Die Arbeit ist fertig – was nun?
Wissenschaftliche Ergebnisse verwerten
1125
2019
978-3-8169-8462-7
978-3-8169-3462-2
expert verlag
Günter Lehmann
Arbeit fertig - was nun? Die Frage mag manchen nach erfolgreicher Disputation seiner Graduierungsarbeit erstaunen. Ist man doch stolz auf das erzielte Ergebnis und nun endlich fertig zu sein. Landen diese nun im Ideengrab - oder? Der Verfasser muss selber erkennen: Wissenschaft ist öffentlich. Die Idee, die Erkenntnis als solche entfaltet noch keine Wirkung. Auf ihre Veröffentlichung, auf ihre nützliche Verwertung kommt es an!
Im Buch werden mit dem Publizieren, Vortragen, Umsetzen, Vermitteln und Gründen fünf Kanäle für das Verwerten vorgestellt.
<?page no="1"?> Die Arbeit ist fertig - was nun? <?page no="3"?> Günter Lehmann Die Arbeit ist fertig - was nun? Wissenschaftliche Ergebnisse verwerten <?page no="4"?> © Covermotiv: iStockfoto/ scyther5 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 · expert verlag GmbH Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autoren oder Herausgeber übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Internet: www.expertverlag.de eMail: info@verlag.expert Printed in Germany ISBN 978-3-8169-3462-2 (Print) ISBN 978-3-8169-8462-7 (ePDF) <?page no="5"?> Inhaltsübersicht 5 Inhaltsübersicht Vorwort ............................................................................................................................................................................................ 7 Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................................................................... 9 1 Einführung ...................................................................................................................................................................... 15 2 Publizieren in den Medien .......................................................................................................................... 21 3 Vortragen auf Tagungen und Meetings ..................................................................................... 95 4 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren ............................................................. 143 5 Umsetzen in der Organisation ............................................................................................................. 206 6 Gründen einer Existenz (Start-up) ................................................................................................. 233 Eine Schlussbemerkung ....................................................................................................................................... 247 Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................................................... 248 Sachwortverzeichnis ................................................................................................................................................. 252 Quellen und weiterführende Literatur jeweils am Schluss der Teile 2 bis 6 <?page no="7"?> Vorwort 7 Vorwort Der Büchermarkt bietet zahlreiche Ratgeber zum wissenschaftlichen Arbeiten an. Mehr oder weniger detailliert werden Ansprüche an Beleg-, Bachelor-, Master-, Diplom- und Doktorarbeiten beschrieben, Empfehlungen zur Material- und Feldforschung gegeben, die Konventionen des wissenschaftlichen Arbeitens erläutert. Manche geben noch Ratschläge für das Präsentieren der Arbeit. Ist mit der erfolgreichen Disputation der Arbeit ein Schlusspunkt gesetzt? Bei einer Durchsicht der einschlägigen Ratgeberliteratur verstärkt sich der Eindruck. Und wie sieht ein Blick in die Realität aus? Abgesehen von Arbeiten im betrieblichen Auftrag oder in Forschungsprojekten ruhen viele in Archiven und Bibliotheken, in Hochschulen und bei Gutachtern oder im Bücherschrank des Verfassers. Wertvolle Ergebnisse bleiben ungenutzt, weil unbekannt. Aber Wissenschaft ist öffentlich. Die Idee, die Kreation allein, entfaltet noch keine Wirkung. Auf ihre Umsetzung, die Innovation, kommt es an. Erst wenn auf die Kreation die Innovation folgt, ist die Arbeit wirklich fertig. Karriereplanung ist ein wichtiges Thema für Studierende höherer Studienjahre und Absolventen von Universitäten und Hochschulen. Die einschlägige Literatur ist umfänglich, gibt zahlreiche berufliche Offerten und eine Fülle von detaillierten Hinweisen für die Gehaltsverhandlung, das Bewerbungsgespräch oder für einen gelungenen Auftritt im Recruiting Event. Keine der zahlreichen Ratgeber erwähnen mit Bezug auf Karriere den „Schatz“ der Absolventen: Die Ergebnisse ihrer Graduierungsarbeit und deren Verwertung. Das vorliegende Buch möchte all jene, die eine wissenschaftliche Arbeit im Studium, aber auch in der Forschungs- und Entwicklungsarbeit angefertigt haben, dazu anregen, die Ergebnisse öffentlich mitzuteilen. Das kann auf sehr unterschiedlichen Kanälen erfolgen - vom Veröffentlichen eines Artikels über das Vortragen auf einem Meeting bis hin zum Umsetzen von Ergebnissen in einer Organisation. Entsprechende Vollzugsmöglichkeiten und Handlungsorientierungen werden dazu angeboten, wobei der Schwerpunkt auf jenen Bereichen liegt, die unmittelbar auf das Verwerten von Ergebnissen aus erfolgreich verteidigten Graduierungsarbeiten gerichtet sind. Die methodischen Empfehlungen richten sich vor allem an Fachkräfte, die bisher wenig oder keine Erfahrungen im Verwerten wissenschaftlicher Ergebnisse haben. Ermutigt sollen auch jene werden, die ihren Artikel bisher erfolglos angeboten haben, mit ihrem Vortrag keinen Erfolg hatten oder auf die beim Chef abge- <?page no="8"?> 8 Vorwort gebene Arbeit bisher keine Reaktion erhielten. Leider allzu oft folgt aus der ersten Enttäuschung darüber Resignation und der Entschluss, es lieber anderen zu überlassen. Dabei sind es häufig Kleinigkeiten, die zu beachten sind, um bessere Chancen zu haben. Sie werden im Buch erläutert. Zahlreiche Checklisten, unter anderem zu Ablauf der Rede und Diskussion im Fachvortrag oder zur Gruppendiskussion bei Entwicklung des Umsetzungsvorschlags, sollen helfen, die Übersicht über die Aktivitäten zu behalten, die Informationen zu speichern und im Bedarfsfall zu reproduzieren. Sie werden in jedem Kapitel durch Empfehlungen ergänzt. Mehr als 100 Abbildungen veranschaulichen umfängliche Textpassagen. Ein sehr detailliertes Inhaltsverzeichnis kann den Leser unterstützen, rasch anlassbezogen die benötigten Informationen abzurufen. Am Ende eines jeden Teils sind die Quellen und die weiterführende Literatur verzeichnet. Die Abbildungen sind geschlossen in einem Abbildungsverzeichnis enthalten. Das Sachwortverzeichnis enthält nur Begriffe, die im Inhaltsverzeichnis nicht genannt sind (Ausnahme: Mehrfachnennungen). Dieses Buch ist vor der avisierten Einführung des „Gendersternchens“ in die amtliche Rechtschreibung verfasst und bleibt bei der üblichen Schreibweise. Deshalb heißt es hier im Plural „Teilnehmer“ oder „Verfasser“ und bei Nennung einer einzelnen Person „Teilnehmerin“ bzw. „Teilnehmer“ oder „Verfasserin“ bzw. „Verfasser“. Für das Entstehen und Herstellen des Buches habe ich viele Impulse erhalten, von meinen Studenten, meinen Kollegen und besonders von den Herren Prof. Dr. Gerd-Bodo von Carlsburg, Dr. Reinhardt Kretzschmar, Prof. Dr. Gerard Lewis, Dr. Werner Mankel und Dr. Dieter Mikulin. Mein Dank gilt Ingrid Lehmann, die das Buch von der Entstehung bis zum Lektorat engagiert begleitet hat. Besonders herzlich danke ich Antje Albani für die kompetente Text- und Bildgestaltung und das immerwährende Verständnis für die Änderungswünsche des Autors. Dem Autor bleibt zu wünschen, dass die Leser von dem Buch in einer Weise profitieren, die für die Verwertung ihrer wissenschaftlichen Ergebnisse förderlich ist. Prof. Dr. paed. habil. Günter Lehmann November 2019 <?page no="9"?> Inhaltsverzeichnis 9 Inhaltsverzeichnis 1 Einführung ................................................................................................................................................................... 15 2 Publizieren in den Medien ..................................................................................................................... 21 2.1 Textformate (Überblick) ........................................................................................................................ 21 2.1.1 Kennzeichnung ................................................................................................................................... 21 2.1.2 Textformate Wissenschaft ......................................................................................................... 22 2.1.3 Textformat Organisation ............................................................................................................. 25 2.1.4 Textformat Verlag ........................................................................................................................... 26 2.1.5 Textformat Internet ......................................................................................................................... 29 2.2 Bücher ....................................................................................................................................................................... 30 2.2.1 Kennzeichnung ................................................................................................................................... 30 2.2.2 Monografien ......................................................................................................................................... 31 2.2.3 Handbücher ........................................................................................................................................... 32 2.2.4 Lehrwerke .............................................................................................................................................. 33 2.2.5 Herausgeberwerke ........................................................................................................................... 34 2.2.6 Graue Literatur ................................................................................................................................... 35 2.2.7 Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen ......................................................................................... 35 2.3 Fachwissenschaftlicher Artikel ....................................................................................................... 36 2.3.1 Kennzeichnung ................................................................................................................................... 36 2.3.2 Einteilung ............................................................................................................................................... 37 2.3.3 Originalarbeiten ................................................................................................................................. 39 2.3.3.1 Vorüberlegungen ........................................................................................................... 39 2.3.3.2 Vorbereitung ..................................................................................................................... 41 2.3.3.3 Aufbau .................................................................................................................................... 49 2.3.3.4 Argumentation ................................................................................................................. 52 2.3.3.5 Konventionen .................................................................................................................... 55 2.3.4 Letzter Check ...................................................................................................................................... 56 2.4 Populärwissenschaftlicher Artikel ................................................................................................ 56 2.4.1 Kennzeichnung ................................................................................................................................... 56 2.4.2 Nutzenorientierung .......................................................................................................................... 57 2.4.3 Stoffreduktion ..................................................................................................................................... 58 2.4.4 Veranschaulichung .......................................................................................................................... 61 2.4.5 Textgestaltung ..................................................................................................................................... 63 <?page no="10"?> 10 Inhaltsverzeichnis 2.5 Referate .................................................................................................................................................................... 64 2.5.1 Kennzeichnung ................................................................................................................................... 64 2.5.2 Abstract .................................................................................................................................................... 66 2.5.3 Poster ......................................................................................................................................................... 71 2.5.4 Kurzbericht ............................................................................................................................................ 72 2.5.5 Meta-Analyse ...................................................................................................................................... 73 2.5.6 Rezension ............................................................................................................................................... 73 2.5.7 Tagungsbericht ................................................................................................................................... 75 2.5.8 Kommentar ............................................................................................................................................ 76 2.5.9 Interview ................................................................................................................................................. 77 2.5.10 Leserbrief ................................................................................................................................................ 78 2.6 Open-Access-Publikationen ............................................................................................................... 79 2.6.1 Kennzeichnung ................................................................................................................................... 79 2.6.2 Strategien ................................................................................................................................................ 79 2.6.3 Finanzierung ......................................................................................................................................... 80 2.6.4 Bewertung .............................................................................................................................................. 81 2.7 Verlage ..................................................................................................................................................................... 82 2.7.1 Leistungen .............................................................................................................................................. 82 2.7.2 Verlagssuche ........................................................................................................................................ 87 2.7.3 Materialvorstellung ......................................................................................................................... 88 2.7.4 Autorenvertrag .................................................................................................................................... 90 Quellen und weiterführende Literatur ..................................................................................................... 91 3 Vortragen auf Tagungen und Meetings ............................................................................. 95 3.1 Kennzeichnung ................................................................................................................................................ 95 3.2 Fachvortrag .......................................................................................................................................................... 96 3.2.1 Grundstruktur ...................................................................................................................................... 96 3.2.2 Redeaufbau ............................................................................................................................................ 98 3.2.3 Redeverhalten ................................................................................................................................... 123 3.2.4 Diskussion ........................................................................................................................................... 129 3.2.5 Nachbereitung .................................................................................................................................. 137 3.3 Kurzvortrag ....................................................................................................................................................... 138 3.3.1 Grundstruktur ................................................................................................................................... 138 3.3.2 Vortragsaufbau ................................................................................................................................ 138 <?page no="11"?> Inhaltsverzeichnis 11 3.4 Diskussionsbeitrag .................................................................................................................................... 141 3.5 Stegreifrede ....................................................................................................................................................... 141 Quellen und weiterführende Literatur ................................................................................................. 142 4 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren .................................................... 143 4.1 Kennzeichnung ............................................................................................................................................. 143 4.1.1 Überblick ............................................................................................................................................. 143 4.1.2 Prozessorientierung ...................................................................................................................... 143 4.1.3 Teilnehmerorientierung ............................................................................................................ 144 4.2 Organisationsformen ............................................................................................................................... 145 4.2.1 Grundformen ..................................................................................................................................... 145 4.2.2 Lehrvortrag ......................................................................................................................................... 146 4.2.3 Seminar ................................................................................................................................................. 147 4.2.4 Übung ..................................................................................................................................................... 149 4.2.5 Selbststudium ................................................................................................................................... 151 4.2.6 Unterweisung .................................................................................................................................... 152 4.2.7 Leistungsnachweis ........................................................................................................................ 154 4.3 Planung der Lehreinheiten ................................................................................................................ 156 4.3.1 Prozessphasen .................................................................................................................................. 156 4.3.2 Planungsmodelle ............................................................................................................................ 157 4.4 Steuerungshilfen .......................................................................................................................................... 161 4.4.1 Übersicht .............................................................................................................................................. 161 4.4.2 Lehrinhalte fokussieren ............................................................................................................ 161 4.4.3 Veranschaulichung sichern .................................................................................................... 172 4.4.4 Strukturierung anbieten ............................................................................................................ 181 4.4.5 Fragen stellen ................................................................................................................................... 187 4.4.6 Aufmerksamkeit erzeugen ...................................................................................................... 191 4.4.7 Feedback gewährleisten ........................................................................................................... 196 4.4.8 Entlastung anbieten ...................................................................................................................... 198 4.5 Kursprogramm .............................................................................................................................................. 203 Quellen und weiterführende Literatur ................................................................................................. 204 <?page no="12"?> 12 Inhaltsverzeichnis 5 Umsetzen in der Organisation ...................................................................................................... 206 5.1 Kennzeichnung ............................................................................................................................................. 206 5.2 Analyse der Ergebnisse ........................................................................................................................ 208 5.2.1 Eröffnen von Optionen .............................................................................................................. 208 5.2.2 Ideenbewertung ............................................................................................................................... 209 5.3 Formulieren der Umsetzungsidee .............................................................................................. 211 5.3.1 Bestimmen der Idee ..................................................................................................................... 211 5.3.2 Erfolgsfaktoren der Umsetzung .......................................................................................... 212 5.3.3 Zustimmung erlangen ................................................................................................................. 214 5.4 Gewinnen von Ansprechpartnern ............................................................................................... 216 5.4.1 Zielgruppen ........................................................................................................................................ 216 5.4.2 Gezielte Ansprache ...................................................................................................................... 217 5.5 Entwickeln des Umsetzungsvorschlags ............................................................................... 219 5.5.1 Fokussierte Gruppendiskussion .......................................................................................... 219 5.5.2 Gruppenzusammensetzung .................................................................................................... 219 5.5.3 Moderation der Diskussion .................................................................................................... 220 5.5.4 Diskussionsphasen ........................................................................................................................ 222 5.6 Präsentation des Umsetzungsvorschlags ............................................................................. 226 5.6.1 Prämissen ............................................................................................................................................. 226 5.6.2 Struktur .................................................................................................................................................. 226 5.7 Einleiten der Umsetzung ..................................................................................................................... 229 5.8 Szenario zum Innovationsprozess .............................................................................................. 230 Quellen und weiterführende Literatur .................................................................................................. 231 6 Gründen einer Existenz (Start-up) ......................................................................................... 233 6.1 Kennzeichnung ............................................................................................................................................. 233 6.2 Entdeckung ....................................................................................................................................................... 234 6.3 Geschäftsidee .................................................................................................................................................. 236 6.4 Gründungsidee .............................................................................................................................................. 237 6.5 Geschäftskonzept ........................................................................................................................................ 240 <?page no="13"?> Inhaltsverzeichnis 13 6.6 Gründungsteam ............................................................................................................................................. 241 6.7 LEAN Start-up .............................................................................................................................................. 242 6.8 Quintessenz ....................................................................................................................................................... 244 Quellen und weiterführende Literatur ................................................................................................. 245 Eine Schlussbemerkung ................................................................................................................................... 247 Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................................................... 248 Sachwortverzeichnis ............................................................................................................................................. 252 <?page no="14"?> Verwerte den Schatz, den Du geschaffen hast, für Dich und andere. <?page no="15"?> Einführung 15 1 Einführung Promovenden und Diplomanden, Master- und Bachelorabsolventen haben mit ihren Arbeiten auf unterschiedlichem Niveau ihre Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten nachgewiesen. Dazu stellten sie in einem Thema eine oder mehrere Forschungsfragen, deren Beantwortung den Kern der nachfolgenden Untersuchung bildete. Vorstellungen zum Verwerten der Ergebnisse spielten bei der Themenwahl kaum eine Rolle. Hinter der Forschungsfrage stand in der Regel eine Annahme, d. h. eine Hypothese über die Existenz eines bestimmten Phänomens, eines vermuteten Zusammenhangs. Mit Blick in die einschlägige wissenschaftliche Literatur war zu prüfen, ob der in der Hypothese angenommene Zusammenhang bereits im gleichen oder in anderen Bereichen untersucht und diagnostiziert wurde. Für den Fall, dass kein direkter Zusammenhang, keine messbare Beziehung zwischen „A“ und „B“ bestand, musste die bisherige Hypothese variiert, verändert oder gar verworfen werden. In der nun folgenden Feldforschung wurde die Gültigkeit des angenommenen Zusammenhangs zwischen „A“ und „B“ für den Bereich „X“ verifiziert (bestätigt) oder falsifiziert (widerlegt). Hierzu dienten die Befragung, das Interview, die Beobachtung, das Experiment oder die Inhaltsanalyse. Das Resultat war der Erkenntniszuwachs mit exakter Angabe des Gültigkeitsumfangs. Für Graduierungsarbeiten ist der Nachweis von Schlussfolgerungen aus den erreichten Ergebnissen unverzichtbar. Sie beziehen sich beispielsweise auf Umsetzungsvorschläge, Leitungsentscheidungen, Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen oder auch neue Forschungsfragen. In Abb. 1.1 ist der beschriebene Weg schematisch dargestellt. Der in der Abbildung skizzierte Weg endet in Schritt 4 mit ersten Überlegungen zur Überführung der erreichten Ergebnisse - und damit ist in der Regel die Arbeit am Thema beendet. Schätzungen verweisen darauf, dass in Fällen, in denen die Unternehmen die Themen vergeben, etwa 60 % verwertet werden. In allen anderen Fällen liege der Verwertungsgrad im oberen einstelligen Bereich. Man vergegenwärtige sich: Im Prüfungsjahr 2016 erwarben etwa eine halbe Million Absolventen (ohne Lehramt) einen Hochschulabschluss an deutschsprachigen Hochschulen. Nahezu 70 % davon entfielen auf Promotionen, Diplom-, Master- und Bachelorabschlüsse in Natur-, Technik-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, also Fächergruppen mit beachtlichem Umsetzungspotential der Ergebnisse. Der relativ geringe Verwertungsgrad lässt vermuten, dass viele Arbeiten mit ihren nützlichen Erkenntnissen im „Ideengrab“ enden. <?page no="16"?> 16 Einführung Abb. 1.1: Etappen zum Gewinnen der Erkenntnisse Wie aber kann dieses umfangreiche Ideenpotential erschlossen werden? Wie kann verhindert werden, dass die Arbeiten im Bücherschrank des Verfassers, in Archiven, bestenfalls relativ ungenutzt in Bibliotheken schlummern? Zu allererst muss der Verfasser selbst erkennen: Wissenschaft ist öffentlich! Wer eine wissenschaftliche Arbeit verfasst, wissenschaftliche Ergebnisse vorgelegt hat, muss den Weg weiterbeschreiten, muss die Ergebnisse öffentlich machen, einer nützlichen Verwertung zuführen. Um in der Schrittfolge von Abb. 1.1 zu bleiben: Schritt 5 muss vollzogen werden. Sicher ist eine Reihe von Absolventen diesen Schritt gegangen, hat ihre Ergebnisse in Innovationen umgesetzt. Andere haben es versucht, aber der Erfolg blieb aus und weitere Versuche lohnten sich aus ihrer Sicht nicht. Leider hat sich ein großer Teil mit dem Verwerten gar nicht befasst und stellt deshalb an dieser Stelle die Frage: Weshalb oder wofür soll ich meine Graduierungsarbeit verwerten? Welcher Wert entsteht dabei für mich persönlich? Wer in intensiver geistiger Arbeit ein wissenschaftliches Ergebnis vorgelegt hat, die Hürden der Disputation erfolgreich gemeistert hat, empfindet berechtigten Stolz. Dieser wird verstärkt, wenn seine Ergebnisse in einer Publikation gedruckt <?page no="17"?> Einführung 17 vorliegen, ein Publikum am Vorgetragenen Interesse zeigt oder das Ergebnis in einem Produkt bzw. in einer Leistung manifest wird. Wer das nicht so oder ähnlich empfindet, dem stiehlt wahrscheinlich die weitere Lektüre dieses Buches unnötige Zeit. Pardon für die Zuspitzung. Aber ohne vom eigenen Interesse getragenes Engagement kann Verwertung nicht erfolgreich gelingen. Abgesehen vom berechtigten Stolz bringt erfolgreiche Verwertung auch Entwicklungsschübe in der Karriere. Erfahrungsträger berichten darüber, dass beispielsweise der veröffentlichte Fachartikel am Ende den Ausschlag für den Erfolg einer Bewerbung gab. Oder: Nach dem gelungenen Vortrag erhielt der Verfasser zahlreiche Kontaktangebote aus dem Kreis der Teilnehmer. Und schließlich hat auch oft das aktive Bemühen um das Umsetzen der Ergebnisse in der Organisation die Entwicklung der beruflichen Karriere befördert. Wahr ist aber auch, dass Karriere zunächst nicht das große Geld bringt, sondern schlicht Geld und vor allem Zeit kostet - so auch die Verwertung. Der Aufwand kann durch Planung der Verwertungsaktivitäten reduziert werden, vorausgesetzt, der Verfasser hat sich einen Überblick über die einzelnen Kanäle des Verwertens verschafft und einen Zugang zum methodischen Vorgehen erlangt. Welche Möglichkeiten bestehen für das Verwerten der Arbeitsergebnisse, den Vollzug von Schritt 5? In Abb. 1.2 wird dafür ein Angebot vorgestellt. Während die Kanäle „Bereitstellen“, „Publizieren“, „Vortragen“ und „Vermitteln“ das Mitteilen der Arbeitsergebnisse befördern, unterstützen die anderen beiden das Umsetzen. Ein erstes Angebot für das Verwerten kann der Verfasser seiner Universität/ Hochschule durch das Bereitstellen der Graduierungsarbeit unterbreiten. So heißt es beispielsweise in der Erklärung zu einer Diplomarbeit u. a.: „Ich versichere an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig verfasst, keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt sowie alle wörtlichen oder sinngemäß übernommenen Stellen in der Arbeit gekennzeichnet habe. Ferner gestatte ich der Universität …, die vorliegende Diplomarbeit unter Beachtung der datenschutz- und wettbewerbsrechtlichen Vorschriften für Lehre und Forschung zu nutzen.“ Damit ist der Universität/ Hochschule freigestellt, Ergebnisse der wissenschaftlichen Abschlussarbeit ohne eine spezielle Aufbereitung durch den Verfasser in Lehre und Forschung zu nutzen. <?page no="18"?> 18 Einführung Abb. 1.2: Kanäle für das Verwerten wissenschaftlicher Ergebnisse Ein breites Feld für das Verwerten eröffnet sich mit dem Publizieren der Ergebnisse in den Medien. Adressaten dafür sind neben der Fachöffentlichkeit auch Leser, die an wissenschaftlichen Inhalten interessiert sind. Sicher spielt dabei der fachwissenschaftliche Artikel eine exklusive Rolle, aber darüber hinaus steht eine Fülle weiterer Textformate für fachwissenschaftliche und populärwissenschaftliche Veröffentlichungen zur Verfügung. Möglichkeiten für das Veröffentlichen bieten sich auch in Vorträgen, vor allem im Rahmen von Versammlungen, Meetings, Branchentreffen, Kolloquien oder auf Tagungen. Die Teilnehmer sind in der Regel fachkundig. Vorträge in diesen Veranstaltungen schließen meistens Frage- und Diskussionsrunden ein und ermöglichen auf diese Weise Ergänzungen oder Korrekturen in den Ergebnissen. Außerdem führen sie mitunter zu nützlichen Nachkontakten. Das Feedback der Fachöffentlichkeit auf Publikationen und Vorträge lässt den Verfasser erkennen, welche Chancen seine Ergebnisse für eine Umsetzung in Unternehmen, Kliniken, Kammern, Verwaltungen und Vereinen - im Folgenden als Organisationen bezeichnet - besitzen. Während diese Chance von Fach- <?page no="19"?> Einführung 19 hochschulabsolventen wegen der Nähe zur Unternehmenspraxis vergleichsweise oft wahrgenommen wird, ist der Verwertungsgrad insgesamt unzureichend. Eng verbunden mit einer positiven Entscheidung zur Umsetzung ist das Vermitteln der Ergebnisse im Rahmen von Schulungen und Unterweisungen für die unmittelbaren Nutzer in der Organisation. Nicht selten werden Ergebnisse (vornehmlich aus Dissertationen und Masterarbeiten) zu Inhalten von Aus -und Weiterbildungsveranstaltungen, die dann auch vom Verfasser direkt als Dozent vermittelt werden können. Die Technologiezentren, Gründerschmieden, Transferstellen und ähnliche Einrichtungen an den Universitäten und Hochschulen verweisen auf die guten Möglichkeiten, die Studierende bei der Selbstverwertung ihrer Ergebnisse für das Gründen einer Existenz haben. Das Entwickeln einer Unternehmensidee und ihr Ausbau zu einem Start-up-Unternehmen haben bereits zahlreiche Absolventen der Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften, zunehmend auch in den Sozial- und Gesundheitswissenschaften, zu unternehmerischen Erfolgen geführt. Für die Entscheidung über das Verwerten der Ergebnisse ist eine Antwort auf folgende Frage wesentlich: Welche Bedeutung hat meine Arbeit oder, wie G EULEN , C. (2010, S. 96) es nennt, welche „lebensweltliche Relevanz“ besitzt sie? Hier wird nach dem Nutzen gefragt und der Verfasser dazu aufgefordert, mindestens drei Fragen zu beantworten: • Welche Bedeutung haben meine Erkenntnisse und Ergebnisse für mein Fachgebiet, wird das fachwissenschaftliche Sach- und Methodenwissen dadurch erweitert? • Welche Praxisaufgaben und -probleme werden durch meine Erkenntnisse und Ergebnisse gelöst? • Für welche Personen bzw. Personengruppen sind meine Ergebnisse und Erkenntnisse von Interesse bzw. von Nutzen? In den Disputationen der Graduierungsarbeiten sind die Kandidaten häufig von der Frage nach dem Nutzen überrascht und um eine Antwort verlegen. Zugespitzt: Erst wenn mindestens eine dieser drei Fragen akzeptabel beantwortet ist, kann über das sinnvolle Verwerten der Ergebnisse nachgedacht werden. In diesem Buch wird darauf geachtet, dass die Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit nicht nur einer Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Zur Zielgruppe gehört ein wesentlich breiteres Publikum, die so genannte „Stakeholder- Öffentlichkeit“. Ein neuer Trend im deutschen Hochschulwesen gilt der Pflege der „Dritten Mission“ (Third Mission). Das bedeutet, mit Lehre und Forschung zum Bewältigen wesentlicher gesellschaftlicher Herausforderungen beizutragen. <?page no="20"?> 20 Einführung In der Folge sind auch die Ergebnisse von Doktor-, Diplom-, Master- und Bachelorarbeiten auf ihre gesellschaftliche Relevanz zu prüfen und entsprechende Ergebnisse zu verwerten. Eine Nachweispflicht für den Verfasser wäre sicher ein sehr großer Schritt, aber eine Anregung durch den Betreuer ist auf jeden Fall sinnvoll. Die Teile 2 bis 6 stellen vor, wie der Leser die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit verwerten kann. Sie dienen allerdings bestenfalls als Treppengeländer, nicht als Haustürschlüssel. Den muss der Verfasser selbst finden. <?page no="21"?> Publizieren in den Medien 21 2 Publizieren in den Medien 2.1 Textformate (Überblick) 2.1.1 Kennzeichnung „Schreiben ist die Hölle! Geschrieben haben ist der Himmel“ - so lautet ein Spruch von U MBERTO E CO in Bezug auf das wissenschaftliche Arbeiten. Dem wird jetzt hinzugefügt: „Publiziert haben ist das Paradies“. Vielleicht eine Übertreibung, aber wer das Strahlen des erfolgreichen Verfassers angesichts der Veröffentlichung seines Artikels erlebt hat, kann das Glücksgefühl erahnen. Nur stellt es sich eben nicht automatisch ein und oft auch nicht nach dem ersten Versuch. Zwar hat der Verfasser der wissenschaftlichen Arbeit zahlreiche Veröffentlichungen gelesen und verarbeitet, aber die eigenen Ergebnisse jetzt in einem Artikel zu verarbeiten fällt schwer. Und hat er doch etwas zu Papier gebracht und bei einem Verlag eingereicht, trifft die Ablehnung hart: „… leider keinen Programmplatz für den Text gefunden.“ oder „… genügt in Inhalt und Form nicht unseren Ansprüchen! “. Bei einem solchen Start kommt der notwendige Lernprozess in einem frühen Stadium ins Stocken. Man überlässt es lieber anderen. Verfasser von Dissertationen, nun zunehmend auch von Diplom- und Masterarbeiten, stehen aber vor der deutlichen Erwartung, ihre Ergebnisse zu publizieren. Teilweise noch vor Abgabe der Arbeit sind in Übereinstimmung mit den entsprechenden Prüfungsordnungen der Universitäten und Hochschulen erste Veröffentlichungen vorzuweisen. Vom Einsteiger wird deshalb jetzt gefragt: • Welche Textformate gibt es für das Publizieren? • Welche Ansprüche werden an Inhalt und Form gestellt? • Welche methodischen Empfehlungen gibt es für das Anfertigen der einzelnen Textformate? In Abb. 2.1 wird zunächst ein grober Überblick über die Textformate für das Publizieren der wissenschaftlichen Ergebnisse vorgestellt. Die folgenden Abschnitte enthalten ihre Einordnung in die Bereiche Wissenschaft, Organisation, Verlag und Internet. In den Kapiteln 2.2 bis 2.6 werden ausgewählte Formate ausführlicher dargestellt. <?page no="22"?> 22 Publizieren in den Medien Abb. 2.1: Textformate im wissenschaftlichen Publizieren (Überblick) 2.1.2 Textformate Wissenschaft Träger dieser Textformate sind die Universitäten, Fachhochschulen, Berufsakademien, Wissenschaftlichen Institute und Gesellschaften. In Abb. 2.2 sind wesentliche Formate vorgestellt. Während die Journale und Hochschulzeitungen aktuelle Informationen zum Hochschulleben beinhalten, sind in Magazinen, CMS-Broschüren und ähnlichen Publikationen auch wissenschaftliche Ergebnisse dokumentiert. Diese sind allerdings seltener Graduierungsarbeiten, bestenfalls Habilitations- oder Promotionsarbeiten vorbehalten. <?page no="23"?> Publizieren in den Medien 23 Abb. 2.2: Übersicht zum Textformat Wissenschaft Die Dokumentationen wissenschaftlicher Veranstaltungen auf den unterschiedlichen Ebenen der Universitäten und Hochschulen bieten zahlreiche Möglichkeiten für das Veröffentlichen wissenschaftlicher Ergebnisse. Hier finden jene Graduierungsarbeiten einen Platz, die einen Beitrag zur Erweiterung von Sach- und Methodenwissen in der jeweiligen Disziplin nachweisen können. Dem Neueinsteiger wird nicht immer bei der Fülle der Bewerber beim ersten Versuch das Vortragsmanuskript für einen eigenen Tagungsbeitrag abgenommen. In der Regel bietet die Bewerbung mit einem Conference Abstract (siehe dazu Abschnitt 2.5.2, Punkt (4)) bessere Chancen für eine positive Entscheidung zur Annahme des Vortrags und seiner Veröffentlichung im Konferenzband. Poster werden von Tagungsveranstaltern immer dann gern angenommen, wenn sie in ausreichender Zahl (5 bis 10 eingereichte Exemplare) zur Verfügung stehen und im Rahmen einer Ausstellung von den Teilnehmern diskutiert werden können. Eine Aufnahme in den Tagungsband ist allerdings wegen der Lesbarkeit nur dann möglich, wenn dieser im Format A4 gedruckt wird (siehe dazu auch Abschnitt 2.5.3). <?page no="24"?> 24 Publizieren in den Medien Andere Möglichkeiten bestehen • im Mitwirken beim Abfassen und Herstellen des Konferenzbandes (und der damit verbundenen Möglichkeit, einen eigenen Beitrag unterzubringen) im thematischen Bereich der eigenen wissenschaftlichen Arbeit; • im Verfassen eines Berichts über die Tagung/ Konferenz, einzelner ihrer Schwerpunkte oder einzelner Beiträge, die von Veranstaltern gern unterstützt werden (siehe dazu Abschnitt 2.5.7). In beiden Fällen wird der Autor in der Fachwelt bekannt und erhält bei Erfolg schneller Zugang zu größeren Beiträgen. Auch die Arbeitspapiere der verschiedenen wissenschaftlichen Institute bieten zahlreiche Publikationsmöglichkeiten. Dabei werden unterschieden: • die internen wissenschaftlichen Veröffentlichungen (Fachartikel, Rezensionen, Veranstaltungs- und Forschungsberichte) in den Publikationsorganen der Hochschulen, Fakultäten, Institute, wissenschaftlichen Gesellschaften in Print- oder Online-Fassung; • die Berichte und Protokolle zu internen wissenschaftlichen Veranstaltungen und Rezensionen von Studien und Fachartikeln; • der Publikationsreport auf unterschiedlicher Ebene und meistens thematisch orientiert, in dem sich der Verfasser mit einem Paper Abstract anbieten kann. Insbesondere bei der Aktualisierung von Studienmaterialien stellen Ergebnisse aus den praxisorientierten Graduierungsarbeiten eine wertvolle Bereicherung dar. Das betrifft insbesondere Teilnehmerskripte mit Anwendungsorientierung oder Anleitungen zur Durchführung von Versuchen, Befragungen, Beobachtungen und Experimenten. <?page no="25"?> Publizieren in den Medien 25 2.1.3 Textformat Organisation Abb. 2.3: Übersicht zum Textformat Organisation Die Träger des Textformates Organisation sind Unternehmen, Kliniken, Verwaltungen, Verbände, Vereine, Kommunen etc. Hier haben vor allem solche Graduierungsarbeiten eine Chance auf Veröffentlichung, deren Ergebnisse eine organisationsbezogene Problemlösung erwarten lassen oder eine Entwicklungsofferte beinhalten. In den Arbeitsanweisungen oder Leitfäden werden Handlungsorientierungen vorgestellt, die sich aus der Umsetzung der eigenen Arbeitsergebnisse in der Organisation ergeben (siehe dazu ausführlich Teil 5). In Berichten oder Projektskizzen wird der Veränderungsvorschlag, der aus den Ergebnissen der Graduierungsarbeit entstanden ist, mit Blick auf den Nutzen für die Organisation und ihre Mitarbeiter vorgestellt. Auch Zeitungen und Newsletter der Organisation bieten Gelegenheit, in der gebotenen Kürze mitzuteilen, warum, was, wie und mit welchen Konsequenzen verbessert werden soll. <?page no="26"?> 26 Publizieren in den Medien Schulungsmaterialien bieten dem Verfasser, der seine Ergebnisse in der Organisation oder im eigenen Unternehmen (Start-up) umsetzen kann, eine Fülle von Publikationsmöglichkeiten. Insbesondere didaktisch aufbereitete Handlungsanleitungen (siehe Abschnitt 4.4.3) und Wissensspeicher (siehe Abschnitt 4.4.8, Punkt (1)) sichern die erforderliche Qualifikation für die mit der Umsetzung befassten Mitarbeiter. 2.1.4 Textformat Verlag In Abb. 2.4 sind wesentliche Verlagsprodukte genannt. Bücher enthalten im Unterschied zu den Fachartikeln in den wissenschaftlichen Zeitschriften eine wesentlich größere Menge an Informationen. Dabei handelt es sich um relativ gefestigtes Wissen, das in der Regel in mehreren Gutachterrunden geprüft wurde. Innerhalb der Bücher kann zwischen Fach- und Sachbuch unterschieden werden. Während sich erstere vor allem an die Spezialisten wenden, sind die anderen einem breiteren Leserkreis gewidmet (z. B. Ratgeber). Allerdings ist die Unterscheidung fließend. Abb. 2.4: Übersicht zum Textformat Verlag Im Unterschied zum Fachbuch wird im fachwissenschaftlichen Artikel vornehmlich noch nicht gefestigtes, so genanntes „flüssiges“ Wissen vorgestellt. So <?page no="27"?> Publizieren in den Medien 27 gesehen liefert der Artikel eine „kleine Informationsmenge im Feld der Bewegung“. Die Veröffentlichung ist im Umfang begrenzt und muss inhaltlichen und formalen Kriterien entsprechen, deren Einhaltung in einer Gutachterrunde (Peer- Review-Verfahren) überprüft wird. Ebenso wie bei den Fach- und Sachbüchern ist der Zugang zum Veröffentlichen fachwissenschaftlicher Artikel in Zeitschriften für den Einsteiger nicht einfach. Deshalb werden unter dem Sammelbegriff „Referate“ Textformate vorgestellt (siehe dazu Kapitel 2.5), die wesentlich weniger Informationen enthalten, größere Chancen auf das Veröffentlichen besitzen und eine gute Übung für wissenschaftliches Schreiben darstellen. Das bezieht sich vor allem auf Tagungsberichte, Abstracts, Poster und Rezensionen. Sofern die Promotion nicht durch Anfertigen einer Monographie erfolgt, kann der Doktorgrad/ PhD auf dem Wege einer kumulativen Promotion erworben werden. Hierbei wird die notwendige wissenschaftliche Befähigung nach der jeweiligen Promotionsordnung durch die Einreichung mehrerer thematisch zusammenhängender und qualitativ anspruchsvoller Fachartikel nachgewiesen (R UHL , K., et al. 2010, S. 256). Allerdings müssen diese Artikel vor der Veröffentlichung in anerkannten Fachzeitschriften ein Peer-Review-Verfahren erfolgreich durchlaufen haben. In den anderen Publikationsorganen dominieren populärwissenschaftliche Darstellungen wissenschaftlicher Ergebnisse. Sie sind insbesondere in Ratgebern und Zeitschriften, aber auch als Artikel (siehe Kapitel 2.4), Bericht, Kommentar, Interview oder Leserbrief (siehe dazu Kapitel 2.5) in Tageszeitungen und Magazinen zu finden. Die popularisierte Darstellung wird häufig unterschätzt. Zu Recht betont G EULEN , C. (2010, S. 97), dass sie sich nicht im bloßen „Herrunterbrechen“ von komplex und schwierig zu simpel und einfach erschöpft. Vielmehr ist eine zusätzliche Abstraktionsleistung gefordert. Die schwierige Aufgabe der didaktischen Stoffreduktion ist zu leisten, verbunden mit einem hohen Maß an Veranschaulichung und der Offenlegung des Nutzens der wissenschaftlichen Ergebnisse für einen breiten Leserkreis. In Abb. 2.5 sind wichtige Online-Produkte in Entwicklungsetappen zusammengestellt, wobei alle Produkte noch aktuell im Angebot sind. <?page no="28"?> 28 Publizieren in den Medien Abb. 2.5: Online-Produkte in Entwicklungsetappen Die nachfolgende Kurzcharakteristik der Online-Produkte erfolgt in Anlehnung an A SCHERON , C. (2007, S. 226 ff.). Obwohl hier in Abb. 2.5 als traditionell bezeichnet, sind elektronische Zeitschriften noch kein Auslaufmodell. Die parallele Version zur Printfassung einer Zeitschrift gehört nach wie vor zu den wesentlichen und umfänglichen elektronischen Publikationen. Sie sind über die entsprechenden Redaktionen und abonnierende Bibliotheken zugänglich oder über pay per view (gesonderte Bezahlung). Bei den Online-First-Zeitschriften werden Artikel, die von den Redaktionen angenommen wurden, sofort elektronisch veröffentlicht. Das hat den Vorteil, dass der betreffende fachwissenschaftliche Artikel geraume Zeit vor Erscheinen der Printfassung einer Zeitschrift gelesen werden kann. Wer also seine Ergebnisse rasch bekannt machen möchte, wählt eine Online-First-Zeitschrift, die Online- First-Publishing anbietet. Im Unterschied dazu drucken, verbreiten und speichern die Online-Only-Zeitschriften die gesamten Informationen des Artikels ausschließlich elektronisch. Allerdings bleibt bei manchem Autor die Ungewissheit, ob diese Publikationen nach einigen Jahren noch zu lesen sind. Deshalb bieten die entsprechenden Verlage z. B. den Bibliotheken eine Papierversion an. In der Virtuellen Zeitschrift werden auf einer Webseite die Artikel eines bestimmten Forschungsgebiets zusammengestellt. Die Artikel sind in verschiedenen Zeitschriften unterschiedlicher Verlage erschienen. Jährlich werden neue virtuelle Zeitschriften in weiteren Forschungsgebieten gegründet. Ihre Angebote sind kostenlos nutzbar. Besonders in Forschungsgebieten, die sich rasch entwickeln, können die Online-Bücher, so genannte Lebende Bücher, ständig auf den aktuellen Wissensstand gebracht werden. Damit entfällt ein längeres Warten auf die neue Auflage. Inzwischen gibt es auch Angebote, in denen ein solches Buch bei Bedarf als konventionelles Buch ausgedruckt werden kann. <?page no="29"?> Publizieren in den Medien 29 Bei den Jooks oder Bournals handelt es sich um eine Kreuzung zwischen Buch und Zeitschrift. Hier geht es im Wesentlichen um Übersichtsarbeiten in zwei Versionen: • Übersichtsartikel zu unterschiedlichen Themen, • Übersichtsartikel verschiedener Autoren zu einem Hauptthema. Deshalb wird diese Publikation auch thematisch orientierte Review-Zeitschrift genannt. 2.1.5 Textformat Internet Die Open-Access-Publikationen (siehe Abb. 2.6) erfolgen mit der Absicht, die eigenen wissenschaftlichen Arbeitsergebnisse und die zugehörigen Materialien barrierefrei (kostenlos, ohne technische oder rechtliche Bedingungen) allen Interessierten zugänglich zu machen. Abb. 2.6: Übersicht über Format Open Access Über den grünen Weg werden bereits in der Printfassung vorliegende wissenschaftliche Beiträge online publiziert. Diese Zweitveröffentlichung erfolgt auf persönlichen Websites oder Dokumentenservern. Typische Formate sind Postprints (mit Peer-Review) und Preprints. <?page no="30"?> 30 Publizieren in den Medien Demgegenüber werden auf dem goldenen Weg wissenschaftliche Beiträge erstmalig über Open-Access veröffentlicht. Die Veröffentlichung verläuft über ein Open-Access-Journal oder eine Open-Access-Monografie. Sie erfolgt je nach Zeitschrift kostenlos oder durch Zahlung einer Gebühr durch den Verfasser. Über einen grauen Weg wird online die so genannte „graue Literatur“ veröffentlicht, die nicht über den Buchhandel zu beziehen ist. Dazu gehören Abstract- Sammlungen sowie Graduierungsarbeiten und Tagungsberichte. 2.2 Bücher 2.2.1 Kennzeichnung Bücher sind nach einer Definition der UNESCO nichtperiodische Publikationen mit einem Umfang von 49 Seiten und mehr. Sie werden meistens hergestellt als • Hardcover: Papierdruck mit festem Einband, • Paperback: Papierdruck mit weichem Einband, • Loseblattsammlung: einzelne Seiten, austauschbar, in einem oder mehreren Ordnern, • Elektronisches Buch (E-Book): elektronisch gespeichert, auf Bildschirm lesbar, teilweise ausdruckbar, • Hörbuch: vorwiegend populärwissenschaftliche Darstellungen. Im Unterschied zum fachwissenschaftlichen Artikel enthält das Buch wesentlich größere Informationsmengen an relativ „gefestigten“, allgemein anerkannten Wissensbeständen. Abb. 2.7 vermittelt einen Überblick über die wichtigsten Buchgruppen und -arten mit einem Hinweis auf Publikationschancen für Einsteiger. Danach sind die Chancen für den Einsteiger ohne wissenschaftliche Reputation (und sicher auch ohne Fürsprache) gering. Deshalb werden in diesem Kapitel die einzelnen Bucharten nur kurz charakterisiert. <?page no="31"?> Publizieren in den Medien 31 Abb. 2.7: Überblick über die Buchgruppen und -arten Größere Chancen bietet die so genannte „graue Literatur“ (siehe dazu auch Abschnitt 2.2.6). Inzwischen bieten zahlreiche Verlage die Veröffentlichung von Dissertationen und Forschungsstudien, zunehmend auch Master- und Diplomarbeiten, bei Kostenbeteiligung des Autors (Druckkostenzuschuss) an. Verbreitet sind folgende drei Publikationsvarianten: • Buchpublikation mit Vertrieb im nationalen und internationalen Handel, • Druck der Pflichtexemplare und anschließender Versand, • Übergabe der wissenschaftlichen Arbeit in elektronischer Form an die Hochschulbibliothek und Druck der Pflichtexemplare, Angebot des Onlinedokuments in Bookshops der Verlage. Schließlich sei auf die so genannten „Pseudo-Publikationen“ verwiesen, die meistens keine Gutachterrunde absolviert haben. Sie sind auf der eigenen oder fremden Homepage sowie auf einem Preprint-Server veröffentlicht. 