einer Sicherheit wiegen, die es nicht hat. 7.5 Weisungsrecht des Arbeitgebers Das Weisungsrecht ist das Recht des Arbeitgebers, die arbeitsvertraglich vereinbarten Leistungspflichten des Arbeitnehmers durch Weisungen zu konkretisieren. Dies geschieht hinsichtlich Inhalt, Arbeitsort und Arbeitszeit. Die Grenze wird durch den Arbeitsvertrag gesetzt. Sogenannte Verweisungsklauseln ermöglichen es dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer im Rahmen seines Weisungsrechtes andere Tätigkeiten zu zuordnen. Der Unternehmer hat die Leitungs- und Organisationsmacht und damit das Leitungs- und Organisationsrecht, das er durch Weisungen konkretisieren kann. Dieses Weisungsrecht ist kennzeichnend für das Arbeitsverhältnis eines abhängig Beschäftigten; selbstständige Mitarbeiter sind im Gegensatz dazu keinen Weisungen unterworfen. <?page no="92"?> 74 7.5.1 Inhalt der Tätigkeit Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer Weisungen erteilen, wie er die geschuldete Arbeit zu verrichten hat. Insbesondere beinhaltet das Weisungsrecht die Erteilung von Anweisungen hinsichtlich der Methode und der Organisation sowie Grundsätze zur Führung und Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern. Aber auch in Bezug auf Kleidung können Weisungen erfolgen. 7.5.2 Arbeitsort Ob und inwieweit der Arbeitgeber Weisungen hinsichtlich des Arbeitsortes erteilen kann, richtet sich auch nach dem Vertrag. Ist im Arbeitsvertrag als Arbeitsort zum Beispiel München vereinbart, kann der Mitarbeiter nicht ohne Weiteres nach Berlin versetzt werden. Fehlt eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag, kann der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen ausüben. Beispiel Die Lokalzeitung S versetzt eine Redakteurin von der Lokalredaktion in München nach Nürnberg, weil sie aufgrund ihrer Kenntnisse und Berufserfahrung für den Aufbau der Lokalredaktion in Nürnberg besonders geeignet ist. Der Vertrag enthält eine Verweisungsklausel auch in Bezug auf den Arbeitsort. Daher ist die Weisung zulässig. Das Bundesarbeitsgericht bestätigt in seinen Entscheidungen, dass der Arbeitgeber den Einsatz zumindest innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nach billigem Ermessen bestimmen kann, soweit der Arbeitsort nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. 21 7.5.3 Arbeitszeit Wenn im Vertrag nichts anderes vereinbart ist, ist der Arbeitgeber bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit grundsätzlich frei. Es gibt aber auch Tarifverträge oder in der Praxis häufig auch Betriebsvereinbarungen, die das Weisungsrecht in Bezug auf die Lage der Arbeitszeit einschränken. Aber auch durch die Gesetzgebung selbst werden Regeln zur Dauer und Lage der täglichen Arbeitszeit getroffen, zum Beispiel beim Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen. 21 Vgl. u.a. BAG, Urteil v. 11.04.2006, Az. 9 AZR 557/ 05. <?page no="93"?> 75 Im Übrigen hat der Mitarbeiter keinen Anspruch darauf, zu bestimmten Arbeitszeiten nicht eingesetzt zu werden. Die Weisung des Arbeitgebers zur Arbeitszeit ist nur daraufhin überprüfbar, ob sie billigem Ermessen entspricht (vgl. hierzu § 106 Satz 1 Gewerbeordnung). Wenn Mitarbeiter jahrelang zu einer bestimmten Arbeitszeit eine bestimmte Tätigkeit verrichten, gehen sie oft davon aus, damit sei das Recht des Arbeitgebers erloschen, ihnen eine andere Arbeitszeit anzuweisen. Das ist nicht der Fall. Der Arbeitgeber hat auch noch nach Jahren die Möglichkeit, sein Weisungsrecht auszuüben. Die Tatsache, dass er bestimmte Arbeitszeiten angeordnet oder geduldet hat, nimmt ihm dieses Weisungsrecht nicht. Allerdings muss der Arbeitgeber darlegen, dass konkrete Tatsachen vorliegen, die ihn im Rahmen des sogenannten billigen Ermessens berechtigen, dem Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit oder eine andere Lage der Arbeitszeit zuzuweisen. So kann ein Mitarbeiter, der über Jahre in der Nachtschicht gearbeitet hat, nicht ohne Weiteres in die Tagschicht versetzt werden. Eine solche Versetzung ist vielmehr nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass eine Nachtschichtarbeit im Betrieb für den betreffenden Arbeitnehmer nicht mehr notwendig ist. Beispiele Folgende Weisungen sind zulässig: Weil sich etliche Kunden beschwert haben, kehrt ein Betrieb von einer Gleitzeitregelung zu festen Arbeitszeiten zurück, um sich den Kundenbedürfnissen anzupassen. Seit sieben Jahren gibt es in einem Betrieb feste Arbeitszeiten von 7 Uhr bis 16 Uhr täglich. Technische Gründe, besonders der Einsatz neuer Maschinen, machen die Einführung von Wechselschichten notwendig. Daraufhin ordnet die Geschäftsführung den Wechsel von der Normalschicht zur Wechselschicht an. Eine an sich zulässige Weisung kann jedoch unwirksam sein, weil die konkrete Weisung der Mitbestimmung des Betriebsrates bedarf (vgl. hierzu Kapitel 11.3 der Mitbestimmungstatbestände in § 87 BetrVG). 7.6 Reduzierung der Arbeitszeit Ob der Rechtsanspruch des Mitarbeiters auf Reduzierung der Arbeitszeit gemäß Teilzeit- und Befristungsgesetz wirklich im Sinne der berufstätigen Eltern ist, mag dahingestellt bleiben, weil viele Arbeitgeber aufgrund dieser Ansprüche davor zurückschrecken, berufstätige Eltern anzustellen. Der Arbeitgeber hat kaum Möglichkeiten, sich gegen die Forderung auf Reduzierung der Arbeitszeit zu wehren. <?page no="94"?> 76 7.6.1 Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit Ein Rechtsanspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit besteht unter folgenden Voraussetzungen: Das Arbeitsverhältnis muss mehr als 6 Monate Bestand haben (vgl. § 8 Abs.1 TzBfG). Der Arbeitgeber beschäftigt mehr als 15 Arbeitnehmer. Bezugsgröße ist dabei der Arbeitgeber, nicht der Betrieb, also zum Beispiel die konkrete Niederlassung, in der der Mitarbeiter tätig ist. Verwirrend und nicht nachvollziehbar ist, dass anders als bei der Frage der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes die Berechnung der Anzahl der Beschäftigten hierbei pro Kopf erfolgt, also unabhängig vom Beschäftigungsumfang. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, das 15 Vollzeitkräfte beschäftigt, einem Betrieb gleichgestellt wird, der 15 Minijobber angestellt hat. 7.6.2 Fiktion der Reduktion Eine weitere Besonderheit und oftmals von beiden Parteien nicht gewünscht, ist die Fiktion der Reduktion der Arbeitszeit. Der Arbeitnehmer muss die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens 3 Monate vor dem Beginn geltend machen. Er soll dabei auch die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben (vgl. § 8 Abs. 2 TzBfG). Einigt sich der Arbeitgeber nicht mit dem Arbeitnehmer über die Verringerung der Arbeitszeit und hat der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer gewünschte Arbeitsverringerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschten Beginn schriftlich abgelehnt, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang automatisch (vgl. hierzu § 8 Abs.5 Satz 3 TzBfG). 7.6.3 Entgegenstehende betriebliche Gründe Der Arbeitgeber kann eine Verringerung der Arbeitszeit nur ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Organisation, der Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb durch die Verringerung der Arbeitszeit wesentlich beeinträchtigt sind oder die Reduzierung zu unverhältnismäßigen Kosten führt, die für den Arbeitgeber unzumutbar sind. Solche unzumutbaren Kosten können zum Beispiel durch die Einrichtung eines weiteren teuren Arbeitsplatzes oder die Anschaffung eines weiteren Dienstwagens entstehen. Das Bundesarbeitsgericht urteilte beispielsweise, dass ein Arbeitnehmer die Verringerung seiner wöchentlichen Arbeitszeit dann nicht fordern kann, wenn der Einsatz <?page no="95"?> 77 einer Ersatzkraft erforderlich ist und durch deren laufende Fortbildung unverhältnismäßig hohe zusätzliche Kosten entstehen. 22 Meist nimmt die Rechtsprechung zugunsten der Arbeitnehmer an, dass andere betriebliche Gründe einer Verringerung der Arbeitszeit nicht entgegenstehen. So ist der Wunsch des Arbeitgebers, die Arbeitsabläufe bestmöglich und effizient zu gestalten, kein Grund, einer Arbeitszeitverringerung nicht zuzustimmen. Auch der Wunsch des Arbeitgebers, Kunden möglichst immer von demselben Mitarbeiter betreuen zu lassen, ist kein von der Rechtsprechung akzeptierter Grund, insbesondere wenn sich die Öffnungszeiten eines Verkaufsgeschäftes von der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit einer Vollzeitkraft deutlich unterscheiden. 23 Der gesetzliche Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit steht auch Arbeitnehmern zu, die bereits in Teilzeit arbeiten. Auch Vorgaben des Entleihers im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung stellen keine betrieblichen Gründe dar, die den Anspruch auf Arbeitszeitverringerung entfallen lassen könnten. Überlässt zum Beispiel ein Zeitarbeitsunternehmen einen Mitarbeiter dem Entleiher mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 18 Stunden und will der betreffende Arbeitnehmer seine Arbeitszeit verringern, so kann der Arbeitnehmer diesen Anspruch durchsetzen. Das Zeitarbeitsunternehmen muss prüfen, ob es gegebenenfalls im Wege eines Ringtausches den die Arbeitszeitreduzierung begehrenden Mitarbeiter auf einem anderen Arbeitsplatz einsetzen kann. 24 7.7 Fürsorgepflicht des Arbeitgebers Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bezeichnet die Pflicht, für das Wohlergehen seiner Mitarbeiter Sorge zu tragen. Die Fürsorgepflicht ergibt sich aus §§ 617 ff. BGB als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Weitere Gesetze wie die Arbeitsstättenverordnung, das Arbeitsschutzgesetz und das Arbeitssicherheitsgesetz konkretisieren die Pflichten des Arbeitgebers. Er ist insbesondere verpflichtet, Arbeitsbedingungen zu schaffen, die jeden Beschäftigten vor Gefahren für Leib, Leben und Gesundheit schützen. Diese Fürsorgepflichten können auch nicht im Vorhinein durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden (zu den Einzelheiten vergleiche die Kapitel A.8.6, A.8.7 und A.8.8). 22 BAG, Urteil v. 21.06.2005, Az. 9 AZR 409/ 04. 23 BAG, Urteil v. 30.09.2003, Az. 9 AZR 665/ 02. 24 BAG, Urteil v. 13.11.2012, Az. 9 AZR 259/ 11. <?page no="96"?> 78 7.8 Diskriminierungsverbot Das AGG verpflichtet den Arbeitgeber, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung von Menschen wegen ihrer Rasse, ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu treffen (vgl. auch Kapitel A.8.6). Dieser Schutz umfasst nach § 12 Abs. 1 AGG auch vorbeugende Maßnahmen. Diese Pflicht beginnt schon vor Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen das AGG ausgeschrieben werden (vgl. hierzu Kapitel A.1.2). 7.9 Zeugnis Der Mitarbeiter hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein Zeugnis. Dieser Anspruch besteht jedoch nur im Hinblick auf ein sogenanntes einfaches Zeugnis, das sich lediglich auf Art und Dauer der Beschäftigung bezieht und darüber hinaus keine Angaben über die Leistungen und Führungen enthält. Ein sogenanntes qualifiziertes Zeugnis muss vom Arbeitnehmer eigens angefordert werden. Grundsätzlich gilt, dass ein Zeugnis wohlwollend, aber auch wahrheitsgemäß sein muss. Es gibt keine konkreten gesetzlichen Vorgaben, wie ein Zeugnis zu strukturieren ist. Folgender Aufbau hat sich in der Praxis jedoch durchgesetzt: Angaben zur Person und zur Dauer des Arbeitsverhältnisses Konkrete Angaben zur Tätigkeit <?page no="97"?> 79 Angaben zum Verhalten gegenüber vorgesetzten Kollegen, Mitarbeitern und Kunden Angaben zur Leistung und Führung Beendigungsgrund Abschiedsformel Datum und Unterschrift. Wenn es auch keine konkreten gesetzlichen Vorgaben zum Inhalt gibt, so hat die Rechtsprechung doch Pflichten des Arbeitgebers bei der Zeugnisgestaltung herausgearbeitet, die auch einklagbar sind. Diese Anforderungen beziehen sich unter anderem auf die äußere Form des Zeugnisses, beispielsweise auf die Verwendung des Firmenbogens, oder die Tatsache, dass das Zeugnis keine Flecken, Rechtschreibfehler oder sonstige Fehler enthalten darf, die den Eindruck erwecken könnten, dass sich der ausstellende Arbeitgeber vom Wortlaut seiner Erklärung distanzieren will. Das Zeugnis muss ferner klar und verständlich formuliert sein. Auf der einen Seite muss das Zeugnis von verständigem Wohlwollen getragen sein, andererseits kann sich ein Arbeitgeber schadensersatzpflichtig machen, wenn ein anderer Arbeitgeber den Arbeitnehmer im Vertrauen auf die Richtigkeit des Zeugnisses einstellt und dadurch geschädigt wird. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer äußerste Zuverlässigkeit bescheinigt, obwohl dieser einen erheblichen Geldbetrag veruntreut hat. 25 Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber eine Grußformel am Ende des Zeugnisses aufnimmt, in der er sich für die Leistungen des Mitarbeiters bedankt und ihm für die Zukunft alles Gute wünscht. 26 Der Arbeitgeber ist stets verpflichtet, die richtigen Angaben zur Tätigkeit im Zeugnis aufzunehmen. Schwierig wird es für einen Arbeitnehmer dann, wenn er im Zeugnis eine bessere Bewertung haben möchte als der Durchschnitt. Die Beweislast hierfür liegt bei ihm. Wird der Arbeitnehmer hingegen schlechter als der Durchschnitt bewertet, dann trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass die Leistung des Arbeitnehmers keine bessere Beurteilung verdiente. 25 OLG München, Urteil v. 30.03.2000, Az. 1 U 6245/ 99. 26 BAG, Urteil v. 20.02.2001, Az. 9 AZR 44/ 00. <?page no="98"?> 80 Folgende Bewertungen haben sich in der Praxis herauskristallisiert: Beweislastpflicht Formulierung Benotung Mitarbeiter … hat die ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt. sehr gute Leistung Mitarbeiter … hat die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt. sehr gute bis gute Leistung Mitarbeiter … hat die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt. gute bis befriedigende Leistung Je nach Sachverhalt … hat die ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer Zufriedenheit erledigt. befriedigende Leistung Arbeitgeber … hat die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit erledigt. ausreichende Leistung Arbeitgeber … hat die ihm übertragenen Arbeiten im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt. mangelhafte Leistung Arbeitgeber … hat sich bemüht, die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit zu erledigen ungenügende Leistung Auch bei der Beurteilung des Verhaltens gegenüber vorgesetzten Kollegen, Mitarbeitern und Kunden hat sich eine Notenskala durchgesetzt, die sich wie folgt interpretieren lässt: Formulierung Benotung stets vorbildlich sehr gut vorbildlich gut einwandfrei befriedigend <?page no="99"?> 81 Grundsätzlich ist der Arbeitgeber zwar verpflichtet, ein Zeugnis und auf Anforderung auch ein qualifiziertes Zeugnis auszustellen. Ist jedoch eine verhaltensbedingte Kündigung streitgegenständlich, muss der Arbeitgeber darauf achten, dass das Zeugnis nicht im Widerspruch zu den Gründen steht, die zu einer außerordentlichen oder auch zu einer ordentlich verhaltensbedingten Kündigung geführt haben. Besser ist es daher zunächst kein Zeugnis auszustellen. Auch der Mitarbeiter, der in diesen Fällen ein Zeugnis verlangt, wird kein Zeugnis erhalten, mit dem er sich bewerben kann. Es ist daher für beide Seiten sinnvoll, sich im Kündigungsschutzprozess nicht nur auf die Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einigen, sondern auch konkret auf den Inhalt des auszustellenden Zeugnisses. <?page no="100"?> 82 8 Gesetze, die jedes Arbeitsverhältnis bestimmen 8.1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) 8.1.1 Dauer Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geht davon aus, dass die werktägliche Arbeitszeit grundsätzlich 8 Stunden nicht überschreiten darf. Dabei geht der Gesetzgeber von einer 48-Stunden-Woche aus. Werktage im Sinn des ArbZG sind die Tage von Montag bis Samstag, ohne die gesetzlichen Feiertage. Die Arbeitszeit kann auf 10 Stunden täglich verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Diese flexiblen Bestimmungen des ArbZG haben zur Folge, dass grundsätzlich alle Formen der Gleitzeit möglich sind. Die Vorgaben des ArbZG sind für alle bindend, abweichende Regelungen können jedoch in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung zugelassen werden, wenn auch nur in einem beschränkten Rahmen, den § 7 ArbZG regelt. Demnach ist insbesondere ein Abweichen vom ArbZG auch ohne Ausgleich möglich, wenn regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst in die Arbeitszeit fallen und durch besondere Regelungen sichergestellt ist, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird (vgl. § 7 Abs. 2a ArbZG). Soweit ein Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist, können auch durch Betriebsvereinbarung oder durch schriftliche Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern im Geltungsbereich eines Tarifvertrages in den Grenzen des § 7 ArbZG abweichende Vereinbarungen getroffen werden. Das ArbZG legt nicht nur die maximale Dauer der werktäglichen Arbeitszeit fest, sondern auch die Lage der Arbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten sowie die Zulässigkeit von Nacht- und Schichtarbeit wie auch von Sonn- und Feiertagsarbeit. 8.1.2 Lage Einschränkungen in Bezug auf die Lage der Arbeitszeit gibt das ArbZG nur für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen vor, die grundsätzlich verboten ist. Die einzelnen Ausnahmetatbestände sind in § 10 ArbZG geregelt, der bestimmt, wann Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden dürfen. <?page no="101"?> 83 Sonderregelungen zu Lage und Dauer der Arbeitszeit gibt es ferner für Frauen im Mutterschutz und für Jugendliche. 8.1.3 Ruhepausen Weniger Flexibilität bietet das ArbZG in Bezug auf Ruhepausen. Dazu ist Folgendes geregelt: Arbeitszeit Dauer der Ruhepause mehr als 6 Stunden mindestens 30 Minuten mehr als 9 Stunden mindestens 45 Minuten Als Pausen gelten nur Arbeitsunterbrechungen von mindestens 15 Minuten Dauer. Die Ruhepausen können jedoch in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Maßgeblich, ob es sich um eine echte Ruhepause im Sinne des Arbeitszeitgesetzes handelt, ist die Tatsache, dass der Arbeitnehmer diese Pause wirklich wie Freizeit verbringen kann. Auch in Bezug auf Ruhepausen sind Ausnahmen zulässig, zum Beispiel für Schichtbetriebe oder Verkehrsbetriebe (vgl. hierzu § 7 Abs.1 Nr. 2 ArbZG). Beispiel Mit einer Arbeitnehmerin in einer medizinischen Ambulanz ist vereinbart, dass sie jeden Tag sechs Stunden arbeitet. Aufgrund des hohen Andrangs ist jeden Tag eine Überstunde abzuleisten, sodass sie letztendlich sieben Stunden am Tag arbeitet. Das bedeutet für die Arbeitnehmerin, dass sie mindestens eine halbe Stunde Pause pro Tag einhalten muss. Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes sind nicht dispositiv, von ihnen kann also auch auf Wunsch des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden. Daher ist es sinnvoll, diese Pausen in Betrieben mit einem Zeiterfassungssystem von vornherein einzuprogrammieren. Ein weiterer Vorteil solcher Zeiterfassungssysteme ist, dass sich damit im Falle einer Nachprüfung durch die Gewerbeaufsicht die Einhaltung der Ruhepausen gut nachweisen lässt. Der Arbeitgeber, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen das ArbZG verstößt, kann mit einer Geldbuße bis zu 2.500 Euro, in manchen Fällen sogar bis 15.000 Euro belegt werden. Problematisch wird es vor allem dann, wenn ein Arbeitnehmer bei einem Unfall im Betrieb verletzt wird und sich der Unfall deswegen ereignet hat, weil der Arbeitneh- <?page no="102"?> 84 mer die gesetzlich geforderten Ruhepausen nicht eingehalten hat. Neben der Zahlung eines Bußgeldes drohen ferner Forderungen der verletzten Arbeitnehmer gegen das Unternehmen, sowie je nach Sach- und Rechtslage auch gegenüber Führungskräften persönlich (vgl. Kapitel 10.4). 8.1.4 Ruhezeiten Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit steht Arbeitnehmern eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden zu. In dieser Zeit dürfen sie auch nicht zur Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst herangezogen werden. Zulässig bleibt jedoch die Rufbereitschaft. Deshalb ist die Frage der Abgrenzung zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst von großer Bedeutung. Rufbereitschaft liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort selbst bestimmen kann. Wird vom Arbeitnehmer verlangt, dass er ständig binnen so kurzer Zeit dienstlich zur Verfügung steht, dass seine Möglichkeit erheblich eingeschränkt wird, sich um persönliche und familiäre Angelegenheiten zu kümmern oder auch an sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen teilzunehmen, dann liegt keine Rufbereitschaft mehr vor, sondern Bereitschaftsdienst. Beispiel Mit dem Arbeitnehmer wird eine Vereinbarung über Rufbereitschaft getroffen, in der es heißt, dass er sich vom Arbeitsort nur so weit entfernen darf, dass er innerhalb von 10 Minuten auf Abruf dienstlich zur Verfügung steht. Damit handelt es sich in diesem konkreten Fall nicht um Rufbereitschaft, sondern um Bereitschaftsdienst, der nicht als Ruhezeit zu werten ist. 8.1.5 Nacht- und Schichtarbeit Nachtarbeit im Sinne des ArbZG ist jede Arbeit, die mehr als 2 Stunden in die Nachtzeit fällt, also in die Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr. Oftmals wird in Tarifverträgen, aber auch in Betriebsvereinbarungen der Beginn oder das Ende der Nachtzeit auf einen anderen Zeitpunkt gelegt. Auch die werktägliche Arbeitszeit des Nachtarbeitnehmers von 8 Stunden kann auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 3 ArbZG). Zudem besteht die Möglichkeit, im Tarifvertrag und unter bestimmten Voraussetzungen auch durch Betriebsvereinbarungen darüber hinaus gehende abweichende Regelungen zu treffen. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird. Unsicherheit besteht häufig über die Frage eines Zuschlages für Nachtarbeit. Die meisten Tarifverträge sehen entsprechende Zuschläge vor. Soweit keine tarifvertragliche <?page no="103"?> 85 Ausgleichsregelung besteht, steht dem Arbeitnehmer grundsätzlich erst einmal kein Zuschlag zu. § 6 Abs. 5 ArbZG regelt hier lediglich, dass der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder eben einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren hat. Welche Zuschläge angemessen sind, kommt sehr auf den Einzelfall an. Insbesondere ist zu beachten, inwieweit im Entgelt schon berücksichtigt ist, dass Nachtarbeit geleistet wird, etwa bei einem Nachtportier. Ferner ist im ArbZG geregelt, dass nur diejenigen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zuschlag oder Ausgleich für Nachtarbeit haben, die an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr solche Nachtarbeit leisten (§ 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG). In der Praxis werden Zuschläge von 10 bis 30 % des Bruttolohnes gezahlt. Manche Tarifverträge sehen sogar Nachtzuschläge in Höhe von 35 bis 50 % vor. Das Bundesarbeitsgericht hat geringere Zuschläge für zulässig erklärt, wenn in der Nachtarbeit auch Arbeitsbereitschaft enthalten ist, was das Gericht für eine Stewardess mit Zugschaffnerfunktion bejaht hat. 27 8.1.6 Sonn- und Feiertagsarbeit An Sonn- und gesetzlichen Feiertagen dürfen Arbeitnehmer von 0 Uhr bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden. Aber auch hier gibt es eine Vielzahl von Ausnahmemöglichkeiten. Bei mehrschichtigen Betrieben mit regelmäßigen Tag- und Nachtschichten kann der Beginn oder das Ende der Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu 6 Stunden vor- oder zurückverlegt werden, wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht. Auch für Kraftfahrer und Beifahrer kann der Beginn der 24-stündigen Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu 2 Stunden vorverlegt werden. Teilweise hat der Gesetzgeber ganze Bereiche vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit ausgenommen. Eine abschließende Aufzählung enthält § 10 ArbZG. 8.2 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Jedem Arbeitnehmer muss der nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) vorgesehen Urlaub eingeräumt werden. Dieser Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage auf Basis einer 6-Tage-Woche und 20 Werktage auf Basis einer 5-Tage-Woche. 27 BAG, Urteil v. 18.05.2011, Az. 10 AZR 369/ 10. <?page no="104"?> 86 8.2.1 Verfall Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung, wonach der gesetzliche Mindesturlaub bei Krankheit nicht verfällt, wird in vielen Arbeitsverträgen nunmehr zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem zusätzlich vertraglich gewährten Urlaub unterschieden. Zulässig ist eine Regelung, der zufolge der Urlaub, der über den gesetzlichen Mindestanspruch hinaus gewährt wird, auch dann verfällt, wenn der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch wegen Krankheit nicht geltend machen konnte (vgl. Kapitel A. 3. 8). Grundsätzlich muss ein Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. In der Praxis wird den Mitarbeitern jedoch meistens ermöglicht, den Urlaub auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen, auch wenn das grundsätzlich nur statthaft ist, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe vorliegen. Der Urlaub muss aber in jedem Fall, also auch bei einer Übertragung in das nächste Kalenderjahr, in den ersten 3 Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden, weil er ansonsten verfällt. 8.2.2 Geltendmachung Der Urlaub ist dem Arbeitnehmer zu gewähren, der Arbeitnehmer kann also nicht eigenmächtig einfach Urlaub nehmen, wann er will. Verweigert der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den gewünschten Urlaub, kann der Mitarbeiter im Wege der einstweiligen Verfügung seine Urlaubsansprüche geltend machen. Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs muss der Arbeitgeber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen. Er kann den Urlaubswunsch des betreffenden Arbeitnehmers ablehnen, wenn ihm dringende betriebliche Belange oder auch Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen. Verlangt der Arbeitnehmer im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation Urlaub, muss dieser gewährt werden (§ 7 Abs. 1 S. 2 BUrlG). 8.2.3 Urlaubsabgeltung Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht gewährt werden, so ist er abzugelten. Im laufenden Arbeitsverhältnis ist es allerdings nicht zulässig, den Urlaub abzugelten. <?page no="105"?> 87 8.2.4 Urlaubsentgelt Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. Überstunden sind dabei nicht zu berücksichtigen, es sei denn, in den Tarifverträgen wird etwas anderes geregelt. Auch die Vergütung für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft gehört zum regelmäßigen Arbeitsverdienst, die bei der Berechnung des Urlaubsentgelts ebenso einzubeziehen ist wie Zuschläge für Nachtarbeit und für Sonn- und Feiertagsarbeit. Zuschläge für Überstunden, Weihnachtsgelder, Gratifikationen sowie andere Zuwendungen, die nur ein- oder zweimal im Jahr gezahlt werden, bleiben hingegen unberücksichtigt. Auch Aufwendungsersatz ist grundsätzlich kein Arbeitsentgelt und kann das Urlaubsentgelt deshalb nicht erhöhen. Sachbezüge wiederum zählen zum Arbeitsverdienst und fließen in die Berechnung des Urlaubsentgelts ein. Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach 6-monatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf den vollen Urlaub bei dem ehemaligen Arbeitnehmer und in der neuen Beschäftigung, wenn er aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Der Arbeitgeber ist deswegen auch verpflichtet, dem Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen. 8.3 Mutterschutzgesetz (MuSchG) 8.3.1 Gestaltung des Arbeitsplatzes Nicht nur für werdende, auch für stillende Mütter regelt § 2 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG), dass der Arbeitgeber bei der Einrichtung und Erhaltung des Arbeitsplatzes die erforderlichen Vorkehrungen und Maßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit zu treffen hat. 8.3.2 Beschäftigungsverbot und Einschränkungen in der Arbeitszeit Schon während der Schwangerschaft kann der Arzt ein Beschäftigungsverbot aussprechen. Ein solches Beschäftigungsverbot ist nicht gleichbedeutend mit einer Krankschreibung. Zunächst zahlt zwar der Arbeitgeber den Lohn fort, aber er erhält von der Ausgleichskasse der Krankenkasse das ausgezahlte Gehalt im vollen Umfang zurück. In § 4 MuSchG ist ferner aufgeführt, welche Tätigkeiten werdende Mütter nicht ausüben dürfen. <?page no="106"?> 88 Auch nach der Entbindung bestehen Beschäftigungsverbote. So dürfen Mütter bis zum Ablauf von 8 Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten bis zum Ablauf von 12 Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Im Gegensatz zum Beschäftigungsverbot vor der Entbindung, kann sich die Mutter bei dem Beschäftigungsverbot nach der Entbindung nicht zur Arbeitsleistung ausdrücklich freiwillig bereit erklären. Darüber hinaus sind Einschränkungen für stillende Mütter zu beachten, die zudem Anspruch auf mehr Pausenzeiten haben. Werdende und stillende Mütter dürfen außerdem nicht in der Nacht zwischen 20 Uhr und 6 Uhr und nicht an Sonn- und Feiertagen und auch nicht mit Mehrarbeit beschäftigt werden. Mehrarbeit im Sinn von § 8 Abs. 2 MuSchG ist dabei jede Stunde, die 8,5 Stunden täglich oder 90 Stunden in der Doppelwoche überschreitet. 8.3.3 Mutterschaftsgeld Frauen, die Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse sind, erhalten für die Zeit der Schutzfristen vor und nach der Entbindung Mutterschaftsgeld. Auch Frauen, die nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind, haben einen Leistungsanspruch auf Mutterschaftsgeld gegen den Bund. Der Arbeitgeber muss jedoch einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld leisten. Der Zuschuss berechnet sich aus der Differenz zwischen kalendertäglichem Nettoeinkommen der Arbeitnehmerin und 13 Euro pro Arbeitstag. Da diese Summe seit Einführung des Zuschusses nicht erhöht worden ist, die Arbeitseinkommen aber gestiegen sind, zahlt der Arbeitgeber derzeit oft nicht nur einen Zuschuss, sondern trägt vielmehr die Hauptlast des Mutterschaftsgeldes. 8.3.4 Kündigungsverbot Während einer Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung besteht ein absolutes Kündigungsverbot gegenüber einer Mitarbeiterin. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung Kenntnis von der Schwangerschaft hatte oder ihm das Bestehen einer Schwangerschaft innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Beispiel Einer 20-jährigen schwangeren Verkäuferin, die sich noch in der Probezeit befindet, wird mit Schreiben vom 1. Februar gekündigt. Die Kündigung geht der Mitarbeiterin am 3. Februar zu. Am 20. Februar teilt die Verkäuferin dem Arbeitgeber mit, dass sie schwanger ist. Der Arbeitgeber hatte zuvor keine Kenntnis von der Schwangerschaft. Die Mitarbeiterin wusste bereits zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am <?page no="107"?> 89 3. Februar von ihrer Schwangerschaft. Weil die 14-tägige Frist verstrichen ist, kann sich die werdende Mutter nicht auf das Kündigungsverbot nach § 9 MuSchG berufen. 8.3.5 Erholungsurlaub Für den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub und dessen Dauer gelten die Ausfallzeiten wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote als Beschäftigungszeiten. Urlaub, der vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht genommen werden konnte, verfällt nicht. Wer gegen das MuSchG verstößt, handelt nicht nur ordnungswidrig. Ein Verstoß kann vielmehr als Straftat geahndet werden, wenn dadurch eine Frau in ihrer Gesundheit oder Arbeitskraft gefährdet wurde und der Arbeitgeber vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. 