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Energieeffiziente Nebenaggregate

Schlüsselkomponenten für energetisch optimierte Fahrzeuge

0330
2017
978-3-8169-8389-7
978-3-8169-3389-2
expert verlag 
Uwe Meinig

Der Themenband vermittelt einen aktuellen Einblick über den Stand der Technik auf dem Gebiet der Nebenaggregate und deren Antriebskonzepte und beleuchtet absehbare Aufgabenstellungen für die kommenden Jahre. Am Beispiel einer Auswahl wichtiger Nebenaggregate im Fahrzeug werden Konzepte und technische Lösungen erläutert und bewertet und die jeweiligen Entwicklungstrends aufgezeigt. Neben den Wirkungsgraden von Motor und Antriebsstrang, den Fahrzeugmassen und den Luftwiderständen haben auch die verschiedenen Nebenaggregate im Fahrzeug einen wesentlichen Einfluss auf die Kraftstoffverbräuche der Pkw. Weltweit verschärfte Grenzwerte zu den Kraftstoffverbräuchen bzw. zu den CO2-Emissionen, aber auch gesetzliche Vorgaben, Verbräuche und Emissionen stärker an den realen Fahrbetriebsbedingungen im Feld zu messen, machen in den kommenden Jahren wesentliche entwicklerische Anstrengungen in der Fahrzeugentwicklung erforderlich. Hiervon sind auch sämtliche Nebenaggregate betroffen. Auf bewährte Weise mechanisch angetriebene Nebenaggregate werden daher zunehmend für einen bedarfsgerechten Betrieb ausgelegt und stellen bereits heute vielfach im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Relation sehr vorteilhafte Lösungen dar. Unter Anderem durch die aktuellen Trends zu Start-Stopp-Konzepten, Hybridantrieben und elektrisch angetriebenen Pkw - auch in Verbindung mit höheren Bordnetzspannungen - ergeben sich weiter veränderte Randbedingungen für die Auslegung und den Antrieb der Nebenaggregate. Um hier zielgerichtet verbesserte Lösungen zu erarbeiten, erweist es sich als lohnend, sowohl Ursachen und Einflussgrößen auf die Kraftstoffverbräuche näher zu beleuchten, als sich auch mit dem aktuellen Entwicklungsstand und den spezifischen Vor- und Nachteilen mechanischer und elektrischer Nebenaggregateantriebe zu befassen. Bezogen auf elektrische Nebenaggregateantriebe sind dabei neben den Elektromotoren zukünftige Bordnetzkonzepte mit höheren Spannungen und die zugehörigen Generatoren von besonderem Interesse. Inhalt: Gesetzliche Anforderungen zur CO2-Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten - Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen - Kettenantriebe von Nebenaggregaten - Riemenantriebe von Nebenaggregaten - Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten - 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen - Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren - Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb - Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen: Ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards - Kühlmittelhauptpumpen: Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb - Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte - Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge

<?page no="1"?> Uwe Meinig und 25 Mitautoren Energieeffiziente Nebenaggregate <?page no="3"?> Dr.-Ing. Uwe Meinig und 25 Mitautoren Energieeffiziente Nebenaggregate Schlüsselkomponenten für energetisch optimierte Fahrzeuge Mit 165 Bildern und 3 Tabellen Haus der Technik Fachbuch Band 145 Herausgeber: Prof. Dr. Werner Klaffke · Essen <?page no="4"?> Bei der Erstellung des Buches wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem lassen sich Fehler nie vollständig ausschließen. Verlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Autoren dankbar. © 2017 by expert verlag, Wankelstr. 13, D -71272 Renningen Tel.: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 0, Fax: + 49 (0) 71 59 - 92 65 - 20 E-Mail: expert@expertverlag.de, Internet: www.expertverlag.de Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. ISBN 978-3-8169-3389-2 Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / www.dnb.de abrufbar. Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http: / / www.dnb.de <?page no="5"?> Haus der Technik Fachbuch Herausgeber der Reihe Prof. Dr. Werner Klaffke Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Hauses der Technik e.V. Die Konkurrenzfähigkeit einer rohstoffarmen Volkswirtschaft hängt ganz wesentlich vom Faktor „Wissen“ ab. Verbunden mit kreativem Gestaltungswillen wird aus Wissen Kompetenz. Kompetenzvermittlung ist der zentrale Aspekt des Hauses der Technik, die weit über 80 Jahre schon praxisorientiert und disziplinenüberschreitend durch Tagungen, Symposien, Seminare und Workshops qualitativ hochstehend dargestellt wird. Damit arbeiten wir an den Grundlagen für neue Produkte und Dienstleistungen, deren Vermarktung zu Innovationen und damit zu Wertschöpfung führen. Mehr als 70% der erfolgreichen Innovationen, ob inkrementell oder radikal, entstehen aus der Verknüpfung häufig bereits bekannter Elemente, weshalb es geradezu essentiell ist, akademische Schubladen zu verlassen und die Elemente der Kompetenzen intelligent und bedarfsorientiert zu kombinieren. Das geschieht in branchenübergreifenden Innovationsnetzwerken und Technologieclustern, die sich in neuen Wertschöpfungsketten zusammenfinden. Neue Elemente der Netzwerkbildung belebt durch die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt gesellen sich zu den traditionellen Informationsquellen, zu denen auch die vorliegende Publikation gehört. Die bewährten Haus der Technik Fachbücher befassen sich mit den wichtigen Themen der Technik, der Wirtschaft und angrenzender Gebiete, wie Medizintechnik, Biotechnik und neue Medien. Das Beste, das oft mühsam und mit viel Aufwand von den Veranstaltungsreferenten zusammengetragen wurde, wird damit einem größeren Fachpublikum zugänglich gemacht. Die Haus der Technik Fachbücher dienen den Teilnehmern als nützliches Nachschlagewerk und anderen Interessenten beim Selbststudium zu beruflichem Nutzen und Erfolg. <?page no="7"?> Vorwort Die Technik der Pkw-Antriebe befindet sich derzeit in einer Phase des massiven Umbruchs. Wesentliche Treiber dieser Entwicklung sind die strengen gesetzlichen Forderungen zur Reduzierung der CO 2 -Emissionen auf den wichtigen Märkten, verbunden mit der Vorgabe, Verbräuche und Emissionen stärker an den realen Fahrbetriebsbedingungen im Feld zu messen. Das Bestreben die lokalen Abgasschadstoffemissionen in städtischen Ballungsräumen zu verringern, gekoppelt an die Erwartung, die durch den Straßenverkehr bedingten CO 2 -Emissionen wesentlich zu reduzieren, bildet zudem den Hintergrund für die aktuelle Förderung der Hybridisierung und Elektrifizierung von Pkw durch verschiedene Regierungen. Neben den Wirkungsgraden von Motor und Antriebsstrang, den Fahrzeugmassen und den Luftwiderständen besitzen auch die verschiedenen Nebenaggregate und deren Antriebe einen wesentlichen Einfluss auf die Kraftstoffverbräuche der Pkw und bieten ein entsprechendes Potential zur Erfüllung der CO 2 -Reduzierungsziele. Auf bewährte Weise mechanisch angetriebene Nebenaggregate werden daher in weiter zunehmendem Umfang für einen bedarfsgerechten Betrieb ausgelegt und stellen bereits heute vielfach, im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Relation, sehr vorteilhafte Lösungen dar. Unter anderem durch die aktuellen Trends zu Start-Stopp-Konzepten, Hybridantrieben und elektrisch angetriebenen Pkw - auch in Verbindung mit höheren Bordnetzspannungen - ergeben sich weiter veränderte Randbedingungen, aber auch neue Optionen für die Auslegung und den Antrieb der Nebenaggregate. Um hier zielgerichtet verbesserte Lösungen zu erarbeiten, ist es zweckmäßig, sowohl Ursachen und Einflussgrößen auf die Kraftstoffverbräuche näher zu beleuchten, als sich auch mit dem aktuellen Entwicklungsstand, den Potentialen und den spezifischen Vor- und Nachteilen mechanisch und elektrisch angetriebener Nebenaggregate zu befassen. Bezogen auf elektrische Nebenaggregateantriebe sind dabei neben den Elektromotoren auch zukünftige Bordnetzkonzepte mit höheren Spannungen und die zugehörigen Generatoren von besonderem Interesse. Die Frage nach der Zweckmäßigkeit von mechanischen oder elektrischen Antrieben für Nebenaggregate, wie auch die Wahl eines eigentlichen Nebenaggregatekonzepts lässt sich nicht generell beantworten. Vielmehr muss für jedes einzelne Nebenaggregat, basierend auf den jeweiligen spezifischen Anforderungen und Randbedingungen bei Berücksichtigung der Systemkosten, eine optimale Lösung gefunden werden. Diese Aussage wird für eine Auswahl wichtiger Nebenaggregate im Fahrzeug untermauert, indem beispielhaft Konzepte sowie technische Lösungen erläutert und bewertet, wie auch die jeweiligen Entwicklungstrends für die kommenden Jahre aufgezeigt werden. <?page no="8"?> Die Erstellung von Fachbeiträgen neben der eigentlichen beruflichen Tätigkeit stellt insbesondere für Fachleute mit Führungsposition eine wesentliche zusätzliche Belastung dar, die in der Regel auch wesentliche Abstriche hinsichtlich der Freizeit erfordert. In diesem Sinne richtet sich ein herzlicher Dank an alle Autoren, die durch ihr Engagement zum Gelingen dieses Buchs beigetragen haben. Ein besonderer Dank gilt auch Frau Anita Koranyi vom expert verlag sowie Frau Heike Spreter-Krick und Herrn Thomas Ehni vom Haus der Technik für die angenehme und zielorientierte Zusammenarbeit. Bad Schussenried im März 2017 Dr.-Ing. Uwe Meinig <?page no="9"?> Inhaltsverzeichnis Vorwort 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten............................................................................. 1 Helge Jahn 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen ........................... 14 Klaus Rhode-Brandenburger 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten ........................................................ 27 Thomas Fink 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten / Belt Drive Systems for Accessory Drives ................................................... 46 Hermann Schulte, Manfred Bonkowski, Tim Fiss 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten ................................. 61 Johannes Helmich 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen / 48V-Auxiliary Drive Concept for Future Engine Architectures ..................... 74 Wolfgang Schöffmann, Helfried Sorger, Franz Zieher 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren ... 95 Jürgen Boss, Rüdiger Schroth, Ronny Bruch 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb ...... 107 Uwe Meinig 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards........................................ 131 Thomas Körfer, Herrmann-Josef Laumen, Patrick Hoppe, Werner Bick, Ralf Blum, Johannes Scharf 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb ....................................................................................... 154 Uwe Meinig, Dominik Baur 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte ............................................................................................ 171 Stefan Münz 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge......................................................................................... 190 Sebastian May, Björn Fagerli, Marcus Podack, Hans Joachim Schröder Die Autoren ............................................................................................................ 204 <?page no="11"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten Helge Jahn Abstract The member states of the international community have adopted strict targets for the reduction of greenhouse gas emissions during the climate negotiations in Paris and Marrakesh (2015 and 2016) in order to limit climate change. Climate policy has a particular interest in the reduction of CO 2 emissions from transport since those CO 2 emissions continue to rise worldwide. In addition to traffic avoidance and shifting away from roads as well as switching to renewable, climate-neutral energy sources and alternative propulsion systems, CO 2 fleet limit values for new passenger cars are currently a very important instrument to put vehicles that are more efficient into the market. Thus, CO 2 limit values constitute an important aspect regarding climate protection. Additionally, because of the resulting lowered end-use energy of road traffic it will be easier to switch to post-fossil fuels. This also reduces dependence on oil. In important global automotive markets, like Europe, USA, China and Japan, there will be significant tightening of CO 2 legislation for passenger cars. The European Union (EU) is adopting a leading role with the worldwide strictest CO 2 fleet targets of 95 grams per kilometer for new passenger cars up to 2021. By comparison, Japan will reduce average CO 2 emissions of the new car fleet to 122 grams per kilometer and China to 117 grams per kilometer by 2020. The USA is planning to reach a CO 2 target of 97 grams per kilometer in 2025. Regarding climate protection, not only standard CO 2 emissions are relevant but also those emitted under real driving conditions. All too often, however, these emissions are substantially different from the values determined in the test cycle. Therefore, regulating the efficiency of newly registered passenger cars will be necessary in the future which takes into account the actual energy consumption. Kurzfassung Im Rahmen der Klimaverhandlungen in Paris und Marrakesch (2015 und 2016) haben die Staaten der Weltgemeinschaft strenge Ziele zur Verminderung des Treibhausgasausstoßes beschlossen, um damit den Klimawandel zu begrenzen. Ein besonderer Fokus der Klimapolitik liegt auf die Minderung der CO 2 -Emissionen des Verkehrs, da hier die CO 2 -Emissionen weltweit immer weiter ansteigen. Neben der Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung und dem Umstieg auf erneuerbare, klimaneutrale Energieträger und alternative Antriebe sind CO 2 - Flottengrenzwerte für neue Pkw derzeit ein ganz wesentliches Instrument, um effizientere Fahrzeuge in den Markt zu bringen und damit zentral zum Klimaschutz beizutragen. Außerdem wird es durch den resultierenden geringeren Endenergieverbrauch des Straßenverkehrs einfacher, auf postfossile Energieträger umzustellen. Zudem wird dadurch die Abhängigkeit vom Öl verringert. In wichtigen globalen Kraftfahrzeugmärkten, wie Europa, USA, China und Japan finden in den kommenden Jahren deutliche Verschärfungen im Rahmen der Fort- 1 <?page no="12"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten schreibung der CO 2 -Gesetzgebung für Personenkraftwagen (Pkw) statt. Die Europäische Union (EU) nimmt, mit den strengsten CO 2 -Flottenzielwerten von 95 Gramm pro Kilometer für neue Pkw bis zum Jahr 2021, weltweit eine Vorreiterrolle ein. Im Vergleich dazu sollen bis zum Jahr 2020 die durchschnittlichen CO 2 -Emissionen der Neuwagenflotte in Japan auf 122 Gramm pro Kilometer und in China auf ca. 117 Gramm pro Kilometer sinken. Erst im Jahr 2025 will die USA ein CO 2 -Ziel von 97 Gramm pro Kilometer erreichen. Für den Klimaschutz sind jedoch nicht die Norm-CO 2 -Emissionen sondern die Emissionen im realen Fahrbetrieb auf der Straße relevant. Diese weichen oft deutlich von den im Prüfzyklus bestimmten Werten ab. Deshalb wird künftig eine Effizienzregulierung von neu zugelassenen Pkw notwendig, die den realen Energieverbrauch berücksichtigt. 1 Hintergrund Um die Ende 2015 in Paris beschlossenen globalen Klimaschutzziele zu erreichen, muss der Verkehr weltweit einen angemessenen Beitrag zur Minderung der Treibhausgas-Emissionen leisten. In der Europäischen Union (EU) beispielsweise nehmen aber der Verkehr und damit die Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs immer weiter zu. Sogar ohne die stark wachsenden internationalen Verkehre „Seeschifffahrt“ und „Luftverkehr“, ist der Transportbereich innerhalb der EU der einzige Sektor, in dem die Treibhausgas-Emissionen (gemessen als CO 2 eq) des Jahres 2014 das Niveau vom Jahr 1990 mit rund 20 % deutlich überschreiten. Technische Effizienzverbesserungen wurden durch einen höheren Verkehrsaufwand überkompensiert (Bild 1). Bild 1: CO 2 eq-Emissionen des Verkehrs in Europa von 1990-2014 [1] 2 <?page no="13"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten Der Weltwirtschaftsrat für Nachhaltige Entwicklung (WBCSD) geht von einer weltweiten Verdopplung der Treibhausgas-Emissionen des Verkehrs im Zeitraum vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2050 aus. Auf den Straßenverkehr entfällt der mit Abstand größte Anteil aller Treibhausgas-Emissionen innerhalb des Verkehrssektors. Insbesondere Pkw und schwere Nutzfahrzeuge verursachen hierbei die meisten Emissionen, gefolgt vom Flugverkehr (Bild 2). Bild 2: Globale prognostizierte Entwicklung der CO 2 eq-Emissionen verschiedener Verkehrsträger von bis zum Jahr 2050 [2] 1.1 Handlungsdruck Klimaschutz Das im Jahr 2015 verabschiedete Übereinkommen von Paris sieht eine Begrenzung der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau vor. Dieses Begrenzungsziel soll gravierende Folgen des Klimawandels vermeiden. Hierzu zählen Veränderungen in funktionalen Zusammenhängen im Erdsystem, wie Zirkulationsmuster in der Atmosphäre und im Ozean sowie in der Biosphäre mit weiteren Folgen für die landwirtschaftliche Erzeugung, die wirtschaftliche Produktion und die geopolitische Stabilität [3]. Bei der UN-Klimakonferenz in Marrakesch im November 2016, dem 12. Treffen zum Kyoto-Protokoll, verabschiedeten 196 Staaten sowie die Europäische Union (EU) die „Proklamation von Marrakesch“. Mit größtmöglichem politischem Einsatz soll gegen die weltweite Klimaerwärmung vorgegangen und die Ziele des UN- Klimaschutzabkommens von Paris „vollständig“ umgesetzt werden. Im Rahmen der Klimaverhandlungen hat die EU mit den Intended Nationally Determined Contributions (INDCs) ihr aktuelles Ziel zur Verminderung des Treibhausgasausstoßes bis zum Jahr 2030, eine Reduktion um mindestens 40 % gegenüber dem Jahr 1990, vorgelegt. Darüber hinaus gaben die USA die Zusage, ihre Treibhausgas- Emissionen bis zum Jahr 2025 um 26 bis 28 % unter den Stand vom Jahr 2005 zu reduzieren. China will spätestens im Jahr 2030 den Gipfel seiner Treibhausgas- 3 <?page no="14"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten Emissionen erreicht haben. Deutschland hat sich, ebenso wie die EU, zum Ziel gesetzt, seine Treibhausgasemissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts gegenüber dem Jahr 1990 um 80 bis 95 % zu reduzieren. Gleichzeitig wird betont, dass die EU und Deutschland das Ziel der Netto-Null-Emissionen, das im Klimaabkommen von Paris auf globaler Ebene für die zweite Hälfte des Jahrhunderts angestrebt wird, frühzeitig erreichen müssen. In den nächsten Jahren sind deshalb dringend weitere konkrete und ambitioniertere Dekarbonisierungsstrategien der einzelnen Länder notwendig, um die Klimaschutzziele von Paris einhalten zu können. Für den Straßenverkehr wurde sich bei der Klimakonferenz in Marakesch dafür ausgesprochen, dass die letzten mit fossilen Brennstoffen betriebenen Fahrzeuge vor dem Jahr 2035 verkauft werden [4]. Mit dem im November 2016 im Kabinett verabschiedeten Klimaschutzplan der Bundesregierung wurde erstmal ein Treibhausgasminderungsziel für den Verkehr von 40-42 % bis zum Jahr 2030 gegenüber dem Jahr 1990 beschlossen. Aus der Tatsache, dass aktuell das nationale Emissionsniveau gegenüber dem Jahr 1990 nahezu unverändert ist, lässt sich ablesen, wie ambitioniert dieses Ziel ist und das dessen Umsetzung tiefgreifende Maßnahmen notwendig macht [5]. Darüber hinaus zeigen die Verkehrsprognosen für die Zukunft sowohl national als auch global steigende Verkehrsleistungen im Personen- und insbesondere im Güterverkehr. 1.2 Minderung der CO 2 -Emissionen im Verkehr Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass elektrische Antriebe mit direkter Nutzung von erneuerbar erzeugtem Strom, die zentrale Strategie für einen klimafreundlichen Verkehrssektor ist. Biokraftstoffe werden nach Einschätzung des Umweltbundesamtes, aufgrund begrenzter nachhaltiger Potenziale, der zu bevorzugenden stofflichen Nutzung und den mit dem Anbau verbundenen negativen Umweltwirkungen, langfristig keine nennenswerte Rolle im Verkehr spielen. In Bereichen, in denen eine direkte Elektrifizierung technisch schwierig oder nicht kosteneffizient ist, ermöglichen synthetische strombasierte Kraftstoffe auf Basis von erneuerbar erzeugtem Strom eine treibhausgasneutrale Energieversorgung des Verkehrs. Die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung dieser sogenannten Energiewende im Verkehr ist jedoch die Verkehrswende. Denn durch einen geringeren Endenergieverbrauch resultierend aus Verkehrsvermeidung, -verlagerung und Effizienzverbesserung wird es leichter und kosteneffizienter, den Verkehr auf postfossile Energieträger umzustellen. Eine Energiewende im Verkehr und eine Verkehrswende müssen daher Hand-in-Hand gehen. Die CO 2 -Flotten-Grenzwerte für neue Pkw sind derzeit ein wichtiges Instrument, um effizientere Fahrzeuge mit höheren Wirkungsgraden und geringeren CO 2 -Emissionen im Markt zu etablieren und damit zur Verkehrswende und indirekt auch zur Energiewende im Verkehr beizutragen. 2 CO 2 -Gesetzgebung für Pkw weltweit China gehört in der Zwischenzeit zum wichtigsten „Automobilbauland“ der Welt. Im Jahre 2014 hat China rund 23,8 Mio. Pkw produziert, mehr als doppelt so viel wie die USA mit etwa 11,7 Mio. Pkw. Japan mit ca. 9,8 Mio. Pkw und Deutschland mit etwa 4 <?page no="15"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten 5,9 Mio. Pkw sind ebenfalls weltweit führende Automobil-Produktionsstandorte (Bild 3). Bild 3: Automobilproduktion im Jahr 2014 in Mio. nach Angaben der OICA [6] In den wichtigen Automärkten China, USA, Europa und Japan finden in den kommenden Jahren deutliche Verschärfungen der CO 2 -Gesetzgebung statt (Bild 4). Bild 4: Künftig strengere CO 2 -Flottenzielwerte in den relevanten Märkten [7] In der EU und den meisten anderen Ländern ist das durchschnittliche Fahrzeuggewicht eines Herstellers maßgeblich für den spezifischen CO 2 -Zielwert des Herstellers. Demnach dürfen schwerere Fahrzeuge mehr Kraftstoff verbrauchen und CO 2 emittieren als leichtere. Der absolute Zielwert bleibt davon jedoch unberührt. In den USA, Canada, Mexiko und Saudi Arabien basiert der herstellerspezifische Faktor auf der Fahrzeugaufstandsfläche F = Spurbreite * Radstand („Footprint“). Zudem gibt es Unterschiede in der Struktur der Regulierung, den Zielvorgaben, der Ausgestaltung von Sanktionen und Sonderregelungen sowie den Fahrzyklen für die Messung von Emissionen (Bild 5). 0 5 10 15 20 25 Volksrepublik China Japan Südkorea Mexiko Spanien Russland Frankreich 5 <?page no="16"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten Bild 5: Übersicht der internationalen CO 2 -Gesetzgebungen bzw. Kraftstoffverbrauchsziele [7] Die den Regulierungen zu Grunde liegenden Fahrzyklen variieren deutlich in der durchschnittlichen Geschwindigkeit, der maximalen positiven und negativen Beschleunigung sowie der Häufigkeit von Beschleunigungen und Verzögerungen. Neben dem Fahrzyklus selbst, spielen auch die Rahmenbedingungen der Testprozedur eine entscheidende Rolle. Als Anhaltspunkt bezüglich der Zyklen gilt, dass in der Regel starkes und häufiges Beschleunigen zu höheren Verbrauchswerten im Test führt. So liegen die CO 2 -Emissionen beim japanischen Zyklus JC08 im Durchschnitt über den Werten vom Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), wobei deren Werte wiederum über den Ergebnissen vom kombinierten „Corporate Average Fuel Economy (CAFE)"-Verfahren der USA liegen. Zur besseren Gegenüberstellung der CO 2 - und Verbrauchszielwerte der einzelnen Länder wurden diese auf Basis der unterschiedlichen nationalen Normen der Emissionsbzw. Verbrauchsmessung vom International Council on Clean Transportation (ICCT) mit einer Simulationsmethodik in die übersichtliche Darstellung auf NEFZ-Äquivalente überführt (Bild 6). 6 <?page no="17"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten Bild 6: Weltweiter Vergleich der CO 2 -Gesetzgebung im NEFZ nach ICCT (2014) [8] Die strengsten CO 2 -Flottenzielwerte von 95 bzw. 97 Gramm pro Kilometer, die mit Hilfe der derzeit beschlossenen Regelung erreicht werden sollen, weisen Europa, Südkorea, die USA und Kanada auf. Nach Beschluss durch die United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) wird im Jahr 2017 eine neue Testprozedur „Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure“ (WLTP) mit dem entsprechenden Fahrzyklus (WLTC) in der EU den NEFZ als Grundlage zur Ermittlung der CO 2 -Emissionen, des Kraftstoff- und Stromverbrauches sowie der limitierten Schadstoffemissionen ablösen. Dieser Fahrzyklus legt weltweit einheitliche Bedingungen und Prüfzyklen zur Messung des Normverbrauchs, der CO 2 - und Schadstoffemissionen fest. Die EU, Japan und Indien werden das von der UNECE entwickelte Verfahren als erste adaptieren [9]. 2.1 Europäische Union Das EU-Parlament hat am 23. April 2009 die Verordnung (EG) Nr. 443/ 2009 verabschiedet, welche die verbindlichen Rahmenbedingungen der CO 2 -Gesetzgebung in Europa darstellt. Es wird ein gewichtsbasierter Zielwert für alle neu zugelassenen Pkw von 130 g CO 2 / km für das Jahr 2015 festgelegt, der gemäß der Verordnung (EG) Nr. 715/ 2007 und ihrer Durchführungsvorschriften im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) gemessen wird. Die Zielvorgabe für die spezifischen Emissionen in einem Kalenderjahr wird als Durchschnitt der spezifischen CO 2 -Emissionen jedes neuen in der EU zugelassenen Personenkraftwagens eines Herstellers berechnet. Zwischen 2012 und 2015 wurden mit Hilfe eines vierstufigen Flotten-Phase-in bei den Fahrzeugflotten der einzelnen Hersteller oder -pools Anteile berücksichtigt. Der 7 <?page no="18"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten Zielwert von 130 g CO 2 / km galt beispielsweise im Jahr 2012 für 65 % der Flotte, ab dem Jahr 2015 zu 100 %. Die Hersteller oder der Hersteller-Pool brauchte(n) bisher keine Abgaben wegen Emissionsüberschreitung 1 zahlen. Im Jahr 2015 lag der Wert bereits bei 120 g/ km, also unterhalb von 130 g/ km im Flottendurchschnitt der EU [10]. Die Verordnung (EG) Nr. 443/ 2009 wurde mit der Verordnung (EU) Nr. 333/ 2014 im März 2014 novelliert. Ab dem Jahr 2020 gilt danach ein Zielwert von 95 g CO 2 / km, der zunächst von 95 Prozent der Neuwagen eingehalten werden muss; ab dem Jahr 2021 gilt dieser dann für die gesamte Flotte. Es gibt derzeit von Seiten der EU-Kommission noch keine offiziellen Vorschläge für konkrete CO 2 -Flottenzielwerte nach dem Jahr 2021. Nach aktuellem Diskussionsstand ist jedoch davon auszugehen, dass am Grundprinzip der herstellerspezifischen Grenzwerte festgehalten werden soll. 2.2 USA In den USA werden CO 2 -Emissionen bereits seit 1975 indirekt über die Kraftstoffeffizienz in „miles per gallon" (mpg) durch den sogenannten „Corporate Average Fuel Economy (CAFE)" Standard reglementiert. Unter den CAFE-Standard fallen alle sogenannten Light-Duty Vehicles (LDV), welche Passenger Cars und Light-Duty Trucks (LDT) unter einem zulässigen Gesamtgewicht von 3.856 kg einschließen. Für LDT, per Definition neben leichten Nutzfahrzeugen auch alle geländegängigen Fahrzeuge wie Pick-Ups und Sport-Utility-Vehicle (SUV), gelten dabei abgeschwächte Zielvorgaben. Sogenannte Passenger Cars (PC), also alle Pkw nach europäischem Verständnis mit Ausschluss von Geländewagen, müssen schärfere Vorschriften einhalten. Bei einer Unterschreitung der CAFE-Vorgabe müssen vom Hersteller Strafzahlungen entrichtet werden. Die National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA), die Teil des US- Department of Transportation (DOT) ist, setzt die Verbrauchszielwerte fest. Die Environmental Protection Agency (EPA) ist für die Erhebung des durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchs der Herstellerflotten zuständig. Grundlage ist der CAFE- Fahrzyklus mit 55 % Stadt- und 45% Highway-Anteil und die Fahrzeugaufstandsfläche. Jedes Fahrzeug bekommt, abhängig von seiner Größe, eine CO 2 -Zielvorgabe und eine Zielvorgabe für die Kraftstoffeffizienz zugewiesen. Darauf basierend werden für jeden Hersteller individuelle, nach Produktionsvolumina gewichtete, Flottenzielwerte berechnet. Diese wurden zwischen 2012 und 2016 zunehmend schärfer (Bild 7). 1 Die Abgabe sollte pro Gramm überschrittenes CO2 nach der Formel „Überschreitung x Anzahl neuer Personenkraftwagen x Abgabe“ mit den folgenden Sätzen in dem betreffenden Jahr berechnet werden: • 2012: 0 Euro • 2013: 35 Euro • 2014: 60 Euro und • 2015: 95 Euro 8 <?page no="19"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten Bild 7: US-CO 2 -Flottenzielwertkurven 2012-2016 [11] Für Passenger Cars soll durch die EPA-Regulierung bis zum Jahr 2016 für die USA ein CO 2 -Flottendurchschnitt in Höhe von 224 g/ mi entsprechend 38 mpg im US- Fahrzyklus erreicht werden. Dies entspricht einem CO 2 -Ausstoß von ca. 160 g/ km nach dem europäischen Fahrzyklus (NEFZ). Bis zum Jahr 2025 hat die USA das CO 2 -Ziel von 97 g/ km NEFZ äquivalent, was dem EU-Flotten-Ziel für 2021 nahe kommt (Bild 6). 2.3 China China hat bereits im Jahr 2005 Verbrauchsgrenzwerte in l/ 100 km auf Basis des NEFZ eingeführt, um seine Abhängigkeit vom Erdöl zu senken und ausländische Hersteller mit fortschrittlicher Technologie zur Teilnahme am chinesischen Markt zu ermutigen. Von der Regelung sind Pkw, Jeeps und Mehrzweck-Vans betroffen, die insgesamt nach der EU-Fahrzeugklasse M1 definiert werden, d.h. nicht mehr als neun Sitzplätze haben. Gewerbefahrzeuge und Pick-Ups fallen nicht unter diese Regelung. Die Grenzwerte werden, wie in Japan, nach dem Leergewicht des Fahrzeugs gestaffelt, jedoch nicht in neun, sondern in 16 Stufen und in vier Phasen eingeführt (siehe Bild 8). 9 <?page no="20"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten Bild 8: CO 2 -Flottenzielwertkurven für Pkw in China [12] 10 <?page no="21"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten Für das Jahr 2015 lag das CO 2 -Flotten-Ziel bei 6,9 l/ 100 Km und zum Jahr 2020 werden 5,0 l/ 100 Km angestrebt, was einem CO 2 -Ausstoss von ca. 117 g/ km entspricht (Bild 6). 2.4 Japan Die japanische Regierung führte im Jahr 1999 das “Top Runner Program” auf Basis des Energiespargesetzes ein. Es setzt Grenzwerte für eine Palette von Produkten, die während der Nutzungsphase Energie verbrauchen. Darunter fallen beispielsweise Fernsehgeräte, Kühlschränke und auch Autos. Die Fahrzeuge werden nach Gewicht und auch nach Kraftstoffart unterteilt. Basis für die Grenzwertgestaltung war das energieeffizienteste Modell, das ein Jahr vor der Entwicklung der Standards auf dem Markt erhältlich war und deren Technik von anderen Herstellern in zumutbarem Aufwand übernommen werden konnte. So entstanden die in Bild 9 aufgeführten Flottenzielwerte in km/ l basierend auf dem japanischen Zyklus JC08. Bis zum Jahr 2020 sollen die durchschnittlichen CO 2 -Emissionen der Neuwagenflotte in Japan auf 122 g/ km NEFZ äquivalent verringert werden (Bild 6). Bild 9: CO 2 -Flottenzielwertkurven für Pkw in Japan [13] Die Durchsetzung der Flottenzielwerte unterliegt dem Amt für Natürliche Ressourcen und Energie. Jede Firma, die Autos in Japan herstellt oder importiert, muss kurz nach Ablauf des Zieljahres einen Fragebogen über die im letzten Jahr gefertigten Fahrzeuge (Anzahl, Energieeffizienz etc.) beantworten. Zudem werden kontinuierlich Modellkataloge gesammelt, um die Herstellerangaben zu bestätigen. Anreize zur Einhaltung der Grenzwerte soll das sogenannte shameand-fame Prinzip geben. Falls die erlangten Ergebnisse zeigen, dass besonders stark von den Grenzwerten abgewichen wird und ein Bedarf an Verbesserung der Energieeffizienz besteht, geben der Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie sowie der Minister für Land, Infrastruktur und Transport dem betroffenen Hersteller An- 11 <?page no="22"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten regungen, seine Technik zu verbessern. Falls das immer noch nicht wirkt, wird der Hersteller öffentlich dazu aufgefordert. 3 Unterschied zwischen Zykluswerten und Realverbrauch Bei realem Fahrbetrieb kommt es in der Regel zu höheren Verbräuchen als bei Messungen auf dem Rollenprüfstand im NEFZ. Die Ursache hierfür liegt vor allem darin, dass bei der Fahrt auf der Straße die Fahrgeschwindigkeit oft über 120 km/ h liegt und die Klimaanlage und anderen Nebenverbraucher genutzt werden. Zudem werden die mit der Stromerzeugung verbundenen CO 2 -Emissionen beim Ladestrom von Elektrofahrzeugen und Plug-In-Hybriden bei der Messprozedur des NEFZ für die Typgenehmigung nicht bilanziert. Demnach haben reine batterieelektrische Fahrzeuge keine CO 2 -Emissionen und extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge deutlich geringere CO 2 -Emissionen als konventionelle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Das International Council on Clean Transportation (ICCT) hat Statistiken verschiedener Länder Europas mit einer Analyse von insgesamt mehr als einer Millionen Fahrzeuge ausgewertet und kommt zu dem Fazit, dass die Differenz zwischen NEFZ- Wert und dem realen Verbrauch auf der Straße bei neu zugelassenen Fahrzeugen in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Im Jahr 2015 liegt diese laut ICCT im Mittel bei einem Mehrverbrauch im realen Fahrbetrieb von 42 % gegenüber dem Normverbrauch gemessen im NEFZ [14]. Die Zunahme der Differenz zwischen Norm- und Realverbrauch bei Neufahrzeugen konterkariert das Ziel der CO 2 - Gesetzgebung, eine konsequente Verbrauchs- und CO 2 -Minderung der Pkw- Neuwagenflotte zu erreichen. Denn für den Klimaschutz sind die CO 2 -Emissionen im realen Fahrbetrieb auf der Straße relevant. Es ist für die Klimaschutzpolitik notwendig, dass Verbrauchs- und CO 2 -Werte standardisiert ermittelt werden können (beispielsweise auf dem Rollenprüfstand). Nur so können verbindliche Normverbrauchsbzw. CO 2 -Flottengrenzwerte gesetzlich festgelegt werden. Allerdings ist es zwingend erforderlich, dass Verschärfungen dieser Werte auch real zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs und der Treibhausgasemissionen des Verkehrs führen. Die Festlegung künftiger Flottengrenzwerte ist jedoch politisch schwierig und nimmt viel Zeit in Anspruch. Erfüllen diese Grenzwerte dann im realen Fahrbetrieb nicht die Erwartungen, werden die Energieeffizienzpotentiale der Pkw nur unzureichend genutzt und die Einhaltung der Klimaschutzziele gefährdet. Daher ist es notwendig, künftig die Norm- und Realverbräuche wieder deutlich anzunähern. Durch die neue Testprozedur „Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure“ (WLTP) und dem entsprechenden Fahrzyklus (WLTC) sollen zukünftig realere Fahrbedingungen abgebildet werden. Hierbei wurden aus Sicht des Umweltbundesamtes zwei wesentliche Probleme jedoch nicht gelöst. Der Energieverbrauch der Klimaanlagen und die Berücksichtigung der CO 2 -Emissionen bei der Stromerzeugung für den Ladestrom werden auch bei der neuen Messprozedur des WLTC nicht bilanziert. Aus Klimaschutzsicht wäre deshalb künftig eine Effizienzregulierung von neu zugelassenen Pkw anzustreben, die den realen Energieverbrauch berücksichtigt. Vorschläge zur Bewertung und Regulierung des Energieverbrauchs werden in der vom Umweltbundesamt beauftragten und vom Institut für Energie- und Umwelt- 12 <?page no="23"?> 1 Gesetzliche Anforderungen zur CO 2 -Emission von Pkw auf den wichtigen Märkten forschung Heidelberg (IFEU) durchgeführten Studie „Konzept zur zukünftigen Beurteilung der Effizienz von Kraftfahrzeugen“ dargelegt [15]. Literatur [1] Drahtbericht: Sitzung der Ratsarbeitsgruppe "Landverkehr" am 25. November 2016, Mitteilung der Kommission: Eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität [2] Weltwirtschaftsrat für Nachhaltige Entwicklung (WBCSD), 2004 (http: / / www.wbcsd.org/ ) [3] UBA 2013: http: / / www.umweltbundesamt.de/ themen/ klima-energie/ klimafolgenanpassung/ folgen-des-klimawandels/ klimamodelle-szenarien#textpart-1 und http: / / www.umweltbundesamt.de/ themen/ an-den-klimawandel-anpassen-fuerfrieden [4] UN-Klimakonferenz in Marrakesch, vom 7. bis 18. November 2016 in Bab Ighli: https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ UN-Klimakonferenz_in_Marrakesch_2016 [5] Klimaschutzplan 2050. Klimapolitische Grundsätze und Ziele der Bundesregierung. http: / / www.bmub.bund.de/ fileadmin/ Daten_BMU/ Download_PDF/ Klimaschutz/ kl imaschutzplan_2050_entwurf_bf.pdf (27.09.2016) [6] https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Wirtschaftszahlen_zum_Automobil [7] VDA-Folien zum internationalen Vergleich der CO 2 -Regularien bei Pkw, erhalten 12/ 2016 [8] ICCT, 2014: http: / / www.theicct.org/ blogs/ staff/ improving-conversions-betweenpassenger-vehicle-efficiency-standards [9] Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure (WLTP): https: / / www2.unece.org/ wiki/ pages/ viewpage.action? pageId=2523179 [10] ICCT, 2016: EUROPEAN VEHICLE MARKET STATISTICS, S. 5 http: / / www.eupocketbook.org/ wpcontent/ uploads/ 2016/ 11/ ICCT_Pocketbook_2016_Web_PDF.pdf [11] Ika, 2012: CO 2 -Reduktionspotenziale bis 2020, Abschlussbericht https: / / www.bmwi.de/ BMWi/ Redaktion/ PDF/ Publikationen/ Studien/ co2reduzierungspotenziale-bei-pkw-bis-2020abschlussbericht,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf [12] ICCT, 2014 http: / / www.theicct.org/ sites/ default/ files/ infotools/ pvstds/ China_PVstds-facts_dec2014.pdf [13] ICCT, 2015 http: / / www.theicct.org/ sites/ default/ files/ infotools/ pvstds/ Japan_PVstds-facts_jan2015.pdf [14] ICCT, 2015: FROM LABORATORY TO ROAD http: / / www.theicct.org/ sites/ default/ files/ publications/ ICCT_LaboratoryToRoad_2 015_Report_English.pdf [15] UBA, 2013 http: / / www.umweltbundesamt.de/ publikationen/ konzept-zurzukuenftigen-beurteilung-der-effizienz 13 <?page no="24"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen Klaus Rohde-Brandenburger Abstract Auxiliary units in a vehicle are necessary to fulfil the requirements concerning function and comfort. Each unit needs power from the combustion engine and so it is also partly responsible for the fuel consumption and the CO 2 emission. The Calculation of the impact of their power demand on fuel consumption is very difficult in the early phase of development, because the supplier companies don´t have access to the specific engine map of fuel consumption. These maps show the effective efficiency of the engine, which is very different for different types of engines. The differential efficiency however is nearly constant. Using this fact, a simplified fuel consumption model is developed for gasoline and diesel engines. Its fuel reduction values can be used to estimate the impact of every driving resistance or every additional power demand on fuel consumption also when no specific efficiency map is available . Kurzfassung Nebenaggregate sind in jedem Fahrzeug unverzichtbare Komponenten für die gewünschten Funktionen bezüglich Antrieb und Komfort. Gesetzliche Vorgaben, steigende Komfortansprüche und neue anspruchsvolle Techniken erfordern immer häufiger veränderte oder neue Nebenaggregate. Jedes Nebenaggregat benötigt aber auch eine Antriebsleistung vom Antriebsaggregat und ist somit am Verbrauch und an der CO 2 -Emission des Fahrzeugs beteiligt. Bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor wird die Vorausberechnung dieses Verbrauchsanteils meist als schwierig bis unmöglich angesehen, denn das für eine Vorausberechnung üblicherweise notwendige Verbrauchskennfeld liegt in der frühen Entwicklungsphase noch nicht vor. Mit Hilfe eines vereinfachten Motor-Verbrauchs-Modells stellt dieser Beitrag den Konstrukteuren aller Fachbereiche von Fahrzeugherstellern und Zulieferern ein Werkzeug zur Verfügung, dass es erlaubt, auch ohne Kenntnis des Verbrauchskennfeldes die Höhe der Mehrverbräuche durch erhöhte Widerstände aller Art zuverlässig abzuschätzen. 1 Einleitung Die europäische CO 2 -Gesetzgebung schreibt eine verbindliche Reduktion der CO 2 - Flottenemission auf 130 g/ km vor und ab 2020/ 2021 sinkt dieser Wert sogar auf 95 g/ km. Bei Nichteinhaltung der Flottenemissionsvorgaben drohen dem Fahrzeughersteller Strafzahlungen bis zu einer Höhe von 95 €/ gCO 2 pro verkauftem Fahrzeug. Dadurch bekommt die Vermeidung von CO 2 -Emissionen für die Hersteller eine nie dagewesene monetäre Bedeutung. Für die Entwicklung von neuen Fahrzeugen ist deshalb nun auch ein penibles CO 2 -Controlling zwingend erforderlich. Die Konstrukteure und Bauteilentwickler aller Fachbereiche müssen sich darüber im Klaren sein, 14 <?page no="25"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen dass sie alle für die CO 2 -Emission und den Verbrauch des Fahrzeugs mitverantwortlich sind. Entweder sind es Antriebsleistungen von Nebenaggregaten, Reibleistungen aller Art, Stromverbräuche und Luftwiderstände oder mindestens die Widerstände durch die Bauteil-Masse, die vom Antriebsaggregat bedient werden müssen. Die verursachergerechte Aufteilung des Kraftstoffverbrauchs ist daher in der frühen Entwicklungsphase ein Schlüsselthema für die effiziente und kostenoptimale Entwicklung von neuen Komponenten. Ein Motor-Verbrauchskennfeld als detailliertes Zahlenwerk, das für Verbrauchsberechnungen verwendet werden kann, existiert nur bei den jeweiligen Motorherstellern. Für die Zulieferer stehen am Ende einer Entwicklung manchmal Verbrauchskennfelder aus Veröffentlichungen zur Verfügung. Diese Grafiken in Form der typischen Muscheldarstellung geben aber nur einen qualitativen Eindruck wieder und sind als Eingangsgröße für ein Berechnungsprogramm nicht geeignet. Und selbst wenn ein Zulieferer mit viel Glück an genauere Zahlen gelangen würde, wäre es zu spät, denn das Fahrzeug ist zu diesem Zeitpunkt schon in Serie. 2 Motor-Verbrauchsmodell Das seit über hundert Jahren in der Lehre der Verbrennungsmotoren bekannte Verbrauchskennfeld zeigt die Linien des konstanten spezifischen Verbrauchs b e in der Einheit g/ kWh in einem Diagramm mit dem Drehmoment oder dem effektiven Mitteldruck als Ordinate und der Drehzahl als Abszisse. Es zeigen sich bei jedem Motor die typischen muschelförmigen Linien, die den geringsten spezifischen Verbrauch stets im Bereich etwa der halben Nenndrehzahl und kurz unter der Volllast ausweisen. Bild 1 zeigt ein Beispiel für einen Otto-Saugmotor. Bild 1: Verbrauchskennfeld eines Otto-Saugmotors 15 <?page no="26"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen Verschiedene Motortypen haben aufgrund ihrer individuellen Konstruktionsmerkmale natürlich auch jeweils ein individuelles Verbrauchskennfeld. Aber selbst gleiche Motoren derselben Baustufe haben aufgrund von Fertigungsstreuungen oder unterschiedlichen Laufleistungen Unterschiede in der Reibleistung, die zu unterschiedlichen Verbrauchskennfeldern führen. Es besteht daher immer eine gewisse Unsicherheit, ob man auch mit einem repräsentativen Kennfeld arbeitet. Berechnungsingenieure haben deshalb das Problem, für die frühe Phase der Entwicklung an belastbare Verbrauchskennfelder zu kommen. Absolute Verbrauchsergebnisse werden üblicherweise erst auf Basis von Kennfeldern der seriennahen Baustufen anerkannt. Für die Entwicklung und Entscheidung von Verbrauchsmaßnahmen in der frühen Projektphase stellt sich aber häufig nur die Frage nach einem Differenzverbrauch für eine Differenzarbeit. Dafür wurde bereits 1996 in [1] ein pragmatischer Ansatz entwickelt, der mit einem vereinfachten Motor-Verbrauchsmodell die Frage beantwortet, mit welchem Mehrverbrauch ein bereits laufender Motor auf eine Änderung der Leistungsanforderung reagiert. In [2] wurde gezeigt, dass dieser Ansatz auch für heutige Motoren weiterhin gültig ist. Die folgende Ausarbeitung zeigt, wie dieses Modell für die Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen eingesetzt werden kann. 2.1 Kennfelddarstellung in Willans-Form Die herkömmliche Kennfelddarstellung ist für Motorexperten ein geeignetes Hilfsmittel, die Leistungsfähigkeit von verschiedenen Motoren miteinander vergleichen zu können. Ein möglichst hoher Drehmomentverlauf bei unteren Drehzahlen, die Höhe des maximalen Drehmoments und ein möglichst flach verlaufenden Abfall des Drehmoments bei hohen Drehzahlen sind wichtige Kenngrößen, die die Aggregatequalität bezüglich der Leistungsfähigkeit gut beschreiben. Gerne wird auch eine eventuell große "Muschel" mit dem geringsten spezifischen Verbrauch als Indiz dafür gesehen, dass dieses Aggregat auch im Verbrauch deutliche Vorteile aufweist. Leider hat das aber für den praktischen Verbrauch von Fahrzeugen keine Aussagekraft, weil man im realen Fahrzeugleben nur äußerst selten in diesem Betriebspunkt fährt. Die Schädlichkeit einer zu hohen Drehzahl auf den Verbrauch eines Fahrzeuges wird in einem Motorkennfeld nicht auf den ersten Blick deutlich. Der relativ flache Verlauf der unteren "Muschellinien" über der Drehzahl weist vorwiegend auf den schlechten Wirkungsgrad bei niedriger Motorlast hin, nicht aber sofort und offensichtlich auf die Schädlichkeit einer zu hohen Drehzahl, weil die Linien konstanter Leistung fehlen. Und selbst Fachleute sind aufgrund dieser Kennfelddarstellung oft der Meinung, dass z.B. temporär laufende Nebenaggregate nur dann den geringsten Mehrverbrauch verursachen, wenn sie möglichst auch nur dann eingeschaltet werden, wenn der Motor gerade im Bereich des minimalen spezifischen Verbrauchs läuft. Und das ist eine fatale Fehleinschätzung, die bei einer Verbrauchsdarstellung in Form der Willans-Linien vermieden wird. Bei der Willans-Darstellung wird der Antriebsmotor als Leistungswandler betrachtet, der eine zugeführte chemische Leistung (in Form des Kraftstoffvolumenstroms) in eine mechanische Leistung umwandelt. Es handelt sich also dabei um die klassische Wirkungsgrad-Darstellung gemäß der Formel: 16 <?page no="27"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen zugeführt abgeführt P P / (1) Für die anschaulichere Darstellung wird die zugeführte Leistung mit den Annahmen ( = 0,755 kg/ l und H u = 43500 kJ/ kg für Ottomotoren) in den Kraftstoffvolumenstrom mit der Einheit l/ h umgerechnet. Die entsprechende Darstellung des Verbrauchskennfeldes aus Bild 1 in der Form der Willans-Linien zeigt das Bild 2. Gezeigt werden die Linien für sechs Drehzahlen von 1000 bis 6000 1/ min. Diese Art der Darstellung wurde früher von Willans bei Dampfmaschinen verwendet, um aus dem Dampfverbrauch auf die Leistung und Reibleistung der Dampfmaschine zu schließen. Auch bei Verbrennungsmotoren kann man die Linien nach links in den negativen Leistungsbereich extrapolieren und kann so am Schnittpunkt mit der Abszisse die ungefähre Reibleistung des Motors bei der zugehörigen Drehzahl ablesen. Bild 2: Willans-Linien des Otto-Saugmotors aus Bild 1 Für das Verbrauchsmodell ist der auffällig parallele Verlauf der Kurvenschar von besonderer Bedeutung. Die drei beispielhaften Linien für konstante spezifische Verbräuche bzw. für konstante Wirkungsgrade sollen den Unterschied zwischen dem Gesamtwirkungsgrad und dem relativen Wirkungsgrad (auch Differenzwirkungsgrad) verdeutlichen. Die Linien für den Gesamtwirkungsgrad gehen immer durch den Ursprung des Diagramms bei null. Bei einer Lasterhöhung werden zunehmend Linien besserer Gesamtwirkungsgrade geschnitten bis bei etwa 240 g/ kWh der beste Gesamtwirkungsgrad erreicht ist. Das gelingt aber nur bei den unteren Drehzahlen. Mit steigender Drehzahl steigt auch der 17 <?page no="28"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen Eigenverbrauch des Motors bei P ab = 0 kW stetig an. Bei einer Drehzahl von 6000 1/ min benötigt dieser Beispielmotor (V h = 3,6 l, 6-Zylinder) bereits ca. 10 l/ h ohne Abgabe einer Leistung. Mit dem gleichen Kraftstoffvolumenstrom kann der Motor bei 2000 1/ min dagegen schon fast 30 kW effektive Leistung abgeben. Da die Linien im oberen Lastbereich immer etwas stärker nach oben ausweichen, wird es bei steigenden Drehzahlen immer weniger möglich, die Linien geringer spezifischer Verbräuche zu schneiden. Die Steigung der Willans-Linien ist im unteren Leistungsbereich bei allen Drehzahlen auffällig konstant und die Linien verlaufen ungefähr parallel zu der 200 g/ kWh-Linie, was auf einen konstanten Differenzwirkungsgrad von circa 42 % hinweist. Nicht nur im NEFZ, sondern auch im üblichen Straßenverkehr wird vorwiegend im unteren Lastbereich gefahren. Ein realer PKW mit diesem 6-Zyl.-Ottomotor fährt beispielsweise mit einem mittleren Verbrauch von 3,5 l/ h ( 10,5 l/ 100 km) durch den NEFZ. Die Erfahrung bei der Auswertung von Verbrauchsmessungen hat gezeigt, dass der Motor auch vor Kunde vorwiegend im unteren Lastbereich bis 50 % betrieben wird. Von wenigen Autobahn-Schnellfahrern abgesehen ist also dieser Bereich bezüglich Verbrauch besonders relevant. Schneidet man die Willans-Linien bei circa 50 % Last ab und ergänzt die Regressionsgeraden der Form y=m*x+b zu den Drehzahllinien, so erhält man das Bild 3. Bild 3: Unterer Last-/ Drehzahlbereich mit Regressionsgeraden Wie bereits im Jahr 1996 in [1] an damals aktuellen Otto-Saugmotoren mit =1 Betrieb gezeigt, bestätigt auch dieser moderne Saugmotor mit Direkteinspritzung den näherungsweise konstanten Differenzwirkungsgrad im unteren Lastbereich, der 18 <?page no="29"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen nur wenig um den Mittelwert von 0,264 l/ kWh ( 200 g/ kWh oder 42 %) streut. Dieser Wert ist die spezifische Proportionalitätskonstante v Pe für Otto-Saugmotoren, die mit =1 betrieben werden. Für aufgeladene Otto- und Dieselmotoren wurden in [2] ebenfalls Proportionalitätskonstanten hergeleitet. In Bild 4 sind diese zusammengefasst. Bei den aufgeladenen Ottomotoren ist vermutlich der erhöhte Abgasgegendruck verantwortlich für den leicht höheren v Pe -Wert. Die dennoch meist niedrigeren Zyklusverbräuche liegen darin begründet, dass die aufgeladenen Motoren sehr hohe Drehmomente aufweisen und somit die Getriebe deutlich länger ausgelegt werden können. Das reduziert den Verbrauch über die geringere Drehzahl, siehe 2.2. Bild 4: Zusammenfassung der v Pe -Werte für verschiedene Motoren aus [2] Mit der Differenzverbrauchs-Konstanten v Pe kann für jede Differenzleistung bei laufendem Motor der Differenzverbrauch in l/ h errechnet werden: abgeführt Pe P v V * (2) Ist zum Beispiel durch eine NEFZ-Simulation bekannt, dass eine weiter entwickelte Ölpumpe im Mittel 100 Watt weniger Antriebsleistung benötigt, so lässt sich auch der Minderverbrauch für 100 km für ein Fahrzeug mit Otto-Saugmotor und ohne Stopp/ Start-Einrichtung wie folgt abschätzen: km l km h kW kWh l t P v V km abgeführt Pe km 100 079 , 0 100 98 , 2 * 1 , 0 * 264 , 0 * * 100 100 (3) Der NEFZ hat eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 36 km/ h, so dass für 100 km die Fahrtdauer t 100km 2,98 h beträgt. Je nach Fahrzyklus ist noch zu beachten, wie hoch der Anteil der Bremsphasen ist, in denen der Antrieb der Nebenaggregate von der kinetischen Energie des Fahrzeugs übernommen wird. Beim NEFZ sind Größe Einheit Sauger EU2 EU5 v Pe l/ kWh 0,264 0,27 - 0,28 0,208 0,22 b e,Diff g/ kWh 199 204 211 175 185 Diff % 41,5 40,6 39,1 48,5 45,8 Hu kJ/ kg 43500 43500 43500 42500 42500 kg/ l 0,755 0,755 0,755 0,840 0,840 Verwendete Kennwerte Differenzverbrauchs-Konstanten für überschlägige Verbrauchsberechnungen in Testzyklen aufgeladen Ottomotor Dieselmotor aufgeladen 19 <?page no="30"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen das circa 15 %, so dass sich für konventionelle Fahrzeuge der wirksame Minderverbrauch von 0,079 auf circa 0,067 l/ 100 km verringert. Bei Fahrzeugen mit einer elektrischen Rekuperationseinrichtung ist der Verbrauchsgewinn etwas größer, weil in den Bremsphasen von der kostbaren kinetischen Energie mehr übrig bleibt. Je nach verwendetem Fahrzyklus muss mit den zyklusspezifischen Werten gerechnet werden. So ist beispielsweise beim zukünftigen WLTC der Anteil der Bremsphasen mit circa 25 % deutlich höher als im NEFZ. Die Differenzverbrauchs-Konstante gibt den Kraftstoffdurchfluss pro erzeugtem Kilowatt (l/ h pro kW) oder das Kraftstoffvolumen pro erzeugter Arbeit (l/ kWh) an. Bei nicht konstanten Zusatzleistungen können in einer Zyklus-Simulation durch zeitliche Integration auch Teilarbeiten berechnet und zu einer Gesamtarbeit summiert werden. Aus der Gesamtarbeit lässt sich dann das für den Zyklus benötigte äquivalente Kraftstoffvolumen leicht errechnen. Die Verbrauchsdarstellung mit Willans-Linien macht anschaulich deutlich, dass Differenzleistungen, wie z.B. Nebenantriebsleistungen, im unteren Lastbereich unabhängig von der Drehzahl mit annähernd konstantem Differenzwirkungsgrad erzeugt werden. Das heißt, selbst im untersten Kennfeldbereich mit sehr schlechten spezifischen Verbräuchen ( ges ) wird jede Zusatzkraftstoffmasse mit dem sehr guten Differenzverbrauchs-Wirkungsgrad ( Diff , v Pe ) in effektive Arbeit umgesetzt. Es ist daher für eine Verbrauchsverbesserung nicht zielführend, temporäre Bedarfsleistungen möglichst nur im Kennfeldbereich des minimalen spezifischen Verbrauchs einzuschalten. 2.2 Nullleistungsverbrauch Der Verbrauch bei P e = 0 kW wird als Nullleistungsverbrauch bezeichnet, da der Motor keine effektive Leistung abgibt. Den Kraftstoff benötigt der Motor nur für sich selbst, um die Reibverluste für das Halten der jeweiligen Drehzahl zu überwinden. Bei der typischen Leerlaufdrehzahl entspricht er dem typischen Leerlaufverbrauch. Die Höhe des Nullleistungsverbrauchs wird vorwiegend bestimmt von den Parametern Hubraum, Zylinderzahl und den reibungsbeeinflussenden Konstruktionsparametern. Und natürlich auch von den installierten Nebenaggregaten wie Öl- und Kraftstoff- und Kühlmittelpumpe, Generator, usw.. Den Verlauf des Nullleistungsverbrauchs für den hier verwendeten Beispielmotor zeigt Bild 5. Wie bei allen bisher untersuchten Motoren, lässt sich dieser Verlauf des Nullleistungsverbrauchs über der Drehzahl gut durch ein Polynom 2. Grades darstellen. Die Unterschiede zwischen den Messwerten und den Polynomwerten sind vernachlässigbar gering. Bei Untersuchungen an mehreren Motoren hat sich gezeigt, dass der Hubraum die dominante Einflussgröße für den Nullleistungsverbrauch ist. Für den auf 1 Liter Hubraum bezogenen Nullleistungsverbrauch wird in [2] ein Streuband gezeigt, von dem sich auf Motoren mit geringer oder hoher Reibleistung schließen lässt. Ein eigener Vergleich von ähnlichen Motoren aus 1996 und aus 2010 und später hat gezeigt, dass die Nullleistungsverbräuche deutlich gesunken sind. 20 <?page no="31"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen Bild 5: Nullleistungsverbrauch des Motors aus Bild 3 Zusammen mit der Tatsache, dass die Ottomotoren auch heute noch eine Differenzkraftstoffmasse mit dem gleichen Differenzwirkungsgrad umsetzen wie schon in 1996, lässt das den Schluss zu, dass die wesentlichen Verbrauchsverbesserungen der letzten 20 Jahre auf die Verringerung der Reibleistung zurückzuführen sind. Die Fortschritte in der Thermodynamik wirken sich weniger auf den Wirkungsgrad aus, sondern eher auf die Parameter Rohemissionen, Akustik, Klopfen usw.. Mit der Kombination des Nullleistungsverbrauchs in Form der quadratischen Gleichung und des Differenzverbrauchs in Form des konstanten Proportionalitätsfaktors steht für überschlägige Berechnungen im zyklusrelevanten Lastbereich sogar ein absolutes Verbrauchsmodell zur Verfügung, mit dem sich Parametervariationen in ausreichender Genauigkeit für die frühe Entwicklungsphase durchführen lassen. 