Zustandsüberwachung von Maschinen
Das Lehr- und Arbeitsbuch für den Praktiker
0130
2017
978-3-8169-8377-4
978-3-8169-3377-9
expert verlag
Josef Kolerus
>>Dieses bekannte Buch mit seiner praxisnahen Darstellung der Maschinenüberwachung und Schwingungsdiagnose erscheint nunmehr in seiner siebten, aktualisierten Auflage. Im Hintergrund steht die Organisation einer zustandsabhängigen und kostenoptimierten Instandhaltung, andere Einsatzgebiete wie Qualitätskontrolle oder Produktionssicherung werden ergänzend vorgestellt, Aspekte der Wirtschaftlichkeit kommen ebenfalls ergänzend zur Sprache. Großer Wert ist vor allem auf eine gut verständliche Einführung in dieses vielfältige Fachgebiet gelegt. Der Anspruch an die mathematischen und physikalischen Kenntnisse bewegt sich dabei im Rahmen technischen Allgemeinwissens. Das durchgehende Konzept einer Abstützung auf plausible physikalische Zusammenhänge kann auch dem erfahrenen Experten einiges an neuen Erkenntnissen liefern. Hinsichtlich Messtechnik und Analyseverfahren ist der Inhalt auf dem aktuellsten Stand, ohne dass dabei der Anschluss an die Grundlagen verloren geht. Verfahren wie Zeit-Frequenz-Analyse oder multivariate Methoden werden hier in überschaubarer Weise vorgestellt. Eine wertvolle Ergänzung stellt der ausführliche und aktuelle Überblick über einschlägige Normen und Richtlinien dar, um deren steigender Bedeutung speziell auf diesem Gebiet Rechnung zu tragen. Auch interessante laufende Projekte wie die Richtlinie VDI 4550 werden bereits mit einbezogen. Mit der mitgelieferten Entwicklungsumgebung LabVIEW 2016 und der auf der CD-ROM enthaltenen Auswertessoftware VIiSAStudent lässt sich jeder Standard-PC zu einem virtuellen Analysator erweitern, auf dem die erworbenen Kenntnisse ausgetestet und vertieft werden können. Inhalt: - Ziele und Konzepte einer Maschinenüberwachung - Schwingungsanalyse: Verfahren und Messsysteme - Fehlererkennung und Diagnose - Wirtschaftlicher Nutzen - Mathematischer Hintergrund - Normen und Richtlinien - Begleit-CD für ein virtuelles Messgerät (PC) - Testdatenbank
<?page no="1"?> Josef Kolerus Johann Wassermann Zustandsüberwachung von Maschinen Das Lehr- und Arbeitsbuch für den Praktiker 7., aktualisierte Auflage Mit 257 Bildern und 7 Tabellen <?page no="3"?> 79 Prof. Dr. Josef Kolerus Ao. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Johann Wassermann Zustandsüberwachung von Maschinen Das Lehr- und Arbeitsbuch für den Praktiker 7., aktualisierte Auflage Mit 257 Bildern und 7 Tabellen Edition <?page no="4"?> Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / www.dnb.de abrufbar. Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http: / / www.dnb.de 7., aktualisierte Auflage 2017 6., aktualisierte Auflage 2014 5., neu bearbeitete Auflage 2011 4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2008 3., erweiterte Auflage 2000 2., überarbeitete Auflage 1995 1. Auflage 1986 Bei der Erstellung des Buches wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem lassen sich Fehler nie vollständig ausschließen. Verlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Autoren dankbar. © 1986 by expert verlag, Wankelstr. 13, D -71272 Renningen Tel.: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 0, Fax: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 20 E-Mail: expert@expertverlag.de, Internet: www.expertverlag.de Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-8169-3377-9 <?page no="5"?> Autorenvorwort zur 7. Auflage Von den Grundlagen bis in die Höhen moderner Technologien - das war von Anfang an und bleibt das Motto dieses Buches. Ohne einen gegebenen Rahmen zu sprengen eine doch etwas anspruchsvolle Aufgabe. Und dass diese Aufgabe gelungen scheint, zeigt wohl der Bedarf nach einer weiteren Auflage. Einer überarbeiteten Auflage, angepasst an den neuesten Stand der Technik. Blickt man auf die Entwicklung dieses Buches, die sich immerhin über einen Zeitraum von nunmehr etwa 30 Jahren erstreckt, so spiegelt sich darin die komplette Entwicklung eines ganzen Fachgebietes wider, einer ebenso wichtigen wie faszinierenden Thematik. Entstanden ist das Buch ursprünglich, in seiner 1. Auflage, aus einem Lehrgang an der Technischen Akademie Esslingen, veranstaltet von der Firma Brüel & Kjaer und unter fachlicher Leitung des Autors (Dr. K.). Brüel & Kjaer hat auch in der Folge das Bildmaterial und viele technische Unterlagen für die Gestaltung dieses Buches zur Verfügung gestellt, wofür an dieser Stelle der Dank der Autoren ausgesprochen werden soll. Bis heute bildet das Material von Brüel & Kjaer das fachliche Rückgrat dieses Buches. Im Zuge der Entwicklung sind jedoch auch Beiträge anderer Hersteller und Anbieter eingeflossen. In diesem Zusammenhang seien die Firmen National Instruments, FAG Industrial Services, DB Prüftechnik, SKF, Agilent, ESC Engine Safety sowie MSS AG genannt. Diese Öffnung hat nicht nur eine Erweiterung und Diversifizierung der Themenkreise bewirkt, sie rückt das Buch auch ins Blickfeld der aktuellen Strategien im Bereich des Internets der Dinge (IoT und IIoT); dabei wird sich eine wirkungsvolle Zustandsüberwachung nicht nur als sinnvoll erweisen, sie entwickelt sich hier mehr und mehr zu einer zentralen Thematik. Als außerordentlich befruchtend hat sich auch die Mitarbeit in diversen Normen- und Richtlinienausschüssen von DIN, VDI und ISO erwiesen - immer wieder interessanter Treffpunkt einschlägiger Fachleute und Experten. Allen an der Entstehung dieses Buches direkt und indirekt Beteiligten sei an dieser Stelle der Dank der Autoren ausgesprochen. München/ Wien im Januar 2017 Dr. Josef Kolerus Dr. Johann Wassermann <?page no="6"?> Inhaltsverzeichnis Autorenvorwort 1 Maschinenüberwachung - Ziele und Konzepte ............................ 1 1.1 Warum Schwingungsüberwachung? ............................................................ 1 1.2 Zielsetzungen ............................................................................................... 2 1.3 Konzepte ...................................................................................................... 3 1.4 Die Idee der zustandsorientierten Maschinenwartung.................................. 4 1.4.1 Fahren bis zum Bruch ........................................................................... 4 1.4.2 Vorbeugende Wartung .......................................................................... 5 1.4.3 Zustandsabhängige Wartung ................................................................ 6 1.5 Breitbandige Schwingungsüberwachung ..................................................... 6 1.5.1 Schwingungen an nicht-rotierenden Bauteilen ...................................... 7 1.5.1.1 Messwertgewinnung .......................................................................... 7 1.5.1.2 Beurteilung von Schwingungen nicht-rotierender Bauteile ................ 7 1.5.2 Messung und Bewertung von Wellenschwingungen ............................. 8 1.5.2.1 Wellenschwingungsmessung ............................................................ 8 1.5.2.2 Beurteilung von Wellenschwingungen ............................................... 9 1.5.3 Gegenüberstellung.............................................................................. 10 2 Mess- und Analysesysteme .......................................................... 11 2.1 Human Resources...................................................................................... 11 2.2 Serielle Analysatoren ................................................................................. 11 2.3 Mechanische Frequenzanalyse.................................................................. 13 2.4 Digitale Filter .............................................................................................. 15 2.5 Frequenzanalysatoren................................................................................ 15 2.6 Rechnerbasierte Systeme .......................................................................... 16 2.7 Datensammler ............................................................................................ 16 2.8 Industriegeräte ........................................................................................... 17 2.9 Virtuelle Instrumente (VI)............................................................................ 17 2.9.1 Das Prinzip.......................................................................................... 17 2.9.2 Grafische Programmierung ................................................................. 18 2.9.3 Parallelsysteme................................................................................... 19 <?page no="7"?> 2.10 Embedded Systeme ................................................................................... 22 2.10.1 Prozessorbasierte Systeme ................................................................ 22 2.10.2 Application Specific Integrated Circuit (ASIC) ..................................... 22 2.10.3 Field Programmable Gate Array (FPGA) ............................................ 23 2.11 Programmable Automation Controller ........................................................ 29 2.11.1 Das Grundprinzip ................................................................................ 29 2.11.2 Beispiel CompactRIO .......................................................................... 30 2.11.3 Beispiel: schnelle Regelkreise............................................................. 32 2.11.4 Die Programmierung ........................................................................... 33 2.12 Monitorsysteme .......................................................................................... 33 3 Einführung zur Schwingungsanalyse .......................................... 35 3.1 Maschinenschwingungen ........................................................................... 35 3.2 Frequenzanalyse........................................................................................ 37 3.2.1 Bedeutung der Frequenzanalyse ........................................................ 37 3.2.2 Durchführung der Frequenzanalyse .................................................... 41 3.2.2.1 Filter ................................................................................................ 41 3.2.2.2 Die Fouriertransformation ................................................................ 42 3.3 Signaltypen ................................................................................................ 43 3.3.1 Einteilung ............................................................................................ 43 3.3.2 Die Spektren ....................................................................................... 44 3.4 Filter ........................................................................................................... 48 3.4.1 Filtercharakteristik ............................................................................... 48 3.4.2 Bandbreite und Messzeit..................................................................... 50 3.5 Mittelung - der Detektor ............................................................................. 53 3.6 Zeitbereichsmittelung ................................................................................. 57 3.7 Darstellung und Auswertung von Spektren ................................................ 57 3.7.1 Amplitudenskalierung - Beurteilungskriterien ..................................... 62 3.7.2 Frequenzskalierung - Spektrenvergleich und Diagnose ..................... 64 3.8 Die Wahl der richtigen Bandbreite.............................................................. 67 4 Schwingungsaufnehmer ............................................................... 69 4.1 Allgemeines................................................................................................ 69 4.2 Wirbelstromaufnehmer ............................................................................... 70 4.3 Elektrodynamische Geschwindigkeitsaufnehmer ....................................... 71 4.4 Piezoelektrische Beschleunigungsaufnehmer ............................................ 73 4.4.1 Eigenschaften ..................................................................................... 73 <?page no="8"?> 4.4.2 Der piezoelektrische Effekt ................................................................. 73 4.4.3 Konstruktionsprinzipien ....................................................................... 74 4.4.4 Messbereiche...................................................................................... 76 4.4.5 Industrieaufnehmer ............................................................................. 80 4.4.6 Die Montage des Aufnehmers............................................................. 82 4.4.6.1 Allgemeines ..................................................................................... 82 4.4.6.2 Montagemethoden........................................................................... 84 4.4.7 Störgrößen .......................................................................................... 89 4.4.8 Kalibrierung ......................................................................................... 93 4.4.9 Beschleunigungsaufnehmer mit eingebautem Vorverstärker .............. 93 4.4.10 TEDS (Transducer Electronic Data Sheet) ......................................... 93 5 Frequenzanalyse - Verfahren und Geräte ................................... 95 5.1 Frequenzanalysatoren................................................................................ 95 5.2 Parameter der Frequenzanalyse ................................................................ 95 5.3 Funktionsgruppen des FFT Analysators..................................................... 97 5.3.1 Signalabtastung und Fouriertransformation ........................................ 97 5.3.1.1 Aliasing ............................................................................................ 98 5.3.1.2 Leakage - Zeitbewertung .............................................................. 101 5.3.1.3 Normierung des Zeitfensters ......................................................... 106 5.3.1.4 Die Auswirkung der Zeitbewertung im Frequenzbereich ............... 107 5.3.1.5 Der Picket-Fence Effekt................................................................. 110 5.3.1.6 Breitbandkorrektur - Berechnung von Breitbandpegeln ................ 112 5.3.1.7 Gaußfenster................................................................................... 113 5.3.2 Triggerung......................................................................................... 116 5.3.3 Übersteuerung .................................................................................. 119 5.3.4 Mittelung ........................................................................................... 122 5.3.4.1 Lineare Mittelung ........................................................................... 122 5.3.4.2 Exponentielle Mittelung ................................................................. 122 5.3.4.3 Overlap .......................................................................................... 125 5.3.5 Analyse mit gleitendem Zeitfenster ................................................... 125 5.3.5.1 Das Verfahren ............................................................................... 125 5.3.5.2 Mittelung mit gleitendem Zeitfenster .............................................. 125 5.3.6 Frequenzlupe (ZOOM) ...................................................................... 128 5.3.6.1 Rekursive Zoom-Analyse .............................................................. 129 5.3.6.2 Frequenzlupenanalyse nach dem Überlagerungsprinzip............... 130 5.3.6.3 Gegenüberstellung ........................................................................ 130 5.4 Wie arbeitet man mit dem FFT-Analysator? ............................................. 132 5.5 Technische Parameter ............................................................................. 133 5.5.1 Übertragungsverhalten des Antialiasingfilters ................................... 133 5.5.2 Digitale Auflösung ............................................................................. 134 <?page no="9"?> 5.5.3 Konvertierungsgeschwindigkeit des ADC ......................................... 134 5.5.4 Verfügbare Speichertiefe .................................................................. 135 5.5.5 Rechenzeit für den FFT-Algorithmus ................................................ 135 5.6 Modellbasierte Frequenzanalyse ............................................................. 136 6 Einführung zu Fehlererkennung und Diagnose ........................ 137 6.1 Grundsätzliche Methoden ........................................................................ 137 6.1.1 Vergleich mit festen Grenzwerten ..................................................... 137 6.1.2 Trendanalyse .................................................................................... 140 6.2 Fehler und ihr spektrales Erscheinungsbild.............................................. 143 6.2.1 Fehler an Rotoren und Wellen .......................................................... 143 6.2.2 Lagerfehler ........................................................................................ 147 6.2.2.1 Gleitlager ....................................................................................... 147 6.2.2.2 Wälzlager....................................................................................... 151 6.2.3 Magnetisch induzierte Schwingungen ............................................... 152 6.2.4 Zahnradgetriebe................................................................................ 156 6.3 Diagnosekarte .......................................................................................... 156 7 Diagnose an Lagern und Getrieben............................................ 162 7.1 Fehler in Wälzlagern ................................................................................ 162 7.1.1 Erscheinungsbild der Fehler ............................................................. 162 7.1.2 Methoden der Fehleranalyse bei Wälzlagern .................................... 163 7.1.2.1 Aufnehmer-Resonanztechniken .................................................... 163 7.1.2.2 Messung der Spitzenhaltigkeit....................................................... 164 7.1.2.3 Der Wälzlagerfehler in der Frequenzanalyse................................. 166 7.1.2.4 Hüllkurvenanalyse ......................................................................... 167 7.1.2.5 Stress Wave Energy (SWE) .......................................................... 174 7.1.2.6 Spectral Emitted Energy (SEE-Verfahren) .................................... 174 7.1.2.7 Bearing Condition Online Monitoring System (BeCOMS).............. 174 7.1.2.8 Ursachenanalyse - Root Cause Failure Analysis (RCFA)............. 175 7.2 Fehler an Zahnrädern............................................................................... 176 7.2.1 Der Mechanismus der Zahneingriffsschwingung............................... 176 7.2.2 Zur Analyse von Zahneingriffsschwingungen.................................... 176 7.2.3 Das Erscheinungsbild von Verzahnungsfehlern im Spektrum........... 176 7.2.3.1 Zahneingriffsschwingungen und Geisterkomponenten .................. 176 7.2.3.2 Modulationsschwingungen - Seitenbandanalyse .......................... 184 7.2.3.3 Ein Beispiel - Zeitbereichsmittelung .............................................. 191 7.2.3.4 Bandbreite ..................................................................................... 197 8 Cepstrumanalyse ......................................................................... 198 8.1 Was ist Cepstrumanalyse? ....................................................................... 198 <?page no="10"?> 8.1.1 Allgemeine Definition ........................................................................ 198 8.1.2 Varianten des Cepstrums.................................................................. 199 8.1.2.1 Das Leistungscepstrum ................................................................. 199 8.1.2.2 Das komplexe Cepstrum ............................................................... 200 8.2 Anwendungen des Leistungscepstrums................................................... 200 8.2.1 Detektion von periodischen Strukturen im Spektrum ........................ 200 8.2.2 Trennung der Einflüsse von Quelle und Übertragungsweg ............... 202 8.2.3 Fallstudien......................................................................................... 203 8.2.4 Das Cepstrum von Zoom-Spektren ................................................... 222 8.2.5 Editieren des Spektrums ................................................................... 226 8.2.6 Weitere Anwendungen der Cepstrumanalyse ................................... 226 8.2.7 Das Leistungscepstrum - Zusammenfassung .................................. 226 8.3 Das komplexe Cepstrum .......................................................................... 228 8.3.1 Definition und Eigenschaften ............................................................ 228 8.3.2 Anwendungen des komplexen Cepstrums ........................................ 230 8.4 Ausblicke .................................................................................................. 232 9 Rechnergestützte Überwachung ................................................ 233 9.1 Grundlagen .............................................................................................. 233 9.1.1 Messgrößen und Beurteilungsgrößen ............................................... 233 9.2 Automatischer Spektrenvergleich............................................................. 234 9.2.1 Probleme beim Vergleich digitalisierter Spektren.............................. 234 9.2.2 Maskenspektren................................................................................ 234 9.2.2.1 Berechnung von Masken ............................................................... 234 9.2.2.2 Beispiele ........................................................................................ 238 9.2.3 Order Tracking .................................................................................. 247 9.3 Trendanalyse ........................................................................................... 247 10 Analyse von Hoch- und Auslaufvorgängen............................... 254 10.1 Die Thematik ............................................................................................ 254 10.2 Auswertung von Einzelkomponenten - kritische Drehzahlen ................... 255 10.3 Auswertung spektraler Messungen .......................................................... 257 10.3.1 Kaskadendiagramm (Wasserfalldarstellung)..................................... 257 10.3.2 Spektrogramm................................................................................... 259 10.3.3 Das Campbelldiagramm.................................................................... 259 10.4 Zeit-Frequenz-Analyse (JTFA) ................................................................. 261 10.4.1 Kurzzeit-Fouriertransformation (STFT) ............................................. 262 10.4.2 Gaborentwicklung und Gabortransformation..................................... 264 <?page no="11"?> 10.4.3 Wavelet-Transformation (WT) ........................................................... 267 10.4.4 Gegenüberstellung Gabor- und Wavelet-Transformation................. 267 10.5 Grundprinzipien der Ordnungsanalyse..................................................... 267 10.5.1 Mitlauffilter......................................................................................... 268 10.5.2 Synchrone Abtastung ........................................................................ 269 10.6 Verfahren der digitalen Ordnungsanalyse ................................................ 277 10.6.1 Frequenzanalyse............................................................................... 278 10.6.1.1 FFT ................................................................................................ 278 10.6.1.2 Zeit-Frequenz-Analyse .................................................................. 278 10.6.2 Order Tracking .................................................................................. 279 10.6.2.1 Resampling.................................................................................... 279 10.6.2.2 Zeitvariate Fouriertransformation (TVDFT).................................... 280 10.6.2.3 Vold-Kalman Filter ......................................................................... 281 10.6.2.4 Drehzahlmessung.......................................................................... 282 10.6.2.5 Gabor Order-Tracking (GOT) ........................................................ 283 10.6.2.6 Order Tracking - State of Arts ....................................................... 283 10.7 Ordnungsanalyse in Überwachung und Diagnose ................................... 284 10.7.1 Profilüberwachung ............................................................................ 284 10.7.2 Vergleich spektraler Daten ................................................................ 286 10.7.3 Überwachung von Einzelkomponenten ............................................. 286 11 Fehlererkennung an Kolbenmaschinen ..................................... 287 11.1 Die Problematik ........................................................................................ 287 11.2 Zeitsignale und Spektren.......................................................................... 291 11.3 Die Analyse .............................................................................................. 291 11.3.1 Erfassung der Einzelspektren ........................................................... 291 11.3.2 Darstellung der Spektren .................................................................. 291 11.3.3 Beispiele ........................................................................................... 294 11.4 Bearing Condition Online Monitoring System (BeCOMS) ........................ 306 12 Konzepte für Überwachungssysteme ........................................ 308 12.1 Die Thematik ............................................................................................ 308 12.2 Ein Universalsystem................................................................................. 308 12.3 Ein dezentrales Überwachungssystem mit FPGA-Einsatz ....................... 313 12.4 Ganzheitlicher Ansatz .............................................................................. 317 13 Multivariate Verfahren ................................................................. 318 13.1 Allgemeines.............................................................................................. 318 13.2 Begriffe..................................................................................................... 318 <?page no="12"?> 13.3 Klassierungsverfahren.............................................................................. 319 13.3.1 Wahrscheinlichkeitsbasierte Beurteilung........................................... 319 13.3.2 Neuronale Netze ............................................................................... 320 13.3.3 Selbstorganisierende Netze (Self Organizing Map SOM) ................. 321 13.3.4 Klassifikationsbäume ........................................................................ 322 13.3.5 Random Forest Statistik (RF)............................................................ 323 13.3.6 Logistische Regression (LR) ............................................................. 323 13.3.7 Stützvektormaschine (Support Vector Machine SVM) ...................... 324 13.4 Health Index ............................................................................................. 325 13.5 Normative Repräsentation........................................................................ 325 14 Der wirtschaftliche Nutzen von Diagnosesystemen ................ 326 14.1 Allgemeines.............................................................................................. 326 14.2 Grundlagen der Nutzwertanalyse ............................................................. 327 14.3 Nutzwertanalyse und Kosten-Nutzen-Analyse ......................................... 336 14.3.1 Nutzwertanalyse................................................................................ 336 14.3.2 Kosten-Nutzen-Analyse .................................................................... 336 14.3.3 Objektive Gewichtung - paarweiser Vergleich .................................. 338 14.4 Schlussfolgerung...................................................................................... 339 15 Strategien der Signalanalyse ...................................................... 342 15.1 Der Grundgedanke................................................................................... 342 15.2 Die Fouriertransformation......................................................................... 342 15.2.1 Ansätze ............................................................................................. 342 15.2.2 Allgemeine Eigenschaften der Fouriertransformation ....................... 344 15.2.3 Linearität der Fouriertransformation .................................................. 345 15.2.4 Spektren reeller Zeitsignale .............................................................. 345 15.3 Diskrete Fouriertransformation (DFT) und FFT ........................................ 346 15.3.1 Zusammenhänge .............................................................................. 346 15.3.2 Konsequenzen .................................................................................. 348 15.4 Überlagerte Prozesse............................................................................... 350 15.5 Faltung und Entfaltung ............................................................................. 350 15.5.1 Lineare Systeme - Entfaltung ........................................................... 350 15.5.2 Die Entfaltung.................................................................................... 352 15.5.3 Konsequenzen .................................................................................. 353 15.6 Das Cepstrum - die vollendete Entfaltung ............................................... 353 <?page no="13"?> 15.6.1 Das komplexe Cepstrum ................................................................... 353 15.6.2 Das Leistungscepstrum..................................................................... 354 15.7 Demodulation .......................................................................................... 356 15.7.1 Zeitbereich und Frequenzbereich ................................................... 356 15.7.2 Fouriertransformation kausaler Zeitsignale - Hilberttransformation .. 357 15.7.3 Die Hilberttransformation im Zeitbereich ........................................... 359 15.8 Das analytische Zeitsignal........................................................................ 362 15.9 Analyse modulierter Signale..................................................................... 364 15.9.1 Amplitudenmodulation....................................................................... 364 15.9.2 Amplituden- und Frequenzmodulation .............................................. 364 15.9.3 Hüllkurvendetektion........................................................................... 364 15.10 Amplitudenmodulation .......................................................................... 366 15.10.1 Analytische Formulierung .............................................................. 366 15.10.2 Grenzbetrachtungen ...................................................................... 367 15.11 Anwendungen und Aspekte .................................................................. 368 15.12 Grundlagen der Zeit-Frequenz-Analyse................................................ 368 15.12.1 Ansätze zur Signalanalyse ............................................................ 368 15.12.2 Gefenstertes Zeitsignal.................................................................. 369 15.12.3 Kurzzeit-Fouriertransformation (STFT) .......................................... 370 15.12.4 Gabortransformation...................................................................... 371 15.12.5 Die Welt der Biorthogonaltransformationen ................................... 372 15.13 ANHANG .............................................................................................. 373 15.13.1 Lösung eines linearen Gleichungssystems.................................... 374 15.13.2 Fouriertransformation eines Faltungsintegrals............................... 374 15.13.3 Fouriertransformation der Signumfunktion..................................... 375 16 Normen und Richtlinien............................................................... 376 16.1 Betriebs- und Abnahmerichtlinien............................................................. 376 16.1.1 Die Entstehung.................................................................................. 376 16.1.2 Aktueller Stand.................................................................................. 377 16.2 Die Normenreihen in sachlicher Gliederung ............................................. 379 16.2.1 Normen zur Betriebsüberwachung .................................................... 379 16.2.1.1 Wellenschwingungsmesshungen .................................................. 379 16.2.1.2 Schwingungen von nicht-rotierenden Bauteilen............................. 381 16.2.2 Überwachung und Diagnose ............................................................. 382 16.2.2.1 Übergeordnete Dokumente ........................................................... 382 16.2.2.2 Schwingungsüberwachung............................................................ 384 <?page no="14"?> 16.2.2.3 Normen zur Messtechnik ............................................................... 387 16.2.2.4 Gesamtkonzepte ........................................................................... 387 16.2.2.5 Datenverarbeitung ......................................................................... 389 16.2.2.6 Training und Zertifizierung ............................................................. 390 16.3 VDI-Richtlinien.......................................................................................... 392 16.4 Laufende Projekte .................................................................................... 392 16.5 Stellenwert der Normung.......................................................................... 393 16.6 Entwicklungsstufen einer ISO-Norm......................................................... 394 Literaturverzeichnis ........................................................................... 395 Sachregister........................................................................................ 406 <?page no="15"?> 1 Maschinenüberwachung - Ziele und Konzepte 1.1 Warum Schwingungsüberwachung? Der Betrieb von Maschinen im industriellen Umfeld erfordert eine Reihe von Maßnahmen zur Betriebsüberwachung, um einen ordnungsgemäßen Produktionsprozess aufrecht zu erhalten. Die Überwachung von Öldruck und Öltemperatur, die Kontrolle von Betriebsparametern wie Drehzahl, Leistung, Wirkungsgrad seien als allgemein bekannte Beispiele genannt. Neben der Betriebsüberwachung sind Inspektion der Maschinen, Wartung und Reparaturarbeiten unerlässlich für die Aufrechterhaltung des Betriebes. Zur Überwachung kritischer Maschinen werden - praktisch seit man imstande ist, Schwingungen mit elektrischen Methoden zu messen - Schwingungswächter eingesetzt. Wozu Schwingungswächter? Warum Schwingung? Was sind die Ziele solcher Überwachungssysteme? Im Grunde genommen wird die Schwingungsüberwachung praktiziert, seit es Maschinen gibt, von Anfang an. Denn was ist die Beurteilung des Laufgeräusches durch den erfahrenen Betreuer über das Ohr als Sensor anderes, als eine Schwingungsüberwachung, ggf. Fehlerdiagnose? Primäres Ziel aller Überwachungsmaßnahmen ist das rechtzeitige Erkennen von kritischen Betriebszuständen. Der Betrieb von Maschinen ist immer mit dem Auftreten von Schwingungen verbunden, in der Regel eine unerwünschte Begleiterscheinung. Zum Teil konstruktiv bedingt - man denke etwa an die Schwingungen in Maschinen mit oszillierenden Massen, also z. B. alle Kolbenmaschinen, wo im Kurbeltrieb Reaktionskräfte auftreten, die auch durch einen aufwändigen Massenausgleich nicht vollständig zu kompensieren sind. In den meisten Fällen jedoch sind Schwingungen eine Folge von kleinen Imperfektionen oder mechanischen Fehlern, die unerheblich sind, solange bestimmte Toleranzgrenzen nicht überschritten werden. Unwucht sei hier als typisches Beispiel zitiert. Auch durch die sorgfältigsten Maßnahmen wird eine bestimmte Restunwucht nicht zu beseitigen sein, eine Verringerung durch hohen Aufwand würde auch jenseits bestimmter Grenzen keinerlei technischen Sinn mehr ergeben. Da mechanische Imperfektionen und kleine Fehler immer eine Quelle von Schwingungen sind, geben uns die Schwingungen einer Maschine im Betrieb ein Abbild ihres mechanischen Zustandes. Daher spielen Schwingungsmessung und Schwingungsanalyse eine tragende Rolle in der Zustandsüberwachung von Maschinen. Da, wie gesagt, Schwingungen auch schon im ordnungsgemäßen Zustand einer Maschine auftreten, sind sie ein sehr frühzeitiger Indikator sich anbahnender Fehler, lange noch vor Leistungsabfall, Überhitzung etc. Stinken wird es erst ganz am Ende. Aber Vorsicht! Was ist es eigentlich, was uns interessiert? Die Schwingungen selbst nur in den wenigsten Fällen. Nur dort, wo es um explizit abstandsbezogene Fragen 1 <?page no="16"?> geht wie z. B. Spielüberbrückung oder Schmierfilmdicke, ist die Amplitude, der gemessene Schwingweg von unmittelbarer Bedeutung. Gehen wir jedoch von außen an eine Maschine heran und messen die Schwingungen an einer zugänglichen Stelle im Lagerbereich, so ist die Schwingung selbst von sekundärer Bedeutung. Was uns primär eigentlich interessiert, sind die inneren Kräfte, die zufolge der oben genannten Imperfektionen und Fehler auftreten. Sie sind es, die letztendlich für Verschleiß und Maschinenschaden verantwortlich sind. Diese Kräfte zu messen ist in der Regel nicht möglich. Also misst man die Schwingungen an geeigneter Stelle und versucht, aus dem Schwingungsbild Rückschlüsse auf die inneren Kräfte zu ziehen. Diese Vorgangsweise - man misst Schwingungen und versucht, aus den Messergebnissen Rückschlüsse auf die inneren Kräfte zu ziehen - ist von entscheidender Bedeutung bei der Beurteilung von Schwingungen. Diese Grundaufgabe sollte daher niemals aus dem Auge verloren werden. Man wird ihr im Lauf dieses Buches, direkt oder indirekt, ständig begegnen. Was uns hier beschäftigen soll, ist die Frage: Wie kann man von außen, ohne Störung des Betriebes, über das Schwingungsbild in die Maschine sozusagen hinein horchen, ihren aktuellen Laufzustand beurteilen, Schwingungen feinfühlig deuten im Hinblick auf sich anbahnende Fehler? Welche Hilfsmittel für Messung, Analyse, Nachauswertung und Interpretation stehen dem Praktiker zur Verfügung? Eine weitgespannte Fragestellung - viele Lösungswege, aber auch durchaus noch ungelöste Probleme. Ein Fragenkomplex, der auch heute nicht mit Rezepten, nicht mit allgemeingültigen Richtlinien vollständig abgedeckt werden kann. Was in diesem Buch aufgezeigt werden soll ist der Weg, auf dem man in dieses Gebiet einsteigen kann. Was dann immer folgen muss, ist eine Lernphase, während der der Instandhaltungstechniker seine Maschine hinsichtlich des Laufverhaltens kennen lernt, wie ein guter Arzt seinen Patienten. 1.2 Zielsetzungen Ursprünglich hatte man mit einer Maschinenüberwachung immer eine zustandsabhängige Wartungsplanung im Auge. Heute hat sich das Anwendungsfeld beträchtlich erweitert. Maschinenüberwachungen installiert man mit folgenden Zielsetzungen: Schutz vor fatalen Schäden an Maschine, Umwelt oder Menschen Schutz vor unerwarteten Maschinenausfällen Zustandsabhängige Wartungsplanung Sicherung der Produktion Qualitätskontrolle Bei den ersten drei der genannten Zielsetzungen steht die überwachte Maschine selbst im Zentrum (Umweltschäden sind die unmittelbare Folge eines fatalen Maschinenschadens). Es sind die bisher klassischen Aufgaben der Maschinenüberwachung. Beim vierten Punkt, Sicherung der Produktion, steht zwar wieder die produzierende Maschine im Mittelpunkt, aber mit einem anderen Hintergrund. Hier geht es um den Produktionsausfall bei einem unerwarteten Maschinenstillstand, der vor allem bei 2 <?page no="17"?> Engpassmaschinen fatal sein kann und den man durch eine Fehlerfrüherkennung zu vermeiden sucht. Nun schließlich zum Thema Qualitätskontrolle: Verschlechtert sich der Zustand einer Werkzeugmaschine, wirkt sich das negativ auf die Qualität des Produktes aus, lange bevor von einer Gefährdung der Maschine die Rede sein kann. Damit eröffnet sich für das Konzept eine neue Dimension, was am besten an einem einfachen Beispiel zu erklären ist: Der Ausfall eines (billigen) Scheibenwischermotors in einem (teuren) Auto hat eine Reparatur und damit Ausfallzeit für das Gesamtfahrzeug zur Folge. Beim Neuwagen ist ein solches Ereignis nicht nur für den Besitzer, sondern auch für den Hersteller des Fahrzeugs ärgerlich und kostspielig. Um solche Vorfälle möglichst auszuschließen, kann eine vielleicht aufwändige, wenn nur leistungsfähige Produktionsüberwachung für das an und für sich billige Serienprodukt (Scheibenwischermotor) durchaus von wirtschaftlichem Interesse sein, wenn es nur hilft, spätere Ausfälle zu vermeiden. 1.3 Konzepte Bei der Planung eines Überwachungssystems muss man sich zuallererst über Zielsetzung und praktische Realisierung klar werden. Fragen, die vom Inhalt her trivial erscheinen, deren sorgfältige Beantwortung aber überaus wichtig ist [N.33]. (Man glaubt nicht, wie oft bereits hier die Basis für Fehlinvestitionen gelegt wird.) Als Zielsetzungen kommen folgende, hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Aufwand durchaus unterschiedliche Konzepte in Frage: Überwachung Aufgabe einer reinen Überwachung ist es, zu erkennen, ob ein Fehler vorliegt und bei automatischen Systemen, im Fehlerfall selbsttätig eine Reaktion auszulösen (Alarm, Abschalten). Fehlerfrüherkennung Ein System zur Fehlerfrüherkennung zeigt Maschinenfehler bereits im Frühstadium an, wobei ein weiterer Betrieb der Maschine noch über einen absehbaren Zeitraum unbedenklich möglich ist. Fehlerdiagnose Mit Hilfe verschiedener Methoden der Signalanalyse versucht man, aus den gewonnenen Messdaten eine Fehlerdiagnose abzuleiten. Erstrebenswert ist in jedem Fall eine Fehlerfrühdiagnose, weil man sich dann rechtzeitig auf Reparaturen vorbereiten kann. Trendanalyse In ein System zur Fehlerfrüherkennung oder zur Frühdiagnose werden oft Verfahren zur Trendanalyse integriert. Zunächst bleibt die Maschine lauffähig, auch wenn ein Fehler im Frühstadium erkannt worden ist. 3 <?page no="18"?> Prognose Aus einer Trendanalyse versucht man eine Prognose abzuleiten, welche Restlaufzeit zur Verfügung steht, bevor der Fehler ein kritisches Ausmaß annehmen wird. Bezüglich der Realisierung unterscheidet man zwischen permanenter Überwachung und intermittierender Überwachung. Permanente Überwachung Permanente Überwachungssysteme sind fest installierte Mess- und Auswertesysteme. Sie sind im industriellen Bereich mit sehr hohem Aufwand verbunden. Man denke nur an die Eigensicherheit eines solchen Systems, die eine definierte, unmissverständliche und akzeptable (keine Maschinenabschaltung) Reaktion bei einem etwaigen Fehler im Überwachungssystem fordert. Dafür ist die Überwachung jedoch kontinuierlich aktiv. Man wird daher solche Systeme zur Vermeidung fataler Schäden einsetzen, vor allem wenn nach Auftreten eines Fehlers bis zum Schaden nur kurze Reaktionszeiten zur Verfügung stehen. In der Qualitätskontrolle stehen ebenfalls permanent installierte Systeme im Vordergrund. lntermittierende Überwachung In der Regel ist zur Fehlerfrüherkennung und zur Frühdiagnose eine intermittierende Überwachung ausreichend. Dabei werden Messungen in regelmäßigen Abständen vor Ort mit mobilen Messgeräten durchgeführt. Systematische Auswertungen erfolgen in einem zentralen Rechner. 1.4 Die Idee der zustandsorientierten Maschinenwartung Prinzipiell gibt es vom Blickpunkt der Instandhaltung drei Methoden, Maschinen zu betreiben und zu warten: Fahren bis zum Bruch Vorbeugende Maschinenwartung Zustandsabhängige Wartung 1.4.1 Fahren bis zum Bruch Bei dieser „Methode" wird die Maschine solange betrieben, bis sie eines Tages zu Bruch geht. Eine solche Vorgangsweise kommt nur bei solchen Maschinen in Betracht, bei denen ein plötzlicher Ausfall keine kritischen Folgeschäden nach sich zieht und die jederzeit schnell und problemlos ersetzt werden können. Fahren bis zum Bruch ist landläufig eigentlich eine sehr verbreitete Methode. Werden doch alle Haushaltgeräte - Staubsauger, elektrische Kaffeemühlen, Waschmaschinen, Wäschetrockner etc. - nach diesem Prinzip betrieben. Sie sind bei Ausfall jederzeit schnell ersetzbar. Im industriellen Bereich sind die Schwierigkeiten beim unerwarteten Ausfall einer Maschine größer. Erstens sind Ersatzmaschinen in der Regel nicht ab Lager zu beschaffen, zum anderen ist meist mit unmittelbaren Folgeschäden, z. B. Produktionsausfall zu rechnen. 4 <?page no="19"?> 1.4.2 Vorbeugende Wartung Die vorbeugende Wartung ist heute noch die bekannteste, im industriellen Bereich wahrscheinlich die am weitesten verbreitete Methode. Um sich vor unerwarteten Ausfällen zu schützen, führt man Wartungsarbeiten in festen Revisionsintervallen durch. Bild 1.1 zeigt den typischen zeitlichen Verlauf der Ausfallswahrscheinlichkeit eines bestimmten Maschinentyps als Funktion der Betriebsdauer, beginnend mit einer neuen oder gerade überholten Maschine (Badewannenkurve). Erfahrungsgemäß hat man am Anfang oft mit einer etwas erhöhten Ausfallswahrscheinlichkeit zu rechnen, bedingt durch Material- oder Montagefehler. Die Ausfallswahrscheinlichkeit wird in der Anfangsphase sehr rasch auf einen niedrigen Wert absinken, der während des regulären Wartungsintervalls konstant bleibt oder nur geringfügig ansteigt. Nach entsprechend langer Betriebsdauer wird schließlich die Ausfallswahrscheinlichkeit aufgrund von Verschleiß oder Materialermüdung stark ansteigen. Bild 1.1: Typischer Verlauf der Ausfallswahrscheinlichkeit einer Maschine während eines Wartungsintervalls (Badewannenkurve) Soll eine vorbeugende Instandhaltung wirkungsvoll eingesetzt werden, muss der Inspektionszeitpunkt noch in den Bereich der niedrigen Ausfallswahrscheinlichkeit gelegt werden, und zwar mit gebührendem Sicherheitsabstand vom statistisch zu erwartenden Ausfallzeitpunkt. Daraus ergeben sich unmittelbar die Nachteile eines solchen Systems: Das Inspektionsintervall muss, vom technischen und wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen, in jedem Fall zu kurz angesetzt werden Durch die Wartung kann die Ausfallswahrscheinlichkeit unmittelbar danach sogar ansteigen 5 <?page no="20"?> Es soll an dieser Stelle bemerkt werden, dass das zugrunde gelegte Modell, die Badewannenkurve von Bild 1.1, nicht für alle Maschinentypen als typisch angesehen wird, vor allem, was die erhöhte Ausfallswahrscheinlichkeit am Beginn betrifft. Die Gültigkeit der Aussagen dieses und der folgenden Abschnitte wird dadurch jedoch prinzipiell nicht berührt. 1.4.3 Zustandsabhängige Wartung Bei der zustandsabhängigen Wartung werden während des Betriebes laufend Messdaten gesammelt und ausgewertet, die Rückschlüsse auf den mechanischen Zustand der Maschine gestatten. Verfolgt man den Trend der Messdaten über der Betriebszeit, können Veränderungen (in der Regel eine Verschlechterung) im mechanischen Zustand der Maschine erkannt werden. Eine Revision wird erst dann angesetzt, wenn die Messungen anzeigen, dass sich der Maschinenzustand zu verschlechtern beginnt (Punkt 4 in Bild 1.1). Als besonders treffsicherer und empfindlicher Indikator für den mechanischen Laufzustand einer Maschine haben sich die mechanischen Schwingungen erwiesen, denn: Jede Maschine mit bewegten Massen erzeugt Schwingungen Schwingungen werden vorwiegend durch kleine Fehler und Imperfektionen verursacht Ein Ansteigen des Schwingungspegels bei gleich bleibendem Betriebs- und Lastzustand deutet auf eine Zustandsverschlechterung hin Durch gezielte Schwingungsmessungen ist man imstande, bestimmte Fehler bereits im Frühstadium zu erkennen, in dem ein Fortführen des Betriebes durchaus noch zulässig ist. Durch Schwingungsanalysen ist vielfach bereits im Frühstadium, also noch während des Betriebes, eine Fehlerdiagnose möglich. 1.5 Breitbandige Schwingungsüberwachung Am Anfang aller dieser Techniken standen zunächst breitbandige Mess- und Beurteilungsverfahren. Sie zeichnen sich aus durch einfache Messverfahren, die Aussagen sind in der Regel jedoch ziemlich grob, geben jedoch gute Aussagen über den dynamischen Gesamtzustand einer Maschine. Möglichkeiten zur Frühdiagnose gibt es auf Basis der breitbandigen Verfahren kaum. Die Beurteilung von Maschinenschwingungen nach solchen breitbandigen Verfahren ist nach wie vor sehr weit verbreitet. Man erhält als Messergebnis durchwegs Einzahlenwerte, deren Beurteilung weitgehend anhand von Erfahrungswerten erfolgt. Breitbandige Verfahren sind hinsichtlich Messtechnik und Beurteilung in nationalen und internationalen Normen festgelegt [N.2] - [N.13]. Die Beurteilung erfolgt nach diesen Normen und erfordert in der Regel keine besondere fachliche Qualifikation. Die Messergebnisse sind zufolge der standardisierten Messbedingungen untereinander vergleichbar. Die wichtigsten dieser Normen sollen ihrer Bedeutung wegen in diesem Abschnitt kurz skizziert werden. Breitbandige Verfahren sind zum einen Basis einer Betriebsüberwachung, sind aber auch als Grundlage für eine Maschinenabnahme ausgewiesen. 6 <?page no="21"?> 1.5.1 Schwingungen an nicht-rotierenden Bauteilen 1 Die Normenreihe DIN ISO 10816 befasst sich mit der breitbandigen Messung und Beurteilung von Schwingungen nicht rotierender Bauteile [N.8] - [N.13]. Festgelegt sind sowohl Messwertgewinnung wie auch Beurteilung. 1.5.1.1 Messwertgewinnung Die Schwingungsmessungen erfolgen außen an der Maschine, es sind bestimmte Aufnehmerpositionen festgelegt, siehe Bild 1.2. Bandbreite und Frequenzgang der Messeinrichtung sind zwecks Vergleichbarkeit der Messergebnisse genormt [N.1]. Bild 1.2: Messstellenauswahl für die Messung an nicht-rotierenden Teilen nach DIN ISO 10816 (Auszug) 1.5.1.2 Beurteilung von Schwingungen nicht-rotierender Bauteile Die Beurteilung der Schwingungen nach DIN ISO 10816 erfolgt anhand von Grenzkurven, wie sie in Bild 1.3 schematisch dargestellt sind. Das Frequenz-Amplitudenfeld wird durch die Grenzkurven in vier Zonen A bis D mit folgenden Beurteilungskriterien unterteilt: 1 Als die Beurteilung dieser Schwingungen noch durch die Richtlinie VDI 2056 geregelt war, wurde oft von Lagerschwingungsmessung gesprochen 7 <?page no="22"?> Zone A - gut Zone B - brauchbar Zone C - noch zulässig Zone D - unzulässig Darüber hinaus sind, ausgehend vom Grundzustand (Schwingungen der ordnungsgemäßen Maschine) maximal zulässige Änderungen angegeben. Vektorielle Messungen, also die Messung von Einzelkomponenten nach Betrag und Phase, sind in diesen Dokumenten kurz beschrieben, im Übrigen wird diesbezüglich auf die Normen zur Schwingungsdiagnose verwiesen. Die Norm ist in mehreren Blättern erschienen, in der die Grenzkurven spezifiziert nach verschiedenen Maschinengruppen quantifiziert sind. Bild 1.3: Grenzkurven zur Beurteilung von Schwingungen nach DIN ISO 10816 1.5.2 Messung und Bewertung von Wellenschwingungen Parallel zur Messung an nicht-rotierenden Maschinenteilen wurde die Normenreihe DIN ISO 7919 zur Wellenschwingungsmessung herausgegeben [N.2] - [N.6]. Sie basiert auf der Erfassung der kinetischen Wellenbahn. Auch hier sind Messeinrichtung und Beurteilung in ähnlicher Weise spezifiziert. 1.5.2.1 Wellenschwingungsmessung Zur Wellenschwingungsmessung wird die kinetische Wellenbahn vorzugsweise durch zwei in zueinander senkrechten Richtungen angebrachte berührungslose Aufnehmer gemessen, siehe Bild 1.4 und Bild 1.5. Die Welle wird somit quasi Bestandteil des Aufnehmers, Fertigungstoleranzen und technologische Eigenschaften, insbesondere Materialinhomogenitäten des Wellenwerkstoffes, haben störenden Einfluss auf das Messergebnis. 8 <?page no="23"?> Es wird zur Messung die Bewegung der Welle entweder relativ zum Gehäuse (Lagerschale) oder absolut erfasst, die so genannte kinetische Wellenbahn. Als Kenngröße zur Beurteilung der Wellenschwingung wird entweder der Maximalwert s (p-p)max des Spitze-Spitze-Schwingweges oder der Maximalwert s max des Schwingungsausschlages vom zeitintegralen Mittelwert 2 verwendet, siehe Bild 1.5. Die Installation einer Wellenschwingungs-Messeinrichtung wird im Allgemeinen sehr aufwändig sein. Bild 1.4: Messung (links) und Beurteilung (rechts) von Wellenschwingungen nach DIN ISO 7919 1.5.2.2 Beurteilung von Wellenschwingungen Die Beurteilung der Wellenschwingungen erfolgt auch hier über ein Kennlinienfeld, rechts in Bild 1.4. Die Zonen A bis D haben die gleichen Bewertungen wie bei Schwingungen an nicht-rotierenden Bauteilen, nämlich Zone A - gut Zone B - brauchbar Zone C - noch zulässig Zone D - unzulässig 2 Nomenklatur entsprechend DIN ISO 7919 9 <?page no="24"?> Bild 1.5: Messwertbildung zur Wellenschwingungsmessung nach DIN ISO 7919 Auch für Wellenschwingungen sind zusätzlich maximal zulässige Änderungen angegeben. Vektorielle Messungen, also die Messung von Einzelkomponenten nach Betrag und Phase, sind in diesen Dokumenten kurz beschrieben, im Übrigen wird diesbezüglich auf die Normen zur Schwingungsdiagnose verwiesen. 1.5.3 Gegenüberstellung Grundsätzlich wären zur Beurteilung von Schwingungen beide Bewertungen parallel durchzuführen, wobei das jeweils schärfere Kriterium zum Tragen kommt. Im Allgemeinen wird jedoch bei den meisten Maschinenarten eines der beiden überwiegen. So dass man sich auf eine Messtechnik beschränken wird. Speziell für die Überwachung von Turbomaschinen kommt überwiegend die Beurteilung von Wellenschwingungen zur Anwendung. Zusammenfassende Hinweise über die richtige Auswahl findet man in der Richtlinie VDI 3841 [N.67]. 10 <?page no="25"?> 2 Mess- und Analysesysteme 2.1 Human Resources Ganz am Beginn in der Geschichte der Maschinenüberwachung und Diagnose stand die Beurteilung des Schwingungsverhaltens bzw. des Laufzustandes durch das geschulte Ohr des erfahrenen Beobachters. Im Grunde genommen sind die meisten Verfahren der Frequenzanalyse vom Ansatz her auch als messtechnische oder mathematische Nachbildung solcher perzeptiver Eigenschaften zu interpretieren. Dass auch heute noch die gehörmäßige Beurteilung eine große Rolle spielt, lehrt die Erfahrung und zeigt ein aktuelles Angebot eines bekannten Instandhalters, Bild 2.1. Bild 2.1: Horchgerät SOUND.CHECK (FAG) 2.2 Serielle Analysatoren Die in Bild 2.2 dargestellten Geräte - serieller Analysator mit durchstimmbarem Analogfilter, Schallpegelmesser mit Aufnehmer-Vorverstärker, analoges Vielkanal- Bandgerät - waren lange Zeit Rückgrat eines leistungsfähigen Analysesystems zur Maschinendiagnose, sind aber heute in dieser Form nicht mehr gebräuchlich und im Angebot der Messgerätehersteller wohl kaum mehr zu finden. Dass sie dennoch an 11 <?page no="26"?> dieser Stelle platziert werden, hat nicht nur historischen Charakter 3 . Das analoge Filter, Kern des seriellen Analysators, stellt hinsichtlich seiner Funktionalität ein Analogon zu einem mechanischen Einmassenschwinger dar. Durch diese Analogie werden wesentliche Eigenschaften aber auch Grenzen eines Filters für den klassischen Maschinenbauer deutlich griffiger. Wenn man also später im Lauf des Textes bei so manchen Erklärungen ein analoges Filter im Hintergrund sieht oder sehen will, so ist der Grund in dieser Analogie zu suchen. Die in späteren Abschnitten rein digital basierten Abhandlungen des gleichen Themas werden damit ihrerseits auch besser verständlich und plausibel. Bild 2.2: Historische Geräte zur Schwingungsanalyse Die Analogie zwischen elektrischem Filter und mechanischem Schwinger ist allerdings nicht nur von rein theoretischer Natur, es wurden und werden auch Frequenzanalysatoren auf mechanischer Basis nach diesem Prinzip aufgebaut. Im nächsten Abschnitt zwei Beispiele. 3 Um ein gewachsenes (also nicht schon immer da gewesenes) Ding zu verstehen muss man zweierlei untersuchen: Die Funktionalität und seine Geschichte. Zitat Prof. Gerhard Haszprunar, LMU München 12 <?page no="27"?> 2.3 Mechanische Frequenzanalyse Ein einfaches Messgerät für Drehzahlen und Frequenzen auf Basis eines mechanischen Schwingers ist in Bild 2.3 zu sehen. An das schwingende Objekt angehalten, wird die Länge des auskragenden Stahldrahtes (Pfeile in Bild 2.3) über eine Drehscheibe bis zur (sichtbaren) Resonanz verstellt, die Frequenz oder Drehzahl ist an der Skalenscheibe ablesbar. Bild 2.3: Mechanisches Filter zur Frequenzanalyse (Sirometer) Ein mechanischer Echtzeit-Frequenzanalysator ist der heute durchaus noch gebräuchliche Zungenfrequenzmesser nach Bild 2.4. Er besteht aus einem Kamm, dessen elastische Zungen präzise auf eng benachbarte Eigenfrequenzen abgestimmt sind, siehe oben im Bild. Die Ansicht von der Stirnseite durch die Frontplatte des Messgerätes - unten im Bild - zeigt die Schwingungsfrequenz bei der Zunge mit den größten Ausschlägen. Analysatoren dieser Art werden für enge Frequenzbereiche und zum Einsatz in rauer Umgebung eingesetzt. Am häufigsten findet man sie in Kraftwerken zur Überwachung der Netzfrequenz. 13 <?page no="28"?> Bild 2.4: Zungenfrequenzmesser zur Überwachung der Netzfrequenz 14 <?page no="29"?> 2.4 Digitale Filter Filter werden heute auf digitalem Weg realisiert. Beim so genannten FIR-Filter 4 wird zum Beispiel das digitalisierte Eingangssignal mit der Impulsantwort des entworfenen Filters gefaltet. (Analogie zum mechanischen Schwinger.) In der Maschinendiagnose spielen digitale Filter wegen ihrer speziellen Eigenschaften eher eine Nebenrolle. Hauptsächlich werden sie für Terz/ Oktav-Analysatoren eingesetzt. Analysatoren dieses Typs eignen sich eher für Überwachungszwecke. Darauf wird in den entsprechenden Abschnitten noch näher eingegangen. Viele FFT-Analysatoren sind zusätzlich mit digitalen Filtern zur n tel-Oktavanalyse auf Basis digitaler Filter ausgerüstet. Sollen einzelne Frequenzkomponenten mit fester Frequenz für sich untersucht werden, setzt man oft digitale Filter zum Extrahieren dieser Komponenten ein. So kann eine Maschine gezielt auf Unwucht, Ausrichtungsfehler oder Wälzlagerfehler überwacht werden. Ein Beispiel für die Realisierung eines digitalen Filters mit moderner, anwendernaher Software wird in Abschnitt 2.10.3 vorgestellt. 2.5 Frequenzanalysatoren FFT-Analysatoren bilden das Rückgrat praktisch jedes Systems zur Schwingungsanalyse. Sie werden als leistungsfähige eigenständige Geräte angeboten, ein Beispiel zeigt Bild 2.5. Bild 2.5: Tragbarer FFT-Analysator - 4-Kanal Kompaktgerät 4 Finite Impulse Response - endlich lange Impulsantwort 15 <?page no="30"?> Eigenständige FFT-Analysatoren werden in der Regel für kleinere Systeme (typisch 1 bis 4 Kanäle) eingesetzt. Die Funktionalität ist meist für bestimmte Anwendungsgebiete optimiert. In Verbindung mit einem geeigneten Ausgabemedium und einem Rechner zur Datenarchivierung erhält man mit geringem Aufwand ein leistungsfähiges System zur Maschinendiagnose. Die Technik der FFT-Analyse wird in Kapitel 5 ausführlich behandelt. 2.6 Rechnerbasierte Systeme Die Leistungsfähigkeit moderner Rechner gestattet es, das gesamte Analysesystem auf einem Rechner zu installieren. Die Datenerfassung (Digitalisierung) erfolgt entweder über speziell konfigurierte Einschubkarten, Soundkarten oder eigenständige Frontendsysteme. Soundkarten werden in großer Vielfalt zu sehr günstigen Preisen und in hoher Qualität angeboten, da sie in der Unterhaltungselektronik ein sehr breites Anwendungsgebiet haben. Man hat allerdings den Nachteil, dass Messwertaufnehmer in den meisten Fällen eine Anpassung erfordern, wozu noch zusätzliche Hardware nötig sein wird. Dies stört dann vor allem den kompakten Aufbau des Messsystems. Frontend-Hardware ergibt eine sehr hohe Leistungsfähigkeit und Flexibilität. Speziell angepasste Einschubkarten bieten für viele Fälle die optimale Lösung. Sie stellen z. B. die notwendige Versorgung für Beschleunigungsaufnehmer zur Verfügung, die dann direkt angeschlossen werden können. Eine Messbereichsumschaltung, früher ein gewisses Problem bei automatischen Diagnosesystemen, erübrigt sich heute meist wegen des üblichen hohen Dynamikbereiches 5 der verfügbaren Hardware. 2.7 Datensammler Datensammler (auch Datenprotokollierer, Datenlogger oder Datenrekorder genannt) sind die moderne Variante tragbarer Systeme für die Diagnose auf Basis intermittierender Messungen. Sie haben die früheren tragbaren Systeme wie etwa in Abschnitt 2.2 praktisch vollständig verdrängt. Bild 2.6 zeigt einen Datensammler (links unten) mit umfangreichem Zubehör. Mit solchen kleinen tragbaren Geräten können vor Ort an der Maschine Messdaten erfasst, Kennwerte ermittelt und verschiedene Standardanalysen wie Wälzlagerdiagnosen sofort ausgeführt werden. Messablauf und Datenverwaltung werden in einem PC vorgegeben bzw. durchgeführt. Von diesem wird der Datensammler am Beginn jeder Messtour mit den notwendigen Anweisungen und Referenzdaten versorgt, nach der Messtour werden die Messdaten an den PC zur Archivierung und Weiterverarbeitung übertragen. In kritische Situationen können die Messdaten über eine drahtlose Verbindung (z. B. E-Mail) direkt zur Zentrale gesendet werden. 5 Ein 24-Bit ADC überdeckt den gesamten Dynamikbereich eines piezoelektrischen Beschleunigungsaufnehmers 16 <?page no="31"?> Bild 2.6: Datensammler mit Zubehör 2.8 Industriegeräte Kompakte Geräte mit robustem Aufbau für den Dauereinsatz im industriellen Umfeld werden allgemein als Industriegeräte bezeichnet. Sie sind zum Teil für den unbeaufsichtigten oder nur eingeschränkt beaufsichtigten Betrieb ausgelegt und geschützt gegen raue Umwelteinflüsse. Bild 2.7 zeigt beispielhaft eine Auswahl solcher Geräte. 2.9 Virtuelle Instrumente (VI) 2.9.1 Das Prinzip Mit der zunehmenden Verbreitung der PC-Technologie beginnt die Geschichte der virtuellen Instrumente. Hierbei tritt das Messgerät zunehmend in den Hintergrund und wird reduziert auf die Signalerfassung und Analog-Digital-Wandlung. Die eigentliche Messfunktionalität wird dann durch die Software realisiert, ist somit benutzerspezifisch anpassbar und nicht mehr herstellerabhängig. Die Programmierung rechnerbasierter Systeme erfolgt in der Regel über so genannte textorientierte Programmiersprachen. Der Arbeitsablauf wird dazu seriell strukturiert und entsprechend auch seriell abgearbeitet. Im Bereich der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik stehen seit nunmehr 20 Jahren grafische Programmierwerkzeuge als Alternative zur Verfügung. Sie zeichnen sich 17 <?page no="32"?> Bild 2.7: Industriegeräte und Datensammler neben paralleler Verarbeitung, vielfältiger Hardwareanbindung vor allem durch die einfache Handhabung aus. Zur Erstellung virtueller Instrumente werden vordefinierte Funktionsblöcke über Datenleitungen zu einem lauffähigen System konfiguriert. Diese Technologie ist anwenderfreundlich und nach wie vor in rasanter Entwicklung begriffen. Sie kann bei gezieltem Einsatz die Leistungsfähigkeit eines Systems deutlich erhöhen. Aus all diesen Gründen soll ihr hier etwas mehr Raum gegeben werden. 2.9.2 Grafische Programmierung Bild 2.8 zeigt das Blockdiagramm (Programmierebene) eines einfachen FFT- Analysators mit einem einfachen Signalgenerator (Sinussignal variabler Frequenz) als Eingang, Bild 2.9 das zugehörige Bedienungsfeld (Frontpanel, Anwenderebene). 18 <?page no="33"?> In der Programmierebene werden die einzelnen Elemente aus einer Bibliothek über Drag und Drop 6 ausgewählt und über die gleiche Methode mit Leitungen verbunden. Das Bedienungsfeld in der Anwenderebene wird nach Bedarf ebenfalls aus Bibliothekselementen erstellt. Zusammen mit der Hardware (Rechner + ADC) erhält man ein so genanntes virtuelles Instrument, welches über Tasten, Regler etc. am Bildschirm mit der Maus zu bedienen ist. Bei der Anwendung des virtuellen Instrumentes ist dann nur noch das Frontpanel mit den Bedienelementen und Anzeigen sichtbar. Man sieht aus diesem sehr einfachen Beispiel, dass sich mit diesen Werkzeugen auch komplexe Anwendungen mit geringem Aufwand und vor allem in der Gedankenwelt des Anwenders erstellen lassen. Spezielle Programmierkenntnisse sind dazu nicht erforderlich. Zum Blockdiagramm Bild 2.8: Man sieht, dass einzelne Funktionsgruppen (Module) über Leitungen verbunden sind, die Verarbeitung erfolgt datenflussorientiert. Das heißt, das Modul führt seine Operation aus, sobald Daten an seinem Eingang verfügbar sind und stellt die Ergebnisse über seine Ausgänge den Folgemodulen zur Verfügung. Andere Module arbeiten unabhängig davon (im konkreten Beispiel lediglich das Verzögerungsmodul und die Überwachung der Stopptaste). Solche vom Datenfluss gegenseitig unabhängigen Verarbeitungsketten werden bei der Ausführung automatisch parallel abgearbeitet. Im vorliegenden, einfachen Beispiel erfolgt die Parallelisierung in der so genannten Pipeline-Technik. Bei dieser Technik wird die Abarbeitung von Maschinenbefehlen so parallelisiert, dass möglichst alle Funktionselemente des Prozessors voll ausgelastet sind. Die Struktur grafischer Programmiersprachen Als Programmiersprache einer grafischen Umgebung ist ein Blockdiagramm nach Bild 2.8 zu interpretieren. Die einzelnen Funktionsblöcke stehen in Bibliotheken zur Verfügung oder können vom Anwender nach Bedarf entwickelt werden, analog zu den Bibliotheken textbasierter Sprachen. Man sieht jedoch schon auf den ersten Blick, dass sich die Erstellung eines Analysators nach dem Musterbeispiel hier sehr einfach gestaltet. Die Diagrammstruktur ist ein direktes Bild der Applikation und damit für den Anwender unmittelbar in seiner Funktionalität beobachtbar. Programmentwicklung, Test und Debugging 7 gestalten sich einfach und übersichtlich. Die Bedieneroberfläche (Bild 2.9) präsentiert sich am Bildschirm wie ein klassisches Messgerät und kann vom Anwender individuell gestaltet werden. Nicht nur eine Geschmacksfrage, das virtuelle Instrument lässt sich an die jeweilige Applikation optimal anpassen, was die Bedienung später erleichtert und Fehlbedienungen in hohem Grad zu vermeiden hilft. 2.9.3 Parallelsysteme Parallelisierung der Programmausführung ist natürlich auch weitgehend eine Frage der Leistungsfähigkeit der Hardware. Es ist unmittelbar evident, dass eine Parallelisierung über textbasierte Programmiersprachen sehr schwierig ist und nur Spezialisten auf diesem Gebiet vorbehalten bleibt. Mit einer grafischen Programmierung wird 6 Ziehen mit dem Mauszeiger bei gehaltener Maustaste 7 Fehlersuche und -beseitigung 19 <?page no="34"?> Bild 2.8: Blockdiagramm eines FFT-Analysators mit Sinusgenerator (Programmierebene) 20 <?page no="35"?> Bild 2.9: Bedienungsfeld des Analysators nach Bild 2.8. Der Begriff virtuelles Instrument wird unmittelbar klar. 21 <?page no="36"?> dieses Ziel mit einfachen Mitteln erreicht. Es ist lediglich eine Frage der sehr anwendungsnahen Programmstruktur, die eigentliche Parallelisierung erfolgt automatisch durch den Compiler. In zunehmendem Maße wird Hardware angeboten, die sich einer sehr leistungsfähigen Parallelisierung eignet. Ein Beispiel dazu wird im nächsten Abschnitt noch vorgestellt (Stichwort FPGA, Abschnitt2.10.3). Die optimierte Programmierung von Mehrkernprozessoren (Multicore-Prozessoren) ist mit einer grafischen Programmiertechnik einfach zu realisieren. Parallele Strukturen werden dazu im gleichen Blockdiagramm unabhängig voneinander entworfen. Gleichartige Strukturen sind entsprechend oft zu replizieren. Die Verteilung auf die verschiedenen Kerne erfolgt vom Compiler und ist für Programmierer und Anwender unproblematisch. Eine programmatische Verteilung zur weiteren Optimierung ist ohne Probleme möglich. Zwar sind zurzeit im PC-Bereich noch vielfach Einzelkernprozessoren im Einsatz, zunehmend werden leistungsfähigere Typen mit Dual- oder QuadCore Prozessoren ausgestattet. Es stehen auch schon Prozessoren mit mehr als vier Kernen zur Verfügung. Im Entwicklungsstadium befinden sich Manycore-Prozessoren mit 100 Kernen. Der Fortschritt in dieser Hinsicht ist demnach durchaus viel versprechend. 2.10 Embedded Systeme Die Leistungsfähigkeit rechnerbasierter Systeme ist begrenzt durch die Leistungsfähigkeit der CPU. Wegen der seriellen Verarbeitung klassisch programmierter Systeme ist eine Begrenzung typischerweise im Produkt Kanalzahl x Frequenzbereich gegeben. Eine Erweiterung des Systems über diese Grenzen hinaus ist bei unverändertem Konzept nicht möglich. Eine Lösung bieten in diesem Punkt intelligente, verteilte Subsysteme für Überwachung und Steuerung. 2.10.1 Prozessorbasierte Systeme Zur Leistungssteigerung werden oft Signalprozessoren eingesetzt, die zusätzliche Aufgaben parallel zur PC-CPU durchführen. So kann etwa die Signalanalyse auf einem eigenen digitalen Signalprozessor (DSP) durchgeführt werden. Dort, wo Echtzeitanwendungen erforderlich sind, kann auf einem eigenen Prozessorboard ein Echtzeitsystem installiert werden, welches dann unabhängig vom Hauptprozessor des PC arbeitet und eine sehr schnelle Reaktion gewährleistet. Parallelisierungen für größere Kanalzahlen erfordert den Einsatz entsprechend vieler Prozessoren, was sehr schnell sehr aufwändig werden kann. 2.10.2 Application Specific Integrated Circuit (ASIC) ASICs sind fest verdrahtete Schaltkreise für ganz bestimmte Anwendungen. Sie werden also jeweils für eine ganz bestimmte Applikation entworfen und können nur für diese eingesetzt werden. Modifikationen erfordern einen neuen Entwurf. ASICs arbeiten ohne Prozessor auf Basis einer großen Zahl von Logikschaltkreisen. Sie sind sehr schnell und von höchster Zuverlässigkeit. 22 <?page no="37"?> Die Entwicklung ist sehr aufwändig und in der Regel nur für Massenfertigung von Interesse. 