8.4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) 8.4.1 Anspruch auf Elternzeit Arbeitnehmer haben Anspruch auf Elternzeit, wenn sie mit ihrem Kind oder einem Kind, das sie in Vollzeitpflege aufgenommen haben, in einem Haushalt leben und dieses Kind selbst betreuen und erziehen. Handelt es sich um das Enkelkind der Arbeitnehmer, können sie gemäß § 4 Abs. 1a Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für die Zeiten Elternzeit in Anspruch nehmen, in denen keiner der Elternteile des Kindes selbst Elternzeit beansprucht. Der Anspruch auf Elternzeit besteht bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres. Bisher bedurfte es der Zustimmung des Arbeitgebers, wenn ein Anteil der Elternzeit von bis zu 12 Monaten auf die Zeit bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres übertragen werden sollte. Mit der Erweiterung des Elterngeldes wurde nunmehr auch der Anspruch auf Elternzeit flexibler gestaltet. Eltern können nunmehr 24 statt bisher 12 Monate Elternzeit ohne Zustimmung des Arbeitgebers auf den Zeitraum zwischen dem dritten und dem achten Lebensjahr ihres Kindes übertragen. Das Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus ist am 01.06.2015 in Kraft getreten und gilt für Geburten ab 01.07.2015. Die Elternzeit kann zudem nunmehr in drei statt wie bisher in zwei Zeitabschnitten pro Elternteil aufgeteilt werden. Der Arbeitgeber ist jedoch berechtigt, die dritte Zeitphase der Elternzeit aus dringenden betrieblichen Gründen abzulehnen. Zudem wurde für einen Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit wie es ja schon das Teilzeit- und Befristungsgesetz regelt, eine Zustimmungsfiktion eingeführt. Das bedeutet, dass unter den gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen ohne Zustimmung des Arbeitgebers die Arbeitszeit reduziert wird, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird (vgl. zur Zustimmungsfiktion im TzBfG Kapitel 5.6). Die Fristen, in denen der Arbeitgeber den Anspruch ablehnen kann, sind <?page no="108"?> 90 unterschiedlich. In den ersten 3 Jahren tritt die Zustimmungsfiktion bereits nach 4 Wochen ein, zwischen drittem Geburtstag und Vollendung des achten Lebensjahres, kann/ muss der Arbeitgeber den Teilzeitantrag innerhalb von 8 Wochen ablehnen. Eine Ablehnung ist auch hier nur aus dringenden betrieblichen Gründen möglich. Während der Elternzeit darf der Arbeitnehmer nicht mehr als 30 Wochenstunden erwerbstätig sein. 8.4.2 Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit während der Elternzeit Besteht das Arbeitsverhältnis mehr als 6 Monate und beschäftigt der Arbeitgeber mehr als 15 Arbeitnehmer (wobei auch hier wie im TzBfG jeder Arbeitnehmer unabhängig vom Beschäftigungsumfang zählt), hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. Dieser Anspruch kann während der Elternzeit nur abgelehnt werden, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. Solche dringenden betrieblichen Gründe sind die Ausnahme. Die Hürde für den Arbeitgeber, dem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit die Zustimmung zu versagen, ist demnach höher als beim TzBfG, das lediglich betriebliche Gründe verlangt. Will der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit nicht zustimmen, muss er binnen 4 Wochen den Antrag mit schriftlicher Begründung ablehnen. Strittig ist, ob der Arbeitgeber nach Ablauf der 4-Wochen-Frist präkludiert ist, ob ihm also die Möglichkeit genommen ist, dringende betriebliche Gründe gegen den Anspruch des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit geltend zu machen. 8.4.3 Mitteilung der Elternzeit Der Gesetzgeber verlangt zwar, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber 7 Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich mitteilen muss, in welchem Zeitraum die Elternzeit genommen wird. Eine Fristversäumnis hat jedoch nicht den Ausschluss des Anspruchs zur Folge, sondern führt lediglich dazu, dass sich der Beginn der Elternzeit auf einen späteren Zeitpunkt verschiebt. Vielen Arbeitgebern ist auch nicht bewusst, dass der Kündigungsschutz in der Elternzeit bereits 7 Wochen vor Beginn der Elternzeit beginnt und nicht erst mit Beginn der Elternzeit. Die Elternzeit berührt das Arbeitsverhältnis nicht in seinem Bestand. Es entfallen lediglich die wechselseitigen Hauptleistungspflichten, also die Arbeitspflicht und die Vergütungspflicht. Diese Arbeitspflichten ruhen. Somit kann während der Elternzeit auch kein Urlaub gewährt werden und der Arbeitnehmer hat während der Elternzeit keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Ein Anspruch auf Sonderzahlungen wie Gratifikationen, Weihnachtsgelder oder Ähnliches besteht nur, wenn der Arbeitgeber diese <?page no="109"?> 91 Sonderzahlungen unabhängig von einer Gegenleistung in Form der Arbeitsleistung schuldet. 8.5 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) Ziel des TzBfG ist es, die Teilzeitarbeit zu fördern, die Voraussetzung für die Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge festzulegen und die Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten und befristeten beschäftigten Arbeitnehmern zu verhindern. Laut Koalitionsvertrag zwischen den Regierungsparteien CDU, CSU und SPD vom 27.11.2013 ist geplant, im TzBfG zukünftig ein Rückkehrrecht vorzusehen. Demnach sollen Teilzeitbeschäftigte, die sich wegen Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen zu einer zeitlich befristeten Teilzeitbeschäftigung entschieden haben, auf ihren Wunsch wieder zu ihrer früheren Arbeitszeit zurückkehren können. Umgesetzt wurde das bisher noch nicht. § 9 TzBfG wurde nicht geändert und verpflichtet den Arbeitgeber nur dazu, bei der Besetzung von freien Arbeitsplätzen Teilzeitmitarbeiter, die wieder ihre Arbeitszeit verlängern wollen, bei gleicher Eignung bevorzugt zu berücksichtigen. 8.5.1 Verbot der Diskriminierung Gemäß § 4 TzBfG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter. Eine Ungleichbehandlung ist nur dann zulässig, wenn sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung sind dem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht. Dasselbe gilt für befristet beschäftigte Arbeitnehmer. Auch hier sind die Leistungen mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil der Beschäftigungsdauer am Bemessungszeitraum entspricht. Die Beweislast für die Benachteiligung trägt der Arbeitnehmer. Nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast hat der Arbeitnehmer jedoch einen Auskunftsanspruch, wenn er seiner Beweispflicht nicht nachkommen kann, weil er Tatsachen aus der Sphäre des Arbeitgebers darlegen muss, die für ihn unzugänglich sind. Der Arbeitgeber muss darlegen und beweisen, dass die Ungleichbehandlung auf einem sachlichen Grund beruht. 8.5.2 Anspruch auf Teilzeit Eine Besonderheit des TzBfG ist, dass ein Arbeitsvertrag mit einer reduzierten Stundenzahl auch ohne Einverständnis des Arbeitgebers zustande kommt, wenn der Ar- <?page no="110"?> 92 beitnehmer die Verringerung seiner Arbeitszeit konkretisiert und der Arbeitgeber darauf nicht reagiert (vgl. hierzu ausführlich Kapitel A.5.6). 8.5.3 Befristete Arbeitsverträge § 14 TzBfG beschreibt abschließend die Voraussetzungen für Befristungen. § 14 Abs. 1 TzBfG regelt die Befristung mit Sachgrund, § 14 Abs. 2 TzBfG die Befristung ohne Sachgrund. Zu beachten ist, dass der Arbeitsvertrag als unbefristet fortgesetzt gilt, wenn vor Beginn der Tätigkeit nicht ein befristeter Arbeitsvertrag schriftlich abgeschlossen worden ist (§ 14 Abs. 4 TzBfG) oder der Mitarbeiter nach Ablauf der vereinbarten Zeit seine Tätigkeit fortsetzt (§ 15 Abs. 5 TzBfG). Was Sie bei der Befristung von Arbeitsverträgen beachten müssen, ist in Kapitel A.5.6 dargestellt. Beispiel Ein Betrieb hat zwölf vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter. Wegen eines großen Auftrages will der Arbeitgeber für ein Jahr drei weitere Monteure einstellen. Das Arbeitsverhältnis soll am 1. Mai 2013 beginnen. Die Monteure sind schon mehrere Tage an der Baustelle im Einsatz, als am 7. Mai 2013 jeweils beide Parteien die befristeten Arbeitsverträge unterschreiben. Die abgeschlossenen Verträge sind nicht unwirksam, sondern es kommt gemäß § 16 Satz 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande. Eine ordentliche Kündigung ist möglich. Kündigt der Arbeitgeber aber beispielsweise nach sieben Monaten, findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, weil das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. 8.5.4 Arbeit auf Abruf Oftmals ist der Arbeitsanfall nicht kalkulierbar und der Arbeitgeber benötigt Arbeitsleistung auf Abruf. § 12 TzBfG, der die Arbeit auf Abruf regelt, gibt den Unternehmen leider nicht die Flexibilität, die sie eigentlich benötigen. Das Unternehmen kann zwar mit einem Arbeitnehmer einen Vertrag abschließen, der den Mitarbeiter zur Arbeitsleistung auf Abruf verpflichtet. Dieser Arbeitsvertrag muss jedoch grundsätzlich eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit vorsehen. Fehlt es daran, so gilt eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 10 Stunden als vereinbart. Offen bleiben kann allein die Lage der Arbeitszeit. Zudem muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jeweils mindestens 4 Tage im Voraus mitteilen, wann er zur Arbeit erscheinen soll. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers für jeweils mindestens 3 aufeinanderfolgende Stunden in Anspruch nehmen, wenn die Dauer der täglichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist. Gerade in Betrieben, die <?page no="111"?> 93 vom Wetter abhängig sind, wie beispielsweise Biergärten oder Freibäder, lässt sich diese mindestens 4-tägige Ankündigungszeit nicht einhalten. Diese Betriebe können oft aber auch nicht auf freie Mitarbeiter oder Zeitarbeitnehmer zurückgreifen. Im Tarifvertrag können zwar Regelungen zu Lasten des Arbeitnehmers getroffen werden, die dem Arbeitgeber einen größeren Spielraum bei der Planung der Arbeitseinsätze ermöglichen. Jedoch muss auch der Tarifvertrag Regelungen über die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit und die Vorankündigungsfristen vorsehen. Zudem darf nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich nur ein Viertel der vereinbarten Mindestarbeitszeit flexibel abrufbar sein. Dass sich die Arbeitgeber etwa im Einzelhandel in der Praxis deshalb nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten, ist bekannt und wird auch von Politikern kritisiert. Gefragt wären gesetzgeberische Vorgaben, die eine größere Flexibilität für Arbeitgeber zulassen. 8.5.5 Jobsharing Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass mehrere Arbeitnehmer sich die Arbeitszeit an einem Arbeitsplatz teilen (§ 13 TzBfG). Wenn ein Arbeitnehmer an der Arbeitsleistung verhindert ist, dann ist der andere Arbeitnehmer zur Vertretung verpflichtet, wenn er der Vertretung im konkreten Einzelfall zugestimmt hat. Das unterscheidet das echte Jobsharing vom uneigentlichen Jobsharing (Jobsplitting), bei dem keine Vertretungspflicht besteht. Ohne Zustimmung besteht eine Pflicht zur Vertretung nur dann, wenn der Arbeitsvertrag bei Vorliegen dringender betrieblicher Gründe eine Vertretung vorsieht und diese im Einzelfall zumutbar ist. Der Jobsharing-Arbeitsplatz kann ein Vollzeit-, aber auch ein Teilzeitarbeitsplatz sein. Jeder Jobsharer schließt seinen eigenen Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber und verpflichtet sich, dem ihn zugewiesenen Arbeitsplatz in Abstimmung mit dem anderen Partner während der betriebsüblichen Arbeitszeit alternierend zu besetzen. Nachdem die Arbeitnehmer jedoch nicht im Voraus verpflichtet werden können, sich bei Ausfall des anderen gegenseitig zu vertreten, wird die Form des Jobsharing nach § 13 TzBfG selten gewählt. Der Arbeitgeber muss auch berücksichtigen, dass die Arbeitsverhältnisse der Jobsharer voneinander unabhängig sind, er kann also im Fall des Ausscheidens des einen Arbeitnehmers gegenüber dem verbleibenden Arbeitnehmer keine Kündigung aussprechen. Zwischen den Jobsharern untereinander bestehen keine Rechtsbeziehungen, obwohl sie die Pflicht zur ständigen Besetzung des betreffenden Arbeitsplatzes übernommen haben. Auch diese Tatsache verdeutlicht, wie schwierig das Jobsharing in der Praxis durchzuführen ist. 8.6 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion <?page no="112"?> 94 oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. Bei Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot drohen nicht nur dem Arbeitgeber, sondern auch Arbeitnehmern Sanktionen. Die Sanktionsdrohung betrifft insbesondere Führungskräfte. Das AGG fordert, dass der Arbeitgeber im Einzelfall erforderliche und angemessene Maßnahmen trifft, um Diskriminierungen zu unterbinden. Zu diesen Maßnahmen gehören nach § 12 Abs. 3 AGG Abmahnungen, Umsetzungen, Versetzungen und sogar Kündigungen. Es steht dem Arbeitgeber nicht frei, ob er einen Verstoß gegen das AGG verfolgt oder nicht, er muss es tun. Bei der Prüfung, ob eine Sanktion in der konkreten Situation angemessen ist und wenn ja, welche, ist auch die Position des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Je mehr Personalverantwortung ein Mitarbeiter hat, desto höher werden die Sanktionen ausfallen. Ob bei Verletzung des AGG eine Kündigung oder gar außerordentliche Kündigung angemessen ist, hängt davon ab, ob die Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber zumutbar ist. Je nach Schwere des Verstoßes kann auch eine Kündigung ohne Abmahnung zulässig sein. Ein Kündigungsgrund kann beispielsweise sexuelle Belästigung sein; ist die Würde der diskriminierten Person besonders verletzt, ist auch eine fristlose Kündigung gerechtfertigt. Das AGG räumt in § 14 Satz 1 AGG den Arbeitnehmern nicht nur ein Beschwerderecht, sondern darüber hinaus auch ein Leistungsverweigerungsrecht ein, wenn der Arbeitgeber keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen ergreift, um die Diskriminierung am Arbeitsplatz zu beenden. Ferner ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen zu treffen. In der Öffentlichkeit viel diskutiert wurde der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entschädigung und Schadensersatz nach § 15 AGG. Hier kursieren Gerüchte über hohe Entschädigungszahlungen, die vom Arbeitgeber bei Verstoß gegen das AGG zu zahlen wären. Der Schwerpunkt der auf das AGG gestützten Klagen liegt im Bereich der Nichteinstellung. Die befürchtete Klageflut ist ausgeblieben. Bei einem Verstoß gegen das AGG im Einstellungsverfahren sieht § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung vor, die auf 3 Monatsgehälter begrenzt ist, wenn der Mitarbeiter in jedem Fall nicht eingestellt worden wäre. Diese Regelung hat dazu geführt, dass Unternehmen bei der Stellenausschreibung, aber auch bei den Absagen an nicht ausgewählte Bewerber mittlerweile die notwendige Vorsicht walten lassen. Wenn es um einen Verstoß gegen das AGG im laufenden Arbeitsverhältnis geht, ist der zu ersetzende Schaden grundsätzlich unbegrenzt. Bei der Schadenshöhe wird die Schwere des Verstoßes, das Ausmaß des Verschuldens und die Art der Beeinträchtigung berücksichtigt. Wurde wiederholt gegen das AGG verstoßen oder liegt ein Fehlverhalten eines zuvor geschulten Vorgesetzten vor, spielen auch diese Umstände für die Höhe des Entschädigungsanspruches eine Rolle. Dem Entschädigungsanspruch kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen. Das ist etwa dann der Fall, wenn die Ernsthaftigkeit der Bewerbung in Zweifel <?page no="113"?> 95 steht und der Bewerber auf eine Ablehnung spekuliert, um Entschädigungsansprüche geltend machen zu können. Das AGG sieht in § 15 Abs. 4 sehr kurze Ausschlussfristen vor. Ansprüche müssen innerhalb einer Frist von 2 Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Zudem muss die Klage gemäß § 61b ArbGG innerhalb von 3 Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden. Die Frist beginnt allerdings erst von dem Zeitpunkt an zu laufen, zu dem der Arbeitnehmer von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat. Neben den vielen anderen Gesetzen, die eingehalten werden müssen, hat der Arbeitgeber bei seinen Maßnahmen nun auch zu prüfen, ob Pflichten aus dem AGG verletzt werden. Damit kommen weitere unkalkulierbare Haftungsrisiken auf das Unternehmen zu. Die Versicherungsbranche hat inzwischen auf dieses erweiterte Haftungsrisiko reagiert, indem sie spezielle Policen wie zum Beispiel eine sogenannte Employment- Practices-Liability-Versicherung anbietet. Inwieweit sich diese Haftungsrisiken für Unternehmen tatsächlich konkretisieren, ist derzeit nicht absehbar. Die von den Gerichten zugesprochenen Entschädigungsleistungen haben nicht die von den Gegnern des AGG befürchtete Höhe erreicht, da die Gerichte bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung alle Umstände des Einzelfalls, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den benachteiligten Mitarbeiter, den Anlass und Beweggrund des Handelns des Arbeitgebers, aber auch die Größe eines Betriebes berücksichtigen. Im Fall einer Arbeitnehmerin, der im Kleinbetrieb unter Verstoß gegen § 9 MuSchG während der Schwangerschaft gekündigt worden war, hielt das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 12.12.2013 eine Entschädigung in Höhe von 3.000 Euro für angemessen (vgl. BAG, Urt. v. 12.12.2013, Az. 8 AZR 838/ 12). Bei dieser Entscheidung wurde zu Lasten des Arbeitgebers berücksichtigt, dass dieser bewusst und gewollt die Arbeitnehmerin benachteiligt hat. Zunehmen werden allerdings die Entscheidungen zu Lasten des Arbeitgebers wegen Altersdiskriminierung. So entschied z.B. das BAG, dass schon der Hinweis auf eine Pensionsberechtigung im Kündigungsschreiben zu der Vermutung führen kann, dass auch das Alter Motiv für die Kündigung war (vgl. BAG, Urt. v. 23.07.2015, Az. 6 AZR 457/ 14). Arbeitgeber sollten daher vorsichtig sein, was sie in ihre Kündigungen schreiben. Auch hier zeigt sich, wie der Arbeitgeber ohne Notwendigkeit seine Rechtsposition schwächt, wenn er die Kündigung begründet. 8.7 Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) ist die Beschäftigung von Kindern grundsätzlich verboten. Als Kind im Sinne dieses Gesetzes gilt, wer noch nicht 15 Jahre alt ist. <?page no="114"?> 96 Im Rahmen eines Betriebspraktikums während der Vollzeitschulpflicht oder auch in Erfüllung einer richterlichen Weisung sind Ausnahmen möglich. Ferner können Kinder über 13 Jahren mit Einwilligung der Personensorgeberechtigten beschäftigt werden, soweit die Beschäftigung leicht und für Kinder geeignet ist. Allerdings dürfen dabei 2 Stunden täglich nicht überschritten werden und die Arbeit darf nicht zwischen 18 Uhr und 8 Uhr und nicht während des Schulunterrichts ausgeführt werden. Typische Tätigkeiten sind zum Beispiel das Austragen von Zeitungen. Jugendliche, die bereits 15, aber noch nicht 18 Jahre alt sind, dürften nicht mehr als 8 Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Ihre Arbeitszeit muss zwischen 6 Uhr und 20 Uhr liegen und auf höchstens 5 Tage in der Woche verteilt sein. Auch Jugendliche über 16 Jahre dürfen nur unter bestimmten Voraussetzung noch länger arbeiten oder früher anfangen, wie zum Beispiel in Gaststätten bis 22 Uhr und in Bäckereien ab 4 Uhr. Ferner sind Ausnahmen von der grundsätzlich bestehenden Samstags- und Sonntagsruhe für bestimmte Tätigkeiten möglich. Jugendliche haben zudem einen nach Alter abgestuften Urlaubsanspruch, der über den Mindesturlaubsanspruch des Bundesurlaubsgesetzes hinausgeht. Dabei gilt das Alter, das die Jugendlichen jeweils zu Beginn des Kalenderjahres erreicht haben. Gemäß § 19 Abs. 2 JArbSchG haben Jugendliche, die noch nicht 16 Jahre alt sind, einen Mindesturlaubsanspruch von 30 Tagen, den unter 17-Jährigen stehen 27 Tage und den unter 18-Jährigen 25 Werktage zu. Bestimmte gefährliche Tätigkeiten wie z.B. Arbeit mit explosiven oder starkstromführenden Materialien dürfen Jugendliche generell nicht ausführen (vgl. hierzu § 22 JArbSchG). Ferner sind die Vorgaben an die gesundheitliche Betreuung höher als bei Erwachsenen. So darf ein Jugendlicher, der in das Berufsleben eintritt, nur dann beschäftigt werden, wenn er innerhalb der letzten 14 Monate von einem Arzt untersucht und dem Arbeitgeber eine von diesem Arzt ausgestellte Bescheinigung über diese sogenannte Erstuntersuchung vorgelegt worden ist. Ein Jahr nach Aufnahme der ersten Beschäftigung muss sich der Arbeitgeber dann auch eine Bescheinigung über eine sogenannte Nachuntersuchung vorlegen lassen. 8.8 Arbeitsschutzgesetze Zahlreiche Gesetze, Verordnungen, aber auch Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften enthalten Bestimmungen zum Arbeitsschutz, insbesondere zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit. <?page no="115"?> 97 Auch die Prävention bei psychischen Belastungen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die große Koalition plant die notwendigen Maßnahmen in einer Verordnung zum Schutz vor Gefährdung durch psychische Belastung bei der Arbeit zu konkretisieren. Eine Führungskraft sollte neben den in ihrer Branche geltenden speziellen Vorschriften in jedem Fall die in diesem Kapitel näher vorgestellten Gesetze kennen. 8.8.1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) gilt für alle Arbeitnehmer mit Ausnahme von Hausangestellten in privaten Haushalten und Beschäftigten auf Seeschiffen sowie in Betrieben, die dem Bundesberggesetz unterliegen. Dieses Gesetz regelt unter anderem die Pflicht des Arbeitgebers zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung der einzelnen Arbeitsplätze und zur Dokumentation dieser Beurteilungen. Auch die Berücksichtigung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz ist nunmehr im Arbeitsschutzgesetz festgeschrieben. § 4 Nr. lautet jetzt: Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden werden. Es hat also auch eine psychische Gefährdungsbeurteilung zu erfolgen. Bei der Gefährdungsbeurteilung sind so viele Beurteilungen anzustellen, wie es Arten von Tätigkeiten gibt. Kleinbetriebe mit bis zu 10 Beschäftigten trifft keine Dokumentationspflicht. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass besonders gefährliche Arbeitsbereiche nur denjenigen Beschäftigten zugänglich sind, die zuvor geeignete Anweisungen erhalten haben. Weitergehende Pflichten werden in verschiedenen Verordnungen wie der Druckluftverordnung oder der Gefahrstoffverordnung geregelt. Ferner ist der Arbeitgeber verpflichtet, Vorkehrungen im Hinblick auf unmittelbare erhebliche Gefahren zu treffen. Neben der Unterrichtung der Arbeitnehmer über die notwendigen Schutzmaßnahmen muss der Arbeitnehmer in die Lage versetzt werden, ohne den zuständigen Vorgesetzen selbst die geeigneten Maßnahmen ergreifen zu können. Zudem ist der Arbeitgeber verpflichtet, je nach Betrieb Maßnahmen zu treffen, die zur Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung der Beschäftigten erforderlich sind. Dabei hat der Arbeitgeber diejenigen Beschäftigten zu benennen, die die Aufgaben der Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung wahrnehmen sollen. Konkretisierungen dieser Pflichten finden sich in der Arbeitsstättenverordnung sowie in den Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft sowie in der Arbeitsstättenrichtlinie. Insbesondere wird in § 6 der Berufsgenossenschaftlichen Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit - Erste Hilfe (BGV A5) - geregelt, wie viele Ersthelfer je nach Unternehmensgröße vom Arbeitgeber benannt werden müssen. Der Arbeitgeber muss es den Beschäftigten ermöglichen, sich auf eigenen Wunsch einer arbeitsmedizinischen Untersuchung zu unterziehen, wenn die Art der Arbeit die Gefahr von Gesundheitsschäden mit sich bringt. Er ist aber nicht verpflichtet, die Be- <?page no="116"?> 98 schäftigten von sich aus arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen, es sei denn, spezifische Verordnungen für bestimmte gefährdende Tätigkeiten sehen eine Pflichtuntersuchung vor. Auch die allgemeine Unterweisungspflicht des Arbeitgebers wird im ArbSchG geregelt. Konkretere Unterweisungspflichten ergeben sich auch hier aus verschiedenen Verordnungen wie etwa der Lastenhandhabungsverordnung. Für Führungskräfte ist § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG von besonderer Bedeutung. Diese Norm regelt, dass nicht nur die gesetzlichen Vertreter und Organe für die Einhaltung des ArbSchG verantwortlich sind, sondern auch die Personen, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragt sind. Die persönliche Haftung trifft die leitenden Angestellten im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse. Das wird nicht für jede Führungskraft zutreffen, weil nicht jede Führungskraft Aufgaben und Befugnisse hat, die für den Arbeitsschutz von Bedeutung sind. Ein Betriebsleiter beispielsweise ist aber in jedem Fall auch Verantwortlicher im Sinne des ArbSchG (vgl. hierzu Kapitel A.10.6). Dem Arbeitgeber steht die Möglichkeit offen, weitere fachkundige Personen schriftlich damit zu beauftragen, die Aufgaben nach dem ArbSchG wahrzunehmen. 8.8.2 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) Der Arbeitgeber muss schriftlich Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellen, soweit dies im Hinblick auf Betriebsart und Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer, Betriebsorganisation und Kenntnisse des Betriebsinhabers oder anderer verantwortlicher Personen in Fragen des Arbeitsschutzes erforderlich ist. Fachkräfte für Arbeitssicherheit können nur Personen sein, die über eine bestimmte Ausbildung verfügen. Auch der Betriebsarzt wird vom Unternehmen schriftlich bestellt. Es handelt sich dabei entweder um einen externen Arzt oder um einen Angestellten des Unternehmens. Die Einzelheiten werden durch Vorschriften der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung geregelt. Die Einsatzzeit des Betriebsarztes ist abhängig von der Anzahl der Mitarbeiter und den Belastungen, denen diese bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind. Die Mindesteinsatzzeiten werden dem Arbeitgeber von seinem zuständigen gesetzlichen Unfallversicherungsträger vorgegeben. Sowohl Betriebsärzte als auch Fachkräfte für Arbeitssicherheit sind bei der Anwendung ihrer arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Fachkunde weisungsfrei. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben müssen sie mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten. <?page no="117"?> 99 8.8.3 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) In der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) wird festgelegt, welche grundsätzlichen Anforderungen Arbeitsstätten insbesondere in Bezug auf Lüftung, Temperatur und Mindestbeleuchtung erfüllen müssen. Konkretisiert werden diese Vorgaben durch die einzelnen technischen Regeln für Arbeitsstätten, aber auch durch Verordnungen wie zum Beispiel die Lärm- und Vibrationsarbeitsschutzverordnung. Ein Verstoß gegen die ArbStättV stellt dann eine Straftat dar, wenn durch eine vorsätzliche Handlung das Leben oder die Gesundheit von Beschäftigten gefährdet wird. Dies kann schon dann der Fall sein, wenn Verkehrswege, Fluchtwege und Notausgänge nicht freigehalten werden. 8.8.4 Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) Die Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) regelt die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten. Den Arbeitnehmern müssen danach in regelmäßigen Zeitabständen Untersuchungen der Augen und des Sehvermögens angeboten werden. Bildschirmarbeitsplätze unterliegen auch der nach § 5 ArbSchG durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung. In einem Anhang zur Bildschirmarbeitsverordnung werden die Anforderungen konkretisiert, die in Bezug auf Bildschirmgerät und Tastatur, sonstige Arbeitsmittel, Arbeitsumgebung und Zusammenwirken von Mensch und Arbeitsmittel an Bildschirmarbeitsplätze zu stellen sind. 8.9 Berufsgenossenschaftliche Vorschriften für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (BGV) Die Berufsgenossenschaftlichen Vorschriften (BGV), früher auch Unfallverhütungsvorschriften (UVV) genannt, legen für jedes Unternehmen und jeden Versicherten der gesetzlichen Unfallversicherung Pflichten bezüglich der Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz fest. Diese Bestimmungen werden von den deutschen Berufsgenossenschaften erlassen. Sie sind für alle Mitglieder der jeweiligen Berufsgenossenschaft verbindlich. Die Berufsgenossenschaften sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Für die ihnen zugewiesenen Unternehmen besteht Pflichtmitgliedschaft. Als wichtigste Berufsgenossenschaftliche Vorschrift gilt die BGV A1 - Grundsätze der Prävention, die am 01.01.2004 in Kraft getreten ist. Durch diese Vorschrift wurden viele ältere Unfallverhütungsvorschriften außer Kraft gesetzt. In der Praxis gelten die Unfallverhütungsvorschriften aber teilweise als Referenz für den jeweiligen Stand der <?page no="118"?> 100 Technik weiter. Ziel war und ist es, auf Detailvorschriften zu verzichten, Der Arbeitgeber ist damit eigenverantwortlich, wie er den Arbeitsschutz im Unternehmen konkret umsetzt. Ergänzt werden die BGV von den Berufsgenossenschaftlichen Regeln (BGR), den Berufsgenossenschaftlichen Informationen (BGI) sowie den Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen (BGG). Seit 2007 werden mehr und mehr Vorschriften der Berufsgenossenschaften (sowohl BGV als auch BGR und BGI) zurückgezogen und durch die sogenannten Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS), die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als zuständigen Fachministerium bekannt gegeben werden, ersetzt. Eine Doppelregulierung sollte damit beseitigt werden. 8.10 Technische Regeln und Normen Technische Regeln und Normen sind keine Rechtsnormen. Diese Regeln konkretisieren aber oftmals Verordnungen, wie das beispielsweise bei den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) der Fall ist, die zur Konkretisierung der Betriebssicherheitsverordnung dienen, die wiederum die deutsche Umsetzung der europäischen Arbeitsmittelrichtlinie darstellt. In diesen Regeln werden aber keine technischen Details beschrieben. Um den Stand der Technik einzuhalten, müssen daher neben den gesetzlichen Vorgaben auch die Empfehlungen von Verbänden wie VDI, VDE oder VDMA, die (teilweise nicht mehr geltenden) Unfallverhütungsvorschriften sowie aktuelle Informationen der Berufsgenossenschaften und nicht zuletzt die DIN-,EN- oder ISO-Normen herangezogen werden. Eine DIN-Norm ist ein unter Leitung eines Arbeitsausschusses im Deutschen Institut für Normung e.V. (DIN) erarbeiteter freiwilliger Standard. DIN-Normen entstehen auf Anregung und durch die Initiative interessierter Kreise. Die sogenannten ISO-Normen und EN-Normen sind auf internationaler Ebene erarbeitete Standards, die teilweise auch als DIN-Norm übernommen werden. DIN-Normen basieren auf den gesicherten Ergebnissen von Wissenschaft, Technik und Erfahrung und dienen der Allgemeinheit. Grundsätzlich handelt es sich bei den DIN-Normen um private Regelwerke mit Empfehlungscharakter. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, sich nach diesen Normen zu richten. Sie können, aber sie müssen nicht angewendet werden, zumal sie auch nicht immer dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Gelegentlich allerdings macht sich der Gesetzgeber das Vorhandensein zweckdienlicher Normen zunutze und legt deren zwingende Anwendung durch Gesetze oder Verordnungen fest. Oftmals werden auch bei Verträgen, insbesondere durch die Leistungsbeschreibungen, solche „privaten“ Normen zum Vertragsbestandteil gemacht. Der Beuth Verlag als Tochterunter- <?page no="119"?> 101 nehmen des DIN vertreibt die nationalen und internationale Normen sowie weitere technische Regelwerke. Neben dem Arbeitgeber sind unter bestimmten Voraussetzungen auch Führungskräfte für die Umsetzung der Arbeitssicherheit im Betrieb verantwortlich. Auch eine Führungskraft muss daher je nach Einzelfall Kenntnis nicht nur von den jeweils relevanten Gesetzen und Verordnungen, sondern auch von den Vorschriften der Berufsgenossenschaften, den Technischen Regeln sowie den Normen in ihrem Bereich haben und in ihrem Verantwortungsbereich auch umsetzen. Je nach Funktion und je nachdem, in welchem Umfang der Führungskraft welche Pflichten übertragen worden sind, haftet sie, wenn sie diese Vorgaben nicht beachtet (vgl. hierzu Kapitel A.10.6). 