3 Verursachergerechte Aufteilung des Verbrauchs Gemäß dem vereinfachten Verbrauchsmodell lässt sich der Gesamtverbrauch eines Fahrzeugs aufteilen in den Nullleistungsverbrauch und den Verbrauch für Fahrwiderstände und Zusatzverbraucher. Der Nullleistungsverbrauch wird mit der Definition des Antriebsmotors und der Getriebeauslegung schon in der frühen Projektphase weitgehend vorbestimmt. Der Drehzahlverlauf eines Motors z.B. im NEFZ ist damit exakt festgelegt, unabhängig von den Fahrwiderständen. Hätte das Fahrzeug theoretisch keine Fahrwiderstände, würde sich der Motor im Willans-Diagramm lediglich auf der Ordinaten senkrecht bewegen und nur den Kraftstoff verbrauchen, den er für die Überwindung der eigenen Reibleistung inklusive der schon mitlaufenden Nebenaggregate benötigt. y = 2,11E-07x 2 + 7,12E-04x + 4,66E-01 y = 5,86E-08x 2 + 1,97E-04x + 1,29E-01 0 2 4 6 8 10 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 V Null [l/ h] Drehzahl [1/ min] VNull VNull (Vh=1l) V Null V Null (V h = 1 l) 21 <?page no="32"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen In der Praxis kommen aber viele Fahrwiderstände hinzu, deren Antriebsleistung der Motor mit seinem Differenzwirkungsgrad erzeugen muss. Das sind zunächst die Reibwiderstände im Antriebsstrang und die klassischen Fahrwiderständen Rollwiderstand, Luftwiderstand und Massenwiderstand. Außerdem muss die elektrische Antriebsleistung über den Generator erzeugt werden und ggfs. müssen weitere Nebenantriebe bedient werden. Für all diese Widerstände lässt sich die erforderliche Antriebsenergie im Fahrzyklus relativ genau bestimmen. Über die Proportionalitätskonstante lässt sich der jeweils zugehörige Teilverbrauch errechnen. 3.1 Verbrauchskennzahlen Für die praktische Handhabung ist die Verwendung sogenannter FRVs als Verbrauchskennzahlen hilfreich. Diese Fuel Reduktion Values beschreiben die Wirksamkeit einer Maßnahme und sind aus Veröffentlichungen bekannt, die sich mit Life Cycle Assessments zu Umweltauswirkungen von neuen Technologien befassen [3]. Mit Hilfe des Verbrauchsmodells werden die FRV-Werte für die wichtigsten Widerstände berechnet. Dabei wurde für jeden Zyklus berücksichtigt, dass in Bremsphasen keine Antriebsenergie benötigt wird, weil der Bedarf aus der Fahrzeugenergie gedeckt wird. Daher gelten diese Werte für konventionelle Fahrzeuge und nicht für Hybridfahrzeuge mit der Möglichkeit zur Rekuperation: FRV R für Rollwiderstand (Verbrauch für 1 Promille RoWi-Änderung) FRV L für Luftwiderstand (Verbrauch für cw*A = 0,1 m² ) FRV m für Beschleunigungswiderstand (Verbrauch für m = 100 kg ) FRV E für Widerstand durch Stromverbrauch (Verbrauch für P e = 100 W) FRV m für mechanische Widerstände (Verbrauch für P m = 100 W) Der FRV R basiert auf einer Fahrzeugmasse von 1300 kg. Bei abweichenden Fahrzeuggewichten muss proportional korrigiert werden. Für FRV E wurde ein konstanter Generator-Differenzwirkungsgrad von 70 % angesetzt. Entsprechende Untersuchungen an Generatoren haben gezeigt, dass auch beim Generator der Differenzwirkungsgrad nur wenig veränderlich ist im Vergleich zum Gesamtwirkungsgrad. Die Berechnungen wurden für die wichtigsten international gültigen gesetzlichen Fahrzyklen durchgeführt, siehe Bild 6. Im Rahmen der neuen WLTP (Worldwide harmonized Light Vehicles Test Procedure) wurden für Europa neue Testzyklen erarbeitet. Es gibt vier verschiedene Leistungsvarianten des WLTC (...C für Cycle), von denen die Variante 3b diejenige ist, die für die meisten PKW zur Geltung kommen wird. Beim Rollwiderstand führt der WLTC 3b zu einem kleineren FRV als beim NEFZ. Die Ursache liegt in der vermehrten natürlichen Rekuperation durch längere Verzöge- 22 <?page no="33"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen rungsphasen, in denen der Antrieb für das Fahrzeug von der kinetischen Energie gespeist wird. Der Luftwiderstand wirkt sich dagegen im WLTC stärker aus auf Grund der höheren mittleren Geschwindigkeit. Die Beschleunigungsarbeit ist zwar im WLTC deutlich höher, aber die verstärkte natürliche Rekupertion lässt den zugehörigen FRV m nur moderat von 0,15 auf 0,17 l/ 100 km pro 100 kg ansteigen. Beim FRVm wird vorausgesetzt, dass die Gewichtänderung so klein ist, dass keine Anpassung der Motorgröße oder der Getriebeauslegung erfolgt. Können diese beiden Parameter bei größeren Gewichtsänderungen auf gleiche Fahrleistungen angepasst werden, so steigt der FRV m auf mehr als den doppelten Wert. Beim elektrischen und mechanischen Zusatz-Leistungsbedarf definiert die Zeitdauer für 100 km den Energiebedarf. Wegen der höheren Durchschnittsgeschwindigkeit des WLTC sind die Energiebedarfe hierfür kleiner als beim NEFZ, was folgerichtig auch zu kleineren FRV E und FRV m führt. Weitere Details zu den Zyklenunterschieden sind in [2] nachzulesen. Die FRV-Werte in Bild 6 lassen sich für aufgeladene Otto- und Dieselmotoren unter Verwendung der jeweiligen v Pe -Werte aus Bild 4 proportional berechnen. Bild 6: FRV-Werte für internationale Fahrzyklen (Fahrzeuge mit Ottomotor) Infolge der weltweiten CO 2 -Gesetzgebungen ist es wichtig, auch die CO 2 -Auswirkung einer Maßnahme zu benennen. Die Kohlendioxidemission ist proportional zum verbrauchten Kraftstoff. Für die Umrechnung der FRV-Werte von der Einheit l/ 100 km pro x in die Einheit gCO 2 / 100 km pro x werden folgende Werte empfohlen: 23 <?page no="34"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen Otto: 1 Liter Kraftstoff 2330 g CO 2 Diesel: 1 Liter Kraftstoff 2630 g CO 2 Für die direkte Umrechnung von l/ 100 km in gCO 2 / km gilt folgender Zusammenhang: Otto: 1 l/ 100 km 23,3 g CO 2 / km Diesel: 1 l/ 100 km 26,3 g CO 2 / km 3.2 Verursachergerechte Teilverbräuche In der Literatur und auch in Fachgesprächen wird öfter die Meinung vertreten, dass sich der Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs auf die Anteile der Fahrwiderstände aufteilt. Das würde bedeuten, dass sich die Verbräuche für Roll-, Luft- und Beschleunigungswiderstand für ein Beispielfahrzeug der Golf-Klasse mit den Daten Masse m = 1300 kg Luftwiderstand c w *A = 0,7 m² Rollwiderstandsbeiwert f R = 0,01 Motor 1,4 l Vierzylinder Ottomotor gemäß ihrem Fahrwiderstands-Anteil zu je circa einem Drittel aufteilen müssten, Bild 7 (linkes Teilbild). Bild 7: Fahrwiderstandsanteile im Vergleich zu Verbrauchsanteilen Die massebehafteten Widerstände Beschleunigungswiderstand (im Bild 7 mit Masse bezeichnet) und Rollwiderstand (RoWi) machen in Summe circa 65 % der Gesamtfahrwiderstände aus. Somit wäre nach dieser Denkart die Fahrzeugmasse für 65 % 24 <?page no="35"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen des Gesamtverbrauchs verantwortlich. Der tatsächliche Verbrauchsanteil dieser beiden Widerstände liegt bei korrekter verursachergerechter Aufteilung unter Verwendung der FRV-Werte dagen nur bei 31,4 % (rechtes Teilbild) und ist damit nur etwa halb so groß. Zusammen mit dem Luftwiderstand wächst der Verbrauchsanteil für alle drei Fahrwiderstände auf 46 %. Im "Rest" sind die Verbräuche für Antriebsstrangreibung, Getriebeverluste und Basis-Stromverbrauch enthalten. Da hierin auch einige Widerstände massebeeinflusst sind, summiert sich der Verbrauchsanteil für alle Fahrwiderstände auf circa 50 %. Würde man dieses Fahrzeug theoretisch masselos machen und den Luftwiderstand ebenfalls zu null setzen, dann würde der Verbrauch bei unveränderter Motor-Getriebekombination also nur um circa 50 % sinken. Den größten Einzelverbraucher stellt der Motor mit 43,6 % Nullleistungsverbrauch dar. Dieser setzt sich aus dem reinen Leerlaufverbrauch von 9,3 % in den Standphasen (LL) und dem Nullleistungsverbrauch von 34,3 % in den Fahrphasen (VNull) zusammen. Beim Nullleistungssverbrauch handelt es sich um den Eigenverbrauch des Motors nur für das lastlose Einhalten des Drehzahlverlaufs, der durch den Zyklus und durch die Schaltpunkte vorgegeben ist. Dieser hohe Anteil löst in Diskussionen öfter ungläubiges Staunen aus. Nimmt man für diesen Antriebsmotor von 1,4 l Hubraum einen Warm-Leerlaufverbrauch von 0,5 l/ h bei 650 1/ min an und würde ihn die o.g. 2,98 Stunden (Dauer für 100 km im NEFZ) bei Leerlaufdrehzahl laufen lassen, so kämen bereits 1,5 l/ 100 km zusammen. Da der Test jedoch kalt gestartet wird und beim Fahren Drehzahlen im Bereich von 1500 bis 2500 1/ min gefahren werden, erhöht sich der Eigenverbrauch deutlich und macht einen Anteil von 43,6 % plausibel (bei einem Gesamtverbrauch von 6 l/ 100 km entspräche das 2,6 l/ 100 km). Bei kleinen Fahrzeugen mit relativ großen Motoren kann der Eigenverbrauch auch auf über 50 % steigen. 4 Zusammenfassung Für alle in einer Fahrzeugentwicklung eingebundenen Entwickler und Konstrukteure wird ein vereinfachtes Verbrauchsmodell für Otto- und Dieselmotoren vorgestellt. Dazu wird nicht das typische Verbrauchskennfeld von Motoren herangezogen, sondern die Verbrauchsdarstellung in der Form der Willans-Linien. Diese Darstellung ermöglicht ein besseres Verständnis zum absoluten Verbrauch von Motoren, weil zwei wichtige Verbrauchs-Merkmale dem Betrachter sofort ins Auge fallen. Erstens die Schädlichkeit einer zu hohen Drehzahl für eine geforderte Leistung und zweitens der näherungsweise konstante Differenzverbrauchs-Wirkungsgrad im unteren Lastbereich, mit dem ein laufender Motor eine Differenzkraftstoffmasse in effektive Arbeit umwandelt. Mit dieser Kenntnis werden allgemein gültige Verbrauchskennzahlen erarbeitet, die Entwickler und Konstrukteure aller Fachbereiche in die Lage versetzen, auch ohne tiefere Motorkenntnisse die Auswirkung ihrer Arbeit auf den Kraftstoffverbrauch und auf die CO 2 -Emission des Fahrzeugs in der frühen Phase abzuschätzen. 25 <?page no="36"?> 2 Verbrauchsabschätzung von Nebenantriebsleistungen 5 Literatur [1] Rohde-Brandenburger, Klaus: Verfahren zur einfachen und sicheren Abschätzung von Kraftstoffverbrauchspotenzialen, Tagung Einfluss von Gesamtfahrzeugparametern Fahrverhalten/ Fahrleistung und Kraftstoffverbrauch, Haus der Technik Essen, November 1996 [2] Liebl, J., Lederer, M., Rohde-Brandenburger, K., Biermann, J.-W., Roth, M.,Schäfer, H.: Energiemanagement im Kraftfahrzeug, Springer Vieweg 2014 [3] Koffler, C., Rohde-Brandenburger, K.: On the Calculation of fuel savings through lightweight design in Automotive LCA. The International Journal of Lifecycle Assessment 15(1), 2009 26 <?page no="37"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Thomas Fink Abstract Trends in engine development have major implications for the performance of chain drives. Oil ageing, in particular, clearly impacts on the wear of timing chains. The paper therefore looks at measures to reduce wear, focusing on the influence of soot content in engine oil. Reducing fuel consumption is another key aspect of development work. The paper therefore also presents possibilities for reducing friction losses in order to optimize fuel consumption. On the one hand, these measures can be achieved by changing the chain geometry. On the other hand, there is also clear potential in new tensioning and guide rail designs. Moreover, chain tensioners provide scope for CO 2 reductions by decreasing the oil flow rate to the necessary minimum. The summary then brings together the key findings of the various potential developments. In the second part of the publication a system comparison between belt and chain will be visualized. This contrasting juxtaposition has been carried out by AVL, Graz, Austria, on behalf of a consortium and was published in several professional journals as well as on conferences and on colloquiums. As main findings it could be worked out that the systems do not differentiate between friction and acoustics. Chain drive tend to have a slightly unfavourable wear behaviour than belt drives, however regarding package, lifetime, environmental robustness and costs the chain drive is advantageous compared to its competitor in technology. Kurzfassung Die Trends in der Motorenentwicklung beeinflussen maßgeblich die Leistungsfähigkeit von Kettentrieben. Insbesondere die Ölalterung zeigt einen deutlichen Einfluss auf das Verschleißverhalten von Steuerketten. Daher werden Maßnahmen zur Verschleißreduktion vorgestellt und der Einfluss des Rußanteils im Motoröl herausgearbeitet. Als weiterer Schwerpunkt der Entwicklung ist die Kraftstoffverbrauchsreduktion zu nennen. Zu deren Optimierung werden Möglichkeiten der Reibleistungsverringerung vorgestellt. Einerseits können diese Maßnahmen durch Veränderungen der Kettengeometrie erzielt werden, andererseits ergeben sich deutliche Potentiale durch neuartige Spann- und Führungsschienenauslegungen. Darüber hinaus bietet der Kettenspanner Möglichkeiten zur CO 2 - Reduktion, indem der Öldurchsatz auf ein erforderliches Minimum verringert wird. Die wichtigsten Erkenntnisse der vorgestellten Entwicklungspotenziale werden abschließend zusammengefasst. 27 <?page no="38"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Im zweiten Teil des Beitrags wird ein Systemvergleich zwischen Zahnriemen und Kette vorgestellt. Diese Gegenüberstellung wurde im Auftrag eines Konsortiums von der AVL in Graz, Österreich, durchgeführt und in mehreren Fachzeitschriften sowie Konferenzen und Kolloquien vorgestellt. Als Haupterkenntnisse konnten herausgearbeitet werden, dass sich die Systeme in Reibung und Akustik kaum voneinander unterscheiden. Der Kettentrieb zeigt ein etwas ungünstiges Verschleißlängungsverhalten als der Riementrieb, ist jedoch bzgl. Bauraum, Lebensdauer, Medienbeständigkeit und Kosten im klaren Vorteil gegenüber seinem Technologiekonkurrenten. 1 Trends in der Motorenentwicklung und deren Auswirkungen auf den Kettentrieb 1.1 Trends in der Motorenentwicklung Erhöhte Leistungsdichte, Downsizing sowie die Verlängerung der Ölwechselintervalle sind nur einige Trends, die man aktuell bei der Entwicklung neuer Motorengenerationen realisiert. Darüber hinaus kann man feststellen, dass Leichtlauföle und Start- Stop-Einrichtungen konsequent Einzug in die künftigen Motorenkonstruktionen halten. Diese Motorenentwicklungstrends haben erhebliche Einflüsse, u.a. auf die Kettentriebsdynamik und die Ölbeschaffenheit. Dadurch ändern sich die Ketteneigenschaften (z.B. Verschleißlängung und Reibung) zum Teil deutlich, so dass der Entwickler weitgehende Maßnahmen treffen muss, um die Entwicklungsziele zu erreichen. 1.2 Auswirkungen auf die Steuerkette Betrachtet man die wesentlichen verschleißfördernden Mechanismen, so findet man hauptsächlich zwei Wirkprinzipien, nämlich die „Abrasion“ und die „Korrosion“. Diese beiden unterschiedlichen Verschleißmechanismen entstehen durch den Ruß- / NOx- Trade-off des gealterten Motorenöls. Einerseits führt ein erhöhter Rußeintrag in das Motorenöl zu abrasivem Verschleiß, andererseits entsteht Korrosion durch Ölversäuerung und durch die NOx enthaltenden blow-by Gase. Die Problematik, die sich daraus ergibt, stellt den Entwickler vor eine neue Herausforderung, denn beide Effekte der Ölbeeinflussung können in der Regel nicht mit derselben Technologie behandelt werden. Somit wird immer nach einem sinnvollen Kompromiss zu suchen sein. 2 Verschleißreduktion 2.1 Verschleiß im Kettentrieb Beim Verschleiß im Kettentrieb unterscheidet man Kettenverschleiß, Schienenverschleiß und Kettenradverschleiß. Typische Bilder dieser drei Phänomene sind in Bild 1 28 <?page no="39"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten dargestellt. Üblicherweise bildet sich im Kettengelenk (Bolzen-Hülse bzw. Bolzen- Lasche) kaum Verschleiß am Kettenbolzen aus. Am Gegenkörper (Hülse bei Hülsen bzw. Rollenketten bzw. Lasche bei Zahnketten) hingegen ist der Verschleiß deutlich ausgeprägter. Diese ungleiche Verschleißverteilung stellt jedoch ein absolut bekanntes Verhalten dar. Untersuchungen haben gezeigt, dass alleinige Maßnahmen am Kettenbolzen durchaus den Verschleiß des Gegenkörpers beeinflussen können, ohne dass das sehr gute Verschleißverhalten des Kettenbolzens verschlechtert wird. Bild 1: Verschleißphänomene in Kettentriebskomponenten Den zweiten wesentlichen Ort des Verschleißes in Kettentrieben findet man im Kontakt „Kette-Schiene“. Hierbei kann durch das Gleiten der Kettenlaschen auf dem Kunststoff-Material der Spann- und Führungsschienen ein Materialabtrag bzw. eine thermische Beschädigung erfolgen. Diesem Alterungs-Prozess kann jedoch durch die Auswahl geeigneter hitzestabilisierter Polyamide entgegengewirkt werden. Der dritte Verschleißbereich in einem Kettentrieb ist im Kontakt zwischen der Kette und dem Kettenrad zu finden. Ein überproportionaler Verschleiß an den Kettenradzähnen ist jedoch nur dann zu erwarten, wenn die Verzahnungsgeometrien der Kettenräder nicht optimal mit den gewählten Kettentypen korrelieren bzw. bei Material- und Wärmebehandlungsfehlern im Bereich der Kettenräder. Wear in the Timing Drive Guide rail wear Sprocket wear Chain wear 29 <?page no="40"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Da sich die eingangs genannten Motoreinflüsse hauptsächlich auf den Kettenverschleiß auswirken, werden im nachfolgenden Kapitel verschiedene Maßnahmen zur Reduktion von Kettenverschleiß vorgestellt. 2.2 Verschleiß in der Steuerkette Durch die spezielle Bewegungscharakteristik der Steuerkette (oszillierende Schwingbewegung des Kettengelenks) entsteht ein Verschleiß am Kettenbolzen sowie am Gegenkörper (Lasche bei Zahnketten bzw. Hülse bei Rollen- und Hülsenketten). Mit Hilfe von verschiedenen Oberflächenbeschichtungen bzw. Wärmebehandlungen können deutliche Reduzierungen des Verschleißverhaltens erreicht werden. Dabei ist insbesondere das neuartige TRITAN - Verfahren hervorzuheben, welches selbst bei hohen Rußgehalten die beste Robustheit und die geringste Empfindlichkeit aufweist. Bild 2 links zeigt den Anstieg des Verschleißes von TRITAN-Ketten über die Betriebsdauer für verschiedene Rußgehalte. Wie erwartet steigt die Verschleißrate mit Erhöhung des Rußanteils an. Auf der rechten Seite der Bild 2 ist die Verschleißrate verschiedener Bolzenbeschichtungen über dem Rußgehalt des Motoröls aufgetragen. Man erkennt deutlich, dass die TRITAN - Kette im Vergleich zu den marktüblichen Beschichtungen eine erheblich niedrigere Verschleißrate aufweist. TRITAN stellt hierbei den Markennamen der iwis motorsysteme GmbH & Co. KG für ein neuartiges Beschichtungsverfahren dar. Hierbei wird auf die Kettenbolzen eine Chromnitrid-(CrN) Schicht aufgebracht, die nur wenige μm Dicke aufweist. Bild 2: Verschleiß in einer 8mm Hülsenkette bei steigenden Rußgehalten Wear in an 8mm bush chain as soot content rises Wear in the Timing Chain 0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 0,14 0,16 0,18 0,20 0 100 200 300 400 500 Wear Elongation [%] Running Time [h] TRITAN 2,2% Ruß TRITAN 3,4% Ruß TRITAN 5,6% Ruß 0,0E+00 5,0E-04 1,0E-03 1,50E-03 2,0E-03 2,50E-03 0 2 4 6 Rate of wear [mm/ h] Soot content [%] Rates of wear after running in Soot content shows influence on ... ... Component running-in behaviour ... Operating wear after running-in As soot content increases, TRITAN chains are shown to be the most robust and least sensitive in terms of wear behaviour 0,0E+00 5,0E-04 1,0E-03 1,50E-03 2,0E-03 2,50E-03 0 2 4 6 Rate of wear [mm/ h] Soot content [%] Rates of wear after running in TRITAN IC+ ENI TRITAN 2.2% Soot TRITAN 3.4% Soot TRITAN 5.6% Soot 30 <?page no="41"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten CrN als Verschleißschutzschicht ist eine seit vielen Jahren bekannte Methode zur Verschleißreduktion. Der wichtige Unterschied zum bisherigen Verfahren einer industriellen Beschichtung ist jedoch die Tatsache, dass bei der TRITAN-Technologie ein kontinuierliches Beschichten im Durchlaufprozess erfolgt. Bisher war diese Methode nicht großserientechnisch entwickelt, und man war gezwungen, die Komponenten im sogenannten „Batch-Verfahren“ zu beschichten. Die Entwicklungstätigkeit der iwis motorsysteme GmbH & Co. KG hatte daher zum Ziel, eine wirtschaftlich interessante Methode schaffen um viele Millionen Bolzen pro Tag wirtschaftlich und mit hoher Qualität mit CrN beschichten zu können. Durch das neuartige TRITAN-Verfahren ist es jetzt möglich, auch große Mengen von Einzelkomponenten mit der bekannten Verschleißschutzschicht zu beschichten. Die TRITAN - Beschichtung stellt somit eine leistungsfähige und kommerziell sinnvolle Lösung dar, um die Anforderungen der zukünftigen Motoröle zu erfüllen. Neueste Untersuchungen (Bild 3) haben gezeigt, dass die TRITAN-beschichteten Bolzen auch in Zahnketten wirksam sind und gegenüber den bekannten VC-Bolzen (Vanadiumcarbid-Bolzen) eine deutlich höhere Verschleißfestigkeit aufweisen. Im Diagramm ist eine 30%ige Reduktion des Verschleißes nach einer Laufzeit von 150 h auf dem Komponentenprüfstand (Verwendung von Test-Öl mit hohem Rußanteil) zu erkennen. Bild 3: Zahnkettenanwendungen bei hohen Rußgehalten Tooth chain applications with high soot contents Wear in the Timing Chain 0,000 0,020 0,040 0,060 0,080 0,100 0,120 0,140 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 140 150 Wear Elongation [%] Running Time [h] Vanadium Carbide pins TRITAN pins 6.35mm tooth chains 30% 31 <?page no="42"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Die zukünftigen Kettentypen der iwis motorsysteme GmbH & Co. KG werden somit um die Option TRITAN-Beschichtung ergänzt und runden das Portfolio nach oben ab. Darüber hinaus sind Untersuchungen veranlasst worden um den Einfluss der Oberflächenqualität auf das Verschleißverhalten von Ketten zu erforschen. Eine stufenweise Reduktion der Rauigkeit von Kettenbolzen bzw. Gegenkörper führte zu einem Verschleißminimum bei einem spezifischen Rauigkeitswert. Eine weitere Verringerung der Rauhigkeit lieferte keine zusätzliche Verbesserung und ließ den Verschleißgradienten in diesem Fall sogar ansteigen. Bild 4 zeigt den Unterschied im Verschleißverhalten einer optimierten Oberfläche (Bolzen, Hülse, Lasche) und dem ursprünglichen Zustand. Man erkennt deutlich die Abflachung des Betriebsverschleißes und den damit verbundene Vorteil für die Lebensdauer der Steuerkette. Bild 4: Unterschied im Verschleißverhalten bei optimierten Oberflächen Reduced wear by optimizing surfaces Wear in the Timing Chain 0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 Wear elongation [%] Running Time [h] Run-in Operating wear Initial surface Optimized surface 32 <?page no="43"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten 3 Verbrauchsreduktion 3.1 Reibleistungsreduktion an der Kette Die Gesamtreibung im Kettentrieb teilt sich auf in Gelenkreibung in der Kette, Kette- Schiene- Reibung und Kette-Kettenradreibung. Bild 5 stellt die ungefähre Verteilung dieser Reibungsanteile für einen repräsentativen Kettentrieb dar. Man erkennt, dass die größten Beiträge zur Reibung im Kettengelenk bzw. im Kontakt „Kette-Schiene“ zu finden sind, während die Reibung zwischen Kette und Kettenrad weitgehend vernachlässigbar ist. Daher wird dieser aufgrund seines geringen Beitrages im Folgenden nicht weiter betrachtet. Bild 5: Verteilung der Reibungsanteile in einem typischen Kettentrieb Die Normalkraft der Kettenlasche auf die Spann- und Führungsschienen erzeugt in Kombination mit dem Reibwert die Reibkraft zwischen Kette und Schienenbelag. Dabei ist der Reibwert keine Konstante, sondern von anderen Größen wie Gleitgeschwindigkeit, Ölmenge und Ölsorte, Temperatur usw. abhängig. Der Kontakt „Kette- Schiene“ stellt sich als ein komplexes Tribosystem mit vielen Einflussgrößen dar. Grundsätzlich lassen sich bei der Reduzierung der Reibung zwei Stellgrößen regeln, denn die Reibkraft kann sowohl durch die Optimierung der Laschenkontur als auch durch die Auswahl des Gleitbelags (Material und Form) beeinflusst werden. Distribution of Friction Shares Joint friction 45-50% Chain-Rail friction 45-50% Chain-Sprocket friction 0-10% 33 <?page no="44"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Bild 6: Reibleistungsreduktion durch Verringerung der Belagdicke Erste Untersuchungen an einem Reibungsprüfstand haben gezeigt, dass durch die Auswahl des Materials durchaus Reibungsreduktionen von bis zu 10% der Ketten- Schienen-Reibung erzielt werden können. Bei diesen Prüfungen wurden unterschiedliche Polyamide verschiedener Hersteller in einem Versuchswerkzeug zu Führungsschienen abgespritzt und im Prüfstand unter realitätsnahen Einsatzbedingungen vermessen. In einem zweiten Schritt konnte der Vorteil einiger dieser Werkstoffe in einem geschleppt betriebenen Strip-Motor verifiziert werden. Selbstverständlich schloss sich nach den Reibungsuntersuchungen auch ein Dauerlauf an, bei dem der Reibungsvorteil im Langzeit-Test sowie die Verschleißeigenschaften des Kunststoff- Materials bewertet wurden. In einer zweiten Untersuchungsreihe wurde das Material konstant gehalten und die Geometrie variiert. In einem ersten Schritt ist untersucht worden, welcher Einfluss bei Reduzierung der Materialdicke zu erwarten ist. Aktuell werden im Serieneinsatz Kunststoff-Beläge mit einer Stärke von ca. 3,0 mm verwendet. Hauptgrund hierfür ist das Länge-Breite-Durchmesser-Verhältnis von gespritzt hergestellten Kunststoff- Komponenten, das eine Reduzierung der Belagstärke nur eingeschränkt zulässt. Ziel der Untersuchung war jedoch die Überprüfung des Dickeneinflusses der Kunststoffbeläge auf das Reibverhalten ohne zunächst die Möglichkeiten einer Herstellbarkeit in den Fokus zu nehmen. Bild 6 zeigt eine Reibkraftreduktion von über 5% bei Halbierung der Serien- Belagstärke von 3,0 mm auf 1,5 mm. Dieses unerwartete Ergebnis führte im Anμ F N Reducing Friction Loss 25,00 25,50 26,00 26,50 27,00 27,50 28,00 28,50 29,00 29,50 30,00 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 Friction Force [N] Speed [1/ min] Belagdicke t=3mm (Serie) Belagdicke t=1,5mm Lining thickness t=3.0 mm Lining thickness t=1.5 mm 34 <?page no="45"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten schluss zu einer Untersuchung der Herstellbarkeit solcher geringen Belagdicken im Kunststoffspritzgussverfahren. Darüber hinaus wurden jedoch auch alternative Verfahren der Kunststoff-Verarbeitung diskutiert und bewertet. Als Resultat dieser Betrachtung konnte das Extrusionsverfahren als mögliche Alternative identifiziert werden. Die technische Realisierung geringer Belagdicken kann durch dieses Verfahren sichergestellt werden, bei dem neben Materialersparnis auch eine Kostenreduzierung erzielt werden kann. 3.2 Reibleistungsreduktion an Spann- und Führungsschienen Kettentriebe benötigen bauartbedingt in jedem Trumstück eine ausreichende Führung. Die Führungselemente bestehen in aller Regel aus einem steifen Grundkörper und einem aufgebrachten Kunststoff-Gleitbelag. Der Kontakt der Kette auf diesem Belag erzeugt an den Berührungsstellen Reibung. Üblicherweise gleitet die Kette über den kompletten Bereich der Führungsschiene, die im Last-Trum zwischen zwei benachbarten Kettenrädern montiert ist. Die Länge der Führungsschiene ist dabei so gewählt, dass die Kette möglichst bis an die Kettenräder heranreicht, damit Kettenschwingungen oder das Überspringen der Kette in der Verzahnung verhindert werden. Bild 7: Split-Rail-Design zur Reibleistungsreduktion Reducing friction loss by reducing contact surfaces Reducing Friction Loss “split-rail-design” 35 <?page no="46"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Verringert man jedoch die Führungsbereiche auf ein akzeptables Minimum, das ausreicht um die Kettenschwingungen aufzufangen, erhält man das sogenannte Split- Rail-Design (Bild 7). Zwischenzeitliche Reibungsmessungen mit Split-Rail-Kettentrieb an einer Ottomotor- Reibattrappe haben im Vergleich zu einem Serien-Kettentrieb Vorteile im Reibmoment von bis zu 0,15 Nm ergeben. Inzwischen werden solche konstruktiven Lösungen in Serienentwicklungsprojekten verwendet und stehen kurz vor der Einführung in die Serienproduktion. Das Design des Split-Rails muss kettentriebsspezifisch ausgelegt werden, so dass einerseits die Dynamik der Kette beherrscht wird, andererseits ein höchstmöglicher Reibungsvorteil erzielt werden kann. Dazu verwendet die iwis motorsysteme GmbH & Co. KG ein hauseigenes Mehrkörper-Berechnungstool, das sämtliche dynamischen Effekte eines Kettentriebs realitätsnah abbilden kann. Eine weitere Möglichkeit der Reibungsverringerung an einer Steuerkette ist die Reduzierung der Gelenkreibung. Es wird davon ausgegangen, dass die Reibung im Kettengelenk durch die Schwenkbewegung der Kettenglieder zueinander entsteht. Diese Schwenkbewegung ist im Wesentlichen vom Kettentriebs-Layout abhängig und kann durch entsprechendes Design des Kettentriebs positiv beeinflusst werden. Bild 8: Einfluss des Bolzendurchmessers auf die Kettengelenkreibung Reduced pin diameter (3.15 mm 2.70 mm) Reducing Friction Loss 36 41 46 51 56 61 Force in [N] Engine speed [rpm] Measurement of frictional force on chain test bench Calculation of friction losses -140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 Power loss [W] Engine speed [rpm] 2.70 mm 3.15 mm 36 <?page no="47"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Weiterhin ist der Kontakt zwischen dem Kettenbolzen und dem Gegenkörper (Hülse bzw. Lasche) eine wirksame Stellgröße zur Beeinflussung der Reibung. Unter der Prämisse konstanter Materialpaarungen kann allein durch Reduktion des Bolzendurchmessers (sh. Bild 8) eine deutliche Verringerung des Reibmoments erzielt werden. Im dargestellten Beispiel wurde der Bolzendurchmesser von 3,15 mm auf 2,7 mm reduziert und dadurch eine ca. 10 % geringere Reibleistung erreicht. Es ist jedoch zu erwähnen, dass durch diese Verringerung der Gelenkfläche im Kettengelenk unter der Annahme gleicher Kettenkräfte ein proportional höherer Kettenverschleiß zu erwarten ist. Durch Aufbringen geeigneter Verschleißschutzschichten am Kettenbolzen muss dann diesem höheren Verschleiß entgegengewirkt werden. 3.3 Reibleistungsreduktion am Kettenspanner In Kettentrieben (Steuertrieb und anspruchsvolle Nebenaggregate-Triebe) kommen ausschließlich hydraulische Kettenspanner zum Einsatz. Der hydraulische Kettenspanner wird entweder am Motorblock oder am Zylinderkopf verbaut und vom Motoröl versorgt. Zwei Hauptaufgaben muss der Kettenspanner dabei erfüllen. Zum einen sind eine ausreichende Vorspannung der Kette sowie ein Nachführen der Spannschiene bei verschleißgelängter Kette erforderlich. Zum anderen soll der Kettenspanner die auftretenden Schwingungen der Kette unter dynamische Belastung bedämpfen. Bild 9: Kettenspanner mit ausgeformtem Ölabfluss und Laserbohrung Oil flow Oil pressure in the chain tensioner high pressure chamber Reduced Oil Consumption - Reducing Oil Flow Through the Chain Tensioner Oil drainage can be significantly reduced: -50% Reduction in the oil pumping capacity needed Lower oil consumption Lower fuel consumption Lower CO 2 emissions Engine-specific adjustment of the chain tensioner Technical implementation: Laser-drilled piston with oil-flow-contour Oil flow vs. oil pressure 37 <?page no="48"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Die Dämpfung des Kettenspanners wird mittels Durchströmung des Leckspalts mit Öl gewährleistet. Je höher der Volumenstrom durch den Leckspalt ist, desto höher muss die Leistung der Ölpumpe ausgelegt werden. Ziel ist es daher, eine ausreichende Dämpfung bei minimalem Ölvolumenstrom sicher zu stellen. Mit Hilfe eines speziell ausgeformten Ölabflusses in Kombination mit einer Laserbohrung (Bild 9 rechts) im Kolbenboden lässt sich der Ölverbrauch des Kettenspanners erheblich reduzieren. Dabei ist das Zusammenspiel zwischen der Ausformung des Kolbenbodens sowie des Bohrungsdurchmessers von großer Wichtigkeit. Bild 9 links zeigt die unterschiedlichen Öldurchflussmengen über dem Öldruck bei verschiedenen Kolben-/ Bohrungsgeometrien. Es ist leicht zu erkennen, dass ein erheblicher Einfluss auf die Öldurchflussmenge besteht, die letztendlich mit über die Größe der Ölpumpe entscheidet. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass der Ölverbrauch des Kettenspanners reduziert und damit ein Beitrag zur Reibleistungsverringerung geleistet werden kann. Bild 10: Entwicklungszielsetzungen eines autarken Kettenspanners Eine weitere Möglichkeit der Einflussnahme ist die Verwendung eines sogenannten „autarken Kettenspanners“. Dieser Kettenspanner zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht mehr mit dem Ölkreislauf des Motors verbunden ist, sondern eine Lebensdauer-Befüllung mit einem Hydraulik-Fluid aufweist. Self Sufficient Tensioner Motivation Oil circuit Oil viscosity Oil pressure and flow rate Oil quality (dirt, soot, … in oil circuit) Independent of Tensioner position No start-up rattling Flexible Independent on oil circuit Tensioner always completely filled No ratchet/ blocking mechanism necessary Friction reduction Strong spring force only needed during start-up, when there is not enough oil is in the tensioner Self sufficient tensioner always filled with oil Reduction of CO 2 emission Reduction of spring force Oil ducts for tensioner not required Sealing surface for tensioner not required Cost reduction of crankcase/ cylinder head $ No oil from oil pump necessary Reduction of fuel consumption Reduction of CO 2 emission Reduction of oil pump power 38 <?page no="49"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Bild 10 zeigt die Entwicklungszielsetzungen eines autarken Kettenspanners. Die Abdichtung des Kettenspanner-Kolbens gegenüber der Umgebung erfolgt durch eine speziell entwickelte Elastomerdichtung, der Ausgleich des Ölvolumens wird durch Verwendung einer Membrankammer (sh. Bild 11 unten) sichergestellt. Dauerlaufuntersuchungen an Komponentenprüfständen bzw. an befeuert betriebenen Motoren haben die Robustheit des Systems bewiesen und die prinzipielle Konzepteignung aufgezeigt. In einem nächsten Schritt werden die Kettenspanner-Komponenten hinsichtlich einer späteren Serienproduktion optimiert und auf die Applikation im Motor angepasst. Bild 11: Prinzipdarstellung eines autarken Kettenspanners Mit dem autarken Kettenspanner reduziert sich der Ölverbrauch gegenüber dem herkömmlichen hydraulischen Kettenspanner auf nahezu Null. Somit ist der Öldurchsatz im Betrieb des Kettenspanners vernachlässigbar gering, und die Verringerung der Ölpumpen-Leistung ergibt sich als eine Konsequenz daraus. Diese Technologie ermöglicht daher eine weitere Verringerung des CO 2 -Verbrauchs mit Hilfe der Ölverbrauchsreduktion. Self Sufficient Tensioner Technical details Current dimensions: 36 mm x 36 mm x 75 mm/ 95 mm Piston stroke 20 mm Weight: 250g (filled) First endurance tests on component test benches (1000h) First function tests and short endurance tests on fired combustion engine 3D-printed prototype for functional tests 39 <?page no="50"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten 4 Systemvergleich Zahnriemen - Kette 4.1 Zielsetzung Die AVL in Graz, Österreich, wurde von einem Konsortium, bestehend aus mehreren weltweit tätigen Kettentriebsherstellern, mit einer Studie beauftragt, die systembedingten Unterschiede zwischen Zahnriemen und Kette aufzuzeigen. Die AVL hat dabei im Wesentlichen auf Informationen, Erkenntnisse, Mess- und Berechnungsergebnisse im eigenen Hause zurückgegriffen. Dies diente zum einen der Vergleichbarkeit der verschiedenen Aspekte (z.B. Reibung, Verschleiß, Package, Langlebigkeit, Kosten etc.) und zum anderen der neutralen Bewertung der Ergebnisse. 4.2 Ergebnisse Eine der wichtigsten Erkenntnisse der Studie war der Vergleich der Reibung von Riemenbzw. Kettentrieben in Dieselbzw. Ottomotoren. Hierzu wurde eine repräsentative Anzahl von Reibungsmessungen an ausgeführten Serienmotoren herangezogen und gegenübergestellt. Bild 12 zeigt den Reibmitteldruck (y-Achse) aufgetragen über der Motordrehzahl (x-Achse). Bild 12: Reibungsvergleich Zahnriemen - Kette (Messungen) Timing system performance Camshaft and drive FMEP (bar) over engine speed (rpm) 40 <?page no="51"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Dabei stellen die roten Linien die Ergebnisse der Dieselmotoren dar, die blauen Linien die der Ottomotoren, die durchgezogenen Kurven repräsentieren die Kettentriebe und die gestrichelt dargestellten Kurven die Riementriebe. Man erkennt deutlich, dass die untere Begrenzung der untersuchten Dieselmotoren durch einen Kettentrieb gebildet wird und die reibungsärmsten Ottomotoren-Steuertriebe gleichauf Riemen- und Kettentriebe sind. Untersucht man weiterhin die unterschiedlichen ausgeführten Lösungen von Riementrieben (Trockenriemen und Nassriemen) und Kettentrieben (Hülsen-/ Rollenkette und Zahnkette) in Bezug auf deren Reibungsbeitrag, so ergeben sich leichte Nachteile bei den Zahnketten (sh. Bild 13). Diese Nachteile werden jedoch durch aktuelle Entwicklungen (sh. Kapitel 3) in nächster Zeit kompensiert, so dass zwischen den betrachteten Steuertriebslösungen kein nennenswerter Reibungsunterschied mehr zu verzeichnen sein wird. Bild 13: Reibungsvergleich Zahnriemen - Kette (Gegenüberstellung) Die Lebensdauer von Kettentrieben ist im Vergleich zu den Riementrieben nach wie vor eines der stärksten Entscheidungskriterien für die Auswahl der Technologie. In der Studie der AVL wurde hierbei nicht nur die reine Betrachtung der Wechselintervalle (wobei Kettentriebe keine vorgeschriebenen Wechselintervalle aufweisen) herangezogen, sondern vor allen Dingen auch die Medienbeständigkeit der beiden konkurrierenden Systeme. Weiterhin wird der plötzlich auftretende Riss des Zahnriemens durch Abscheren von Riemenzähnen oder durch den seltener auftretenden Bruch des Cords zum sofortigen Ausfall des Motors führen, während sich eine stetig verschleißlängende Kette durch Geräusche ankündigt, so dass man hier noch in der Timing system performance Friction (2/ 2) Direct chain drives have same friction levels compared to simple belt arrangements Contribution of camshaft FMEP between 30% for SOHC and up to 50% to 60% for DOHC (all engines plain bearings) Significant FMEP effect of high pressure fuel pump type on system dynamics (required wrap angles and belt/ chain pre-tensions) Belt/ chain drive layout is typically package driven. Layout has significant FMEP influence New inverted tooth chain developments with optimized link contact/ tooth geometry and coating technologies show potential to reach similar friction level than belt in oil Friction ++ Very good + Good 0 Acceptable - Challenging Belt drive Belt drive in oil Bush chain Inverted tooth chain 41 <?page no="52"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Lage ist vorbeugende Maßnahmen (z.B. durch Werkstattbesuch) zu treffen um einen kapitalen Motorschaden zu verhindern. Bild 14 stellt vergleichend die Bewertung des Früherkennens von Fehlern bei Riemen- und Kettentypen dar. Bild 14: Früherkennen von Fehlern bei Zahnriemen - Kette In der AVL-Studie wurde darüber hinaus das Verschleißverhalten von Riemen und Kette untersucht und bewertet. Während Ketten mit Verschleißwerten zwischen 0,3% und 0,6% über Lebensdauer angegeben sind, zeigen Riemen nur Längungen von 0,1% bis 0,25%. Um den Vergleich jedoch technisch haltbarer zu gestalten, muss die elastische Dehnung des Riemens (bzw. der Riemenzähne gegenüber dem Cord) mit berücksichtigt werden. Bild 15 zeigt den Vergleich der Längungen über der Lebensdauer unter Berücksichtigung der o.a. elastischen Dehnung des Riemens. Dabei wird die elastische Dehnung der Kette aufgrund ihrer deutlich steiferen Anbindung an die Ketterad-Zähne vernachlässigt und zu Null gesetzt. Kettentriebe zeigen hier noch Verbesserungspotenzial zur Verschleißreduktion, denn durch die Steuerzeiten- Veränderung (Ventilfreigang) über Lebensdauer werden sowohl die Motorkonstruktion (Brennraumgestaltung) als auch die Emissionen ungünstig beeinflusst. In Kapitel 2 konnten in diesem Zusammenhang wirksame Maßnahmen zur Verbesserung des Verschleißverhaltens von Steuerketten vorgestellt werden. Es ist daher zu erwarten, dass das unterschiedliche Längungsverhalten gem. Bild 15 in der Zukunft mehr und mehr kompensiert wird. Timing system performance Durability - Main failure mode (2/ 2) Belt Main failure mode is tooth shear. Tooth shear is starting with cracks in roots of teeth continuing with partialand finally, complete tooth shear. W ithout visual detection this leads to timing drive/ engine failure No failure detection possible Expensive preparation and not fail save Advanced failure advice Belt drive Belt drive in oil Bush chain Inverted tooth chain ++ Very good + Good 0 Acceptable - Challenging 42 <?page no="53"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Bild 15: Längungsverhalten von Zahnriemen - Kette Ein weiterer Untersuchungspunkt im Systemvergleich der AVL war das akustische Verhalten der beiden Technologie-Konkurrenten. Dabei konnte herausgefunden werden, dass weniger das Geräusch-Niveau als das subjektive Empfinden des Geräuschs die wesentliche Rolle spielt. In Form eines Streubandes wurden verschiedene akustisch vermessene Motoren mit Riemenbzw. mit Kettentrieb gegenübergestellt. Die Mittelwerte im Schalldruckpegel aller Riemenbzw. aller Kettenmotoren liegen weitestgehend auf demselben Niveau, wohingegen einzelne Riemenlösungen die untere Begrenzung des Streubandes darstellen. Bei dieser Betrachtung ist zudem wichtig, zwischen Hülsen-/ Rollenkette einerseits und Zahnkette andererseits zu unterscheiden, da letztere im Akustikverhalten den trocken laufenden Riemen ebenbürtig ist (sh. Bild 16). Lediglich der Nassriemen zeigt nach der AVL-Studie im Geräuschverhalten ein Niveau, das nur durch Zusatzmaßnahmen im Kettentrieb (wie z.B. Gummierung der Kettenräder oder Ovalradtechnologie) erreichbar ist. Belt/ Chain length to be considered for valve to piston clearance 0.25 % 0.6 % 0.15 % 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 Elongation over liftime Elastic elongation Timing system performance Valve timing over engine life time Chain Chain elongation of 0.3% to 0.6% is considered in the layout based on chain type and oil condition Belt Belt elongation over life time is 0.1% to 0.25% depending on supplier. Max. elongation value to be considered over engine life time based on long-term experience is 0.2% for gasoline and 0.25% for diesel engines. Elastic elongation is additional 0.15%. Permanent belt elongation under load and elastic elongation is compensated during assembly process and therefore is not influencing valve timing Key messages There is a chain system disadvantage in regard to chain elongation consideration over engine life time of 0.05% to 0.5% These higher elongation values have to be considered in regard to valve to piston clearance and combustion concept over engine life time influencing fuel consumption and emissions Belt Chain 43 <?page no="54"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten Bild 16: Akustikverhalten von Zahnriemen - Kette 4.3 Fazit In der Studie der AVL wurden ausgeführte Serien-Steuertriebe (Riemen und Kette) miteinander verglichen und bzgl. verschiedener Gesichtspunkte bewertet. Dabei konnte kein klarer Favorit identifiziert werden, vielmehr ist die tatsächlich konstruktiv umgesetzte Lösung ausschlaggebend für Vorbzw. Nachteile der einzelnen Technologielösungen. Berücksichtigt man jedoch die neuesten Entwicklungen zur Reibungs- und Verschleißreduktion bei Steuerketten, so erscheint die Kettentriebslösung diejenige zu sein, die langfristig das größere Potenzial für die Verwendung in Verbrennungsmotoren hat. Das belegen auch die Prognosen einschlägiger Forecast- Unternehmen wie z.B. IHS bzw. Global Insight. Timing system performance NVH (2/ 2) Risk of audible whine noise increases significantly, if resonance frequencies of the timing drive cover coincide with the meshing frequency If timing drive whine noise becomes audible, chain noise is usually more annoying than belt noise, due to the sharper ("metallic") noise character The overall noise level with silent chain is lower than with bush chain, and silent chains noise level is very comparable to that of belts drives Good vehicle NVH can be achieved with both chain and belt drives NVH Belt drive Belt drive in oil Bush chain Inverted tooth chain ++ Very good + Good 0 Acceptable - Challenging 44 <?page no="55"?> 3 Kettenantriebe von Nebenaggregaten 5 Zusammenfassung Die wesentlichen Erkenntnisse lauten wie folgt: Die Weiterentwicklung der Motoren bzw. der Motoröle stellen neue Herausforderungen an die Steuerkette. Oberflächenbeschichtungen der Kettenbolzen und deren Wärmebehandlungen müssen deshalb entsprechend optimiert werden. TRITAN-Ketten zeigen bei steigenden Rußgehalten die höchste Robustheit und die geringste Empfindlichkeit im Verschleißverhalten. Eine deutliche Reibungsreduktion wird durch Geometrieoptimierungen an Schienen („Split-Rail-Design“) und an den Kettenbauteilen Bolzen und Laschen erzielt. Die Reduzierung der Verschleißlängung liefert über die Steuerzeitenkonstanz einen indirekten, aber wichtigen Beitrag zur CO 2 -Reduktion. Der Einsatz eine autarken Kettenspanners reduziert den Ölverbrauch des Motors deutlich und leistet somit einen Beitrag zur CO 2 -Verringerung Der Systemvergleich Zahnriemen - Kette der AVL zeigt keinen klaren Favoriten auf, zukünftige Entwicklungen lassen jedoch den Kettentrieb gegenüber dem Riementrieb im Vorteil erscheinen Literatur [1] Belmer, S.; Fink, Th.; Lorenz, I.; Neukirchner, H.: Steuertriebe für Verbrennungsmotoren. Motortechnische Zeitschrift, Heft 6/ 2005 [2] Fink, Th.; Fritz, P.: Berechnungsverfahren zur Ermittlung der dynamischen Effekte in Kettentrieben. Motortechnische Zeitschrift, Heft 5/ 1999 [3] Fink, Th.; Bodenstein, H.: Möglichkeiten der Reibungsreduktion in Kettentrieben. Motortechnische Zeitschrift, Heft 7-8/ 2011 [4] Fink, Th.: Möglichkeiten zur Dynamik- und Akustikoptimierung von modernen Steuerkettentrieben in Verbrennungsmotoren. Sonderdruck aus Motortechnische Zeitschrift, Heft 7-8/ 2011, Springer Automotiv Media Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH [5] Hirschmann, V.; Bongard, A.; Welke, L.: Neue Zahnkettengeneration für den Einsatz in Steuertrieben von Dieselmotoren. Motortechnische Zeitschrift, Heft 11/ 2006 [6] Bauer, P.: Kettensteuertriebe, Verlag Moderne Industrie 2013, Die Bibliothek der Technik, Band 353, Süddeutscher Verlag onpact GmbH, 81677 München [7] Dietsche, K.-H.: Robert Bosch GmbH, Kraftfahrtechnisches Taschenbuch, Springer Fachmedien, Wiesbaden, 28. Aufl. 2014, Seite 360 ff. 45 <?page no="56"?> Hermann Schulte, Manfred Bonkowski, Tim Fiss Belt drive systems for accessory drives are a standard in automotive engineering and have been for many years. Belt drives are especially suited to applications where high torques have to be transmitted reliably and silently and where there can be large radial distances between the axes of the crank (drive) and the accessories (driven parts). Typical examples of driven accessories include alternators and common rail pumps. Optimised toothed belt drives have efficiencies of about 98% and well designed multi rib belt drives can reach similar levels. This conference paper gives an overview of current belt drive applications in automotive engineering, their contribution to the effective operation of passenger cars and in engine applications. A separate chapter describes how the belt drive parameters can be varied in order to optimise performance and efficiency in these applications. Riementriebe zum Antrieb der Nebenaggregate gehören heute zum Standardbaukasten der Motorenkonstrukteure. Riementriebe werden vor allem dann eingesetzt, wenn hohe Drehmomente über große Achsabstände zwischen der antreibenden Kurbelwellen und den anzutreibenden Nebenaggregaten betriebssicher und akustisch nicht wahrnehmbar übertragen werden müssen (z.B. Generatorantrieb, Common Rail Pumpenantrieb). Optimal ausgelegte Zahnriementriebe haben einen Wirkungsgrad im Bereich von 98% und gut gestaltete Keilrippenriemen erreichen ähnliche Werte. Der vorliegende Tagungsbeitrag gibt einen Überblick über aktuelle Riementrieb Anwendungen und erläutert deren Beitrag zum energieeffizienten Betrieb im PKW und Motoreinsatz. In einem gesonderten Kapitel wird beschrieben, wie die Triebparameter variiert werden können, um einen optimalen verlustarmen Einsatz zu erreichen. 46 <?page no="57"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten 1 Zahnriemen Anwendungen für Nebenaggregate und deren Produktaufbau (formschlüssige Antriebe) Bei den Riemenantrieben für Nebenaggregate wird generell zwischen den formschlüssigen Zahnriemenantrieben und den reibschlüssigen Keilrippenriemenantrieben unterschieden. Die formschlüssigen Zahnriementriebe werden bevorzugt zum synchronen Antrieb der Nockenwelle, bzw. zur Ventilsteuerung sowie zum Antrieb der Common Rail Pumpen eingesetzt. Nur durch die exakte Steuerung der Ventilöffnungszeiten über Motorlebensdauer, ist eine optimale Verbrennungscharakteristik mit optimaler Leistungsausbeute und schadstoffarmer Verbrennung abgesichert. Der typische Aufbau moderner BIO = Belt in OIL Zahnriemen ist im folgenden Bild beschrieben. Bild 1: Produktaufbau von BIO= Belt in OIL Zahnriemen Riemenantriebe für Nebenaggregate sind aus modernen PKW Anwendungen nicht mehr weg zu denken. Noch vor ca. 10 Jahren wurden Zahnriemen hauptsächlich zum Antrieb von Nockenwellen und zum Antrieb von Common Rail Pumpen verwendet. Heute gibt es eine Vielzahl weiterer Anwendungen für Zahnriementriebe. Zu diesen Trieben gehören: a) Lenkgetriebe Zahnriemen, mit denen über Kugelgewindespindeln sehr große Lenkkräfte realisiert werden können. b) Zylinderkopfnahe, kompakte Wasserpumpenantriebe, die eine schnelle Motorerwärmung ohne große Wärmeverluste ermöglichen. c) Nockenwellen und Ölpumpenantriebe mit BIO (Belt in Oil) Zahnriemen, die gegenüber Kettenantrieben extrem leise laufen. d) Zahnriemen für Parkbremsen und Getriebeschaltelemente 47 <?page no="58"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten Bild 2: Einsatz von Antriebsriemen im Kraftfahrzeugbau 1.1 Elektromechanische Lenksysteme und SLT Zahnriemen Elektromechanische Lenksysteme (Electric Power Assistant Steering, EPAS) leisten einen wichtigen Beitrag für komfortoptimierte und umweltfreundliche Fahrzeuge. Bild 3: Elektromechanische Lenksysteme mit Zahnriemengetriebe (Quelle: BOSCH Lenksysteme / ContiTech) 48 <?page no="59"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten Elektromechanische Lenksysteme bieten eine deutliche Kraftstoffersparnis im Bereich von bis zu 0,3 L / 100 km, weil die elektromechanischen Servosysteme im Gegensatz zu den hydraulischen Servosystemen keine Energie bei Geradeausfahrt benötigen. Das EPAS Lenksystem benötigt bis zu 90 Prozent weniger Leistung als eine hydraulische Servolenkung, die auch bei Geradeausfahrt einen hohen Energiebedarf hat. Außerdem liegt der energetische Wirkungsgrad des verwendeten SLT Power Zahnriemens bei bis zu 98 %. Für den Fahrer ergibt sich eine optimale Komfortsituation, weil sich durch die Kugelgewindespindel sehr hohe Spurstangenkräfte von bis zu 15000 N bei minimalem Lenkmoment ergeben. Ein weiterer Vorteil des EPAS Lenksystems liegt in der höheren Umweltfreundlichkeit, die sich aus dem geringen Energieverbrauch und dem Verzicht auf Hydraulikflüssigkeit ergibt. An das Zahnriemengetriebe der EPAS-Lenkung werden extreme Anforderungen gestellt. Das System und damit auch der SLT POWER Zahnriemen (SLT) ist für einen Temperaturbereich von -45°C bis + 120°C (Spitze bis +140°C) ausgelegt. Im Gegensatz zu einem Riemen, der in einer Motorumgebung zum Einsatz kommt, muss der Riemen im Lenkgetriebe dicht über der Fahrbahnoberfläche extrem tiefen Temperaturen standhalten. Das Zahnscheiben- und das Riemenprofil der SLT Lenkzahnriemen sind um fünf bis sieben Grad schrägverzahnt und sorgen so für einen sanften Zahneinlauf. Bild 4: Produktaufbau von Conti SLT POWER Zahnriemen EPAS-Lenksysteme haben die Lenksystemanwendungen weltweit revolutioniert. Auch für Mild Hybrid und Hybridfahrzeuge sind diese Lenksysteme geeignet, weil das EPAS System auch ohne laufenden Verbrennungsmotor jederzeit voll funktionsfähig ist. 49 <?page no="60"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten 1.2 Wasserpumpenantriebe und WAPU Zahnriemen Für ein optimiertes Thermomanagement ist es sinnvoll, dass sich der Verbrennungsmotor möglichst schnell aufheizt. Gerade in der Kaltlaufphase verbraucht ein Verbrennungsmotor erheblich mehr Kraftstoff als im warmen Betriebszustand. Zur Abkürzung der Kaltlaufphase ist es ebenfalls nützlich, kurze Kühlmittelstrecken zu realisieren, bzw. die Wasserpumpe möglichst nahe am Zylinderkopf zu plazieren. Der Antrieb der zylinderkopfnahen Wasserpumpen kann u.a. durch separate Zahnriemenantriebe erfolgen. Die benötigten Zahnriemen sind temperaturresistent im Bereich von -40°C bis +150°C (kurzzeitige Spitze bis 170°C). Die separaten Wasserpumpenantriebe sind reibungsoptimiert, da sie mit einer äußerst geringen Vorspannung arbeiten (Fv < 50N). Auf zusätzliche Spannsysteme kann bei den kleinen Achsabständen und den längenstabilen Zahnriemen verzichtet werden. Bild 5: Zahnriemenantrieb für Wasserpumpen (Quelle: Volkswagen AG) 1.3 Nockenwellen und Ölpumpenantriebe mit BIO Zahnriemen BIO = Belt in Oil Zahnriemen Nockenwellenantriebe und Ölpumpenantriebe, d.h. ContiTech BIO (Belt in Oil) Zahnriemen ersetzen erfolgreich ölgeschmierte Kettenantriebe. BIO Zahnriemen sind geeignet für Anwendungen in der Ölwanne oder im ölgefluteten Steuertriebbereich. Mit BIO Zahnriemen können die Reibungsverluste verringert werden. Das Geräuschverhalten wird deutlich verbessert und die Längung des Triebmittels wird maßgeblich reduziert. 