2.10.3 Field Programmable Gate Array (FPGA) Ein FPGA ist eine Baugruppe mit einer Matrix rekonfigurierbarer Logikschaltkreise, aufgebaut aus einer Matrix von Logikgattern, die über programmierbare Leitungen verschaltet werden können, siehe Bild 2.10. Ihre Funktionalität ist also im Prinzip gleich der eines ASIC, Logikschaltkreise und Verbindungen sind hingegen von außen frei konfigurierbar, die Konfiguration kann auch im Nachhinein - zum Beispiel für Modifikationen - geändert werden. Bild 2.10: Die interne Struktur eines FPGA Zur Konfigurierung eines FPGA wird zunächst ein Softwareentwurf der gewünschten Anwendung erstellt, danach werden die internen Schaltkreise zu einer Hardwareimplementation des Softwareentwurfes verschaltet. Anders als Prozessoren führen FPGAs die logischen Berechnungen auf einer speziellen Hardware nach Bild 2.10 aus und benötigen dazu kein Betriebssystem. Sie sind hinsichtlich Schnelligkeit und Zuverlässigkeit den ASICs von Abschnitt 2.10.2 praktisch gleichwertig. Wegen der großen Zahl von Logikgattern - auf einem Chip werden mehrere hundert Logikschaltkreise aus einigen Millionen Gattern integriert - können auf einem FPGA mehrere Funktionen gleichzeitig ablaufen, sie eignen sich also hervorragend zur Parallelisierung. Die Programmierung eines FPGAs, speziell von parallelisierten Anwendungen ist mit textbasierten Programmiersprachen eine schwierige Aufgabe. Grafische Programmiersprachen sind hier ein ideales Programmierwerkzeug auf einer sehr einfachen und anwendernahen Plattform [60]. Wie schon in Abschnitt 2.9.2. gezeigt, eignen sich die heute am Markt verfügbaren grafischen Programmiersprachen gut zur Paral- 23 <?page no="38"?> Bild 2.11: Toolkit zum Entwurf eines Filters - Front-Panel (Bedienung) 24 <?page no="39"?> Bild 2.12: Toolkit zum Entwurf eines Filters - Blockdiagramm (Programmierung) 25 <?page no="40"?> Bild 2.13: Grafische Programmierung: Validierung des Filters. Das VI Filter Analysis wird aus der Bibliothek Digital Filter Design über Drag & Drop (Pfeile) in das Diagrammfeld gezogen 26 <?page no="41"?> Bild 2.14: Frontpanel zum grafischen Entwurf aus Bild 2.13 27 <?page no="42"?> lelisierung und sind andererseits intuitiv zu handhaben. Ein spezieller Compiler übersetzt den Grafikcode (im Hintergrund) in einen VHDL-Code 8 , der dann in eine Hardwarerealisierung des grafischen Programmentwurfes umgesetzt und auf die Zielhardware - das FPGA - geladen wird. Für den Programmierer ist dabei lediglich die grafische Programmieroberfläche sichtbar. Beispiel: Digitale Filter Ein praktisches Beispiel ist hier zur Erläuterung wohl angebracht. Durch Flexibilität und Schnelligkeit ist die FPGA-Technik sehr gut geeignet zur Realisierung Digitaler Filter [58], [59]. Zum Filterentwurf werden leistungsfähige Entwicklungswerkzeuge auf Basis grafischer Programmierung angeboten, welche die Programmierung auf einen interaktiven experimentellen Filterentwurf zurückführen. Nur um dem Leser für diese neue Technik und deren Handhabung ein Gefühl zu vermitteln seien die wichtigsten Entwicklungsschritte hier wiedergegeben: Zum Entwurf des Filters stehen spezielle Funktionsbibliotheken (Toolkits) zur Verfügung. Nachdem der Filtertyp festgelegt ist, werden die Parameter am Frontpanel des VI’s eingestellt (Bild 2.11). Durchlasscharakteristik und Pol/ Nullstellendiagramm werden dabei direkt angezeigt. Zur Validierung des Filterentwurfs steht ein Satz von Funktionen und Werkzeugen zur Verfügung (Bild 2.13). Die passenden Werkzeuge werden per Drag and Drop ausgewählt (Pfeile) und zur Testanordnung verschaltet. Das zugehörige Bedienungsfeld zeigt Bild 2.14. Die Eigenschaften des Filters können jetzt detailliert überprüft werden. Beispiel: Überwachung und Diagnose Eine Reihe sehr interessanter Beispiele im Zusammenhang mit Maschinenüberwachung und Diagnose findet man in [61]. Dort werden Applikationen wie Pegelmessung, Verarbeitung von Tachometersignalen, Resampling von Messdaten (interessant in Zusammenhang mit Ordnungsanalyse, siehe Kapitel 10) oder digitale Filterung beschrieben. Beispiel: Vielkanalsysteme Zu Beginn dieses Abschnitts wurde die Begrenzung der Systemleistung durch die Leistungsfähigkeit der CPU bereits angesprochen. Mit der FPGA-Technologie lassen sich einzelne Standardaufgaben wie Pegelberechnung, Filterung oder Order- Tracking aus der CPU auslagern und auf dem FPGA abwickeln [61]. Der nächste Abschnitt wird es zeigen: Auf einem FPGA-Chip können mehrere solcher Anwendungen parallel für mehrere Kanäle laufen. Und weiter: Durch parallele Anordnung mehrerer solcher Chipeinheiten erhält man praktisch unbegrenzte Erweiterungsmöglichkeiten des Systems hinsichtlich der Kanalzahl bei unveränderter Echtzeit-Leistungsfähigkeit. Eine Validierung der Filtereigenschaften mit externen Signalen ist nach dem gleichen Prinzip durchführbar. 8 VHDL - Very High Speed Integrated Circuit Hardware Description Language 28 <?page no="43"?> 2.11 Programmable Automation Controller 2.11.1 Das Grundprinzip Die Entstehungsgeschichte Der Leistungsfähigkeit rechnerbasierter Messsysteme sind in erster Linie durch die Kapazität des Rechners Grenzen gesetzt. Grenzen einmal hinsichtlich des Datendurchsatzes, zum anderen hinsichtlich des zeitlichen Verhaltens. Die serielle Abarbeitung in der CPU bringt schon aus diesem Aspekt mit steigender Kanalzahl zwangsweise zunehmende zeitliche Verzögerungen mit sich. Die gängigen Betriebssysteme sind überdies zur Echtzeitverarbeitung grundsätzlich nicht geeignet. Anforderung für Echtzeitverhalten ist die unbedingte, berechenbare Einhaltung von Zeitbedingungen, also die Vorhersagbarkeit des Prozessverhaltens. In den üblichen Betriebssystemen kann dieses durch nicht beeinflussbare Prozesse wie Swapping, Heapzugriffe, Hardwareinterrupts etc. nicht garantiert werden. Eine Lösung bringen hier die Embedded Systeme von Abschnitt 2.10. Prinzipiell ist damit Echtzeitverhalten erzielbar. Zum anderen wird dort durch die Auslagerung bestimmter Prozesse in das Frontend die CPU entlastet und die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems damit deutlich erhöht. Besonders ausgeprägt wird diese Erhöhung in großen Vielkanalsystemen, da die Auslagerung dort entsprechend vielfach erfolgen kann (Parallelverarbeitung). ASIC und FPGA (Abschnitt 2.10.3) sind vom Konzept her echtzeitfähig, Signalprozessoren (Abschnitt 2.10.1) sind mit Echtzeit- Betriebssystem verfügbar. Bezieht man noch die Möglichkeiten von Mehrkernprozessoren auf der Host-Seite nach Abschnitt 2.9.3 mit ein, so werden die Grenzen der Leistungsfähigkeit großer Systeme aus heutiger Sicht ganz wesentlich erweitert. Als gravierenden Nachteil aller dieser Konzepte in ihrer ursprünglichen Form hat man allerdings das Entstehen komplizierter und damit aufwändiger Individuallösungen in Kauf zu nehmen, vor allem was die Frage von Programmierung und Systempflege betrifft. Aus industrieller Sicht werden solche Lösungen oft als kurzlebig eingestuft und kommen damit nur beschränkt zum Einsatz, vor allem in Standardapplikationen. Die Entwicklung Dem technischen Fortschritt aber auch den Anforderungen Rechnung tragend hat sich auf dieser Basis das Prinzip des Programmable Automation Controllers herauskristallisiert. Die Entwicklungsgeschichte ist in Bild 2.15 skizziert. Das Konzept ist durch Zusammenwachsen von drei Entwicklungsschienen entstanden, der Begriff selbst wurde im Jahre 2001 von der ARC Advisory Group, einer internationalen Beratungsgesellschaft für industrielle Anwendungen definiert. Computergestützte Steuerungs- und Regelsysteme wurden schon ab den späten sechziger Jahren in der Automobilindustrie eingesetzt, so wurden im Programmable Logic Controller (PLC) die verbindungsprogrammierten, also fest verdrahteten Regelsysteme (VPS) durch flexible, speicherprogrammierte Regelungen (SPS) ersetzt. Flexibilität, Zuverlässigkeit und Kontinuität waren natürlich Grundvoraussetzung. So wurde dafür die bisher einzige normativ standardisierte Programmiersprache in der IEC 61131-3 festgelegt. PLCs sind zwar nicht unmittelbar Instrumente einer Zustandsüberwachung, von dieser Schiene sind jedoch bestimmte, für den industriellen Einsatz eminent wichtige Anforderungen in das Konzept eingeflossen. 29 <?page no="44"?> Bild 2.15 Entwicklung des Konzeptes Die Struktur Der Programmable Automation Controller ist eine universelle Hardware-Plattform mit den wesentlichen Anforderungen einheitliche Programmierumgebung Anbindung über standardisierte Schnittstellen Letztendlich vereinigt dieses Konzept die Universalität einer Computerlösung nach Abschnitt 2.10 mit der Zuverlässigkeit des PLC-Konzeptes. 2.11.2 Beispiel CompactRIO Bild 2.16 zeigt als Beispiel ein kompaktes System der oberen Leistungsklasse, Bild 2.17 das zugehörige Blockschema. Als Eingang-Ausgangs-Module stehen unterschiedliche Einschübe zur Verfügung, die je nach Anwendungsfall ausgewählt und Über Software konfiguriert werden können, unter anderem für Schall- und Schwingungsmessung Temperaturmessung Dehnungs- und Brückenmessung Zähler Motorensteuerung CAN- und serielle Kommunikation 30 <?page no="45"?> Bild 2.16: Das System CompactRIO von National Instruments Bild 2.17: Blockschema des CompactRIO aus Bild 2.16 Die Einheit wird über Ethernet mit dem zentralen Hostrechner verbunden. Durch Einsatz mehrere solcher Einheiten in einem großen System können sehr leistungsfähige Konfigurationen, auch in verteilter Anordnung mit hervorragender Skalierbarkeit erstellt werden, siehe auch Abschnitt 12.3. Für die Ausstattung ganzheitlicher Systeme stehen noch weitere Komponenten zur Verfügung wie zum Beispiel Touch-Panels oder allgemein HMI-Komponenten 31 <?page no="46"?> (Human-Machine-Interface), Bildverarbeitungssysteme etc. Der Vielfalt sind hier grundsätzlich keine Grenzen gesetzt, siehe Bild 12.8 aus Abschnitt 12.4. 2.11.3 Beispiel: schnelle Regelkreise Ein eindrucksvolles Beispiel für die Einsatzmöglichkeiten zeigt Bild 2.18. In einem schnellen Regelkreis werden Grenzwertüberwachung, Alarmmeldung und ggf. Abschaltung direkt über das FPGA, also in Echtzeit abgewickelt. Das Zeitverhalten entspricht dem einer fest verdrahteten Logik. Bild 2.18: Echtzeitregelung im FPGA eine CompactRIO Bild 2.19: Grafische Programmierumgebung für verschiedene Komponenten 32 <?page no="47"?> 2.11.4 Die Programmierung Für das in diesem Abschnitt als Repräsentant präsentierte System wird eine grafische Programmierumgebung nach Abschnitt 2.9.2 angeboten, siehe Bild 2.19. Für die Bereiche Host-PC, RT Controller und FPGA stehen drei verschiedene Programmpakte mit im Wesentlichen identischen Oberflächen, gleichen Programmelementen aber mit (für den Nutzer unsichtbar) unterschiedlichen Compilern zur Verfügung. Alle drei laufen unter Windows und setzen die Programme speziell für die entsprechenden Anforderungen um, als Real-Time-Code für den RT-Prozessor, als VHDL-Code für das FPGA (Siehe Abschnitt 2.10.3). Der Anforderung der einheitlichen Programmierumgebung nach Abschnitt 2.11.1 wird damit Rechnung getragen 2.12 Monitorsysteme Zur industriellen Überwachung wird heute eine ganze Palette so genannter Monitorsysteme angeboten. Es wäre müßig, hier einen umfassenden Überblick geben zu wollen, es würde auch den Rahmen des Buches wohl sprengen und über die Zielsetzung hinausschießen. An dieser Stelle soll lediglich auf bestimmte grundsätzliche Eigenschaften eines Schwingungsmonitors hingewiesen werden, die doch deutlich über die eines Messgerätes hinausgehen. Schwingungsmonitore werden fest installiert, die zugehörigen Aufnehmer permanent an der zu überwachenden Maschine montiert. Sie sollen in der Folge unbeaufsichtigt laufen und die Aufmerksamkeit nur dann auf sich ziehen, wenn entsprechende Abweichungen vom Normalzustand auftreten. Daraus ergibt sich eine Reihe spezieller Anforderungen, deren wichtigste hier kurz aufgeführt werden. Robustheit Im industriellen Umfeld ist mit besonders schwierigen Umweltbedingungen zu rechnen. Das erfordert beispielsweise eine sehr robuste Ausführung des Gehäuses. Die Robustheit kann durch die Schutzart gekennzeichnet werden. Die Schutzarten werden nach DIN EN 60529 durch das Kurzzeichen IP (Ingress Protection) und eine zweistellige Kennzahl festgelegt. Siehe zu diesem Punkt auch die Ausführungen über Industrieaufnehmer (Abschnitt 4.4.5) Eigensicherheit Bei Ausfall eines Überwachungssystems muss eine definierte Reaktion ohne Sicherheitsrisiko erfolgen - Eigensicherheit bedeutet demnach in diesem Kontext, dass durch das Überwachungssystem kein zusätzliches Risiko auftreten darf. Zur definierten Reaktion gehört insbesondere, dass bei Ausfall des Überwachungssystems genau dieses Ausfallproblem angezeigt und nicht etwa aus Sicherheitsgründen eine unnötige Maschinenabschaltung ausgelöst wird. Zur Vermeidung von Sicherheitsrisiken werden kritische Überwachungsketten oft mehrfach redundant ausgeführt (2 von 3 Auswahl, allgemein m von n). Selbstüberwachung Ein Monitorsystem sollte eine automatische Funktionskontrolle für die eigene Funktion besitzen. Das dahinter liegende Problem ist letztlich die Frage, ob ein (im Falle 33 <?page no="48"?> des fehlerfreien Maschinenzustands) nach außen hin reaktionsloses Monitorsystem im Ernstfall auch wirklich funktioniert. Grenzwertüberwachung Monitorsysteme müssen auf Grenzwertüberschreitungen der überwachten Kenngrößen reagieren. Dazu sind entsprechende Ausgänge vorzusehen, die von einer einfachen optischen Anzeige bis zur automatischen Abschaltung reichen können. Beispiel Bild 2.20 zeigt als Beispiel einen kompakten Monitor der neuesten Generation. Neben seinem Einsatz als klassischer Schwingungswächter mit Statusanzeige am Gerät kann er zusätzlich zur Erfassung der Standardgrößen Schwingung und Temperatur auch weitere Betriebsparameter wie z. B. Druck oder Durchfluss aufzeichnen. Über integrierte Kennwertvorlagen lässt sich das Gerät für spezielle Überwachungsaufgaben (Wälzlager, Lüfter, Verzahnungen etc.) konfigurieren. Datensätze können über Jahre gespeichert und später bei Bedarf (Trendanalysen) abgerufen werden. Mehrere dieser Geräte lassen sich, etwa zur Überwachung einer Maschinengruppe, auf einfache Weise zu einem System kombinieren, welches wiederum über eine Standardschnittstelle mit einem Industrie-PC verbunden oder an die Maschinensteuerung (PLC) angeschlossen werden kann. Damit ist es auch in die Familie der Programmable Automation Controller PAC einzuordnen (Abschnitt 2.11). Bild 2.20: Kompaktgerät SmartCheck zur Montage auf der Maschine In Kapitel 12 werden noch weitere Monitorsysteme aus industriellem Angebot, vor allem größere Systeme und ganzheitliche Konzepte vorgestellt. 34 <?page no="49"?> 3 Einführung zur Schwingungsanalyse 3.1 Maschinenschwingungen Der Betrieb von Maschinen ist stets mit Schwingungen und Abstrahlung von Lärm verbunden, beides in der Regel unerwünschte Effekte, größtenteils eine Folge von Imperfektionen. Gerade aus dem letzten Punkt lässt sich jedoch weiter der Schluss ziehen, dass das Schwingungsbild in irgendeiner Weise charakteristisch sein wird für den Laufzustand einer Maschine, dass sich viele Fehler bereits in einem Frühstadium hier widerspiegeln müssten. Aus Erfahrung könnte man zunächst den Schluss ziehen, den abgestrahlten Schall als Messgröße für eine nachfolgende Analyse heranzuziehen, nimmt man doch einen aufkommenden Fehler - z. B. im eigenen Auto - mit dem Ohr weit eher wahr als mit den Fingerspitzen. Ein Fehlschluss, wie sich zeigt, der darin begründet ist, dass Bild 3.1: Typische Übertragungswege von Maschinenschwingungen 35 <?page no="50"?> das Ohr ein wesentlich besserer Schwingungsaufnehmer und Analysator ist, als der Finger. Zur Messung ist die Schwingung (Körperschall) an der festen Maschinenoberfläche dem Luftschall in der Regel vorzuziehen, da der Einfluss äußerer Störgrößen (Umgebungslärm) geringer, die Reproduzierbarkeit daher besser ist. Bild 3.2: Messung von Maschinenschwingungen: Absolut- und Relativschwingungsmessung Schwingungen entstehen immer irgendwo innen in der Maschine, werden über Lager zum Maschinengehäuse übertragen und von dort als Luftschall weiter an die Umge- 36 <?page no="51"?> bung abgestrahlt. Was mit dem Ohr hörbar ist, ist also in jedem Fall auch am Gehäuse als Schwingung messbar. Hat man sich für die Schwingungen als Messgröße entschieden, erhebt sich die nächste Frage: Misst man die Absolutschwingung im Außenbereich der Maschine oder zieht man die Relativschwingung zwischen Maschinenkomponenten vor - etwa die relative Bewegung einer Welle in ihren Lagern; beide Methoden sind üblich und weit verbreitet. Tabelle 3.1 bringt dazu eine kurze Zusammenstellung. In vielen Fällen, vor allem bei großen Turbomaschinen, wird es durchaus angebracht sein, beide Methoden parallel einzusetzen. Tabelle 3.1: Gesichtspunkte zu Absolut- und Relativschwingungsmessung Relativschwingung Absolutschwingung Erfasste Bewegung Relativschwingung der Welle im Lager bzw. zwischen Welle und Gehäuse Absolutbewegung am Lagergehäuse Messgröße Vorzugsweise Schwingweg über berührungslose Wegaufnehmer Schwinggeschwindigkeit oder Schwingbeschleunigung Indizierte Größe Wellenbewegung, Lagerspalt, Ölfilmstärke, Spiel etc. Charakteristisch für dynamische Lagerkräfte Prognosezeitraum Kurzfristig (spontane Fehler) Langfristig (Fehlerfrüherkennung) 3.2 Frequenzanalyse 3.2.1 Bedeutung der Frequenzanalyse In der Fehlerfrüherkennung und Diagnose kommt der Frequenzanalyse eine zentrale Rolle zu. Ihr ist aus diesem Grund der Hauptteil dieses Abschnittes gewidmet. Aufgabe der Frequenzanalyse ist, eine Schwingung in ihre Einzelkomponenten hinsichtlich der Frequenz zu zerlegen. Die Zerlegung kann erfolgen über Filter (analog oder digital) Fouriertransformation (FFT) Grundsätzliche Eigenschaften und Grenzen sollen hier zunächst am (analogen) Filter erklärt werden, was aus Sicht der technischen Mechanik wegen der Analogie zum mechanischen Schwinger ein klareres Bild ergibt. Der Fouriertransformation, die heute überwiegend eingesetzt wird, sind in der Folge noch eigene Abschnitte gewidmet. 37 <?page no="52"?> Ein Filter ist, grob gesprochen, ein Netzwerk 9 , welches nur für Signale aus einem limitierten Frequenzbereich - dem Durchlassbereich - passierbar ist, Anteile anderer Frequenzen hingegen ausblendet. Am Ausgang des Filters kann die innerhalb seines Durchlassbereiches liegende Teilleistung der Schwingung gemessen werden. Bewegt man den Durchlassbereich eines schmalen Filters über einen größeren Frequenzbereich, erhält man am Ausgang die Schwingungsleistung in Abhängigkeit von der Frequenz, das so genannte Leistungsspektrum oder kurz Spektrum, die gesuchte Zerlegung der Schwingung in ihre Komponenten [9], [13]. Zeitlich rasch veränderliche Prozesse, wie z. B. Schwingungen, lassen sich auf zwei prinzipiellen Wegen beschreiben: Entweder als Funktion der Zeit oder als Funktion der Frequenz. Wählt man die Zeit als unabhängige Variable, drückt man die Antwort auf die Frage wann aus, mit der Frequenz hingegen auf die Frage wie oft. Beide Darstellungsformen haben den gleichen Informationsgehalt. Das heißt also, die Annahme, man könne aus einem Zeitsignal durch Frequenzanalyse zusätzliche Informationen gewinnen, ist nicht zutreffend. Es ist lediglich die Form der Beschreibung, die in beiden Fällen unterschiedlich ist, die bestimmte Eigenschaften des Prozesses besser hervorhebt und damit die Beurteilung erleichtert. Man beachte: Zur Berechnung eines jeden einzelnen Funktionswertes im Frequenzbereich muss der gesamte Signalverlauf im Zeitbereich herangezogen werden und umgekehrt! Ein einfaches aber dennoch sehr instruktives Beispiel: Der Fahrplan eines Busses kann als Zeittabelle oder aber als Frequenz angegeben werden (Tabelle 3.2). Bei der Zeittabelle sind die Abfahrtszeiten für jeden einzelnen Bus anzugeben, in der Frequenzform genügt das Intervall zwischen den einzelnen Bussen zusammen mit der Abfahrtszeit des ersten. Tabelle 3.2: Busfahrplan und Zeit- und Frequenzdarstellung Zeit Frequenz 06: 00 06: 20 06: 40 07: 00 07: 20 07: 40 … alle 20 Minuten ab 6 Uhr In beiden Fällen ist der Informationsgehalt identisch, die Darstellungsform im Frequenzbereich ist wesentlich komprimierter und prägnanter (z. B. wesentlich leichter zu merken). Soll eine vollständige Transformation von der Zeitdarstellung zur Frequenzdarstellung und umgekehrt möglich sein, muss neben der Frequenz auch die Abfahrtszeit des ersten Busses bekannt sein, äquivalent mit der Phase einer 9 analog oder digital, siehe Kapitel 2 38 <?page no="53"?> Schwingung. Zur Maschinenüberwachung begnügt man sich meist mit der Frequenzinformation, die Phase ist dann meist nicht von Interesse; für eine vollständige Beschreibung des Prozesses im Sinne der oben erwähnten Umkehrbarkeit wäre sie dennoch erforderlich. Was bei der Schwingungsmessung unter der gegebenen Aufgabenstellung eigentlich interessiert, sind die inneren Kräfte am Entstehungsort der Schwingung, z. B. im Lager (Ganz präzise: Es ist die Schwingungsenergie, die für die Schädigung verantwortlich ist); was wir außen an der Maschine tatsächlich messen, ist das Spektrum dieser Kräfte, modifiziert auf dem Übertragungsweg zwischen Ursprungsort und Messstelle. Mathematisch gesprochen bedeutet diese Modifikation (im Frequenzbereich) eine Multiplikation des Kraftspektrums mit der (frequenzabhängigen) Beweglichkeit oder Mobilität des Übertragungsweges (Bild 3.3). Bild 3.3: Zusammenhang zwischen Kraft- und Schwingungsspektrum Im Zeitbereich besteht ein äquivalenter Zusammenhang in Form einer so genannten Faltung, einem relativ komplizierten mathematischen Algorithmus (mehr darüber findet man in Abschnitt 15.4). Für ein lineares System, welches an seinem Eingang (= Wirkungsort der Kraft) zu Schwingungen erregt wird, erhält man das Ausgangssignal (= Schwingung an der Messstelle) aus dem Eingangssignal (= Kraft) rechnerisch durch Faltung des letzteren mit der Impulsantwort (= Schwingung zufolge einer Impulsanregung) des Systems [9], [10], [11], [12], [13]. Im Frequenzbereich transformiert sich diese Faltungsoperation zu einer Multiplikation (siehe Bild 3.3), die in jedem Fall wesentlich einfacher auszuführen sein wird. Einzeleinflüsse, z. B. der Beitrag bestimmter Maschinenkomponenten zum Gesamtschwingungsbild, sind im Zeitbereich meist nur sehr schwer zu identifizieren. Anders stellt sich die Sachlage im Frequenzbereich dar. Hier fällt eine solche Identifikation wesentlich leichter, da sich die Frequenzen dominierender Komponenten im Schwingungsspektrum bei Kenntnis der Konstruktion relativ einfach bestimmen lassen. Drehfrequenzen von Wellen, Zahneingriffsfrequenzen, Schaufelpassierfrequenzen etc. werden bei Darstellungen im Frequenzbereich immer relativ deutlich hervortreten (Bild 3.4). 39 <?page no="54"?> Bild 3.4: Zur Identifizierbarkeit von Einzeleffekten in Zeit- und Frequenzbereich Wie äußert sich nun ein entstehender Fehler bzw. die damit verbundene Verschlechterung des Laufzustandes im Schwingungsbild? Nehmen wir die Darstellung im Frequenzbereich zu Hilfe (Bild 3.5), das Spektrum. Es ist, wie schon ausgeführt, die Darstellung der Schwingungsleistung in Abhängigkeit von der Frequenz. Beobachten wir seine Entwicklung über einen längeren Zeitraum. Schon frühzeitig wird der Schwingungspegel in jenem Frequenzbereich deutlich ansteigen, der mit einem sich verschlechternden Bauteil in unmittelbarem Zusammenhang steht (z. B. die Drehfrequenz bei zunehmender Unwucht). Werden die Schwingungen breitbandig gemessen - man erhält also einen Summenwert über sämtliche Frequenzkomponenten - Bild 3.5: Die Auswirkung eines anwachsenden Fehlers auf das Spektrum 40 <?page no="55"?> so wird sich der Fehler erst in einem fortgeschrittenen Stadium auf das Messresultat auswirken, wenn die ansteigende Komponente nicht zufällig von Anfang an dominierend gewesen war. Bild 3.5 zeigt diesen eher typischen Fall: Die ansteigende Komponente im höherfrequenten Bereich wird sich bei einer Breitbandmessung im Gesamtpegel erst im letzten der dargestellten Stadien bemerkbar machen; davor tritt zwar ebenfalls theoretisch eine Gesamtpegelerhöhung auf, die jedoch im Rahmen der unvermeidlichen Messunsicherheit nicht erkennbar sein wird. Führt man hingegen jedes Mal eine Frequenzanalyse durch und verfolgt man die Entwicklung des Spektrums, erhält man nicht nur eine sehr frühzeitige Anzeige des sich entwickelnden Fehlers, aus der Frequenz der wachsenden Komponente lässt sich der Fehler vielleicht schon diagnostizieren, zumindest lässt er sich jedoch deutlich eingrenzen. Ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt lässt sich unmittelbar aus Bild 3.3 ablesen: Eine hohe Kraftkomponente könnte auf dem Übertragungsweg vom Entstehungsort zur Messstelle durch Antiresonanz eine kleine Schwingungskomponente bewirken, und umgekehrt könnte eine kleine Kraftkomponente durch Resonanz zu einer hohen Schwingungskomponente führen. Da uns letztendlich die inneren Kräfte interessieren, kann damit aus der Größe einer Schwingungskomponente kein zwingender Rückschluss auf ihre Bedeutung gezogen werden. 3.2.2 Durchführung der Frequenzanalyse 3.2.2.1 Filter Messtechnisch kann eine Frequenzanalyse über ein so genanntes Filter ausgeführt werden, ein Netzwerk, das (im Idealfall) nur für Komponenten eines bestimmten Frequenzbereiches (Durchlassbereich, Band) durchlässig ist, andere Anteile hingegen ausblendet. Bild 3.6 zeigt die Durchlasscharakteristik eines solchen Filters, und zwar die des idealen Filters, wie oben beschrieben (obere Bildhälfte) und die des realen Bild 3.6: Durchlasscharakteristiken idealer (oben) und realer Filter 41 <?page no="56"?> Filters, mit dem man sich in der Praxis begnügen muss (untere Bildhälfte). Das ideale Filter - wie gesagt, nur eine Fiktion - lässt alle Komponenten innerhalb des Durchlassbereiches oder Bandes unverändert passieren und sperrt den Rest völlig. Anders beim realen Filter: Auch innerhalb des Bandes müssen gewisse Signalverzerrungen in Kauf genommen werden, außerhalb der Bandgrenzen setzt die Dämpfung nur mit endlicher Steilheit (der sog. Flankensteilheit) ein. Wie kann ein solches Filter nun ausreichend charakterisiert werden? Wesentlich sind drei Parameter, die Mittenfrequenz f 0 (Bild 3.6), Bandbreite B und die Dämpfung außerhalb des Durchlassbereiches. Für das ideale Filter werden diese Definitionen unmittelbar aus der Anschauung klar. Anders beim realen Filter. Als Bandbreite wird hier die Breite eines idealen Filters gleicher Mittenfrequenz definiert, das für einen gleichen Signalleistungsanteil durchlässig ist, wie das vorliegende reale Filter (Bild 3.6 unten rechts). Wegen der leichteren Verifizierbarkeit wird ersatzweise meist die so genannte 3dB-Bandbreite als Definition vorgezogen: Sie ist die (frequenzmäßige) Distanz zwischen den beiden Punkten der Durchlasscharakteristik oberhalb bzw. unterhalb der Mittenfrequenz, bei der eine Signaldämpfung von 3dB (= halbe Leistung) gegenüber der Filtermitte auftritt (Bild 3.6 unten links). Für praktisch eingesetzte Filter höherer Güte ist die Abweichung zwischen beiden Definitionen nur geringfügig. Filter lassen sich in der Praxis sowohl als Analogschaltung wie auch auf digitalem Wege realisieren ([9], [13] bzw. Abschnitt 2.10.3). 3.2.2.2 Die Fouriertransformation Die Fouriertransformation liefert den mathematischen Zusammenhang zwischen der Signaldarstellung im Zeitbereich (Zeitfunktion) und der im Frequenzbereich (Spektralfunktion) nach folgendem Gleichungspaar: df e f G t g dt e t g f G t f j t f j 2 2 ) ( ) ( ) ( ) ( Für die praktische Berechnung ist die allgemeine Fouriertransformation nur bedingt geeignet, vor allem durch die schlechte Konvergenz der Integrale und wegen des unendlichen Integrationsbereiches. Als Algorithmus zur näherungsweisen Berechnung der Fouriertransformation wurde die Diskrete Fouriertransformation (DFT) entwickelt. Dabei wird ein Zeitsignalausschnitt (Block) endlicher Länge zugrunde gelegt, nach beiden Seiten (zeitlich gesehen) implizit periodisch fortgesetzt und daraus eine Fourierreihe als Näherung berechnet (Abschnitt 15.3 und [5]). Die Fast Fourier Transformation (FFT) ist ein besonders schneller und Speicherplatz sparender Algorithmus zur Berechnung der DFT [10], [11], [12]. Die Fouriertransformation wird an dieser Stelle bewusst nur sehr kurz behandelt, praktisch ohne mathematischen Hintergrund. Diese Kenntnisse sind wohl auch für den Start in die praktische Anwendung ausreichend. Eine ausführliche Behandlung erfolgt in Kapitel 5 und - für ein vertiefendes Studium - noch in Kapitel 15, wobei allerdings auch dort ein starker Bezug zu physikalischen Hintergründen und perzeptiven Phänomenen (gehörmäßige Beurteilung) hergestellt wird. Der Hinweis auf dieses Spezialkapitel gilt auch für die spezielleren Analysen der folgenden Kapitel. 42 <?page no="57"?> 3.3 Signaltypen 3.3.1 Einteilung Schwingungen lassen sich nach dem Schema von Bild 3.7 in verschiedene Klassen einteilen, was später für die Auswahl der geeigneten Analysewerkzeuge nicht ohne Bedeutung ist. Als stationär bezeichnet man Schwingungen, deren Mittelwerte über der Zeit konstant bleiben. Sie sind weiter unterteilbar in deterministische und (stationäre) stochastische Schwingungen. Deterministische Schwingungen lassen sich in mathematischer Form - z. B. als Fourierreihe - exakt und vollständig beschreiben; aus der Beschreibung kann der Momentanwert für jeden Zeitpunkt in Vergangenheit und Zukunft präzise angegeben werden. Stochastische Schwingungen können nur im statistischen Sinne beschrieben werden: Es lassen sich zwar verschiedene zeitliche Mittelwerte angeben, der genaue Funktionswert für einen bestimmten Zeitpunkt ist jedoch nicht vorhersagbar. Bild 3.7: Klassierung von Schwingungen Als instationär werden Schwingungen bezeichnet, deren Mittelwerte über der Zeit variieren. Sie können weiter unterteilt werden in kontinuierliche und kurzzeitige (transiente) Schwingungen. Streng genommen kann eine stationäre Schwingung in Technik und Natur niemals vorkommen, da sie dazu ja schon seit unendlich langer Zeit anliegen müsste. Solange z. B. ein Turbinensatz auch unter konstanten Betriebsbedingungen laufen möge, die Mittelwerte werden sich mit dem Verschleiß einzelner Komponenten ändern. Andererseits vollziehen sich solche Änderungen immer sehr langsam, so dass die Schwingung für die Dauer der einzelnen Messung durchaus als stationär anzusehen ist. Im technischen Sinn stationär wird man eine Schwingung immer dann bezeichnen, wenn die Änderungen der Mittelwerte im Beobachtungszeitraum für die Einzelmessung vernachlässigbar klein sind. Der Begriff der Instationärität kann durchaus davon abhängen, ob die Schwingung über kurze oder über längere Zeiträume beobachtet wird. Ein Beispiel: Die Schwingungen einer konstant laufenden Kolbenmaschine sind stationär, wenn man sie über mehrere vollständige Zyklen betrachtet, aber instationär, wenn der Einzelzyklus abschnittsweise untersucht wird (siehe z. B. Bild 11.2 Seite 289). Die Schwingungen 43 <?page no="58"?> an- und auslaufender Maschinen sind wiederum instationär vom Standpunkt der Langzeitbetrachtung aus gesehen, für kurze Zeitausschnitte ist jedoch hier oft eine stationäre Betrachtungsweise zulässig. Hier noch einmal die wichtigsten Gruppen in einer kurzen Zusammenstellung: Stationäre Schwingungen: Schwingungen rotierender Maschinen Schwingungen an Kolbenmaschinen (Langzeitbetrachtung) Instationäre Schwingungen: Schwingungen an Kolbenmaschinen (Kurzzeitbetrachtung) Schwingungen an- und auslaufender Maschinen 3.3.2 Die Spektren Deterministische Signale Stationäre deterministische Schwingungen lassen sich stets als Summe endlich oder auch unendlich vieler harmonischer Komponenten (Sinusschwingungen) darstellen, Komponenten also mit jeweils genau definierten, festen und zeitlich unveränderlichen Frequenzen. Ihr Spektrum weist demnach nur Leistungsanteile bei eben diesen (diskreten) Frequenzen auf - das so genannte Linienspektrum. Bild 3.8: Diskrete Spektren (Linienspektren) a) Periodische Schwingungen b) Quasiperiodische oder fastperiodische Schwingungen 44 <?page no="59"?> Stehen die einzelnen Frequenzen in einem rationalen Verhältnis zueinander (regelmäßige Abstände) - man beachte jedoch, dass Komponenten, z. B. auch die Grundkomponente, durchaus völlig fehlen können -, so ist die zugrunde liegende Schwingung periodisch, sie wiederholt sich also exakt nach einer bestimmten Zeitspanne, der Periodendauer. Besteht dieser rationale Zusammenhang hingegen nicht, wird die Schwingung als quasiperiodisch oder fastperiodisch bezeichnet; eine solche Schwingung wird sich auch nach beliebig langer Zeitdauer nicht exakt wiederholen, ist aber dennoch deterministisch; ein Beispiel dafür sind die Schwingungen an einem mehrstrahligen Flugzeug, wo durch die einzelnen, mit geringfügig verschiedenen Drehzahlen laufenden Triebwerkswellen Familien von jeweils für sich harmonischen Komponenten ausgehen, die sich insgesamt zu einer quasiperiodischen Schwingung überlagern. Bild 3.9: Zur Frequenzanalyse stationärer deterministischer Schwingungen Zur Frequenzanalyse eines stationären deterministischen Signals wird die innerhalb des Filter-Durchlassbereiches gelegene Schwingungsleistung gemessen, man erhält als Ergebnis das Leistungsspektrum. Solange bei diesem Signaltyp die Filterbandbreite kleiner ist als der Abstand zwischen den Spektrallinien, erhält man ein von der Filterbandbreite unabhängiges Ergebnis (Bild 3.9). Die Skalierung der Ergebnisse erfolgt meist als Effektivwert (engl. Root Mean Square, RMS), d. i. die Quadratwurzel aus der gemittelten Leistung. Neben der Leistungsbezogenheit hat der Effektivwert den Vorteil, die gleiche Dimension zu haben, wie die Messgröße selbst. Stochastische und transiente Signale Eine stochastische Schwingung ist ein kontinuierlicher Vorgang mit Zufallscharakter, der nur mit Hilfe statistischer Parameter beschrieben werden kann. Typisch für ein solches Signal ist, dass aus der Beschreibung eine exakte Vorhersage des Funktionswertes für einen bestimmten Zeitpunkt nicht möglich ist (im Gegensatz zum de- 45 <?page no="60"?> terministischen Signal). Beispiele für solche Vorgänge sind Kavitation, Turbulenz, Rauschen. Als transiente Schwingung oder kurz Transiente wird ein Vorgang kurzer Dauer bezeichnet. Die Kurzzeitigkeit ist hier wiederum in Relation zur Beobachtungsdauer zu sehen: Ein Signal wird dann als Transiente zu behandeln sein, wenn es nur von endlich langer Dauer ist und wenn das Gesamtsignal ganz innerhalb des Messfensters liegt. Beispiele sind der Verbrennungsvorgang im Ottomotor, das Öffnen und Schließen von Ventilen, ein Erdbebenstoß. Bild 3.10: Das kontinuierliche Spektrum stochastischer und transienter Schwingungen Sowohl das Spektrum stochastischer wie auch das transienter Signale ist kontinuierlich. Physikalische Interpretation und Skalierung sind für beide Signalarten verschieden, wie im Folgenden ausgeführt. Da stochastische Signale, wie gesagt, ein kontinuierliches Spektrum aufweisen, hängt die Leistung am Ausgang eines Filters nicht nur vom Eingangssignal selbst, sondern überdies noch von der Bandbreite des Filters ab (schraffierte Fläche in Bild 3.11). Für diesen Signaltyp ist es daher zweckmäßig, die Leistung am Filterausgang auf die Filterbandbreite zu beziehen: Die Leistung wird durch die Bandbreite dividiert. Die resultierende Größe hat demnach die Dimension Einheit 2 / Hz, ist also eine so genannte Leistungsdichte (engl. Power Spectral Density, PSD). Stochastische Schwingungen werden im Frequenzbereich durch das Leistungsdichtespektrum beschrieben. Um eine bessere Vergleichbarkeit mit der Messgröße zu erzielen, wird auch die Leistungsdichte oft als Effektivwert angegeben. Diesen erhält man als Quadratwurzel aus der Leistungsdichte mit der Dimension Hz Einheit / . Ein Wort sei hier zu den Begriffen Leistung, Leistungsdichte und Energiedichte eingeflochten. Betrachtet man ein lineares mechanisches System und greift sich eine einzelne Schwingungskomponente heraus, so kann man sich leicht überlegen, dass 46 <?page no="61"?> die mechanische Schwingungsleistung proportional ist dem Quadrat des Effektivwertes von Schwingweg, Schwinggeschwindigkeit und auch Schwingbeschleunigung; der Proportionalitätsfaktor ist die mechanische Impedanz oder eine ähnlich gelagerte Größe. Am Ausgang einer Messkette erhält man eine elektrische Spannung U, die einer der genannten Grundgrößen proportional ist. Skaliert man demnach ein Spektrum in der Einheit U 2 , so ist die dargestellte Größe proportional der mechanischen Leistung, der Proportionalitätsfaktor setzt sich aus mechanischer Impedanz und Systemkalibrierung zusammen. Es hat sich nun eingebürgert, in der Frequenzanalyse bereits die in U 2 skalierte Ausgangsgröße verallgemeinert als Leistung zu bezeichnen. Analog heißt die bandbreitenbezogene Leistung in U 2 / Hz (spektrale) Leistungsdichte bzw. Hz U / (Effektivwert 10 ). Bild 3.11: Das Leistungsdichtespektrum (Power Spectral Density, PSD) eines stochastischen Signals Für Vorgänge endlicher Dauer ist wiederum die enthaltene Energie von Interesse. Die Frequenzanalyse liefert zunächst das Leistungsspektrum eines (periodisch fortgesetzten) Ersatzsignals. Die spektrale Energie erhält man daraus durch Multiplikation mit der Fensterlänge (Zeit). Sie ist, analog wie oben, proportional dem Produkt Grundgröße 2 • Zeit. Die Frequenzanalyse liefert ein Energiedichtespektrum, skaliert in U 2 s/ Hz bzw. Hz s U . Auch hier ist das Dichtespektrum (engl. Energy Spectral Density, ESD) wegen der über der Frequenz kontinuierlichen Energieverteilung relevant (Bild 3.12). Der Begriff der Dichte bezieht sich dabei auf die Frequenz und ist rein formal zu betrachten. 10 Man findet eine solche Dimensionsangabe oft am Display eines Analysators. 47 <?page no="62"?> Bild 3.12: Das Energiedichtespektrum (Energy Spectral Density, ESD) eines transienten Signals 3.4 Filter 3.4.1 Filtercharakteristik Zwei grundsätzlich verschiedene Filtertypen stehen für die Frequenzanalyse zur Verfügung, betrachtet man die Abhängigkeit der Durchlasscharakteristik von der Filter- Mittenfrequenz: Filter konstanter (absoluter) Bandbreite Filter konstanter relativer (prozentualer) Bandbreite Beim Filter konstanter Bandbreite ist die Bandbreite in Hz unabhängig von der Filter- Mittenfrequenz. Diese ist wiederum als arithmetisches Mittel zwischen oberer und unterer Eckfrequenz definiert. Beim Filter konstanter relativer Bandbreite ist die Bandbreite stets ein bestimmter Prozentsatz der Mittenfrequenz, das Filter wird also mit steigender Mittenfrequenz breiter. Die Filter-Mittenfrequenz ist hier als geometrisches Mittel zwischen oberer und unterer Eckfrequenz definiert. Beide Filtertypen werden im Zusammenhang mit Maschinenüberwachung und Diagnose für verschiedene Aufgaben eingesetzt, wie an entsprechender Stelle noch ausgeführt wird. Hier soll jetzt nur rein formal die Frage der Darstellung von Spektren, die mit beiden Filtertypen gewonnen werden, angeschnitten werden. 48 <?page no="63"?> Bild 3.13: Filter konstanter absoluter (links) und konstanter relativer (rechts) Bandbreite Bild 3.14: Filter konstanter Bandbreite, dargestellt in linearem und in logarithmischem Frequenzmaßstab 49 <?page no="64"?> In Bild 3.14 und Bild 3.15 sind die Durchlasscharakteristiken beider Filtertypen für drei Mittenfrequenzen einmal mit linearem, einmal mit logarithmischem Frequenzmaßstab zu sehen. Die Gegenüberstellungen zeigen hier schon deutlich, dass eine starke Affinität zwischen konstanter Bandbreite und linearem Frequenzmaßstab bzw. zwischen konstanter relativer Bandbreite und logarithmischem Maßstab besteht. Ausgenommen für sehr kleine Frequenzbereiche wird man bei der Spektralanalyse diesem Zusammenhang in der Regel wohl Rechnung tragen. Andere, sachbezogene Gesichtspunkte zu dieser Frage werden später noch nach und nach einfließen. Bild 3.15: Filter konstanter relativer Bandbreite, dargestellt in linearem und in logarithmischem Frequenzmaßstab 3.4.2 Bandbreite und Messzeit Jede Form der Frequenzanalyse ist eine so genannte bandbegrenzte Messung, d. h. es wird eben nur ein endlicher, bisweilen recht schmaler Frequenzbereich mit Hilfe des Filters untersucht. Wie jedes schwingungsfähige Gebilde zeigt auch ein Filter Einschwingverhalten (Bild 3.16). Wie beim mechanischen Schwinger ist die Einschwingzeit umso länger, je schmäler das Filter (bzw. je höher die Güte) ist. Es besteht mit guter Näherung der Zusammenhang 50 <?page no="65"?> B T r 1 mit T r Einschwingzeit 11 B Bandbreite Betrachtet man zum Vergleich das Spektrum eines transienten Signals (Bild 3.17), kann man einen ganz äquivalenten Zusammenhang finden: Hat das Signal selbst eine Gesamtdauer von T Sekunden, wird man im Spektrum vergeblich nach einem Maximum mit einer Breite von weniger als 1/ T Hz suchen. Mit diesem Phänomen soll, ohne Versuch eines Beweises, hier nur die grundsätzliche physikalische Bedeutung des Zusammenhanges zwischen Messzeit und Bandbreite untermauert werden. Damit ist grundsätzlich festzuhalten: Für eine gewünschte Frequenzauflösung B in Hz ist prinzipiell eine Messzeit von mindestens 1/ B Sekunden nötig. Bild 3.16 : Das Einschwingverhalten eines Filters. Links unten das Eingangssignal (Sinus), rechts unten das Ausgangssignal bei plötzlichem Aufschalten des Eingangssignals auf den Filtereingang 11 Der Index r kommt vom englischen response und wird nach allgemeinem Sprachgebrauch beibehalten 51 <?page no="66"?> Um einem weit verbreiteten Irrtum vorzubeugen: Der gleiche Zusammenhang gilt auch, wenn die Frequenzanalyse rein rechnerisch, ohne Einsatz eines (einschwingenden) Filters ausgeführt wird, etwa im FFT-Analysator. Der Begriff der Einschwingzeit ist zwar in diesem Zusammenhang ohne Sinn, aber auch hier gilt: Will man ein Fourierspektrum mit der Frequenzauflösung (Bandbreite) B berechnen, so muss der Berechnung ein Zeitsignalblock von mindestens der Länge 1/ B zugrunde gelegt werden. Bild 3.17; Zusammenhang zwischen Signaldauer und Bandbreite bzw. Frequenzauflösung im Spektrum eines transienten Signals Für jede Form einer Frequenzanalyse muss also die grundlegende Bedingung 1 T B immer erfüllt sein. Diese Bedingung, oft als Unschärferelation bezeichnet, sagt aus: Bei einem Signal von T Sekunden Dauer kann die Bandbreite im Spektrum nicht kleiner sein, als 1/ T Hz; Bei der Analyse mit Hilfe eines Filters von B Hz Bandbreite ist eine Messzeit von mindestens 1/ B Sekunden erforderlich. 52 <?page no="67"?> 3.5 Mittelung - der Detektor Am Ausgang des Filters erfolgt die eigentliche Messung am gefilterten Signal im so genannten Detektor. Üblicherweise werden eine oder mehrere der folgenden Ausgangsgrößen bestimmt: Spitzenwert Mittelwert Quadratischer Mittelwert Effektivwert Der Spitzenwert ist dann von Bedeutung, wenn man sich für die maximalen Auslenkungen interessiert. Der quadratische Mittelwert ist ein Maß für die Leistung bzw. den Energieinhalt, unabhängig von den Phasenbeziehungen zwischen den einzelnen Signalkomponenten. Gleiches gilt für den Effektivwert, zu bilden als Quadratwurzel aus dem quadratischen Mittelwert; der Effektivwert hat überdies noch dieselbe Dimension wie die Messgröße. Der einfache Absolutbetrags-Mittelwert ist, physikalisch gesehen, ohne jede Bedeutung und daher auch nicht gebräuchlich. Zur Bildung von quadratischem Mittelwert und Effektivwert muss das Signal am Filterausgang zunächst quadriert und anschließend gemittelt werden. Die Zeit, über die sich die Mittelung erstreckt, wird als Mittelungszeit T A bezeichnet 12 . Bezüglich der Wahl der geeigneten Mittelungszeit sind die Anforderungen für deterministische und stochastische Signale grundsätzlich verschieden. Die Mittelung selbst kann auf verschiedene Arten ausgeführt werden: Lineare Mittelung Exponentielle Mittelung Zeitbereichsmittelung Bei der linearen Mittelung 13 haben sämtliche in den Mittelungszeitraum fallende Daten gleiches Gewicht. Sie wird über einen von vornherein zu definierenden, festen Zeitraum gebildet. Die exponentielle Mittelung wird fortlaufend ausgeführt, die jüngsten Daten haben immer das größte Gewicht, frühere Daten werden mit fortschreitender Zeit exponentiell abfallend gewichtet (also allmählich vergessen). Auf die Zeitbereichsmittelung - sie hat nichts mit dem Detektor zu tun - wird in Abschnitt 3.6 noch näher eingegangen. Bei der FFT-Analyse gilt für das Einzelspektrum grundsätzlich immer der Zusammenhang 1 T B Eine längere Mittelungszeit (linear oder exponentiell) kann hier durch Mitteln der Einzelspektren im Anschluss an die Transformation erzielt werden. 12 Der Index A steht für Averaging und wurde dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend beibehalten 13 Der Term linear bezieht sich dabei auf die Zeit - die Mittelwertberechnung selbst erfolgt natürlich wieder auf Basis der quadratischen Mittelwerte. 53 <?page no="68"?> 54 <?page no="69"?> Bild 3.18: FFT-Spektren eines deterministischen Signals, einmal ungemittelt (oben), einmal gemittelt über 8 Spektren 55 <?page no="70"?> Deterministische Signale Bei deterministischen Signalen ist eine Mittelung nötig, um Schwankungen im Ausgangssignal zu unterdrücken. Die erforderliche Mittelungszeit beträgt etwa das 3-5 fache der Periodendauer der niedrigsten interessierenden Frequenz. Kritisch kann diese Forderung werden, wenn mehr als eine deterministische Komponente innerhalb des Filter-Durchlassbereiches liegt oder wenn das Signal amplitudenmoduliert ist, da natürlich Schwebungs- und Modulationsfrequenzen in diese Kalkulation einzubeziehen sind. Zwei frequenzmäßig sehr eng benachbarte Sinuskomponenten innerhalb eines Filterbandes führen zu einer sehr niederfrequenten Schwebung mit der Differenzfrequenz, bei nicht ausreichender Mittelungszeit (3-5 x Schwebungsperiode) erhält man ein mit der Schwebungsfrequenz schwankendes Ausgangssignal. Es gibt nur zwei Auswege: Längere Mittelungszeit oder Trennung der Komponenten durch schmälere Filter, was allerdings ebenfalls die Messzeit verlängert (längere Einschwingzeit). Dessen ungeachtet darf jedoch die grundsätzliche Bedingung B.T A > 1 in keinem Fall verletzt werden. Bild 3.18 zeigt zwei Spektren desselben deterministischen Signals, im oberen Bild das ungemittelte Spektrum (Momentanspektrum) eines einzigen Zeitsignalblocks, im unteren Bild den Mittelwert über 8 Einzelspektren. Für die deterministischen Komponenten (Peaks) ist durch die Mittelung keine Verbesserung festzustellen. Das Hintergrundgeräusch, im Wesentlichen von stochastischer Natur, wird durch die Mittelung jedoch stark reduziert - der Grund für Mittelung auch bei deterministischen Signalen. Stochastische Signale Um den Mittelwert eines stochastischen Signals exakt zu bestimmen, müsste man theoretisch unendlich lange mitteln. Jede Mittelung über einen endlichen Zeitraum liefert nur eine mehr oder weniger gute Näherung. Die Güte der Näherung wird durch die Standardabweichung beschrieben, die für den quadratischen Mittelwert gegeben ist aus dem Zusammenhang A T B 1 worin B wieder die Filterbandbreite und T A die Mittelungszeit bedeuten. Für den Effektivwert gilt entsprechend A T B 2 1 In der Praxis sollte für stochastische Signale die Bedingung 10 A T B erfüllt werden. Bei der Analyse mit Hilfe eines FFT-Analysators ist das Produkt B.T A gleich der Zahl der gemittelten Einzelspektren; dies gilt jedoch nur, sofern sich die den einzelnen Spektren zugrunde liegenden Zeitsignalblöcke nicht überlappen. Bei überlappenden Blöcken reduziert sich das resultierende B•T-Produkt und damit die statistische Sicherheit der Messung. Siehe dazu auch Abschnitt 5.3.5.2. 56 <?page no="71"?> Was bedeutet nun der Parameter in diesem Zusammenhang quantitativ? Aus dem zentralen Grenzwertsatz der Wahrscheinlichkeitstheorie lässt sich die Aussage ableiten, dass jedes schmalbandig gefilterte stochastische Signal einer Gaußverteilung gehorchen wird. Aus den bekannten Eigenschaften dieser Verteilung wiederum kann die gesuchte Quantifizierung abgelesen werden: Hat man den Mittelwert in obiger Weise bestimmt, so liegt der tatsächliche Mittelwert mit einer Wahrscheinlichkeit von 68,3% innerhalb eines Fensters ± um den Messwert, mit 95,5% Wahrscheinlichkeit innerhalb ± 2 und mit 99,7% innerhalb ± 3 . Bild 3.19 zeigt als Beispiel drei Spektren eines stochastischen Signals mit verschiedenen Mittelungsparametern. Man sieht deutlich: Je größer die Mittelungszeit, desto geringer werden die Schwankungen um das tatsächliche Mittelwertspektrum. 3.6 Zeitbereichsmittelung Viele FFT-Analysatoren haben die Möglichkeit eingebaut, Signale bereits im Zeitbereich zu mitteln. Eine solche Mittelung ist jedoch beschränkt auf regelmäßig wiederkehrende Signale bzw. Signalanteile, wie z. B. sich wiederholende Transiente oder Signale von rotierenden Maschinen. Voraussetzung für diese Mittelung ist, dass ein mit dem repetierenden Signal synchroner Trigger (elektrischer Impuls) zur Verfügung steht (z. B. über eine Triggermarke auf der Welle oder eine ausgeprägte Signalflanke). Zur Mittelung selbst wird über Triggerung (Abschnitt 5.3.2 bzw. Bild 5.20) eine Folge von Zeitsignalblöcken so erfasst, dass die zum Trigger synchronen Signalanteile immer die gleiche Lage innerhalb des Zeitfensters haben. Durch Mittelung der Zeitsignalblöcke wird die Qualität der synchronen Signalanteile im Sinne höherer statistischer Sicherheit verbessert, nicht synchrone Anteile, vor allem statistisches Hintergrundrauschen, werden hier besonders wirksam unterdrückt. Für stochastische Störsignale erreicht man eine Unterdrückung mit dem Faktor (1/ n) 1/ 2 , worin n die Zahl der gemittelten Zeitsignalblöcke bedeutet. Die Zeitbereichsmittelung wird sehr oft auch unter den Begriffen Signal Enhancement (Signalverbesserung) und synchrone Mittelung geführt. Bei jeder Mittelung im Frequenzbereich werden Leistungen gemittelt, für stochastische Störsignale resultiert die mittlere Störleistung. Bei der Zeitbereichsmittelung werden Zeitsignalausschnitte gemittelt, stochastische Störanteile schlagen daher einmal positiv, einmal negativ zu Buche und können praktisch beliebig weit unterdrückt werden. Ein Beispiel zur Zeitbereichsmittelung wird in Abschnitt 7.2.3.3 vorgestellt. 3.7 Darstellung und Auswertung von Spektren Der Skalierung der Koordinatenachsen zur Darstellung und Auswertung der spektralen Daten kommt in diesem Zusammenhang eine weit größere Bedeutung zu, als man zunächst annehmen möchte. Die Frage ist, kurz gesagt: Lineare oder logarithmische Amplitudenachsen? lineare oder logarithmische Frequenzachsen? 57 <?page no="72"?> 58 <?page no="73"?> Bild 3.19: Spektren eines stochastischen Signals, gemessen mit verschiedenen Mittelungsparametern 59 <?page no="74"?> 60 <?page no="75"?> Bild 3.20: Spektren, gemessen an zwei Messpunkten derselben Maschine, dargestellt in linearem und logarithmischem Amplitudenmaßstab 61 <?page no="76"?> 3.7.1 Amplitudenskalierung - Beurteilungskriterien Moderne Frequenzanalysatoren haben einen Dynamikbereich (= Bereich zwischen kleinstem und größtem messbaren Signal) von typisch >70 dB entsprechend 3000: 1. Eine lineare graphische Amplitudendarstellung schränkt den verwertbaren Dynamikbereich jedoch auf etwa 20: 1 ein. Die Folge: nur die größten Komponenten werden in einer solchen Darstellung sichtbar sein. Bei logarithmischem Amplitudenmaßstab lässt sich der Dynamikbereich der Darstellung praktisch beliebig erhöhen, so dass in jedem Fall weitaus mehr Komponenten sichtbar und damit auswertbar werden. Bild 3.20 zeigt hierzu ein eindrucksvolles aber typisches Beispiel: Zwei Spektren, die an zwei verschiedenen Messpunkten ein und derselben Maschine im gleichen Betriebszustand aufgenommen wurden. Beide Spektren sind jeweils in linearem und in logarithmischem Amplitudenmaßstab dargestellt. Man sieht deutlich, dass in den logarithmischen Darstellungen gegenüber den linearen weit mehr Details hervortreten. Die Tatsache, dass beide Messungen schließlich den gleichen Maschinenzustand repräsentieren, kommt ebenso in den logarithmischen Darstellungen wesentlich besser zum Ausdruck. Man bedenke nun: Wie schon früher erklärt, sind es die inneren Kräfte, die uns bei der Maschinenüberwachung eigentlich interessieren. Bis zum Messpunkt wird nun das Spektrum dieser Kräfte entsprechend der Charakteristik des Übertragungsweges modifiziert. Unbedeutende, kleine Kraftkomponenten könnten dabei durch Resonanz im Schwingungsspektrum überhöht, große, wesentliche Kraftanteile durch Antiresonanzen stark gedämpft auftreten. Damit wird klar: Es ist ganz wesentlich, hier einen möglichst großen Dynamikbereich zu erfassen, da die größten Schwingungskomponenten nicht zwangsweise auch die wichtigsten sind! Unsere Aufgabe ist es, noch einmal gesagt, von Messungen außen an der Maschine Rückschlüsse auf interne Vorgänge zu ziehen. Die Charakteristik des Übertragungsweges, die in jedem Fall großen Einfluss auf das Messresultat hat, wird in der Regel von Maschine zu Maschine stark variieren, auch bei Maschinen von völlig gleicher Bauart. Dies ist einfach eine Folge unvermeidlicher Toleranzen, von Unterschieden in Schweiß- und Schraubverbindungen u. v. m. Wesentlich geringere Beeinflussungen durch solche Abweichungen sind lediglich bei Wegmessungen mit berührungslosen Aufnehmern (Wellenschwingungsmessung) zu erwarten, da hier vom Aufnehmer die interessierende Größe unmittelbar erfasst wird. Downham und Woods führten im Jahre 1971 eine umfassende Studie zu diesem Thema durch [17]. Dabei wurden bei 14 Maschinen von ähnlicher Größe und mit ähnlichen Lagerkonstruktionen Streuungen der Übertragungsimpedanz in einem Bereich 1: 1000 festgestellt. Das hat zur Folge, dass jede Maschine ihr eigenes, individuelles Spektrum zeigen wird. Die Übertragung der Schwingungskriterien von einer Maschine auf eine andere, baugleiche, ist eine sehr fragwürdige Vorgangsweise bei dieser Art von Messungen. Ganz besonders gilt diese Aussage für gleitgelagerte Maschinen jeder Art. Was soll nun eigentlich gemessen bzw. beobachtet werden, damit das gesteckte Ziel - Fehlerfrüherkennung - erreicht wird? Der absolute Betrag der spektralen Schwingungskomponenten kann nach dem Gesagten nicht besonders aussagekräftig sein. Viel interessanter wird es sein, die zeitliche Entwicklung des Schwingungsspektrums 62 <?page no="77"?> zu verfolgen. Die Erfahrungen, die man hier gewinnen wird, lassen sich dann auf andere Maschinen gleicher oder ähnlicher Bauart übertragen. Zustandsänderung Eines kann zunächst vorausgeschickt werden: Solange der Laufzustand einer Maschine unverändert bleibt, kann der Maschinenzustand auch als gut angesehen werden, zumindest, was langsam anwachsende Fehler betrifft. Verschlechtert sich der Maschinenzustand, so werden im betroffenen Bereich die inneren Kräfte ansteigen, sie werden sich um einen bestimmten Faktor vervielfachen. Gleich, wo man seinen Messpunkt installiert hat - die zugeordnete Schwingungskomponente wird an jeder Messstelle um den gleichen Faktor überhöht (Bild 3.21). Dem absoluten Betrag der Schwingungsamplitude kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu. Es sind die relativen Änderungen im Schwingungsbild, die uns die gesuchte Information liefern. Bei logarithmischer Amplitudenskalierung ergibt eine bestimmte relative Änderung immer die gleiche Y-Verschiebung, unabhängig vom Absolutbetrag. Skalierung in dB Sind vorzugsweise relative Veränderungen von Interesse, wird meist die Amplitude in Dezibel (abgekürzt dB) skaliert. Die Definition sieht folgendermaßen aus: 2 1 log 20 A A dB in Änderung worin A 1 die augenblickliche Amplitude 14 , A 2 die frühere (Referenzamplitude) und log den dekadischen Logarithmus bedeuten. Gleiche relative Änderungen ergeben die gleiche Änderung in dB, wie man leicht nachrechnen kann (Bild 3.21). Bild 3.21: Änderungen im Schwingungspegel an verschiedenen Messpunkten einer Maschine zufolge einer Zustandsverschlechterung. Ein Anwachsen der Kräfte um 20dB an der Quelle hat ein Anwachsen der zugeordneten Schwingungskomponenten ebenfalls um 20dB an allen Messpunkten zur Folge (lineares Übertragungsverhalten vorausgesetzt). 14 Die gleichen Relationen gelten natürlich auch für Effektivwerte. 63 <?page no="78"?> Um bei einer dB-Skalierung die Information über die absoluten Größen nicht zu verlieren, ist es zweckmäßig, die Amplituden skaliert in dB bezogen auf eine gemeinsame, feste Referenzgröße auszudrücken (es existieren ISO-Empfehlungen für solche Referenzgrößen). Die relativen Änderungen von Spektrum zu Spektrum erhält man jetzt durch einfache Subtraktion der in dB skalierten Amplituden (Pegel). Zusammenfassend ist zu sagen: Zum Zwecke der Maschinenüberwachung ist eine logarithmische Amplitudenskalierung in dB bezogen auf einen festen Referenzwert allen anderen Varianten vorzuziehen. 3.7.2 Frequenzskalierung - Spektrenvergleich und Diagnose Wie schon früher gezeigt, ergeben sich aus den beiden praktisch verwendeten Filtercharakteristiken mehr oder weniger intuitiv zwei Darstellungsformen, was die Skalierung der Frequenzachse betrifft: Lineare Skalierung bei Spektren konstanter Bandbreite und logarithmische Skalierung bei Spektren konstanter relativer Bandbreite. Dieser Abschnitt soll jetzt die jeweils typischen Applikationen zeigen. In Bild 3.22 sieht man als Beispiel zunächst die Spektren ein und desselben Signals, einmal mit konstanter Bandbreite, einmal mit konstanter relativer Bandbreite. Auf den ersten Blick stellt man fest: Das Aussehen beider Spektren ist völlig unterschiedlich, obwohl sie vom selben Zeitsignal abgeleitet sind. Konstante Bandbreite - linearer Frequenzmaßstab Bei dieser Form von Analyse und Darstellung erhält man eine gleichmäßige Auflösung über den gesamten Frequenzbereich. Familien von Harmonischen und Seitenbändern - häufig ein empfindlicher Fehlerindikator - treten als äquidistante Linienschar in Erscheinung und sind so leicht zu identifizieren. Auch im höheren Frequenzbereich erhält man, im Gegensatz zu Variante 2, noch eine gute Auflösung bezüglich der Frequenz. Nachteilig ist hier der geringe Frequenzbereich - typisch etwa 1½ Dekaden - der mit einem einzelnen Spektrum erfasst werden kann. Konstante relative Bandbreite - logarithmischer Frequenzmaßstab Mit dieser Variante kann in einem einzigen Spektrum ein sehr großer Frequenzbereich überdeckt werden - typisch sind 3 bis 4 Dekaden. Die Charakteristik entspricht der eines Schwingers mit konstanter Güte Q (bzw. konstantem Dämpfungsmaß D), was bei der Untersuchung von Strukturresonanzen durchaus von Vorteil sein kann. Hauptnachteile: Wegen der steigenden Bandbreite wird die Auflösung im Bereich hoher Frequenzen immer geringer, Familien von Harmonischen und Seitenbändern treten hier nicht mehr hervor. 64 <?page no="79"?> Bild 3.22: Spektrum mit konstanter Bandbreite und linearem Frequenzmaßstab (oberes Bild) und mit konstanter relativer Bandbreite und logarithmischem Frequenzmaßstab (unten) vom gleichen Zeitsignal 65 <?page no="80"?> Bei der Fehlerdiagnose aus dem Schwingungsbild führen sehr häufig Familien von Harmonischen oder Seitenbandstrukturen im Spektrum zu einer Fehleridentifikation (Bild 3.23). Da solche regelmäßigen Strukturen praktisch nur im linearen Frequenzmaßstab auffindbar sind, ist zur Fehlerdiagnose im Allgemeinen die Kombination konstante Bandbreite - linearer Frequenzmaßstab vorzuziehen. Die Amplituden sollten jedoch nach wie vor aus den früher erläuterten Gründen logarithmisch skaliert werden. Bei der reinen Fehlererkennung - gemeint ist hier lediglich die Tatsache des Auftretens, nicht aber die Diagnose - ist es vor allem wichtig, einen möglichst großen Frequenzbereich zu erfassen. Als Faustregel kann der Bereich von der Hälfte der niedrigsten Drehfrequenz bis mindestens zum Dreifachen der höchsten Zahneingriffs- oder Schaufelpassierfrequenz angenommen werden - ein Bereich, der in der Regel nur mit logarithmischem Frequenzmaßstab zu überdecken sein wird. Ein weiterer Pluspunkt im Hinblick auf die Überwachung ist die bessere Vergleichbarkeit dieses Spektrentyps, ist doch der Spektrenvergleich die Basis aller einschlägigen Überwachungsverfahren. Drehzahlschwankungen der Maschine von Messung zu Messung bewirken hier eine Verschiebung aller drehzahlabhängigen Komponenten im Spektrum um den gleichen Betrag in Abszissenrichtung, das Gesamtbild des Spektrums bleibt im Wesentlichen jedoch erhalten. Sowohl visuell wie auch rechnerisch ist ein solcher Effekt hier leicht zu kompensieren. Im Gegensatz dazu bewirken im Spektrum konstanter Bandbreite bereits geringfügige Drehzahlschwankungen eine Verzerrung des gesamten Bildes - der Vergleich wird erschwert, eine Kompensation ist nur mit größerem Aufwand möglich (Rechnereinsatz, Abschnitt 9.2 oder Ordnungsanalyse, Abschnitt 10.5 bzw. Abschnitt 10.7.2). Bild 3.23: Familien von Harmonischen und Seitenbandstrukturen im Spektrum bei linearem Frequenzmaßstab 66 <?page no="81"?> 3.8 Die Wahl der richtigen Bandbreite Diagnose Diagnose führt man in der Regel an einem Spektrum konstanter Bandbreite durch (Schmalbandspektrum, FFT). Für eine wirkungsvolle Diagnose ist es wesentlich, dass diejenigen Komponenten im Spektrum, die die entsprechende Information enthalten, durch die Analyse einwandfrei voneinander getrennt werden. Die Bandbreite sollte daher nicht größer gewählt werden als etwa 1/ 3 des geringsten zu erwartenden Frequenzabstandes (Bild 3.24a) Überwachung Zur Überwachung ist aus dem zuvor Gesagten ein Spektrum konstanter relativer Bandbreite in Verbindung mit logarithmischem Frequenzmaßstab optimal. Zur Fehlererkennung kann ein allgemeiner Anhaltspunkt für die Wahl der (relativen) Bandbreite nicht gegeben werden. Einerseits will man die Bandbreite möglichst groß halten, um die Überwachung zu vereinfachen, andererseits sinkt die Empfindlichkeit der Überwachung mit steigender Bandbreite. Je größer die Bandbreite, desto höher die Gefahr, dass zwei diskrete Komponenten innerhalb des Filter-Durchlassbereiches (der Frequenzauflösung) liegen; die kleinere von beiden wird dann durch die größere maskiert. Aus Erfahrung kann man eine Bandbreite von 4-6% empfehlen, zum Beispiel 1/ 12 Oktav-Bandbreite. Terzspektren sind wegen der guten Verfügbarkeit und der hohen Datenreduktion ein zweckmäßiges Werkzeug, die Bandbreite könnte jedoch zu grob sein. Zur Ergänzung: Zur Trennung modaler Komponenten wird ebenfalls ein Spektrum konstanter relativer Bandbreite zweckmäßig sein, da Strukturmoden tendenziell eine entsprechende spektrale Charakteristik aufweisen (Bild 3.24b). Die Fragen der Frequenzanalyse wurden in diesem Abschnitt zur besseren Vorstellung vorwiegend filterbezogen, also bezogen auf das Messgerät und weniger auf die eigentliche Aufgabe abgehandelt. Manche der aufgeworfenen Fragen werden noch in den späteren, anwendungsbezogenen Abschnitten aufgegriffen und weiter ausgeführt. Die Betrachtungen dieses Abschnitts wurden überdies weitgehend sehr pragmatisch ausgeführt. Für eine Vertiefung wird in Kapitel 15 eine tiefer gehende Einführung vorgestellt. Für den Einstieg bilden die Kenntnisse, die man aus diesem Abschnitt gewonnen hat, bereits eine gut fundierte Basis. 67 <?page no="82"?> Bild 3.24: Zur Wahl der optimalen Bandbreite 68 <?page no="83"?> 4 Schwingungsaufnehmer 4.1 Allgemeines Der Schwingungsaufnehmer wird zwangsläufig immer Bestandteil, Anfang einer Messkette zur Maschinenüberwachung sein. Seine Aufgabe ist es, die mechanische Bewegung am Messpunkt in ein zu ihr proportionales elektrisches Signal - das Messsignal - umzuwandeln. Da die Qualität der Messung ganz wesentlich von den Eigenschaften des Aufnehmers bestimmt wird - im rein elektronischen Verstärker- und Analysatorteil hat man mit weit weniger prinzipiellen Schranken zu kämpfen als hier - kommt der Wahl des passenden Aufnehmers entscheidende Bedeutung zu. Die Frage der unmittelbaren Anschlusselektronik ist danach für den Anwender unkritisch, hier erhält er vom Hersteller des Aufnehmers sicher die nötige Unterstützung. Die folgenden Betrachtungen sollen hier auf nur wenige Aufnehmertypen beschränkt bleiben, nämlich diejenigen, die heute im Maschinenbauwesen auf breiter Basis zur Anwendung kommen: Wirbelstromaufnehmer zur berührungslosen Wegmessung, elektrodynamische Schwinggeschwindigkeitsaufnehmer und piezoelektrische Beschleunigungsaufnehmer. Messgröße Bild 4.1: Schwingweg, Schwinggeschwindigkeits- und Schwingbeschleunigungsspektrum im Vergleich 69 <?page no="84"?> Schwingweg, Schwinggeschwindigkeit und Schwingbeschleunigung sind prinzipiell als Messgröße zur Überwachung und Diagnose gleich gut geeignet, sind sie doch voneinander abhängig und durch Integration bzw. Differentiation ineinander überführbar (Integration und Differentiation können auch elektronisch ausgeführt werden, moderne Vorverstärker sind vielfach entsprechend ausgerüstet). Welche der genannten Größen ist aber nun hier tatsächlich vorzuziehen? Wie schon im vorigen Kapitel angesprochen, kommt der Frage des Dynamikbereiches der Messkette bei der vorliegenden Aufgabenstellung großes Gewicht zu, da wegen der Modifikation des Spektrums am Übertragungsweg auch untergeordnete Komponenten im Spektrum durchaus Bedeutung haben können. Hat man nun tatsächlich von der Messausrüstung her freie Wahl unter zwei oder allen dreien der genannten Größen, sollte man diejenige vorziehen, deren Spektrum im gesamten Bereich den flachsten Verlauf zeigt, siehe Bild 4.1. Erfahrungsgemäß wird es wohl meist das Spektrum der Schwinggeschwindigkeit sein; ihm gegenüber ist das Schwingwegspektrum um - 6dB/ Oktave geneigt, das Beschleunigungsspektrum um +6dB/ Oktave. Hat man bei der Konzipierung die Chance zu einer Testanalyse als Entscheidungshilfe, sollte man diese unbedingt nützen. Weitere Gesichtspunkte: Die Wegmessung betont Komponenten niedriger, die Beschleunigungsmessung solche hoher Frequenzen Elektrische Integration ist unproblematisch, Differenziation im Allgemeinen schwierig 4.2 Wirbelstromaufnehmer Der Wirbelstromaufnehmer misst berührungslos die Distanz zwischen Aufnehmer- Stirnseite und einem metallischen Objekt. Dazu wird im Aufnehmer ein hochfrequentes elektromagnetisches Feld aufgebaut, das vom genannten Objekt und damit auch vom zu erfassenden Abstand beeinflusst wird. Wirbelstromaufnehmer werden sehr häufig - man kann schon sagen standardmäßig - zur Erfassung der Schwingbewegung rotierender Wellen vor allem in Turbomaschinen eingesetzt (Wellenschwingungsmessung). Messgröße Schwingweg Vorteile berührungslos keine bewegten Teile verschleißfrei für statische und dynamische Größen Nachteile empfindlich auf geometrische Imperfektionen der Welle empfindlich auf elektrische Imperfektionen der Welle empfindlich gegen Gefügeinhomogenität im Wellenmaterial schwer kalibrierbar geringer nutzbarer Dynamikbereich praktisch niedrige obere Grenzfrequenz 70 <?page no="85"?> Aufnehmer dieser Bauart lassen sich meist nur optimal einsetzen, wenn dies bei der Konstruktion der Maschine von Anfang an vorgesehen war. Die Tatsache, dass das Messobjekt (Welle) selbst praktisch zum Bestandteil des Aufnehmers wird, bringt eine Reihe von Nachteilen mit sich. So wird durch Unrundheit, Oberflächenrauhigkeit oder Exzentrizität ein Messsignal vorgetäuscht (mechanischer Run-Out), das den nutzbaren Dynamikbereich der eigentlichen Messung drastisch einschränkt. Ähnliche Effekte treten durch Werkstoffimperfektionen wie Gefügeinhomogenität oder Restmagnetismus auf (elektrischer Run-Out). Die obere Grenzfrequenz solcher Aufnehmer liegt zwar theoretisch recht hoch (typisch bis 10 kHz), der tatsächlich nutzbare Frequenzbereich wird jedoch durch den reduzierten Dynamikbereich indirekt stark eingeengt, da die Schwingwege bei hohen Frequenzen immer sehr klein sein werden; in der Praxis wird demnach ein Frequenzbereich der Größenordnung 0-200 Hz als realistisch anzusehen sein. Bild 4.2: Berührungsloser Wegaufnehmer nach dem Wirbelstromprinzip (Proximity Probe) als Wellenschwingungs-Aufnehmer 4.3 Elektrodynamische Geschwindigkeitsaufnehmer Innerhalb des Aufnehmergehäuses ist ein Permanentmagnet federnd gelagert (Bild 4.3). Bei Relativbewegung zwischen diesem Magneten und einer fest mit dem Gehäuse verbundenen Spule wird in letzterer eine elektrische Spannung - das Messsignal - induziert. Setzt man den Aufnehmer auf das Messobjekt, so wird für Schwingfrequenzen oberhalb der Eigenresonanz des Aufnehmers die seismische Masse (= Magnet) im Raum praktisch stillstehen, die Relativbewegung Magnet - 71 <?page no="86"?> Spule entspricht der Schwingbewegung, die induzierte Spannung ist proportional der Schwinggeschwindigkeit. Messgröße Schwinggeschwindigkeit Vorteile aktives Aufnehmerprinzip niederohmiger Ausgang Nachteile bewegte Teile relativ groß und schwer vielfach empfindlich gegen Querbewegungen empfindlich gegen Magnetfelder kleiner Frequenzbereich (typisch10Hz - 1kHz) Bild 4.3: Elektrodynamischer Schwinggeschwindigkeitsaufnehmer Aufnehmer dieses Typs waren die ersten Schwingungsaufnehmer, die im Maschinenbauwesen überhaupt eingesetzt wurden. Sie werden heute noch vielfach in der Auswuchttechnik und zur Messung breitbandiger Lagerschwingungen verwendet, da dort die Schwinggeschwindigkeit bevorzugte Beurteilungsgröße ist. Der Frequenzbereich solcher Aufnehmer ist für solche Anwendungen ausreichend, da hier stets die Drehfrequenzen, eventuell noch ihre niedrigen Harmonischen relevant sind. Als Aufnehmer für Überwachungssysteme sind sie vor allem wegen ihres engen Frequenzbereiches nur bedingt zu empfehlen. Man muss sich dazu sicher sein, dass alle in Frage kommenden Fehler in diesem Frequenzbereich auch messbar sind (z. B. Unwuchtschwingungen durch Verschmutzung bei Lüftern oder zufolge Verschleißes bei Schleifspindeln). 72 <?page no="87"?> 4.4 Piezoelektrische Beschleunigungsaufnehmer 4.4.1 Eigenschaften Piezoelektrische Beschleunigungsaufnehmer werden den speziellen Anforderungen zur Maschinenüberwachung und Diagnose weitaus am besten gerecht. Ihnen soll daher in diesem Abschnitt ein etwas weiterer Raum gewidmet werden. Messgröße Schwingbeschleunigung Vorteile aktives Aufnehmerprinzip keine bewegten Teile - verschleißfrei klein und robust leicht montierbar sehr großer Dynamikbereich (typisch 30x10 6 : 1) großer Frequenzbereich hervorragende Langzeitstabilität Nachteile hochohmiger Ausgang nur für dynamische Größen Vorweg zu den Nachteilen: Der hochohmige Ausgang - Ausgangsgröße ist eine elektrische Ladung - stellte lange Zeit ein echtes Problem für die Anwendung dieses Aufnehmertyps dar. Mit der modernen Halbleitertechnologie können heute jedoch spezielle Vorverstärker (Ladungsverstärker) angeboten werden, die dieses Problem ein für allemal beseitigen. Der Nachteil, an einen speziellen Vorverstärker gebunden zu sein, fällt hier gegenüber den sonstigen Vorteilen kaum ins Gewicht. Die Beschränkung auf dynamische Größen ist für die vorliegende Aufgabenstellung ohne Bedeutung, zieht man den gesamten Informationsfluss innere Kraft - Übertragungsweg - Messpunkt kritisch in Betracht. Bei Aufnehmern mit eingebautem Vorverstärker, heute in der Industrie überwiegend anzutreffen, sind diese Nachteile wirksam vermieden (Abschnitt 4.4.9). 4.4.2 Der piezoelektrische Effekt Verschiedene Materialien - piezoelektrisch aktiv genannt - zeigen den Effekt, unter Einfluss mechanischer Belastung in bestimmter Richtung (in Polarisationsrichtung) elektrische Oberflächenladungen auszubilden, die der Kraft streng proportional sind. Greift man diese Ladung über Elektroden ab, erhält man am Ausgang eine elektrische Spannung, welche ebenfalls der Kraft proportional ist. Der Effekt tritt auf sowohl bei Druckbelastung (longitudinaler piezoelektrischer Effekt) wie auch bei Schubbelastung (transversaler piezoelektrischer Effekt). Beide Varianten werden in der Messtechnik angewandt. 73 <?page no="88"?