8.11 Tarifvertragsgesetz Nicht nur Gesetze und Verordnungen, sondern auch Tarifverträge haben maßgeblich Einfluss auf die Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis. Es gibt Vorschriften, von denen weder zugunsten noch zuungunsten von Arbeitnehmern abgewichen werden kann. Viele Vorschriften sind jedoch tarifdispositiv; das bedeutet, dass von diesen Regelungen zwar nicht durch Arbeitsvertrag, aber durch Tarifvertrag abgewichen werden kann. So können beispielsweise die Kündigungsfristen zu Lasten des Arbeitnehmers durch Tarifvertrag in erheblichem Maße verkürzt werden. Will man im konkreten Fall prüfen, welche Vorgaben ein Arbeitsverhältnis bestimmen, so genügt daher nicht allein der Blick in das Gesetz. Vielmehr ist auch zu klären, ob ein Tarifvertrag Anwendung findet, sei es weil er allgemeinverbindlich erklärt wurde, sei es weil sich seine Geltung aus der Zugehörigkeit des Unternehmens zum Arbeitgeberverband und des Mitarbeiters zu der den Tarifvertrag abschließenden Gewerkschaft oder aus einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ergibt. Die Große Koalition sieht in ihrem Koalitionsvertrag vom 27.11.2013 vor, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen zu erleichtern. Im Tarifautonomiestärkungsgesetz, das vom Bundestag am 03.07.2014 verabschiedet worden ist und dem der Bundesrat am 11.07.2014 zugestimmt hat, ist dies umgesetzt worden. Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung ist künftig immer dann möglich, wenn dies die Sozialpartner auf Branchenebene und auf Ebene der Spitzenverbände gemeinsam für erforderlich erachten und dies im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Die Verbreitung eines Tarifvertrags spielt im Rahmen der Prüfung des öffentlichen Interesses weiterhin eine wichtige Rolle. Das bislang geltende starre 50 Prozent- Quorum wird jedoch nicht mehr als Voraussetzung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung notwendig sein. <?page no="120"?> 102 In Zukunft kann also ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt werden, auch wenn die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht 50 Prozent der in den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen. Soweit ein Tarifvertrag nicht allgemeinverbindlich ist, können in einem Unternehmen verschiedene rechtliche Grundlagen das Arbeitsverhältnis in der Weise bestimmen, dass für manche Arbeitnehmer der Tarifvertrag Anwendung findet und für manche Arbeitnehmer nicht. In einem Betrieb können aber nicht nur Unterschiede hinsichtlich tarifgebundener und nicht tarifgebundener Arbeitnehmer bestehen, sondern es können auch unterschiedliche tarifvertragliche Vorschriften für die Arbeitnehmer Anwendung finden, weil verschiedene Tarifverträge gelten. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber übergeht und der übergehende Betrieb einem anderen Tarifvertrag unterliegt, als das Unternehmen, das den Betriebsteil erwirbt. Die Große Koalition hat sich daher zum Ziel gesetzt, die Tarifeinheit gesetzlich zu regeln. Der Koalitionsvertrag vom 27.11.2013 sieht deshalb vor, dass der Grundsatz der Tarifeinheit nach dem betriebsbezogenen Mehrheitsprinzip unter Einbindung der Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gesetzlich festgeschrieben wird, „um den Koalitions- und Tarifpluralismus in geordnete Bahnen zu lenken“. Es soll dann der Tarifvertrag im Unternehmen gelten, an den die Mehrzahl der Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb gebunden ist. Im Tarifautonomiestärkungsgesetz wurde aber keine Regelung zur Tarifeinheit aufgenommen. Die genaue Kenntnis der im jeweiligen Unternehmen geltenden Tarifverträge ist daher sehr wichtig. Auch bei der Planung neuer Maßnahmen, wie beispielsweise der Einführung neuer Arbeitszeitmodelle, muss daher vorher geprüft werden, welche gesetzlichen Vorgaben für welche Arbeitnehmer gelten. 8.12 Das Nachweisgesetz (NachwG) Das Nachweisgesetz regelt, dass der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen hat. Ein Verstoß dagegen führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages. Nach wie vor werden viele Verträge mündlich geschlossen, ohne dass es irgendwelche Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Arbeitsverhältnisses hätte. Die Tatsache, dass ein Vertrag nicht schriftlich abgeschlossen worden ist, kann sich jedoch im Streitfall zugunsten des Arbeitnehmers auswirken, weil ihm zumindest im einstweiligen Verfügungsverfahren Beweiserleichterungen eingeräumt werden. Dies <?page no="121"?> 103 ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Arbeitnehmer den Arbeitslohn einklagt. Allerdings führt das Fehlen einer schriftlichen Vereinbarung nicht zur Beweislastumkehr. Für die Höhe des vereinbarten Lohnes bleibt grundsätzlich der Arbeitnehmer beweislastpflichtig. Beispiel Ein Arbeitnehmer klagt im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens auf Lohnnachzahlung. Er trägt vor, es sei ein Stundenlohn von 10 Euro netto vereinbart worden, der Arbeitgeber geht hingegen von 10 Euro brutto aus. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht geschlossen. Die Verletzung des Nachweisgesetzes führt dazu, dass zumindest im einstweiligen Verfügungsverfahren die bloße Behauptung des Arbeitnehmers genügt, es seien 10 Euro netto pro Stunde vereinbart worden, dass seinem Antrag stattgegeben wird. Im Hauptsacheverfahren muss der Arbeitnehmer letztendlich aber doch beweisen, dass 10 EURO netto pro Stunde vereinbart worden sind. Durch andere Gesetze wie z.B. das Mindestlohngesetz sind weitere Dokumentationspflichten des Arbeitgebers geschaffen worden. So ist der Arbeitgeber gem. § 17 I Mindestlohngesetz verpflichtet, in bestimmten Branchen, wie z.B. im Bau- oder Gastgewerbe Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens 2 Jahre aufzubewahren. 8.13 Berufsbildungsgesetz (BBiG) Die Arbeitsverhältnisse der Auszubildenden werden im Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt. Mit dem Auszubildenden ist ein Berufsausbildungsvertrag zu schließen. Grundsätzlich sind für den Berufsausbildungsvertrag die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften entsprechend anzuwenden. Möglich ist auch, dass mehrere natürliche oder juristische Personen in einem Ausbildungsverbund jemanden ausbilden. Ähnlich wie das NachwG fordert das BBiG, dass die wesentlichen Regelungen spätestens vor Beginn der Berufsausbildung schriftlich niederzulegen sind. Bestimmte Vereinbarungen, die in einem „normalen“ Arbeitsverhältnis grundsätzlich möglich sind, sind in einem Ausbildungsvertrag nichtig, wie beispielsweise die Vereinbarung von Vertragsstrafen. 8.13.1 Pflichten der Ausbildenden Die Pflichten der Ausbildenden werden in § 14 BBiG geregelt. Dazu gehört insbesondere, dass dem Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel zur Verfügung gestellt werden und der Arbeitgeber dafür zu sorgen hat, dass dem Auszubildenden die <?page no="122"?> 104 berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist. 8.13.2 Vergütung Die Auszubildenden haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Diese Vergütung ist unpfändbar. Die Höhe der Vergütung kann durch Tarifvertrag bestimmt werden. Fehlt eine tarifliche Regelung, sind auch die Empfehlungen von Kammern und Innungen zu berücksichtigen. Bei der Bemessung der Höhe der Vergütung kommt es nicht auf die individuellen Lebensumstände des Auszubildenden an, auch nicht auf eine besonders schwierige finanzielle Situation des Ausbildungsbetriebes. Ob eine Vergütung angemessen ist, bestimmt sich alleine danach, ob ein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen den Aufwendungen beider Parteien für die Durchführung des Ausbildungsverhältnisses besteht. Ein Unterschreiten der tariflichen Vergütung um mehr als 20 % wird dabei in der Regel als unangemessene Vergütung anzusehen sein. Die Vergütung muss ferner mindestens jährlich ansteigen. Maßgeblich ist dabei das Ausbildungsjahr, nicht das Kalenderjahr. Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition von 27.11.2013 ist zwar nicht explizit niedergelegt, dass der künftige gesetzliche Mindestlohn nicht für Ausbildungsverträge gelten soll. Das Mindestlohngesetz (MiLoG), das am 11.08.2014 in Kraft getreten ist, regelt jedoch in § 22 III MiLoG, dass für Auszubildende in Zukunft kein Anspruch auf Mindestlohn bestehen wird. Die Regierung begründet die fehlende Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung eines Mindestlohnes damit, dass das Ausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis sei und deswegen kein Anspruch auf Mindestlohn bestehe. 8.13.3 Probezeit Besonderheiten bestehen ferner für die Vereinbarung der Probezeit. Diese muss gemäß § 20 BBiG mindestens einen Monat, darf aber höchstens 4 Monate betragen. Ob ein vorgeschaltetes Arbeitsverhältnis auf die Probezeit angerechnet wird, kommt auf die Art der Tätigkeit an. So wird die Beschäftigung als Praktikant unmittelbar vor Beginn der Ausbildungszeit, aber auch ein „normales“ Arbeitsverhältnis, das vereinbarungsgemäß in ein Ausbildungsverhältnis münden soll, auf die Ausbildungszeit angerechnet. 8.13.4 Ende des Ausbildungsverhältnisses Das Berufsausbildungsverhältnis endet mit dem Ablauf der Ausbildungszeit. Dies bestimmt sich nach der jeweiligen Ausbildungsordnung. Besteht der Auszubildende vor <?page no="123"?> 105 Ablauf der Ausbildungszeit die Abschlussprüfung, so endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bekanntgabe der Ergebnisse durch den Prüfungsausschuss. Wird das Arbeitsverhältnis nach Beendigung fortgesetzt, so gilt dasselbe wie bei den befristeten Arbeitsverhältnissen: Wenn der Auszubildende am folgenden Arbeitstag erscheint und mit Wissen und Willen des Arbeitsgebers tätig wird, wird ein weiteres, auf unbestimmte Zeit geschlossenes Arbeitsverhältnis begründet. 8.13.5 Kündigung Das Ausbildungsverhältnis kann nach der Probezeit vom Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Nur unter sehr erschwerten Bedingungen sind Pflichtverstöße des Auszubildenden als unzumutbar für den Arbeitgeber zu bewerten, weil auch das jugendliche Alter des Auszubildenden zu seinen Gunsten zu berücksichtigen ist. Es besteht auch die Möglichkeit, ein außergerichtliches Güteverfahren zum Beispiel bei den Industrie- und Handelskammern (IHK) einzuleiten. Gemäß § 626 Abs. 2 BGB ist eine fristlose Kündigung innerhalb von 14 Tagen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes auszusprechen. Diese 2-Wochen-Frist wird dann bis zur Beendigung des außergerichtlichen Güteverfahrens gehemmt. Will der Auszubildende gegen die Kündigung vorgehen, so gilt als unverzichtbare Prozessvoraussetzung für die Klage die Anrufung des Schlichtungsausschusses, der bei der Handwerksinnung bzw. bei der IHK gebildet wird. 8.14 Sozialgesetzbuch IX (SBB IX): Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen Behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent genießen im Arbeitsrecht einen besonderen Schutz nach dem SGB IX. Auch Menschen mit einem Grad der Behinderung von 30 bis 50 % können auf Antrag von der Agentur für Arbeit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge der Behinderung einen geeigneten Arbeitsplatz ohne die Gleichstellung nicht erlangen oder nicht behalten können. Grundsätzlich ist jeder Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich monatlich mindestens 20 Arbeitsplätzen verpflichtet, wenigstens 5 % der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, pro unbesetzten Pflichtarbeitsplatz eine Ausgleichsabgabe zu zahlen, die im Jahr 2014 je nach Größe des Betriebes und Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Menschen zwischen 115 Euro und 290 Euro pro Monat lag. <?page no="124"?> 106 Für schwerbehinderte Arbeitnehmer gelten Sonderregelungen, die im Folgenden näher erläutert werden. 8.14.1 Kündigungsschutz Zustimmung des Integrationsamtes Das Integrationsamt soll die Integration schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben fördern. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten oder eines gleichgestellten Arbeitnehmers ist nur wirksam, wenn das Integrationsamt der Kündigung noch vor deren Ausspruch zugestimmt hat. Dies gilt sowohl für die ordentliche als auch für die außerordentliche Kündigung sowie für eine Änderungskündigung. Bei ordentlichen Kündigungen beträgt zudem die Mindestkündigungsfrist 4 Wochen, auch wenn ein Tarifvertrag kürzere Kündigungsfristen vorsieht. Selbst wenn der Arbeitgeber die Schwerbehinderungseigenschaft nicht kennt, wird die Kündigung unwirksam, wenn der Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung die Schwerbehinderung mitteilt. Diese Frist ist auch dann gewahrt, wenn der Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erhebt und sich hierbei auf seine Schwerbehinderung beruft (vgl. auch Kapitel A.5.2.1). Diese Sonderrechte kann der Schwerbehinderte jedoch nur dann wahrnehmen, wenn das Arbeitsverhältnis bei Zugang der Kündigung länger als 6 Monate bestand. Das Erfordernis der Zustimmung stellt zwar für den schwerbehinderten Mitarbeiter einen zusätzlichen Rechtsschutz dar, hat aber ähnlich wie andere Schutzgesetze dazu geführt, dass es für diesen besonders geschützten Personenkreis schwieriger ist, einen Arbeitsplatz zu finden. Fiktion der Zustimmung Das Integrationsamt gibt manchmal (bewusst) keine Stellungnahme ab. Grundsätzlich ist die Kündigung nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes zulässig. Eine außerordentliche Kündigung ist jedoch zulässig, wenn das Integrationsamt nicht innerhalb von 2 Wochen nach Zugang des Antrages reagiert. Dann gilt nach Ablauf der Frist die Zustimmung als erteilt (Fiktion der Zustimmung). Unter bestimmten Voraussetzungen gilt auch bei ordentlichen Kündigungen die Zustimmung zur Kündigung als erteilt, wenn das Integrationsamt keine Stellungnahme abgibt (vgl. hierzu §§ 88 und 89 SGB IX). Wird die Zustimmung nicht erteilt, kann der Arbeitgeber dagegen Widerspruch einlegen. <?page no="125"?> 107 Kündigungsfrist nach Zustimmung Auch eine weitere Frist sollte der Arbeitgeber unbedingt beachten: Erteilt das Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung, kann der Arbeitgeber die Kündigung nur innerhalb eines Monats nach dieser Zustimmung erklären. Lässt der Arbeitgeber diese Frist verstreichen, dann ist die Kündigung allein wegen dieses Fristversäumnisses bereits unwirksam (vgl. hierzu auch Kapitel A.5.2.1). Prüfungsmaßstab des Integrationsamtes Das Integrationsamt hat bei seiner Entscheidung nur zu prüfen, ob und inwieweit die Kündigung im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Ferner prüft das Amt, ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Betrieb besteht. Das Integrationsamt hört dazu die Beteiligten an, insbesondere den Arbeitnehmer. In der Praxis werden die eingehenden Schriftsätze des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers jeweils ausgetauscht, damit jeder die Gelegenheit hat, zu dem Vortrag des anderen Stellung zu nehmen. Das Integrationsamt holt auch immer eine Stellungnahme des Betriebsrats oder des Personalrats und - soweit vorhanden - der Schwerbehindertenvertretung ein. Die übrigen Kündigungsvoraussetzungen, wie zum Beispiel eine ordnungsgemäße Sozialauswahl oder aber auch der Wegfall des Arbeitsplatzes, ist nicht Gegenstand der Prüfung durch das Integrationsamt. Nur bei offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung kann die Zustimmung verweigert werden. Auch bei einer verhaltensbedingten Kündigung hat das Integrationsamt nur zu prüfen, inwieweit die Behinderung ursächlich für die Pflichtverletzung ist. Die Beendigung des Arbeitsvertrages durch Aufhebungsvertrag bedarf grundsätzlich nicht der Zustimmung des Integrationsamtes und ist dem Arbeitgeber daher zu empfehlen. 8.14.2 Zusatzurlaub Schwerbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung (GDB) von 50 oder mehr erhalten einen Zusatzurlaub von einer Arbeitswoche im Jahr (§ 125 SGB IX). Umfasst eine Arbeitswoche 5 Arbeitstage, dann stehen dem schwerbehinderten Arbeitnehmer 5 Tage Zusatzurlaub zu, bei einer Arbeitswoche von 6 Arbeitstagen dementsprechend 6 Tage Zusatzurlaub. Manche Tarifverträge sehen jedoch mehr Zusatzurlaubstage vor. <?page no="126"?> 108 8.14.3 Mehrarbeit, Schicht- und Nachtarbeit Generell sind schwerbehinderte Arbeitnehmer nicht von der Mehrarbeit oder dem Schicht- und Nachtdienst befreit. Eine Befreiung im konkreten Fall kann sich jedoch aus behinderungsbedingten Gründen ergeben. Auf Verlangen sind diese Mitarbeiter gemäß § 124 SGB IX von der Mehrarbeit freizustellen. 8.14.4 Verringerung der Arbeitszeit Die Voraussetzungen für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit richten sich nach dem TzBfG. In § 81 Abs. 5 SGB IX wird zusätzlich geregelt, dass schwerbehinderte Menschen dann einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung haben, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen der Art und Schwere der Behinderung notwendig und dem Arbeitgeber zumutbar ist. Diese Vorschrift wird dann relevant, wenn der schwerbehinderte Arbeitnehmer in einem Kleinunternehmen mit bis zu fünfzehn Mitarbeitern tätig ist oder das Beschäftigungsverhältnis noch nicht 6 Monate bestanden hat. Im Gegensatz zum TzBfG, das diese Tatsachen als Voraussetzung für die Anwendbarkeit normiert, findet § 81 Abs. 5 SGB IX auch im Kleinunternehmen und auch für einen Mitarbeiter, der noch keinen Kündigungsschutz erworben hat, Anwendung. Aus dieser Vorschrift folgt daher grundsätzlich ein Anspruch auf Wechsel in eine Teilzeittätigkeit auch in Kleinbetrieben, weil der Arbeitgeber dem Teilzeitbegehren nur entgegentreten kann, wenn er nachweist, dass die Verringerung für ihn nicht zumutbar ist oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre. 8.14.5 Leistungen für den Arbeitgeber Um die Beschäftigung schwerbehinderter Arbeitnehmer zu fördern, erhalten Arbeitgeber vom Integrationsamt Leistungen zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben. Der Arbeitgeber muss dabei berücksichtigen, dass die Hilfen bereits vor Beginn der Maßnahme bzw. vor dem Kauf des Hilfsmittels beantragt werden müssen. Die Leistungen werden je nach Umständen des Einzelfalls als Zuschuss oder als Darlehen erbracht. 8.15 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) Aufgrund der beschriebenen Pflichten und Risiken bei der Einstellung von Mitarbeitern greifen viele Arbeitgeber auf Leiharbeitnehmer zurück. Schon im Koalitionsvertrag vom 27.11.2013 hat sich die Koalition das Ziel gesetzt, angeblichen „Missbrauch“ von Werkvertragsgestaltungen zu verhindern und die Leiharbeit auf ihre „Kernfunktion zu orientieren“. So steht es nunmehr auch im Referen- <?page no="127"?> 109 tenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit zum Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vom 17.02.2016, der am 01.06.2016 im Bundeskabinett beschlossen wurde. Die Regelungen sollen zum 01.07.2017 in Kraft treten. Wesentliche Änderungen bestehen darin, dass die Überlassungshöchstdauer in Zukunft gesetzlich auf 18 Monate festgelegt werden soll. Der Gesetzesentwurf sieht allerdings vor, dass abweichende Lösungen durch einen Tarifvertrag zwischen den Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche oder bei nicht tarifgebundenen Unternehmen durch eine Betriebsvereinbarung aufgrund eines solchen Tarifvertrages vereinbart werden können. Bisher bestand für den Arbeitgeber Rechtssicherheit dahingehend, dass Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb bei der Ermittlung der für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes maßgeblichen Zahl der Mitarbeiter nicht berücksichtigt werden. Nach der mittlerweile geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts werden nun auch Leiharbeitnehmer in die Berechnung der Beschäftigtenzahl einbezogen, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel vorhandenen Personalbedarf“ beruht (vgl. Kapitel A.5.2.2). 8.15.1 Erlaubnispflicht Jeder, der als Verleiher Dritten Leiharbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung überlässt, bedarf der Erlaubnis. Hat der Entleiher nicht die erforderliche Erlaubnis, dann sind die Verträge zwischen Entleiher und Verleiher unwirksam. Die Folge ist, dass nach § 10 Abs. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher fingiert wird. Dass sich dieses Risiko für den Entleiher auch dann konkretisieren kann, wenn zwischen „Entleiher“ und „verleihendem“ Unternehmen keine Arbeitnehmerüberlassung, sondern ein Werkvertrag vereinbart worden ist, zeigte eine erfolgreiche Klage von zwei IT-Experten gegen die Daimler AG. Diese „freien“ Mitarbeiter waren jahrelang bei der Daimler AG im Auftrag einer GmbH tätig, die nicht über die Berechtigung zur Arbeitnehmerüberlassung verfügte. Das LAG Stuttgart urteilte, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen der Daimler AG und den IT-Technikern zustande gekommen ist, weil es sich bei der Vertragsbeziehung zwischen Daimler AG und dem Auftraggeber der IT-Techniker um Scheinwerkverträge gehandelt habe. 28 Hätte die GmbH, in deren Auftrag die „freien“ Mitarbeiter tätig gewesen sind, die Berechtigung zur Arbeitnehmerüberlassung gehabt, dann wäre das Arbeitsverhältnis nicht zum „Entleiher“ fingiert worden. Aber auch diese Möglichkeit soll in Zukunft 28 Vgl. LAG Stuttgart, Urteil v. 01.08.2013, Az. 2 Sa 6/ 13. <?page no="128"?> 110 nicht mehr bestehen. Ziel der Bundesregierung ist es auch hier, die Möglichkeiten des Arbeitgebers einzuschränken. Die nach Ansicht des Bundesarbeitsministeriums in diesen Fällen vorliegende rechtswidrige „verdeckte“ Arbeitnehmerüberlassung soll verhindert werden. Der Auftraggeber, der eine Leiherlaubnis hat, soll in Zukunft mit dem Auftraggeber, der über keine Leiherlaubnis verfügt, gleichgestellt werden. Die Vorgabe zu dieser Regelung findet sich im Koalitionsvertrag. So wird im Koalitionsvertrag vom 27.11.2013 ausgeführt, dass der gesetzliche Arbeitsschutz für Werkvertragsarbeitnehmer sichergestellt werden muss. Schon im September 2013 hat der Bundesrat einen Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen und zur Verhinderung der Umgehung von arbeitsrechtlichen Verpflichtungen beschlossen, der der damaligen Bundesregierung zugeleitet wurde. Der Entwurf sah u.a. vor, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der Weise geändert wird, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer auch bei Vorhandensein einer Erlaubnis des Verleihers fingiert wird, wenn die Überlassung des Leiharbeitnehmers nicht eindeutig als Arbeitnehmerüberlassung kenntlich gemacht und als solche bezeichnet wird und die Person des Leiharbeitnehmers nicht konkretisiert worden ist. Auch der Referentenentwurf vom 17.02.2016 enthält trotz großen Widerstandes aus der Wirtschaft diese Regelung, die nun in § 9 AÜG übernommen werden soll. 8.15.2 Equal Pay Unter Equal Pay versteht man die Vorgabe nach § 9 Nr. 2 AÜG, wonach einem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher ein Arbeitsentgelt in gleicher Höhe zu zahlen ist wie einem vergleichbaren angestellten Arbeitnehmer des Entleihers. Das AÜG eröffnet jedoch die Möglichkeit, durch Tarifverträge von dem Grundsatz der gleichen Bezahlung abzuweichen. Davon ist in der deutschen Zeitarbeitsbranche flächendeckend Gebrauch gemacht worden. Allerdings hatten viele Unternehmen Tarifverträge mit der christlichen Gewerkschaft CGZP geschlossen, deren Tarifverträge vom Bundesarbeitsgericht für ungültig erklärt worden sind. Das Bundesarbeitsgericht ging noch weiter und urteilte, dass diese Gewerkschaft nie tariffähig gewesen sei. In der Folge mussten die Zeitarbeitsfirmen nicht nur Löhne, sondern auch Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Im Koalitionsvertrag vom 27.11.2013 ist jedoch geregelt, dass Leiharbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsentgeltes den Stammarbeitnehmern spätestens nach 9 Monaten gleichgestellt werden müssen. Im Referentenentwurf des BMAS, der nun auch vom Bundeskabinett am 01.06.2016 beschlossen worden ist, ist diese Vorgabe des Koalitionsvertrages übernommen und konkretisiert worden. Eine Verpflichtung zur Gleich- <?page no="129"?> 111 stellung mit den Stammmitarbeitern des Entleiherbetriebes besteht nur dann nicht, wenn durch (Branchen-) Zuschlagstarifverträge sichergestellt wird, dass Leiharbeitnehmer stufenweise an ein Arbeitsentgelt herangeführt werden, das von den Tarifvertragsparteien der Zeitarbeitsbranche als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist. Dieses gleichwertige Arbeitsentgelt muss nach spätestens 15 Monaten Einsatzdauer erreicht werden. Die stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt muss spätestens nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen beginnen. 8.16 Mindestlohngesetz (MiLoG) Am 11.08.2014 ist das Mindestlohngesetz (MiLoG) in Kraft getreten. Damit ist jeder Arbeitgeber, egal aus welcher Branche, mit wenigen Ausnahmen verpflichtet, ab 01.01.2015 seinen Mitarbeitern einen gesetzlichen Mindestlohn von EURO 8,50 brutto zu zahlen. Die nächste Anpassung wird zum 1. Januar 2017 erfolgen. Die Höhe bestimmt die Kommission der Tarifparteien, bestehend aus Gewerkschaften und Arbeitgebern. Diese hat nun im Juli 2016 bestimmt, dass der Mindestlohn ab 2017 auf EUR 8,84 pro Stunde steigt. 8.16.1 Anwendungsbereich Welcher Arbeitnehmer Mindestlohn erhält, bestimmt sich nach § 22 MiLoG. Grundsätzlich gilt das Gesetz für alle Arbeitnehmer. Nicht gelten soll der Mindestlohn gem. § 22 Mindestlohngesetz allerdings für folgende Arbeitnehmer: - Ausbildungsverhältnisse - Ehrenamtliche Tätigkeiten - Kinder und Jugendliche unter 18 ohne abgeschlossene Berufsausbildung - Langzeitarbeitslose, in den ersten 6 Monaten der Beschäftigung - Zeitungszusteller (allerdings ab 01.01.2015 Anspruch auf 75 % des Mindestlohnes, ab 01.01.2016 auf 85 % des Mindestlohnes und ab 01.01.2017 auf 8,50 Euro). Bei Praktikanten besteht nur dann kein Anspruch auf Mindestlohn, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: - Praktikum ist ein verpflichtendes Praktikum im Rahmen einer Ausbildungsordnung oder hochschulrechtlicher Bestimmungen <?page no="130"?> 112 - Praktikum ist nicht länger als 3 Monate und dient zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder der Aufnahme eines Studiums - Praktikum bis zu 3 Monaten begleitend zu einer Berufs- und Hochschulausbildung, wenn nicht zuvor bereits ein Praktikumsverhältnis beim selben Arbeitgeber bestanden hat - Einstiegsqualifizierung nach § 54 a SGB III oder Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes 8.16.2 Berechnung des Mindestlohnes Die Höhe des Mindestlohnes ist unabdingbar. Auf diesen Anspruch kann nur durch gerichtlichen Vergleich verzichtet werden. Praxisrelevant ist die Frage, welche Zahlungen bei der Berechnung von Mindestlohn berücksichtigt werden können, also ob z.B. Zuschläge oder Einmalzahlungen auf den Mindestlohn angerechnet werden können. Maßgeblich für die Anrechnung ist der Zweck der Zahlung. Wird die Vergütung als unmittelbare Gegenleistung für die Arbeit gezahlt, erfolgt eine Anrechnung der Zahlung. Leistungen, die für einen anderen Zweck erfolgen, wie z.B. Nachtzuschläge, die in Erfüllung von § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz gezahlt werden, oder aber auch Überstunden- und Erschwerniszuschläge werden daher für den Mindestlohn nicht berücksichtigt. Entgeltumwandlung, d.h. Verzicht auf einen Teil des Gehaltes zur Altersvorsorge soll jedoch dann angerechnet werden können, wenn diese unter den Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes fällt. Sonderzahlungen, die unter einem Vorbehalt gezahlt werden, sind nicht mindestlohnwirksam. Weihnachtsgeld oder andere Sonderzahlungen können dann bei der Berechnung des Mindestlohnes Berücksichtigung finden, wenn sie über das gesamte Jahr verteilt in 12 monatlichen Sonderzahlungen ausgezahlt werden. Eine Anrechnung auf den Mindestlohn besteht jedoch nur dann, wenn ein Anspruch auf diese Sonderleistungen besteht und diese nicht widerrufbar sind. Bei der Frage, ob Sachwerte bei der Berechnung des Mindestlohnes Berücksichtigung finden, sind die Ausführungen des BMAS noch unklar. Nach Auffassung des BMAS ist der Mindestlohn als Geldbetrag geschuldet und ein Sachbezug kann daher nicht auf den Lohn angerechnet werden. Andererseits verweist das BMAS auf § 107 II der Gewerbeordnung, aber auch auf die aktuellen Ausführungen des Zolls auf seiner Internetseite. Nachdem der Zoll die Einhaltung des Mindestlohngesetzes kontrolliert, empfiehlt es sich auch immer wieder die aktuelle Homepage des Zolls zu lesen und die dort beschriebenen Vorgaben zu beachten (siehe www.zoll.de), um hier besser auf Kontrollen vorbereitet zu sein. <?page no="131"?> 113 Provisionen können für die Bewertung, ob Mindestlohn gezahlt wird, wohl schon Berücksichtigung finden und zwar für den Zeitraum, in dem sie ausbezahlt werden. 8.16.3 Mindestlohn für Arbeitsbereitschaft und Wegzeiten Nicht im Mindestlohngesetz geregelt ist, ob auch für die Zeiten der Arbeitsbereitschaft und des Bereitschaftsdienstes Mindestlohn zu zahlen ist. Die Frage ist noch nicht geklärt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG, Urt. v. 19.11.2014, 5 AZR 1101/ 12) ist der in der Pflegebranche bereits geltende Mindestlohn auch für Zeiten der Arbeitsbereitschaft und des Bereitschaftsdienstes zu vergüten. Begründet hat das BAG dies damit, dass es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit handelt. Wenn man dies entsprechend auf das Mindestlohngesetz anwendet, müssten Bereitschaftszeiten und Arbeitsbereitschaft mit dem Mindestlohn vergütet werden. Das BMAS geht davon aus, dass „echte“ Bereitschaftszeiten (vgl. dazu Kapitel 8.1.4) mit dem Mindestlohn zu vergüten sind. Dieses Verständnis haben auch die Zollbehörden, so dass den Arbeitgebern zu empfehlen ist, „echte“ Bereitschaft mit dem Mindestlohn zu vergüten. Dasselbe gilt für Wegzeiten. Soweit diese als Arbeitszeiten zu werten sind, weil z.B. ein Arbeitnehmer mit dem KFZ von der Betriebsstätte zu einem Termin außerhalb der Betriebsstätte fahren muss, sind auch Wegzeiten mit dem Mindestlohn zu vergüten. 8.16.4 Mindestlohn in Arbeitszeitmodellen Natürlich sind auch nach dem MiLOG Entlohnungssysteme zulässig, die nicht auf Stundenhonorarbasis beruhen. Auch Arbeitszeitmodelle sind weiterhin zulässig, auch wenn nach § 2 I MiLoG der Arbeitgeber grundsätzlich jede Arbeitsstunde zum gesetzlichen Fälligkeitstermin d.h. spätestens am letzten Bankarbeitstag des folgenden Monats mit dem Mindestlohn zu vergüten hat. § 2 II MiLoG regelt dazu folgendes: (2) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden und auf einem schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen, soweit der Anspruch auf den Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden nach § 1 Absatz 1 nicht bereits durch Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber nicht ausgeglichene Arbeitsstunden spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat auszugleichen. Die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden dürfen monatlich jeweils 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen <?page no="132"?