Telefoninterviews zur Personalrekrutierung
Kanditaten schneller finden und auswählen
1203
2018
978-3-8169-8446-7
978-3-8169-3446-2
expert verlag
Claudia Uhrheimer
Telefoninterviews verkürzen Rekrutierungsprozesse und machen sie schlanker und effizienter.
Wie die Implementierung und professionelle Durchführung eines Telefoninterviews geschehen sollte, das erfahren Sie im vorliegenden Buch, das für die 3. Auflage komplett neu überarbeitet und strukturiert wurde. Sie finden als neue Impulse aus der Praxis z. B.:
- komplett ausgearbeitete Telefoninterview-Leitfäden in deutscher und englischer Sprache
- Ideen, wie Sie werblich geschickt ihr Unternehmen darstellen
- Einladungsschreiben für die Terminierung mit dem Bewerber
- Wichtiges zur Vorbereitung und Organisation des Telefoninterviews
- Anforderungsbasierte Fragen, die sich für Telefoninterviews gut eignen
- übergreifende Beobachtungen als Erweiterung des Telefoninterviewleitfadens.
<?page no="1"?> Claudia Uhrheimer Telefoninterviews zur Personalrekrutierung <?page no="3"?> Telefoninterviews zur Personalrekrutierung Kandidaten schneller finden und auswählen Dipl.-Betriebsw. Claudia Uhrheimer 3., neu bearbeitete Auflage <?page no="4"?> Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / www.dnb.de abrufbar. Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http: / / www.dnb.de ISBN 978-3-8169-3446-2 3., neu bearbeitete Auflage 2018 2., völlig neu bearbeitete Auflage 2014 1. Auflage 2010 Bei der Erstellung des Buches wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem lassen sich Fehler nie vollständig ausschließen. Verlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Autoren dankbar. © 2010 by expert verlag GmbH, Dischingerweg 5, D-72070 Tübingen Tel.: +49 (0)7071-97556-0, Fax: +49 (0)7071-9797-11 E-Mail: expert@expertverlag.de, www.expertverlag.de Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Covergestaltung: r 2 röger & röttenbacher, büro für gestaltung, Leonberg / © Covermotiv: shutterstock/ vgstudio Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. <?page no="5"?> Vorwort zur 3. Auflage Nach der Erst- (2010) und Zweitauflage (2014) meines Buches hat sich in der Welt der Rekrutierung viel geändert, einiges davon hat auch die Durchführung von Telefoninterviews beeinflusst. Daher halten Sie heute die 3. und neu bearbeitete Auflage in den Händen! Sie finden als neue Inhalte z. B.: Neueste Tendenzen im Recruiting und wie sich diese im Telefoninterview abbilden Ideen, wie Sie mit Telefoninterviews „Touchpoints“ gestalten können, Reflektionen zum Thema Einsatz von Video- und Skype-Interviews, Tipps für die gelungene Moderation im Telefoninterview, einen erweiterten, kompetenzbasierten Fragenkatalog im Anhang, sowie die Idee, weshalb der fehlende Sichtkontakt im Telefoninterview Ihnen mehr Vorteile als Nachteile bringt (es hat in der Tat etwas mit Vorurteilsbildung zu tun - so viel sei verraten…). Wie immer sind diese Ideen aus meiner Beratung und meinen Trainings zum Thema Telefoninterview entstanden: durch Recherche, eigene praktische Anwendung und Impulse meiner Klienten und Teilnehmer - daher allen, die mich auch dieses Mal inspiriert haben, ein herzliches Dankeschön! Claudia Uhrheimer Mit der Anrede in diesem Buch sind natürlich alle gemeint: Bewerberinnen und Bewerber, Kandidatinnen und Kandidaten, Interviewerinnen und Interviewer. <?page no="7"?> Inhalt Vorwort Was können Sie von diesem Buch erwarten? ..................................... 1 1 Ziele .............................................................................................. 3 1.1 Infolücke schließen - Blind date-Effect vermeiden........................ 3 1.2 Touchpoints gestalten.................................................................... 5 1.3 Prozess straffen............................................................................. 6 2 Besonderheiten des Telefoninterviews ..................................... 8 2.1 Fehlende Körpersprache - Chance oder Risiko? .......................... 8 2.2 Video-Telefonate, Skype und andere .......................................... 15 3 Telefoninterview im Rekrutierungsprozess ............................ 17 3.1 Telefoninterviews im Gesamtprozess der Personalauswahl ....... 17 3.2 Kompetenzprofil als Basis der Personaldiagnostik...................... 18 3.3 Kompetenzen im Telefoninterview............................................... 22 3.4 Akzeptanz beim Bewerber - worauf zu achten ist....................... 23 4 Telefoninterviews vor- und nachbereiten................................ 26 4.1 Maßnahmen der Vorbereitung..................................................... 26 4.1.1 - Telefoninterview-Leitfaden erstellen ............................................................ 27 - 4.1.2 - Unternehmenspräsentation.......................................................................... 28 - 4.1.3 - Setting, Beteiligte und Rollen im Interview ................................................... 31 - 4.1.4 - Korrespondenz mit dem Bewerber............................................................... 32 - 4.1.5 - Zeitliche Terminierung ................................................................................. 34 - 4.1.6 - Raum und Technik....................................................................................... 34 - 4.2 Maßnahmen der Nachbereitung.................................................. 34 4.2.1 - Dokumentation............................................................................................. 35 - 4.2.2 - Entscheidungen moderieren und treffen ...................................................... 36 - 4.2.3 - Informationen für den nachfolgenden Auswahlschritt .................................. 37 - 4.4 Feedback an den Bewerber, interner Reflektion ......................... 39 5 Fragen formulieren.................................................................... 41 5.1 Fragen richtig formulieren............................................................ 41 5.2 Wi-Si-bi-Formel ........................................................................... 44 5.3 Skalenfrage - die besondere Frage ............................................ 44 5.4 Fragen im englischsprachigen Interview stellen.......................... 45 5.5 Frage-„Verhalten“ der Interviewer................................................ 46 5.6 Übergreifende Beobachtungen formulieren................................. 50 <?page no="8"?> 6 Telefoninterviews strukturiert führen ...................................... 52 6.1 Phase 1: Eröffnen........................................................................ 53 6.2 Phase 2: Interviewen ................................................................... 56 6.3 Phase 3: Abschließen.................................................................. 58 7 Optimales Verhalten des Telefoninterviewers ........................ 61 7.1 Moderieren .................................................................................. 61 7.2 Richtig Zuhören ........................................................................... 62 7.3 Gesprächsführung durch Impulse steuern .................................. 63 7.3.1 - Gesprächsfördernde Impulse....................................................................... 63 - 7.3.2 - Gesprächshemmende Impulse .................................................................... 64 - 7.4 Gesprächspause nach dem Interviewteil..................................... 65 7.5 Mitschreiben ................................................................................ 66 7.6 Verbindlichkeit herstellen............................................................. 67 7.7 Zeitmanagement ......................................................................... 68 8 Erstellen eines Telefoninterview-Leitfadens ........................... 69 8.1 Definition der abzuprüfenden Kompetenzkriterien ...................... 69 8.2 Anzahl und Zusammenstellung der Fragen................................. 69 8.3 Einleitungen, Überleitungen ........................................................ 70 8.4 Design des Leitfadens mit Bewertungsfeldern ............................ 71 9 Die 10 wichtigsten Qualitätsmerkmale für das Telefoninterview ........................................................................ 73 Kompetenzbasierter Fragenkatalog ................................................... 76 Telefoninterviewleitfäden .................................................................... 79 Telefoninterview-Leitfaden .................................................................. 80 Telefoninterview-Leitfaden in Englisch .............................................. 85 Weiterführende Literatur...................................................................... 91 Die Autorin ............................................................................................ 92 <?page no="9"?> 1 Was können Sie von diesem Buch erwarten? „Telefoninterviews zur Personalrekrutierung“ hilft Ihnen, die Personalauswahl noch effizienter zu gestalten: Mit Telefoninterviews werden Sie aus einer Flut von Bewerbungen zielsicher die richtigen Mitarbeiter auswählen und zugleich Ihre gewünschten Top-Kandidaten für Ihr Unternehmen begeistern können. Ihr Rekrutierungsprozess wird insgesamt schneller und effizienter. Das Buch, geschrieben von einer Unternehmensberaterin, die bereits in zahlreichen Unternehmen Telefoninterviews eingeführt und Mitarbeiter dafür trainiert hat, zeigt Ihnen, wie Sie ein Telefoninterview im Unternehmen implementieren und professionell durchführen können. Als praktische Umsetzungshilfe für Personaler gedacht, ist das Buch im Aufbau an der Unternehmenswirklichkeit ausgerichtet. Aus Sicht eines ganzheitlichen Rekrutierungsprozesses beschreibt die Autorin die optimale Platzierung des Telefoninterviews, geht dann auf die gesamten Maßnahmen der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Telefoninterviews ein, um zum Schluss detaillierte Methoden für dessen Durchführung darzustellen. Das hierzu von der Autorin entwickelte 3- Phasen-Modell sichert Ihnen die strukturierte Durchführung des Telefoninterviews. Erfahren Sie, wie Sie ein Telefoninterview zielsicher moderieren, welche Fragen Sie einsetzen können und wie Sie Ihre Organisation werblich ansprechend präsentieren können. Am Ende des Buches finden Sie Telefoninterview-Leitfäden als Grundlage für die konkrete Anwendung, strukturierte Durchführung und Auswertung des Telefoninterviews. Sie sind das Herzstück zum Transfer in die Praxis und ermöglichen Ihnen die sofortige Umsetzung. Durch Austausch einiger weniger Fragen lassen sich die Leitfäden schnell für den Einsatz für unterschiedliche Kompetenzprofile abwandeln. Zur Interviewführung auf internationaler Ebene dient der englischsprachige Telefoninterview-Leitfaden. Ein kompetenzbasierter Fragenkatalog ergänzt den Telefoninterview- Leitfaden und ermöglicht dessen Anwendung auch für andere Stellen. <?page no="10"?> 2 Das Buch ist sehr übersichtlich gestaltet und so aufbereitet, dass es schnell und gut lesbar ist. Mit den folgenden optischen Unterteilungen können Sie das Buch noch gezielter lesen: Hintergrundwissen Hier finden Sie vertiefende Informationen zu Hintergründen, mit denen Sie Ihr theoretisches Wissen weiter untermauern können. Aus der Praxis: Hier stehen Tipps aus der Trainings- und Beratungspraxis, die Ihnen helfen werden, typische Fallen bei der Durchführung des Telefoninterviews zu vermeiden. Zusammenfassung: Nach einigen Kapiteln finden Sie hier nochmals die wichtigsten Informationen und Aussagen. <?page no="11"?> 3 1 Ziele Ein Telefoninterview wird von Unternehmen eingesetzt, um folgende Ziele zu verwirklichen: Abbildung: Ziele des Telefoninterviews 1.1 Infolücke schließen - Blind date-Effect vermeiden Personalauswahl kann mühsam sein und viele unliebsame Überraschungen bereithalten! Das gilt insbesondere dann, wenn Kandidaten im Vorstellungsgespräch nicht halten, was die Unterlagen versprechen. Gerade in den Zeiten, in denen der Bewerbermarkt mit Kandidaten überflutet ist, versuchen Bewerber, sich in den Bewerbungsunterlagen besonders positiv darzustellen, um für ein Vorstellungsgespräch ausgewählt zu werden. Zusätzlich bewerben sich auf viele Stellenausschreibungen auch Bewerber ohne einschlägige Qualifikation. Die mit den Bewerbungsmassen einhergehende Überlastung der Personalabteilungen erschwert die qualifizierte Vorauswahl und macht sie zu einem zeitraubenden frustrierenden Verfahren. Meist gestaltet sich diese Kandidaten-Vorauswahl bereits schwierig, wenn sie nur anhand der vom Bewerber zur Verfügung gestellten Unterlagen stattfindet. In vielen Fällen sind die Unterlagen nicht sehr aussa- 1.-1-Infolücke- schließen • Bewerbungs‐ unterlagen- „ausleuchten“-und- den-„Blind‐Date‐ Effekt“-im- Interview- vermeiden 1.2-Touchpoint gestalten • Unternehmen- platzieren • Bewerber- „umwerben“ 1.3-Prozess-straffen • Zeitspanne- Rekrutierung- verkürzen • Kosten-reduzieren: - Anreise- Kandidaten,- Interne-Kosten-für- Interviewer <?page no="12"?> 4 gekräftig, da sich die Qualifikationen der Bewerber sehr ähneln und keine wesentliche Differenzierung bezüglich der Eignung der Kandidaten zulassen. Ein weiteres Problem ist, dass Bewerbungsunterlagen in Form von Lebenslauf und Zeugnissen generell nicht besonders aussagekräftig sind, da sie nur erste Basisinformationen zur fachlichen Ausbildung liefern bzw. die Daten (Länge und Dauer) der bisherigen Tätigkeiten ausweisen. Auch die beigefügten Arbeitszeugnisse sind in den wenigsten Fällen aufschlussreich, denn sie müssen den Anforderungen von „Wahr und wohlwollend“ genügen. Insgesamt gesehen sind alle Unterlagen nur ein erster Eindruck, den wir zu einer Person bekommen. Meistens ist dieser Eindruck seitens der Kandidaten auch bewusst noch „geschönt“: alles was einen schlechten Eindruck hervorrufen könnte, bleibt eher unerwähnt und die positiven Dinge werden geradezu „in Szene“ gesetzt. Insgesamt gesehen ist die Vorauswahl von Kandidaten in der Personaldiagnostik anhand schriftlicher Unterlagen eine sehr unsichere Angelegenheit. Man spricht daher vom „Blind-Date-Effect“, wenn in der Praxis auf Basis dieser unzulänglichen Dokumente eine Vorauswahl getroffen und die (vermeintlich) aussichtsreichsten Kandidaten zu einem persönlichen Interview eingeladen. Am Interview nehmen dann in aller Regel ein Mitarbeiter aus der Personalabteilung und der Vorgesetzte aus der Fachabteilung teil. Entpuppt sich an dieser Stelle ein Kandidat als ungeeignet, ist das ärgerlich, weil zumeist zwei Personen im Unternehmen für mindestens ein bis zwei Stunden gebunden waren. Selbst wenn der Kandidat bereits nach den ersten Minuten des Interviews als nicht passend erscheint, ist es aus Sicht der positiven Kandidaten-Erfahrung wenig ratsam, das Interview deutlich erkennbar vorzeitig abzubrechen. Mit einer dazwischengeschalteten Selektionsstufe, dem Telefoninterview, jedoch kann die Basis-Eignung eines Kandidaten vor dem persönlichen Interview überprüft werden. Innerhalb kurzer Zeit (20 - 30 Minuten pro Telefoninterview) kann hiermit auch erkannt werden, ob der Bewerber wirkliches Interesse an der Stelle hat oder seine Bewerbung auf falschen Vorstellungen basiert. <?page no="13"?> 5 Aus der Praxis: In einem mittelständischen Unternehmen ist es mithilfe des Telefoninterviews als Vorauswahlinstrument gelungen, die Anzahl persönlicher Interviews, die für eine erfolgreiche Besetzung notwendig waren, von acht auf vier zu senken. Bedenkt man, dass im persönlichen Interview mindestens zwei Interviewer (Personalreferent und Fachvorgesetzter) anwesend sind, zählt die Zeit- und Kostenersparnis sogar doppelt. Das neue, vorgeschaltete Telefoninterview wird hierbei von den Personalreferenten alleine durchgeführt, da aufgrund der Themen, die dort erfragt werden, diese Vorselektion sehr gut ohne den Fachvorgesetzten erfolgen kann. 1.2 Touchpoints gestalten Die meisten Rekrutierungsprozesse sind darauf ausgerichtet, möglichst viele positive Berührungspunkte (Touchpoints) mit den Kandidaten zu gestalten. Dies ist natürlich der besonderen Bewerbermarkt-Situation in Deutschland geschuldet, in der geeignete Kandidaten mühsam aus dem Markt „herausgefischt“ werden müssen. Nicht nur der Kandidat bewirbt sich - auch das Unternehmen umwirbt den Kandidaten. Insbesondere Unternehmen, die nicht mit ihrem guten Namen, einem attraktiven Standort oder sonstigen Annehmlichkeiten bei den Bewerbern punkten können, haben im Wettlauf um Top-Kandidaten eine schwierige Startposition. Das Telefoninterview ist hier ein sinnvolles Instrument, mit dem man die Bewerber im „War for Talents“ schon beim Erstkontakt für das eigene Unternehmen begeistern kann: dem Bewerber soll das Unternehmen attraktiv und begehrenswert dargestellt werden. Dies kann im Telefoninterview mit einer professionellen, kurzen und prägnanten Unternehmenspräsentation geschehen (Kapitel „Unternehmenspräsentation“) mit dem Ziel, den Kandidaten für die Organisation zu begeistern. Employer Branding im Rekrutierungsprozess Die ganzheitliche Betrachtung von Employer Branding umfasst nicht nur die Darstellung des Unternehmens auf dem Bewerbermarkt, sondern insbesondere auch den gesamten Prozess der <?page no="14"?> 6 Personalauswahl. Es geht nicht nur darum, potenzielle Kandidaten zu einer Bewerbung zu bewegen, sondern diese auch während des gesamten Rekrutierungsverfahrens zu begeistern und „am Ball zu halten“. Da das Telefoninterview den ersten Kontakt zu den Bewerbern herstellt, hat es somit die entscheidende Funktion der „Visitenkarte des Unternehmens“. Für den ersten Eindruck gib es keine zweite Chance! Je zügiger die Kontaktaufnahme zum Bewerber erfolgt und je wertschätzender dies geschieht, umso stärker wird sich der Bewerber für das Unternehmen näher interessieren. Die positive Entscheidung von Bewerbern für ein Unternehmen kann also im ersten Schritt schon maßgeblich durch ein professionell geführtes Telefoninterview beeinflusst werden. Zwei Elemente sind es, die darüber hinaus ein Rekrutierungsverfahren in den Augen der Bewerber besonders wertschätzend machen: 1. Gegenseitigkeit: Nicht nur das Unternehmen wählt aus, auch der Bewerber! Daher sollte in den Auswahlverfahren eine gerechte Aufteilung von Informationsgewinnung und -gewährung vonseiten des Unternehmens gewährleistet sein. 2. Gleichstellung: Die Auswahlverfahren sollten von einer partnerschaftlichen Atmosphäre gekennzeichnet sein und nicht von einem Machtüberhang seitens des Unternehmens. Diese beiden Aspekte sind auch für das Telefoninterview von großer Bedeutung und drücken sich in vielen Details aus, auf die in den einzelnen Kapiteln eingegangen wird. 1.3 Prozess straffen Gerade in größeren Unternehmen ziehen sich aufgrund interner Abstimmungsprozesse die Rekrutierungszeitspannen in unangenehme Längen. Dies bedeutet nicht nur für den zuständigen Personaler eine Quelle an Frustrationen, da er bei den Fachvorgesetzten oft nachfragen und Termine einfordern muss. Auch beim Bewerber entsteht nach einer unangemessenen Zeit des Wartens auf eine Rückmeldung der Eindruck, dass die Rekrutierung sehr schleppend läuft. Der Weg zum negativen Image <?page no="15"?> 7 ist geöffnet („Komplizierte Abstimmungen“, „Wenig effizientes Arbeiten möglich“). Am Ende eines sich endlos in die Länge ziehenden Rekrutierungsprozesses hat der Bewerber bestenfalls einfach schon in einem Unternehmen, das schneller mit der Zusage war, den Vertrag unterschrieben. Schlimmstenfalls jedoch spricht der Bewerber über seine schlechten Erfahrungen mit anderen oder sogar öffentlich im Internet. Und das ist ihm nicht zu verdenken, denn das „Rekrutierungs- Benehmen“ ist meistens der erste erlebbare Eindruck, den ein Kandidat vom Unternehmen erhält. Er ist immens wichtig und bestimmt die Entscheidung des Bewerbers für oder gegen ein Unternehmen. Schnelligkeit im Prozess hat natürlich auch eine beträchtliche Auswirkung auf die Rekrutierungskosten insgesamt. Berechnet man die internen Kosten für ein Gespräch, liegen sie nicht selten bei 800 bis 1.000 Euro. Hinzu kommen die Spesen für die Anreise des Bewerbers. Unternehmensintern bedeutet die Prozessstraffung nicht nur Kosteneinsparungen, sondern auch zufriedenere Gesichter bei allen Beteiligten, wenn die Kandidaten schnell und effizient ausgewählt und an Bord geholt werden. Zusammenfassung: Folgende drei Zielbereiche können mit Telefoninterviews realisiert werden: Die Infolücke zwischen Bewerbungsunterlagen und persönlichem Interview wird geschlossen. Touchpoints werden für den Bewerber schneller erlebbar, sein Interesse für die Organisation und die Stelle können mit einer guten Unternehmensvorstellung positiv gestaltet werden. Der gesamte Rekrutierungsprozess wird verkürzt, dies bedeutet eine Prozessstraffung nach innen und eine dynamische Rekrutierung nach außen. Und dazu Kosteneinsparungen! <?page no="16"?