> Bild 4.4: Longitudinaler und transversaler piezoelektrischer Effekt 4.4.3 Konstruktionsprinzipien Kompressionstyp Bild 4.5: Beschleunigungsaufnehmer vom Kompressionstyp B = Basis, P = piezoelektrisches Element, M = seismische Masse, S = Spannelement Aufnehmer vom Kompressionstyp (Bild 4.5) - die ursprünglich einzige Bauform - arbeiten nach dem longitudinalen Effekt. Über das piezoelektrische Element P wird eine kleine seismische Masse M beschleunigt, die Kraft auf die Scheibe und somit 74 <?page no="89"?> das Ausgangssignal ist der Beschleunigung proportional, solange die Frequenz genügend weit unterhalb der Aufnehmer-Resonanzfrequenz liegt (Das piezoelektrische Element wirkt hier als harte Feder). Aufnehmer dieses Typs werden heute noch eingesetzt, besonders für Spezialanwendungen wie extrem hohe Schockbelastung. Scherungsaufnehmer Aufnehmer vom Scherungstyp (Bild 4.6) können in sehr kleiner Baugröße hergestellt werden. Hauptanwendungen sind daher Messungen an leichten Strukturen oder unter beengten Platzverhältnissen, z.B. auf Leiterplatinen. Bild 4.6: Beschleunigungsaufnehmer vom Scherungstyp B = Basis, P = piezoelektrisches Element, M = seismische Masse, S = Spannelement Scherungsaufnehmer gibt es in unterschiedlichen Bauformen. Sie haben zahlreiche Vorzüge, insbesondere eine geringe Empfindlichkeit gegen Störgrößen aus der Umgebung. So war besonders die so genannte Temperatursprungempfindlichkeit - eine Empfindlichkeit gegenüber starken Temperaturfluktuationen - bei Kompressionsaufnehmer ein Problem. Bei den Scherungsaufnehmern konnte dieser Störeinfluss praktisch eliminiert werden. Ein Standardtyp ist der in Bild 4.7 gezeigte Delta Shear ® Aufnehmer. 75 <?page no="90"?> Bild 4.7: Delta Shear® Beschleunigungsaufnehmer B = Basis, P = piezoelektrisches Element, M = seismische Masse, S = Spannelement 4.4.4 Messbereiche Empfindlichkeit und Frequenzbereich Setzt man einen Beschleunigungsaufnehmer einer sinusförmigen Beschleunigung konstanter Amplitude bei variabler Frequenz aus, erhält man über einen weiten Frequenzbereich auch einen konstanten Signalpegel am Ausgang, bis zu Frequenzen nahe der Aufnehmer-Resonanzfrequenz (Bild 4.8). Der nutzbare Frequenzbereich eines Beschleunigungsaufnehmers erstreckt sich von sehr niedrigen Frequenzen (abhängig vom Vorverstärker) bis in die Gegend der Aufnehmer-Resonanzfrequenz; der Resonanzbereich selbst muss bei Standardmessungen ausgeklammert werden, da sonst die Gefahr eines Messfehlers groß ist. Als Faustregel kann man für die obere Grenzfrequenz der Messung etwa der Aufnehmer-Resonanzfrequenz ansetzen; dabei wird der maximale Fehler zufolge Resonanzüberhöhung im Aufnehmer bei 12% liegen. Es ist ratsam, im Vorverstärker Tiefpassfilter einzuschalten, welche Komponenten oberhalb dieser Grenze hinreichend dämpfen. 76 <?page no="91"?> Bild 4.8: Übertragungscharakteristik verschiedener Beschleunigungsaufnehmer Bild 4.9: Nutzbarer Frequenzbereich eines Beschleunigungsaufnehmers 77 <?page no="92"?> Empfindlichkeit und Frequenzbereich eines piezoelektrischen Aufnehmers sind voneinander nicht unabhängig. Im Allgemeinen kann man sagen: Je größer der Aufnehmer, desto höher wird seine Empfindlichkeit sein, desto kleiner allerdings auch sein Frequenzbereich. Bild 4.10: Dynamikbereich eines Beschleunigungsaufnehmers Nun zum Dynamikbereich 15 . Ein piezoelektrischer Beschleunigungsaufnehmer liefert über weite Bereiche ein der Beschleunigung streng proportionales Ausgangssignal, siehe Bild 4.10. Die Begrenzung nach unten ist durch Rauschen in Anschlusskabel und Vorverstärker gegeben, nach oben durch die mechanische Festigkeit 16 . Der verfügbare Dynamikbereich ist außerordentlich groß, bis in die Größenordnung 1: 10 8 . Um dem Leser ein Gefühl für die Absolutwerte zu geben, sind in Bild 4.11 die von Standard-Beschleunigungsaufnehmern typischerweise überdeckten Bereiche angegeben, in Bild 4.12 die für Miniatur-Beschleunigungsaufnehmer. Bezüglich der Daten von Spezialaufnehmern sei hier auf Herstellerinformationen verwiesen (Bild 4.13). 15 Als Dynamikbereich bezeichnet man die Spanne zwischen kleinstem und größtem messbaren Signalpegel 16 Die Festigkeit betrifft insbesondere auch den Anschlussstecker - der Grund für die filigranen Steckerkonstruktionen sind vorwiegend geringe Masse und damit hohe Beschleunigungsfestigkeit. 78 <?page no="93"?> Bild 4.11: Typisches Arbeitsgebiet von Standard-Beschleunigungsaufnehmern Bild 4.12: Typisches Arbeitsgebiet von Miniatur-Beschleunigungsaufnehmern 79 <?page no="94"?> Bild 4.13: Verschiedene Spezialaufnehmer: Kalibriernormal (links oben), Triaxialaufnehmer (daneben), Industrieaufnehmer (links unten) Hochbeschleunigungsaufnehmer (daneben) und Hochempfindlichkeitsaufnehmer (rechts) Querempfindlichkeit Auf den Begriff der Querempfindlichkeit, der in Zusammenhang mit der Empfindlichkeit auftaucht, sei hier kurz eingegangen. Im Idealfall sollte der Aufnehmer nur gegenüber Beschleunigungskomponenten in seiner Hauptachsenrichtung (Messrichtung) empfindlich sein. Durch unvermeidliche Imperfektionen sind reale Aufnehmer es jedoch auch gegen Querkomponenten, d.h. gegen Beschleunigungen in Richtung normal zur Aufnehmerachse. Diese Querempfindlichkeit liegt im ungünstigsten Fall bei 3-4% der Hauptempfindlichkeit, sie ist richtungsabhängig. Für Anwendungen, bei denen mit einer starken Querbeschleunigung bekannter Richtung zu rechnen ist, wird die Richtung minimaler Querempfindlichkeit vom Hersteller am Aufnehmer meist markiert, z. B. durch einen Farbpunkt (Bild 4.14). 4.4.5 Industrieaufnehmer So genannte Industrieaufnehmer sind für unbeaufsichtigten Betrieb konstruiert, also nach dem Prinzip höchster Zuverlässigkeit. Das bezieht sich vor allem auf Gehäuse, Montagepunkte, Kabel und Steckverbindungen. Auch zum Einsatz unter extremen Umweltbelastungen werden solche Aufnehmer angeboten, z.B. als Hochtemperaturausführung (bis 400°C) oder zum Betrieb in explosiver Umgebung. Im Gegensatz zum Standardaufnehmer ist das Messelement vom Gehäuse elektrisch isoliert, der elektrische Ausgang ist symmetrisch. Damit wird eine maximale Sicherheit gegen Erdschleifen und gegen elektromagnetische Einstreuungen erzielt. 80 <?page no="95"?> Bild 4.14: Zur Querempfindlichkeit eines Beschleunigungsaufnehmers Bild 4.15: Spezialkabel für Industrieaufnehmer 81 <?page no="96"?> Besondere Anforderungen sind an die Anschlusskabel für Industrieaufnehmer zu stellen, ein oft wenig beachteter Punkt. Symmetrische Ausführung, hohe mechanische und chemische Widerstandsfähigkeit, ausreichende elektrische Abschirmung, hochwertige Isolation, Temperaturfestigkeit seien hier nur als Stichworte genannt. Es ist zu empfehlen, Aufnehmer und Kabel nicht über Stecker 17 sondern über Hochdruck-Presssitze zu verbinden (Crimpen), da die Zuverlässigkeit, vor allem unter Einwirkung von mechanischen Schwingungen, deutlich höher liegt. Bild 4.15 zeigt Ausführungsbeispiele für solche Spezialkabel. 4.4.6 Die Montage des Aufnehmers 4.4.6.1 Allgemeines Auswahl des Messpunktes In vielen Fällen wird die Vorzugsrichtung der Beschleunigungskomponente von Interesse bekannt sein (z.B. bei Unwucht); dann sollte der Aufnehmer möglichst mit seiner Achse in dieser Richtung montiert werden. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Steifigkeit des Übertragungsweges vom Quellpunkt (Lager) zum Messpunkt möglichst groß ist. Bild 4.16 zeigt für einen häufigen Anwendungsfall zwei gute (A, C) und zwei ungünstige (B, D) Montagepositionen. Weitere Hinweise dazu findet man z. B. in [9]. Bild 4.16: Zur Auswahl der Messpunkte. Die Punkte A und C sind günstig, B und D hingegen ungünstig gewählt. 17 Schwächster Punkt einer Messkette im harten Dauerbetrieb ist meist der Steckeranschluss des Aufnehmers 82 <?page no="97"?> Belastung des Messobjektes Durch den Schwingungsaufnehmer wird das Messobjekt belastet, d.h. die schwingende Masse wird vergrößert, das Schwingungsverhalten verändert. Nach einer Faustregel kann man sagen, dieser Einfluss ist vernachlässigbar, wenn die Aufnehmermasse kleiner ist als 1/ 10 der anteilig schwingenden Strukturmasse. Bild 4.17: Belastung des Messobjekts durch den Aufnehmer. Der prinzipielle Zusammenhang zwischen Aufnehmermasse und Empfindlichkeit wird aus dem Konstruktionsprinzip klar (Bild 4.5 oder Bild 4.7). Einfluss der Montage Wie schon früher ausgeführt, reicht der für die Messung nutzbare Frequenzbereich von sehr tiefen Frequenzen bis zu etwa 30% der Aufnehmer-Resonanzfrequenz. Als Resonanzfrequenz ist hier die Eigenfrequenz des Aufnehmers in montiertem Zustand anzusehen, die ganz wesentlich von der Steifigkeit des Kontaktes zwischen Aufnehmer und Messobjekt abhängt 18 ; eine weiche Kontaktschicht bewirkt eine niedrige Resonanzfrequenz und hat damit einen geringeren Frequenzbereich zur Folge. Messungen im und über den Resonanzbereich hinaus bergen immer die Gefahr eines Messfehlers in sich, da man - vor allem bei Beschleunigungsmessungen 19 - nie si- 18 Etwas präziser ausgedrückt: die tiefste Resonanzfrequenz der Kombination Aufnehmer (als Feder-Masse System) und Kontaktschicht (als Feder) 19 Dazu betrachte man Bild 4.1 83 <?page no="98"?> cher sein kann, dass die Schwingung keine Anteile in diesem Bereich aufweist. Ist man sich nach den folgenden Ausführungen über die Resonanzfrequenz im Klaren, sollte aus diesem Grund der Frequenzbereich im anschließenden Vorverstärker durch ein Tiefpassfilter entsprechend reduziert werden. Die im Aufnehmer-Datenblatt angegebene Resonanzfrequenz bezieht sich auf ideale Montagebedingungen, also auf eine möglichst steife Zwischenschicht und ein Messobjekt mit einer gegenüber dem Aufnehmer großen Masse (Die entsprechenden standardisierten Messbedingungen findet man z. B. in [9]). Zunächst kann sofort gefolgert werden, dass eine möglichst ebene Kontaktfläche für die Aufnehmermontage vorbereitet werden sollte. Unebenheiten und große Oberflächenrauhigkeit führen aus leicht einsehbaren Gründen zu einer erheblichen Reduktion der Kontaktresonanz, von der Gefahr eventueller Nichtlinearität der Übertragungscharakteristik im Extremfall abgesehen. Bild 4.18: Montage des Beschleunigungsaufnehmers auf einer ebenen Fläche 4.4.6.2 Montagemethoden In den Abbildungen Bild 4.19 bis Bild 4.26 sind die gängigsten Methoden zur Montage von Beschleunigungsaufnehmern dargestellt, für einen typischen Standard- Aufnehmer sind daneben Übertragungsfaktor (oben) und Modifikation eines Beschleunigungsspektrums durch die Aufnehmerresonanz (unten) zu sehen. Die zugehörigen Erläuterungen sind in die Bildunterschriften eingearbeitet, nähere Hinweise findet man in der begleitenden Literatur [9]. 84 <?page no="99"?> Alle diese Überlegungen hinsichtlich Montage und Frequenzbereich könnten zu dem voreiligen Schluss führen, man habe es hier mit einem deutlichen Nachteil des piezoelektrischen Beschleunigungsaufnehmers zu tun, kennt man doch ähnliche Einschränkungen bei anderen Aufnehmertypen nicht. Ein Trugschluss, wie man leicht einsieht. Natürlich ist jeder Schwingungsaufnehmer ein schwingungsfähiges System mit Resonanzeigenschaften, natürlich gelten überall die gleichen Einschränkungen hinsichtlich des Frequenzbereiches, die Einflüsse der Kontaktschicht sind immer vorhanden. Nur: Lediglich dieser Aufnehmertyp offeriert vom Messprinzip her einen Frequenzbereich, der sich bis in diese Größenordnung erstreckt. Das Fehlen dieser Überlegungen bei anderen Systemen ist in Wirklichkeit kein Vorteil sondern eine logische Konsequenz ihres geringeren Frequenzbereiches. Die exakte Kenntnis der Resonanzfrequenz des montierten Aufnehmers kann bei Messungen bis in höhere Frequenzbereich problematisch werden, die oben angegebenen Werte sind lediglich Richtwerte und gelten auch nur bei sehr sorgfältiger Montage. Diese ist in der Praxis oft problematisch, da sie auch bestimmte Anforderungen an die Oberflächenqualität des Messobjektes stellt (siehe Bild 4.18). Hinweise findet man in den zugehörigen Handbüchern. Für Aufnehmer ohne eingebauten Vorverstärker wird eine Methode zur direkten Messung dieser Resonanzfrequenz angegeben [64]. Als Prototyp für den Vergleich der Montagemöglichkeiten in den Bildern wurde ein einheitlicher Aufnehmer mit einer Resonanzfrequenz f res = 31kHz zugrunde gelegt. Bild 4.19: Stahl-Madenschraube. Die ideale Montageart, jedoch oft schwer durchführbar. Die Resonanzfrequenz ist gleich der Nennfrequenz. 85 <?page no="100"?> Bild 4.20: Klebeverbindung. Bei in dünner Schicht gut aushärtenden Klebern (Epoxid- oder Cyanoacrylat-Basis) nahezu gleichwertig der Schraubverbindung. Weiche Kleber sind ungeeignet. Bild 4.21: Montage mit Klebewachs. Hochwertig und einfach in der Anwendung, jedoch beschränkt auf Temperaturen bis maximal 40°C 86 <?page no="101"?> Bild 4.22: Isolierte Montage. Die Madenschraube ist aus elektrisch isolierendem Material, ein Glimmerplättchen sorgt für Isolation zwischen Aufnehmer und Objekt. Hochwertige Montage, durch die Erdschleifen bei geerdeten metallischen Objekten vermieden werden. Bild 4.23: Permanentmagnet. Einfache und schnelle Montage, der Messpunkt kann leicht versetzt werden. Der Frequenzbereich wird stark reduziert (typisch ca. 2 kHz), die Methode ist auf ferromagnetische Objekte beschränkt. 87 <?page no="102"?> Bild 4.24: Taststift. Bestechend einfach, jedoch gefährlich. Der Frequenzbereich wird sehr stark reduziert, die Reproduzierbarkeit ist fraglich (Richtungsabweichungen). Diese Methode sollte auf Überblicksmessungen beschränkt bleiben. Bild 4.25: „Umgekehrter Taststift". Denkt man sich den Taststift aus Bild 4.24 durch ein Rohr ersetzt (A) und den Aufnehmer mit einem Gummiring o. Ä. objektseitig in das Rohr weich eingebettet, erhält man eine Art Taststift bei nur geringer Reduktion des Frequenzbereiches (B). 88 <?page no="103"?> Bild 4.26: Mechanisches Filter. Durch ein elastisches Zwischenstück mit hoher Dämpfung wird bei diesem Montagehilfsmittel die Resonanzüberhöhung des Aufnehmers gewollt unterdrückt. Weitere Vorteile sind die elektrische Isolation und der Schutz des Aufnehmers bei Schockbelastung. 4.4.7 Störgrößen Gerade bei Messungen an Maschinen ist wegen der zu erwartenden rauen Betriebs und Umgebungsbedingungen mit vielen Störgrößeneinflüssen zu rechnen, Einflüsse, die das Messresultat verfälschen, die nicht vorhandene Schwingungskomponenten vortäuschen können. Speziell bei der Maschinenüberwachung, wo es auf höchste Reproduzierbarkeit und auf stabiles Langzeitverhalten besonders ankommt, könnten hohe Störgrößeneinflüsse das gesamte Verfahren in Frage stellen. Piezoelektrische Beschleunigungsaufnehmer zeichnen sich ganz besonders durch geringe Störgrößenempfindlichkeit aus, wenn man einige Hinweise bei Montage und Anwendung beachtet. Hier einige Bemerkungen zu den Störgrößen selbst: Basisdehnung Dehnungen an der Aufnehmerbasis, also der Montagefläche, zufolge von Oberflächendehnungen am Objekt können zu Verformungen innerhalb des Aufnehmers und demzufolge zu einem Störsignal am Ausgang führen. Konstruktiv kann das Problem durch eine entsprechend dicke Aufnehmerbasis beseitigt werden. Scherungsaufnehmer zeigen diesen Effekt kaum. Feuchtigkeit Der Aufnehmer selbst ist hermetisch dicht, gefährdet ist lediglich die Steckverbindung. Bei Feuchtigkeitseinfluss sollte der Stecker mit einer Dichtmasse auf Silikonbasis versiegelt werden. Für permanente Messstellen und extreme Bedingungen 89 <?page no="104"?> werden Industrieaufnehmer mit fest angeschlossenem, wasserdichtem Kabel angeboten. Die Längswasserfestigkeit in Kabel und Stecker bei Unterwasseraufnehmern ist ein technologisch äußerst schwieriges Problem. Bild 4.27: Verschiedene Störgrößeneinflüsse aus der Umgebung Luftschall Der Einfluss von Luftschall ist nur bei hochempfindlichen Schwingungsmessungen von Bedeutung, z. B. an Transmissionsmikroskopen, schwingungsarmen Plattformen etc. Korrosion Durch Verwendung hoch korrosionsfester Materialien für das Aufnehmergehäuse treten hier kaum Probleme auf. Magnetfelder Die Empfindlichkeit eines piezoelektrischen Aufnehmers gegenüber externen Magnetfeldern liegt typisch bei 0,1 -2,5 ms 2 / T. Radioaktive Strahlung Die meisten piezoelektrischen Beschleunigungsaufnehmer können unter Gammabestrahlung von 10 kRad/ h bis zu einer Dosis von 2 Mrad ohne signifikanten Einfluss auf die Aufnehmercharakteristik eingesetzt werden. 90 <?page no="105"?> Temperatursprungempfindlichkeit Zufolge des pyroelektrischen Effekts , der mit dem piezoelektrischen Effekt Hand in Hand geht, treten elektrische Oberflächenladungen auch bei schnellen Temperaturänderungen auf. Da die Orientierung beider Effekte immer gleich (in Polarisationsrichtung) ist, tritt eine solche Temperaturempfindlichkeit bei Scherungsaufnehmern nur sehr gering in Erscheinung (1/ 50-1/ 100 gegenüber Kompressionstypen). Dieser Aufnehmertyp sollte daher bevorzugt eingesetzt werden. Empfindlichkeitsänderung zufolge Temperatur Starke Temperaturänderungen haben eine reversible, geringfügige Änderung der Aufnehmerempfindlichkeit zur Folge. Standardaufnehmer können bei Temperaturen bis etwa 200°C eingesetzt werden, für Hochtemperaturanwendungen werden Spezialaufnehmer angeboten. Darüber hinaus kann bei hoher Objekttemperatur die Aufnehmerbasis durch ein Kühlblech und Zwischenlegen einer Glimmerscheibe hinreichend kühl gehalten werden. Bei Gebläsekühlung achte man darauf, dass durch das Gebläse keine Schwingungen angeregt werden. Bild 4.28: Empfindlichkeitsänderung als Funktion der Temperatur, Montagehilfen für Hochtemperaturanwendungen Triboelektrische Effekte Kommt das Aufnehmerkabel in starke Bewegung oder wird es mechanisch belastet, kann es durch Reibungselektrizität in der Kabelisolation zu elektrischen Ladungen kommen, die sich dem Schwingungssignal als Störung überlagern, Bild 4.29. Aus diesem Grund sollte nur ein spezielles Anschlusskabel verwendet werden, es sollte überdies soweit wie möglich fixiert werden, z. B. durch Klebeband. Vermieden wird dieses Problem auch durch Aufnehmer mit eingebautem Vorverstärker (Abschnitt 4.4.9). 91 <?page no="106"?> Bild 4.29: Zum triboelektrischen Effekt: Er entsteht durch eine Relativbewegung oder gar Trennung von Schirm und innerer Isolation bei stark bewegtem oder mechanisch beanspruchtem Kabel. Das Aufnehmerkabel sollte daher möglichst fixiert werden. Bild 4.30: Vermeidung von Erdschleifen im Messsystem 92 <?page no="107"?> Erdschleifen Wird der Beschleunigungsaufnehmer ohne weitere Maßnahmen auf einem elektrisch leitenden und geerdeten Objekt befestigt, entsteht eine so genannte Erdschleife, d.h. das System ist an zwei Punkten mit möglicherweise unterschiedlichem elektrischen Potential geerdet (Bild 4.30). In einer solchen Schleife können starke Störsignale auftreten, die sich dem Messsignal überlagern. Vermieden wird dieser Effekt durch eine elektrisch isolierte Montage des Aufnehmers, wie schon früher erwähnt. Ein anderer Weg ist der Einsatz eines Aufnehmers mit elektrisch vom Gehäuse isoliertem Messsystem und symmetrischem Ausgang. Ein solcher Aufnehmer zeichnet sich durch besonders hohe Störsicherheit gegenüber elektromagnetischen Feldern aus. Industrieaufnehmer werden vorwiegend in dieser Ausführung angeboten. 4.4.8 Kalibrierung Jeder Beschleunigungsaufnehmer wird bei der Fertigung individuell kalibriert, ein Kalibrierzeugnis wird mitgeliefert (Bild 4.31). Ein Nachkalibrieren des Aufnehmers sollte bei entsprechend sorgfältiger Behandlung nicht erforderlich sein 20 . Will man sich jedoch der einwandfreien Funktion versichern oder will man einfach Funktion und Kalibrierung seiner gesamten Messkette überprüfen, stehen einfache tragbare Aufnehmerkalibratoren zur Verfügung, die ein sinusförmiges Beschleunigungssignal konstanter Frequenz und Amplitude liefern. Einen vollen Funktionstest kann man über einen aus einem Schwingungsgenerator variabler Frequenz gespeisten Schwingtisch ausführen, womit Übertragungsfaktor und Resonanzfrequenz des Aufnehmers kontrolliert werden können. 4.4.9 Beschleunigungsaufnehmer mit eingebautem Vorverstärker Unter Markenbezeichnungen wie ICP ® DELTATRON ® , oder ISOTRON ® werden Beschleunigungsaufnehmer mit eingebautem Vorverstärker angeboten. Die Aufnehmer benötigen eine externe Hilfsenergie, z. B. Konstantstromspeisung, die üblicherweise vom Vorverstärker oder Analysator zur Verfügung gestellt wird. Am Aufnehmerausgang erhält man mit dieser Methode ein Spannungssignal, Störeinflüsse im Anschlusskabel, speziell der triboelektrische Effekt (Abschnitt 4.4.7) werden vermieden. Für Standardanwendungen werden vorzugsweise solche Aufnehmer eingesetzt. 4.4.10 TEDS (Transducer Electronic Data Sheet) Ein TEDS enthält alle für die korrekte Konvertierung des Aufnehmersignals erforderlichen Daten wie z. B den Übertragungsfaktor. Es kann entweder in einem Datenfile abgelegt werden, welches vom Messsystem zugreifbar ist, oder im Aufnehmer selbst in einem EPROM abgelegt werden, welches bei jeder Kalibrierung aktualisiert wird. TEDS ist in IEEE 1451.2 und IEEE 1451.4 definiert. 20 Eine rein technische Aussage. Im Zuge der Qualitätssicherung sind regelmäßige Kalibrierungen vorgesehen. 93 <?page no="108"?> Bild 4.31: Kalibrierzeugnis eines Beschleunigungsaufnehmers 94 <?page no="109"?> 5 Frequenzanalyse - Verfahren und Geräte 5.1 Frequenzanalysatoren Frequenzanalysatoren bilden das Rückgrat von Messsystemen zur Analyse und Beurteilung von Schwingungen. Die typischen Baubzw. Ausführungsformen wurden schon in Kapitel 2 vorgestellt und besprochen. Bei modernen Geräten liegt der Schwerpunkt auf rechnerbasierten Systemen (siehe Abschnitt 2.6), wo die Analyse mittels Rechenalgorithmen und entsprechender Frontend-Hardware - Einschubkarten oder externe Signalanpassungseinheiten - ausgeführt wird. In Kapitel 3, insbesondere in Abschnitt 3.7.2, wurde auf die Vorteile einer linearen Frequenzskalierung für diagnoseorientierte Frequenzanalyse hingewiesen. Das Standardgerät für eine Frequenzanalyse konstanter Bandbreite ist demnach der FFT-Analysator, auf den sich das Thema dieses Abschnitts weitgehend konzentrieren wird. Weit stärker noch als beim Kompaktgerät mit vordefinierter Standardausstattung ist beim rechnerbasierten Analysator die Verantwortung für eine problemangepasste Konfiguration und Parameterwahl auf den Anwender verlagert. Zur Nutzung der Leistungsfähigkeit sind hier gute Grundlagenkenntnisse für ein erfolgreiches Arbeiten notwendig. Dieser Abschnitt ist daher praktisch ausschließlich diesem Thema gewidmet. Analysatoren konstanter relativer Bandbreite, wie zum Beispiel Terz/ Oktav- Analysatoren, wie sie für eine Überwachung von Vorteil sein können (siehe ebenfalls Abschnitt 3.7.2), sind in dieser Hinsicht weit weniger kritisch und werden demnach hier nicht weiter behandelt. Ihre Handhabung ist mit den hier vermittelten Kenntnissen in jedem Fall unproblematisch. Dieses Kapitel konzentriert sich im Wesentlichen auf die praktische Handhabung und wird somit bereits eine gute Basis für erfolgreiches Arbeiten bilden. Ein tieferer Einstieg in die Thematik wird in Kapitel 15 gegeben. Zusätzlich werden in Kapitel 10 noch spezielle Verfahren vorgestellt, die im Wesentlichen auf der FFT aufbauen. 5.2 Parameter der Frequenzanalyse Bandbreite und Blocklänge Im FFT-Analysator wird eine blockweise Signalverarbeitung durchgeführt, d. h. es wird jeweils ein Zeitsignalblock der Länge T in ein Spektrum der Bandbreite f transformiert. Die FFT 21 ist ein durch Ausnützung von Symmetrieeigenschaften be- 21 Fast Fourier Transform 95 <?page no="110"?> sonders schneller Algorithmus, sie ist allerdings standardmäßig auf Blocklängen von 2 n Abtastwerten beschränkt 22 . Das Zeitsignal wird zunächst diskretisiert, d. h. mit einer Abtastfrequenz 23 f s bzw. in regelmäßigen Zeitschritten t abgetastet. Die Transformation von N Abtastwerten ergibt zunächst N spektrale Werte (Frequenzstützstellen), von denen wegen der Symmetrie nur die Hälfte relevant ist. Eine weitere Einschränkung der gültigen Frequenzstützstellen ergibt sich aus der Flankensteilheit des vor der Digitalisierung notwendigen Antialiasingfilters (wird später behandelt, s. Bild 5.3), sodass sich folgende typische Konfigurationen 24 ergeben: Blockgröße N Frequenzstützstellen (Linien) 1024 400 2048 800 4096 1600 8192 3200 Nähere Ausführungen findet man in Kapitel 15 sowie in der Fachliteratur. Zwischen Blocklänge T und Bandbreite (Frequenzauflösung oder Linienabstand) f besteht auf Grund des Algorithmus ein fester Zusammenhang T f 1 Daraus sieht man sofort, dass für ein (ungemitteltes) FFT-Spektrum die Minimalbedingung der Unschärferelation exakt erfüllt ist (siehe Abschnitt 3.4.2) 25 1 f B Aus den weiteren Zusammenhängen kann man alle anderen Parameter berechnen: t f t N T s 1 22 In diversen Softwarebibliotheken werden mittlerweile spezielle FFT-Algorithmen für nahezu beliebige Blocklängen angeboten. 23 Abtasten, engl. sampling, daher der Index s 24 Historisch bedingt sind die meisten Ausführungen dieses Kapitels auf 400 Linien bezogen. 25 Man sieht, die Unschärferelation ist keineswegs an das Filter als System gebunden sondern ein übergeordnetes physikalisches Prinzip. Verfahren, die die Unschärferelation überwinden, sind stets mit sehr kritischen Augen zu betrachten! In Kapitel 15 findet man dazu einen sehr interessanten Denkanstoß. 96 <?page no="111"?> Echtzeitanalyse Von Echtzeitanalyse spricht man, wenn Berechnung der Transformation synchron mit dem Zeitsignal verläuft und dabei die Zeitsignalblöcke den Zeitbereich lückenlos überdecken. Dazu ist es notwendig, dass die Berechnung der Fouriertransformation innerhalb der nächsten Aufnahmedauer T durchgeführt werden muss, was entsprechende Anforderungen an die Prozessorleistung stellt. Mittelung Zur Erhöhung der statistischen Sicherheit bzw. zur Glättung von stochastischen Hintergrundsignalen wird im Allgemeinen eine Mittelung durchzuführen sein wie schon in Abschnitt 3.5 erläutert. Dazu werden die in Folge gemessenen Spektren auf energetischer Basis gemittelt. Die Mittelung wird quantitativ noch im Zuge dieses Kapitels behandelt. Die Zeitbereichsmittelung bleibt in diesem Zusammenhang außer Betracht (Abschnitt 3.6). Überlappung (Overlap) Bei nahtlos aufeinander folgenden Zeitblöcken wird zufolge der Blocklänge T das Spektrum nur in Zeitintervallen T aufgefrischt, was oft eine unangenehm diskontinuierliche Anzeige am Bildschirm ergibt. Zur Vermeidung kann die Messung mit Mittelung über überlappende Zeitsignalblöcke erfolgen, was eine wesentlich ergonomischere, kontinuierliche Anzeige ergibt 26 . 5.3 Funktionsgruppen des FFT Analysators Bild 5.1 zeigt im Schema die wichtigsten Funktionsgruppen eines FFT-Analysators, die im Weiteren in diesem Kapitel zur Sprache kommen. Durch die Signalverarbeitung - Abtastung, Diskretisierung und blockweise Fouriertransformation - treten im Ergebnis Nebeneffekte auf, deren genaue Kenntnis für den Anwender von großer Wichtigkeit ist. Diesen Effekten ist im Wesentlichen das gesamte Kapitel gewidmet. 5.3.1 Signalabtastung und Fouriertransformation Die FFT ist ein spezieller Algorithmus zur rechnerischen Durchführung einer diskreten Fouriertransformation (DFT), also einer rechnerischen Näherung für das Fourierintegral an einem in diskreten Zeitabschnitten abgetasteten Ausschnitts des Zeitsignals. Im Vergleich zum kontinuierlichen Fourierintegral über theoretisch unendlich lange Zeit ergeben sich durch die Limitierungen verschiedene Nebeneffekte, die die Messergebnisse beeinträchtigen und unter Umständen zu Fehlern führen können, die allerdings bei Kenntnis der Zusammenhänge zu beherrschen sind, im Einzelnen die Erscheinungen Aliasing (Spiegelung) Leakage Picket Fence Effekt (Lattenzauneffekt) 26 Es gibt noch andere Gründe für Overlap, z. B. Erhöhung der statistischen Sicherheit (Abschnitt 5.3.5.2), die im Lauf des Buches einfließen werden. An dieser Stelle soll lediglich der Begriff eingeführt werden. 97 <?page no="112"?> Die Effekte werden in diesem Abschnitt mehr auf phänomenologischer Basis behandelt, tiefere Einblicke gewährt Kapitel 15. Bild 5.1: Funktionsgruppen eines FFT-Analysators 5.3.1.1 Aliasing Das Nyquist-Shannonsche Abtasttheorem, in der neueren Literatur auch WKS Sampling-Theorem genannt 27 , sagt aus, dass ein bandbegrenztes Signal mit einer Maximalfrequenz f max , mit einer Frequenz größer als 2.f max abgetastet werden muss, damit man aus dem so erhaltenen zeitdiskreten Signal das Ursprungssignal eindeutig rekonstruieren kann. Umgekehrt gesagt: Die Information des diskretisierten Signals ist nur eindeutig, wenn das Zeitsignal ausschließlich Komponenten unterhalb der halben Abtastfrequenz f s enthält [13]. 2 / max s f f mit f max = maximale Signalfrequenz f s = Abtastfrequenz (Samplingfrequenz) 27 Whittaker-Kotelnikow-Shannon. Das Theorem wird in Literatur und Praxis auch unter den verschiedenen Einzelnamen geführt, ist aber immer das Gleiche. 98 <?page no="113"?> Bild 5.2: Erscheinungsbild von Aliasing bei Verletzung des Abtasttheorems. Im oberen Teil vier Analogsignale, im unteren Teil die diskretisierten Pendants. Die Abtastung in den Fällen 3 und 4 ist fehlerhaft, im Spektrum erscheinen Spiegelfrequenzen, die nicht vorhandene Komponenten vortäuschen. 99 <?page no="114"?> Beispiele zum Aliasing zeigt Bild 5.2 in sehr anschaulicher Form. Im oberen Teil sind 4 Signale mit verschiedenen Frequenzen dargestellt, im unteren die Ergebnisse der Abtastung. Die Abtastfrequenz f s ist gleich der Frequenz des 3. Signals von oben. Nur für die beiden oberen Fälle ist der ursprüngliche Kurvenzug aus den diskreten Abtastwerten wieder rekonstruierbar. Sind Signalfrequenz und Abtastfrequenz identisch (Fall 3), erhält man das gleiche Abtastmuster, wie für eine Gleichspannung. Liegt die Signalfrequenz noch höher (Fall 4), wird ein niederfrequentes Signal vorgetäuscht. Im Spektrum (jeweils rechts) werden zu hohe Frequenzkomponenten um die halbe Abtastfrequenz gespiegelt (die scheinbaren Frequenzen liegen achsensymmetrisch zur halben Abtastfrequenz. Als Schlussfolgerung ergibt sich: Vor jeder Abtastung eines analogen Signals muss dafür Sorge getragen werden, dass das Signal nur Frequenzkomponenten unterhalb der halben Abtastfrequenz enthält. Um die Erfüllung dieser Forderung sicherzustellen, muss das Signal vor dem Abtasten über ein Tiefpassfilter, das so genannte Antialiasingfilter , aufbereitet werden, dessen Aufgabe darin besteht, hochfrequente Komponenten zu dämpfen. Der Dämpfungsfaktor muss auf die digitale Auflösung des ADC abgestimmt sein (Bild 5.3). Beispielsweise bei Verwendung eines 16-Bit-ADC muss der Dämpfungsfaktor größer als 1/ 65.536 sein, was einer relativen Dämpfung von 100 dB entspricht. Bild 5.3: Antialiasingfilter (Minimalanforderungen) Es sei hier nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Verletzen dieser Bedingung nicht etwa einen kalkulierbaren und im Nachhinein korrigierbaren Fehler nach sich zieht - das Resultat ist grundsätzlich falsch, wenn entsprechend hochfrequente Komponenten vorhanden sind (und wer weiß das schon vorher? ). Zur Unterstützung der Vorstellungskraft: Ein optisch klar erkennbarer Aliasing-Effekt kann bei manchen Filmen beobachtet werden. Das Rad einer Kutsche dreht sich scheinbar rückwärts, obwohl das Gefährt eine Vorwärtsbewegung ausführt. Ursache: zu geringe Abtastung, zu geringe Anzahl von Bildern/ Sekunde. 100 <?page no="115"?> Nutzbringend eingesetzt wird Aliasing beim Betrachten einer scheinbar verlangsamten schnellen Bewegung im Licht eines Stroboskops. Sind etwa Drehfrequenz und Blitzfrequenz gleich, schein die beleuchtete Welle still zu stehen (Fall 3 in Bild 5.2). Sind Blitzfrequenz und Drehfrequenz leicht unterschiedlich, dreht sich die beleuchtete Welle scheinbar mit der Differenzfrequenz (Fall 4 in Bild 5.2). Der entsprechende Fehler im Sinne einer Frequenzanalyse wäre hier im wahrsten Sinn des Wortes greifbar. 5.3.1.2 Leakage - Zeitbewertung Was bewirkt eigentlich die diskrete Fouriertransformation bzw. die FFT an einem Signalausschnitt? Sie liefert eine Näherung für das Fourierintegral in der Weise, dass der gewählte Ausschnitt implizit nach beiden Seiten (zeitlich gesehen) periodisch fortgesetzt wird. Von dem auf diese Weise entstandenen (hypothetischen) periodischen Signal - in weiterer Folge als Ersatzsignal bezeichnet - wird dann die Fourierreihe berechnet. In den Abbildungen Bild 5.4 und Bild 5.5 sind die Verhältnisse für repräsentative Signaltypen dargestellt, wobei die Zeitbereichsdaten mit verschiedenen Bewertungen oder Zeitfenstern (siehe übernächsten Absatz) gewichtet werden, einmal mit Rechteckbewertung, einmal mit Hanningbewertung 28 . Zunächst Bild 5.4: Der Signalausschnitt wird analysiert, wie er abgetastet wurde - ohne Zeitbewertung, unbewertet oder mit Rechteckbewertung (alle drei Ausdrucksweisen sind synonym gebräuchlich). Im ersten Fall liegt ein sinusförmiges Zeitsignal vor, wobei die Ausschnittslänge exakt ein ganzzahliges Vielfaches der Periodendauer ist; die periodische Fortsetzung rekonstruiert exakt das ursprüngliche Signal. Fall 2: Der gegenteilige Extremfall - eine ungerade Zahl von Halbperioden liegt im Zeitfenster. Die periodische Fortsetzung ergibt regelmäßige Sprünge im Signal, die in Wirklichkeit nicht vorhanden sind. Fall 3 zeigt ein stationäres stochastisches Signal, man erhält ebenfalls Sprünge wie im Fall 2. Fall 4, Analyse eines einzelnen Transienten, ergibt als Ersatzsignal eine periodische Folge transienter (kurzzeitiger) Einzelsignale, bei entsprechender Parameterwahl wird ein einzelner, als repräsentativ für die Folge anzusehender Vorgang herausgegriffen. Um die Auswirkung der genannten Sprünge durch den Algorithmus zu verringern, kann der Zeitsignalausschnitt zusätzlich (zur Rechteckbewertung) zeitbewertet werden. Dabei werden die Funktionswerte mit einer Bewertungsfunktion multipliziert, die an den Rändern des Fensters stetig gegen Null oder kleine Werte geht. Die am häufigsten verwendete Funktion ist die Hanningfunktion mit der Form cos 2 , siehe Bild 5.5. Gegenüber den Fällen von Bild 5.4 wird die Signalqualität für das synchrone Sinussignal (Fall 1) zweifelsohne verschlechtert. In den Fällen 2 und 3 werden die Sprungstellen eliminiert, die Signalqualität wird verbessert. Im Fall 4 - dem transienten Signal - hängt das Ergebnis mehr oder weniger vom Zufall ab, nämlich davon, ob der signifikante Anteil im Zentrum oder am Rande des Zeitfensters liegt; das hanningbewertete Signal ist in diesem Fall schlicht und einfach unbrauchbar für eine Analyse. Anmerkung: Wie man sieht, tritt durch die Fensterung eine Verbreiterung der Linie im Spektrum auf - es fließt sozusagen Energie in benachbarte Frequenzkanäle - daher der Ausdruck Leakage. 28 Julius von Hann, 1839 bis 1921, österreichischer Mathematiker und Meteorologe. Die korrekte Aussprache wäre demnach eigentlich Hanning mit A (wie Anton), ist aber unüblich. 101 <?page no="116"?> Bild 5.4: Der Einfluss eines Rechteck-Zeitfensters auf synchrone und nicht synchrone periodische, stochastische und transiente Signale (von oben nach unten). Links: Originalsignal; Mitte: mit Rechteckfenster bewerteter Signalausschnitt; Rechts: implizit periodisch fortgesetztes Signal. 102 <?page no="117"?> Bild 5.5: Der Einfluss eines Hanning-Zeitfensters auf synchrone und nicht synchrone periodische, stochastische und transiente Signale (von oben nach unten). Links: Originalsignal; Mitte: hanningbewerteter Signalausschnitt; Rechts: implizit periodisch fortgesetztes Signal. 103 <?page no="118"?> Die Eigenschaften, noch einmal zusammengefasst: Rechteckbewertung gibt korrekte Resultate, wenn exakt eine ganze Zahl voller Perioden in das Zeitfenster passt (synchrones Signal); liefert das korrekte Resultat für transiente Signale, die vollständig innerhalb des Zeitfensters liegen (man erhält Stützwerte für das tatsächliche Energiespektrum); erzeugt Diskontinuitäten an den Endstellen nicht synchroner und stochastischer Signale. Hanningbewertung erzeugt eine variable Gewichtung entlang des Zeitfensters; geringfügig schlechter für synchrone periodische Signale; liefert völlig falsche Resultate für transiente Signale, wenn signifikante Signalanteile im Randbereich des Zeitfensters liegen; bringt eine wesentliche Verbesserung für stochastische und mit der Zeitfensterlänge nicht synchrone periodische Signale. Die Analyse eines Sinussignals Wie äußern sich nun die erwähnten Zeitfenstereinflüsse im am klarsten zu interpretierenden Fall, im Spektrum des reinen Sinussignals? In Bild 5.6 sieht man dazu Signalausschnitte und FFT-Spektren für die möglichen Grenzfälle. Die oberste Funktion, ein mit dem Zeitfenster synchrones Sinussignal, zeigt bei Rechteckbewertung das ideale Ergebnis: Eine einzelne Linie im Spektrum; bei Hanningbewertung erscheint der der Frequenz zugeordnete Peak etwas verbreitert, er erhält noch je eine zusätzliche Nebenlinie geringerer Intensität (-6 dB) links und rechts. Im Beispiel der mittleren Reihe liegt exakt eine ungerade Zahl von Halbperioden im Fenster, beginnend und endend im Nulldurchgang. Wie man leicht nachzählen kann, ist die Zahl der in das Zeitfenster fallenden positiven Halbwellen um eins größer, als die der negativen. Das rechteckbewertete Spektrum zeigt demnach einen hohen Gleichanteil (bei der Frequenz null); die Diskontinuität in der Nahtstelle besteht in einem Knick, was auch höherfrequente Anteile zur Folge hat. Hanningbewertung liefert ein nahezu perfektes Ergebnis, gleichwertig dem bei synchronem Signal. Fall 3 in der untersten Reihe zeigt schließlich das Signal von Fall 2, jedoch um 45° phasenverschoben. Es liegt jetzt symmetrisch im Fenster, der Gleichanteil verschwindet; die gedachte periodische Fortsetzung ergibt jetzt einen Sprung an den Nahtstellen, was sich im Auftreten starker hochfrequenter Komponenten bei Rechteckbewertung äußert; auch hier - ein nahezu perfektes Ergebnis mit Hanningbewertung. Die Verschlechterung der Analyse bei kontinuierlichen Zeitsignalen mit Rechteckbewertung zufolge der impliziten Einführung von Sprüngen wird als Leakage bezeichnet. Der Effekt wird durch Hanningbewertung des Zeitsignals unterdrückt, allerdings zum Preis einer geringfügig schlechteren Bandbreite. 104 <?page no="119"?> Bild 5.6: FFT-Spektrum eines mit dem Zeitfenster synchronen Zeitsignals (oben im Zeitfenster sind genau 6 volle Perioden enthalten, was Linie Nr. 6 im Spektrum entspricht) und eines nicht synchronen Sinussignals (Mitte und unten) Schlussfolgerungen: Für kontinuierliche Signale ist Hanningbewertung im Allgemeinen die beste Wahl Rechteckbewertung ist am besten für Signale geeignet, die exakt mit voller Periodenzahl im Zeitfenster liegen (z. B. beim Order-Tracking, Abschnitt 10.6.2) Zur Analyse von Transienten ist Hanningbewertung ungeeignet und liefert fehlerhafte Resultate Es gibt noch andere geeignete Zeitfenster (Flat-Top, Kaiser-Bessel, Gaußfenster), die aber im Zusammenhang mit Fehlerdiagnose kaum zur Anwendung kommen 105 <?page no="120"?> Fensterkorrektur (Schmalbandkorrektur) Das Hanningfenster in seiner Grundform ist definiert als (Bild 5.7) t T t w 2 cos ) ( Da die Signalamplitude durch die Fensterfunktion reduziert wird, reduziert sich die Gesamtleistung im Fenster um den Faktor 4 wegen T T dt t T dt t T 2 1 2 cos 1 2 1 cos 2 Bild 5.7: Hanningfenster (nullpunktsymmetrisch) Bei Anwendung des unkorrigierten Hanningfensters nach Bild 5.7 erhält man demnach um 6 dB zu niedrige Werte, siehe Bild 5.8. Zur Korrektur ist entweder das Hanningfenster um den Faktor 2 umzuskalieren oder 6 dB im Spektrum zu addieren (nur für Selbstprogrammierer). Im FFT-Analysator ist diese Korrektur bereits eingebaut (Bild 5.6). Bei der Verwendung von Programmbibliotheken ist diese Korrektur durchzuführen, wenn das Hanningfenster nicht schon entsprechend normiert ist. Im Zweifelsfall ist eine Überprüfung entsprechend Bild 5.8 zu empfehlen. 5.3.1.3 Normierung des Zeitfensters Die Schmalbandkorrektur kann auch durch Normalisierung des Zeitfensters erfolgen. Dazu wird die Fensteramplitude so skaliert, dass die Bedingung T dt t w T 1 1 erfüllt ist. Ein typisches Beispiel für die Normalisierung eines Zeitfensters ist das normalisierte Gaußfenster bei der Gabortransformation, welches später noch vorgestellt wird (Ab- 106 <?page no="121"?> schnitt 5.3.1.7). Die Gabortransformation wird in späteren Kapiteln gesondert behandelt. Bild 5.8: Spektrum eines synchronen Zeitsignals vom Effektivwert x eff = 1 mit unkorrigiertem und mit korrigiertem Hanningfenster Die Korrektur nach diesem Schema wird in der Literatur meist als Fensterkorrektur oder Schmalbandkorrektur bezeichnet. Für andere Bewertungsfenster sind die Korrekturfaktoren der Literatur bzw. den entsprechenden Handbüchern zu entnehmen. 5.3.1.4 Die Auswirkung der Zeitbewertung im Frequenzbereich Die bisher angestellten Überlegungen hinsichtlich des Einflusses der Zeitbewertung haben sich im Wesentlichen auf den Zeitbereich selbst bezogen. Wie wirkt sich dieser Einfluss aber im Detail im Frequenzbereich aus? Das diskretisierte Signal wird im einfachsten Fall mit der Rechteck-Fensterfunktion w(n. t) mit dem Wert 1 innerhalb und 0 außerhalb des Zeitfensters (Länge T) bewertet (multipliziert). N ist die Anzahl der im Zeitfenster übernommenen Samples und t ist die äquidistante Abtastzeit. sonst N n t n w 0 1 0 1 Nur die diskrete Fensterfunktion für sich ergibt nach kurzer Zwischenrechnung [69] im Frequenzbereich eine Superponierung von zwei so genannten Si-Funktionen vom Typ sin(x)/ x, konkret sin(N T)/ N T und sin( T)/ T. Bildet man den Betrag von dieser resultierenden Si-Funktion (Bild 5.9) so ähneln die Verläufe von Hauptmaximum und Nebenmaxima einer Reihe von Filter-Übertragungskennlinien mit äquidistanten Mittenfrequenzen bei unterschiedlicher Dämpfung. 107 <?page no="122"?> Bild 5.9: Charakteristik des diskreten Rechteck-Fensters im Frequenzbereich (Betrag der Si-Funktion) Wird neben dem bei einer begrenzten Aufnahmezeit automatisch wirksamen Rechteckfenster noch eine weitere Zeitgewichtung, z.B. das Hanningfenster, eingesetzt, so erfolgt neben der gewünschten Verringerung des Einflusses durch den Abschneideeffekt, auch eine Veränderung der Si-Charakteristik (Verbreiterung des Hauptmaximums, höhere Dämpfung der Nebenmaxima gegenüber dem Rechteckfenster). Die Fensterfunktion mit dem zu analysierenden Signal verknüpft entspricht im Zeitbereich einer Multiplikation. Bei der Abbildung im Frequenzbereich erfolgt eine Faltung der Si-Funktion mit dem eigentlich zu messenden Spektrum. Abhängig von der Lage der Maxima dieser Si-Funktion ergibt sich ein mehr oder weniger großer Leakage-Fehler. Liegt die diskrete Frequenzkomponente des zu analysierenden Signals im Maximum der Si-Funktion (Fensterlänge ist exakt ein Vielfaches der betrachteten Signalperiode), dann liegt der Idealfall, ohne Amplitudenfehler vor. Im allgemeinen Fall, besonders bei Signalen mit großer Bandbreite, ist diese Bedingung nicht zu erfüllen, es werden, entsprechend der „Filtercharakteristik“ durch Haupt- und Nebenmaxima, eine geringere Amplitude bei der eigentlichen Frequenzkomponente und zusätzliche Amplituden bei den benachbarten diskreten Frequenzkomponenten angezeigt. Bild 5.10 zeigt die Auswirkung der häufig verwendeten Fenstertypen im Frequenzbereich. Bei Rechteckbewertung ist zwar der zentrale Durchlassbereich (Hauptmaximum) nahe dem des idealen Filters, die Nebenmaxima klingen jedoch nur sehr schwach ab, mit 20 dB/ Dekade (Leakage). Die Durchlassbreite bei Hanningbewertung ist zwar größer, die Nebenmaxima fallen dagegen jedoch wesentlich stärker ab, mit 60 dB/ Dekade. Wie man an der Durchlasscharakteristik sieht, ist die Leistungsband- 108 <?page no="123"?> Bild 5.10: Auswirkungen verschiedener Fenstertypen (Zeitbewertung) auf die Frequenzcharakteristik (Flat = Rechteckbewertung) 109 <?page no="124"?> breite B (effektive Bandbreite 29 ) bei Hanningbewertung höher (um den Faktor 1,5), was sich im Auftreten der beiden Seitenbänder auch bei der Analyse eines idealen Sinussignals äußert (Bild 5.6). 5.3.1.5 Der Picket-Fence Effekt Bild 5.11: Veranschaulichung des Picket Fence Effektes 29 Bisweilen findet man auch den eigentlich nicht ganz korrekten Term effektive Rauschbandbreite. 110 <?page no="125"?> Bild 5.12: Das Erscheinungsbild diskreter Frequenzkomponenten bei Hanning- Zeitbewertung (oben). Im ersten Fall sind Signalfrequenz und Filter- Mittenfrequenz identisch (links), im zweiten liegt die Signalfrequenz exakt zwischen zwei Filtermitten (Mitte), und rechts schließlich der allgemeine Fall. Aus dem Diagramm unten sind die Korrekturgrößen L für den Pegel und f für die Frequenz abzulesen (nur für Sinus! ). Die digitale Frequenzanalyse liefert eine Näherung für das tatsächliche, durch das Fourierintegral definierte Spektrum, und zwar eine Näherung in Form von endlich vielen Stützstellen des eigentlichen Verlaufes. Bildlich gesehen betrachtet man die kontinuierliche Spektralfunktion durch die Lücken eines Lattenzauns (engl. Picket Fence) hindurch. So werden etwa ausgeprägte Maxima hinsichtlich Frequenz und Amplitude nicht genau erkennbar sein. Für Komponenten mit diskreter Frequenz ergibt sich jedoch bei bekannter Zeitbewertung eine Korrekturmöglichkeit. Bild 5.11 zeigt eine anschauliche Darstellung des Effektes, im unteren Teil ist das Aussehen eines Peaks im Linienspektrum für eine reine Sinusfunktion und Hanningbewertung zu sehen: Links fällt die Frequenz exakt mit dem Maximum der Si-Funktion 111 <?page no="126"?> (oder mit der Kanal-Mittenfrequenz) zusammen; in der Mitte liegt die Signalfrequenz genau zwischen zwei Maxima; rechts schließlich der allgemeine Fall. Die gleichen Fälle sind noch einmal in Bild 5.12 zu sehen. Bei Zusammenfallen von Signal- und Kanal-Mittenfrequenz erhält man ein ausgeprägtes Maximum mit korrekter Amplitude, die beiden Seitenlinien liegen links und rechts symmetrisch dazu, ihre Amplitude ist um jeweils 6 dB niedriger. Fall 2 (Mitte): Die Frequenz liegt genau zwischen zwei Kanalmitten, man erhält zwei Linien gleicher Amplitude, die tatsächliche Amplitude liegt demgegenüber um L = 1.5 dB höher. Für den allgemeinen Fall ergibt sich eine Korrekturmöglichkeit mit Hilfe des Diagramms unten in Bild 5.12 (nur für Sinussignale! ): Man sucht den Höchstwert auf und bestimmt die Pegeldifferenz dB zur höchsten Nachbarlinie. Aus dem Diagramm können dann Frequenzkorrektur f und Pegelkorrektur L abgelesen werden. Für die Frequenz ist eine lineare Interpolation in jedem Fall ausreichend. 5.3.1.6 Breitbandkorrektur - Berechnung von Breitbandpegeln Oft hat man die Aufgabe, durch Addition einer Gruppe benachbarter FFT-Pegel den Gesamtwert über einen größeren Frequenzbereich zu bestimmen, im Speziellen Bandpasspegel Hochpasspegel Tiefpasspegel Der erste Fall kann z. B. zur Berechnung von Terz- oder Oktavpegeln dienen, wenn digitale Filter, die dazu besser geeignet wären, nicht zur Verfügung stehen. Ein häufiger Anwendungsfall ist auch die Pegelbestimmung von Peaks bei leicht schwankender Frequenz (Drehzahl), wenn also der Peak über mehrere Linien verschmiert ist. In jedem Fall hat die Addition energetisch zu erfolgen, also im Bereich der Leistung. Als Beispiel für 3 benachbarte Linien mit den Pegeln L 1 , L 2 und L 3 erhält man 10 10 10 3 2 1 10 10 10 log 10 L L L gest L Wie man jedoch bei der Behandlung der Zeitfensterfunktionen und ihrer Auswirkungen im Frequenzbereich gesehen hat, wird durch ein Zeitfenster (ausgenommen Rechteck) die effektive Bandbreite erhöht, im Fall des Hanningfensters um den Faktor 1,5 (siehe Bild 5.6 bzw. Bild 5.10). Bei der Leistungsberechnung ist das Resultat demnach um diesen Faktor zu korrigieren. (Man kann es sich aus dem Spektrum von Bild 5.6 rechts veranschaulichen: Reine Summation ergäbe einen zu hohen Wert.) f B mit = 1 für Rechteckbewertung = 1,5 für Hanningbewertung Bei der Pegelberechnung sind demnach die Leistungen um diesen Faktor zu korrigieren entsprechend 112 <?page no="127"?> 10 10 10 3 2 1 10 10 10 1 log 10 L L L ges L Beispiel: Sinuskomponente mit Hanningbewertung Das Beispiel ist trivial und damit einsichtig. Für ein synchrones Sinussignal (im Zeitfenster liegt exakt eine volle Zahl von Perioden) erhält man bei Hanningbewertung eine zentrale Linie mit dem Pegel entsprechend dem Effektivwert und zwei symmetrische Seitenlinien mit jeweils um 6 dB niedrigerem Pegel, siehe Bild 5.8 oder Bild 5.12. Der korrigierte Summenwert ergibt sich als dB L ges 0 10 10 10 5 . 1 1 log 10 6 . 0 6 . 0 0 also gleich dem Pegel der zentralen Linie bzw. dem Effektivwert. Der Algorithmus kann nach den Spektren von Bild 5.6 für die anderen Musterfälle leicht nachvollzogen werden. Für andere Zeitbewertungen ist die entsprechende Effektivbandbreite der Dokumentation zu entnehmen. 5.3.1.7 Gaußfenster Dem Gaußfenster kommt in der Signalanalyse eine Sonderstellung zu: In der klassischen FFT wird es zwar kaum verwendet, in der Kurzzeit-Frequenzanalyse ist es die Standard-Fensterfunktion (siehe auch ISO 18431-2 [N.70]). Da diese Analysetechnik in Kapitel 10 noch zur Sprache kommt, wird die Fensterthematik an dieser Stelle für den späteren Bezug behandelt Ref. [68], [75]). Das Gaußfenster hat die Form einer Gaußschen Verteilungsfunktion (mit t als unabhängiger Variablen und dem Mittelwert 0) 2 2 1 exp 2 1 t t f Bild 5.13: Gauß-Zeitfenster 113 <?page no="128"?> Da die Fouriertransformierte der Gauß-Verteilung wieder eine Gaußsche Verteilungsfunktion ergibt, erhält man für ein Gauß-Zeitfenster eine Filtercharakteristik entsprechend Bild 5.14. Bild 5.14: Filtercharakteristik eines Gauß-Zeitfensters nach Bild 5.13 (in logarithmischem Amplitudenmaßstab) Normalisierte Gaußzeitfenster Wie schon im vorigen Abschnitt 5.3.1.6 beschrieben, kann durch Normierung des Zeitfensters eine Schmalband-Fensterkorrektur des Spektrums vermieden werden. Bei Analysen mit fester Zeitfensterlänge, wie sie für die herkömmliche FFT typisch ist, ist diese Alternative von untergeordneter Bedeutung. Bei der Kurzzeit-Frequenzanalyse werden Zeitfenster unterschiedlicher Länge eingesetzt, um die zeitliche Auflösung der Analyse zu variieren. Hier empfiehlt sich der Einsatz normierter Zeitfenster, um die jetzt fensterabhängige Korrektur zu vermeiden. Da bei dieser Analysetechnik vorzugsweise Gaußfenster eingesetzt werden, wird die Thematik hier auf dieses Fenster beschränkt. Die sachliche Erweiterung auf andere Zeitfenster sollte mit diesen Kenntnissen bei Bedarf nicht schwer fallen. Ein normiertes Gaußfenster wird beschrieben durch die Funktion 2 2 2 t e t h In Bild 5.15 sind zwei normierte Zeitfenster beispielhaft dargestellt. Bild 5.15; Normierte Gauß-Zeitfenster 114 <?page no="129"?> Die Fouriertransformation berechnet sich zu 2 2 2 1 2 2 e dt e e H t j t Bild 5.16 zeigt die Filtercharakteristiken der beiden Gaußzeitfenster nach Bild 5.15, wie üblich in logarithmischem Amplitudenmaßstab. Die Normierung ergibt für die Mittenfrequenz eine Dämpfung von 0 dB, was auch aus der Formel abzulesen ist. Man sieht, dass auch hier die (übergeordnete) Unschärferelation gilt: Je kürzer das Zeitfenster, desto größer die Bandbreite 30 . Bild 5.16: Filtercharakteristiken der normalisierten Gaußfenster nach Bild 5.15 Bild 5.17: Filtercharakteristiken der normalisierten Gaußfenster nach Bild 5.15 bzw. Bild 5.16 in linearem Amplitudenmaßstab Als Vorgriff auf die Ausführungen von Kapitel 10 über die Gabortransformation zeigt Bild 5.17 die Durchlasscharakteristiken in linearem Amplitudenmaßstab, was die Charakteristik der Gaußfunktion deutlich erkennen lässt. 30 Um eine Verstrickung im Detail zu vermeiden, wird diesbezüglich auf quantitative Angaben bewusst verzichtet. Zur Beurteilung im Rahmen der Thematik dieses Buches sind die qualitativen Ausführungen durchaus ausreichend. 115 <?page no="130"?> 5.3.2 Triggerung Als Triggerung wird, wie bei vielen anderen Messgeräten auch, die Auslösung des eigentlichen Messbzw. Datenerfassungsvorganges bezeichnet - ein besonders wichtiger Punkt beim FFT-Analysator. Auswahlkriterien sind Signalquelle Signaltyp Triggerzeitpunkt (Triggerverzögerung) Triggerart Signalquelle - intern/ extern/ freilaufend Bei der Wahl einer internen Signalquelle (int.) wird die Triggerung direkt vom zu analysierenden Signal abgeleitet (Bild 5.18 oben). Die Triggerfunktion wird vordefiniert durch Einstellung eines gewünschten Triggerpegels und der Wahl, ob ein Über- oder Unterschreiten dieses Pegels als Triggerereignis gilt. Mit der Wahl externe Signalquelle (ext.) wird die Triggerung von einem zusätzlichen, an den Analysator angekoppelten Triggersignal ausgelöst. Die Triggerfunktion wird wie bei der internen Signalquelle vordefiniert (Bild 5.18 unten). Zum Beispiel kann die Triggerung und damit der Messvorgang durch einen von außen zugeführten Impuls eines Messfühlers ausgelöst werden. Von besonderer Bedeutung ist diese Art der Triggerung bei einer Zeitbereichsmittelung (siehe Abschnitt 3.6). Hier indiziert der Triggerpunkt, dass sich die zu untersuchende Maschine in einer bestimmten Phasenlage befindet (z.B. über eine Reflexionslichtschranke und eine reflektierende Marke an der Welle). Die Zeitsignalblöcke, die auf diese Weise an einer stationär laufenden Maschine erfasst werden, sind daher immer identischen Abschnitten des Arbeitszyklus zuzuordnen. Signaltyp - DC/ AC 31 Sowohl bei der internen als auch bei der externen Triggerung kann die Anpassung auf unterschiedliche Signaltypen erfolgen. Soll auf den Absolutwert der gewählten Signalquelle getriggert werden, so ist der Signaltyp DC vorzugeben, ist lediglich eine Änderung im Signal mit dem als Triggerpegel vorgegebenen Wert als Triggerereignis gewünscht, so ist der Signaltyp AC auszuwählen. Moderne Frequenzanalysatoren bieten neben diesen Grundsignaltypen zusätzlich die Option, die für die Triggerung ausgewählten Signale zu filtern (Tief- oder Hochpassfilter), so dass auch unter schwierigeren Bedingungen (Störsignalüberlagerungen, Schwebungen, etc.) eine zuverlässige Triggerung erreicht werden kann. Auch Triggern auf eine Kombination mehrerer Signale/ Zustände ist oft möglich. 31 DC = Gleichspannung (Direktkopplung), AC = Wechselspannung 116 <?page no="131"?> Bild 5.18: Interne und externe Triggerung der Datenerfassung 117 <?page no="132"?> Bild 5.19: Freilaufende Triggerung. Die Zeitsignalblöcke werden in schnellstmöglicher Folge erfasst und analysiert. 118 <?page no="133"?> Triggerzeitpunkt - Pre-/ Post-Trigger Grundsätzlich werden die Eingangssignale bei einem Frequenzanalysator, wie auch bei einem digitalen Speicheroszilloskop kontinuierlich digitalisiert und in einem Ringspeicher (Schieberegister) zwischengespeichert. Die Analyse wird dann aus einem Datenblock in diesem Register berechnet. Über eine Voreinstellung der Speicherposition zum Triggerereignis lässt sich die Lage des zu analysierenden Zeitsignalblocks relativ zum Triggerzeitpunkt in einem weiten Bereich zeitlich variieren. Im Frequenzanalysator wird diese Funktion über den Parameter Pre-/ Post-Trigger oder Samples before/ after Triggering gesteuert. Dieser Parameter, vordefinierbar als Prozentwert des gesamten verfügbaren Speichers pro Messkanal oder als eine Zahl von Abtastwerten, legt den tatsächlichen Signalbeginn für die weitere Analyse fest. Eine relative Verschiebung vor dem Triggerereignis wird Pre-Triggerung eine Verschiebung nach dem Eintreten des Triggerereignisses als Post-Triggerung bezeichnet. Zur besseren Vorstellung: Nach Erfüllen der Triggerbedingung (intern oder extern, siehe oben) werden noch n Abtastwerte bzw. Zeitsignalblöcke erfasst, bevor die Analyse durchgeführt wird. Bild 5.20 zeigt die Verhältnisse für den Fall eines Datenblocks von 10K Länge mit Parameterwerten für Samples after Triggering zwischen 0 und 64K 0 der Datenblock liegt unmittelbar vor dem Triggerpunkt (Pretrigger) 5,0 K der Triggerpunkt liegt genau mittig im Datenblock 10,0 K der Triggerpunkt liegt am Beginn des Datenblocks >10 K der Datenblock liegt eine wählbare Länge hinter dem Trigger Lange Triggerverzögerungen sind vor allem zur abschnittsweisen Analyse von Arbeitszyklen bei stationär laufenden Maschinen einsetzbar. Ein häufiger Anwendungsfall, Schwingungsanalyse bei Kolbenmaschinen, wird in Kapitel 11 vorgestellt und eingehend diskutiert (Bild 11.3 Seite 290). Triggerart - Cont./ Single Meist bietet der Analysator noch die Möglichkeit, zwischen kontinuierlicher (Cont.) und Einzeltriggerung (Single) zu wählen. Bei der Einzeltriggerung wird nur ein Signalblock erfasst, sobald die Triggerbedingung erfüllt ist. Danach ruht die Datenerfassung, bis sie manuell von neuem aktiviert wird. Bei kontinuierlicher Triggerung wird jedes Mal nach erfolgter Signaldiskretisierung und -darstellung bei neuerlichem Erfüllen der Triggerbedingung ein weiterer Signalblock erfasst. Diese Triggerfunktion ermöglicht eine komfortable Mittelung der Einzelergebnisse. 5.3.3 Übersteuerung Ein kritischer Punkt bei der FFT-Analyse ist die Übersteuerung im Eingangsteil. Übersteuerungen sind im Spektrum im Nachhinein in der Regel aus den Daten allein nicht zuverlässig identifizierbar. Vor allem im Zusammenhang mit linearer Mittelung (s. folgender Abschnitt) kann diese Frage kritisch werden, da wegen der energetischen Mittelung den Maximalwerten ein besonders hohes Gewicht zukommt und auch eine einzelne Übersteuerung während des Mittelungsvorganges einen nicht mehr abschätzbaren Fehler im Mittelwertspektrum nach sich zieht. 119 <?page no="134"?> Bild 5.20: Die Steuerung der Triggerverzögerung über den Parameter Samples after Trigger (Pre-/ Post-Trigger) 120 <?page no="135"?> Bild 5.21: Einzeltriggerung ("Single") und fortlaufende Triggerung ("Cont.") 121 <?page no="136"?> Der Umgang mit Übersteuerung sollte daher durchaus als Kriterium für die Qualität eines Analysators gesehen werden, vor allem in rechnergestützten Messsystemen für automatische oder teilweise automatische Datenerfassung. Folgende Möglichkeiten für die Problembehandlung können hier zitiert werden: Automatischer Ausschluss übersteuerter Datenblöcke von der Mittelung Übersteuerungsmeldung mit interaktiver Entscheidungsmöglichkeit über Akzeptanz oder Ausschluss Als automatisches Ausschlusskriterium kann auch eine (wählbare) maximale Anzahl zulässiger Übersteuerungen (Abtastwerte) je Signalblock sinnvoll sein, da solche Einzelwerte keinen großen Einfluss auf die Gesamtenergie haben. 5.3.4 Mittelung Die Frage der Mittelung wurde vom statistischen Standpunkt, also betreffend Messgenauigkeit, schon in Abschnitt 3.5 diskutiert. Ab dieser Stelle soll die Durchführung im FFT-Analysator behandelt werden. Man unterscheidet zwischen linearer und exponentieller Mittelung. Die Berechnung von Mittelwerten erfolgt prinzipiell immer auf energetischer Basis, die Termini linear und exponentiell beziehen sich lediglich auf die Art der zeitlichen Gewichtung der Einzelwerte, im Falle FFT der in die Mittelung einbezogenen Spektren. 5.3.4.1 Lineare Mittelung Bei der (zeitlich) linearen Mittelung wird über eine Folge von Spektren gemittelt, wobei jedem Einzelspektrum gleiches Gewicht, also gleicher Einfluss auf den Mittelwert zukommt. In Bild 5.22 ist der zugehörige Algorithmus angegeben. (Die Mittelung wird auf energetischer Basis ausgeführt, d.h. es werden die Energien in den einzelnen Frequenzbändern gemittelt, nicht etwa die dB-Pegel direkt. Zur Abschätzung der Standardabweichung nach Abschnitt 3.5 ist jetzt das Produkt B.T A durch die Anzahl der Mittelungen n zu ersetzen, also gilt n) Mittelunge der (Zahl n T B mit T B A A 2 1 Zur linearen Mittelung wird die vorgewählte Zahl an Spektren erfasst und gemittelt, der Mittelwert wird gehalten, bis ein neuer Mittelungsprozess gestartet wird. Erst am Ende der neuerlichen Mittelung liegt ein weiteres Resultat vor. Die Frage der Übersteuerung bei linearer Mittelung sollte beachtet werden. Sie wurde bereits in Abschnitt 5.3.3 behandelt. 5.3.4.2 Exponentielle Mittelung Bei der exponentiellen Mittelung haben die einzelnen Spektren unterschiedlichen Einfluss auf den Mittelwert. Das größte Gewicht kommt immer dem zuletzt erfassten Spektrum zu, der Einfluss früherer Spektren wird mit wachsender zeitlicher Distanz geringer (Bild 5.23). Als Parameter der exponentiellen Mittelung ist eine Zeitkonstante zu definieren, die festlegt, wie stark der Einfluss des einzelnen Spektrums mit der Zeit abnimmt. Um eine bessere Vergleichbarkeit mit der linearen Mittelung zu gewährleisten, ist diese 122 <?page no="137"?> Bild 5.22: Lineare Mittelung von FFT-Spektren 123 <?page no="138"?> Bild 5.23: Exponentielle Mittelung von FFT-Spektren 124 <?page no="139"?> Zeitkonstante oft auch über eine formale Mittelungszahl n zu wählen. Mit dieser Zahl wird dann implizit die Zeitkonstante so vorgegeben, dass die statistische Sicherheit der Mittelung gleich ist wie bei der linearen Mittelung mit gleichem n (gleicher Glättungseffekt). Im Gegensatz zur linearen Mittelung liefert die exponentielle Mittelung fortlaufend ein Mittelwertspektrum. Sie wird daher vorwiegend eingesetzt, um das Spektrum eines laufenden Prozesses zu verfolgen und den Einfluss verschiedener Betriebsparameter oder bestimmte Ereignisse im Frequenzbereich zu beobachten. Sie entspricht im Prinzip dem dynamischen Verhalten eines (trägheitsbehafteten) Instrumentenzeigers. 5.3.4.3 Overlap Bereits in Abschnitt 5.2 wurde auf die Bedeutung eines Overlap (Analyse überlappender Zeitfenster) zur Glättung des zeitlichen Verlaufes hingewiesen. Ein weiterer Aspekt soll an dieser Stelle zur Sprache kommen. Durch eine Zeitbewertung geht der außermittige Teil der Zeitdaten mit reduziertem Gewicht in eine Mittelung ein. Diese Minderung kann durch die Analyse überlappender Zeitfenster kompensiert werden. Bei hinreichend starker Überlappung gehen alle Zeitdaten gleichgewichtet in das Resultat ein. Die dafür erforderliche Mindestüberlappung ist abhängig vom Zeitfenster, für Hanningbewertung beträgt sie 75%. In Abschnitt 5.3.5.2, insbesondere Bild 5.25 ist dieser Zusammenhang als resultierendes Zeitfenster dargestellt. 5.3.5 Analyse mit gleitendem Zeitfenster 5.3.5.1 Das Verfahren Hat der FFT-Analysator einen größeren Eingangsspeicher (z. B. 10K gegenüber 1K Zeitsignalblocklänge), so kann eine spezielle Analyseform mit interessanten Zusatzmöglichkeiten durchgeführt werden, die Analyse mit gleitendem Zeitfenster oder Scan Analyse (Bild 5.24). Zunächst wird ein voller 10K-Zeitsignalblock erfasst und festgehalten (Einzelaufnahme). Danach kann ein 1K-Zeitsignalfenster als Basis für die FFT-Analyse manuell oder automatisch über den Gesamtblock bewegt werden. Damit lässt sich z. B. das Durchlaufen einer kritischen Drehzahl nach einmaliger Aufnahme im Nachhinein spektral untersuchen - in Zeitlupe, mit verschiedenen Zeitbewertungen und beliebig oft; interessante Ereignisse lassen sich herausgreifen. Umgekehrt kann auch der Vorgang in Zeitrafferdarstellung betrachtet werden, was oft einen besseren Überblick ergibt. Als weiteres Anwendungsgebiet sei hier die Sprachanalyse erwähnt. 5.3.5.2 Mittelung mit gleitendem Zeitfenster Während der Analyse mit gleitendem Zeitfenster kann zusätzlich auch ein über den gesamten Block gemitteltes FFT-Spektrum (z. B. 400 Linien) berechnet werden. Interessant ist vor allem diese Form der Mittelung bei Verwendung eines Hanningfensters, siehe Bild 5.25. Im zuvor erwähnten Fall - 1K Blocklänge, 10K Speicherlänge - erhält man bei gerade nicht überlappenden Blöcken (Zahl der Einzelschritte N = 10) ein resultierendes Zeitfenster über den gesamten Block in Form einer cos 2 -Funktion, siehe Bild 5.25 oben; offensichtlich geht ein beträchtlicher Teil der Information dadurch verloren. 125 <?page no="140"?> Bild 5.24: Analyse mit gleitendem Zeitfenster 126 <?page no="141"?> Bild 5.25: Mittelung mit gleitendem Zeitfenster 127 <?page no="142"?> Bei 50% Überlappung (N = 1 + 2 x 9 = 19) wird das resultierende Fenster besser, bei 75% Überlappung (N = 1 + 4 x 9 = 37) erhält man ein innerhalb 8,5K gleichbewertetes Zeitfenster, an den Rändern hat man nach wie vor die Eigenschaften des Hanningfensters. Die Analyse liefert jetzt ein Höchstmaß an Information. Steigert man die Überlappung weiter, wird die Analysezeit ebenfalls erhöht (interessant für Zeitlupenbetrachtungen), eine Verbesserung des Mittelwertspektrums ist damit jedoch nicht mehr zu erzielen. 5.3.6 Frequenzlupe (ZOOM) Bei der so genannten Basisband-FFT-Analyse mit einem Frequenzbereich zwischen Null und einer wählbaren oberen Grenzfrequenz bestehen feste Zusammenhänge zwischen Frequenzbereich, Bandbreite, Abtastfrequenz und Zeitfensterlänge: N f T f f N t N T f t s s s 1 1 mit T = Länge des Zeitsignalblocks in s N = Zahl der Abtastwerte pro Block f s = Abtastfrequenz (Samplingfrequenz) in Hz t = Abtastperiode f = Frequenzauflösung (Bandbreite) im Spektrum Welche Möglichkeiten hat man nun, die Frequenzauflösung einer FFT-Analyse zu verbessern? Grundsätzlich zwei und zwar: Reduzieren der Abtastfrequenz Erhöhung der Zahl der Abtastwerte (Blockgröße) bzw. Linien im Spektrum Eine Reduktion der Abtastfrequenz ist verbunden mit geringerem Frequenzbereich bei Basisbandanalyse 32 , d. h. die obere Grenzfrequenz wird entsprechend herabgesetzt. Eine schmalbandige Analyse hochfrequenter Schwingungen (z.B. Zahneingriffsschwingungen) wäre damit nicht mehr möglich. Moderne FFT-Analysatoren bieten die Möglichkeit, bei gleichem Frequenzbereich die Blockgröße und damit die Frequenzauflösung zu erhöhen (Erhöhung der Linienzahl). Geräteseitig sind dabei jedoch auch Grenzen gesetzt, die hohe Blockgröße mag dabei vielleicht manchmal etwas unhandlich werden. Vermieden werden diese Nachteile durch die so genannte Frequenzlupenanalyse, meist unter dem Begriff Zoom geführt. Zur Durchführung gibt es zwei Verfahren mit z. T. unterschiedlichen Leistungsmerkmalen, und zwar: 32 Der Frequenzbereich einer Basisbandanalyse ist immer 0 - f max 128 <?page no="143"?> Rekursive Zoomanalyse Frequenzlupenanalyse nach dem Überlagerungsprinzip 5.3.6.1 Rekursive Zoom-Analyse 33 Bei dieser, der am weitesten verbreiteten Methode wird zunächst das abgetastete und digitalisierte Zeitsignal mit dem komplexen Faktor t f j k e 2 multipliziert. Dadurch erhält man aus dem ursprünglichen ein komplexes Zeitsignal, dessen Frequenznullpunkt um den Wert f k verschoben ist. Über ein digitales Filter werden jetzt die höherfrequenten Komponenten dieses transformierten Zeitsignals ausgeblendet, typisch die höchste Oktave. Danach wird die Zahl der Abtastwerte reduziert; wurde z. B. die höchste Oktave entfernt, wird nur jeder zweite Abtastwert weiter verwendet. Diese Verringerung der Zahl der Abtastwerte erfordert ein zusätzliches Antialiasingfilter (siehe Abschnitt 5.3.1.1), in diesem Falle ein digitales Filter. Im Endeffekt kommt dies einer Reduktion der Abtastfrequenz gleich. Die Fouriertransformation wird jetzt ausgeführt, man erhält ein Spektrum geringerer Bandbreite um die Zentralfrequenz f k , die untere Grenzfrequenz ist jetzt von Null verschieden. Bild 5.26: Blockschaltbild eines FFT-Analysators mit rekursivem Zoom Man beachte: Da man zur digitalen Fouriertransformation nach wie vor die volle Zahl von Abtastwerten (1K) benötigt, muss vor der Reduktion eine entsprechend größere 33 Siehe Fußnote 24 dieses Kapitels (Seite 96) 129 <?page no="144"?> Zahl erfasst worden sein (im Beispiel 2K), was letzten Endes wieder einer Verlängerung des Zeitsignalblocks gleichkommt. Das heißt: Wie man die Zoom-Analyse auch ausführt, die Bedingung 1 T B muss für die digitale Fouriertransformation immer erfüllt sein. Oder: Je schmalbandiger die Analyse, desto länger muss das zugrunde liegende Zeitsignal sein, desto länger wird die erforderliche Messzeit. Der Prozess digitale Filterung - Reduktion der Abtastwerte kann, wie in Bild 5.26 angedeutet, rekursiv ausgeführt werden, der Zoom-Faktor (= Verringerung der Bandbreite) lässt sich damit im Prinzip beliebig steigern. Da mit dem Zoom-Faktor jedoch auch die erforderliche Zeitsignallänge steigt, ist für die praktische Anwendung bald eine sinnvolle Grenze gesetzt (Soll eine extrem schmalbandige Analyse überhaupt sinnvoll sein, müssen doch auch die Frequenzen im gesamten Zeitraum innerhalb der gewählten Bandbreite stabil bleiben). 5.3.6.2 Frequenzlupenanalyse nach dem Überlagerungsprinzip Das Rezept erscheint zunächst einfach: Anstelle des 400-Linien-Spektrums 34 basierend auf 1K Abtastwerten berechnet man z.B. ein 4000 Linien-Spektrum aus 10K Abtastwerten bei gleicher Abtastfrequenz (also zehnfacher Blocklänge); die Bandbreite im Spektrum wird dadurch um den Faktor 10 reduziert (B .T = 1 bleibt weiterhin erfüllt). Da durch die Verzehnfachung der Probenzahl die Rechenzeit für den FFT-Prozess stark ansteigen würde, bedient man sich in Geräten, die auf dieser Basis arbeiten eines speziellen Algorithmus, der in Bild 5.27 schematisch dargestellt ist. Zunächst wird ein 10K-Zeitsignalblock gespeichert. Aus zehn Untermengen dieser Abtastwerte - es wird immer jeder zehnte genommen, von Transformation zu Transformation um 1 Sample verschoben - werden auf herkömmliche Art zehn 1K-Fouriertransformationen berechnet. Man erhält jeweils 512 Werte, die übrigen (5120 minus 512) ergeben sich durch periodische Fortsetzung, da im Einzelfall das Abtasttheorem natürlich verletzt ist. Wegen der Linearität der Fouriertransformation ist die Summe der Einzelspektren gleich dem Spektrum des Summensignals, wenn man zuvor die gegenseitigen Zeitverschiebungen um jeweils eine Abtastperiode korrigiert. Ist die Rechenleistung für eine 4000-Linien-FFT zu gering, kann beispielsweise ein wählbarer Ausschnitt von 400 Linien berechnet und zur Anzeige gebracht werden. Hauptvorteil der Frequenzlupenanalyse nach diesem Prinzip ist die Erhaltung des ursprünglichen Zeitsignals im Eingangsspeicher, der Zoom-Faktor liegt jedoch hier von vornherein fest. 5.3.6.3 Gegenüberstellung Abschließend noch eine Gegenüberstellung beider Verfahren mit ihren Vor- und Nachteilen: 34 siehe Fußnote 24 dieses Kapitels (Seite 96) 130 <?page no="145"?> Rekursives Zoom Prinzipiell unbegrenzter Zoom-Faktor Zur Frequenzlupenanalyse ist für jede Zentralfrequenz eine neue Signalverarbeitung nötig Besonders vorteilhaft zur Systemanalyse (zweikanalig), da die Systemeigenschaften die erforderliche Stabilität im Frequenzbereich aufweisen Gut geeignet zur Bandpassfilterung im Zuge einer leistungsfähigen Hüllkurvendetektion. Frequenzlupe nach dem Überlagerungsprinzip Zoom-Faktor fest vorgegeben durch die Länge des Zeitsignalspeichers; Sämtliche Frequenzlupenspektren basieren auf demselben Zeitdatenblock. Damit erhält man exakte Beziehungen zwischen Harmonischen, Seitenbändern etc.; Besonders vorteilhaft zur einkanaligen Signalanalyse, da sich die Signaleigenschaften von Aufnahme zu Aufnahme ändern können. Bild 5.27: Frequenzlupenanalyse nach dem Überlagerungsprinzip 131 <?page no="146"?> Man beachte bei jeder Signalanalyse, dass der maximale Zoom-Faktor, der noch tatsächlich Informationsgewinn bringt, von der Stabilität des Signals abhängt. 