> 114 Nach Auffassung des BMAS reicht es, wenn sich der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber über ein verstetigtes Arbeitsentgelt im Arbeitsvertrag geeinigt haben. Es dürfen aber höchstens 50 % der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit auf ein Arbeitszeitkonto verbucht werden. Wichtig ist aber, dass das monatliche Entgelt nicht zu niedrig ist. Die wöchentliche Stundenzahl ist mit dem Faktor 4,3 zu multiplizieren. Bei einer Wochenarbeitszeit von z.B. 40 Stunden und einem Faktor von 4,3 ergibt dies ein monatliches Bruttogehalt von EUR 1473, 33, der mindestens zu zahlen ist. 8.16.5 Dokumentationspflichten nach dem MiLoG Den Arbeitgeber treffen nunmehr aufgrund des Mindestlohngesetzes zusätzliche Dokumentationspflichten. Die Verpflichtung zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten gilt branchenunabhängig für alle geringfügig beschäftigten Mitarbeiter (vgl. auch Kapitel 4.1). Ferner gilt die Dokumentationspflicht für alle Arbeitnehmer, die in den nach § 2 a Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz genannten Wirtschaftssektoren arbeiten. Das sind derzeit u.a. folgende Gewerbe: Baugewerbe, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Personenbeförderungsgewerbe, Speditions-, Transport- und damit verbundenes Logistikgewerbe, Schaustellergewerbe, Gebäudereinigungsgewerbe und Fleischwirtschaft Die Pflicht zur Dokumentation gilt auch für Entleiher, die Mitarbeiter aus den oben genannten Branchen beschäftigen. Die Aufzeichnungspflicht entfällt jedoch, wenn das verstetigte regelmäßige Monatsgehalt EUR 2985,-überschreitet. Auch bei Arbeitnehmern, deren regelmäßiges verstetigtes Monatsgehalt EUR 2000,-- EUR überschreitet, entfällt die Aufzeichnungspflicht, wenn der Arbeitgeber dieses Monatsentgelt in den letzten 12 Monaten nachweislich gezahlt hat. Weitere Ausnahmen sind in der Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung geregelt, die am 01. August 2015 in Kraft getreten ist. So bestehen diese Dokumentationspflichten z.B. auch nicht für Zusteller von Zeitungen. Gerade Anfang des Jahres 2015, als der Mindestlohn für alle Beschäftigten galt, gab es erhebliche (berechtigte) Kritik von Seiten der Unternehmen an diesen Aufzeichnungspflichten und an den Zoll, der die Umsetzung des MiLoG kontrollierte. Der Zoll führte auch in Branchen, die das vorher gar nicht kannten, ohne Ankündigung im laufenden Geschäftsbetrieb Kontrollen durch. Zu Recht wehrte man sich daher gegen die Art und Weise der Kontrollen, die zum Teil in geschäftsschädigender Weise durchgeführt worden sind. Mittlerweile haben sich die Wogen wieder etwas geglättet. Auch das BMAS stellt in seiner homepage klar, dass nur Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit aufzuzeichnen ist, nicht aber die konkreten Pausenzeiten. <?page no="133"?> 115 Zudem reichen handschriftliche Aufzeichnungen. Bestimmte Formvorgaben gibt es nicht. Auch der Arbeitnehmer selbst kann die Aufzeichnungen führen. Die Aufzeichnungen müssen spätestens 1 Woche nach der Arbeitsleistung dokumentiert sein. Diese sind 2 Jahre aufzubewahren. Sie müssen nicht im Betrieb vorhanden sein, sondern können auch beim Steuerberater hinterlegt sein. Die näheren Einzelheiten finden sich in der Mindestlohnaufzeichnungsverordnung. 8.16.6 Auftraggeberhaftung Wenn ein Unternehmen einen Subunternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet nunmehr das beauftragende Unternehmen gem. § 13 MiLoG gesamtschuldnerisch (nicht subsidiär! ) mit dem beauftragtem Unternehmen auch gegenüber den Mitarbeitern des Subunternehmens , dass diesen der Mindestlohn gezahlt wird. Auch ausländische Mitarbeiter, die in Deutschland tätig sind, haben einen Anspruch gegen den Auftraggeber. Die Mitarbeiter des Subunternehmens können nunmehr auf Grundlage des Mindestlohngesetzes auch den Auftraggeber auf Zahlung des Mindestlohnes verklagen und zwar auf den Nettolohn Der Nettolohn errechnet sich aus dem Mindestlohn abzüglich der Steuern, der Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung oder entsprechender Aufwendungen zur sozialen Sicherung. 8.16.7 Verwirkung des Anspruches Der Anspruch kann zwar verjähren, aber nicht verwirken. D.h. dass die kurzen Ausschlussfristen, die sich in vielen Tarif- und Arbeitsverträgen finden, nicht für den Mindestlohn Anwendung finden. Strittig ist, ob in Bezug auf diese für den Mindestlohn nicht anwendbaren Ausschlussfristen der Lohn aufspaltbar ist, in einen mindestlohnrelevanten und einen darüber hinausgehenden Anteil. Das BMAS geht davon aus, dass die vertraglichen und tarifvertraglichen Ausschlussfristen nicht für den Mindestlohn gelten. 8.16.8 Kontrolle der Einhaltung des MiLOG Zuständig für die Kontrolle des Mindestlohngesetzes sind die Behörden der Zollverwaltung. Die Mitarbeiter können insbesondere Einsicht in die Arbeitsverträge nehmen sowie in andere Dokumente, die Auskunft über die Einhaltung des Mindestlohnes geben. Ferner haben die Mitarbeiter der Zollverwaltung das Recht, ohne konkreten An- <?page no="134"?> 116 fangsverdacht die Geschäftsräume zu betreten und Mitarbeiter zu befragen, um zu prüfen, ob der Mindestlohn gezahlt wird. Nachdem der Zoll die Einhaltung des MiLoG kontrolliert, empfiehlt es sich, auch immer die aktuelle homepage des Zolles zu verfolgen und die Vorgaben zu beachten (www.zoll.de), um hier besser auf die Kontrollen vorbereitet zu sein. Die in Kapitel 8 erläuterten Gesetze stellen nur eine Auswahl der wichtigsten Gesetze dar. Auch von einer Führungskraft kann nicht erwartet werden, dass ihr sämtliche Gesetze bekannt sind, die das Arbeitsverhältnis bestimmen. Die hier aufgeführten Vorschriften sollte jedoch jede Führungskraft kennen, um ihr eigenes Haftungsrisiko zu minimieren. <?page no="135"?> 117 9 Grundzüge des betrieblichen Datenschutzes Rat und Parlament der EU haben im Jahr 2016 die Datenschutzgrundverordnung beschlossen, die am 04.05.2016 im EU Amtsblatt veröffentlicht wurde. Sie findet als Verordnung unmittelbar in den Mitgliedsstaaten ab 25.05.2018 Anwendung. Die Verordnung enthält auch arbeitsrechtlich relevante Themen wie die Stellung des Betriebsrates (vgl. Art. 38 DS-GVO) oder Regelungen zu Einwilligung des Arbeitnehmers in die Datenverarbeitung. So ist nach dem Art. 7 Abs. 3 DS-GVO anders als derzeit im deutschen Recht der Arbeitnehmer jederzeit berechtigt, seine Einwilligung in die Datenverarbeitung zu widerrufen. Auch die Höhe des Bußgelds wurde erhöht. Insgesamt ist aber anzumerken, dass mit der DS-GVO letztendlich nur die schon bestehenden und durch die Rechtsprechung konkretisierten Vorgaben des Datenschutzes festgelegt werden und diese auf detaillierte Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz verzichtet. Auf den Unternehmer kommen daher keine entscheidenden neuen Pflichten aufgrund dieser EU-Verordnung zu. Weitere Regelungsmöglichkeiten auf nationaler Ebene bietet die Öffnungsklausel des Art. 88 DS-GVO. Danach können die Mitgliedstaaten besondere Vorschriften für die Datenverarbeitung im „Beschäftigungskontext“ vorsehen. Damit ist nicht gemeint, dass durch nationale Regelungen zu Lasten der Arbeitnehmer von der DS-GVO abgewichen werden kann. Es können aber durch Gesetz, aber auch weiterhin durch Betriebsvereinbarungen Regelungen getroffen werden, die dem Arbeitnehmer einen höheren Standard als die DS-GVO und auch das Bundesdatenschutzgesetz gewährleisten. Weiterhin findet daher das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) in allen Betrieben Anwendung, bei denen personenbezogene Daten automatisiert erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Mitarbeiterdaten dürfen dabei nur dann gespeichert und genutzt werden, wenn es dem Zweck des Beschäftigungsverhältnisses dient. Das Bundesdatenschutzgesetz unterscheidet verschiedene Phasen, nämlich das Erheben, das Verarbeiten und das Nutzen von Daten. Ein spezielles Datenschutzgesetz für Beschäftigte gibt es nicht. Auch die DS-GVO schafft keine klaren Regelungen für das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, welche Maßnahmen aus datenschutzrechtlicher Sicht zulässig sind und welche nicht. So sind viele streitige Fragen, wie die Videoüberwachung, auch dort nicht geregelt. Geplant ist jedoch, in einem Beschäftigungsdatenschutzgesetz konkrete Vorgaben für die Arbeitgeber aufzunehmen. Heimliche Videoaufnahmen in Unternehmen sollen dann nicht mehr zulässig sein, die offene Überwachung soll hingegen erleichtert werden. Derzeit ist die zentrale Vorschrift für den Beschäftigungsdatenschutz § 32 BDSG, der aber lediglich ein Grundgerüst bietet. Gemäß § 32 BDSG dürfen personenbezogene <?page no="136"?> 118 Beschäftigungsdaten nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder für die Durchführung oder Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG regelt die Zulässigkeit von Ermittlungstätigkeiten des Arbeitgebers gegenüber dem Beschäftigten. Voraussetzung für Ermittlungen ist, dass der Arbeitnehmer verdächtigt wird, eine Straftat oder eine andere schwere Verfehlung im Beschäftigungsverhältnis begangen zu haben und zwar aufgrund zu dokumentierender tatsächlicher Anhaltspunkte. Erforderlich ist also eine Straftat oder eine andere schwere Verfehlung, eine sonstige leichte Pflichtverletzung reicht nicht aus. Die Rechtsprechung verlangt zusätzlich eine Abwägung zwischen dem Aufklärungsinteresse des Arbeitgebers und dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers. Weil konkretere Regelungen fehlen, wird der Datenschutz im Unternehmen noch mehr als andere Bereiche im Arbeitsrecht durch die Vorgaben der Arbeitsgerichte bestimmt. Die folgenden Unterkapitel erläutern die derzeitige Sach- und Rechtslage bei Videoüberwachung sowie der Kontrolle von E-Mails und Telefon. 9.1 Videoüberwachung 9.1.1 Heimliche Videoüberwachung Die heimliche Videoüberwachung ist zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht und weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung ergebnislos ausgeschöpft sind. Der Verdacht muss in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung gegenüber einem zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern bestehen. Allerdings regelt das BDSG, dass die Tatsache der Beobachtung und die verantwortliche Stelle bei Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen sind. Daraus wird teilweise gefolgert, dass eine verdeckte Videoüberwachung im öffentlichen Raum nicht zulässig sei. Dem Bundesarbeitsgericht zufolge ist jedoch eine heimliche Videoaufzeichnung in öffentlich zugänglichen Räumen dann zulässig, wenn die verdeckte Videoüberwachung das einzige Mittel zur Überführung von Arbeitnehmern ist, die der Begehung von Straftaten konkret verdächtig sind. 9.1.2 Offene Videoüberwachung Soweit eine Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Räumen aus Sicherheitsbedürfnissen zulässig ist und sich dort gleichzeitig Arbeitsplätze von Mitarbeitern befinden, wie beispielsweise bei Banken, müssen die Arbeitnehmer die Videoüberwa- <?page no="137"?> 119 chung als arbeitsplatzimmanent hinnehmen. Es ist allerdings nicht erlaubt, die Beobachtungsergebnisse zum Zwecke einer mitarbeiterbezogenen Leistungs- und Verhaltenskontrolle auszuwerten. Im Übrigen darf auch die offene Videoüberwachung nur dann eingesetzt werden, wenn sie zur Gewährleistung der Sicherheit erforderlich ist, wobei auch hier das Interesse des Beschäftigten am Schutz seiner Privatsphäre mit den Interessen des Arbeitgebers abzuwägen ist. Dabei wird angenommen, dass schon die Möglichkeit der jederzeitigen Überwachung einen Druck auf den Mitarbeiter erzeugt, der mit dessen Anspruch auf Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte regelmäßig nicht zu vereinbaren ist. Das Bundesarbeitsgericht geht daher davon aus, dass auch die offene Videoüberwachung im nicht öffentlich zugänglichen Raum nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig ist: Es bestehen konkrete Anhaltspunkte oder Verdachtsmomente, ein pauschaler Verdacht gegenüber allen Beschäftigten reicht nicht aus. Die Videoüberwachung erfolgt mithilfe einer sichtbaren Anlage und die Belegschaft ist vorab informiert worden. Der Betriebsrat hat der Videoüberwachung zugestimmt. (Sowohl die verdeckte als auch die offene Videoüberwachung unterliegen nämlich der Mitbestimmung der Betriebsrats bzw. des Personalrats.) Es bleibt daher festzuhalten, dass eine verdachtsunabhängige Videoüberwachung am Arbeitsplatz nach der derzeitigen Rechtslage nicht zulässig ist. 9.2 Kontrolle von E-Mails Ob der Arbeitgeber E-Mails kontrollieren darf, hängt entscheidend davon ab, ob er den Mitarbeitern privaten E-Mail-Verkehr am Arbeitsplatz erlaubt hat. Hat er die private Nutzung eingeräumt, ist die Kontrolle dem Grunde nach unzulässig, weil der Arbeitgeber nicht berechtigt ist, auf privaten E-Mail-Verkehr zuzugreifen. Er muss nämlich nicht nur den Datenschutz, sondern auch das Fernmeldegeheimnis beachten. Privater E-Mail-Verkehr kann jedoch ausnahmsweise dann überwacht werden, wenn das Interesse des Arbeitgebers an einer prozessualen Verwertung gegenüber dem Schutz des informellen Selbstbestimmungsrechts des überwachten Mitarbeiters überwiegt. Unter diesen Umständen können auch Beweise verwertet werden, die durch ein heimlich auf dem Rechner des Mitarbeiters installiertes Kontrollprogramm gewonnen wurden. Die Zulässigkeit einer Überwachung kann sich insbesondere dann ergeben, wenn sie zur Aufdeckung von Straftaten notwendig ist und Art und Maß der Kontrolle im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Ist hingegen nur die dienstliche Nutzung von E-Mails erlaubt, sind die Kontrollbefugnisse des Arbeitgebers weitreichender, weil er dann nicht noch zusätzlich das Fernmeldegeheimnis beachten muss. <?page no="138"?> 120 9.3 Kontrolle von Telefonaten Auch bei Telefonaten ist zunächst zu unterscheiden, ob die private Nutzung erlaubt ist oder nicht, denn auch private Telefonate unterliegen grundsätzlich dem Fernmeldegeheimnis. Sollen die Mitarbeiter jedoch ausschließlich zu dienstlichen Zwecken telefonieren, dann kommt es für die Zulässigkeit der Speicherung und Kontrolle unter anderem darauf an, ob nur Zeitpunkt, Dauer und Zielnummer gespeichert und/ oder kontrolliert werden oder auch die Inhalte des Telefonates. Beim Mithören von Telefonaten sind nicht nur die Persönlichkeitsrechte des telefonierenden Arbeitnehmers berührt, sondern auch die des Gesprächspartners. Wenn überhaupt, dann ist das Abhören auch von Inhalten von Telefonaten nur in wenigen eng zu fassenden Ausnahmefällen zulässig und angemessen. So wird bei Callcenter-Mitarbeitern das verdeckte Abhören teilweise als zulässig angesehen, wenn den Mitarbeitern die grundsätzliche Möglichkeit des Mithörens bekannt ist. Diese Fälle sind aber nicht mit dem Abhören von Diensthandys von Außendienstmitarbeitern oder von Telefonen von Arbeitnehmern vergleichbar. Das ist nicht zulässig. Auch bei der Nutzung der Telefonkommunikation wird daher zunächst zu unterscheiden sein, ob das Telefon nur dienstlich oder auch privat genutzt werden kann. Ist die private Nutzung untersagt, sind die Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers größer. Es ist daher sinnvoll, die private Nutzung von Internet, E-Mail und Telefon durch eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag auszuschließen. Derzeit besteht für den Arbeitgeber noch eine recht große Rechtsunsicherheit über die Zulässigkeit von Kontrollmaßnahmen. Durch das längst überfällige Beschäftigungsdatenschutzgesetz erwarten sich alle Beteiligten klarere Vorgaben durch den Gesetzgeber. Der Gesetzentwurf ist zwar bereits am 25.08.2010 von der Bundesregierung beschlossen worden. Wegen heftiger Proteste von Opposition und Gewerkschaften verzichtete die Koalition im Februar 2013 aber auf die Abstimmung im Bundestag. Es bleibt abzuwarten, welche Regierung endlich den Mut hat, in diesem Bereich mehr Rechtssicherheit zu gewährleisten. <?page no="139"?> 121 <?page no="140"?> 122 10 Persönliche Haftungsrisiken von Führungskräften gegenüber Dritten Personen- und Sachschäden sind meist von Versicherungen gedeckt. Vermögensschäden hingegen sind, wenn überhaupt, allenfalls durch eine D&O Versicherung versicherbar und stellen infolgedessen ein weitgehend unkalkulierbares Risiko dar. Grundsätzlich ist der Inhaber eines Unternehmens und nicht der angestellte Arbeitnehmer gegenüber Dritten haftbar. Je nach Sachverhalt trifft bei juristischen Personen die Haftung die Gesellschaft als Ganzes oder die Organe der Gesellschaft. In bestimmten Fällen sind aber auch Führungskräfte, die nicht Firmeninhaber und nicht Organe der Gesellschaft sind, unmittelbar Dritten gegenüber haftbar. 10.1 Haftung gegenüber dem Fiskus 10.1.1 Haftungsumfang Gegenüber dem Fiskus haftet der Arbeitgeber für die Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer, aber insbesondere auch bei Nichtabführung der Lohnsteuer für die Lohnsteuer. Nach § 42d Einkommensteuergesetz sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner der für den Arbeitnehmer vom Arbeitgeber abzuführenden Lohnsteuer. Das Finanzamt kann dabei entscheiden, welchen der beiden Gesamtschuldner es für die nicht einbehaltenen bzw. nicht abgeführten Steuern in Anspruch nehmen will. Hat der Arbeitgeber von der Möglichkeit zur Pauschalierung der Lohnsteuer Gebrauch gemacht, zum Beispiel bei Minijobbern, ist er allein Schuldner der Lohnsteuer, wenn er ohne Wissen des Arbeitnehmers die Lohnsteuer einbehält, aber nicht an das Finanzamt abführt. In den Fällen, in denen der Arbeitnehmer es unterlassen hat, eine zu seinen Gunsten unrichtige Angabe auf der Lohnsteuerkarte berichtigen zu lassen, haftet der Arbeitgeber nicht, wenn dadurch zu wenig Lohnsteuer einbehalten wurde. Bei Inanspruchnahme von Zeitarbeitnehmern kann die Pflicht zur Zahlung der Lohnsteuer auch den Entleiher treffen, wenn ihm gewerbsmäßig Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen worden sind und der Verleiher keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung hat. Ein erhebliches Risiko besteht für den Arbeitgeber ferner, wenn im Rahmen einer Prüfung durch den Zoll oder einer Betriebsprüfung oder aufgrund einer Klage eines Arbeitnehmers festgestellt wird, dass ein sogenannter freier Mitarbeiter in Wirklichkeit <?page no="141"?> 123 scheinselbstständig angestellt war. In diesen Fällen kann das Finanzamt ausstehende Lohnsteuer einfordern und zwar bis zur Verjährungsgrenze. Die maßgebliche Verjährungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, und beträgt im Regelfall 4 Jahre. Da in diesen Fällen der Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung, bei Vorsatz sogar der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt ist, kann die Verjährungsfrist sogar auf bis zu 10 Jahre verlängert sein. Von der Lohnsteuerschuld ist jedoch der Betrag abzuziehen, den der freie Mitarbeiter schon an Einkommensteuer auf sein Entgelt gezahlt hat. Zudem hat der Arbeitgeber, der ja nicht selbst Schuldner der Lohnsteuer ist, einen Rückforderungsanspruch gegenüber dem Arbeitnehmer. Dennoch bleibt festzuhalten, dass bei der Beschäftigung eines Scheinselbstständigen im Ergebnis ein ganz erhebliches Haftungsrisiko auch für Steuernachzahlungen zulasten des Arbeitgebers besteht (vgl. ausführlich auch Kapitel A. 2). 10.1.2 Wer haftet? Organe der Gesellschaft Ist der Arbeitgeber keine natürliche Person, sondern eine Kapitalgesellschaft, werden die Arbeitgeberpflichten von den gesetzlichen Vertretern erfüllt. Nach § 69 Abgabenordnung (AO) haftet dieser Personenkreis persönlich, soweit wegen vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Pflichtverletzung Ansprüche aus dem Steuerverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden. Die Haftung gegenüber dem Fiskus trifft daher grundsätzlich die Organe und nicht die Führungskräfte einer Gesellschaft. Faktischer Geschäftsführer Ist eine Führungskraft zwar nicht als Geschäftsführer bestellt, tritt aber nach außen hin dennoch wie ein Geschäftsführer auf, kann auch ein Anspruch gegenüber der Führungskraft persönlich bestehen, auch wenn sie kein Organ der juristischen Person ist. Eine solche faktische Geschäftsführung wird dann angenommen, wenn der nach außen Handelnde neben dem bestellten Geschäftsführer eine überragende Stellung einnimmt. Ein Indiz für eine faktische Geschäftsführung können folgende Merkmale sein: Bestimmung der Unternehmenspolitik und Unternehmensorganisation Gestaltung der Geschäftsbeziehungen zu Vertragspartnern Verhandlungen mit Kreditgebern Treffen von Entscheidungen in Steuerangelegenheiten Steuerung der Buchhaltung. <?page no="142"?> 124 Haftung nach der Abgabenordnung Der Kreis der Haftenden wird ferner durch § 35, 69 AO erweitert. Nach § 35 AO hat der Arbeitnehmer die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters, wenn er als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, soweit er die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich auch erfüllen kann. Verfügungsberechtigt ist, wer wirtschaftlich über die Mittel, die einem anderen gehören, verfügen kann und nach außen als Verfügungsberechtigter auftritt. Die steuerlichen Pflichten eines Prokuristen werden grundsätzlich von dem ihm zugewiesenen Geschäftsbereich begrenzt. In seinem Geschäftsbereich könnte jedoch ein Anspruch auch gegen den Prokuristen bestehen. Der gesetzliche Vertreter, aber auch der Arbeitnehmer, der die Anforderungen des § 35 AO erfüllt, haftet jedoch nur dann gemäß § 69 AO persönlich, wenn Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt wurden oder insoweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Allein die fahrlässige Pflichtverletzung begründet daher noch keine Haftung nach § 69 AO. Dem Handelnden muss ein grob fahrlässiges Handeln vorwerfbar sein, er muss also die ihm obliegende Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt haben. Ein Verschulden des Steuerberaters wird nicht zugerechnet. 10.2 Haftung gegenüber Sozialversicherungsträgern Der Arbeitgeber hat die Beiträge gegenüber den Sozialversicherungsträgern korrekt zu berechnen und abzuführen. Die Beiträge sind im Monat der Ausübung der Tätigkeit spätestens am drittletzten Bankarbeitstag zur Zahlung fällig. Die Berechnung muss daher so erfolgen, dass möglichst alle Entgelte des Monats berücksichtigt sind, was gerade bei Überstunden sehr problematisch ist. Selbst Einmalzahlungen, wie etwa das Weihnachtsgeld, das erst am 31.12. und damit nach dem Fälligkeitstag ausgezahlt wird, ist bei der Ermittlung des Beitrags für Dezember noch zu berücksichtigen. Ein unkalkulierbares Risiko für den Arbeitgeber ist die Beschäftigung von freien Mitarbeitern. Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt, dass freie Mitarbeiter aufgrund ihrer Tätigkeit als Arbeitnehmer zu bewerten sind, muss der Arbeitgeber die in der Vergangenheit bereits angefallenen bzw. nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge an die Krankenkasse entrichten. Auch hier beträgt die Verjährungsfrist 4 Jahre, beginnend mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Beiträge fällig geworden sind. Die Verjährung ist noch dazu gehemmt, solange eine Prüfung beim Ar- <?page no="143"?> 125 beitgeber stattfindet. Im Gegensatz zur Lohnsteuer besteht hier nur eine eingeschränkte Rückgriffsmöglichkeit gegenüber dem Arbeitnehmer - auch hinsichtlich des Arbeitnehmeranteils, weil der Anspruch auf den Arbeitnehmeranteil gegenüber dem Mitarbeiter nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden kann (vgl. § 28g Satz 2 SGB IV) und das nur für die nächsten drei Lohn- oder Gehaltszahlungen. Die Einstellung von freien Mitarbeitern bedeutet daher auch unter diesen Gesichtspunkten ein ganz erhebliches finanzielles Risiko für den Arbeitgeber. Hinzu kommt, dass die vorsätzliche Vorenthaltung von Arbeitnehmersozialversicherungsbeiträgen einen Straftatbestand darstellt (vgl. § 266a Abs. 1 StGB). Auch wenn finanzielle Probleme dazu führen, dass der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr abführen kann, ist das strafrechtlich relevant, zumindest was den Arbeitnehmeranteil angeht. Die Nichtzahlung des Arbeitgeberanteils bleibt straflos. Strafrechtlich verantwortlich ist gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB der Geschäftsführer einer juristischen Person. Neben den Vorständen und Geschäftsführern haften nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB jedoch auch diejenigen Mitarbeiter persönlich, die beauftragt sind, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten. Die Organvertreter haften zudem persönlich mit ihrem Privatvermögen für die Bezahlung der von der GmbH nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile am Sozialversicherungsbeitrag. Anspruchsgrundlage ist hier § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit§ 266a StGB. 10.3 Vertragliche Haftung gegenüber den Gläubigern des Unternehmens Bestehen vertragliche Ansprüche der Gläubiger gegenüber dem Unternehmen, ist Schuldner von Forderungen der Vertragspartner, also primär der Inhaber oder die juristische Person. Ein Durchgriff auf die Organe oder gar Führungskräfte ist grundsätzlich nicht möglich, weil diese nicht Vertragspartner geworden sind. Eine Ausnahme gilt in den Fällen, in denen der Geschäftsführer trotz Insolvenzreife der GmbH Verträge abschließt. Versäumt der Geschäftsführer die Pflicht, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, macht er sich gegenüber den Gläubigern der GmbH schadensersatzpflichtig. Die Insolvenzantragspflicht trifft nur den Geschäftsführer, nicht eine Führungskraft. Wenn es auch in der Praxis sehr selten vorkommt, so kann doch in besonderen Konstellationen zudem eine unmittelbare Haftung des handelnden Geschäftsführers oder der Führungskraft bestehen, wenn diese ein besonderes Vertrauen des Vertragspartners in Anspruch genommen hat. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Gläubiger den Eindruck gewinnen musste, dass der den Vertrag verhandelnde Geschäftsführer persönlich die Gewähr für bestimmte Absprachen übernimmt. <?page no="144"?> 126 10.4 Haftung gegenüber Dritten im deliktischen Bereich Unabhängig von vertraglich bestehenden Haftungsansprüchen Dritter sind Inhaber und Organe, aber auch Führungskräfte im sogenannten deliktischen Bereich erheblichen Haftungsrisiken ausgesetzt. Teilweise haftet ein Unternehmen sogar verschuldensunabhängig, beispielsweise in Produkthaftungsfällen. Ferner werden in den verschiedensten Umweltgesetzen wie dem Bundesbodenschutzgesetz oder dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Haftungstatbestände normiert. Aber auch in den Arbeitsschutzgesetzen finden sich Vorschriften, nach denen nicht nur die Inhaber oder Organe, sondern auch Führungskräfte eines Unternehmens unmittelbar haftbar sein können (vgl. Kapitel A. 10. 6). Auch Arbeitnehmer, die nicht Führungskräfte sind, können gemäß § 823 Abs. 1 BGB für Personen- und Sachschäden unmittelbar von Dritten in Anspruch genommen werden. Bei Personenschäden werden die Schäden grundsätzlich von dem zuständigen Unfallversicherungsträger ersetzt, im gewerblichen Bereich von der Berufsgenossenschaft. Dritte können aber auch den Arbeitnehmer direkt verklagen, wenn er ihnen fahrlässig oder vorsätzlich einen Personenschaden zugefügt hat. Ja nach Haftungsmaßstab (vgl. Kapitel A.7.3.) besteht aber ein Anspruch des Mitarbeiters auf Freistellung von den Schadensersatzansprüchen der verletzten Person gegenüber dem Arbeitgeber. Auch bei Sachschäden Dritter haftet der Arbeitnehmer dem Dritten gegenüber unmittelbar, selbst wenn er nur einfach fahrlässig den Schaden verursacht hat. Diese Schäden werden jedoch in aller Regel von der Betriebs- und Haftpflichtversicherung des Arbeitgebers getragen. Die meisten Policen verpflichten den Arbeitgeber nicht dazu, den Arbeitnehmer in Regress zu nehmen, wenn die Versicherung den Schaden beglichen hat. Die Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber ist zudem aufgrund des bestehenden Arbeitsverhältnisses beschränkt (vgl. Kapitel A.7.3). Je nach Haftungsmaßstab besteht auch bei Sachschäden eine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer von Schadensersatzansprüchen Dritter freizustellen, wenn dieser von einem Dritten unmittelbar in Anspruch genommen wird. Beispiel Bei einer unübersichtlichen Einfahrt in ein Privatgelände beschädigt der angestellte LKW-Fahrer leicht fahrlässig das Eingangstor. Zwar kann der Eigentümer gemäß § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatz direkt von dem Angestellten verlangen. Jedoch muss der Arbeitgeber den Fahrer von den Schadensersatzansprüchen des Eigentümers freistellen. <?page no="145"?> 127 10.5 Haftung für das Fehlverhalten von Mitarbeitern Ein weiteres Haftungsrisiko für Führungskräfte besteht auch in der Haftung für das Fehlverhalten anderer Arbeitnehmer. Die Haftung im Rahmen des sogenannten Organisationsverschuldens trifft den Inhaber; aber auch eine Führungskraft ist evtl. persönlich verantwortlich für Schäden in ihrem Verantwortungsbereich, die auf schuldhaftes Verhalten anderer zurückzuführen sind. Es ist jedoch möglich, sich zu entlasten, indem man seinen Organisationspflichten ordnungsgemäß nachkommt. Abstrakt geschieht dies durch konkrete Dienstanweisungen und Pläne, aber natürlich auch durch eine sorgfältige Auswahl und das gewissenhafte Anlernen der Mitarbeiter. Konkret müssen die Mitarbeiter ständig angewiesen und überwacht werden. Im Unterschied zum Zivilrecht ist im Strafrecht auch ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab zu berücksichtigen, das heißt, es kommt auf die persönliche Vermeidbarkeit des Organisationsfehlers an. Eine Haftungsfreistellung nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB ist dann möglich, wenn die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Organisationspflicht nachgewiesen werden kann. Dabei reicht es nicht aus, die sorgfältige Auswahl und Kontrolle der Mitarbeiter zu belegen; vielmehr müssen der gesamte Ablauf der Betriebsvorgänge und die Tätigkeit der Mitarbeiter durch geeignete organisatorische Vorkehrungen so eingerichtet und überwacht werden, dass Dritte nicht geschädigt werden. Für die Nachweisbarkeit ist darüber hinaus von entscheidender Bedeutung, dass die ergriffenen organisatorischen Maßnahmen entsprechend dokumentiert werden. Beispiel Der bei der Dr. Medicus GmbH angestellte Assistenzarzt wendet bei einem Kleinkind einen Impfstoff an, der nur für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren zugelassen ist. Daher kommt es zu ganz erheblichen Komplikationen bei dem kleinen Patienten. Warum der Arzt diesen falschen Impfstoff einsetzte, konnte nicht geklärt werden. Haftbar ist hier nicht nur der impfende Arzt und die Dr. Medicus GmbH, sondern eventuell auch der Chefarzt, wenn er nicht nachweisen kann, dass er durch seine Organisation, insbesondere durch korrekte Aufbewahrung der Impfstoffe und Einweisung des Personals sichergestellt hat, die Patienten vor vermeidbaren Schäden zu schützen. Aber nicht nur im Bereich der Umweltdelikte, sondern auch im Bereich der Wirtschaftskriminalität besteht ein Risiko, dass Inhaber oder Führungskräfte für strafbare Handlungen ihrer Mitarbeiter haften; im schlimmsten Fall droht sogar eine Gefängnisstrafe. Genauso wie der Arbeitgeber dafür sorgen muss, dass Sachen oder Personen nicht durch das Verhalten anderer Mitarbeiter geschädigt werden, muss der Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass durch Organisation und Unternehmensführung verhindert wird, dass Mitarbeiter Pflichtverstöße begehen. Besonders im Bereich der Wirtschaftskrimi- <?page no="146"?> 128 nalität besteht daher die Pflicht des Unternehmens, zunächst einmal die Risiken zu ermitteln. Dabei geht es nicht nur um die Verwirklichung von Straftatbeständen, sondern auch um die Verletzung wettbewerbsrechtlicher oder kartellrechtlicher Vorgaben. Grundsätzlich sind nach § 14 Abs. 1 StGB zwar die vertretungsberechtigten Organe einer juristischen Person strafrechtlich für alle Verstöße gegen Rechtspflichten des Unternehmens verantwortlich. Neben den Vorständen und Geschäftsführern haften jedoch nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StGB auch diejenigen Mitarbeiter persönlich, die beauftragt sind, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten. Dazu gehören insbesondere Werks-, Betriebs- und Abteilungsleiter. Vorstände und Geschäftsführer werden deswegen versuchen, die Pflichten so auf ihre Führungskräfte zu delegieren, dass sie selbst nur noch für diejenigen Pflichten einstehen müssen, die das Gesamtunternehmen betreffen. Der Arbeitgeber wird bestrebt sein, sich der Arbeitgeberhaftung zu entziehen. Das Haftungsrisiko betrifft dann in besonderem Maße neben den Betriebsleitern die Führungskräfte, die mit bestimmten haftungsrelevanten Aufgaben betraut worden sind. 10.6 Haftung wegen Übernahme von Arbeitgeberpflichten Dieses Haftungsrisiko betrifft Betriebsleiter, aber auch Mitarbeiter, die mit der Wahrnehmung bestimmter konkreter Pflichten beauftragt worden sind, wie beispielsweise der Gefahrgutbeauftragte oder die Sicherheitsfachkraft. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Mitarbeiter für ein Aufgabengebiet wirklich eigenverantwortlich zuständig ist, dass er zudem selbstständig Entscheidungen treffen kann und Maßnahmen zur Durchsetzung anordnen kann, die an sich dem Arbeitgeber obliegen. Die Beauftragung muss ausdrücklich erfolgen, etwa in Form einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung. Die Bekanntmachung der Beauftragung nach außen ist nicht erforderlich. Ob der Arbeitnehmer verpflichtet ist, diese Pflichten zu übernehmen, richtet sich nach den Vereinbarungen des Arbeitsvertrages. So regelt zum Beispiel § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG, dass für die Erfüllung der sich aus diesem Gesetz ergebenden Pflichten neben dem Arbeitgeber auch diejenigen Personen verantwortlich sind, die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebes beauftragt sind, und zwar im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse. Hat also ein Arbeitgeber diese grundsätzlich nur für den Arbeitgeber bestehenden Verpflichtungen aus dem ArbSchG an eine Führungskraft delegiert, so kann diese unter Umständen auch direkt in Anspruch genommen werden. Bei einem Betriebsleiter bedarf es dazu nicht der ausdrücklich schriftlichen Übertragung konkreter Pflichten. Er haftet für alle Pflichten aus dem ArbSchG, die dem Arbeitgeber in dem von ihm geführten Betrieb oder Betriebsteil obliegen. Eine wirksame Pflichtenübertragung kann dazu führen, dass nicht nur der Unternehmer, sondern auch alle Vorgesetzen in der Delegationskette entlastet werden, wenn die <?page no="147"?> 129 Kette lückenlos ist und den jeweiligen Organen bzw. Mitarbeitern kein Verschulden bei der Auswahl und/ oder Überwachung der Aufsichtspersonen vorwerfbar ist. Haftbar ist dann der Mitarbeiter, dem das konkrete Fehlverhalten vorwerfbar ist, gegenüber Dritten jedoch nur insoweit, als eine gesetzliche Grundlage dafür besteht. 10.7 Compliance Haftung Zunächst betrifft die Haftung bei der Verletzung von Aufsichts- und Organisationspflichten vor dem Hintergrund straf- und bußgeldbewerter Rechtsverletzungen die Inhaber eines Unternehmens bzw. bei juristischen Personen die Organe. Eine Pflicht zur Einrichtung einer Compliance Organisation besteht in den meisten Branchen nicht. Es gibt jedoch Branchen, in denen eine gesetzliche Verpflichtung besteht (wie etwa im Bank- und Kapitalmarktrecht) oder in denen sich die Branche aufgrund von verbindlichen Selbstverpflichtungen, die Pflicht auferlegt hat, solch eine Organisation zu schaffen wie z.B. in der Pharma- und Medizinbranche. Die haftenden Personen werden oftmals versuchen ihre Haftung auf sog. Compliance Manager zu delegieren. Die Aufgabe des Compliance-Managements besteht in der Aufsicht und Kontrolle einer gesetzestreuen Durchführung des operativen Geschäftes, also insbesondere sind die im Unternehmen getroffenen Vereinbarungen und deren Durchführung zu überprüfen. Sobald dem Compliance Manager Anhaltspunkte für regelwidriges Verhalten im Unternehmen zur Kenntnis gebracht worden sind, muss dieser diesen Hinweisen nachgehen. Ignoriert er solche Mitteilungen, kann er sich selbst strafbar machen. Ähnlich wie bei einem Geschäftsführer hat hier der Compliance Manager eine Garantenstellung inne. Wird die Geschäftsleitung über Regelverstöße nicht informiert, so kann das auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen, da der BGH den betroffenen Mitarbeitern in solchen Fällen bedingten Vorsatz unterstellt. Der Compliance Manager muss jedoch bei der Kenntnis von Straftaten (auch hier gibt es Ausnahmen wie z.B. bei Unternehmen, die der Aufsicht der BaFin unterstellt sind) keine Ermittlungsbehörden einschalten. Auch muss und kann der Compliance Manager die Grenzen des Bundesdatenschutzgesetzes einhalten, also insbesondere das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter und das Brief- und Telekommunikationsgeheimnis, dies insbesondere dann, wenn im Unternehmen die Nutzung des Internet und E-Mail auch zur privaten Nutzung gestattet ist. Hier kann sich ein übereifriger Compliance Manager schadensersatzpflichtig machen, wenn er das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Mitarbeiters verletzt. <?page no="148"?> 130 11 Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates 11.1 Personelle Einzelmaßnahmen 11.1.1 Einstellung In Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung zu unterrichten (vgl. hierzu § 99 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG). Bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl ist die Zahl der regelmäßig im Betrieb Beschäftigten zu ermitteln, nicht die Zahl der Mitarbeiter zum Zeitpunkt der vorgesehenen Einzelmaßnahme. Nicht nur die Neueinstellung eines Arbeitnehmers, sondern auch die Verlängerung eines zunächst befristeten abgeschlossenen Arbeitsvertrages ist eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme. Auch die Erhöhung der Arbeitszeit (zum Beispiel von 20 auf 30 Wochenstunden) kann nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes eine Einstellung sein, soweit sie nicht nur geringfügig ist. Ferner ist die Übernahme eines Leiharbeitnehmers in eine Festanstellung gemäß § 14 Abs. 3 BetrVG eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit im Sinne des § 99 BetrVG. Einer Unterrichtung des Betriebsrats bedarf es jedoch nicht bei der Beschäftigung von freien Mitarbeitern und Subunternehmen. Auskunftspflichten des Arbeitgebers Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und nicht nur Auskunft über die Person desjenigen Bewerbers zu erteilen, die er einstellen möchte, sondern auch über diejenigen Bewerber, die er nicht berücksichtigen will. Strittig ist, ob sich der Arbeitgeber dieser Pflicht dadurch entledigen kann, dass er einen Personaldienstleister einschaltet und dem Betriebsrat nur die Unterlagen von solchen Bewerbern vorlegt, die ihm von dem Beratungsunternehmen benannt wurden. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die genauen Personalien, den Zeitpunkt der Einstellung und alle weiteren Informationen mitteilen, die den Betriebsrat in die Lage versetzen, nach § 99 Abs. 2 BetrVG die Zustimmung zur Einstellung zu verweigern, also alle Umstände über die fachliche und persönliche Eignung der Bewerber für den vorgesehenen Arbeitsplatz. Ein Recht zur Teilnahme des Betriebsrats an Vorstellungsgesprächen oder Assessment Centern ergibt sich aus § 99 BetrVG nicht. Dem Betriebsrat sind die Bewerbungsunterlagen längstens für eine Woche vorzulegen. Er kann in dieser Zeit Einsicht in die Unterlagen nehmen, ist aber nicht berechtigt, <?page no="149"?> 131 Kopien anzufertigen. § 99 Abs. 3 BetrVG bestimmt, dass der Betriebsrat dem Arbeitgeber seine Zustimmung zur Einstellung spätestens innerhalb eines Zeitpunkts von einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen hat. Deshalb ist es sinnvoll, in jedem Fall bei der Einstellung eine Frist von einer Woche einzuhalten. Die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG beginnt jedoch erst dann zu laufen, wenn dem Betriebsrat alle nach § 99 Abs. 1 BetrVG vorzulegenden Unterlagen und Informationen zugegangen sind. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber nicht innerhalb einer Woche mit, dass er die Zustimmung verweigert, so gilt die Zustimmung als erteilt. Der Arbeitgeber kann die Einstellung trotz fehlender Zustimmung vornehmen, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist und er den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen Einstellung unterrichtet. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von 3 Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zur Einstellung nur aufgrund der in § 99 Abs. 2 BetrVG aufgeführten Gründe verweigern. Das sind insbesondere folgende Gründe: Die personelle Maßnahme verstößt gegen gesetzliche Vorgaben oder gegen eine Auswahlrichtlinie. Durch die Maßnahme droht die Kündigung anderer Arbeitnehmer oder diese erleiden sonstige Nachteile. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ein gleich geeigneter befristet beschäftigter Arbeitnehmer nicht berücksichtigt wird. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen. Das Arbeitsgericht prüft dann, ob der Betriebsrat die Zustimmung verweigern durfte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es nicht zulässig, nach Ablauf der Wochenfrist neue Widerspruchsgründe nachzuschieben; allenfalls können bereits mitgeteilte Widerspruchsgründe rechtlich vertieft werden. Wird dem Antrag des Arbeitgebers nicht stattgegeben und hat der Betriebsrat seine Zustimmung verweigert, so kann dies in der Praxis dazu führen, dass der Arbeitsvertrag zwar wirksam geschlossen worden ist, aber die Beschäftigung des Mitarbeiters untersagt ist, mit der Folge, dass er gekündigt werden muss. Ist unsicher, ob der Be- <?page no="150"?> 132 triebsrat die Zustimmung erteilt oder nicht, ist es daher sinnvoll und fair, den Arbeitsvertrag unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung des Betriebsrats bzw. der gerichtlichen Ersetzung der Zustimmung abzuschließen. 11.1.2 Versetzung, Eingruppierung und Umgruppierung Auch die Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung von Mitarbeitern bedarf der Zustimmung des Betriebsrats. Der Begriff der Versetzung ist in § 95 Abs. 3 BetrVG definiert. Danach ist die Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, die voraussichtlich die Dauer eines Monats überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt nach § 95 Abs. 3 BetrVG die Konkretisierung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung. Beispiele (- = nicht mitbestimmungspflichtig, += mitbestimmungspflichtig) Urlaubsvertretung für 3 Wochen in einem anderen Arbeitsbereich - Monteur, dem verschiedene Baustellen in Deutschland zugewiesen werden - Änderung der Lage der Arbeitszeit auf Wunsch der Arbeitnehmerin wegen Betreuung ihres Kindes - Versetzung des Arbeitnehmers von München nach Berlin + Wechsel einer Altenpflegerin in die Abteilung für Demenzkranke in Verbindung mit einer Verlagerung des Tätigkeitsschwerpunkts von reiner Pflege zu spielerischer Förderung + 11.1.3 Kündigung Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber muss ihm die Gründe für die Kündigung mitteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Im Gegensatz zur Einstellung eines Mitarbeiters bedarf es jedoch beim Ausspruch der Kündigung nicht der Zustimmung des Betriebsrats, es sei denn der zu kündigende Mitarbeiter ist selbst Betriebsrat (vgl. § 103 BetrVG). <?page no="151"?> 133 Bei einer hilfsweise auch als ordentliche Kündigung ausgesprochenen fristlosen Kündigung, ist es daher wichtig, dass der Betriebsrat zu beidem gehört wird. Die Kündigung ist nur dann wirksam, wenn die Anhörung zu beiden Kündigungen ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Inhalt der Unterrichtung Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat folgende Informationen zuleiten: Personalien des Arbeitnehmers Art der Kündigung Tatsächlich ausgeübte Tätigkeit Sozialdaten (Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Familienstand) Kündigungsfrist und Kündigungstermin Kündigungsgründe. Bei den Kündigungsgründen muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat gegenüber diejenigen Gründe benennen, auf die er die Kündigung stützen will. Diese müssen so detailliert dargelegt werden, dass sich der Betriebsrat entscheiden kann, ob er Widerspruch gegen die Kündigung einlegen soll. Der Arbeitgeber hat also den Betriebsrat möglichst genau und umfassend zu unterrichten. Fehlt die Anhörung oder ist diese fehlerhaft, dann führt dies zur Unwirksamkeit der Kündigung. Beispiel Der Arbeitgeber teilt dem Betriebsrat mit, dass er acht von seinen insgesamt zehn Monteuren wegen Auftragsmangels betriebsbedingt entlassen will. Der Arbeitgeber legt dem Betriebsrat eine Liste mit den Sozialdaten der zu kündigenden Monteure vor. Der Arbeitgeber hätte aber die Sozialdaten auch der anderen Monteure auflisten müssen, weil der Betriebsrat sonst nicht überprüfen kann, inwieweit die Sozialauswahl ordnungsgemäß durchgeführt worden ist. Die Kündigungen sind wegen fehlerhafter Anhörung unwirksam. Widerspruch des Betriebsrates Hat der Betriebsrat Bedenken gegen eine ordentliche Kündigung, so hat er dies gemäß § 102 Abs. 2 Satz 2 BetrVG dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich und unter Angabe der Gründe mitzuteilen. Bei einer außerordentlichen Kündigung muss diese Mitteilung gemäß § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG innerhalb von 3 Tagen erfolgen. Hält der Betriebsrat diese Fristen nicht ein, gilt die Zustimmung zur <?page no="152"?> 134 Kündigung nach Fristablauf als erteilt. Der Betriebsrat kann nur aus bestimmten Gründen widersprechen. In der Praxis die größte Rolle spielt § 102 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 BetrVG, wonach der Betriebsrat der Kündigung widersprechen kann, wenn eine Weiterbeschäftigung des zu kündigenden Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz möglich ist. Eine Kündigung trotz Widerspruchs des Betriebsrats ist nicht automatisch unwirksam. Für den Fall, dass der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erhebt, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf dessen Verlangen auch nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Von dieser Verpflichtung kann der Arbeitgeber nur entbunden werden, wenn die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war. Der Weiterbeschäftigungsanspruch besteht allerdings nur bei Ausspruch einer ordentlichen, nicht aber bei fristloser Kündigung des Arbeitnehmers. 11.2 Betriebsänderungen In wirtschaftlichen Angelegenheiten hat der Betriebsrat unterschiedliche Mitbestimmungsrechte je nach Sachverhalt. § 111 BetrVG stellt hierbei die Grundnorm dar; er legt fest, in welchen Fällen eine betriebsverfassungsrechtlich relevante Betriebsänderung vorliegt. Mit dieser Norm wird der Arbeitgeber zugleich verpflichtet, den Betriebsrat nicht nur rechtzeitig über eine geplante Betriebsänderung zu unterrichten, sondern sich auch mit dem Betriebsrat zu beraten. Betriebsrat und Arbeitgeber müssen versuchen, einen Interessensausgleich herbeizuführen und sich insbesondere darüber zu verständigen, wann und wie welche Maßnahmen durchgeführt werden. Von einer Betriebsänderung im Sinne des BetrVG ist dann auszugehen, wenn geplant ist, wesentliche Betriebsteile oder den ganzen Betrieb einzuschränken, stillzulegen oder zu verlegen, den Betrieb mit anderen Betrieben zusammenzulegen oder Betriebe zu spalten, die Betriebsorganisation, den Betriebszweck oder Betriebsanlagen grundlegend zu verändern oder grundlegend neue Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren einzuführen. Besteht Streit über die Frage, ob eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vorliegt, kann der Betriebsrat die gerichtliche Feststellung beantragen, dass es sich bei der geplanten Maßnahme um eine Betriebsänderung handelt, die den Unternehmer zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan verpflichtet. <?page no="153"?> 135 Sozialplan und Interessensausgleich Ein Sozialplan ist bei Personalabbau erzwingbar und dient dazu, die sozialen Auswirkungen der Betriebsänderung abzumildern. Der Sozialplan regelt insbesondere die Entschädigungen der Arbeitnehmer, die durch die Betriebsänderung ihren Arbeitsplatz verlieren oder ihn nur unter schlechteren Bedingungen beibehalten. Der Interessenausgleich hingegen definiert Art und Ausmaß der betrieblichen Einschnitte. Die wirtschaftlichen Risiken der Kündigung können für den Arbeitgeber durch einen Interessensausgleich mit Namensliste erheblich gemindert werden. Die Parteien einigen sich in diesem Fall nicht nur über die Anzahl, sondern auch darüber, welche konkreten Arbeitnehmer zur Umsetzung der Betriebsänderung entlassen werden müssen. Nach § 1 Abs. 5 KSchG wird vermutet, dass eine betriebsbedingte Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG, die auf einen Interessenausgleich mit Namensliste zurückgeht, durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Im Kündigungsschutzprozess muss der gekündigte Arbeitnehmer zunächst diese Vermutung widerlegen. Vorausgesetzt, dass sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf eine Namensliste einigen können, führt diese Beweiserleichterung zugunsten des Arbeitgebers dazu, dass die ganz erheblichen finanziellen Risiken von Kündigungsschutzklagen für ein Unternehmen mit einem Betriebsrat besser kalkulierbar sind als für ein Unternehmen ohne Betriebsrat. Wenn der Arbeitgeber ohne zwingenden Grund von einem vereinbarten Interessensausgleich abweicht bzw. überhaupt keinen Interessensausgleich mit dem Betriebsrat versucht, können gekündigte Arbeitnehmer Klage beim Arbeitsgericht erheben und beantragen, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen. Zu seiner Unterstützung kann der Betriebsrat einen Sachverständigen hinzuziehen, wenn dies erforderlich ist. Soweit im Unternehmen mehr als 300 Arbeitnehmer beschäftigt sind, muss der Betriebsrat den Arbeitgeber nicht vorher verständigen und die Erforderlichkeit nachweisen. Die Erforderlichkeit wird jedoch im Regelfall bei der Vorbereitung für einen Interessensausgleich und Sozialplan zu bejahen sein, auch wenn weniger als 300 Mitarbeiter im Unternehmen angestellt sind. Die Kosten für den Sachverständigen, der meist ein Rechtsanwalt sein wird, müssen verhältnismäßig sein, insbesondere in Bezug auf die Bedeutung der Angelegenheit und der Finanzanlage des Betriebes (vgl. auch Kapitel B.6.6). Umstritten ist, ob der Betriebsrat dem Arbeitgeber durch einstweilige Verfügung untersagen kann, eine Betriebsänderung durchzuführen, um seine oben beschriebenen Mitwirkungsrechte zu sichern. Die Meinungen der Instanzgerichte hierzu sind geteilt. <?page no="154"?> 136 Beispiele (- = nicht mitbestimmungsbedürftige Betriebsänderung, + = mitbestimmungsbedürftige Betriebsänderung) Übergang von Motorradauf Kraftwagenproduktion + Einführung neuer flacher Hierarchien, zum Beispiel durch Abschaffung der Ebene der Regionalleiter in Außendienst + Umzug in ein anderes Gebäude - Außerbetriebnahme von Werkzeugmaschinen mit Herabsetzung der Zahl der Mitarbeiter + Vorübergehend geringere Auslastung der Betriebsanlage ohne nennenswerte Verminderung des Personals - Entlassung von 5 Mitarbeitern - 11.3 Mitbestimmungstatbestände des § 87 BetrVG in sozialen Angelegenheiten Bei den in § 87 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 13 BetrVG genannten Angelegenheiten hat der Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht. Hintergrund ist, dass der Arbeitnehmer in diesen Angelegenheiten vor einseitigen Anordnungen im Wege des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber geschützt werden soll. Im Regelfall wird dieses Mitbestimmungsrecht im Wege von Betriebsvereinbarungen wahrgenommen, da nur durch solche Betriebsvereinbarungen die Rechte und Pflichten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unmittelbar geregelt werden können. Zwingend ist der Abschluss einer Betriebsvereinbarung jedoch nicht. Zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind auch formlose sogenannte Regelungsabreden möglich. Eine formlose Regelungsabrede kommt insbesondere in Eilfällen in Betracht, beispielsweise wenn eine Maschine ausgefallen ist und deshalb Überstunden angeordnet werden müssen, um einen Auftrag noch zeitgerecht abarbeiten zu können. Der Betriebsrat kann auch von sich aus Initiative zu den mitbestimmungsbedürftigen Maßnahmen ergreifen. Einschränkung der Mitbestimmungsrechte durch Gesetzes- und Tarifvorrang Die Mitbestimmungsrechte aus § 87 BetrVG werden durch den sogenannten Gesetzes- und Tarifvorrang beschränkt. Demnach kann es ein Mitbestimmungsrecht nur insoweit geben, als eine gesetzliche oder tarifliche Regelung im konkreten Bereich nicht be- <?page no="155"?> 137 steht. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Interessen des Arbeitnehmers hinreichend geschützt sind, wenn bereits eine Regelung im konkreten Bereich getroffen ist und sieht deshalb kein Bedürfnis für eine weitere Mitsprache durch den Betriebsrat. Wenn der Arbeitgeber keinen Entscheidungsspielraum hat, dann braucht und kann auch der Betriebsrat nicht mitentscheiden. Anders verhält es sich in den Fällen, wo es zwar eine gesetzliche Regelung gibt, diese aber dem Betrieb noch einen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Konkretisierung und Umsetzung lässt. § 87 BetrVG ist die Hauptnorm für die zwingenden Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten. Der Arbeitgeber sollte eine Vorstellung davon haben, wann bei unternehmerischen Entscheidungen der Betriebsrat zwingend zu beteiligen ist. Die vielen Beispiele im nun folgenden Kapitel sollen einen Beitrag dazu leisten. 11.3.1 Ordnung des Betriebs, Verhalten der Arbeitnehmer Beispiele (+ = Mitbestimmungsrecht, - = kein Mitbestimmungsrecht) Einführung von Zeiterfassungssystemen wie beispielsweise Stechuhren + Vorgaben zur Arbeitskleidung + Erlass eines Alkohol- oder Rauchverbots + Anweisungen, die Arbeitspflichten der Arbeitnehmer konkretisieren, wie zum Beispiel Vorgaben zur Reinigung eines Untersuchungszimmers - Gespräche über Zielvereinbarungen strittig Einführung von Ethikregeln strittig Ob es sich um Mitbestimmungstatbestände handelt, bestimmt sich danach, ob Maßnahmen formalisiert sind. Werden individuelle Gespräche über Zielvereinbarungen geführt, dann sind diese nicht mitbestimmungspflichtig. Auch bei den Arbeitspflichten ist zu differenzieren, ob die Maßnahme einen Bezug zur betrieblichen Ordnung aufweist und damit mitbestimmungspflichtig ist oder ob sie nur die arbeitsvertragliche Leistungspflicht eines bestimmten Mitarbeiters konkretisiert. <?page no="156"?> 138 11.3.2 Arbeitszeit: Beginn, Ende, Pausen sowie Verteilung Beispiele (+ = Mitbestimmungsrecht, - = kein Mitbestimmungsrecht) Lage und Dauer der unbezahlten Pausen + Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit (der Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit wird häufig durch Tarifverträge bestimmt) - Einführung von Schichtarbeit + Einführung und Ausgestaltung von Arbeitszeitmodellen + Festlegung der Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit bei einem Mitarbeiter, der Teilzeit beansprucht - Verteilung der Arbeitszeit auf die gewünschten Wochentage für Teilzeitarbeitnehmer (Begründung: kein Recht auf bevorzugte Zuweisung attraktiver Arbeitszeiten für Teilzeitarbeitnehmer) + 11.3.3 Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeiten Beispiele (+ = Mitbestimmungsrecht, - = kein Mitbestimmungsrecht) Einführung von Kurzarbeit und Festlegung ihres Umfangs + Abbau von Überstunden - Anordnung von Überstunden, wenn sie als kollektive Maßnahme zu sehen ist, beispielsweise wegen verkaufsoffenen Sonntags + 11.3.4 Zeit, Ort und Art der Auszahlung des Arbeitsentgeltes Beispiele (+ = Mitbestimmungsrecht, - = kein Mitbestimmungsrecht) Höhe des Arbeitsentgelts - Festlegung der Lohnzahlungsperiode (auch hier ist aber der Vorrang der tariflichen und gesetzlichen Vorschriften zu beachten) + <?page no="157"?> 139 11.3.5 Allgemeine Urlaubsgrundsätze, Urlaubsplan Beispiele (+ = Mitbestimmungsrecht, - = kein Mitbestimmungsrecht) Vereinbarung von Sperrzeiten für Urlaub in der Hochsaison + Betriebsferien + Dauer des Urlaubs - Der Betriebsrat hat dann ein Mitbestimmungsrecht bei der Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs im Einzelfall, wenn zwischen dem Arbeitgeber und dem beteiligten Arbeitnehmer kein Einverständnis erzielt wird. 11.3.6 Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen zur Überwachung Beispiele (+ = Mitbestimmungsrecht, - = kein Mitbestimmungsrecht) Auswertung von Daten, auch wenn diese auf nichttechnischem Wege gewonnen worden sind strittig Veränderung der Einrichtung, die zu einer Intensivierung der Überwachung führt + Vergabe der Überwachungstätigkeit an Drittunternehmen + Abschaffung einer technischen Einrichtung - Erhebung von Betriebsdaten, zum Beispiel über die Nutzungsdauer von Maschinen: Mitbestimmungspflichtig werden Erhebungen immer dann, wenn die erfassten Daten durch Hinzuziehung anderer Informationen einem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden können. Eine Mitbestimmungspflicht liegt ferner vor, wenn die technische Einrichtung objektiv geeignet ist, das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers zu überwachen. Ob der Arbeitgeber diese Möglichkeit dann auch wahrnimmt, ist für die Frage des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats unerheblich. Allein die Verletzung von Mitbestimmungsrechten führt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, der durch die technische Ein- <?page no="158"?> 140 richtung ermittelten Beweise. Hier kommt es aber immer auf den konkreten Einzelfall an. Wenn die Überwachung eines Arbeitnehmers ohne Berücksichtigung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats erfolgt, der darin liegende Eingriff in das Persönlichkeitsrecht aber im Rahmen der vorzunehmenden Güterabwägung gerechtfertigt ist, ist eine Verwertung zulässig. Das gilt beispielsweise für mitbestimmungswidrig erstellte Videoaufnahmen, wenn gegen den betroffenen Mitarbeiter ein konkreter Tatverdacht wegen Diebstahl bestand (allerdings umstritten, vgl. hierzu auch Kapitel A.9). 11.3.7 Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, Gesundheitsschutz Für die Anwendungsfälle der Nr. 7 des § 87 BetrVG ist der Gesetzesvorrang von besonderer Bedeutung. Soweit Vorschriften wie die Arbeitsstättenverordnung oder auch die Vorschriften der Berufsgenossenschaften konkrete Vorgaben zum Arbeitsschutz enthalten, besteht kein Bedarf für Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates. Es gibt daher nur insoweit ein Mitbestimmungsrecht, als ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschriften Raum für Maßnahmen lassen. § 12 ArbSchG über die Unterweisung der Arbeitnehmer ist eine solche Rahmenvorschrift, weil dem Arbeitgeber ein Entscheidungsspielraum darüber verbleibt, wie er den Arbeits- und Gesundheitsschutz in seinem Betrieb im Einzelnen konkret ausgestaltet. Über die konkrete Umsetzung des § 12 ArbSchG besteht daher auch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Beispiele (+ = Mitbestimmungsrecht, - = kein Mitbestimmungsrecht) Entscheidung, ob freiberufliche Fachkräfte für Arbeitssicherheit bestellt werden oder ein externes Unternehmen beauftragt wird + Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen durch eigene Mitarbeiter + Gestaltung von Pausen bei Bildschirmarbeitsplätzen + Umsetzung des Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX + 11.3.8 Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen Der Betriebsrat hat nur dann Mitbestimmungsrechte, wenn die Sozialeinrichtung über ein gewisses Maß an organisatorischer Eigenständigkeit verfügt, die darüber hinaus eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweist. <?page no="159"?> 141 Beispiele (+ = Mitbestimmungsrecht, - = kein Mitbestimmungsrecht) Kinderkrippen, die allen offenstehen - Betrieb der Kantine + Vergabe von zinsvergünstigten Arbeitgeberdarlehen - Organisation von Betriebsausflügen - 11.3.9 Wohnräume für die Arbeitnehmer Ob der Arbeitgeber Eigentümer der Wohnräume ist, die an die Arbeitnehmer vermietet werden oder nicht, hat keinen Einfluss auf die Frage, ob ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht oder nicht. Kein Mitbestimmungsrecht besteht für die Entscheidung des Arbeitgebers, ob er seinen Mitarbeitern Wohnungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zur Verfügung stellt. Ein Beteiligungsrecht des Betriebsrates besteht allerdings bei der Zuweisung und der Kündigung von Wohnungen. 11.3.10 Betriebliche Lohngestaltung Unter Lohn sind alle Leistungen des Arbeitgebers zu verstehen, die als Gegenwert für die vom Arbeitnehmer erbrachten Leistungen zu sehen sind. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in diesem Zusammenhang bezieht sich nur auf sogenannte kollektive Tatbestände. Das ist dann der Fall, wenn Grund und Höhe der Zahlung von allgemeinen Merkmalen abhängig gemacht werden, die von einer Mehrzahl der Arbeitnehmer erfüllt werden können. Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich allerdings nicht auf die Entgeltpolitik, die über die Höhe der zu verteilenden Entgeltsummen entscheidet. Der Betriebsrat bestimmt aber mit, ob die Vergütung aus einem reinen Zeitlohn besteht oder ob zusätzlich Leistungskomponenten berücksichtig werden. <?page no="160"?> 142 Beispiele (+ = Mitbestimmungsrecht, - = kein Mitbestimmungsrecht) Festlegung der Punktzahl für den Abschluss bestimmter Geschäfte bei der Provision - Bonussysteme bei Zielvereinbarungen + Leistungszulagensystem + Höhe von außertariflichen Gehältern - Entscheidung, wer übertarifliche Zulagen erhält - Art und Weise der Gewährung übertariflicher Zulagen + Anrechnung übertariflicher Zulagen auf Tariferhöhung, wenn sich die Verteilungsgrundsätze ändern + Zeitakkord + Festlegung der konkreten Ziele des einzelnen Arbeitnehmers (Einzelfallregelung) - Vollständiger Widerruf einer freiwilligen Leistung, wenn die endgültige Einstellung der Leistung beabsichtigt wird (keine Änderung der Verteilungsgrundsätze) - Teilweiser Widerruf einer freiwilligen Leistung, wenn Verteilungsgrundsätze geändert werden + Missachtet der Arbeitgeber ein bestehendes Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Änderung von Verteilungsgrundsätzen, hat das erhebliche Folgen. So ist beispielsweise der teilweise Widerruf einer freiwillig gezahlten Leistung gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer unwirksam, wenn der Betriebsrat trotz eines bestehenden Mitbestimmungsrechts dem Widerruf nicht zugestimmt hat. Das führt dazu, dass der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung in der bisherigen Höhe so lange erhalten bleibt, bis eine Einigung mit dem Betriebsrat erfolgt. Die Vergütung ist typischerweise in Tarifverträgen und dort auch abschließend geregelt, so dass für eine Mitbestimmung des Betriebsrates kein Raum bleibt. Gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder aber üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein, es sei denn, ein Tarifvertrag lässt den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zu. <?page no="161"?> 143 Wenn ein Betrieb etwa durch Austritt aus dem Arbeitgeberverband tariffrei wird, ist eine Änderung des Vergütungssystems wohl nicht vom Betriebsrat erzwingbar (strittig). Im Rahmen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung können Betriebsrat und Arbeitgeber dann aber auch völlig neue Vergütungsformen und Prinzipien zur Verteilung des vorgefundenen Volumens einführen, indem sie beispielsweise das Verhältnis von Festgehalt und variablen Bestandteilen ändern. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann der Betriebsrat nicht über die Lohnhöhe und auch nicht über die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit mitbestimmen. Nur unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG kann ausnahmsweise auch die Höhe des Entgelts mitbestimmungspflichtig sein. 11.3.11 Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze, leistungsbezogene Entgelte Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG hat der Betriebsrat bei leistungsbezogenen Entgelten ein Mitbestimmungsrecht auch über die Lohnhöhe, beim Akkordlohn für Akkordsätze und beim Prämienlohn für Prämiensätze. Durch dieses Mitbestimmungsrecht über alle Bezugsgrößen, die für die Berechnung des Akkordlohns von Bedeutung sind, also beispielsweise die Festsetzung des Geldwertes für eine bestimmte Leistungseinheit beim Geldakkord und die Bestimmung des Zeitfaktors beim Zeitakkord, kann der Betriebsrat unmittelbaren Einfluss auf die Lohnhöhe nehmen. Der Arbeitgeber kann sich der Mitbestimmung des Betriebsrates über den Geldfaktor nur dadurch entziehen, dass er statt des Leistungslohnsystems ein Zeitlohnsystem einführt. Auch vergleichbare leistungsbezogene Entgelte unterliegen der Mitbestimmung. Das ist dann der Fall, wenn die Höhe der Vergütung unmittelbar durch das vom Arbeitnehmer erzielte konkrete Arbeitsergebnis beeinflusst wird. Beispiele: (+ = Mitbestimmungsrecht, - = kein Mitbestimmungsrecht) Grundsätzliche Frage einer Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter - Überstundenvergütung - Zielvereinbarungsvergütungen, die an quantitative Bezugsgrößen gekoppelt sind. strittig <?page no="162"?