2.2.2 Monografien Monografien stellen eine umfassende, in sich vollständige und relativ geschlossene Abhandlung über einen Forschungsgegenstand dar. Die zentrale Thematik wird einheitlich und in der Regel ohne didaktischen Zuschnitt bearbeitet. Meistens sind sie das Ergebnis langjähriger Qualifikations- und Forschungsarbeiten, allerdings <?page no="32"?> 32 Publizieren in den Medien mit breiterer Anlage als die einer einzelnen Arbeit. Sie stellen eine deutliche Markierung im wissenschaftlichen Diskurs dar (B UDRICH , B., 2009, S. 32). 2.2.3 Handbücher Handbücher behandeln den Wissensbestand einer eingegrenzten Thematik innerhalb eines Fachgebietes. Im Unterschied zu Monografien und Lehrbüchern steht hier stärker die Anwendung in der Praxis im Vordergrund. Für das Verständnis werden oft Grundkenntnisse vorausgesetzt. Eine Reihe Handbücher kann das ganze Fachgebiet erschließen. Innerhalb der Handbücher kann zwischen Fach- und Sachbuch unterschieden werden (siehe Abschnitt 2.1.4). Handbücher stellen den Sachverhalt verdichtet und strukturiert dar. Sie stammen entweder aus der Feder eines einzelnen Autors oder sind als Handbuchbeiträge von mehreren Autoren verfasst. Handbuchbeiträge werden in der Regel angefragt, was eine bestimmte Bekanntheit des Angesprochenen auf der Grundlage seiner bisherigen Publikationen voraussetzt. Vom Handbuch wird nicht in erster Linie eine hohe Originalität erwartet, sondern eine kundige, informative und gut lesbare Aufbereitung der wichtigsten Aspekte des Themas - „so wie es bereits existiert“ (K ELLER , R., 2010, S. 76). Die nachfolgende Grobstruktur ist in zahlreichen Handbüchern anzutreffen: (1) Einführung in das Thema (2) Entwicklungsgeschichte der Themenfelder (3) Aktueller Entwicklungsstand - auch im Widerstreit unterschiedlicher Positionen (4) Neue Entwicklungstrends, Forschungsperspektive (5) Verzeichnis der wichtigsten Literatur zum Thema Sofern das Manuskript für das Handbuch vom Verlag angenommen wurde, ist ein Klappentext zu verfassen, der in der Regel auf der Rückseite des Umschlags erscheint. Er enthält eine Inhaltsangabe mit maximal 20 Zeilen. Dabei ist Antwort auf folgende Fragen zu geben: • Warum sollte dieses Buch gekauft werden? • Was ist das Besondere an diesem Buch? • Worin liegt die Stärke bei der Bearbeitung des Themas? <?page no="33"?> Publizieren in den Medien 33 2.2.4 Lehrwerke Das Lehrbuch ist eine besondere Form des Handbuchs. Der Inhalt ist aus der zugrunde liegenden Wissenschaft bzw. wissenschaftlichen Disziplin ausgewählt und didaktisch zum Zwecke der Vermittlung, Aneignung und Wiederholung von Einstiegswissen aufbereitet. Lehrbücher orientieren sich an den Theorien, Methoden und Begriffen sowie an dem Anwendungswissen des jeweiligen Fachs. Nach der didaktischen Bearbeitung, also im Ergebnis der Überführung von der Fachwissenschaft in die Lehrfachwissenschaft, weisen sie in der Regel eine eigenständige Struktur auf. Beeinflusst durch die vorherrschende Lehrmeinung bestimmen die Lehrziele maßgeblich darüber, welcher Stoff aus den Wissensbeständen und einschlägigen Praxiserfahrungen in Lehrinhalte überführt wird. Checklisten vermitteln Umsetzungsempfehlungen für das erworbene Wissen. Wiederholungs-, Übungs- und Anwendungsteile sollen die Erfüllung der Lehrziele kontrollieren. Generelle Hinweise zu weiterführender Literatur für die inhaltliche Vertiefung und Erweiterung runden das Lehrbuch ab. An Universitäten und Hochschulen werden mitunter Promovenden in das Verfassen von Lehrbuchabschnitten einbezogen. Dabei müssen sie sich in die Gesamtdiktion des Buches einordnen. Auf diese Weise kann der Verfasser in Vorbereitung auf eigene Publikationen komplexe Sachverhalte didaktisch aufbereiten und seine Kompetenz im Umgang mit Medien ausbauen (S ESSELMEIER , W., 2010, S. 79). Lehrbriefe/ Studientexte sind im Rahmen eines Gesamtkonzeptes einzelnen Modulen, Teilen oder Kapiteln aus der inhaltlichen Gliederung gewidmet. Ihre Besonderheit besteht in der ausgeprägten inhaltlichen und didaktischen Ausrichtung auf die Wissensaneignung im Selbststudium. Neben Orientierungs- und Vermittlungsabschnitten dominieren Angebote zur Anwendung und Selbstkontrolle des Erworbenen. Demgegenüber stellen gedruckte Wissensspeicher (siehe Abschnitt 4.4.8) Hilfen für die Reaktivierung des Erworbenen dar. Sie bewähren sich bei der Prüfungsvorbereitung ebenso wie bei der Recherche im wissenschaftlichen Arbeitsprozess (Anlassfall). Wissensspeicher sind noch stärker als Lehrbriefe/ Studienhefte inhaltlich strukturiert. Damit folgt ihre Gestaltung der Erkenntnis, dass strukturierte Inhalte im Langzeitgedächtnis besser gespeichert und aus dem Arbeitsgedächtnis abgerufen werden können. Für den Aufbau entsprechender semantischer Netze bietet sich beispielsweise die Technik der Ideengrafik an (Mind Map, siehe z. B. in Abb. 4.21, Abb. 4.33 und Abb. 5.9). <?page no="34"?> 34 Publizieren in den Medien 2.2.5 Herausgeberwerke Der Sammelband ist in der Regel einem komplexen Thema gewidmet. Er besteht aus Einzelbeiträgen, die durch den bzw. die Herausgeber zu einem Minimum an Einheitlichkeit geführt werden. In einführenden Beiträgen (meistens durch die Herausgeber) wird das Thema wie in einem Übersichtsartikel dargestellt, mit kurzer Darlegung der Grundlagen. Die Einzelbeiträge sind dann entweder thematisch zusammengefasst oder in den Blöcken • Theorie, • Anwendungsfelder, • Praxis, • Entwicklungsoptionen dargestellt. Im Tagungsband sind die Vorträge und weitere angenommene Beiträge im Vorfeld oder im Anschluss an die wissenschaftliche Veranstaltung als Tagungsbeitrag (Vortragstext, siehe Kapitel 3.2) veröffentlicht. Einführend stellt die wissenschaftliche Leitung der Tagung das Anliegen, die thematische Einordnung und den Rahmen der Veranstaltung vor. Die Gliederung folgt in der Regel der Struktur der Tagung. Vortragstexte als Tagungsbeiträge sind häufig im Umfang begrenzt. So gelten für Posterbeiträge eine Seite, Kurzbeiträge zwei Seiten, Hauptvorträge vier Seiten und Überblicksvorträge etwa sechs Seiten. Diese Begrenzung, die auf ausführliche Erörterungen und Diskussionen verzichten muss, legitimiert allerdings eine weitere Veröffentlichung zum selben Thema in einem anderen Medium. Je interessanter, bunter, vielfältiger eine Tagung ist, umso heterogener und auch lückenhafter ist der daraus resultierende Band. Im Falle des Abdrucks der vorgestellten Poster wird der Tagungsband im Format DIN A4 empfohlen. Die Bibliografie ist ein eigenständiges Verzeichnis für den Nachweis von Literatur auf einem Wissenschaftsgebiet, wobei der Nachweis bestimmten Auswahlkriterien folgt (z. B. chronologisch oder alphabetisch). Sie werden in Buchform oder als Online-Datenbank veröffentlicht. Lexika sind Kompendien des aktuellen Wissens. Knapp gefasst wird dieses Wissen entweder einem Fachpublikum (Fachlexika) oder einer breiten Öffentlichkeit (z. B. Brockhaus) enzyklopädisch angeboten. Die Abfassung von Lexikonartikeln unterliegt einer klaren inhaltlichen und formalen Vorgabe der Herausgeber und der Redaktion. <?page no="35"?> Publizieren in den Medien 35 2.2.6 Graue Literatur Zu den Publikationen im weiteren Sinne gehört die so genannte „graue Literatur“. Zu ihr zählen vor allem die Forschungsstudien und -berichte sowie die wissenschaftlichen Arbeiten mit Prüfungscharakter (Haus-, Bachelor-, Master-, Diplomarbeiten, Dissertationen und Habilitationen). Während die Forschungsstudien und -berichte in Abhängigkeit von Fachgebiet und Institut sehr unterschiedliche Strukturen aufweisen, ist bei den wissenschaftlichen Prüfungsarbeiten ein relativ einheitlicher Grundaufbau zu erkennen (B ERNINGER , I. et al., 2012; E RTL -S CHMUCK , R. et al., 2015; K ORNMEIER , M., 2013; L EHMANN , G., 2019; O ERTNER , M. et al., 2014), der durch die Vorgaben der Universitäten und Hochschulen modifiziert wird. 2.2.7 Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen Die Fachverlage unterscheiden unter wirtschaftlichem Aspekt verschiedene Buchtypen. Unterscheidungsmerkmale sind: • die Erwartungen des Verlages zum Absatz, • die voraussichtliche Laufzeit und • der erforderliche Druckkostenzuschuss (B UDRICH , B., 2009, S. 17 ff.). Abb. 2.8 vermittelt einen Überblick über die verschiedenen Buchtypen. <?page no="36"?> 36 Publizieren in den Medien Abb. 2.8: Überblick über die Buchtypen (in Anlehnung an BUDRICH, B., 2009, S. 17 ff.) 2.3 Fachwissenschaftlicher Artikel 2.3.1 Kennzeichnung Der fachwissenschaftliche Artikel, vornehmlich veröffentlicht in einschlägigen Fachzeitschriften, hat unter den Publikationen einen hohen Stellenwert. Er beeinflusst wissenschaftliche und berufliche Karrieren und ist ein wichtiger Indikator in Bewerbungs- und Berufungsverfahren. Der Verfasser stellt die eigenen Arbeitsergebnisse für Fachleute zur Diskussion und regt damit weitere wissenschaftliche Untersuchungen an. <?page no="37"?> Publizieren in den Medien 37 Irrtümlich werden Inhalt und Qualität eines Artikels mit dem Impact-Faktor in Verbindung gebracht. Dieser Faktor gibt lediglich darüber Auskunft, wie oft der Artikel in einer bestimmten wissenschaftlichen Zeitschrift in anderen Publikationen zitiert wird. Dennoch wird der Impact-Faktor bei der Zuwendung von Mitteln zur Forschung häufig zur Beurteilung von wissenschaftlichen Publikationsleistungen herangezogen. 2.3.2 Einteilung In erster Näherung kann zwischen fachwissenschaftlichen Artikeln im engeren Sinne (i.e.S.) und Sonderformen unterschieden werden. In Abb. 2.9 ist in Anlehnung an A SCHERON , C. (2007, S. 141 f.) eine weitere Differenzierung in Textsorten erfolgt, verbunden mit einer Chancenbewertung für Einsteiger und Impact- Faktor-Punkte. Abb. 2.9: Textsorten fachwissenschaftlicher Artikel Übersichtsartikel sind umfassende und detailorientierte Darstellungen eines speziellen wissenschaftlichen Gebietes, wobei auf die entsprechenden Grundlagen verzichtet wird. Die eigene wissenschaftliche Arbeit kann durchaus Bestandteil der Übersicht sein. Im Unterschied zu Originalarbeiten enthalten Übersichtsartikel bereits gefestigtes Wissen, weshalb sie häufig über mehrere Jahre hinweg Bestand haben und <?page no="38"?> 38 Publizieren in den Medien zitiert werden können (M YLONAS , I. et al., 2013, S. 10). Der Umfang ist sehr unterschiedlich; Verlage geben 20 bis 80 Seiten vor. An Übersichtsartikel werden hohe Qualitätsansprüche gestellt. Die Autoren müssen gründliche Kenntnisse auf dem jeweiligen wissenschaftlichen Gebiet besitzen. Deshalb laden Verlage vornehmlich Experten zum Verfassen ein. Originalarbeiten stellen die in einem fachwissenschaftlichen Artikel (im Folgenden Fachartikel genannt) verarbeiteten Ergebnisse der eigenen Forschung zu einer speziellen wissenschaftlichen Fragestellung unter Einschluss von Interpretation und Implikation vor. Durch die Diskussion der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur werden die eigenen Ergebnisse in den Bestand des Fachgebietes eingeordnet. Der Umfang ist abhängig von Verlagsvorgaben und liegt zwischen 10 und 15 Seiten. Fachartikel sind ein Zeugnis der fachlichen Qualitäten des Verfassers und genießen bei Veröffentlichung in einer anerkannten Fachzeitschrift die Beachtung der Fachwelt. Die Chancen zur Annahme eines Beitrags werden durch Vorschalten der in Kapitel 2.5 vorgestellten Referate wesentlich erhöht. Mit Blick auf die Bedeutung des Fachartikels für die Karriereentwicklung in Wissenschaft und Wirtschaft gehen die Ausführungen in Kapitel 2.3 näher auf diese Textsorte ein. Kurzpublikationen (Short Notes) vermitteln in kurzer und einfacher Form die neuen Forschungsergebnisse. Dabei wird auf Interpretation und Implikation verzichtet. Auch der akademische Fußnotenapparat sowie ausführliche Literaturverweise entfallen (siehe auch Abschnitt 2.5.4). Gegenüber den Originalarbeiten ist die Chance von letters oder Short Notes auf rasche Veröffentlichung in einer Zeitschrift größer, nicht zuletzt auch deshalb, weil zeitaufwendige Peer-Review-Verfahren nicht stattfinden. Autoren wollen damit zugleich auch ihre Prioritätsrechte an neuen Forschungsergebnissen absichern. Die vollständige Interpretation und Implikation folgt später in der Originalarbeit. Metaanalysen (siehe auch Abschnitt 2.5.5) beschäftigen sich ähnlich wie die Rezensionen mit der Auswertung und Beurteilung wissenschaftlicher Arbeiten anderer Autoren. In der Medizin, in den Rechts-, Sozial- und Naturwissenschaften werden einzelne Studien, Erhebungen und Versuchsreihen einer ausführlichen Bewertung unterzogen. Sie stellen hohe Anforderungen an personelle und finanzielle Ressourcen und verlangen von den Autoren Spezialkenntnisse (Informatik, Statistik usw.). Kommentare (siehe auch Abschnitt 2.5.8) werden meist von Herausgebern wissenschaftlicher Journale beauftragt. Experten sind eingeladen, zu bedeutsamen <?page no="39"?> Publizieren in den Medien 39 wissenschaftlichen Arbeiten (vor allem Fachbücher und wissenschaftliche Artikel) Zusammenfassungen vorzunehmen, eigene Überlegungen anzufügen und auch kritische Bewertungen abzugeben. Während die eingeladenen Kommentare meist positiv akzentuiert sind, dominieren in den unaufgeforderten Beiträgen die kritischen Akzente bei der Einschätzung der Originalarbeit. Sofern sie von der Redaktion angenommen und veröffentlicht werden, beleben sie mitunter den wissenschaftlichen Meinungsstreit (M YLONAS , I. et al., 2013, S.12). Am Anfang des Kommentars steht in der Regel eine Feststellung, Behauptung oder These, die die Quintessenz der Meinung des Verfassers verdeutlicht. Anschließend wird die Meinung mit griffigen Argumenten begründet. Kommentare in der Rechtswissenschaft sind im Unterschied dazu Bücher, in denen Gesetzestexte Paragraf für Paragraf von Experten aus Wissenschaft und Praxis mit der zu den jeweiligen Vorschriften ergangenen Rechtsprechung verbunden und in den systematischen Kontext eingeordnet werden. Leitlinien, die aus wissenschaftlichen Untersuchungen resultieren, beinhalten algorithmische Abfolgen für das Treffen von Entscheidungen. Sie beziehen sich beispielsweise auf klinische Situationen, Befragungssituationen oder Analyseprozesse. Autoren sind meistens Expertengruppen (M YLONAS , I. et al., 2013, S. 12). Berichte vermitteln Informationen über den Ablauf von wissenschaftlichen Untersuchungen, über den Prozess der Umsetzung von Forschungsergebnissen oder über Ablauf und Ergebnisse einer Projektarbeit. Die Inhalte besitzen hohe Aktualität und erwecken Interesse an den zu erwartenden Ergebnissen. Dazu sollte der Vorspann Aufmerksamkeit erzeugen und sich auch optisch vom anschließenden Fließtext absetzen. Grafische Elemente wie Fotos, Bilder und Tabellen verstärken Aussagekraft und Verständlichkeit. Der Umfang schwankt zwischen 50 Zeilen und mehreren Seiten. 2.3.3 Originalarbeiten 2.3.3.1 Vorüberlegungen Wer sich entschlossen hat, Ergebnisse seiner Graduierungsarbeit in einem Fachartikel zu veröffentlichen, steht vor der Frage: Wo publiziere ich? Jetzt ist eine erste Auswahl aus dem Zeitschriftenspektrum zu treffen. Diese bezieht sich auf das Thema, die einschlägige Wissenschaftsdisziplin, das Standing der Zeitschrift (Impact-Faktor), Print- oder Online-Fassung (A SCHERON , C., 2007, S. 161 ff.). Die frühzeitige Auswahl ist unter anderem aus zwei Gründen wichtig: <?page no="40"?> 40 Publizieren in den Medien Erstens nehmen die Zeitschriften Beiträge in begrenzter Seiten- oder Wörteranzahl an, was bei der Vorbereitung des Artikels zu beachten ist. Zweitens kann man mit einem kurzen Bewerbungstext (z. B. Application Abstract, siehe Abschnitt 2.5.2) im Anfangsstadium der Vorbereitung seine Chancen bei dem einen oder anderen Verlag ausloten. Am Anfang aller Überlegungen beim Verfassen eines Artikels zum Gegenstand der eigenen Arbeit steht die Frage: Kann eine Kernbotschaft übermittelt werden, die die Wissenschaftsentwicklung und/ oder Problemlösungen befördert? Allein das Referieren bekannter Sachverhalte wird diesem Anspruch nicht gerecht. Deshalb ist zu prüfen: Was kann vorgestellt werden? Sind es • neue Erkenntnisse oder • neue Sichtweisen auf bekannte Sachverhalte oder • grundlegende Weiterentwicklungen oder • Alternativen zu vorhandenen Erkenntnissen oder • das Aufdecken von Irrwegen bzw. Sackgassen in bisherigen Auffassungen oder ist es die • Bestätigung von bisherigen Ergebnissen unter veränderten Umständen? Um festzustellen, ob die Qualität und Verständlichkeit der Kernbotschaft dem Anspruch an einen wissenschaftlichen Artikel genügt, eignen sich folgende Vorgehensweisen: • Eine kritische Prüfung durch einen Kollegen, • das Verfassen eines Application Abstracts oder • eines Klappentextes (siehe Abschnitt 2.2.3). Die nächste Überlegung gilt der Beantwortung der Frage: Wie präzise kann die Botschaft dargestellt werden? Können die • Vorgehensweisen in der Untersuchung transparent dargestellt werden, z. B. durch strukturelle Angebote und übersichtlicher Gliederung, • Behauptungen (Thesen) ausreichend und mit klar definierter Gültigkeit belegt werden, • Begriffe, vor allem die thementragenden Begriffe, klar und eindeutig definiert und • Quellen vollständig dokumentiert werden? <?page no="41"?> Publizieren in den Medien 41 Schließlich ist zu prüfen: Kann das Ergebnis differenziert vorgetragen werden? Hier ist zu klären, ob • ein angemessener Forschungsabriss zum Thema möglich ist, • eigene Ergebnisse diskutiert werden können, der eigene Standpunkt transparent und eine Einschränkung ihrer Gültigkeit angemessen ist, • gegensätzliche Positionen vorhanden, zu erwähnen und zu diskutieren sind, • Forschungsdesiderata relevant sind. Autoren, die wissenschaftliche Ergebnisse im Zusammenhang mit Dissertationen oder Masterarbeiten in Fachartikeln vorstellen möchten, sind oft im Zwiespalt. Sollen die Ergebnisse vor Abgabe der wissenschaftlichen Arbeit veröffentlicht werden oder erst nach deren erfolgreicher Disputation (Verteidigung)? Mitunter gibt schon die betreffende Prüfungsordnung an der Hochschule darauf eine Antwort, in der die Publikation solcher Arbeiten geregelt ist. Sofern das nicht der Fall ist, sollte man sich vom Betreuer beraten lassen. R OST , F. (2010, S. 105) rät beispielsweise, vor dem Veröffentlichen einer Dissertation Teile der Arbeit „in einer (oder mehreren) guten Fachzeitschrift“ bekannt zu machen. Auf diese Weise würde die Bekanntheit der Doktorarbeit und natürlich auch des Autors gefördert. 2.3.3.2 Vorbereitung Je konkreter die Vorüberlegungen zu Ende geführt werden, desto flüssiger erfolgt die Vorbereitung des Artikels. Dazu werden 11 Fragen angeboten, die in den in Abb. 2.10 dargestellten Schritten zu beantworten sind. (1) Warum wurde die zugrunde liegende Untersuchung durchgeführt? Am Anfang steht eine Rückbesinnung darauf, was den Autor selbst dazu gebracht hat, sich mit dem Thema der Untersuchung zu beschäftigen. Waren es persönliche Interessen, entstanden aus erkannten Defiziten, erlebten Konflikten oder beobachteten Phänomenen? Oder stand dahinter ein Auftrag, eine Aufforderung, eine Anregung durch Dritte? Daran schließt sich die Prüfung an, welche Personen von den Ergebnissen profitieren, welche Bedingungen, Strukturen, Räume oder Zeiten verändert bzw. beeinflusst werden. Hier entstehen erste Vorstellungen vom potentiellen Leserkreis für den Artikel. <?page no="42"?> 42 Publizieren in den Medien Abb. 2.10: Schrittfolge bei der Vorbereitung des Fachartikels (2) Welche konkreten Ziele sollen verfolgt werden? Die Frage nach den angestrebten Zielen geht in zwei Richtungen: • Die erste bezieht sich auf den Autor. Was will er persönlich erreichen? Will er beispielsweise ‒ eine definierte Zielgruppe über seine Ergebnisse informieren oder ‒ seine Reputation auf dem Fachgebiet aufbzw. ausbauen oder ‒ Transferleistungen für einen breiten Kreis interessierter Fachleute erbringen oder ‒ einfach im Interesse der Karriereentwicklung die Anzahl seiner Publikationen erhöhen. • Die zweite richtet den Blick auf den Leser. Wen will der Verfasser ansprechen? Drei Fragen sind zu prüfen: ‒ Wen (Personen) will er worüber (Ergebnisse) etwas mitteilen? <?page no="43"?> Publizieren in den Medien 43 ‒ Wen (Personen) will er wovon (Ergebnisse) überzeugen? ‒ Wen (Personen) will er womit (Ergebnisse) wozu veranlassen? Was soll der Leser tun, wen er den Artikel gelesen hat, was soll er denken, wie soll er handeln, wie soll er sich verhalten? Beispielsweise: • Das Thema, insbesondere seine Herleitung interessant finden, • von der Schlüssigkeit der Argumentation überzeugt sein, • die aufgestellte(n) Hypothese(n) und ihre Belegung anerkennen, • das methodische Vorgehen verstehen und bewerten können, • sich für eine der angebotenen Alternativen/ Varianten entscheiden, • die Vorschläge zur Umsetzung der Ergebnisse unterstützen. Je konkreter diese Ziele bestimmt sind, umso begründeter kann aus der stofflichen Fülle der wissenschaftlichen Arbeit der Inhalt des Artikels ausgewählt werden. (3) Liegen dafür genügend wesentliche Resultate vor? Jetzt ist zu klären, welche der erzielten Ergebnisse geeignet sind, die angestrebte Zielstellung zu erfüllen. Sind sie ermittelt, muss der Autor prüfen: • Welchen Neuigkeitsgrad besitzen seine Resultate? • Führen sie zum Entdecken eines neuen Zusammenhanges? • Werden andere Abhängigkeiten aufgedeckt? • Kann eine bisher unbeantwortete Frage geklärt oder eine Lücke geschlossen werden? • Führen die Ergebnisse zum Aufdecken eines Irrweges (indem beispielsweise eine Scheinkorrelation aufgelöst wird)? Im Zusammenhang mit dieser Klärung ist zu ermitteln, was im Kontext des Themas und der vorzustellenden Ergebnisse bereits veröffentlicht wurde. Ein Überblick dazu liegt sicher schon beim Verfassen der wissenschaftlichen Arbeit vor. Dennoch ist eine ergänzende Suche in einschlägigen gedruckten Werken und im Internet schon aus Gründen der Aktualität ratsam. Nicht nur nebenbei erhält man beim Studium anderer Fachtexte Anregungen für das Ausschärfen der eigenen Argumentation. <?page no="44"?> 44 Publizieren in den Medien (4) Wie lautet die Botschaft? Nach Prüfung der Resultate zeichnet sich der Hauptinhalt des Artikels ab. Daraus ergibt sich die Botschaft als Antwort auf die in der Graduierungsarbeit gestellte Forschungsfrage. Der Leser muss diese schnell erfassen können. Deshalb sollte sie knapp, möglichst in einem Satz gefasst werden - beispielsweise: „Der Zusammenhang von A und B konnte unter der Bedingung C nachgewiesen werden.“ Eine klar gestellte Forschungsfrage und sauber eingegrenzte Hypothese erlaubt jetzt die Zuordnung von Belegen und Beweisen für das Verifizieren (Bestätigen) bzw. Falsifizieren (Widerlegen) der eingangs getroffenen Annahme. Zum Vermeiden unnötiger Redundanz kann zugleich entschieden werden, welche Ergebnisse dafür weniger relevant sind. Am Ende dieses Schrittes empfiehlt sich das Anfertigen eines Application Abstracts (siehe Abschnitt 2.5.2, Punkt (3)). Damit wird die bisherige Vorbereitung auf das Wesentliche fokussiert, der Blick auf den Leser geschärft, die inhaltliche Gestaltung strukturiert und ein Text für eine frühzeitige Vorstellung in einem (oder mehreren) Verlag(en) geschaffen. (5) Wer sind die Leser des Artikels? Die ausgewählte(n) Zeitschrift(en) impliziert bzw. implizieren eine bestimmte Leserschaft. Damit stehen dem Verfasser Informationen zur Situation, zu den Interessen und zu den Einstellungen der Leser zur Verfügung. Er kann in erster Näherung die fachliche Nähe zu seinem Thema einschätzen und damit prüfen, ob Fachbegriffe zu erläutern, Argumente für den Leser bedeutsam, Analysen nachzuvollziehen sind oder Vorbehalte zum Thema bestehen. Man muss sich dem in der Fachdisziplin bestehenden Mainstream nicht anschließen - aber man sollte ihn kennen und sich entsprechend positionieren. Der Anspruch der Leser an die anvisierte Zeitschrift offenbart sich auch im Studium einiger dort veröffentlichter Artikel. Auch hier lohnt sich ein Pretest: Man bittet eine Person aus der vorgesehenen Zeitschrift, seinen Artikel zu lesen und anschließend die Botschaft möglichst in einem Satz zu formulieren. (6) Wie wird der Artikel gegliedert? Die Gliederung von Fachartikeln erfolgt in den meisten wissenschaftlichen Disziplinen weitgehend einheitlich. Vorangestellt ist ein Paper Abstract (siehe dazu Abschnitt 2.5.2, Punkt (2)). Dem folgt eine Einleitung mit Darstellung des Anlasses. Zu der formulierten Forschungsfrage mit den Arbeitshypothesen werden Befunde aus der wissenschaftlichen Literatur angeboten. Dem folgt die Vorstel- <?page no="45"?> Publizieren in den Medien 45 lung der Befunde zum Belegen der Hypothesen und ihre Interpretation in der Diskussion. Der Artikel wird mit Schlussfolgerungen abgeschlossen und ein Literaturverzeichnis angehängt. Im Unterabschnitt 2.3.3.3 „Aufbau“ wird das detaillierter ausgeführt. (7) Wie sind die Ergebnisse darzustellen? Bei der Ergebnisdarstellung sind zwei Fragen zu beantworten: • Mit welchen Aussagen werden die Ergebnisse im Text beschrieben? Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung können durch Sachaussagen, Methodenaussagen, Wertaussagen und Normaussagen beschrieben werden. In der Abb. 2.11 sind die wichtigsten Merkmale dieser Aussagequalitäten gekennzeichnet, ausführlicher dargestellt in Abschnitt 3.2.2, Punkt (5). Im Unterschied zu den Sach- und Methodenaussagen vermisst man in Fachartikeln manchmal Wert- und Normaussagen. Letztere haben eine nicht zu unterschätzende Überzeugungskraft, sofern sie natürlich Bezug zu den jeweiligen Sach- und Methodenaussagen besitzen. Abb. 2.11: Aussagequalitäten in der Ergebnisdarstellung • Mit welchen Abbildungen werden die Ergebnisse veranschaulicht? Abbildungen (unter Einschluss von Tabellen) spielen für die kurze und prägnante Darstellung der Ergebnisse eine wichtige Rolle. Erfahrungsträger beginnen beim Verfassen des Artikels sogar mit dem Veranschaulichen der Ergebnisse in passenden Diagrammen, Tabellen und Schaubildern in geordneter <?page no="46"?> 46 Publizieren in den Medien Folge und ordnen dann die Texte zu. Empfehlungen zur grafischen Gestaltung sind in Abschnitt 3.2.2, Punkt (6) zu finden. Dem Verfasser wird empfohlen, kurz zu beschreiben, was in den Tabellen und Bildern zu sehen ist. (8) Welche Literatur wird ausgewiesen? Das gründliche Literaturstudium im Vorfeld und Verlauf der wissenschaftlichen Arbeit hat einen guten Überblick über die einschlägigen Publikationen gebracht. Jetzt sind jene Arbeiten auszuwählen und auszuweisen, auf die im Artikel direkt oder indirekt Bezug genommen wurde und die der Autor auch gelesen hat. In der Einleitung finden jene Arbeiten Erwähnung, die eine aktuelle Übersicht über das ganze Gebiet vermitteln (Übersichtsartikel). Ein in der Disziplin anerkanntes Fachbuch sollte in der Literaturliste vertreten sein. Danach sind die Publikationen zu nennen, auf denen die Untersuchung aufbaut. Auszuweisen sind auch Arbeiten, in denen Auffassungen vertreten werden, die von den eigenen Ergebnissen abweichen. Des Weiteren gehören verwendete Primärmaterialien aus Statistischen Ämtern, Gesetzessammlungen, Firmenschriften und speziellen Datenbanken dazu. (9) Wer gehört zur Autorenschaft? Der Einsteiger wird seine Ergebnisse in der Regel allein publizieren, sofern seine Arbeit nicht in Ko-Autorenschaft entstanden ist. Zu prüfen ist die namentliche Erwähnung bei jenen, die technische oder logistische Hilfe geleistet haben, dem Verfasser in der Datenerhebung beratend oder bei der Korrektur des Manuskripts zur Seite standen. Und wie verfährt man mit den Promotoren, vor allem dem aktiven Betreuer der Graduierungsarbeit? Letzteren zu nennen ist auch dann vorteilhaft, wenn dessen wissenschaftliche Reputation im Verlag bereits gelistet ist. Diesem muss allerdings klar sein, dass er damit gleichermaßen für den Artikel die Verantwortung trägt. Im Falle mehrerer Autoren ist die Reihenfolge festzulegen, in der ihre Namen aufgeführt werden. Weitgehend überwunden ist die Praxis, dies nach dem Alphabet zu vollziehen. Hier sollte der Grundsatz gelten: Wer den Hauptteil beim Erbringen der wissenschaftlichen Ergebnisse geleistet hat, gehört an die Spitze, ist also der Erst-Autor! (10) Wann sollen die Ergebnisse publiziert werden? Erneut ist die Frage zu beantworten: Liegen genügend wesentliche Ergebnisse (Thesen) vor, um die Forschungsfrage überzeugend zu beantworten bzw. die Hypothese ausreichend zu belegen. Vorschnelle Veröffentlichungen können dem Ansehen des Autors schaden und seine Chancen auf künftige Publikationen schmälern. <?page no="47"?> Publizieren in den Medien 47 Das Zurückhalten von Veröffentlichungen vor Abgabe der wissenschaftlichen Arbeit wird in einigen Prüfungs- und Promotionsordnungen verlangt. In der Technikwissenschaft scheint es auch geraten, zuerst ein Patent anzumelden. Demgegenüber ist in anderen Wissenschaftsdisziplinen immer dann eine gewisse Eile geboten, wenn Prioritätsrechte gesichert werden sollen. Dazu reicht die Veröffentlichung eines „letter“ oder „Short Note“ aus, dem später der Fachartikel folgt. (11) In welcher Zeitschrift soll veröffentlicht werden? Natürlich strebt jeder Verfasser einer wissenschaftlichen Arbeit an, seine Ergebnisse in einer etablierten Zeitschrift zu publizieren. Allerdings muss er auf Grund der zahlreichen Angebote mit einer hohen Rückweisungsrate rechnen (A SCHERON , C., 2019, S. 166). Außerdem verlängern die zeitaufwendigen Peer- Review-Verfahren das Erscheinen des Artikels beträchtlich. Entschließt er sich zur Veröffentlichung in einer anderen Zeitschrift, ist zwar die Wahrscheinlichkeit der Annahme größer, aber die Leserschaft in der Regel deutlich kleiner. Nach einer ersten Auswahl in den Vorüberlegungen ist nun zu entscheiden, in welcher Zeitschrift publiziert werden soll. Ist eine Platzierung des Artikels sinnvoll in einer • spezialisierten wissenschaftlichen Zeitschrift oder • einer Zeitschrift, die das gesamte Spektrum der Disziplin abdeckt, oder • einer Zeitschrift, die das Gesamtgebiet der Wirtschafts-, Technik oder Naturwissenschaft umfasst? (A SCHERON , C., 2007, S. 166 f.) Auch bei dieser Entscheidung holt sich der Verfasser bei dem Betreuer seiner Graduierungsarbeit Rat. Mit der Abb. 2.12 soll der Überblick über die Schritte beim Aufbau eines Fachartikels behalten und die Reproduzierbarkeit unterstützt werden. <?page no="48"?> 48 Publizieren in den Medien Abb. 2.12: Checkliste - Vorbereitung des Fachartikels <?page no="49"?> Publizieren in den Medien 49 2.3.3.3 Aufbau Trotz bestimmter Konventionen in den einzelnen Wissenschaftsdisziplinen und unterschiedlicher Vorgaben der Verlage und Redaktionen hat sich ein Grundaufbau für Fachartikel herausgebildet. Er umfasst die folgenden Teile: (1) Titel (2) Autor(en), Adresse(n) (3) Paper Abstract (4) Schlüsselwörter (5) Einführung (6) Forschungsstand (Materialforschung) (7) Methodisches Vorgehen (Feldforschung) (8) Ergebnisse und Diskussion (9) Schlussfolgerungen/ Forschungsperspektive (10) Anerkennung/ Danksagung (11) Zitierte Literatur (1) Titel Der aussagekräftige Titel ist ein effektiver Weg zum Interesse des Lesers. Die Botschaft sollte mit maximal 10 Wörtern, keinesfalls länger als über zwei Zeilen, interessant formuliert auf den Punkt gebracht werden. Deshalb sind überflüssige Wörter zu vermeiden, wie etwa „Untersuchungen über …“, „Der Einfluss auf …“ oder „… unter besonderer Berücksichtigung von …“. Man bedenke: Der Leser verschafft sich mit dem Blick auf Titel, Abstract und Schlussfolgerungen einen ersten Eindruck, der seinen Entschluss zum Studium des Artikels beeinflusst. Irritierend sind Titel, die den Abstract in der Kurzform enthalten. (2) Autor(en), Adresse(n) Im Falle einer Autorengemeinschaft steht in der Regel der Hauptautor an erster Stelle. Er ist somit zugleich der Ansprechpartner für Anfragen. Die Platzierung der Adressen erfolgt nach den Vorgaben der entsprechenden Zeitschrift. (3) Paper Abstract Der eilige Leser erhält einen Überblick über den Inhalt des Artikels. Das Abstract soll ihm Orientierung geben und sein Interesse wecken. Der Umfang darf 10 bis 15 Zeilen nicht überschreiten. Ausführliche Erläuterungen sind im Abschnitt 2.5.2, Punkt (2) zu finden. <?page no="50"?> 50 Publizieren in den Medien (4) Schlüsselwörter Mit der Angabe von Schlüsselwörtern (Keywords) wird die Zitierwahrscheinlichkeit des Artikels erhöht. Sie helfen beim Auffinden des Artikels in Suchmaschinen. Deshalb empfiehlt sich die Angabe von solchen Wörtern, nach denen mit großer Wahrscheinlichkeit gesucht wird (etwa 5 Wörter). Wörter, die bereits im Titel vorkommen, sind nicht noch einmal zu benutzen. (5) Einleitung In der Einleitung wird das Problem geschildert, das Defizit erläutert, die daraus resultierende Forschungsfrage formuliert und eine erste Annahme über die Antwort als Hypothese vorgestellt. Damit soll dem Leser verständlich werden, was schlussendlich zu beantworten ist. Danach ist in wenigen Worten der Aufbau des Artikels zu skizzieren. Wesentlich für das Verständnis ist zudem die Definition der thementragenden Begriffe. Lautet der Titel beispielsweise „Empowerment als Führungskultur“, so sollte der Verfasser genauer definieren, was er damit meint, beispielsweise: „Motivieren der Mitarbeiter zum Bewältigen großer Aufgaben- und Verantwortungskomplexe“ (T ÖPFER , A., 2007, S. 145). (6) Forschungsstand (Materialforschung) In diesem Schritt wird die Datengewinnung aus dem einschlägigen Sekundärmaterial erläutert. Dazu gehört die Recherche in Fachbüchern, Fachlexika, Fachzeitschriften, Forschungsberichten und -studien, Sammelwerken sowie Datenbanken und im Internet. Aus diesen Quellen wählt der Verfasser jene Aussagen aus, auf denen er seine Untersuchung aufbaut. Allerdings muss die Auswahl der geeigneten Wissensbestände für den Leser nachvollziehbar sein. Sie ist begründet, unter anderem durch das Entwickeln und Einsetzen von Kriterien für die Entscheidung. Im Ergebnis der Materialforschung liegen Belege für die Hypothese vor oder ihre Gültigkeit wird in Frage gestellt. Mitunter führt das Literaturstudium auch zu neuen Hypothesen. (7) Methodisches Vorgehen (Feldforschung) Jetzt wird das für die Datengewinnung einschlägige Primärmaterial dargestellt. Das sind eigene oder fremde Materialien aus Befragungen, Beobachtungen, Experimenten, Studien und Inhaltsanalysen oder auch Quellen wie Amtliche Veröffentlichungen oder Firmenmaterialien. Dazu gehört auch die Angabe der Statistik-Software. Im Ergebnis der Feldforschung sollen weitere Belege gefunden und die Hypothese(n) falsifiziert oder verifiziert werden. <?page no="51"?> Publizieren in den Medien 51 Ein verbreitetes Instrument für das Belegen von Hypothesen ist die Befragung. Für den Fall, dass sich der Autor das Ziel gesetzt hat, den Leser von seinem methodischen Vorgehen zu überzeugen, stellt er im Artikel den Ablauf bei der Vorbereitung seiner Befragung vor. Dazu gehören das Ziehen der Stichprobe, das Entwickeln des Messmodells und der Aufbau des Fragebogens bzw. des Interviewleitfadens (siehe dazu L EHMANN , G., 2017b, S. 68 ff.). (8) Ergebnisse und Diskussion Als Antwort auf die eingangs gestellte Forschungsfrage, also die ausreichend belegte Hypothese, steht die Behauptung, die These. Sie wird als gewonnene Erkenntnis für einen definierten Gültigkeitsbereich vorgestellt. Der Schwerpunkt der knappen und verständlichen Darlegungen liegt auf jenen Ergebnissen, die zur ausreichenden Beantwortung der Forschungsfrage und damit zum Belegen der Hypothese(n) führen. Dafür eigenen sich in besonderer Weise Abbildungen und Tabellen. In der Diskussion sind die eigenen Ergebnisse zu bewerten. Dazu werden Vergleiche mit dem bisherigen Wissensstand und anderen einschlägigen Publikationen herangezogen. Der Hinweis auf abweichende Positionen ist ein Gebot der Fairness. Argumente und Gegenargumente werden gegenübergestellt. Zugleich ist auf Lücken aufmerksam zu machen. Dazu gehört die Einschränkung in der Argumentation, weil letztlich jede Antwort in der Wissenschaft eine neue Frage aufwirft. Indem die Gültigkeit der aufgestellten Behauptung eingeschränkt und auf mögliche Gegenargumente eingegangen wird, gewinnt die eigene Argumentation an Glaubwürdigkeit. Mögliche Formen der Einschränkung sind beispielsweise (E BSTER , C., S TALZER , L., 2003, S. 100 f.): • Zurückweisung - Gegenargumente werden zunächst mit in die Diskussion einbezogen, dann aber entkräftet. • Zugeständnisse - Alle Gegenargumente, die nicht entkräftet werden können, werden dargelegt. • Einschränkung des Geltungsbereichs - Die Behauptung wird auf eine bestimmte Zeit, einen bestimmten Ort, eine bestimmte Institution oder eine bestimmte Gruppe eingeschränkt. (9) Schlussfolgerungen/ Forschungsperspektive Abschließend wird ausgesagt, welche Ziele die wissenschaftliche Untersuchung erfüllt hat (Zusammenfassung). Die erreichten Ergebnisse erfahren eine Verallgemeinerung, d. h., sie werden in einen größeren Kontext eingeordnet. <?page no="52"?> 52 Publizieren in den Medien Zu den Schlussfolgerungen gehören auch Empfehlungen für das Umsetzen der Ergebnisse (ausführlich dazu siehe Teil 5). Damit wird ihr praktischer Nutzen verdeutlicht. Das betrifft beispielsweise Leitungsempfehlungen, Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen oder organisatorische Maßnahmen. Außerdem kann auf neue oder weiterführende Fragestellungen hingewiesen werden, die sich aus den Untersuchungen ergeben und die den Leser auf künftige Felder wissenschaftlicher Arbeit verweisen (Forschungsdesiderata). (10) Anerkennung/ Danksagung An dieser Stelle kann jenen Personen Anerkennung ausgesprochen bzw. gedankt werden, die technisch, prüfend, beratend oder in anderer Weise fördernd an der wissenschaftlichen Arbeit mitgewirkt haben. (11) Zitierte Literatur Um den Artikel in überschaubarem Umfang zu halten, sollte nur die Literatur aufgeführt werden, die direkt oder indirekt zitiert wurde. Die entsprechende Literaturliste verdeutlicht die existierenden Wissensbestände, die der Publikation zugrunde liegen. Hinweise zur Zitation sind den Verlagsvorschriften zu entnehmen. 2.3.3.4 Argumentation Die Begründungen für die aufgestellten Behauptungen sollten immer sachlich richtig und für den Leser bedeutsam sein. Die sachlich richtigen Fakten müssen auch sein Interesse finden, die Statistik seinem reflexiven Auffassungsvermögen entsprechen, die angebotenen Varianten real seine Wahlfreiheit erweitern und die Praxishinweise dem Leser bei der Lösung seines Problems helfen. Die Überzeugungskraft des Arguments leidet beispielsweise dann, wenn die Validität eines erkannten Zusammenhangs nicht angegeben wird; beispielsweise: „Je weniger Kunden sich beschweren, desto zufriedener sind sie. Deshalb ist die Anzahl von Beschwerden ein Indikator für Kundenzufriedenheit.“ Hier wird der Eindruck erweckt, dass diese Aussage immer und überall gilt und dass das Eine die Ursache für das Andere ist. Aber ohne Angabe des Gültigkeitsumfangs kann keine belastbare Verallgemeinerung getroffen werden, denn was in einem Bereich gilt, muss für andere nicht gelten. Grobe Fehler treten auch immer dann auf, wenn aus dem alleinigen Zusammentreffen zweier Ereignisse eine Ursache-Wirkungs-Beziehung postuliert wird; beispielsweise: <?page no="53"?> Publizieren in den Medien 53 „Je höher der Brandschaden, desto größer die Anzahl der eingesetzten Feuerwehrleute.“ Erst wenn ausgeschlossen werden kann, dass der Zusammenhang zwischen dem Brandschaden und der Anzahl der Feuerwehrleute nicht durch einen dritten Faktor bedingt wird, ist das Eine Ursache für das Andere. In selbigem Beispiel offenbart sich eine Scheinkorrelation, denn die Ursache für beide Ereignisse ist die Größe des Feuers. Damit der Leser die Argumentation besser nachvollziehen kann, werden bei der Darlegung der Gedanken logische Abfolgen empfohlen. Die Abb. 2.13 stellt dafür Argumentationsfolgen in vier Beispielen vor. Die logischen Abfolgen unterstützen die Konzentration auf die wesentlichen Aussagen, beugen einem Ausufern in alle denkbaren Einzelheiten des Themas vor und überzeugen von der Gültigkeit der resultierenden Schlussfolgerungen. Auf diese Weise entsteht das Grundgerüst der wissenschaftlichen Aussagen einer Publikation. <?page no="54"?> 54 Publizieren in den Medien Abb. 2.13: Beispiele für Argumentationsfolgen I Argumentationsketten Kennzeichnung Ausklammerung Problemlösung Kompromissversuch Kategorien Allgemeines - Besonderes - Einzelnes 1 Beschreiben der aktuellen Situation und deren negativer Auswirkung 2 Darstellen der eigenen Zielvorstellungen 3 Alternativen 3a und 3b aufbauen 4 Darlegen des eigenen Standpunktes und der Behauptungen - evtl. Belegen der Behauptungen 5 Formulieren des Handlungsappells 1 2 4 5 3b 3 3a Thesen 1 Behauptung von A 2 Behauptung von B (steht im Widerspruch zu A) 3 Herausarbeiten der Gemeinsamkeiten 4 Mögliche Lösungen in Aussicht stellen 5 Darlegen der Lösungsrichtungen für die weitere Arbeit 4 5 2 3 1 1 Darstellen einer allgemeinen Auffassung (Bewertung) zu einer Sache 2 Erläutern der Abweichungen im besonderen Fall 3 Begründen mit den Einzelheiten 3.1 bis 3.3 4 Deshalb abweichende Bewertung des besonderen Falls 5 Unterbreiten des Lösungsvorschlags 1 3.2 5 2 4 3.1 3.3 1 Darstellen einer Untersuchung 2 Vorstellen dabei gewonnener Ergebnisse 3 Hinweisen auf Aspekte, die vernachlässigt wurden 4 Begründen der Wichtigkeit dieser Aspekte 5 Unterbreiten eines Vorschlags für die Weiterführung der Untersuchung 1 2 3 4 5 <?page no="55"?> Publizieren in den Medien 55 2.3.3.5 Konventionen Zu den Konventionen gehört neben den Verfahrensweisen beim Verzeichnen, Gliedern, Verweisen, Zitieren und Bibliografieren auch die verständliche Textgestaltung. Redakteure legen eingereichte Artikel schnell beiseite, wenn sie im Artikel z. B. solche unverständlichen Formulierungen finden wie beispielsweise: „Mit angesagter Professionalität gilt es die ganzheitlichen UPSs outzusourcen, um den Mehrwert der strategischen Parameter anzustoßen.“ Der Redakteur oder Gutachter neigt bei solchen Aussagen in einer wissenschaftlichen Schrift zu Recht zu dem Eindruck, dass damit inhaltliche Dürftigkeit überdeckt werden soll. Herausgeber wissenschaftlicher Zeitschriften betonen u. a. zwei Gestaltungshinweise für alle Textsorten: • Einfaches und eindeutiges Vokabular, komplizierte Ausdrücke nur dort, wo einfache nicht zutreffen. • Angemessene Kürze und offensichtlicher Respekt vor der Zeit des Lesers. Jede wissenschaftliche Disziplin hat eine eigene Begrifflichkeit für fachspezifische Erscheinungsformen und Sichtweisen geschaffen. Fachtermini gehören zur Sprache der Wissenschaft. Sie sind oft Fremdwörter. Nicht ihre Anwendung macht einen Text per se schwer- oder unverständlich. Es sind der falsche Einsatz, der geringe Bekanntheitsgrad und nicht zuletzt die überzogene Anhäufung, die das Verständnis eines Textes erschweren und den sachkundigen Leser zur Skepsis provozieren. Irritation entsteht auch, wenn die Begriffe „effektiv“ und „effizient“ synonym gebraucht werden oder die „optimalste Lösung“ offeriert wird. Schließlich sollte man den Verfasser des Satzes „Das Klimaschutzprogramm ist ein Quantensprung im Umweltschutz“ der üblen Nachrede verklagen, denn Quantensprünge liegen im atomaren Bereich und damit sehr weit unter der Wahrnehmungsschwelle (R ECHENBERG , P., 2003, S. 73). Auch Zahlen unterliegen einer kritischen Prüfung. Das betrifft beispielsweise ihre Aktualität oder die stimmige Summierung von Prozentzahlen auf 100 %. Auch eine falsche Interpretation von Zahlen verärgert den Leser, wie z. B.: „Der Anteil der Kostengruppe A an den Gesamtkosten sinkt von 40 auf 36 %; das entspricht einer Reduzierung um 4 %.“ Natürlich um 10 %! Hier gilt die Empfehlung, Zahlen gründlich zu prüfen, so wenig Zahlen wie möglich, so viel wie notwendig. <?page no="56"?> 56 Publizieren in den Medien 2.3.4 Letzter Check Vor Abgabe des Artikels sollte der Verfasser prüfen, ob seine Publikation folgenden grundsätzlichen Ansprüchen gerecht wird: 1. Ist die Datengrundlage stimmig und nachprüfbar, besitzen die dargestellten wissenschaftlichen Ergebnisse Substanz und bereichern sie im jeweiligen Fachgebiet die wissenschaftliche Diskussion? 2. Wurde im Artikel die einschlägige Fachliteratur verarbeitet und ist sie im entsprechenden Verzeichnis ausreichend dokumentiert? 3. Vermitteln Titel und Abstract ausreichend Aufmerksamkeit und Verständnis für den Inhalt, setzen sie dem Leser die „richtige Brille auf“, mit der er den Artikel lesen soll? 4. Lässt sich die Botschaft des Artikels in einem Satz formulieren? 2.4 Populärwissenschaftlicher Artikel 2.4.1 Kennzeichnung Der Respekt vor dem Anspruch an den fachwissenschaftlichen Artikel hat zum vorderen Platz in diesem Buch geführt. Für Promovenden ist diese Textform obligatorisch (siehe Promotionsordnung der jeweiligen Universität). Aber in der Realität des Verwertens spielt der populärwissenschaftliche Artikel eine größere Rolle. Denn die Mehrzahl der Verfasser von Bachelor- und Masterarbeiten werden in ihren Publikationen wohl eher den Nutzen ihrer Ergebnisse vorstellen, statt zur die Entwicklung der jeweiligen Fachwissenschaft beizutragen. Ebenso wie beim fachwissenschaftlichen Artikel ist im populärwissenschaftlichen eine Vorbereitung ähnlich der in Abb. 2.12 dargestellten Schrittfolge durchzuführen und im Aufbau (siehe Unterabschnitt 2.3.3.3) eine entsprechende Struktur zu schaffen. Aber der entscheidende Unterschied zwischen beiden besteht in ihrer Mission: • Der fachwissenschaftliche Artikel stellt den Beitrag zur Entwicklung der Wissenschaftsdisziplin dar; er benennt den Zuwachs an Sach-, Methoden-, Wert- und Normwissen. • Der populärwissenschaftliche Artikel benennt die lebensweltliche Relevanz der Ergebnisse; er zeichnet den Nutzen für Problemlösungen in unterschiedlichen Lebensbereichen auf. <?page no="57"?> Publizieren in den Medien 57 Aus dieser Unterscheidung wird deutlich: Populärwissenschaftliche Veröffentlichungen tragen nicht den Makel des Minderwertigen. Sie sind nicht das Produkt von Simplifizierung der Wissenschaft, sondern wollen wissenschaftliche Ergebnisse über den „engeren Fachzirkel“ hinaus einer breiteren Öffentlichkeit mit deutlich erkennbarem Nutzen offerieren (G EULEN , G., 2010, S. 96). Ausgehend von dieser Bestimmung sollen im Folgenden vier Merkmale für diese Art der Veröffentlichung benannt werden: Nutzenorientierung, Stoffreduktion, Veranschaulichung und Textgestaltung. 2.4.2 Nutzenorientierung Am Anfang des Verfassens eines populärwissenschaftlichen Artikels steht die Beantwortung der Frage: Was hat den Verfasser dazu veranlasst, das Thema für seine Graduierungsarbeit zu wählen? Sicher war es nicht nur allein das rein persönliche Interesse, sondern in Verbindung damit das Bestreben, zur Lösung eines Problems, zur Überwindung eines Defizits oder zur Verbesserung bestimmter Bedingungen beizutragen. Wer das erkannt hat, kann erklären, welchen Nutzen seine Ergebnisse stiften und das Thema für eine Öffentlichkeit interessant machen. Eine solche Orientierung führt zu einer Neuordnung der Inhalte, zum Setzen anderer Schwerpunkte, zu anderen Argumentationslinien und vor allem zur Veranschaulichung komplexer und komplizierter Sachverhalte sowie zur einfachen Textgestaltung. Irrtümlicherweise wird mitunter das Kennzeichnen der Ergebnisse mit Merkmalen bereits als Ausweis ihres Nutzens betrachtet. Aber den notwendigen Effekt erreicht der Verfasser nur über den vollständigen Durchlauf der Argumentationskette „Merkmal - Vorteil - Nutzen“. • Erste Stufe: Das Merkmal bzw. die Merkmale eines Ergebnisses werden beschrieben. Die Beschreibung erfolgt durch Daten und Fakten. • Zweite Stufe: Der damit verbundene Vorteil (als positive Bedeutung des Merkmals) wird benannt. Vorteile sind in der Regel allgemeingültig, noch nicht lokalisiert oder personalisiert, also auf einen Anwendungsbereich oder Personenkreis (hier Leserkreis) bezogen. • Dritte Stufe: Der sich aus dem Vorteil für den Anwendungsbereich oder Personenkreis ergebende Nutzen wird bestimmt. Er soll einen konkreten Bedarf im lokalisierten Bereich oder personalisierten Kreis befriedigen. <?page no="58"?> 58 Publizieren in den Medien BEISPIEL: Argumentationskette in einem populärwissenschaftlichen Artikel über die Entwicklung einer Wärmepumpe Merkmal: Die Pumpe hat einen niedrigen Geräuschpegel. Vorteil: Deshalb werden Schalldämpfer nicht erforderlich (noch kein Nutzen! ). Nutzen: Das spart dem Besitzer Geld und außerdem Ärger mit dem Nachbarn, weil die Pumpe nicht zu hören ist. Jetzt ist die Darstellung auf das konkrete Bedürfnis einer Person oder einer Personengruppe bezogen. 2.4.3 Stoffreduktion Mit Hilfe der didaktischen Reduktion sollen komplexe und komplizierte Sachverhalte für eine definierte Leserschaft überschaubar und verständlich vermittelt werden (L EHNER , M., 2012, S. 7). Bezogen auf das Aussagesystem einer wissenschaftlichen Arbeit geht es bei der Transformation dieser Sachverhalte um das begründete Verringern, Verkürzen, Veranschaulichen und verständliche Darstellen (siehe dazu Abschnitt 4.4.2). Dem Gedanken der didaktischen Reduktion folgend wird hier das in der Pädagogik verbreitete Verständnis der Begriffe (1) Komplexität und (2) Kompliziertheit unterlegt. (1) Komplexität der wissenschaftlichen Aussagen beschreibt die Vielfalt ihrer Elemente und Verknüpfungen (L EHNER , M., 2012, S. 21 f.). Je größer ihre Anzahl, desto größer ist die Komplexität. Um sie sinnvoll zu reduzieren, ist eine Auswahl jener Elemente vorzunehmen, die einer konkreten Zielorientierung folgen. Im Zusammenhang damit kann auch eine begründete Auslassung vorgenommen werden. Die zentrale Frage jeglicher Auswahl ist das Kriterium: Was ist bestimmend für die Popularisierung der wissenschaftlichen Ergebnisse? G EULEN , C. (2010, S. 96) gibt eine klare Antwort: Die „lebensweltliche Relevanz“ der eigenen Forschungsergebnisse! Welchen Nutzen bringt das eigene Erkenntnisinteresse anderen Personen, inwieweit hilft es reale Situationen und Problemlagen zu bewältigen? Das Bemühen um die Beantwortung dieser Fragen, die „Verobjektivierung der eigenen Erkenntnisinteressen“ (G EULEN , C., 2010, S. 97), ist ein wichtiger Schritt auf dem Wege zur Auswahl geeigneter Inhalte für eine sinnvolle Popularisierung. Dabei kommt der Artikel ohne Darstellung der Forschungslage, ohne den akademischen Diskurs und den umfänglichen Verzeichnis- und Fußnotenap- <?page no="59"?> Publizieren in den Medien 59 parat aus. Das bereits im Abschnitt 2.4.2 in einem anderen Zusammenhang genannte Beispiel soll das Vorgehen verdeutlichen: Das Thema der wissenschaftlichen Arbeit mit Prüfungscharakter lautet: „Konstruktion einer geräuscharmen Wärmepumpe“. Anlass für die Untersuchung waren die hohen Kosten und der beträchtliche Geräuschpegel der bisher angebotenen Pumpen. Dem Autor war es gelungen, mit einem komplexen und komplizierten Aussagesystem nachzuweisen, dass beide Ärgernisse zu überwinden sind. In der populärwissenschaftlichen Darstellung seiner Arbeit verzichtete er auf die einzelnen Untersuchungsschritte, die konstruktiven Details, die Ergebnisse der Versuchsreihen, die umfangreichen technischen Daten und wissenschaftlichen Spezialdiskussionen. Stattdessen erläuterte er sehr anschaulich, dass nunmehr der Einsatz von Schalldämpfern nicht mehr erforderlich sei und wies an nachvollziehbaren praktischen Beispielen nach, dass der Kunde Geld spart und sich nicht mehr über den Lärm ärgern muss (was mitunter auch den Nachbarn freut). Das Beispiel zeigt den Unterschied zwischen beiden Textsorten. Der fachwissenschaftliche Artikel fokussiert die verschiedenen Ergebnisse, die Forschungsmethoden zur Erkenntnis, deren ausgewogene und nachvollziehbare Belegung sowie die verarbeitete wissenschaftliche Literatur für Fachkundige. Der populärwissenschaftliche Artikel zielt vordergründig auf die Situation, die Interessen, die Einstellungen und Erwartungen eines breiten Leserkreises. Eine Reduzierung von Komplexität kann auch durch Auslassung erreicht werden. Das resultiert beispielsweise aus der Notwendigkeit, den Text entsprechend den Vorgaben des Verlages im Umfang zu begrenzen. In Abschnitt 4.4.2, Punkt (2), wird eine Technik zur begründeten Auslassung vorgestellt. (2) Kompliziertheit charakterisiert das Verhältnis zwischen dem Aussagesystem der wissenschaftlichen Arbeit (Stoff des Artikels) und der Öffentlichkeit (Leserschaft), die mit dem Stoff bekannt gemacht werden soll (L EHNER , M., 2012, S. 22). Also: Je geringer das Verständnis bei der Zielgruppe für das dargestellte Ergebnis, desto größer die Kompliziertheit der Inhalte für diese Gruppe. Wie kann die Kompliziertheit verringert und somit sein Verständnis erleichtert werden? Erstens durch Konzentration des Lehrinhalts auf Wesentliches, z. B. mit Techniken des exemplarischen Vorgehens oder mit der Modellbildung. Zweitens durch Vereinfachen des Lehrinhalts, z. B. mit den Techniken der Merkmalsreduzierung und der Veranschaulichung. <?page no="60"?> 60 Publizieren in den Medien Für das Verstehen des komplizierten Begriffs „Wissenschaftliche Argumentation“ mit Hilfe der Modellmethode wird das in Abb. 2.14 dargestellte Waagemodell gewählt. Die bildhafte Erläuterung der einzelnen Bausteine (z. B. Material, Methode oder Beleg) und ihres Zusammenhanges fördert nicht nur das Erkennen, sondern bietet zugleich mit dem einprägsamen Bild eine Gedächtnisstütze an. Abb. 2.14: Waagemodell der Argumentation (in Anlehnung an E SSELBORG -K RUMBIEGEL , H., 2002, S. 99) (3) Didaktische Vereinfachung Die Reduzierung der Merkmale eines Objekts oder eines Prozesses wird mit der Methode der didaktischen Vereinfachung erreicht. Darunter ist der widerspruchsfreie Übergang von einer komplexen und komplizierten Aussage zu einer das Wesentliche enthaltenden Aussage zu verstehen. Allerdings muss diese auf das Wesentliche reduzierte Aussage den gleichen Gültigkeitsumfang besitzen, den gleichen Gegenstand betreffen und unter dem gleichen Aspekt getroffen werden (H ERING , D.; L ICHTENECKER , F., 1966, S. 15). Auf diese Weise entstehen beim unkundigen Leser eine erste Vorstellung von der Sache und damit ein Zugang zu deren Verständnis. So wird beispielsweise in der komplexen Darstellung in Abb. 2.15 gezeigt, dass sich im so genannten Kalkkreislauf eine Vielzahl chemischer Reaktionen und mechanischer Vorgänge vollzieht. Hier wird für die Entwicklung einer ersten Vorstellung mittels didaktischer Vereinfachung eine deutliche Merkmalsreduzie- <?page no="61"?