5.4 Wie arbeitet man mit dem FFT-Analysator? Zusammenfassend sollen hier - gedacht für den Einsteiger in dieses Gebiet - die wichtigsten Schritte punktuell aufgezählt werden, die mit Sicherheit zu einem brauchbaren Resultat führen. Welcher Frequenzbereich ist interessant? Als Untergrenze kann man die niedrigste Drehzahl bei Maschinen mit Wälzlagern, die Hälfte der niedrigsten Drehzahl bei gleitgelagerten Maschinen ansetzen. Als Obergrenzen kommen in Frage: Die 3. Harmonische der höchsten Zahneingriffsfrequenz oder die höchste der anderen diskreten Frequenzen im System (Drehzahl, Schaufelpassierfrequenz, Wälzkörperfrequenz etc.). Bei Lagerüberwachung sollte die obere Grenzfrequenz möglichst hoch liegen (10 kHz oder mehr). Welche Frequenzauflösung ist erforderlich zur Trennung interessanter Komponenten im Spektrum? Kritische Punkte: Benachbarte Drehzahlen, Seitenbänder von Zahneingriffsfrequenzen, exakte Trennbarkeit von Signalkomponenten und deterministischen Störsignalen (50 Hz und 100 Hz-Einstreuungen). Die Frequenzauflösung muss daher so hoch gewählt werden, dass diese Frequenzkomponenten im Spektrum eindeutig separierbar sind (siehe Abschnitt 3.8). Eventuell ist ein einziger Frequenzbereich nicht ausreichend. Welche Mittelungszeit ist notwendig? 4 bis 8 Mittelungen bei deterministischen Komponenten (drehzahlinduziert), wesentlich mehr bei stochastischen (z. B. Gleitlagergeräusch). Probemessungen mit Sichtkontrolle: Man wählt eine große Mittelungszahl mit linearer Mittelung und beobachtet das Mittelwertspektrum während der Messung. Haben sich die einzelnen Komponenten im beabsichtigten Mittelungszeitraum stabilisiert? Man beachte, dass Mittelung nicht nur der Erhöhung der Messgenauigkeit dienen muss. Meist ist man für Überwachung und Diagnose mit vorwiegend deterministischen Komponenten beschäftigt, bei denen im Zusammenhang mit FFT der Mittelung keine so große Bedeutung zukommt. Sie dient hier eher der Glättung von stochastischem Hintergrundgeräusch, was letztendlich zur Identifikation der deterministischen Komponenten hilfreich oder notwendig sein kann. Siehe Abschnitt 3.5. Messzeit Aus den bisherigen Punkten ergibt sich eine Gesamtmesszeit. Stehen Bandbreite, Messzeit und Signalstabilität in einem vernünftigen Verhältnis zueinander? Ist die Messzeit überhaupt akzeptabel? Auswege: Kompromisse bei der Parameterwahl, extern gesteuerte Abtastung (Order Tracking, Kapitel 10). 132 <?page no="147"?> Triggerung Wie soll getriggert werden? Bei kontinuierlichen Signalen (Turbomaschinen, Elektromotoren) ist freilaufende Triggerung in der Regel vorzuziehen. Sollen aus diskontinuierlichen Prozessen bestimmte Teilzyklen herausgegriffen werden (z.B. das Schließen von Ventilen in einem Kolbenmotor), muss mit externer Triggerung und Triggerverzögerung gearbeitet werden. Eine Folge von Transienten erfasst man am besten mit interner Triggerung. In den beiden letzten Fällen sollte die Frage einer Zeitbereichsmittelung zur besseren Unterdrückung stochastischer Hintergrundgeräusche geprüft werden. In jedem Fall sollte man sich Zeit für eine informative Testserie nehmen, da sonst der endgültige Zeitaufwand unerwartete Ausmaße annehmen könnte oder eine sinnvolle Analyse der Messergebnisse nicht mehr möglich ist. 5.5 Technische Parameter Dieser Abschnitt über technische Parameter ist an den Anwender gerichtet, der sich seinen PC-basierten Analysator auf Basis von Standard-Komponenten aus dem Hardwareangebot selbst aufbauen will. Als technische Parameter werden hier solche Hardware-Parameter bezeichnet, welche Genauigkeit, Auflösung und Leistungsfähigkeit einer Frequenzanalyse bestimmen und zwar Übertragungsverhalten des Antialiasingfilters Auflösung (Bitanzahl), Linearität, Temperatur- und Langzeitkonstanz des ADC Konvertierungsgeschwindigkeit des ADC verfügbare Speichertiefe Rechenzeit für den FFT-Algorithmus Mittelungsanzahl 5.5.1 Übertragungsverhalten des Antialiasingfilters Komplettsysteme, Handheld-Geräte und Frontend-Ausführungen haben üblicherweise eine den Messkanälen entsprechende Anzahl fester oder variabler Antialiasingfilter integriert. Durchlasswelligkeit und Phasenfehler dieser Filter beeinflussen frequenzabhängig die erzielbare Genauigkeit der Analyseergebnisse. Bei Verwendung eines PC-basierten Systems muss besondere Sorgsamkeit der im Abschnitt 5.3.1.1 behandelten Thematik Aliasing gewidmet werden - sei es durch ausreichende Abtastgeschwindigkeit oder durch Einsatz von passenden Antialiasingfiltern. Die offerierten Messdatenerfassungskarten sind oft standardmäßig nicht mit solchen Filtern ausgerüstet, sodass der Anwender selbst für korrekte Abtastbedingungen sorgen muss! Bei Verwendung von Filtern muss, wie im Falle der in einem Komplettsystem integrierten Filter, zusätzlich auf frequenzabhängige Phasen- und Amplitudenfehler geachtet werden. Als Antialiasingfilter sind nur Tiefpassfilter von hoher Güte und Stabili- 133 <?page no="148"?> tät geeignet. Bei Mehrkanalsystemen ist zusätzlich auf möglichst geringe Abweichung der Kanäle untereinander zu achten. Wird, wie im klassischen Sinn, bei Änderung des Frequenzbereiches gleichzeitig die Abtastrate des ADC umgeschaltet, ist ein simultanes Umschalten der Antialiasingfilter notwendig. Alternativ dazu wählt man heute meiste eine feste, entsprechend hohe Abtastrate des ADC, die Diskretisierung entsprechend des gewählten Frequenzbereiches erfolgt dann rein digital aus dem Rohsignal durch neuerliche Tiefpassfilterung und Resampling (siehe auch Bild 5.26). Dieser Prozess der digitalen Reduktion der Abtastrate wird als Dezimation bezeichnet. Der Aufwand reduziert sich hier, da kein umschaltbares Analogfilter erforderlich ist. 5.5.2 Digitale Auflösung Die digitale Auflösung bestimmt die kleinste Diskretisierungsstufe (LSB - least significant bit) in der Amplitude des Signals, die bei der Signal-Digitalisierung erreichbar ist. Gute Auflösungen werden erreicht mit einem 16 bit- ADC (ergibt 2 16 = 65.536 Unterteilungen des analogen Spannungsbereiches, z.B. bei ± 10 V- Eingangsbereich eine Amplitude von 305 μV). Die tatsächlich erreichbare Genauigkeit wird neben der kleinsten Diskretisierungsstufe zusätzlich von der Linearität des Wandler-Übertragungsverhaltens, der Temperatur- und Langzeitkonstanz des ADC und der Konstanz der Referenz-Spannungsquelle (sie definiert den analogen Eingangsspannungsbereich) mitbestimmt. Speziell für Schwingungsmessungen werden heute 24 bit-ADCs mit hoher Genauigkeit angeboten. Diese Auflösung ist optimal angepasst an den (hohen) Dynamikbereich piezoelektrischer Beschleunigungsaufnehmer. Bei entsprechender Einstellung kann dann die Notwendigkeit einer Messbereichsumschaltung entfallen, ein großer Vorteil vor allem für automatische Systeme. Geeignete ADC-Karten liefern am Eingang auch gleich die Versorgung für Aufnehmer mit integriertem Vorverstärker, siehe Abschnitt 4.4.9. Damit wird ein kompakter Systemaufbau möglich. 5.5.3 Konvertierungsgeschwindigkeit des ADC Die maximale Konvertierungsgeschwindigkeit begrenzt die obere noch erfassbare Frequenz des zu konvertierenden analogen Signals. Entsprechend dem Nyquist- Kriterium müssen bei einer Echtzeitabtastung mindestens zwei Abtastungen pro höchstvorkommender Frequenz erfolgen. Ausnahme bilden nur spezielle Abtasttechniken, so genannte Äquivalenzzeitabtastungen, wo unter der Annahme eines strikt periodischen Signals durch zeitlich definierte Abtastungen zu einem bestimmten Triggerzeitpunkt (Triggerung siehe Abschnitt 5.3.2) über mehrere Perioden das Signal rekonstruiert wird. Siehe dazu auch die Hinweise von Abschnitt 5.6. Bei Mehrkanalsystemen wird für geringe Anforderungen an die Konvertierungsgeschwindigkeit ein ADC mit einem vorgeschalteten analogen Multiplexer verwendet, der entweder die einzelnen Analogsignale (Kanäle) sequentiell oder nach einem vorgegebenem Muster (programmgesteuert) an den Eingang des ADC durchschaltet. In diesem Fall erfolgt eine um die Konvertierungs-, die Umschalt- und die Signaleinschwingzeit verzögerte Digitalisierung jedes einzelnen Signals. Dieser zeitliche Versatz kann zu groben systematischen Fehlern führen, wenn Signale in der Analyse vermeintlich zeitgleich analysiert werden, z.B. Bildung der Übertragungsfunktion. Abhilfe bieten so genannte Sample and Hold Stufen (S/ H), die als 134 <?page no="149"?> Analogspeicher eingesetzt werden und mit denen Analogsignale synchronisiert für die nachfolgende Konvertierung zu einem Zeitpunkt gespeichert (eingefroren) werden können. Für zeitkritische Analysen wird bei einem Mehrkanalsystem für jeden einzelnen Kanal ein ADC verwendet (kostenintensive Lösung). Als ökonomischen Kompromiss wird am Markt eine Kombination aus den oben genannten Varianten angeboten, z. B. für ein 16-Kanal-System 4*4 S/ H mit vier Multiplexer samt zugehörigem ADC - also nur 4 statt 16 ADC. 5.5.4 Verfügbare Speichertiefe Die verfügbare Speichertiefe bestimmt mit der gewählten Abtastfrequenz die mögliche Aufnahmedauer. Wie in Abschnitt 5.2 beschrieben, wird durch die Aufnahmedauer T die erzielbare Frequenzauflösung f = 1/ T im berechneten Spektrum vorgegeben (z.B. T = 10 s ergibt eine Frequenzauflösung von 0,1 Hz). Ist die zu analysierende höchste Frequenz 5 kHz, so sollte theoretisch mit mindestens 10 kHz, praktisch - für eine passable Amplitudenerfassung - mit 50 kHz oder 100 kHz Abtastfrequenz (f s ) gearbeitet werden, was bereits mit f s = 50 kHz pro Kanal bei einer Frequenzauflösung von 100 mHz, eine Speichertiefe von einem halben Megaword (Word = Anzahl der ADC-Bits) erfordert. Beide im Beispiel verwendeten Zahlenwerte sind keine Extremwerte, trotzdem ist die erforderliche Speichertiefe schon recht beachtlich und nicht bei jedem Analysator verfügbar. 5.5.5 Rechenzeit für den FFT-Algorithmus Die effektive Rechenzeit wird durch zwei Faktoren wesentlich mitbestimmt - die Rechengeschwindigkeit des Prozessors und der Rechenaufwand für den verwendeten Algorithmus. Im Vergleich zu Spezialanwendungen, wo eine diskrete Fouriertransformation (DFT) erforderlich ist (Datensätze, die sich nicht mit der erforderlichen Genauigkeit auf eine Datenanzahl von 2 n zurückführen lassen - z.B. winkelabhängige Datensätze mit n* 360) bietet das als Fast Fourier Transformation (FFT) bekannte Verfahren eine erhebliche Rechenzeitersparnis. Soll diese Transformation mit PC-basierter Hard- und Software erfolgen, ist zusätzlich die Wahl des Prozessortyps entscheidend für eine kurze Rechenzeit. Der FFT- Algorithmus beinhaltet eine Vielzahl von Multiplikationen mit anschließenden Additionen. Eine Vielzahl von Prozessortypen führt eine Multiplikation als eine Reihe von einzelnen Shift- und Additionsoperationen aus. Es werden also mehrere hundert Prozessorzyklen benötigt, um eine einzelne Multiplikation auszuführen. Im Gegensatz dazu sind digitale Signalprozessoren (DSP) speziell für solche mathematischen Operationen optimiert. Sie weisen eine hardwaremäßig integrierte Multiplikationseinrichtung auf und führen die Multiplikation samt Addition in einem Maschinenzyklus aus. Bei geringen Anforderungen an die Rechengeschwindigkeit (Signaltransformation vom Zeitbereich in den Frequenzbereich mittels FFT-Algorithmus), z.B. 800 Linien- Spektren in Zehntel-Sekunden-Intervallen, wird eine Datenerfassungskarte ohne eigenen Prozessor ausreichend sein. Sind kürzere Rechenzeiten erforderlich und/ oder eine wesentlich höhere Linienanzahl der Spektren erwünscht so ist eine Datenerfassungskarte mit eigenem Prozessor, wenn möglich mit einem DSP oder DSP- 135 <?page no="150"?> Emulator zu verwenden. Mit einem modernen DSP sind Spektren mit hoher Linienanzahl (> 4096) in ms-Intervallen und darunter berechenbar. 5.6 Modellbasierte Frequenzanalyse Fouriertransformation und FFT-Analysator bilden heute eine breite Basis für Schwingungsanalysen nicht nur im Bereich der Zustandsüberwachung und Diagnose. Wegen der strikten Zusammenhänge der Fouriertransformation, vor allem was die Zusammenhänge Messzeit - Frequenzauflösung bzw. Abtastrate - Frequenzbereich betrifft, stößt man hier bisweilen an Grenzen, die man oft gerne überwunden hätte. Im Grunde genommen keine einfach zu lösende Aufgabe, da die Zusammenhänge meist physikalischer Natur sind. Zur Lösung solcher Aufgaben wurde eine Reihe von Verfahren entwickelt, die auch bereits Eingang in die praktische Anwendung gefunden haben. Als prominentestes Beispiel sei hier die Ordnungsanalyse (Order-Tracking) nach dem Vold-Kalman- Verfahren genannt, die in Abschnitt 10.6 noch eingehend behandelt wird. Das Vold-Kalman-Filter kann unter die Verfahren einer so genannten modellbasierten Frequenzanalyse eingereiht werden, bei der die Analyse unter bestimmten Modellannahmen über das Signal hinsichtlich Auflösung oder Geschwindigkeit verbessert werden kann. Beim Order-Tracking ist dies die Annahme, dass wesentliche Schwingungskomponenten feste Ordnungen einer Drehfrequenz in der Maschine sind, die Frequenzen also proportional der Drehfrequenz verlaufen. Super-Resolution Spectral Analysis Zur Trennung eng benachbarter Frequenzkomponenten oder ganz allgemein zur genauen Frequenzbestimmung mittels FFT ist nach den Ausführungen von Abschnitt 5.2 ein hinreichend großer Zeitdatenblock erforderlich, damit die gewünscht Auflösung erzielt werden kann. Für hochauflösende Frequenzanalysen auf Basis kleinerer Datensätze wurde eine Reihe von Verfahren entwickelt, die allerdings einen Modellansatz für das Signal benötigen. Für stationäre Maschinenschwingungen sind solche Ansätze in den meisten Fällen jedoch durchaus plausibel (z. B. Ansatz einer Komponente als Sinusfunktion). Im einfachsten Fall setzt man die Schwingung als harmonische Funktion an und bestimmt die Parameter Amplitude, Frequenz und Phase aus den Messwerten über Regression. Für den aufmerksamen Leser dieses Kapitels eigentlich durchaus nichts Neues - die Frequenzkorrektur des Picket-Fence-Effekts von Abschnitt 5.3.1.5 beruht implizit auf einem solchen Ansatz. Einen interessanten Überblick über einschlägige Verfahren, wie sie auch in verschiedenen Softwarepaketen angeboten werden, findet man in [70]. 136 <?page no="151"?> 6 Einführung zu Fehlererkennung und Diagnose 6.1 Grundsätzliche Methoden Von eigentlichem Interesse für Fehlererkennung und Diagnose sind, wie schon an früherer Stelle (Abschnitt 3.2) gesagt, innere Kräfte in der Maschine bzw. die damit einhergehenden Energien, Größen also, die sich der direkten Messung entziehen. Durch Schwingungsmessung und -analyse versucht man daher, sich ein Bild dieser Kräfte zu verschaffen, aus dem man ihre Struktur, die Ursachen ihrer Entstehung, ihr zeitliches Verhalten ablesen kann. Da also die absolute Messbarkeit dieser Kräfte nicht gegeben ist, ist man auf vergleichende Verfahren angewiesen. Dabei gibt es wieder grundsätzlich zwei Varianten, nämlich Trendanalyse Vergleich mit festen Grenzwerten Zunächst sollen beide Methoden auf ihre grundsätzliche Brauchbarkeit zur Fehlererkennung betrachtet werden. 6.1.1 Vergleich mit festen Grenzwerten Die Schwingungsmesstechnik hat recht spät im Maschinenbauwesen Einzug gehalten, zieht man etwa einen Vergleich mit der Elektrotechnik. Als erster Schritt wurde zunächst der Versuch unternommen, verschiedene Maschinen nach ihrem Schwingungsverhalten zu klassifizieren, im einfachsten Fall aus der Schwingstärke 35 abzulesen, ob der Laufzustand als gut oder als schlecht zu beurteilen sei. Schon bald wurde damit begonnen, Mess- und Beurteilungsverfahren auf nationaler und internationaler Ebene zu standardisieren, um die Vergleichbarkeit der einzelnen Messergebnisse zu gewährleisten. Die wichtigsten einschlägigen Normen und Richtlinien wurden schon in Abschnitt 1.5 vorgestellt. Ihnen ist auch das gesamte Kapitel 16 gewidmet, auf die entsprechenden Literaturzitate wird daher in diesem Abschnitt verzichtet. Auf Basis dieser Standards wurden und werden oft auch Überwachungssysteme aufgebaut, z. T. sind sie sogar von vornherein im Pflichtenheft einer neuen Maschine definiert (z. B. im Bereich Turbomaschinen). Jedoch: In keinem Fall ist hier eine Fehlerfrüherkennung erklärtes Ziel, die Möglichkeit der Fehlerdiagnose ist von vornherein auch nicht vorgesehen. Für die Anwendung werden in diesen Normen zwei Zielrichtungen angegeben: Betriebsüberwachung Abnahmeprüfung 35 Die Schwingstärke ist definiert als der breitbandig gemessene Effektivwert der Schwinggeschwindigkeit 137 <?page no="152"?> Die Betriebsüberwachung geht in Richtung Überwachung des dynamischen Gesamtzustandes. Die Überwachung soll eine Verschlechterung des Laufzustandes melden, damit rechtzeitig (also schnell) Gegenmaßnahmen zur Abwehr von Gefahren oder größeren Schäden getroffen werden können. Ein solches Überwachungssystem kann auch mit einer automatischen Abschaltvorrichtung für besonders gefährdete Anlagen kombiniert sein. Die Grenzwerte werden auch als Richtwerte für Abnahmeprüfungen empfohlen. Sämtliche der heute standardisierten Verfahren arbeiten mit breitbandig gemessenen Schwingungspegeln, Frequenzanalysen sind nicht vorgesehen. Damit sind die Möglichkeiten einer Langzeitprognose bezüglich des Laufzustandes und gar die einer Fehlerdiagnose im Frühstadium praktisch kaum gegeben. Es wäre jedoch grundsätzlich falsch, Überwachungssysteme dieser Art, die sich im industriellen Einsatz bewährt haben, gegenüber einem Diagnosesystem abzuqualifizieren oder gar in Frage zu stellen. Sie bieten wirksamen Schutz bei vielen gefährlichen Defekten. Eine moderne Maschinenüberwachung sollte daher beide Methoden, die breitbandige Überwachung nach den standardisierten Verfahren und die frequenzselektive Überwachung zur Fehlerfrüherkennung nebeneinander umfassen. Aufgabenstellung und Zielrichtung sind in beiden Fällen verschieden. Wenn sie sich einmal überschneiden, ist dies bestimmt nicht als Nachteil zu sehen. Vorreiter breitbandiger Schwingungsbeurteilung war die deutsche Richtlinie VDI 2056 [N.51], aus der die heute aktuellen DIN ISO-Normen hervorgegangen sind. Bild 6.1 zeigt als informatives Anschauungsbeispiel das Beurteilungsschema für so genannte Lagerschwingungen (Schwingungen an nicht rotierenden Bauteilen) nach dieser mittlerweile zurückgezogenen Richtlinie 36 , Hinweise auf die entsprechende aktuelle Norm DIN ISO 10816 findet man in den Abschnitten 1.5.1 und in Kapitel 16. In dieser Richtlinie wird der im Frequenzbereich zwischen 10 Hz und 1000 Hz breitbandig gemessene Schwingungspegel zur Beurteilung des Laufzustandes herangezogen und zwar abhängig von der Baugröße der Maschine. Jede der Beurteilungsklassen (mit Ausnahme der am Rand gelegenen) hat eine Breite von 8 dB entsprechend einem Faktor von 2,5. Damit wird auch schon hier klar, dass einerseits die Änderung des Schwingungspegels eine Zustandsverschlechterung anzeigen wird und dass sich andererseits für den Amplitudenmaßstab eine logarithmische Skale geradezu anbietet. Zwar musste die ursprüngliche Zielsetzung, hier allgemeingültige Richtwerte zur Klassierung des Laufzustandes auf Basis einer einfachen Messtechnik zu gewinnen, später deutlich zurückgeschraubt werden. Das Verfahren erwies sich als ungeeignet für gleitgelagerte Maschinen. Es hat aber dennoch auch heute noch seinen festen Platz. In DIN ISO 7919 - hervorgegangen unter anderem aus der deutschen Richtlinie VDI 2059 - wird das Thema Messung und Beurteilung von Wellenschwingungen ebenfalls auf breitbandiger Basis unter dem gleichen Aspekt behandelt. Grundlage ist die Messung der Wellenbewegung absolut oder relativ zum Maschinengehäuse, Messgröße ist der Schwingweg, vorwiegend erfasst über berührungslose Aufnehmer. Auch hier sind Schadensfrüherkennung und Fehlerdiagnose nicht primäres Ziel. Es geht wieder um die gleichen Zielsetzungen, nämlich 36 Dieses Bild wurde wegen seiner besonderen Anschaulichkeit dennoch beibehalten 138 <?page no="153"?> Bild 6.1: Beurteilung des Laufzustandes nach VDI 2056 139 <?page no="154"?> Betriebsüberwachung Abnahmeprüfung Die Stärke eines solchen Systems liegt vor allem darin, dass bestimmte kritische Größen, wie z.B. Schmierspaltstärke oder Abstand Rotor - Gehäuse direkt, ohne Umwege erfasst werden können; ein kritischer Zustand (Anstreifen) ist damit also besonders schnell und sicher zu erkennen. Die Biegeschwingung der Welle lässt sich mit einem solchen Messsystem nach Biegelinie und Biegeschwingungsfrequenzen gut erfassen, was Aufschluss über so manchen gefährlichen Fehler geben kann. Auch eine Reihe weiterer Fehler werden von einem solchen System gut indiziert - viele Lagerfehler - in der Regel jedoch nicht im Sinne einer Früherkennung [15]. Hinweise auf diese Richtlinie findet man in Kapitel 16. 6.1.2 Trendanalyse Bei der Trendanalyse wird die Schwingung für jeden Messpunkt fortlaufend beobachtet. Solange sie ein stabiles Verhalten aufweist, das Schwingungsbild sich mit der Zeit also nicht gravierend verändert, kann man annehmen, dass sich die Maschine in einwandfreiem Zustand befindet. Starke Veränderungen im Schwingungsbild - meist Anwachsen der Pegel, in Einzelfällen aber auch Absinken - deuten auf einen sich entwickelnden Fehler hin. Wie äußert sich nun ein Fehler im Frühstadium, in einem Stadium, in dem er zwar einen Betrieb der Maschine in der Regel noch zulässt, vielleicht sogar noch über einen längeren Zeitraum, aber von jetzt ab doch mit sich ständig verschlechterndem Laufzustand? Der Fehler ist in der Regel einer bestimmten Komponente im System zuzuordnen, einer bewegten Komponente, und wird sich daher im Schwingungsspektrum vorwiegend in den dieser Komponente zuzuordnenden Frequenzen äußern (Bild 6.2). Ist diese Komponente von vornherein im Schwingungsbild dominierend, hat man Glück: Auch mit einer breitbandigen Messung - der Breitbandpegel wird ja vorwiegend von der höchsten Komponente bestimmt - wird sich der Fehler schon frühzeitig durch Anwachsen des Pegels bemerkbar machen. Was aber, wenn die den Fehler anzeigende Komponente nicht dominierend im Spektrum ist? Schon früher wurde ausgeführt, dass im ursprünglichen Kräftebild wesentliche Anteile durch Modifikation auf dem Übertragungsweg im Schwingungsbild vielleicht zunächst ganz untergeordnet erscheinen. Bild 6.2 zeigt einen solchen hypothetischen Fall. Links oben im Diagramm die Breitbandpegel, gemessen an einer gedachten Maschine zu vier Zeitpunkten 1, 2, 3 und 4. Bei Messung 4 wird ein Ansteigen des Pegels festgestellt - eine Verschlechterung des Laufzustandes. Anders im Bild rechts daneben: Hier wurden die Spektren zu denselben Zeitpunkten eingezeichnet. Wie man sieht, ist hier von 1 bis 4 ein ständiges Anwachsen einer zunächst untergeordneten Komponente, also eine ständige Verschlechterung des Laufzustandes festzustellen, jetzt aber bereits ab einem wesentlich früheren Zeitpunkt. Wie sieht nun die Zukunft aus in unserem gedachten Beispiel. Bei der Trendanalyse versucht man folgenden Weg zu gehen: Ein zulässiger Grenzwert wird festgelegt, aus konstruktiven oder vielleicht aus produktionstechnischen Gründen. Aus den einzelnen Messergebnissen wird man nun versuchen, durch Extrapolation den Zeitpunkt abzuschätzen, zu dem der kritische Laufzustand erreicht sein wird. 140 <?page no="155"?> Links unten in Bild 6.2 wieder die Verhältnisse bei der Breitbandmessung: Zum Zeitpunkt 4 hat man für eine Extrapolation keine ausreichende Information, da nicht feststeht, wann die Verschlechterung eingesetzt hat. Bei der spektralen Überwachung - wieder rechts daneben im Bild - liegen dafür jedoch zu diesem Zeitpunkt extrapolationsfähige Daten vor. Bild 6.2: Identifikation eines Fehlers im Schwingungsbild Dass diese Überlegungen allgemeingültig sein müssen, ist eigentlich unmittelbar klar und wird auch durch die heute vorliegenden Erfahrungen bestätigt. Für die gegebene Aufgabenstellung ist daher folgender Schluss zu ziehen: Als messtechnische Grundlage für eine wirksame Schadenfrüherkennung und Fehlerdiagnose kommt in erster Linie die Trendanalyse am schmalbandig analysierten Schwingungssignal (Schwingungsspektrum) in Betracht. Aufgabe der Frequenzanalyse ist das Zerlegen eines komplexen Schwingungssignals in seine Leistungsanteile bei verschiedenen Frequenzen. Zur Überwachung des Laufzustandes einer Maschine ist dieses Verfahren sehr gut einsetzbar. Die Erfah- 141 <?page no="156"?> rung zeigt, dass eine Maschine in gutem Zustand auch ein zeitlich gesehen stabiles Schwingungsspektrum zeigt. Durch Verschleiß oder durch sich langsam entwickelnde Fehler wird sich aber auch das Schwingungsspektrum ändern. Kann man, was in der Regel der Fall ist, eine Zuordnung zwischen der betreffenden spektralen Komponente und einem Bauteil in der Maschine treffen, wird überdies noch eine Fehlerdiagnose möglich. Bild 6.3: Identifikation von Schwingungsquellen mittels Frequenzanalyse. Bei bekannter Kinematik ist der Zusammenhang zwischen Lage des Maximums im Spektrum und Quelle meist leicht zu finden. Grundlage für den Einsatz der Frequenzanalyse ist also einfach der Zusammenhang, dass sich verschiedene Fehler innerhalb der Maschine in ganz bestimmten Frequenzen im Schwingungsspektrum widerspiegeln. Periodisch ablaufende Vorgänge in Zahnradgetrieben, Lagern können im Frequenzbereich einwandfrei identifiziert werden. Voraussetzung dafür ist natürlich eine genaue Kenntnis der Kinematik der in Frage kommenden Maschine: Wellendrehzahlen, Zahneingriffsfrequenzen, Zähnebzw. Schaufelzahlen, Lagergeometrie etc. müssen bekannt sein. 142 <?page no="157"?> 6.2 Fehler und ihr spektrales Erscheinungsbild 6.2.1 Fehler an Rotoren und Wellen Die häufigsten Fehler im Bereich von Wellen und Rotoren sind allgemein bekannt: Unwucht und Ausrichtfehler Unwucht verursacht eine erhöhte Schwingung exakt mit der Wellendrehzahl, vorwiegend in radialer Richtung. Ausrichtfehler - z. B. ein starr gekoppeltes Wellenpaar mit nicht fluchtenden Achsen - verursachen Schwingungen vorwiegend mit der Drehfrequenz, meistens begleitet von den niedrigen Harmonischen; axiale und radiale Schwingungsrichtung können gleichermaßen beobachtet werden. Bei Kupplungen tritt gerne die Symmetrie der Kupplung im Spektrum zu Tage. Ausrichtfehler in Lagern zeigen ein ähnliches Erscheinungsbild, ausgenommen, dass jetzt auch eine verstärkte Tendenz zum Auftreten höherer Harmonischer besteht. Eine verbogene Welle ist im Prinzip ebenfalls ein Ausrichtfehler spezieller Art; das Erscheinungsbild entsprechend: drehfrequente Schwingungskomponenten, meistens begleitet von den niedrigen Harmonischen. Bild 6.4 zeigt ein Beispiel aus der Praxis: Den Effekt eines Ausrichtfehlers in einem Zahnradgetriebe. Die beiden Wellen mit den Drehfrequenzen 50 Hz und 85 Hz waren ursprünglich schlecht ausgerichtet. Nach der Reparatur zeigt sich im Spektrum eine deutliche Reduktion der Schwingungspegel bei 50 Hz, 85 Hz und 170 Hz; die 100 Hz-Komponente blieb dagegen praktisch unverändert, was zunächst erstaunlich scheint, sucht man sie als Harmonische der 50 Hz-Drehfrequenz zu deuten. Der Grund: Diese Komponente ist auch die erste Harmonische der Netzfrequenz (als Antrieb dient ein zweipoliger Synchronmotor). Eine solche, rein elektrisch erregte Komponente führt vor allem im Bereich elektrischer Maschinen immer wieder zu Schwierigkeiten bei der Diagnose, da hier elektrisch induzierte Schwingungen bzw. Störsignale und Harmonische der Drehfrequenz identisch (Synchronmaschine) sind oder sehr nahe benachbart (Asynchronmaschine) liegen. Siehe auch Abschnitt 6.2.3). Der Grund für den höher liegenden breitbandigen Hintergrundpegel bei der Erstmessung nach Bild 6.4 liegt hier lediglich an den in beiden Fällen verschiedenen Messtechniken: Vor der Reparatur war ursprünglich die Beschleunigung auf Band aufgezeichnet und später zur Geschwindigkeit integriert worden, nach der Reparatur wurde die Geschwindigkeit direkt gemessen 37 . Angerissene Wellen Wellenanrisse äußern sich im Ansteigen von drehfrequenter Komponente und erster Harmonischer. Bei atmendem Riss treten bisweilen auch Subharmonische auf. Phasenmessung Über eine Phasenmessung lässt sich bei drehfrequenten Schwingungen zwischen einer pendelnden Welle, einer Schwingung zufolge gebogener Welle sowie zwischen statischer und dynamischer Unwucht unterscheiden, wie in den nachfolgenden schematischen Darstellungen gezeigt wird (Bild 6.5 und Bild 6.6). 37 Ein Negativbeispiel, wie man es nicht machen sollte 143 <?page no="158"?> 144 <?page no="159"?> Bild 6.4: Spektrum eines einstufigen Zahnradgetriebes mit Ausrichtfehler (oben) und nach der Reparatur (unten) 145 <?page no="160"?> Bild 6.5: Pendelbewegung einer geraden Welle (oben) und Schwingungsbild zufolge verbogener Welle (unten) Bild 6.6: Typische Schwingungsbilder bei statischer und dynamischer Unwucht 146 <?page no="161"?> 6.2.2 Lagerfehler 6.2.2.1 Gleitlager Typische Fehler, die man bei Gleitlagern findet, sind Öl-Whirl lose Komponenten (Spiel) Hysterese-Whirl Beim Öl-Whirl handelt es sich um eine selbsterregte Schwingung im Ölfilm, die meist bei leichten Rotoren und hohen Drehzahlen auftritt. Die Schwingungsrichtung ist vorwiegend radial, die Frequenz liegt im Bereich von etwa 42% bis 48% (jedenfalls < 50%) der Drehzahl. Ursachen sind hauptsächlich Überlastung, Schmiermittelfehler oder schlechte Lagereinstellung. Ölfilm-Whip ist eine Lagerinstabilität, die oft im Zusammenhang mit Whirl auftritt. Die Schwingung tritt mit der Lager-Eigenfrequenz auf und bleibt bei weiterem Erhöhen der Drehzahl mit dieser Frequenz aufrecht. Kann zur Zerstörung führen [66]. Lose Lagerkomponenten oder unzulässig hohes Lagerspiel zeigen sich im verstärkten Auftreten vorwiegend radialer Schwingungen mit der Drehfrequenz, deren Harmonischen sowie von Interharmonischen und Subharmonischen (nicht ganzzahligen Vielfachen bzw. Bruchteilen der Drehfrequenz). Hysterese-Whirl ist eine selbsterregte Schwingung, verursacht durch Hysterese (z. B. innere Reibung) in mechanischen Verbindungen im Rotorbereich. Die Schwingungsrichtung ist vorwiegend radial. Typisch ist die Anregung dieser Schwingungen beim Durchfahren der kritischen Wellendrehzahl; bei weiterem Erhöhen der Drehzahl bleibt diese Schwingung mit unveränderter Frequenz aufrecht. Ein Beispiel zu diesem Komplex zeigt Bild 6.7: Schwingungsspektren, gemessen an einem Kompressor vor und nach einer Reparatur. Nach der Reparatur war ein Gleitlager schlecht montiert worden, was das Auftreten der halbzahligen Vielfachen der Drehfrequenz (Subharmonische und Interharmonische) im unteren Spektrum zur Folge hatte. Selbsterregte Schwingungen Das grundsätzliche Erscheinungsbild einer Lagerinstabilität (Whip) ist in Bild 6.8 skizziert: Die (im dargestellten Beispiel) zunächst drehzahlsynchrone Lagerschwingung bleibt nach dem Durchfahren der Resonanz in der Frequenz stabil. Schwingungsverhalten von solcher Charakteristik ist typisch für selbsterregte Schwingungen zufolge von Instabilitäten. Sie treten hier vor allem bei unbelasteten Lagern auf, z. B. Gleitlager von Vertikalmaschinen (Wasserturbinen). Unbelastete Lager können auch ungewollt bei mehrfach statisch unbestimmt gelagerten Maschinen auftreten. Weitere Hinweise über die Identifikation von selbsterregten Schwingungen werden noch in Kapitel 10 vorgestellt (siehe Abschnitt 10.3.3, Campbelldiagramm). 147 <?page no="162"?> 148 <?page no="163"?> Bild 6.7: Auftreten von Subharmonischer und interharmonischen Schwingungskomponenten zufolge Lose im Gleitlager nach einer Reparatur 149 <?page no="164"?> Bild 6.8: Lagerinstabilität (Whip) - Prinzipskizze. Beim Erhöhen der Drehzahl über die Resonanzfrequenz hinaus bleibt die Frequenz der Schwingung konstant. 150 <?page no="165"?> 6.2.2.2 Wälzlager Bild 6.9: Erscheinungsbild von diskreten Einzelfehlern in Wälzlagern (Zeitsignale) Diskrete Fehler in Kugel- oder Rollenlagern führen bei der Drehbewegung zu einer Folge impulsförmiger Stoßanregungen. Bild 6.9 zeigt das Schwingungsbild solcher Fehler im Schema. Bei jedem Überrollen des Fehlers erfolgt ein Stoßimpuls. Die Impulsfrequenz lässt sich aus Lagergeometrie und Drehzahl leicht berechnen bzw. zuordnen (siehe Bild 6.10). Wegen des impulsförmigen Charakters wird das Einzelereignis reich an hochfrequenten Komponenten sein (dominiert von den angeregten Lagerresonanzen), die Komponente mit der Wiederholfrequenz selbst wird im Spektrum nur untergeordnete Bedeutung haben. Bildet man jedoch die Hüllkurve über die Impulsfolge, so wird in dieser die Impulsfrequenz selbst mit ihren Harmonischen dominieren. Passiert der Fehler beim Überrollen unterschiedliche Lastzonen, kann die Impulsfolge mit Amplitudenmodulation auftreten (Bild 6.9 rechts). Entsprechende Analyseverfahren werden in Abschnitt 7.1 speziell behandelt. 151 <?page no="166"?> Bild 6.10: Zusammenhang zwischen Impulsfrequenz und Lage des diskreten Fehlers. Die tatsächlichen Frequenzen werden zufolge Schlupf im Allgemeinen etwas tiefer liegen. Das Auftreten von Seitenbändern durch Amplitudenmodulation ist ggf. zusätzlich zu beachten 6.2.3 Magnetisch induzierte Schwingungen Magnetische Kräfte sind eine wesentliche Schwingungsquelle bei elektrischen Maschinen. Eine Ursache ist das rotierende Magnetfeld, welches Wechselkräfte im Stator der Maschine erzeugt (Bild 6.11). Wegen der symmetrischen Bedingungen für magnetischen Nord- und Südpol ist die dominierende Frequenz gleich der doppelten Netzfrequenz (der so genannten Polpassierfrequenz). In gleicher Weise äußern sich magnetostriktive Kräfte im Schwingungsspektrum. Man beachte noch, dass die magnetisch induzierten Kräfte proportional sind dem Quadrat des elektrischen Stromes, dass man also bei solchen Schwingungen mit einer starken Lastabhängigkeit zu rechnen haben wird. Bei der Asynchronmaschine liegt die Drehfrequenz immer etwas unterhalb der Synchronfrequenz, jedoch nur geringfügig. Bild 6.12 zeigt als Beispiel Schwingungsspektren gemessen an einem Asynchronmotor. Die schmalbandigere Analyse (Frequenzlupenspektrum) trennt die höhere, magnetisch induzierte 100 Hz-Komponente von der durch einen Ausrichtfehler hervorgerufenen 99,6 Hz-Komponente (= doppelte Drehfrequenz). 152 <?page no="167"?> Bild 6.11: Entstehung magnetisch induzierter Schwingungen mit der doppelten Netzfrequenz (Polpassierfrequenz) Wie man aus den Beispielen (vgl. auch Bild 6.4) unschwer sieht, wird die Trennung von Drehklangkomponenten und magnetisch induzierten Schwingungen bzw. die Unterscheidung zwischen mechanischen Fehlern und magnetischen Kräften bei elektrischen Maschinen oft ein Problem sein. Was ist zu tun? Im Fall der Asynchronmaschine wird eine Frequenzlupenanalyse zur Trennung wegen des geringen Frequenzunterschiedes meist ausreichen. Ist dies nicht der Fall oder prinzipiell nicht möglich, wie bei der Synchronmaschine, hilft im Zweifelsfall nur eines: Abschalten der Maschine und Frequenzanalyse unmittelbar im Anschluss. Die magnetisch induzierten Schwingungen sind in diesem Stadium verschwunden, Schwingungen zufolge mechanischer Fehler bleiben jedoch nach wie vor aufrecht. Bei Großgeneratoren (vor allem mit horizontaler Welle) kann durch Unrundheit von Stator und Rotor und die damit verbundene periodische Veränderung des Luftspaltes die netzfrequente Schwingung bzw. die Polpassierfrequenz mit der Drehfrequenz moduliert werden, es treten dann noch Seitenbänder im Abstand der Drehfrequenz auf. (Die Seitenbandanalyse wird in Kapitel 7 und Kapitel 8 an Hand von Zahnradgetrieben noch eingehend behandelt.) 153 <?page no="168"?> 154 <?page no="169"?> Bild 6.12: Schmalbandspektren gemessen an einem Asynchronmotor, einmal mit Basisanalyse (oben), einmal mit Frequenzlupe (unten) 155 <?page no="170"?> 6.2.4 Zahnradgetriebe Bei Zahnradgetrieben hat man es mit gegenüber den bisher besprochenen Mechanismen mit einem grundsätzlich anderen Erscheinungsbild zu tun. Während etwa bei Unwucht oder Lagerschwingungen zumindest theoretisch ein schwingungsfreier Idealzustand existiert, treten bei Zahnradgetrieben auch im fehlerfreien Zustand bereits starke Schwingungen auf. Fehlerindikator ist also in diesem Fall nicht das Auftreten einer Schwingung an sich sondern die Modifikation des Grundzustandes. Das ergibt zur Beurteilung ganz spezifische Gesichtspunkte. Schwingungen ausgehend von kämmenden Zahnrädern treten meist dominierend in Erscheinung. Ihre Ursachen sind vielfältig. Beim fehlerfreien Zahnrad werden sie vor allem durch die Zahndeformation unter Last hervorgerufen. Da die Zahndeformation stark lastabhängig ist, werden es folgerichtig auch die entsprechenden Schwingungen sein. Daher ist es besonders bei der Schwingungsüberwachung von Zahnradgetrieben wichtig, zum Vergleich nur unter identischen Lastbedingungen gewonnene Daten heranzuziehen. Bei Zahnradfehlern, die zusätzliche Schwingungsquellen darstellen, ist prinzipiell zu unterscheiden zwischen rundum verteilten Fehlern (gleichmäßige Abnützung) und lokalen Fehlern (beschädigter Einzelzahn). Gleichmäßig über den Umfang verteilte Abnützung (Verschleiß) eines Zahnrades äußert sich im Schwingungsspektrum durch Anwachsen der Komponenten mit der Zahneingriffsfrequenz (= Drehfrequenz x Zähnezahl) und deren Harmonischen, wobei die Harmonischen mit steigender Frequenz typischerweise stärker zunehmen. Bild 6.13 zeigt dazu wieder ein praktisches Beispiel: Man beachte vor allem die Abnahme der 2., 3. und 4. Harmonischen zufolge der Reparatur. Fehler in der Verzahnung zeigen sich im Spektrum außerdem fast immer durch das Auftreten von Seitenbandkomponenten beiderseits der Zahneingriffsfrequenz und ihrer Harmonischen, das sind Spektrallinien im Abstand von ganzzahligen Vielfachen der Drehfrequenzen. Eine feinere Analyse am gleichen Getriebe wie zuvor zeigt zwei solcher Seitenbandfamilien, eine mit einem Abstand von 8,3 Hz, eine andere mit einem von 25 Hz (siehe Bild 6.14). 8,3 Hz ist in diesem Fall die Drehfrequenz des Ritzels, die 25 Hz-Komponente wurde, wie sich später gezeigt hatte, durch eine leicht dreieckige Form des Ritzels hervorgerufen, die ihrerseits eine Modulation der Zahneingriffsschwingung mit der dreifachen Drehfrequenz nach sich gezogen hatte. Auf die Erscheinung von Seitenbändern, auf die in Bild 6.13 als Geisterkomponente bezeichnete Erscheinung sowie auf die Fehlerdiagnose an Zahnradgetrieben wird in Kapitel 7 Abschnitt 7.2 noch näher eingegangen. 6.3 Diagnosekarte Alle bisher beschriebenen Fehler sind in einer so genannten Diagnosekarte nach Tabelle 3.1 am Ende dieses Abschnittes (Seite 160) noch einmal in tabellarischer Form zusammengefasst. Dort findet man eine Kurzbeschreibung des Fehlers, dominierende Schwingungsfrequenzen und -richtungen und schließlich einige Bemerkungen zum jeweiligen Fehlertyp. 156 <?page no="171"?> Bild 6.13: Schwingungsspektren eines Zahnradgetriebes vor und nach der Sanierung 157 <?page no="172"?> 158 <?page no="173"?> Bild 6.14: Das Auftreten von Seitenbändern um die Zahneingriffsfrequenz und deren Harmonische als Folge von Zahnradfehlern (Seite 156) 159 <?page no="174"?> Tabelle 6.1: DIAGNOSEKARTE ZUR FEHLERSUCHE AUF GRUND VON SCHWINGUNGEN Schadensursache Dominante Frequenz = n[U/ min]/ 60[s/ min] Richtung Bemerkungen Unwucht an rotierenden Teilen 1 x n radial Gewöhnlich Ursache bei sehr starken Schwingungen von Maschinen Fluchtfehler & verbogene Welle gewöhnlich n oftmals 2 n manchmal 3 & 4 x n radial & axial Häufige Fehlerquelle Beschädigte Wälzlager (Kugeln, Rollen usw.) Stoßimpulse für die individuellen Lagerkomponenten* auch Schwingungen bei sehr hohen Frequenzen (20 bis 60 kHz) radial & axial Ungleichmäßige Schwingungspegel, oft mit Stößen. *Stoßimpulse: 160 <?page no="175"?> Gleitlager - Lagerspiel Subharmonische der Wellendrehzahl, exakt 1/ 2 oder 1/ 3, Interharmonische hauptsächl. radial Spiel kann sich nur bei Betriebsdrehzahl und Betriebstemperatur auswirken (Turbomaschinen) Gleitlager - Ölfilm Whirl Etwas weniger als die halbe Drehfrequenz (42% bis 48%) hauptsächl. radial Bei hochtourigen Maschinen (Turbomaschinen) Hysterese Whirl (Oil Whip) Kritische Wellendrehzahl hauptsächl. radial Schwingungen werden beim Durchfahren der kritischen Drehzahl angeregt und bleiben bei weiterer Drehzahlsteigerung mit der Eigenfrequenz erhalten. Ursache oft innere Reibung (Blechpakete bei el. Maschinen) - fixieren. Beschädigte oder verschlissene Zahnräder Zahneingriffsfrequenzen / Drehzahl x Zähnezahl) und Harmonische radial & axial Seitenbänder um die Zahneingriffsfrequenzen im Abstand von Vielfachen der Drehfrequenz deuten auf Modulation (zufolge Exzentrizität oder Zahnschaden) hin. Nur mit schmalbandigen Analyse oder Cepstrum auffindbar. Mechanisches Spiel 2 x n Auch Harmonische und Subharmonische Schadhafter Riemenantrieb 1, 2, 3 & 4 x n der Riemenfrequenz radial Oft entspricht die Frequenz keiner der Drehfrequenzen im System (kein Formschluss) Kurbeltriebe, Kupplungen Drehzahl und Vielfache radial Konstruktionsbedingte Schwingungen (kein Fehler) Erhöhte Turbulenz Schaufel- Passierfrequenzen und Harmonische Elektrisch induzierte Schwingungen Synchronfrequenz und Vielfache (exakt) radial & axial Verschwinden beim Abschalten der Stromzufuhr 161 <?page no="176"?> 7 Diagnose an Lagern und Getrieben 7.1 Fehler in Wälzlagern 7.1.1 Erscheinungsbild der Fehler Wie schon früher besprochen, erzeugen diskrete Fehler in den verschiedenen Elementen eines Kugel- oder Rollenlagers eine Folge von Einzelstößen, deren Wiederholfrequenz durch den Ort des Fehlers bestimmt ist - Außenring, Innenring oder Wälzkörper (Abschnitt 6.2.2.2). Die eigentlichen Impulse sind jeweils sehr kurz, vor allem im Anfangsstadium, wenn der Fehler noch mikroskopisch klein von der Ausdehnung her ist. Der Frequenzbereich im Spektrum geht daher hoch hinauf, bis zu Frequenzen der Größenordnung 300 kHz. Die Stöße regen verschiedene Resonanzen im System an - vorwiegend Strukturresonanzen von Lagerkomponenten - und auch die Resonanz des piezoelektrischen Aufnehmers selbst, der zu ihrer Erfassung eingesetzt ist. Im Schwingungsbild tritt demnach eine regelmäßige Folge von so genannten Bursts auf. Es sind dies Ausschwingvorgänge nach Anstoßen des Systems bei Passieren des Fehlers, in deren Spektrum die genannten Resonanzfrequenzen dominieren, siehe Bild 7.1. Natürlich ist dieses Bild idealisiert. In der Realität wird diese Burstfolge von anderen Komponenten im Schwingungsbild weitgehend überdeckt sein. Das Problem besteht jetzt darin, zur Analyse einen Frequenzbereich zu finden, in dem das Lagerschwingungsgeräusch gegenüber dem Hintergrund dominiert. Eine bessere Indikation der Impulsfolgefrequenz wird man durch Analyse der Einhüllenden der Folge bekommen, wie in Bild 7.1 ebenfalls schematisch dargestellt. Nach einer Bandpassfilterung, die die Impulsfolge aus dem Hintergrund herausheben soll (der optimale Frequenzbereich wird am besten experimentell zu bestimmen sein), wird das Zeitsignal gleichgerichtet (Bildung der Einhüllenden), das gleichgerichtete Signal wird anschließend einer FFT-Analyse unterworfen. Im resultierenden Spektrum wird die Impulsfrequenz (= Fehlerfrequenz) durch ein Muster von Harmonischen charakterisiert. In Abschnitt 7.1.2.4 wird dieses Verfahren noch näher erläutert, ein praktisches Beispiel wird vorgestellt. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal: Tritt (bei horizontaler Welle und feststehendem Außenring) der Fehler im Außenring auf, liegt er stets in der Zone gleicher Belastung, die Spitzenwerte der Burstfolge werden gleichmäßig sein (Bild 7.1 links). Ein Fehler in Wälzkörper oder Innenring durchwandert abwechselnd verschiedene Belastungszonen, die Burstfolge ist dementsprechend amplitudenmoduliert (rechts in Bild 7.1). Die Verhältnisse bei anderer Lagergeometrie kann sich der Leser leicht selbst ableiten. 162 <?page no="177"?> Bild 7.1: Das Erscheinungsbild lokaler Wälzlagerfehler im Schwingungsbild (Zeitbereich). Durchläuft der Fehler Zonen verschiedener Belastung, tritt zusätzlich Amplitudenmodulation auf. 7.1.2 Methoden der Fehleranalyse bei Wälzlagern 7.1.2.1 Aufnehmer-Resonanztechniken Eine Reihe heute weit verbreiteter Methoden benützt die Resonanzüberhöhung in einem piezoelektrischen Aufnehmer zur Verstärkung des die Information tragenden Signals (Burstfolge). Der Aufnehmer wird durch jeden Impuls angeregt, der anschließende Ausschwingvorgang zur Quantifizierung des Schadens herangezogen. Dazu wird über ein Bandpassfilter nur der Resonanzbereich des Aufnehmers herausgefiltert. (Man beachte den Gegensatz zur Schwingungsmesstechnik, bei der gerade dieser Bereich ausgeblendet wird). Stoßimpulsmessung (Shock Pulse Measurement, SPM) Bei der Stoßimpulsmessung werden Aufnehmer mit einer Resonanzfrequenz im Bereich 30-35 kHz eingesetzt. Das Messsignal wird um die Aufnehmer-Resonanzfrequenz bandpassgefiltert, die Spitzenhaltigkeit des gleichgerichteten Zeitsignals zur Beurteilung des Lagerzustandes herangezogen. 163 <?page no="178"?> Spikeenergie-Methode Ebenfalls ein Verfahren zur Bewertung des Energiegehaltes der Spitzen im Schwingungssignal. Eingesetzt werden Aufnehmer mit Resonanzfrequenzen zwischen 25 kHz und 35 kHz. Neben einer herkömmlichen Schwingungsmessung wird auch eine Bewertung über ein Hochpassfilter (>15 kHz) ausgeführt. Abhängig vom Anbieter wird das Verfahren auch unter den Bezeichnungen High Frequency Emission (HFE) oder High Frequency Detection (HFD) angeboten [N.57]. BCU-Verfahren (Bearing Condition Unit) Das BCU-Verfahren nutzt die Eigenfrequenz üblicher Beschleunigungsaufnehmern und Struktureigenfrequenzen von Lager-Baugruppen. Das Körperschallsignal wird im Bereich von ca. 15 kHz bis 60 kHz gefiltert, anschließend erfolgt eine Spitzenwertgleichrichtung mit hoher Zeitkonstante (im Sekundenbereich). Man erhält daraus den so genannten BCU-Wert, der über eine nichtlineare Skala zur Beurteilung des Lagerzustandes herangezogen wird. Akustische Fehlerfrüherkennung (Acoustic Incipient Failure Detection, IFD ) Hier wird mit einer höheren Aufnehmer-Resonanzfrequenz gearbeitet, 80-120 kHz. Das Messsignal wird ebenfalls im Bereich dieser Resonanzfrequenz bandpassgefiltert. Diese Technik dient auch zum Detektieren von Reibstellen. Alle die genannten Verfahren (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) arbeiten, wie gesagt, vorwiegend bei der Resonanzfrequenz des Aufnehmers, also in einem festen, engen Frequenzbereich. Damit sie funktionieren, muss vorausgesetzt werden, dass in diesem Frequenzband keine dominierenden Anteile aus anderen Quellen im Schwingungssignal vorhanden sind. Bei relativ ruhig laufenden Maschinen, wie z.B. Elektromotoren, kann man hier mit guten Erfolgsaussichten rechnen. Bei anderen Maschinen, wie etwa Pumpen (Druckstöße, Kavitation), komplexen Zahnradgetrieben (Harmonische der Zahneingriffsfrequenzen) kann es zu Schwierigkeiten wegen Maskierung des Lagergeräusches durch hochfrequente Betriebsgeräusche kommen, die Anwendbarkeit der Verfahren ist dann im Einzelnen sorgfältig zu prüfen (Testmessung). 7.1.2.2 Messung der Spitzenhaltigkeit Crestfaktor Als Crestfaktor wird in der Schwingungstechnik das Verhältnis von Scheitelwert zu Effektivwert eines stationären Signals bezeichnet [9]. Sein Wert für die reine Sinusschwingung beträgt 1.4, wie man leicht nachrechnen kann. Bei einem ordnungsgemäß laufenden Lager wird man einen Wert ähnlicher Größe finden. Verschlechtert sich der Lagerzustand durch lokale Defekte, treten einzelne Stöße beim Passieren dieser Fehlstellen auf. Mit steigender Impulshaltigkeit wird der Crestfaktor zunächst deutlich ansteigen. 164 <?page no="179"?> Bild 7.2: Typische Trends von Effektivwert, Scheitelwert und Scheitelfaktor (= Crestfaktor) bzw. Kurtosiswert bei fortschreitender Verschlechterung eines Wälzlagers Der Vorteil des Crestfaktors liegt vor allem in seiner leichten Messbarkeit. Ein einfacher Schwingungs- oder Schallpegelmesser mit Effektivwert- und Spitzenwertdetektor reicht hierzu bereits aus, die Messtechnik selbst ist denkbar einfach. Das Kurtosisverfahren Das Kurtosisverfahren bewertet die Schwingungen nach der Gleichung 4 4 2 ) ( dx x p x x Mit x = Momentanwert x = Signalmittelwert p(x) = Wahrscheinlichkeitsdichte von x = Standardabweichung von x Der Kurtosiswert kann, wie man aus der Definitionsgleichung sieht, als eine Art gewichteter Crestfaktor interpretiert werden 38 . Er ist im Aussagewert allerdings weit höher einzustufen als der einfache Crestfaktor. Durch die vierte Potenz im Integral wird den Spitzen eine stärkere Betonung bei der Bewertung zuteil. Zudem wird zur Beurteilung der gesamte Signalverlauf und nicht nur der Effektivwert herangezogen. Der Kurtosiswert kann auch schmalbandig in verschiedenen Frequenzbändern (z. B. oktavweise) ermittelt werden, was einmal den Störabstand zu Hintergrundgeräuschen stark verbessert, zum anderen aber auch schärfere Aussagen als Basis für eine wirksame Trendanalyse liefert. K(t)-Wert Der K(t)-Wert wird aus Effektivwert und Spitzenwert des breitbandigen Beschleunigungssignals gebildet, wobei das aktuelle Produkt von Effektivwert und Spitzenwert mit dem entsprechenden Wert im Nullzustand in Relation gesetzt wird [N.57]. 38 Anmerkung: Der Kurtosiswert beschreibt auch die Abweichung des Verlaufes einer Wahrscheinlichkeitsverteilung zum Verlauf einer Normalverteilung - vielleicht eine kleine Indikation für eine physikalische Deutung [67]. 165 <?page no="180"?> Zusammenfassend kann für dies Verfahren - Crestfaktor, Kurtosis und K(t)-Wert - festgestellt werden, dass sie weitgehend unabhängig vom Signalpegel selbst sind, was vor allem bei stark variablen Belastungen einen erheblichen Vorteil darstellt. Andererseits sind sie mit dem Nachteil behaftet, dass das Ergebnis für sehr gute und für sehr schlechte Lager ähnlich ausfällt, wie der in Bild 7.2 schematisch dargestellte typische Trend zeigt. Bei gutem Lagerzustand wird der Ausgangswert - Crestfaktor, Kurtosiswert, K(t) - niedrig und stabil sein. Tritt ein einzelner lokaler Fehler auf, d.h. das Schwingungssignal enthält einzelne Spikes mit niedriger Gesamtenergie (= kein Einfluss auf den Effektivwert) aber hohem Scheitelwert, werden beide Bewertungsgrößen sofort stark ansteigen. Der Spitzenwert der Spikes wird mit der Zeit anwachsen, sich aber typischerweise einer Grenze nähern. Verschlechtert sich das Lager weiter, werden die Zahl der Fehlstellen und damit die Zahl der Spikes ansteigen. Das hat jetzt zunehmend Einfluss auf den Effektivwert, da die in den Spikes enthaltene Gesamtenergie jetzt spürbar wird; der Scheitelwert wird hingegen kaum mehr beeinflusst. Bei sehr schlechtem Lagerzustand erhält man wieder Werte, die denen guter Lager ähnlich sind. Gerade bei diesen Verfahren kann man Erfolge nur erwarten, wenn Messungen sorgfältig und regelmäßig ausgeführt werden. Die ganz allgemein für eine wirksame Überwachung wesentlichen Gesichtspunkte erhalten hier besonderes Gewicht und seien an dieser Stelle daher besonders hervorgehoben. Eine wirksame Maschinenüberwachung setzt voraus, dass regelmäßig Messungen stattfinden, die Ergebnisse sorgfältig dokumentiert werden, nach jeder Messung Trendanalysen ausgeführt werden. Die Trendanalyse sollte in diesem Fall wie in Bild 7.2 skizziert ausgeführt werden: Scheitelwert und Effektivwert werden im gleichen Diagramm über der Zeit aufgetragen, der Crestfaktor bzw. die Überhöhung scheint (bei logarithmischem Maßstab) als Differenz zwischen beiden Kurvenzügen auf. 7.1.2.3 Der Wälzlagerfehler in der Frequenzanalyse Bild 7.3 zeigt das typische Schwingungsbild zufolge eines idealisierten lokalen Lagerfehlers, wobei zur Vereinfachung nur eine einzige Resonanzanregung durch die Stöße herausgegriffen wurde. Das Spektrum einer solchen Schwingung wird aus einer Folge von Harmonischen bei Vielfachen der Wiederholfrequenz 1/ T bestehen ( T ist die Periode), die Einhüllende hat weitgehend die Form der Strukturresonanz (Breitbandanregung). Das heißt, die drehfrequente Komponente selbst wird, wie im Bild unten zu sehen ist, klein sein - die Gefahr, dass sie durch Hintergrundgeräusche überdeckt wird, ist sehr groß. Das Maximum liegt in der Gegend der Strukturresonanz. Die Wiederholfrequenz wird in einem solchen Spektrum nur schwer zu finden sein, vor allem, wenn man die Realität gegenüber den Idealisierungen in unserem einfachen Modell in Betracht zieht: Im realen Fall werden nicht nur mehrere Eigenmoden angeregt, zufolge geringfügiger Unregelmäßigkeiten in der Impulsfolge werden die höheren Harmonischen über einen Frequenzbereich verschmieren und schließlich zusammenwachsen. 166 <?page no="181"?> 7.1.2.4 Hüllkurvenanalyse Das Verfahren der Hüllkurvenanalyse wurde bereits am Beginn dieses Kapitels in groben Zügen beschrieben. Hier soll darauf etwas näher eingegangen werden. Die Hüllkurvenanalyse erfolgt in drei Schritten (Bild 7.1): Das Messsignal wird bandpassgefiltert, sodass die Burstfolge möglichst herausgehoben wird Das so isolierte Burstsignal wird gleichgerichtet (Hüllkurvendetektion) Die Hüllkurve wird fouriertransformiert. Die Wiederholrate der Burstfolge zeigt sich als Grundfrequenz in dem auf diese Weise gebildeten Spektrum, dem Hüllkurvenspektrum Vorteile der Hüllkurvenanalyse: Die Fehlerfrequenz wird direkt angezeigt Das Verfahren ist unempfindlich gegen geringe Drehzahlschwankungen Bild 7.3: Zum Schwingungsspektrum eines lokalen Wälzlagerfehlers 167 <?page no="182"?> 168 <?page no="183"?> Bild 7.4. Basisband- und Frequenzlupenspektren einer Lagerschwingung bei einwandfreiem und bei fehlerhaftem Lagerzustand 169 <?page no="184"?> 170 <?page no="185"?> Bild 7.5: Die Hüllkurve des bandpassgefilterten Zeitsignals (links) und ihre Fouriertransformierte bei zunehmend fehlerhaftem Lagerzustand 171 <?page no="186"?> Hüllkurvendetektion über die FFT-Analyse Kurz zur Wiederholung: Bei einer Zoom-FFT-Analyse mit rekursivem Zoom wird im Zeitbereich das ursprüngliche Zeitsignal mit dem komplexen Faktor t f j e 0 2 multipliziert, worin f 0 die Zentralfrequenz des Frequenzlupenspektrums bedeutet (Abschnitt 5.3.6.1). Das vom FFT-Analysator gelieferte einseitige Spektrum (nur positive Frequenzen) ist äquivalent einem komplexen Zeitsignal. t t f j e t A t z 2 worin Amplitude A(t) und Momentanfrequenz f(t) Funktionen der Zeit t sind. Da umgekehrt das Spektrum von z(t) definitionsgemäß einseitig ist, ist das Zeitsignal z(t) analytisch, d.h. Real- und Imaginärteil hängen über die Hilberttransformation zusammen. 39 Die Amplitudenmodulation und damit die Einhüllende eines solchen analytischen Zeitsignals sind direkt durch die Betragsfunktion A(t) gegeben. Man beachte, dass durch die Frequenzlupe die Amplitudenmodulation nicht verändert wird, da gilt t f t f j t f j t t f j e t A e e t A t z 0 0 ) ( 2 2 ) ( 2 ) ( ) ( ) ( Die Hüllkurve des Zeitsignals bleibt also erhalten. Beispiel In Bild 7.4 oben sind die Basisband-FFT-Spektren vor und nach dem Entstehen eines Wälzlagerfehlers zu sehen. Man erkennt, dass sich eine Familie von Harmonischen entwickelt hat, die besonders im Frequenzbereich zwischen 2200 Hz und 3800 Hz stark hervortritt. Im unteren Teil des Bildes findet man die entsprechenden Frequenzlupenspektren über diesen Bereich. Die Messreihe im nächsten Bild wurde aus solchen Frequenzlupenspektren abgeleitet. Die Folge der Diagramme in Bild 7.5 zeigt von oben nach unten die Entwicklung des Lagerfehlers: Links an der über Hilberttransformation [30] gebildeten Einhüllenden, rechts an der Fouriertransformierten dieser Funktion (Basisbandanalyse). Zunächst erscheint die Hüllkurve als stochastisches Signal, nach und nach entwickelt sich eine periodische Pulsfolge im Zeitsignal, was auch in der Fouriertransformation deutlich zu erkennen ist (Impulsfolgefrequenz 206-209 Hz). Am untersten Bild sieht man, dass eine Periodizität, die natürlich auch hier noch vorhanden ist, im Zeitsignal selbst nicht unbedingt deutlich zu erkennen sein muss; die Fouriertransformierte ist hier wesentlich sensibler. Bild 7.6 zeigt ein Bild der fehlerhaften Lagerteile. Eine Reparatur war erst 8 Monate nach dem erstmaligen Erkennen des Fehlers notwendig geworden. 39 Das Thema Hilberttransformation wird in Kapitel 15 noch behandelt. 172 <?page no="187"?> Bild 7.6: Der Fehler im Außenring des Lagers, der im Frühstadium mit Hilfe der Analysen nach Bild 7.4 und Bild 7.1 bereits 8 Monate vor dem Ausbau entdeckt werden konnte 173 <?page no="188"?> 7.1.2.5 Stress Wave Energy (SWE) Bei Anstreifvorgängen (Stöße Reibung) in geschmierten Kontakten werden zufolge Reibung Emissionen im Ultraschallbereich angeregt (Schallemission, Acoustic Emission AE). Die Stress Wave Energy ist ein Maß für Reibung und auftretende Stöße. Ein speziell auf diesen Effekt ausgerichtetes Verfahren SWAN (Stresswellenanalyse, Stress Wave Analysis) liefert eine frühzeitige Erkennung von Fehlern und Schäden bei geschmierten Kontakten (Lagern) [65]. Die Stresswellenanalyse eignet sich prinzipiell zur Detektion einer ganzen Reihe von Phänomenen, die hochfrequente Schallemission hervorrufen, wie Reibung Kavitation Leckage Rissbildung 7.1.2.6 Spectral Emitted Energy (SEE-Verfahren) Das Verfahren arbeitet im hochfrequenten Bereich von 250 kHz bis 350 kHz (Schallemission, Acoustic Emission AE) und ist optimiert für Wälzlager. Es werden spezielle, sehr breitbandige Beschleunigungsaufnehmer eingesetzt. Die Hüllkurve des bandpassgefilterten Signals wird tiefpassgefiltert, aus diesem Signal wird der so genannte SEE-Kennwert gebildet. Für weitere Untersuchungen kann noch das Hüllkurvenspektrum ausgewertet werden [65], [N.57]. Das SEE-Verfahren wird auch unter dem Begriff High Frequency Acoustic Emission (HF-AE) geführt. 7.1.2.7 Bearing Condition Online Monitoring System (BeCOMS) Abweichend von den bisher beschriebenen, rein schwingungsbasierten Verfahren beruht diese Methode auf dem thermoelektrischen Effekt. Treten kurzzeitige metallische Kontakte zwischen den bewegten Lagerkomponenten auf (Zusammenbruch des Schmierfilms), entsteht zufolge der Reibungswärme eine thermoelektrische Spannung. Legierungsbzw. Gefügeunterschiede bewirken ein für dieses Messverfahren ausreichend unterschiedliches elektrochemisches Potential in den Materialen der Reibungspartner. Das Verfahren wurde zunächst schwerpunktmäßig für die Diagnose an Dieselmotoren entwickelt und wird aus diesem Grund an entsprechender Stelle noch näher behandelt (Abschnitt 11.4 Seite 306). Obwohl ursprünglich für Gleitlager angedacht, ist das Verfahren auch für Wälzlager einsetzbar. Für elektrische Maschinen wird eine Variante unter der Bezeichnung BeCOMS EM angeboten. Eine auf dem gleichen physiklischen Prinzip basierende Variante wird unter der Bezeichnung GDMS (Gear and Diesel Engine Monitoring System) angeboten. 174 <?page no="189"?> 7.1.2.8 Ursachenanalyse - Root Cause Failure Analysis (RCFA) Feinfühlige Diagnoseverfahren wie in diesem Abschnitt beschrieben liefern eine Fehlerindikation in einem Frühstadium des Schadens, vielleicht wie in Bild 7.6 gezeigt, vielleicht noch früher, wenn die Schädigung mit freiem Auge noch gar nicht erkennbar ist. War als ursprüngliche Zielsetzung einer Frühdiagnose die Vermeidung großer oder gar fataler Folgeschäden genannt, so kann der Horizont in dieser Hinsicht hier deutlich erweitert werden, wie die heutige Praxis zeigt. Als generelle Zielsetzungen bieten sich an Vermeidung von großen oder fatalen Folgeschäden Sanierung geschädigter Lager Ursachenanalyse Vermeidung von Folgeschäden Dieser Aspekt muss hier nicht weiter diskutiert werden, ist aber gerade im Bereich Lager von eminenter Bedeutung. Sanierung geschädigter Lager Wird der Schaden im Frühstadium erkannt, kann das defekte Lager durchaus wieder instand gesetzt werden. Dieser Aspekt ist nicht nur eine Frage der Ersatzteilkosten sondern sehr oft eine Frage der Verfügbarkeit von Ersatzlagern (Lieferzeit! ). Ursachenanalyse - Root Cause Failure Analysis (RCFA) Aus der Schädigung des Lagers können Rückschlüsse auf die Fehlerursache und ggf. auf deren Behebung gezogen werden [87]. Hersteller von Lagern bieten meist entsprechende Dienstleistungen 40 an [88], [89]. Die RCFA wird nicht ausschließlich bei Lagern angewandt, ist aber gerade auf diesem Gebiet von besonderer Bedeutung. 40 Dienstleistungen dieser Art werden beträchtlich erleichtert, wenn das defekte Lager im Originalzustand Übergeben wird - weder gereinigt noch poliert. 175 <?page no="190"?> 7.2 Fehler an Zahnrädern 7.2.1 Der Mechanismus der Zahneingriffsschwingung Ideale Zahnräder mit exakten Evolventenflanken sollten theoretisch völlig schwingungsfrei laufen. Im Realfall werden auch vom fehlerfrei gefertigten Zahnrad Schwingungen beim Zahneingriff erzeugt, und zwar zufolge der Zahndeformation unter Last und weiter wegen der ständigen Belastungswechsel durch die nicht immer gleiche Zahl von momentan in Kontakt stehenden Zähnen [21]. Resultat dieses Mechanismus ist eine stark oberwellenhaltige Schwingung mit der Zahneingriffsfrequenz als Grundfrequenz, das Schwingungsbild ist deutlich lastabhängig. Bild 7.7 zeigt eine schematische Darstellung. Daraus folgt unmittelbar: Besonders im Fall des Zahnradgetriebes ist die Vergleichbarkeit von Schwingungsanalysen nur bei Messungen unter identischen Belastungszuständen gegeben. 7.2.2 Zur Analyse von Zahneingriffsschwingungen Der Mechanismus des Zahneingriffs bewirkt, dass hier bereits starke Schwingungen im ideal fehlerfreien Zustand auftreten. Schwingungen an sich sind also nicht von vornherein als Fehlerindikator zu betrachten im Gegensatz zu den bisher betrachteten Fehlerbildern. Die typischen Fehlerbilder dieses Abschnittes werden sogar zeigen, dass eine Zustandsverschlechterung jetzt nicht zwangsläufig mit Pegelerhöhungen einhergehen muss. Aufgabe der Schwingungsanalyse wird es hier in erster Linie sein, Abweichungen des Schwingungsbildes vom Normalzustand zu detektieren bzw. den Normalzustand an sich zu identifizieren. Maßgeblich für die Beurteilung von Schwingungen sind hier demnach nicht in erster Linie Schwingungsenergie und Pegelerhöhung sondern vielmehr fehlercharakteristische Schwingungsbilder, die mit speziellen Analysemethoden aufzuspüren sind. Diesen Fragen sind auch die folgenden Abschnitte dieses Kapitels gewidmet. Eine besondere Herausforderung ist des Weiteren die Aufgabe, hochfrequente Schwingungen (Zahneingriff) mit hoher Frequenzgenauigkeit zu identifizieren. Zwar kann diese Aufgabe durch eine hoch auflösende Analyse (Zoom) gelöst werden, spektrale Vergleiche sind jedoch bei geringsten Drehzahlabweichungen nur mit großem Aufwand möglich. Als gute Möglichkeit zur Bewältigung dieser Probleme sei an dieser Stelle die Ordnungsanalyse (Order Tracking) genannt, die sich mittlerweile zu einem Standardwerkzeug der Signalanalyse entwickelt hat. Einschlägige Verfahren werden in Abschnitt 10.5 behandelt. Die Analyseverfahren dieses und auch des folgenden Kapitels sind dort ebenfalls praktisch unverändert anwendbar. 7.2.3 Das Erscheinungsbild von Verzahnungsfehlern im Spektrum 7.2.3.1 Zahneingriffsschwingungen und Geisterkomponenten Eine Veränderung des Schwingungsbildes wird durch Verschleiß an den Zahnflanken verursacht. Bild 7.8 erläutert im Schema das typische Verschleißbild mit seiner Ursache. Bei Zahnberührung am Wälzkreisdurchmesser tritt reines Rollen zwischen 176 <?page no="191"?> den Flanken auf, beiderseits davon Gleitbewegung an den Zahnflanken. Das Resultat ist ein unregelmäßiges Verschleißbild, wie in Bild 7.8 dargestellt. Bild 7.9 zeigt das typische spektrale Erscheinungsbild von über den Umfang gleichmäßigem Verschleiß eines Zahnrades. Dargestellt sind die Komponente mit der Zahneingriffsfrequenz und ihre niedrigsten Harmonischen, einmal für den einwandfreien Zustand, einmal bei verschlissenem Zahnrad. Der Verschleiß bewirkt ein Ansteigen aller dieser Pegel; typisch ist jedoch, dass die Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz stärker wachsen, als die Grundkomponente selbst. Das Verschleißbild aus Bild 7.8 erklärt die Erfahrungstatsache, dass erhöhter Verschleiß sehr oft zuerst an der 2. Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz zu erkennen ist. Bild 7.7: Zum Mechanismus der Schwingungen zufolge Zahndeformation 177 <?page no="192"?> Bild 7.8: Typisches Verschleißbild von Zahnflanken Bild 7.9: Typische Veränderung des Spektrums durch Verschleiß bei Zahnrädern: Die Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz wachsen stärker an als die Grundkomponente selbst 178 <?page no="193"?> Geisterkomponenten (Maschinenfrequenzen) Im Schwingungsbild von Zahnradgetrieben werden oft Komponenten beobachtet, die aus dem Zahneingriffsmechanismus heraus nicht erklärbar sind. Wegen der lange Zeit ungeklärten Ursache tragen sie den Namen Geisterkomponenten, man spricht auch von Maschinenfrequenzen. Die Ursache dieser Geisterkomponenten ist heute bekannt, sie ist bereits bei der Zahnradfertigung zu suchen, siehe Bild 7.10. Es sind Teilungsfehler des Referenzrades, die auf die Teilung des gefertigten Rades übertragen werden. Im Betrieb ergeben sie eine Schwingungsfrequenz gleich einem ganzzahligen Vielfachen der Drehfrequenz, entsprechend der Zähnezahl des Referenzrades - eine Frequenz, die aus der Kinematik des Getriebes allein nicht erklärbar ist. Wie lassen sich nun diese Geisterkomponenten, die im Spektrum eine durchaus dominierende Position einnehmen können, von den Zahneingriffsschwingungen trennen? Bild 7.11 zeigt eine typische Eigenschaft dieser Komponenten: Da ihre Ursache nicht in Zusammenhang mit der Zahndeformation steht, sind sie im Gegensatz zu den Zahneingriffsschwingungen weitgehend lastunabhängig. Ein weiteres Kennzeichen zeigen die Spektren in Bild 7.12: Zufolge Verschleiß werden die Geisterkomponenten im Gegensatz zu den Zahneingriffsschwingungen mit der Zeit kleiner. Bild 7.10: Der Entstehungsmechanismus von Geisterkomponenten 179 <?page no="194"?> Bild 7.11: Getriebeschwingungen bei zwei verschiedenen Lastzuständen. Im Gegensatz zu den Zahneingriffsschwingungen sind Geisterkomponenten weitgehend lastunabhängig 180 <?page no="195"?> Bild 7.12: Durch Verschleiß werden Geisterkomponenten mit der Zeit kleiner, die Zahneingriffsschwingungen wachsen im Gegensatz dazu an 181 <?page no="196"?> 182 <?page no="197"?> Bild 7.13: Amplitudenmodulierte Schwingungen in Zeit- und Frequenzbereich 183 <?page no="198"?> 7.2.3.2 Modulationsschwingungen - Seitenbandanalyse Modulationsschwingungen - sowohl mit Amplitudenmodulation wie auch mit Frequenzmodulation - treten als typischer Indikator fehlerhafter Zahnradgetriebe auf. Für beide Varianten soll das Erscheinungsbild in Zeit- und Frequenzbereich sowohl theoretisch wie auch am praktischen Beispiel gezeigt werden. Einer speziellen, solchen Schwingungen optimal angepassten Analysetechnik, der Cepstrumanalyse, ist das gesamte Kapitel 8 gewidmet. Amplitudenmodulation Bild 7.13 zeigt im linken Teil von oben nach unten eine reine Sinusschwingung (z. B. als Repräsentant der Zahneingriffsfrequenz), darunter eine dieser Schwingung aufgeprägte, ebenfalls sinusförmige Amplitudenveränderung und unten schließlich das Resultat, die amplitudenmodulierte Schwingung. Rechts daneben jeweils die entsprechenden Spektren. Der mathematische Zusammenhang lässt sich leicht nachvollziehen. Es ergibt sich: t f f t f f A t f A t f t f A A A t f t A t x m c m c m c c c m c m c c 2 cos 2 cos 2 2 cos 2 cos 2 cos 1 2 cos ) ( ) ( mit 41 A(t) Amplitude (zeitabhängig) A c Grundamplitude (konstant) A m Modulationsamplitude f c Trägerfrequenz f m Modulationsfrequenz Man sieht: Die Amplitudenmodulation der Zahneingriffsschwingung äußert sich im Spektrum durch das Auftreten von Seitenbändern, d. s. zusätzliche Linien links und rechts der Zahneingriffsfrequenz f c (Trägerfrequenz) im Abstand der Modulationsfrequenz f m . Im Allgemeinen sind Zahneingriffsschwingung und Modulation nicht sinusförmig. Es wird sich demnach eine ganze Familie von Seitenbändern im Abstand von ganzzahligen Vielfachen der Modulations-Grundfrequenz um alle Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz ausbilden. Wie kommt es nun zu amplitudenmodulierten Schwingungen im Zahneingriff? Durch Imperfektionen, wie Exzentrizität, Teilungsfehler, mit dem Drehwinkel synchron schwankende Last etc. wird die Zahneingriffsschwingung über dem Drehwinkel ungleichmäßig, also moduliert - amplitudenmoduliert, in den meisten Fällen auch noch zusätzlich frequenzmoduliert. 41 Die Indizierung c bedeutet carrier frequency (=Trägerfrequenz). Bisweilen wird im Text an Stelle von f c auch f 0 verwendet, angepasst an allgemein gebräuchliche Formulierungen. 184 <?page no="199"?> Ein paar Worte zum mathematischen Hintergrund: Im Zeitbereich entspricht die Amplitudenmodulation einer Multiplikation von Trägersignal und Modulationssignal, im einfachen Fall von Bild 7.13 zwei harmonische Funktionen. Im Frequenzbereich transformiert sich diese Multiplikation zu einer Faltung der entsprechenden Fouriertransformierten 42 . So kompliziert die mathematische Operation Faltung auch scheinen mag, im Spektrum stellt sich die Faltung einer beliebigen Modulationsfunktion mit einem Sinussignal als Träger sehr einfach dar: Das Spektrum des Trägersignals - oben rechts in Bild 7.13 - besteht aus zwei Linien (zweiseitiges Spektrum); bei der Faltung wird das Spektrum des Modulationssignals - Bildmitte - einfach mit dem Ursprung auf die Positionen der beiden Linien des Trägersignals verschoben (unten). Bild 7.14: Zeitsignal und Spektrum von lokalen und gleichmäßig verteilten Fehlern in der Verzahnung 42 Näheres dazu findet man in Kapitel 15 und in [13]. 185 <?page no="200"?> Nach dem oben Gesagten kann man sich nun leicht überlegen, wie sich im Spektrum diskrete und wie sich dort gleichmäßig über den Umfang verteilte Fehler in Verzahnungen zeigen. Beim diskreten Fehler - z. B. Bruch eines Zahnes - ist die Modulationsfunktion impulsförmig: grob gesprochen, ein Puls je Umdrehung (siehe Bild 7.14). Das Spektrum einer solchen Impulsfunktion ist breitbandig. Zufolge der Amplitudenmodulation entsteht um die Zahneingriffsfrequenz und ihre Harmonischen eine flach verteilte Seitenbandstruktur (Man denke an die eben beschriebenen Eigenschaften der Faltung). Anders im Fall des kontinuierlich verteilten Fehlers: Die Modulationsfunktion ist schmalbandig, weniger oberwellenhaltig; die Energie der Seitenbänder ist um die Zahneingriffskomponente und ihre Harmonischen konzentriert (Bild 7.14). In beiden Fällen ist die Modulationsfunktion im stationären Zustand periodisch mit der Drehfrequenz als Grundfrequenz. Das Bild der Spektren: Die Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz mit Seitenbändern beiderseits im Abstand von ganzzahligen Vielfachen der Drehfrequenz. Frequenzmodulation Amplitudenmodulation rührt in erster Linie von der Lastabhängigkeit der Zahndeformationen und damit der Zahneingriffsschwingungen her. Diese Lastschwankungen geben aber praktisch immer auch Anlass zu geringfügigen Schwankungen der Drehgeschwindigkeit, die Zahneingriffsschwingungen werden dadurch noch frequenzmoduliert (oder phasenmoduliert), d.h. die Momentanfrequenz schwankt um einen konstanten Mittelwert. Im Spektrum zeigt sich dieser Effekt ebenfalls durch Seitenbänder im Abstand von Vielfachen der Drehfrequenz beiderseits der Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz, siehe Bild 7.15. Im Gegensatz zu Amplitudenmodulation bewirkt hier bereits eine einzige Modulationsfrequenz eine ganze Familie von Seitenbändern. Kurz zum mathematischen Hintergrund, formuliert gleich im Hinblick auf die Zahneingriffsschwingung: Der Momentanwert einer harmonisch frequenzmodulierten Sinusschwingung lässt sich anschreiben als 43 t f t f A t x 1 0 2 sin 2 cos ) ( worin der Parameter 1 f f als Modulationsindex bezeichnet wird. Überträgt man dieses mathematische Modell auf das kämmende Zahnrad, so ist die Trägerfrequenz f o gleich der mittleren Zahneingriffsfrequenz, die Modulationsfrequenz f 1 ist gleich der Drehfrequenz des Zahnrades. (Der Einbezug der Harmonischen bringt qualitativ keine Änderungen). Es ergibt sich 43 Siehe Fußnote 41 Seite 184 186 <?page no="201"?