> 8 2 Besonderheiten des Telefoninterviews Die am häufigsten geäußerte Skepsis bei der Entscheidung für ein Telefoninterview ist, dass aufgrund des fehlenden persönlichen (Sicht-) Kontakts zum Bewerber erhebliche Anteile der Informationsgewinnung, die im persönlichen Gespräch zur Verfügung stehen, wegfallen. Viele halten diese Informationen für unerlässlich, wenn es darum geht, einen Menschen bewerten zu können. In diesem Abschnitt wird daher auf die besondere Form des Telefoninterviews eingegangen und zudem die Idee diskutiert, ob Videointerviews sinnvoll sind. 2.1 Fehlende Körpersprache - Chance oder Risiko? Bei der Betrachtung des Mediums Telefon fällt natürlich in erster Linie auf, dass der Interviewer und der Bewerber keinen Sichtkontakt haben. Schauen wir zunächst drauf, aus welchen Informationsquellen sich unser Eindruck von Bewerbern formt. Das nachstehende Schaubild gibt Aufschluss darüber, durch welche Signale wir die persönliche Wirkung und die Ausstrahlung einer Person wahrnehmen. <?page no="17"?> 9 Abbildung: Wahrnehmung (vergl. auch A. Mehrabian: Silent Messages, 1971) Wir sehen, dass bei einem Telefoninterview ca. 50% des Gesamteindrucks, den wir von einer Person gewinnen können, nämlich fast der gesamte der Bereich der Körpersprache, wegfällt. Nachfolgend noch einige Ideen dazu, welche Informationen wir in einem persönlichen Gespräch aus der Körpersprache ziehen können und warum sie so wichtig zur Urteilsbildung ist. Körpersprache Die Körpersprache umfasst die Bereiche der Bewegungen, Gestik, Mimik, Haltung und Handlungen. Sie ist ein Kommunikationsmittel des zwischenmenschlichen Verhaltens, das Beziehungen steuert und aufrechterhält. Durch die Körpersprache verrät der Mensch viel über seine Gedanken, sein Innenleben, seine Ängste und Wünsche - wesentlich mehr als durch seine Worte. Nach Ansicht der Forscher ist die Körpersprache ein überlieferter Code, der dazu dient, menschliche Beziehungen zu regulieren, Machtstrukturen aufrecht zu erhalten und die soziale Ordnung zu festigen. Trotz kultureller und gesellschaftlicher Unterschiede gibt es vor allem im Bereich der Mimik einheitliche Grundmuster: Freu- Körper‐ sprache- 55% Sprache- 38% Inhalte- 7% <?page no="18"?> 10 de und Trauer, Angst, Zorn und Ekel werden überall auf die gleiche Weise ausgedrückt. Während der Mensch relativ früh lernt, seine Sprachfähigkeit bewusst anzuwenden, kann nur ein kleiner Anteil der Körpersprache willentlich kontrolliert und eingesetzt werden. Im Laufe der Zeit lernen Menschen allerdings, gewisse Bereiche der Körpersprache zu kontrollieren. So können sie beispielsweise körpersprachliche Signale, die ihre Nervosität verraten würden, bis zu einem gewissen Grad unterdrücken. Dies gelingt jedoch nur bei Signalen, die den Betroffenen zuvor bewusst gemacht wurden. Die Körperhaltung ist ein Ausdruck des persönlichen Befindens. Sie hilft zu erkennen, wie sicher und souverän sich jemand fühlt. So spiegelt sich Offenheit in einer aufrechten, offenen Haltung wieder, Resignation dagegen in einer leicht gebeugten und in sich gekehrten, optisch eher geschlossenen Haltung. Auch die Körperbewegung spielt bei der Interpretation eine Rolle: Ein vorgeneigter Oberkörper bei einem Gespräch signalisiert Aufmerksamkeit oder Teilnahmebereitschaft, mit einem demonstrativen Zurücklehnen - möglichst noch mit vor der Brust verschränkten Armen - wird Desinteresse, Ablehnung bzw. Missfallen am Thema kundgetan. Die Mimik ist ein sehr ausdrucksstarkes Element der Körpersprache und dient dazu, Gefühlszustände auszudrücken und zu verdeutlichen, dadurch wird erkennbar, welche Einstellung zum Gegenüber vorhanden ist. Oft sind einzelne Ausdrucksformen als psychosomatische Reaktion des Nervensystems nicht zu unterdrücken: Dazu gehören das Erblassen und Erröten sowie die Erweiterung der Pupillen bei starken emotionalen Erregungen. Die Mimik stellt eine ständige Rückmeldung zum gesprochenen Wort dar: Sie zeigt an, ob der verbale Teil verstanden wurde, der Angesprochene zustimmt, eher ablehnend oder gar überrascht reagiert. Waagrechte Stirnfalten z. B. deuten auf eine stark in Anspruch genommene Aufmerksamkeit hin. Die Gestik wird zur Untermalung des verbalen Inhaltes benutzt. Sie wird umso akzentuierter, je stärker die Gefühle durch das gesprochene Wort angeregt werden. Da die Gestik nur in geringem Maße kontrolliert wird, bringt sie oft unbeabsichtigt Gefühlszustände zum Ausdruck: Fingerspiele oder das Spielen an Gegenständen als Ausdruck von Nervosität oder das Umklammern von Dingen als Ausdruck verhaltener Wut sind gute Beispiele dafür. Auch kulturelle Unterschiede finden Ausdruck in der Gestik: Emotional-spontane <?page no="19"?> 11 Kulturen haben eine weitaus expressivere Gestik als weniger temperamentvolle Bevölkerungsgruppen. Diese Erläuterungen machen deutlich, auf welche starken Ausdruckformen wir im Telefoninterview verzichten müssen und es wird klar, dass ein Auswahlinstrument ohne körpersprachliche Signale noch eines weiteren Verfahrens bedarf, um einen umfassenden Eindruck zur Person des Bewerbers zu erhalten. Das bedeutet, dass das Telefoninterview in erster Linie ein Vorauswahlinstrument ist, dem ein persönliches Interview oder Assessment-Center folgen sollte. In den Ausnahmefällen, in denen das Telefoninterview als vollwertiges Interview dienen soll, etwa wenn Kandidaten sich im Ausland befinden und eine Anreise aus Kosten- oder sonstigen Gründen nicht möglich ist, sollte es wesentlich umfangreicher sein, als das Format, das in diesem Buch geschildert wird. Dies gilt sowohl für die Anzahl und Tiefe der gestellten Fragen als auch für den zeitlichen Rahmen und die Anzahl der teilnehmenden Interviewpartner. Für Stellen, die einen großen Anteil an Kommunikationsbestandteilen haben, wie im Kundenservice, Callcenter, Telefonmarketing oder vertrieblich orientierte Positionen, ist das Telefoninterview jedoch geradezu ein ideales Verfahren, denn es bildet quasi eine „Live-Situation“ ab. Das Fehlen körpersprachlicher Eindrücke im Telefoninterview ist jedoch auch ein Vorteil! Dazu muss man wissen, dass das Wahrnehmen von körpersprachlichen Elementen genauso schnell, zumeist in Sekundenbruchteilen, zur Vorurteilsbildung bei den meisten Menschen führen kann. Dass diese dann einer fairen und objektiven Bewertung eines Bewerbers entgegenstehen, dafür gibt es zahlreiche Studien zum Thema Diagnostik und menschliche Wahrnehmungsfehler. Einige Beispiele verdeutlichen dies: Eventuell sind Sie auch schon selbst darüber gestolpert, dass Sie von einem „laschen Händedruck“ des Bewerbers am Anfang eines persönlichen Interviews nicht sehr begeistert waren und während des gesamten Interviews sich nicht mehr von diesem Eindruck freimachen konnten. Oder aber Sie tauschen sich am Ende des Interviews mit dem Fachvorgesetzten aus und dieser lehnt den Bewerber mit der Begründung ab: „Der Anzug war unmöglich, so kann man im Vertrieb nicht auftreten“. <?page no="20"?> 12 Beides sind klare Indizien für eine Vorurteilsbildung aufgrund körpersprachlicher Signale, die alles andere überlagert und die zu oftmals unnötigen Ablehnungen von Kandidaten führt. Abgesehen davon, dass man schließlich über das Thema „Richtige Kleidung“ im Vertrieb auch reden kann und dem Bewerber Hinweise geben, was erwünscht oder unerwünscht ist, führt diese starke Vorurteilsbildung leider meistens zu Absagen von Kandidaten. Natürlich ist dieser Effekt auch in die umgekehrte Richtung wirksam: Kandidaten werden aufgrund von positiv verstärkten falschen Urteilsbildungen eingestellt und enttäuschen in der Probezeit. Starke Vorurteilsbildung aufgrund von Äußerlichkeiten (also körpersprachlicher Signale) verhindert die Konzentration auf das, was der Bewerber gesagt hat. Die inhaltliche Beantwortung von Fragen tritt meistens in den Hintergrund, wenn die menschliche Wahrnehmung stark von der Körpersprache beeinflusst wird. Da diese Art von Urteilsbildung meistens sehr subjektiv gefärbt ist, verstellt sie den Blick auf das, was der Bewerber inhaltlich sagt. Anders ausgedrückt: Nutzen Sie die fehlenden körpersprachlichen Eindrücke im Telefoninterview für eine stärkere Fokussierung auf die Inhalte des Gesagten! Denn im Telefoninterview erfolgt eine wesentlich stärkere Fokussierung auf das, was der Bewerber inhaltlich auf die Fragen antwortet hat, einfach aus dem Grund heraus, dass Ablenkung auf andere Wahrnehmungsmöglichkeiten ausgeschlossen ist. Zugleich sind damit Vorurteilsbildungen aufgrund äußerlicher, körpersprachlicher Signale, weitestgehend reduziert. Aus der Praxis: In vielen Seminaren zum Thema Telefoninterview äußern einige Teilnehmer schon ganz zu Beginn, dass sie Zweifel hätten, aufgrund eines Telefoninterviews den Kandidaten verlässlich einzuschätzen, denn sie könnten ihn nicht „im Ganzen“ wahrnehmen. Spätestens bei der praktischen Durchführung des Telefoninterviews, werden allerdings die Effekte der besseren Konzentration auf die Inhalte der Bewerberantworten deutlich und das Mitschreiben der Antworten gelingt meistens wesentlich besser als im persönlichen Interview. An der Stelle wird vielen Teilnehmern klar, dass der Verzicht auf die Interpretation von Körpersprache etc. auch ein großer Vorteil sein kann. <?page no="21"?> 13 Eingebettet in den Themenbereich „vorurteilsfreie Personalauswahl“ wurde vor einiger Zeit auch die Durchführbarkeit und Effekte von anonymisierten Bewerbungen diskutiert. Ohne diese Idee in der Tiefe zu beleuchten, oder das Für und Wider zu diskutieren, soll darauf hingewiesen werden, dass das Telefoninterview ein passendes Instrument sein kann, diesen Ansatz konsequent weiter zu verfolgen. Wahrnehmungsfehler Es lohnt ein Blick darauf, wie Fehleinschätzungen entstehen können, denn wir alle unterliegen einer besonderen, eingeschränkten Wahrnehmung. Verzerrungen der Beurteilung anderer Menschen entstehen, weil es uns nur ganz schwer gelingt, ein objektives, d. h. von unserer eigenen Sichtweise unabhängiges Bild von einem anderen Menschen zu erlangen. Wir glauben, objektive Schlüsse zu ziehen und wählen doch Schlussfolgerungen, die uns am meisten liegen. Denn wir sehen und beurteilen die Welt aus unserer ganz eigenen, subjektiven Position. Dabei sind unsere ganz persönlichen Erfahrungen maßgebend, die wir im Laufe des Lebens gemacht haben, und die uns in unserer Bewertung von Situationen und Menschen leiten. Anders gesagt: wir treffen bei der Bewertung fremder Menschen keine Aussage über den anderen, sondern eigentlich nur über uns selbst („Personalauswahl sagt mehr über den Auswählenden als über den Ausgewählten.“). Welchen Beurteilungstendenzen unterliegen wir in der Regel bei der Bewertung von Kandidaten im Recruiting? Spontane Urteilsbildung oder „Erster Eindruck“: Das ist die Tendenz, nach dem ersten Eindruck die gesamte Persönlichkeit zu beurteilen. Im weiteren Verlauf des Interviews lässt unser Unterbewusstsein uns nur solche Dinge vornehmlich wahrnehmen, die diesen Eindruck untermauern. Die Tendenz, nach dem ersten Eindruck zu urteilen, lässt sich nicht ausschalten. Deshalb sollten wir ihn bewusst aufnehmen und als Hypothese akzeptieren, um mit ihm zu arbeiten. Halo-Effekt: Als „Halo-Effekt“ (griechisch Halo = Hof um Sonne oder Mond, oder auch im englischen mit Heiligenschein gleichgesetzt) wird bezeichnet, wenn eine überstrahlende Eigenschaft zur Urteilsverzerrung führt und zum Übersehen eines anderen Merkmals. Am Beispiel „Extravertiertheit“ wird dies deutlich: Sie ist oft ein überlagerndes Kriterium unter dem Motto: „Auftritt macht Eindruck“. <?page no="22"?> 14 Attributionsfehler: Unsere persönlichen Annahmen über die Welt beeinflussen unmittelbar das Urteil über andere. Wir schlussfolgern aus wenigen beobachteten Eigenschaften und packen diesen noch einen“ bunten Blumenstrauß“ aus weiteren Eigenschaften bei, die wir aufgrund unserer bisherigen Erfahrung damit in Verbindung bringen. Einige „allgemeine“ Annahmen, die es sich lohnt, zu überprüfen: • Wenn jemand vital ist, ist er auch gesund und leistungsstark. • Wenn jemand rhetorisch gut ist, ist er auch intelligent. • Wenn jemand schnell spricht, ist er ein Schnelldenker. Reihenfolgefehler (Primacy-Recency-Effekt): Nicht nur der Inhalt von Informationen führt zu einem bestimmten Gesamteindruck, sondern auch die Reihenfolge, in der sie wahrgenommen werden. Der Primacy-Effekt bedeutet, dass der erste Eindruck am stärksten bewertet wird, während der zuletzt erhaltene Eindruck am längsten haften bleibt (Recency-Effekt). Beurteilungstendenzen: Bei jedem von uns sind Beurteilungstendenzen vorherrschend, die etwas über den Anspruch an unsere eigene Leistung aussagen. Wir beurteilen entweder zu streng oder eher milde. Darin spiegelt sich in aller Regel der Anspruch an uns selbst wider: Leistungsorientierte Perfektionisten beurteilen andere Menschen eher strenger, wohingegen Menschen, die sich selbst eher weniger abverlangen, auch andere milde beurteilen. Auch passiert es häufig, dass unerfahrene Interviewer eine Tendenz zur Mitte zeigen, d. h., sie befinden sich mit ihren Einschätzungen immer im moderaten Bereich. Mögliche Motive dafür sind, dass eine große Unsicherheit für die präzise und differenzierte Bewertung von Menschen besteht. Außerdem werden moderate Bewertungen selten hinterfragt, z. B. vom Interview-Partner. Dies sind nur einige wichtige Wahrnehmungsfehler, von denen auch die Profi-Interviewer meistens nicht frei sind. Für die berufliche Praxis der Interviewführung sollten wir diese Tendenzen kennen und damit umgehen lernen. Denn urteilen wir weitestgehend nach unseren Gefühlen, werden wir dem Bewerber in den seltensten Fällen gerecht. Oftmals genügt die Erkenntnis darüber, welchen individuellen Einflüssen wir individuell unterliegen, um nicht in eine stark subjektive Bewertungsrichtung abzugleiten. <?page no="23"?> 15 2.2 Video-Telefonate, Skype und andere Sobald ein körpersprachliches „Bild“ mit dem Telefonat verbunden wird, gleicht das Interviewformat natürlich mehr dem Persönlichen Interview als dem Telefoninterview - mit allen Vor- und Nachteilen. Auf Basis der vorgenannten Argumente wird deutlich: je mehr körpersprachliche Eindrücke Interviewer erhalten, desto größer ist die Gefahr der Subjektivität oder Vorurteilsbildung für die Bewertung. Video-Telefonate und Skype-Verfahren bergen zudem weitere Risiken, wie Schwierigkeiten mit der Technik und der Übertragungsqualität. Dies lenkt ab vom Wesentlichen, den Antworten der Kandidaten. Auch wird ein Bewerber leichter ein reines Telefonat terminieren können, als eine komplette Videosequenz, die raumtechnisch organisiert werden muss. Termine sind daher schwieriger und somit nicht sehr zeitnah vom Kandidaten zu erhalten. Die einzige Ausnahme für den Einsatz von Videoformaten: sofern ein Kandidat aufgrund von Entfernung nur mit einem Telefoninterview ausgewählt werden kann, sollte dies natürlich einen Teil Videosequenz beinhalten. Zusammenfassung: Im Telefoninterview fehlen wichtige körpersprachliche Informationen, die zu ca. 50% unseren Gesamteindruck über den Bewerber bestimmen. Diese Informationen (Körpersprache) sind sehr authentisch, da wenig beeinflussbar. Sie sind zudem auch sehr aussagekräftig, sodass wir schwer darauf verzichten können. Daher sollte ein Telefoninterview in der Regel als Vorauswahl-Instrument eingesetzt und von einem persönlichen Interview oder Assessment-Center-Verfahren ergänzt werden. Die fehlenden körpersprachlichen Informationen verhindern auf der anderen Seite aber auch unerwünschte Vorurteilsbildungen und ermöglichen zugleich eine stärkere Fokussierung auf die inhaltlichen Antworten des Bewerbers. <?page no="24"?> 16 Aus diesem Grund sind videobasierte Formen des Telefoninterviews nicht zu empfehlen: sie lenken zu sehr ab vom Inhalt der Aussagen, sie rücken die Technik in den Vordergrund und erschweren Terminzusagen seitens der Bewerber. <?page no="25"?> 17 3 Telefoninterview im Rekrutierungsprozess 3.1 Telefoninterviews im Gesamtprozess der Personalauswahl Wie im ersten Kapitel beschrieben, ermöglicht das Telefoninterview eine aussagefähige Vorauswahl der Kandidaten indem die Infolücke zwischen Bewerbungsunterlagen und persönlichem Interview geschlossen wird. einen ersten Touchpoint für die Bewerber, der zu einer positiven Unternehmensvorstellung genutzt werden kann eine Verkürzung des gesamten Rekrutierungsprozesses mit einer dynamischen Rekrutierung nach außen, sowie Kosteneinsparungen. In aller Regel wird das Telefoninterview als Methode der Vorauswahl eingesetzt, gefolgt von einem weiteren Persönlichen Interview oder einer vertiefenden Diagnostik in Form eines Assessment-Centers. Wenn das Telefoninterview als Vorauswahlinstrument fungieren soll, muss es so konzipiert sein, dass es 1. eine verlässliche Entscheidungsbasis liefert, ob der Bewerber zu weiteren Auswahlverfahren eingeladen werden kann, also eine „Null-Eins-Entscheidung“ ermöglicht (Entscheidungsaspekt), und 2. sich möglichst nahtlos und ohne Redundanzen in die nachgelagerten Diagnostikverfahren einpasst, so dass der gesamte Rekrutierungsprozess effizienter wird (Effizienzaspekt). Die nachfolgende Grafik zeigt die optimale Platzierung des Telefoninterviews im Rekrutierungsprozess, sowie die Zuordnung der in den unterschiedlichen Stufen abzuprüfenden Anforderungen. <?page no="26"?> 18 Abbildung: Platzierung des Telefoninterviews im Rekrutierungsprozess 3.2 Kompetenzprofil als Basis der Personaldiagnostik Die Grundlage jeder guten Personalauswahl ist ein differenziertes und realistisches Kompetenzprofil für die zu besetzende Stelle. Wenn der Interviewer kein klares Bild von den Fähigkeiten hat, die ein erfolgreicher Stelleninhaber besitzen sollte, ist es fast unmöglich, die richtige Entscheidung zu treffen. „Nur wenn ich weiß, nach was ich suche, kann ich erkennen, ob ich es gefunden habe.“ Die realistische Definition des Kompetenzprofils steht am Anfang der zielgenauen Personalauswahl und wird durch eine Stellenanalyse erarbeitet. Eine Quelle für Fehleinschätzung von Kandidaten sind meistens fehlerhafte oder ungenügende Kompetenzprofile. Unterlagen Eindruck,-Form-und- Vollständigkeit Demografische- Fakten,-Lebenslauf Fachliches: - Ausbildung-und- Berufserfahrung Abschlussnoten-und- Arbeitszeugnisse Telefon‐ interview Unternehmen-positiv- platzieren Unterlagen-und- Lebenslauf‐Vertiefung Fachliches- konkretisieren Kommunikation- Fremdsprachen Rahmenbedingungen Persönl.- Interview Wirkung-und- Körpersprache- Persönlichkeit,- Einstellung,- Motivation Situative-Fragen-zu- kritischen- Arbeitssituationen Vertragsverhand‐ lungen <?page no="27"?