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Unsere Luft

Deutlich besser als ihr Ruf?

0215
2021
978-3-8169-8491-7
978-3-8169-3491-2
expert verlag 
Norbert Metz

Dieser Band wurde konzipiert, um die Debatten über die Luftqualität in Deutschland zu versachlichen. Die meisten Auseinandersetzungen mit diesem Thema befassen sich nur mit einzelnen Stoffen und Problemstellungen, anstatt das große Ganze zu betrachten. Eine genaue Analyse der Datenlage ermöglicht einen optimistischeren Blick in die Zukunft, ohne Herausforderungen wie den Klimawandel kleinzureden. Neben technischen und politischen Lösungswegen gibt das Buch auch Tipps, wie die Menschen ihre individuellen Emissionen reduzieren können.

<?page no="1"?> Unsere Luft <?page no="3"?> Norbert Metz Unsere Luft Deutlich besser als ihr Ruf ? <?page no="4"?> © 2021 · expert verlag GmbH Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autoren oder Herausgeber übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Internet: www.expertverlag.de eMail: info@expert.verlag Printed in Germany ISBN 978-3-8169-3491-2 (Print) ISBN 978-3-8169-0037-5 (ePDF) ISBN 978-3-8169-8491-7 (ePub) Umschlagabbildung: iStock.com/ zhaojiankang Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. <?page no="5"?> 7 11 13 27 31 33 47 63 77 89 99 111 121 129 141 151 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammensetzung der Luft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Straßenverkehr als Schlüssel für erhöhte Werte am Straßenrand . . . . . . . . Zusammenhang der Verkehrszunahme und der Emissionsentwicklung . . . . . . . Diskussion der Luftqualitätsgrenzwerte für (NO 2 ) und Feinstaub (PM 10 und PM 2,5 ) Stickstoffoxide NO x , Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 . . . . . . . . . . Feinstaub PM 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feinststaub PM 2,5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kohlenmonoxid CO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kohlenwasserstoffe ohne Methan NMHC beziehungsweise NMVOC . . . . . . . . . . Benzol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAH beziehungsweise PAK . . . . Benzo(a)pyren BaP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ozon O 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwefeloxide (SO 2 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 161 173 203 209 229 231 233 Blei Pb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung . . . . . . . Persönliche Möglichkeiten des Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> 1 Sueddeutsche Zeitung, Nr. 227, Regionalausgabe Landkreis Starnberg, R3. Vorwort In der Süddeutschen Zeitung vom 1. Oktober 2019 war in einem Artikel die Überschrift „Münchens Luft wird immer besser“ zu lesen, und darunter: „An der Landshuter Allee ist die Belastung aber weiter kritisch.“ 1 Das bringt die aktuelle Lage auf den Punkt. Seit Jahren nimmt die Konzentration des Stickstoffdioxids - die Abgaskomponente, die derzeit im Fokus steht - stetig ab. Die Verbesserungen bei den anderen Abgaskomponenten werden nicht mit einem Wort erwähnt. Dies verweist auch auf die Problematik, dass mit dem Messort an der ungünstigsten Stelle dem Bürger suggeriert wird, die Luftqualität in München wäre schlecht. Auch weil der entsprechende Jahresgrenzwert mit 40 µg/ m 3 deutlich tiefer angesetzt ist als z. B. in Kalifornien, das für seine strikten Umweltstandards bekannt ist. Aufgrund der wachsenden Stadtbevölkerung und der damit verbundenen Zunahme an Aktivitäten und Mobilität entsteht allgemein der Eindruck, dass die Luftqualität auch in anderen Städten schlechter wird. In erster Linie werden der Straßenverkehr und insbesondere die Pkws und Lieferfahrzeuge mit Dieselmo‐ toren dafür verantwortlich gemacht. Die jüngsten Diskussionen über die Manipulationen am Prüfstand eines Her‐ stellers haben das Vertrauen beim Bürger weiter erschüttert. Zusätzlich führt die Diskrepanz zwischen den Angaben bei den vorgeschriebenen Prüfstandtests und den tatsächlichen Werten beim Kunden, sowohl bei den Abgasemissionen als auch den Kraftstoffverbräuchen, zu einer weiteren Verunsicherung in der Bevölkerung. Zuletzt beschlossene Testverfahren sollen realistischere Werte zutage fördern. Das neue europäische Zulassungsverfahren, das die Kriterien bei der Typprüfung jetzt deutlich strenger festlegt und auch Straßentests mit einbezieht, ist bereits seit dem 1. September 2017 gültig. Werden die Abgasemis‐ sionen neuer Fahrzeuge unter allen Betriebsbedingungen absinken? Wird sich bald die Ersetzung älterer Fahrzeuge durch emissionsarme neue Fahrzeuge auf die gemessenen Konzentrationen an den Verkehrs-Messstationen auswirken? Die immer anspruchsvolleren gesetzlichen Regelungen und der Erfolg techni‐ scher Fortschritte auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene wer‐ den kaum wahrgenommen beziehungsweise deren Wirkungen unterschätzt. Offenbar hat die Autoindustrie nicht intensiv genug die massiven Anstrengun‐ gen und Verbesserungen der Öffentlichkeit vermitteln können. <?page no="8"?> Es werden daher in den nachfolgenden Kapiteln die Entwicklungen der Luftqualität und der Abgasemissionen des Straßenverkehrs in den letzten Jahrzehnten in Deutschland aufgezeigt. Städte mit kritischen Werten - die sogenannten „Mega-Cities“ - mit einer weiterwachsenden Bevölkerung sind das abschreckende Beispiel mit ihrer heute noch schlechten Luftqualität. Die Rolle der meteorologischen Parameter im Zusammenhang mit der Luft‐ qualität und das Zusammenwirken der Emissionen aller Quellen und der Gesetzgebung auf der Emissions- und Immissionsseite werden erklärt. Abgasemissionen stationärer und mobiler Quellen werden sowohl global wie regional und lokal zusammengestellt, um deren Ausbreitung und Einfluss auf die Immissionssituation in Deutschland aufzuzeigen. Die Entwicklung wird - soweit Daten verfügbar sind - meist von 1990 bis 2018/ 2019 beschrieben. Örtli‐ che wie zeitliche Sondersituationen werden angesprochen. Kritische Messorte und Episoden werden analysiert und relativiert. Die für die Luftqualität maßgeblichen Komponenten werden beispielhaft in einigen Bundesländern und Städten Deutschlands zusammengefasst. Ihre Entwicklung wird seit 1990 verfolgt und teilweise auch prognostiziert. Die Darstellung ist abhängig von der Verfügbarkeit der Daten. In weiteren Kapiteln werden sowohl technische als auch behördliche Maßnahmen zur Verringerung von Abgasemissionen und unerwünscht hohen Konzentrationen in der Umge‐ bungsluft zusammengestellt. Durch die gemeinsamen Anstrengungen der Behörden und der Industrie werden bei den Abgaskomponenten Kohlenmonoxid [CO], der Summe der methanfreien Kohlenwasserstoffe [NMHC], Stickstoffoxide [NO x ] mit Stick‐ stoffmonoxid [NO] und Stickstoffdioxid [NO 2 ], Benzol [C 6 H 6 ], der Summe der aromatischen Kohlenwasserstoffe [PAH] mit der Leitkomponente Benzo(a)py‐ ren [BaP], Feinstaub [PM10] und Feinststaub [PM2,5], Blei [Pb] und Schwefel‐ dioxid [SO 2 ] alle Immissionsgrenzwerte eingehalten. Auch auf das sekundär entstehende Ozon [O 3 ] wird eingegangen. Um die aktuelle Debatte über den Klimawandel aufzunehmen, ist ein Kapitel über das klimarelevante Spurengas CO 2 angehängt. Alte Grenzwerte für Stickstoffmonoxid NO wurden schon früh fallen ge‐ lassen, da NO für die menschliche Gesundheit keine Rolle spielt und sich relativ schnell in der Atmosphäre zu Stickstoffdioxid NO 2 umwandelt. Auch 2019 wird an starkbefahrenen Straßen in vielen Städten der ambitionierte NO 2 -Jahresmittelgrenzwert von 40 µg/ m 3 noch nicht ganz erreicht. Bei Feinstaub werden nur in wenigen Städten Grenzwerte leicht überschritten. Zusätzlich zu den weiteren oben bereits angeführten Abgaskomponenten wird sowohl die Emissionsentwicklung als auch der Trend der Luftqualität über einen längeren 8 Vorwort <?page no="9"?> Zeitraum für vier ausgewählte Bundesländer angegeben. Kriterien der Auswahl waren die Datenverfügbarkeit, die Bevölkerungsdichte und die Bedeutung der Länder. Die Wirkung bei bestimmten Konzentrationen wird generell und bei in der Umwelt auftretenden Werten je Kapitel erläutert. Zusätzlich werden Empfehlungen gegeben, wie der Einzelne durch persönli‐ ches Verhalten einen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität für sich und für die Allgemeinheit leisten kann. Die Verbesserung wird durch Langzeitverläufe der Abgaskomponenten, durch Emissionsverbesserungen der Straßenverkehrsfahrzeuge und durch die Stufen der Emissionsgesetzgebung beim Straßenverkehr dokumentiert. Herrsching im Januar 2021 Norbert Metz 9 Vorwort <?page no="11"?> Einleitung Der Umweltschutz hat in den letzten Jahren einen immer höheren Stellenwert bekommen. Der Bürger hat den Wunsch, sorglos in einer heilen Umgebung zu leben. Wer möchte keine hohe Wasserqualität beim Trinkwasser und in den Badeseen, wer keine saubere Umgebungsluft atmen? Daneben möchte niemand auf die Annehmlichkeiten verzichten, die die Umwelt belasten: ein warmes Heim, ausgewogene und gehaltvolle Mahlzeiten, Flugreisen und Autofahrten zu selbstbestimmten Zeiten und vieles mehr. Zu beiden Aspekten kursieren viele Klischees und Halbwahrheiten. Dieses Buch soll ein Vermittler sein, der die oft vereinfachten Zusammenhänge in der Berichterstattung der Medien ei‐ nerseits aufdeckt und die umfangreichen Fakten der Wissenschaft andererseits allgemeinverständlich erklärt. Zu Beginn muss deshalb erst einmal beschrieben werden, aus was unsere Luft eigentlich besteht. <?page no="13"?> 1 https: / / bildungsserver.hamburg.de/ atmosphaere-und-treibhauseffekt/ 2068640/ atmosp haere-aufbau-artikel/ (Stand: 17.07.2020). Zusammensetzung der Luft Unsere Luft ist neben Wasser die wichtigste Lebensgrundlage, da wir 10 000 bis 20 000 Liter Luft täglich einatmen. Deshalb zählt saubere Luft zu den wertvollsten Elementen. Das folgende Bild 1 zeigt ihre einzelnen Komponenten. Die Hauptanteile werden in Prozent angegeben, Spurengase in ppm (parts per million) bzw. ppb (parts per billion). Hauptgase Spurengase Bild 1 zu Seite 21 Bild 1: Zusammensetzung der Atmosphäre 1 Neben den im Bild 1 genannten Gasen enthält die Luft noch Wasser in wechseln‐ der Konzentration und in allen drei Aggregatzuständen (fest, flüssig, gasförmig), Staubpartikel, ein Gemisch aus festen oder/ und flüssigen Schwebeteilchen und in der Atmosphäre erzeugte reaktionsfreudige Moleküle, die zu veränderten Volumenanteilen der oben angeführten Komponenten führen. <?page no="14"?> 2 Metz, N., Vorlesungsskript „Auto und Umwelt“, Sommersemester 2020, Hochschule Coburg. 3 Von Inversion spricht man, wenn sich der normalerweise mit der Höhe abnehmende Temperaturverlauf umkehrt. Diese Zusammensetzung wird vom Straßenverkehr im ppm-Bereich beein‐ flusst. In Bild 2 werden die Anteile der einzelnen Abgaskomponenten angege‐ ben, die direkt aus dem Auspuffende kommen. 6 selnder Konzentration und in allen drei Aggregatzuständen (fest, flüssig, gasförmig), Staubpartikel, ein Gemisch aus festen oder/ und flüssigen Schwebeteilchen und in der Atmosphäre erzeugte reaktionsfreudige Moleküle, die zu veränderten Volumenanteilen der oben angeführten Komponenten führen. Diese Zusammensetzung wird vom Straßenverkehr im ppm-Bereich beeinflusst. Die Abkürzung für parts per Million ist ppm, also ein Teil pro Million. In Bild 2 werden die Anteile der einzelnen Abgaskomponenten angegeben, die direkt aus dem Auspuffende kommen. Bild 2: Relation einzelner Komponenten am Auspuffende 3 Die Abgaskomponenten CO, NMVOC, NOx, Benzol, PAH, BaP, PM 10 , PM 2,5 , Blei und SO 2 sowie das sekundär gebildete O 3 werden in den folgenden Kapiteln näher erläutert. Einflüsse der Meteorologie auf die Luftqualität Meteorologische Faktoren spielen eine wichtige und weitgehend unterschätzte Rolle, obwohl sie die komplexen Vorgänge auf dem Weg von der 2 https: / / bildungsserver.hamburg.de/ atmosphaere-und-treibhauseffekt/ 2068640/ atmosphaere-aufbau-artikel/ (Stand: 17.07.2020). 3 Metz, N., Vorlesungsskript „Auto und Umwelt“, Sommersemester 2020, Hochschule Coburg. Bild 2: Relation einzelner Komponenten am Auspuffende 2 Die Abgaskomponenten CO, NMVOC, NO x , Benzol, PAH, BaP, PM 10 , PM 2,5 , Blei und SO 2 sowie das sekundär gebildete O 3 werden in den folgenden Kapiteln näher erläutert. Einflüsse der Meteorologie auf die Luftqualität Meteorologische Faktoren spielen eine wichtige und weitgehend unterschätzte Rolle, obwohl sie die komplexen Vorgänge auf dem Weg von der Emission einer Komponente bis hin zur lokalen beziehungsweise regionalen Luftqualität maßgeblich beeinflussen. Im Folgenden werden die wesentlichen Einflussfaktoren zusammengefasst. Über der Erdoberfläche werden verschiedene Schichten unterschieden. Die ersten 10 km bezeichnet man als Troposhäre, begrenzt durch die Tropopause, darüber beginnt die Stratosphäre. In der untersten Schicht der Troposphäre bestimmt die planetare Grenzschichthöhe (Inversionshöhe 3 ) die Konzentration der Abgaskomponenten. In dieser unteren Schicht der Atmosphäre unterliegen 14 Zusammensetzung der Luft <?page no="15"?> 4 https: / / analytik.news/ Fachartikel/ Volltext/ ethz2.pdf [Stand: 17.07.2020]. die Luftströmungen dem Einfluss der Bodenreibung. In der Troposphäre herr‐ schen teilweise höhere horizontale Windgeschwindigkeiten, die die Luftmassen in zwei Wochen rund um den Globus transportieren können. 7 Emission einer Komponente bis hin zur lokalen beziehungsweise regionalen Luftqualität maßgeblich beeinflussen. Im Folgenden werden die wesentlichen Einflussfaktoren zusammengefasst. Über der Erdoberfläche werden verschiedene Schichten unterschieden. Die ersten 10 km bezeichnet man als Troposhäre, begrenzt durch die Tropopause, darüber beginnt die Stratosphäre. In der untersten Schicht der Troposphäre bestimmt die planetare Grenzschichthöhe (Inversionshöhe 4 ) die Konzentration der Abgaskomponenten. In dieser unteren Schicht der Atmosphäre unterliegen die Luftströmungen dem Einfluss der Bodenreibung. In der Troposphäre herrschen teilweise höhere horizontale Windgeschwindigkeiten, die die Luftmassen in zwei Wochen rund um den Globus transportieren können. Bild 3: Definition der Schichten in der unteren Troposphäre 5 Die planetare Grenzschicht ändert sich im Tagesverlauf und auch mit den Jahreszeiten. Morgens steigt sie im Sommer von ca. 500 m auf etwa 2000 m. Das führt dazu, dass Abgasemissionen des beginnenden Berufsverkehrs und von Heizungen zur Warmwassergewinnung die Konzentration in der Luft weniger 4 Von Inversion spricht man, wenn sich der normalerweise mit der Höhe abnehmende Temperaturverlauf umkehrt. 5 https: / / analytik.news/ Fachartikel/ Volltext/ ethz2.pdf [Stand: 17.07.2020]. Bild 3: Definition der Schichten in der unteren Troposphäre 4 Die planetare Grenzschicht ändert sich im Tagesverlauf und auch mit den Jahreszeiten. Morgens steigt sie im Sommer von ca. 500  m auf etwa 2000  m. Das führt dazu, dass Abgasemissionen des beginnenden Berufsverkehrs und von Heizungen zur Warmwassergewinnung die Konzentration in der Luft weniger stark verringern als die Emissionen zur Mittagszeit. Abends sinkt sie wieder allmählich auf die ursprüngliche Höhe ab. Dann sind die Abgasemissionen des Berufs- und Lieferverkehrs geringer und auf einen längeren Zeitraum verteilt, daher fallen die Konzentrationen der meisten Komponenten in den Abendstunden verglichen mit den Vormittagsstunden auch geringer aus. Windgeschwindigkeit und Windrichtung Bodennah können Abgasemissionen vom Entstehungsort abhängig von der Windgeschwindigkeit weitertransportiert werden und an Stellen landen, die nicht zusätzlich belastet werden sollten, zum Beispiel in Häuserschluchten, in denen ohnehin ungünstigere Verhältnisse vorherrschen. In der Troposphäre trägt der Wind zum weiträumigen Transport belasteter Luftmassen bei, die innerhalb von zwei Wochen einmal die Erde umrunden können. Die bei uns vorherrschende Windrichtung ist West, damit erhalten wir Abgasemissionen auch von westlich gelegenen benachbarten Staaten. Bei auch auftretenden Ostwinden spielen die Abgasemissionen der östlichen Nachbarstaaten eine Rolle. 15 Windgeschwindigkeit und Windrichtung <?page no="16"?> 5 B.R. Gurjar, T.M. Butler, MG Lawrence, J. Lelieveld (…), Atmospheric Environment, 2008, Elsevier. 6 WMO GAW Secretary. Stoffe aus Verbrennungsprozessen werden sowohl lokal, regional als auch global emittiert und bestimmen mit der Meteorologie und den örtlichen Gege‐ benheiten die Luftqualität vor Ort. Wie bereits kurz beschrieben, reichern sich Emissionen unter der sogenannten planetaren Grenzschicht an. Ist beispiels‐ weise die planetarische Grenzschicht - die im Sommer etwa bei 2000 m Höhe und im Winter bei einer Inversionswetterlage in bis zu 200 m Höhe liegen kann - relativ tief, so dominieren die lokal erzeugten Emissionen die Luftqualität. Herrscht ein mittlerer Westwind vor, so können die regionalen Emissionen der Nachbarländer im Westen die Luftqualität mitbestimmen. Bei stärkeren Windgeschwindigkeiten - wie sie im Höhenbereich von 3000 m bis 7000 m in der mittleren Troposphäre häufig auftreten - können auch die Emissionen von Amerika und Asien in Deutschland für erhöhte Immissionen verantwortlich sein, da sie von der mittleren Troposphäre in den bodennahen Bereich unter die planetare Grenzschicht gemischt werden. Belastete Luftmassen können in circa zwei Wochen von Asien rund um den Erdball transportiert werden. Lelieveld und Dentener vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz haben vorhergesagt, dass zukünftig die wachsenden asia‐ tischen Emissionen die hemisphärischen Ozon-Hintergrundkonzentrationen mehr als regionale gesetzliche Maßnahmen in Europa und den USA beeinflussen werden. 5 Bild 4: Die GAW-Stationen der World Meteorological Organization WMO 6 16 Zusammensetzung der Luft <?page no="17"?> 7 http: / / aerosolforschung.web.psi.ch/ a_Home/ kopf/ BilderKopf/ 4Titelneu.jpg 8 Atmospheric Environment 43 (2009) 37-50). 9 REP-0676 Hintergrundmessnetz Umweltbundesamt 2018, Wolfgang Spangl, Wien 2019. 10 Vandersee W. et al., Ozonstudien am Hohenpeißenberg, Heft 184 (1993), Offenbach. Zur Kontrolle der internationalen Aktivitäten und Luftreinhaltestrategien misst die World Meteorological Organization (WMO) an über die Kontinente verteil‐ ten Messstationen nach einheitlichen Vorgaben die Abgaskonzentrationen von weiträumig und grenzüberschreitend transportierten Luftmassen. 7 Ramanathan V. vom Scripps Institution of Oceanography, University of California at San Diego, und Feng Y. aus England berichten, dass der städtische Dunst, Partikel un‐ ter einer Größe von 10 µm (PM 10 ) und der Rauch aus der Biomassenverbrennung zu atmosphärischen braunen Abluftfahnen werden, die zusätzlich aus Sulfaten, Nitraten, unzähligen Kohlenwasserstoffen, Ruß, Bodenstaub, Flugasche und anderen Aerosolen bestehen. Diese nehmen speziell in Entwicklungsländern immer mehr zu. Dies wurde bisher als asiatisches Phänomen bezeichnet; es kann durch die weiträumige Verfrachtung aber auch in anderen Teilen der Welt auftreten. 8 Im außeralpinen Raum spielt Ferntransport sowohl primärer wie sekundärer Partikel eine wesentliche Rolle. So können beispielsweise PM 10 - und SO 2 -Emissionen aus Ost- und Mitteleuropa (vor allem Rumänien, Serbien, Bosnien, Slowenien, Tschechien, Polen) als Quellen für Belastungen in Nordostösterreich identifiziert werden. 9 Wetterlage Hochdruckgebiete drehen im Gegenuhrzeigersinn und transportieren die Luft nach unten, während Tiefdruckgebiete im Uhrzeigersinn drehend die Luft nach oben drücken. 10 Unterhalb der planetarischen Grenzschicht in der unteren Schicht der Atmosphäre unterliegen die Luftströmungen dem Einfluss der Bodenreibung. Diese Phänomene tragen dazu bei, dass Abgasemissionen bodennah emittiert in die mittlere Troposphäre bis hin zur Stratosphäre transportiert werden und so infolge der höheren Windgeschwindigkeiten von Asien und Amerika bis zu uns gelangen können. Sie haben damit einen nicht unerheblichen Einfluss auf die lokale Luftqualität. 17 Wetterlage <?page no="18"?> 11 Kaminski, U., DWD-MOHp2, 06/ 2004. 12 Ebd. Niederschläge wie Regen und Schneefall Niederschläge reinigen die Luft je nach Intensität und Dauer. Am deutlichsten ist dies an der Sichtweite zu sehen, wenn nach Regen beispielsweise in Bayern die Alpen - von München 60 km entfernt - gut zu sehen sind. Die Feuchtigkeit hat beispielsweise einen Einfuss auf die Teilchengröße emittierter Partikel und ihre Depositionsmechanismen. 11 Mit dem Anstieg der Luftfeuchtigkeit lagert sich Wasser an die Partikel in der Atmosphäre an, so können zum Beispiel die Partikel bei einem Anstieg der relativen Luftfeuchtigkeit von 30 % auf 85 % doppelt so groß werden. Bei noch höherer Luftfeuchtigkeit steigt das Wachstum überproportional und die Partikel erreichen bei 99 % Luftfeuchtigkeit das 10-fache ihrer ursprünglichen Größe. Durch die Aufnahme von Feuchtigkeit vergrößerte Partikel streuen bei‐ spielsweise die Sonnenenstrahlung. Auch der Wind verringert unter anderem die Partikelkonzentration. Eine Windgeschwindigkeit von 5 m/ s bedeutet eine Absenkung der Partikelkonzentration um 25 %, bei 10 m/ s halbiert sie sich. 12 Sonneneinstrahlung Die Sonneneinstrahlung ist wesentlich an der Ozonbildung beteiligt und trägt zur chemischen Umwandlung organischer Substanzen bei. Die Globalstrahlung beträgt in Deutschland durchschnittlich 100 bis 130 W/ m², woraus sich eine Jahressumme von durchschnittlich 900 bis 1200 kWh/ m² ergibt. Dabei sind die höchsten Werte im Nordosten und im Süden zu finden. Zum Vergleich: In Spanien etwa liegt die Globalstrahlung bei durchschnittlich 230 W/ m². Unter Globalstrahlung versteht man die gesamte an der Erdoberfläche auf eine horizontale Empfangsfläche auftreffende Solarstrahlung. Im Sommer ist die Einstrahlung dabei um das 5-fache höher als im Winter. Die Höhe der Sonneneinstrahlung ist abhängig von der Bewölkung, der Tageslänge und der Höhenlage über dem Meeresspiegel. 18 Zusammensetzung der Luft <?page no="19"?> 13 www.bfs.de 14 Pitz, M., Wellhöfer A., Untersuchung der räumlichen Verteilung der NO x -Belastung im Umfeld von vorhandenen, hochbelasteten Luftmessstationen, LFU, Sept. 2015 15 Metz, N., Deutschland auf dem Weg zum Luftkurort, Tübingen, 2019 UV-Strahlung Die UV-Strahlung spielt bei photochemischen Reaktionen und der Ozonbildung eine Rolle. Im Jahr 1993 haben das Bundesamt für Strahlenschutz BfS und das Umweltbundesamt den Betrieb an den vier Stationen des UV-Messnetzes in Zingst (Ostseeküste), Langen (Rheingraben bei Frankfurt), Schauinsland (Südschwarzwald) und Neuherberg (Stadtrand von München) aufgenommen. Später wurde das Messnetz zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) und assoziierten Institutionen, wie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Ar beitsmedizin in Dortmund (BAuA), der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) mit der Station in Westerland/ Sylt, dem Meteorologische Observatorium Lindenberg, dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) mit der Messstation in Kulmbach, und der Niedersächsische Gewerbeaufsicht mit den Stationen in Rinteln und Norderney, zu einem bundesweiten UV-Messnetz ausgebaut. 13 Jahreszeiten Neben den schon angeführten Einflüssen werden Abgasemissionen durch ver‐ schiedene Heizgewohnheiten, die Verwendung offener Kamine in Innenräumen sowie die Außentemperatur beeinflusst. Im Winter sind die Werte von NO, NO 2 , PM 10 , PM 2,5 und CO daher deutlich ungünstiger. 14 Die Ausführungen zur Meteorologie sind sehr vereinfacht dargestellt; sie sollen lediglich ihre Bedeutung für die Luftqualität dokumentieren. Für weitere Details siehe Metz. 15 Zusammenhang zwischen den Emissionen und der Luftqualität Emissionen werden vom Menschen durch Industrie, Kraftwerke, Hausbrand und Verkehr, und von der Natur durch Blitze, Waldbrände und Vulkanausbrü‐ che verursacht. Sie unterliegen zusätzlich den meteorologischen Prozessen wie Regen und Wind (Windrichtung und Windgeschwindigkeit) und werden zum Beispiel durch die Sonnenstrahlung umgewandelt, bevor sie die lokale 19 UV-Strahlung <?page no="20"?> 16 Metz, N., Vorlesung Auto und Umwelt Teil 3, Hochschule Coburg. Luftqualität (Immission) bestimmen. Zur Erhaltung einer guten Luftqualität gibt es bei den anthropogenen (vom Menschen verursachten) Emissionen zwei Grenzwertoptionen: • Immissionsgrenzwerte für jede einzelne Komponente für unterschiedli‐ che Zeitbezüge, die gegebenenfalls verschärft werden können. • Emissionsgrenzwerte je Abgaskomponente für verschiedene Quellen, die auch nach einer definierten Laufzeit weiter verschärft werden können. 13 che verursacht. Sie unterliegen zusätzlich den meteorologischen Prozessen wie Regen und Wind (Windrichtung und Windgeschwindigkeit) und werden zum Beispiel durch die Sonnenstrahlung umgewandelt, bevor sie die lokale Luftqualität (Immission) bestimmen. Zur Erhaltung einer guten Luftqualität gibt es bei den anthropogenen (vom Menschen verursachten) Emissionen zwei Grenzwertoptionen: • Immissionsgrenzwerte für jede einzelne Komponente für unterschiedliche Zeitbezüge, die gegebenenfalls verschärft werden können. • Emissionsgrenzwerte je Abgaskomponente für verschiedene Quellen, die auch nach einer definiten Laufzeit weiter verschärft werden können. Bild 5: Zusammenspiel von Emission und Immission, inklusive der Grenzwerte 17 Dabei beeinflusst naturgemäß die Höhe der Emissionen die lokalen, regionalen und teilweise auch die globalen Auswirkungen, die ihrerseits die Luftqua- 17 Metz N., Vorlesung Auto und Umwelt Teil 3, Hochschule Coburg. Bild 5: Zusammenspiel von Emission und Immission, inklusive der Grenzwerte 16 Dabei beeinflusst naturgemäß die Höhe der Emissionen die lokalen, regionalen und teilweise auch die globalen Auswirkungen, die ihrerseits die Luftqualität und damit auch die Höhe der Immissionsgrenzwerte bestimmen. Die Wirkung jeder Abgaskomponente auf den Menschen und zum Schutz der Pflanzen muss einbezogen werden. Überwachung der Luftqualität und Wirkungseinschätzung Umweltministerien und Landesämter für Umweltschutz überwachen die Luft‐ qualität. Erste Messungen in den siebziger Jahren wurden zum Beispiel in München von Meteorologen durchgeführt, bis 1974 in Berlin das Umweltbundesamt 20 Zusammensetzung der Luft <?page no="21"?> gegründet wurde. Später wurden Umweltministerien und Landesämter in allen Bundesländern eingeführt. Als erstes deutsches Bundesland hat am 8. Dezember 1970 der Bayerische Landtag die Gründung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen beschlossen. Das Bayerische Landesamt für Umwelt ging 2005 aus den drei ehemaligen Landesämtern für Geologie, Umweltschutz und Wasserwirtschaft sowie aus Teilen des Landesamts für Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin und Sicherheitstech‐ nik hervor. Baden-Württemberg hat 1987 das Ministerium für Umwelt, Klima und Ener‐ giewirtschaft aus dem „Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten“ herausgelöst. Die LUBW in Baden-Württemberg entstand zum 1. Januar 2006 aus der Zusammenlegung der Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) mit dem Zentrum für Umweltmessungen, Umwelterhebungen und Gerätesi‐ cherheit (UMEG). Zusätzlich kümmern sich viele Institute und Hochschulen um Messungen zur. Auch der Deutsche Wetterdienst veröffentlicht praktische Hinweise, insbe‐ sondere bei erhöhten Ozonwerten. Die Europäische Kommission erarbeitet für alle EU-Länder Richtlinien, die zeitnah von den Ländern in das nationale Recht übernommen werden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO gibt Empfehlun‐ gen zur Grenzwertgestaltung. Expositions-Wirkungsbeziehung Um herauszufinden, welche Konzentration eines Stoffes eine negative Wir‐ kung hat, werden verschiedene Methoden eingesetzt. Das Spektrum reicht von In-Vitro-Tests, wie bakteriologische Zelltests, Zelltransformationstests bis In-Vivo-Tests, also bei lebenden Probanden. Dazu werden Tierversuche meist mit Ratten, Mäusen und Hamstern herangezogen. Aus ethischen Gründen sind sie in der Kritik. Da beim Menschen solche Tests ausscheiden, werden sogenannte epidemiologische Untersuchungen genutzt. Die Epidemiologie untersucht, wie Gesundheitsstörungen und krankheits‐ verursachende Faktoren in der Bevölkerung oder bei speziellen Gruppen von Menschen verteilt sind. Ist man einem krankheitsverursachenden Faktor aus‐ gesetzt, spricht man von Exposition. So wird zum Beispiel bei der Untersuchung, ob Rauchen zu Lungenkrebs führt, Rauchen als Exposition bezeichnet. Seit 2005 erhöhen die Behörden den Druck zur Emissionsverminderung mit Zahlen über Todesfälle, Krankenhauseinweisungen und verkürzte Lebenszeiten im Zusammenhang mit erhöhten Abgas-Konzentrationen. Begründet wird das 21 Expositions-Wirkungsbeziehung <?page no="22"?> 17 Arbeitskreis Feinstäube, Dechema, Frankfurt 2004. 18 umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 479/ publikationen/ 190614_uba_sp_1-2019-web.pdf [Stand: 6.08.2020]. mit Expositions-Wirkungsbeziehungen, die mit einem einfachen Rechenansatz und einigen unsicheren Annahmen für Deutschland konstruiert wurden. Für die Gesamtmortalität, also die Sterblichkeit generell, für Todesfälle durch Herz-Kreislauf und Atemwegserkrankungen sowie für Todesfälle durch Lun‐ genkrebs werden aus amerikanischen epidemiologischen Studien Assoziationen zur Luftqualität hergestellt. 17 Die Interpretation von Krankheitslaststudien ist schwierig, da Institutionen, wie die Europäische Umweltagentur (EEA) und das Umweltbundesamt (UBA), in einem Forschungsprojekt des UBA der Autoren Schneider, Cyrys et al. unterschiedliche Annahmen zugrunde gelegt haben. Keineswegs kann aus epi‐ demiologischen Studien abgeleitet werden, ob eine bestimmte Person konkret aufgrund schlechter Luft erkrankt ist. 18 Warum sind das Stickstoffdioxid und die Partikelfraktionen PM 10 und PM 2,5 die am meisten diskutierten Abgaskomponenten? Stickstoffdioxid ist die Abgaskomponente, die in einigen Städten noch über dem Jahresmittelwertgrenzwert liegt. Die Partikelgrenzwerte werden seit wenigen Jahren eingehalten und von Lufthygienikern als am wichtigsten eingestuft. Durch die laufende Zunahme von Personenkraftwagen, Nutzfahrzeugen und Motorrädern entsteht der Eindruck, dass damit automatisch eine Verschlechte‐ rung der Luftqualität verbunden sei. Das wäre der Fall, wenn nicht die seit den siebziger Jahren eingeführten Emissionsgesetze und die damit einhergehende Verbesserung der Abgaswerte den Anstieg der Kraftfahrzeugemissionen ver‐ hindert und überkompensiert hätten. Insbesondere an Tagen mit erhöhten Konzentrationen wird vor allem der Kfz-Verkehr als Verursacher angeprangert. Die steigende Zahl von Pkw in den Städten und die langen Autoschlangen zur „Rush Hour“ im Berufsverkehr lassen das ja auch logisch erscheinen. Dazu kommt noch der verstärkende Kommentar in den Medien mit dem Appell weniger zu fahren. Nicht die Zahl der Kraftfahr‐ zeuge ist für ihren Beitrag zu den Abgasemissionen entscheidend, sondern die Flottenzusammensetzung mit Fahrzeugen der neuen Emissionsstufe. Die gute Nachricht ist, dass neue Fahrzeuge immer niedrigere Abgasemissio‐ nen einhalten müssen und ältere Fahrzeuge mit deutlich höheren Abgasemis‐ 22 Zusammensetzung der Luft <?page no="23"?> sionen ersetzen. Die Berechnung der Gesamtemissionen des Kfz-Verkehrs zeigt bei allen Abgaskomponenten seit 1970 eine stetige Abnahme. Generell sind ungleichmäßige Fahrweisen, zum Beispiel bei Stop-and-Go-Verkehr, ungünsti‐ ger als ein gleichmäßiger Verkehrsfluss und damit ein Hauptpunkt für eine nachhaltige Lösung insbesondere der NO 2 -Problematik. Die Medien berichten in ihren Schlagzeilen meistens über die Probleme bei örtlichen oder zeitlichen Sondersituationen, zum Beispiel an Verkehrsknoten‐ punkten bei Inversionswetterlagen oder bei Windverhältnissen, die kaum einen Luftaustausch mit der Atmosphäre zulassen. Weitgehend unbemerkt sind auch die positiven Entwicklungen bei den sta‐ tionären Quellen, insbesondere durch die technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft, kurz TA Luft genannt. Diese Emissionsminderungen wirken sich nicht immer lokal durch Transportvorgänge, aber meist regional und überregional aus. Vor allem werden die NO x -Emissionen des Dieselmotors für die Überschrei‐ tungen der NO 2 -Immissionsgrenzwerte an Verkehrsmessstationen verantwort‐ lich gemacht. Der Dieselmotor hat 1976 nach dem Einstieg von VW in die Dieseltechnologie als Antriebsaggregat im Pkw hohe Zuwachsraten verzeichnet und sich einen bleibenden Platz im Bestand gesichert. Bei Nutzfahrzeugen hat der Dieselmotor bereits 1923 andere Antriebsaggregate ersetzt. Wegen sei‐ nem niedrigeren Kraftstoffverbrauch dominiert der Dieselmotor bis heute den Nutzfahrzeugsektor auch bei leichten Nfz im Lieferverkehr. Seine niedrigeren CO 2 -Emissionen haben dem Dieselmotor auch im Pkw zu immer größeren Flottenanteilen verholfen. Die jüngsten Diskussionen haben in Deutschland zu einem Rückgang der Diesel-Pkw bei den Neuzulassungen geführt. Nur der Einbruch im Jahr 2009 ist durch den Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman und der folgenden weltweiten Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise noch stärker ausgefallen. Beim Dieselmotor wurden zunächst mit innermotorischen Maßnahmen, der Abgasrückführung und später der Speicherkatalysator- und SCR-Technologie die Stickstoffoxidemissionen verringert. Aufgrund des Luftüberschusses bei der dieselmotorischen Verbrennung sind Reduktionsprozesse zum Stickstoffo‐ xidabbau deutlich schwieriger zu beherrschen. Als nachhaltiger Lösungsansatz ist heute die Harnstoffzumischung, insbesondere bei schwereren Fahrzeugen, der eingeschlagene Weg. Wegen der Nachteile eines zweiten Tanks, seiner Platzprobleme, der Sicherstellung der richtigen Dosierung und auch der Win‐ tertauglichkeit wurde dieser Weg nicht früher eingeschlagen. Beim Nutzfahrzeug wurde die Harnstoff-Technologie schon früher einge‐ setzt, da dort einige der aufgezeigten Probleme weniger stark ins Gewicht 23 Stickstoffdioxid und Partikelfraktionen <?page no="24"?> 19 WLTP: „Worldwide Harmonized Light-Duty Test Procedure“ - international standar‐ disiertes Messverfahren zur Bestimmung von Abgasemissionen. fallen. Bei leichteren Pkw konnten mit den Speicherkatalysatoren die Emissi‐ onsgrenzwerte bisher eingehalten werden. Mit dem neuen WLTP-Zulassungs‐ verfahren 19 wird auch bei den leichten Lieferfahrzeugen und den meisten Pkw die Harnstoffzumischung Stand der Technik werden. Deutschland ist in der Dieseltechnologie Weltspitze und sollte den Diesel‐ motor zur Verringerung der CO 2 -Emissionen des Straßenverkehrs trotz man‐ cher Gegenstimmen nicht preisgeben. Diesen Vorteil sollten Politiker nicht leichtfertig verspielen und unsinnige Forderungen eines Dieselverbots nicht weiterverfolgen. Die „Wissenschaftliche Gesellschaft für Kraftfahrzeug- und Motorentechnik“ WKM mit Professoren deutscher, österreichischer und schweizerischer Univer‐ sitäten, die als Institutsleiter, Leiter von Fachgebieten oder Lehrstühlen auf dem Gebiet der Kraftfahrzeugund/ oder Motorentechnik tätig sind, hat sich klar zum Dieselmotor bekannt. Das Resümee der 23 Professoren lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Der Dieselmotor bleibt auch zukünftig ein Antrieb mit niedrigen Stickstoff‐ oxid-Emissionen, der für das Erreichen der CO 2 -Klimaziele unabdingbar ist. Sinnvoll ist ein Wettbewerb von Antriebskonzepten mit dem Ziel, die Emis‐ sionen auf das gewünschte Maß zu senken. Nach allen Vorhersagen werden im Jahr 2030 mehr Verbrennungsmotoren weltweit gebaut werden als heute, weshalb eine intensive Forschung und Weiterentwicklung notwendig ist. Die Technologieführerschaft muss erhalten bleiben. Die Professoren sehen auch für die Zukunft eine sehr lange andauernde Notwendigkeit verbrennungsmotori‐ scher Antriebe, insbesondere auch des Dieselmotors. Für alle umweltrelevanten Komponenten in der Umgebungsluft haben die Behörden Grenzwerte erlassen. Bei Stickstoffdioxid liegt die Konzentration an verkehrsnahen Messstellen in einigen Städten über dem Jahresmittelwert von 40 µg/ m 3 . In den letzten Jahren nahmen die Werte aber kontinuierlich ab. Durch die aktuellen Gesetze und die technischen Fortschritte bei Pkw und Lieferfahrzeugen wird das in den kommenden Jahren noch schneller gehen. Da sich neue Fahrzeuge erst einen größeren Anteil in der Fahrzeugflotte erobern müssen, reagieren Behörden mit Luftreinhalteplänen, der Einführung von Umweltzonen und teilweise mit Fahrverboten für ältere Fahrzeuge der Abgasnorm E4 und älter (zu den Abgasnormen siehe Anhang). Bei den Feinstäuben mit der Bezeichnung PM 10 und PM 2,5 werden die Jahresmittelwerte seit wenigen Jahren unterschritten. Trotzdem werden die 24 Zusammensetzung der Luft <?page no="25"?> Konzentrationen dieser Komponenten intensiv verfolgt, da ihre Wirkung auf die Gesundheit kritischer eingeschätzt wird. Aus umfangreichen Studien wird die Sorge abgeleitet, dass sich erhöhte Konzentrationen auf Kreislaufkrankheiten und Herzinfarkte auswirken könnten. Durch die Einführung des Rußfilters bei Dieselfahrzeugen haben die Messwerte an verkehrsnahen Messstellen aber deutlich abgenommen und liegen unter den Luftqualitätsgrenzwerten. Ein weiterer Punkt, den man im Zusammenhang mit der Entwicklung der Luft‐ qualität ansprechen muss, ist die Diskussion über die Diskrepanzen zwischen Emissionsangaben, die im Zusammenhang mit dem Zulassungsverfahren am Prüfstand ermittelt werden und den Emissionen, die ein Fahrzeug im realen Fahrzeugbetrieb auf der Straße aufweist. Zu Beginn der Abgasgesetzgebung wurde versucht einen Testzyklus aufzu‐ stellen, der das Fahrverhalten widerspiegelt. Der Zyklus war auch als Basis für die Vergleichbarkeit der Fahrzeuge untereinander gedacht. Das Fahrverhalten jedes Autofahrers ist aber individuell und so verschieden, dass gravierende Unterschiede auftreten können. Dazu kommt, dass Wetter, Straßenbeschaffen‐ heit, Steigungen, Kraftstoffqualität, Gewicht, Ausstattung und Reifen ecetera im Alltagsbetrieb stark differieren. Das gilt dementsprechend dann auch für die Abgasemissionen, den CO 2 -Ausstoß und den Kraftstoffverbrauch. Mit den laufenden Emissionsgrenzwertverschärfungen haben diese Diskrepanzen zuge‐ nommen. Die seit langem bestehenden Bestrebungen einen möglichst praxisnahen Bewertungsmaßstab zu etablieren, führten zu der ab dem 1.9.2017 gültigen „Worldwide Harmonized Light-Duty Test Procedure“ WLTP, die auch Messun‐ gen auf der Straße vorsieht, siehe auch Details im Anhang. Mit der Einführung der Gesetzgebung zu den Realfahremissionen (RDE) muss ein breites Spektrum an Fahrrandbedingungen berücksichtigt werden. Dies sind nicht nur Fahrbedin‐ gungen im städtischen Umfeld, sondern ebenfalls Fahrzustände auf Landstraßen und Autobahnen mit höheren Lastbedingungen. Im gesamten Realfahrzyklus müssen zudem weitere Anforderungen an Fahrdynamik, Fahrzeuggewicht, Umgebungstemperatur sowie Steigungs- und Gefällefahrten robust abgesichert werden. Bisher waren in der gesetzlichen Regelung der Zulassung einige Punkte unscharf formuliert, was zu unterschiedlichen Interpretationen und Ausfüh‐ rungslösungen geführt hat. Das Kraftfahrtbundesamt und die Europäische Kommission haben dies über viele Jahre ignoriert und toleriert, sind jetzt aber dabei, diese Punkte enger zu sehen. Die jüngsten Entscheidungen über Rückrufaktionen bei einigen Herstellern beweisen das. Durch eine Softwarean‐ 25 Stickstoffdioxid und Partikelfraktionen <?page no="26"?> 20 Defeat device = Illegale Abschaltvorrichtung. passung mussten die als „defeat device“ 20 bemängelten Eingriffe an einer nicht unerheblichen Anzahl von Fahrzeugen beseitigt werden. Bei der bisherigen Zulassungspraxis waren diese Punkte mit der Begründung des Motorschutzes möglich und wurden bei den Herstellern unterschiedlich angewendet. Die in den Medien als Abgasaffäre bezeichneten Vorgänge haben das Vertrauen in die deutsche Automobilindustrie und letztlich auch in das Kraftfahrtbundesamt und die Politik massiv gestört. Die Diskussionen zu diesem Thema werden nach den letzten durchgesetzten Maßnahmen bald der Vergangenheit angehören. 26 Zusammensetzung der Luft <?page no="27"?> 1 KBA. 2 Ebd. 3 www.spiegel.de/ auto/ aktuell/ verkehr-das-eigene-auto-ist-in-deutschland-beliebt-wienie-a-1286401.html [Stand: 6.08.2020]. Der Straßenverkehr als Schlüssel für erhöhte Werte am Straßenrand Mobile Quellen Da der Straßenverkehr den höchsten Anteil an den gemessenen NO 2 -Konzen‐ trationen durch die Lage der Messstationen am Straßenrand hat, ist es hilfreich, zuerst die Entwicklung der Pkw und Nutzfahrzeugen anzuschauen. Das Kraft‐ fahrtbundesamt KBA dokumentiert jährlich die Bestände und Neuzulassungen aller Fahrzeugtypen. Lieferfahrzeuge bis 3,5 t Gesamtgewicht werden dabei zu den Pkw gezählt. Der Pkw-Bestand hat sich von 41,2 Millionen Pkw 2008 auf 47,7 Millionen 2020 erhöht. Der Gesamtbestand ist im gleichen Zeitraum von 55,2 Millionen Fahrzeuge auf 65,8 Millionen gestiegen. 1 Krafträder haben sich von 3,7 Millionen im Jahr 2008 auf 4,5 Millionen erhöht, Nutzfahrzeuge von 2,3 Millionen auf 3,3 Millionen und Zugmaschinen von 1,9 Millionen auf 2,2 Millionen. Bei den Pkw ist der Anteil an Diesel-Pkw bis 2016 auf 15 Millionen gestiegen, nach den Diskussionen zwischen 2017 bis 2019 sind die Neuzulassungen von 1,5 Millionen auf 1,1 Millionen aber deutlich gefallen. Im Jahr 2020 liegt der Dieselbestand bei 15,111 Millionen. 2 Warum steigt die Zahl der Personenkraftwagen insgesamt? Verkehrsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozial‐ forschung sagt dazu: Das eigene Auto ist in vielen ländlichen Gebieten unver‐ zichtbarer denn je. „Noch nie war das Nahverkehrsangebot im ländlichen Raum so schlecht wie heute“. 3 Die junge Generation will selbstbestimmt mobil sein, und dieser Wunsch verbindet sich nach wie vor mit der Idee, ein eigenes Auto zu besitzen. Motori‐ sierung war das Synonym für Freiheit und die Führerscheinprüfung Klasse 3 <?page no="28"?> 4 www.focus.de/ auto/ news/ drastisches-fahrschul-sterben-zahl-der-fahrschueler-wird-a uf-700-000-sinken_id_5756629.html [Stand: 6.08.2020]. 5 https: / / www.focus.de/ finanzen/ news/ 200-prozent-in-30-jahren-preise-der-autos-steig en-viel-staerker-als-die-inflation_aid_1013254.html [Stand: 6.08.2020]. der Einstieg ins Erwachsenenleben. Die Mehrheit der Jugendlichen hat, bis sie 25 Jahre alt ist, den Führerschein in der Tasche. Individuelle Mobilität und gesellschaftliche Anerkennung, auch bei den Freunden, ist ihre Motivation. Für die meisten Menschen ist der Erwerb eines Autos ein erster Schritt frei und unabhängig zu sein. Den Älteren ist das neue Auto auch Beweis für die eigene Leistungsfähigkeit, Beleg für das Gefühl, noch dabei zu sein. Kehrt sich der Trend um? Mehr junge Menschen ziehen in größere Städte, um zu studieren oder eine andere Ausbildung zu absolvieren. Dort sind die Mieten hoch, der Autoverkehr dicht und die Parkplätze knapp; dafür ist der öffentliche Nahverkehr gut ausgebaut und dank Semesterticket preisgünstig. Das fördert ein pragmatisches Verhalten, das Verkehrswissenschaftler „multimodale Mobilität“ nennen: Man leiht oder mietet sich ein Auto, wenn es nötig ist, zum Beispiel per Carsharing. Weitere Gründe sind der demografische Wandel, es gibt immer weniger 17-Jährige, und die Tatsache, dass das Auto unter Jugendlichen heute immer seltener ein Statussymbol ist. „Die Jugendlichen geben Ihr Geld heute lieber für das neueste Smartphone aus“, sagte Rainer Zeltwanger als Fahrschulfunktionär des Stuttgarter Bundesverband Deutscher Fahrschulunternehmen. Das sei noch vor einigen Jahren völlig anders gewesen: „Wer früher mit 19 keinen Führer schein hatte, mit dem stimmte was nicht.“ 4 Ein eigenes Auto ist heute auch für viele junge Erwachsene unbezahlbarer Luxus. Denn die Innovationsfreude der Hersteller hat auch dafür gesorgt, dass in den vergangenen 34 Jahren laut dem Center Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen die Durchschnittspreise der verkauften Neuwagen pro Jahr um 3,6 Prozent gestiegen sind. 5 So verschiebt sich die Anschaffung in eine spätere Lebensphase, in der sie finanziell kein so großes Problem mehr ist oder ohne Auto nichts geht - etwa nach Gründung einer Familie und Umzug in den ländlichen Raum. Die Entwicklung in ländlichen Gebieten verläuft 28 Der Straßenverkehr als Schlüssel für erhöhte Werte am Straßenrand <?page no="29"?> 6 www.focus.de/ auto/ news/ drastisches-fahrschul-sterben-zahl-der-fahrschueler-wird-a uf-700-000-sinken_id_5756629.html [Stand: 6.08.2020]. anders als in Großstädten. Aber: „In vielen Städten sind Menschen auf das Auto angewiesen.“ 6 Das werde sich auch in Zukunft nicht ändern. Um den Beitrag der Diesel-Pkw abschätzen zu können, sind im Anhang die Bestandsdaten nach Emissionsklassen insgesamt und bei den ausgewählten Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen zusam‐ mengefasst. Da auch Nutzfahrzeuge nicht unerheblich zu den NO x -Emissionen beitragen, folgen dazu einige Anmerkungen: Von 2008 bis 2019 ist der Bestand in Deutsch‐ land von rund 2,3 Millionen auf 3,1 Millionen angewachsen. Auch bei den Nutzfahrzeugen haben die Emissionen stärker abgenommen als der Zuwachs an Fahrzeugen. Da für den Nutzfahrzeugverkehr ein niedriger Kraftstoffverbrauch im Vordergrund stand, wurden immer schon Dieselmotoren eingesetzt. Zur Einhaltung der immer strenger werdenden Grenzwerte ist relativ früh die Harnstoff-Technologie unter dem Namen AdBlue eingeführt worden. Dies hat zu einer deutlichen Verbesserung der NO x -Abgasemissionen geführt. 