> N f f f f f f 1 0 0 1 Darin bedeuten die relative Schwankung der Drehgeschwindigkeit und N die Anzahl der Zähne. Bild 7.15: Frequenzmodulierte Schwingungen in Zeit- und Frequenzbereich Der Parameter ß stellt die maximale Phasenabweichung von der mit der Zeit linear anwachsenden Phase der reinen Trägerfrequenz f 0 dar. Eine relative Schwankung der Drehgeschwindigkeit von ±1% ergibt bei 100 Zähnen einen Wert ß = 1, ein für die Praxis typischer Wert. Bild 7.16 zeigt das Muster der Seitenbandstruktur für verschiedene Werte des Parameters ß. Schon das eigentlich geringfügige Ansteigen von 1 auf 2 bewirkt, dass die ersten Seitenbänder höher sind als die Trägerkomponente. 187 <?page no="202"?> 188 <?page no="203"?> Bild 7.16: Die Seitenbandstruktur bei Frequenzmodulation für verschiedene Werte des Parameters ß 189 <?page no="204"?> Bild 7.17: Asymmetrie der Seitenbandmuster durch gemeinsame Amplituden- und Frequenzmodulation Kombinierte Amplituden- und Frequenzmodulation Rein theoretisch ergeben sowohl Amplitudenmodulation wie auch Frequenzmodulation jeweils für sich im Spektrum ein symmetrisches Muster von Seitenbändern um die Trägerfrequenz, wie in Bild 7.13 bzw. Bild 7.15 auch zu sehen ist. Wie schon mehrmals angedeutet, treten aus rein physikalischen Gründen Amplitudenmodulation und Frequenzmodulation in der Regel gemeinsam auf. Das erklärt die eher typische Asymmetrie, wie sie in Bild 7.17 zu sehen ist. Die Bilder zeigen simultan gemessene Signale an zwei verschiedenen Messpunkten, die unterschiedlichen 190 <?page no="205"?> Phasenverhältnisse führen auch zu unterschiedlichen Charakteristiken in der Seitenbandstruktur. Interessant sind in diesem Beispiel die weitergehenden Untersuchungen mit der Cepstrumanalyse, die im nächsten Kapitel noch vorgestellt werden (Bild 8.2) 7.2.3.3 Ein Beispiel - Zeitbereichsmittelung Als praktisches Beispiel zeigt Bild 7.18 Zeitsignale und Spektren eines Getriebes nach einer Betriebsperiode, in der sich der Zustand deutlich verschlechtert hatte. Die Signale wurden mit Zeitbereichsmittelung (Abschnitt 3.6) verbessert. Das Zeitsignal (linearer Maßstab) ist jeweils von der höchsten Komponente geprägt, im ersten Fall eine Geisterkomponente. Ein Vergleich der beiden Zeitsignale liefert keine verwertbare Aussage. Anders im Frequenzbereich. Im Spektrum sieht man: Die Pegel der Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz sind deutlich angewachsen, ein Indikator für Verschleiß Die Seitenbandkomponenten sind über einen großen Bereich weitgehend gleichmäßig angestiegen, was auf lokale Fehler in der Verzahnung hinweist. Vom gleichen Fall zeigt Bild 7.19 die beiden Spektren der zeitgemittelten Signale, wie im Bild zuvor und als Gegenüberstellung die normalen Leistungsspektren. Im gegebenen Fall sieht man, dass die gleiche Diagnose auch ohne Zeitbereichsmittelung getroffen werden kann. Allgemein gilt jedoch folgendes: Man hat mit zwei Familien von Seitenbändern beim Zahneingriff zu rechnen, eine für jede der beiden Drehfrequenzen. Durch Zeitbereichsmittelung, einmal synchron mit dem ersten Zahnrad, und einmal synchron mit dem zweiten, kann man vielfach die beiden Familien trennen. Aber in jedem Fall: Der Vergleich selbst sollte im Frequenzbereich ausgeführt werden. Zum Abschluss ein Beispiel, wieder aus der Praxis, welches zeigt, wie wichtig gerade bei der Seitenbandanalyse eine ausreichende Frequenzauflösung im Spektrum ist, siehe Bild 7.20. Im oberen Bild hat es den Anschein, als existiere nur eine einzige Seitenbandfamilie mit einem Linienabstand von 25 Hz. Im Frequenzlupenspektrum darunter wird offensichtlich, dass es auch Seitenbänder im Abstand von 8,3 Hz gibt (Drehfrequenz des Ritzels im gezeigten Fall). Zeitbereichsmittelung In Abschnitt 3.6 wurde die Mittelung von Signalen im Zeitbereich als Mittel zur erhöhten Rauschunterdrückung bereits vorgestellt. Im vorliegenden Beispiel wurde diese Mittelung angewendet, die Resultate sind in den Abbildungen gut zu beobachten. Zunächst Bild 7.18: Im linken Teil sieht man die gemittelten Zeitsignale, ein im Wesentlichen deterministisches Schwingungsbild, weitgehend befreit von überlagertem Rauschen In Bild 7.19 sind die Spektren für verschiedene Mittelungsmethoden gegenübergestellt. Bei Zeitbereichsmittelung tritt die Seitenbandstruktur wegen des stark reduzierten Hintergrundes wesentlich besser hervor. 191 <?page no="206"?> 192 <?page no="207"?> Bild 7.18: Zeitsignale und Spektren eines Getriebes in gutem und in schlechtem Zustand 193 <?page no="208"?> 194 <?page no="209"?> Bild 7.19: Gegenüberstellung der Spektren der gemittelten Zeitsignale aus Bild 7.18 mit den normalen Leistungsspektren 195 <?page no="210"?> Bild 7.20: Seitenbandstrukturen in Basis- und Frequenzlupenspektrum 196 <?page no="211"?> 7.2.3.4 Bandbreite Für die Wahl der Frequenzauflösung gelten folgende Gesichtspunkte: Die Frequenzauflösung der FFT-Analyse sollte so gewählt werden, dass der erwartete Seitenbandabstand (= Drehfrequenz) mindestens 4 Linien im Spektrum beträgt. Bei einer Cepstrumanalyse (Kapitel 8) sollte der Seitenbandabstand mindestens 8 Linien betragen. 197 <?page no="212"?> 198 8 Cepstrumanalyse Die Cepstrumanalyse ist heute fest im Fachgebiet Diagnose etabliert und hat auch bereits in die internationale Normung Eingang gefunden [N.20]. Der Entwicklung entsprechend bringt dieses Kapitel, aufbauend auf frühere Auflagen, einen weitgehend phänomenologischen Einstieg in die Materie. Eine Vertiefung des physikalischen Hintergrundes wird in Kapitel 15 angeboten, weitere Details findet man in [5]. 8.1 Was ist Cepstrumanalyse? Die Cepstrumanalyse ist ein Verfahren aufbauend auf der Schmalbandanalyse, welches unter anderem zur Detektion regelmäßiger Strukturen in einem Frequenzspektrum herangezogen werden kann. Solchen regelmäßigen Strukturen begegnet man häufig im Zusammenhang mit Fragen der Fehlerdiagnose. Verstärktes Auftreten von Harmonischen und von Seitenbandfamilien kann, wie schon des Öfteren ausgeführt, Anzeichen für bestimmte Fehler in Maschinen sein (Diagnosekarte, Tabelle 6 Seite 160). Andere Anwendungen dieser Analyse, die im gegebenen Zusammenhang zunächst vielleicht weniger von Bedeutung sind, seien hier genannt: Befreiung echohaltiger Signale vom Echo, also die Extraktion des Grundsignals Trennung von überlagerten Effekten im Zeitbereich Spracherkennung und Sprecheridentifikation Bildbearbeitung 8.1.1 Allgemeine Definition Das Cepstrum C( ) ist allgemein definiert als inverse Fouriertransformation einer logarithmierten 1 Frequenzbereichsfunktion: ) ( log ) ( 1 f F C F worin F(f) ein Frequenzspektrum bedeutet. Je nachdem, welche Form des Frequenzspektrums man hier einsetzt - das komplexe Spektrum, also die Fouriertransformierte direkt, oder das Leistungsspektrum - sind verschiedene Varianten des 1 Gemäß allgemeiner Konventionen wird für den Logarithmus die Bezeichnung log ohne der Indikation einer Basis verwendet, wenn die Basis aus dem Kontext hervorgeht bzw. wenn ihr keine grundlegende Bedeutung zukommt. Ist die Gültigkeit einer Formel jedoch auf eine bestimmte Basis beschränkt, so wird diese angegeben, z. B. durch die Bezeichung ln für den natürlichen Logarithmus. <?page no="213"?> Cepstrums mit unterschiedlichen Anwendungsaspekten definiert. Die wichtigsten werden hier vorgestellt, aber naturgemäß wird der Schwerpunkt auf den Einsatz in der Schwingungsdiagnose gesetzt. Das Symbol F steht für die Fouriertransformation, F -1 für ihre Umkehrung (inverse Fouriertransformation). Man kann also von einem rein formalen Standpunkt aus gesehen zunächst einmal sagen: Das Cepstrum ist die Umkehrung eines Spektrums, woher auch die Bezeichnung Cepstrum - im Deutschen manchmal auch Kepstrum 45 - herrührt, eine Verdrehung des Wortes Spectrum. In ähnlicher Weise sind andere Bezeichnungen von Funktionen und Variablen im Zusammenhang mit dieser Analyse definiert durch Abwandlung der entsprechenden Bezeichnungen spektraler Parameter. Hier eine Auswahl einschlägiger Begriffe: Spectrum Cepstrum Frequenz Quefrenz Phase Saphe Harmonische Rahmonische Filter Lifter Tiefpassfilter Kurzzeitlifter Hochpassfilter Langzeitlifter Ein Gefühl für den Stellenwert dieser Analyse kann man aus der Definition allein noch nicht bekommen. Zunächst eine interessante Gegenüberstellung: Die Autokorrelationsfunktion R xx ( ) ist definiert als ) ( ) ( 1 f F R xx xx F wobei die unabhängige Variable die Dimension einer Zeit hat. F XX (f) bedeutet hierin das Leistungsspektrum. Der augenfällige Unterschied erscheint zunächst von untergeordneter Bedeutung: Das Cepstrum ist im Gegensatz zur Autokorrelation eine logarithmische Rücktransformation aus dem Frequenzbereich in den Zeitbereich. 8.1.2 Varianten des Cepstrums 8.1.2.1 Das Leistungscepstrum Das Leistungscepstrum ist das aus dem Leistungsspektrum abgeleitete Cepstrum ) ( log ) ( 1 f F C xx F Es ist besonders interessant im Zusammenhang mit Fragen der Fehlerdiagnose. Auch bei der Frequenzanalyse hat man schon gesehen, dass der Schwerpunkt im 45 In DIN ISO 13373-2 wurde mittlerweile die Variante Cepstrum festgelegt [N.20]. 199 <?page no="214"?> Hinblick auf Überwachung und Diagnose bei der Interpretation des Leistungsspektrums liegt. Eigenschaften und Anwendungen des Leistungscepstrums werden am besten aus den Beispielen von Abschnitt 8.2 dieses Kapitels klar. Weitere Betrachtungen und Hinweise für die praktische Berechnung findet man in [21]. 8.1.2.2 Das komplexe Cepstrum Definition Das komplexe Cepstrum, die allgemeine Form dieser Funktion, gibt mehr Einblick in generelle Zusammenhänge. Es ist in ähnlicher Weise wie oben definiert als ) ( log ) ( 1 f F C F wobei F(f) jetzt direkt die Fouriertransformation, also das komplexe Spektrum bedeutet. Um die Eigenschaften des komplexen Cepstrums zu studieren, zerlegt man zunächst das komplexe Spektrum in Real- und Imaginärteil und logarithmiert anschließend: ) ( ) ( ln ) ( ln ) ( ) ( ) ( ) ( f j f A f F e f A t f f F f j F Das Leistungsspektrum als Sonderfall des komplexen Spektrums Aus dem Zusammenhang zwischen Leistungsspektrum und komplexem Spektrum ) ( log 2 ) ( log . ) ( ) ( 2 F A f F bzw f A f F xx xx sieht man Das Leistungscepstrum ist das komplexe Cepstrum eines Spektrums mit Nullphasenwinkel. Anmerkung: Für reelle Zeitsignale ist das komplexe Cepstrum eine reelle Zeitfunktion, wie in Abschnitt 8.3 noch gezeigt wird. Das Attribut komplex kommt also in diesem Fall nicht aus der Eigenschaft der Ergebnisfunktion sondern leitet sich vom Typ der Ausgangsfunktion, also vom Ansatz ab. 8.2 Anwendungen des Leistungscepstrums 8.2.1 Detektion von periodischen Strukturen im Spektrum Bekannte periodische Strukturen im Spektrum sind, wie schon mehrfach ausgeführt Harmonische Seitenbänder Echos und Reflexionen 200 <?page no="215"?> Die beiden ersten Erscheinungen sind bereits als Indikatoren für Fehler in Maschinen bekannt (Diagnosekarte, Tabelle 3.1 Seite 160). Welche Aufschlüsse liefert uns dafür das Leistungscepstrum? Für den praktischen Anwender genügt es hier, ein anschauliches Bild der Analyse zu geben. Die Ausführung des relativ komplizierten mathematischen Formalismus kann an dieser Stelle getrost unterbleiben. Wesentlich ist dazu zunächst, sich die hochgradige Symmetrie von Fourier-Vorwärtstransformation und Rücktransformation vor Augen zu halten (siehe dazu auch Abschnitt 15.2). Der einzige Unterschied liegt im Vorzeichen des Imaginärteils bzw. der Phase, was jedoch weder quantitativ noch qualitativ eine entscheidende Rolle spielt, beim Leistungsspektrum überhaupt nicht zum Tragen kommt. Daraus kann man schließen: Alle Eigenschaften der Fouriertransformation treffen prinzipiell auch auf die Rücktransformation zu. Bild 8.1: Zur Definition des Leistungscepstrums Weiter siehe Bild 8.1: 201 <?page no="216"?> Oben von links nach rechts - eine periodische Struktur im Zeitsignal (periodische Schwingung) zeigt sich im Spektrum als Linienmuster, die Linien liegen äquidistant auf der Abszisse, der Frequenzachse. Unten, von rechts nach links - eine periodische Struktur im Spektrum, z. B. eine Seitenbandfamilie, zeigt sich in gleicher Weise als Linienmuster im Cepstrum: Wieder liegen die Linien äquidistant auf der Abszisse, in diesem Fall eine Zeitachse, Die Zeit wird jetzt nach dem eingangs erwähnten Formalismus Quefrenz genannt. Die erste Linie auf dieser Quefrenzachse mit der Quefrenz f 1 ist maßgebend für den gegenseitigen Abstand der regelmäßigen Linien (Seitenbänder) im Spektrum. Die Linien bei Vielfachen der Quefrenz werden, wieder analog zu oben, als Rahmonische bezeichnet. Sie sind für die Analyse von untergeordneter Bedeutung. Die Fallstudien von Abschnitt 8.2.3 werden den Zusammenhang sicher weiter verdeutlichen können. 8.2.2 Trennung der Einflüsse von Quelle und Übertragungsweg Auf eine grundsätzliche Eigenschaft des Cepstrums, die Entfaltung, soll hier kurz eingegangen werden, weil man daraus viele Eigenschaften besser verstehen kann. Wird ein lineares System - charakterisiert durch seine Impulsantwort h(t) - durch ein Signal x(t) am Eingang erregt, so errechnet sich das Ausgangssignal y(t) als ) ( ) ( ) ( t h t x t y Das Symbol steht hier für die Faltung. Weit einfacher stellt sich der Zusammenhang im Frequenzbereich dar. Aus der Faltung wird durch Fouriertransformation eine Multiplikation. Bezeichnet man die Fouriertransformierten der einzelnen Funktionen mit den entsprechenden Großbuchstaben, ergibt sich in zusammenfassender Darstellung ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( t y f Y t x f X t h f H F F F 2 2 2 2 2 2 log log log ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( f H f X f Y f H f X f Y f H f X f Y f H f X f Y t h t x t y Man sieht, durch Fouriertransformation und anschließendes Logarithmieren wird die Faltung zur Addition. Die inverse Fouriertransformation, die jetzt zum Cepstrum führt, ist eine lineare Transformation, daher bleibt der additive Zusammenhang bestehen: 202 <?page no="217"?> ) ( ) ( ) ( ) ( log ) ( log ) ( log 2 1 2 1 2 1 H X Y C C C f H f X f Y F F F Das heißt: Im Cepstrum sind die Einflüsse von Quelle und Übertragungsweg additiv verknüpft. Liegen die Komponenten im Cepstrum separiert, also in verschiedenen Quefrenzbereichen, besteht die Möglichkeit einer getrennten Modifikation im Cepstrum. Die anschließende Rücktransformation liefert ein entsprechend modifiziertes Spektrum (oder sogar ein Zeitsignal beim komplexen Cepstrum, siehe Abschnitt 8.3.2). 8.2.3 Fallstudien Separation der Einflüsse von Quelle und Übertragungsweg Bild 8.2 zeigt Spektren und Cepstren, abgeleitet von den Messsignalen an zwei Punkten eines Getriebes, gemessen zur gleichen Zeit. Die beiden Spektren links im Bild sind in vielen Details stark unterschiedlich. Man beachte besonders den Bereich um 2,7 kHz, wo in einem Fall ein relatives Maximum auftritt, im anderen Fall der Pegel besonders niedrig ist. Trotzdem charakterisieren beide Spektren denselben Laufzustand. Betrachtet man jetzt die Cepstren rechts in Bild 8.2, so findet man, dass die wesentlichen Spitzen dort praktisch identisch sind; sie rühren von der Quellfunktion her, der Zahneingriffsschwingung. Die Unterschiede, die von den Übertragungswegen Quelle Messpunkt stammen, liegen hier ganz im Bereich niedriger Quefrenzen, da sich die Übertragungsfunktionen, verglichen mit den genannten Schwingungen, mit der Frequenz nur allmählich ändern (Trennung überlagerter Effekte im Cepstrum). 203 <?page no="218"?> Bild 8.2: Spektren und Cepstren von Getriebeschwingungen, gemessen zur gleichen Zeit an verschiedenen Messpunkten 204 <?page no="219"?> Bild 8.3: Gleichzeitige Messung an zwei Punkten. Unterschiedliche Phasenbeziehung der Seitenbänder zufolge Amplituden- und Frequenzmodulation führen im Spektrum zu stark unterschiedlichen Strukturen, die Cepstren sind jedoch nahezu identisch. 205 <?page no="220"?> Unempfindlichkeit gegen Phasenbeziehungen Wieder findet man in Bild 8.3 Zeitsignale, Spektren und Cepstren von zwei Messpunkten, gewonnen zur gleichen Zeit. Primär durch die Lage der Punkte hat man in beiden Fällen unterschiedliche Phasenlagen zwischen den Seitenbandkomponenten zufolge Amplituden- und Frequenzmodulation. Dies führt zwar zu stark unterschiedlichen Seitenbandkomponenten, die Seitenbandintensität - grob gesprochen die in der Seitenbandfamilie enthaltene Signalleistung - ist jedoch in beiden Fällen gleich (sie repräsentieren schließlich auch denselben Zustand). Die zugehörigen Cepstren zeigen dies mit großer Deutlichkeit. Fehlerentdeckung und Diagnose Ein Beispiel für die Empfindlichkeit und Präzision der Cepstrumanalyse ist der in Bild 8.4 dargestellte Fall. An zwei Lkw-Schaltgetrieben gleicher Bauart, eines jedoch in gutem, das andere in schlechtem Zustand, wurden Prüfstandsmessungen ausgeführt. Bei den Messungen, die Bild 8.4 zugrunde liegen, war jeweils der erste Gang eingelegt. Fehlererkennung - beim schlechten Getriebe tritt im Spektrum eine ausgeprägte Seitenbandfamilie mit einem Abstand von ca. 10Hz auf, die im Cepstrum durch Überwachen einer einzigen Linie beobachtet werden kann. Diagnose - bei den Messungen wurde mit einer Abtriebsdrehzahl von genau 5,5 Hz gefahren. Zunächst war man versucht, die Seitenbandfamilie dem Abtrieb (Getrieberad des 1. Ganges) zuzuschreiben. Die dem Seitenbandabstand zugeordnete Quefrenz (95,9 ms entsprechend 10,4Hz) kann aus dem Cepstrum jedoch so exakt bestimmt werden, dass im vorliegenden Fall die zweite Harmonische der Abtriebsdrehzahl (11 Hz) mit Sicherheit als Ursache auszuschließen ist. Der Fehler lag tatsächlich im Bereich des zweiten Ganges, trat jedoch auch bei eingelegtem ersten Gang zutage. Diese Genauigkeit in der Bestimmung des Seitenbandabstandes im Cepstrum ist ein Ergebnis des impliziten Mittelungsprozesses. Die Quefrenz und damit der Seitenbandabstand werden nämlich als Mittelwert über eine große Zahl von Seitenbändern gebildet. Im Spektrum selbst kann diese Genauigkeit wegen der endlichen Bandbreite nicht erzielt werden, besonders wenn - wie im Allgemeinen der Fall - die Seitenbänder durch andere Effekte maskiert sind. 206 <?page no="221"?> Bild 8.4: Spektren und Cepstren eines Lkw-Schaltgetriebes in schlechtem und in gutem Laufzustand. Der Seitenbandabstand lässt sich aus dem Cepstrum mit 10,4Hz (= 1/ 0,0959)sehr genau bestimmen. 207 <?page no="222"?> Fehlerverteilung Bild 8.5 zeigt in schematischer Darstellung das Erscheinungsbild verschiedener Fehler in Zahnradgetrieben (vgl. Abschnitt 7.2.3). Lokale Fehler - z. B. ein angerissener oder gebrochener Zahn - ergeben eine große Zahl von Seitenbändern mit niedrigen Einzelpegeln und flacher Hüllkurve. Verteilte Fehler - Exzentrizität, Ausrichtungsfehler - verursachen stärker ausgeprägte Seitenbänder, die sich mehr um die Zahneingriffskomponente konzentrieren. Man beachte: Für jedes kämmende Zahnradpaar und weiter für jede Drehzahl kann ein solches Seitenbandmuster auftreten. Die Überlagerung mehrerer Seitenbandstrukturen erschwert die Analyse oft nicht unbeträchtlich. Bild 8.5: Typische Seitenbandstrukturen bei lokalen und verteilten Zahnradfehlern 208 <?page no="223"?> Bild 8.6: Elimination einer Seitenbandfamilie aus dem Leistungsspektrum. Die 20ms (oder 50Hz)-Komponente wurde aus dem oberen Cepstrum eliminiert (unteres Bild), die Rücktransformation liefert ein bereinigtes Leistungsspektrum. 209 <?page no="224"?> Trennung von Einzeleinflüssen - Editieren des Cepstrums Bild 8.6 zeigt im oberen Teil Spektrum (a) und Cepstrum (b) aus den Schwingungen eines Getriebes. Die überlagerten Seitenbandfamilien treten im Cepstrum (b) sehr konzentriert als zwei Folgen von Rahmonischen hervor (n x 8,28ms und n x 20ms). Entfernt man (über ein Rechenprogramm) die Rahmonischen für eines der beiden Zahnräder (c) und führt man anschließend eine Rücktransformation zum Leistungsspektrum durch (d), tritt dort die andere Seitenbandfamilie allein zutage. Ein Beispiel Bild 8.7 zeigt das Getriebe einer Zementmühle im Schema, bei dem nach achtjährigem Betrieb starker Verschleiß am Antriebsritzel aufgetreten war. Die folgenden Bilder Bild 8.8 bis Bild 8.10 zeigen weiter, wie sich Schaden bzw. Erfolg der Reparatur in der Analyse widerspiegeln. Bild 8.7: Schematische Darstellung eines Zementmühlenantriebes mit Kurzbeschreibung des aufgetretenen Fehlers 210 <?page no="225"?> Bild 8.8: Spektren vor und nach der Reparatur 211 <?page no="226"?> Bild 8.9: Spektren und Cepstren vor und nach der Reparatur 212 <?page no="227"?> Bild 8.10: Spektren und Cepstren unmittelbar nach der Reparatur und 4 Jahre später 213 <?page no="228"?> Zunächst die Spektren, Bild 8.8. Da im Zuge der Sanierung die Originalräder mit umgekehrtem Drehsinn wieder eingebaut wurden, um die unverschlissenen Zahnflanken noch zu nützen, kann eine starke Ähnlichkeit der Spektren vor und nach der Reparatur erwartet werden. Welche augenfälligen Unterschiede sind nun in den beiden Spektren zu sehen? Im Spektrum vor der Reparatur liegen die Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz deutlich höher, die Geisterkomponente jedoch tiefer - beides ein Indikator für gleichmäßigen Verschleiß. Die Seitenbandstruktur ist im schlechten Zustand weit stärker ausgeprägt, zum Teil liegen Seitenbandpegel über denen der Eingriffsfrequenz selbst. Mit bloßem Auge würde man einen dominierenden Seitenbandabstand von 25 Hz feststellen. Bild 8.9 macht die Leistungsfähigkeit der Cepstrumanalyse bei der Untersuchung der Seitenbänder deutlich. Im Cepstrum vor der Reparatur sind zwei überlagerte Modulationen zu erkennen: Eine mit der Drehfrequenz von 8,3 Hz - im Spektrum selbst kaum zu erkennen - und eine mit 25 Hz, der 3. Harmonischen. Diese 3. Harmonische war, wie sich bei der Reparatur herausgestellt hatte, auf eine leichte „Dreiecksform" des Ritzels zurückzuführen, entstanden offenbar durch Überlastung der Maschine im Anfangsbetrieb; sie ist nach der Reparatur stark reduziert -kein Anzeichen mehr für die Dreiecksform. Auch die drehfrequente Komponente liegt jetzt deutlich niedriger, hier eine Folge normaler Teilungsfehler. Noch ein Vergleich von Spektren und Cepstren an der gleichen Maschine, einmal unmittelbar nach der Reparatur (oben) und einmal 4 Jahre später, Bild 8.10. Am Spektrum ist wiederum Verschleiß zu erkennen - die 2. Harmonische der Zahneingriffsfrequenz ist deutlich angewachsen. Die Seitenbandstruktur ist, wie die Cepstren zeigen, praktisch unverändert geblieben. Die Tendenz zur Dreiecksform ist also nicht wieder aufgetreten. 214 <?page no="229"?> Erkennen von Periodizitäten Bild 8.11 macht die Schwierigkeiten deutlich, die man mit der Seitenbandanalyse aus dem Spektrum direkt in der Praxis immer wieder haben wird. Oben im Bild ein 2000 Linien-Spektrum über die ersten drei Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz. Man sieht, die Fülle an Details ist mit dem Auge nicht mehr zu bewältigen. Darunter ein Ausschnitt von 400 Linien in gespreizter Darstellung. Periodizitäten im Spektrum, also Seitenbandstrukturen, sind auch hier so ohne weiteres nicht zu erkennen, da nämlich zwei Seitenbandfamilien überlagert sind. Als Gegenüberstellung Spektrum und Cepstrum in Bild 8.12. Sämtliche Spitzen im Cepstrum können als Rahmonische zweier Seitenbandfamilien eindeutig identifiziert werden, einmal entsprechend einem Abstand von 85 Hz und einmal einem solchen von 50 Hz, den Drehfrequenzen der beiden kämmenden Zahnräder. 215 <?page no="230"?> Bild 8.11: Spektrum mit überlagerten Seitenbandstrukturen 216 <?page no="231"?> Bild 8.12: Spektrum aus Bild 8.11 mit zugehörigem Cepstrum 217 <?page no="232"?> Fehlerquellen im Cepstrum Fehlerquellen in der Cepstrumanalyse, die zu starken Veränderungen des Cepstrums führen, ohne dass sich am Schwingungssignal selbst etwas geändert hätte, sind in Bild 8.13 anhand von künstlichen Spektren dargestellt: Verändertes Hintergrundrauschen Zusammenwachsen spektraler Komponenten durch unzureichende Filterbandbreite oder Filtercharakteristik Die Wahl der Messgröße (Beschleunigung - Geschwindigkeit - Schwingweg, siehe Abschnitt 4.1). Bild 8.13: Fehlerquellen bei der Cepstrumanalyse Zum ersten Fall - verändertes Hintergrundrauschen: Bild 8.14 zeigt eine Analysetechnik, die diesen Effekt sicher vermeidet und andererseits schärfere Beurteilungskriterien liefert. Denn eines ist klar, auch ein gutes Getriebe wird gewisse Imperfektionen in der Verzahnung aufweisen, und damit Modulationen, Seitenbänder 218 <?page no="233"?> im Spektrum, Linien im Cepstrum. Die Technik in wenigen Worten: Man führt im ursprünglichen Spektrum vor der Cepstrumanalyse ein künstliches Hintergrundrauschen ein. Es wird generiert als Einhüllende der Seitenbandpegel, wobei allerdings dominierende diskrete Anteile, wie z.B. die Zahneingriffskomponente selbst oder Geisterkomponenten, ausgespart werden. Eine solche Einhüllende kann rechnerisch z.B. durch einen (über die Frequenz) gleitenden Mittelungsprozess mit einer Fensterlänge größer als der Seitenbandabstand gewonnen werden. Bild 8.14: Signalverbesserung durch künstlichen Hintergrund im Spektrum als Basis für die Cepstrumanalyse 219 <?page no="234"?> Bild 8.15: Entwicklung eines Zahnfehlers mit Auswirkungen in Spektrum und Cepstrum 220 <?page no="235"?> Bild 8.16: Die Analysen von Bild 8.15 mit künstlichem Hintergrund nach Bild 8.14 221 <?page no="236"?> Als Basis für spätere Vergleiche wird dieser zu Beginn errechnete, künstliche Hintergrund nun jedem späteren Spektrum überlagert. Man erhält damit ein klares Bild darüber, ob und wie weit die Seitenbandpegel ihren ursprünglichen Wert überschritten haben. Das Cepstrum liefert diese Aussage in verdichteter Form. Ein Beispiel dazu in Bild 8.15: Die Entwicklung eines Fehlers (Zahnbruch) in einem Kugelmühlenantrieb. Schon bei der ursprünglichen Analyse findet man Seitenbänder im Spektrum und entsprechend Linien im Cepstrum - eine Folge von Imperfektionen in der Verzahnung. Eine spätere Analyse - unten in Bild 8.15 - zeigt einen Anstieg der Komponente, jedoch nicht besonders ausgeprägt. Es ist schwer, einen zulässigen Grenzwert zu definieren, auch, weil man nicht mit Sicherheit sagen kann, inwieweit die Änderung auf ein verändertes Hintergrundgeräusch zurückzuführen ist. Bild 8.16 zeigt die Ergebnisse der Analyse an den gleichen Signalen, jetzt jedoch mit dem künstlich eingeführten Hintergrund nach Bild 8.14. Man sieht sofort die Vorteile: Der Anstieg im Cepstrum ist deutlich ausgeprägt Der Betrag des Anstieges im Cepstrum liegt mit 2,5 Einheiten höher als der Anstieg bei der ersten Analyse (1,5 Einheiten) 8.2.4 Das Cepstrum von Zoom-Spektren Die quantitativen Verhältnisse im Spektrum von Zahnradgetrieben lassen sich nach dem künstlichen Spektrum von Bild 8.17 abschätzen: Angenommen wird ein Zahnradgetriebe, die Zähnezahl des fraglichen Zahnrades sei 20. Die ersten 50 Harmonischen der Drehfrequenz erstrecken sich hier bis in den Bereich zwischen 2. und 3. Harmonischen der Zahneingriffsfrequenz. Wählt man zur Analyse eine Bandbreite von 1/ 8 des Harmonischenabstandes (um ein Zusammenwachsen zu vermeiden), so ist damit die Leistungsfähigkeit eines 400 Linien-Analysators voll ausgeschöpft. Es ist offensichtlich, dass bei Zahnrädern mit: höheren Zähnezahlen entweder mit einer höheren Linienzahl bei Basisanalyse gearbeitet werden muss, oder man hat das Cepstrum eines Zoom-Spektrums zu bilden. Bild 8.18 zeigt Beispiele von Cepstren, abgeleitet aus Zoom-Spektren. Legt man die frühere Definition des Leistungscepstrums zugrunde - inverse Fouriertransformation des logarithmischen Leistungsspektrums - so wird man feststellen, dass das Cepstrum durch geringfügige Verschiebungen des Zoom-Bandes wesentlich beeinträchtigt wird (Man vergleiche die Cepstren der 2. Spalte von Bild 8.18). Dieses Problem wird umgangen, indem man bei Zoom-Spektren besser das Amplitudencepstrum aus dem einseitigen Leistungsspektrum berechnet, siehe rechts in Bild 8.18. Da beim Zoom-Spektrum im Hintergrund ein komplexes Zeitsignal steht (siehe Abschnitt 5.3.6), ist jetzt auch das Cepstrum eine komplexe Zeitfunktion. Betrachtet man wie bisher nur den Realteil (das Cepstrum war ja auch eine reelle Funktion), können Spitzen positives oder negatives Vorzeichen haben, sie können aber auch mehr oder weniger verschwinden. Die Vorgangsweise zur Berechnung des Amplitudencepstrums ist kurz folgende: Man berechnet durch inverse Fouriertransformation des Zoom-Leistungsspektrums Real- und Imaginärteil des (komplexen) Leistungscepstrums und dann weiter durch Betragsbildung das reelle Amplitudencepstrum. 222 <?page no="237"?> Bild 8.17: Synthetisches Spektrum eines Zahnradgetriebes 223 <?page no="238"?> Bild 8.18: Zoom-Spektren vom selben Zeitsignal mit Leistungscepstren und Amplitudencepstren 224 <?page no="239"?> Einige Worte seien hier zur Bildung des Amplitudencepstrums mit Hilfe eines FFT- Analysators gesagt: Hinter allen bisherigen Überlegungen, die sich auf den mathematischen Formalismus abstützen, steht das zweiseitige Leistungsspektrum mit positiven und negativen Frequenzkomponenten, im Fall des Basisspektrums eine gerade Funktion bezüglich der Frequenz. Der FFT-Analysator liefert lediglich ein einseitiges Spektrum (nur für positive Frequenzen). Zur Rücktransformation kann man jetzt zwei Wege gehen: Entweder, man erzeugt in einem Rechner aus dem einseitigen Spektrum durch Spiegelung ein zweiseitiges als Basis für die Rücktransformation im Analysator, oder man legt ihr das einseitige Spektrum zugrunde, wobei man jetzt die Eigenschaften der Fouriertransformation kausaler Signale beachten muss (Zusammenhang von Real- und Imaginärteil über die Hilberttransformation). Für detaillierte Hinweise sei an dieser Stelle auf die Ausführungen von Abschnitt 15.7.3 sowie auf weiterführende Literatur verwiesen [21, 30, 38]. Doch nun zum praktischen Beispiel. Bild 8.19 illustriert die Empfindlichkeit der Komponenten in Cepstrum gegenüber der „Anfangsphase" der periodischen Komponenten des Spektrums: Spektren von Getriebeschwingungen entsprechen in der Regel Fall a), die Seitenbänder fallen mit den Harmonischen beider Drehfrequenzen zusammen. Der Nullpunkt der Frequenzachse liegt daher auf einer zumindest theoretischen Seitenbandposition. Die entsprechenden Spitzen im Cepstrum haben jetzt immer positives Vorzeichen. Bild 8.19: Der Einfluss der Anfangsphasenlage von Seitenbändern bei der Cepstrumanalyse von Zoom-Spektren 225 <?page no="240"?> Anders liegt die Situation beim Cepstrum des Zoom-Spektrums, nach Fall b) in Bild 8.19. Das untere Ende des Frequenzbereiches liegt zufällig irgendwo zwischen zwei Harmonischen bzw. Seitenbändern. Im Extremfall, wie im Bild dargestellt, erhält man auch negative Spitzen, der reale Fall wird irgendwo zwischen a) und b) liegen. Berechnet man das Cepstrum als Amplitudencepstrum des einseitigen Leistungsspektrums, erhält man wie gewohnt die Spitzen im Cepstrum mit positivem Vorzeichen bei den korrekten Quefrenzen. 8.2.5 Editieren des Spektrums Das Beispiel von Bild 8.20 zeigt, wie nützlich ein Editieren des Spektrums vor der Berechnung des Cepstrums für diagnostische Zwecke sein kann. Das Cepstrum des Gesamtspektrums, unten im Bild, weist Komponenten entsprechend beider Drehfrequenzen des Getriebes auf. Eliminiert man im Spektrum die niedrigen Harmonischen bis etwa zur halben Zahneingriffsfrequenz, bleibt im Cepstrum nunmehr eine Komponente entsprechend einem Seitenbandabstand von 49,8 Hz übrig. Das heißt: Der Einfluss des anderen Zahnrades liegt vorwiegend auf den niedrigen Harmonischen, die Modulation betrifft nur das andere Rad. (Harmonische und Seitenbänder weisen den gleichen gegenseitigen Abstand auf - die Drehfrequenz.) 8.2.6 Weitere Anwendungen der Cepstrumanalyse Turbomaschinen Ähnlich wie bei Zahnradgetrieben äußern sich auch Defekte in der Beschaufelung von Turbomaschinen durch Modulation der Schaufelpassierschwingungen und damit in Seitenbändern der Schaufelpassierfrequenz. Ein praktisches Beispiel dazu findet man in [31]. Wälzlager Modulierte Pulsfolgen treten auch im Schadensbild von Wälzlagern auf, siehe Kapitel 7 Bild 7.1. Die Cepstrumanalyse ist auch dort ein geeignetes Diagnosewerkzeug. 8.2.7 Das Leistungscepstrum - Zusammenfassung Fehlererkennung Das Leistungscepstrum ist ein empfindlicher Indikator für das Anwachsen regelmäßiger Strukturen im Spektrum, wie Harmonische und Seitenbänder. Das Leistungscepstrum ergibt eine starke Datenreduktion. Die Information wird auf eine einzige Linie konzentriert. Das Leistungscepstrum ist weitgehend unempfindlich gegenüber der Lage des Messpunktes - Phasenbeziehungen, Amplituden- oder Frequenzmodulation - Last 226 <?page no="241"?> Bild 8.20: Editieren des Spektrums: Im oberen Bild wurden die niedrigen Harmonischen aus dem Spektrum entfernt 227 <?page no="242"?> Fehlerdiagnose Das Leistungscepstrum liefert den Seitenbandabstand mit großer Genauigkeit Das Leistungscepstrum kann auch aus Ausschnitten eines Spektrums berechnet werden, um Einzeleffekte mehr zu betonen. Das Leistungscepstrum kann zur Trennung überlagerter Seitenbandfamilien herangezogen werden. Das Leistungscepstrum liefert keine unterschiedliche Information für lokale und verteilte Fehler. Prognose Das Leistungscepstrum ergibt geringere Streuungen bei Trendanalysen (Kapitel 9 Abschnitt 9.3). 8.3 Das komplexe Cepstrum 8.3.1 Definition und Eigenschaften Obwohl das komplexe Spektrum heute noch wenig Einzug in das Gebiet Maschinenüberwachung und Fehlerdiagnose gehalten hat, soll ihm hier ein wenig Raum gewidmet werden, einfach um den Leser an den aktuellen Stand der Analysetechnik heranzuführen. Ausgangspunkt für das komplexe Cepstrum ist zunächst die allgemeine (komplexe) Fouriertransformation ) ( 2 ) ( ] Im[ ] Re[ 2 sin ) ( 2 sin ) ( ) ( ) ( f j t f e f A f j f dt t f t x j dt t f t x dt e t x t x F Aus dieser Darstellung lassen sich folgende Eigenschaften der Fouriertransformation für reelle Zeitsignale x(t) direkt ablesen: Der Realteil Re[f] ist eine gerade Funktion der Frequenz Der Imaginärteil lm[f] ist eine ungerade Funktion der Frequenz ] Im[ ] Im[ ] Re[ ] Re[ f f f f Das Spektrum einer geraden Zeitfunktion ist reell Das Spektrum einer ungeraden Zeitfunktion ist rein imaginär 0 ] Re[ ) ( ) ( 0 ] Im[ ) ( ) ( f t x t x f t x t x Entsprechendes gilt auch für die inverse Fouriertransformation. 228 <?page no="243"?> Für die Polardarstellung der Spektralfunktion folgt weiter (ungerade) ( ) ( ) ( ) ) ( ln ) ( ln f f gerade f A f A Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt das komplexe Spektrum C c ( ) ) ( ) ( ln ) ( 1 f j f A C c F so kommt man zu dem Ergebnis Das komplexe Cepstrum eines reellen Zeitsignals ist wieder eine reelle Zeitfunktion Da die Fouriertransformation eine eindeutig umkehrbare Funktion ist, kann man weiter folgern: Die Transformation vom Zeitsignal zum Cepstrum ist eindeutig umkehrbar, wenn die Phase (f) eine kontinuierliche Funktion ist. Dazu ist im Frequenzbereich eine Phasenabwicklung nach Bild 8.21 auszuführen, da die Phasenfunktion zunächst modulo 2 vorliegt. Bild 8.21: Phasenabwicklung im Frequenzbereich Und schließlich: Eine Faltung im ursprünglichen Zeitsignal wird im Cepstrum zur Addition (Die Überlegungen von Abschnitt 8.2.2 können hier übernommen werden, der Nachweis sei dem interessierten Leser vorbehalten). 229 <?page no="244"?> Eigenschaften und Möglichkeiten des komplexen Cepstrums in Kurzform zusammengefasst: Die Transformation ist eindeutig umkehrbar bis zurück zum ursprünglichen Zeitsignal Die Einflüsse von Quelle und Übertragungsweg bei linearen Systemen stehen im komplexen Cepstrum in additivem Zusammenhang Eine Subtraktion (Elimination) im komplexen Cepstrum entspricht einer Entfaltung im Zeitbereich. 8.3.2 Anwendungen des komplexen Cepstrums Bekannte Anwendungen des komplexen Cepstrums sind unter anderem Reinigung von echohaltigen Signalen Trennung der Einflüsse von Quelle und Übertragungsweg bei linearen Systemen. Bildverbesserung (Überlagerung von Lichtquelle und Objektkontrast). Ein Beispiel für die Regeneration des Grundsignals aus einem echohaltigen Messsignal zeigt Bild 8.22: Der Reihe nach sind hier zu sehen: a) ein künstlich generiertes Signal mit zwei Echos b) Amplitudenspektrum und c) Phasenspektrum des echohaltigen Signals d) das komplexe Cepstrum des echohaltigen Signals, in dem die ausgeprägten Linien für die Echohaltigkeit repräsentativ sind (Echos stellen auch eine gewisse Periodizität dar, die sich auf diese Weise äußert) e) das modifizierte Cepstrum (die diskreten Linien wurden rechnerisch entfernt) f) das durch Rücktransformation gewonnene Amplitudenspektrum des bereinigten Signals g) das Phasenspektrum der bereinigten Signals h) das durch abermalige Rücktransformation gewonnene bereinigte, also vom Echo befreite Zeitsignal. Ein praktischer Anwendungsfall findet sich in [39]. Dort wird die Regeneration des Druckverlaufes im Zylinder eines Dieselmotors aus einem außen gemessenen Beschleunigungssignal mit Hilfe einer Kombination aus Zeitfensterung und inverser Filterung beschrieben. 230 <?page no="245"?> Bild 8.22: Bereinigung eines echohaltigen Zeitsignals 231 <?page no="246"?> 8.4 Ausblicke Ein grundsätzliches Problem bei der Zustandsüberwachung von Maschinen stellt die Trennung von Erregung (= innere Kraft) und Übertragungsfunktion (= Struktureinfluss) dar. Das Cepstrum ist vom Prinzipiellen her ein wirksames Instrument bei der Lösung solcher Aufgaben. Durch adaptive Filterung bietet sich hier die Möglichkeit, Trends sehr feinfühlig zu verfolgen. Eine systematische und naturwissenschaftlich fundierte Darstellung der Analysen dieses Kapitels sowie die Entwicklung strategischer Konzepte wird in Kapitel 15 gegeben, welches seit der 3. Auflage in das Buch aufgenommen wurde. Analysen wie Cepstrum oder Hüllkurvenanalyse erscheinen dem Anwender zunächst als spezielle und mathematisch aufwändige Verfahren, der Anwendungsaspekt über die vorgestellten Beispiele hinaus bleibt weitgehend unklar. Hier setzen die Ausführungen von Kapitel 15 ein, einem von den Autoren mehr und mehr empfundenem Bedarf entsprechend. Es sei daher dem Leser als Vertiefungsliteratur empfohlen. 232 <?page no="247"?> 9 Rechnergestützte Überwachung Themen dieses Kapitels sind nicht, wie man vielleicht zunächst erwarten würde, moderne Rechnertechnik und neue Analysemethoden. Fragen dieser Art wurden, soweit in den Rahmen dieses Buches passend, an anderer Stelle behandelt. Was hier zur Sprache kommt, sind grundlegende methodische Probleme, die sich aus der Aufgabenstellung ergeben. Probleme, die unabhängig sind von jeder Rechnertechnik und daher im Wesentlichen in der ursprünglichen Form aus den früheren Auflagen übernommen wurden. 9.1 Grundlagen 9.1.1 Messgrößen und Beurteilungsgrößen Die Grundlagen für die Konzeption eines rechnergestützten Überwachungssystems, nämlich der Fragenkomplex, was wird auf welche Weise überwacht, unterscheiden sich in keiner Weise vom bisher Behandelten. Lediglich der automatische Vergleich erfordert eine gewisse Sorgfalt, damit einerseits Fehler im Laufzustand zuverlässig erkannt, Fehlalarme jedoch andererseits mit Sicherheit vermieden werden. Fragen über Ausgangsgrößen und Skalierung seien hier noch einmal zusammengefasst. Basis unserer Überwachung ist das Schwingungsspektrum mit logarithmischer Amplitudenskalierung und logarithmischer Frequenzachse (ausgenommen die Cepstrumanalyse). Die Vorteile dieser Darstellung bzw. Skalierung wurden in Abschnitt 3.7 bereits herausgearbeitet: Logarithmische Amplitudenskalierung: Jede Änderung eines Pegels im Spektrum ist als Fehlerindikation gleich aussagekräftig und nur nach der Größe der Änderung zu bewerten, unabhängig vom Absolutwert. Eine Änderung in dB an der Quelle spiegelt sich als gleich große Änderung des Schwingungspegels wider, unabhängig von der Wahl des Messpunktes. Die Vorgabe einer Toleranzschranke als dB-Wert entspricht einem konstanten Faktor der physikalischen Größe, also etwa auch dem vom Konstrukteur eingeplanten Sicherheitsfaktor. Der von einem Beschleunigungsaufnehmer überdeckte große Dynamikbereich kann auf diese Weise optimal genützt werden. 233 <?page no="248"?> Logarithmische Frequenzachse: Ein Einzelspektrum überdeckt einen großen Frequenzbereich. Für eine wirksame Überwachung ist der Bereich zwischen der halben Wellendrehzahl und der dreifachen Zahneingriffsfrequenz oder der Schaufelpassierfrequenz oder den Passierfrequenzen der Wälzlagerelemente interessant. Schwankungen der Drehzahl zwischen den einzelnen Messungen sind leicht zu kompensieren. Die Umrechnung auf andere Messgrößen ist einfach auszuführen. In einer doppeltlogarithmischen Darstellung entspricht einem Übergang Beschleunigung - Geschwindigkeit - Schwingweg lediglich ein Kippen (Drehen) des Schaubildes. 9.2 Automatischer Spektrenvergleich 9.2.1 Probleme beim Vergleich digitalisierter Spektren Basis für eine rechnergestützte Überwachung wird in der Regel wohl ein von einem FFT-Analysator geliefertes Schmalbandspektrum, also ein Spektrum konstanter Bandbreite sein. Die Frequenzachse ist hier linear. Das Hauptproblem, das daraus entsteht, hat seine Ursache in den immer wieder auftretenden und vielfach praktisch unvermeidlichen Drehzahlschwankungen von Messung zu Messung, so klein sie jeweils auch sein mögen. Am Beispiel von Bild 9.1 sei dies erläutert: Eine kleine Drehzahländerung - im gegebenen Fall 4% - hat zur Folge, dass die Position der Zahneingriffsfrequenz im zweiten Spektrum nicht mehr mit der im ersten identisch ist, sie ist deutlich nach höheren Frequenzen verschoben. Dem einfachen Differenzspektrum - unten in Bild 9.1 - kommt kaum Bedeutung zu. Aber auch weit geringere Drehzahländerungen bleiben im Schmalbandspektrum nicht ohne Auswirkung, wie Bild 9.2 zeigt. Die Drehzahländerung zwischen oberem und unterem Spektrum ist nur ca. 0,25%, mit dem Auge ist kein gravierender Unterschied festzustellen. Die Position der Zahneingriffsfrequenz ist hier in beiden Spektren identisch. Dennoch - das Differenzspektrum unten im Bild zeigt Unterschiede bis zu 12.8 dB, was unter normalen Umständen als Fehlerindikation zu werten wäre, völlig zu Unrecht jedoch in diesem Beispiel. Der Grund: Diskrete Schwingungskomponenten, die auf die steilen Filterflanken der Analyse fallen und damit bereits gegen geringfügige Frequenzschwankungen empfindlich sind. 9.2.2 Maskenspektren 9.2.2.1 Berechnung von Masken Ein Weg aus diesen Schwierigkeiten ist die Berechnung eines Maskenspektrums als Vergleichsbasis. Dazu ist in zwei Schritten vorzugehen. Spektren konstanter relativer Bandbreite Ausgangspunkt für die Maskenbildung ist ein Spektrum konstanter relativer Bandbreite. Es empfiehlt sich jedoch trotz allem, von der messtechnischen Seite beim 234 <?page no="249"?> FFT-Analysator zu bleiben. Einmal bietet er - ergänzend zur reinen Überwachung - die Möglichkeit einer Fehlerdiagnose. Eine Cepstrumanalyse kann ebenfalls nur auf einem Spektrum konstanter Bandbreite aufgebaut werden. Andererseits lässt sich aus einem Spektrum konstanter Bandbreite ein solches konstanter relativer Bandbreite berechnen, nicht aber umgekehrt. Als Richtlinie für die Bandbreitenwahl kann ein Bereich zwischen etwa 4% und 23% (= Terz) angegeben werden. Man denke dabei an die Kriterien zur Bandbreitenwahl von Abschnitt 3.8: Es sollte vermieden werden, dass zwei diskrete Schwingungskomponenten innerhalb eines Bandes zu liegen kommen. Aus Gründen der Datenreduktion wird man zunächst immer bestrebt sein, die Bandbreite so groß wie möglich zu wählen. Wie weit man dabei gehen kann, ergibt sich aus der Konstruktion der überwachten Maschine und ist im Einzelfall aus dem genannten Kriterium abzuleiten. Aus FFT-Spektren lässt sich ein Spektrum konstanter relativer Bandbreite rechnerisch ermitteln. Dazu sind lediglich die Energien (die entlogarithmierten dB-Werte) der FFT-Bänder, die innerhalb des einzelnen Frequenzbandes liegen, zu summieren (bei Überschneidungen anteilig), siehe Abschnitt 5.3.1.6. Da die Bandbreite in einem Spektrum konstanter relativer Bandbreite über einen größeren Frequenzbereich stark variiert, wird ein einzelnes FFT-Spektrum in der Regel nicht ausreichen. Um also einen Bereich von vielleicht 10Hz bis 20kHz zu überdecken, wird man mit einem 400- Linien-FFT-Analysator drei (gemittelte) Basisspektren mit Frequenzbereichen von 20kHz, 2kHz und 200Hz (Bandbreiten: 50Hz, 5Hz und 0,5Hz) benötigen. Man sollte von mindestens 5 FFT-Linien je Band ausgehen - 10 Hz Mittenfrequenz 2,3 Hz Terzbandbreite 0,5 Hz Schmalband. Die Spektren können nur seriell gemessen werden und sind der Reihe nach in den Rechner einzulesen Bei FFT-Analysatoren mit höheren Linienzahlen (höherer Frequenzauflösung) liegen die Verhältnisse günstiger, vielleicht wird man mit weniger Überlagerungen auskommen oder kann man die Konvertierung sogar in einem Einzelschritt bewältigen. Schneller und genauer ist die Messung von Spektren konstanter Relativbandbreite über digitale Filter. Moderne Analysatoren bieten diese Variante oft gemeinsam mit der FFT an. Vergrößerung der Bandbreite - Maskenspektrum Hat man auf die oben beschriebene Weise ein Bezugsspektrum konstanter relativer Bandbreite berechnet oder gemessen, erhält man durch Verbreiterung um ein Band nach links und rechts eine zum Vergleich geeignete Maske. Um Fehlalarme durch Hintergrundrauschen zu vermeiden, empfiehlt sich überdies, den Dynamikbereich nach unten hin etwas zu reduzieren. Das Verfahren ist in Bild 9.3 illustriert. Drehzahlschwankungen, auch wenn sie über eine (relative) Bandbreite hinausgehen, werden durch die Breite der Maske aufgefangen (siehe auch Abschnitt 3.7.2). Im Prinzip ist auch eine stärkere Verbreiterung zum Auffangen noch größerer Drehzahlschwankungen möglich. Empfehlenswert ist diese Vorgangsweise jedoch nicht unbedingt, da dann anzunehmen ist, dass Spektren bei stark verschiedenen Betriebszuständen zum Vergleich herangezogen werden, die dann schon betriebsbedingt auch bei einwandfreiem Laufzustand, größere Abweichungen aufweisen können. Man sollte eher in der Weise vorgehen, dass man die Messungen immer nur bei vergleichbaren Betriebszuständen ausführt. Ist dies nicht oder nur schwer möglich oder ist ein größerer Betriebsbereich typisch und insgesamt für die Messung interessant, 235 <?page no="250"?> Bild 9.1: Differenz zweier Schmalbandspektren bei geringfügiger (4%) Drehzahländerung von Messung zu Messung 236 <?page no="251"?> Bild 9.2: Differenz zweier Schmalbandspektren bei minimaler (0,25%) Drehzahländerung von Messung zu Messung 237 <?page no="252"?> sollte man mehrere Referenzmasken für verschiedene Betriebsbereiche bilden und zur Überwachung heranziehen. Toleranzgrenzen zur Beurteilung Wichtig ist noch die Frage der Toleranz, ab der eine Überschreitung als relevant beurteilt werden soll. Als Richtwert wird man von einem Wert zwischen 6 dB und 10 dB ausgehen können (ein reiner Erfahrungswert, der interessanterweise in der gleichen Größenordnung liegt, wie die Stufungen in den standardisierten Beurteilungsverfahren, aber hier völlig getrennt und unabhängig gewonnen wurde). Einen Anstieg in diesem Bereich wird man als Indikation eines entstehenden Fehlers, einen vom doppelten Betrag als gravierenden Fehler in der Maschine anzusehen haben. Wie groß man die Toleranz letztendlich wirklich ansetzen wird, hängt weitgehend vom Typ der Maschine ab. Hier werden Feingefühl und Erfahrung des Instandhalters eine wesentliche Rolle spielen müssen. Verschiedene Varianten bieten sich vor allem im rechnergestützten System an. Das Toleranzfenster kann konstant angesetzt werden, unabhängig von Pegel und Frequenz, z. B. mit 6 dB. In bestimmten Fällen ist ein dynamisches Fenster von Vorteil, in dem etwa höhere Pegel über ein engeres Fenster stärker gewichtet werden als niedrigere (oder deterministische bzw. diskrete Komponenten, die als ausgeprägte Spitzen (Peaks) hervortreten, stärker als breitbandige Hintergrundanteile). 9.2.2.2 Beispiele Zwei Beispiele aus der Praxis sollen die Anwendung des beschriebenen Verfahrens bei der rechnergestützten Überwachung verdeutlichen. Gezeigt werden jeweils eine Serie von Spektren, die die Entwicklung eines Fehlers wiedergeben, sowie das Maskenspektrum und das Vergleichsergebnis in tabellarischer Form. Zur weiteren Datenreduktion empfiehlt es sich in jedem Fall, Überschreitungen der Referenzmaske in Tabellenform nach Betrag und Frequenz zu dokumentieren. Lagerfehler an einem Generator-Hilfsantrieb An einem Generator-Hilfsantrieb nach Bild 9.4 wurden Spektren nach Bild 9.5 gemessen, unter b) ist im gleichen Bild die aus dem ersten Spektrum abgeleitete Referenzmaske zu sehen. Man beachte, dass die den Spektren der Bilder Bild 9.1, Bild 9.2 und Bild 9.4 zugrunde liegenden Messungen dieselben sind. Die Entwicklung des Fehlers kann anhand Tabelle 9.1 verfolgt werden, dem Ergebnis des Vergleiches in tabellarischer Form. Die zugrunde gelegte Bandbreite beträgt 6 %. Man beachte, dass die Anzahl der Frequenzbänder, in denen eine relevante Pegelüberschreitung auftritt, von Mal zu Mal ansteigt. Parallel dazu ist in Bild 9.6 die Entwicklung des Fehlers im Schmalbandspektrum zu beobachten. Diagnostiziert wurde ein fehlerhafter Außenring im Wälzlager. Von März 1981 bis November 1981 ist eine fortlaufende Verschlechterung festzustellen. Das Spektrum im April 1982 wurde nach der Reparatur aufgenommen. Auffallend ist vor allem das mit wachsender Intensität auftretende Muster äquidistanter Linien mit einem gegenseitigen Abstand von 210 Hz, welches den Fehler weit stärker charakterisiert, als jegliche Einzelpegelüberschreitung. Weiter ist festzustellen, dass die ursprünglich dominierenden Zahneingriffs- und Schaufelpassierkomponenten als Folge wech- 238 <?page no="253"?> selnder Last von Messung zu Messung stark variieren. In [42] ist dieses Beispiel noch ausführlicher dokumentiert. Bild 9.3: Bildung eines Maskenspektrums 239 <?page no="254"?> Bild 9.4: Schema des Generator-Hilfsantriebes, in dem ein Lagerfehler festgestellt und diagnostiziert werden konnte 240 <?page no="255"?> Bild 9.5: Die Entwicklung eines Fehlers im Spektrum konstanter relativer Bandbreite (6%). Bild b) zeigt das aus a) abgeleitete Referenzspektrum (Maske). 241 <?page no="256"?> Bild 9.6: Das Bild des Fehlers im Schmalbandspektrum konstanter Bandbreite. Anhand des äquidistanten Linienmusters mit 210 Hz Abstand ließ sich der Fehler diagnostizieren. 242 <?page no="257"?> Tabelle 9.1: Vergleichsergebnisse nach Bild 9.5 in Tabellenform (Überschreitungen der Maske) 243 <?page no="258"?> Defekte Zahnräder in Kugelmühlenantrieben Aufbau der untersuchten Maschinen und Entwicklung des Fehlers können Bild 9.7 entnommen werden. Bild 9.8 zeigt Spektren (4% Bandbreite = 1/ 12 Oktave) und Ausdruck der Differenzen 3½ Monate und 2½ Wochen vor dem Ausfall durch Zahnbruch. Bild 9.9 zeigt äquivalente Messdaten der anderen fehlerhaften Maschine der Gruppe. Sie wurde aufgrund der Messergebnisse und der Erfahrungen mit der ausgefallenen Maschine stillgesetzt und untersucht; Ergebnis: Angerissene Zähne im Zahnrad wurden entdeckt, diesmal rechtzeitig. Bild 9.7: Schema des Kugelmühlenantriebes und Entwicklungsgeschichte des Fehlers 244 <?page no="259"?> Bild 9.8: Spektrum (4% Bandbreite) und Überschreitungstabelle lange und kurz vor dem Ausfall des Getriebes 245 <?page no="260"?> Bild 9.9: Spektren (4% Bandbreite) und Überschreitungstabelle einer gleichartigen Maschine in gutem und in schlechtem Laufzustand 246 <?page no="261"?> 9.2.3 Order Tracking Eine gute Methode zum Spektrenvergleich bei schwankender Drehzahl ist Order- Tracking. Die Linien der FFT sind dabei nicht mehr bestimmten Frequenzen sondern bestimmtem Drehzahlordnungen zugeordnet. So sind zum Beispiel Drehfrequenz, Zahneingriffsfrequenzen und ihre Seitenbänder immer exakt auf derselben Linie im Spektrum, Vergleich und Trendanalysen sind jetzt leicht durchzuführen. Ganz besonders bei Zahnradgetrieben wird Order Tracking mehr und mehr das Mittel der Wahl sein, da besonders hier ein präzises Verfolgen der Zahneingriffsfrequenzen erforderlich ist und Drehzahlschwankungen sich besonders erschwerend auswirken (sie sind höhere Harmonische der Drehzahl entsprechend der Zähnezahl). Zum anderen werden hier schnelle Reaktionszeiten vorteilhaft sein, da die Fehlerentwicklung bis zum Bruch (mit Totalschaden) manchmal recht rasant erfolgt. Leistungsfähige Trackingalgorithmen und die dazu erforderlichen Rechner stehen heute zur Verfügung (Abschnitt 10.6). 9.3 Trendanalyse Prognose der Restlaufzeit Bei der Trendanalyse versucht man, aus dem zeitlichen Verlauf eines für den Laufzustand relevanten Parameters durch Extrapolation jenen Zeitpunkt abzuschätzen, zu dem ein als kritisch erachteter Grenzwert erreicht werden wird. Dazu wird der Langzeitverlauf von Messwerten über eine Regressionsanalyse in ein systematisches Format gebracht (Approximation), der Zeitpunkt, zu dem ein bekannter Grenzwert erreicht wird, kann dann durch Extrapolation abgeschätzt werden. Physikalisches - Maßstäbe In vielen Fällen wird im logarithmischen Amplitudenmaßstab ein zeitlich linear ansteigender Pegel typisch für einen sich entwickelnden Fehler sein: In gleichen Zeiträumen wird sich die Amplitude um den gleichen Faktor vergrößern. In anderen Fällen, wenn sich mit zunehmendem Fehler auch die Intensität der Fehlerquelle verstärkt, wird eher ein zeitlich exponentiell ansteigender Pegel zu erwarten sein; so erhöht sich z.B. durch Verschleiß in Zahnrädern die dynamische Last zufolge des Verschleißes, der Fehler steigt immer stärker an. In anderen Fällen wird der Fehler von Zeit zu Zeit sprunghaft zunehmen, z. B. bei Ausbrüchen aus Oberflächen zufolge Materialermüdung; hier wird ein Trend im Allgemeinen nur schwer ermittelbar sein. In jedem Fall muss man sich über die vielfältigen Möglichkeiten einer Fehlerentwicklung im Klaren sein, bevor man sich mit der Ausführung von Trendanalysen befasst. Als Beispiel sollen hier Aussehen und Resultate linearer Extrapolationen an praktischen Fällen demonstriert werden, an Fehlern, die z. T. schon in anderen Abschnitten zur Anschauung herangezogen wurden. Bild 9.10 zeigt die Trendanalyse für den Pegel in einem einzelnen Frequenzband, bei der Drehfrequenz in diesem Fall. Das Ansteigen war durch die Auswirkungen eines Ausrichtfehlers verursacht worden. Im ersten Intervall ist ein relativ starker Anstieg festzustellen, im weiteren Verlauf sieht man ein deutliches Abflachen. Das Ergebnis der linearen Regression liegt hier auf der sicheren Seite. (Natürlich ist klar, dass die Zahl der Stützwerte in diesem Beispiel für eine wirklich wirksame Trendanalyse wohl zu gering sein wird. Hier soll lediglich ein Anschauungsbeispiel auf der Basis von 247 <?page no="262"?> Messergebnissen vorgestellt werden, die zu einem früheren Zeitpunkt, ohne eigentlichen Blickpunkt in Richtung Trendanalyse gewonnen worden waren). Bild 9.10: Zeitlicher Anstieg der drehfrequenten Komponente als Folge eines Ausrichtfehlers 248 <?page no="263"?> Bild 9.11: Zeitliche Entwicklung zweier Einzelkomponenten des Spektrums zufolge eines anwachsenden Kugellagerfehlers. Die große Streuung macht eine wirksame Trendanalyse praktisch unmöglich (vgl. Bild 9.6). Im Falle eines entstehenden Kugellagerschadens wird man den Fehler nicht an der Entwicklung des Pegels in einem einzelnen Frequenzband quantifizieren können, siehe Bild 9.11. Hier wird ein Parameter zur Trendanalyse heranzuziehen sein, der die Entwicklung der für solche Fehler typischen Familie von Harmonischen wiedergibt. Ähnliche Gesichtspunkte gelten bei lokalen Fehlern in Zahnrädern, die sich im Spektrum durch das Entstehen von Seitenbandfamilien äußern. Bild 9.11 zeigt die außerordentlich großen Streuungen, die man erhält, wenn man aus den vorhandenen Messdaten zwei einzelne Frequenzbänder herausgreift (vgl. Bild 9.6). Ein Ausweg besteht im letzten Fall darin, die Trendanalyse des Gesamtpegels über einen größeren Frequenzbereich auszuführen, der von den für den genannten Fehler typischen Harmonischen ohne wesentliche andere Einflüsse dominiert wird. Das Verfahren ist in Bild 9.12 wiedergegeben. Man kann aus dem Bild einmal den deutlichen Trend ablesen. Die Streuungen um den Mittelwert sind bei weitem geringer, als im Fall der Einzelkomponenten aus Bild 9.11. Der niedrige Korrelationskoeffizient von 0,58 weist, wie man aus dem Bild ablesen kann, eher auf einen nichtlinearen Verlauf des Pegels als auf eine statistische Streuung hin. Es wird offensichtlich, dass sich das System nach einer relativ kräftigen . Fehlerentwicklung im Anfangsstadium dann weitgehend stabilisiert hat. Als weitere Variante kann man überhaupt einen die gesamte Harmonischenfamilie charakterisierenden Parameter der Trendanalyse zugrunde legen, z. B. die zugeordnete Komponente im Cepstrum (Kapitel 8). Bild 9.13 zeigt die Folge der bereits früher in diesem Abschnitt als Beispiel herangezogenen Spektren, daneben jeweils das zugehörige Cepstrum (grob gesprochen eine weitere Fourieranalyse des logarithmischen Leistungsspektrums). Die erste Rahmonische bei einer Quefrenz entsprechend der Kugelpassierfrequenz am Au- 249 <?page no="264"?> ßenring (BPFO) gibt die durchschnittliche Höhe der Harmonischenfamilie über dem Hintergrund wieder. Ihr Verhalten wird daher mit Sicherheit stabiler sein als das je- Bild 9.12: Zeitliche Entwicklung des Gesamtpegels in einem durch die Harmonischen dominierten Frequenzbereich 250 <?page no="265"?> der einzelnen Harmonischen für sich. Im Gegensatz zur vorher angewandten Methode - Beobachtung des Gesamtpegels über einen breiteren Frequenzbereich - sind jetzt sämtliche Harmonischen in die Betrachtung mit einbezogen. Bild 9.14 zeigt schließlich die Trendanalyse der für die Harmonischenfamilie repräsentativen Komponente im Cepstrum. Der Trend ist weitgehend ähnlich dem bei der Breitband- Bild 9.13: Zeitliche Entwicklung von Spektrum (links) und Cepstrum als Folge eines Kugellagerfehlers (vgl. Bild 9.6) 251 <?page no="266"?> betrachtung von Bild 9.12, die Streuung ist weiter verringert. Der Vorteil bei der Trendanalyse im Cepstrum liegt vor allem darin, dass es nicht erforderlich ist, einen rein von den Harmonischen dominierten Frequenzbereich auszuwählen. Bild 9.14: Trendanalyse der Harmonischenfamilie 252 <?page no="267"?> Die wichtigsten Grundprinzipien der Trendanalyse wurden in diesem Abschnitt skizziert. Wie man schon aus diesen Grundlagen unschwer entnehmen kann, wird es im Einzelfall immer unumgänglich sein, durch sorgfältige Interpretation der Daten ihre Wirksamkeit sorgfältig abzuschätzen. In vielen Fällen wird erst der eigentliche Funktionsverlauf zeigen, ob nicht vielleicht andere Extrapolationsverfahren vorzuziehen sind. 253 <?page no="268"?> 10 Analyse von Hoch- und Auslaufvorgängen Unter diesem Titel, der hier eher aus historischen Gründen beibehalten wurde, werden ganz allgemein Verfahren von Analyse und Diagnose bei variabler Drehzahl behandelt, also nicht nur im instationären Laufzustand sondern auch bei nominell stationären Zuständen mit schwankenden Drehzahlen. Waren diese Verfahren in der Vergangenheit eher dem Spezialisten vorbehalten, zählen sie heute in vielen Gebieten durchaus zum Standardrepertoire und sind dem Fortschritt entsprechend allgemein gebräuchlich. Dementsprechend haben sich Umfang und Themenkreis gegenüber der Vergangenheit beträchtlich erweitert. 10.1 Die Thematik Schwingungsmessungen und Analysen bei hoch- oder auslaufenden Maschinen liefern in vielen Fällen wertvolle Zusatzinformationen zu den bisher behandelten Messungen im Stationärbetrieb, erfordern jedoch eine erweiterte Mess- und Auswertetechnik, der dieser Abschnitt gewidmet werden soll. Bei der Spektralanalyse hat man es jetzt nicht mit einem einzelnen Spektrum, sondern mit einem ganzen Feld von Spektren zu tun. Die hier vorgestellten Verfahren werden auch standardmäßig für Untersuchungen an Maschinen mit typischerweise großem Betriebsdrehzahlbereich eingesetzt, zum Beispiel bei Kraftfahrzeugen, da sie die Messzeiten optimieren und vielfach realistischere weil betriebstypische Ergebnisse liefern. Im Zielpunkt des Interesses stehen bei diesen Betriebszuständen Kritische Drehzahlen Drehzahlordnungen Rotor- und Lagerinstabilität Erfassung großer Drehzahlbereiche Kritische Maschinendrehzahlen bzw. Frequenzen sind vorwiegend feste Frequenzen, bei denen in der Maschine Resonanzüberhöhung auftritt, sobald die Erregung in die Umgebung dieser Frequenzen fällt (Resonanzfrequenzen, Eigenfrequenzen). Drehzahlabhängige Resonanzfrequenzen, wie z.B. bei schnelllaufenden Rotoren oder Schaufelschwingungen bei Dampfturbinen, müssen hier nicht gesondert behandelt werden, Analysetechnik und Schwingungsbild sind praktisch gleich bzw. sehr ähnlich wie bei festen Resonanzfrequenzen. Bei der Ordnungsanalyse werden stets die Schwingungskomponenten bei Vielfachen einer Bezugsfrequenz (Drehfrequenz) untersucht. Zur Auswertung und Analyse greift man hier auf andere, z. T. wesentlich erweiterte Darstellungsmöglichkeiten zurück: 254 <?page no="269"?> Für Einzelkomponenten Bodediagramm Nyquist-Diagramm Polardiagramm Für Spektrenfelder Kaskadendarstellung (Wasserfalldarstellung) von Spektrenfeldern Spektrogramm Campbelldiagramm Skalogramm Mit Hilfe dieser Techniken lassen sich Fragen beantworten und Probleme lösen, die mit einer einfachen Analyse nicht so ohne weiteres zugänglich sind. Die ursprünglichen Grenzen der Messtechnik wie Geschwindigkeit der Datenerfassung- und Verarbeitung oder begrenzte Speicherkapazität sind heute kein Thema mehr. Als typische Aufgaben seien hier genannt Erfassung großer Drehzahlbereiche Identifikation von drehzahlbezogenen Phänomenen (Ordnungen) Identifikation von Resonanzerscheinungen Identifikation von Instabilitäten (z. B. Lagerinstabilitäten, vgl. Abschnitt 6.2.2.1) Aber auch Selektive Überwachung von Einzelkomponenten (Abschnitt 10.7.3). 10.2 Auswertung von Einzelkomponenten - kritische Drehzahlen Zur Messung kritischer Drehzahlen bzw. Frequenzen verwendet man im einfachsten Fall so genannte Mitlauf- oder Nachlauffilter, Filter, deren Mittenfrequenz synchron mit der Bezugsdrehzahl (der Welle) mitgezogen wird; die Filtermittenfrequenz kann dabei identisch mit der Drehzahl selbst oder mit einem festen Vielfachen davon sein. Zur Untersuchung von Resonanzvorgängen ist es zweckmäßig, Amplitude und Phase der Schwingung als Funktion der Frequenz zu erfassen und darzustellen. Die Phase wird dabei bezogen auf eine feste Marke auf der Welle, von der bei jeder Umdrehung ein Triggerimpuls als Phasenbezug abgeleitet wird (Key Phasor). Zwei Möglichkeiten zur Auswertung seien hier vorgestellt. Im Bodediagramm - Bild 10.1 - werden Amplituden- und Phasenverlauf als zwei getrennte Kurvenzüge dargestellt. Eine Resonanzstelle zeigt sich dort durch ein Maximum in der Amplitude und einen Phasenwinkel von 90°. Man beachte, dass das Bodediagramm empfindlich ist gegen durch Runout verfälschte Messungen, was vor allem beim Einsatz von berührungslosen Wegaufnehmern zum Tragen kommen könnte (Abschnitt 4.2). Ein Indikator: Wenn die Amplitude bei sehr niedrigen Drehzahlen (2-5% der Antriebsdrehzahl) nicht gegen Null geht, sollte man die Messdaten mit etwas Skepsis betrachten [40]. Im Nyquist-Diagramm - der zweiten hier behandelten Darstellungsform - wird in Polarkoordinaten gearbeitet: Vom Ursprung aus wird ein Zeiger aufgetragen, dessen 255 <?page no="270"?> Länge gleich der Amplitude und dessen Argument gleich dem Phasenwinkel ist. Die Verbindung aller gedachten Zeiger ist die für den Schwingungsverlauf charakteristische Kurve, Kurvenparameter ist die Wellendrehzahl (Bild 10.2). Bild 10.1: Bodediagramm für einen Resonanzdurchgang Bild 10.2: Nyquist-Diagramm für einen Resonanzdurchgang Vorteil des Nyquist-Diagramms ist die leichte Korrekturmöglichkeit von Fehlern zufolge Runout. Dazu ist lediglich der Koordinatenursprung in den Endpunkt des Nullzeigers zu verschieben. Dadurch wird der gesamte Kurvenzug nach Amplitude und Phase korrigiert. Der Nachteil allerdings: Das Nyquist-Diagramm enthält keine Drehzahlinformation, sie muss zusätzlich als Kurvenparameter eingetragen werden [40]. 256 <?page no="271"?> 10.3 Auswertung spektraler Messungen Bode- und Nyquist-Diagramm sind sowohl für Messergebnisse von Mitlauffiltern wie auch für Einzelkomponenten eines FFT-Spektrenfeldes geeignet. Bei Analysen instationärer Vorgänge mit dem FFT-Analysator erhält man ein ganzes Feld von Schmalbandspektren, der Betriebszustand - im konkreten Fall die Drehzahl - ist gleichzeitig der dem einzelnen Spektrum zugeordnete Scharparameter 46 , vielfach bezeichnet als Führungsgröße. Das Problem bei Messergebnissen dieser Struktur liegt in erster Linie in der Menge und Vielfalt der Daten. Man bedenke: jedes FFT-Spektrum hat schon einige hundert Linien entsprechend ebenso vielen Zahlenwerten, und das für jeden einzelnen Drehzahlschritt. Andererseits: Gerade für die überblickshaften Auswertungen werden schwerpunktmäßig vor allem zwei Zielrichtungen gegeben sein: Die Untersuchung der Anregung von Strukturresonanzen und die Untersuchung der Harmonischen der Wellendrehzahl (Drehklang). Zwei Darstellungsarten sind vorzüglich zur Beobachtung dieser Einflüsse geeignet, Kaskadendiagramm und Campbelldiagramm. Andere Aspekte - speziell diagnosebezogene - kommen noch in Abschnitt 10.7 zur Sprache. 10.3.1 Kaskadendiagramm (Wasserfalldarstellung) 47 Bild 10.3: Kaskaden- oder Wasserfalldarstellung eines Spektrenfeldes. Strukturresonanzen treten als gerade von vorne nach hinten verlaufende Spitzenreihen hervor, Drehzahlordnungen verlaufen schräg. 46 Scharparameter können auch andere Größen sein, am häufigsten die Zeit. 47 Die Bezeichnungen sind aktualisiert nach DIN ISO 13373. 257 <?page no="272"?> Bild 10.4: Kaskadendiagramm - praktisches Beispiel (vgl. Bild 10.5) 258 <?page no="273"?> Im Kaskadendiagramm wird das Spektrenfeld in axonometrischer Darstellung nach Bild 10.3 oder Bild 10.4 dargestellt. Bei drehzahlabhängiger Messung und äquidistanten Drehzahlschritten von Spektrum zu Spektrum treten die (drehzahlunabhängigen) Strukturresonanzen als gerade (d. h. im gleichen Frequenzkanal) von vorne nach hinten verlaufende Spitzenreihen hervor. Die Drehzahlordnungen verlaufen schräg, da die Frequenz der Ordnung und damit die Nummer des zugeordneten FFT-Kanals mit der Drehzahl steigen. Gelegentlich ist hier ein linearer Amplitudenmaßstab vorteilhaft, da dominierende Komponenten dann stärker hervortreten. 10.3.2 Spektrogramm Das Spektrogramm ist eine lückenlose xy-Darstellung des Verlaufes von Spektren über der Zeit 48 . Man kann es interpretieren als Aufsicht eines Kaskadendiagramms, wobei der Wert der Amplitude bzw. des Pegels als Farbschattierung oder Grauwert indiziert ist, siehe Bild 10.5 (Landkartendarstellung). Bild 10.5: Spektrogramm (vgl. Bild 10.4) 10.3.3 Das Campbelldiagramm Das Campbelldiagramm ist ein Drehzahl/ Frequenz-Schaubild zur Bestimmung von Koinzidenzen von Schwingungsanregungen und Strukturresonanzen. Im Diagramm Bild 10.6 sind drehzahlabhängige Anregungsfrequenzen (Ordnungen) und Resonanzfrequenzen eingetragen. Das Campbelldiagramm kann durch spektrale Mess- 48 Zur genauen Definition siehe Abschnitt.10.4.1 259 <?page no="274"?> werte von Schwingungen ergänzt werden. So ist es durchaus gerechtfertigt, ein drehzahlskaliertes Kaskadendiagramm als Campbelldiagramm zu bezeichnen. Bild 10.6 zeigt die ursprüngliche Darstellungsform, die weit vor dem Zeitalter der Echtzeit-Frequenzanalyse datiert. Im Drehzahl-Frequenz Diagramm sind hier dominierende Pegel als Klassierungssymbole eingetragen, Gebiete von erhöhten Pegeln sind über den gesamten Drehzahlbereich leicht zu identifizieren. Das Diagramm ist mit Hilfslinien entsprechend der Drehzahlordungen und Strukturresonanzen hinterlegt. Hauptanwendung war ursprünglich die Festlegung resonanzfreier Bereiche für die Betriebsdrehzahl. Bild 10.6: Campbelldiagramm eines drehzahlabhängigen Spektrenfeldes. Dominierende Pegel werden durch eine Schar von Kreisen markiert, der Kreisdurchmesser repräsentiert die Pegelhöhe Die Kaskadendarstellung von Schwingungen als Campbelldiagramm in Bild 10.7 illustriert anschaulich Eigenschaften und Interpretationsmöglichkeiten. Werden im Campbelldiagramm neben den dominierenden Pegelverläufen auch die Strukturresonanzen (im Bild beispielhaft nur eine einzige) eingetragen, können selbsterregte Schwingungen (Instabilität) von erzwungenen Schwingungen unterschieden werden 49 . Die Gegenmaßnahmen sind durchaus unterschiedlich. 49 Eigenfrequenzen von Rotoren sind im Allgemeinen drehzahlabhängig. 260 <?page no="275"?> Bild 10.7: Campbelldiagramm in Kaskadendarstellung (nach DIN ISO 13373/ 2). Anregungen im instabilen Bereich bewirken Schwingungen mit nicht drehzahlproportionaler Frequenz (selbsterregte Schwingungen). Das Campbelldiagramm kann auch als zweidimensionale Graphik (Landkartendarstellung) in Art eines Spektrogramms dargestellt werden, siehe Bild 10.5. 10.4 Zeit-Frequenz-Analyse (JTFA 50 ) Bei der konventionellen Fouriertransformation, wie sie bisher immer zugrunde gelegt war, wird das zu analysierende Zeitsignal mit einem kontinuierlichen harmonischen Zeitsignal verglichen 51 . Da die harmonische Vergleichsfunktion gleichmäßig über den gesamten Zeitbereich verteilt ist, liefert die Fouriertransformation keinerlei Hinweise über die zeitliche Entwicklung der einzelnen Frequenzkomponenten. Die spektralen Werte sind Mittelwerte über das Integrationsintervall, Hinweise auf die zeitliche Verteilung bzw. auf die Lokalisation von Einzelereignissen sind im Spektrum nicht ent- 50 engl.: Joint Time Frequency Analysis 51 Eine sehr anschauliche Darstellung dieses Gedankens findet man in [5] 261 <?page no="276"?> halten, die zeitlichen Änderungen instationärer Signale innerhalb des Zeitfensters werden mit dieser Methode nicht erfasst. Die zeitliche Auflösung einer regelmäßigen zeitlichen Folge von Spektren, wie sie den Methoden von Abschnitt 10.3 zunächst zu Grunde liegt, ist demnach durch die Blocklänge der FFT begrenzt. Sie kann durch Reduktion der Blocklänge verbessert werden, die Frequenzauflösung wird damit jedoch gleichzeitig verschlechtert nach dem Prinzip der Unschärferelation, siehe Abschnitt 3.4.2 bzw. Abschnitt 5.2. Bild 10.8: Elementarfunktionen der Fouriertransformation Zur Verbesserung der zeitlichen Auflösung der Analyse wurden verschiedene Verfahren der so genannten Zeit-Frequenz-Analyse entwickelt. In diesem Abschnitt sollen die wichtigsten rein anwendungsbezogen skizziert werden, was schon eine Beurteilung für bestimmte Problemlösungen ermöglicht. Ein tieferer Einstieg in dieses Gebiet ist dem Rahmen dieses Buches wohl nicht angemessen. Dennoch - ein gewisser Überblick soll hier in Anbetracht der steigenden Bedeutung dieser Verfahren gegeben werden um die Möglichkeiten wenigstens ansatzweise aufzuzeigen. Eine gewisse Vertiefung wird dann noch in Kapitel 15 angeboten. Grundgedanke aller Zeit-Frequenz-Transformationen ist - in Gegenüberstellung zur klassischen Fouriertransformation - der Vergleich mit zeitlich konzentrierten Basisfunktionen, der eine Aussage über die zeitliche Entwicklung der spektralen Daten liefert. 10.4.1 Kurzzeit-Fouriertransformation (STFT 52 ) Der logische Weg, eine hohe Auflösung in Zeit- und Frequenzbereich zu erzielen, ist der Signalvergleich mit Elementarfunktionen, die sowohl im Zeitbereich wie auch im Frequenzbereich konzentriert sind. Bei der STFT wird ein solches zeitlich konzentrierte Fenster w(t) - z. B. ein Hanningfenster oder Gaußfenster - kontinuierlich über das Zeitsignal bewegt. 