Die Präfixe post-, prä- und neo-
Beiträge zur Lehn-Wortbildung
0619
2000
978-3-8233-0512-5
978-3-8233-5148-1
Gunter Narr Verlag
Michael Kinne
Wortbildung mit entlehnten Einheiten ist als Folgeerscheinung von Sprachkontakt alt - jedoch nicht altbekannt und bisher wenig erforscht. Die Untersuchungen zu den Lehnpräfixen post-, prae-, neo- befassen sich innovativ und exemplarisch mit dem Phänomen der Lehn-Wortbildung im Deutschen. Ziel der Monographie ist es, auf der Grundlage einer umfangreichen Datenbasis die Strukturen der Lehn-Wortbildung im Deutschen detailliert darzustellen. Damit wird eine wichtige Komponente besonders im bildungs- und wissenschaftssprachlichen Wortschatz des Deutschen ins Blickfeld gerückt. Dieser Wortschatz ist vielfach auf Entlehnungen zurückzuführen. Die Monographie enthält ausführliche Lexikonteile zu den deutschen "Produkten"der Lehn-Wortbildung vom Aufkommender Lehnpräfixe bis in die Gegenwart. Damit sollen auch lexikographische Anregungen gegeben werden für die Darstellung derartiger gebundener Einheiten im allgemeinsprachlichen deutschen Wörterbuch.
<?page no="0"?> Studien zur deutschen Sprache FORSCHUNGEN DES INSTITUTS FÜR DEUTSCHE SPRACHE Michael Kinne Die Präfixe post-, prä- und neo- Beiträge zur Lehn-Wortbildung gn Gunter Narr Verlag Tübingen <?page no="1"?> STUDIEN ZUR DEUTSCHEN SPRACHE 18 <?page no="2"?> Studien zur deutschen Sprache FORSCHUNGEN DES INSTITUTS FÜR DEUTSCHE SPRACHE Herausgegeben von Bruno Strecker, Reinhard Fielder und Hartmut Schmidt Band 18 • 2000 <?page no="3"?> Michael Kinne Die Präfixe post-,prä- und neo- Beiträge zur Lehn-Wortbildung g|lW Gunter Narr Verlag Tübingen <?page no="4"?> Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme Kinne, Michael: Die Präfixe post-,prä- und neo-: Beiträge zur Lehn-Wortbildung / Michael Kinne. - Tübingen : Narr, 2000 (Studien zur deutschen Sprache ; Bd. 18) ISBN 3-8233-5148-6 © 2000 • Gunter Narr Verlag Tübingen Dischingerweg 5 ■ D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechdich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Druck: Müller + Bass, Tübingen Verarbeitung: Nädele, Nehren Printed in Germany ISSN 0949-409X ISBN 3-8233-5148-6 <?page no="5"?> Inhalt 0. 0.1 0.2 0.3 0.3.1 0.3.2 0.3.2.1 0.3.3 0.3.3.1 0.3.3.2 0.4 0.5 I. 1.0 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.3 1.3.1 1.3.1.1 1.3.1.2 1.3.1.3 1.3.1.4 1.3.1.5 Einleitung 1 Vorbemerkung zu den Lehnpräfix- 1 Monographien Vorbemerkung zu diesem Band 2 Benutzerhinweise 5 Übersicht über die Gesamtstruktur der 5 Monographien Zur Struktur des Kombinemartikels 6 Beschreibung der Artikelpositionen 7 Zum Aufbau der Lexikoneinträge 9 Wortartikel 9 Belegteil 11 Vereichnis der Zitiersiglen der verwendeten 13 lexikographischen Nachschlagewerke Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen 15 Das Präfix post- 17 Überblick 17 Chronlogisches Register 18 Kombinemartikel 24 Kombinemkategorie / Kat 24 Morphologie / Morph 24 Beschreibung der einzelnen Strukturtypen 25 Strukturtyp 1A 25 1A Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 25 1A Gramm 1A Semantische Leistung in Kombinationen / 25 1A SemKomb 1A Semantik der Basen und der adjektivischen / 29 Beziehungswörter / 1A SemBas 1A Semantisches Paradigma / 1A SemPdgm 30 1A Kombinationen / 1A Komb 32 <?page no="6"?> VI Michael Kinne 1.3.2 Strukturtyp 1B 35 1.3.2.1 1B Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 35 1B Gramm 1.3.2.2 1B Semantische Leistung in Kombinationen / 35 1B SemKomb 1.3.2.3 1B Semantik der Basen / 1B SemBas 36 1.3.2.4 1B Semantisches Paradigma / 1B SemPdgm 36 1.3.2.5 1B Kombinationen / 1B Komb 38 1.3.3 Strukturtyp IC 38 1.3.3.1 IC Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 38 IC Gramm 1.3.3.2 IC Semantische Leistung in Kombinationen / 39 IC SemKomb 1.3.3.3 IC Semantik der Basen / IC SemBas 39 1.3.3.4 IC Semantisches Paradigma / IC SemPdgm 40 1.3.3.5 IC Kombinationen / IC Komb 41 1.3.4 Strukturtyp 2 42 1.3.4.1 2 Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 42 2 Gramm 1.3.4.2 2 Semantische Leistung in Kombinationen / 42 2 SemKomb 1.3.4.3 2 Semantik der Basen und der adjektivischen 44 Beziehungswörter / 2 SemBas 1.3.4.4 2 Semantisches Paradigma / 2 SemPdgm 44 1.3.4.5 2 Kombinationen / 2 Komb 45 1.4 Geschichte und Kombinemfeld 47 1.4.1 Etymologie / Etym 47 1.4.2 Etymologisches Paradigma / EtymPdgm 48 1.4.3 Geschichtliche Entwicklung / Hist 49 1.4.3.1 Übersicht 49 1.4.3.2 Strukturtyp 1A 53 1.4.3.3 Strukturtyp 1B 55 1.4.3.4 Strukturtyp IC 56 1.4.3.5 Strukturtyp 2 57 1.4.3.6 Irreguläres / Irreg 58 1.5 Lexikon 60 1.6 Alphabetisches Register 109 <?page no="7"?> II. ILO II. 1 II.2 11.2.1 11.2.2 II.3 11.3.1 11.3.1.1 11.3.1.2 11.3.1.3 11.3.1.4 11.3.1.5 II.3.2 11.3.2.1 11.3.2.2 11.3.2.3 H.3.2.4 H.3.2.5 11.3.3 11.3.3.1 11.3.3.2 11.3.3.3 11.3.3.4 H.3.3.5 11.3.4 11.3.4.1 11-3.4.2 11.3.4.3 11.3.4.4 11-3.4.5 Inhalt vii Das Präfix prä- 115 Überblick 115 Chronologisches Register 116 Kombinemartikel 128 Kombinemkategorie / Kat 128 Morphologie / Morph 128 Beschreibung der einzelnen Strukturtypen 130 Strukturtyp 1A 130 1A Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 130 1A Gramm 1A Semantische Leistung in Kombinationen / 130 1A SemKomb 1A Semantik der Basen / 1A SemBas 131 1A Semantisches Paradigma / 1A SemPdgm 131 1A Kombinationen / 1A Komb 133 Strukturtyp 1B 134 1B Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 134 1B Gramm 1B Semantische Leistung in Kombinationen / 134 1B SemKomb 1B Semantik der Basen und der adjektivischen 138 Beziehungswörter / 1B SemBas 1B Semantisches Paradigma / 1B SemPdgm 139 1B Kombinationen / 1B Komb 141 Strukturtyp IC 143 IC Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 143 IC Gramm IC Semantische Leistung in Kombinationen / 143 IC SemKomb IC Semantik der Basen / IC SemBas 144 IC Semantisches Paradigma / IC SemPdgm 144 IC Kombinationen / IC Komb 146 Strukturtyp 2 146 2 Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 146 2 Gramm 2 Semantische Leistung in Kombinationen / 146 2 SemKomb 2 Semantik der Basen und der adjektivischen 148 Beziehungswörter / 2 SemBas 2 Semantisches Paradigma / 2 SemPdgm 148 2 Kombinationen / 2 Komb 149 <?page no="8"?> Michael Kinne viii II.4 Geschichte und Kombinemfeld 151 11.4.1 Etymologie / Etym 151 11.4.2 Geschichtliche Entwicklung / Hist 152 11.4.2.1 Übersicht 152 11.4.2.2 Strukturtyp 1A 155 11.4.2.3 Strukturtyp 1B 158 11.4.2.4 Strukturtyp IC 161 11.4.2.5 Strukturtyp 2 162 II.4.3 Irreguläres / Irreg 162 11.5 Lexikon 170 11.6 Alphabetisches Register 268 III. Das Präfix neo- 281 111.0 Überblick 281 111.1 Chronologisches Register 282 111.2 Kombinemartikel 291 111.2.1 Kombinemkategorie / Kat 291 111.2.2 Morphologie / Morph 291 III.3 Beschreibung des Strukturtyps 292 111.3.1 Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 292 Gramm 111.3.2 Semantische Leistung in Kombinationen / 293 SemKomb 111.3.3 Semantik der Basen / Sembas 295 111.3.4 Semantisches Paradigma / SemPdgm 297 111.3.5 Kombinationen / Komb 300 111.4 Geschichte und Kombinemfeld 303 111.4.1 Etymologie / Etym 303 111.4.2 Geschichtlicge Entwicklung / Hist 304 111.4.3 Irreguläres / Irreg 311 111.5 Lexikon 312 111.6 Alphabetisches Register 383 <?page no="9"?> Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1 0. Einleitung 0.1 Vorbemerkung zu den Lehnpräfix-Monographien In den drei Monographien zur Lehn-Wortbildung (G. Hoppe, Das Lehnpräfix ex-, I. Nortmeyer, Die Lehnpräfixe inter- und Irans-, M. Kinne, Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo-, erscheinen alle in der Reihe Studien zur deutschen Sprache (SDS) des Institus für deutsche Sprache im Gunter Narr Verlag) werden mit Lehnkombinemen ex-, inter-, neo-, post-, prä- und transin einem Paradigma <RAUM und ZEIT> vornehmlich solche initialen Lehnworteinheiten (Präfixe) versammelt, die auf Lokaladverbien oder lokale Präpositionen der klassischen Sprache zurückgehen. Ihre jeweils unterschiedlich verlaufende Herausbildung zu initialen Einheiten der kombinatorischen Wortbildung, ihre Metaphorisierungen und die Entwicklung spezieller Typen der syntaktisch-semantischen Struktur sind nicht ein Phänomen der Lehnwortbildung, sondern eine spezielle Erscheinung indoeuropäischer Sprachentwicklung. Sie ist auch bei der Erarbeitung anderer Paradigmata begegnet, die auf Lokaladverbien oder lokale Präpositionen zurückgehende Lehnkombineme aufweisen, wie für das Paradigma <FREUND und FEIND> ant(i)-, contra-, pro- und par(a)- oder für das Paradigma <GRADUIERUNG> hyper-, super- und supra-. Der Anteil der lehn-wortbildenden modernen europäischen Sprachen, insbesondere des Deutschen, an den je unterschiedlichen ‘Weiterentwicklungun’, die innereinzelsprachlichen und dann wiederum übereinzelsprachlichen Verflechtungen zwischen Prozessen der Entlehnung und Prozessen der Lehn-Wortbildung werden in den genannten Beiträgen in unterschiedlichen Angängen und Akzentsetzungen in Entsprechung zu den Besonderheiten des jeweils behandelten Kombinems beschrieben. Die Autoren folgen der in der Einleitung zu G. Hoppe (s.o.) begründeten Konzeption und bewahren die für das Projekt verbindliche Artikelstruktur ln den wesentlichen Punkten. Für die Endredaktion haben sie sich auf formale Änderungen geeinigt. Sie verantworten ihre Beiträge selbst. Die Verfasser der Kombinem-Artikel danken sehr herzlich Hartmut Schmidt für die wohlwollend-kritische Durchsicht der Manuskripte, seine Anregungen und hilfreichen Verbesserungsvorschläge. I’ür die Autoren Gabriele Hoppe <?page no="10"?> 2 Michael Kinne 0.2 Vorbemerkung zu diesem Band Wem Edeltrödel wie präsuizidale Euphorie nicht mehr genügt, der landet bei postpsychoanalytischem Neo-Autohypnotismus. (Spiegel 18.10.1993, 259) Die hier vorgelegten drei Präfix-Monographien zu post-, prä- und neosind Bestandteil und Teilergebnis eines am Mannheimer Institut für deutsche Sprache ausgeführten Projektes zur Wortbildung mit entlehnten Wortbildungseinheiten im Deutschen. Das Projekt in seiner Gesamtheit ist in Vorwort und Einleitung zu G. Hoppe, Das Lehnpräfix ex-*, ausführlich beschrieben worden. Die Lektüre dieser Einführungstexte sei den Benutzern des vorliegenden Bandes nachdrücklich empfohlen. Soweit es mir sinnvoll erschien, habe ich zur Erleichterung des Umgangs mit der hier vorliegenden zugegebenermaßen spröden Textsorte „Kombinem-Monographie“ ergänzende und, wie ich meine, notwendige erklärende Benutzerinformationen über Strukturen und Einzelpositionen den Monographien vorangestellt. Wichtig bei der Arbeit an diesen Präfixuntersuchungen erschien mir selbst vor allem und immer wieder der eine Gesichtspunkt, der auf die bisher übliche lexikographische Behandlung von Konfixen und Affixen in deutschen Wörterbüchern abhebt, mit der noch immer manches, wenn nicht vieles im Argen liegt. Monographien, wie die hier vorliegenden, wollen mit ihren reichhaltigen Materialien in erster Linie Anregungen und Daten anbieten zur (besseren, ausführlicheren, systematischen) lexikographischen Darstellung dieser Wortbildungseinheiten im gemeinwie im fachsprachlichen Wörterbuch. Wenn die Arbeiten dazu beitragen könnten, hätten sie einen wichtigen Zweck erfüllt. Natürlich haben sich beim längerfristigen intensiven, immer wieder auch vergleichenden Umgang mit „meinen“ Präfixen mancherlei Erfahrungen, Beobachtungen und Überlegungen eingestellt, die in den Monographien im wissenschaftlichen Kontext zwar ihren Niederschlag finden, die sich aber auch außerhalb der fachspezifischen Darstellung leicht auf den knappinformativen Punkt bringen lassen, mit dem sich der interessierte Laie in der Regel schnell zufrieden stellen läßt: Gemeinsam ist „meinen“ drei Präfixen unter anderem ihre noble klassischsprachliche Herkunft, eine Abstammung, der sich ihre Anwender über lange Zeiträume hinweg bis über die Mitte unseres Jahrhunderts hinaus bei der „Auswahl“ der Kombinationspartner offensichtlich stets bewußt * Mit einer Einführung in den Gegenstandsbereich von Gabriele Hoppe und Elisabeth Link. Tübingen. 1999. <?page no="11"?> Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 3 geblieben sind. Das heißt auch, daß die allermeisten Kombinationen mit diesen Präfixen lange Zeit hindurch „gehobenen Kreisen“ des Sprachgeschehens zuzurechnen waren, nämlich den fach-, wissenschafts- und bildungssprachlichen Bereichen. Bis auf den heutigen Tag ist sich inzwischen von den Dreien lediglich das präseiner feinen Herkunft bewußt geblieben, von wenigen okkasionellen Ausrutschern jüngeren Datums einmal abgesehen (man denke nur an den Prä-Rocker \n seiner Prä-Zahnspangen-Ära\). Das Präfix ist nach wie vor vorrangig im feinen Ambiente des fach- und bildungssprachlichen Bereichs zu Hause. »Mein“ noch bis in die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts hinein biederes und (im Vergleich zu prä-) nahezu ein Schattendasein führendes Präfix posthat in kürzester Zeit den rasanten Aufstieg eines wortbildenden Senkrechtstarters in internationalem Maßstab hinter sich gebracht. Es wurde auf der einen Seite geradezu ein Wortsegment von geistes-, epochen- und stilgeschichtlicher Prägekraft, mußte diese Karriere andererseits aber inzwischen mit einer gewissen Ausgelaugtheit und mit der modischen Beliebigkeit in seinem wortbildnerischen Umgang bitter büßen. Und aus der Perspektive des Jahres 1996 heraus beobachtet (was in der Monographie uoch gar nicht vorkommt): es zeigen sich nicht nur deutliche Abnutzungs-, viel schlimmer noch auch frequentielle Rückläufigkeitserscheinungen. Wie es den modischen Dingen in ihren postmodischen Phasen üblicherweise halt so ergeht. Man darf zurecht auf den weiteren Entwicklungsweg dieses erstaunlichen postgespannt sein. Am flottesten, ja geradezu trendy kommt inzwischen „mein“ doch lange Zeit hindurch so seriöses neodaher. Sein Absturz aus den Höhen der hach- und Wissenschaftssprache begann mit seinem Faible für die Verbindung mit den oft so pseudowissenschaftlich klingenden Warennamen in Apotheken und Drogerien. Indessen geriet es immer stärker in den Sog des werbesprachlichen neu und muß in vielerlei Bereichen vorrangig das immer wieder Neuere und Allerneueste, das Bessere, Feinere und Schönere bezeichnen. Dadurch ebenso abgegriffen wie unglaubwürdig geworden hat es ln sprachlich „seriöseren“ Kreisen vorerst einmal deutlich an Terrain verloren. Gemeinsam geblieben neben ihrer edlen Herkunft ist den drei Präfixen, daß sie allesamt im Dschungel des heutigen medialen Sprachgeschehens durchaus ihre Stellenwerte behaupten können. Das zeigen nicht zuletzt die vielen (oft sprachspielerisch gebildeten) Okkasionalismen. Und das veranschaulicht auch der oben zitierte (im übrigen unwesentlich gekürzte) »schöne“ Satz aus dem Spiegel ein Traumbeleg für einen Lexikographen! <?page no="12"?> 4 Michael Kinne An der Redigierung der pos£-Monographie war in einer frühen Projektphase Elisabeth Link beteiligt. Mit Ausdauer, Umsichtigkeit, Geduld und großem Zeitaufwand hat Hartmut Schmidt die wohl entscheidende letzte Phase dieses Projektes begleitet. So gilt ihm vor allem mein herzliches „Danke! “. Die Transkriptionen aus dem Griechischen hat Joachim Huber überarbeitet und vereinheitlicht; für seine schnelle und zuverlässige Hilfe bin ich ihm sehr dankbar. Im Frühjahr 1996 An den Arbeiten zur Publikation dieser Monographie waren maßgeblich Ulla Blum (Druckaufbereitung) und Monika Kolvenbach (Redaktion) beteiligt. Für die gute Zusammenarbeit bedanke ich mich herzlich. Im Herbst 1999 Michael Kinne <?page no="13"?> Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 5 0-3 Benutzerhinweise Eine ausführliche Beschreibung des Aufbaus der Kombinemmonographien, ihrer einzelnen Positionen und ihrer Materialbasis enthält Kapitel 4 von Hoppe/ Link: „Einführung in den Gegenstandsbereich“, in G. Hoppe: Das Präfix ex-, S. 24ff., Studien zur deutschen Sprache (SDS), Nr. 15, Tübingen 1999). Die folgenden Hinweise sollen speziell bei der Benutzung des vorliegenden Bandes hilfreich sein. 0-3.1 Übersicht über die Gesamtstruktur der Monographien Jede der drei hier vorgelegten Präfix-Monographien besteht in jeweils gleicher Abfolge aus den folgenden fünf Teilen: Überblick Dieser einführende Teil gibt formelhaft und knapp einen Überblick über die wesentlichen Daten des behandelten Lehnpräfixes, über seine entwicklungsgeschichtliche Integration ins Deutsche, über seine wortbildungsbezogene und gebrauchsspezifische Produktivität sowie über seine im Deutschen etablierte Strukturtypik. Chronologisches Register Das chronologische Register erfaßt alle in der Monographie behandelton entlehnten und lehngebildeten Kombinationen mit dem jeweiligen Lehnpräfix, und zwar sortiert nach der chronologischen Abfolge der dem Bearbeiter jeweils vorliegenden Erstnachweise der einzelnen Kom- Linationen. Innerhalb eines Jahres erfaßte Kombinationen sind alphabetisch sortiert. Das Register, bereits an dieser einleitenden Stelle plaziert, will vorrangig einen schnellen Überblick über das zeitliche Aufkomrnen von Kombinationen bzw. von strukturell zusammengehörigen Kominationsgruppen ermöglichen und über Phasen mit bestimmten Wortdungspräferenzen oder mit generell deutlich vermehrter Produktivität sowie über Entwicklungen im gegenwärtigen Sprachgebrauch informieren. 16 einzelnen Registereinträge verzeichnen auch den jeweiligen Strukturj: y P °der die strukturelle Irregularität der Kombinationen mit dem jeweibgen Lehnpräfix. Kornbinemartikel Die insgesamt elf Positionen des Kombinemartikels, des linguistischen a-uptteils der Monographie, werden nachfolgend unter 0.3.2 knapp skiz- <?page no="14"?> 6 Michael Kinne Lexikon Das Lexikon als der zentrale lexikographische Ort der Monographie beschreibt in alphabetischer Sortierung eine Vielzahl von Kombinationen mit dem jeweiligen Lehnpräfix. Das Lexikon mit seinen beiden Teilen Wortartikel und Belegteil wird nachfolgend unter 0.3.3 beschrieben. Alphabetisches Register Das alphabetische Register am Ende der Monographie erfaßt noch einmal alle in der Monographie behandelten entlehnten und lehngebildeten Kombinationen mit dem jeweiligen Lehnpräfix, und zwar in alphabetischer Sortierung. Dieses Register dient vorrangig der schnellen Information darüber, welche Kombinationen im Kombinemartikel und im Lexikon behandelt werden. Die einzelnen Registereinträge verzeichnen unter anderem auch den jeweiligen Strukturtyp oder die strukturelle Irregularität der Kombinationen mit dem jeweiligen Lehnpräfix. 0.3.2 Zur Struktur des Kombinemartikels Der Kombinemartikel enthält in der genannten Abfolge die folgenden 11 Artikelpositionen: [1] Kategorie und Morphologie: Kombinemkategorie / Kat Morphologie / Morph [2] Beschreibung des Strukturtyps bzw. der Strukturtypen: Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / Gramm Semantische Leistung in Kombinationen / SemKomb Semantik der Basen / SemBas Semantisches Paradigma / SemPdgm Kombinationen / Komb [3] Geschichte und Kombinemfeld: Etymologie / Etym Etymologisches Paradigma / EtymPdgm [fakultativ] Geschichtliche Entwicklung / Hist Irreguläres / Irreg <?page no="15"?> Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 7 Der Kombinemartikel gliedert sich somit in drei Teile, von denen den Teilen [2] und [3] nochmals eigene zusammenfassende Zwischenüberschriften zugeordnet wurden. Die Teile [1] und [3] enthalten Aussagen über das behandelte Präfix in seiner Gesamtheit. Teil [2] beschreibt entweder (entsprechend den Gegebenheiten) den (einen vorliegenden) Strukturtyp oder mehrere regelhafte wortbildungsbezogene Strukturtypen des Präfixes. Im letzteren Falle wiederholen sich im Kombinemartikel die Artikelpositionen von Teil [2] in der vorgegebenen Folge entsprechend der Zahl, in der regelhafte Strukturtypen vorliegen. Den Positionsüberschriften sind dann jeweils die Strukturtyp-Numerierungen [1A, 1B, IC, 2A, 2B etc.] vorangestellt. 0-3.2.1 Beschreibung der Artikelpositionen In den elf Artikelpositionen findet der Benutzer unter anderem vor allem folgende Angaben: Kombinemkategorie / Kat Diese Artikelposition enthält Informationen zur kategoriellen Einordnung des entlehnten Kombinems sowie gegebenenfalls über kategorielle Abweichungen und über spezifische Weiterentwicklungen. Morphologie / Morph Diese Artikelposition informiert soweit solche vorliegen über verschiedene (z.B. formale und orthographische) Morphemvarianten (z.B. ne zu neo, praezu prä-) sowie über Handhabungen der Bindestrichsetzungen, z.B. bei komplexen Basiseinheiten oder zweiten Konstituenten v °n Basiseinheiten (vgl. Postpunkqruppe, Post-Protestqeneration, Post- Tschernobyl-Effekt). [1A ...] Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / [1A ...] Gramm In Form einer tabellarischen Übersicht informiert diese Artikelposition, Jeweils bezogen auf einen Strukturtyp des Präfixes, über die kategofiell bestimmten, indigenen und entlehnten (Basis-)Einheiten, die in wortbildender Kombination mit dem jeweiligen Präfix zu einem Lehnortbildungsprodukt führen. ...] Semantische Leistung in Kombinationen / [1A ...] SemKomb Diese Artikelposition beschreibt, jeweils bezogen auf einen Strukturtyp cs Präfixes, seine semantische Leistung in den lehn-gebildeten Kombina- °uen sowie deren syntaktisch-semantische Struktur. <?page no="16"?> 8 Michael Kinne [1A ...] Semantik der Basen / [1A ...] SemBas Diese Artikelposition beschreibt, jeweils bezogen auf einen Strukturtyp des Präfixes, die verschiedenen semantischen Typen der Basiseinheiten, mit denen es sich in wortbildender Kombination verbinden kann. [1A ...] Semantisches Paradigma / [1A ...] SemPdgm Diese Artikelposition verzeichnet, jeweils bezogen auf einen Strukturtyp des Präfixes, sowohl seine entlehnten als auch die indigenen (Teil-) Synonyme und Antonyme, und zwar (vorrangig) gebundene wie auch selbständige. [IA ...] Kombinationen / [1A ...] Komb Diese Artikelposition enthält, jeweils bezogen auf einen Strukturtyp des Präfixes, verschiedene Informationen über diverse Spezifika der mit ihm gebildeten Kombinationen (z.B. Angaben zu deren Gebrauchs-, Frequenz- oder Textsortenspezifik). Etymologie / Etyrn Beschrieben wird in dieser Artikelposition das dem jeweiligen deutschen Präfix zugrundeliegende Etymon der Ursprungssprache sowie seine Stellung in deren Wortbildungssystem. Etymologisches Paradigma / EtymPdgm Diese fakultative Artikelposition gibt einen Überblick über unterschiedliche Einheiten, die zwar auf dasselbe (oder ein urverwandtes) Etymon zurückgehen wie das jeweils behandelte Präfix, von diesem aber unterschieden werden müssen, weil sie zu ihm nicht in direktem Zusammenhang stehen. Die in dieser Artikelposition behandelten Einheiten werden im Lexikon nicht behandelt, sie erhalten hier jedoch Verweiseinträge (z.B. „posterieren vgl. EtymPdgm“) und sind zudem über die Register der Monographie erschließbar. Geschichtliche Entwicklung / Hist Diese Artikelposition enthält, in differenzierter, ausführlicher Form, eine genetisch-entwicklungsbezogene Darstellung des jeweils behandelten Präfixes und seiner einzelnen Strukturtypen. Irreguläres / Irreg Diese Artikelposition erfaßt und beschreibt solche im Deutschen gebräuchlichen Kombinationen mit dem jeweils behandelten Präfix, die in unter- <?page no="17"?> Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 9 schiedlicher Weise von den im Kombinemartikel behandelten regulären (im Deutschen gebräuchlichen und/ oder produktiven) Strukturtypen markant abweichen. Zu den Typen dieser irregulären Kombinationen zählen z.B. die in Struktur und Bedeutung kaum oder nur noch schwer erschließbaren Lehnwörter aus der Ursprungssprache. Die ausführlichere Behandlung vor allem älterer, heute nicht mehr oder kaum noch gebräuchlicher irregulärer Kombinationen ist teilweise (so wegen sehr hoher Frequenzen bei prä-) in diese Artikelposition integriert, und zwar in der dem Lexikon entsprechenden Wortartikelform. Soweit die veralteten irregulären Kombinationen im Lexikonteil nicht in Wortartibelform erscheinen, haben sie hier Verweiseinträge (z.B. „Präeminenz, uiit präeminent, präeminieren vgl. Irreg“) und sind im übrigen über die Register leicht erschließbar. 0-3-3 Zum Aufbau der Lexikoneinträge Jeder Lexikoneintrag zu einer Kombination des jeweils behandelten Präfixes besteht aus dem Wortartikel und dem dazugehörigen Belegteil. 0-3.3.1 Wortartikel Die alphabetisch angeordneten Wortartikel sind in der Reihenfolge der Angaben bzw. der Subbausteine folgendermaßen strukturiert: (1) Lemma (im folgenden dann als Hauptlemma bezeichnet, wenn im selben Wortartikel noch weitere Kombinationen/ Ableitungen, die eine zusammengehörige Gruppe bilden, behandelt werden) (2) Wortart oder pragmatische Kategorie (z.B. Warenname, Eigenname u.ä.) (3) Jahreszahl des vom Bearbeiter ermittelten Erstnachweises (in Rund- 1 I . . V . Klammer). Dabei ist zu beachten, daß es sich bei diesen Erstnachweisen (mit Ausnahme der Okkasionalismen) in der Regel natürlich nicht um tatsächliche Erstbelege handelt. (4) Morphologische und Schreib-Varianten des Lemmas (soweit vorhanden Un d von gebrauchsfrequentiellem Stellenwert) (3) Herkunftsangabe und Sprachvergleich. Dieser gesamte Angabenkomplex ^scheint in Rundklammer. Im einzelnen ist zu beachten: 'll) Besteht die Basis der Kombination aus einem selbständigen Lexem, das e m deutschen (indigenen) Wortschatz angehört, entfallen Herkunftsangaben bzw. etymologisch-genetische Markierungen des Wortmaterials. k) Besteht die Basis aus einem entlehnten, (vor allem) lat./ griech. Wort 0 e r Wortsegment, sind etymologisch-genetische Angaben obligatorisch. <?page no="18"?> 10 Michael Kinne c) Lehnwörter aus dem Lat./ Griech. oder aus modernen europäischen Sprachen werden auf das jeweilige Etymon zurückgeführt. d) Beim Sprachvergleich mit engl./ frz. Lehnwörtern und Lehn-Wortbildungsprodukten wird in der Regel folgendermaßen verfahren: Unmittelbar hinter der aufgeführten engl./ frz. Kombination erfolgt die Angabe einer Jahreszahl. Diese wurde der benutzten engl./ frz. lexikographischen Quelle entnommen und benennt das Jahr des von dieser ermittelten bzw. gebuchten Erstnachweises. Die Sigle des jeweils benutzen engl./ frz. Wörterbuchs (z.B. „in OED 1989“) schließt sich unmittelbar an die Jahreszahlangabe an. Handelt es sich in der engl./ frz. Quelle um eine dort undatierte Buchung wird nur die Wörterbuchsigle aufgeführt. Die Wörterbuchsigle steht immer in VERSALIEN. Beispiele zu präfaschistisch: „vgl. engl, prefascist 1938 in OED 1989 und frz. prefasciste 1981 in 1988 TRESOR 1971fL“; zu postmeridian: „vgl. engl, postmeridian 1626 in OED 1989 und frz. postmeridian in 1988 TRESOR 1971fF.“. Soweit gravierende Bedeutungsunterschiede zwischen dem Deutschen und der Herkunftssprache vorliegen, werden sie nach diesen Angaben beschrieben. (6) Funktionalstilistische Angaben wie z.B. „okkasionell“, „fachspr.“ (gegebenenfalls in Rundklammern mit Auffächerungen). (7) Bedeutungsparaphrase bzw. enzyklopädische Erläuterung. Die Bedeutungsparaphrase steht in einfachen Anführungszeichen. Die Bedeutungsangabe entfällt in den Fällen, in denen die Paraphrase lediglich die Wiederholung einer (jeweils im Belegteil aufgeführten) stark terminologisierten Wörterbuch-Definition oder eines sprechenden Belegs bieten würde. In diesen Fällen kann der Benutzer die Bedeutung dem Belegteil entnehmen. Anstelle der Bedeutungsparaphrase steht in diesen Fällen die Angabe „vgl. Beleg/ e“. Bei okkasionellen Bildungen, für die aufgrund einer wenig aussagekräftigen Beleglage keine vertretbare/ eindeutige Bedeutungsparaphrase gegeben werden kann, steht die Angabe „Bed. unsicher“. (8) Angabe zum Strukturtyp oder zur Irregularität. Sofern der Gebrauch des Präfixes mehr als einen Strukturtyp aufweist (in unserem Falle also bei post- und prä-) wird der Wortartikel mit der Angabe des jeweiligen Strukturtyps der behandelten Kombination (bzw. Kombinationsgruppe) abgeschlossen, z.B. „(1A)“. Bei irregulär gebildeten Kombinationen steht abschließend immer die Angabe „(irreg)“. Beide Angaben erscheinen jeweils in Rundklammer und in derselben graphisch herausgehobenen Form wie das Hauptlemma und (gegebenenfalls) die zugeordneten Lemmata der Kombinationsgruppe. <?page no="19"?> Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 11 Hauptlemma und diesem zugeordnete Kombinationen: Für Wortartikel, in denen nach dem Hauptlemma noch weitere Kombinationen/ Ableitungen, die eine zusammengehörige Gruppe bilden, behandelt werden, gelten folgende Regelungen: Dem Hauptlemma zugehörige Kombinationen werden im unmittelbaren Anschluß an die Wortartikelposition (7) aufgeführt. Die Angabe der zugehörigen Kombination(en) erfolgt dabei in derselben graphisch herausgehobenen Form wie beim Hauptlemma. Die Abfolge der im Rahmen eines Wortartikels dargestellten Kombinationen einer Kombinationsgruppe (z.B. Neoimpressionismus/ neoimpressionistisch/ Neoimpressionist) ergibt sich im Wortartikel ausschließlich aus den jeweiligen chronologischen Gegebenheiten, d.h. Hauptlemma der jeweiligen Kombinationsgruppe ist immer das Lemma mit dem frühesten ermittelten Nachweis. So ergibt sich Z -B. für die Kombinationsgruppe um Neoimpressionismus innerhalb des Wortartikels folgende Anordnung: Neoimpressionist (aufgrund des ermittelten Erstnachweises für 1907 als Hauptlemma), mit Neoimpressionismus (1952) und neoimpressionistisch (1962). Diese Abfolge der Behandlung der Kombinationen ist auch verbindlich für die Belegteile (vgl. dazu die folgenden Ausführungen). Jede irn Anschluß an das Hauptlemma aufgeführte und diesem zugehörige Kombination erhält in der Regel wie das Hauptlemma die Angaben (2), (J)i (4) und (7), und zwar in gleicher Darstellungs- und Anordnungsform Wl e beim Hauptlemma. Die Wortartikelpositionen (5) und (6) zum Hauptlemma sowie die den Wortartikel abschließende Angabe (8) beziehen sich m der Regel weitgehend auf alle im Rahmen des Wortartikels behandelten Kombinationen. 0-3-3.2 Belegteil Dem Belegteil liegen folgende Regelungen zugrunde: Anordnung der Belege: pie Belege zu einer Kombination erscheinen jeweils in chronologischer Rei- . en folge. Innerhalb des Belegs ist die behandelte Kombination fett markiert. f r den innerhalb eines Wortartikels nach dem Hauptlemma weitere diezu gehörige Kombinationen behandelt, so bilden die Belege zu einer ombination in sich chronologisch sortiert jeweils einen in sich geschlossenen Belegblock. Die Belegblöcke werden durch eine Leerzeile vonei nander abgehoben. Nach jedem durch einen Punkt abgechlossenen Beleg innerhalb der Belegblöcke beginnt eine neue Zeile. Die Belegblöcke werden (; r im Wortartikel vorgegebenen chronologischen Reihenfolge der dort e andelten Kombinationen präsentiert. <?page no="20"?> 12 Michael Kinne Quellenangabe: Jeder Beleg wird eingeleitet durch die kursiv gesetzte Quellenangabe als Kurzformel. In der Regel enthalten die Kurzformeln der Quellenangaben in der genannten Reihenfolge die folgenden Positionen: bei Büchern: Familienname des Autors, Erscheinungsjahr, Kurzform des Werktitels, Seitenzahl, z.B. Burster 1674 Schwed. Krieg 144- Ist dem Autorennamen eine Jahreszahl mit nachfolgend senkrechten Strich vorangestellt, so steht diese Jahreszahl für das Jahr, aus dem der Beleg ursprünglich stammt. Das heißt: In der nachfolgenden Quelle (die immer einem späteren Termin zugehört) ist dieser Beleg lediglich als (datiertes) Zitat enthalten, z.B. 1841 \ Schirmer 1911 Kaufmannssprache 146; bei lexikographischen Nachschlagewerken: Familienname des Autors und/ oder (in Kurzform) Werktitel (immer in VERSALIEN), davor oder dahinter das Erscheinungsjahr der benutzten Ausgabe. Bei mehrbändigen Werken findet sich die Angabe des Erscheinungsjahres des jeweils benutzten Bandes vor dem Namen/ Titel; nach dem Namen/ Titel steht die Angabe des Erscheinungsjahres des jeweils zuerst erschienenen Bandes, z.B. HEYSE FWB 1838, 1863 KALTSCHMIDT, DUDEN FWB 1982, 1972 BROCKHAUS 1966ff. Auch bei den benutzten engl./ frz. lexikographischen Nachschlagewerken (vgl. oben in der Wortartikel-Beschreibung Position 5) erfolgt die Zitiersigle (Autoren-Familienname und/ oder Werktitel in Kurzform) stets in VERSALIEN, z.B. WEBSTER INTERNAT 1976, 1988 TRE- SOR 197Iff., OED 1989. Eine alphabetisch sortiertes Verzeichnis der Zitiersiglen der benutzten lexikographischen Nachschlagewerke findet sich am Ende dieser Benutzerhinweise. Vgl. hierzu auch den umfassend informierenden Abschnitt „Quellen der Buchungsgeschichte“ in der Einleitung zu (G. Hoppe, Das Lehnpräfix ex-)’-, bei Zeitungen/ Zeitschriften: Tageszeitungen und Zeitschriften mit Datumsangabe: Name (meist in verkürzter Form), Erscheinungsdatum, Seitenzahl (kann fehlen), z.B. Süddeutsche Ztg. 24-3.1994, Spiegel 6.9.1993, 204', Zeitschriften ohne Datumsangabe: Erscheinungsjahr, Name (meist in verkürzter Form), Heftnummer, Seitenzahl (kann fehlen), z.B. 1994 Deutsche Bühne 3, 40. In der Regel sind die Quellenangaben gemäß den hier aufgeführten Mustern so formuliert, daß ein Rückgriff auf die jeweilige Quelle problemlos erfolgen kann. Für Quellen der Schulz-Baslerschen Belegsammlung (jeweils mit (SB)-Markierung am Ende des Belegs) kann für genauere bibliographische Angaben auch Band 7 des „Deutschen Fremdwörterbuchs“ zu Rate gezogen werden („Quellenverzeichnis“, bearbeitet von Alan Kirkness. Berlin/ New York 1984). Für eventuelle Anfragen bezüglich genauer Eruierung * Mit einer Einführung in den Gegenstandsbereich von Gabriele Hoppe und Elisabeth Link. Tübingen. 1999 <?page no="21"?> Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 13 einer Quelle steht auch der Autor dieses Bandes (über die Adresse des IDS) zur Verfügung. Markierung der Belegsammlungen: Nach jedem Beleg schließt sich in Rundklammer die Sigle für die im IDS vorhandenen Belegsammlungen und Korpora an, die jeweils als Fundquelle des Belegs dienten. Benutzt werden folgende Siglen: BG, BSPA, CK, GfdS, SB und Z (Erläuterung der Siglen im Abkürzungsverzeichnis). Damit soll dem Benutzer für eventuelle Verifizierungsbedürfnisse der Zugang zu den Materialien im IDS erleichtert werden. 0-4 Verzeichnis der Zitiersiglen der verwendeten lexikographischen Nachschlagewerke Das Verzeichnis enthält in alphabetischer Reihenfolge die in diesem Band verwendeten Wörterbuch-Siglen mit kurzen Angaben zu den im Rahmen der sogenannten Buchungsgeschichte der Kombineme für die Untersuchung herangezogenen Sprach- und Sachwörterbücher des Deutschen sowie des Englischen und Französischen. Das Verzeichnis greift in stark verkürzter Form auf die einschlägigen Abschnitte in der Einleitung zu (G. Hoppe, Das Lehnpräfix exa.a.O.) zurück, die bei Bedarf konsultiert werden sollte; darin vor allem der von E. Link erarbeitete Abschnitt „Quellen der Buchungsgeschichte“. Aus dem dort ausführlich beschriebenen Gesarntinventar aller in der Buchungsgeschichte enthaltenen Wörterbücher sind im folgenden Verzeichnis nur diejenigen aufgeführt, die als Quelle für Belege zu den hier behandelten Präfix-Kombinationen benutzt wurden. Zusätzlich zum Gesamtinventar enthält das folgende Verzeichnis einige wenige Wörterbücher, die ausschließlich als Belegquelle für die Monographien dieses Bandes herangezogen worden sind. BECHHOLD: J.H. Bechhold (Hrsg.), Handlexikon der Naturwissenschaften und Medizin. 2 Bde. Frankfurt a. M. Bd. 1: 1919 (2. Auf! .), Bd. 2: 1923 (2./ 3. Aufl.) BR °? kh AUS, verwendete Auflagen: [Brockhaus.] Allgemeine deutsche Real-Encyclopädie für die gebildeten Stände. 15 Bde. Leipzig 1843-1848 (9. Aufl.) Brockhaus’ Conversations-Lexikon. 16 Bde. Leipzig 1882-1887 (13. Aufl.) Per große Brockhaus. 12 Bde. Wiesbaden 1952-1957 (16. Aufl.) Brockhaus Enzyklopädie. 20 Bde. Wiesbaden 1966-1974 (17. Aufl.) Brockhaus Enzyklopädie. 24 Bde. Mannheim 1984-1994 (19. Aufl.) BflOCKHAUS-WAHRIG: G. Wahrig u.a. (Hrsg.), Deutsches Wörterbuch. 6 Bde. Wiesbaden, Stuttgart 1980-1984 c AMpe KWH: J.H. Campe, Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Ausdrücke. Braunschweig 1813 BUDEN BED: DUDEN. Bedeutungswörterbuch. Mannheim u.a. 1985 (2. Aufl.) BUDEN EWE: DUDEN. Fremdwörterbuch. Mannheim u.a. 1982 (4. Aufl.) BUDEN gwB: DUDEN. Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. 6 Bde. Mannheim u -a. 1976-1981 CWB: DUDEN. Deutsches Universalwörterbuch. Mannheim u.a. 1983; 1989 (2.Aufl.) <?page no="22"?> 14 Michael Kinne FWB LEIPZIG: Großes Fremdwörterbuch. Bibliographisches Institut Leipzig 1977 GENIUS: A. Genius, Neues großes Fremdwörterbuch. Regensburg 1933 (3./ 4.Aufl.) GR. LAROUSSE: Grand Larousse de la langue fran^aise. 7 Bde. Paris 1971-1978 HECHTENBERG: K. Hechtenberg, Fremdwörterbuch des siebzehnten Jahrhunderts. Berlin 1904 HEYSE FWB: J .Ch.A. Heyse, Allgemeines verdeutschendes und erklärendes Fremdwörterbuch ... Hannover 1838 (8. Aufl.); 1870 (14. Aufl.) HWDG: Handwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 2 Bde. Berlin 1984 KALTSCHMIDT: J.H. Kaltschmidt, Neuestes und vollständigstes Fremdwörterbuch. Leipzig 1863 (6. Aufl.) KEHREIN: J. Kehrein, Fremdwörterbuch ... Stuttgart 1876 MAALER: J. Maaler, Die Teütsch spraach ... Zürich 1561 MACKENSEN: L. Mackensen, Neues deutsches Wörterbuch. Laupheim 1952; L. Mackensen, Deutsches Wörterbuch. München 1967 (5. Aufl.); 1986 (12. Aufl.) MEYER, verwendete Auflagen: [Meyer.] Neues Konversations-Lexikon. 15 Bde. Hildburghausen 1861-1867 (2. Aufl.) Meyers Konversations-Lexikon. 15 Bde. Hildburghausen 1874-1878 (3. Aufl.) Meyers Konversations-Lexikon. 17 Bde. Leipzig, Wien 1893-1897 (5. Aufl.) Meyers Enzyklopädisches Lexikon. 25 Bde. Mannheim u.a. 1971-1981 MEYER DDR: Meyers Neues Lexikon. 18 Bde. Leipzig 1972-1978 (2. Aufl.) NATMATH FWB: Fremdwörterbuch naturwissenschaftlicher und mathematischer Begriffe. 2 Bde. Köln 1982 (4. Aufl.) OED: The Oxford English Dictionary. Oxford 1933 (1. Aufl., 12 Bde.); 1989 (2. Aufl., 20 Bde.) OERTEL: E.F.Ch. Oertel, Gemeinnüzziges Fremdwörterbuch ... 2 Bde. Ansbach 1816 (2. Auf! .); 1831 (4. Aufl.) PETRI: F.E. Petri, Sprachliches Hand-Wörterbuch für Deutsche. Dresden 1817 (3. Aufl.); F.E. Petri, Handbuch der Fremdwörter in der deutschen Schrift- und Umgangssprache. Leipzig 1879 (13. Aufl.); 1911 (40. Aufl.) PSCHYREMBEL: W. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch. Berlin 1942 (48.-53. Aufl.); Berlin, New York 1977 (253. Aufl.) ROBERT: P. Robert, Dictionnaire alphabetique & analogique de la Langue Frangaise. 6 Bde. Paris 1970-1975; Le Grand Robert de la langue frangaise. Dictionnaire alphabetique... 9 Bde. Paris 1985 (2. Aufl.) ROTH: S. Rot(h), Ein Teutscher Dictionarius ... Augsburg 1571 SANDERS DWB: D. Sanders, Wörterbuch der Deutschen Sprache. 2 Bde. (Bd. 2 in zwei Teilbänden) Leipzig 1860-1865 SANDERS FWB: D. Sanders, Fremdwörterbuch. 2 Bde. Leipzig 1871 SPERANDER: Sperander (= Pseudonym für F.Gladow), A la Mode - Sprache der Teutschen ... Nürnberg 1727 TRESOR: Tresor de la langue fran$aise. 16 Bde. Paris 1971-1994 WAHRIG FWB: G. Wahrig, Fremdwörter-Lexikon. Gütersloh u.a. 1974 WDG: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. 6 Bde. Berlin 1964-1977. Verwendete Auflagen: Bd. 1: 10. Aufl., 1980; Bd. 2: 7. Auf! ., 1981; Bd. 3: 5. Aufl., 1981; Bd. 4: 4. Aufl., 1981; Bd. 5: 1976; Bd. 6: 1977 WEBSTER INTERNAT: Webster’s Third New International Dictionary of the English Language Unabridged. 3 Bde. Chicago u.a. 1976 WEBSTER COLLEG: Webster’s Ninth New Collegiate Dictionary. Springfield (Mass.) 1983 ZEDLER: J.H. Zedler, Grosses vollständiges Universal Lexicon Aller Wissenschaften und Künste ... 64 Bde. Halle, Leipzig 1732-1754 <?page no="23"?> Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 15 0.5 Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen A (in Schemata) Adj., adj. Adv., adv. Amerikan., amerikan. arab. BG BSPa CK ders, DFWB Dt., dt. e (in Schemata) ebd. EN (in Schemata) Dngl., engl. Dngl./ Amerikan., en gl./ amerikan. Dtym DtymPdgm F. Drz., frz. GfdS Giramm Griech., griech. Hist ' (in Schemata) IDs Irreg bah, ital. jap. Jh. Kat Komb La t-, lat. LVV bWB(-) M. mlat. Morph N. ndl. Adjektiv Adjektiv, adjektivisch Adverb, adverbial amerikanisches Englisch, amerikanisch englisch arabisch Sigle der Quellenmaterialbasis: = Buchungsgeschichte; d.h. gebucht in (für dieses Projekt) speziell ausgewählten Wörterbüchern Sigle der Quellenmaterialbasis: = Bundessprachenamt (Hürth); d.h. belegt in den Materialien des BSPA Sigle der Quellenmaterialbasis: = Computerkorpora; d.h. belegt in den maschinenlesbaren Textkorpora des IDS derselbe Deutsches Fremdwörterbuch Deutsch, deutsch exogen: entlehnt/ lehngebildet ebenda Eigenname britisches Englisch, britisch-englisch britisches und amerikanisches Englisch britisch- und amerikanisch-englisch Verweissigle für die Artikelposition „Etymologie“ Verweissigle für die Artikelposition „Etymlogisches Paradigma“ Femininum Französisch, französisch Sigle der Quellenmaterialbasis: = Gesellschaft für deutsche Sprache (Wiesbaden); d.h. belegt in den Belegsammlungen der GfdS Verweissigle für die Artikelposition „Grammatik der Lehnwortbildungsprodukte“ Griechisch, griechisch Verweissigle für die Artikelposition „Geschichtliche Entwick- Jung“ indigen: nicht entlehnt Institut für deutsche Sprache (Mannheim) Verweissigle für die Artikelposition „Irreguläres“ Italienisch, italienisch japanisch Jahrhundert Verweissigle für die Artikelposition „Kombinemkategorie“ Verweissigle für die Artikelposition „Kombinationen“ Latein, lateinisch Lehnwort Lehnwortbildung(s-) Maskulinum Mittellatein, mittellateinisch Verweissigle für die Artikelposition „Morphologie“ Neutrum niederländisch <?page no="24"?> 16 Michael Kinne Nlat., nlat. o.S. Russ., russ. S (in Schemata) SB SemBas Sem Komb SemPdgm span. (-)spr. Subst., subst. V (in Schemata) V. Irans./ intrans. vgl. WB(-) Z Neulatein, neulatein ohne Seitenangabe Russisch, russisch Substantiv Sigle der Quellenmaterialbasis: = Schulz-Basler; d.h. belegt in der Schulz-Basler-Belegsammlung des IDS Verweissigle für die Artikelposition „Semantik der Basen“ Verweissigle für die Artikelposition „Semantische Leistung in Kombinationen“ Verweissigle für die Artikelposition „Semantisches Paradigma“ spanisch (-)sprache, (-)sprachlich Substantiv, substantivisch Verb transitives/ intransitives Verb vergleiche Wortbildung(s-) = Sigle der Quellenmaterialbasis: Zettelkasten; d.h. exzerpiert und belegt in den Zettelkästen der Projektmitarbeiter im IDS <?page no="25"?> Das Präfix post- 17 I. D as Präfix post- 1.0 Überblick post- Segment in Lehnwörtern Präfix zur Lehn-Wortbildung von Substantiven, Adjektiven und Verben seit früherem 16. Jh. in Lehnwörtern aus dem Lateinischen seit früherem 18. Jh. in Lehn-Wortbildungsprodukten fach- und bildungssprachlich produktiv: lr n 18./ 19. Jh., teilweise auch noch im 20. Jh. vorwiegend fachsprachlich Produktiv in Kombinationen mit integrierten Lehnwörtern als Basismaterial; 20. Jh., vor allem in jüngerer Zeit vorrangig bildungssprachlich produktiv in Kombinationen mit integrierten Lehnwörtern und in geringerem Umfang mit indigenen Lexemen als Basismaterial, darunter teilweise Kombinationen mit sprachrnodischen Zügen Postbringt die Bedeutungen (zeitlich) nach/ später (1A-1C) und (räumlich) hinter/ hinten (2) in Kombinationen folgender Strukturtypen einer x-y-Folgerelation ein: fA Postexpressionismus [ x: Kunstbewegung/ -stil, ...] nach/ später als/ im Gefolge von/ Spätphase von y (Expressionismus) lb postdatieren x (datieren) später/ hinterher/ im nachhinein in bezug auf [y: Zeitpunkt, ...] fC Post-Neckenauer-Ära x (Ara) nach/ später als/ im Gefolge von y (Neckenauer) ^ Postszenium [ X: Raum, ...] hinter/ hinten an/ an der Rückseite von y (Szene/ Bühne) <?page no="26"?> 18 1.1 1529 1647 1741 1750 1759 1781 1804 1813 1831 1838 1842 1848 1863 1866 1870 1871 1876 1879 1886 1891 1895 1903 1911 1923 1932 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Chronologisches Register Postskript/ um postponieren Postkommunion Postprädikament Postszenium Postdiluvianer Postformation Postnumeration postnumerieren postdatieren Postlitz Postludium Postexistenz postnumerando Postposition 2 postskribieren postdiluvianisch postlutherisch Postabdomen postapicial postautumnal postcostal Postdatum postdorsal Postgenitus postmeridian postpositiv postembryonal postglazial postpliozän posteozän postjustinianisch Postokkupation Postpositivae postmortal posthypnotisch postnuptial Postreduktion posthornerisch postexistentiell Postmolar Postpliozän Postglazial vgl. Hist Irreg 1A Irreg 2 1A 1B 1B 1B 1B vgl. Irreg/ veralt. 1B 1B/ 1A 1B Irreg vgl. Hist 1A 1A 2 2 lA/ veralt. 2 1B 2 IB/ veralt. 1 A/ veralt. Irreg 1A 1A 1A 1A 1A ID Irreg 1A 1 A 1A 1B 1A 1B 2 1A 1A <?page no="27"?> Das Präfix post- 19 1933 1940 1942 1950 1952 1955 1961 1963 1964 1965 1967 1969 1970 1971 1972 1973 1974 Postdiluvium 1A postpliozänisch 1A Postposition 1 1B posttertiär 1A postoperativ 1A postdiphtherisch 1A postmenstruell 1A postnatal 1A postpneumonisch 1A postponierend 1B Postrhinoskopie 2 posttraumatisch 1A Posthistorie 1A postkarbonisch 1A postkulmisch 1A postdental 2 postrevolutionär 1A postfaschistisch 1A postkonstitutionell 1A postliberal 1A postpubertil 1A postideologisch 1A post-literarisch 1A postfriderizianisch 1A postgraduell 1A postpreußisch 1A postthrombotisch 1A postnational 1A postbasaltisch 1A postnuklear 2 2 postuniversitär 1A postalveolar 2 postganglionär 2 Postkraniometrie 2 Postadaption 1B Postantennalorgan 2 Postprozessor 1B posttektonisch 1A postverbal Irreg postvulkanisch 1A posthemiplegisch 1A Postcholezystektomie-Syndrom IC postgradual 1A Postkommissurotomie-Syndrom IC Postverbale l rre S <?page no="28"?> 20 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1977 postalimentär 1A postenzephalitisch 1A Postfrontale 2 Postgastrektomie-Syndrom IC Posthepatitis-Syndrom IC Postparietale 2 postpartal 1A postprandial 1A postvakzinal 1A 1979 postexpressionistisch 1A posthuman 1A postimpressionistisch 1A 1980 Postvention 1B 1981 postmateriell 1A 1982 Postadaptation 1B postfloral 1A postkapitalistisch 1A postkoital 1A postkranial 2 Postmaterialismus 1A postpalatal 2 postsynaptisch 2 1983 Postdoktorand 1A postherberger(i)sch 1A posthistorisch 1A Postkapitalismus 1A postmaterialistisch 1A postreligiös 1A Post-Sputnik-Ara IC 1984 postfebril 1A postgrippös 1A Postkontusionssyndrom IC postmodern 1A Postmoderne 1A post-ökonomisch 1A postphlogistisch 1A 1985 Postadoleszenz 1A postalternativ 1A postapokalyptisch 1A Post-Avantgarde 1A post(-)doc/ Post(-)Doc 1A Postdorsal 2 Postindustrialismus 1A postindustriell 1A postkolonial 1A <?page no="29"?> Das Präfix post- 21 1986 1987 1988 postkopernikanisch 1A Postlingual 2 Postmodernismus 1A Postmodernist 1A postmodernistisch 1A Post-Neckenauer-Ara IC postnuklear 1 1A Postpalatal 2 Post-Premieren-Kult IC postpubertär 1A Postradikalismus 1A Postrestaurativer 1A Post-Revolution 1A postseriell 1A Poststalinismus 1A Poststrukturalismus 1A Posttest iß Post-Atomzeitalter IC Postexpressionismus 1A Postfaschismus 1A postfeministisch 1A Postgraduierter 1A postkonventionell 1A Postkubismus 1A Post-Marxist 1A postmodisch 1A postnapoleonisch 1A Post-Protestgeneration IC Postregeneration 1B postsexuell 1A Poststrukturalist 1A poststrukturalistisch 1A Postfeminismus 1A postfreudianisch 1A Posthumanität 1A Postimpressionismus 1A Postkubist 1A Postmoderner 1A postpatriarchalisch 1A Post-Pershing-Welt IC Post-Punk-Generation IC posttotalitär 1A Post-Tschernobyl-Effekt IC postavantgardistisch 1A Postfaschist 1A <?page no="30"?> 22 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Post-Holocaust-Literatur IC Postimpressionist 1A Post-Punk-Dichter IC Post-Punk-Klänge IC postskandalös 1A poststalinistisch 1A 1989 postatomar 1A Post-Bonsai-Zeit IC Postpunkgruppe IC postromantisch 1A Postsexualität 1A postutopisch 1A 1990 postanabol 1A postbasisch 2 Post-Cezannismus 1A postfeudal 1A Postkommunist 1A postkommunistisch 1A Post-Konfrontationsepoche IC postkubistisch 1A Postpunkerin 1A Postsozialismus 1A postsozialistisch 1A 1991 Post-Chereau-Moderne IC Post-DDR-Film IC Post-Glasnost-Zeit IC Post-Kreml-Zeit IC Post-Post-Yuppie 1A post-veristisch 1A 1992 Post-Apartheid-Ara IC Post-Emanzipation 1A Postkommunismus 1A postkonfessionell 1A postkonfrontativ 1A postmondän 1A 1993 Post-Auschwitz-Untat IC postbürgerlich 1A postbyzantinisch 1A Post-Cold War-Realität IC Post-Esser-Ära IC Postfeministin 1A postimperial 1A postkatastrophal 1A postlink... ^A Post-Madonna-Generation IC <?page no="31"?> Das Präfix post- 23 Post-Marxismus 1A Postnationaler 1A postorientalistisch 1A post-politisch 1A postpsychoanalytisch 1A postpuritanisch 1A Post-Solidarnosc-Zeit IC postsowjetisch 1A Postzionismus 1A 1994 Post-Achtundsechziger 1A Post-Bellini-Konfektion IC Post-Sozialist 1A post-viktorianisch 1A 1995 postnazistisch 1A Postproduktion 1B <?page no="32"?> 24 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1.2 Kombinemartikel 1.2.1 Kombinemkategorie / Kat Präfix Neben dem regulären Gebrauch des Kombinems postals Präfix finden sich im Zusammenhang mit der sprachkritischen Reflexion über die Fülle und Verwendungshäufigkeit der neueren posFKombinationen (vgl. 1A Komb, IC Komb) in jüngster Zeit gelegentlich Kombinationen mit dem Segment / post/ , in denen postwie ein Konfix als Basis von Ableitungen dient (Postismus, postpost) oder mit einem Pronomen kombiniert wird (postalles). Vereinzelt wird post auch wie ein selbständiges Lexem gebraucht. Zeit 18.10.1985 Wir leben in der Zeit des ‘Postismus’ (CK). Zeit 3.6.1988 Die Postmodernen der postindustriellen, postmateriellen, postkapitalistischen Gesellschaft waren diesen ganzen Postismus leid und flüchteten sich zum Zeitgeist (z). Zeit 1.11.1985 Ganz unbefangen vertreten wir wieder irrationale Positionen und geben uns post, wenn nicht gar schon postpost, modern eben (CK). FAZ 21.3.1988 bevor das ominöse „post“ in der Diskussion um die „Postmoderne“ zu irisieren begann (z). Zeit 11.11.199J Man fand sich mit dem Gedanken ab, daß sowieso alles „Post-“ ist, also nichts Eigenes sein konnte, nur Zusammengemixtes, Nachbereitetes (z). Kölner Stadt-Anz. 30.10.1987 'Die Ausstellung könnte in ihrer kunsthistorischen Aufbereitung sogar als Warnung verstanden werden wäre da nicht der Zeitgeist 1987, der post-modern, post-historisch und post-alles auch tatsächlich alles noch einmal auf den Kopf zu stellen versucht (z). Zeit 24-5.1985 Zuspruch fand auch Dieter Schnebel, der ungehalten darüber war, daß immer wieder der Begriff ‘post’ herumgeistert (CK). 1.2.2 Morphologie / Morph Die Fuge zwischen post- und der folgenden Konstituente wird vor allem in jüngerer Zeit vorwiegend in okkasionellen Kombinationen vereinzelt und ohne erkennbare Regularität durch Bindestrich markiert. In Kombinationen des Strukturtyps IC wird sowohl die Fuge zwischen post- und dem Basislexem S1 als auch die Fuge zwischen den Basislexemen Sl und S2 zwar mit gewisser Regelmäßigkeit, insgesamt aber eher unsystematisch durch Bindestrich markiert (Post-Pershing-Welt, vgl. daneben aber auch Postpunkgruppe, Posthepatitis-Syndrom, Post-Protestgeneration). <?page no="33"?> Das Präfix post- 25 1.3 Beschreibung der einzelnen Strukturtypen 1.3.1 1.3.1.1 post- + post- + Strukturtyp 1A 1A Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 1A Gramm Doktorand Faschismus Ae/ EN —Abi: expressionistisch lutherisch =>Slwb Postdoktorand Postfaschismus =>Alwb postexpressionistisch postlutherisch Die als Basen von posMA-Kombinationen verwendeten Subst. und Adj. Sl nd entweder (meist) suffixale Kombinationen, also selbst komplex, oder (selten) Simplicia. Unter den suffixalen Basiskombinationen finden sich besonders häufig paradigmatisch aufeinander bezogene Kombinationen mit den Lehnsuffixen -ismus, -ist und -istisch (Expressionismus, Expressionist, expressionistisch), die zur Bildung ebenso paradigmatisch zusammengehöriger post-lA-Kombinationen herangezogen werden (Postexpressl onismus, Postexpressionist, postexpressionistisch). Aber auch sonst über- Wl egen bei den Personenbezeichnungen und den (Zugehörigkeits-) Adj. mit Post-IA diejenigen, die eine subst. posMA-Kombination paradigmatisch er ganzen (postrevolutionär neben Postrevolution). Isolierte Personenbe- 2 eichnungen (Post-Achtundsechziger, Postdoktorand, Postpunkerin, Post- Post-Yuppie) finden sich eher selten, isolierte (Zugehörigkeits-)Adj. gelogentlich, vor allem in der medizinischen Fachsprache (postdiphtherisch, Posttraumatisch). bei allen anderen Strukturtypen des Kombinems postbesteht auch post-\A. offenbar grundsätzlich eine etymologisch-genetische Restriktlo n hinsichtlich der Basislexeme, d.h. eine unmittelbare Aufeinanderfolge des Präfixes postmit indigenen Lexemen wird weitgehend vermieden (vgl. Postbiedermeier, * postwirtschaftlich). Restriktionsverstärkend wirkt sich dabei möglicherweise die Homonymie zwischen dem Kombinem post- und dem Lexem Post F. (der Bezeichnung der Dienstleistungseinrichtung für ' en Versand von Briefen, Paketen etc.) als Bestimmungswort von Zusammensetzungen aus. post-lA-Kombinationen mit indigenem Basismaterial ) ln d selten und immer okkasionelle Bildungen wie postbürgerlich oder post- Unk. ••3.1.2 1A Semantische Leistung in Kombinationen / 1A SemKomb Post-lA leistet als Bestandteil von Kombinationen, daß mit diesen Saen / Sachverhalte und Personen, insbesondere Zeit- oder Entwicklungs- <?page no="34"?> 26 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neophasen, Zeitalter, Zeitabschnitte, Ereignisse oder Zustände (z.B. Krankheiten) sowie geistige, politische, ideologische und künstlerische Bewegungen, Prozesse, Einstellungen oder Ausdrucksformen (z.B. Kunststile) und deren Repräsentanten als solche bezeichnet bzw. charakterisiert werden, die zeitlich auf das in der Basis Genannte folgen bzw. in dessen Nachfolge/ Gefolge stehen. In formalisierter Gestalt kann die semantischen Leistung von posMA wie folgt dargestellt werden: post-W drückt (ebenso wie posf-lB und post-\C) eine temporale Folgerelation des DANACH zwischen einem x und einem y aus, und zwar (im Unterschied zu posMB und post-\C) in folgender inhaltlicher Realisierung bzw. Repräsentation der Komponenten x und y: Postexpressionismus [x: Kunstbewegung/ -stil, ...] nach/ später als/ im Gefolge von/ Spätphase von y (Expressionismus) Hinsichtlich von x muß zwischen subst. und adj. Kombinationen unterschieden werden, wobei generell festzuhalten ist, daß x nur eine schwache formale Repräsentation aufweist: - Im Falle von subst. pos<-lA-Kombinationen hat x entweder gar keine ausdrucksseitige Repräsentation in der Kombination {Postglazial, Postrevolution) oder x wird durch das semantisch im allgemeinen relativ weite, vielseitig interpretierbare - Suffix der betreffenden Basis andeutungsweise repräsentiert {Post expressionist). Die jeweilige (genaue) semantische Füllung von x muß in diesen Fällen aus der Semantik der Basis gewonnen werden, z.B. Postglazial: Glazial = Periode ..., also: Postglazial = [Periode ...]; Postrevolution: Revolution = Zeitphase ..., also: Postrevolution = [Zeitphase ...]; Postexpressionist: Expressionist = Künstler ..., also: Postexpressionist = [Künstler ...]; Postexpressionismus: Expressionismus = Kunstbewegung/ -stil ..., also: Postexpressionismus = [Kunstbewegung/ -stil ...] <?page no="35"?