> 19 Aus der Praxis: In meinen Seminaren erlebe ich häufig, dass Teilnehmer Stellenbeschreibungen mit bis zu 30 Anforderungen für eine Stelle mitbringen, die sie dann alle im Interview „testen“ wollen. Manche Stellenbeschreibungen weisen zudem Kompetenzkriterien auf, die nicht unbedingt die Anforderungen der zu besetzenden Stelle spiegeln. Besonders populär sind Kriterien wie „Kommunikationsfähigkeit“ oder „Teamfähigkeit“, die in nahezu jedem Kompetenzprofil auftauchen. Diese Kompetenzprofile bergen zwei Problemfelder: Zum einen sind zur Beschreibung der meisten Stellenprofile nur wenige Kriterien wirklich relevant und zum anderen wird es schwierig, alle Anforderungskriterien im Interview abzuprüfen. Die beiden häufigsten Fehler in Kompetenzprofilen lassen sich auf die Nenner bringen: 1. zu viele Anforderungen oder 2. pauschale Anforderungskriterien. Ein gutes Kompetenzprofil beschränkt sich auf Fähigkeiten, die sowohl einschlägig als auch unbedingt notwendig für diese Stelle sind. An einem Beispiel wird dies deutlich: Teamfähigkeit stellt z. B. keine 1-A-Priorität für die Ausübung einer Führungsfunktion dar und kann dem Stelleninhaber sogar im Weg stehen bei Aufgaben, die von ihm „Durchsetzungsfähigkeit“ fordern, wie etwa bei der Vertretung der Abteilungsinteressen im Führungsgremium. Wenn wir, entsprechend dem Kompetenzprofil, einen Kandidaten auswählen, der starke Teamfähigkeiten zeigt, laufen wir Gefahr, dass er auf dem Gebiet der Durchsetzungsfähigkeit vielleicht nur unterdurchschnittliche Verhaltensausprägungen besitzt. Denn manche Verhaltensdimensionen, gerade wenn sie stark bei einem Menschen ausgeprägt sind, haben einen natürlichen Verhaltens- Gegenpol, der bestimmte andere Verhaltensausprägungen bremst oder sogar verhindert. Nachfolgende Erläuterungen soll dies deutlich machen: Personen mit hoher Teamfähigkeit sind zum Beispiel exzellent in der Lage, andere Menschen in eine gemeinsame Aufgabe zu integrieren, sowie ihren eigenen Erfolg dem Teamerfolg unterzuordnen und sich dabei wohlzufühlen. Diese Eigenschaften sind geradezu konträr zum oftmals geforderten „Durchsetzungsverhalten“ entgegen. Hier geht es darum, sich und seine Erfolge klar zu platzieren oder eigene Ideen (wie z. B. Produktentwicklungen) gegenüber anderen Konkurrenzvorschlägen <?page no="28"?> 20 durchzusetzen. Sofern ein teamfähiger Mensch zu einer situativen Verhaltensänderung überhaupt in der Lage ist, wird er es nur ungern und mit Widerwillen tun. Die Verhaltensausübung wird, auf Dauer gesehen, schwer durchzuhalten sein. Teamfähigkeit und Durchsetzungsvermögen sind quasi gegenläufige Verhaltenskomponenten und in nur ganz seltenen Fällen besitzen Menschen beide in ausgeprägter Form. Die Qualität eines Kompetenzprofils besteht also nicht darin, möglichst viele Kriterien aufzuweisen, sondern differenzierte und realistische, die aus der tatsächlichen Praxis abgeleitet sind. Das Ziel jeder Kompetenzanalyse ist die Definition aller notwendigen Merkmale, die ein idealer Stelleninhaber besitzen sollte, um beste Arbeitserfolge zu erbringen. Ein Kompetenzprofil definiert also alle Eigenschaften (Fachliche Kenntnisse, Methodische Fähigkeiten, Persönlichkeitsmerkmale), die ein Bewerber für die erfolgreiche Bewältigung der Stellenaufgaben mitbringen soll. Eine mögliche Technik zur Erstellung eines Kompetenzprofils ist nachfolgend in aller Kürze dargestellt: Critical Incident Technique Diese „Methode der kritischen Ereignisse“ beleuchtet praktische Begebenheiten, Vorfälle oder Störfälle, die in einer Aufgabenausübung besonders häufig auftreten und deren erfolgreiche Bewältigung durch den Stelleninhaber erfolgskritisch ist. Die Kompetenzerfassung geschieht mittels strukturierter Befragung des Vorgesetzten und/ oder eines erfolgreichen Stelleninhabers. Zuerst werden die kritischen Situationen so detailliert wie möglich erfasst, um ihnen danach ein erwünschtes Verhalten zuzuordnen, das zur erfolgreichen Bewältigung der Situation erforderlich ist. Das beschriebene Verhalten wird danach in Fähigkeiten und Fertigkeiten übersetzt, die das Kompetenzprofil bilden. Es empfiehlt sich, diese Kriterien mittels einer Skala nach ihrer Wichtigkeit zu differenzieren. Eine praktikable Idee zur Unterteilung von Kompetenzen kann die folgende sein: <?page no="29"?> 21 Abbildung: Unterteilung von Kompetenzen 1. Fachliche Kompetenzen sind: Ausbildung und berufliche Erfahrung (Schul- und Studienabschlüsse, Berufsausbildung, Berufserfahrung, etc.) 2. Methodische Kompetenzen sind: Spezielle Methoden, die für diese Stelle relevant sind (z. B.: Projektmanagement, Verhandlungsmethoden, Führungstechniken, etc.) 3. Persönlichkeit und Soft Skills: beschreiben Persönlichkeitseigenschaften, die den Menschen ausmachen oder gewünschte Verhaltenstendenzen (Kommunikationsfähigkeiten, Teamfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, Lernbereitschaft, Flexibilität, u. v. m.). Die Kompetenzarten unterscheiden sich nicht nur inhaltlich voneinander, sondern auch in ihrer Erlernbarkeit. Fachliche und methodische Kompetenzen sind Dinge, die man erlernen kann, wohingegen Persönlichkeitseigenschaften und Soft Skills meist recht unveränderliche Bereiche der Persönlichkeit darstellen. Entweder jemand ist konfliktfähig oder nicht. Es wäre für ihn schwierig, dies zu erlernen. Gerade diese Persönlichkeitseigenschaften sind es jedoch, die in aller Regel über den Erfolg oder Misserfolg von Menschen in Funktionen entscheiden. Es sind eher weniger fachliche Kenntnisse oder methodische Fähigkeiten, die den Stelleninhabern die Ausübung von Tätigkeiten einfach und leicht machen. Paradox ist es, dass in den meisten Auswahlverfahren jedoch großen Wert auf die Analyse der Fachkenntnisse gelegt <?page no="30"?> 22 wird, und die entscheidenden Soft Skills vernachlässigt werden. Leider sind Persönlichkeitseigenschaften eher schwer zu erkennen und zu bewerten sind. Die Aussage „We hire people because of their knowledge - but we fire them because of their personality” bringt diesen fatalen Fehler in der Personalauswahl auf einen Nenner. 3.3 Kompetenzen im Telefoninterview Bei der Entscheidung, welche Kompetenzen inhaltlich im Telefoninterview erfragt werden können, sind zwei Fragen wichtig: 1. Gibt es „Muss-Kriterien“, ohne die die Funktion nicht ausgeübt werden kann (wie Bereitschaft zu häufigen Reisen oder zu einem Umzug generell)? Hierfür ist das Anforderungsprofil ausschlaggebend. Darüber hinaus empfiehlt es sich, zusätzlich alle Parameter abzufragen, die für die Stelle relevant oder kritisch sind und die nicht aus den Unterlagen ersichtlich sind. Hierzu gehört u.U. auch das Thema Gehaltsvorstellung. 2. Für welche Kompetenzen eignet sich das Telefoninterview gut bzw. weniger gut und welche Kompetenzen sollten daher besser im Persönlichen Interview erfragt werden? Denn beide Verfahren haben unterschiedliche Aussagefähigkeiten bzw. Aussagetiefen. Für das Telefoninterview eignen sich eher fachliche und methodische Kompetenzen, wie fachliche Spezialkenntnisse bzw. Studieninhalte, oder aber Branchenerfahrung. Auch (Fremd-)Sprachenkenntnisse können idealerweise am Telefon analysiert werden. Eindeutig weniger für das Erfragen im Telefoninterview geeignet sind alle Themen, die sich im Bereich der Persönlichkeit bewegen. Zwei Gründe sprechen dagegen: erstens baut sich ohne Sichtkontakt im Telefoninterview nicht das Vertrauen zwischen Interviewer und Bewerber auf, wie im Persönlichen Interview, und zweitens ist das Telefoninterview relativ kurz, so dass nicht genügend Zeit zur vertiefenden Elaboration der Antworten besteht. Im Persönlichen Interview hingegen werden Wirkung und Körpersprache deutlich, und es sind mit zunehmendem Vertrauensaufbau auch Fragen zu Persönlichkeitseigenschaften, Einstellungen und Motivation oder auch Situative Fragen zu kritischen Arbeitssituationen möglich. <?page no="31"?> 23 Es gibt im Telefoninterview zusätzlich die Möglichkeit, Themen aus dem Bereich der Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten zu erkennen, ohne sie explizit zu erfragen. Aus diagnostischer Sicht ist es jedoch wichtig, dass dies mit einer systematischen Auswertung folgt: Formalisierte und strukturierte Beobachtungsschemata sind eine ideale Ergänzung für den Fragenkatalog im Telefoninterview. Auf einen Nenner gebracht eignen sich folgende Themen für das Telefoninterview besonders gut: o Berufserfahrung und fachliche/ methodische Kompetenzen (wie Studieninhalte, Passung der fachlichen Thematik, Branchenerfahrung) o (Fremd-)Sprachenkenntnisse o Rahmenbedingungen der Stelle: o Umzug o Gehaltsrahmen o Reisetätigkeiten, u.v.m. o „Beobachtung“ von Verhalten (z. B. Kommunikationsfähigkeit) o Offene Punkte der Unterlagen des Kandidaten: Kündigungsfristen, Gehaltsvorstellung - nicht nur „Fehlende Unterlagen“ 3.4 Akzeptanz beim Bewerber - worauf zu achten ist Der erste Live-Kontakt des Unternehmens beim Kandidaten ist wie der erste Eindruck: es gibt keine zweite Chance! Sobald das Telefoninterview passend in den Rekrutierungsprozess eingefügt ist, wird es zu einem bedeutsamen Teil der Diagnostik. Genau dies sollte auch dem Kandidaten gegenüber klar geäußert werden, um die Relevanz des Instruments auszudrücken. Dies geschieht im Vorfeld bereits durch eine offizielle Terminabsprache, aber genauso auch mit einer Erklärung an den Bewerber zum Einstieg in das Interview. <?page no="32"?> 24 Aus der Praxis: In den Seminaren wird von einigen Teilnehmern, die bereits Telefoninterviews durchführen, die Idee vertreten, dass sie das Telefoninterview weder vorbereiten, noch dem Bewerber einen Termin ankündigen. Das Überraschungsmoment beim Bewerber, so die Argumentation, sei doch gerade der gewünschte Effekt, denn so bekäme man ganz authentische Reaktionen des Bewerbers mit. Dies ist meiner Meinung nach weder sehr fair, noch sehr professionell. Denn der wirklich einzige Effekt ist, dass der Bewerber sich überrumpelt fühlt, wenn ein Unternehmen unangekündigt anruft. Einige Kandidaten befinden sich höchstwahrscheinlich in einer Situation, die ein richtiges Interview nicht ermöglicht. Oder je nach Tageszeit in einem Meeting oder einer privaten Situation, die wenig Platz lässt für das professionelle Beantworten von Interviewfragen. Bewerber fühlen sich unwohl oder sogar gestresst und werden daher die gestellten Fragen weder offen noch vertrauensvoll beantworten. Außerdem wird den Kandidaten die Möglichkeit genommen, sich adäquat auf das Telefoninterview vorzubereiten. Um Akzeptanz beim Kandidaten für das Instrument zu erzielen sollte unbedingt vermieden werden o das Telefoninterview als „Spontan-Anruf“ durchzuführen (mit dem Gedanken, den Bewerber zu überraschen o.ä.). Dies wirkt nicht nur aufdringlich, sondern auch unprofessionell. o das Instrument alleinig dazu zu einzusetzen, fehlende Dokumente (wie Zeugnisse etc.) einzufordern. Hierdurch entsteht der Eindruck einer überregulierten Dokumenten-Gläubigkeit. Natürlich kann nach fehlenden Unterlagen gefragt werden, allerdings immer nur mit einem deutlichen Interesse am Kandidaten und einem strukturiert geführten Interview. Da Telefoninterviews bereits zum festen Standardverfahren in vielen Unternehmen gehören, haben sich einschlägige Foren bereits mit Tipps an die Kandidaten gewandt. Diese Punkte wurden auf den Karrierewebsites (Avsolventa.de; Karriereakademie.de; Bewerbung.com; Monster.de) den Bewerbern besonders häufig empfohlen: • Überraschende Anrufe „vertagen“ und nicht darauf einlassen • Gesprächspartner „googlen“ (neben Firma und Branchen- Neuheiten) • „Körperlich Haltung“ einnehmen • Eigene Fragen vorbereitet haben <?page no="33"?> 25 • Kommunikation: präzise und deutlich reden • Erwartung: es sollte auf Augenhöhe geführt sein • Ausgeklügelter, strukturierter Fragebogen • Erwartbare Dauer: 30, aber auch 45-90 Minuten. Es ist immer von Vorteil, die Erwartungshaltung von Kandidaten zu kennen, die sich im Netz über das Instrument Telefoninterview informieren und sich dementsprechend vorbereiten. Zusammenfassung: Jedes Telefoninterview, jede Personaldiagnostik ist nur so valide, wie das zugrunde liegende Kompetenzprofil gut ausgearbeitet und aussagekräftig ist. Auch das Telefoninterview, als diagnostisches Instrument, kann immer nur so aussagefähig sein, wie das Kompetenzprofil valide ist. Das Telefoninterview wird in aller Regel zwischen der Unterlagenanalyse und dem Persönlichen Interview im Rekrutierungsprozess platziert. Im Telefoninterview sollten fachliche und methodische Kompetenzen erhoben, sowie Fragen zu den Rahmenbedingungen der Stelle gestellt werden. Zusätzlich können übergreifende Kompetenzen, die im Bereich Kommunikation und Interaktion liegen, analysiert werden. Für die Akzeptanz beim Bewerber sollten keine Spontananrufe getätigt werden und das Instrument nicht zum „Sammeln von fehlenden Unterlagen“ degradiert werden. Vielmehr sollte das Telefoninterview als „wichtiges Instrument“ mit Terminanfrage beim Kandidaten platziert werden. <?page no="34"?> 26 4 Telefoninterviews vor- und nachbereiten Telefoninterviews sollten in den Gesamtprozess der Personalrekrutierung als ein Prozessbaustein gut eingeordnet sein, und auch einer strukturierten Organisation folgen: für ein professionelles Telefoninterview sollten Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung optimal aufeinander abgestimmt sein. In diesem Kapitel werden Maßnahmen der Vor- und Nachbereitung besprochen, die Durchführung des Telefoninterviews ist im Kapitel 6 beschrieben. 4.1 Maßnahmen der Vorbereitung Für den professionellen Eindruck beim Bewerber und auch für die Qualität der Diagnostik ist eine gute Vorbereitung des Telefoninterviews unerlässlich. Vorbereitende Maßnahmen für das Telefoninterview beziehen sich sowohl auf die Korrespondenz und Kommunikation mit dem Bewerber, als auch auf die unternehmensinternen Prozesse und Entscheidungen. Vorbereiten Durchführen 3-Phasen- Modell Nachbereiten <?page no="35"?> 27 4.1.1 Telefoninterview-Leitfaden erstellen In aller Regel lohnt sich das Erstellen eines Telefoninterview-Leitfadens (Beispiele im Anhang des Buches) aus den folgenden Gründen: Die Zeiteinteilung und Vorgehen sind planvoll und systematisch. Die Vergleichbarkeit aller Bewerber untereinander ist einfacher. Die Zuordnung von Kompetenzen, Fragen und dokumentierten Antworten ist eindeutig und erlaubt eine differenzierte Bewertung. Der Interviewer ist entlastet, da das permanente Nachdenken über die nächste sinnvolle Frage entfällt. Dies ist für ungeübte Interviewer von großem Vorteil, denn damit wird eine stärkere Fokussierung auf das Führen des Telefoninterviews erfolgen. Insgesamt wird das Interview automatisch strukturierter und professioneller geführt, was auch entscheidend den Eindruck beim Bewerber bestimmt. Die schriftliche Dokumentation wird mit einem strukturierten Leitfaden nicht nur wesentlich einfacher, sondern sichert auch, dass die vom Bewerber gegebenen Antworten den richtigen Anforderungskriterien zugeordnet werden. Aus der Praxis Ungeübten Interviewern fällt sowohl die Gesprächsführung als auch die Dokumentation eines Bewerbungsgesprächs relativ schwer, da sie während des gesamten Gesprächs auf die richtige Formulierung der jeweils nächsten Frage fokussiert sind. Sie empfinden es daher als große Erleichterung, wenn sie einen Interviewleitfaden zur Hand haben. Mit Interviewleitfäden wird oftmals eine spürbare Verhaltensverbesserung in den Fähigkeiten der Gesprächsführung und der Gesprächsdokumentation erreicht. Ausgearbeitete Beispiele für das Format eines Telefoninterview- Leitfadens, inklusive einer „Regieanweisung“ für den Interviewer finden Sie im Anhang. In Kapitel 8 erfahren Sie, wie Sie einen individuellen Leitfaden erstellen können. <?page no="36"?> 28 4.1.2 Unternehmenspräsentation Diesem Punkt ist bewusst ein eigenes Kapitel gewidmet, denn bei der telefonischen Präsentation des eigenen Unternehmens sind einige Punkte zu beachten. Eine gute Unternehmenspräsentation sollte kurz und prägnant sein, damit nicht zu viel Zeit darauf verwendet wird und zudem überzeugend sein, so dass der Kandidat das Unternehmen interessant und spannend findet. „Kurz und prägnant“ heißt: maximal 2 Minuten sollte die Unternehmenspräsentation idealerweise dauern, damit sie den Rahmen des Telefoninterviews nicht sprengt. Bei der Frage, wie eine Unternehmenspräsentation überzeugend gestaltet wird, lohnt ein Blick darauf, was denn Menschen im Allgemeinen motiviert, ein Unternehmen interessant zu finden. Dies sind in erster Linie nicht die eher fachlich-sachlichen Themen wie die Anzahl der Standorte, bzw. wie viele Mitarbeiter an welchem Standort arbeiten, oder welche Sparten das Unternehmen hat. Zum einen stehen diese Zahlen, Daten, Fakten auf der Webpage, zum anderen sind diese „ZDFs“ meistens nicht die relevanten Entscheidungskriterien, aus denen sich ein Bewerber für eine Stelle interessiert. Wenn wir einen Kandidaten von der Stelle oder dem Unternehmen überzeugen möchten, müssen wir ihn motivieren. Motivation Motivation verbirgt das Wort „Motiv“ in sich. Motive sind nichts anderes als Beweggründe, etwas zu tun. Wir sind begeistert, überzeugt oder fühlen uns angesprochen von etwas und tun dann das Entsprechende, um es zu erhalten oder zu bekommen, d. h. „wir bewegen uns auf etwas hin“ (von lat. movere = sich bewegen). Kurz gesagt: Was uns motiviert, bewegt uns hin zu etwas oder bewegt uns dazu, etwas Bestimmtes zu tun. <?page no="37"?> 29 Damit die Unternehmenspräsentation einen motivierenden Charakter erhält, ist es wichtig zu wissen, aus welchen möglichen Motiven heraus sich ein Kandidat für eine Stelle interessiert, bzw. welche Motive hinter seiner möglichen Entscheidung stehen könnten, sich für eine Firma oder eine Stelle zu begeistern. Aus der psychologischen Forschung wissen wir: Die meisten Entscheidungen werden aus dem Gefühl heraus getroffen und danach mit „Verstand-Argumenten“ begründet. Durch unsere Gefühle werden wir also maßgeblich gesteuert, was uns jedoch in den meisten Fällen nicht bewusst ist. Unsere Gefühlswelt stellt den größeren Anteil unserer Wahrnehmung dar. Ähnlich dem Grundsatz des Eisbergmodells, bei dem etwa 7/ 8 des Eisbergs unter Wasser liegen und nicht sichtbar sind, ist für unser Handeln und unsere Entscheidungen der Gefühlsanteil maßgebend, der uns jedoch nur schwer zugänglich ist. Das andere Achtel, welches beim Eisberg aus dem Wasser ragt und sichtbar ist, ist unsere rationelle Seite, die Verstand-Ebene, mit der wir als rationell denkende Menschen alles erklären und logisch nachvollziehbar begründen. Diese Argumentation bemühen wir natürlich in unseren Aussagen wesentlich mehr, denn wir schätzen uns selbst als verstandesmäßig orientierte Menschen. Das Eisbergmodell, wie im folgenden Schaubild dargestellt, gibt uns einen Hinweis, in welcher Weise Menschen Entscheidungen treffen: Zu 7/ 8 aus dem Bereich der Gefühlsebene Nur zu 1/ 8 aus dem Bereich der Sachebene. <?page no="38"?> 30 Abbildung: Unternehmenspräsentation als Eisbergmodell Wegweisende Entscheidungen, wie der Wechsel in eine andere Funktion oder sogar in eine andere Firma, werden meistens aufgrund von emotionalen Faktoren getroffen. Kandidaten sagen oftmals „Ich habe gespürt, dass… die Atmosphäre beim Telefoninterview/ Empfang schon sehr offen und freundlich war. das Bewerbungs-Gespräch auf Augenhöhe geführt wurde. der Teamgeist deutlich spürbar war. die Kollegen im Interview ein herzliches Verhältnis zueinander hatten. der neue Vorgesetzte mir beim ersten Gespräch sehr sympathisch war meine Interviewpartner gerne in diesem Unternehmen arbeiten. ich dort mit meiner Qualifikation gebraucht werde. dass auch Dinge angesprochen wurden, die eventuell nicht so gut laufen, sodass ich ein realistisches Bild bekam.“ 7/ 8: Atmosphäre, Kommunikation, Weiterbildung, Teamgeist, Entscheidungswege, daily busines …BEISPIELE 1/ 8: Zahlen, Daten, Fakten Entscheidungsmotivation <?page no="39"?> 31 Gehen Sie für eine gelungene Organisations-Vorstellung der Frage nach: was spürt ein neuer Stelleninhaber, wenn er in unserem Unternehmen anfängt? Hier ein paar Hinweise, welche emotionalen Faktoren dies möglicherweise sein könnten (Beispiele in Klammern): Unternehmensklima (eher noch „Abteilungsklima“) Kommunikationskultur (offen, fair, Feedback-orientiert) Hierarchie-Kultur (flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege) Philosophie der Mitarbeiterführung (aktive Einbindung der Mitarbeiter, viel selbstständiges Arbeiten, Kreativität) Personalmanagement-Kultur (Förderung, Weiterentwicklung, Maßnahmen der Work-Life-Balance oder der Familienförderung) Unternehmensüberzeugungen (wen oder was unterstützt das Unternehmen aktiv: Umweltverbände oder Sportverbände? ) Aus der Praxis: Gehen Sie neue Wege: Vermeiden Sie die Floskel „Weswegen haben Sie sich denn bei uns beworben? “, sondern liefern Sie selbst: „Das ist es, weswegen ich in diesem Unternehmen gerne arbeite! “ 4.1.3 Setting, Beteiligte und Rollen im Interview In aller Regel führt derjenige das Telefoninterview, der für die (Vor)Auswahl der Bewerber im Unternehmen verantwortlich ist. Das ist in erster Linie ein Mitarbeiter der Personalabteilung (Personalbeschaffung und -auswahl, Rekrutierung). Oftmals besteht jedoch bei technischen oder besonders spezialisierten Funktionen für den Personaler die Schwierigkeit, das fachliche Knowhow einschätzen zu können. In diesen Fällen ist es sinnvoll, den Fachvorgesetzten in das Telefoninterview zu integrieren. Für die Durchführung empfiehlt es sich, das Interview gleichzeitig miteinander zu führen. Dafür ist jedoch eine vorher abgesprochene Rollenverteilung ein Muss, die klare Zuständigkeiten zuweist: Personalabteilung: Führt das Gespräch aktiv und stellt Fragen zu Lebenslauf, Kündigungsfristen, etc. Fachvorgesetzter: Stellt ausschließlich fachliche Fragen und macht sich Notizen dazu. <?page no="40"?