52 engl. Short Time Fourier Transform 262 <?page no="277"?> dt e t w t x X t x STFT t j , Das Integral beschreibt die Ähnlichkeit zwischen dem Signal x(t) und der Elementarfunktion w(t- ) exp(-j t). Die Funktion w(t) ist eine zeitlich konzentrierte Fensterfunktion. Die Elementarfunktionen der STFT sind in Bild 10.9 links dargestellt (Gabor-Basisfunktionen). Die Fensterlänge bleibt über der Frequenz konstant. Die Analyse entspricht dem Charakter nach einer Analyse mit konstanter Bandbreite. Bild 10.9: Elementarfunktionen der Kurzzeit-Fouriertransformation (links) und der Wavelet-Transformation Der Algorithmus entspricht einem kontinuierlichen Verschieben des Zeitfensters über das Zeitsignal. Das Ergebnis ist eine zweidimensionale Spektralfunktion X( , ) mit den Parametern Frequenz und Zeit. Es entspricht einer kontinuierlichen Folge von Spektren. Die Folge der Leistungsspektren wird als Spektrogramm bezeichnet und nach Bild 10.5 dargestellt. Spektrogramm 2 , X t x Wie die Fouriertransformation ist auch die STFT umkehrbar, d. h. das Zeitsignal kann durch Rücktransformation wiederhergestellt werden (siehe Abschnitt 15.12.3). Entsprechend der hohen Redundanz der stark überlagerten Einzelspektren der STFT sind Datenanfall und entsprechend der Rechenaufwand hier extrem groß und damit unpraktikabel (vgl. dazu die Ausführungen von Abschnitt 5.3.5). Eine optimierte Variante dazu ist die Gabortransformation, die im folgenden Abschnitt behandelt wird. 263 <?page no="278"?> 10.4.2 Gaborentwicklung und Gabortransformation Gaborentwicklung Dennis Gabor [71] schlug bereits im Jahre 1946 an Stelle einer Repräsentation im Zeit- oder Frequenzbereich eine zweidimensionale Signaldarstellung in Zeit- und Frequenzkoordinaten vor nach dem Ansatz 53 1 0 1 0 / 2 M m N n N nk j n m e M m k h C k x Der Ansatz wird als Gaborentwicklung bezeichnet. Dabei wird der Zeit/ Frequenz- Bereich in ein regelmäßiges Gitter der Dimension M x N unterteilt, das so genannte Gaborgitter, siehe Bild 10.10. In der Umgebung jedes Gitterpunktes ist eine Elementarfunktion der Form N nk j e M m k h / 2 als Transformationskern definiert. Diese Elementarfunktionen werden auch als Gaboratome bezeichnet. Bild 10.10: Fensterfunktionen der Gabortransformation - Gaborgitter und Gaboratome 53 Es wird hier der Ansatz für die diskrete Gaborentwicklung präsentiert mit der üblichen Schreibweise k für die diskrete Zeitvariable (an Stelle von k. t). 264 <?page no="279"?> Die Gaborentwicklung kann interpretiert werden als Rücktransformation einer stufenweisen STFT [68]. Wie in Bild 10.10 skizziert, wird ein Zeitfenster in M Schritten mit einer Schrittweite M verschoben, die Frequenz variiert in N Schritten (Spektrallinien) entsprechend Fensterlänge und Abtastfrequenz (wie von der Fouriertransformation bekannt). Wählt man die Schrittweite des Gaborgitters hinreichend eng, sodass die Anzahl M x N der Gaborkoeffizienten größer oder gleich ist der Gesamtzahl L von Abtastwerten, so kann das Zeitsignal aus der Gaborentwicklung vollständig rekonstruiert werden (d. h. die Gaborentwicklung existiert in diesem Fall). Im Gleichheitsfall 54 erhält man eine vollständige Zeit/ Frequenz-Repräsentation mit minimalem Datenaufwand. Gabor verwendete in seinem Ansatz als Zeitfenster ein Gaußfenster. Die Eigenschaften des Gauß-Zeitfensters wurden in Abschnitt 5.3.1.7 bereits erläutert, dort auch schon im Hinblick auf die Zeit-Frequenzanalyse. Die Filtercharakteristik eines Gaußfensters hat, wie dort gezeigt, wieder die Form einer Gaußfunktion. Durch die (jetzt kurze) Fensterlänge erhält man bessere Informationen über den zeitlichen Verlauf der spektralen Komponenten, also eine höhere zeitliche Auflösung im Spektrogramm. Je besser die zeitliche Auflösung (also je kürzer die Fensterlänge), desto geringer wird die Frequenzauflösung. Hier wird immer ein Kompromiss entsprechend den jeweiligen Anforderungen notwendig sein (Unschärferelation). Prinzipiell kann die Entwicklung mit beliebigen Zeitfenstern erfolgen. Das Gaußfenster ergibt jedoch insgesamt die geringste Unschärfe unter allen Fenstern. Gabortransformation Die Koeffizienten C m n erhält man aus der Gabortransformation, der Umkehrung der Gaborentwicklung: 1 0 / 2 * ) ( L k N nk j n m e M m k k x C Die Umkehrung ist mathematisch kein triviales Problem, was schon daraus ersichtlich ist, dass die Lösung erst lange nach dem Entwicklungsansatz gefunden wurde [72]. In Kapitel 15 werden hierzu noch etwas eingehendere Betrachtungen angestellt. Anwendungen Die Gabortransformation ist also umkehrbar, d. h. man kann durch Rücktransformation das Zeitsignal wieder herstellen. Das gilt - und das ist der große Vorzug der Gabortransformation - auch für Ausschnitte aus dem Zeit-Frequenzbereich. Kann man also bestimmte Ereignisse im Gaborspektrogramm identifizieren, setzt man alle Koeffizienten C m n , die außerhalb des Ereignisses liegen, auf Null. Die Rücktransformation der verbleibenden Untermenge von Koeffizienten ergibt dann das entsprechend gefilterte Zeitsignal. Auf dieser Basis wird ein Verfahren zur Ordnungsanalyse angeboten, welches in Abschnitt 10.6.2.5 noch zur Sprache kommt. 54 Der Gleichheitsfall ist ein theoretischer Grenzwert. In der Realität existiert stattdessen ein Grenzwert für eine minimale Überlappung abhängig von der Fensterfunktion. 265 <?page no="280"?> Bild 10.11: Anwendung der Gabortransformation (Ordnungsanalyse). Das Bild oben Mitte ist das Gaborspektrogramm eines Hochlaufes. Die Ordnungen sind im Zeit-Frequenzbereich einwandfrei zu identifizieren. 266 <?page no="281"?> 10.4.3 Wavelet-Transformation (WT) Bei der Wavelet-Transformation geht man von einer Elementarfunktion (t) aus, von der die Familie der Elementarfunktion durch Skalierung bzw. Zeitverschiebung abgeleitet wird. Die WT hat folgendes Aussehen: dt a b t t x a b a WT * 1 ) , ( Geht man wieder von einer gefensterten harmonischen Funktion als Elementarfunktion aus, so entspricht der Skalierungsfaktor a einer Änderung der Frequenz, die Größe b der Zeitverschiebung. Ein Beispiel für Elementarfunktionen der WT ist in Bild 10.9 rechts dargestellt. Verglichen mit der STFT wird die zeitliche Auflösung mit steigender Frequenz immer höher, die Frequenzauflösung entsprechend geringer. Die WT steht in Relation zur Analyse konstanter relativer Bandbreite (z. B. Terz- oder Oktavanalyse). Die spektralen Leistungsgrößen der WT werden als Skalogramm bezeichnet: Skalogramm 2 ) , ( b a WT t x Eine eingehende Darstellung der WT findet man in [68], praktische Applikationen in der Diagnose werden in [82] und [83] behandelt. 10.4.4 Gegenüberstellung Gabor- und Wavelet-Transformation Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Verfahren ist schon direkt aus Bild 10.9 ablesbar: Die zeitliche Länge der Elementarfunktionen ist bei der Gabortransformation konstant (unabhängig von der Frequenz), die Länge der Wavelets nimmt hingegen umgekehrt proportional zur Frequenz ab. Diese Eigenschaften ergeben auch die schon zitierte Affinität zu den verschiedenen Filtertypen (konstante bzw. konstante relative Bandbreite). Ein Unterschied wurde jedoch bisher noch nicht erwähnt: Während die Elementarfunktionen der Gabortransformation immer die gleiche Form haben - eine amplitudenmodulierte Sinusfunktion - gibt es für die Wavelet-Transformation eine große Vielfalt von Elementarfunktionen. Durch Konstruktion entsprechend angepasster Wavelets kann eine optimierte Analyse für spezielle Problemstellungen (Fehler in Wälzlagern, Zahnradgetrieben, Wellenrisse etc.) aufgebaut werden [84], [85], [86]. Eine gewisse Optimierung ist bei der Gabortransformation durch die Wahl der Fensterfunktion möglich. 10.5 Grundprinzipien der Ordnungsanalyse In den bisherigen Abschnitten dieses Kapitels wurden zunächst Methoden zu Analyse instationärer Schwingungen vorgestellt, die auf einer klassischen Frequenzanalyse aufbauen. Dem zeitvariablen Charakter wurde zunächst lediglich durch kaskadierte Analysen Rechnung getragen, bestehend aus einer Folge von einzelnen Analysen, wobei die Spektren abhängig von einer Führungsvariablen - entweder der Zeit oder einer Refe- 267 <?page no="282"?> renzdrehzahl - ermittelt werden. Ein wesentlicher Punkt ist dabei die grafische Darstellung als Basis für die Auswertung. Grundsätzliche Phänomene wurden anhand der Abbildungen bereits vorgestellt. Ein Schritt weiter in diese Richtung sind die Verfahren der Zeit-Frequenz-Analyse von Abschnitt 10.4, mit denen eine Verbesserung der zeitlichen Auflösung erreicht werden kann. Die noch folgenden Abschnitte befassen sich jetzt gezielt mit den sehr wichtigen drehzahlbezogenen Schwingungen, also Schwingungen, deren Erregung von rotierenden Komponenten mit veränderlicher Drehzahl ausgeht. Die Schwingfrequenzen sind dabei Vielfache oder Ordnungen der jeweiligen Rotordrehzahl 55 . Analysetechniken, die auf die Analyse drehzahlbezogener Schwingungen abzielen, werden als Ordnungsanalyse bezeichnet. Grundsätzliche Verfahren der Ordnungsanalyse sind Selektionsverfahren, bei denen die Ordnungspegel aus herkömmlichen Spektren abgeleitet werden Mitlaufverfahren, bei denen die Filter-Mittenfrequenzen proportional zu einer Referenzdrehzahl variiert werden (Order Tracking) Modellbasierte Verfahren, die auf physikalischen Modellen der Struktur basieren (Vold-Kalman) Auf vielen Gebieten spielt heute die Ordnungsanalyse eine tragende Rolle und hat sich mittlerweile als Standardverfahren etabliert. Dementsprechend wurde eine Vielzahl von Verfahren mit meist etwas aufwändigem theoretischem Hintergrund entwickelt. Dementsprechend schwierig ist es für den Praktiker, sich in diesem Vielfältigen Angebot zu orientieren. Ziel der folgenden Ausführungen ist es, einen Leitfaden zu legen, anhand dessen die Beurteilung einzelner Verfahren für den jeweiligen Zweck möglich wird. Die Rolle der Ordnungsanalyse in Überwachung und Diagnose kommt noch am Ende dieses Abschnitts zur Sprache. 10.5.1 Mitlauffilter Ursprünglich wurde die Ordnungsanalyse über ein analoges Mitlauffilter ausgeführt, ein Bandpassfilter, dessen Mittenfrequenz über eine externe Steuerfrequenz abzugleichen ist, die wiederum aus einem drehzahlproportionalen Triggersignal von der Maschine abgeleitet werden kann. Gedanklich (und historisch) ist hier ein analoges Mitlauffilter hinterlegt. Natürlich gibt es für diese analogen Filter auch ein digitales Pendant (siehe Abschnitt 2.4), die Mitlaufeigenschaften wären sogar durch die speziellen Eigenschaften digitaler Filter gegeben (Proportionalität Mittenfrequenz/ Abtastfrequenz). Die grundsätzlichen Überlegungen dieses Abschnittes, zum Beispiel was die synchrone Abtastung betrifft, wären also gleichermaßen für Filter und Schmalbandanalyse (FFT) anwendbar. In der Ausführung wird jedoch das Thema digitale Filter nicht weiter vertieft. 55 … eigentlich kein neuer Gedanke, nur wurden bisher die Drehzahlen immer als konstant vorausgesetzt. 268 <?page no="283"?> 10.5.2 Synchrone Abtastung Eine umfassende Ordnungsanalyse kann über eine FFT mit externer Signalabtastung ausgeführt werden. Die Abtastung erfolgt dabei drehzahlsynchron, die Triggerung wird von einem Rotor abgeleitet, auf den die Ordnungen bezogen sind (Vielfache der Rotordrehfrequenz), siehe das Schema in Bild 10.12. Man beachte, dass zur Vermeidung von Fehlern immer ein Antialiasingfilter vor der Abtastung einzuschalten ist (Abschnitt 5.3.1.1). Die beste Lösung ist in diesem Fall ein mitlaufendes Tiefpassfilter, alternativ ein entsprechend der momentanen Drehzahl stufenweise umschaltbares Filter. Schließlich kann auch noch über ein so genanntes Zoom- Tracking - eine Mitlaufanalyse mit Frequenzlupenbetrieb - ein nutzbarer Drehzahlbereich von typisch bis zu 1: 15 mit einem festen Tiefpassfilter erzielt werden; diese Art der Analyse ist jedoch zeitaufwändig und daher nur bei relativ langsam veränderlichen Drehzahlen anwendbar [41]. Bild 10.13 zeigt die Verhältnisse bei der Digitalisierung eines Schwingungssignals mit extern gesteuerter Abtastung anhand eines Sinus mit variabler Frequenz, wie z. B. eine Unwuchtkomponente bei steigender Drehzahl aussehen könnte (Da hier nur das Prinzip verdeutlicht werden soll, wird die Frage der Amplitude in diesem Schema nicht berücksichtigt). Die Frequenz des Grundsignals ist variabel, was bedeutet, dass bei einer FFT-Analyse mit intern gesteuerter (also fester) Abtastfrequenz - Bild 10.13 b - im Spektrum ein Verschmieren über mehrere Linien auftreten wird, entsprechend der für das Einzelspektrum immer erforderlichen Messzeit, in der sich die Frequenz natürlich ändert. Zieht man jedoch die Abtastfrequenz des Analysators proportional zur Momentanfrequenz des Signals mit, erfolgen je Umdrehung bzw. zwischen zwei Nulldurchgängen unseres Signals immer gleich viele Abtastungen (Bild 10.13 c). Der Analysator wird also jetzt sozusagen mit variablem Frequenzbereich betrieben (der Frequenzbereich ist proportional der Abtastfrequenz), das diskretisierte Signal hat in unserem Beispiel die Form eines reinen Sinus, die Signalenergie liegt ganz innerhalb eines Frequenzkanals bzw. auf einer einzigen FFT-Linie. Sämtliche drehzahlbezogenen Komponenten fallen also bei einer solchen Analyse unabhängig von der Drehzahl immer auf die gleiche Linie des FFT-Spektrums. Bild 10.14 zeigt das Ergebnis einer Mitlaufanalyse eines oberwellenhaltigen Signals variabler Grundfrequenz, wie es schon zuvor skizziert worden war. Man sieht, die einzelnen Ordnungen - die Vielfachen der Grundfrequenz also - fallen exakt auf jeweils eine Linie des Spektrums (abgesehen von der Verbreiterung durch das Hanning- Zeitfenster). Im Gegensatz dazu die Analyse des gleichen Signals mit fester Abtastfrequenz in Bild 10.15: Die einzelnen Harmonischen sind auf größere Frequenzbereiche verteilt (Verschmierungseffekt). Konsequenz Die Ordnungsanalyse vermeidet Leakage (vgl. Abschnitt 5.3.1.2) Die Ordnungen liegen unabhängig von der Drehzahl immer auf der gleichen Linie im Spektrum Der Ordnungspegel ist direkt aus dem Spektrum ablesbar (im verschmierten Spektrum muss die Ordnung erst durch energetische Summation berechnet werden, siehe Abschnitt 5.3.1.6) 269 <?page no="284"?> Die Vorteile des Order Tracking sind aus den Ausführungen bzw. Bildern klar ersichtlich. Sie beziehen sich allerdings nur auf die Ordnungen, was im Bereich Diagnose kaum eine Einschränkung darstellt. Bild 10.12 : Zur Ordnungsanalyse eines Gleitsinus bei mitlaufender Abtastfrequenz. Je Umdrehung werden in diesem Beispiel 8 Proben des Zeitsignals genommen. Das diskretisierte Zeitsignal hat exakt das Aussehen eines reinen Sinus konstanter Frequenz. 270 <?page no="285"?> Ein Nachteil muss bei der Mitlaufanalyse in Kauf genommen werden: Das Spektrum selbst enthält keine Information mehr über die Frequenz bzw. Drehzahl selbst. Der dem Einzelspektrum zukommende Wert muss parallel zur Analyse erfasst und dem Spektrum zugeordnet werden. Bild 10.13: FFT-Analyse eines Gleitsinus (a) mit fester (b) und bei mitgezogener (c) Abtastfrequenz 271 <?page no="286"?> Bild 10.14: Ordnungsanalyse eines Gleitsinus (Drehfrequenz) mit Oberwellen (Ordnungen). Die einzelnen Ordnungen liegen stets auf denselben Linien des Spektrums. 272 <?page no="287"?> Bild 10.15: FFT-Analyse eines oberwellenhaltigen Gleitsinus mit fester Abtastfrequenz. Die einzelnen Ordnungen sind über mehrere Linien des Spektrums verschmiert. 273 <?page no="288"?> In Bild 10.16 ist ein drehzahlabhängiges Spektrenfeld als Kaskadendiagramm zu sehen, diesmal jedoch gewonnen über FFT-Mitlaufanalyse. Erfasst wurden hier die Schwingungen an einem Generator während des Auslaufs. Die Ordnungen der Drehzahl erscheinen jetzt als gerade verlaufende Spitzenfolgen, die Strukturresonanzen verlaufen gekrümmt. Im Bereich zwischen 16 und 18 Hz Maschinendrehfrequenz ist eine ausgeprägte Resonanz der ersten Ordnung zu erkennen, die in der zweiten Ordnung bei der halben Drehzahl erwartungsgemäß wieder auftritt. Bild 10.16: Kaskadendiagramm einer FFT-Ordnungsanalyse. Die einzelnen Drehzahlordnungen erscheinen als gerade verlaufende Spitzenreihen, Strukturresonanzen verlaufen gekrümmt (vgl. Bild 10.3). In Bild 10.17 und Bild 10.18 sind die Verläufe von Grundfrequenz und zweiter Ordnung aus Bild 10.16 einzeln als Funktion der Drehzahl aufgetragen. 274 <?page no="289"?> Bild 10.17: Verlauf der 1. Ordnung (Grundfrequenz) aus Bild 10.16 über der Drehzahl 275 <?page no="290"?> Bild 10.18: Verlauf der 2. Ordnung aus Bild 10.16 über der Drehzahl 276 <?page no="291"?> Zum Abschluss (Bild 10.19) eine Mitlauf-Zoom-Analyse an der gleichen Maschine, diesmal um die 37. Harmonische der Drehfrequenz. Diese Ordnung wird angeregt durch einen Lüfter mit 37 Flügeln im Kühlsystem. Bild 10.19: ZOOM-Ordnungsanalyse mit FFT um die 37. Harmonische der Drehzahl 10.6 Verfahren der digitalen Ordnungsanalyse Die Ordnungsanalyse, wie sie im vorigen Abschnitt beschrieben ist, erscheint plausibel und auf den ersten Blick einfach durchführbar, wenn man einen FFT-Analysator bzw. einen Analog/ Digital-Wandler mit einem Eingang für externe Abtastung zur Verfügung hat. Letzteres zählt bei modernen Geräten wohl zur Standardausrüstung. Die praktische Durchführung wirft jedoch einige Probleme auf. 277 <?page no="292"?> Aliasing In jedem Fall ist vor einer Digitalisierung ein Antialiasingfilter einzusetzen. Im Falle einer variablen Abtastfrequenz wäre hier ein entsprechend variables Tiefpassfilter erforderlich. Mitlaufende Tiefpassfilter sind am Markt nur schwer erhältlich und in jedem Fall aufwändig. Ein Ausweg wäre starkes Oversampling 56 , was aber zu einer Einschränkung des analysierbaren Frequenzbereiches führt. Sampling Eine über Triggerung oder Winkelschrittgeber gesteuerte externe Abtastung erscheint auf den ersten Blick zwar sehr einfach, ist aber in der Praxis nur schwer zu realisieren, wenn man die erforderlichen, hohen Zahlen von Impulsen je Umdrehung bedenkt (512, 1024 oder 2048, jedenfalls 2 n ) und sehr hohen Ansprüchen an die Teilungsgenauigkeit. In den letzten Jahren wurde eine Reihe sehr leistungsfähiger Verfahren zur Ordnungsanalyse entwickelt. Diese Form der Analyse hat andererseits mittlerweile eine sehr hohe Bedeutung erlangt. Aus diesem Grunde werden die wichtigsten Verfahren in diesem Abschnitt vorgestellt, zum Teil auch nur als Zitat. 10.6.1 Frequenzanalyse 10.6.1.1 FFT Aus einem Campbelldiagramm nach Abschnitt 10.3.3 können die Ordnungspegel auf einfache Weise abgeleitet werden. Die Ordnungsfrequenzen zeigen sich als gerade Linien im Diagramm. Die Pegel können durch Summation der entsprechenden FFT- Kanäle berechnet werden. Bei der Zahl der FFT-Kanäle, die um die Nennfrequenz zu summieren sind, hat man sowohl das Verschmieren der Frequenz zufolge der Drehzahländerung wie auch die Verbreiterung durch Leakage zu berücksichtigen (siehe Bild 10.15). Geht man von einem Hanning-Zeitfenster aus, sind prinzipiell mindestens 3 Linien zu erfassen, bei nicht allzu schnellen Drehzahländerungen wird im Allgemeinen 5 Linien eine gute Wahl sein. Die optimale Zahl kann aus dem Campbelldiagramm leicht ermittelt werden. Die Summation hat energetisch zu erfolgen, die Breitbandkorrektur des Zeitfensters ist zu berücksichtigen (siehe Abschnitt 5.3.1.4). 10.6.1.2 Zeit-Frequenz-Analyse Verfahren der Zeit/ Frequenzanalyse lassen sich zur Ordnungsanalyse einsetzen. Gegenüber der FFT können hier der Kompromiss zwischen zeitlicher Auflösung und Frequenzauflösung und damit die Eigenschaften der Analyse variiert werden. Als wichtigste Verfahren seien hier genannt: Kurzzeit-Fouriertransformation 56 Man spricht von Oversampling, wenn die Abtastfrequenz höher ist, als nach dem Shannontheorem erforderlich. Im Normalfall wird ein Oversampling von 2,56 oder 4 gewählt, um die endliche Flankensteilheit des Antialiasingfilters zu kompensieren (siehe Bild 5.3 Seite 100). Für Order-Tracking wäre hier ein weit höherer Wert erforderlich, vielleicht 10 oder 20 (je nach zu überstreichendem Drehzahlbereich). 278 <?page no="293"?> Gabortransformation Wavelet-Transformation Die Verfahren wurden bereits in Abschnitt 10.4 vorgestellt. Beiträge in Hinblick auf das Thema Ordnungsanalyse findet man in [75], [77], [78], [79]. 10.6.2 Order Tracking 10.6.2.1 Resampling Bei diesem Verfahren wird zunächst wie üblich das Zeitsignal mit konstanter Abtastfrequenz digitalisiert (Bild 10.20). Parallel wird über einen Triggereingang der Drehzahlverlauf digital erfasst, z. B. über einen oder jedenfalls eine geringe 57 Anzahl von Impulsen je Umdrehung. Aus der zeitlichen Impulsfolge kann der Drehzahlverlauf extrapoliert und weiter eine mitlaufende Abtastung durch Interpolation rechnerisch gewonnen werden; die Analyse erfolgt dann nach dem eingangs beschriebenen Prinzip (Bild 10.12). Da für niedrige Drehzahlen (entspricht weiten Interpolationsstützpunkten) Gefahr von Aliasing besteht, muss die Abtastrate vor der Interpolation reduziert werden. Das erfolgt durch eine Kette von so genannten Dezimationsstufen. Im skizzierten Fall wird die Rate in jeder Stufe halbiert (Weglassen jedes zweiten Impulses), aus diesem Grund ist zuvor ein (digitales) Tiefpassfilter erforderlich. Die Dezimationsstufen können rekursiv aufgebaut werden, da sich der Rechenaufwand von Stufe zu Stufe halbiert 58 Durch hohes Oversampling (Erhöhung der Abtastrate um deutlich mehr als nach dem Shannontheorem erforderlich) können die Dezimationsstufen auch entfallen. Die Interpolation kann dann direkt am Originalsignal erfolgen. Resampling im FPGA Prinzip und Anwendung des FPGA wurden bereits in den Abschnitten 2.10.3 und 2.11.3 vorgestellt ein Hardwarekonzept, bei dem Teile der Signalvorverarbeitung auf Logikschaltkreisen im Frontend durchgeführt werden. Die Verarbeitung dort läuft mit sehr hoher Geschwindigkeit, ist voll parallelisierbar und entlastet die CPU. Resampling kann auf FPGA-Basis durchgeführt werden. Besonders Interessant ist diese Methode bei Vielkanal-Messsystemen, da das relativ rechenaufwändige Resampling aus der CPU ausgelagert wird, was sich deutlich auf die Skalierbarkeit 59 des Systems auswirkt [61]. 57 gering im Vergleich zu der für externes Sampling erforderlichen Zahl von vielleicht 512 oder 1024 58 Sind für die erste Dezimationsstufe n Rechenoperationen notwendig, ergibt sich ein Gesamtaufwand für eine beliebig lange Kette von n n 2 8 1 4 1 2 1 1 59 In der Informatik bezeichnet Skalierbarkeit das Verhalten von Programmen oder Algorithmen bezüglich des Ressourcenbedarfs bei wachsenden Eingabemengen. So ist z. B. ein Internetserver gut skalierbar, da zu bestimmten Tageszeiten der Zugriff sprunghaft ansteigt, nicht jedoch in gleichem Maße die Wartezeit. 279 <?page no="294"?> Bild 10.20: Ordnungsanalyse mit Resampling (Prinzipskizze) 10.6.2.2 Zeitvariate Fouriertransformation (TVDFT 60 ) Die zeitvariate diskrete Fouriertransformation basiert auf einer diskreten Fouriertransformation, wobei jetzt im Transformationskern (Exponentialfunktion) die Frequenz f(t) mit den entsprechenden Vielfachen der Bezugsfrequenz variiert 60 Engl. Time Variant Discrete Fourier Transform 280 <?page no="295"?> Phasor) Zeiger, (komplexer TVDFT Frequenz) (konstante FFT t k k du u f kj t t kj t 0 ) ( 2 exp ) ( 2 exp ) ( Die Schwingung wird nun angesetzt als Summe der komplexen Ordnungen ) ( ) ( ) ( t t A t x k k k Für ein reelles Zeitsignal x(t) müssen die komplexen Ordnungen ) ( ) ( t t A k k in konjugiert komplexen Paaren auftreten. Aus der Definition des Phasors 61 sieht man direkt den Zusammenhang 1 ) ( ) ( ) ( ) ( 0 t t t t j k j k Durch eine so genannte Zeitvariante Zoomtransformation 62 ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( t t A t A t X t j k j k k j j wird die Einhüllende (Amplitude) A j der Ordnung j zur DC-Komponente. Wegen der variablen Frequenz sind die Basisfunktionen ) (t k der TVDFT allerdings nicht mehr orthogonal, die Mischterme ) (t j k verschwinden also nicht durch die Integration (wie bei der klassischen FFT) und müssen durch geeignete Tiefpassfilterung eliminiert werden. Alternativ wird in der Literatur auch eine rechnerische Kompensation über eine Korrekturmatrix (Order Correction Matrix OCM) angegeben [77]. 10.6.2.3 Vold-Kalman Filter Das Vold-Kalman-Filter ist im Prinzip ein Überlagerungsfilter mit variabler Mittenfrequenz. Das Verfahren wurde erstmals 1993 von Harald Vold und Jan Leuridian publiziert [74]. Mit dem Vold-Kalman-Filter wird der Verlauf beliebiger Ordnungen mir Hilfe eines Drehzahlsignals direkt aus dem Zeitsignal ermittelt. Dabei wird der Verlauf zunächst über den Drehzahlverlauf geschätzt, die Werte werden anschließend durch Vergleich den Messdaten auf minimale Abweichung korrigiert (Prädiktor-Korrektor-Verfahren). Der Algorithmus basiert auf zwei Modellansätzen, der Struktur- und Datengleichung. Strukturgleichung Für den zeitlichen Verlauf der Ordnung wird eine Glattheitsbedingung angesetzt 61 Die komplexe Darstellung t l e A. wird in der Literatur auch als Phasor (komplexer Zeiger) bezeichnet. 62 Die Multiplikation mit einem komplexen Phasor zur Transformation des Frequenzursprungs ist Basis der rekursiven Frequenzlupe, siehe Abschnitt 5.3.6.1 281 <?page no="296"?> ) ( ) ( t dt t A d s j s wobei einem Rauschterm (Fehler) entspricht. Die Ordnung wäre nach diesem Ansatz ein Polynom vom Grade s-1. Datengleichung Die Datengleichung nimmt Bezug auf die aktuellen Messdaten. Sie fordert, dass sich die Summe der Ordnungen vom Messwert nur um einen Fehlerterm unterscheidet ) ( ) ( ) ( ) ( n n n A n x j j Mit diesem sehr schnellen Algorithmus erreicht man eine gute Auflösung (Trennung benachbarter Ordnungen). Der Algorithmus besteht in einem simultanen Minimieren der residualen Rauschterme und . Der Grad der Strukturgleichung definiert die Bandbreite des Vold-Kalman-Filters. Das Verfahren kann dominierenden Ordnungen auch bei sehr schnellen Änderungen folgen. Die Schnelligkeit kann durch die Bandbreite gesteuert werden 63 . Das Vold-Kalman-Filter arbeitet auf Basis der Originalabtastung, es erfolgt kein Resampling. Man erhält demnach durch Multiplikation der Ordnungsamplitude mit dem zugehörigen Phasor direkt das der Ordnung entsprechende modulierte Zeitsignal, also Sample für Sample deckungsgleich mit dem Rohsignal. Durch den Modellansatz (Strukturgleichung) kann die Ordnungskomponente von Störgrößen entkoppelt werden. Auf Grund der Rekombination der Ordnungskomponente mit der ursprünglichen Abtastfrequenz bleiben Rohdaten und Ergebnisse koinzident, was eine problemlose Weiterverarbeitung ermöglicht, z. B Simulation von Modifikationen Auftrennen von Überlagerungen (Schwebungen) Akustisches Design So lassen sich damit z. B. Schwebungen bei kreuzenden Ordnungen 64 trennen. Quantitative Betrachtungen zu Themen wie Bandbreite oder Trennung findet man in [80]. 10.6.2.4 Drehzahlmessung Resampling, TVDFT und Vold-Kalman-Filter basieren auf der Verarbeitung von Schwingungs- und Drehzahldaten. Die Algorithmen erfordern ein sehr präzises Drehzahlsignal. Steht ein Drehzahlsignal entsprechender Qualität nicht zur Verfügung, ist eine rechnerische Aufbereitung erforderlich (Spline-Approximation, Fehlerausblendung). Entsprechende Algorithmen werden in [80] oder [81] beschrieben. 63 Als Vorstellungshilfe: Je niedriger der Grad der Strukturgleichung desto glatter wird der Amplitudenverlauf. 64 Wenn im System zwei Rotoren, einer mit variabler (Antriebsmotor) und einer mit fester Drehzahl (elektrischer Lüfter) vorhanden sind 282 <?page no="297"?> 10.6.2.5 Gabor Order-Tracking (GOT) Zur Ordnungsanalyse wird auch ein Verfahren basierend auf der Gabortransformation angeboten 65 [75], [76]. Die Gabortransformation wurde in anwenderrelevanter Form in Abschnitt 10.4.2 behandelt. Das dort angegebene Beispiel zeigt die Anwendung des GOT (Bild 10.11). Im konkreten Fall sind die Ordnungen als gerade Spuren im Gaborspektrogramm identifizierbar. Über ein parallel erfasstes Drehzahlsignal können die Spuren entsprechend beliebiger Ordnungen im Spektrogramm extrahiert werden. Rücktransformation auf Basis der Untermenge der Gaborkoeffizienten innerhalb der selektierten Spur ergibt das modulierte Ordnungssignal. GOT arbeitet wie das Vold-Kalman-Filter auf Basis der originalen Abtastwerte mit den Vorzügen der guten Weiterverarbeitbarkeit, siehe Abschnitt 10.6.2.3. Das Drehzahlsignal wird lediglich zur Selektion im Gaborspektrogramm verwendet, geht allerdings hier nicht in die Berechnung ein - es bestehen hier keine besonderen Anforderungen an die Signalqualität (wie bei allen anderen Trackingverfahren). Sofern die Spuren im Spektrogramm gut erkennbar sind, können die Selektion und damit die Ordnungsanalyse auch visuell/ manuell aus dem Spektrogramm, d. h. ohne Drehzahlsignal erfolgen. Die Möglichkeit der Glättung oder Entkopplung von Schwebungen besteht bei diesem Verfahren nicht. 66 10.6.2.6 Order Tracking - State of Arts Als Orientierungshilfe soll hier ein vergleichender Überblick über die zuvor beschriebenen Verfahren gegeben werden. Frequenzanalyse (Abschnitt 10.6.1) Die Berechnung von Ordnungen durch Pegelselektion und energetische Summation aus herkömmlichen Spektren ist einfach durchzuführen und erfordert nur geringen Aufwand. Man erhält lediglich Pegelwerte (keine Phaseninformation), die Auflösung ist eher gering. Resampling Sehr stabiles und hochauflösendes Verfahren mit hohem Aufwand. Beträchtliche Steigerung der Leistungsfähigkeit über FPGA ist möglich. Durch Resampling stehen die Ordnungen nicht mit der ursprünglichen Abtastrate des Originalsignals zur Verfügung. Die Möglichkeiten zur Nachverarbeitung sind dadurch eingeschränkt. Vold-Kalman-Filter Sehr schnelles und hochauflösendes Verfahren mit geringem Rechenaufwand. Die Ordnungen stehen mit der ursprünglichen Abtastrate zur Verfügung, die Möglichkeiten zur Nachverarbeitung sind dadurch optimal. 65 Das Verfahren ist patentgeschützt. 66 Hier wäre ggf. die weitere Entwicklung zu beobachten. 283 <?page no="298"?> Der Modellansatz (Strukturgleichung) erlaubt die Separation der Ordnungen von anderen Quellen sowie eine schwebungsfreie Auftrennung überlagerter Komponenten. Die Ergebnisse sind abhängig von der Parameterwahl. Fehler durch schlechte Parameter oder im Extremfall Instabilität sind nicht auszuschließen. Gabor Order-Tracking Ein ebenfalls hochauflösendes Verfahren ohne hohen Anspruch an die Drehzahlmessung. Die Ordnungen stehen ebenfalls mit der ursprünglichen Abtastrate zur Verfügung (gute Nachverarbeitbarkeit). Algorithmen zur Entkopplung oder schwebungsfreien Auftrennung stehen gegenwärtig nicht zur Verfügung. 10.7 Ordnungsanalyse in Überwachung und Diagnose 10.7.1 Profilüberwachung Die Überwachung bei Maschinenhochläufen bzw. im Auslaufvorgang, oder allgemein gesagt, die Maschinenüberwachung bei instationären Betriebszuständen kann aus zweierlei Gründen interessant sein: Wenn der instationäre Betriebszustand für die Maschine typisch ist. Wenn im Anfahr- und Abfahrbetrieb kritische Zustände durchfahren werden. Zum ersten Punkt gibt es nicht viel zu sagen. Es gibt viele Maschinen, für die eine solche Betriebsweise typisch ist, die also praktisch nie oder kaum in einem stationären Laufzustand betrieben werden. Zum zweiten Punkt: Besonders bei Großmaschinen müssen im Hoch- und Auslaufvorgang oftmals Resonanzen - Fundamentresonanzen, Biegekritische etc. - durchfahren werden. Dabei treten naturgemäß besonders hohe Schwingungspegel auf, der Zustand ist also zunächst als kritisch zu betrachten. Man kann davon ausgehen, dass für rasches Durchfahren die erhöhte Belastung im Resonanzfall konstruktiv berücksichtigt ist und zu keinen Schäden führen wird. Dennoch kann eine Überwachung von Vorteil sein, da manche Fehler an der Resonanz besonders deutlich und frühzeitig erkennbar sind, z. B. eine Verschiebung der Resonanzfrequenz durch einen Riss und im Fehlerfall beim Durchfahren der Resonanz kritische Schwingungsbelastungen zuallererst auftreten können. Eine Schwingungsüberwachung für instationäre Zustände durch Vergleich mit festen Grenzwerten ist jedoch immer problematisch. Für den gesamten Pegelverlauf muss der Grenzwert an dem während des Hochlaufens auftretenden regulären Maximalwert orientiert werden, er muss also höher als dieser liegen (Bild 10.21 oben). Ein Alarm wird demnach nur dann ausgelöst, wenn dieser Pegel auch überschritten wird. Ebenfalls in Bild 10.21 ist der Pegelverlauf im Falle eines Fehlers dargestellt, der zwar den Verlauf beträchtlich beeinflusst, jedoch keine Grenzwertüberschreitung bewirkt. Gerade besonders gefährliche Fehler, wie Wellenanrisse oder Risse im Fundament, zeigen oftmals ein solches Bild. Der Fehler wirkt sich im Frühstadium vor allem auf die Resonanzfrequenz aus und weniger auf die maximale Amplitude. 284 <?page no="299"?> In der Literatur wird unter der Bezeichnung Profile Monitoring ein Überwachungsprinzip vorgestellt, das diesem Erscheinungsbild bei instationären Laufzuständen Rechnung trägt [43]. Auf dem Markt wird ein modular konzipiertes, umfassendes Überwachungssystem angeboten, in dem dieses Verfahren integriert ist (Kapitel 12). Das Prinzip ist unmittelbar einleuchtend (Bild 10.21 unten): Anstelle von festen Grenzwerten werden drehzahlabhängige Grenzwertkurven für Über- und Unterschreiten definiert, die dem Pegelverlauf im Normalfall folgen. Alarm wird ausgelöst, wenn der Pegel den so definierten Toleranzbereich verlässt. In Bild 10.21 sind Überwachung mit festen Grenzwerten und Profilüberwachung einander gegenübergestellt [43]. Bild 10.21: Überwachung von instationären Vorgängen mit festen Grenzwerten (oben) und durch Überwachung des Profils (unten) 285 <?page no="300"?> 10.7.2 Vergleich spektraler Daten Bei früheren Gelegenheiten 67 wurde schon auf Probleme beim Vergleich von Schmalbandspektren verursacht durch Drehzahlschwankungen bzw. auf die Möglichkeit des Einsatzes von Order-Tracking für einen präzisen Spektrenvergleich hingewiesen. Auch wenn es sich hier im Prinzip um stationäre Betriebszustände handelt, können auch geringfügige Drehzahlabweichungen von Messung zu Messung den Vergleich sehr erschweren. Die Kompensation solcher Schwankungen beim Vergleich von Schmalbandspektren ist nicht nur mit einem gewissen rechnerischen Aufwand verbunden sondern meist auch schwer zu automatisieren. Man denke nur an Probleme durch Leakage. Die Präzision der Überwachung kann sich dadurch erheblich reduzieren, siehe Abschnitt 9.2.1. Führt man die Analyse mit Order-Tracking durch, sind entsprechende Komponenten immer exakt auf den gleichen Positionen im Spektrum zu finden. Der Vergleich kann jetzt ohne jede Kompensation durchgeführt werden. Die Drehzahlerfassung wird in der Regel keinen Zusatzaufwand darstellen, da sie auch als Basis für eine wirksame Drehzahlkompensation notwendig sein wird. 10.7.3 Überwachung von Einzelkomponenten Order Tracking kann bei der Überwachung von Einzelkomponenten sehr hilfreich sein. So wird z. B. ein Messsystem zitiert, mit dem u. A. Hochleistungsgetriebe auf Zahnriss überwacht werden. Im Falle eines Zahnrisses hat man nur einige Sekunden Reaktionszeit zur Verfügung. Durch Überwachung der Zahneingriffskomponenten über Order-Tracking ist eine hinreichend schnelle Reaktion zu erreichen, da der Frequenzkanal der Zahneingriffsfrequenz (= Ordnung Drehzahl x Zähnezahl) a priori bekannt ist und die Zahneingriffskomponente immer exakt auf diesem Kanal liegt. Gleiches gilt natürlich auch für Harmonische und Seitenbänder. 67 Abschnitt 3.7.2 und Abschnitt 9.2.3 286 <?page no="301"?> 11 Fehlererkennung an Kolbenmaschinen 11.1 Die Problematik Typisch für alle Kolbenmaschinen - Verbrennungsmotoren, Kolbenkompressoren - ist ein Arbeitsablauf, der von einer Reihe kurzzeitiger Einzelereignisse geprägt ist, die in bestimmten Phasen des Arbeitszyklus auftreten: Öffnen und Schließen der Ventile Verbrennungsvorgang Kolbenkippen etc. Dies führt zu einem über den Zyklus stark variierenden Schwingungssignal. Die jedem Einzelereignis anteilig zuzuordnende Schwingungsenergie wird infolge der Kurzzeitigkeit nur gering sein, eine Analyse mit kontinuierlicher Mittelung über mehrere Zyklen, wie sie bisher vorgestellt und behandelt wurde, wird die Einflüsse der Einzelereignisse stark unterdrücken und in einer Weise überlagern, dass sie im Spektrum nicht mehr individuell identifizierbar sind. Dementsprechend wird diese einfache Frequenzanalyse für die Fehlererkennung an Kolbenmaschinen nur wenig Erfolg versprechend sein. Moderne FFT-Analysatoren bieten jedoch die Möglichkeit, bei der stationär laufenden Maschine diese Einzelereignisse durch eine spezielle Triggerung mit Zeitverzögerung für die Analyse zu isolieren, sodass Veränderungen und Trends individuell beobachtet, auftretende Fehler frühzeitig erkannt und innerhalb des Arbeitszyklus lokalisiert werden können. Mess- und Analysetechnik sind bei dieser Art von Maschinen aufwändiger gegenüber den bisher behandelten Methoden, Grundprinzipien und Beurteilungskriterien sind jedoch weitgehend ähnlich. In jedem Fall wird es hier notwendig sein, einen Bezug des Einzelspektrums zur zugehörigen Phase des Maschinenzyklus herzustellen. Dazu wird die Signalerfassung über externe Triggerung durch einen von der Maschinenwelle abgeleiteten Triggerimpuls gesteuert - etwa das Passieren einer Hell/ Dunkel-Marke an einem photoelektrischen Abtaster - wodurch jedes Mal bei einem bestimmten Kurbelwinkel ein Impuls abgegeben wird. Dieser löst wiederum die Erfassung eines Zeitsignalblocks aus, dessen zeitliche Länge T durch die am Analysator gewählte Bandbreite B definiert ist B T 1 Vorausgesetzt, diese Länge ist klein gegenüber der Gesamtlänge eines Arbeitszyklus, repräsentiert dieser Zeitsignalblock einen bestimmten Ausschnitt aus diesem Zyklus. Über eine Triggerverzögerung - heute Standardausrüstung bei leistungsfähigen FFT-Analysatoren - kann dieses Zeitfenster nun definiert über den gesamten 287 <?page no="302"?> Zyklus in Stufen verschoben werden (Abschnitt 5.3.2, Bild 5.20 Seite 120). Da bei stationärem Lauf diese Ausblendung überdies reproduzierbar ist, stehen alle Möglichkeiten zur Verbesserung der Analyse durch ausreichende Mittelung offen. Das Resultat wird jetzt für jeden untersuchten Betriebszustand ein Feld von Spektren sein, das infolge des großen Datenanfalls spezielle Auswerteprozeduren erfordert. Bild 11.1: Schwingungsverlauf von Kolbenmaschinen. Über externe Triggerung wird ein Abschnitt des Arbeitszyklus zur Analyse ausgeblendet. 288 <?page no="303"?> Bild 11.2: Zeitsignale und Spektren an einem langsamlaufenden Dieselmotor 289 <?page no="304"?> Bild 11.3: Die Einzelschritte der abschnittsweisen Frequenzanalyse bei Kolbenmaschinen 290 <?page no="305"?> 11.2 Zeitsignale und Spektren Bild 11.2 zeigt typische Zeitsignalverläufe und Spektren, wie sie an Dieselmotoren zu finden sind. Sie sind in diesem Beispiel allerdings besonders gut ausgeprägt, da es sich um eine langsam laufende Maschine handelt - ein Schiffsantriebsdiesel -, bei der überdies die Zylinder voneinander vom schwingungstechnischen Standpunkt gut entkoppelt sind. (a) zeigt das Zeitsignal über nahezu zwei volle Arbeitszyklen, wie es im 10K-Eingangsspeicher eines FFT-Analysators festgehalten wurde, (b), (c) und (d) sind Ausschnitte aus (a) von jeweils 1K Länge, Basis für je ein 400 Linien FFT-Spektrum. (e), (f) und (g) sind die zugehörigen Spektren - wie erwartet, untereinander völlig verschieden. Daraus lässt sich ohne Schwierigkeit bereits der Schluss ziehen, dass durch einen Mittelungsprozess über den gesamten Zyklus eine Menge der verfügbaren Information verloren gehen würde. Der Frequenzgehalt der Spektren ist zufolge der kurzzeitigen und damit breitbandigen Anregungen geprägt durch das Spektrum dieser Anregungen und das der Struktur-Übertragungsfunktionen. Damit werden nur hinsichtlich der Frequenz deutlich verschiedene Komponenten voneinander trennbar sein, ganz im Gegensatz zu schnelllaufenden, gleichmäßig rotierenden Maschinen, wo die exakte Frequenzbestimmung für die Diagnose von ausschlaggebender Bedeutung ist. 11.3 Die Analyse 11.3.1 Erfassung der Einzelspektren Die Einzelschritte bei der FFT-Analyse, die schließlich zu einem ganzen Spektrenfeld führen, sind in Bild 11.3 dargestellt. Zunächst das über den Schwingungsaufnehmer erfasste Zeitsignal (a) mit dem von der Abtriebswelle abgeleiteten Triggersignal (b). Die Positionen des Hanning-Zeitfensters - periodisch wiederkehrend für zwei spezifizierte Triggerverzögerungen 1 und 2 sind in (c) zu sehen. In (d) weiter eine Folge von einander entsprechenden Einzelspektren jeweils mit Triggerverzögerung 1, aus der schließlich durch lineare Mittelung ein für diese Verzögerung und damit für eine bestimmte Phase des Arbeitszyklus repräsentatives Mittelwertspektrum ausreichender statistischer Sicherheit gewonnen wird, (e) zeigt die entsprechende Folge mit Mittelwertspektrum für Triggerverzögerung 2. Typisch für alle Kolbenmaschinen ist eine relativ starke Signalschwankung von Zyklus zu Zyklus, was entsprechend hohe Mittelungszeiten (bzw. Mittelungszahlen) als Basis für wirklich repräsentative Spektren erfordert. Da bei dieser Technik ein Triggerimpuls ohnehin erforderlich ist, wäre mit einem entsprechend ausgerüsteten Analysator eine Zeitbereichsmittelung von Vorteil (Abschnitt 3.6). 11.3.2 Darstellung der Spektren Ähnlich wie bei den früher in Kapitel 10 behandelten An- und Auslaufvorgängen stellt man jetzt die Spektren als Kaskadendiagramm dar, wobei der Kurbelwinkel - repräsentativ für die Phase des Arbeitszyklus - Scharparameter ist. In Bild 11.4 sieht man diese Darstellung für das Spektrenfeld des schon zuvor als Beispiel herangezo- 291 <?page no="306"?> genen Dieselmotors. Man kann sich leicht vorstellen, dass Darstellungen dieser Art nur überschaubar bleiben, solange die Fülle an Details nicht allzu groß wird. Daraus ergibt sich zwangsläufig die Frage: Wie lassen sich die Daten wirkungsvoll reduzieren, ohne wesentlichen Informationsverlust? Bild 11.4: Darstellung des Spektrenfeldes für einen vollen Arbeitszyklus Betrachtet man die Spektren in Bild 11.4 genauer so stellt man fest, dass die Maxima mit steigender Frequenz systematisch breiter werden. Der Grund: Das Dominieren der Strukturresonanzen, wie schon zuvor erwähnt. Sie sind es vorwiegend, die hier in Erscheinung treten. Und sie zeigen, typisch für alle Strukturen, ein Resonanzverhal- 292 <?page no="307"?> ten mit konstanter Güte (konstantem Q), was wieder einem Spektrum mit konstanter relativer Bandbreite entspricht. Der logische Schluss: Die Konvertierung der Schmalbandspektren in solche konstanter relativer Bandbreite wird der geeignete Weg zur Datenreduktion sein (vgl. Kapitel 9). Dazu sind einfach die Pegel entsprechend vieler FFT-Kanäle (benachbarte diskrete Frequenzlinien) zu addieren, wobei die Zahl der zu addierenden Kanäle mit der Frequenz steigt (Abschnitt 5.3.1.6). Das Resultat einer solchen Konvertierung ist in Bild 11.5 zu sehen. Links wieder ein Feld von FFT-Spektren - diesmal von einer anderen Maschine, mit wesentlich mehr Details - rechts das daraus abgeleitete Feld von Spektren konstanter relativer Bandbreite, im vorliegenden Fall 23% (Terzbandbreite). Man beachte: Der Frequenzmaßstab ist hier wieder logarithmisch! Bild 11.5: 3D-Darstellung eines FFT-Spektrums (links) und des daraus berechneten Terzspektrums Es ist offensichtlich: Trotz einer Datenreduktion von etwa 1: 20 bleibt die Charakteristik des Feldes voll erhalten, wesentliche Details gehen nicht verloren. Aber dennoch: Die Interpretation des Feldes, die Erkennung von Abweichungen oder Trends wird mit dem Auge auch aus diesem Bild noch nicht möglich sein. Wie man hier Abhilfe schafft, soll an einem praktischen Beispiel im nächsten Punkt demonstriert werden. 293 <?page no="308"?> 11.3.3 Beispiele Gasmotor mit Kompressor An einer großen Maschinengruppe - ein Kompressor angetrieben von einem Gasmotor - wurde eine Reihe von Messungen durchgeführt und nach der vorgestellten Methode ausgewertet, die interessantesten Ergebnisse sind hier dokumentiert. Antriebsmaschine ist ein 16-Zylinder-Viertakt-V-Motor, Arbeitsmaschine ein doppeltwirkender Kompressor mit 8 Zylindern; sämtliche Zylinder arbeiten über eine gemeinsame Kurbelwelle, sind im Übrigen jedoch getrennt angeordnet. Aufgabenstellung war in erster Linie, Veränderungen im Ventilzustand zu erkennen und, wenn möglich, die Maschine hinsichtlich anderer mechanischer Störungen, wie Kolbenkippen, zu überwachen. Typisch wieder für Überwachung und Fehlererkennung: Nicht die Absolutwerte der Schwingungspegel sind interessant. Es sind die Änderungen, die die gewünschte Indikation liefern. Bild 11.6: Schema des Kurbeltriebes der Gasmotor-Kompressor-Maschinengruppe, an der die Messungen durchgeführt wurden Zunächst die Resultate einer gewöhnlichen Frequenzanalyse der Schwingungen mit einer Mittelung über mehrere Zyklen, siehe Bild 11.7. Die Spektren wurden für zwei Betriebsarten erfasst, einmal für einfachwirkenden Kompressorbetrieb, einmal für 294 <?page no="309"?> Bild 11.7: Über mehrere Arbeitszyklen gemittelte Schwingungsspektren, gemessen an einem Zylinderkopf des Kompressors für einfach- und doppeltwirkenden Betrieb 295 <?page no="310"?> doppeltwirkenden. Die Messstelle lag am Zylinderkopf des Kompressors. Obwohl zu erwarten ist, dass die Schwingungen hier recht unterschiedlich sein sollten (was auch tatsächlich der Fall ist), sind sich die beiden Leistungsspektren sehr ähnlich, die Differenzen sind gering. Konturdiagramm Basierend auf denselben Messdaten wie zuvor zeigt Bild 11.8 die Resultate beim Vergleich der Spektrenfelder nach einer sehr übersichtlichen und wirksamen Methode. Oben links und rechts sieht man zunächst die Felder für einfach- und doppeltwirkenden Kompressorbetrieb, jeweils über zwei Umdrehungen der Kurbelwelle (den vollen Zyklus der Antriebsmaschine, einem Viertaktmotor). Jetzt sind plötzlich deutliche Unterschiede in den Schwingungsbildern zu sehen. Sieht man jedoch genauer hin, bemerkt man, dass diese Unterschiede durchwegs im Bereich niedriger Pegel auftreten. Das erklärt sofort die starke Ähnlichkeit der fortlaufend gemittelten Spektren aus Bild 11.7: Der energetisch gemittelte Pegel wird vorwiegend von den hohen Anteilen bestimmt. Man beachte dazu noch, dass die Skalierung der y-Achse logarithmisch ist, die absoluten Differenzen also tatsächlich nur sehr gering sind. Links unten in Bild 11.8 der Vergleich beider Spektren über ein spezielles Auswerteprogramm, genannt Remm 68 (Reciprocating Machine Monitoring). Man erhält eine ebene Darstellung (Konturdiagramm) des Vergleichs beider Felder in recht übersichtlicher Weise. In Terzbandbreite werden die Unterschiede in das Diagramm (Terzfrequenz über Kurbelwinkel) nach folgendem Schema eingetragen: Differenzen von < 6 dB werden als unerheblich eingestuft und mit einem "." markiert, positive Differenzen werden als Ziffer eingetragen, negative Differenzen als Buchstabe. Die Codierung findet man in der Tabelle rechts unten im Bild. Als Referenz dient das Feld bei doppeltwirkendem Betrieb, für diese Maschine der Normalfall. Über die entsprechende Software ist diese Vergleichsdarstellung schnell generiert, die zeitaufwändigen 3D-Bilder werden sich in den meisten Fällen erübrigen. Zonen größerer Pegelabweichungen sind in diesem Konturbild nach Frequenz und Arbeitsphase mit einem Blick zu erfassen. Ergebnisse an verschiedenen Messpunkten Die 3D-Darstellungen der Spektrenfelder über jeweils zwei Umdrehungen der Kurbelwelle zeigt Bild 11.9 für vier verschiedene Messpunkte, und zwar: a) Im Bereich des Auslassventils b) Am Zylinderkopf oberhalb der Zylinderkopfdichtung c) Am Zylinderkopf unterhalb der Zylinderkopfdichtung d) Am Zylinder nahe dem unteren Totpunkt 68 Das spezielle Programm Remm ist heute (4. Auflage) nicht mehr aktuell, wohl aber die dahinter liegende Methodik. Alternative Darstellungen nach dem Stand der Technik findet man in Kapitel 10. 296 <?page no="311"?> Das Feld gemessen im Bereich des Ventils zeigt drei deutlich ausgeprägte Spitzen, die mit den im Bild bezeichneten Ereignissen in engem Zusammenhang stehen. Damit wäre dieser Messpunkt zur Überwachung der Ventile wohl optimal geeignet. Die Frage erhebt sich nun, wie weit man mit dem Messpunkt am Zylinder abwärts gehen kann, so dass auch andere Effekte im Spektrum zutage treten, der Ventilbereich jedoch trotzdem immer noch wirksam überwacht wird. Bild 11.8: Spektrenfelder über zwei Arbeitszyklen für doppelt- und einfachwirkenden Kompressorbetrieb und Darstellung der Differenzen als Konturdiagramm 297 <?page no="312"?> Bild 11.9: Spektrenfelder für verschiedene Messpunkte am Zylinder des Kompressors (Schwinggeschwindigkeit) Oberhalb und unterhalb der Zylinderkopfdichtung sind die Bilder weitgehend ähnlich, sieht man von einigen Verlusten bei hohen Frequenzen ab; der Ventileinfluss tritt in 298 <?page no="313"?> beiden Fällen noch deutlich hervor. An der Zylinderbasis werden die Ventilschwingungen bereits von anderen Ereignissen weitgehend maskiert, hier liegt man also von den Ventilen offenbar bereits zu weit ab. Bild 11.10: 3D- und Konturdarstellungen der Schwingungsbilder mit und ohne Zündung in einem der antreibenden Zylinder Im nächsten Bild, Bild 11.10, die Schwingungsbilder an einem Zylinder der Antriebsmaschine, einmal mit Zündung, einmal bei ausgefallener Zündung. Man beachte, 299 <?page no="314"?> dass die Frequenzskalierungen gegenüber dem vorigen Bild unterschiedlich sind und dass hier, im Gegensatz zu dort, die Schwingbeschleunigung analysiert wurde. In beiden Bildern ist zunächst eine Spitze im Hintergrund der Landschaft gleichermaßen zu erkennen. Sie wird verursacht vom Schließen des Auslassventils. Bei ausgefallener Zündung tritt hier ein deutlicher Abfall auf. Ein außerordentlich starker Abfall der Schwingungen tritt im Ausstoßtakt selbst auf: Zum Teil mehr als 30 dB (was bedeutet auf 1/ 30 der Amplitude). Ursache ist offenbar das Fehlen des ausgeprägten Gasstromes, wenn keine Zündung stattfindet. Man beachte, dass die Schwingungspegel zufolge des Gasflusses deutlich unterhalb derer durch das Ventilschließen liegen. Des Weiteren zeigt dieses Bild beim Vergleich mit dem vorigen, dass hier die Beschleunigung die für die Überwachung besser geeignete Messgröße ist: Die Beschleunigungsspektren sind gegenüber denen der Schwinggeschwindigkeit deutlich flacher. Auf eine weitere Eigenheit bei der Überwachung von Kolbenmaschinen soll hier noch hingewiesen werden. Eigentlich eine selbstverständliche Sache - im vorigen Beispiel fühlbar, hier deutlich, aber dennoch vielleicht überlesen: Bei der kontinuierlichen Analyse, Thema aller vorangegangenen Abschnitte, war eigentlich immer nur von der Pegelerhöhung als Fehlerindikation die Rede, die Pegelverringerung ist dort wohl nur als Ausnahme zu sehen. Ganz anders bei Kolbenmaschinen: Hier kann auch die Pegelverringerung Anzeichen eines Fehlers sein. Eine selbstverständliche Aussage, wie wohl unmittelbar klar wird, wenn die Zündung ausfällt. Aber zunächst eine zusätzliche Erschwernis bei Vergleich und Beurteilung der Spektrenfelder, die man jedoch durch die beschriebene Auswertemethode im Griff hat. Zum Vergleich zeigt Bild 11.11 jetzt wieder Spektren basierend auf denselben Daten wie Bild 11.9, diesmal jedoch kontinuierlich gemittelt. Wieder der gleiche Effekt: Die drastische Reduktion der Schwingungen zufolge des fehlenden Gasstromes kommt hier nur sehr schwach zum Ausdruck, einfach weil die Ventilgeräusche vom Pegel her stark überwiegen und so den Mittelwert weitgehend bestimmen. 300 <?page no="315"?> Bild 11.11: Mittelwertspektren, basierend auf denselben Daten wie Bild 11.9 301 <?page no="316"?> Bild 11.12: 3D- und Konturdiagramm der Schwingungsbilder eines Vierzylinder- Dieselmotors mit normalem und mit erhöhtem Kolbenspiel 302 <?page no="317"?> Vierzylinder Kfz-Motor 3D-Darstellungen und Konturdiagramm der Schwingungsbilder gemessen an einem 4-Zylinder-Kfz-Dieselmotor sind in Bild 11.12 zu sehen. Messstelle war ein Punkt im oberen Bereich des Zylinderblocks. Zu untersuchen waren die Auswirkungen einer Vergrößerung des Kolbenspiels von 0,25 mm auf 0,5 mm. Zwischen den beiden Messungen wurden die Kolben ausgebaut und der Durchmesser reduziert. Links oben nun das ursprüngliche Spektrenfeld, rechts daneben das bei vergrößertem Kolbenspiel. Die Spektrenfelder scheinen sehr ähnlich, aber der quantitative visuelle Vergleich ist wegen der zahlreichen Details nur schwer möglich. Ein anderes Bild zeigt das Konturdiagramm des Vergleichs: Jedes Mal unmittelbar nach dem oberen Totpunkt treten deutliche Erhöhungen der Schwingungspegel auf, offenbar eine Folge verstärkten Kolbenkippens. Die gleiche Auswertung für die Luftschallspektren, gemessen bei denselben Maschinenzuständen, kann man in Bild 11.13 sehen. Das Mikrofon war in fester Position installiert, als Referenz für den Vergleich diente die Maschine im ursprünglichen Zustand. Ganz im Gegensatz zu den Schwingungsspektren zeigen sich im Luftschall, abgesehen von einigen Änderungen im tieffrequenten Bereich, nur geringfügige Differenzen. Daraus lässt sich schließen, dass das Außengeräusch offenbar nicht vom interessierenden Phänomen, nämlich der Zylinderwandschwingung als Folge des Kolbenkippens bestimmt wird. Vermutlich wäre dies erst bei wesentlich stärkerem Kippen der Fall. Einfluss der Kraftstoffzufuhr Noch ein abschließendes Beispiel in Bild 11.14: Das Schwingungsbild an einem 6-Zylinder-Dieselmotor, links oben mit normaler, rechts daneben mit überhöhter Kraftstoffzufuhr in Zylinder 6. Darunter das Konturdiagramm für das Differenzfeld, als Referenz dient die Maschine im Normalzustand. Wieder ist der unmittelbare Vergleich der 3D-Bilder nur schwer möglich, das Konturdiagramm fördert die Unterschiede klar zutage: 6 Gruppen von Anstiegen im Schwingungspegel sind hier zu identifizieren entsprechend den 6 Zylindern der Maschine. Der stärkste Unterschied tritt erwartungsgemäß beim Zünden von Zylinder 6 auf. Einige weitere Veränderungen, besonders die reduzierten Schwingungspegel im tieffrequenten Bereich, rühren wahrscheinlich von den unterschiedlichen Lastbedingungen in den einzelnen Zylindern her, die in Kauf genommen werden mussten, um Gesamtleistung und Drehzahl auf die ursprünglichen Werte zu bringen. Resümee Die vorgestellten Beispiele haben gezeigt, dass man bei der Überwachung und Diagnose an Kolbenmaschinen nur mit hohem Aufwand und modernster Messtechnik zum Ziel kommen kann. Zwar wurde ein Verfahren vorgestellt, dass durch wirksame Datenreduktion und übersichtliche Darstellung von Vergleichsergebnissen eine schnelle qualitative und quantitative Beurteilung ermöglicht, Fehlerdiagnosen werden hier aber, verglichen mit den kontinuierlich laufenden Maschinen, sehr mühsam sein. 303 <?page no="318"?> Bild 11.13: 3D- und Konturdarstellung der Luftschallspektren 304 <?page no="319"?> Bild 11.14: 3D- und Konturdarstellungen der Schwingungsbilder bei normaler und erhöhter Kraftstoffeinspritzung (Zylinder 6) an einem 6-Zylinder- Dieselmotor 305 <?page no="320"?> 11.4 Bearing Condition Online Monitoring System (BeCOMS) Bereits in Abschnitt 7.1.2.7 wurde eine Methode zur Überwachung und Diagnose von Lagern vorgestellt, die speziell für Kolbenmaschinen entwickelt wurde. Wegen dieser Zielrichtung soll es unter diesem Aspekt und an dieser Stelle noch etwas näher vorgestellt werden. Wie schon im Einführungsabschnitt beschrieben, wird die bei metallischem Kontakt zwischen bewegten Komponenten - Kurbelwelle und Lagerschalen - induzierte thermoelektrische Spannung als Messsignal herangezogen. Die Spannung wird über ein leicht zu montierendes Schleifringsystem abgegriffen, welches mit einem inkrementalen Winkelgeber gekoppelt ist. Bei kurzzeitigem metallischem Kontakt entstehen entsprechend kurze Spannungsspitzen, die über dem mit dem Winkelgeber simultan erfassten Kurbelwinkel als Polardiagramm aufgetragen werden (jeweils linkes Teilbild). Aus der Winkelposition lässt sich der Fehler lokalisieren (Indikation des fehlerhaften Lagers). Bild 11.15 zeigt die Auswertung über die zugehörige Software, einmal für einwandfreien (Hintergrundbild), einmal für fehlerhaften Zustand (Vordergrundbild). Im Polardiagramm ist das Auftreten der kurzzeitigen Kontakte anhand der Spitzen klar zu erkennen. Im fehlerfreien Zustand zeigt sich im entsprechenden Diagramm ein glatter Verlauf. Als Interpretationshilfe wird parallel der Signalverlauf mit Zuordnung für die einzelnen Zylinder (Lager) als 3D-Schaubild angezeigt. Die dort auch in einwandfreiem Zustand gelegentlich auftretenden Spitzen sind auf Schaltvorgänge oder ähnliche transiente Ereignisse ohne diagnostische Bedeutung zurückzuführen (das System ist außerordentlich empfindlich), was aber aus der Kurzzeitigkeit einwandfrei hervorgeht. Im unteren Teilbild ist ein weiteres Fenster mit einer grafischen Zustandsinformation zu sehen. Die fehlerhaft laufenden Lager sind darin farblich markiert. Da über den Winkelgeber auch weitere Informationen zu Verfügung stehen (Drehzahl, Winkelgeschwindigkeit bzw. deren Schwankungen), lassen sich noch weitere Diagnosen stellen, z. B. über die Verbrennung, Ölqualität oder Ölverschmutzung, die vom System abgefragt werden können (siehe z. B. Bild 11.16). Die inzwischen im Einsatz befindlichen mehrere hundert BeCOMS haben eine Vielzahl unterschiedlichster Schäden in Motoren detektiert und die Schadorte identifiziert. Bemerkenswerte Beispiele hierfür sind z. B. Kühlwassereinbruch in Schmieröl als Folge eines Risses im Zylinderkopf oder ein abgebrochener Zahn eines Zahnrades in einem Getriebe. In all diesen Fällen hat die erhöhte Reibung zu einem Signal geführt, das sehr frühzeitig detektiert werden konnte Bemerkenswert an diesem Verfahren ist die sehr frühzeitige Information über den Fehler. So erfolgt die Erstmeldung in der Regel bereits in einem Stadium, in dem noch keinerlei Schädigung des Lagers vorliegt. Dies ist vor allem bei Verbrennungsmotoren sehr wertvoll, da sich hier ein Schaden relativ schnell zu einem fatalen Ausmaß entwickeln kann. Das Haupteinsatzgebiet solcher Systeme liegt im Bereich von Schiffsmaschinen, wo zuverlässige Diagnose und Prognose eine besondere Rolle spielen. 306 <?page no="321"?> Bild 11.15: Auswertung des Diagnosesystems BeCOMS für einwandfreien (Hintergrund) und fehlerhaften Lagerzustand an einem Viertakt-Dieselmotor Bild 11.16: Identifizierung eines Schadens (Riss im Zylinderkopf) in Kompartment 2 eines MAK-Viertaktmotors Das Diagramm des Zeitverlaufs des BeCOMS Signals (rechts unten) zeigt stark schwankende Signale, deren Ursprung mit Hilfe der Darstellung in Polarkoordinaten durch eine Korrelation der Winkelstellung der Kurbelwelle mit dem Signalverlauf als Kompartment 2 identifiziert werden konnte. Ursache war die durch den Kühlwassereinbruch verursachte erhöhte Reibung zwischen Kolbenringen und Zylinderwand. 307 <?page no="322"?> 12 Konzepte für Überwachungssysteme 12.1 Die Thematik In diesem Abschnitt werden Konzepte aus industriellem Angebot vorgestellt, die verschiedene Eigenschaften zeigen, die vor allem für große automatische Systeme von Interesse sind. In diesen beispielhaft gedachten Systemen sind viele Konzepte realisiert, die ein Monitoringsystem von einem herkömmlichen Messsystem unterscheiden. Gedacht ist dieses Kapitel als Ideenlieferant für den Entwurf eigener Überwachungssysteme und Strategien. 12.2 Ein Universalsystem Unter dem Namen COMPASS 69 (Computerized Prediction, Analysis & Safety System) haben wir am Markt ein außerordentlich leistungsfähiges rechnergestütztes System für Maschinenüberwachung und Fehlerdiagnose gefunden. Es ist durchaus wert, einen Blick darauf zu werfen als Beispiel, wie ein umfangreiches und leistungsfähiges Überwachungssystem aufgebaut werden kann. Man wird hier so gut wie alle der bisher behandelten Verfahren wieder finden. Bild 12.1 zeigt eine Gesamtübersicht. Zentrale Überwachungseinheit ist ein Schwingungswächter (Typ 2520), ein modulares System, das die Digitalisierung und Verarbeitung der Messdaten übernimmt, bevor sie zum Zentralrechner übertragen werden. Der Zentralrechner ist Schnittstelle zum Bediener und enthält die Datenbasis. Der Schwingungswächter arbeitet völlig selbständig. Auch im Falle, dass der Zentralrechner ausfällt, werden Datenerfassung und Überwachung vollautomatisch weitergeführt. Jeder Schwingungswächter kann bis zu 112 Eingangssignale verarbeiten. Für verschiedene Signaltypen und zur Vorverarbeitung der Messdaten steht eine Reihe von Einschubmodulen zur Verfügung. Über eine Ethernet-Schnittstelle lassen sich beliebig viele Einheiten mit beliebiger räumlicher Verteilung in die Überwachung integrieren. Mit dem tragbaren Datensammler können zusätzlich Daten manuell erfasst und in das System eingelesen werden. Bild 12.2 zeigt einen Überblick über die verfügbaren Softwaremodule. 69 Die in diesem Abschnitt präsentierte Variante entspricht noch dem Stand zum Zeitpunkt der früheren Auflage. Eine aktuelle Version mit gleichem Grundkonzept wird unter demselben Namen angeboten. 308 <?page no="323"?> Bild 12.1: Überwachungssystem COMPASS - Hardwarekomponenten 309 <?page no="324"?> Bild 12.2: Überwachungssystem COMPASS - Softwaremodule Ein Blick noch auf das Bediener-Interface, ein für die Praxis sehr wichtiger Punkt (Bild 12.3 und Bild 12.4). Über einen graphischen Editor können Zeichnungen der einzelnen Maschinen, der Messstellen in einem hierarchischen System bis zum Überblick über eine gesamte Produktionsanlage erstellt werden. In einem Satz von Anzeigefeldern oben am Bildschirm ist der aktuelle Alarmzustand sichtbar (Überwachung). Im Alarmfall kann man sich durch einfaches Anklicken von Fenster zu Fenster bis zur Messstelle vorarbeiten und erhält bei jedem Schritt immer detailliertere Informationen über den aktuellen Zustand der Anlage (Diagnose). 310 <?page no="325"?> Bild 12.2 - Fortsetzung 311 <?page no="326"?> Bild 12.3: Navigation durch die überwachte Anlage durch Anklicken von Fenstern 312 <?page no="327"?> Bild 12.4: Globaler und lokaler Alarmstatus Bei großen Anlagen ist zwar eine zentrale Datenerfassung und Archivierung zweckmäßig, die Bedienung wird meist von mehreren Personen erfolgen, die voneinander unabhängig und vielleicht räumlich getrennt arbeiten müssen. Über die Ethernet- Schnittstelle ist ein so genannter Multiuserbetrieb durch den Anschluss mehrerer X- Terminals möglich, wobei jeder Teilnehmer seinen Bereich über Passwort schützen kann. Das gesamte System ist modular aufgebaut. So kann jeder Anwender Hardware und Überwachungssoftware maßgeschneidert nach seinen Bedürfnissen auswählen und bei Bedarf später erweitern. Eine nicht unwesentliche Anmerkung am Ende: Über Messwertaufnehmer (plus Montagematerial), Stecker, Kabel, Vorverstärker etc. wird hier nicht nur ein Rechner mit Software, es wird ein wirklich komplettes Überwachungssystem angeboten. 12.3 Ein dezentrales Überwachungssystem mit FPGA-Einsatz Unter dem Systemnamen ProCheck wird ein industrielles Überwachungssystem angeboten, bei dem u. A. auch die FPGA-Technik von Abschnitt 2.10.3 nach dem Konzept von Abschnitt 2.11.2 sehr wirksam eingesetzt wird. Bild 12.5 zeigt den Aufbau des Systems Bild 12.6 das Blockschaltbild (Flussdiagramm). Im FPGA mit einem digitalen RT Signalprozessor können verschiedene Vorverarbeitungen durchgeführt werden, im konkreten Fall Digitale Filterung Demodulation (Hüllkurve) Signalkonvertierung Downsampling (Dezimation) Resampling Triggerung Konditionierung des Drehzahlsignals 313 <?page no="328"?> Man beachte, dass die Verarbeitung am FPGA in Echtzeit, also sehr schnell erfolgt und überdies für alle Messkanäle parallel. Für Steuerung und Ausgabe stehen analoge und digitale Ausgänge zur Verfügung. Grenzwertüberwachung und Alarmausgabe (Abschaltung) können direkt vom FPGA ausgeführt werden, wodurch außerordentlich kurze Reaktionszeiten erzielbar sind. Bild 12.5: Aufbau des Systems ProCheck Ein verteiltes Überwachungssystem auf dieser Basis ist in Bild 12.7 skizziert. Kritische Überwachung und Management werden über FPGA-Systeme und lokale Server durchgeführt, Langzeitüberwachung, Datenarchivierung, Instandhaltungsmanagement sowie Softwarepflege erfolgen 70 von einer Steuerzentrale aus. In einem solchen System können alle Konzepte parallel integriert werden: Grenzwertüberwachung direkt an der Maschine (FPGA) Monitoring im Monitoring Center des Betreibers Instandhaltungsmanagement im Monitoring Center des Dienstleisters. Die Tendenz, bei komplexen Anlagen das Instandhaltungsmanagement einem professionellen Dienstleister zu übertragen, ist durchaus ansteigend. Solche Dienstleistungen werden vielfach von Komponentenherstellern aus dem Bereich Maschinenbau angeboten, die dann meist auch die Aufgabe der Root Cause Failure Analysis übernehmen (Abschnitt 7.1.2.8, Seite 175). Bild 12.6: Blockschaltbild des Systems ProCheck. Die Gliederung in Eingangsteil, FPGA und Echtzeit-Signalprozessor ist im Bild hervorgehoben. 70 Das kann sein anlagenweit - fabriksweit - weltweit … 314 <?page no="329"?> 315 <?page no="330"?> Bild 12.7: Aufbau eines Überwachungssystems mit Servern und Basisstationen vor Ort und zentralem Server über ein Netzwerk (LAN oder Web). 316 <?page no="331"?> 12.4 Ganzheitlicher Ansatz Schwingungen werden in einem Überwachungs- und Diagnosesystem immer die tragende Rolle spielen - die Gründe wurden schon eingangs dieses Buches erläutert. Parallel zur Schwingungsüberwachung wird auch immer eine Betriebsüberwachung notwendig sein, z. B. Überwachung von Drücken, Temperaturen, die Erfassung von Schaltzuständen, Drehzahlen etc. Da die entsprechenden Messungen und Beurteilung in jedem Fall parallel laufen müssen, liegt der Gedanke nahe, solche Parameter in ein automatisiertes Überwachungssystem einzubeziehen. (Man denke nur daran, dass etwa die Referenzwerte in der Regel vom Betriebszustand abhängig sind). Eine weitere Fragestellung, die Kombination einer zentralen Überwachung mit lokalen Systemen bzw. Institutionen wurde schon in Abschnitt 12.3 angesprochen. Hauptproblem eines solchen Systems, für welches hier der Ausdruck ganzheitlicher Ansatz geprägt werden soll, wird die Frage nach geeigneten Daten- und Kommunikationsschnittstellen sein. Das Programmable Automation Controller-Konzept (Abschnitt 2.11) bringt hier die maßgeschneiderte Lösung: Ein universelles, praktisch unbegrenzt ausbaufähiges Kommunikationssystem auf Basis standardisierter Konzepte. Zur Verdeutlichung zeigt Bild 12.8 eine Aufstellung von Komponenten von aus heutiger Sicht aktuellem Stand, mit dem sich solche Systeme realisieren lassen: Bild 12.8: Globales Schema von Komponenten für Programmable Automation Controller nach Abschnitt 2.11. Anforderungen an ganzheitliche Systeme: Autarke lokale Überwachungseinheiten mit Expertensystem für Diagnose und Handlungsanweisungen Zusammenführung aller Informationen an eine zentrale Stelle Einbindung aller verfügbaren Maschinen- und Sensorinformationen Nutzen der Ergebnisse in einem Instandhaltungsplanungssystem In Kapitel 13 wird die prinzipielle Methodik der Automatisierung solcher so genannter multivariater Verfahren vorgestellt. Ein normatives Beispiel findet man in [N.44]. 317 <?page no="332"?> 13 Multivariate Verfahren 13.1 Allgemeines Im Rahmen dieses Buches wurden bisher Methoden zur Zustandsüberwachung und Diagnose vorgestellt, die im Prinzip immer auf der Beurteilung eines Einzelparameters bzw. Kennwertes basieren. Dabei werden die verschiedenen Parameter individuell, also voneinander unabhängig beobachtet und bewertet. Im Sinne des bereits in Abschnitt 12.4 vorgestellten ganzheitlichen Ansatzes wird man jedoch bestrebt sein, die verfügbaren Parameter simultan in einem gemeinsamen System zu erfassen und zu bewerten mit dem Ziel, nicht nur eine Aussage über die einzelnen Komponenten sondern über den Zustand der gesamten Maschine oder Anlage zu erhalten, eine so genannte Zustandssignatur. Multivariate Verfahren, Verfahren also, die verschiedene Parameter als Variablen in einem gemeinsamen Modell untersuchen, stellen hier den wegweisenden Lösungsansatz dar. Grundsätzlich handelt es sich dabei um statistische Verfahren, bei denen aktuelle Systemparameter bzw. Messwerte in Relation zu Erfahrungswerten gebracht und danach beurteilt werden (ein Gedanke, der letztendlich ja auch den bisher behandelten Einzelbewertungen zugrunde liegt). In diesem Abschnitt sollen einige der wichtigsten Methoden vorgestellt und behandelt werden. Motivation zur Aufnahme dieses Themas war die Beschreibung solcher Verfahren in aktuellen Normen und Richtlinien sowie die Verfügbarkeit von einschlägigen Hard- und Softwaretools, siehe auch Abschnitt 13.5. Weitere Informationen findet man in der Literatur auch unter dem Begriff Multivariate Statistik. 13.2 Begriffe Als Bewertungsgrundlage steht, z. T. über die früher beschriebenen Verfahren, eine Reihe von Beurteilungsgrößen zur Verfügung, die anhand von Schwellenwerten zu bewerten sind, z. B. für Zustände wie Warnung und Alarm (nach DIN ISO 17359). Bei multivariaten Systemen wird ein Kollektiv solcher Beurteilungsgrößen zusammengefasst, man spricht in diesem Zusammenhang von Merkmalen oder Deskriptoren. Beispiele für Deskriptoren sind Der breitbandige Schwingungspegel Der Pegel der drehfrequenten Schwingungskomponente Öldruck Öltemperatur etc. Für die weitere Betrachtung fasst man die Merkmale q i in einem Merkmalvektor q zusammen, für N Deskriptoren in der Form 318 <?page no="333"?> T N q q q 2 1 , q Zur Darstellung definiert man einen N-dimensionalen so genannten Merkmalraum, in welchem jedem der Deskriptoren eine Dimension (Achse) zugeordnet ist. Dass hier den einzelnen Achsen unterschiedliche physikalische Dimensionen zukommen, schlägt sich in einer entsprechenden Metrik des Raumes nieder und ist nicht weiter störend (wie es im ersten Moment vielleicht scheinen mag). Bild 13.1 Zweidimensionaler Merkmalraum Bild 13.1 zeigt zur Erklärung ein bewusst einfaches und plakatives Beispiel anhand eines zweidimensionalen Merkmalraumes. Man stelle sich einmal als Merkmale den Schwingungspegel (q 1 ) und die Temperatur im Maschinenraum (q 2 ) vor. Bei wiederholten Messungen werden sich die entsprechenden Merkmalpunkte in so genannten Clustern häufen, im Beispielbild etwa N - Normalzustand S1 - erhöhter Schwingungspegel zufolge Schaufelbruches S2 - Feuer im Maschinenraum S3 - Feuer als Folge eines Schaufelbruches Im laufenden Betrieb wird der Zustand im Hinblick auf die beobachteten Merkmale immer durch einen einzigen Punkt bzw. Merkmalvektor q repräsentiert, siehe Bild 13.1. Die Aufgabe der Beurteilung besteht nun in der Zuordnung des Merkmalvektors zu einem Cluster (im Bild - Normalzustand). 13.3 Klassierungsverfahren 13.3.1 Wahrscheinlichkeitsbasierte Beurteilung Man kann davon ausgehen, dass nach dem zentralen Grenzwertsatz der Statistik auch Kenngrößen meist normalverteilt auftreten werden. In solchen Fällen kann die Beurteilung über statistische Parameter anstelle fester Grenzwerte erfolgen, siehe Bild 13.2. 319 <?page no="334"?