> 144 11.3.12 Grundsätze des betrieblichen Vorschlagswesens Unter dem Begriff „Betriebliches Vorschlagswesen“ sind alle Systeme und Methoden zu subsummieren, durch die Vorschläge des Arbeitnehmers zur Verbesserung der betrieblichen Arbeit angeregt, gesammelt, ausgewertet und belohnt werden. Auch hier gilt der Gesetzesvorrang. Das Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnErfG) enthält in Bezug auf Erfindungen, die patent- oder gebrauchsmusterfähig sind, eine abschließende gesetzliche Regelung. Bei technischen Verbesserungsvorschlägen regelt § 20 Abs. 1 ArbnErfG nur, dass die Bestimmungen über die Vergütung sinngemäß wie bei Patenten gelten. Über die organisatorische Behandlung von technischen Verbesserungsvorschlägen besteht daher ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates. Kein Mitbestimmungsrecht gibt es im Hinblick auf die Entscheidung des Arbeitgebers, ob und in welcher Höhe Verbesserungsvorschläge überhaupt vergütet werden sollen. 11.3.13 Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit Gruppenarbeit im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufes eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt. Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Durchführung der Gruppenarbeit, also beispielsweise bei der Wahl des Gruppensprechers oder der Konfliktlösung in der Gruppe. 11.4 Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung Gemäß § 90 BetrVG muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Planung von Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Fabrikations-, Verwaltungs- und sonstigen betrieblichen Räumen von technischen Anlagen von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze rechtzeitig unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen unterrichten. Der Arbeitgeber hat dabei die vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf die Arbeitnehmer so rechtzeitig mit dem Betriebsrat zu beraten, dass Vorschläge und Bedenken des Betriebsrates bei der Planung berücksichtigt werden können. Die Unterrichtung muss umfassend sein. Der Arbeitgeber kann bei verspäteter, unvollständiger oder wahrheitswidriger Information gemäß § 121 Abs. 2 BetrVG mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro belegt werden. § 90 BetrVG gibt dem Betriebsrat nicht das Recht, per einstweiliger Verfügung eine Unterlassung der geplanten Maßnahmen zu erreichen. Anders ist die Rechtslage, wenn ein Mitarbeiter durch Änderungen des Arbeitsplatzes, <?page no="163"?> 145 der Arbeitsabläufe oder der Arbeitsumgebung, die den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit offensichtlich widersprechen, in besonderer Weise belastet wird. Gemäß § 91 BetrVG steht es dem Betriebsrat zu, angemessene Maßnahmen zur Abwendung, zur Milderung oder zum Ausgleich der Belastung zu verlangen. Die vom Betriebsrat geforderten Maßnahmen müssen allerdings angemessen sein, das heißt, sie müssen wirtschaftlich vertretbar und technisch möglich sein. Bei Streitigkeiten entscheidet auch hier die Einigungsstelle verbindlich. 11.5 Allgemeine personelle Angelegenheiten Gemäß § 93 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Personalplanung zu unterrichten und mit dem Betriebsrat über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten zu beraten. Dabei kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber auch Vorschläge für die Einführung einer Personalplanung und ihre Durchführung machen. Der Arbeitgeber hat über die Vorschläge des Betriebsrates zu beraten. Hält der Arbeitgeber die Vorschläge des Betriebsrats für ungeeignet, muss er dies begründen. Dies gilt auch bei Vorschlägen zur Beschäftigungssicherung gemäß § 92a BetrVG. Der Zustimmung des Betriebsrates bedürfen Personalfragebögen (§ 94 Abs. 1 BetrVG) und Auswahlrichtlinien (§ 95 BetrVG). Neben den hier dargestellten Tatbeständen gibt es noch weitere Sachverhalte, bei denen ein Beteiligungsrecht des Betriebsrates besteht. Darauf näher einzugehen, würde jedoch den Umfang dieses Buches sprengen. Viele der in Kapitel A.11 genannten Beispiele wurden dem Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz von Professor Karl Fitting entnommen, der meines Erachtens für Unternehmen mit Betriebsrat als Nachschlagewerk unerlässlich ist. Die Darstellung soll vor allem deutlich machen, dass der Betriebsrat sehr weitreichende Beteiligungsrechte hat. Kommt keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über eine mitbestimmungsbedürftige Angelegenheit zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt dann die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Missachtet der Arbeitgeber die erzwingbaren Mitbestimmungsrechte, sind einseitig den Arbeitnehmer belastende Maßnahmen unwirksam (vgl. Kapitel B.6.5), was für den Arbeitgeber wiederum erhebliche finanzielle Nachteile zur Folge haben kann. Manche Maßnahmen wie etwa der Abbau von Personal oder die Einführung von Kurzarbeit können in Betrieben mit Betriebsrat schneller und rechtssicherer durchgeführt werden als in betriebsratslosen Betrieben. <?page no="164"?> 146 Jeder Führungskraft, die in einem Betrieb mit Betriebsrat oder Personalrat Personalverantwortung hat, sei daher dringend empfohlen, sich mit den Rechten und Pflichten des Betriebsrates intensiv auseinanderzusetzen und bei jeder Maßnahme zu prüfen, ob der Betriebsrat beteiligt werden muss oder nicht (vgl. zur Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat auch Kapitel B.6). Im Teil A wurden die wichtigsten arbeitsrechtlichen Grundlagen dargestellt. Ziel war es, zur Sensibilisierung beizutragen. Denn oft ist Entscheidungsträgern gar nicht bewusst, welche erheblichen Schäden dem Unternehmen durch arbeitsrechtliche Fehlentscheidungen zugefügt werden können. Allein die Kenntnis der arbeitsrechtlichen Grundlagen genügt jedoch nicht. Genauso wichtig ist es, die beschlossenen Maßnahmen auch mit einer geeigneten Kommunikation und der richtigen Strategie gegenüber und mit den Mitarbeitern und dem Betriebsrat durchzusetzen. Diesem Thema widmet sich daher der folgende Teil B. <?page no="165"?> 147 B. Kommunikation und Verhandlungsstrategien „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie und grün des Lebens goldener Baum“. Mit diesen Worten weist Mephisto im ersten Teil von Goethes „Faust“ den Schüler auf die Unzulänglichkeit seines theoretischen Wissens hin. Die genaue Kenntnis der Grundlagen des deutschen Arbeitsrechts ist zwar für Führungskräfte wichtig, die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen nützt jedoch nichts, wenn die erforderlichen arbeitsrechtlichen Maßnahmen im Unternehmen nicht umgesetzt werden können. Ob es gelingt, Mitarbeiter zu motivieren, hängt nicht nur davon ab, was den Mitarbeitern vermittelt wird, sondern auch wie es vermittelt wird. Teil B dieses Buches enthält deshalb vor allem taktische Hinweise zu Kommunikation und Verhandlungsstrategien aus Arbeitgebersicht unter Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Vorgaben. Wer sich tiefer mit dem Thema befassen will, dem sei das in der gleichen Reihe im Expertverlag erschienene Buch von Albrecht Müllerschön „Als Führungskraft erfolgreich starten“ empfohlen, das mittlerweile in der fünften Auflage vorliegt. Hilfreich und gleichzeitig sehr unterhaltsam sind auch die Bücher von Samy Molcho zum Thema Körpersprache. Lesenswert sind ferner die Bücher von Werner Tiki Küstenmacher in seiner Reihe „Simplify Your Life“. Mit einfach umsetzbaren Handlungsanweisungen und humorvollen Illustrationen werden hier Alltagstipps zum Umgang miteinander gegeben. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema bieten die Weiterbildungsangebote der Ludwig-Maximilians-Universität München für Fach- und Führungskräfte. Initiiert hat diesen Dialog zwischen Universität und Wirtschaft der mittlerweile verstorbene Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie Dr. Dr. h.c. Lutz von Rosenstiel. Das Weiterbildungsprogramm ermöglicht es Führungskräften, sich über den aktuellen Stand der Forschungen in den Bereichen Persönlichkeits-, Personal- und Organisationsentwicklung, Führungssprache und Kommunikation zu informieren. Auf Kongressen wie „Leadership meets University“ wird den Personalverantwortlichen aus der Wirtschaft ein Forum geboten, in dem sie Kontakt nicht nur zu anderen Führungskräften, sondern auch zu führenden Wissenschaftlern aufnehmen können. Die Seminare der IHK-Akademie Westerham, vor allem die Managementtrainings (http: / / akademie.muenchen.ihk.de), sind in besonderem Maße für diejenigen geeignet, die im kleineren Kreis Lösungen für Problemstellungen in ihrem Betrieb finden wollen. <?page no="166"?> 148 1 Kommunikation mit Mitarbeitern 1.1 Rahmenbedingungen von Mitarbeitergesprächen Nicht nur der Ort ist entscheidend für den Erfolg eines Gesprächs, sondern auch die Dauer. Die Führungskraft muss sich genügend Zeit für Mitarbeitergespräche nehmen und dafür Sorge tragen, dass sie ungestört verlaufen. Personalverantwortung schließt ein, dass der Gesprächsführende Kenntnisse über die fachliche und persönliche Kompetenz, die konkreten Aufgaben seiner Mitarbeiter sowie die Einsatzmöglichkeiten im Unternehmen hat. Dazu gehört auch das Wissen, welche Maßnahmen aus arbeitsrechtlicher Sicht zulässig sind und ob sie der Zustimmung des Mitarbeiters bedürfen. Dieses Wissen ist wesentliche Grundlage für erfolgreiche Personalgespräche. 1.2 Synchronisieren Ein wichtiges Instrument, um eine Beziehung zu einem Gesprächspartner aufzubauen, ist das Synchronisieren. Unter Synchronisieren ist zum einen die Anpassung an den Kommunikationsstil des Mitarbeiters zu verstehen. Eine Berufsgruppe, die sich oft eindrucksvoll auf die Art und Weise der Kommunikation des Gesprächspartners einstellen kann, sind Richter am Amtsgericht oder Arbeitsgericht. Sie haben schon immer die Erfahrung gemacht, dass die Parteien offener werden, wenn man sich auf ihren Kommunikationsstil und insbesondere auch ihre Sprache einlässt. Gerade wenn Personen emotional betroffen sind, kehren sie häufig zu ihrem Dialekt zurück. Wenn sie dann erfahren dürfen, dass der Richter ihren Dialekt (im wahrsten Sinne des Wortes also dieselbe Sprache) spricht, kann dadurch eine für den weiteren Prozess wichtige Verbindung entstehen. Aber nicht nur durch die Sprache, auch durch die Körperhaltung kann Vertrauen aufgebaut werden. Synchronisieren heißt meines Erachtens aber auch, eine deprimierende Rückschau auf Fehler und damit verbundene Schuldzuweisungen zu unterlassen und stattdessen gemeinsam daran zu arbeiten, Prozesse im Unternehmen so zu verändern, dass Fehler und Konflikte in Zukunft vermieden werden können. <?page no="167"?> 149 1.3 Aktives Zuhören Das wohl wichtigste Führungsinstrument besteht in der Wertschätzung der Mitarbeiter. Wertschätzung zeigt man unter anderem durch aktives Zuhören. Dabei gibt man dem Mitarbeiter gegenüber zu erkennen, dass man ihm wirklich zuhört und Verständnis für seine Argumente hat, indem man seine Aussage durch ein eigenes, etwas anders formuliertes Feedback bestätigt. Wichtig ist auch, mithilfe einer Rückfrage festzustellen, ob die eigene Position vom Gegenüber auch tatsächlich verstanden worden ist. Beispiel Ein Kunde hat sich über einen Mitarbeiter beschwert. Der Vorgesetzte bittet den betreffenden Mitarbeiter zu einem klärenden Gespräch. Er erfährt, dass der Mitarbeiter nicht nur fachlich, sondern auch persönlich Probleme mit dem Kunden hat. Der Mitarbeiter meint, es wäre besser, wenn ein anderer Mitarbeiter den Kunden betreuen würde. Der Vorgesetzte fragt nach: „Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie es besser finden würden, den Kunden Anstrengend in Zukunft von dem Mitarbeiter Taktvoll betreuen zu lassen? “ 1.4 Gibt es einen richtigen Führungsstil? Die meisten Menschen arbeiten, um Geld zu verdienen. Gehalt ist ein sehr wichtiger, aber bei Weitem nicht der einzige Motivationsfaktor. Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer wichtiger Umstände, die Einfluss auf die Leistung eines Mitarbeiters haben. In Seminaren für Personalleiter wird oftmals ein kooperativer Führungsstil favorisiert, bei dem die Mitarbeiter an den betrieblichen Entscheidungen beteiligt werden. Dies wird damit begründet, dass ein kooperativer Führungsstil den Einsatz, die Motivation und damit auch die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter am besten stärkt. So könnten die Mitarbeiter ihr eigenes Potenzial optimal einbringen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jede Situation und jeder Mitarbeiter einen einheitlichen Führungsstil erfordern. Im Gegenteil, je nach Mitarbeiter und Tätigkeit sowie Situation sind Führungsstil und Methode der Personalführung anzupassen. Das Potenzial der Belegschaft kann nur ausgeschöpft werden, wenn der richtige Mitarbeiter am richtigen Arbeitsplatz sitzt. Erkennt die Führungskraft, dass der Mitarbeiter „fehl am Platz“ ist, muss diese Situation verändert werden. Am einfachsten lassen sich solche Änderungen in der Probezeit bewerkstelligen! <?page no="168"?> 150 Demotivierend kann es für Mitarbeiter ferner sein, wenn die Unternehmenshierarchie für sie nicht eindeutig und nicht transparent ist und sie mehrere Vorgesetzte haben, die unter Umständen auch noch widersprüchliche Weisungen erteilen. Ein Mitarbeiter sollte daher fachlich nur einem Vorgesetzten unterstellt sein. Eine Trennung von fachlichen Vorgesetzten und disziplinarischen Vorgesetzten, wie sie in größeren Unternehmen häufig zu finden ist, schadet nicht, solange diese beiden Vorgesetzten keine widersprüchlichen Weisungen erteilen oder Maßregelungen aussprechen. Oftmals sind Führungskräfte gerade in kleineren und mittleren Unternehmen mit ihrer fachlichen Tätigkeit voll ausgelastet. Die Personalführung bleibt dabei oft auf der Strecke. Dies führt dazu, dass Konflikte nicht oder nicht rechtzeitig erkannt werden. Personalführung ist eine Daueraufgabe. Ein wichtiges Führungsinstrument ist und bleibt dabei das Personalentwicklungsgespräch. <?page no="169"?> 151 2 Das Personalentwicklungsgespräch 2.1 Zielvereinbarungen Ein Instrument zur Motivation der Mitarbeiter können Zielvereinbarungen sein. Derartige Vereinbarungen können das Verhältnis zum Mitarbeiter aber auch belasten und dazu führen, dass Konflikte überhaupt erst entstehen. „Repariere nicht, was nicht kaputt ist“. Dieser Ausspruch der amerikanischen Psychotherapeutin Insoo Kim Berg gilt nicht nur für die Familientherapie, sondern auch für das Verhältnis von Mitarbeitern zu ihrem Unternehmen. Zielvereinbarungen können demotivierend sein, wenn der Mitarbeiter die Ziele nicht erreichen kann und er deswegen verärgert ist. Auch kann es sich negativ auswirken, wenn Zielvereinbarungen bewusst oder unbewusst etwa aufgrund von Zeitmangel nicht erneuert oder angepasst werden. Daher sollten Zielvereinbarungen nicht einseitig durch die Führungskraft vorgegeben werden, sondern in Zusammenarbeit und im Einvernehmen mit dem einzelnen Mitarbeiter vereinbart werden. Die gemeinsam festgelegten Ziele müssen von dem Mitarbeiter auch tatsächlich beeinflussbar und erreichbar sein. Mindestens einmal jährlich sollten die Zielvereinbarungen erneuert oder zumindest angepasst werden. Wichtig sind auch regelmäßige Feedbackgespräche, in denen der Mitarbeiter seinem Vorgesetzten eine Rückmeldung über die Entwicklung und den aktuellen Stand geben kann und umgekehrt. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn absehbar ist, dass der Mitarbeiter die definierten Ziele nicht erreichen wird. Zu beachten ist, dass Zielvereinbarungen auch ein gewisses finanzielles Risiko bergen. Ein Mitarbeiter hat eventuell einen einklagbaren Anspruch auf Sonderzahlungen auf Basis einer „alten“ Zielvereinbarung, wenn keine neue Zielvereinbarung getroffen worden ist (vgl. Kapitel A. 3. 5). <?page no="170"?> 152 2.2 Gehaltserhöhung Ein weiteres wichtiges Führungs- und Motivationsinstrument ist nach wie vor die Höhe der Vergütung. Wie ausführlich in Teil A dargelegt, sind im Hinblick auf die Höhe des Gehalts arbeitsrechtliche Grundlagen zu berücksichtigen; beispielsweise bestehen eventuell Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates. Vereinbarungen, die sich auf die Leistung des Mitarbeiters beziehen und variabel sind, können unter bestimmten Umständen arbeitsrechtlich unzulässig sein. Freiwillige Leistungen können zu einem festen Gehaltsbestandteil werden, mit der Folge, dass der Arbeitgeber diese Leistungen in umsatzschwächeren Zeiten nicht mehr reduzieren oder streichen kann. Bevor einem Mitarbeiter eine Erhöhung der Vergütung in Aussicht gestellt wird, sollten daher sowohl die Rechtslage als auch die finanziellen Möglichkeiten des Betriebs sorgfältig geprüft werden. 2.3 Kritikgespräche richtig und rechtzeitig führen Es gehört zur Personalentwicklung, Kritikgespräche richtig und rechtzeitig zu führen. Kritik hat immer auch eine emotionale Seite. Gerade bei Kritikgesprächen ist die Gefahr von Missverständnissen deshalb besonders groß. Um diese Missverständnisse zu veranschaulichen, entwickelte Friedemann Schulz von Thun, Begründer einer humanistisch-systemischen Kommunikationspsychologie, das Kommunikationsquadrat, das heute zu den Standards in der Kommunikationswissenschaft gehört. Danach gibt es vier Seiten einer Nachricht: <?page no="171"?> 153 Sachinhalt Selbstoffenbarung Beziehungsaspekt Appell. Zur Illustration des Kommunikationsquadrats verwendet Schulz von Thun das folgende Beispiel. Beispiel Ein Ehepaar sitzt in einem Auto. Die Frau sitzt am Steuer. Das Auto steht vor einer grünen Ampel. Der Mann sagt: „Du - die Ampel ist grün! “ Der Satz des Mannes kann von der Ehefrau folgendermaßen verstanden werden: 1. als Sachinhalt: Die Ampel ist grün. 2. als Selbstoffenbarung: Ihr Ehemann ist ungeduldig. 3. als Beziehungshinweis (je nach Qualität der Beziehung): Ihr Ehemann bietet Hilfe an oder demonstriert seine Überlegenheit. 4. als Appell: „Fahr los! “ Die Ehefrau antwortet: „Fährst Du oder fahre ich? “. Das zeigt, dass sie den Satz ihres Ehemannes nicht als Hilfestellung, sondern als Kritik empfunden hat. Daraus lassen sich Regeln für das Verhalten bei Kritikgesprächen mit Mitarbeitern ableiten: Das Gespräch nicht vor Kollegen, sondern unter vier Augen mit dem Mitarbeiter führen. Die Sachebene von der Beziehungsebene trennen. Auch wenn es sinnvoll ist, am Anfang des Gespräches eine Beziehung aufzubauen, muss man auf der Sachebene bleiben, wenn die Kritik ausgesprochen wird. Bei Einwänden zuhören und nachfragen. Zusammenfassen und gemeinsame Lösung suchen. Soweit erforderlich, Abmahnung oder zumindest Ermahnung aussprechen (vgl. Kapitel B. 4. 2). Gerade in den letzten beiden Monaten der Probezeit oder vor Auslaufen eines befristeten Arbeitsvertrags ist es wichtig, Gespräche mit dem Mitarbeiter zu führen und ihm durch konstruktive Kritik die Möglichkeit zu geben, seine Leistungen zu verbessern. Wenn allerdings erkennbar ist, dass ein Mitarbeiter sich nicht ändern kann oder will und die an ihn gestellten Anforderungen nicht erfüllen wird, dann muss rechtzeitig gehandelt werden. Oftmals sind 6 Monate Probezeit zu kurz. Befristete Verträge können Sicherheit bieten, wenn man nach einem Jahr oder zwei Jahren feststellt, dass man sich von seinem <?page no="172"?> 154 Mitarbeiter trennen muss. Als Arbeitgeber ist man dann „erpressbar“, wenn im Unternehmen das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. In der Praxis wird leider zu wenig bedacht, welche arbeitsrechtlichen und damit erheblichen finanziellen Risiken drohen, wenn die Probezeit verstrichen ist und das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. 2.4 No-Gos bei Personalentwicklungsgesprächen Alle der nachfolgend genannten Fehler, die Führungskräfte in Personalgesprächen häufig machen, sind eigentlich bekannt, werden aber im Führungsalltag oft vergessen. Zur Erinnerung und zur selbstkritischen Reflektion des eigenen Führungsverhaltens sollen die wichtigsten Punkte in Erinnerung gerufen werden: Selbstdarstellung Profilierung Angriffe gegenüber den Mitarbeitern Kritik ohne Verbesserungs- und Lösungsvorschläge Personenbezogene statt sachbezogener Kritik Gespräch ist zu früh (Wut ist noch nicht abgeklungen) bzw. zu spät nach dem Fehlverhalten Ständige Störungen des Gesprächs durch Telefonanrufe, andere Mitarbeiter etc. <?page no="173"?> 155 3 Deeskalationstechniken Ziel des Führungsverhaltens sollte es sein, Konflikte zu verhindern. Gerade in größeren Unternehmen ist das Verhalten der Führungskräfte zunehmend fremdbestimmt, das heißt, die mittlere Führungsebene muss Entscheidungen der oberen Führungsebene umsetzen, die sie selbst oft nicht gutheißt. Auch im „normalen“ betrieblichen Alltag können Konflikte entstehen. Manchmal entstehen Missverständnisse ohne Wissen und Wollen des Vorgesetzten auch durch seine nonverbale Kommunikation. Man kann nicht nicht kommunizieren! Menschen kommunizieren auch, wenn sie nicht miteinander reden, nonverbal und häufig unbewusst. Dieses Phänomen bezeichnete der österreichische Kommunikationswissenschaftler, Psychotherapeut und Schriftsteller Paul Watzlawick als Metakommunikatives Axiom. Nach Watzlawick weist jede Kommunikation einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt auf, wobei letzterer den ersteren bestimmt. Nicht nur was ich sage, sondern auch wie ich etwas sage, teilt etwas mit. Deshalb spielen auch nonverbale Äußerungen eine große Rolle. Gespräche können eskalieren. Konflikte mit Mitarbeitern enden dann in Abmahnungen und im schlimmsten Fall mit einer fristlosen Kündigung, etwa wenn gegenüber dem Vorgesetzten eine schwere Beleidigung vorwerfbar ist. 3.1 Rückfragen Wird ein Vorgesetzter von einem Mitarbeiter angegriffen, ist es wichtig, das Gespräch wieder auf die Sachebene zurückzuführen. Am besten gelingt das mit Rückfragen wie beispielsweise „Welche konkreten Bedenken haben Sie? “ oder „Welche konkreten Einwände haben Sie gegen meinen Vorschlag? “ Ein bewusstes Einsetzen der Körpersprache vermittelt Souveränität und unterstützt die inhaltlichen Aussagen. <?page no="174"?> 156 3.2 Unterbrechen oder Abbrechen des Gesprächs Manchmal gelingt es beiden Seiten nicht, die Diskussion auf der Sachebene zu führen und von Emotionen weitgehend freizuhalten. Das ist menschlich. In dieser Situation sollte die Unterredung unterbrochen werden und die Beteiligten sollten sich eingestehen, dass sie im Moment kein konstruktives Gespräch führen können. Manchmal ist nach einer Unterbrechung von 5 bis 10 Minuten wieder ein Dialog möglich. Sollten die Parteien dann aber immer noch nicht in der Lage sein, miteinander zu kommunizieren, muss das Gespräch abgebrochen und zeitnah ein neuer Termin vereinbart werden, um den Kontakt aufrechtzuerhalten. 3.3 Umgang mit Angriffen Angriffe können und dürfen nicht gänzlich ignoriert werden, insbesondere dann, wenn sie in Anwesenheit mehrerer Mitarbeiter erfolgen. Ignorieren sollte man allerdings (soweit keine abmahnungswürdige Beleidigung ausgesprochen wird) den emotionalen Teil der Aussage, der vielleicht „unter die Gürtellinie“ geht. Stattdessen ist es sinnvoll, die Reaktion auf den sachlichen Anteil der Aussage zu beschränken, sofern es ihn gibt. Ziel sollte auch hier sein, das Gespräch mithilfe von Rückfragen auf die Sachebene zurückzuführen. Synchronisieren ist grundsätzlich ein geeignetes Mittel der Kommunikation (vgl. Kapitel B.1.2). Wenn die Gesprächssituation eskaliert, wäre diese Methode jedoch unangebracht. Es wirkt nicht deeskalierend, wenn auch der Vorgesetzte laut und emotional auf die Angriffe reagiert. Manche Personaltrainer empfehlen auch, mit Ironie auf Angriffe zu reagieren und sie dadurch ins Leere laufen zu lassen. Das kann in Teams funktionieren, die sich sehr gut kennen, führt aber manchmal dazu, dass die Situation noch mehr eskaliert. <?page no="175"?> 157 4 Das Vorstellungsgespräch 4.1 Informationen an den Bewerber In vielen Bereichen sind es derzeit die Arbeitgeber, die um gute Mitarbeiter werben müssen. Das Vorstellungsgespräch dient also nicht mehr nur dazu, dem Bewerber eine möglichst präzise Vorstellung von den Anforderungen der Stelle zu vermitteln, sondern es geht umgekehrt auch darum, das Unternehmen und den Arbeitsplatz für den potenziellen Mitarbeiter attraktiv zu machen. Für den Bewerber bedeutsam sind heute auch nicht mehr alleine Gehalt und Dienstwagen. Bei der Entscheidung für einen Arbeitsplatz spielt nicht nur für Frauen, sondern zunehmend auch für Männer die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine Rolle. Unternehmen, die Teilzeitmodelle oder Krippenplätze anbieten können, haben einen Wettbewerbsvorteil. Darüber sollte dann aber auch im Vorstellungsgespräch informiert werden. Bei aller Transparenz müssen beide Parteien bedenken, dass sie noch nicht vertraglich gebunden sind und damit keiner Geheimhaltungsverpflichtung unterliegen. Beide können und dürfen daher im Vorstellungsgespräch keine vertraulichen Informationen preisgeben (vgl. Kapitel A.1.3.2 sowie A.3.10). 4.2 Was darf und was soll der Arbeitgeber den Bewerber fragen? Wenn ein Mitarbeiter eingestellt wird, gibt es Themen, die der Arbeitgeber wissen muss. Darüber hinaus gibt es aber auch sogenannte „nice to have“-Informationen (vgl. zu den Informationspflichten des Mitarbeiters auch Kapitel A.1.3.1). Die Schwangerschaft einer Mitarbeiterin gehört zu den Informationen, die jeder Arbeitgeber benötigt. Beantwortet die Bewerberin die Frage nach einer Schwangerschaft bewusst falsch, um eingestellt zu werden, hat der Arbeitgeber dennoch grundsätzlich nicht das Recht, ihr deshalb zu kündigen. Daraus folgt aber nicht, dass Arbeitgeber in Zukunft gar nicht erst nach dem Bestehen einer Schwangerschaft fragen sollten. Wenn die Bewerberin eine Tätigkeit ausübt, bei der im Falle einer Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot gilt, ist die Frage zulässig und muss wahrheitsgemäß beantwortet werden. Gerade in kleineren Unternehmen sind die betriebswirtschaftlichen und organisatorischen Konsequenzen durch Personalwechsel, Elternzeit, Fehlzeit, Teilzeitansprüche schwer zu stemmen. Daher ist es aus Arbeitgebersicht notwendig, eventuell auch durch mittelbare Fragen wie „Können Sie sich vorstellen, zu unserer Niederlassung <?page no="176"?> 158 nach Bremen zu gehen? “ oder „Wo sehen Sie sich beruflich in fünf Jahren? “ etwas über die Familienplanung der Bewerberin zu erfahren. Grundsätzlich unterbleiben sollten Fragen beispielsweise nach der ausgeübten Religion oder der sexuellen Identität, die den Bewerber persönlich kränken können und die gegen das Diskriminierungsverbot des AGG verstoßen. Solche Fragen sind nicht nur unzulässig, sondern auch unnötig, weil die Antworten für die meisten Stellen vollkommen irrelevant sind. 4.3 No-Gos für das Vorstellungsgespräch Verhaltensweisen, die in Personalgesprächen kontraproduktiv sind (vgl. Kapitel B. 2. 4), sollten auch bei Vorstellungsgesprächen vermieden werden. Darüber hinaus gilt es, folgende Fehler zu unterlassen: Man erfährt wenig über den Bewerber, weil dieser nicht zu Wort kommt. Die endgültige Entscheidung wird von einer Person alleine getroffen. Die Zusage erfolgt sofort. Die Zusage erfolgt, obwohl der Bewerber bestimmte, für den konkreten Job notwendige Anforderungen nicht erfüllt. Entgegen dem „Bauchgefühl“ wird dem Bewerber zugesagt, weil das Anforderungsprofil formal passt. Die Gehaltsvorstellungen des Bewerbers sind überzogen und werden dennoch akzeptiert. <?page no="177"?> 159 5 Wie trenne ich mich von einem Mitarbeiter? 5.1 Optionen für den Arbeitgeber: Aufhebung oder Kündigung Wir erleben in unserer Beratung immer wieder, dass vertragswidriges Verhalten jahrelang geduldet wird, ohne dass je eine Abmahnung ausgesprochen wurde. Notwendige Kritikgespräche werden nicht geführt. Wenn dann ein an sich nicht kündigungswürdiges Verhalten endgültig „das Fass zum Überlaufen bringt“, wird ohne Bedacht eine Kündigung ausgesprochen. In anderen Fällen mahnen Führungskräfte zwar ab und drohen mit einer Kündigung, sprechen diese aber letztlich nie aus. Der Mitarbeiter wird seinen Vorgesetzten spätestens nach der dritten Abmahnung nicht mehr ernst nehmen. Manche Führungskräfte empfinden es als persönliches Scheitern, wenn es nicht gelingt, einen Mitarbeiter zu „führen“. Obwohl es notwendig wäre, ergreifen sie keine Maßnahmen. Es ist jedoch außerordentlich wichtig zu erkennen, wann es für ein Unternehmen aufgrund von vertraglicher Schlechtleistung oder gar aufgrund eines Fehlverhaltens eines Mitarbeiters im Vertrauensbereich, wie beispielsweise bei Diebstahl, nicht mehr zumutbar ist, ihn weiter zu beschäftigen. Es ist nicht nur im Sinne des Unternehmens, sondern auch und vor allem im Sinne der Kollegen, wenn man sich rechtzeitig von einem Mitarbeiter trennt, der für den konkreten Arbeitsplatz nicht geeignet ist. Nichts kann frustrierender sein, als jahrelang Mehrarbeit leisten zu müssen, weil der Kollege nicht die erforderlichen Anforderungen erfüllen kann. Je länger ein Mitarbeiter im Betrieb verbleibt, umso größer wird ferner die finanzielle Belastung für das Unternehmen bei einer Trennung, weil auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit bei der Bewertung, ob eine verhaltensbedingte Kündigung wirksam ist, zugunsten des Mitarbeiters berücksichtigt wird. Die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage, aber auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit bestimmen in der Praxis die Höhe der Abfindung. Vor Ausspruch einer Kündigung sollte man sich über die Möglichkeiten und vor allem die Risiken einer Kündigung informieren. So hat beispielsweise ein Betrieb, bei dem das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, ganz andere Möglichkeiten als ein Betrieb, bei dem das Kündigungsschutzgesetz greift. Oftmals empfehlen Rechtsanwälte, eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen, auch wenn der eigentliche Grund für die Kündigung in einem Fehlverhalten des Mitarbeiters liegt. Solche Konstrukte fallen spätestens im Kündigungsschutzprozess vor <?page no="178"?