> 32 Die Vorgehensweise, zwei Interviewer als Unternehmensvertreter zu beteiligen, ist in den Fällen sinnvoll, in denen fachliche Kompetenzen bei der Stellenbesetzung eine große Rolle spielen. Sie drängt sich für diese Fälle als Verfahren geradezu auf, denn fachliche Themen sind besonders gut im Telefoninterview zu erfassen. Ein weiterer Vorteil liegt auf der Hand: Mehrere Beteiligte nehmen immer mehr wahr als nur ein Interviewer. Außerdem wird eine Arbeitsteilung möglich: Während der eine Interviewer Fragen stellt, notiert der andere die wichtigsten Stichpunkte der zuvor gegebenen Antworten Jedes gute Interview fängt mit einer gemeinsamen Vorbereitung aller Interviewer an, bevor der Kandidat angerufen wird - das verhindert auch ein Zuspätkommen einzelner Interviewer. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für eine Vorbereitung vor dem Anrufzeitpunkt, insbesondere, wenn Sie ein Tandem-Interview (Personal und Fachvorgesetzter bzw. Hiring Manager) führen. Aus der Praxis: Personaler haben oftmals Schwierigkeiten, den am Interview teilnehmenden Fachvorgesetzten „einzufangen“, wenn dieser - voller Begeisterung - seine Abteilung vorstellt, langatmig zu vergangenen Projekten erzählt und dabei jegliche Fragestellung in Richtung Fachkompetenzen vergisst. Was im persönlichen Interview vielleicht nur ärgerlich ist, stellt für das Telefoninterview jedoch einen kompletten zeitlichen Kollaps dar. Als Gegenmaßnahme helfen nur ein ausgearbeiteter Interview-Leitfaden und eine vorherige klare Absprache mit dem Fachvorgesetzten, welche Fragen dieser genau stellen will und wann er sie stellt. Auch sollte der ideale Gesprächsanteil zwischen Bewerber und Interviewer von 80 zu 20 betont werden. Dies ist nur zu erreichen, wenn die Fragen kurz und knapp gestellt werden und langatmige Erläuterungen vermieden werden. Weiterhin ist es sinnvoll, Fachvorgesetzte, die häufig Auswahlgespräche führen müssen, in einem entsprechenden Seminar dafür ausbilden zu lassen. 4.1.4 Korrespondenz mit dem Bewerber Das Telefoninterview sollte, aus professionellen Gründen, dem Bewerber ausreichend vorher angekündigt werden. Die Empfehlung hierfür geht in Richtung einer schriftlichen Information an den Bewerber, wie sie auch mit der Einladung zu einem persönlichen Interview erfolgt, nämlich mit <?page no="41"?> 33 schriftlicher (auch per Email möglicher) Ankündigung des Termins und der Dauer des Telefoninterviews, sowie Vorstellung der Interview-Partner mit Namen und, falls vorhanden, einem Bild. Mit dieser Kommunikation erhält das Telefoninterview eine hohe Wertigkeit und distanziert sich vom Eindruck „jemand will mal eben anrufen“. Es wird so deutlich, dass das Telefoninterview einen wichtigen und seriösen Baustein im Auswahlverfahren des Unternehmens darstellt. Wer möchte, kann dies auch nochmals am Anfang des Telefoninterviews erwähnen („Das Telefoninterview ist ein wichtiger Teil unserer mehrstufigen Personalauswahl...“). Das Versenden eines Bilds des Interviewers gibt dem Bewerber eine genaue Vorstellung von seinem Gegenüber, der Gesprächspartner bleibt keine anonyme Person mehr. Es ist davon auszugehen, dass damit auch eine höhere soziale Verbindlichkeit für das Telefoninterview hergestellt wird, die zu einer größeren Öffnung des Bewerbers führen kann. Dieses Beispiel der schriftlichen Ankündigung des Telefoninterviews umfasst alles Wesentliche: Sehr geehrte/ r Kandidat/ in, mit großem Interesse haben wir Ihre Bewerbungsunterlagen gelesen und freuen uns darauf, schon sehr bald ein erstes Interview am Telefon mit Ihnen zu führen. Dieses Telefoninterview wird nicht länger als 30 Minuten dauern und von Frau/ Herrn X geführt (Bild). Wir wünschen uns dafür als Termin den DD.MM.YYYY um 00.00 Uhr und bitten Sie, uns den Termin telefonisch zu bestätigen und auch eine Telefonnummer zu nennen, unter der wir Sie zu dieser Uhrzeit erreichen können. Bitte stellen Sie für diesen Termin sicher, mit uns ungestört telefonieren zu können. Das Telefoninterview ist ein wichtiger Schritt in unserer Rekrutierung. Wir möchten Sie mit gezielten Fragen näher kennenlernen und auch Sie erhalten die Gelegenheit, Fragen an uns stellen. Herzliche Grüße……. <?page no="42"?> 34 4.1.5 Zeitliche Terminierung Zur zeitlichen Kalkulation der Dauer eines Telefoninterviews hat sich folgender Rahmen bewährt: 10 Minuten inhaltliche Vorbereitung (Sichtung der Bewerbungsunterlagen und Notieren wichtiger Fragen, Absprachen mit Tandem- Interviewern, etc.) 20 - 30 Minuten Durchführung des Telefonats 10 Minuten Nachbereitung (Notizen und Aufzeichnungen) ---------------------------------------------------------------------------------------- = 40- 50 Minuten in der Summe. Für die Praxis bedeutet dies, dass eine Serie aufeinanderfolgender Interviews im diesem Takt terminiert werden kann. 4.1.6 Raum und Technik Natürlich ist für die Durchführung des Telefoninterviews eine gute Telefonanlage nötig, die über exzellente Lautsprechereinrichtung verfügt. Die sehr professionelle Alternative zum Telefonlautsprecher ist ein Headset. Zur parallelen Dokumentation dient der Telefoninterview-Leitfaden, der entweder schriftlich, also ausgedruckt, vorliegt, oder aber in elektronischer Form. Der Vorteil der elektronischen Dokumentation ist ganz klar die wesentlich einfachere Datenweitergabe innerhalb des Unternehmens. Ein ruhiger, ungestörter Raum ist genauso wichtig wie bei einem persönlichen Interview. 4.2 Maßnahmen der Nachbereitung Hierbei stehen die Themen der Dokumentation und der Auswertung im Vordergrund, aber auch eine kurze Reflexion darüber, wie das Telefoninterview verlaufen ist. <?page no="43"?> 35 4.2.1 Dokumentation Für die Validität eines jeden Personaldiagnostikverfahrens ist generell eine präzise Dokumentation der Bewerber-Antworten und des gewonnenen (übergreifenden) Eindrucks eine essenzielle Voraussetzung. Aus der Praxis: In allen Interviewformen (nicht zur im Telefoninterview) passiert es häufig, dass die Interviewer am Ende feststellen, keine oder nur wenig Notizen gemacht zu haben. Es ist in der Tat eine Herausforderung, sich sowohl auf das Führen des Interviews zu konzentrieren und sich parallel ausreichend Notizen dazu zu machen, was der Bewerber gesagt hat. Oftmals fühlen die Interviewer einen großen Druck, das „Gespräch am Laufen“ zu halten und vergessen darüber das Aufschreiben wichtiger Informationen. Hier hilft es eigentlich nur, sich des Drucks bewusst zu werden und ihn durch die Einstellung zu ersetzen „Gesprächspausen müssen sein“. Viele Interviewer finden auch die Idee gut, schon gleich zu Anfang des Gesprächs darauf hinzuweisen, dass Pausen entstehen können, da man Zeit für die Notizen braucht (siehe Beispiel- Telefoninterview-Leitfaden im Anhang). Da das Telefoninterview in seiner Abfolge von Fragen stellen und Antworten notieren ein komplexes Verfahren ist, kann es eine Erleichterung sein, die Dokumentation schrittweise durchzuführen. Folgendes Vorgehen hat sich dabei bewährt: Während des Telefonats, immer parallel zu den Fragen: alle Angaben zu Daten und „Hard Facts“, Bewerber-Antworten in Stichworten, auch Zitate, zu notieren, und in unmittelbarem Anschluss an das Telefonat: die Dokumentation zu vervollständigen, mit Eindrücken und persönlichen Wahrnehmungen, die sich darüber hinaus noch ergeben haben. Nach dem Telefoninterview sollten bereits Hinweise formuliert werden, was speziell für diesen Bewerber im weiteren Auswahlprozess noch geklärt werden muss. Mit etwas zeitlichem Abstand: die Gesamtbewertung vornehmen und die Entscheidungsfindung zu einer Absage oder einer Einladung zum weiteren Gespräch zu treffen. <?page no="44"?> 36 4.2.2 Entscheidungen moderieren und treffen Wie bei allen Personaldiagnostik-Verfahren gilt auch für das Telefoninterview, dass die Entscheidungsfindung von der inhaltlichen Mitschrift getrennt werden sollte („Grundsatz der Trennung von Beobachtung und Bewertung“). Streng genommen müssten zuerst alle Interviews für eine Stellenbesetzung geführt werden, bevor eine abschließende Bewertung stattfindet. Dies ist natürlich in der Praxis nicht immer durchführbar. Eine mögliche Lösung kann es sein, nach einer (Tages-)Serie von Telefoninterviews, die Bewerber nochmals näher zu betrachten und dann erst eine abschließende Bewertung zu finden. Für die Ergebnisfindung ist es essenziell, die Antworten des Bewerbers systematisch mit dem zugrundeliegenden Kompetenzprofil abzugleichen und eine abschließende Bewertung zu finden, ob der Kandidat zu den weiteren Auswahlschritten des Rekrutierungsprozesses eingeladen wird. Wenn das Telefoninterview als Tandeminterview (Personaler und Fachvorgesetzter gemeinsam) geführt wird, liegt die Moderation der Entscheidung in aller Regel bei den Mitarbeitern der Personalabteilung. Als zielführende Moderationsrichtung hat sich in der Praxis bewährt, alle im Telefoninterview abgeprüften Kompetenzen einzeln und nacheinander zu besprechen und dabei der Frage nachzugehen, woraus die Bewertung sich genau herleitet. Bei Ungenauigkeiten oder pauschalen Bewertungen bietet sich die Frage an: „An welcher Antwort des Kandidaten machen Sie Ihre/ wir unsere Bewertung fest? “ Sollten Sie das Interview zu zweit führen, vermeiden Sie nach dem Interview in jedem Fall jegliche spontanen, bewertenden Aussagen („Das hätten wir uns ja schenken können! “), da Sie sich gegenseitig sonst zu stark in Ihrer Meinungsfindung beeinflussen. Der richtige Weg ist es, sich erst auszutauschen, nachdem alle beteiligten Interviewer ihre Notizen und Eindrücke schriftlich vervollständigt haben. Eventuell nutzen Sie die Gelegenheit nach dem Interview besser dazu, Antworten, die Sie persönlich nicht vollständig notiert haben, mit dem Partner-Interviewer abzugleichen. <?page no="45"?> 37 Aus der Praxis: Wahrscheinlich fällt es vielen Interviewern unglaublich schwer, sich mit Bewertungen positiver und negativer Art im Anschluss an ein Telefoninterview zurückzuhalten, wenn ein weiterer Interviewer mit dabei ist. Dies ist in hohem Maße beeinflussend und insbesondere dann gefährlich, wenn einer der Interviewer die Tendenz hat, sich am anderen orientieren zu wollen, etwa weil er weniger Erfahrung in Bewerbergesprächen hat. Hier ist die einzig professionelle Haltung: Telefoninterview beenden, den Interviewpartner bitten, die Notizen für sich zu vervollständigen und sich erst danach inhaltlich über den Bewerber auszutauschen. 4.2.3 Informationen für den nachfolgenden Auswahlschritt Die wichtigste Entscheidung nach einem Telefoninterview ist, ob der Bewerber zu den weiteren Auswahlverfahren eingeladen wird oder nicht. Oftmals werden im Telefoninterview jedoch auch weiterführende Informationen gewonnen, die, schriftlich festgehalten, unbedingt in die nächste Auswahlrunde einfließen sollten. Dies sind z. B. unzulängliche oder nicht bewertbare Aussagen des Bewerbers, die dann im weiteren Rekrutierungsprozess nochmals vertiefend nachgefragt werden müssen. Auch können Fragen offenbleiben, die der Bewerber zum Zeitpunkt des Telefoninterviews noch nicht ausreichend beantworten konnte und zu denen er noch eine klare Aussage zu machen hat (z. B. Fragen des gewünschten Gehalts, der Möglichkeit des vorzeitigen Ausscheidens, etc.). Der Kandidat sollte am Ende des Telefoninterviews auf das folgende Auswahlverfahren hingewiesen werden, idealerweise mit einer kurzen Erläuterung, um was es sich handelt. Daher finden Sie im Folgenden eine Kurzbesprechung einiger Verfahren. Persönliches Interview Dieses Interview, bei dem sich Interviewer und Bewerber gegenübersitzen, ist der Klassiker und zugleich das meistgenutzte Instrument zur Personalauswahl. Es existiert in der Variationsbreite von freien Interviews bis zum völlig durchstrukturierten Interview. Durchgesetzt hat sich die Einteilung: Freies Interview: Vor dem Gespräch werden weder die Inhalte der Fragen noch der Ablauf oder die Reihenfolge der Fragen festgelegt. Der Interviewer kann sich so von den Aussagen der Bewerber inspirieren lassen und führt das Interview „entlang“ der vom Be- <?page no="46"?> 38 werber gegebenen Antworten. In der diagnostischen Leistung sind freie Interviews wenig zufriedenstellend. Halbstrukturiertes Interview: Dieses Interview basiert auf einem zuvor festgelegten Fragenkatalog für die zu prüfenden Kompetenzen und folgt in der Abfrage einer bestimmten Reihenfolge der Themengebiete: zuerst fachliche, dann die Persönlichkeit betreffende Fragen. Nachfragen zu den Antworten des Bewerbers sind zugelassen. Vollstrukturiertes Interview: Dabei sind bereits alle Fragen definiert. Alle Bewerber erhalten die gleichen Fragen in derselben Reihenfolge gestellt. Mit dieser Form des Interviews fällt es besonders leicht, mehrere Bewerber zu vergleichen. Allerdings fehlt es hierbei auch an der Flexibilität, auf Besonderheiten in den Antworten des Bewerbers einzugehen. Es gilt der Grundsatz: je strukturierter das Interview durchgeführt wird, umso aussagefähiger sind die Ergebnisse. Assessment-Center-Verfahren Das Assessment-Center-Verfahren (AC-Verfahren) eignet sich aufgrund des relativ hohen Aufwands und damit verbundener Kosten, für Funktionen, die im Unternehmen eine Schlüsselrolle einnehmen, klassischerweise also für Führungsfunktionen. Für diese Funktionen wird meistens die Form des Einzel-Assessments bevorzugt. Das Assessment wird speziell auch für Funktionen eingesetzt, bei denen Kommunikationsfähigkeiten im Vordergrund stehen (wie im Vertrieb oder im Callcenter-Bereich), da das Verfahren in aller Regel Übungen umfasst, die besonders gut sind, Kommunikationsfähigkeiten und verwandte Anforderungen (wie soziale Kompetenzen oder Überzeugungsfähigkeit) erkennbar zu machen. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass nicht nur Antworten ausgewertet werden, sondern das gezeigte Verhalten von Kandidaten. Dies bedeutet eine wesentlich höhere Authentizität und einhergehend damit, auch eine größere Validität der Ergebnisse gegenüber dem traditionellen Interview. <?page no="47"?> 39 4.4 Feedback an den Bewerber, interner Reflektion Normalerweise erfolgt die Rückmeldung an den Bewerber in schriftlicher Form. Da sich jedoch im Laufe des Telefonats (ähnlich wie im Persönlichen Interview) eine gewisse Nähe zum Kandidaten gebildet hat, ziehen manche Organisationen eine telefonische Rückmeldung vor. Bei einer Absage ist jedoch unbedingt darauf zu achten, keine Gründe zu nennen, die im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu einer Spekulation über Benachteiligungen Anlass gäben. Die allgemeine Aussage „ein anderer Bewerber (m/ w) war im Sinne des Kompetenzprofils besser geeignet“ ist eine gute Lösung, wenn auch nicht befriedigend für den Bewerber. Auch wenn das Interview sehr gut verlief, gehört in jedem Fall eine gemeinsame Reflektion über die eigene Leistung als Interviewer (-Team) zur professionellen Nachbereitung. Nach dem Interview ist vor dem Interview! Hier können folgende Leitfragen hilfreich sein: Welche Fragen haben uns gute (=verwertbare) Antworten geliefert? Welche waren wenig ergiebig? Und wie wollen wir daher den Interviewleitfaden anpassen? Wie gelang es uns, die Antworten zu dokumentieren? Wie haben wir die Gesprächsregeln (80-20) eingehalten? Zusammenfassung: Ein professionelles Telefoninterview hat einen klar beschriebenen Prozess, der wichtige Elemente der Vor- und Nachbereitung definiert. Zu den Vorbereitungen gehören u.a.: o Ein Leitfaden, dessen Fragen aus dem Kompetenzprofil abgeleitet sind o Eine überzeugende Unternehmenspräsentation, die emotionale Themen aufgreift o Definierte Interviewer und ihre Rollen (Personaler und Fachvorgesetzter), eventuell ein gutes Briefing für unerfahrene Telefoninterviewer o Eine umfassende Ankündigung des Telefoninterviewtermins beim Bewerber <?page no="48"?> 40 o Eine professionelle zeitliche Terminierung o Ein ungestörter Raum zur Durchführung mit Telefonfreisprecheinrichtung Zu den Nachbereitungen gehören u.a.: o Eine umfassende Dokumentation der Bewerberantworten o Eine professionelle Auswertung und Entscheidungsfindung <?page no="49"?> 41 5 Fragen formulieren Zur besseren Strukturierung wird in diesem Kapitel zunächst das Thema der schriftlichen Frageformulierung behandelt und in Kapitel 7 (Optimales Verhalten des Interviewers) die Thematik der Fragetechnik im Interview, die eher im Verhalten des Interviewers angesiedelt ist. 5.1 Fragen richtig formulieren Dieser Abschnitt bezieht sich darauf, wie die Fragen für den Telefoninterview-Leitfaden sprachlich formuliert werden sollten. Die besten Fragen für ein Interview sind 1. direkt 2. offen 3. verhaltensbezogen formuliert. Diese Anforderungen erklären sich wie folgt: Zu 1.: Direkt formulierte Fragen: Der direkte Weg ist oftmals der zielführendste, daher gilt der Grundsatz „Je direkter ich frage, desto einschlägiger ist die Antwort des Bewerbers“. Die direkte Frage ist ausgerichtet auf das, was ich wissen will. Wenn eine bestimmte Kompetenz eruiert werden soll, dann kann diese auch genauso in der Frage benannt werden. Folgende Beispiele verdeutlichen die Form der direkten Frage: Bereich Direkte Frage Fachliche Qualifikation in Ausbildung/ Studium Bitte schildern Sie mir, welche fachlichen Themen / Gebiete Ihre Ausbildung/ Ihr Studium umfasste. Branchenkenntnisse Bitte schildern Sie mir, welche speziellen Kenntnisse zur Branche X Sie in Ihrer bisherigen Berufspraxis erworben haben. Kundenkontakt Welche Ihrer persönlichen Fähigkeiten konnten Sie im Bereich Kontakt mit dem Kunden bisher besonders gut einsetzen. Bitte geben Sie mir zwei Beispiele. <?page no="50"?> 42 Aus der Praxis: Viele Interviewer bemühen sich sehr darum, Fragen an den Bewerber besonders „undurchsichtig“ zu formulieren, um zu vermeiden, dass der Bewerber das Ziel der Frage erkennt. Das kann für bestimmt Frage- Richtungen durchaus notwendig sein, wie z. B. für Fragen der Selbst- und Fremdwahrnehmung des Kandidaten. Im Telefoninterview geht es jedoch größtenteils um Fragen, die schnell und geradeheraus zu beantworten sind, sodass eine „Verschleierungstaktik“ nicht erforderlich ist, und eher hinderlich wäre. Zu 2.: Offen formulierte Fragen: In der Kommunikation werden Fragen in die Kategorien „Offene Fragen“ und „Geschlossene Fragen“ eingeordnet. Offene Fragen werden auch als „W-Fragen“ bezeichnet, weil der erste Buchstabe des Fragewortes ein W ist, z. B.: was, wie, wo, wodurch, welche, wie oft, etc. Mit der offenen Frage erhalten wir im Interview die größtmögliche Fülle an Informationen, sie fordert den Gesprächspartner zu einer längeren Antwort heraus und ist damit der geschlossenen Frage (z. B.: „Wären Sie zu einem Umzug bereit“? ) weit überlegen, was die Informationsmenge in der Antwort betrifft. Offene Fragen geben dem Interviewer eine Fülle an Informationen; provozieren zum Nachdenken, denn der Befragte muss die Antwort frei formulieren; fordern zu freier Meinungsäußerung auf; Zeigen die Prioritäten des Bewerbers, indem dieser durch die unbewusst gewählte Reihenfolge der Antworten die für ihn wichtigsten Themen preisgibt. An einem Beispiel wird dies deutlich: Auf die Frage „Welche sind für Sie die wichtigsten Bedingungen für eine gute Zusammenarbeit? “ können aus der Reihenfolge der Nennungen die Prioritäten des Bewerbers erkennbar sein. Das Erstgenannte ist in aller Regel das Wichtigste. <?page no="51"?