29 Kehrt sich der Trend um? <?page no="31"?> Zusammenhang der Verkehrszunahme und der Emissionsentwicklung Warum werden die Abgasemissionen weniger, obwohl die Zahl der Fahrzeuge steigt? Generell herrscht die Meinung vor, dass mit der Zunahme des Verkehrs die Luftqualität schlechter wird. Dies trifft aber nicht zu, da die neu in den Verkehr kommenden Fahrzeuge deutlich niedrigere Emissionen aufweisen als die älteren Fahrzeuge, die aus dem Verkehr ausscheiden. Die Neuzulassungen sind jedes Jahr etwas höher als die aus dem Verkehr ausscheidenden Fahrzeuge, sodass jedes Jahr die Gesamtzahl der Fahrzeuge zunimmt, detaillierte Zahlen im Anhang. Fazit: Trotz der gewachsenen Pkw-Zahl sind die Abgasemissionen geringer. Das heißt, die Luft wird besser, die Jahresmittelwerte sinken. <?page no="33"?> 1 www.adac.de/ rund-ums-fahrzeug/ abgas-diesel-fahrverbote/ dieselkauf/ diesel-wertverl ust/ [Stand: 6.08.2020]. Diskussion der Luftqualitätsgrenzwerte für (NO 2 ) und Feinstaub (PM 10 und PM 2,5 ) Die Luftqualität und die Ungereimtheiten bei den realen Abgasemissionen der Autos waren über Wochen und Monate das Hauptthema in den Medien. Insbesondere bei einer Komponente in der Luft, nämlich dem Stickstoffdioxid, wurde angeprangert, dass in vielen Städten der Luftqualitätsgrenzwert von 40 µg/ m 3 nicht eingehalten wird. Dabei ist die Luftqualität in den letzten 30 Jahren bei allen für die Umwelt relevanten Abgaskomponenten deutlich besser geworden. Die erzielten Erfolge bei der Emissionsverringerung und lufthygienischen Überwachung werden oft nicht wahrgenommen, auch weil die Medien dazu neigen, die auffälligsten Werte bei ungünstigen meteorologischen Episoden herauszustellen. Der Bürger hat daher meist den Eindruck, dass er eine ungesunde Luft einatmen muss. In Einzelfällen wird sogar die Nichteinhaltung von Grenzwerten beklagt. So hat die Organisation Deutsche Umwelthilfe e. V. für großen Wirbel gesorgt, indem sie die Einhaltung dieser Grenzwerte in einigen Städten eingeklagt hat. Im September 2019 hat sie sogar mit einer Beugehaft für den Bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder gedroht, weil er für München wegen der Überschreitung des NO 2 -Jahresmittelgrenzwertes an einigen Straßen kein Fahr‐ verbot für ältere Dieselfahrzeuge ausgesprochen hat. Dabei hat das Bayerische Umweltministerium mit der Stadt München einen der umfangreichsten Maß‐ nahmenpläne erarbeitet. Als Folge dieser Aktionen sind sowohl bei den Länderbehörden wie bei Besitzern von Diesel-Fahrzeugen immense Kosten entstanden. Das Bundesver‐ waltungsgericht hat zum Teil Einfahrverbote verhängt, die in Stuttgart (ab 1. Januar 2019) wieder aufgehoben wurden. In einigen Städten, zum Beispiel in Hamburg, wurden einzelne belastete Straßen für Fahrzeuge, die nicht die neuen Abgasstandards einhalten, gesperrt. Viele Urteile sind aber noch nicht rechtskräftig. Die Diesel-Pkw-Neuzulassungen sind in einem Jahr (vom Februar 2017 bis Februar 2018) von 53 % auf 33 % gefallen und die Dieselanfragen bei der Online-Suche von 26 % auf 17 %. Der Wert eines drei Jahre alten Diesel-Pkw hat sich deutlich verringert. 1 <?page no="34"?> Als technische Lösung wurden bei älteren Diesel-Pkw Nachrüstungen gefor‐ dert. Im Sommer 2019 wurden technische Lösungen einiger Zulieferfirmen freigegeben. Ein Einsatz muss aber von den jeweiligen Fahrzeugfirmen freige‐ geben werden. Zusammenfassung zum Straßenverkehr Für die Komponenten Stickstoffdioxid (NO 2 ) und Feinstaub (PM 10 und PM 2,5 ) sind seit 1.1.2010 Grenzwerte gültig, deren Einhaltung vom Bundesverwaltungs‐ gericht gefordert wird. Alle Städte mit erhöhten Konzentrationen bei den Abgaskomponenten Stickstoffdioxid und Feinstäube haben daher Luftreinhal‐ tepläne aufgestellt. Die Umsetzung der dort aufgelisteten Maßnahmen dauert unterschiedlich lang. Das führt dazu, dass die Einhaltung der Grenzwerte in vielen Städten noch nicht gewährleistet ist. Während Umweltzonen relativ zeitnah ausgewiesen werden können, können andere Maßnahmen erst nach und nach in die Praxis umgesetzt werden. Fahrverbote wurden für einige betroffenen Städte erlassen, wobei die Urteile noch nicht rechtskräftig sind, siehe auch Kapitel 19. Grenzwertdiskussion für NO 2 Für Europa werden die Grenzwerte von der Europäischen Kommission festge‐ legt und anschließend vom Europaparlament verabschiedet. Die Staaten haben dann die Pflicht, diese Werte in das nationale Recht zu übernehmen. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden Kurzzeit- und Langzeitgrenzwerte aufgestellt. In der EU-Richtlinie 2008/ 50/ EG (im deutschen Recht mit der 39. BIm SchV) wurde für Stickstoffdioxid in der Außenluft ein 1-Stunden-Grenzwert von 200 µg/ m 3 festgelegt, der nicht öfter als 18-mal im Kalenderjahr überschritten werden darf und seit Jahren in Deutschland eingehalten wird. In der Verordnung ist auch ein Jahresmittelgrenzwert von 40 µg/ m 3 festge‐ legt. Bei Inkrafttreten des Grenzwerts im Jahr 2002 galt für diesen Jahresgrenz‐ wert noch eine Toleranzmarge von 16 µg/ m 3 . Sie verminderte sich ab 1. Januar 2003 bis zum 1. Januar 2010 stufenweise um jährlich 2 µg/ m 3 . Seit 2010 ist die Toleranzmarge entfallen und der Jahresgrenzwert von 40 µg/ m 3 ist verbindlich einzuhalten. Für Stickstoffdioxid ist in der EU eine Alarmschwelle von 400 μg/ m 3 festgelegt. Wird dieser Wert in drei aufeinanderfolgenden Stunden an Orten gemessen, die für die Luftqualität in Bereichen von mindestens 100 km 2 oder 34 Diskussion der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub <?page no="35"?> 2 www.pharmazeutische-zeitung.de/ 2018-02/ stickoxid-grenzwerte-umweltmediziner-w arnt-vor-panikmache/ . Sowie: https: / / www.hausarzt.digital/ allgemein/ mediziner-war nt-vor-panikmache-25970.html [Stand: 6.08.2020]. 3 Ebd. 4 Ebd. im gesamten Gebiet/ Ballungsraum repräsentativ sind, muss der betroffene Mitgliedsstaat umgehend geeignete Maßnahmen ergreifen. Diese Verschärfung des NO 2 -Jahresmittelgrenzwerts hat zu der aktuellen Diskussion geführt, da die NO 2 -Jahresmittelwerte an starkbefahrenen Straßen - an denen die Messstationen in unmittelbarer Nähe der Bordsteinkante liegen - nicht so schnell sinken, wie von den Umweltbehörden gewünscht. Die Gründe dafür werden später noch erläutert. Die Schärfe des NO 2 -Jahresmittelgrenzwerts wird aus mehreren Gründen kritisiert: In USA gilt beispielsweise ein NO 2 -Jahresmittelgrenzwert von 100 µg/ m 3 , in Kalifornien - bekannt für eine sehr strenge Regelungen - gilt 57 µg/ m 3 . Anfra‐ gen von deutschen Politikern, ob der Europäische Grenzwert nicht überdacht werden könnte, sind gescheitert. In den USA gilt nach der Vorgabe der für die nationalen Umweltstandards zuständigen Gesundheitsbehörde EPA seit 2010 ein zu den EU-Kriterien annä‐ hernd vergleichbarer 1-Stunden-Grenzwert (100 ppb beziehungsweise 200 µg/ m 3 ), aber ein gut doppelt so hoher Grenzwert für das Jahresmittel wie in der EU (53 ppb beziehungsweise 100 µg/ m 3 ). In Kalifornien und sechzehn weiteren US-Bundesstaaten hingegen beträgt der Grenzwert für das Jahresmittel nur 30 ppb beziehungsweise 57 µg/ m 3 . Die Kritik zum Jahresmittelgrenzwert von 40 µg/ m 3 kommt von mehreren Sei‐ ten. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin, Hans Drexler, hat vor Panikmache im Streit um Grenzwerte und Dieselfahrver‐ bote gewarnt. 2 „Auch bei 100 µg/ m 3 NO 2 sehen wir noch keinen Effekt, der krank machen kann“, sagte der Erlangener Professor der dpa. 3 An der Landshuter Allee in München wurde im vergangenen Jahr ein Jahresdurchschnittswert von 78 µg/ m 3 gemessen, am Neckartor in Stuttgart liegt der Messwert ähnlich hoch. Wenn Politik und Gesellschaft Grenzwerte mit Sicherheitsfaktor haben wollten, sei das eine gesellschaftliche Entscheidung, sagte Drexler. Er kritisierte Aussagen, wonach NO 2 in Deutschland jährlich 12 860 vorzeitige Todesfälle verursache: „Durch Berechnungen von Stickoxid auf Tote zu schließen, ist wissenschaftlich unseriös.“ Gefährlich sei Feinstaub, „ein Killer, das bleibt in den Zellen hängen, schadet der Lunge, verursacht Herzinfarkte. Aber NO 2 ist kein Vorläufer von Feinstaub“, sagte der Arbeits- und Umweltmediziner, 4 der 35 Grenzwertdiskussion für NO 2 <?page no="36"?> 5 Ebd. 6 Ebd. den NO 2 -Grenzwert für Industriearbeitsplätze in Deutschland mit erarbeitet hat. Dieser Wert liegt bei 950 µg/ m 3 . Der Unterschied Die 950 µg/ m 3 gelten für gesunde Erwachsene, 40 Stunden die Woche, ein Arbeitsleben lang. Sorgfältige Laborstudien mit Freiwilligen und Erfahrungen von Menschen, die im Steinkohlebergbau arbeiten, zeigen bis 950 µg/ m 3 keine klaren Effekte. Ratten, die monatelang 9500 µg/ m 3 ausgesetzt waren, zeigten erste Veränderungen an den Lungen. In Tierversuchen mit rund 4000 µg/ m 3 NO 2 sind keine Effekte feststellbar. Nach dem Vorgehen der DFG-Kommission wurde daraus eine Arbeitsplatzgrenzwert von 950 µg/ m 3 abgeleitet. Bei dem Außenluftgrenzwert geht es um verschiedene Zielgruppen: Kinder, Alte und Asthmakranke, die ihr ganzes Leben lang 40 µg/ m 3 einatmen, sollen keinen Schaden erleiden. Die Grenzwerte beruhen oft auf unterschiedlichen Daten. In einer Studie wurde festgestellt, dass Kinder in Wohnungen mit Gasherd häufiger krank wurden als in Wohnungen mit Elektroherd. Die Weltgesundheitsorga‐ nisation WHO machte NO 2 dafür verantwortlich. Daraus leitete sie einen Grenzwert von 40 µg/ m 3 ab. Die Senatskommission der Deutschen Forschungs‐ gemeinschaft hat diese Studie zur Grenzwertableitung nicht herangezogen. 5 Die Deutsche Umwelthilfe sagt, in Deutschland verursache NO 2 jährlich 12 860 vorzeitige Todesfälle. Die Messstation mit dem höchsten Wert 2017 in Deutschland ist mit 78 µg/ m 3 die Landshuter Allee am Mittleren Ring in München. Müssen Anwohner fürchten, krank zu werden und früher zu sterben? Tote, da entsteht Angst. Man sollte schon seriös bleiben. Zum einen, was heißt vorzeitige Todesfälle? Geht es um Jahre, Tage oder um Minuten verlorene Lebenszeit? Zum anderen halte ich diese Zahlen nicht für wissenschaftlich gut begründet. Durch Berechnungen von NO x auf Tote zu schließen, ist wissen‐ schaftlich unseriös. Feinstaub ist „ein Killer, das bleibt in den Zellen hängen, schadet der Lunge, verursacht Herzinfarkte“, wie der Umweltmediziner Drexler feststellte. 6 Aber NO 2 ist kein Vorläufer von Feinstaub. Stickoxide kann man dem Diesel anlasten - Feinstaub nicht. 36 Diskussion der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub <?page no="37"?> 7 Ebd. 8 NDR Norddeutscher Rundfunk vom 30.1.2019, Hamburg (ots). Muss der 40 µg/ m 3 -Grenzwert strikt durchgesetzt werden? Ein messbarer Effekt beim Treppenstiegen ist ein Anstieg von Puls- und Atemfrequenz. Das macht den Menschen aber nicht krank. Ein Grenzwert soll verhindern, dass messbare Effekte Menschen krank machen. Auch bei 100 µg/ m 3 NO 2 sehen wir noch keinen Effekt, der krank machen kann. Wenn Politik und Gesellschaft Grenzwerte mit Sicherheitsfaktoren haben wollen, ist das deren Entscheidung. Das ist keine Sache der Wissenschaftler. Drexler: „Ich hielte Fahrverbote für medizinisch nicht begründbar, wenn man die Stickoxidbelastungen als Grundlage heranzieht.“ 7 In der Debatte um mögliche Gesundheitsschäden durch Stickstoffdioxid (NO 2 ) schlägt ein früheres Mitglied der Regierungskommission für Bevölke‐ rungsschutz, der Arzt und Biochemiker Professor Alexander Kekulé, die Anglei‐ chung der europäischen Grenzwerte an die in den USA gültigen Werte vor. Im Interview am 30. Januar 2019 mit dem NDR plädiert Kekulé dafür, den derzeit gültigen Grenzwert von 40 Mikrogramm NO 2 pro Kubikmeter Luft auf 100 Mikrogramm anzuheben und sich damit dem US-amerikanischen Grenzwert anzuschließen. Es gebe keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass im Bereich zwischen 40 und 100 Mikrogramm durch NO 2 verursachte gesundheitliche Schäden auftreten. Die US-amerikanische Umweltbehörde sei in einer großen Studie 2018 erneut zu dieser Bewertung gekommen. 8 Grenzwertdiskussion Feinstaub für PM 10 Die lufthygienische Einschätzung der Partikel hat sich im Laufe der Jahre verändert. In den 70er-Jahren stand die Verringerung des Gesamtstaubs TSP im Vorder‐ grund. Ab ca. 2000 legte man das Augenmerk auf die lungengängige Partikel-Frak‐ tion unter 10 µm. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit gelten seit dem 1. Januar 2005 europaweit Grenzwerte für die Feinstaubfraktion PM 10 . Der Tages‐ grenzwert beträgt 50 µg/ m 3 und darf nicht öfter als 35-mal im Jahr überschritten werden. Der zulässige Jahresmittelwert beträgt 40 µg/ m 3 . 37 Muss der 40 µg/ m 3 -Grenzwert strikt durchgesetzt werden? <?page no="38"?> 9 www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 1410/ publikationen/ 2018-01-05 _dokumentationen_01-2018_veranstaltung-nanomaterialien.pdf [Stand: 6.08.2020]. Nur wenige Jahre später ergaben neuere Erkenntnisse, dass Partikel unter 2,5 µm noch wichtiger sind. Daher wurde diese PM 2,5 -Partikelgruppe in die Messungen einbezogen. Mit dem Inkrafttreten der TA Luft haben sich die Staubemissionen statio‐ närer Quellen sehr schnell verringert. Mit der VDI-Norm 2310 und dem TA Luft-Tagesmittel-Grenzwert von 300 µg/ m 3 und dem Jahresmittelgrenzwert von 150 µg/ m 3 haben sich auch die PM 10 -Konzentrationen signifikant verbessert. In den Luftreinhalteplänen der Landesämter waren teilweise Forderungen zur Verringerung von Feinstäuben enthalten. Durch die konsequente Filteranwen‐ dung beim Pkw und Nutzfahrzeug ist dieses Problem gelöst. Die PM 10 -Immissionsgrenzwerte werden in allen 16 Bundesländern unter‐ schritten. 9 Grenzwertdiskussion Feinststaub PM 2,5 und die Partikelanzahl als neue Messgröße Seit 01.01.2015 gilt für die PM 2,5 -Fraktion der Jahresgrenzwert von 25 µg/ m 3 . In mehreren epidemiologischen Studien in den USA wurde eine stärkere Assoziation von PM 2,5 mit Wirkungen beim Menschen herausgefunden als mit PM 10 . Das hat zu der Einführung dieser Partikelgruppe geführt. Inwieweit diese für USA herausgefundenen Zusammenhänge auf Deutschland übertragbar sind, muss noch untersucht werden, da nicht nur die Größe, sondern auch weitere Eigenschaften wie chemische Zusammensetzung, Morphologie und Wasserlöslichkeit eine Rolle spielen. Die PM 2,5 -Immissionsgrenzwerte werden in Deutschland indes seit Jahren eingehalten. Selbst an den verkehrsnahen Messstationen werden in allen Bundesländern die geltenden Grenzwerte mit meist weiter fallender Tendenz unterschritten. Da die Bestimmung der Feinstäube als nicht ausreichend eingeschätzt wird und die Jahresmittelwerte unter den Immissionsgrenzwerten liegen, wird eine zusätzliche Größe eingeführt. Der Fokus wird jetzt auf die Teilchenzahl gelegt. Man befürchtet, dass noch kleinere Partikel mit einer Größe von 100 nm bis hin zu 10 nm und kleiner (Nanopartikel) ins Lymphsystem und ins Blut gelangen und damit Herz- und Kreislauferkrankungen verstärken, Nervengewebe schä‐ 38 Diskussion der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub <?page no="39"?> 10 Reach = Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals. 11 www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 1410/ publikationen/ 2018-01-05 _dokumentationen_01-2018_veranstaltung-nanomaterialien.pdf [Stand: 6.08.2020]. digen und sogar an Krankheiten wie Krebs, Alzheimer oder Demenz beteiligt sein könnten. Generell hängt die Wirkung von Partikel von der Größe, der Oberfläche, der Struktur, der Wasseraffinität und chemischen Zusammensetzung ab. Hier sind noch viele Fragen zu klären, innerhalb des REACH-Prozesses wird schon an der Risikobewertung und an Regularien und weiteren Forschungen gearbeitet. 10 Das Umweltbundesamt (UBA) hat zur Emissionsverminderung beim Stra‐ ßenverkehr Grenzwertvorschläge gemacht. Die Teilchenzahl wird ab der Euro-6-Stufe bei Dieselmotoren auf 6*10 11 / km begrenzt, gemessen im neuen Messverfahren WLTC. Für den Real Driving Test RDE sind 9*10 11 festgelegt, siehe Details im Anhang. Eine verlässliche Datenbasis für die verschiedenen Betriebsbedingungen und Antriebsarten muss noch erarbeitet werden. Im urbanen Hintergrund sind Teilchenzahlen von rund 12 000 pro cm 3 üblich, in Städten liegen die mittleren Werte bei 25 000 pro cm 3 , bei starkem Verkehr wurden in der Schweiz in der Spitze 40 000 pro cm 3 gemessen. 11 Ein Immissionsgrenzwert für die Teilchenzahl ist noch nicht definiert. Zusammenfassung zu Grenzwerten für Stickstoffdioxid (NO 2 ) und Feinstaub Für die Komponenten Stickstoffdioxid (NO 2 ) und Feinstaub (PM 10 und PM 2,5 ) sind seit 1.1.2010 Grenzwerte gültig, deren Einhaltung vom Bundesverwal‐ tungsgericht gefordert wird. Städte mit erhöhten Konzentrationen bei den Komponenten Stickstoffdioxid und Feinstäube haben daher Luftreinhaltepläne aufgestellt. Die dort aufgelisteten Maßnahmen dauern zur Umsetzung unter‐ schiedlich lang. Die Einhaltung der Grenzwerte wird in vielen Städten noch nicht erreicht. Während Umweltzonen relativ zeitnah ausgewiesen werden können, kann das teilweise bei anderen Maßnahmen erst nach und nach in der Praxis verwirklicht werden. Fahrverbote wurden für einige betroffene Städte erlassen, wobei die Urteile noch nicht rechtskräftig sind. Feinstaub-Jahresmittelgrenzwerte werden seit Jahren in allen Städten einge‐ halten. Durch die Einführung der Dieselfilter bei Pkw und Nutzfahrzeugen konnte dieses Problem relativ zügig gelöst werden. Die Höhe des Stickstoffdioxidgrenzwertes wird kontrovers diskutiert, seine Herleitung ist politisch, aber nicht wissenschaftlich zu begründen. Es wird auch 39 Zusammenfassung zu Grenzwerten für Stickstoffdioxid (NO 2 ) und Feinstaub <?page no="40"?> daran gezweifelt, inwieweit die Messstationen in den Städten repräsentativ für die Exposition der Bevölkerung sind. Fahrverbote sind daher nicht verhältnis‐ mäßig. In den folgenden Kapiteln werden für einige Bundesländer Langzeitverläufe dargestellt. Situation am Arbeitsplatz und in Innenräumen Der Stickstoffdioxidgrenzwert von 950 µg/ m 3 gilt für bestimmte Industrie- und Handwerksarbeitsplätze und bezieht sich auf den Mittelwert einer Schicht, die in der Regel acht Stunden lang ist. Er darf kurzzeitig und bis zu viermal pro Schicht um das Zweifache (als Mittelwert über 15 Minuten, Überschreitungs‐ faktor 2) überschritten werden. Der Arbeitsplatzgrenzwert gilt im Sinne der Gefahrstoffverordnung für Beschäftigte, bei denen aufgrund der Tätigkeiten am Arbeitsplatz eine erhöhte Stickstoffdioxid-Belastung zu erwarten ist. Dieser Wert wird als Arbeitsplatz-Richtgrenzwert auch in der Richtlinie (EU) 2017/ 164 aufgeführt. Der Wert gilt für gesunde Arbeitende an acht Stunden täglich und für maximal 40 Stunden in der Woche. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh‐ mer, die berufsbedingt Schadstoffen ausgesetzt sind, erhalten zusätzlich eine arbeitsmedizinische Betreuung und befinden sich somit unter einer strengeren Beobachtung als die Allgemeinbevölkerung. Falschmeldungen, denenzufolge der Grenzwert von 950 µg/ m 3 für Büros gelte, führten zu Kritik am Grenzwert von 40 µg/ m³ für den Jahresmittelwert im Freien. Der Vorsorgegrenzwert von 80 µg/ m 3 als 60-Minuten-Mittelwert und der Gefahrengrenzwert von 250 µg/ m 3 als 60-Minuten-Mittelwert gilt für alle an‐ deren Innenräume, in denen keine entsprechenden Tätigkeiten durchgeführt werden, zum Beispiel Büros und Schulen sowie für Wohnräume. Diese Werte hat der Ausschuss für Innenraumrichtwerte (AIR, ehemals Ad-hoc-Arbeitsgruppe der Kommission Innenraumlufthygiene) des Umweltbundesamtes 2018 festge‐ legt. Der Gefahrenrichtwert, auch Kurzzeitrichtwert II genannt, stellt einen wirkungsbezogen Wert dar, bei dessen Erreichen beziehungsweise Überschrei‐ ten unverzüglich zu handeln ist, da bei einer dauernden Überschreitung dieses Richtwertes insbesondere bei empfindlichen Personen eine gesundheitliche Gefährdung gegeben sein kann. Der Jahresmittelwert-Grenzwert von 40 µg/ m³ für die Außenluft wird auch für die Bewertung der langfristigen Belastung in Innenräumen in der Arbeits‐ stättenverordnung vorgesehen. 40 Diskussion der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub <?page no="41"?> Messstellenthematik Die Grundlage zur Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität in Europa bildet die EU-Richtlinie 2008/ 50/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsricht‐ linie 2008/ 50/ EG) EU-Regelungen In der Richtlinie 2008/ 50/ EG wurden Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Feinstaub PM 10 , Schwefeldioxid, Benzol, Kohlenmonoxid und Blei festgelegt und zusätzliche Luftqualitätsstandards für die noch kleineren PM 2,5 -Feinstäube. Bis zum 10. Juni 2010 mussten die Mitgliedsstaaten die Richtlinie in nationales Recht umsetzen. In Deutschland erfolgte die Umsetzung mit der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes über Luftqualitätss‐ tandards und Emissionshöchstmengen am 2. August 2010, die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 10. Oktober 2016 geändert worden ist. Zur bundesweiten Beurteilung der Luftqualität gemäß der 39. BImSchV werden von den jeweiligen Landesämtern Probenahmestellen für Stickstoffdi‐ oxid (NO 2 ) betrieben. Für diese Probenahmestellen müssen die Anforderungen der 39. BImSchV Anlage 3 eingehalten werden. Dort sind großräumige und kleinräumige Standortkriterien definiert. Großräumige Kriterien: „Der Ort von Probenahmestellen, an denen Messungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit vorgenommen werden, ist so zu wählen, dass Daten über Bereiche innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, in denen die höchsten Werte auftreten, denen die Bevölkerung wahrscheinlich direkt oder indirekt über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Immissionsgrenzwerte signifikant ist; sowie Daten zu Werten in anderen Bereichen innerhalb von Gebieten und Ballungsräumen, die für die Exposition der Bevölkerung allgemein repräsentativ sind.“ 41 Messstellenthematik <?page no="42"?> 12 https: / / www.umwelt-online.de/ regelwerk/ cgi-bin/ suchausgabe.cgi? pfad=/ eu/ 08_09/ 0 8_0050b.htm&such=LUFT [Stand: 6.08.2020]. 13 NOX_ISA_Final_January_2016. Kleinräumige Kriterien: „Bei kleinräumigen Ortsbestimmungen der Probenahmestellen ist zu be‐ rücksichtigen, dass der Luftstrom um den Messeinlass nicht beeinträchtigt werden darf, das heißt, bei Probenahmestellen an der Baufluchtlinie soll die Luft in einem Bogen von mindestens 270° oder 180° frei strömen. Der Messeinlass muss sich grundsätzlich in einer Höhe zwischen 1,5 Meter (Atemzone) und 4 Meter über dem Boden befinden. Der Messeinlass darf nicht in nächster Nähe von Emissionsquellen ange‐ bracht werden. Bei allen Abgaskomponenten dürfen verkehrsbezogene Probenahmestellen zur Messung höchstens 10 Meter vom Fahrbahnrand entfernt sein; vom Fahrbahnrand verkehrsreicher Kreuzungen müssen sie mindestens 25 Me‐ ter entfernt sein.“ 12 Zusammenfassung Gesetzgebung Die Höhe des Stickstoffdioxidgrenzwerts wird kritisiert. Seine Herleitung ist nicht wissenschaftlich zu begründen. Es stellt sich die Frage, ob die Verschärfung des NO 2 -Jahresmittel-EU-Grenzwerts nicht über das Ziel hinausgeschossen ist, wenn man zum Beispiel den NO 2 -Jahresmittel-Grenzwert in den USA vergleicht. In den USA liegt der NO 2 -Jahresmittel-Grenzwert bei 53 ppb, dies entspricht 100 µg/ m 3 . Dort werden im Clean Air Act für sechs Komponenten - darunter auch NO 2 - die Höhe der Immissionsgrenzwerte mit einem aufwendigen Procedere in regelmäßigen Abständen überprüft und festgelegt. 13 Die amerikanische Umweltbehörde EPA legt diesen Air Quality Standard für ihre Bewertung der Luftqualität zugrunde und leitet entsprechend der ge‐ messenen Konzentrationen in den einzelnen Staaten notwendige Maßnahmen ein. Die EPA ist bekannt für eine sehr strikte Gesetzgebung. Die Europäische Kommission ist auch auf die Bewertung von Wissenschaftlern angewiesen, die ähnlich wie in den USA den Grenzwert für die Stickstoffoxide anhand von toxikologischen und epidemiologischen Studien vorgeschlagen haben. Warum die Bewertungen in Europa und in den USA so unterschiedlich sind, bleibt ein Rätsel. 42 Diskussion der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub <?page no="43"?> 14 Messergebnisse aus dem nationalen Beobachtungsnetz für Luftfremdstoffe NABEL der Schweiz. 15 CARB, https: / / ww3.arb.ca.gov/ research/ aaqs/ caaqs/ no2-1/ no2-1.htm [Stand: 6.08.2020] 16 WHO, www.euro.who.int/ __data/ assets/ pdf_file/ 0005/ 74732/ E71922.pdf ? ua=1 [Stand: 6.08.2020]. Da die europäischen Staaten gezwungen sind, die von der Kommission festgeschriebenen Grenzwerte in nationales Recht zu übernehmen, ist jetzt insbesondere in Deutschland eine Situation entstanden, die bei Kommunen und auch bei den Ingenieuren der Automobil- und Zulieferfirmen nur mit extremem Aufwand zu lösen ist. In den Bundesländern ist die Wahl eines repräsentativen NO 2 -Messwertes nicht einheitlich. Da oft Hotspot-Stationen in den Vordergrund gerückt werden, fehlt ein fairer Vergleich. Manche Bundesländer überprüfen daher die Standortfrage der Messstationen. Ein weiterer Aspekt muss noch in dieser Frage angesprochen werden. Wie erklärt es sich, dass man den Menschen am Arbeitsplatz eine über 20-fache NO 2 -Konzentration zumutet, wenn bereits NO 2 -Konzentrationen im Bereich von 41 µg/ m³ bis 80 µg/ m³ in der Außenluft als krankmachend bezeichnet werden? Der Arbeitsplatzgrenzwert liegt bei 950 µg/ m³. Auch wenn der Arbeitsplatz‐ grenzwert ein Wert für die zeitlich begrenzte Belastung gesunder Arbeitender ist, während der NO 2 -Grenzwert in der Außenluft auch empfindliche Personen rund um die Uhr schützt, ist diese Diskrepanz nicht nachvollziehbar. Die Europäische Kommission in Brüssel sollte - ähnlich wie in den USA - eine regelmäßige Überprüfung der Luftqualitäts-Grenzwerte in die Gesetzgebung integrieren. Die Europäische Kommission hätte den europäischen Staaten viel Ärger erspart, wenn sie sich den Bewertungen der Wissenschaftler, die in den USA den Grenzwert in den Air Quality Criteria festgelegt haben, angeschlossen hätten. Es muss auch erwähnt werden, dass es Staaten mit noch schärferen NO 2 -Jah‐ resmittel-Grenzwerten gibt, wie die Schweiz und Kalifornien. Der NO 2 -Jahresmittelgrenzwert in der Luftreinhalteverordnung der Schweiz liegt bei 30 µg/ m 3 und der Tagesmittelgrenzwert liegt bei 100 µg/ m 3 . Die Grenzwerte für NO 2 werden 2016 in den Stadtzentren (Bern-Bollwerk und Lausanne-César-Roux) und entlang der Autobahnkorridore (Härkingen-A1 und Sion-Aéroport-A9) noch deutlich überschritten. 14 Die kalifornische Umweltschutzbehörde CARB (California Air Ressources Board) hat den Air Quality Standard für NO 2 bei der letzten Revision am 23. Februar 2007 auf 30 ppb entsprechend 57 µg/ m 3 verschärft. Die WHO hat für NO 2 einen Jahresmittel-Richtwert von 20 µg/ m 3 empfohlen. 15 16 43 Zusammenfassung Gesetzgebung <?page no="44"?> 17 www.lanuv.nrw.de/ fileadmin/ lanuv/ luft/ pdf/ 2018-10-08-T%C3%9CV-Bericht-Auszug- S._1-11_S.304-305.pdf. Auszug-S._1-11_S.304-305.pdf [Stand: 6.08.2020]. Aufgrund dieser komplexen Faktenlage ist die aktuelle Fahrverbotspolitik als unverhältnismäßig anzusehen. Exkurs: Messstellenkritik Aufgrund der häufig erfolgten Kritik wurde vom Bundesministerium für Um‐ welt, Naturschutz und nukleare Sicherheit beim TÜV Rheinland Energy GmbH ein Gutachten in Auftrag gegeben. Die Prüfung bezog sich auf Einhaltung der oben genannten Kriterien bei kleinräumiger Ortsbestimmung aller verkehrsbe‐ zogenen NO 2 -Probenahmestellen, die 2018 eine NO 2 -Grenzwerteüberschreitung gemessen haben. Betroffen sind die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. 17 In dem Gutachten wird die Beurteilung der Repräsentativität ausgeklammert. Fehlt der Nachweis der Repräsentativität, ist eine Analyse der Bebauungs‐ struktur über einen mindestens 100 m langen Straßenabschnitt mit aktuellen Zahlen der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke bzw. eine mikroskalige Ausbreitungsrechnung für die Umgebung der Station durchzuführen. Diese Einschränkung birgt gewisse Unsicherheiten. Diese haben dazu geführt, dass geplante Sperrungen für Dieselfahrzeuge der Emissionsklasse Euro 4 und darunter in Stuttgart, München und Frankfurt nicht zum Einsatz kamen - beziehungsweise im Falle von Stuttgart zurückgenommen werden mussten. Der Bericht räumt ein, „dass es schwierig ist, abschließend zu beurteilen, ob eine Probenahme die Anforderungen nach Abschnitt B der 23.BImSchV hinsichtlich der Repräsentativität erfüllt.“ Die Punkte 1a) und 1 f) in der 39. Bun‐ des-Immissionsschutzverordnung Anlage 3 (Details im Anhang unter Kapitel 6) werden im Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht geprüft, obwohl der Punkt 1a) bei der Auswahl der Messstellen als erstes, zu berücksichtigendes Kriterium erkannt wurde und eine übergeordnete Stellung einnimmt. Auch bei weiteren Kriterien werden Annahmen getroffen, die es dann erlau‐ ben sollen, die Repräsentativität positiv darzustellen. Passivsammelmessungen (8 Spotmessungen) über einen Abstand von 95  m zeigen 2017 zum Beispiel am Stuttgarter Neckartor Mittelwerte zwischen 49 µg/ m 3 und 73 µg/ m 3 . Das Bayerische Landesamt für Umwelt 2015 hat eine umfangreiche Studie „Untersuchung der räumlichen Verteilung der NO x -Belastung im Umfeld von 44 Diskussion der Luftqualitätsgrenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub <?page no="45"?> 18 Pitz, M., Wellhöfer A., Untersuchung der räumlichen Verteilung der NO x -Belastung im Umfeld von vorhandenen, hochbelasteten Luftmessstationen, LFU, Sept. 2015. 19 www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 479/ publikationen/ uba_factshe et_krankheitslasten_no2.pdf [Stand: 6.08.2020]. vorhandenen, hochbelasteten Luftmessstationen“ veröffentlicht, in der detail‐ liert die Einflüsse von Verkehrsdichte, Flottenzusammensetzung, Bebauung, Baulücken durch Nebenstraßen, Windrichtung und Lage der Messstationen analysiert wurde. 18 Es zeigt sich auch hier, dass es schwer ist, eine repräsentative Aussage über die Belastung der Bevölkerung zu treffen. Zusammenfassung Messthematik Es fehlt eine allgemein akzeptierte Methodik, die eine repräsentative Exposition für die Bevölkerung sicherstellt. Es wird auch daran gezweifelt, inwieweit die Messstationen in den Städten repräsentativ für die Exposition der Bevölkerung sind. In einer Studie des Umweltbundesamtes wurde untersucht, wie viele Einwoh‐ ner bestimmten Konzentrationsklassen in 5er-Schritten ausgesetzt sind. Dabei zeigt sich, dass die Einwohner Deutschlands seit 2011 Konzentrationen über 40 µg/ m 3 kaum mehr ausgesetzt sind. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist einer NO 2- Konzentration von we‐ niger als 15 µg/ m³, rund ein Viertel weniger als 20 µg/ m³, 12 % weniger als 25 µg/ m³, 5 % weniger als 30 µg/ m³ und weniger als 1 % NO 2 -Konzentrationen von 40 µg/ m³ ausgesetzt. Die NO 2 -Exposition mit Werten über 40 ist in dieser Grafik bereits seit Jahren kaum mehr darstellbar. 19 In der Berichterstattung über die Luftqualität wird in erster Linie auf NO 2 -Messwerte von Messstellen nahe am Straßenrand zurückgegriffen. Es wird zu wenig berücksichtigt, ob diese Werte repräsentativ für die tatsächliche Belastung der Bevölkerung sind. Um die Problematik der angesprochenen Abgaskomponenten näher zu beleuch‐ ten, werden die Emissionen und die Luftqualität einiger Städte im Einzelnen behandelt. 45 Zusammenfassung Messthematik <?page no="47"?> 1 www.eea.europa.eu/ themes/ air/ national-emission-ceilings [Stand: 6.08.2020]. 2 "Kolar, J. 1990; OECD 1993, 1995; Streit, B. 1994; Logan, J. A. 1983; Elkins, J. W. 1989; Penner et al. 1991; ""IPCC 95; Lee et al. 97; Köhler et al. 1997; Müller et al. 1995; Strand u. Hov 1995; Potter et al. 1996; "Schumann 1997). 3 www.eea.europa.eu/ themes/ air/ national-emission-ceilings [Stand: 6.08.2020]. Stickstoffoxide NO x , Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 NO x -Emissionen Die Bandbreite der Abschätzungen anerkannter Wissenschaftler zum gesamten NO x -Ausstoß geht weit auseinander. Die wahrscheinlichsten Werte sind global insgesamt 190 Millionen t, davon tragen biogene Quellen 80 Millionen t und anthropogene Quellen 110 Millionen t bei. 1 Zu den biogenen Quellen tragen Böden 39 %, Blitze 32 %, Verbrennung von Biomasse bei Feuern, die durch Blitze ausgelöst wurden zu 19 %, und kleinere Anteile durch Oxidation von Ammoniak 6 %, Ozeane 2 % und aus der Strato‐ sphäre 2 % bei. Der Mensch verursacht von den 110 Millionen t 25 % durch den Betrieb der Kraftwerke, 14 % durch die Verbrennung von Biomasse, 12 % durch Industriean‐ lagen, 11 % durch den Nutzfahrzeug- und Busverkehr, 9 % durch den Pkw-Ver‐ kehr, 7 % durch Mineraldünger, 7 % durch Hausbrand und Kleinverbraucher, 5 % durch Oxidation von Ammoniak, 5 % durch den Schiffsverkehr, 3 % durch den Flugverkehr und 2 % durch sonstigen Verkehr. 2 Die NO x -Emissionen in Europa haben sich von 18,2 Tausend t im Jahr 1990 auf 7,3 Tausend t im Jahr 2018 abgesenkt. Das Ziel, das in der „National Emission Ceiling Richtlinie der EU28 NEC“ festgelegt ist, wurde bereits 2011 erreicht. 3 Innerhalb Europas liegt Deutschland beim NO 2 zwar im letzten Drittel, verbessert sich aber jedes Jahr. <?page no="48"?> 4 EEA Report No 9/ 2020, Air Quality in Europe.-2020 report Bild 6: Ranking der NO 2 -Jahresmittelwerte in den 33 EU-Staaten 2018 4 (Die schwarzen Punkte stehen für die Jahresmittelwerte, die Rechtecke mar‐ kieren die 25- und 75-Percentile und die Striche die Spanne der höchsten beziehungsweise niedrigsten Werte). 25- und 75-Percentile (Maßzahl für die statistischen Verteilung einer Streu‐ ung, d. h., 25 % bzw. 75 % der Werte sind jeweils kleiner. 48 Stickstoffoxide NO x , Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 <?page no="49"?> 5 umweltbundesamt.de/ daten/ luft/ luftschadstoff-emissionen-in-deutschland/ stickstoff‐ oxid [Stand: 6.08.2020]. 6 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 267731/ luftschadstoff_emissionskatast er_2014.pdf [Stand: 6.08.2020]. 7 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 267731/ luftschadstoff_emissionskatast er_2014.pdf [Stand: 6.08.2020]. NO x -Emissionen in Deutschland Allein der Straßenverkehr hat seine NO x -Emissionen von 1,340 Millionen t im Jahr 1990 auf 0,4 Millionen t verringert. 5 2018 verringern sich laut der neuesten Auswertung des UBA die NO x -Emissionen insgesamt um 86,3 kt, die des Verkehrs um 54,6 kt. Die massiven Absenkungen der NO x -Emissionen haben sich auch auf die Luftqualität der Komponenten NO und NO 2 ausgewirkt. Um die Luftqualität in Deutschland zu beurteilen, wurden die vier Bundeslän‐ der Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen ausgewählt und detaillierter betrachtet. Kriterien waren Datenzugänglichkeit und Bevölke‐ rungsdichte. Baden-Württemberg Kleine und mittlere Feuerungs‐ anlagen Verkehr Indus‐ trie und Gewerbe Biogene Sys‐ teme Sonstige technische Einrichtun‐ gen Summe 1990 15 205 164 654 58 955 11 656 38 266 288 444 2000 14 540 110 076 32 009 11 862 28 369 196 856 2010 15 096 62 466 26 874 10 019 16 554 131 009 2014 10 964 52 494 23 974 10 934 15 430 113 796 Tabelle 1: Entwicklung der NO x -Emissionen in Baden-Württemberg in t pro Jahr 6 Die NO x -Emissionen des Straßenverkehrs wurden um 70 % reduziert. Die Gesamtemissionen nehmen von 288444 t im Jahr 1990 auf 113796 t im Jahr 2014 ab. 7 Im Emissionskataster 2014 sind auch Zeitreihen aller Quellen. Der Straßenverkehr als Hauptemittent hat von 5,8 Millionen Fahrzeugen 1990 auf 8,1 Millionen Fahrzeuge 2019 zugenommen. Davon der Pkw-Bestand von 4,92 Millionen auf 6,63 Millionen, Motorräder von 255 000 auf 688 000. 49 NO x -Emissionen in Deutschland <?page no="50"?> 8 Amt für Umwelt der Stadt Stuttgart, Abt. 36-4. Die NO x -Emissionen sind seit Jahren rückläufig. Von 0,34 Mio t im Jahr 1980 auf 0,19 Mio t im Jahr 1998 nach einer frühen Abschätzung. Nach neueren Erkenntnissen beläuft sich die Absenkung von ca. 0,29 Mio t im Jahr 1990 auf 0,14 Mio t im Jahr 2014. Der Verkehr hatte 2014 einen Anteil von 46 %, der Straßenverkehr von 41 %. Der Straßenverkehr bleibt der Hauptemittent; seine Emissionen nehmen aber Jahr für Jahr um rund 3000 t ab. Da NO sich in kurzer Zeit in der Atmosphäre in NO 2 umwandelt, wird auch der Trend der NO-Luftqualität in einigen ausgewählten Städten betrachtet. Das Amt für Umweltschutz in Stuttgart betreibt seit Jahren die Hintergrund‐ station Stuttgart-Mitte Schwabenzentrum. Dort zeigt sich der Rückgang der NO- und NO-Jahresmittelwerte besonders deutlich. Bild 7: Trend der NO-Jahresmittelwerte Stuttgart-Mitte (Schwabenzentrum) 8 Die NO-Jahresmittelwerte fallen seit 1990 von ca. 55 µg/ m 3 auf 11 µg/ m 3 2017 um 80 % ab. Bild 8 zeigt beim NO 2 dagegen zwischen 2003 und 2005 höhere Werte. Bis 2017 sind sie nur um 50 % auf 29 µg/ m 3 gesunken. Hier spielen andere Faktoren eine Rolle, wie beispielsweise unterschiedliche Ozonkonzentrationen und höhere Temperaturen, die eine Umwandlung von NO zu NO 2 begünstigen. 50 Stickstoffoxide NO x , Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 <?page no="51"?> 9 Amt für Umwelt der Stadt Stuttgart, Abt. 36-4. 10 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 277290/ luftqualitaet_in_baden-wuertt emberg_auswertung_2017.pdf [Stand: 6.08.2020]. 11 www.stadtklima-stuttgart.de/ stadtklima_image/ luft/ presse/ p-210819.htm [Stand: 6.08. 2020]. Bild 8: Trend der NO 2 -Jahresmittelwerte Stuttgart-Mitte (Schwabenzentrum) 9 Insgesamt zeigt sich aber auch beim NO 2 ein rückläufiger Trend. Generell ist in der Langzeitbeobachtung die Abgaskomponente NO 2 seit rund 10 Jahren rückläufig. Auch die Stationen Stuttgart, Arnulf-Klettplatz, Reutlingen, Lederstraße Ost, Karlsruhe, Reinhold-Frankstraße und Mannheim, Friedrichsring in Ba‐ den-Württemberg zeigen den rückläufigen Trend. 10 Am Neckartor sind die NO 2 -Werte im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem Jahreswert 2018 um 15 µg/ m 3 gesunken (LUBW), der Jahresmittelwert 2018 lag noch bei 71 µg/ m 3 , der Mittel‐ wert des Halbjahrs 2019 liegt bei 56 µg/ m 3 . 11 Der Jahresmittelgrenzwert wird zwar 2018 noch nicht überall erreicht, aber voraussichtlich aufgrund der technischen Entwicklungen auch ohne Fahrver‐ bote in wenigen Jahren unterschritten. Überraschenderweise hat sich durch die Corona-Pandemie an der Messstation Neckartor nicht der Rückgang der NO 2 -Konzentrationen gezeigt, wie an den meisten Messstationen im Bundesge‐ biet. Die Gründe dafür sind erklärungsbedürftig. 51 Baden-Württemberg <?page no="52"?> 12 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08. 2020]. 13 Ebd. 14 https: / / www.stmuv.bayern.de/ themen/ luftreinhaltung [Stand: 6.08.2020]. 15 Bayerisches Landesamt für Umwelt - LfU Bayern, www.lfu.bayern.de. 16 Ebd. Bayern In der Fortschreibung des Emissionskatasters Bayern 2004 ergeben sich für NO x 2000 233,8 kt und für 2004 von 198,9 kt. 12 Die Prognose für 2010 ist insgesamt 168,7 kt, für den Verkehr 115 kt, davon entfallen auf den Straßenverkehr 93,8 kt. Genehmigungsbedürftige Anlagen emittieren 34,511 kt und nicht genehmigungsbedürftige Anlagen 19,227 kt. 13 Zum Vergleich mit den Luftqualitätswerten sind die Emissionen in Augsburg, München und Regensburg für 2000 dargestellt. Ort Straßenverkehr Summe aller Sektoren München (Stadt) 1777,5 t 5391,3 t München (Landkreis) 4529,1 t 7172,3 t Augsburg (Stadt) 461,2 t 1772,4 t Regensburg (Stadt) 668,3 t 1591,1 t Tabelle 2: NO x -Emissionen in München (Kreisfreie Stadt und Landkreis) 2000 in t 14 Stickstoffmonoxid NO Die NO-Jahresmittelwerte in der Landshuter Allee nehmen von 110 µg/ m 3 2009 auf 66 µg/ m 3 im Jahr 2019 ab. 15 Die NO-Jahresmittelwerte am Stachus nehmen von 60 µg/ m 3 2009 auf 33 µg/ m 3 im Jahr 2019 ab. 16 Bei Stickstoffdioxid liegt das Niveau deutlich höher. Der Abwärtstrend ist aber auch hier deutlich zu erkennen. NO wandelt sich in wenigen Minuten nach dem Verlassen der jeweiligen Quelle durch Oxidation zu NO 2 um. Da die mittleren Ozonkonzentrationen in der Stadt zunehmen, beschleunigen diese die Oxidation zusätzlich. Dazu kommt noch, dass die modernen Abgas‐ absenkungsstrategien bei vielen Motoren den Oxidationsvorgang bereits im Katalysator einbeziehen und so statt NO mehr NO 2 als früher emittieren. Auch höhere Umgebungstemperaturen begünstigen die Umwandlung von NO zu NO 2 . 52 Stickstoffoxide NO x , Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 <?page no="53"?> 17 www.vda.de/ de/ themen/ umwelt-und-klima/ abgasemissionen/ emissionsmessung.htm [Stand: 6.08.2020]. 18 www.muenchen.de: Stadtverwaltung › Stickstoffdioxidmessungen. 19 Luftreinhalteplanng 2019, Maßnahmen und Strategien gegen Stickstoffoxide. Wellhö‐ fer, A., Aktuelles zur Luftreinhalteplanung, Fachtagung am 19.11.2019. Die NO 2 -Jahresmittelwerte an der Landshuter Allee und am Stachus werden in den nächsten Jahren aufgrund der neuen Abgasgrenzwerte jeweils um 17 % zurückgehen. 17 Der NO 2 -Jahresmittelwert an der Landshuter Allee lag 2019 bei 63 µg/ m 3 . Da in München auch weitere Maßnahmen ergriffen wurden, liegt der NO 2 -Jahresmittelwert 2020 bei 54 μg/ m 3 . Am Stachus liegt er bei 33 μg/ m 3 . Ergänzende Messungen des Umweltreferats der Landeshauptstadt München in der Tegernseer Landstraße, der Chiemgaustraße und in der Frauenstraße weisen auch 2018 noch Werte über 40 µg/ m 3 aus. 18 In München verbessern sich aber die NO 2 -Konzentrationen jedes Jahr um 3-5 µg/ m 3 . Ein Trend, der durch das 2017 eingeführte neue Typprüfverfahren bei Pkw noch signifikanter zu Buche schlagen wird. Der weiträumige Transport belasteter Luftmassen kann darüber hinaus zu höheren Werten führen. Bei den Messstationen Landshuter Allee und Stachus wird der Jahresmittel‐ grenzwert zwar 2019 noch nicht erreicht; er wird aufgrund der technischen Entwicklungen auch ohne Fahrverbote in wenigen Jahren unterschritten. Der Blick auf ganz Bayern lässt ebenfalls Positives erkennen: Alle NO 2 -Jah‐ resmittelwerte im Mittel aller Bayerischen Stationen zeigen einen positiven Trend - mit leichten Schwankungen sinken die Werte seit Jahren. 19 Berlin Durch eine Vielzahl von Maßnahmen ist die Berliner Luft in den letzten drei Jahrzehnten bereits deutlich besser geworden. Trotzdem kommt es im Berliner Hauptstraßennetz an Straßen mit viel Verkehr noch zur Überschreitung des NO 2 -Grenzwerts. An Wohnstraßen in der Innenstadt und am Stadtrand werden die Grenzwerte seit Jahren eingehalten. 1989 1994 2005 2009 2015 Anteil an 2015 Stickstoffoxide gesamt 70 369 42 333 19 787 18 718 18 227 Genehmigungsbedürf‐ tige Anlagen 43 531 16 169 6035 6590 6091 35,9 % 53 Berlin <?page no="54"?> 20 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ luftreinhalteplan/ download/ Luftreinh alteplan_ [Stand: 6.08.2020]. 21 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luft/ luftreinhaltung/ luftreinhalteplan_2025/ do wnload/ luftreinhalteplan.pdf. Luftreinhalteplan.pdf [Stand: 6.08.2020]. 22 www.berlin.de/ Senuvk/ Umwelt/ Luftqualitaet [Stand: 6.08.2020]. Gebäudeheizung, Ge‐ werbe, Handel, Dienst‐ leistungen 3904 3820 3105 2934 1994 10,5 % Verkehr (nur Kfz) 20 034 18 944 9032 7613 7077 37,4 % Verkehr (sonstiger) 1400 1300 652 641 1596 8,4 % sonstige Quellen 1500 2100 963 940 1468 7,8 % Tabelle 3: Entwicklung der NO x -Emissionen nach Quellengruppen für Berlin in t 20 Bei aktuelleren Daten aus dem Jahr 2020 zeigt sich insbesondere beim Straßen‐ verkehr eine weitere Abnahme. 21 Bild 9: Trend der NO 2 -Jahresmittelwerte in Berlin 2004 bis 2018 22 54 Stickstoffoxide NO x , Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 <?page no="55"?> 23 www.Thru.de, UBA: PRTR. 24 https: / / www.lanuv.nrw.de/ umwelt/ luft/ emissionen/ emissionskataster-luft/ [Stand: 6.08.2020]. Am verkehrsreichen Hardenbergplatz zeigen sich insbesondere nach 2011 die massivsten Verbesserungen. 2019 wird bereits der 40 µg/ m 3 Grenzwert unter‐ schritten. An der Station Silbersteinstraße wird der Grenzwert 2019 erreicht. Es zeigen sich bei allen Messstationen mit jedem Jahr Verbesserungen. Der Jahresmittelgrenzwert wird zwar 2018 noch nicht überall, aber aufgrund der technischen Entwicklungen auch ohne Fahrverbote 2019 erreicht bzw. unterschritten. Nordrhein-Westfalen Aus dem Emissionskataster NRW-online sind NO x -Emissionen für die Regierungs‐ bezirke Düsseldorf, Köln, Münster, Detmold und Arnsberg für 2012 angegeben. Regierungs‐ bezirk Verkehr Kfz-Ver‐ kehr Industrie Kleinfeue‐ rungen Summe Düsseldorf 38,992 20,930 61,145 3,864 124,931 Köln 26,908 19,167 49,044 3,631 98,750 Münster 14,882 12,561 23,098 2,236 52,777 Detmold 11,611 9,926 7,525 2,084 31,146 Arnsberg 19,511 17,404 22,095 3,295 62,305 Zusammen 111,904 79,988 162,907 15,110 369,909 Tabelle 4: NO x -Emissionen in kt 2012 in den Regierungsbezirken 23 Die höchsten Emissionen insgesamt und speziell beim Verkehr ergeben sich im Regierungsbezirk Düsseldorf und Köln. Die Emissionen der Industrie sind etwa dreimal so hoch wie die des Verkehrs. Die NO x -Emissionen der berichtspflichtigen Betriebe verringern sich von 162 000 t im Jahr 2007 auf 138 000 t 2014. 