> Publizieren in den Medien 61 rung vorgenommen. Ist diese Vorstellung entwickelt (je nach Absicht der Publikation), ist die Vereinfachung schrittweise wieder aufzulösen, z. B. zunächst durch Erläuterung der mechanischen Vorgänge und anschließend der chemischen Prozesse. Abb. 2.15: Entwicklung eines Vorstellungsbildes für einen Ablauf (H ERING , D., 1959, Auszug aus Tafel 17) 2.4.4 Veranschaulichung Veranschaulichung bedeutet, komplizierte Sachverhalte in eine bildhafte Form zu überführen. Bilder bieten Eindrücke, machen Aussagen greifbar, die Worte mitunter nicht vermitteln können. Auch auf diese Weise wird dem Leser beim Entwickeln geeigneter Vorstellungsbilder, besonders zu abstrakten Sachverhalten, geholfen. In populärwissenschaftlichen Artikeln soll sowohl das begriffliche als auch das bildhaft/ episodische Langzeitgedächtnis angesprochen werden, um eine doppelte Kodierung des Sachverhalts zu erreichen. Dem genügt beispielsweise ein Text zur Vorstellung elektronischer Bankdienstleistungen: DATEN, FAKTEN, ANALYSEN IM ZUGRIFF Wer als Unternehmen nicht auf der Insel landen möchte, hält den direkten Zugriff auf aktuelle Markt- und Unternehmensdaten immer im Fluss. <?page no="62"?> 62 Publizieren in den Medien Das Electronic-Banking-Angebot der Bank öffnet dafür alle Schleusen: Ob es um Bilanz- oder Branchenkennzahlen, um finanzielle oder strategische Unternehmensplanung, um Produkt- und Marktinformationen vor Ort oder weltweit geht - die Firmenberatung der Bank stellt die individuellen Beratungs- und Datenbankinstrumente bereit. Und das so kostengünstig und kompatibel wie möglich: PC genügt! Tagesgeschäft ist wichtig. Zukunftsdenken unverzichtbar. Planen Sie das Electronic-Banking-Angebot der Bank einfach mit ein. Auch komplizierte technische Geräte, wie beispielsweise eine Messuhr, das für den Laien komplizierte Verhältnis der Blutgruppen oder die Beziehung von Angebot und Nachfrage, lassen sich in Bilder übersetzen, wie Abb. 2.16 zeigt. Abb. 2.16: Beispiele für vereinfachte bildhafte Darstellungen Diese allgemeinverständliche Bildersprache hat einen doppelten Effekt. Einerseits werden Vorstellungen gebildet und damit Verständnis gefördert, andererseits erfolgen eine Langzeitsicherung der mitgeteilten Informationen und damit eine abrufbare Speicherung im Gedächtnis. <?page no="63"?> Publizieren in den Medien 63 2.4.5 Textgestaltung In einer Tageszeitung wurde eine Veranstaltung mit folgendem Text angekündigt: „In der Veranstaltung soll vermittels eines interdisziplinären Zusammenhangs gustiert werden, das komplexe Problem Menschenführung als multidimensionale Herausforderung zu antizipieren.“ Vermutlich wäre die Anzahl der Interessenten an dieser Veranstaltung größer gewesen, wenn man stattdessen formuliert hätte: „Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen wollen darüber sprechen, wie man Menschen besser führen kann.“ Ähnlich leserunfreundlich ist die folgende „Öffentliche Bekanntmachung“ formuliert: „Eine strafbare Bodenverunreinigung begeht, wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Vorschriften schädliche Stoffe in den Boden gelangen lässt, unabhängig davon, ob er sie einbringt, eindringen lässt oder freisetzt, und den Boden dadurch entweder nachteilig verändert oder in einer Weise verändert, die geeignet ist, die Gesundheit eines anderen, von Tieren, von Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert oder ein Gewässer zu schädigen.“ Nach 60 Worten kommt endlich der Punkt und selbst der gutwillige Leser gibt nach dem zweiten Durchlesen auf. Im folgenden Text wird versucht, die trockene Materie verdaulich zu machen und ein Verständnis beim Leser zu erreichen: „Bodenverunreinigung ist strafbar. Bestraft wird, wer schädliche Stoffe in den Boden gelangen lässt und dabei verwaltungsrechtliche Vorschriften verletzt. Achtung! Nicht nur absichtliche Entsorgung von Giften in die Landschaft wird bestraft. Auch die Missachtung von Sicherheitsbestimmungen beim Gifttransport kann mit Strafe enden. Das geschieht unabhängig davon, ob der Verursacher die Stoffe einbringt, eindringen lässt oder freisetzt. Beispiel: Auch giftiger Staub im Rauch einer Verbrennungsanlage verunreinigt den Boden, wenn er mit dem nächsten Regen 200 km weiter weggespült wird.“ Also: Einfache Wortwahl, kurze Sätze, gegliederter Text, nachdrücklicher Hinweis (Achtung! ) und ein anregender Zusatz (hier durch ein Beispiel) regen zum Durchlesen an und fördern das Verständnis. <?page no="64"?> 64 Publizieren in den Medien Der Leser schätzt eine anschauliche Satzgestaltung. Besser als dürre volkswirtschaftliche Angaben oder trockene technische Daten sind z. B. die folgenden vergleichenden Darstellungen: „Falls Schwarzafrika sein jetziges wirtschaftliches Entwicklungstempo beibehalten sollte, braucht es tausend Jahre, um den jetzigen Stand Europas zu erreichen.“ „Jedes Jahr wird die Erde um ein Waldgebiet ärmer, das der Größe der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs zusammen entspricht.“ „Um die Fülle der technischen Daten einer konkreten Turbinenanlage zu verstehen, stellt man sich vor, dass sich ihre Flügelenden in doppelter Schallgeschwindigkeit bewegen.“ Auch das unverhältnismäßig häufige Verwenden von wenig gebräuchlichen Verben, die in ihrer aufgeblähten Form den missverständlichen Eindruck von Wissenschaftlichkeit vermitteln, sind in populärwissenschaftlichen Artikeln fehl am Platz. Zu den Imponier- und Spreizverben gehören auch die so genannten „ieren-Verben“. So sollte man statt „Hypothesen falsifizieren“ besser „Annahmen widerlegen“ oder statt „Plattitüden verbalisieren“ besser „Selbstverständlichkeiten beschreiben“. Oft werden diese Verben auch missverständlich verwendet. Wenn beispielsweise ein Ergebnis qualitativ bewertet worden ist, dann wurde es evaluiert und nicht zertifiziert. Abschließende Bemerkungen zu den beiden Textformaten, den fachwissenschaftlichen und den populärwissenschaftlichen Artikeln: Im praktischen Vollzug existieren natürlich zahlreiche hybride Veröffentlichungen, in denen das eine oder andere Textformat dominiert. Für die konkrete Gestalt des Artikels sind das Ziel, der potentielle Leserkreis und der Typ der beworbenen Zeitschrift (siehe Unterabschnitt 2.3.3.2, (11)) entscheidend. 2.5 Referate 2.5.1 Kennzeichnung In seinem ursprünglichen Sinne bedeutet Referat: Berichten über etwas bereits Vorgeformtes, über eigene oder fremde Arbeiten. Der besondere Nutzen liegt in der Chance auf einem rascheren Zugang zur Veröffentlichung und im Üben von Darstellungsformen, die in Graduierungsarbeiten verlangt und in deren Publikation erwartet werden. <?page no="65"?> Publizieren in den Medien 65 Nach der Form ihrer Darstellung lassen sich Referate in zwei Gruppen einteilen: • informierende Darstellungsform und • meinungsäußernde Darstellungsform. Die informierende Darstellung bezieht sich auf das eigene wissenschaftliche Werk. Sie soll mit knappen Informationen ohne jegliche Bewertung beim Leser Interesse für die zugrunde liegende wissenschaftliche Arbeit entwickeln. So gesehen ist sie Werbung in eigener Sache. Wesentliche Formate sind die Abstracts und das Poster. Die meinungsäußernde Darstellung reflektiert fremde wissenschaftliche Werke und Veranstaltungen. Dazu gehören Informationen über Inhalte, Personen und Rahmenbedingungen sowie deren Bewertung aus der Sicht des Verfassers. Auf diese Weise soll der Leser beraten und zur Meinungsbildung angeregt werden. Typische Formate sind die Rezension und der Tagungsbericht. In Abb. 2.17 sind beiden Darstellungsformen eine Reihe von Textformaten zugeordnet, die im Folgenden charakterisiert werden. Abb. 2.17: Textformate der Referate (Auswahl) <?page no="66"?> 66 Publizieren in den Medien 2.5.2 Abstract (1) Formen Abstracts besitzen im Unterschied zu einfachen Kurz- und Zusammenfassungen wissenschaftlicher Texte eine „in sich logische und motivierte Struktur“ (H UEMER , B. et al., 2012, S. 12). Zum raschen Erfassen eines längeren Textes sind sie kurz und prägnant formuliert. Der Leser soll orientiert und zugleich interessiert werden und auf dieser Grundlage die Relevanz des Textes treffend beurteilen können. Abstracts treten in verschiedenen Formen auf. So wird in Anlehnung an H UEMER , B. et al. (2012, S. 11 ff.) unterschieden in: • Paper Abstract zur Begleitung/ Einführung eines wissenschaftlichen Artikels, • Application Abstract als Bewerbung für die Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Artikels, • Conference Abstract für die Einreichung einer Präsentation bzw. eines Vortrags, • Extended Abstract als Antrag auf Manuskriptveröffentlichung oder Forschungsförderung, • Thesis Abstract als Kurz- oder Zusammenfassung der wissenschaftlichen Arbeit mit Prüfungscharakter. Mit Blick auf den Schwerpunkt dieses Buches werden im Folgenden die Formate ausführlicher beschrieben, die für das Einsteigen in das Publizieren besondere Bedeutung besitzen. (2) Paper Abstract Das Format dieses Abstracts, das einen Fachartikel begleitet, wird erst nach dessen Fertigstellung und redaktioneller Annahme verfasst. Ein Paper Abstract steht in der Regel vor dem gesamten Text und wird ergänzt durch Schlüsselwörter (Keywords). Die Redaktionen der Fachzeitschriften machen in den meisten Fällen Vorgaben, beispielsweise • zum Umfang - 100 bis 150 Wörter - und • zu Konventionen - keine Quellen, Abbildungen, Daten, Argumentationen etc. <?page no="67"?> Publizieren in den Medien 67 Für den Grundaufbau wird die folgende Struktur empfohlen: • Stand der Forschung in Bezug zum Thema/ Platz im Forschungsfeld Welcher Disziplin ist die Arbeit zuzuordnen, was wurde bisher erkannt, was wurde bisher ausgeklammert? • Forschungslücke/ Forschungsfrage Worin besteht die Forschungsfrage, was wird dabei besonders beachtet? • Schließen der Lücke/ Forschungsergebnis Auf welchem Weg konnte die Forschungsfrage beantwortet werden, worin bestehen die wichtigsten Ergebnisse? Beispiel für ein Paper Abstract zum Thema: „Befindlichkeit - eine Determinante im Antwortverhalten? “ Forschungsfeld: Die soziologische Erforschung von Phänomenen im Antwortverhalten von Personen konzentriert sich bei der Suche und Prüfung von Störquellen vor allem auf Methoden- und Situationsaspekte. Selten geht sie dem Einfluss von Befindlichkeit für das Antwortverhalten nach. Forschungsfrage: Die vorliegende Analyse soll die Frage beantworten, welchen Einfluss die aktuelle Befindlichkeit des Befragten auf seine Antwort hat. Dabei wird das mögliche Antwortverhalten in Abhängigkeit von Zentralität und den Fragetypen analysiert. Forschungsergebnis: Die Prüfung erfolgt anhand einer Sekundäranalyse von zehn Leitfaden-Interviews, in welcher die Befindlichkeit als Variable erfasst worden ist. Die Ergebnisse zeigen deutliche Effekte auf das Antwortverhalten und zwar in Abhängigkeit von der Ich-Zentralität der Frageformulierung (in Anlehnung H UEMER , B. et al., 2012, S. 26). (3) Application Abstract Das Bewerbungsabstract soll vor allem einen Einstieg für Artikel in Fachzeitschriften sowie für Beiträge auf Tagungen und Konferenzen schaffen. In knapper und übersichtlicher Form werden Redaktionen und Veranstalter für die Veröffentlichung der wissenschaftlichen Arbeit interessiert. Mitunter liegt der ausformulierte Beitrag noch gar nicht vor. Oberste Gebote bei diesem Format sind: • Objektivität - keine persönliche Wertung des Inhalts, • angemessene Kürze - 100 bis 150 Wörter, • keine Quellenangaben, Zitate, Abbildungen, • genaue Wiedergabe ausgewählter Inhalte des Fachartikels. <?page no="68"?> 68 Publizieren in den Medien Für den Grundaufbau wird folgende Struktur vorgeschlagen: • Motivation des Textes Was ist der Anlass, worin liegt die Bedeutung der wissenschaftlichen Arbeit, warum sollte sie gelesen werden? • Fragestellung, zu lösendes Problem Welche Fragestellung wird in der Arbeit beantwortet, worin bestehen die wesentlichen Annahmen und Argumente? • Methodisches Vorgehen Welche wissenschaftliche Literatur nutzt der Verfasser, welche Instrumente der Feldforschung werden eingesetzt? • Ergebnisse Welche Ergebnisse werden vorgelegt, worin bestehen der Erkenntnisfortschritt und/ oder der methodische Informationsgewinn, worin bestehen die wichtigsten Schlussfolgerungen? • Implikationen Welche Umsetzungsvorschläge ergeben sich aus der Arbeit für die Praxis und/ oder die Forschungsperspektive? Beispiel zum Thema: „Application Abstract - eine Textsorte für wissenschaftliche Arbeiten“ Motivation: Das Abstract soll den Leser kurz über den Inhalt einer wissenschaftlichen Arbeit informieren und für seine Ergebnisse interessieren. Viele Abstracts sind aber bestenfalls eine unstrukturierte Kurzfassung. Fragestellung: Wie kann ein Abstract so gestaltet werden, dass es den Inhalt des Beitrags leicht zugänglich macht und für dessen gründliches Studium interessiert? Wie sieht seine Grundstruktur aus und welche Aussagen sollen in welcher Reihenfolge angeboten werden? Methodisches Vorgehen: Die Auswertung der aktuellen Literatur aus Sprachwissenschaften und Hodegetik liefert Ansätze für die Grundstruktur. Eine Analyse von 100 Abstracts, die bei der Bewerbung um Veröffentlichung des Artikels erfolgreich waren, vermittelt Merkmale und Schwerpunkte für die Gestaltung. <?page no="69"?> Publizieren in den Medien 69 Ergebnis: Es werden eine allgemeine Grundstruktur angeboten und konkrete Richtlinien aufgeführt, wie diese auszufüllen ist. Implikation: Autoren können die resultierenden Empfehlungen direkt verwenden, um dem Leser das rasche Erfassen eines längeren Textes und die Beurteilung seiner Relevanz zu ermöglichen. Damit wird das erfolgreiche Bewerben für einen Konferenzbeitrag oder Zeitschriftenartikel gefördert. (4) Conference Abstract Ebenso wie die beiden vorgenannten Formate soll das Conference Abstract den Leser mit dem Inhalt einer wissenschaftlichen Arbeit vertraut und auf das Thema neugierig machen. Deshalb besitzt sein Grundaufbau auch eine ähnliche Struktur: Platz im Forschungsgebiet, Forschungsfrage und Hypothese, Methoden der Material- und Feldforschung, Beschreibung der Daten und wichtigsten Ergebnisse. Im Unterschied zum Paper und Application Abstract bezieht es sich nicht auf einen fertigen Text. Hier wird Zukünftiges vorweggenommen, denn die Veranstalter von Tagungen und Konferenzen verlangen meist deutlich vor dem Veranstaltungstermin (6 bis 12 Monate) die Einreichung eines Abstracts, das dann die Grundlage für die Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des eigenen Beitrages ist. Deshalb empfehlen H UEMER , B. et al. (2012, S. 31), „einen erkennbaren Zusammenhang zwischen der eigenen Arbeit und dem Leitthema bzw. den einzelnen Themenbereichen der jeweiligen Konferenz herauszuarbeiten.“ Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu den vorgenannten Formaten besteht im größeren Umfang. Veranstalter billigen bis zu 500 Wörter und damit eine detailreichere Darstellung zu. Das erlaubt die Aufnahme von Argumenten, Abbildungen, Zitaten, Daten und Quellen. (5) Extended Abstract Dem Namen entsprechend handelt es sich beim Extended Abstract um die Beschreibung der wesentlichen Aussagen einer wissenschaftlichen Arbeit. Der Umfang beträgt 2 bis 4 DIN-A4-Seiten. In dieser Bestimmung ist es eine Langfassung der vorgenannten Formate, insbesondere des Conference Abstracts. Es dient vor allem als Entscheidungsgrundlage für Forschungs- und Projektanträge. Auch sein Grundaufbau ähnelt den anderen Formaten, also: Grundzüge des Forschungsfeldes, Forschungsfragen und wesentliche Annahmen, Forschungsdesign und speziell Methodenwahl, Ergebnisdarstellung oder Ausblick auf Ergebnisse, <?page no="70"?> 70 Publizieren in den Medien Behandeln absehbarer Einwände und Risiken, Diskussion von Konsequenzen und Perspektiven, Literatur und Kooperationspartner. (6) Thesis Abstract Das Thesis Abstract wird oft von Universitäten und Hochschulen für wissenschaftliche Arbeiten mit Prüfungscharakter, also Bachelor-, Master-, Diplom-, Doktor- und PhD-Arbeiten verlangt. Allerdings ist der Bezug zu diesen Arbeiten sehr unterschiedlich. So können Thesis Abstracts Entscheidungsgrundlage für die Eröffnung des Verfahrens sein. Oder sie sind im Sinne von Thesenpapier eine Auflistung der wichtigsten wissenschaftlichen Ergebnisse, um die wissenschaftliche Diskussion anzuregen. Häufig wird darunter aber auch einfach die Kurzfassung oder Zusammenfassung einer wissenschaftlichen Arbeit verstanden. Für das Abfassen des Thesis Abstracts sind die Vorgaben der jeweiligen Universität oder Hochschule maßgebend. Als Beispiel wird in Abb. 2.18 das Thesenpapier einer wissenschaftlichen Diskussion zum Thema „Umgang mit sakraler Bausubstanz“ vorgestellt. Abb. 2.18: Beispiel für ein Thesenpapier als Diskussionsgrundlage <?page no="71"?> Publizieren in den Medien 71 2.5.3 Poster Poster sind bewährte Mittel zur Präsentation wissenschaftlicher Ergebnisse auf Kolloquien, Tagungen und Konferenzen. Sie vergrößern die Chance für die Aufnahme als Tagungsbeitrag. Die knappe Textvorstellung mit Abbildungsangeboten soll Interesse für die wissenschaftliche Arbeit wecken. Sie ist die Basis für eine ausführliche Erläuterung im Rahmen einer Posterdiskussion als eigenständiger Programmteil oder in den Konferenzpausen. So gesehen hat der Posterbeitrag manchmal einen Vorteil gegenüber dem Redebeitrag. Für die Diskussion mit wirklich interessierten Fachkollegen steht mehr Zeit zur Verfügung. Daraus können sich Anregungen für weiterführende oder andere Untersuchungen ergeben und neue Kontakte und Kooperationen entwickeln. Solche Effekte ergeben sich seltener in einer Diskussion nach einem Vortrag im Plenum (A SCHERON , C., 2007, S. 121). Damit das eigene Poster unter den anderen wahrgenommen wird, spielt seine optische Gestaltung eine wichtige Rolle. Mit einem kurzen und großgedruckten Titel wird die Aufmerksamkeit der Tagungsteilnehmer geweckt. Der Hauptteil ist übersichtlich zu gliedern. Texte müssen gut lesbar sein, auf das Notwendigste beschränkt werden und gegenüber Abbildungen möglichst zurückstehen. Die Abbildungen sind einfach zu gestalten und sollen sich selbst erklären. Für die Aufnahme in den Tagungsband muss das Poster verkleinert auf DIN A4 noch lesbar sein. Die Gestaltung eines Posters kann nach dem in Abb. 2.19 dargestellten Muster erfolgen. Zusammenfassend bewähren sich für die Gestaltung eines Posters folgende Empfehlungen: • Poster Format A0 (84 x 119 cm, möglichst Gesamtausdruck), • Lesbarkeit auf A4 gewährleisten (bei evtl. Aufnahme in den Tagungsband), • Titel der Arbeit kurz fassen und groß schreiben, • Name(n), Adresse(n) von Autoren und Institution(en) angeben, • Abstract kurz und aussagekräftig formulieren, • Hauptteil mit wenig Text und mehr Abbildungen gestalten, • Theorie- und Methodenbeschreibung minimieren, • Ergebnisse und Schlussfolgerungen auf wichtige Aspekte konzentrieren, • weiterführende Untersuchungen andeuten, • Dank an Kooperationspartner/ Förderer ausdrücken. <?page no="72"?> 72 Publizieren in den Medien Abb. 2.19: Muster für die Gestaltung eines Posters 2.5.4 Kurzbericht Kurzberichte, auch als Short Notes bezeichnet, enthalten Informationen über einen Handlungsverlauf oder eine Problembzw. Situationsanalyse. Sie bestehen im Kern aus einer Sammlung von Fakten und Merkmalen. Charakteristisch ist die Beantwortung der W-Fragen. BEISPIEL: Einleitungsteil: Vermittelt Überblick Antworten auf Wo? , Wer? , Wann? Hauptteil: Informiert über tatsächlich Vorgefallenes Antworten auf Was? , Wie? , Warum? Schlussteil: Verweist auf Lösungen, Klärung und Folgen Antworten auf Wie? , Welche? Kurzberichte im Kontext des Leitthemas haben in Fachzeitschriften eine Chance auf rasche Veröffentlichung. <?page no="73"?> Publizieren in den Medien 73 2.5.5 Meta-Analyse Meta-Analysen integrieren mehrere wissenschaftliche Arbeiten unter einem bestimmten Aspekt. In diesem Textformat wird mit Hilfe statistischer Verfahren die einschlägige Fachliteratur (Studien, Forschungsberichte, Fachartikel etc.) nach bestimmten Kriterien oder Fragestellungen systematisch ausgewertet. Aus den vorwiegend quantitativen, aber auch qualitativen Befunden werden im Ergebnis übergreifende Aussagen getroffen, die auf Zusammenhänge verweisen. Die Qualität der getroffenen Aussagen, die Gültigkeit der ausgewiesenen Zusammenhänge ist wesentlich von der Vollständigkeit und Qualität des Primärmaterials abhängig. Die bei der Analyse vorgenommenen Kategorisierungen müssen begründet und für den Leser erkennbar sein. Als wissenschaftliche Publikationen sind Meta-Analysen vor allem im Bestand von Übersichtsartikeln (Review) anzutreffen. Sie treten seltener als eigenständige Veröffentlichung auf. 2.5.6 Rezension Die Rezension (lat. recensio: Musterung) oder auch Besprechung ist die schriftlich niedergelegte und veröffentlichte Form einer Kritik. Sie behandelt einen bestimmten Gegenstand innerhalb eines abgegrenzten Themenfeldes. Der Gegenstand eines Buches aber auch Fachartikels wird dargestellt, analysiert und bewertet, aber nicht nacherzählt. Sie sind in der Regel mit etwa 3 bis 5 Seiten knapp gehalten. Als Teil des wissenschaftlichen Diskurses bilden Rezensionen eine unmittelbare Antwort, z. B. auf eine geschlossene Darstellung wissenschaftlicher Ergebnisse innerhalb eines Buches oder auf eine in einer Fachzeitschrift veröffentlichte Theorie oder These. Buchverlage vergeben mitunter Termine für das Einreichen von Rezensionen nach Erscheinen des Buches. Hier bieten sich gute Chancen für das Einsteigen in die Publikationstätigkeit. Mit Bezug auf das Werk, das im günstigen Fall zum Basiswerk der eigenen wissenschaftlichen Arbeit gehört, empfiehlt sich eine Vorstellung bei der entsprechenden Redaktion. Förderlich ist dabei eine Empfehlung des wissenschaftlichen Betreuers oder der Besuch des Redaktionsstandes auf einer Tagung. Auch eine schriftliche Initiativbewerbung mit Angabe des Themas der eigenen wissenschaftlichen Arbeit eröffnet Chancen (L ÜTHE , R., 2010, S. 63). In der Regel rezensieren gleich mehrere Rezensenten unabhängig voneinander den Gegenstand der Betrachtung. Selten ist die Bewertung einhellig. Sie reicht <?page no="74"?> 74 Publizieren in den Medien mitunter vom totalen Verriss bis zum uneingeschränkten Lob; häufig werden gegensätzliche Auffassungen und Bewertungen vertreten. Die Rezensionen stellen in der wissenschaftlichen Gemeinschaft ein wichtiges Feedback dar. Eine spezielle Bibliografie ist seit 1971 unter „Internationale Bibliografie der Rezensionen wissenschaftlicher Literatur / IBR/ “ zu finden. In Abb. 2.20 ist ein Angebot für Strukturelemente der Rezension dargestellt. Ohne diese vollständig auszufüllen sollten aber Antworten auf die meisten zugeordneten Fragen gefunden werden. Abb. 2.20: Strukturelemente einer Rezension Zu Übungszwecken empfiehlt sich auch die Rezension der eigenen wissenschaftlichen Arbeit. Ausgehend von der Vorstellung, die Arbeit sei bereits abgeschlossen, wird sie jetzt einem Fachpublikum vorgestellt. Deshalb sollte der Autor aus der Sicht eines Lesenden eine kurze Rezension seiner Arbeit (ca. 2 Seiten) schreiben. Dabei sind folgende Fragen zu beantworten: Was ist der Gegenstand der Arbeit? • Unter welchen Fragestellungen wird der Gegenstand untersucht? • Welche Methoden werden eingesetzt? • Zu welchen Ergebnissen kommt die Arbeit? • Wie sind die Ergebnisse im Hinblick auf künftige Forschungen zu bewerten? <?page no="75"?> Publizieren in den Medien 75 In Zeitschriften, Magazinen und auf den Webseiten von Publikationsanbietern werden auch Rezensionen in einer Kurzfassung angeboten, die vom jeweiligen Rezensenten bewertet werden. Sie spiegeln dessen persönliche Meinung wider und sind sehr unterschiedlich akzentuiert. 2.5.7 Tagungsbericht Unter Tagungsberichten wird, im Unterschied zu Tagungsbeiträgen (als Fachvortrag oder auch als Fachartikel), die schriftliche Dokumentation der von anderen vorgetragenen und diskutierten wissenschaftlichen Ergebnisse in sachlicher und vorurteilsfreier Form verstanden. Mit ihrer Hilfe findet der Autor Eintritt in die jeweilige Gemeinschaft der Fachleute und baut sich schrittweise ein eigenes Netzwerk auf. Als Artikel im Umfang von 2 bis 5 DIN A4 Seiten wird er Fachzeitschriften oder Organen von wissenschaftlichen Gesellschaften angeboten oder ins Netz gestellt. Es hat sich bewährt, Tagungsberichte zuerst mit den Organisatoren der Veranstaltung und vor der Veröffentlichung mit den Herausgebern oder Redaktionen abzusprechen. In Vorbereitung dieser Absprachen empfiehlt sich aus dem Tagungsprogramm eine Vorauswahl zu treffen und auf dieser Grundlage den inhaltlichen Rahmen des Berichts zu konzipieren. Wird das Angebot angenommen, können die Vortragsmanuskripte von den Referenten erbeten werden (möglichst mit Unterstützung des Veranstalters). Als inhaltlicher Rahmen wird die Prüfung folgender Schwerpunkte empfohlen: • Thema und Termin/ Veranstalter/ Ort • Übergreifende Bedeutung der Tagung • Programmübersicht • Eröffnungs-, Haupt- und Fachvorträge (evtl. Herausarbeiten der Gemeinsamkeiten) • Diskussionsschwerpunkte in den Arbeitsgruppen, Sektionen, Workshops (evtl. Darstellen von Konsens und Dissens) • Forschungsperspektiven • Abschließender Gesamteindruck • Verweis auf die Herausgabe eines Tagungsbandes Aus der Darstellung des inhaltlichen Rahmens wird deutlich, dass sich ein Tagungsbericht nicht in der Aufzählung der einzelnen Vortragsthemen erschöpfen kann. K LEMM , M. (2010, S. 67) fordert ein „sorgsames Redigieren, gegebenenfalls auch das Austarieren unterschiedlicher Auffassungen“. Bei der vorurteils- <?page no="76"?> 76 Publizieren in den Medien freien Darstellung der Inhalte und des Ablaufs ist Sachlichkeit gefragt. Bewertung und Kritik sind weitgehend zu vermeiden, höchstens implizit zu verwenden. Das ist nicht ohne eigene Kompetenz möglich, die allerdings bei der Arbeit am Bericht erweitert und vertieft werden kann. Dem Berichterstatter bleibt es selbst überlassen, ob er seinen Text vor der Veröffentlichung dem jeweiligen Referenten zum Gegenlesen übergibt. Erfahrungsgemäß vermeidet das nachträgliche Irritationen und Fehler in der Sache oder in der Interpretation. 2.5.8 Kommentar Kommentare sind als meinungsbildende Textsorte im Journalismus, als Erläuterung von Gerichtsurteilen oder als Sammlung von Anmerkungen zu literarischen Texten bekannt. Zunehmend treten sie auch als Kurzpublikation in der wissenschaftlichen Diskussion zur persönlichen Meinung des Verfassers auf. Die Beiträge beziehen sich meistens auf einen konkreten Sachverhalt von Aktualität und Fachinteresse. Das Interesse des Lesers wird in der Regel durch Polarisierung von Meinungen zum jeweiligen Sachverhalt hervorgerufen. Am Anfang stehen oft gegensätzliche Meinungen, zu denen sich der Verfasser am Ende des Kommentars positioniert. Unter den meinungsäußernden Darstellungsformen von Kommentaren sollen hier zwei von ihnen an Hand von Beispielen als Kurzfassung charakterisiert werden (S CHNEIDER , R. et al., 2016, S. 227 f.): 1. PRO-/ KONTRA-KOMMENTAR Thema: Vision für Unternehmensentwicklung? Pro: Bill Gates entwickelte 1975 in einer Garage die Vision für Microsoft „In jedem Haushalt ein PC“. 2003 wird Microsoft von der Financial Times zum zweitbesten Unternehmen der Welt gekürt. Kontra: Altbundeskanzler H. Schmidt vertritt dagegen folgende Auffassung: „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“ (Spiegel 44, 2002, S. 26 f.). Standpunkt des Verfassers: Am Anfang der Diskussion ist zu klären, was unter „Vision“ verstanden wird. Für H. Schmidt ist es eine Halluzination (s. Duden). In der Wirtschaft versteht man darunter den Zukunftsentwurf für die Entwicklung einer Organisation. Auch für mittelständische Unternehmen ist die Entwicklung einer Vision von Bedeutung. So hat eine Untersuchung in der Ruderwerkstatt Wetzlar belegt, dass die vom Unternehmensgründer Werner Kahl <?page no="77"?> Publizieren in den Medien 77 vertretene Vision „Wanderboote mit den Fahreigenschaften eines Rennruderbootes“ an die Spitze in der Branche geführt hat. 2. EINERSEITS-/ ANDERERSEITS-KOMMENTAR Thema: Energiequellen Einerseits: A behauptet, dass Kernenergie gefährlich sei, Kohle solle stärker als Energiequelle genutzt werden. Das ist begründet durch … Andererseits: B entgegnet, dass man die Risiken der Kernenergie beherrsche. Kohle beeinträchtige die Umwelt. Das betrifft u. a. … Standpunkt des Verfassers: Eine Möglichkeit bestände darin, bei Nutzung beider Energiequellen alle Anstrengungen zu unternehmen, um die beiderseitigen Risiken und Belastungen zu minimieren. Das aber ist sehr teuer und in der Wirksamkeit begrenzt. Deshalb sollten beide Energiearten schrittweise durch alternative Energiequellen abgelöst werden. 2.5.9 Interview Die Besonderheit des publizierten Interviews zu Personen, zu Sachen oder zu Meinungen ergibt sich aus seiner speziellen Zielstellung. Es will beim Leser Interesse an der Person des Befragten und seiner Botschaft entwickeln. Dabei werden beispielsweise komplexe Sachverhalte verständlich und anschaulich gemacht. Im Blickpunkt stehen Ehrungen und Jubiläen von Persönlichkeiten, aber auch Autoren von Fach- und Lehrbüchern, Referenten einer wissenschaftlichen Veranstaltung oder Leiter und Mitglieder eines Forschungsteams. Dieser Eigenart entsprechend sind die Fragen sehr auf die Person des Interviewpartners zugeschnitten. Hier kann sich die publizierte Fragefolge durchaus von der Realsituation unterscheiden, wobei die Veröffentlichung dann immer die Zustimmung des Befragten voraussetzt. Mögliche Einstiegsfragen: „Können Sie den Inhalt Ihres Vortrags, Ihres Buches, Ihrer Forschungsarbeit in einem Satz ausdrücken? “ „Ihre Ergebnisse stellen bisherige Untersuchungen in Frage. Wie reagieren Ihre Kollegen (Wissenschaftler, ,Praktiker‘) darauf? “ Folgefrage: „Welcher Nutzen für … ist von Ihren Ergebnissen zu erwarten? “ <?page no="78"?> 78 Publizieren in den Medien „Welche Chancen und Risiken sehen Sie in Ihren Untersuchungen für …? „Wie weit in die Zukunft gehen Ihre Untersuchungen, Gedanken, Überlegungen? “ Abschlussfrage: „Angenommen, Ihnen würden weitere Ressourcen zur Verfügung stehen, welche Möglichkeiten würden sich daraus für Sie ergeben? “ Der Verfasser sollte davon ausgehen, dass für die Veröffentlichung des Interviews ein feststellbares Leserinteresse besteht. Danach ist das Publikationsorgan auszuwählen. 2.5.10 Leserbrief Zu den meinungsbildenden Textsorten gehören auch die Leserbriefe als kurzgefasste Wortmeldung in der wissenschaftlichen Diskussion. Zahlreiche wissenschaftliche Zeitschriften bieten ihren Lesern eine feste Rubrik „Leser diskutieren mit Lesern“ - oder ähnlich - an. Beiträge dazu sind gern gesehen und bieten dem Einsteiger eine Möglichkeit, sich zu beteiligen und namhaft zu werden. Das folgende Beispiel in Kurzfassung soll dafür eine Möglichkeit anbieten. THEMA: DIE HYPOTHETISCHE FRAGE IM INTERVIEW? A RMIN S CHOLL vertritt in seinem Buch die Auffassung, der Interviewer „… sollte im Fragebogen auf … hypothetische Fragen … verzichten.“ (Die Befragung, 2003,UVK Verlag, S. 219). Dazu ist der Autor anderer Auffassung. In zahlreichen selbst durchgeführten Befragungen hat er die belebende und spürbare Impulswirkung der hypothetischen Frage feststellen können. Vor allem in der Schlussphase des Interviews eingesetzt, lauten sie beispielsweise wie folgt: „Angenommen, Ihnen würde die Möglichkeit X angeboten, welche Folgen bzw. Chancen würden Sie darin sehen? “ „Stellen Sie sich bitte vor, Ihr Budget würde sich erhöhen, wofür würden Sie es einsetzen? “ Hier ergibt sich die Chance, den bisherigen Denkrahmen zu erweitern, neue Lösungsmöglichkeiten zu erschließen oder gar Zukunftsszenarien zu entwickeln. Dafür bietet auch der standardisierte Fragebogen Möglichkeiten, u. a. durch Vorgabe von Auswahlantworten und eines Feldes für die verbale Beantwortung. <?page no="79"?> Publizieren in den Medien 79 2.6 Open-Access-Publikationen 2.6.1 Kennzeichnung Wie bereits im Abschnitt 2.1.5 skizziert, entscheiden hier die Autoren selbst, ihre wissenschaftlichen Ergebnisse im Internet kostenlos bereitzustellen. Das Publizieren mit Open-Access ist in den einzelnen Wissenschaftsdisziplinen unterschiedlich gebräuchlich und akzeptiert. Allgemein wird dieses Produkt als eine sinnvolle Ergänzung zum Printmedium angesehen und für Recherchezwecke geschätzt. Zurückhaltung wird begründet durch Unsicherheiten in der Anerkennung und Langzeitverfügbarkeit der Texte. 2.6.2 Strategien (1) Goldener Weg Der Goldene Weg, auch als Self-Publishing bezeichnet, bezieht sich auf die Erstveröffentlichung wissenschaftlicher Ergebnisse • als Artikel in Open-Access-Journals, • als Open-Access-Monografie oder • als Beitrag in einem im Open-Access erscheinenden Sammelwerk oder Konferenzband. Diese Texte durchlaufen alle einen Qualitätssicherungsprozess in Form des Peer- Review oder Editorial-Review. Ein Publikationsvertrag mit dem Verlag bestimmt, welche Nutzungsrechte Autoren der Zeitschrift bzw. dem Verlag einräumen und welche Nutzungsbedingungen für die entgeltfreien zugänglichen Dokumente gelten sollen. (2) Grüner Weg Der Grüne Weg, auch als Self-Archiving bezeichnet, bezieht sich auf die zusätzliche Veröffentlichung von eine im Verlag bzw. in einer Zeitschrift erschienenen Dokument auf Open-Access-Dokumentenservern, den disziplinären oder institutionellen Repositorien. Dies ist möglich für Preprints und Postprints wissenschaftlicher Artikel, Monografien, Forschungsberichte, Konferenzbeiträge etc. Preprints sind noch nicht begutachtete wissenschaftliche Ergebnisse, die noch nicht zur Veröffentlichung freigegeben sind und in der Regel erst bei einem Verlag eingereicht wurden. Postprints sind dagegen bereits begutachtet und zur Veröffentlichung genehmigt worden. <?page no="80"?> 80 Publizieren in den Medien Bei der Selbstarchivierung werden 3 Formen unterschieden: Der Zugang auf institutionellen Repositorien, auf disziplinären Repositorien oder das Hinterlegen auf einer eigenen Homepage. (3) Grauer Weg Mit dem grauen Weg wird die Veröffentlichung von Literatur bezeichnet, die über den Buchhandel nicht zu beziehen ist. Das betrifft beispielsweise Dissertationen, Master- und Diplomarbeiten, Seminararbeiten, aber auch Abstract- Sammlungen, Tagungsberichte und ähnliche Dokumente. Ein Peer-Review- Verfahren findet hier in der Regel nicht statt. (4) Hybrides Publizieren Beim hybriden Publizieren wird neben der Open-Access-Version auch eine kostenpflichtige gedruckte Version veröffentlicht. So wird die Auffindbarkeit in Suchmaschinen und damit die Sichtbarkeit erhöht. 2.6.3 Finanzierung Während die Nutzung von Open-Access-Publikationen kostenlos ist, erfolgt die Bereitstellung in einem Open-Access-Journal mit Gebühren. Sie orientieren sich an den Prozesskosten, die dem Verlag pro Online-Veröffentlichung durchschnittlich entstehen und unterscheiden sich in den einzelnen Wissenschaftsdisziplinen erheblich. Nach H ARTMANN , B. und J ANSEN , F. (2008, S. 46) betragen diese Gebühren pro Artikel zwischen 500 und 2.500 US-Dollar, in Deutschland zwischen 1.000 und 1.800 Euro. Die Ludwig-Maximilians-Universität München verlangt gegenwärtig für Open-Access-Veröffentlichungen (Gold oder Hybrid) in • Journal Articles 1.500 bis 1.800 USD • Proceedings Articles 800 bis 900 USD von den Autoren (www.ub.uni-muenchen.de/ schreiben/ open-access-publizieren/ Publikationsgebühren/ index.html; 22.05.2019). M AHRT , N. und R UHL , K. (2010, S. 201) stellen dafür drei Finanzierungsmodelle vor: 1. Etwa die Hälfte der Open-Access-Journals praktizieren das Author-Pays- Modell. Hier kommen die Autoren für die Veröffentlichung ihrer wissenschaftlichen Ergebnisse zu den o. g. Gebühren selbst auf. 2. In Abhängigkeit von der Befürwortung von Open-Access-Publikationen durch renommierte Wissenschaftsorganisationen werden Autoren nach dem Institutional-Pays-Modell von bestimmten Institutionen (beispielsweise <?page no="81"?> Publizieren in den Medien 81 Deutsche Forschungsgemeinschaft) durch Übernahme der Gebühren unterstützt. Das betrifft auch die Pflege eines Open-Access-Dokumentenservers. 3. Im Parallel-Modell werden wissenschaftliche Ergebnisse barrierefrei elektronisch bereitgestellt und gebührenpflichtig in einer Printfassung angeboten. 2.6.4 Bewertung Bei der Entscheidung zum Publizieren mittels Open-Access verweisen M AHRT , N. und R UHL , K. (2010, S. 202) für Autoren auf verschiedene Vor- und Nachteile: Vorteile: • Eine gute Auffindbarkeit in Suchmaschinen führt u. a. zu besserer Sichtbarkeit und auch zum vermehrten Zitieren. • Der schnelle und kostenfreie Zugang für Nutzer ermöglicht u. a. die Diskussion der wissenschaftlichen Ergebnisse zu einem frühen Zeitpunkt. • Bei institutionellen oder disziplinären Open-Access-Dokumentenservern ist eine rasche Publikation möglich. • Die Rechte zur Verwertung der eigenen Ergebnisse verbleiben beim Autor. • Durch das Zusammenführen unterschiedlicher Formate erweitern sich der Umfang der Datensätze und die Darstellungsmöglichkeiten (z. B. Videoclips, Animationen, Ton etc.). Nachteile: • Bei größeren Publikationen (Monografien, Fachbücher etc.) gibt es Bedenken bezüglich der inhaltlichen Qualität. Die Deutsche Initiative für Netzwerkinformation (DINI) bietet ein Qualitätssiegel an, das allerdings nur auf formale Aspekte abstellt. • Das Author-Pay-Modell stellt hohe Ansprüche an den Autor bezüglich der Finanzierung seiner Publikation. Das verhindert, dass relevante Artikel wegen Finanzierungsengpässen nicht eingereicht werden. • Bei Zweitveröffentlichungen sind komplizierte Fragen des Urheberrechts zu lösen. • Relativ hoch wird das Risiko eingeschätzt, dass heute Publiziertes in einigen Jahren noch abrufbar ist. Mit der Unsicherheit in der Langzeitverfügbarkeit der Publikation hängt auch die noch weitgehend ungeklärte Frage zusammen, wer eigentlich ihre Archivierung vornimmt. <?page no="82"?> 82 Publizieren in den Medien Autoren, die ihre wissenschaftliche Abschlussarbeit im Ganzen oder in Teilen als Open-Access-Publikation veröffentlichen wollen, sollten zunächst die einschlägige Promotionsbzw. Prüfungsordnung konsultieren. Bestehen dort keine Einschränkungen, spielen bei der Entscheidung vier Faktoren eine wichtige Rolle: • die Gepflogenheiten im Fachgebiet, im Institut, an der Fakultät, • zeitliche Überlegungen, rasche Publikation bringt bestimmten Nutzen, • Kosten und Möglichkeiten ihrer Finanzierung und • persönliche Interessen. Ausführliche Informationen zur Veröffentlichung über Open-Access bieten folgende Informationssysteme und Einrichtungen: • DissOnline der Deutschen Nationalbibliothek (http: / / www.dissonline.de/ ), • die Deutsche Forschungsgemeinschaft (http: / / www.dfg.de/ formulare/ 12_20/ 12_20_de.pdf; 21.03.2018), • die Deutsche Initiative für Netzwerkinformation (http: / / edoc.hu-berlin.de/ series/ dini-schriften/ 2006-3/ PDF/ 3.pdf; 21.03.2015). Wenn die Qualitätskontrolle gewährleistet wird, kann sich Open-Access zu einer sehr guten Möglichkeit des Publizierens wissenschaftlicher Ergebnisse entwickeln. Wenn dann auch die Gutachterkommentare im Internet stehen, erhöht sich nicht nur die Transparenz, sondern auch deren Qualität. Außerdem entsteht ein weiterer Zuwachs an Wissen. 2.7 Verlage 2.7.1 Leistungen Für den Einsteiger in das wissenschaftliche Publizieren stellt sich die Frage, was er von einem Verlag erwarten kann. Was leistet der Verfasser beim Veröffentlichen selbst, was übernimmt der Verlag? Im Folgenden werden die verlagsseitigen Grundleistungen vorgestellt, die im Einzelfall Modifikationen unterliegen (B UDRICH , B., 2015, S. 95 ff.). (1) Manuskriptannahme Die Annahme der Publikation durch die Redaktion der Zeitschrift oder des Verlags erfolgt nach Prüfung • des Abstracts im Falle eines fachwissenschaftlichen Artikels (siehe dazu Abschnitt 2.5.2) bzw. <?page no="83"?> Publizieren in den Medien 83 • der Projektpräsentation für die Publikation eines Buchs (siehe dazu Abschnitt 2.7.3). Nach einer ersten Abschätzung der Erfolgsaussichten des Werks und der geprüften Einhaltung der Verlagsvorgaben wird das Manuskript an das Peer-Review- Verfahren (mindestens zwei externe Gutachter) oder Additional-Review- Verfahren (Herausgeber) übergeben. Der Verfasser hat das Recht, selbst Gutachter vorzuschlagen. Insbesondere bei speziellen Forschungsgebieten vermerken das Verlage mit Dank. Im Ergebnis der Verfahren wird der Beitrag • ohne Änderungen angenommen (kommt sehr selten vor) oder • mit kleinen Änderungen angenommen oder • erst nach gründlicher Überarbeitung und nachfolgender Wiedereinreichung angenommen oder • abgelehnt. Etablierte Zeitschriften und Verlage haben auf Grund zahlreicher Einreichungen eine relativ hohe Ablehnungsquote. (2) Werbung Ist das Werk angenommen, erfolgt eine entsprechende Information auf der Homepage (schon als Vorankündigung) und nach Fertigstellung im Katalog des Verlags. Verlagsseitig findet die Werbung außerdem wirksame Unterstützung durch die Präsentation der Publikation auf thematisch einschlägigen Tagungen und Konferenzen sowie durch die Einladung von Rezensenten. Heute werden von den wissenschaftlichen Verlagen kaum noch Prospekte für die einzelnen Produkte hergestellt, sondern in den meisten Fällen so genannte „Waschzettel“. Der Waschzettel enthält neben den bibliografischen Angaben eine Kurzfassung des Inhalts (nach dem Muster Klappentext in Abschnitt 2.2.3) sowie ein Kurzportrait des Autors und Hinweise zum Bezug des Werkes. Mit dem Waschzettel erhält der Autor auch ein Hilfsmittel bei der Umsetzung der eigenen Marketingstrategie unter Nutzung seines Netzwerkes. In Abstimmung mit dem Verlag kann die Presse informiert oder bei Kollegen angefragt werden, ob sie die Publikation rezensieren. (3) Verbreitung Bei der Einbeziehung des Buchhandels in die Verbreitung der Publikation sind für die Verlage klare Kosten-Nutzen-Erwägungen entscheidend. Hierbei haben Bücher vom Typ III - also Lehr-, Fach- und Sachbücher - die besten Aussichten. Aber auch bei diesen Büchern sind die Aktivitäten des Autors geschätzt, bei- <?page no="84"?> 84 Publizieren in den Medien spielsweise durch Kommissionsangebote an den Buchhandel, durch den Einsatz als Lehrmaterial oder durch Fachvorträge und Lesungen. Verlage unterstützen diese Bemühungen durch eine Pressearbeit, die zugleich die Bekanntheit des Autors und des Verlags fördert. Dazu dienen knappe Pressetexte oder auch das Veranlassen von Rezensionen. (4) Ausstattung Autoren sind gut beraten, bei der Ausstattung ihrer Publikationen - vor allem bei Fach- und Sachbüchern - die Professionalität der Verlage in Anspruch zu nehmen. Verlage können aus Erfahrung beurteilen, wie ein Titel werbewirksam zu formulieren, der Inhalt überschaubar und verständlich zu gestalten und das Schrifttum nachvollziehbar zu verzeichnen ist. Allerdings gilt die Erfahrung: Wissenschaftliche Fachbücher werden vor allem über den Inhalt gefunden, weniger über die Ausstattung. (5) Druckvorlage und Korrekturlauf Für die Publikation wissenschaftlicher Arbeiten wird die Druckvorlage meist durch den Autor selbst erstellt. Die Verlage geben dazu Regeln vor und erwarten das Manuskript als PDF-Datei. In der Praxis lektoriert der Autor Dissertationen und Monografien selbst. Bei Lehr-, Fach- und Sachbüchern liegt das Lektorat teilweise beim Verlag. Manche Verlage bieten ein Korrektorat und/ oder ein Lektorat für das eingereichte Manuskript an. Während das Korrektorat den Text auf Fehler in Grammatik, Orthografie und Interpunktion überprüft, optimiert das Lektorat den Text darüber hinaus auf Verständlichkeit, Logik, Stil sowie auf richtige Verwendung der Fach- und Fremdwörter. Ein Buchmanuskript durchläuft in der Regel folgende drei Korrekturläufe: 1. Korrekturlauf: Der Autor korrigiert partielle Veränderungen in der Einordnung der Inhalte (Vollständigkeit, Bilder, Zitate, Verzeichnisse etc.) und in der Form (Kopf- und Fußzeilen, Silbentrennung etc.). 2. Korrekturlauf: Der Autor überprüft das Umsetzen der Korrekturen aus dem ersten Korrekturlauf. 3. Korrekturlauf: Der Verlag unternimmt abschließende Prüfschritte zum Umsetzen der Korrekturen aus dem zweiten Korrekturlauf sowie zur Stimmigkeit von Inhaltsangaben, Verzeichnissen, Fußnoten, Seitenzählungen etc. Abb. 2.21 vermittelt einen Überblick über die Einordnung der Korrekturläufe im Gesamtablauf von der Annahme des Manuskripts bis zu Fertigstellung des Buchs. <?page no="85"?> Publizieren in den Medien 85 Abb. 2.21: Übersicht zu den Korrekturläufen (6) Preisgestaltung Die Preisgestaltung unterliegt der Autonomie des Verlags, wobei der Rat des Autors durchaus gefragt ist. Wesentliche Kriterien der Preisgestaltung sind: • der Buchtyp (siehe dazu Abschnitt 2.2.7), • der Umfang und die Ausstattung, • der Themenkreis (Grad der Spezialisierung, Höhe des wissenschaftlichen Niveaus), <?page no="86"?> 86 Publizieren in den Medien • die Zielgruppe (Größe, besondere Potentiale), • die Absatzerwartung sowie • der Preis ähnlicher Bücher anderer Verlage. (7) Verkauf Der Verkauf der Publikation wird durch zahlreiche Faktoren bestimmt, wobei nach B UDRICH , B. (2015, S. 47) die Kombination folgender Faktoren zum Verkaufserfolg führen kann: „1. (wissenschaftlich) aktuelles Thema, 2. von breitem Interesse, 3. angemessen aufbereitet (Zielgruppenorientierung), 4. angemessen ausgestattet, 5. mit moderatem Ladenpreis.“ (8) Finanzierung Wenn Lehr-, Fach- und Sachbücher nach Marktanalyse - nicht nach der wissenschaftlichen Qualität - positiv beurteilt werden, finanziert der Verlag das Werk. Demgegenüber benötigt er einen Druckkostenzuschuss, wenn der angenommene Verkauf des Buchs die Kalkulation nicht deckt. Das trifft im Besonderen auf die Bücher der Typen I und II zu - also Qualifikationsarbeiten, Forschungsberichte, Tagungs- und Sammelbände sowie Monografien. Der Autor wird in der Regel bemüht sein, eine finanzielle Unterstützung von dritter Seite zu erlangen. Bei Tagungsbänden und Forschungsberichten sollte er die Publikationskosten gleich in der Projekt- oder Veranstaltungsfinanzierung mit beantragen. In den anderen Fällen sind wesentliche Ansprechpartner zur Förderung (B UDRICH , B., 2009, S. 49 ff.): • die VG Wort - www.vgwort.de, • die DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft - www.dfg.de, • die Stiftungen über den Stifterverband für die deutsche Wissenschaft - www.stifterverband.de. <?page no="87"?> Publizieren in den Medien 87 2.7.2 Verlagssuche Am Anfang der Suche steht die Prüfung, in welchen Verlagen wichtige Zeitschriften und Bücher zum Thema der eigenen Publikation erschienen sind. Dafür bieten die Internetrecherche und der immer wieder empfohlene Gang in die Fachbibliotheken zahlreiche Möglichkeiten. Natürlich strebt jeder Autor nach einer Zeitschrift bzw. einem Buchverlag mit hohem Ansehen (hoher „Impact- Factor“). Aber dabei muss er sich stets die Frage stellen: Bietet die Qualität der eigenen Arbeit dafür wirklich eine reale Erfolgsaussicht? Bei der kritischen Selbstreflexion ist der Rat von Betreuern und Kollegen sehr zu empfehlen. Bei der Wahl einer Zeitschrift für die Veröffentlichung eines fachwissenschaftlichen Artikels sind folgende Aspekte hilfreich: • Originalität der Arbeit, • wissenschaftliche Qualität der Arbeit, • inhaltliches Profil der Zeitschrift, • nationale/ internationale Ausstrahlung, • Listung in den wichtigen Literaturdatenbanken, • Lesergruppe, • „Impact-Factor“, • Open-Access-Journal vorhanden, • Besonderheiten der Zeitschrift (z. B. Review-Verfahren, Zeitdauer), • finanzielle Gesichtspunkte. Auch die Autorenrichtlinien des jeweiligen Publikationsorgans haben Einfluss auf die Auswahl. Frühzeitiges Abspeichern der Richtlinien wird empfohlen, um von vornherein die Vorgaben für Formulierung, Abbildungen, Verzeichnisse etc. einzuhalten. Einsteigern in das wissenschaftliche Publizieren wird Zurückhaltung empfohlen, ihren Artikel wegen der hohen Ablehnungsquote zuerst an eine Zeitschrift mit hohem Impact-Factor - den so genannten High-Standard-Zeitschriften - zu senden. Der Journal-Impact-Faktor (JIF) „… informiert über die Häufigkeit, mit der Beiträge zitiert werden, die in einer bestimmten Zeitschrift, in einem bestimmten Zeitraum erschienen sind - relativiert zur Anzahl der Artikel, die insgesamt in diesem Zeitraum in der betreffenden Zeitschrift publiziert wurden (also potentiell zitiert werden konnten). <?page no="88"?> 88 Publizieren in den Medien Deshalb ist es mitunter am Anfang erfolgversprechender, den Beitrag bei einer weniger renommierten, aber dennoch im Fachgebiet wissenschaftlich anerkannten Zeitschrift einzureichen. Im Fall der Wahl eines Verlags für eine Buchveröffentlichung sind beispielsweise Antworten auf folgende weitere Fragen zu finden: • Welches Profil hat der Verlag, wie bekannt ist er in Fachkreisen? • Wie werden seine Verbreitungsleistungen eingeschätzt? • Wie hoch ist die Anzahl der Exemplare im Erstdruck, wie hoch ist eine Auflage? • Wie hoch sind die Druckkosten, welcher Druckkostenzuschuss wird erwartet? • Wie hoch ist das Autorenhonorar, wie viel Freiexemplare erhält der Autor? • Welche Chancen bieten Empfehlungen vom Betreuer oder von Kollegen? Hat der Autor eine Entscheidung getroffen, sollte er noch vor Fertigstellung des Manuskripts Kontakte mit der Redaktion bzw. mit dem Verlag aufnehmen. 2.7.3 Materialvorstellung Im ersten Kontakt mit dem Verlag ist ein überschaubares und überzeugendes Material zu übergeben, dass der betreffenden Redaktion die Durchsicht und Entscheidungsfindung ermöglicht. In den meisten Fällen erfolgt das Einreichen (Submission) online. Dazu legt der Autor ein Benutzerkonto, also einen Online- Zugang zur Website der vorgesehenen Zeitschrift oder des Buchverlags an. Das Einreichen bei Zeitschriften erfolgt entweder mit einem prägnanten Titel und dem Application Abstract (siehe dazu Abschnitt 2.5.2) oder gleich mit dem finalen Manuskript nach den Autorenrichtlinien des Verlags. Mit der Vorabsendung des Abstracts begegnet man auch der Gefahr, bei gefragten Zeitschriften wegen Überfüllung des Briefkastens abgewiesen zu werden. Es ist durchaus legitim, die Redaktion um eine Eingangsbestätigung zu bitten. Bei Buchveröffentlichungen empfiehlt sich eine erste Projektpräsentation mit den in Abb. 2.22 dargestellten Schwerpunkten. Im Erfolgsfall wird • entweder um die Übersendung des Manuskripts gebeten, dann aber schon nach Vorgaben des Verlags - in der Regel als PDF-Datei (und als Papierausdruck) • oder eine zweite Projektpräsentation nach Verlagsvorgaben angefordert. Ein Beispiel ist Abb. 2.23 vorgestellt. Nach Akzeptanz erfolgt die Übergabe des Manuskripts. <?page no="89"?> Publizieren in den Medien 89 Abb. 2.22: Erste Projektpräsentation für eine Buchveröffentlichung Abb. 2.23: Zweite Projektpräsentation für eine Buchveröffentlichung <?page no="90"?> 90 Publizieren in den Medien 2.7.4 Autorenvertrag Der Verlagsvertrag wird als Formular vom Verlag vorgegeben. Im Autorenvertrag übergibt der Autor dem Verlag alle Rechte der Vervielfältigung und Verbreitung an seinem Werk (Arbeitstitel) für die erste und alle weiteren Auflagen. Das geistige Eigentum verbleibt beim Autor. Zu den Nutzungsrechten des Verlags gehören: • der Vorabdruck, auch von Teilen des Buchs, in einschlägigen Fachzeitschriften, • die Verwertung im Fernsehen und im Rundfunk, • die Aufnahme des Werks auf Vorrichtungen zur mehrmaligen Wiedergabe mittels Bild- oder Tonträger sowie • deren Vervielfältigung und Verbreitung, • die Lizenzvergabe an in- und ausländische Verlage, • die Herausgabe oder Lizenzvergabe von gekürzten Ausgaben, • die gewerbliche oder nichtgewerbliche Ausleihe, • sonstige Vervielfältigung, insbesondere durch fotomechanische oder ähnliche Verfahren, • elektronische Publikation (online oder offline). Des Weiteren werden im Vertrag der Abgabetermin und der Seitenumfang eines nach den Vorgaben des Verlags erstellten Manuskripts als PDF-Datei sowie der Abbildungen, des Titels, des Inhaltsverzeichnisses und der Schrifttums-Übersicht geregelt. Verhandlungsspielraum hat der Autor in der Regel bei der • Höhe des Honorars für die erste Auflage und die folgenden Auflagen, • Höhe des Druckkostenzuschusses, • Anzahl der Freiexemplare, • Höhe des Autorenrabatts sowie • speziellen Ausstattung und Werbung. Alle weiteren substantiellen Veränderungen zugunsten des Autors sind unter den vorgenannten Bedingungen in der Regel nicht zu erreichen (S CHMIEDT , H., 2000, S. 181). <?page no="91"?> Publizieren in den Medien 91 Quellen und weiterführende Literatur A SCHERON , C LAUS : 2007. Die Kunst des wissenschaftlichen Publizierens. Ein Praxisleitfaden für junge Wissenschaftler. München: Spektrum Akademischer Verlag. A SCHERON , C LAUS : 2019. Wissenschaftliches Publizieren und Präsentieren. Ein Praxisleitfaden mit Hinweisen zur Promotion und Karriereplanung. Berlin Heidelberg: Springer. B ERNINGER , I NA ; B OTZEN , K RIN ; K OLLE , C HRISTIAN ; V OGL , B OMINIKUS ; W ATTELER , O LIVER : 2012. Grundlagen sozialwissenschaftlicher Arbeit. Opladen & Toronto: Budrich. B UDRICH , B ARBARA : 2015. Erfolgreich publizieren. Grundlagen und Tipps für Autorinnen und Autoren in den Sozial-, Erziehungs- und Geisteswissenschaften. 2., überarb. Aufl., Opladen, Berlin & Toronto: Barbara Budrich. B UDRICH , B ARBARA : 2009. Erfolgreich publizieren in den Sozial- und Erziehungswissenschaften. Opladen & Farmington Hills, MI: Barbara Budrich. C HIRLEK , G ERIK ; W ANNER , I NGE : 2015. Wissenschaftliches Schreiben und Publizieren. Erläuterung für Studierende und Doktoranden. 2. Aufl. Norderstedt: Chirlek. Deutsche Forschungsgemeinschaft: 2009. Merkblatt Open Access Publizieren. http: / / www.dfg.de/ formulare/ 12_20/ 12_20_de.pdf; 21.03.2018. Deutsche Initiative für Netzwerkinformation: 2007. DINI-Zertifikat Dokumenten- und Publikationsservice 2007. Arbeitsgruppe „Elektronisches Publizieren (http: / / edoc.hu-berlin.de/ series/ dini-schriften/ 2006-3/ PDF/ 3.pdf; 21.03.2015). E BSTER , C LAUS ; S TALZER , L ISELOTTE : 2003. Wissenschaftliches Arbeiten für Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler. 2., überarb. Auflage. Wien: WUV Universitätsverlag. E RTL -S CHMUCK , R OSWITHA ; U NTER , A NGELIKA ; M IBS , M ICHAEL ; L ANG , C HRISTIAN : 2015. Wissenschaftliches Arbeiten in Gesundheit und Pflege. Konstanz, München: UVK Verlagsgesellschaft. E SPOSITO , E LENA : 2012. Wissenschaftliches Publizieren: Stand und Perspektiven. Themenheft der Zeitschrift Soziale Systeme, Heft 1/ 05, Stuttgart: Lucius & Lucius. <?page no="92"?> 92 Publizieren in den Medien E SSELBORN -K RUMBIEGEL , H ELGA : 2002. Von der Idee zum Text. Eine Anleitung zum wissenschaftlichen Schreiben. Paderborn: Schöningh. G EULEN , C HRISTIAN : 2010. An alle! Über populärwissenschaftliche Texte. In: R UHL , K ATHRIN ET AL . Publizieren während der Promotion. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaft. H ARTMANN , B ERND ; J ANSEN , F ELIX : 2008. Open Content - Open Access. 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Bände 8, 9 und 11. Berlin: Raabe. K LEMM , M ICHAEL : 2010. Den anderen auf den Mund geschaut. Vortrags- und Tagungsberichte. In: R UHL , K ATHRIN ET AL . Publizieren während der Promotion. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaft. K OMMER , I SOLDE : 2013. Digital publizieren mit InDesignCC: E-Books und Tablet-Apps entwickeln. München: Hauser. K ORNMEIER , M ARTIN : 2013. Wissenschaftliches Schreiben leicht gemacht für Bachelor, Master und Dissertationen. 