> 43 Beispiele für offene Fragen: „Welches waren die Schwerpunkte Ihrer letzten Stelle? “ „Welche Rolle hatten Sie in dem Projekt, das Sie eben benannt hatten? “ Was reizt Sie an der ausgeschriebenen Stelle ganz besonders? “ Im Gegensatz zur offenen Fragestellung lässt die geschlossene Frage („Könnten Sie sich vorstellen, nach Frankfurt zu ziehen? “) nur zwei mögliche Antworten zu: „Ja“ oder „Nein“. Diese Fragetechnik erschließt kaum Informationen. Suggestivfragen sind geschlossene Fragen, die dem Bewerber sogar die richtige Antwort bereits in den Mund legen („Sie meinen doch auch, dass Teamgeist für die Projektarbeit unerlässlich ist? “). Zu 3.: Verhaltensbezogen formulierte Fragen Ziel einer Frage ist es auch, nicht irgendwelche theoretischen Informationen als Antwort zu erhalten, sondern realistische Fallbeispiele aus der erlebten Berufspraxis. Nur dadurch erhalten wir verlässliche Hinweise dafür, ob der Bewerber die geforderte Kompetenz bereits schon unter Beweis gestellt hat. Denn: nur wenn jemand ein Projekt bereits geleitet hat, kann er aufgrund der gemachten Erfahrung authentisch über die Schwierigkeiten in der Projektleitung berichten. Im praktischen Interview merken wir dies in der Antwort daran, dass wir die Schilderungen des Bewerbers, oder die beschriebenen Fälle oder Sachverhalte, sehr gut nachvollziehen können. Vor diesem Hintergrund sind Fragen weniger geeignet, die in die Zukunft gerichtet sind („Wie würden Sie denn Ihr Team führen? “), oder Frageformulierungen, die ins Theoretische zielen („Was sollte man im Vertrieb beherzigen? “), denn sie werden keine authentische Antwort zum Verhalten des Bewerbers erzielen. Fragen sind vielmehr so zu formulieren, dass sie unmissverständlich eine Verhaltenssituation des Bewerbers abfragen, die er bereits schon selbst erlebt hat: „Bitte schildern Sie mir eine beruflich erlebte Situation, in der Sie eine besondere Programmierungsleistung erbringen mussten.“ <?page no="52"?> 44 Mit der gezielten Frage nach Verhaltenssituationen gleichzusetzen sind Fragen, die um Beispiele für die gesuchte Kompetenz in der Vergangenheit der beruflichen Praxis bitten: „Bitte geben Sie mir ein Beispiel für ein besonders gelungenes Projekt, das Sie bisher geleitet haben.“ 5.2 Wi-Si-bi-Formel Eine besonders geeignete Formulierung, mit der es auch spontan gelingt, gute Fragen zu formulieren ist die Wi-Si-bi-Formel: „Erzählen Sie mir bitte, Wie (offene Frage) Sie (direkte Ansprache) bisher (Vergangene Erfahrung) …ein Projekt gestartet haben (direkt nach Kompetenzkriterium fragen)“ Eine Frage, die die Prämissen der offenen, direkten und verhaltensbezogenen Formulierung in Kombination vereinigt, wäre z. B.: „Bitte schildern Sie mir, wie (offene Frage) Sie bisher (Frage nach Verhalten in der Vergangenheit) Ihren Arbeitstag organisiert (direkte Frage nach der Kompetenz Organisationsvermögen) haben - nehmen Sie doch als Beispiel (Erfragen nach Erlebtem) den Montag dieser Woche? “ 5.3 Skalenfrage - die besondere Frage Eine sehr effektive Frage, die allerdings vom oben beschriebenen Schema etwas abweicht, ist die Skalenfrage, mit der sich besonders gut fachliche und methodische Anforderungen erfassen lassen. Da sie schnelle und präzise Antworten vom Bewerber verlangt, kann sie auch gut verwendet werden, um mehrere Kompetenzkriterien sicher und schnell hintereinander zu erfassen. <?page no="53"?> 45 Die Skalenfrage ist eine zweigeteilte Frage, wobei der erste Teil der Frage unbedingt vom Bewerber beantwortet sein muss, bevor der Interviewer mit dem zweiten Teil der Frage nachfasst. Ein Beispiel: 1. Teil der Frage: „Bitte schätzen Sie Ihre Kenntnisse in MS Office- Programmen auf einer Skala von 1 bis 10 ein: 1 steht für „wenig bis keine Kenntnisse“ und 10 für „Experte“. Nachdem der Bewerber den ersten Teil der Skalenfrage beantwortet hat, wird sein Entwicklungsbedarf für diese Fachkenntnisse mit der folgenden Frage ausgeleuchtet: 2. Teil der Frage: „Welche Kenntnisse benötigen Sie noch, um auf eine 10 zu kommen? “ Diese Frageform lässt sich nicht nur für viele fachliche Kompetenzen anwenden, sondern auch für methodische Kenntnisse z. B. Fähigkeiten der Selbstorganisation: „Bitte schätzen Sie Ihre Fähigkeit, sich selbst zu organisieren, auf einer Skala von 1 - 10 ein.“ Denkbar ist auch, Fremdsprachenkenntnisse damit zu erfragen, wenn der Interviewer diese Sprache nicht selbst beherrscht: „Bitte schätzen Sie Ihre Kommunikationsfähigkeiten in Spanisch auf einer Skala von 1 bis 10 ein: 1 steht für Anfängerkenntnisse und 10 steht für verhandlungssicher.“ (Beantwortung abwarten). Was würde Ihnen zum Level 10 noch fehlen? “ 5.4 Fragen im englischsprachigen Interview stellen Bei der Formulierung einer englischen Frage sind formelle Regeln der besonderen Höflichkeit zu beachten. Während im deutschsprachigen Raum Fragen eher „geradeheraus“ gestellt werden („Nennen Sie uns bitte ein Beispiel für ein erfolgreiches Projekt, das Sie geleitet haben“), verlangt die Fragestellung im internationalen Interview meistens eine höflichere Einleitung („Could you please tell me about a project that you successfully managed so far“? ). Dies ist zumeist dem britisch-geprägten kulturellen Hintergrund zu verdanken, in welchem die Geschäftssprache ei- <?page no="54"?> 46 nen weniger direkten und auch wesentlich höflicheren Umgangston verlangt. Englische Fragestellungen verlangen also eine besondere Einleitung, wie: We are interested in…. Could I ask you a few questions…? What do you consider…? May I ask you about…? Could you tell me a bit about…? Would you mind telling me something…? Do you think you could …? I was just wondering if you could tell me …? I would appreciate it if you …? Im Rahmen einer internationalen Rekrutierung und mit der Rücksicht auf Kandidaten, die Englisch nicht als Muttersprache lernten, ist es ratsam, die Fragen zudem so einfach wie möglich zu formulieren. Denn es geht bei diesen Interviews nicht darum, die Eloquenz des Interviewers deutlich zu machen, sondern darum, das Verständnis für den Bewerber herzustellen. 5.5 Frage-„Verhalten“ der Interviewer Vielfach beherrschen Interviewer die theoretischen Grundlagen der Fragestellung und können Fragen inhaltlich treffend formulieren. Oftmals gelingt die Fragestellung in der Praxis, d. h. während des Interviews dann leider doch nicht richtig, da die Fragetechnik fehlt. Fragetechnik bezeichnet hier den Aspekt des richtigen Verhaltens während des Interviews. Die nachfolgenden Fragetechniken sind eine Zusammenfassung aus Beobachtungen von Verhalten aus Live-Interviews in der Praxis und geben Ihnen eine Idee, wie Sie technisch richtig fragen. Kurze und einfache Fragen stellen Wenn der Interviewer zu viel redet, sei es als Einleitung oder als Begründung für eine Frage, riskiert er, den Bewerber zu beeinflussen, und <?page no="55"?> 47 ihn so zu einer „sozial erwünschten Antwort“ zu provozieren. Das folgende Beispiel macht deutlich, wie Sie nicht fragen sollten: „In unserem Kompetenzprofil für die Stelle X ist eines der wichtigsten Kriterien „Durchsetzungsvermögen“, das der zukünftige Stelleninhaber in Verhandlungen in verschiedenen Arbeitnehmer- Gremien beweisen muss. Bitte schildern Sie mir doch einen Fall aus Ihrer Berufspraxis, in dem Sie Durchsetzungskraft beweisen mussten“. Ein aufmerksamer Bewerber erhält durch diese Frage mindestens zwei wichtige Informationen: dass Durchsetzungsvermögen ein kritisches Anforderungskriterium für die Stelle ist, und dass dieses Verhalten besonders in Verhandlungen mit den Arbeitnehmergremien abgefordert wird. Wenn er schlau ist, wird er dem Interviewer natürlich ein genau passendes Beispiel „servieren“. Besser ist die kurze Version der oben gestellten Frage: „Bitte schildern Sie mir einen Fall aus Ihrer Berufspraxis, in dem Sie erfolgreich Ihr Durchsetzungsvermögen bewiesen haben“. Die Stille aushalten, wenn der Bewerber nicht sofort antwortet „Je länger der Bewerber die Antwort überlegen muss, desto effektiver war die Frage“ - diese, im Seminar vorgestellte These regt die Teilnehmer oftmals dazu an, die eigenen Glaubenssätze zur Interviewführung zu überdenken. Die „Stille“ nach einer gestellten Frage auszuhalten, wenn der Bewerber also nicht gleich antwortet, fällt Interviewern oftmals sehr schwer. Die Verhaltenstendenz ist dann, dem Bewerber die Frage nochmals zu stellen und dabei umzuformulieren oder aber weitere Erläuterungen zum Hintergrund der Frage zu geben. Meistens wollen Interviewer damit das Gespräch am Fließen halten. Leider entsteht dabei aber auch die Gefahr, dass damit „erwünschte Antworten“ generiert werden, die wenig Aussage haben. Viel besser ist es, eine angemessene Zeit der Gesprächspause auszuhalten und zu erkennen, dass der Bewerber auf diese Frage nichts oder nicht viel zu sagen hatte („Keine Antwort ist auch eine Antwort“). <?page no="56"?> 48 Mehrfachfragen vermeiden In der Regel sollten Sie im Interview immer nur eine Frage auf einmal stellen. Den Gegenpol hierzu bildet die sogenannte „Mehrfachfrage“: „Bitte geben Sie mir ein Beispiel dafür, wie Sie Teamfähigkeit in Ihrer jetzigen Stelle beweisen mussten. Oder hatten Sie bisher noch nicht in einem Team gearbeitet? Falls nicht, können Sie mir auch gerne eine private Situation schildern. Oder ich frage Sie einfach mal: Was halten Sie eigentlich von Teamarbeit? “ Dies soll deutlich machen, wie unsortiert und fahrig solche Mehrfachfragen wirken, die leider sehr oft in der Praxis vorkommen. Sie haben ihren Ursprung meist darin, dass sich der Interviewer noch nicht so ganz sicher ist, was er eigentlich vom Bewerber wissen möchte, oder aber, wie er die Frage am besten formulieren sollte. Der Effekt ist, dass der Bewerber in der Regel entweder nur die letzte Frage beantwortet, oder sich diejenige aussucht, die ihm am einfachsten scheint. Mit Mehrfachfragen werden dem Bewerber Lücken für eine bequeme Antwort gelassen. Hinterfragen von pauschalen und ausufernden Antworten Oftmals liefert der Bewerber sehr ungenaue oder theoretische Aussagen, die er zudem vage formuliert. Andere Bewerber wiederum bleiben sehr ausweichend in ihren Aussagen. Diese Art von Antworten sollte der Interviewer in jedem Fall hinterfragen. Stellen Sie in solchen Fällen „Nach-Fragen“, um konkrete, verhaltensbezogene Antworten zu erhalten. Der Trick an dieser Stelle ist, nicht unbedingt inhaltlich ausformuliert nachzubohren, sondern mit einigen wenigen, eher universellen Fragen, dem Bewerber „auf den Zahn zu fühlen“ und ihn durch dieses Nachfassen auf den Punkt zu bringen: Beispiele für „Nach-Fragen“: „Beschreiben Sie mir einen konkreten Fall …“ „Was genau haben Sie da getan …“ „Was war Ihr persönlicher Anteil daran? “ „Was exakt …? “ „Wie darf ich mir das in der Praxis vorstellen? “ „Was bedeutet das genau für Sie? “ „Bitte geben Sie mir ein Beispiel …“ <?page no="57"?> 49 Ein anderer, aber auch sehr häufig anzutreffender Fall sind Bewerber, die besonders ausführlich erzählen und mit ihren Antworten weit ausholen. Hier sollten Sie den Bewerber dazu bringen stärker zu fokussieren, d. h. Ihnen eine Zusammenfassung bzw. Priorisierung seiner Aussagen zu liefern. Sie können ihn mit folgenden Fragen stärker einschränken: Beispiele für sogenannte „Priorisierungsfragen“: „Was darf ich mir davon notieren? “ „Bitte fassen Sie das nochmals in drei kurzen Sätzen zusammen.“ „Was ist das Wichtigste an dieser Aussage? “ „Bitte bringen Sie doch nochmals das Wesentliche auf den Punkt.“ Wenn Sie Bewerber wegen ihrer unzureichenden Antworten hinterfragen, sollten Sie immer dem Bewerber „den Ball zurückspielen“, d. h. ihn zu einer Zusammenfassung oder Konkretisierung auffordern und nicht versuchen, diese Aussagen selbst auf Ihren Notizseiten zusammenzufassen. Kritische Fragen vorher ankündigen Wenn Sie vorhaben, dem Bewerber schwierige Fragen zu stellen, die entweder ungewöhnlich sind oder eine Umstellung erfordern, wie z.B. das Interview auf Englisch weiterzuführen, dann sollten Sie nicht mit der Tür ins Haus fallen, sondern den Bewerber durch einen Hinweis darauf vorbereiten. Es ist jetzt etwas gewöhnungsbedürftig, aber ich bitte Sie, die folgenden Fragen auf Englisch zu beantworten. Ich kann gut verstehen, wenn Sie dafür ein wenig Umstellungszeit brauchen Ziel ist es dabei, den Bewerber nicht bloßzustellen oder zu kompromittieren. Fragen zur Selbsteinschätzung geschickt formulieren Mittlerweile verzichten viele Interviewer darauf, vom Bewerber die viel gefragten Stärken und Schwächen zu erfragen, was auch sinnvoll ist, denn die meisten werden darauf sozial erwünschte Antworten geben oder aber „Lehrbuch-Schwächen“ nennen. <?page no="58"?> 50 Fragen zu Erfolgen und Misserfolgen des Bewerbers allerdings können ein Indiz geben, in wieweit der Bewerber seine Fähigkeiten sowohl kritisch als auch selbstbewusst beschreiben kann. Sie sollen eine Aussage dazu liefern, ob der Bewerber selbstreflektiert ist. Eine Formulierungsalternative können daher Fragen nach den „erfolgreich“ und „weniger erfolgreich“ erledigten Projekten oder Arbeitsaufgaben sein. Hier könnten Bewerber eher authentische Antworten geben, da sie nicht über ihre Person, sondern nur über ihr Handeln reden müssen - das fällt oftmals leichter. Es empfiehlst sich, zuerst nach den positiven Beispielen und danach erst nach den negativen zu fragen. Wer sich zuerst gut und positiv darstellen darf, kann danach auch besser über mögliche negative Erlebnisse reden. „Warum“-Fragen ersetzen durch „Was-waren-Gründe“-Fragen „Warum-Fragen“ erzeugen beim Befragten eine Art Rechtfertigungszwang, der ihn stark unter Druck setzen kann („Warum haben Sie das Studium abgebrochen? “). Die Antwort könnte immer nur das Eingeständnis des eigenen Versagens sein, oder aber falsch gehandelt zu haben. Besser geeignet ist die Frage nach Gründen: „Was waren Ihre Gründe, das Studium nicht weiter zu verfolgen? “ Mit dieser Frageform gestehen wir dem Gegenüber zu, dass nachvollziehbare Gründe hinter einer überlegten Entscheidung standen. Damit weisen wir dem Interviewten eine erwachsene und reife Position zu und behandeln ihn nicht wie ein unmündiges Kind. 5.6 Übergreifende Beobachtungen formulieren Nicht für jede Kompetenz, die im Telefoninterview analysiert werden soll, muss notwendigerweise eine Frage gestellt werden. Oftmals können bestimmte Kompetenzen auch als Verhaltensmerkmale „beobachtet“ werden (dieser Ausdruck ist, zugegebenermaßen, etwas verwirrend, denn er wurde aus den Assessment-Center-Verfahren entliehen. Richtig müsste es heißen: „be-hört“ werden). In erster Linie sind dies Kompetenzen, die durch das Agieren des Bewerbers während des gesamten Telefoninterviews hindurch transparent werden und daher auch ohne Fragestellungen sehr gut bewertbar sind, wie z. B.: <?page no="59"?> 51 Kommunikationsverhalten Rhetorische Fähigkeiten Kontaktfähigkeit Situationsgerechtes Agieren. Damit diese Verhaltensaspekte nachvollziehbar und für alle Kandidaten gleichermaßen bewertet werden können, sollten sie einer gewissen Struktur folgen: einer vorgegebenen Bewertungsformulierung und einer Skala, die für jede Beobachtung gleichbleibt. Wichtig ist dabei, Beobachtungskriterien positiv zu formulieren, damit die Skala stimmig ist. Aufsteigend nummerierte Skalen haben sich in der Praxis bewährt: so ist immer der Kandidat mit der höchsten Punktzahl der beste. Ein Beispiel für das gut beobachtbare Verhaltenskriterium „Kommunikationsfähigkeit“: Kommunikationsverhalten und rhetorische Fähigkeiten (--) (-) (+) (++) Formuliert die Antworten präzise und ohne Zögern Spricht mit angenehmer Stimme, Sprechtempo ist angemessen Drückt sich verständlich und differenziert aus Zusammenfassung: Die besten Fragen für ein Interview sind direkt, offen und verhaltensbezogen formuliert. Die Wi-Si-bi-Formel ermöglicht spontane Formulierungen nach diesem Prinzip. Englischsprachige Fragen sind weniger direkt und verlangen daher nach einer „höflichen“ Einleitung. Genauso wichtig wie das korrekte Formulieren einer Frage ist das Frageverhalten des Interviewers, um Irritationen beim Kandidaten oder ausweichende Antworten zu vermeiden. Nicht alle Kompetenzen müssen erfragt werden, sondern können auch mittels „Beobachtungen“ im Anschluss an das Interview eingeschätzt werden. <?page no="60"?> 52 6 Telefoninterviews strukturiert führen In diesem Kapitel erhalten Sie wichtige Hinweise zum Aufbau und zur Strukturierung des Telefoninterviews. Das Telefoninterview mit einer optimalen und sinnvollen Struktur durchzuführen, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für das Gelingen. Insbesondere, da das Telefoninterview in einer sehr knappen Zeitspanne durchgeführt wird und daher sehr effizient sein muss. Das Telefoninterview in drei Phasen aufzuteilen, hat sich in der Praxis sehr bewährt. Das nachfolgend erläuterte 3-Phasen-Modell entstand während zahlreicher Beratungen und Trainings. Es ist vielfach eingesetzt und immer wieder optimiert worden. Abbildung: 3-Phasen-Modell der Durchführung des Telefoninterviews Die drei Phasen unterscheiden sich nicht nur vom inhaltlichen Schwerpunkt her, sondern auch vom Verhalten des Interviewers, das den unterschiedlichen Zielen der jeweiligen Phasen angepasst wird. Jede Phase hat ein spezifisches Ziel, das, mit dem entsprechenden Verhalten des Interviewers verknüpft, eine logische Einheit bildet. Die einzelnen Bestandteile des Modells ergänzen sich optimal und garantieren ein effizi- 1.-Eröffnen =-Nähe-zum-Bewerber- herstellen 2.-Interviewen =-Informationen-zur- Entscheidungsfindung- erhalten 3.-Abschließen =-Verbindlichkeit- erzielen <?page no="61"?> 53 entes Interviewverfahren, das aus Sicht der Bewerber zudem transparent ist und professionell geführt wird. In den einzelnen Phasen richtet sich das Verhalten des Interviewers nach den unterschiedlichen Zielen: 1. In Phase 1 wird bewusst eine große Nähe zum Kandidaten gesucht, die dann 2. in Phase 2 in Richtung eines Interview-Stils verändert, bei dem Fragen und Antworten im Vordergrund stehen, und schließt dann 3. in Phase 3 mit einer erneuten Zugewandtheit zum Kandidaten ab, da es hier mehr um die Bedürfnisse (Infos, Fragen) des Bewerbers geht. Ziel ist es auch, mit der Anwendung dieses Modells das Telefoninterview aktiv zu führen, d. h. die Gesprächsleitung in der Hand zu behalten. Da sich die Gesprächspartner im Telefoninterview nicht optisch sehen können, ist der Interviewer auch wesentlich mehr gefordert, Dinge zu erklären und zu erläutern, die der Kandidat in einem persönlichen Interview sehen würde. Der Interviewer hat somit auch eine nicht zu unterschätzende Moderationsrolle, die nachfolgend erklärt wird. Die Durchführung nach dem 3-Phasen-Modell sichert die folgenden Ziele: Aufgrund der Augenhöhe bzw. Zugewandtheit zum Kandidaten in den Phasen 1 und 3 ist ein professioneller Interview-Stil in Phase 2 möglich. Das Telefoninterview wird unter Zeit- und Informationsgewinnungs- Aspekten effizient geführt, es ist aus Sicht des Bewerbers transparent und somit professionell, und das rhetorische Führen (Moderieren) des Interviews wird vereinfacht. 6.1 Phase 1: Eröffnen Das Ziel der ersten Phase ist es, den Bewerber mit der Situation des Telefoninterviews vertraut zu machen und ihn für möglichst authentische Antworten zu öffnen. <?page no="62"?> 54 Viele Kandidaten sind zu Beginn des Telefoninterviews oftmals nervös und unsicher. Die Befürchtung einer Absage der Bewerbung wird gleichgesetzt mit einer Ablehnung der eigenen Person und schlägt sich in aller Regel auf das Selbstwertgefühl nieder, was zur Verunsicherung oder Angst führt. Ängstliche Kandidaten haben jedoch die Tendenz, nicht offen und ehrlich zu antworten. Eventuell kommt noch die Angst hinzu, hinter jeder Frage eine „tiefenpsychologische“ Absicht zu vermuten. Insgesamt also ein Grundzustand, der eine Verhaltenstendenz in Richtung „sozial erwünschter Antworten“ beim Bewerber verursacht und dem Interviewer damit den Zugang zu spontanen und ehrlichen Antworten verschließt. Daher macht es Sinn, den Bewerber zu Anfang des Telefoninterviews ganz bewusst Sicherheit zu geben und ihn aufzuwerten, um sein Selbstwertgefühl zu stabilisieren. Forschungen haben ergeben, dass Kandidaten, die sich wertgeschätzt und damit wohl fühlen in einem Interview, eher authentische und valide Antworten geben, als Kandidaten, die sich wenig geschätzt fühlen. Mit welchen Mitteln können Sie dies als Interviewer erreichen? In erster Linie mit viel Transparenz und Erläuterungen. Nach der Begrüßung stellen Sie dem Kandidaten zunächst die wichtige Frage, ob es ihm jetzt zeitlich passt. Vor dem Hintergrund, dass Sie den Bewerber möglicherweise während der Bürozeiten anrufen, ist diese Frage umso wichtiger, denn es kann jederzeit eine Störung eintreten, die der Bewerber nicht zu verantworten hat. Sollte dies der Fall sein, empfiehlt es sich, den Bewerber um einen neuen Termin zu bitten. An dieser Stelle können Sie die Bedeutung des Telefoninterviews als wichtiges Instrument zur Personalauswahl vorstellen und auch erwähnen, welche weiteren Verfahren im Auswahl-Prozess noch geplant sind. Danach erfolgt die Vorstellung des Unternehmens und der am Interview beteiligten Personen und ihrer Rollen im Telefoninterview. Die Interviewer sollten sich bewusst „persönlich“ vorstellen. Der Hintergrund dazu: Der Bewerber wird sich eher im Interview öffnen, wenn er merkt, dass die Atmosphäre nicht allzu förmlich gestaltet ist. Geben Sie auch einen Hinweis auf die Dauer des Interviews. Ein Telefoninterview sollte sich in einem Zeitrahmen zwischen 20 und 30 Minuten bewegen, sofern es als Vorauswahl-Instrument eingesetzt wird. <?page no="63"?