50 <?page no="61"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten Bild 6: Zahnriemen zur Substitution von Kettenantrieben (Quelle: Continental u.VW) Die Conti BIO Zahnriemen sind öl- und medienbeständig. Die faserverstärkte Basismischung aus HNBR hat eine extrem hohe Resistenz gegen Altöl, Säuren und Verbrennungsrückstände wie Kurbelwellenkondensat und Rußablagerungen. Das Temperaturspektrum reicht von -40°C bis +130/ +150°C (kurzzeitige Spitze sogar bis +170°C). Die Glasfaserzugstränge sind extrem biegewillig und aufgrund neuartiger Beschichtungssysteme ebenfalls extrem medienbeständig. Das Armierungsgewebe der trocken laufenden Zahnriemen besteht in der Regel aus einem technischen PA6.6 Polyamid Gewebe. Das Gewebe dieser Hochleistungszahnriemen ist mit PTFE-haltigen Verschleißschutzsystemen beschichtet, um die Reibung beim Zahneingriff möglichst niedrig zu halten und um Gewebeabrieb über Motorlebensdauer zu verhindern. Da bei BIO Zahnriemen (ZR) eine erhöhte Medienbeständigkeit gefordert ist, sind die Zähne der BIO ZR mit Aramidgewebe anstatt Polyamidgewebe beschichtet. Aramidgewebe sind aufgrund ihrer Säurebeständigkeit optimal für die BIO Anwendungen geeignet. Insbesondere bei den BIO d.h. Belt in Oil Nockenwellen Steuertrieben lassen sich praktisch keine Riemengeräusche mehr feststellen. Auch die sonst typische Zahneingriffsfrequenz ist bei ölgeschmierten Riemen messtechnisch und subjektiv nicht mehr wahrnehmbar. Neueste Entwicklungen zielen darauf ab, dass auch Ausgleichswellenantriebe mit Zahnriemen realisiert werden können. Dabei kann mittels beidseitig verzahnter Doppelzahnriemen die für Ausgleichswellenantriebe von 3- und 4-Zylinder-Motoren benötigte Drehrichtungsumkehr erreicht werden. 51 <?page no="62"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten 1.4 Konzeptvergleich Riemen zu Kettenantrieben Nockenwellenantriebe mit Zahnriementechnik schonen die Umwelt, weil durch den Einsatz von Zahnriemen gegenüber Ketten eine Reibungsreduzierung von bis zu 30% im Steuertrieb erzielt werden kann. Kettensysteme benötigen Gleitschienen, die im Gegensatz zu den wälzgelagerten Umlenkrollen deutlich mehr Reibung erzeugen. Mit Zahnriemen kann die CO 2 - Emission für serientaugliche Anwendungen um bis zu 1,5 g/ km ggü. Kettentrieben reduziert werden. Das Längungsverhalten der Zahnriemen ist als sehr positiv zu bewerten, da vergleichbare Kettensysteme sich um den Faktor 3-5 stärker längen als Zahnriemen. Riementriebe werden gegenüber den alternativen Kettentrieben als akustisch günstiger eingestuft. Bei Ketten entstehen durch den prinzipbedingten metallischen Kontakt der Maschinenbauelemente Stahlbolzen auf Stahlritzel höhere Aufschlaggeräusche, als beim Kontakt zwischen den Riemenelastomer und den Stahlscheiben. . Riementriebe ermöglichen eine sehr flexible Triebgestaltung, weil durch die intelligente Anordnung von Umlenkrollen eine Vielzahl von Antriebs- und Layoutkonzepten realisiert werden können. Auch der Einsatz von Zahnriementrieben in Kombination mit einer Zylinderdeaktivierung ist kein Problem. Am verbleibenden Nachteil, dass Zahnriementriebe noch geringfügig mehr axialen Bauraum benötigen, arbeiten die Riemenhersteller mit Hochdruck. Ziel ist es, das Zahnriemen ebenso wenig axiale Baubreite benötigen wie Kettentriebe. Bild 7: Vergleich von Zahnriemen mit Kettentrieben 52 <?page no="63"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten 2 Einfluss diverser Triebparameter auf Verlustleistung von Zahnriementrieben Um bereits während der Motorkonstruktion die Verlustleistung im Steuertrieb abschätzen zu können, ist es notwendig, die einzelnen Einflussparameter auf die Verlustleistung messtechnisch zu erfassen und zu bewerten. Die grundsätzlichen Zusammenhänge können dann in vorhandene Simulationswerkzeuge und Rechenmodelle integriert werden. Bild 8: Anteil des Ventiltriebs an der mechanischen Motorverlustleistung (Quelle: FEV) Die Basis für eine realitätsnahe Vorhersage der Verlustleistung beruht auf einer Vielzahl von Messreihen, die u.a. bei der ContiTech Antriebssysteme GmbH durchgeführt wurden. Hierzu wurde auf dem Conti Autotester, der bereits für die Ermittlung von Verlustfaktoren für Keilrippenriemenantriebe genutzt wurde, ein Antrieb mit einer Vielzahl von Zahnscheiben und Umlenkrollen betrieben. Durch die gleichzeitige Messung mehrerer Zahnscheiben und Umlenkrollen ergibt sich eine exaktere Kennwertermittlung. Im Autotester sind acht kleine Rollen eingebaut, im Realtrieb sind oft nur zwei kleine Rollen verbaut (Umlenkrolle und Kurbelwelle). Daher ergibt sich zwischen den Verlustdrehmomenten / Verlustleistungen des Autotesters und dem Realtrieb ein Umrechnungsfaktor von ca. K= 8/ 2 bzw. K= 4 . Die Verlustleistung im Zahnriementrieb entsteht physikalisch im Wesentlichen aufgrund von Wälzlagerreibung an den Lagerstellen der Umlenkrollen oder den Aggregatelagerungen sowie der Walkarbeit, die der Riemen erfährt, wenn er von der gestreckten Lage in die Scheibenkrümmung hinein gebogen wird, bzw. wenn er aus der gekrümmten Lage heraus wieder in die getreckte Lage zurückgebogen wird. 53 <?page no="64"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten Einfluss der Motordrehzahl: Die Verlustleitung im Riementrieb ist proportional abhängig von der Motordrehzahl. Mit steigender Motordrehzahl steigt sowohl die Wälzlagerreibung als auch die Verlustleistung durch die Biegearbeit am Zahnriemen. Je höher die Motordrehzahl desto mehr Biegevorgänge je Zeiteinheit. Einfluss der Riemenbreite: Mit steigender Riemenbreite steigt auch die Verlustleistung im Riementrieb. Je breiter ein Riemen ist, desto größer ist auch seine Biegesteifigkeit. Beim Biegen der Riemensegmente wird durch innere Walkarbeit im Riemen Wärmeenergie erzeugt. Die Walkarbeit sorgt dafür, dass die Riementemperatur im Betrieb ansteigt. Bild 9: Verlustleistung im Zahnriemen Antrieb: Einfluss der Riemenbreite Einfluss der Steghöhe (siehe Bild 10): Die Steghöhe eines Zahnriemens beschreibt die gemessene Riemendicke zwischen zwei Riemenzähnen. Bei Standard Nockenwellentrieben beträgt die Stegdicke in der Regel HS= 2,35 mm. Nur in einigen wenigen Nockenwellentrieben wird aus akustischen Gründen ein vergrößerter Steg mit einer Steghöhe von HS= 2,65 mm verbaut. Die vergrößerte Steghöhe verbessert das Dämpfungsverhalten des Riemens und reduziert die Schwingungsamplituden im Resonanzbereich. Allerdings erhöht sich mit der Steghöhe auch die entstehende Verlustleistung. 54 <?page no="65"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten Bild 10: Verlustleistung im Zahnriemen Antrieb: Einfluss der Steghöhe Einfluss der Vorspannung (siehe Bild 11): Mit der Vorspannung steigt vor allem die Wälzlagerreibung, was sich in dann in höheren Verlustleistungen im Riementrieb niederschlägt. Bild 11: Verlustleistung im Zahnriemenantrieb: Einfluss der Vorspannkraft 55 <?page no="66"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten 3 Keilrippenriemen (KRR) für Nebenaggregatetriebe und 48V Mild-Hybrid Systeme (reibschlüssige Kraftübertragung) Keilrippenriemen (KRR) gehören zu den reibschlüssigen Antriebselementen, die bevorzugt zum Antrieb von Generatoren (12/ 24 Volt oder zukünftig auch 48 Volt), Klimakompressoren, Wasserpumpen und mechanischen Lenkhilfepumpen eingesetzt werden. Da der Keilrippenriemen sehr biegeflexibel ist, können alle Nebenaggregate durch einen sogenannten Serpentinentrieb mit einem einzigen Keilrippenriemen angetrieben werden, wobei der Trieb noch durch entsprechende Rückenrollen und ein automatisches Spannsystem ergänzt wird und damit völlig wartungsfrei läuft. Um die geforderte Übersetzung insbesondere zum Generator zu realisieren, ist die Antriebsscheibe an der Kurbelwelle relativ groß, was zu Riemengeschwindigkeiten bis zu 60 m/ s führen kann. Um hier noch geräuscharm zu arbeiten, ist der reibschlüssige Kontakt ohne jede Verzahnung die ideale Lösung. Außerdem sind durch Variation der Riemenlängssteifigkeit und Riemenoberfläche die Reduzierung von dynamischen Kraftspitzen möglich, wodurch auch die dynamischen Lagerlasten entsprechend reduziert werden können. Das Geräuschverhalten sowie auch das Kraftübertragungsverhalten können besonders gut bei geformten Keilrippenriemen durch gezielte Oberflächenvariation der Profilseite auf den jeweiligen Anwendungsfall hin optimiert werden. In der Vergangenheit kamen hierzu insbesondere mit Baumwolle beflockte Riemen zum Einsatz. Insbesondere bei textilbeschichteten KRR, wie z.B. die Tough Grip Ausführungen von ContiTech, kann der Reibbeiwert sowie auch das Geräuschverhalten durch Variation der eingesetzten Materialien auf die spezifischen Anforderungen eingestellt werden. Der typische Produktaufbau von Keilrippenriemen ist im folgenden Bild dargestellt. Bild 12: Produktaufbau von Keilrippenriemen 56 <?page no="67"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten Im Zuge der zukünftigen Ziele zur weltweiten Absenkung der CO 2 -Emissionen von Verbrennungsmotoren haben die Entwicklungen in allen Bereich der Hybridtechnologien neuen Schub erhalten. Hierbei werden auch riemengetriebene Mild Hybrid Systeme einen wichtigen Beitrag leisten. Mit solchen Systemen läßt sich sowohl ein schneller und komfortabler Motorstart bewerkstelligen, als auch Beschleunigungsunterstützung (Boost-Funktion) sowie Bremsenergie-Rückgewinnung (Rekuperation) betreiben. In Kombination mit einem 48V Starter-Generator und entsprechender Batterietechnologie läßt sich damit im Realbetrieb im urbanen Einsatzbereich eine Einsparung von bis zu 20 % erzielen. Bild 13: Hauptkomponenten eines 48V Mild Hybrid Riementriebsystems Der wesentliche Vorteil dieser Umsetzung ist, das mit relativ geringem Änderungsaufwand ein Mild Hybrid System im Bauraum des heutigen Nebenaggregatetriebs umgesetzt werden kann. Dies läßt sich relativ leicht mit moderaten Mehrkosten an vorhandene Motoren applizieren und es sind keinerlei Änderungen im Abtriebsstrang erforderlich, so dass hiermit beste Voraussetzungen für eine schnelle Einführung gegeben sind. Der Klimakompressor kann dabei (wie im obigen Bild gezeigt) noch im Riementrieb verbleiben oder auch ggf. entfallen und elektrifiziert werden. Speziell für diese Anwendungen sind aber Hochleistungs-Keilrippenriemen erforderlich, die in der Lage sind, die hohen Drehmomente für Start, Boost- und Rekuperationsbetrieb auch sicher und geräuschfrei zu übertragen. Dies wird z.B beim ContiTech UNIPOWER XHP (eXtra High Performance) durch die Kombination von hochfesten Zugsträngen aus Aramid sowie einer extrem verschleißfesten textilen Riemenoberfläche (TOUGH GRIP) und faserverstärkten EPDM-Profilmischungen auf Riemenrücken und -profilseite realisiert. 57 <?page no="68"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten 4 Einfluss diverser Triebparameter auf die Verlustleistung von Keilrippenriementrieben Natürlich hat auch beim Keilrippenriemen die Biegesteifigkeit des Riemens einen großen Einfluss auf die direkten Riemenverluste. Die Biegesteifigkeit ist dabei im wesentlichen abhängig von der Riemenhöhe und den verwendeten Materialien aber natürlich auch von der Riemenbreite. Das nachfolgende Bild zeigt die Abhängigkeit der Verlustleistung von der Riemenbreite bei ansonsten konstanten Riemen- und Prüfparametern. Bild 14: Einfluss der Riemenbreite auf die Verlustleistung im KRR-Trieb Als Fazit der Versuche läßt sich zusammenfassen, dass bei einer Breitenreduktion z.B. um eine Rippe eine Absenkung der reinen Riemenverluste von ca. 5% möglich ist. Aufgrund der immer leistungsfähigeren Riemenausführungen ist dies mit modernen KRR oftmals möglich, aber auf der anderen Seite ist die Breitenreduktion durch die Leitungsanforderungen im Riementrieb natürlich begrenzt, weil ja auch die Kontaktfläche sowie der Zugträgeranteil entsprechend reduziert werden. Wenn aufgrund der Riemenkräfte der Zugstrang nicht geschwächt werden soll, ist daher die Reduktion der Riemenhöhe ein probates Mittel, denn auch damit läßt sich die Beigesteifigkeit deutlich reduzieren. In diesem Zusammenhang hat ContiTech bereits seit einigen Jahren den „UNIPOWER ECO 2 -FLEX“ im Programm, der mit seiner reduzierten Riemenhöhe ein Potenzial zur Verlustleistungsreduktion von ca. 10% ggü. Standard-KRR aufweist und dabei gleichzeitig eine um bis zu 30% gesteigerte Lebensdauer in Bezug auf Biegewechselermüdung erreicht. Ein weiterer sehr wichtiger Systemparameter ist natürlich die Vorspannung im Riementrieb und die sich daraus direkt ableitenden Lagerkräfte. Auch hierzu gab es im Hause Conti umfangreiche Untersuchungen, und das nachfolgende Bild zeigt einmal den grundsätzlichen Einfluss der Riemenvorspannung auf die Verlustleistung. 58 <?page no="69"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten Bild 15: Einfluss der Vorspannung auf die Verlustleistung im KRR-Trieb Grundsätzlich sind ca. 10% Verlustleistungsreduktion je 100 N Vorspannungsabsenkung möglich, wobei natürlich bei zu niedriger Vorspannung das Risiko von erhöhtem Schlupf und damit einer deutlichen Wirkungsgradverschlechterung steigt. Deshalb ist es unerläßlich, die für die jeweilige Anwendung optimale Vorspannung zu wählen, denn nur so kann letztendlich eine einwandfreie Funktion des Riementriebs bei höchstmöglichem Wirkungsgrad erreicht werden. Im nächsten Bild sind einmal die grundsätzlichen Zusammenhänge zwischen Verlustleistung, Vorspannung und Triebfunktion zusammengefasst. Bild 16: Optimale Vorspannung im KRR Nebenaggregatetrieb 59 <?page no="70"?> 4 Riemenantriebe von Nebenaggregaten Die erforderliche Vorspannung ist in erster Linie durch die Leistungsabnahmen, Umschlingungswinkel und Scheibendurchmesser am Riementrieb definiert, aber auch die dynamischen Anregungen im Riementrieb durch Drehungleichförmigkeiten der Verbrennungsmotoren, die über die Kurbelwellenscheibe in den Riementrieb eingebracht werden, spielen eine immer wichtigere Rolle. Hier kann es dann auch durchaus sinnvoll sein, über zusätzliche Entkopplungselemente am Generator oder der Kurbelwellenscheibe die dynamischen Anregungen im Riementrieb zu reduzieren, um damit den optimalen Vorspannungsbereich insgesamt auf ein niedrigeres Niveau zu verschieben. Aufgrund der Vielzahl der Einflußgrößen kann der optimale Vorspannungsbereich für die jeweilige Anwendung heutzutage nur durch den intensiven Einsatz von stationären und dynamische Berechnungstools definiert werden. Nur darüber lassen sich heute alle relevanten Parameter erfassen und das Riementriebverhalten kann dadurch im Vorfeld schon sehr gut simuliert werden. Auch die Wirksamkeit von Entkopplungsmaßnahmen läßt sich hiermit schon sehr gut abbilden, so dass schon frühzeitig die Notwendigkeit dieser Maßnahmen eingeschätzt werden kann. 5. Zusammenfassung Der vorliegende Tagungsbeitrag zeigt auf, dass Zahnriemen wie auch Keilrippenriemen im modernen PKW in einer Vielzahl von Anwendungen zum Einsatz kommen und dabei auch einen wichtigen Beitrag zur Verbrauchs- und damit CO 2 - Reduktion leisten können. Die Bandbreite bei Zahnriementrieben geht hier von einfachen 2-Scheibentrieben, wie z.B. Öl- oder Wasserpumpentrieben, über technisch hoch anspruchsvolle Zahnriemengetriebe für elektromechanische Lenksysteme bis hin zu komplexen Steuertrieben. Zudem sind mittlerweile auch Zahnriemenausführungen für den Einsatz unter Ölumgebung verfügbar, die in Anwendungsbereiche vordringen, die bislang den Kettentrieben vorbehalten waren. Beim Keilrippenriemen ist neben dem heute üblichen Antrieb von Generator, Klimakompressor und Wasserpumpe die Funktionserweiterung im Nebenaggregatetrieb ein Schwerpunkt aktueller Entwicklungen. Dabei werden über neue Hochleistungs- Keilrippenriemen Motorstart / -stopp, Bremsenergierückgewinnung (Rekuperation) sowie Drehmomentunterstützung (Boosten) über einen 48V Starter-Generator realisiert, was zu einem riemengetriebenen Mild Hybrid System führt. Bei beiden Antriebskonzepten gibt es natürlich wichtige Riemenwie auch Triebparameter, deren genereller Einfluss auf Funktion und Verlustleistung in diesem Beitrag beschrieben werden. Bei der Auslegung von Riementriebsystemen ist die entsprechende Berücksichtigung dieser Parameter unabdingbar, wenn es darum geht, Riementriebe mit höchster Funktionalität und Effektivität zu gestalten. 60 <?page no="71"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten Johannes Helmich Abstract To ensure the mechanical functions as well as the supply of electric power along with safety and comfort functions, auxiliary components are essential for the operation of internal combustion engines and conventional powertrains. They consume about 20% of the available energy in a vehicle. Therefore the automotive industry has intensified its efforts to optimize auxiliary components in order to further reduce fuel consumption and CO 2 emissions. Through electrification, auxiliary components can be decoupled from the internal combustion engine which allows more intelligent on demand control of auxiliary components. In general, there are brushed motors and electronically commutated motors that are used as drives for auxiliary components. Whereas brushless motors have higher overall efficiencies and durations, brushed motors are significantly less expensive and less complex to control. Nowadays, depending on the specific requirements, both variants are used. Although the contribution to fuel consumption and CO 2 emissions of mechanically coupled auxiliary components can possibly be very low, more intelligent control provided by the electrification of auxiliary components can increase efficiency in the overall vehicle system to improve on such low values. Kurzfassung Nebenaggregate sind wichtige Hilfsantriebe für den Betrieb von Verbrennungsmotoren und konventionellen Antriebssträngen allgemein. Ihre Aufgaben liegen in der Gewährleistung der mechanischen Funktionen, der elektrischen Energieversorgung und der Bereitstellung von Sicherheits- und Komfortfunktionen der Antriebsstrangkomponenten. Ihr Anteil am Verbrauch der insgesamt im Fahrzeug zur Verfügung stehenden Energie liegt bei 20%. Durch die kontinuierlichen Bemühungen, Kraftstoffverbrauch und CO 2 -Emissionen zu senken, rücken daher zunehmend auch Nebenaggregate in den Fokus der Entwicklungsaktivitäten. Durch Elektrifizierung kann eine Entkopplung der Nebenaggregate vom Verbrennungsmotor erreicht werden, wodurch eine bedarfsgerechte und damit auch intelligentere Ansteuerung ermöglicht wird. Im Wesentlichen werden zum Antrieb elektrifizierter Nebenaggregate entweder mechanisch kommutierte (bürstenbehaftete) oder elektronisch kommutierte (bürstenlose) Motoren eingesetzt. Während bürstenlose Motoren höhere Wirkungsgrade und Lebensdauern aufweisen, sind bürstenbehaftete wesentlich günstiger und weniger komplex in der Ansteuerung. Heute werden je nach spezifischer Funktionsanforderung beide Varianten eingesetzt. Mechanisch gekoppelte Nebenaggregate haben häufig einen geringen Einfluss auf den Kraftstoffverbrauch und CO 2 -Ausstoß eines Fahrzeugs. Durch die Elektrifizierung von Nebenaggregaten und der damit einhergehenden bedarfsgerechten und intelligenteren Ansteuerung können jedoch Effizienzsteigerungen im Gesamtsystem erreicht werden, die diesen Einfluss überkompensieren und so erhebliche Reduktionen von Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß ermöglichen. 61 <?page no="72"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten 1 Randbedingungen und Anforderungen an Nebenaggregate Die Themen Verbrauchs- und Emissionsreduzierung sind Konstanten in der Automobilentwicklung. Erhebliche Wirkungsgradsteigerungen wurden bereits durch die Einführung der Direkteinspritzung, variable Ventiltriebe, optimierte Basismotoren und durch Downsizing erreicht. Weitere Potenziale liegen in der Optimierung der Nebenaggregate. Deren Aufgaben liegen grundsätzlich in der Gewährleistung der mechanischen Funktionen des Verbrennungsmotors, realisiert durch beispielsweise Kraftstoffförderung, Schmierstoffversorgung, Kühlung und Unterdruckversorgung. Eine weitere Aufgabenstellung von Nebenaggregaten besteht in der Sicherstellung der elektrischen Energieversorgung des Bordnetzes durch den Generator. Auch die Betriebsunterstützung von Komfort- und Sicherheitsfunktionen ist Aufgabe von Nebenaggregaten. Zu nennen sind hier beispielsweise die Lenkhilfe und die Klimaanlage. Insbesondere durch steigende Anforderungen an Sicherheit und Komfort wachsen die Anzahl und der Energiebedarf der Nebenaggregate immer weiter an [1]. Die über den Riemen angetriebenen Nebenaggregate sind der Generator, der Klimakompressor und die Kühlmittelpumpe. Weitere wesentliche Nebenaggregate sind Anlasser, Schmierstoffpumpe, Einspritzpumpe, Kühlerlüfter, Turbolader und Bremskraftverstärker. Auch Systeme wie Nockenwellenversteller, Drosselklappenantriebe, Systeme für variable Verdichtung oder Zylinderabschaltungen und Ventilsteuerungen zählen dazu. Der Anteil der Nebenaggregate am Gesamtenergieverbrauch im Fahrzeug beträgt ca. 20% [1], [2]. Dieser Wert kann unter anderem durch Maßnahmen wie Leichtbau, Reibungsreduktion oder Betriebsstrategieoptimierungen gesenkt werden. Bedeutende Potenziale werden derzeit aber vor allem durch die Elektrifizierung von Nebenaggregaten erschlossen. Neben einem Beitrag zu verringerten Kraftstoffverbräuchen und CO 2 -Ausstößen bieten diese Systeme weitere technische Vorteile, auf die in Abschnitt 4 detailliert eingegangen wird. Heute ist der Verbrennungsmotor weiterhin die dominierende Antriebsquelle in PKW. Aktuelle Studien sehen ihn trotz des Megatrends zur Elektrifizierung bis über 2025 hinaus in dieser Rolle. Aufgrund seiner noch langen Zukunft müssen daher weitere Potenziale hinsichtlich der Reduzierung von Kraftstoffverbrauch und CO 2 -Ausstoß erschlossen werden [4]. 2 Künftige Marktanforderungen als Auslöser eines Technologiewandels Die Automobilindustrie und ihre Kunden stehen in den kommenden Jahrzehnten vor erheblichen technischen, wirtschaftlichen und infrastrukturellen Veränderungen. Vor allem in der Elektrifizierung des Antriebsstranges besteht eine enorme Herausforderung. Die Entwicklungsdynamik und -komplexität in der Branche steigen dabei stetig an [3]. Grundsätzlich können drei Faktoren als Haupttreiber für diese Entwicklung genannt werden. Der erste und wesentlichste Veränderungstreiber ist der Gesetzgeber. Durch Bestimmungen wie die Beschränkung der Schadstoff- und CO 2 -Emissionen (Abbildung 1) oder auch die Einführung und Erweiterung von Niedrig-Emissions- Gebieten übt er direkten Einfluss auf die Entwicklungs- und Forschungsanstrengungen der Automobilindustrie aus. Der zweite bedeutende Treiber besteht in der Verknappung fossiler Kraftstoffe, die eine Verteuerung herkömmlichen Treibstoffs un- 62 <?page no="73"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten ausweichlich macht. Als dritter Haupttreiber ist der Kunde zu nennen. Durch das zunehmende Bewusstsein für die Umweltschädlichkeit von konventionellen Fahrzeugen und die Forderung nach verringerten Kraftstoffverbräuchen forciert auch er die Entwicklung sauberer bzw. emissionsfreier Fahrzeuge [4]. Es existieren zahlreiche weitere Einflüsse aus der Makroumwelt der Automobilindustrie. Die Verabschiedung globaler Klimaschutzabkommen, das Auftreten neuer Wettbewerber im Markt wie zum Beispiel Tesla oder Google, die Urbanisierung, sich verändernde Anforderungen an zukünftige Mobilitätskonzepte und nicht zuletzt das Image der Autoindustrie als Umweltsünder sind weitere Beispiele für Treiber, die die Elektrifizierung des Antriebsstranges dynamisch vorantreiben. Bild 1: Globale CO 2 Grenzwerte bis 2025 (NEFZ-Werte) 1 Unter der Elektrifizierung des Antriebsstranges wird die Entwicklung konventioneller Antriebsstränge hin zu rein elektrischen Antriebssträngen, verstanden. Dabei werden verschiedene Abstufungen unterschieden. Abbildung 2 zeigt in Pyramidenform die Stufen der Elektrifizierung des Antriebsstranges. Ausgehend von konventionellen Antrieben und deren Optimierungsstufen wird über parallele und serielle Hybrid- Konfigurationen schließlich der vollständig elektrifizierte Antriebsstrang in Elektrofahrzeugen angestrebt. Deutlich wird in dieser Visualisierung, dass der Verbrennungsmotor bis zur vollständigen Elektrifizierung der Antriebsstränge weiterhin eine große Bedeutung behält. Aktuelle Daten sagen für Fahrzeuge, in denen eine Verbrennungskraftmaschine arbeitet, im Jahr 2025 noch einen Marktanteil von mindestens 95% voraus. Dieser Wert setzt sich aus etwa 75% reinen Verbrennerfahrzeugen 1 Quelle: http: / / www.theicct.org/ sites/ default/ files/ infotools/ pvstds/ chartlibrary/ NEDC_CO2_cars_Sept2015.png 63 <?page no="74"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten und mindestens 20% Hybridfahrzeugen zusammen. Der Verbrennungsmotor ist dabei auch in fast allen Hybridkonzepten das Hauptantriebsaggregat. Lediglich in Range Extender Fahrzeugen mit seriellem Hybrid-Antriebsstrang übernimmt die E- Maschine den Hauptantrieb und wird bei Bedarf von einer Verbrennungskraftmaschine unterstützt. In Elektrofahrzeugen wird schließlich kein Verbrennungsmotor mehr eingesetzt [5]. Bild 2: Stufen der Antriebsstrangelektrifizierung [5] Konventionelle Antriebsstränge werden hinsichtlich des Marktvolumens also auch zukünftig das dominierende Antriebsaggregat sein. Die Potenziale konventioneller Antriebsstränge hinsichtlich ihres CO 2 - und Schadstoffausstoßes sind dabei noch nicht vollständig ausgeschöpft, sie weisen im Gegenteil bedeutende Elektrifizierungspotenziale auf. Ein Fokus muss dabei auf die Elektrifizierung mechanisch angetriebener Nebenaggregate gelegt werden, um eine bedarfsgerechte Nutzung dieser Komponenten zu erreichen und so Kraftstoffverbrauch und Emissionen zu reduzieren. Es ist absehbar, dass die aktuellen politischen Vorgaben hinsichtlich der CO 2 - und Schadstoffemissionen durch eine Optimierung der konventionellen Antriebe eingehalten werden können. Ein vollständig lokal emissionsfreier Betrieb kann mit Verbrennungsmotoren jedoch nicht realisiert werden [4]. 3 Grundlagen der Elektromotoren Im Zuge der Elektrifizierung von Nebenaggregaten konventioneller Antriebsstränge kommt dem Elektromotor als Antrieb dieser Hilfsaggregate eine zentrale Bedeutung zu. Grundsätzlich wird hier zwischen Bürstenläufermotoren und elektronisch kommutierten Motoren unterschieden. Bürstenläufermotoren werden permanent mit Gleichstrom versorgt. Im Rotor befinden sich die Kupferwicklungen, der Stator wird mit Permanentmagneten ausgestattet, siehe Abbildung 3: 64 <?page no="75"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten Bild 3: Aufbau eines Bürstenläufermotors Um im Motor ein Drehmoment zu erzeugen, werden zwei Magnetfeldquellen - Rotor und Stator - benötigt. Durch Anziehung und Abstoßung zwischen beiden Magnetfeldern entsteht die Rotation des Rotors. Diese Rotation wird fortgesetzt, bis sich zwei gleichgepolte Magnetpaare gegenüberstehen. Nun wird der Strom über Bürsten und den Kommutator, welcher als mechanischer Schalter dient, in der Wicklung umgepolt. Die Drehbewegung im Motor kann so fortgesetzt werden. Durch die Reibung beim mechanischen Kontakt zwischen Kohle und Kommutator und das dabei entstehende Bürstenfeuer nutzen sich die Kohlebürsten und der Kommutator ab. Der gesamte Motor unterliegt daher letztendlich einem durch die mechanische Kommutierung bedingten Verschleiß. Abbildung 4 zeigt die Kennlinie eines Bürstenmotors (Brose Schaltmotor): Bild 4: Motorkennlinie eines Bürstenläufermotors (Brose Schaltmotor) 65 <?page no="76"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten Bürstenlose Motoren werden elektronisch kommutiert. Die Kupferwicklungen befinden sich im Stator, der Rotor beinhaltet die Magnete. Bürstenlose Motoren werden sowohl auf Basis seltener Erden Magneten als auch mit Ferritmagneten entwickelt. In Kfz Zusatzantrieben werden fast immer bürstenlose Motoren nach dem Prinzip permanenterregter Synchronmaschinen eingesetzt. Ausnahmen bilden hier die Technologiekonzepte Lichtmaschine, Anlasser und Hauptantriebe für reine Elektrofahrzeuge. Abbildung 5 zeigt den Aufbau eines elektronisch kommutierten Motors: Bild 5: Aufbau eines elektronisch kommutierten Motors Um ein Drehfeld zu erzeugen, müssen die Spulen zeitlich versetzt geschaltet (kommutiert) werden, sodass im permanenterregten Rotor ein Drehmoment entsteht. Der Rotor mit seinen Magneten bewegt sich dann entlang der Kupferwicklungen im Stator. Zur Kommutierung der Spulen wird ein Controller eingesetzt. Über diesen können auch weitere Funktionen wie Drehzahl- und Stromregelung oder eine Leistungsoptimierung implementiert werden. Die Kommutierung kann grundsätzlich sensorgesteuert oder sensorlos erfolgen. Sensorlos bedeutet dabei lediglich, dass das Bauteil Sensor entfällt. Die Positionsbestimmung muss dann aber über andere verfügbare Größen erfolgen. Bei der sensorgesteuerten Kommutierung werden beispielsweise Hall-Sensoren zur Detektion der Rotorposition verwendet. Typisch ist eine Anordnung von drei Hall-Sensoren im Abstand von 120°. Zusammen mit einem auf die Welle aufgebrachten Dipol oder Magnetring und in Kombination mit einem Sensor, zum Beispiel Hall-, GMR- (Riesenmagnetowiderstand) oder AMR-Sensor (anisotroper magnetoresistiver Effekt) ermöglicht diese Technologie die Detektion der Rotorposition. Die Ströme in der Spule müssen an definierten von den Sensoren detektierten Umschaltpunkten kommutiert werden. Je exakter das Umpolen erfolgt, desto ruhiger ist der Motorlauf. Bei einer sensorlosen Kommutierung hingegen wertet der Controller beispielsweise die in der Spule erzeugten Gegenspannungen oder Shuntsignale aus, um die Rotorposition zu erfassen. Diese Positionsbestimmung erfordert eine Mindestdrehzahl des Motors. Bis zu dieser Drehzahl wird der Motor blind geschaltet. Die Positionsbestimmung kann auch durch einen AMR (Anisotroper magnetoresistiver Effekt) Sensor und ei- Ferrit-/ Seltene Erden Magneten im Rotor 66 <?page no="77"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten nen auf die Welle aufgebrachten Dipol erfolgen. Dieses Verfahren bietet bei großen Geschwindigkeiten hohe Genauigkeiten in der Winkelmessung und damit in der Positionsbestimmung. Abbildung 6 zeigt eine typische Kennlinie eines elektronisch kommutierten Motors (Brose D50): Bild 6: Motorkennlinie eines bürstenlosen Motors (Brose D50) Bürstenbehaftete und elektronisch kommutierte Motoren weisen jeweils spezifische Vor- und Nachteile auf. Entsprechend dieser Charakteristika sollte die Selektion des geeignetsten Motors im Abgleich mit der spezifischen Funktionsanforderung erfolgen. Ein wesentlicher Vorteil bürstenloser Motoren liegt in ihrer gegenüber bürstenbehafteten Varianten höheren Lebensdauer. Der limitierende Faktor bei der Lebensdauer elektronisch kommutierter Motoren sind in der Regel die Lager oder der Elektrolytkondensator. Bei bürstenbehafteten Motoren ist der durch die mechanische Kommutierung ausgelöste Bürstenverschleiß der begrenzende Faktor. Auch hinsichtlich des Wirkungsgrades sind elektronisch kommutierte Motoren den bürstenbehafteten Motoren überlegen. Diese Wirkungsgradverluste sind hauptsächlich auf Widerstände, die zwischen Bürsten und Kommutator auftreten, zurückzuführen. Dieser Widerstand liegt bei bürstenbehafteten Motoren mit etwa 50m (u.a. abhängig von der Größe und der Beschaffenheit der verwendeten Kohlen) um ein vielfaches höher als bei den in bürstenlosen Motoren eingesetzten B6 Brücken. Die nachteilige Charakteristik bürstenbehafteter Motoren hinsichtlich der elektromagnetischen Verträglichkeit kann mit der mechanischen Kommutierung begründet werden, bürstenlose Motoren sind diesbezüglich als weniger kritisch zu bewerten. Durch den mechanischen Kontakt und die Reibung zwischen Bürsten und Kommutator weisen Bürstenmotoren außerdem schlechtere akustische Eigenschaften auf als bürstenlose Motoren. Demgegenüber steht die einfache Ansteuerung der bürstenbehafteten Motoren. Sie können durch einfache Anbindung an eine Spannungsquelle betrieben werden, während bei elektronisch kommutierten Motoren der Controller eine komplexere Signalversorgung erfordert. Auch hinsichtlich seiner Kosten hat der bürstenbehaftete Motor gegenüber dem elektronisch kommutierten Motor Vorteile. Er benötigt lediglich ein Schaltgerät, bürstenlose Motoren müssen hingegen mit einem Controller aufgebaut werden. Zudem werden in Bürstenmotoren üblicherweise Ferritmagneten eingesetzt. Diese sind [%] [rpm] [Nm] 67 <?page no="78"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten im Vergleich zu den häufig in bürstenlosen Motoren eingesetzten seltenen Erden Magneten wesentlich günstiger. Tabelle 1 enthält eine Übersicht der spezifischen Vor- und Nachteile bürstenloser und elektronisch kommutierter Motoren: Tabelle 1: Spezifische Vor- und Nachteile bürstenbehafteter und bürstenloser Motoren Eigenschaften Bürstenbehaftete Motoren Bürstenlose Motoren Lebensdauer Bis zu 1.200 Stunden, begrenzt durch Lebensdauer der Bürsten Bis zu 8.000 Stunden, begrenzt durch Lebensdauer der Lager und Elkos Wirkungsgrad Bis zu 72% Bis zu 87% Drehzahlregelung Lastabhängigkeit, Betriebspunkt variiert Drehzahlregelung erfolgt lastunabhängig, Kosten Geringe Kosten, benötigt nur DC/ AC Wandler Hohe Kosten für Controller Bauteilgröße Größer bei gegebener Leistung Kleiner bei gegebener Leistung Signalanbindung Einfach: Keine Elektronik notwendig Komplex: Elektronische Regelung notwendig EMV Kritisch aufgrund der mechanischen Kommutierung Weniger problematisch aufgrund elektronischer Kommutierung Vibrationen / Geräusch Hoch aufgrund Bürstenreibung und Kommutator Deutlich niedriger als bei Bürstenmotoren Anlaufmoment Startmoment und -strom hoch Startmoment- und -strom geregelt 4 Vergleich von elektrischen und mechanischen Nebenaggregaten Am Beispiel der Kühlmittelpumpe wird in diesem Abschnitt aufgezeigt, welche Potenziale durch die Elektrifizierung dieser spezifischen Komponente aber auch allgemein durch die Umstellung von mechanischen auf elektrische Nebenaggregate erschlossen werden können. Konventionelle Kühlmittelpumpen (siehe Abbildung 7) werden mechanisch über den Keilriemen angetrieben. Sie reduzieren dabei das an der Kurbelwelle verfügbare 68 <?page no="79"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten Drehmoment während der gesamten Betriebsdauer um den Betrag, der für ihren Betrieb benötigt wird. Bild 7: Riemengetriebene Kühlmittelpumpe 2 Die Auslegung des Motorkühlkreislaufes erfolgt im Hinblick auf die maximal benötigte Wärmeabfuhr. Die mechanische Kühlmittelpumpe wird also so dimensioniert, dass sie beispielsweise bei einer Steigungsfahrt mit Anhänger und bei geringen Drehzahlen genug Kühlmittel fördert, um den Motor in dieser Situation ausreichend kühlen zu können. Bei hohen Drehzahlen und geringer Last, zum Beispiel während der Fahrt bei hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn, fördert die Kühlmittelpumpe mehr Kühlmittel als es der Betriebspunkt des Fahrzeugs erfordert. Diese Situation besteht während 95-97% der gesamten Betriebsdauer des Fahrzeugs. Lediglich während 3- 5% der Betriebszeit wird der maximale Kühlmittelbedarf gefordert. Konventionelle Kühlmittelpumpen sind also überdimensioniert, der gesamte Motorkühlkreislauf wird als „überkühlt“ bezeichnet [1]. Diese Überdimensionierung resultiert neben dem ineffizienten Betrieb in verlängerten Warmlaufphasen des Motors, weil mit seinem Start direkt auch die Kühlmittelpumpe anläuft. Dadurch wird wiederum die Erwärmung des Innenraums verzögert, was den Komfort für den Fahrzeugnutzer mindert. Obwohl der Anteil mechanisch betriebener Kühlmittelpumpen am Gesamtkraftstoffverbrauch bei lediglich etwa 1% liegt, können durch die Elektrifizierung dieses Nebenaggregates Potenziale zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauches und des CO 2 -Ausstoßes erschlossen werden, die über diesen Anteil hinausgehen [1]. Elektrische Kühlmittelpumpen sind grundsätzlich anders aufgebaut als riemengetriebene. Abbildung 8 zeigt von links nach rechts die Elektronik, den elektronisch kommutierten Elektromotor und die Hydraulik der Brose 48V-Kühlmittelpumpe. Der Rotor läuft in der Kühlflüssigkeit und ist gegen den trockenen Stator durch ein PPS- Spaltrohr abgedichtet. Die abgebildete Kühlmittelpumpe basiert auf einer 48V Elektronik. Sie kann eine hydraulische Leistung von 200W bis 850W abgeben und weist einen Wirkungsgrad von über 50% auf. Durch Skalierung der Leistung nimmt die Höhe der Kühlmittelpumpe entsprechend zu oder ab, der Durchmesser bleibt dabei gleich. Neben zahlreichen Vorteilen, die durch die Elektrifizierung an sich entstehen, bietet die elektrische Kühlmittelpumpe eine höhere Flexibilität bezüglich des Einbauortes. Der Einbau muss nicht mehr am Riemenantrieb des Verbrennungsmotors er- 2 Quelle: http: / / www.brenscheidt.de/ kft-wasserpumpen-reparatur.html 69 <?page no="80"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten folgen. Elektrifizierte Nebenaggregate können auch an der Karosserie oder anderen zur Verfügung stehenden Räumen in der Motorumgebung platziert werden, um das Packaging zu optimieren. Im Fall der Kühlmittelpumpe werden so beispielsweise verbesserte Schlauchwege möglich. OEMs wie Toyota und Mercedes-Benz haben bereits riemenlose Verbrennungsmotoren entwickelt und am Markt platziert. Realisierbar sind diese Entwicklungen nur mit den elektrifizierten Nebenaggregaten Kühlmittelpumpe, Generator und Klimakompressor. Bild 8: Elektrische 48V-Kühlmittelpumpe von Brose Wird die elektrische Kühlmittelpumpe von einem intelligenten Motor- Managementsystem angesteuert, erfolgt ihr Einsatz bedarfsgerecht. Bei hoher Motorlast und geringer Drehzahl kann die benötigte hohe Kühlleistung bereitgestellt werden, ohne dass die Pumpe bei hohen Drehzahlen und geringer Last entsprechend der höheren Drehzahl einen nicht benötigten Kühlmittelvolumenstrom fördert. Ein solches bedarfsgeregeltes Kühlsystem kann im NEFZ bis zu 5% des Kraftstoffverbrauchs einsparen. Nur durch Elektrifizieren der Kühlmittelpumpe kann dieses Potenzial jedoch nicht erschlossen werden. Voraussetzung ist die intelligente Ansteuerung im Rahmen eines ganzheitlichen Thermomanagements. Dazu gehören auch ein Kennfeldthermostat, ein drehzahlgeregelter Lüfter und ein entsprechendes Motor-Management. Die elektrifizierte Kühlmittelpumpe ist hier Enabler und zentrale Komponente zur Erschließung der möglichen Kraftstoffeinsparung. Im NEFZ entspricht diese Reduzierung des Kraftstoffverbrauches einem Einsparpotenzial von 9,1 g CO 2 / km bei Otto-Motoren und 7,2 g CO 2 / km bei Diesel-Motoren. Noch im Jahr 2017 wird der neue Fahrzyklus WLTP in der Europäischen Union eingeführt. Für dessen Betriebsanforderungen liegen derzeit jedoch noch keine Testergebnisse hinsichtlich der Einsparpotenziale einer elektrifizierten Kühlmittelpumpe vor. In der Warmlaufphase fördert die elektrische Kühlmittelpumpe keine Kühlflüssigkeit. Dadurch wird die optimale Betriebstemperatur des Verbrennungsmotors schneller erreicht. Durch die verkürzte Kaltlauf- und Warmlaufphase erwärmt sich der Motor schneller, wodurch die Öltemperatur schneller ansteigt und somit der Reibmitteldruck reduziert wird. Der Verbrennungsmotor arbeitet dadurch insgesamt kraftstoffeffizienter. Gleichzeitig wird schneller Wärme für den Fahrzeuginnenraum zur Verfügung 70 <?page no="81"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten gestellt. Die Elektrifizierung der Kühlmittelpumpe ermöglicht also einen schonenderen Betrieb des Motors und die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs. Gleichzeitig entstehen Komfortvorteile wie das schnellere Entfrosten der Scheiben und die zügige Anhebung der Lufttemperatur im Fahrzeuginnenraum. Die Möglichkeit, im Mittel höhere Kühlmitteltemperaturen zu erreichen, ist der wesentliche Faktor für die Senkung des Kraftstoffverbrauchs und damit des CO 2 - Ausstoßes, siehe Abbildung 9. Durch die bedarfsgerechte Ansteuerung der elektrischen Kühlmittelpumpe kann die Kühlmitteltemperatur im Teillastbereich dauerhaft angehoben werden, ohne zu schwache Kühlleistungen im Hochlastbereich zu erhalten. Bild 9: Einfluss der Kühlmitteltemperatur auf den Kraftstoffverbrauch in verschiedenen Lastbereichen [1] Insbesondere im Leerlauf und im Teillastbereich kann der Verbrauch gesenkt werden, indem die elektrifizierte Kühlmittelpumpe so angesteuert wird, dass die Kühlmitteltemperatur in diesen Bereichen um 20 Kelvin ansteigt. Sowohl der NEFZ als auch reale Fahrzyklen weisen hohe Anteile solcher Teillast- und Niedriglastphasen auf. Die permanente Anhebung der Kühlmitteltemperatur in diesen Betriebsphasen resultiert im oben genannten Einsparpotenzial beim Kraftstoffverbrauch. Ein weiterer erheblicher Vorteil elektrischer Kühlmittelpumpen liegt in der Möglichkeit der vollständigen Abschaltung des Aggregates. Kann die Motorkerntemperatur zur Vermeidung einer Überhitzung exakt erfasst werden, besteht die Möglichkeit, die Kühlmittelpumpe während etwa 93% der Betriebsdauer abzuschalten. Während dieser Phasen sind keine Wirkungsgradketten zu berücksichtigen, wodurch die Effizienz des Gesamtsystems erheblich ansteigt. Die Möglichkeit der vollständigen Abschaltung ist Konzepten, bei denen die Drehzahl lediglich bedarfsorientiert gedrosselt wird, überlegen. Die Abbildungen 10 und 11 zeigen die Kennlinien eines entsprechenden Versuchs, in dem nachgewiesen wurde, dass sich durch zeitweise Abschaltung das Aufwärmverhalten des Motors wesentlich verbessert. Der Kraftstoffverbrauch konnte in diesem Fall um 4,4% reduziert werden [1]. Specific fuel consumption [g/ kWh] Coolant temperature [°C] 71 <?page no="82"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten Bild 10: Aufwärmverhalten und Zylinderkopftemperaturen mit abschaltbarer Kühlmittelpumpe [1] Bild 11: Getestete Kraftstoffeinsparung mit abschaltbarer Kühlmittelpumpe [1] 5 Zusammenfassung und Ausblick Neben der Entwicklung konventioneller Antriebsstränge hin zu reinen Elektrofahrzeugen liegt auch in der Elektrifizierung von Nebenaggregaten reiner Verbrennungskraftmaschinen ein erhebliches Potenzial zur Reduzierung von Kraftstoffverbrauch und CO 2 -Ausstoß. In konventionellen Antriebssträngen wird 20% der bereitgestellten Energie alleine durch die Nebenaggregate verbraucht. Aufgrund der weiterhin dominierenden Rolle von Verbrennungsmotoren in den Fahrzeugtopologien der kommenden Jahrzehnte, wird daher die Optimierung konventioneller Antriebsstränge weiter voranschreiten. Beeinflusst wird diese Entwicklung vor allem durch CO 2 - Emissionsgrenzen, das steigende Umweltbewusstsein der Kunden und die begrenzte Verfügbarkeit fossiler Brennstoffe. In den nächsten Jahren wird daher eine schrittweise Elektrifizierung der Nebenaggregate stattfinden. Diese Komponenten werden Elektromotoren als Antriebe erfordern. Die Selektion des geeigneten Motors erfolgt dabei anhand der jeweiligen Funktionsanforderung. Der Hauptvorteil elektronisch kommutierter Motoren liegt in ihrer höheren Lebensdauer (bis zu 8.000 h) und dem besseren Wirkungsgrad von bis zu 87%. Mechanisch kommutierte Motoren sind dagegen wesentlich günstiger und bezüglich der Signalversorgung einfacher zu handhaben. Am Beispiel der Kühlmittelpumpe wird deutlich, dass eine suboptimale Betriebspunktauslegung charakteristisch für mechanisch angetriebene Nebenaggregate ist. Deren Elektrifizierung bietet neben Potenzialen zu reduzierten Kraftstoffverbräuchen 72 <?page no="83"?> 5 Elektromotoren als Antriebe von Nebenaggregaten und CO 2 -Ausstößen auch die Möglichkeit, den Einbauort optimal zu wählen und den Riementrieb zu entlasten. Durch die bedarfsgerechte Ansteuerung ermöglicht die elektrifizierte Kühlmittelpumpe zudem einen schonenderen Betrieb des Verbrennungsmotors und verbesserte Komfortbedingungen im Fahrzeuginnenraum. Diese Potenziale werden im Wesentlichen durch im Mittel höhere Kühlmitteltemperaturen bei Teillast und Niedriglast erreicht. Außerdem besteht die Möglichkeit, elektrifizierte Nebenaggregate vollständig abzuschalten. Im Fall der Wasserpumpe geschieht dies während mehr als 90% der Betriebsdauer des Fahrzeugs. In Summe können so bis zu 5% Kraftstoff im NEFZ eingespart und der CO 2 -Ausstoß um bis zu 9 g/ km reduziert werden. Trends wie die Entwicklung von riemenlosen Motoren und die Einführung höherer Spannungsniveaus in Mild- und Voll-Hybriden werden die Elektrifizierung von Nebenaggregaten weiter vorantreiben. Der Verbrennungsmotor kann also in seiner Peripherie ebenfalls elektrifiziert werden und bietet daher Optimierungspotenziale, die seine Bedeutung als am häufigsten eingesetztes Hauptantriebsaggregat auch in Zukunft sichern. Literatur [1] Lunanova, Marco: Optimierung von Nebenaggregaten - Maßnahmen zur Senkung der CO 2 -Emission von Kraftfahrzeugen, Wiesbaden 2009. [2] Prof. Dr.-Ing. Spicher, Ulrich; Dipl.-Ing. Stefan Berlenz: ENA - Entkopplung Nebenaggregate, Entwicklung einer Methodik zur Wirkungsgradverbesserung von Antrieben bei mobilen Arbeitsmaschinen durch eine bedarfsgerechte Regelung der Nebenaggregate, Karlsruhe 2012. [3] Tschöke, Helmut: Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs - Basiswissen, Wiesbaden 2015. [4] Wallentowitz, Henning; Freialdenhoven, Arndt: Strategien zur Elektrifizierung des Antriebsstranges - Technologien, Märkte und Implikationen, 2. Auflage, Wiesbaden 2011. [5] Proff, Heike; Schönharting, Jörg; Schramm, Dieter; Ziegler, Jürgen: Zukünftige Entwicklungen in der Mobilität, Wiesbaden 2012. 73 <?page no="84"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen 48V-Auxiliary Drive Concept for Future Engine Architectures Wolfgang Schöffmann, Helfried Sorger, Franz Zieher Abstract To achieve fleet fuel consumption legislation of 95g/ km CO 2 in 2020, various electrification measures will be introduced, besides engine measures, to reduce the overall energy demand of the vehicle. The introduction of 48V electrical architecture provides increased electric recuperation and limited electric driving at lower cost compared to full hybrid solutions, offering considerable fuel reduction potential in the WLTC. Current belt starter-generator systems already realise direct recuperation and torque boost functions. Additionally they can support a highly effective electrical supercharging system which is clearly superior to current multi-stage turbocharging concepts, particularly in transient response. With flywheel starter-generator concepts, additional functions open up such as purely electric driving in a limited range, or simplification of the base engine towards the goal of a beltless engine. Demand controlled, electrical auxiliaries are already in series production for the cooling-, vacuumor air conditioning systems. Additional areas of interest are the oil system and variable elements in the valve train or crank train. The optimum balance of electrical and mechanical functions on the base engine and its periphery requires an application dependent evaluation with the aim of minimized overall system complexity and cost as well as added customer value. In this paper, the effects of friction and power loss of electrified components are investigated in detail for the relevant driving conditions, especially when consequently implemented into a dedicated 48V base engine with the aim of a modular functional integration. Kurzfassung Im Zuge der Einführung der Flottenverbrauchsvorgaben von 95g/ km CO 2 in 2020 werden neben motorischen Maßnahmen zur Verbesserung des Verbrauchs auch verschiedene Elektrifizierungsmaßnahmen eingeführt werden, um den Gesamtenergiebedarf des Fahrzeuges zu senken. Die Einführung einer 48V Architektur ermöglicht höheres elektrisches Rekuperationspotential, sowie limitiertes elektrisches Fahren bei wesentlich niedrigeren Kosten im Vergleich zu Vollhybrid Lösungen und bietet beträchtliches Kraftstoffeinsparungspotential im WLTC. 74 <?page no="85"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen Mit aktuellen Riemen-Starter-Generator-Systemen lässt sich neben der direkten Rekuperations- und Boostfunktion ein leistungsfähiges elektrifiziertes Aufladesystem der VKM darstellen, das insbesondere im Transientverhalten aktuellen kombinierten Aufladesystemen deutlich überlegen ist. Mit Schwungrad-Starter-Generatoranordnungen bieten sich Zusatzfunktionen, die einerseits rein elektrisches Fahren im begrenzten Bereich ermöglichen, andererseits am Grundmotor eine Entfeinerung zum riemenlosen Motor erlauben. Die bedarfsgerechte, elektrische Aggregatesteuerung ist für Kühlsystem, Vakuumsystem oder Klimakompressor bereits teilweise in die Serie eingeflossen, zusätzliche Optionen bieten sich im Ölsystem und bei Variabilitäten im Ventiltrieb oder Kurbeltrieb. Die optimale Balance der elektrischen und mechanischen Funktionen des Basismotors und seiner Peripherie erfordert eine applikationsabhängige Betrachtung mit dem Ziel niedrigster Gesamtsystemkomplexität und -Kosten sowie erhöhtem Kundennutzen. Im vorliegenden Beitrag wird der Reibungs- und Effizienzeinfluß von elektrifizierten Komponenten in den relevanten Fahrzyklen im Detail betrachtet, insbesondere in der konsequenten Umsetzung in einem massgeschneiderten 48V-Grundmotor, mit dem Fokus auf eine modulare Funktionsintegration. 1 Introduction In 2020, the second target of the European Union CO 2 Emissions Standard that regulates fleet averages becomes operative [1]. Additionally, the upcoming introduction of Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedures (WLTP) and Real Driving Emissions (RDE) are expected to require increased levels of vehicle dynamics and engine operating load points compared to NEDC. In order to achieve the required improvement for 2020 legislation, future powertrain developments that reduce emissions in dynamic vehicle use, such as assisting acceleration and energy recuperation, but also increased efficiency at higher engine loads compared to NEDC become essential. Advanced internal combustion technologies are not predicted to achieve the necessary results on their own, so alternative approaches must be considered. Vehicles equipped with Belt Starter Generator Systems (BSG) combined with a traditional 12V architecture are increasingly introduced enabling considerable performance improvement. However, the 12V architecture limits the amount of power and thus energy that can be recuperated effectively over the drive cycle. One potential solution to overcome this system limitation is to increase voltage above traditional levels, enabling higher energy recuperation during deceleration and braking events. The increased power available for torque assist during acceleration permits the electrification of base engine pumps and allows optimisation of the base engine at higher load points. In this respect, a 48V architecture should be considered as a cost effective approach to meet future emission legislation [2, 3, 4, 5, 6]. 75 <?page no="86"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen 2 Powertrain Architecture Options with 48V 2.1 Importance of the application voltage level When considering increasing the vehicle architecture voltage level from 12V it is important to understand what is the most appropriate solution. Using a 48V system maximises the system voltage without the significant cost burden associated with increased safety regulations (ECE-R 100) associated with using a voltage over 60V. A 48V system also enables e-machines with a power range of up to 20kW which offer significant energy recuperation potential. Fig. 1: Energy recuperation potential over NEDC comparing 12V and 48V solution [7] In previous AVL research it was shown the 12V BSG system with intelligent power supply and start/ stop can reduce fuel consumption by up to 7% over the NEDC. Savings are increased by a further 2% using a 48V system due to higher recuperation potential. If torque assist is utilised with the 48V system a total saving of 11% can be achieved compared with the baseline design. Fig. 2: CO 2 potential with 48V: Impact of different functionalities [7] 76 <?page no="87"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen Using further 'indirect benefits' permitted by the use of the 48V P1 configuration, such as further downsizing and optimisation, the vehicle is predicted to achieve an additional 4% savings. 2.2 E-Motor configurations and attributes With increasing power levels for the e-machine it is important to assess the optimum configuration for a 48V system. Traditionally the 12V and 48V system has been situated in the front end auxiliary drive (FEAD) as it is a straightforward upgrade to an existing engine architecture with lowest impact on vehicle package, cost, production and aftersales. The auxiliary drive considerably contributes to the total engine friction. Measures to reduce the auxiliary drive friction are on the one hand an on-demand control and the removal of belt driven accessories, on the other hand the reduction of the belt pretension. For the 12V generator, intelligent control algorithms with brake energy recuperation as well as minimization of the loading in acceleration mode, have been widely introduced in series production. To reduce the belt pretension a minimization of the axial tolerances, as well as a reduction of the number of idlers are a prerequisite for the base layout. Minimization of the tolerances is achievable by direct mounting of the auxiliaries without brackets, or the modular combination of the drive on one single bracket. Additional measures with increasing cost impact: Mechanical belt tensioner Generator overrun pulley Decoupled belt pulley at the TV-damper Typical auxiliary drives are equipped with a 12 V start-stop generator and A/ C compressor. The same layout is valid in principle for the 48 V BSG system (Fig. 3: ). Fig. 3: Auxiliary drive layout for 48V Belt-Starter-Generator The friction reduction potential of the measures at the auxiliary drive overall is high. 77 <?page no="88"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen Future applications with clean sheet designs give more flexibility in configuration. The main attributes for the e-machines have been considered [7], Fig. 4: Fig. 4: 48V E-Motor system configurations P0: The e-motor is installed in the belt drive system of the combustion engine. P1: The e-motor is fixed to the crankshaft of the combustion engine. P2: The e-motor is installed between combustion engine and transmission. A C0 clutch can decouple the engine from the powertrain. P3: The e-motor is located between transmission and differential. P4: electrical rear axle. Each of these configurations has some benefits and disadvantages, which are important for a future 48V architecture. Below the main characteristics are described, Fig. 5: Fig. 5: Main Characteristics of 48V System configurations [13] If we take these definitions in account, the most beneficial solution in terms of CO 2 and functionality will be P2, P3 and P4. The combination of significant fuel reduction savings, potential for electric driving in coasting mode and at low speed for parking/ pull away, as well as using the gear ratio of the transmission and eliminating the conventional alternator, indicates the P2 configuration should be selected to reduce the base engine complexity. To avoid an increase of the powertrain length and to enable use of a high speed e-motor the parallel P2 configuration was selected for further studies. 