6. Auflage. Bern: Haupt. L EHR , M ICHAELA ; B RAMMER , R ICHARD : 2011. Digitales Publizieren für Tablets. Heidelberg: Dpunkt. Verlag. L EHMANN , G ÜNTER : 2017a. Publizieren - aber wie? Verfassen und Veröffentlichen von Fachartikeln und wissenschaftlichen Ergebnissen. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Renningen: expert. <?page no="93"?> Publizieren in den Medien 93 L EHMANN , G ÜNTER : 2017b. Die effektive Befragung. Ein Ratgeber für die Datenerhebung in der beruflichen und wissenschaftlichen Arbeit. 2., aktualisierte Auflage. Renningen: Expert. L EHMANN , G ÜNTER : 2019. Wissenschaftliche Arbeiten zielwirksam verfassen und präsentieren, Ergebnisse publizieren und umsetzen. In: FORUM EIPOS, Band 13, 7., überarbeitete und erweiterte Auflage. Tübingen: expert. L EHNER , M ARTIN : 2012. Didaktische Reduktion. Berlin, Stuttgart, Wien: Haupt. L ÜTHE , R UDOLF : 2010. Ein Einstieg in das wissenschaftliche Publizieren. Rezension. In: R UHL , K ATHRIN ; M AHRT , N INA ; T ÖBER , J OHANNA (Hrsg.): Publizieren während der Promotion. Wiesbaden: VS Verlag, S. 61-64. M AHRT , N INA ; R UHL , K ATHRIN : 2010. Zur freien Verfügung. Elektronisches Publizieren mit Open Access. In: R UHL , K ATHRIN ; M AHRT , N INA ; T ÖBEL , J OHANNA (Hrsg.): Publizieren während der Promotion. Wiesbaden: VS Verlag. M YLONAS , I ONNIS ; B RÜNING , A NSGAR : 2013. Wissenschaftliches Publizieren in der Medizin. Ein Leitfaden. Berlin, Heidelberg: Springer. O ERTNER , M ONIKA ; S T . J OHN , I LONA ; T HELEN , G ABRIELE : 2014. Wissenschaftliches Schreiben. Ein Praxisbuch für Schreibtrainer und Studierende. Paderborn: Fink. o.A.: 2003. Berliner Erklärung über den offenen Zugang zum wissenschaftlichen Wissen (http: / / www.mpg.de/ pdf/ openaccess/ BerlinDeclaration_dt.pdf; 21.03.2016). R ECHENBERG , P ETER : 2002. Technisches Schreiben. 2., erweiterte Auflage. München, Wien: Carl Hanser. R UHL , K ATHRIN ; M AHRT , N INA ; T ÖBEL , J OHANNA : 2010. Publizieren während der Promotion. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. R OST , F RIEDRICH : 2010. Wer schreibt, der bleibt. Artikel in den Erziehungswissenschaften. In: R UHL , K ATHRIN ; M AHRT , N INA ; T ÖBEL , J OHANNA (Hrsg.): Publizieren während der Promotion. Wiesbaden: VS Verlag. S CHNEIDER , R OLF ; R AUE , P AUL -J OSEF : 2016. Das neue Handbuch des Journalismus und de Online-Journalismus. 2. Aufl. Reinbek: Rowohlt. S CHMIEDT , H ELMUT : 2010. Vom Suchen und Finden des richtigen Verlags. Monografien in Buchform. In: R UHL , K ATHRIN ET AL . (Hrsg.): Publizieren während der Promotion. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 177-183. <?page no="94"?> 94 Publizieren in den Medien S CHOLL , A RMIN : 2003. Die Befragung. Sozialwissenschaftliche Methode und Kommunikationswissenschaftliche Anwendung. Konstanz: UK. S ESSELMEIER , W ERNER ; H AUPT , M ARLENE : 2010. Fachwissen trifft Didaktik. Beiträge in Lehrbüchern. In: R UHL , K ATHRIN ET AL . (Hrsg.): Publizieren während der Promotion. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 79-85. S ÖLLNER , K ONSTANZE ; M ITTERMAIER , B ERNHARDT : 2017. Praxishandbuch Open-Acces. Berlin, Boston: De Gruyter Saur. T ÖPFER , A RMIN : 2007. Betriebswirtschaftslehre. Anwendungs- und prozessorientierte Grundlagen. 2. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York: Springer. <?page no="95"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 95 3 Vortragen auf Tagungen und Meetings 3.1 Kennzeichnung „Vortragen? - Oh, nein! Reden war noch nie meine Stärke.“ Aber: Wer beruflich Erfolg haben will, muss auch Reden können. Das ist durch entsprechende Aktivität zu erreichen. Und wer außerdem noch etwas zu sagen hat, besitzt dafür gute Voraussetzungen. Eine erfolgreich abgeschlossene Graduierungsarbeit bietet dafür ein solides Fundament, auf dem man einen Vortrag aufbauen kann. Die Gelegenheiten sind zahlreich - von der Arbeitsbesprechung bis zur wissenschaftlichen Tagung. Ebenso wie beim Publizieren gibt es unterschiedliche Ansprechpartner in den verschiedenen Formen des Vortragens und damit zahlreiche Angebote zwischen den Polen Fachwissenschaft und Populärwissenschaft. Abb. 3.1: Vortragsformen In der Abb. 3.1 wird zunächst zwischen Vorträgen mit Personenbezug und mit Sachbezug unterschieden. Während Anlassreden und Ansprachen hier nicht näher behandelt werden, liegt im Folgenden der Fokus auf dem Fachvortrag, ergänzt durch knappe Charakteristiken des Kurzvortrags, des Diskussionsbeitrags und der Stegreifrede. <?page no="96"?> 96 Vortragen auf Tagungen und Meetings Natürlich bewegt den interessierten Verfasser die Frage: Wie erreiche ich eine Einladung zum Vortrag auf einer Tagung, einem Kolloquium, einem Branchentreffen oder einem Meeting in der Organisation? Die Wege sind veranstaltungsbedingt sehr unterschiedlich. Aber von selbst flattert die Einladung nicht auf den Tisch. Der Erfolg ist selbst zu organisieren. Jeder Verfasser, der sich mit dem Gedanken des Verwertens trägt, sollte zu seiner Arbeit ein Application Abstract (siehe dazu Abschnitt 2.5.2) in deutscher und englischer Sprache verfassen. Auf einer DIN A4-Seite sind Anlass der Untersuchung, Fragebzw. Problemstellung, methodisches Vorgehen, Ergebnisse und Umsetzungsvorschläge so darzustellen, dass der Leser Überblick und Interesse an der Arbeit gewinnt. Damit schafft der Verfasser eine wichtige Grundlage für die Verwertungsakquise. Im Kanal „Vortragen“ kann es mit Bezug auf die konkrete Veranstaltung modifiziert werden, etwa durch das Klären solcher Fragen, vor wem, mit welcher Absicht, welche Ergebnisse und in welcher Form. Im Falle der Bewerbung für eine wissenschaftliche Veranstaltung wird ein Conference Abstract (siehe dazu Abschnitt 2.5.2) empfohlen. Er ist in der Regel mit ca. 500 Wörtern umfänglicher als der Application Abstract. Da Konferenzen und Tagungen langfristig geplant und vorbereitet werden, sollte der Verfasser nach Recherche in den einschlägigen Veranstaltungskalendern seine Bewerbung mindestens 6 Monate vor Veranstaltungsbeginn einreichen (H UEMER , B. et al., 2012, S. 28 ff.). Mit Empfehlung des wissenschaftlichen Betreuers werden manche Bewerbungen noch vor der Disputation der Graduierungsarbeiten abgegeben. Im Text ist der Bezug zum Tagungsthema deutlich zu markieren und die Quellen eigener einschlägiger wissenschaftlicher Arbeit anzugeben. Die Bewerbung wird qualifiziert, wenn sie durch Referenzen (z. B. ein Empfehlungsschreiben des Betreuers bzw. Gutachters) und/ oder das Angebot eines Posters (siehe Abschnitt 2.5.3) für eine Diskussion im Rahmen der Veranstaltung ergänzt wird. 3.2 Fachvortrag 3.2.1 Grundstruktur Vorträge erschließen sich aus dem Inhalt der Graduierungsarbeit und werden auf Tagungen, Konferenzen, Kolloquien, Seminaren, Meetings, Verbands- oder Branchentreffen und in verschiedenen Arbeitsbesprechungen in der Organisation gehalten. Dementsprechend unterschiedlich dominiert die fachwissenschaftliche oder populärwissenschaftliche Darstellung den Vortrag. Insofern haben die Empfehlungen in den Kapiteln 2.3 und 2.4 gleichermaßen Bedeutung für seine Gestaltung. <?page no="97"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 97 Der Fachvortrag ist im Unterschied zur Publikation eine lebendige Möglichkeit, ein Publikum zu informieren oder zu überzeugen. Er macht es gleichsam zu Teilnehmern, aktiviert zum Diskurs. Der Vortragende kann unmittelbar erfahren, ob ihm das gelungen ist. Deshalb hat der Fachvortrag in der Regel zwei konstituierende Phasen (siehe Abb. 3.2): • eine Darstellungsphase - die Rede und • eine Austauschphase - die Diskussion. Abb. 3.2: Grundstruktur des Fachvortrags Der Anteil beider Phasen am Vortrag wird in der Regel durch die Veranstaltungsregie bestimmt. Hat der Vortragende freie Entscheidung, sollte er beiden Phasen jeweils den gleichen Zeitraum einräumen. In der Austauschphase können Fragen beantwortet, Missverständnisse beseitigt, Probleme erörtert, Meinungen erfahren und Impulse aufgenommen werden. Das vermittelt nicht nur Zuversicht, auf dem richtigen Weg zu sein, sondern verhindert auch, einen falschen Weg zu gehen. Nach Abb. 3.2 gehören zum Fachvortrag: • eine Vorgeschichte - als Rückgriff auf Ereignisse im Vorfeld des Vortrags und • eine Nachgeschichte - als Gestaltungsfeld für Nachkontakte. Ereignisse im Vorfeld können sich auf zeitlich zurückliegendes Geschehen beziehen, in das der Vortragende oder seine Organisation involviert waren. Das <?page no="98"?> 98 Vortragen auf Tagungen und Meetings Publikum erwartet heute und hier, dass der Vortragende das beachtet und in irgendeiner Weise darauf eingeht. Die Nachgeschichte beinhaltet neben der Analyse des Ablaufs und der Dokumentation der erhaltenen Hinweise die Wahrnehmung von Kontaktangeboten aus dem Kreis der Teilnehmer. 3.2.2 Redeaufbau In Abb. 3.3 sind die wesentlichen Schritte für den Aufbau einer Rede dargestellt. Die vorgeschlagene Reihenfolge der Schritte sollte dabei eingehalten werden. Abb. 3.3: Schrittfolge Redeaufbau (1) Ziele formulieren Die Frage nach dem Ziel einer Rede lautet: Was sollen die Teilnehmer während und vor allem nach der Rede tun? Was sollen sie kennengelernt oder verstanden haben? Oder: Wovon sollen sie überzeugt werden, was sollen sie unternehmen oder was sollen sie veranlassen? Wie sollen sie sich künftig verhalten? Besonderer Wert ist auf konkrete Ziele zu legen, beispielsweise: <?page no="99"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 99 • den Anlass zur vorgestellten Untersuchung verstehen und nachvollziehen können, • die gestellte Forschungsfrage und ihre Beantwortung akzeptieren, • sich für eine der angebotenen Alternativen entscheiden, • von der Schlüssigkeit der Argumentation zur Umsetzung überzeugt sein, • das methodische Vorgehen bei der Problemlösung verstehen und bewerten können, • Vorschläge für die Umsetzung der Ergebnisse unterstützen, • einer Weiterführung der Untersuchung zustimmen. Bei der Durchsicht dieser Zielformulierungen sind die drei in Abb. 3.4 dargestellten Grundrichtungen zu erkennen: Informieren, Überzeugen und Veranlassen. Zwischen diesen drei Richtzielen liegt eine Fülle von Mischformen, aber eines von ihnen wird in der Regel dominieren. Abb. 3.4: Richtziele einer Rede Jedes dieser Richtziele wird durch spezielle Inhalte, Methoden und Mittel umgesetzt. Eben deshalb ist ihre konkrete Formulierung der unverzichtbare erste Schritt in der Vorbereitung einer Rede. Im weiteren Verlauf ist allerdings ständig zu prüfen: Wie realistisch ist das formulierte Ziel, reichen die verfügbaren Inhalte, <?page no="100"?> 100 Vortragen auf Tagungen und Meetings Methoden und Mittel dafür aus? Werden sich die Teilnehmer darauf einlassen? Das erfordert noch vor der Auswahl von Inhalten, Methoden und Mitteln zwingend den zweiten Schritt der Vorbereitung: Die Analyse der Teilnehmer! (2) Teilnehmer analysieren Dem Vortragenden ist zu empfehlen, vor dem Anfertigen des Redetextes Informationen über die Teilnehmer der Veranstaltung einzuholen und im Ergebnis eine Analyse über ihre Situation, Interessen und Einstellungen anzufertigen. Erstens ist in dieser Analyse festzustellen, wer die Teilnehmer sind, welches Vorwissen sie mitbringen, wo und womit sie im wissenschaftlichen und beruflichen Feld beschäftigt sind. Das führt zu einem ersten Eindruck von der Situationen in der sie sich befinden. Der Redner kann folglich auf Informationen verzichten, die bereits bekannt sind. Aus dem festgestellten Vorwissen können der Erklärungsbedarf und das Verständnis von Grundlagen sowie von Fach- und Fremdwörtern ermessen werden. Aus den zu erwartenden intellektuellen Fähigkeiten sind das Tempo und der Umfang der Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen abzuleiten. Schließlich ergeben sich aus dem dominierenden Wirkungs- und Erfahrungsbereich der Teilnehmer Hinweise für die Wahl der Beispiele, das Anknüpfen an Erfahrungen oder für das Formulieren von Appellen. Zweitens gibt die Analyse Aufschlüsse darüber, welche Interessen die Teilnehmer haben. In der Rede (und in der Diskussion) ist gezielt auf diese Interessen einzugehen. Unverzichtbare Argumente, die wahrscheinlich mit diesen Interessen nicht sofort übereinstimmen, sind besonders sorgfältig vorzubereiten und zu begründen. Die Kenntnis der Interessen ist von großer Bedeutung für die Wirkung der Rede, weil sie einen Zugang zum Finden von Nutzenargumenten für die Teilnehmer schaffen. In der Praxis macht mancher Redner den Fehler, dass er seinem Publikum die gleichen Interessen unterstellt, die er selbst hat. Aber die Menschen haben unterschiedliche Interessen, beispielsweise • Qualitätsinteressen - neue Erkenntnisse, die hohen Qualitätsansprüchen genügen, werden erwartet, • Gewinninteresse - methodischer Informationsgewinn ist erwünscht, • Sicherheitsinteresse - Ratschläge zur Vorsorge gegenüber vielfältigen Gefahren unter Sicherheitsaspekten sind gefragt, • Umweltinteressen - Einschätzungen zur Umweltfreundlichkeit und -verträglichkeit als Beurteilungs- und Wahlkriterium werden erwartet. Dem Vortragenden wird empfohlen, nicht phantasielos Informationen nach eigenem Gutdünken zu vermitteln, sondern seine Aussagen, seine Argumente in der Bedeutung anzubieten, die den Interessen seiner Teilnehmer entspricht. Stets <?page no="101"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 101 muss er im Auge behalten, dass die Überzeugungskraft seiner Argumentation nicht nur von dessen Richtigkeit, sondern zugleich immer auch von der Bedeutsamkeit des Arguments für die Teilnehmer abhängt (siehe dazu Abb. 3.5). Wer seine Teilnehmer zu Entscheidungen veranlassen will, muss sich gut überlegen, vor welchem Kreis (Zielgruppe), mit welchem Ziel und welche Aussagen von Bedeutung getroffen werden sollen (siehe Abschnitt 5.4.2). Abb. 3.5: Verstärker für die Überzeugungskraft der Argumentation Drittens soll die Analyse die Einstellungen der Zuhörer zu den Zielen, Inhalten und zum Vortragenden feststellen. Einstellungen beziehen sich auf erlernte - keinesfalls angeborene - Neigungen, sich zu einem Objekt (Produkt, Konzept, Unternehmen) oder zu einer Person/ Personengruppe positiv, indifferent oder negativ zu verhalten. Drei Elemente kennzeichnen Einstellungen: • das Gefühl gegenüber dem Objekt bzw. der Person/ Personengruppe, • das Wissen über das Objekt bzw. die Person/ Personengruppe, • die Bereitschaft zum adäquaten Handeln und Verhalten. Will man eine Einstellung beeinflussen, gegebenenfalls verändern, muss der IST-Zustand bekannt sein. Denn Einstellungen haben eine Tendenz zu Konsistenz. Treten jetzt Widersprüche auf, so erregen sie und lösen Aktivitäten aus, um die Konsistenz wiederherzustellen. Dabei werden einstellungskonforme Informationen eher aufgenommen als einstellungskonträre. Deshalb sollte der Teilneh- <?page no="102"?> 102 Vortragen auf Tagungen und Meetings mer zunächst bei seiner vorhandenen Einstellung abgeholt werden, beispielsweise so: „Ich kann verstehen, dass Sie zunächst skeptisch sind ...“ oder „Sie werden sich zu Recht die Frage stellen, wie meine Idee unter den gegebenen Bedingungen umsetzbar ist.“ Im Grunde gipfelt vieles in den beiden Fragen: • Was wissen und denken die Teilnehmer aus eigener Erfahrung über das Thema? • Welche Erwartungen und Vorurteile bringen sie mit? Beim Versuch, die Informationen zur Situation, zu den Interessen und Erwartungen der Teilnehmer zu bündeln, kann man in grober Näherung fünf Gruppen mit unterschiedlichen Erwartungen bestimmen, die jeweils eine eigene Schwerpunktsetzung in der Rede begründen. Der Redner ist gut beraten, die Gestaltungsempfehlungen in Abb. 3.6 zu prüfen und differenziert umzusetzen. Das erhöht die Akzeptanz seiner Argumente. Offensichtlich ist diese Typisierung noch relativ unscharf. Aber sie veranlasst in der Vorbereitung zur Beschäftigung mit dem Veranstaltungspublikum, schätzt die zu erwartende Resonanz ein und erleichtert begründete Gestaltungsüberlegungen. In der Praxis kann der Vortragende seine Teilnehmer sicher nicht ausschließlich einem Typ zuordnen. Häufig trifft er auf gemischte Gruppen. Hier ist zu überlegen: • Sollte er besser der Mehrheit gerecht werden? Welchem Typ ist die Mehrheit zuzuordnen? • Oder sollte er in erster Linie die Entscheider ansprechen? Sind das eher Fachleute, Manager, Prüfer oder Kritiker? <?page no="103"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 103 Abb. 3.6: Gestaltungsempfehlungen für unterschiedliche Teilnehmertypen <?page no="104"?> 104 Vortragen auf Tagungen und Meetings (3) Redeschluss formulieren Der Leser ist sicher überrascht, dass die Konzipierung der Rede mit dem Schluss beginnt. Eine gute Rede braucht vor allem einen überzeugenden Schluss. Hier ist in knapper und klarer Form zu sagen: • welcher Beitrag zur Erweiterung des Sachund/ oder Methodenwissens in der wissenschaftlichen Disziplin geleistet wird oder • worin der Nutzen einer Problemlösung für eine Organisation besteht oder • welche Arbeitsbzw. Lebensbedingungen für einen bestimmten Personenkreis auf welche Weise verändert werden. Wesentlich ist dabei, dass der Nutzen des vorgetragenen Ergebnisses immer einen Bezug zu einer bestimmten Sache, einer bestimmten Organisation oder einem bestimmten Personenkreis hat. Man erinnere sich an den psychologischen Befund: Das zuletzt Gesagte bleibt am längsten in Erinnerung. Mancher erfahrene Redner handelt nach der Faustformel: Mittelmäßiger Hauptteil plus guten Schluss ergibt eine gute Rede. Aber das trifft meistens nicht zu. Nur wenn aus dem vorbereiteten guten Schluss konsequent der Hauptteil abgeleitet wird, wenn dort alle Aussagen auf das Herleiten des Ergebnisses mit deutlich erkennbarem Nutzen fokussiert werden, dann wird es auch ein guter Hauptteil und damit wirklich eine gute Rede. Für die Gestaltung des Schlussteils der Rede gelten die folgenden Empfehlungen: Kündige den Schluss an, mach eine kleine akustische Pause (etwa 3 Sekunden). Knüpfe an den Einstieg in die Rede an (Anlass). Beispiel: „Im gegenwärtigen Navigationsgerät tritt nach 278 Schaltungen ein Softwarefehler auf. Transportmittel kommen nicht zuverlässig an“ Nenne das oder die Ergebnisse mit für die Teilnehmer erkennbarem Nutzen. Beispiel: „Durch Fehlerprävention in Software-Innovation-Prozessen können solche Fehler ausgeschaltet und damit in Transportwegen Verzögerungen und Umwege ausgeschlossen werden.“ Verweise auf die erforderlichen Konsequenzen bzw. weiterführenden Untersuchungen. Beispiel: „Entscheiden Sie rasch, damit die Zuverlässigkeit des Gerätes gesichert wird.“ <?page no="105"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 105 Fordere zum Handeln auf. Beispiel: „Bitte prüfen Sie meine Ausführungen kritisch. Ich bin Ihnen jetzt für Ihre Fragen, Meinungsäußerungen und Anregungen dankbar! “ Auf jeden Fall ist am Schluss Folgendes zu vermeiden: Schiebe kein Argument nach, dass man im Hauptteil vergessen hat. Die notwendige Ergänzung kann in der Diskussion erfolgen. Vermeide pseudooriginelle Zuspitzungen am Schluss, wie beispielsweise: „Ein bekannter Publizist hat einmal gesagt: Man darf nicht nur keine Gedanken haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken. Ich hoffe, das ist mir mit meiner Rede gelungen.“ Erspare den Teilnehmern zum Schluss ein Bild mit der Floskel: „Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! “ (4) Redeeinstieg gestalten Mit dem Einstieg wird der Spannungsbogen für die Rede aufgebaut. Der Redner macht auf seine Botschaft und seine Person aufmerksam. Er setzt dem Publikum im übertragenen Sinne die Brille auf, durch die seine Ausführungen fortan gesehenen werden. Deshalb ist der Redner gut beraten, den Einstieg, übrigens ebenso wie den Schluss, schriftlich zu formulieren. Auf diese Weise wird mit Blick auf die Botschaft für das Publikum eine passfähige Brille gebaut. Bei der Gestaltung des Einstiegs sollen folgende Empfehlungen helfen: Starte mit Schwung, vermeide den „Otto-Normalverbraucher-Einstieg“ mit langatmiger Begrüßung, unsicherer Entschuldigung oder zu komplizierten Bildern. Nenne stattdessen das Problem, das zu lösen ist, das Defizit das auszugleichen ist, die Bedingungen, die zu verändern oder die Irrwege, die zu verlassen sind. Dabei kann eine Zuspitzung die Aufmerksamkeit erhöhen, auch durch das Einkleiden in ein Szenario, ein Zitat oder einen Situationsbezug. BEISPIEL: „Sie sind vom Geschäftsführer eines Unternehmens in die Stadt B. eingeladen. Vorsichtshalber geben Sie die Adresse in Ihren Navigator ein. Aber statt in die Goetheallee, den Sitz des Unternehmens, führt das Gerät Sie in die Goethestraße, am anderen Ende der Stadt gelegen. Der Akku im Handy ist mal wieder leer, der Termin ist in Gefahr, vielleicht platzt er gar. Die Ursache: Ein Softwarefehler. Gegenwärtig tritt nach <?page no="106"?> 106 Vortragen auf Tagungen und Meetings 278 Schaltungen ein solcher Fehler auf. Ich möchte Ihnen eine Lösung für die deutliche Reduzierung der Fehlerwahrscheinlichkeit vorstellen.“ Nenne jetzt das Thema. Beispiel: „Fehlerprävention in Software-Innovations-Prozessen im Bereich A und den Applikationen B und C.“ Achte darauf, dass die Begriffe im Thema verständlich und eindeutig sind. Wenn das Thema beispielsweise lautet: „Entwicklung von Empowerment als Führungskultur im Unternehmen“, sollte der Redner einem heterogenen Publikum erläutern, was er unter „Empowerment“ und „Führung“ versteht. Das Publikum wird dem Redner dankbar sein, wenn die Agenda der Rede kurz gehalten wird, in der ersten Dezimale verbleibt und sechs Gliederungspunkte nicht überschreitet. Zugleich sollte er frühzeitig anbieten, dass anschließend Fragen beantwortet sowie Meinungen und Standpunkte ausgetauscht werden können. Nimm eine kurze persönliche Vorstellung vor, sofern das im Tagungsprogramm oder in den Einführungen des Tagungsleiters nicht vorgesehen ist. Das Publikum sollte wissen, mit welcher Fachkompetenz und welchem Berufs- und Erfahrungshintergrund der Redner auftritt. Schließe den Einstieg mit der Angabe des Ziels ab, also der klaren Ansage, was die Teilnehmer nach der Rede tun, denken oder wie sie handeln sollen. Sicher baut der Redner damit einen kritischen Prüfstein für die folgenden Aussagen im Hauptteil auf. Aber was will er eigentlich sonst? Der Redner präsentiert sich damit offen und fair, frei von Manipulierungsabsichten, und signalisiert den Teilnehmern, dass er sie wertschätzt. Beispiel: „Ich möchte, dass Sie im Ergebnis meiner Ausführungen der Umsetzung des Vorschlags zustimmen.“ (5) Hauptteil bearbeiten Der Schwerpunkt im Hauptteil liegt auf dem Herleiten und Begründen des am Schluss vorgestellten Ergebnisses mit erkennbarem Nutzen. Damit wird unnötige Redundanz vermieden und die verfügbare Zeit optimal genutzt. Für das Bearbeiten des Hauptteils bewähren sich vier Schritte: 1. Sammeln, 2. Auswählen, 3. Gewichten, 4. Reihen. In einem ersten Schritt ist alles zu sammeln, was an Sach-, Methoden-, Wert- und Normaussagen für diesen Zweck zur Verfügung steht (siehe Abb. 3.7). Während Sach- und Methodenaussagen Bestandteile der Graduierungsarbeit sind, <?page no="107"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 107 werden oft Wert- und Normaussagen zusätzlich zum Gewinn von Überzeugungskraft der Rede ausgewählt. Die Wertaussagen enthalten Kriterien und Kennziffern, die dem Zuhörer die bessere Beurteilung der Sach- und Methodenaussagen und damit die richtige Auswahl aus den vorgeschlagenen Lösungsvarianten ermöglichen. Auf diese Weise macht es ihn im wahrsten Sinne des Wortes zum „Teilnehmer“. Das Beispiel in Abb. 3.8 zeigt, wie mit einem Angebot geeigneter Beurteilungskriterien (Wertaussagen) aus einer Vielzahl von Varianten eine empfohlene Lösung zur Zielerreichung transparent gemacht werden kann. Allerdings muss gesichert sein, dass die Teilnehmer mit diesen Kriterien umgehen können. Ein weiterer Gewinn an Überzeugungskraft einer Rede entspringt aus Normaussagen, die auf den in Rede stehenden Gegenstand bezogen sind und die Seriosität des Redners demonstrieren. Dazu gehören beispielsweise: • Das Ansprechen von Ereignissen im Vorfeld der Veranstaltung, die im Zusammenhang mit dem Redner und seiner Organisation stehen. • Das Einschränken des Geltungsbereichs der vorgestellten Lösung und das Ableiten von Schlussfolgerungen für weitere Entwicklungen. • Das Darstellen von kritischen Details und möglichen Risiken, die mit der Lösung und ihrer Umsetzung verbunden sind. • Der Umgang mit Internetquellen und vertraulichen Daten. Abb. 3.7: Aussagequalitäten im Vortrag <?page no="108"?> 108 Vortragen auf Tagungen und Meetings Abb. 3.8: Beispiel für Bewertungskriterien Im zweiten Schritt der Bearbeitung des Hauptteils geht es um die Auswahl des Redeinhalts. In Abb. 3.9 sind die drei wesentlichen Auswahlkriterien abgebildet. Je konkreter das Ziel formuliert ist, je genauer die Teilnehmer analysiert wurden, desto begründeter kann der Redner unter Beachtung des zeitlichen Umfangs die Sach-, Methoden-, Wert- und Normaussagen auswählen. Abb. 3.9: Auswählen des Vortragsinhalts <?page no="109"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 109 In einem dritten Schritt erfolgt das Gewichten der ausgewählten Inhalte und ihre Darstellung auf den in Abb. 3.10 dargestellten Ebenen. Erfahrene Redner verweisen u. a. auf zwei Vorzüge des Gewichtens. Erstens erlaubt die Gliederung ein rasches Einprägen des Redetextes, denn eine Rede wird freigehalten. Wer seinen Text von der ersten bis zur letzten Seite über 15 bis 20 Minuten vom Blatt abliest, lässt beim Publikum Zweifel an Identifikation mit dem Inhalt und der Wertschätzung gegenüber den Zuhörern aufkommen. Zweitens kann der Redner nahezu aus dem Stand auf Zeitverkürzung reagieren, die der Tagungsablauf mitunter erfordert. Vor Fachleuten reduziert er bei den Kann-Inhalten, bei einem heterogenen Publikum bei den Soll-Inhalten. Abb. 3.10: Gewichten der ausgewählten Inhalte Das Gewichten ist zugleich die Voraussetzung für den vierten Schritt, das Reihen der Argumente (Ebene A) mit Zuordnung der Belege, Beweise sowie Abbildungen und Beispiele. Mit Blick auf das Publikum lassen sich zwei unterschiedlich Arten bestimmen: die sachlogische und die psychologische Reihenfolge. Im Beispiel in Abb. 3.11 (Konzept für ein Liefermanagement) wird mit der sachlogischen Reihenfolge ein Kreis von Fachleuten, mit der psychologischen Reihenfolge dagegen ein heterogenes Publikum (im Beispiel eine Geschäftsführung) angesprochen. <?page no="110"?> 110 Vortragen auf Tagungen und Meetings Abb. 3.11: Beispiele für Reihenfolgen Für das Reihen von Aussagen eignet sich u. a. der Fünfsatz. Seine Anwendung hilft beim Erstellen des Redemanuskripts, unterstützt die Konzentration auf die wichtigsten Argumente und beugt dem Ausufern in alle erdenkbaren Einzelheiten des Gegenstandes vor. In den Abb. 3.12 bis 3.15 werden vier Beispiele für typische Argumentationsfolgen im Fünfsatz vorgestellt. <?page no="111"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 111 Abb. 3.12: Argumentationsfolge Allgemeines - Besonderes - Einzelnes Abb. 3.13: Argumentationsfolge Kompromiss <?page no="112"?> 112 Vortragen auf Tagungen und Meetings Abb. 3.14: Argumentationsfolge Vergleich Abb. 3.15: Argumentationsfolge Lösungsvarianten <?page no="113"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 113 (6) Inhalte veranschaulichen In einer Rede unterstützen Bilder das gesprochene Wort, geben Orientierung zum Inhalt und Ablauf, veranschaulichen komplizierte Sachverhalte. Visualisieren bedeutet, die in Rede stehenden Sachverhalte in eine bildhafte Form zu überführen. Auf diese Weise wird dem Teilnehmer beim Entwickeln geeigneter Vorstellungsbilder geholfen, besonders zu abstrakten Sachverhalten. Die Abb. 3.16 bis 3.18 zeigen entsprechende Beispiele für drei typische Darstellungsformen in ausgeprägter Vereinfachung. Beispiel Schema Abb. 3.16: Schema „Informationsumsatz beim Menschen“ (in Anlehnung an M ELEZINEK , A., 1992, S. 61) Aus dem stark vereinfachten Schema in Abb. 3.16 lassen sich beispielsweise eine Reihe von Empfehlungen für das Redeverhalten ableiten: Wenn nur eine geringe Menge der mit den Sinnesorganen aufgenommenen Informationen im Kurzzeitspeicher ankommt, dann passe Deine Informationen den Kenntnissen, Erfahrungen, Interessen und Einstellungen Deiner Zuhörer an und wähle eine aufmerksamkeitsfördernde Ansprache. Wenn im Kurzspeicher die Informationen nur eine begrenzte Gegenwartsdauer haben, dann formuliere Sätze aus etwa 20 Wörtern und stelle eine Frage nicht länger als 10 Sekunden. <?page no="114"?> 114 Vortragen auf Tagungen und Meetings Wenn die Abflussgeschwindigkeit zum Gedächtnis wesentlich geringer ist als die Zuflussgeschwindigkeit zum Kurzspeicher, dann wiederhole wichtige Informationen mehrfach in wechselnden Zusammenhängen und verpackt in interessanten Beispielen. Außerdem: Biete Deine Informationen in Strukturen an und entlaste das Langgedächtnis durch ein Angebot externer Speicher (Checklisten, Wissensspeicher, Datenbanken). Beispiel Diagramm Abb. 3.17: Diagramm „Behalten von Lernstoff“ Beispiel Tabelle Abb. 3.18: Tabelle „Entwicklung Inklusionsschüler in den Klassen 5 bis 7 der Schule X“ gelernte Stoffmenge Zeit leicht gruppierbares sinnvolles Material schwer gruppierbares Material sinnfreies Material <?page no="115"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 115 Mit der Absicht der Veranschaulichung werden mitunter längere ausformulierte Texte ins Bild gesetzt. So unterstützt der Text in Abb. 3.19 nicht das Verständnis darüber, was der Redner mit „Risiko“ meint. Solche Bilder dienen bestenfalls für ihn als Lesehilfe. Abb. 3.19: Beispiel für überflüssiges Visualisieren Ist ihm wirklich am schnellen Erfassen seiner Botschaft gelegen, dann muss die lange Textpassage aufgelöst und das Risikoverständnis wie in Abb. 3.20 in vereinfachter und damit verständlicher Form abgebildet werden. Abb. 3.20: Beispiel für sinnvolles Visualisieren Bei jedem Bild sind drei Fragen zu beantworten: Was will ich veranschaulichen? Was will ich damit erreichen? Wen spreche ich damit an? Zahlen sind in besonderer Weise geeignet, Sachverhalte zu erhellen, Entwicklungen zu verdeutlichen und Argumente zu belegen. Denn wer die Zahl hat, hat die Macht - solange die Zahlen nicht widerlegt werden. Die Zahlen stehen dem Redner für den Augenblick exklusiv zur Verfügung. Aber Vorsicht! Das Publikum <?page no="116"?> 116 Vortragen auf Tagungen und Meetings ist mitunter skeptisch, prüft Zahlen. Die folgenden Empfehlungen sollen beim Einsatz von Zahlen vor Fehlern bewahren: Verwende so wenig Zahlen wie möglich, so viel wie nötig. Setze stets aktuelle Zahlen ein. Achte auf die richtige Summierung der Zahlen. Interpretiere Zahlen richtig. Runde Zahlen auf und ab. Setze Zahlen in Bilder (bildhafte Vergleiche). Verzichte auf komplizierte mathematische Ableitungen. Ungenauigkeiten bei der Verwendung von Zahlen nähren den Eindruck, der Redner neige zur Oberflächlichkeit oder gar zur Manipulation. (7) Formulierungen prüfen Die Formulierungen sollen das Publikum wirksam, also empfängerorientiert ansprechen. Mit der Analyse der Teilnehmer und ihrer Typisierung wurden für den Aufbau einer Beziehung zum Publikum wichtige Voraussetzungen geschaffen. Dazu gehört, dass der Redner positive Dinge auch positiv sagt und im Falle, dass er seine eigene Meinung äußert, die Ich-Botschaft verwendet. Immer dann, wenn er Konsequenzen nennt, sollte der Sie-Standpunkt gewählt werden, z. B. „… das bedeutet für Ihre Praxis, dass Sie …“. Viel Aufmerksamkeit verdient eine Wortwahl, die dem Verständnis der Teilnehmer entspricht. Weniger geläufige Fachwörter sind zu erklären, gegebenenfalls in einem Glossar (Siehe dazu Punkt (9)). Fremdwörter sind sparsam und vor allem in der richtigen Bedeutung einzusetzen. Es erstaunt immer aufs Neue, dass selbst Fachleute die Begriffe „Effizienz“ und „Effektivität“ bewusst oder unbewusst synonym verwenden und dabei ignorieren, dass Effizienz den Grad der Wirtschaftlichkeit und Effektivität den Grad der Zielerreichung bezeichnet. In beängstigender Weise schleichen sich Modewörter in die Sprache. Da wird „geupdatet“ und „performt“, „Sinn gemacht“ und schließlich werden ständig „Quantensprünge“ vollzogen, möglichst „ultimativ“. Die Empfehlung lautet: Gehe sorgsam mit der Wortwahl um, prüfe, ob einfache und bewährte Wörter die Sache nicht genauso und dabei verständlicher ausdrücken. Verständliche Satzgestaltung ist nicht nur in der Schriftform erforderlich, sondern auch in der wörtlichen Rede. „Ein guter Ausdruck ist fast so viel wert wie ein guter Gedanke“, sagt L ICHTENBERG und verweist damit auf den Satzstil. <?page no="117"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 117 Besonderer Wert ist auf den Ausdruck wesentlicher Aussagen zu legen. Einfache Sätze (Hauptsatz) verzichten auf eine Kette von Nebensätzen (maximal 2 Nebensätze) und dauern gesprochen etwa 10 Sekunden. Es ist immer schade, wenn wichtige Erkenntnisse in ellenlangen Bandwurmsätzen regelrecht untergehen, wie im folgenden Beispiel: „Die Akkumulation involontär in Arbeitsrechtsverhältnissen gebundener Erwerbspersonen, autonom vom Genus, stellt zu gegenwärtigem Zeitpunkt, unter besonderer Beachtung des nationalen Kontextes, ein beachtliches Phänomen dar.“ Im Klartext heißt es: „Gegenwärtig sinkt die Arbeitslosigkeit in Deutschland.“ Nicht vergessen! Sofern in der Rede direkt zitiert wird, ist das Zitat deutlich kenntlich zu machen, etwa so: „Ich zitiere … … Ende des Zitats.“ (8) Manuskript erstellen Die Rede im Fachvortrag ist frei zu halten. Es reicht keinesfalls aus, eine mehr oder weniger komplizierte Materie einfach vom Blatt abzulesen. Die Wirkung einer solchen Rede wird auch nicht dadurch positiv verstärkt, dass der Redner Abbildungen und Tabellen „an die Wand wirft“. Deshalb sollte eine Übertragung auf handliche, für den Vortrag geeignete Hilfsmittel erfolgen. Eine PowerPoint- Präsentation agiert neben der Veranschaulichung von Sachverhalten in der Regel als Redehilfe. Gleichwohl ist es Ausdruck einer soliden Vorbereitung, wenn der Redner (auch für die öffentliche Wahrnehmung) mit einem Stichwortzettel agiert. Hierbei sind u. a. zwei Formen gebräuchlich: Die Argumentationskarte und die Schaubild-Notiz-Blätter. Die Argumentationskarten (P AWLOWSKI , K.; D ITKO , P. H., 2004, S. 49 ff.) erlauben ein flexibles Agieren, insbesondere bei Reden mit fachwissenschaftlicher Ausrichtung. Mit diesen in Abb. 3.21 dargestellten Karten hat der Redner seine Kernaussagen (Argumente) stets parat, zeitlich im Blick und kann sie durch entsprechende Belege „unterfüttern“ sowie durch Beispiele und Bilder veranschaulichen. <?page no="118"?> 118 Vortragen auf Tagungen und Meetings Abb. 3.21: Argumentationskarte Für eine Beamer-Präsentation mit zahlreichen vorbereiteten Bildern kann die Vortragshilfe mittels Präsentations-Software erstellt werden. Hier wird zu jedem Bild ein Notizblatt ausgedruckt - das sogenannte Schaubild-Notizblatt. Ein Blatt enthält das verkleinerte Bild und Raum für den Text. Hier können die Stichworte, bildlichen Assoziationen oder bei komplizierten Argumenten auch ganze Textpassagen festgehalten werden. Empfohlen wird eine Schrift mit Serifen, die die einzelnen Buchstaben optisch verbinden. Die Schriftgröße sollte mindestens 12 Punkt, möglichst 14 Punkt betragen. Wird der Text in doppeltem Zeilenabstand gedruckt, können die Stichworte auf einen Blick erfasst werden. Auch hierbei gilt: Fasse Dich kurz! Als Alternative zum Schaubild-Notizblatt bietet die Präsentations-Software Handzettel an. Darauf können 2 bis 6 Bilder pro Seite ausgedruckt werden. Dabei sind pro Handzettel nur solche Bilder zusammenzufassen, die inhaltlich zusammengehören. Eigentlich ist der Handzettel als Teilnehmermaterial gedacht. Er bewährt sich aber auch als gutes Hilfsmittel für die freie Rede. (9) Teilnehmermaterial erstellen Für den Fall, dass der Tagungsband noch nicht vorliegt, ist das Tagungspublikum dankbar, wenn es begleitend zum Vortrag ein knappes Papier (4 bis 5 Blätter DIN A4) mit <?page no="119"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 119 • der Agenda des Vortrags, • den Kopien der wichtigsten Bilder/ Folien, • einem Glossar mit kurzer Erläuterung wenig gebräuchlicher Fachwörter und • den Kontaktdaten des Vortragenden erhält (siehe dazu auch Abb. 3.22). Ein solches Handout empfiehlt sich übrigens auch bei Fachvorträgen in anderen Bereichen. Sie ersparen den Teilnehmern zusätzliche Aufzeichnungen, stellen Bezüge in der anschließenden Diskussion dar und behalten den Redner und seine Vorschläge in Erinnerung. Abb. 3.22: Bestandteile des Teilnehmermaterials (10) Zeitfaktor beachten Der sorgsame Umgang mit der Zeit der Teilnehmer ist ein Erfolgsfaktor für die Rede. Der Redner tut gut daran sich zu erinnern, was der alte Pastor William Coffin seinen Kollegen über die Länge einer wirksamen Predigt gesagt hat: „Haltet Euch kurz beim Predigen, nach 15 Minuten wird keine Seele mehr gerettet.“ Psychologische Befunde bestätigen eine optimale Redezeit zwischen 15 bis 20 Minuten. Natürlich gibt es Anlässe, die eine längere Redezeit erfordern. Hier sind Verstärkungsmittel einzusetzen, um die Aufmerksamkeit über die Zeit zu halten. Dazu bewähren sich: <?page no="120"?> 120 Vortragen auf Tagungen und Meetings • Überraschung (drastische Formulierungen, vom Standard abweichende Informationen), • Widerspruchsauslösung (Reizen zu einem gedanklichen Widerspruch), • Zuspitzung („Ich will mal übertreiben …“), • Pro/ Contra-Darstellung (kontrastierende Beweisführung: … nicht so, sondern so …), • Erlebnis-/ Beispielschilderung (Erlebnis, das mit Zuhörern verbindet, Beispiel aus ihrem Erlebnisbzw. Erfahrungsbereich), • Entscheidungsdelegierung (Entscheidungsfrage an das Publikum stellen), • Projektion (aus Zukunftsvorstellungen sind Wünsche für die Gegenwart abzuleiten), • Deblockierung (eigene Fehler und ihre Überwindung darstellen), • Humorisierung, z. B. Witze, originelle Begebenheiten und Zustände, Anekdoten (siehe dazu L EHMANN , G., 2011). Auf jeden Fall ist die vorgegebene Zeit einzuhalten und zwar auf die Minute. Kaum einer der Anwesenden wird etwas dagegen haben, wenn der Redner weniger Zeit benötigt, als angekündigt. Wer Zeit überzieht, verfügt, wenn vorher unabgesprochen, über die Zeit anderer. Wer seine Rede ausformuliert vorbereitet, sollte für 15 Minuten einen Umfang von 1500 Wörtern nicht überschreiten. Wohl wissend, dass sich die Kurve der Leistungsbereitschaft über den Verlauf von 24 Stunden von der in Abb. 3.23 individuell verschieben kann, bleibt als Resümee die Erfahrung: In den späten Nachmittagsstunden und frühen Abendstunden findet man in der Regel ein Publikum vor, dessen Tagesgeschäft dem Ende entgegen geht und das bereit ist, dem Redner für eine begrenzte Zeit seine Aufmerksamkeit zu schenken. Dagegen ist ein Publikum nach dem Mittagessen dankbar für die oben genannten Verstärkungsmittel, möglicherweise auch für einen solchen Einstieg: „Die Stunde der toten Augen hat begonnen. Das Blut fließt aus dem Kopf in den Magen. Jetzt möchte man alles Mögliche tun, nur nicht eine Rede anhören. Das Sie es dennoch tun, betrachte ich als Wertschätzung und danke Ihnen dafür.“ <?page no="121"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 121 Abb. 3.23: Verlauf der psychologischen Leistungsbereitschaft über 24 Stunden (11) Rede üben, üben … Eine überzeugende Rede muss maßvoll (Zeit) und lebendig (Rhetorik) vorgetragen werden. Das gelingt in den meisten Fällen umso besser, je gründlicher vorher geübt wird. Erfahrene Redner üben ihre Rede in drei Schritten: • Erstens mit dem ausformulierten Einstieg und Schluss sowie mit Redehilfe (siehe Punkt (8)) und Bildern (PowerPoint) im Hauptteil, • zweitens frei mit Redehilfe vor dem Spiegel, • drittens die gesamte Rede mit Redehilfe und Bildern vor einem Partner. Dabei wird fortwährend die Einhaltung der vorgegebenen Redezeit kontrolliert sowie der maßvolle Einsatz von Körpersprache und Sprechtechnik geprüft (siehe dazu Abschnitt 3.2.3, Punkt (2)). So sollte der Redner beim Proben einmal feststellen, wie schnell oder wie langsam er spricht. Etwa 125 Wörter in der Minute sind gut für das Verständnis von Jung und Alt (entspricht etwa 400 Silben/ Minute). Und schließlich sind Pausen zu üben: Der Redner braucht Pausen, um Wichtiges hervorzuheben, und die Teilnehmer, um die Botschaft zu verarbeiten. Die Abb. 3.24 enthält einen Überblick über die Schritte und deren Merkmale beim Vorbereiten der Rede. <?page no="122"?> 122 Vortragen auf Tagungen und Meetings Abb. 3.24: Checkliste - Vorbereitung der Rede <?page no="123"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 123 3.2.3 Redeverhalten (1) Wartezeit planen Dem Redner wird empfohlen, mindestens 15 bis 20 Minuten vor seinem Auftritt im Veranstaltungsraum anwesend zu sein. So gewinnt er einen Eindruck von den Räumlichkeiten, der Ausstattung und vor allem vom Publikum. Vielleicht bietet sich auch die Zeit, um mit einzelnen Teilnehmern in ein Gespräch zu kommen und auf diese Weise erste Informationen zur Stimmung und zu Erwartungen zu erhalten. Die Bereitstellung und Funktionsfähigkeit der benötigten Medien sowie der Raumausstattung können ohne Hast geprüft werden, der Ansprechpartner für technische Hilfe ist zu erfragen. Die Prüfung bezieht sich auch auf das Teilnehmermaterial, das für den Fachvortrag ausgeteilt werden soll. Die Wartezeit ermöglicht das Konzentrieren auf die Rede, insbesondere das gedankliche Durchspielen eines aufmerksamkeitsfördernden Einstiegs. Auch bleibt Zeit, die persönliche Anspannung auf ein für die lebendige Rede notwendiges Maß zu reduzieren. Ist die Zeitreserve größer und eine stille Ecke vorhanden, können Einstieg und Schluss nochmals laut durchgesprochen werden. (2) Spannung aufbauen Die Sätze sind verständlich gestaltet, die Worte und Abkürzungen mit Blick auf das Verständnis des Publikums empfängerorientiert formuliert (siehe Abschnitt 3.2.2, Punkt (7)). Jetzt geht es in der Rede zugleich um ein lebendiges Sprechen, damit die Zuhörer interessiert und gespannt dem Redner folgen. Der Einsatz entsprechender Mittel soll bewusst und nicht um jeden Preis erfolgen. Das wichtigste bleibt: Sie sollen anschaulich, spannend und eindringlich sein. Das bekannteste Mittel zur Förderung der Anschaulichkeit ist das Beispiel. Besonders wirksam ist dabei die Schilderung von eigenen und/ oder Erlebnissen, die mit den Teilnehmern verbinden und auf diese Weise Informationen vermitteln. Der Vergleich schafft Klarheit. Er knüpft am Bekannten an und dient als Brücke zum weniger Bekannten, zum Neuen und damit zum Verständnis. Als Sonderform des Vergleichs hilft das Bild beim Verknüpfen von Bekanntem zum Unbekannten. Passende Bilder, z. B. „Die Konjunktur dümpelt vor sich hin“, bleiben besser beim Zuhörer haften. Die Wiederholung ist kein Ausdruck von unnötiger Redundanz. Nicht umsonst bezeichnet man sie als Mutter der Weisheit, weil vor allem auf diese Weise wirklich Wichtiges durch wiederholtes Aussagen dauerhaft gespeichert wird. Die Wiederholung ruft in Erinnerung, verankert die Kernaussagen und sorgt vor allem für Eindringlichkeit der Rede. Als erweiterte Wiederholung wird die Verdeutlichung eingesetzt, z. B. „Ich will es versuchen, ja ich will alles daran setzen, <?page no="124"?> 124 Vortragen auf Tagungen und Meetings um …“. Die Zuspitzung übertreibt absichtlich kurzzeitig bestimmte Informationen mit der Aussage „Ich will mal absichtlich übertreiben …“. Zitate und treffende Sprichworte würzen die Rede und helfen, sie eindringlich zu gestalten. Allerdings sollen Dichter- und Politikerworte sparsam eingesetzt werden, sonst verschwindet dahinter die eigene Meinung des Redners. Werden wissenschaftliche Aussagen wortwörtlich zitiert, so ist das mit Angabe der Quelle zu kennzeichnen, z. B. „Ich zitiere …, Ende des Zitats“. Der Gegensatz (Antithese) verwendet gegensätzliche Begriffe oder Sachverhalte. Durch scharfe Kontraste und Zuspitzungen werden Spannungsmomente geschaffen. Beispiel: „So viel Wettbewerb wie möglich, so viel Staat wie nötig“. Mit der Opponierung wird eine Widerspruch auslösende Information ausgesetzt, z. B.: „Zufriedene Menschen wollen keine Veränderung, den Fortschritt verdanken wir den Nörglern.“ Eine Rhetorische Frage zu stellen, ist ein beliebtes Mittel in der Rede. Damit sollen die Zuhörer einbezogen werden. Beispiel: „Wer könnte sich wohl der bewährten Vorgehensweise verschließen, dass …? “ Das Beispiel signalisiert die Gefahr dieser Scheinfrage. Wenn sich nun doch einige Zuhörer der „bewährten Vorgehensweise“ verschließen, hat man Widerspruch produziert. Wortspiele sind spritzig. Sie haben eine anschauliche Wirkung und bleiben gut im Gedächtnis haften. Aber auch hier gilt Vorsicht mit Blick auf die Zuhörer, wie das folgende Beispiel zeigt: „Gib den Regierenden ein besseres Deutsch und den Deutschen eine bessere Regierung“. Eine besondere Form des Wortspiels ist der Scheinwiderspruch. Die Gegenstände widersprechen sich nur scheinbar, wie in folgendem Beispiel: „Wo nicht auch kritisiert wird, ist etwas nicht in Ordnung“. Die Klimax ist eine Aufzählung, die mit einer Steigerung der Aussagen zum Schluss hin verbunden ist. Beispiel: „Gut wäre es, wenn das noch in dieser Woche veranlasst wird. Am besten ist es, Sie geben mir sofort die Vollmacht zum Handeln.“ Die Beispiele zeigen: Die rhetorischen Mittel sind unterschiedlich und daher in verschiedenen Graden anzuwenden. Sie stellen Möglichkeiten dar, deren Einsatz in der Rede sorgfältig zu prüfen ist. Die folgende Abb. 3.25 erlaubt die Wahl des Mittels je nach dem beabsichtigten Wirkungsakzent. <?page no="125"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 125 Abb. 3.25: Rhetorische Mittel (3) Sprechtechnik/ Körpersprache einsetzen „Wozu auf Sprechtechnik und Körpersprache achten, ich bin doch kein Schauspieler“, so hört man es mitunter von Studenten - bis sie aus dem ersten Praktikum kommen und erlebt haben, was zum Erfolg gehört. Der amerikanische Psychologe M EHRABIAN (gefunden bei W INTERHELLER , M., 2003, S. 112) hat in Untersuchungen in einer großen Population den Wirkungsanteil von Fachwissen, Sprechtechnik und Körpersprache am Erfolg im Gespräch folgende Verteilung festgestellt: Fachwissen - 7 %, Sprechtechnik - 38 %, Körpersprache - 55 %. Ohne diese Ergebnisse überzubewerten, bleibt festzustellen: Sprechtechnik und Körpersprache sind wichtige Transporteure unseres Fachwissens. Die Checkliste in Abb. 3.26 am Ende dieses Punktes soll den Redner an die guten Selbstverständlichkeiten des Redeverhaltens erinnern. Mancher Redner, dem die Zeit beim Vortrag „davonläuft“, versucht sich mit einer Erhöhung des Sprechtempos zu retten. Aber die Grenzen des Verstehens liegen bei etwa 400 Silben pro Minute, das entspricht etwa 125 Wörtern in der Minute. Wer schneller spricht riskiert, von seinen Zuhörern nicht ausreichend oder gar nicht verstanden zu werden. Mit einem begründeten Wechsel der Lautstärke kann der Redner Spannung erzeugen. Ständig zu lautes Sprechen wirkt unangenehm. Zu leises Sprechen streng die Zuhörer über Gebühr an. <?page no="126"?> 126 Vortragen auf Tagungen und Meetings Abb. 3.26: Checkliste - Redeverhalten Eine zu hohe Stimmlage wird häufig als unangenehm empfunden. Es gilt die Empfehlung: Besser tiefer als zu hoch. Mit einer tieferen Stimme wirkt der Vortragende glaubwürdiger. Auch die Wahl der richtigen Satzmelodie ist wichtig: Fragen enden mit einer höheren Stimmlage, z. B. „Hätten Sie das gedacht? “ Ausrufesätze werden besser in einer tieferen Tonlage vorgetragen, z. B. „Damit hat keiner gerechnet! “. Die Aussprache ist deutlich und frei vom Verschlucken der Endungen. Damit lässt der Redner erkennen, dass ihm viel am Verständnis seiner Ausführungen gelegen ist. Die vielen „äh“ oder „ähm“ in der Rede werden vor allem dann problematisch, wenn die Zuhörer anfangen, sie zu zählen. Unterschiedliche Auffassungen gibt es zum Dialekt in der wörtlichen Rede. Dialekt signalisiert die lokale Herkunft des Redners und die muss man ja nicht unbedingt verleugnen. Das gilt allerding nur unter der Voraussetzung, dass er noch deutlich verstanden wird. <?page no="127"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 127 Das Einhalten und Aushalten von Pausen ist ein wichtiges Mittel der Sprechtechnik. Pausen gliedern die Rede, geben den Zuhörern Zeit zum Nachdenken über das soeben Gesprochene. Dem Redner wird ermöglicht, sich zu konzentrieren und darüber nachzudenken, was er als Nächstes sagt. Neben dem Einhalten der Pause beim Beantworten von Fragen und dem Behandeln von Einwänden (siehe 3.2.4, Punkt (5)) spielen Pausen in folgenden Redesituationen eine Rolle: Zu Beginn der Rede: Ein längerer freundlicher Blickkontakt mit dem Publikum schafft eine erwartungsvolle Spannung. Vor und nach wichtigen Aussagen, z. B.: „Der Verlauf der Gruppendiskussion hat alle Erwartungen übertroffen.“ - PAUSE - „Auf alle Fragen wurde eine Antwort gefunden.“ - PAUSE - „Die entwickelte Lösung kann jetzt eingeführt werden! “ - PAUSE - … Zum Redeschluss, z. B.: „Ich komme jetzt zum Schluss …“ - PAUSE - „Drei Fragen haben wir beantwortet.“ - PAUSE - „Zur ersten Frage: …“. Der Blickkontakt mit den Zuhörern hilft, Botschaften von Person zu Person zu übertragen. Er baut eine Brücke zum Publikum und hilft, deren Reaktion auf das Vorgetragene zu registrieren. Nehmen mehrere Personen am Vortrag teil, ist der Blick langsam wandern zu lassen sind, etwa 2 bis 3 Sekunden bei jedem zu verweilen, ohne sie zu hypnotisieren. In den folgenden Situationen ist Blickkontakt besonders zu empfehlen: Beim Einstieg, bei der Begrüßung - die Worte erhalten damit Nachdruck. Bei der Anrede - namentlich entweder „Sie“ oder „Wir“. Bei allen Fragen an die Teilnehmer - man wirft gedanklich einen Ball zu. Am Anfang und am Ende eines wichtigen Satzes - Aufmerksamkeitssignal für die Zuhörer. Am Ende der Rede/ der Diskussion - Bedeutung der letzten Worte wird unterstrichen. Mancher weiß während seiner Rede nicht wohin mit seinen Händen. Hier gelten die bewährten Ratschläge: Erstens nicht in die Taschen, zweitens möglichst auch nicht zur Faust geballt, drittens nicht zu lange hinter dem Rücken und viertens nicht am Pult festgekrallt. Hände sind Sprechwerkzeuge, die man sehen muss, damit sie „mitreden“ können. Ansonsten sollte man sie tun lassen, was sie wollen. Allerdings nicht übermäßig damit herumfuchteln. <?page no="128"?> 128 Vortragen auf Tagungen und Meetings Die Körperhaltung spricht während der Rede mit. Wer die Schultern zurücknimmt und den Kopf leicht nach oben hebt, wirkt nicht nur selbstsicherer, er wird auch gelassener vor die Zuhörer treten. Stets ist die Körperhaltung dem Publikum zugewandt. Auch während der Erläuterung von Bildern immer zu den Teilnehmern sprechen, nicht zu den Medien. Körperbewegung erfolgt maßvoll, darf aber nicht durch angstvolles Verharren auf einer Stelle ersetzt werden. Mit Bewegungen im Raum werden Aussagen unterstützt. Voraussetzung für das Bewegen ist, dass der Redner während seines Auftritts steht, auch wenn alle anderen sitzen. Auf diese Weise kommt die Körpersprache des Redners besser zur Geltung. Seine Argumente erzielen mehr Wirkung. Ohne dass es dem Zuhörer bewusst wird, hört er aufmerksamer zu, wenn er zum Redner aufschauen muss. Eine kurze Empfehlung zum Thema Kleidung: Orientiere Dich nach der Kleidung Deines Publikums. Mit seiner Kleidung drückt der Redner seine Wertschätzung gegenüber den Zuhörern aus. (4) Lampenfieber/ Versprecher beherrschen Lampenfieber ist eine normale Stresssituation vor der Veranstaltung. Ohne es völlig zu unterdrücken, ist diese Situation beispielsweise zu beherrschen durch: Spannungs-/ Entspannungsübung, je Übung ca. 15 Sekunden, mehrmals durchatmen, kräftig ausatmen, je Atemzug ca. 15 Sekunden, Flüssigkeit aufnehmen, erste Worte mit Teilnehmern wechseln, zuversichtliches Lächeln zum Start und Blickkontakt aufnehmen. Versprecher können den Redner irritieren. Was tun? Wortreich entschuldigen oder einfach weiterreden? Zunächst ist rasch zu entscheiden: Hat der Versprecher den Sinn entstellt, zu Missverständnissen geführt? Dann gilt: Sofort reagieren und sich verbessern. Bei unwichtigen Versprechern einfach weiterreden, oft sind sie den Zuhörern gar nicht aufgefallen. Bleibt der Redner mitten im Satz stecken, sollte er Ruhe bewahren, den zuletzt geäußerten Gedanken mit anderen Worten wiederholen - und schon hat er den Anschlussgedanken wiedergefunden. <?page no="129"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 129 (5) Störungen begegnen Störungen, insbesondere störendes Verhalten einzelner Teilnehmer gegenüber dem Redner und den anderen Teilnehmern äußert sich beispielsweise in Unpünktlichkeit, Unaufmerksamkeit, andauernden Nebengespräche, signalisiertem Desinteresse, im „Nichtstun“. Wie reagiert der Redner darauf? Zunächst gilt es, nicht jede negativ erscheinende Reaktion auf sich zu beziehen, keine persönliche Beleidigung zu empfinden, keine Geringschätzung zu vermuten. Viele der so genannten „Störer“ haben sehr persönliche Gründe für ihr Verhalten, die häufig nicht die Person des Redners betreffen. Sofern sich der Redner entschlossen hat, das störende Verhalten nicht mehr zu akzeptieren, gelten die folgenden Empfehlungen: Erfrage den Grund der Störungen, die nicht mehr akzeptiert werden. Weise auf die Bedeutung des Themas für alle Teilnehmer hin und auf die Autorität des Publikums. Reagiere nicht mit unüberlegten Zurechtweisungen, vermeide abfällige Bemerkungen zynischer Art. Setze zum Thema praktische Beispiele ein, beziehe Situationen auf Aktuelles, verdeutliche die Relevanz Deines Vorschlags. Verdeutliche den Anwendungsbezug der vorgeschlagenen Problemlösung. Reagiere auf Zwischenrufe mit Blickkontakt, kleiner Sprechpause und einer Gegenfrage: „Darf ich zu Ende sprechen? Gern beantworte ich Ihre Frage in der Diskussion.“ Den Blickkontakt sollte man vor Schluss der Antwort beenden. 3.2.4 Diskussion (1) Diskussion vorbereiten Die Diskussion sollte immer dann etwa die Hälfte der für den Vortrag verfügbaren Zeit ausfüllen, wenn es in einem überschaubaren Kreis von Teilnehmern um Entscheidungen geht. Auf Konferenzen oder Tagungen mit dreistelliger Teilnehmerzahl reduziert sich dieser Teil des Fachvortrags. Meist sind Anfragen zu beantworten, mitunter auch Einwände zu behandeln. In der Diskussion erfährt der Vortragende, inwieweit seine Redeziele erreicht wurden. Hier hat er die Möglichkeit, Missverständnisse auszuräumen, Fragen zu Details zu beantworten und Argumente zu schärfen. Zugleich kann er Impulse für die Weiterführung oder Umsetzung seiner Ergebnisse erwarten und eine Entscheidung auf seine Vorschläge befördern. Deshalb ist auch dieser Teil des <?page no="130"?