> Bild 13.2 Statistische Beurteilung über die Wahrscheinlichkeitsverteilung Im so genannten unüberwachten 71 Betrieb werden die Verteilungsfunktionen von Grundzustand (fehlerfrei) und aktuellem Zustand verglichen, die Beurteilung erfolgt anhand des gemeinsam überdeckten Flächenstückes (im ideal fehlerfreien Zustand hat es den Wert 1). Von überwachtem Betrieb spricht man, wenn auch die Verteilungsfunktion für einen bestimmten Fehlerzustand bekannt ist. Die überdeckten Flächenstücke repräsentieren jeweils ein Maß für Fehlerwahrscheinlichkeit bzw. Fehlalarmwahrscheinlichkeit. Da die Wahrscheinlichkeitsdichte auch mehrdimensional formuliert werden kann, eignet sich diese Art einer Beurteilung bereits unmittelbar für multivariate Systeme. Die überlappenden Bereiche sind dann entsprechend mehrdimensionale Gebiete, quantifiziert durch ihr Volumen 0 < V 1. Auch für mehrdimensionale Merkmalvektoren wird jetzt der Zustand durch eine einzige Zahl angegeben. Anmerkung: In ein solches Beurteilungssystem können durchaus auch wirtschaftliche Parameter wie z. B. Kostenrisiken als Bewertungsgrößen einfließen. 13.3.2 Neuronale Netze Viele Beurteilungsmethoden laufen auf den Vergleich mit bekannten Referenzwerten hinaus, konkrete Fehler also, für die man die entsprechenden Ergebnisse bereits kennt. Solche Referenzergebnisse können aus Betriebserfahrung gewonnen werden, aus gezielten Versuchen mit künstlich eingebauten Fehlern erzeugt oder in manchen Fällen auch rechnerisch simuliert werden. Das überwachte Verfahren aus Bild 13.2 mag hier als Beispiel dienen. Ein probates Mittel zur Fehlererkennung stellen in dieser Hinsicht neuronale Netze dar, siehe Bild 13.3. Neuronale Netze sind dem Lernmechanismus im menschlichen Gehirn nachempfunden (Hebb’sche Lernregel). Ein solches Netz besteht aus einer Anordnung von Prozessoren in einem Netz, den Knoten oder Neuronen, die in mehreren Schichten 71 Die Bezeichnungen überwacht und unüberwacht leiten sich aus den Übersetzungen der entsprechenden Fachtermini supervised bzw. unsupervised ab. Leider bietet hier die deutsche Sprache keine Möglichkeit einer prägnanten Differenzierung im Hinblick auf monitoring, was zu etwas unglücklichen Begriffskombinationen führen kann. 320 <?page no="335"?> (meistend drei) angeordnet und untereinander von Schicht zu Schicht vollständig verbunden sind. Die Funktionalität der Knoten ist im Detailbild dargestellt, sie besteht in einer gewichteten Summierung der Eingänge, die Summe wird über eine Sigmoidfunktion (im Grenzfall eine Sprungfunktion) bewertet. Im Klartext: Sobald die Summe der Eingänge ein gewisses Maß übersteigt, schaltet das Neuron durch und liefert ein ausgeprägtes Ausgangssignal. Bild 13.3 Dreischichtiges Neuronales Netz Zum Trainieren des Netzes (Koeffizienten w i ) muss eine ausreichende Menge bekannter Fallbeispiele für die in Frage kommenden Zustände (Grundzustand, Fehlerzustände) zur Verfügung stehen. Das Training ist ein iterativer Prozess, bei dem die Merkmalvektoren dieser Musterzustände am Eingang des Netzes präsentiert und die Gewichte w i in kleinen Schritten so justiert werden, dass schließlich alle Zustände am Ausgang des Netzes, im Zustandsvektor z, eindeutig repräsentiert werden. Sobald das Netz trainiert ist, ist es zur Beurteilung neuer, unbekannter Zustände bereit. Die Funktionalität entspricht im Wesentlichen dem Schema von Bild 13.1, die Komponenten des Zustandsvektors entsprechen den Mittelpunkten der Cluster, den so genannten Zentroiden. 13.3.3 Selbstorganisierende Netze (Self Organizing Map SOM) 72 Man kann sich leicht vorstellen, dass die Beurteilung und Darstellung der Ergebnisse Neuronaler Netze mit steigender Dimensionszahl schnell sehr schwierig wird. SOMs sind in dieser Hinsicht besser geeignet. Dabei wird die N-dimensionale Netzstruktur auf einen Raum niedrigerer Dimension abgebildet, im konkreten Fall in eine Ebene. Zur leichteren Vorstellung soll Bild 13.4 dienen: Im linken Bildteil das gedankliche 72 Die englischen Bezeichnungen und Abkürzungen entsprechen dem heute üblichen englischsprachigen Standard 321 <?page no="336"?> Schema, rechts die ebene Darstellung des SOMs. Die Darstellung erfolgt üblicherweise in der Form von rechteckigen oder hexagonalen Zellen. Es soll hier noch darauf hingewiesen werden, dass die Abbildung keineswegs mit einer affinen Abbildung aus der Geometrie gleichzusetzen ist. Wesentlich ist hier ausschließlich eine Darstellung der Cluster in ebener Projektion mit gleichen topologischen Eigenschaften wie die räumliche Netzstruktur. Auch hier steht wieder das biologische Vorbild im Hintergrund: Komplizierte (im Merkmalraum höherdimensionale) Strukturen bzw. Sinneseindrücke werden durch die Aktivität dreidimensionaler Bereiche im Gehirn repräsentiert. Bild 13.4 Zum Prinzip selbstorganisierender Netze 13.3.4 Klassifikationsbäume Klassifikationsbäume sind Verfahren, bei denen die Daten rekursiv in Untergruppen mit zunehmender Klassenaffinität in Klassen wie Grundzustand, Fehler Typ 1, Fehler Typ 2 usw. eingeteilt werden, siehe Bild 13.5 links. Für jeden Knoten sind im Prinzip alle Deskriptoren und alle möglichen Verzweigungen auf eine geeignete Auswahl zu untersuchen. Einzelne Deskriptoren können innerhalb des Baumes durchaus mehrfach, also in unterschiedlichen Knoten auftauchen. Andererseits müssen nicht alle Deskriptoren in einem Baum enthalten sein. Bei hundertprozentiger, konsequenter Ausführung aller Verzweigungen wird man im Allgemeinen ein überbestimmtes System erhalten, d. h. bestimmte Zustände können im Baum mehrfach auftreten. Zur Vermeidung daraus resultierender Probleme (die letztendlich die Übersicht verschlechtern) können über Korrelationsbeziehungen untergeordnete Zweige eliminiert werden (sogenanntes Pruning). Wie praktisch alle statistischen Verfahren müssen auch Klassifikationsbäume eine Trainingsphase durchlaufen. 322 <?page no="337"?> Bild 13.5 Klassifikationsbäume und Random Forest Statistik 13.3.5 Random Forest Statistik (RF) Klassifikationsbäume nach dem vorigen Abschnitt können in verschiedenen Varianten erstellt werden. Das betrifft sowohl die Auswahl des Start-Deskriptors wie auch die Wahl der Folgedeskriptoren (Verzweigungen). Vom mathematischen Standpunkt sind alle Varianten eines Klassifikationsbaumes gleichwertig, die Lage der Konfidenzintervalle wird jedoch unterschiedlich ausfallen. Beim Random Forest Verfahren werden mehrere, verschiedene Klassifikationsbäume parallel betrachtet, siehe Bild 13.5. Im Falle unterschiedlicher Ergebnisse in den einzelnen Bäumen erfolgt die Beurteilung nach dem Mehrheitsprinzip. Dabei muss jeder Baum mit eigenen Datensätzen trainiert werden, ein Pruning wird hier nicht durchgeführt. 13.3.6 Logistische Regression (LR) Lineare Regression eines Satzen von Deskriptoren x i zur Gewinnung einer Bewertungsgröße y mit dem Ansatz N N x b x b x b b y 2 2 1 1 0 ist in dieser direkten Form für die Anwendung auf Merkmale als unabhängige Variable wegen des vorwiegend dichotischen 73 Charakters der Deskriptoren ungeeignet. Als Zielgröße besser geeignet ist hingegen die Wahrscheinlichkeit (x), mit der die Merkmalsgröße x das Auftreten eines Fehlerzustandes indiziert. Als abhängige Variable eignet sich das so genannte Chancenverhältnis (Odds Ratio) 1 1 1 y y Ratio Odds (Anmerkung: y=1 bedeutet ‚Fehler‘, y=0 bedeutet ‚kein Fehler‘). Die Wahrscheinlichkeit, der Gruppe Fehler anzugehören wird also dividiert durch die Wahrscheinlichkeit, ihr nicht anzugehören (Gegenwahrscheinlichkeit). 73 Griechisch dichothen - von zwei Seiten her 323 <?page no="338"?> Da die Wahrscheinlichkeit eine Größe zwischen 0 und 1 ist, liegt der Odds Ratio im Bereich der positiven reellen Zahlen. Diese Beschränkung kann durch Logarithmieren aufgehoben werden, man erhält den so genannten Logit g(x). Man kann dann eine lineare Regression ansetzen in der Form N N x b x b x b b y y x g 2 2 1 1 0 1 1 1 ln bzw. nach Umformung N N N N x b x b x b b x b x b x b b y x 2 2 1 1 0 2 2 1 1 0 exp 1 exp | 1 Pr x Die Koeffizienten b i sind durch Messungen (oder Erfahrung) zu bestimmen. Die Funktion ist in Bild 13.6 für den eindimensionalen Fall im Prinzip dargestellt. Die logistische Regression quantifiziert den Zustand des gesamten Systems durch eine einzige Zahlengröße. Bild 13.6 Logistische Regression 13.3.7 Stützvektormaschine (Support Vector Machine SVM) Aufgabe einer automatischen Diagnose ist die Zuordnung des aktuellen Merkmalvektors zu einem Cluster im Merkmalraum, siehe Bild 13.7, vgl. auch Bild 13.1. Dies kann durch so genannte Entscheidungsfunktionen erfolgen, im einfachsten Fall (n-1)dimensionale Hyperräume, die den Merkmalraum in disjunkte Unterräume unterteilen (im dreidimensionalen Fall eine Ebene wie in Bild 13.7 oder eine gekrümmte Fläche). Die Support Vector Machine ist ein Verfahren, welches die Berechnung dieser trennenden Hyperräume optimiert. Besonders in Fällen, wo eine lineare Trennung wie in Bild 13.7 nicht möglich ist, liefert dieses Verfahren optimierte Entscheidungsfunktionen höherer Ordnung (im konkreten, dreidimensionalen Beispiel gekrümmte Flächen). Entsprechendes gilt auch für überlappende Cluster. 324 <?page no="339"?> Bild 13.7 Entscheidungsfunktionen im Merkmalraum 13.4 Health Index Dieser Index - eine gebräuchliche deutschsprachige Übersetzung existiert bislang noch nicht als eingeführter Begriff - soll den ‚Gesundheitszustand‘ einer Maschine in einem einzigen Zahlenwert charakterisieren, ähnlich wie schon die Beurteilungen der breitbandigen Messungen, nur weit sensibler und entsprechend aussagefähiger. Verschiedene der zuvor skizzierten Verfahren liefern eine entsprechende Ausgangsgröße, zum Beispiel die Wahrscheinlichkeitsbasierte Beurteilung (Bild 13.2) oder die Logistische Regression (Bild 13.6). In ISO 13374-1 wird ein Health Index zwischen 0 und 10 vorgeschlagen. Auf ähnlicher Basis kann eine aktuelle Zustandssignatur mit einem Wert zwischen 100% und 0% angegeben werden, als Bezeichnung für diese Größe wird, basierend auf andere Disziplinen, der Begriff Performanz 74 vorgeschlagen. Dieser Wert wäre eine Kenngröße für die in Abschnitt 13.1 vorgeschlagenen Zustandssignatur. 13.5 Normative Repräsentation Multivariate Verfahren werden in der Internationalen Norm ISO 13379 beschrieben. Für die in Bearbeitung befindliche Richtlinie VDI 4550 sind sie in Teil 3 vorgesehen. Der Begriff des Health Index ist in ISO 13374 Part 1 definiert. Unter Federführung der University of Cincinatti hat eine Arbeitsgruppe Intelligent Maintenance Systems (IMS) ein Projekt nach diesen Prinzipien unter dem Namen Watchdog Agent entwickelt (www.imscenter.net), welches auf den in diesem Abschnitt behandelten Verfahren basiert. 74 … mangels prägnanter Übersetzungsmöglichkeit des englischen Begriffes performance 325 <?page no="340"?> 14 Der wirtschaftliche Nutzen von Diagnosesystemen Betrachtet man das wirtschaftliche Potential, das in der Einführung von technischen Diagnosesystemen in Form von Einsparungs- und Rationalisierungsmöglichkeiten liegt, so ist die Verbreitung solcher Systeme immer noch eher gering. Hauptgrund dafür ist wohl die Schwierigkeit, die Wirtschaftlichkeit eines Diagnosesystems schon im Planungsstadium abzuschätzen. Wirtschaftlichkeitsberechnung ist ein Thema, um welches sich so mancher Ingenieur lieber drücken möchte. In diesem Kapitel wird daher der Versuch gemacht, eine vielleicht aus einer gewissen Abneigung entstandene Wissenslücke zu schließen. Und es wird sich dabei zeigen, dass dieses Thema auch für einen gestandenen Ingenieur durchaus interessant werden kann! 14.1 Allgemeines Bei der Entscheidung, ob ein Diagnosesystem eingeführt werden soll, wo der Hebel in einem größeren Betrieb anzusetzen ist und welches System aus mehreren Varianten auszuwählen ist, wird nur allzu oft nach einem Schema vorgegangen, das dann nicht zum gewünschten Ziel führt: Der Betreiber nimmt Kontakt mit einem oder mehreren Anbietern von Diagnosesystemen auf (oder umgekehrt). Der Anbieter sucht die zu überwachenden Maschinen nach der Leistungsfähigkeit seiner Verfahren und Geräte aus Der wirtschaftliche Nutzen für den Betreiber wird nicht ausreichend analysiert Typischerweise versucht in der Vorgesprächsphase der Anbieter, ein Diagnosesystem nach den bei ihm fertig vorliegenden Konzepten zu definieren, er geht zuwenig oder überhaupt nicht auf die Bedürfnisse des potentiellen Anwenders ein (Ich habe ein System zur Lagerüberwachung - wo ist ein passendes Lager? ). Umgekehrt kann der Interessent seine Probleme zwar exemplarisch beschreiben, hat jedoch die für eine Abschätzung der Wirtschaftlichkeit erforderlichen Informationen nicht bereit; er hat jedoch typischerweise das Gefühl, dass auf diesem Gebiet etwas getan werden könnte. Auf vielen Gebieten der wirtschaftlichen und organisatorischen Planung hat sich die Nutzwertanalyse etabliert und bewährt [51]. Verfahren auf dieser Basis scheinen auch auf dem Gebiet der Planung von Diagnosesystemen Erfolg versprechend. An der systematischen Anwendung von Nutzwertanalysen oder Kosten-Nutzen- Analysen für technische Diagnosesysteme wird erst seit nicht allzu langer Zeit inten- 326 <?page no="341"?> siv gearbeitet 75 . Es können daher auch noch keine schematisierten Konzepte angeboten werden. Was hier jedoch vorgestellt werden kann, sind die Grundelemente solcher Strategien, der Leser kann sich damit bei Bedarf selbst versuchen. 14.2 Grundlagen der Nutzwertanalyse Mit Hilfe der Nutzwertanalyse versucht man, objektive Bewertungskriterien für die Einführung eines Diagnosesystems zu gewinnen. Dazu werden zunächst Zielarten festgelegt, für jede Zielart wird dann eine Nutzfunktion definiert. Aus den Nutzfunktionen kann dann entsprechend den jeweiligen Bedingungen ein Nutzwert abgelesen werden. Über eine Verknüpfung aller Nutzwerte ergibt sich ein Gesamtnutzwert. In Tabelle 14.1 sind für einen sehr allgemeinen Fall die Parameter für eine Nutzwertanalyse eingetragen, die einzelnen Begriffe werden hier diskutiert. In den Beispielen wird immer wieder auf diese Tabelle verwiesen. Zielart Im ersten Schritt sind so genannte Zielarten festzulegen. Zielarten sind Merkmale des Diagnosesystems, durch die bestimmte Aufgaben oder Anforderungen festgelegt werden. Aufgaben, für die man sich vom Diagnosesystem Lösungen verspricht. Es werden Kostenfaktoren erfasst für Anschaffung und Betrieb, mögliche Kosteneinsparungen. Oder Anforderungen an das Diagnosesystem, an das Bedienungspersonal. Die Zusammenstellung der Zielarten in der Tabelle wird für den allgemeinen Anwendungsfall recht gut geeignet sein. Im Einzelfall sollte man sich als ersten Schritt eine solche Zielartentabelle definieren, die dem konkreten Problem angepasst ist (Tabelle 14.1 ist hier als Denkhilfe sicher gut geeignet). Einzelne Punkte aus dieser Vorlage sind dann vielleicht überflüssig und können entfallen, neue Punkte könnten hinzukommen. In jedem Fall, hier rechnet es sich durchaus, etwas Zeit und Denkarbeit zu investieren. Beurteilung y s Durch den Parameter Beurteilung, in der Folge mit dem Symbol y s bezeichnet, werden Beurteilungskriterien festgelegt und parametrisiert, auf denen die Berechnung des Nutzwertes basiert. Zum Beispiel (siehe Tabelle 14.1): Gefährdung Mensch - kann durch den Einsatz eines Überwachungssystems die Gefährdung von Menschenleben vermieden werden? Fehlererkennungsrate - zu welchem Prozentsatz kann das Überwachungssystem die bekanntermaßen auftretenden Fehler erkennen? Systemkosten - wie hoch sind die Anschaffungskosten in €? Der Parameter kann eine kontinuierliche Größe (Kosten in €, Prozentsatz) oder eine diskontinuierliche Größe sein (ja - nein). 75 Anmerkung: Die Arbeit erfolgte u. A. im Rahmen eines VDI/ VDE Arbeitskreises Diagnose in der Automatisierungstechnik und ist mittlerweile (4.Auflage) abgeschlossen. Die Ergebnisse sind im Wesentlichen Inhalt dieses Kapitels. 327 <?page no="342"?> Tabelle 14.1: Zielarten der Nutzwertanalyse Nr Zielart Beurteilung y s u S w s 1 Gefährdung Mensch ja nein 1 0 2 Gefährdung Umwelt ja nein 1 0 3 Gefährdung Maschine ja nein 1 0 4 Gefahr von Produktionsstillstand ja nein 1 0 5 Maschinenkosten y 5 € 6 Produktionsausfallskosten p. d. y 6 € 7 Fehlererkennungsrate y 7 % 8 Fehlalarmrate y 8 % 9 Diagnosefähigkeit keine alle Fehler 0,5 1 10 Systemkosten y 10 € 11 Installationskosten y 11 € 12 Pflegeaufwand p. a. y 12 € 13 Personalkosten p. a. y 13 € 14 Reduktion Ersatzteillager nein vollständig 15 Beurteilungskriterien keine bekannt genormt 0,5 0,75 1 16 Personalanforderungen keine Facharbeiter FH TU 1 0,75 0,5 0,25 17 Prognose Restlaufzeit y 17 18 Inspektionskosten p. a. y 18 € 19 Reparaturkosten p. a. y 19 € 20 Produktionsausfall geplant p. a. y 20 € 21 Produktionsausfall ungeplant p. a. y 21 € 22 Strategie intermittierend manuell intermittierend automatisch kontinuierlich automatisch 0,5 0,75 1 Nutzfunktion u s = f(y s ) Für jede Zielart ist eine Nutzfunktion u s zu definieren. Die Nutzfunktion liefert einen Zahlenwert zwischen 0 und 1 in Abhängigkeit von der Beurteilung y s für die quantitative Bewertung des Diagnosesystems hinsichtlich der Zielart. Die Darstellungen Bild 14.1 bis Bild 14.4 zeigen beispielhaft einen Satz von Nutzfunktionen für die Zielarten von Tabelle 14.1. Die unabhängige Variable (aufgetragen auf der x-Achse) ist jeweils die Beurteilung y s . Der Wert der Funktion (y-Achse) ist ein 328 <?page no="343"?> Zahlenwert zwischen 0 und 1. Je näher dieser Wert bei 1 liegt, desto brauchbarer ist das Diagnosesystem. Anders gesprochen, der Nutzwert steigt mit dem Wert der Nutzfunktion, je höher dieser Wert, desto höher der mögliche Nutzen. (Was heißt möglicher Nutzen: Dass das Diagnosesystem für eine bestimmte Aufgabe gut geeignet ist - möglicher Nutzen - bedeutet nicht, dass dieser Punkt für eine konkrete Anwendung auch interessant ist - tatsächlicher Nutzen.) Mit der Nutzfunktion wird nur die Eigenschaft des Systems beschrieben. Dazu einige Randbemerkungen zu Nutzwerten und Nutzfunktionen: Im Falle Gefährdung Menschen ist als Beispiel eine binäre Beurteilung angesetzt (Ja - Nein). Der Beurteilungswert nein kann bedeuten Eine Gefährdung von Menschenleben durch Maschinenschaden ist von vorn herein nicht gegeben oder Menschenleben könnten durch Maschinenfehler zwar gefährdet werden, das Überwachungssystem kann diese Gefahr jedoch nicht verringern. Im Falle Gefährdung Produktionsstillstand - kann ein Überwachungssystem einen Produktionsstillstand durch Maschinenausfall vermeiden, ja oder nein? Nein kann, wie oben, zwei Gründe haben. Dieser Punkt ist zudem immer im Zusammenhang mit dem Punkt Produktions-Ausfallskosten zu sehen, doch davon später noch mehr. Im Falle Maschinenkosten (Anschaffung) - ist die zu überwachende Maschine in der Neuanschaffung teuer? Was ist teuer? Sind die Anschaffungskosten unbedeutend, bringt ein Diagnosesystem hier keinen Nutzen. Würde die Neuanschaffung einer Maschine die Firma überfordern (fatal), ist der Nutzen eines zur Schadensvermeidung geeigneten Diagnosesystems groß. Fehlererkennungsrate, Fehlalarmrate - wie viel Prozent der bekannten Fehler kann das Überwachungssystem erkennen, wie hoch ist die Fehlalarmrate? Auch diese beiden Punkte müssen zusammen betrachtet werden. (Ein System, das wegen zu hoher Empfindlichkeit oder wegen zu niedrigen Grenzwerten ständig Fehlalarm auslöst, wird zwar alle Fehler einschließen und damit „erkennen", ist aber (logischerweise) wertlos.) Oder anders gesagt - man kann jedes System durch zu niedrige Grenzwerte zu einer ständigen Alarmmeldung bringen, jetzt erkennt es in Prinzip zwar jeden Fehler, ist aber unbrauchbar.) Diagnosefähigkeit - kann das Überwachungssystem eine Fehlerdiagnose stellen? Wie viel Prozent der bekannten Fehler können diagnostiziert werden? Anhand der Beispiele sollte es dem Leser möglich sein, auch alle anderen Nutzfunktionen aus den Bildern zu interpretieren. 329 <?page no="344"?> Bild 14.1: Nutzfunktionen entsprechend Tabelle 14.1 330 <?page no="345"?> Bild 14.2: Nutzfunktionen entsprechend Tabelle 14.1, Fortsetzung 331 <?page no="346"?> Bild 14.3: Nutzfunktionen entsprechend Tabelle 14.1, Fortsetzung 332 <?page no="347"?> Bild 14.4: Nutzfunktionen entsprechend Tabelle 14.1, Fortsetzung Gewichtung w s Über die Gewichtung wird die Nutzfunktion u s entsprechend den Bedürfnissen des Anwenders bewertet. Ein Gewichtungsfaktor von Null bedeutet, dass die Zielart für die konkrete Anwendung nicht von Interesse ist (Glatteiswarnung in der Sahara). Auch wenn der mögliche Nutzen u s hoch ist, kann über eine niedrige Gewichtung w s ein geringer tatsächlicher Nutzen indiziert werden. In der oben verwendeten Terminologie ergibt sich der Zusammenhang Tatsächlicher Nutzwert = Möglicher Nutzen * Gewichtung Über die Verknüpfung * wird noch zu diskutieren sein. 333 <?page no="348"?> Gesamtnutzwert N Der Gesamtnutzwert berechnet sich durch Verknüpfung der einzelnen Nutzwerte u s mit den Gewichtungsfaktoren w s . Man würde zunächst dazu tendieren, zur Berechnung des Gesamtnutzwertes N eine einfache Linearkombination anzusetzen s s s w u N Dass dieser Ansatz für eine vernünftige Nutzwertberechnung nicht ausreicht, ist leicht nachzuvollziehen: Zunächst - erhält man auch nur für eine einzige Zielart s positive Werte für Nutzfunktion u s und Gewichtung w s , ergäbe dieser Ansatz bereits einen positiven Gesamtnutzwert N, unter Umständen sogar einen recht hohen. Jedoch - wie man sieht, sind die Zielarten in Tabelle 14.1 in Gruppen unterteilt. So liefert z. B. die Gruppe der Punkte 1 bis 6 eine Aussage, ob überhaupt ein Überwachungssystem gebraucht wird. (Wenn weder Menschen noch Umwelt noch die Maschine gefährdet sind und die Gefahr eines Produktionsstillstandes nicht besteht, braucht man kein Überwachungssystem.) Wird keines gebraucht, muss der Gesamtnutzwert Null sein, auch für leistungsfähige und billige Überwachungssysteme. Außerdem - wie schon früher erläutert, stehen einzelne Zielarten in unmittelbarem Zusammenhang zueinander. Eine hohe Fehlererkennungsrate ist nur von Wert bei gleichzeitig geringer Fehlalarmrate. Schutz vor Produktionsausfall ist nur bei hohen Produktionsausfallskosten interessant. Solche Verknüpfungen können mit einem linearen Ansatz allein nicht bewältigt werden. Ansätze zur Berechnung des Gesamtnutzwertes Zur Berechnung des Gesamtnutzwertes werden Zielarten in Gruppen zusammengefasst, die jeweils eine übergeordnete Zielart bilden. Für jede der Gruppen kann ein Gruppennutzwert berechnet werden. Nur wenn alle Gruppennutzwerte relevant sind, ergibt sich auch ein entsprechend hoher Gesamtnutzwert. Die Formeln zur Berechnung von Nutzwerten, die hier angegeben werden, sind keineswegs allgemeingültige Paradigmen. Sie zeigen im Hinblick auf den Einfluss des Einzelparameters auf das Endresultat die richtige Tendenz und erfüllen die bisher herausgearbeiteten Randbedingungen. Es sind Vorschläge, wie solche Ansätze gemacht werden können. Es wird im Einzelfall unerlässlich sein, noch Anpassungen vorzunehmen. Jetzt zu den einzelnen Gruppen von Tabelle 14.1, für die hier themenbezogenen Namen definiert werden: Gebrauchswert N g Der Gebrauchswert N g liefert eine Aussage, ob der Einsatz eines Überwachungs- oder Diagnosesystems überhaupt sinnvoll ist. Im Wesentlichen gehen hier die ersten sechs Zielarten aus Tabelle 14.1 ein, jedoch auch Zielarten wie Reduktion Ersatzteillager (durch Fehlerfrüherkennung können Ersatzteile rechtzeitig bestellt werden und müssen nicht vorrätig gehalten werden) oder Prognose Restlaufzeit (man kann War- 334 <?page no="349"?> tungsarbeiten und Produktionsplanung koordinieren) können in diese Gruppe einfließen. 17 17 14 14 6 4 5 3 2 2 1 1 6 4 5 3 w u w u u u u u w u w u N w w w w g oder 17 17 14 14 6 6 4 4 5 5 3 3 2 2 1 1 w u w u u w u w u w u w w u w u N g Man sieht: Zusammenhänge zwischen Zielarten sind durch multiplikative Verknüpfung berücksichtigt. Gefährdung von Produktionsstillstand (Zielart 4) ist nur relevant bei hohen Produktionsausfallskosten (Zielart 6). Leistungswert N e Der Leistungswert beschreibt die technische Leistungsfähigkeit des Systems. Wieder sind verknüpfte Zielarten verarbeitet. 9 9 8 7 8 7 w u u u N w w e oder 9 9 8 8 7 7 w u u w u w N e Um auf das frühere Beispiel zurückzugreifen: Eine Erhöhung der Fehlererkennungsrate durch Reduzieren der Grenzwerte, wodurch jedoch gleichzeitig eine höhere Fehlalarmrate in Kauf genommen wird, führt jetzt nicht zwangsläufig zu einem höheren Nutzwert. Ebenso nicht ein Herabsetzen der Fehlalarmrate um jeden Preis (auf Kosten der Fehlererkennung). Irgendwo dazwischen liegt ein Optimum, gefühlsmäßig, aber auch nach der Formel. Kostenfaktor N k Der Kostenfaktor erfasst die Kosten für Anschaffung und Betrieb des Überwachungssystems. 13 13 12 12 11 11 10 10 w u w u w u w u N k Anforderungen N a Durch diesen Wert werden die Anforderungen an das Bedienungspersonal beschrieben 16 16 15 15 w u w u N a Einsparung N f Hier werden Einsparungsmöglichkeiten durch Einsatz eines Überwachungssystems erfasst 21 21 20 20 19 19 18 18 w u w u w u w u N f 335 <?page no="350"?> Strategiebewertung N S Im Wesentlichen eine Bewertung des Automatisierungsgrades. Ist die Überwachung oder Fehlererkennung intermittierend auf manuellem Weg durchzuführen? Arbeitet das Überwachungssystem automatisch? Intermittierend oder kontinuierlich? 22 22 w u N S Gesamtnutzwert N Aus den Gruppennutzwerten wird der Gesamtnutzwert N durch Multiplikation berechnet S f a k e g N N N N N N N Man sieht: Jeder der einzelnen Gruppennutzwerte kann für sich alleine den Gesamtnutzwert auf Null ziehen (wie gefordert). Der Nutzwert ist bereits Null, wenn ein einzelner Gruppenwert Null ist, d. h. eine Überwachung ist nicht nötig (N g = 0) oder das Überwachungssystem taugt nichts (N e = 0) oder das Überwachungssystem ist zu teuer (N k = 0) oder die Anforderungen an das Personal sind zu hoch (N a = 0) oder Einsparungen sind nicht erzielbar (N f = 0). Die Ansätze liefern eine Bewertung für Diagnosesysteme in Form eines Zahlenwertes. Zur Beurteilung kann man allgemein sagen: Der Wert Null bedeutet keinerlei Nutzen Beim Vergleich von mehreren Varianten ist die mit dem größten Nutzwert vorzuziehen. Eine absolute Skalierung der errechneten Nutzwerte als Maß für den Nutzen ist hier nicht möglich. 14.3 Nutzwertanalyse und Kosten-Nutzen-Analyse 14.3.1 Nutzwertanalyse Genau genommen spricht man bei dem in Abschnitt 14.2 umrissenen Verfahren, zumindest nach der üblichen Fachterminologie, nur dann von einer Nutzwertanalyse, wenn sich die Bewertung auf den rein technischen Nutzen beschränkt, Kostengrößen sollten hier nicht in Betracht gezogen werden. Es wäre also für die Nutzwertberechnung nur ein Teil der Zielarten einzubeziehen. Oder die Liste hätte vom Inhalt her ein Aussehen wie in Tabelle 14.3 (Seite 341). 14.3.2 Kosten-Nutzen-Analyse Bei der Kosten-Nutzen-Analyse werden technische Zielarten und Kosten getrennt erfasst, bewertet und einander gegenübergestellt. Die Ergebnisse sind gegenüber 336 <?page no="351"?> einer reinen Nutzwertanalyse besser zu interpretieren, der Vergleich zwischen mehreren Varianten zur Diagnose fällt hier wesentlich feinfühliger aus. Bild 14.5: Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen Nutzwert Zur Kosten-Nutzen-Analyse werden zunächst rein technische Zielarten im Sinne der Nutzwertanalyse definiert und zu einem Nutzwert zusammengefasst, wie in Abschnitt 14.2 beschrieben. Hat man verschiedene Varianten zu vergleichen, ergibt sich z. B. für die Variante j ein Nutzwert N j nach einer Gleichung der Art i i ij j w u N Zur Erläuterung: Die Gewichtung w i betrifft die zugehörige Zielart i, ist also vom Diagnosesystem unabhängig. Die Nutzfunktion u ij gibt ein Maß dafür, inwieweit die Anforderung von Zielart i durch die Systemvariante j erfüllt wird; sie ist also abhängig von 337 <?page no="352"?> der Variante. (Wie die Verknüpfungsgleichung aufzustellen ist, wurde in Abschnitt 14.2 schon erläutert.) Kosten Die Kosten werden für eine Kosten-Nutzen-Analyse von den technischen Zielarten getrennt erfasst. Im einfachsten Fall führt man die Kosten mit ihren direkten Verrechnungseinheiten (€) der Bewertung zu. Einzubeziehen sind hier z. B. Investitionsaufwand Betriebskosten Folgekosten Wiederbeschaffungskosten Für die Variante j ermittelt man eine Kostengröße K j . Gegenüberstellung von Nutzen und Kosten Das abschließende Ergebnis erhält man durch die Gegenüberstellung von Kosten und Nutzen. Es hat sich dabei als günstig erwiesen, zur Gegenüberstellung relative Größen einzuführen: min max min N N N N N j rel j relativer Nutzen min max min K K K K K j rel j relative Kosten Mit min und max sind dabei jeweils minimaler und maximaler Wert von allen in Betracht gezogenen Varianten indiziert. Mit j r e l ist die relative Größe für Variante j bezeichnet. Die Gegenüberstellung erfolgt am besten in Form eines Diagramms wie in Bild 14.5 dargestellt. 14.3.3 Objektive Gewichtung - paarweiser Vergleich Wie in Abschnitt 14.2 schon erarbeitet wurde, liefert bei der Nutzwertanalyse die Gewichtung w i den fundamentalen Zusammenhang zwischen möglichem Nutzen und tatsächlichem Nutzen für jede Zielart. Schon aus den ersten Zielarten aus Tabelle 14.1 wird sofort klar, dass hier starke subjektive Einflüsse vorhanden sind. Gerade, wenn die Beurteilung durch mehrere Personen erfolgen soll, die dann teils aus dem Ingenieurbereich, teils aus dem kaufmännischen Bereich kommen, die stark unterschiedlichen Interessensgruppen angehören, scheinen objektive Bewertungen schwer erzielbar. Einen Ansatz zur Objektivierung von Gewichtungen zeigt das Schema von Tabelle 14.2 (Schema zur Bestimmung von Gewichtungsfaktoren, Seite 340) bzw. Tabelle 14.3 (Bewertung von Zielarten durch Gewichtungsfaktoren - Beispiel, Seite 341). Zunächst werden wieder die verschiedenen Zielarten zur Nutzwertanalyse in Tabellenform notiert, wie in Tabelle 14.2 zu sehen. Die Gewichtung erfolgt dann durch paarweisen Vergleich. Jedem Merkmal ist eine Zeile mit Nummer zugeordnet. Zum paar- 338 <?page no="353"?> weisen Vergleich von Merkmal Z mit Merkmal S wird in das Feld Zeile Z - Spalte S ein Zahlencode mit folgender Bedeutung eingetragen: 2 - Z ist wichtiger als S 1 - Z und S sind gleich wichtig 0 - Z ist weniger wichtig als S Tabelle 14.3 zeigt eine ausgefüllte Tabelle. Hier wird z. B. die Diagnosegeschwindigkeit wichtiger angesehen als die Zahl der Diagnosekanäle - Code 2 in Zeile 1 Spalte 2. Umgekehrt ist natürlich jetzt zwangsläufig die Zahl der Diagnosekanäle weniger wichtig als die Diagnosegeschwindigkeit - Code 0 in Zeile 2 Spalte 1. Das fertige Zahlenschema muss also schiefsymmetrisch bezüglich der Hauptdiagonale sein. Die Hauptdiagonale ist nicht besetzt. Ist das Schema ausgefüllt, wird für jede Zeile der Summenwert in Spalte abs (= absolut) eingetragen. Daraus ergibt sich bereits eine aussagekräftige Gewichtung: Die Gewichtung w z für Zielart Z ist proportional dem Summenwert der entsprechenden Zeile. In Spalte rel% (= relativ) sind die bezogenen Gewichtungen eingetragen (Summe = 100 %). Im Beispiel von Tabelle 14.3 wird die höchste Priorität (9,5 %) einer geringen Ausfallrate zugeteilt, es folgt der Punkt Verhütung und Gefährdung von Menschen und Umwelt usw. In jedem Fall wird ein Gewichtungsverfahren nach diesem Schema ein guter Start zur Wirtschaftlichkeitsanalyse sein. Solche paarweisen Bewertungen sind - man kann es im eigenen Umfeld einfach einmal testen - weitgehend unabhängig von der Zugehörigkeit zu bestimmten Personengruppen. Warum? Jeder, der die Aufgabe hat, ein Diagnosesystem zu beurteilen, wird von sich aus nur den Teil der aus seiner Sicht in Frage kommenden Zielarten in Betracht ziehen. Nicht aus Nachlässigkeit oder Unkenntnis, sondern weil ihm nur bestimmte Fragestellungen bewusst sind. Wird ihm jedoch ein solches Bewertungsschema vorgesetzt, werden ihm andere Gesichtspunkte nicht nur ins Bewusstsein gerufen, er muss sie sogar gegenüber allen anderen bewerten. Die Auswertung liefert auch einen guten Überblick über die Wichtigkeit einzelner Bewertungskriterien, oder Aussagen, wo man selbst aufgrund von einer gewissen „Betriebsblindheit“ zu Überbewertungen oder Unterschätzungen neigt. 14.4 Schlussfolgerung Die Frage der Wirtschaftlichkeit von Diagnosesystemen ist auch oder gerade besonders für den Ingenieur von recht hoher Bedeutung. Allerdings versucht der Ingenieur traditionellerweise gerne, wirtschaftliche Fragen ein wenig beiseite zu schieben. Aber dieser Abschnitt hat doch gezeigt: Solche Fragen sind, besonders in der heutigen Zeit, nicht nur zunehmend wichtig, Problemstellung, Ansätze und Lösungsmethoden sind doch auch interessanter, als es zunächst scheinen mag. Der Abschnitt sollte nicht nur die grundlegenden Kenntnisse vermitteln, er soll auch den Leser zum weiteren Studium der einschlägigen Literatur ermutigen [51] - [56]. Hier bleibt für den Ingenieur noch viel zu tun . . . 339 <?page no="354"?> Tabelle 14.2: Tabelle zum paarweisen Vergleich von Zielarten (leer) Nr. Bewertungskriterien Paarweiser Vergleich Gewicht 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 abs rel% 1 Diagnosegeschwindigkeit 2 Zahl Diagnosekanäle 3 Nutzungsdauer 4 Automatisierungsgrad 5 Dokumentierfähigkeit 6 Ausfallrate 7 Aussagegenauigkeit 8 Verhütung Gefahr Prod. 9 Verhütung Gefahr Masch. 10 Verhütung Gefahr M&U 11 Bedienungskomfort 12 Wartungsfreundlichkeit 13 Reparaturfreundlichkeit 14 Qualifikationsgrad 15 Service 16 Standardisierung 17 Entwicklungsstand 18 Anpassungsfähigkeit 19 Erweiterbarkeit 20 Kompatibilität 21 Prozessrückkopplung S 340 <?page no="355"?> Tabelle 14.3: Tabelle zum paarweisen Vergleich von Zielarten (Muster) Nr. Bewertungskriterien Paarweiser Vergleich Gewicht 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 abs rel% 1 Diagnosegeschwindigkeit 2 2 2 1 0 0 0 0 0 2 2 2 2 1 1 2 2 2 0 1 24 5,7 2 Zahl Diagnosekanäle 0 2 2 0 0 0 0 0 0 2 2 2 2 1 2 2 1 2 1 1 22 5,2 3 Nutzungsdauer 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 1 1 2 1 1 2 1 1 1 1 14 3,3 4 Automatisierungsgrad 0 0 2 0 0 0 0 0 0 2 2 1 2 1 1 1 2 1 0 1 16 3,8 5 Dokumentierfähigkeit 1 2 2 2 0 0 0 0 0 2 2 2 2 2 1 2 2 2 1 1 26 6,2 6 Ausfallrate 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 40 9,5 7 Aussagegenauigkeit 2 2 2 2 2 0 0 0 0 2 2 2 2 1 1 2 2 2 2 2 30 7,1 8 Verhütung Gefahr Prod. 2 2 2 2 2 0 2 1 0 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 35 8,3 9 Verhütung Gefahr Masch. 2 2 2 2 2 0 2 1 0 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 35 8,3 10 Verhütung Gefahr M&U 2 2 2 2 2 0 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 38 9,0 11 Bedienungskomfort 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 2 2 2 2 2 2 2 2 18 4,3 12 Wartungsfreundlichkeit 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 2 2 1 1 1 0 0 0 0 9 2,1 13 Reparaturfreundlichkeit 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 1 0 2 1 1 2 2 1 0 1 13 3,1 14 Qualifikationsgrad 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 0 0 0 0 3 0,7 15 Service 1 1 1 1 0 0 1 0 0 0 0 1 1 1 1 1 0 0 0 0 10 2,4 16 Standardisierung 1 0 1 1 1 0 1 0 0 0 0 1 1 1 1 2 0 0 0 0 11 2,6 17 Entwicklungsstand 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 1 0 2 0 0 0 6 1,4 18 Anpassungsfähigkeit 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0 2 2 2 0 2 0 0 12 2,9 19 Erweiterbarkeit 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 2 1 2 2 2 2 0 2 0 15 3,6 20 Kompatibilität 2 1 1 2 1 0 0 0 0 0 0 2 2 2 2 2 2 2 0 2 23 5,5 21 Prozessrückkopplung 1 1 1 1 1 0 0 0 0 0 0 2 1 2 2 2 2 2 2 0 20 4,8 S 420 100,0 341 <?page no="356"?> 15 Strategien der Signalanalyse 15.1 Der Grundgedanke In diesem Abschnitt soll, ergänzend zu den praktischen Verfahren der vorigen Kapitel, die Gelegenheit zur Vertiefung des Hintergrundes und damit zum besseren Verständnis gegeben werden. Mit gleicher Motivation wurde vor einiger Zeit ein Richtlinienprojekt VDI 4550 ins Leben gerufen, Titel und Struktur sind wie folgt: VDI 4550, Schwingungsanalysen - Verfahren und Darstellung Blatt 1: Begriffe und grundlegende Verfahren Blatt 2: Zeit-Frequenz-Analyse Blatt 3: Multivariate Verfahren Blatt 4: Strukturanalyse Blatt 1 der Richtlinie steht zur Zeit der Drucklegung dieser Auflage vor der Verabschiedung als Entwurf, die übrigen Blätter sind in Vorbereitung. Zurück zum Buch: Für den Leser, der vorwiegend am Studium der Zeit-Frequenz- Analyse interessiert ist, wurde ein Verzweigungspunkt am Ende von Abschnitt 15.2.1 definiert, der die hinreichende Durchgängigkeit sicherstellt. 15.2 Die Fouriertransformation Es soll hier keineswegs versucht werden, das Rad von neuem zu erfinden. Ziel dieses Abschnittes - oder vielmehr Ziel des gesamten Kapitels - ist eine Betrachtung typischer Fragestellungen der Signalanalyse von einem, man könnte sagen naturwissenschaftlichen Standpunkt aus (die Pioniere auf diesem Gebiet sind wohl überwiegend auch dieser Zunft anzurechnen). Dieser Gedanke, dieses Konzept wird - ohne tiefere Hintergrundbetrachtungen - in den folgenden Ausführungen verfolgt. Wer tiefere Betrachtungen sucht, kann unter [5] mehr erfahren. In jedem Fall wird dieses Konzept das Verständnis der Materie vertiefen (eine Aussage der Autoren, basierend auf langjähriger Erfahrung), der Einstieg in höhere Analysen und Verfahren, ein weiteres Anliegen dieses Kapitels, wird damit auf ein solides Fundament gestützt. 15.2.1 Ansätze Als Einstieg in die Welt der Fouriertransformation soll hier zunächst einmal der eigentliche Grundgedanke Ausgangspunkt sein: Die Aufgabe, einen beobachteten Prozess (ein Signal) mathematisch systematisch zu beschreiben und analytisch zu untersuchen. Die Zielsetzung einer mathematischen Frequenzanalyse führt damit direkt zu Fourierreihe bzw. Fouriertransformation. Dieser Einstieg erscheint vielleicht 342 <?page no="357"?> zunächst etwas unorthodox, vermittelt aber ein weit tieferes Verständnis für mathematisch-naturwissenschaftliche Zusammenhänge und wird sich im weiteren Verlauf mehr und mehr als sehr hilfreich erweisen (z. B. Abschnitt 15.12, aber ganz allgemein beim Einstig in neue Gebiete der Signalanalyse). Die Grundaufgabe Betrachtet wird zunächst die einfache Aufgabe, eine Zeitfunktion x(t) in einem Intervall T in eine Reihendarstellung nach so genannten Basisfunktionen t n zu entwickeln nach dem Ansatz n n n t a t x (15.1) Was ist das Ziel eines solchen Ansatzes? Ziele können sein Eine kompakte Beschreibung der Funktion mit einer Minimalzahl von Parametern (den Koeffizienten a n ) Eine analytische Formulierung, wenn die Basisfunktionen bestimmte physikalische Eigenschaften in sich konzentrieren. Approximation Eine optimale Approximation erhält man z. B. über die Bedingung (Abweichung Null im Mittel) T n n n dt t a t x 0 (15.2) In Analogie zur Lösung eines linearen Gleichungssystems (siehe Anhang Abschnitt 15.13.1) multipliziert man Gl. (15.2) mit der Adjungierten t j ~ T n n n j dt t a t x t 0 ~ (15.3) die durch die Orthogonalitätsbedingung definiert ist: n m n m A m n A dt t t T m n 0 ~ (15.4) bzw. für orthonormale Systeme n m n m m n dt t t T m n 0 1 ~ (15.5) Man erhält als Lösung durch einsetzen: T j j dt t t x A a ~ 1 (15.6) 343 <?page no="358"?> Beispiel: Frequenzanalyse Eigenschaft = Frequenz Basisfunktion = Exponentialfunktion t n j n e t (15.7) Für die Adjungierte erhält man t e t n t n j n * ~ (15.8) Die Basisfunktionen sind orthogonal T m n n m n m T dt t t 0 * (15.9) Einsetzen ergibt für die Koeffizienten an der Approximation (15.1) T t n j n dt e t x T a 1 (15.10) Man sieht daraus Die Fourierreihe ist interpretierbar als Approximation von x(t) im Intervall T Die Approximation ergibt außerhalb des Intervalls eine periodische Fortsetzung Anmerkung: Man sieht im obigen Beispiel Der Ansatz 76 entspricht der Fourier-Rücktransformation Die Lösung ist die Fouriertransformation Der Gedanke wird beim Thema Zeit-Frequenz-Analyse (Gabortransformation) weiter entwickelt. Ist vorwiegend dieses Thema von Interesse, kann direkt mit der Lektüre von Abschnitt 15.12 (Seite 368) fortgefahren werden. 15.2.2 Allgemeine Eigenschaften der Fouriertransformation Den weiteren Betrachtungen wird das Fourierintegral zu Grunde gelegt. Schwingungen oder ganz allgemein Prozesse, die Merkmale einer Wiederholung aufweisen, können je nach Fragestellung aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden. Man kommt dementsprechend zu zwei Varianten der Beschreibung, einmal im Zeitbereich und einmal im Frequenzbereich 77 . 76 Es ist eben dieser Ansatz, der gerade zuvor als naturwissenschaftliche Strategie eingeführt worden war - eine Strategie, die in den Ausführungen dieses Kapitels konsequent weitergeführt wird. Eine sorgfältige Einstimmung, die den naturwissenschaftlichen Aspekt ausführlich begründet, findet man in [5]. 77 Es sei hier auf das Beispiel des Busfahrplanes von Tabelle 3.2 verwiesen (Seite 38). Trotz oder gerade wegen seiner Einfachheit zeigt es die Grundidee der Frequenzanalyse deutlicher, als so manche mathematische Ableitung und kann als gedankliche Basis für viele qualitative Überlegungen dienen. 344 <?page no="359"?> Der Zusammenhang zwischen Zeit- und Frequenzbereich ist mathematisch beschrieben durch die Fouriertransformation ormation Rücktransf ion ransformat Vorwärtst df e f X f X t x dt e t x t x f X t f j t f j 2 1 2 ) ( ) ( ) ( F F (15.11) Die Schreibweise 78 mit der Frequenzvariablen f an Stelle der Kreisfrequenz zeigt deutlich die hochgradige Symmetrie von Vorwärts- und Rücktransformation. Die Symmetrie und die eindeutige Umkehrbarkeit liefern unmittelbar die Aussage: Durch eine Fouriertransformation wird weder Information gewonnen noch geht Information verloren. Der Prozess wird lediglich aus einer geänderten Perspektive (mit einer anderen unabhängigen Variablen) betrachtet. Einziger formaler Unterschied zwischen Vorwärts- und Rücktransformation ist das Vorzeichen im Exponenten des Integralkerns. Da dieses Vorzeichen lediglich eine Konvention über die Zählrichtung des Phasenwinkels bedeutet, ist es sowohl qualitativ wie auch quantitativ ohne Einfluss auf die Symmetrieeigenschaften des Transformationspaares (der Formalismus würde mit vertauschten Vorzeichen ebenso funktionieren). Daher gilt die fundamentale Aussage (die wesentliche Basis für die meisten Betrachtungen dieses Abschnittes): Jede Eigenschaft der Fouriertransformation gilt in äquivalenter Weise auch für die Rücktransformation und umgekehrt. 15.2.3 Linearität der Fouriertransformation Die Fouriertransformation ist linear, d. h. es gilt ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( 2 2 1 1 2 2 1 1 1 1 2 1 2 1 t x a t x a t x a t x a t x a t x a t x t x t x t x F F F F F F F F (15.12) 15.2.4 Spektren reeller Zeitsignale Die Fouriertransformierte und damit auch das Spektrum reeller Zeitsignale haben bestimmte Symmetrieeigenschaften, die hier für spätere Rückgriffe zusammengefasst werden. dt t f t x j dt t f t x dt e t x t x t f j 2 sin ) ( 2 cos ) ( ) ( ) ( 2 F 2 2 * ) ( ) ( ) ( ) ( f X f X f X f X (15.13) 78 Variablen im Zeitbereich werden grundsätzlich mit Kleinbuchstaben bezeichnet, Variablen im Frequenzbereich mit den entsprechenden Großbuchstaben 345 <?page no="360"?> Die Anteile für positive und negative Frequenzen sind zueinander konjugiert komplex (in der Mathematik spricht man von hermitischer Eigenschaft) Das Leistungsspektrum eines reellen Zeitsignals ist eine gerade Funktion Weiter folgt für spezielle reelle Zeitfunktionen x g (t) (gerade) und x u (t) (ungerade): 0 Re 0 Im f X f X f X t x t x f X f X f X t x t x u u g g (15.14) In Worten: Das Spektrum einer geraden Zeitfunktion ist reell und gerade, Das Spektrum einer ungeraden Zeitfunktion ist imaginär ind ungerade. Die Winkelfunktionen cos t und sin t sind die wichtigsten Repräsentanten für gerade und ungerade reelle Zeitsignale. Ihre Spektren sind in Bild 15.1 dargestellt. Bild 15.1: Spektren harmonischer Zeitsignale 15.3 Diskrete Fouriertransformation (DFT) und FFT 15.3.1 Zusammenhänge Bei der rechnerischen Durchführung der Fouriertransformation, wie sie auch im FFT- Analysator erfolgt, müssen für die kontinuierlichen und über einen unendlichen Zeitraum erstreckten Integrale (Gl.15.12) Näherungslösungen gefunden werden. Dazu wird aus dem Zeitsignal ein Block der Länge T als Repräsentant ausgeschnitten und einer rechnerischen Fouriertransformation unterworfen. 346 <?page no="361"?> Bild 15.2: Zur diskreten Fouriertransformation (DFT bzw. FFT) 347 <?page no="362"?> Aus Bild 15.2 sind die wichtigsten Konsequenzen und Einschränkungen abzulesen, die sich aus dieser Vorgangsweise ergeben, einfach nur durch konsequente Anwendung und Fortführung der Symmetriebetrachtungen 79 : Von oben nach unten: Im obersten Bildpaar sind ein kontinuierliches nichtperiodisches Zeitsignal und sein kontinuierliches Spektrum zu sehen. Im zweiten Bild von oben ist ein periodisches Zeitsignal zu sehen. Wie man weiß, lässt sich nach dem Theorem von Fourier ein solches Signal zerlegen in harmonische Komponenten mit der Grundfrequenz und deren ganzzahlige Vielfache (Harmonische) [5]. 1 0 1 ) 2 sin 2 cos ( 2 ; 1 k k k T f t f k b t f k a a t x f T f T t x t x (15.15) Man erhält für diesen Fall im Frequenzbereich ein Spektrum mit diskreten Komponenten, ein so genanntes Linienspektrum. Dreht man die Aussage im Sinne der Symmetriebetrachtung um, so zeigt sich, dass eine mit einem regelmäßigen Zeitintervall t diskretisierte Zeitfunktion ein mit der Frequenz F = 1/ t periodisches Spektrum hat (3. Teilbild). Im letzten Schritt sieht man bei konsequenter Fortführung, welche Näherung hinter der DFT bzw. FFT eigentlich steht (4. Teilbild): Aus dem Zeitsignal wird als Repräsentant ein Abschnitt der Länge T ausgeschnitten und in äquidistanten Zeitintervallen t diskretisiert. Man erhält einen Zeitsignalblock bestehend aus N Stützstellen (Abtastwerten). Dieser Zeitsignalblock wird implizit periodisch fortgesetzt. Von diesem periodischen Ersatzsignal wird die Fourierreihe berechnet. Daraus resultiert ein diskretes Spektrum (Linienspektrum) mit N Frequenzstützstellen. Wegen der Symmetrie des Spektrums bei reellen Zeitsignalen (Gl.15.13) wird im Analysator üblicherweise nur der Bereich positiver Frequenzen mit entsprechender Skalierung angezeigt (im Bild hervorgehoben). 15.3.2 Konsequenzen Aliasing Da die Diskretisierung des Zeitsignals ein periodisches Spektrum ergibt, treten alle Frequenzkomponenten durch Spiegelung (= Aliasing) um die halbe Abtastfrequenz mehrfach auf. Der in Abschnitt 5.3.1.1 aus der Anschauung erklärte Effekt wird hier jetzt auch aus dem Formalismus der Fouriertransformation ersichtlich. 79 Die Darstellungen sind rein schematisch und erheben keinen Anspruch auf quantitative Richtigkeit. Zur Vereinfachung der Darstellung wurde ein gerades Zeitsignal verwendet, da dessen (gerades und reelles) Spektrum in einer Zeichenebene dargestellt werden kann. Die Überlegungen gelten jedoch unverändert für allgemeine reelle Zeitsignale und ihre komplexen Spektren. 348 <?page no="363"?> Leakage Leakage - ebenfalls schon in Abschnitt 5.3.1.2 erklärt - entsteht durch sprunghafte Änderungen des analysierten Signals an den Nahtstellen der periodischen Wiederholung. Wie es zu dieser Periodisierung kommt, wird hier klar. Unschärferelation Durch die Periodisierung des Zeitsignals erhält man ein Linienspektrum mit der Bandbreite 1/ T. Wie man sofort sieht, ist die Minimalbedingung der Unschärferelation bei der FFT erfüllt (Abschnitt 3.4.2 bzw. Abschnitt 5.2): 1 T B (15.16) Ein Denkanstoß: Bei der Beschreibung des Picket Fence Effektes in Abschnitt 5.3.1.5 wurde ein Verfahren vorgestellt, die Frequenz einer deterministischen (periodischen) Komponente über Interpolation doch noch genauer als f zu bestimmen. Wie verträgt sich das mit der Unschärferelation? Negative Frequenzen Bei der Notation der Fouriertransformation in komplexer Schreibweise erhält man ein symmetrisches Spektrum, also positive und negative Frequenzen. Interpretiert man die Frequenz im klassischen Sinn als Anzahl der Perioden je Zeiteinheit, sind negative Frequenzen mit der Vorstellungskraft nicht in Einklang zu bringen. Eine Interpretation der Frequenz als zeitliche Änderung des Phasenwinkels hilft darüber etwas hinweg, ist allerdings sehr abstrakt - insgesamt etwas unbefriedigend. Eine kleine Vorbemerkung als Anregung zum Weiterlesen: Man kann - wieder aus reinen Symmetriebetrachtungen - einen Formalismus ableiten, der komplexe Spektren mit ausschließlich positiven Frequenzen liefert, mit außerordentlich interessanten und weit reichenden Konsequenzen (Stichwort Hilberttransformation, später in diesem Kapitel). Bei der Berechnung von Leistungsspektren - die vorwiegende Aufgabe des FFT- Analysators - werden positive und negative Frequenzen als gleichwertig betrachtet, die Anteile werden einfach (energetisch) zu einer einzigen Frequenzkomponente summiert. Die Rechtfertigung lässt sich durch Notation der Fouriertransformation in Winkelfunktionen sehr leicht ableiten und wird hier nicht weiter ausgeführt. Zusammenfassung Allein mit Hilfe von Symmetriebetrachtungen wurden hier die wichtigsten Eigenschaften der Diskreten Fouriertransformation abgeleitet, was sonst - das kann man unschwer erfühlen - eines erheblichen mathematischen Aufwandes bedurft hätte. Diese Überlegungen sind allerdings durchaus nicht von esoterischer Natur, da sie uns vor allem die Grenzen dieses in der Praxis so wichtigen Verfahrens aufzeigen und quantifizieren. Verfahren, die diese Grenzen scheinbar mühelos überwinden, können mit solchen Betrachtungen meist auf ihre Plausibilität geprüft werden. ... zum Denkanstoß Picket Fence: Bei der Verbesserung der Frequenzauflösung durch Interpolation hat man angenommen, es handle sich um eine periodische Komponente. Man hat damit den Signalverlauf auch außerhalb des Fensters festgelegt und damit das Zeitintervall indirekt auf ± unendlich ausgedehnt. Die Frequenzauflösung ist damit auch nach der Unschärferelation theoretisch unbegrenzt. 349 <?page no="364"?> 15.4 Überlagerte Prozesse Dem heutigen Stand der Signalanalyse Rechnung tragend, sollen jetzt einige Begriffe und Verfahren in die Welt des Praktikers eingeführt werden, die bei der Fehlerdiagnose aus dem Schwingungsbild implizit immer schon in Anwendung standen. Den Elektrotechnikern unter den Ingenieuren werden diese Begriffe im Allgemeinen besser vertraut sein als dem Maschinenbauer, da sie besonders im Bereich der Nachrichtenübertragung große Bedeutung erlangt haben. Zur Nachrichtenübertragung in Rundfunk oder Fernsehen zum Beispiel wird ein hochfrequentes Sendesignal (Trägersignal) mit dem eigentlichen Nutzsignal im Sender moduliert, die Aufgabe des Empfängers besteht in der Trennung von Trägersignal und Nutzsignal. Konzentriert man sich auf die Aufgabe des Empfängers, so besteht diese, ganz allgemein gesprochen, in der Trennung von überlagerten Prozessen zur Rückgewinnung des eigentlichen Nutzsignals. Auf dem Gebiet der Analyse mechanischer Schwingungen ist man häufig mit der Aufgabe konfrontiert, aus einem überlagerten Prozess das eigentliche Nutzsignal als Basis für eine Beurteilung zu extrahieren. In der Regel geschieht dieses jedoch vorwiegend intuitiv, was der Anwendung naturgemäß verhältnismäßig enge Grenzen setzt. Die Trennung überlagerter Prozesse spielt sich vor einem etwas aufwändigen theoretischen Hintergrund ab, der den Rahmen dieses Buches bei weitem sprengen und auch sicher nicht das Interesse des Praktikers finden würde. Der grundsätzliche Gedanke lässt sich jedoch, wie so häufig in der Physik, anhand von reinen Symmetriebetrachtungen und Grenzwertüberlegungen erläutern und vertiefen. Der Aufgabe, aus überlagerten Prozessen Rückschlüsse auf Ursachen zu ziehen, ist man bei der Lektüre dieses Buches schön öfters begegnet. In Abschnitt 3.2, Frequenzanalyse, wurde auf die Problematik erstmalig hingewiesen. Bei der Diagnose von Fehlern in Wälzlagern (Abschnitt 7.1) spielt die Hüllkurvenanalyse eine tragende Rolle. Sie ist letztendlich Basis vieler leistungsfähiger Geräte zur Wälzlagerdiagnose, ohne dass man sich dessen überhaupt bewusst ist. Die Demodulation wird zur Diagnose von Fehlern in Zahnradgetrieben oder an Turbinenschaufeln herangezogen. Sie wurde im Abschnitt 7.2, Fehler an Zahnrädern, schon etwas theoretisch behandelt. Basis aller dieser Verfahren ist die Fouriertransformation, die einleitend in diesem Kapitel schon etwas näher behandelt wurde. Die folgenden Ausführungen bauen darauf weiter auf. 15.5 Faltung und Entfaltung 15.5.1 Lineare Systeme - Entfaltung Schon als Grundlage für die Beurteilung von Schwingungen im Hinblick auf eine Fehlerdiagnose und Schadensfrüherkennung wurde in Abschnitt 3.2 auf das grundsätzliche Problem hingewiesen: Wir messen und analysieren Schwingungen, ziehen jedoch daraus Rückschlüsse auf die sie verursachenden inneren Kräfte, die 350 <?page no="365"?> eigentlich am Lebensnerv der Maschine nagen. Die Kräfte selbst sind, höchstens bis auf vereinzelte Ausnahmefälle, einer direkten Messung nicht zugänglich. Der Zusammenhang zwischen Kraft und Schwingung besteht über die Übertragungsfunktion der Strecke vom Kraftort zum Messort. Mathematisch wird er durch die so genannte Faltung beschrieben, die in diesem Teil näher betrachtet wird. Impulsantwort Die Eigenschaften eines linearen Systems werden im Zeitbereich beschrieben durch die Impulsantwort, wie sie als Beispiel in Bild 15.3 dargestellt ist. Bild 15.3: Impulsantwort eines linearen Übertragungssystems Die Funktion h(t) stellt die Antwort (Schwingung) des Systems dar, wenn es zum Zeitpunkt t = 0 mit einer impulsförmigen Kraft mit dem Gesamtimpuls 1 erregt wird. Das Systemverhalten unter einer allgemeinen Krafterregung ist in Bild 15.4 dargestellt. Man denke sich die Eingangsgröße (Erregerkraft x(t) oben im Bild) ersetzt durch eine Folge diskreter Impulse, jeder für sich ein Einheitsimpuls zur Zeit t i skaliert mit der momentanen Kraftamplitude x i . Die Antwort y i (t) des Systems auf einen solchen Impuls (Teilbild unten) ist die Impulsantwort h(t) mit dem Ursprung verschoben auf den Zeitpunkt t, und multipliziert mit der Amplitude x i . Zum allgemeinen Zeitpunkt t (siehe Bild) ist seit der Erregung die Zeit t - vergangen, man erhält daher für den Einzelimpuls die Antwort t h x t y i i Die Gesamtantwort des Systems auf die Kraft x(t) ist in diskreter Formulierung die Summe der Einzelantworten i i i t t h x t y (15.17) Durch einen Grenzübergang erhält man daraus als Antwort auf die kontinuierliche Kraft x(t) t d t h x t h t x t y (15.18) 351 <?page no="366"?> Bild 15.4: Verknüpfung von Eingang und Ausgang eines linearen Systems über die Faltung Die Konsequenz in Bezug auf eine Interpretation der Schwingung ist aus Bild 15.4 unmittelbar ablesbar: Die Auslenkung y(t) zum Zeitpunkt t ist von allen vorhergehenden Einzelerregungen bzw. vom gesamten vorhergehenden Kraftverlauf beeinflusst. Eine Trennung von Einzeleinflüssen ist aus dem Zeitsignal nicht möglich. 15.5.2 Die Entfaltung Die Fouriertransformation transformiert die Faltung in eine Multiplikation 80 du u h e d x e f Y d t h x e dt e t y f Y u f j f j t f j t f j 2 2 2 2 (15.19 a) oder in der für die Faltungsoperation üblichen Symbolik geschrieben t h t x t h t x t h t x t h t x F F F F F F (15.19 b) Man hat die Faltung über die Fouriertransformation in die wesentlich einfachere Multiplikation umgewandelt. Das Ziel, die Entfaltung, wurde damit eigentlich schon er- 80 Siehe Anhang 15.13.2 dieses Kapitels 352 <?page no="367"?> reicht. Für gewöhnlich spricht man von Entfaltung aber erst nach einer geeigneten Rücktransformation in den Zeitbereich wie noch ausgeführt werden wird (Cepstrum). 15.5.3 Konsequenzen Die Konsequenzen der Entfaltung bzw. der Transformation einer Faltung in eine Multiplikation sind so einfach, so plausibel und aus der Erfahrung bereits bekannt, dass eigentlich von Konsequenzen nicht gesprochen werden kann. Im Sinne einer mathematisch-physikalisch konsequenten Schlussfolgerung sind die Aussagen an dieser Stelle jedoch durchaus angebracht. Im Zeitbereich werden Einzelereignisse aus verschiedenen Zeitpunkten mit den entsprechenden Zeitverzögerungen untrennbar vermischt und sind nicht mehr separierbar. Insbesondere werden zeitlich sehr kurze Ereignisse durch die Systemeigenschaften (Impulsantwort) über längere Zeiträume ausgedehnt. Im Frequenzbereich bleiben - ausgedrückt durch den multiplikativen Zusammenhang - lokale Ereignisse (Einzelfrequenzen) lokal beschränkt. Das heißt, wird das System von einer Kraft mit einer bestimmten Frequenz erregt, so entsteht dadurch eine Schwingung von genau gleicher Frequenz. Diese Tatsache war vom Beginn an die Basis der Fehlerdiagnose aus dem Spektrum und bedarf an dieser Stelle keiner weiteren Vertiefung. Die Eigenschaft der Faltung und ihre Transformation sind nur die zugehörige mathematische Beschreibung. Anmerkung: Die Aussage gilt prinzipiell nur für lineare Systeme. Jedes System wird einmal nichtlinear, spätestens im Augenblick des Bruches. In den Bereichen, in denen Frühdiagnose sinnvoll betrieben wird, ist die Annahme der Linearität wohl meist gerechtfertigt. Aber was passiert etwa bei sehr starker (vielleicht sogar zulässiger) Unwuchterregung z. B. in einer gleitgelagerten Maschine? Neben der drehfrequenten Komponente erhält man jetzt durch Nichtlinearität auch Harmonische oder subharmonische Schwingungskomponenten. In jedem Fall sind es aber immer Drehklangkomponenten - also diskret und drehzahlsynchron - und sind damit nach wie vor der Quelle zuzuordnen. 15.6 Das Cepstrum - die vollendete Entfaltung Der Cepstrumanalyse war bereits das gesamte Kapitel8 dieses Buches gewidmet. Um ein ständiges Nachschlagen zu vermeiden, sollen die wichtigsten Zusammenhänge hier noch einmal zusammengefasst werden. 15.6.1 Das komplexe Cepstrum Das komplexe Cepstrum - die allgemeine Form des Cepstrums schlechthin - ist die Fourier-Rücktransformation des logarithmierten komplexen Spektrums: Komplexes Spektrum: dt e t x t x f X t f j 2 F 353 <?page no="368"?> Komplexes Cepstrum 81 : df e f X f X C t f j 2 1 ) ( log log F (15.20) Da der Logarithmus der Spektralfunktion in der Rücktransformation wieder eine Funktion der Frequenz ist, ist das Cepstrum C eine Zeitfunktion, ist demnach eine Größe der Dimension Zeit und wird zur Unterscheidung des Cepstrums vom Zeitsignal Quefrenz genannt. Als Logarithmus der komplexen Spektralfunktion X(f) wird der Hauptwert 82 eingesetzt f j f X f X e f X f X f j ln ln Die hermitische Eigenschaft (Gl.15.3) des Spektrums einer reellen Zeitfunktion gilt auch für den Logarithmus der Spektralfunktion il Imaginärte Realteil f f f X f X ln ln Daraus folgt unmittelbar (Symmetriebetrachtung): Das komplexe Cepstrum ist eine reelle Zeitfunktion. Wie vorher gezeigt, wird durch die Fouriertransformation eine Faltung im Zeitbereich in eine Multiplikation im Frequenzbereich transformiert. Durch Logarithmieren wird die Multiplikation zur Addition der Logarithmen, der additive Zusammenhang bleibt bei der Fourier-Rücktransformation wegen der Linearität der Transformation erhalten. Es folgt also weiter (Bild 15.5) Im komplexen Cepstrum treten ursprünglich im Zeitbereich gefaltete Signale nunmehr additiv verknüpft auf. 15.6.2 Das Leistungscepstrum Zur Bildung des Leistungscepstrums wird das gemittelte und logarithmierte Leistungsspektrum F xx (f) herangezogen. Das Leistungscepstrum wurde zur Fehlererkennung zunächst nur rein phänomenologisch interpretiert (Symmetriebetrachtung, Bild 15.6): So wie eine periodische Komponente in Zeitsignal eine Linie im Spektrum ergibt, zeigt eine periodische Struktur in Leistungsspektrum (Harmonische, Seitenbänder) eine Linie in der Fourier-Rücktransformation. Um schwächere Komponenten besser 81 Siehe Fußnote 44 Seite 198. 82 Der komplexe Logarithmus ist mehrdeutig. Im Zweifelsfall prüfe man bei numerischen Berechnungen (Programmen), dass die hermitische Bedingung Gl.15.13 auch für den Logarithmus erfüllt ist. 354 <?page no="369"?> hervorzuheben, wird das Leistungsspektrum vor der Rücktransformation logarithmiert, siehe z. B. auch Bild 3.20 Seite 61. Bild 15.5: Entfaltung im Cepstrum Der mathematische Formalismus ist nach den obigen Ausführungen einfach anzuschreiben f F C f X f F f X f X f X f F xx P xx xx log log 2 log 1 2 * F (15.22) Der Gedanke der Entfaltung steckt auch hier implizit dahinter, allerdings ist die Rücktransformation in den Zeitbereich nicht mehr möglich, da die Phase bei der Bildung des Leistungsspektrums eliminiert wurde. Die Ähnlichkeit der Cepstren aus zwei gleichzeitigen Messungen an verschiedenen Messpunkten ist jetzt physikalisch interpretierbar (siehe Bild 8.2 Seite 204): Beide Cepstren enthalten in entfalteter Form die gleiche innere Erregerkraft, die in den betrachteten Linien des Cepstrums (entfaltet) abgebildet ist. Im Bereich tiefer Quefrenzen, der von den (für beide Messpunkte unterschiedlichen) Übertragungsfunktionen bestimmt ist, treten durchaus deutliche Unterschiede in den Cepstren auf. 355 <?page no="370"?> Bild 15.6: Schematische Darstellung des Leistungscepstrums 15.7 Demodulation 15.7.1 Zeitbereich und Frequenzbereich Noch einmal zum anfänglichen Thema dieses Abschnittes: Der Fouriertransformation liegt im Prinzip eine Schwingung unendlich langer Dauer zugrunde, beginnend eigentlich schon zur Zeit t = - . Im technischen Sinne sind unendlich lange Zeiträume immer an der Beobachtungsdauer zu messen: Ein Vorgang ist unendlich lange (stationär), wenn er lang ist gegen die Beobachtungsdauer (Messzeit). Ganz anders sind die Verhältnisse, betrachtet man die Impulsantwort eines Systems (Bild 15.3): Ein zum Zeitpunkt t = 0 mit einem Impuls angeregtes ruhendes System reagiert nur nach der Erregung 83 (und niemals davor), also nur im Zeitraum t > 0. Bei Impulsanregung zu einem beliebigen Zeitpunkt t 0 ist für den Momentanzustand des Systems zur Zeit t nicht die absolute Zeit, sondern die Zeitdifferenz (Laufzeit) t - t 0 relevant. Man muss demnach streng genommen zwischen zwei unterschiedlichen Zeitbereichen unterscheiden je nach Aufgabe 84 : einem Zeitbereich für Signalanalyse einem Laufzeitbereich für Systemanalyse 83 Man spricht vom Kausalitätsprinzip: Alle physikalischen Systeme sind kausal. Der Zeitpunkt t = 0 für die Impulsanregung bedeutet keine Einschränkung der Allgemeingültigkeit. 84 Natürlich wie immer: Eine äquivalente Unterscheidung gilt auch bezüglich der Phasen im Frequenzbereich. Das soll uns an dieser Stelle jedoch nicht weiter beschäftigen. 356 <?page no="371"?> 15.7.2 Fouriertransformation kausaler Zeitsignale - Hilberttransformation Auf Hilbert geht die Überlegung zurück, die speziellen Eigenschaften der Fouriertransformation kausaler Signale zu untersuchen. Da der Informationsgehalt eines kausalen Signals nur halb so groß ist wie der eines (doppelt so langen) stationären Signals, würde man eine entsprechende Reduktion der Information auch im Frequenzbereich erwarten. Ein kausales Zeitsignal kann immer aufgebaut werden als Summe eines geraden Anteils x g (t) und eines ungeraden Anteils x u (t), Bild 15.7. Bild 15.7: Zerlegung eines kausalen Zeitsignals in geraden und ungeraden Anteil t x t x t x t t (t) t t x t x t x t x u g u g 0 1 0 1 sgn ) sgn( 2 1 2 1 (odd) ungerade (even) gerade (15.23) Auf Grund der Linearität der Fouriertransformation (Gl. 15.12) gilt der additive Zusammenhang auch im Frequenzbereich: 357 <?page no="372"?> t x t x f X f X t x j t x t x t x t x t x u g u g F F F F F Im Re Im Re (15.24) Gemäß den Aussagen Gl.15.14 über die Spektren reeller Zeitsignale 85 erhält man daraus durch Vergleich t x f X t x f X u g F F Im Re (15.25) Der Realteil des Spektrums der kausalen Zeitfunktion ist gleich der Fouriertransformation des geraden Anteils, der Imaginärteil des Spektrums gleich dem Spektrum des ungeraden Anteils. Gerader und ungerader Anteil hängen andererseits über die Signumfunktion zusammen, wie sich aus Bild 15.7 direkt ablesen lässt t t x t x g u sgn (15.26) Die Fouriertransformation macht aus der Multiplikation eine Faltung (Gl.15.9) t t x t t x t x g g u sgn sgn F F F F (15.27) Für die Fouriertransformation der Signumfunktion erhält man 86 f j t 1 sgn F (15.28) Es ergibt sich also ein Zusammenhang zwischen Realteil und Imaginärteil der Spektralfunktion über die so genannte Hilberttransformation 87 [13] f f X f X 1 Im Re (15.29) Der allgemeine Ausdruck für die Hilberttransformation im Frequenzbereich hat folgendes Aussehen d f G f G f G 1 1 ~ H (15.30) 85 Die Fouriertransformierte einer reellen geraden Funktion ist reell und gerade. Die Fouriertransformierte einer reellen ungeraden Funktion ist imaginär und ungerade. 86 Hier ohne Beweis - bei Bedarf im Anhang dieses Kapitels nachzulesen. 87 Wie schon eingangs angedeutet: Die Abhängigkeit von Real- und Imaginärteil bedeutet eine Halbierung des Informationsgehaltes gegenüber dem Spektrum einer nicht-kausalen Zeitfunktion. 358 <?page no="373"?> So unangenehm (vom Standpunkt der Analysis) sich dieser Ausdruck auch zeigt, die Berechnung ist einfach durchzuführen, wenn man die Fouriertransformation als Algorithmus zur Verfügung hat. Zur Berechnung der Hilberttransformation einer Spektralfunktion G(f) geht man wie folgt vor: Man berechnet über eine Fourier-Rücktransformation das Zeitsignal g(t) man multipliziert das Zeitsignal mit der Signumfunktion sgn(t) man führt eine Fouriertransformation dieses modifizierten Zeitsignals aus Man hat allerdings bisher noch keine konkrete Aussage für die eigentliche Aufgabenstellung (Signalanalyse). Interessant für den gegebenen Zusammenhang (Demodulation) wird die Spiegelung dieser Vorgangsweise in den Frequenzbereich 88 , wie im Folgenden ausgeführt. 15.7.3 Die Hilberttransformation im Zeitbereich Eine reelle Zeitfunktion hat, wie gezeigt wurde, ein Spektrum mit positiven und negativen Frequenzkomponenten, die zueinander konjugiert komplex sind (Gl.15.3). Von Ingenieurstandpunkt aus sind lediglich die positiven Frequenzkomponenten interessant und für eine quantitative Beschreibung hinreichend. Wir stellen jetzt in Umkehrung der Hilbert’schen Überlegung die Frage: Wie sieht ein Zeitsignal aus, dessen Spektrum ausschließlich positive Frequenzkomponenten aufweist? Die Vorgangsweise zur Konstruktion eines Zeitsignals mit dieser speziellen Eigenschaft ist in Bild 15.8 für eine einzelne harmonische Komponente eines (zunächst) reellen Zeitsignals (Sinusfunktion) illustriert. Eines wird sofort aus den früheren Überlegungen klar: Das modifizierte Zeitsignal muss komplex sein 89 , man nennt es das analytische Zeitsignal. Ausgangspunkt ist das ursprüngliche Spektrum links in Bild 15.8, das so genannte zweiseitige Spektrum mit positiven und negativen Frequenzen, Ziel ist das einseitige Spektrum rechts im Bild. Man erhält letzteres aus dem zweiseitigen Spektrum durch Addition einer der beiden mittleren Varianten. Die obere ist trivial. Das Spektrum der unteren Variante (im Kasten) geht aus dem ursprünglichen Spektrum (links) durch Multiplikation mit einer modifizierten Signumfunktion im Frequenzbereich hervor, nämlich mit f j sgn (15.31) Diese Multiplikation bedeutet eine Drehung des Spektrums in der komplexen Ebene um - / 2 für positive Frequenzen und um + / 2 für negative Frequenzen. Das so verdrehte Spektrum ist wieder hermitisch, die Fourier-Rücktransformation ergibt daher ein 88 Man erinnert sich noch an die mühsame Interpretation negativer Frequenzen. 89 Die hermitische Bedingung im Spektrum ist nicht mehr erfüllt. 359 <?page no="374"?> Bild 15.8: Konstruktion eines harmonischen Zeitsignals mit einseitigem Spektrum reelles Zeitsignal. Da die Multiplikation mit j wegen der Linearität der Fouriertransformation erhalten bleibt, wird das zu addierende Zeitsignal rein imaginär. Der Realteil des komplexen Zeitsignals ist demnach identisch mit dem ursprünglichen reellen Zeitsignal. Die Verdrehung des Spektrums (Signumfunktion) für den zusätzlichen Anteil des Zeitsignals transformiert sich in eine Hilberttransformation im Zeitbereich. Bild 15.9: Berechnung der Hilberttransformation über FFT 360 <?page no="375"?> Analog zur Ableitung im Zeitbereich erhält man (siehe Anhang Abschnitt 15.13.3) t f j 1 sgn 1 F (15.32) Der Drehung im Frequenzbereich entspricht eine Faltung mit 1/ t im Zeitbereich. Man erhält für die Hilberttransformation im Zeitbereich den Ausdruck 90 t t x d t x t x t x 1 1 1 1 ~ H (15.33) Über die Fouriertransformation dieses Ausdrucks wird die Berechnung dieses komplizierten Ausdrucks wiederum sehr einfach: f j t x t x f j f X f X t x t f X t t x t t x t x sgn sgn ~ 1 1 1 ~ 1 F F H F F F F F F (15.34) Praktisch geht man zur Berechnung der Hilberttransformation eines reellen Zeitsignals x(t) nach Gl.15.33 also folgendermaßen vor (Bild 15.9): 1. Berechnung der Fouriertransformation t x f X F 2. Berechnung von f X durch Phasendrehung von f X 0 2 0 x für um x für 2 um 3. Rücktransformation von f X f X t x 1 - F ~ Man kann sich leicht überlegen (siehe Bild 15.8): Ein reelles Zeitsignal hat ein hermitisches Spektrum Durch die symmetrische Phasendrehung bleibt das gedrehte Spektrum hermitisch 90 Dieser Schritt ist durch Vergleich mit dem Gleichungspaar Gl.15.9 nachvollziehbar. 361 <?page no="376"?> Die Hilberttransformation des Zeitsignals ist wieder ein Zeitsignal 15.8 Das analytische Zeitsignal Das analytische Zeitsignal t xˆ ist definiert als (Bild 15.8) t x j t x t x ~ ˆ (15.35) mit Zeitsignal es analytisch Zeitsignal gemessenes t x t x t x t x ˆ ~ H Ein einfaches Beispiel Am einfachsten Beispiel der Cosinusfunktion (man beachte dazu die Spektren von cos und sin in Bild 15.1) erhält man ein überraschend vertrautes Ergebnis Am Cosinus ist es einfach nachzuvollziehen (Bild 15.10 und Bild 15.11): j t j e X e X t t t x t X t x t x t X t x sin cos ˆ sin ~ cos X H (15.36) Wir haben also demnach immer schon mit dem analytischen Zeitsignal und mit der Hilberttransformation gerechnet. Bild 15.10: Analytisches Zeitsignal der Cosinusfunktion in axonometrischer Darstellung und als Nyquistplot 362 <?page no="377"?> Bild 15.11: Analytisches Zeitsignal der harmonischen Schwingung x(t) = A cos t als Real- und Imaginärteil (links) sowie als Hüllkurve und Phase (rechts) Neu ist jetzt lediglich: Der Imaginärteil, bisher nur zum Vernachlässigen gedacht, bekommt plötzlich Gewicht 91 . Zur Demodulation eines modulierten Signals, also zur so genannten Hüllkurven geht man also zusammenfassend wie folgt vor: Berechnung des analytischen Zeitsignals aus dem reellen Zeitsignal Der Betrag ist die Hüllkurve Aus der Phase (im Zeitbereich! ) erhält man die Momentanfrequenz 91 Auch die in diesem Abschnitt immer wieder verwendeten Symmetriebetrachtungen bekommen jetzt eine ganz andere Dimension. 363 <?page no="378"?> Frequenz e Einhüllend dt d A t xˆ (15.37) 15.9 Analyse modulierter Signale 15.9.1 Amplitudenmodulation Im einfachsten Fall, einer amplitudenmodulierten harmonischen Komponente, kann man das Zeitsignal beschreiben als harmonische Zeitfunktion mit zeitabhängiger (= modulierter) Amplitude 92 X(t) t f t X t x 0 2 cos (15.38) oder in komplexer Schreibweise (analytisches Zeitsignal) t x t x e t X t x t f j ˆ Re ˆ 2 (15.39) 15.9.2 Amplituden- und Frequenzmodulation Beim frequenzmodulierten Signal wird auch die Frequenz f zeitabhängig 93 t j t t f j t t f j e t X e t X t x e t X t x 2 2 ˆ Re (15.40) 15.9.3 Hüllkurvendetektion Nun zur Anwendung: Die messtechnische Bestimmung der Hüllkurve eines modulierten Signals. Man geht dazu wie folgt vor: Erfassung des Zeitsignals x(t) Hilberttransformation t x t x H ~ Analytisches Zeitsignal t x j t x t x ~ ˆ Berechnung des Betrages Die Hilberttransformation wird dabei berechnet durch 92 Eine Anregung zum Nachdenken: Ist die Bezeichnung der Amplitude mit X in Anbetracht von Fußnote 78 konsequent oder nicht? 93 Eigentlich widerspricht dies dem Begriff einer Frequenz, genau wie der damit eingeführte Begriff Momentanfrequenz. 