24 Die NO x -Emissionen des Straßenverkehrs verringern sich von 287 kt 1990 auf 92 kt 2016. Das entspricht einer Verbesserung um 68 %. Vergleicht man die Werte für den Kfz-Verkehr aus dem Emissionskataster NRW-online für die Regierungsbezirke Düsseldorf 20,93 kt, Köln 19,17 kt, Münster 12,56 kt, Detmold 55 Nordrhein-Westfalen <?page no="56"?> 25 www.umwelt.nrw.de/ umwelt [Stand: 6.08.2020]. 26 https: / / www.lanuv.nrw.de/ fileadmin/ lanuv/ luft/ immissionen/ ber_trend/ Auswirkunge n_Covid19_Luftqualit%C3%A4t.pdf [Stand: 6.08.2020]. 27 Europäische Raumfahrtagentur ESA www.esa.int/ Applications/ Observin g_the_Earth/ Copernicus/ Sentinel5P/ Coronavirus_lockdown_leading_to_drop_in_poll ution_across_Europe [Stand: 10.12.2020] 9,93 kt und Arnsberg 17,40 kt ergibt sich aufsummiert für 2012 ein NO x -Emissi‐ onswert für den Kfz-Verkehr von 80 kt. Die NO 2 -Konzentrationen in verkehrsreichen Innenstädten nahmen von 2013 bis 2018 im Mittel um rund 10 % ab. Bei allen Stationen setzt sich dieser Trend fort. In Dinslaken, Eschweiler, Halle, Langenfeld, Münster und Remscheid wurde hier der Grenzwert im Jahresmittel erstmals eingehalten. 25 Es zeigen sich mit jedem Jahr Verbesserungen. Der Jahresmittelgrenzwert wird zwar 2018 noch nicht überall erreicht, aber aufgrund der technischen Entwicklungen auch ohne Fahrverbote in wenigen Jahren unterschritten. Der Corona-Lockdown begann in Deutschland in der 12. Kalenderwoche 2020. Nach ersten Abschätzungen hat in NRW der Straßenverkehr um 30 bis 50 % durch die Corona-bedingten Einschränkungen abgenommen - mit den zu erwartenden Verbesserungen der Luftqualität. So zeigt der Vergleich der Tagesgänge im Zeitraum 16. März 2020 bis 14. April 2020 einen Rückgang im gesamten Tagesverlauf. Verkehrsnah wird ein Rückgang um 29 %, im Hintergrund um 21 % angegeben (LANUV-Sonderauswertung). Im Sommer 2020 hat der Verkehr dann wieder Fahrt aufgenommen, daher wird erst die Zukunft zeigen wie nachhaltig die coronabedingte Verminderung ist. 26 Über Europa liegen die Konzentrationen in der Troposphäre bedingt durch die Pandemie im Mittel 50 % niedriger. 27 Wirkung niedriger NO 2 -Konzentrationen Laut dem aktuellen Trend werden also die NO 2 -Konzentrationen weiter sinken. Als Reizgas mit stechend-stickigem Geruch wird NO 2 bereits in geringen Konzentrationen wahrgenommen. Die Inhalation ist der einzig relevante Auf‐ nahmeweg. Die geringe Wasserlöslichkeit des NO 2 bedingt, dass NO 2 nicht in den oberen Atemwegen gebunden wird, sondern auch in tiefere Bereiche des Atemtrakts über die Bronchiolen bis in die Alveolen eindringt. Wirkungen im Atemtrakt bei erhöhten Konzentrationen sind u. a. durch eine Erhöhung des Atemwegswiderstandes, Lungenfunktionsänderungen, Beeinträchtigung der Infektionsabwehr und morphologische Schädigungen der Lunge gekenn‐ 56 Stickstoffoxide NO x , Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 <?page no="57"?> 28 Morgenroth, K., Bronchitis, München, 1983. zeichnet. Nach einer chronischen Belastung können fibrotische Veränderungen (krankhafte Vermehrungen des Bindegewebes) sowie die Ausbildung eines Emphysems auftreten. Bild 10: Veränderung der oberen Bronchialschleimhaut bei chronischer Bronchitis 28 57 Wirkung niedriger NO 2 -Konzentrationen <?page no="58"?> Für Stickstoffdioxid wird nach aktuellem Kenntnisstand kein Schwellenwert benannt, bei dessen Unterschreiten langfristige Wirkungen von NO 2 auf den Menschen ausgeschlossen werden können. Für besonders empfindliche Perso‐ nen scheint die Wirkungsschwelle sehr tief zu liegen. Die Erkenntnisse zu den Kurz- und Langzeitwirkungen von Stickstoffdioxid wurden anhand von Tierversuchen und human-experimentellen Untersuchun‐ gen, wie Kammerexperimenten und epidemiologischen Studien, gewonnen. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: Zu den Langzeitwirkungen liegen nur wenige epidemiologische Untersu‐ chungen vor. In den wenigen Studien konnte aber bei einer Steigerung der lang‐ jährigen NO 2 -Exposition eine Zunahme der Sterblichkeit (alle Todesursachen, Herz- und Atemwegserkrankungen, Lungenkrebs) sowie eine Zunahme der Häufigkeit von Lungenkrebserkrankungen, chronischen Atemwegsbeschwer‐ den bei Erwachsenen, Hustenepisoden und Bronchitis mit Lungenfunktions‐ verschlechterungen bei Schulkindern und chronischer Bronchitis bei Kindern mit diagnostiziertem Asthma festgestellt werden. Es liegen allerdings auch Kurz- und Langzeitstudien vor, in denen kein Zusammenhang zwischen der NO 2 -Exposition, der Sterblichkeit und der Erkrankungshäufigkeit ermittelt wurde. In der Richtlinie VDI 2310 Blatt 12 „Maximale Immissionswerte zum Schutz des Menschen; Maximale Immissions-Konzentrationen für Stickstoffdioxid“ wird zur Beurteilung der kurzfristigen Wirkungen von NO 2 auf den Menschen in Wohngebieten, die im Allgemeinen repräsentativ für die Belastungssituation der Bevölkerung sind, ein 24-h-MIK-Wert von 50 µg NO 2 / m 3 festgelegt. Da sich, insbesondere aus epidemiologischen Studien, kein Schwellenwert für langfristige NO 2 -Wirkungen auf den Menschen ableiten lässt, wird von der Kommission „Reinhaltung der Luft im VDI und DIN“ zur gesundheitlichen Vorsorge für langfristige Belastungen in Wohngebieten ein Jahresmittelwert in Höhe von 20 µg NO 2 / m 3 für erstrebenswert gehalten. Zur Bewertung von Stickstoffdioxid-Immissionen im Rahmen der Genehmi‐ gung und Überwachung von Anlagen nach BImSchG stehen die Immissions‐ werte der TA Luft von 40 µg/ m 3 als Jahresmittel und 200 µg/ m 3 als Stundenmittel mit 18 zulässigen Überschreitungen im Jahr zur Verfügung. Die Immissions‐ werte der TA Luft für Stickstoffdioxid basieren auf den entsprechenden Grenz‐ werten der 1. Tochterrichtlinie der EU „Richtlinie 1999/ 30/ EG des Rates vom 22. April 1999 über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoff‐ oxide, Partikel und Blei in der Luft“. Diese wurde mittlerweile in die Richtlinie 2008/ 50/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa überführt. 58 Stickstoffoxide NO x , Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 <?page no="59"?> 29 VDI Nachrichten Nr. 37 vom 11.9.2020, Seite 8-9. Neueste Analysen haben die positive Wirkung der geringen Abgasemissio‐ nen neuer Diesel-Pkw bewiesen. Die TU Darmstadt - Lehrstuhl für Verbren‐ nungsmaschinen - hat in Darmstadt an der Messstation Hügelstraße mit Straßenschluchtcharakter 2018, 2019 und in den ersten zwei Quartalen 2020 die Stickstoffdioxidkonzentrationen des städtischen Hintergrunds und die ver‐ kehrsinduzierten Anteile verglichen, siehe Bild 11. Bild 11: NO 2 -Konzentrationen in Darmstadt, Hügelstr. 29 Die verkehrsinduzierten NO 2 -Konzentrationen haben deutlich abgenommen. Ihr Anteil am Gesamtwert ist geringer geworden. Auch die RWTH Aachen hat eine Verbesserung der NO 2 -Konzentration von 5 % jährlich gemessen, die weitgehend durch die Penetration moderner Diesel-Pkw in die Fahrzeugflotte zurückzuführen ist. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen zu NO x -Emission und NO 2 -Immission Die wichtigsten Stoffe aus der Stickstoffoxid-Gruppe sind Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 . In der Atmosphäre wandelt sich NO in kurzer 59 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen zu NO x -Emission und NO 2 -Immission <?page no="60"?> Zeit - Minuten bis wenige Stunden - in NO 2 um. NO spielt lufthygienisch kaum eine Rolle, für NO 2 wurde dagegen wegen seiner Reizwirkung bei höheren Konzentrationen ein niedriger Immissionsgrenzwert aufgestellt. Seit 2010 gilt für alle EU-Staaten ein NO 2 -Jahresmittel-Grenzwert von 40 µg/ m 3 . Der NO 2 -Grenzwert lag vor dem Jahr 2000 bei 60 µg/ m 3 und wurde entspre‐ chend der EEC-Direktive 85/ 203/ EEC, der 22. BImSchV und der TA Luft jährlich um 10 % verschärft. Dadurch entsteht jetzt in der Öffentlichkeit der Eindruck, die Luftqualität sei schlechter geworden. Tatsächlich haben sich in dieser Zeit die NO 2 -Konzentrationen in den Städten aber verbessert, was beispielhaft anhand der Daten aus den Bundesländern dokumentiert ist. Die Luftqualität in unseren Städten war nie so gut wie heute. Die Jahresmittelwerte von NO und NO 2 sind rückläufig - bei NO 2 nicht so schnell wie beim NO - haben aber noch nicht an allen Messstationen, insbesondere an Verkehrsstationen, den ambitionierten Immissionsgrenzwert von 40 µg/ m 3 erreicht, obwohl die NO x -Emissionen seit 1995 um 36 % gesunken sind. Die NO x -Emissionen sind in Europa von ca. 17,7 Mio t im Jahr 1990 auf ca. 7,7 Mio t im Jahr 2015 zurückgegangen. In Deutschland sind die NO x -Emis‐ sionen von ca. 2,9 Mio 1990 auf ca. 1,9 Mio t zurückgegangen. Trotzdem liegt Deutschland im europäischen Ranking an letzter Stelle, dicht hinter England, Griechenland und den Niederlanden. In nahezu allen Bundesländern ist der Straßenverkehr der Hauptemittent. Aber obwohl die NO x -Emissionen des Straßenverkehrs von 1990 bis 2015 um ca. 70 % zurückgegangen sind, hat sich Verminderung immissionsseitig nicht in gleicher Größenordnung ausgewirkt. Gründe dafür sind detaillierter im Kapitel 4 dargelegt. Insbesondere bei Episoden spielt der Ferntransport von belasteten Luftmassen oft von weit entfernten Staaten eine nicht unerhebliche Rolle. Photochemische Prozesse und meteorologische Phänomene (Inversionen, windarme Hochdruckwetterlagen), Heizgewohnheiten und schlechtdurchlüf‐ tete Straßenschluchten sind weitere Gründe für erhöhte NO 2 -Konzentrationen. Die technischen Fortschritte zusammen mit der Überprüfung durch das WLTP-Verfahren werden mit jedem Jahr die NO 2 -Jahresmittelwerte zukünftig signifikant weiter absenken und die aufgeregten Reaktionen von Behörden und Medien abebben lassen. Ein rationalerer Umgang mit der Überschreitung des fragwürdig aufgestellten NO 2 -Immissionsgrenzwerts hätte geholfen, den wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden, der bei den Unternehmen und den umweltbewussten Fahrzeugbesitzern aufgetreten ist, die den Dieselantrieb nicht zuletzt wegen seinen niedrigeren CO 2 -Emissionen gewählt haben. 60 Stickstoffoxide NO x , Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 <?page no="61"?> Die Diskrepanz der NO 2 -Grenzwerte in Europa und USA/ Kalifornien muss ernsthaft diskutiert werden und unter Umständen zu einer Anpassung des europäischen Grenzwerts führen. Neben den Stickstoffoxiden sind Partikel im Fokus der Gesetzgebung. Insbe‐ sondere die Partikel unter einer Größe von 10 µm und seit einigen Jahren auch die unter der Größe von 2,5 µm. 61 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen zu NO x -Emission und NO 2 -Immission <?page no="63"?> 1 Metz, N., Vorlesung Auto und Umwelt Teil 3, Hochschule Coburg. Feinstaub PM 10 Feinstaubkonzentrationen in früheren Jahren waren auch der Grund, warum die Kommunen Maßnahmen, wie zum Beispiel Luftreinhaltepläne und Umweltzo‐ nen aufstellen mussten, und warum die Medien das Thema so intensiv behandelt haben. Der Begriff Partikel umfasst eine Reihe von Partikeldefinitionen. Staub ist der Oberbegriff und wird im Englischen auch als Total Suspended Particulates TSP oder Particulate Matter PM bezeichnet. Es folgen Unterscheidungen für die Größe, deren Obergrenze jeweils in der Bezeichnung steckt. Weitere Un‐ terscheidungen leiten sich aus der chemischen Zusammensetzung ab, wie in Tabelle 5 dargelegt. Staub Particulate Matter, PM Partikel unter 10 µm PM 10 Partikel unter 2,5 µm PM 2,5 Partikel unter 50 nm Ultrafeine Partikeln, Nano-Partikeln Ruß, Elemental Carbon, EC Organischer-Ruß-Anteil Organic Carbon, OC mit angelagertem organischen Anteil Total Organic Carbon, TOC metallische Partikel Heavy Metals; z. B. Blei (Pb) Tabelle 5: Definitionen verschiedener Partikelbezeichnungen 1 <?page no="64"?> 2 Krug, H.F. Kern, K. Diabaté, s. Toxikologische Aspekte der Nanotechnologie, TATuP, 2004. 3 Parlar et al. 1995, Colbeck 1995, IPCC 1995, Lenz et al. 1993, Puxbaum 1993. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 59 Bild 12: Einordnung der Partikel nach ihrer Größe 77 Zum Größenvergleich finden sich in Bild 2 zum Beispiel Viren und Bakterien sowie einzelne Moleküle und der sogenannte Alveolarsack. Mit diesen Definitionen können die folgenden Ausführungen besser verstanden werden. In den ersten Jahren zur Verbesserung des Umweltschutzes wurde bei den Partikeln nur der Gesamtstaub geregelt. Dazu zuerst Angaben zur globalen Lage. Globale Partikelemissionen für den Schwebstaub Globale Abschätzungen der Partikelemissionen schwanken bei den natürlichen Quellen von 1500 Millionen t pro Jahr (t/ a) bis 5500 Millionen t/ a, bei den 77 H.F. Krug, K. Kern, S. Diabaté, Toxikologische Aspekte der Nanotechnologie, TATuP, 2004. Bild 12: Einordnung der Partikel nach ihrer Größe 2 Zum Größenvergleich finden sich in Bild 12 zum Beispiel Viren und Bakterien sowie einzelne Moleküle und der sogenannte Alveolarsack. Mit diesen Definitionen können die folgenden Ausführungen besser verstan‐ den werden. In den ersten Jahren zur Verbesserung des Umweltschutzes wurde bei den Partikeln nur der Gesamtstaub geregelt. Dazu zuerst Angaben zur globalen Lage. Globale Partikelemissionen für den Schwebstaub Globale Abschätzungen der Partikelemissionen schwanken bei den natürlichen Quellen von 1500 Millionen t pro Jahr (t/ a) bis 5500 Millionen t/ a, bei den anthropogenen Emissionen von 300 Millionen t/ a bis 800 Millionen t/ a. Der wahrscheinliche Wert bei den natürlichen Emissionen liegt bei 3250 Millionen t pro Jahr, bei den vom Menschen verursachten Partikelemissionen bei 570 Millionen t pro Jahr. Zu den natürlichen Staubemissionen tragen die Erosion durch Wind 46 %, die Salzaerosole der Meere 40 %, und kleinere Anteile durch die Bildung von Sekundäraerosolen aus Nitrat und Sulfat 9 %, von der Natur selbsterzeugte Emissionen 2 % und 1 % durch Vulkaneruptionen bei. Der Mensch verursacht von den 570 Millionen t 35 % durch Sekundäraerosole, 25 % durch den Umschlag von Schüttgut, 14 % durch Industrieanlagen, 9 % durch den Stra‐ ßenstaub, 9 % durch die Verbrennung von Biomasse, 7,5 % durch Landwirtschaft, und 0,5 % durch den weltweiten Verkehr. 3 64 Feinstaub PM 10 <?page no="65"?> 4 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 6.08.2020]. 5 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luft/ luftreinhaltung/ luftreinhalteplan_2025/ download / luftreinhalteplan.pdf. Luftreinhalteplan.pdf [Stand: 6.08.2020]. In Europa nehmen die PM 10 -Emissionen von 4,6 Millionen t im Jahr 1990 auf 2,8 Millionen t 2017 ab. Hauptemittenten sind das Gewerbe mit Dienstleistungen und Hausbrand sowie die industriellen Prozesse. 4 Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 61 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 µg/ m 3 Bild 13: (Die schwarzen Punkte stehen für die Jahresmittelwerte, die Rechtecke markie‐ ren die 25- und 75-Perzentile und die Striche sind die Spanne der höchsten beziehungs‐ weise niedrigsten Werte). Ranking der PM 10 -Emissionen in Europa 5 65 Globale Partikelemissionen für den Schwebstaub <?page no="66"?> 6 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 6.08.2020]. Deutschland liegt unter dem WHO-Richtwert von 20 µg/ m 3 . PM 10 -Emissionen in Deutschland 62 (Die schwarzen Punkte stehen für die Jahresmittelwerte, die Rechtecke markieren die 25- und 75-Perzentile und die Striche sind die Spanne der höchsten beziehungsweise niedrigsten Werte). Bild 13: Ranking der PM 10 -Emissionen in Europa 80 Deutschland liegt unter dem WHO-Richtwert von 20 µg/ m 3 . PM 10 -Emissionen in Deutschland Bild 14: Entwicklung der PM 10 -Emissionen in Deutschland in Millionen t 81 Die PM 10 -Partikelemissionen haben in Deutschland von 0,35 Millionen t im Jahr 1990 auf 0,20 Millionen t im Jahr 2017 abgenommen. 80 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luft/ luftreinhaltung/ luftreinhalteplan_2025/ download/ luftreinhalteplan.pdf. Luftreinhalteplan.pdf [Stand: 6.08.2020]. 81 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 6.08.2020]. Bild 14: Entwicklung der PM 10 -Emissionen in Deutschland in Millionen t 6 Die PM 10 -Partikelemissionen haben in Deutschland von 0,35 Millionen t im Jahr 1990 auf 0,20 Millionen t im Jahr 2017 abgenommen. Hauptemittenten sind die industriellen Prozesse. Deutlich weniger emittieren das Gewerbe, mit Dienstleistungen und Hausbrand, sowie der Straßenverkehr und die Landwirtschaft. Der Straßenverkehr hat dabei die stärkste Abnahme zu verzeichnen. Die PM 10 -Emissionen des Straßenverkehrs lagen im Jahre 2017 bei 30,21 kt und haben sich 2018 um 1 kt auf 29,19 kt verringert. Das Umweltbundesamt bestätigt, dass der Straßenverkehr mittlerweile nicht mehr der Hauptverursacher ist. Kurzfristige Verringerungen einzelner Fein‐ staub-Quellen in Städten können daher keine durchschlagende Konzentrations‐ verringerung erwarten lassen. Der Beitrag anderer Feinstaubquellen kann sogar so weit an Bedeutung gewinnen, sodass trotz verringerten Verkehrsaufkom‐ mens erhöhte Feinstaubkonzentrationen auftreten. Genau mit dem Beginn des 66 Feinstaub PM 10 <?page no="67"?> 7 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 267731/ luftschadstoff_emissionskatast er_2014.pdf [Stand: 6.08.2020]. Corona-Lockdowns war dies in vielen Regionen Deutschlands der Fall. Das sehr trockene Hochdruckwetter in diesem Zeitraum verschärfte die Situation zudem. Auswertungen der Bundesländer zeigen deshalb auch keine oder nur geringfü‐ gige positive Auswirkungen des Lockdowns auf die Feinstaubkonzentrationen. PM 10 in ausgewählten Bundesländern Die Entwicklung der Luftqualität für Partikel wird in vier Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen dargestellt. Baden-Württemberg PM 10 -Emissionen in Kilo t pro Jahr (kt/ a) Kleine und mitt‐ lere Feue‐ rungsan‐ lagen Verkehr Industrie und Ge‐ werbe Biogene Systeme sonstige techni‐ sche Ein‐ richtun‐ gen Summe 1990 2102 9051 7614 2937 5569 28 663 2000 3774 7012 4412 2906 3639 21 743 2010 4060 5996 2439 3036 1839 17 370 2014 2836 4995 2221 2975 1461 14 488 Tabelle 6: PM 10 -Feinstaub-Emissionen in t/ a Baden-Württemberg 1990 bis 2014 7 Der Verkehr hat bei PM 10 -Feinstaub-Emissionen einen Anteil von 34 %. Die PM 10 -Feinstaub-Emissionen der Quellengruppe kleine und mittlere Feue‐ rungsanlagen sind die hauptsächlichen Verursacher, da dort insbesondere Fest‐ brennstoffe eingesetzt werden. 67 PM 10 in ausgewählten Bundesländern <?page no="68"?> 8 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 277290/ luftqualitaet_in_baden-wuertt emberg_auswertung_2017.pdf [Stand: 6.08.2020]. 9 Quelle: persönliche Anfrage. Amt für Umweltschutz Stuttgart. 10 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08. 2020]. Die PM 10 -Jahresmittelwerte in Baden-Württemberg haben sich an allen Messstationen deutlich verbessert. Selbst an der vom Verkehr am intensivsten betroffenen Station „Am Neckartor“ liegen die Werte unter dem Grenzwert. 8 Bild 15: Entwicklung der PM 10 -Jahresmittelwerte am Neckartor 9 Bayern Die Verursacher bei Feinstaub (PM 10 ) sind der Verkehr mit 57 %, die Klein‐ feuerungen mit 16 %, die Industrieanlagen mit 12 %, die landwirtschaftliche Viehhaltung mit 12 %, der Umschlag staubender Güter mit 2 % und die Acker‐ landbewirtschaftung mit 1 %. Der hohe Beitrag des gesamten Verkehrs von 57 % ist die Summe von rund einem Viertel (24 %) direkter Auspuffemissionen des Straßenverkehrs, knapp einem Fünftel (19 %) von Aufwirbelungen des Straßenverkehrs und aus weiteren 14 % von dieselbetriebenen Offroad-Fahrzeugen sowie dem Schienen-, Flug- und Schiffsverkehr. 10 68 Feinstaub PM 10 <?page no="69"?> 11 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08. 2020]. Die Feinstaub PM 10 -Emissionen sind signifikant rückläufig. Insgesamt ergibt sich von 1995 bis 2016 eine Abnahme von 55 000 t auf 34 000 t und beim Straßenverkehr eine Abnahme von 10 000 t auf 4 900 t. Teilweise sind aus den Luftreinhalteplänen, die nach Bedarf fortgeschrieben werden, Daten für einzelne Städte zu finden. Für München sind es bis jetzt sechs Fortschreibungen. In der 1. Fortschreibung wurde ein Lkw-Durchfahrt eingerichtet, in der 2. Fortschreibung am 21. August 2008 wurde die Einrichtung einer Umweltzone beschlossen. Am 12. April 2010 erfolgte die 3. Fortschreibung. Wesentliche Maßnahme der 3. Fortschreibung ist die Beteiligung des Münchner Umlandgebiets. Am 05. September 2012 folgte die 4. Fortschreibung. Am 20. Mai 2014 hat das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die 5. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München in Kraft gesetzt. Als wesentliche Maßnahme beinhaltet die 5. Fortschreibung die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Landshuter Allee auf 50 km/ h. Am 08. Dezember 2015 ist die 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München in Kraft getreten. Sie enthält 20 Maßnahmen, die dabei helfen sollen, die Luftqualität weiter zu verbessern. Zu den PM 10 -Emissionen aus dem Straßenverkehr tragen die Abgase von Diesel-Lkw mit 58 % mehr als die Hälfte bei, gefolgt von Benzin-Pkw mit 17 % und Diesel-Pkw mit 15 %. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Bild 15: PM 10 -Emissionen in t nach Quellengruppen in München 2000 85 In München war der Straßenverkehr 2000 mit 168 t noch der Hauptemittent. Luftqualität Die PM 10 -Jahresmittelwerte nahmen an der Messstation Landshuter Allee von 39 µg/ m 3 2009 auf 24 µg/ m 3 2018, am Münchner Stachus von 32 µg/ m 3 2009 auf 22 µg/ m 3 2018 ab. 86 Berlin Emission Bild 16: PM 10 -Emissionen in t nach Quellengruppen in München 2000 11 69 Bayern <?page no="70"?> 12 Bayerisches Landesamt für Umwelt - LfU Bayern, www.lfu.bayern.de [Stand: 12/ 2020]. 13 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ entwicklung/ lang_pm10.shtml [Stand: 6.08.2020]. 14 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ entwicklung/ lang_pm10.shtml [Stand: 6.08.2020]. In München war der Straßenverkehr 2000 mit 168 t noch der Hauptemittent. Die PM 10 -Jahresmittelwerte nahmen an der Messstation Landshuter Allee von 39 µg/ m 3 2009 auf 24 µg/ m 3 2019, am Münchner Stachus von 32 µg/ m 3 2009 auf 19 µg/ m 3 2019 ab. 12 Berlin 1989 1994 2005 2009 2015 Anteil an 2015 Feinstaub (PM 10 ) gesamt 17 580 8804 3854 3135 2526 Genehmigungsbe‐ dürftige Anlagen 9563 3161 384 152 142 5,6 % Gebäudeheizung/ Gewerbe/ Handel/ Dienstleistungen 2943 1368 245 353 241 9,5 % Verkehr (nur Kfz-Verkehr) 1736 1135 355 225 110 4,4 % Abrieb und Aufwir‐ belungen durch Kfz-Verkehr 1200 1150 1099 680 516 20,4 % Verkehr (sonstiger) 238 190 123 119 250 9,9 % sonstige Quellen 1900 1800 1648 1606 1267 50,2 % Tabelle 7: Entwicklung der PM 10 -Emissionen nach Sektoren in Berlin t/ a 13 Auch in Berlin fallen die PM 10 -Jahresmittelwerte seit 2003 und liegen an der Straße, der Innenstadt und am Stadtrand deutlich unter dem Grenzwert von 40 µg/ m 3 . 14 70 Feinstaub PM 10 <?page no="71"?> 15 Ebd. Verbesserungsversuch Bild 16 zu Seite 79 % 100 80 60 40 20 0 Mo Mi Fr So Mo Mi Fr So Mo Mi Fr So Mo Mi Fr So Mo Mi Fr So Mo Mi Fr So 09.-15. März 16.-22. März 23.-29. März 30.03.-05. 06. 04.-12. April 13.-19. April Tägliche Verkehrsstärken in der Leipziger Straße (Mitte) zwischen Mauer- und Friedrichstraße 100 % = Verkehrsstärke des mittlerer Werktags in der ersten Märzwoche 2020 Tägliche Verkehrsstärke Im Vergleich zum Mittelwert der 1. Märzwoche 2020 Quelle: VIZ Berlin ( TE 352 und TE 353) Bild 17: Entwicklung der PM 10 -Jahresmittelwerte 15 Die regionale Hintergrundbelastung (Emissionen im nahen Umfeld) bestimmt im Wesentlichen die Konzentrationshöhe. Die größte Einzelquelle ist der Abrieb und die Aufwirbelung von Partikeln durch Kfz-Verkehr mit 21 %. Kfz-Abgase erzeugen ca. 7 % des Feinstaubs. Der Straßenverkehr insgesamt hat damit einen Anteil von etwa 28 % an den Feinstaubemissionen. Die Folgen des Shutdown zeigen sich in den Daten der zahlreichen automa‐ tischen Zählstellen, die das Verkehrsaufkommen auf vielen Hauptverkehrsstra‐ ßen messen. Stadtweit sank die Zahl der - anhand der Fahrzeuglänge als Pkw und kleine Lkw identifizierten Fahrzeuge - um 20-30 %. Das Aufkommen an mittleren und großen Lkw blieb in etwa gleich. Ihr Anteil am Gesamtverkehr liegt aber nur bei etwa 5 %. In den Feinstaubwerten an verschiedenen Messpunkten an Hauptverkehrs‐ straßen, in verkehrsarmen Wohngebieten der Berliner Innenstadt und am Stadtrand ist der Effekt dieser Corona-bedingten Verkehrsabnahme von 20-30 % tatsächlich kaum zu sehen. Das hat zwei Gründe: Während der Shutdown-Periode seit Mitte März gab es wiederholt Hoch‐ druckwetterlagen mit weniger Wind und weniger vertikalem Luftaustausch, sodass erhöhte Feinstaubwerte großräumig und weit über Berlin hinaus beob‐ achtet wurden. 71 Berlin <?page no="72"?> 16 https: / / www.berlin.de/ sen/ uvk/ presse/ weitere-meldungen/ 2020/ ist-die-luft-wegen-de r-corona-beschraenkungen-besser-geworden-929793.php [6.08.2020]. Der Anteil des Kfz-Verkehrs an der Feinstaubbelastung ist seit Jahren deut‐ lich zurückgegangen. Inzwischen stammt nur noch ein Viertel der gesamten Feinstaubbelastung an innerstädtischen Hauptstraßen vom Kfz-Verkehr. Vor 15 Jahren war dieser Anteil mit 42 % noch deutlich höher. Der Rückgang geht auf drei Faktoren zurück: auf eine Abnahme des Pkw-Verkehrsaufkommens in Berlin, auf die 2008 eingeführte Umweltzone und auf verschärfte EU-Abgasvor‐ schriften, die dazu geführt haben, dass jedes Diesel-Fahrzeug inzwischen einen Rußfilter hat. Deswegen stammt der Feinstaub aus dem Kfz-Verkehr nur noch zu einem geringen Teil - zu etwa einem Fünftel - aus dem Auspuff der Fahrzeuge. Der große Rest besteht aus Abrieb von Reifen, Bremsen und Asphalt sowie aus Straßenstaub, der durch vorbeifahrende Fahrzeuge und Wind aufgewirbelt wird. Bild 18: Feinstaubwerte in Berlin vor und während dem Corona-Shutdown 16 72 Feinstaub PM 10 <?page no="73"?> 17 LANUV, Jahreskenngrößen 2010, 2012, 2014, 2015 und 2017. Nordrhein-Westfalen Im Emissionskataster Luft NRW werden die bedeutsamen Emittentengruppen in NRW mit den wichtigsten Emissionen geführt. Dazu zählen die Industrie, die Landwirtschaft, Kleinfeuerungsanlagen, der Verkehr sowie der Hausbrand mit Kleingewerbe. In Nordrhein-Westfalen haben sich die PM 10 -Emissionen der Betriebe von 8,1 kt im Jahr 2007 auf 5,6 kt im Jahr 2010 und auf 4,5 kt im Jahr 2014 verringert. Die PM 10 -Emissionen des Straßenverkehrs haben sich von 12,7 kt 1995 auf 6 kt im Jahr 2016 abgesenkt. Im Luftqualitätsmessnetz NRW wurde die Feinstaubfraktion PM 10 im Jahr 2017 an 67 Messstellen gemessen. Der Grenzwert für das Jahresmittel von 40 µg/ m³ wird seit dem Jahr 2014 durchgehend an allen Messstellen in NRW eingehalten. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot µg/ m³ wird seit dem Jahr 2014 durchgehend an allen Messstellen in NRW eingehalten. Bild 18: Trend der PM 10 -Jahresmittelwerte in µg/ m 3 in Nordrhein-Westfalen 91 Um die Höhe der PM 10 -Konzentrationen in den einzelnen Bundesländern bewerten zu können, wird im folgenden Kapitel die Wirkung verschiedener Konzentrationen erläutert. Wirkung niedriger PM 10 -Konzentrationen Bei den Partikeln PM 10 handelt es sich um Partikel mit einem Durchmesser von ≤ 10 µm. Sie gelangen durch Nase und Mund in die Lunge, wo sie je nach Größe bis in die Hauptbronchien oder Lungenbläschen transportiert werden können. Bei Partikeln PM 2,5 handelt es sich um Partikel mit einem Durchmesser ≤ 2,5 µm. Sie gelangen über die Hauptbronchien und die Bronchiolen bis in die Alveolen (Lungenbläschen). Forscher in den USA vermuten, dass ultrafeine Partikel 91 LANUV, Jahreskenngrößen 2010, 2012, 2014, 2015 und 2017. Bild 19: Trend der PM 10 -Jahresmittelwerte in µg/ m 3 in Nordrhein-Westfalen 17 Um die Höhe der PM 10 -Konzentrationen in den einzelnen Bundesländern be‐ werten zu können, wird im folgenden Kapitel die Wirkung verschiedener Konzentrationen erläutert. 73 Nordrhein-Westfalen <?page no="74"?> 18 Jörres R.A., 2. Umweltsymposium in Herrsching, 15.5.2008. 19 Ebd. Wirkung niedriger PM 10 -Konzentrationen Bei den Partikeln PM 10 handelt es sich um Partikel mit einem Durchmesser von ≤ 10 µm. Sie gelangen durch Nase und Mund in die Lunge, wo sie je nach Größe bis in die Hauptbronchien oder Lungenbläschen transportiert werden können. Bei Partikeln PM 2,5 handelt es sich um Partikel mit einem Durchmesser ≤ 2,5 µm. Sie gelangen über die Hauptbronchien und die Bronchiolen bis in die Alveolen (Lungenbläschen). Forscher in den USA vermuten, dass ultrafeine Partikel (PM 0,1 ) als Bestandteil von PM 10 von den Alveolen in die Blutbahn übertreten, so im Körper verteilt werden und andere Organe erreichen. 18 Bild 20: Mögliche Einwirkungsmechanismen verschieden großer Partikel 19 Aus epidemiologischen Untersuchungen wird eine Assoziation zwischen kurzen Episoden mit hoher PM 10 -Exposition und Auswirkungen auf die Sterblichkeit (Mortalität) und Erkrankungsrate (Morbidität) abgeleitet. PM 10 , PM 2,5 oder eine oder mehrere angelagerte Komponenten sind nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand an Herz-Kreislauf- und Atem‐ wegserkrankungen beim Menschen beteiligt. 74 Feinstaub PM 10 <?page no="75"?> Ebenso kann eine Langzeit-Exposition mit erhöhten PM 10 -Konzentrationen über Jahrzehnte mit ernsten gesundheitlichen Komplikationen verbunden sein. So wurden bei Kindern eine erhöhte Rate von Atemwegserkrankungen und Störungen des Lungenwachstums festgestellt. Eine Erhöhung der PM 10 -Konzen‐ tration wird mit einem Anstieg der Gesamtsterblichkeit und der Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Sterblichkeit assoziiert. Auch wird eine erhöhte Lungenkrebss‐ terblichkeit vermutet. Eine kürzlich abgeschlossene Feinstaub-Kohortenstudie an Frauen in NRW bestätigte den vermuteten Zusammenhang zwischen der Sterblichkeit aufgrund von Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Konzentration von PM 10 am Wohnort mit statistischer Signifikanz. Bei einer langfristigen Erhöhung der PM 10 -Konzentration um 7 µg/ m³ steigt die Wahrscheinlichkeit um ein Drittel, an Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen zu versterben. Toxikologische Untersuchungen mit Tieren und Zellen konnten allerdings bislang noch nicht abschließend die Frage beantworten, welche Partikeleigen‐ schaften und welche toxikologischen Mechanismen die Ursache für die beob‐ achteten statistischen Verknüpfungen zwischen Partikeln und gesundheitlichen Effekten sind. Insgesamt wird gefolgert, dass PM 10 inklusive der angelagerten Stoffe einen Beitrag zu den schädlichen Gesundheitseffekten beim Menschen leistet. Ein Schwellenwert, unterhalb dessen nicht mehr mit gesundheitsschäd‐ lichen Wirkungen zu rechnen ist, kann für PM 10 nach aktuellem Kenntnisstand nicht angegeben werden. Aus epidemiologischen Studien zwischen der Exposition gegenüber PM 2,5 und schädlichen Gesundheitseffekten wird eine Assoziation zu einer höheren Rele‐ vanz von PM 2,5 abgeleitet. Dies wird durch Erkenntnisse aus toxikologischen Untersuchungen gestützt. Als Bewertungsmaßstäbe zur Prüfung, ob für PM 10 nach BImSchG und TA Luft der Schutz der menschlichen Gesundheit sichergestellt ist, sind ermittelte Immissionen mit dem Immissionswert der TA Luft von 40 µg/ m 3 als Jahresmittel zu vergleichen. Hinsichtlich der möglichen gesundheitlichen Wirkungen nach kurzfristiger Exposition gegenüber PM 10 ist der 24-Stunden-Immissionswert der TA Luft heranzuziehen. Der 24-Stunden-Immissionswert für PM 10 von 50 µg/ m 3 gilt als eingehalten, wenn ermittelte Tagesmittelkonzentrationen diesen an nicht mehr als 35 Tagen pro Jahr überschreiten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat für PM 10 Luftgüterichtwerte und Zwischenziele aufgestellt, um eine bessere Luftqualität zu erreichen: „Auf Grundlage unserer Arbeit der letzten Jahre hat die WHO nun neue Ziele vorgegeben, auf die die Mitgliedsstaaten sich in ihrer Politik beziehen können. Die Staaten können ihre Distanz zu den Zielen feststellen, die gesundheitlichen 75 Wirkung niedriger PM 10 -Konzentrationen <?page no="76"?> Folgen ihrer aktuellen Belastungswerte abschätzen und diese reduzieren, um von den gesundheitlichen Folgen zu profitieren.“ Werte im Anhang. Zusammenfassung Feinstäube PM 10 Die lufthygienische Einschätzung der Partikel hat sich im Laufe der Jahre verändert. In den 70er Jahren stand die Verringerung des Gesamtstaubs TSP im Vor‐ dergrund. Ab ca. 2000 legte man das Augenmerk auf die lungengängige Parti‐ kel-Fraktion unter 10 µm. Nur wenige Jahre später ergaben neuere Erkenntnisse, dass Partikel unter 2,5 µm noch wichtiger sind. Daher wurde diese PM 2,5 -Parti‐ kelgruppe in die Messungen einbezogen. Mit dem Inkrafttreten der TA Luft haben sich die Staubemissionen statio‐ närer Quellen sehr schnell verringert. Mit der VDI-Norm 2310 und dem TA Luft-Tagesmittel-Grenzwert von 300 µg/ m 3 und dem Jahresmittelgrenzwert von 150 µg/ m 3 haben sich auch die PM 10 -Konzentrationen signifikant verbessert. In den Luftreinhalteplänen der Landesämter waren teilweise Forderungen zur Verringerung von Feinstäuben enthalten. Durch die konsequente Filteranwen‐ dungen bei Pkws und Nutzfahrzeugen ist dieses Problem gelöst. Die PM 10 -Immissionsgrenzwerte werden in allen 16 Bundesländern problem‐ los eingehalten. Selbst an den verkehrsnahen Messstationen werden in allen Bundesländern die geltenden Grenzwerte mit meist weiter fallender Tendenz unterschritten. Da die Bestimmung der PM 10 -Fraktion wegen der niedrigen Werte immer schwieriger wird und die Jahresmittelwerte unter den Immissionsgrenzwerten liegen, wird eine zusätzliche Größe eingeführt. Der Fokus wird jetzt auf die Teil‐ chenzahl gelegt. Das UBA hat zur Emissionsverminderung beim Straßenverkehr Grenzwertvorschläge gemacht. Mehr Einzelheiten folgen in der Zusammenfas‐ sung des nächsten Kapitels Feinststaub PM 2,5 . 76 Feinstaub PM 10 <?page no="77"?> 1 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 6.08.2020]. 2 EEA Report No 9/ 2020, Air Quality in Europe. Feinststaub PM 2,5 Auch die PM 2,5 -Emissionen haben sich in Europa deutlich verbessert. 1990 lag der Wert noch bei 250 000 t und 2017 bereits bei 130 000 t. Hauptemittent ist nach wie vor die Gruppe Gewerbe und Haushalte. Der Straßenverkehr hat nur einen geringen Anteil. Im Jahr 2017 lag dieser bei ca. 15 000 t. 1 Im Anhang ist die Entwicklung der PM 2,5 -Emissionen aller europäischen Länder von 2000 bis 2017 tabellarisch zusammengefasst. 2 PM 2,5 -Jahresmittelwerte in Europa Bild 21: Ranking der PM 2,5 -Jahresmittelwerte in den 33 EU-Staaten 2018 <?page no="78"?> 3 https: / / www.umweltbundesamt.de/ daten/ luft/ luftschadstoff-emissionen-in-deutschla nd/ emission-von-feinstaub-der-partikelgroesse-pm25#emissionsentwicklung [Stand: 6.08.2020]. (Die schwarzen Punkte stehen für die Jahresmittelwerte, die Rechtecke markie‐ ren die 25- und 75-Perzentile und die Striche sind die Spanne der höchsten beziehungsweise niedrigsten Werte). Deutschland Im Folgenden sind die Emissionen nach Sektoren aufgefächert. Bild 22: Entwicklung der PM 2,5 -Emissionen nach Sektoren in Deutschland 3 Hauptemittenten sind das Gewerbe, Dienstleistungen mit dem Hausbrand und industrielle Prozesse sowie der Straßenverkehr. Seit 1995 nehmen die PM 2,5 -Emissionen in Deutschland von 210 kt auf 101 kt im Jahr 2016 ab. Deutschland liegt im Mittelfeld, knapp über dem WHO-Richtwert von 25 µg/ m 3 . 78 Feinststaub PM 2,5 <?page no="79"?> 4 https: / / www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 1410/ publikationen/ hgp _luftqualitaet2019_bf.pdf [Stand: 6.08.2020]. 5 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 267731/ luftschadstoff_emissionskatast er_2014.pdf [Stand: 6.08.2020]. Verbesserungsversuch Bild 22 zu Seite 88 Trend der PM 2,5 -Jahresmittelwerte im Mittel über ausgewählte Messstationen im jeweiligen Belastungsregime in µg/ m 3 20 15 10 05 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Ländlicher Hintergrund städtischer Hintergrund städtisch verkehrsnah AEI 3-Jahresmittel Bild 23: Entwicklung der PM 2,5 -Jahresmittelwerte in Deutschland 4 Die Entwicklung der Luftqualität für PM 2,5 wird für die vier Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen dargestellt. Baden-Württemberg Aus dem Emissionskataster 2004 können die Werte für die Hauptemittenten 2014 entnommen werden. Emittierte Stoffe Kleine u. mittlere Feuerungs‐ anlagen Ver‐ kehr Industrie und Ge‐ werbe Bio‐ gene Sys‐ teme Sonstige technische Einrichtun‐ gen Summe PM 2,5 -Fein‐ staub 2691 1632 798 540 1456 7117 Tabelle 8: PM 2,5 -Emissionen in Baden-Württemberg 2014 in t/ a 5 79 Baden-Württemberg <?page no="80"?> 6 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 277290/ luftqualitaet_in_baden-wuertt emberg_auswertung_2017.pdf [Stand: 6.08.2020]. 7 Quelle: persönliche Anfrage. Amt für Umweltschutz Stuttgart. 8 Bayerisches Landesamt für Umwelt - LfU Bayern, www.lfu.bayern.de [Stand: 12/ 2020]. In Baden-Württemberg waren die PM 2,5 -Jahresmittelwerte am Neckartor in Stuttgart am höchsten. Sie fielen von über 30 µg/ m 3 2006 auf die Hälfte 2017. 6 Bild 24 Entwicklung der PM 2,5 -Jahresmittelwerte am Neckartor. 7 Bayern Verursacher der Emissionen von Feinstaub in Bayern sind der Hausbrand, der Verkehr und Industrieprozesse. In München an der Landshuter Allee fielen die PM 2,5 -Jahresmittelwerte gemittelt aus den Monatsmittelwerten von 22 µg/ m 3 2009 auf 12 µg/ m 3 2019. Am Stachus in München fielen die PM 2,5 -Jahresmittelwerte gemittelt aus den Monatsmittelwerten von 16 µg/ m 3 2009 auf 11 µg/ m 3 2018. 8 Berlin Aus dem Emissionskataster 2005 stammt eine Angabe von 1582 kg. Seitdem haben sich die PM 2,5 -Emisssionen verringert. Tabelle 2 zeigt die Werte für 2012 80 Feinststaub PM 2,5 <?page no="81"?> 9 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endberi cht_Emissionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. 10 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ entwicklung/ index.shtml [Stand: 6.08. 2020]. nach Stadtbezirken. Insgesamt wurden in Berlin für das ganze Jahr 903 154 kg Feinstaub PM 2,5 gemessen. Nr. Stadtbezirk Feinstaub PM 2,5 in kg/ a 1 Mitte 109 898 2 Friedrichshain-Kreuzberg 52 117 3 Pankow 86 466 4 Charlottenburg-Wilmersdorf 87 264 5 Spandau 83 280 6 Steglitz-Zehlendorf 73 739 7 Tempelhof-Schöneberg 81 584 8 Neukölln 81 916 9 Treptow-Köpenick 69 007 10 Marzahn-Hellersdorf 46 360 11 Lichtenberg 64 821 12 Reinickendorf 66 703 Tabelle 9: PM 2,5 -Emissionen nach Stadtbezirken in Berlin im Jahr 2012 9 In Berlin an der vielbefahrenen Frankfurter Allee fielen die PM 2,5 -Jahresmittel‐ werte z. B. von 30 µg/ m 3 2005 auf 17 µg/ m 3 2017. 10 Nordrhein-Westfalen Die PM 10 -Emissionen des Straßenverkehrs sind zum größten Teil auch PM 2,5 -Emis‐ sionen, die sich von 12,7 kt 1995 auf 6 kt im Jahr 2016 abgesenkt haben. 81 Nordrhein-Westfalen <?page no="82"?> 11 https: / / www.lanuv.nrw.de/ umwelt/ luft/ immissionen/ berichte-und-trends/ jahreskenn groessen-und-jahresberichte/ [Stand: 6.08.2020]. 12 UBA, Jährliche Auswertung Feinstaub (PM2,5) 2016. 13 LANUV NRW-Jahresbericht 2018. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 84 Bild 23: Trend der PM 2,5 -Jahresmittelwerte in Nordrhein-Westfalen und an drei Messstellen Köln, Turiner Straße; Krefeld, Hafen und Düsseldorf, Corneliusstraße 2016 104 Tabelle 10: PM 2.5 -Jahresmittelwerte in µg/ m³ 2016, 2017 und 2018 in städtischen Gebieten in Nordrhein-Westfalen 105 Nordrhein-Westfalen 2016 2017 2018 Dortmund Steinstraße Verkehr 14 14 14 104 https: / / www.lanuv.nrw.de/ umwelt/ luft/ immissionen/ berichte-und-trends/ jahreskenngroessenund-jahresberichte/ [Stand: 6.08.2020]. 105 UBA, Jährliche Auswertung Feinstaub (PM2,5) 2016. Bild 25: Trend der PM 2,5 -Jahresmittelwerte in Nordrhein-Westfalen und an drei Messstel‐ len Köln, Turiner Straße; Krefeld, Hafen und Düsseldorf, Corneliusstraße 2016 11 Nordrhein-Westfalen 2016 2017 2018 Dortmund Steinstraße Verkehr 14 14 14 Düsseldorf Corneliusstraße Verkehr 18 nb 16 Köln Turiner Straße Verkehr 15 15 nb Mönchengladbach Düsseldorf Verkehr 13 13 nb Tabelle 10: PM 2,5 -Jahresmittelwerte in µg/ m³ 2016, 2017 und 2018 in städtischen Gebieten in Nordrhein-Westfalen 12 Im Jahr 2018 wurde an 26 Messstellen gemessen. Der Grenzwert von 25 µg/ m³ wurde an allen NRW-Messstationen mit Jahresmittelwerten zwischen 9 (Sim‐ merath-EIFE) und 17 µg/ m³ (Gelsenkirchen-GELS und Krefeld-Hafen KRHA) sicher eingehalten. 13 82 Feinststaub PM 2,5 <?page no="83"?> 14 http: / / www.ergo-dresden.de/ abteilungen/ luftreinhaltung/ messen/ ultrafeinstaub/ [Stand: 6.08.2020]. Exkurs: Wirkung niedriger PM 2,5 -Konzentrationen (Partikel 2,5 µm und kleiner) Die Kurz- und Langzeitwirkung nach inhalativer Aufnahme von PM 2,5 wurde anhand von Tierversuchen, human-experimentellen Untersuchungen und epi‐ demiologischen Studien mehrfach untersucht. Sowohl kurzfristige Wirkungen hoher Konzentrationen von PM 2,5 in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Exposi‐ tion und innerhalb weniger Tage als auch Wirkungen, die langfristig bei einer erhöhten PM 2,5 -Exposition erfolgen, waren Gegenstand der Forschungen. Je kleiner ein Partikel ist, desto tiefer dringt er in den Atemtrakt ein. Verbesserungsversuch Bild 24zu Seite 92 (alternativ) Bild 26: Eindringtiefe in den Atemtrakt abhängig von der Partikelgröße 14 Feinstäube der Größe von 10 µm bis 5 µm werden im Nasen-Rachenraum festgehalten. Feinstäube der Größe von 5 µm bis 3 µm werden in der Luftröhre deponiert. Feinstäube der Größe von 3 µm bis 2 µm gelangen bis in die Bronchien. Feinstäube der Größe von 2 µm bis 1 µm landen in den Bronchiolen, noch kleinere Partikel gelangen bis in die Lungenbläschen. Zuerst wurden die Feinstäube mit der Größe 10 µm und kleiner PM 10 als Maßstab für die Wirkung herangezogen. Epidemiologische Studien assoziieren 83 Exkurs: Wirkung niedriger PM 2,5 -Konzentrationen (Partikel 2,5 µm und kleiner) <?page no="84"?> 15 Krug, N.: Eikmann, T., Die gesundheitlichen Risiken der Feinstaubbelastung, Kassel 2005. einen größeren Wirkungszusammenhang mit PM 2,5 -Konzentrationen. Daher wurden die PM 10 -Messungen mit PM 2,5 -Messungen ergänzt. Ab 2015 schreibt die Europäische Kommission eine Limitierung des PM 2,5 -Wertes auf 25 µg/ m 3 vor. Die WHO empfiehlt einen Richtwert von 20 µg/ m 3 . Bild 27: Hypothesen zu Wirkmechanismen von ultrafeinen Partikeln 15 Bei der Einatmung von ultrafeinen Partikeln (0,1 µm und kleiner) werden Einflüsse auf das autonome Nervensystem, auf das Herz, auf Blutgefäße, Entzündungen der Atemwege und die Leber vermutet. Dieselruß Die Größe des Dieselrußes fällt in den Bereich unter 2,5 µm. Primärrußteilchen liegen bei 25 nm. Aggregatrußteilchen haben eine Größe von 100 nm bis zu einigen hundert nm. Wegen ihrer Fähigkeit als Transportvehikel für toxische angelagerte Stoffe zu dienen, wird ihnen eine besondere Aufmerksamkeit und Gefährlichkeit zugebilligt. Die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA hat zusammen mit dem ka‐ lifornischen Air Resources Board CARB daher bereits 2000 eine Wirkungsab‐ schätzung durchgeführt. Dabei ergibt die Einschätzung vom CARB, dass in einer 84 Feinststaub PM 2,5 <?page no="85"?> 16 CASAC USA 9/ 2000. 17 Fricke, W., Deutscher Wetterdienst, Hohenpeißenberg, 2006. Gruppe von 10 000 Menschen drei Personen einem erhöhten Krebs-Risiko aus‐ gesetzt sind, während die Einschätzung der EPA ergibt, dass in einer Gruppe von 100 000 Menschen statistisch 3,4 Personen ein erhöhtes Krebs-Risiko haben. 16 Am 12. Juni 2012 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO Dieselruß als Erreger von Lungenkrebs eingestuft. Seit 1988 wurde von wahrscheinlicher Krebsgefahr («probably carcinogenic to humans») gesprochen. Dieselruß gilt jetzt erwiesenermaßen («based on sufficient evidence») als Lungenkrebs erre‐ gend. Partikelanzahl Die Partikelzahl wird als Konzentration in Anzahl pro cm 3 , aber auch als Emission in Anzahl pro km angegeben. Gemessen wurden in der Innenstadt von Gießen 58 243 Teilchen/ cm³ und Marburg 53 776 Teilchen/ cm³, in der Stadtrandlage von Gießen 49 200 Teil‐ chen/ cm³, in Marburg 63 185 Teilchen/ cm³ und im Bereich der Autobahnzubrin‐ ger 52 845 Teilchen/ cm³ beziehungsweise 56 425 Teilchen/ cm³. Vergleichbar ist hier bis auf den Innenstadtbereich auch die Anzahl der Kraftfahrzeuge pro Tag. Die Messtage in Wetzlar liefern über alle Verkehrsbereiche deutlich geringere Partikelkonzentrationen bei jedoch vergleichbaren Verkehrsbelastungen, siehe Anhang. Messungen in Hohenpeißenberg zeigen, dass auch in der Atmosphäre die Anzahlkonzentration zwischen 3000 und 4000 PN pro cm 3 liegt. 17 Die folgende Abbildung zeigt den Konzentrations-Vergleich von Abgasen eines Nutzfahrzeugs mit und ohne Partikelfilter mit Zigarettenrauch. Der Partikelfilter senkt im gesamten Größenbereich die Anzahl der Partikel deutlich ab. 85 Partikelanzahl <?page no="86"?