> 130 Vortragen auf Tagungen und Meetings Vortrags sorgfältig zu gestalten. Erfahrungsträger bereiten hierfür einen passenden Einstieg vor, prüfen die Vereinbarung von Spielregeln, stellen sich auf erwartbare Fragen und mögliche Einwände (siehe dazu Abb. 3.27) ein und strukturieren den Abschluss der Diskussion. Abb. 3.27: Vorbereitung auf Einwände In Abb. 3.28 sind die wichtigsten Aktivitäten des Vortragenden in der Diskussion zusammengestellt. Abb. 3.28: Aktivitäten in der Diskussion <?page no="131"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 131 (2) Diskussion eröffnen Für die Eröffnung der Diskussion ist die offene Frage geeignet. Das erfolgt mit den so genannten W-Fragen, beispielsweise: • Welche Informationen benötigen Sie noch? • Welche Begriffe sind erklärungsbedürftig? • Wie beurteilen Sie meinen Veränderungsvorschlag? • Welche Risiken sehen Sie? • … Höflich kann der Redner die Teilnehmer daran erinnern, dass er zum Schluss der Rede Fragen gestellt hatte, an deren Beantwortung er Interesse hat. Sofern in einer überschaubaren Runde (maximal 20 Teilnehmer) wenig Zeit für die Diskussion verfügbar, aber umfängliches Feedback gewünscht ist, kann man mit dem Publikum Spielregeln vereinbaren, etwa so: • Trennen von Fragen und Meinungsäußerungen, • Sammeln von Fragen und ihre Beantwortung in Komplexen • Austeilen von Kärtchen zu Vortragsbeginn, verbunden mit der Bitte, alle während der Rede auftauchenden Fragen und Meinungen zu notieren und zu Beginn der Diskussion die eingesammelten Rückmeldungen blockweise zu diskutieren. • „Parken“ von Fragen, die eine sehr umfängliche Antwort benötigen, mit der Option, nach Ablauf der vereinbarten Zeit die Frage zu beantworten. (3) Teilnehmer aktivieren Für das Anregen der Diskussion gibt es beispielsweise folgende Empfehlungen: Gib dem Publikum etwas Zeit, um eine Frage innerlich zu formulieren. Stelle direkte Fragen an die Teilnehmer, beispielsweise: · „Darf ich die anwesenden Psychologen fragen, ob ich das „Andorra- Phänomen“ mit Bezug auf meine Untersuchung richtig interpretiere? “ · „Letzte Woche wurde ich in einer Diskussion nach den Risiken meines Vorschlages gefragt. Bewegt auch Sie diese Frage? “ · Provokation: „Wenn Sie jetzt keine weiteren Fragen haben, betrachte ich Sie als meine Verbündeten auf dem Weg der weiteren Untersuchungen.“ <?page no="132"?> 132 Vortragen auf Tagungen und Meetings Stelle thematisch begrenzte Fragen, beispielsweise: · „Auf welchen Wegen werden an Ihrem Institut wichtige Informationen an die Mitarbeiter weitergeleitet - über Gespräche mit Vorgesetzten, per Mail, Intranet, Aushang oder durch Informationsveranstaltungen? “ Gehe humorvoll auf die mögliche Zurückhaltung der Teilnehmer ein, beispielsweise so: · „Ich weiß, was Sie jetzt denken. Sie überlegen, ob Sie selbst eine Frage stellen oder ob Sie es einem anderen überlassen.“ Schließe ab, sofern keine Frage mehr gestellt wird, z. B. so: · „Offenbar hat meine Präsentation Ihre Zustimmung gefunden. Wenn jetzt wirklich keine Frage mehr kommt, ist das mein Schlusssatz: „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.“ (4) Fragen beantworten Eine spürbare Wertschätzung des Publikums ist eine Grundhaltung bei der Beantwortung der Fragen. Das drückt sich beispielsweise in den folgenden Verhaltensweisen des Vortragenden aus: Entwickle eine positive Einstellung, betrachte die Frage als Chance. Notiere gestellte Fragen in Stichworten. Wiederhole Fragen, um klare Antworten zu geben. Antworte kurz und prägnant, vermeide Ausufern. Vermeide herablassende Reaktionen oder zynische Kommentare. Stelle Zufriedenheit mit der Antwort fest. Reagiere bei Verallgemeinerungen oder provozierenden Fragen mit einer Gegenfrage. Gib Nichtwissen zu, biete Klärung an. (5) Einwände behandeln Nicht immer werden die Teilnehmer mit dem Vortragenden einer Meinung sein. Das ist durchaus normal und sollte ihn nicht irritieren. Ein Einwand ist eine Chance, einen Zweifel zu überwinden, eine Information nachzureichen, ein Argument zu schärfen oder ein Missverständnis auszuräumen. So gesehen ist der Einwand nicht als Angriff auf den Redner, sondern als Zeichen von Interesse am vorgestellten Sachverhalt zu verstehen. Von ihrem Charakter her können Ein- <?page no="133"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 133 wände sehr unterschiedlich sein. Das reicht von sachlichen Anmerkungen über hilfreiche Korrekturen bis hin zu gegensätzlichen Behauptungen und entschiedenem Infragestellen der Kernaussagen und ihrer Belegung. Gut vorbereitet (siehe Punkt (1) können die in Abb. 3.29 vorgeschlagenen Schritte vollzogen werden. Abb. 3.29: Behandlung von Einwänden Schritt 1: Aktiv zuhören Bleibe ruhig, zeige Aufmerksamkeit durch Blickkontakt, zugewandte Körperhaltung und verständnisvolles Nicken. Notiere den Einwand in Stichworten, lasse Dein Gegenüber ausreden. Vermeide Kopfschütteln, geringschätziges Grinsen, abgewandte Körperhaltung. Schritt 2: Kurze Denkpause einhalten Signalisiere, dass Du nicht zu vorschnellen und damit oft oberflächlichen Antworten neigst, sondern den Einwand ernst nimmst und um seine gründliche Beantwortung bemüht bist. Entscheide in dieser Pause (ca. 3 Sekunden), ob Du sofort antwortest oder erst nachfragst. Schritt 3: Nachfragen Vergewissere Dich, ob Du den Einwand richtig verstanden hast. Gib das Gesagte mit eigenen Worten wieder. Du vermeidest Missverständnisse und <?page no="134"?> 134 Vortragen auf Tagungen und Meetings gewinnst Zeit für das Finden der Antwort. Jetzt muss derjenige mit dem Einwand aktiv werden. Schritt 4: Antworten Lass Dich nicht zu unüberlegten Antworten oder negativen Reaktionen verleiten. Veranschauliche den Einwand, erläutere seine Verhältnismäßigkeit und führe Vorteile an, die den Einwand aufwiegen. Ist das Gegenüber mit der Antwort nicht zufrieden, muss mit einem erneuten Einwand gerechnet werden. Jetzt kann die Gegenfrage helfen. Sofern Du eine Frage nicht beantworten kannst, gib das offen zu und sichere zugleich eine rasche Klärung zu. Damit bereitest Du Nachkontakte vor. Schritt 5: Gegenfrage stellen Stelle immer dann, wenn der Einwand Verallgemeinerungen enthält, die schwer zu widerlegen sind, die Gegenfrage. Jetzt wird das Gegenüber wieder in Aktion gebracht und muss die Verallgemeinerung auflösen. In Abb. 3.30 sind dafür einige Beispiele angeboten. Abb. 3.30: Beispiele für Gegenfragen zum Einwand (6) Diskussion abschließen Zum Abschluss der Diskussionsrunde nimmt der Vortragende eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse vor. Jetzt zahlt sich erneut aus, wenn er sich während der Runde Notizen gemacht hat. <?page no="135"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 135 Für die Zusammenfassung gelten folgende Empfehlungen: Benenne die Aussagen, über die keine Einigung erzielt wurde und die Fragen, die nicht oder die nur unvollständig beantwortet werden konnten. Danke den Teilnehmern für die erhaltenen Anregungen. Formuliere die Aussagen, die im Ergebnis der Diskussion von den Teilnehmern bestätigt wurden. Hebe besonders die Erkenntnisse hervor, die über die getroffenen Aussagen hinausgehen und würdige damit die mit den Teilnehmern gemeinsam geleistete Arbeit. Mit der Checkliste „Diskussionsaktivitäten“ in Abb. 3.31 wird dem Leser für den Anlassfall ein Überblick als Handlungshilfe angeboten. <?page no="136"?> 136 Vortragen auf Tagungen und Meetings Abb. 3.31: Checkliste - Diskussionsaktivitäten <?page no="137"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 137 3.2.5 Nachbereitung Auch wenn die Zeit immer knapp ist, sollten zwei Maßnahmen in der Nachbereitung des Vortrags durchgeführt werden: Das Planen der Nachkontakte und die Selbstreflexion des eigenen Verhaltens in der Veranstaltung. (1) Planen der Nachkontakte Das Planen bezieht sich auf konkrete Aktivitäten, die sich unmittelbar aus dem Fachvortrag ergeben. Dazu gehören beispielsweise: Abgabe eines detaillierten Angebots, Entwickeln neuer Handlungsoptionen, Eingehen weiterer Kooperationen. Zum Kreis der nachfolgenden Maßnahmen sind auch das Ermitteln von Antworten auf Fragen, die in der Diskussion unbeantwortet blieben, und das Weiterleiten an die Interessenten zu zählen. Schließlich ist zu prüfen, wer aus dem Kreis der Teilnehmer an dem Vortrag besonders interessant für eine weitere Zusammenarbeit ist und wie der Kontakt aufzunehmen ist. (2) Einschätzen des Fachvortrags Zuerst sollte der Vortragende selbst überlegen, wie ihm seine Vorstellung gelungen ist, beispielsweise indem er sich fragt: • Konnte ich die Inhalte verständlich und überzeugend vermitteln? • Habe ich den Teilnehmern gegenüber ausreichend Wertschätzung gezeigt? • An welchen Stellen ist es gelungen, die Teilnehmer zu aktivieren? • War mein Skript für die Teilnehmer hilfreich? • An welchen Stellen während der Diskussion habe ich mich wohlgefühlt bzw. nicht wohlgefühlt? Was habe ich da getan? • Wie gut konnte ich auf die Fragen und Einwände der Teilnehmer eingehen? • Habe ich meinen Zeitplan eingehalten? • Habe ich das Ziel, das ich mir vorgenommen habe, erreicht? Zusätzlich zu dieser Selbstreflexion kann sich der Vortragende um Rückmeldungen aus dem Publikum bemühen. Personen, die man kennt, von denen man eine offene und ehrliche Meinung erwarten kann, sind gezielt zu fragen: • Was hat Ihnen am Vortrag gefallen? • Was sollte zukünftig anders gemacht werden? • Wie sollte ich dabei vorgehen, damit es besser wird? • Wie schätzen Sie mein Verhalten in der Diskussion ein? • Was sollte ich künftig bei der Beantwortung von Fragen und bei der Behandlung von Einwänden besser machen? <?page no="138"?> 138 Vortragen auf Tagungen und Meetings 3.3 Kurzvortrag 3.3.1 Grundstruktur Im Kontext des Themas - Verwerten von wissenschaftlichen Erkenntnissen - bietet der Kurzvortrag verschiedene Möglichkeiten, innerhalb und außerhalb der Organisation auf die Graduierungsarbeit bzw. einzelne ihrer Ergebnisse aufmerksam zu machen. Meetings, Workshops oder Besprechungen erlauben erste Überlegungen zur Umsetzung bzw. Lösung von aktuellen Problemen zu unterbreiten. Die Struktur ähnelt dem Fachvortrag. Allerdings sehen Kurzvorträge in der Regel keinen ausgeprägten Diskussionsteil vor. Gleichwohl sind Anfragen üblich. Auch auf Einwände muss der Vortragende vorbereitet sein. 3.3.2 Vortragsaufbau Der Aufbau des Kurzvortrags ähnelt dem Aufbau der Rede im Fachvortrag. Die Besonderheiten bestehen in den Zielen, den Argumentationsfolgen im Hauptteil und der Dauer. (1) Ziele Vier Ziele sind mit Blick auf das Publikum typisch für den Kurzvortrag: • Über Ergebnisse der Graduierungsarbeit informiert sein. • Von dem Weg des Problemlösens überzeugt sein. • Die Vorschläge zum Umsetzen der Ergebnisse verstehen. • Die Umsetzungsvorschläge akzeptieren und unterstützen. (2) Argumentationsfolgen Die Möglichkeit zum Kurzvortrag ergibt sich oft kurzfristig und zeitlich begrenzt. Deshalb sollte er im Hauptteil auf einer Struktur aufgebaut sein, die rasch abrufbar und auszufüllen ist. Die Argumentationsfolge im Dreisatz erfüllt diese Funktion. In den Abb. 3.32 bis 3.34 werden drei Beispiele mit unterschiedlicher Orientierung vorgestellt. Die Argumentationsfolge sollte auf einer A4-Seite dem Publikum als Skript zur Verfügung stehen. <?page no="139"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 139 Abb. 3.32: Argumentationsfolge - ergebnisorientiert Abb. 3.33: Argumentationsfolge - dialektisch <?page no="140"?> 140 Vortragen auf Tagungen und Meetings Abb. 3.34: Argumentationsfolge - innovativ Wer auf diesem Weg sein Ergebnis bekannt machen möchte ist gut beraten, die Vorstellung im Dreisatz gut vorzubereiten und in der sich kurzzeitig ergebenden Gelegenheit anzubieten. Erfahrene Redner empfehlen in der Argumentationsfolge die „magische Drei“, (L AUFF , W., S. 38), beispielsweise: „In den letzten Jahren werden immer mehr Unfälle auf den Straßen registriert. Die Anzahl der Toten steigt ständig. Die Summe des Schadens wird immer höher.“ (3) Vortragsdauer Die Dauer ist in der Regel eng begrenzt; sie schwankt zwischen 5 bis 10 Minuten. Auch im Falle weiterer zeitlicher Eingrenzungen ist die Verfügbarkeit eines Handouts mit Angabe der Kontaktadresse zu empfehlen. <?page no="141"?> Vortragen auf Tagungen und Meetings 141 3.4 Diskussionsbeitrag Auf einer Tagung, einem Meeting oder einer Arbeitsbesprechung wird mit thematischem Bezug zum Ergebnis des Verfassers eine Meinung geäußert oder ein Standpunkt vertreten. Das ist eine Chance, die es in der aktuellen Situation zu nutzen gilt. Dafür werden zwei Vorgehensweisen empfohlen. (1) Zustimmung • Bezug nehmen auf die Äußerungen (Meinungen, Standpunkte, Vorschläge) des Vorredners. • Der Äußerung vollständig oder teilweise zustimmen. • Aus der Äußerung eine oder mehrere Ideen aufgreifen und mit Bezug zum eigenen Ergebnis eine Erweiterung oder Ergänzung vorschlagen. (2) Ablehnung • Bezug nehmen auf die Äußerungen des Vorredners. • Der Äußerung nicht zustimmen. • Die Ablehnung der Äußerung begründen. • Das eigene Ergebnis oder einen Teil davon als Lösung des Problems vorschlagen. 3.5 Stegreifrede In einer Situation, die zunächst keinen direkten Bezug zum eigenen Ergebnis hat, fühlt sich der Verfasser durch günstige Umstände veranlasst, gewissermaßen aus dem Stegreif heraus zu agieren. Begünstigend wirkt das gegenüber seiner Person, seiner Arbeit, seinen Ideen und Meinungen zum Ausdruck gebrachte Interesse Dritter. Jetzt ist ein Schema zu aktivieren, um die Chance unverzüglich zu nutzen. 1. Schritt: Hauptgedanke Konzentration auf einen, für die Zuhörer plausiblen Gedanken, Auffächern des Ergebnisses unbedingt vermeiden. 2. Schritt: Stützen zum Hauptgedanken Vorstellen von zwei, maximal drei Begründungen für den Hauptgedanken. 3. Schritt: Schlussbemerkung Wiederholen des Hauptgedankens, Formulieren von zwei bis drei Nutzenargumenten, eventuell Zustimmung erbitten. <?page no="142"?> 142 Vortragen auf Tagungen und Meetings Quellen und weiterführende Literatur A SCHERON , C LAUS : 2007. Die Kunst des wissenschaftlichen Präsentierens und Publizierens. Ein Praxisleitfaden für junge Wissenschaftler. München: Spektrum. DUDEN: 2004. Reden halten - leicht gemacht. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag. E RNST , O TTO : 1986. Reden müssen - Reden können. Praktische Hinweise zur Redegestaltung, Gesprächsleitung, Verhandlungsführung. Berlin: Die Wirtschaft. K LARER , M ARIO : 2018. Präsentation auf Englisch. Alles für einen professionellen Auftritt - mit vielen Praxisbeispielen. München: Redline. K ONTELLER , C ARSTEN : 2012. Wissenschaft kommunizieren. Weinheim: Wileg- Veh. L EHMANN , G ÜNTER : 2005. Reden - aber wie? Empfehlungen für das wirkungsvolle Übermitteln von Gedanken. FORUM EIPOS Band 11. Renningen: expert. L EHMANN , G ÜNTER : 2011. Keiner verlässt den Saal. Unianekdoten. Berlin: Eulenspiegel. M ACKE , G ERD ; H ANKE , U LRIKE ; V IEMANN -S CHWEIZER , P AULINE ; M ENTZEL , W OLFGANG : 2007. Kommunikation - Rede, Präsentation, Gespräch, Verhandlung, Moderation. München: C.H. Beck. M ELEZINEK , A DOLF : 1992. Ingenieurpädagogik. Praxis der Vermittlung technischen Wissens. 3. neu bearbeitete Auflage. Wien, New York: Springer. P AWLOWSKI , K.; D ITKO , H.: 2004. Manuskript erstellen. In: Die besten Reden von A-Z. Bonn: VNR Deutsche Wirtschaft AB. S TARKE -W USCHKO , J ENS : 2014. Präsentieren im Studium. Konstanz und München: UVK Verlagsgesellschaft. W ESTHOFF , K ARL : 2000. Der freie wissenschaftliche Vortrag. Eine Anleitung. 3. Auflage. Bonn: Deutscher Psychologen Verlag. W INTERHELLER , M ANFRED : 2003. Wenn die Berge sich hinwegheben. Graz: Verlag Dr. Manfred Winterheller. <?page no="143"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 143 4 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 4.1 Kennzeichnung 4.1.1 Überblick Im Kontext dieses Buches steht das Vermitteln besonders im Dienst der Umsetzung von Ergebnissen in der Organisation (siehe Teil 5). Verfasser von Graduierungsarbeiten, die damit befasst sind, kommen häufig in die Situation, einen bestimmten Personenkreis (vor allem Umsetzer in der Organisation) zu unterweisen, zu trainieren, systematisch zu informieren. Als Dozent entwickeln sie eine Qualifikation, die die eigentlichen Nutzer zur Ausübung der notwendigen Tätigkeiten befähigt. Dies entspricht dem Auftrag, den der Verfasser mit der Leitungsentscheidung bewirkt hat. Darüber hinaus bieten sich ihm innerhalb und außerhalb der Organisation weitere Möglichkeiten, seine Ergebnisse in eigenständigen oder bestehenden Programmen anzubieten, beispielsweise in der im Kapitel 4.5 vorgeschlagenen Struktur eines Kursprogramms. Für die Lehrtätigkeit gelten als Grundorientierungen: Aktivität und Offenheit. Die Aktivität der Teilnehmer ist Voraussetzung und Prozess ihres Lernens zugleich. Offenheit ist die Voraussetzung dafür, dass ein angemessener Umgang mit der Aktivität der Teilnehmer realisiert werden kann. Das ist auch Voraussetzung dafür, die individuell vorstrukturierten Aktivitäten zu koordinieren und zu strukturieren (W ÖRNER , A., 2008, S. 17 ff.). Aktivität der Teilnehmer und Offenheit der Dozenten sind Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Lehre und zugleich für ein gutes Verhältnis von Teilnehmern und Dozenten. Beide Leitorientierungen bestimmen ab der ersten Veranstaltungsstunde das Handeln des Dozenten. 4.1.2 Prozessorientierung Der gesamte Vermittlungsprozess ist auf die themenbezogene Lernaktivität der Teilnehmer im Seminar bzw. in der Unterweisung orientiert. Lernaktivität zielt eindeutig auf die Teilnehmer und nicht vordergründig auf die Aktivität des Dozenten. Kennzeichen gelingender Lehre ist es, dass die Teilnehmer die Hauptaktivität übernehmen. Die Erfahrung zeigt: Qualitativ hochwertiges Lernen findet vor allem dort statt, wo sich die Teilnehmer Dinge selbst aneignen, selbst Fragen und Problemstellungen entwickeln und selbst nach Alternativen und Lösungen suchen. Zugespitzt: Es kommt nicht darauf an, was der Dozent in der Lehrveranstaltung alles gesagt hat, sondern darauf, welche Lernprozesse bei den Teilneh- <?page no="144"?> 144 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren mern angeregt wurden. Sie sollen über die Zuhörerfunktion hinaus aktiv werden, um den Rollenwechsel vom Empfänger zum Akteur zu vollziehen. Das führt auch beim Dozenten zu einem Rollenwechsel. Der Dozent wird vom Alleinunterhalter zum Lernhelfer und Lernberater, manchmal auch zum Moderator. Deshalb vermeidet er es, sämtliche verfügbaren Minuten der Lehrveranstaltung für die eigene Redezeit einzuplanen. Vielmehr ist Teilnehmeraktivität anzuregen und die eigene Aktivität in die Vorbereitung der Veranstaltung vorzuverlegen. Insbesondere sind ansprechende und zielführende Arbeitsaufträge vorzubereiten. Das Übertragen von Aufgaben soll zu einer intensiven Lernarbeit führen, die vom Dozenten beratend begleitet wird. Hier treten als Grundformen der Tätigkeit Einzel-, Partner-, Gruppen- oder Plenumsarbeit auf. Natürlich gehen nicht alle Aktivitäten von den Teilnehmern aus. Der Dozent bleibt Sachwalter des zu Lernenden. Auch der Lehrvortrag hat einen Platz als Organisationsform. Impulsreferate bewähren sich für einen Überblick, für eine Einführung in ein Fach und für das Anlegen von Orientierungswissen zu einem Themengebiet. Die Vorträge sollten mit Blick auf die Aufmerksamkeitsleistung in der Regel nicht 25 Minuten überschreiten. In dieser Zeit prüfen die Teilnehmer, ob die angebotenen Themen in ihre Wissensstrukturen passen, ob sich Lösungen für berufliche Probleme andeuten, ob Anwendungsbezüge erkennbar sind. Teilnehmeraktivität ist keine Bedrohung, die die eigene Planung zerstört, die durch Fragen vielleicht Nichtwissen beim Dozenten aufzeigt und ihn in Bedrängnis bringen kann. Gefragt ist persönliche Offenheit für die Teilnehmer, für deren Beiträge und für das Risiko, dass diese Beiträge den Dozenten vor ungewohnte und unverhoffte Situationen stellen können. Wer den Plan „störungsfrei“ abgearbeitet hat, sollte sich überlegen, ob er vielleicht an den Teilnehmern vorbei vorgetragen hat. 4.1.3 Teilnehmerorientierung Teilnehmerorientierung als Grundhaltung des Dozenten bedeutet Offenheit für die Aktivitäten und Anliegen, Einwände und Impulse der Teilnehmer sowie Orientierung über Ziele und Planungen der Zusammenarbeit. Die Perspektiven der Teilnehmer bezüglich ihrer Interessen, Einstellungen, Erfahrungen und Erwartungen sind in die Planung und Durchführung des Vermittlungsprozesses einzubeziehen. Offenheit verlangt wohlüberlegte Planung. Teilnehmeraktivität ist dabei bereits einkalkuliert. Situativ kann davon abgewichen werden. Lehrerfolg besteht nicht darin, dass alles nach Plan abgearbeitet wird, sondern dass die Teilnehmer in den <?page no="145"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 145 Seminaren und Unterweisungen aktiv werden und sich mit den behandelten Gegenständen auseinandersetzen. Offenheit als Maxime entlastet den Dozenten letztlich von dem Druck, alles schaffen zu müssen. Spontane Teilnehmeraktivität geht vor minutiöser Skriptabarbeitung. Offenheit bedeutet nicht Beliebigkeit. Der Dozent orientiert die Teilnehmeraktivität auf den jeweiligen Themenbezug, legt Ziele für jede einzelne Veranstaltung fest. Wichtig ist, dass die Teilnehmer diese Ziele und die dafür geplanten Arbeitsformen kennen und sich zu Eigen machen. Kennzeichen guter Lehre ist, dass in einem offenen Lehr-Lern-Verhältnis die Dinge gemeinsam erarbeitet werden - also eine Form der prinzipiell gleichberechtigten Zusammenarbeit. Zusammenarbeiten bedeutet: miteinander reden, wobei beide Seiten reden und beide Seiten zuhören. Es geht also nicht darum, ein vorgefertigtes Stoff-Stück vorzutragen oder gar vorzulesen. Zur Offenheit als Grundhaltung gehört schließlich auch, den Lehrgegenstand zum Lerninhalt zu machen, indem der Dozent den biografischen Kontext der Teilnehmer durch entsprechende Aufgabenstellungen und Beispiele berücksichtigt. Die folgenden Ausführungen verzichten auf eine weitere pädagogische Grundlegung. Der Schwerpunkt liegt auf Handlungsorientierungen für den Einsteiger, die vor allem durch ein Beispielangebot handhabbar werden sollen. 4.2 Organisationsformen 4.2.1 Grundformen Wenn Lehre auf Lernen der Teilnehmer zielt, sollte man im Unterschied zur Dozententätigkeit genauer von Tätigkeitsformen der Teilnehmer sprechen. Als Grundformen kann man unterscheiden: • Lehrvortrag - „Dozentenarbeit“, • Einzelarbeit - jeder Teilnehmer arbeitet für sich allein, • Partnerarbeit - jeweils zwei Teilnehmer arbeiten gemeinsam, • Gruppenarbeit - drei oder mehr Teilnehmer arbeiten gemeinsam, • Plenumsarbeit/ Plenumsdiskussion - alle Anwesenden arbeiten gemeinsam. Die unterschiedliche Ausgestaltung und Kombination dieser Formen führen zu zahlreichen Organisationsformen, von denen die Wesentlichen in Abb. 4.1 genannt sind. Sie werden im Folgenden mit Betonung der pädagogischen Führung kurz charakterisiert. <?page no="146"?> 146 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Abb. 4.1: Organisationsformen der Lehre (Auswahl) 4.2.2 Lehrvortrag (1) Merkmale: • Kooperation zwischen einem Dozenten und einer größeren Zahl von Teilnehmern, • darbietende, monologische Vermittlung und rezeptive Aneignung. (2) Funktionen: • Vermittlung und Erwerb von Wissen, • Herausbildung der Fähigkeiten zur Verarbeitung und Bewertung, • Einstellungs- und Überzeugungsbildung. (3) Typen: • Einführungs-, Ergänzungs-, Übersichts-, Problem- und Experimentalvorträge, • in Abhängigkeit vom Typ: ‒ setzt der Vortrag Selbststudium, Seminare und Übungen voraus ‒ oder er wird durch Selbststudium, Seminare und Übungen ergänzt. <?page no="147"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 147 (3) Grundstruktur (Abb. 4.2): Abb. 4.2: Grundstruktur Lehrvortrag (5) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Wähle den freien, am Manuskript angelehnten Vortrag. Biete eine Gliederung zur Orientierung an. Hebe das Wesentliche hervor und wiederhole es in wechselnden Zusammenhängen. Arbeite mit Beispielen. Lasse Frage zu. Gib Hinweise zum Selbststudium. Fasse zusammen. Stelle ein Skript bereit. 4.2.3 Seminar (1) Merkmale: • Kooperation des Dozenten mit einer kleineren Teilnehmerzahl, • indirekte Vermittlung (durch Fragen, Vorgabe von Thesen etc.), • produktive, häufig kooperative Aneignung durch Dialog als Gedankenaustausch, • Kontrolle der Denk- und Bewertungsvorgänge. <?page no="148"?> 148 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren (2) Funktionen: • Ergänzung, Vertiefung, Erweiterung spezieller Themen, Schwerpunkte und Problemstellungen, • Erwerb von Methoden des fachlichen Arbeitens, • Einstellungs- und Überzeugungsbildung, • Entwickeln von Fähigkeiten zum Argumentieren und Präsentieren. (3) Typen: • Frage-Antwortseminar, • Vortragsseminar, • Seminar als kommentierendes Lesen, • Fallseminar, • Auswertungsseminar. (4) Grundstruktur (Abb. 4.3): Abb. 4.3: Grundstruktur Seminar <?page no="149"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 149 (5) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Reaktiviere und aktualisiere vorhandenes Wissen durch Wiederholung. Stelle zu Beginn den Seminarablauf vor. Erfrage die Erwartungshaltung der Teilnehmer. Sichere ausreichende Diskussionsmöglichkeiten, schränke sie nicht durch ein Übermaß an Lehr- und Kurzvorträgen ein. Richte Fragen an alle Teilnehmer, formuliere dabei kurz, eindeutig und verständlich. Lenke die Diskussion durch ‒ Denkanstöße, Praxisbeispiele, ‒ Problematisieren scheinbar geklärter Fragen, ‒ Pointieren umstrittener Standpunkte, ‒ Präzisierung von Formulierungen, ‒ Einengen, Ausweiten und Abschließen der Diskussion. Hebe das Ergebnis der Diskussion hervor, sichere und bewerte es für alle Teilnehmer. Frage die Teilnehmer, ob ihre Erwartungen erfüllt wurden. 4.2.4 Übung (1) Merkmale: • Indirekte Vermittlung durch Vorgabe von Aufgabenstellungen und gelenkte produktive Aneignung, • mehrfach wiederholende Ausführung von inhaltsgebundenen Tätigkeiten. (2) Funktionen: • Ausprägen von Fähigkeiten und Fertigkeiten des methodischen Vorgehens, • Herausbilden kommunikativer Befähigung, • Entwickeln von Einstellungen und Gewohnheiten. (3) Typen: • Entwickelnde Übung, • Vortragsgebundene Übung, • Übung mit kommentierendem Lesen, <?page no="150"?> 150 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren • Fallübung, • Auswertungsübung. (4) Grundstruktur (Abb. 4.4): Abb. 4.4: Grundstruktur Übung (5) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Stelle die Lösung fachspezifischer Aufgabenstellungen in den Mittelpunkt. Fordere die Teilnehmer zur Bewertung der Lösungswege auf. Nutze unterschiedliche Typen der Übungsorganisation, wie z. B.: ‒ Übung mit Gesprächen, ‒ Übung mit Kurzvorträgen, ‒ Übung mit kommentierendem Lesen, ‒ Übung an Fallsituationen. <?page no="151"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 151 4.2.5 Selbststudium (1) Merkmale: • Selbstständige Lernarbeit der Teilnehmer mit individueller Zeitplanung, • fester Bestandteil des Lehr- und Lernprozesses. (2) Funktionen: • Vertiefung, Ausweitung und Kontrolle der Aneignung des Wissens; • Ausprägung von Selbstständigkeit, Aktivität und Eigenverantwortung; • Entwicklung positiver Arbeitsgewohnheiten und -einstellungen. (3) Typen nach den Arbeitsaufgaben: • Aneignung durch Aufnehmen von Lehrinhalten in Vorbereitung auf den Unterricht mittels Lehr- oder Fachbuch mit dem Ziel, eine Informations- oder Orientierungsgrundlage zu schaffen; • Aneignung durch Verarbeiten von Lehrinhalten im Nachvollzug des Unterrichts mittels Skripte, Lehr- und Fachbücher mit dem Ziel des reproduktiven Beherrschens; • Aneignung durch Verarbeitung von Lehrinhalten ohne Bezug zum Unterricht mittels Lehr- und Fachliteratur gleichfalls mit dem Ziel des reproduktiven Beherrschens; • Aneignung durch Lösen von Aufgabenstellungen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad und Umfang mit dem Ziel des operativen Beherrschens. (4) Typen nach den Qualitätsstufen: • Aneignungsselbststudium - rezeptive Aneignung vermittelter Lehrinhalte mit verbesserter Einsichts- und Behaltensleistung führt zur Erweiterung der Wissensgrundlage; • Produktives Selbststudium - Anwendung von Wissen in der Auseinandersetzung mit Aufgaben- und Problemstellungen führt zur produktiven Aneignung. (5) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Mache Ziele und Aufgaben für das Selbststudium und die damit verbundenen Arbeits- und Tätigkeitsabläufe sichtbar. Biete für das Selbststudium Aufgaben- und Problemstellungen an, die eine produktive Wissensaneignung fördern. Ermögliche die Anwendung der im Selbststudium erzielten Ergebnisse in Seminaren und Übungen. <?page no="152"?> 152 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 4.2.6 Unterweisung (1) Merkmale: • Vermittlung der zu einer konkreten Arbeitsaufgabe notwendigen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen; • Einüben manueller Fertigkeiten und praktischer Tätigkeiten ohne Interpretationsspielräume; • Besonderes Gewicht liegt auf der Vermittlung der adäquaten Verhaltensweisen. (2) Anlässe: • Einstellung oder Versetzung, Veränderung im Aufgabenbereich oder in Abläufen, Einführung neuer Abläufe; • Ergebnisse von Kontrollen, Begutachtungen, Unfällen und Schadensereignissen, turnusgemäße Wiederholungen usw. (3) Typen: • Arbeitsplatzbezogene Unterweisung mit den Elementen ‒ Einweisung (z. B. in die Bedienung eines Geräts oder in veränderte Arbeitsabläufe); ‒ Unterweisung (z. B. für damit verbundene Sicherheitsmaßnahmen); • Schulungen zum Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (z. B. einmal jährlich). (4) Grundstruktur der Arbeitsunterweisung <?page no="153"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 153 Die Grundstruktur in Abb. 4.5 folgt der REFA-Methodenlehre in 4 Stufen (REFA-Verband, 1987, S. 26): Abb. 4.5: Grundstruktur Unterweisung (REHA-Modell) Eine Weiterentwicklung der Vier-Stufen-Methode ist die Leittextmethode als „Modell vollständiger Handlung“ (K OCH , J. et al., 1991, S. 41 ff.). Sie besteht aus den folgenden 6 Schritten (Abb. 4.6): Abb. 4.6: Schritte der Leittextmethode <?page no="154"?> 154 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren (5) Empfehlungen für die pädagogische Führung Führe die arbeitsplatzbezogene Unterweisung zu wesentlichen Teilen am Arbeitsplatz aus. Sichere die arbeitsplatzspezifische Aufbereitung des Inhalts der Unterweisung. Prüfe regelmäßig das Verständnis der vermittelten Inhalte. Ermögliche bei Unterweisungen mit elektronischen Hilfsmitteln das Gespräch zwischen dem Unterweisenden und dem Teilnehmer. 4.2.7 Leistungsnachweis (1) Merkmale: • Verlaufs- und Abschlussnachweise der Ergebnisse einzelner Veranstaltungen. • Organischer Bestandteil der Veranstaltung. (2) Funktionen: • Vergleich: Stand der Zielrealisierung, • Information: Leistungs- und Verhaltensqualitäten, • Steuerung: Anregen der Studienarbeit, • Rückkopplung: Einleitung von Maßnahmen in der Veranstaltung, • Prognose: Zu erwartende künftige Leistungs- und Verhaltensqualitäten. (3) Typen: • Prüfungen (in der Regel Modul- oder Lehrgangsabschluss): ‒ mündliche Prüfungen, ‒ schriftliche Prüfungen (Klausuren), ‒ experimentelle und andere praktische Prüfungen; • Leistungsnachweise (unmittelbar im Prozess): ‒ mündliche Leistungsnachweise, ‒ schriftliche Leistungsnachweise, ‒ experimentelle und andere Leistungsnachweise; • Testate: ‒ Bescheinigung von Leistungsnachweisen (Scheine); <?page no="155"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 155 • Konsultationen: ‒ indirekte Leistungsnachweise in Beratungsgesprächen zur Bewältigung von Aufgaben- und Problemstellungen. (4) Empfehlungen für die pädagogische Führung: Gewährleiste die Eindeutigkeit von Fragen, Aufgabenstellungen und Anforderungen. Sichere, dass Fragen, Aufgabenstellungen und Anforderungen nach Umfang und Schwierigkeitsgrad den vorgegebenen Veranstaltungszielen entsprechen. Ermögliche das Erbringen von Leistungsnachweisen unter einheitlichen Bedingungen, biete Chancengleichheit. Fördere positive Nacheffekte im Sinne der Motivierung für das weitere Lernen. Strebe nach Einheitlichkeit in der Benotung. Die Empfehlungen sind nicht als Verfahrensvorschriften zu verstehen, sondern als Anregungen, mit denen der Dozent kreativ umgeht, sie eigenständig gestaltet und für seine Zwecke anpasst und nutzbar macht. Mit Bezug auf die Zielklassen im Unterricht bietet M ACKE , G. folgendes grobe Schema für die Leistungsbewertung in Abb. 4.7 an: Abb. 4.7: Schema für Leistungsbewertung (M ACKE , G. et al., 2012, S. 182) - - - - - - - - <?page no="156"?> 156 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 4.3 Planung der Lehreinheiten 4.3.1 Prozessphasen Die gedankliche Durchdringung des Prozessverlaufs beginnt mit der Entwicklung einer Modellvorstellung des zu gestaltenden Prozesses in seiner zielinhaltlichen, didaktisch-methodischen und zeitlich gegliederten Organisiertheit. Sie verläuft in drei typischen Prozessphasen. In der Orientierungsphase gilt es • Problemverständnis zu erzeugen, • Voraussetzungen zu ermitteln, • Grundlagen- und Einordnungswissen zu vermitteln, • Zielorientierungen zu schaffen, • Leistungsansprüche verständlich zu machen, • Vereinbarungen zu treffen (z. B. Zeitplan einhalten, Unklarheiten klären, Handys ausstellen). In der Ausführungsphase gilt es • Fachwissen zu vermitteln, • Erfahrungen auszutauschen, • Probleme zu diskutieren und zu lösen, • Anwendungen zu initiieren und zu trainieren, • Zusammenhänge abzuleiten, • Wertungen vorzunehmen. In der Kontrollphase gilt es • Problemverständnis zu überprüfen, • Wissensstand festzustellen, • Anwendungs- und Umsetzungsfähigkeit zu testen, • Systematisierung und Verallgemeinerungsfähigkeit zu prüfen. Eine Zuordnung dieser Phasen zu den verschiedenen Organisationsformen der Lehre ist der Abb. 4.8 zu entnehmen. <?page no="157"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 157 Abb. 4.8: Charakterisierung der Prozessphasen in der Lehre 4.3.2 Planungsmodelle Im Folgenden werden zwei Modelle vorgestellt, die unter den Prämissen von Aktivität und Offenheit mögliche Kombinationen der Organisationsformen in drei Prozessphasen abbilden. (1) Modell Themenplanung Das in Abb. 4.9 skizzierte Modell der Tages- oder Themenplanung folgt der o. g. Phasenstruktur. In der Orientierungsphase werden Ziele, inhaltliche Gliederung, Arbeitsformen, Ergebnispräsentation und Bewertung erläutert sowie Impulse für das Aufgabenlösen gesetzt. Die Ausführungsphase ist mit unterschiedlichen Tätigkeitsformen der Teilnehmer (Einzel-, Partner-, Gruppen- und Plenumsarbeit) ausgefüllt. Sie werden durch Aufgabenstellungen unterschiedlicher Komplexität und Kompliziertheit ausgelöst. Ergänzungsvorträge im Umfang von etwa 20 Minuten oder auch digitale Medien bieten transformierbare Kenntnisse und Fähigkeiten an. <?page no="158"?> 158 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Abb. 4.9: Modell für die Tages- oder Themenplanung Die Kontrollphase ist der Präsentation der Arbeitsergebnisse, ihrer Diskussion und Bewertung vorbehalten. Wesentlich ist in dieser Phase das Bewerten des Gelernten, das gemeinsame Einschätzen des „Merkenswürdigen“. BEISPIEL zum Modell in Abb. 4.9: Thema: Businessplan - Beispiel: Konzept für die Gründung eines Start-Up-Unternehmens, 8 bis 9 Unterrichtseinheiten (abhängig von Gruppengröße). (1) Einführungsvortrag Ausgangssituation, Ziele, inhaltliche Gliederung, Arbeitsformen, Ergebnispräsentation und Bewertung. (2) Impulsvortrag Chancen und Perspektiven, aber auch Risiken der Selbständigkeit, Rahmenbedingen, Voraussetzungen. Einstieg in die Einzel-/ Partnerarbeit mit einem Szenario: „Die Deutsche Stiftung für Wirtschaftsförderung schreibt einen Preis für eine innovative Unternehmensgründung aus. 200.000 Euro erhält das Gründungsteam, welches das beste Konzept für ein innovatives Unternehmen vorstellt.“ <?page no="159"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 159 (3) Ideensammlung In Einzel- oder Partnerarbeit werden innovative Ideen für neue Produkte oder besondere Dienstleistungen entwickelt. (4) Vorstellen und Diskussion der Ideen Die Ideen werden vorgestellt, visualisiert und diskutiert. (5) Ergänzungsvortrag Die Stiftung für Wirtschaftsförderung wird mit ihrer Vision, Mission und den Förderschwerpunkten vorgestellt. (6) Anwendungsbeispiel I In Partnerarbeit entwickeln die Teilnehmer Kriterien, mit denen eine Jury der Stiftung die eingereichten Konzepte bewertet. Außerdem legen sie die Ausprägung der Kriterien fest. (7) Diskussion Mit Hilfe der erarbeiteten Kriterien werden die entwickelten Ideen im Plenum bewertet und es wird entschieden, welche 2 bis 3 Ideen weiter verfolgt werden. (8) Ergänzungsvortrag Bestandteile eines Konzepts für ein Start-Up-Unternehmen. (9) Anwendungsbeispiel II Erarbeitung des Konzepts für die in (7) ausgewählten 2 bis 3 Ideen in jeweils einer Gruppe. (10) Vortrag und Diskussionsrunde Präsentation der erarbeiteten Konzepte durch jede Gruppe vor einer angenommenen Jury der Stiftung. (11) Anwendungsbeispiel III Für den Fall, dass noch Zeit zur Verfügung steht, kann den Gruppen eine Ergänzungsaufgabe gestellt werden, beispielsweise Entwurf einer Website für das neue Unternehmen. (12) Zusammenfassung und Bewertung Teilnehmer und Dozenten bewerten gemeinsam die Ergebnisse (Gründungskonzepte, Gruppenarbeit und Präsentationen) und schätzen die Zielerfüllung ein. (2) Modell Lernstile Ein anderer Ansatz für die Gestaltung eines Themas geht von den Grundtypen individueller Lernstile aus. Jeder Teilnehmer hat im Verlauf seiner schulischen und beruflichen Entwicklung einen solchen Lernstil entwickelt, der darüber <?page no="160"?> 160 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren entscheidet, wie er Lehrinhalte aufnimmt, verarbeitet und reproduziert. In der Praxis werden in einem weiteren Planungsmodell vier Lernstile unterschieden • Konkreter Lernstil: bevorzugt Beispiele, Aufgaben, Praxissituationen und konkrete Umsetzungen (Handlungsorientierungen). • Analytischer Lernstil: präferiert klare Systematik, Strukturierung und selbstständiges Aufgabenlösen/ produktives Selbststudium. • Kommunikativer Lernstil: schätzt das soziale Lernen und versteht Zusammenhänge durch Diskussion, Interaktion und Gruppenarbeit. • Autoritativer Lernstil: orientiert sich vor allem an Vorgaben, an dem Handeln des Dozenten und prüft zuerst, was prüfungsrelevant ist. Entsprechend diesem Modell bevorzugt jeder Mensch den einen oder anderen Stil, der mit in einer Vorliebe für ein bestimmtes didaktisches Vorgehen verbunden ist (S CHUMACHER , E.-M., 2011, S. 47). So hat jener, der den analytischen Lernstil pflegt, Vorbehalte gegen Gruppenarbeit. Der konkret Lernende fühlt sich bei Fallstudien wohl und der autoritativ Orientierte fragt zuerst, wofür er seine Credits bekommt. Dem Dozenten muss bewusst sein, dass jeder Teilnehmer entsprechend der individuellen Ausprägung seines Lernstils bestimmte didaktische Konzepte bevorzugt. Dementsprechend sind möglichst alle vier Lernstile in das Gestaltungskonzept für das Thema zu integrieren. So kann der Dozent in bestimmten Lernphasen auch einzelne Lernstile fokussieren, beispielsweise: · er beginnt mit einem Vortrag (analytisch), · wechselt über in das Gespräch, in die Diskussion mit den Teilnehmern (kommunikativ), · bringt einen konkreten Fall oder eine praktische Aufgabe ein, die paarweise zu bearbeiten ist (konkret/ kommunikativ), und · gibt den Rahmen für die Herangehensweise an und nimmt zum Schluss eine fachliche Einordnung vor (autoritativ). Ein solches Gestaltungskonzept, das auf der Integration aller vier Lernstile beruht, ist zu Beginn einer Veranstaltungsreihe mit den zu Teilnehmern besprechen. <?page no="161"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 161 4.4 Steuerungshilfen 4.4.1 Übersicht Die Abb. 4.10 enthält eine Auswahl von Steuerungshilfen für die Lehre, die in diesem Kapitel behandelt werden. Abb. 4.10: Steuerungshilfen für die Lehre (Auswahl) Am Schluss des Kapitels 4.4 wird dem Leser in der Abb. 4.39 eine Checkliste angeboten, in der die Handlungsempfehlungen innerhalb der Steuerungshilfen zusammenfassend dargestellt sind. 4.4.2 Lehrinhalte fokussieren Ein erhebliches Problem in der Lehre ist die so genannte Vollständigkeitsfalle. Insbesondere Fachexperten (hier der Verfasser der Graduierungsarbeit) bewerten die Weitergabe von möglichst viel eigenem Wissen höher als die Vermittlung von ausgewähltem, stoffmäßig reduziertem Wissen (L EHNER , M., 2012, S. 22). Den Stoff begründet zu reduzieren ist eine wichtige Aufgabe der Didaktik bei der <?page no="162"?> 162 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Bestimmung des Inhalts. Sie besteht in der Rückführung komplexer Sachverhalte auf ihre wesentlichen Elemente und deren Verknüpfungen mit dem Ziel, diese für die Teilnehmer überschaubar und begreifbar zu machen (L EHNER , M., 2009, S. 128). Stoffreduktion bedeutet also nicht Verwässern, Vergröbern oder gar Simplifizieren (G RÜNER , G., 1967, S. 86), sondern Konzentrieren auf das Wesentliche des Stoffs bei der Auswahl aus der Stofffülle (siehe auch 2.4.3). Was aber wesentlich ist, das wird maßgeblich durch folgende drei Faktoren bestimmt: • Das Ziel - Was sollen die Teilnehmer anschließend kennen und können; wie sollen sie sich verhalten? • Die Teilnehmer - Welche Vorkenntnisse, Erfahrungen, Interessen, Wünsche und Erwartungen bringen sie mit? • Die Zeit - Welcher zeitliche Rahmen steht zur Verfügung? Stoffreduktion bedeutet nicht einfaches Weglassen, sondern bezieht sich • sowohl auf die quantitative Begrenzung des Curriculums, insbesondere ‒ Konkretisieren und Operationalisieren der Lernziele (unter Beachtung der Voraussetzungen der Teilnehmer und des Zeitbudgets), ‒ Auslassen von stofflichen Einheiten; • als auch vermittlungstechnisch auf eine qualitative Begrenzung, insbesondere ‒ exemplarisch vorgehen, ‒ Modelle bilden. In Abb. 4.11 werden die genannten vier Techniken - ergänzt um das didaktische Vereinfachen (Abschnitt 4.4.3) - in Zusammenhänge eingeordnet. Dazu wird • erstens deutlich zwischen Lehrstoff und Lehrinhalt unterschieden. Unter Lehrstoff ist hier das in der Gesellschaft verfügbare Wissen mit Bezug zum Lehrgegenstand zu verstehen. Der Lehrinhalt bezeichnet jenes Wissen, das mit Blick auf das Ziel, die Teilnehmer und die verfügbare Zeit aus dem Stoff für das Vermitteln ausgewählt wird. • Zweitens ergeben sich aus der Unterscheidung von Komplexität und Kompliziertheit des Lehrstoffs die unterschiedlichen Techniken. Die Komplexität wird quantitativ begrenzt, die Kompliziertheit durch qualitative Begrenzung abgebaut. <?page no="163"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 163 Abb. 4.11: Didaktische Reduktion (in Anlehnung an L EHNER , M., 2012, S. 11) (1) Ziele konkretisieren und operationalisieren Die konstruktive Fokussierung des Lehrinhalts wird an dem folgenden Beispiel erläutert: Eine Klinikleitung bereitet die Einweisung des mittleren medizinischen Personals in den neuen Operationssaal vor. Sie setzt nach Angaben des Herstellers für eine entsprechende Schulung zu den 14 Modulen (siehe Abb. 4.12) ein Seminar von 20 Unterrichtseinheiten an. Der mit der Planung und Durchführung des Seminars beauftragte Dozent nimmt die Fokussierung des Lehrinhalts vor: 1. Eine Analyse der Teilnehmer zeigt ihm, dass es sich dabei ausschließlich um OP-Schwestern und OP-Assistenten handelt, die bereits länger als 10 Jahre in OP-Sälen tätig sind. Sie besitzen hier reichhaltige Kenntnisse und Erfahrungen und wollen die neuen Anforderungen des modernen OP-Saals beherrschen. 2. Mit Blick auf diese Voraussetzungen ermittelt der Dozent folgende neue Anforderungen an ihre Tätigkeit im modernen OP-Saal: · Einrichtung des modernen OP-Saals handhaben, · Neue Anforderungen an die Raumhygiene anwenden, · Moderne Haustechnik bedienen können. <?page no="164"?> 164 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Abb. 4.12: Module des OP-Saals 3. Damit entfallen 10 Module (siehe Abb. 4.13). Der Fokus der gesamten Einweisung liegt auf den Modulen Einrichtung, Raumkonfiguration, Raumklima und Raumhygieneanforderungen (Prototypen). 4. Im Ergebnis der Fokussierung sind 6 Unterrichtseinheiten ausreichend für die gesamte Schulung. Abb. 4.13: Ausgewählte Module des OP-Saals <?page no="165"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 165 Das Beispiel zeigt, dass durch Fokussieren der Lehrinhalte viel Zeit und Geld eingespart werden kann. Wesentliche Voraussetzungen dafür sind die Analyse der Teilnehmer, die Bestimmung konkreter Ziele und ihre Beschreibung durch Tätigkeiten. (2) Auslassen Die Auslassung ist eine weitere Möglichkeit für das Reduzieren stofflich überfrachteter Veranstaltungen. Manch gewissenhafter Dozent wird diese Art der Stoffbeschränkung als Makel empfinden, nicht zuletzt auch deshalb, weil er dadurch die investierte Vorbereitungsarbeit als unnütz empfinden muss. Aber die Auslassung ist kein Defizit, sondern ein nützliches Instrument zur Entzerrung von Lernräumen (W ÖRNER , A., 2008, S. 38). Im Unterschied zu den anderen Möglichkeiten der geplanten didaktischen Reduktion erfolgt die Auslassung situativ. Sie ist vor allem der themenbezogenen Aktivität der Teilnehmer geschuldet. Unter Aufgabe des Strebens nach „blinder“ Planerfüllung entlastet sie die Interaktion mit den Teilnehmern. Mit dem Verweis auf selbst anzueignende Inhalte durch Literaturhinweise, Teilnehmerskripte oder Aufgaben für das Selbststudium kann das Ausgelassene kompensiert werden. Damit wird die Präsenzphase entlastet und frei für Räume des miteinander Arbeitens. Aus eigener Erfahrung kann ein „Auslassungsszenarium“ durch Gewichten des Inhalts (siehe dazu Abschnitt 3.2.2, Punkt (5)) vorbereitet werden. Danach erfolgt eine Einteilung in Muss-Inhalte (Argumente), Soll-Inhalte (Belege, Beweise) und Kann-Inhalte (Veranschaulichung) - siehe dazu auch Abb. 3.10. Mit dieser Struktur im Hintergrund kann im Anlassfall die Auslassung vorgenommen werden - möglichst nicht in den Muss-Inhalten, sondern vorzugsweise in den Soll- und Kann-Inhalten. L EHNER , M. (2012, S. 100) verweist mit Bezug zur Auslassung auf die In-Out- Technik. Ihr liegt das einfache Prinzip zugrunde: „Immer, wenn ein neuer Inhalt („IN“) hinzukommt, muss einer der bisherigen Inhalte weichen („OUT“). (3) Exemplarisch Vorgehen Ein wichtiges Instrument der qualitativen Stoffbeschränkung ist das exemplarische Vorgehen in der Lehre. Auch hier geht es nicht um ein einfaches Weglassen von Stoffgebieten, sondern um das Erschließen eines Gesamtbereichs von einem in besonderer Weise geeigneten Teilbereich aus. Am ausgewählten Teil wird das Ganze gespiegelt; vom Teil als Ausgangsposition ist das Ganze zu begreifen. Ausgehend vom geeigneten Einzelnen (einzelnes Ereignis, einzelne Erscheinung, einzelnes Gerät) ist das Allgemeine (Begriff, <?page no="166"?> 166 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Geräteklasse, Erklärung, Theorie) aufzuweisen. Dabei ist zu sichern, dass das Exempel als solches gekennzeichnet und im System platziert wird. Das Beispiel in Abb. 4.14 zeigt, dass der Zweischaufelrührer als Repräsentant zahlreicher Rührerarten angesehen werden kann. Auf diese Weise entsteht ein semantisches Netz als eine wirksame Form der Wissensrepräsentation. Die Merkmale, die allgemein auf Rührwerke zutreffen, wie beispielsweise Wirbelbildung oder Rührwiderstand, müssen nicht für jede Art von Rührwerken einzeln dargelegt werden. Abb. 4.14: Zweischaufelrührer als Exempel für die Klasse der Rührwerke In ähnlicher Weise kann das Thema „Kapitalgesellschaften“ auf die Behandlung von wesentlichen Merkmalen einer „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (GmbH) fokussiert werden und die Behandlung anderer Formen dem Selbststudium vorbehalten werden (siehe Abb. 4.15). <?page no="167"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 167 Abb. 4.15: GmbH als Exempel für Personengesellschaften Nicht nur in technischen und rechtlichen Stoffgebieten bewährt sich das exemplarische Vorgehen zum konzentrierten Erfassen des Wesentlichen. Auch in zahlreichen weiteren Schulungsbereichen oder Einweisungssituationen ist beispielsweise die Fallanalyse dafür eine geeignete Methode. Mit dem Ziel, am konkreten Fall verallgemeinerungsfähige Ergebnisse zu erarbeiten, wird eine reale Problemsituation aus dem fachlichen bzw. beruflichen Bereich ausgewählt, die stellvertretend für eine Gruppe oder Klasse ähnlicher Fälle steht (M ACKE , G., 2012, S. 202). Abb. 4.16 enthält einen Vorschlag für den Ablauf einer Fallanalyse in 6 Schritten. Dabei werden die Aktivitäten von Teilnehmern und dem Dozenten unter den Bedingungen der Gruppenarbeit gekennzeichnet. <?page no="168"?> 168 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Abb. 4.16: Ablauf einer Fallanalyse (4) Modelle bilden Eine weitere Möglichkeit der konstruktiven Stoffbeschränkung besteht in der Modellbildung. Darunter wird eine bewusst hergestellte, vereinfachte ideelle oder materielle Konstruktion (Ersatzobjekt) von einem zu untersuchenden oder zu vermittelnden Sachverhalt (Original) verstanden. Als didaktisches Instrument sollen Modelle den Aufwand zum Verständnis des Originals reduzieren. Deshalb enthält das Modell nur solche Aussagen über das Original, die für das Verständnis der Zielpersonen (Teilnehmer) von Bedeutung sind. Damit wird eine abkürzende und zusammenfassende Wirkung der Vermittlung erreicht. Modelle bilden Funktions-, System- und Strukturähnlichkeiten ab. Für die Lehre werden im Folgenden Funktionsmodelle, System- oder Verhaltensmodelle und Strukturmodelle vorgestellt. <?page no="169"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 169 Als Beispiel für Funktionsmodelle sind in den Abb. 4.17 bis 4.19 verschiedene Zusammenhänge von „Angebot und Nachfrage“ dargestellt. Dabei verdeutlicht die Entstehung des Gleichgewichtspreises (GWP) die Auswirkung einer steigenden Nachfrage und die Auswirkung eines zunehmenden Angebots. Abb. 4.17: Funktionsmodell - Entstehung des Gleichgewichtspreises (GWP) Erkenntnis: Da die Preiswünsche von Abnehmern und Anbietern gegenläufig sind, stellt sich am Markt ein Gleichgewicht an der Schnittstelle von Angebot und Nachfrage ein. Abb. 4.18: Funktionsmodell - Auswirkungen einer steigenden Nachfrage Erkenntnis: Eine höhere Nachfrage bei stabiler Menge lässt den Preis steigen. <?page no="170"?> 170 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Abb. 4.19: Funktionsmodell - Auswirkungen eines steigenden Angebots Erkenntnis: Ein höheres Angebot lässt den Preis sinken. Als Systemmodell soll die in Abb. 4.20 stark vereinfachte Darstellung des Wirtschaftskreislaufs einen Zugang zu dessen Verständnis schaffen. Sowohl das Eingreifen des Staates als auch Sparen und Investieren (Kapitalsammelstelle) sind in dieser Abbildung ausgeschlossen. Abb. 4.20: Systemmodell eines einfachen Wirtschaftskreislaufs (Quelle: www.Rechnungswesen-verstehen.de) Das Strukturmodell, in Abb. 4.21 als Ideengrafik zum Thema „Schritte zur Existenzgründung“ dargestellt, lässt eine klare Einteilung in Hauptgruppen und Untergruppen erkennen und kann bis hin zu den Einzelelementen ergänzt werden. <?page no="171"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 171 Das Modell ermöglicht einen raschen Überblick über das Wesentliche und erleichtert das Speichern und Reproduzieren. Auch hier kann den Teilnehmern beispielsweise als Aufgabe für das Selbststudium die Zuordnung von Einzelelementen zu einer oder mehreren Untergruppen gestellt werden. Abb. 4.21: Strukturmodell - Schritte zur Existenzgründung Empfehlungen: 1. Ziele konkretisieren und operationalisieren Bilde im Ziel formulierte Eigenschaften auf Tätigkeiten und soziale Interaktionen ab. Bestimme zentrale Lehreinheiten als Prototypen. 2. Auslassung Reduziere Stoffdarbietung situativ zugunsten der aktiven Zusammenarbeit mit den Teilnehmern. Prüfe die Strukturierung in Muss-, Soll- und Kann-Inhalte. Verweise die Teilnehmer auf Stelbststudienanteile mit Hinweisen auf geeignete Quellen. <?page no="172"?> 172 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 3. Exemplarisches Vorgehen Wähle aus der Vielzahl der Fälle das repräsentative Beispiel aus und stelle daran die für alle Fälle gültigen Aspekte dar. Eröffne aus dem Exempel heraus das System des betreffenden Stoffgebietes. Erwecke durch exemplarisch ausführliche Behandlung das Gefühl für Differenziertheit in anderen Fällen. 4. Modellbildung Unterstütze das Erkennen und Beherrschen eines komplizierten Sachverhalts durch eine vereinfachte Konstruktion des Originals. Passe das Modell an das Leistungsvermögen der Teilnehmer an. Prüfe die Möglichkeit, die Modellmethode auch als Bildungsinhalt einzusetzen. 4.4.3 Veranschaulichung sichern (1) Visualisieren Das Visualisieren dient dem Überführen von Inhalten, insbesondere von komplexen und komplizierten Sachverhalten, in eine bildhafte Form. Damit soll den Teilnehmern beim Entwickeln geeigneter Vorstellungsbilder, besonders zu abstrakten Sachverhalten, geholfen werden. Gegenwärtig bestehen unterschiedliche Vorstellungen darüber, in welcher Form Informationen im Langzeitgedächtnis repräsentiert werden. Gesichert scheint die Unterscheidung in ein begriffliches (sprachliches) und bildhaftes, episodisches Repräsentationsformat. So lösen abstrakte Begriffe, mit denen keine Bilder bzw. bildhaften Vorstellungen verknüpft sind, nur in einem kognitiven System Aktivitäten aus. Demgegenüber führen konkrete, bildhafte, anschauliche Begriffe oder Ereignisse, an denen die Person selbst beteiligt war (Episode), in beiden Systemen zu Aktivitäten. Dieser Sachverhalt wird in Abb. 4.22 dargestellt. Die Abbildung verdeutlicht: • Konkrete Begriffe werden gleichzeitig in einem begrifflichen Langzeitgedächtnis (Hirnhälfte A) und einem bildhaften, episodischen Langzeitgedächtnis (Hirnhälfte B) abgelegt. • Abstrakte Begriffe, die mit keinen bildhaften oder episodischen Vorstellungen verbunden sind, werden nur in der Hirnhälfte A gespeichert. <?page no="173"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 173 Abb. 4.22: Grobmodell des Gedächtnisses So führt beispielsweise der abstrakte Begriff „Osteo“ nicht automatisch zu einer bildhaften Vorstellung, wird deshalb in der Regel allein in der Hirnhälfte A gespeichert und ist schwer zu reproduzieren. Demgegenüber wird das Bild eines Knochens (Osteo) in beiden Hirnhälften abgelegt. Das führt zu einer doppelten Kodierung und erleichtert die Reproduktion. Offensichtlich hinterlassen konkrete Begriffe, mit Vorstellungsbildern verknüpfte Informationen, mehr Spuren (duale Kodierung) und werden besser behalten. Deshalb bietet sich die Kombination beider Kodierungsformen (Bild und Wort) für das Lehrhandeln des Dozenten an. BEISPIEL 1: Eine Turbinenanlage wird mit der ganzen Fülle ihrer einzelnen technischen Daten erläutert. Nunmehr sind Vorstellungsbilder zu den abstrakten Begriffen zu entwickeln, beispielsweise so: „Wie Sie den Zahlen entnehmen können, bewegen sich die Flügel der Turbine mit anderthalbfacher Schallgeschwindigkeit.