> Das Präfix post- 27 - Im Falle von adj. pos£-lA-Kombinationen muß x generell aus dem Kontext, im allgemeinen aus dem jeweiligen Beziehungswort der Kombination, gewonnen werden, z.B. postexpressionistisch\ postexpressionistisch[e Phase/ Erscheinung] also: postexpressionistisch — [Phase/ Erscheinung] nach ... y wird entweder unmittelbar von der Basis der Kombination bezeichnet (vgl. Revolution in Postrevolution, Glazial in Postglazial, Expressionismus >n Postexpressionismus) oder in der Basis thematisiert (das Glazial in glazial als Basis von postglazial, der Expressionismus in Expressionist als Basis von Postexpressionist, die Revolution in revolutionär als Basis von postrevolutionär, die Diphtherie in diphtherisch als Basis von postdiphther isch). Die Thematisierung von y in der Basis von posM A-Kombinationen findet sich in der Regel im Falle solcher Basen, die suffixal markierte Personenbezeichnungen (Faschist) und Zugehörigkeitsadjektive (faschistisch) zu solchen (häufig ebenfalls suffixal gebildeten) Subst. darstellen, die selbst a ls Basen von pos£-lA-Kombinationen (Faschismus/ Postfaschismus) verwendet werden (vgl. 1A Gramm). Rostrevolution Rostrestaurativer P°stjustinianisch[e Rhase/ Erscheinung] P° s tdiphtherisch[e Rhase/ Erscheinung] R°s texpressionismus ^ >os texpressionist Zeitphase nach einer Revolution Vertreter einer auf eine Restauration folgenden Phase (= der * Postrestauration) [Phase] folgend auf die Regierungszeit Justinians bzw. [Erscheinung] charakteristisch für die Zeit im Anschluß an die Regierungszeit Justinians (= des * Postjustinianismus) [Phase] folgend auf eine Diphtherie bzw. [Erscheinung] charakteristisch für die Zeitphase nach einer Diphtherie (= der *Postdiphtherie) Kunstbewegung/ -stil in der Nachfolge des Expressionismus Vertreter der Kunstbewegung/ des Kunststils in der Nachfolge des Expressionismus (= des Postexpressionismus) <?page no="36"?> 28 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- [Phase] folgend auf den Expressionismus, charakterisiert durch Merkmale der Kunstbewegung/ des Kunststils in der Nachfolge des Expressionismus (= des Postexpressionismus) bzw. [Erscheinung] charakteristisch für die Kunstbewegung/ den Kunststil in der Nachfolge des Expressionismus (= des Postexpressionismus) Der für grundsätzlich alle posM A-Kombinationen verbindliche Aspekt der temporalen Abbzw. Nachfolge kann (u.a. aufgrund des jeweiligen Kontextes) durch weitere semantische Aspekte ergänzt werden. So sind von den Kombinationen, bei denen es im Hinblick auf das in der Basis Genannte ausschließlich um ein rein zeitliches DANACH geht {postapokalyptisch, Postdiluvium, postembryonal, postkolonial), solche posM A-Kombinationen zu unterscheiden, bei denen sich im Hinblick auf das in der Basis Genannte der zeitliche Aspekt des DANACH verbindet mit dem (häufig dominanten) kausalen Aspekt des INFOLGE (besonders bei Adj. des medizinischen und geologischen Bereichs) postdiphtherisch (‘nach und infolge einer Diphtherie auftretend’), postgrippös, postmenstruell, postvulkanisch mit dem ebenfalls zeitlichen Aspekt einer SPÄTPHASE, inhaltlich häufig auch akzentuiert im Sinne von ‘zwar r\a,c\x-[kommunistisch, preußisch, stalinistisch], jedoch (irgendwie/ in bestimmter Weise) immer noch [kommunistisch, preußisch, stalinistisch ]’ Postkubismus (‘späte/ letzte Phase [nach der Blütezeit] des Kubismus’), postpubertär, postromantisch, posttotalitär mit dem (häufig dominanten) Aspekt der inhaltlichen Nachordnung im Sinne des NICHT MEHR, wobei diese inhaltliche Nachordnung des in der Basis Genannten bis zur Gegensätzlichkeit bzw. Negation reichen kann Posthumanität (‘Menschlichkeit, die nicht mehr existent ist; Un-/ Antimenschlichkeit’), postliberal, Postmaterialismus, postreligiös. Vor allem solche posMA-Kombinationen, deren Basen politische, ideologische, geistige, künstlerische, ökonomische u.a. Bewegungen/ Entwicklungsphasen bezeichnen bzw. thematisieren, können aufgrund dieser über den rein zeitlichen Aspekt hinausgehenden inhaltlichen Nuancierungen je nach Kontext unterschiedlich interpretiert werden (vgl. z.B. posttotalitär ‘nachtotalitär’ vs. ‘spättotalitär’ vs. ‘nicht (mehr) totalitär/ antitotalitär’). postexpessionistisch[e Phase/ Erscheinung] <?page no="37"?> Das Präfix post- 29 In bedeutungserläuternden Paraphrasen von pos<-lA-Kombinationen entspricht post-lA zunächst generell Paraphrasenbestandteilen, die eine temporale Folgerelation des DANACH ausdrücken, wie ‘danach’, ‘nach’, ‘folgend auf’, ‘(direkt) irn Anschluß an’, ‘im Gefolge von’, ‘in der Nachfolge von’. Je nach semantischer Akzentsetzung können sich zusätzliche Paraphrasenbestandteile finden wie ‘infolge’, ‘aufgrund’; ‘spät’, ‘in einer späten/ allerletzten Phase’; ‘nicht mehr’, ‘nicht länger’, ‘nicht’, ‘nachgeordnet’. 1-3.1.3 1A Semantik der Basen und der adjektivischen Beziehungswörter / 1A SemBas Die in posM A-Kombinationen verwendeten/ verwendbaren Basen bezeichnen bzw. thematisieren grundsätzlich etwas, das entweder generell unter (in der Semantik der jeweiligen Basen integrierten) temporalen Aspekten gesehen wird oder zumindest unter temporalen Aspekten gesehen werden und damit als temporaler Bezugspunkt dienen kann. Dasselbe gilt für die semantischen Typen von Bezeichnungen bei den Beziehungswörtern von a dj. poshlA-Kombinationen. Dabei findet sich post-lA im einzelnen vor allem in Verbindung mit folgenden semantischen Typen von Basen bzw. Beziehungswörtern: ~ Bezeichnungen und zugehörige Charakterisierungen für zeitlich fixierbare/ begrenzte - (politische, ideologische, geistige, kulturelle, künstlerische u.a.) Bewegungen/ Einstellungen/ Erscheinungen und deren Repräsentanten Post-Achtundsechziger, postalt ernativ, Postavantgarde, Postexpressionismus, postfaschistisch, Postfeminismus, postliberal, Postmoderne, postnational, Post-Punkerin, postrevolutionär, postromantisch, Poststalinismus, Poststrukturalist, posttotalitär, postutopisch, post-viktorianisch, post-veristisch - (biologische, geologische, historische, wirtschaftliche u.a.) Entwicklungsabschnitte bzw. Perioden und teilweise deren Repräsentanten postatomar, postautumnal, postbasaltisch, postembryonal, postfriderizianisch, Postglazial, postindustriell, Postkapitalismus, Postkolonialist, postpubertär ~ Ereignisse und Zustände postapokalyptisch, Postkommunion, postmortal, postnatal, postnuptial (vereinzelt) Personenbezeichnungen (besonders im Bereich der akadeuuischen Ausbildung) <?page no="38"?> 30 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Postdoktorand, Postgraduierte(n-Stipendium) von Eigennamen abgeleitete Charakterisierungen postfreudianisch, postfriderizianisch, posthomerisch, postjustinianisch, postlutherisch, postnapoleonisch, post-viktorianisch - (im medizinischen und biologischen Bereich) Charakterisierungen von Sachen/ Sachverhalten als im Zusammenhang stehend mit Krankheiten, krankhaften oder körperfunktionsbezogenen Erscheinungen, körperlichen Befindlichkeiten, medizinischen Eingriffen u.ä. postalimentär, postdiphtherisch, posthypnotisch, postkoital, postoperativ, posttraumatisch. 1.3.1.4 1A Semantisches Paradigma / 1A SemPdgm posMA wird innerhalb eines Paradigmas zur Konstitution von Adj. und Subst., die Relationen einer zeitlichen Abbzw. Nachfolge anzeigen, in teilweise lexikalisierten und gelegentlich synonym zu posM A-Kombinationen verwendeten Kombinationen (teil-)synonym verwendet mit dem entlehnten Präfix —* neo- (selten), und zwar nur in spezifischen Kontexten und bei entsprechender semantischer Akzentuierung wie in Postexpressionismus vs. Neoexpressionismus (dabei Postexpressionismus weniger akzentuiert im Sinne von ‘künstlerische Bewegung/ Stilrichtung in der Nachfolge bzw. im Gefolge des Expressionismus’, vielmehr im Sinne von ‘künstlerische Bewegung/ Stilrichtung, die den Expressionismus wiederbelebt bzw. als Vorbild erneut aufgreift’), dementsprechend auch Postfaschist vs. Neofaschist, postsowjetisch vs. neosowjetisch, poststalinistisch vs. neostalinistisch Mannh. Morgen 8.10.1986 Scheib beherrscht die Ausdrucksmöglichkeiten des Neoexpressionismus ohne klotziges Auftrumpfen gleichsam „von innen“ (CK). Wochenpost 7.9.1990 Dafür hatte die neue, neostalinistische Führung der Sowjetunion Sorge getragen (CK). dem indigenen Präfix nach- Postglazial vs. Nachglazial, postindustriell vs. nachindustriell, postkolonial vs. nachkolonial, postmodern vs. nachmodern, postoperativ vs. nachoperativ, postromantisch vs. nachromantisch, postsowjetisch vs. nachsowjetisch-, nachantik, nachchristlich, nachkarolingisch Zeit 26.j.l986 Von Griechenland aus gesehen war die Baukunst der Augusteischen Zeit, die das nachantike Europa als Inbegriff der Klassik bewunderte, doch nur ein Klassizismus (CK). Mannh. Morgen 17.1.1985 Fast Anklänge an unsere Frührenaissance glaubt man in diesem Bildrelief einer Isis-Stele aus dem nachchristlichen Ägypten zu erkennen (CK). <?page no="39"?> Das Präfix post- 31 Zeit 6.12.1985 Es ist die nachindustrielle Arbeitslosigkeit, die Hannah Arendt meint, wenn sie davon spricht, daß der arbeitsteiligen Gesellschaft die Arbeit ausgeht (CK). Zeit 7.3.1986 Die Vorliebe für solcherlei geo- und stereometrische Gebilde wurzelt bei den Baumeistern der frühen Moderne sowie bei den Nachmodernen (CK). Süddeutsche Ztg. 24-3.1994 Gelsomina und Cabiria, das waren die Kinder im nachneorealistischen Märchenland der Fünfziger (z). Zeit 19.7.1985 Auch Adorno verspannt Musik und Malerei vor dem nachromantischen, nachwagnerianischen Zeithintergrund (CK). f'AZ 24.9.1993 Von der kritischen Arbeit der Emigranten erhoffte man sich Antworten für die Probleme im nachsowjetischen Rußland (z). Die Zahl der lexikalisierten wie der okkasionellen Kombinationen mit dem mdigenen Präfix nachist deutlich größer als die der Kombinationen mit post-. Zu vielen dieser Kombinationen mit nach- (vor allem solchen mit indigener Basis) gibt es keine synonymen pos<-Kombinationen, vgl. etwa Nachaufklärung, nachbürgerlich, nachehelich, Nachferienzeit, nachschulisch, nachweihnachtlich, (die) Nachwilde(n) ~ dem indigenen Adj. spät als Bestimmungswort von Komposita bei entsprechender semantischer Akzentuierung (vgl. 1A SemKomb) Post-Avantgarde vs. Spät-Avantgardismus, postexpressionistisch vs. spätexpressionistisch, Postimpressionismus vs. Spätimpressionismus, postkapitalistisch vs. spätkapitalistisch, Poststalinismus vs. Spätstalinismus Mannh. Morgen 9.4-1988 Die musikalische Substanz verkommt mehr und mehr zum v erwässerten Spät-Avantgardismus (CK). 1.11.1985 Fassbinders Stück ist ein aus Angriffslust, Phantasie, surrealistischen und spätexpressionistischen Einsprengseln bestehendes Dokument wilder Zerstörung (CK). Mannh. Morgen 25.7.1987 Spätexpressionismus und Kubismus hinterließen ihre Spuren irn Werk (CK). Zeit 7.11.1986 Als ausübender Musiker vermochte der freundliche Spät-Hippie jedoch n 'cht zu fesseln (CK). 25.7.1969 der Versuch, die westdeutsche Gewerkschaftsbewegung dem spätkapitalistischen Herrschaftssystem unterzuordnen (CK). Welt 1.3.1974 Das liegt nicht an der chronischen Wirtschaftsmisere oder der spätstahüstischen Unterdrückung (CK). 4-4.1986 Sicher, die hitzigen Bars, die beiläufigen Schießereien, die harten Schurken sc heinen so viel moderner als Christies spät viktorianische Familienmenschen (CK). Antonym zu post-lA werden verwendet das entlehnte Präfix — ► prä- Postexpressionist vs. Präexpressionist, postfaschistisch vs. präfaschistisch, Post-Marxist vs. Prä-Marxist, postnatal vs. pränatal <?page no="40"?> 32 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Mannh. Morgen 13.2.1986 Die Ausstellung beginnt unzweifelhaft mit einem Prä- Expressionisten (Lovis Corinth) und schließt ab mit einem Neo-Expressionisten (Anselm Kiefer) (CK). Zeit 29.3.1985 In diesem Plot sind wesentliche Bestandteile präfaschistischer Ideologie eingeflossen (CK). Zeit 10.5.1985 Wo Begabung gleichsam pränatal ist, bedürfen nur die Besten oder Schwächsten staatlicher Düngung (CK). Viele posMA Kombinationen gründen auf im Sprachgebrauch schon seit langem etablierten prä-Kombinationen. Diese Feststellung gilt in gleicher Weise für die posf-Kombinationen der Strukturtypen 1B und 2. Generell ist die Zahl der prä-Kombinationen (wie bereits im Lat. so auch) im Dt. bedeutend größer als die der posf-Kombinationen. Nicht wenige posf-Kombinationen leiten ihre Existenz ab aus dem sprachspielerischen Umgang von Sprachbenutzern mit Mustern aus dem Reservoir der prä- Kombinationen. Das gilt im besonderem Maße für okkasionelle, jedoch auch für im Sprachgebrauch etablierte post- Kombinationen. das entlehnte Präfix ante- (vereinzelt) postdiluvianisch vs. antediluvianisch HEYSE FWB 1870 postdiluvianisch, nl. (vgl. Diluvium) nachsündfluthig, entg. antediluvianisch (bg). das indigene Präfix vorpostkapitalistisch vs. vorkapitalistisch, postoperativ vs. voroperativ, postpubertär vs. vorpubertär, postrevolutionär vs. vorrevolutionär Zeit 1.5.1987 Der Sangesmeister war das Exempel deutschen Bürgertums aus vorkapitalistischer Zeit (CK). Neues Deutschland 29-4-1954 In den Lassalleanischen Formulierungen von der „Verteilung“ klingen vormarxistische kleinbürgerliche Vorstellungen nach (CK). Zeit 8.11.1985 in eine Rauferei von Vorpubertären eingreifen (CK). Zeit 27.9.1985 Man sieht jetzt den Beginn einer vorrevolutionären Phase in der Republik Südafrika (CK). 1.3.1.5 1A Kombinationen / 1A Komb Die Zahl der Kombinationen mit post-lA ist verhältnismäßig groß, vor allem im Vergleich mit den Kombinationen der anderen WB-Muster mit dem Präfix post-. post-W tritt vor allem in fachspr. Kombinationen/ Termini und irn bildungsspr. Bereich auf. In beiden Bereichen finden sich dabei häufig paradigmatisch zusammengehörige Kombinationen, insbesondere solche mit ebenso paradigmatisch zusammengehörigen komplexen Basen mit den LehnsufRxen -ismus, <?page no="41"?> Das Präfix post- 33 -ist(in), -istisch, wie Postexpressionismus mit, der dazugehörigen Personenbezeichnung Postexpressionist und dem Adj. postexpressionistisch oder Postfeminismus mit der dazugehörigen Personenbezeichnung Postfeministin und dem Adj. postfeministisch. Vielfach ist dabei das Paradigma nicht vollständig belegt; die fehlenden Formen sind jedoch jederzeit bildbar und >n der Regel auch in der Motivation der belegten Formen präsent (nicht belegte * Postromantik/ * Postromantiker in postromantisch). Bei den fachspr. Kombinationen dominieren solche, für die semantisch eine geschichtliche Fundierung und somit Aspekte einer historischen Abfolge bzw. einer Periodisierung von besonderer Wichtigkeit sind, so vor allem in den Bereichen Geschichte und Politik Postfaschismus, postkolonial, postkommunistisch, postnapoleonisch, postnational, postpreußisch, Postrevolution, post-sowjetisch in den Bereichen Literatur-, Kunst- und Geistesgeschichte Postexpressionismus, posthomerisch, Postimpressionist, post-romantisch, post-veristisch. Eine zentrale Position im Rahmen dieses lexikalischen Ausschnitts von fiost-1A-Kombinationen kommt den Lexemen postmodern/ Postmoderne Zu , die besonders häufig gebraucht und zu denen auch weitere Ableitungen W] e z.B. Postmodernismus und Postmodernist gebildet werden. Weiterhin finden sich fachspr. posMA-Kombinationen in größerem Umfang im Bereich Geologie Postdiluvianer, Postglazial, postkarbonisch, posttertiär, postvulkanisch im Bereich Medizin (hier vor allem adj. Kombinationen) Postdiphterisch, postembryonal, postgrippös, postmortal, postoperativ, Postpubertär, postthrombotisch. P°sMA-Kombinationen finden sich eher vereinzelt auch in anderen Fach- Sachbereichen. Häufig sind dabei die Grenzen zwischen fach- und . ungsspr. Gebrauchsweisen der Kombinationen fließend, so daß eine eir ideutige Zuordnung oft nicht möglich ist, wie etwa bei postapokalyplSc h, postatomar, Post-Avantgarde, Postfeminismus, postfloral, postmatena listisch. Häufig nur geringe semantische Präzision bzw. selbst im weiteren Kontext P r °blematische Interpretierbarkeit sind ebenso wie eine oft vorliegende ^ Kkasionalität charakteristisch für zahlreiche eher bildungsspr. Kombinanen wie postalternativ, postkonventionell, postmondän, postutopisch. <?page no="42"?> 34 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Die vor allem in den 80er Jahren zu beobachtende kontinuierliche Zunahme solcher und ähnlicher posi-1 A-Kombinationen ist in einem mehr oder weniger engen Zusammenhang zu sehen mit dem häufigen Gebrauch und leitwortartigen Charakter der Kombinationen postmodern/ Postmoderne und deren Ableitungen bzw. dem zeitgeschichtlich hohen Stellenwert des damit Bezeichneten bzw. Charakterisierten. Ein großer Teil der jüngeren post- 1 A-Kornbinationen wie auch der posMC-Kombinationen (vgl. IC Komb) kann in das diesbezügliche Umfeld von Entwicklungstendenzen im politischen und kulturellen Bereich des ausgehenden 20. Jhs. eingeordnet werden (vgl. Hist 1A). Dabei sind Fülle und Verwendungshäufigkeit dieser Kombinationen in diversen bildungs- und medienspr. Bereichen ebenso wie die oft anzutreffende semantische Vagheit der Kombinationen und ihr modewortartiger Charakter häufig Gegenstand sprachkritischer Reflexion, die bisweilen einhergeht mit einem gewissen sprachspielerischen Umgang mit dem Kombinem post- (z.B. in Postismus, postpost, post-alles, vgl. Kat; präpostmodern/ Präpostmoderne, Postpostmoderne, Nachpostmoderne, Post-Post-Yuppie). Beck 1986 Risikogesellschaft 12 Thema dieses Buches ist die unscheinbare Vorsilbe „post“. Sie ist Schlüsselwort unserer Zeit. Alles ist „post“ (z). Mannh. Morgen 11.9.1992 Jetzt im Sog der späten Jahre, da fast alle wichtigen Eigenschaften mit „post“ beginnen, triumphieren Stilzitat und entliehener Ausdruck, ersetzen Mythos und Innerlichkeit, was einst mit dem Anbruch der Moderne ideengeschichtlich neu auf dem Wege war (z). Zeit 11.11.199f Wer sich an der Uni damals [...] den brotlosen Geisteswissenschaften verschrieb, arbeitete brav Eure Exegese von Adorno-Horkheimer-Benjamin auf, begeisterte sich überdies noch für den französischen Postsrukturalismus und fand sich mit dem Gedanken ab, daß sowieso alles „Post-“ ist, also nichts Eigenes sein konnte, nur Zusammengemixtes, Nachbereitetes, so wie wir eine Generation von Post- Nachbereitern zu sein schienen (z). Zeit 5.2.1987 Seit neuestem gibt es auch die Bezeichnung „präpostmodern“ (GfdS). FAZ 15.11.1993 In Frankfurt gab es Momente, in denen einem andächtigen Referenten angesichts halb flüchtiger, halb karikierender Klassizismus-Zitate, einer Art Präpostmoderne, schier die Worte ausgingen (z). Zeit f.7.1986 In der Arbeit des Australiers Tillers findet diese Postpostmoderne einen komisch verzweifelten Böhepunkt (CK). 1993 SDR-Magazin 7/ 8, 28 (Titel einer Rundfunksendung) Die Nachpostmoderne oder: Wie geht’s weiter? (z). Mannh. Morgen 22.3.1991 Post-Post-Yuppies gibt es auch hierzulande (z). <?page no="43"?> Das Präfix post- 35 1.3.2 Strukturtyp 1B 1.3.2.1 post- + post- + 1B Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 1B Gramm Adaption Okkupation V e numerieren post- + KonfiXe -vention =>Slwb Postadaption Postokkupation LWB postnumerieren =>Slwb Postvention Wie bei allen anderen Strukturtypen des Kombinems postbesteht auch bG posf-lB offenbar grundsätzlich eine etymologisch-genetische Restrik- Bon hinsichtlich der Basislexeme, d.h. eine unmittelbare Aufeinanderfolge des Präfixes postmit indigenen Lexemen wird weitgehend vermieden (vgl. Postblüte, * Postversuch). Restriktionsverstärkend wirkt sich dabei möglicherweise die Homonymie zwischen dem Kombinem post- und dem Lexem ^ost F. (der Bezeichnung der Dienstleistungseinrichtung für den Versand v on Briefen, Paketen etc.) als Bestimmungswort von Zusammensetzungen aus. ^3.2.2 1B Semantische Leistung in Kombinationen / 1B SemKomb Post-lU leistet als Bestandteil von Kombinationen, daß mit diesen die von der Basis bezeichneten Sachverhalte als solche bezeichnet werden, die in bezug auf einen Sachverhalt, der in der Kombination keine explizite ausdrucksseitige Entsprechung hat und aus dem Kontext entnommen werden rnuß, erst zu einem späteren Zeitpunkt, hinterher oder im nachhinein erfolgen . In formalisierter Gestalt kann die semantische Leistung von posMB wie I°Igt dargestellt werden: Posf-IB drückt (ebenso wie post-lA und post-\C) eine temporale Folge- Elation des DANACH zwischen einem x und einem y aus, und zwar (im Unterschied zu post-lA und posf-IC) in folgender inhaltlicher Realisierung bzw. Repräsentation der Komponenten x und y: P° s tdatieren x (datieren) später/ hinterher/ im nachhinein/ nachträglich in bezug au f [y: Zeitpunkt, ...] x wird von der Basis der Kombination bezeichnet. <?page no="44"?> 36 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoy hat in der Kombination keine ausdrucksseitige Repräsentation und muß stets dem Kontext entnommen werden. Posttest Test (stattfindend) im nachhinein [von etw.]/ zu einem späteren Zeitpunkt [als etw.[/ nachträglich postnumerieren bezahlen im nachhinein [in bezug auf etw.]/ zu einem späteren Zeitpunkt [als etw.[/ nachträglich post-\li determiniert die Basen seiner Kombinationen in der Weise, daß posMB-Kombinationen Hyponyme zu den von den jeweiligen Basen dargestellten Hyperonymen darstellen. In bedeutungserläuternden Paraphrasen von posMB-Kombinationen entspricht post-lB Paraphrasenbestandteilen wie ‘später’, ‘danach’, ‘hinterher’, ‘im nachhinein’, ‘zu einem späteren Zeitpunkt (erfolgend/ stattfindend)’. 1.3.2.3 1B Semantik der Basen / 1B SernBas posMB findet sich in Verbindung mit folgendem semantischen Typ von Basen: Bezeichnungen für Sachverhalte wie Handlungen, Vorgänge, Prozesse, Zustände Postadaption, postdatieren, Postposition 1, Postregeneration, Posttest. 1.3.2.4 1B Semantisches Paradigma / 1B SemPdgm posMB entspricht innerhalb eines Paradigmas zur Konstitution von Subst. und Verben, die eine zeitliche Fixierung im Sinne von ‘zu einem späteren Zeitpunkt/ hinterher/ im nachhinein erfolgend’ anzeigen, in teilweise lexikalisierten Kombinationen dem indigenen Präfix nachnachbehandeln, Nachbestrahlung, Nachbetreuung, nachrecherchieren, Nachsorge, nachsubventionieren Synonyme posMB-Kombinationen zu solchen Kombinationen mit nachgibt es nur in Ausnahmefällen: Postexistenz vs. Nachexistenz, Posttest vs. Nach(hol)test Die Bildung von Kombinationen mit dem indigenen Präfix nachist auch bei entlehnten Basen durchgängig deutlich produktiver als die von entsprechenden poshKombinationen (vgl. Nachuntersuchung vs. * Postuntersuchung, Nachrevision vs. * Postrevision). Ein Grund dafür könnte auch in der Homonymie zwischen dem Kombinem post- und dem Lexem Post <?page no="45"?> Das Präfix post- 37 F-, der Bezeichnung der Dienstleistungseinrichtung für den Versand von Briefen, Paketen etc. liegen. Mannh. Morgen 22.4-1986 Das Spektrum reicht von der klassischen Industriefilrnproduktion bis zur technischen Nachbearbeitung von Film- und Videobändern (z.B. NachVertonung, Unterbilderung etc.) (CK). Zeit 16.8.1985 Fünf Jahre nach dem Eingriff waren neun von zehn der nachbestrahlten Patientinnen krebsfrei (CK). Mannh. Morgen 23.12.1985 Patienten mit Herzklappen-Operationen werden in Herzgruppen nachbetreut (CK). Morgen 14-11 ■ 1985 Um eine Rente zu erhalten, muß sie die fehlenden zwölf Monatsbeiträge freiwillig nachentrichten (CK). König 1970 Mode 207f. die grotesken Dessins dieser alten Trikots, die bestenfalls noch als Karnevalskleidung eine trübe Nachexistenz fristen (CK). ßüd 20.5.1967 Freilich müßten immer wieder Nachholtests durchgeführt werden (CK). Zeit 11.10.1985 Vor allem muß eine bessere Regelung der ambulanten Geburt und Nachsorge erreicht werden (CK). Zeit 17.5.1985 Die Leute werden nach einer Therapie nicht regelmäßig nachuntersucht (CK). Antonym zu posHB werden verwendet ~ das entlehnte Präfix — ► prä- Postexistenz vs. Präexistenz, Postformation vs. Präformation, Postokkupation vs. Präokkupation, Postvention vs. Prävention, postdatieren vs. prädatieren, postnumerieren vs. pränumerieren Mannh. Morgen 24-1-1985 Erst die Daten eines bevölkerungsbezogenen Krebsregisters Glaubten somit die intensive Untersuchung der Krebsursachen, der geeigneten Präven- Pon sowie der Behandlungsmöglichkeiten (CK). 9. f. ./ PS? Unerträglich ist aber, daß dumpfe Ignoranz und ideologische Präokku- Pation Fortschritte dort verhindern, wo sie im echten Wortsinn vorhanden sind (CK). Die jeweiligen prä-Kombinationen (— ► prä-lA) werden in der Regel wesentlich häufiger verwendet als die korrespondierenden pos<-lB-Kombinat'cmen. Vgl. dazu auch in 1A SemPdgm die Ausführungen zu prä-, das entlehnte Präfix ante- (selten) Postdatieren vs. antedatieren, postponierend vs. anteponierend 1977 FWB LEIPZIG vordatieren, früher antedatieren: mit einem erst kommenden, Zu künftig en Datu m versehen, ein späteres Datum angeben (z). DUDEN FWB 1960 anteponierend (Med.) verfrüht auftretend (bg). das indigene Präfix vor- Postdatieren vs. vordatieren, Posttest vs. Vortest, Postvention vs. Vorsorge <?page no="46"?> 38 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Welt 18.9.1954 Die Dienerin jedoch meinte tröstend, sie kenne einen Handwerker, der sich mit einem vordatierten Scheck zufrieden geben würde (CK). Zeit 3.5.1985 Man weiß also, ob beim Vortest zehn Prozent der Studenten die Frage nicht verstanden, zehn Prozent sie falsch und achtzig Prozent sie richtig beantwortet haben (CK). 1.3.2.5 1B Kombinationen / 1B Kornb Die Zahl der (meist substantivischen) Kombinationen mit posMB ist insgesamt sehr gering. Ihre Verwendung ist weitgehend beschränkt auf wissenschaftsbzw. fachspr. Bereiche, wobei sich jedoch keine Dominanzen bestimmter Fachbereiche feststellen lassen. Einige dieser Kombinationen gehören gleichzeitig der Bildungssprache an, wo sie jedoch auch eher selten begegnen (Postformation, Postokkupation, Postregeneration, Posttest, Postvention). Zu semantisch und strukturell unterschiedlich interpretierbarem, innerhalb der regulären WB-Muster des Präfixes postjedoch am ehesten post- 1 B zuordenbarem Postskript(um)/ postskribieren vgl. Hist 1.4.3.1 und Irreg. 1.3.3 1.3.3.1 post- + Strukturtyp IC IC Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / IC Gramm Sl e / EN Holocaust Punk Neckenauer Kontusion + S2 e/ i Literatur Dichter Ara Syndrom >Slwb Post-Holocaust-Literatur Post-Punk-Dichter Post-Neckenauer-A ra Postkontusionssyndrom Die Fuge zwischen post- und dem Basislexem S1 wird häufig, jedoch ohne erkennbare Regularität durch Bindestrich markiert. Das gilt in der Regel jedoch nicht für die posMC-Kombinationen der medizinischen Fachsprache (Posthepatitits-Syndrom). Die Basislexeme S1 und S2 werden meist in unveränderter Grundform durch Bindestrich in der Fuge, vereinzelt durch Fugenkonsonant miteinander verknüpft (Post-Konfrontationsepoche). Wie bei allen anderen Strukturtypen des Kombinems postbesteht auch bei post-lC offenbar grundsätzlich eine etymologisch-genetische Restriktion hinsichtlich der Basislexeme, d.h. eine unmittelbare Aufeinanderfolge des Präfixes postmit indigenen Lexemen wird weitgehend vermieden (vgl. * Postkriegserscheinung). Die dem Kombinem postunmittelbar folgende Konstituente, also das Basislexem Sl ist entsprechend immer entlehnt bzw. lehngebildet oder ein Eigenname. Restriktionsverstärkend wirkt sich dabei möglicherweise die Homonymie zwischen dem Kombinem post- und dem Lexem Post F. (der Bezeichnung der Dienstleistungseinrichtung für <?page no="47"?> Das Präfix post- 39 den Versand von Briefen, Paketen etc.) als Bestimmungswort von Zusammensetzungen aus. Das Basislexem S2 jedoch kann ein indigenes Lexem sein [Post-Pershing- Welt, Post-Punk-Klänge) 1.3.3.2 IC Semantische Leistung in Kombinationen / IC SemKomb Post-IC leistet als Bestandteil von Kombinationen, daß mit diesen die durch das zweite Basislexem S2 bezeichneten Sachen/ Sachverhalte und Personen als solche bezeichnet werden, die zeitlich auf das vom ersten Basislexem S1 Bezeichnete folgen. In formalisierter Gestalt kann die semantische Leistung von post-lC wie folgt dargestellt werden: Post-IC drückt (ebenso wie post-lA und post-1B) eine temporale Folgerelation des DANACH zwischen einem x und einem y aus, und zwar (im Unterschied zu post-lA und post-lB) in folgender inhaltlicher Realisierung Uzw. Repräsentation der Komponenten x und y: Post-Glasnost-Zeit x (Zeit) nach/ später als/ im Gefolge von y (Glasnost) x wird vom zweiten Basislexem S2 der Kombination bezeichnet, y wird vom ersten Basislexem S1 der Kombination bezeichnet. Post-Sputnik-Ära die auf das Sputnikunternehmen folgende Ära ^ost-Holocaust-Literatur die Literatur im Gefolge des Holocaust Post-Punk-Dichter der Dichter nach den Punks/ nach der Punkbewegung In bedeutungserläuternden Paraphrasen von post-IC-Kombinationen ents Pricht post-IC Paraphrasenbestandteilen wie ‘(da)nach’, ‘folgend auf’, ‘im befolge von’, ‘in der Nachfolge von’, ‘im Anschluß an’. ^•3.3.3 IC Semantik der Basen / IC SemBas Post-IC findet sich in Verbindung mit folgenden semantischen Typen von Bestandteilen der komplexen Basis (Basislexem Sl + Basislexem S2): Basislexem Sl: Bezeichnungen für Sachen/ Sachverhalte (Vorgänge, Prozesse u.a.) und Bersonengruppen sowie Eigennamen, wobei das Bezeichnete bzw. Bekannte generell irn weitesten Sinne zeitlich fixierbar sein muß l °st-Neckenauen Ära, Post-Pershing-Welt, Post-Premieren-Kult, I 0 st-Punk-Gen eration <?page no="48"?