> 55 Aus der Praxis: Es kann durchaus sein, dass die fehlende Eignung des Kandidaten - aus welchen Gründen auch immer - schon sehr früh im Gesprächsverlauf deutlich wird. Hier macht es dann wenig Sinn, das Telefoninterview in der vollen Länge zu führen. Ein früheres Ende des Gesprächs wirkt jedoch viel weniger harsch oder offensichtlich, wenn der Interviewer zuvor lediglich eine „Maximalzeit“ angekündigt hat („Wir versuchen, 25 Minuten nicht zu überschreiten“). Er kann dann das Gespräch einfach und ohne Gesichtsverlust für beide Beteiligten abbrechen. Eröffnen Sie dem Bewerber auch die Struktur des Interviews nach dem 3-Phasen-Modell: dass gleich nach der Vorstellungsrunde eine Fragerunde vorgesehen sei und am Ende der Kandidat dann selbst Fragen stellen könne. Für unerfahrene Bewerber ist eventuell wichtig zu erfahren, dass das Telefoninterview nicht akustisch aufgezeichnet wird, sondern dass die Antworten schriftlich notiert werden. Dann kann der Hinweis erfolgen, dass es beim Mitschreiben zu Gesprächspausen kommen kann. Dies vor dem Hintergrund, dass der Bewerber am anderen Ende des Telefons nicht erkennen kann, ob geschrieben wird. Als Überleitung zum Bewerber bietet sich an, einen individuellen, positiven Aspekt seines Profils hervorzuheben, um damit dem Bewerber ausdrücklich zu zeigen, dass er sich aufgrund dieser Besonderheit von anderen Kandidaten abgehoben hat. Passende Formulierungen könnten beispielsweise sein: „Uns hat besonders beeindruckt, dass Sie Ihr Studium der X- Wissenschaft in so kurzer Zeit und so erfolgreich beendet haben.“ „Wir sprechen heute mit Ihnen, weil uns Ihre Studienleistungen und insbesondere Ihre Auslandserfahrung an der Z-Universität besonders gut gefallen haben.“ „Was uns besonders gefällt, sind Ihre sehr einschlägigen Erfahrungen auf dem Y-Gebiet.“ An den Beispielen wird deutlich, dass diese „Wertschätzung“ unbedingt auf den Bewerber individualisiert erfolgen sollte, damit sie überzeugend wirkt. Nicht dazu zählen die so oft verwendeten Floskeln, wie: „Uns haben Ihre Unterlagen gut gefallen“. Profis unter den Interviewern geben nach diesem „Lob“ dem Bewerber einen kurzen Moment, den Augenblick zu „genießen“. <?page no="64"?> 56 Eine weitere Idee, die Gesprächsatmosphäre positiv zu beeinflussen, ist das gezielte Herstellen von Gemeinsamkeiten zwischen Interviewer und dem Bewerber. Hier nutzen wir den einfachen Effekt, dass Menschen automatisch eine starke Sympathie zu anderen Menschen aufbauen, wenn sie eine Ähnlichkeit zu ihnen entdecken oder aber erkennen, dass die beiderseitigen Entwicklungen gewisse Berührungspunkte aufweisen. Das kann sowohl ein gemeinsamer Geburtsort, das Geburtsjahr oder der Vorname sein, aber auch die gleiche Universität, dasselbe Hobby, etc. Erwähnen Sie im Interview gezielt diese einfachen Sachverhalte, die Sie aus dem Lebenslauf ersehen können und die eine Verbindung zu Ihnen herstellen. Benennen Sie als Interviewer gezielt diese Gemeinsamkeiten am Anfang des Interviews und sagen dazu ein paar wenige Sätze. Aus der Praxis: Als Überleitung in die Interview-Phase hat sich folgende Anmoderation bewährt: „Wir stellen Ihnen vorbereitete Fragen und bitten Sie, so präzise und kurz wie möglich zu antworten“. Die Professionalität und Fairness des Interviewformats betonen Sie mit folgender Aussage: „Diese Fragen stellen wir allen Kandidaten im selben Format“. 6.2 Phase 2: Interviewen Der nun folgende Wechsel ist für einen professionellen Interviewteil unbedingt notwendig, da sonst das Interview in Gefahr gerät, zu einem „Plaudergespräch“ zu verkommen. Die Überleitung zum klar abgegrenzten Interviewteil ist gekennzeichnet durch einen deutlich spürbaren Wechsel auf gleich zwei Ebenen: Gesprächsführung: Das Gesprächsziel seitens des Interviewers ist nun, aussagefähige Informationen (Antworten) vom Kandidaten zu erhalten. Der Anteil von Sprechen und Zuhören verändert sich. Der Interviewer fragt kurz und präzise, der Kandidat hat den Hauptredeanteil. Wenn dies richtig erfolgt, sind die Gesprächsanteile so verteilt: 80% der Interviewzeit redet der Bewerber, 20% der Zeit fragt der Interviewer. Rollenwechsel: Nach dem Motto „Wer fragt, der führt“ hat der Interviewer nunmehr eine wesentlich machtvollere Rolle, der Bewerber ist der Auskunft- Geber. Dies war in der vorangehenden Phase „Eröffnen“ nicht der Fall, denn hier wurde das Interview eher als Gespräch geführt. <?page no="65"?> 57 Diese Interview-Phase unterscheidet sich also von der vorhergehenden im Wesentlichen darin, dass der Interviewer nun in ein „Reporter- Verhalten“ wechselt, was darin besteht, Fragen zu stellen und die wichtigsten Aussagen zu notieren. Das Ganze soll natürlich auch noch möglichst effizient geschehen, d. h. ohne unnötige Zeitverschwendung. Es ist ratsam, den Kandidaten auf diese deutliche Verhaltens- und Gesprächsführungsänderung vorzubereiten: „Wir kommen nun zum Interviewteil. Gleich werden wir Ihnen einige Fragen stellen. Bitte stören Sie sich nicht daran, dass Gesprächspausen entstehen, denn wir notieren Ihre Antworten. Außerdem werden Sie von uns keinerlei Hinweise erhalten, wie uns Ihre Antworten gefallen haben. Das mag für Sie ungewöhnlich sein. Unser Ziel ist es jedoch, Sie so wenig wie möglich durch unsere Reaktionen zu beeinflussen.“ Aus der Praxis: Gerade im Telefoninterview ist die Gefahr sehr groß, den Bewerber durch verbale Bestätigungssignale („Hhhm“ - „Ah, ja, gut“ - „Genau“, oder auch ein „Okay“) zu beeinflussen und damit die „sozial erwünschte Antwort“ zu generieren. Dieses Verhalten vom Interviewer geschieht natürlich unbewusst. Zusätzlich verstärkt das Medium Telefon diesen Effekt noch mehr: man will das Gespräch am Laufen halten, kann dies nicht mit Augenkontakt o.ä. herstellen und verfällt umso mehr in die verbalen Gesprächsverstärker. Für die praktische Durchführung des Interviews bedeutet dies, dass der Interviewer solche spontanen Äußerungen vermeiden und sich auf ein möglichst „stilles Zuhören“ beschränken sollte. Eine weitere sinnvolle Aufforderung an den Kandidaten zum Beginn der Interviewphase ist es, ihn um eine aussagefähige, prägnante und spontane Beantwortung zu bitten. Dies gehört zur Technik der Führung des Interviews und soll verhindern, dass Kandidaten allzu ausschweifend antworten. „Wir stellen Ihnen jetzt die vorbereiteten Fragen und bitten Sie, so kurz und aussagefähig wie möglich zu antworten.“ Auch der Hinweis, dass der Interviewer bei nicht einschlägigen Antworten unterbrechen wird, ist Teil der Interview-Führungstechnik. Sich an dieser Stelle bereits die Erlaubnis dazu einzuholen, ist zum einen höflich und wird dann, wenn es geschieht, den Kandidaten weniger irritieren. Es bewirkt jedoch beim Interviewer auch, dass dieser die gefühlte Hürde <?page no="66"?> 58 zum Unterbrechen als nicht mehr so hoch ansieht. Außerdem wird das Telefoninterview unter der Prämisse „Effizienz“ geführt und unter diesem Aspekt bedeutet es umso mehr eine Zeitverschwendung, dem Bewerber Zeit für Antworten einzuräumen, die abschweifend oder nicht einschlägig sind. „Wenn wir merken, dass die Antworten nicht einschlägig sind, würden wir Sie einfach unterbrechen. Ist das so in Ordnung für Sie? “ Das Interview wird umso aussagekräftiger, je mehr der Bewerber die gestellten Fragen möglichst unbeeinflusst und wenig gelenkt beantwortet. Anders ausgedrückt: Der Bewerber soll keinerlei Hinweise vom Interviewer darauf erhalten, ob seine Antwort überzeugt hat oder nicht. 6.3 Phase 3: Abschließen Das im Interview-Teil entstandene, spürbare Machtgefälle, ausgelöst durch die „Macht der Fragen“, sollte für den weiteren guten Kontakt im Gesprächsverlauf wieder aufgelöst werden, damit die Gesprächsbasis „auf Augenhöhe“ wiederhergestellt ist. Dies geschieht bewusst in der dritten Phase, die den Abschluss des Telefoninterviews bildet. In der Abschlussphase steht nunmehr der Bewerber wieder im Vordergrund: Er kann seine Fragen stellen und bekommt wichtige Information sowie die Zusammenfassung der wichtigsten organisatorischen Vereinbarungen seitens des Interviewers. Bevor dies geschieht, sollte sich der Interviewer jedoch Zeit nehmen, den Interviewleitfaden nochmals zu überprüfen: Wurden alle Fragen gestellt, wurden alle Antworten und Informationen genügend dokumentiert? Dies ist ein wichtiger Moment zur Sicherung der Informationen aus den gegebenen Antworten des Bewerbers und kann durchaus einige Minuten in Anspruch nehmen. Der Interviewer kann für diese Zeit den Kandidaten einladen, sich zu überlegen, was er abschließend noch wissen möchte: „Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Ich schaue nochmals, ob ich alle Fragen gestellt habe und alles notiert habe. Dies wird ein paar Minuten dauern, in denen Sie sich ja schon mal überlegen können, welche wichtigen Fragen Sie an uns haben.“ Nach der Beantwortung der Fragen des Bewerbers gibt der Interviewer nochmals kurze Informationen zur Art und zum Zeitraum weiterer Auswahlschritte sowie eine verbindliche Aussage darüber, wann der Bewerber eine Rückmeldung erwarten kann. Es ist klar, dass diese Zusagen <?page no="67"?> 59 eingehalten werden sollten, denn sie stellen eine Verbindlichkeit gegenüber dem Kandidaten dar. Aus der Praxis Häufig verzögert sich in großen Organisationen eine zuvor dem Bewerber gegebene Zusage durch umfangreiche interne Abstimmungsprozesse. Die Außenwirkung von Rekrutierungsprozessen, die aufgrund von internen Schwierigkeiten im Unternehmen ins zeitlich Unendliche laufen und die Bewerber „in der Luft hängen lassen“, hinterlässt oftmals einen fatalen Imageschaden. Es empfiehlt sich, den Kandidaten nach bestehenden anderweitigen Bewerbungen zu fragen, die einer Entscheidung bedürfen. Dies natürlich umso intensiver, je umkämpfter die Kandidaten im Markt sind. Am Ende des Telefoninterviews sollte ein individueller Dank an den Bewerber stehen. Überlegen Sie sich, für was Sie dem Bewerber danken möchten: War es eher die große Offenheit bei der Beantwortung der Fragen, oder vielleicht der außergewöhnliche Termin, den er auf Ihren Wunsch hin eingerichtet hat, oder waren es die überzeugenden Antworten, die er gegeben hat. Je individueller das Telefoninterview beendet wird, umso positiver ist der Eindruck, den der Bewerber davon mitnimmt. Recruiting auf Augenhöhe Individualität in der Ansprache der Kandidaten stehen derzeit im Recruiting hoch im Kurs. Idealerweise zieht sich diese Idee durch den gesamten Rekrutierungsprozess. Ein Beispiel ist der Wegfall von allgemeinen Floskeln in Einladungsschreiben (nicht mehr „Ihre aussagefähige Bewerbung hat uns überzeugt“). Im Interview zeigt es sich u. A. dadurch, dass die Interviewer die „Besonderheiten“ des Kandidaten benennen können, sowie einen expliziten Grund, weshalb man sich für eine Einladung entschieden hat. Dieses ausführliche „Dankeschön“ am Ende des Telefoninterviews ist allerdings nicht zu verwechseln mit einem Feedback an den Kandidaten, was nicht an dieser Stelle gegeben werden sollte, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rekrutierungsprozess. <?page no="68"?> 60 Zusammenfassung: Das 3-Phasen-Modell sichert die strukturierte und professionelle Durchführung des Telefoninterviews. Alle drei Phasen haben unterschiedliche Zielsetzungen und Inhalte und verlangen auch vom Interviewer ein differenziertes, zielförderndes Verhalten. In der ersten Phase soll der Bewerber bewusst mit dem Instrument und dem Ablauf des Telefoninterviews vertraut gemacht werden, damit eine Komfortzone entsteht. Die zweite Phase umfasst den eigentlichen Interviewteil: der Interviewer stellt die Fragen und notiert die Antworten, ohne dem Bewerber weitere Hinweise zu geben. Wichtig für das „Führen“ des Interviews ist die Moderation dieses Wechsels durch den Interviewer. Phase drei stellt mit viel verbindlichen Informationen zum Rekrutierungsprozess und Fragen seitens des Bewerbers wieder die Augenhöhe zwischen Interviewer und Kandidaten her. <?page no="69"?> 61 7 Optimales Verhalten des Telefoninterviewers Die in diesem Kapitel dargestellten Methoden und Techniken unterstützen das Verhalten des Interviewers für eine optimale Interviewführung im Telefoninterview. 7.1 Moderieren Da beim Telefonieren, anders als im Persönlichen Interview, vieles nicht sichtbar ist, kann dies beim Bewerber zu Irritationen führen, die es aufzulösen gilt. Beispiel: der Bewerber sieht nicht, dass die Interviewer mitschreiben, sondern erlebt die Gesprächspause als „Stille“ und fragt sich, ob die Antwort angekommen ist, oder ob die Verbindung noch steht. Dies sind vermeidbare Themen, die den Ablauf des Interviews stören - sie können jedoch mit einer guten und wegweisenden Moderation behoben werden. Anders gesagt: im Telefoninterview muss mehr gesagt werden, was gerade geschieht, denn es ist nicht sichtbar für den Kandidaten. Die nachfolgenden Tipps aus der Praxis liefern Ideen zu einer gelungenen Moderation, die ein Telefoninterview „runder“ laufen lassen. Sinn und Zweck des Interviews, Beteiligte, Dauer: „Das Telefoninterview ist ein wichtiges Auswahlinstrument in unserem Rekrutierungsprozess und wir wollen Sie damit besser kennenlernen. Passt es jetzt für Sie - können wir ca. 30 Minuten ungestört reden? Am Telefon sind jetzt Frau X und Herr Y (persönliche Vorstellung). Das Interview dauert maximal 20-30 Minuten und ist so aufgebaut, dass Sie am Ende die Möglichkeit haben, uns Ihre wichtigsten Fragen zu stellen“ Erläuterung zu den Fragestellungen/ Antworten des Bewerbers: „Wir stellen Ihnen nun vorformulierte Fragen, die wir allen Kandidaten in der gleichen Reihenfolge stellen. Mit dieser strukturierten Art wollen wir Gleichheit und Fairness herstellen. Es kann also sein, <?page no="70"?> 62 dass Sie bereits auf eine Frage geantwortet haben, wie diese jedoch erneut stellen. Wir bitten Sie, darauf dann nochmals zu antworten. Bitte beantworten Sie die Fragen so präzise und kurz wie möglich. Wir schreiben Ihre Antworten mit, daher kann es sein, dass es kurz mal still ist - aber wir kommen dann mit der nächsten Frage wieder auf Sie zu.“ Einverständnis sichern: „Jetzt ist von unserer Seite alles zum Ablauf erklärt. Wir könnten starten, wenn Sie einverstanden sind? “ (Bestätigung abwarten). Interviewteil beenden: „Wir sind nun mit dem Interviewteil fertig und bedanken uns herzlich für Ihre offene Beantwortung unserer Fragen. Wir schauen kurz über unsere Notizen, ob alles vollständig ist und kommen gleich wieder auf Sie zu. In dieser Gesprächspause können Sie ja überlegen, welche Fragen Sie noch an uns haben.“ 7.2 Richtig Zuhören Richtig zuhören ist eine Kunst. In unserer äußerst aktiven Welt gilt Zuhören als passiv, denn es ist die gegenteilige Disziplin zum permanenten Aussenden von Informationen, wie es in Präsentationen und Vorträgen praktiziert wird. Zuhören gilt oft als unattraktiv. Diesen Eindruck wollen Personaler oder Fachvorgesetzte u. U. vermeiden, und setzen auch im Telefoninterview alles daran, durch viele Informationen oder auch permanente Rückfragen dem Kandidaten ihre aktive Teilnahme zu spiegeln. Dies lenkt den Bewerber nicht nur stark ab, es führt vielfach auch zu einer Verfälschung der Antworten. Da wir im Telefoninterview auf die Informationsquelle der Körpersprache verzichten müssen, ist der Interviewer umso mehr gefordert, genauestens zuzuhören. Zuhören muss allerdings nicht passiv sein. Zuhören ist ein „aktiver Prozess“. Damit ist gemeint, dass wir: Dem Gesprächspartner ungeteilte Aufmerksamkeit schenken. Uns voll auf das, was er sagt, konzentrieren. Mitnotieren, was gesagt wurde. <?page no="71"?> 63 Wie kann man das am besten umsetzen? In erster Linie dadurch, dass wenig unterbrochen oder nachgefragt wird - denn man kann nicht zuhören, wenn man spricht. Dies bedeutet, Geduld zu haben und Redepausen oder Schweigen des Kandidaten als ein Teil der Antworten zu betrachten. Stellungnahmen des Interviewers oder inhaltliche Diskussion sind in jedem Fall zu vermeiden. Selbstkritische Interviewer erkennen jedoch für sich oftmals, dass das Aufnehmen der Antworten auch dann besonders schwerfällt, wenn sie permanent an die Formulierung der nächsten Frage denke. Ein vorbereiteter Interviewleitfaden hilft hier, die Interviewer müssen nicht über eine nächste sinnvolle Frage nachdenken, denn diese ist einfach nur abzulesen. 7.3 Gesprächsführung durch Impulse steuern Mit der gezielten Ankündigung der Interviewphase und der Bitte an den Kandidaten, die „Fragen so präzise (aussagefähig) und kurz wie möglich zu beantworten“ haben Interviewer schon Wesentliches zur Steuerung der Antwortgüte und -tiefe beigetragen. Die Erwartungshaltung für eine effiziente Durchführung des Telefoninterviews ist deutlich gemacht. Trotzdem gelingt es einigen Kandidaten manchmal nicht, sich darauf einzustellen. Als Korrektiv können dafür weitere Methoden der Gesprächssteuerung angewendet werden. Insbesondere in den Fällen der eher einsilbigen und sehr verschlossenen Kandidaten, die wenig oder gar nichts erzählen, bedarf es gezielter gesprächsfördernder Impulse. Auch bei den Bewerbern, die ihre Antworten „hervorsprudeln“ und zu ausführlich antworten, bedarf es gesprächshemmender Impulse. 7.3.1 Gesprächsfördernde Impulse Bei einigen Kandidaten passiert es, dass sie sich wenig offen zeigen, sei es aus Angst, etwas Falsches zu sagen, oder dass er nicht gewohnt ist, viel von sich zu erzählen. Wenn der Bewerber wenig oder sehr einsilbig erzählt, ist es sehr schwer, ihm ausreichende Antworten zu entlocken. <?page no="72"?> 64 Hier können Interviewer folgende Impulse einsetzen, um den Bewerber gezielt zu stimulieren: Bestätigungssignale senden Hierzu gehören alle anerkennenden und bejahenden Äußerungen, wie „Ja“, „Hmhm“, „Ich verstehe“, die den Bewerber positiv in seiner Aussage unterstützen sollen. Diese Signale sind ausnahmslos nur für die Fälle, anzuwenden, in denen der Bewerber wenig redet. Ansonsten besteht die Gefahr der Beeinflussung, da der Bewerber durch diese positiven Stimulanzen glaubt, mit den gegebenen Antworten „auf dem richtigen Weg zu sein“. Nachhaken Hier geht es einfach nur darum, durch einfaches Nachhaken („Noch Ergänzungen? “, „Was fällt Ihnen noch dazu ein? “) den Bewerber zu vertiefenden Antworten zu bewegen. Damit wird der Bewerber gefordert, über seine Standardantworten hinaus zu antworten. Bewusste längere Pausen zwischen den Fragen Eine einfache Weiterentwicklung des Grundsatzes „die Stille aushalten“ ist es, eine bewusst längere Pause zwischen den Fragen einzuhalten. Das animiert den Bewerber häufig, noch mehr von sich zu erzählen, bzw. Punkte zu ergänzen, die er im ersten Anlauf noch nicht genannt hat. 7.3.2 Gesprächshemmende Impulse Wenn der Bewerber wortreich erzählt, aber die Fragen nur sehr ungenau beantwortet und von „Adam und Eva“ anfängt, zieht sich das Telefoninterview unnötig in die Länge. Der Bewerber möchte dem Interviewer wahrscheinlich möglichst viel anbieten, unter der Annahme, dass schon irgendetwas Richtiges dabei sein wird. Vielleicht ist er aber auch ein Mensch, der unter Stress besonders viel redet, oder auch eine Persönlichkeit, die sich nicht auf das Wesentliche beschränken kann. Hier muss der Interviewer mit gesprächshemmenden Impulsen konsequent unterbrechen und „umlenken“, um die notwendigen Informationen vom Bewerber zu erhalten. Unterbrechen Vor dem Hintergrund, dass das Telefoninterview insbesondere eingesetzt wird, um schnell und effizient erste Informationen zu gewinnen, wird deutlich, dass das Unterbrechen eine grundlegende Disziplin darstellt, <?page no="73"?