> 160 dem Arbeitsgericht in sich zusammen und können den Unternehmer viel Geld kosten. Denn einer betriebsbedingten Kündigung, die sich auf innerbetriebliche Gründe stützt, muss immer eine unternehmerische Entscheidung vorausgehen. Daraus folgt, dass im Prozess unternehmerische Entscheidungen vorgetragen werden müssen, die so gar nicht beschlossen worden sind. Unter Umständen erfüllen Zeugen dadurch den Straftatbestand der Falschaussage und der Arbeitgeber begeht Prozessbetrug. Unabhängig von möglichen strafrechtlichen Konsequenzen behindern betriebsbedingte Kündigungen aber auch immer die Entwicklung des Unternehmens. Sobald zeitnah mit Ausspruch der Kündigung neue Mitarbeiter eingestellt werden, führt das in vielen Fällen zur Unwirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung. Bei der Risikoabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Mitarbeiter ab Ende der Kündigungsfrist seine Arbeitsleistung nicht mehr anbieten muss. Verliert der Arbeitgeber den Kündigungsschutzprozess, muss dem gekündigten Mitarbeiter sein Arbeitslohn als sogenannter Verzugslohn nachgezahlt werden, wenn er in der Zeit des Kündigungsschutzverfahrens keine Einkünfte bezogen hat. Von der Agentur für Arbeit gewährte Leistungen wie Arbeitslosengeld sind der Agentur vom Arbeitgeber zurück zu erstatten. Hat der Mitarbeiter in dieser Zeit zwar (bei einem anderen Unternehmen) gearbeitet, dort aber weniger Lohn bezogen, muss der kündigende Arbeitgeber ihm die Differenz zwischen dem höheren bisherigen Lohn und dem niedrigeren Lohn beim neuen Arbeitgeber als Verzugslohn nachzahlen. Der Arbeitgeber könnte dieses Risiko zwar minimieren, wenn er dem Mitarbeiter ein Beschäftigungsverhältnis für die Dauer des Prozesses anbietet. Ein solches Vorgehen ist jedoch aus folgendem Grund nicht zu empfehlen: Die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung setzt unter anderem voraus, dass der Arbeitsplatz des Mitarbeiters weggefallen ist. Es wird dem Arbeitgeber kaum gelingen, diesen Wegfall vor Gericht glaubhaft darzulegen, wenn der Mitarbeiter während des Prozesses weiterbeschäftigt wird. Wenn das Arbeitsverhältnis noch nicht lange bestanden hat und absehbar ist, dass der Mitarbeiter bald eine neue Stelle finden wird, kommt auch eine sogenannte 1a- Kündigung in Betracht (vgl. auch das Muster unter C.3). Hierbei bietet der Arbeitgeber die Zahlung einer Abfindung an, wenn der Mitarbeiter keine Kündigungsschutzklage erhebt. Für den Fall, dass der Mitarbeiter dennoch eine Kündigungsschutzklage einreicht, „verfällt“ der Anspruch auf Abfindung. Um entscheiden zu können, welche Form der Kündigung sich in der konkreten Situation empfiehlt, muss die Verhandlungsposition des Arbeitgebers zunächst gründlich analysiert werden. Kommt eine betriebsbedingte Kündigung nicht in Betracht, etwa weil vergleichbare Stellen neu besetzt werden müssen, kann bei vertragswidrigem Fehlverhalten des Mitarbeiters nur verhaltensbedingt gekündigt werden. Diese verhaltensbedingte Kündi- <?page no="179"?> 161 gung muss jedoch gut vorbereitet sein. Vor allem wenn der Mitarbeiter seine vertraglich geschuldete Leistung nicht oder schlecht erbracht hat, also ein Fehlverhalten im Leistungsbereich vorliegt, bedarf es in den meisten Fällen einer vorherigen Abmahnung. 5.2 Die Abmahnung Wird eine mündliche oder schriftliche Abmahnung ausgesprochen, hat ein Mitarbeiter einen einklagbaren Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte, wenn sie unwirksam ist. Zudem ist eine wirksame Abmahnung meist Voraussetzung für die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung. Eine Abmahnung muss daher stets gut durchdacht sein (zu den rechtlichen Grundlagen vgl. Kapitel A 5.3.2). Dient die Abmahnung der Vorbereitung einer Kündigung, sollte die Abmahnung schriftlich verfasst werden. Mündlich ausgesprochene Abmahnungen kann der Arbeitgeber nur verwerten, wenn er beweisen kann, dass und mit welchem Inhalt ein Abmahngespräch stattgefunden hat. Weil sie Partei sind, kommen der Inhaber bei der Personengesellschaft oder der Geschäftsführer bei der juristischen Person nicht als Zeugen hierfür in Betracht. Ein Abmahngespräch muss folgende Anforderungen erfüllen: Der Vorwurf des vertragswidrigen Verhaltens muss konkret beschrieben werden, also Darlegung was ist wann wo passiert? Der Mitarbeiter muss darauf hingewiesen werden, dass das konkrete Fehlverhalten nicht geduldet wird. Dem Mitarbeiter muss deutlich gemacht werden, dass im Wiederholungsfall eine Kündigung ausgesprochen wird. Dies unterscheidet die Abmahnung von der Ermahnung, die im Falle der Wiederholung noch keine Kündigung androht und auch nicht der Vorbereitung einer Kündigung dient. Gerade in Kritikgesprächen, die eine Abmahnung oder auch nur eine Ermahnung als „Warnschuss“ zum Inhalt haben, sollte der Vorgesetzte auch auf nonverbaler Ebene, also mit Gestik und Mimik, vor allem aber auch mit seinem Tonfall unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass das Verhalten des Mitarbeiters nicht geduldet wird. Solche notwendigen Gespräche finden oftmals nicht statt. Wegen des konkreten Vorfalls, der abgemahnt wurde, kann keine Kündigung mehr ausgesprochen werden. Dieser Kündigungsgrund ist „verbraucht“. Begeht der Mitarbeiter aber ein gleichartiges Vergehen, dann kann je nach Sachverhalt die Kündigung ausgesprochen werden. <?page no="180"?> 162 Beispiel Ein Mitarbeiter beantwortet am 02.03. eine wichtige E-Mail des Kunden A nicht. Er wird wegen dieses Fehlverhaltens wirksam abgemahnt. Am 05.03. beantwortet der Mitarbeiter erneut eine wichtige E-Mail eines anderen Kunden nicht. In Anwesenheit des Prokuristen des Unternehmens teilt der Vorgesetzte dem Mitarbeiter in einem darauffolgenden Gespräch mit, dass er wegen dieses Verhaltens abgemahnt wird und dass bei nochmaligem Fehlverhalten die Kündigung droht. Am 20.03. reagiert der Mitarbeiter wieder auf eine Nachricht des Kunden A nicht. Daraufhin kündigt Kunde A am 24.03. sein Vertragsverhältnis mit dem Arbeitgeber und droht mit Schadensersatzansprüchen. Am 30.03. spricht der Arbeitgeber die fristlose, hilfsweise eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung gegenüber dem Mitarbeiter aus. Im Kündigungsschutzprozess kann der Arbeitgeber darlegen, dass er den Mitarbeiter abgemahnt hat und ihn mit deutlichen Worten darauf hingewiesen hat, dass bei einem weiteren Fehlverhalten die Kündigung folgen wird. Das kann der Prokurist bezeugen, der an dem Gespräch teilgenommen hat. <?page no="181"?> 163 6 Umgang mit dem Betriebsrat 6.1 Vorbereitung von Anhörungen und Besprechungen Vor Umsetzung einer betrieblichen Maßnahme muss geprüft werden, ob und wenn ja, welche Mitwirkungsrechte des Betriebsrates bestehen (vgl. hierzu ausführlich Kapitel A.11). Für das weitere taktische Vorgehen ist es auch maßgeblich, ob der Betriebsrat „weiche“ oder „harte“ Mitbestimmungsrechte hat, ob er also Maßnahmen zustimmen muss oder nur über Maßnahmen zu informieren ist (vgl. Kapitel A.11). Häufig verfügen Betriebsräte durch Fortbildungen über ein umfangreiches Know-how gerade in der Frage, ob und bei welchen Maßnahmen sie welche Beteiligungsrechte haben. Daher sollte sich auch der Arbeitgeber rechtzeitig vor Umsetzung einer Maßnahme bei einem Fachanwalt informieren und seinen Rat einholen. Spürt der Betriebsrat die Unsicherheit des Arbeitgebers, wird er unter Umständen Beteiligungsrechte einfordern, die gar nicht bestehen. Umgekehrt macht es keinen Sinn, den Betriebsrat, der auf seine Mitwirkungsrechte pocht, nicht entsprechend den Regelungen des BetrVG an betrieblichen Maßnahmen zu beteiligen. Wenn der Betriebsrat ständig um die Beachtung seiner gesetzlichen Rechte kämpfen und dafür vielleicht sogar vor das Arbeitsgericht ziehen muss, führt das lediglich zu verhärteten Fronten. Bei Besprechungen sollte für einen angemessenen Rahmen und eine angenehme Atmosphäre sowie dafür gesorgt werden, dass Störungen unterbleiben. Gerade bei längeren Besprechungen ist es wichtig, dass ausreichend Luft, Licht, Speisen und Getränke vorhanden sind. Zu den Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kommunikation gehört auch, dass der Raum, in dem die Besprechung stattfindet, über die erforderliche Ausstattung wie Beamer, Flipchart und Pinnwand oder Ähnliches verfügt. 6.2 Ständiger Kontakt zum Betriebsrat Spekulationen über den angeblichen Abbau von Personal oder den Verkauf des Unternehmens und andere Gerüchte können dem Betrieb ganz erheblichen Schaden zufügen. Der Betriebsrat, der oft den „besseren Draht“ zu den Mitarbeitern hat, erfährt meist viel früher, wenn es in der Belegschaft „kocht“. Bei einem guten Verhältnis wird der Betriebsrat die Unternehmensleitung darüber informieren und es können gemeinsam Strategien entwickelt und umgesetzt werden, um im Unternehmen wieder Ruhe einkehren zu lassen, beispielsweise durch die Durchführung einer Betriebsversammlung. <?page no="182"?> 164 Auch die Unternehmensleitung sollte nicht nur bei mitbestimmungsbedürftigen Maßnahmen überlegen, ob und wie früh der Betriebsrat eingebunden wird. Feste Jour-fixe- Termine mit dem Betriebsrat in nicht zu großem Abstand sind daher zu empfehlen. An diesen Terminen sollten nicht immer nur die Personalleiter, sondern auch die Geschäftsführer und bei fachlichen Themen auch die betroffenen Abteilungsleiter teilnehmen. 6.3 Gestaltungsrechte nutzen Betriebe mit Betriebsräten haben Gestaltungsmöglichkeiten, die betriebsratslosen Unternehmen verwehrt sind. Nicht nur beim Personalabbau ist die gute Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat wichtig und hilfreich. Mithilfe von Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat können für das Unternehmen und die Belegschaft passende Regelungen getroffen werden, wie zum Beispiel die Einführung von neuen Arbeitszeitmodellen. 6.4 Betriebsversammlungen Versammlungen der Mitarbeiter geben der Unternehmensleitung die Möglichkeit, die Beschäftigten zu informieren und so unter Umständen auch Spekulationen entgegenzutreten, die oftmals gar nicht vom Betriebsrat, sondern von anderen Mitarbeitern gestreut werden. Der Arbeitgeber sollte bewusst entscheiden, ob die Unterrichtung der Mitarbeiter im Rahmen einer „eigenen“ Informationsveranstaltung oder einer Betriebsversammlung erfolgen soll. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Betriebsrat Veranstalter und Hausherr der Betriebsversammlungen ist. Der Betriebsrat hat regelmäßig, und zwar mindestens einmal im Kalendervierteljahr Betriebsbzw. Abteilungsversammlungen durchzuführen. Der Betriebsrat muss auf einer solchen Versammlung in Form eines Berichts Rechenschaft über seine Tätigkeit ablegen. Auf Wunsch des Arbeitgebers muss der Betriebsrat eine Betriebsversammlung einberufen. Er ist zu den Betriebsversammlungen unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen und berechtigt, in der Versammlung zu sprechen. Ob es sinnvoll ist, bestimmte Themen in einer Betriebsversammlung anzusprechen oder nicht, hängt aus Arbeitgebersicht unter anderem davon ab, wie sich die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaftsvertretern und mit dem Betriebsrat im Unternehmen gestaltet. Die Eigendynamik solcher Versammlungen ist nicht zu unterschätzen und wahrscheinlich eine der schwierigsten Aufgaben für Unternehmer, aber auch für Betriebsräte. Gemäß § 46 Abs. 1 BetrVG können auch Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften beratend an den Betriebsversammlungen teilnehmen, die das Klima <?page no="183"?> 165 manchmal auch gegen den Willen des Betriebsrates „vergiften“ können. Da nützt es in der Praxis wenig, dass auch der Arbeitgeber einen Beauftragten seiner Arbeitgebervereinigung hinzuziehen kann. Eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat zeigt sich darin, dass der Arbeitgeber rechtzeitig über die Themen der Versammlung informiert wird und sich auf die Betriebsversammlung vorbereiten kann - was er auch sollte. Wenn möglich, sollte der Ablauf der Betriebsversammlung gemeinsam mit dem Betriebsrat besprochen werden. Lässt sich der Betriebsrat nicht in „seine“ Betriebsversammlung „hineinreden“, dann ist diese Versammlung nicht das richtige Forum, um über bestimmte Maßnahmen zu informieren und zu diskutieren. Zu einer vertrauensvollen Kooperation gehört es auch, dass man die Betriebsversammlung gemeinsam nachbereitet und analysiert, auch und gerade, weil sie vielleicht für beide Parteien überraschend und unerwartet verlaufen ist. 6.5 Einigungsstelle Die Einigungsstelle ist eine innerbetriebliche Schlichtungsstelle. Sie besteht aus Vertretern der Arbeitgeberseite und des Betriebsrates sowie einem neutralen Vorsitzenden, der in der Praxis meist ein Richter am Arbeitsgericht ist. Es handelt sich jedoch nicht um ein arbeitsgerichtliches, und damit auch nicht um ein öffentliches Verfahren. Gesetzlich geregelt ist die Einigungsstelle in §§ 76 ff. BetrVG. Es gibt erzwingbare und freiwillige Verfahren. Zu den gesetzlich vorgegebenen Fällen eines erzwingbaren Verfahrens zählt beispielsweise die Einigung über einen Sozialplan bei Betriebsänderungen mit der Folge, dass der Spruch der Einigungsstelle die gescheiterte freiwillige Einigung der Betriebsparteien ersetzt. Bei einem freiwilligen Verfahren müssen beide Parteien einverstanden sein. In solchen Fällen ersetzt der Spruch der Einigungsstelle die Einigung nur, wenn sich beide Parteien im Vorhinein dem Spruch der Einigungsstelle unterworfen haben oder ihn nachträglich annehmen. Nicht nur aus Sicht des Betriebsrates, sondern auch aus Sicht des Arbeitgebers kann es sinnvoll sein, einen Antrag auf Durchführung eines Verfahrens vor der Einigungsstelle zu stellen. Allerdings eignen sich nicht alle Themen für das Verfahren. Auch der Vorsitzende ist maßgeblich daran beteiligt, ob die Einigungsstelle zur Konfliktbewältigung beitragen kann. Bei einem Patt entscheidet sein Votum über den Ausgang des Verfahrens. Daher sollten folgende Punkte beachtet werden: Vor dem Konfliktfall sollte aktiv nach einem Vorsitzenden gesucht werden, auf den man sich mit dem Betriebsrat einigt und mit dem eine Honorarvereinbarung getroffen wird. <?page no="184"?> 166 Wenn man sich nicht einigen kann, dann ist ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren einzuleiten. Hier gilt „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Wer das Verfahren eingeleitet hat und den Vorsitzenden vorgeschlagen hat, zwingt die Gegenseite dazu, diesen abzulehnen. Das heißt, die Partei muss vor Gericht vortragen, dass der in Aussicht genommene Vorsitzende - manchmal ein Richter des Arbeitsgerichts, das auch für die Kündigungsschutzverfahren zuständig ist - für den Vorsitz persönlich nicht geeignet ist. Bei der Bestimmung der Zahl der Beisitzer kann es durchaus sinnvoll sein, neben dem Betriebsratsvorsitzenden einen zusätzlichen in der Materie kompetenten Betriebsrat als weiteren Beisitzer zu zulassen. Der Arbeitgeber kann einen Sachverständigen hinzuziehen, ohne dass dieser Beisitzer sein muss. Ziel sollte es sein, eine einvernehmliche Regelung zu finden. Fühlt sich eine Partei durch den Spruch der Einigungsstelle benachteiligt, kann sie ihn im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren überprüfen lassen. Sie wird damit allerdings nur dann Erfolg haben, wenn der Spruch rechtsfehlerhaft zustande gekommen ist oder wenn die Einigungsstelle mit dem Spruch ihr Ermessen in erheblicher Weise überschritten hat. 6.6 Sachliche und finanzielle Ausstattung Gemäß § 40 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrates entstehenden Kosten zu tragen. Der Arbeitgeber muss für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal zur Verfügung stellen. Die Rechtsprechung hat klare Vorgaben dazu entwickelt, was als erforderlich im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. Der Arbeitgeber kann daher unnötige Konfrontationen vermeiden, wenn er dem Betriebsrat die Ausstattung gewährt, die ihm ohnehin zusteht. Neben dem Anspruch auf Freistellung hat der Betriebsrat gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG auch einen Anspruch auf Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Auch dieses Recht führt oftmals zu Diskussionen, die einer gedeihlichen Zusammenarbeit nicht förderlich sind. Ist ein vernünftiger Konsens mit dem Betriebsrat in dieser Frage schlicht nicht möglich, kann es durchaus sinnvoll sein, die Einigungsstelle anzurufen. Wenn man sich allerdings schon nicht über die Art und die Kosten einer Fortbildung einigen kann, ist das kein gutes Signal für andere wichtigere Felder der Zusammenarbeit. Ein Kompromiss könnte darin liegen, eine Fortbildung in einer neutralen (nicht gewerkschaftsnahen) Einrichtung vorzuschlagen, die an einem attraktiven Tagungsort stattfindet. <?page no="185"?> 167 Ein häufiger Streitpunkt ist auch die Übernahme der Kosten von Beratern, insbesondere von Rechtsanwälten. Der Betriebsrat hat in vielen Fällen einen Anspruch auf Hinzuziehung von Sachverständigen und Beratern. Die Parteien sollten sich jedoch vor der Beauftragung des Dritten über die Beratungskosten verständigen. Der Betriebsrat kann darauf verwiesen werden, dass er zunächst alle innerbetrieblichen Informationsmöglichkeiten nutzen muss. Allerding wird es zu Konflikten führen, wenn dem Betriebsrat ein ihm grundsätzlich zustehende Recht auf Hinzuziehung von Dritten verwehrt wird. Zur Diskussion steht manchmal auch die Vergütung des Rechtsanwaltes. In gerichtlichen Verfahren ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) eine Orientierung. Im außergerichtlichen Bereich bedarf es auch nach dem RVG einer Vereinbarung entweder in Form einer Pauschale oder meist eines Stundenhonorars, die vom Unternehmer akzeptiert werden muss. Der Arbeitgeber muss dem vom Betriebsrat hinzugezogenen Rechtsanwalt bezahlen, wenn die Beratung im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben erforderlich und das Honorar angemessen ist. Der Arbeitgeber sollte sich daher informieren, welche Stundensätze für Fachanwälte für Arbeitsrecht in seinem Bezirk üblich sind. Alle Parteien, ob Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Betriebsrat sollten sich umfassend informieren und fachliche Unterstützung holen, bevor Konflikte eskalieren. Auch die rechtzeitige Einschaltung eines Mediators mit arbeitsrechtlichem Background kann von großem Vorteil für alle Beteiligten sein. <?page no="186"?> 168 C. Checklisten 1. Checkliste Arbeitsverträge Dauer Probezeit Arbeitsort und Tätigkeit Arbeitszeit und Überstunden Vergütung Abtretungs- und Verpfändungsverbot von Arbeitseinkommen Arbeitsverhinderung, Mitteilungspflichten, Ausschluss von § 616 BGB Urlaub Nebentätigkeit Geheimhaltung, eventuell mit Vertragsstrafe Wettbewerbsverbot, eventuell nachvertragliches Wettbewerbsverbot Kündigungsfristen Freistellung im Fall der Kündigung Antidiskriminierung Besondere Verhaltensregelungen (Code of Conduct/ Compliance) Ausschlussklauseln Schriftformklausel <?page no="187"?> 169 2. Checkliste Befristung Probezeit als Probezeitbefristung? Vorherige Beschäftigung? Befristung mit oder ohne Sachgrund? Beispiel für eine sachgrundlose Befristung Das Arbeitsverhältnis beginnt am … und endet am … Das Arbeitsverhältnis wird nach § 14 Abs. 2 TzBfG ohne Sachgrund befristet. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des …, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Kündigungsmöglichkeit trotz Befristung regeln Beispiel Auch während der Befristung kann das Arbeitsverhältnis mit den gesetzlichen Fristen ordentlich gekündigt werden. Das Recht zur fristlosen Kündigung bleibt unberührt. <?page no="188"?> 170 3. Checkliste Kündigung Ein Kündigungsgrund sollte nur in den Fällen angegeben werden, in denen er auch genannt werden muss, beispielsweise im Ausbildungsverhältnis. Originalunterschrift durch Geschäftsführer oder vertretungsberechtigten Mitarbeiter (Prokurist muss Einzelprokura haben, sonst Risiko der Zurückweisung) Zugangsbestätigung (Bestätigung durch Mitarbeiter oder durch vollständige Beweiskette) Beispiel einer 1a-Kündigung Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich zum…aus betrieblichen Gründen. Bei Verstreichenlassen der Klagefrist des § 4 KSchG können Sie eine Abfindung gemäß § 1a KSchG beanspruchen. Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden (vgl. § 1a KSchG). <?page no="189"?> 171 4. Checkliste Abmahnung Abmahnung Beispiel Wir sehen uns gezwungen, Sie aus folgenden Gründen abzumahnen: … Konkrete Beschreibung der Vertragsverletzung Beispiel Sie haben am …. Durch dieses Verhalten haben Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Sie haben insbesondere die Dienstanweisung vom … nicht beachtet. Aufforderung, sich vertragsgerecht zu verhalten Beispiel Wir fordern Sie daher auf, Ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen in Zukunft zu erfüllen, insbesondere sich an die Dienstanweisungen zu halten. Androhung der Kündigung Beispiel Sollten Sie in Zukunft unserer Aufforderung, Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, nicht Folge leisten, müssen Sie mit einer Kündigung rechnen. <?page no="190"?> 172 5. Checkliste Aufhebungsvertrag Beendigungsgrund Beispiel Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis auf Veranlassung des Unternehmens aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des … enden wird. Vergütung (klar regeln, welche monatliche Vergütung noch weiter zu zahlen ist) Abfindung Freistellung Beispiel Der Mitarbeiter wird ab sofort bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung der noch bestehenden Urlaubsansprüche und evtl. bestehender Gleitzeitguthaben von der weiteren Erbringung der Arbeitsleistung unwiderruflich freigestellt. Der gesamte Urlaub ist damit eingebracht und eventuell bestehende Überstunden sind abgegolten. Krankmeldung Beispiel Der Mitarbeiter bleibt verpflichtet, bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses jede krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit spätestens am dritten Werktag nach deren Beginn durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzuzeigen. Zeugnis Beispiel Das Unternehmen verpflichtet sich, dem Mitarbeiter zum Beendigungstermin ein qualifiziertes wohlwollendes Zeugnis mit der Gesamtbewertung gut zu erteilen. Herausgabe von Unterlagen und Gegenständen Beispiel Der Mitarbeiter verpflichtet sich, dem Unternehmen …sofort herauszugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht besteht nicht. <?page no="191"?> 173 Vertraulichkeit Beispiel Die Verpflichtung des Mitarbeiters zur Verschwiegenheit gemäß Ziffer … seines Arbeitsvertrages bleibt in Kraft. Die Verpflichtung zur Vertraulichkeit gilt ausdrücklich auch für den Abschluss und Inhalt dieser Vereinbarung. Erledigungsklausel Beispiel Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund abgegolten und erledigt sind. <?page no="192"?> 174 6. Checkliste Zeugnis Beschäftigungszeit Tätigkeit und Ort Aufgaben Beispiel Frau … trat am … in unser Unternehmen ein und war bis zum … in der Abteilung … als … bei uns beschäftigt. Zu ihren Aufgaben gehörten insbesondere folgende Tätigkeiten: … Fortbildungen Fachkenntnisse mit Bewertung Beispiel Frau … nahm an allen innerbetrieblichen Fortbildungen in ihrem Fachbereich teil und konnte dadurch ihre umfassenden und vielseitigen Fachkenntnisse noch erweitern. Die überdurchschnittliche Umsatzsteigerung in der Abteilung …. ist besonders auf den Einsatz von Frau … zurückzuführen. Der hohen Arbeitsbelastung war Frau … jederzeit gewachsen und arbeitete auch unter Druck stets zuverlässig und genau. Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitern, Kunden Beispiel Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war … Bei Kunden war Frau … wegen ihrer freundlichen Art und ihrer großen Kompetenz sehr beliebt. Gesamtbewertung Beispiel Frau … hat die ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer … erledigt. Abschiedsformel Beispiel Frau … verlässt unser Unternehmen auf eigenen Wunsch, um eine neue Herausforderung anzunehmen. Wir bedauern das Ausscheiden von Frau … aus unserem Unternehmen sehr und danken ihr für ihre Mitarbeit und ihr Engagement. Wir wünschen ihr für ihre Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg. <?page no="193"?> 175 7. Checkliste Vorstellungsgespräch Ausbildung Fremdsprachenkenntnisse Berufserfahrung Besondere Qualifikationen für das Unternehmen Persönliche Qualifikationen Organisation Führungserfahrung Teamfähigkeit Konfliktfähigkeit Verhandlungsgeschick Erwartungen Fachlich Persönlich Gehalt Bereitschaft zu Reisetätigkeit und Umzug Vereinbarungen mit dem Bewerber Bewertung Fachlich Persönlich Gesamteindruck <?page no="194"?> 176 8. Checkliste Zielvereinbarung Zeitpunkt der Zielvereinbarungsgespräche Unter welchen Umstanden finden weitere Zielvereinbarungsgespräche statt? Vorgehensweise, wenn keine Einigung über Ziele stattfindet Beispiel Kann im Zielvereinbarungsgespräch keine Einigung erzielt werden, kann das Unternehmen unter Berücksichtigung der Interessen des Mitarbeiters nach billigem Ermessen konkrete Ziele einseitig festlegen. Diese Ergebnisse sind in schriftlicher Form an den Mitarbeiter zu übermitteln. Sollte der Mitarbeiter mit den festgelegten Zielen nicht einverstanden sein, so hat er diesem Schreiben innerhalb eines Monats ab Zugang der Zielvorgaben schriftlich zu widersprechen. Unterbleibt ein entsprechender Widerspruch, so gelten die vorgegebenen Ziele für beide Parteien verbindlich. Ermittlung der Prämienhöhe und Angabe der maximalen Prämienhöhe Regelung, wann kein Anspruch besteht oder gekürzt wird: Welcher Prozentsatz muss erreicht werden? Was ist bei Krankheit oder Ruhen des Arbeitsverhältnisses? Was geschieht bei Ausscheiden vor Zielerreichung? Fälligkeit der Zahlungen Widerrufsvorbehalt Beispiel Die Zahlung der variablen Vergütung auf Basis der Zielvereinbarung erfolgt unter dem Vorbehalt des Widerrufs. Das Unternehmen kann von dem Recht auf Widerruf Gebrauch machen, wenn ein dringendes betriebliches Erfordernis dies verlangt. Ein solches ist dann anzunehmen, wenn das Jahresergebnis des Unternehmens um … Prozent unter dem Ergebnisses des vorherigen Jahres zurückbleibt. Dem Unternehmen steht ein Widerrufsrecht dann nicht zu, wenn die verbleibende Gesamtvergütung des Mitarbeiters durch Ausübung des Widerrufs um mehr als 25 Prozent reduziert wird. Ausschlussklausel Schriftliche Geltendmachung oder Klageerhebung notwendig? Kurze Ausschlussfrist (BAG Rechtsprechung beachten, also mindestens 3 Monate) Die in C. 8 genannten Beispiele sind angelehnt an Muster aus dem Formularbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Hrsg. Liebers Hans Joachim, 2. Auflage, 2013, S. 105 ff. <?page no="195"?> 177 9. Checkliste Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG Einleitungssatz Beispiel Wir beabsichtigen, Frau … krankheitsbedingt zum… zu kündigen. Sozialdaten: Alter, Familienstand, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflicht und Schwerbehinderung Tätigkeit, wöchentliche Arbeitszeit und Beschäftigungsort Genaue Beschreibung der Kündigungsgründe Beispiel Frau …ist seit … ständig erkrankt. Folgende Fehltage bestehen seit …: …. Tage ohne Lohnfortzahlung und …. mit Lohnfortzahlung wegen … Aufgrund dieser Fehlzeiten ist von einer negativen Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Gesundheitszustandes von Frau …auszugehen. Es ist mit weiteren krankheitsbedingten Ausfällen zu rechnen. Die Krankheiten von Frau… führen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen. Der ständige krankheitsbedingte Ausfall führt dazu, dass …, was nicht nur zu Mehrkosten durch … führt, sondern auch zu einer nicht mehr zumutbaren Belastung für die Kollegen. Aufgrund der Erkrankung mussten …, was wiederum zu einem wirtschaftlichen Schaden für das Unternehmen führt. Zu berücksichtigen ist ferner der finanzielle Schaden des Unternehmens durch … Die Beeinträchtigung des Unternehmens durch die Krankheit von Frau … ist nicht mehr hinzunehmen und führt zu einer unzumutbaren Belastung für alle. Wir beabsichtigen deswegen, Frau… ordentlich krankheitsbedingt zu kündigen. Dazu bitten wir um Ihre Zustimmung. <?page no="196"?> 178 Stichwortverzeichnis 1 1a-Kündigung..........................................60 A Abfindung................................................59 Abfindung, sozialversicherungsfrei ........38 Abgabenordnung ...................................124 Abgeltungsklausel ...................................40 Abmahngespräch ...................................161 Abmahnung .....................................57, 161 Abrufarbeit ..............................................92 Abrufarbeitsverhältnis .............................17 Abtretung, Arbeitseinkommen ................21 AGB-Kontrolle........................................15 AGG ........................................................93 AGG, Beschwerderecht...........................93 AGG, Entschädigung ..............................94 AGG, Leistungsverweigerungsrecht .......94 Akkordlohn............................................143 Aktives Zuhören ....................................149 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz ....................93 Allgemeinverbindlicher Tarifvertrag ......28 Altersdiskriminierung..............................27 Änderungskündigung ..............................50 Anhörung.................................................44 Anhörung, Betriebsrat .............................45 Anscheins- und Duldungsvollmacht .......35 Arbeitgeberhaftung................................128 Arbeitgebermeldung..................................7 Arbeitnehmerähnliche Selbstständige .....14 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ..........108 Arbeitsbereitschaft ..................................82 Arbeitsort...........................................16, 74 Arbeitsschutzgesetz .........................97, 128 Arbeitssicherheitsgesetz ..........................98 Arbeitsstättenverordnung ........................99 Arbeitsverhinderung................................21 Arbeitszeit ...................................17, 18, 74 Arbeitszeit, Lage .....................................74 Arbeitszeitgesetz ...............................18, 82 Aufhebung .............................................159 Aufhebungsvertrag ..........................35, 107 Aufhebungsvertrag, Abfindung .............. 38 Aufhebungsvertrag, Anfechtung............. 36 Aufhebungsvertrag, Inhalt ...................... 37 Aufhebungsvertrag, Sperrzeit ........... 37, 40 Aufhebungsvertrag, Wettbewerbsverbot ............................. 40 Aufhebungsvertrag, Widerruf................. 35 Ausbildender......................................... 103 Ausbildungsverhältnis, Kündigung ...... 105 Ausgleichsabgabe ................................. 105 Auskunftspflicht ................................... 130 Ausschlussfristen .................................... 27 Auswahlrichtlinien................................ 145 Auszubildender, Vergütung .................. 104 B Bagatelldelikte ........................................ 58 Befristete Arbeitsverträge ....................... 92 Behinderte Menschen ........................... 105 Benachteiligungsverbot .......................... 94 Bereitschaftsdienst ............................ 82, 84 Berufsbildungsgesetz ............................ 103 Berufsgenossenschaft ......................... 9, 99 Beschäftigungsdatenschutzgesetz. 117, 120 Beschäftigungspflicht ............................. 68 Beschäftigungsverbot ............................. 87 Beschäftigungsverbot, Erholungsurlaub .................................. 89 Beschäftigungsverbot, Kinder ................ 95 Beschwerderecht..................................... 94 Betriebliche Übung ........................... 20, 28 Betriebliches Eingliederungsmanagement ................ 56 Betriebliches Vorschlagswesen ............ 144 Betriebsänderungen .............................. 134 Betriebsarzt ......................................... 9, 98 Betriebsbedingte Kündigung ................ 159 Betriebsnummer........................................ 9 Betriebsrat............................................. 163 Betriebsrat, Ausstattung........................ 166 Betriebsrat, Mitbestimmung ................. 136 Betriebsrat, Unterrichtung bei Kündigung......................................... 133 Betriebsratsanhörungen ........................ 163 <?page no="197"?