78 <?page no="89"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen 3 Attribute comparison of 48V engine components With the introduction of a 48V system within the vehicle, the opportunity arises to electrify further engine and powertrain components that are traditionally mechanically driven. This leads to new opportunities not only within the components themselves but also to additional benefits that can be utilised by the base engine and traditional peripherals [6]. The integration of a latest generation gasoline powertrain in the front section of a C-Class vehicle is shown in Fig. 6: . The 1,6L-TGDI gasoline engine is combined with a 7-Speed double clutch transmission. Fig. 6: Vehicle Front package - Powertrain with 48V System Electrification options considered include the base engine, air path and charging system, vehicle auxiliary pumps and air conditioning, transmission, battery and additional advanced vehicle measures. Also considered are further opportunities for different technology control strategies, enabled by the higher voltage level architecture, in order to maximize the complete vehicle benefits. In the following section the options will be discussed and evaluated. 3.1 Base engine pumps Electrified pumps gives the opportunity to ensure the supply of oil and coolant exactly matches the demand. With this approach the energy consumption electrical pumps is reduced compared to fixed ratio mechanically driven components in particular at engine part load due to reduced friction, volumetric losses and over supply. Although the motor size needs to be considered for packaging there is inherently more flexibility in location and the option of modular design. For the cooling system an electrical controlled thermal management system can be realized accelerating the heating up process as well as reducing the required coolant pump flow rate. Furthermore, when electrifying the oil and water pump, pre-lubrication and after-run cooling functions can be realized, permitting advanced control strategies that reduce real world emissions. 79 <?page no="90"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen Fig. 7: Electric oil and coolant pump arrangement One further option for the oil and water pumps is a combination of mechanical and electrical components. The mechanical components could be sized to more closely match the basic demand, with the electrical pump covering the peak demand. This setup would provide the best overall system performance thus at higher system complexity. Fuel pumps are generally suitable for electrification however as high pressure pumps are already optimised components with flow controllability it is not estimated to provide higher efficiency when electrified. 3.2 Base engine Hydraulic variable cam timing phasers are increasingly being replaced by electrical phasers with additional flexibility, as for example actuation after engine stop. An efficiency potential in replacing the hydraulic variable cam timing phasers is the reduction of oil pump power demand. A possible further route is to electrify the valve train actuation. The thermodynamic advantage of full valve train variability is obvious although camless systems with mechanical or electro-hydraulic operation only are not on the market to date. Considering the higher system voltage availability an electrically driven valve train may be reinvestigated. However, high demand of electric power as well as considerable cost in combination with significant functional risk associated with piston to valve synchronization will remain in the system architecture. Being far from market availability these solutions are not taken into account in the present evaluation. 3.3 Charging technology options with 48V There are a variety of configurations feasible when considering the electrification of the air path technology. The additional use of an electrically driven supercharger, particularly during transients and at lower speeds, permits the targeted calibration of the turbocharger for the high-speed range. On the one hand, this extends the applicable range for single-stage turbocharging technology towards higher specific power with the target of a rational total system; on the other hand, in combination with twostage turbocharging, it enables the highest power density combined with spontaneous responsiveness as shown in Fig. 8: . 80 <?page no="91"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen Fig. 8: Turbocharger and electric supercharger, transient response This has been shown to be an effective solution in both 12V and 48V applications for Gasoline as well as Diesel engine applications [8]. It can also allow the possibility of using low pressure EGR, although the compressor will need to be designed for residuals in the flow. When considering other future 48V applications, the additional power availability for electrification could encourage use of electrically assisted turbochargers; reducing turbocharger response times to improve driveability and permitting the turbine to operate more rapidly at higher efficiency tip speed ratios. A recently presented hybrid charging system is a derivative of an electric assisted turbocharger (ea-TC). Proven components of conventional turbochargers are used for the so-called Cross- Charger® [9]. The specific novelty is the E-Motor on the cold side as an integral part of the compressor (Fig. 9: ) promising to achieve a significant improvement of the mean effective pressure build-up without the additional routings and bypass as required with a separate electric charger. Fig. 9: Integral E-Motor with Turbocharger [9] The final step to electrification of the intake and exhaust system is a mechanically independent compressor and turbine side, resulting in an electrically driven charging system at the intake side and a turbine-generator-unit on the exhaust side. The system complexity is moderate compared to a multi-stage turbo system. However, the energy losses in steady state operation, as well as the need for two electrical machines, limit the application range. 81 <?page no="92"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen 3.4 Electrically supported Exhaust Aftertreatmen t Due to increased levels of hybridization and the opportunity to coast and boost with the 48V e-machine in the P2 configuration, the ICE is expected to be switched off during longer periods of the drive cycles leading to low catalyst temperatures at engine restart conditions. One possible approach to mitigating the risk of increased emissions is the integration of an electrical heating element in the catalyst. This has been used previously at 12V, however the 48V system allows a smaller, lighter package and enables utilization of heat energy from recuperation during vehicle braking phases. 3.5 Auxiliary pumps for Vehicle systems Electric power steering pumps are already standard at latest vehicle platforms and electric vacuumpumps are increasingly introduced. Demand for vacuum is likely to reduce in the future, as brakes are required less often due to e-machine recuperation, and the switch from vacuum to electrical actuators such as wastegate controllers. During electrical drive electrically driven pump is required unless the vacuum assist brake booster is replaced by an electrical assist version. A significant efficiency improvement is achievable by electrification of the A/ C compressor. The peak requirement of up to 5kW results in a large e-motor, however facilitates engine switch-off during idle, coasting and braking even if there is HVAC demand without any effect on passenger comfort. It may also be possible to pre-cool a vehicle at a pre-set time or with remote activation to ensure when the passengers enter the car the temperature is immediately comfortable. As an option to reduce overall system complexity and weight the A/ C compressor could be directly located at the P2 module. This enables drive by the ICE during normal driving modes, as well as by the E-motor when the engine or vehicle is stopped. An additional feature of this configuration is the ability to mechanically drive the compressor by the wheels during recuperations mode, reducing energy conversion losses. Fig. 10: Energy flow of A/ C compressor configuration with 48V P2 module. 82 <?page no="93"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen 3.6 Vehicle Thermal management supported by 48V 48V enables engine operating strategies with considerable influence on the vehicle thermal management system. Due to stop start, e-creeping and load point shifting of the engine the thermal management system is challenged as never before. To ensure a smart thermal management the overall cooling system needs to be taken into account. Beside an electrical coolant pump, which already has a significant influence on the heating up strategy, a radiator shutter system is of increasing interest. The system is not new but due to the different engine strategy the shutter remains in the closed condition more frequently than in a standard vehicle at moderate ambient temperatures and low A/ C load achieving lower aerodynamic resistance. Another option to optimise the engine thermal management is an engine encapsulation. The combination of thermal encapsulation and radiator shutter allows a significant efficiency benefit but needs an advanced calibration strategy considering the balance between overheat protection of components and ideal engine operating temperature. 4 Efficiency and Cost Effects of electrification measures 4.1 Evaluation of component electrification potential After identifying the different possible components which could be electrified, the most promising were included in simulations to calculate what potential exists in the electrification of the base engine (Fig. 11: ). Electrically driven Coolant and oil pump were selected for further investigation as the potential of CO 2 reduction is already proven by 12V systems. The high pressure fuel pump will remain as a mechanically driven component on the engine. Electrification will have no significant performance benefits and actually increase the parasitic losses. The vacuum pump needs to be electrified as soon as pure electric drive is possible to ensure braking also in engine off conditions. The A/ C system has also an electric drive option for driver comfort at electric drive and engine off conditions. In the NEDC and WLTC however the A/ C compressor is not CO 2 relevant. An electric charging system for transient operation is part of the efficiency concept. In the following chapter a simulation with the given boundaries will be presented to give an indication of the possible CO 2 reduction potential with the chosen base engine architecture. 83 <?page no="94"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen Fig. 11: Evaluation of electrified powertrain/ vehicle components [14] The following figure shows a potential configuration of the optimum 48V engine: Fig. 12: Powertrain electrification Gasoline - Potential PT components In general, the electrification of the auxiliaries allows the removal of the auxiliary drive and the oil pump drive including related components like tensioners and idlers. Sofar these measures largely compensate the additional powertrain length required by the parallel P2 module. 4.2 Efficiency improvement path To investigate the effects of different vehicle/ engine related changes on the CO 2 reduction in a defined driving cycle, a complete Vehicle Thermal Management System (VTMS) simulation (Fig. 13: ) had been developed identifying the effects of individual optimization measures on the total vehicle fuel consumption [10]. 84 <?page no="95"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen Fig. 13: VTMS Virtual Vehicle Model In the VTMS simulation the overall vehicle’s thermal system is modelled, allowing to predict the vehicle fuel consumption in the relevant driving cycle (NEDC, WLTC, RDE, etc.) as well as investigate the effect of modifications on vehicle subsystem level (e.g. cooling system, lubrication). The effect of electrifying the coolant pump is considered in regard of friction reduction on one hand and as an engine warm-up measure on the other hand. The efficiency impact is a result of direct engine load reduction through lower friction and friction reduction caused by faster engine warmup. As a base for the calculation a 4-cylinder gasoline engine was selected. The main engine data are defined in the table below: Fig. 14: Reference engine main data As a reference vehicle for the investigations a C-segment class vehicle was chosen. The table below shows the main vehicle data: 85 <?page no="96"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen Fig. 15: Reference vehicle specifications Based on the engine and vehicle model as above, the contribution of the individual electrification measures on the engine to the overall vehicle CO 2 improvement was simulated and summarized. The potential in fuel reduction for a 48V hybrid vehicle for the Vehicle Thermal management System (VTMS) is influenced by two main aspects: Reduction of required mechanical power driving auxiliaries by recuperated electric energy Frction reduction due to faster warm-up by improved thermal control strategy 4.2.1 Impact of Emission Cycles on Efficiency Measures Typical results for achievable reductions in fuel consumption are presented on Fig. 16: . The study includes the following variants: Variable oil pump (Variant 1) Variable oil pump with reduced pressure level (Variant 5) Reduction of piston ring tension (Variant 3) Variable coolant pump (Variant 2) Combined measures (Variant 1, 2 and 3) Fig. 16: FC reduction potential on different cycles using VTMS models 86 <?page no="97"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen On the one hand, the improvement of FC reduction for variable oil pump with reduced pressure level and reduced piston ring tension is resulting from reduced FMEP maps (reduced power consumption of the oil pump and reduced friction values of the tribo-system “piston-rings-liner”) including the interaction on the warm-up characteristic in the approach of the comprehensive VTMS Model. On the other hand, the results for the variants “Variable coolant pump” and “Combined measures”, already take into the consideration the thermal effect of faster engine warm-up by reduced engine friction values by the temperature dependency of the applied FMEP maps. Analyzing the effect of single measures only, it can be seen that the variable oil pump provides the highest benefit of FC reduction. As expected, the highest FC reduction can be achieved by combining all the measures in a bundle. However, it has to be stated that the single measures certainly do not sum up in a linear way, due to the fact that they act on similar warm-up effects, which are interlinked among each other by the thermal system. Detail investigations of the temperature distribution and thermal loading in the cylinder block, pistons and piston rings considering the distribution of friction and the local heat transfer processes are studied using latest simulation methods based on coupled elasto-hydrodynamic (EHD) and multi-material thermal analysis [15]. The accuracy of VTMS model can be improved by results of the detailed investigation of the subsystem friction contribution. Here subsystems are analyzed by engine cycle simulation using multibody dynamics with flexible bodies, EHD and computed fluid dynamics (CFD) methods. 4.2.2 CO 2 reduction due to lower mechanical auxiliary power To assess the potential benefits of electrified auxiliaries a simulation of energy consumption by each auxiliary over WLTC was calculated. The cumulated energy use over the cycle for each component can then be summed to reach the total energy consumption for all auxiliaries. The coolant pump as well as the oil pump had been investigated in regard of the influence of mechanical power consumption as fixed displacement pumps as a baseline, mechanical switchable pumps and finally controlled, electrically driven [17]. The comparison of the results is shown in the figures below. The solid lines show the cumulated energy, whereas the dotted lines reflect the relative contribution. For the coolant pump the required energy can be reduced by 50% when using a switchable coolant pump. For the electrically driven coolant pump the required energy is almost negligible in the cycle since the coolant flow is controlled on demand and not in operation for most of the cycle. The main benefit will be gained by enhanced warm-up of engine which is not considered in this investigation. 87 <?page no="98"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen 0 0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0 0.002 0.004 0.006 0.008 0.01 0.012 0.014 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 Energy relative to engine [%] cumlated power [kWh] Time [s] Coolant Pump Basis Mechanical controlled Electrical controlled Fig. 17: Energy consumption of the engine coolant pump The basis in the oil pump comparison is a conventional fixed geometry pump. The required energy of the oil pump in Fig. 18: shows a fuel consumption reduction potential of the pressure and flow controlled pump of approximately 0,5% in the Cycle. The required energy of the electric pump is slightly higher than for the mechanically variable pump due to the electric efficiency loss, not considering any recuperation benefits. 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 0 0.005 0.01 0.015 0.02 0.025 0.03 0.035 0.04 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 Energy relative to engine [%] cumlated power [kWh] Time [s] Oil Pump Basis Mechanical controlled Electrical controlled Fig. 18: Energy consumption of the engine oil pump 88 <?page no="99"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen The cumulated energy of the selected auxiliaries over the cycle is shown as “auxiliary sum” in Fig. 19: and, by the end of the cycle, equates to just over 450kJ. This equates to 4.2% of the total work done by the entire engine. 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 Auxiliary energy relative to engine [%] Auxiliary cumlated power [kJ] time [sec] Cumulated mechanical power of auxiliaries HT Coolant Pump Oil pump Steering pump Vacuum pump Idlers Auxiliary Sum Sum relative to engine Fig. 19: Cumulated mechanical power of auxiliaries Assuming the electrified components can be driven by recuperated electrical energy, a potential saving of 4% fuel and CO 2 reduction is predicted. 4.2.3 CO 2 reduction due to improved warm-up To assess the effect of technology combinations and their impact on vehicle emissions, three scenarios were simulated in VTMS. The scenarios can be seen in Fig. 20: and include a baseline, pump electrification with active shutters and, pump electrification, active shutters and thermal encapsulation. The baseline in this comparison has fixed flow and speed oil and coolant pumps. As latest engine developments often already include variable flow and pressure pumps the improvement potential of engine warm-up times is already partially or largely utilized. Basis VTMS_1 VTMS_2 Coolant pump Mechanical Electrical Electrical Oil pump Mechanical Electrical Electrical Grill Shutter No Yes Yes Thermal encapsulation No No Yes Fig. 20: VTMS simulation scenarios 89 <?page no="100"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen Considering the three VTMS scenarios, warm-up times of various significant powertrain temperatures were calculated with results shown in Fig. 21: The results highlight the electric coolant pump has the main influence on liner temperature. Whereas, the largest influence on the oil and transmission temperature is thermal encapsulation. 0 50 100 150 200 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 Temperature [°C] Time [sec] Upper Liner Temperature BASIS VTMS_1 VTMS_2 0 20 40 60 80 100 120 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 Temperature [°C] Time [sec] Oil Temperature BASIS VTMS_1 VTMS_2 0 50 100 150 200 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 Temperature [°C] Time [sec] Average Liner Temperature BASIS VTMS_1 VTMS_2 0 10 20 30 40 50 60 70 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 Temperature [°C] Time [sec] Transmission Temperature BASIS VTMS_1 VTMS_2 Fig. 21: Powertrain warm-up times for three vehicle configurations 4.2.4 CO 2 reduction due to 48V e-motor architecture As discussed previously, the most significant opportunity to reduce CO 2 emissions is achieved from the integration of a high power 48V electric motor, allowing significant e-Drive capability and energy recuperation. An illustration of the utilisation of the emotor during the WLTC is given in Fig. 22: Fig. 22: Hybrid functionality in WLTC 90 <?page no="101"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen 4.2.5 CO 2 Improvement Summary To get an understanding of the comparative benefits for each technology choice, the results have been included on one chart. The CO 2 improvement walk from the baseline vehicle is shown in the following Fig. 23: Fig. 23: Predicted emissions reduction by electrifying component [14] In comparison to the baseline powertrain, the simulation shows the AVL 48V concept has a significant WLTC CO 2 reduction potential of up to 20.5%. This is achieved by a 13% CO 2 reduction for the 48V hybridization and a further 7.5% CO 2 reduction due to the additional measures as shown in Fig. 23: The effect of the additional measures is dependent on the base engine layout, sofar the basis in the evaluation are mechanically driven fixed speed and flow coolant-, oil-, vacuum and power steering pumps. It should also be stated that some of the optimization potentials are dependent on each other. One example is the effect of an electrical coolant pump not only through cooling on demand but also by reducing the warmup time of the engine. 4.3 Effect on Cost Fig. 24: shows the trade-off between add-on cost and CO 2 savings for the electrified auxiliaries water pump, oil pump, vacuum pump, power steering pump and turbo charger with recuperation as well as for the improvements on the vehicle, like active air grill shutters and engine encapsulation. Also, the 48 Volt hybridization as a basis for these measures is shown in the diagram. The major assemblies are the emachine, the 48 Volt battery and the DC/ DC converter. Costs for additional wiring and control units have been considered as well. 91 <?page no="102"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen Fig. 24: Estimated reduction in CO 2 (WLTC) associated with component cost increase on bill of material (BOM) basis [14] Boundaries for this evaluation are: The concept of a base engine with belt drive provides the basis for add-on cost calculation for the different assemblies plotted. Changes to conventional engine architecture like belt drive (belt, tensioners, pulleys, idlers), covers and sealings are considered in the delta cost calculation. The presented cost data is calculated on bill of material basis. Cost changes are calculated based upon a hypothesis of >=500.000 units per year produced in 2025 with several suppliers competing on the market. (48 Volt system established in series production). For each component, costs versus gCO 2 / km (WLTC) benefit have been considered. The EU proposed penalty of 95 €/ g CO 2 / km (NEDC) that will come into effect around 2020 has also been included on the chart. Although the benefits calculated over NEDC and WLTC are not strictly equal, previous results have shown that any benefit shown on WLTC would be increased during an NEDC simulation so the penalty line can still giving a useful guide to assess if a technology solution is cost effective. Result show that all options considered, for a vehicle of this size and performance, fall below the proposed penalty line and so become potential options to meet future legislation targets. However, the final selection of the most appropriate technology combinations for each particular OEM would perhaps also need to consider a range of powertrain options and vehicle lines. For example, it should be noted that if a different vehicle and engine combination are assessed, the cost-to-benefit chart could change; and therefore change the optimal choice to achieve the desired results over an entire fleet. 92 <?page no="103"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen 5 Summary and outlook The introduction of 48V electrical architecture provides increased levels of power supply and energy recuperation at lower cost compared to full hybrid solutions. Dependent on the specific application opportunities open up for the electrification of the internal combustion engine (ICE) and its auxiliaries. Range of current powertrains already provides direct recuperation and boost function as well as powerful electrified charging of the ICE. Electrified Turbochargers with additional recuperation function are in early advanced development as a promising next step. Flywheel starter generator concepts, allowing temporary deactivation of the ICE and electric driving in a limited range. On the base engine, electrification of the auxiliaries allows simplification for a beltless engine. Demand controlled, electrical auxiliaries are already partially in volume production for the cooling system, vacuum system or air conditioning. Additional options such as electric oil pump and partial or full electrification of the valve train have been evaluated. The optimum balance of electrical and mechanical functions on the base engine and its periphery requires an application dependent evaluation with the aim of minimized overall system complexity and cost as well as added customer value. The extended approach is the integration of the “ideal” 48V powertrain including the optimized engine. Additional opportunities are opened up in regard of function and package by increased flexibility in the position of auxiliaries as well as function integration. Optimized vehicle thermomanagement including partial encapsulation and controlled cooling air shutters allow further efficiency improvement. Key is the overall system approach of the 48V powertrain integration considering energy demand, cost, thermal management, aerodynamics and acoustics which is evaluated with the AVL Vehicle Attribute Engineering process to assess the balance between technology options and vehicle attributes. 6 References [1] The International Council on Clean Transportation (ICCT), 2009 [2] Hill, A.: 48V and automotive electrification systems, performance and opportunity, Autelligence Limited, 2014 [3] Hackmann, W.; Klein, B.; Götte, C.; Schmid, R.; Pujol, X.: 48V - The Way to a High Volume Electrification. 22nd Aachen Colloquium Automobile and Engine Technology, 2013 [4] Uhl, M.; Wüst, M.; Christ, A.; Pörtner, N.; Trofimov, A.: Electrified Powertrain at 48 V - More than CO 2 and Comfort. 22nd Aachen Colloquium Automobile and Engine Technology, 2013 [5] Sattler, M.; Smetana, T.; Meyerhöfer, T.; Kühlkamp, K.: 48 V Minihybrid - A New Solution for the Minimal Hybridization of Vehicles. 22nd Aachen Colloquium Automobile and Engine Technology, 2013 93 <?page no="104"?> 6 48V-Nebenaggregatekonzept für zukünftige Motorarchitekturen [6] Rousseau, G.; Castel, G.; Rochette, C.; Neveu, D.; Bachet, I.; Taklanti, A.: 48V, Maximizing the Synergies between Hybridization and Electrification of the Powertrain Accessories. 23rd Aachen Colloquium Automobile and Engine Technology, 2014 [7] Küpper, K.; Pels, T.; Deiml, M.; Angermaier, A.; Bürger, T.; “Efficient Powertrain Solutions for 12V up to 800V” Graz, 27th International AVL Conference “Engine & Environment”, 2015 [8] Winkler, M.; Hoffmann, S.; Unterberger, B.; Kaup, C.; Weissbäck, M: Can 48V bridge the gap between 12V and 800V? 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International Vienna Motor Symposium, 2015 [13] Sorger, H.; Schöffmann, W.; Ennemoser, A.; Fuckar, G.; Gröger, M.; Petutschnig, H.; Teuschl, G.; Hood, J.: The ideal base engine for 48 Volts - Chances for Efficiency improvement and optimization of the overall system complexity. Aachen, 24. Colloquium Automobile and Engine Technology 2015 [14] Sorger, H.; Schöffmann, W.; Schöggl, P.; Hütter, M.; Krenek, T.; Fuckar, G.; Hood, J.; Graf, B.: Vehicle Integration of a new engine concept for 48 Volts - Opportunities for Efficiency improvement and optimization of the overall system complexity. Baden-Baden, 3. International Engine Congress 2016 [15] Kreuzwirth, G; Knaus, O.: Integrated Thermal Analysis of Piston and Block Assembly, MTZ 11/ 2016 [16] Weissbaeck, M.; Kaup, C.; Mitterecker, H.: Cost efficient CO 2 Reduction - Vehicle Results based on 12V & 48V Architectures. Rouen, SIA Conference 2016 [17] Schöffmann, W.; Sorger, H.; Ennemoser, A.; Priestner, C.; Hütter, M.; Klarin, B.: The impact of 48V to friction and efficiency optimization of the base engine - Approach for quantification in future driving cycles. Esslingen, 5. ATZ Fachtagung Reibungsminimierung im Antriebsstrang 2016 [18] Pels, T.; Davydov, V.; Ellinger, R.; Kaup, C.; Schöffmann, W.; 48V - where to place the e-machine ? Frankfurt, 11th International MTZ Conference on Future Powertrains, 2017 [19] Schöffmann, W.; Sorger, H.; Weissbäck, M.; Pels, T.; Kaup, C.; Brunner, M.: The tailored powertrain for 48V - Options for the Gasoline Engine - Chance for future Diesel Engines. Baden-Baden, 3. International Engine Congress 2017 94 <?page no="105"?> 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren Jürgen Boss, Rüdiger Schroth, Ronny Bruch Abstract Having a flashback in 10 years to 2016, we may resume that the presentation of Tesla’s Model 3 for 2018 was the announcement of the tipping point for e-mobility. Nevertheless, such an intense change in human mobility will take years or even decades. Therefore, looking at the drive belt system and the power plant in the car is still worthwhile. The job of the alternator can be described quite easily: Transform mechanical power to electrical power on demand. The amount of electrical power depends on the innovation of the developers and manufacturers as well as on the physics and the geometrical size. The alternators’ efficiency is between 55 and 80 % and over all, the alternator should not be noticed by the driver nor making any hassle during assembly or the entire vehicle live. This paper will go deeper inside the physics of electrical layout, strive the actual and future requirements and finally give an outlook to the next years, concerning trends like autonomous driving and the corresponding discussion about functional safety. Kurzfassung Bei einer Rückblende in 10 Jahren auf das Jahr 2016, können wir vielleicht zusammenfassen, dass Tesla mit der Präsentation des Model 3 für 2018 den Durchbruch der Elektromobilität angekündigt hat. Jedoch wird eine solch starke Veränderung der Mobilität Jahre oder sogar Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Insofern lohnt es sich auch in den nächsten Jahren noch, sich mit dem Riemensystem und dem Generator zu beschäftigen. Die Aufgabe des Generators ist mechanische Energie vom Verbrennungsmotor bedarfsgerecht in elektrische Energie zu wandeln. Die Höhe der gewandelten Energie hängt von mehreren Faktoren ab: Der Innovationshöhe der elektromagnetischen Auslegung, Fähigkeiten der Fertigung und natürlich den physikalischen Größen wie dem zur Verfügung stehenden Bauraum. Die Wirkungsgrade von Generatoren liegen zwischen 55 und 80 %, zu dem sollen Generatoren ihren Dienst unbemerkt vom Fahrer verrichten - selbstverständlich während des gesamten Fahrzeuglebenszyklus. Dieses Paper beschäftigt sich tiefer mit den physikalischen Zusammenhängen der Elektromagnetik und den aktuellen und zukünftigen Anforderungen und gibt einen Ausblick für die nächsten Jahre. Dabei werden die bisherigen Anforderungen mit den Trends wie autonomes Fahren und funktionale Sicherheit ergänzt. 95 <?page no="106"?> 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren 1 Markttrends und Anforderung an Pkw Generatoren Mehr als 100 Jahre Entwicklung hat der Generator hinter sich. Im Jahre 1913 lag die elektrische Leistung bei wenigen Ampere (A), gerade ausreichend um das Licht im Fahrzeug mit elektrischer Energie zu versorgen. Aus dieser Zeit kommt auch noch der geläufigere Begriff der Lichtmaschine. Als Folge der zunehmenden Elektrifizierung von Nebenaggregaten und Komfortfeatures erreichen aktuelle Generatoren, in einem gewöhnlichen 12 V Bordnetz, Leistungen über 250 A und damit über 3 kW. Als Vergleichsgröße kann etwa ein Tour de France Radfahrer herangezogen werden. Beim Zeitfahren liegt seine Leistung zwischen 300 und 400 Watt. Leistung alleine ist aber nicht ausreichend. Diese soll in einem möglichst geringen Bauraum und Gewicht erzielt werden. Die entsprechenden Key Performance Indices (KPI) werden als Leistungsdichte und Leistungsgewicht bezeichnet. Die Baugröße ist den immer kleiner und voller werdenden Motorräumen geschuldet. Das Leistungsgewicht ist eine logische Konsequenz der Reduzierung des Fahrzeug Gesamtgewichts und der CO 2 -Bilanz. Die CO 2 -Gesetzgebung und der reale Kraftstoffverbrauch sind Haupttreiber für die Weiterentwicklung in der Generatortechnik in Richtung höherem Wirkungsgrad. Unterstützt wird der Trend durch staatlich geförderte Ökoinnovation und Off Cycle Credits [3]. Im zukünftigen Verbrauchs- und Abgas-Prüfzyklus WLTP [10] gewinnt Rekuperation an Bedeutung, da im Gegensatz zum NEFZ [4] der Ladezustand der Batterie am Ende der Messung dem Ladezustand zu Testbeginn entsprechen muss. Weiter ist im Markt ein Trend zu mechanischer Standardisierung bei gleichzeitiger Erhöhung der funktionalen Flexibilität sichtbar. Gefordert werden kostengünstige Basisprodukte mit einheitlichen Kundenschnittstellen, welche um modulare funktionale Features erweitert werden können. Neue Betriebszustände wie Start-Stop-Coasting, der iBooster im Verbund mit ESP / ABS und die zunehmende Fähigkeit von Fahrzeugen autonom zu fahren haben zur intensiveren Diskussionen über funktionale Sicherheit beim Generator geführt. Die Versorgung des Fahrzeuges mit elektrischer Leistung muss sichergestellt werden. Die Anforderungen an den Generator sind im direkten Wechselspiel mit der Verfügbarkeit vom Bordnetz verknüpft. Es zeichnet sich eine ASIL Einstufung höher als QM [5] ab. Eine einheitliche Strategie hat sich noch nicht im Markt etabliert. Eine weitere wichtige Anforderung an den Generator ist das Geräusch, insbesondere das sogenannte Magnetgeräusch. Dieses ist bis zu einer Generatordrehzahl von ca. 4000 Umin -1 das dominierende Geräusch. Je nach Hersteller gibt es verschiedene Filter und Bewertungskriterien für das Geräuschspektrum des Generators. Gemeinsamer Nenner ist aber, dass der Generator im Fahrzeuginnenraum nicht hörbar sein darf. 96 <?page no="107"?> 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren 2 Regionale Differenzierung Der Trend zu höherer Leistung, höherem Wirkungsgrad und niedrigerem Geräusch ist weltweit sichtbar. Die höchsten Anforderungen nach Leistung mit mehr als 150 A und nach Wirkungsgraden mit mehr als 74 % gibt es in Europa, Nordamerika und China (Bild 1). In Nordamerika sind zudem die Geräuschanforderungen am höchsten, hier liegt der Anteil an sehr leisen, sogenannten Ultra Quiet (UQ), Generatoren bei über 80 %. In Indien und Brasilien sind die Anforderungen nach Leistung mit bis zu 120 A und Wirkungsgraden bis zu 66 % am niedrigsten. In Brasilien sind fast ausschließlich Generatoren mit Standard Geräusch gefordert. Bild 1: Markt und Anforderungen - Regionale Differenzierung [8] 3 Überblick über aktuelle Generatoren Generatoren werden zuerst in ihre Leistungsklassen unterteilt. Typische Kennwerte sind dabei die Leistung bei 1800 Umin -1 , welche durch die Übersetzung von etwa 2,3 der Leerlaufdrehzahl des Verbrennungsmotors entspricht, sowie der Leistung bei 6000 Umin -1 , da die Leistungskennlinie hier bereits nahezu asymptotisch verläuft. Weitere wichtige Größe bei der Klassifizierung der Generatoren ist ihr Bauraum, hier vor allem der Durchmesser, aber auch die Länge. Bei einem kleineren Generator muss der Fahrzeughersteller weniger Platz zur Verfügung stellen. Das Gewicht hängt mit der Baugröße zusammen, so sind kleinere Generatoren in der Regel auch leichter. Beispielsweise gibt es im Pkw Bereich bei Bosch drei verschiedene Plattformen mit je unterschiedlichen Leistungsklassen und Baugrößen, siehe Bild 2. 97 <?page no="108"?> 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren Bild 2: Übersicht Pkw Generatoren bei Bosch [8] Wie in Kapitel 2 aufgezeigt, ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal das Magnetgeräusch des Generators. Das Magnetgeräusch hängt direkt mit der Phasenzahl des Generators zusammen. 3-phasige Generatoren haben durch die geringere Phasenanzahl eine geringere Diskretisierung pro Umdrehung, bei welcher Leistung pro Klauenfinger auf den Ständer induziert wird. 5- und 6-phasige Generatoren haben hier deutliche Vorteile. Eine weitere Steigerung der Phasenzahl führt zu keinem hörbar besseren Geräusch, erhöht aber die Kosten. Neben der steigenden Anzahl an Dioden, ist die Phasenzahl direkt mit der Anzahl der Nuten im Stator gekoppelt und hat einen direkten Einfluss auf die Taktzeit bei der Fertigung des Generators. Zusätzlich ergibt eine große Anzahl an Nuten insbesondere bei kleinen Generatordurchmessern sehr filigrane Zähne. Dadurch ist die Stanzbarkeit der Lamellen kritisch und die Zähne können sich während der Herstellung des Ständers verbiegen. Das Magnetgeräusch lässt sich also nicht optional einstellen. Zur Erreichung von hohen Leistungen muss mehr Kupfer in den Stator gebracht werden. Mit der kostengünstigen Einzugswicklung werden elektrische Kupferfüllgrade von 40 bis 45 % erreicht. Mit neueren aber auch kostenintensiveren Technologien wie Steckwicklung oder dem Flachpaket werden Füllgrade von bis zu 65 % erreicht. 4 Funktionsweise und Auslegung von Generatoren Die Funktion eines Generators [7], [9] beruht auf dem Prinzip der Änderung eines Magnetfeldes in einer Spule. Es wird in ihr eine elektrische Spannung induziert. Entsprechend dem Induktionsgesetz ist die induzierte Spannung umso größer, je größer die Geschwindigkeit der Bewegung senkrecht zu den Feldlinien ist und je höher der magnetische Fluss ist, der den Leiterquerschnitt durchsetzt: Es gilt: Das Magnetfeld zur Erzeugung der induzierten Spannung lässt sich durch Elektromagnete aufbauen. Der Elektromagnet besteht aus einem Eisenkern und einer Wicklung (Erregerwicklung), die von einem Erregerstrom durchflossen wird. Die Anzahl POWER DENSITY LINE Output classes: 130 - 250 A Ultra Quiet 5 phase flat pack technology Size: 3, 7 EFFICIENCY LINE Output classes: 150 - 240 A Optimized noise 3 phase pull-in technology Size: 7, 8 BASE LINE Output classes: 70 - 150 A Standard noise, UQ feature 3 phase pull-in technology Size: 1, 3 98 <?page no="109"?> 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren ihrer Windungen bestimmt zusammen mit der Höhe des Erregerstroms die magnetische Feldstärke. Der magnetisierbare Eisenkern im Elektromagneten leitet das von der Spule erzeugte Magnetfeld. Durch Änderung des Erregerstroms kann das Magnetfeld und damit auch die Größe der induzierten Spannung eingestellt werden. Wesentliche Baugruppen eines Generators sind die drei- oder mehrsträngigen Ankerwicklungen und das Erregersystem (Bild 3). Bild 3: Grundsätzlicher Aufbau eines Klauenpolgenerators [7] Da der Aufbau des Ankerwicklungssystems komplexer ist als der des Erregersystems und die in der Ankerwicklung (Bild 3, Pos. 3) erzeugten Ströme viel größer sind als der Erregerstrom, sind die Ankerwicklungen im feststehenden Stator (Bild 3, Pos. 4) - auch Ständer genannt - untergebracht. Auf dem sich drehenden Teil, dem über den Keilriemen von der Kurbelwelle angetriebenen Rotor (Bild 3, Pos. 2) - auch Läufer genannt - befinden sich die Magnetpole mit der Erregerwicklung (Bild 3, Pos. 1). Sobald ein Erregerstrom durch diese Wicklung fließt, entsteht das Magnetfeld des Rotors. Die Höhe des Erregerstroms wird durch einen Regler geregelt und über ein Kohle-Schleifring-System (Bild 3, Pos. 5 und 6) auf den Läufer übertragen. Um eine hohe induzierte Spannung schon bei niedrigen Drehzahlen erzeugen zu können, muss der Generator eine hohe Polpaarzahl aufweisen. Eine hohe Polpaarzahl erzeugt eine hohe Änderungsgeschwindigkeit pro Umdrehung und damit eine hohe induzierte Spannung. Das ist die Voraussetzung für eine hohe Abgabeleistung des Generators. Mit Hilfe des Klauenpolprinzips kann das Magnetfeld einer einzigen Erregerspule so aufgeteilt werden, dass die erforderlichen 12 bis 16 Pole oder 6 bis 8 Polpaare entstehen. Beim Drehstromgenerator sind im Anker drei oder mehr gleiche Wicklungen (Stränge) vorhanden, die räumlich zueinander versetzt angeordnet sind. Wegen des räumlichen Versatzes der Wicklungen sind die in ihnen erzeugten sinusförmigen Wechselspannungen ebenfalls zueinander phasenverschoben (zeitlich versetzt, Bild 4). Der daraus resultierende Wechselstrom wird Drehstrom genannt. Die vom Generator erzeugte Wechselspannung muss gleichgerichtet werden, da die Versorgung der Batterie und der Elektronik im Kfz-Bordnetz Gleichstrom erfordert. 99 <?page no="110"?> 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren Bild 4: Prinzip der Gleichrichtung bei Generatoren [9] An jedem Strang sind zwei Leistungsdioden (Bild 3, Pos. 7) angeschlossen - eine Diode auf der Plusseite, die meistens über den Plus-Kühlkörper des Gleichrichters mit dem B+ -Bolzen verbunden ist und eine Diode auf der Minusseite, die über den Minus-Kühlkörper des Gleichrichters mit dem Generatorgehäuse (Klemme B ) in Verbindung steht. Das Generatorgehäuse ist über die Befestigungspunkte des Generators auch elektrisch mit der Fahrzeugmasse verbunden. Die positiven Halbwellen werden von den Dioden an der Plusseite (B+ -Bolzen) durchgelassen, die negativen Halbwellen von den Dioden an der Minusseite (Fahrzeugmasse). Dieses Prinzip wird Vollweg-gleichrichtung genannt (Bild 4). Der Gleichstrom, den der Generator bei elektrischer Belastung über die Klemmen B+ und B an das Bordnetz abgibt, ist nicht glatt, sondern leicht gewellt. Diese Welligkeit wird durch die zum Generator parallel geschaltete Batterie und gegebenenfalls durch im Bordnetz vorhandene Kondensatoren weiter geglättet. Anstelle von hoch sperrenden Leistungsdioden richten in modernen Kfz-Generatoren Leistungs-Zenerdioden (ZR) die Wechselspannung gleich. Zenerdioden begrenzen auftretende Spannungsspitzen, sodass diese für den Generator und den Regler unschädlich sind (Load-Dump-Schutz). Zenerdioden bieten darüber hinaus eine Fernschutzmöglichkeit für weitere spannungsempfindliche Verbraucher im Bordnetz. Die Ansprechspannung eines mit Zenerdioden ausgerüsteten Gleichrichters beträgt bei einem 14-V-Generator 25-30 V. 5 Wirkungsgradoptionen zur CO 2 -Einsparung Zur Erhaltung unseres Lebensraumes Erde ist es notwendig, dass alle Technologien bezüglich ihrer Fähigkeit zur Einsparung von CO 2 hinterfragt werden. Beim Generator verbessert sich im realen Fahrbetrieb pro % Punkt Wirkungsgrad der CO 2 - Ausstoß um etwa 0,03 g/ km pro 100 Watt (bei Generator-Wirkungsgrad 70 %, Bild 5). Bei 3% Punkte und 500 W (real world Bordnetz Last) ergeben sich ca. 0,45 g/ km Reduzierung. 100 <?page no="111"?> Der Wi und die Heutige des W elektro Gleichr 5.1 E Die Ste elektro den Wi Neben Stände nem sp ren. Danebe heitsmo gleiche 7 Bild irkungsgra e aufgenom e Generato Wirkungsgra magnetisc richtung. V Elektroma eigerung d magnetisc rkungsgra der Kippu er die Mög pannungsfr en gab es omentes d er Leistung Stand der T 5: CO 2 -Eff ad wird bei mmene me e P oren erreic ads sind z che Ausleg Vor allem b agnetische des Wirkun cher Ausle d zu erhöh ung der K glichkeit du rei Glühen s in den le des Gener skennlinie echnik und E ffekt Gener im Genera echanische G G el I U P chen Wirku zwei unter gung der ei der Glei e Auslegu ngsgrades gung zusa hen. Kennlinie ( urch Verwe des Ständ etzten Jah ators, um erzeugt d Entwicklungs rator-Wirku ator durch e Leistung und m P ungsgrade rschiedlich Grundmas ichrichtung ung der Klaue ammen. D (Reduzieru endung vo derlamelle ren die Di die Verlus ie Induktio stendenzen b ungsgrad (j die abgeg bestimmt. 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Die Leistungsgestaltung kann damit also durch Leiter / Nut, Ständerlänge, Durchmesser Läufer und die magnetischen Kräfte beeinflusst werden. Diskussionen zur Wechselwirkung von Trägheitsmoment und Wirkungsgrad des Klauenpolgenerators wurden in [1] behandelt. Die Untersuchungen zeigen, dass es zur Einsparung von CO 2 sinnvoller ist, den Wirkungsgrad des Klauenpolgenerators zu optimieren, als das Trägheitsmoment zu reduzieren. 5.2 Wirkungsgradoptionen am Gleichrichter Standardmäßig erfolgt die Gleichrichtung mit ZR-Dioden. Mit über 35 % haben diese den größten Anteil an den Gesamtverlusten eines Generators. Schwerpunkt ist daher die Verluste der Gleichrichtung zu reduzieren. Durch verlustoptimierte Dioden, siehe Bild 6, kann eine skalierbare Wirkungsgradsteigerung einfach modular integriert werden. Neben den herkömmlichen ZR-Dioden, welche nach dem Zener-Effekt durch hoch dotierte p+ und n- Schichten arbeiten, gibt es MOS Gated Diode (MGD). Diese Dioden arbeiten nach dem Schottky Effekt, wodurch geringere Verluste erreicht werden. Die MOS Gated Diode (MGD) bzw. die High Efficiency Diode (HED) steigern den Generator Wirkungsgrad um 2 bzw. 3 % Punkte was einer Reduzierung der CO 2 -Emissionen von 0,6 bzw. 0,9 g/ km entspricht (bei 750 W Bordnetz Last). Die Leistung des Generators bei niedrigen Drehzahlen wird um 3 bzw. 5 A gesteigert, was einen zusätzlichen Kundennutzen generiert. Bild 6: Möglichkeiten zur Steigerung des Wirkungsgrades im Gleichrichter [8] Seit etwa 2 Jahren können die Gleichrichter Verluste durch synchrone aktive Gleichrichtung (SAR) weiter minimiert werden. Dabei werden die Dioden durch Power- MOSFETs ersetzt, sowie ASICS zur Ansteuerung dieser verwendet. Die Steigerung des Wirkungsgrads beträgt 8 % Punkte. Dies entspricht einer CO 2 -Reduzierung von 1,6 g/ km (bei 750 W) und die Leistung bei niedrigen Drehzahlen steigt um 10 A. Im Vergleich zu den passiven Dioden ist der Aufbau der Gleichrichter Baugruppe komplett neu. Anstelle des Dioden Gleichrichters wird eine Art Steuergerät verwendet. Herausfordernd bei den neuen Technologien ist deren geringere thermische Belastbarkeit. Im Gegenzug wird zum Beispiel in [2] nach neuen Methoden zur thermisch optimierten Auslegung von Kühlkörpern geforscht. Der „Generator mit SAR“ wurde 2016 mit dem Automotive Innovation Award in der Kategorie Konventionelle Antriebe vom Auto Institute (CAM) und PwC ausgezeichnet. EFFICIENCY OPTIONS MOS Gated Diode (MGD) High Efficiency Diode (HED) Synchronous Active Rectifier (SAR) 102 <?page no="113"?> 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren 6 12 V Rekuperations Generator, Chancen und Risiken Eine andere Möglichkeit, um CO 2 zu sparen ist das Betreiben des Generators als Rekuperationsmaschine. Der Generator wird dabei nur in Bremsphasen eingeschaltet. Die überschüssige kinetische Energie des Fahrzeuges wird in elektrische Energie gewandelt. Für diesen Betrieb ist es notwendig, dass der Generator bei 6000 Umin -1 ungefähr die 10-fache Leistung zum durchschnittlichen Bedarf des Bordnetzes hat. Parallel muss die Fahrzeugbatterie diese Leistung aufnehmen können, sowie mit der hohen Zyklisierung auskommen. Eine Li-Ion Batterie ist notwendig. Um diesem neuen Betriebszustand gerecht zu werden, empfiehlt sich die Einführung eines weiteren Kennwertes (KPI), der Rekuperationsleistung. Nach einer Vorkonditionierung des Generators wird dessen Leistung bei voller Last gemessen: Vorkonditionierung: o Umgebungstemperatur T amb . = 80 °C o Generatorspannung U G = 14,3 V o Generatordrehzahl n = 6000 Umin -1 o Generatorleistung I G = 0,15 x I R (I R = garantierte Leistung) o Dauer der Konditionierung t = 1 h Messung der Leistungskennzahl nach der Konditionierung: o Umgebungstemperatur: T amb. = 80 °C o Volllast bei Generatorspannung U G = 15,5 V o Generatordrehzahl n = 6000 Umin -1 Rekuperationsbetrieb ist bei Vorhandensein einer entsprechenden Li-Ionen Batterie mit den heutigen Generatoren möglich, es gibt also bereits die Chance einer deutlichen CO 2 -Einsparung. Sowohl in der Simulation wie auch im Fahrzeug wurde im WLTP eine CO 2 -Reduzierung von 6 g/ km ermittelt. Real-life ergeben sich bei entsprechender Bordnetz Last bis zu 7 g/ km CO 2 -Einsparung. Für das geänderte Lastkollektiv ist es allerdings notwendig, dass detaillierte Lebensdauermodelle der Komponenten vorhanden sind. Die Belastung für Kugellager und Dioden ist durch den Betrieb eine andere als bisher. Detaillierte Untersuchungen zu den Versagensmechanismen sind notwendig, wie sie zum Beispiel in [6] für Dioden beschrieben werden, um frühzeitige Ausfälle und mögliche Liegenbleiber nicht zu riskieren. 7 EU CO 2 -Verordnung und Ökoinnovations-Gutschrift Um die Entwicklung und den frühen Einstieg in neue und fortschrittliche Technologien zur Verringerung von CO 2 -Emissionen bei Fahrzeugen zu fördern, haben Hersteller und Zulieferer nach der Verordnung (EG) Nr. 443/ 2009 [3] die Möglichkeit, eine Genehmigung für bestimmte innovative Technologien zu beantragen, die zur Verringerung der CO 2 -Emissionen von Pkw beitragen. Da es bei innovativen Technologien in manchen Fällen nicht möglich ist, ihre Wirksamkeit in den festgeschriebenen Testzyklen nachzuweisen, können Herstellern Gutschriften bis zu 7 g/ km als Ökoinnovation angerechnet werden, wenn sie ihre Fahrzeuge damit ausstatten und ihre Daten von einer unabhängigen Stelle verifizieren lassen. 103 <?page no="114"?> 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren Hauptziel ist es, die Autoindustrie bei der Erreichung des europäischen Flottenziels für neu zugelassene Fahrzeuge von 95 g/ km CO 2 -Ausstoß in 2021 zu unterstützen. Wesentliche Kriterien für die Qualifizierung der Technologie sind Neuheitsgrad (vgl. Artikel 11 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 443/ 2009 [3]), sowie Beitrag zur Transportfunktion des Fahrzeuges und Verbesserung des gesamten Energieverbrauchs. Technologien, die diesen Zweck ergänzen oder darauf abzielen, den Komfort des Fahrers oder der Fahrgäste zu erhöhen, sollten nicht in Betracht kommen. Das bedeutet zum Beispiel, dass sich Solarpanels, die Sonnenenergie in elektrische Energie umwandeln, als Ökoinnovation qualifizieren können, ein energieeffizientes Musiksystem aber nicht. Robert Bosch Starter Motors Generators GmbH bietet, wie in Kapitel 5.2 beschrieben, hoch effiziente Generatoren an, die mit innovativen Technologien ausgestattet sind: MGD (MOS Gated Diode), HED (High Efficiency Diode) und SAR (Synchronous Active Rectifier) sind als Ökoinnovation anerkannt. Mit diesen Komponenten ist die CO 2 -Einsparung der hocheffizienten Generatoren im realen Fahrbetrieb 1-2 g/ km höher als im Fahrzyklus (Bild 7). Die Verwendung kann als Ökoinnovation bei der Fahrzeugfreigabe beantragt werden. Bild 7: Verhältnis Bordnetz Last zu CO 2 -Verbrauch [9] 8 Funktionale Sicherheit In den nächsten Jahren wird das autonome Fahren zunehmen. Die dazu benötigten Sensoren und Aktoren benötigen elektrische Energie, welche vom Generator bereitgestellt werden muss. Einhergehend gewinnt aber die Sicherheit des Bordnetzes an Bedeutung. Mit Veröffentlichung der Norm ISO 26262 [5] wurde versucht einen Stand der Technik zu etablieren. Jedoch hat sich bisher kein Stand im Markt durchgesetzt. Die Möglichkeiten, das Bordnetz und damit die Fahrbarkeit des Fahrzeuges sicher zu stellen, sind vielfältig. So können beispielsweise Redundanzen im Bordnetz eingebaut werden, die Diagnosefähigkeit aller elektrischen Aktoren und Sensoren erhöht werden oder auch diese redundant erweitert werden. Der Generator muss hier im Zusammenspiel mit der Batterie die elektrische Energie zur Verfügung stellen. 104 <?page no="115"?> 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren Ein redundantes System ist damit in erster Ordnung bereits vorhanden, welches durch zwei Batterie Bordnetze noch sicherer wird. Aber auch Themen wie Unter- und Überspannung, sowie Kurzschluss müssen berücksichtigt werden. Die kostenoptimale Lösung wird von Fahrzeugklasse, Ausstattung und Bordnetztopologie abhängen. Die Entwicklung bleibt also auch für Komponenten im Riementrieb spannend. 9 Zusammenfassung und Ausblick Nach über 100 Jahren hat der Generator heute ein Vielfaches an Funktionalität. Ausgehend von der Energieversorgung für das Licht im Fahrzeug kann er heute über 250 A liefern, um die zunehmend elektrifizierten Nebenaggregate und Komfortfeatures mit Energie zu versorgen. Es ist gefordert den steigenden Bedarf an elektrischer Leistung in reduziertem Bauraum und mit niedrigem Gewicht darzustellen. Neben höherer Leistungsdichte und Leistungsgewicht gibt es weltweit einen Trend zu niedrigerem Geräusch und vor allem zu höherem Wirkungsgrad mit bis zu 80 %. Weiterentwicklungen in Richtung höherem Wirkungsgrad werden durch CO 2 -Gesetzgebung und realem Kraftstoffverbrauch getrieben. Eine Wirkungsgrad Verbesserung von 3 % Punkten ergibt eine CO 2 -Reduzierung von ca. 0,45 g/ km bei 500 W (real world Bordnetz Last). Der Wirkungsgrad kann durch die elektromagnetische Auslegung der Grundmaschine und die Art und Weise der Gleichrichtung erhöht werden. Untersuchungen zeigen, dass bei der Grundmaschine es sinnvoller ist den Wirkungsgrad zu optimieren als das Trägheitsmoment zu reduzieren. Bei der Gleichrichtung gibt es deutliche Neuentwicklungen. So setzen sich vermehrt Generatoren mit verlustoptimierten Dioden (MGD, HED) bzw. synchroner aktiver Gleichrichtung (SAR, mit Power-MOSFETs) durch. Damit kann der Wirkungsgrad einfach skaliert und bis zu 8 % Punkten gesteigert werden, womit der Generator wesentlich zur CO 2 - Reduzierung beiträgt. Robert Bosch Starter Motors Generators GmbH bietet hoch effiziente Generatoren an, die mit diesen innovativen Technologien ausgestattet und als EU Ökoinnovation anerkannt sind. Damit ist die CO 2 -Einsparung im realen Fahrbetrieb 1-2 g/ km höher als im Fahrzyklus, was der OEM bei der Fahrzeugfreigabe beantragen kann. Zunehmend erfolgt die Betrachtung des Generators auf Systemebene. Durch einschalten des Generators in Bremsphasen kann dieser in Verbindung mit einer Li-Ion Batterie als Rekuperationsmaschine betrieben werden. Damit können im WLTP 6 g/ km CO 2 reduziert werden. Durch Start-Stop-Coasting und autonomes Fahren und die dafür erforderliche Sicherstellung der Energieversorgung erhöht sich die noch zu definierende Anforderung an die funktionale Sicherheit des Generators (bisher ASIL QM). Da auch 2025 noch ein Großteil der Fahrzeuge einen klassischen Verbrennungsmotor haben wird und weitere deutliche Verbesserungen beim Generator möglich sind, lohnt es sich auch in den nächsten Jahren den Generator ganzheitlich weiter zu entwickeln und damit zur CO 2 -Reduzierung beizutragen. Literatur [1] Diesner, J.; Hartmann, S.; Schroth, R.: Möglichkeiten der CO 2 -Einsparung beim Zusammenspiel von Riementrieb und Generator. VDI Umschlingungsgetriebe 2015, Stuttgart. 