“ Jetzt hat auch der Zuhörer eine Vorstellung von der Leistung der Turbine. <?page no="174"?> 174 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren BEISPIEL 2: Der Begriff „Bilanz“ als Vermögensaufstellung ist zunächst von abstrakter Natur. Erst durch die bildhafte Darstellung des Bilanzaufbaus als Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital, das sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Gleichgewicht befindet, wird eine Vorstellung vom Begriff entwickelt und eine doppelte Kodierung möglich (Abb. 4.23). Abb. 4.23: Vorstellungsbildung zum Begriff Bilanz Für die Bildgestaltung auf Folien oder in PowerPoint-Präsentationen haben sich die folgenden Hinweise bewährt: • Einheitliches Layout festlegen (Platzierung von Logo, Farbwahl usw.). • Möglichst Querformat verwenden. • Geeignete Schriftart/ -größe wählen (z. B. Times, Arial): ‒ Überschrift etwa 26 Punkt, ‒ Text 20 bis 24 Punkt, ‒ Fußzeile mit Informationen (Foliennummer, Dateiname usw.), ‒ nicht nur Großbuchstaben einsetzen, <?page no="175"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 175 ‒ nur eine Art der Hervorhebung benutzen (entweder kursiv oder fett oder farbig unterlegen), ‒ Abstand zwischen den Textzeilen lassen. • Höchstens drei Farben für Textfolien (Text, Hintergrund, Hervorhebungen). • Für gleiche Sachverhalte gleiche Farbe wählen. • Zahlenlawinen vermeiden. • Farben für Grafiken festlegen, Kontrast muss erkennbar sein. • Nur immer einen Gedanken auf einer Folie darstellen. • Längere Textpassagen, ausformulierte Sätze vermeiden. • Maximal 7 Textzeilen auf einer Folie platzieren. • Cliparts sparsam einsetzen (zum Strukturieren, zum Hervorheben oder als Ersatz für einen Text). (2) Didaktisch Vereinfachen Eine einfache, überschaubare Bildgestaltung wird durch die didaktische Vereinfachung erreicht. Darunter ist der Übergang von einer differenzierten Aussage zu einer nur das Wesentliche aufbewahrenden Aussage (gleicher Gültigkeitsumfang über den gleichen Gegenstand unter gleichem Aspekt) zu verstehen. Kriterium der zulässigen didaktischen Vereinfachung ist der widerspruchsfreie Übergang von der vereinfachten Aussage zurück zur Ausgangsaussage. Ziel der Vereinfachung ist eine Übereinstimmung von Lernvoraussetzung und Schwierigkeitsgrad (L EHNER , M., 2012, S. 10). BEISPIEL 1: Bei der Erläuterung des Aufbaus eines technischen Gerätes (siehe Abb. 4.24) bewährt es sich nach Augenscheinnahme des realen Objekts, die Fülle der einzelnen Merkmale (differenzierte Aussagen) abzubauen und nur das Wesentliche abzubilden. Damit wird eine erste Vorstellung vom Gerät beim Zuhörer geschaffen. Auf diesem Grundverständnis können nun die Merkmale angereichert und der Übergang zum realen Objekt vollzogen werden. <?page no="176"?> 176 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Abb. 4.24: Didaktische Vereinfachung Messuhr (in Anlehnung an H ERING , D., 1959, S. 88 f.) BEISPIEL 2: In gleicher Weise ist bei der Vorstellung von Abläufen vorzugehen. Die verbreitete Praxis, den Teilnehmern den Gesamtablauf mit allen Details in einem Zuge anzubieten, fördert nicht das Verständnis. Wie in Abb. 2.15 am Beispiel des Kalkkreislaufs dargestellt wurde, geht es auch hier um Vereinfachung. Auf diese Weise entsteht eine erste Vorstellung über den Ausgangszustand und über den Endzustand sowie über den Charakter der entsprechenden Vorgänge und Prozesse. Mit dem Ziel der methodischen Befähigung der Teilnehmer lässt sich die didaktische Vereinfachung mit dem methodischen Vorgehen im Vermittlungsprozess sinnvoll verknüpfen. Für den Ablauf eines Verfahrens oder Prozesses werden die in den folgenden Abbildungen vorgestellten Schritte empfohlen: 1. Bestimme die Ausgangssituation und den angestrebten Endzustand (Abb. 4.25). 2. Analysiere die Ausgangssituation in Bezug auf wesentliche Merkmale (Abb. 4.26). 3. Beschreibe den Endzustand hinsichtlich der gewünschten Merkmale (Abb. 4.26). <?page no="177"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 177 4. Vergleiche die analysierte Ausgangssituation und den beschriebenen Endzustand und charakterisiere den Übergang (Abb. 4.26). 5. Lege die wesentlichen Schritte von der Ausgangssituation zum Endzustand fest (Abb. 4.27). 6. Charakterisiere die festgelegten Schritte (Abb. 4.28). Abb. 4.25: Vereinfachung Ablauf 1. Schritt Abb. 4.26: Ablauf 2. bis 4. Schritt <?page no="178"?> 178 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Abb. 4.27: Ablauf 5. Schritt Abb. 4.28: Ablauf 6. Schritt <?page no="179"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 179 Die beschriebenen Schritte beim Erkennen, Beschreiben, Gestalten und Vermitteln von Verfahren oder Prozessen sollten als stereotypisches Handlungsmuster für die Teilnehmer ausgeprägt werden. Das erleichtert auch das künftige Verstehen und Behalten von Abläufen, Verfahren und Prozessen. (3) Analogien schaffen Analogien können das Umsetzen abstrakter Sachverhalte in bildhafte Vorstellungen unterstützen. Ein treffendes Beispiel bietet W AGNER , B. (2011) mit der Veranschaulichung des elektrischen Stromkreises durch Analogie zu einem Wasserkreislauf (Abb. 4.29). Abb. 4.29: Analogie - elektrischer Stromkreis und Wasserkreislauf (W AGNER , B., 2011) Hier entsprechen die Wasserrohre den Kabeln, die Pumpe der Batterie; die Ursache des elektrischen Stroms ist die Spannung, des Wasserkreislaufs der Druck. Allerdings müssen zugleich die Grenzen der Analogiebetrachtung angezeigt werden. Denn die Konsequenzen aus Leitungsbruch und Rohrbruch sind extrem unterschiedlich. Beim Einsatz von Analogien sollten mindestens zwei Bedingungen erfüllt sein: • Zuerst ist der jeweilige Sachverhalt zu behandeln, also im Beispiel der elektrische Stromkreis; und dann erst die Analogie, z. B. der Wasserkreislauf. • Im Lehr-Lern-Prozess muss zugleich eine prüfende Betrachtung der Analogie erfolgen, z. B. der Folgen einer Unterbrechung beider Kreisläufe (Leitungsbruch und Rohrbruch). <?page no="180"?> 180 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren (4) Fassliche Informationsfolgen bilden Die Forderung nach Fasslichkeit in der Informationsfolge steht in enger Verbindung mit der unter Punkt (2) besprochenen didaktischen Vereinfachung. Im Kern geht es um das Anpassen der Vermittlung an den Bedarf (Nutzen) und an die Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit der Teilnehmer. Damit soll eine optimale Aneignung unterstützt und der Gefahr der Unter- oder Überforderung begegnet werden. Bei der Umsetzung bewähren sich die folgenden Regeln: • Vom Einfachen zum Komplizierten: ‒ vom sachlich Einfachen zum sachlich Komplizierten voranschreiten. • Vom Allgemeinen zum Besonderen: ‒ von den allgemeinen Merkmalen eines Gegenstandes zu seinen einzelnen besonderen Merkmalen voranschreiten. • Vom Konkreten zum Abstrakten: ‒ vom Einzelfall, Ereignis, Konflikt zum Zusammenhang, zur Verallgemeinerung, zur Theorie voranschreiten, aber auch von der realen Vielgestaltigkeit zum Herausheben wesentlicher Seiten (z. B. Modelle) oder von der Komplexität zur Gleichmäßigkeit (z. B. Idealisierung - konstanter Druck, homogener Werkstoff). • Vom Bekannten zum Unbekannten: ‒ von Vorstellungen, Begriffen und Einsichten, die beim Teilnehmer vorhanden sind, zu noch nicht Bekanntem voranschreiten, beispielsweise durch Analogiebildung. • Vom Nahen zum Entfernten: ‒ von Inhalten ausgehen, die dem Teilnehmer auch erkenntnismäßig nahestehen, zu solchen voranschreiten, die ihm weniger nahestehen, wobei das Nahe zeitlich oder räumlich sein kann. • Vom Leichten zum Schwierigen: ‒ Systematisches Steigern des Schwierigkeitsgrades, der Anforderungen in Abhängigkeit vom Lernfortschritt der Teilnehmer. <?page no="181"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 181 Empfehlungen Visualisierung: Entwickele geeignete Vorstellungsbilder, besonders zu komplizierten und abstrakten Sachverhalten. Drücke Wertschätzung durch einfache, überschaubare Bildgestaltung aus. Didaktische Vereinfachung: Reduziere die Vielzahl der Merkmale eines Gerätes oder eines Ablaufs und konzentriere die Darstellung auf das Wesen durch Vereinfachung. Sichere anschließend den widerspruchsfreien Übergang von der vereinfachten Aussage zur Ausgangsaussage. Bildgestaltung: Plane ca. 90 Sekunden pro Bild für das Kommentieren und die Aufnahme durch die Teilnehmer Setze bei einer Vortragszeit von 20 Minuten etwa 10 bis 12 Bilder ein. Fassliche Informationsfolgen: Passe die Vermittlung der Inhalte an die Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit der Teilnehmer an. Analogien schaffen: Setze neue Sachverhalte in Bezug zu bereits bekannten Sachverhalten. 4.4.4 Strukturierung anbieten Eine oft unterschätzte Steuerungshilfe bei der Verarbeitung von Informationen ist eine angemessene Strukturierung. Informationen sind im Langzeitgedächtnis in Strukturen abgespeichert. Werden sie mithin bereits strukturiert angeboten, erleichtern sie das Behalten und die Transformation in das Gedächtnis. Das Strukturieren soll bewirken, die neuen Informationen nach ihren Teilen und deren Beziehungen zu ordnen. Damit wird die Informationsfülle reduziert und der Abruf von Informationen über Strukturen gelenkt. Innerhalb eines neuen Wissensgebietes werden Ordnungsbeziehungen aufgedeckt. <?page no="182"?> 182 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren (1) Argumentationsfolgen aufbauen Die Einheiten des Lehrinhalts werden in Argumentationsfolgen vermittelt, die jeweils einer bestimmten Logik zuordenbar sind. In Ergänzung der Abb. 2.12 sind in Abb. 4.30 drei weitere Beispiele für typische Abfolgen dargestellt. Abb. 4.30: Beispiele für Argumentationsfolgen II Argumentationsketten Kennzeichnung Dialektischer Aufbau Raute Vergleich 1 Darstellen von zwei verschiedenen Auffassungen zu einer Sache 2 Erläutern der einen Auffassung 3 Erläutern der anderen Auffassung 4 Vergleichen beider Auffassung, Feststellen der Gemeinsamkeiten und Gegensätze 5 Unterbreiten eines Vorschlags für das Zusammenführen und ggf. den Ausgleich von Gegensätzen 1 Darstellen, dass die Lösung eines Problems unaufschiebbar ist 2 erste Begründung 3 zweite Begründung 4 dritte Begründung 5 Unterbreiten eines Vorschlags für sofortiges Handeln 1 Darstellen des Standpunktes von A 2 Begründung dieses Standpunktes 3 Darstellen des davon abweichenden Standpunktes von B 4 Begründung des anderen Standpunktes 5 Werten der Standpunkte und Unterbreiten eines Vorschlags für einen gemeinsamen oder völlig anderen Standpunkt 1 5 4 2 3 1 3 5 2 4 5 3 4 1 2 <?page no="183"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 183 (2) Kategorien aufdecken Das Aufdecken von Kategorien am speziellen wissenschaftlichen Gegenstand bietet Ansatzpunkte für das Lösen des Stoff-Zeit-Problems und führt zu Strukturen von Handlungen. Solche Kategorien für das didaktische Strukturieren sind: • Allgemeines - Besonderes - Einzelnes, • Zweck - Mittel, • Ursache - Wirkung, • Struktur - Funktion, • Bedingung - Bedingtes. In Abb. 4.31 ist eine Ursache-Wirkung-Beziehung am Beispiel der Selektiven Wahrnehmung des Menschen dargestellt. Abb. 4.31: Beispiel - Ursache - Wirkung (Selektive Wahrnehmung) (3) Begriffe ordnen Begriffe im Lehrinhalt sind den Teilnehmern geordnet anzubieten. So fällt es beispielsweise zum Thema „Verfahren zur Abwasserbehandlung“ schwer, die Begriffe Sedimentation, Flotation, Flockung, aerober Abbau, Adsorption, Ionenaustausch, Umkehrosmose und Verdampfung im Kurzzeitspeicher aufzunehmen, geschweige denn, alle zu behalten. Ihre Einordnung in ein System „Abwasserbehandlung“ (siehe Abb. 4.32), das Aufdecken von Zusammenhängen, werden das Verstehen und das Behalten deutlich verbessern. <?page no="184"?> 184 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Abb. 4.32: Beispiel - Begriffsstrukturen (in Anlehnung an F IEDLER , H.-J. et al., 1996, S. 249) Das Beispiel zeigt: Die Informationsmenge, die der Kurzzeitspeicher aufnehmen kann, hängt wesentlich davon ab, in welchem Maße das Stoffangebot gegliedert erfolgt, Einheiten gebildet, Elemente zusammengefasst, Bezüge hergestellt werden. (4) Gedankenkarte entwickeln Eine Art der didaktischen Strukturierung wird durch das Mind Mapping (Gedankenkarte) erreicht. Mit dieser Technik wird die Organisation des vermittelten Wissens zu einem Themenbereich unterstützt. In Abb. 4.33 ist dies am Beispiel des Wissensbausteins „Brandschutzkonzepte für Verkehrsbauten“ dargestellt. <?page no="185"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 185 Abb. 4.33: Mind Map zum Wissensbaustein „Brandschutzkonzepte für Verkehrsbauten“ Das Erstellen einer Mind Map erfolgt in vier Teilschritten: Schritt 1: Zentrales Thema in die Mitte des Blattes schreiben, Schritt 2: Schlüsselwörter zum Thema sammeln, Schritt 3: Oberbegriffe (Strukturträger des Themas) ermitteln und Schlüsselwörter den Oberbegriffen zuordnen, Schritt 4: Map verfeinern, Begriffe und ihre Beziehungen ergänzen bzw. präzisieren. (5) Zahlenkolonnen speichern Zahlenreihen, die die Kapazität des Kurzzeitspeichers übersteigen, können durch das Schaffen einer Ordnung schnell und dauerhaft behalten werden. Die Zahlenkolonne 5 8 1 2 1 5 1 9 2 2 2 6 ist so kaum zu behalten. Eine erste Strukturierungsmöglichkeit ergibt 4 Zahlenblöcke mit je drei Zahlen: 581 215 192 226 Durch das Strukturieren nach ansteigender Zahlenreihe wird ein weiterer Zusammenhang sichtbar: 5 8 12 15 19 22 26 <?page no="186"?> 186 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Eine noch tiefere Erarbeitung des Zusammenhangs zwischen den Zahlen erfolgt durch die Differenz zwischen je zwei Zahlen. Auf diese Weise wird eine Gesetzmäßigkeit im Aufbau der Kolonne entdeckt: 5 8 12 15 19 22 26 3 4 3 4 3 4 Die erste Zahl (5) und die Kenntnis der Gesetzmäßigkeit (3, 4 - Periode) sichert das dauerhafte Behalten. Strukturieren heißt, von den vorgegebenen Ordnungsmöglichkeiten im Lernmaterial Gebrauch zu machen und die Ordnungsmerkmale beim Einprägen und bei der Wiedergabe zu nutzen. Beim Strukturieren von Lehrinhalten sollten die folgenden Empfehlungen beachtet werden: Gebe frühzeitig inhaltliche Ordnung vor. Stelle Zusammenhänge her zwischen Argumenten, Begriffen und Fakten. Führe Elemente zu Einheiten zusammen. Biete Inhalte didaktisch strukturiert an, z. B. in den Kategorien: Allgemeines - Besonderes - Einzelnes, Zweck - Mittel, Ursache - Wirkung, Struktur - Funktion. Prüfe das Strukturieren von Zahlenkolonnen. Arbeite mit Mind Mapping zur Organisation des Wissens. Entdecke und vermittele Gesetzmäßigkeiten. <?page no="187"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 187 4.4.5 Fragen stellen Die Frage hat eine aktivierende Funktion im Lehr-Lern-Prozess. Sie soll neben anderen Arten von Impulsen und Anstößen dem Lernen der Teilnehmer dienen und kann ihn beispielsweise eröffnen, steuern, intensivieren, korrigieren, präzisieren und den Erfolg kontrollieren. (1) Dozentenfrage Die Dozentenfrage beeinflusst Richtung und Tiefe der Verarbeitung, indem sie Hinweise auf die Mitteilungsabsicht des Dozenten gibt. Durch die Dozentenfrage werden insbesondere bestimmte Verarbeitungsstrategien aktiviert, Möglichkeiten zur Anwendung des Erworbenen geboten und Grundlagen für die Selbsteinschätzung geschaffen (S CHMOTZ , W., 2011, S. 157). In Anlehnung an P ETERSEN , J. und S OMMER , H. (2014, S. 40) werden die folgenden Fragearten unterschieden: Wissensfragen erfordern das Wiedererkennen und Reproduzieren von gespeicherten Informationen zu Ideen, Gegenständen und Erscheinungen. Die kognitive Operation besteht im Erinnern. Beispiel: „Mit welchen Elementen wird der Lehr-Lern-Prozess geplant? “ Die konvergenten Denkfragen erfordern die Analyse von erinnerten und/ oder vorgegebenen Sachverhalten und führen stets zu einem abschließenden Ergebnis. Analysieren ist die zentrale kognitive Operation. Beispiele: „Welche der fünf Theorien für die Implementierung einer Unternehmensstrategie ist für kleine und mittlere Unternehmen besonders geeignet? “ „Welche Faktoren bestimmen das Antwortverhalten während einer Befragung? “ Die divergenten Denkfragen ermöglichen es, unabhängig von den eigenen Vorstellungen in eine neue Situation einzudringen oder eine neue Perspektive zu eröffnen. Diese Fragen sind nicht auf ein bestimmtes Ergebnis ausgerichtet. Die kognitive Operation besteht im Kreieren oder auch Phantasieren. Beispiele: „Angenommen, Ihr Kapital würde sich um 30 % vergrößern, in welche Bereiche würden Sie zuerst investieren? “ „Stellen Sie sich vor, Sie müssten 30 % der Kosten senken, in welchen Bereichen würden Sie Veränderungen vornehmen? “ <?page no="188"?> 188 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Gefühlsfragen dienen zur Verdeutlichung affektiver Aspekte des Themas mit der Aufforderung zu Gefühlsäußerung. Beispiel: „Stellen Sie sich bitte vor, man würde Sie im Fall X mangelnder Aufsichtspflicht beschuldigen. Wie fänden Sie das? “ „Inwieweit würde Sie das berühren? “ Ablauffragen helfen bei der Klärung organisatorischer Probleme im Unterricht bis hin zur Mitwirkung bei der Planung. Beispiel: „Wünschen Sie nach 45 Minuten eine kurze Pause oder nach 90 Minuten eine längere? “ Rhetorische Fragen werden zur Vermeidung von Fehlverhalten einzelner Teilnehmer eingesetzt, ohne dass der Dozent auf die Frage eine Antwort haben möchte. Beispiel: „Herr Mustermann, sind Sie eigentlich noch bei uns? “ Beim Formulieren der Fragen ist auf deren Verständlichkeit zu achten. Empfehlungen: Wähle Vokabular und Syntax so, dass eine vollständige und exakte Verständigung mit den Teilnehmern gewährleistet ist. Nicht so: „Wie bewerten Sie in der Retrospektive das Changemanagement beim Roll-out der useroptimierten Benutzeroberfläche des ERP-Programmes? “, sondern besser so: „Wie ist aus Ihrer Sicht die Einführung der neuen Software gelungen? “ Kläre den Bezugsrahmen der Frage. Auf die Frage „Was halten Sie vom Umweltschutz? “ ist keine eindeutige Antwort möglich. Der befragte Teilnehmer ist jetzt unsicher, ob er seine Meinung zur Weltsituation, zur Lage im Betrieb oder persönliche Konsequenzen mitteilen soll. Hänge der Frage keine längere Begründung an. Auf die Frage „Wie hoch ist die Lärmbelastung …? “ sollte keine längere Begründung für die Frage angehängt werden, z. B. „Ich frage Sie deshalb, weil …! “ Sichere eine angemessene Kürze der Fragestellung. Die Verwendung von mehr als 20 Wörtern erschwert ihr Verständnis. Deshalb aktive Verben einsetzen. Statt: „Welche Vorgehensweise verfolgen Sie? “, besser: „Wie gehen Sie vor? “. Die Antwort des Teilnehmers auf eine Dozentenfrage ist ein voraussetzungsreiches Produkt. Zu ihm gehören • das Verstehen der Frage, • das in Beziehung setzen zum eigenen Wissen, <?page no="189"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 189 • das Überlegen einer Antwort und • das Entscheiden für eine Antwort und deren Formulierung. Mit Blick auf die Fragenbeantwortung lassen sich aus dem Phasenmodell in Abb. 4.34 folgende Empfehlungen ableiten: Je nach Verständnis und Bereitschaft zur Beantwortung der Frage werden die dazu benötigten Informationen aus dem Gedächtnis abgerufen. Entweder wird durch den Informationsabruf ein Urteil gebildet oder bereits fertige Urteile werden aktiviert. Daraus entsteht die erste Antwort. Sie verlangt etwas Geduld vom Dozenten. Erscheint die erste Antwort für den Dozenten unvollständig, sind gezielt Nachfragen einzusetzen. Damit kann das ursprüngliche Urteil präzisiert oder korrigiert werden. Der Dozent sollte den Teilnehmern angemessene Zeit für die Beantwortung der Frage geben. Abb. 4.34: Phasenmodell der Fragebeantwortung (in Anlehnung an H ÄDER , M., 2010, S. 202) <?page no="190"?> 190 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren (2) Dozentenimpulse Auch Dozentenimpulse haben eine aktivierende Funktion im Lehr-Lern-Prozess (M ACKE , G. et al., 2012, S. 82 f.). Als Aufforderungen oder Anweisungen werden sie in Verbindung mit den angestrebten Zielen geplant und sind geeignet, insbesondere die Erfüllung operationalisierter Ziele zu kontrollieren. In Abb. 4.35 werden Ansätze für zielorientierte Dozentenimpulse vorgestellt. Abb. 4.35: Zielorientierte Dozentenimpulse Empfehlungen Versuche die wichtigsten Lernziele (abschnittsweise) mit Fragen abzudecken. Entscheide nach dem Lernziel, welche Fragen geeignet sind. Prüfe die Verwendung zielorientierter Dozentenimpulse. Erhöhe durch aufsteigende Fragefolge schrittweise die kognitiven Anforderungen. Reduziere durch absteigende Fragefolgen die Anforderungen bei Nichtbeantwortung der ersten Frage. <?page no="191"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 191 Stelle präzise Fragen, die keine mehrdeutigen Interpretationen zulassen und stelle kurze Fragen. Lasse ausreichend Zeit zur Beantwortung der Frage (Zähle bis 10). Reagiere lobend oder bestätigend auf eine Antwort, vermeide negative Reaktionen. 4.4.6 Aufmerksamkeit erzeugen Aufmerksamkeit ist eine wichtige Voraussetzung für den Zugang der Informationen zum Bewusstwerden und Verarbeiten. Sie selektiert aus der Fülle der aus der Umwelt eintreffenden Informationen jenen Bruchteil heraus, der letztlich zum Zwecke des Behaltens, Erinnerns und Problemlösens weiterverarbeitet wird. Außerdem steuert sie die Art (Qualität des Wahrnehmens, Behaltens, Erinnerns usw.) und das Ausmaß (Dauer, Intensität) der Nutzung der Informationsverarbeitung. Einige Fragen, die Dozenten dauerhaft beschäftigen, sind: Wie erhält er die Aufmerksamkeit seiner Teilnehmer über die Zeit? Wie kann er neben interessanten Lehrinhalten, Aufgaben- und Fragestellungen die Teilnehmer aktivieren? (1) Aktivierungsvorschläge Steige problemorientiert ein Dahinter steht die Empfehlung, die Teilnehmer zu Beginn des Vermittelns bei ihren Erfahrungen, Sorgen und Problemen abzuholen. Praxisfälle, Konflikte, Defizite, die für die Teilnehmer nachvollziehbar und bedeutsam sind, öffnen sie gleichsam für anschließendes Grundlagenwissen und Handlungsorientierungen. BEISPIEL: „Im letzten Jahr wurden in einem Bauunternehmen unserer Stadt 562 Arbeitsunfälle gemeldet. Das führte bei den Verunfallten zu 3.240 Aufenthaltstagen im Krankenhaus. Von ihnen werden 8 wahrscheinlich berufsunfähig bleiben. Wir haben also allen Grund, uns mit dem Arbeitsschutz auf der Baustelle zu befassen.“ Erzeuge Spannungen Mit dem Aufbau von Spannungen soll die Reizwirkung der Informationen auf die Teilnehmer erhöht werden. Für den Aufbau von Spannungen eignen sich folgende Techniken (siehe dazu auch Abschnitt 3.2.3): <?page no="192"?> 192 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Überraschung: Eine nicht erwartete Information wird übermittelt. Opponierung: Eine Widerspruch auslösende Information wird angeboten. Pro/ Kontra-Darstellung: Informationen werden in einer Pro/ Kontra-Übersicht vermittelt. Zuspitzung: Information wird absichtlich kurzzeitig zugespitzt. Projektion: Aus gedanklichen Vorstellungen über Mögliches wird die Realisierbarkeit von Wünschen entwickelt. Erlebnisschilderung: Verbindendes Erlebnis wird geschildert und die Information auf indirektem Wege übermittelt. Entscheidungsdelegierung: Entscheidungsfragen werden zur Beantwortung gestellt. Deblockierung: Dozent schildert eigene Fehler oder Vorurteile und deren Überwindung. Dramatisierung: Informationen werden in eine handlungsbezogene, dramatisch angelegte Geschichte gekleidet. Humorisierung: Mit Anekdoten und humorvollen Geschichten wird Auflockerung erzielt. Biete Abwechslung an Ein weiterer Freund der Aufmerksamkeit ist die Abwechslung, ihr Feind ist die Monotonie. In der Vermittlung des Wissens ist zwischen Generellem (Abstraktem) und Speziellem (Gegenständlichem) sinnvoll zu wechseln. Bleibt der Dozent ausschließlich oder zu lange im Abstrakten, wird er die Teilnehmer bald ermüden, weil deren Erwartungen und Erfahrungen nicht ausreichend angesprochen werden. Reiht er andererseits nur Beispiele, Zitate und Anekdoten aneinander, werden weder seine Botschaft noch die Konturen seiner Aussagen sichtbar. Für den Wechsel zwischen Abstraktionsebene und Konkretisierungsebene im Vortrag bieten sich zwei Möglichkeiten an: • Der Dozent formuliert zuerst die Kernaussage und belegt sie dann mit Beweisen und konkreten Beispielen, um am Schluss das Wichtigste zusammenzufassen und zur Kernaussage zurückzukehren. <?page no="193"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 193 • Der Dozent beginnt mit der Schilderung eines Konflikts oder eines konkreten Beispiels und leitet daraus Schlussfolgerungen, Lösungsmöglichkeiten und schließlich eine Kernaussage ab. Mit dem mehrfachen Wechsel zwischen beiden Ebenen wird Monotonie im Vortrag vermieden. Die Teilnehmer erhalten auf diese Weise stets neue Aufmerksamkeitsimpulse. Das erfolgt auch durch eine Abwechslung schaffende Wort-Bild-Folge oder den Wechsel der Visualisierungsmedien. Fordere Entscheidung heraus Durch ein Angebot von Alternativen, die für die Teilnehmer nachvollziehbar sind, werden die Teilnehmer zur Entscheidung aufgefordert. Ein solches Angebot ist ggf. durch Kriterien, Kennziffern zu ergänzen, die zur Bewertung befähigen (siehe dazu auch Abschnitt 3.2.2, Punkt (5)). Im Beispiel in Abb. 4.36 werden Kriterien für die Bewertung von technologischen Verfahren zur Herstellung eines Produktes vorgestellt. Abb. 4.36: Beispiel - Kriterien für die Bewertung <?page no="194"?> 194 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Gestalte Sprechpausen Das Nachlassen der Aufmerksamkeit bedeutet immer auch eine Reduzierung der Kapazität des Kurzspeichers. Pausen gliedern einen Vortrag, geben den Teilnehmern Zeit zum Nachdenken über das bisher Gesagte. Der Dozent kann darüber nachdenken, was er als Nächstes sagt. Neben der Einhaltung von Pausen vor der Beantwortung von Fragen und der Behandlung von Einwänden, sollten Pausen vor allem zu Beginn des Vortrags, vor und nach wichtigen Aussagen und zum Vortragsschluss eingehalten werden (siehe dazu auch Abschnitt 3.2.3, Punkt (3)). Beachte den biologischen Rhythmus Abb. 4.37: Leistungsbereitschaft über den Tagesverlauf Folgt man dem in Abb. 4.37 dargestellten Verlauf der Leistungsbereitschaft über den Tag, so kann tendenziell in den Vormittagsstunden und den späten Nachmittagsstunden bzw. frühen Abendstunden mit voller Aufmerksamkeit gerechnet werden. Deshalb sollten Vorträge/ Seminare bevorzugt in diesen Zeiträumen platziert werden. Mit Übungen, Unterweisungen und anderen aktiven Formen kann man dem biologisch bedingten Leistungsabfall im Zeitraum zwischen 13.00 und 16.00 Uhr begegnen. Bei Seminaren mit einer Zeitdauer von einer Doppelstunde sollten spätestens nach 30 Minuten Aktivierungsmittel eingesetzt werden. <?page no="195"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 195 Empfehlungen zur Aktivierung Wähle zum Einstieg das Ereignis, den Fall, den Konflikt. Führe vom praktischen Fall zur Theorie, vom Ereignis zum Allgemeinen. Baue Spannung auf. Biete Abwechslung an. Fordere Entscheidungen heraus. Halte Pausen ein und aus. Beachte den biologischen Rhythmus. (2) Konzentration Ein spezieller Aufmerksamkeitszustand ist die Konzentration. Sie ist durch ein hohes Ausmaß an genutzter Verarbeitungskapazität des Gedächtnisses und eine starke Ausrichtung auf eine zu lösende Aufgabe gerichtet. Insofern ist Konzentration ein bestimmter Steuer- und Kontrollzustand der Aufmerksamkeit. Konzentriertes Arbeiten ist dann erforderlich, wenn: • eine Problemstellung vorliegt, deren Lösung die sorgfältige Steuerung und Kontrolle vielfältiger kognitiver Prozesse (beispielsweise Erinnern, Analysieren, Verknüpfen) erforderlich macht und • die erfolgreiche Lösung für die Person bedeutsam ist. Konzentration lässt nach, wenn der Verarbeitungsprozess durch Störreize, wie Zeitdruck oder Ermüdung, beeinträchtigt wird. Empfehlungen zur Konzentration Lege Pausen ein - besser mehrere kleine verteilte Pausen als eine einzelne große Pause. Strukturiere Handlungsabläufe. Automatisiere Handlungsabläufe (benötigen dann keine Verarbeitungskapazität). Vereinbare klare Regeln. <?page no="196"?> 196 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 4.4.7 Feedback gewährleisten Die wechselseitige Kommunikation zwischen dem Dozenten und den Teilnehmern und der Teilnehmer untereinander impliziert immer auch ein Feedback für beide Seiten. Dabei bedeutet Feedback einzuholen nicht nur, sich gegenseitig zu bestätigen und zu loben, sondern auch Verbesserungsvorschläge und konstruktive Kritik auszutauschen. (1) Konstruktives Feedback Bei einem konstruktiven Feedback werden keine Machtverhältnisse ausgespielt, sondern eine partnerschaftliche Kommunikation praktiziert. Damit die Rückmeldung nicht verletzend und damit auf die Beziehung störend wirkt, hat sich die folgende Grundstruktur bewährt: • Möglichst exakte Beschreibung des wahrgenommenen Verhaltens durch Daten und Fakten, frei von Schuldvorwürfen. • Darstellung des Wirkens dieser Wahrnehmung auf die eigenen Gefühle, eigene emotionale Reaktion. • Formulieren der eigenen Wünsche/ Bitten zur Veränderung. BEISPIEL: Nicht so: „Unterbrechen Sie mich doch nicht ständig.“ Sondern so: „Sie haben mich jetzt dreimal unterbrochen.“ „Mich stört das sehr.“ „Bitte lassen Sie mich ausreden.“ Empfehlungen Gestalte konstruktives Feedback: beschreibend, nicht bewertend, interpretierend oder Motive suchend; konkret, d. h. auf konkrete Situationen bezogen (nicht allgemein oder globalisierend); angemessen und somit nicht nur die eigenen Bedürfnisse berücksichtigend, sondern auch die der anderen Personen; brauchbar, d. h. auf Verhaltensweisen bezogen sein, die der Empfänger zu ändern fähig ist; erbeten und nicht aufgezwungen; <?page no="197"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 197 zur rechten Zeit, nicht aufgeschoben; klar und genau formuliert; korrekt - zur Vermeidung von Ungenauigkeiten mehrere Personen nach ihren Eindrücken befragen. (2) Prozessbegleitendes Feedback Eine bewährte Form des prozessbegleitenden Feedbacks ist der Einsatz einer Fragefolge. Ihre Beantwortung lässt • sowohl Vorkenntnisse • als auch erreichtes Verständnis in der Zusammenarbeit erkennen. Insbesondere vier Fragetypen unterstützen diese Funktion: Offene Fragen: • Wer? Was? Wie? Wo? Warum? Welche? Wodurch? Wie viele? • Beispiel: „Welche Erfahrungen haben Sie ...? “ „Was verstehen Sie unter ...? “ • Informationsgewinn, Anregung zur Antwort. Geschlossene Fragen: • Antwortvorgabe beschränkt sich auf die Ja/ Nein/ Weißnicht-Antwortmöglichkeit. • Beispiel: „Sind Sie für die Variante A? “ • Veranlasst zur Entscheidung; gestattet kurze Feststellung. Unterscheidungsfragen: • Ermöglicht konkrete Bewertung und Einschätzung. • Beispiel: „Welche der drei Varianten ist für den Fall B besonders geeignet? “ • Unterstützt Argumentations- und Entscheidungstechniken. Hypothetische Fragen: • Nimmt Zukunftsszenarien vorweg und überprüft mögliche Alternativen und Konsequenzen. • Beispiel: „Mal angenommen, Fall B würde eintreten, was hätte das für Konsequenzen? “ • Erweitert bisherigen Denkrahmen und erschließt neue Lösungsmöglichkeiten. <?page no="198"?> 198 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Empfehlungen zu Feedbackfragen: Stelle einfache, an das Verständnis der Teilnehmer angepasste Fragen. Erkenne Antworten an, nicht sofort bezweifeln. Frage intensiv nach. Höre aktiv zu, statt selber vorschnell zu antworten. Vermeide Suggestiv- und Provokativfragen. (3) Minutenfeedback Gute Erfahrungen werden mit dem so genannten Minutenfeedback gemacht. Am Ende der Veranstaltung werden die Teilnehmer gebeten, auf einem Vordruck folgende drei Fragen mit jeweils zwei Sätzen zu beantworten: • Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse, die Sie in dieser Veranstaltung gewonnen haben? • Welche Fragen beschäftigen Sie am Ende dieser Veranstaltung am meisten? • Was ist Ihnen in dieser Veranstaltung nicht klar geworden? Aus den entsprechenden Antworten erfährt der Dozent sehr einfach und rasch, ob die Teilnehmer die zentralen Aussagen der Veranstaltung verstanden haben und wo gehäufte Verständnisschwierigkeiten auftraten. 4.4.8 Entlastung anbieten Auch bei Maßhaltung überfordern die vermittelten Informationen nicht selten die Möglichkeiten ihrer sofortigen Speicherung. Deshalb muss Entlastung ermöglicht werden. Externe Speicher sind hier hilfreich, vor allem dann, wenn es sich um neue und/ oder komplexe Sachverhalte bei der Stoffvermittlung handelt. So ermöglichen beispielsweise ein Skript zur Unterweisung oder ein Handout im Seminar eine zwischenzeitliche Aufbewahrung der Informationen. (1) Wissensspeicher Anforderungen an externe Wissensspeicher: • knappe und übersichtliche inhaltliche Gliederung, • logische Verknüpfung der Informationen, • Beschränkung verbaler Aussagen, • geringe Redundanz, • Verwendung von Tabellen, Diagrammen, Formeln, • gedanklich und zeitlich optimaler Zugriff für den Nutzer. <?page no="199"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 199 Erkennbares Zuordnen von Fakten kann im Wissensspeicher auch durch überschaubare Bilder unterstützt werden. So hat sich beispielsweise bei der Fülle einschlägiger Dokumente im Wissensspeicher „Regelwerke und Vorschriften“ die in Abb. 4.38 dargestellte Pyramide bewährt. Nach Ablauf der Präsenzveranstaltung können bei vorhandener Zeit die Informationen in kleinen Schritten aus dem externen Speicher in den biologischen Speicher überführt werden. Damit kann auch die situative Auslassung von Stoff kompensiert werden. Abb. 4.38: Orientierungshilfe Regelwerke und Vorschriften Eine bewährte Form für das Speichern von Wissen bieten Darstellungen als Mind Map. Die Abb. 4.21 und 5.8 bieten dafür Beispiele. (2) Textgestaltung Bei der Abfassung von Teilnehmerskripten sollte auf Wortwahl, Satzgestaltung und Textverständlichkeit geachtet werden. Wortwahl • Fachwörter im Verständnis erklären, • Fremdwörter sparsam einsetzen, • Fremdwörter in der richtigen Bedeutung verwenden, • Modewörter durch einfache Wörter ersetzen. <?page no="200"?> 200 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Satzgestaltung • Eindeutige Satzbezüge herstellen, • Satzlänge auf 20 bis 25 Wörter begrenzen, • jede Aussage im Satz auf maximal neun Wörter beschränken, • neben den Hauptsatz nicht mehr als zwei Nebensätze stellen. Textverständlichkeit • Einfachheit durch Wortwahl und Satzbau erreichen, • Handlungsabläufe und Strukturen als innere Ordnung des Textes gestalten, • Handlungsabläufe und Strukturen als äußere Gliederung sichtbar machen, • zu gedrängte Darstellung ebenso wie zu weitschweifige Darstellung vermeiden, • anregende Zusätze (sparsam) einsetzen. Gute Erfahrungen gibt es mit Texten, die zweispaltig gesetzt sind. Kürzere Zeilen sind besser zu verstehen. Absätze werden dabei als Einheit erfasst und leichter gespeichert. (3) Bildgestaltung Texte sind durch Bilder zu unterstützen. Auch Bilder im Text können schwer verständlich sein. Welche Merkmale hat eine verständliche Bildgestaltung? Einfachheit • Bildsprache verständlich gestalten, • Bild auf ein Thema beschränken, • grafische Elemente sparsam einsetzen. Gestaltung • an Erfahrung des Teilnehmers anknüpfen, • Prägnanz durch treffende Beispiele sichern, • fotografische Genauigkeit oder gekonnte Vereinfachung der abgebildeten Sache erreichen, • Geschlossenheit durch einheitlichen Stil und grafische Mittel sichern, • Originalität, provozierende Aussagen und einprägsamen Stil entwickeln. Textbezug • Textinformation durch das Bild mit geringer Redundanz ergänzen, <?page no="201"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 201 • Text im Bild mit gleicher Sprache, gleicher Symbolik und gleichem Ablauf erklären, • Bild und Textpassage als zusammengehörig erkennbar darstellen, z. B. durch Anordnung, Legenden oder Bildunterschriften. Empfehlungen Biete externe Wissensspeicher als Skript, Studienheft, Fachbuch, Datenbank etc. an. Sichere die verständliche Gestaltung der entsprechenden Texte. Gestalte Bilder in Bezug zum Text verständlich. Achte auf Vollständigkeit (z. B. Legende). Arbeite mit Mind Mapping zum Speichern des Wissens und zum Nachbereiten von Lehrveranstaltungen. Die Checkliste in Abb. 4.39 enthält eine Übersicht zu den in Kapitel 4.4 vorgestellten Handlungsempfehlungen in den einzelnen Steuerungshilfen. <?page no="202"?> 202 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Abb. 4.39: Checkliste - Steuerungshilfen in der Lehre <?page no="203"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 203 4.5 Kursprogramm Am Anfang des Bemühens um das Vermitteln stehen für den angehenden Dozenten zunächst folgende Fragen: • Wer soll wofür und womit qualifiziert werden? • Wie können potentielle Teilnehmer mit Blick auf ihre Interessen und konkreten Bedingungen gewonnen und Promotoren interessiert werden? Neben dem Gewinnen eigener Klarheit über sein Vorhaben bietet er mit einer kurz gefassten Veröffentlichung des Kursprogramms (eine DIN A4-Seite als Faltblatt) dem potentiellen Teilnehmer eine Entscheidungsgrundlage an. Die im Folgenden dargestellte Struktur soll dafür eine Anregung geben. Struktur eines Kursprogramms Anlass: Darstellen der Aufgaben, Probleme, Konflikte, notwendigen Veränderungen, die in einem definierten Praxisfeld zu lösen sind. Zielgruppe: Voraussetzungen, Arbeitsbereiche und Tätigkeitfelder der potentiellen Teilnehmer. Ziele: Tätigkeiten und Verhaltensweisen, die die Teilnehmer nach dem Kursus kennen oder ausüben sollen. Inhalte: Modulare Prozessgestaltung, inhaltliche Untersetzung der einzelnen Module zur Zielerreichung. Gestaltung: Prozessstruktur (siehe Abschnitt 4.3.2), Umfang (Präsenz: Unterrichtseinheiten; Selbststudium: Stunden), Organisationsformen (siehe Kapitel 4.2), Teilnehmermaterial. Dozenten: Kursleitung, weitere Dozenten, z. B. aus der Präsentationsgruppe (siehe Abschnitt 5). Abschluss: Nachweis des Kompetenzerwerbs, z. B. Teilnahmebescheinigung, Zertifikat etc. Organisation: Kurstermine, Veranstaltungsbeginn, Gebühren, Anmeldung, Ansprechpartner. Zweifellos ist das Angebot eines Kursprogramms unter dem Dach einer Organisation oder eines Weiterbildungsinstituts vorteilhaft. Bekanntheit und Professionalität sind Erfolgsfaktoren. Sicher sind dabei monetäre Zugeständnisse zu machen, aber dem Dozenten geht es in erster Linie um das Vermitteln seiner Ergebnisse. Wirtschaftliche Interessen bestimmen zunächst nicht sein Handeln. <?page no="204"?> 204 Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren Ein Alleingang ist dann zu empfehlen, wenn er mit Zustimmung der Leitung in der Organisation Unterweisungen oder Seminare zur Umsetzung durchführt. Auch hierbei ist der Rat von Erfahrungsträgern nützlich. Der Einsteiger hat vor allem Schwierigkeiten beim Bewältigen der Stofffülle und landet oft in der „Vollständigkeitsfalle“ (siehe Abschnitt 4.4.2). Eine zweite Schwierigkeit ist das Gestalten aktivitätsfördernder Organisationsformen. Deshalb sollte der Dozent schon in der Kursplanung nicht nur festhalten, was er alles vortragen wird, sondern auch, was er den Teilnehmern an Impulsen für eigene Aktivitäten gibt. Pädagogische Mitarbeiter im betrieblichen Bildungswesen oder erfahrene Hochschullehrkräfte sind erfahrungsgemäß gute Ratgeber. Quellen und weiterführende Literatur G RÜNER , G USTAV : Die didaktische Reduktion als Kernstück der Didaktik. Aufgewiesen an Beispielen der Berufsschuldidaktik. In: Die deutsche Schule, 59. Jg. (1067), H. 7/ 8. S. 414-430. H ÄDER , M ICHEAL : 2010. Empirische Sozialforschung. Eine Einführung. 2. überarbeitete Auflage. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. H ALLET , W OLFGANG : 2007. Lehren, Lernen. Didaktische Kompetenzen an der Hochschule. In: N ÜNNING , A NSGAR ; S OMMER , R OY : Promovieren. Stuttgart: J. B. Metzler. H ERING , D IETRICH : 1959. Zur Fasslichkeit naturwissenschaftlicher und technischer Aussagen. Berlin: Volk und Wissen. H ETTRICH , M ONICA ; M UHL , T HOMAS : 2017. Elektrizitätslehre. Konzepte im Kontext der BP 2016/ 17. http: / / lehrerfortbildung-bw.de/ u_matnatech/ physik/ gym/ bp2016/ fb5/ 7_elektrizitaet/ 1_praes/ 4001_e-lehre (25.06.2019). K OCH , J OHANNES ; S ELKA , R EINHARD : 1991. Leittexte - ein Weg zu selbstständigem Lernen. Teilnehmerunterlagen. Bundesinstitut für Berufsbildung. Der Generalsekretär (Hrsg.). 2. Auflage. Berlin. L AUFF , W ERNER : 2019. Perfekt schreiben, reden, moderieren, präsentieren. Die Toolbox mit 100 Anleitungen für alle beruflichen Herausforderungen. 2., aktualisierte und ergänzte Auflage. Stuttgart: Schäffer-Peschel. L EHMANN , G ÜNTER : 2017. Lehren mit Erfolg. Ein Praxisratgeber für Dozenten in der beruflichen Weiterbildung. 2., neu bearbeitete Auflage. Renningen: expert L EHNER , M ARTIN : 2009. Allgemeine Didaktik. Stuttgart: Haupt. L EHNER , M ARTIN : 2012. Didaktische Reduktion. Bern: Haupt. <?page no="205"?> Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren 205 L ICHTENECKER , F RANZ ; S PERK , W ALTER : 1966. Zum Lehrstoff-Zeit-Problem. Berlin: Volk und Wissen. M ACKE , G ERD ; H ANKE , U LRIKE ; V IEHMANN , P AULINE : 2012. Hochschuldidaktik. Lehren, Vortragen, Prüfen. 2. Auflage. Weinheim, Basel, Berlin: Beltz. M ELEZINKEK , A DOLF : 1992. Ingenieurpädagogik. Praxis der Vermittlung technischen Wissens, 3. neubearbeitete Auflage. Wien, New York: Springer. o.V.: Wirtschaft verständlich erklärt - Wirtschaftskreislauf. http: / / www.rechnungswesen - verstehen.de/ bwl-vwl/ wirtschaftskreislauf.php, (25.06.2019). P ETERSEN , J ÖRG ; S OMMER , H ARTMUT : 2014. Fragen können. Zur didaktischen Funktion der Lehrerfrage. Augsburg: BRIGG. REFA - Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation (Hrsg.): 1987. Methodenlehre der Betriebsorganisation: Arbeitspädagogik. München: Hansel. S CHMOTZ , W OLFGANG : 2011. Pädagogische Psychologie. Kompakt. 2. Auflage. Weinheim: Beltz. S CHUMACHER , E VA -M ARIA : 2011. Schwierige Situationen in der Lehre. Opladen: Barbara Budrich. VON K ANITZ , A NJA : 2018. Chrashkurs Professionell moderieren. 2. Auflage. Freiburg: Haufe. W AGNER , B ERND : 2017. Interkulturelle Sachlernprozesse. In: Teritium Comperationis. Journal für international und interkulturell vergleichende Erziehungswissenschaft. Jg. 23 (2), S. 175-191. W ÖRNER , A LEXANDER : 2008. Lehren an der Hochschule. Eine praxisbezogene Anleitung. 2. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. <?page no="206"?> 206 Umsetzen in der Organisation 5 Umsetzen in der Organisation 5.1 Kennzeichnung Nachdem es beim Publizieren, Vortragen und Vermitteln um das Mitteilen von wissenschaftlichen Erkenntnissen ging, steht in diesem Teil deren Umsetzen im Vordergrund. Ausgangspunkt ist auch hier die erfolgreiche Disputation der Graduierungsarbeit. Gutachter und Betreuer haben dem Verfasser u. a. signalisiert, dass die erreichten Ergebnisse einen erkennbaren Nutzen vermuten lassen. Erste kleine Publikationen und mündliche Berichte bestätigen diese Annahmen. Der Verfasser ist ermutigt seine Chancen auszuloten, um die Ergebnisse in nutzbringende Lösungen in Unternehmen, Kliniken, Kammern, Verwaltungen oder Vereinen - im Folgenden als Organisationen bezeichnet - umzusetzen. Der kreative Prozess ist zunächst abgeschlossen, Ideen sind geboren und Ergebnisse manifestiert. Jetzt muss ein innovativer Prozess einsetzen, denn die Idee allein entfaltet noch keine Wirkung. Ein Handlungsgrundsatz von M AX P LANCK lautet: „Dem Anwenden muss das Erkennen vorausgehen“ und das Universalgenie G OETHE bringt es auf den Punkt: „Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden.“ Aber um das Erkannte anzuwenden, in einem Bereich umzusetzen, bedarf es bestimmter Fähigkeiten und methodischer Zugänge. Diese Zugänge bietet der vorliegende Teil 5 an. Er beschreibt den innovativen Prozess von der Analyse der Ergebnisse über das Finden einer modifizierten Umsetzungsidee bis zur Entscheidung für den Umsetzungsvorschlag und seine Einleitung in der Organisation. Dafür stehen vor allem Erfahrungen von Promovenden und Absolventen aus Master- und Bachelorstudiengängen zur Verfügung, die mit ihren umgesetzten Ideen Veränderungen in der jeweiligen Organisation bewirkt haben. Für das Darstellen des Innovationsprozesses bietet das Stage-Gate-Modell von C OOPER eine geeignete Grundlage (C OOPER , R. G., 1983 und 2009). Angelehnt an B ADURA , A. (2019) und H ERSTATT , C. ET AL . (2000) stellt die Abb. 5.1 den Innovationsprozess von der Ergebnisanalyse bis zum Einleiten der Umsetzung dar. <?page no="207"?> Umsetzen in der Organisation 207 Abb. 5.1: Innovationsprozess bis zum Einleiten der Umsetzung In Modifizierung des Modells von C OOPER ist der Prozess in Entwicklungsschritte (S) gegliedert. Vor dem Übergang in den jeweils nächsten Schritt erfolgt eine Entscheidung (E), ob die Entwicklung • fortgesetzt (GO) • unterbrochen (STOPP) oder • geprüft (CHECK) wird. Dieser Prozessverlauf bewahrt vor dem Vernachlässigen oder gar Auslassen eines Entwicklungsschrittes. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Teile eines Schritts vor- oder nachgezogen werden können. Im Schritt / S2/ sind beispielsweise bereits im Vorgriff auf Schritt / S3/ einzelne Mitarbeiter der Organisation zum Erreichen der Zustimmung durch die Leitung für eine Zusammenarbeit aufzuschließen. Das setzt allerdings in jedem Fall eine offene Unternehmenskultur voraus. <?page no="208"?> 208 Umsetzen in der Organisation Frühzeitig ist zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für eine weitere Entwicklung gänzlich fehlen oder weiter zu untersuchen oder zu verbessern sind. Jeder Schritt ist erst dann endgültig vollzogen, wenn durch eine GO-Entscheidung der Übergang zum nächsten erfolgt. Eine CHECK-Entscheidung verlangt eine Wiederholung oder Ergänzung des vorgelagerten Schritts (siehe Beispiel in 5.5.4, E5 - CHECK). Im Falle des STOPPS ist der Prozess mit diesem Schritt, in dieser Organisation abzubrechen, um Kraft und Zeit zu sparen und möglichen Imageverlust zu verhindern. Das Beispiel im Abschnitt 3.2.2 (E2 - STOPP) zeigt die Möglichkeit eines erneuten Versuchs. Obwohl der innovative Prozess wesentlich durch die Aktivität des Verfassers getragen wird, fällt in der Abb. 5.1 auf, dass er mit Ausnahme der Entscheidung für eine Unternehmensidee / E1/ alle anderen Entscheidungen Dritten überlässt. Das sind im Falle von / E3/ und / E4/ die Ansprechpartner (Mitarbeiter) in der Organisation, im Falle von / E2/ und / E5/ die Entscheider. Damit wird der Möglichkeit vorgebeugt, dass die weitere Entwicklung des Innovationsprozesses vom subjektiven Ermessen des Verfassers zu stark beeinflusst wird. 5.2 Analyse der Ergebnisse 5.2.1 Eröffnen von Optionen Innovationen führen zu neuen Produkten, Dienstleistungen, Verfahrensweisen, Organisations- und Sozialleistungen sowie Geschäftsmodellen. Sie erweisen sich im doppelten Sinne als wertvoll - wirtschaftlich wertvoll und für den Menschen gewinnbringend. Gerade der zweite Aspekt erweitert die Betrachtung zur Ergebnisverwertung und führt zur Frage: Was kann eine Graduierungsarbeit (gleich welcher Fachrichtung) zur Lösung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen leisten? Ergeben sich aus den erzielten Ergebnissen Ansatzpunkte oder Ableitungen mit Bezug zum demografischen Wandel, zur Arbeitskräftemobilität, zur Energieeffizienz oder zum nachhaltigen Ressourceneinsatz? Antworten auf diese Fragen bieten auch den in die Umsetzung einbezogenen Organisationen Chancen für gesellschaftliches Engagement. / S1/ Die erste Aktivität analysiert die Ideen, die im Ergebnis der Arbeit enthalten sind. Dazu gehört auch nach externer Beratung das Anmelden eines Patents (siehe dazu auch Kapitel 6.3). Zu analysieren sind aber auch jene Ideen, die in der Untersuchung zunächst zurückgestellt wurden sowie die Anregungen und Schlussfolgerungen im Ausblick der Graduierungsarbeit. Dazu gehört das Prüfen der Ergebnisse auf gesellschaftliche Relevanz. Erfahrungen verweisen darauf, dass das Generieren einer Vielzahl von Ideen (siehe Abb. 5.2) und ihre anschlie- <?page no="209"?> Umsetzen in der Organisation 209 ßende Bewertung und Kombination zu neuen Lösungen mit erheblichem Umsetzungspotential führen. Abb. 5.2: Finden der Umsetzungsidee Selbst für den Fall, dass das Thema von der Organisation vergeben wurde, ist eine Auffächerung der Ergebnisse sinnvoll. Mitunter ergeben sich dabei neue Sichtweisen, die eine Modifizierung des ursprünglichen Auftrags ermöglichen. 5.2.2 Ideenbewertung Für die Ideenbewertung verwenden P LUM , B. et al., (2016, S. 44) eine Methode, die sich am Nutzer orientiert und dessen Bedürfnisse befriedigt. Sie vereint Erwünschtheit (bezogen auf den Menschen), Durchführbarkeit (bezogen auf die Technologie) und Wirtschaftlichkeit. Danach kann sich eine Innovation nur in der Schnittmenge dieser drei Faktoren durchsetzen. Innovationen sind dann erfolgreich, wenn ihre Kennzahlen nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern vor allem kundenorientiert sind, also neue Kundeninteraktionspunkte schaffen. Für die Ermittlung der Idee mit den besten Umsetzungschancen eignet sich u. a. eine Nutzwertanalyse. In Abb. 5.3 ist die Vorgehensweise skizziert. Danach werden zunächst die Bewertungskriterien in die Tabelle (Spalte 1) eingetragen. Anschließend erfolgt eine Gewichtung (Spalte 2) entsprechend ihrer Bedeutung. Nunmehr wird jede Umsetzungsidee (Spalten 3 bis 6) an den einzelnen Kriterien <?page no="210"?> 210 Umsetzen in der Organisation gemessen und ihre Erfüllung mit den Ziffern 3 (hoch bzw. sehr gut) bis 1 (niedrig, mäßig) eingeschätzt. Durch Multiplikation der einzelnen Bewertungen mit deren Gewichtung resultiert für jede Idee in der Summierung ein Wert, der im Vergleich zur Idee mit der besten Umsetzungschance führt. Abb. 5.3: Nutzwertanalyse / E1 - GO/ Im Beispiel der Abb. 5.3 fällt die Entscheidung für die Umsetzungsidee 2. Außerdem sollte die zweitbeste Idee (im Beispiel Idee 4) bei den weiteren Überlegungen auch im Auge behalten werden. Damit kann der Übergang zu Schritt / S2/ vollzogen werden. <?page no="211"?> Umsetzen in der Organisation 211 5.3 Formulieren der Umsetzungsidee 5.3.1 Bestimmen der Idee / S2/ Die Entscheidung für die Umsetzungsidee 2 hat ihre nähere Bestimmung und Formulierung zur Konsequenz. Dies erfolgt in Beantwortung der in Abb. 5.4 gestellten Fragen. Abb. 5.4: Bestimmen der Umsetzungsidee 1. Ist die Umsetzungsidee hinreichend geeignet, das Ziel, also eine Veränderung in der Organisation entsprechend den Ergebnissen der Graduierungsarbeit zu erreichen? Das ist deshalb notwendig, weil es beim Generieren der Ideen durchaus zu Abweichungen kommen kann, die dann zu Korrekturen am Ziel oder an der favorisierten Idee führen. Sofern das Thema von der Organisation vergeben wurde oder sehr eng mit dem dortigen Tätigkeitsprofil des Verfassers verbunden ist, muss er nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfG) seine Absicht der Organisation gegenüber anmelden. 2. In welcher Organisation soll die Idee zu einem Umsetzungsvorschlag geführt werden? Erfahrungsträger halten dabei immer eine zweite Organisation in Reserve. Dazu gehören auch erste Recherchen zu möglichen Ansprechpartnern in der Organisation. Die Entscheider über den Vorschlag sowie Be- <?page no="212"?> 212 Umsetzen in der Organisation troffene der angezielten Veränderung spielen eine wichtige Rolle im Innovationsprozess. 3. Welchen Nutzen kann die Umsetzungsidee der Organisation und den Ansprechpartnern bieten? Neben dem wirtschaftlichen Erfolg und der Verbesserung von Arbeitsbedingungen können das Ressourceneinsparung, Energieeffizienz, Datensicherheit, Verfahrensoptimierung oder Organisationsgewinn sein. Auch eine Schätzung des Zeithorizonts, in dem der Nutzen wirksam wird, gehört zu dieser Prüfung. 4. Welches Ergebnis muss der Innovationsprozesses in dem hier gesetzten Rahmen erreichen? Antwort: Das Einleiten des modifizierten Umsetzungsvorschlags nach erfolgreicher Präsentation vor dem Entscheidungsträger. 5.3.2 Erfolgsfaktoren der Umsetzung Mit der Klärung der Umsetzungsidee hat der Verfasser eine Entscheidungsgrundlage dafür geschaffen, ob er sich den Herausforderungen des Innovationsprozesses stellen will und kann. Was aber gehört zur innovativen Kompetenz? Sie umfasst erstens Wissen, zweitens Fähigkeiten und methodischen Zugang. Drittens gehören dazu die Motivation und die Haltung, das Umsetzen engagiert und verantwortungsbewusst zu Ergebnissen mit erkennbarem Nutzen zu führen. Immerhin ist das Vorhaben neben den fachlichen und kommunikativen Anforderungen mit erheblichen Risiken verbunden und nicht ohne Einfluss auf innere und äußere Lebensumstände. Die Existenz einer hohen Handlungsbereitschaft, der innere Drang, seine Idee auch unter komplizierten Bedingungen zu verwirklichen, ist enorm wichtig. Seine Entscheidung sollte der Verfasser an folgenden Erfolgsfaktoren prüfen, die für das Vorgehen beim Umsetzen wissenschaftlicher Ergebnisse in der Organisation wichtig sind: Mut Am Anfang steht die eigene Überzeugung von der Nützlichkeit der erreichten Ergebnisse, die letztlich in der Disputation der Arbeit eine Bestätigung erfahren hat. Sie führt zur Entscheidung, die Umsetzung in der Organisation energisch zu betreiben. Empfehlung: Gib Deinem Vorschlag eine Chance! Agilität Ist die Entscheidung gefallen, so ist rasch zu handeln und keine Zeit zu verlieren. Die Chancen für das Umsetzen werden in Zeiten der raschen Veränderung des Bestehenden und der digitalen Transformation mit zunehmender Dauer geringer. Empfehlung: Nutze zügig die Chancen Deines Vorschlags! <?page no="213"?> Umsetzen in der Organisation 213 Fokussierung Erfahrungsträger warnen davor, die erste Vorstellung der Ergebnisse vor einem größeren, heterogenen Kreis vorzunehmen. Die Präsentation sollte vor kleineren Gruppen mit bis zu vier Ansprechpartnern in der Organisation vollzogen werden (mit Zustimmung der Leitung, Vorsicht vor U-Boot-Aktionen). Dafür sind Personen zu gewinnen, die auf spezifische Weise zur Umsetzung beitragen können, z. B. die eine Empfehlung für die Annahme des Veränderungsvorschlags geben können. Empfehlung: Konzentriere Dich zunächst auf Kleingruppen! Empathie Für die gezielte Ansprache der jeweiligen Gruppe sind deren Resonanzstellen zu ermitteln. Ausgehend von ihren Interessen sind jene Aussagen aus der Umsetzungsidee auszuwählen, die für Personen der Gruppe von besonderer Bedeutung sind und deshalb im Mittelpunkt der Präsentation stehen sollten. Empfehlung: Ermittle die Interessen der Ansprechpartner! Teamwork Das schrittweise Vorgehen offenbart recht bald, welche Gruppen bzw. Einzelpersonen die Umsetzung unterstützen. Das Verbinden mit den Unterstützern beim weiteren Vorgehen, das Vernetzen innerhalb und außerhalb der Organisation bietet zusätzliche Erfolgschancen. Ein kleiner, aber entscheidungsfähiger Teil der Belegschaft ist in der Organisation für die Idee zu gewinnen. Empfehlung: Vernetze Dich innerhalb und außerhalb der Organisation! Zielstrebigkeit Eine auf Veränderung des Bestehenden gerichtete Umsetzungsidee hat in der Regel stets Hindernisse zu überwinden. Skepsis oder gar Ablehnung bei einigen Ansprechpartnern führen oft zu Rückschlägen. Vor allem durch Einstellungen bedingte Vorbehalte können im Verein mit Unterstützern durch geduldiges Überzeugen und dem Verwenden einstellungskonformer Informationen überwunden werden. Empfehlung: Gib Deinen Vorschlag nicht frühzeitig auf! Feedback Die Gründe für Zustimmung oder Ablehnung sind sorgfältig zu sammeln, auszuwerten und daraus entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen. Eine Ableh- <?page no="214"?