> 40 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Basislexem S2: Bezeichnungen für Zeitabschnitte sowie für beliebige Sachen/ Sachverhalte und für Personengruppen, die als Erscheinungen eines Zeitabschnitts betrachtet werden können Post-Neckenauer-Ara 1 Post-Pershing-Welt, Post-Premieren-Kult, Post- Punk- Generation. 1.3.3.4 IC Semantisches Paradigma / IC SemPdgm post-\C entspricht innerhalb eines Paradigmas zur Konstitution von meist okkasionellen Substantiven mit mehrgliedrigen Basen (Basislexem Sl + Basislexem S2), die Relationen einer zeitlichen Abbzw. Nachfolge anzeigen, dem indigenen Präfix nach- Post-Neckenauer-Ara vs. Nach-Honecker-Ära Die Zahl der Kombinationen mit nachist weitaus größer als die der entsprechenden Kombinationen mit post-: Nach-68er-Generation, Nach-Andropow-Rußland, Nach-Auschwitz- Landschaft, Nach-Bürgerkriegs-Zeit, Nach-Genf-Debatte, Nach-Honecker-Ara, Nach-Januar-Reformpolitik, Nach-Schmidt-SPD, Nach- Tschernobyl-Zeit, Nach- Warhol-Szene Zeit 27.2.1981 Nur wie sich Juden in der Nach-Auschwitz-Landschaft angesichts des linken antizionistischen Gebrülls fühlen diese Frage ist ihnen noch nie in den Sinn gekommen (CK). Zeit 5J.1985 Bernecker lehnt zu Recht die Klassifizierung „faschistisch“ für die Nach- Bürgerkriegs-Zeit ab (CK). Spiegel 10.9.1990 Sie sind die zweieiigen Zwillinge unter den DDR-Politikern der Nach- Honecker-Ara (CK). Well 14.1.1969 Die Drucker seien nicht bereit, an der Herstellung von Publikationen mitzuwirken, deren Charakter nicht mit den Grundsätzen der Nach-Januar- Reformpolitik übereinstimmt (CK). Mannh. Morgen 10.1.1987Zudem kündigt die SPD die Schaffung eines atomwaffenfreien Korridors in Mitteleuropa an, ein Lieblingsobjekt sozialdemokratischer Sicherheitspolitiker der Nach-Schmidt-SPD (CK). Antonym zu pos<-IC werden verwendet das entlehnte Präfix —> prä- Post-Punk-Ara vs. Prä-Punk-Ara-, Prähospitalphase, Prä-Ultraschall- Epoche, Präpubertätsfettsucht, Prä-Beatles-Zeit Mannh. Morgen 2.5.1985 Vieles erinnert an die Zeit Mitte der siebziger Jahre, pfiffige Kritiker nennen sie die „Prä-Punk-Ara“, als die Rockmusik eine künstlerische Talsohle durchlief (CK). <?page no="49"?> Das Präfix post- 41 Zeit 1.5.1987 An der linken Seite erkenne ich eine Vorrichtung aus Stangen und Hebeln, einen mechanischen TüröfTner aus der Prä-Ultraschall-Epoche (CK). das indigene Präfix vor- Post-Atomzeitalter vs. Vorcomputerzeitalter, Vor-Castro-Zigarre, Vor- Fernseh-Zeit, Vor-Rock’n Roll-Zeit, Vor-Thatcher-England, Vor-Wende-Zeit Zeit 26.4.1985 Für d ie prähistorischen, die Vor-Castro-Zigarren sind ihm Liebhaberpreise bis zu 2000 Dollar pro 25-Stück-Kiste gewiß (CK). Zeit 1.2.1985 Längerfristig betrachtet, wird das Klassenzimmer das gleiche Schicksal ereilen, das auch andere Institutionen des Vorcomputerzeitalters ereilt hat (CK). Zeit 17.4-1987 Die Gesten Hitlers entstammen der Dramaturgie der Stummfilme und der großen Reden aus der Vor-Fernseh-Zeit (CK). Zeit 19.6.1987 Das Durchwursteln, Durchlavieren fand mancher Deutsche am Vor- Thatcher-England so liebenswert (CK). Mannh. Morgen 28.8.1990 Stolpe, der den DDR-Bürgern noch bestens aus der „Vor- Wonde-Zeit“ bekannt ist (CK). 1-3.3.5 IC Kombinationen / IC Komb Die Zahl der Kombinationen mit post-\C ist insgesamt gering. Sie finden sich zum einen im engen fachspr. Bereich medizinischer Term ini, und zwar vor allem als Kombinationen mit Syndrom als zweitem Dasislexem {Postgastrektomie-Syndrom, Posthepatitis-Syndrom). Zum anderen finden sich posf-lC-Kombinationen in jüngerer Zeit in zunehmendem Maße als bildungsspr. Okkasionalismen, wobei gelegentlich lr n Rahmen einer sprachmodischen anglisierenden Attitude der struktur elle Rückgriff auf engl./ amerikan. Vorbilder deutlich ablesbar ist {Post- Cold War-Realität). Die Verwendung vieler post-IC-Kombinationen trägt seit den 80er Jahren vor allem im massenmedialen Bereich sprachmo- 3ische Züge, die gelegentlich zum Gegenstand sprachkritischer Reflexionen geworden sind (vgl. Kat; vgl. auch die im Umfeld von postmodern/ Postmoderne aufgekommenen jüngeren post-lA-Kombinationen, in ^A Komb). Der Gebrauch der post-lC-Kombinationen ist wohl vor allem mit der sprachökonomischen Absicht verbunden, Vorgänge und Erscheinungen in Möglichst knapper bzw. verkürzter und gleichzeitig expliziter Form zu bezeichnen. Kombinationen dieser Art erschließen sich dem Rezipienten auf- S r und der sie umgebenden Kontexte in der Regel problemlos: P°st-Auschwitz- Untat, Post-Bellini-Konfektion, Post-Chereau-Moderne, °st-DDR-Film, Post-Esser-Ara, Post-Konfrontationsepoche, Post-Kreml- Ct, Post-Punk-Klänge, Post-Tschernobyl-Effekt. <?page no="50"?> 42 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1.3.4 1.3.4.1 post- + S e Strukturtyp 2 2 Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 2 Gramm Lingual Molar post- + A e basisch dorsal > Slwb Postlingual Postmolar > Alwd postbasisch postdorsal Wie bei allen anderen Strukturtypen des Kombinems postbesteht auch bei post-2 offenbar grundsätzlich eine etymologisch-genetische Restriktion hinsichtlich der Basislexeme, d.h. eine unmittelbare Aufeinanderfolge des Präfixes postmit indigenen Lexemen wird weitgehend vermieden (vgl. * Postbackenzahn, * Postgaumenlaut). Restriktionsverstärkend wirkt sich dabei möglicherweise die Homonymie zwischen dem Kombinem post- und dem Lexem Post F. (der Bezeichnung der Dienstleistungseinrichtung für den Versand von Briefen, Paketen etc.) als Bestimmungswort von Zusammensetzungen aus. 1.3.4.2 2 Semantische Leistung in Kombinationen / 2 SemKomb post-2 leistet als Bestandteil von Kombinationen, daß mit diesen Sachen als solche bezeichnet bzw. charakterisiert werden, die räumlich unmittelbar hinter, hinten an, am hinteren Ende, an der Rückseite der in der Basis genannten Sache als lokalem Bezugspunkt liegen. In formalisierter Gestalt kann die semantische Leistung von post-2 wie folgt dargestellt werden: post-2 drückt eine lokale Folgerelation des HINTEN/ DAHINTER zwischen einem x und einem y aus, und zwar in folgender inhaltlicher Realisierung bzw. Repräsentation der Komponenten x und y: Postabdomen [x: Körperteil, ...] hinter/ hinten an/ an der Rückseite von y (Abdomen) Hinsichtlich von x muß zwischen subst. und adj. Kombinationen unterschieden werden, wobei generell festzuhalten ist, daß x nur eine schwache formale Repräsentation aufweist: - Im Falle von subst. pos<-2-Kombinationen hat x entweder gar keine ausdrucksseitige Repräsentation in der Kombination (z.B. in Postabdomen) oder x wird durch das semantisch im allgemeinen relativ weite, <?page no="51"?> Das Präfix post- 43 vielseitig interpretierbare - Suffix der betreffenden Basis andeutungsweise repräsentiert. Die jeweilige (genaue) semantische Füllung von x muß in diesen Fällen aus der Semantik der Basis gewonnen werden, z.B. Postabdomen: Abdomen = Körperteil also: Postabdomen = [Körperteil ...]; Postszenium: -szenium = Bühnenteil also: Postszenium = [Bühnenteil ...]; Postpalatal: Palatal = Laut also: Postpalatal = [Laut ...]. ~ Im Falle von adj. pos£-2-Kombinationen muß x generell aus dem Kontext, im allgemeinen aus dem jeweiligen Beziehungswort der Kombination gewonnen werden, z.B. postganglionär: postganglionär[e Nerven] also: postganglionär = [Nerven] hinter ... y wird entweder unmittelbar von der Basis der Kombination bezeichnet {Abdomen in Postabdomen) oder in der Basis thematisiert (die Szene/ der Bühnenteil in -szenium als Basis von Postszenium] Palatum in Palatal a ls Basis von Postpalatal] Ganglion in ganglionär als Basis von postganglionär). Postabdomen Postszenium am hinteren Ende des Abdomens befindlicher Körperteil (von Insekten) hinter der Szene gelegener Bühnenteil Postpalatal hinter dem Gaumen gebildeter Laut Postganglionär hinter dem Ganglion befindlich[e]/ gelegen[e Nerven] In bedeutungserläuternden Paraphrasen von posf-2-Kombinationen ents Pncht post-2 Paraphrasenbestandteilen wie ‘hinter’, ‘dahinter’, ‘am/ im hinteren Teil von’, ‘der hintere Teil von’, ‘hinten an’, ‘am (hinteren) Ende v °n’, ‘am Rücken von’, vereinzelt auch ‘hinterst’, ‘letzt’ (z.B. in Postmolar hinterster/ letzter Backenzahn’). <?page no="52"?> 44 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1.3.4.3 2 Semantik der Basen und der adjektivischen Beziehungswörter / 2 SemBas Die in posh2-Kombinationen verwendeten/ verwendbaren Basen bezeichnen bzw. thematisieren grundsätzlich etwas, das entweder generell unter (in der Semantik der jeweiligen Basen integrierten) lokalen Aspekten gesehen wird oder zumindest unter lokalen Aspekten gesehen werden und damit als lokaler Bezugspunkt dienen kann. Dasselbe gilt für die semantischen Typen von Bezeichnungen bei den Beziehungswörtern von adj. posi-2-Kombinationen. Dabei findet sich post-2 im einzelnen vor allem in Verbindung mit folgenden semantischen Typen von Basen: Bezeichnungen und zugehörige Charakterisierungen für - (Medizin/ Zoologie) Organe und Körperteile von Lebewesen Postabdomen, postantennal, postcostal, postganglionär, postkranial, Postrhinoskopie, postsynaptisch - (Linguistik/ Phonetik) bestimmte Laute, die aufgrund der Artikulationsstelle bzw. von Bestandteilen der Mundhöhle, die zur Artikulation dienen, bezeichnet werden Postalveolar, Postdental/ postdental, Postpalatal/ postpalatal - (sehr vereinzelt) unterschiedliche Lokalisierungspunkte postbasisch, postnuklear 2, Postszenium. 1.3.4.4 2 Semantisches Paradigma / 2 SemPdgm post-2 entspricht innerhalb eines Paradigmas zur Konstitution von Subst. und Adj., die Relationen einer lokalen Dahinter-Situierung anzeigen, vereinzelt dem indigenen Präfix/ Adj. hinter^-) als Bestimmungswort von Komposita Postabdomen vs. Hinterleib, Postlingual vs. Hint erzungenlaut, Postpalatal vs. Hintergaumenlaut, Postszenium vs. Hinterbühne-, Hinterschenkel Zeit 21.2.1986 Die Besucher der Deutschen Oper sitzen nur scheinbar auf der Hinterbühne und erleben den „Oberon“ von hinten, während er vor einem Publikum eines Theaters spielt, das sich auf der wirklichen Hinterbühne zeigt (CK). Mannh. Morgen 1.10.1987 Das Wicklerweibchen sondert aus einer Drüse am Hinterleib einen Lockstoff ab (CK). Grzimek 1964 Serengeti 200 Der alte Gnubulle ist im rechten Hinterschenkel getroffen (CK). 1985 SPRACHWISS. TERMINI 142 Postlinguale oder Hinterzungenlaute (z). <?page no="53"?> Das Präfix post- 45 Die Zahl von subst. Kombinationen mit hinter- (die im übrigen ausschließlich indigene Basen haben), ist insgesamt gering. Adj. Kombinationen mit hinterals Entsprechungen zu adj. posl-2-Kombinationen sind nicht nachgewiesen. Antonym zu post-2 werden verwendet das entlehnte Präfix —> prä- (selten) Postdorsal vs. Prädorsal, Postmolar vs. Prämolar 1985 SPRACHWISS. TERMINI 58 Prädorsale werden meistens als weitgehend identisch mit den Koronalen behandelt (z). PSCIIYREMBEL 19J2 Prämolarzähne: vordere Backzähne [sic] (BG). Vgl. in 1A SemPdgm die Ausführungen zu prä-, ~ das entlehnte Präfix pro- (vereinzelt) Postszenium vs. Proszenium Mannh. Morgen 19.2.1985 Weitere Scheinwerfer mußten in die Proszeniums-Logen placiert werden (CK). ~ das indigene Adj. vorder^-) (selten) als Bestimmungswort von Komposita Postlingual vs. Vorderzungenlaut, Postszenium ns. Vordertribüne (&uch\ Vorderbühne)', Vorderdarm, Vorderzähne Zeit 8.11.1985 Der OrfT-Saal ist konzipiert als Mehrzwecksaal mit Mittelbühne und versenkbarer Vorderbühne (CK). Fechter 1971 Manteltiere, o.S. Der Vorderdarm differenziert sich zum Kiemendarm (CK). Zeit 13.2.1987 Fast ein Prozent aller Schweizer Kinder zwischen anderthalb und drei Jahren haben kariöse Vorderzähne (CK). 7985 SPRACHWISS. TERMINI 1J2 Prälinguale oder Vorderzungenlaute (z). ~ das indigene Präfix vor- (vereinzelt) Postszenium vs. Vorbühne (auch: Vorderbühne) Mannh. Morgen 9.6.1987 Dafür haben die Protagonisten durchweg auf der Vorbühne den Raum für sich (CK). I-3.4.5 2 Kombinationen / 2 Komb Die Zahl der post-2-Kombinationen ist insgesamt gering. Alle Kombinationen gehören zumindest ursprünglich einer Fachsprache a n. Sie finden darüber hinaus kaum weitere, allenfalls bildungsspr. Verw endung (Postszenium). <?page no="54"?> 46 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Die Mehrheit der Kombinationen ist den naturwissenschaftlichen Bereichen Medizin, Biologie und Zoologie zuzuordnen {Postabdomen, postganglionär, Postmolar, Postrhinoskopie). Einige Kombinationen gehören zur linguistischen Fachsprache, und hier vor allem zum Bereich Phonetik, wobei für die meisten dieser Kombinationen eine enge Anlehnung an den Fachwortschatz der Anatomie charakteristisch ist {postalveolar, Postdental, postpalatal). <?page no="55"?> Das Präfix post- 47 1.4 Geschichte und Kombinemfeld 1.4.1 Etymologie / Etym postgeht zurück auf das lat. Adverb bzw. die lat. Präposition post in den Bedeutungen des Adverbs ‘(räumlich) hinten, hinten nach; in der Reihenfolge zuletzt’ und ‘(zeitlich) danach, (in der Reihen-, Rangfolge) nachher’ bzw. der Präposition ‘(räumlich) hinter’ und ‘(zeitlich) nach, seit’. In geringem Umfang wurde post im Lat. auch als initiale WB-Einheit verwendet, und zwar in adj. und verb., vereinzelt auch in subst. Kombinationen, bei denen entweder ein räumlicher oder ein zeitlicher Aspekt (jeweils in bezug auf das von der einfachen oder abgeleiteten Basis Bezeichnete oder Charakterisierte) bedeutungskonstituierend ist: räumlich: posterganeus (zu tergum ‘Rücken’) ‘hinter dem Rücken befindlich’; postponere (zu ponere ‘setzen, stellen’) ‘nach-/ hintansetzen, nachstellen’ (gleichbed. auch die Verben postfcrre, poslhabere, postputare), mit der Partizipialableitung postpositivus ‘nachgesetzt’; postscribere (zu scribere ‘schreiben’) ‘hinter/ nach etw. schreiben’; postliminium (zu timen ’Wohnung, Schwelle’) ‘Rückkehr in den früheren Rechtszustand, Heimkehrrecht’. zeitlich: postautumnalis (zu autumnus ‘Herbst’) ‘nachherbstlich’; postmeridianus (zu meridianus ‘mittägig’) ‘nachmittägig’; postgenitus (zu genitus, Part.Perf.Pass, von gignere ‘zeugen’) ‘nachgeboren’; postprincipia (zu pnncipium ‘Anfang, Ursprung; Grundlage’) ‘Fortgang einer Sache nach überstandenem Anfang; Verlauf’. Viele dieser Kombinationen, die teilweise nur singulär belegt und häufig fachspr. oder poetisch sind, wurden (wohl über das Mlat.) als Lehnwörter ins Deutsche wie auch in andere europäische Sprachen übernommen (vgl. Hist). In geringem Umfang treten im Mlat. auch Neubildungen mit post auf: postadvocatus, im kirchlichen Bereich ‘nach-/ untergeordneter Anwalt/ Sachverwalter’; postaltare ‘hinter dem Altar befindlicher Schmuck’; postcommunio ‘(Danksagungs-) Gebet/ Gesang nach der Kommunion’; postsanctus ‘Teil der kirchlichen Liturgie nach dem Sanctus’. Diese Kombinationen haben jedoch, soweit erkennbar, im Dt. als Lehnwörter nur in Ausnahmefällen eine Rolle gespielt (vgl. Postcommunio Hist 1A). <?page no="56"?> 48 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1.4.2 Etymologisches Paradigma / EtymPdgm Auf die lat. Präposition post gehen auch (teilweise schon im 18. Jh., vor allem aber im 19./ 20. Jh. nachgewiesene) heute z.T. veraltete bzw. veraltende, weitgehend fach- und bildungsspr. dt. Syntagmen zurück, die wohl größtenteils aus dem Kirchenlat. entlehnt sind: post festum (zu lat. fesium ‘Festtag’) ‘hinterher, zu spät’; post mortem (zu lat. mors ‘Tod’) ‘nach dem Tod’ (vgl. postmortal)-, post partum (zu lat. parere ‘gebären’) ‘nach der Geburt’ vgl. postpartal); post Christum (natum) ‘nach Christus, nach Christi Geburt’; post epiphanias (zu griech. <epiphdneia> ‘Epiphanie, Erscheinung (Christi auf Erden)’ bzw. zu mlat. epiphania ‘(Fest der) Erscheinung eines Gottes, besonders Christi’, eigentlich post festum epiphanias) ‘nach Epiphanias, nach dem Erscheinungsfest’; post trinitatis (zu lat. trmitas ‘Dreizahl; Dreifaltigkeit Gottes’, eigentlich post festum trinitatis) ‘nach Trinitatis, nach dem Dreifaltigkeitsfest’. Mittelbar auf das lat. Adverb bzw. die lat. Präposition post, und zwar auf subst., adj. und verb. Ableitungen und Kombinationen, in denen post als Basis dient, gehen auch (vor allem im 19. Jh. gebuchte) heute weitgehend veraltete, allenfalls noch bildungsspr. verwendete Lehnwörter und LWB- Produkte zurück: post(h)um Adj. (< lat. post{h)umus ‘letzter; nach dem Tode erfolgend; nach-, spätgeboren’ und (subst.) ‘Spätling’, Superlativ zu posterus ‘nachfolgend/ -kommend’, wobei die Schreibvariante posthumus volksetymologischen Anschluß zeigt an lat. humus ‘Erde’/ / iumare ‘beerdigen’; früher auch in der lat. (flekt.) Nebenform post(h)umus, seit spätem 19. Jh. in den heutigen (Schreib-) Formen, die in den Wörterbüchern seither regelmäßig beide gebucht werden und bis heute häufig belegt sind; seit früherem 18. Jh. nachgewiesen) fach/ bildungsspr. ‘nach jmds. Tod veröffentlicht/ entstanden/ erfolgt/ geboren’, anfangs ausschließlich im Syntagma postuma opera; mit dem gleichzeitig aufgetretenen, heute veralteten Subst. Post(h)umus M. ‘nach dem Tod des Vaters zur Welt gekommenes Kind; Nachgeborener’. Posterität F. (< lat. postentas, zu posterus ‘nachfolgend/ -kommend’; seit dem 17. Jh. nachgewiesen) ‘Nachwelt, Nachkommenschaft’. Posteriora PI. (< N.P1. von lat. posterior ‘letzterer, hinterer’, Komparativ von posterus ‘nachfolgend/ -kommend’; seit dem 17. Jh. nachgewiesen) ‘(die) Hinteren’, ‘nach einem Zeitpunkt liegende Ereignisse’; auch ‘Gesäß’. Posteri PI. (< lat. posteri, Pl.M. von posterus ‘nachfolgend/ -kommend’; vom frühen 18. bis ins frühe 20. Jh. nachgewiesen) ‘Nachkommen’. Posticum N. (< lat. posticum; vom früheren 19. bis ins frühere 20. Jh. gebucht) ‘Hinterhaus/ -türe/ -seite’; ‘Hinterfront (eines Tempels)’. posterieren V.intrans. (< lat. posterare; Mitte 19. Jh. vereinzelt gebucht) ‘etw. spät tun; sich verspäten’. Posteromanie F. (zurückgehend auf lat. posterus ‘nachfolgend/ -kommend’ und griech. <mania> ‘Raserei, Wahnsinn; starker Affekt’; Mitte 19. Jh. vereinzelt gebucht) ‘Nachruhmsucht’. <?page no="57"?> Das Präfix post- 49 Posteriorität F. (< nlat. posterioritas; seit Mitte 19. Jh. nachgewiesen) ‘Spät/ Jüngersein’, auch ‘niedrigere Stellung, Zurückstehen im Rang/ Amt’. Postremität F. (< lat. posiremitas, zu posiremus ‘letzter’, Superlativ zu posierus ‘nachfolgend/ -kommend’; von Mitte 19. Jh. bis ins frühere 20. Jh. nachgewiesen) ‘Außerstes/ Letztes; Ende’, auch: ‘Stellung als Letzter/ Letztes’. posterior Adj. (< lat. posterior ‘letzterer/ hinterer’, Komparativ zu posierus ‘nachfolgend/ -kommend’; im späteren 20. Jh. vereinzelt gebucht) ‘(weiter) hinten gelegen’, auch: ‘von hinten’. Sowohl die entlehnten/ lehngebildeten Syntagmen mit post als auch die Lehnwörter und LWB-Produkte, die auf lat. Ableitungen von post zurückgehen, sind zwar wohl nicht als direkte Vorbilder für die Entwicklung deutscher WB-Muster mit dem Präfix postzu betrachten, dürften aber die Vertrautheit mit dem Signifikanten / post/ und seinen semantischen Leistungen und damit indirekt seine Verwendung in der dt. Lehn-Wortbildung gefördert haben. Trotz ebenfalls vorliegender etymologischer Gemeinsamkeiten mit dem Kombinem postdürfte diese Feststellung für das Lehnwort Postille jedoch nicht zutreffen: Postille F. (Schorer 1644 Sprachsitten-Verderber 60), anfangs in der Form Postill (< spät-/ kirchenlat. postilla ‘fortlaufende Bibelrandglosse’, verkürztes Subst. aus dem Syntagma post ilia verba sacrae scripturae ‘nach jenen Worten der Heiligen Schrift’, das jeweils nach Abschluß der Lesung eines Bibeltextes am Anfang der nachfolgenden Predigt mit der Auslegung bzw. Erklärung des Bibeltextes stand; vgl. engl, postil(le) 1420 in OED 1989) bildungs-, auch gemeinspr. ‘Sammlung von Predigten (besonders zu den Sonn- und Feiertagsevangelien und -episteln) in Buchform’; seit späterem 19. Jh. auch in der Bed. ‘religiöses Erbauungsbuch’; seit Mitte 20. Jh. als abwertende Bezeichnung für Druck- und Presseerzeugnisse; mit den (heute weitgehend veralteten) Ableitungen Postillant M. (1741 ZED- LER) ‘Bibelerklärer; Predigtensammler/ -herausgeber’; postillicren (1741 ZEDLER) (< mlat. postillare) ‘die Bibel auslegen/ erklären’. L4.3 Geschichtliche Entwicklung / Hist 1-4.3.1 Übersicht Lehnwörter mit dem initialen Segment / post/ , die unmittelbar oder mittelbar, als ganze oder partiell auf (m)lat. Kombinationen mit der Präp. bzw. dem Adv. post zurückgehen (vgl. Etym), sind im Dt. seit dem früheren 16. Jh. nachgewiesen. <?page no="58"?> 50 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, präanrf neo- Vorn 16. bis 18. Jh. vereinzelt, seit dem 19. Jh. in leicht zunehmender Zahl nachgewiesen sind dabei zunächst Lehnwörter, die wohl unmittelbar aus dem (M)Lat. übernommen wurden. Die meisten dieser insgesamt fach- und bildungsspr. Lexeme sind heute veraltet. In der Regel liegen für diese Lehnwörter auch (meist schon früher nachgewiesene) Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen vor. Das älteste dieser Lehnwörter ist das bis heute bildungsspr. geläufige Subst. Postskript(um): Postskript(um) N. (1529), anfangs auch lat. flektiert, viele orthographische Varianten: Postscriptum (1612), Postscript (1813 CAMPE FWB), Postskript (OERTEL 1831), heute meist in den Formen Postskript/ um (1876 KEHREIN) (< lat. postscriptum, Part.Perf.Pass. von postscribere ‘hinter/ nach etw. schreiben’; vgl. engl, postscript 1551 in OED 1989 und frz. postscriptum 1709/ postscript(e) 1509 in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungsspr. ‘Nachschrift/ Nachsatz/ Nachtrag (zu/ in einem Brief/ Schriftstück)’, heute häufig abgekürzt als PS; mit postskribieren (1838) V.trans. (vgl. engl. postscribe 1894 in OED 1989) ‘etw. (einem Brief) an-/ hinzufügen’, veraltet. Hug 1529 Villinger Chronik 1495-1533, 18 Posst scripta [zum 19. Oktober 1529] (SB). Hähnle 1552 Fürstenkrieg 18/ 19 Post scripta (SB). Hainhofer 1612 Correspondenzen 228 und das postscriptum über die Japponische Sachen hab ich [...] in Pummern geschickt (SB). Menantes 1709 Sahr. Roman II 13 in diesem Briefe war ein Zettel, gleichsam zum Postscripto eingelegt (SB). 1762 Einltg. i. d. Handlungsw. 1^7 Postscriptum, P.S., Nachschrift, wird dasjenige genennet, was nach dem Schluß eines Briefes noch beygeschrieben wird (SB). 1802 Eunomia I 9 Postscripte, die man selbst (wie oft geschieht) zu einem Briefe macht (SB). Schall 1825 Wahl 37 mit einem ungereimten Postscriptchen (SB). Goethe 1829 Wanderjahre 134 So hätte ich Ihnen denn keinen großem Dienst erzeigen können als durch den Nachsatz meines Vortrags, wie manchmal in einem Postskript das Interessanteste des Briefes enthalten sein kann (CK). Th. Mann 1924 Zauberberg 1960 (SFV 3, 315) Und er fügte das Postskriptum hinzu: ‘der Brief hat mich doch angestrengt’ (CK). Zeit 15.2.1985 Dem hektographierten Brief hat er ein handschriftlich faksimiliertes Postscriptum angefügt (CK). Zeit 5.4-1985 ‘Wenn ihr wollt, so ist es kein Märchen’, heißt das Motto von Herzls Palästina-Roman „Altneuland“ und im Postskriptum fährt der Autor fort: ‘wenn ihr aber nicht wollt, so ist es ein Märchen, was ich euch erzählt habe’ (CK). Spiegel 6.9.1993, 204 Der seit über einem Jahr inhaftierte Weidig, so das Postskriptum, werde vermutlich bald Prügelfoltern erdulden müssen (CK). HEYSE FWB 1838 postscribiren, einem Schreiben noch etwas hinzufügen, anhängen (BQ). 1933 GENIUS postskribieren, dahinterschreiben, zu einem Schreiben nachträglich hinzufügen’ (bg). <?page no="59"?> Das Präfix post- 51 Mit Postskript(um) steht damit am Anfang der Integrationsgeschichte des Kombinems postins Dt. ein Lexem, das zumindest für den gebildeten Sprachteilhaber wohl stets durchaus als Kombination mit gebundenem posterkennbar bzw. analysierbar war, das sich andererseits jedoch niemals eindeutig einer der etymologisch fundierten und im weiteren Verlauf der historischen Entwicklung stets als deutlich unterschieden feststellbaren regulären Bedeutungen des dt. Kombinems (1. temporal; 2. lokal) zuordnen ließ, und zwar weder aufgrund der Bedeutungserläuterungen in Buchungen noch aufgrund von Kontexten in Belegen. Postskript(um) ist vielmehr ebenso interpretierbar im temporalen Sinne von post-l als ‘das später/ hinterher/ im nachhinein Geschriebene’ (oder bei nachlassender Erkenntnis des entlehnten partizipialen Charakters der Gesamtkombination auch als ‘das nach dem Geschriebenen Hinzugefügte/ Geschriebene’ (? )) wie im lokalen Sinne von post-2 als ‘das dahinter/ danach Geschriebene’ (oder bei nachlassender Erkenntnis des entlehnten partizipialen Charakters der Gesamtkombination als ‘das hinter/ nach dem Geschriebenen Stehende’(? )). Indem Postskript(um) so offenbar beide semantischen Grundleistungen von postvereint, beginnt damit in gleicher Weise die Geschichte von post-l (und zwar zunächst wohl am ehesten in Form des Strukturtyps B) und post-2 (bei allerdings zunächst wohl anzunehmender struktureller Irregularität, vgl. Irreg). Neben einzelnen weiteren nicht ganz regulär zu erfassenden Lexemen (vgl. Irreg) finden sich unter den erwähnten (heute meist veralteten) Lehnwörtern aus dem (M)Lat. seit dem früheren 18. Jh. dann aber in der Mehrzahl - Kombinationen, die sich eindeutig einem (semantisch und strukturell) regulären WB-Muster des dt. Kombinems postzuordnen lassen, und zwar ebenso solche mit temporalem post-l (des Strukturtyps A oder B) wie solche mit lokalem post-2. Auf der nächsten Entwicklungsstufe sind seit Mitte des 18. Jhs. vereinzelte Belege und seit früherem 19. Jh. eine kontinuierlich zunehmende, insgesamt aber nicht sehr umfangreiche Zahl von meist fach- oder bildungsspr., streng neoklassischen Lexemen (ohne direkte (m)lat. Vorbilder, aber meist mit Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen) feststellbar, deren Status als (in einer Fremdsprache lehngebildetes und von dort übernommenes) Lehnwort oder als (möglicherweise fremdsprachlich beeinflußtes) LWB-Produkt in den meisten Fällen kaum zu klären ist. Die Zuordnung zu den regulären Bedeutungen und Strukturtypen des Kombinems Postist jedoch wie auch die aller künftigen post-Kombinationen relativ umdeutig herstellbar. Die frühen neoklassischen Lexeme sind zunächst immer Kombinationen mit post-l des Strukturtyps A oder B, seit späterem 19. Jh. auch solche mit post-2. Unter den in der ersten Hälfte des 20. Jhs. kontinuierlich leicht zunehmenden Kombinationen mit post-lA (z.T. mit Entsprechungen in moder- <?page no="60"?