364 <?page no="379"?> Fouriertransformation Phasendrehung um ± / 2 Fourier-Rücktransformation 365 <?page no="380"?> Eigenschaften: Der Betrag des analytischen Zeitsignals ist die Hüllkurve des (reellen) Zeitsignals Die Ableitung der Phase des analytischen Zeitsignals liefert die Momentanfrequenz 15.10 Amplitudenmodulation 15.10.1 Analytische Formulierung Das Grundprinzip lässt sich am einfachen harmonischen Signal zeigen. Ein hochfrequentes harmonisches Zeitsignal (Frequenz f T ) wird mit einem niederfrequenten Signal (Frequenz f m ) moduliert. Die Bezeichnungen werden hier analog zur Nachrichtentechnik eingeführt. T T f 2 Grundfrequenz, Trägerfrequenz (carrier frequency) Zahneingriff m m f 2 Modulationsfrequenz Zahnfehler t A t A t A t t A t A t A t A A t x m T m m T m T T T m m T T T T m T m cos 2 cos 2 cos cos cos cos cos cos 1 (15.41) Zufolge der Amplitudenmodulation entstehen im Spektrum neben der Grundfrequenz (Trägerfrequenz) Seitenbänder beiderseits im Abstand f m . Bei Modulation durch ein beliebiges periodisches Modulationssignal entsteht eine Seitenbandfamilie im Abstand ±kf m um die Trägerfrequenz 94 . Bei allgemeinen periodischen Trägersignalen tritt die Familie auch um die Harmonischen der Grundfrequenz auf. Durch die Hüllkurvenanalyse kann das Modulationssignal aus dem Gesamtsignal extrahiert werden. Die Hüllkurvenanalyse ist eine Demodulation des Signals. 94 Die Berechnung ergibt ein um die Trägerfrequenz symmetrisches Bild der Seitenbänder. Gleiches gilt für Frequenzmodulation. Die in der Praxis meist auftretende Asymmetrie der Seitenbänder rührt vom gemeinsamen Auftreten beider Modulationsarten her, die sich links und rechts der Trägerfrequenz mit unterschiedlicher Phasenlage überlagern. Beispiel siehe Bild 7.17. 366 <?page no="381"?> Bild 15.12: Amplitudenmoduliertes Signal in Zeit- und Frequenzbereich 15.10.2 Grenzbetrachtungen Durch eine periodische Modulation einer Sinuskomponente, wie zuvor betrachtet, entstehen im Spektrum Seitenbänder. Bei stochastischen Amplitudenschwankungen wird die Linie im Spektrum einfach verbreitert (die Seitenbänder wachsen zusammen). Man kann sich daraus leicht überlegen, dass eine Demodulation nur dann funktionieren kann, wenn ein (hochfrequentes) und harmonisches Trägersignal mit einer (oder mehreren) niederfrequenten Komponente(n) moduliert ist, im allgemeinen Fall, wenn die Schwankungen der Trägerfrequenz klein sind gegenüber der Trägerfrequenz selbst. Je mehr das Signal von dieser Idealisierung abweicht, desto schlechter wird das Resultat der Demodulation sein. Das ist aber nicht ein Mangel des Analyseverfahrens - beim Ineinanderwachsen beider Effekte ist keine Trennung mehr zwischen Amplitudenmodulation und Schwankung der Trägerfrequenz zu ziehen 95 . Im Zweifelsfall sollte man sich über die Güte des Resultates durch eine Kontrolle im Zeitbereich überzeugen (gleichzeitige Darstellung von Gesamtsignal und Hüllkurve). Treten mehrere modulierte Komponenten auf, sind zur Hüllkurvendetektion die Bereiche um die einzelnen Komponenten ggf. getrennt zu betrachten (Bandpassfilterung). In Abschnitt 7.1.2.4 wurde eine praktische Anwendung der Hüllkurvenanalyse vorgestellt. 95 Das gilt natürlich genauso für Frequenzmodulation 367 <?page no="382"?> 15.11 Anwendungen und Aspekte Bei der Betrachtung von Zeitsignalen ist sehr oft nur die Hüllkurve von Interesse. Sie ist ein gutes Maß für die Momentanleistung. So wie beim einfachen Schwinger die Auslenkung x(t) in enger Relation zur potentiellen Energie V steht 2 ~ x V besteht eine Relation zwischen Hilberttransformierter und kinetischer Energie T 2 ~ ~ x T Die schwierige Aufgabe der Bestimmung der Gesamtenergie einer kurzzeitigen Transienten (Impulsanregung) lässt sich mit der Hüllkurvenanalyse optimal lösen (aber Achtung auf die Grenzen des Verfahrens, siehe oben). Besonders bei kurzzeitigen Ereignissen wird oft eine Untersuchung im Zeitbereich interessant sein. Die Hüllkurve ist eine positiv definite Funktion. Man kann daher die Vorteile logarithmischer Darstellungen (Dynamikbereich) auch im Zeitbereich nützen. Eigentlich alles nur eine simple Fouriertransformation. Mehr berichtet: Papoulis: Signal Analysis. McGraw Hill, 1977 (alt aber gut lesbar) [10]. 15.12 Grundlagen der Zeit-Frequenz-Analyse 15.12.1 Ansätze zur Signalanalyse Einführend in das Thema werden die Ausführungen von Abschnitt 15.2.1 weiter fortgesetzt. Synthese Ausgangspunkt ist weiterhin die Entwicklung der Zeitfunktion x(t) in einem Intervall T nach so Basisfunktionen t n n n n t a t x (15.42) Es gilt der Satz [68]: Ist das System t n von Elementarfunktionen vollständig - d. h. alle Signale x(t) können nach (Gl.15.42) entwickelt werden - so existiert ein duales System t n ˆ , über welches die Entwicklungskoeffizienten a n als inneres Produkt berechnet werden können nach dem Schema dt t t x x a n n n * ˆ ˆ , (15.43) 368 <?page no="383"?> Ist das System t n vollständig und linear unabhängig 96 , sind t n und t n ˆ biorthogonal, d. h. es gilt sonst m n m n m n 0 1 ˆ , (15.44) Der Vergleich mit der Orthogonalitätsbedingung (15.4)/ (15.5) zeigt unmittelbar Für ein orthogonales System t n gilt n n ˆ Beispiel: Fouriertransformation Die Basisfunktionen (15.7) sind orthogonal (15.9). Einsetzen von (15.42) in (15.43) ergibt T t n j n dt e t x T a 1 (15.45) Man erhält auch auf diesem Wege die Fourierentwicklung, was schließlich zu erwarten war. 15.12.2 Gefenstertes Zeitsignal Die Fouriertransformation ist auf Grund der Orthogonalität der Basisfunktionen eine orthogonale Transformation. Betrachtet wird die Fouriertransformation eines gefensterten Zeitsignals - d. h. das Zeitsignal wird mit einem Zeitfenster w(t) bewertet (z. B. ein Hanningfenster) dt e t w t x f X ft j 2 ) ( (15.46) Man hat jetzt prinzipiell zwei Interpretationsmöglichkeiten Orthogonale Transformation des gefensterten Zeitsignals x(t).w(t) mit der Basisfunktion ft j e 2 Transformation des Zeitsignals x(t) mit der Basisfunktion ft j e t w 2 (nicht orthogonal) Mit der ersten Variante bewegt man sich weiter im gewohnten Umfeld der Fouriertransformation. Man erhält für die Rücktransformation von (15.46) df e f X t w t x ft j 2 ) ( (15.47) Die alternative Variante muss hier nicht weiter verfolgt werden. 96 Für grundsätzliches Verständnis - Ziel dieses Buches - ist diese Beschränkung kein Hindernis. 369 <?page no="384"?> Durch Verschieben des Zeitfensters in endlichen Schritten kann ein größeres Zeitfenster im Bereich der Leistungsspektren lückenlos abgedeckt werden (vgl. Abschnitt 5.3.5). Bei Rechteckbewertung wären unmittelbar aneinandergrenzende Zeitfenster ausreichend, für andere Zeitfenster ist einen (fensterabhängige) minimale Überlappung der Einzelfenster notwendig, z. B. 75% für ein Hanningfenster. 15.12.3 Kurzzeit-Fouriertransformation (STFT) Die Kurzzeit-Fouriertransformation ist definiert als 97 dt e t w t x X t x STFT t j , (15.48) Jetzt wird das Zeitfenster kontinuierlich über den Zeitbereich bewegt. Führt man ein normalisiertes Zeitfenster 98 ein nach der Bedingung 1 d w (15.49) folgt weiter t d t w 1 (15.50) d t w t x d t w t x t x (15.51) Ausgangspunkt der weiteren Rechnung ist die kontinuierliche Fouriertransformation dt e t x X t j (15.52) Einsetzen von (15.51) und Vertauschen der Integrationsreihenfolge ergibt mit Gl.15.48 d dt e t w t x dt e d t w t x X t j t j d X X , (15.53) Die Fouriertransformierte ist demnach eine phasentreue Summe aller STFTs. 97 Eine praktische Einführung wurde schon in Abschnitt 10.4.1 gegeben 98 Siehe Abschnitt 5.3.1.2, Normalisierung des Zeitfensters 370 <?page no="385"?> Zur Rücktransformation geht man wieder aus von der inversen Transformation von (15.52) d e X t x t j 2 1 Damit kann x(t) aus X( , ) gebildet werden d d e X t x t j , 2 1 d d e X t x t j , 2 1 (15.54) Der Vergleich von (15.51) und (15.54) ergibt schließlich d e X t w t x t j , 2 1 (15.55) Schlussfolgerung Vergleicht man das Ergebnis mit der gefensterten Fouriertransformation von Abschnitt 15.12.2 so kann man zusammenfassen Die STFT ist eine orthogonale Transformation Die STFT liefert eine dichte Folge gefensterter Spektren über das gesamte Zeitsignal Die STFT ist umkehrbar Spektrogramm Die Folge der Leistungsspektren wird als Spektrogramm bezeichnet Spektrogramm 2 , X t x 15.12.4 Gabortransformation Die Gabortransformation wurde in anwendungsbezogener Form bereits in Abschnitt 10.4.2 vorgestellt. Sie soll hier noch einmal im Hinblick auf die Transformationseigenschaften beleuchtet werden. Der von Gabor vorgeschlagene Ansatz zur Signaldarstellung 1 0 1 0 / 2 M m N n N nk j n m e M m k h C k x (15.56) 371 <?page no="386"?> entspricht einer inversen STSF (Rücktransformation), wobei das Bewertungsfenster M m k h nicht mehr kontinuierlich sondern in Stufen über das Zeitsignal bewegt wird. Die Basisfunktion N nk j e M m k h / 2 (15.57) bildet in diesem Fall kein orthogonales System. Entsprechend den Ausführungen von Abschnitt 15.12.1 ist die Gabortransformation zur Ermittlung der Koeffizienten C m n über ein biorthogonales System t n ˆ zu ermitteln. Es gilt also, in Kürze zusammengefasst cklung Gaborentwi e M m k h C k x M m N n N nk j n m 1 0 1 0 / 2 (15.58) formation Gabortrans e M m k k x C L k N nk j n m 1 0 / 2 * ) ( (15.59) Hin- und Rücktransformation hängen also über ein biorthogonales System von Basisfunktionen zusammen: N nk j n N nk j n e M m k k e M m k h k / 2 / 2 ˆ (15.60) welches nach den Orthogonalitätsbeziehungen nach Abschnitt 15.12.1 verknüpft ist. 15.12.5 Die Welt der Biorthogonaltransformationen Die Gabortransformation wurde als der im Buchkontext wichtigste Repräsentant einer Bilineartransformation vorgestellt. Auf Transformationen dieser Art wird man im Bereich der Zeit/ Frequenz-Analyse häufig stoßen. Es scheint daher durchaus angebracht, den zumindest den Einstieg in diese Welt, wie er in den vorgehenden Ausführungen gewählt wurde, noch einmal zusammenfassend zu skizzieren. Gegebenenfalls soll dadurch der Einstieg in ein weiteres Studium erleichtert werden - ganz in Übereinstimmung zur Motivation dieses Kapitels. Der Ansatz - Synthese Aufgabe ist zunächst die Entwicklung einer Zeitfunktion nach Basisfunktionen, die nach bestimmten physikalischen Eigenschaften zu wählen sind. Die Entwicklung ist Basis für nachfolgende Analysen (Filterung, Selektion). n n n t a t x (Ia) n t jn n e a t x (IIa) 1 0 1 0 / 2 M m N n N nk j n m e M m k h C k x (IIIa) 372 <?page no="387"?> Die Lösung - Analyse Für ein vollständiges und linear unabhängiges System von Basisfunktionen t n existiert ein biorthogonales System t n ˆ sonst m n m n m n 0 1 ˆ , welches die Lösung für die Entwicklungskoeffizienten erzeugt dt t t x x a n n n * ˆ ˆ , (Ib) T t n j n dt e t x T a 1 (IIb) 1 0 / 2 * ) ( L k N nk j n m e M m k k x C (IIIb) Die Strategie Einstiegspunkt bei dieser Strategie ist also die Entwicklung oder Synthese, im Sinne der Transformation also die Rücktransformation. Die Lösung, die Bestimmung der Entwicklungskoeffizienten, ist letztendlich die Transformation (Fouriertransformation, Gabortransformation, …) Ist das System der Basisfunktionen orthogonal, so gelten die gleichen Basisfunktionen für Hin- und Rücktransformation (Fouriertransformation) Ist das System der Basisfunktionen nicht orthogonal, sind die biorthogonalen Basisfunktionen zu ermitteln; dies ist mathematisch kein triviales Problem (jedoch nicht für den Anwender eines Softwarepaketes) Setzt man vom Verständnis die Begriffe Orthogonalität und Biorthogonalität begrifflich in die gleiche Rangstufe, so bewegt man sich auch auf dem Gebiet der Biorthogonaltransformationen sehr schnell auf vertrautem Terrain. 15.13 ANHANG Für den Fall, dass der Leser Bedürfnis verspürt, mathematische Zusammenhänge nachzuvollziehen (was durchaus das Verständnis vertiefen kann), sind in diesem Anhang einige Ableitungen in Kurzform angegeben. Auf strenge mathematische Beweisführung wird dabei allerdings bewusst verzichtet. Die Lektüre dieses Anhanges ist lediglich als Unterstützung zur Vertiefung in einem fortgeschrittenen Wissensstadium gedacht und ist für das grundlegende Verständnis nicht unbedingt erforderlich. Es soll helfen, Verfahren hinsichtlich der Anwendbarkeit für aktuelle Problemstellungen zu beurteilen. Es soll außerdem den Einstieg in die einschlägige Literatur erleichtern, wenn das Bedürfnis dazu entstehen sollte. 373 <?page no="388"?> 15.13.1 Lösung eines linearen Gleichungssystems Reelle Koeffizienten trix Einheitsma E A A y A x y A Ax A y Ax 1 1 1 1 Die Matrix A -1 wird als inverse Matrix bezeichnet. Komplexe Koeffizienten trix Einheitsma y E A A y A x A Ax A y x A ~ ~ ~ ~ Diem Matrix A~ wird als adjungierte Matrix bezeichnet. Analogie zur Reihenentwicklung Die Ansätze zur Reihenentwicklung nach Basisfunktionen erhält man durch folgende Analogien n n a t x A 15.13.2 Fouriertransformation eines Faltungsintegrals Faltungsintegral: t d t h x t h t x t y Fouriertransformation: dt d t h x e dt e t y f Y t f j t f j 2 2 Mit der Substitution u t t u erhält man du u h e d x e du d u h x e f Y u f j f j u f j 2 2 2 374 <?page no="389"?> oder symbolisch geschrieben t h t x t h t x t h t x t h t x F F F F F F 15.13.3 Fouriertransformation der Signumfunktion df e t x df e f X t x t f j t f j 2 2 ) ( ) ( ) ( F Fourier-Rücktranformation df e t x df e f X f j dt dx t x t f j t f j 2 2 ) ( ) ( 2 ) ( F …der Ableitung Der Vergleich der beiden Integralkerne ergibt ) ( 2 1 ) ( ) ( 2 ) ( 2 ) ( t x f j t x t x f j f X f j t x F F F F (A.1) Führt man die Dirac’sche Deltafunktion (t) ein (Definition s. Mathematik): Für die Signumfunktion gilt 0 0 2 sgn t g dt t t t t x t t x t g ion Deltafunkt sche Dirac' Einsetzen in Gl.A.1 ergibt QED f j t x f j t t x dt e t t t x t f j 1 ) ( 2 1 sgn ) ( 2 ) ( 2 ) ( 2 ) ( 2 F F F F F 375 <?page no="390"?> 16 Normen und Richtlinien Entsprechend der wachsenden Bedeutung wurde und wird zum Thema Zustandsüberwachung und Diagnose ein sehr umfangreiches, hervorragend strukturiertes, hierarchisch aufgebautes Normenwerk entwickelt, welches in seiner Vollständigkeit kaum allgemein bekannt sein dürfte. Dieses Kapitel gibt einen Überblick hinsichtlich Aufbau, Inhalt und laufender Projekte, Aspekte für Anwendung und nutzbringendem Einsatz werden abschließend diskutiert. 16.1 Betriebs- und Abnahmerichtlinien 16.1.1 Die Entstehung Nicht ohne Grund soll dieser Teil mit einem eher als historischen Rückblick zu betrachtenden Punkt eingeleitet werden. Ganz am Beginn der Entwicklung, als eben erst die Technik des elektrischen Messens mechanischer Schwingungen in die maschinenbauliche Praxis Eingang gefunden hatte, stand die Richtlinie VDI 2056 „Beurteilungsmaßstäbe für mechanische Schwingungen von Maschinen“ [N.51 ] 99 , bald 99 Richtlinien und Normen werden im Text nur stichwortartig zitiert, sofern es den Informationsfluss nicht stört. Die vollständigen Titel bzw. Zitate findet man im abschließenden Literaturteil. Bild 16.1: Die ursprünglichen VDI-Richtlinien zur Schwingungsbeurteilung VDI 2056 Beurteilungsmaßstäbe für mechanische Schwingungen von Maschinen VDI 2059 Wellenschwingungen von Turbosätzen Teil 1: Grundlagen Teil 2: Dampfturbosätze Teil 3: Industrieturbosätze Teil 4: Gasturbosätze Teil 5: Wasserkraftmaschinen 376 <?page no="391"?> ergänzt durch die Richtlinie VDI 2059 [N.52] - [N.56], „Wellenschwingungen von Turbosätzen“. Diese bahnbrechenden Regelwerke sind mittlerweile vollinhaltlich in die internationale Normung eingeflossen und wurden demnach auch mittlerweile zurückgezogen. Dennoch werden sie heute im deutschsprachigen Raum noch oft zitiert. Man spricht auch im Namen des VDI, wenn man empfiehlt, sich in Zukunft hier ausschließlich auf die DIN ISO-Normen 100 wegen ihrer Priorität und grundsätzlich auch höheren Aktualität zu beziehen. 16.1.2 Aktueller Stand Wie man aus der Übersicht Bild 16.3 entnehmen kann, wurde im Bereich Wellenschwingungen die ursprüngliche Dokumentstruktur der VDI-Richtlinien in den ISO- Normen weitgehend beibehalten, im Bereich der nicht-rotierenden Teile wurde eine analoge Reihe geschaffen. Die Normenreihen DIN ISO 7919 [N.2] - [N.6] und DIN ISO 10816 [N.8] - [N.16] geben allgemeine Anleitungen für die Messung und Bewertung von Maschinenschwingungen. Sie sind anwendbar für die Betriebsüberwachung und für Abnahmemessungen in einem Prüffeld oder nach der Montage. Eine vektorielle Schwingungsmessung als Basis einer Diagnose wird dort nur grob beschrieben, im Übrigen wird diesbezüglich auf die Reihe DIN ISO 13373 verwiesen (Abschnitt 16.2.2.2). 100 DIN ISO Normen sind inhaltsidentische Übersetzungen der ISO-Norm gleicher Nummer. Als einzige Abweichung sind Ergänzungen in einem nationalen Vorwort zulässig, die lediglich kommentierenden Charakter haben dürfen. Bild 16.2: Der Eingang der VDI-Richtlinien in das internationale Normenwerk VDI 2056 Beurteilungsmaßstäbe für mechanische Schwingungen von Maschinen VDI 2059 Wellenschwingungen von Turbosätzen DIN ISO 10816 Mechanische Schwingungen - Bewertung durch Messung an nicht-rotierenden Teilen DIN ISO 7919 Mechanische Schwingungen - Messung und Bewertung von Wellenschwingungen 377 <?page no="392"?> Anmerkung: Die Normenreihen 7919 und 10186 werden derzeit in eine gemeinsame Reihe DIN ISO 20816 mit identischer Giederung eingearbeitet, also werden z. B. die Normen DIN ISO 7919-1 und DIN ISO 10816-1 in DIN ISO 20816-1 zusammengefasst. Auch jene Teile, für die keine Parallelität zwischen den Reihen besteht (siehe Bild 1.1 ), sollen in die neue Struktur einbezogen werden. Erste Teile sind bereits als Entwurf erschienen [N.45, N.46]. Bild 16.3: Normen zur Betriebsüberwachung DIN ISO 7919 Messung und Bewertung von Wellenschwingungen Teil 1: Allgemeine Anleitungen Teil 2: Stationäre Dampfturbinen und Generatoren >50 MW 1500 - 1800 - 3000 - 3600 1/ min Teil 3: Gekuppelte industrielle Maschinen Teil 4: Gasturbinensätze mit Gleitlagern Teil 5: Wasserkraft- und Pumpenanlagen DIN ISO 10816 Messung und Bewertung von Schwingungen an nichtrotierenden Teilen Teil 1: Allgemeine Anleitungen Teil 2: Stationäre Dampfturbinen und Generatoren >50 MW 1500 - 1800 - 3000 - 3600 1/ min Teil 3: Industrielle Maschinen >15 kW Teil 4: Gasturbinensätze mit Gleitlagern Teil 5: Wasserkraft- und Pumpenanlagen Teil 6: Hubkolbenmaschinen >100 kW Teil 7: Kreiselpumpen Teil 8: Hubkolbenkompressoren Teil 21: Windkraftanlagen 378 <?page no="393"?> 16.2 Die Normenreihen in sachlicher Gliederung In diesem Abschnitt wird, gegliedert nach sachlichen Gruppen, ein Überblick über die einschlägigen Normen und Richtlinien gegeben. Die Gliederung erfolgt nach den Punkten Betriebsüberwachung Überwachung und Diagnose Laufende Projekte Die Reihenfolge der Zitate im Text spiegelt auch eine Rangordnung hinsichtlich der praktischen Bedeutung wider und kann somit als Leitfaden für den Einstieg dienen. ISO-Normen und DIN ISO Normen gleicher Nummer sind inhaltlich identisch, die DIN-Versionen liegen lediglich in deutscher Ausgabe vor. 16.2.1 Normen zur Betriebsüberwachung Die Normen zur Betriebsüberwachung umfassen zunächst zwei weitgehend parallel organisierte Normenreihen, DIN ISO 7919 zur Wellenschwingungsmessung und DIN ISO 10816 zur Messung an nicht-rotierenden Teilen (Bild 16.3). Prinzipiell sind beide auch parallel anzuwenden, zur Beurteilung ist jeweils das schärfere Kriterium heranzuziehen (siehe dazu auch die Anmerkung zu Bild 16.3). Die Messeinrichtungen sind in eigenen Normen standardisiert, die in den folgenden Abschnitten mit zur Sprache kommen. 16.2.1.1 Wellenschwingungsmesshungen Die Wellenschwingungsmessung beruht auf einer Erfassung der kinetischen Wellenbahn, vorzugsweise mit berührungslosen Wegaufnehmern nach Bild 16.4. Zur Beurteilung sind Grenzkurven angegeben (im Bild rechts). DIN ISO 7919 [N.2] - [N.6] Mechanische Schwingungen - Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an rotierenden Wellen. Die Normenreihe umfasst aktuell fünf Teile Teil 1: Allgemeine Anleitungen Teil 2: Stationäre Dampfturbinen und Generatoren über 50 MW mit Nenn- Betriebsdrehzahlen von 1500 min -1 , 1800 min -1 , 3000 min -1 und 3600 min -1 Teil 3: Gekuppelte industrielle Maschinen Teil 4: Gasturbinensätze mit Gleitlagern Teil 5: Maschinensätze in Wasserkraft- und Pumpenanlagen 379 <?page no="394"?> Bild 16.4: Wellenschwingungen - Messung und Beurteilung Anwendungsbereich Messung und Beurteilung von Wellenschwingungen zur Betriebsüberwachung rotierender Maschinen. Die Messungen erfolgen breitbandig, schmalbandige Methoden werden lediglich als Diagnosemittel skizziert, im Übrigen wird diesbezüglich auf DIN ISO 13373-1 verwiesen (Abschnitt 16.2.2.2). Aktuelle Tendenzen Die Definition der Grenzen, vor allem die Abgrenzung zwischen den Zonen A und B (Bild 16.4), ist anpassungswürdig. Durch ergänzende Formulierungen sollen die Grenzen zwar nicht geändert, aber mehr Spielraum für die Begründung von Abweichungen eingeräumt werden. Teil 4 über Gasturbinen, in dem vor allem Kriterien zur Schwingungsbeurteilung beim An- und Auslauf sowie bei transienten Betriebszuständen eine Rolle spielen, soll überarbeitet werden (bisher PWI beim ISO/ TC 108/ SC 2). Dadurch werden sich Anpassungen von Teil 2 und Teil 3 als notwendige Folge ergeben, die jedoch nicht vor Verabschiedung der Änderungen von Teil 4 als CD 101 erfolgen werden. Derzeit werden die Reihen DIN ISO 7919 und DIN ISO 10816 in eine gemeinsame Reihe DIN ISO 20816 eingearbeitet. 101 In Abschnitt 16.6 sind die Bedeutungen der Abkürzungen bei ISO-Dokumenten zusammengestellt 380 <?page no="395"?> DIN ISO 10817-1 [N.17] Messeinrichtung für die Schwingungen rotierender Wellen Teil 1: Erfassung der relativen und der absoluten Radialschwingungen Norm für eine Wellenschwingungs-Messeinrichtung nach DIN ISO 7919. Sie basiert auf der mittlerweile zurückgezogenen Norm DIN 45670 „Wellenschwingungs- Messeinrichtung; Anforderungen an eine Messeinrichtung zur Überwachung der relativen Wellenschwingung“. Teil 2 wird derzeit nicht weiterverfolgt. ISO 22266-1 [N.48] Beurteilung von Drehschwingungen Teil 1: Stationäre Dampf- und Gasturbinen-Generatorsätze über 50 MW Grundlage für die Beurteilung von Drehschwingungen. Diese werden durch die Normenreihen ISO 7919 und ISO 10816 nicht abgedeckt. 16.2.1.2 Schwingungen von nicht-rotierenden Bauteilen DIN ISO 10816 [N.8]-[N.16] Mechanische Schwingungen - Bewertung der Schwingungen von Maschinen durch Messungen an nicht-rotierenden Teilen Die Reihe läuft weitgehend parallel zu DIN ISO 7919 und wird dort auch für ergänzende Messungen und Beurteilung von Schwingungen zitiert. Sie ist in mehreren Teilen erschienen: Teil 1: Allgemeine Anleitungen Teil 2: Stationäre Dampfturbinen und Generatoren über 50 MW mit Nenn- Betriebsdrehzahlen von 1500 min -1 , 1800 min -1 , 3000 min -1 und 3600 min -1 Teil 3: Industrielle Maschinen mit Nennleistungen über 15 kW und Nenndrehzahlen zwischen 120 min -1 und 15000 min -1 bei Messungen am Aufstellungsort Teil 4: Gasturbinensätze mit Gleitlagern Teil 5 102 : Machine sets in hydraulic power generating and pumping plants Teil 6: Hubkolbenmaschinen mit Leistungen über 100 kW Teil 7: Kreiselpumpen einschließlich Wellenschwingungen Teil 8: Hubkolbenkompressoren Tei 21: Windenergieanlagen mit Getriebe Zu Teil 3 ist als Ergänzung die Richtlinie VDI 3836, „Messung und Beurteilung mechanischer Schwingungen von Schraubenverdichtern und Rootsgebläsen“ erschienen [N.59]. 102 Derzeit nur erschienen als ISO 10816-5 381 <?page no="396"?> Aktuelle Tendenzen Die Tendenzen laufen parallel mit denen von DIN ISO 7919, siehe Abschnitt 16.2.2.1. ISO 2954 [N.1] Anforderungen an Schwingstärkemessgeräte Diese Norm basiert auf der mittlerweile zurückgezogenen Norm DIN 45666 „Schwingstärkemessgerät - Anforderungen“. 16.2.2 Überwachung und Diagnose 16.2.2.1 Übergeordnete Dokumente Die übergeordneten Dokumente (umbrella documents) geben allgemeine Anleitungen, Begriffsdefinitionen und Hinweise auf alle einschlägigen Normenwerke. Sie sind als Einstiegsdokumente zu sehen und stehen prinzipiell auch über den Normen zur Betriebsüberwachung nach Abschnitt 16.2.1, obwohl letztere wegen ihrer Bedeutung ein Eigenleben führen. Bild 16.5: Übergeordnete Dokumente (umbrella documents) DIN ISO 17359 Zustandsüberwachung und Diagnostik von Maschinen Allgemeine Anleitungen DIN ISO 17359 Beiblatt 1: Erläuterungen zu Fachbegriffen ISO 13372: Condition monitoring and diagnostics of machines — Vocabulary 382 <?page no="397"?> DIN ISO 17359 [N.33] Zustandsüberwachung und -diagnostik von Maschinen - Allgemeine Anleitungen Einstiegsdokument für das Normenwerk Überwachung und Diagnose (umbrella document). Diese internationale Norm enthält allgemeine Anleitungen für die Zustandsüberwachung und -diagnostik von Maschinen. Sie ist als übergeordnetes Dokument einer Gruppe von Normen auf diesem Gebiet zu sehen. Sie beschreibt allgemeine Verfahren, welche bei der Erarbeitung von Programmen zur Zustandsüberwachung beliebiger Maschinen zu berücksichtigen sind und gibt Hinweise auf andere Normen und Dokumente. Einzelne Techniken werden in dieser Norm nur kurz vorgestellt mit Hinweis auf weitere Normen, die eine detaillierter Darstellung enthalten. DIN ISO 17359 Beiblatt 1 [N.34] Zustandsüberwachung und -diagnostik von Maschinen - Erläuterungen zu Fachbegriffen Sachlich gegliederte Definition von Begriffen mit den englischsprachigen Äquivalenten und Hinweisen auf die Normen, in denen sie definiert bzw. interpretiert sind. Dieses Beiblatt ist der internationalen Norm ISO 13372 vorzuziehen, da es auch Bezug auf die deutschsprachigen Dokumente enthält, Vollständigkeit und Aktualität bei Bezug auf andere Dokumente gewährleistet, die Begriffe aus ISO 13372 eingearbeitet sind ISO 13372 [N.18] Condition monitoring and diagnostics of machines - Vocabulary Wegen der Komplexität des Fachgebietes, der Vielfalt von Strategien und Zielsetzungen ist bei der Formulierung von Aufgabenstellungen, Lastenheften, Dokumentationen etc. auf präzise Begriffsdefinitionen großer Wert zu legen, um missverständliche Interpretationen zu vermeiden. Es besteht daher unbedingter Bedarf nach einer Norm dieses Inhalts. Nach Ansicht des NA 001-03-06-05 UA5 ‚Schwingungsüberwachung’ genügt diese Norm nicht den Ansprüchen, die auf diesem Sektor zu stellen sind. Einerseits ist der Bezug auf internationale Normen nicht vollständig und ist teilweise nicht auf aktuellem Stand, zum anderen ist die deutschsprachige Terminologie nicht hinreichend erfasst. In DIN ISO Normen sind gegenüber den entsprechenden ISO-Dokumenten keine sachlichen Unterschiede zugelassen. Da die Abweichungen zu umfangreich sind, um in einem Nationalen Vorwort abgedeckt zu werden, wurde stattdessen die Erstellung eines Beiblatts zur Norm DIN ISO 17359 mit Begriffsdefinitionen beschlossen [N.34]. Die Fachbegriffe aus ISO 13372 sind in dieses Beiblatt eingebracht. Da für den deutschsprachigen Bereich das Beiblatt zu DIN ISO 17359 diese ISO- Norm ersetzt, ist ISO 13372 in den folgenden Schemata nicht mehr berücksichtigt. 383 <?page no="398"?> 16.2.2.2 Schwingungsüberwachung Bild 16.6 zeigt in Verbindung mit den Umbrelladokumenten die Normen für die Technik der Schwingungsüberwachung. Im Zusammenhang des Buches von zentralem Interesse ist die Reihe DIN ISO 13373 über Schwingungsüberwachung, in weiterer Reihe sind Normen über die Auswahl von Parametern für umfassende Überwachungssysteme und über Fragen der Prognostik vorhanden. Bild 16.6: Normen für die Schwingungsüberwachung DIN ISO 17359 Zustandsüberwachung und Diagnostik von Maschinen Allgemeine Anleitungen DIN ISO 17359 Beiblatt 1 Erläuterungen zu Fachbegriffen TECHNIK DIN ISO 13373 Schwingungs- Zustandsüberwachung ISO 13381 Prognostics ISO 16079-1 Condition monitoring and diagnostics of wind turbines ISO 19860 Gas Turbines - trend monitoring systems 384 <?page no="399"?> DIN ISO 13373 [N.19]-[N.20] Zustandsüberwachung und -diagnostik von Maschinen - Schwingungs-Zustandsüberwachung Diese Normenreihe bildet das grundlegende Werk für die Schwingungsüberwachung und soll daher hier etwas eingehender vorgestellt werden. FolgendeTeile sind aktuell erschienen: Teil 1: Allgemeine Anleitungen Teil 2: Verarbeitung, Analyse und Darstellung von Schwingungsmesswerten Teil 3: Anleitungen zur Schwingungsdiagnose Teil 7: Diagnostik für Maschinensätze in Wasserkraft- und Pumpspeicheranlagen Teil 9: Diagnoseverfahren für Elektromotoren Weitere Teile sind in Vorbereitung (siehe Bild 16.7). Bild 16.7: Gliederung der Norm DIN ISO 13373 zur Schwingungs- Zustandsüberwachung (weitere Teile in Vorbereitung) DIN ISO 17359 Zustandsüberwachung und Diagnostik von Maschinen Allgemeine Anleitungen DIN ISO 17359 Beiblatt 1: Erläuterungen zu Fachbegriffen TECHNIK DIN ISO 13373 Schwingungs- Zustandsüberwachung ISO 13381 Prognostics ISO 16079-1 Condition monitoring and diagnostics of wind turbines ISO 19860 Gas Turbines - trend monitoring systems DIN ISO 13373 Schwingungs-Zustandsüberwachung Teil 1: Allgemeine Anleitungen Teil 2: Verarbeitung, Analyse und Darstellung von Schwingungsmesswerten Teil 3: Anleitungen zur Schwingungsdagnose Teil 4: Diagnostik für Dampf- und Gasturbinen mit Gleitlagern Teil 5: Lüfter und Gebläse Teil 6: Gasturbinen mit Wälzlagern Teil 7: Diagnostik für Maschinensätze in Wasserkraft- und Pumpspeicheranlagen Teil 8: Diagnostik für Industriepumpen Teil 9: Diagnoseverfahren für Elektromotoren Teil 10: Diagnostik für Generatoren Teil 11: Diagnostik für Getriebe 385 <?page no="400"?> Teil 1 gibt allgemeine Hinweise für Messung und Datengewinnung von Maschinenschwingungen zur Zustandsdiagnostik. Es werden Empfehlungen allgemeiner Natur gegeben. Teil 2 enthält Anleitungen für die Verarbeitung, Analyse und Darstellung der Schwingungsdaten. Die gebräuchlichsten Techniken für Schwingungs-Zustandsüberwachung, Schwingungsanalyse und Diagnostik sind beschrieben. Teil 3 gibt allgemeine Anleitungen zur Schwingungsdiagnose sowie Anleitungen zur Diagnose an Gleitlagern und Wälzlagern. Die folgenden Teile sind der Diagnostik bestimmter Maschinentypen gewidmet, siehe Bild 16.7. Noch nicht erschienene Teile sind im Bild kursiv und grau gedruckt). Teil 7 beschreibt die Diagnostik für Maschinensätze in Wasserkraft- und Pumpspeicheranlagen. Teil 9 beschreibt Diagnoseverfahren für Elektromotoren Bild 16.8: Normen zur Schwingungsüberwachung - Technik und Messung MESSUNG DIN ISO 17359 Zustandsüberwachung und Diagnostik von Maschinen Allgemeine Anleitungen DIN ISO 17359 Beiblatt 1: Erläuterungen zu Fachbegriffen TECHNIK DIN ISO 13373 Schwingungs- Zustandsüberwachung ISO 13381 Prognostics ISO 16079-1 Condition monitoring and diagnostics of wind turbines ISO 19860 Gas Turbines - trend monitoring systems DIN ISO 10817-1 Messeinrichtung für rotierende Wellen ISO 2954 Instruments for vibration severity 386 <?page no="401"?> 16.2.2.3 Normen zur Messtechnik DIN ISO 10817 ISO 2954 Die Normen betreffend Messtechnik wurden schon in Abschnitt 16.2.1 vorgestellt (Bild 16.8). 16.2.2.4 Gesamtkonzepte ISO 13379 [N.28] Condition monitoring - Dateninterpretation und Diagnoseverfahren. Bild 16.9: Gesamtkonzepte - Technik und Interpretation DIN ISO 17359 Zustandsüberwachung und Diagnostik von Maschinen Allgemeine Anleitungen DIN ISO 17359 Beiblatt 1: Erläuterungen zu Fachbegriffen TECHNIK DIN ISO 13373 Schwingungs- Zustandsüberwachung ISO 13381 Prognostics 16079-1 Condition monitoring and diagnostics of wind turbines ISO 19860 Gas Turbines - trend monitoring systems INTERPRETATION ISO 13379 Allgemeine Anleitungen zur Dateninterpretation und für Diagnoseverfahren Teil 1: Allgemeine Anleitungen Teil 2: Datenbasierte Verfahren 387 <?page no="402"?> Diese Norm beschreibt allgemeine Prozeduren und Strategien die geeignet sind, den Zustand einer Maschine ausgehend von einem Satz von Basisparametern zu bestimmen. Abweichungen von den Basiswerten und Vergleich mit Alarmkriterien werden verwendet, ein abnormales Verhalten anzuzeigen und Alarm auszulösen, was als Zustandsüberwachung bezeichnet wird. Darüber hinaus werden Prozeduren zur Identifizierung der Ursachen abnormen Verhaltens zur Unterstützung korrektiver Maßnahmen angegeben, was als Diagnose bezeichnet wird. Die Norm ist in zwei Teilen erschienen: Part 1: General guidelines Part 2: Data driven applications In Abgrenzung zu ISO 13373 geht dieses Dokument über die Schwingungsüberwachung hinaus und umfasst vor allem auch multivariate Verfahren. Es ist unter anderem als ein umfassendes Informations- und Nachschlagwerk für die Konzeption von Überwachungsanlagen, vor allem auch für die Auswahl und Entwicklung automatischer Systeme zu sehen. Siehe auch die Hinweise in Kapitel 13. ISO 13381 [N.30] Condition monitoring and diagnostics of machines - Prognostics - Part 1: General guidelines. Diese Norm befasst sich mit Prognosekonzepten, Alarm- und Abschaltschwellen. Sie behandelt auch Fragen einer multivariaten 103 Analyse (Multiple parameter analysis). ISO 16079 [N.31] - [N.32] Condition monitoring and diagnostics of wind turbines Die Norm ISO 16079 ist speziell der Diagnose an Windkraftwerken gewidmet. Sie wird in mehreren Teilen erscheinen, sodass neue Erkenntnisse in diesem sehr komplexen Gebiet laufend eingearbeitet werden können. Teil 1: General requirements. Es werden allgemeine Anleitungen entsprechend der Koplexität des Systems zusammengestellt. Teil 2 (in Vorbereitung): Detection of mechanical fault of the drive train. Behandelt die Erkennung mechanischer Fehler im Antriebsstrang. Weiter Teile bez. Gondel, Turm und Fundament sind geplant. 103 Multivariate Verfahren betrachten nicht nur eine Variable isoliert sondern das Zusammenwirken mehrerer Variabler zugleich, ihre Abhängigkeitsstruktur, siehe Abschnitt 13. 388 <?page no="403"?> ISO 19860 [N.44] Gas turbines - Data acquisition and trend monitoring system requirements for gas turbine installations. Umfassende Überwachungskonzepte für Gasturbinen, interessant vor allem im Hinblick auf Trendanalyse. Geht weit über die Schwingungsüberwachung hinaus. 16.2.2.5 Datenverarbeitung ISO 13374 [N.24]-[N.25] Condition monitoring and diagnostics of machines - Data processing, communication and presentation. Die Reihe ist bisher in drei Teilen erschienen. Sie wendet sich nicht unmittelbar an den Instandhaltungstechniker. Sie befasst sich im Wesentlichen mit den Formaten und Server/ Client Konzepten zur Datenübertragung basierend auf dem XML- Standard, was vor allem für vernetzte Systeme von Bedeutung ist. Die Datencodierung in objektorientierter Struktur ist beschrieben. Ziel der Norm ist die Erstellung von plattformunabhängigen Konzepten, die die Vernetzung von Systemen verschiedener Hersteller gewährleisten soll, siehe auch Abschnitt 12.4. 389 <?page no="404"?> 16.2.2.6 Training und Zertifizierung ISO 18436 [N.36]-[N.43] Condition monitoring and diagnostics of machines - Requirements for training and certification of personnel. Die bisher in 8 Teilen erschienene internationale Normenreihe befasst sich mit der Ausbildung und Zertifizierung auf dem Sektor Überwachung und Diagnose. Die spezifizierten Anforderungen sind umfangreich. So würde die Ausbildung entsprechend dem höchsten Level durchaus dem Niveau einer Technischen Universität. entsprechen. Andererseits genügen Studienabschlüsse an Hochschulen nicht den Voraussetzungen für die Zertifizierung von Personal nach DIN ISO 18436. Dazu sind eigens akktditierte Schulungen mit anschließender Prüfung in akkreditieren Schulungszenteren zwingend vorgeschrieben. Die entsprechenden Anforderungen sind ebenfalls in dieser Normenreihe festgelegt (Teil 1 und Teil 3). Bild 16.10: Technik und Datenkommunikation DATENVERARBEITUNG DIN ISO 17359 Zustandsüberwachung und Diagnostik von Maschinen Allgemeine Anleitungen DIN ISO 17359 Beiblatt 1: Erläuterungen zu Fachbegriffen TECHNIK DIN ISO 13373 Schwingungs- Zustandsüberwachung ISO 13381 Prognostics 16079-1 Condition monitoring and diagnostics of wind turbines ISO 19860 Gas Turbines - trend monitoring systems ISO 13374 Data processing, communication and presentation Part 1: General guidelines Part 2: Data processing Part 3: Communication Part 4: Presentation 390 <?page no="405"?> Zertifizierungen von Personal auf Basis dieser Norm sind bisher beim British Institute of Non-Destructive-Testing (BINDT) möglich, entsprechende Ausbildungen und Prüfungen werden von einigen Firmen angeboten. Die Installation einer Zertifizierung im deutschsprachigen Raum ist im Aufbau. Im Jahre 2016 wurde die Akkreditierung für die Kategorien I und II nach DIN ISO 18436-2 durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) erteilt. Für diverse Anwendungen (Überwachung von Windkraftwerken) sind solche Zertifizierungen bereits Voraussetzung. Es ist zu abzusehen, dass dieses Thema im Zuge steigender Globalisierung ebenfalls ansteigende Tendenz zeigen wird. Richtlinien für die Zertifizierung von Einrichtungen sind vorhanden [62], [63]. Bild 16.11: Technik, Training und Zertifizierung DIN ISO 17359 Zustandsüberwachung und Diagnostik von Maschinen Allgemeine Anleitungen DIN ISO 17359 Beiblatt 1: Erläuterungen zu Fachbegriffen TECHNIK DIN ISO 13373 Schwingungs- Zustandsüberwachung ISO 1 ISO 13381 Prognostics ISO16079-1 Condition monitoring and diagnostics of wind turbines ISO 19860 Gas Turbines - trend monitoring systems ZERTIFIZIERUNG DIN ISO 18436 Qualifizierung und Bewertung von Personal Teil 1: Anforderungen an Bewetungsstellen und Bewertungsvorgang Teil 2: Schwingungszustandsüberwachung Teil 3: Anforderungen an Ausbidlungsstellen und Ausbidlungsvorgang Part 4: Field dlubrichant systems Part 5: Lubricant laboratory technician/ analyst Part 6: Acoustic emission Part 7: Thermography Part 8: Ultrasound 391 <?page no="406"?> 16.3 VDI-Richtlinien Ergänzend zu den Normen sind VDI-Richtlinien als Arbeitsanweisungen zu betrachten. Sie sind in manchen Fällen auch Vorstufen späterer Normen, siehe Abschnitt 16.1.1. Als aktuelles Beispiel kann hier die Richtlinie VDI 3834 über die Überwachung von Windkraftanlagen dienen (siehe Abschnitt 16.4). Die Überwachungsaufgabe ist im Prinzip neuartig, da bei diesen Anlagen nicht nur maschineninduzierte Kräfte zu bewerten sind. So lange noch keine systematischen Erfahrungen vorliegen, können verbindliche Grenzwerte nicht angegeben werden. VDI-Richtlinien dienen hier als Sammelbecken für die von Herstellern und Betreibern gesammelten Erfahrungswerte. Die einschlägigen VDI-Richtlinien sind hier nicht weiter beschrieben, sie können dem Literaturverzeichnis entnommen werden. Den aktuellen Stand findet man auch auf den Webseiten der entsprechenden Gremien. 16.4 Laufende Projekte In diesem Abschnitt werden interessante einschlägige Projekte nach dem zum Zeitpunkt der 6. Auflage aktuellen Stand zitiert. Den neuesten Stand findet man auf der Webseite www.kolerus.de bzw. auf den Webseiten der zugehörigen Gremien, siehe Literaturverzeichnis. ISO/ WD 13373 Condition monitoring and diagnostics of machines - Vibration condition monitoring of machines. Für diese Normenreihe sind weitere Teile in Vorbereitung, siehe Abschnitt 16.2.2.2. ISO/ TR 19201 [74] Mechanical Vibration - Methodology for Selecting Appropriate Vibration Standards. In diesem Dokument (umbrella document) soll ein Überblick über Verfügbarkeit und Anwendung der verschiedenen ISO-Normen zum Thema Maschinenschwingungen gegeben werden. Anmerkung: Bei diesem Dokument handelt es sich um eine Technische Regel (TR), es hat also nicht den Rang einer ISO-Norm. Sie ist 2013-06 bereits erschienen. 392 <?page no="407"?> VDI 3834 Messung und Beurteilung der mechanischen Schwingungen von Windenergieanlagen und deren Komponenten. Der VDI/ NALS Ausschuss C 23 bearbeitet seit Anfang 2005 ein Richtlinienprojekt VDI 3834 über Windenergieanlagen. Die Richtlinie soll auf den Normen der Reihen DIN ISO 10816 und DIN ISO 7919 basieren. Blatt 1 ist 2009 erschienen Es ist geplant, die Richtlinie in insgesamt zwei Teilen zu erstellen und zwar Windenergieanlagen mit Getriebe, Windenergieanlagen ohne Getriebe. Bislang ist der erste Teil als Blatt 1 erschienen [N.58]. Blatt 2 ist noch in Arbeit. VDI 4550, Schwingungsanalysen - Verfahren und Darstellung Blatt 1: Begriffe und grundlegende Verfahren Blatt 2: Zeit-Frequenz-Analyse Blatt 3: Multivariate Verfahren Blatt 4: Strukturanalyse Blatt 1 der Richtlinie ist bereits erschienen, Blatt 3 steht unmittelbar vor der Verabschiedung als Entwurf, die übrigen Blätter sind in Vorbereitung. 16.5 Stellenwert der Normung Dieses Normenwerk, erarbeitet auf Basis von praktischen Erfahrungen in Industrie und Forschung, ist durch seinen umfassenden Charakter als erste Informationsquelle für die Konzipierung von Überwachungs- und Diagnosesystemen zu sehen. Der Bogen spannt sich dabei vom grundsätzlichen Strategiekonzept bis zum Entwurf automatischer, rechnergestützter Systeme. Die moderne Qualitätssicherung verlagert bei Vertragsabschluss die Qualitätsgarantie weitgehend vom gefertigten Produkt auf den Nachweis für die Produktionsmittel. Dem entsprechend ist der Schwingungsüberwachung eine weiter zunehmende Bedeutung zu prognostizieren, die Normung wird hier die Basis eines Qualitätssicherungssystems bilden (z. B. Überwachung von Werkzeugmaschinen). Umfassende und strukturierte Normenwerke können ganz allgemein bei Vertragsverhandlungen als Ausgangsdokument herangezogen werden. Auf Grund von Vollständigkeit, Unabhängigkeit und Aktualität werden dadurch Verhandlungsspielräume auf den sachlichen Kern fokussiert. Normen, Richtlinien und natürlich die zugehörigen Fachgremien bilden das Sammelbecken für Erfahrungen im Zusammenhang mit neuen Technologien. 393 <?page no="408"?> 16.6 Entwicklungsstufen einer ISO-Norm Tabelle 16.1: Entwicklungsstufen einer ISO-Norm Projektstufe Zugeordnetes Dokument Bezeichnung Abkürzung Approved Approved work item AWI Preliminary stage Preliminary work item PWI Proposal stage New work item proposal NP Preparatory stage Working draft(s) 1 WD Committee stage Committee draft(s) 1 CD Enquiry stage Enquiry draft 2 ISO/ DIS IEC/ CDV Approval stage Final draft international standard 3 FDIS Publication stage International standard ISO, IEC oder ISO/ IEC 1 diese Stufen können entfallen 2 Draft International Standard in ISO, Committee Draft for Vote in IEC 3 kann entfallen 394 <?page no="409"?> Literaturverzeichnis Zur Anpassung an die Neuauflage einerseits, aber auch zur Wahrung der Kontinuität wurde das Literaturverzeichnis auf folgende Weise strukturiert: Im ersten Block findet man diverse Weblinks, die zu weiteren Informationen führen. Der zweite Block mit Buchliteratur wurde nur leicht aktualisiert, enthält aber noch im Wesentlichen die ursprünglichen Zitate. Der Mittelblock enthält unverändert die Literaturzitate der vorgegangenen 3. Auflage. Im Anschluss wird neuere Literatur zur 4. - 7. Auflage zitiert. Der letzte Block enthält eine aktuelle Liste nationaler und internationaler Normen und Richtlinien. Weblinks [1] www.kolerus.de [2] www.mdmt.tuwien.ac.at/ [3] www.kfs.oeaw.ac.at [4] www.ni.com/ swf/ flv/ sawstop/ [5] Strategien der Signalanalyse. www.kolerus.de/ Strategien.pdf [6] www.kolerus.de/ Normung.htm Fachbücher [9] Broch, J.T.: Mechanical Vibration and Shock Measurement. Bruel & Kjaer, 1984. [10] Papoulis, A.: Signal Analysis. McGraw-Hill, 1977. [11] Bendat, J.S., Piersol, G.: Random Data - Analysis and Measurement Procedures, Wiley-Interscience, John Wiley and Sons Inc. [12] Bendat, J.S., Piersol, G.: Engineering Applications of Correlation and Spectral Analysis. Wiley-Interscience, John Wiley and Sons Inc. [13] Randall, R.B.: Frequency Analysis. Bruel & Kjaer. ISBN 87 87355 07 8 Tagungsberichte und Publikationen (3. Auflage) [14] GMR Bericht 1: Verfahren und Systeme zur technischen Fehlerdiagnose. VDI/ VDE-Gesellschaft für Mess- und Regelungstechnik, 1984. [15] VDI Bericht 568: Schwingungsüberwachung von Maschinen - Messung, Diagnose, zustandsorientierte Wartung. VDI Verlag 1985. 395 <?page no="410"?> [16] Neale, M.J., Woodley, B.J.: Condition Monitoring Methods and Economics. Bruel & Kjaer Application Note 16-054. [17] Downham, E., Woods, R.: The Rationale of Monitoring Vibration an Rota-ting Machinery in Continuously Operating Power Process Plant. Bruel & Kjaer Application Note 19-023. [18] Randall, R.B.: Efficient Machine Monitoring using an FFT Analyzer and Desktop Calculator. Bruel & Kjaer Application Note 18-212. [19] Maersk-Moeller, H.: Bearing Monitoring Equipment for Gear Driven Paper Machines. Bruel & Kjaer Application Note BO 0072-12. [20] Auswuchten betriebsmäßig montierter Rotoren. Bruel & Kjaer Application Note 1961. [21] Randall, R.B.: Cepstrum Analysis and Gearbox Fault Diagnosis. Bruel & Kjaer Application Note 233-80. [22] Herlufson, H.: Order Analysis Using Zoom FFT. Bruel & Kjaer Application Note 012-81. [23] Boyes, J.D.: Reciprocating Machinery Analysis with an FFT-Analyzer. Bruel & Kjaer Application Note 105-81. [24] Boyes, J.D.: Analysis Techniques for Gearbox Diagnosis using the High Resolution FFT Analyzer. Bruel & Kjaer Application Note 106-81. [25] Claessens, C.: Schwingungsmessungen als Mittel zur Wartungsplanung. Bruel & Kjaer Application Note BO 0109-11. [26] Zustandsabhängige Wartung bei der Zellulose- und Papierherstellung. Bruel & Kjaer Application Note BG 0114-11. [28] Kruger, W., Walter, M.: Benefits and Methods of Monitoring Large Steam Turbine Generators for Improved Availability. Scientific Atlanta Application Note, 1985. 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[N.38] DIN ISO 18436-3: Zustandsüberwachung und -diagnostik von Maschinen - Anforderungen an die Qualifizierung und Bewertung von Personal - Teil 3: Anforderungen an Schulungsstellen und den Schulungsvorgang. Ausgabe 2013-05. 402 <?page no="417"?> [N.39] ISO 18436-4: Condition monitoring and diagnostics of machines - Requirements for training and certification of personnel - Part 4: Field lubricant analysis. Ausgabe 2014-02. [N.40] ISO 18436-5: Condition monitoring and diagnostics of machines - Requirements for qualification and assessment of personnel - Part 5: Lubricant laboratory technician/ analyst. Entwurf 2012-11. [N.41] ISO 18436-6: Condition monitoring and diagnostics of machines - Requirements for training and certification of personnel - Part 6: Acoustic emission. Ausgabe 2014-02. [N.42] ISO 18436-7: Condition monitoring and diagnostics of machines - Requirements for qualification and assessment of personnel - Part 7: Thermography. Ausgabe 2014-04. [N.43] ISO 18436-8: Condition monitoring and diagnostics of machines - Requirements for training and certification of personnel - Part 8: Ultrasound. Ausgabe 2013-03. [N.44] ISO 19860: Gas turbines - Data acquisition and trend monitoring system requirements for gas turbine installations. Ausgabe 2005-03. [N.45] DIN ISO 20816-1: Mechanische Schwingungen - Messung und Bewertung der Schwingungen von Maschinen - Teil 1: Allgemeine Anleitungen (ISO/ DIS 20816-1: 2015). Entwurf 2015-12. [N.46] DIN ISO 20816-2: Mechanische Schwingungen - Messung und Bewertung der Schwingungen von Maschinen - Teil 2: Stationäre Gasturbinen, Dampfturbinen und Generatoren über 40 MW mit Gleitlagern und Nenndrehzahlen von 1 500 min ¹, 1 800 min ¹, 3 000 min ¹ und 3 600 min ¹ (ISO/ DIS 20816- 2: 2016). Entwurf 2016-10. [N.47] ISO 21289: Mechanical vibration and shock - Parameters to be specified for the acquisition of vibration data. Ausgabe 2008-03. [N.48] ISO 22266-1: Mechanische Schwingungen - Drehschwingungen bei rotierenden Maschinen - Teil 1: Stationäre Dampf- und Gasturbinensätze über 50 MW. Ausgabe 2009-05, Englisch. [N.49] DIN 45661: Schwingungsmesseinrichtungen - Begriffe. Ausgabe 2016-03. [N.50] DIN EN 61400-25-1: Windenergieanlagen - Teil 25-1: Kommunikation für die Überwachung und Steuerung von Windenergieanlagen - Einführende Beschreibung der Prinzipien und Modelle (IEC 61400-25-1: 2006). Ausgabe 2007-11. [N.51] VDI 2056: Beurteilungsmaßstäbe für mechanische Schwingungen von Maschinen. Ausgabe 1964-10, zurückgezogen 1997-07. [N.52] VDI 2059-1: Wellenschwingungen von Turbosätzen; Grundlagen für die Messung und Beurteilung. Ausgabe 1981-11, zurückgezogen. [N.53] VDI 2059-2: Wellenschwingungen von Dampfturbosätzen für Kraftwerke - Messung und Beurteilung. Ausgabe 1990-06, zurückgezogen 2002-03. [N.54] VDI 2059-3: Wellenschwingungen von Industrieturbosätzen; Messung und Beurteilung. 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[N.61] VDI 3839-2: Hinweise zur Messung und Interpretation der Schwingungen von Maschinen - Schwingungsbilder für Anregungen aus Unwuchten, Montagefehlern, Lagerungsstörungen und Schäden an rotierenden Bauteilen. Ausgabe 2013-01. [N.62] VDI 3839-4: Hinweise zur Messung und Interpretation der Schwingungen von Maschinen - Typische Schwingungsbilder bei Ventilatoren und Gebläsen für Gase. Ausgabe 2010-06. [N.63] VDI 3839-5: Hinweise zur Messung und Interpretation der Schwingungen von Maschinen - Typische Schwingungsbilder bei elektrischen Maschinen. Ausgabe 2001-09. [N.64] VDI 3839-6: Hinweise zur Messung und Interpretation der Schwingungen von Maschinen - Typische Schwingungsbilder bei Maschinensätzen in hydraulischen Kraftwerken. Ausgabe 2007-10. [N.65] VDI 3839-7: Hinweise zur Messung und Interpretation der Schwingungen von Maschinen - Typische Schwingungsbilder bei Pumpen. Ausgabe 2012. [N.66] VDI 3839-8: Hinweise zur Messung und Interpretation der Schwingungen von Maschinen - Typische Schwingungsbilder bei Kolbenmaschinen. Ausgabe 2004-06. [N.67] VDI 3841: Schwingungsüberwachung von Maschinen - Erforderliche Messungen. Ausgabe 2002-11. [N.68] VDI 4550, Schwingungsanalysen - Verfahren und Darstellung der Ergebnisse Blatt 1: Begriffe und grundlegende Verfahren Blatt 2: Zeit-Frequenz-Analyse Blatt 3: Multivariate Verfahren Blatt 4: Strukturanalyse 404 <?page no="419"?> Verwandte Normen und Richtlinien [N.69] ISO 2041: Mechanical Vibration and Shock and condition monitoring - Vocabulary. Ausgabe 2009-08. [N.70] ISO 18431-1: Mechanical Vibration and Shock - Signal Processing - Part 1: General Introduction. Ausgabe 2005-11. [N.71] ISO 18431-2: Mechanical Vibration and Shock - Signal Processing - Part 2: Time Domain Windows to Fourier Transform analysis. Ausgabe 2004-10. [N.72] ISO 18431-3: Mechanical Vibration and Shock - Signal Processing - Part 3: Methods of time-frequency analysis. Ausgabe 2014-03. [N.73] ISO 18431-4: Mechanical Vibration and Shock - Signal Processing - Part 4: Shock Response Spectrum Analysis. Ausgabe 2007-02. [N.74] ISO/ TR 19201: Mechanical vibration - Methodology for selecting appropriate machinery vibration standards. Ausgabe 2013-06. 405 <?page no="420"?> Sachregister Absolutschwingung...........................36 Acoustic Emission . Siehe Schallemission Acoustic Incipient Failure Detection164 AE..................... Siehe Acoustic Emission Aliasing .....................................98, 348 Amplitudenmodulation ....184, 364, 365 Analyse mit gleitendem Zeitfenster.125 Antialiasingfilter ..............................100 ASIC .................................................22 Bandbreite Diagnose.......................................67 optimale ................................68, 197 Überwachung........................67, 234 Wahl der richtigen .........................67 BCU ........... Siehe Bearing Condition Unit Bearing Condition Unit....................164 BeCOMS ................................174, 306 BeCOMS EM ..................................174 Beurteilung Lagerschwingungen ........7, 375, 380 Überschreitungen..................62, 238 Wellenschwingungen ......9, 375, 378 Biorthogonal ...................................371 Bodediagramm .......................255, 256 Breitbandpegel Berechnung.................................112 Campbelldiagramm ................255, 259 Cepstrum Definition .....................................198 Diagnose .................................... 228 Fehlererkennung ........................ 226 komplexes ...................200, 228, 353 Leistungscepstrum ......199, 200, 354 ZOOM ........................................ 222 Chancenverhältnis ....... Siehe Odds Ratio Cluster ............................319, 322, 324 Crestfaktor ..................................... 164 Datenlogger ............ Siehe Datensammler Datenprotokollierer . Siehe Datensammler Datenrekorder......... Siehe Datensammler Datensammler ................................. 16 dB Skalierung .................................. 63 Decimation................. Siehe Dezimation Demodulation ............................... 356 Deskriptor ...................................... 318 Dezimation..............................134, 313 Diagnose ....................................3, 137 Diagnosekarte.........................156, 160 Downsampling ........... Siehe Dezimation Drehzahlmessung.......................... 282 DSP ...................... Siehe Signalprozessor Dual Core ........ Siehe Mehrkernprozessor Dynamikbereich16, 62, 70, 73, 78, 233, 235, 367 effektive Bandbreite ...............Siehe FFT effektive Rauschbandbreite ..........Siehe effektive Bandbreite Effektivwert .............45, 46, 53, 56, 164 Eigensicherheit .................................. 4 406 <?page no="421"?> Energiedichte....................................47 Energy Spectral Density ............... Siehe Energiedichte Entfaltung .......................................350 Entscheidungsfunktion ...................324 ESS .......... Siehe Energy Spectral Density Faltung .....................................39, 350 Fehler Ausrichtfehler ..............................143 Diagnose.......................................40 Diagnosekarte.............................156 elektrische Maschinen.................152 Früherkennung............3, 37, 40, 141 Gleitlager.....................................147 Identifikation................................142 Lagerspiel ...................................147 magnetisch induzierte .................152 Unwucht ......................................143 Vermeidung von Folgeschäden ..175 Wälzlager ............................151, 162 Wellenriss ...................................143 Zahnradgetriebe..................156, 176 Fehlererkennung ........... Siehe Diagnose FFT Bandbreite.....................................95 Basisbandanalyse ...............128, 169 Berechnung von Breitbandpegeln ................................................112 Blocklänge ....................................95 Breitbandkorrektur ......................112 Definition .......................................42 Echtzeit .........................................97 effektive Bandbreite ............110, 112 Eigenschaften .............................346 Fensterkorrektur..........................106 Filtercharakteristik .......................107 Frequenzlupe ............................. 128 Gaußfenster ............................... 113 Hanningbewertung ..............104, 368 Hüllkurvenanalyse ...................... 172 Leakage ..................................... 101 Mittelung....................................... 97 Mittelung exponentiell ................ 122 Mittelung linear........................... 122 Mittelung mit gleitendem Zeitfenster ............................................... 125 Normierung des Zeitfensters ...... 106 Picket Fence Effekt .................... 110 Rechteckbewertung ................... 104 Schmalbandkorrektur ................. 106 Triggerung.................................. 116 Überlappung..........................97, 125 Übersteuerung ........................... 119 Unschärferelation ......................... 96 ZOOM ........................................ 128 Field Programmable Gate Array ...Siehe FPGA Filter Charakteristik ............................... 48 digitale.....................................15, 28 Durchlasscharakteristik ................ 41 Eigenschaften .............................. 38 Einschwingzeit ............................. 50 konstante Bandbreite ................... 49 konstante relative Bandbreite....... 50 mechanische ...........................13, 89 Fouriertransformation Ansatz ........................................ 342 Definition ...................................... 42 Eigenschaften ............................ 344 FPGA ....................22, 23, 28, 279, 313 Frequenzanalyse 407 <?page no="422"?> Analysatoren .................................95 Bedeutung.....................................37 hochauflösend.............................136 modellbasiert...............................136 Parameter .....................................95 Verfahren und Geräte ...................95 Frequenzmodulation ...............186, 364 Gabor Order-Tracking ....................283 Gaborentwicklung ...........................264 Gabortransformation...............264, 370 Gaboratome ................................264 Gaborgitter ..................................264 ganzheitlicher Ansatz .............317, 318 GDMS.............................................174 Geisterkomponenten ..............176, 179 Getriebe156, 162, 176, 210, 245, 267, 350, 392, 403 Gleitlager ................................147, 161 Grafische Programmierung...............18 Grenzwerte Cepstrum ....................................222 feste ....................................137, 391 Profilüberwachung ......................284 Trendanalyse ..............................247 Hanningfenster ...............................106 Health Index ...................................325 hermitisch .......................346, 354, 361 HFD ....... Siehe High Frequency Detection HFE ........Siehe High Frequency Emission High Frequency Detection ............ Siehe Spikeenergy High Frequency Emission............. Siehe Spikeenergie Methode Hilberttransformation ..............357, 364 HMI ........ Siehe Human Machine Interface Hüllkurvenanalyse ..........................167 Hüllkurvenanalyse ......................... 364 Human Machine Interface.........32, 317 Hysterese Whirl ............................. 147 IFD.....................Siehe Acoustic Incipient Industriegeräte....................17, 80, 308 Interharmonische ........................... 147 JTFA .....................................367, Siehe K(t)-Wert ........................................ 165 Kaskadendarstellung ..................... 255 Kaskadendiagramm....................... 257 Kepstrum ....................... Siehe Cepstrum Klassifikationsbäume ..................... 322 Kolbenmaschinen .......................... 287 Körperschall..................................... 36 Kosten-Nutzen-Analyse ................. 336 Kräfte innere ........................................... 39 Kurtosisverfahren........................... 165 Kurzzeit-Fouriertransformation .....Siehe STFT Lager ............ Siehe Gleitlager, Wälzlager Sanierung................................... 175 Lagerinstabilität.............................. 150 Leakage .........................349, Siehe FFT Leistungsdichte................................ 46 Logistische Regression.................. 323 Logit ............................................... 324 LR ............... Siehe Logistische Regression Luftschall ......................................... 35 Manycore-Prozessor.....................Siehe Mehrkernprozessor Maschinenfrequenzen ................... 179 Maskenspektrum ........................... 234 Mean Square .............Siehe Effektivwert Mehrkernprozessor.......................... 22 Merkmal ......................................... 318 408 <?page no="423"?> Merkmalraum ..............................319 Merkmalvektor ............................318 Mitlauffilter ......................................255 Mittelung Detektor ........................................52 Effektivwert ...................................53 exponentiell...................................53 FFT ...............................................53 linear .............................................53 quadratischer Mittelwert ................53 Spitzenwert ...................................53 Standardabweichung ....................56 Zeitbereich ..............................53, 57 Zeitbereichsmittelung ..................191 Modulationsindex............................186 Monitor .............................................33 Multicore-Prozessor...................... Siehe Mehrkernprozessor Multivariate Statistik........................318 multivariate Verfahren ............317, 387 Multivariate Verfahren ....................318 neuronale Netze .............................320 Nutzwertanalyse .....................327, 336 Nyquist-Diagramm ..................255, 256 Odds Ratio......................................323 Öl Whirl...........................................147 Ölfilm Whip .....................................147 Ölqualität ........................................306 Ölverschmutzung............................306 Order Tracking........................247, 267 digital ..........................................277 FPGA ..........................................279 Gabortransformation ...........266, 283 Resampling .................................279 Vold-Kalman-Filter ......................281 Ordnungsanalyse.. Siehe Order-Tracking Overlap ..................... Siehe Überlappung Oversampling................................. 278 Paarweiser Vergleich ..................... 338 Parallelsysteme ............................... 19 Performanz .................................... 325 Phasor ........................................... 281 Picket Fence Effekt........................ 110 Picket-Fence-Effekt ................136, 349 Power Spectral Density ................Siehe Leistungsdichte Profilüberwachung ......................... 284 Programmable Automation Controller ..............................................29, 317 Pruning .......................................... 322 PSD ........... Siehe Power Spectral Density Quad Core ....... Siehe Mehrkernprozessor Random Forest Statistik ................ 323 RCFA .... Siehe Root cause failure analysis Rechnerbasierte Systeme ........16, 233 Relativschwingung........................... 36 RF............. Siehe Random Forest Statistik RMS.................. Siehe Root Mean Square Root Cause Failure Analysis.......... 175 Run-out ............................................ 71 Schallemission............................... 174 Schiffsmaschinen........................... 306 Schwebung ...................................... 56 Schwingungen amplitudenmoduliert ................... 184 deterministisch ............................. 56 frequenzmoduliert ...................... 186 periodisch................................43, 56 quasiperiodisc .............................. 43 selbsterregte .......................147, 260 stationär ....................................... 43 409 <?page no="424"?> stochastisch ............................43, 56 transient ........................................43 Schwingungsanalyse Einführung.....................................35 Schwingungsaufnehmer Anschlusskabel .............................82 Beschleunigungsaufnehmer..........73 Dynamikbereich ............................78 elektrodynamisch ..........................71 Empfindlichkeit ..............................76 Erdschleifen ..................................93 Frequenzbereich ...........................76 Industrietypen ...............................80 Kalibrierung...................................93 Messgröße ....................................69 mit Vorverstärker...........................93 Montage ........................................82 piezoelektrisch ..............................73 Querempfindlichkeit ......................81 Schwinggeschwindigkeit ...............71 Störgrößen ....................................89 TEDS ............................................93 triboelektrischer Effekt ..................91 Übertragungscharakteristik ...........77 Übertragungsfaktor .......................77 Wegaufnehmer .............................70 Wirbelstromaufnehmer..................70 SEE .......... Siehe Spectral Emitted Energy SEE-KennwertSiehe Spectral Emitted Energy Seitenbandmuster Asymmetrie .................................190 Selbstorganisierende Netze............321 Self Organizing Map ..................... Siehe Selbstorganisierende Netze Signal Enhancement.....................Siehe Zeitbereichsmittelung Signalprozessor ........................22, 135 Skalogramm................................... 255 SOM .... Siehe Selbstorganisierende Netze Spectral Emitted Energy ................ 174 Spektrenvergleich Maskenspektrum........................ 234 Probleme.................................... 234 Spektrogramm ................255, 259, 370 Spektrum Amplitudenmaßstab ..............62, 233 Beurteilung ................................... 62 Darstellung ................................... 57 Frequenzmaßstab .................64, 234 konstante Bandbreite ................... 64 konstante relative Bandbreite64, 235 reeller Zeitsignale....................... 345 Spikeenergie-Methode................... 164 Spitzenhaltigkeit...........Siehe Crestfaktor SPM ................ Siehe Stoßimpulsmessung Standardabweichung ................56, 122 STFT.......................................262, 369 Stoßimpulsmessung ...................... 163 Stress Wave Analysis .................... 174 Stress Wave Energy ...................... 174 StresswellenanalyseSiehe Stress Wave Analysis Stützvektormaschine ..................... 324 Subharmonische............................ 147 Super Resolution Spectral Analysis136 Support Vector Machine ............... Siehe Stützvektormaschine SVM .............. Siehe Stützvektormaschine SWAN ...........Siehe Stress Wave Analysis SWE ............... Siehe Stress Wave Energy 410 <?page no="425"?> synchrone Mittelung ..................... Siehe Zeitbereichsmittelung TEDS Transducer Electronic Data Sheet 93 Toleranzgrenzen.............................238 Trendanalyse......................3, 140, 247 TVDFTSiehe Zeitvariate Fouriertransformation Überlappung .......................... Siehe FFT Überwachung .....................................3 Bandbreite.....................................67 breitbandig ..............................6, 137 intermittierende ...............................4 permanente.....................................4 Unschärferelation .....................52, 349 UrsachenanalyseSiehe Root cause failure analysis Very High Speed Integrated Circuit Hardware Description Language ....................................... Siehe VHDL VHDL ................................................28 VISiehe Virtuelle Instrumente Virtuelle Instrumente.........................17 Vold-Kalman Filter ..........................281 Vorbeugende Wartung .......................5 Wahrscheinlichkeitsbasierte Beurteilung..................................319 Wälzlager151, 160, 162, 163, 226, 234, 238 Wartung Fahren bis zum Bruch .................... 4 vorbeugend .................................... 5 zustandsabhängig .......................... 4 Wasserfalldarstellung .............255, 257 Watchdog Agent ............................ 325 Wavelet-Transformation ................ 267 Wellenschwingung....................... 8, 36 Whip ......................... Siehe Ölfilm Whip Whirl ............................... Siehe Öl Whirl Windenergieanlagen.......392, 397, 403 WT ............Siehe Wavelet-Transformation Zahneingriffsschwingung ............... 176 Zahnradgetriebe ..............Siehe Getriebe ZeitbereichsmittelungSiehe Mittelung Zeitbereich Zeitbewertung ..................Siehe Leakage Zeit-Frequenz-Analyse ........Siehe JTFA Zeitsignal analytisches ............................... 362 Zeitvariate Fouriertransformation... 280 Zentroid ......................................... 321 Zustandsabhängige Wartung............. 4 Zustandsänderung........................... 63 Zustandssignatur ....................318, 325 Zustandsvektor .............................. 321 411 <?page no="426"?> Dieses bekannte Buch mit seiner praxisnahen Darstellung der Maschinenüberwachung und Schwingungsdiagnose erscheint nunmehr in seiner siebten, aktualisierten Auflage. Im Hintergrund steht die Organisation einer zustandsabhängigen und kostenoptimierten Instandhaltung; andere Einsatzgebiete wie Qualitätskontrolle oder Produktionssicherung werden ergänzend vorgestellt, Aspekte der Wirtschaftlichkeit kommen ebenfalls ergänzend zur Sprache. Großer Wert ist vor allem auf eine gut verständliche Einführung in dieses vielfältige Fachgebiet gelegt. Der Anspruch an die mathematischen und physikalischen Kenntnisse bewegt sich dabei im Rahmen technischen Allgemeinwissens. Das durchgehende Konzept einer Abstützung auf plausible physikalische Zusammenhänge kann auch dem erfahrenen Experten einiges an neuen Erkenntnissen liefern. Hinsichtlich Messtechnik und Analyseverfahren ist der Inhalt auf dem aktuellsten Stand, ohne dass dabei der Anschluss an die Grundlagen verloren geht. Verfahren wie Zeit-Frequenz-Analyse oder multivariate Methoden werden hier in überschaubarer Weise vorgestellt. Eine wertvolle Ergänzung stellt der ausführliche und aktuelle Überblick über einschlägige Normen und Richtlinien dar, um deren steigender Bedeutung speziell auf diesem Gebiet Rechnung zu tragen. Auch interessante laufende Projekte wie die Richtlinie VDI 4550 werden bereits mit einbezogen. Mit der mitgelieferten Entwicklungsumgebung LabVIEW 2016 und der auf der CD-ROM enthaltenen Auswertessoftware VIiSAStudent lässt sich jeder Standard-PC zu einem virtuellen Analysator erweitern, auf dem die erworbenen Kenntnisse ausgetestet und vertieft werden können. Inhalt: Ziele und Konzepte einer Maschinenüberwachung - Schwingungsanalyse: Verfahren und Messsysteme - Fehlererkennung und Diagnose - Wirtschaftlicher Nutzen - Mathematischer Hintergrund - Normen und Richtlinien - Begleit-CD für ein virtuelles Messgerät (PC) - Testdatenbank Rezensionen: »Ein wertvolles Hilfsmittel für jeden, der mit Hilfe der heute verfügbaren leistungsfähigen Softwarewerkzeuge auf eigene Faust versuchen will, tiefer in das Metier einzudringen, eigene Werkzeuge zu generieren, eigene Strategien zu entwickeln.« Werk & Technik »Das durchgehende Konzept einer Abstützung auf plausible physikalische Zusammenhänge kann auch dem erfahrenen Experten einige neue Erkenntnisse liefern.« VDI-Z Die Interessenten: - Fach- und Führungskräfte in Instandhaltung, technischer Diagnose und Automatisierung - Entwickler von Messsystemen - Studenten des Maschinenbaus Die Autoren: Dr. Josef Kolerus: Honorarprofessor an der Technischen Universität Wien, Obmann des Arbeitskreises Schwingungs- und Zustandsüberwachung von Maschinen und -anlagen im NALS/ VDI sowie des Arbeitskreises VDI GPP FA627 (VDI 4550, Schwingungsanalyse - Verfahren und Darstellung der Ergebnisse); Gründungsobmann des Fachausschusses FA SZ zur Zertifizierung von Personal zur Schwingungs-Zustandsüberwachung Prof. Dr. Johann Wassermann: Technische Universität Wien, Institut für Mechanik und Mechatronik ISBN 978-3-8169-3377-9 9 783816 933779 www.expertverlag.de 79 Kolerus / Wassermann · Zustandsüberwachung von Maschinen Josef Kolerus Johann Wassermann Zustandsüberwachung von Maschinen Das Lehr- und Arbeitsbuch für den Praktiker 7., aktualisierte Auflage Mit 257 Bildern und 7 Tabellen Enthält 1 CD-ROM 79 Edition 2016 Mit CD-ROM 3377-9_Kolerus_Ed_es_79_U_16 09.12.16 11: 51 Seite 1