> 179 Betriebsratsbesprechungen....................163 Betriebsratsbeteiligung, Kündigung......132 Betriebssicherheitsverordnung ..............100 Betriebsübergang...................................102 Betriebsvereinbarung ............................136 Betriebsversammlungen ........................164 Bewerbungsgespräch.................................4 Bildschirmarbeitsverordnung ..................99 Bonus .......................................................21 Bundesdatenschutzgesetz ......................117 Bundesurlaubsgesetz ...............................85 C Clearingstelle...........................................10 Compliance..............................................57 D D&O-Versicherungen .............................72 Datenschutz ...........................................117 Deeskalationstechniken .........................155 Dienstwagen ............................................38 DIN-Norm .............................................100 Direktionsrecht ........................................16 Diskriminierung ......................................91 Diskriminierungsverbot...........................78 Dispositiv ................................................83 Dokumentationspflicht ............................97 E Einfühlungsarbeitsverhältnis .....................2 Eingruppierung......................................132 Einigungsstelle ..............................145, 165 Einmann GmbH.......................................10 Einstweilige Verfügung.........................144 Elterngeld ................................................89 Elternzeit .................................................89 Elternzeit, Verringerung der Arbeitszeit............................................90 Emails....................................................119 EN-Normen ...........................................100 Entschädigung .........................................94 Equal Pay...............................................110 Erlaubnispflicht .....................................109 Ermahnung ............................................161 Ermittlungstätigkeiten ...........................118 Erstbelehrung ............................................7 Erste Hilfe ............................................... 97 Erstuntersuchung, Jugendliche ............... 96 F Fachkraft für Arbeitssicherheit ........... 9, 98 Faktischer Geschäftsführer ................... 123 Fernmeldegeheimnis............................. 120 Fiktion..................................................... 62 Fiktion der Reduktion ............................. 76 Fiktive Lohnvereinbarung ...................... 12 Fortbildungskosten ................................. 26 Freier Mitarbeiter.................................... 10 Freistellung ............................................. 26 Freiwilligkeitsvorbehalt .......................... 20 Fürsorgepflicht........................................ 77 G Gefährdungsbeurteilung ................... 97, 99 Gefahrengeneigte Tätigkeit .................... 71 Gefahrgutbeauftragter........................... 128 Gehaltserhöhung ................................... 152 Geheimhaltung........................ 5, 24, 39, 65 Gleichbehandlung ................................... 32 Gleichbehandlungsgesetz ....... 2, 54, 78, 93 Gleitzeit................................................... 82 Gleitzeitmodelle...................................... 18 Gleitzone........................................... 32, 33 Grobe Fahrlässigkeit ............................... 71 Gruppenarbeit ....................................... 144 Güteverfahren ....................................... 105 H Haftung der Organe .............................. 123 Haftung für das Fehlverhalten von Mitarbeitern....................................... 127 Haftung für Personenschäden ............... 126 Haftung für Sachschäden ...................... 126 Haftung gegenüber Arbeitgeber ............. 71 Haftung gegenüber dem Fiskus ............ 122 Haftung gegenüber den Gläubigern...... 125 Haftung gegenüber Sozialversicherungsträgern ............... 124 Haftung im deliktischen Bereich .......... 126 Haftung wegen Übernahme von Arbeitgeberpflichten ................. 128, 129 Haftung, Arbeitnehmer ........................... 71 <?page no="198"?> 180 Haftung, Betriebsleiter ..........................128 Haftung, grobe Fahrlässigkeit .................71 Haftung, leichte Fahrlässigkeit................72 Haftung, Lohnsteuer..............................122 Haftung, Verschuldenskriterien ..............71 Haftungsbeschränkungen ........................30 Haftungsrisiken .....................................122 Haftungsrisiko gegenüber Dritten .........122 Handelsvertreter ......................................12 Herausgabe von Unterlagen ....................64 I Informationsveranstaltung.....................164 Integrationsamt......................................106 Interessensabwägung...............................55 Interessensausgleich mit Namensliste ...135 ISO-Normen ..........................................100 J Jobsharing................................................93 Jugendarbeitsschutzgesetz...................7, 95 K Karenzentschädigung ..............................25 Kleinbetrieb .............................................46 Kommunikation.....................................147 Kommunikationsquadrat, ......................152 Kooperativer Führungsstil.....................149 Kritikgespräch .......................................152 Kundendaten............................................65 Kündigung .............................................159 Änderungskündigung....................................... 50 Kündigung, Abmahnung .........................57 Kündigung, Auszubildender..................105 Kündigung, Begründung .........................44 Kündigung, betriebsbedingt ....................48 Kündigung, Fall Emmely ........................57 Kündigung, fristlos..................................56 Kündigung, Interessensabwägung.....54, 58 Kündigung, Krankheit .............................54 Kündigung, Kurzerkrankung...................54 Kündigung, ordentliche ...........................41 Kündigung, personenbedingt ..................54 Kündigung, Stufentheorie .......................54 Kündigung, verhaltensbedingt ................56 Kündigung, wichtiger Grund...................56 Kündigung, Zugang ................................ 42 Kündigungsfristen................................... 26 Kündigungsschutz, Schwerbehinderte.............................. 106 Kündigungsschutzgesetz................. 46, 159 Kündigungsverbot............................. 46, 88 Kurzerkrankung ...................................... 55 Kurzfristige Beschäftigung ............... 32, 34 L Langzeiterkrankungen ............................ 55 Leichte Fahrlässigkeit ............................. 72 Lohn ...................................................... 141 Lohngestaltung ..................................... 141 Lohnsteuer, Scheinselbstständigkeit....... 12 M Mehrwertsteuer, Scheinselbstständigkeit ....................... 13 Meldepflicht, sofortige ............................. 8 Meldepflicht, Sozialversicherung ............. 8 Metakommunikatives Axiom ............... 155 Midijobs .................................................. 33 Mindestlohn ............................................ 18 Mindesturlaub ......................................... 23 Minijob ..................................................... 8 Mitarbeitergespräche, Rahmenbedingungen......................... 148 Mitbestimmung des Betriebsrats .......... 119 Mitbestimmung, Akkordlohn ............... 143 Mitbestimmung, Arbeitnehmerwohnungen.................. 141 Mitbestimmung, Arbeitsplatzgestaltung....................... 144 Mitbestimmung, Arbeitszeit ................. 138 Mitbestimmung, betriebliche Lohngestaltung.................................. 141 Mitbestimmung, betriebliche Ordnung ............................................ 137 Mitbestimmung, soziale Angelegenheiten................................ 136 Mitbestimmung, Sozialeinrichtungen... 140 Mitbestimmung, Urlaub........................ 139 Mitbestimmungsrecht, erzwingbar ....... 136 Mitbestimmungsrechte, Betriebsrat130, 136 Mitbestimmungsrechte, Einstellung ..... 130 Mutterschaftsgeld ................................... 88 <?page no="199"?> 181 Mutterschaftsgeld, Zuschuss ...................88 Mutterschutzgesetz..................................87 N Nachtarbeit ..............................................84 Nachtarbeit, Zuschlag..............................84 Nachuntersuchung ...................................96 Nachuntersuchung, Jugendliche..............96 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot ..............................25 Nachweisgesetz ...............................16, 102 Nebentätigkeit .........................................23 Normale Fahrlässigkeit ...........................72 P Personalentwicklungsgespräch..............151 Personalfragebögen ...............................145 Personalplanung ....................................145 Personelle Einzelmaßnahmen ...............130 Probezeit..................................................15 Q Qualifiziertes Zeugnis .............................78 R Reduzierung der Arbeitszeit....................75 Regelungsabrede ...................................136 Rufbereitschaft ........................................84 Ruhepausen .......................................18, 83 Ruhezeiten ...............................................84 S Sachgrundbefristungen............................62 Sachliche und finanzielle Ausstattung, Betriebsrat.....................166 Salvatorische Klausel ..............................30 Säumniszuschlag .....................................12 Scheinselbstständigkeit ...........................10 Scheinselbstständigkeit, Lohnsteuer .....123 Scheinselbstständigkeit, Sozialversicherungsbeiträge ........12, 124 Schichtarbeit............................................84 Schlechtleistung ......................................67 Schlichtungsstelle..................................165 Schriftform ..............................................43 Schriftformerfordernis ............................ 35 Schriftformklausel .................................. 27 Schwarzarbeit ......................................... 13 Schwerbehinderte ................................. 105 Schwerbehinderte, Aufhebungsvertrag............................ 107 Schwerbehinderte, fristlose Kündigung......................................... 106 Schwerbehinderte, Kündigung ............... 44 Schwerbehinderte, Kündigungsschutz ............................. 106 Selbstständige Tätigkeit.......................... 11 Selbstständige, Kündigung ..................... 61 Sicherheitsfachkraft .............................. 128 Sonn- und Feiertage, Beschäftigungsverbot.......................... 82 Sonn- und Feiertagsarbeit ....................... 85 Sozialauswahl ......................................... 51 Sozialauswahl, Kriterien......................... 53 Sozialauswahl, Punkteschema ................ 53 Sozialplan ............................... 60, 135, 165 Sozialplan, erzwingbar ......................... 135 Sozialversicherungsbeiträge, Scheinselbstständigkeit ............... 12, 124 Sperrzeit .................................................. 37 Statusfeststellungsverfahren ................... 10 Stellenausschreibung ................................ 2 Stillende Mütter ...................................... 88 Stufentheorie........................................... 54 Synchronisieren .................................... 148 T Tarif, Betriebsübergang ........................ 102 Tarifautonomiestärkungsgesetz ............ 101 Tarifautonomiestärkungsgesetz“ ............ 30 Tarifdispositiv....................................... 101 Tarifvertrag, allgemeinverbindlich ......... 28 Tarifverträge ......................................... 101 Tarifvertragsgesetz ............................... 101 Technische Normen .............................. 100 Technische Regeln................................ 100 Technische Regeln für Betriebssicherheit.............................. 100 Teilzeit- und Befristungsgesetz ........ 61, 91 Telefonüberwachung ............................ 120 TRBS .................................................... 100 Treuepflicht............................................. 65 <?page no="200"?> 182 U Überstunden ......................................17, 69 Überstunden, Pauschalvergütung ............69 Überstunden, Vergütung .........................69 Überstunden, Zuschläge ..........................71 Umgruppierung .....................................132 Unfallverhütungsvorschriften..................99 Unterrichtung der Arbeitnehmer .............97 Unterrichtung, Betriebsrat, Kündigung .........................................133 Unterweisungspflicht ..............................98 Urlaub................................................22, 86 Urlaub, Anspruch ....................................86 Urlaub, einstweilige Verfügung ..............86 Urlaub, Verfall ........................................86 Urlaubsabgeltung ....................................86 Urlaubsentgelt .........................................87 V Verbesserungsvorschläge ......................144 Verfügungsberechtigter, AO .................124 Vergütung................................................18 Vergütungspflicht....................................68 Verhältnismäßigkeitsprinzip ...................57 Verhandlungsstrategien .........................147 Verjährung, Lohnsteuer.........................123 Vermögensschäden..................................71 Verpfändung, Arbeitseinkommen ...........21 Verringerung der Arbeitszeit...................77 Versetzung.............................................132 Verträge, befristet ................................... 61 Vertragsstrafen........................................ 24 Verzugslohnrisiko................................... 60 Videoüberwachung ............................... 118 Vorstellungsgespräch........................ 5, 157 Vorstellungskosten ................................... 6 W Wegfall Arbeitsplatz ............................... 49 Weisung, Arbeitsort ................................ 74 Weisungsrecht................................... 17, 73 Weisungsrecht, Umfang ......................... 73 Weiterbeschäftigungsanspruch ............... 45 Wettbewerbstätigkeit .............................. 25 Wettbewerbsverbot ................................. 66 Wettbewerbsverbot, nachvertraglich ...... 25 Wichtiger Grund ..................................... 56 Widerrufsvorbehalt ................................. 20 Widerspruch des Betriebsrates ............. 133 Z Zeugnis ................................................... 78 Zeugnis, äußere Form ............................. 79 Zielvereinbarungen ......................... 21, 151 Zurückbehaltungsrecht ........................... 64 Zurückbehaltungsrecht, Firmenwagen....................................... 65 Zusatzurlaub ......................................... 107 Zustimmung zur Kündigung................. 134 Zustimmungsfiktion zur Kündigung..... 134 Zustimmungsfiktion, Betriebsrat .......... 131 <?page no="201"?> 183 Literaturverzeichnis Fitting, Engels, Schmidt, Trebinger, Linsenmaier Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, 28. Auflage, 2016 Müller-Glöge, Preis, Schmidt Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 16. Auflage, 2015 Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, Deutschlands Zukunft gestalten, 18. Legislaturperiode, 2013 Liebers Hans Joachim, Formularbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 3. Auflage,2015 Palandt, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 75. Auflage, 2016 Schulz von Thun Friedemann, Miteinander Reden, Bd. 1-3, 2008 Watzlawick, Paul, Anleitung zum Unglücklichsein, 1988 Alle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes können kostenlos bis einschließlich 2009 unter www.bundesarbeitsgericht.de recherchiert werden. <?page no="202"?> 184 Literaturhinweise Axelrod, Robert, Die Evolution der Kooperation, 7. Auflage, 2009 Brummer/ Kronthaler/ Neißer/ Schwenke, Abgabenordnung, 12. Auflage, 2010 Küstenmacher Tiki Werner, Du hast es in der Hand, fünf einfache Rituale für ein glücklicheres Leben, 2012 Küttner Wolfdieter, Personalbuch, 2016 Molcho Samy, Körpersprache im Beruf, 2001 Müllerschön Albrecht, Als Führungskraft erfolgreich starten, 5. Auflage, 2015 Ponschab/ Schweizer, Kooperation statt Konfrontation, neue Wege anwaltlichen Verhandelns, 2. Auflage, 2010 Schaub Günther, Arbeitsrechtshandbuch, 16. Auflage, 2015 Tipke/ Lang, Steuerrecht, 21. Auflage, 2015 Tipke/ Kruse, Loseblattsammlung zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 2016 Vogt Manfred Begegnungen mit Steve de Shazer und Insoo Kim Berg, Dortmund 2012 <?page no="203"?> 185 Die Autorin: Dr. Cornelia Stapff, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht www.dr-stapff.de Illustrationen: Frauke Vieregg www.frauke-vieregg.de <?page no="204"?> Dr. Alb Als erfo Anregu und Üb 5., neu b 168 S., 2 ISBN 97 Zum Buc Der Einsti nicht nur jemand zu Dieses Bu Führungs Kollegen Probleme Inhalt: Wie bew Position? Welche B motiviere richtig? - geführt? - werden K und Durc achten? Die Inter Das Buch bzw. in Kü Die Auto Dr. Albre hat er Coa rungskräft gefragtest zeichnung durchlebt. Christina Personalr für Psych und Paarb schön Fü eignungsd den Frage haltig sein brecht M s Füh olgre ungen, k bungen f bearbeitete 28,00 €, 48 78-3-8169ch: ieg als Führu schwieriger um Vorgeset uch gibt Ihn kraft stellen gegenüber en um, die me wältige ich d - Was ist f Bedeutung h ich meine - Wie werd - Wie gestal Konflikte bew chführung v ressenten: h richtet sich ürze überneh oren: echt Müllers achs und Co te und Mana ten Referent gen. Er hat s . Sein Anspr a Seitter hat referentin ge otherapie un beratung. Vo hrungskräfte diagnostik u en und Hera n. üllersch hrung eich konkrete für den F e und erwe 8,20 CHF -3284-0 ungskraft ste als bisher - tzten seiner e nen eine Ant : Wie kann dar? Wie ein/ e Vorgän die ersten für mich der haben Ziele Mitarbeiter den Mitarbe te ich eine T wältigt? - W von Verände h an Führun hmen werden chön hat Ps oachausbilde ager aus de ten und Coa selbst als Pe uch ist: Aus nach ihrer p arbeitet und nd Hypnose or diesem Hi e und Person nd Persönlic ausforderung Be Tel: 071 E-Mail: ex ön gskr star Tipps, C Führungs eiterte Aufl (Reihe We ellt jeden vor - sie sind ei ehemaligen twort auf die ich meine n führe ich s nger/ in hinter Tage in m r richtige Fü für den E r? - Wie d itergespräch Teambesprec Was ist bei d erungsproze gskräfte, die n. sychologie u er ausgebilde en unterschie aches in Deu ersonalrefere der Praxis fü ädagogische sich zur Be arbeitet sie ntergrund be nalverantwor chkeitsentwic gen im Alltag estellhot 159 / 92 65xpert@exp raft rten Checklist salltag age 2015 esterham, eine Vielzah nfach ander Kollegen und e Fragen, die neue Rolle schwierige M rlassen hat? meiner neue ührungsstil? Erfolg? - W delegiere ic he erfolgreic chung? - W der Einleitun ssen zu be e vor kurzem nd Jura stud et. Seit nahe edlichsten E utschland un ent und Ges ür die Praxis en Ausbildun erufseignungs in ihrer eige erät und train rtliche zu de cklung. Auch g auseinande tline: 0 • Fax: -20 pertverlag.d ten/ Tests 12) hl neuer Hera rs. Besonder d Kolleginne e sich Ihnen ausfüllen? W Mitarbeiterge Wie arbeite en - ie ch ch ie ng em Führungsv diert. Als Leh zu 30 Jahren benen und B nd seine Ber schäftsführer . ng und etliche sdiagnostike enen Praxis niert sie bei n Themen: F h sie hat sic ergesetzt. Ih 0 de s ausforderung rs schwierig n wurde. n in den ers Wie stelle ic spräche? W ich mit mein verantwortun hrbeauftragte n trainiert, co Branchen. H atungsfirma r die Fragen en Jahren pä erin qualifizie für Systemis der Unterne Führungskrä ch als erfahr r Anspruch i gen. Die Auf ist die Situa sten hundert ch mich mei Wie gehe ic nem Team pr ng übernomm er an der Un oacht und be Heute gehört erhielt wied der Führun ädagogische ert. Mit ihrer A sche Konflikt hmensberatu äfteentwicklu rene Führun ist: Wirksam fgaben sind ation, wenn Tagen als nen neuen ch mit den roduktiv? men haben ni Tübingen erät er Füht er zu den erholt Ausg im Alltag er Arbeit als Ausbildung t- Familienung müllerng, Berufsngskraft mit und nach- <?page no="205"?> Prof. D Bet Per Aktuell praxiso 28., völl. 129 Tab. 44,00 €, (Die Betr ISBN 97 Zum Buc Für die me Wandelpro Damit gew im Untern betreffen z und Alters das Unte bedarfsger Mitarbeiter Auswirkun Buch Betr reiche des bietet Prax Inhalt: Strategisch - Grund Personalp Personalfü Anreizsyst - Persona Die Intere - Studiere Inhalten - Teilnehm Inhalten - Praktiker - Fachun Rezension »Eignet s veranstaltu Dr. Udo S riebl rsona le Heraus orientiert neu bearb ., 18 Praxis 73,00 CHF riebswirtsc 8-3-8169-2 ch: eisten Untern ozessen und winnt auch d ehmen besc z.B. den Um sstruktur der ernehmen, d rechter Qua r im Hinblic ngen einer s riebliche Per s Personalma xisbeispiele. he Bedeutun lagen der lanung - Pe ührung - teme - Pers alcontrolling essenten: ende (Bach mer an Ausr in Wirtscha nd Führungs nen: sich ausgeze ungen und s topp, Pr liche alwir sforderu te Grund b. u. erw. A sbeispiele, F chaft: Studi 2864-5 nehmen sind d Herausford ie betrieblich chäftigt, erhe mgang mit de Erwerbstätig die Bewälti alifikationen ck auf eine teigenden In rsonalwirtsch anagements ng der betrie betriebliche rsonalbesch Personalbe sonalentwickl elor, Maste und Weiterb aft und Verwa kräfte mit pe eichnet für elbstverstän Be Tel: 0715 E-Mail: ex of. Dr. U ertsch ungen, dlagen un Aufl. 2012, , 147 Wied ium + Prax d ihre Mitarb derungen des he Personalw eblich an Be en Auswirkun gen, die Gew gung der der Mitarbe bessere Ve nternationalis haft umfasst s, informiert ü eblichen Per en Persona affung - Per urteilung - lung - Perso r, Diplom) bildungsvera altung ersonalwirtsc Praktiker in dlich auch fü estellhotl 59 / 92 65-0 xpert@expe ta Kirsch haft nd Beisp 454 S., 12 derholungs xis, 5) eiter die wic s Marktes fle wirtschaft, di edeutung. Ak ngen des de winnung gut Herausforde eiter, die Be ereinbarkeit sierung der die wesent über aktuelle rsonalwirtsch alwirtschaft rsonaleinsatz - Betrieblic onalfreisetzu mit betriebs anstaltungen haftlichen Au der Wirtsc ür Studierend line: 0 • Fax: -20 ertverlag.de hten piele 20 Abb., sfragen, htigsten Erfo exibel, komp ie sich mit a ktuelle Frage mografische t qualifizierte erungen ein erücksichtigu des Arbeits Unternehme tlichen Grun e und praxiso haft - z - che ung swirtschaftlic mit betriebl ufgaben chaft, Teilne de.« e olgsfaktoren, petent und in llen persona estellungen d en Wandels h er Mitarbeiter nes lebensl ng der Wer mit dem P en auf die P dlagen der v orientierte H hen und pe ichen und pe hmer an Au , um den dyn nnovativ zu albezogenen der Persona hinsichtlich d r und ihre B langen Lern rte und Wü Privatleben Personalwirts verschieden Herausforderu ersonalwirtsc ersonalwirtsc us- und Fo RKW-Mit namischen begegnen. Aufgaben alwirtschaft der Anzahl Bindung an nens und nsche der sowie die chaft. Das en Teilbeungen und chaftlichen chaftlichen rtbildungstteilungen <?page no="206"?> Dipl.-Be Tele in de Der Pra 2., völlig 29,80 €, ISBN 97 Zum Buc Wie die I fonintervie in der Pe als Unter trainiert ha Das Buch Telefonint Interviewl dann die schlägige komplett a den einfa lassen sic Inhalt: Nutzen d bestehend des Telefo in Englisc Rückmeld Deutsch u Die Inter Personalle Personale Rezensio »Die Auto interviews Frageun Telefonint »Was de Zusamme anweisun Die Auto Personalrungserfa schwerpu prozesse, etriebsw. C efonin er Per axisleitfade g neu bearb , 49,90 CH 78-3-8169ch: mplementier ews gescheh ersonalrekrut rnehmensber at, das gesa h ist gewohn terview ges eitfaden ers strukturierte Techniken ausgearbeite chen Transf ch einfach un es Telefonin den Rekrutie oninterviews ch - Profess dungen richti und Englisch ressenten: eiter, Per entwickler, P onen: orin zeigt in s professione nd Kommun terview-Leitfä en Praktiker enstellung vo gen sowie ei orin: Diplom - und Organi hrung im Pe nkte: Perso , Personalen Claudia U ntervie rsona en zur effi b. Aufl. 20 HF (Praxisw -3276-5 rung und pro hen sollte, d ierung«. Für raterin in za mte Buch ko nt praxisnah schickt in stellen könne e Durchführu der Komm ete Telefonin fer in die Pra nd schnell für nterviews - erungsprozes s - Fragen ric sionelle Aus ig geben - T h. rsonalbescha ersonalberat ihrem Buch ell in Ihren b ikationstechn fäden gibt es besonders on Interview ine englische m-Betriebswi isationsentw ersonalmana onalauswahl ntwicklung un Be Tel: 071 E-Mail: ex hrheimer ews alrekru izienten A 14, 98 S., wissen Wirt ofessionelle das erfahren r die Zweitau ahlreichen U omplett neu ü aufgebaut den beste en. Das von ung des Tele munikationsle nterview-Leitf axis und dam r unterschied Anforderung ss - Telefon chtig formulie swertung der Telefoninterv affer, Pe ter, Führung sachlich, wi bestehenden niken werde in deutsche überzeugen wleitfäden, ei e Version da rtin - seit 20 wicklung, Per agement in d (Interviews nd Organisat estellhot 159 / 92 65xpert@exp utieru Auswahl rtschaft, 79 Durchführun Sie in »Tel uflage hat d Unternehmen überarbeitet und zeigt P ehenden R n der Autorin efoninterview enkung besc fäden in deu mit die sofor dliche Positio gsprofil und ninterviewleit eren und ric r Ergebnisse viewleitfäden rsonalbetreu skräfte wie Sie Telefo n betrieblich en verständli r und englisc n dürfte, sin in vollständi avon. Pragma 001 Inhaber rsonalauswa deutschen u s, Telefon-In tionsentwickl tline: 0 • Fax: -20 pertverlag.d ung 9) ng eines Tel efoninterview ie Autorin, d n Telefoninte und strukturi ersonalern u Rekrutierungs n entwickelte ws. Ergänzen chrieben. D utscher und e rtige Umsetz onen abwand geeignete T tfäden entwi htig stellen - e - n in uer, onen Rekrutier ich beschrie cher Sprache nd ein komp iger Telefon atisch und de rin der POTE hl und Coac und internatio nterviews, A ung, Coachi 0 de lews die erviews erfo iert. und Fachvor sprozess in e 3-Phasennd sind Frag as Buch w englischer Sp zung des Ge deln. Themen - Im ckeln - Stru - Besonderh rungsprozes ben, die kom e.« petenzbasier interviewleitf ennoch umfa ENZIAL-Unte ching - seit onalen Unte AC-Verfahren ng und Train olgreich eing rgesetzten, w ntegrieren u -Modell sich getechniken wird abgerun prache. Sie g elesenen. Die mplementieru ukturiertes D eiten der Fra ss integrieren mplett ausg Persona rter Fragenk faden inclus assend. Kom Rasche Na ernehmensb 1989 Berufs ernehmen - n) und Rek ning. geführt und wie sie ein und einen ert danach sowie einndet durch garantieren e Leitfäden ung in den Durchführen agestellung n. Wichtige earbeiteten l im Fokus katalog zur sive Regiempliment! « achrichten eratung für s- und Füh- Beratungskrutierungs- <?page no="207"?> Dipl.-V Dipl.-V Pra der Der Ex und zu Rente 4., neu b ca.46,00 (ASB W Zum Buc »Wann ka Zeiten we Fragen. D Inhalt: 55 Jahre Rentenrec nenrenten steuerlich Altersvors Betrieblich Die Inter Das Buch Sozialwes Banken, öffentliche Leser erh der geset rungsweg geförderte Rezensio »Das seh jedermann »Dieses B Rentenab auch wer Alterssich Die Auto engagiere (ehemals Leiter der Verw. (FH Verw. (FH axis r ges xperten-R ur Altersv und Rür bearb. u. e 0 €, 76,00 Wirtschaftsp ch: ann ich in Re erden bei me Die Autoren le Reformen chtliche Zeit n - Versorgu e Behandlun sorge in Fo he Altersvors ressenten: h wendet si sen von In Versicherun en Verwaltu alten einen tzlichen Ren ge einer be en Altersvors onen: hr informativ n. 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Aufl. 2 CHF praxis, 20) ente gehen? einer Rente egen dabei g in der gese ten - Minijo ungsausgleic ng von Rent orm der Rie sorge - Grun ch an Mitar ndustrieun ngen, Diens ngen sowie Überblick üb ntenversiche etrieblichen sorge. gehaltene u der Transpare wortet in komp entenanrechn riebliche Alte estellt.« Jahrzehnte ür eine praxi bteilung bzw Be Tel: 071 E-Mail: ex ang Weh d Rihm iche r in allen e (einsch e) 2014, ca. 3 ISBN 978 «, »Wie hoch berücksichti großen Wert tzlichen Ren ob und Midi ch und Rent ten und Beit ester-Rente ndsicherung rbeiter im P d Handelsu stleistungsbe an Renten ber das Leist erung und d und private und leicht ve enz der eige petenter We nungszeiten, ersversorgun n im Dienst snahe Wisse . als Referen estellhot 159 / 92 65xpert@exp howsky, n Re n Rentenf hließlich 27 S., 42 A 8-3-8169-3 h ist die Ren igt? « - Das auf die Verb ntenversiche ijob - Versi tensplitting - trägen - Das - Private im Alter und ersonal- und unternehmen etrieben und nberater. Die tungsangebo die Durchfüh en, staatlich erständlich g enen Rentenu eise zahlreich , Anspruch ng, Entgeltum t der Deutsc ensvermittlun nt in einem S tline: 0 • Fax: -20 pertverlag.d ente fragen Riester- Abb., 286-4 nte? «, »Was Buch gibt A bindung zur P erung - Die ichertenrente - Das Wicht s Versicheru Altersvorsor d bei Erwerbs d n, d e ot hh eschriebene unterlagen u he Fragen zu auf Hinterbli mwandlung chen Renten ng. In haupta Stabsbereich 0 de sind Renten Antwort auf d Praxis. drei Säulen en - Ansprü igste zur Re ungskonto un rge in Form sminderung Buch ist ein nd führt zur › Die u den Stichw iebenenrente und Riesternversicherun amtlicher Fu täglich mit d nabschläge? « diese und vi n der Alters üche auf H entenberechn nd Auskünfte m der Rüru n Nachschla ›Fitness in V e Rentenver worten Rente e oder Rent -Rente als M Gd ng Baden-W unktion sind der Materie b «, »Welche ele weitere vorsorge - interbliebenung - Die e - Private up-Rente - agewerk für Vorsorge‹.« rsicherung nanspruch, tensplitting; Modelle zur dS-Magazin Württemberg sie dort als betraut. <?page no="208"?> Dipl.-Betriebswirt Gunter Prollius P: \AK\DIG\u1\u1gross\ Das Personalhandbuch für die betriebliche Praxis Aufgabenstellungen und Arbeitsabläufe im Personalbereich 2015, 326 S., zahlr. Beispiele u. Übungsaufgaben, 48,50 €, 63,50 CHF (Praxiswissen Wirtschaft, 140) ISBN 978-3-8169-1549-2 Zum Buch: Das Buch gibt in komprimierter Form einen umfassenden und realistischen Überblick über die wesentlichen Aufgabenstellungen des Personalwesens im betrieblichen Arbeitsalltag, von der Einstellung bis zur Entlassung. Es stellt in anschaulicher Weise die Sachzusammenhänge und Arbeitsabläufe dar und geht auf Spezialgebiete ein. - Eine Vielzahl von Fällen aus der Praxis ermöglicht dem Leser den schnellen Einstieg in die Thematik. Betriebsbezogene Übungen regen zum Lösen von eigenen Problemfällen an. Der Leser kann die themen- und fachbezogenen Tabellen, Muster und Checklisten problemlos in seiner täglichen Personalarbeit einsetzen. Inhalt: Das Unternehmen: Die XY-GmbH - Führungsstile - Aufgaben und Zielsetzung des Personalwesens - Personal und Personalplanung - Personalsuche und Stellenausschreibungen - Personalauswahl und Einstellung - Ausbildungsvertrag und Arbeitsverträge - Personalbetreuung und Einarbeitung - Personalbeurteilung und Versetzung - Personalentwicklung - Leistungs- und Verhaltensstörungen der Mitarbeiter - Beendigung von Ausbildungs- und Arbeitsverhältnissen - Die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat Die Interessenten: Fach- und Führungskräfte mit neuen Aufgaben im Personalbereich mittlerer und größerer Unternehmen - Assistenten, Referenten und Sachbearbeiter - Studenten mit der Spezialisierung Human Resources Management Rezensionen: »Das Personalhandbuch zeigt eine der wichtigsten Aufgaben des Bereichs Human Resources Management detailliert auf: die Ressourcen aller Mitarbeiter zu erkennen, zu pflegen und zu entwickeln. Diese theoretischen Schilderungen werden durch viele Fallbeispiele praktisch ergänzt und veranschaulicht. Anhand von Übungen lässt sich das Erlernte im nächsten Schritt direkt überprüfen. Übersichtlich gegliedert, deckt das vorliegende Buch alle themenrelevanten Bereiche ab, wie Ausbildungsvertrag, Personalbeurteilung und Vergütung sowie Leistungs- und Verhaltensstörungen der Mitarbeiter.« HR Performance Der Autor Diplom-Betriebswirt Gunter Prollius kommt aus der Praxis und Lehre und war in Stab- und Linienfunktionen nationaler und internationaler Unternehmen mit Führungsverantwortung im Bereich Human Resources Management tätig. Seit über 25 Jahren führt er erfolgreich Beratungsbüros mit Sitz in Heidelberg und Berlin, berät Unternehmen und Verbände bei Fragen zur Organisation, beim Aufbau von Führungsmodellen und -strukturen und berät Personen bei ihrer beruflichen Karriereplanung. Er ist Autor zahlreicher Artikel und Fachbücher. Bestellhotline: Tel: 07159 / 92 65-0 • Fax: -20 E-Mail: expert@expertverlag.de Blätterbare Leseprobe und einfache Bestellung unter: www.expertverlag.de/ «BN_0»