> 52 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neonen europäischen Sprachen und folglich kaum bestimmbarem LW-/ LWB- Status) finden sich neben streng neoklassischen Lexemen in der Folge dann gelegentlich auch solche, die modernes/ modernisiertes Basismaterial nutzen. Zahlreiche wohl vorwiegend im Gefolge der Lehnwörter postmodern/ Postmoderne entlehnte bzw. im Dt. analog gebildete, teils okkasionelle und nur kurzlebige, teils rasch verfestigte Kombinationen zeigen schließlich post-lh. seit dem späteren 20. Jh. als in vielen Fällen eindeutig produktives - Ausdrucksmittel der inhaltlichen und stilistischen Attitüde des herrschenden ‘Zeitgeistes’. Neue, stets fachspr. und neoklassische Kombinationen mit post-\ des Strukturtyps B finden sich im 20. Jh. nur sehr vereinzelt, in jüngster Zeit vorwiegend als Lehnwörter aus dem Engl./ Amerikan.; Produktivität kann für posf-lB somit nicht eindeutig nachgewiesen werden. Ähnliches gilt für post-2. Wie schon im 19. hat auch im 20. Jh. die Zahl der mit lokalem post-2 nachgewiesenen, stets neoklassischen Kombinationen zwar kontinuierlich, aber nur in geringem Umfang zugenommen. Dabei handelt es sich jedoch ausschließlich um fachspr. Termini, in der Regel mit Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen, deren Status als (in einer Fremdsprache lehngebildetes und von dort übernommenes) Lehnwort oder als dt. LWB-Produkt in den meisten Fällen kaum zu klären ist. Produktivität ist also für post-2 nicht eindeutig nachweisbar, fachspr. jedoch wahrscheinlich. Eindeutig produktiv ist dagegen in jüngster Zeit das Kombinem postnicht nur als temporales post-l des Strukturtyps A, sondern ebenfalls temporal als post-l des neu aufgekommenen und ausschließlich in (meist bildungsspr.) LWB-Produkten belegten Strukturtyps C, mit dem die Integrationsgeschichte des Kombinems posteine neue Stufe erreicht. Während nämlich alle Lehnwörter, sofern sie nicht ohnehin unmittelbar oder mittelbar (d.h. als ganze Kombinationen) aus dem (M)Lat. übernommen wurden, und alle LWB-Produkte mit post-lA, posf-lB und post-2 sich letztlich auf das semantische und strukturelle Vorbild lat. posf-Kombinationen (vgl. Etym) zurückverfolgen und meist sogar als streng neoklassisch typologisieren lassen, entfernt sich post-lC bei semantischer Kontinuität strukturell deutlich von diesem etymologischen Vorbild. posf-lC-Kombinationen sind niemals neoklassische Kombinationen. Die hier vorgenommene Anordnung der Strukturtypen folgt (wie auch im Falle von —> prä-) chronologischen und nicht systematischen Gesichtspunkten. Ausschlaggebend für die Anordnung des temporalen post-l vor dem lokalen post-2 und für die Reihenfolge innerhalb von post-l (1A, 1B, IC) ist also jeweils der für das Dt. ermittelte Zeitpunkt des ersten Auftauchens regulärer Kombinationen. Die Daten für post-l und post-2 wie <?page no="61"?> Das Präfix post- 53 auch, innerhalb von post-1, für post-\A und posMB liegen dabei allerdings sehr nahe beieinander. Rein systematisch sind die Strukturtypen von post- und —> prädeckungsgleich. Unterschiede in der hier erfolgten Strukturyp-Anordnung resultieren dabei also lediglich aus differierenden chronologischen Gegebenheiten. 1.4.3.2 Strukturtyp 1A post-lA ist in eindeutig regulären Kombinationen seit dem früheren 18. Jh. nachgewiesen (zu früher nachgewiesenem, semantisch und strukturell unterschiedlich interpretierbarem Postskript(um) vgl. Hist 1.4.3.1 und Irreg). Dabei findet es sich zunächst in fach- und bildungsspr. Lehnwörtern aus dem (M)Lat. (vgl. Etym), zu denen in der Regel bereits früher nachgewiesene Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen vorliegen und die, mit Ausnahme von kirchenspr. Postkommunion, heute veraltet sind: postautumnal Adj. (1863) (< lat. postautumnalis, zu autumnus ‘Herbst’) bildungsspr., vgl. Beleg; veraltet (lA). 1863 KALTSCHMWT TpostaxiturrrnaX, nachherbstlich (HG). postmeridian Adj. (1863) (< lat. postmeridianus, zu meridies ‘Mittag’; vgl. engl, postmeridian 1626 in OED 1989 und frz. postmeridien in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungsspr., vgl. Beleg; veraltet (lA). 1863 KALTSCHMIDT postmeridian nachmittägig (BG). Seit Mitte des 18. Jhs. findet sich post-lA dann vereinzelt, seit früherem 19. Jh. langsam zunehmend auch in weitgehend fach- und bildungsspr., streng neoklassischen Kombinationen, die zwar entlehntes/ lehngebildetes (griech./ lat.) Basismaterial aufweisen, für die als ganze Kombinationen aber keine Vorbilder im (M)Lat. vorliegen. Dabei orientiert sich die Annahme der Vorbildlosigkeit am derzeitigen Stand der mlat. Lexikographie. Zu diesen neoklassischen Kombinationen sind häufig Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen (vor allem im Engl.) nachgewiesen, so daß ihr Status als (aus einer modernen europäischen Sprache übernommenes, dort lehngebildetes) Lehnwort oder als dt. LWB- Brodukt (mit möglicherweise internationalen Vorbildern, Analogie- oder Parallelbildungen) in den meisten Fällen kaum zu klären ist. Im wesentlichen handelt es sich dabei um Bezeichnungen und Charakterisierungen für geologische Zeitalter und Formationen (postbasaltisch, Postdiluvium/ diluvianisch, posteozän, Postglazial/ postglazial, postkarbonisch, postkulmisch, Postpliozän/ postpliozän, posttertiär). Zu den noch weitgehend neoklassischen post-1 A-Kombinationen ohne direkte (m)lat. Vorbilder, aber (oft) mit Entsprechungen in modernen eu- <?page no="62"?> 54 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoropäischen Sprachen und folglich kaum bestimmbarem Lehn-/ LWB-Status können (trotz oder vielleicht gerade wegen der Besonderheit der Basiskategorie) auch diejenigen im 19. Jh. vereinzelt, im 20. Jh. häufiger nachgewiesenen, in neuerer und jüngster Zeit oft okkasionellen adj. Lexeme gezählt werden, die von Eigennamen abgeleitete Basen aufweisen (posthomerisch, postjustinianisch, postkopernikanisch, postlutherisch, poststalinistisch). Das Auftreten dieser nunmehr auch okkasionellen Bildungen spricht dafür, daß seit den 70er Jahren des 20. Jhs. wohl von einer (international beeinflußten bzw. parallelisierten) fach- und bildungsspr. Produktivität von post-\A. im Dt. ausgegangen werden kann. Eine gesonderte, kontinuierlich zunehmende Gruppe von posM A-Kombinationen ohne direkte Vorbilder im (M)Lat., in der Regel jedoch mit streng neoklassisch auf das Lat. oder Griech. zurückgehenden Basen und mit etwas früher nachgewiesenen Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen (vor allem im Engl.) bilden im folgenden die seit späterem 19. Jh. vereinzelt, seit früherem 20. Jh. häufiger nachgewiesenen, meist adj. und oft der medizinischen oder einer verwandten Fachsprache zuzuordnenden Lexeme, in denen neben dem zeitlichen Nachfolgeaspekt der kausale Aspekt des INFOLGE (vgl. 1A SemKomb) deutlich hervortritt (postalimentär, postdiphtherisch, postembryonal, postfebril, postkoital, postnatal, postnuptial, postmenstruell, postmortal, postpneumonisch). In die bisher dargestellte, in formaler Hinsicht teils streng, teils weitgehend neoklassisch geprägte Geschichte von post-lA-Kombinationen seit dem späteren 19. Jh. fügt sich die ab Mitte des 20. Jhs. zu beobachtende (international beeinflußte bzw. parallelisierte) Zunahme meist fachspr. Lexeme, die Zeit- und Entwicklungsphasen beliebiger Art sowie vor allem politische, künstlerische u.ä. Bewegungen, Perioden und deren Vertreter bezeichnen oder entsprechende Charakterisierungen darstellen, als (auch formal) konsequente weitere Entwicklungsstufe zwanglos ein. In diesen Kombinationen wird zwar generell weiterhin entlehntes/ lehngebildetes, nicht jedoch unbedingt im engeren Sinne klassisches (griech./ lat.), sondern gelegentlich auch modernes Basismaterial bzw. klassisches Basismaterial in moderner Form (Avantgarde, Faschismus) genutzt (Postadoleszenz, postapokalyptisch, Postavantgarde, Postfaschismus/ Postfaschist/ postfaschistisch, Postimpressionismus/ Postimpressionist/ postimpressionistisch, postpubertär, postrevolutionär, postromantisch, postseriell). Vor allem im Gefolge der im späteren 20. Jh. aus dem Engl./ Amerikan. übernommenen, rasch Leitwortcharakter annehmenden Lehnwörter postmodern/ Postmoderne läßt sich schließlich besonders seit den 80er Jahren dieses Jhs. eine Fülle meist bildungs- und medienspr., teils schnell lexikalisierter, teils eher okkasioneller und oft stark kontextgebundener Lexeme nachweisen, die insgesamt wie die Leitwörter postmodern/ Postmoderne verschiedene politische, ideologische, kulturelle usw. Erscheinungen der <?page no="63"?> Das Präfix post- 55 Zeitgeschichte mit jeweils hoher Aktualität und gesellschaftlicher Brisanz bezeichnen oder charakterisieren, und zwar z.T. jargonhaft oder in sprachmodischer Attitüde. Bei diesen post-lA-Kombinationen tritt häufig der semantische Aspekt des NICHT MEHR (VORWIEGEND) (vgl. 1A SemKomb) zum zeitlichen Aspekt des DANACH (postalternativ, posthuman, postideologisch, Postmaterialismus, Postradikalismus, postreligiös, posttotalitär). Vielfach handelt es sich bei diesen im inhaltlichen Umfeld der Leitwörter postmodern/ Postmoderne aufgekommenen Kombinationen um Bildungen, mit denen durch die Einbindung des nun sprachmodisch gewordenen postoffenbar ein Bezug zum allgemeinen zeittypischen „Postismus“ hergestellt werden soll, postsignalisiert hier also häufig nicht allein das neutraltemporale DANACH, vielmehr ist es Ausdruck, Merkzeichen und (modisches) Benennungsmittel eines irritierten (endzeitlichen oder wie auch sonst gearteten) Epochengefühls. Insbesondere die Kontextgebundenheit der immer häufiger auftretenden okkasionellen Lexeme spricht dabei trotz nun wiederum festzustellender (zufällig? ) durchgängiger Neoklassizität der Kombinationen dafür, daß sich darunter zunehmend LWB-Produkte befinden. Kombinationen mit indigenem Basismaterial begegnen sehr selten und sind immer okkasionelle Bildungen (postbürgerlich, postlink...), post- 1A kann dementsprechend in jüngster Zeit als bildungsspr. zunehmend produktiv betrachtet werden. Fülle, Verwendungshäufigkeit und Gebrauchsspezifik der jüngsten Kombinationen mit post-lA sind wiederholt sowohl sprachkritisch als auch in sprachspielerischer Form reflektiert worden (vgl. Kat). 1.4.3.3 Strukturtyp 1B posLlB ist in eindeutig regulären Kombinationen seit Mitte des 18. Jhs. kontinuierlich, wenn auch bis heute nur in einer insgesamt eher geringen Zahl von Lexemen nachgewiesen (zu früher nachgewiesenem, semantisch und strukturell unterschiedlich interpretierbarem Postskript(um) vgl. Hist 1.4.3.1 und Irreg). Dabei findet es sich zunächst und bis heute fast ausschließlich in fach- und bildungsspr. neoklassischen Kombinationen, die zwar entlehntes/ lehngebildetes (griech./ lat.) Basismaterial aufweisen, für die als ganze Kombinationen aber wohl keine Vorbilder im (M)Lat. vorliegen. Zu diesen sind jedoch häufig Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen nachgewiesen, so daß ihr Status als (aus einer modernen Sprache übernommenes, dort lehngebildetes) Lehnwort oder als dt. LWB-Produkt (mit internationalen Vorbildern, Analogie- oder Parallelbildungen) in den meisten Fällen kaum zu klären ist. Bei der Mehrzahl dieser Lexeme handelt es sich um korrespondierende (ebenfalls entlehnte oder lehngebildete) Bildungen zu entsprechenden (früher nachgewiesenen) — ► prä-Kombinationen <?page no="64"?> 56 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- (postdatieren/ Postdatum, Postexistenz, Postformation, Postludium, postnumerieren/ postnumerando/ Postnumeration, Postokkupation). Daneben findet sich posf-lB im 19. Jh. ganz vereinzelt auch in aus dem Lat. übernommenen (vgl. Etym) fach-/ bildungsspr. Lehnwörtern (mit Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen): Postgenitus M. (1863) (< lat. postgenitus, zu genitus Part.Perl, zu gignere ‘zeugen, hervorbringen’) bildungsspr., vgl. Beleg; veraltet (iß). 1863 KALTSCHMIDT Postgenitus, Nachgeborener, Nachkomme (BG). Im 20. Jh. hat die Zahl neuer Kombinationen mit posi-lB nur noch geringfügig zugenommen. Es handelt sich dabei ausschließlich um fachspr. Kombinationen mit entlehnter/ lehngebildeter (griech./ lat.) Basis und teilweise mit Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen, deren Status als (in einer Fremdsprache lehngebildetes und von dort übernommenes) Lehnwort oder als dt. LWB-Produkt in den meisten Fällen wiederum kaum zu klären ist (Postadaption, Postreduktion, Postregeneration). In jüngerer Zeit sind vereinzelt fachspr. posMB-Kombinationen als Lehnwörter aus dem Engl./ Amerikan. nachgewiesen (Postproduction, Postprozessor, Posttest). Unabhängig von ihrem jeweiligen LW-/ LWB-Status korrespondieren post- IB-Kombinationen im allgemeinen mit wesentlich gebräuchlicheren und (im Dt. wie gegebenenfalls in der Herkunftssprache) primären prä-Kombinationen (—+ prä-lA), nach deren Vorbild sie vermutlich entstanden sind. post-lB ist somit im Dt. fachspr. zwar geläufig und in einer wenn auch nicht eben umfangreichen Zahl von Kombinationen präsent. Ein eindeutiger Nachweis für eine Produktivität im Dt. ist jedoch nicht zu erbringen. 1.4.3.4 Strukturtyp IC posMC und damit der sich strukturell vom etymologischen Vorbild lat. post-Kombinationen abhebende Strukturtyp C des Präfixes postin temporaler Bed. (1) ist im Dt. erst im 20. Jh. aufgekommen. Zuerst nachgewiesen sind seit etwa Mitte des 20. Jhs. der medizinischen Fachsprache zugehörige Kombinationen mit klassischem (griech./ lat.) Basismaterial für das erste Basislexem und in der Regel mit Syndrom als zweitem Basislexem. Zwischen das erste und das zweite Lexem der komplexen Basis kann dabei ein Fugenkonsonant eingefügt werden (Posthepatitis- Syndrom, Postkontusionssyndrom). Obwohl zu diesen Kombinationen keine Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen nachgewiesen sind, dürften sich wohl, z.B. in der engl. <?page no="65"?> Das Präfix post- 57 Fachsprache der Medizin, durchaus international parallele Lexeme finden, die als direkte Vorbilder für dt. LWB-Produkte oder als Gegenstand von Entlehnungen gedient haben könnten. Erst in jüngster Zeit ist post-lC wenn auch noch in eher geringem Umfang, jedoch mit zunehmender Tendenz bildungs- und medienspr. nachgewiesen. Es handelt sich bei diesen posf-lC-Kombinationen immer um Okkasionalismen mit teilweise indigenem Basismaterial. Die Lexeme der komplexen Basis werden dabei generell in der Grundform verwendet und durch Bindestrich in der Fuge verknüpft (Post-Atomzeitalter, Post- Glasnost-Zeit, Post-Madonna-Generation, Post-Premieren-Kult, Post- Punk-Dichter). Obwohl auch für diese Kombinationen im einzelnen keine Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen nachgewiesen sind, können parallel strukturierte Lexeme, z.B. im Engl., nicht ausgeschlossen werden. Indigenes Basismaterial und Okkasionalität dieser jüngsten Lexeme sprechen jedoch dafür, daß post-lC-Kombinationen zunehmend als eindeutige LWB-Produkte betrachtet werden müssen und post-lC also vorwiegend bildungs- und medienspr. zunehmend als produktiv anzusetzen ist. 1.4.3.5 Strukturtyp 2 post-2 ist in eindeutig regulären Kombinationen seit dem früheren 18. Jh. nachgewiesen (zum früheren, semantisch und strukturell unterschiedlich interpretierbaren Postskript(um) vgl. Hist 1.4.3.1 und Irreg; zu lokalem, aber strukturell irregulär kombiniertem postin postponieren/ Postposition 2 etc. vgl. Irreg). Dabei findet sich post-2 stets in neoklassischen fach-/ (selten)bildungsspr. Kombinationen, die entlehntes/ lehngebildetes (griech./ lat.) Basismaterial aufweisen, für die als ganze Kombinationen aber wohl keine Vorbilder im (M)Lat. vorliegen. Zu diesen sind jedoch in der Regel gleichzeitig oder früher - Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen nachgewiesen, so daß ihr Status als aus einer modernen europäischen Sprache übernommenes LWB-Produkt oder als dt. LWB-Produkt (mit internationalen Analogie- oder Parallelbildungen) in den meisten Fällen kaum zu klären ist. Postszenium ist das älteste dieser Lexeme, es gehört zum fachspr. Bereich des Theaters. Seit späterem 19. Jh. sind dann vor allem naturwissenschaftlichen Fachsprachen zugehörige Kombinationen/ Termini nachgewiesen, insbesondere solche der biologischen und anatomischen Nomenklatur (Postabdomen, postapicial, postcostal, postdorsal). Die Zahl solcher posf-2-Kombinationen steigt irn Verlauf des 20. Jhs. zwar kontinuierlich, aber insgesamt nur geringfügig an. Weiterhin gehören diese Kombinationen vor allem dem fachsprach./ terminologischen Be- <?page no="66"?> 58 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoreich diverser Naturwissenschaften an. Hinzu kommen solche der linguistischen Fachsprache (Phonetik), für deren Basen vielfach enge Anlehnung an den Fachwortschatz der Anatomie charakteristisch ist. Und auch weiterhin handelt es sich bei diesen im 20. Jh. aufgekommenen pos<-2-Kombinationen um neoklassische Lexeme, zu denen Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen vorliegen. Ihr Status als (in einer Fremdsprache lehngebildetes und von dort übernommenes) Lehnwort oder als dt. LWB-Produkt ist folglich wiederum in den meisten Fällen kaum zu klären (Postdental/ postdental, postganglionär, postkranial, Postpalatal/ postpalatal, postsynaptisch). Es handelt sich also eigentlich um einzelsprachenübergreifende neoklassische Lehn-Wortbildungen, deren Kreativitätszentrum weniger einzelsprachlich (dt., frz., engl., ital. usw.), als gesamteuropäisch bildungsbzw. fachspr. bestimmbar und geprägt ist. post-2 ist somit im Dt. fachspr. geläufig und in einer wenn auch nicht umfangreichen Zahl von Kombinationen präsent. Der Nachweis für seine Produktivität im Dt. ist jedoch nicht eindeutig zu erbringen. Fachspr. Produktivität kann aber als wahrscheinlich gelten. 1.4.3.6 Irreguläres / Irreg Unter den am Beginn der Integrationsgeschichte des dt. Kombinems postnachgewiesenen, unmittelbar aus dem (M)Lat. übernommenen Lehnwörtern (vgl. Hist 1.4.3.1) finden sich außer Postskript(um) und etwas jüngerem postskribieren (vgl. Hist 1.4.3.1) mit postponieren, Postposition 2, postpositiv und Postpositivae noch einige weitere (fachspr.) Lexeme, die sich trotz zumindest für den gebildeten Sprachteilhaber wohl stets gegebener Analysierbarkeit bei genauer (semantischer und struktureller) Betrachtung, keinem der im Laufe der späteren sprachgeschichtlichen Entwicklung deutlich feststellbaren (semantisch und strukturell) regulären WB-Muster zuordnen lassen. postfindet sich in diesen Lexemen zwar wie wohl schon in Postskript(um)/ postskribieren (vgl. Hist 1.4.3.1) und vor allem in späteren post- 2-Kombinationen in lokaler Bedeutung und weist damit semantisch Übereinstimmung mit dem regulären WB-Muster post-2 auf. Wie wohl auch lokal interpretiertes Postskript(um)/ postskribieren weichen diese Lexeme aber strukturell von der analog zu posi-1 A-Kombinationen beschreibbaren Regularität der post-2-Kombinationen ab. Sie weisen vielmehr eine analog der Variante 1B der temporalen posf-Kombinationen beschreibbare semantisch-syntaktische Struktur auf, für die es im Lat. auch bei lokalem postneben den Etyma der genannten Lehnwörter noch einige weitere Kombinationen als Vorbilder gibt (vgl. Etym). Trotz des etymologischen Vorbilds und der Parallelität der strukturellen Anfänge für temporales und lokales posthat sich im Dt. jedoch analog zu Postskript(um)/ postskribieren bzw. Postposition 2/ postponie- <?page no="67"?> Das Präfix post- 59 ren/ postpositiv/ Postpositivae keine weitere lokale Strukturtyp-Variante entwickelt. So haben sich in nur wenigen lat. Lehnwörtern mit lokal interpretierbarem postrudimentäre Reste einer für das Dt. nicht relevanten Strukturtyp-Variante [*post-2B] erhalten. Als Kuriosum eines strukturell abweichenden dt. LWB-Produkts mit lokalem postdarf das veraltete Subst. Postlitz gelten. Postlitz N. (1813) vom frühen 19. bis zum frühen 20. Jh. nachgewiesen. CAMPE FWB 1813: „Eine lächerliche Benennung des Afters, in bezug auf Antlitz gebildet. Der Schöpfer dieses Wortes bildete sich nämlich ein, daß das Ant in Antlitz das lat. ante sei und glaubte daher das Gegenstück des Antlitzes (Vordergesicht) Postlitz (Hintergesicht) nennen zu müssen.“ Neben diesen (bei semantischer Regularität) strukturell auffälligen Lehnwörtern/ LWB-Produkten sind vereinzelt entlehnte (Postprädikament) und in jüngster Zeit auch lehngebildete Lexeme {postverbal/ Postverbale) nachgewiesen, die weder semantisch noch strukturell einem der regulären WB- Muster des dt. Kombinems postzugeordnet werden können und für die auch kein lat. Vorbild erkennbar ist, an denen jedoch ein gemeinsamer (im Lat. nicht nachweisbarer) semantischer Aspekt ABGELEITET VON (dem von der Basis Bezeichneten) festgestellt werden kann, der jeweils als Leistung von postzu betrachten ist. <?page no="68"?> 60 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1.5 Lexikon Generell wird in der alphabetischen Abfolge Umlaut wie nicht umgelauteter Vokal sortiert. Postabdomen M. (1863) (zu Abdomen ‘Bauch, Unterleib der Insekten’, < lat. abdomen ‘Unterleib’; vgl. engl, post-abdomen 1842 in OED 1989 und frz. postabdomen 1869 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) fachspr. (Zoologie) ‘die letzten Ringe am Hinterleib der Insekten’ (2). 1863 KALTSCHMWT Postahdomen, die letzten Ringe des Bauches der Insekten (BG). 1923 BECHHOLD Postabdomen s. Praeabdomen (BG). Fechte 1971 Manteltiere, o.S. Bei dieser Knospungsart wächst meist das basale Körperende schlauchförmig zu einem Postabdomen aus (BG). Post-Achtundsechziger M. (1994) (zu Ac/ ifundsec/ izi^er‘Angehöriger der (Studenten-)Generation, die in Deutschland in den Jahren um 1968 in spezifisch links-alternativer Form außerparlamentarisch politisch wirkte’) bildungsspr. ‘(junge) Intellektuelle im Gefolge/ in der Nachfolge der 68er Bewegung’ (lA). 1994 Opernwelt 9, 7 Daß er bei den Post-Achtundsechzigern, zwischen all den Yuppies und Angepaßten, welche findet, die Kreativität statt Konsum fördern, müßte doch möglich sein (z). Postadap(ta)tion F.(1972/ 1982) (zu Adaption ‘Anpassungsvermögen’, zurückgehend auf lat. adap^are‘anpassen’) fachspr. (Evolutionsforschung), vgl. Belege (iß). 1972 BROCKHAUS 1966fJ. Postadaption, Evolutionsforschung: fortschreitende Anpassung an stabile, bereits bestehende Umweltzustände (BG). 1982 NATMATH FWB Postadaptation, durch Mutation und Auslese entstandene Anpassung an die veränderte Umwelt (BG). Postadoleszenz F.(1985) (zu Adoleszenz ‘Lebensabschnitt zwischen Pubertät und Erwachsenenalter; Jugendzeit’, < lat. adulescentia\ vgl. entsprechend das engl. Adj. postadolescent ‘bezogen auf die der Jugendzeit folgende Phase’ 1936 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘die auf die Adoleszenz folgende Phase’ (lA). Zeit 27.9.1985 Nach wie vor stimmt die Theorie der Postadoleszenz, verschiebt sich das Alter, in dem Jugendliche tradierte Rollen übernehmen (CK). Spiegel 25.7.1993, 174 Die Braut spielt Rue McClanahan, die Darstellerin der Blanche aus den „Golden Girls“, deren chronische Postadoleszenz nervt ja schon seit langem fröhliche Seniorinnen (CK). <?page no="69"?> Das Präfix post- 61 postalimentär Adj. (1977) (zu alimentär ‘mit der Ernährung und dem Stoffwechsel zusammenhängend’, zurückgehend auf lat. alimentum ‘Nahrung’) fachspr. (Medizin), vgl. Beleg (lA). 1977 MEYER 1971ff. postalimentär, in der Medizin für: nach der Nahrungsaufnahme auftretend (bg). postalternativ Adj. (1985) (zu alternativ'm der Bed. ‘eine zweite/ (radikal) andere Möglichkeit darstellend/ vertretend’, zurückgehend auf frz. alternatz/ ‘abwechselnd’, < lat. alter‘dev andere’) bildungsspr., Bed. unsicher, wohl etwa ‘bezogen auf/ charakteristisch für die auf eine das Alternative bevorzugende Phase folgende, nicht (mehr) alternative Einstellung’ (lA). Zeit 15.11.1985 Die postalternative Mittelschicht hat ihren Zenit bereits überschritten (CK). Spiegel 8.3.1993, 27,5 Postalternativer Mief ist längst in die Durchschnittsfamilie eingesickert (CK). postalveolar Adj. (1971) (zu alveolar/ Alveolar ‘mit der Zunge an den Alveolen gebildet/ er Laut’, zu Alveole ‘Höhlung im Kiefer, unmittelbar hinter den oberen Schneidezähnen’, < lat. alveolus ‘Mulde, Wanne’; vgl. engl. post(-)alveolar 1932 in OED 1989) fachspr. (Phonetik) ‘an den hinteren Alveolen gebildeter Zahnlaut)’ (2). 1971 MEYER 1971ff. alveolar, an den Alveolen artikuliert. Bei genauerer Angabe präalveolar (am vorderen Teil) und postalveolar (am hinteren Teil der Alveolen) (BG). postanabol Adj. (1990) (zu anaio/ ‘zum Aufbaustoffwechsel gehörig’/ Anabolika ‘den Aufbaustoffwechsel fördernder Wirkstoff’, anabol wohl zurückgehend auf griech. <anaboleus> ‘der einem aufs Pferd hilft’, also: ‘Steigbügelhalter, Reitknecht’) fachspr. (Medizin)/ bildungsspr. ‘an eine Phase der Verwendung von Anabolika anschließend; bezogen auf/ charakteristisch für/ folgend auf eine Phase, in der Anabolika verwendet wurden’ (lA). Spiegel 12.3.1990 Endlich greifen die verschärften Doping-Kontrollen; die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ sah bereits „postanabole Zeiten“ angebrochen (z). Spiegel 16.8.1993, 135 Als Musterathlet der postanabolen Ara propagiert er den Sinneswandel bei Athleten und Medien (CK). Spiegel 25.4-1994, 236 In Zeiten, in denen die Leichtathleten die postanabole Ara eingeläutet haben, verfährt der DSV immer noch nach dieser Devise (CK). Postantennalorgan N. (1972) (zu Antenne in der Bed. ‘Fühler der Gliedertiere’, < lat. antenna ‘Rahe, Segelstange’; vgl. entsprechend das engl. Adj. postantennal ‘hinter der Antenne gelegen’ 1895 in OED 1989) fachspr. (Zoologie), vgl. Beleg (2). 1972 BROCKHAUS 1966ff. Postantennalorgan: ein für die Bestimmung der Art wichtiges, hinter der Antenne der Springschwänze (Collembolen) liegendes Feld (bg). <?page no="70"?> 62 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Post-Apartheid-Ära F. (1992) {Apartheid < afrikaans apartheid‘Rassentrennung (in Südafrika)’) okkasionell/ bildungsspr. ‘die Ara nach der von der Apartheid geprägten Epoche’ (IC). Süddeutsche Ztg. 19.3.1992 Durch diese hohle Gasse mußte die Reform kommen jetzt ist der Weg in die Post-Apartheid-Ara frei (GfdS). postapicial Adj. (1863) {-apicial zu Apex ‘Spitze, Gipfel’, < lat. apex) fachspr. (Zoologie), vgl. Beleg; veraltend (2). 1863 KALTSCHMIDT postapicial, hinter dem Scheitel befindlich (BG). postapokalyptisch Adj. (1985) (zu apokalyptisch ‘die Apokalypse, das Weitende betreffend’/ Apo&ah/ pse ‘Enthüllung, Offenbarung; (Schrift über das) Weitende’, < griech. <apokdlypsis>) bildungsspr. ‘nach der Apokalypse (auftretend); bezogen auf/ charakteristisch für die auf die Apokalypse folgende Phase; dieser Phase zugehörig’ (lA). Zeit 22.3.1985 Im Fachblatt „Geology“ schreiben die beiden Kanadier über die postapokalyptische Nomenklatur der Gesteinskundler (CK). Mannh. Morgen 1.8.1988 Für den dritten „Ring“-Abend hat Schavernoch ein postapokalyptisches Ambiente erstellt (z). 1991 Wiener 10, 15 ln der futuristischen Welt von „Terminator 2“ regieren die Supercomputer von Skynet noch immer die postapokalyptische Erde (z). Spiegel 14-3.1993, 263 In diesem postapokalyptischen Science-fiction-Film entpuppt sich ein vermeintlicher Mörder als belesener Androide, der das Wissen und die Kultur der Menschheit bewahren soll (CK). postatomar Adj. (1989) (zu atomar in der Bed. ‘auf Atomwaffen beruhend/ bezogen; durch/ mit Atomwaffen’, zurückgehend auf griech. <dtomos> ‘unteilbar’; vgl. engl, postatomic 1948 in OED 1989) bildungsspr. ‘resultierend aus dem Gebrauch/ Einsatz von Atomwaffen; auf die Phase des Einsatzes von Atomwaffen folgend’ (vgl. auch Post- Atomzeitalter) (ia). Spiegel 21.8.1989 Jetzt schaut ein postatomarer Mutant, in dem der Künstler die „Inkarnation des Seemanns“ vermutet, auf das Etablissement des Rheinländers (z). Mannh. Morgen 2./ 3.5.1992 Verzerrte Fratzen nehmen sich wie die unkenntlichen Gesichter post-atomarer Horror-Mutanten aus (z). Post-Atomzeitalter N. (1986) (vgl. engl, post-atomic times 1954 in OED 1989) okkasionell/ bildungsspr. ‘das auf das Atomzeitalter folgende Zeitalter’ (IC). N.Z.Z. 26.10.1986 Bedeutete Tschernobyl wirklich so etwas wie den Beginn des Post- Atomzeitalters? (z). <?page no="71"?