> 18 Die Beweglichkeit eines Partikels in einem Aerosol wird als Mobilitätsdurchmesser ausgedrückt. Bild 26 zu Seite 95 Anzahl Konzentration/ cm 3 10 000 000 1 000 000 100 000 10 000 1 000 100 10 0 2 Zig. geraucht in 50 m 3 Innenraum 1400 U/ min und 50% Last ohne Partikelfilter Mobilitätsdurchmesser 1400 U/ min und 50% Last hinter Partikelfilter Umgebungsluft im unbelasteten Innenraum Bild 28: Vergleich der Partikelanzahl PN von Motorenabgas mit Zigarettenrauch 18 Da Massenangaben beim Pkw bereits so niedrig sind, dass messtechnische Pro‐ bleme auftreten, hat man die Anzahl der Partikel bei zukünftigen Zulassungen limitiert. Ab 2017 gilt dann der neue Grenzwert für die Partikelanzahl: 6 x 10 11 pro km. Die PN-Emissionswerte der Pkw mit der Abgasstufe Euro 6 werden diese Standards erfüllen. Zusammenfassung NO 2 und PM 10 Gesundheitliche Beeinträchtigungen sind bei der Luftqualität in europäischen Großstädten generell nicht zu befürchten. Erhöhte Konzentrationen, insbeson‐ dere bei NO 2 und PM 10 , treten vereinzelt, episodenhaft und nur kurzzeitig auf, meist bedingt durch ungünstige meteorologische Verhältnisse und oft durch weiträumigen Transport belasteter Luftmassen. 86 Feinststaub PM 2,5 <?page no="87"?> 19 www.umweltbundesamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 1410/ publikationen/ 2018-01-05 _dokumentationen_01-2018_veranstaltung-nanomaterialien.pdf [Stand: 6.08.2020]. 20 Imhof, D., Nanopartikel am Strassenrand. Das Potenzial des Partikelfilters an einer dicht befahrenen Str., 11.ETH-Conf. on combustion generated Nanoparticles.,15.08.2007. Zusammenfassung Feinstäube PM 2,5 Seit 1. Januar 2015 gilt für die PM 2,5 -Fraktion der Jahresgrenzwert von 25 µg/ m 3 . Die PM 2,5 -Immissionsgrenzwerte werden in Deutschland seit Jahren einge‐ halten. Selbst an den verkehrsnahen Messstationen werden in allen Bundesländern die geltenden Grenzwerte mit meist weiter fallender Tendenz unterschritten. Da die PM 2,5 -Jahresmittelwerte unter den Immissionsgrenzwerten liegen wird eine zusätzliche Größe eingeführt. Der Fokus wird zusätzlich auf die Teilchenzahl gelegt. Man befürchtet, dass die Zahl der noch kleineren Partikel einer Größe von 100 nm bis zu 10 nm und kleiner (Nanopartikel) ins Lymphsystem und ins Blut gelangen könnten, und damit Herz- und Kreislauferkrankungen verstärken, das Nervengewebe schädigen sowie an Krankheiten wie Krebs, Alzheimer oder Demenz beteiligt sein könnten. Generell hängt die Wirkung der Partikel von der Größe, der Oberfläche, der Struktur, der Wasseraffinität und chemischen Zusammensetzung ab. Hier sind noch viele Fragen zu klären, innerhalb des REACH-Prozesses wird schon an der Risikobewertung, an Regularien und weiteren Forschungen gearbeitet. 19 Das UBA hat zur Emissionsverminderung beim Straßenverkehr Grenzwert‐ vorschläge gemacht. Die Teilchenzahl wird ab der Euro-6-Stufe bei Dieselmoto‐ ren auf 6x10 11 / km begrenzt, gemessen im neuen Messverfahren WLTC. Für den Real Driving Test RDE ist eine Teilchenzahl von 9x10 11 festgelegt. Eine verläss‐ liche Datenbasis für die verschiedenen Betriebsbedingungen und Antriebsarten muss noch erarbeitet werden. In urbaner Umgebung sind Teilchenzahlen von rund 12 000 pro cm 3 üblich, die mittleren Werte liegen bei 25 000 pro cm 3 . Bei starkem Verkehr wurden in der Schweiz in der Spitze 40 000 pro cm 3 gemessen. 20 Ein Immissionsgrenzwert für die Teilchenzahl ist noch nicht definiert. Neben den derzeit in erster Linie diskutierten Abgaskomponenten haben sich die Werte auch bei den weiteren umweltrelevanten Komponenten verbessert. In den folgenden Kapiteln werden Komponenten behandelt, die in der Öffentlich‐ keit weit weniger Aufmerksamkeit erfahren. 87 Zusammenfassung Feinstäube PM 2,5 <?page no="88"?> Dazu gehören Kohlenmonoxid CO, die methanfreien Kohlenwasserstoffe NMVOC, Benzol C 6 H 6 , die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe PAH, mit der Leitkomponente Benzo(a)pyren BaP, Blei Pb und Schwefeldioxid SO 2 sowie das sekundär gebildete Ozon O 3 . Es werden jeweils die Emissionen und die Konzentrationen in der Umgebungsluft als Jahresmittelwerte betrachtet. 88 Feinststaub PM 2,5 <?page no="89"?> 1 OECD 1993, 1995; Conrad, R. 1982; Crutzen, P.M. 1983; Streit, B. 1994; Walsh, P.M. 1990; Granier, C. 1996. 2 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand 12.12.2020]. Kohlenmonoxid CO CO-Emissionsquellen Global tragen biogene (natürliche) Quellen 450 Millionen t und anthropogene Quellen 650 Millionen t bei. Die Bandbreiten der Abschätzungen gehen weit auseinander. Nach Schätzungen anerkannter Wissenschaftler sind dies die wahrscheinlichsten Werte. Die Natur trägt durch Verbrennung von Biomasse, zum Beispiel durch Blitze verursachte Waldbrände, 62 % bei, die Weltmeere sind für 21 % verantwortlich, der Rest wird von der Vegetation verursacht. Auch bei den anthropogenen Emissionen ist die Verbrennung von Biomasse mit 47 % Hauptverursacher, der Verkehr hat einen Anteil von 31 % - unterteilt in die CO-Emissionen des Pkw, der Nutzfahrzeuge und des restlichen Verkehrs. 25 % stammen vom Hausbrand und dem Kleingewerbe. 1 In Europa EEA33 haben sich die CO-Emissionen von 1990 bis 2017 um 68 % verringert. Die Europäische Umweltagentur fasst unter dem Begriff EEA 33 die folgenden Länder zusammen: Österreich, Belgien, Bulgarien, Zypern, Kroatien, Tschechien, Dänemark, Estland, Griechenland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Island, Irland, Italien, Lettland, Lichtenstein, Litauen, Luxembourg, Malta, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, Slo‐ wakei, Slowenien, Spanien, Schweden, Schweiz, Türkei und England. Im Europa der 28 Mitgliedstaaten lagen die CO-Emissionen 2017 bei 20,3 Mil‐ lionen t. Der Hauptanteil liegt auch 2017 beim Straßenverkehr, zweithöchster Emittent ist der Hausbrand mit anderen Kleinverbrauchern. Der Energiever‐ brauch der Industrie und bei industriellen Produkten sowie deren Gebrauch wurde nur marginal abgesenkt. Im ersten Jahrzehnt hat auch die Landwirtschaft einen Beitrag geleistet, der seit 2001 kaum mehr ins Gewicht fällt. 2 <?page no="90"?> 3 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 6.08.2020]. 4 Ebd. Die CO-Emissionen des Verkehrs in Europa EEA33 verbessern sich von 36,5 t 1990 auf 4,56 t 2018. Verkehrsmittel außerhalb der Straße, sogenannte Off-Road-Emittenten, haben einen relativ geringen Anteil. 3 Die CO-Emissionen von Pkw zeigen den deutlichsten Rückgang. Motorräder und Mopeds sind im Straßenverkehr enthalten, ihre CO-Emissionen stiegen seit 1990 auf niedrigem Niveau zunächst an, nehmen aber nach 2000 ebenso ab. CO-Emissionen in Deutschland Auch in Deutschland haben die CO-Emissionen sowohl aller Quellen wie auch des Straßenverkehrs signifikant abgenommen. In Bild 29 wird die Entwicklung der CO-Emissionen in Deutschland dar‐ gestellt. Die nationalen Trendtabellen für die deutsche Berichterstattung at‐ mosphärischer Emissionen werden jeweils vom Umweltbundesamt auf der Grundlage der Richtlinie 2008/ 50/ EG über Luftqualität und saubere Luft für Europa jährlich im Rahmen der „Convention on Long-Range Transboundary Air Pollution (CLRTAP) Reporters“ ermittelt und nach Brüssel gemeldet. Die Europäische Umweltagentur stellt dann für Europa insgesamt und für alle Mitgliedsländer entsprechende Grafiken bereit. Bild 29: Entwicklung der CO-Emissionen insgesamt in Deutschland in Millionen t/ Jahr 4 90 Kohlenmonoxid CO <?page no="91"?> 5 www.umweltbundesamt.de und für Blei: UBA-Jahresberichte 2001/ 2016 [Stand: 6.08.2020]. 2017 betrug die CO-Emission 3,065 Millionen t, 2018 war sie laut UBA um 131 kt niedriger. Die CO-Emissionen des Straßenverkehrs nahmen von 998 kt 2017 auf 939 kt 2018 ab. Die Angaben der EEA beinhalten den Gesamtverkehr inklusive Bahn, Schifffahrt, Flugverkehr und sind deshalb höher. Kohlenmonoxid war die erste Abgaskomponente, die gesetzlich geregelt wurde. In Europa wurden mit der ECE-Richtlinie R15 seit 1970 laufend strengere Grenzwerte erlassen, die ab 1990 mit der Euro-Norm alle fünf Jahre weiter verschärft wurden. Ab 2017 wurde zusätzlich das Typprüfverfahren verschärft, um auch die Emissionen beim realen Betrieb auf der Straße zu begrenzen. Das bisherige Verfahren bezog sich auf Messungen am Prüfstand und ermöglichte Ausnahmen bei bestimmten Betriebsbedingungen des Motors. Die CO-Emissionen der Industrie verringern sich von 1,2 Millionen t/ a bis 0,84 Millionen t/ a 2018. Hier nicht grafisch dargestellt, schwanken die CO-Emissio‐ nen des Energieverbrauchs zwischen 0,15 Millionen t/ a bis 0,2 Millionen t/ a, und der Hausbrand mit Kleingewerbe verbessert sich von 1,9 Millionen t/ a 1990 auf 0,9 Millionen t/ a im Jahr 1995, und auf 0,52 Millionen t/ a 2018. 5 0 2000 4000 6000 8000 1990 1995 2000 2005 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 CO-Emissionen des Straßenverkehrs in kt/ a Straßenverkehr Bild 30: Entwicklung der CO-Emissionen in Deutschland in kt/ a; Quelle: eigene Daten 91 CO-Emissionen in Deutschland <?page no="92"?> 6 Anfrage: Amt für Umweltschutz, Stuttgart [Stand: 6.08.2020]. Betrachtet man den Trend bei den einzelnen Verkehrsträgern, zeigt sich, dass der Straßenverkehr als Hauptemittent von 6,1 Millionen t/ a auf 6 Millionen t/ a abnimmt. Leichte Nutzfahrzeuge lagen 1990 mit Werten unter 0,3 Millionen t/ a noch an zweiter Stelle, sind aber fünf Jahre später von den Zweirädern mit Werten bei rund 0,2 Millionen t/ a überholt worden. Seit 2000 sind die schweren Nutzfahrzeuge mit Werten bei 0,1 Millionen t/ a auf Platz 2. Mit der Überwachung der Emissionen mobiler und stationärer Quellen haben die Behörden die Instrumente zur Einhaltung der Luftqualitätsgrenzwerte an der Hand und können so die Emissionsgrenzwerte verschärfen, falls die Luftqualitätsgrenzwerte überschritten werden. CO-Immission in Deutschland, aufgeschlüsselt nach Bundesländern Aufgrund der Datenzugänglichkeit und Bevölkerungsdichte wurden Ba‐ den-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen ausgewählt. Der deutlich abnehmende Trend der CO-Konzentrationen wird beispielhaft anhand von Messstationen in Baden-Württemberg, Bayern und Berlin aufgezeigt - stellvertretend für alle Bundesländer. Im Falle von Kohlenmonoxid ist die Lage sehr entspannt. Der Grenzwert liegt bei 10 mg/ m 3 und wird bereits seit mehr als einem Jahrzehnt deutlich unterschritten. Die gilt auch an den Verkehrsmessstationen, die in vielen Städten nahe am Straßenrand errichtet wurden. Sogenannte Hotspots sind in Baden-Württemberg der Arnulf-Klett-Platz und das Neckartor in Stuttgart, in Karlsruhe die Reinhold-Frank-Straße, in Mannheim der Friedrichsring und in Freiburg die Schwarzwaldstraße. Baden-Württemberg 1996 wurden in Baden-Württemberg Jahresmittelwerte von 2 mg/ m 3 bis 2,5 mg/ m 3 gemessen. Diese Werte haben sich in den Folgejahren deutlich weiter verringert. In den letzten Jahren liegen die Jahresmittelwerte nahe bei 0,5 mg/ m 3 . 6 92 Kohlenmonoxid CO <?page no="93"?> 7 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08. 2020]. 8 Bayerisches Landesamt für Umwelt - LfU Bayern, www.lfu.bayern.de [Stand: 6.08.2020]. Bayern CO t/ a Verkehr 225 835 Straßenverkehr 202 868 genehmigungsbedürftige Anlagen 37 069 sonst. nicht. gen. bed. Anlagen 141 827 Summe 2000 404 731 Summe 2004 572 901 Tabelle 11: Entwicklung der CO-Emissionen in Bayern 2004 und 2000 in t 7 In Bayern zählt die Landshuter Allee und der Stachus zu den Hotspots. An der Landsuter Allee verringern sich die CO-Jahresmittelwerte von 0,61 mg/ m 3 im Jahr 2010 auf 0,5 mg/ m 3 2018. 8 Die Zeitreihen beim Stachus beginnen 1979. Am Stachus nehmen die CO-Jahresmittelwerte kontinuierlich von 6 mg/ m 3 1979 auf unter 1 mg/ m 3 2010 ab. Aktuell liegen sie unter 0,4 mg/ m 3 . Berlin Analysiert werden genehmigungspflichtige Anlagen der Industrie, Hausbrand, Kleigewerbe, Verkehr und sonstige Quellen: 93 Bayern <?page no="94"?> 9 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endberi cht_Emissionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. Nr. Quellengruppe Kohlenmonoxid in kg/ a 01 Genehmingungsbedürftige Anlagen 1726 011 02 Gebäudeheizung 11 275 804 03 Schienenverkehr 12 586 04 Schiffsverkehr 210 015 05 Flugverkehr 638 392 06 Offroad-Verkehr 1 820 521 07 Baustellen 1 393 231 08 Sonstige Quellen 0 09 Biog. Quellen (ohne Senken) 0 Berlin 17 076 558 Nr. Stadtbezirk Kohlenmonoxid in kg/ a 01 Mitte 2 225 528 02 Friedrichshain-Kreuzberg 898,885 03 Pankow 1 290 401 04 Charlottenburg-Wilmersdorf 1 915 814 05 Spandau 1 327 463 06 Steglitz-Zehlendorf 1 446 403 07 Tempelhof-Schöneberg 1 730 980 08 Neukölln 1 363 017 09 Treptow-Köpenick 1 482 894 10 Marzahn-Hellersdorf 489 280 11 Lichtenberg 1 362 058 12 Reinickendorf 1 541 834 Berlin 17 076 558 Tabelle 12: CO-Emissionen in Berlin nach Stadtbezirken aus dem Emissionskataster 2015 9 94 Kohlenmonoxid CO <?page no="95"?> 10 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ entwicklung/ index.shtml [Stand: 6.08. 2020]. 11 www.Thru.de, UBA: PRTR [Stand: 6.08.2020]. Die CO-Emissionen in Berlin lagen im Jahr 1989 noch bei 293 705 t und werden 2020 nur noch bei 1620 t liegen. Der Straßenverkehr ist auch in Berlin der Hauptemittent. In Berlin zeigt sich der gleiche Trend: Bild 31: Trend der CO-Jahres-Index-Werte in Prozent am Beispiel Berlin 1987 bis 2016 10 Die CO-Jahresmittelwerte in Berlin nehmen sowohl in der Innenstadt als auch im gesamten Stadtgebiet von 1987 bis 2016 deutlich ab. Nordrhein-Westfalen CO-Emissionen der genehmigungspflichtigen Anlagen lagen 2007 bei 510 000 t und sind auf 450 000 t im Jahr 2014 gesunken. 11 95 Nordrhein-Westfalen <?page no="96"?> 12 www.lanuv.nrw.de/ fileadmin/ lanuv/ luft/ immissionen/ ber_trend/ Bericht_ueber_die_L uftqualitaet_im_Jahr_1999.pdf [Stand: 6.08.2020]. 13 IFEU nach Daten Rheinland-Pfalz NRW, Berlin, Baden-Württemberg. 101 Luftqualität Bild 30: Trend der CO-Jahresmittelwerte in Nordrhein-Westfalen 125 Das Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg hat schon vor mehr als zehn Jahren die Lage auf den Punkt gebracht: 125 www.lanuv.nrw.de/ fileadmin/ lanuv/ luft/ immissionen/ ber_trend/ Bericht_ueber_die_Luftqualitaet_im_Jahr_1999.pdf [Stand: 6.08.2020]. Bild 32: Trend der CO-Jahresmittelwerte in Nordrhein-Westfalen 12 Das Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg hat schon vor mehr als zehn Jahren die Lage auf den Punkt gebracht: Bild 33: Schlussfolgerung der CO-Luftqualitätsentwicklung in Deutschland 13 96 Kohlenmonoxid CO <?page no="97"?> Wirkung von Kohlenmonoxid Kohlenmonoxid CO ist farb-, geruchs- und geschmackslos. Es erhöht den Carboxi Hämoglobin-Spiegel und behindert dadurch den Sauerstofftransport und außerdem die Sauerstoffabgabe an Organe und Körpergewebe. Organe mit hohem Sauerstoffbedarf, wie Herz und Gehirn, können dadurch in ihrer Funktion beeinträchtigt werden. Akute Wirkungen bei hohen CO-Konzentra‐ tionen sind die Beeinträchtigung der Psychomotorik und Reaktionsfähigkeit, Kopfschmerz, Unwohlsein, Leistungsschwäche, Bewusstseinseinschränkungen, Kreislaufkollaps sowie Lähmungen bis hin zum Erstickungstod. Symptome bei verschiedenen Carboxihämoglobinspiegeln im Blut • 10 % CO-Hb: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit, EKG: ST-Senkung • 20 % CO-Hb: Beeinträchtigung des Urteilsvermögens, Gesichtsfeldeinen‐ gung • 30 % CO-Hb: Beginnende Bewusstseinsstörung, flache Atmung • 40 % CO-Hb: Kreislaufkollaps, Lungenödem • 60 % CO-Hb: Muskelkrämpfe, Koma, Atemstillstand, Tod Bewertungsmaßstäbe Spätschäden nach CO-Vergiftungen können zum Beispiel in Form von Haut‐ schäden, Nierenversagen sowie neuropsychiatrischen Störungen auftreten. Längere Belastungen durch CO-Einwirkungen in geringeren Konzentrationen können sich auf die Funktionen des Zentralnervensystems und des Herz-Kreis‐ lauf-Systems auswirken. Herzkranke mit Verengung der Herzkranzgefäße, Kinder, Schwangere und ältere Menschen zählen zu den empfindlichen Perso‐ nengruppen. Für Kohlenmonoxid existiert kein Immissonsgrenzwert nach TA Luft. Zur Bewertung von CO-Konzentrationen in der Umgebungsluft können die immis‐ sionsbegrenzenden Werte der „Bund/ Länder-Arbeitsgemeinschaft-Immissions‐ schutz“ von 10 mg/ m 3 als Acht-Stunden-Mittel und 30 mg/ m als Halbstunden‐ mittel verwendet werden. Der Orientierungswert der „Bund/ Länder-Arbeitsgemeinschaft-Immissions‐ schutz“ für Kohlenmonoxid als Acht-Stunden-Mittelwert basiert auf dem ent‐ sprechenden Grenzwert der 2. Tochterrichtlinie der EU „Richtlinie 2000/ 69/ EG des europäischen Parlaments und des Rats vom 16. November 2000 über 97 Wirkung von Kohlenmonoxid <?page no="98"?> Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft“. Diese Richtlinie wurde mittlerweile in die Richtlinie 2008/ 50/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa überführt. Zusammenfassung für CO Die CO-Emissionen in Deutschland haben sich von 12,58 Millionen t im Jahr 1990 auf 2,86 Millionen t im Jahr 2016 verringert. Die CO-Emissionen des Straßenverkehrs verbesserten sich im Zeitraum von 1990 bis 2016 von 6,66 Millionen t auf 0,72 Millionen t. Der Immissionsgrenzwert von 10 mg/ m 3 wurde gewählt, weil unterhalb dieses Werts keine Wirkung zu spüren ist. Er wird bereits seit Jahrzehnten deutlich unterschritten. Auch der maximale Acht-Stunden-Grenzwert wird deutlich unterschritten. Im Zeitraum von 30 Jahren haben sich die CO-Konzentration in Deutschland in den Städten um nahezu 90 % verbessert. Dies gilt für alle Bundesländer. 98 Kohlenmonoxid CO <?page no="99"?> Kohlenwasserstoffe ohne Methan NMHC beziehungsweise NMVOC In der Gruppe der methanfreien Kohlenwasserstoffe NMHC sind zwei Stoffe beziehungsweise Stoffgruppen besonders wichtig. Dazu zählt Benzol, als erster aromatischer Kohlenwasserstoff, und die polyzyklischen Kohlenwasserstoffe PAH (Polycyclic Aromatic Hydrocarbons im englischen Sprachgebrauch). Die verwendeten Abkürzungen leiten sich teilweise aus dem englischen Sprachgebrauch ab, so steht HC für Hydrocarbons, und VOC für Volatile Organic Compounds, die im Deutschen als flüchtige organische Komponenten bezeichnet werden. Aus dem Spektrum der Kohlenwasserstoffe werden für die Trendbetrachtung Methan wegen seiner Rolle beim Treibhauseffekt, Benzol und Benzo(a)pyren als lufthygienisch relevante Stoffe getrennt betrachtet. Früher waren Tiefgaragen, Tankstellenumgebungen und Tunnel mit erhöhten Konzentrationen belastet, aber nach der Einführung von Katalysatoren, HC-Filtern im Motorraum ab 1990 und der Saugrüsselmethode beim Tanken hat sich die Lage auch an diesen kritischen Orten erheblich verbessert. Verbesserungsversuch Bild 32 zu Seite 107 Bild 34: Zusammensetzung der Summe aller Kohlenwasserstoffe Die flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) haben einen Siedepunkt klei‐ ner 250 Grad und liegen gasförmig vor. Mit Wasserstoff spricht man von Kohlenwasserstoffen. Schwerflüchtige Komponenten, die in der Atmosphäre <?page no="100"?> 1 OECD 1993, 1995; Conrad, R. 1982; Crutzen, P.M. 1983; Streit, B. 1994; Walsh, P.M. 1990; Granier, C. 1996. 2 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 6.08.2020]. als Partikel auftreten, werden nicht zu den VOC gezählt. Methan als einfachster Kohlenwasserstoff wird wegen seiner Sonderrolle meist separat aufgeführt. Dann lautet die Bezeichnung der restlichen Kohlenwasserstoffe NMVOC bezie‐ hungsweise NMHC (NM=Non Methan). Kohlenwasserstoffe sind maßgeblich bei der Ozonbildung beteiligt. Die Emissionen des Verkehrs werden in der Regel als NMHC bezeichnet. Abschätzungen der globalen Kohlenwasserstoffemissionen schwanken er‐ heblich. Der Arbeitskreis „Emission und Luftqualität“ unter der Leitung von Prof. Gruden am Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik von Prof. Lenz innerhalb der Fakultät für Maschinenwesen und Betriebswissenschaften in Wien hat schon vor dem Jahr 2000 die Angaben in der Literatur recherchiert und ist insbesondere bei den natürlichen Quellen auf große Unterschiede gestoßen. Die Bandbreite reicht bei den natürlichen Quellen von 490 Millionen t/ a bis 2200 Millionen t/ a, bei den anthropogenen Emissionen von 80 Millionen t/ a bis 120 Millionen t/ a. Der wahrscheinlichste Wert - bei stärkerer Bewertung der neueren Literatur - liegt bei den natürlichen Emissionen global bei 1250 Millionen t und bei den anthropogenen Quellen bei 120 Millionen t. 1 Die Hauptquellen der natürlichen Emissionen sind Isoprene mit 36 %; sonstige reaktive Kohlenwasserstoffe mit 30 %; sonstige methanfreie Kohlenwasserstoffe und Terpene mit 12 %. Bei den anthropogenen NMHC-Emissionen tragen Biomasse-Holfeuerungen 18 %, Hausbrand mit Kleingewerbe 14 %, Pkws 14 %, Lösemittel 9 %, stationäre Quellen 9 %, Mülldeponien 7 %, Kraftstoffverdunstung 5 %, Motorräder 5 %, Nutzfahrzeuge 4 %, sonstiger Verkehr 3 %, Brandrodung 3 % und Flugverkehr 1 % bei. Betrachtet man die Anteile der wesentlichen Staaten an den NMHC-Emissionen, so haben sich die NMVOC-Emissionen seit 1980 besonders in Asien, Afrika, China, Indien und Lateinamerika deutlich erhöht, in Westeuropa, Japan, Kanada, der ehemaligen USSR und den USA haben die NMVOC-Emissionen dagegen abgenommen. Entwicklung der NMVOC-Emissionen in Europa EEA 33 Von 1990 bis 2018 haben sich die NMVOC-Emissionen von 20,165 Millionen t auf 8,356 Millionen t um 59 % verringert. 2 Sie sind hauptsächlich durch Ver‐ 100 Kohlenwasserstoffe ohne Methan NMHC beziehungsweise NMVOC <?page no="101"?> 3 Ebd. besserungen bei dem Lösungsmittelverbrauch seit 1990 stetig zurückgegangen. Der Straßenverkehr hat an den NMHC-Emissionen in Europa einen Anteil von 8,74 %. Das NEC-Ziel (National Emission Ceiling) der NMVOC-Emission der Eu‐ ropäischen Staaten von 9 Millionen t wurde trotz der Erweiterung auf 33 Mitgliedstaaten 2018 erreicht. Entwicklung der NMVOC-Emissionen in Deutschland Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 108 Entwicklung der NMVOC-Emissionen in Deutschland Bild 33: Entwicklung der NMVOC-Emissionen in Millionen t in Deutschland 129 Die NMVOC-Emissionen in Deutschland verringern sich von 3,5 Millionen t 1990 auf 1 Millionen t 2017; die des Straßenverkehrs von 1230 kt auf 100 kt. Hauptemittent ist die Industrie, insbesondere die Lösungsmittelindustrie. Von 1990 bis 2015 konnten die NMVOC-Emissionen der Industrie von 1,24 Millionen t auf 0,55 Millionen t gesenkt und somit um 66 % reduziert werden. Die Industrie - insbesondere Lösemittelanwendungen im industriellen und gewerblichen Bereich - und der Straßenverkehr haben den Hauptanteil daran. Die flüchtigen methanfreien KW von Kraftstoffen waren 1990 höher als die Ab- 129 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 6.08.2020]. Bild 35: Entwicklung der NMVOC-Emissionen in Millionen t in Deutschland 3 Die NMVOC-Emissionen in Deutschland verringern sich von 4 Millionen t 1990 auf 1,14 Millionen t 2017; die des Straßenverkehrs von 1600 kt auf 910 kt. Hauptemittent ist die Industrie, insbesondere die Lösungsmittelindustrie. Von 1990 bis 2015 konnten die NMVOC-Emissionen der Industrie von 1,24 Millionen t auf 0,55 Millionen t gesenkt und somit um 66 % reduziert werden. Die Industrie - insbesondere Lösemittelanwendungen im industriellen und gewerblichen Bereich - und der Straßenverkehr haben den Hauptanteil daran. Die flüchtigen methanfreien KW von Kraftstoffen waren 1990 höher als die Abgasemissionen 2015. Im Jahr 2015 liegen sie mit 80 kt knapp unter den Abgasemissionen des Straßenverkehrs, der 2015 bei 100 kt liegt. Die flüchtigen methanfreien KW von Kraftstoffen lagen immer knapp über den KW-Emissionen des Haus‐ 101 Entwicklung der NMVOC-Emissionen in Deutschland <?page no="102"?> 4 S. Prüller, H. P. Lenz, TU Wien, AK Emlu, 4/ 1999. brands. Diese Emissionsabsenkung bleibt trotz der Zunahme der Pkw und Nutzfahrzeuge erhalten, da emissionsungünstige Altfahrzeuge durch Fahrzeuge ersetzt werden, die den schärferen Grenzwerten unterliegen. In den vom UBA veröffentlichten Daten für 2018 sinken die NMVOC-Emissionen um 25 kt auf 1139,9 kt, die des Straßenverkehrs um 5,6 kt auf 85,5 kt, die der Industrie um 9,1 kt und die des Hausbrands um 1,7 kt auf 42,8 kt. Auch Deutschland hat das Nationale Emissions-Ziel „NEC“ NMVOC von 995 000 t ab 2010 erreicht. Zusammengefasste Immissionswerte aus älteren Messungen in Deutschland und der Schweiz zeigen bereits seit 1982 einen deutlichen Abwärtstrend. Bild 36: Entwicklung von NMHC-Konzentrationen von 1981 bis 1997 4 VOC-Konzentrationen einiger Kohlenwasserstoffe sind im Sommer höher, wie Messungen am Bergobservatorium in Hohenpeißenberg zeigen. In der Natur tragen biogene Kohlenwasserstoffkomponenten insbesondere im Sommer aufgrund der Sonneneinstrahlung wesentlich zur Kohlenwasser‐ stoff-Bilanz bei, wie die Messungen des meteorologischen Observatoriums des Deutschen Wetterdienstes eindeutig zeigen. Die Tendenz im Betrachtungszeit‐ raum zeigt leicht nach unten. Biogene VOC-Emissionen wurden am Hohenpeißenberg differenziert von 2003 bis Ende 2005 veröffentlicht. Sie zeigen die mittäglichen Monatsmittelwerte 102 Kohlenwasserstoffe ohne Methan NMHC beziehungsweise NMVOC <?page no="103"?> 5 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 267731/ luftschadstoff_emissionskatast er_2014.pdf [Stand: 6.08.2020]. einzelner biogener KW-Komponenten mit jeweiligem Tief im Winter und Hoch im Sommer. Laubbäume, Nadelhölzer und Sträucher emittieren in unterschiedlicher In‐ tensität Isoprene, Terpene und eine Reihe weiterer Stoffe. Aktuellere Daten sind in Arbeit und werden in den internen Publikationen des Deutschen Wetterdienstes veröffentlicht. Im Hinblick auf die Luftqualität spielt die Summe der Kohlenwasserstoffe heute eine untergeordnete Rolle. Als Stoffgruppe werden die NMHC schon seit einiger Zeit nicht mehr regelmäßig gemessen. Bei der Entstehung erhöhter Ozonkonzentrationen gelten die Kohlenwasserstoffemissionen zusammen mit den Stickstoffoxidemissionen als Vorläuferstoffe. Daher sind auch die Daten von früheren Messungen aufgeführt. Die NMVOC-Emissionen fielen zwischen 1990 und 2013 um 65,5 %. Den Großteil der deutschen NMVOC-Emissionen macht seit Mitte der 1990er-Jahre die Lösemittelverwendung aus. Die stark rückläufigen Emissionen des Verkehrs haben über die Jahre immer mehr an Bedeutung verloren. Baden-Württemberg Knapp die Hälfte der NMVOC wird von biogenen Quellen emittiert. 2017 trugen der Verkehr 15 414 t bei, die Pkw 13 043 t, die Motorräder 1 825 t, die schweren Nutzfahrzeuge 401 t und die leichten Nutzfahrzeuge 143 t. Auf Autobahnen wurden 613 t, auf Bundesstraßen 3188 t, auf Landstraßen 3666 t, auf Kreisstraßen 2323 t, auf Gemeindestraßen 1624 t und von Flächenquellen 4000 t emittiert. 5 Immissionswerte zur Summe der NMHC gibt es kaum. In Schulen wurden im Winter 2004 und im Sommer 2005 Messungen durchgeführt. Der Summenwert der VOC lag bei rund 706 µg/ m 3 . Der UBA-Richtwert von 1000 µg/ m 3 wird eingehalten. Bayern Im Emissionskataster 2004 finden sich Angaben für die Jahre 2000 und 2004 103 Baden-Württemberg <?page no="104"?> 6 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08.2020]. 7 Ebd. 8 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08.2020]. 9 Metz N., Deutschland auf dem Weg zu Luftkurort, expert verlag, 2019. NMVOC t/ a Verkehr 33 485 Davon Straßenverkehr 21 579 Genehmigungsbedürfte Anlagen 14 175 Sonstiges 181 110 Lösemittel in privaten Haushalten 14 862 Biogene Quellen 114 617 Summe 2000 345 533 Summe 2004 368 252 Tabelle 13: NMVOC-Emissionen nach Sektoren 6 NMVOC-Emissionen der Quellengruppe Verkehr in t 2004: 7 Zu den NMVOC-Emissionen des Verkehrs tragen • der Straßenverkehr 21 579 t, • der Flugverkehr 6289 t (zivil 3518 t, Enteisung der Betriebsflächen 1260 t, Militär 12 511 t), • der dieselbetriebene Schienenverkehr 216 t, • der Schiffsverkehr 209 t, • der Offroadverkehr 4267 t (mit Dieselmotoren der Landwirtschaft 3676 t), • Baumaschinen 490 t, • die Forstwirtschaft 69 t, • das Militär 33 t, • die Ottomotor-Fahrzeuge der Landwirtschaft 925 t mit den Ottomo‐ tor-Fahrzeugen der Industrie 455 t und des Militärs 470 t bei. Von 2004 bis 2010 haben sich die NMVOC-Emissionen beim Straßenverkehr um 20 % verbessert. 8 2017 liegt der Wert unter 20 000 t. Die Emissionswerte sind aus den UBA-Angaben für jedes Jahr mit einem Verteilungsschlüssel auf der Basis der Kfz-Zahlen der Bundesländer abgeleitet. 9 104 Kohlenwasserstoffe ohne Methan NMHC beziehungsweise NMVOC <?page no="105"?> 10 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08.2020] 11 Ebd. 12 Ebd. 13 Parlar et al. 1995, Colbeck 1995, IPCC 1995, Lenz et al. 1993, Puxbaum 1993. In der Quellgruppe „genehmigungspflichtige Anlagen“ 2004 dominiert die Oberflächenbehandlung mit organischen Stoffen bei der Herstellung bahnför‐ miger Kunststoffmaterialien die NMVOC-Emission mit 7160 t. 10 In der Quell‐ gruppe nichtgenehmigungspflichtigen Anlagen 2004 haben die Kleinfeuerun‐ gen zusammen mit den Haushalten einen Anteil von 6580 t. 11 In der Quellgruppe „sonstige nicht gefasste Quellen“ 2004 tragen die Anwendung der Lösemittel 112 393 t und die landwirtschaftliche Viehhaltung mit 53 240 t bei. 12 Von 2004 bis 2010 haben sich die Emissionen bei den genehmigungspflichti‐ gen Anlagen um 9 %, bei nicht genehmigungspflichtigen Feuerungen um 17 % vermindert. Bei den sonstigen nicht genehmigungspflichtigen Anlagen um 11 %, bei sonstigen nicht gefassten Quellen ergab sich eine Steigerung um 2 % und bei den Lösemitteln ebenfalls um 2 %. Von 2004 bis 2010 haben sich die Emissionen aller Quellen um 10 % verbessert. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Bild 35: Entwicklung der methanfreien NMHC-Jahresmittelwerte in mg/ m 3 in München Nach 1986 sind die NMHC-Jahresmittelwerte stark auf unter 0,5 mg/ m 3 gefallen. 139 Exkurs: Im Rahmen einer Belastungskontrolle in Schulen wurden in Bayern und NRW Messungen einzelner KW im Winter 2004 und Sommer 2005 durchgeführt. Innenraumkonzentrationen liegen in Bayern und NRW unter dem UBA- VOC-Richtwert. Einen großen Anteil der NMVOC-Emissionen stellen Alkane dar (ca. 30 %). Weitere bedeutende Stoffgruppen sind die Aromaten und die Alkohole. 140 NMHC in mg/ m 3 Bild 37: Entwicklung der methanfreien NMHC-Jahresmittelwerte in mg/ m 3 in München Nach 1986 sind die NMHC-Jahresmittelwerte stark auf unter 0,5 mg/ m 3 gefallen. 13 105 Bayern <?page no="106"?> 14 www.dguv.de/ medien/ ifa/ de/ pub/ grl/ pdf/ 2014_014.pdf. Neumann H.-D., Buxtrup M., et al., VOC-Konzentrationen in Schulen, Gefahrstoffe-Reinhaltung der Luft, 74 März 2014 [Stand: 6.08.2020]. 15 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endbericht_E missionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. Exkurs Im Rahmen einer Belastungskontrolle in Schulen wurden in Bayern und NRW Messungen einzelner KW im Winter 2004 und Sommer 2005 durchgeführt. Innenraumkonzentrationen liegen in Bayern und NRW unter dem UBA- VOC-Richtwert. Einen großen Anteil der NMVOC-Emissionen stellen Alkane dar (ca. 30 %). Weitere bedeutende Stoffgruppen sind die Aromaten und die Alkohole. 14 Berlin Immissionsdaten gibt es kaum. In Schulen wurden zwischen 2002 und 2003 Messungen durchgeführt. Der Summenwert der VOC lag unter 400 µg/ m 3 . Der UBA-Richtwert von 1000 µg/ m 3 wird eingehalten. VOC t/ a Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 115 Berlin Luftqualität: Immissionsdaten gibt es kaum. In Schulen wurden zwischen 2002 und 2003 Messungen durchgeführt. Der Summenwert der VOC lag unter 400 µg/ m 3 . Der UBA-Richtwert von 1000 µg/ m 3 wird eingehalten. Emissionen: VOC t/ a Bild 36: Veränderung der VOC-Emissionen von 2009 und 2012 141 Die NMHC-Emissionen des Straßenverkehrs in Berlin haben von 30 kt/ a im Jahr 1990 auf 3 kt/ a abgenommen. 142 141 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endbericht_Emissionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. 142 Metz N., Deutschland auf dem Weg zu Luftkurort, expert verlag, 2019. Bild 38: Veränderung der VOC-Emissionen von 2009 und 2012 15 106 Kohlenwasserstoffe ohne Methan NMHC beziehungsweise NMVOC <?page no="107"?> 16 Metz, N., Deutschland auf dem Weg zum Luftkurort, Tübingen, 2019. 17 Luftqualität in Nordrhein-Westfalen, LUQS-Jahresbericht 1999. 18 Metz, N., Deutschland auf dem Weg zum Luftkurort, Tübingen, 2019. Die NMHC-Emissionen des Straßenverkehrs in Berlin haben von 30 kt/ a im Jahr 1990 auf 3 kt/ a abgenommen. 16 Nordrhein-Westfalen 1999 wurden noch die Werte für einige gesättigte Kohlenwasserstoffe veröffent‐ licht. Auszugsweise sind die Jahresmittelwerte in µg/ m 3 für einige Messstationen angeführt: Hexan Heptan Oktan Nonan Düsseldorf Corneliusstr. 3,75 2,39 0,75 0,36 Düsseldorf Mörsenbroich 3,75 2,54 0,82 0,37 Köln Chowelier 1,59 0,98 0,34 0,23 Essen-Vogelheim 1,55 1,10 0,93 1,08 Bielefeld 1,80 1,55 0,49 0,25 Tabelle 14: Luftqualität in Nordrhein-Westfalen 17 In Nordrhein-Westfalen liegen Messungen für die methanfreien Kohlenwasser‐ stoffe in Schulen im Zeitraum von 2003 bis 2009 vor. Der UBA-Richtwert von 1000 µg/ m 3 wird eingehalten. Die NMHC-Emissionen des Straßenverkehrs in Nordrhein-Westfalen haben von 250 kt/ a 1990 auf 25 kt/ a abgenommen. 18 Wie aus dem folgenden Schaubild zu entnehmen ist, konnte die Industrie ihre Emissionen ebenfalls stark reduzie‐ ren. 107 Nordrhein-Westfalen <?page no="108"?> 19 www.Thru.de, UBA: PRTR. NMVOC in kt/ a Industrie Verkehr Lösungsmittel Bild 39: Trend der NMVOC-Emissionen in Nordrhein-Westfalen 1990 bis 2000 • In den Luftreinhalteplänen der Städte Bielefeld, Bönen-Nordbögge, Ge‐ velsdorf, Halle, Kamen, Remscheid sind nur Angaben zu Stickstoffdioxid angegeben. • Im Luftreinhalteplan der Stadt Hambach sind nur Angaben zu Feinstaub angegeben. • In den Luftreinhalteplänen der Städte Aachen, Bochum, Bonn, Bottrup, Cas‐ trop-Rauxel, Dinslaken, Dortmund, Duisburg, Düren, Düsseldorf, Ewitte, Essen, Gelsenkirchen, Gladberg, Grevenbroich, Hagen, Hamm, Herne, Herten, Hürth, Krefeld, Köln, Langenfeld, Mettmann, Mönchen-Gladbach, Mühlheim a. d. Ruhr, Münster, Neuss, Oberhausen, Overath, Paderborn, Recklinghausen, Schwert, Siegen, Warstein, Witten und Wuppertal sind nur Angaben zu Feinstaub und Stickstoffdioxid angegeben. Die NMHC-Emissionen der Betriebe steigen von 5,15 kt im Jahr 2007 über 5,3 kt bis auf 5,54 kt im Jahr 2014 an. 19 108 Kohlenwasserstoffe ohne Methan NMHC beziehungsweise NMVOC <?page no="109"?> Zusammenfassung Die Kohlenwasserstoffe (KW) gelten zusammen mit den Stickstoffoxiden als Ozonvorläuferstoffe. Der Kohlenwasserstoff Methan ist klimarelevant und wird als inertes Gas ausgeklammert. KW gehören zu den volatilen organischen KW und werden als VOC bezeichnet. NMHC und NMVOC sind methanfreie KW. Lufthygienisch sind KW als Summe nicht relevant. Nach der vorherrschenden Hypothese werden sie bei der Ozonbildung zusammen mit Stickstoffdioxid als Vorläuferstoff gesehen. Global betrachtet haben natürliche Quellen einen Anteil von 90 %, der Mensch ist für 10 % verantwortlich. In Europa EU 28 sind die Emissionen von 17 Millionen t 1990 auf 6,4 Millionen t 2015 zurückgegangen. In Deutschland haben sich die Emissionen von 3,4 Millionen t 1990 auf 1 Million t 2015 verringert. NMHC-Konzentrationen wurden von wenigen Landessämter für Umwelt‐ schutz, die überhaupt NMHC-Immissionen gemessen haben, von 1990 bis 2005 veröffentlicht. Sie unterliegen aber keiner Dokumentationspflicht mehr. Von 1990 bis 2005 sind die NMHC-Jahresmittelwerte in München am Stachus von rund 4 mg/ m 3 auf 0,4 mg/ m 3 und in Kassel Nord von 3,5 mg/ m 3 auf 0,5 mg/ m 3 zurückgegangen. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich auch in den anderen Bundesländern die NMHC-Konzentrationen ähnlich deutlich verbes‐ sert haben. Messungen der biogenen Kohlenwasserstoff-Konzentrationen des Deutschen Wetterdienstes in Hohenpeißenberg belegen jeweils einen signifikanten Anstieg im Sommer. Der Einfluss auf die Ozonbildung wird im Kapitel Ozon erläutert. Daten über die NMHCbeziehungsweise NMVOC-Emissionen sind in einigen Bundesländern zu finden. Der Hauptanteil der anthropogenen Emissionen sind die Lösungsmittel und deren Verarbeitung. Die NMVOC-Emissionen dieser Gruppe sind von rund 1,16 Millionen t 1990 auf 0,55 Millionen t im Jahr 2015 zurückgegangen. Die Emissionen des Straßenverkehrs in Deutschland haben sich von 1,17 Millionen t 1990 auf 0,09 Millionen t reduziert. Leichte Verbesserungen haben sich auch bei den übrigen Emittenten ergeben. Biogene Emissionen werden auch in manchen Landesämter verfolgt. In Thüringen werden zum Beispiel die biogenen NMVOC-Emissionen mit 51 % beziffert. Der globale Anteil liegt deutlich höher, siehe oben. Insbesondere im Sommer ist der Beitrag von Terpenen über die Emissionen der Nadelhölzer und den Isopren-Emissionen der Laubbäume und Büsche eine der Hauptquellen. In Ländern mit großen Waldbeständen wie Hessen und Rheinland-Pfalz, deren Anteil bei 42 % liegt, sind biogene NMVOC-Emissionen am höchsten. Die 109 Zusammenfassung <?page no="110"?> Waldbestände im Saarland (39 %), Baden-Württemberg (38 %), Bayern (36 %), Brandenburg (35 %) und Berlin (35 %) liegen über dem deutschen Durchschnitt von 31 %. Damit kann in diesen Ländern auch von einem nicht zu vernachlässi‐ genden Anteil an biogenen NMVOC-Emissionen ausgegangen werden. Die Emissionen der Kohlenwasserstoffe aus dem Straßenverkehr sind durch die laufende Verbesserung und Weiterentwicklung der Katalysatoren erfolg‐ reich vermindert worden. Im Hinblick auf die Luftqualität sind Nachmessungen nicht mehr notwendig. 110 Kohlenwasserstoffe ohne Methan NMHC beziehungsweise NMVOC <?page no="111"?> 1 Arbeitsgruppe im Rahmen des Auto-Oil-Programms https: / / ec.europa.eu/ environment/ archives/ air/ pdf/ ppbenzene.pdf Benzol In der Summe der Kohlenwasserstoffe wird Benzol aus der Untergruppe der zyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe als gesundheitsrelevanter Stoff ausgewählt. Benzolemissionen Spuren von Benzol entstehen bei Vulkanausbrüchen und Waldbränden sowie bei unvollständiger Verbrennung von organischem Material. In der Atmosphäre wird nach zwei bis fünf Tagen die Hälfte des vorhandenen Benzols durch Reaktion mit Hydroxyl-Radikalen (freie OH-Gruppen) abgebaut. Benzol wird unter anderem durch Abgase von Benzinmotoren freigesetzt. 75 % der Emissionen gingen 2000 noch auf Kraftfahrzeuge zurück. Der Benzol‐ anteil des Motorenbenzins ist ab dem Jahr 2000 europaweit nach DIN EN 228 auf maximal ein Volumenprozent begrenzt worden; der Durchschnitt im Jahre 2003 betrug ~0,7 Volumen-Prozent. Der aktuelle Grenzwert liegt 2010 in den USA bei 5 Volumen-Prozent. Ab 2013 hat sich der US-Durchschnitt des Benzolanteils im Benzin auf 0,62 % reduziert. Benzolemissionen in Deutschland Absolute Werte sind unsicher. Eine Verteilungs-Abschätzung für 1990: Straßenverkehr 80-85 %, Petroleum Raffinerien 0,3-1,5 %, Kraftstoffverteilung 2,6-6 %, Chemische Industrie 1,3-13 %, Hausbrand 3-7 % und Verwendung von Lösungsmittel 1-4 %. 1 <?page no="112"?> 2 IFEU, Knörr, 2005 und Höpfner. Quelle 1985 1990 1995 2000 2010 Verkehr 63 570 71 531 28 862 11 936 5374 Benzinverteilung 1500 1700 750 180 85 Verbrennung (Heizungen) 5100 4300 1150 1150 1150 Industrielle Prozesse 2850 1630 1275 1183 1105 Gesamt 73 020 79 161 32 037 9329 7714 Tabelle 15: Abschätzung der Benzolemissionen in Deutschland, Quelle: IFEU 2011 Für das Jahr 2020 ergibt sich nach den Schätzungen folgendes Bild: Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 122 Bild 38: Entwicklung der Benzol-Emissionen des Straßenverkehrs 1980- 2020 146 Luftqualität Die durchschnittliche Belastung der Bevölkerung beträgt im Mittel 1 bis 2 µg/ m 3 . Um 1980 gab es einen starken Rückgang der Benzol-Emissionen, der sich in den 1990er-Jahren fortsetzte. So reduzierte sich die Benzolbelastung zwischen 1997 und 2005 sowohl an den städtischen, verkehrsnahen Messstationen als auch an den städtischen Hintergrundstationen so erheblich, dass schon im Jahr 2005 die seit dem Jahr 2010 geltenden Grenzwerte von 5 µg/ m 3 fast überall unterschritten wurden. In Europa liegt Deutschland im mittleren Bereich. Das ist auch der Grund dafür, dass in den aktuelleren EAA-Reports nach 2013 keine Ranking-Grafiken mehr veröffentlicht werden. 146 IFEU, Knörr, 2005 und Höpfner. Bild 40: Entwicklung der Benzol-Emissionen des Straßenverkehrs 1980-2020 2 Die durchschnittliche Belastung der Bevölkerung beträgt im Mittel 1 bis 2 µg/ m 3 . Um 1980 gab es einen starken Rückgang der Benzol-Emissionen, der sich in den 1990er-Jahren fortsetzte. So reduzierte sich die Benzolbelastung zwischen 1997 und 2005 sowohl an den städtischen, verkehrsnahen Messstationen als auch an den städtischen Hintergrundstationen so erheblich, dass schon im Jahr 2005 die seit dem Jahr 2010 geltenden Grenzwerte von 5 µg/ m 3 fast überall unterschritten wurden. In Europa liegt Deutschland im mittleren Bereich. Das ist auch der Grund dafür, dass in den aktuelleren EAA-Reports nach 2013 keine Ranking-Grafiken mehr veröffentlicht werden. 112 Benzol <?page no="113"?> 3 Die Europäische Umweltagentur fasst unter dem Begriff EU 27 die folgenden Länder zusammen: Österreich, Belgien, Bulgarien, Zypern, Tschechien, Dänemark, Estland, Griechenland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Irland, Italien, Lettland, Lichtenstein, Litauen, Luxembourg, Malta, Niederlande, Norwegen, Polen, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden und England. 4 EEA-Report 12-2018_Air-quality_in_Europe. 5 Schönwiese C.D., Der Treibhauseffekt 1988, Berlin/ Heidelberg. 6 OECD\IEA 1993, 1995; IPCC 1995; Bolle, H.J. 1991; Walsh, P.M. 1990; Krapfenbauer 1995; Faber et al. 1993; Woodwell 1996; Korte 1987; Heinmann 1997. Seit 2012 wird über die Benzol-Jahresmittelwerte der Staaten nicht mehr berich‐ tet. Im letzten Air-Quality-Report 2018 wird vermerkt, dass von 724 Stationen in 31 Europäischen Staaten (EU 28 = EU 27 und Kroatien 3 ) plus Albanien, Norwegen und die Schweiz) mit einer Datendichte über 50 % nur vier den Grenzwert von 5 µg/ m 3 überschritten haben. In Polen bei zwei Hintergrundstationen, in Grie‐ chenland an einer Verkehrsstation und in Frankreich an einer Industriestation. Bei 90 % aller Stationen lagen die Werte unter 2 µg/ m 3 . 4 Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 123 Seit 2012 wird über die Benzol-Jahresmittelwerte der Staaten nicht mehr berichtet. Im letzten Air-Quality-Report 2018 wird vermerkt, dass von 724 Stationen in 31 Europäischen Staaten (EU 28 = EU 27 und Kroatien 147 ) plus Albanien, Norwegen und die Schweiz) mit einer Datendichte über 50 % nur vier den Grenzwert von 5 µg/ m 3 überschritten haben. In Polen bei zwei Hintergrundstationen, in Griechenland an einer Verkehrsstation und in Frankreich an einer Industriestation. Bei 90 % aller Stationen lagen die Werte unter 2 µg/ m 3 . 148 Bild 39: Trend der Benzol-Jahresmittelwerte der EU-Staaten 149 Erfasst sind die EU-Mitgliedsstaaten mit mindestens zu 75 % vollständigen Datenreihen innerhalb der letzten 8 Jahre. Da die Konzentrationen bei 86 % der Stationen seit einigen Jahren unter 2 µg/ m 3 und damit weit unter dem Grenzwert 147 Die Europäische Umweltagentur fasst unter dem Begriff EU 27 die folgenden Länder zusammen: Österreich, Belgien, Bulgarien, Zypern, Tschechien, Dänemark, Estland, Griechenland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Irland, Italien, Lettland, Lichtenstein, Litauen, Luxembourg, Malta, Niederlande, Norwegen, Polen, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden und England. 148 EEA-Report 12-2018_Air-quality_in_Europe. 149 Schönwiese C.D., Der Treibhauseffekt 1988, Springer. Bild 41: Trend der Benzol-Jahresmittelwerte der EU-Staaten 5 Erfasst sind die EU-Mitgliedsstaaten mit mindestens zu 75 % vollständigen Datenreihen innerhalb der letzten 8 Jahre. Da die Konzentrationen bei 86 % der Stationen seit einigen Jahren unter 2 µg/ m 3 und damit weit unter dem Grenzwert liegen, werden seit 2010 keine kontinuierlichen Messungen durchgeführt. Im Zeitraum 2000 bis 2014 sind die Werte um mehr als 70 % zurückgegangen. 6 113 Benzolemissionen in Deutschland <?page no="114"?> 7 https: / / www.scinexx.de/ news/ geowissen/ co2-ausstoss-steigt-ungebremst/ [Stand: 6.08. 2020]. 8 https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 179260/ umfrage/ die-zehn-groessten-c02emittenten-weltweit [Stand: 6.08.2020]. 9 Ebd. Die Stadt mit der geringsten Benzolkonzentration in der GFS-Studie war Kopenhagen. Hier betrug die durchschnittliche jährliche atmosphärische Benzolkonzentration rund ein Viertel des Werts, der in der Stadt mit der stärksten Luftverschmutzung - Athen - gemessen wurde. Die Wissenschaftler sagen, dass dieser Unterschied völlig von meteorologischen Bedingungen abhängt - die Städte mit der geringsten Luftverschmutzung seien die am besten „belüfteten“. 7 Benzol-Emissionen sind nicht mehr als individuelle Komponenten bei den VOC in der Europäischen Emissions-Inventur und werden somit nicht im Internet erfasst. 8 Früher waren Tiefgaragen, Tankstellenumgebungen und Tunnel Orte mit er‐ höhten Benzol-Konzentrationen, aber nach der Einführung von Katalysatoren, Filtern im Motorraum, Gasrückführungssystemen an Tankstellen, Saugrüsseln beim Tanken und der Begrenzung des Benzolgehalts im Kraftstoff auf unter 1 % hat sich die Lage erheblich verbessert. Aus den Daten aus dem Zeitraum vor 2010 sowie nach 2010 geht hervor, dass sowohl an den verkehrsnahen Messstellen wie auch an den Hintergrundstatio‐ nen die Benzol-Jahresmittelwerte in den Städten und auf dem Land signifikant zurückgehen. Wie auch bei den anderen Komponenten wird die Situation der drei ausge‐ wählten Bundesländer betrachtet. Baden-Württemberg Die Benzol-Jahresmittelwerte sind von über 10 µg/ m 3 1996 auf 3 µg/ m 3 im Jahr 2005 gefallen. Neuere Messungen zeigen eine weitere Verbesserung auf ein Niveau unter 1 µg/ m 3 . 