105 <?page no="116"?> 7 Stand der Technik und Entwicklungstendenzen bei Pkw Generatoren [2] Eger, T., Bol, T., Daróczy, L., Janiga, G., Schroth, R. und Thévenin, D.: Numerical Investigations of Entropy Generation to Analyze and Improve Heat Transfer Processes in Electric Machines. In International Journal of Heat and Mass Transfer 102 (2016), S. 1199-1208. [3] Europäische Union: Verordnung (EG) Nr. 443/ 2009 des Europäischen Parlaments und des Rates: Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen im Rahmen des Gesamtkonzepts der Gemeinschaft zur Verringerung der CO 2 -Emissionen von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen. 23. April 2009. Durchführungsverordnung (EU) Nr. 725/ 2011 der Kommission: Einführung eines Verfahrens zur Genehmigung und Zertifizierung innovativer Technologien zur Verringerung der CO 2 -Emissionen von Personenkraftwagen nach der Verordnung (EG) Nr. 443/ 2009 des Europäischen Parlaments und des Rates. 25. Juli 2011. European Commission MEMO/ 11/ 539: Climate Action: Reducing CO 2 emissions from cars through eco-innovation. 25. July 2011. [4] Europäische Union: Regulation: COMMISSION REGULATION (EC) No 692/ 2008. 18 July 2008. http: / / eurlex.europa.eu/ LexUriServ/ LexUriServ.do? uri=OJ: L: 2008: 199: 0001: 0136: EN: PD F [5] ISO Arbeitsgruppe TC22/ SC3/ WG16: ISO 26262. Final Draft International Standard (FDIS). http: / / www.iso.org/ iso/ catalogue_detail? csnumber=43464 [6] Richter, M.; Kopp, M.; Schroth, R.; Lutz, J.: Analyzing the State of Health of Diode Layers by using Structure Functions. 8th International Conference on Integrated Power Electronic Systems, 25.-27.02.2014, Nuremberg/ Germany http: / / ieeexplore.ieee.org/ stamp/ stamp.jsp? arnumber=6776845 [7] Robert Bosch GmbH: Technische Unterrichtung Generatoren. Robert Bosch GmbH, Stuttgart, VDT-UBE 301/ 1 De (1.80) [8] Robert Bosch Starter Motors Generators GmbH: Standardpräsentation Produkte. 2016. [9] Robert Bosch Starter Motors Generators GmbH: Basis und Aufbau Schulung Generator. 2016. [10] United Nations: Global technical regulation on Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure. 12. March 2014. http: / / www.unece.org/ fileadmin/ DAM/ trans/ main/ wp29/ wp29r-1998agrrules/ ECE-TRANS-180a15e.pdf 106 <?page no="117"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb Uwe Meinig Abstract Mechanically driven positive displacement oil pumps supply motor oil to numerous lubrication points in the engine and are therefore important functional components of modern vehicle engines. Beginning with a short introduction to lubrication system in combustion engines and the requirements on lubrication pumps, various concepts and designs influencing the operational delivery rate are explained. Subsequently, concepts for the regulation of pressure and volumetric flow as well as the potential for the reduction of fuel consumption and CO 2 emissions through need-based operation are depicted. In a further section, the basic approach and practical realization for the integration of functions (combo module) are described and illustrated. Finally, future developments will be discussed. Kurzfassung Mechanisch angetriebene, als Verdrängerpumpen ausgeführte Motorschmierölpumpen versorgen die zahlreichen Schmierstellen der Motorentriebwerke mit Motoröl und sind daher wichtige Funktionskomponenten moderner Fahrzeugmotoren. Ausgehend von einer kurzen Einführung zu Schmiersystemen von Verbrennungsmotoren und zu den Anforderungen an Schmierölpumpen werden verschiedenen Pumpenbauarten und Konzepte zur Beeinflussung der Förderleistung im Betrieb erläutert. Diesen Ausführungen folgen die Darstellung von Konzepten zur Regelung von Druck bzw. Volumenstrom und die durch einen bedarfsgerechten Betrieb erschließbaren Potentiale zur Kraftstoffverbrauchsbzw. CO 2 -Reduzierung. In einem weiteren Abschnitt werden Ansätze und praktische Ausführungen zur Funktionsintegration (Kombimodule) erläutert, illustriert und abschließend auf zukünftige Entwicklungen eingegangen. 1 Schmiersystem und Anforderungen an Motorschmierölpumpen Schmiersysteme von Verbrennungsmotoren haben die Aufgabe, die zahlreichen Gleitpaarungen im Motor unter allen Betriebsbedingungen sicher mit Motoröl zu versorgen. Zu den wichtigsten Lagerungen und Gleitpaarungen im Verbrennungsmotor zählen die Kurbelwellengrund- und Pleuelzapfenlager, die Zylinder- und Kolben- / Kolbenringlaufpaarung, die Kolbenbolzenlagerung, die Nockenwellen- und Ventilstößelbzw. Kipp- oder Schlepphebellager sowie die verschiedenen Lagerungen bzw. Gleitpaarungen des Nockenwellenantriebs und der verschiedenen Nebentriebe. Ein Teil dieser Schmierstellen wird von der Motorschmierölpumpe über Druckölversorgungkanäle direkt, ein anderer indirekt über Spritzöl mit Schmiermittel versorgt. Abgesehen von den angeführten, elementaren, die Tribologie betreffenden Aufgaben, erfüllt das Schmieröl und das daran gekoppelte Schmiersystem weitere wichtige 107 <?page no="118"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb Funktionen wie die Feinabdichtung von auf- und ineinander gleitenden Teilen, Stoß-, Schwingungs- und Geräuschreduzierung, Korrosionsschutz, die Abfuhr von Reibungs- und Verbrennungswärme sowie den Abtransport von Partikeln aller Art (z. B. Schmutz und Abrieb) aus dem Triebwerk. Zudem dient das Motorschmieröl in zahlreichen Motoren als hydraulisches Arbeitsmedium beispielsweise zur Betätigung von Nockenwellenverstellern und zum Spannen der Steuerkette. Bei konventionellen Schmiersystemen von Viertaktmotoren (Druckumlaufschmiersysteme) (Bild 1) wird das Öl an der tiefsten Stelle der Ölwanne (Sumpfschmierung) von der Schmierölpumpe über einen Saugkorb angesaugt. Von dort wird es über einen Bild 1: Schmiersystem eines Verbrennungsmotors (schematisch) [1] 1 Saugkorb 2 Ölpumpe 3 Ölfilter mit Bypassventil 4 Hauptölgalerie 5 Ölversorgung der Hauptlager 6 Kolbenspritzdüsen 7 Steigleitung zum Zylinderkopf 8 Rückschlagventil 9 Ölversorgung des Ventiltriebs 10 Ölrücklaufkanal 11 Nockenwellenversteller Ölfilter und vielfach über einen zwischengeschalteten Ölkühler zu den Lagerstellen, sowie zu weiteren Verbrauchern wie Kolbenspritzdüsen und hydraulischen Nockenwellenverstellern gefördert, von wo es drucklos unter der Wirkung der Schwerkraft zurück in die Ölwanne fließt. Bei Motoren mit begrenzten Einbauräumen und / oder stark wechselnder Wirkrichtung von Trägheitskräften, wie Geländefahrzeug-, Sportwagen- und Flugmotoren werden häufig Trockensumpfschmierungen verwirklicht. Dabei pumpen eine oder mehrere Absaugpumpen das von den Lagerstellen abströmende Öl in einen separaten Sammelbehälter (Catchtank), von wo es nach Entschäumung, und Kühlung durch eine Druckpumpe über ein Filter zu den Lagerstellen gefördert wird. Bei modernen Trockensumpfschmiersystemen sind die Absaugpumpen und die Druckpumpe üblicherweise in ein gemeinsames Ölpumpenmodul integriert. An Motorschmierölpumpen [1], [2] moderner Verbrennungsmotoren werden zahlreiche Anforderungen gestellt. Motorschmierölpumpen müssen über die Lebensdauer des Motors in sämtlichen Betriebszuständen die verschiedenen Schmierstellen des Triebwerks und weitere Ölverbraucher des Motors bei sämtlichen Betriebstemperaturen (-40 bis 150 °C) zuverlässig mit Schmieröl versorgen. Um die Anforderungen 108 <?page no="119"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb hinsichtlich Förderleistung, Druckniveau und niedriger Antriebsleistung erfüllen zu können, kommen bei Pkw- und Nfz-Motoren praktisch ausnahmslos Verdrängerpumpen zum Einsatz, die mechanisch direkt oder indirekt mit starrer Übersetzung von der Kurbelwelle des Motors angetrieben werden. Der von einer Verdrängerpumpe geförderte Volumenstrom ist im Grundsatz annähernd proportional zur Antriebsdrehzahl. Maßgebend für die Dimensionierung einer Schmierölpumpe ist der Ölbedarf des Motors im Heißleerlauf, d. h. bei niedrigster Betriebsdrehzahl und niedrigster Viskosität des Schmieröls. Grundsätzlich ist, sowohl bei Ottoals auch bei Dieselmotoren in der Tendenz eine lineare Abhängigkeit des Ölbedarfs von der Nennleistung des Motors erkennbar [1]. Für eine erste Auslegung kann im Sinne eines Richtwerts sowohl bei Ottoals auch bei Dieselmotoren von einem auf eine Motordrehzahl von 1000 / min normierten erforderlichen Fördervolumenstrom der Schmierölpumpe in Höhe von 0,08 l/ min bis 0,1 l/ min pro Kilowatt Nennleistung des Motors ausgegangen werden. In der Praxis lassen sich im Einzelfall allerdings erhebliche Abweichungen von dieser Spanne beobachten. Insbesondere beim Einsatz von Zylinderkurbelgehäusen aus Leichtmetall (Aluminiumbzw. Magnesiumlegierungen) bewirken die gegenüber Grauguss wesentlich höheren thermischen Ausdehnungskoeffizienten bei heißem Motor i. Allg. eine erhebliche Erhöhung der Ölleckageströme, z.B. an den Kurbelwellengrundlagern. Weitere Gründe für größer dimensionierte Ölpumpen können zusätzliche Ölverbraucher (variable Ventiltriebe, Kolbenkühlung…), die Verwendung von Motorölen mit sehr niedriger Viskosität (Leichtlauföle), oder aus Motorfamilienkonzepten resultierende Zwänge sein. Davon abgesehen müssen bei der Auslegung und Dimensionierung der Ölpumpe auch die Zunahme des Ölverbrauchs im Triebwerk über der Lebensdauer aufgrund des unvermeidlichen Verschleißes an Lagern und Dichtspalten und schließlich auch die in der Tendenz sinkenden volumetrischen Wirkungsgrade der Schmierölpumpe als Folge normaler Verschleißerscheinungen berücksichtigt werden. Der weltweit zunehmende Straßenverkehr und sein Anteil an den als klimaschädlich eingestuften CO 2 -Emissionen bilden den Hintergrund für stetig verschärfte Kraftstoffverbrauchsvorschriften auf den wichtigen Märkten. In Europa wurde beispielsweise im Jahr 2009 die Verordnung (EG) Nr. 443/ 2009 [3] verabschiedet, die das Ziel festsetzt, bis zum Jahr 2020 die mittlere CO 2 -Emission von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen (Flottenverbräuche) - bezogen auf den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) (80/ 1268/ EWG) - auf 95 g/ km zu reduzieren. Um die strengen Vorgaben erfüllen zu können, sind zahlreiche entwicklerische Schritte an den Fahrzeugen erforderlich. Hierzu zählen die Begrenzung bzw. Reduzierung der Fahrzeugmassen und Luftwiderstände, die Optimierung der Antriebskonzepte (verschiedene Hybridisierungsstufen), aber auch weitere Verbesserungen an den Antriebssträngen und Motoren. Die hiermit verbundenen entwicklerischen Herausforderungen bestehen auch vor dem Hintergrund aktueller gesetzgeberischer Bestrebungen, die Abgasschadstoffemissionen und Kraftstoffverbräuche von Pkw stärker an den realen Fahrprofilen zu orientieren (Real-Driving Emissions - RDE). Zukünftig werden die CO 2 - Emissionen auf den WLTC (World Harmonized Light Duty Vehicle Test Cycle) (UN/ ECE/ WP29) bezogen, der verglichen mit dem NEFZ wesentlich höhere Motorlasten aufweist. Wesentliche Potenziale zur Reduzierung der Kraftstoffverbräuche bilden auch die Optimierung und der bedarfsgerechte Betrieb der verschiedenen Nebenaggregate [4], zu denen auch die Motorschmierölpumpe gezählt wird. Die aus den gesetzlichen Randbedingungen resultierenden Vorgaben der Fahrzeughersteller an die Zulieferer erklären auch die Tatsache, dass auf dem Sektor der Motor- 109 <?page no="120"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb schmierölpumpen für Pkw bei Neuprojekten insbesondere auf dem europäischen Markt praktisch ausnahmslos im Förderstrom regelbare Ölpumpen (Regelölpumpen) in Serie kommen. Zu erwähnen ist auch die Tendenz der Motorenhersteller zum Einsatz von Motorschmierölen niedriger Viskositätsklassen (0W 20) - (0W10). Dies stellt hohe Anforderungen an die Auslegung der Laufspiele und der Materialpaarungen (Wärmeausdehnungskoeffizienten) wichtiger Funktionskomponenten der Pumpe. 2 Ölpumpenkonzepte und Variabilität des Fördervolumenstroms Zur Förderung von Motoröl in den Triebwerken von Verbrennungsmotoren kommen praktisch ausnahmslos Ölpumpen in Verdrängerpumpenbauart zum Einsatz. Die Gründe hierfür liegen insbesondere in den relativ hohen Gesamtwirkungsgraden, bei Förderdrücken im regulären Betrieb von bis zu 6 bar, in einer begrenzten Abhängigkeit der Fördervolumenströme vom Gegendruck (Systemkennlinie) und in vergleichsweise niedrigen Herstellkosten. Zudem lassen sich die heute üblichen Bauarten relativ gut im Förderstrom dem jeweiligen Bedarf anpassen und in der Summe betrachtet, verhältnismäßig gut konstruktiv in die beengten Bauräume moderner Verbrennungsmotoren einbinden. Neben Außenzahnradpumpen werden in aktuellen Fahrzeugmotoren Innenzahnradpumpen (Zahnringpumpen) und mit - in der Tendenz steigenden Anteilen - im Förderstrom regelbare Flügelzellenpumpen eingesetzt. Die in ihrem Funktionsprinzip den Flügelzellenpumpen ähnlichen Pendelschieberpumpen haben demgegenüber nur eine begrenzte Verbreitung erlangt. 2.1 Außenzahnradpumpen Der prinzipielle Aufbau einer Außenzahnradpumpe (AZP) besteht aus zwei - u.U. auch mehreren - im Wälzeingriff stehenden Stirnrädern, die mit einem engen Laufspiel am Außendurchmesser zu den inneren Gehäusewandungen in einem mit Saug- und Druckstutzen versehenen Gehäuse gelagert sind (Bild 2). Dieses Prinzip wurde im Jahr 1597 von Mathematiker und Astronom Johannes Kepler erfunden [5]. Beim Antrieb eines der im Eingriff stehenden Zahnräder wird das Fördermedium über die von den Zahnflanken der beiden Stirnräder und den Gehäusewandungen umschlossenen Volumina von der Saugzur Druckseite der Pumpe gefördert. Im Bereich des Wälzeingriffs, d.h. dort, wo sich die beiden Zahnräder berühren, ergibt sich durch das Kämmen der Zähne eine Abdichtung, so dass das im Außenbereich geförderte Medium von der Druckseite nicht bzw. nur im geringerem Umfang wieder zurück zur Saugseite gefördert wird. Die durch die Förderarbeit bedingte Drehmomentübertragung zwischen dem antreibenden und dem angetriebenen Stirnrad hat ein Anliegen der Zahnflanken zur Folge, wodurch die Abdichtung unterstützt wird. Die nicht im Wälzeingriff stehenden Zähne bilden zusammen mit dem umgebenden Gehäuse einen Dichtbereich. Zu jedem Zeitpunkt formen mehrere Zahnköpfe zusammen mit der Gehäusewandung in Reihe geschaltete Dichtspalte. Da zudem die Schleppströmung im fördernden Verzahnungsbereich dem Leckagestrom entgegengerichtet ist, lassen sich verhältnismäßig hohe volumetrische Wirkungsgrade erzielen. Insbesondere wegen der radialen Befüllung des saugseitigen Verzahnungsbereichs sind nicht nur axi- 110 <?page no="121"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb al kurz bauende Außenzahnradpumpen für hohe Drehzahlen und große Förderströme tauglich. Bezogen auf die Nenndrehzahlen aktueller Pkw-Motoren von maximal 8000 / min lässt sich ein kavitationsfreier Betrieb ggf. auch durch Zusatzmaßnahmen problemlos realisieren. Allerdings erweisen sich sehr hohe Drehzahlen von Schmierölpumpen wegen der quadratischen Abhängigkeit der Reibleistung von der Drehzahl unter energetischen Gesichtspunkt grundsätzlich als nachteilig. 1 Saugbereich 2 Druckbereich 3 antreibendes Rad 4 angetriebenes Rad Bild 2: Außenzahnradpumpe (schematische Darstellung) Die Stirnräder von Außenzahnradpumpen werden aus Kostengründen mit einer Geradverzahnung (Evolventenverzahnungen ggf. auch Zykloidenverzahnungen) versehen und in der Regel aus Sinterstahl gefertigt. Sowohl das angetriebene als auch das antreibende Stirnrad werden zur Lagerung üblicherweise auf einen gehärteten Stahlstift bzw. auf die gehärtete Antriebswelle gepresst, die bei Pkw-Schmierölpumpen vielfach ohne separate Gleitlagerbuchsen direkt in dem aus einer Aluminium-Silizium-Druckgusslegierung hergestellten Pumpengehäuse gelagert sind. Um bei einer vorgegebenen Drehzahl den Fördervolumenstrom der Außenzahnradpumpe zu verringern, wird i. Allg. das vom antreibenden Zahnrad angetriebene Stirnrad im Betrieb axial zum antreibenden Rad verschoben. Bei derartigen geregelten Außenzahnradpumpen (RAP) kann so erreicht werden, dass nur ein Teil der Zahnradbreite an der Förderung des Öls beteiligt wird (Bild 3 u. Bild 4). Die Verschiebung des angetriebenen, zwischen zwei Kolbenelementen drehbar gelagerten Zahnrads erfolgt hydraulisch. Eine zweckmäßige Formgebung dieser Kolbenelemente stellt sicher, dass in sämtlichen Förderpositionen ein direkter Kurzschluss zwischen der Druck- und der Saugseite der Pumpe verhindert wird. Diese axial verschiebbare Einheit, bestehend aus Stirnrad, Achse und den Kolbenelementen wird als Regeleinheit oder Verstelleinheit bezeichnet. Eine an der Stirnseite der Verstelleinheit angeordnete Druckfeder drückt diese in Richtung „Vollförderung“. Eine Verringerung der Förderleistung erfolgt durch die Wirkung des Öldrucks, der an der, der Feder gegenüber liegenden Stirnfläche des Steuerkolbens anliegt. Durch Modulation dieses Drucks kann der Fördervolumenstrom der Pumpe bei einer jeweiligen Drehzahl in weiten Bereichen variiert werden. 111 <?page no="122"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb 1 Zuströmung 2 Abströmung 3 antreibendes Rad 4 angetriebenes Rad 5 Verstellkolben 6 Druckfeder Bild 3: verstellbare Außenzahnradpumpe (RAP) in Vollförderung Bild 4: verstellbare Außenzahnradpumpe (RAP) in Teilförderstellung 112 <?page no="123"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb 2.2 Innenzahnradpumpen Wie die zuvor beschriebene Außenzahnradpumpe (AZP) lässt sich auch die Innenzahnradpumpe (IZP) der Familie der Doppelläufer zuordnen. Der wesentliche Unterschied zur AZP besteht darin, dass bei der IZP ein innenverzahntes Zahnrad (Außenrotor) und ein von diesem exzentrisch umschlossenes, mit einer Außenverzahnung versehenes Stirnrad eine gleichsinnige Drehbewegung mit einander ausführen. Wegen des verhältnismäßig niedrigen Druckniveaus von Motorschmierölpumpen werden diese aus Kostengründen praktisch ausnahmslos als sichellose Pumpen (Zahnringpumpen) ausgelegt. Bei diesen Pumpen ist die Zähnezahl des Außenrotors in der Regel um eins höher als die des Innenrotors. Die Drehachsen von Innen- und Außenrotor sind stets um eine halbe Zahnhöhe beabstandet. Bild 5 illustriert die Funktionsweise der Innenzahnradpumpe. Durch den Achsversatz ergibt sich ein in Umfangsrichtung dichtender Zahneingriff zwischen Innen- und Außenrotor und auf der gegenüberliegenden Seite eine Berührung der Zahnköpfe mit linienförmigen, axial verlaufenden Dichtstrecken. 1 Saugbereich 2 Druckbereich 3 Saugniere 4 Druckniere 5 Innenrotor 6 Außenrotor Bild 5: Innenzahnradpumpe (IZP) (schematische Darstellung) Der Antrieb erfolgt in der überwiegenden Zahl der Anwendungen über den Innenrotor. Die sich berührenden Zahnköpfe von Innen- und Außenrotor bilden zusammen mit dem Pumpengehäuse, welches den Radsatz mit engen Laufspielen umschließt Zahnkammern (Förderzellen), die sich bei Drehung der Zahnräder zyklisch vergrößern und verkleinern. Im Saugbereich der Pumpe bewirken die sich in Umfangsrichtung erweiternden Förderzellen eine Druckabsenkung und damit ein Ansaugen und umgekehrt im Druckbereich ein Ausschieben des Öls aus den Zahnkammern. An den Stirnseiten der beiden Rotoren, in radialer Richtung betrachtet, senkrecht zur Exzentrizität der Drehachsen sind sich in Umfangsrichtung erstreckende Ausnehmungen angeordnet, über die das Öl saugseitig in die Verzahnung und druckseitig aus der Verzahnung gefördert wird. Die nierenförmigen Ausnehmung, die mit dem Saugstutzen der Pumpe verbunden sind, werden als Saugnieren, die entsprechenden druckseitigen Ausnehmungen als Drucknieren bezeichnet. In Umfangsrichtung zwischen den Nieren angeordnete Trennstege trennen die Saugseite von der Druckseite und verhindern eine Rückströmung vom Druckzum Saugbereich. Abweichend von den Verhältnissen bei der AZP ist bei der IZP eine radiale Befüllung und Entlee- 113 <?page no="124"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb rung der durch die Zähne gebildeten Förderräume nicht möglich, da der Außenrotor den Innenrotor vollständig umgibt. Die hierdurch erforderliche axiale Zuströmung des Öls in die Verzahnung bedingt, dass zur Vermeidung von Kavitationsschäden an den Zahnrädern, die axialen Baulängen der Radsätze und/ oder die maximalen Betriebsdrehzahlen der Pumpe begrenzt werden müssen. Bei axial kurz bauenden, direkt von der Kurbelwelle angetriebenen IZP (Kurbelwellenpumpen) finden sich typische Zähnezahlen von 8/ 9 bis 13/ 14. In der Ölwanne angeordnete IZP (Sumpfpumpen) werden in der Regel zur Reduzierung der Reibleistung mit axial erheblich länger bauenden Radsätzen und vergleichsweise kleinen Durchmessern versehen. Übliche Zähnezahlen liegen hier zwischen 4/ 5 und 7/ 8. Bei Zahnringpumpen kommen häufig aus Kreisbögen am Außenrotor konstruierte Verzahnungen zum Einsatz. Dieser als generated rotor (kurz: Gerotor) bezeichnete Verzahnungstyp (Bild 6a) basiert auf Arbeiten von Myron F. Hill in den 1920er und 1930er Jahren (US Pat. 1682565 u. US Pat. 2091317). Ein weiterer Verzahnungstyp, der in den vergangenen Jahren insbesondere in Europa eine wesentliche Verbreitung gefunden hat, wird aus nicht zusammenhängenden Kreisbögen gebildet. Dieser als Duocentric® bezeichnete Verzahnungstyp (Bild 6b) bietet größere konstruktive Freiräume bei der Gestaltung von Trieb- und Abdichtflanke und ermöglicht so gegenüber Gerotor-Verzahnungen höhere Zähne. Hierdurch wird eine um bis zu 8% bessere Ausnutzung vorhandener Bauräume erreicht. Neben den genannten Verzahnungstypen erweist sich für Motorschmierölpumpen ein neuerer aus Hypo- und Epizykloiden konstruierter Verzahnungstyp als vorteilhaft, der als DuocentricIC® bezeichnet wird (Bild 6c). Bei diesem Verzahnungstyp lassen sich durch eine zweckmäßige Gestaltung der beiden Zykloiden und eine entsprechende Profilverschiebung eine hohe Laufruhe und ein vorteilhaftes Pulsationsverhalten erreichen. Bild 6: verschiedene Verzahnungstypen von Innenzahnradpumpen (IZP) a: Gerotor -Verzahnung b: Duocentric ® -Verzahnung c: DuocentricIC ® -Verzahnung Anders als bei den Außenzahnradpumpen wird bei volumenstromgeregelten Zahnringpumpen eine Verstellung des Förderstroms nicht durch eine axiale Verschiebung der Zahnräder zueinander verwirklicht. Wie in Pat. EP 0846861 offenbart, erfolgt bei innenverzahnten Regelölpumpen (IRP) die Verstellung des Fördervolumenstroms über ein Schwenken des Radsatzes gegenüber dem Gehäuse. Auf diese Weise wird die Exzentrizität zwischen Innen- und Außenrotor relativ zum Pumpengehäuse verdreht, so dass die Umfangsposition der Saug- und Drucknieren sowie der Trennstege zwischen den Druckbereichen relativ zur Exzentrizität von Innen- und Außenrotor geändert wird. Um dies praktisch zu verwirklichen, wird der Außenrotor des Radsat- 114 <?page no="125"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb zes in einem Exzenterring (Regelring) gelagert, der mit seiner Verzahnung in eine entsprechend gestaltete Verzahnung des Pumpengehäuses eingreift. Bei der Verstellung des Förderstroms der Pumpe wird der Regelring mit einem Kraftangriffspunkt, der vom Zahneingriffspunkt zwischen Exzenterring und Gehäuse beabstandet ist, relativ zum Gehäuse gedreht. Üblicherweise wird durch eine am Kraftangriffspunkt angeordnete Druckfeder der Regelring in Richtung „Vollförderung“ gedrückt. Eine Reduzierung der Fördermenge erfolgt in der Regel durch den auf den Regelring wirkenden Öldruck, der der Federkraft entgegenwirkt. 2.3 Flügelzellenpumpen Das Prinzip der Flügelzellenpumpe (FZP) wird auf den Ingenieur Augustino Ramelli in der Zeit um 1590 zurückgeführt [6]. Flügelzellenpumpen, die in der Literatur auch als Treibschieber- oder Kapselpumpen bezeichnet werden, haben in den vergangenen Jahren als im Förderstrom regelbare Motorschmierölpumpen eine wesentliche Verbreitung gefunden. Bei diesen Pumpen (Bild 7 u. Bild 8) dreht sich ein mit radial gerichteten Schlitzen versehener Rotor in einem Laufring mit exzentrischer Lage und zylindrischer Innenbohrung. In den Schlitzen des Rotors sind radial bewegliche Verdrängerflügel (Treibschieber) angeordnet, die über Fliehkraft, Druckunterstützung und/ oder an den Stirnseiten des Rotors angeordnete Stellscheiben gegen die zylindrische Innenfläche des Regelrings (Stellrings) gedrückt werden. Jeweils zwei Flügel bilden zusammen mit der zylindrischen Außenfläche des Rotors und der zylindrischen Innenfläche des Regelrings - begrenzt durch die Gehäuseseitenflächen - Förderzellen. Ähnlich wie bei einer Zahnringpumpe bewirkt die Drehung des Rotors eine zyklische Vergrößerung und Verkleinerung dieser umlaufenden Zellen. 1 Saugbereich 2 Druckbereich 3 Saugniere 4 Druckniere 5 Rotor 6 Flügel 7 Stellscheibe 8 Regelring Bild 7: Flügelzellenpumpe FZP in Vollförderstellung (schematische Darstellung) Die Förderzellen fördern mit großer Gleichförmigkeit das Motoröl von der Saugseite zur Druckseite der Pumpe. Die Zu- und Abströmung des Öls zu bzw. aus den Förderkammern erfolgt im Allgemeinen in axialer Richtung über entsprechend gestaltete Kanalgeometrien des Pumpengehäuses. Bei FZP großer axialer Länge wird der Re- 115 <?page no="126"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb gelring jedoch vielfach an den Stirnseiten mit Ausnehmungen versehen, die eine kavitationsfreie Zuströmung und eine druckverlustarme Abströmung des Öls aus den Förderkammern sicherstellen. FZP werden als Motorschmierölpumpen praktisch ausnahmslos als im Volumenstrom regelbare Pumpen verwirklicht. Rotor- und Stator von Flügelzellenpumpen werden in der Regel aus sinterharten Sinterstählen hergestellt. Bei sehr hohen Anforderungen an Lebensdauer und Verschleißfestigkeit der Pumpe werden die Stellringe einer Oberflächenbehandlung, beispielsweise Plasmanitrierung, unterzogen. Die Flügel der FZP werden vielfach aus Chromstahl hergestellt. Als Vorteile von Flügelzellenpumpen sind eine kompakte Bauart und ein vergleichsweise geringer Bauaufwand zur Verwirklichung einer Volumenstromregelung zu werten. Zur Reduzierung des Förderstroms wird ausgehend von der Vollförderung durch Schwenken des in einem Drehpunkt im Gehäuse gelagerten Regelrings, oder alternativ hierzu durch eine translatorische Verschiebung, die Exzentrizität zwischen Rotor und Regelring reduziert. Hierdurch wird ein Teil des in den Förderkammern geförderten Öls nicht mehr in den Druckraum ausgeschoben, sondern weiter d.h. zurück in den Saugraum gefördert. Ähnlich wie bei der zuvor beschriebenen IRP wird auch hier der Regelring mittels Öldruck gegen die Kraft der in Richtung Vollförderung wirkenden Regelfeder verstellt. Bild 8: Flügelzellenpumpe FZP in Teilförderstellung (schematische Darstellung) 2.4 Pendelschieberpumpen Nach einem den Flügelzellenpumpen ähnlichen Prinzip arbeitet die Pendelschieberpumpe (PSP) (Bild 9). Bei diesem von Albert Sylvain Troussaint Vrolix im Jahr 1943 zum Patent (FR 980766) angemeldeten Konzept sind eine Zahl von pendelförmigen Schiebern im Außenrotor schwenkbar gelagert, die jeweils mit ihrem anderen Ende in radial gerichtete Schlitze des exzentrisch zum Außenrotor gelagerten Innenrotors ragen. Wie bei der FZP kommt es bei Drehung des Innenrotors im Ansaugbereich zu 116 <?page no="127"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb einer stetigen Vergrößerung und im Ausschiebebereich zu einer entsprechenden Verkleinerung der durch Außen-, Innenrotor, Schieber und Gehäusewandungen gebildeten Förderzellen. Abweichend von den Verhältnissen bei der FZP gleiten die Schieber nicht mit ihren Stirnflächen auf dem Innendurchmesser des Regelrings, sondern treiben abwechselnd, je nach augenblicklicher Lage zur Exzentrizität, den Außenrotor an. Zwischen Schiebern und Innenrotor ist dabei einer abwälzenden Bewegung eine translatorische Relativbewegung mit Linienberührung im Rotorschlitz überlagert. Zur Beeinflussung des Förderstroms wird der Außenrotor mit seinem Außendurchmesser in einem Regelring gelagert, mit dem, wie bei der FZP, durch eine translatorische Verschiebe- oder eine Schwenkbewegung die Exzentrizität des Außenrotors relativ zum Innenrotor variiert wird. Insbesondere wegen relativ niedriger Gleitgeschwindigkeiten zwischen Schiebern und Außenrotor gilt die PSP bez. der Verschleißneigung als eher unkritisch. Die verhältnismäßig großen Reibdurchmesser am Außenrotor mindern allerdings das Niveau der Gesamtwirkungsgrade. 1 Saugbereich 2 Druckbereich 3 Saugniere 4 Druckniere 5 Rotor 6 Pendel 7 Außenrotor 8 Regelring Bild 9: Pendelschieberpumpe PSP in Vollförderstellung (schematische Darstellung) Hierbei muss auch berücksichtigt werden, dass abweichend von den Verhältnissen bei der FZP wegen der zylindrischen Außengeometrie des Außenrotors nur eine rein axiale Zuströmung des Öls in die Förderzellen möglich ist. Daher müssen zur Gewährleistung eines kavitationsfreien Betriebs bei hohen Drehzahlen die axialen Baulängen zu Lasten großer Rotordurchmesser begrenzt werden. Aus diesem Grund und wegen der vergleichsweise aufwendigen und damit teuren Bauart hat sich dieses Pumpenprinzip auf dem Markt nicht durchsetzen können. 2.5 Konzeptbewertung Für die Beurteilung der Eignung eines Pumpenkonzepts bezogen auf den spezifischen Einsatz als Motorschmierölpumpe sind eine Reihe verschiedener Kriterien maßgebend. Hierzu zählen insbesondere der Bauaufwand und die damit verbundenen Herstellkosten, der Bauraumbedarf, die Drehzahlgrenze, die Robustheit, die Vo- 117 <?page no="128"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb lumenstromregelbarkeit und die Wirkungsgrade. In Tab 1 sind die verschiedenen, vorgestellten Pumpenkonzepte in schematischer Darstellung illustriert und im Hinblick auf die genannten Kriterien bewertet. Tab. 1: Bewertung verschiedener Konzepte bedarfsgerecht betreibbarer Kühlmittelhauptpumpen im Vergleich zur Konstantpumpe 2.5.1 Bauaufwand/ Kosten Im Vergleich zu mechanisch angetriebenen Konstantpumpen sind Pumpenkonzepte für bedarfsgerechten Betrieb mit wesentlich höheren Kosten verbunden. Neben zusätzlichen Bauteilen ist bei Konzepten für einen bedarfsgerechten Betrieb auch der zusätzliche Aufwand zur Ansteuerung ggf. auch Regelung (zusätzliche Sensorik) zu berücksichtigen. Allein wegen der erheblich größeren Zahl der Einzelteile liegen die Kosten für im Volumenstrom regelbaren Schmierölpumpen (Regelölpumpen) über den Kosten vergleichbarer Konstantölpumpen. Je nach Aufwand für das gewählte Regelungskonzept liegen die Mehrkosten, im Sinne eines Richtwerts, bei dem 1,5bis 2-fachen. Allerdings lässt sich über einfache Abschätzungen belegen, dass bereits bei einer Verringerung des Kraftstoffverbrauchs um 1 % durch den Übergang von einer Konstantölpumpe auf eine Regelölpumpe sich - abgesehen von reduzierten CO 2 -Emissionen des Antriebs - die hierdurch bedingten Mehrkosten für den Fahrzeugbetreiber schon nach kurzer Betriebsdauer eines Fahrzeugs amortisieren. Über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs betrachtet, liegt die Summe der eingesparten Kraftstoffkosten um ein Vielfaches über der Kostendifferenz zwischen Re- 118 <?page no="129"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb gel- und Konstantölpumpe. Bezogen auf Konstantölpumpen liegt der Bauaufwand der Außenzahnradpumpen (AZP) in der Tendenz über denen vergleichbarer Innenzahnradpumpen (IZP). Dies ist insbesondere durch die zwei Wellen und die aufwendigere Gehäusebearbeitung bei der AZP bedingt. Bei den Regelölpumpen haben je nach Einsatzfall und Einbauraum Flügelzellenpumpen (FZP) und regelbare Außenzahnradpumpen (RAP) eine überwiegende Verbreitung gefunden. Unter Kostengesichtspunkten bietet die FZP leichte Vorteile gegenüber der RAP. Die Nachteile der RAP liegen auch hier in einer etwas aufwendigeren Gehäusebauart und -bearbeitung und der gegenüber dem FZP-Laufzeug teureren Regeleinheit sowie der zweiten Welle mit Lagerung. Die geregelte Innenzahnradpumpe (IRP) und die Pendelschieberpumpe (PSP) weisen verglichen mit der FZP Kostennachteile auf. Bei der IRP liegen die Gründe in der vergleichsweise aufwendigen Gehäusebearbeitung und dem verhältnismäßig teurem Regelring. Aus diesem Grund und wegen Nachteilen bei der regelungstechnischen Abstimmbarkeit ist der Marktanteil der IRP begrenzt geblieben. Bei der PSP ergeben sich im Vergleich zur FZP wesentliche Kostennachteile vor allem durch die vergleichsweise teuren Pendel und den zusätzlich zum Regelring erforderlichen Außenrotor. 2.5.2 Bauraumbedarf In den kompakten Bauräumen moderner Verbrennungsmotoren stellt die konstruktive Einbindung, insbesondere von Regelölpumpen und Ölpumpenmodulen mit zusätzlichen Funktionsumfängen wie Vakuumpumpen, Kühlmittelpumpen oder Massenkraftausgleichseinheiten vielfach eine wesentliche Herausforderung dar. Im Sinne einer Grundtendenz erweisen sich für Regelölpumpen bei axialen Bauraumbeschränkungen insbesondere Zahnring- und Flügelzellenpumpen als vorteilhaft. Diese Aussage gilt speziell für Kurbelwellenpumpen mit vielfach axial extrem begrenzten Bauräumen. Bei sehr flachen, axial langgezogenen Bauräumen lassen sich demgegenüber i. Allg. Außenzahnradpumpen besser konstruktiv einbinden. Dies gilt insbesondere dann, wenn es gelingt den Antrieb und die Zahnräder geschickt anzuordnen. Die geregelte Flügelzellenpumpe ist zwar als axial kurz bauende Kurbelwellenpumpe konstruktiv möglich und wird auch teilweise in Serie produziert. Sie stellt aber im Hinblick auf die durch die Bauraumverhältnisse bedingten großen Durchmesser des Laufzeugs unter energetischen Gesichtspunkten einen Kompromiss dar. Geregelte Innenzahnradpumpen und Pendelschieberpumpen weisen bez. des radialen Bauraumbedarfs signifikante Nachteile gegenüber den Flügelzellenpumpen auf. Der Grund hierfür liegt in dem radial zwischen Innenrotor und Regelring zusätzlich angeordneten Außenrotor und der prinzipbedingten rein axialen Zuströmung des Öls in die Förderzellen. Dies erfordert zur Gewährleistung eines kavitationsfreien Betriebs der Pumpe bei hohen Drehzahlen, ein bez. der Reibleistung nachteiliges, vergleichsweise hohes Durchmesser-Längenverhältnis des Laufzeugs. 2.5.3 Drehzahlgrenzen Die funktionsbezogene Drehzahlgrenze wird bei Motorschmierölpumpen vor allem durch eine zu starke Druckabsenkung bei der Einströmung des Öls in die Verzahnung / Förderkammern und die dadurch bedingten Kavitationserscheinungen markiert. Da bei Außenzahnradpumpen das Öl im Prinzip über die gesamte axiale Länge der Verzahnung angesaugt werden kann, werden bei Motoren mit hohen Nenndrehzahlen und hohen Öldurchsätzen Außenzahnradpumpen gegenüber Zahnring- und Flügelzellenpumpen bevorzugt. 119 <?page no="130"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb 2.5.4 Robustheit Im Hinblick auf die Empfindlichkeit gegenüber Schmutz und die Neigung zu Verschleiß bieten i. Allg. einfache Pumpenkonzepte Vorteile, bei denen nur eine begrenzte Zahl von Bauteilen Relativbewegungen zueinander ausführen. Unter diesem Gesichtspunkt erweisen sich Konstantölpumpen gegenüber Regelölpumpen als signifikant robuster. Insbesondere bei Regelölpumpen bedarf es neben einer anforderungsgerechten Materialauswahl bzw. der Wahl der Materialpaarungen auch einer sorgfältigen konstruktiven Gestaltung. Hierzu zählen beispielsweise bei Flügelzellenpumpen die Begrenzung der Flügelauskragung, die zweckmäßige Festlegung der Flügellaufspiele, sowie die beanspruchungsgerechte Auslegung der Regelringdrehpunktlagerung im Pumpengehäuse. Bei geregelten Außenzahnradpumpen liegen erfahrungsgemäß wesentliche Entwicklungsschwerpunkte in der Auslegung der Lagerung der Zahnräder und der Vermeidung von Schwingreibverschleiß zwischen der Verstelleinheit und dem Pumpengehäuse. Bei sehr hohen Betriebsdrehzahlen und/ oder sehr hohen Laufzeitforderungen sowie Betrieb mit stark rußbeladenem Motoröl müssen ggf. höherwertige Materialien oder Beschichtungsverfahren wie beispielsweise das Plasmanitrieren von Oberflächen zum Einsatz kommen. 2.5.5 Volumenstromregelbarkeit Wie erläutert lassen sich alle in den Abschnitten 2.1 bis 2.4 dargestellten Pumpenkonzepte (Tab.1) - bezogen auf eine jeweilige Drehzahl durch Beeinflussung der Fördergeometrien im Volumenstrom variieren. Bei der IRP ergeben sich allerdings Nachteile, da bei der Verdrehung der Exzentrizität der Zahnräder relativ zu den stirnseitig angeordneten Nieren Kompromisse bez. der Strömungsführung beim Ein- und Austritt des Öls aus den Förderkammern in Kauf genommen werden müssen. 2.5.6 Gesamtwirkungsgrade Der für die Leistungsaufnahme und damit den Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs maßgebende Gesamtwirkungsgrad einer Schmierölpumpe ist der Quotient aus der hydraulischen Förderleistung und der mechanischen Antriebsleistung. (1) Gesamtwirkungsgrad Förderdruckdifferenz volumetrischer Wirkungsgrad Antriebsmoment mechanischer Wirkungsgrad Winkelgeschwindigkeit hydraulische Förderleistung Drehzahl mechanische Antriebsleistung Index theoretisch Fördervolumenstrom Aus Gleichung 1 lässt sich nachvollziehen, dass der Gesamtwirkungsgrad sowohl vom volumetrischen als auch vom mechanischen Wirkungsgrad der Pumpe beeinflusst wird. Der volumetrische Wirkungsgrad berücksichtigt die Summe der Leckagen vom Druckzum Saugbereich der Pumpe und ist bei den für die Auslegung der 120 <?page no="131"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb Pumpe relevanten niedrigen Drehzahlen (Heißleerlauf) - bezogen auf den Förderstrom der Pumpe - von besonderer Bedeutung. Abgesehen von den durch die Leckagen bedingten Verlusten muss die Pumpe zur Kompensation dieser auch entsprechend größer ausgelegt werden. Dies bedeutet, dass ein niedriger volumetrischer Wirkungsgrad einer Schmierölpumpe bzw. eines Schmierölpumpenkonzepts sich in zweifacher Hinsicht negativ auf die erforderliche Antriebsleistung auswirkt. Als nachteilig erweisen sich insbesondere Spaltströme an linienförmigen Dichtstrecken mit großen, an den Spalten anliegenden Druckdifferenzen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Leckagen durch Spaltströme in der dritten Potenz mit der Spaltweite ansteigen. Unter diesem Gesichtspunkt besitzen Zahnringpumpen gegenüber Außenzahnradpumpen konzeptionelle Nachteile. Bei Regelölpumpen bewirken die, gegenüber Konstantpumpen zusätzlich zueinander zu dichtenden Baukomponenten, eine Erhöhung der Leckagepfade und damit eine Verringerung der volumetrischen Wirkungsgrade. Hierdurch können sich bei praktisch ausgeführten Regelölpumpen wie z.B. Kurbelwellenölpumpen unter ungünstigen Randbedingungen signifikante Abweichungen von den erwarteten Energieeinsparungspotentialen gegenüber gut ausgelegten Konstantpumpen ergeben. Für den mechanischen Wirkungsgrad einer Pumpe sind vor allem die Reibungsvorgänge in der Verzahnung und den relativ zum Gehäuse bewegten Bauteilen maßgebend. In Bezug auf die Reibung in den Verzahnungen haben sich Radsätze mit Evolventenverzahnung bewährt. Die durch Scherströmung bedingten fluidischen Reibungsverluste, die im Ergebnis vielfach im mechanischen Wirkungsgrad berücksichtigt werden, steigen mit den Relativgeschwindigkeiten zwischen den Reibpartnern und damit mit der Baugröße und der Drehzahl der Pumpe an. Aus diesem Grund fallen niedrige mechanische Wirkungsgrade insbesondere bei hohen Drehzahlen der Pumpe ins Gewicht. Dementsprechend erweisen sich Pumpenkonzepte mit großen Reibdurchmessern (Pendelschieberpumpen oder Zahnringpumpen und Flügelzellenpumpen als Kurbelwellenpumpen) bez. der mechanischen Wirkungsgrade als nachteilig. Durch den Einsatz niedrigviskoser Öle lassen sich die Reibungsverluste zwar verringern, allerdings sinken gleichzeitig wegen der größeren Leckagen in der Pumpe die volumetrischen Wirkungsgrade. Zudem steigen die Ölbedarfe der Triebwerke, so dass die Schmierölpumpe entsprechend größer dimensioniert werden muss. 3 Energieeinsparungspotentiale durch einen bedarfsgerechten Betrieb Motorschmierölpumpen werden derzeit praktisch ausnahmslos direkt (Kurbelwellenpumpe) oder indirekt (Sumpfpumpe) über Zahnräder, Kette oder Zahnriemen mit konstantem Übersetzungsverhältnis von der Kurbelwelle des Motors angetrieben. Bei den als Motorschmierölpumpen eingesetzten Verdrängerpumpen besteht ein annähernd linearer Zusammenhang zwischen der Antriebsdrehzahl und dem Fördervolumenstrom. Eine Schmierölpumpe muss dementsprechend so ausgelegt werden, dass diese unter ungünstigsten Bedingungen d. h. im Heißleerlauf (niedrigste Antriebsdrehzahl, niedrigste Ölviskosität, größte Lagerspiele) das Triebwerk mit ausreichend Öl versorgt. Das konstante Übersetzungsverhältnis zwischen Kurbelwelle und Ölpumpe bedingt, dass bei höheren Motordrehzahlen die von der Pumpe an das Triebwerk gelieferte Ölmenge begrenzt werden muss. Anderenfalls würden der Druck 121 <?page no="132"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb im Schmiersystem, aber auch die Antriebsleistung der Pumpe unzulässig hohe Werte annehmen. 3.1 Regelungskonzepte Für diese Begrenzung der Drücke und der durch das Schmiersystem geförderten Ölmengen bestehen zwei verschiedene Ansätze. Ein vergleichsweise einfaches, jedoch energetisch nachteiliges, bei Konstantpumpen verwendetes Konzept der Druckregelung besteht darin, die bei hohen Motordrehzahlen zu viel geförderte Ölmenge durch ein im Druckbereich der Pumpe angeordnetes Überdruckventil zur Saugseite der Pumpe hin abzuströmen. Energetisch vorteilhafter ist das bei im Volumenstrom variablen Pumpen (Regelölpumpen) umgesetzte Konzept der Volumenstromregelung. Hier wird beim Überschreiten eines vorgegebenen Drucks im Druckbereich des Schmiersystems die Fördermenge der Ölpumpe reduziert. Im Grundsatz ist es sowohl bei Konstantpumpen als auch bei Regelölpumpen möglich, den Druck auf eine oder mehrere Stufen zu regeln, oder im Motorenkennfeld stufenlos variable Drücke zu verwirklichen. Bild 10 illustriert schematisch am Beispiel einer auf zwei Druckstufen regelbaren volumenstromregelbaren Pkw-Flügelzellenpumpe (FZP) den Verlauf von Fördervolumenstrom, Druck und mechanischer Antriebsleistung in Abhängigkeit von der Pumpendrehzahl für zwei Druckstufen (Schluckkurven). Bild 10: Verlauf von Fördervolumenstrom, Druck und mechanischer Antriebsleistung in Abhängigkeit von der Pumpendrehzahl für zwei Druckstufen einer geregelten Pkw- FZP (schematisch) In Bild 11 ist ergänzend hierzu der Verlauf von volumetrischem und mechanischem Wirkungsgrad, Fördervolumenstrom und mechanischer Antriebsleistung in Abhängigkeit von der Pumpendrehzahl einer Pkw-FZP in Vollförderung (Kennlinien) dargestellt. Die in Bild 10 dargestellten Kurvenverläufe zeigen, dass oberhalb der Drehzahl, ab der für die jeweilige Druckstufe die Regelung einsetzt, sowohl der Druck als auch der Volumenstrom nicht mehr ansteigen. Je nach gewählter Druckstufe kann hierdurch die Antriebsleistung gegenüber einer Konstantpumpe wesentlich reduziert werden. 122 <?page no="133"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb Bild 11: Verlauf von volumetrischem u. mechanischem Wirkungsgrad, Fördervolumenstrom und mechanischer Antriebsleistung in Abhängigkeit von der Pumpendrehzahl einer Pkw-FZP in Vollförderung (schematisch). Abhängig davon, an welcher Stelle des Schmiersystems der Öldruck für die Regelung erfasst wird, wird zwischen einer direkten oder einer indirekten Regelung differenziert. Das Grundprinzip der im Folgenden erläuterten Regelkonzepte ist im Grundsatz gleich, unabhängig davon, ob es sich um eine Druckregelung einer Konstantölpumpe oder eine auf einem Referenzdruck - beispielsweise dem Druck in der Ölgalerie - basierenden Volumenstromregelung einer Regelölpumpe handelt. Bei der direkten Regelung (Bild 12) wirkt der im Druckbereich der Pumpe herrschende Druck unmittelbar auf das in der Pumpe angeordnete Verstellorgan. Bild 12: Hydraulisches Schaltbild einer direkten Druckregelung Wegen der verschiedenen Drosselstellen (Rohrleitungswiderstände, Umlenkungen Verzweigungen, Ölfilter, Ölkühler) reduziert sich der Druck auf dem Weg zur Hauptgalerie und weiter zum Zylinderkopf. Die Höhe dieser Druckverluste steigt mit zunehmender Ölviskosität. Diese insbesondere vom Filterbeladungsgrad und der Öltemperaturen abhängigen Druckverluste müssen bei der Festlegung des Pumpendrucks vorgehalten werden. Dies bedeutet, dass bei wenig beladenem Ölfilter und niedrigen Ölviskositäten die Pumpe, energetisch nachteilig, einen zu hohen Druck 123 <?page no="134"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb liefert. Bei dem in Bild 13 illustrierten Konzept der indirekten Regelung einer kennfeldgeregelte Ölpumpe wird dieser Nachteil vermieden. Bild 13: Hydraulisches Schaltbild einer indirekten Druckregelung Bei diesem Regelungskonzept wird der Öldruck in der Hauptgallerie, d.h. direkt an den wichtigen Verbrauchern gemessen und daraus zusammen mit den Temperatur- und Drehzahlsignalen vom Motorsteuergerät in jedem Betriebszustand des Motors das Verstellsignal für einen optimalen Öldruck an die Verstellaktuatorik vorgebenen. Bild 14 illustriert in schematischer Darstellung für das in Bild 13 dargestellte hydraulische Schaltbild die praktische Ausführung einer stufenlosen Druckregelung einer im Volumenstrom regelbaren Flügelzellenpumpe. 1 Ölfilter 2 Ölkühler 3 Spulenkörper 4 Spulenkern 5 Hubanker 6 Druckstift 7 Steuerschieber 8 Ventilkörper Bild 14: Funktionsschema einer stufenlosen Druckregelung mit einem in der Ölpumpe integrierten elektromagnetischen Proportionalventil (schematische Darstellung) Über ein elektromagnetisches Proportionalventil wird der für den jeweiligen gewünschten Förderdruck erforderliche Öldruck auf das Verstellorgan (Regelring) der Pumpe aufgeschaltet. Muss die Pumpe einem hohen Druck liefern oder liegt die 124 <?page no="135"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb Pumpendrehzahl unterhalb der Drehzahl bei der ein Abregeln erwünscht ist, drückt eine Druckfeder den Regelring in Vollförderstellung. Soll demgegenüber der Fördervolumenstrom und damit der daran gekoppelte Druck der Pumpe reduziert werden, wird der Regelring durch eine entsprechende Druckbeaufschlagung der ensprechenden Regelringfläche über das Proportionalventil, gegen die Kraft der Druckfeder geschwenkt. 3.2 Druck- und Volumenstromregelung durch einen elektrischen Antrieb Der generelle Trend zur Hybridisierung und Elektrifizierung von Fahrzeugen oder einzelnen Funktionskomponenten wirft die Frage auf, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen der Einsatz von elektrischen Schmierölpumpen sinnvoll ist. Elektrische Schmierölpumpen lassen sich über die elektrische Ansteuerung in der Drehzahl und damit in der Förderleistung regeln. Bei derzeit in Pkw-Motoren eingesetzten, mechanisch angetriebenen Schmierölpumpen bedingt die geforderte hydraulische Förderleistung mechanische Antriebsleistungen von mehreren hundert Watt, die in der Summe mit vergleichsweise vorteilhaften Wirkungsgradketten dargestellt werden können. Bei einem Konzept einer elektrisch angetriebenen Hauptschmierölpumpe erhöht sich diese für die Auslegung relevante Antriebsleistung um die Einflüsse der Generatorwirkungsgrade, der Wirkungsgrade bez. des Ladens und Entladens der Fahrzeugbatterie und der Wirkungsgrade des Elektromotors einschließlich der erforderlichen Leistungselektronik zum Antrieb der Pumpe. Angesichts sehr hoher Anforderungen an die Zuverlässigkeit bei Laufzeitanforderungen von mindestens 3000 h (Pkw) und Öltemperaturen von bis zu 150 °C wäre der Einsatz von bürstenlosen Gleichstrommotoren mit sensorloser Kommutierung anzuraten. Insbesondere aus Bauraumgesichtspunkten, aber auch wegen hoher Umgebungstemperaturen und der Notwendigkeit zur Führung der elektrischen Stromzuführung in den ölführenden Bereich, ist die Anordnung einer elektrischen Hauptölpumpe in der Ölwanne im Sinne einer technisch und zudem wirtschaftlich sinnvollen Großserienlösung derzeit nur schwer vorstellbar. Die Anordnung außerhalb des Triebwerks lässt Vorteile insbesondere hinsichtlich der Kühlung des Elektromotors erwarten. Allerdings erschwert der Trend zu weltweit eingesetzten Aggregateplattformen die Wahl eines einheitlichen Anbauorts der Pumpe am Motor oder der Karosserie. Auch wenn der Aufbau von Öldruck im Schmiersystem vor dem Motorstart allgemein unter tribologischen und Verschleißgesichtspunkten als vorteilhaft eingestuft wird, ist entsprechend den Erfahrungen mit auf dem Markt befindlichen Hybridfahrzeugen keine wirkliche Notwendigkeit hierfür erkennbar. Unter der Voraussetzung, dass bei Hybridfahrzeugen der Druck im Schmiersystem beim Stillstand der Motors, z.B. zur Betätigung von hydraulischen Aktuatoren, aufrecht gehalten werden muss und dies über Druckspeicherkonzepte nicht verwirklicht werden kann bzw. sich als sinnvoll erweist, ist der Einsatz elektrischen Schmieröl(hilfs)pumpen notwendig. Derartige Pumpen könnten dabei ähnliche konzeptionelle Merkmale wie die inzwischen vielfach für Automatik- und Doppelkupplungsgetriebe eingesetzten elektrischen Getriebezusatzölpumpen aufweisen. Wie diese könnten Motorschmierölzusatzpumpen u.U. in bestimmten Betriebszuständen des Motors parallel zu der dann etwas kleiner ausgelegten Hauptpumpe betrieben werden. Weitere Gründe für den Einsatz elektrischer Schmierölhilfsbzw. -zusatzpumpen könnten die Einbindung des Schmierölkreislaufs in das Thermomanagement (Standheizung, Batterietemperierung usw.) des Fahrzeugs sein. Aus derzeitiger Sicht ist mittelfristig ein wesentlicher Bedarf für elektrische Mo- 125 <?page no="136"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb torschmierölpumpen kaum absehbar, zumal der Gesamtsystemumfang einer elektrischen angetriebenen Motorschmierölpumpe im Vergleich zu geregelten, mechanisch angetriebenen Motorschmierölpumpen mit erheblichen Kosten verbunden ist. Hierbei spielt aber auch die Frage eine Rolle ob, bzw. wann und in welchem Umfang es zu einem flächendeckenden Umstieg auf höhere Bordnetzspannungen kommt. 3.3 Energieeinsparungspotentiale durch einen bedarfsgerechten Betrieb Durch die Zweistufendruckregelung und in noch höherem Maße durch die stufenlose Regelung des Öldrucks (Kennfeldregelung) von Regelölpumpen lassen sich wie in (Bild 15) dargestellt, die Antriebsleistungen von mechanisch angetriebenen Schmierölpumpen wesentlich reduzieren. Bild 15: Potenziale zur Reduzierung der Antriebsleistung beim Einsatz von mechanisch angetriebenen Regelölpumpen Im Vergleich zu Konstantpumpen erreichen die Kraftstoffverbrauchseinsparungen im NEFZ bei Regelung auf eine Druckstufe 1 % bei der Zweistufenregelung 1,5 % und bei der Kennfelddruckregelung 2 %. Wegen der i. Allg. höheren Drehzahlkollektive des Motors im realen Fahrbetrieb liegen die tatsächlichen Einsparungen in der Tendenz über den angegebenen Werten im NEFZ. Vor dem Hintergrund der gesetzgeberischen Bestrebungen, die CO 2 - Emissionen von Pkw und leichten Nutzkraftfahrzeugen stärker an den realen Fahrbedingungen zu orientieren (Real-Driving Emissions) (RDE) [8] (WLTC) (UN/ ECE/ WP29), ist in der Zukunft trotz höherer Kosten und einem gesteigerten Applikationsaufwand ein weiter zunehmendes Interesse der Automobilhersteller am Einsatz von insbesondere kennfeldgeregelten Ölpumpen absehbar. 126 <?page no="137"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb 4 Funktionsintegration und Kombimodule Unter Bauraum- und Kostengesichtspunkten erweist es sich in vielen Fällen als vorteilhaft, in der Motorschmierölpumpe weitere Funktionsumfänge, wie beispielsweise Drehschiebervakuumpumpen, rotierende Massenkraftund/ oder Massenmomentausgleichsmassen, Hochdruckpumpennocken, Kühlmittelpumpen oder die Absaugpumpen für Trockensumpfschmiersystemen zu integrieren. Auf diese Weise entstehen mehr oder weniger komplexe Kombimodule bzw. Tandempumpen an die bez. Entwicklungs- und Fertigungskompetenz und -kapazität der Hersteller wesentliche Anforderungen gestellt werden. Bei der Auslegung von Kombimodulen ist es unter energetischen Gesichtspunkten wichtig, dass bei der Auslegung der einzelnen Funktionskomponenten von Kombimodulen u. A. im Hinblick auf die Längen- Breitenverhältnisse die Drehzahlniveaus aber auch Anlaufmomente im Kaltstart soweit wie möglich unbefriedigende Kompromisse vermieden werden. In Bild 16 ist ein Öl-Vakuumpumpenmodul für Drei- und Vierzylinder Pkw- Dieselmotoren [7] illustriert. Bild 16: Illustration des Aufbaus eines im Ölsumpf angeordneten Kombimoduls bestehend aus eine geregelten Flügelzellenpumpe und einer Drehschiebervakuumpumpe Die als vollvariable Flügelzellenpumpe ausgeführte Ölpumpe und die einflügelige Drehschiebervakuumpumpe besitzen eine gemeinsame Pumpenwelle und sind zusammen in einem einteiligen, mit stirnseitigen Deckeln versehenen Gehäuse aus Al- Si-Druckguss integriert. Das Pumpenmodul ist in der Ölwanne des Motors angeordnet und wird über eine Hülsenkette von der Kurbelwelle angetrieben. Die Rotorwelle deren Formgebung vor allem von den Funktionsanforderungen des Vakuumpumpenrotors bez. der dynamischen Dichtung zum Pumpengehäuse und der Führung und Dichtung des Flügels bestimmt ist, ist aus Stahl gefertigt und bildet zugleich auch die Lagerung und den Antrieb des Ölpumpenrotors. Zur Anpassung der Fördermenge an den jeweiligen Bedarf wirkt der vom Proportionalventil über die Ansteuerung vom Motorsteuergerät modulierte Öldruck, in Abhängigkeit vom Sollwert, auf die entsprechende Fläche des Stellrings der Flügelzellenpumpe. Bild 17 zeigt den Aufbau eines Trockensumpfpumpenmoduls für einen Ottomotor mit 3,4 l bzw. 3,8 l Hubraum [8]. Das Pumpenmodul ist im Trockensumpf, des für den Einsatz in Sportwagen konzipierten Motors, seitlich neben der Kurbelwelle angeordnet und wird von dieser über eine Kette angetrieben. Die Druckpumpe ist als außen- 127 <?page no="138"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb verzahnte Regelölpumpe ausgeführt. Über ein in der Pumpe integriertes, vom Motorsteuergerät angesteuertes Proportionalventil, dessen Anschlussstecker über O- Ringe gedichtet, aus dem Motorgehäuse ins Freie ragt, wird die Pumpe in jedem Kennfeldpunkt auf einen dem gewünschten Druck entsprechenden Volumenstrom eingeregelt. Zur Rückführung des von den Lagerstellen und sonstigen Ölverbrauchern zurückströmenden Öls ist das Pumpenmodul neben der Druckpumpe mit vier einzelnen Absaugpumpen und zwei Turbo(lader)absaugstufen versehen. Hierbei handelt es sich um Außenzahnradpumpen, die hintereinander jeweils auf gemeinsamen Wellen gelagert bzw. angetrieben werden. Bild 17: Illustration des Aufbaus einer als Trockensumpfpumpe ausgeführten regelbaren Außenzahnradpumpe mit vier Absaugstufen und zwei Turbo(lader)absaugstufen 5 Ausblick Während noch vor wenigen Jahren die Mehrzahl der Pkw-Ölpumpen als vergleichsweise einfach aufgebaute Konstantpumpen ausgeführt wurden, werden in aktuellen und zukünftigen Konzepten überwiegend zweistufen- oder kennfeldgeregelte Pumpen verwirklicht. Abgesehen von regelbaren Außenzahnradpumpen werden in absehbarer Zukunft geregelte Flügelzellenpumpen noch stärker den Markt dominieren. Ein weiterer wesentlicher Trend ist die zunehmende Funktionsintegration, bei der die Ölpumpen zusammen mit Absaugstufen, Vakuumpumpen, Massenkraftausgleichswellen oder sogar Kühlmittelpumpen zu Multifunktionsmodulen vereint werden. Auf diese Weise lassen sich die konstruktiven Schnittstellen zum Triebwerk aber auch Logistik- und Montageschnittstellen in der Motorenmontage verringern. Im Gesamtergebnis ergeben sich hierdurch signifikante Kostenvorteile für den Automobilhersteller. Die verschärften gesetzgeberischen Vorgaben zur Reduzierung der CO 2 - Emissionen der Fahrzeuge zwingen die Fahrzeughersteller zur Reduzierung der Fahrzeugmassen. Hieraus folgen auch anspruchsvolle Zielvorgaben für das Gesamtgewicht der neu zu entwickelnden Ölpumpen. Insbesondere wegen der hohen Anforderungen an die Bauteilfestigkeit und die Genauigkeiten der Bauteile auch unter der Wirkung wechselnder Temperaturen sowie Wasser- und Kraftstoffbeimen- 128 <?page no="139"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb gungen im Öl ist eine wesentlich gesteigerte Verwendung von Kunststoffwerkstoffen bei Ölpumpen in der näheren Zukunft nicht absehbar. Vielmehr gilt es durch konsequente Strukturoptimierung sämtlicher Einzelteile der Pumpen, ohne Abstriche an der Funktion, signifikante Gewichtsreduzierungen zu erzielen. Ein weiterer Aspekt bez. der Vorgaben zur CO 2 -Reduzierung besteht darin, dass speziell bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen die CO 2 -Emissionen stärker am realen Fahrbetrieb d. h. gegenüber dem NEFZ an höheren Drehzahlkollektiven des Motors orientiert werden sollen. Dies fördert einerseits den Trend zum Einsatz von kennfeldgeregelten Ölpumpen, anderseits auch die Motivation zur Auswahl von Pumpenkonzepten mit vorteilhaften Durchmesser-Längenverhältnissen um die Gesamtwirkungsgrade der Pumpen zu steigern. Hierdurch ist eine Entwicklung weg von der Kurbelwellenpumpe hin zur Sumpfpumpe absehbar. Unter Packagegesichtspunkten und zur Verbesserung der Regeleigenschaften von kennfeldgeregelten Ölpumpen wird es angestrebt, das elektromagnetische Proportionalventil direkt an der Ölpumpe und damit in der Ölwanne anzuordnen. Für diese Pumpenkonzepte, wie auch für das Proportionalventil selbst, gilt es einfache, kostengünstige zugleich aber auch funktionssichere und standardisierbare Lösungen für die Durchführung der elektrischen Stromzuführung durch die Wandung der Ölwanne oder das Zylinderkurbelgehäuse zu entwickeln. Insbesondere wegen der verhältnismäßig hohen mechanischen und damit elektrischen Antriebsleistungen von Motorschmierölpumpen, aber auch wegen der hohen Spitzentemperaturen und unter Kostengesichtspunkten, ist ein Serieneinsatz elektrisch angetriebener Schmierölhauptpumpen derzeit nicht absehbar. Im Einzelfall ist möglicherweise bei bestimmten Hybridfahrzeugkonzepten die Verwendung elektrischer Schmierölhilfspumpen notwendig. Generell erweisen sich Kostengesichtspunkte, absehbare gesetzliche Vorgaben die CO 2 -Emissionen stärker am realen Fahrbetrieb zu orientieren und das 12 V- Bordnetz als generelle Hürde für eine zunehmende Elektrifizierung der Nebenaggregate und der Motorschmierölpumpe im Speziellen. Im Bereich der Nutzfahrzeugmotoren ist wegen der hohen Lebensdauerforderungen und der niedrigeren Drehzahlspanne zwischen Leerlauf- und Nenndrehzahlen ein Einsatz von Regelölpumpen nicht absehbar. Allerdings ist auch ein Trend erkennbar, die Pumpen zur Energieeinsparung durch konstruktive Optimierungen im Wirkungsgrad zu steigern und durch eine Druckstufenregelung die hydraulische Förderleistung der Pumpe genauer an die tatsächlichen Bedarfe anzupassen. Literatur [1] van Basshuysen, R., Schäfer, F. (Hrsg): Handbuch Verbrennungsmotoren 8. Aufl. Wiesbaden: Vieweg + Teubner-Verlag, 2017 [2] Meinig, U.: Schmierölpumpen für Pkw- und Nfz -Motoren; Bibliothek der Technik Bd. 378, München: süddeutscher Verlag onpact GmbH 2015 [3] N.N.: Verordnung (EG) Nr. 443/ 2009 des europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen [4] Lunanova, M.: Optimierung von Nebenaggregaten. Wiesbaden: Vieweg + Teubner-Verlag, 2009 [5] Matthies, H. J., Renius K. T.: Einführung in die Ölhydraulik 7. Aufl. Wiesbaden: Vieweg+Teubner, 2011 129 <?page no="140"?