> Das Präfix post- 63 Post-Auschwitz-Untat F. (1993) (zu Auschwitz, dt. Name des polnischen Ortes Oswiecim-, der Ortsname bezeichnet vor allem das während des 2. Weltkrieges dort befindliche Konzentrations- und Massenvernichtungslager der Nazis) okkasionell/ bildungsspr. ‘Untat in der Zeit nach den Auschwitz-Verbrechen der Nazis’ (ic). Wochenpost 1.4-1993 Der SPD-Abgeordnete befürchtet, daß die Judenverfolgung auch benutzt werde, um alles nachfolgende Leiden weltweit als „Post-Auschwitz- Untaten“ zu relativieren (z). postautumnal (lA) vgl. Hist Post-Avantgarde F. (1985) (zu Avantgarde in der Bed. ‘Vorkämpfer einer Bewegung/ Idee/ Kunstrichtung’, < frz. avant-garde ‘(militär.) Vorhut; Vorkämpfer’) bildungsspr. ‘progressive Künstlerpersönlichkeiten jenseits der jeweils tonangebenden Kunstrichtungen’, mit postavantgardistisch Adj. (1988) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Post-Avantgarde, ihr zugehörig’ (ia). Zeit 24-5.1985 Schnebel war ungehalten darüber, daß immer wieder der Begriff „post“ {post-seriell, Post-Avantgarde) herumgeistert (CK). Mannh. Morgen 2.8.1988 Avantgarde, die noch nicht in eingefahrenen Gleisen läuft sie kommt von anderen Voraussetzungen her als das, was westlicherseits als avantgardistisch, trans- oder postavantgardistisch figuriert (z). postbasaltisch Adj. (1970) (zu basaltisch ‘aus Basalt bestehen; bezogen auf/ charakteristisch für die Basalt-Formationsphase’/ Basa/ t ‘schwärzliches Vulkangestein’, zurückgehend auf lat. basaltes/ basanites ‘Probierstein; sehr harter, zum Prüfen, zu Wetzsteinen und Mörsern dienender Stein’, < griech. <bdsanos>) fachspr. (Geologie) ‘nach der Basalt- Formationsphase (entstanden); einer der Basalt-Formationsphase folgenden Periode zugehörig’ (lA). Seuffert 1970 Reliefentwicklung 48 Damit bleibt für die postbasaltische Absenkung des inneren Campidano eine Zeitspanne, die etwa vom Mindel bis zum Ende der Mindel/ Riß-Warmzeit reicht (CK). postbasisch Adj. (1990) (-basisch zu Basis in der fachspr. Bed. (Linguistik) ‘Grundwort’, < griech. <bdsis> in der Bed. ‘Fundament, Grundlage’) fachspr. (Grammatik) ‘hinter dem Grundwort, auf das Grundwort folgend’ (2). 1990 Wörterbücher II 1225 Kombineme, die immer positionsgebunden hinsichtlich der Basis eines Lexems, und zwar prä- oder postbasisch auftreten (z). <?page no="72"?> 64 Michail Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Post-Bellini-Konfektion F. (1994) (zu Bellini, Eigenname, ital. Komponist, und zu Konfektion, hier wohl in der Bed. ‘in Serie, in großen Mengen Hergestelltes/ Komponiertes’) okkasionell/ bildungsspr. ‘musikalische Konfektion in der Nachfolge/ entsprechend dem Stil Bellinis’ (lC). 199f Opernwelt f 34 Als es der Post-Bellini-Konfektion an den musikalischen Kragen geht, erfährt der Zuschauer auch, in welchem Bereich der unteren Körpermitte Koloraturen angesetzt werden (z). Post-Bonsai-Zeit F. (1989) (zu Bonsai (jap.) ‘aus Japan stammende Züchtung von Zwergbäumen’) okkasionell/ bildungsspr., Bed. unsicher, wohl etwa ‘Lebensabschnitt, der auf eine Zeit intensiver persönlicher Beschäftigung mit Bonsai-Kulturen folgt, die endgültig abgeschlossen ist’ (IC). TV/ Südwest 3, 3.10.1989 Das war dann schon alles in meiner Post-Bonsai-Zeit (z). postbürgerlich Adj. (1993) okkasionell/ bildungsspr. ‘nicht mehr bürgerlich, einer bürgerlich geprägten Phase folgend’ (lA). Spiegel 31.5.1993, 132 [...] obwohl es im Vakuum der postbürgerlichen Gesellschaft die Filme sind, die Werte und Unwerte, Weltanschauung und Lebensstil transportieren (CK). postbyzantinisch Adj. (1993) (zu byzantinisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für (das Reich, die Kultur/ Kunst von) Byzanz, diesen zugehörig’, zurückgehend auf den Stadtnamen Byzanz (gnech. <Byzdntion>) als parspro-toto-Bezeichnung für das mittelalterliche Ostreich) fach-/ bildungsspr. ‘nach-/ spätbyzantinisch; auf das Byzantinische/ den byzantinischen Kunststil zurückgehend’ (lA). 1993 LEXIKON KUNST V 715 Postbyzantinische Kunst —»byzantinische Kunst (z). Post-Cezannismus M. (1990) (zu Cezanne, Eigenname, frz. Maler) okkasionell, fach-/ bildungsspr. ‘Stilrichtung im Gefolge Cezannes; auf Cezanne zurückgreifende Kunst-/ Stilrichtung’ (lA). ND 11.6.1990 Anregungen des Post-Cezannismus wurden verarbeitet (z). Post-Chereau-Moderne F. (1991) (zu Chereau, Eigenname, franz. Regisseur) okkasionell/ bildungsspr. ‘die moderne darstellende Kunst im Gefolge Chereaus’ (lC). 1991 Opernglas 5, 13 In einer Zeit, in der sich manche ideologisch befrachtete Inszenierung der Post-Chereau-Moderne zwischen Werk und Zuschauer schiebt, mag Wilsons Konzept ein Ansatz sein, sich wieder auf das Stück zu besinnen (z). Postcholezystektomie-Syndrom N. (1974) (zu Cholezystektomie ‘operative Entfernung der Gallenblase’, zurückgehend auf griech. <chole> <?page no="73"?> Das Präfix post- 65 ‘Galle’, <kystis> ‘Blase’ und <ektemnein> ‘herausschneiden’) fachspr. (Medizin) ‘nach der operativen Entfernung der Gallenblase auftretender Symptomenkomplex’ (IC). 1974 DTV MED Postcholezystektomie-Syndrom: Zusammenfassung der nach Cholezystektomie auftretenden Koliken, Dauerschmerzen (z). Post-Cold War-Realität F. (1993) (zu engl, cold war ‘kalter Krieg’; wohl Lehnübersetzung aus dem Engl.) okkasionell/ bildungsspr. ‘die reale Situation nach der Phase des Kalten Krieges’ (ic). 1993 Deutsche Bühne 7, 18 Deutschland tat einen Schritt weg von der idealistischen Nachkriegsvision seiner selbst als eines humanen, modernen Staates, hin zu einer Post- Cold War-Realität, der es an Visionen jeglicher Art zu ermangeln scheint (z). postcostal Adj. (1863) (zu kostal ‘zu den Rippen gehörend’, zurückgehend auf lat. costa ‘Rippe’; vgl. engl, postcostal 1826 in OED 1989 und frz. postcostal in 1988 TRESOR 1971fF.) fachspr. (Zoologie), vgl. Beleg; veraltend (2). 1863 KALTSCHMIDT postcostal, hinter einer Rippe befindlich (BG). postdatieren V.trans. (1813) (zu datieren ‘mit einer Zeitangabe verse- / Datum ‘Zeitangabe/ -punkt’, zurückgehend auf lat. datum, Part.Perf. zu dare ‘geben’; vgl. engl, postdate 1624 in OED 1989 und frz. postdater 1752 in 1988 TRESOR 1971fF.) fach-/ bildungsspr. ‘etw. später/ im nachhinein mit einer (früheren) Zeitangabe versehen, nachdatieren’, auch: ‘mit einer späteren Zeitangabe versehen’, mit Postdatum N. (1863) (vgl. frz. postdate 1536 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, post-date 1611 in OED 1989) ‘später hinzugefügte (frühere) Zeitangabe’, veraltet (iB). campe FWB 1813 postdatieren, einen schon vergangenen Tag, statt des wirklich gegenwärtigen unterschreiben. Man kann rückbetagen dafür sagen (BG). Gutzkow 1838 Blasedow I 164 B er Brief war postdatirt (SB). 1933 GENIUS postdatieren, mit einem späteren Tage als dem der wirklichen Ausstellung unterzeichnen (BG). 1863 KALTSCHMIDT Postdatum, Nachdatum, zurückgestelltes Datum (BG). Post-DDR-Film M. (1991) okkasionell/ bildungsspr. ‘ein (unmittelbar) nach dem Ende der DDR (in den DEFA-Studios Babelsberg) gedrehter Film’ (ic). 1991 Dtschld. Archiv 12, 1259 (Überschrift) Ein Post-DDR-Film (z). postdental Adj. (1952) (zu dental/ Dental''am den oberen Schneidezähnen gebildet/ er Konsonant/ Zahnlaut’, zurückgehend auf lat. dens ‘Zahn’; vgl. engl, postdental 1899 in OED 1989 und frz. postdentale 1933 in ROBERT 1985) fachspr. (Phonetik), vgl. Beleg, mit Postdental M. (1972) (vgl. frz. <?page no="74"?> 66 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopostdentale 1933 in 1976 GR. LAROUSSE 197111. und engl, postdental in OED 1989) ‘mit dem Zahnrücken gebildeter Laut’ (2). MACKENSEN 1952 postdental, mit dem Zahnrücken gebildet (Laut) (z). 1912 BROCKHAUS 1966ff. Postdentale, Lautlehre: die Zahnflächenlaute (BG). Postdiluvianer M. (1750) (zu Diluvianer ‘Mensch des Diluviums’/ Zh'/ uthum ‘Eiszeit’, < lat. diluvium ‘Überschwemmung’; vgl. engl, postdiluvian 1684 in OED 1989) unter Bezugnahme auf die biblische Sündflut fachspr. (Theologie) ‘nach der Sündflut lebender Mensch’, mit postdiluvianisch Adj. (1842) (vgl engl, post-diluvian ‘nachsündflutlich’ 1680 und post-diluvial ‘nacheiszeitlich’ 1823 in OED 1989 und frz. postdiluvien in 1988 TRESOR 1971) fachspr. (Theologie, Geologie) ‘nach der Sündflut/ Eiszeit (entstanden); nachsündflutlich/ -eiszeitlich; dem Postdiluvium zugehörig’; Postdiluvium N. (1933) fachspr. (Geologie) ‘Nacheiszeit’ (lA). 1750 Sulzer \ 1773 Briefe dlsch. Gelehrter I 129 Postdiluvianer (SB). Cotta 18f2 Geognosie 153 postdiluvianische Gebilde (SB). Bodmer 1900 Denkschrift 38 die postdiluvianischen Sitten der Antidiluvianer (SB). 1933 GENIUS Postdiluvium, nach dem Diluvium entstandene Erdschicht (BG). postdiphtherisch Adj. (1942) (zu diphtherisch ‘bezogen auf/ charakterisch für eine Diphtherie; durch eine Diphtherie Yiervovgevuien'/ Diphtherie ‘infektiöse Hals- und Rachenerkrankung’, zurückgehend auf griech. <diphthera> ‘abgezogene und bearbeitete Tierhaut; Leder; aus Leder Gemachtes’; vgl. engl, post-diphtheritic 1897 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘nach/ infolge einer Diphtherie (auftretend)’ (lA). PSCHYREMBEL 19f2 postdiphtherisch: Im Anschluß an Diphtherie auftretend (z). Postdoktorand M. (1983) (zu Doktorand ‘Universitätsstudent, der sich auf die Promotion vorbereitet’, < mlat. doctorandus, zurückgehend auf lat. doctor ‘Lehrer’; vgl. engl, postdoctoral 1971 in OED 1989 (als Adj. bereits 1939), seit 1970 in der auch im Dt. (1985) gebräuchlichen - Kurzform post(-)doc/ Postdoc/ Post-Doc nachgewiesen) fach-/ bildungsspr. ‘Wissenschaftler an der Universität oder einer Forschungsinstitution, der nach der Promotion im Rahmen einer Graduiertenförderung mit einer bestimmten Forschungsaufgabe befaßt ist’ (vgl. hierzu unter vgl. postgraduell das bedeutungsverwandte Postgraduierter), mit Komposita wie Postdoktoranden-Stelle, Postdoktoranden-Stipendium, auch Komposita mit der direkt aus dem Engl, übernommenen Form, wie in Postdoc- Position, Post-Doc-Stelle (lA). Schweizer Maschinenbau 16.8.1983 Mit seinem in der Junisession des Ständerats angenommenen Antrag hat Letsch (Aargau) gleichsam 150 Damoklesschwerter über die Köpfe ebenso vieler junger Doktoranden und Postdoktoranden gehängt (z). <?page no="75"?> Das Präfix post- 67 Zeit 29.3.1985 Diplomanden, Doktoranden, Postdocs mit Erfahrung gesucht für folgende Gebiete [...] (CK). Zeit 5.4-1985 Wiss. Mitarbeiter(in) (postdoc) für gentechnolog. Arbeitsgruppe gesucht (ck). Zeit 28.6.1985 Erfahrung als Post-Doc oder Industriepraxis ist von Vorteil (CK). Zeit 11.4-1986 Irn Rahmen eines Projektes ist ab sofort eine Post-Doc-Stelle für einen promovierten Naturwissenschaftler zu besetzen (CK). Zeit 13.6.1986 ggf. auch post-doc-Erfahrungen willkommen (CK). postdorsal Adj. (1863) (zu dorsal ‘den Rücken betreffend, am Rücken befindlich’, zurückgehend auf lat. dorsum ‘Rücken’; vgl. frz. postdorsal in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Zoologie) vgl. Beleg; veraltend, mit Postdorsal M. (1985) (zu DorsaVtmi dem Zungenrücken gebildeter Laut’; vgl. frz. postdorsal in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Phonetik) ‘mit dem hinteren Zungenrücken gebildeter Laut’ (2). 1863 / wüTSC/ ZM/ DT postdorsal, hinter dem Rücken befindlich (BG). 1985 SPRACHWISS. TERMINI 58 Je nachdem, ob die vordere, mittlere oder hintere Zungenpartie das Hindernis für den Phonationsstrom bildet, werden Prä-, Medio- und Postdorsale unterschieden (z). Post-Emanzipation F. (1992) (zu jEVnanzipah'on‘Befreiung von Abhängigkeit und Bevormundung’, < lat. emancipatio ‘Entlassung/ Losgebung einer Person/ Sache aus jmds. Gewalt’) okkasionell/ bildungsspr. ‘Zeitraum unmittelbar nach einer emanzipatorischen Bewegung/ Phase’ (lA). Mannh. Morgen 26.3.1992 Wovon Horx etwas versteht, das sind die Alltagsmühen der „Post-Emanzipation“, die seiner Ansicht nach die neunziger Jahre bestimmen werden (z). postembryonal Adj. (1866) (zu embryonal ‘zum Embryo gehörig; bezogen auf/ charakteristisch für den 'Embryo'/ Embryo ‘Lebewesen vor der Geburt’, < griech. <embryon>, zu <bryein> in der Bed. ‘quellen, keimen’; vgl. engl, post-embryonal 1893 und post-embryonic 1895 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘nach Abschluß der embryonalen Entwicklung (auftretend); nachgeburtlich’ (lA). Haeckel 1866 Generelle Morphologie II 22 bezeichnen wir die Wissenschaft von der postembryonalen Entwicklung mit dem Namen der Metamorphologie (SB). DUDEN FWB 1982 postembryonal, nach der Embryonalzeit (BG). postenzephalitisch Adj. (1977) (zu enzephalitisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine EnzephaWüs'/ Enzephalitis ‘Gehirnentzündung’, zurückgehend auf griech. <enkephalos> ‘Gehirn’; vgl. engl, post-encephalitic 1928 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘nach/ infolge einer Gehirnentzündung (auftretend)’ (lA). PSCHYREMBEL 1977 postenzephalitische Geistesstörung (z). <?page no="76"?> 68 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoposteozän Adj. (1871) (zu eozän ‘bezogen auf/ charakteristisch für das Eozän’/ fJozön ‘mittlere Stufe des Paläozäns’, zurückgehend auf griech. <eös> ‘Morgenröte’ und <kainos> ‘neu’) fachspr. (Geologie) ‘nach dem Eozän (entstanden); einer dem Eozän folgenden Periode zugehörig’ (lA). 1871 SANDERS FWB posteocän: einer späteren als der Eocän-Periode angehörig (bg). Posteri vgl. EtymPdgm posterieren vgl. EtymPdgm posterior vgl. EtymPdgm Posteriora vgl. EtymPdgm Posteriorität vgl. EtymPdgm Posterität vgl. EtymPdgm Posteromanie vgl. EtymPdgm Post-Esser-Ara F. (1993) (zu Esser, Eigenname) okkasionell/ bildungsspr. ‘die Phase im Anschluß an (die Wirkungszeit von) Herrn Esser’ (lC). Mannh. Morgen 29.3.1993 Und hier lief unter dem neuen Management in der Post- Esser-Ara offenbar nicht alles zum besten (z). Postexistenz F. (1838) (zu Existenz ‘Leben, Sein, Da-/ Vorhandensein’, < nlat. existentia, zurückgehend auf lat. ex(s)istere ‘entstehend hervortreten; da/ vorhanden sein’; vgl. engl, post-existence 1678 in OED 1989) fachspr. (Philosophie/ Theologie) ‘das Leben/ Sein danach, nach dem Leben/ Tod’. Semantisch kann Postexistenz sowohl nach post-lA ‘(Daseinsweise/ Existenz) nach der Existenz’ als auch nach posf-lB ‘die Existenz danach; die spätere Existenz’ interpretiert werden, wobei post-lB (s. Belege) wohl die ursprüngliche Lesart darstellt; mit postexistentiell Adj. (1923), auch postexistenziell (1986) (vgl. engl, post(-)existent 1678 in OED 1989) ‘nach dem Leben/ Sein (stattfindend)’, ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase nach dem Leben/ Sein’ (ib/ ia). HEYSE FWB 1838 Postexistenz, das künftige Dasein, die künftige Fortdauer (BG). 1977 FWB LEIPZIG Postexistenz, das Weiterleben der Seele nach dem Tode (z). Simmel 1923 Fragmente 173 die postexistentielle Vollendung (SB). Zeit 17.1.1986 Macdonald nennt seine Romane postexistenziell (CK). postexpressionistisch Adj. (1979) (zu expressionistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Expressionismus, diesem zugehörig'/ Expressionismus ‘künstlerische Bewegung/ Stilrichtung im frühen 20. Jh.’, zurückgehend auf lat. expressio in der Bed. ‘Ausdruck’) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Postexpressionismus, diesem zugehörig’, mit <?page no="77"?> Das Präfix post- 69 Postexpressionismus M. (1986) ‘künstlerische Bewegung/ Stilrichtung in der Nachfolge des Expressionismus’ (lA). Saarbr. Ztg. 15./ 16.12.1979 das weite Feld der postexpressionistischen Porträts, Landschaften und Stilleben (GfdS). Mannh. Morgen 31.1.1986 Jankel Adler, dessen zwischen Postkubismus und Postexpressionismus changierendes Werk auf die jüngeren englischen Maler einigen Einfluß gewann (CK). postfaschistisch Adj. (1961) (zu faschistisch‘bezogen auf/ charakteristisch für den Faschismus, diesem zugehörig'/ Faschismus ‘rechtsradikale totalitäre Bewegung/ Ideologie/ Herrschaftsform’, besonders in Italien 1922-1945 sowie in Deutschland 1933-1945, hier unter der Bezeichnung Nationalsozialismus, < ital. fascismo, zu fascio in der Bed. ‘Bund, Vereinigung’, < lat. fascis ‘Bund, Bündel, Paket’, auch als Symbol der konsularischen Gewalt: ‘Rutenbündel’) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Zeitphase nach dem Faschismus/ für den Postfaschismus, dieser/ diesem zugehörig; faschistisch auf heutige/ aktuelle Art’, mit Postfaschismus M. (1986) ‘Zeitphase/ Bewegung/ Ideologie nach dem/ im Gefolge des Faschismus’; Postfaschist M. (1988) ‘Vertreter/ Anhänger des Postfaschismus; heutiger/ moderner Faschist’, in jüngster Zeit (1994) findet sich Postfaschist auch als Bezeichnung für das Mitglied/ den Anhänger der italienischen Neofaschisten, —+ neo-/ Neofaschist (lA). 1961 | Johnson 1980 Begleitumstände 216 Ich sehe nicht ein, daß die Mauer in Berlin ein literarisches Datum gesetzt haben sollte insofern, daß die deutsche Literatur von einem postfaschistischen Stadium in ein humanistisches Stadium übergegangen sein sollte (Z). Zeit 6.12.1985 Was steckt dahinter: Suche nach Auswegen aus den Krisen der postfaschistischen Kultur? (z). ND 16.12.1989 Wir finden Sprüche aus dem postfaschistischen Arsenal (CK). Zeit 14-3.1986 Das war auch in Italien im Zeitalter des Postfaschismus zu beobachten (Z). Zeit 18.3.1988 Die „Neofaschisten“ verschwanden und die „Postfaschisten“ wie die Autorin sie nicht besonders treffend etikettiert kamen (z). Spiegel 20.6.1994, 138 Viele Linkswähler haben ihre Stimme Berlusconi gegeben, wenn nicht sogar dem Postfaschisten Fini (z). postfebril Adj. (1984) (zu / e6rt7‘fieberhaft, fiebrig’, zurückgehend auf lat. febris ‘Fieber’; vgl. engl, post-febrile 1874 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘nach/ infolge von Fieber (auftretend)’ (lA). 1984 LEXIS postfebril (BSPA). postfeministisch Adj. (1986) (zu feministisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Feminismus'/ Feminismus ‘Richtung der Frauenrechtsbewegung’, zurückgehend auf lat. femina ‘Frau, Weib’) bildungsspr. ‘bezogen <?page no="78"?> 70 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoauf/ charakteristisch für eine im Gefolge der feministischen Bewegung stehenden Haltung/ Einstellung’, mit Postfeminismus M. (1987) (vgl. frz. post-feminisme 1983 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Phase/ Richtung im Gefolge/ in der Nachfolge der feministischen Bewegung’; Postfeministin F. (1993) ‘Vertreterin des Postfeminismus’ (lA). Spiegel 3.11.1986 Sie gehört zu jenen Frauen, die man etwas verlegen „postfeministisch“ nennt (z). Mannh. Morgen 8.11.1991 Von der Kalauer-Komödie entwickelt sich das postfeministischo Märchen „Allein unter Frauen“ zur komischen Romanze (z). Spiegel 3.5.1993, 216 Mit Frauenthemen und ohne Emanzengehabe hat sich die Ulknudel Sissi Perlinger zu einer postfeministischen Entertainerin hochgespielt (z). Spiegel 12.7.1993, 7 Wenn Sie so eine postfeministische Schreckschrulle als seriöse Journalistin erachten, fallen Sie neu-machohaft bei mir unter den Sparetat (Z). Zeit 7.8.1987 Aus Mitleid mit dem armen Mann wird sich in der Phase des Postfeminismus der Homonismus entwickeln (CK). Frank}. Rundschau 6.}.199} Mit Dianne Brill hat der Postfeminismus in der Werbewelt üppige Formen angenommen (z). Spiegel 19.12.1994, 162 Für Jungen ist sie ein feuchter Traum in Kampfstiefeln, für Mädchen die Ikone des Postfeminismus (CK). Spiegel 19.7.1993, 146 Höchste Zeit, meint Camille Paglia, die streitlustige Postfeministin und Kulturhistorikerin, allzulang hätten sich feministische Lesben abgekapselt (CK). Spiegel 15.11.1993, 228 Auch das erste Fanmagazin ist auf dem Markt, von San Francisco aus vertreibt die Philosophin und Postfeministin Lisa Palac das Hochglanzmagazin „Future Sex“ (CK). postfeudal Adj. (1990) (zu feudal eigentlich ‘lehensrechtlich’; hier wohl in der Bed. ‘alleinherrschend, undemokratisch’, < mlat. feudalis ‘das Lehenswesen betreifend’, zu mlat. feudum ‘Lehngut’; vgl. engl, post-feudal 1949 in OED 1989 in der Bed. ‘nach dem Feudalismus’) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Phase nach einem durch Alleinherrschaft geprägten Zeitabschnitt’ (lA). Brandenburg. Neueste Nachr. 17.1.1990 Für die postfeudale SED fehlt die Enteignung noch (Z). postfloral Adj. (1982) (zu / fora/ ‘blühend, geblümt’, zurückgehend auf lat. flos ‘Blume’) fachspr. (Botanik)/ bildungsspr., vgl. Beleg (lA). 1982 NATMATH FWB postfloral, nach dem Abblühen (BG). Postformation F. (1759 geprägt von C. Fr. WolfT, vgl. Beleg; zu Formation ‘Bildung, Gestaltung’, < lat. formatio] vgl. frz. postformation in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Biologie) ‘ständiger Prozeß von Neubildungen in der ontogenetischen Entwicklung von Lebewesen’ (lB). 1759 I 1896 BROCKHAUS 1882}}. Postformationstheorie, 1759 von C. Fr. Wolff der Präformationstheorie entgegengesetzt (BG). <?page no="79"?> Das Präfix post- 71 Gebauer 1932 Kulturgesch. 557 Um 1759 folgte die Epigenesis- oder Postformationstheorie (SB). postfreudianisch Adj. (1987) (zu Freud, Eigenname, österreichischer Vsychologe/ freudianisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Lehre/ Anschauungen Freuds’; vgl. engl. post-Frcudian 1964 in OED 1989 und frz. post-freudien in ROBERT 1985) fachspr.(Psychologie)/ bildungsspr. ‘im Gefolge der Lehre/ Anschauungen Freuds’ (lA). Renard 1987 Herausforderung 262 eine aus postfreudianischen Stereotypen zusammengefügte TV-Karikatur (z). postfriderizianisch Adj. (1967) (zu Fridericus, Eigenname, latinisierte Form von Friedrich, hier bezogen auf den preußischen König Friedrich II. und zu friderizianisch ‘bezogen auf/ geprägt durch die Person/ Herrschaft von Friedrich II.) okkasionell, fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Phase nach der Regierungszeit Friedrich II.’ (1A). Görlitz 1967 Gesch. Generalstab das postfriderizianische System (SB). Postfrontale M. (1977) (-frontale zurückgehend auf lat. frons ‘Stirn’) fachspr. (Zoologie), vgl. Beleg (2). 1977 MEYER 1971ff. Postfrontale (Hinterstirnbein), kleinerpaariger Schädelknochen am oberen Augenhöhlenrand niederer Wirbeltiere (BG). postganglionär Adj. (1971) (-ganglionar zu Ganglion ‘Nervenknoten’, < griech. <ganglion> ‘Geschwulst’; vgl. engl, postganglionic 1897 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘hinter dem Ganglion befindlich’ (2). Klimmer 1971 Pflanzenschutzmittel, o.S. Es kommt dadurch zu einer Anreicherung dieses Stoffes an autonomen und zentralen Synapsen und an den Endigungen der postganglionären parasympathischen und motorischen Nerven (CK). 1982 NATMATH FWB postganglionär, im vegetativen Nervensystem [...] (BG). Mannh. Morgen 10.4.1991 Das Ganglion ciliare enthält postganglionäre parasympathische Nervenfasern für die inneren Augenmuskeln (CK). Postgastrektomie-Syndrom N. (1977) (zu Gastrektomie ‘operative Entfernung des Magens’, zurückgehend auf griech. <gaster> ‘Magen’ und <ektemnein> ‘herausschneiden’) fachspr. (Medizin) ‘nach einer Magenoperation auftretender Symptomenkomplex’ (lC). PSCHYREMBEL 7P77 Postgastrektomie-Syndrom: s. Magenoperationsfolgen (z). <?page no="80"?> 72 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Postgenitus (lB) vgl. Hist Post-Glasnost-Zeit F.(1991) (zu Glasnost, < russ. <glasnost'> ‘die Herstellung von OfFentlichkeit/ Durchschaubarkeit bei (politischen) Prozessen durch deren öffentliche Erörterung’) okkasionell/ bildungsspr. ‘(in der Sowjetunion) der auf die von Glasnost geprägte Phase folgende Zeitabschnitt’ (ic). Mannh. Morgen 2.3.1991 In der Post-Glasnost-Zeit bieten Lesermeinungen kritischen Redaktionen ein probates Mittel, das marode Sozialsystem zu brandmarken (z). postglazial Adj. (1866) (zu glazial ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Eiszeit, dieser zugehörig; eiszeitlich’/ G7azia/ ‘Eiszeit’, zurückgehend auf lat. glacies ‘Eis’; vgl. engl, post-glacial 1855 in OED 1989 und frz. postglaciaire 1873 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) fachspr. (Geologie) ‘nach dem Glazial (entstanden); einer der Eiszeit folgenden Periode zugehörig’, mit Postglazial N. (1932) (vgl. frz. postglaciaire 1963 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) ‘die auf die Eiszeit folgende Phase’; auch als gleichbed. Kompositum Postglazialzeit F. (1932) (lA). 1866 Geograph. Jahrbuch 461 die postglaciale Zeit (SB). 1930 Geogr. Zschr. 546 die postglaziale Wärmezeit (SB). DUDEN FWB 1982 postglazial, nacheiszeitlich (BG). Münichsdorfer 1932 Bayerns Boden I 156 Postglazial: Nacheiszeit, Zeit nach dem Gletscherrückzug der letzten diluvialen (Würm-)Vereisung (SB). ebd. 16 die Postglazialzeit, die Nacheiszeit (SB). 1977 MEYER 1971ff. Postglazial (Nacheiszeit, Postglazialzeit), die Zeit nach dem Abschmelzen der würmeiszeitl. Eismassen und dem Ausklingen der glazialen und perglazialen Geschehnisse bis heute (BG). postgraduell Adj. (1967), in gleicher Bed. postgradual (1974) (zu gradual ‘den Rang/ Grad betreffend’ und graduieren ‘einen akademischen Grad erteilen/ erwerben’, das Verb zurückgehend auf gleichbed. engl, graduate, zu lat. gradus ‘Schritt’; vgl. engl, postgraduate 1858 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘nach dem Hochschulstudium/ -examen (im Rahmen einer weiteren Hochschulausbildung) erfolgend’; in das Umfeld von postgradual/ -graduell gehört auch die Personenbezeichnung (der) Postgraduierte M. (1986) in Komposita wie Postgraduierten-Studium (vgl. auch das bedeutungsverwandte Postdoktorand) (lA). 1967 Börsenblatt Leipzig 9, 7Ö7 didaktische und methodische Prinzipien, die unter dem Zeichen der postgraduellen Ausbildung für Fachbücher von Bedeutung sind (SB). DUDEN FWB 1982 postgraduell: nach der Graduierung, dem Erwerb eines akademischen Grades erfolgend (BG). <?page no="81"?> Das Präfix post- 73 1974 WDG 1964JJpostgradual, Neuprägung DDR, nach Abschluß eines (Hochschul)studiums erneut aufgenommen: ein postgraduales Studium; die postgraduale Weiterbildung (BG). Norddt. Neueste Nachr. 15.11.1983 Die Sektion ‘Sozialistische Betriebswirtschaft’ der Wilhelm-Pieck-Universität beginnt ab März 1984 mit einem neuen postgradualen Studium „Planung und Abrechnung in der sozialistischen Industrie“ (z). 1993 Wochenpost 30, 6 1982-1987: postgraduales Studium der Umwelthygiene (z). Zeit 14-3.1986 Das Studium ist konzipiert als Postgraduierten-Studium für junge Architekten, die ein abgeschlossenes Fachstudium vorweisen können (CK). Mannh. Morgen 10.6.1991 Wer diesen Schwerpunkt nicht schon im Zuge einer Promotion oder Diplomarbeit vertieft hat, hat dazu während einer Postgraduiertentätigkeit Gelegenheit (CK). Mannh. Morgen 1.12.1995 Die Kursteilnehmer sind vor allem ausländische Akademiker, die im Anschluß an ihren Sprachkurs ein Post-Graduierten-Studium an einer deutschen Universität anstreben (CK). postgrippös Adj. (1984) (zu grippös ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Grippe’/ Grippe Bezeichnung einer akuten Viruskrankheit, Herkunft nicht eindeutig) fachspr. (Medizin) ‘nach/ infolge einer Grippe (auftretend)’ (ia). 1984 LEXIS postgrippöse Enzephalitis (BSPA). posthemiplegisch Adj. (1973) (zu hemiplegisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Hemiplegie’/ Hemiplegie ‘Halbseitenlähmung’, zurückgehend auf griech. <hemisys> ‘halb’ und <plege> ‘Schlag; Blitz-/ Schicksalsschlag’; vgl. engl, posthemiplegic 1897 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘nach/ infolge einer Halbseitenlähmung (auftretend)’ (lA). 1973 DUDEN MED posthemiplegisch, nach einer Hemiplegie auftretend (z). Posthepatitis-Syndrom N. (1977) (zu Hepatitis ‘Leberentzündung’, zurückgehend auf griech. <hepar> ‘Leber’) fachspr. (Medizin) ‘im Gefolge einer Hepatitis auftretender Symptomenkomplex’ (lC). PSCHYREMBEL 77 Posthepatitis-Syndrom: siehe Hepatitisfolgezustände (z). postherberger(i)sch Adj. (1983) (zu Herberger, Eigenname, dt. Fußballspieler/ -trainer) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf Herberger folgend; in der Zeit nach dem Wirken Herbergers stattfindend’ (lA). 1983 Szene 8 Um mitspielen zu können, sind Schnelligkeit und Kondition die Voraussetzung so steht’s mit postherbergerscher Prägnanz in der Broschüre (z). Posthistorie F. (1950) ( zu Historie, < lat. historia ‘Geschichte’, < griech. <histor'ia> ‘Nachforschung, Erkundung; Kunde, Erzählung; geschichtliche Darstellung’; vgl. engl, post-history 1977 in OED 1989; häufig auch in der französisierenden Form Posthistoire, die in frz. Wörterbüchern nicht <?page no="82"?