9 114 Benzol <?page no="115"?> 10 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 267731/ luftschadstoff_emissionskatast er_2014.pdf [Stand: 6.08.2020] 11 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 267731/ luftschadstoff_emissionskatast er_2014.pdf [Stand: 6.08.2020] 12 Umweltbundesamt - Fachgebiet II 4.2 „Beurteilung der Luftqualität“, Benzol im Jahr 2016. 13 www.inters-ora.bayern.de/ emissionskataster/ php/ tabelle_ergebnis.php und Ges. Emi- Stadtgeb. München, LFU [Stand: 6.08.2020]. Jahr Kleinfeuerung Verkehr Industrie Summe 2000 60 1199 31 1290 2015 209 1050 36 1295 Tabelle 16: Benzol-Emissionen in Baden-Württemberg im Jahr 2000 und 2015 in t/ a 10 Zu den Emissionen im Straßenverkehr siehe ebenfalls. 11 Bayern Die Benzoljahresmittelwerte am Königsplatz in Augsburg haben sich von 6 µg/ m 3 1998 auf 0,9 µg/ m 3 2016 verringert. Das Benzol-Jahresmittel für 2014 in München an der Landshuter Allee lag bei 1,5 µg/ m 3 und in Regensburg Rathaus bei 1,3 µg/ m 3 . Für weitere Messungen von Benzol-Jahresmittelwerten an einzelnen Messstationen für das Jahr 2016 siehe Quelle. 12 Quellengruppen t/ a im Jahr 2000 Bayern Stadtgebiet München München Augsburg Verkehr 2 240 192 94,2 21,9 Genehmigungsbedürftige und nicht-genehmi‐ gungsbedürftige Anlagen 787 17 29,7 6,8 Summe 3027 209 123,9 28,7 Tabelle 17: Benzolemissionen in t/ a verschiedener Quellgruppen im Jahr 2000 13 115 Bayern <?page no="116"?> 14 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ messnetz/ download/ jahresbericht201 8.pdf [Stand: 6.08.2020]. 15 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endbericht_E missionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. Berlin Bild 42: Trend der Benzol-Jahresmittelwerte an Hauptverkehrsstraßen, und in Wohnge‐ bieten 14 Die Benzol-Jahresmittelwerte haben sich um mehr als 75 % verbessert. Benzol-Emissionsdaten sind nicht getrennt ausgewiesen, daher werden VOC-Emissionen ersatzweise gezeigt. So sind die NMVOC-Emissionen der Quellengruppe „Sonstige“ 2012 von den Emissionen aus „Anwendung von Lösemitteln und anderen Produkten“ geprägt. Hierfür werden 65 % mehr Emissionen ausgewiesen als 2009. 15 Ableitung der Benzolemissionen aus den VOC-Emissionen 2002 • Hausbrand aus 466,7 t VOC errechnen sich 16,8 t Benzol • Gewerbe aus 522,7 t VOC errechnen sich 41,0 t Benzol • sonstiges aus 13 285,5 t VOC errechnen sich 664,3 t Benzol • Verkehr aus 12 859,3 t VOC errechnen sich 538,4 t Benzol • Verkehr sonst. aus 1707,7 t VOC errechnen sich 85,4 t Benzol • EE bis 40 m aus 1323,4 t VOC errechnen sich 13,2 t Benzol • Gen. bed. Anl. aus 556,9 t VOC errechnen sich 5,6 t Benzol 116 Benzol <?page no="117"?> 16 www.lanuv.nrw.de/ fileadmin/ lanuv/ luft/ immissionen/ ber_trend/ Bericht_ueber_die_L uftqualitaet_im_Jahr_1999.pdf [Stand: 6.08.2020]. 17 Kiesewalter, http: / / www.ergo-dresden.de/ abteilungen/ luftreinhaltung/ messen/ ultrafei nstaub/ [Stand: 6.08.2020]. • Insgesamt aus 30 722,4 t VOC errechnen sich 1364,7 t Benzol für das Jahr 2002 Soweit noch Daten vorliegen, sind auch nach 2010 die Benzol-Jahresmittelwerte weiter zurückgegangen. Überschreitungen des seit 2010 einzuhaltenden Grenz‐ wertes von 5 μg/ m³ wurden erstmals im Jahr 2007 deutschlandweit nicht mehr gemessen. Infolge der deutlichen Verringerung der Benzolemission seit 1990 sinken auch die Benzol-Konzentrationen in der Umgebungsluft, insbesondere an den Verkehrsmessstationen auf unkritische Werte. Nordrhein-Westfalen Verbesserungsversuch Bild 41 zu Seite 127 plus Änderung bei der Quellenangabe Stand 16. 03. 2015 und Bildunterschrift: Entwicklung der Benzol-Jahresmittelwerte… µg/ m 3 Bild 43: Entwicklung der Benzolimmission in Deutschland in µg/ m 3 16 Das Landesamt in Nordrhein-Westfalen hat daher seine Messungen einge‐ schränkt und die grafische Darstellung der Jahresmittelwerte eingestellt. Die Industrie emittiert 283,962 t, nicht genehmigungspflichtige Feuerungen 232,1 t und der Verkehr 4775,725 t. Kokereien sind nicht angegeben. 17 117 Nordrhein-Westfalen <?page no="118"?> 18 Kouros, B. und Dehnen, W, Benzol-Vorkommen, biologische Wirkungen und Wirkme‐ chanismen. Umwelthygiene 22, S. 110-155, 1990 aus dem Handbuch der Umweltmedi‐ zin. 19 Handbuch für Umweltmedizin, Wichmann, Schlipköter, Fülgraff, VI-4, nach CAG. Wirkung niedriger Benzolkonzentrationen Häufigster Aufnahmeweg bei der umweltbedingten Exposition gegenüber Ben‐ zol ist die Inhalation, das heißt, die Aufnahme über die Atemwege. Benzol kommt in die Umgebungsluft und stammt überwiegend aus dem Kraftfahrzeug‐ verkehr (Betankung, Abgase) sowie aus Feuerungsanlagen, Kokereien und Kraftstofflagern, in Innenräumen aus Tabakrauch. Zu den akuten Symptomen nach kurzfristiger Exposition gegenüber Benzol zählen u. a. Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Übelkeit, Benommenheit sowie Sehstörungen. In schweren Fällen kann es zu Bewusstlosigkeit und Tod infolge Atemlähmung kommen. Es sind zahlreiche Todesfälle nach Unfällen oder missbräuchlicher Verwendung („Schnüffeln“) von Benzol bekannt. Die chronische Toxizität zeichnet sich durch eine Reihe relativ unspezifi‐ scher Symptome aus, wie zum Beispiel Müdigkeit, Schwäche, Schlaflosigkeit sowie Schwindel, Blässe, Augenflimmern und Herzklopfen bei körperlichen Anstrengungen. Benzol schädigt die Blutbildung im Knochenmark und kann Leukämie (Blutkrebs) sowie andere Tumorerkrankungen erzeugen. Vor 30 Jahren hatte Benzol bei in der Außenluft auftretenden Konzentrationen an Belastungsschwerpunkten zum Krebsrisiko beigetragen. Heutige Benzolkon‐ zentrationen sind wesentlich geringer und weit unter dem Immissionsgrenz‐ wert, der vor solchen Risiken schützen soll. Grundsätzlich ist Benzol ein Stoff mit erbgutveränderndem Potenzial. Daher haben Toxikologen die Pfade einer Erbgutveränderung (Metabolisierung) untersucht. 18 Alle allgemein toxischen Wirkungen spielen sich in der Regel in einem Konzentrationsbereich ab, der für Außenluftverhältnisse irrelevant ist. Somit verbleibt für die Allgemeinbevölkerung als wesentliches Gesundheitsrisiko von Benzol die kanzerogene beziehungsweise erbgutverändernde Wirkung. Im Handbuch für Umweltmedizin wird für das Unit Risk eine Bandbreite von 2,8 x 10 - 6 bis 30 x 10 - 6 genannt. 19 Es wären also 2,8 bis 30 Personen in einer Bevölkerung von einer Million zu Tode zu kommen. Dieses Risiko ist mit einer Flugreise vergleichbar. Bei der Genehmigung und Anlagenüberwachung nach BImSchG und TA Luft gilt zur Bewertung der gesundheitlichen Wirkungen nach langfristiger inhalativer Exposition gegenüber Benzol der Immissionswert der TA Luft von 5 µg/ m³ als Jahresmittel. 118 Benzol <?page no="119"?> Der Immissionswert der TA Luft für Benzol basiert auf dem entsprechenden Grenzwert der 2. Tochterrichtlinie der EU „Richtlinie 2000/ 69/ EG des europäi‐ schen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 über Grenzwerte für Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft“. Diese wurde mittlerweile in die Richtlinie 2008/ 50/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.5.2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa überführt. Der Bürger muss sich damit um seine Gesundheit keine Sorgen machen. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Die Komponente Benzol wird von den Bundesländern in Luftreinhalteplänen und Emissionskatastern seit 2005 nicht mehr explizit aufgeführt. Auch in der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verord‐ nung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen [39. BImSchV]) ist sie nicht enthalten, obwohl Benzol als krebserregend eingestuft wurde. Grund dafür ist, dass seit 1989 die Benzoljahresmittelwerte signifikant zu‐ rückgegangen sind. Dies zeigt sich in allen Bundesländern. In erster Linie haben dazu die Anstrengungen zur Emissionsabsenkung beim Straßenverkehr beigetragen. Ein Bündel von Maßnahmen hat zu dieser Verbesserung geführt: • Konsequente Verringerung der Benzolentstehung im Brennraum der Motoren • Einführung des Katalysators und seiner stetigen Weiterentwicklung • Aktivkohlefilter in den Fahrzeugen und Gasabsaugung am Tankstutzen • Gasabsaugung an den Zapfsäulen der Tankstellen • Absenkung des Benzolgehalts im Benzin von 5 % auf maximal 1 % Die Jahresmittelwerte haben sich von einem Niveau von teilweise bei 10 µg/ m 3 auf derzeit 1 µg/ m 3 bis 2 µg/ m 3 verbessert. In Baden-Württemberg liegen 2015 selbst an verkehrsnahen Messstellen die Werte unter 1,8 µg/ m 3 , in Bayern unter 1,8 µg/ m 3 , in Berlin unter 2 µg/ m 3 , in Brandenburg unter 2 µg/ m 3 , in Bremen unter 1,5 µg/ m 3 , in Hamburg unter 1,7 µg/ m 3 , in Hessen unter 1,7 µg/ m 3 , in Mecklenburg-Vorpommern unter 1,2 µg/ m 3 , in Niedersachsen unter 1,7 µg/ m 3 , in Nordrhein-Westfalen unter 1,8 µg/ m 3 mit Ausnahme von Industriestandorten, in Rheinland-Pfalz unter 1,6 µg/ m 3 , im Saarland unter 1,9 µg/ m 3 , in Sachsen unter 1,3 µg/ m 3 , in Sachsen-Anhalt unter 1,3 µg/ m 3 , in Schleswig-Holstein unter 1,5 µg/ m 3 und in Thüringen unter 1,1 µg/ m 3 . 119 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen <?page no="120"?> Die Angaben beziehen sich auf die gefundenen Daten im Bericht, pauschal kann aber postuliert werden, dass die Benzol-Jahresmittelwerte in den Jahren 2016 und 2017 unter 2 µg/ m 3 liegen. Der Abstand zum Grenzwert beträgt rund 60 %. Auch bei der kritischen Komponente Benzol ist die Luftqualität in den letzten 20 Jahren signifikant besser geworden. Die Luftqualität war auch bei der Komponente Benzol noch nie so gut wie heute. 120 Benzol <?page no="121"?> 1 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 12.12.2020]. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAH beziehungsweise PAK PAH-Emission (Polycyclic Aromatic Hydrocarbons) Je nach Literaturquelle werden unterschiedliche Bezeichnungen angegeben. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen als Produkt der unvollständigen Verbrennung von organischem Material. Diese schwerflüchti‐ gen Verbindungen finden sich vor allem in Rußen, Kokereirohgasen, Braun- und Steinkohlenteerpechen, in Auspuffgasen von Kraftfahrzeugen, Nahrungs‐ mitteln (Räucherwaren) sowie im Zigarettenrauch. PAH-Emissionen in kt/ a Bild 44: PAH-Emissionen in Europa EU 33 1 Wie im Bild 44 dargelegt, waren die PAH-Emissionen von 1990 bis 2006 relativ hoch. Seit 2010 haben sie sich auf 1,3 kt verringert, nach 2013 haben sie sich <?page no="122"?> 2 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 12.12.2020]. 3 Ebd. 4 DGUV-BK-Report 2/ 2013 BaP-Jahre. weiter auf ein Niveau um 1,1 kt abgesenkt. 2017 sind die Hauptemittenten das verarbeitende Gewerbe zusammen mit den Hausheizungen sowie die Industrie‐ prozesse mit der Nutzung der Produkte. Bild 45: Entwicklung der PAH- Emissionen in kt/ a in Deutschland 2 Die PAH-Emissionen in Deutschland haben sich von 375 t 1990 auf 175 t 2018 verbessert. Haushalte und Kleinverbraucher haben sich von 273 t 1990 auf 157 t 2018 verbessert. Industrieprozesse haben sich von 39 t 1990 auf 10,5 t 2018 verbessert. PAK findet sich auch in Teerölen, die in der Bauindustrie als Plastifizierungs- und Bindemittel in Straßenbaustoffen und für Schwarzanstrichstoffe verwendet werden, zum Beispiel beim Dachdecken und Isolieren. Die PAH-Emissionen werden nach Sektoren erfasst. 3 Bitumen wird durch Destillationen aus Erdöl gewonnen. Es ist kein Pyrolyseprodukt und enthält selten mehr als 100 mg/ kg PAH. 4 Der Verkehr spielt mit ca. 3 t eine untergeordnete Rolle. Im Jahr 2006 wurden die Hauptquellen der PAH-Emissionen errechnet. Von den 1350 t insgesamt sind die schweren Diesel-Nutzfahrzeuge mit 756 t, die Diesel-Pkw mit 427 t und 122 Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAH beziehungsweise PAK <?page no="123"?> 5 Renz O. et al. UBA -Ufoplan, Endbericht DFIU/ IFARE des FKZ 205 67 444 vom 1.12.2007. 6 Creutznacher, H. et al., PAK-Emissionen aus Holzeuerungen, LAI-Fachgespr. 1.10.2013. Otto-Pkw mit 238 t beteiligt. Es folgt der Reifenabrieb mit 87,6 t und die leichten Diesel-Nutzfahrzeuge mit 78,7 t (Mittelwerte). 5 Baden-Württemberg Messungen in der Umgebungsluft liegen nicht vor. In Innenräumen kann es durch ungünstiges Verbrennen von Holz im Kamin zu höheren PAH-Konzen‐ trationen kommen. Anlässlich eines Fachgesprächs zu Holzfeuerungen wurden verschiedene PAK analysiert. Bild 46: PAH- und Staubkonzentrationen bei guter Verbrennung (gemittelt über 4 Zyklen) 6 Bild 47: PAH- und Staubkonzentrationen bei schlechter Verbrennung (Mittel von 4 Zyklen) Die PAK-Summe wird nur lückenhaft dokumentiert. 2004 sind für erklärungs‐ pflichtige Anlagen 36 kg/ a angegeben. 123 Baden-Württemberg <?page no="124"?> 7 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08. 2020]. 8 Siehe: www.lfu_luft_00197 27 Quelle: Wäber, M., Pomke, F., PAK-Immissionswirkun‐ gen in Bayern, Langzeituntersuchung polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe mit Biomonitoring-Verfahren. Für Anlagen nach der IVU-Richtlinie 21 kg/ a (IVU = Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) Daten zu Benzo(a)pyren sind im folgenden Kapitel dargestellt. Bayern Aus dem Emissionskataster sind für 2004 die PAK-Emissionsabschätzungen für Bayern entnommen. Hautemittenten sind nicht genehmigungspflichtige Anlagen (Kleinfeuerun‐ gen) mit 156,5 t. Von den 16,5 t des Verkehrs entfallen auf den Straßenverkehr 9,9 t. Darin sind Diesel-Pkw mit 6,741 t, Otto-Pkw mit 1,16 t und der Reifenabrieb mit 2 t enthalten. Offroad-Quellen wie die Forstwirtschaft tragen mit 4,54 t und Baumaschinen mit 1,48 t bei. 7 Für den Trend der polyzyklischen Kohlenwasserstoffe PAK dienen auch Bioindikatoren. 8 Berlin PAH-Summen sind nicht angegeben, B(a)P-Daten sind im Kapitel 14 dargestellt. PAH-Emissionen sind nicht als Summe angegeben; B(a)P-Emissionen sind im folgenden Kapitel dargestellt. Nordrhein-Westfalen Messungen der PAH-Summen werden nur in wenigen Bundesländern durch‐ geführt beziehungsweise veröffentlicht. Für die Leitkomponente B(a)P liegen Daten vor, siehe im folgenden Kapitel. 124 Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAH beziehungsweise PAK <?page no="125"?> 9 www.ekl.nrw.de/ ekat/ , Online-Emissionskataster Luft NRW [Stand: 6.08.2020]. 10 Ebd. Bild 46 zu Seite 135 3000 2000 1000 0 Detmold Arnsberg Köln Münster Düsseldorf PAH B(a)P kg/ a kg/ a Bild 48: Die PAH-Emissionen in Nordrhein-Westfalen in kg/ a 2013. 9 Für gesonderten Daten der Industrie und des Straßenverkehrs, siehe ebenfalls 10 Mit der Absenkung der Kohlenwasserstoffe beim Straßenverkehr, insbesondere durch die Einführung und laufende Weiterentwicklung des Dreiwegekatalysa‐ tors sowie die Einführung des Partikelfilters bei den Dieselfahrzeugen, haben sich auch die PAH- und B(a)P-Emissionen des Verkehrs signifikant verringert. Dies zeigt sich bei Messungen in verschiedenen Bundesländern. Die Wirkung polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe PAH Die bei der unvollständigen Verbrennung entstehenden PAH-Gemische weisen je nach Ausgangsmaterial und Reaktionsbedingungen sehr unterschiedliche Mengenverhältnisse auf, die sogenannten PAH-Profile. Es existieren mehrere hundert verschiedene PAH. Messtechnisch erfasst werden in aller Regel nur ausgewählte (meist 3bis 5-kernige) PAH und Benzo[a]pyren (BaP) als Stell‐ vertreter aller PAH. Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch PAH können sowohl nach inhalativer und oraler Exposition als auch nach dermaler Exposi‐ tion hervorgerufen werden. Eine wichtige Rolle bei der inhalativen PAH-Expo‐ sition spielt aktives und passives Rauchen. Die wesentliche Quelle der oralen Aufnahme ist die Nahrung. Stark erhitzte Speisen (Grillgut), aber auch Getrei‐ deprodukte (aufgrund der absoluten Menge) tragen wesentlich zur Belastung bei. Hinsichtlich der möglichen gesundheitsschädlichen Wirkungen von PAH steht eindeutig die krebserregende Wirkung im Vordergrund. Die krebserre‐ 125 Die Wirkung polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe PAH <?page no="126"?> 11 Eine Übersicht über die PAH finden Sie z. B. auf: https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Polycy clische_aromatische_Kohlenwasserstoffe [Stand: 6.08.2020]. gende Wirkung von einigen PAH beziehungsweise BaP wurde in vielen Untersu‐ chungen am Menschen und an Versuchstieren nachgewiesen. Schon 1775 wurde über das gehäufte Auftreten von Krebserkrankungen bei Schornsteinfegern nach Hautkontakt mit PAH berichtet. Einige PAH können beim Menschen nach inhalativer Aufnahme hoher Kon‐ zentrationen zu Lungenkrebs führen. 11 Nach Aufnahme über die Haut kann es zu Hauttumoren kommen; auch nach oraler Aufnahme sind PAH wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen. Für den Menschen liegen hinsichtlich der kanzerogenen Wirkungen nach inhalativer Exposition vor allem Daten aus epidemiologischen Untersuchungen bei Arbeitern an Kokerei-Arbeitsplätzen vor. PAH treten hierbei immer in Gemischen auf. Es existieren daher für den Menschen zwar eine Reihe von Erkenntnissen im Zusammenhang mit unterschiedlichen PAH-Gemischen, der Kenntnisstand aus epidemiologischen Untersuchungen bezüglich des kanzerogenen Potenzials einzelner PAH ist aus methodischen Gründen aber gering. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für PAH Die polyzyklischen Kohlenwasserstoffe werden als Summe von den 16 Einzelkomponenten Naphthalin, Acenaphten, Acenaphtylen, Fluoren, Phe‐ nanthren, Anthracen, Fluor-anthen, Pyren, Benzo(a)anthracen, Chrysen, Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen, Benzo(a)pyren, Dibenzo(a,h)anth‐ racen, Benzo(ghi)perylen und Indeno(1,2,3-cd)pyren angegeben. Besonders kritisch sind davon die 3bis 5-kernigen aromatischen poly‐ zyklischen KW: Anthracen, Fuoranthen, Pyren, Benzo(a)anthracen, Chrysen, Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen, Benzo(a)pyren und Dibenzo(a,h)an‐ thracen. Benzo(a)pyren wird als Leitkomponente oft getrennt verfolgt. Die PAH-Emissionen in Europa haben sich 2018 auf 1,1 kt abgesenkt. Die B(a)P-Emissionen haben sich von 676 t im Jahr 1990 auf 275 t 2018 verringert. In Deutschland haben sich von 375 t 1990 auf 175 t 2018 verbessert. In Deutschland konnten die Emissionen von 102,6 t 1990 auf 28,2 t 2008 abgesenkt werden. Der Hauptemittent bei den polyzyklischen Kohlenwasserstoffen ist der Hausbrand. Durch den Auschtausch von Kohleheizungen zu Gas- und Ölheizungen ist seit 2000 eine deutliche Verbesserung aufgetreten. Durch die Technische Anleitung 126 Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAH beziehungsweise PAK <?page no="127"?> zur Luftreinhaltung - kurz TA Luft - haben sich auch die PAH-Emissionen der Industrie verbessert. Mit der Reduzierung von Kohlenwasserstoffen beim Straßenverkehr, insbe‐ sondere durch die Einführung und laufende Weiterentwicklung des Dreiwege‐ katalysators sowie die Einführung des Partikelfilters bei den Dieselfahrzeugen, haben sich die PAH-Emissionen des Verkehrs signifikant verringert. Die Luftqualität hat sich hinsichtlich der PAH-Konzentrionen so deutlich verbessert, dass sich Angaben in der europäischen Emissions-Berichterstattung (Convention on Long Range Transboundary Air Pollution, LRTAP) erübrigen. 127 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für PAH <?page no="129"?> 1 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 12.12.2020]. Benzo(a)pyren BaP Unter dem Begriff EEA-33 sind 33 Europäische Staaten zusammengefasst. Bei In‐ dustrieprozessen inklusive Produktanwendungen dominieren die Benzo(a)py‐ ren-Emissionen. Der Verkehr spielt kaum eine Rolle. Bild 49: BaP in EU33 1 Die Benz(a)-Emissionen in Europa sind bis 2006 auf mehr als 5 kt angestiegen. Durch Verbesserungen des Hauptemittenten „Industrieprozesse inklusive Pro‐ duktanwendungen liegen sie seit 2007 deutlich niedriger und nehmen bis 2017 auf 0,6 kt ab. Zweithöchste Emittenten sind Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Hausbrand. In Deutschland sind die Benz(a)-Emissionen deutlich niedriger. Ein kleiner Anteil stammt von der Energiewirtschaft. In Deutschland sind Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Hausbrand der Hauptemittent. Die Benz(a)-Emissionen der Industrieprozesse spielen seit 2000 kaum noch eine Rolle. Auch der Verkehr trägt mit weniger als 6 kg kaum zu den Benz(a)-Emissionen bei. <?page no="130"?> 2 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 12.12.2020]. 3 Ebd. 4 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 277290/ luftqualitaet_in_baden-wuertt emberg_auswertung_2017.pdf [Stand: 6.08.2020]. Die B(a)P-Emissionen des Straßenverkehrs betragen nur einen Bruchteil der gesamten B(a)P-Emissionen aller Quellen. Ein kleiner Beitrag der Verkehrsemis‐ sionen kommt von Baumaschinen und anderen Verkehrsteilnehmern außerhalb der Straße. Bild 50: BaP in Deutschland 2 Siehe zum Straßenverkehr ebenda 3 Baden-Württemberg Von 1996 bis 2001 haben sich die Benzo(a)pyren-Jahresmittelwerte verkehrsnah von 1 ng/ m 3 und im vorstädtischen Hintergrund von 0,8 ng/ m 3 jeweils nahezu halbiert. In Tübingen, Jesinger Hauptstraße, haben sich die BaP-Jahresmittel‐ werte von 1,4 ng/ m 3 im Jahr 2011 auf 1,2 ng/ m 3 2016 verringert, im Pfiztal, Karlsruherstraße, von 0,8 ng/ m 3 auf 0,7 ng/ m 3 , in Heilbronn, Weinsbergerstraße, von 0,6 ng/ m 3 auf 0,4 ng/ m 3 , in Karlsruhe, Reinhold-Frankestraße, von 0,4 ng/ m 3 auf 0,3 ng/ m 3 , jeweils im gleichen Zeitraum. 4 2017 liegt der Benzo(a)pyren-Jahresmittelwert in Tübingen unter 1 ng/ m 3 . 130 Benzo(a)pyren BaP <?page no="131"?> Bild 51: B(a)P-Konzentrationen in PM 10 in Baden-Württemberg 2001 bis 2017 Da die Konzentrationen seit 1999 unter dem Immissionsgrenzwert liegen, wurde für die Folgejahre nur eine sporadische Zusammenfassung durchgeführt. In Baden-Württemberg wurden die Ba)P-Konzentrationen im Feinstaub im städtischen Hintergrund seit 2001 an verkehrsnahen Stationen ab 2007 verfolgt. Seit 2007 sind die Werte rückläufig. Auch in anderen Bundesländern zeigen sich ähnliche Verläufe. Kleine und mittlere Feue‐ rungsanlagen Verkehr Industrie und Ge‐ werbe Sonstige tech‐ nische Einrich‐ tungen Summe 2002 202 169 36 420 827 2010 589 82 83 180 934 2012 496 64 31 455 1046 2014 406 72 24 410 911 Tabelle 18: Benzo(a)Pyren-Emissionen in kg/ a in Baden-Württemberg 131 Baden-Württemberg <?page no="132"?> 5 Bayerisches Landesamt für Umwelt - LfU Bayern, www.lfu.bayern.de. 6 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08. 2020]. Bayern Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 147 Bild 50: Trend der Benzo[a]pyren-Jahresmittelwerte an einigen Stationen 179 Die B(a)P-Jahresmittelwerte sind von einem Niveau 2013 zwischen 0,6 und 0,4 ng/ m 3 , auf 0,3 ng/ m 3 bis 0,22 ng/ m 3 zurückgegangen. Emissionen Aus dem Emissionskataster 2004 sind die BaP-Emissionsabschätzungen für Bayern entnommen. Im Jahr 2004 werden in Bayern 3,597 t emittiert. Kleinfeuerungen dominieren mit 3,155 t, der Verkehr ist für 0,403 t verantwortlich. Davon kommen von Offroad-Fahrzeugen der Land- und Forstwirtschaft 0,112 t. Diesel-Pkw emittieren 0,166 t, Otto-Pkw 0,0396 t, vom Reifenabrieb stammen 0,0345 t. Die Industrie emittiert 0,039 t. 180 179 Bayerisches Landesamt für Umwelt - LfU Bayern, www.lfu.bayern.de. 180 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08.2020]. 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 2013 2014 2015 2016 2017 2018 BaP-Jahresmittelwerte in ng/ m 3 M Landshuter Allee Regensburg Rathaus Kulmbach K.Adenauer Nürnberg V.d.Tannstr. Würzburg Stadtring Süd Kempten Westendstr. Bild 52: Trend der Benzo[a]pyren-Jahresmittelwerte an einigen Stationen 5 Die B(a)P-Jahresmittelwerte sind von einem Niveau 2013 zwischen 0,6 und 0,4 ng/ m 3 , auf 0,3 ng/ m 3 bis 0,22 ng/ m 3 zurückgegangen. Aus dem Emissionskataster 2004 sind die BaP-Emissionsabschätzungen für Bayern entnommen. Im Jahr 2004 werden in Bayern 3,597 t emittiert. Klein‐ feuerungen dominieren mit 3,155 t, der Verkehr ist für 0,403 t verantwortlich. Davon kommen von Offroad-Fahrzeugen der Land- und Forstwirtschaft 0,112 t. Diesel-Pkw emittieren 0,166 t, Otto-Pkw 0,0396 t, vom Reifenabrieb stammen 0,0345 t. Die Industrie emittiert 0,039 t. 6 132 Benzo(a)pyren BaP <?page no="133"?> 7 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ messnetz/ download/ jahresbericht201 8.pdf [Stand: 6.08.2020]. 8 Ebd. Berlin B(a)P-Messungen in Berlin zeigen deutliche Verbesserungen der B(a)P-Jahres‐ mittel von 5,4 ng/ m 3 im Jahr 1995 auf 0,5 ng/ m 3 2017. Verbesserungsversuch Bild 51 zu Seite 143 Entwicklung der B(a)P-Jahresmittelwerte in Berlin in ng/ m 3 1993 1995 1998 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 6 5 4 3 2 1 0 Wohngebiet (MC 42) Hauptverkehrstr. (MC 117, 174) Stadtrand (MC 077) Zielwert (ab 31.12.2006) untere Beurteilungsschwelle Bild 53: Trend der B(a)P-Konzentrationen in Berlin von 1993 bis 2017. 7 Siehe zu Kenn‐ werten im Jahr 2018 den Jahresbericht 8 In Berlin werden die Messungen fortgeführt. Die B(a)P-Jahresmittelwerte liegen seit vielen Jahren bereits unter der von der WHO definierten unteren Beurtei‐ lungsschwelle. Da die Konzentrationen seit 1999 unter dem Immissionsgrenzwert liegen, wurden für die Folgejahre keine weiteren Zusammenfassungen erstellt. 133 Berlin <?page no="134"?> 9 Staub, Reinhaltung der Luft, Heft 42, S. 192, 1982. Nordrhein-Westfalen Bild 52 zu Seite 144 100 80 60 40 20 0 1960 1964 1968 1972 1976 1980  Oslo  Dublin  Belfast  Düsseldorf Essen  Bochum Dortmund  USA 149 Städte  London  Helsinki  Duisburg  Duisburg  Düsseldorf USA 99 Städte  B(a)P in ng/ m 3  Zürich Bild 54: Trend der B(a)P-Jahresmittelwerte in ng/ m 3 in früheren Jahren 9 In Duisburg und Düsseldorf lagen die B(a)P-Jahresmittelwerte sehr hoch; sie haben sich aber von 1970 bis 1975 nahezu halbiert. Zum Vergleich: Auch in London sanken die B(a)P-Jahresmittelwerte von 50 ng/ m 3 in der Zeit vor 1960 auf unter 10 ng/ m 3 . In Dublin liegt der Wert 1961 bei 12 ng/ m 3 , in Oslo wird 1963 ein Wert von 7 ng/ m 3 genannt und in Zürich 1972 ein Wert von 8 ng/ m 3 gemessen. Die Konzentrationen in Helsinki und in den USA liegen bereits 1963 unter 4 ng/ m 3 . 134 Benzo(a)pyren BaP <?page no="135"?> 10 https: / / www.lanuv.nrw.de/ umwelt/ luft/ immissionen/ berichte-und-trends/ jahreskenn groessen-und-jahresberichte/ / [Stand: 6.08.2020]. Jahr MW B(a)P in ng/ m 3 1997 39,24 1998 23,45 1999 14,80 2000 11,16 2001 9,57 Tabelle 19: Messwerte einer Kokerei-Station Duisburg-Bruckhausen Auch hier haben die B(a)P-Jahresmittelwerte deutlich abgenommen. Andere Kokerei-Messstationen in jüngerer Zeit setzen den rückläufigen Trend fort. Nach 1985 sind an den Straßen die Konzentrationen schon unter 5 ng/ m 3 , ab 1999 unter 1 ng/ m 3 . Daten aus dem Rhein-Ruhrgebiet werden bereits seit 1995 gemessen und zeigen eine deutliche Verbesserung in den letzten Jahren. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Bild 53: Trend der B(a)P-Jahresmittel in ng/ m 3 an Verkehrsstationen im Rhein-Ruhr-Gebiet und an Waldstationen in Nordrhein-Westfalen 184 Bild 55: Trend der B(a)P-Jahresmittel in ng/ m 3 an Verkehrsstationen im Rhein-Ruhr-Ge‐ biet und an Waldstationen in Nordrhein-Westfalen 10 135 Nordrhein-Westfalen <?page no="136"?> 11 https: / / www.lanuv.nrw.de/ umwelt/ luft/ immissionen/ berichte-und-trends/ jahreskenn groessen-und-jahresberichte/ [Stand: 6.08.2020]. 151 Bild 53: Trend der B(a)P-Jahresmittel in ng/ m 3 an Verkehrsstationen im Rhein-Ruhr-Gebiet und an Waldstationen in Nordrhein-Westfalen 184 Bild 54: B(a)P-Jahresmittelwerte in ng/ m 3 2008 bis 2016 an den Messstationen Aachen-Wilhelmstr., Borken-Gemen, Duisburg-Buchholz, Köln-Chorweiler, 184 https: / / www.lanuv.nrw.de/ umwelt/ luft/ immissionen/ berichte-und-trends/ jahreskenngroessenund-jahresberichte/ / [Stand: 6.08.2020]. Bild 56: B(a)P-Jahresmittelwerte in ng/ m 3 2008 bis 2016 an den Messstationen Aa‐ chen-Wilhelmstr., Borken-Gemen, Duisburg-Buchholz, Köln-Chorweiler, Dortmund Eving, Niederzier und Duisburg-Bruckhausen in Nordrhein-Westfalen 11 In Nordrhein-Westfalen haben sich die B(a)P-Jahresmittelwerte in der jüngeren Vergangenheit in der Spitze von 4 ng/ m 3 auf unter 1 ng/ m 3 abgesenkt. Selbst an Hauptverkehrsstraßen haben die jüngsten B(a)P-Jahresmittelwerte den Zielwert von 1 ng/ m 3 erreicht. Infolge der deutlichen Verringerung der B(a)P-Emission seit 1990 sinken auch die B(a)P-Konzentrationen in der Umgebungsluft insbesondere an den Ver‐ kehrsmessstationen auf unkritische Werte. Das Landesamt in Nordrhein-West‐ falen hat daher seine Messungen deutlich eingeschränkt und führt die grafische Darstellung der Jahresmittel nicht mehr fort. Insbesondere verkehrsnah nehmen die Konzentrationen seit 2011 ab. Vereinzelt finden sich auch Angaben von BaP im Feinstaub PM 10 . Das Umweltbundesamt hat verkehrsnahe, industrienahe und Konzentratio‐ nen an Hintergrundstationen verglichen, siehe Bild 57. 136 Benzo(a)pyren BaP <?page no="137"?> 12 www.eike-klima-energie.eu/ 2018/ 02/ 15/ entwarnung-fuer-berlin-der-monat-januar-zeigt -in-den-letzten-260-jahren-keine-klimaerwaermung/ ? print=print [Stand: 6.08.2020]. B(a)P-Jahresmittelwerte in PM 10 in ng/ m 3 Verkehrsnah Industrienah Städtischer Hintergrund Ländlicher Hintergrund Ländlich abgelegen (UBA) Bild 57: Trend der B(a)P-Konzentrationen in ng/ m 3 im Feinstaub in Deutschland 12 Die Luftqualität hat sich für die Leitkomponente Benzo(a)pyren und die PAH als Gruppe so deutlich verbessert, dass sich Angaben in der europäischen Emissions-Berichterstattung (Convention on Long Range Transboundary Air Pollution, LRTAP) erübrigen. Wirkungen niedriger Benzo[a]pyren-Konzentrationen Einzelne PAH sind intensiv in Tierversuchen untersucht worden. Daraus wurde die kanzerogene Wirkung von BaP als Einzelsubstanz abgeleitet. Daher wird Benzo[a]pyren (BaP) als Leitsubstanz für die Kanzerogenität der PAK verwen‐ det. In der MAK- und BAT-Werte-Liste. (MAK=Maximale Arbeitskonzentration, BAT= Biologischer-Arbeitsstoff-Toleranzwert) stuft die Senatskommission der Deutschen Forschungs-Gemeinschaft (DFG) Pyrolyseprodukte, wie beispiels‐ weise Kokereirohgase sowie Braun- und Steinkohlenteerpeche, in denen der Anteil von PAK besonders hoch ist, als krebserzeugend für den Menschen ein. 137 Wirkungen niedriger Benzo[a]pyren-Konzentrationen <?page no="138"?> Für verschiedene andere Organisationen gilt die Kanzerogenität von bestimm‐ ten PAK und insbesondere BaP als erwiesen. Die nicht-kanzerogenen chronischen gesundheitsschädlichen Effekte durch PAK sind gegenüber den kanzerogenen Wirkungen von untergeordneter Be‐ deutung und vergleichsweise wenig untersucht. Zu nennen sind hier vor allem lungentoxische, immuntoxische sowie reproduktions- und fruchtschädigende Wirkungen. Zur akuten Toxizität von PAK liegen nur wenige Informationen vor, zumeist aus Tierversuchen. Demnach ist die akute Toxizität gering. Bewertungsmaßstäbe Zur Bewertung der möglichen gesundheitlichen Wirkungen nach langfristiger inhalativer Exposition gegenüber BaP ist im Rahmen der Luftreinhalteplanung der Zielwert der 22. BImSchV von 1 ng/ m³ maßgebend. Ein Zielwert ist nach 22. BImSchV (Bundes-Immissionsschutzverordnung) die nach Möglichkeit zu erreichende Immissionskonzentration, die mit dem Ziel festgelegt wird, die schädlichen Einflüsse auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt insge‐ samt zu vermeiden, zu verhindern oder zu verringern. Der Zielwert der 22. BImSchV basiert auf dem Zielwert der „Richtlinie 2004/ 107/ EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft“. Diese EU-Richtlinie inklusive des Zielwertes für BaP wurde durch die 22. BImSchV in bundesdeutsches Recht umgesetzt. Zur Bewertung von BaP-Immissionen im Rahmen der Genehmigung und Überwachung von Anlagen nach BImSchG in Verbindung mit der Sonderfall‐ prüfung nach Nr. 4.8 der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) kann der Orientierungswert des Länderausschusses für Immissionsschutz 1(LAI) herangezogen werden. Dieser wurde auf der Basis der krebserzeugenden Wirkungen abgeleitet. Hierbei wurde vom LAI bei der Ableitung das Unit risk der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation -WHO) von 8,7 x 10-5 (µg/ m 3 ) -1 zugrunde gelegt. Dieses Unit risk besagt, dass statistisch aufgrund einer lebenslangen Belastung (70 Jahre) von 1 ng BaP/ m 3 Luft rund neun von 100 000 Personen an (Lungen-)Krebs sterben. Der LAI-Orientierungswert wurde im LAI-Bericht „Bewertung von Schadstoffen, für die keine Immissionswerte festgelegt sind“ vom September 2004 in Anlehnung an den EU-Zielwert der Richtlinie 2004/ 107/ EG vom 15. Dezember 2004 festgesetzt und beträgt 1 ng/ m 3 . 138 Benzo(a)pyren BaP <?page no="139"?> 13 http: / / www.kea-bw.de/ fileadmin/ user_upload/ pdf/ schulen/ dicke-luft_berlin.pdf [Stand: 6.08.2020]. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen • Benzo(a)pyren wird als Leitkomponente stellvertretend für die Summe der PAH eingesetzt. • Die B(a)P-Emissionen haben sich von 1990 bis 2018 verringert. • In Deutschland lagen die B(a)P-Emissionen des Verkehrs 2018 bei 6,1 t. • Der Hauptemittent bei B(a)P ist der Hausbrand. Durch den Wechsel von Kohleheizungen zu Gas- und Ölheizungen ist seit 2000 eine deutliche Verbesserung aufgetreten. • Durch die Technische Anleitung zur Luftreinhaltung - kurz TA Luft - haben sich auch die B(a)P-Emissionen der Industrie signifikant verbes‐ sert. • Messungen in Innenräumen sind 2002 in einer Berliner Schule mit 0,9 ng/ m 3 angegeben. 13 Diese Konzentration wurde von dem Institut für Lebensmittel, Arznei und Tierseuchen ILAT, Fachbereich 31, Umwelt und Gesundheitsschutz, als befriedigend eingestuft. • Mit der Absenkung der Kohlenwasserstoffe beim Straßenverkehr, ins‐ besondere durch die Einführung und laufende Weiterentwicklung des Dreiwegekatalysators sowie die Einführung des Partikelfilters bei den Dieselfahrzeugen, haben sich auch die B(a)P-Emissionen des Verkehrs signifikant verringert. B(a)P-Messungen in Berlin zeigen deutliche Ver‐ besserungen der B(a)P-Jahresmittel von 5,4 ng/ m 3 1995 auf 0,5 ng/ m 3 im Jahr 2015. • In der jüngeren Vergangenheit haben sich die B(a)P-Jahresmittelwerte in Nordrhein-Westfalen in der Spitze von 4 ng/ m 3 auf unter 1 ng/ m 3 abgesenkt. Selbst an Hauptverkehrsstraßen haben die jüngsten B(a)P-Jah‐ resmittelwerte den Zielwert von 1 ng/ m 3 erreicht. • Die Luftqualität hat sich für die Leitkomponente Benzo(a)pyren so deutlich verbessert, dass sich Angaben in der europäischen Emissions-Be‐ richterstattung (Convention on Long Range Transboundary Air Pollu‐ tion, LRTAP) erübrigen. 139 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen <?page no="141"?> 1 Godish, T., Air Quality, 1991. Ozon O 3 Ozon-Entstehung Ozon wird nicht direkt emittiert. Es entsteht aus den Vorläufern NMHC und NO x . Die gängigste Theorie der Ozonentstehung ist die Bildung aus den Vorläu‐ ferstoffen NO 2 und Kohlenwasserstoffen KW über die NO 2 -Aufspaltung, hier vereinfacht dargestellt: Ozon O 3 Ozon-Entstehung Ozon wird nicht direkt emittiert. Es entsteht aus den Vorläufern NMHC und NOx. Die gängigste Theorie der Ozonentstehung ist die Bildung aus den Vorläuferstoffen NO 2 und Kohlenwasserstoffen KW über die NO 2 -Aufspaltung, hier vereinfacht dargestellt: Bild 56: Photochemischer NO 2 -Kreislauf zur Ozonbildung mit Kohlenwasserstoffen 188 NO 2 wird durch kurzwelliges Sonnenlicht in NO und O zerlegt. Die O- Atome ihrerseits verbinden sich schnell mit Sauerstoffmolekülen und bilden Ozon, das wohl wichtigste Oxidationsmittel. Bei Abwesenheit von Kohlenwasserstoffen als Reaktionspartner verbindet sich Ozon mit NO und Sauerstoff 188 Godish T., Air Quality, 1991. Bild 58: Photochemischer NO 2 -Kreislauf zur Ozonbildung mit Kohlenwasserstoffen 1 NO 2 wird durch kurzwelliges Sonnenlicht in NO und O zerlegt. Die O-Atome ihrerseits verbinden sich schnell mit Sauerstoffmolekülen und bilden Ozon, das wohl wichtigste Oxidationsmittel. Bei Abwesenheit von Kohlenwasserstoffen als Reaktionspartner verbindet sich Ozon mit NO und Sauerstoff bleibt übrig. Sind dagegen Kohlenwasserstoffe vorhanden, so entfällt die letzte Reaktion mit der Folge, dass Ozon überbleibt. <?page no="142"?> 2 www.umweltbundesamt.de und für Blei: UBA-Jahresberichte 2001/ 2016 [Stand: 6.08.2020]. Von den Vorläuferstoffen werden weltweit 1370 Millionen t NMVOC emit‐ tiert, davon 91 % von der Natur und 120 Millionen t vom Menschen. In Europa liegen die vom Menschen verursachten NMVOC-Emissionen im Jahr 2017 bei 8,5 Millionen t. Weltweit werden 190 Millionen t NO x emittiert, rund 60 % sind vom Menschen verursacht. Die vom Menschen verursachten NO x -Emissionen in Europa liegen bei 8,4 Millionen t. In Deutschland liegen die vom Menschen verursachten NMVOC-Emissionen bei rund 1 Million t 2017. Im Jahr 1990 waren es noch ca. 2,9 Mio t. Den Hauptanteil am Rückgang hat der Verkehr geleistet, der von ca. 1,4 Mio t im Jahr 1990 auf 0,4 Mio t im Jahr 2016 abgenommen hat. Ziel-, Schwellen-, und Alarmwerte Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Tabelle 20: Ozon-Ziel- und Schwellenwerte 2 142 Ozon O 3 <?page no="143"?> 3 EEA-Report 9/ 2020 Air Quality in Europe 2020 report Bild 59: Ranking der Ozonkonzentrationen in µg/ m 3 in Europa 2018 3 Auch in Deutschland liegt der Ozon-Wert 2018 höher als in früheren Jahren. Dies ist im Einklang mit dem Trend in den einzelnen Bundesländern. Im aktuellen Report für das Jahr 2018 liegt er in den Ländern Niederlande, Ungarn, Polen, Griechenland, Slowakei, Frankreich, Kroatien und Slowenien, knapp unter 120 μg/ m 3 . Weder in Europa noch in Deutschland lässt sich im ländlichen und städtischen Raum ein eindeutiger Trend der O 3 -Jahresmittelwerte feststellen. 143 Ziel-, Schwellen-, und Alarmwerte <?page no="144"?> 4 www.umweltbundesamt.de/ daten/ luft/ ozon-belastung#textpart-3 [Stand: 6.08.2020]. 5 Amt für Umwelt der Stadt Stuttgart, Abt. 36-4. Bild 60: Trend der bodennahen Ozonkonzentrationen in Deutschland 4 Der Trend in den vier Bundesländern ist ähnlich. Baden-Württemberg Bild 61: Entwicklung der O 3 -Jahresmittelwerte in Baden-Württemberg 5 144 Ozon O 3 <?page no="145"?> 6 Bayerisches Landesamt für Umwelt - LfU Bayern, www.lfu.bayern.de. 7 Ebd. Bayern Bild 62: Entwicklung der O 3 -Jahresmittelwerte an einer Hintergrundstation in München 6 Bild 63: Entwicklung der O 3 -Jahresmittelwerte an einer Verkehrsstation in München 7 Die Ozon-Jahresmittelwerte steigen auf niedrigem Niveau leicht an. Spitzen‐ werte dagegen fallen. 145 Bayern <?page no="146"?> 8 Ebd. 9 www.lanuv.nrw.de/ fileadmin/ lanuv/ luft/ immissionen/ ber_trend/ [Stand: 6.08.2020]. Berlin Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 164 Berlin Bild 62: Entwicklung der O 3 -Jahresmittelwerte in Berlin 195 In Berlin nehmen die O 3 -Jahresmittelwerte im Gegensatz zu den Spitzenwerten zu. 195 Bayerisches Landesamt für Umwelt - LfU Bayern, www.lfu.bayern.de. Bild 64: Entwicklung der O 3 -Jahresmittelwerte in Berlin 8 In Berlin nehmen die O 3 -Jahresmittelwerte im Gegensatz zu den Spitzenwerten zu. Nordrhein-Westfalen Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Nordrhein-Westfalen Bild 63: Entwicklung der O 3 -Jahresmittelwerte in Nordrhein-Westfalen 196 Exkurs: Wirkung von Ozon Ozon wird mit der Atemluft aufgenommen. Der Atemtrakt ist daher im Sommer am ehesten von den Wirkungen des Reizgases betroffen. Da sich Ozon in Wasser schlecht löst, wird es von den Schleimschichten in den oberen Bereichen des Atemtraktes nicht zurückgehalten und kann bis in die feinsten Verästelungen der Lunge vordringen, in den Bereich der Bronchiolen und Alveolen. Abhängig von der aufgenommenen Ozondosis können verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden. Die Ozondosis ergibt sich aus der Ozonkonzentration, der eingeatmeten Luftmenge, der Dauer der Einwirkung und dem Ausmaß der körperlichen Betätigung. Akute Wirkungen höherer Ozonkonzentration können das Wohlbefinden stören. Nachfolgend ein Überblick über die akuten Wirkungen von Ozon auf den Menschen, die nach mehrstündiger Einwirkung mit gleichzeitiger körperli- Bild 65: Entwicklung der O 3 -Jahresmittelwerte in Nordrhein-Westfalen 9 146 Ozon O 3 <?page no="147"?> Exkurs: Wirkung von Ozon Ozon wird mit der Atemluft aufgenommen. Der Atemtrakt ist daher im Sommer am ehesten von den Wirkungen des Reizgases betroffen. Da sich Ozon in Wasser schlecht löst, wird es von den Schleimschichten in den oberen Bereichen des Atemtraktes nicht zurückgehalten und kann bis in die feinsten Verästelungen der Lunge vordringen, in den Bereich der Bronchiolen und Alveolen. Abhängig von der aufgenommenen Ozondosis können verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden. Die Ozondosis ergibt sich aus der Ozonkonzentration, der eingeatmeten Luftmenge, der Dauer der Einwirkung und dem Ausmaß der körperlichen Betätigung. Akute Wirkungen höherer Ozonkonzentration können das Wohlbefinden stören. Nachfolgend ein Überblick über die akuten Wirkungen von Ozon auf den Menschen, die nach mehrstündiger Einwirkung mit gleichzeitiger körperlicher Belastung auftreten können: • Ab circa 120 μg/ m 3 kann sich die Lungenfunktion verändern, zum Beispiel der Atemwegswiderstand, die bronchiale Reaktionsbereitschaft (Reagi‐ bilität) steigt. Studien weisen darauf hin, dass hierbei eher kurzzeitige Ozon-Konzentrationsspitzen als die gesamten eingeatmeten Ozon-Men‐ gen ausschlaggebend sind. • Ab circa 140 μg/ m 3 nimmt die körperliche Leistungsfähigkeit ab. • Ab circa 150 bis 200 μg/ m 3 können in den oberen und den unteren Atemwegen entzündliche Reaktionen entstehen. • Ab circa 200 μg/ m 3 können sich subjektive Befindlichkeitsstörungen wie Reizung der Atemwege, Husten, Kopfschmerz und Atembeschwerden ergeben sowie Tränenreiz, der vornehmlich durch die Begleitstoffe des Ozons verursacht wird. • Ab circa 300 μg/ m 3 häufen sich bei empfindlichen Personen Asthmaan‐ fälle. Chronische Wirkungen Zu den langfristigen, nicht krebserregenden Auswirkungen häufiger Ozonbe‐ lastung beim Menschen ist noch wenig bekannt. Es wird vermutet, dass sich bei extremen Ozonbelastungen dauerhafte Veränderungen des Lungengewebes entwickeln können. Die in Mitteleuropa derzeit auftretenden Ozonkonzentra‐ tionen liegen allerdings deutlich unterhalb solcher Werte. 147 Exkurs: Wirkung von Ozon <?page no="148"?> 10 Jörres, R.A., 2. Umweltsymposium in Herrsching, 15.5.2008. Kanzerogene Wirkung Die Datenlage zur krebserzeugenden Wirkung von Ozon ist derzeit zweifelhaft. Trotz der unsicheren Datenlage stuft die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Ozon in ihrer MAK- und BAT-Werte-Liste 2002 (MAK = Maximale Arbeitsplatz-Konzentration; BAT = Biologischer-Arbeitsstoff- Toleranzwert) vorläufig als einen krebsauslösenden Stoff ein. Viele Studien haben gezeigt, dass die individuelle Empfindlichkeit gegen‐ über Ozon bei gesunden Erwachsenen, Kindern und bei Lungenkranken sehr unterschiedlich ist. Gegenwärtig ist nicht bekannt, welche Faktoren diese unterschiedliche Empfindlichkeit bedingen. Etwa 10 bis 20 % der Bevölkerung reagieren besonders empfindlich auf Ozon. Umstritten ist, ob Asthmatiker und Personen mit Erkrankungen des Atemtraktes zu den ozonempfindlichen Personen gehören. Grundsätzlich gefährdet sind Personen, die bei erhöhten Ozonkonzentratio‐ nen über einen längeren Zeitraum körperlich anstrengende Tätigkeiten im Freien ausüben (Personen mit Freiluft-Arbeitsplätzen, Personen, die im Freien Sport treiben). Personen mit Funktionsstörungen des Atemtraktes, zum Beispiel bei chronischer Bronchitis oder Bronchialasthma, sollten sich vor erhöhten Ozonkonzentrationen schützen. Säuglinge und Kleinkinder atmen wegen ihres relativ größeren Sauerstoffbedarfs eine Luftmenge ein, die im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht schon im Ruhezustand so groß ist wie bei einem sich kör‐ perlich betätigenden Erwachsenen. Jede zusätzliche körperliche Anstrengung (Schreien, Strampeln, Krabbeln) erhöht entsprechend das Atemvolumen und damit die aufgenommene Ozonmenge. Daher sind Säuglinge und Kleinkinder ebenfalls zur Ozonrisikogruppe zu zählen. Hemmung der tiefen Einatmung (neuronal) (fast) keine Atemwegsverengung (Obstruktion) Funktionell „restriktive Ventilationsstörung“ Lungenfunktionsstörung bei Gesunden nicht gravierend. Tabelle 21: Wirkung erhöhter Ozonkonzentrationen auf die Lungenfunktion 10 148 Ozon O 3 <?page no="149"?> 11 www.umweltbundesamt.de/ daten/ flaeche-boden-land-oekosysteme/ land-oekosystem e/ ozon-einhaltung-von-zielwerten-schutz-der-pflanzen#textpart-2 [Stand: 6.08.2020]. Ozongrenzwerte zum Schutz von Nutzpflanzen Zusätzlich zu den in Tabelle 22 aufgeführten Ozon-Ziel- und Schwellenwerten werden die AOT40-Grenzwerte (AOT „Accumulation Over a Threshold“) zum Schutz von Nutzpflanzen näher erläutert. Bei dieser Methodik werden alle Überschreitungen eines Stundenmittels der Ozonkonzentration von 40 Teilen pro Milliarde (ppb parts per billion) − das entspricht 80 Mikrogramm pro Kubikmeter während der Tageslichtstunden − über die Zeitspannen mit intensivem Wachstum summiert (Critical Levels als AOT40). Tabelle 22: Konzentrationsbasierte kritische O 3 -Niveaus AOT40 11 Die Zielwerte zum Schutz der Vegetation nach EU-Richtlinie 2008/ 50/ EG werden in Deutschland vielerorts überschritten. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Zur Bewertung der Komponente Ozon wird unterschieden zwischen dem Ozongürtel in der Stratosphäre und den bodennahen Ozon-Konzentrationen. Der Ozongürtel in der Stratosphäre mindert die Menge an UV-B-Strahlen, die auf Menschen und Pflanzen treffen. Seit 1985 wurde eine Abnahme des stratosphärischen Ozons beobachtet, die durch das Verbot von chlorierten Kohlenwasserstoffen gestoppt wurde. Da dies ein überregionales Thema ist, wird hier nicht intensiver darauf eingegangen. 149 Ozongrenzwerte zum Schutz von Nutzpflanzen <?page no="150"?> 12 Pluschke, P., Luftschadstoffe in Innenräumen: Ein Leitfaden, 2013, Grill, Höppe et al., S. 99. Beim bodennahen Ozon hat sich im letzten Jahrzehnt eine Abnahme der Spit‐ zen-konzentrationen gezeigt, die in allen Bundesländern durch die jährlichen Messungen verfolgt werden kann. Die konsequente Verminderung der Vorläuferemissionen bei NMVOC und NO x haben sich offensichtlich bewährt. Bis auf wenige Ausnahmen werden die aufgestellten Richtwerte (Alarmwert 400 µg/ m 3 , Informationsschwellenwert bei 180 µg/ m 3 , Zielwerte bei 120 µg/ m 3 ) eingehalten. Da die Ozonentstehung die Sonne braucht, erhöhen sich die Konzentrationen von Norden nach Süden stetig. Im Sommer entstehen im Mittelmeerraum die höchsten Konzentrationen. Typischerweise erhöhen sich die Konzentrationen senkrecht anfangs in Richtung Troposhäre, deshalb werden bei den Stationen in größerer Höhe (Zugspitze, Jungfrauenjoch) höhere Konzentrationen beob‐ achtet. Am Boden wird Ozon durch Kontakt mit dem Boden verringert. In Innenräumen sind die Konzentrationen etwa halb so hoch wie draußen. 12 Da NO-Konzentrationen sich durch Titration nach der Gleichung (O 3 +NO=NO 2 +O 2 ) relativ schnell zu NO 2 umwandeln, erklärt sich, warum in ländlichen Gebieten die Konzentrationen höher sind und in der Stadt tiefer beziehungsweise verkehrsnah - wegen der höheren NO-Konzentrationen - sogar noch tiefer ausfallen. Die Sorgen der Bevölkerung, dass die Ozonkonzentrationen in den Wohnge‐ bieten das Spielen der Kinder im Freien beeinträchtigen würde, haben sich daher erübrigt. In den Medien werden jeweils mit Sommerbeginn die aktuellen Werte veröffentlicht und im Radio gehört die Ozondurchsage zum Standardprogramm. 150 Ozon O 3 <?page no="151"?> 1 Altman, P. L., Dittmer, D. S. 1971, Dickson, C. H., Pugh, G. J. F. 1974; Kuhler, M. et al. 1985; Eriksson, E. 1963; Cullis, C. F.; Hirschler, M. M. 1980; OECD/ IEA 1991; MARINTEK 1990. 2 www.eea.europa.eu/ themes/ air/ national-emission-ceilings/ nec-directive-reporting-st atus [Stand: 6.08.2020]. Schwefeloxide (SO 2 ) Weltweit werden die SO 2 -Emissionen sowohl vom Menschen als auch von der Natur erzeugt. Daher werden zuerst die globalen SO 2 -Emissionen analysiert. Global tragen biogene Quellen 163 Millionen t und anthropogene Quellen 251 Millionen t bei. Als natürliche Quellen sind die Ozeane mit 31 %, Vulkane mit 25 %, Sümpfe mit 17 %, tropische Wälder mit 15 % und Küstengebiete mit 9 % zu nennen; anthro‐ pogen dominiert die Kohleverbrennung mit 60 % gefolgt von der Verbrennung von Öl mit 19 % und der Erzaufbereitung mit 9 %. Der Rest entsteht bei der Verbrennung von Biomasse, bei Reis- und sonstigen Feldern. 1 Alle EU-Mitgliedsstaaten halten seit 2003 den SO 2 - -Zielwert der National Emission Ceiling NEC ein. Zu den Hauptemittenten gehören Polen, Deutschland und Spanien. Von 2014 bis 2015 haben sich in 19 Staaten die SO 2 -Emissionen verringert, insgesamt um 6,1 %. 2 Hauptemittent sind die Kraftwerke, deren Emissionen im Zeitraum 1990 bis 2015 von 16 kt auf 3 kt um 13 kt abgenommen haben. Danach folgt der Energie‐ verbrauch der Industriebetriebe, mit Abstand die Quellengruppe Kleingewerbe und Haushalte. Der Straßenverkehr spielt praktisch keine Rolle. Insgesamt haben sich in Europa EU 28 die SO 2 -Emissionen von 25,337 kt auf 2,779 kt um 89 % verringert. Schwefeloxide werden in Europa in erster Linie von stationären Quellen emittiert. Allein bei den großen stationären Anlagen verringern sich die SO 2 -Emissionen von 5300 kt im Jahr 2004 auf 1100 kt im Jahr 2015. Mit 59 % ist die Stromerzeugung und Stromverteilung der bei weitem größte SO x -Emittent. Der Straßenverkehr trägt mit 19 % zum SO x -Budget 2015 bei. In Deutschland haben die SO x -Emissionen von 5,485 Millionen t 1990 auf 0,315 Millionen t im Jahr 2017 abgenommen. Die SO x -Emissionen des Straßenverkehrs lagen 2000 nur noch bei 20 kt, ab 2002 bereits unter 5 kt, ab 2005 unter 1 kt. Im Ranking der 28 EU-Staaten lag Deutschland 2011 im Mittelfeld nach Schweden, Dänemark, den Niederlanden, Malta, Irland, Zypern, Luxemburg, <?page no="152"?> 3 EEA Report No 10/ 2019, Air Quality in Europe. 4 EEA, 2016a; Schmidt et al., 2015; Ialongo et al., 2015 im EEA Report No 28/ 2016. Lettland, England und Österreich. 3 In neueren Berichten wurde aufgrund der niedrigen Werte kein Ranking mehr dargestellt. Die SO 2 -Konzentrationen sind generell weit unter den entsprechenden Im‐ missionsgrenzwerten. In Island wurden in der Zeit vom 31. August 2014 bis zum Februar 2015 bei vier Messstationen nach dem Vulkanausbruch Bárðarbunga bei Holuhran Konzentrationen über dem Tagesgrenzwert von 125 µg/ m 3 gemessen. In Holuhran wurde bei der Eruption zwei Wochen lang auch der Stundengrenz‐ wert von 350 µg/ m 3 überschritten. Die Auswirkungen der vom Vulkan emittierten SO 2 -Emissionen wurden in weiten Teilen Europas sogar 2700 km entfernt von der Quelle beobachtet. So wurden zum Beispiel in Österreich am 22. September 2014 an ländlichen und städtischen Hintergrundstationen Stundenmittel über 200 µg/ m 3 gemessen. Auch Irland, Finnland, Norwegen, Schottland, Tschechien, Belgien, weniger stark Deutschland, die Niederlande, England und leicht auch Frankreich und Schweden waren betroffen. 4 Die SO 2 -Jahresmittelwerte in Europa haben sich im Zeitraum von 1998 bis 2009 in den Städten, an verkehrsnahen Messstationen und im ländlichen Raum deutlich verbessert. SO 2 -Konzentrationen sind generell unter den EU-Grenzwerten (Tagesmit‐ tel 125 µg/ m 3 und Stundenmittel 350 µg/ m 3 ) zum Schutz der Gesundheit. Der strengere WHO-Richtwert von 20 μg/ m 3 wurde 2015 an sechs Messstationen überschritten. Da die Werte so tief liegen, wurden in den Jahresberichten nach 2012 keine weiteren Trenddaten der SO 2 -Luftqualität für Europa EU 28 mehr dokumentiert. 152 Schwefeloxide (SO 2 ) <?page no="153"?> 5 www.lanuv.nrw.de/ klima/ klimaschutz/ treibhausgas-emissionsinventar [Stand: 6.08. 2020]. SO 2 -Werte in den ausgewählten vier Bundesländern Baden -Württemberg SO 2 -Werte in den ausgewählten vier Bundesländern Baden -Württemberg Emission Bild 64: Entwicklung der SO 2 -Emissionen in Baden-Württemberg 1980 bis 2000 204 Diese ältere Arbeit zeigt, dass die SO 2 -Emissionen in den achtziger Jahren relativ hoch waren. Ab 1986 haben sich die SO 2 -Emissionen rasch abgesenkt. Neuere Daten zeigen, dass insbesondere durch die Verbesserungen bei den Feuerungsanlagen eine signifikante Absenkung der SO 2 -Emissionen eintrat. Auch beim Verkehr haben sich durch die Verringerung des Schwefelgehalts im Kraftstoff die SO 2 -Emissionen von 1990 bis 2002 bereits um mehr als 90 % verringert. Von 2002 bis 2014 folgte eine weitere Verringerung um 85 %. Industrie und Gewerbe konnten ihre Emissionen bis 2014 um rund 80 % absenken. Im Zeitraum von 1990 bis 2014 haben sich die SO 2 -Emissionen in Baden-Württemberg von rund 90000 t 1990 auf rund 14500 t 2014 verringert. Hauptemittent ist 204 www.lanuv.nrw.de/ klima/ klimaschutz/ treibhausgas-emissionsinventar [Stand: 6.08.2020]. Bild 66: Entwicklung der SO 2 -Emissionen in Baden-Württemberg 1980 bis 2000 5 Diese ältere Arbeit zeigt, dass die SO 2 -Emissionen in den achtziger Jahren relativ hoch waren. Ab 1986 haben sich die SO 2 -Emissionen rasch abgesenkt. Neuere Daten zeigen, dass insbesondere durch die Verbesserungen bei den Feuerungs‐ anlagen eine signifikante Absenkung der SO 2 -Emissionen eintrat. Auch beim Verkehr haben sich durch die Verringerung des Schwefelgehalts im Kraftstoff die SO 2 -Emissionen von 1990 bis 2002 bereits um mehr als 90 % verringert. Von 2002 bis 2014 folgte eine weitere Verringerung um 85 %. Industrie und Gewerbe konnten ihre Emissionen bis 2014 um rund 80 % absenken. Im Zeitraum von 1990 bis 2014 haben sich die SO 2 -Emissionen in Baden-Württemberg von rund 90 000 t 1990 auf rund 14 500 t 2014 verringert. Hauptemittent ist die Quellengruppe Industrie und Gewerbe. Die Daten für Baden-Württemberg im Emissionska‐ 153 SO 2 -Werte in den ausgewählten vier Bundesländern <?page no="154"?> 6 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 267731/ luftschadstoff_emissionskatast er_2014.pdf [Stand: 6.08.2020]. 7 http: / / mnz.lubw.baden-wuerttemberg.de/ messwerte/ langzeit/ history_data/ htabDSO2J MW.htm [Stand: 6.08.2020]. taster 2014 zeigen einen kontinuierlichen Rückgang der SO 2 -Emissionen. Die SO 2 -Emissionen des Straßenverkehrs in Baden-Württemberg haben von 7500 t 1990 auf weniger als 200 t 2014 abgenommen. 6 Durch die Absenkung des Schwefelgehalts auf 150 mg/ kg im Benzin und auf 350 mg/ kg im Dieselkraftstoff ab 2000 haben sich die SO 2 -Emissionen des Verkehrs deutlich verringert. Diese Grenzwerte für den Schwefelgehalt wurden im Jahr 2005 auf jeweils 50 ppm weiter reduziert. Die Forderung der Autoindustrie nach einer weiteren Absenkung auf 10 ppm hat am Markt zu einem Schwefelgehalt von knapp über 10 ppm geführt. Da die SO 2 -Emissionen des Verkehrs durch die Absenkung des Schwefel‐ gehalts in den Kraftstoffen seit einer Dekade so tief gefallen sind, wird in allen weiteren Bundesländern auf eine grafische Darstellung verzichtet. Die SO 2 -Emissionen des Verkehrs spielen praktisch keine Rolle mehr. Die Entwicklung in den Bundesländern zeigt einen ähnlichen Trend. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Luftqualität Bild 65: Trend der SO 2 -Jahresmittelwerte in Stuttgart-Mitte 206 Bild 67: Trend der SO 2 -Jahresmittelwerte in Stuttgart-Mitte 7 154 Schwefeloxide (SO 2 ) <?page no="155"?> 8 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 277290/ luftqualitaet_in_baden-wuertt emberg_auswertung_2017.pdf [Stand: 6.08.2020]. 9 www.Thru.de, UBA: PRTR [Stand: 6.08.2020]. 10 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08. 2020]. Verbesserungsversuch Bild 66 zu Seite 167 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2017 Entwicklung der SO 2 -Jahresmittelwerte in Baden-Württemberg in µg/ m 3 40 35 30 25 20 15 10 05 0 Bild 68: Trend der SO 2 -Jahresmittelwerte in Schwarzwald Süd und Schwäbische Alb 8 Die SO 2 -Jahresmittelwerte haben sich von 2001 bis 2014 weiter signifikant verbessert. Bayern 2000 betragen die SO 2 -Emissionen in Bayern 51 683 t, davon 25 366 t von geneh‐ migungsbedürftigen Anlagen 9 und 16 737 t von nicht-genehmigungsbedürftigen Anlagen. Der Straßenverkehr ist lediglich mit 363 t beteiligt. Die Emissionen haben sich 2004 auf 42 467 t und 2010 auf 25 740 t verringert. Dabei entfällt auf den Schwerverkehr der Hauptanteil. 10 Die Langzeitverläufe sind vom Landesamt für Umweltschutz dokumentiert. Zwei Stationen sind hier stellvertretend erwähnt. Die Monatsmittelwerte am Königsplatz in Augsburg verringern sich von 6 µg/ m 3 im Jahr 2007 auf 3 µg/ m 3 2017. Die Monatsmittelwerte am Stachus in München verringern sich von 5 µg/ m 3 im Jahr 2007 auf 2 µg/ m 3 2017. 155 Bayern <?page no="156"?> 11 www.physik-am-auto.de/ energie/ einspritztechniken.html [Stand: 6.08.2020]. 12 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endberi cht_Emissionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. Berlin Ein Blick auf die Emissionsentwicklung der unterschiedlichen Quellen zeigt, dass hauptsächlich Kraftwerke verantwortlich sind, aber auch die genehmi‐ gungspflichtigen Anlagen und der Hausbrand haben ihren Beitrag geleistet. Die SO 2 -Emissionen der berichtspflichtigen Anlagen in Berlin liegen 2014 bei 1800 t. Bei den SO 2 -Emissionen erklärungspflichtiger Anlagen nach Stadtbezirken und Branchen in Berlin 2012 kommen in Neukölln 2 216 kg/ a und in Reinickendorf 2 194 kg/ a von nicht erklärungspflichtigen Anlagen (Röstereien) dazu. Schwefeldioxid-Emissionen von Kleinfeuerungsanlagen (Gebäudeheizung) nach Stadtbezirken und Branchen in Berlin 2012 11 Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 177 Tabelle 26a: Schwefeldioxid-Emissionen der Quellgruppen Industrie, Gebäudeheizung, sonstiger Verkehr, Offroad-Verkehr, Baustellen und sonstige Quellen nach Stadtbezirken und Branchen in Berlin 2012 211 . Die Bezirke Spandau und Lichtenberg haben die höchsten SOx-Emissionen. 211 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endbericht_Emissionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 177 Tabelle 26a: Schwefeldioxid-Emissionen der Quellgruppen Industrie, Gebäudeheizung, sonstiger Verkehr, Offroad-Verkehr, Baustellen und sonstige Quellen nach Stadtbezirken und Branchen in Berlin 2012 211 . Die Bezirke Spandau und Lichtenberg haben die höchsten SOx-Emissionen. 211 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endbericht_Emissionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. Tabelle 23a: Schwefeldioxid-Emissionen der Quellgruppen Industrie, Gebäudehei‐ zung, sonstiger Verkehr, Offroad-Verkehr, Baustellen und sonstige Quellen nach Stadtbezirken und Branchen in Berlin 2012. 12 Die Bezirke Spandau und Lichtenberg haben die höchsten SO x -Emissionen. 156 Schwefeloxide (SO 2 ) <?page no="157"?> 13 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endberi cht_Emissionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. 14 www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ entwicklung/ lang_so2.shtml [Stand: 6.08.2020] Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 178 Tabelle 26b: Die Bezirke Berlin-Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf, dicht gefolgt von Tempelhof-Schöneberg und Neukölln auf insgesamt niedrigerem Niveau haben die höchsten SOx-Emissionen. 212 Luftqualität SO 2 -Jahresmittelwerte in mg/ m 3 212 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endbericht_Emissionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. 178 Tabelle 26b: Die Bezirke Berlin-Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf, dicht gefolgt von Tempelhof-Schöneberg und Neukölln auf insgesamt niedrigerem Niveau haben die höchsten SOx-Emissionen. 212 Luftqualität SO 2 -Jahresmittelwerte in mg/ m 3 212 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ emissionen/ download/ Endbericht_Emissionkataster_2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. Tabelle 23b: Die Bezirke Berlin-Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf, dicht gefolgt von Tempelhof-Schöneberg und Neukölln auf insgesamt niedrigerem Niveau haben die höchsten SO x -Emissionen. 13 SO 2 -Jahresmittelwerte in mg/ m 3 Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Bild 67: Trend der SO 2 -Jahresmittelwerte an Messstellentypen in Berlin 213 Von 1989 bis 2016 nehmen die SO 2 -Konzentrationen kontinuierlich ab und liegen seit 1992 auf einem Niveau, das weit unter dem Immissionsgrenzwert von 50 µg/ m 3 liegt. Nordrhein-Westfalen Emissionen Die Schwefeldioxidemissionen der berichtspflichtigen Anlagen in Nordrhein- Westfalen liegen 2014 bei 81 000 t 214 . Seit 2007 haben die SO 2 -Emissionen der genehmigungspflichtigen Betriebe um 75 % abgenommen. Die SO 2 -Emissionen des Straßenverkehrs sind vernachlässigungsbar. Luftqualität Bild 69: Trend der SO 2 -Jahresmittelwerte an Messstellentypen in Berlin 14 157 Berlin <?page no="158"?> 15 www.Thru.de, UBA: PRTR. 16 https: / / www.lanuv.nrw.de/ umwelt/ luft/ immissionen/ berichte-und-trends/ jahreskenn groessen-und-jahresberichte/ [Stand: 6.08.2020]. Von 1989 bis 2016 nehmen die SO 2 -Konzentrationen kontinuierlich ab und liegen seit 1992 auf einem Niveau, das weit unter dem Immissionsgrenzwert von 50 µg/ m 3 liegt. Nordrhein-Westfalen Die Schwefeldioxidemissionen der berichtspflichtigen Anlagen in Nord‐ rhein-Westfalen liegen 2014 bei 81 000 t. 15 Seit 2007 haben die SO 2 -Emissionen der genehmigungspflichtigen Betriebe um 75 % abgenommen. Die SO 2 -Emissio‐ nen des Straßenverkehrs sind vernachlässigungsbar. SO 2 -Jahresmittelwerte in µg/ m 3 Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Bild 68: Trend der SO 2 -Jahresmittelwerte an zwei Messstationen in NRW 215 Die Mess-Station EIIFE, ROTH spiegelt die Hintergrundkonzentrationen wider, während die Station VESN in Essen-Ost die verkehrsnahen Konzentrationen zeigt. Seit 2000 liegen die Werte relativ nahe beieinander. Wirkung niedriger SO 2 -Konzentrationen Schwefeldioxid SO 2 ist ein farbloses, stechend riechendes, wasserlösliches Gas, das Mensch und Umwelt beeinträchtigt. In der Atmosphäre aus Schwefeldioxid entstehende Sulfatpartikel tragen zudem zur Belastung mit Feinstaub PM 10 bei. Schwefeldioxid reizt die Schleimhäute und kann zu Augenreizungen und Atemwegsproblemen führen. Da die SO 2 -Konzentrationen bundesweit sehr deutlich unter den geltenden Grenzwerten zum Schutz der menschlichen Ge- Bild 70: Trend der SO 2 -Jahresmittelwerte an zwei Messstationen in NRW 16 Die Mess-Station EIIFE, ROTH spiegelt die Hintergrundkonzentrationen wider, während die Station VESN in Essen-Ost die verkehrsnahen Konzentrationen zeigt. Seit 2000 liegen die Werte relativ nahe beieinander. 158 Schwefeloxide (SO 2 ) <?page no="159"?> 17 www.umweltbundesamt.de und für Blei: UBA-Jahresberichte 2001/ 2016. Wirkung niedriger SO 2 -Konzentrationen Schwefeldioxid SO 2 ist ein farbloses, stechend riechendes, wasserlösliches Gas, das Mensch und Umwelt beeinträchtigt. In der Atmosphäre aus Schwefeldioxid entstehende Sulfatpartikel tragen zudem zur Belastung mit Feinstaub PM 10 bei. Schwefeldioxid reizt die Schleimhäute und kann zu Augenreizungen und Atemwegsproblemen führen. Da die SO 2 -Konzentrationen bundesweit sehr deutlich unter den geltenden Grenzwerten zum Schutz der menschlichen Ge‐ sundheit liegen, sind heute durch SO 2 verursachte Gesundheitsprobleme in Deutschland nicht mehr zu befürchten. Schwefeldioxid kann Pflanzen schädigen und nach Ablagerung in Ökosys‐ teme Versauerung von Böden und Gewässern bewirken. Durch den starken Rückgang der Schwefelemissionen seit Beginn der 90er-Jahre wird die Versaue‐ rung heute hauptsächlich von Stickstoffeinträgen verursacht. Konzentrations‐ grenzwerte für SO 2 werden heute nahezu flächendeckend eingehalten Für Schwefeldioxid gelten seit dem 1. Januar 2005 europaweit Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit. Der 1-Stunden-Grenzwert beträgt 350 µg/ m 3 und darf höchstens 24-mal im Jahr überschritten werden. Der Tagesgrenzwert von 125 µg/ m 3 darf nicht öfter als dreimal im Kalenderjahr überschritten werden. Zum Schutz der Vegetation beträgt der kritische Wert als Jahres- und als Wintermittelwert (Oktober bis März) 20 µg/ m 3 . 17 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für SO 2 Schwefeldioxid SO 2 entsteht hauptsächlich bei der Verbrennung von schwefel‐ haltigen Brennstoffen wie Kohle und Heizöl. Wesentliche Emissionsquellen sind Verbrennungsanlagen der Energiewirtschaft, Industrie, GHD (Gewerbe, Handel, Dienstleistungen) und Haushalte. In den westlichen Staaten nehmen die SO 2 -Emissionen und -Konzentrationen seit 1980 ab. In Asien, China, Afrika, Lateinamerika und Indien dagegen sind 2010 die SO 2 -Emissionen gestiegen und die SO 2 -Konzentrationen bleiben auf einem hohen Niveau; sie führen vorzugsweise im Winter häufig zu Smogalarmen. Deutschland hat in den letzten 25 Jahren die SO 2 -Emissionen um 94 % abgesenkt. Die nationalen Emissionsgrenzen (NEC-Ziele) werden schon seit 2010 einge‐ halten. Hauptemittenten sind die Kraftwerke, deren Emissionen im Zeitraum 159 Wirkung niedriger SO 2 -Konzentrationen <?page no="160"?> von 1990 bis 2015 von 16 kt auf 3 kt um 13 kt abgenommen haben. Danach folgt der Energieverbrauch der Industriebetriebe und mit Abstand die Quellengruppe Kleingewerbe und Haushalte. Durch die Absenkung des Schwefelgehalts auf 10 mg/ kg im Benzin und Die‐ selkraftstoff im Jahr 2008 haben sich die SO 2 -Emissionen des Verkehrs deutlich verringert. Dadurch ist der Beitrag des Straßenverkehrs zu den SO 2 -Emissionen sehr gering und nicht mehr relevant. Die SO 2 -Jahresmittelwerte haben sich in Deutschland in allen Bundesländern in den letzten 25 Jahren signifikant verbessert, teilweise um den Faktor 10, und liegen weit unter dem Tagesgrenzwert von 125 µg/ m 3 . Allenfalls kann es beim Zusammentreffen aller ungünstigen Einflussgrößen - winterliche austauscharme Inversionswetterlagen, weiträumige Lufttranspor‐ teinträge et cetera - kurzzeitig zu höheren Konzentrationen kommen. Schwefeldioxid in höheren Konzentrationen reizt die Schleimhäute und kann zu Augenreizungen und Atemwegsproblemen führen. Selbst an sogenannten Hotspot-Stellen liegen die Konzentrationen immer noch deutlich unter den Grenz- und Richtwerten. Da die SO 2 -Konzentrationen bundesweit sehr deutlich unter den geltenden Grenzwerten zum Schutz der menschlichen Gesundheit liegen, sind heute durch SO 2 verursachte Gesundheitsprobleme in Deutschland nicht mehr zu befürchten. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Kriterien, die an einen Luftkur‐ ort gestellt werden, im Falle des Schwefeldioxids nahezu erreicht werden. 160 Schwefeloxide (SO 2 ) <?page no="161"?> 1 Ewers, U., Schlipköter, H-W., 1991. 2 Markert, B., 1992. 3 Ewers, U., Schlipköter H-W., 1991. 4 PETSCHOW et al. 1990. 5 ZIEMACKI et al. 1989 in (UFOPLAN) 200 64 218. 6 ZIEMACKI et al. 1989 in (UFOPLAN) 200 64 218. Blei Pb Blei ist ein bläulich-weißes, weiches Metall mit einer Dichte von 11,3 g/ cm³. Die mittlere Bleikonzentration der Erdkruste wird auf 16 µg/ g geschätzt. Als wich‐ tige Bleiminerale gelten Bleiglanz (PbS), Bleicarbonat (PbCO3) und Bleisulfat (PbSO4). Bleiglanz kommt oft mit Zinkmineralen und solchen mit Kupfer, Eisen, Cadmium und anderen Metallen in Lagerstätten vor. In der Umgebung bleiver‐ arbeitender Industrien wurden im Oberboden bis zu 20 000 µg/ g gemessen. Normale Böden enthalten durchschnittlich 10-40 µg/ g. 1 In Pflanzen schwanken die Konzentrationen im Durchschnitt von 0,1-5 µg/ g (Für ein mittelbelastetes Moos (Polytrichum commune) in Zentraleuropa wird eine Grundkonzentration von 10 µg/ g geschätzt 2 ). Anfang der neunziger Jahre resultierte der Hauptteil an Blei-Emissionen aus der Verbrennung von verbleitem Benzin (Pb-tetra-methyl und Pb-tetraethyl als Antiklopfmittel). Verschiedenen Berichten zufolge war der Autoverkehr mit über 90 % an der gesamten atmosphärischen Blei-Emission beteiligt. 3 Zur Blei-Emission aus Kraftfahrzeugen in den neuen Ländern wurde vermutet, dass die Werte über denen der alten Länder liegen, da der Kraftstoff in den neuen Ländern einen hohen Bleianteil aufwies. 4 Seit 1990 ist durch die Verwendung von unverbleitem Benzin diese Aussage überholt. Blei ist ferner in Kohle enthalten. Diese muss deshalb als weitere Emissions‐ quelle betrachtet werden. Besonders bei der Verbrennung stark schwefelhaltiger Kohle wird Blei emittiert. 5 Da der Kraftfahrzeugverkehr früher die Hauptkomponente an atmosphäri‐ schem Blei darstellte, war allgemein der Bleigehalt der Luft in urban-indus‐ triellen Gebieten bedeutend höher als in abgelegenen ländlichen Gebieten. Viele europäische Städte zeigten im jährlichen Mittel 0,5-3 µg/ m³ gegenüber 0,1-0,3 µg/ m³ in abgelegenen Gebieten. 6 Die aktuellen Messwerte zeigen die deutliche signifikante Abnahme mit Werten von im Mittel 5-10 µg/ m 2 .d in Städten. Höhere Werte sind vereinzelt an bleiverarbeitenden Industriestandorten zu finden. <?page no="162"?> Blei gelangt in die Atmosphäre durch antthropogene und natürliche Quellen. Die Natur beteiligt sich durch Bodenerosion von früheren Blei-Ablagerungen durch Wind, Seesalze, Vulkaneruptionen, Waldbrände und biogene Quellen. Die anthropogenen Quellen sind die Verbrennung fossiler Kraftstoffe, Müllhalden, Metall- und Zement-Verarbeitung. Durch die Einführung von unverbleitem Benzin in mehreren Schritten ist der Anteil des Straßenverkehrs entfallen. Der Einfluss atmosphärischer Deposition und die Verwendung von organischen Düngemitteln - beide gleich niedrig - sind verglichen mit bereits akkumulierten Bleidepots durch natürlichen Quellen relativ gering. Emissionen Bild 71: Entwicklung de Blei-Emissionen in kt in Europa EU33 Die Blei-Emissionen in Europa EU33 haben sich von 23,6 kt in 1990 auf 1,41 kt in 2018 verringert. 162 Blei Pb <?page no="163"?> 7 EMEP Status Report 2/ 15, I.Ilyin et al., 2015: Heavy metals: Analysis of long-term trends. 8 Ebd. Bild 72: Entwicklung de Blei-Emissionen in Deutschland Die Blei-Emissionen in Deutschland haben sich von 1,92 kt in 1990 auf 0,21 kt in 2018 verringert. Die Blei-Emissionen in Europa und Zentralasien haben sich in den letzten zwanzig Jahren erheblich verringert, seit 1990 sind sie um 90 % niedriger. Die höchsten Emissionsrückgänge (über 95 %) erfolgten in den Ländern Russland, Monaco, Montenegro, Moldavien, England, Luxemburg, Norwegen, Frankreich, Island, Litauen, Schweden, Kroatien, Lettland, Ukraine und Liechtenstein. 7 Verbesserungsversuch Bild 69 zu Seite 173 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,501990 1994 1998 2002 2006 2010 EMEP secondary EMEP anthrop. Pb- Emission flux, kg/ km 2 / year Bild 73: Entwicklung der Blei-Emission pro Fläche in Europa und Zentralasien. 8 Der vom Ferntransport stammenden Anteil ist mit EMEP secondary bezeichnet. 163 Emissionen <?page no="164"?> 9 Kummer et al., 2009 in https: / / elib.uni-stuttgart.de/ bitstream/ 11682/ 1992/ 1/ FB107_OP US.pdf [Stand: 6.08.2020]. 10 www.eea.europa.eu/ data-and-maps/ dashboards/ air-pollutant-emissions-data-viewer [Stand: 6.08.2020]. 11 EMEP MSC-E, Internetauftritt, Stand 18.10.2016 und EMEP/ MSC‐E Data Note 5/ 2016. 12 https: / / elib.uni-stuttgart.de/ bitstream/ 11682/ 1992/ 1/ FB107_OPUS.pdf [Stand. 6.08. 2020]. Europa Im Jahr 2009 stammen die Blei-Emissionen in den 29 Staaten der EU zu 53 % von der industriellen Fertigung, zu 22 % von Feuerungsanlagen und zu 6 % von Kraftwerken. Der Straßenverkehr war noch mit 8 % bei Abgasemissionen und 5 % durch Abrieb beteiligt. Die ermittelten Daten wurden aus mehreren Studien entnommen. 9 Die Verringerung der Blei-Emissionen ergab sich hauptsächlich durch den Anteil des Straßenverkehrs in den Ländern, die bleifreies Benzin entsprechend der Richtlinie zur Qualität von Benzin und Dieselkraftstoffen (98/ 70/ EC) einge‐ führt haben. Derzeit ist Polen der größte Emittent, Polen emittiert 20 % aller Emissionen in der EEA-33. 10 Neuere EMEP-Modellrechnungen ergaben, dass im Jahr 2014 in Deutschland insgesamt 397 t Blei aus der Atmosphäre deponiert wurden. Davon entstammten 147 t Pb direkten anthropogenen Emissionen aus der EMEP-Region (davon 88 t Pb aus Deutschland), während die restlichen 250 t Pb (das heißt 63 % der Gesamtdeposition) auf natürliche, globale und historische Emissionsquellen zurückgehen. 11 Schwermetall Mittlerer Ge‐ halt [mg/ kg] Mittlerer minimaler Gehalt [mg/ kg) Mittlerer maxi‐ maler Gehalt [mg/ kg] Pb 176,3 Reifenabrieb 6,3 670 Pb 326,5 Bremsabrieb 80 660 Tabelle 24: Mittlerer Schwermetallgehalt in Bremsbelägen und Reifen 12 In Norwegen, Belarus, Schweden, Finnland und Dänemark haben sich die Blei-Emissionen des Verkehrs um 100 % verringert. In Bulgarien, Kroatien und Litauen besteht noch Nachholbedarf. Zwischenzeitlich dürfte sich die Situation 164 Blei Pb <?page no="165"?> 13 EMEP MSC-E, Internetauftritt, Stand 18.10.2016 und EMEP/ MSC‐E Data Note 5/ 2016. 14 EEA Air Quality Report 2011. 15 www.umweltbundesamt.de/ themen/ luft/ emissionen-von-luftschadstoffen [Stand: 6.08.2020]. insbesondere in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und England weiter verbessert haben. Die Blei-Gesamtdepositionen in Deutschland lagen größtenteils im Bereich von 0,6-1,8 kg Pb/ km², die höchsten Depositionen (1,8-2,0 kg Pb/ km²) traten in Westdeutschland (NRW) und Ostdeutschland (Grenzgebiet zu Tschechien und Polen), die niedrigsten Depositionen (0,5-0,8 kg Pb/ km²) vorwiegend in Norddeutschland (SH, MV) und am Alpenrand auf. Für den Zeitraum 1990 bis 2014 wurde mit dem EMEP-Modell ein Rückgang der mittleren Blei-Gesamtde‐ position in Deutschland um etwa 85 % von 7,6 kg Pb/ km² im Jahr 1990 auf 1,1 kg Pb/ km² im Jahr 2014 berechnet. Die Blei-Deposition, die auf aus Deutschland stammende anthropogene Emissionen zurückgeht, ging sogar um knapp 90 % von 2,3 kg Pb/ km² auf 0,25 kg Pb/ km² zurück. 13 Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 2014 wurde mit dem EMEP-Modell ein Rückgang der mittleren Blei-Gesamtdeposition in Deutschland um etwa 85 % von 7,6 kg Pb/ km² im Jahr 1990 auf 1,1 kg Pb/ km² im Jahr 2014 berechnet. Die Blei-Deposition, die auf aus Deutschland stammende anthropogene Emissionen zurückgeht, ging sogar um knapp 90 % von 2,3 kg Pb/ km² auf 0,25 kg Pb/ km² zurück 229 . Luftqualität Bild 70: Trend der Blei-Jahresmittelwerte in Europa (EU28) 230 Deutschland Emissionen In Deutschland haben sich die Bleiemissionen von 2285 t 1990 auf 235 t im Jahr 2017 um 90 % verringert. Dazu haben insbesondere die Fortschritte bei der Verbrennung fossiler Brennstoff beigetragen. 231 29,5 t emittieren die berichtspflichtigen Betriebe, 27 t davon die Metallindustrie und 2,5 t der Energiesektor. Luftqualität in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen 229 EMEP MSC-E, Internetauftritt, Stand 18.10.2016 und EMEP/ MSC ‐ E Data Note 5/ 2016. 230 EEA Air Quality Report 2011. 231 www.umweltbundesamt.de/ themen/ luft/ emissionen-von-luftschadstoffen [Stand: 6.08.2020]. Bild 74: Trend der Blei-Jahresmittelwerte in Europa (EU28) 14 Deutschland In Deutschland haben sich die Bleiemissionen von 1919 t 1990 auf 207 t im Jahr 2018 um 89 % verringert. Dazu haben insbesondere die Fortschritte bei der Verbrennung fossiler Brennstoff beigetragen. 15 29,5 t emittieren die berichts‐ pflichtigen Betriebe, 27 t davon die Metallindustrie und 2,5 t der Energiesektor. Luftqualität in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen 165 Deutschland <?page no="166"?> 16 www.Thru.de, UBA: PRTR. 17 www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/ servlet/ is/ 277290/ luftqualitaet_in_baden-wuertt emberg_auswertung_2017.pdf [Stand: 6.08.2020]. 18 UBA-Jahresberichte Blei im Feinstaub 2010 bis 2016. Baden-Württemberg Die Metallindustrie setzt 33,255 t und der Energiesektor 1,556 t frei. 16 Pb-Jahresmittelwerte in ng/ m 3 Karlsruhe Verbesserungsversuch Bild 71 zu Seite 177 100 0 16 16 15 13 12 11 9 8 7 7 7 5,4 5,9 6 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2014 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2014 18 20 18 16 18 18 11 7 9 9 9 7,3 7 6,7 100 0 100 0 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2014 20 23 17 14 13 12 9 7 7 7 6 5,5 6,1 9,8 Pb-Jahresmittelwerte in ng/ m 3 Mannheim Verbesserungsversuch Bild 71 zu Seite 177 100 0 16 16 15 13 12 11 9 8 7 7 7 5,4 5,9 6 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2014 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2014 18 20 18 16 18 18 11 7 9 9 9 7,3 7 6,7 100 0 100 0 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2014 20 23 17 14 13 12 9 7 7 7 6 5,5 6,1 9,8 Pb-Jahresmittelwerte in ng/ m 3 Stuttgart Verbesserungsversuch Bild 71 zu Seite 177 100 0 16 16 15 13 12 11 9 8 7 7 7 5,4 5,9 6 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2014 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2014 18 20 18 16 18 18 11 7 9 9 9 7,3 7 6,7 100 0 100 0 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2014 20 23 17 14 13 12 9 7 7 7 6 5,5 6,1 9,8 Bild 75: Trend der Pb-Jahresmittelwerte in Baden-Württemberg 2001 bis 2014. 17 Weitere Werte siehe 18 An den drei Messstationen mit längeren Zeitreihen zeigt sich der Rückgang der Blei-Jahresmittelwerte von 2001 bis 2014 in Baden-Württemberg sehr deutlich. Die Jahresmittelwerte liegen weit unter dem Immissionsgrenzwert von 500 ng/ m 3 . 166 Blei Pb <?page no="167"?> 19 www.lfu.bayern.de/ luft/ emissionskataster/ doc/ endbericht_ekat_2004.pdf [Stand: 6.08. 2020]. 20 www.Thru.de, UBA: PRTR. Bayern Verkehr davon Straßen‐ verkehr Sonstiges Summe 2004 Summe 2000 Blei kg/ a 3011 2627 10 172 13 183 12 298 Tabelle 25: Anteil der Quellengruppen der Pb-Emissionen 2004 in Bayern 19 In der Quellengruppe genehmigungsbedürftige Anlagen ist 2004 die Gruppe Stahl, Eisen und sonstige Metalle mit 1340 kg der Hauptemittent. In der Quellengruppe nicht genehmigungsbedürftige Anlagen unterteilen sich die Blei-Emissionen im Jahr 2004 in • Kleinfeuerungen im Verarbeitenden Gewerbe: 4 685 kg • Kleinfeuerungen Kleinverbraucher (einschließlich Militär) 2421 kg • Kleinfeuerungen Haushalte 983 kg Weitere Angaben zu Emissionen zum Beispiel Blei in kreisfreien Städten Bay‐ erns finden sich im PRTR-Bericht des Umweltbundesamts. Aus dem Bericht wurden die drei Städte Augsburg, München und Regensburg mit jeweils den Emittentengruppen Straßenverkehr und nichtgenehmigungs‐ pflichtigen Feuerungsanlagen ausgewählt. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot • Kleinfeuerungen Kleinverbraucher (einschließlich Militär) 2421 kg • Kleinfeuerungen Haushalte 983 kg Weitere Angaben zu Emissionen zum Beispiel Blei in kreisfreien Städten Bayerns finden sich im PRTR-Bericht des Umweltbundesamts. Aus dem Bericht wurden die drei Städte Augsburg, München und Regensburg mit jeweils den Emittentengruppen Straßenverkehr und nichtgenehmigungspflichtigen Feuerungsanlagen ausgewählt. Bleiemissionen in t/ a im Jahr 2000 Bild 72: Vergleich der Blei-Emissionen in Augsburg, München und Regensburg 236 Bleiemissionen in t/ a im Jahr Bild 76: Vergleich der Blei-Emissionen in Augsburg, München und Regensburg 20 167 Bayern <?page no="168"?> 21 UBA-Jahresberichte Blei im Feinstaub 2010 bis 2016. 22 www.umweltbundesamt.de und für Blei: UBA-Jahresberichte 2001/ 2016 [Stand: 6.08.2020]. 191 Luftqualität Bild 73: Trend der Pb-Jahresmittelwerte im Schwebstaub PM 10 in Augsburg, München, Nürnberg und Würzburg 2010 bis 2016 237 Die Werte zeigen für alle fünf ausgewählten Messstationen einen Rückgang der Blei-Konzentrationen im Feinstaub PM 10 im Betrachtungszeitraum von bereits niedrigen Ausgangswerten 2010 von 5 ng/ m 3 bis 9 ng/ m 3 auf einer Bandbreite von 3 ng/ m 3 bis 4 ng/ m 3 im Jahr 2016. Die Werte stammen aus sieben UBA-Jahresberichten. Berlin Emissionen Angaben zur Entwicklung der Pb-Emissionen fehlen im Emissionskataster. Luftqualität An der Station MC042 Neukölln sind die Blei-Jahresmittelwerte von 100 ng/ m 3 1996 auf 33 ng/ m 3 2000/ 2001 zurückgegangen, an der Station MC174 237 UBA-Jahresberichte Blei im Feinstaub 2010 bis 2016. Bild 77: Trend der Pb-Jahresmittelwerte im Schwebstaub PM 10 in Augsburg, München, Nürnberg und Würzburg 2010 bis 2016 21 Die Werte zeigen für alle fünf ausgewählten Messstationen einen Rückgang der Blei-Konzentrationen im Feinstaub PM 10 im Betrachtungszeitraum von bereits niedrigen Ausgangswerten 2010 von 5 ng/ m 3 bis 9 ng/ m 3 auf einer Bandbreite von 3 ng/ m 3 bis 4 ng/ m 3 im Jahr 2016. Die Werte stammen aus sieben UBA-Jah‐ resberichten. Berlin Angaben zur Entwicklung der Pb-Emissionen fehlen im Emissionskataster. An der Station MC042 Neukölln sind die Blei-Jahresmittelwerte von 100 ng/ m 3 1996 auf 33 ng/ m 3 2000/ 2001 zurückgegangen, an der Station MC174 Frankfurter Allee sind die Blei-Jahresmittelwerte von 205 ng/ m 3 1996 auf 41 ng/ m 3 2000/ 2001 zurückgegangen. 22 Die Bleikonzentrationen im Jahresmittel haben um 65 bis 75 % abgenommen. 168 Blei Pb <?page no="169"?> 23 Ebd. 24 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ messnetz/ download/ jahresberi cht2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. 25 www.umweltbundesamt.de und für Blei: UBA-Jahresberichte 2001/ 2016 [Stand: 6.08.2020]. 192 Frankfurter Allee sind die Blei-Jahresmittelwerte von 205 ng/ m 3 1996 auf 41 ng/ m 3 2000/ 2001 zurückgegangen. 238 Die Bleikonzentrationen im Jahresmittel haben um 65 bis 75 % abgenommen. Blei-Jahresmittelwerte in ng/ m 3 2005 bis 2016: Bild 74: Trend der Blei-Jahresmittelwerte in Berlin 2006 bis 2016 239 Partikeln erhöhen sich bei herbstlichen und winterlichen Hochdruckwetterlagen und südbis östlichen Winden aus den Nachbarstaaten 240 . Nordrhein-Westfalen Emissionen Im NRW-Emissionskataster 2004 werden 46 t Pb-Emissionen angegeben. 238 www.umweltbundesamt.de und für Blei: UBA-Jahresberichte 2001/ 2016 [Stand: 6.08.2020]. 239 Ebd. 240 https: / / www.berlin.de/ senuvk/ umwelt/ luftqualitaet/ de/ messnetz/ download/ jahresbericht2015.pdf [Stand: 6.08.2020]. Blei-Jahresmittelwerte in ng/ m3 2005 bis 2016: Bild 78: Trend der Blei-Jahresmittelwerte in Berlin 2006 bis 2016 23 Partikeln erhöhen sich bei herbstlichen und winterlichen Hochdruckwetterla‐ gen und südbis östlichen Winden aus den Nachbarstaaten. 24 Nordrhein-Westfalen Im NRW-Emissionskataster 2004 werden 46 t Pb-Emissionen angegeben. 0 20 40 60 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Blei-Jahresmittelwerte in Nordrhein-Westfalen in ng/ m 3 Aachen Wilhelmstraße Bochum-Stahlhausen Dortmund-Eving Duisburg-Bruckhausen Duisburg-Walsum Krefeld (Hafen) Mönchengladbach Düsseldorfer Straße Bild 79: Trend der Blei-Jahresmittelwerte in PM 10 in Nordrhein-Westfalen 25 169 Nordrhein-Westfalen <?page no="170"?> 26 www.nlga.niedersachsen.de/ startseite/ umweltmedizin [Stand: 6.08.2020]. 27 www.lenntech.de/ pse/ elemente/ pb.htm#ixzz5yrkrRnGf [Stand: 6.08.2020]. 28 www.eea.europa.eu/ themes/ air/ national-emission-ceilings [Stand: 6.08.2020]. Die Verbesserung von 2010 bis 2016 zeigt sich an allen Messstationen. Wirkung hoher Blei-Konzentrationen Blei ist ein Schwermetall mit verschiedenen schädlichen Wirkungen auf die Gesundheit. Die chronisch-toxischen Wirkungen von Blei sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten intensiv untersucht worden. Eine Reihe von Studien berichten dabei über einen Zusammenhang von einer verminderten geistigen Entwicklung bei Kindern mit einer erhöhten Aufnahme von Blei. Am bekanntes‐ ten ist hierbei der negative Einfluss auf den Intelligenzquotienten von Kindern. Es ist daher wichtig, die Bleiaufnahme, insbesondere von Säuglingen und Kleinkindern, zu minimieren. 26 Weitere Wirkungen bei höheren Blei- Konzentrationen sind: Störung der Biosynthese von Hämoglobin und Anämie, Blutdruckanstieg, Nierenschäden, Fehl- und Frühgeburten, Schäden des Nervensystems, Hirn‐ schäden, verminderte Fruchtbarkeit bei Männern durch Schädigung der Sper‐ mien, verminderte Lernfähigkeit bei Kindern und Verhaltensstörungen bei Kindern, wie etwa Aggressionen, impulsives Verhalten und Hyperaktivität. Blei gelangt über die Plazenta in den Fötus und kann ernstzunehmende Schäden beim Nervensystem und im Gehirn des Ungeborenen verursachen. 27 In Ländern mit hohen Bleikonzentrationen wurden Nieren-, Leber- und Hirnschäden bei Kindern beobachtet. Diese litten unter Gedächtnisschwund, Antriebsschwäche, Verhaltensstörungen, Stimmungsschwankungen und Ner‐ venschädigungen. 28 Zusammenfassung Die Immisionsgrenzwerte für Blei von 0,5 µg/ m³ im Jahresmittel werden seit Jahren deutlich unterschritten. Früher war der Straßenverkehr die Hauptquelle, da im Benzin Bleiadditive zur Steigerung der Klopffestigkeit eingesetzt wurden. Nach der Reduzierung des Bleigehalts im Benzin in Stufen • 1972 Reduzierung von 0,55 g/ Liter Benzin auf 0,40 g/ Liter Benzin 170 Blei Pb <?page no="171"?> • 1975 Reduzierung von 0,40 g/ Liter Benzin auf 0,15 g/ Liter Benzin • 1986 Reduzierung von 0,15 g/ Liter Benzin auf 0,05 g/ Liter Benzin haben sich Blei-Emissionen und die Blei-Konzentrationen deutlich und signifi‐ kant verbessert. Trotz der toxikologischen Bedeutung (Schäden an Nieren, Leber und Gehirn, einhergehend mit Gedächtnisschwund, Antriebsschwäche, Verhaltensstörun‐ gen, Stimmungsschwankungen und Nervenschädigungen bei Kindern) werden weder Emissionen noch Konzentrationsangaben als Monatsmittelwerte oder Jahresmittelwerte in den neueren Jahresberichten der Bundesländer und in Emissionskataster und Luftreinhalteplänen angegeben. Auch die Europäische Umweltagentur EEA hat seit mehreren Jahren die Angaben eingestellt. Das Umweltbundesamt dokumentiert noch die Bleikon‐ zentrationen im Feinstaub PM 10 . Anhand der Angaben lässt sich zeigen, dass die Konzentrationen an fast allen Messstationen rückläufig sind und in der Regel unter 10 ng/ m 3 liegen. Auch die Dokumentation im Schadstoffregister der genehmigungspflichtigen Industriebetriebe (PRTR des UBAs) zeigt den rückläufigen Trend bei den Bleiemissionen. Lokal treten bei einzelnen metallverarbeitenden Betrieben noch nennens‐ werte Emissionen auf, die aufgrund der Anforderungen der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, speziell der Verord‐ nung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV), zukünftig noch weiter abnehmen werden. 171 Zusammenfassung <?page no="173"?> Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung Technische Maßnahmen beim Pkw Fahrzeuge mit Ottomotor Bei der Verringerung der Abgasemissionen werden innermotorische Maßnah‐ men und zusätzlich Abgasnachbehandlungen eingesetzt. Innermotorisch wird an der Gemischaufbereitung, dem Ladungswechsel, dem Verdichtungsverhältnis, der Zündung und dem Verbrennungsablauf durch komplexe Einspritzsysteme versucht, die Rohemissionen so tief wie möglich zu halten. Die Direkteinspritzung hat die Einspritzung in das Saugrohr verdrängt, da damit die Verbrennung wesentlich genauer gesteuert werden kann. Durch die Fortschritte bei den Einspritzdüsen konnten Zeitpunkt, Dauer und Menge noch exakter dosiert und so niedrigere Rohemissionen erreicht werden. <?page no="174"?> 1 www.physik-am-auto.de/ energie/ einspritztechniken.html [Stand: 6.08.2020]. Verbesserungsversuch Bild 76 zu Seite 186 „Common Rail“ Zündkerze Hochdruckpumpe Einlassventile Auslassventile Injektor Steuergerät (Motorelektronik) Kolben Piezo-Aktormodul Kopplermodul Düsenmodul Schaltventil Bild 80: Einspritzung beim Ottomotor mit Common-Rail und einer Piezo-Einspritzdüse 1 Zur Abgasnachbehandlung werden Abgasrückführung und Sekundärluftsys‐ teme sowie lambdageregelte Dreiwegkatalysatoren, bei denen das Verhältnis Kraftstoff zu Luft mit einer Lambdasonde geregelt wird, eingesetzt und laufend weiterentwickelt. 174 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="175"?> 2 BMW AG [Stand: 6.08.2020]. 3 Metz, N., „Technologien zur Absenkung der Abgasemissionen von Pkw”, Universität Stuttgart, SS 1990. 198 katalysatoren, bei denen das Verhältnis Kraftstoff zu Luft mit einer Lambdasonde geregelt wird, eingesetzt und laufend weiterentwickelt. Bild 77: Anordnung zweier keramischer Monolithkatalysatoren im Schnitt 246 246 BMW AG [Stand: 6.08.2020]. Bild 81: Anordnung zweier keramischer Monolithkatalysatoren im Schnitt 2 Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 199 Bild 78: Wabenstruktur eines keramischen Katalysators mit wash coat 247 Durch eine Auskleidung der Wabenoberfläche mit einem sogenannten wash coat wird die für die katalytische Reaktion wirksame Oberfläche 7000-fach vergrößert. 247 Metz N. „Technologien zur Absenkung der Abgasemissionen von Pkw”, Universität Stuttgart, SS 1990. Wash coat mit Pt, Pd und Rh Keramischer Trägerkörper Bild 82: Wabenstruktur eines keramischen Katalysators mit wash coat 3 Durch eine Auskleidung der Wabenoberfläche mit einem sogenannten wash coat wird die für die katalytische Reaktion wirksame Oberfläche 7000-fach vergrößert. 175 Fahrzeuge mit Ottomotor <?page no="176"?> 4 www.kfztech.de/ kfztechnik/ motor/ abgas/ katalysator.htm [Stand: 6.08.2020]. 5 Liebl J.et al., The Development of BMW Catalyst Concepts, HDT, Essen 1999. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 200 Bild 79: Schnitt und Funktionsprinzip eines Dreiweg-Katalysators mit Keramikträger 248 Neben keramischen Katalysatoren werden auch solche mit Metallträgern eingesetzt. Bild 3 zeigt das Funktionsprinzip und den Aufbau, teilweise mit Beheizung. 248 www.kfztech.de/ kfztechnik/ motor/ abgas/ katalysator.htm [Stand: 6.08.2020]. Bild 83: Schnitt und Funktionsprinzip eines Dreiweg-Katalysators mit Keramikträger 4 Neben keramischen Katalysatoren werden auch solche mit Metallträgern ein‐ gesetzt. Bild 83 zeigt das Funktionsprinzip und den Aufbau, teilweise mit Beheizung. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Bild 80: Funktionsprinzip und Beispiele von Dreiweg-Katalysator mit Metallträger 249 Der Nachteil monolithischer Wabenkörper besteht darin, dass die Strömung durch die Kanäle ohne Verwirbelung und damit verminderten Kontakt mit den Wänden, den Stofftransport und damit die volumenspezifische katalytische Wirksamkeit begrenzt. Neuartige Katalysatorträger-Entwicklungen für Otto- und Dieselmotoren nutzen den Effekt des turbulenten Stofftransports gezielt aus 250 . Das Prinzip der katalytischen Nachbehandlung beruht darauf, dass die Oxidation von CO und HC (HC = flüchtige organische Substanzen) mit der Reduktion von NOx zur gleichen Zeit ablaufen kann, siehe die Skizze in Bild 4. Das Optimum der Abgasverringerung kann nur in einem engen Lambdabereich erreicht werden. Bild 84: Funktionsprinzip und Beispiele von Dreiweg-Katalysator mit Metallträger 5 Der Nachteil monolithischer Wabenkörper besteht darin, dass die Strömung durch die Kanäle ohne Verwirbelung und damit verminderten Kontakt mit den Wänden, den Stofftransport und damit die volumenspezifische katalytische Wirksamkeit begrenzt. Neuartige Katalysatorträger-Entwicklungen für Otto- 176 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="177"?> 6 Ebd. 7 Metz, N., „Technologien zur Absenkung der Abgasemissionen von Pkw”, Universität Stuttgart SS 1990. 8 Liebl, J. et al., The Development of BMW Catalyst Concepts, HDT, Essen 1999. und Dieselmotoren nutzen den Effekt des turbulenten Stofftransports gezielt aus. 6 Das Prinzip der katalytischen Nachbehandlung beruht darauf, dass die Oxida‐ tion von CO und HC (HC = flüchtige organische Substanzen) mit der Reduktion von NO x zur gleichen Zeit ablaufen kann, siehe die Skizze in Bild 85. Das Optimum der Abgasverringerung kann nur in einem engen Lambdabereich erreicht werden. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Bild 81: Funktionsweise des lambdageregelten Dreiweg-Katalysators 251 Durch die immer schärferen Grenzwerte wird an der Weiterentwicklung intensiv gearbeitet. Dabei wird die Zelldichte erhöht und die Wandstärke weiter abgesenkt 252 . Fahrzeuge mit Dieselmotor Innermotorische Maßnahmen beinhalten die Optimierung der Einspritzparameter wie Einspritzbeginn, Einspritzverlauf, Einspritzmenge, Ladungswechsel, Gemischaufbereitung, elektronische Einspritzsysteme, wie die Common-Rail- 251 Metz N., “Technologien zur Absenkung der Abgasemissionen von Pkw”, Universität Stuttgart SS 1990. 252 Liebl J.et al., The Development of BMW Catalyst Concepts, HDT, Essen 1999. Bild 85: Funktionsweise des lambdageregelten Dreiweg-Katalysators 7 Durch die immer schärferen Grenzwerte wird an der Weiterentwicklung inten‐ siv gearbeitet. Dabei wird die Zelldichte erhöht und die Wandstärke weiter abgesenkt. 8 177 Fahrzeuge mit Ottomotor <?page no="178"?> Fahrzeuge mit Dieselmotor Innermotorische Maßnahmen beinhalten die Optimierung der Einspritz‐ parameter wie Einspritzbeginn, Einspritzverlauf, Einspritzmenge, Ladungs‐ wechsel, Gemischaufbereitung, elektronische Einspritzsysteme, wie die Com‐ mon-Rail-Technologie; im Brennraum: Optimierung der Glühkerzenanordnung, der Einspritzdüse und des Verdichtungsverhältnisses. Die Aufladung ist ein weiterer Parameter. Abgasnachbehandlung Zur Verringerung der Partikelemission wurden Filter entwickelt, die auch für die kleinsten Partikel hohe Abscheidegrade aufweisen. Zur NO x -Verringerung sind zusätzlich katalytische Verfahren im Einsatz, wie Speicherkatalysatoren- und SCR-Verfahren: Beim NSR-Verfahren - NO x -Speicher-Reduktions-Verfahren - erfolgt die Re‐ duktion der Stickstoffoxide diskontinuierlich in zwei Schritten. Der Katalysator besteht aus zwei Komponenten, einem Edelmetall (Platin/ Rhodium/ Palladium) und NO x -Speicherkomponenten, das sind basische Substanzen zum Beispiel Ba(OH) 2 , ein Hydroxid des Erdalkalimetalls Barium CeO 2 (Cerdioxid) und Al 2 O 3 (Aluminiumoxid). Am Platin-Katalysator wird NO zu NO 2 oxidiert. Das durch Oxidation von NO am Platin-Katalysator entstandene NO 2 wird unter Chemi‐ sorption an der NO x -Speicherkomponente in Form von Nitrat eingespeichert. Dieser Schritt findet in der für Dieselmotoren typischen Magerphase des Motors bei Sauerstoffüberschuss statt, also bei Lambda über 1. Die chemisorbierten NO x -haltigen Stoffe werden dann durch die Motorsteuerung kurz im fetten (also sauerstoffärmeren) Abgasstrom am Rhodium reduziert. Abwechselnd werden so oxidierende und reduzierende Verhältnisse im Abgasstrom geschaffen. In der mageren (sauerstoffreicheren) Phase wird das im Abgas enthaltene Koh‐ lenmonoxid (CO) durch die Kohlenwasserstoffe (HC) an der platinhaltigen Katalysatoroberfläche zu Kohlendioxid (CO 2 ) und Wasser (H 2 O) oxidiert. 178 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="179"?> 9 https: / / d-nb.info/ 102511423X/ 34, 2012, Bastian Geiger. Selektiv katalytische Reduktion von NO x mittels NH 3 an Fe-basierten Katalysatoren. 10 Volkswagen AG. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 204 Magerphase (Lambda über 1); Fett-Phase (Lambda kleiner 1) Bild 82: Schema der Arbeitsweise eines NOx-Speicher-Reduktions-Katalysators 253 253 https: / / d-nb.info/ 102511423X/ 34, 2012, Bastian Geiger. Selektiv katalytische Reduktion von NO x mittels NH 3 an Fe-basierten Katalysatoren. Magerphase (Lambda über 1); Fett-Phase (Lambda kleiner 1) Bild 86: Schema der Arbeitsweise eines NO x -Speicher-Reduktions-Katalysators 9 Verbesserungsversuch Bild 83 zu Seite 191 Differenzdrucksensoren Dieseloxidationskatalysator Lambda-Sensor Lambda-Sensor Dieselpartikelfilter H 2 S-Kat. Abgasklappe NOx-Speicherkatalysator Temperatursensoren Bild 87: Abgasnachbehandlung mit Oxidations- und Speicher-Katalysator 10 Selektive katalytische Reduktion SCR Bei der selektiven katalytischen Reduktion werden Stickstoffoxide unter Ver‐ wendung von Ammoniak (NH 3 ) und einem Katalysator bei Temperaturen ab etwa 200 °C zu Stickstoff und Wasser(dampf) reduziert. Ammoniak wird dabei 179 Selektive katalytische Reduktion SCR <?page no="180"?> 11 Eutektisch heißt im flüssigen Zustand mischbar, im festen Zustand unmischbar. aus einer wässrigen Harnstofflösung, dem sogenannten AdBlue®, erzeugt, für das ein separater Tank im Fahrzeug vorhanden sein muss. Zur Vermeidung von NH 3 -Emissionen kann ein NH 3 -Sensor und entsprechender Oxidationskatalysa‐ tor nachgeschaltet werden. Dieser wandelt im Falle einer Ammoniak-Überdo‐ sierung das NH 3 wieder in Stickstoff und Wasser um. Hierbei werden die Stickstoffoxide an einem V 2 O 5 / WO 3 / TiO 2 -Katalysator (Vanadiumoxid, Wolframoxid, Titanoxid) mithilfe von Ammoniak umgesetzt. Dem Abgasstrom kann das Reduktionsmittel auf verschiedene Weisen zugesetzt werden, wodurch nach folgenden Bruttogleichungen H 2 O und N 2 als Hauptpro‐ dukte erhalten werden: 4 NH 3 + 4 NO + O 2 = 4 N 2 + 6 H 2 O. Mit einem Oxidationskatalysator im Abgasstrang wird ein Teil des NO zu NO 2 oxidiert. Dies führt zu einem größeren NO 2 / NO-Verhältnis als bei der Standard-SCR-Reaktion. Die Reaktion mit höherem NO 2 -Anteil läuft auch schneller ab und wird daher als fast SCR-Reaktion bezeichnet 4 NH 3 +2 NO + 2 NO 2 = 4 N 2 + 6 H 2 O. Steigt der NO 2 -Anteil über 50 % der Stickstoffoxide an, so läuft die Reaktion nach der Gleichung 8 NH 3 + 6 NO 2 = 7 N 2 + 12 H 2 O bei erhöhten Ammoniakverbrauch ab. Für den Einsatz von Harnstoff hat sich die Autoindustrie auf „AdBlue“ - genormt in der DIN 70700 - verständigt. Da Harnstoff mit Wasser eine eutektische 11 Lösung mit 32 % Harnstoff bildet, sind hier große Volumina nötig, die im Pkw die Wirtschaftlichkeit verschlechtern. Da im Nutzfahrzeugsektor diese Technik schon weit verbreitet ist, wird versucht, das System auch im PKW wirtschaftlicher zu machen. Ein Weg ist dem Abgasstrom gerade die Menge Harnstoff zuzugeben, die für die SCR-Reaktion benötigt wird. Hydrolytisch wird der Ad-Blue®-Harnstoff in Ammoniak umgewandelt. Das Wasser verdampft nach dem Eintritt in den heißen Abgasstrom und der Harnstoff wird an einem Hydrolyse-Katalysator in CO 2 und NH 3 zersetzt. Die Zersetzung läuft in zwei Stufen ab: (NH 2 ) 2 CO = NH 3 + HNCO und HNCO + H 2 O = NH3 + CO 2 . Im ersten Schritt bildet sich zuerst je ein Molekül NH 3 und Isocyansäure (HNCO). Im zweiten Schritt reagiert die Isocyansäure mit Wasser weiter zu einem zweiten NH 3 Molekül und CO 2 . Mit Sensoren wird die Konzentration der Stickoxide und die Temperatur der Abgase gemessen, damit die Menge des eingesetzten Harnstoffes durch Software optimiert werden kann. Bild 88 zeigt eine schematische Ausführung eines SCR-Katalysators. 180 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="181"?> 12 Volkswagen AG 13 www.vda.de. Bild 84 zu Seite 193 NH 3 -Sperrkat. Mischer Differenzdrucksensoren Dieseloxidationskatalysator NOx-Sensor Lambda-Sensor Dieselpartikelfilter Temperatursensoren SCR-Kat. Ad-Blue-Dosierventil Bild 88: Aufbau und Anordnung eines SCR-Katalysators mit Harnstoffeinspritzung 12 Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Bild 85: SCR-Pkw-Bestand in Europa (nur deutsche Konzernmarken) in Millionen 257 Welche Lösung zur Absenkung der NOx-Emissionen gewählt wird, ist auch stark vom Fahrzeuggewicht abhängig, siehe Bild 9. Bild 89: SCR-Pkw-Bestand in Europa (nur deutsche Konzernmarken) in Millionen 13 181 Selektive katalytische Reduktion SCR <?page no="182"?> 14 Volkswagen AG. Welche Lösung zur Absenkung der NO x -Emissionen gewählt wird, ist auch stark vom Fahrzeuggewicht abhängig, siehe Bild 90. Verbesserungsversuch Bild 86 zu Seite 194 Grenzwert Einspritzung NOx-Speicherkat (NSC, LNT) SCR-System Fahrzeuggewicht NOx-Emissionen Bild 90: Maßnahmen abhängig vom Fahrzeuggewicht und dem NO x -Grenzwert 14 Beim 39. Internationalen Wiener Motorensymposium 2018 - Treffpunkt der europäischen Motorenindustrie - hat Bosch eine serientaugliche Lösung vorge‐ stellt, die unter Bedingungen des realen Fahrbetriebs (Realfahremissionen RDE) den Regelungen über die Messung der Stickoxid- und Partikelanzahlemissionen von neuen Pkw-Typen gerecht wird. Diesel-Pkw der Euro 6d TEMP-Stufe sind bereits auf dem Markt. Die zweite Stufe (Euro 6d final) dieser Regelung trat zum 01. Januar 2020 in Kraft. Die damit einhergehenden Anforderungen bzgl. Fahrzeuggewicht, erhöhter Fahrdynamik, Steigungsfahrten sowie ein weiter Bereich der Umgebungstem‐ peratur und Umgebungsbedingungen sind dabei berücksichtigt. Mit der zügigen Umsetzung dieser Technologie wird ein deutlicher Beitrag zur weiteren Reduk‐ tion der Luftbelastung durch Pkw-Emissionen in Städten erreicht. Möglich war dies durch ein optimales Zusammenspiel von Verbrennungs‐ motor und Abgasnachbehandlungssystem sowie ein effizientes Temperatur‐ management. Dabei konnte auch der Zielkonflikt mit den CO 2 -Emissionen ohne nennenswerte Erhöhungen (< 2 %) vermieden werden. Lediglich in spezi‐ ellen Niedriglastzyklen und Stop-go-Zyklen ist aufgrund von aktivem Thermo‐ management mit einer Verbrauchserhöhung von ca. 5 % zu rechnen. Durch Verwendung dieser Technologien wurde ein signifikanter Kostenanstieg des Dieselantriebs vermieden. 182 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="183"?> 15 Dr.-Ing. Andreas Kufferath, Dr.-Ing. Michael Krüger, Dipl.-Ing. Dirk Naber, Dipl.-Ing. Ellen Mailänder, Dr.-Ing. Rudolf Maier, VDI.Fortschrittsberichte, Reihe 12, Nr. 807, Vol, 1, 2018, Düsseldorf. Mit den Emissionsergebnissen wurden Immissionen am kritischen Hotspot „Am Neckartor“ in Stuttgart simuliert und es konnte gezeigt werden, dass moderne Diesel-Pkws nur noch marginale Anteile an den NO 2 -Immissionen beisteuern. Bild 91: Auswirkungen zweier Szenarien auf die Luftqualität am Neckartor 15 • Szenario B: NO x -Emissionen von 80 mg/ km für Diesel- und 20 mg/ km für Benzin-Pkw für die gesamte Fahrzeug-Flotte, (entspricht Euro 6d final mit cf = 1.0 für Diesel (conformity factor)). • Szenario C: Grenzpotenzial-Betrachtung mit der Prämisse NO x -Emissio‐ nen 10 mg/ km für alle Pkw (Diesel und Benzin). Die gesamte FZG-Flotte erfüllt die Emissionspromisse. 183 Selektive katalytische Reduktion SCR <?page no="184"?> 16 N. Toenges Schuler, et al., FAT-SCHRIFTENREIHE 262. 17 Ebd. 18 Koch T, VDI-Nachrichten vom 23.03.2018. Ausblick bei mobilen Quellen Nach der bereits eingeleiteten Erneuerung der Fahrzeugflotte hat ein For‐ schungsvorhaben der Forschungsvereinigung Fahrzeugtechnik FAT die Flotten‐ zusammensetzung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis 2015 prognostiziert. Es zeigt sich, dass die älteren emissionsungünstigeren Fahrzeuge relativ schnell aus der Flotte verschwinden und durch Fahrzeuge ersetzt werden, die deutlich niedrigere Abgasemissionen aufweisen. 16 Verbesserungsversuch Bild 88 zu Seite 198 2010 2015 2020 2025 P Pkw 2010 2015 2020 2025 P Nfz %100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 DiesE6 Dies vor E1 OttoE6 Otto vor E1 DiesE5 OttoE5 DiesE4 OttoE4 DiesE3 OttoE3 DiesE2 OttoE2 DiesE1 OttoE1 Bild 92: Flottenzusammensetzung auf Innerortsstraßen nach HBEFA 3.1 17 Zusätzlich wird im neuen WLTP-Verfahren der Passus in den Zulassungsbestim‐ mungen hinsichtlich der Abschalteinrichtungen, die die Abgasnachbehandlung von Fahrzeugen verringern oder deaktivieren, eindeutiger definiert. Diese Abschaltungen waren zulässig, wenn sie dem Motor- oder Unfallschutz sowie dem Motorstart dienen und bei den Emissions-Messungen miterfasst werden. Die Software-Updates haben ein NO x -Absenkungspotential im Flottenmittel von 30 %, während dieses beim Einsatz der AdBlue-Technologie mit SCR bei 50 % und beim Euro 6b-Diesel-Pkw bei 90 % liegt. 18 184 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="185"?> 19 Rohrer, F., FZ Jülich. Diesel-Debatte: „Mit Nachrüstungen und Umtauschaktionen für PKW allein lassen sich die Grenzwerte in Städten kaum einhalten“, 27.9.2018. 20 www.adac.de. Nachrüstung bei älteren Diesel-Pkw Ein weiteres Mittel zur Absenkung der NO x -Emissionen ist eine Nachrüstung mit einem Katalysator. Die Nachrüstung älterer Fahrzeuge wäre hilfreich, wenn nicht die Absicherung der serienreifen Hardware-Nachrüstungskomponenten, wie Adblue-Tank mit Füll- und Heizvorrichtung, Dosiersystem-Kabelbaum, Motorsteuerung, NO x -Sensoren und Softwarebausteine komplexe Gewährleis‐ tungsprobleme bereiten würden. Durch die Nachrüstung werden die NO x -Emissionen mindestens halbiert und unterschreiten den Grenzwert der Nachrüstrichtlinie von 270 g/ km. Etwa ein Drittel der NO x -Emissionen des Straßenverkehrs stammen von Diesel-Pkw und die Hälfte von Kleintransportern, schwereren Nutzfahrzeugen und Bussen. 19 Der ADAC listet auf seiner Website die Daten und Kosten aller Hersteller aktuell auf. 20 Das Verkehrsministerium hat am 28. Dezember 2018 eine Nachrüstrichtlinie beschlossen. Bis die offenen Fragen geklärt sind, haben sich in vielen Städten die NO 2 -Konzentrationen ohnehin so verbessert, dass diese Diskussion nicht mehr geführt wird. Technische Maßnahmen zur Abgasemissionsverbesserung beim Nutzfahrzeug Für Nutzfahrzeuge unter 3,5 t Nutzlast gelten die gleichen Abgasemissionsgren‐ zwerte wie für den Pkw. Schwerere Nutzfahrzeuge fahren fast immer mit Dieselmotoren. Grundsätzlich werden zur Emissionsverminderung die gleichen Maßnahmen wie beim Diesel-Pkw angewandt: Optimierung der Einspritzpa‐ rameter wie Einspritzbeginn, Einspritzverlauf, Einspritzmenge, Gemischaufbe‐ reitung, elektronische Einspritzsysteme, wie die Common-Rail-Technologie, Ladungswechsel im Brennraum; Optimierung der Glühkerzenanordnung, der Einspritzdüse und des Verdichtungsverhältnisses. Die Aufladung ist ein weiterer Parameter. Zur NO x -Verringerung werden an Euro 5 zusätzlich Speicherkatalysatoren- und SCR-Verfahren mit Harnstoffzugabe verwendet. Da beim Nutz‐ fahrzeug in der Regel für den Einbau des Harnstofftanks der Platz ausreicht, ist diese Lösung heute Stand der Technik. 185 Nachrüstung bei älteren Diesel-Pkw <?page no="186"?> 21 www.autokiste.de/ psg/ archiv [Stand: 6.08.2020]. 22 www.greengear.de/ uebersicht-autos-mit-autogas-lpg-2013 [Stand: 6.08.2020]. 215 fahrzeug in der Regel für den Einbau des Harnstofftanks der Platz ausreicht, ist diese Lösung heute Stand der Technik. Bild 89: Schema der Harnstoffdosierung und SCR-Katalysator 265 Alternative Kraftstoffe Auch Kraftstoffe können zur Emissionsverminderung beitragen. Die Raffinerien arbeiten derzeit an Kraftstoffparametern, die sich günstig auf die Abgasemissionen auswirken. Dazu kommen Biokraftstoffe unterschiedlicher Generationen mit unterschiedlichen Anteilen an Raps-Methyl-Ester RME oder anderen Estern. Auch Additive zur Verbesserung bestimmter Eigenschaften können das Emissionsverhalten beeinflussen. Neben den flüssigen Kraftstoffen werden auch gasförmige, wie Erdgas, verwendet. Erdgas wird bei 200 bar Druck als compressed natural gas CNG (verdichtetes Gas) bezeichnet und in flüssiger Form abgekürzt als LPG (Liquified 265 www.autokiste.de/ psg/ archiv [Stand: 6.08.2020]. Bild 93: Schema der Harnstoffdosierung und SCR-Katalysator 21 Alternative Kraftstoffe Auch Kraftstoffe können zur Emissionsverminderung beitragen. Die Raffinerien arbeiten derzeit an Kraftstoffparametern, die sich günstig auf die Abgasemis‐ sionen auswirken. Dazu kommen Biokraftstoffe unterschiedlicher Generationen mit unter‐ schiedlichen Anteilen an Raps-Methyl-Ester RME oder anderen Estern. Auch Additive zur Verbesserung bestimmter Eigenschaften können das Emissionsverhalten beeinflussen. Neben den flüssigen Kraftstoffen werden auch gasförmige, wie Erdgas, verwendet. Erdgas wird bei 200 bar Druck als compressed natural gas CNG (verdichtetes Gas) bezeichnet und in flüssiger Form abgekürzt als LPG (Liqui‐ fied Petroleum Gas). LPG sind Propan, Butan und deren Gemische, die bei Raumtemperatur unter vergleichsweise geringem Druck flüssig bleiben. Das Tankstellennetz ist in den letzten Jahren deutschlandweit auf alltagstaugliche 6600 Stück angewachsen. 22 Einige Fahrzeughersteller bieten dazu Modelle an. Da Wasserstoff ein umweltfreundlicher Treibstoff ist, sind verschiedene Konzepte entwickelt worden. So hat BMW bereits 2006 eine Pkw-Flotte von 100 186 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="187"?> 23 https: / / h2.live Wasserstoff Tankstellen in Deutschland & Europa [Stand: 12/ 2020]. 24 Ebd. 25 h2.live.com - 06.01.2020 [Stand: 6.08.2020]. Fahrzeugen rund um die Welt geschickt. BMW verfolgte das Konzept mit der inneren Gemischbildung, während Daimler die Brennstoffzelle favorisiert hat. Allerdings ist nach wie vor das Infrastrukturproblem mit Tankstellen, re‐ generativer Produktion und Verteilung ungelöst. Die H2 MOBILITY Deutsch‐ land GmbH & Co. KG, mit den Gesellschaftern Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und TOTAL, errichtet und betreibt bis Stand Dezember 2020 90 Wasserstoffstationen in sieben deutschen Ballungszentren (Hamburg, Berlin, Rhein-Ruhr, Frankfurt, Nürnberg, Stuttgart und München) sowie entlang von Fernstraßen und Autobahnen als Basisversorgung. 23 Bild 94: Wasserstofftankstellen in Deutschland 24 In Europa gibt es 118 Tankstellen, davon sind 48 öffentlich zugängig. 21 davon sind in Betrieb und 52 in der Realisierung. 25 Alternative Antriebe Wasserstoff-Pkw, die heute auf dem Markt sind, haben alle Brennstoffzellen kombiniert mit einem Elektromotor. BMW hat bei der Internationalen Automo‐ bil Ausstellung IAA 2019 für 2022 eine Kleinserie auf X5-Basis, ab 2025 in größerer Stückzahl angekündigt. Vor 20 Jahren wurde über das beste Antriebskonzept gestritten: Verbren‐ nungsmotor oder Brennstoffzellenantrieb mit jeweils unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Derzeit hat sich die Brennstoffzelle durchgesetzt. 187 Alternative Antriebe <?page no="188"?> 26 https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 265995/ umfrage/ anzahl-der-elektroautos -in-deutschland/ [Stand: 12.12.2020]. Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge 2019 ist das bisher wichtigste Jahr für die Elektromobilität in Deutschland: Hersteller wie Tesla, Audi, Mercedes oder Mini bringen neue E-Autos heraus oder haben begonnen, sie auszuliefern. Andere Stromer wie der beliebte Nissan Leaf erhalten wichtige Upgrades, um die Reichweite zu verbessern. Reine Elektroautos bieten Audi, Renault, BMW, Citroen, e.go-life als Start-up-Unternehmen, Hyundai, Kia, Micro, Nissan, Opel und VW, wobei die fünf bestbewerteten Modelle Renault Zoe, Tesla Modell S, Hyundai Ioniq Elektro, BMW i3 und VW e-up sind. Bild 95: Anzahl der in Deutschland zugelassenen Elektro-Pkw 26 Rekordwert bei der Anzahl in Deutschland zugelassener Elektroautos - am 1. Januar 2020 hat der Bestand an Stromern auf deutschen Straßen rund 136 617 Fahrzeuge betragen. Der Bestand ist im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 53 442 Einheiten angewachsen. Zum Stichtag 1. Januar 2020 waren laut KBA in Deutschland 83 175 Elektroautos angemeldet. Reine Batterieelektrofahrzeuge werden mit bis zu 9 000 Euro und Hybride‐ lektrofahrzeuge mit bis zu 5 625 Euro gefördert. Die Prämie wird zu zwei Dritteln 188 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="189"?> durch den Bund und zu einem Drittel durch den Automobilhersteller getragen. Dieser erhöhte Zuschuss (vorher: reine Batterieelektrofahrzeuge 4 000 Euro, Hybridelektrofahrzeuge 3 000 Euro) wurde im Zuge des Konjunkturprogramms zur Bekämpfung der Corona-Auswirkungen beschlossen. Im Jahr 2018 wurden 3 435 778 Personenkraftwagen (Pkw) neu zugelassenen. Dies war ein leichter Rückgang von -0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wie schon 2017 sanken die Neuzulassungszahlen von dieselbetriebenen Pkw weiter (-16,9 %) und der Anteil reduzierte sich um 6,5 Prozentpunkte auf jetzt 32,3 Pro‐ zent. Im Jahr 2019 wurden 3 607 258 Personenkraftwagen (Pkw) neu zugelassen. Nach einem leichten Rückgang in 2018 (-0,2 %) war dies ein Zuwachs von +5,0 %. Die Neuzulassungszahlen von dieselbetriebenen Pkw legten nach zwei rück‐ läufigen Jahren wieder zu (+3,7 %). Ihr Anteil reduzierte sich aber weiter (2019: 32,0 %; 2018: 32,3 %). Die Zahl der Neuzulassungen von benzinangetriebenen Pkw sank um -0,3 Prozent auf rund 2,14 Millionen. Der Anteil nahm um 3,2 Prozentpunkte auf jetzt 59,2 Prozent ab. Elektrofahrzeuge erzielten eine Zuwachsrate von +75,5 Prozent (Anteil: 1,8 %) und Pkw mit Hybridantrieb +83,7 Prozent (6,6 %), darunter Plug-in-Hybride +44,2 Prozent (1,3 %). Flüssiggasfahr‐ zeuge (+55,6 %) und erdgasbetriebene Pkw (-29,4 %) waren mit einem Anteil von jeweils 0,2 Prozent vertreten. Der Anteil der neu zugelassenen Pkw, die die Schadstoff-Grenzwerte gemäß „Euro-6-Norm“ erfüllten, stieg gegenüber dem Jahr 2018 um +4,2 Prozent und erreichte einen Anteil von 98,0 Prozent. Der VDA sieht erst mittel- und langfristig ein hohes Potenzial zur Emissions‐ senkung in der Elektromobilität. Um die Akzeptanz für Elektroautos zu erhöhen fand am 3. November 2019 im Kanzleramt ein Elektrogipfel statt mit dem Ergebnis, dass die Prämien für Elektroautos bis 2025 verlängert und auf 6000 Euro erhöht wurden, jeweils zur Hälfte vom Staat und den Autofirmen zu finanzieren. Um über eine Millionen Fahrzeuge erhöhte sich der Bestand um 1.1.2020 im Vergleich zum Vorjahresstichtag und wies rund 65,8 Millionen in Deutschland zugelassene Fahrzeuge auf (+1,6 %). Diese gliederten sich in rund 58,2 Millionen Kraftfahrzeuge (Kfz) und knapp 7,7 Millionen Kfz-Anhänger. Mit 47 715 977 Einheiten und einem Plus von 1,3 Prozent bildeten die Personenkraftwagen (Pkw) erneut die anteilsstärkste Fahrzeugklasse. Am 1. 1. 2020 waren bei den Pkw Benzin (65,9 %) und Diesel (31,7 %) die häufigsten Kraftstoffarten. Erhebliche Steigerungen bei den alternativen Antriebsarten hatten erneut Elektro- (+64,3 %) und Hybridfahrzeuge (+58,0 %) 189 Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge <?page no="190"?> vorzuweisen. Der Anteil an Elektro-Pkw stieg von 0,2 Prozent (83 175) auf 0,3 Prozent (136 617) und der an Hybrid-Pkw von 0,7 Prozent (341 411) auf 1,1 Prozent (539 383) an. Die Anzahl an Plug-in-Hybridfahrzeugen wuchs von 66 997 auf 102 175 (+52,5 %) an. Ihr Anteil verdoppelte sich auf 0,2 Prozent. Flüssiggasangetriebene Pkw (371 472/ -6,1 %) waren mit einem Anteil von 0,8 Prozent und erdgasangetriebene Pkw (82 198/ +1,8 %) mit einem Anteil von 0,2 Prozent registriert. Der Bestand an wasserstoffbetriebenen Pkw stiegen von 374 (1. Januar 2019) auf 507 (+35,6 %) an. Seit Februar 2020 gibt es einen höherer „Umweltbonus“ beim Kauf von Hybrid-Fahrzeugen. Die Käufer können bei einem Nettolistenpreis bis 40 000 Euro insgesamt mit 6750 Euro Förderung (netto) rechnen (4500 Euro Bundes- und 2250 Euro Herstelleranteil), bei einem Preis zwischen 40 000 und 65 000 Euro mit 5625 Euro (3750 Euro Bundes- und 1875 Euro Herstelleranteil). Quelle: https: / / www.adac.de/ rund-ums-fahrzeug/ autokatalog/ marken-modelle / auto/ plug-in-hybrid/ Die Anzahl der Ladestationen für Elektroautos lag im 4. Quartal 2020 in Deutschland bei rund 216 200. Im Vorjahresquartal - im dritten Quartal des Jahres 2020 waren es noch etwa 17 600. Die Bundesregierung hat eine „Innovationsprämie“ beschlossen, die seit dem 8. Juli 2020 gilt und bis zum 31. Dezember 2021 befristet ist. Die Fördersätze für Elektrofahrzeuge unter 40 000 Euro Nettolistenpreis betragen bis zu 9 000 Euro für einen rein elektrischen Antrieb (Batterieelektro- oder Brennstoffzellenfahrzeug) und bis zu 6 750 Euro für ein von außen auflad‐ bares Hybrid-Elektrofahrzeug (Plug-in-Hybride). Die Fördersätze für Elektrofahrzeuge über 40 000 Euro Nettolistenpreis betra‐ gen bis zu 7 500 Euro für einen rein elektrischen Antrieb (Batterieelektro- oder Brennstoffzellenfahrzeug) und bis zu 5 625 Euro für ein von außen aufladbares Hybrid-Elektrofahrzeug (Plug-in-Hybride). Hybrid-Fahrzeuge und Plug-in-Konzepte Hinter dem Begriff Hybridantrieb verbirgt sich die Möglichkeit der Kombination von zwei verschiedenen Antriebsarten. Die Automobilhersteller vereinigen bei einem Hybrid für gewöhnlich einen Verbrennungsmotor (Benzin oder Diesel) mit einem Elektromotor in einem Fahrzeug. Die Plug-in-Hybrid-Technik geht einen Schritt weiter und erlaubt es dabei die Traktionsbatterie - also den Akkumulator, der die elektrische Energie für den Elektromotor speichert 190 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="191"?> 27 https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 265995/ umfrage/ anzahl-der-hybridautosin-deutschland/ [Stand: 12.12.2020]. - extern über einen Stromanschluss aufzuladen. Solche Autos werden als Plug-in-Hybrid-Vehicle, kurz PHEV, bezeichnet. Bild 96: Anzahl der in Deutschland zugelassenen Hybrid-Pkw 27 Davon dürften etwa 1/ 3 Plug-in-Pkws sein. Hybridautos haben den Vorteil einer deutlich höheren Reichweite und werden daher stärker nachgefragt als reine Elektro-Pkw. Allein im letzten Jahr ist die Zahl von 341 411 auf 539 383 gestiegen. Neben den mobilen Quellen dürfen die stationären Quellen nicht außer Acht gelassen werden. Emissionen stationärer Quellen Die Emissionen größerer Industriebetriebe werden seit einigen Jahren erfasst und vom Umweltbundesamt unter www.thru.de veröffentlicht. In der Techni‐ schen Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft - sind entsprechende Grenzwerte festgelegt. Überwiegend kommen hier katalytische Nachbehand‐ lungskonzepte und zur Partikelreduzierung Filterlösungen zum Einsatz. Bei der Verbrennung kommt der Wahl des Brennstoffs eine Schlüsselrolle zu. 191 Emissionen stationärer Quellen <?page no="192"?> 28 https: / / news.immowelt.de/ n/ 3099-neue-pflichten-beim-heizungstausch.html. [Stand: 6.08.2020]. Volkswirtschaftliche und politische Aspekte spielen eine größere Rolle als bei den mobilen Quellen. Hausbrand Der Brennstoff bei den Heizungen der Haushalte trägt insbesondere in den kälteren Monaten erheblich zu den Immissionskonzentrationen bei. Kohleöfen sind heute nur noch vereinzelt anzutreffen. Bei dem Einbau neuer Heizungen werden nach der Bundes-Kehr- und Überprüfungsordnung (Bundes-KÜO) und der Ersten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgeset‐ zes (1.BImSchV) strenger auf die Abgasemissionen geachtet. Ab 26. September 2015 müssen bei der Erneuerung von Öl- und Gasheizungen die teuren, aber energiesparenden Brennwertgeräte eingebaut werden. Von der Richtlinie be‐ troffen sind aber auch Wärmepumpen oder Warmwasser-Durchlauferhitzer. 28 Der aktuelle Stand der Technik ist die Brennwertheizung. Sie arbeitet mit noch niedrigeren Temperaturen und entzieht sogar noch die Wärme aus den Verbrennungsabgasen. Die Wärmepumpe wird als moderne Heizung mit öffentlichen Geldern geför‐ dert. Eine besonders erwähnenswerte Entwicklung ist, dass die Wärmepumpe zunehmend in Kombination mit Photovoltaikanlagen gefahren wird. So gewinnt man einen Teil des Betriebsstroms der Wärmepumpe umweltfreundlich selbst und spart noch mehr Stromkosten. Kraft-Wärme-Kopplung in kleinen Blockheizkraftwerken (BHKW) Mini-BHKW erzeugen gleichzeitig Strom und Wärme; sie werden für Einfa‐ milienhäuser und kleine Objekte als Mikro-BHKW oder „stromerzeugende Heizung“ ins Auge gefasst. Da BHKWs ein breites Spektrum an Brennstoffen nutzen können, sind hier Weiterentwicklungen zu nennen: Während Öl- oder Gas-BHKW lange im Einsatz sind, treten zunehmend Varianten auf, die zum Beispiel Pellets verwenden. Auch BHKW mit Brennstoffzelle befinden sich bereits als alternative Heizung in Feldtests. Da die kombinierte Strom- und Wär‐ mebereitstellung gegenüber der getrennten Erzeugung Energieverschwendung 192 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="193"?> 29 www.heizungsfinder.de/ heizung/ neue-heizung/ modern [Stand: 6.08.2020]. 30 http: / / poel-tec.com/ lexikon/ abgasmessung.php [Stand: 6.08.2020]. vermeidet, qualifiziert sich die Kraft-Wärme-Kopplung als moderne Heizung und wird über das KWK-Gesetz entsprechend gefördert. 29 Der CO-Gehalt soll im unverdünnten Abgas unter 80 ppm betragen, bei 500 ppm ist dringend eine Inspektion anzuraten, um eine sofortige Stilllegung der Anlage zu vermeiden. Bei einer Ölheizung wird im Abgas der Kohlenstoffgehalt C nach Bacharach ermittelt und als Rußzahl angegeben, die max. 1, bei Altanlagen vor 1988 2 sein darf. Stickoxide (NO x ) gehören nicht zur Abgasmessung, sind aber vom Geräteher‐ steller nachzuweisen. Moderne Geräte haben wassergekühlte Brenner oder sind mit Kühlstäben an den Brennerdüsen ausgestattet, deren hitzebeständiges Mate‐ rial einen Anteil der Flammenwärme aufnimmt und als Wärmestrahlung wieder abgibt. Aufgrund der niedrigeren Flammentemperaturen kann der Grenzwert von 80 mg/ kWh auch mit geringem Luftüberschuss erreicht werden. 30 Die Verwendung von Kachelöfen und offenen Kaminen im Wohnzimmer erzeugt in der Aufheiz- und Abklingphase nicht unerhebliche Abgasemissio‐ nen. Tabelle 26: Abgaskonzentrationen mit Heizöl EL und schwefelarmen Heizöl CO- und Kohlenstoff-Konzentrationen eines Kachelofens sind in Tabelle 26 bei‐ spielhaft aufgezeigt. Details der Messungen sind im Originalbericht TFZ-Bericht 22 nachzulesen. 193 Kraft-Wärme-Kopplung in kleinen Blockheizkraftwerken (BHKW) <?page no="194"?> 31 Ellner-Schuberth, F. et al., TFZ-Bericht 22 „Partikelemissionen aus Kleinfeuerungen für Holz“, Straubing März 2010. Bild 97: Abgasemissionen eines Kachelofens (Heizen mit verschiedenen Holzarten) Beim Anheizen eines Kachelofens können kurzzeitig CO-Konzentrationen von bis zu 9000 mg/ Nm 3 und Gesamtstaubkonzentrationen bis zu 130 mg/ Nm 3 auf‐ treten. Die CO-Konzentrationen nehmen nach dem Anheizen stetig ab, die Gesamtstaubkonzentrationen von drei Abbränden schwanken zwischen 65 bis 79 mg/ Nm 3 . Abbrand O 2 (%) Staub (mg/ Nm 3 CO (mg/ Nm 3 ) NO x (mg/ Nm 3 ) Ges.-C (mg/ Nm 3 ) 1 15,7 69 3024 165 148 2 14,9 65 2517 147 36 3 15,0 79 2480 144 73 Tabelle 27: Abgaskonzentrationen bei drei Abbränden Ein höherer Wassergehalt verschlechtert die Konzentrationen signifikant. Ab‐ hilfen sind elektrostatische Abscheider und Kondensationswärmetauscher. 31 194 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="195"?> Behördliche Aktivitäten beim Straßenverkehr Eine positivere Berichterstattung in den Landesämtern und Ministerien wäre hilfreich. Sie können stolz auf die Fortschritte in den letzten dreißig Jahren sein und brauchen nicht mit Abgaswolken und völlig unsinnigen und unseriösen Anga‐ ben zu Todesfällen beim Bürger Angst auslösen. Es hat sich eingeschlichen, dass von Schadstoffen und Gift die Rede ist, obwohl nach wie vor nach Paracelsius gilt, dass die Dosis einen Stoff zum Gift macht. Alle Komponenten haben in der richtigen Dosis auch nützliche Eigenschaften. Ohne diese Stoffe würde die Welt in der heutigen Form nicht existieren. Umweltzonen Durch die gemeinsamen Anstrengungen der Behörden und der Industrie werden bei den Abgaskomponenten Kohlenmonoxid CO, die Summe der methanfreien Kohlenwasserstoffe NMHC, Benzol, Benzo(a)pyren BaP, der Summe der aro‐ matischen Kohlenwasserstoffe PAH, Ruß, Blei und Schwefeldioxid SO 2 alle Immissionsgrenzwerte unterschritten. Frühere Grenzwerte für Stickstoffmonoxid NO wurden schon früh fallen gelassen, da NO sich relativ schnell in der Atmosphäre zu Stickstoffdioxid NO 2 umwandelt. Bei NO 2 werden auch heute noch an starkbefahrenen Straßen in vielen Städten Grenzwerte nicht erreicht. Bei Feinstaub wurden vor 2017 in wenigen Städten Grenzwerte leicht überschritten. Die laufenden Verbesserungen der Abgasemissionen in der Fahrzeugflotte reichen derzeit noch nicht aus, um bei NO 2 den ambitionierten Jahresmittel‐ grenzwert von 40 µg/ m 3 schnell genug zu gewährleisten. Daher arbeiten die Behörden an zusätzlichen Maßnahmen insbesondere an Beschränkungen des Straßenverkehrs und der Ausweitung von Umweltzonen. In fast allen Bundesländern sind zusätzlich Luftreinhaltepläne aufgestellt worden, die in vielen Fällen schon mehrmals fortgeschrieben wurden. Luftreinhaltepläne Die Maßnahmen in den meisten Städten sind einerseits die Einführung von Umweltzonen und zusätzlich die Aufstellung von Luftreinhalteplänen in den Städten, die bei einer oder mehreren Komponenten den Immissions-Grenzwert 195 Behördliche Aktivitäten beim Straßenverkehr <?page no="196"?> überschreiten. Auslösende Komponenten sind in allen Fällen NO 2 und manch‐ mal Feinstaub PM 10 . Luftreinhaltepläne im Bayern sind für einzelne Städte erstellt und werden nach Bedarf fortgeschrieben. Als Beispiel sind Daten für München näher dargestellt. In der 1. Fortschreibung wurde ein Lkw-Durchfahrt eingerichtet, in der 2. Fortschreibung am 21. August 2008 wurde die Einrichtung einer Umweltzone beschlossen. Am 12. April 2012 erfolgte die 3. Fortschreibung. Wesentliche Maß‐ nahme der 3. Fortschreibung ist die Beteiligung des Münchner Umlandgebiets. Am 05. September 2010 wurde die 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München in Kraft gesetzt. Am 20. Mai 2014 hat das Bayerische Staatsministe‐ rium für Umwelt und Verbraucherschutz die 5. Fortschreibung des Luftreinhal‐ teplans für München in Kraft gesetzt. Als wesentliche Maßnahme beinhaltet die 5. Fortschreibung die Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Landshuter Allee auf 50 km/ h. Am 08. Dezember 2015 hat das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz die 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die Landeshauptstadt München in Kraft gesetzt. Sie enthält 20 Maßnahmen, die dabei helfen sollen, die Luftqualität weiter zu verbessern. Beim Nationalen Forum Diesel „Diesel-Gipfel“ am 02. August 2017 mit der Automobilindustrie erfolgte auf Bundesebene die Erklärung: Die deutsche Automobilindustrie plant bei 5,3 Millionen der aktuell zugelassenen Diesel-Pkw in den Schadstoffklassen Euro 5 und 6 Nachbesserungen, um 25-30 % der NO x -Emissionen dieser Fahrzeuge bis zum Jahresende 2018 zu verringern (Software-Updates). Die Hersteller bieten für Euro-4-Fahrzeuge und älter Um‐ stiegsprämien. Weiterhin soll ein gemeinsamer Fonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ mit 500 Mio. € aufgelegt werden. Am 04. September 2017 fand ein Spitzengespräch zum Thema Luftreinhaltung in Städten und Ballungsräumen zwischen Bundeskanzlerin Merkel und den Kommunen statt. Dabei hat Bundeskanzlerin Merkel für den Fonds „Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ eine Aufstockung um weitere 500 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro in Aussicht gestellt. Ziel ist es, für jede der 28, von besonders hohen NO 2 -Belastungen betroffenen Regionen, einen individuellen Masterplan (green-city-Plan) zu entwickeln und sämtliche Maßnahmen (Nachrüstung, Um‐ rüstung, Masterpläne, Digitalisierungsmaßnahmen) aus dem Fonds zu speisen. Die Städte sind nun aufgefordert, solche Masterpläne zu erstellen. Am 28. November 2017 knüpfte das zweite Kommunentreffen zur Verbes‐ serung der Luftqualität in Städten an die Ergebnisse des ersten Treffens vom 04. September 2017 an. Der Münchner Stadtrat hat am 23. November 2017 196 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="197"?> beschlossen, einen Masterplan zu erstellen. Die Landeshauptstadt München hat einen Förderantrag beim Bund eingereicht, der am 20. Dezember 2017 positiv beschieden wurde. Der Masterplan der Landeshauptstadt München ist fertig. Erste Erfolge zeigen sich im Absinken der NO 2 -Konzentrationen in Straßennähe. Weitere Maßnahmen Verschärfung der Grenzwerte Da Messungen der Luftqualität am Straßenrand die Diskussion bestimmen, werden die Abgasgrenzwerte für die Fahrzeuge im Straßenverkehr laufend verschärft und die Bedingungen der Prüfverfahren weiter enger gefasst, siehe Anhang. Gegebenenfalls werden auch die Luftqualitätsgrenzwerte verschärft, wie dies 2010 beim NO 2 erfolgt ist. Als letztes Mittel sind auch Fahrverbote im Gespräch beziehungsweise teils erfolgt. Vorausgesetzt, dass die Maßnahmen der Luftreinhaltepläne nicht schnell genug umgesetzt werden. Zusammenfassung Begleitende Maßnahmen der Kommunen können die technischen Fortschritte in der Motorenentwicklung wirksam unterstützen, um die Luftqualität in den Städten zu verbessern. Eine der bereits umgesetzten Maßnahmen sind Luftreinhaltepläne mit Um‐ weltzonen zur Emissionsverringerung mobiler Quellen. In vielen Städten sind Umweltzonen etabliert, aus denen Fahrzeuge ausgeschlossen werden können, die nicht den neueren Abgasnormen entsprechen. In fast allen Bundesländern sind zusätzlich Luftreinhaltepläne aufgestellt worden, die in vielen Fällen schon mehrmals fortgeschrieben wurden. Konkrete Maßnahmen sind eine beschleunigte Modernisierung der ÖPNV-Flotte mit der Förderung von Bussen, Straßenbahnen und U-Bahnen, Verbesserung der ÖPNV-Infrastruktur, Kaufanreize für modernste Dieselfahr‐ zeuge, Förderkonzepte für Flottenerneuerungen bei Nutzfahrzeugen, auch bei städtischen Nutzfahrzeugen, finanzielle Anreize zum Umstieg auf den ÖPNV, Förderung innovativer Antriebe/ Elektromobilität, Tangential- und Expressbus‐ 197 Weitere Maßnahmen <?page no="198"?> verbindungen in Ballungsräumen, Steuer-Privilegien für vom Arbeitgeber bezu‐ schusste ÖPNV-Fahrkarten, Förderung des Radverkehrs mit Radschnellwegen und Fahrradabstellanlagen an zentralen Stellen in besonders belasteten Städten, Ergänzungen weiterer Park-and-Ride-Anlagen sowie Bike-and-Ride-Anlagen, Förderung der Elektromobilität, Elektrifizierung des städtischen Personennah‐ verkehrs, Verkehrsinfrastruktur mit intelligenten Technologien, Aufbau Mul‐ timodaler Mobilitätsverbund, Innenstadt-Logistik-Konzepte, Einschränkungen des Individualverkehrs, um die meisten Vorschläge zu nennen. Die laufende Flottenerneuerung mit modernsten Fahrzeugen, die durch die technischen Fortschritte am Motor und an den Nachbehandlungssystemen auch im realen Fahrbetrieb niedrigste Abgasemissionen aufweisen, ist der wirksamste Weg, um sowohl PM 10 wie auch NO 2 wirksam und nachhaltig zu senken. Damit werden Überschreitungen der Immissionsgrenzwerte in naher Zukunft zügig abgebaut. Eine Einschränkung bei Nutzfahrzeugen auf die Hälfte hätte ein Potential von ca. 10 µg/ m 3 bei NO 2 , Umweltzonen bei PM 10 ca. 5 µg/ m 3 , Verkehrssperrungen bei NO 2 bis zu 20 µg/ m 3 . Positiv wirkt sich auch jede Art von Vermeidung von Stop-and-go-Situatio‐ nen aus, das Potential liegt sicher über 5-10 %. Die zügige Umsetzung der Maßnahmen in den Luftreinhalteplänen mit einem Ausbau von weiteren Fahrradwegen mit Abstellmöglichkeiten im Zentrum (Bike-and-Ride) und den oben angeführten Punkten wird zu einer spürbaren Entlastung führen. Dazu gehören verbesserte attraktive Angebote im öffentlichen Nahverkehr und Fortschritte bei der ÖPNV-Infrastruktur ebenso wie die Elektrifizierung des Schienennahverkehrs. Das Verringern von Parksuchverkehr durch Mobilitätsmanagement ist ein weiterer Baustein auf dem Weg zur besseren Luftqualität. Eine Verstetigung des Verkehrsflusses durch intelligente Ampelschaltungen hat ein weiteres Potential zur Emissionsvermeidung. Der Beitrag stationärer Quellen ist insbesondere bei den Feinstäuben nicht zu vernachlässigen. Moderne Heizungsanlagen mit Filtersystemen im Abgasstrang und guter Luftführung beim Brand bieten ein weiteres Potential. Auch Heizkraftwerke, die in einigen Fällen im Stadtgebiet liegen, können spürbare Beiträge leisten. Nicht zu unterschätzen ist auch die Filterwirkung von Grünanlagen, da sich Partikeln an den Blättern der Pflanzen ablagern können. Bestrebungen helfen, Abgas-Emissionen auch in den Nachbarländern abzu‐ senken, da durch den Ferntransport belastete Luftmassen die lokale Immissi‐ 198 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="199"?> onssituation abhängig von den meteorologischen Bedingungen beeinflussen können. Emissionen im Typprüfverfahren und bei realen Betriebsbedingungen Das Vertrauen in die Fahrzeughersteller hat durch die Diskrepanz zwischen den Prospektangaben und den in Kundenhand erzielten Werten insbesondere bei den Abgasemissionen Schaden erlitten. Die Zulassungsbedingungen sehen zum Bauteilschutz die Möglichkeit einer temperaturabhängigen kurzzeitigen Außerinkraftsetzung des Katalysators vor. Das hat zu vielen Vorwürfen an verschiedene Hersteller geführt, sie würden illegale Abschaltvorrichtungen einsetzen. Die teilweise polemischen Kommen‐ tare in den Medien, insbesondere im 1. Halbjahr 2018 haben zu einer Verunsiche‐ rung in der Bevölkerung geführt. Die entsprechenden Differenzen der Angaben zu den Abgaswerten in der Zulassung und den tatsächlichen im Alltagseinsatz hat diese Verunsicherung noch verstärkt. Die Ursache der wachsenden Diskrepanz entstand durch legale Schlupflöcher des veralteten Tests. Die Abweichung zwischen Labormesswerten und Realver‐ brauch lag 2002 bei 5 %, bis 2010 ist sie auf 15 %, und 2014 auf 24 % angewachsen. Verschiedene Technologien, die Emissionen im Test stärker senken als auf der Straße, reduzieren die Emissionswerte im Labor um rund 3 %, weitere 8 % werden durch das Ausschalten von Nebenaggregaten reduziert. Hinsichtlich der Abgasemissionen sind die Unterschiede noch deutlicher ausgefallen. Das Landesamt für Umwelt, Messungen und Naturschutz in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt hat drei Fahrzeuge der Euro 6 Stufe auf Streckenführungen in Stuttgart und München sowie auf Außerortsstrecken untersucht, siehe Tabelle 28. 199 Emissionen im Typprüfverfahren und bei realen Betriebsbedingungen <?page no="200"?> 32 Scholz, W. und Wellhöfer, A., „PEMS-Messungen an drei Euro 6-Diesel-Pkw auf Streckenführungen in Stuttgart und München sowie auf Außerortsstrecken“ Dez. 2014. Mittlere NO x -Emission innerorts [mg/ km] Mittlere NO x -Emissio‐ nen außerorts [mg/ km] Mittlere NO x -Emissio‐ nen für Fahr‐ ten < 35 km/ h Durchschnitts‐ geschwindig‐ keit [mg/ km] NO x -Grenzwert im NEFZ [mg/ km] Fahr‐ zeug 1 234,1-512,9 221,2-354,3 345,8 80 Fahr‐ zeug 2 129,8-659,6 133,6-227,4 339,1 80 Fahr‐ zeug 3 348,0-676,5 288,2-618,3 420,3 80 Tabelle 28: Bandbreiten der NO x -Ergebnisse (jeweils Mittelwerte einzelner Fahrten) Die im Realbetrieb innerorts und außerorts gemessenen NO x -Emissionen der untersuchten Euro-6-Fahrzeuge zeigen eine erhebliche Schwankungsbreite, abhängig von Fahrsituation und Nachbehandlungstechnik. Die Bandbreiten der bei den Einzelfahrten festgestellten NO x -Emissionen sind in Tabelle 28 wiedergegeben und liegen innerorts zwischen 130 mg/ km und 676 mg/ km, außerorts zwischen 134 mg/ km und 618 mg/ km NO x . • Damit liegen die NO x -Emissionen im Innerortsbereich um den Faktor 1,6-8,5, im Außerortsbereich um den Faktor 1,7-7,7 über dem Grenzwert der Euro-6-Norm von 80 mg/ km. • Betrachtet man nur die Fahrten mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit (über die gesamte Strecke) von unter 35 km/ h (und damit innerstädti‐ sche Fahrten mit höherem Stop-and-go-Anteil), so überschreiten die NO x -Emissionen den Grenzwert im Mittel um den Faktor 4,2-5,3. • Die hohen Bandbreiten im Innerortsbereich sind darauf zurückzuführen, dass die Abgasminderungssysteme sehr empfindlich auf Unterschiede in der Dynamik des Fahrverlaufs reagieren. Je höher die Dynamik, desto höher die Emissionen. Dieses Verhalten ist bei Euro-4- und Euro-5-Die‐ sel-Pkw deutlich geringer ausgeprägt. 32 Messungen anderer Institute kamen zu ähnlichen Ergebnissen. 200 Technische Maßnahmen und Fortschritte zur Emissionsverminderung <?page no="201"?> Daher wurde im Zuge der Änderung des Messverfahrens bei der Zulassung zusätzlich der RDE-Standard (Real Driving Emissions) verpflichtend etabliert: eine Messung unter realen Bedingungen im Straßenverkehr als Teil des Zulas‐ sungsprozesses. 201 Emissionen im Typprüfverfahren und bei realen Betriebsbedingungen <?page no="203"?