> 65 die der Interviewer beherrschen sollte. Er kann es sich im Telefoninterview einfach nicht leisten, dem Bewerber länger bei Ausführungen zu zuhören, die keine essenziellen Informationen liefern und keine einschlägigen Antworten darstellen. Sobald der Bewerber also länger über ein selbst gewähltes Thema redet und eine sogenannte „Story“ (i. S. eines gut vorbereiten Erfahrungsberichts) servieren will, die nicht zur gestellten Frage passt und dahingehend keine Erkenntnisse liefern kann, unterbrechen Sie ihn konsequent. Dazu eignen sich Formulierungen wie „Ich möchte meine Frage nochmals wiederholen: “ „Bitte erinnern Sie sich doch an meine gestellte Frage …“ „Ich darf Sie bitten, die Fragen noch konkreter zu beantworten“ „Ich möchte Sie bitten, Ihre Erläuterungen etwas kürzer zu halten.“ Unterbrechen wird allgemein allerdings als unhöflich erachtet und daher fällt es vielen Interviewern schwer, sich über diese Hürde hinwegzusetzen. Eine Hilfe kann sein, sich bereits am Anfang des Interviews das Einverständnis des Bewerbers dafür abgeholt haben („Da das Telefoninterview sehr kurz ist, würde ich Sie gerne unterbrechen, wenn ich merke, dass die Antworten zu ausführlich sind oder aber die Frage falsch verstanden wurde. Ist das in Ordnung für Sie? “). 7.4 Gesprächspause nach dem Interviewteil Da das Interview relativ zügig durchgeführt wird, ist es ratsam, sich besonders gegen Ende etwas Zeit zu verschaffen, um zu überprüfen, ob alle Fragen gestellt wurden und alles Wichtige notiert wurde. Hierfür hat es sich in der Praxis bewährt, eine Gesprächspause einfach anzukündigen und zu erläutern: „Ich überprüfe jetzt mal in aller Stille meinen Fragenkatalog und die notierten Antworten. Ich möchte einfach sicherstellen, dass ich nichts vergessen habe. In dieser Zeit können Sie sich vielleicht schon überlegen, welche zwei wichtigsten Fragen Sie an uns haben.“ <?page no="74"?> 66 7.5 Mitschreiben Ein entscheidender Punkt für die Bewertung des Gesagten und damit die Entscheidungsfindung ist eine genaue und umfassende Dokumentation des gesamten Interviews. Wenn wir nicht oder nur ungenügend notieren, was wir gehört oder beobachtet haben, nutzen die besten Fragen nur wenig, denn die Entscheidung treffen wir in diesem Fall dann wieder nur aus unserer Erinnerung heraus. Der Interpretationsraum bei Erinnerungen ist zunehmend subjektiver, je länger die Erinnerungen zurückliegen. Dieser Effekt wird noch verschärft, wenn viele Interviews hintereinander geführt werden, also viele Bewerber aus der Erinnerung heraus bewertet werden müssen. Die Bewerberantworten sollten nach dem Interview den gestellten Fragen und damit schlussendlich den abgeprüften Kompetenzen, eindeutig zuzuordnen sein. Dies gelingt mit einem klar strukturierten und Telefoninterview-Leitfaden (s. Anlagen). Was sollten Sie notieren? Neben den inhaltlichen Aussagen des Bewerbers können auch noch weitere Beobachtungen notiert werden. Zum Beispiel: Zögern vor der Beantwortung einer Frage. Tendenzen der Antworten: Sehr ausführlich, sehr spärlich, sehr offen und frei oder sehr verschlossen. Wie sollten Sie notieren? Generell sollten die inhaltlichen Notizen der Antworten in Stichworten gemacht werden. Manchmal lohnt es sich, auch Zitate mitzuschreiben, die besonders aussagekräftig oder außergewöhnlich waren. Beim Mitschreiben während des Interviews bleiben eventuell Lücken, da entweder zu spärlich oder mit Abkürzungen notiert wurde. Daher sollte der Interviewer nach jedem Telefoninterview unbedingt Zeit einplanen, um seine Aufzeichnungen zu überprüfen und zu vervollständigen. Während des Interviews werden nur die Antworten notiert und erst nach Abschluss des Telefoninterviews sollten dann die Bewertungen formuliert werden. Der diagnostische Grundsatz der Trennung von Beobachtung (Antwort notieren) und Bewertung wird hierbei eingehalten. <?page no="75"?> 67 7.6 Verbindlichkeit herstellen In der letzten Phase (Abschluss) wird das Telefoninterviews wieder zu einem Dialog, was für den Bewerber deutlich spürbar sein sollte. Nach dem vorangegangenen Interviewteil, der ausschließlich als Frage- Antwort-Sequenz gekennzeichnet war, erfolgt in der letzten Phase wieder ein gemeinsames Gespräch. Es ist ratsam, dass der Interviewer dies mit einer Aussage explizit deutlich macht: „Vielen Dank dafür, dass Sie meine Fragen so offen und zügig beantwortet haben. Ich habe von meiner Seite keine weiteren Fragen mehr an Sie und will jetzt noch gerne Ihre Fragen beantworten und Sie danach über die wichtigsten nächsten Schritte unsererseits informieren …“ Für Recruiter und Personaler, kann die Situation entstehen, nicht alle Fragen des Kandidaten beantworten können, insbesondere, wenn es sich um technische Fragen handelt. In diesen Fällen empfiehlt es sich, am Anfang des Telefonats zu betonen, dass dieses Interview noch nicht die Plattform für detaillierte Fragen darstellt. Dies verhindert zu stark vertiefende Nachfragen des Kandidaten. Weitere wichtige Punkte können die Gesprächsführung zum Schluss noch abrunden: Fragen des Bewerbers beantworten: Aus Zeitgründen bitten Sie den Bewerber, nur die wirklich dringenden Fragen zu stellen, da er im Laufe des weiteren Bewerbungs- und Auswahlverfahrens noch an verschiedenen Stellen vertiefende Fragen stellen kann. Rückmeldung einholen: Wie hat der Bewerber das Gespräch erlebt? Informationen geben: Wie geht es weiter vonseiten des Unternehmens? „Standortfrage“ an den Bewerber stellen: Wo steht der Bewerber in seinem Entscheidungsprozess? Sich beim Bewerber bedanken für die Offenheit und die zur Verfügung gestellte Zeit. <?page no="76"?> 68 7.7 Zeitmanagement Ein gutes Zeitmanagement ist vonnöten, wenn das Telefoninterview als Vorauswahlinstrument effizient geführt wird. Dazu gehört u. a. die klare Aufteilung von Zeiteinheiten auf die einzelnen Phasen des Interviews. In Praxis hat sich bewährt, mehr als 2/ 3 der zur Verfügung stehenden Zeit auf den Interviewteil zu verwenden. Dies bedeutet, dass sowohl die Eröffnungsals auch die Abschlussphase dementsprechend kurz sind. Zusammenfassung: Im Telefoninterview nimmt die Moderation aufgrund des „fehlenden Sichtkontakts“ eine wichtige Rolle ein: der Interviewer erläutert mehr und ausführlicher, als beim Persönlichen Interview. Richtiges Frageverhalten des Interviewers ist ebenso wichtig für den Erfolg des Telefoninterviews wie das richtige Formulieren der Frage für den Interviewleitfaden. Zuhören bedeutet: in erster Linie still zu sein, um die Bewerberantworten voll erfassen zu können. Nachteilig ist es, ständig über die Formulierung der nächsten Frage nachzudenken. Zur richtigen Interviewführung gehören Gesprächssteuerungstechniken, die die Erzählweise des Bewerbers ausgleichen können (gesprächsfördernde und gesprächshemmende Impulse). Das Mitschreiben der Bewerberantworten sollte während des Interviews geschehen, die Bewertung des Gesagten erfolgt erst nach dem Telefoninterview. Die letzte Phase des Telefoninterviews kann bewusst genutzt werden, Verbindlichkeit gegenüber dem Kandidaten deutlich zu machen. <?page no="77"?> 69 8 Erstellen eines Telefoninterview-Leitfadens Einer der zentralen Themen in Telefoninterview-Trainings ist die Entwicklung eines handhabbaren Leitfadens für das strukturierte Durchführen des Telefoninterviews. In diesem Kapitel sind daher die einzelnen Schritte zur Entwicklung des Telefoninterview-Leitfadens beschrieben und was es dabei zu beachten gilt. 8.1 Definition der abzuprüfenden Kompetenzkriterien Die Erarbeitung des Telefoninterview-Leitfadens beginnt mit der Formulierung eines Fragenkatalogs, der sich an den für das Telefoninterview empfohlenen Themenbereichen orientiert und sich gleichzeitig auf das Kompetenzprofil der Stelle bezieht. Für die Auswahl der inhaltlichen Fragen sollte berücksichtigt werden, dass das Telefoninterview ein Vorauswahlinstrument ist und daher nicht überfrachtet werden darf, weder was die Tiefe der Fragen angeht noch deren Anzahl. Auch sollten die Kompetenzen der Soft-Skill-Bereiche (wie Motivation etc.) eher dem Persönlichen Interview vorbehalten sein. Wenn jedoch für die Besetzung der Stelle eine spezifische Kompetenz (wie z. B. Programmierkenntnisse) unbedingt erforderlich ist oder aber besondere Eigenschaften des Kandidaten wichtig sind (z. B. Umzugsbereitschaft), dann sollte bereits im Telefoninterview danach gefragt werden. Gleiches gilt auch, wenn z.B. der Gehaltslevel einen kritischen Punkt darstellt, weil nicht marktüblich honoriert werden kann. 8.2 Anzahl und Zusammenstellung der Fragen Bei der Anzahl der Fragen ist zu berücksichtigen, dass die Zeit von 20- 30 Minuten, die das Telefoninterview dauert, nicht überschritten wird. Für den Interviewteil (Phase 2) reichen daher ca. 10 zentrale Fragen aus. Die Fragen sollten in der Reihenfolge so angeordnet sein, dass sie von eher allgemeinen Themen („Welche fachlichen Erfahrungen haben Sie auf dem Gebiet X? “) hin zu sensiblen Themen führen („Was ist Ihre Ge- <?page no="78"?> 70 haltsvorstellung? “). Der Grund hierfür ist, dass der Bewerber zu Anfang eines Telefoninterviews vermutlich eher zurückhaltend auf diese Fragen antworten würde, nach einer gewissen Zeit des Einlassens auf den Interviewer jedoch zunehmend offener reagieren wird. In der Ausrichtung eines Telefoninterview-Leitfadens gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze: 1. Der Leitfaden ist individuell auf die Stelle fokussiert, die Anforderungen und dazugehörigen Fragen werden gemäß Kompetenzprofil ausgewählt. Der Vorteil hierbei: die Vorauswahl ist bereits schon einschlägig ausgerichtet und dementsprechend valide. Die damit ausgewählten Kandidaten werden in den nachfolgenden Auswahlverfahren weniger häufig „abgelehnt“. 2. Im Gegensatz hierzu gibt es in einigen Unternehmen auch Telefoninterviewleitfäden, die sehr allgemeine Fragen enthalten und lediglich darauf abzielen, einen ersten Eindruck vom Kandidaten zu erhalten. Hier steht der Nutzen „schneller beim Bewerber sein“ im Vordergrund, allerdings ist diese Vorauswahl dann sehr allgemeiner Art und dementsprechend vage. Sie verlangt ein gut ausgearbeitetes, nachfolgendes Auswahlverfahren. In der Praxis hat es sich bewährt, ein Grundformat als Basis- Telefoninterview-Leitfaden zu erarbeiten, und zusätzlich einen Fragenkatalog zu erstellen, der kompetenzbasierte Fragen enthält, die dann leicht für unterschiedliche Stellen in den Leitfaden integriert werden können. 8.3 Einleitungen, Überleitungen Das Format des Telefoninterview-Leitfadens kann zwischen einem sehr ausführlichen Leitfaden, der auch „Regieanweisungen“ im Sinne der vorformulierten Moderationen zwischen den einzelnen Phasen umfasst, und einer Version, die lediglich die ausformulierten Fragen enthält, variieren. Bei den formulierten Moderationen kommt es darauf an, wie erfahren die Interviewer sind: Je stärker ausformuliert und formalisiert der Leitfaden ist, umso professioneller können auch ungeübte Interviewer damit umgehen, da sie hohe Sicherheit in der Anwendung erhalten. Die Essenz eines Telefon-Interviewleitfadens ist in jedem Fall ein Fragenkatalog mit komplett ausformulierten Fragen. <?page no="79"?> 71 8.4 Design des Leitfadens mit Bewertungsfeldern Das Herzstück des Telefoninterview-Leitfadens, d. h. die Fragen und die zugeordneten Antworten, sollte aus diagnostischer Sicht ein Format haben, das klar nachvollziehbar die dokumentieren Antworten mit den Fragen und damit auch mit den zugrundeliegenden Anforderungen verknüpft. Nachfolgendes Format verdeutlicht diesen Aufbau: Bereich/ Kompetenz Frage Antwort Bewertung (verbal) Bewertung (nummer. Skala) Kompetenzen aus Anforderungsprofil definieren Ausformulierte Frage wörtlich ablesen. Allen Bewerbern werden dieselben Fragen gestellt. Stichwortartig notieren. Antworten sind den Kompetenzen leicht zuordenbar Erst nach Beendigung des Telefoninterviews ausfüllen. Trennung von Beobachtung und Bewertung als Voraussetzung für ein valides diagnostisches Verfahren Einordnung der Bewertung auf Skala. Bewertungen mathematisch berechenbar. Reisebereitschaft Wie oft könnten Sie in der Woche / im Monat unterwegs sein? Abbildung: Design Telefoninterview-Leitfaden In der Anwendung während des Telefoninterviews wird dieser Leitfaden von links nach rechts „bearbeitet“, so sind sowohl die Antworten als auch die nachfolgenden Bewertungen eindeutig den Kompetenzen zuordenbar. Mit diesem Format sind nach dem Telefoninterview eindeutige Aussagen zu den einzelnen Kompetenzkriterien möglich. Das vorgestellte Format sieht sowohl eine verbale Bewertung der Antworten vor als auch eine nummerische, in Form einer Skala. Sofern eine Bewertungsskala integriert wird, sollte auch zusätzlich mit Symbolen verstärkt sein, ob die Skala aufsteigend oder absteigend zu verstehen ist. Um die natürliche Tendenz zum Mittelwert in der Bewertung auszugleichen, sollte zudem eine gerade Anzahl von Werten gewählt werden. <?page no="80"?> 72 So könnte dies aussehen: 1 (- -) 2 (- ) 3 (+ ) 4 (+ +) Zusammenfassung: Die im Telefoninterview-Leitfaden enthaltenen Fragen basieren auf dem Kompetenzprofil der Stelle, damit eine aussagefähige Vorauswahl möglich ist. 10 Fragen sind eine angemessene Anzahl für ein 20-30-minütiges Telefoninterview Das Herzstück des Interviewleitfadens sind die komplett ausformulierten Fragen, die in einem Format (Kompetenz > Frage > Antwort > Bewertung) angeordnet sind, das die eindeutige Zuordnung der Antwort zur Kompetenz ermöglich. Eventuell sind auch Überleitungen und Moderationsvorschläge im Leitfaden enthalten. <?page no="81"?> 73 9 Die 10 wichtigsten Qualitätsmerkmale für das Telefoninterview 1. Verwendung als Vorselektionsinstrument Das Telefoninterview bringt den größten Nutzen, wenn es als Vorauswahlinstrument eingesetzt wird. 2. Grundlage ist ein aktuelles und realistisches Kompetenzprofil der Stelle Die inhaltlichen Fragen des Telefoninterviews werden aus dem Kompetenzprofil der zu besetzenden Stelle abgeleitet. 3. Das Telefoninterview ist nahtlos in den Rekrutierungsprozess integriert Der gesamte Rekrutierungsprozess umfasst alle Auswahlinstrumente und hat für jedes Instrument unterschiedliche Zielsetzungen, die aufeinander abgestimmt sind. Das Telefoninterview ist darin optimal integriert. 4. Das Telefoninterview hat einen beschriebenen Prozess, mit Vor- und Nachbereitungsmaßnahmen Um erfolgreich zu sein, braucht das Telefoninterview eine professionelle Organisation aller Vorbereitungs- und Nachbereitungsthemen und insbesondere eine wertschätzende Kommunikation mit dem Kandidaten. 5. Vorformulierte Fragen sind das Herzstück im Telefoninterview Die Formulierung der Fragestellung bezieht sich auf ein Kompetenzkriterium und sollte offen, kurz und klar sein. <?page no="82"?> 74 6. Es besteht ein Telefoninterview-Leitfaden Ein formatierter Leitfaden ermöglicht die Zuordnung von Antworten und Bewertungen zu den gestellten Fragen und damit zu den Kompetenzen des Anforderungsprofils. 7. Das Interview wird strukturiert und in unterschiedliche Phasendifferenziert geführt Der Interviewer führt das Gespräch vom Aufbau her strukturiert und passt sein Verhalten und seine rhetorische Methodik den unterschiedlichen Phasen im Interviewverlauf an. 8. Moderation durch den Interviewer Der Interviewer moderiert den Gesprächsverlauf, gibt notwendige Erläuterungen und ergänzt damit die fehlende visuelle Komponente. 9. Bewerberantworten werden detailliert dokumentiert Noch während des Gesprächs notiert der Interviewer alle Antworten in Stichworten und nimmt sich vor dem Beenden des Interviews genügend Zeit, die gesammelten Informationen auf Vollständigkeit hin zu überprüfen und zu ergänzen. 10. Dokumentation und Entscheidungsfindung sind getrennt Die Bewertung der Einzelergebnisse der Interviews erfolgt im zeitlichen Abstand nach den Gesprächen, möglichst in einer gemeinsamen Auswertungs-Runde zwischen Interviewer und allen weiteren Beteiligten. <?page no="83"?> 75 Anhang: Praxisbeispiele für Telefoninterview-Leitfäden Im Anhang finden Sie folgende praktische Ergänzungen zum Buch: Einen kompetenzbasierten Fragenkatalog, aus dem Sie Fragen für Ihre eigenen Telefoninterviewleitfäden entnehmen können. Einen Telefoninterview-Leitfaden mit Beispielfragen. Bitte beachten Sie, dass hier mehrere Fragen für ein Anforderungskriterium aufgeführt sind, die zur Auswahl dienen können (alle Fragen zu stellen, würde den Zeitrahmen von 30 Minuten sprengen). Einen Telefoninterview-Leitfaden mit englischen Fragen und „Regieanweisungen“. <?page no="84"?> 76 Kompetenzbasierter Fragenkatalog Kompetenzkriterium Fragen Reisebereitschaft Wie häufig und wie lange können Sie pro Monat/ pro Woche unterwegs sein (mit/ ohne Übernachtung)? Übergreifende Eignung Welche Fähigkeiten und Kompetenzen bringen Sie für die Stelle ein? Technisches Verständnis Geben Sie mir bitte ein Beispiel, wie Sie bisher im beruflichen Umfeld ein herausforderndes technisches Problem gelöst haben. Pragmatismus Inwiefern mussten Sie bisher bei Ihren Aufgaben zupacken und Dinge selbst erledigen? Wie ist es Ihnen dabei ergangen? PC-Kenntnisse OFFICE Welche MS-OFFICE-Programme haben Sie selbst bisher angewendet? Auf einer Skala von 1 (Anfänger) bis 10 (Profi) - wo würden Sie sich dabei einschätzen? Was müssten Sie noch bis zur 10 erlernen? Auffassungsgabe Bitte geben Sie mir ein Beispiel, wie Sie sich bisher in neue Themen eingearbeitet haben, die für Sie komplett neu waren. Eigenverantwortliches und selbstständiges Arbeiten Welche Ihrer Aufgaben haben Sie bisher komplett alleine bewältigt? Bei welchen Ihrer Aufgaben hatten Sie Hilfe/ Unterstützung? Welcher Art? <?page no="85"?> 77 Interesse am Arbeitsgebiet/ an Weiterbildung Wann haben Sie sich zuletzt in Ihrem Arbeitsgebiet weitergebildet - was war das Thema? Nennen Sie mir doch bitte ein aktuelles Thema, das in Ihrem Arbeitsgebiet derzeit diskutiert wird. Durchsetzungsvermögen Bitte schildern Sie mir eine Arbeitssituation, in der Sie sich erfolgreich durchgesetzt haben. Kundenorientiertheit Was haben Sie bisher getan, um Ihren (internen/ externen) Kunden den besten Service zu bieten? Entscheidungsfreude Nennen Sie mir bitte eine Situation, in der Ihre Entscheidungsfähigkeit besonders gefordert war. Wie sind Sie bisher vorgegangen, wenn Sie im beruflichen Umfeld Entscheidungen auf unsicherer Basis treffen mussten? Führung (Basisfrage) Wie viele Mitarbeiter berichten direkt an Sie? Geben Sie mir bitte ein Beispiel, was Sie an einem Tag, sagen wir gestern, aktiv für Ihre Mitarbeiterführung getan haben. Veränderungsbereitschaft Geben Sie mir bitte ein Beispiel, wie Sie sich bisher schon einmal an berufliche, sich verändernde Umstände, angepasst haben. Konzeptionelle Fähigkeiten Bitte geben Sie mir ein Beispiel, wie Sie beruflich in letzter Zeit in eine Konzepterarbeitung eingebunden waren. Belastbarkeit Schildern Sie bitte eine für Sie belastende Berufssituation, die Sie erfolgreich bewältigt haben <?page no="86"?> 78 Einsatzbereitschaft/ Engagement Beschreiben Sie mir bitte einen beruflichen Fall, in dem Sie sich über besonders engagiert und eingesetzt haben. Was hat Sie überzeugt, dass dies sich lohnt? Lösungsorientiertes Arbeiten Bitte schildern Sie mir Ihre Lösung eines besonders herausfordernden Problems in Ihrer beruflichen Laufbahn. Überzeugungsfähigkeit Was haben Sie bisher eingesetzt, um Ihre Mitmenschen in Ihrem beruflichen Umfeld von einer Sache zu überzeugen? Teamfähigkeit Welchen Beitrag haben Sie bisher schon in einem Team geleistet? Fachliche Kenntnisse Welche Fachgebiete haben Sie bisher erfolgreich bearbeitet/ umgesetzt? Wechselmotiv Was ist Ihre Wechselmotivation? Gehaltswunsch Was möchten Sie bei uns verdienen (Brutto, jährlich, monatlich)? <?page no="87"?> 79 Telefoninterviewleitfäden Das Format der Leitfäden ist DIN-A-4-quer, im Buch A5 quer, damit die Interviewer Gelegenheit haben, die Antworten des Bewerbers, gemeinsam mit sonstigen Beobachtungen, parallel zu den gestellten Fragen zu notieren. <?page no="88"?