> 74 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neogebucht ist) bildungsspr. ‘die Geschichte nach/ jenseits der bisherigen Geschichte; Nachgeschichte’, mit posthistorisch Adj. (1983) (zu historisch in der Bed. ‘geschichtlich; die Geschichte betreffend, zu ihr gehörig’; vgl. engl, post-historic 1918 in OED 1989) ‘nachgeschichtlich; folgend auf die gegenwärtige historische Periode; jenseits aller bisherigen Geschichte/ aller historischen Erfahrung liegend’ (lA). Diesel 1950 Jahrhundert 'll Wenn nach Überschreitung dieser Ordinate unser Leben eine neue Richtung einschlägt, dann werden wir die ganze politisch-historische Vergangenheit einiger Jahrtausende insgesamt wie eine ungeheuerliche Phase des Überganges zwischen Vorgeschichte (Prähistorie) und Nachgeschichte (Posthistorie) vor unseren Augen liegen sehen (SB). De Man 1951 Vermassung 136 Es handelt sich bei der Post-Histoire nicht um die Lethargie einer Kultur (SB). Zeit 26.4-1985 Modisch gesprochen, ließe er sich in der Posthistoire ansiedeln: er suspendiert die klassische Geschichtsauffassung (CK). Zeit 14-3.1986 Sie glauben im Jenseits einer „Nachaufklärung“ oder einer „Posthistoire“ oder „Postmoderne“ Fuß gefaßt zu haben und von hier aus, neukonservativ oder anarchistisch, dem Lauf der Dinge zuschauen zu können (CK). Zeit 1.8.1986 Da wir mittlerweile alle im selben Boot der Post-Historie sitzen, haben Zeitgeschichte und Lokalkolorit von damals wenig zu suchen (CK). Zeit 23.1.1987 Für die Reizwörter „Postmodernität“ und „Posthistorie“ habe ich keine besondere Vorliebe, weil sie so außerordentlich nichtssagend sind (z). Zeit 13.3.1987 Seit die Posthistorie auch die letzten Winkel des bayerischen Oberlandes erreicht hat, sind im Zuge eines vieldiskutierten Paradigmenwechsels die Preußen integriert (CK). Tagesspiegel (Berlin) 6.12.1995 Wir leben im Zeichen der Postmoderne. Muß man sich deshalb aber auch als Zeitgenosse einer Posthistorie fühlen? (z). Sloterdijk 1983 Kritik 386 Heidegger vollzieht, teils buchstäblich, teils metaphorisch verstanden, eine „posthistorische“ Rückkehr aufs Land (z). Zeit 6.3.1987Wev bereits beim Glossar aus der posthistorischen Kurve flog, blätterte einfach einige Seiten zurück (CK). Kölner Stadt-Anz. 30.10.1987 Die Ausstellung könnte sogar als Warnung verstanden werden, wäre da nicht der Zeitgeist 1987, der postmodern, posthistorisch und postalles auch tatsächlich alles auf den Kopf zu stellen versucht (z). Süddeutsche Ztg. 21.4-1994 Das Fin de siede in einer posthistorischen Klamotte: die Ausstattung wirkt museal, verstiegen altmodisch (z). Post-Holocaust-Literatur F. (1988) (zu Holocaust ‘Massenvernichtung der Juden während der NS-Zeit’, < engl, holocaust) okkasionell/ bildungsspr. ‘Publikationen, die sich (seit 1945) im Anschluß an die nazistische Politik der JudenVernichtung mit dieser auseinandersetzen’ (ic). Verlagsprospekt Francke 1988 die Phase universaler Barbarei im Zeichen des Nationalsozialismus und deren Aufarbeitung in der Post-Holocaust-Literatur (z). posthomerisch Adj. (1911) (zu Homer, Eigenname, altgriechischer Dichiex/ homerisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für Homer; vgl. engl, post- Homeric 1810 in OED 1989 und frz. posthomerique 1875 in ROBERT 1985) fach-/ bildungsspr. ‘auf Homer folgend; (zeitlich) nach Homer’ (lA). <?page no="83"?> Das Präfix post- 75 PETRI 1911 posthomerisch, nachhomerisch (BG). post(h)um, mit Post(h)umus vgl. EtymPdgm posthuman Adj. (1979) (zu / mman‘menschlich/ menschenwürdig’, zurückgehend auf lat. humanus, zu homo ‘Mensch’; vgl. engl, post-human in WEBSTER COLLEG 1983) bildungsspr. ‘(zeitlich) jenseits des Humanen liegend; nicht mehr human’, mit Posthumanität F. (1987) ‘das (zeitlich) jenseits des Menschlichen/ des Menschen, das nach der Existenz des Menschlichen/ des Menschen Liegende’ (lA). Saarbr. Zig. 30.11.1979 Alle Bilder der Homburger Ausstellung beschreiben die posthumano Welt (z). Dauer 1988 Sprache und Sprachlosigkeit 294 D' e Sprachen, die wir heute auf diesem verseuchten Planeten sprechen, sind ‘posthuman’ (z). Spiegel 8.3.1993, 233 Ein künstliches Selbst werde die Folge sein: schönheitsoperiert, genmanipuliert, medial programmiert voila: der post-humane Mensch (CK). Spiegel 8.3.1993, 233 Cindy Sherman muß nicht auf eine post-humane Zukunft warten, um dieser Gesellschaft eine „gewisse untergründige Abnormität“ zu diagnostizieren (CK). FAZ 10.9.1993 Die Ausstellung „Anti-Pathos“ wird parallel zur von Hamburg übernommenen Schau „Post-Human“ veranstaltet (z). Mannh. Morgen 12.6.1995 Dabei sind die einst praktizierten Vermessungsmethoden ebenso Thema einer umfassenden Sonderausstellung wie die Künstlichkeit und Schrecklichkeit des posthumanen Körpers, den sich die Bildende Kunst seit einiger Zeit mit Hingabe ausmalt (CK). TAZ <? .7.Sprach nicht bereits der Expressionismus von Posthumanität und damit vom Verschwinden des Menschen? (z). posthypnotisch Adj. (1891) (zu hypnotisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Hypnose’/ / / ? / pnose ‘künstlich mit Hilfe von Suggestion herbeigeführter schlafähnlicher Zustand mit herabgesetzten physiologischen Funktionen’, zurückgehend auf griech. <hypnos> ‘Schlaf’; vgl. engl, posthypnotic 1890 in OED 1989) fachspr. (Psychologie) ‘nach und infolge einer Hypnose (auftretend); der Phase nach einer Hypnose zugehörig’ (lA). 1891 Deutsche Dichtung 127 die posthypnotische Suggestion (SB). Münsterberg 1914 Psychotechnik 344 die posthypnotische Wirkung (SB). Süddeutsche Ztg. 8.12.1950 Darum ist es auch begreiflich, daß der arme Elwenspoek gleich nach seinem Geständnis zu dem „bekannten Nervenfacharzt“ gelaufen ist und seine moralische Stellung durch Ausdrücke wie „posthypnotische Befehle“ nachträglich aufzubessern versucht (SB). Posticum vgl. EtymPdgm postidcologisch Adj. (1965) (zu ideologisch ‘eine Ideologie betreffend, dieser verpflichtet’/ / deo/ ogie ‘politische Theorie/ (Welt-)Anschauung’, zurückgehend auf griech. <idea> ‘Erscheinung, Gestalt’ und <lögos> ‘Wort, <?page no="84"?> 76 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Rede’) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine jenseits von Ideologie(n) liegende/ nicht (mehr) ideologische Einstellung’ (lA). Anders 1965 Anüquiertheit 797 Denn das Dasein in der Welt des post-ideologischen Schlaraffenlandes ist total unfrei (SB). Zeit IT.1.1986 Macdonald nennt seine Romane „postkinematographisch, postexistenziell, postpsychologisch, postideologisch, postrevolutionär“ (CK). Postille vgl. EtymPdgm postimperial Adj. (1993) (zu imperial in der Bed. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Weltmacht; zurückgehend auf lat. imperialis ‘kaiserlich’, zu imperium ‘Herrschaft, Staatsgewalt’) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Phase nach verlorenem Weltmachtstatus’ (lA). Spiegel 4.1.1993, 95 Nicht auszuschließen sei die Anwendung militärischer Gewalt zur Einverleibung entflohener Nachbarstaaten, also Heimkehr der früheren Sowjetrepubliken in Rußlands „postimperialen Raum“ (CK). Spiegel 11.1.1993, 137 Das GUS-Land steht aber erst ganz am Anfang seiner postimperialen Ära und noch vor gewaltigen Zerreißproben, wie sie bislang stets dem Zerfall von Großreichen folgten (CK). Spiegel 2.5.1993, 161 Die Engländer fühlen und betrauern nicht den Verlust ihrer Nation, sondern den ihres Staates: jener seltsamen, archaischen, postimperialen Politkultur, die sich letztendlich nicht mit den republikanischen Institutionen und dem aufklärerischen Geist messen kann, auf dem die Europäische Union aufgebaut ist (CK). postimpressionistisch Adj. (1979) (zu impressionistisch‘bezogen auf/ charakteristisch für den Impressionismus; diesem zugehörig'/ Impressionismus ‘künstlerische Bewegung/ Stilrichtung im späteren 19. Jh.’, < frz. impressionisme, zu frz. impression in der Bed. ‘Eindruck’, < lat. impressio-, vgl. engl, post-imprcssionist/ ic 1910/ 1913 in OED 1989 und frz. postimpressionniste 1963 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Postimpressionismus; diesem zugehörig’, mit Postimpressionismus M. (1987) (zu Impressionismus, vgl. oben; vgl. engl, post(-)impressionism 1910 in OED 1989 und frz. postimpressionnisme 1958 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘künstlerische Bewegung/ Stilrichtung in der Nachfolge des Impressionismus’; Postimpressionist M. (1988) (vgl. engl, post-impressionist 1910 in OED 1989 und frz. postimpressionniste 1963 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) ‘Vertreter des Postimpressionismus’ (lA). Saarbr. Ztg. 15./ 16.12.1979 das weite Feld der postimpressionistischen Porträts, Landschaften und Stillleben (Gfds). Zeit 23.1.1987 zwei Ausstellungen postimpressionistischer französischer Malerei (CK)- Zeit 24-9.1993 TaMm ein Verfasser postimpressionistischer Blumenstillleben? (z). Mannh. Morgen 27.10.1987 Picassos Übergang vom Postimpressionismus der „Blauen Periode“ zur Malerei des 20. Jahrhunderts (CK). <?page no="85"?> Das Präfix post- 77 Mannh. Morgen 9.8.1989 Um die Jahrhundertwende kamen die Einflüsse des Impressionismus und Postimpressionismus aus Frankreich dazu (CK). Mannh. Morgen 2.11.1994 Die „Orientalische Szene“ des Wiener Malers Ludwig Deutsch (1855-1935) steht ganz im Zeichen des Postimpressionismus (CK). Spiegel 29.2.1988 Er kam als verspäteter Provinz-Realist und ging als moderner Spät- und Postimpressionist (z). Mannh. Morgen 16.11.1995 Darf sich der Besucher am neuen Sammlungsbereich dauerhaft erfreuen, sind die Bilder des berühmten deutschen Postimpressionisten Weisgerber nur bis 3. März zu bewundern (CK). Postindustrialismus M. (1985) (zu Industrialismus ‘Vorherrschaft der Industrie in der Wirtschaft’, zurückgehend auf lat. industria ‘Fleiß, Betriebsamkeit’) bildungsspr. ‘die auf das Zeitalter des Industrialismus folgende Phase; die nicht (mehr) von der Vorherrschaft der Industrie geprägte Phase’, mit postindustriell Adj. (1985) (vgl. engl, post-industrial 1947 in OED 1989 und frz. post(-)industriel 1967 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase nach der Vorherrschaft der Industrie; dieser Phase zugehörig’ (lA). Zeit 20.9.1985 Vielleicht fällt das alles nur stärker auf, weil auf diese Elemente des Prä-Urbanen allenthalben die Symptome des „Postindustrialismus“ treffen (CK). Zeit 1.2.1985 Daß es auf dem Weg zur postindustriellen Gesellschaft ein Phänomen wie die Grünen geben würde, das war vorherzusehen (CK). TAZ 8.1.1987 eine kritische Bestandsaufnahme der sogenannten postindustriellen und/ oder posttotalitären westlichen Gesellschaft (z). Mannh. Morgen 9.10.1989 das tiefgründige Porträt einer monoindustriellen Kleinstadt am Beginn des postindustriellen Zeitalters (z). Rhein. Merkur 30.3.1990 Das Regieren wird schwerer in der postindustriellen Verbände-Gesellschaft (CK). Spiegel 11.f.1994, 223f. Denn all diese postindustriellen Gebietsmädel-Schänder hätten „Angst vor dem faschistischen Seelenanteil in einem selbst“ (z). postjustinianisch Adj. (1871) (zu Justinian, Eigenname, byzantinischer Kaiser/ justinianisch ‘bezogen auf/ geprägt durch die Person/ Herrschaft Justinians’) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Phase nach der Regierungszeit Justinians; auf Justinian folgend’ (lA). 1871 SANDERS FWB postjustinianisch, nachjustinianisch (BG). postkapitalistisch Adj. (1982) (zu kapitalistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Kapitalismus, diesem zugehörig'/ Kapitalismus ‘auf freiem Unternehmertum und Gewinnstreben basierendes Wirtschaftssystem’, letztlich zurückgehend auf lat. caput ‘Haupt’; vgl. engl, post-capitalist 1964 in OED 1989 und frz. post-capitaliste 1980 in 1988 TRESOR 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Postkapitalismus’, mit Postkapitalismus M. (1983) ‘das auf den Kapitalismus folgende Wirt- <?page no="86"?> 78 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoschaftssystem; das nicht mehr (ausschließlich) vom Kapitalismus geprägte Wirtschaftssystem’ (lA). DUDEN FWB 1982 postkapitalistisch: zu einer Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung gehörend, die dem Kapitalismus folgt (BG). Stern 26.6.1986 Ein dürftiges Papp-Ensemble bauscht sich auf als „Postkapitalistischer Realismus“ (GfdS). Zeit 3.6.1988 die postkapitalistische Gesellschaft (z). Spiegel 27.6.1994, 19 Ähnlich werden in Intellektuellenzirkeln der früheren DDR linke Theoriedebatten wiederbelebt: Marxismus als postkapitalistischer Reifeprozeß (z). Sloterdijk 1983 Kritik ^^5 Je unreifer eine Gesellschaft für den (als Postkapitalismus gedachten) Sozialismus war, desto erfolgreicher hat sich der Radikalsozialismus an die Spitze von Umsturzbewegungen zu setzen verstanden (z). postkarbonisch Adj. (1952) (zu karbonisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für das Karbon, diesem zugehörig'/ Karbon ‘Formation des Paläozoikums mit großen Sumpfwäldern, aus denen die Kohle entstand’, zurückgehend auf lat. carbo ‘Kohle’) fachspr. (Geologie) ‘nach dem Karbon (entstanden); einer dem Karbon folgenden Periode zugehörig’ (lA). MACKENSEN 1952 postkarbonisch, nach der Kohlenzeit (z). postkatastrophal Adj. (1993) (zu katastrophal ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Katastrophe’/ A'afasfrop/ te ‘Ereignis mit verheerenden Folgen’, zurückgehend auf griech. <katastrophe> ‘Umkehr, Wendung’) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf eine Katastrophe folgend’ (lA). Spiegel 11.1.1993, 141 Kurz sieht in seinem Untergangsszenarium bereits eine „postkatastrophale Gesellschaft“ in einen „Weltbürgerkrieg“ verstrickt (CK). postkoital Adj. (1982) (zu koital ‘bezogen auf den Koitus'/ Koitus ‘Geschlechtsakt’, < lat. coitus; vgl. engl, post-coital 1922 in OED 1989 und frz. post-coital in ROBERT 1985) fachspr. (Medizin)/ bildungsspr. ‘nach dem/ infolge des Koitus (auftretend)’ (lA). Spiegel 25.10.1982 Andrew merkt, daß die erfüllte Jugendliebe auch nur die altbekannte postkoitale Traurigkeit erzeugt (z). Zeit 14-3.1985 ein wissenschaftliches Kolloquium zum Thema „postkoitale Schwangerschaftsverhütung“ (ck). Zeit 6.12.1985 ein Bericht über das heimliche Verhütungsmittel, das angeblich in der Dritten Welt „postkoital“ immer noch Anwendung finden soll (CK). Mannh. Morgen 14-8.1989 Wenn die Protagonisten schon einmal zur Sache kommen, dann macht sich bald postkoitale Tristesse unter den Damen breit (z). Spiegel 17.5.1993, 241 Noch war von der Skepsis und der postkoitalen Tristesse, die nach der sexuellen Revolution Platz gegriffen hat, nichts zu spüren (CK). postkolonial Adj. (1985) (zu kolonial ‘die Kolonien betreffend, auf sie bezüglich’/ Äo/ ome ‘ausländischer Landbesitz eines Staates’, < lat. colo- <?page no="87"?> Das Präfix post- 79 nia ‘Tochterstadt; Ansiedlung außerhalb des Vaterlandes’; vgl. engl, postcolonial 1934 in OED 1989 und frz. postcolonial in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die auf die Kolonialzeit folgende Phase, dieser zugehörig’ (lA). Zeit 25.1.1985 Vielmehr geht es um die Einstellung der postkolonialen Oberschicht (CK). Zeit 6.6.1986 Vor allem die Jugend identifiziert sich leichter mit dem integer wirkenden Hauptmann als mit der alten Garde postkolonialer Machtpolitiker (CK). Zeit 3.10.1986 Am eindrucksvollsten sind die historisch genauen Ausführungen über die vorkoloniale, koloniale und postkoloniale Geschichte Perus (CK). N.Z.Z. 26.10.1986 Bisher hat die amerikanische Außenpolitik (im Gegensatz zur sowjetischen, die sich der postkolonialen „Befreiungsbewegungen“ annahm) normalerweise etablierte Regierungen gegen Subversion und Intervention von außen und innen geschützt (Z). Spiegel 1.3.1993, 1^0 So wie die Deutschen nach 1945 von Exil und Emigration unverdientermaßen profitierten, ziehen jetzt die Engländer Vorteile aus einer postkolonialen Situation (CK). Spiegel 29.11.1993, 236 Tansanias ehemaliger Staatspräsident Nyerere, Politiker der ersten Stunde im postkolonialen Afrika, fürchtet um sein Lebenswerk (CK). Postkommissurotomie-Syndrom N. (1974) (zu Ä'ommtssurofoTm'e‘operative Eröffnung der Kommissuren/ der Herzklappen’, aus Kommissur ‘Verbindung’, < lat. commissura und (-o)tomie ‘operative Öffnung’, zurückgehend auf griech. <temnein> ‘schneiden’) fachspr. (Medizin) ‘Spätkomplikationen im Anschluß an eine Kommissurotomie’ (ic). 1974 DTV MED Postkommissurotomie-Syndrom: kommt nach operativer Sprengung einer Mitralstenose zustande (z). Postkommunion F. (1741), anfangs auch lat. flektiert; orthographische Varianten: Post-Communio, Postcommunio (1741), Postcommunion (1810); heute meist Postkommunion (< mlat. postcommunio, zu (m)lat. communio ‘(kirchliche)Gemeinschaft/ Abendmahl/ Kommunion’; vgl. frz. postcommunion ca. 1225 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, postcommunion 1483 in OED 1989) Terminus der katholischen Liturgie ‘(Danksagungs-) Gebet/ Gesang nach der Kommunion’ (lA). 1741 ZEDLER Post-Communio heist die Dancksagung, welche nach gehaltener Communion gesprochen wird (BG). OERTEL 1831 Postkommunion: priesterl. Gebet nach dem Abendmahl (BG). DUDEN FWB 1982 Postkommunion, Schlußgebet der kath. Messe nach der Kommunion (bg). postkommunistisch Adj. (1990) (zu kommunistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Komummsmus'/ Kommunismus ‘linke totalitäre Ideologie und Gesellschafts-/ Wirtschaftsform’, zurückgehend auf lat. communis ‘gemeinsam’) bildungsspr. ‘auf den Kommunismus folgend’, ‘bezogen auf/ charakteristisch für die auf den Kommunismus (sowjetischer <?page no="88"?> 80 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Prägung) folgende Phase/ für den Postkommunismus’, mit Postkommunist M. (1990) ‘(früherer) Kommunist/ (früheres) Mitglied der kommunistischen Partei in der auf den Staats-Kommunismus (sowjetischer Prägung) folgenden Phase’; Postkommunismus M. (1992) ‘die dem Kommunismus (sowjetischer Prägung) folgende Phase’ (lA). Radio Prag (deutschspr. Progr.) 15.11.1990 Man kann bei den Einwohnern osteuropäischer Länder ein gewisses postkommunistisches Syndrom beobachten (z). Mannh. Morgen 14-10.1991 Es werde in der östlichen Hälfte Europas keinen Frieden geben, sollte die Schaffung von Nationalstaaten in der postkommunistischen Ara zur herrschenden politischen Doktrin erhoben werden (z). Spiegel 18.1.1993, 128 Paleckis ist außenpolitischer Berater des postkommunistischen Präsidenten Brasauskas (Z). Mannh. Morgen 25.2.1993 Bei der Spaltung der Tschechoslowakei wurden der Tschechischen Republik größere Chancen als der Slowakei eingeräumt, wirtschaftlich an die Spitze der postkommunistischen Staaten zu rücken (Z). Spiegel 1.3.1993, 131 Das verkörperte sich in den Intellektuellen, die in den postkommunistischen Gesellschaften Mittel- und Osteuropas an die Macht gelangten (CK). Spiegel 25.10.1993, 69 Zu der Vortragsreihe hat eine Arbeitsgruppe des Studentenparlaments vornehmlich frühere SED-Propagandisten, Ex-Mitarbeiter der Stasi und Anhänger der postkommunistischen PDS als Dozenten geladen (CK). TAZ 12.3.1990 Außerdem konstatierte Ehmke einen Run vieler Postkommunisten auf den sozialdemokratischen Namen (z). Mannh. Morgen 21.9.1993 Nun haben auch die Postkommunisten nicht vor, den Reformprozeß abzuwürgen, schließlich verstehen sie sich als Sozialdemokraten (z). Wochenpost 23.9.1993 Mit insgesamt 36 Prozent der Stimmen siegten die sogenannten „Postkommunisten“ bei den polnischen Parlamentswahlen klarer als erwartet (z). Spiegel 1.11.1993, 206 Wie sich am Comeback der Postkommunisten in Wahlen zeigt, hat der radikale Systemwechsel viele Menschen in Osteuropa überfordert (CK). Spiegel 13.12.1993, 13 Zwar meldeten nach dem Erfolg der Potsdamer Postkommunisten vereinzelt westdeutsche Linke Interesse an einer Mitgliedschaft in der gesamtdeutschen Linkspartei an (CK). Spiegel 20.6.1994, 21 Hat die SPD eine Chance, das Wählerpotential der Postkommunisten auf sich zu ziehen? (z). Süddeutsche Ztg. 10.1.1992 Havel sagte, nachdem das Gespenst des Kommunismus 50 Jahre lang in Europa umgegangen sei, spuke nun das Gespenst des Post- Kommunismus (GfdS). 1993 Dtschld. Archiv 8, 890 (Überschrift) Deutschland und Osteuropa in der Ara des Postkommunismus (z). Mannh. Morgen 1.3.1995 Das Ergebnis der zweiten Parlamentswahlen des Postkommunismus in Tallinn enthält viele positive Elemente (z). postkonfessionell Adj. (1992) (zu konfessionell ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Konfession, an diese gebunden’, zurückgehend auf lat. Confessio ‘Eingeständnis, Bekenntnis’) okkasionell/ bildungsspr. ‘nicht mehr (vorrangig) konfessionell (gebunden)/ am Konfessionellen orientiert’ (lA). FAZ 26.8.1992 Die junge Generation denkt und lebt längst postkonfessionell und ist in eine christliche Praxis nur noch ökumenisch einzubinden (GfdS). <?page no="89"?> Das Präfix post- 81 Post-Konfrontationsepoche F. (1990) (zu Konfronation ‘(kontroverse/ feindliche Gegenüberstellung, Auseinandersetzung’, < mlat. confrontatio) okkasionell/ bildungsspr. ‘die Ara im Anschluß an einen von (politischer) Konfrontation geprägten Zeitabschnitt’ (ic). Radio Moskau/ deutschspr. Progr. 15.10.1990 Nicht nur die UdSSR und die USA treten in die Post-Konfrontationsepoche ein, sondern die ganze Welt (z). postkonfrontativ Adj. (1992) (zu konfrontativ in der Bed. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Konfrontation; auf Konfrontation beruhend’, zurückgehend auf mlat. confrontatio ‘Gegenüberstellung’) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase nach einer Konfrontation’ (lA). Spiegel 28.12.1992, 31 in der postkonfrontativen Ära (GfdS). postkonstitutionell Adj. (1963) (zu konstitutionell in der Bed. ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Konstitutionalismus/ die Regierungsform mit verfassungsmäßiger Beschränkung der Rechte des Monarchen’, über frz. constitutionnel zurückgehend auf lat. constitutio ‘Einrichtung, Verfassung’/ consiRuere ‘einrichten’) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für das auf die konstitutionelle Phase Folgende’ (1A). Strauss 1963 Tyrannis 203 die postkonstitutionelle Situation (SB). Postkontusionssyndrom N. (1984) (zu Kontusion ‘Quetschung’, < lat. contusio) fachspr. (Medizin) ‘im Gefolge einer Verletzung durch Quetschung auftretender Symptomenkomplex’ (ic). 198/ LEXIS Postkontusionssyndrom (BSPA). postkonventionell Adj. (1986) (zu konventionell l &ui Konvention(en) beruhend’, ‘förmlich, korrekt’/ Konvention ‘Vereinbarung, Übereinkommen’, zurückgehend auf frz. convention/ conventionnel, zu lat. convenire ‘Zusammenkommen; passen’) bildungsspr. ‘jenseits des Konventionellen/ der Konvention liegend’, ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine nicht mehr an Konventionelles/ bestimmte Konventionen gebundene Phase’ (lA). Zeit 11.7.1986 Es mehren sich die Anzeichen für die Ausbildung einer postkonventionellen Gesellschaft (CK). Kaase/ Klingemann 1990 Wahlen 23 Der politische Wertewandel von konventionellen zu postkonventionellen Werten hat im Untersuchungszeitraum angehalten (GfdS). postkopernikanisch Adj. (1985) (zu Kopernikus, Eigenname, poln. Astronom/ kopernikanisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für Kopernikus, seine <?page no="90"?> 82 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Entdeckungen/ Lehre’) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Zeit nach Kopernikus; im Gefolge der Entdeckungen/ Lehre von Kopernikus’ (lA). Zeit 18.10.1985 Sloterdijk redete von unserer Unlust an Rationalität und Aufklärung und fand für das, was wir alle wissen, neue Worte wie „postkopernikanisch“ (CK). Postkraniometrie F. (1971) (zu Kraniometrie ‘Schädelmeßlehre’; kraniozurückgehend auf lat. cranium, < griech. <krdnion> ‘Schädel’, -metric ‘Messung’, zurückgehend auf griech. <metron> ‘Maß’) fachspr. (Medizin) ‘Messung am Skelett’ (eigentlich: ‘am hinter dem Schädel Liegenden’), mit postkranial Adj. (1982) (zu kranial ‘auf den Kopf/ Schädel bezüglich, zu ihm gehörend’; vgl. engl, postcranial 1913 in OED 1989) vgl. Beleg (2). Karolyi 1971 Anthropometric o.S. Innerhalb dieser beiden Hauptgruppen wird entsprechend der klassischen Anthropometrie unterschieden: so in der Osteometrie die Kraniometrie (Schädelmeßlehre) und die Postkraniometrie, sinngemäßer wäre „Subkraniometrie“ (Messungen am Skelett) (CK). 1982 NATMATH FWB postkranial, hinter dem Schädel gelegen (BG). Post-Kreml-Zeit F. (1991) (zu Kreml, Name eines historischen burgartigen Baukomplexes in Moskau; sowjetischer/ russischer Regierungssitz) okkasionell/ bildungsspr. ‘die Zeitphase nach der Regierungszeit (im Kreml)’ (IC). Mannh. Morgen 27.12.1991 Auch die Tatsache, daß der Stiftungsstock in unbekannter Höhe auf persönliches Betreiben von Gorbatschow aus dem KPdSU-Vermögen gerettet wurde, deutet auf eine betont seriöse Beschäftigung für seine Post-Kreml-Zeit (z). Postkubismus M. (1986) (zu Kubismus ‘Stilrichtung/ Bewegung in der bildenden Kunst in der ersten Hälfte des 20. Jhs.’, zurückgehend auf lat. cubus, < griech. <kybos> ‘Würfel’) fach-/ bildungsspr. ‘Stilrichtung im Gefolge des Kubismus’, mit Postkubist M. (1987) ‘Vertreter des Postkubismus’; postkubistisch Adj. (1990) (vgl. engl. post-Cubist 1927 in OED 1989) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Postkubismus, diesem zugehörig’ (1A). Mannh. Morgen 31.1.1986 Jankel Adler, dessen zwischen Postkubismus und Postexpressionismus changierendes Werk auf die jüngeren englischen Maler einigen Einfluß gewann (CK). Zeit 26.12.1987 eine umfangreiche Gruppe von Arbeiten, die dem Postkubismus oder auch dem Kubofuturismus zuzurechnen sind (z). Mannh. Morgen 10.12.1987 Es wäre dies ein Weg, der zwischen Jacques Villon und den Postkubisten in neue Verstörungen zu führen scheint (CK). Drockhaus 1990 Russ. Avantgarde 13 Die Arbeit ist eher dem Ende der kubistischen, wenn nicht der postkubistischen Phase im Schaffen der Künstlerin zuzuordnen (z). <?page no="91"?> Das Präfix post- 83 postkulmisch Adj. (1952) (zu kulmisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für das Kulm, diesem zugehörig’/ A'w/ m ‘sandig-tonige Ausbildung des unteren Karbons’, zurückgehend auf engl, culm ‘Kohlenstaub’) fachspr. (Geologie) ‘nach dem Kulm (entstanden); einer dem Kulm folgenden Periode zugehörig’ (lA). MACKENSEN 1952 postkulmisch, auf die untere Steinkohlenschicht folgend (z). postliberal Adj. (1964) (zu liberal ‘freisinnig, vorurteilsfrei; bezogen auf/ charakteristisch für den Liberalismus'/ Liberalismus ‘geistige oder politisch-ideologische Aulfassung/ Haltung/ Bewegung, die im gesellschaftlichen und politischen Bereich die größtmögliche Freiheit für das Individuum fordert und staatliche Eingriffe auf ein Mindestmaß reduziert sehen will’, zurückgehend auf lat. liberalis ‘freiheitlich’/ h'&er‘frei’) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine dem Liberalismus nicht mehr verpflichtete Haltung/ Phase’ (lA). Handt 1964 Deutsch 27 John McCormick macht sich das Vorrecht der ‘postliberalen Gegenwart’ zunutze, generalisieren zu dürfen (z). Spiegel 29.3.1993, 154 „Bürgergesellschaft“ ist der Sammelbegriff, unter dem die Politiker und Politologen darüber streiten, wie eine postliberale Demokratie aussehen könnte. (CK). Postlingual M. (1985) (zu Lingual ‘mit Beteiligung der Zunge gebildeter Laut; Zungenlaut’, zurückgehend auf lat. lingua ‘Zunge’) fachspr. (Phonetik), vgl. Beleg (2). 1985 SPRACHWISS. TERMINI 142 Postlingual oder Hinterzungenlaut (z). postlink... Adj. (1993) okkasionell/ bildungsspr. ‘nicht mehr (politisch) links (handelnd/ denkend); einer von politisch linkem Handeln/ Denken geprägten Phase folgend’ (lA). Spiegel 13.12.1993, 126 Der postlinke Selbsthaß von Intellektuellen erreicht selten die germanische Wucht Straußscher Prosa, meist schmeichelt er auch in der Wortwahl dem Ohr des Volkes (CK). post-literarisch Adj. (1965) (zu literarisch ‘schriftstellerisch; bezogen auf/ charakteristisch für die Literatur, dieser zugehörig'/ Literatur ‘Gesamtheit schriftlicher Äußerungen; Dichtung; schöngeistiges/ wissenschaftliches Schrifttum’, zurückgehend auf lat. / ffferafura‘(Buchstaben-)Schrift’/ littera ‘Buchstabe’) bildungsspr. ‘nachliterarisch, nicht (mehr) literarisch; bezogen auf/ charakteristisch für eine Periode/ einen Sachverhalt, in der Literatur keine Rolle (mehr) spielt’ (lA). Anders 1965 Antiquiertheit 3 Er schilderte, im Zusammenhang mit dem, was er „postliterarisches Analphabetentum“ nennt, die globale Bilderflut von heute (SB). <?page no="92"?> 84 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Spiegel 1.3.1993, 203 Wie macht man einen literarischen Film in einer postliterarischen Welt? (CK). Postlitz vgl. Irreg Postludium N. (1831) (neoklassische Bildung, -ludium zurückgehend auf lat. ludus ‘Spiel’; vgl. engl, postlude 1851 in OED 1989 und frz. postlude 1903 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) fachspr. (Musik) vgl. Belege (iß). 1831 OERTEL Postludium, Nachspiel des Organisten beim Kirchenschluß (BG). 