> 214 Umsetzen in der Organisation nung soll nicht kommentarlos hingenommen, sondern hinterfragt und für das weitere Vorgehen beachtet werden. Empfehlung: Verlange eine Einschätzung Deines Vorschlags! Vgl. auch D EPIEREUX , P., 2017; C ONVEY , S. et al., 2017. Zur Entscheidung gehört auch, die Herausforderung der Umsetzungsvorbereitung mit seinen anderen beruflichen und privaten Verpflichtungen abzustimmen und über einen geplanten Zeitraum angemessen wahrzunehmen. 5.3.3 Zustimmung erlangen Der Entschluss ist gefasst. Jetzt ist die Tür in die Organisation zu öffnen. Für die Entwicklung des Umsetzungsvorschlags ist die Zustimmung der Leitung notwendig. Einem guten Rat folgend, vermeidet es der Verfasser zum Chef zu gehen und seine Master- oder Bachelorarbeit mit der Bitte vorzulegen, die darin enthaltene Umsetzungsidee zu prüfen. In der Regel wird der freundliche Vorgesetzte (andere stehen hier nicht in Rede) Interesse bekunden. Allerdings muss man ihm zubilligen, dass er dem Vorschlag oft nicht sofort zustimmen kann, sondern im besten Fall eine Prüfung zusagen wird. Diese Prüfung führt er meistens nicht selbst durch. Er delegiert sie an einen Dritten - und schon ist der Umsetzungsvorschlag seinem Schöpfer aus der Hand genommen. Wer ist der Prüfer? Ist er vielleicht mit anderen Dingen stark beschäftigt? Ist er skeptisch gegenüber Veränderungen, oder lehnt er sie gar gänzlich ab? Erfahrungsgemäß wehren sich Menschen nicht gegen die Veränderung, sondern dagegen, verändert zu werden. Widerstände und Ängste gibt es bei nahezu allen Veränderungen. Man denke nur an die Angst vor dem Verlust der Verantwortung, an überforderte Führungskräfte, an die Angst vor Substitution von Mitarbeitern oder vor verstärkter Kontrolle und Transparenz. Die Gefahr ist groß, dass der Vorschlag irgendwo versickert. Deshalb sollte der Verfasser sein Projekt in der Hand behalten und die Entscheidungsvorbereitung, also den innovativen Prozess, selbst organisieren. Für das Erlangen der Zustimmung ist ein Besinnen auf jene Aussagen wichtig, die für den Entscheider von Bedeutung sind (siehe Abb. 5.6). Diesem soll die Gewissheit vermittelt werden, dass die Umsetzungsidee zu einer Veränderung, zu einer Problemlösung führt, die der Organisation dient. Dabei darf die latente Befürchtung eines Leiters nicht übersehen werden, dass ein Teil des Bisherigen (z. B. Stabilität) aufgegeben wird und das Neue noch nicht real vorhanden ist. Deshalb sind die Umsetzungsschritte und die Messkriterien für den Erfolg ebenso klar zu benennen wie die Risiken und eine mögliche Ausstiegsstrategie aus dem geplanten Innovationsprozesses. <?page no="215"?> Umsetzen in der Organisation 215 Mit einer soliden Vorbereitung kann der Verfasser mit guten Chancen vor die Leitung treten und seine Idee, das Vorgehen im Innovationsprozess einschließlich seines Vorschlags für die Kooperation mit Ansprechpartnern und eine Zeitplanung vorstellen. / E2 - GO/ Die Zustimmung des Entscheiders zur Modifikation der Umsetzungsidee, also zur Erarbeitung des Umsetzungsvorschlags, erlaubt in die nächste Aktivität überzugehen, das Gewinnen von Ansprechpartnern in der Organisation / S3/ . / E2 - STOPP/ Bleibt dem Verfasser die Zustimmung versagt, weil z. B. die Umsetzung im angestellten Unternehmen nicht möglich ist, steht er vor der Frage: Wie finde ich eine Organisation, die an meinen Ergebnissen interessiert ist? Für den Absolventen berufsbegleitender Studiengänge ist es in der Regel das aktuelle Einsatzunternehmen, für den Absolventen des Präsenzstudiums der neue Arbeitgeber. In allen anderen Fällen haben schon zwei Tipps von Erfahrungsträgern geholfen: Bitte den Betreuer oder die Mitglieder der Prüfungskommission um entsprechende Empfehlungen nach Bestätigung Deiner Ergebnisse. Besuche Fachtagungen im Themenbereich Deiner Arbeit und spreche gezielt Teilnehmer zu Deinem Anliegen an. Mit bestätigten Ergebnissen im Gepäck und dem festen Willen zur Umsetzung eröffnen sich dem Verfasser oft neue Karrierechancen. Darauf angesprochen, wie er in einem solchen Fall gehandelt hat, berichtet ein erfolgreicher „Umsetzer“: „Nach einem Kontakt auf einer Tagung im Themenbereich meiner Masterarbeit bekam ich einen Vorstellungstermin beim Chef des Unternehmens. In einem 10-minütigen Statement habe ich die Idee aus meiner Arbeit und den Nutzen vorgestellt, den das Unternehmen bei Umsetzung erzielen kann. Dazu habe ich die Erarbeitung eines passgenauen Vorschlags zur Entscheidung angeboten und dafür die Kooperation mit 2 bis 3 Kollegen aus dem Unternehmen erbeten.“ Der Erfolg in diesem Beispiel lag darin begründet, dass der Verfasser • erstens ein klares Ziel anstrebte, nämlich die Zustimmung für das Vorstellen eines Umsetzungsvorschlags in einem weiteren Termin und • zweitens Informationen über die Organisation besaß, den Bedarf an einer einschlägigen Lösung analysierte, die Resonanzstellen des Leiters beachtete und deshalb Aussagen von besonderer Bedeutung vorbereitet hatte. <?page no="216"?> 216 Umsetzen in der Organisation Im Einstieg in das Vorstellungsgespräch ist deutlich zu machen, dass man sich mit dem Unternehmen und seiner veröffentlichten Strategie befasst hat. Von dieser Position wird dem Leiter nicht erklärt, was er für einen Bedarf hat, sondern man regt ihn durch vorbereitete Fragen an, diesen selbst zu benennen. Jetzt ist der Boden für das Darstellen der Umsetzungsidee und der Schritte für das Entwickeln einer passfähigen Lösung bereitet. Ein Handout der eigenen Kontaktdaten sollte hinterlassen werden. Selbst wenn auch der weitere Versuch zu einer Absage führt, hat der Verfasser auf alle Fälle Erfahrungen gewonnen - methodisch und menschlich. Sein Realitätssinn ist geschärft. Er kann das Machbare im nächsten Versuch besser einschätzen. 5.4 Gewinnen von Ansprechpartnern 5.4.1 Zielgruppen Für die Vorbereitung der Entscheidung ist ein passgenauer Umsetzungsvorschlag zu erarbeiten. Gemeint ist ein Vorschlag, der auf die konkreten Erfordernisse, Situationen und Bedingungen der Organisation zugeschnitten ist und die Besonderheiten der Branche, die eigene Kultur und die verfügbaren finanziellen Mittel berücksichtigt. Für die Entwicklung eines solchen Vorschlags bedarf es der Kooperation mit kenntnisreichen Partnern aus der Organisation. Durch die Beteiligung von Mitarbeitern wird nicht nur deren Ideenreichtum und Erfahrungsschatz eingefangen, sondern auch die Akzeptanz des Vorgeschlagenen ist größer, als wenn der Verfasser allein agieren würde. / S3/ Beim Bemühen, entsprechende Ansprechpartner zu finden, zu gewinnen und vorzuschlagen, ist zu prüfen, welche potentiellen Möglichkeiten sie für die Unterstützung des Umsetzungsvorschlages haben. Dabei kann folgende Gruppenbildung helfen: • Veranlasser erkennen, dass zur Lösung bestimmter Probleme in der Organisation externe Hilfe benötigt wird. Von ihnen gehen Anstöße für Veränderungen aus. Sie sind offen für Umsetzungsvorschläge. • Fachkompetente kennen sich mit dem Umsetzungsvorschlag aus, neigen zur gründlichen fachlichen Prüfung (technisch, organisatorisch, betriebswirtschaftlich). Von ihnen gehen wesentliche Informationen an die Entscheidungsträger aus. <?page no="217"?> Umsetzen in der Organisation 217 • Beeinflusser sind als Aktionäre, Gesellschafter, Berater oder Angehörige spezieller Abteilungen nur indirekt von dem Umsetzungsvorschlag betroffen. Sie können aber aufgrund ihrer Sonderstellung Einfluss auf den bzw. die Entscheider ausüben. • Entscheider treffen die Entscheidung über den Umsetzungsvorschlag, gegebenenfalls unter dem Einfluss der anderen Zielgruppen. • Nutzer sind von dem Umsetzungsvorschlag direkt betroffen, müssen ihn realisieren, mit ihm arbeiten. Für den Fall, dass die Graduierungsarbeit in der Organisation betreut wurde, entsteht eine besondere Zielgruppe. Wer hat das Thema befürwortet oder vergeben und wer hat die Arbeit in der Organisation betreut? Die Antworten könnten zu einem „Kernteam“ führen, mit dem begonnen wird, die Identifikation der Interessen vorzunehmen und über die Umsetzung in der Organisation zu diskutieren (B AUCH , U., 2018). Um einzuschätzen, auf welcher Ebene die ausgewählten Ansprechpartner in der Organisation agieren, ist eine Recherche des Verfassers nach Abb. 5.5 hilfreich. Abb. 5.5: Rolle in der Organisation 5.4.2 Gezielte Ansprache Die Leitung hat der Entwicklung eines konkreten Umsetzungsvorschlags in der Organisation zugestimmt. Auch die vorgesehenen Ansprechpartner wurden akzeptiert bzw. eigene Personen benannt. Jetzt sind diese für die Zusammenarbeit zu gewinnen und mit Blick auf ihre Interessen an der Umsetzungsidee anzusprechen und aufzuschließen. Für die konkrete Ansprache wird in Abb. 5.6 eine Handlungsorientierung mit Aussagen von besonderer Bedeutung für die jeweilige Zielgruppe angeboten. Sie ist in Abhängigkeit vom konkreten Umsetzungsvorschlag und der spezifischen Situation in der Organisation für das Vorgehen zu modifizieren. Wer, wann und zu welcher Aufgabe einbezogen wird, liegt im <?page no="218"?> 218 Umsetzen in der Organisation Ermessen des Verfassers, es sei denn, die Leitung verbindet mit der Zustimmung eigene personelle Vorstellungen. / E3 - GO/ Im Ergebnis der gezielten Ansprache haben sich Mitarbeiter der Organisation zur Teilnahme an der Gruppendiskussion entschieden. Der Übergang zum Entwickeln des Umsetzungsvorschlags / S4/ ist geöffnet. Abb. 5.6: Checkliste - Ansprechpartner in der Organisation <?page no="219"?> Umsetzen in der Organisation 219 5.5 Entwickeln des Umsetzungsvorschlags 5.5.1 Fokussierte Gruppendiskussion / S4/ Für die Modifizierung der Umsetzungsidee, d. h. die Entwicklung des Umsetzungsvorschlags, bewährt sich das Instrument der Gruppendiskussion (ausführlich dazu bei L OOS , P. et al., 2012; S CHOLL , A., 2003). Die Gruppe, mit der die Umsetzungsidee diskutiert und zum Umsetzungsvorschlag entwickelt wird, besteht aus 2 bis 4 Angehörigen der Organisation. Mit der fokussierten Gruppendiskussion werden, allerdings schrittweise, zwei Ziele verfolgt: 1. Erhebung von Meinungen, Orientierungs- und Bedeutungsmustern zur Umsetzungsidee durch Interaktion der Teilnehmer. Im Ergebnis werden die Chancen und Risiken der Umsetzung unter den konkreten Bedingungen der Organisation erkannt. 2. Modifizierung der Umsetzungsidee im Ergebnis übereinstimmender Meinungen (Konsens) und Akzentuierung der Präsentation vor dem Entscheider. Im Ergebnis sollen die Chancen für die Umsetzung erhöht werden. Auf diese Weise kann die Gruppendiskussion durch einen auf dem Konsens der Gruppenmitglieder beruhenden Vorschlag die Entscheidung über die Umsetzung befördern. Konstituierend für den Erfolg ist eine solide Vorbereitung der Gruppendiskussion. Dazu gehören die Zusammensetzung der Gruppe, die Analyse der Teilnehmer, die Planung der Zusammenarbeit, die Ausstattung und der zeitliche Verlauf. Das ist Aufgabe des Verfassers. 5.5.2 Gruppenzusammensetzung Unter qualitativer Sicht sollte sich die Zusammensetzung an den im Abschnitt 5.4.1 skizzierten Zielgruppen orientieren und dabei die Verfügbarkeit der gewählten Personen in der Organisation beachten. So kann die Gruppe • homogen - also beispielsweise 2 bis 3 Sachkompetente oder • heterogen - zum Beispiel 1 Veranlasser, 1 Sachkompetenter und 1 Nutzer zusammengesetzt sein. Die Anzahl der Gruppenmitglieder sollte vier nicht übersteigen. Externer Sachverstand ist immer von Wert - vor allem in den vorgelagerten Schritten. Auch in der fokussierten Gruppendiskussion werden Externe (Sach- <?page no="220"?> 220 Umsetzen in der Organisation verständige, Gutachter, Internet etc.) konsultiert. Allerdings ist die direkte Mitarbeit eines externen Beraters nicht üblich (Kosten! ). Die Analyse der Diskussionsteilnehmer bezieht sich vor allem • auf ihre Rolle in der Organisation (siehe Abb. 5.5), • auf ihre Interessen und damit auf das Feststellen jener Informationen aus dem Umsetzungsvorschlag, die für sie von besonderer Bedeutung sind (siehe Abb. 5.6), • auf ihre persönliche Betroffenheit durch den Vorschlag sowie die zu erwartende Zustimmung bzw. Ablehnung. Von diesen beiden Faktoren hängt auch die Entscheidung ab, ob und mit welchem Inhalt eine Vorabinformation (max. eine DIN A4-Seite) erstellt wird. Es bewährt sich, den Gruppenmitgliedern die Umsetzungsidee in kurz gefasster Form vor der Sitzung zuzuschicken, so dass die Eingangsinformation kürzer ausfallen kann, jedoch nie eingespart wird. Sowohl im Text als auch im Diskussionseinstieg sollte sich der Verfasser bei einer heterogenen Zusammensetzung am Verständnis der „Nutzer“ bzw. „Veranlasser“ orientieren. Der „Fachkompetente“ wird das akzeptieren. Ein kurzer Fragebogen zu Chancen und Risiken der Umsetzungsidee (max. eine Seite) kann diese Vorabsendung begleiten. 5.5.3 Moderation der Diskussion Bei der Durchführung der Gruppendiskussion hat sich die Moderationsmethode bewährt. In einem strukturierten Verfahren stimuliert ein Moderator das Ideenpotential der Gruppenmitglieder und sichert dabei ein faires und konstruktives Zusammenwirken in der Gruppe (ausführlich dazu bei L EHMANN , G., 2017a, S. 48-70). Das moderierte Gespräch enthält vor allem folgende Schwerpunkte: • Vorstellen des Umsetzungsvorschlags, • Abstimmen des Zeitplans, • Meinungsaustausch, -bildung, • Ideen zur Modifizierung des Vorschlags, • Bewertung der Ideen, • Konsensfindung, • Dokumentation des modifizierten Vorschlags und der Präsentationsstrategie. Wer sollte ein solches Gespräch leiten, wer übernimmt die Rolle des Moderators? Alle Erfahrungen verweisen in diesem Falle auf den Verfasser der Umsetzungsidee selbst. Allerdings muss er dabei inhaltliche Zurückhaltung üben. Er <?page no="221"?> Umsetzen in der Organisation 221 setzt Impulse für die Diskussion und sorgt für eine Grundordnung in der Diskussion. Der Entscheider sollte nicht als Moderator und möglichst auch nicht als Mitglied der Gruppe agieren (Chefs spalten mitunter die Gruppe in Pro und Kontra). Dagegen ist seine Einflussnahme auf die Zusammensetzung der Gruppe erwünscht. Eine Information über Termin und Ort der Diskussion wird empfohlen. Der Moderator legt • Beginn, Ablauf und Ende des Gesprächs fest, • stellt den Umsetzungsvorschlag vor (evtl. auch die Teilnehmer) und beantwortet Verständnisfragen, • vereinbart bestimmte Regeln für das Gespräch, z. B. den Anderen ausreden lassen, Killerphrasen vermeiden, jeder bringt sich ein, • achtet auf die Einhaltung des Zeitplans, • steuert die Diskussion in Richtung und/ oder Ausdehnung auf bestimmte Themen oder Bereiche, • wendet dabei Techniken an wie: ‒ Feststellen des Meinungsursprungs (Einzel- oder Gruppenmeinung), ‒ Zusammenfassen von Diskussionsabschnitten, ‒ Infragestellen des Gesagten, provozieren durch Zuspitzen von Aussagen, ‒ Herausstellen verschiedener Meinungen, von Widersprüchen ‒ Aufzeigen von Konsequenzen als Folge des Gesagten (M AY , G. et al., 2018, S. 3), • visualisiert die Ideen und bietet Strukturierung an, • steuert die Bewertung der Teilnehmerideen und • sichert die Dokumentation des modifizierten Umsetzungsvorschlags und der Präsentationsstrategie. Die Planung der Zusammenarbeit konzentriert sich frei von inhaltlichen Überlegungen auf die wichtigsten methodischen und organisatorischen Handlungen in den einzelnen Phasen der Moderation im zeitlichen Rahmen. Vorschläge zu den Regeln für die Diskussion und mögliche Rollenverteilung ergänzen die Planung. Der in Abb. 5.7 dargestellte Moderationsfahrplan soll dafür als praktische Hilfe dienen. <?page no="222"?> 222 Umsetzen in der Organisation Abb. 5.7: Moderationsfahrplan Seiner Planung entsprechend bereitet der Moderator die benötigte Ausstattung, insbesondere Medien und Mittel für die Gruppendiskussion in abgeschlossenen oder abgetrennten Räumlichkeiten vor. Zeitlich wird aus Erfahrung den Nachmittagsstunden der Vorzug gegeben, für die Dauer sollten drei Stunden pro Sitzung möglichst nicht überschritten werden. In der Regel ist eine zweite Sitzung erforderlich. 5.5.4 Diskussionsphasen Auf das Verhalten des Moderators bezogen verläuft eine Gruppendiskussion in vier Phasen: Erste Phase: In der Eröffnung bringt der Moderator die Gruppe nach dem Schaffen einer einheitlichen Informationsgrundlage zur Umsetzungsidee rasch untereinander ins Gespräch. Insbesondere vermeidet er individuelle Befragungen oder Zwiegespräche mit einzelnen Teilnehmern. Seine Eröffnungsfragen richten sich im thematischen Rahmen stets an alle. <?page no="223"?> Umsetzen in der Organisation 223 Zweite Phase: Im Verlauf der Diskussion hält der Moderator sich weitgehend inhaltlich zurück. Um Missverständnissen vorzubeugen oder ins notwendige Detail zu gehen, stellt er Nachfragen und regt systematisches Vorgehen im inhaltlichen und methodischen Bereich an. Die Vereinbarung bestimmter Regeln für die Diskussion, beispielsweise der Verzicht auf Kritik während der Ideenproduktion, kann auch dazu führen, dass einzelne Teilnehmer ihre Unzufriedenheit mit dem Arbeitsfortschritt oder der methodischen Führung des Moderators zwar unterdrücken, aber geistig Abschied von der Zusammenarbeit genommen haben. Um diesem Phänomen vorzubeugen, sollte der Moderator im Verlauf der Zusammenarbeit etappenweise (siehe Abb. 5.8) feststellen: • was bis zum jeweiligen Zeitpunkt bereits erreicht wurde (Zusammenfassung der bisher erzielten Ergebnisse) und • zugleich nachfragen, ob es bis hierher Einverständnis mit dem Vorgehen gibt. Sofern es Kritikpunkte gibt, sind diese vor Fortsetzung der inhaltlichen Arbeit zu klären. Abb. 5.8: Konsens feststellen <?page no="224"?> 224 Umsetzen in der Organisation Der Moderator macht mit der Konsensfindung allen den Fortschritt in der Zusammenarbeit bewusst und stellt zugleich die Akzeptanz seines methodischen Vorgehens fest. Damit verhindert er, dass sich Unzufriedene frühzeitig geistig von der Gruppenarbeit verabschieden. Dritte Phase: Sobald in der Meinungsäußerung eine gewisse Erschöpfung, ein Sättigungsgrad im Ideenaustausch spürbar wird, setzt der Moderator Impulse. Besonders geeignet dafür sind provozierende Fragen, das Aufzeigen von Widersprüchen, aber auch das Strukturieren der erreichten Ergebnisse mit der Offenbarung von Lücken oder Schwachstellen. Gebräuchlich sind auch instrumentelle Hilfen, um Vollständigkeit zu erzielen - beispielsweise die Empfehlung von Checklisten oder Leitfäden. Im Bedarfsfall regt der Moderator die Diskussion zu weiteren Aspekten mit Themenbezug an. Dabei kann ein Strukturbild (Mind Map), wie beispielsweise in Abb. 5.9 zu einem Vorschlag für das Erschließen von Wachstumsressourcen eines Unternehmens, helfen, die notwendigen Ergänzungen vorzunehmen. Abb. 5.9: Strukturbild: Beispiel - Wachstumsressourcen für ein Unternehmen Spätestens in dieser Phase achtet der Moderator darauf, dass der Ideenaustausch fokussiert und organisationsbezogen verläuft. In der Praxis führt manchmal eine ausufernde Ideenentwicklung am eigentlichen Ziel vorbei. <?page no="225"?> Umsetzen in der Organisation 225 Vierte Phase: Der Umsetzungsvorschlag ist ausführlich besprochen worden. Die Meinungsäußerungen der Gruppenmitglieder liegen gebündelt vor. Modifizierungen (Veränderungen und Ergänzungen) werden weitgehend einvernehmlich vorgenommen, die Argumentationslinien konsensual abgestimmt. Obwohl der Moderator in dieser Phase deutlich direktiver vorgeht, vermeidet er es, in der Bewertung der Ergebnisse zu dominieren. Wertvoll sind für ihn auch die Vorschläge der Gruppenmitglieder für seine Präsentation vor dem Entscheider - aber: Was und wie präsentiert wird, das entscheidet er selbst! Zum Ausklang der Gruppendiskussion bittet der Moderator um ein Feedback zu seiner Gesprächsführung und den vereinbarten Regeln. Zugleich drückt er seinen Dank und seine Wertschätzung für die Beiträge der Teilnehmer aus. / E4 - GO/ Auf jeden Fall kann der Schritt zur Präsentation / S5/ erst dann vollzogen werden, wenn die Gruppe einstimmig oder mehrheitlich dem Umsetzungsvorschlag zustimmt. / E4 - CHECK/ Sofern der erreichte Konsens noch zu stabilisieren und die Präsentation vor den Entscheidern mit der Gruppe abzustimmen ist, wird eine zweite Sitzung erforderlich. Abb. 5.10 enthält einen Überblick zum Ablauf der Gruppendiskussion. Abb. 5.10: Checkliste - Ablauf der Gruppendiskussion <?page no="226"?> 226 Umsetzen in der Organisation 5.6 Präsentation des Umsetzungsvorschlags 5.6.1 Prämissen / S5/ Der Verfasser tritt in der Regel als Präsentator des Umsetzungsvorschlags auf, auch wenn seine Idee im Ergebnis der Gruppenarbeit modifiziert wurde. Allerdings ist die Begleitung durch ein bis zwei Mitglieder der Gruppe, möglichst mit Zustimmung des Entscheiders, zu empfehlen (Präsentationsgruppe). Die Präsentation vor den Entscheidern muss anderen Prämissen folgen als die vor der Prüfungskommission. Während es bei der Disputation an der Hochschule vor allem um den Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung ging, wird jetzt die überzeugende Darstellung des Nutzens für die Organisation erwartet. Der Umsetzungsvorschlag ist frei von wissenschaftlichen Konventionen, fokussiert auf die Interessen der Zielgruppe (siehe Abb. 5.6) und allgemein verständlich zu präsentieren. Auf wissenschaftliche Termini wird weitgehend verzichtet, der wissenschaftliche Diskurs rückt in den Hintergrund. Die Platzierung der Ergebnisse in die Realität der Organisation steht im Vordergrund. Vor allem zwei Fragen sind zu beantworten: Welchen Nutzen bringt der Vorschlag zu welchen Kosten? 5.6.2 Struktur Bei der Gestaltung der Präsentation haben sich vor allem folgende Empfehlungen bewährt: • Im Einstieg wird deutlich markiert, dass eine Veränderung notwendig ist. Eine sanfte Zuspitzung ist zu prüfen. Auch hier bewährt sich die „magische Drei“, beispielsweise: · „Es gibt immer mehr Ausfälle an der Anlage. · Die Kosten für Ausfallzeiten, Reparaturen und Reklamationen wachsen. · Kunden beschweren sich und wandern ab.“ • Der Hauptteil erklärt, wie eine Veränderung mit welchen Konsequenzen erreicht wird. Die zielführende Argumentation folgt weniger einer sachlogischen, sondern einer psychologischen Reihenfolge, beispielsweise in den Schritten: ‒ konkrete Situation, ‒ resultierende Probleme, ‒ Leistungen des Umsetzungsvorschlags zur Lösung, <?page no="227"?> Umsetzen in der Organisation 227 ‒ Aufwand und Zeitschiene für die Umsetzung, ‒ resultierende Möglichkeiten für innere Leistungsbereiche, ‒ Perspektive für Außenbeziehungen der Organisation. Im Abschnitt 3.2.2, Abb. 3.11, wurden am Beispiel eines Umsetzungsvorschlags zum „Liefermanagement“ beide Reihenfolgen vorgestellt. Während im Ergebnis der sachlogischen Folge die Teilnehmer etwas kennenlernen und darüber diskutieren sollen, wird die psychologische Reihung mit dem Ziel eingesetzt, die Teilnehmer zu veranlassen, eine Entscheidung zu treffen. Genau das ist das Ziel der Präsentation. Der Präsentator ist gut beraten, seinen Vorschlag aus der Vorstellung mehrerer Varianten heraus zu entwickeln. Mit der Wahl der Varianten bezieht er sich auf unterschiedliche Vorstellungen im Entscheiderkreis. Ein nachvollziehbares Angebot von Entscheidungskriterien unterstützt die Zustimmung zu seinem Vorschlag (siehe dazu Abschnitt 3.2.2, Abb. 3.15). Zahlen sind wichtig, aber sie sind vor dem Einsatz zu prüfen. Insbesondere gelten die in Abschnitt 3.2.2, Punkt (6) genannten Empfehlungen (sparsam, aktuell, richtig summieren und interpretieren). • Der Schluss weist das Ergebnis der Veränderung mit erkennbarem Nutzen für die Organisation aus. Er beinhaltet keine langatmige Zusammenfassung, etwa die nochmalige Darlegung aller Merkmale der modifizierten Idee. Der Schluss enthält die 2 bis 3 wesentlichen Nutzenargumente und einen klar formulierten Entscheidungsvorschlag an die Leitung der Organisation. Noch ein Beispiel mit der „magischen Drei“: · „Die Veränderung sichert eine störungsfreie Funktion der Anlage. · Dadurch entfallen Ausfallzeiten, Reparaturen und Reklamationen. · Und vor allem: Die Kunden bleiben erhalten! “ • In der anschließenden Frage- und Diskussionsrunde vergewissert sich der Präsentator, ob seine Antworten und die Behandlung von Einwänden die Entscheider zufrieden stellen. Das Mitglied aus der Gruppe sollte dabei auch zu Wort kommen. Für Fragen, die er nicht beantworten konnte, sichert er zeitnahe Klärung zu. • Die Verständlichkeit des Präsentators in Vortrag und Diskussion erfordert ‒ konsequentes Orientieren der Aussagen am Nutzen für die Organisation, ‒ Vereinfachen komplizierter Aussagen durch Überführen in eine bildhafte Form (Visualisierung), durch Modellbildung oder exemplarisches Vorgehen, <?page no="228"?> 228 Umsetzen in der Organisation ‒ anschauliche und einfache Sprachgestaltung sowie die Wahl geläufiger Wörter. In Ergänzung dazu wird auf die Empfehlungen im Teil 3, Vortragen auf Tagungen und Meetings, sowie im Teil 4, Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren, verwiesen. / E5 - GO/ Im Ergebnis der Präsentation hat die Leitung der Organisation entschieden, den Vorschlag der Präsentationsgruppe anzunehmen (mit oder ohne Auflagen). Zugleich wird der Verfasser beauftragt, ein themenbezogenes Programm für Schulung, Publikation und Vortrag zu erarbeiten. Mit der Verabschiedung der Maßgaben (siehe Kapitel 5.7) wird die Umsetzung eingeleitet. In Abb. 5.11 ist der Ablauf der Präsentation im Überblick dargestellt. Abb. 5.11: Checkliste - Ablauf der Präsentation <?page no="229"?> Umsetzen in der Organisation 229 5.7 Einleiten der Umsetzung Auch wenn die Präsentation zu einer positiven Leitungsentscheidung geführt hat, so ist damit der Veränderungsvorschlag noch lange nicht umgesetzt. Mit einem soliden Change-Management werden in Abhängigkeit von der Dimension der vorgeschlagenen Veränderung die dafür notwendigen Bedingungen geschaffen. In Anlehnung an B ECKER , R. (2012, S. 6 ff.) sind das vor allem die folgenden Maßgaben: 1. Die gesamte Leitung der Organisation steht geschlossen hinter dem Veränderungsvorschlag. 2. Alle Führungskräfte der Organisation akzeptieren den Veränderungsvorschlag und setzen sich glaubwürdig für seine Umsetzung ein. 3. Alle Betroffenen in der Organisation sind über den Veränderungsvorschlag zielgruppenspezifisch informiert und zeigen für die erforderlichen Maßnahmen Verständnis. 4. Die Nutzer des Veränderungsvorschlags im jeweiligen Bereich der Organisation sind frühzeitig in die Umsetzung eingebunden und für die Veränderung sowohl motiviert als auch ausreichend befähigt. 5. Die Stakeholder der Organisation sind über die Umsetzung der Veränderung informiert, um Irritationen und Zielkonflikte zu vermeiden. Letztlich ist für den Erfolg der erkennbare Gestaltungswille des Managements, eine konsequente Umsetzungsorganisation und die intensive Kommunikation mit allen Betroffenen entscheidend. Darauf hat der Verfasser sicher nur begrenzten Einfluss, aber er kann deutlich dazu beitragen. Das beginnt damit, dass er die Veränderungserfolge im Alltag der Organisation sichtbar und bekannt macht. Publikationen und Vorträge in unterschiedlicher Modifikation (siehe Teile 2 und 3) sind dafür geeignet. Dazu ist die Zustimmung der Leitung einzuholen. Auch bei der Schulung jener Mitarbeiter, die die Umsetzung unmittelbar vollziehen, ist er gefragt. Hier kann er seine Kenntnisse bei der Kursplanung und beim Vermitteln (siehe dazu Teil 4) einsetzen. <?page no="230"?> 230 Umsetzen in der Organisation 5.8 Szenario zum Innovationsprozess Ein Diplomand hat in seiner Graduierungsarbeit das Modell eines Mini-Dampfgenerators entwickelt. Ermutigt durch die positive Resonanz in der Disputation an der Hochschule entschließt er sich nach gründlicher Beratung, einem Gerätehersteller die Umsetzung seiner Entwicklung anzubieten. Die Betriebsleitung genehmigt die Ausarbeitung einer passfähigen Umsetzungsidee und benennt Partner für die Entwicklungsarbeit. In einem Team mit einem Techniker, einem Technologen und einem Betriebswirt entwirft der Verfasser die modifizierte Umsetzungsidee innerhalb von 5 Wochen. Im Kern der Lösung betreibt ein briefmarkengroßer Motor eine Pumpe in einem Wassertank. Integriert in ein Bügeleisen bzw. in eine Bügelstation steht der Dampf nach Aufheizen sofort zur Verfügung (wesentlicher Effekt: deutlicher Zeitgewinn). Das Unternehmen entschließt sich zur Umsetzung der modifizierten Idee (Integrierter Dampfgenerator in Bügeleisen/ Bügelstation) nach Abwägung der verschiedenen Möglichkeiten (Kauf, Ausgründung, Inkubationsprogramm mit Startups usw.) in einem internen Programm. Zugleich eröffnet es dem Verfasser mit einer Investition die Möglichkeit ein Start-up zu gründen, in dessen Rahmen weitere Applikationen für den Dampfgenerator entstehen. Inzwischen werden im Start-up auch Einsatzmöglichkeiten in der Medizin untersucht. So eröffnet sich durch die Innovation eine Behandlungsmöglichkeit zur Verringerung von Harnflussproblemen bei Männern. Durch eine Wasserdampfablation soll die Prostata zum Schrumpfen gebracht werden. Dieses neue, weniger invasive Verfahren birgt gegenüber anderen Behandlungen weniger Risiken. Außerdem sind dauerhafte Nebenwirkungen ausgeschlossen. Das ergab also viele positive Effekte, weil ein Absolvent sich nicht mit seiner guten Idee begnügte, sondern mit Mut und persönlichem Einsatz im Team die Umsetzung betrieben hat und dabei auf eine innovationsfreundliche Geschäftsleitung getroffen ist. <?page no="231"?> Umsetzen in der Organisation 231 Quellen und weiterführende Literatur B AUCH , U LLRICH : 2018. Umsetzung in der Organisation. Gesprächsprotokoll, Gespräch mit Prof. Dr. Ullrich Bauch, KAISER BAUCONTROL, am 09.08.2018 in Dresden. B ADURA , A NDREA : 2019. Stage-Gate-Prozess. https/ / .www.controlling-wiki.com. 24.07.2019. B ECKER , R ALPH : 2012. Veränderungen erfolgreich umsetzen - Change-Management in der Wissenschaftsorganisation. Tage des Wissenschaftsmanagements, Vortrag in der Villa Vigoni. www.wissenschaftsmanagement-online.de/ sites/ 24.07.2019. C ONVEY , S EAN ; M ACCHESNEY , C HRIS ; H ULING , J IM ; M ARON , A NDREAS : 2017. Die 4 Disziplinen der Umsetzung. Strategien sicherer umsetzen und Ziele erfolgreich erreichen. 2. Auflage, München: readline. C OOPER , R OBERT , C.: 2009. The official site of Stage-Gate. State-Gate International. https/ / www.stage-gate.com. 24.07.2019. C OOPER , R OBERT G.: 1993. A process model for industrial new product development. In: IEEE Transactio on Engineering Management. Jg. 30 (1), S. 2-11. D EPIEREUX , P HILIPP : 2018. Von der Idee zur Umsetzung. www.etventure.de/ blog/ von-der-Idee-zur-Umsetzung7-tips-wie-sie-ihre-idee-durchsetzen. 28.06.2019. H ERSTATT , C ORNELIUS ; V ERWORN , B IRGIT : 2000. Modelle des Innovationsprozesses. Tage-Gate-Modelle von Cooper (1983-1), S. 7. Cgi.tu-harburg.de/ ~timab/ tim/ content/ 2-forschung/ 2-publikatonen/ 3-arbeitspapiere/ arbeitsp... 24.07.2019. L EHMANN , G ÜNTER : 2017a. Lehren mit Erfolg. Ein Praxisratgeber für Dozenten in der beruflichen Weiterbildung. 2. neu bearbeitete Auflage, Renningen: expert. L EHMANN , G ÜNTER : 2018. Publizieren - aber wie? Standpunkte und Impulse für das Veröffentlichen wissenschaftlicher Ergebnisse. In: WiSt, Zeitschrift für Wissenschaft und Forschung, Universität Marburg (47) H. 05/ 2018, S. 54-58. München: C.H. BECK. L EWIS , G ERARD : 2019. Gestalten des Innovationsprozesses. Gesprächsprotokoll. Gespräch mit Prof. Dr. Gerard Lewis, Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, am 28.04.2019 in Dresden. <?page no="232"?> 232 Umsetzen in der Organisation L OOS , P ETER ; S CHÄFFER , B URKHARD : 2012. Das Gruppendiskussionsverfahren. Theoretische Grundlagen und empirische Anwendung. 2. Auflage, Wiesbaden: Spring VS. M AY , G ÜNTER ; V OCK , R UBINA ; R UPPEL , S EASTIAN : 2018. Gruppendiskussion. www.studi-lektor.de/ tipps/ qualitative Forschung/ gruppendiskussion. 28.06.2019. S CHOLL , A RMIN : 2015. Die Befragung. 3. Auflage. Konstanz und München: UVK. <?page no="233"?> Gründen einer Existenz (Start-up) 233 6 Gründen einer Existenz (Start-up) 6.1 Kennzeichnung Der Absolvent einer Universität oder Hochschule - mitunter auch noch Studierender oder bereits wissenschaftlicher Mitarbeiter - hat sich entschlossen, auf die relative Sicherheit in einem Angestelltenverhältnis zu verzichten und ein Unternehmen - ein Start-up - zu gründen. Dazu braucht der Gründer ein Produkt bzw. eine Dienstleistung, Kunden, die bereit sind, dafür zu zahlen, und einen Weg, um selbst bezahlt zu werden. Was ist aber das Besondere an einem Start-up? Ein Start-up ist ein kürzlich als Personen- oder Kapitalgesellschaft gegründetes Unternehmen (meistens als GmbH), das sich in der ersten Phase seines Lebenszyklus befindet. Am Anfang steht eine innovative Idee, eine Technologie, ein Geschäftsmodell und in der Regel geringe finanzielle Ressourcen - aber: Sie haben ein großes Wachstums- oder sehr wissensintensives Potential. In der Regel gelten sie bis zu zehn Jahre als Start-up (S CHULTE , R., 2018, S. 942; K ALKA , J., 2019, S. 16). Zahlreiche Förderprogramme unterstützen Start-ups, unter ihnen das Europäische Programm „Knowledge and Innovation Communities“ und das EXIST-Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Im Unterschied zu allen bisher behandelten Kanälen entspringt die Gründungsidee nicht unmittelbar den Ergebnissen der Graduierungsarbeit. Zwar gibt es Fälle, in denen Gründungsideen aus Master- oder Diplomarbeiten entwickelt wurden. Aber viel häufiger entstehen sie auf anderen Pfaden. Dennoch kann die Graduierungsarbeit auf dem Wege der Ideenentwicklung komplementär einen wichtigen Beitrag leisten. Der Weg bis zum vollen Geschäftsbetrieb eines Start-ups ist in Abb. 6.1 dargestellt. Er besteht in der Regel aus 3 Segmenten. Das 1. Segment, die Entwicklung, verläuft vom Aufkeimen der Gründungsidee bis zum Aufbau des Gründungskonzepts. Im 2. Segment erfolgt die Institutionalisierung, vom Erstellen des Businessplanes bis zur Gründung des Start-ups. Die Umsetzung der im Businessplan manifestierten Gründungsidee, also der Übergang zum vollen Geschäftsbetrieb, füllt das 3. Segment aus. Alle Segmente, insbesondere das Institutionalisieren und das Umsetzen, werden von der Professionalität der Transferstellen (Gründerservice) begleitet, die heute an vielen Universitäten und Hochschulen Neugründungen unterstützen (P LUM , B., 2016, S. 12 f.). <?page no="234"?> 234 Gründen einer Existenz (Start-up) In Übereinstimmung mit dem Anliegen dieses Buches, vornehmlich die Startphase des Verwertens zu reflektieren, ist dieser Ausblick im Teil 6 auf das 1. Segment bis zum Entwickeln eines Gründungskonzepts konzentriert. Abb. 6.1: Etappen auf dem Weg zum Geschäftsbetrieb eines Start-ups 6.2 Entdeckung Erfolgreiche Gründer aus Absolventenkreisen legen die Spuren für die Selbstständigkeit schon in den ersten Studienjahren (G SCHWANDTNER , F., 2018). In Praktika erlebten sie innovative Prozesse. Nebenjobs haben sie nicht nur aus finanziellen Gründen ausgewählt, sondern auch, um sich auf verschiedenen Gebieten auszuprobieren. Dabei wurden Prozesse verstanden, Projektmanagement erlebt und vor allem erfahren, wie Ideen im Hinblick auf ihre ökonomische Verwertbarkeit zu beurteilen sind. <?page no="235"?> Gründen einer Existenz (Start-up) 235 BEISPIEL: Bill Gates hatte als Student in einem Praktikum die Idee, ein Betriebssystem für Computer zu entwickeln. Diese innovative Geschäftsidee machte ihn zum reichsten Mann der Welt. Das Beispiel zeigt: Frühzeitig entdecken spätere Gründer ihr Unternehmer-Gen (Entrepreneur-Gen). Sie streben weniger nach einem Chefposten im DAX- Unternehmen, als vielmehr nach einem hohen Maß an Selbstständigkeit beim Verwirklichen ihrer interessanten Ideen in einem kleinen Kreis von Mitstreitern. Sie finden heraus, was sie gut können und was ihnen weniger gut gelingt. Sie erfahren, wo sie trotz Krafteinsatz Durchschnitt bleiben (z. B. selber produzieren) und auf welchen Gebieten sie Überdurchschnittliches leisten können (z. B. präsentieren, verkaufen). Von der Entdeckung ihrer Ambitionen motiviert besuchen sie besondere Lehrveranstaltungen, z. B. zum Thema „Gründungsorientierte Einführung in die Betriebswirtschaftslehre“ oder Veranstaltungen, in denen Gründungsgeschichten von erfolgreichen Unternehmern vorgestellt werden. Sie nehmen Jobangebote als studentische Mitarbeiter und Praktika in einem Gründungsteam an (G SCHWANDTNER , F., 2018, S. 65). Beispielhaft sei hier die HochschulAllianz für angewandte Wissenschaften genannt, in der sich 6 deutsche Hochschulen u. a. zur Unterstützung von Start-up-Gründungen zusammengeschlossen haben. Studierende können sich mit ihrer Geschäftsidee bewerben und ein 6-tägiges Gründertraining in Berlin gewinnen (www.hawtech.de/ startuplab). In diesem Prozess der aktiven Auseinandersetzung keimt die Geschäftsidee, setzt ihre Entwicklung ein. Sie ist der Ausgangspunkt für eine sehr persönliche Entscheidung, die Gründung des Start-ups anzugehen. Frühzeitig sollten jetzt die Gesprächsangebote der Transferstellen genutzt werden, um eine erste Einschätzung der Geschäftsidee, Hilfen beim späteren Entwickeln der Gründungsidee und Erstellen des Geschäftskonzepts zu erhalten. Gefragt ist auch die Unterstützung für die Startfinanzierung bis hin zur Beantragung eines Gründerstipendiums. Daneben vernetzen diese Stellen die Gründungswilligen mit Experten nicht nur innerhalb der Wissenschaft, sondern auch mit Experten am Markt. An einigen Universitäten ist die Gründungsberatung als Open-Stop-Agency organisiert. Hier kann sich jeder Interessent, unabhängig vom Stand der Ideenentwicklung, Rat holen (W ALTER , A. S., 2018, S. 956). <?page no="236"?> 236 Gründen einer Existenz (Start-up) 6.3 Geschäftsidee Die Entwicklung der Geschäftsidee verläuft in einer Vorphase der Unternehmensgründung. Sie wird begleitet von einer intensiven Beratung durch die Transferstelle. Frühzeitig ist externer Rat gefragt, ob zunächst fernab von wirtschaftlichen Überlegungen ein Patent anzumelden ist. Denn ein Patent schützt die Idee, seine Anmeldung ist jedoch ziemlich teuer. Die Anmeldung lohnt auf jeden Fall dann, wenn ein angemessenes Anwendungspotential zu erwarten ist. Das kann Produkte, Geräte, Artikel, Materialien, Prozesse oder neue Anwendungen betreffen. Nach A SCHERON , C. (2007, S. 251 f.) sollte der externe Rat Aufklärung zu mindestens vier Fragen geben: • Ist die Idee überhaupt patentierbar? • Lohnt es sich, die Idee zu patentieren? • Was wird die gesamte Prozedur kosten? • Wer meldet das Patent an und wie werden die Beteiligungen am erzielten Einkommen geregelt? Mit dem Ausschärfen der Konturen der Idee entstehen auch Vorstellungen über notwendige Geschäftsbereiche. Mit Blick auf die eigenen Stärken beginnt die Recherche nach Partnern, die bestimmte Aufgaben im Unternehmen noch besser ausfüllen können. Aus der Fülle der beim ökonomischen Verwerten von Erkenntnissen gesammelten Erfahrungen, aus dem praktischen Erleben heraus entstehen Geschäftsideen, z. B. durch • Ableiten aus aktuellen Trends (beispielsweise CouchSurfing oder HelloFresh), • Verändern der bestehenden Technik, • neues Design für Produkte, • Verbessern des Service, • Optimieren von Prozessen, z. B. in Gesundheitseinrichtungen, • Erfinden eines gänzlich neuen Produkts oder einer Dienstleistung, • Verbessern bereits erfolgreicher Geschäftsideen (beispielsweise zusätzliche Funktionen, geringerer Preis oder verbesserte Qualität). Bei den Produktideen sind Erfolgschancen vor allem die Qualität und der Absatz neuer Produkte auf dem Markt. Demgegenüber ist das erfolgreiche Etablieren von neuen Dienstleistungen vor allem durch Kompetenz und Flexibilität der handelnden Personen begründet. <?page no="237"?> Gründen einer Existenz (Start-up) 237 In ständigem Kontakt mit der Transferstelle wird aus der Vielzahl der Überlegungen die Geschäftsidee verständlich formuliert. Sie enthält Antworten auf folgende Fragen: • Wer soll das Produkt kaufen? • Welche Bedürfnisse hat diese Zielgruppe? • Was benötigt die Zielgruppe? • Gibt es vergleichbare Angebote auf dem Markt? • Wie können die Bedürfnisse der Zielgruppe befriedigt werden? Eine Geschäftsidee in diesem Stadium sollte in etwa 5 Sätzen formuliert und mehreren Personen zum Lesen gegeben werden. Man bedenke: Ob eine Idee gut und richtig ist, erweist sich in den ersten Kundenkontakten. Deshalb werden vielfältige Interaktionen mit Mitgliedern der Zielgruppe empfohlen. Befürchtungen, die eigene Idee öffentlich zu machen und damit an andere zu verlieren, sollte nicht nachgegeben werden. Der eigene Entwicklungsvorsprung ist kaum einzuholen und eventuell durch ein Patent abzusichern (N AUMANN , T., 2018, S. 947). 6.4 Gründungsidee Die Entwicklung der Gründungsidee aus der Geschäftsidee ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Wege zum Start-up. Jetzt muss der Gründer vor dem kritischen Prüfstein Investor bestehen. Nach M AURYA , A. (2016, S. 36 ff.) wollen Stakeholder vor allem wissen: • Wie groß ist sein Marktvolumen? • Wie sind seine Margen (Zusammenspiel von Einnahmen und Ausgaben)? • Welche Wettbewerbsvorteile besitzt sein Produkt bzw. seine Dienstleistung? L EWIS , G. (2019) bezeichnet diese Prüfung als „Gründungs-TÜV“. Die erste und entscheidende Frage des Investors lautet: Welcher Gewinn ist von der Umsetzung der Innovation als Produkt aus Menge und Marge zu erwarten? Die Menge wird durch den Markt, die Marge durch die Industrie bestimmt. Dieser Sachverhalt lässt sich der Idee von L EWIS , G. folgend in Abb. 6.2 veranschaulichen und kennzeichnet die 12 Elemente des Gründungs-TÜV. <?page no="238"?> 238 Gründen einer Existenz (Start-up) Abb. 6.2: Gründungs-TÜV (in Anlehnung an L EWIS , G., 2019) Auf den ersten Blick lassen sich aus Abb. 6.2 fünf Fragen für das Verwerten der Innovation ableiten: 1. Wie attraktiv ist der Markt? 2. Wie attraktiv ist die entsprechende Industrie? 3. Welche Kunden werden angesprochen (Segmentierung)? 4. Welche Wettbewerbsvorteile werden erwartet (Preis/ Kosten)? 5. Welches Team sichert den Erfolg? Auf den zweiten Blick wird deutlich, dass jede dieser Fragen mit präzisen Nachweisen zu beantworten ist. Auf der Makroebene sind für die Attraktivität des Marktes (z. B. Kleidung) zwei Fragen zu beantworten: (1) Wie groß ist der Markt? (2) Wie wird der Markt in den nächsten Jahren wachsen? <?page no="239"?> Gründen einer Existenz (Start-up) 239 In der Mikroebene ist zu fragen: (3) In welchem Teil des Marktes (Kinderkleidung) ist die Innovation angesiedelt? Welches Segment wird angezielt (z. B. Altersgruppen)? Die Attraktivität der Industrie (z. B. Textil- oder Chemische Industrie), die für die Verwertung der Innovation von Bedeutung ist, liefert Antworten auf die folgenden Fragen: (4) Welche Konkurrenzsituation besteht, z. B. Oligopol? (5) Wie werden Quantität und Qualität der Lieferanten eingeschätzt? (6) Mit welchem Kundenbestand ist zu rechnen (Konsumenten, Händler, Berater etc.)? (7) Gibt es Neueinsteiger in dasselbe oder ein ähnliches Geschäft? (8) Welche Substitute existieren, mit welchen Ersatzprodukten werden die gleichen Bedürfnisse befriedigt? Aus den Antworten auf die Fragen (5) bis (8) kann in erster Näherung das Gewinnpotential der Innovation abgelesen werden. Auf der Mikroebene ist der erwartbare Gewinn zu ermitteln. Folgende Fragen sind zu beantworten: (9) Welcher Preis soll erzielt werden (kann er durch Innovation positiv beeinflusst werden)? (10) Welche Kosten müssen aufgewendet werden? Bei der Gewinnermittlung steht die Innovation nicht nur am Anfang der Wertschöpfungskette . So kann beispielsweise am gleichen Produkt durch Innovationen in der Fertigung oder im Vertrieb eine Kostensenkung und damit eine Erhöhung des Gewinns erzielt werden (siehe Abb. 6.2). Alle bisher beantworteten Fragen geben Aufschluss über die Chancen der Gründungsidee. Aber Gewissheit entsteht erst, wenn das Gründungsteam transparent wird. Dazu sind vor allem die folgenden zwei Fragen zu beantworten: (11) Wie ist das Team zusammengesetzt, wie viel und welche Personen gehören mit welcher Qualifikation dazu? (12) Über welche Fähigkeiten und welche Ausrüstungen, Mittel, Materialien etc. verfügt das Team? Die Gründungsidee ist erst dann reif, wenn alle 12 Fragen im Gründungs-TÜV beantwortet sind. Damit liegt ein gründlich durchdachtes Werkzeug vor, um <?page no="240"?> 240 Gründen einer Existenz (Start-up) Investoren zu gewinnen und gemeinsam mit den Beratern der Transferstelle das Gründungskonzept, den Gründungsgeschäftsplan zu erstellen. Bei Gründungen aus dem Studium heraus entsteht mitunter das Problem, dass der Gründungswillige für seine Gründungsidee schon einen Investor gewonnen hat und jetzt starten möchte, aber die Diplom- oder Masterarbeit steht noch aus. Was ist die Folge? Soll die Gründung vollzogen und die Exmatrikulation wegen verspäteter Abgabe der Graduierungsarbeit in Kauf genommen werden? Oder soll auf die Gründung und damit auch auf den Investor verzichtet und die Arbeit pünktlich abgeliefert werden? Die Transferstelle findet sicher mit einer gründungsfreundlichen Universitätsverwaltung eine Regelung, um beiden Anliegen gerecht zu werden (W ALTER , A. S., 2018, S. 957). 6.5 Geschäftskonzept Das Geschäftskonzept soll eine gründliche Planung des Gründungsprozesses und der zukünftigen Abläufe ermöglichen und ist im Businessplan festzuhalten. Das Dokument enthält (in Anlehnung an P LUM , B. et al., 2016, S. 66) in der Regel: • Die Geschäftsidee (zusammenfassende Darstellung von Kapitel 6.4). • Beschreibung der Geschäftstätigkeit (Dienstleistungsbzw. Produktkonzept). • Die Marktanalyse (Kundenprofile, Konkurrenzanalyse, Standortanalyse, Gesamtanalyse des Marktes). • Das Zukunftskonzept (Vision, endgültiges Produkt- und Servicekonzept, endgültige Zielgruppendefinition, Strategie, Erfolgsfaktoren, Management, Organisation, Standort). • Das Konzept zu Recht, Steuern und Versicherungen (Rechtsform, Steuerplanung, erforderliche Versicherungen). • Den Finanzplan (Investitionen, Aufwendungen, Umsatzplan, Finanzierungsplan, Liquiditätsrechnung). • Das Marketingkonzept (zielgruppenbezogene Marketingkonzepte mit der Definition der Produkt-, Service-, Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik). • Die Gründerperson(en) und das Personal. • Das Geschäftsprofil (das Unternehmenskonzept) wird auf einer Seite zusammenfassend mit dem Firmennamen und -sitz dargestellt. • Anlagen (Projektplan mit Meilensteinen, Gesellschafterertrag, technische Gutachten, Patente etc.). <?page no="241"?> Gründen einer Existenz (Start-up) 241 Damit liegt ein ausgereifter Plan vor, mit dem der Gründer auf den Markt gehen kann. 6.6 Gründungsteam Die Formierung des Gründungsteams vollzieht sich über die gesamte Entwicklungsphase. Der Rat eines erfahrenen Start-up-Gründers lautet: Ich setze mein Team nicht aus Freunden zusammen, sondern suche mir die Besten, die ich gewinnen kann. Sein Ziel ist dabei, das Gründungsteam durchweg mit überdurchschnittlichen Leistungsträgern zu besetzen. Wenn der Ideengeber selbst ein sehr guter Programmentwickler ist, sollte er die Leistungsfähigkeit des Teams beispielsweise durch exzellente Planer und Verkäufer ergänzen. Wer ist für welche Aufgabe besonders geeignet, welche Rolle spielt der Ideengeber? Ist ein anderer, mit unternehmerischer visionärer Persönlichkeit, für die Leitung des Teams vielleicht effektiver? Persönliche Befindlichkeiten und Eitelkeiten sind hinderlich. Typische Rollen im Start-up-Team sind • Der Entwickler - entwickelt die Technologie zur Umsetzung der Idee mit besonderen Fähigkeiten zum Problemlösen u.a. im IT-Bereich. • Der Designer - treibt alle Prozesse im Unternehmen an, ist Kreativgeist, hat Visionen zur Marktentwicklung. • Der Marketer - verkauft das Ergebnis, spricht die Zielgruppen an, sichert Kundenzufriedenheit, verbreitet positive Stimmung nach innen und außen. • Der Kaufmann - sichert die Wirtschaftlichkeit, lotet Chancen und Risiken am Markt aus und ist für den Kapitalgeber Garantie für die effiziente Verwendung seiner Einlage. Außerdem ist er unverzichtbar bei Bewerbungen und Antragstellungen. Unternehmensgründer finden ihre Partner häufig in gemeinsamen Aktionen, beispielsweise in Nebenjobs, Projekten, Workshops und den zahlreichen Startup-Veranstaltungen der Transferstellen. Für besondere Aufgaben im Start-up- Team sind Ausschreibungen üblich - sowohl national als auch zunehmend international. In der Regel bestehen die Teams aus 2 bis 6 Personen, ergänzt durch studentische Hilfskräfte und Praktikanten. Eine wesentliche Bedingung für die Arbeit im Team ist, dass sich alle voll mit der Unternehmensidee identifizieren. Die Partner sind nicht Mitarbeiter, sondern Mitunternehmer. Jeder muss seine Rolle kennen und aktiv vertreten. In einer offenen Gesprächskultur werden Unstimmigkeiten offen thematisiert. <?page no="242"?> 242 Gründen einer Existenz (Start-up) In dieser Gemeinschaft wird das Konzept für die Gründung des Unternehmens erarbeitet. Für die zahlreichen Abläufe bei der Entwicklung von der Geschäftsidee zur Gründungsidee und dem Geschäftskonzept wird auf die Vorschläge für moderierte Gruppendiskussion (siehe Abschnitte 5.3.3 und 5.3.4) und Ergebnispräsentation (siehe Abschnitt 5.6.2) verwiesen. 6.7 LEAN Start-up Auf interessante Weise charakterisiert R IES ein von ihm beschriebenes LEAN- Start-up im tiefsten Sinne als einen Katalysator, der Ideen in Produkte umwandelt (R IES , E., 2019, S. 73). Die Kunden, die diese Produkte kaufen und anwenden bzw. verbrauchen, geben Rückmeldungen und liefern Daten. Diese Rückmeldungen beziehen sich auf qualitative Aspekte (gefällt, erfreut etc.) und quantitative Aspekte (Verbrauchs- und Verkaufszahlen). Diese Funktion, etwas zu versuchen, zu erproben und immer erneut zu gestalten, stellt R IES in seinem Modell BAUEN - MESSEN - LERNEN dar (siehe Abb. 6.3). Abb. 6.3: Modell BAUEN - MESSEN - LERNEN (in Anlehnung an R IES , E., 2019) <?page no="243"?> Gründen einer Existenz (Start-up) 243 Das Modell verdeutlicht einen neuen Trend in der Entwicklung von Start-ups: Ihre Produkte oder Dienstleistungen sind im Grunde Experimente. Aus ihren Ergebnissen, die exakt zu messen und auszuwerten sind, ist zu lernen, wie man längerfristige Geschäftsmodelle aufbaut - wohlgemerkt als Ergebnis des Experiments. Der Ausgangspunkt des Produktentwicklungsprozesses ist die entwickelte Geschäftsidee. Aus ihr entsteht als erste Produkt- oder Dienstleistungsversion die kleinstmögliche Umsetzung. Beispiel: Für ein Geschäft mit Geschenkartikeln beginnt der Gründer mit dem Angebot für Kerzen. Mittels definierter Kennziffern wird nun die Wirkung der ersten Version beim Kunden, Gutachter oder Experten gemessen. Aus den gewonnenen Daten folgen Rückschlüsse auf die Akzeptanz des Produkts bzw. der Leistung. Beispiel: Der Geschäftsidee „Farbbrillanz und Haltbarkeit“ / Edding/ folgte dem ersten Produkt „Filzstifte“ im Ergebnis von Learning-by- Doing das nächste Produkt „Nagellack“. Dieser Produktentwicklungsprozess wiederholt sich ständig, um die Dienstleistungen bzw. die Produkte nahe am Kundenbedürfnis zu entwickeln (B ARBARSKI , K., 2017). Das vorgenannte Beispiel lässt erkennen, dass die innovativen Impulse für die Entwicklung vor allem aus den Schritten auf der linken Seite des Modells in Abb. 6.3 entstehen. So wird beim Auswerten der Daten zunächst die Frage beantwortet: „Habe ich alles richtig gemacht? “ Das entsprechende Qualitätsfeedback enthält 3 Fragen: Ist das Produkt gekauft worden? Warum wurde es gekauft? Wie muss das Produkt entwickelt werden, damit es weiter und/ oder effizient verkauft wird? Nach der Beantwortung dieser 3 Fragen beginnt das echte, das originäre menschliche Lernen. Dieses leitet die weitere Entwicklung, die Erneuerung bzw. Erweiterung mit der Frage ein: „Mache ich das Richtige? “ Die Antwort entsteht mit Vorstellungskraft durch kreatives Verbinden vorhandener Informationen. Neue Ideen entstehen, manifestieren sich in neuen Produkten und der Prüfung, ob die bisherigen Messkriterien noch ausreichen. Der Außenstehende wundert sich, dass in Businessplänen von Start-ups beispielsweise nach 4 Jahren Geschäftstätigkeit (oder Experimentierzeit) der Exit geplant ist. Aber genau das entspricht dem Trend. Kapitaleffiziente Unternehmen bauen auf erfolgreiche Start-ups, weil diese früh erkennen, wann ein Kurswechsel angeraten ist und so weniger Mittel und Zeit verschwendet werden (R IES , E., 2019, S. 74). <?page no="244"?> 244 Gründen einer Existenz (Start-up) 6.8 Quintessenz Folgt man den Berichten von Start-up-Gründern und Mitarbeitern von Transferstellen, so lässt sich festhalten: 1. Gründer sind nicht das „Produkt“ einer konzertierten Aktion der Universität oder Hochschule. Studenten entdecken ihr Gründer-Gen im eigenen Erleben, in der gestaltenden Aktion, in der Mitwirkung an herausfordernden Projekten und sicher auch in inspirierenden Lehrveranstaltungen und Gründerforen. In der weitestgehend selbstgesteuerten Wegführung entsteht ihre unternehmerische Intension, entdecken sie ihre besonderen Fähigkeiten (und sicher auch Grenzen) und setzen sie zielorientiert ein. 2. Die Universitäten und Hochschulen schaffen dafür ein Umfeld, das offen und fördernd für unternehmerisches Denken und Handeln ist. Dafür bieten sie Lehrveranstaltungen zum Erwerb von betriebswirtschaftlichen Grundlagen und Rechtskenntnissen, vermitteln in Veranstaltungen Erfahrungen junger und erfahrener Gründer, bieten Praktika, Nebenjobs, studentische Mitarbeit in Forschungs- und Entwicklungsprojekten an. 3. In diesem aktionsreichen Feld können die künftigen Gründer ihre Ideen entwickeln und prüfen. Sie entdecken ihre Stärken, aber auch die Mittelmäßigkeit bestimmter eigener Fähigkeiten und stellen dabei fest, was zu ergänzen ist und in welcher Partnerschaft sie die Geschäftsidee optimal umsetzen können. 4. Spätestens beim Stand dieser Erkenntnis, besser noch früher, springen die Transferstellen innerhalb der Universitäten und Hochschulen oder in ihrer unmittelbaren Nähe ein. Sie sind mit ihren Erfahrungen ein kritischer Prüfstein für die Geschäftsidee, später ein unverzichtbarer Partner bei der Prüfung der Geschäftsidee (Gründungs-TÜV) und ihrer Überführung in den Businessplan. 5. Eine gründerfreundliche Universitätsbzw. Hochschulverwaltung schafft gemeinsam mit der Transferstelle Regelungen, so dass der gründungswillige Student sein Start-up rechtzeitig installieren und zugleich sein Studium ordnungsgemäß mit der Graduierungsarbeit beenden kann. 6. Der Schlusssatz eines erfolgreichen Gründers lautet: Die Gründung eines Start-ups ist kein Volkssport, sondern Leistungssport, mit Siegen und Niederlagen! <?page no="245"?