> Telefoninterview-Leitfaden (Konzipiert für zufällig ausgewählte Kompetenzen, mit mehreren Fragen zur Auswahl) Positionsbezeichnung: ___________________________ Bewerber: ______________________Datum: ______ A. Vorbereitung o Fehlende Informationen aus den Bewerbungsunterlagen (Fragen hierzu werden am Ende des Interviews gestellt): _________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________ B. Durchführung (Zeitrahmen: 20-30 Minuten) Eröffnen (Phase 1) Rahmenbedingungen des Telefoninterviews erläutern Bedeutung des Telefon-Interviews erläutern („ …ist ein wichtiger Teil unseres Rekrutierungsprozesses“) Ablauf Telefoninterview erklären: zuerst kurze gegenseitige Vorstellung, dann Interview-Teil mit Fragen, danach Informationsphase mit Vorstellung der Tätigkeit und Zeit für Fragen des Bewerbers Dauer: max. (20) 30 Minuten Nur schriftliche Aufzeichnungen - keine Telefonat-Mitschnitte; Zusicherung der absoluten Vertraulichkeit Hinweis auf Gesprächspausen („Zum Mitschreiben der Antworten“) Einverständnis zum Unterbrechen erbitten Eigene Vorstellung Interviewerin (als Ansprechpartnerin für den Rekrutierungsprozess) Unternehmen (Werblich positiv, emotional ansprechend, eigene Motivation…) 80 <?page no="89"?> Sympathie erzeugen Bewerberprofil/ Bewerberkompetenzen loben („Wir waren besonders beeindruckt von….“), Reaktion des Bewerbers abwarten Interviewen (Phase 2) Kündigen Sie die Interviewphase an („Wir kommen nun zum Fragenteil. Wir stellen allen Bewerbern die gleichen Fragen. Bitte antworten Sie so konkret, präzise und kurz wir möglich. “) Stellen Sie die Fragen wie formuliert und geben bitte keine Hinweise, ob/ wie die Antwort gefällt. Bereich / Kompetenz Frage Antwort Bewertung verbal (evtl. mit Skala) Einschlägige Berufserfahrung im Bereich XY Welche vergleichbaren Aufgaben im Bereich XY haben Sie in Ihren bisherigen Tätigkeiten gehabt? Fachliche Kenntnisse Welche wichtigen fachlichen Ergebnisse haben Sie bisher erreicht/ umgesetzt/ verantwortet? Software- Anwenderkenntnisse Wie gut beherrschen Sie die X- Software? Bitte schätzen Sie Ihre Kenntnisse auf einer Skala von 1=Anfänger bis 10=Profi ein. (Beantworten lassen) Was/ welche Erfahrung oder Kenntnisse fehlt/ en Ihnen noch zur 10? Projekterfahrung (2 Fragen) Wie viele Projekte haben Sie bereits selbstständig geleitet? 81 <?page no="90"?> Bitte geben Sie mir ein Beispiel, wie Sie eines dieser Projekte strukturiert haben. Organisationsvermögen (2 Fragen) Was waren für Sie in Ihrem beruflichen Alltag komplexe/ vielfältige Aufgaben, die Sie in Ihrer Organisationsfähigkeit sehr gefordert haben? Wie sind Sie bei der Bewältigung vorgegangen? Englischkenntnisse / Motivation Ich würde Ihnen gerne eine Frage auf Englisch stellen - ist das O.K.? Sie können auch gerne etwas länger überlegen für die Antwort…. „What motivates you to do a good job? ” Reisebereitschaft Wie oft könnten Sie in der Woche / im Monat unterwegs sein. Welche Einschränkungen gibt es für Ihre Geschäftsreisen? Fehlende Informationen z. B.: Kündigungsfristen Gehaltsvorstellungen… 82 <?page no="91"?> Abschließen (Phase 3) Informationen zur Stelle geben Tätigkeitsgebiet kurz und einfach beschreiben z. B. mit 3 markanten Aufgaben: 1____________________________________________________________ 2____________________________________________________________ 3____________________________________________________________ Fragen des Bewerbers Fragen des Bewerbers beantworten, jedoch auf die Möglichkeit intensiver Fragen im weiteren Auswahlverfahren hinweisen (Zeitfaktor! ). Erreichbarkeit per Email oder Telefon für dringende Fragen anbieten. Informationen zum nächsten Schritt geben Nächsten Auswahlschritt im Prozess nennen, evtl. Termin abgleichen: _____________________ Informieren, wann die Entscheidung zur Einladung gefällt wird: _______________ Bewerber fragen, ob er an dem nächsten Auswahl-Schritt teilnehmen möchte: _____________ Prüfen, ob Bewerber selbst zeitnahe Entscheidung treffen muss: __________________________________________________ Dank, Verabschiedung, Verwendung der Unterlagen Bewerber für das ausführliche und produktive Interview danken. Evtl. Zusenden schriftlicher Infos anbieten. Evtl. fragen, ob Daten/ Unterlagen für andere Positionen im Haus verwendet bzw. gespeichert werden dürfen: Ja ____Nein____ 83 <?page no="92"?> C. Nachbereitung Bitte vervollständigen Sie zuerst die inhaltlich notierten Antworten und tragen danach Ihre Einschätzung in die Spalte „Bewertung“ ein. Danach treffen Sie jetzt die Entscheidung, ob der Kandidat zum weiteren Auswahlverfahren eingeladen werden soll und geben Sie dem Fachvorgesetzten noch weitere Hinweise, auf was besonders geachtet werden soll. Gesprächsergebnis Einladung zum nächsten Auswahlschritt - worauf geachtet werden sollte (welche Punkte waren im Telefoninterview kritisch): Absage aus den Gründen (nur zur internen Verwendung! ): Unterlagen/ Daten vorhalten für andere Stelle (nur mit Erlaubnis des Bewerbers) Kommunikationsverhalten und rhetorische Fähigkeiten Skalierung: 1 = gering bis 4 = herausragend 1 (---) 2 (-+) 3 (+-) 4 (++) Formuliert die Antworten präzise und ohne Zögern Spricht mit angenehmer Stimme, Sprechtempo ist angemessen Drückt sich verständlich und differenziert aus 84 <?page no="93"?> Telefoninterview-Leitfaden in Englisch (mit Redeskript und Fragen in Englisch) Positionsbezeichnung: _____________________________Bewerber: ______________________Datum: ______ A. Individuelle Vorbereitung o Fehlende Informationen aus den Bewerbungsunterlagen (Fragen hierzu werden am Ende des Interviews gestellt): _________________________________________________________________________________________ _________________________________________________________________________________________ B. Durchführung (Zeitrahmen: 20-30 Minuten) Eröffnen (Phase 1) Rahmenbedingungen des Telefoninterviews erläutern Hello Mr. X. We have an appointment for a telephone interview today. Is it still possible for you to talk with us without interruption for the next 30 minutes? This telephone interview is meant to pre-select our candidates and is an important part of our recruiting process. It lasts maximum 30 minutes and follows a certain structure. After a short introduction from our side, we would like to ask you some questions to get a closer understanding about your job experience and about yourself as a person. The interview will not be recorded, but we will take written notes, trying to document your answers. This will probably take some time. But we will come back to you with the next question - after a possible short break. In those rare cases when I feel that the answer you gave does not relate to my question I might interrupt and re-direct. Is that fine with you? 85 <?page no="94"?> Eigene Vorstellung So, now I would like to present myself. My name is___________ and I am responsible for the recruiting process, especially conducting telephone interviews. I am sure you have heard about our company, XY, which has a well-elaborated webpage. Let me tell you some important issues that characterize our company and that you can`t find on our official sites: Sympathie erzeugen Now, let us talk about you. Reading your vita, I was deeply impressed about________ Interviewen (Phase 2) I would now like to read out the questions to you. It would be great if you could try to answer as short and precisely as you could. Are your ready? Stellen Sie die Fragen wie formuliert und geben bitte keine Hinweise, ob/ wie die Antwort gefällt. Bereich / Kompetenz Frage Antwort Bewertung verbal (evtl. mit Skala) Einschlägige Berufserfahrung im Bereich XY What comparable tasks in the XY field have you met in your previous jobs? Fachliche Kenntnisse What are the main technical results you have achieved or implemented? Software- Anwenderkenntnisse How well have you mastered the X software? Please rate your knowledge on a scale of 1 = beginner to 10 = professional. 86 <?page no="95"?> (Beantwortung abwarten) What will you need to further accomplish for a 10? Projekterfahrung May I ask you how many projects you have already led? Can you please give me an example of how you have structured one of these projects? Organisationsvermögen What were complex / diverse tasks that you managed so far and that required all of your organizational skills? How did you proceed in managing these tasks? Reisebereitschaft May I ask you how many days per week you are able to travel? What kind of restrictions can you see for your business trips? Fehlende Unterlagen erbitten May I ask you to send in some extra documents, namely_____ Fehlende Informationen erfragen: Kündigungsfrist Gehaltsvorstellung What is your period of notice? May I ask you about your salary expectations for the new assignment? 87 <?page no="96"?> Abschließen (Phase 3) Informationen zur Stelle geben Thank you very much for answering the questions. I would now like to give you some information about the position. The three most important tasks will be 1____________________________________________________________ 2____________________________________________________________ 3____________________________________________________________ Fragen des Bewerbers Now it is your turn! What kind of questions do you have concerning the position? I would like you to be aware that there is a second interview in our process where you can present the detailed questions that I am probably not able to answer you right now. However, if you have some very urgent issues, you may like to contact me via e-mail or simply call me again. Informationen zum nächsten Schritt geben The next step in our recruiting process would be a Personal Interview in the xth week. Would you be willing to attend? _____________________ We first need to evaluate all interviews and will come back to you with a decision no later than_____ Are you currently in a decision process for another job offer? Dank, Verabschiedung, Verwendung der Unterlagen Anyway, thank you so much for this productive telephone interview and your time and efforts. If you don’ t mind, I would like to send you some interesting brochures about_____ My last request: may we keep your documents in the pending file to be used for another vacancy with us? 88 <?page no="97"?> Kommunikationsverhalten und rhetorische Fähigkeiten Skalierung: 1 = gering bis 4 = herausragend 1 2 3 4 Formuliert die Antworten präzise und ohne Zögern Spricht mit angenehmer Stimme, Sprechtempo ist angemessen Drückt sich verständlich und differenziert aus 89 <?page no="98"?> C. Auswertung des Telefon-Interviews Bitte vervollständigen Sie zuerst die inhaltlich notierten Antworten und tragen danach Ihre Einschätzung in die Spalte „Bewertung“ ein. Danach treffen Sie jetzt die Entscheidung, ob der Kandidat zum weiteren Auswahlverfahren eingeladen werden soll und geben Sie dem Fachvorgesetzten noch weitere Hinweise, auf was besonders geachtet werden soll. Gesprächsergebnis Einladung zum nächsten Auswahlschritt - worauf geachtet werden sollte (welche Punkte waren im Telefoninterview kritisch): Absage aus den Gründen (nur zur internen Verwendung! ): Unterlagen/ Daten vorhalten für andere Stelle (nur mit Erlaubnis des Bewerbers) 90 <?page no="99"?> 91 Weiterführende Literatur C. Berndt/ B. Wierzchowski: Systematische Bewerberinterviews, Haufe, 2. A. 2015 Ullah, R./ Witt, M.: Praxishandbuch Recruiting, 2015, Schäffer-Poeschel Verlag, ISBN978-3-7910-3402-7 Uwe Peter Kanning: Personalauswahl zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Eine wirtschaftspsychologische Analyse, e-ISBN 978-3-662- 45553-1© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Verhoeven, Tim (Hrsg.): Candidate Experience, Springer Gabler, Wiesbaden, 2016 (e-book) Ullah/ Ullah: Erfolgsfaktor Candidate Experience; 2015, Verlag Schäfer- Pöschel (zeigt die Sicht der Bewerber auf den Rekrutierungsprozess und gibt wertvolle Ideen zur Veränderung) Kanning, U.; Pöttker, J.; Klinge, K.: Personalauswahl, 2008, Verlag Schäfer-Pöschel ISBN 9783791027586 (sehr detailliert und mit viel Hintergrundinformation) Fitzwater, T.: Behavior-Based Interviewing, 2000, Course Technology, ISBN 1-56052-583-5 Müllerschön: Bewerber professionell auswählen, Beltz-Verlag, ISBN 3- 407-36429-6 (Inhaltliche Bewertung: Komplette Grundlagen der Bewerberauswahl) Gabrisch: Die Besten entdecken (Bewertung Inhalte: Fragen für alle Anforderungen) Lucas, M.: Effiziente Personalauswahl durch professionelle Interviewführung, Expert Verlag, 2004, ISBN 3816922856 (Praxisrelevante Themen im Vordergrund) Titze, C.; Rischar, K.: Methoden der Persönlichkeitsanalyse - Menschen beurteilen und auswählen, 2002, Expert verlag (Richtung: Personaldiagnostik, Teil 1 und Interviewführung im Teil 2) Friedemann Stracke: Menschen verstehen - Potenziale erkennen, Rosenberger Fachverlag, 2005, ISBN 393108552X Stopp, U., Kirschten, U.: Betriebliche Personalwirtschaft, 28. Aufl. Renningen: expert verlag, 2012 <?page no="100"?> 92 Die Autorin Claudia Uhrheimer, Diplom-Betriebswirtin, ist Expertin und Trainerin für Rekrutierung und Personalauswahl (Interviewtechniken, Telefoninterviews, Assessment-Center) und seit 2001 selbstständige Beraterin. Mit ihrer Agentur „Potenzial“ berät sie Unternehmen in den Bereichen Personalentwicklung und Personalauswahl sowie in Organisationsthemen. Sie coacht Führungskräfte und Teams im betrieblichen Kontext. Sie trainiert und gibt Impulsvorträge zu den Themen Rhetorik, Präsentation und Kommunikation. Für ihre Beratungsarbeit profitiert Claudia Uhrheimer von ihrer 13-jährigen Berufs- und Führungserfahrung im Personalmanagement und von ihrer 1-jährigen Coaching-Ausbildung an der Hochschule RheinMain, an der sie auch als Dozentin tätig ist. Mehr Informationen erhalten Sie unter www.potenzial-online.de. <?page no="101"?> Susanne Helbach-Grosser P: \AK\D jpg Erfolg mit Takt & Stil Umgangsformen aktuell - Empfehlungen für Eilige 10., aktualisierte Auflage 2018, 200 S., 29,80 €, 38,80 CHF (Praxiswissen Wirtschaft, 50) ISBN 978-3-8169-3417-2 Zum Buch: Dieses Buch gibt Anregungen für das angemessene Verhalten in (fast) allen Lebenslagen. Mit praxiserprobten Tipps und Empfehlungen zu allen stilrelevanten Themen aktualisieren Leserin und Leser das eigene Wissen und gewinnen Sicherheit im Umgang mit anderen Menschen. Modernes Etikette-Know-How hat nichts mit den steifen Regeln von einst zu tun - es ist Menschen zu gewandt, flexibel, situationsabhängig und nachvollziehbar. - Das Buch liefert kompetente Ratschläge für ein rundum stilvolles, kultiviertes Auftreten, es plädiert für Toleranz und Höflichkeit im täglichen Miteinander - kurz: Es bietet keine oberflächlichen Karrieretipps, sondern sinnvolle Empfehlungen, wie Sympathien erzeugt und Konflikte gemeistert werden. Die Autorin geht hierbei auch auf den Online-Bereich und die sozialen Netzwerke ein. Inhalt: Der erste Eindruck - Die Körpersprache - Distanz wahren - Der gepflegte Mensch - Kleidung und Stil im Geschäftsleben - Machen Sie doch mal wieder ein Kompliment! -Grüßen, Begrüßen, Bekanntmachen, Vorstellen - Duzen und Siezen - Briefanschrift, - Anrede, -Grußformeln und Fax - Bitte melden! Telefonieren mit Stil - Online- Benimm - Die Visitenkarte - Smalltalk? Aber immer! - Gekonnt Nein sagen - Verkehrsmittel - Mit Takt und Stil im Ausland - Taktvolles Verhalten im Trauerfall - Das Business Dinner - Wie esse ich denn das? - Muss man Weinkenntnisse haben, um Karriere zu machen? - Rauchen - Pünktlichkeit - Geschenke - Gäste im Unternehmen - Höfliches Verhalten in Meetings - Der Arbeitsplatz als Visitenkarte - Die ersten Tage im (neuen) Unternehmen - Niveauvoller Umgang mit Kollegen - Setzen Sie als Chef Standards - Betriebsfeiern - Ein Faux pas? Na, und? Erfolg mit Takt & Stil ist nützlich für Menschen, für die der Begriff »Höflichkeit« kein Fremdwort ist, die aber noch professioneller auftreten möchten - Menschen, die ihr Image verbessern und konstruktive Beziehungen aufbauen möchten - Menschen, die berufliche Verpflichtungen und Gastgeberaufgaben perfekt erfüllen wollen, im Land wie international Rezensionen: »Das Buch sollte zur Pflichtlektüre an allen Hochschulen und Universitäten werden; zur Aktualisierung der Kenntnisse von Erwachsenen ist es genauso geeignet.« GfPM magazin, Gesellschaft für Produktionsmanagement »In diesem Buch lässt sich gezielt und sehr detailliert nachlesen, was sich für eine bestimmte Situation (nicht nur beruflich) schickt und was nicht. « > methodik - Zeitschrift für Unternehmer und Führungskräfte Die Autorin: Susanne Helbach-Grosser erlernte das ABC der Umgangsformen von der Pike auf. Sie lebte und arbeitete in Großbritannien, Frankreich und in den USA. - 1993 gründete sie ihr Seminar-Institut TAKT & STIL in Schwäbisch Gmünd und ist heute eine gefragte Persönlichkeits-Trainerin und Referentin für aktuelle nationale und internationale gesellschaftlichen Spielregeln. Sie weiß, wovon sie redet, und lebt, was sie anderen vermittelt! Humorvoll und kurzweilig präsentiert, mit Beispielen, die aus dem Leben kommen. Zu ihrem Kundenkreis gehören im In- und Ausland (angehende) Führungskräfte aus Industrie, Bank, Handwerk, Behörde, Dienstleistung und Gesundheitswesen. - Mit großer Freude bildet sie seit 1999 in ihrem angegliederten TAKT & STIL-College zukünftige "Etikette"-Trainer(innen) aus. Bestellhotline: - Tel: -07071-/ -97-556‐0- E‐Mail: -expert@expertverlag.de- <?page no="102"?> Bestellhotline: - Tel: -07071-/ -97-556‐0-- E‐Mail: -expert@expertverlag.de- Dr. Albrecht Müllerschön Als Führungskraft erfolgreich starten Anregungen, konkrete Tipps, Checklisten/ Tests und Übungen für den Führungsalltag 6., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2018 166 S., 36,80 € (Reihe Westerham, 12) ISBN 978-3-8169-3426-4 Zum Buch: Der Einstieg als Führungskraft stellt jeden vor eine Vielzahl neuer Herausforderungen. Die Aufgaben sind nicht nur schwieriger als bisher - sie sind einfach anders. Besonders schwierig ist die Situation, wenn jemand zum Vorgesetzten seiner ehemaligen Kollegen und Kolleginnen wurde. Dieses Buch gibt Ihnen eine Antwort auf die Fragen, die sich Ihnen mindestens in den ersten hundert Tagen als Führungskraft stellen: Wie kann ich meine neue Rolle ausfüllen? Wie stelle ich mich meinen neuen Kollegen gegenüber dar? Wie führe ich schwierige Mitarbeitergespräche? Wie gehe ich mit den Problemen um, die mein/ e Vorgänger/ in hinterlassen hat? Wie arbeite ich mit meinem Team produktiv? Inhalt: Wie bewältige ich die ersten Tage in meiner neuen Position? - Was ist für mich der richtige Führungsstil? - Welche Bedeutung haben Ziele für den Erfolg? - Wie motiviere ich meine Mitarbeiter? - Wie delegiere ich richtig? - Wie werden Mitarbeitergespräche erfolgreich geführt? - Wie gestalte ich eine Teambesprechung? - Wie werden Konflikte bewältigt? - Was ist bei der Einleitung und Durchführung von Veränderungsprozessen zu beachten ? Die Interessenten: Das Buch richtet sich an Führungskräfte, die vor kurzem Führungsverantwortung übernommen haben, in Kürze übernehmen werden oder die einfach nützliche Tipps. Die Autoren: Dr. Albrecht Müllerschön hat Psychologie und Jura studiert. Als Lehrbeauftragter an der Uni Tübingen hat er Coachs und Coachausbilder ausgebildet. Seit 30 Jahren trainiert, coacht und berät er Führungskräfte und Manager aus den unterschiedlichsten Branchen. Heute gehört er zu den gefragtesten Referenten und Coaches in Deutschland. Seine Beratungsfirma erhielt wiederholt Auszeichnungen. - Er hat selbst als Personalreferent und Geschäftsführer die Fragen der Führung im Alltag durchlebt. Sein Anspruch ist: Aus der Praxis für die Praxis. Christina Seitter hat nach ihrer pädagogischen Ausbildung als Personalreferentin gearbeitet und sich zur Berufseignungsdiagnostikerin qualifiziert. Mit ihrer Ausbildung für Psychotherapie und Hypnose arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis für Systemische Konflikt- Familien- und Paarberatung. Vor diesem Hintergrund berät und trainiert sie bei der managementberatung müllerschön Führungskräfte und Personalverantwortliche zu den Themen: Führungskräfteentwicklung, Berufseignungsdiagnostik und Persönlichkeitsentwicklung. - Auch sie hat sich als erfahrene Führungskraft mit den Fragen und Herausforderungen im Alltag auseinandergesetzt. Ihr Anspruch ist: Wirksam und nachhaltig sein.