> 8 Motorschmierölpumpen - Konzepte und bedarfsgerechter Betrieb [6] Beck, Th.: Beiträge zur Geschichte des Maschinenbaus Berlin: Julius Springer, 1899 [7] Steinparzer, F., Ardey, N., Mattes, W., Hiemesch, D.: Die neue Efficient- Dynamics-Motorenfamilie von BMW, MTZ 75 (2014) Heft 5, S. 36-41 [8] Kerner, J., Wasserbäch, T., Kerkau, M., Baumann, M.: Die Boxermotoren Im Neuen Porsche 911 Carrera, MTZ 73 (2012) Heft 7/ 8, S. 564-572 130 <?page no="141"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Thomas Körfer, Herrmann-Josef Laumen, Patrick Hoppe, Werner Bick, Ralf Blum, Johannes Scharf Abstract The internal combustion engine featuring ultra-low emission performance still has the long-term role of a pacemaker for CO 2 -neutral and affordable mobility. In addition to the optimization of individual components and sub-systems, the full system compound must be continuously reviewed and understood in a holistic way in order to achieve upcoming goals and demands in a targeted manner. This comprehensive systemic approach to the parallel achievement of lowest emission levels and lowest CO 2 emissions requires new innovative technical solutions that combine both requirements in an optimal way. In the continuous significant emissions reduction initiatives, the avoidance of efficiency losses is of dominating importance. The fuel injection represents since the beginning an integral part of achieving optimum combustion efficiency and lowest pollutant raw emissions. This is always associated with a pronounced increase in the mixtureforming energy and therefore also drives the technical effort to produce the desired fuel injection pressure. To date, various generations of fuel injection systems have always succeeded in designing this increased performance by means of demanding refinement and optimization of the detailed component features and characteristics, and utilizing the overall system as a result of different optimization measures to reduce fuel consumption. Kurzfassung Der schadstoffminimierte Verbrennungsmotor hat nach heutigem Stand noch auf lange Zeit die Rolle des Schrittmachers für eine CO 2 -neutrale und emissionsarme Mobilität. Zur zielgerichteten Umsetzung dieses Anspruchs muss neben der Optimierung von Einzelkomponenten insbesondere auch das gesamte Verbundsystem betrachtet und ganzheitlich verstanden werden. Dieser umfassende systemische Ansatz zur parallelen Erfüllung von niedrigsten Emissionswerten und geringsten CO 2 -Emissionen bedarf neue technische Lösungen, die beiden Zielsetzungen entsprechend förderlich sind. 131 <?page no="142"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Bei der weiteren signifikanten Emissionsreduzierung hat die Vermeidung von Effizienzverlusten einen sehr großen Stellenwert. Die Kraftstoffeinspritzung hat elementaren Anteil an der Realisierung einer optimalen Verbrennungseffizienz und niedrigsten Schadstoff-Rohemissionen. Dies geht immer mit einer deutlichen Erhöhung der Gemischbildungsenergie einher und treibt daher auch den technischen Aufwand zur Erzeugung des gewünschten Einspritzdrucks. Bis heute ist es über die verschiedenen Generationen von Einspritzsystemen immer gelungen, diese gesteigerte Leistungsfähigkeit durch konsequente Detailoptimierung zumindest verbrauchsneutral zu gestalten und im Gesamtsystem durch anderweitige Optimierungsmaßnahmen zu Verbrauchsabsenkungen zu nutzen. 1 Einleitung - Motivation und Treiber Die Kraftstoffeinspritzung beschreibt ein Kernelement bei allen Arten von Verbrennungsmotoren, unabhängig vom Brennverfahren. Beim modernen Dieselmotor ist die Direkteinspritzung seit Jahren längst Stand der Technik und entwickelt sich auch beim Ottomotor mehr und mehr zum weltweiten Standard. Die funktionalen Eigenschaften und deren optimale Anpassung an die thermodynamischen Anforderungen zur Erreichung kontinuierlich verschärfter Grenzwerte hinsichtlich Kraftstoffverbrauch, CO 2 -, Schadstoff- und Geräuschemission charakterisieren einen fortwährenden Schwerpunkt der Entwicklungsarbeiten. Insbesondere die neuen gesetzlichen Prüf- und Zulassungsprozeduren WLTP und die ergänzenden RDE-Anforderungen zur Bewertung des Realbetriebsverhaltens erfordern eine weitere Reduzierung der Motorrohemissionen als auch erweiterte Funktionalitäten zur Leistungssteigerung der verbauten Abgasnachbehandlungssysteme. Dies geht einher mit der marktbedingten Entwicklung zu höheren spez. Leistungen, bis zu 110 kW/ l bei Pkw-Dieselmotoren und bis zu 200 kW/ l bei Ottomotoren im Premiumbzw. Sportwagensegment. Daraus lassen sich sowohl für den Ottoals auch für den Dieselmotor neue Randbedingungen an die optimale Gemischbildung und damit abgeleitet auch an die Einspritztechnologie ableiten. Beim direkteinspritzenden Ottomotor stehen dabei die Aspekte Verbrennungsstabilität, die sichere Darstellung der Limits für die Partikelanzahl von 6x10 11 ab 10/ 2017 und der abgesenkte CO 2 -Ausstoß im Vordergrund, während beim Dieselmotor besonders die ganzheitliche NO x -Reduktion bei gleichzeitiger Verbrauchsabsenkung im Mittelpunkt steht. Beim Dieselals auch beim Ottomotor wird daher an der weiteren Steigerung der Einspritzdrücke und der Verbesserung der Kraftstoffeinbringung gearbeitet. Hinzu kommen weitergehende Anforderungen bezüglich Robustheit und Lebensdauer infolge weltweit unterschiedlicher Kraftstoffspezifikationen und -qualitäten, aber auch hinsichtlich alternativer Kraftstoffe oder Kraftstoffbeimischungen. In diesem Zusammenhang stellt sich konsequenterweise die Frage, in wie fern die verbesserten Systemfunktionalitäten hinsichtlich der thermodynamischer Aspekte einen verstärkten, eventuell nachteiligen, Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften des Kraftstoffeinspritzsystems haben und damit die Verlustleistung des Motors durch erhöhte Reibung bzw. Verluste nachteilig beeinflussen. 132 <?page no="143"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards 2 Konzeption und Auslegung DI-Ottomotoren Bild 1: Nockenwellenantrieb einer Einzylinderhubkolbenpumpe für ottomotorische Anwendungen Als favorisiertes Pumpenkonzept für die ottomotorische Hochdruckeinspritzung hat sich in den letzten Jahren die Einzylinderhubkolbenpumpe durchgesetzt und alternative Pumpenbauarten wie auch Radialkolben- oder Axialumlaufkolbenpumpe verdrängt. Der Antrieb der Pumpe erfolgt dabei üblicherweise, wie in Bild 1 dargestellt, über einen Mehrfach-Nocken, hier dreifach, auf der Einlass- oder Auslassnockenwelle ausgeführt. Die Mengenbzw. Raildruckregelung erfolgt im Allgemeinen durch Überströmen von der Druckseite in den Vorlauf der Pumpe. Potential zur Wirkungsgradsteigerung gegenüber der o. g. konventionellen Regelungsstrategie bietet z. B. der Einsatz einer Saugventilabschaltung. Dadurch reduziert sich die Verlustleistung der Pumpe. Zudem können durch die Vermeidung des Überströmens unerwünschte Pulsationen im Kraftstoffsystem verringert werden. Seit der (erneuten) Serieneinführung der Benzindirekteinspritzung in PKW-Motoren erfolgte in den letzten beiden Jahrzehnten ausgehend von 100 bar Systemdruck bei Einführung eine sukzessive Steigerung des applizierten Einspritzdrucks. Diese Entwicklung basierte einerseits auf der erheblich zunehmenden spezifischen Leistung in den letzten Jahren und andererseits auf den deutlich verschärften Emissionsanforderungen, insb. hinsichtlich der Partikelemissionen, verbunden mit der Zielsetzung, auch ohne GPF (Gasoline Particulate Filter) die Grenzwerte für die Typzulassung sicher in der Serienproduktion zu erreichen. Im vergangen Jahr wurde mit der Serieneinführung des ersten 350 bar Raildrucksystems der Standard für die nächsten Jahre gesetzt. Weiter gesteigerte Einspritzdrücke oberhalb von 350 bar finden derzeit für den ottomotorischen Betrieb lediglich im Motorsport Anwendung. Aufgrund der derzeit begrenzten Standfestigkeit dieser Systeme ist eine unmittelbare breite Serieneinführung zunächst nicht zu erwarten. 133 <?page no="144"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Schnelllaufende Dieselmotoren - Pkw- und LNfz-Anwendungen Trotz einer gewissen Diversifizierung auf dem Markt hinsichtlich Injektor-Aktuierung und Einspritzstrategie ergibt sich bei modernen Dieselmotoren für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ein klarer und einheitlicher Trend zu einem kontinuierlich erhöhten Einspritzdruckniveau, siehe Bild 2 (offene Symbole bedeuten Ankündigungen). Dies ist zum einen bedingt durch die ungebrochene Nachfrage nach leistungsgesteigerten Motoren bei verringertem Hubraum, wie im Bild 3 abgebildet, zum anderen eine Konsequenz der kontinuierlich verschärften gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich einer Verringerung des Schadstoffausstoßes, insbesondere der Partikel- und der Stickoxidemissionen. Bild 2: Evolution des Einspritzdrucks für alle dieselmotorischen Anwendungen (Pkw, HD, OHW, Marineapplikationen) Die motorinterne Verringerung der Stickoxidemissionen durch den Einsatz der Abgasrückführung erfordert eine intensivierte Gemischbildung und verbesserte Verbrennung zur Beherrschung der Partikelemissionen, die durch eine verbesserte Kraftstoffeinspritzung - höherer Einspritzdruck und verringerte Spritzlochdurchmesser - entsprechend unterstützt und optimiert wird. Ergänzend zu den seit den 90er Jahren gesetzlich vorgeschriebenen Regularien zur Emissionsreduktion kommt seit geraumer Zeit noch die Limitierung der flottenbezogenen CO 2 -Emissionen als Technologietreiber hinzu. Allerdings ergeben sich auf Grund der hohen Bedeutung der Dieselmotoren hinsichtlich Erfüllung der Flottenzielwerte durchaus Zielkonflikte im komplexen Spannungsfeld zwischen Leistungssteigerung, Schadstoffreduktion und Effizienzsteigerung. Insbesondere mit Blick auf die anstehenden gesetzlichen Anforderungen bezüglich Realemissionsverhalten (RDE Prozeduren und PEMS Messungen) bei weiter verschärften Kraftstoffverbrauchsbzw. CO 2 -Absenkungen resultiert ein grundsätzlicher Bedarf an erhöhten Einspritzdrücken. Im Bild 3 ist ersichtlich, dass bereits heute grund- 1995 2000 2005 2010 2015 1000 1500 2000 2500 3000 CRS Passenger Car CRS Off-Road Unit Injector CRS direct actuated Truck FIE CRS for HFO Max. Injection Pressure [bar] Year 134 <?page no="145"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards sätzlich 2 Entwicklungstendenzen im Dieselmotorsegment existieren. Zum einen folgen die TOP-Motorisierungen mit anspruchsvollen Leistungscharakteristiken und hohen spezifischen Leistungen dem nachgefragten Markttrend und zum anderen sichern die auf beste Effizienz ausgelegten Aggregate mit moderater Leistung, aber maximaler Fokussierung auf niedrigstes Verbrauchsniveau, die Erfüllung der Flottenverbrauchszielwerte. Bild 3: Entwicklung der spezifischen Leistung von Pkw-Dieselmotoren in den letzten Dekaden Insbesondere bei diesen Applikationen, die natürlich den Schwerpunkt hinsichtlich der zukünftigen CO 2 -Erfüllung darstellen, stellt die Minimierung aller Verluste, einschließlich der Kraftstoffeinspritzung, eine zentrale Aufgabe in der Entwicklung dar. Die Analyse für die bezüglich Kraftstoffverbrauch relevanteren gesetzlichen Prüfzyklen (NEDC) kann sich die Leistungsaufnahme durchaus auf einige 100 Watt aufaddieren, wobei trotz erheblich verbesserter Gemischaufbereitung und optimierten Brennverfahren (siehe Bild 4) bei in naher Zukunft weiter verschärften Emissionsanforderungen - insbesondere durch RDE-Anforderungen - zukünftig tendenziell wieder höhere Einspritzdrücke in der höheren Teillast appliziert werden, wenn auch zwischenzeitlich verbesserte Brennverfahren, durch Optimierung von Brennraumgeometrie, Ladungsbewegung und Einspritzcharakteristik, ein reduziertes Einspritzdruckniveau erlauben. Die umfassende Verringerung der Motorreibung und eine weitreichende Reduktion aller Verluste bietet trotz fortlaufender Optimierungsschritte immer noch ein erhebliches Potential zur Effizienzsteigerung. Basierend auf den bisherigen Erfahrungen der im Markt befindlichen Systeme kann man für Pkw-Anwendungen einen Leistungsaufwand zur Erzielung des geforderten Einspritzdrucks von bis zu 10 kW bei Nennleistung und großer Zylinderzahl ermitteln. Eine detaillierte Auflösung der mechanischen Verluste für den charakteristischen Betriebspunkt bei 2000 U/ min und einem mittleren Arbeitsdruck von 2 bar, wie in Bild 5 dargestellt, ermittelt für einen repräsentativen Motor einen Anteil von 7% in der Reibung, bei Nullförderung der Kraftstoffhochdruckpumpe. 135 <?page no="146"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Bild 4: Neues, optimiertes Diesel-Brennverfahren mit verbessertem Emissions-Trade- Off und reduziertem Kraftstoffverbrauch [Quelle: Daimler AG] 136 <?page no="147"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Bild 5: Reibungsverlustanteile für einen Pkw-Dieselmotor bei 2000 U/ min und 2.0 bar Mitteldruck und betriebswarmen Bedingungen (T KW =90°C, T ÖL =90°C; Nullförderung) An moderne Ausführungen von Kraftstoffhochdruckpumpen wird eine Vielzahl von Forderungen gestellt, die zum Teil auch konträr zu einander stehen, so dass ein geeigneter, möglichst optimaler Kompromiss zu finden ist: - Möglichst hoher hydraulischer Wirkungsgrad / geringe Hochdruckleckageverluste - Minimierte Schadvolumina im Hochdruckraum - Möglichst geringe Reibung im Pumpenantrieb und am Kolben/ Pumpenzylinder - Spitzen im dynamischen Antriebsmoment reduzieren / Geräusch minimieren - Bewegte Teile, insb. Massen minimieren - Pumpenbauraum bzw. -gewicht minimieren - Einspritzsynchrone Kraftstoffförderung Im Folgenden sollen diese Aspekte näher beleuchtet werden. Seit Einführung des Common Rail Systems hat sich die Architektur der Hochdruckpumpe über verschiedene Optimierungsschritte deutlich verändert, wie in Bild 6 zu sehen ist. Im Bild oben links ist beispielhaft der schematische Aufbau einer Bosch CP3 Pumpe dargestellt, rechts daneben ist der Hochdruckteil der nachfolgenden CP4 Pumpe aus gleichem Haus gegenübergestellt. Die CP3 fällt durch ihren vergleichsweise kurzen Plunger auf, der über einen Exzenter angetrieben wird. Die CP4 hingegen weist einen deutlich längeren Plunger auf; die längere Führung minimiert insbesondere die Hochdruckleckage signifikant, wie im unteren Bildteil zu erkennen ist. Bei einem eingestellten Raildruck von 1800 bar und einer repräsentativen Pumpendrehzahl von 2000 1/ min kann der hydraulische Wirkungsgrad hierbei von 82 auf 88 % verbessert werden. Für weiter gesteigerte Systemdrücke von 2500 bar oder ggfs. sogar bis 3000 bar wird die absolute Minimierung der Hochdruckleckagen zunehmend wichtiger und entscheidend, nicht nur bezüglich der druckerzeugenden Hochdruckpumpe, sondern für das gesamte System, einschließlich der Injektoren. 15% 41% 8% 9% 6% 9% 7% 2% 3% Representative friction share of PC Diesel engines Crankshaft Piston group Oil pump Coolant pump Alternator AC-Compr- + Vac. pump Valve train CR-Pump Balancer shafts 7% 137 <?page no="148"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Bild 6: Entwicklung der Architektur von Common Rail Hochdruck-Pumpen Generell wird angestrebt, einen oder alternativ zwei Fördervorgänge je Einspritzvorgang zu realisieren, damit der Start-Raildruck für die Einspritzsequenzen der verschiedenen Zylinder zu Beginn des Einspritzvorgangs pro Arbeitsspiel jeweils gleich ist. Diese Forderung impliziert, dass die ältere Dreikolben-Pumpe für einen Vierzylindermotor mit 2/ 3 der Kurbelwellendrehzahl betrieben wird, während die neuere Pumpe (CP4), die einen Doppelnocken aufweist, direkt mit Kurbelwellendrehzahl angetrieben wird. Dies bedeutet bei symmetrischer Auslegung der Nockenkontur, dass sich ein Fördervorgang für die CP4 maximal über 90° Kurbelwinkel erstrecken kann. Für die ältere CP3 hingegen entspricht der maximale Förderbereich unter Berücksichtigung des Übersetzungsverhältnisses 270° Kurbelwinkel. Das heißt, das Zeitfenster, in dem Leckage auftreten kann, ist bei der CP3 in etwa dreimal so groß wie bei der CP4. Hieraus ist abzuleiten, dass auch die Wahl der Pumpendrehzahl für die jüngeren CR-Pumpen mit Doppelnocken der Effizienzsteigerung dient. Nachteilig ist hingegen, dass das maximale Pumpenantriebsmoment durch den kleinen Förderwinkel deutlich steigt. Insbesondere vor dem Hintergrund steigender Kraftstoffanteile aus nachwachsenden Rohstoffen, wie z.B. Biodiesel, ist eine schonende Behandlung des Kraftstoffes im Einspritzsystem essenziell. Dazu gehört die bereits oben beschriebene Minimierung der Leckageverluste in der Hochdruckpumpe wie auch im Injektor. Weiterhin hat die Art der Kraftstoffmengenregelung der Hochdruckpumpe Einfluss auf die Kraftstoffal- 138 <?page no="149"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards terung und muss daher diesbezüglich sorgsam berücksichtigt werden. Diese ist in der Vergangenheit und zum Teil auch heute noch über ein Saugdrosselventil realisiert. Dabei wird über das Mengenregelventil ein bestimmter Zulaufquerschnitt freigegeben. Der freie Querschnitt definiert die Kraftstoffmenge, die in den Pumpenraum gelangt, das restliche Volumen im Pumpenraum ist mit Kraftstoffdampf gefüllt. In der Aufwärtsbewegung des Pumpenkolbens wird zunächst der Kraftstoffdampf wieder verflüssigt, bevor der im Pumpenraum befindliche Kraftstoff ins Rail gefördert wird. Bild 7: Kraftstoffmengenzumessung an der Hochdruckpumpe Jüngere Ausführungen von Diesel-Hochdruckpumpen verwenden das Förderprinzip, wie es für Otto-DI-Pumpen seit langem eingesetzt wird (siehe Bild 7). Dabei wird das Einlassventil der Hochdruckpumpe (hier „Digital Inlet Valve“ genannt) bedarfsgerecht angesteuert. Während des Saughubes wird zunächst weitestgehend der gesamte Pumpenraum über das offene Einlassventil befüllt. Zu Beginn des Förderhubes bleibt das Ventil offen, sodass der Kraftstoff wieder nahezu drucklos in das Niederdrucksystem gefördert werden kann. Zu einem bestimmten Kolbenhub wird das Einlassventil von Steuergerät geschlossen. Danach baut sich im Pumpenraum Druck auf und der Kraftstoff wird über das mechanische Auslassventil ins Rail gefördert. Für diese Art der Mengenzumessung wird dem Motorsteuergerät natürlich eine höhere Rechenleistung abverlangt, da das Mengensteuerventil für jeden Fördervorgang nockensynchron angesteuert werden muss. Der Vorteil dieses Zumessverfahrens ist, dass für den Kraftstoff der Übergang in die Dampfphase weitestgehend vermieden und somit unnötige Kraftstoffalterung unterbunden wird. Im Vergleich zur CP4 Pumpe aus Bild 6 konnte durch die Integration des Druckventils in den Pumpenkopf, wie beispielhaft in Bild 7 und Bild 8 ersichtlich, ein weiterer Dichtspalt eliminiert werden, und damit das Risiko von Undichtigkeiten und Leckagen weiter verringert werden. Eine weitere Besonderheit der in Bild 8 gezeigten Pumpe ist der rechteckige Stößel, der laut Hersteller eine zusätzliche Reduzierung der bewegten Massen erlaubt. 139 <?page no="150"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Bild 8: Kompakte Hochdruckpumpe für Pkw-Dieselmotoren (www.delphi.com) Die mannigfaltigen Detailoptimierungen, angefangen beim Antrieb, über Systemdruckerzeugung, Gesamtkraftstoffkreislauf, Injektoransteuerung bis hin zur Strahlausbreitung und der thermodynamischen Umsetzung weisen nach wie vor Optimierungspotential auf, welches sukzessive in der Abwägung einer wirtschaftlichen Umsetzung weiter realisiert wird und einen entsprechenden Beitrag zum CO 2 -Verhalten des Gesamtfahrzeugs positiv beiträgt, wie in Abb. 9 repräsentativ an Hand des NEFZ-Zyklus dargestellt. Bild 9: Schematische Darstellung des CO 2 Anteils im NEFZ für unterschiedliche CR-Systemausführungen [3] Dieselmotoren für Lkw und industrielle Anwendungen Eine beispielhafte Hochdruckpumpe für Nutzfahrzeugmotoranwendungen ist in Bild 10 dargestellt. In diesem Falle handelt es sich um eine Zweiplunger-Pumpe, die Plunger werden jeweils über einen Dreifachnocken betätigt. Spray Injector LPC Spray Injector LPC Actuator Actuator Spray Injector Pump + auxiliary Drive LPC Actuator Pump + auxiliary Drive Pump + auxiliary Drive g/ km CO 2 * -0,3 -0,1 -0,5 -0,4 -24% -34% g/ km CO 2 * Spray Injector LPC Spray Injector LPC Actuator Actuator Spray Injector Pump + auxiliary Drive LPC Actuator Pump + auxiliary Drive Pump + auxiliary Drive -0,1 -0,1 -0,5 -0,4 -20% -30% 140 <?page no="151"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Bild 10: Hochdruckpumpe für NFZ-Motoren Für Mehrkolbenpumpen muss natürlich für jedes Pumpenelement ein eigenes Magnetventil (hier „Pre-stroke Control Valve“ genannt) verwendet werden, welches, zur Erzielung eines guten Wirkungsgrades, möglichst totvolumenoptimiert an den Hochdruckraum der Pumpenelemente angeordnet werden muss. Thermodynamische Effekte und verbundenes Potential DI-Ottomotoren Aus mechanischer Sicht bedeutet eine Anhebung des Einspritzdrucks zunächst einmal eine Erhöhung der Pumpenleistung und damit der Reibleistung des Gesamtmotors. Abbildung 11 zeigt exemplarisch den Einfluss der eingespritzte Kraftstoffmasse pro Hub und des Raildrucks auf die Reibung der Hochdruckpumpe. Für niedrigen Raildruck und eine geringe Einspritzmenge beträgt der Anteil der Hochdruckpumpen an der Gesamtreibung weniger als 10 % der Gesamtreibung. Erwartungsgemäß nimmt die Lastanforderung der Pumpe sowohl mit höherer Einspritzmenge als auch steigendem Einspritzdruck zu. Bei einer Erhöhung der Kraftstoffmenge auf 60 mg/ Zyklus - für den untersuchten Motor entspricht dies in etwa einem effektiven Mitteldruck von pme = 30 bar - ist ein Anstieg der Pumpenreibung auf ca. 16 % der Gesamtreibung des Motors zu beobachten. Eine Anhebung des Raildrucks auf dem niedrigen Lastniveau von 150 bar auf 350 bar hat einen Anstieg der Pumpenreibung auf ca. 19 % zur Folge. Findet gleichzeitig eine Steigerung Einspritzmenge auf 60 mg/ Zyklus statt, steigt die Pumpenreibung für das untersuchte System auf über 30 % der gesamten Motorreibung an. Ein signifikanter Einfluss auf den effektiven Verbrauch ist jedoch bei niedrigen bis mittleren Lasten weder durch die Reibungserhöhung noch durch die potentiell verbesserte Gemischaufbereitung bei hohen Raildrücken zu beobachten. Bei hohen Lasten hingen wirkt sich die verkürzte Einspritzdauer in Verbindung mit einer Reduktion der Tröpfchengröße aufgrund der hohen eingebrachten Kraftstoffmasse überproportional auf die Gemischaufbereitung aus. Dadurch ist eine signifikante Verbesserung des effektiven Wirkungsgrads möglich. 141 <?page no="152"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Bild 11: Einfluss von Kraftstoffmasse und Raildruck auf die Hochdruckpumpenreibung bei modernen DI-Ottomotoren Weitere Vorteile durch Anhebung des Einspritzdrucks ergeben sich für Partikelemissionen. Bild 12 zeigt exemplarisch das Potential zur Senkung der Partikelanzahl für einen Teilastbetriebspunkt für zwei Kühlwasser- und Öltemperaturen (T Mot ) im Kalt- und Warmbetrieb. Während zunächst bei einer Erhöhung des Einspritzdrucks von 100 bar auf 250 bar ein deutliches Reduktionspotenzial auf 50 % zu beobachten ist, führt eine weitere Steigerung auf 350 bar zu einer vergleichsweise geringen Senkung der Partikelanzahl. Dabei ergibt sich für beide Temperaturniveaus ein vergleichbares Potenzial für die Verringerung der Partikelemissionen bezogen auf einen Einspritzdruck von 100 bar. Bild 12: Beispielhaftes Partikelreduktionspotential durch Raildruckerhöhung in der Teillast Während in der Teillast die Partikelemissionen bei Einspritzdrücken oberhalb von 300 bar nur geringfügig verringert werden, wirkt sich bei höheren Lasten durch die hohe eingebrachte Kraftstoffmenge und damit relativ lange Einspritzdauer eine weitere Steigerung des Einspritzdrucks und die einhergehende Verkürzung des Einspritz- Anteil der Hochdruckpumpenreibung an der Gesamtreibung / % 10 12 14 22 24 26 28 30 20 16 18 10 12 14 22 24 26 28 30 20 16 18 Kraftstoffmasse pro Arbeitsspiel / mg 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Kraftstoffraildruck / bar 160 180 200 220 240 260 280 300 320 340 142 <?page no="153"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards events senkend auf die Partikelanzahl aus. Insbesondere zur Steigerung der spezifischen Leistung bietet damit eine Raildruckerhöhung über das aktuelle Niveau hinaus erhebliches Potential. Weitergehende Optionen in Verbindung mit einer fortgeführten Anhebung des Raildrucks ergibt sich durch die Verringerung des Lochdurchmessers bei gleichbleibender Durchflussrate des Injektors und somit den Zielkonflikt zwischen max. Kraftstoffeinbringung im Nennleistungspunkt und Gemischaufbereitungsqualität auszuweiten. Schnelllaufende Dieselmotoren - Pkw- und LNfz-Anwendungen Auf Grund des steigenden Einsatzes moderner Dieselmotoren in schwereren fahrzeugplattformen resultierte im Laufe der Zeit ein kontinuierlicher Anstieg der spezifischen Leistung. Zur Darstellung dieser Motorleistungen war neben der Bereitstellung eines entsprechenden Luftvolumens durch kontinuierlich leistungsgesteigerte Aufladesysteme auch eine parallele Erhöhung der Einspritzdrücke erforderlich, um bei gegebener maximaler Einspritzdauer die adäquate Kraftstoffmenge in den Brennraum zu liefern. Bild 13 zeigt für einen typischen Zylinderhubraum von ~500 cm³/ Zyl. das Verbesserungspotential durch einen von 2000 auf 2500 bar erhöhten Einspritzdruck. Neben einer erheblichen Absenkung der Partikelemissionen ergibt sich bei Beibehaltung des maximalen Verbrennungsspitzendruckes und nahezu konstanten NOx-Emissionen ebenfalls eine Verbrauchsverbesserung von etwa 2,5%. Die CO- Emissionen, Vorläuferreaktion der Rußbildung, folgen tendenziell dem Verhalten der Partikelemissionen und reduzieren sich um etwa 40% im betrachteten Fall. Bild 13: Thermodynamischer Einfluss eines erhöhten Einspritzdrucks bei Pkw- Dieselmotoren (im Nennleistungspunkt - ca. 77 kW/ l) Kommerzielle Dieselmotoren - Nfz- und andere Anwendungen Das grundsätzlich unterschiedliche Lastkollektiv bei größeren, kommerziellen Dieselmotoranwendungen formuliert den Bedarf nach erhöhtem Einspritzdruck maßgeblich auf der parallelen Absenkung von Schadstoffemissionen und Kraftstoffverbrauch. Exemplarisch sind dafür an einem modernen Einzylindermotor dahingehend grundlegenden Untersuchungen mit einem maximalen Einspritzdruck von bis zu 3000 bar durchgeführt worden. In Bild 14 sind beispielhaft für den Nennleistungspunkt Partikelemission, NOx-Emission, spezifischer Kraftstoffverbrauch und die Abgasrückführrate über dem anliegenden Raildruck aufgetragen. Über die Einstel- 143 <?page no="154"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards lung der AGR-Rate ist eine konstante NOx-Emission von 0,4 g/ kWh sichergestellt worden. Die Hochdruckpumpe ist direkt vom Einzylinderaggregat angetrieben worden, der spezifische Kraftstoffverbrauch ist dann entsprechend auf den Vollmotor hochgerechnet worden. Bei konstanter NOx-Emission kann sowohl die Partikelemission als auch der Kraftstoffverbrauch durch Steigerung des Einspritzdruckes signifikant abgesenkt werden. Dazu muss natürlich zeitgleich die AGR-Rate auf 48% angehoben werden. Dies erfordert insbesondere hohe Ladedrücke von bis zu 5 bar, als auch hohe Brennraumspitzendrücke zur Realisierung optimaler Verbrennungsabläufe. Mit der besten Düsenkonfiguration ist mit Einfacheinspritzung eine Partikelemission von 100 mg/ kWh erzielt worden. Durch eine angelagerte Nacheinspritzung ist eine weitere Reduzierung der Partikelemission auf 70 mg/ kWh erzielt worden. Bild 14: Thermodynamischer Einfluss des effektiven Einspritzdrucks bei HD-Motoren (im C100-Punkt) 3 Konstruktion, mechanische Dimensionierung und Integration Im Rahmen der fortschreitenden weltweiten Verringerung der verkehrsbedingten CO 2 -Emissionen, siehe Bild 15, ergeben sich konsequenterweise verstärkte Anforderungen nach modernen, wirkungsgrad-optimierten und verlustarmen Motorarchitekturen. In diesem Zusammenhang muss auch die konzeptionelle Auswahl, die mechanische Auslegung und die entsprechende Integration des Sub-Systems Kraftstoffeinspritzung sorgfältig entwickelt und optimiert werden. Neben der zentralen Fragestellung hinsichtlich bestem Verhältnis von eingebrachter Energie zur Bereitstellung des erforderlichen Systemdrucks zur Realisierung von thermodynamischen Zielgrößen wie Leistung, Verbrauch und Emissionen spielen darüber hinaus übergeordnete Fragestellungen bezüglich Modularität innerhalb von Motorfamilien, teilweise sowohl Ottoals auch Dieselmotoren umfassend, aber auch Hubraum-skalierungen über die BSPM Multicylinder [mg/ kWh] 0 200 400 600 800 1000 Rail Pressure [bar] 2000 2200 2400 2600 2800 3000 BSNOx Multicylinder [g/ kWh] 0.20 0.30 0.40 0.50 0.60 0.70 Rail Pressure [bar] 2000 2200 2400 2600 2800 3000 BSFC Multicylinder [g/ kWh] 190 200 210 220 230 240 Rail Pressure [bar] 2000 2200 2400 2600 2800 3000 Lambda Spindt [-] 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 Rail Pressure [bar] 2000 2200 2400 2600 2800 3000 EGR RATE [%] 38 40 42 44 46 48 Rail Pressure [bar] 2000 2200 2400 2600 2800 3000 C100 Tier 4 limit 10-hole HFR 1600 10-hole HFR 1400 8-hole HFR 1400 144 <?page no="155"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Zylinderanzahl, von kompakten 3-Zylinder-Aggregaten bis zu Premium-6-Zylinder Varianten, eine zentrale Rolle. Des Weiteren gilt es die Einbaurandbedingungen sowohl für den Längsals auch für den Quereinbau zu berücksichtigen. Bild 15: CO 2 -Gesetzgebung in den wichtigsten Absatzmärkten weltweit Im Zuge dieser zukünftigen Anforderungen zeichnet sich ein deutlicher Trend nach signifikanter Verringerung der Reibungsverluste moderner Motorenarchitekturen ab, in Bild 16 für Pkw-Dieselmotoren exemplarisch dargestellt. Unter Verwendung modernster CAE-basierter Auslegungsprozeduren und Verwendung modernster Komponententechnologie wird ein Reibniveau in der Größenordnung von 0,5-0,55 bar p mr als realistisch für den Zeitraum 2020+ angesehen. Neben der optimierten Auslegung der anteilsmäßig dominierenden Komponenten Triebwerk, Kolbengruppe, Öl- und Wasserpumpe muss auch das Hochdruckeinspritzsystem einen entsprechenden Beitrag liefern. Bild 16: Entwicklungstendenz des Reibungsverhaltens moderner Pkw-Dieselmotoren Dies gilt zum einen für die hydraulische Effizienz bei der Hochdruckerzeugung, zum anderen aber auch für den gewählten Antrieb der Hochdruckpumpe und deren Integration ins Gesamtsystem. CO 2 FLEET TARGETS (G/ KM) LEGISLATION CYCLE - KEY MARKETS *Proposed target/ under review, **FEV scenario Source: ICCT, FEV 95 Target 2015 130 2006 160 -42% Target 2025 68-78* Target 2020 -47% Target 2025 97* Target 2020 132 Target 2015 182 2006 249 -16% Target 2020 105* Target 2015 125 2006 149 -46% Target 2025 85-95** Target 2020 117* Target 2015 167 2006 188 -20% Target 2022 113 130 Target 2017 2011 141 Engine Speed 2000 rpm 87 CI - Engines 0,0 0,5 1,0 1,5 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 FMEP [bar] Year Friction Target 2023 FMEP: 0,5 - 0,55 bar max. PFP 180 bar GCI/ CGI Crankcase spec. power 55kW/ L low friction oil pump ECU controlled valveand crank train MBS w/ roller bearing MBS w/ o. lowest range COMPLETE ENGINE FRICTION (ALL CI ENGINES) L3/ 4/ 6, V6/ 8 in-production engines w/ optimized friction 145 <?page no="156"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Beim direkteinspritzenden Ottomotor hat sich die Unterbringung der Kraftstoffhochdruckpumpe auf der hinteren Nockenwellenposition, bedingt durch die im Vergleich zum Dieselmotor deutlich niedrigeren Systemdrücke, als vorteilhafteste Variante nahezu flächendeckend durchgesetzt, siehe beispielhafte Darstellung in Bild 1. Bild 17: Grundsätzliche Auslegungsvarianten für den Steuertrieb bei modernen Pkw- Dieselmotoren (Übersetzungsverhältnisse hängen vom jew. Anwendungsfall ab) Generell sind bei Pkw-Dieselmotoren drei verschiedene Grundformen des Steuertriebs möglich und in der Serie umgesetzt worden, wie Bild 17 zeigt. Neben dem direkten Antrieb über eine Steuerkette, entweder im Haupttrieb oder in einem separaten Nebentrieb, bietet sich alternativ der Antrieb über einen Zahnriemen an. Als jüngste Form des Antriebs stellt sich für begrenzte Systemdrücke der direkte Antrieb der kurbelgehäuseintegrierten Steckpumpe über eine entsprechende Welle, entweder die Kurbelwelle, oder, wenn vorhanden, über eine Ausgleichswelle, dar. Bild 18: Grundsätzlicher Einfluss des Steuertriebskonzepts auf das Reibungsverhalten bei Pkw-Dieselmotoren Die Auswahl des Antriebskonzepts hat auf Grund der jeweiligen, systemimmanenten Randbedingungen und Restriktionen, bereits einen ersten grundsätzlichen Einfluss auf das Reibungsverhalten des gesamten Steuertriebs.In Bild 18 ist die prinzipielle 1-Stage Belt Drive 2-Stage Chain Drive Crankshaft Injection Pump 1-Stage Chain Drive Camshafts with int. gear drive Injection Pump Valve Train Injection pump driven off the camshaft or separate drive Influence of timing chain design on engine friction Belt lower friction than chain One timing chain lower friction than 2-stage chain drive 1. Timing belt with integrated injection pump 2. Timing chain with e.g. injection pump driven of the camshaft or separate drive 3. 2-stage chain drive with integrated injection pump as an intermediate drive to the valve train Complete Engine Friction - Influence of Timing Dive Design 8,8% 12,5% 15,9% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Base Engine with Single Timing Belt Engine with Single Timing Chain Engine with 2 Stage Timing Chain Friction of Diesel Engine Diesel Engine 2.0L TC - Friction of Timing Drive Valve Train incl. Timing drive Accessories Crank Train incl. Balancer 146 <?page no="157"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Tendenz unterschiedlicher Steuertriebskonzepte für einen repräsentativen Reihenvierzylinderdieselmotor bzgl. Reibungsverhalten bei warmen Betriebsbedingungen exemplarisch aufgezeigt. In der Darstellung ist zunächst ersichtlich, dass bereits die Auswahl des Steuertriebs einen Anteil am Gesamtreibungsverhalten des Motors aufweist. Bild 19: Vergleich der Reibleistung von Ketten- und Riementrieb bei warmen Motor Auf Grund gegebener Randbedingungen kann es jedoch durchaus Argumente für die Verwendung der einbzw. zweispurigen Kettenantriebslösungen geben, bspw. getrieben durch die erlaubte Baulänge des Motors und/ oder der Komplexität des Steuertriebs, bspw. bei V- Motoren (s. Abb. 23). Bild 20: Reibungsminderungsoptionen bei Steuertrieben mit Kette (Quelle: IWIS) Dry Belt Advantages (in comparison to chain) - Friction reduction - Cost reduction - Less elongation Less timing error - Less weight - Better sound characteristic Dry Belt Benefits regrading friction, system weight and NVH behavior FEV concept comparison, MTZ 05/ 2009 Disadvantages - More space in transversally direction needed (belt vibration and tensioner movement) Source: IWIS Gasoline-engine friction mock-up Engine speed [rpm] 800 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500 5000 5500 6000 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 -0,1 -0,2 -0,3 -0,4 -0,5 -0,6 Friction Torque [Nm] 147 <?page no="158"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Eine detailliertere Betrachtung der grundsätzlichen Unterschiede im Reibungsverhalten zwischen einen Zahnriemen- und einem Kettentrieb zeigt die nachfolgende Abbildung 19. Im für Pkw-Dieselmotoren relevanten Drehzahlbereich bewegen sich die Unterschiede im Reibmoment zwischen 0,2 und 0,3 bar p mr . Eine Möglichkeit zur Reduktion der Reibung im Kettentrieb ist durch den Übergang auf geteilte Führungsschienen gegeben, hier kann die Reibung durch den Einsatz des „split rail design“ im gegebenen ottomotorischen Anwendungsfall um 0,1-0,2 Nm gesenkt werden (Bild 20). Bild 21 und 22: Unterschiedliche Hochdruckpumpenapplikationen bei Pkw-Dieselmotoren - Dry Belt auf der Riementrieb-Seite Bild 21 und 22 zeigen die Umsetzung eines Zahnriementriebs an einem Vierzylinder Dieselmotor. Die Antriebwelle der Hochdruck-Einspritzpumpe dreht mit Kurbelwellendrehzahl. Klassisch erfolgt die Anordnung des Steuertriebs auf der Schwungradfernen Seite. Auch aus Gründen der Sicherheit wird die Hochdruck-Einspritzpumpe auf der Einlass-Seite des Motors angeordnet. Die Einspritzpumpe wird als Kurbelwellen-nächstes Element angetrieben. Damit sind geringstmögliche Lagerkräfte für die nachfolgend angetriebenen Elemente gewährleistet. Bild 23: Zweistufiger Kettentrieb bei V-Motoren aufgrund komplexer Anordnung und kompakter Einbaurandbedingungen 148 <?page no="159"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Ausgeführte Kettenriebe an PKW-Dieselmotoren sind sowohl an der Schwungrad- Seite als auch an der Riementrieb-Seite angeordnet. Bei Reihenmotoren ist die Hochdruck-Einspritzpumpe überwiegend auf der Einlass-Seite des Motors angeordnet. Im unten gezeigten Beispiel sitzt die Einspritzpumpe im V des Motors und verfügt über eine eigene Antriebskette auf der Schwungradseite. Diese Aufteilung der Antriebe von Nockenwellen und Einspritzpumpe auf zwei getrennte Ketten entlastet den Nockenwellenantrieb von den direkten Wechselmomenten, die für eine moderne Hochdruck-Einspritzpumpe durchaus Spitzenwerte von -20 Nm bis + 80 Nm aufweisen können (s. Bild 23). Eine kompakte, kostengünstige und robuste Ausführung des Antriebs der Hochdruck-Einspritzpumpe erfolgt über die Ausgleichwelle von Reihenmotoren. Die Einspritzpumpe wird als Steckpumpe ohne eigenes Antriebsgehäuse und ohne Antriebswelle direkt an das Kurbelgehäuse montiert. Dieses Prinzip bietet Vorteile hinsichtlich Kosten (Wegfall Antriebsrad, Antriebswelle & Gehäuse) und Package (sowohl im Antrieb als auch im Bauraum-Bedarf der Pumpe). Nachteilig kann die aufgrund möglicher tieferer Anordnung der Pumpe längere Hochdruckleitung zum Rail sein. Der Antrieb der Nockenwellen erfolgt in diesem Beispiel mittels Simplex-Kette direkt von der Kurbelwelle. Bei Zwei- und Dreizylinder-Motoren erfolgt die Hubbewegung des Plungers mittels einem Einfach- oder Zweifach-Nockens, der auf der Ausgleichswelle angeordnet ist. Eine Ausführung mit Dreifach-Nocken ist ebenfalls denkbar - eine Limitierung stellt jedoch die Frequenz der Plunger-Hübe bei Nenn- oder Überdrehzahl dar. Da bei Zwei- und Dreizylinder-Motoren die Ausgleichwellen überwiegend mit Kurbelwellendrehzahl rotieren, ist mit einem Pumpennocken beim Zweizylinder Motor Ereignis-synchrones Fördern möglich. Für einen Dreizylinder Motor gilt dies nicht. Hier ergibt sich ein asynchrones Verhältnis von Einspritzereignis zu Förderereignis, mit einem Pumpennocken im Verhältnis von 3: 2, mit zwei Nocken von 3: 4, jeweils bezogen auf die Anzahl der Zündungen des Motors pro zwei Kurbelwellenumdrehungen. Bild 24: Moderner Zahnriementrieb mit rädergetriebenen Hochdruckpumpenantrieb (Quelle: FORD) Der Antrieb der gezeigten Steckpumpe wird vom Motoröl statt durch Kraftstoff geschmiert. Das bedeutet einerseits eine robustere Schmierung. Andererseits besteht die Gefahr des Eintrags von Motoröl in den Kraftstoff, etwa bei Unterdruck im Plunger-Raum. Von minderer Relevanz ist ein möglicher Eintrag von Kraftstoff ins Schmierölsystem. Hier können Erkenntnisse aus der Praxis an Nfz- & Industriemoto- All-new FORD Panther engine with belt-in-oil design Comments : First Belt-in-oil timing drive for Diesel engine application Belt drives only two camshafts, this allows system without service interval Belt layout is for engine lifetime, no service interval High pressure pump is gear driven via idler gear directly form the crankshaft Pump is equipped with split gear to compensate lash Tensioner of the oily belt is design as sliding shoe Friction losses are expected to be low, besides impact of the friction from the sliding shoe 149 <?page no="160"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards ren mit Ölwechsel-Interwallen von bis zu 2000 Betriebsstunden als positives Beispiel gelten. Daneben existieren Ausführungen des Antriebs der Hochdruck-Einspritzpumpe über Zahnradtriebe von der Kurbelwelle, wegen der Platzverhältnisse am Kurbel-gehäuse im Normalfall über ein oder mehrere Zwischenräder. Im in Bild 24 gezeigten Fall wird der Steuertrieb der Nockenwellen direkt von der Kurbelwelle angetrieben - hier als Besonderheit in der Ausführung des ersten „Nasse Riemen“ an einem PKW- Dieselmotor. Diese Form des Antriebs erlaubt in jedem Fall ein Ereignis-synchrones Fördern ins Rail - unabhängig von der Zylinderzahl des Motors und der Zylinder-Anordnung (Reihe oder V-). Wie bei den ersten beiden gezeigten Beispielen verfügt die Hochdruck-Einspritzpumpe über ein eigenes Gehäuse und eine eigene Antriebswelle. Bild 25: Antrieb der Hochdruck-Einspritzpumpe in einem zweistufigen Kettentrieb (6) Ebenfalls möglich und in zahlreichen Serienmotoren ausgeführt ist der Antrieb der Nockenwellen über einen zweistufigen Trieb von der Hochdruck-Einspritzpumpe aus. Bild 25 zeigt einen zweistufigen Kettentrieb. Je nach Anzahl der Zylinder des Baukasten-Motors variiert das Übersetzungsverhältnis von der Kurbelwelle zur Hochdruck-Einspritzpumpe von 1: 1 am Vierzylinder bis 3: 2 für Drei- und Sechszylinder- Motoren. Über ein Zwischenrad wird die Einspritzpumpe angetrieben. Für unterschiedliche Anwendungen kann das Übersetzungsverhältnis zwischen Kurbelwelle und Hochdruck-Einspritzpumpe von 1: 1 über 3: 2 bis zu 2: 1 angepasst werden. Der direkte Rädertrieb der Hochdruckpumpe, der zumeist bei schwereren Anwendungen, bspw. im HDbzw. OHW-Bereich bevorzugt realisiert wird, bietet zudem Möglichkeiten, über weitere Zwischenräder die Ausgleichswellen sowie die Ölpumpe und alternativ Nebentriebe anzutreiben, siehe Bild 26. Dargestellt ist ein Antrieb für einen LD-Vierzylindermotor, hier in der Konfiguration für die Emissionsstufe EU-5 mit einer Drei-Plunger Hochdruckpumpe. Von der Kurbelwelle werden mittels Zahnrad der optionale Massenausgleich 2. Ordnung, die Ölpumpe sowie ein optionaler Luftpresser angetrieben. Die Übersetzung der Hochdruckpumpe beträgt in diesem Fall 3: 2. Die Motorvariante für die Emissionsstufe EU- 6 ist im Sinne der Optimierungsmaßnahmen mit einer moderneren Zweiplunger- Zweinocken-Hochdruckpumpe ausgestattet. Dort beträgt die Übersetzung 2: 1. 150 <?page no="161"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Selbstverständlich wurde für diese Überarbeitung auch die Übersetzung des Kettentriebs entsprechend angepasst. Bild 26: Moderner Kettentrieb mit rädergetriebenen Hochdruckpumpenantrieb Für alle Motorenbauarten vom Einzylinder-Motor für Transport-Aufgaben & Personenbeförderung bis hin zu Heavy-Duty Anwendungen bieten solche Rädertriebe einige Vorteile: Erhöhte Robustheit, besonders für Märkte mit gesteigerten Anforderungen hinsichtlich Staubbelastung, Ölqualität, Motorüberlast (Mis-use), verschleppter Wartung, usw. Möglichkeit eines kompakten Antriebs in einer Ebene für Hochdruckpumpe, Ausgleichwellen, untenliegender Nockenwelle, Ölpumpe & eventueller Nebenabtriebe. Es kann auch eine elektrische oder hydraulische Hybrid-Einheit in einen solchen Rädertrieb integriert werden. Bei Anordnung des Steuertriebs auf der Schwungrad Seite kann die Kettentrieb- Ebene oberhalb von Schwungrad & Getriebegehäuse angeordnet werden. Und damit zu einer kompakten Länge der Gesamt-Antriebseinheit beitragen. Robustheit gegenüber zukünftig höheren Antriebsleistungen der Hochdruckpumpe (geschätzte Leistungsaufnahme einer 3000 bar Hochruckpumpe für > 75 kW/ l: ca. 8 kW) und eventueller Nebenabtriebe (PTO, Hybrid-Applikationen, usw.). 151 <?page no="162"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards Wie immer spielen daneben Kosten (Erstellungs- und Wartungskosten), zur Verfügung stehender Bauraum, die Philosophie des Motorbzw. Fahrzeugherstellers sowie die Kundenakzeptanz ebenso gewichtige Rollen bei der Wahl des Antriebskonzeptes. 4 Zusammenfassung und Schlussfolgerung Klassische, millionenfach bewährte Verbrennungsmotoren weiterzuentwickeln, sie kontinuierlich effizienter und emissionsärmer zu machen, bleibt für die nächsten Jahre ein Schlüsselfaktor im Bereich der individuellen Mobilität. Denn die hohe Energiedichte flüssiger Kraftstoffe wird wesentlich dazu beitragen, die allseits geschätzte und gewohnte Langstreckentauglichkeit von Pkw und insbesondere Nutzfahrzeugen auch morgen noch sicherzustellen. Durch zukünftig weiter verschärfte gesetzliche Anforderungen zu CO 2 -Emissionen und neu gestaltete, anspruchsvollere Prüfzyklen mit realen Fahrprofilen erleben wir einen Paradigmenwechsel. Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs schreitet stufenweise unaufhaltsam weiter voran, zukünftige Antriebsstränge müssen noch stärker ganzheitlich im Systemverbund Verbrennungsmotor, Getriebe und Elektrifizierung mit Fokus auf minimalste Beeinträchtigung der Luftqualität bei weiter verbesserter Kraftstoffeffizienz ausgelegt werden. In diesem Zusammenhang kennzeichnet die optimale funktionale Auslegung und Integration der Nebenaggregate, insbesondere der Kraftstoffeinspritzung, ein zentrales Element, da die beiden Themenkomplexe Luftreinhaltung und Kraftstoffeffizienz erhebliche Anforderungen an das Gesamtsystem Hochdruck-Kraftstoffeinspritzung stellen. Literatur [1] Körfer, Kolbeck, Schnorbus, H. Busch, Kinoo, Henning, Severin, FEV Motorentechnik GmbH, Aachen, “ Fuel Consumption Potential of the Passenger Car Diesel Engine after EURO 6”, 32. Internationales Wiener Motorensymposium, 2011 [2] Körfer, Laumen, Ruhkamp, Rajamani, Ehrly, Schönfeld, Herrmann, Joyce, Nakagawa,“ Combustion system strategy for emissions reduction with ultra high injection pressure for heavy duty engines, HdT Conference “Motorische Verbrennung”, 2011 [3] Wintrich, T., Krüger, M., Naber, D., Zeh, D., Uhr, C., Köhler, D., Hinrichsen, C., „Bosch Common Rail Solutions for High Performance Diesel Powertrain“, 25 th Aachen Colloquium Automobile and Engine Technology 2016 [4] Leonhard, R., Warga, J., Pauer, Th., Boecking, F., Straub, D.: „2000 bar Common Rail System von Bosch für PKW und leichte Nutzfahrzeuge”, 29. Internationales Wiener Motorensymposium, 2008 [5] Schöppe, D., Stahl, Ch., Krüger, G., Dian, V.: „Servogetriebene Piezo- Common-Rail-Dieseleinspritzung“, MTZ 03/ 2012 [6] Miyaki, M., Takeuchi, K., Kojima, A., Uchiyama, K., Nakagawa, M., Herrmann, O.E.; Maassen, F., Laumen, H.J.: “Fulfilling Euro6 Emission Regulations for Heavy Duty Engines without SCR-System - A challenge for the FIE System”, 32. International Vienna Motor Symposium, 2011 152 <?page no="163"?> 9 Entwicklungstendenzen der Kraftstoffhochdruckpumpen - ein wertvoller Beitrag zur Einhaltung der künftigen CAFE-Anforderungen und weltweiter Emissionsstandards [7] Klügl, W., Boll, Ch., Krüger, G., Nigrin, U.: „Neues Piezoeinspritzsystem für höhere Effizienz von Dieselmotoren“, MTZ 10/ 2016 [8] Judge, R., Beduneau, J.-L., Boncompte, X., Cardon, Ch., Dale, M., Ralph, M., Schiffgens, H.-J.: “The Next Generation of Delphi Common Rail Systems for Light and Medium Duty Commercial Vehicles”, 23 rd Aachen Colloquium Automobile and Engine Technology, 2014 153 <?page no="164"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb Uwe Meinig, Dominik Baur Abstract Cooling systems in modern passenger vehicles have a complex design in which several cooling circuits are coupled with one another. Cooling pumps generally provide for the circulation of the cooling medium in the various cooling circuits. In secondary cooling circuits such as the low temperature circuit for charge-air cooling and the micro-cooling circuit of the engine, brushless electrical motors are employed in electrically operated cooling pumps which represent the technical standard of today. In spite of several electrically driven main cooling pumps in series, mechanically driven rotary pumps driven by the crankshaft of the engine are still overwhelmingly used for the engine’s main cooling circuit due to the considerably high requirements on the delivery rate. However, the designs of these mechanically driven main cooling pumps increasingly employ mechanical or fluid mechanical control concepts which realize a more or less need-based operation of the pump. In the present paper, various concepts for need-based operation of the main cooling pump are presented and compared. In the second part, measurement results from a hydraulic test rig for a selection of various need-based operating main cooling pumps are presented and evaluated. Kurzfassung Kühlsysteme von modernen PKW-Motoren besitzen einen komplexen Aufbau, bei dem häufig mehrere Kühlkreisläufe miteinander gekoppelt sind. Die Zirkulation des Kühlmediums in den Kreisläufen erfolgt in der Regel jeweils durch separate Kühlmittelpumpen. In den Nebenkreisläufen, wie dem Niedertemperaturkreislauf für die Ladeluftkühlung und dem Mikrokreislauf für die Triebwerkskühlung, sind heute mit bürstenlosen Elektromotoren versehene, elektrisch betriebene Kühlmittelpumpen der technische Standard. Wegen der erheblich höheren Anforderungen an die Förderleistungen werden für den Haupttriebwerkskühlkreislauf, neben einzelnen elektrisch angetriebenen Kühlmittelhauptpumpen, nach wie vor überwiegend mechanisch von der Kurbelwelle des Motors angetriebene Kreiselpumpen eingesetzt. Bei diesen mechanisch angetriebenen Kühlmittelhauptpumpen wird allerdings durch mechanische oder strömungsmechanische Schaltbzw. Regelkonzepte zunehmend ein mehr oder weniger bedarfsgerechter Betrieb verwirklicht. Im vorliegenden Beitrag werden verschiedene Konzepte bedarfsgerecht betreibbarer Kühlmittelhauptpumpen vorgestellt und miteinander verglichen. In einem zweiten Abschnitt werden die Ergebnisse der hydraulischen Vermessung einer Auswahl verschiedener bedarfsgerecht betreibbarer Kühlmittelhauptpumpen am Kühlmittelpumpenprüfstand vorgestellt und bewertet. 