> 245 Quellen und weiterführende Literatur B ARBARSKI , K AMIL : 2017. Lean Startup Methode: So entwickelt ihr schlank und schnell Geschäftsmodelle. https: / / www.gruenderkueche.de/ fachartikel/ leanstartup-so-entwickelt-ihr schlan-und-schnell-geschaefts... 24.07.2019. B ESSAN , H UBERTUS ; K RAIS , P HILLIP ; W ITTSTOCK , M AX : 2017. Machen. Das Startup-Buch des mymnesli-Gründers. Hamburg: edel. D EUTSCHER H OCHSCHULVERBAND : 2018. Start-Up Kolumne. In: Forschung & Lehre, 11/ 2018, S. 940-965. D IEL , A NDREAS : 2019. Produkte und Geschäftsmodelle mit System entwickeln. https: / / digitaleneuordnung.de/ blog/ lean-start-methode/ . 24.07.2019. G SCHWANDTNER , F LORIAN : 2018. Mein Leben, meine Erfolgsgeheimnisse. Salzburg, München: Econin. G UILLEEAU , C HRIS : 2015. Start-up! Wie Sie mit weniger als 100 Euro ein Unternehmen auf die Beine stellen und Ihr eigener Chef werden. 4. Auflage. Kulmbach: Bossen. HAWtech: 2019. Startup-Lab. HochschulAllianz für Angewandte Wissenschaften. Hochschulen aus Berlin, Darmstadt, Dresden, Esslingen, Karlsruhe und Aachen. www.hawtech.de/ startuplab. 25.07.2019. K ALKA , J OCHEN : 2019. Die Startup-Lüge. Wie die Existenzgründungseuphorie missbraucht wird - und wer davon profitiert. Berlin: Ullstein. L EWIS , G ERARD : 2019. Ein TÜV für die Startup-Gründungsidee. Gesprächsprotokoll. Gespräch mit Prof. Dr. G. Lewis, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, 14.02.2019. M AURYA , A SH : 2019. Scaling Lean. Wie Startups wachsen. München: Franz Vahlen. N AUMANN , T ILL : 2018. Das Unternehmertum kommt an der Universität zu kurz. Interview in der Rubrik START-UPS. In: Deutscher Hochschulverband, Forschung&Lehre, 11/ 2018, S. 947-948. O SSOLA , H ARING , C LAUDIA ; D ÜRR , A LEXANDER : 2016. Erfolgreich gründen. Start-Up im Studium. Tübingen: UVK. P LÖTZ , F ELIX : 2017. Das 4-Stunden-Startup. Wie Sie Ihre Träume verwirklichen ohne zu kündigen. 6. Auflage. Berlin: Econ. Gründen einer Existenz (Start-up) <?page no="246"?> 246 P LUM , B ERNHARD , G EHRER , M ICHAEL , S CHMIDT , J ÜRGEN : 2016. Existenzgründung für Hochschulabsolventen. Geschäftsidee, Business Plan, Fördermittel, Kundenakquise, Crowdfunding. Freiburg, München, Stuttgart: Haufe. R ENK , E RIK : 2018. Das Feierabend Startup. Risikolos gründen neben dem Job. 2. Auflage. München: Redline. R IES , E RIC : 2019. LEAN Startup. Schnell, risikolos und erfolgreich Unternehmen gründen. 6. Auflage. München: Redline. S CHULTE , R EINHARD : 2018. Ideennester. Start-ups und ihre Bedingungen. Interview. In: Deutscher Hochschulverband, Forschung&Lehre, 11/ 2018, S. 942-943. T HÖNNESSEN , F ELIX : 2018. Arbeitsbuch Start-Up. Das 7-Stufen-Programm. München: Redline. W ALTER , A MELIA S IGLINDE : 2018. Hausaufgaben der Hochschule. Gründungsförderung in der Wissenschaft. In: Forschung&Lehre, 11/ 2018, S. 956. Gründen einer Existenz (Start-up) <?page no="247"?> Eine Schlussbemerkung 247 Eine Schlussbemerkung Innovation entsteht zu 10 % aus Kreativität in der Erkenntnisgewinnung und zu 90 % aus Ausdauer in der Umsetzung. Diese auf T HOMAS A LVA E DISON zurückgehende Einschätzung klingt provokativ. Vielleicht sind die Proportionen für den konkreten Fall veränderbar, aber in den meisten Einschätzungen dominiert sehr deutlich der Anteil für die Umsetzung. Beim Suchen nach den Ursachen fällt auf: Die Umsetzung erscheint deshalb aufwendiger, weil sie zunächst unterschätzt, nicht energisch genug betrieben oder häufig unprofessionell durchgeführt wird. Mitunter steht hinter der Zurückhaltung das Gefühl, möglicherweise zu scheitern. Während die kreative Arbeit in klaren Strukturen abläuft, dominiert in der Umsetzung das Prinzip „Versuch und Irrtum“. Der kreative Prozess liegt in der Regel in der Hand des Verfassers. In der Umsetzung stellt er sich einem Team, hat dieses für seine Idee zu gewinnen und muss sich dabei mit Meinungen und Widerständen auseinandersetzen. Die erfolgreich verteidigte Bachelor-, Master-, Diplom- oder Doktorarbeit führt zur Graduierung. Der Verfasser hat einen Baustein für seine Karriereentwicklung geschaffen. Er besitzt jetzt etwas Wertvolles, das es zu verwerten gilt, damit die Entwicklung fortgesetzt wird. Dazu darf er nicht auf Aufforderungen oder Angebote Dritter warten, sondern muss selbst aktiv werden. Der innere Drang, die unverzichtbare intrinsische Motivation, etwas Selbstgedachtes anderen mitzuteilen oder gar in Produkten und Dienstleistungen zu manifestieren, ist dafür eine entscheidende Voraussetzung. Dabei treiben ihn nicht vordergründig monetäre Anreize an, sondern die Anerkennung seiner Kreation. Mit dieser Kraft überwindet der Verfasser Hindernisse auf dem Weg zur Innovation, wie beispielsweise hohe Ablehnungsquoten bei Redaktionen oder Tagungsveranstaltern, mangelndes Interesse und Eigensüchteleien oder die Skepsis übergeordneter Kollegen und ihre Angst vor Veränderungen. Diese engagierte, durchsetzungsstarke Haltung verbindet er mit der Kenntnis erfolgversprechender Verwertungskanäle und deren methodischer Erschließung. So vermeidet er Umwege, verkürzt zumindest ihre Anzahl und erhöht die Effektivität der Veröffentlichung und Umsetzung. Denn erfolgreiches Verwerten schafft auch Glücksmomente, die gern wiederholt erlebt werden. Der geneigte Leser möge das entsprechende Angebot in diesem Buch in einem weiten Sinne als ausgerollten roten Teppich betrachten, auf dem der Verfasser allerdings nun selbst gehen muss. Wer diese Herausforderung annimmt, gestaltet die Zukunft - seine eigene und unsere gemeinsame! <?page no="248"?> 248 Abbildungsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1: Etappen zum Gewinnen der Erkenntnisse .................................................................................. 16 Abb. 1.2: Kanäle für das Verwerten wissenschaftlicher Ergebnisse .............................................. 18 Abb. 2.1: Textformate im wissenschaftlichen Publizieren (Überblick) ....................................... 22 Abb. 2.2: Übersicht zum Textformat Wissenschaft .................................................................................... 23 Abb. 2.3: Übersicht zum Textformat Organisation ..................................................................................... 25 Abb. 2.4: Übersicht zum Textformat Verlag .................................................................................................... 26 Abb. 2.5: Online-Produkte in Entwicklungsetappen .................................................................................. 28 Abb. 2.6: Übersicht über Format Open Access .............................................................................................. 29 Abb. 2.7: Überblick über die Buchgruppen und -arten ............................................................................. 31 Abb. 2.8: Überblick über die Buchtypen ............................................................................................................. 36 Abb. 2.9: Textsorten fachwissenschaftlicher Artikel ................................................................................. 37 Abb. 2.10: Schrittfolge bei der Vorbereitung des Fachartikels ............................................................. 42 Abb. 2.11: Aussagequalitäten in der Ergebnisdarstellung ......................................................................... 45 Abb. 2.12: Checkliste - Vorbereitung des Fachartikels .............................................................................. 48 Abb. 2.13: Beispiele für Argumentationsfolgen I ............................................................................................ 54 Abb. 2.14: Waagemodell der Argumentation ..................................................................................................... 60 Abb. 2.15: Entwicklung eines Vorstellungsbildes für einen Ablauf ................................................. 61 Abb. 2.16: Beispiele für vereinfachte bildhafte Darstellungen .............................................................. 62 Abb. 2.17: Textformate der Referate (Auswahl) .............................................................................................. 65 Abb. 2.18: Beispiel für ein Thesenpapier als Diskussionsgrundlage ................................................ 70 Abb. 2.19: Muster für die Gestaltung eines Posters ....................................................................................... 72 Abb. 2.20: Strukturelemente einer Rezension .................................................................................................... 74 Abb. 2.21: Übersicht zu den Korrekturläufen ..................................................................................................... 85 Abb. 2.22: Erste Projektpräsentation für eine Buchveröffentlichung ............................................... 89 Abb. 2.23: Zweite Projektpräsentation für eine Buchveröffentlichung ........................................... 89 Abb. 3.1: Vortragsformen ............................................................................................................................................... 95 Abb. 3.2: Grundstruktur des Fachvortrags ......................................................................................................... 97 Abb. 3.3: Schrittfolge Redeaufbau ........................................................................................................................... 98 Abb. 3.4: Richtziele einer Rede .................................................................................................................................. 99 <?page no="249"?> Abbildungsverzeichnis 249 Abb. 3.5: Verstärker für die Überzeugungskraft der Argumentation ......................................... 101 Abb. 3.6: Gestaltungsempfehlungen für unterschiedliche Teilnehmertypen ........................ 103 Abb. 3.7: Aussagequalitäten im Vortrag .......................................................................................................... 107 Abb. 3.8: Beispiel für Bewertungskriterien .................................................................................................... 108 Abb. 3.9: Auswählen des Vortragsinhalts ....................................................................................................... 108 Abb. 3.10: Gewichten der ausgewählten Inhalte ........................................................................................... 109 Abb. 3.11: Beispiele für Reihenfolgen .................................................................................................................. 110 Abb. 3.12: Argumentationsfolge Allgemeines - Besonderes - Einzelnes ................................. 111 Abb. 3.13: Argumentationsfolge Kompromiss ............................................................................................... 111 Abb. 3.14: Argumentationsfolge Vergleich ...................................................................................................... 112 Abb. 3.15: Argumentationsfolge Lösungsvarianten ................................................................................... 112 Abb. 3.16: Schema „Informationsumsatz beim Menschen“ ................................................................. 113 Abb. 3.17: Diagramm „Behalten von Lernstoff“ .......................................................................................... 114 Abb. 3.18: Tabelle „Entwicklung Inklusionsschüler in den Klassen 5 bis 7 der Schule X“ ............................................................................................................................... 114 Abb. 3.19: Beispiel für überflüssiges Visualisieren .................................................................................... 115 Abb. 3.20: Beispiel für sinnvolles Visualisieren ........................................................................................... 115 Abb. 3.21: Argumentationskarte ................................................................................................................................ 118 Abb. 3.22: Bestandteile des Teilnehmermaterials ........................................................................................ 119 Abb. 3.23: Verlauf der psychologischen Leistungsbereitschaft über 24 Stunden ................ 121 Abb. 3.24: Checkliste - Vorbereitung der Rede ............................................................................................ 122 Abb. 3.25: Rhetorische Mittel ...................................................................................................................................... 125 Abb. 3.26: Checkliste - Redeverhalten ................................................................................................................ 126 Abb. 3.27: Vorbereitung auf Einwände ................................................................................................................ 130 Abb. 3.28: Aktivitäten in der Diskussion ............................................................................................................ 130 Abb. 3.29: Behandlung von Einwänden .............................................................................................................. 133 Abb. 3.30: Beispiele für Gegenfragen zum Einwand ................................................................................ 134 Abb. 3.31: Checkliste - Diskussionsaktivitäten ............................................................................................. 136 Abb. 3.32: Argumentationsfolge - ergebnisorientiert ............................................................................... 139 Abb. 3.33: Argumentationsfolge - dialektisch ............................................................................................... 139 Abb. 3.34: Argumentationsfolge - innovativ ................................................................................................... 140 <?page no="250"?> 250 Abbildungsverzeichnis Abb. 4.1: Organisationsformen der Lehre (Auswahl) ............................................................................ 146 Abb. 4.2: Grundstruktur Lehrvortrag .................................................................................................................. 147 Abb. 4.3: Grundstruktur Seminar ........................................................................................................................... 148 Abb. 4.4: Grundstruktur Übung ............................................................................................................................... 150 Abb. 4.5: Grundstruktur Unterweisung (REHA-Modell) .................................................................... 153 Abb. 4.6: Schritte der Leittextmethode .............................................................................................................. 153 Abb. 4.7: Schema für Leistungsbewertung ..................................................................................................... 155 Abb. 4.8: Charakterisierung der Prozessphasen in der Lehre ........................................................... 157 Abb. 4.9: Modell für die Tages- oder Themenplanung ......................................................................... 158 Abb. 4.10: Steuerungshilfen für die Lehre (Auswahl) .............................................................................. 161 Abb. 4.11: Didaktische Reduktion ........................................................................................................................... 163 Abb. 4.12: Module des OP-Saals .............................................................................................................................. 164 Abb. 4.13: Ausgewählte Module des OP-Saals .............................................................................................. 164 Abb. 4.14: Zweischaufelrührer als Exempel für die Klasse der Rührwerke ............................ 166 Abb. 4.15: GmbH als Exempel für Personengesellschaften ................................................................. 167 Abb. 4.16: Ablauf einer Fallanalyse ........................................................................................................................ 168 Abb. 4.17: Funktionsmodell - Entstehung des Gleichgewichtspreises (GWP) ..................... 169 Abb. 4.18: Funktionsmodell - Auswirkungen einer steigenden Nachfrage ............................. 169 Abb. 4.19: Funktionsmodell - Auswirkungen eines steigenden Angebots ............................... 170 Abb. 4.20: Systemmodell eines einfachen Wirtschaftskreislaufs ..................................................... 170 Abb. 4.21: Strukturmodell - Schritte zur Existenzgründung ............................................................... 171 Abb. 4.22: Grobmodell des Gedächtnisses ........................................................................................................ 173 Abb. 4.23: Vorstellungsbildung zum Begriff Bilanz .................................................................................. 174 Abb. 4.24: Didaktische Vereinfachung Messuhr ............................................................................................. 176 Abb. 4.25: Vereinfachung Ablauf 1. Schritt ..................................................................................................... 177 Abb. 4.26: Ablauf 2. bis 4. Schritt ............................................................................................................................ 177 Abb. 4.27: Ablauf 5. Schritt .......................................................................................................................................... 178 Abb. 4.28: Ablauf 6. Schritt .......................................................................................................................................... 178 Abb. 4.29: Analogie - elektrischer Stromkreis und Wasserkreislauf ............................................ 179 Abb. 4.30: Beispiele für Argumentationsfolgen II ....................................................................................... 182 <?page no="251"?> Abbildungsverzeichnis 251 Abb. 4.31: Beispiel - Ursache - Wirkung (Selektive Wahrnehmung) ......................................... 183 Abb. 4.32: Beispiel - Begriffsstrukturen ............................................................................................................. 184 Abb. 4.33: Mind Map zum Wissensbaustein „Brandschutzkonzepte für Verkehrsbauten“ .......................................................................................................................................... 185 Abb. 4.34: Phasenmodell der Fragebeantwortung ....................................................................................... 189 Abb. 4.35: Zielorientierte Dozentenimpulse ..................................................................................................... 190 Abb. 4.36: Beispiel - Kriterien für die Bewertung ...................................................................................... 193 Abb. 4.37: Leistungsbereitschaft über den Tagesverlauf ........................................................................ 194 Abb. 4.38: Orientierungshilfe Regelwerke und Vorschriften .............................................................. 199 Abb. 4.39: Checkliste - Steuerungshilfen in der Lehre ............................................................................ 202 Abb. 5.1: Innovationsprozess bis zum Einleiten der Umsetzung ................................................... 207 Abb. 5.2: Finden der Umsetzungsidee ............................................................................................................... 209 Abb. 5.3: Nutzwertanalyse ......................................................................................................................................... 210 Abb. 5.4: Bestimmen der Umsetzungsidee ..................................................................................................... 211 Abb. 5.5: Rolle in der Organisation ...................................................................................................................... 217 Abb. 5.6: Checkliste - Ansprechpartner in der Organisation ........................................................... 218 Abb. 5.7: Moderationsfahrplan ................................................................................................................................ 222 Abb. 5.8: Konsens feststellen .................................................................................................................................... 223 Abb. 5.9: Strukturbild: Beispiel - Wachstumsressourcen für ein Unternehmen ............... 224 Abb. 5.10: Checkliste - Ablauf der Gruppendiskussion ......................................................................... 225 Abb. 5.11: Checkliste - Ablauf der Präsentation .......................................................................................... 228 Abb. 6.1: Etappen auf dem Weg zum Geschäftsbetrieb eines Start-ups .................................. 234 Abb. 6.2: Gründungs-TÜV ......................................................................................................................................... 238 Abb. 6.3: Modell BAUEN - MESSEN - LERNEN ................................................................................ 242 <?page no="252"?> 252 Sachwortverzeichnis Sachwortverzeichnis A bbildung ................................................. 45, 51, 71 Ablehnung ................................................................. 141 Abwechslung .......................................................... 192 additional-review-Verfahren ........................ 83 Agilität .......................................................................... 212 aktiv zuhören ........................................................... 133 Aktivierungsvorschlag .................................... 191 Aktivität ....................................................................... 143 Analogie ......................................................... 179, 181 Anekdote ..................................................................... 120 Anleitung ....................................................................... 24 Anschaulichkeit .................................................... 123 Ansprechpartner ............. 212, 213, 215, 216 antworten .................................................................... 134 Arbeitsanweisung ................................................... 25 Arbeitsgedächtnis ................................................ 181 Argument ................................................................... 109 Argumentation ............................................. 51, 101 Argumentationsfolge ................ 54, 110, 111, 112, 138, 182 Argumentationskarte ........................................ 117 Argumentationskette ........................................... 57 Argumentationslinie ............................... 57, 225 Aufwand ...................................................................... 227 Ausführungsphase ................................. 156, 157 auslassen ..................................................................... 162 Auslassung ................................. 58, 59, 165, 171 Aussage Methoden- ................................................ 45, 106 Norm- .............................................. 45, 106, 107 Sach- ............................................................. 45, 106 von besonderer Bedeutung ................. 217 Wert- ................................................ 45, 106, 107 Aussagequalität ..................................................... 109 Ausstattung ............................................................... 222 Auswahl .......................................................................... 58 author-pays-Modell .............................................. 80 Autor ........................................................................ 42, 49 Autorenrichtlinie ..................................................... 87 Autorenschaft ............................................................ 46 B eeinflusser ................................................ 217, 218 Befragung ..................................................................... 51 Begriffe ordnen ..................................................... 183 Begriffsstruktur ..................................................... 184 Beispiel ........................................................................ 123 Bereitstellen ................................................................ 17 Bericht ............................................................................. 39 Betreuer ................................................................. 47, 73 Betroffenheit persönliche ........................................................ 220 Bewertung ..................................................... 221, 225 Bewertungskriterium ....................................... 209 Bibliografie ................................................................. 34 Bildgestaltung ............................... 174, 181, 200 Blickkontakt ............................................................ 127 Botschaft ............................................................... 40, 44 ................................................................... 28, 29 Buch, lebendes ......................................................... 28 Buchgruppen .............................................................. 30 Buchtyp .......................................................................... 35 Businessplan ................................... 240, 243, 244 C hange-Management ..................................... 229 D anksagung ............................................................... 52 Darstellung informierende .................................................... 65 meinungsäußernde ........................................ 65 Darstellungsform ................................................. 113 Denkpause ................................................................. 133 Diagramm .................................................................. 114 Dialekt .......................................................................... 126 didaktische Reduktion ............................ 58, 163 didaktische Vereinfachung ............................ 60 Dienstleistung ......................................................... 236 Diskussion ........................................... 51, 131, 224 abschließen ....................................................... 134 eröffnen ................................................................ 134 Diskussionsteilnehmer .................................... 220 Disputation ................................................... 226, 230 Dokumentation .......................................... 220, 221 Dozentenfrage ............................................ 187, 188 Dozentenimpulse ................................................. 190 Dreisatz ........................................................................ 138 Dritte Mission ........................................................... 19 Druckkostenzuschuss ......................................... 86 <?page no="253"?> 253 E ditional-Review-Verfahren ....................... 85 Editorial Review ..................................................... 79 Einführung ................................................................ 129 Einleitung ...................................................................... 50 Einstellung ................................................................ 101 Einstieg .................................. 120, 130, 191, 226 Einwand .............................................. 130, 132, 227 Empathie ..................................................................... 213 Entrepreneur-Gen ................................................ 235 Entscheider ........................ 215, 217, 218, 221, 225, 226 Entscheiderkreis ................................................... 227 Entscheidung .............................................. 193, 207 Entwicklungsschritte ........................................ 207 Ergebnis ........................................... 46, 51, 68, 212 Ergebnisdarstellung .............................................. 45 exemplarisch vorgehen ................................... 162 EXIST-Programm .............................................. 233 Experiment ................................................................ 243 F achartikel ................................................................... 38 Fachbuch ........................................... 26, 32, 46, 83 Fachkompetenter .................................... 216, 218 Fachwort ..................................................................... 116 Fallanalyse ................................................................ 167 falsifizieren .................................................................. 44 Feedback ........................................................ 213, 225 konstruktives .................................................... 196 Minuten- .............................................................. 198 prozessbegleitendes .................................. 197 Feldforschung ............................................................ 50 Finanzierungsmodelle ........................................ 80 Fokussierung ........................................................... 213 Förderprogramm .................................................. 233 Förderung ...................................................................... 86 Formulierung empfängerorientiert .................................. 116 Forschungsdesiderata .......................................... 52 Forschungsfrage .......................... 44, 46, 51, 67 Forschungsperspektive ...................................... 51 Forschungsstand ...................................................... 50 Frage Ablauf- ................................................................... 188 divergente Denk- ......................................... 187 Dozenten- ........................................................... 188 Gefühls- ........................................................... 188 geschlossene ................................................ 197 hypothetische ............................................... 197 offene ..................................................... 131, 197 rhetorische .................................................... 188 Unterscheidungs- ..................................... 197 Frage- und Diskussionsrunde .................. 227 Fragenbeantwortung ...................................... 189 Fragestellung ......................................................... 68 Fremdwort .................................................... 55, 116 Fünfsatz .................................................................. 110 G edankenkarte ................................................. 184 Gegenfrage ........................................................... 134 Gegensatz .............................................................. 124 Geschäftsbetrieb ............................................... 233 Geschäftsidee .............................. 242, 243, 244 Geschäftskonzept .................................. 235, 242 gesellschaftliche Relevanz ............. 208, 210 gewichten ....................................... 109, 165, 209 Gliederung ............................................................... 44 Glossar .................................................................... 119 Graduierungsarbeit .................. 230, 233, 244 graue Literatur .............................................. 31, 35 Gründer ................................ 233, 235, 241, 244 Gründerforum .................................................... 244 Gründer-Gen ....................................................... 244 Gründerservice .................................................. 233 Gründertraining ................................................ 235 Gründungsgeschäftsplan ............................ 240 Gründungsidee ....................................... 233, 242 Gründungsteam ...................................... 235, 239 Gründungs-TÜV ................................... 237, 244 Gruppendiskussion fokussierte ...................................................... 219 Gültigkeitsumfang ............................................. 52 Gutachter .................................................................. 83 H andbuchbeitrag ............................................... 32 Hände ....................................................................... 127 Handout .................................................................. 216 Hauptgedanke .................................................... 141 Hauptteil ..................................................... 106, 226 Hypothese ...................................... 45, 46, 50, 51 I deenbewertung ................................................ 209 Ideenproduktion ............................................... 223 Sachwortverzeichnis <?page no="254"?> 254 ieren-Verben ........................................................... 64 Impact-Faktor ...................................... 37, 39, 87 Implikation ............................................................... 68 Industrie ...................................................... 237, 239 Informationsfolge ............................................. 180 fassliche .......................................................... 181 informieren .............................................................. 99 Inhalt ......................................................................... 109 Inhalte Kann- .................................................... 109, 165 Muss- ..................................................... 109, 165 Soll- ........................................................ 109, 165 Inhaltsauswahl .................................................... 108 Innovationsgrad ................................................. 210 institutional-pays-Modell ............................... 80 Interesse ...................................................... 100, 220 J .................................................................. 28, 29 K apitalgesellschaft ......................................... 233 Kategorie ................................................................ 183 Kernbotschaft ......................................................... 40 Kernteam ................................................................ 217 Klappentext .................................................... 32, 83 Kleidung ................................................................. 128 Kommentar .............................................................. 38 Komplexität ................................................. 58, 162 Kompliziertheit ......................................... 59, 162 Konferenzband ...................................................... 24 konkretisieren ..................................................... 162 Konsens ................................................................... 223 Konsensfindung ................................................ 220 konstruktive Fokussierung ......................... 163 Kontrollphase .............................. 156, 157, 158 Konzentration ..................................................... 195 Kooperation .......................................................... 216 Körperbewegung .............................................. 128 Körperhaltung ..................................................... 128 Körpersprache ........................................ 121, 125 Korrektorat ............................................................... 84 Korrekturlauf .......................................................... 84 Kurzzeitspeicher ................................... 184, 194 L ampenfieber ..................................................... 128 Langzeitgedächtnis begriffliches ................................................. 172 bildhaftes, episodisches ...................... 172 Lautstärke .............................................................. 125 Learning-by-Doing ......................................... 243 Lebende Bücher ................................................... 28 lebendiges Sprechen ...................................... 123 Lectoral-Review .................................................. 85 Lehrbrief ................................................................... 33 Lehrbuch ................................................................... 33 Lehrbuchabschnitt .............................................. 33 Lehrinhalt .............................................................. 162 Lehrstoff ................................................................ 162 Lehrvortrag .......................................................... 144 Leitfaden ................................................................... 25 Leitlinie ..................................................................... 39 Lektorat ..................................................................... 84 Lernaktivität ........................................................ 143 Lernstil analytischer .................................................. 160 autoritativer ................................................. 160 kommunikativer ......................................... 160 konkreter ......................................................... 160 Leser .................................................................... 43, 44 Leserschaft .............................................................. 47 letter ..................................................................... 38, 47 Lexika ......................................................................... 34 Literatur ............................................................. 46, 52 logische Abfolge ................................................. 53 M akroebene ....................................................... 238 Markt ........................................................................ 237 Makro- .............................................................. 238 Mikro- ............................................................... 239 Maßgabe ..................................................... 228, 229 Materialforschung .............................................. 50 Merkmalsreduzierung ...................................... 61 Messkriterium .................................................... 214 Metaanalyse ............................................................ 38 methodisches Vorgehen ................................. 51 Mikroebene .......................................................... 239 Mind Map ...................................... 184, 185, 199 Modell .......................................................... 162, 168 Bauen, Messen, Lernen ....................... 242 Funktions- ...................................................... 169 Struktur- .......................................................... 170 System- ............................................................. 170 Modellbildung ............................ 168, 172, 227 Sachwortverzeichnis <?page no="255"?> 255 Moderationsfahrplan ........................................ 221 Moderationsmethode ........................................ 220 Moderator Rolle ........................................................................ 220 Verhalten ............................................... 220, 222 Mut .................................................................................. 212 n achfragen ................................................... 133, 223 Nachkontakte .......................................................... 137 Newsletter ..................................................................... 25 Nutzen ............................... 57, 58, 212, 226, 227 Nutzenargument ................................................... 227 Nutzer ............................................................... 217, 218 Nutzwertanalyse ................................................... 209 O ffenheit .......................................... 143, 144, 145 Online-First-Zeitschrift ..................................... 28 Online-Only-Zeitschrift .................................... 28 Online-Produkt ......................................................... 27 Open-Access-Journal .......................................... 30 Open-Access-Monografie ...................... 30, 79 Open-Stop-Agency ............................................ 235 operationalisieren ................................................ 162 Opponierung ............................................................ 124 Organisation ...................... 206, 210, 211, 215, 217, 226 Orientierungsphase ............................... 156, 157 Orientierungswissen ......................................... 144 P aper Abstract .......................................................... 49 Parallel-Modell ......................................................... 81 Patent .................................................................... 47, 237 Pause ................................................................. 121, 127 Peer-Review-Verfahren ................ 27, 38, 47, 79, 80, 83, 85 Personengesellschaft ........................................ 233 Planung ........................................................................ 221 Posterdiskussion ...................................................... 71 Postprints .............................................................. 29, 79 PowerPoint-Präsentation ...... 117, 121, 174 Präsentation ................................................. 213, 225 Preprints ................................................................ 29, 79 Pretest ............................................................................... 44 Produktidee ............................................................... 236 Projektpräsentation erste ............................................................................ 88 zweite ......................................................................... 88 Projektskizze .............................................................. 25 Prozess innovativer ........................................... 206, 214 kreativer .............................................................. 206 Prüfungsordnung .................................................... 41 Pseudo-Publikationen ......................................... 31 Publikationskosten ................................................ 86 Publikationsreport ................................................. 24 Publikumstyp .......................................................... 103 R edehilfe ....................................................... 117, 121 Redeschluss .............................................................. 104 Redezeit ....................................................................... 121 Reihen ........................................................................... 109 Reihenfolge psychologische ................................. 109, 226 sachlogische .................................................... 109 Resultat ........................................................................... 43 Rhetorische Mittel .............................................. 125 Rhythmus biologischer ..................................................... 194 Rollen ............................................................................ 241 Designer .............................................................. 241 Entwickler .......................................................... 241 Kaufmann ........................................................... 241 Marketer .............................................................. 241 Rückmeldung ......................................................... 137 S achaussage ............................................................... 45 Sachbuch ..................................................... 26, 32, 83 Sammelband ............................................................... 34 Satzgestaltung .................................. 64, 116, 200 Satzstil .......................................................................... 116 Schaubild-Notizblatt ........................................ 118 Schema ......................................................................... 113 Schluss ......................................................................... 227 Schlussbemerkung ............................................. 141 Schlüsselwort ............................................................ 50 Schlussfolgerung .................................................... 51 Selbstreflexion ....................................................... 137 self-archiving ............................................................. 79 self-publishing .......................................................... 79 Seminar ........................................................................ 194 Short Notes ................................................ 38, 47, 72 Situation ...................................................................... 100 Spannung ................................................................... 191 Sachwortverzeichnis <?page no="256"?> 256 Spannung aufbauen ........................................... 123 Speicher externer ................................................................ 198 Wissens- ............................................................... 198 Sprachgestaltung .................................................. 228 Sprechpause ............................................................. 194 Sprechtechnik ............................................ 121, 125 Sprechtempo ............................................................ 125 Sprichwort ................................................................. 124 Stage-Gate-Modell ............................................. 206 Stakeholder ............................................................... 229 Stakeholder-Öffentlichkeit ............................. 19 Stand der Forschung ............................................ 67 Start-up ............................................................ 230, 233 Stichwortzettel ....................................................... 117 Stimmlage .................................................................. 126 Stoffreduktion ........................................................ 162 Stoff-Zeit-Problem ............................................. 183 Störung ......................................................................... 129 Strukturbild (Mind Map) .............................. 224 Strukturierung ........................................................ 221 Studientext ................................................................... 33 T abelle ............................................................... 51, 114 Tagung ............................................................................. 73 Tagungsband ..................................................... 34, 71 Tagungsbeitrag ................................................ 34, 75 Teamwork .................................................................. 213 Teilnehmer ....................................... 100, 131, 162 Teilnehmeraktivität ............................................ 144 Teilnehmermaterial ............................... 118, 123 Teilnehmerskript ..................................................... 24 Textformat .................................................................... 21 Textgestaltung ..................................... 55, 57, 199 Textverständlichkeit .......................................... 200 Themenplanung .................................................... 157 These ........................................................................ 46, 51 Titel .................................................................................... 49 Transferstelle ......... 235, 237, 240, 241, 244 Ü bersichtsartikel ........................................... 37, 46 überzeugen ................................................................... 99 Übung ............................................................... 121, 194 Umsetzungsidee ........................ 206, 209, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 219, 220, 222, 230 Umsetzungsmöglichkeit ................................ 210 Umsetzungsorganisation ............................... 229 Umsetzungspotential ........................................ 210 Umsetzungsvorschlag ........... 206, 211, 214, 215, 216, 219, 220, 221, 225, 226 Universitätsverwaltung .................................. 240 Unternehmensidee .............................................. 241 Unterstützungspotential ................................. 218 V ariante ...................................................................... 227 Veränderungsvorschlag ................................. 229 veranlassen .................................................................. 99 Veranlasser ................................................... 216, 218 veranschaulichen ................................................. 113 Veranschaulichung ............................................... 57 Verben ............................................................................. 64 Vereinfachung didaktische .............................. 162, 175, 181 Vergleich .................................................................... 123 verifizieren ................................................................... 44 Versprecher .............................................................. 128 Verständlichkeit ....................................... 210, 227 Verstärkungsmittel ............................................. 119 visualisieren .................................... 113, 172, 221 Visualisierung ............................................ 181, 227 Vollständigkeitsfalle ......................................... 161 Vorgehen exemplarisches ....... 165, 167, 172, 227 methodisches ...................................................... 68 Vorstellungsbild ................................................... 173 Vorstellungsgespräch ...................................... 216 Vortrag ......................................................................... 194 Vortragsdauer ......................................................... 140 W artezeit ................................................................... 123 Waschzettel ................................................................. 83 wissenschaftliche Konvention ................. 226 Wissensspeicher ...................................................... 33 Wörter ........................................................................... 228 Wortwahl .............................................. 63, 116, 199 Z ahl .......................................................... 55, 115, 227 Zahlenkolonne ....................................................... 185 Zeit ................................................................................... 162 Zeitfaktor .................................................................... 119 Zeitschrift ...................................................................... 47 elektronische ...................................................... 28 Sachwortverzeichnis <?page no="257"?> 257 Online-First- ....................................................... 28 Online-Only- ....................................................... 28 Review- .................................................................... 29 virtuelle ................................................................... 28 Zeitung ............................................................................ 25 Ziel ....................................... 42, 98, 138, 162, 211 konkretisieren .................................... 163, 171 operationalisieren ......................... 163, 171 Zielgruppe ................................................................. 226 Zielstrebigkeit ........................................................ 213 Zitat ................................................................................. 124 Zusammensetzung heterogen ............................................................ 219 homogen .............................................................. 219 zuspitzen ............................................ 120, 124, 221 Zustimmung ............................................................. 141 Sachwortverzeichnis <?page no="259"?> GÜNTER LEHMANN Die Arbeit ist fertig - was nun? Die Arbeit ist fertig - was nun? Wissenschaftliche Ergebnisse verwerten GÜNTER LEHMANN ISBN978-3-8169-3462-2 Arbeit fertig - was nun? Die Frage mag manchen nach erfolgreicher Disputation seiner Graduierungsarbeit erstaunen. Ist man doch stolz auf das erzielte Ergebnis und endlich fertig zu sein. Bevor diese Erkenntnisse im Ideengrab landen, muss jeder Verfasser erkennen: Wissenschaft ist öffentlich. Die Idee, die Erkenntnis als solche entfaltet noch keine Wirkung. Auf ihre Veröffentlichung, auf ihre nützliche Verwertung kommt es an! Im Buch werden mit dem Publizieren, Vortragen, Umsetzen, Vermitteln und Selbstverwerten fünf Kanäle für das Verwerten vorgestellt. Der Inhalt Publizieren in Medien - Vortragen auf Tagungen und Meetings - Vermitteln in Unterweisungen und Seminaren - Umsetzen in Organisationen - Existenzgründungen Die Zielgruppe Studierende und Absolventen aus Promotions-, Diplom-, Master- und Bachelorstudiengängen an Universitäten, Hochschulen, Berufsakademien und Weiterbildungseinrichtungen mit Graduierungsstudiengängen aller Fachrichtungen Der Autor Prof. Dr. paed. habil. Günter Lehmann studierte Bauwesen und Berufspädagogik. Als Hochschullehrer und langjähriger Direktor eines freien Bildungsinstituts hat er über 30 Jahre Diplomanden, Promovenden und Habilitanden betreut. Seit 20 Jahren bereitet er Studierende in Seminaren auf das Anfertigen und Präsentieren ihrer wissenschaftlichen Arbeiten vor und begleitet zahlreiche Absolventen beim Verwerten ihrer Ergebnisse.