> Persönliche Möglichkeiten des Einzelnen Generelle Ansatzpunkte Neben den bereits angesprochenen Maßnahmen ist das persönliche Verhalten ein sehr wichtiger Aspekt. Einige wenige Punkte seien hier stellvertretend angesprochen. Das Vermeiden von emissionsverursachenden Aktivitäten ist ein Schritt. Dazu gehört der umweltbewusste Umgang mit Energie, zum Beispiel beim Heizen und beim Autofahren, sowie die Verwendung von umweltfreundlichen Produkten schon beim Kauf und Betrieb. • Gleichmäßige Fahrweise und Vermeiden instationärer Fahranteile • Beachten der Geschwindigkeitsgebote und -empfehlungen auf Autobah‐ nen • Sinnvolles Nutzen des kostengünstigen Individualverkehrs • Vermeiden von Kurzstreckenfahrten • Nutzen des Fahrrads und bei kurzen Entfernungen zu Fuß gehen • Kooperative Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln • Vermeiden von Verkehrsspitzenzeiten (Gleitzeitoptimierung unter Um‐ weltgesichtspunkten) • Wahl des Urlaubsbeginns, des Urlaubziels, des Verkehrsmittels • Vermeiden von Parkplatzsuchverkehr durch Vorabinformation • Benutzen von Park-and-Ride-Angeboten • Wahl des Wohnorts relativ zur Arbeitsstätte <?page no="204"?> 1 Braess, H.H., Stiftungskolleg für interdisziplinäre Verkehrsforschung, Erstes Kollo‐ quium. „Wirtschaft und Verkehr“, Tagungsbeiträge, Dresden 1996. Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot 232 Bild 94: Klassische Strategien zur Verbesserung der Luftqualität 277 Jeder Bürger kann in seinem privaten Umfeld zu einer Reduzierung der NO 2 - Emissionen beitragen: Im Bereich Verkehr • beim Kauf von Pkw auf Euro 5 beziehungsweise Euro 6 achten, • unnötige Autofahrten vermeiden (zum Beispiel keine Kurzstrecken fahren, öffentlichen Personennahverkehr ÖPNV nutzen, Fahrgemeinschaften bilden, • kraftstoffsparendes Fahren (zum Beispiel Geschwindigkeit reduzieren, defensiv, flüssig und vorausschauend fahren, frühzeitig schalten) und Kurse zum kraftstoffsparenden Verhalten nutzen, 277 Braess H.H., Stiftungskolleg für interdisziplinäre Verkehrsforschung, Erstes Kolloquium. „Wirtschaft und Verkehr“, Tagungsbeiträge, Dresden 1996. Bild 98: Klassische Strategien zur Verbesserung der Luftqualität 1 Jeder Bürger kann in seinem privaten Umfeld zu einer Reduzierung der NO 2 -Emissionen beitragen: Im Bereich Verkehr • Beim Kauf von Pkw auf Euro 6 beziehungsweise Euro 6d achten, • unnötige Autofahrten vermeiden (zum Beispiel keine Kurzstrecken fah‐ ren, öffentlichen Personennahverkehr ÖPNV nutzen, Fahrgemeinschaf‐ ten bilden, • kraftstoffsparendes Fahren (zum Beispiel Geschwindigkeit reduzieren, defensiv, flüssig und vorausschauend fahren, frühzeitig schalten) und Kurse zum kraftstoffsparenden Verhalten nutzen, • frühzeitige Wartung des Autos in der Kfz-Werkstatt. Bei den Hausfeuerungsanlagen durch • Verbrauchsreduzierung (zum Beispiel Wärmedämmung, Absenken der Raumtemperatur), die damit zu geringeren Abgasen und Stickstoffoxid Emissionen führt, • Verwendung emissionsarmer Systeme wie Gas oder Fernwärme, • optimierte Heiztechnik und regelmäßige Wartung, 204 Persönliche Möglichkeiten des Einzelnen <?page no="205"?> 2 www.stmuv.bayern.de/ themen/ luftreinhaltung/ verunreinigungen/ feinstaub/ jeder.ht m [Stand: 6.08.2020]. • Verzicht auf den Betrieb von Holzfeuerungen als Zweitfeuerung an Tagen mit hoher Schadstoffbelastung. Als Verkehrsteilnehmer • Generell sind alle Maßnahmen günstig, die unnötiges Autofahren ver‐ meiden oder den Spritverbrauch senken. Als Fahrzeughalter • Pkw mit feinstaubarmer Antriebstechnik bevorzugen: • Gas, Benzin, Diesel-Pkw mit Partikelfilter, • Abriebintensive, weiche Winterreifen nur während der Winterzeit ver‐ wenden. Als Hauseigentümer oder Mieter • Hier sind generell alle Maßnahmen hilfreich, die Heizenergie sparen helfen, • emissionsarme Wärmeversorgung bevorzugen: Gas, Fernwärme, Son‐ nenenergie, Erdwärme, • regelmäßige Wartung der Heizungsanlage durch einen Fachbetrieb durchführen lassen. Als Verbraucher • regionale Produkte bevorzugen, • Rauchen in Innenräumen einschränken, • raucharmes Grillen bevorzugen (Gas- oder Elektrogrillgeräte, Verti‐ kal-Holzkohlegrill mit seitlicher Feuerstelle). 2 Ein weiterer Aspekt ist die Vermeidung und Minimierung von Expositionen an Orten mit erhöhten Konzentrationen, zum Beispiel Aufenthalt in Tunnel, Tiefgaragen, zu nahes Auffahren auf vorausfahrende Fahrzeuge, insbesondere im Winter und bei Stop-und-go-Verkehr, im Rauch von offenen Feuern und beim Grillen, bei Hobbyarbeiten (Schleifen, Anstreichen). Im Sommer sind die Ozonkonzentrationen mittags und nachmittags am höchsten. Deshalb sollten zum Beispiel Jogger ihren Lauf morgens oder am späteren Abend absolvieren. 205 Generelle Ansatzpunkte <?page no="206"?> 3 http: / / www.apug.de/ archiv/ pdf/ BMU_bericht_innenraumluft_2005.pdf [Stand: 6.08. 2020]. 4 Ebd. Die Menschen in Deutschland verbringen den größten Teil ihres Lebens in Innenräumen, davon im Durchschnitt etwa zwei Drittel in ihrer eigenen Wohnung. Erwachsene zwischen 25 und 69 Jahren im Mittel täglich etwa 20 Stunden in Innenräumen - davon 14 Stunden in der eigenen Wohnung. Allgemein lässt sich sagen, dass wir im Durchschnitt 80-90 % unserer Lebenszeit in Innenräumen verbringen. In einem Büro atmen Vollzeitbeschäftigte 1880 Stunden pro Jahr Innenraumluft ein. Zu achten ist beim Kauf und der Verwendung von Produkten, dass sie kaum schädliche Emissionen in die Innenraumluft abgeben. Auch Verhaltensweisen wie das Rauchen oder unzureichende Lüftung von Wohnräumen sollten ver‐ mieden werden. Durch regelmäßiges Lüften wird schlechte Luft und Feuchtigkeit nach außen abgeführt. 3 Generell kann man sagen, dass der Schlüssel zur Vermeidung ungünstiger Konzentrationen in Innenräumen das gute Durchlüften ist. 4 Bei Studien zur Partikelanzahl bei Heizungen zeigt sich, dass Gasöfen und zentrale Öfen die höchsten Partikelzahlen aufweisen. Der Einzelne kann also durch sein persönliches Verhalten und mit dem Wissen der Zusammenhänge seine Exposition durchaus minimieren. Zusammenfassung Das umweltbewusste Verhalten des Einzelnen, sei es durch das Vermeiden oder das Verlagern von Fahrten mit dem Pkw oder durch möglichst gleichmäßiges Fahren, kann viel dazu beitragen, die Luftqualität nachhaltig zu verbessern. In manchen Fällen kann man seine Fahrten aus dem Zeitfenster des Haupt‐ verkehrs oder des Ferienbeginns verlegen. Für kurze Strecken eignet sich auch das Fahrrad (heute durch das Angebot von Elektro-Bikes und -Roller auch für weitere Strecken interessant). Die persönliche Exposition lässt sich durch bewusstes Verhalten signifikant verbessern. Als Autofahrer nicht zu dicht auffahren, als Fußgänger die Luvseite (dem Wind zugewandte Seite) von Bürgersteigen nutzen und die Strecken unter Expositionsgesichtspunkten wählen. Beim Grillen kann die Exposition durch Stehen an der Luvseite gravierend minimiert werden. 206 Persönliche Möglichkeiten des Einzelnen <?page no="207"?> Vor allem macht sich ein umweltbewusstes Verhalten in Innenräumen be‐ zahlt. Durch die in der Regel deutlich längere Aufenthaltszeit ist hier die Expo‐ sition am meisten beeinflussbar. Das heimelige Kaminfeuer, die brennenden Kerzen sind Beispiele, bei denen man selten an die Exposition von NO 2 und Feinstaub denkt. Das fachgerechte Anheizen von Innenraumöfen hilft ebenso die Exposition zu verringern. Auch beim Kochen lässt sich die Exposition durch umweltbewusstes Verhalten minimieren. Der Schlüssel liegt beim guten Lüften der betroffenen Räume (Stoßlüftung). 207 Zusammenfassung <?page no="209"?> Zusammenfassung Die Luftqualität in den Städten Deutschlands hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte stetig verbessert. Sie war seit fünfzig Jahren noch nie so gut wie heute. Das zeigen die Zeitreihen in sechzehn Bundesländern. Vier davon sind hier ausgewählt für elf Abgaskomponenten, die nachfolgend für Kohlenmon‐ oxid CO, methanfreie Kohlenwasserstoffe NMHC, NO und NO 2 , Ozon, Benzol, polyzyklische Kohlenwasserstoffe PAH mit der Leitkomponente Benzo(a)Pyren B(a)P, Feinstäube PM 10 und PM 2,5 , Blei Pb und Schwefeldioxid SO 2 erstellt wurden. Verantwortlich dafür ist der Emissionsrückgang bei stationären und mobilen Quellen. Auf das klimarelevante Spurengas Kohlendioxid wird noch gesondert eingegangen. Die Abgasemissionen der am Straßenverkehr beteiligten Fahrzeuge sind immer niedriger geworden und kompensieren die jährlich steigende Zahl der Fahrzeuge bei weitem. Das gilt auch für die Zukunft und sorgt für eine weitere Verbesserung der Luftqualität. Dies gilt trotz der Zunahme bei den „sporty utility vehicles“ SUV, den Pkw der Oberklasse (bei gleichzeitigem Rückgang der Mittel-, Kompakt- und Kleinstwagenklasse) und des bis 2015 steigenden Diesel-Pkw-Anteils, die nicht zuletzt wegen ihres günstigeren Kraftstoffver‐ brauchs von vielen Autofahrern bevorzugt wurden. Gegen CO 2 -Emissionen, die nicht wegen der Luftqualität, sondern angesichts des Einflusses auf das Klima diskutiert werden, müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden. Wegen seiner höheren NO x -Emission ist der Dieselmotor jetzt in den Fokus gerückt. Ihm wird die Hauptschuld an den erhöhten NO 2 -Konzentrationen an starkbefahrenen Straßen gegeben. Einfahrverbote in die Umweltzonen einiger Städte und sogar die Abschaffung von Diesel-Pkw werden diskutiert. Die „Wissenschaftliche Gesellschaft für Kraftfahrzeug- und Motorentechnik WKM“ hat sich klar für den Dieselmotor ausgesprochen. Der Dieselmotor bleibt auch zukünftig ein Antrieb mit niedrigen Stickstoffoxid-Emissionen, der für das Erreichen der CO 2 -Klimaziele unabdingbar ist. Im Folgenden die Kernbotschaften aus dem Positionspapier „Die Zukunft des Verbrennungsmotors / Bewertung der diesel‐ motorischen Situation“ vom Frühjahr 2018: • Neben dem Verbrennungsmotor werden elektrische Antriebe als eine Möglichkeit technologieoffener Weiterentwicklungen von Antriebssys‐ temen die Fahrzeugflotte ergänzen. <?page no="210"?> • Die Fortschritte bei neuen Antrieben werden bei den Themen Emissionen und Immissionen in Zukunft kein Argument gegen den Diesel- oder Benzinmotor liefern. • Die Diskrepanz zwischen Zertifizierungsgrenzwert und Realemission ist seit 20 Jahren öffentlich bekannt und dokumentiert. Die Einführung der neuen Real-Driving-Emission (RDE-Gesetzgebung) in Europa mit klar definierten gesetzlichen Vorgaben bietet die große Chance, das verlorene Vertrauen wiederherzustellen, umweltneutrale verbrennungsmotorische Antriebe werden bereits ausgeliefert. Der besondere Vorteil des Verbrennungsmotors liegt in der effizienten und flexiblen Nutzung von Kraftstoffen mit hoher Energiedichte und exzellenten La‐ gerungs- und Verteilungsmöglichkeiten. Alternative synthetische und biogene Kraftstoffe müssen ein wichtiger Baustein zur weiteren CO 2 -Reduzierung sein. Die unter Nutzung von regenerativer elektrischer Energie gegebene Nachhal‐ tigkeit ist entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Der Verbrennungsmotor ist ideal geeignet, diesen Weg zu unterstützen. Nach Vorhersagen international anerkannten Fachleute werden im Jahr 2030 mehr Verbrennungsmotoren weltweit gebaut als heute. Intensive Forschung und Weiterentwicklung zum Erhalt der Technologieführerschaft sind sinnvoll. Ausgelöst durch ein Fehlverhalten eines Automobilkonzerns wurden Schwä‐ chen beim Zulassungsverfahren offenkundig, die zwischenzeitlich identifiziert und beseitigt wurden. Seit September 2017 ist ein neues WLTP-Zulassungsver‐ fahren RDE gültig, das die Einhaltung der bereits stringenten Abgasemissionen auch im „real-world“-Betrieb RDE fordert. Damit werden bei neuen Fahrzeugen die Unterschiede zwischen den am Prüfstand erzielten Werten und den im All‐ tagsbetrieb erreichten Werten deutlich geringer. Eine zügige Flottenerneuerung ist sicher der beste Weg Fahrverbote und andere behördliche Regelungen zu vermeiden, die allenfalls gerechtfertigt wären, wenn die vorliegenden techni‐ schen Lösungen nicht umgesetzt werden. Bei Sickstoffdioxid werden mit der Erneuerung der Fahrzeugflotte die Jahresmittelwerte in kurzer Zeit sinken. Zu den einzelnen Abgaskomponenten kurz die wichtigsten Fakten: Kohlenmonoxid CO Gemessene CO-Konzentrationen liegen bereits seit Jahren weit unter dem Immissions-Jahresmittelgrenzwert von 10 mg/ m (entsprechend< 2 % CO-Hb). Kohlenmonoxid beeinträchtigt bei der Exposition höherer Konzentrationen die menschliche Gesundheit durch seinen Einfluss auf den Carboxihämoglobinspie‐ 210 Zusammenfassung <?page no="211"?> gel COHb im Blut. Die gemessenen CO-Konzentrationen sind also keine Gefahr für die Gesundheit. CO-Emissionen haben von 13,7 Millionen t im Jahr 1990 auf 2,9 Millionen t 2018 abgenommen. Die CO-Emissionen des Straßenverkehrs verringerten sich von 8 Millionen t 1990 auf unter 1 Millionen t 2016. Die Verbesserung bei Kohlenmonoxid CO ist ein voller Erfolg. Kohlenwasserstoffe (NMHC und NMVOC) Die Kohlenwasserstoffe gelten zusammen mit Stickstoffoxiden als Ozonvorläu‐ ferstoffe. NMHC-Jahresmittelwerte haben sich massiv verbessert und werden seit Jahren in vielen Bundesländern nicht mehr gemessen. Lufthygienisch ist nicht die Summe der Kohlenwasserstoffe interessant, sondern einzelne Stoffe wie Benzol und einer aus der Gruppe der polyzyklischen Kohlenwasserstoffe, die hier getrennt aufgeführt sind, das Benzo(a)pyren. NMHC-Emissionen haben von 4 Millionen t 1990 auf 1 Millionen t im Jahr 2016 abgenommen. Die NMHC-Emissionen des Straßenverkehrs haben sich von 1,6 Millionen t 1990 auf 0,9 Millionen t im Jahr 2018 reduziert. Die Verbesserung bei den methanfreien Kohlenwasserstoffen NMHC beziehungsweise NMVOC ist ebenfalls als Erfolg zu werten. Stickstoffoxide NO x Stickstoffdioxid wird neben den methanfreien Kohlenwasserstoffen als Vor‐ läuferstoff für die Ozonbildung betrachtet. Von 2000 bis 2017 haben sich die NO 2 -Jahresmittelwerte um mehr als 20 % verringert. Im ländlichen und städtischen Raum um 25 % und an städtischen Verkehrsstationen um 21 %. Weitere Verbesserungen sind in den nächsten Jahren vorprogrammiert. Die NO x -Emissionen haben sich seit 1990 von 2,8 Millionen t im Jahr 1990 auf 1,3 Millionen t im Jahr 2016 reduziert. Die NO x -Emissionen des Straßenverkehrs verbesserten sich von 1,5 Millionen t 1990 auf 0,5 Millionen t im Jahr 2018. An den Verkehrsstationen in einigen Städten - sogenannten Hotspots - werden NO 2 -Jahresmittelwerte über 40 µg/ m 3 gemessen, die zur Aufstellung von Luftreinhalteplänen geführt haben. Naturgemäß sind die Konzentrationen dort nicht repräsentativ für die Bevölkerung und obwohl nur wenige Personen den NO 2 -Jahresmittelwerten über 40 µg/ m 3 an den Verkehrsstationen ausgesetzt sind, hat dies zu lebhaften Diskussionen und überschießenden Reaktionen geführt. In einigen Städten werden sogar Fahrverbote für Fahrzeuge mit 211 Kohlenwasserstoffe (NMHC und NMVOC) <?page no="212"?> Dieselmotor erwogen. Durch die jüngsten Fortschritte der Elektronik und Motorenentwicklung sind deutliche NO x -Emissionsabsenkungen auch im rea‐ len Fahrzeugbetrieb möglich geworden. Das neue Zulassungsverfahren WTLP schließt das bisher teils zu stark strapazierte Ausnutzen der Schwachstellen im alten Verfahren. Dies wird sehr bald an den Verkehrsmessstellen zu tieferen Immissionskonzentrationen führen. Die Verbesserung bei den Stickstoffoxiden NO 2 beziehungsweise NO x nimmt aufgrund der Fortschritte in der Motortechnik weiter zu und ist ein wesentlicher Baustein auf dem Weg zur noch besseren Luft in Deutschland. Ist der in Europa seit 2010 gültige NO 2 -Immissionsgrenzwert eventuell zu streng? In den USA liegt der NO 2 -Jahresmittel-Immissionsgrenzwert bei 53 ppb ent‐ sprechend 100 µg/ m 3 , er gilt seit 1971 und wurde in den Jahren 1985, 1996 und 2010 überprüft und beibehalten. Wie in den USA ist auch die Europäische Kommission auf die Bewertung von Wissenschaftlern angewiesen, die den Grenzwert für die Stickstoffoxide anhand von toxikologischen und epidemiolo‐ gischen Studien vorgeschlagen haben. Warum die Bewertung in Europa und in den USA zu anderen Schlüssen kommt, bleibt ein Rätsel. Selbst in Kalifornien liegt er mit 53 µg/ m 3 deutlich über dem Wert von 40 µg/ m 3 . Ein weiterer Aspekt muss noch in dieser Frage wiederholt werden. Wie erklärt es sich, dass man den Menschen am Arbeitsplatz eine über 20-fache NO 2 -Konzentration zumutet, wenn bereits NO 2 -Konzentrationen im Bereich von 41 µg/ m³ bis 80 µg/ m³ in der Außenluft als krankmachend eingestuft werden? Der Arbeitsplatzgrenzwert liegt bei 950 µg/ m³. Auch wenn der Ar‐ beitsplatzgrenzwert ein Wert für die zeitlich begrenzte Belastung gesunder Arbeitender auf acht Stunden ist, während der NO 2 -Immissionsgrenzwert auch empfindliche Personen rund um die Uhr schützt, ist diese Diskrepanz nicht nachvollziehbar. Die Europäische Kommission in Brüssel sollte - ähnlich wie in den USA - eine regelmäßige Überprüfung der Luftqualitätsgrenzwerte in die Gesetzgebung integrieren und die amerikanischen Studien mit bewerten. Die Europäische Kommission hätte den europäischen Staaten viel Ärger erspart, wenn sie sich den Bewertungen der Wissenschaftler, die in den USA den Grenzwert in den Air Quality Criteria festgelegt haben, angeschlossen hätten. Lassen die NO 2 -Luftqualitätmessdaten Aussagen zur repräsentativen Expo‐ sition zu? Die Fokussierung auf die Stationen mit den höchsten NO 2 -Konzen‐ trationen erzeugt ein verzerrtes Bild und spiegelt nicht die repräsentative Exposition der Bevölkerung wider. Die Wahl der Messstellen liegt in der Ent‐ scheidungshoheit der Bundesländer beziehungsweise Kommunen. Ein Länder‐ vergleich ist daher mit Vorsicht zu genießen, da er von der Zahl und Anordnung der Messstellen abhängig ist. Es wäre wünschenswert, dass sich die Bundeslän‐ 212 Zusammenfassung <?page no="213"?> der auf ein einheitliches Vorgehen einigen würden. Durch Änderungen am Altbestand Ende 2017 und Anfang 2018 wurden auch bei Dieselfahrzeugen im Verkehr durch Softwareeingriffe verbesserte NO X -Emissionen erreicht. Eine „Hardware“-Nachrüstung würde die Einhaltung des Immissionsgrenzwert zwar beschleunigen, kann aber aus Platzgründen nicht bei allen Fahrzeugen erfolgen, dazu würde eine neue Zulassung notwendig sein und unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen, die keiner übernehmen will. Umtauschprämien wurden bereits von über 200 000 Pkw-Besitzern genutzt. Ozon Bei Ozon wird unterschieden zwischen dem Ozongürtel in der Stratosphäre und den bodennahen Ozon-Konzentrationen. Der Ozongürtel in der Stratosphäre mindert die Menge an UV-B-Strahlen. Seit 1985 wurde eine Abnahme des stratosphärischen Ozons beobachtet, die durch das Verbot von chlorierten Kohlenwasserstoffen bewirkt wurde. Da dies ein überregionales Thema ist, wird hier nicht intensiver darauf eingegangen. Beim bodennahen Ozon hat sich im letzten Jahrzehnt eine Abnahme der Spitzenkonzentrationen gezeigt, die in allen Bundesländern durch die jährlichen Messungen der Ozon-Jahresmittel verfolgt werden kann. Die konsequente Verminderung der Vorläuferemissionen bei NMVOC und NO x haben sich offensichtlich bewährt. Bis auf wenige Ausnahmen werden die aufgestellten Richtwerte (Alarmwert 400 µg/ m 3 , Informationsschwellenwert bei 180 µg/ m 3 , Zielwerte bei 120 µg/ m 3 ) eingehalten. Ozon-Konzentrationen in der Stadt sind verkehrsnah - wegen höherer NO-Konzentrationen - niedriger als im Hintergrund. Die Sorgen mancher Mütter, dass die Ozonkonzentrationen in den Wohngebieten das Spielen der Kinder im Freien einschränken, sind daher nicht wirklich begründet. In den Medien werden jeweils mit Sommerbeginn die aktuellen Werte veröffentlicht und im Radio gehört die Ozondurchsage „anstrengendere Aktivitäten zu vermeiden“ zum Standardprogramm. Benzol Seit 1989 sind die Benzoljahresmittelwerte signifikant zurückgegangen. Die Benzol-Jahresmittelwerte in den Jahren 2016 und 2017 liegen unter 2 µg/ m 3 . Damit weit unter dem Grenzwert von 5 µg/ m 3 . In Luftreinhalteplänen und Emissionskatastern der Bundesländer wird Benzol seit 2005 nicht mehr explizit 213 Ozon <?page no="214"?> aufgeführt. Emissionsabsenkungen beim Straßenverkehr haben wesentlich zur Verbesserung beigetragen. Im Einzelnen waren dies die • konsequente Verringerung der Benzolentstehung im Brennraum der Motoren, • Einführung des Katalysators und seiner stetigen Weiterentwicklung, • Aktivkohlefilter in den Fahrzeugen und Gasabsaugung am Tankstutzen, • Gasabsaugung an den Zapfsäulen der Tankstellen, • Absenkung des Benzolgehalts im Benzin von 5 % auf maximal 1 %. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAH und B(a)P Die Luftqualität hat sich auch für die Komponente Benzo(a)pyren so deutlich verbessert, dass sich Angaben in der europäischen Emissions-Berichterstattung (Convention on Long range Transboundary Air Pollution, LRTAP) erübrigen. Der Hauptemittent bei den polyzyklischen Kohlenwasserstoffen ist der Haus‐ brand. Durch den Wechsel von Kohleheizungen zu Gas- und Ölheizungen ist seit 2000 eine deutliche Verbesserung aufgetreten. Mit der Absenkung der Kohlen‐ wasserstoffe beim Straßenverkehr, insbesondere durch die Einführung und laufende Weiterentwicklung des Dreiwegekatalysators sowie die Einführung des Dieselpartikelfilters bei den Dieselfahrzeugen, haben sich auch die PAH- und B(a)P-Emissionen des Verkehrs verringert. Für die Summe der polyzyklischen Kohlenwasserstoffe kann von einer vergleichbaren Verbesserung ausgegangen werden. In Europa haben sich die B(a)P-Emissionen von 676 t im Jahr 1990 auf 275 t 2018 verringert. Partikel, insbesondere PM 10 und PM 2,5 Der seit 01. Januar 2010 geltende PM 10 -Immissionsjahresmittelgrenzwert von 40 µg/ m 3 und der seit 01. Januar 2015 geltende PM 2,5 -Immissionsjahresmittel‐ grenzwert von 25 µg/ m 3 selbst an verkehrsnahen Messstationen wird seit Jahren eingehalten. Die Partikelemissionen aller Quellen in Deutschland haben sich bei PM 10 von 385 kt im Jahr 1990 auf 211 kt im Jahr 2018 und bei PM 2,5 von 242 kt 1990 auf ca. 97 kt 2018 verringert. Die Partikelemissionen des Straßenverkehrs haben sich bei PM 10 von 104 kt 1990 auf 39 kt in 2018 und bei PM 2,5 von 92 kt 1990 auf 25 kt im Jahr 2018 verringert. 214 Zusammenfassung <?page no="215"?> Blei Da sich die Bleikonzentrationen massiv verringert haben, werden Daten in den neueren Jahresberichten und in Emissionskatastern und Luftreinhalteplänen nicht mehr erwähnt. Jahresmittelwerte liegen in der Regel unter 10 ng/ m 3 . Früher war der Straßenverkehr wegen der Bleiadditive im Benzin die Haupt‐ quelle. Die Reduzierung des Bleigehalts im Benzin hat die Blei-Emissionen signifikant verbessert: 1972 Reduzierung von 0,55 g/ Liter Benzin auf 0,40 g/ Liter Benzin, 1975 Reduzierung von 0,40 g/ Liter Benzin auf 0,15 g/ Liter Benzin und 1986 dann die Reduzierung von 0,15 g/ Liter Benzin auf 0,05 g/ Liter Benzin. Schwefeldioxid Schwefeldioxid in höheren Konzentrationen reizt die Schleimhäute und kann zu Augenreizungen und Atemwegsproblemen führen. Nach der 1. Tochterrichtli‐ nie zur Luftqualität darf der 1-Stundenwert von 350 µg/ m 3 nicht öfter als 24-mal im Kalenderjahr überschritten werden, der Tagesmittelgrenzwert von 125 µg/ m 3 nicht öfter als dreimal. Da die SO 2 -Konzentrationen bundesweit sehr deutlich unter den geltenden Grenzwerten zum Schutz der menschlichen Gesundheit liegen, sind heute durch SO 2 verursachte Gesundheitsprobleme in Deutschland nicht mehr zu befürchten. Die SO 2 -Jahresmittelwerte haben sich in Deutschland in allen Bundesländern in dieser Zeit signifikant verbessert, teilweise um den Faktor 10 und liegen weit unter dem Tagesmittelgrenzwert von 125 µg/ m 3 . Allenfalls kann es beim Zusammentreffen aller ungünstigen Einflussgrößen - winterliche austauscharme Inversionswetterlagen, weiträumige Lufttransporteinträge etc. - kurzzeitig zu höheren Konzentrationen kommen. Zwei der neuen Bundeslän‐ der, Sachsen und Sachsen-Anhalt, haben etwas höhere Werte verglichen mit dem Mittelwert der anderen Länder, liegen aber auch weit unter dem SO 2 -Immis‐ sionsgrenzwert. Hier spielen die durch den Ferntransport eingetragenen Luft‐ massen der Nachbarländer eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Wesentliche Emissionsquellen sind Verbrennungsanlagen der Energiewirtschaft, Industrie, GHD (Gewerbe, Handel, Dienstleistungen) und Haushalte. Hauptemittent sind die Kraftwerke, deren Emissionen im Zeitraum 1990 bis 2015 von 16 kt auf 3 kt um 13 kt abgenommen haben. Danach folgt der Energieverbrauch der Industrie‐ betriebe und mit Abstand die Quellengruppe Kleingewerbe und Haushalte. In den letzten 25 Jahren haben sich die SO 2 -Emissionen um 94 % abgesenkt. Die nationalen Emissionsgrenzen (NEC-Ziele) werden schon seit 2010 eingehalten. 215 Blei <?page no="216"?> 1 Schönwiese C.D., Der Treibhauseffekt 1988, Berlin/ Heidelberg. 2 Ebd. Durch die Absenkung des Schwefelgehalts auf 150 mg/ kg im Benzin und auf 350 mg/ kg im Dieselkraftstoff ab 2000 haben sich die SO 2 -Emissionen des Verkehrs deutlich verringert. Diese Grenzwerte wurden im Jahr 2005 auf jeweils 50 ppm und später auf 10 ppm im Markt reduziert. Dadurch ist der Beitrag des Straßenverkehrs zu den SO 2 -Emissionen sehr gering und nicht mehr relevant. Kohlendioxid CO 2 Kein anderes gesellschaftliches Problem treibt die Bundesbürger derzeit persön‐ lich so stark um wie das Thema Klima und Umwelt, wie die Eurobarometer-Um‐ frage vom November 2019 zeigt. CO 2 ist eines der drei klimarelevanten Spurengase, die nach der derzeit gängigsten Hypothese für die Erderwärmung verantwortlich gemacht werden. Laut Schönwiese 1 trägt CO 2 rund 7,2 bis 7,6 Grad bei. Das zweite Spurengas Methan ist 23-mal wirksamer, aufgrund seiner geringeren Konzentration ist es für nur 0,8 bis 0,9 Grad verantwortlich. Das dritte Spurengas Lachgas ist 273-mal wirksamer. Da es in seiner Konzentration noch niedriger ist, beträgt sein Beitrag 1,4 bis 1,6 Grad. 2 Im Unterschied zu den vorher behandelten Abgaskomponenten, die lokal und regional wirken, handelt es sich bei den klimarelevanten Spurengasen um ein globales Thema. Zur Bestimmung der CO 2 -Konzentrationen betreut die National Oceanic & Atmospheric Adminstration in Boulder (NOAA), USA über die Erde verteilt mehrere Messstationen. Bei den Basisstationen Barrow in Alaska nahe am Nordpol, Mauna Loa auf Hawaii, Samoa in Polynesien im Indischen Ozean und South Pole zeigt sich ein Anstieg verstärkt in den letzten 50 Jahren. 216 Zusammenfassung <?page no="217"?> 3 www.welt.de/ welt_print/ article3245544/ Die-Erde-wird-neu-vermessen.html, 21.2.2009 [Stand: 6.08.2020]. 4 www.europarl.europa.eu/ news/ de/ headlines/ society/ 20180301STO98928/ treibhausgas emissionen-nach-landern-und-sektoren-infografik [Stand: 6.08.2020]. 244 tional Oceanic & Atmospheric Adminstration in Boulder (NOAA), USA über die Erde verteilt mehrere Messstationen. Bei den Basisstationen Barrow in Alaska nahe am Nordpol, Mauna Loa auf Hawaii, Samoa in Polynesien im Indischen Ozean und South Pole zeigt sich ein Anstieg verstärkt in den letzten 50 Jahren. Bild 95: Anstieg der CO 2 -Konzentrationen an vier Basisstationen der NOAA Aktuell sind die CO 2 -Konzentrationen Ende 2019 weiter auf 407 ppm gestiegen. Bild 99: Anstieg der CO 2 -Konzentrationen an vier Basisstationen der NOAA Aktuell sind die CO 2 -Konzentrationen Ende 2020 weiter auf 413 ppm gestiegen. Zusätzlich wird versucht die CO 2 -Konzentrationen mit Satelliten in Echtzeit zu überwachen. Nach zwei gescheiterten Starts 3 können durch den Orbiting Carbon Observatory-Satellit OCO-3, der am 04. Mai 2019 erfolgreich gestartet ist, Mitte 2020 belastbare Daten erwartet werden. Global tragen natürliche Quellen 4 jährlich zu 800 Milliarden t Kohlendioxid CO 2 bei. Quellen sind die Ozeane mit 43 %, die Vegetation mit 28 %, die Böden mit 28 % und die Verbrennung von Biomasse mit rund 1 %. Diese Emissionen werden als klimaneutral angesehen. 97 % der CO 2 -Emissionen, die von der Natur stammen, gehören zu einem geschlossenen Kreislauf: Menschen, Tiere und Pflanzen atmen Milliarden von t CO 2 aus. Auf der anderen Seite stehen Pflanzen, die das CO 2 (zusammen mit anderen Stoffen) durch die Photosynthese wieder in Blätter und Holz umwandeln. 217 Kohlendioxid CO 2 <?page no="218"?> 5 https: / / www.scinexx.de/ news/ geowissen/ co2-ausstoss-steigt-ungebremst/ [Stand: 6.08.2020]. 6 OECD\IEA 1993, 1995; IPCC 1995; Bolle, H.J. 1991; Walsh, P.M. 1990; Krapfenbauer 1995; Faber et al. 1993; Woodwell 1996; Korte 1987; Heinmann 1997. 7 https: / / www.scinexx.de/ news/ geowissen/ co2-ausstoss-steigt-ungebremst/ [Stand: 6.08.2020]. Verbesserungsversuch Bild 96 zu Seite 228 1990 1995 2000 2005 2010 2015 18 1990-2000 +1,1%/ Year 2000-2010 +3,1%/ Year 2010-2017 +1,0%/ Year Projection 2018 37,1 Gt CO 2 +2,7% (1,8%-3,7%) Gt CO 2 40 35 30 25 20 Bild 100: Entwicklung der globalen CO 2 -Emissionen 5 Der Mensch ist für 33 Milliarden t verantwortlich. Quellen sind Kraftwerke mit 25 %, Hausbrand und Kleinverbraucher mit 23 %, die Industrie mit 19 % und die bewusste Verbrennung von Biomasse mit 15 %. Pkw sind mit 5,5 %, Nutzfahrzeuge mit 6 % beteiligt. Der Beitrag des Flugverkehrs liegt bei 3 %, Schiffe auf hoher See 1,5 % und sonstiger Verkehr 2 %. 6 Andere Literaturquellen nehmen einen weiteren Anstieg der vom Menschen verursachten CO 2 -Emissionen an. 7 218 Zusammenfassung <?page no="219"?> 8 Jackson, et al. 2019 Environmental Research Letters Bild 97 zu Seite 229 die Literaturangabe muss extra mitgenommen werden Jackson et al. 2019 Environment Research Letters Gt CO 2 16 12 8 4 0 Global Annual Fossil CO2-Emissions, 2000 - 2018 Annual Growth rates from 2013 - 2018 Coal Oil Gas Cement Flaring -0,5%/ year +1,4%/ year +2,6%/ year +0,6%/ year +0,9%/ year Bild 101: CO 2 -Emissionen von Kohle, Öl, Gas, Zement und Erdöl-Abfackeln 8 Nur bei der Kohle sind die CO 2 -Emissionen rückläufig. Doch der sinkende Kohleverbrauch wird von dem weltweit steigenden Erdöl- und Erdgasverbrauch überschattet. Rund 40 % der weltweiten Kohlendioxidemissionen seien auf den Kohleverbrauch entfallen, 34 % auf Öl, 20 % auf Erdgas und die restlichen 6 % auf die Zementherstellung und andere Quellen. Insgesamt nehmen die CO 2 -Emissionen weltweit um 0,8 % weiter zu, obwohl die der USA und Europa um 0,8 % abnehmen. 219 Kohlendioxid CO 2 <?page no="220"?> 9 Ebd. Bild 98 zu Seite 230 Gt CO 2 40 30 20 10 0 Total Rest of China USA European India the World Union +0,8%/ year +1,4%/ year+0,4%/ year-0,8%/ year -0,8%/ year +5,1%/ year Global Annual Fossil CO2-Emissions 2000-2018 Annual growth rates from 2013 -2018 Bild 102: Entwicklung der Staaten anhand der CO 2 -Emissionen 9 Beim Vergleich der Staaten liegt China 2017 mit fast 10 Millionen weit vorn, gefolgt von den USA mit 5,27 Millionen t. Es folgen Indien mit 2,467 Millionen t, Russland mit 1,693 Millionen t, Japan mit 1,2 Millionen t und Deutschland mit 799 Millionen t. 220 Zusammenfassung <?page no="221"?> 10 https: / / www.tagesspiegel.de/ politik/ 13-staaten-im-vergleich-welche-laender-beim-kli maschutz-liefern-und-welche-nicht/ 25041222.html [Stand: 6.08.2020]. Bild 103: CO 2 -Emissionen verschiedener Staaten in Millionen t 2015 10 Betrachtet man die Emissionen aller Treibhausgase insgesamt, sind die Zahlen höher, die Reihenfolge bleibt erhalten. 221 Kohlendioxid CO 2 <?page no="222"?> 11 www.europarl.europa.eu/ news/ de/ headlines/ society/ 20180301STO98928/ treibhausgas emissionen-nach-landern-und-sektoren-infografik [Stand: 6.08.2020]. Bild 100: Treibhausgas-Emissionen verschiedener Staaten in Millionen t 2015 291 Betrachtet man die Beiträge der verschiedenen Staaten so hat sich China mit 13 Millionen t Treibhausgase an die Spitze gesetzt. Zweitgrößter CO 2 -Emittent sind mit 6,444 Millionen t die USA. In Europa werden 4,499 Millionen t CO 2 emittiert. 291 www.europarl.europa.eu/ news/ de/ headlines/ society/ 20180301STO98928/ treibhausgasemissionen-nach-landern-und-sektoren-infografik [Stand: 6.08.2020]. Bild 104: Treibhausgas-Emissionen verschiedener Staaten in Millionen t 2015 11 Betrachtet man die Beiträge der verschiedenen Staaten so hat sich China mit 13 Millionen t Treibhausgase an die Spitze gesetzt. Zweitgrößter CO 2 -Emittent sind mit 6,444 Millionen t die USA. In Europa werden 4,499 Millionen t CO 2 emittiert. 222 Zusammenfassung <?page no="223"?> 12 https: / / www.wri.org/ blog/ 2019/ 12/ co2-emissions-climb-all-time-high-again-2019-6-ta keaways-latest-climate-data [Stand: 6.08.2020]. Friedlingstein et al., Global Carbon Budget 2019, www.earth-syst-Sci-data.net/ 11/ 1783 / 2019. 13 https: / / www.spiegel.de/ wissenschaft/ natur/ australien-buschbraende-verursachen-hae lfte-der-co2-emissionen-des-landes-a-1302670.html [Stand: 6.08.2020]. 14 https: / / www.spiegel.de/ wissenschaft/ natur/ deutschland-co2-ausstoss-im-vergangene n-jahr-ueberraschend-stark-gesunken-a-1303865.html [Stand: 6.08.2020]. Bild 105: Entwicklung des Kohlenstoffbudgets seit den sechziger Jahren 12 Ein Teil der CO 2 -Emissionen wird durch Senken von Land und Meer kompen‐ siert. Die verheerenden Brände in Australien haben von August 2019 bis zur Jahreswende 2019/ 2020 eine CO 2 -Emission von 240 Millionen t erzeugt. 13 In Brasilien geschehen rund 60 000 Brände im Mittel pro Jahr mit entspre‐ chenden CO 2 -Emissionen in der Höhe von mindestens 100 Millionen t. Die CO 2 -Emission in Deutschland sind 2019 auf 0,69 Millionen t aufgrund eines geringeren Kohleverbrauchs zurückgegangen. 14 In Deutschland hat sich die Bundesregierung im Jahr 2007 mit dem „Integrierten Energie- und Klima programm“ national zu einer 40%igen Minderung der deutschen Treibhausgas -Emissionen bis 2020 gegenüber 1990 verpflichtet. Es fehlen noch 90 000 t. 223 Kohlendioxid CO 2 <?page no="224"?> 15 https: / / www.mdr.de/ wissen/ globale-co-zwei-emissionen-weiter-angestiegen-100.html [Stand: 6.08.2020] 252 Die CO2-Emission in Deutschland sind 2019 auf 0,69 Millionen t aufgrund eines geringeren Kohleverbrauchs zurückgegangen 294 . In Deutschland hat sich die Bundesregierung im Jahr 2007 mit dem „Integrierten Energie- und Klimaprogramm“ national zu einer 40%igen Minderung der deutschen Treibhausgas- Emissionen bis 2020 gegenüber 1990 verpflichtet. Es fehlen noch 90000 t. Bild 102: Entwicklung der CO 2 -Emissionen in Deutschland bis 2017t in Millionen / a [UBA] Die Energiewirtschaft emittiert 308000 t, das verarbeitende Gewerbe 134000 t, der Straßenverkehr 160000 t, Haushalte und Kleinverbraucher 92000 t und Industrieprozesse 47000 t. Zur Verringerung der CO 2 -Emissionen des Personenverkehrs setzt die Politik auf Elektroautos. Am Beispiel eines VW Golfs 294 https: / / www.spiegel.de/ wissenschaft/ natur/ deutschland-co2-ausstoss-im-vergangenen-jahrueberraschend-stark-gesunken-a-1303865.html [Stand: 6.08.2020]. Bild 106: Entwicklung der CO 2 -Emissionen in Deutschland bis 2017 t in Millionen / a [UBA] Die Energiewirtschaft emittiert 308 000 t, das verarbeitende Gewerbe 134 000 t, der Straßenverkehr 160 000 t, Haushalte und Kleinverbraucher 92 000 t und Industrieprozesse 47 000 t. Zur Verringerung der CO 2 -Emissionen des Perso‐ nenverkehrs setzt die Politik auf Elektroautos. Am Beispiel eines VW Golfs hat das Joanneum einen Vergleich der Emissionen möglicher Antriebsarten durchgeführt. Dabei schneidet das Erdgasauto am besten ab. 15 224 Zusammenfassung <?page no="225"?> 16 Ebd. 17 https: / / www.tagesspiegel.de/ politik/ 13-staaten-im-vergleich-welche-laender-beim-kli maschutz-liefern-und-welche-nicht/ 25041222.html [Stand: 6.08.2020]. 18 Recker, J., IT kann Firmen grüner machen, Süddeutsche Zeitung vom 13.01.2020. Bild 107: CO 2 -Emissionen möglicher Antriebsarten in g/ km 16 Digitalisierung und künstliche Intelligenz Der Trend zu Cloud-Nutzung treibt den Energieverbrauch der Rechner und damit die CO 2 -Konzentration in die Höhe. Die CO 2 -Emissionen durch die Cloud-Nutzung haben bereits die des privaten Flugverkehrs überholt. 17 2019 wurde in Deutschland zum Jahr der künstlichen Intelligenz ausgeru‐ fen. Allein KI-Modelle der Spracherkennung wie Siri oder Alexa erfordern immense Rechenkapazität. Der CO 2 -Fußabdruck für die Berechnung eines einzigen „Deep-Learning“-Modells kann fünfmal höher sein als der eines Autos über seine gesamte Lebensspanne inklusive Herstellung und Betankung. Dabei sind die Energiekosten von Rechenzentren, die einen Energiebedarf von meh‐ reren Hundert Megawattstunden anmelden - vergleichbar mit einem Bedarf mittelgroßer Städte - nicht eingerechnet. Auch Blockchain-Anwendungen, eine dezentral verteilte Datenbanktechnologie, haben einen immensen Energiebe‐ darf, z. B. die Blockchain-Anwendung Bitcoin übertrifft den Energiebedarf einer Nation wie Sri Lanka. 18 225 Digitalisierung und künstliche Intelligenz <?page no="226"?> 19 Luftqualität in Nordrhein-Westfalen, 1999, LUQS-Jahresbericht. Was kann der Einzelne zu einer CO 2 -Absenkung tun? Das Bild zeigt den Einfluss des Lebensstils und das Einsparpotential bei Mo‐ bilität, Urlaub, Konsum und Lebensmitteln. Die CO 2 -Emision pro Kopf in Deutschland lag 2017 bei 8,7 t. Zum Erreichen des 40-Prozent-Ziels müsste sie auf 6,54 t sinken, ein Niveau das Norwegen und Neuseeland bereits vorweisen kann. Wie lassen sich 2,2 t einsparen? Musterdatei NFA_Basis_19v1.dot Bild 104: CO 2 -Einsparpotential beim Lebensstil bei fünf Gebieten 299 Weniger Flugreisen, Einschränkungen in der Mobilität, beim Konsum und den Lebensmitteln stößt derzeit in der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe. Das Umweltbundesamt bietet auf seiner Website eine Berechnung des persönlichen CO 2 -Fußabdrucks an. Hier kann jeder anhand seines Lebensstils sehen, wo er Schwerpunkte setzen will. Die eingeführte CO 2 -Steuer, die auf 25 Euro pro Tonne erhöht wurde, wird eine gewisse Lenkung in den nächsten Monaten bewirken. Auch die Ausweitung des Emissionshandels national und europäisch wird die CO 2 -Emissionen senken. Inwieweit die mit den beiden marktwirtschaftlichen Bepreisungsmodellen verbundenen Preissteigrungen sozial verträglich gestaltet werden, wird die Zukunft zeigen. Bild 108: CO 2 -Einsparpotential beim Lebensstil bei fünf Gebieten 19 Weniger Flugreisen, Einschränkungen in der Mobilität, beim Konsum und den Lebensmitteln stößt derzeit in der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe. Das Umweltbundesamt bietet auf seiner Website eine Berechnung des persönlichen CO 2 -Fußabdrucks an. Hier kann jeder anhand seines Lebensstils sehen, wo er Schwerpunkte setzen will. Die eingeführte CO 2 -Steuer, die auf 25 Euro pro Tonne erhöht wurde, wird eine gewisse Lenkung in den nächsten Monaten bewirken. Auch die Ausweitung des Emissionshandels national und europäisch wird die CO 2 -Emissionen sen‐ 226 Zusammenfassung <?page no="227"?> 20 tomtom.com/ trafficindex ken. Inwieweit die mit den beiden marktwirtschaftlichen Bepreisungsmodellen verbundenen Preissteigerungen sozial verträglich gestaltet werden, wird die Zukunft zeigen. Resümee Bei der Verfolgung der lufthygienisch bedeutsamen Komponenten zeigt sich, dass die Luftqualität schon deutlich besser geworden ist und die Luft immer sauberer wird. Technische Maßnahmen zur Abgasemissionsverbesserung bei mobilen Quel‐ len sind der richtige Weg, um die wenigen „Hotspots“ an Verkehrsmessstellen mit derzeit noch zu hohen Konzentrationen nachhaltig zu verringern. Politik und Behörden haben die Rahmenbedingungen bei neuen Fahrzeugzulassungen durch praxisnähere Verfahren verbessert. Es braucht etwas Geduld bis die neuen Fahrzeuge in der Fahrzeugflotte die gewünschten Wirkungen zeigen. Alle Maßnahmen zur Verflüssigung des Verkehrsstroms und die Minimierung von Situationen mit einem Stop-and-go-Verkehr tragen dazu bei die Abgasemissio‐ nen zu senken und damit auch die Luftqualität an verkehrsnahen Messstellen zu verbessern. Coronabedingt war das Stauniveau 2020 um 6 % geringer als 2019 und hat somit zu einer Verflüssigung des Verkehrs und einer Absenkung des NO 2 -Jahresmittelwert um 9 µg/ m 3 beigetragen. 20 Jeder einzelne kann per‐ sönlich einen Beitrag zur schnelleren Umsetzung leisten und seine eigene Exposition minimieren, sei es durch Vermeiden von unnötigen Fahrten und Verkehrsspitzenzeiten, der Wahl eines auf seine Bedürfnisse zugeschnittenen Fahrzeugs, einem angepassten Fahrstil, einer vorausschauende Fahrweise oder Abstandhalten zum vorausfahrenden Fahrzeug. Zur Verringerung der klimarelevanten Kohlendioxidemission muss der Ein‐ zelne überlegen, wie er dazu beiträgt, das Klimaziel von 40 % erreichbar zu machen. 227 Resümee <?page no="229"?> Weiterführende Literatur IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.2.1.1.2 Heimann, M. (2011): Enigma of the recent methane budget, Nature 476, 157-158 IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 6.3.3.IPCC (2007): Climate Change 2007, Work Group I: The Science of Climate Change, 2.3.2 und 7.4.1 NOAA Earth System Research Laboratory (2019): Trends in Atmospheric Methane Mascarelli, A.L. (2009): A sleeping giant? , Nature Reports, Climate change 3, 46-49, Saunois, M., R.B. Jackson, P. Bousquet, B. Poulter and J.G. Canadell (2016): The growing role of methane in anthropogenic climate change, Environmental Research Letters 11, doi: 10.1088/ 1748-9326/ 11/ 12/ 120207 Turner, A.J., Frankenberg, C., Wennberg, P. O. and Jacob, D.J. (2017) Ambiguity in the causes for decadal trends in atmospheric methane and hydroxyl. Proc. Natl. Acad. Sci. USA. 114, 5367-5372. doi/ 10.1073/ pnas.1616020114 Nisbet, E.G. et al. (2019): Very strong atmospheric methane growth in the four years 2014 - 2017: Implications for the Paris Agreement, Global Biogeochemical Cycles, https: / / doi.org/ 10.1029/ 2018GB006009 (Accepted Article) 1 Tg = 1 Teragramm = 1 Megatonne = 1 Million t, IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 6.3.3 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 7.4.1.1 Kort, E.A. et al. (2012): Atmospheric observations of Arctic Ocean methane emissions up to 82° north, Nature Geoscience 5, 318-321 IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, 6.3.3.3 Daten nach IPCC (2007): Climate Change 2007, Work Group I: The Science of Climate Change, Table 7.6 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 2.3.2 Bousquet, P. (2006): Contribution of anthropogenic and natural sources of atmospheric methane variability, Nature 443, 439-443 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 7.4.1.2, U.S. Climate Change Science Program (2008): Abrupt Climate Change, Archer, D., B. Buffett, and V. Brockin (2009): Ocean methane hydrates as a slow tipping point in the global carbon cycle, Proceedings of the National Academy of Sciences 106, 20596-20601, <?page no="230"?> Katz, M.E., B.S. Cramer, G.S. Mountain, S. Katz, K.G. Miller (2001): Uncorking the bottle: What triggered the Paleocene-Eocene thermal maximum methane release? Paleoceanography 16 (6), 549-562, Kennett, J.P., K.G. Cannariato, I.L. Hendy, and R.J. Behl (2000): Carbon Isotopic Evidence for Methane Hydrate Instability During Quaternary Interstadials, Science 288, 128-133 Phrampus, B.J., and M.J. Hornbach (2012): Recent changes to the Gulf Stream causing widespread gas hydrate destabilization, Nature 490, 527-531 Biastoch, A. et al. (2011): Rising Arctic Ocean temperatures cause gas hyd‐ rate destabilization and ocean acidification, Geophysical Research Letters 38, doi: 10.1029/ 2011GL047222 Weitere Quellen und Daten sind online auf https: / / www.expertverlag.de/ ver‐ fügbar. 230 Weiterführende Literatur <?page no="231"?> Danksagung Mein Dank gilt den Mitarbeitern in den einzelnen Landesämtern für Umwelt‐ schutz, teilweise in den Umweltministerien, im Umweltbundesamt und bei der Europäischen Umweltagentur, die meine Anfragen immer zügig per Mail beantwortet haben. Insbesondere danke ich Werner Scholz von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg, Erich Kohfink vom Amt für Umweltschutz Stuttgart, Andrea Wellhöfer und Andreas Falb vom LFU Bayern, Paul Herenz und Katja Grunow von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Berlin, Sabine Wilhelm, Uwe Romberg, Stephan Leinert, Christoph Becker, Ludger Breuer und Frau Notthoff vom LANUV in Nordrhein-Westfalen, Karin Uhse und Pattrick Gniffke vom Umweltbundesamt, Dr. Christian Plass-Dülmer vom Meteorologischen Bergobservatorium Hohen‐ peissenberg des DWD, Constantin Brand von der Europäischen Umweltagentur, und Prof. Bernhard Geringer und Werner Tober von der TU Wien, Prof. Hans-Peter Lenz von ÖVK Wien, Werner Hofegger von der AVL in Graz, Dr. Tobias Warth, Dr. Gunnar-Marcel Klein , Eric Raschke und Sophie Kloiber von Mann-Humml int. GmbH und den Mitarbeitern des expert verlags. <?page no="233"?> Register Alternative Antriebe 187 Alternative Kraftstoffe 186 Baden-Württemberg 49, 67, 79, 92 Bayern 52, 68, 80, 93, 103 Benzo(a)pyren BaP 129 Benzol 111 Berlin 53, 70, 80, 93, 106 Blei Pb 161 Diesel-Pkw 185 Emission 14, 19 Feinstaub PM 10 63 Feinststaub PM 2,5 77 Gesetze 195 Gesetzgebung 42 Katalysator 178 Kohlenmonoxid CO 89 Kohlenwasserstoffe ohne Methan NMHC beziehungsweise NMVOC 99 Luftqualität 14, 20 Maßnahmen 197 Nordrhein-Westfalen 55, 73, 81, 95, 107 Ottomotor 173 Ozon 141 Partikelfraktionen PM 10 und PM 2,5 22, 33 Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe PAH beziehungsweise PAK 121 Schwefeloxide SO 2 151 Stickstoffdioxid NO 2 33, 36 Stickstoffoxide NO x 47 Straßenverkehr 27 weiträumiger Transport belasteter Luftmassen 15 Wirkung von Ozon 147