154 <?page no="165"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb 1 Kühlsysteme für Pkw- Motoren und Anforderungen an die Kühlmittelhauptpumpe Im Betrieb von Verbrennungsmotoren bedingt insbesondere der unvermeidliche Wärmestrom vom Arbeitsgas an die Triebwerksbauteile eine Aufheizung des Triebwerks. Um eine Schädigung der Triebwerksbauteile durch Überhitzung, eine frühzeitige Ölalterung, eine klopfende Verbrennung bei Ottomotoren und eine erhöhte Ruß- und Stickoxidbildung bei Dieselmotoren zu vermeiden, werden bei flüssigkeitsgekühlten Motoren insbesondere der Zylinderkopf und der Zylinderblock durch zirkulierendes Kühlmittel (Wasser-Glykol-Gemisch) gekühlt. Da allein durch die Thermosiphonwirkung unter ungünstigen Bedingungen (z. B. Steigungsfahrten bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten und hohen Außentemperaturen) eine ausreichende Zirkulation des Kühlmittels im Triebwerk nicht sichergestellt ist, werden seit Jahrzehnten in Pkw überwiegend mechanisch angetriebene Kühlmittelhauptpumpen eingesetzt. Die von den zu kühlenden Triebwerksbauteilen abgeführte Wärme erwärmt das im Kühlkreislauf zirkulierende Kühlmittel und wird durch dieses über den Fahrzeugkühler an die Umgebung abgegeben oder über den Heizungswärmetauscher zur Erwärmung der Fahrgastzelle und / oder zur Erwärmung der Fahrzeugfrontscheibe genutzt. Noch vor wenigen Jahrzehnten bestanden die Motorkühlkreisläufe von Pkw überwiegend aus einer begrenzten Zahl von Komponenten. Hierzu zählen eine mechanisch angetriebene Kühlmittelpumpe, der Fahrzeugkühler, der Heizungswärmetauscher, ein mit einem Wachsdehnstoffelement versehenes Kühlmittelthermostat zum Zuschalten des Kühlers und verschiedenen Leitungen bzw. Schläuche. Aktuelle Pkw- Kühlsysteme besitzen demgegenüber i. Allg. eine gravierend gesteigerte Komplexität. Wesentliche Gründe hierfür sind die Forderung nach einer effektiven Beheizung des Fahrzeuginnenraums, einer Kühlung des Turboladers nach Motorstopp, insbesondere jedoch auch eine schnelle und bedarfsgerechte Temperierung des Motors bei gleichzeitiger Reduzierung des Antriebsleistungsbedarfs für die Kühlmittelumwälzung, um so einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben zur Reduzierung der CO 2 -Emissionen von Pkw [3] zu leisten. Moderne Kühlsysteme werden heute beispielsweise mit einer Zweikreiskühlung des Triebwerks, einem elektromechanischen Kühlmittelthermostat, einer Koppelung des Motorkühlsystems mit dem Getriebe- und dem Ladeluftkühlkreislauf, bis zu drei elektrisch betriebenen Kühlmittelzusatzpumpen für die Nebenkühlkreisläufe und einer bedarfsgerecht betreibbaren Kühlmittelhauptpumpe verwirklicht. Bild 1 zeigt exemplarisch das Kühlsystemschema eines Pkw mit 1,6 / 2,0l-Dieselmotor. Bei diesem System wird nach dem Kaltstart zunächst nur ein kleiner Kühlkreislauf (Heizungskreislauf), in dem sich der Heizungswärmetauscher und der AGR-Kühler befinden, mittels elektrisch betriebener Kühlmittelpumpe durchströmt. Mit zunehmendem Kühlleistungsbedarf wird der Hauptkühlkreislauf zugeschaltet, in dem die Zirkulation über eine zuschaltbare mechanisch angetriebene Kühlmittelhauptpumpe erfolgt. Der Fahrzeugkühler wird über ein mechanisches 2/ 3-Wegeventil zugeschaltet. Ein dritter, über eine elektrische Kühlmittelpumpe betriebener Kühlmittelkreislauf dient der Ladeluftkühlung. 155 <?page no="166"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb Bild 1: Funktionsschema des Kühlsystems eines Pkw-Dieselmotors; System gemäß [1] 2 Kühlmittelhauptpumpe Kühlmittelpumpen müssen in allen Betriebszuständen des Fahrzeugs zuverlässig eine den Anforderungen entsprechende Zirkulation des Kühlmediums sicherstellen. Unabhängig von der Art des Antriebs (mechanisch/ elektrisch) kommen bei Fahrzeugmotoren ausnahmslos einstufige Kreiselpumpen, überwiegend in radialer Bauart zum Einsatz [2]. Bei Kreiselpumpen steigt gemäß den für diese Pumpenbauart gültigen Ähnlichkeitsbeziehungen der Pumpendruckdifferenz bzw. die Förderhöhe quadratisch, das Pumpendrehmoment ebenfalls quadratisch und die Antriebsleistung in der dritten Potenz mit der Pumpendrehzahl [4]. Für die Dimensionierung der Kühlmittelhauptpumpe eines Fahrzeugverbrennungsmotors ist der Volllastbetrieb maßgebend. Typisch ist hier die Vorgabe einer Förderhöhe bzw. eines Pumpendifferenzdrucks bei Nenndrehzahl der Pumpe bzw. des Verbrennungsmotors. Dieser Vorgabe liegt ein bestimmter Kühlsystemschaltzustand zugrunde (z. B. Thermostat zum Kühler geöffnet, Heizung aus). Im Einzelfall können aber auch Extrembetriebszustände des Fahrzeugs (z. B. Fahrt mit Anhänger an Steigungen mit niedriger Motordrehzahl bei hohen Außentemperaturen) für die Dimensionierung der Kühlmittelpumpe maßgebend sein. Bei konventionellen, überwiegend mittels Riemen über die Kurbelwelle angetriebenen Kühlmittelpumpen sind verschiedene Bauarten üblich. Hierzu zählen Anbaupumpen (Bild 2) bei denen zumindest Teile des Spiralgehäuses im Pumpengehäuse integriert sind. Bei Einsteckpumpen ist demgegenüber das Spiralgehäuse Bestandteil 156 <?page no="167"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb des Motorblocks und das Gehäuse der Pumpe nimmt primär nur die Lagereinheit und die Wellendichtung auf, wobei eine statische Dichtung das Pumpengehäuse zum Motorblock dichtet. Laufräder halboffener Bauform, d.h. ohne Raddeckscheibe erreichen bei engen Axialtoleranzen zwischen Laufrad und Gehäuse vergleichsweise höhere Wirkungsgrade als Laufräder geschlossener Bauform, d.h. mit Raddeckscheibe. Ist die Gewährleistung enger Axialtoleranzen zwischen Laufrad und Gehäuse nicht möglich, bieten Laufräder mit Raddeckscheibe Wirkungsgradvorteile. Die steigenden Anforderungen an die Reduzierung der CO 2 -Emissionen von Pkw machen erhebliche entwicklerische Aktivitäten zur Optimierung der verschiedenen Nebenaggregate im Fahrzeug [5] erforderlich und bilden auch den Hintergrund für die Serieneinführung verschiedener bedarfsgerecht betreibbarer Kühlmittelhauptpumpen. Bild 2: Anbaupumpe zur Montage an einem Motorfrontcover (Hersteller Fa. GPM) 3 Kühlmittelpumpenkonzepte für bedarfsgerechten Betrieb Ausgehend von mit starrem Übersetzungsverhältnis über die Kurbelwelle angetriebenen Kühlmittelpumpen bestehen eine Reihe unterschiedlicher, zum Teil praktisch in der Pkw-Großserie umgesetzte Ansätze, die Förderleistung der Pumpe an den jeweiligen Bedarf anzupassen. Hierzu zählen Spaltringschieberpumpen, die druckseitige Drosselung der Pumpe, das axiale Verschieben eines die Beschaufelung des Impellers durchdringenden Leitblechs, das Ab- und Zuschalten der Pumpe mittels mechanischer Kupplung und der drehzahlvariable Antrieb der Pumpe mittels Elektromotor. Weitere hier nicht näher betrachtete Lösungen, die bisher primär für den Einsatz in Lkw-Motoren vorgesehen sind, bestehen in einer Leitschaufelverstellung [6] sowie im Einsatz von Visco-Kupplungen [7] oder Hysterese-Kupplungen. 157 <?page no="168"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb 3.1 Spaltringschieber Ein inzwischen weit verbreitetes Konzept, um bei mechanisch angetriebenen Kühlmittelpumpen von Pkw für eine jeweilige Drehzahl den Fördervolumenstrom und die Antriebsleistung zu verringern, sind Spaltringschieber. Bei derartigen Pumpen wird zur Reduzierung bzw. zur Unterbindung des Förderstroms ein Ringschieber mehr oder weniger vollständig in axialer Richtung über den Außendurchmesser des Pumpenlaufrades geschoben. Bei den heute verbreiteten Spaltringschieberpumpen wird bei vollständig zugefahrenem Ringschieber der Förderstrom auf null reduziert. Hierdurch lässt sich die Antriebsleistung erheblich verringern. Bild 3 zeigt eine in Großserie produzierte Spaltringschieberpumpe, bei der der Ringschieber über eine Kühlmittelhydraulik betätigt wird. Alternativ hierzu werden auch Ringschieberpumpen mit Unterdruckaktuatorik oder Wachsdehnstoffthermostat produziert. Auch eine elektromechanische Betätigung des Ringschiebers ist möglich. Spaltringschieberpumpen können sowohl als Schaltpumpen als auch im Förderstrom regelbare Pumpen ausgeführt werden. Bild 3: Mittels Kühlmittelhydraulik schaltbare Schaltringschieberpumpe für 2,0l Pkw- Dieselmotor (Hersteller Fa. GPM) 3.2 Druckseitige Drosselung der Pumpe Eine im Prinzip vergleichsweise einfach zu verwirklichende Lösung zur Anpassung des Förderstroms an den jeweiligen Bedarf ist die druckseitige Drosselung der Pumpe. Hierfür wird z. B. über einen Drehschieber oder ein Kugelventil der aus dem Spiralgehäuse abströmende Kühlmittelvolumenstrom mehr oder weniger stark gedrosselt oder - beispielsweise in der Warmlaufphase des Motors - vollständig unterbunden. Bild 4 zeigt als Beispiel das Schnittmodell eines Drehschiebermoduls für einen 1,8l-Pkw-Ottomotor, in dem eine mechanisch über den Zahnriemen angetriebene Kühlmittelpumpe integriert ist (s. hierzu auch [ 8]). 158 <?page no="169"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb Bild 4: Kühlmittelpumpenmodul mit mechanisch angetriebener Kühlmittelpumpe und Beeinflussung des Förderstroms durch druckseitige Drosselung (Schnittmodell) (Hersteller Fa. Schaeffler) Bei diesem Modul lässt sich beispielsweise im Motorwarmlauf der aus der Pumpe abströmende Kühlmittelvolumenstrom über einen elektromechanisch betätigten kugelförmigen Drehschieber stufenlos bis auf null reduzieren. Auf diese Weise wird eine sehr schnelle Erwärmung des Triebwerks ermöglicht und zudem in dieser Phase die Antriebsleistung der Kühlmittelpumpe verringert. Ein weiterer in der Zuströmung zur Pumpe angeordneter Drehschieber, der über eine Verzahnung mit dem genannten Drehschieber gekoppelt ist, ersetzt das klassische Wachsdehnstoffthermostat und dient der bedarfsgerechten Zuschaltung des Fahrzeugkühlers. Beide mechanisch miteinander gekoppelte Drehschieber werden über einen Elektromotor und ein stark untersetzendes Schneckengetriebe betätigt. Wegen der Selbsthemmung im Schneckengetriebe wurde in diesem Modul keine Fail-Save-Funktion (d. h. keine Vollförderung der Pumpe bei Ausfall des Motors oder der elektrischen Ansteuerung) verwirklicht. 159 <?page no="170"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb 3.3 Verstellbares Leitblech Ein weiterer Ansatz zur strömungsmechanischen Beeinflussung des Fördervolumenstroms einer Kreiselpumpe besteht im Einsatz eines von den Laufradschaufeln des Impellers durchdrungenen Leitblechs, mit dem je nach axialem Abstand zur Tragscheibe ein Teil des Strömungsquerschnitts des Laufrads strömungsmechanisch stillgelegt wird. Da sich der Impeller im Betrieb der Pumpe dreht, ist eine axiale Verschiebung des ebenfalls mit Pumpendrehzahl rotierenden Leitblechs, im Vergleich zu Lösungen mit Spaltringschieber und der druckseitigen Drosselung, mechanisch deutlich aufwendiger zu realisieren. Zudem stößt die praktische Verwirklichung dieses Konzepts bei heute üblichen räumlich gekrümmten Laufradbeschaufelungen an konstruktive Grenzen. Bild 5 zeigt die Serienausführung eines konventionellen Pkw- Kühlmittelpumpen-Impellers (im Bild links) und entsprechende im Rapid-Prototyping- Verfahren erstellte Impellervarianten mit denen die in Kapitel 4.2 dargestellten Vergleichsmessungen am Kühlmittelpumpenprüfstand im Sinne einer Potentialabschätzung die Fördercharakteristik und die Wirkungsgrade für verschiedene Leitblechpositionen ermittelt wurden. Bild 5: Muster von Pumpenlaufrädern zur Potenzialuntersuchung einer Regelung durch ein verstellbares Leitblech, realisiert als RP-Teile mit sukzessiv aufgedickter Tragscheibe 3.4 Schaltbare Kupplung Neben den dargestellten strömungsmechanischen Ansätzen zur Beeinflussung des Fördervolumenstroms und der Antriebsleistung einer Kühlmittelpumpe bestehen auch mechanische Möglichkeiten, die Förder- und Antriebsleistung einer Pumpe zu beeinflussen. Hierzu zählt ein mechanisches Abkuppeln der Pumpe in der Warmlaufphase des Motors. Dies kann beispielsweise ähnlich wie bei Pkw- Klimakompressoren mittels klassischer elektromagnetischer Trockenkupplung erfolgen. Ein anderes in Großserie verwirklichtes Konzept [9] besteht aus einer über einen elektromechanischen Aktuator verfahrbaren Rolle (Bild 6), die den Keilrippenriemen des Nebenaggregatetriebs im unbestromten Zustand des Aktuators über Federkraft mit der Antriebsscheibe der Kühlmittelpumpe koppelt. Soll in der Warmlaufphase des Motors die Kühlmittelpumpe abgeschaltet werden, wird der Aktuator über das Motorsteuergerät bestromt, so dass über einen kleinen, im Aktuator integrierten Bürstenläufermotor und ein Getriebe die Spannrolle verfährt und so den Riementrieb 160 <?page no="171"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb gegen die Kraft der Feder von der Antriebsriemenscheibe der Pumpe getrennt wird. Um die Stromaufnahme und die Erwärmung des Elektromotors bei abgeschalteter Kühlmittelpumpe zu verringern, wird kurze Zeit nach dem Abkuppeln der Pumpe die Bestromung des Motors auf einen erforderlichen Haltestrom reduziert. Da die abgekuppelte Pumpe einen offenen Strömungsquerschnitt darstellt, ist eine Zirkulation des Kühlmediums und damit eine Auskühlung des Triebwerks durch Thermosiphonwirkung auch bei abgeschalteter Pumpe (Motorwarmlauf) oder bei abgeschaltetem Verbrennungsmotor (Start-Stopp) möglich. Bild 6: Elektromechanischer Riementriebskupplungsaktuator zum Zu- und Abschalten der Kühlmittelhauptpumpe (Hersteller Fa. Dayco) 3.5 Elektrisch angetriebene drehzahlvariable Pumpe Der elektrische drehzahlregelbare Antrieb der Kühlmittelpumpe bietet größtmögliche Freiheitsgrade, um unabhängig von der Drehzahl des Verbrennungsmotors die Förderleistung der Pumpe an den tatsächlichen Bedarf anzupassen und damit die Antriebsleistung zu reduzieren. Hierdurch können bei niedrigem Kühlleistungsbedarf des Triebwerks die Antriebsleistungen der Kühlmittelhauptpumpe gravierend reduziert werden. Bild 7 zeigt die in Serie produzierte elektrische Kühlmittelpumpe für einen Pkw-Ottomotor [10]. Um einerseits den Einsatz einer Wellendichtung zwischen Pumpe und E-Motor zu umgehen und andererseits den E-Motor wirksam kühlen zu können, werden elektrische Kühlmittelhauptpumpen für Pkw üblicherweise als Nassläufer ausgeführt. Die für den bürstenlosen E-Motor erforderliche Ansteuerungselektronik ist an der der Abtriebswelle gegenüberliegenden Stirnseite des Motors im Gehäuse der Pumpe integriert. Um bei einem Pkw in der Volllast das Triebwerk ausreichend zu kühlen, sind bei konventionellen Motortriebwerkskühlkreisläufen mehrere hundert Watt hydraulische Förderleistung erforderlich. Wird diese hydraulische Kühlleistung mit den Wirkungsgraden des E-Motors bei Betriebstemperatur multipliziert, ergeben sich für elektrisch betriebene Kühlmittelhauptpumpen erhebliche elektrische Antriebsleistungen, die vom Bordnetz bzw. dem Generator bereitgestellt werden müssen. Aus diesem Grunde wird bei Pkw-Motoren mit elektrischen Kühlmittelhauptpumpen häufig ein besonderer Fokus auf eine soweit wie möglich entdrosselte Auslegung des Kühlsystems gelegt. 161 <?page no="172"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb Bild 7: Elektrische, stufenlos regelbare Kühlmittelhauptpumpe (Hersteller Fa. Pierburg) 3.6 Konzeptbewertung In Tab. 1 sind die verschiedenen, vorgestellten Pumpenkonzepte in schematischer Darstellung illustriert und im Hinblick auf den Bauaufwand / Kosten, den Bauraumbedarf, den Fail-Save-Eigenschaften, dem Gewicht und der Robustheit bewertet. Ein weiteres Bewertungskriterium ist, ob nach dem Abschalten des Verbrennungsmotors z. B. im Start-Stopp-Betrieb des Motors das Schaltbzw. Regelorgan der Pumpe den Kühlmittelkreislauf unterbrochen halten kann, um eine schnelle Abkühlung des Motors zu verhindern. 162 <?page no="173"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb Tab. 1: Bewertung verschiedener Konzepte bedarfsgerecht betreibbarer Kühlmittelhauptpumpen im Vergleich zur Konstantpumpe 3.6.1 Bauaufwand/ Kosten Im Vergleich zu mechanisch angetriebenen Konstantpumpen sind Pumpenkonzepte für bedarfsgerechten Betrieb mit wesentlich höheren Kosten verbunden. Neben zusätzlichen Bauteilen ist bei Konzepten für einen bedarfsgerechten Betrieb auch der zusätzliche Aufwand zur Ansteuerung ggf. auch Regelung (zusätzliche Sensorik) zu berücksichtigen. Entsprechend der in Tab. 1 dargestellten Bewertung weist das Konzept der Impellerleitblechverstellung insbesondere wegen der vergleichsweise aufwendigeren Betätigungsmechanik Nachteile gegenüber den Konzepten mit Ringschieber, druckseitiger Drosselung oder Schaltkupplungen auf. Elektrische in der Drehzahl regelbare Kühlmittelhauptpumpen liegen insbesondere wegen der Kosten für den E-Motor, die Leistungselektronik und der elektrischen Ansteuerung im Preisniveau u. U. um den Faktor 2,5 über dem Preis von Schaltpumpen mit Spaltringschieber. Hierbei muss auch die ggf. erforderliche größere Dimensionierung des Generators berücksichtigt werden. 163 <?page no="174"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb 3.6.2 Bauraumbedarf Wegen der hohen Komplexität moderner Fahrzeugantriebe, der Forderung nach Standardisierung der Aggregate zum weltweiten Einbau in unterschiedliche Fahrzeugplattformen, teilweise bei wahlweisem Quer- und Längseinbau des Triebwerks, ist der Bauraumbedarf einer Motorkomponente ein wichtiges Kriterium für deren Einsatz. Verglichen mit mechanisch angetriebenen Konstantpumpen ergeben sich für Pumpen mit Spaltringschieber und druckseitiger Drosselung, verstellbarem Leitblech und schaltbarer Kupplung moderate Bauraumnachteile. Insbesondere wegen der vergleichsweise großen Bauabmessungen der Elektromotoren weisen praktisch ausgeführte elektrische Kühlmittelhauptpumpen, für heute übliche 12V-Bordnetze, wesentliche Nachteile gegenüber den mechanisch angetriebenen Pumpen auf. 3.6.3 Fail-Save-Funktion Bei mechanisch angetriebenen Kühlmittelpumpen bedingt die erforderliche Mechanik für einen bedarfsgerechten Betrieb einen Anstieg der Ausfallwahrscheinlichkeit. Vergleichsweise gute Fail-Save-Eigenschaften werden dann erreicht, wenn ein Ausfall der elektrischen Ansteuerung automatisch ein Anfahren der Vollförderstellung zur Folge hat. Dies ist bei den in Serie befindlichen Spaltringschieberpumpen mit kühlmittelhydraulischer oder pneumatischer Aktuatorik in der Regel gewährleistet. Hier wird der Ringschieber im unbestromten Zustand beispielsweise über eine Feder automatisch eingefahren. Bei einer elektromechanischen Betätigung der Aktuatorik ist eine Fail-Save-Funktion vielfach schwieriger zu verwirklichen, da z. B. ein Federmechanismus zum Anfahren der Vollförderung im Fehlerfall erhöhte Verstellkräfte bedingt und zudem die Verstellmechanik keine Selbsthemmung aufweisen darf. Bei elektrischen Kühlmittelpumpen führt eine Unterbrechung der Stromzuführung zwangsläufig zu einem Ausfall des gesamten Kühlsystems. 3.6.4 Gesamtwirkungsgrade Als Wirkungsgrad sei hier das Verhältnis zwischen der tatsächlich abgegebenen Förderleistung der Pumpe zur aufgewendeten mechanischen Leistung des Verbrennungsmotors bezeichnet. Die in der Tabelle aufgeführten, mechanisch angetriebenen, bedarfsgerecht betreibbaren Kühlmittelpumpen liegen in ihren Wirkungsgraden in erster Näherung auf einem vergleichbaren Niveau. Lediglich das Konzept einer schaltbaren Kupplung wird schlechter bewertet, da die mechanische Schaltkupplung nur ein Zu- oder Abschalten der Pumpe, jedoch im Sinne eines geregelten Förderstroms, Prinzip bedingt keine reduzierten Förderströme zulässt. Verglichen mit den mechanisch angetriebenen Kühlmittelpumpen ist die stufenlos drehzahlgeregelte, elektrisch angetriebene Kühlmittelpumpe hinsichtlich der Wirkungsgrade überlegen. 3.6.5 Gewicht Bei den mechanisch angetriebenen Kühlmittelpumpen ergibt sich durch die Komponenten zur Beeinflussung der Förderströme im Mittel ein moderater Gewichtsanstieg. 164 <?page no="175"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb Insbesondere aus der Masse des Elektromotors und der Zusatzmasse eines größer dimensionierten Generators resultieren signifikante Gewichtsnachteile für die elektrisch betriebene Kühlmittelhauptpumpe. 3.6.6 Robustheit Durch den vergleichsweise einfachen Aufbau und den verhältnismäßig einfachen mechanischen Antrieb z. B. über Riemen gelten Konstantpumpen als robust. Durch die zusätzliche Mechanik bzw. Verstellaktuatorik und die elektrische Ansteuerung bzw. elektrische Stromversorgung verringert sich die Robustheit der schalt- und regelbaren Kühlmittelhauptpumpen mehr oder weniger ausgeprägt. 3.6.7 Unterbindung der Kühlmittelzirkulation bei Motorstopp Um ein schnelles Abkühlen des Triebwerks nach dem Stopp des Verbrennungsmotors zu verhindern, ist es vielfach unerwünscht, wenn das Kühlmittel bei stehender Kühlmittelhauptpumpe aufgrund der Thermosiphonwirkung im Kühlsystem zirkuliert. Unter diesem Gesichtspunkt bieten Pumpenkonzepte Vorteile, bei denen, wie bei der Spaltringschieberpumpe, bei der druckseitigen Drosselung oder mit Einschränkungen auch beim Konzept mit verstellbarem Leitblech der Durchfluss durch die Pumpe unterbunden werden kann. 4 Vermessung verschiedener Kühlmittelpumpenkonzepte am Kühlmittelpumpenprüfstand Um die Eigenschaften und Potentiale verschiedener Pumpenkonzepte insbesondere bezüglich der Antriebsleistungen quantitativ beurteilen zu können, wurden die in Tab.1 vergleichend dargestellten Pumpenkonzepte am Kühlmittelpumpenprüfstand bez. Fördercharakteristik und Antriebsleistung vermessen. Bei diesem messtechnischen Vergleich konnte überwiegend auf in Serie befindliche Pumpen zurückgegriffen werden. Die allerdings z. B. zur Vermessung des Konzepts mit verstellbarem Leitblech (Bild 5) teilweise modifiziert wurden. 4.1 Versuchsaufbau Bild 8 zeigt beispielhaft den Versuchsaufbau zur Vermessung der in Bild 7 dargestellten elektrischen Kühlmittelhauptpumpe. Die Vermessung der Pumpen erfolgt entsprechend der in der DIN EN ISO 9906 festgelegten Vorschrift. Die zur Vermessung im Messkreislauf montierte Pumpe fördert das Kühlmittel über einen Volumenstrommesser und das Drosselventil in den Entgasungsbehälter. Von dort wird das Kühlmittel über die Saugleitung wieder von der Pumpe angesaugt. Zur Bestimmung der Förderdruckdifferenz sind in der Druck- und in der Saugleitung von und zum Prüfling 165 <?page no="176"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb Drucksensoren angeordnet. Über einen mit dem Entgasungsbehälter gekoppelten Temperierkreislauf kann das Kühlmittel auf das jeweils gewünschte Temperaturniveau temperiert werden. Die hier dargestellten Messungen wurden bei 20 °C Kühlmitteltemperatur durchgeführt. Die elektrische Ansteuerung der elektrischen Kühlmittelpumpe erfolgte über eine bei SHW vorhandene elektronische Ansteuereinheit für bürstenlose Motoren. Für die Vermessung der mechanisch angetriebenen Kühlmittelpumpen wird der Prüfling zusammen mit dem zugehörigen Spiralgehäuse an dem mit T-Nuten versehenen Lagerbock des Prüfstands montiert und über eine Wellenkupplung mit der Antriebswelle des Prüfstands gekoppelt. Zwischen der im Hinblick auf niedrige Lagerreibung optimierten Lagerung der Prüfstandswelle und dem drehzahlregelbaren Antriebsmotor des Prüfstands ist eine Messwelle zur Bestimmung der Antriebsmomente der Pumpe eingefügt. Bild 8: Versuchsaufbau zur Vermessung der elektrischen Kühlmittelhauptpumpe am Kühlmittelpumpenprüfstand 4.2 Voruntersuchung zur direkten hydraulischen Vergleichbarkeit der untersuchten Pumpen Um eine unmittelbare Vergleichbarkeit zwischen der elektrischen und der mechanisch angetriebenen Pumpe zu erreichen, wurden im Rahmen von Voruntersuchungen aus einer Zahl von auf den Markt verfügbaren Kühlmittelpumpen eine in einem 1,4l -Dieselmotor eingesetzte Kühlmittelpumpe ausgewählt, die zu der in einem 2,0l- Ottomotor mit Turboaufladung eingesetzten E-Pumpe eine annähernd identische Fördercharakteristik (Volumenstrom über Förderhöhe) (Bild 9) aufweist. Beide Pumpen haben den identischen Auslegungspunkt (Systemkennlinie p bei V) und sind so unmittelbar vergleichbar. 166 <?page no="177"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb Bild 9: Förderhöhe als Funktion des Fördervolumenstroms der untersuchten mechanisch angetriebenen und der elektrischen Kühlmittelhauptpumpe im jeweiligen Auslegungspunkt 4.3 Antriebsleistung in Abhängigkeit vom Volumenstrom In Bild 10 sind die elektrischen bzw. die mechanischen Antriebsleistungen für die untersuchten Pumpen in Abhängigkeit vom Fördervolumenstrom für verschieden Pumpendrehzahlen dargestellt. Die mit Kreis umrandeten Endpunkte der Kurven markieren jeweils die Antriebsleistung der mechanisch angetriebenen Konstantpumpe bei Vollförderung. Durch das Zufahren der Verstelleinrichtung (Ringschieber, druckseitige Drossel oder Leitblech) reduzieren sich die Förderströme und damit auch die Antriebsleistungen der Pumpe. Die vergleichsweise größeren Steigungen der Kurven sind bei hohen Drehzahlen deutlich ausgeprägter. Bei Antriebsdrehzahlen unter 3000 / min nähert sich der Verlauf der Kurven der Waagrechten an, so dass in diesen Drehzahlbereichen die Energieeinsparungspotentiale durch eine Verstellung sehr begrenzt sind. Bei Drehzahlen von 4000 / min und darüber bietet das verstellbare Leitblech signifikante Vorteile gegenüber dem Ringschieber und der druckseitigen Drosselung. In diesem Drehzahlbereich liegen die Antriebsleistungen mit Ringschieber bei kleinen Volumenströmen unter denen bei druckseitiger Drosselung. Bei höheren Volumenströmen kehrt sich das Bild um. Diese Ergebnisse decken sich im Kern mit bereits in den 1920-er Jahren durchgeführten Untersuchungen [12] an den ver- 167 <?page no="178"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb schiedenen Regelungskonzepten für Kreiselpumpen. Bezüglich der Leistungsaufnahme bei Reduzierung des Förderstroms zeigt die untersuchte elektrisch angetriebene Kühlmittelpumpe erheblich Vorteile. Dies gilt auch dann, wenn die elektrische Antriebsleistung der Pumpe zur Berücksichtigung der Wirkungsgrade des Generators mit einem von der Antriebsdrehzahl des Generators unabhängigen Differenzwirkungsgrad von Generator =0,7 [11] multipliziert wird. Bild 10: Am Kühlmittelpumpenprüfstand ermittelte erforderliche mechanische bzw. elektrische Antriebsleistung in Abhängigkeit vom Fördervolumenstrom für verschiedenen Kühlmittelhauptpumpenkonzepte 4.4 Wirkungsgrade in Abhängigkeit vom Volumenstrom Bild 11 zeigt eine weitere Darstellung der Messergebnisse und zwar die Wirkungsgrade (Verhältnis von hydraulischer Förderleistung zur mechanischen bzw. elektrischen Antriebsleistung der Pumpe) in Abhängigkeit vom Volumenstrom. Dabei ist die hydraulische Förderleistung das Produkt aus Volumenstrom und Druckdifferenz zwischen Saug- und Druckstutzen der Kühlmittelpumpe, die mechanische Antriebsleistung das Produkt aus Drehmoment und Winkelgeschwindigkeit und die elektrische Antriebsleistung das Produkt aus el. Spannung und el. Strom. Auch in dieser Darstellung zeigt sich deutlich die Überlegenheit der drehzahlgeregelten elektrisch angetriebenen Kühlmittelpumpe bei kleinen Förderströmen. Im Drehzahlbereichen unter 1000 / min (Leerlaufdrehzahlen) liegen die Wirkungsgrade der 168 <?page no="179"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb mechanisch angetriebenen Kühlmittelpumpe deutlich unter 10 %, allerdings sind die absoluten mechanischen Antriebsleistungen dort sehr niedrig. Bild 11: Abhängigkeit der Wirkungsgrade der untersuchten mechanisch bzw. elektrisch angetriebenen Kühlmittelhauptpumpen in Abhängigkeit vom Fördervolumenstrom für unterschiedliche Drehzahlen 5 Zusammenfassung und Ausblick Zur Bewertung unterschiedlicher Kühlmittelhauptpumpenkonzepte hinsichtlich der Energieeinsparungspotentiale bei einem bedarfsgerechten Betrieb, wurden mit unterschiedlichen in Serie eingesetzten teilweise modifizierten Kühlmittelpumpen Vergleichsmessungen am Prüfstand durchgeführt und ausgewertet. Demnach lassen sich mit Spaltringschieberpumpen aber auch einer druckseitigen Drosselung der Pumpe insbesondere bei hohen Drehzahlen wesentliche Energieeinsparungen erzielen. Spaltringschieberpumpen zeigen dabei leichte Vorteile bei niedrigen Volumenströmen, die druckseitige Drosselung Vorteile bei höheren Durchsätzen. Das lediglich in Form von RP-Teilen im Sinne der Potentialuntersuchung vermessene Konzept des verstellbaren Leitblechs zeigt bei höheren Pumpendrehzahlen Vorteile gegenüber Ringschieber und druckseitiger Drosselung. Die praktische Verwirklichung der Lösung als Großserienprodukt ist allerdings als vergleichsweise aufwendig einzustufen. Hinsichtlich der aufzuwendenden Antriebsleistung bei verringerten Volumen- 169 <?page no="180"?> 10 Kühlmittelhauptpumpen - Vergleich von Konzepten für bedarfsgerechten Betrieb strömen erweist sich die drehzahlvariable elektrische Kühlmittelhauptpumpe als überlegen. Die unmittelbare Einsparung von Antriebsleistung ist eine zentrale Motivation für den Serieneinsatz von bedarfsgerecht betreibbaren Kühlmittelhauptpumpen und markiert einen gewichtigen Vorteil drehzahlvariabler E-Pumpen. Weitere Aspekte für den Einsatz sind allerdings auch die schnelle Erwärmung der Motorentriebwerke durch stehendes Kühlmittel in der Warmlaufphase und die Verhinderung einer schnellen Abkühlung nach Motorstopp infolge der Thermosiphonwirkung im Kühlsystem trotz stehender Pumpe. Auch diese Maßnahmen haben einen wesentlichen Effekt hinsichtlich der Verminderung der CO 2 -Emissionen von Fahrzeugen. Mit Blick auf den Bauraumbedarf, das Gewicht, die Robustheit, die Fail-Save-Eigenschaften und die Systemkosten sind schaltbare, wie auch geregelte mechanisch angetriebene Kühlmittelhauptpumpen mit Spaltringschieber oder druckseitiger Drosselung dementsprechend durchaus als attraktive Lösungen für die Großserie einzustufen. Literatur [1] Kahrstedt, J., Engler, H.-J., Dorenkamp, R., Jauns-Seyfried, St.: Der Modulare Dieselbaukasten von Volkswagen. In: MTZ 12 / 2012, S. 954-963. [2] van Basshuysen, R., Schäfer, F. (Hrsg): Handbuch Verbrennungsmotoren 7. Aufl. Wiesbaden: Vieweg + Teubner-Verlag, 2014 [3] N.N.: Verordnung (EG) Nr. 443/ 2009 des europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Festsetzung von Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen [4] Gülich, J. F.: Kreiselpumpen - Handbuch für Entwicklung, Anlagenplanung und Betrieb. Wiesbaden: Springer Vieweg, 4. Aufl. 2013 [5] Lunanova, M.: Optimierung von Nebenaggregaten. Wiesbaden: Vieweg + Teubner-Verlag, 2009 [6] Wickerath, B., Fournier, A., Durand, J.-M.,Brömmel, A.: Vollvariable mechanische Kühlmittelpumpe für Nutzfahrzeuge. In: MTZ 01/ 2011 S.42-46. [7] Schultheiss, G., Banzhaf, M., Edwards, S.: Visco-Waserpumpe bedarfsabhängige Regelung der Fördermenge. In: MTZ 03/ 2012 S. 226-231 [8] Eiser, A., Doerr, J., Jung, M., Adam, St.: Der neue 1,8-L-TFSI-Motor von Audi Teil 1: Grundmotor und Thermomanagement. In: MTZ 06 / 2011, S. 466-474. [9] Di Giacomo, T., D´Amicantonio, L., Lemberger, H.: Modulares Riemenantriebskonzept für den Ottomotor aus der BMW-PSA-Kooperation. In: MTZ 12 / 2007, S. 1076-1079. [10] Hess, U., Mitterer, A., Neugebauer, S., Riegert, P., Seider G.: Das Wärmemanagement des neuen BMW Reihensechszylindermotors. In: MTZ 11 / 2005, S. 872-877. [11] Liebl J., Lederer M., Rohde-Brandenburger K., Biermann J., Roth M., Schäfer H.: Energiemanagement im Kraftfahrzeug. Wiesbaden: Springer Vieweg, 2014 [12] Siebrecht, W.: Beitrag zur Regelung der Kreiselpumpen und Untersuchungen über die theoretische und wirkliche Förderhöhe. Heft 321. Berlin: VDI-Verlag, 1929. 170 <?page no="181"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte Stefan Münz Abstract Boosting system technology will continue to be an important component in the development of new combustion engines. All measures that improve the characteristics of the boosting device including performance, system efficiency and reduction of mechanical or thermal inertia have a direct impact on the environmental compatibility and the performance of the internal combustion engine. This paper presents a range of new turbocharging technologies based on important milestones for boosting of combustion engines and discusses their potential with a particular focus on electrically assisted boosting. Kurzfassung Die Aufladung wird auch in Zukunft ein wichtiger Technologiebaustein bei der Entwicklung von neuen Verbrennungsmotoren sein. Alle Maßnahmen, die zur Performance des Aufladeaggregats beitragen - Leistungsvermögen, Systemwirkungsgrad, Reduktion der mechanischen oder thermischen Trägheit - um nur einige der wichtigsten Parameter zu nennen, haben einen direkten Einfluss auf die Umweltverträglichkeit und die Performance des Verbrennungsmotors. Basierend auf wichtigen Meilensteinen der Aufladung von Verbrennungsmotoren werden neue Technologien für die Turboaufladung vorgestellt und deren Potential diskutiert. Dabei liegt unter anderem ein besonderer Fokus auf der elektrisch unterstützten Aufladung. 171 <?page no="182"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte 1 Einleitung Die Aufladung war, ist und wird auch in Zukunft eine Schlüsseltechnologie bei der Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors sein. Sie trägt im hohen Maße dazu bei Einsparpotenziale hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs zu realisieren und heutige sowie künftige Emissionsrichtlinien als wichtiger Technologiebaustein für fortschrittliche Brennverfahren zu erfüllen. Jede Verbesserung im Bereich der Aufladung ermöglicht weitere Reduzierungen bei der Emission von CO 2 sowie der geregelten Schadstoffe Stickoxid, Kohlenmonoxid, teilverbrannte Kohlenwasserstoffe und Rußpartikel. Zur Aufladung des Verbrennungsmotors hat sich prinzipiell der Turbolader weitestgehend durchgesetzt. Mit Hilfe von optimierten Turbolaufladesystemen sind gleichsam hohe Drehmomenteckwerte, hohe Nennleistungen und attraktives Ansprechverhalten zu erzielen. Die Weiterentwicklung der Aufladung orientiert sich dabei wesentlich an den Emissions- und Performance-Zielen der Verbrennungsmotoren. Neben der Weiterentwicklung von Aufladesystemen liegt aktuell ein Entwicklungsschwerpunkt auf der Einspeisung zusätzlicher Energie zur Aufladung. Auch die einzelnen Bauteile oder Baugruppen eines Turboladers unterliegen kontinuierlich einer evolutionären Weiterentwicklung (Material, Funktion, Gewicht) und es wird untersucht, ob einzelne Module von Turboladern, durch andere Baugruppen ersetzt werden können, die dieselbe Funktion mit besseren Eigenschaften erfüllen. Dabei steht stets die Verbesserung der Performance, die Verbesserung des Wirkungsgrades (Strömungskomponenten, Reibungsreduktion), die Reduktion der mechanischen Trägheit der Welle oder der thermischen Trägheit der Turbinenseite im Vordergrund des Interesses. Alle Weiterentwicklungen müssen immer auf eine Verbesserung des Gesamtsystems gerichtet sein und den Systemwert steigern, d.h. das Verhältnis aus Kosten und Funktion muss für den Kunden attraktiv sein, so dass die jeweilige Technologie eine gute Marktdurchdringung erreichen kann. Viele der sich heute in intensiver Diskussion befindlichen Technologien wurden bereits vor einigen Jahren vorgeschlagen und vorentwickelt, fanden aber aus verschiedenen Gründen nicht den direkten Markteintritt. Vor dem Hintergrund der auf die Automobilindustrie zukommenden Herausforderungen können diese Technologien aber möglicherweise heute ein wichtiger Baustein zur Erfüllung dieser Anforderungen sein und einen Markteintritt finden. 2 Meilensteine in der Abgasturboaufladung und heutiger Stand Erste Versuche zur Aufladung beginnen bereits kurz nach der der Vorstellung von funktionierenden Verbrennungsmotoren. So experimentierten schon Gottlieb Daimler (1885) und Rudolf Diesel (1896) damit durch Vorkompression der angesaugten Luft die Motorleistung zu erhöhen bzw. den Kraftstoffverbrauch zu verringern. Der Abgasturbolader in seiner prinzipiellen Bauweise beruht auf einem Patent von Alfred Büchi aus dem Jahr 1905. Bereits im Jahr 1925 konnte Alfred Büchi eine 40-prozentige Leistungssteigerung durch den Einsatz der Abgasturboaufladung nachweisen. Der kommerzielle Einsatz abgasturboaufgeladener Motoren für Fahrzeuge begann im Nutzfahrzeugbereich mit einem Lkw der Maschinenfabrik Saurer (1938), jedoch setzte sich die weitere Nutzung nur langsam durch. Erst die Ölkrise 1973 bedeutete für die Aufladetechnik zunächst besonders für Nutzfahrzeuge einen weiteren Schub, 172 <?page no="183"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte aber erst die steigenden Anforderungen in Verbindung mit der Schadstoffgesetzgebung Ende der achtziger Jahre bewirkte, dass heute nahezu jeder Nutzfahrzeugmotor aufgeladen wird. 2.1 Aufladung von PKW - Dieselmotoren Mit einem Saug-Dieselmotor angetriebene Pkw fielen in den siebziger Jahren meistens wegen ihren geringen Fahrleistungen, dem dieseltypischen „nagelnden“ Betriebsgeräusch und der sichtbaren Rauchemission eher unangenehm auf. Der Dieselmotor galt als behäbig und vor allem für Nutzfahrzeuge, aber weniger für Pkw, geeignet. 1978 kam mit dem 300 SD von Daimler Benz der erste Serien-Pkw mit Turbo- Dieselmotor auf den Markt, aber erst in den achtziger Jahren schaffte der Turbolader mit dem Golf GTD mit 51 kW aus 1,6l Hubraum den Durchbruch (1982); das sind 32 kW/ Liter Hubraum. Fortschritte in der Regelung des Laders, in diesem Zusammenhang ist besonders der Turbolader mit variabler Turbinengeometrie zu nennen, und die Kombination der Aufladung mit der Kraftstoff-Direkteinspritzung sorgten für eine deutliche Effizienz- und Komfortsteigerung und verhalfen dem Dieselmotor im Pkw zu attraktiven Fahrleistungen bei geringem Kraftstoffbedarf [3], so dass schließlich alle Fahrzeughersteller turboaufgeladene Dieselmotoren in ihr Produktportfolio aufgenommen haben. Die folgenden Jahre waren von einer Steigerung der Literleistung geprägt, wobei zunehmend die Erfüllung der Emissionsgesetzgebung ein wichtiger Treiber für die Aufladung wurde. Bild 1: Schema einer zweistufig geregelten Aufladung und kompakte Ausführung einer zweistufigen Aufladegruppe (VW T5) 2004 wurde von BMW ein 3-Liter-Dieselmotor mit einer spezifischen Leistung 67,5 kW/ Liter Hubraum vorgestellt. Ermöglicht wurde dies vor allem durch ein Aufladesystem mit zwei in Reihe geschalteten unterschiedlich großen Turboladern (vgl. Bild 1), das insgesamt drei Regelorgane aufweist [17]. Der Abgasmassenstrom wird betriebspunktabhängig zwischen Hoch- und Niederdruckturbine aufgeteilt. Mit steigender Motordrehzahl wird zunehmend Abgasmassenstrom direkt auf die große Niederdruckturbine gegeben, während bei geringen Motordrehzahlen und im Beschleunigungsfall vor allem die vergleichsweise kleine Hochdruckturbine die Aufladung bewerkstelligt bzw. das System zweistufig arbeitet. Gegenüber einer einstufigen Aufladung steigert die zweistufige geregelte Aufladung die Nennleistung bei gleichzeitiger Verbesserung des stationären Drehmoments bei niedrigen Drehzahlen 173 <?page no="184"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte und des Beschleunigungsverhaltens des Motors durch schnellen Ladedruckaufbau. Mit diesem Aufladesystem, das bei BorgWarner den Markennamen R2S ® trägt, kann bei entsprechender Auslegung und Ansteuerung eine besonders hohe Performance erzieht werden. Spezielle Entwicklungen haben schließlich ermöglicht, dass der Verdichter von Turboladern ohne Einschränkung seiner Funktionalität und Lebensdauer auch ein Gemisch aus Luft und Abgas fördern kann, was die Einführung einer niederdruckseitigen Abgasrückführung für den aufgeladenen Verbrennungsmotor ermöglicht hat [1],[2], wodurch sich weitere Vorteile für den Brennstoffverbrauch und die Schadstoffemission des Dieselmotors ergaben. Im Jahr 2009 wurde schließlich - ebenfalls in einem 3 Liter Dieselmotor von BMW - ein R2S ® -Aufladesystem mit einem Lader mit variabler Turbinengeometrie in der Hochdruckstufe realisiert, womit die Dynamik und die spezifische Leistung nochmals gesteigert werden konnten. Heute sind auch zweistufige Aufladesysteme im Einsatz, die sowohl in der Niederdruckstufe und in der Hochdruckstufe mit variabler Turbinengeometrie ausgerüstet sind [4]. Neben der Reihenschaltung von Turboladern wurden in geringerem Umfang auch parallele Anordnungen von Turboladern - so genannte „Registerschaltungen“ - eingesetzt [18]. BMW hat 2012 schließlich einen Sechszylinder-Motor mit 3-Liter Hubraum und 280 kW vorgestellt, der mit einem R3S ® -Aufladesystem (seriell/ parallel Anordnung von 3 Turboladern) ausgerüstet ist. Das aktuell (2016) leistungsstärkste 3 Liter Dieselaggregat von BMW leistet 400 PS, hat ein Spitzendrehmoment von 740 Nm und wird von einem Aufladesystem mit Luft versorgt, das aus einer seriell/ parallelen Verschaltung von 4 Turboladern besteht. Bei Dieselmotoren wird auch in Zukunft der Turbolader mit variabler Turbinengeometrie dominieren. Der Turbolader mit einfacher Ladedruckregelung mittels Wastegate spielt für den Dieselmotor nur noch eine eher geringe Rolle. Die zweistufig geregelte Aufladung wird ihre Marktposition als Leistungs- und in anderem Zusammenhang als Emissionskonzept behalten, wobei heute durch fortgeschrittene VTG-Technologie Literleistungen von tendenziell 80 kW/ Liter mit einer Monoaufladung sinnvoll darstellbar sind. Darüber hinaus werden auch elektrisch unterstütze Aufladesysteme am Dieselmotor eingesetzt werden. Eine erste Anwendung wurde bereits von AUDI vorgestellt. Mit steigender Bordnetzkapazität ist auch der kontinuierliche Einsatz elektrischer Energie - beispielsweise in einer zweistufig geregelten Aufladung - vorstellbar [12]. 2.2 Aufladung von PKW - Ottomotoren Im Bereich der Personenwagen begannen erste ernsthafte Versuche die Turboaufladung einzuführen ab 1960. Wegen der eingesetzten Lader-Technologie und dem damit verbundenen “Turboloch” war die Bedeutung der Turboaufladung für Pkw in den nächsten Jahren eher gering. Erste Erfolge stellten sich im Rennsport durch Entwicklungen bei BMW und Porsche (1973) ein, wobei hier vor allem die Steigerung der Leistung im Vordergrund stand. Legendär in diesem Zusammenhang ist die Turbo-Ära in der Formel 1 (Renault, 1977), die ab 1983 von Turbomotoren dominiert wurde. Allerdings wurden 1989 Turbolader in der Formel 1 verboten und der Saugmotor rückte erneut ins Rampenlicht. 174 <?page no="185"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte Die Erfolge im Rennsport ermutigten aber einige Fahrzeughersteller Turbolader in sportlich geprägten Serienfahrzeugen einzusetzen. Der „BMW 2002 turbo“ war der erste turbo-aufgeladene Seriensportwagen (1973). 1974 folgte der Porsche 930, wobei beide Fahrzeuge eher einer exklusiven Käuferschicht vorbehalten blieben. In den achtziger Jahren gab es weitere Fahrzeuge mit Turbomotoren, die aber allesamt nach vergleichsweise kurzen Produktionszeiten wieder aus dem angebotenen Sortiment genommen wurden, wie beispielsweise der BMW 745i, der Audi 200 5T oder der Saab 99 Turbo. Lediglich bei Porsche waren turboaufgeladene Motoren praktisch durchgehend, wenn auch mit vergleichsweise kleinen Stückzahlen, als leistungsstarke Varianten erhältlich. 1986 wurde von Porsche wegen der guten transienten Eigenschaften und wegen des guten Anfahrverhaltens im 959 eine Registeraufladung eingesetzt, die aber im Nachfolgemodell durch eine BiTurbo-Aufladung abgelöst wurde. Auch im Mazda RX7 und im Subaru Imprezza waren Registeraufladungen in vergleichsweise kleinen Stückzahlen eingesetzt, wurden aber nach vergleichsweise kurzer Zeit wieder aus dem Bauprogramm genommen. Erst 1994 schaffte der Turbolader mit dem Audi A4 1,8T bei den Benzinmotoren den Durchbruch. Seit diesem Zeitpunkt allerdings hat sich der Trend zur Turboaufladung von Benzinmoren kontinuierlich verstärkt und hat sich inzwischen nahezu konkurrenzlos bei allen Motorenherstellern durchgesetzt. Mit dem 2,0 Liter TFSI-Motor, den Audi im Jahr 2004 vorstellte, wurde als konsequente Weiterentwicklung die Kombination aus Aufladung und Benzindirekteinspritzung als weiterer entscheidender Technologiesprung präsentiert [5]. 2005 wurde von Volkswagen ein 1,4 Liter Vierzylindermotor vorgestellt, der durch die Reihenschaltung eines mechanischen Laders und eines Turboladers aufgeladen wurde. Dieser Ansatz war schon 1985 von Lancia im Rennsportbereich eingesetzt worden und befindet sich heute noch bei Volvo in Serie. Bild 2: WasteGate Turbolader und Otto VTG mit WasteGate 2006 gelang es Porsche einen Turbolader mit variabler Turbinengeometrie (VTG) beim Ottomotor erfolgreich in Serie umzusetzen [19],[20]. Kernkomponenten dieses Turboladers sind verstellbare Leitschaufeln am Eintritt der Turbine, wie dies bislang nur aus dieselmotorischen Anwendungen bekannt war. Bereits bei niedrigen Motordrehzahlen ermöglichen diese in entsprechender Position einen effizienten Abgasenergieumsatz und damit einen vergleichsweise hohen Ladedruck, was gegenüber 175 <?page no="186"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte einem konventionellen Turbolader das Ansprechverhalten des Motors deutlich verbessert. Im Zusammenhang mit einem neuen Brennverfahren (Miller) wurde von Volkswagen 2015 ein interessanter Ansatz eines verbrauchsoptimierten Motors mit mittlerer spezifischer Leistung vorgestellt [21],[22], bei dem aufgrund der vergleichsweise niedrigen Abgastemperaturen Turbolader mit variabler Turbinengeometrie eingesetzt werden können, die auf der VTG-Technologie aus dem Dieselmotorenbereich basieren und damit ein attraktives Kosten-zu-Leistungsverhältnis aufweisen. Bei Ottomotoren wird der Markt heute von einstufigen Ladern mit Wastegate- Regelung beherrscht. Besonders die Kombination aus Abgasturboaufladung, Direkteinspritzung und variablem Ventiltrieb hat sich als technisch zielführend erwiesen. Im Zusammenhang mit neuen Brennverfahren, die mit vergleichsweise niedrigen Abgastemperaturen arbeiten, werden zunehmend auch Turbolader mit variabler Turbinengeometrie zum Einsatz gebracht. Darüber hinaus rücken - ermöglicht durch neue leistungsstarke 48V-Bordnetze - elektrisch unterstütze Aufladesysteme in den Mittelpunkt des Interesses. Mit steigender Bordnetz- und Rekuperationskapazität ist auch ein stationärer Einsatz elektrischer Energie in der Aufladung von Ottomotoren vorstellbar. 3 Ein Blick in die Zukunft der Aufladung Im Spannungsfeld der stetig steigenden Anforderungen an die Effizienz von Motoren und der gesetzlichen Verschärfung der Emissionslimitierung einerseits, und der Kundenanforderungen an die Performance andererseits, suchen Fahrzeug- und Aufladehersteller nach zielführenden Lösungsansätzen. Mittelfristig rückt zudem der kundennahe Fahrbetrieb (RDE) stärker in den Fokus, was sich in neuen Testzyklen mit höherer Dynamikanforderung an das Fahrzeug und damit an das Aufladesystem manifestiert. Im Folgenden werden Technologien für den Turbolader und Aufladesysteme diskutiert, die zur Erfüllung der genannten Anforderungen, d.h. zur Lösung des beschriebenen Zielkonfliktes, beitragen können. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht dabei nicht. Möglicherweise werden auch nicht alle der beschriebenen Technologien ihren Weg in die Serie finden - wobei für jede der beschriebenen Maßnahmen inzwischen ein guter Kenntnisstand vorliegt, so dass gute technische Gründe für einen jeweiligen Serieneinsatz bestehen. 3.1 Neue Technologien im Turbolader 3.1.1 Verstärkte Nutzung der Pulsenergie durch mehrflutige Turbinen Beim Öffnen eines Auslassventils wird jeweils schlagartig ein Abgaspuls in den Abgaskrümmer ausgeschoben. Damit ergibt sich je nach Zylinderzahl, Zündfolge und Betriebspunkt des Motors eine zeitliche Abfolge von Abgaspulsen bestimmter Form und Amplitude im Abgaskrümmer. 176 <?page no="187"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte Wird der Abgaskrümmer als Sammler mit vergleichsweise großem Volumen ausgeführt, werden diese Abgaspulsationen durch Umwandlung von kinetischer Energie in Lageenergie geglättet (Stauaufladung). Der relativ konstante Druck am Turbineneintritt ist vorteilhaft für den mittleren Wirkungsgrad der Turbine. Diese Umwandlung ist allerdings verlustbehaftet und funktionsbedingt muss die Lageenergie beim Arbeitsumsatz in der Turbine wieder in kinetische Energie rückgewandelt werden. Allerdings kann die Turbine bei einer Stauaufladung im Bereich hoher Motordrehzahlen bei einem geringeren Druck mehr Abgas durchsetzen. Da der Motor gegen einen geringeren Abgasgegendruck ausschieben kann, verbessert sich in diesen Betriebspunkten der Brennstoffverbrauch. Allerdings kann bei der Stauaufladung bei niedrigen Motordrehzahlen nur ein geringeres Drehmoment erzielt werden. Bild 3: Abgasführung und Zündfolge bei einem 4-Zylindermotor mit Stoßaufladung Bei der Stoßaufladung wird im Gegensatz dazu der Abgaskrümmer möglichst kleinvolumig ausgeführt, um eine zügige Füllung des Krümmers zu erreichen und die neben der Lageenergie im Abgaspuls vorhandene kinetische Energie weitgehend verlustfrei am Turbineneintritt zur direkten Umwandlung in mechanische Arbeit zur Verfügung zu haben. Durch die Abgaspulsationen stellen sich in einem bestimmten zeitlichen Abschnitt des Pulses ein höheres Druckverhältnis und ein höherer Massenstrom über die Turbine ein. Da im Allgemeinen bei zunehmenden Druckverhältnissen der Wirkungsgrad der Turbine ansteigt, arbeitet die Turbine just innerhalb der Zeitspanne, in der ein hoher Massenstrom fließt, auf einem höheren Wirkungsgradniveau. Durch diese effiziente Nutzung der Abgasenergie kann der Ladedruckverlauf und damit das Drehmomentverhalten und das Ansprechverhalten eines Motors, insbesondere bei niedrigen Motordrehzahlen, verbessert werden. Allerdings erhöht sich bei der Stoßaufladung im Allgemeinen der konstruktive Aufwand des Abgaskrümmers und des Turbinengehäuses, weil, um möglichst hohe Abgaspulse an der Turbine anstehen zu haben, die Abgaskanäle getrennt geführt werden müssen und nur solche Auslassleitungen zusammengefasst werden können, deren Abgaspulse sich gegenseitig nicht stören (siehe Bild 3), d.h. der Zündabstand von abgasseitig zusammengeführten Zylindern muss größer sein als die Öffnungsdauer des Auslassventils, also mindestens 240° Kurbelwinkel [7],[8]. Die getrennte Abgasführung wird über das Spiralgehäuse und die Düse bis zum Eintritt in das Turbinenrad fortgesetzt, Als mögliche Varianten haben sich die „TwinScroll“- und die „DualVolute“-Bauform etabliert (siehe Bild 5). Die einzelnen Fluten dieser Bauformen sind für sich signifikant kleiner als die Turbinenspirale einer einflutigen Turbine entsprechender Baugröße. Neben weiteren jeweiligen Vor- und Nachteilen bestehen für beide Bauformen Unterschiede hinsichtlich des Potentials zur möglichst vollständigen Flutentrennung. Zu einem gewissen 177 <?page no="188"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte Übersprechen zwischen den Fluten kann es im Bereich der Zunge des Turbinengehäuses bzw. der Trennwand immer dann kommen, wenn Druckunterschiede über die Fluten bestehen (siehe Bild 4). Die strömungstechnischen Grundlagen beider Bauformen, zielführende Auslegungskriterien und das Zusammenspiel mit dem Verbrennungsmotor wurden detailliert untersucht, beispielsweise in [6],[7] Bild 4 : möglich Strömungszustände in einem TwinScroll-Turbinengehäuse Bei der „TwinScroll“-Bauform werden die beiden Fluten (Turbinenspiralen) in axialer Richtung nebeneinander angeordnet, die Einströmung in das Turbinenrad erfolgt für jede Flut über den gesamten Umfang, aber jeweils nur auf der halben Turbinenradeintrittskanalhöhe (Bild 4 bzw. Bild 5). Bedingt durch die Bauform ergeben sich im Allgemeinen unterschiedliche Einströmbedingungen durch verschiedene Neigungen der jeweiligen Flut. Die beiden Fluten sind durch eine gießtechnisch vergleichsweise schwierig herzustellende möglichst dünne Wandung getrennt, die thermisch sehr hoch belastet ist. Zudem ist gibt es eine kleinste Baugröße, die herstellbedingt nicht unterschritten werden kann. Das Trennungsvermögen der TwinScroll-Bauart wird wesentlich davon bestimmt, wie weit die Trennwand der beiden Fluten zum Radeintritt hinreichen kann. Dem sind durch die hohe thermomechanische Belastung der Trennwand, strömungstechnischen Randbedingungen und der Gießbarkeit Grenzen gesetzt. Bild 5 : Bauformen von mehrflutigen Turbinengehäusen Bei der „DualVolute“-Bauart sind die Fluten axial in einer Ebene mit sich gegenüber liegenden tangentialen Eintritten angeordnet. Bild 5 (rechts) zeigt eine andere Bauform, die Anordnung der Spiralen übereinander, wodurch sich aber unterschiedlich lange Strömungswege im Turbinengehäuse ergeben. Die Einströmung erfolgt jeweils über den halben Umfang, aber über die volle Kanalhöhe des Turbinenrades, weshalb diese Bauart auch „Segment-Turbine“ genannt wird. Bauartbedingt ergeben sich zwei Zungen im Gehäuse, was u.a. eine besondere Berücksichtigung bei der thermomechanischen Auslegung des Gehäuse und der Lagerung der Welle erfordert. Das Trennungsverhalten der DualVolute wird wesentlich von dem Abstand der Zungen zum Turbinenrad bestimmt. Im Gegensatz zur TwinScroll Bauart ist die DualVo- TwinScroll DualVolute 178 <?page no="189"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte lute nicht in der Baugröße nach unten begrenzt und der Turbolader kann für höchste heute vorkommende Abgastemperaturen ausgelegt werden. Das volle Potential von pulsgetrennten Turbinen stellt sich vor allem im Zusammenspiel mit einer variablen Ventilsteuerung ein. Beim direkten Vergleich von Mono- Scroll-, TwinScroll- und DualVolute-Bauart haben die TwinScroll und die DualVolute hinsichtlich des Drehmoments und des Ansprechverhaltens unter sonst gleichen Randbedingungen bei entsprechender Auslegung deutliche Vorteile, dabei weist die Dual Volute gegenüber der TwinScroll bauartbedingt ein besseres Trennungsverhalten auf; so ist einzig die DualVolute-Bauart in der Lage ein positives dynamisches Spülen während des Gasaustausches zu liefern [6]. Bei hohen Motordrehzahlen Richtung Nennleistung führen die kleineren Querschnittsflächen der einzelnen Fluten aber zu einem Anstieg der Ladungswechselverluste, was gegenüber einem Mono- Scroll-Gehäuse die erzielbare Nennleistung begrenzt. Dies kann durch eine Verbindung beider Fluten im oberen Drehzahlbereich des Motors durch ein geeignetes Ventil (Stoß-Stau-Umschaltung) kompensiert werden, wobei sich dazu bauartbedingt die DualVolute besser als die TwinScroll anbietet. In diesem Zusammenhang sind sowohl getrennte Lösungen wie auch ein kombiniertes Ventil, das die Wastegatefunktion und die Flutenverbindung mit einem Ventilkörper und einem Aktuator darstellen kann, möglich. Mehrflutige Turbinen sind besonders in Verbindung mit einer Stoß-Stau-Umschaltung eine gute Lösung zur Darstellung anspruchsvoller Drehmomentwerte sowie hervorragenden Ansprechverhaltens im unteren Drehzahlbereich und hoher Nennleistung. Die TwinScroll-Bauart wird bereits seit Jahren im Ottomotor in großen Stückzahlen eingesetzt. Aufgrund des besseren Vermögens zur effizienten Pulsnutzung im unteren Drehzahlbereich und weiterer Vorteile (Abgastemperatur, Gießbarkeit, Thermomechanik) werden mit steigender Tendenz DualVolute-Bauarten eingesetzt werden. 3.1.2 Variable Verdichtergeometrie Steigende spezifische Leistungen gepaart mit gleichzeitiger Beibehaltung von Eckmoment- und Dynamikzielen stellen besondere Anforderungen an die Verdichterstufe eines Abgasturboladers. Hier gilt es die Anforderungen an Kennfeldbreite und Wirkungsgrad bestmöglich mit einer Verdichterstufe zu bedienen. Aber auch Effizienzkonzepte, bei denen weniger ein breiteres Kennfeld, sondern insbesondere der Wirkungsgrad im linken Kennfeldbereich des Verdichters nahe der Pumpgrenze im Vordergrund steht, stellen eine große Herausforderung dar. Zwar sind in den letzten Jahren bei der Optimierung der Verdichterauslegung gute Fortschritte erzielt worden, ein weiterer deutlicher Performancesprung kann durch einen Verdichter mit variablen Elementen erzielt werden. Es gibt zahlreiche Konzepte zur Umsetzung einer Variabilität im Verdichter: Konzepte die stromauf des Verdichterrades platziert sind und die Einströmung ins Rad beeinflussen, sowie Konzepte die stromabwärts installiert sind und die Strömung im Austritt des Verdichters, vor allem im Diffusor, betriebspunktabhängig verbessern. 179 <?page no="190"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte Bild 6 : variabler Vorleitapparat mit elektrischem Steller und Verdichterkennfeld In der Regel ist es ein wesentliches Ziel die Strömung im Bereich der Pumpgrenze zu stabilisieren und die Pumpgrenze zu kleineren Volumenströmen hin zu verschieben. Entscheidend dabei ist aber, dass die Verdichterperformance im Nennleistungsbereich des Verbrennungsmotors nicht nachteilig beeinflusst wird. Neben der thermodynamischen Optimierung sind weitere Faktoren wie z.B. Robustheit, Regelbarkeit, Fertigbarkeit und Kosten zu betrachten. Wegen der im Vergleich zum Austritt geringeren Temperatur ergeben sich in diesem Zusammenhang wahrscheinlich Vorteile für stromauf des Verdichters angeordnete Einbauten. Ein mögliches Konzept, die Anströmung des Verdichterrades, zu optimieren ist eine verstellbare Vorleitbeschaufelung [24], siehe Bild 6. Es wurden aber auch andere Lösungsvarianten zur Verschiebung der Pumpgrenze bei gleichzeitiger Erhöhung des Wirkungsgrades in einem Bereich nahe der Pumpgrenze erprobt [15],[16]. Rechts in Bild 6 sind zwei Kennfelder dargestellt, die aus den jeweiligen Endstellungen eines anderen variablen Verdichterprinzips resultieren. In der “offenen” Stellung ergibt sich in der Messung ein Kennfeld, das dem eines gleichen Verdichters ohne variable Einbauten sehr nahe kommt. In der entgegengesetzten Endstellung bewirkt die Variabilität eine Verkleinerung des Durchsatzes mit einer deutlichen Verschiebung des Kennfeldes nach “links”, verbunden mit einer Verlagerung der Pumpgrenze und deutlich höheren Wirkungsgraden im Bereich der Pumpgrenze, allerdings auch eine Wirkungsgradverschlechterung bei hohen Durchsätzen. Es wird deutlich, dass der Verdichter mit Variabilität in einem erweiterten Betriebsbereich betrieben werden kann und sein Wirkungsgrad in einem anderen Bereich, wo bereits ohne Variabilität ein stabiler Betrieb möglich war, mit Variabilität ein Betrieb mit verbessertem Wirkungsgrad möglich ist. 3.1.3 Wälzgelagerte Turbolader Das Interesse in Turboladern eine wälzgelagerte Welle einzusetzen beruht auf der gegenüber Gleitlagerungen geringeren Reibung, vor allem bei vergleichsweise kleinen Drehzahlen und eher tiefen Umgebungstemperaturen (Kaltstart) [10]. Als problematisch wurden bislang vor allem das akustische Übertragungsverhalten, die Lebensdauer, die Empfindlichkeit gegenüber Verschmutzungen im Motorenöl und nicht zuletzt die Mehrkosten angesehen. Hinsichtlich der Belastung sind vor allem die hohen Drehzahlgradienten, die deutlich über den meisten industriellen Anwendungen liegen, und das absolut hohe Drehzahlniveau eine Herausforderung. Wichtige Rand- 180 <?page no="191"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte bedingungen bei der Entwicklung sind deshalb neben der Performance und den Kosten eine ausreichende Lebensdauer auch beim Auftreten bestimmter fester und flüssiger Ölverunreinigungen, die Robustheit im Start-Stopp-Betrieb, eine hohe Stabilität der Wellenbahn selbst bei niederviskosen Schmierölen und ein Akustikverhalten analog dem einer gleitgelagerten Rumpfgruppe. Bild 7 : Wälzlagerkartusche, Lagergehäuse und Ölfluß im Lagergehäuse Im Vergleich mit einem Gleitlager fehlt bei einem Wälzlager ein zur Dämpfung geeigneter Ölfilm zwischen Welle und Wälzkörper. Zur Beherrschung der Rotordynamik und des Geräuschverhaltens ist es notwendig die Dämpfungseigenschaften durch geeignete Maßnahmen am Außenring zu erhöhen, beispielsweise durch einen äußeren Ölfilm, der bei entsprechender Auslegung hervorragend abgestimmte Dämpfungseigenschaften hat. Bei BorgWarner wurde in enger Abstimmung mit einem Wälzlagerhersteller eine Lagerkartusche entwickelt, die die oben genannten Anforderungen erfüllt. Für die Kartusche kommt eine sogenannte O-Anordnung der Schrägkugellager zum Einsatz. Die Wälzkörper bestehen aus Siliziumnitrid, das neben auszeichneten Festigkeitswerten und hoher Oberflächengüte in einer Reibpaarung mit den metallischen Wälzlagerringen hervorragende tribologische Eigenschaften hat. Detaillierte Rotordynamikberechnungen zeigen, dass eine ausreichende Schwingungsentkopplung nur durch eine niedrige Dämpfungsrate im Lagergehäuse realisierbar ist, weil im mittleren Drehzahlbereich eine Biegeeigenform auftreten kann. Im Hochdrehzahlbereich dagegen steigt das Risiko einer Instabilität ebenso an wie das einer vermehrten Ölschaumbildung. Um diesen gegenläufigen Effekten zu begegnen, wird die Kartusche über spezielle metallische Entkopplungsringe radial im Gehäuse eingebunden (siehe Bild 7). Durch diese Elemente wird die Kartusche trotz einer niedrigen Dämpfungsrate (weicher Quetschfilmdämpfer) stabilisiert, was auch die Schwingungsübertragung im Auslauf nach Motorstopp minimiert. Darüber hinaus dichten die Ringe den Druckölraum zu den Wellenenden hin ab. Dies minimiert die Ölschaumbildung und unterstützt die Stabilität der Dämpfung bei hohen Drehzahlen. Insgesamt wird durch die Entkopplungselemente das Verhalten des Quetschfilmdämpfers über den gesamten Drehzahlbereich linearisiert und damit eine sichere Wuchtbarkeit unterstützt. Die Axialkräfte und das Mitdrehen der Kartusche werden durch eine in eine Nut eingefügte Fixierscheibe abgefangen [11]. Die Panschverluste im Lagerinneren steigen mit dem Öldurchsatz an. Um sie möglichst unabhängig vom anstehenden Ölversorgungsdruck niedrig zu halten, ist im Öl- 181 <?page no="192"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte anschlußstutzen eine applikationsspezifische Kalibrierbohrung eingebracht. Danach verzweigt sich der Ölstrom (siehe Bild 7). Auf der Kartuschen-Außenseite ist die längs-gerichtete Ölnut zur Versorgung der beiden Quetschfilmbereiche über umlaufende Nuten sowie zwei kalibrierte Bohrungen zur Schmierung der inneren Laufbahnen eingebracht. Der mittlere Außendurchmesser ist geringfügig eingezogen, so dass eine erhebliche Ölmenge die Kartusche außen umströmt. Mit der Öldruckteilung werden die Ölmenge im Lagerinneren eingeschränkt, und damit die Pansch-Verluste vermindert. Bild 7 zeigt die Umströmung der Kartusche. Außenring und Lagergehäuse werden durch das umströmende Öl effektiv gekühlt, was sich positiv auf den Verdichterwirkungsgrad auswirkt [11]. Bild 8 : Performance durch den Einsatz eines wälzgelagerten Turboladers Bild 8 zeigt die Auswirkungen eines wälzgelagerten Turboladers auf das Verdichter- und das Turbinenkennfeld. Die Verschiebung der Linien konstanter Drehzahl in Richtung höherer Druckverhältnisse ist eine sekundäre Folge der Wälzlagerung, denn die Konturspalte auf Verdichter- und Turbinenseite können um circa 20 % reduziert werden, so dass bei höheren Stufendruckverhältnissen die sekundäre Strömung um die Schaufelspitzen reduziert werden kann und dadurch der Wirkungsgrad steigt. Der turbinenseitige Vorteil von bis zu 4 % nimmt mit zunehmenden Drehzahlen und Druckverhältnissen ab, da bei höherer thermodynamischer Leistungsumsetzung die Reibungsverluste nur unterproportional zunehmen. Der über einen weiten Betriebsbereich resultierende höhere Wirkungsgrad des Turboladers hat einen direkten Einfluss auf den Brennstoffverbrauch und das Ansprechverhalten des Motors, und sollte besonders auch das Kaltstart-Emissions-Verhalten verbessern. In der Validierung der von BorgWarner entwickelten Wälzlagerung wurde unter allen Betriebszuständen ein gutes Geräuschverhalten erreicht. Eine Unwucht-Migration tritt im Betrieb praktisch nicht auf [11]. 3.1.4 Turbinenräder aus Titanaluminid Die Reduzierung des Massenträgheitsmoments der Welle des Turboladers insgesamt ist Gegenstand vieler Entwicklungsprojekte [10]. Neben einer Designoptimierung, auch durch andere Turbinenauslegung (halbaxiale oder gar axiale Zuströmung), bietet sich vor allem der Einsatz neuer Materialien an - für den Ver- 182 <?page no="193"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte dichter wurden in diesem Zusammenhang auch Magnesiumlegierungen diskutiert. Aufgrund der hohen thermomechanischen Belastung auf der Turbinenseite ist der Ersatz des heute überwiegen eingesetzten Werkstoffes Inco 713 C oder MAR 246 durch einen Werkstoff vergleichbar guter Hochtemperatureigenschaften und Herstellbarkeit, aber geringerer Dichte, eine Herausforderung. Vor diesem Hintergrund wird seit Jahren der Werkstoff Titanaluminid, eine intermetallische Verbindung im Phasendiagramm Titan-Aluminium, diskutiert. Während erste Versuche im Allgemeinen auf einem Abguss vorhandener Turbinenräder mit einer geeigneten Titanaluminid-Legierung beruhten, wurden zwischenzeitlich intensive Arbeiten zur werkstoff- und belastungsgerechten Konstruktion mit diesem interessanten Werkstoff durchgeführt, sowie das komplexe Versagensverhalten verstanden und zielgerichtet geeignete Validierungspläne und Testparameter ermittelt [9]. Daneben wurden geeignete Technologien zur Verbindung eines Titanaluminid-Turbinenrades mit einer metallischen Welle entwickelt. So ist aus Sicht von BorgWarner Turbo Systems - was die Turbolader-Technologie betrifft - ein Einsatz von Titanaluminid-Turbinenrädern für dieseltypische Abgastemperaturen von bis zu 860 °C dauerhaltbar robust möglich. Parallel dazu laufen auch Aktivitäten den Werkstoff für einen Einsatz in ottomotorischen Anwendungen zu ertüchtigen. Problematisch im Zusammenhang mit dem Einsatz von Titanaluminid ist allerdings nach wie vor, dass es vonseiten der Gießerei-Zuliefer-Industrie keine ausreichenden Aktivitäten zur Darstellung einer großserientauglichen, qualitativ hochwertigen und ausschussarmen Technologie zur kostenattraktiven Herstellung von Turbinenrädern aus diesem Material gibt. 3.2 Elektrisch unterstützte Aufladung Allen bislang für Verbrennungsmotoren eingesetzten Aufladeverfahren ist gemeinsam, dass für die Aufladung nur so viel Leistung zur Verfügung steht, wie aktuell aus dem Abgasstrom gewonnen bzw. von der Kurbelwelle abgezweigt werden kann. Die Möglichkeit, darüber hinaus zusätzliche Energie zur Aufladung zur Verfügung zu stellen, eröffnet ein Potential zur Verbesserung der Leistungscharakteristik, zur Verminderung des Treibstoffverbrauchs sowie der regulierten Emissionen. Verschiedene Möglichkeiten zur Einspeisung zusätzlicher Energie (elektrische -, hydraulische -, mechanische) wurden bereits untersucht und veröffentlicht. Von den im Fahrzeug vorhandenen Energiearten bietet sich aufgrund der Verfügbarkeit, der vergleichsweise einfachen Erzeugung, Speicher- und Übertragbarkeit, vor allen anderen elektrische Energie an. Diese Lösung steht zudem in Einklang mit der Tendenz den Antriebsstrang bzw. das Fahrzeug zunehmend zu elektrifizieren. Heute zur Verfügung stehende Bordnetzarchitekturen lassen in einem entsprechend ausgerüsteten 12 V Bordnetz elektrische Leistungen von etwa 2,5 kW kurzzeitig zu. Besonders interessant in diesem Zusammenhang aber sind 48 V Bordnetze, die zunehmend in Fahrzeugen besonders zur Verbesserung des Energie-Rekuperations-Vermögens und damit zur Verbesserung der CO 2 -Emission eingesetzt werden. Hier sind für einen Hochleistungsverbraucher Leistungen von 8 kW, möglicherweise auch mehr, für eine begrenzte Zeit darstellbar, so dass eine transient wirkende elektrisch unterstütze Aufladung heute tatsächlich in Serie realisiert werden kann. Mit zunehmender Bordnetzkapazität ist auch ein stationärer Einsatz elektrisch getriebener Komponenten im Zusammenspiel mit einem Abgasturbolader vorstellbar. Durch eine elektrisch unterstützte Aufladung kann sehr gutes Ansprechverhalten aus tiefsten Drehzahlen in hohen Gängen mit hoher Nennleistung kombiniert werden. Zudem stellt die Trägheit des Übertragungsverhaltens des Luftpfades besonders für Dieselmotoren einen 183 <?page no="194"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte wichtigen Problempunkt dar. In Beschleunigungsvorgängen kann das sich in der Ladeluftstrecke befindliche rückgeführte Abgas nicht schnell genug ausgespült werden, wodurch der Luftmassenüberschuss bei kontinuierlicher Steigerung der Motorlast durch die Erhöhung der Einspritzmenge aufgebraucht wird. Durch Einspeisung von zusätzlicher Energie in das Aufladesystem kann durch die damit verbundene Dynamisierung des Luftpfades die Verweildauer in der Rußbegrenzung deutlich reduziert werden. BorgWarner Turbo Systems hat sich bereits beginnend mit dem Jahr 2000 mit elektrisch unterstützter Aufladung beschäftigt und verschiedene Systeme vorentwickelt und bewertet, so dass heute ein klares Bild über das jeweilige Potential der jeweiligen Konzepte für verschiedene Fahrzeuganwendungen vorliegt [23]. 3.2.1 Elektrisch angetriebener Verdichter (eBooster ® ) plus Turbolader Das eBooster ® - Aufladesystem besteht aus einer Reihenschaltung eines Turboladers und eines elektromotorgetrieben Strömungsverdichters - dem eBooster ® (siehe Bild 9). Das System arbeitet zweistufig, d.h. die Druckverhältnisse von Turbolader und eBooster ® multiplizieren sich. Bei der applikationsspezifischen Auslegung werden beide Verdichter aufeinander abgestimmt, um das Gesamtkennfeld zu optimieren. Der eBooster ® kann dabei in Strömungsrichtung vor oder nach dem Turbolader oder vor oder nach dem Ladeluftkühler angeordnet werden. Um die Druckverluste in der Saugbzw. der Druckleitung bei nicht-aktivem eBooster ® -Betrieb zu minimieren, wird das Aufladesystem durch einen Bypasskanal mit selbst- oder fremdgeschaltetem Ventil vervollständigt. Bild 9: Schema des eBooster ® -Aufladesystems und eBooster ® Aus Gründen der Bordnetzkapazität wird die elektrische Unterstützung - d.h. der zweistufige Betrieb - rein transient eingesetzt, d.h. der aktive Betrieb des eBoosters ® liegt je nach Betriebszustand des Fahrzeugs jeweils im Bereich einiger weniger Sekunden. Eine im Hinblick auf die Bordnetzkapazität mögliche Arbeitsweise dieses Systems ist ein Verbundbetrieb von eBooster ® und Turbolader unterhalb einer bestimmten Motordrehzahl, also beim Anfahren und in transienten Betriebsphasen, während stationär oder oberhalb dieser Motordrehzahl der Turbolader alleine die Aufladung bewerkstelligt. Ist der eBooster ® aktiv, baut er im Gegensatz zu einem 184 <?page no="195"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte klassischen zweistufigen Turboaufladesystem Ladedruck ohne zusätzlichen Abgasgegendruck auf. Vorzugsweise stammt die elektrische Energie zum Antrieb des eBoosters ® aus Rekuperationsphasen, beispielsweise aus dem Brems- oder Schubbetrieb. Die Aufgabe des eBooster ® -Aggregats ist es in kürzest möglicher Zeit ein bestimmtes, möglichst hohes Druckverhältnis darzustellen; bei der Auslegung der Maschine kommt dabei dem Verhältnis aus dem Massenträgheitsmoment der Welle und dem Drehmoment des Elektromotors eine wichtige Bedeutung zu. Zum Einsatz kommen aus verschiedensten Gründen, nicht zuletzt wegen der hohen Leistungsdichte, dem hohen Wirkungsgrad und der guten Akustik permanent erregte Synchronmaschinen. Die Welle ist in lebensdauerfettgeschmierten Wälzlagern gelagert. Die Leistungselektronik ist auf der Verdichterrückwand in das Gehäuse integriert, um gute Kühlung, attraktive Abmessungen und ausreichende elektromagnetische Verträglichkeit zu erreichen. Bild 10 : eBooster® im Fahrzeug, eBooster® mit Bypass Bild 10 zeigt den Blick in den Motorraum eines Minivans (1,5 l Dieselmotor), in dem ein eBooster ® -Aufladesystem installiert wurde. Sowohl der mechanische wie auch der elektrische Umbau des Fahrzeugs wurde im BorgWarner Turbo Systems Entwicklungszentrum in Kirchheimbolanden durchgeführt, ebenso die regelungstechnische Einbindung des Aufladesystems in die Motorsteuerung und die Applikation. Als Bypassventil wurde eine Drosselklappe mit elektrischem Steller eingesetzt. Der hier zum Einsatz kommende eBooster ® ist für eine Bordnetzspannung von 12 V und eine maximale Stromaufnahme von 200 A ausgelegt. Bei der Nenndrehzahl von 65000 U/ min wird ein Druckverhältnis von 1,3 dargestellt und die Hochlaufzeit aus dem Stillstand beträgt unter 300 ms. Der serienmäßig verbaute Turbolader dieses Motors wurde nicht modifiziert. Das Fahrzeug wurde auf definierten Fahrstrecken betrieben und alle relevanten Größen protokolliert und ausgewertet. Basierend auf den ersten Messergebnissen wurde eine Optimierung der Kalibrierung hinsichtlich Performance durchgeführt. Bild 11 zeigt den gemessenen Time-to-Speed-Verlauf für eine Volllastbeschleunigung im 3. Gang vor und nach der Optimierung der Kalibrierung jeweils mit aktiviertem und nicht-aktiviertem eBooster ® . Es wird deutlich, dass durch die elektrische Unterstützung selbst in einem konventionellen (leicht modifizierten) 12 V Bordnetz bei 185 <?page no="196"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte dem gezeigten Beschleunigungsversuch eine deutliche Verbesserung erreicht werden kann. Bild 11: „Time-to-Speed“ und zurückgelegte Fahrstrecke nach 8s Neben der beschriebenen Leistung (12 V, 200 A) wurde der eBooster ® auch mit geringeren Stromstärken betrieben und gezeigt, dass bereits elektrische Leistungen unter 1 kW eine deutlich messbare Reduzierung der Beschleunigungszeiten gegenüber der Basis bewirken können. Im Jahr 2017 wird zunächst der 48 V-eBooster ® seinen ersten Serieneinsatz in einem Ottomotor haben. Die noch leistungsfähigere Nachfolgegeneration für dieses Produkt ist bereits in der Entwicklung. Dieser 48V-eBooster ® wird dann unter üblichen Randbedingungen in deutlich unter 300 ms ein Druckverhältnis von bis zu 1,6 darstellen können, in der Leistungsspitze bis zu 6,2 kW aufnehmen und stationär mit einer elektrischen Leistung vom etwas mehr als 3 kW boosten können. 3.2.2 Elektrisch unterstützter Turbolader Eine weitere Möglichkeit zur elektrischen Unterstützung der Abgasturboaufladung besteht in der Integration eines Elektromotors auf der Turboladerwelle, beispielsweise zwischen den Lagern [13], vergl. Bild 12. Es wurde aber auch über andere geeignete Anbauorte berichtet, vergleiche beispielsweise [14]. Neben dem Elektromotor kommt als weitere Komponente die Steuer- und Leistungselektronik hinzu, die vorzugsweise trotz der höheren thermischen Belastung unter anderem aus Gründen der elektromagnetischen Verträglichkeit und nicht zuletzt der Kosten an geeigneter Stelle in das Gehäuse integriert werden muss. 186 <?page no="197"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte Ein elektrisch unterstützter Turbolader bewirkt trotz Erhöhung des Massenträgheitsmoments des Laufzeugs durch direkte Einspeisung zusätzlicher Energie in die Welle des Laders ein spürbar verbessertes transientes Verhalten in Betriebspunkten, in denen noch wenig Abgas zur Verfügung steht. Das Potential im transienten Betriebsverhalten hängt dabei wie beim eBooster ® in erster Linie von der zur Verfügung stehenden elektrischen Leistung und damit der elektrischen Infrastruktur des Fahrzeugs ab. Einer Verbesserung der stationären Kennwerte sind Grenzen gesetzt, da systembedingt durch die einstufige Aufladung die Betriebspunkte innerhalb der gegebenen Verdichterkennfeldgrenzen liegen müssen, durch die elektrische Unterstützung, d.h. durch die Bereitstellung zusätzlicher Energie in transienten Fahrzuständen, werden die stationären Grenzen des Kennfeldes aber schneller erreicht. In diesem Zusammenhang könnte sich ein interessanter Einsatz für einen variablen Verdichter (vgl. Kapitel 3.1.2) ergeben. Bild 12: Schaltschema eines elektrisch unterstützten Turboladers und ausgeführte Konstruktion Der Elektromotor des elektrisch unterstützte Turboladers kann auch generatorisch betrieben und so Energie über das Aufladesystem rekuperiert werden, eine technische Lösung, die auch in der aktuellen Formel 1 Motorentechnologie Anwendung findet. Durchgeführte Analysen zum Potential einer Rekuperation von elektrischer Energie über das Aufladesystem unter zugrunde Legung der bekannten gültigen und neuen Fahrzyklen haben aber gezeigt, dass für Pkw-typische Anwendungen nur eine vergleichsweise kleine Energiemenge rekuperiert werden kann. Im Nutzfahrzeugbereich ist dieses Potential aber je nach Einsatzprofil größer und damit durchaus relevant. Der Serieneinsatz für den elektrisch unterstützten Turbolader, der bei BorgWarner den Markennamen eTurbo TM trägt, wird nach 2020 erwartet. 4 Zusammenfassung Im Fokus der Entwicklung stehen neben der evolutionären Weiterentwicklung einzelner Komponenten besonders für den Ottomotor die verstärkte Nutzung der Abgaspulsenergie, wofür sich besonders die DualVolute-Turbinenbauart, die gegenüber der TwinScroll ein besseres Trennungsverhalten aufweist, eignet. Nachdem sich Variabilitäten auf der Turbinenseite bewährt haben könnte eine Variabilität auf der 187 <?page no="198"?> 11 Aufladung - Entwicklungsstand und -perspektiven verschiedener Laderkonzepte Verdichterseite den Einsatzbereich der Monoaufladung durch Erweiterung des Verdichterkennfeldes zu kleineren Durchsätzen mit attraktiven Wirkungsgraden hin deutlich vergrößern. Wälzgelagerte Turbolader sind bereits von Anbeginn der Turboaufladung bekannt, jedoch ist es erst in jüngster Zeit gelungen, den Zielkonflikt aus Performance, Lebensdauer, akustischer Verträglichkeit und Kosten zu lösen und diese Technik in die Großserie zu überführen. Ein wichtiger Entwicklungsschwerpunkt liegt derzeit auf der elektrisch unterstützten Aufladung, die neben anderen Vorteilen die transiente Charakteristik in hervorragender Weise verbessert. Mit zunehmender Bordnetzkapazität kann die elektrisch unterstützte Aufladung einen wichtigen Beitrag auch in stationären Betriebsphasen des Motors leisten. Dank Der Autor dankt den Herren Dr. S. Karstadt, Dr. S. Weiske, G. Spinner und J. Devlin für die Unterstützung. Literatur [1] Brune, K.-H.; Matyschok, B.; Stoffels, B.; Münz, S.: CFD-analysis of the flow consisting of two components and/ or two phases in a turbocompressor. Proceedings of FEDSM2006, 2006 ASME Joint U.S.-European Fluids Engineering Summer Meeting, July 2006, Miami, FL [2] Münz, S.; Römuss, C.; Schmidt, P.; Brune, K.-H.; Schiffer, H.-P.: Abgasrückführung - Grundlagenuntersuchungen und Maßnahmen zur Ertüchtigung des Laders. 12. Aufladetechnische Konferenz, Dresden, 2007 [3] Davies, P.; Jeckel, D.; Figura, G.; Bathelet, P.: 20 Years of VNT TM Technology : Past, Present, Future. 20. Aufladetechnische Konferenz, Dresden 2015 [4] Steinparzer, F.; Stütz, W.; Staub, P.; Raschl, P.: Der neue zweistufig aufgeladene 4-Zylinder Dieselmotor auf Basis der kommunalen BMW Diesel/ Otto- Motorenfamilie. 20. 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MTZ, Ausgabe 9/ 2015 189 <?page no="200"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge Sebastian May, Björn Fagerli, Marcus Podack, Hans Joachim Schröder Abstract Brose is developing an electric driven compressor for automotive air conditioning applying 48V technology. The compressor unit consists of a compression unit, electric motor and power electronics within a common housing. The motivation for introduction of 48V technology in automotive is driven by governmental regulation of 95g/ km CO 2 emission. A list of energy saving modes and therefore CO 2 emission reduction potential is shown, which is suitable for 48V technology. The ratio of advantages with 48V technology (mild hybrid) and the cost of this technology make it suitable for high volume. The demand for electric driven compressors will increase in the future based on governmental laws, requests for higher comfort and the general technical trend in the automotive business. An overview on the driving forces is given. The compressor unit developed by Brose is designed first of all for chemical refrigerant R-1234yf but the natural refrigerant R-744 (CO 2 ) is also being pursued. The compressor applies scroll technology for the compression unit, which is the most optimal combination of packaging, energy efficiency, and costs. Brose’s “powertrain”, which consist of motor and power electronics is designed for compactness as well as high energy efficiency at an affordable price. Kurzfassung Zurzeit entwickelt Brose einen elektrischen Kältemittelverdichter für die Fahrzeugklimatisierung. Dabei wird das 48V Bordnetz mit berücksichtigt. Das gesamte Verdichter-Aggregat ist aus einer Verdichtereinheit, einem Elektromotor und einer Leistungselektronik aufgebaut, die in einem gemeinsamen Gehäuse untergebracht werden. 190 <?page no="201"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge Maßgeblich bedingt durch gesetzliche Bestimmungen und steigenden Komfortanspruch, wird der Markt für elektrische Kältemittelverdichter in Zukunft größer werden. Weitere Gründe, die für die Einführung solcher Systeme sprechen, werden im Verlauf dieses Artikels aufgezeigt werden. Die Motivation hinter der Einführung der 48V Technik, ist die gesetzliche Regelung der 95g/ km Grenze für die CO 2 Flottenemission der europäischen Automobilhersteller. 48V ermöglicht die Konzeption verschiedener neuer Systeme bzw. führt dazu, dass bereits vorhandene Geräte effizienter arbeiten. Dadurch wird eine Verringerung des CO 2 Ausstoßes möglich. Ein kurzer Überblick über solche Systeme wird im Folgenden gegeben werden. Die Vorteile der 48V Technologie und die damit verbundenen Kosten stehen in einem ausgewogenen Verhältnis, was wiederum Marktpotenzial für große Volumen aufzeigt. Allgemein wird die Brose-Verdichtereinheit für das Kältemittel R1234yf ausgelegt. Eine Verwendung des „natürlichen“ Kältemittel R-744 (CO 2 ) wird jedoch ebenfalls weiter verfolgt. Der Verdichter selbst verwendet die Scroll-Technologie. Diese bietet die beste Kombination aus Packaging, Wirkungsgrad und Kosten. Der Antrieb des Verdichters, der aus Elektromotor und Leistungselektronik besteht, ist auf Kompaktheit und einen hohe Wirkungsgrad bei niedrigen Kosten ausgelegt. 1 Aufbau der PKW Klimaanlage Die traditionelle Hauptaufgabe einer Fahrzeugklimaanlage ist es, die Luft in der Fahrgastzelle auf eine für den Fahrer und die Passagiere angenehme Temperatur zu kühlen. Um dies zu bewerkstelligen, besteht sie im Grunde aus 5 Hauptkomponenten (Bild 1), die zusammen einen geschlossenen Kreislauf bilden, der mit einem Kältemittel gefüllt ist. Eine dieser Komponenten ist der sogenannter Verdampfer, der als fahrzeugseitiger Wärmetauscher fungiert. Dementsprechend ist er direkt am Innenraum montiert. Des Weiteren wird ein Kompressor benötigt. Dieser ist bei Fahrzeugen mit konventionellen Verbrennungsmotoren über einen Riemen direkt vom Motor angetrieben. Dieser Riemenantrieb kann vergleichsweise einfach durch einen Elektromotor ersetzt werden. Daraus ergeben sich verschiedene Vorteile, auf die im weiteren Verlauf dieses Texts, noch genauer eingegangen wird. 191 <?page no="202"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge Bild 1: Kältemittelkreis Der Verdichter erhöht den Druck im Kältemittel und damit auch dessen Temperatur. Dies ist nötig, um die im Verdampfer aufgenommene Wärme im Kondensator wieder abgeben zu können. Der Kondensator ist zusammen mit dem Motorkühler an der Front des Fahrzeugs angebracht. Die Hoch- und Niederdruckseite des Klimakreislaufs sind durch ein Expansionsventil voneinander getrennt. In modernen Klimaanlagen findet man häufig mehrere Verdampfer, zum einen, um eine Mehrzonenklimatisierung zu realisieren und zum anderen, um die Batterien in Elektro-und Hybridfahrzeugen zu kühlen. Außerdem ist es möglich, den Kältekreislauf als Wärmepumpe zu verwenden, um den Innenraum im Winter effizient zu heizen. Dies ist vorallem bei elektrisch getriebenen Fahrzeugen sinnvoll, da diesen keine oder nur eine geringe Motorabwärme zur Verfügung steht. Die Wärmepumpenfunktion kann durch ein verhältnismäßig einfaches 4-Wege-Ventil im System realisiert werden. Durch die Kombination von Kühlen, Heizen, Mehrzonenklimatisierung und Batterietemperierung erhöht sich entsprechend die Komplexität des gesamten Thermomanagements im Fahrzeug. Weiterführend wird durch eine Klimaanlage auch noch eine Entfeuchtung des Innenraums gewährleistet, um zum Beispiel im Frühling und Herbst ein Beschlagen der Frontscheibe zu vermeiden und somit für freie Sicht zu sorgen. 192 <?page no="203"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge Als Kältemittel werden in der Regel halogenierte Kohlenwasserstoffverbindungen eingesetzt. Mitte der 1930er Jahre wurde als erstes chemisches Kältemittel R12 einführt. Aufgrund seines hohen Ozon-Abbau-Potenzials wurde dieses, neben anderen Treibhausgasen, Anfang der 1990er Jahre verboten und hauptsächlich durch das Mittel R-134a ersetzt. R-134a wiederum wurde vor kurzem wegen seines zu hohen globalen Treibhauspotenzials auch in Neufahrzeugen verboten. Daher wird heute meist R-1234yf verwendet. Es erfüllt die Anforderungen des Ozonabbau- und Treibhauspotenzials, aber im Fall von Feuer entsteht ätzende Flusssäure und deshalb ist es derzeit stark umstritten. Der augenscheinlich einzige Ersatz, der alle Umwelt-und Sicherheitsanforderungen erfüllt und dabei sowohl in Klimaanlagen als auch in Wärmepumpen verwendet werden kann, ist das Kältemittel R-744 (CO 2 ). CO 2 -Klimaanlagen in Kraftfahrzeugen werden daher seit einigen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und werden hinsichtlich ihrer praktischen Verwendbarkeit geprüft. 2 Elektrischer Kältemittelverdichter für PKW Klimatisierung Ein typischer elektrisch angetriebener Kältemittelverdichter, kurz eKMV, besteht aus einer Leistungselektronik-, einem Elektromotor- und einer Verdichter-Einheit, welche in dem hier vorgestellten Ansatz als Scroll-Verdichter ausgeführt ist. Bild 2: Schnitt Bild Elektrisch Kältemittelverdichter Bild 2 zeigt ein Gehäusekonzept eines solchen Verdichters mit der Position der obengenannten 3 Hauptkomponenten. Der Verdichterkopf (Pos. 3) verdichtet das Kältemittel. Der Motor (Pos. 2) ist von Kältemittel und Öl umgegeben. Im Gegensatz dazu ist die Elektronik( Pos. 1) von atmosphärischer Luft umgeben. Daher muss ein gasdichter Motoranschluss eingesetzt werden. 193 <?page no="204"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge Tabelle 1: Hauptmerkmale eines elektrischen Kältemittelverdichters für PKW Klimaanlagen Characteristic: Data Verdichtertyp Ölgeschmierter Scroll Max. Kühlleistung 8 kW (abhängig von PKW Größe) Max. Druck des Kältemittels 30 bar Eingangsleistung 6 kW (abhängig von PKW Größe) Motordrehzahl 800 to 8500 1/ min Motortyp Sensorlos Brushless DC Spannungsebene LV (48V) & HV (288V) Kommunikation LIN Öltyp PAG Aussendurchmesser 123 mm Länge 210 mm Gewicht 6,5 kg Der Motor und die Leistungselektronik werden durch das Kältemittel gekühlt, welches kontinuierlich auf der Saugseite des Verdichters eintritt. Die Temperatur des Kältemittels am Eintritt beträgt ungefähr 5 bis 10°C. Bis es den Verdichterkopf erreicht, kann es durch die elektrische Verlustleistung bis auf 40-50 °C erhitzt werden. Nach der Verdichtung darf das Gas eine maximale Temperatur von 165°C erreichen, wobei dies stark von den Betriebsbedingungen abhängt. Der Verdichter ist auf eine Lebensdauer von 13.000h ausgelegt. Hierbei sind alle Betriebsmodi (Kühlen, Heizen und Konditionierung) berücksichtigt. Von besonderer Wichtigkeit ist die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV). Diese ist besonders bei 48V Anwendungen anspruchsvoll. 3 Warum 48V Technologie (elektrischer Kältemittelverdichter) Es hat ungefähr 10 Jahre gedauert, seit dem Scheitern des 42V Bordnetzes, bis die Idee einer höheren Bordnetzspannung im KFZ eine Wiederbelebung erfuhr. In den letzten 3-4 Jahren wird diese Technologie wieder intensiv verfolgt und weiterentwickelt. Die größten Unterschiede liegen darin, dass zum einen die Spannung nun auf 48 Volt festgelegt wurde, da dies die Spannung ist, bei der eine etwaige Überspannung immer noch unterhalb der 60V Berührschutzgrenze liegt. Zum andern soll das Standard 12V Netz erhalten bleiben und 48V nur für spezielle Verbraucher eingesetzt werden, die von einer höheren Spannung direkt profitieren können. Die Motivation zur Einführung eines 48V Bordnetzes ist die gesetzliche Bestimmung der EU, nach der die CO 2 Flottenemission der europäischen Autohersteller nicht mehr als 95g/ km betragen darf. Wenn dies nicht erreicht wird, müssen die Produzenten hohe Strafen zahlen. Es wird geschätzt dass alleine durch folgende Maßnahmen eine Reduzierung von bis zu 10% möglich ist: 194 <?page no="205"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge - Start-Stopp Automatik - Segeln - Rekuperation beim Bremsen - Boosten durch Elektromotor Dies würde die Kosten für die Umsetzung der 48V Technologie (Mild Hybrid) rechtfertigen. Auch bietet die 48V Technologie den Vorteil, dass sie Verbrauchern hoher Leistung ein Spannungsniveau bietet, welches die Lastströme in einen vertretbaren Bereich drückt und damit die leitungs- und schaltbedingten Verluste reduzieren hilft. Beispiele dafür sind - Kühlerlüfter-Module - Elektrischer Klimakompressor - Anlasser - Elektrischer Turbolader - Zusatzheizungen Durch den höheren Wirkungsgrad der Einzelkomponenten, wird auch die CO 2 Emission reduziert. Die Nachfrage von Elektro- und vor allem Hybridfahrzeugen steigt weltweit. Continental schätzt, dass 2025 rund 25% der neu zugelassenen Fahrzeuge Hybrid- oder Elektroautos sind (Bild 3). Auch nimmt man an, dass die Hälfte der Fahrzeuge ein 48V Bordnetzt nutzen. Die Vorhersage sagt auch, dass bis 2020 bereits 4 Millionen Fahrzeuge die 48V Technik nutzten werden. Bild 3: Marktentwicklung elektrifizierter Antriebe bis 2023 (Quelle: IHS, 2016) 4 Warum ein elektrischer Kältemittelverdichter (eKMV) Die Nutzung eines eKMV, anstatt eines konventionellen Kältemittelverdichters im KFZ, ist getrieben durch gesetzliche Bestimmungen, erhöhten Komfortbedarf, technische Weiterentwicklung und allgemein neuen Anwendungen. 195 <?page no="206"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge A) Die gesetzlichen Bestimmungen zur Reduzierung des CO 2 Ausstoßes von Fahrzeugen führen zur vermehrten Einführung von Start-Stopp-Automatik und dem Segeln-Modus in PKWs. Dabei ist der Verbrennungsmotor ausgeschaltet. Eine Klimatisierung ist in diesem Zeitraum nur möglich, wenn der Klimakompressor unabhängig vom Verbrennungsmotor betrieben werden kann. Dies ist bei elektrischen Klimakompressoren gegeben. B) Eine weitere gesetzliche Bestimmung ist, dass Verbrennungsmotoren nicht länger als notwendig im Stand betreiben werden dürfen. Dies betrifft vor allem LKW-Fahrer, die beim Parken noch eine Klimatisierung der Fahrerkabine wünschen. Daher werden immer mehr LKW mit elektrisch getrieben Klimakompressoren ausgerüstet. C) In Fahrzeugen aus dem Premiumsegment wird das Interesse für Standklimatisierung größer. Der eKMV kann dies problemlos bedienen. D) Einige Automobilhersteller haben bereits einen riemenlosen Motor angekündigt. Dafür müssen alle Nebenaggregate, auch der Klimakompressor, durch Elektromotoren angetrieben werden. E) Lithium Akkumulatoren, die in Hybridfahrzeugen eingesetzt werden, müssen im Betrieb auf einer optimalen Temperatur gehalten werden, um Schaden zu vermeiden und eine hohe Lebensdauer zu gewährleisten. Dies ist auch nötig, wenn der Verbrennungsmotor ausgeschaltet ist, oder das Fahrzeug an einer Ladestation geladen wird. Da der eKMV unabhängig vom Betriebszustand des Verbrennungsmotors betrieben werden kann, ist dies problemlos möglich. F) Ein Elektrofahrzeug benötigt ein System, um den Innenraum zu kühlen und zu heizen. Außerdem, wird ein System benötigt, um die Batterie während des Betriebs und des Ladens auf einer optimalen Betriebstemperatur zu halten. Ein elektrischer Kältemittelverdichter, ist das einzige System, das dies effizient leisten kann. G) Das Energiemanagement im Fahrzeug kann den elektrischen Kältemittelverdichter effizient regeln. Das ist bei einem konventionellen, riemengetriebenen Aggregat nicht ganz so einfach möglich. H) Die Scroll-Technologie eines eKMV erreicht einen besseren Wirkungsgrad als ein riemengetriebener Kolbenverdichter, der unter Teillast arbeitet. I) Der elektrische Kältemittelverdichter bietet eine höhere Flexibilität bei der Einbauposition als ein konventioneller Verdichter, da dieser unabhängig vom Verbrennungsmotor arbeitet. 5 Der elektrische Kältemittelverdichter von Brose Der elektrische Kältemittelverdichter für die Klimaanalage im Fahrzeug wurde von Brose neu entwickelt. Wie zuvor bereits erwähnt, besteht er aus einer Verdichtereinheit und einem Antriebsstrang, der aus Elektronik und Motor besteht. 196 <?page no="207"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge Bei der Realisierung des Antriebskonzeptes für einen riemenlos ausgeführten Klimakompressor greift Brose auf die langjährige Erfahrung bei der Entwicklung und der automobilgerechten Fertigung von leistungsstarken elektromotorischen Antrieben zurück, die sich auch unter den rauen Umweltbedingungen eines in allen denkbaren Klimazonen eingesetzten Fahrzeugeinbaus bewähren. Im Folgenden werden die drei Hauptkomponenten des Verdichters vorgestellt und kurz erklärt. 5.1 Der Brose Verdichterkopf Der elektrische Kältemittelverdichter, den Brose entwickelt, wird nach dem Scrollprinzip aufgebaut sein. Andere Verdichterbauarten wie der Kolben- oder Flügelzellenverdichter, besitzen einen oder mehrere große Nachteile, so dass diese für diese Anwendung nicht geeignet sind. In stationären Anwendungen, wie kleinen Wärmepumpen und Klimageräten, ist der Scrollverdichter bereits häufig anzutreffen. Dabei sind Lebensdauern von bis zu 30.000h dort typisch. In automobilen Anwendungen mit Riemen ist trotzdem der Kolbenverdichter die vorherrschende Bauart. Der Hauptgrund ist, dass dieser, im Gegensatz zum Scrollverdichter, mit einem variablen Fördervolumen konstruiert werden kann. Dadurch kann, trotz Riemenantrieb, die Kühlleistung reguliert werden. Beim Scrollverdichter, wird dies über die Drehzahl des Elektromotors erreicht. Das erste Patent zur Scroll-Technologie ist mehr als 100 Jahre alt und wurde von einem Franzosen eingereicht. In den folgenden Jahrzehnten, wurde der Scroll als Pumpe für Flüssigkeiten verwendet und seit den 1980er Jahren, als die CNC Technik sich etablierte, auch als Gasverdichter. Die CNC Technik ermöglichte Scrollschnecken mit sehr kleinen Toleranzen herzustellen, die für das Verdichten von Gasen erforderlich sind (z.B. Wandstärken +- 5 um). Bei zu groben Toleranzen ergeben sich schlechte Wirkungsgrade und ein unrunder Lauf. Bild 4: Scroll Teile und Arbeitsprinzip 197 <?page no="208"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge Das Bild 4 zeigt die Einzelteile der Scrollverdichterschnecke. Dabei gibt es jeweils einen orbitierenden Scroll und einen feststehenden Scroll. Auf der rechten Seite (Bild 4), ist das Arbeitsprinzip einer Scrollmaschine aufgezeigt. In der ersten Zeile wird der Ansaugprozess aufgezeigt, dieser wird innerhalb von einer Wellenumdrehung vollzogen. Dabei wird das Gas, über den Einlassquerschnitt (ein gegenüberliegendes Paar) von außen angesaugt. Bei der nächsten Umdrehung (zweiter Reihe) wird das Gasvolumen komprimiert und somit der Druck im Gas erhöht. Während der letzten Umdrehung verlässt das Gas den Kompressionsraum durch ein Loch in der Mitte des Scroll. Bild 5: Scroll Profil Vergleich Brose hat verschiedene Scroll Profile untersucht, um den Verdichtungsprozess im Vergleich zu üblichen Designs zu optimieren. Das Ziel der Optimierung war, den Wirkungsgrad zu verbessern und den Bauraum des Verdichters zu verkleinern. Das Scroll Profil, das in Bild 5 dargestellt ist, ist für das Kältemittel R-744 ausgelegt. Die mathematischen Gleichungen und der Ablauf der Konstruktion lassen sich aber auf alle Arten von Kältemittel anwenden. Das von Brose entwickelte Profil ist gegenüber herkömmlichen Profilen verkürzt und erlaubt eine Durchmesserverkleinerung um bis zu 7%. Dabei bleiben Kompressionsvolumen und Kühlleistung unverändert. Des Weiteren ist beim Brose-Profil der Strömungsquerschnitt des Einlasses größer. Dies verringert die Verluste durch unvollständige Füllung der Saugräume und erhöht somit den volumetrischen Wirkungsgrad. Ein großer Vorteil des Brose-Scrolls ist, dass der Druckanstieg innerhalb der Verdichterräume schneller vonstattengeht. Dies sorgt für eine geringere innere Gasleckage. Damit gehen ein höherer Wirkungsgrad und eine geringere Temperatur des Gases am Auslass einher. 198 <?page no="209"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge d dP dP* d * Seal- Off Bild 6: Interner Gas-Druckprozess in der Scroll-Kammer Auch ist der Druckabfall am Ende des Auslassvorgangs (Siehe Bild 6„Seal off“) geringer. Durch diesen verringerten Druckabfall, ergibt sich ein gleichförmigerer Drehmomentverlauf an der Welle und somit auch allgemein ein günstiges Verhalten bezüglich Schwingungen. Weiterhin trägt auch die längere Auslassventilöffnungszeit, zu einer kleineren Druckpulsation bei. Zusammengefasst zeigt das Brose-Scrollprofil einige herausragende Eigenschaften, welche insgesamt zu einem besseren Verdichterkonzept führen, als derzeit auf dem Markt verfügbar sind. 5.2 Brose Elektromotor Bei der Elektrifizierung des Klimakompressors hat Brose konsequent auf einen elektronisch kommutierten Motor gesetzt. Diese Motoren haben in kleineren Leistungsklassen bei Brose bereits Tradition und verrichten Ihre Arbeit in Millionen von Kühlerlüfter Gebläsen und Lenkungssystemen im Fahrzeugmotorraum zuverlässig und ausfallsfrei während einer gesamten Fahrzeuglebensdauer. Auch in der Leistungsklasse von 6kW, wie sie bei der Realisierung einer hochwertigen Klimatisierung erforderlich ist, vertraut Brose auf Motoren dieser Bauart. Durch den Wegfall eines mechanischen Kommutators und der damit einhergehenden berührungslosen Steuerung, entsteht ein Antrieb mit hoher Zuverlässigkeit und Lebensdauer. Der Motor bietet zudem, dank einer präzisen Abstimmung des magnetischen Kreises, einen sehr guten Wirkungsgrad. Eine Vielzahl von Topologien von bürstenlosen Motoren wurde untersucht. Asynchronmaschinen, Reluktanzmaschinen, Permanentmagnet-assistierte-Reluktanz- 199 <?page no="210"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge maschinen und fremd- oder permanenterregte Synchronmaschinen. Bei einer P-SM ergeben sich hinsichtlich Bauraum, Materialeffizienz und Wirkungsgrad in Summe Vorteile gegenüber den anderen Topologien. Ein von Brose verfolgtes Konzept sieht daher vor, den Antrieb, d.h. Motor und Elektronik, mit bewährter klassischer Fertigungs-Technologie herzustellen. Brose verfügt hier über größtes Know-how und Erfahrung. Man erhält einen elektrisch, mechanisch und physikalisch prüfbaren Antrieb. Vorteile des modularen Ansatzes: Die Funktionstrennung von Antrieb und KM- Verdichtung auch mechanisch über einfache Schnittstellen auszuführen erlaubt es, Synergien zu nutzen, schneller und effektiver zu entwickeln, Varianten einfacher und kostengünstiger umzusetzen. Neben diesen Fragen der mechanischen Integration des Motors auf der einen Seite des Verdichterkopfes und auf der anderen Seite der Elektronik, gibt es die elektrische Kontaktierung bzw. den elektromagnetischen Kreis, als 2. Schnittstellen-Schwerpunkt des Motors. Die Hauptaufgabe eines Elektromotors ist die Wandlung von elektrischer in mechanische Leistung, also Strom und Spannung in Drehmoment und Drehzahl und das mit einem möglichst hohen Wirkungsgrad. Die Verluste in Antrieb, Elektronik und Motor führen zu Erwärmung. Wird die Wärme nicht abgeführt, oder der Antrieb abgeregelt, kommt es zur Überhitzung und thermischem Versagen von Elektronik- oder Motorkomponenten. D.h. nur weil beim eKMV der Antrieb, d.h. Motor und Elektronik durch das Sauggas mit gekühlt werden, sind überhaupt die kleinen Abmessungen und Gewichte des Antriebs möglich. Kleine Abmessungen bedeuten weniger Material und weniger Kosten. Der Nachteil der Sauggaserwärmung vor dem Verdichter ist zwar schlecht für den Verdichterwirkungsgrad, wird aber als Kompromiss in Kauf genommen. Ein hoher Antriebs-Wirkungsgrad ist demnach wichtig, denn er reduziert die abzuführende Abwärme, erhöht den Gesamtwirkungsgrad und damit auch die Lebensdauer der Antriebskomponenten. Die Unterschiede zwischen einem Hochvolt- und Hochstrom- (48V) Antrieb sind wie zwei Extrema. Bild 7: Wicklungsunterschied - Hoch Volt (288V) und Nieder Volt (48V) 200 <?page no="211"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge Bei Hochvolt hat man viele Windungen und dünne Drähte. Hier 7 Wickellagen. Bei Hochstrom hat man wenig Windungen und dicke Drähte. Hier 2 Wickellagen. Hochvolttechnologie ist bekannter Stand der Technik. Es gibt ausreichend Halbleiter und bewährte Wickeltechnologien. Allerdings auch viele Wickellagen (Bild 7), was hohe Wickelköpfe und damit Bauraum erfordert. Weiterhin tragen diese Wickelköpfe nicht zur Drehmomentbildung bei und sind de facto nur ohmsche Verluste. Bei 48V und damit Hochstrom steht man vor einer Reihe anderer und neuer Herausforderungen. Z.B: Halbleiterverfügbarkeit, Verbindungstechnik, aber auch Wickeltechnik. Wie stellt man eine Wicklung mit 3,5mm Cu-Draht, 5 Windungen und 2 Lagen her? Brose verwendet seit 2006 eine Spulenwickeltechnik, die es erlaubt, große, runde wie auch rechteckige Drahtquerschnitte ohne Drahtbeschädigungen zu wickeln. Weiterhin ist neben der Vermeidung von Drahtbeschädigungen ein höherer Kupferfüllfaktor möglich, da auch Drahtkreuzungen in der Nut technisch vermieden werden. Dies bewirkt einen höheren Wirkungsgrad und damit mehr Leistung, einen kürzeren Motor bzw. weniger Materialkosten. Um den Füllfaktor und die damit verbundenen Vorteile weiter zu nutzen wurde die s.g. gebaute Wicklung weiter entwickelt. Zentrales Ziel ist Wirkungsgrad zu steigern, was sich auf verschiedene Art und Weise nutzen lässt. Neben der gebauten Wicklung (Brose) gibt es weitere technologische Ansätze z.B. von Fraunhofer s.g. gegossene Spulen mit gleichem bauraumtechnischem Ansatz. Bild 8: Cu Füllfaktoren im Vergleich - Gebaute Wicklung - Brose Patent Die Bilder zeigen, dass man durch Flachleiter den Füllfaktor signifikant erhöhen und damit zunächst einmal geringeren Widerstand bei gleicher Nut-Geometrie herstellen kann. Mit einem höheren Wirkungsgrad bedingt durch einen höheren Füllfaktor ergeben sich folgende prinzipielle Möglichkeiten. 201 <?page no="212"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge Bild 9: Ausnutzung von Wirknungsgraderhöhung Im Fall 1 erreicht man im Feldschwächebereich der Motorkennlinie mehr Leistung bzw. benötigt weniger Phasenspannung bei gleicher Leistung. Im Fall 2 kann man auf gleichem Bauraum bei gleichem Wicklungswiderstand mehr Windungen unterbringen und damit das maximale Drehmoment, bzw. das Drehmoment im Grunddrehzahlbereich erhöhen. Im Fall 3 nutzt man den hohen Füllfaktor, bzw. die Packungsdichte der einzelnen Leiter so, dass man den nicht mehr benötigten Wicklungsbauraum für eine Erhöhung des Statorinnendurchmessers verwendet. Damit steigt zunächst das Drehmoment, wird jedoch auf den alten Wert durch eine axiale Verkürzung des Motors kompensiert. Dies führt erneut zu einer Reduzierung des elektrischen Widerstandes, so dass man nach einigen Iterationen die gleiche Kennlinie mit einem ca. 20% kürzeren Motor und damit einen Material-Kosten-günstigen Motor erreicht. Aufgrund einer Wicklungs-Lage sind die Wickelköpfe bedingt prinzipiell sehr kurz und das hat generelle Vorteile für die axiale Länge des Motors. Weiterhin kann man das EMV System aus Antrieb, Elektronik und Motor durch die gebaute Motor-Wicklung definiert verstimmen und vermeidet Aufwand für anderweitige elektronische Kompensation oder Abschirmung. 5.3 Brose Leistungselektronik Für die Ansteuerung schlägt Brose einen neuen Weg ein, bei dem sich eine ambitionierte Leistungsdichte mit innovativer Nutzung des magnetischen Kreises und einer intelligenten Entstör-Philosophie vereinen. Eine digitalschaltende Hochleistungsendstufe steuert den Motor in einer Weise an, die ein Höchstmaß an Effizienz und kultiviert kraftvollem Lauf erlaubt. Das Schaltverfahren reduziert die Verluste in den Leistungshalbleitern und bildet mithilfe einer Pulsweitenmodulation einen quasianalogen Spannungsverlauf ab. Dadurch baut sich das Nutzmoment gleichmäßig und weitgehend frei von störenden Geräuschen auf. Das schont die Lagerung des Motors, die Dichtflächen des Kompressors und verbessert die Lebensdauer des Systems. Fall 1 Fall 2 Fall 3 202 <?page no="213"?> 12 Klimakompressorenkonzepte für konventionelle Pkw und E-Fahrzeuge Durch eine spezielle Regelung wird gewährleistet, dass die vorhandenen und erzeugten magnetischen Felder im Motor eine zu jedem Zeitpunkt optimale Leistungsfreisetzung ermöglichen. Eine besondere Schaltungstechnik reduziert dabei die fließende Wechselstrombelastung derart, dass sich ein großer Teil der sonst erforderlichen Zwischenkreis- Kondensatoren einsparen lässt. Das entlastet selbstverständlich das Bordnetz des Fahrzeuges und vermindert störende Abstrahlungen und vagabundierende Ausgleichsströme. Der geschickt genutzte Bauraum erlaubt den Einsatz hochwirksamer EMV Filter, deren Größe einer vollständigen Integration in das Klimaaggregat bislang entgegen stand. Die neu gewählte Umrichter Struktur sorgt für eine gleichmäßige Verteilung des Laststroms und ermöglicht eine höchst wirtschaftliche Ausnutzung der eingesetzten Dickkupfer-Multilayer-Leiterplatte. Es können bei gleicher Leistung, Leiterplatten mit geringerer Lagenzahl als sonst gebräuchlich verwendet werden. Die Auslegung der Brose Klimakompressor-Elektronik weist neben strukturellen auch technologische Vorteile auf, die das Kühlen der Leistungshalbleiter erleichtern und damit eine beispielhaft kompakte Lösung erlauben. Durch eine geschickte Anordnung werden spezielle Vorkehrungen zur Verbesserung der Wärmeleitung auf der Leiterplatte überflüssig. Der gewonnene Bauraum kommt der Zuverlässigkeit und der Montagefreundlichkeit zu Gute. 6 Zusammenfassung Zurzeit zeichnen sich wachsende Verkaufszahlen von Hybrid und Elektrofahrzeugen ab. Diese Entwicklung wird den elektrischen Kältemittelverdichter unabdingbar machen, um die Fahrgastzelle zu kühlen und zu heizen. Zusätzlich wird dieser für die Temperierung der Batterie benötigt. Des weiteren sind Verbrennungsmotoren ohne Riemen in Entwicklung, sodass auch dort elektrisch angetriebene Nebenaggregate notwendig werden. Daraus folgt, das die Elektrifizierung des Antriebsstrang und anderer mechanischer Komponenten ein wachsender Markt ist. Brose ist überzeugt, dass der eKMV für Fahrzeugklimaanlagen mit Hilfe der neuen Technolgien und Lösungen von Brose, sowohl energieals auch kosteneffizent realisiert werden kann. Es gibt mehrere Entwicklungen, die voraussichtlich zum Patent angemeldet werden können. 203 <?page no="214"?> Die Autoren Dr.-Ing. Uwe Meinig SHW Automotive GmbH & Co KG Bad Schussenried Dominik Baur, B.Eng. SHW Automotive GmbH & Co KG Bad Schussenried Dr.-Ing. Werner Bick FEV Europe GmbH Aachen Dipl.-Ing. R. Blum FEV Europe GmbH Aachen Dipl.-Ing. Manfred Bonkowski ContiTech Antriebssysteme GmbH Hannover Dipl.-Ing. Jürgen Boss Robert Bosch Starter Motors Generators GmbH Schwieberdingen Dipl.-Wirtschafts-Ing. (FH) Ronny Bruch Robert Bosch Starter Motors Generators GmbH Schwieberdingen Dr. Björn Fagerli Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. Kommanditgesellschaft Würzburg Dipl.-Ing. Tim Fiss ContiTech Antriebssysteme GmbH Hannover Dr.-Ing. Thomas Fink iwis motorsysteme GmbH & Co. KG München Tobias Friedrich, M. Eng. Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG Würzburg Dipl. Wirtsch.-Ing. (FH) Johannes Helmich Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG Würzburg Dipl.-Ing. Patrick Hoppe RWTH Aachen, Institut für Verbrennungskraftmaschinen Aachen Dipl.-Ing. Helge Jahn Umweltbundesamt Dessau-Roßlau Dipl.-Ing. Thomas Körfer FEV Group Holding GmbH Aachen Dr.-Ing. Herrmann-Josef Laumen FEV Europe GmbH Aachen Sebastian May Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. Kommanditgesellschaft Würzburg 204 <?page no="215"?> Die Autoren Dr.-Ing. Stefan Münz BorgWarner Turbo Systems Engineering GmbH Kirchheimbolanden Marcus Podack Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. Kommanditgesellschaft Würzburg Dr.-Ing. Klaus Rohde-Brandenburger ehem. Volkswagen AG Isenbüttel Dr.-Ing. Johannes Scharf FEV Europe GmbH Aachen Dr. Wolfgang Schöffmann AVL List GmbH Graz Hans Joachim Schröder Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. Kommanditgesellschaft Würzburg Dr.-Ing. Rüdiger Schroth Robert Bosch Starter Motors Generators GmbH Schwieberdingen Dipl.-Ing. Hermann Schulte ContiTech Antriebssysteme GmbH Hannover Dr. Helfried Sorger AVL List GmbH Graz Dipl.-Ing. Franz Zieher AVL List GmbH Graz 205 <?page no="216"?> Prof. D und 66 Wä des Energ 2016, 34 76,00 €, (Haus d ISBN 97 Zum Buc Der Zielko Fahrleistu nerseits u andererse Das Zusa Integratio technisch Das Wärm steigende In diesem lungen vo gements. strategien menpalett Die Inter - Führun und P sowie d - Softwa - Wissen schulen - Studen der ang Der Hera Prof. Dr.- Institutes Einen For Die Autore ren-, Fahr richtungen Dr.-Ing. P 6 Mitauto rmem s Kra gieman 46 S. 274 A , 99,00 CH er Technik 78-3-8169ch: onflikt zwisc ungen, Komf und sich ve eits stellt den ammenführen nsdichte sow en Lösungen me- und Ene en Energiebe m Band stelle or und ermög Dabei wird n berichtet. D te ab. ressenten: ngs- und Fa roduktion vo der Automob re-Entwickle nschaftler in n nten der Kon gewandten T ausgeber: Ing. Peter S für Verkehrs rschungssch en der Beiträ rzeug- und Z n. Peter Ste oren man aftfah nagem Abb., 36 T HF k Fachbuch -3347-2 hen steigend fort, Funktio erschärfende n Fahrzeugen n der teils w wohl bei den n. ergiemanage edarfs bei gle en Experten glichen dadu sowohl über Die Vorstellu achkräfte aus on Automob bil-Zuliefereri er und Anwen Forschungs struktionsu Thermodynam Steinberg ist stechnik an werpunkt se äge sind Füh Zulieferindus Be Tel: 071 E-Mail: ex inberg (H P: \AK\DIG .jpg agem hrze ent ab., h, 143) den Ansprüc onalität und en gesetzlich ntwickler vor widersprüchlic n im Entwick ement nimmt eichzeitig sin aus Entwick urch einen in r verbesserte ung von Ber s Entwicklun bilen und N ndustrie nder seinrichtunge und Fahrzeug mik Leiter des der Branden eines Lehrstu hrungskräfte strie ebenso estellhot 159 / 92 65xpert@exp Hrsg.) men ugs chen des Ku Wirtschaftlic hen Abgase r große Hera chen Anforde klungsprozes t eine zentra kendem Ene klung und Fo nteressanten e und neuart rechnungsve ng, Forschu Nutzfahrzeug en und Hoc gtechnik sow Lehrstuhles nburgischen uhles bildet d und Experte wie Wissens tline: 0 • Fax: -20 pertverlag.d tX unden an chkeit eimissionsu usforderung erungen bed ss eingesetz ale Rolle bei ergieangebot orschung neu Einblick in tige Kompon erfahren und ng en chwie Fahrzeugte Technische das Wärmem en aus der na schaftler aus 0 de nd Kraftstof en. dingt zunehm zten Werkzeu der intellige t im Fahrzeu ue Methoden Lösungsans enten als au -anwendun echnik und n Universitä management ationalen un s Hochschule ffverbrauchs mende Komp ugen als au enten Organ g ein. n und aktuel sätze des Wä uch über Op gen rundet -antriebe inn ät Cottbus-Se an Fahrzeug d internation en und Fors regelungen plexität und ch bei den isation des le Entwickärmemanatimierungsdiese Theerhalb des enftenberg. gantrieben. nalen Motochungsein-