1977 FWB LEIPZIG Postludium: Nachspiel (bei der Orgel) (z). DUDEN FWB 1982 Postludium: musikalisches Nachspiel (BG). postlutherisch Adj. (1848) (zu Luther, Eigenname, dt. Reformator/ / w</ ierisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Lehre Luthers, dieser gemäß/ entsprechend)’, okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Zeit nach Luther; im Gefolge der Lehre Luthers’ (lA). Marbach 18^8 Wiedergeburt J3 die postlutherischen Pfaffen der nach Luther benannten Kirche (SB). Post-Madonna-Generation F. (1993) (zu Madonna, Eigenname, amerik. Pop-Künstlerin) okkasionell/ bildungsspr. ‘die durch Madonna geprägte bzw. dieser nachfolgende Generation’ (IC). Spiegel 21.6.1993, 1^6 „Es gibt eine Wiedergeburt des Nachtlebens“, schwärmt Diandra, „die Post-Madonna-Generation ist plötzlich so offen.“ (CK). Post-Marxist M. (1986) (zu Marx, Eigenname, dt. Philosoph/ Marxisf ‘Anhänger der Lehre von Marx’; vgl. engl. post-Marxist 1949 in OED 1989 und entsprechend das frz. Adj. post-marxien in ROBERT 1985) okkasionell/ bildungsspr. ‘Denker in der (späteren) Nachfolge der Lehre von Marx; Spätmarxist’; mit Post-Marxismus M. (1993) ‘Spätmarxismus; jüngere modifizierte marxistische Lehre, Philosophie/ Theorie in der Nachfolge der Lehre von von Marx’ (lA). Zeit 28.2.1986 Wer bleibt denn überhaupt noch übrig, da ich bewiesen habe, daß die Meisterdenker erstens tot sind, zweitens Prae-, Proto- oder Post-Marxisten waren und drittens mich nicht perzepiert haben? (CK). Spiegel 27.9.1993, 12 ein ewiger Jüngling, der blitzenden Auges und wehenden Haupthaars mediokre Texte und Gedanken produziert ein Theodor Körner des Post- Marxismus (CK). postmateriell Adj. (1981) (zu materiell in der Bed. ‘dielebensnotwendigen Dinge/ Güter betreffend; v/ \rtscha.ftY\ch'/ Materialismus in der Bed. ‘vorrangiges Streben nach materiellem Besitz/ materiell geprägtem Lebensgenuß’, letztlich zurückgehend auf lat. materia ‘Stoff, Materie’) bildungsspr. <?page no="93"?> Das Präfix post- 85 ‘nicht mehr (vorrangig) am Materiellen interessiert/ orientiert’, mit Postmaterialismus M. (1982) ‘Einstellung/ Bewegung, die (im Anschluß an eine Phase mit vorrangigem Interesse an materiellem Besitz) die immateriellen Bedürfnisse gegenüber den materiellen für vordringlich hält’; postmaterialistisch Adj. (1983) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Postmaterialismus; nicht mehr (vorrangig) am Materiellen interessiert/ orientiert’ (1A). 1981 Spiegel 52 Liberale Politik muß sowohl materielle als auch postmaterielle Bedürfnisse ernst nehmen (z). Zeit 4-1 1985 Der von den Meinungsforschern festgestellte Wertewandel bei der jungen Generation, demzufolge die alte Leistungs- und Karrieremoral im Schwinden und „postmaterielle“ Werte wie Freundschaft, Lebensqualität und mehr frei verfügbare Zeit höher bewertet sind, stimmt auch hier (CK). Zeit 21.2.1981 Keine Generation vor dieser hat den kulturellen Riß, der die zu Ende gehende Industriegesellschaft von einer postmateriellen Gegenströmung trennt, so handgreiflich zu spüren bekommen (CK). Zeit 3.6.1988 die postmaterielle Gesellschaft (z). 1993 Dtschld. Archiv 9, ff 07 Während die Deutschen heute einen Kult um die ‘postmateriellen’ Werte betreiben, lernen wir gerade zu rechnen und Geld zu verdienen (z). DUDEN FWB 1982 Postmaterialismus: Lebenseinstellung, die keinen Wert mehr auf das Materielle legt, sondern immaterielle Bedürfnisse (z.B. nach einer intakten, natürlichen und sozialen Umwelt) für dringlicher hält (bg). Zeit 4-1.1985 Kaum ein junger Wehrpflichtiger vertritt den „klassischen“ Postmaterialismus der Alternativgeneration (CK). 1992 Parlament 19, 23 {Überschrift) Postmaterialismus und Wertewandel in demokratischen Staaten (GfdS). Zeit 9.9.1983 Wenn an den Thesen über die postmaterialistische Wertorientierung etwas dran ist, könnte dem Teilzeit-Professor mittelfristig eine gute Erfolgschance vorausgesagt werden (z). Zeit 22.3.1985 Der „postmaterialistische Wertewandel“, auf dessen Woge die Grünen in die Parlamente geschwemmt wurden, findet unter den nachrückenden jungen Wählern weniger Anklang (CK). Zeit 3.1.1986 Eine konservative Demoskopin schilt Herrn Jedermann, weil er angekränkelt von postmaterialistischer Lebensqualität sei (CK). 1992 Wiener 5, 88 Ein postmaterialistischer Libertin, der sogar in der Askese noch Glamour findet (z). postmenstruell Adj. (1942) (zu menstruell ‘zur Menstruation gehörig’/ Menstruation ‘zyklische Abstoßung der Gebärmutterschleimhaut’, zurückgehend auf lat. menstruare ‘menstruieren’, zu mensis ‘Monat’; vgl. engl. post-menstrual 1885 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘nach/ infolge der Menstruation (auftretend)’ (lA). PSCHYREMBEL 1942 postmenstruelle Blutung (z). Stern 12.11.1981 Aber wetten, daß irgendwer längst ein Projekt für das postmenstruelle Syndrom auf der Pfanne hat (CK). <?page no="94"?> 86 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopostmeridian (lA) vgl. Hist postmodern Adj. (1984)/ Postmoderne F. (1984) (< engl./ amerikan. post(-)modern 1949 in OED 1989/ Postmodernism 1979 in OED 1989, seit den 70er Jahren zunächst und vorrangig als amerikan. Charakterisierung/ Bezeichnung für einen neuen Architekturstil) in den 70er Jahren ins Dt. (wie in viele andere europ. Sprachen) entlehnt zunächst als (bildungsspr.) Charakterisierung/ Bezeichnung für neue Tendenzen und Stilrichtungen im künstlerischen Bereich und eine sich anbahnende neue Kunstepoche und das ihr zugehörige Kunstschaffen, die im letzten Viertel des 20. Jhs. an die Kunstrichtung der Moderne anschließen. Darüber hinaus seit den späten 70er Jahren u.a. in Auseinandersetzung mit Schriften des frz. Philosophen Lyotard als umfassende Charakterisierung/ Bezeichnung für verschiedene neue Entwicklungen, Tendenzen, Denkweisen und Einstellungen im gesamtgesellschaftlichen Bereich und somit auch für eine sich anbahnende neue geistesgeschichtliche Epoche, die im letzten Viertel des 20. Jhs. an die Epoche der Moderne anschließt. Als teillehnübersetzte Synonyme finden sich seit den 70er Jahren dazu gelegentlich nachmodern/ Nachmoderne', mit, vorwiegend in den 80er Jahren, postmodernistisch Adj. (1985) (vgl. engl, postmodernist 1977 in OED 1989) ‘auf postmoderne Art und Weise, in postmoderner Manier’, gelegentlich auch gleichbed. mit postmodern, daneben vor allem aber häufig negativ wertend verwendet; Postmodernismus M. (1985) (vgl. engl. Postmodernism 1979 in OED 1989 und frz. post-modernisme 1983 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘die Postmoderne als geistige/ künstlerische Bewegung in ihrer Gesamtheit’; ‘typische Einzelerscheinung der Postmoderne’; Postmodernist M. (1985), dazu gleichbed. Postmoderner M. (1987) (vgl. engl. post-Modernist 1966 in OED 1989) ‘Vertreter/ Anhänger/ Verfechter der Postmoderne’, häufig negativ wertend (lA). Süddeutsche Zig. 25.7.1984 Die neuen postmodernen Häuser gefielen den Leuten, die sie bestellten und bezahlten. Jetzt ist jeder Architekt, wahrscheinlich auch der härteste ehemalige ‘Sachliche’ postmodern (z). Zeit 5.7.1985 Der Freund zieht die Augenbrauen hoch und fällt das vernichtende Urteil über die Äußerung seines Gesprächspartners: „Das ist doch postmodernes Geschwätz.“ Nur was zum Teufel ist postmoderne Konversation? Eine postmoderne Beziehung? Ein postmoderner Lebensstil? Ein postmoderner Zeitgenosse? (CK). Zeit 11.7.1986 Gegen das sozialdemokratische Konzept vom alle umsorgenden Sozialstaat setzte Blüm ein postmodernes Prinzip der Sozialpolitik: Subsidiarität (CK). Zeit 5.2.1987 Nicht mehr lange, und an alle Kunstwerke, Baudenkmäler, Kulturveranstaltungen und Festivals werden Zettel geheftet sein mit den Bemerkungen „Modern“, „Antimodern“, „Spätmodern“, und dies ein Gütezeichen - „Postmodern“. Seit neuestem gibt es auch die Bezeichnung „Präpostmodern“ (Z). FAZ 12.5.1990 IrrMtz informiert dort anspruchsvoll über die postmoderne Philosophie (CK). Mannh. Morgen 6.3.1991 Bewundernswert, wie das Orchester mit den Stilen jonglierte. Ein hochpostmodernes Patchwork, das sich das Publikum gerne gefallen ließ (z). <?page no="95"?> Das Präfix post- 87 Süddeutsche Ztg. 21.9.1984 Inzwischen wird mit Postmoderne in Europa alles bezeichnet, was anders aussieht als die Aufbau-Architektur der sechziger Jahre (z). Zeit 26.4-1985 Eine Generation im Umbruch: sie will das Heraufdämmern der „Postmoderne“ nicht als Paradigma-Wechsel anerkennen, sie fühlt sich gleichzeitig aber den Lockungen des neuen Alten ausgesetzt (CK). FAZ 26.5.1988 So gehört es zu den Gemeinplätzen einer dem Buchstabensinn verhafteten Kritik der Postmoderne, diese als Gegenbewegung zur Moderne des zwanzigsten Jahrhunderts zu begreifen, als Anti-Moderne, die dem Lager des Neokonservativismus zugehöre (Z). Rhein. Merkur 1.12.1989 bedenkt man all die polierten Belanglosigkeiten hiezulande, deren Eklektizismus sich hinter dem Zauberwort „Postmoderne“ so geschickt verstecken läßt (CK). FAZ 12.5.1990 Im „Merkur“ wird die deutsche Frage in den Rahmen des Konflikts zwischen Fundamentalismus und Postmoderne gestellt (CK). Zeit 8.2.1985 Kaum eine andere Stadt hat sich derart verändert, ihr disparates und konturloses Stadtbild so rigoros mit frischen, auffälligen Architekturzeichen durchsetzt: Vom Wiederaufbau der Alten Oper über die Römerbergbebauung mit ihrem historisierenden und postmodernistischen Doppelgesicht bis zu den neuen Messegebäuden (CK). Mannh. Morgen 1.7.1989 Postmodernistisches der Architekten Graves und Roche ist zu sehen (CK). Zeit 15.11.1985 Dank zahlloser Kongresse weckt Madrid auch internationale Aufmerksamkeit und gilt als Mekka des Postmodernismus (CK). Geyer-Ryan 1989 Dialektik 114 Modernismus/ Postmodernismus sind kunstgeschichtliche Kategorien (z). Mannh. Morgen 27.7.1989 Barthelme, dessen collageartiger Stil von Kritikern gelegentlich als zu schwierig kritisiert wurde, bekannte sich zum „Postmodernismus“ in der Literatur (CK). Spiegel 20.12.1993, 142 Die Gefälligkeit ist jene des zwar nicht mehr ganz neuen, aber weiterhin verbissen fröhlichen Postmodernismus mit seiner ungenierten Rückkehr zu Säule, Erker und Gesims (CK). Spiegel 14-2.1994, 179 Der Postmodernismus wollte Film, Roman, Sprache, Metaphysik „dekonstruieren“ (z). Zeit 17.5.1985 Wer konstruiert, wenn er Gebäude entwirft, braucht sich über Dekorationsprobleme, wie sie die Postmodernisten plagen, kein Kopfzerbrechen zu machen (Z)- Geyer-Ryan 1989 Dialektik 40 Die Moderne ist gehalten, ihre zentralen Orientierungen aus sich selber zu schöpfen ob das geht und wie das geht ist zwischen und unter Pro-Modernisten und Post-Modernisten umstritten (z). Mannh. Morgen 18.8.1987 \m Zeitalter der vielzitierten und vor allem vielzitierenden Postmodernen tut sich einzig bei den Skulpturen aufsehenerregendes Neues (z). Spiegel 20.9.1993, 232 Ich trage nicht vorgefertigte Elemente der Geschichte in wahlloser Manier zusammen wie ein Postmoderner (CK). Postmodisch Adj. (1986) (zu modisch ‘dem Zeitgeschmack gemäß’/ Mode >n der Bed. ‘Zeitgeschmack’, < frz. mode, zurückgehend auf lat. modus Art; Maß’) okkasionell/ bildungsspr. ‘nicht mehr modisch, dem Modischen folgend’ (lA). <?page no="96"?> 88 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Zeit J,. 7.1986 So begegnet man hier etwa den Tessinern Reichlin und Reinhart mit einer postmodisch verformten Industrieanlage in Coesfeld/ Lette (CK). Postmolar M. (1923) (zu Molar ‘Backen-/ Mahlzahn’, zurückgehend auf lat. mola in der Bed. ‘Mühlstein’) fachspr. (Medizin), vgl. Belege (2). 1923 BECHHOLD Postmolaren, die hinteren Backenzähne der Säuger (BG). 1982 NATMATH FWB Postmolaren (Mz.), hintere Backenzähne, Mahlzähne (BG). 1983 BROCKHAUS-WAHHIG 1980ff. Postmolar, hinterer Backenzahn (BG). postmondän Adj. (1992) (zu mondän ‘von extravaganter Eleganz; im Stil der großen Welt’, < frz. mondain, letzlich zurückgehend auf lat. mundanus ‘weltlich’) okkasionell/ bildungsspr. ‘nicht mehr mondän, das Mondäne hinter sich lassend; einer durch das Mondäne geprägten Phase folgend’ (1A). 1992 Wiener 5, 88 Da stößt der postmondäne Konsument an seine wahren Grenzen (Z). postmortal Adj. (1886) (-morta/ zurückgehend auf lat. morta/ fs‘sterblich’, zu mors ‘Tod’; vgl. post mortem in EtymPdgm; vgl. engl, post-mortal in WEBSTER INTERNAT 1976) fachspr. (Medizin) ‘nach dem Tod (auftretend)’ (xa). Binz 1886 Pharm. 377 die postmortale Wärme bei Tieren (SB). Roland 1917 Lebensmittel 59 die postmortalen, d.h. unmittelbar nach dem Tode sich einstellenden Veränderungen (SB). 1923 BECHHOLD postmortale Erscheinungen, nach dem Tod auftretende Erscheinungen (BG). DUDEN FWB 1982 postmortal: nach dem Tode (auftretend) (z.B. von Organveränderungen) (BG). Mannh. Morgen 1.8.1987 Aufgrund der postmortalen Untersuchungen wurden nekrotisierende Entzündungen der lumbalen Spinalganglien festgestellt (CK). Spiegel 9.8.1993, 72 Obwohl der Arzt schon lange tot ist, bejahte das Gericht den sogenannten postmortalen Persönlichkeitsschutz (CK). postnapoleonisch Adj. (1986) (zu Napoleon, Eigenname, frz. Militär und Kaiser/ napoleonisch ‘bezogen auf/ geprägt durch die Person/ Herrschaft Napoleons’) okkasionell, fach-/ bildungsspr. ‘auf Napoleon folgend; bezogen auf die Phase nach Napoleons Herrschaft’ (lA). Zeit 26.9.1986 Brandys lieferte ein politisches Psychogramm der postnapoleonischen Eliten, die 1814 mit wehenden Fahnen aus Frankreich an die Weichsel zurückkehrten (CK). postnatal Adj. (1942) (-natal zurückgehend auf lat. natalis ‘zur Geburt gehörig’, zu nasci ‘geboren werden’; vgl. engl, post-natal 1859 in OED 1989 und frz. postnatal in ROBERT 1985) fachspr. (Medizin) ‘nach der Geburt (auftretend); nachgeburtlich’ (lA). <?page no="97"?> Das Präfix post- 89 PSCHYREMBEL 1942 postnatal: nach d. Geburt (z). Walter 1970 Grundriß 29ff. Mit der Geburt ist die Entwicklung eines Menschen noch längst nicht abgeschlossen, sondern diese hält auch postnatal noch an (CK). Zeit 7.3.1986 Er ist verwandt mit einem ganzen Komplex infantiler Wünsche, die allesamt auf prä- und unmittelbar postnatale Lebensbedingungen zurückzuführen sind (CK). Mannh. Morgen 24-4 1989 1985 drehte Peter Wagg, quasi „postnatal“, einen einstündigen Fernsehfdm zur Herkunft seines „Sohnes“ (CK). Mannh. Morgen 21.9.1995 In diesen Ansprachen seien der scheidende und der neugewählte Präsident einander so ähnlich wie Helmut Kohl und Rudolf Scharping, „wie siamesische Zwillinge nach chirurgischer Trennung und postnataler Veränderung ihres Genoms“ (CK). postnational Adj. (1969) (zu national ‘die Nation betreffend, ihr eigentümlich/ zugehörig’/ Aktion ‘spezifische historisch gewachsene Strukturform der menschlichen Gesellschaft’, zurückgehend auf lat. natio ‘Geschlecht, Volksstamm’/ nasc? ‘geboren werden’) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für das dem Nationalen/ der nationalen Phase zeitlich wie inhaltlich Nachgeordnete’, mit Postnationaler M. (1993) ‘postnational eingestellte Person’ (lA). 1969 | Dtschld. Archiv 1987, 1, 74 Im Eingangsreferat verwies Bracher auf sein Buch »Die deutsche Diktatur“ (1969); schon damals habe er den (heute feist modisch klingenden) Begriff der „postnationalen Demokratie“ eingeführt (z). Zeit 23.6.1989 ein Patriotismus, der die Verfassung zur Grundlage hat und davon ausgeht, daß auch wir eine postnationale Gesellschaft geworden sind (CK). Zeit 9.10.1990 Christian Meier spricht davon, daß die postnationale Orientierung der Bundesrepublik ihre Lebenslüge ausgemacht habe (CK). ebd. die Vereinigung der beiden deutschen Staaten, die in gewissem Sinn postnationale Gemeinwesen darstellen (CK). Spiegel 2.3.1993, 152 Der Bonner Politikprofessor Karl Dietrich Bracher fand das Stichwort für den Zeitgeist: „postnationale Identität“ heißt internationale Verflochtenheit, heißt Verzicht auf volle Souveränität (CK). Spiegel 19.7.1993, -fOGroß geworden im Bewußtsein westeuropäischer wie atlantischer Verflechtungen, gab man sich als europäischer Postnationaler (CK). postnazistisch Adj. (1995) (zu nazistisch, (abwertendes) Kurzwort für nationalsozialistisch, ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Nationalsozialismus/ Nazismus’) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf die Nazizeit folgend; bezogen auf/ charakteristisch für die dem Untergang Nazi-Deutschlands folgende Phase, dieser zugehörig’ (lA). Spiegel 2.10.1995, 236 Kaum war das Dritte Reich dahin, gab es die ersten postnazistischen Zirkel, die sich um eine „objektive Sichtweise“ des untergegangenen Systems bemühten (z). Post-Neckenauer-Ära F. (1985) (zu Neckenauer, Eigenname) okkasion ell/ bildungsspr. ‘die Phase im Anschluß an (die Wirkungszeit von) Herrn Neckenauer’ (lC). <?page no="98"?> 90 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Mannh. Morgen 2^. 7.iP55 Die „Post-Neckenauer-Ära“ wird für jeden Bewerber eine schwere Bewährungsprobe (CK). postnuklear 1 Adj. (1985) (zu nuklear ‘auf Kernreaktion bezogen/ beruhend’, zurückgehend auf lat. nucleus ‘Kern’; vgl. engl, postnuclear 1963 in OED 1989) bildungsspr. ‘folgend auf die Nuklearphase/ den Gebrauch von Kernwaffen/ -energie’; vgl. postnuklear Sals Kombination mit post-2 in der lokalen Bed. (Grammatik) ‘hinter dem Nukleus befindlich’ (lA). Mannh. Morgen 9.9.1985 Einer Utopie, in der alles Menschliche ins Amorphe versinkt, allenfalls noch postnukleare Mutanten ein ganz anderes Leben fristen, hätte Bloch kaum das Wort geredet (CK). Mannh. Morgen 20.3.1987 Weit ausholend spricht Böhme bereits vom „Einstieg ins postnukleare Zeitalter“ (CK). Zeit 3.4-1987 Er hat in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre sogar die notorisch technikoptimistische Heftchenliteratur der Science-fiction erreicht, die ihre Abenteuer in einer postnuklearen Holocaustwelt anzusiedeln begann (CK). Spiegel 1.11.1993, 255 Mal fixierte er Visionen „aus der postnuklearen Welt“, mal gehorchte er „Befehlen des Barock“ (CK). postnuklear 2 Adj. (1970) (-nuklear zu Nukleus M. in der fachspr. Bed. (Linguistik) ‘regierendes Element einer Wortgruppe’, < lat. nucleus ‘Kern’; vgl. engl, post-nuclear 1961 in OED 1989) fachspr. (Grammatik) ‘hinter dem Nukleus befindlich’; vgl. postnuklear 1 als Kombination mit temporaler Bed. ‘folgend auf die Nuklearphase/ den Gebrauch von Kernwaffen/ Kernenergie’ (2). 1970 Forschungsber. IDS 5, 112 Da die postnuklearen Attribuierungsregeln rekursiv anwendbar sind, wäre es wenig zweckmäßig, auch eine postnukleare „Grundfolge“ festzulegen (CK). DUDEN BED 1985 postnuklear (die postnukleare Stellung eines Satzgliedes) (BG). Postnumeration F. (1781) (-numeration zurückgehend auf lat. numeratio in der Bed. ‘(Bar-)Zahlung’, zu numerare in der Bed. ‘zahlen’) fachspr. ‘nachträgliche Bezahlung, Nach(be)zahlung’, mit postnumerieren V.trans. (1804) ‘hinterher/ nach erfolgter Leistung bezahlen’, veraltet; postnumerando Adv. (1838) ‘nachträglich zahlbar’ (lB). 1781 I Bürger 1902 Werke 3, 302 die Postnumeration der Bücher (SB). PETRI 1879 Postnumeration, Nachbezahlung (BG). 1977 FWB LEIPZIG Postnumeration: Nachzahlung (z). HEYSE FWB 1804 postnumeriren, nachbezahlen od. nachzahlen (BG). 1933 GENIUS postnumerieren, nachzahlen (BG). HEYSE FWB 1838 postnumerando, nachzahlend (BG). 1974 WDG 1964ff. postnumerando, nachträglich, nach erfolgter Leistung zahlbar: postnumerando bezahlen (BG). <?page no="99"?> Das Präfix post- 91 postnuptial Adj. (1895) {-nuptial zurückgehend auf lat. nuptialis ‘hochzeitlich, zur Hochzeit gehörig’, zu nubere ‘heiraten’/ nupta ‘Braut’; vgl. engl, postnuptial 1807 in OED 1989 und frz. postnuptial in ROBERT 1985) fach-/ bildungsspr. ‘nach der Hochzeit (eintretend/ stattfindend); der Eheschließung folgend’, veraltend (xa). Nennersdorf 1895 Zeit 85 die postnuptiale Liebe (SB). post-ökonomisch Adj. (1984) (zu ökonomisch ‘wirtschaftlich’, zurückgehend auf griech. <oikonomia> ‘Haushaltsführung’) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine nicht (mehr) von ökonomischen Gesichtspunkten/ Bedürfnissen dominierte Einstellung/ Phase (im Anschluß an eine von ökonomischen Gesichtspunkten/ Bedürfnissen dominierte Phase)’ (XA). Zeit 28.IS.1984 Die Utopie der „intelligenten Unterhaltungswirtschaft“ lädt dazu ein, den Weg zu einer post-ökonomischen Gesellschaft einzuschlagen (CK). Postokkupation F. (1816) (zu Okkupation ‘Besitznahme, Besetzung’, < lat. occupatio-, vgl. entsprechend das engl. Adj. post-occupied ‘vereinnahmt von etwas Späterem’ 1876 in OED 1989) bildungsspr. ‘Nacheinnahme, Vereinnahmung im nachhinein’; veraltend (lB). 1816 | Goethe-Handbuch 1916, I 611 Am deutlichsten aber geht Goethes Meinung aus einem Briefe an Zelter (1816) hervor, wo es heißt: „Die sämtlichen Narrheiten von Prä- und Postokkupationen, von Plagiaten und Halbentwendungen sind mir so klar und erscheinen mir läppisch (SB). 1816 KEHREIN Postokkupation, Nacheinnahme (BG). Postoperativ Adj. (1940) (zu operativ ‘auf chirurgischem Wege; durch Operation erfolgend’/ Operation in der Bed. ‘chirurgischer Eingriff’, zurückgehend auf lat. operatio ‘Arbeit, Verrichtung’; vgl. engl, postoper ative 1889 in OED 1989 und frz. postoperatoire 1889 in 1988 TRESOR I97lff.) fachspr. (Medizin) ‘ nach/ infolge einer Operation (auftretend); auf uine Operation folgend’ (lA). ^dmpeanu 1940 (Buchtitel) Die postoperative Behandlung (SB). ^066 Urania 11, 20 In der Hauptsache handelt es sich um komplizierte Operationsfälle Zl u Überwachung in der postoperativen Phase (CK). Zzit 6.5.1988 (Überschrift) Postoperative Behandlung bei Raucherkrebs (CK). Piegel 15.3.1993, 244 Für die Hydraulik spricht die von vielen Medizinern ermittelte ” °he postoperative Zufriedenheit der Männer und ihrer Partnerinnen“ (CK). ^Piegel 21.6.1993, 161 Speziell in dieser Streßsituation sollte Toratex laut Empfehung des Herstellers bevorzugt eingesetzt werden zur Behandlung „postoperativer Wutschmerzen“ (CK). P°storientalistisch Adj. (1993) (zu orientalistisch ‘bezogen auf/ charakte- Dstisch für die Orientalistik/ Ortenfa/ tsh'fc ‘Wissenschaft von den oriena uschen Sprachen und Kulturen’, zu lat. orientis, Gen. zu (so! ) oriens <?page no="100"?> 92 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- ‘aufgehend(e Sonne)’) okkasionell/ bildungsspr. ‘nicht mehr von orientalistischem Gedankengut geprägt’ (lA). Spiegel 15.11.1993, 26,? Die etwas gezierte Sprache mit ihren verfremdeten Höflichkeiten und überdrehten lyrischen Einschüben bedarf offenbar auch in diesem postorientalistischen Zeitalter keiner Reform (CK). postpalatal Adj. (1982) (zu palatal/ Palatal ‘im Bereich des harten Gaumens gebildet/ er Konsonant/ Gaumenlaut’, zurückgehend auf lat. palatum ‘Gaumen’; vgl. engl, postpalatal 1899 in OED 1989 und frz. postpalatal 1923 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) fachspr. (Phonetik) ‘hinter dem harten Gaumen gebildet’, mit Postpalatal M. (1985) (vgl. engl, postpalatal 1899 in OED 1989 und frz. postpalatale 1933 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) ‘hinter dem harten Gaumen gebildeter Laut’ (2). DUDEN FWB 1982 postpalatal: hinter dem Gaumen gesprochen (von Lauten) (BG). 1985 SPRACHWISS. TERMINI 170 Postpalatal (hinter dem harten Gaumen gebildet, z.B. <g> und <k>) (z). Postparietale M. (1977) (zu parietal ‘zum Scheitelbein gehörend’, < lat. parietalis-, vgl. engl, postparietal in OED 1989) fachspr. (Zoologie), vgl. Beleg (2). 1977 MEYER 1971ff. Postparietale, kleiner paariger Schädelknochen hinter dem Scheitelbein (Parietale) mancher Wirbeltiere (BG). postpartal Adj. (1977) (-partal zu Partus ‘Geburt, Entbindung’, < lat. partus, Part.Perf. zu purere ‘gebären’; vgl. post partum in EtymPdgm; vgl. engl, postpartal in WEBSTER INTERNAT 1976) fachspr. (Medizin) ‘nach/ infolge der Entbindung (auftretend), nachgeburtlich’ (lA). 1977 MEYER 1971ff. postpartal, nach der Geburt bzw. Entbindung auftretend (BG). Mannh. Morgen 10.f 1989 Zu den diffusen Haarausfällen gehören physiologisch bedingte wie Haarausfall bei Neugeborenen und postpartaler Haarausfall (CK). postpatriarchalisch Adj.(1987) (zu patriarchalisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für das Patriarchat, vaterrechtlich’/ Pafriarc/ ia< ‘Gesellschaftsordnung, bei der der Mann in umfassender Weise eine bevorzugte Stellung in Staat und Familie innehat’, zurückgehend auf griech. <patridrches> ‘Sippenoberhaupt’) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf das Patriarchat folgend; bezogen auf/ charakteristisch für die Phase nach dem Patriarchat; nicht mehr patriarchalisch’ (lA). Zeit 3. f 1987 Das Verlangen nach einem Wandel der gesamten Kultur ist vor allem in den ökologischen und feministischen Bewegungen wirksam, die die Führung in Richtung auf eine postmoderne menschliche Geschichte der Natur und eine postpatriarchalische Geschichte der Gesellschaft übernommen haben (CK). <?page no="101"?> Das Präfix post- 93 Post-Pershing-Welt F. (1987) (zu Pershing(-Rakete), zurückgehend auf engl, pershing, Bezeichnung für eine spezifische Fernraketenwaffe) okkasionell/ bildungsspr. ‘die Welt in der Zeit nach der Vernichtung der Pershing- Raketen’ (ic). Süddeutsche Ztg. 9.12.1987 in eine Post-Pershing-Welt hineinwachsen (GfdS). postphlogistisch Adj. (1984) (zu phlogistisch ‘eine Entzündung betreffend, zu ihr gehörig’, zurückgehend auf griech. <phlogizein> ‘entzünden, entfachen’) fachspr. (Medizin) ‘nach/ im Gefolge einer Entzündung (auftretend)’ (l A). 1984 LEXIS postphlogistisch (BSPA). postpliozän/ isch Adj. (1870/ 1933) (zu pliozän ‘bezogen auf/ charakteristisch für das Pliozän, diesem zugehörig'/ Pliozän ‘jüngste Stufe des Jungtertiärs’, zurückgehend auf griech. <ple{i)on> ‘mehr’ und <kainos> ‘neu’; v gl. engl, post-pliocene 1851 in OED 1989 und frz. post(-)pliocene in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Geologie) ‘nach dem Pliozän (entstanden); dem Postpliozän zugehörig’, mit Postpliozän N. (1923) (vgl. engl. post-Pliocene 1841 in OED 1989) ‘die auf das Pliozän folgende Phase’ (lA). HEYSE FWB 1870 postpliocän, nach den pliocänen Gebilden entstanden (BG). 1923 BECIIHOLD Postpliocän s. Quartärformation (BG). 1933 GENIUS Postpliozän, nach dem Pliozän gebildete Schicht der Erdrinde, post- Pliozänisch (BG). postpneumonisch Adj. (1942) (zu pneumonisch ‘zu einer Pneumonie gehörig, für eine Pneumonie charakteristisch’/ Pneumom'e ‘Lungenentzündung’, zurückgehend auf griech. <pneumön> ‘Lunge’) fachspr. (Medizin), vgl. Belege (lA). PSCHYREMBEL 1942 postpneumonisch: Im Anschluß an Lungenentzündung auftrete nd (z). Huden FWB 1982 postpneumonisch: nach einer Lungenentzündung (auftretend) (BG). Post-politisch Adj. (1993) (zu politisch in der Bed. ‘der/ einer Politik gemäß (handelnd); auf Politik bezogen/ orientiert'/ Politik in der Bed. Zl elgerichtetes Handeln im gesellschaftlichen/ staatlichen/ öffentlichen Bereich’, letztlich zurückgehend auf griech. <politikös> ‘die Bürgerschaft/ die Staatsverwaltung betreffend’) okkasionell/ bildungsspr. ‘nicht mehr (in traditioneller Form) politisch (handelnd/ interessiert)’; ‘nach-politisch’, vgl. a üch Beleg Spiegel 1994 (lA). Wochenpost 30.9.1993 Er erzählt in einer alltagsnahen Sprache die unspektakuläre Geschichte von Johannes Stirner, dem Repräsentanten einer post-politischen, skeptischen Generation (z). <?page no="102"?> 94 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Spiegel 1.1993, 64 Daß der postpolitische Sprecher der SPD-Fraktion in der Sache anderer Ansicht ist als ich, ist nicht weiter schlimm (CK). Spiegel 20.6.1994, 138 Berlusconi liefert ein neues politisches beziehungsweise postpolitisches Exempel. Seine Regierung ist die erste postpolitische des Westens. Unter postpolitisch verstehe ich eine Regierung, welche die vermittelnde Funktion der politischen Klasse überspringt und direkt jene sozialen Interessen verkörpert, die sie tragen (Z). postponieren V.trans. (1647) (< lat. postponere; vgl. frz. postposer 1377 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, postpone 1598 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘nachsetzen, hint-/ hinten ansetzen’, veraltet (vgl. aber in der medizin. Fachspr. als reguläre Kombination mit temporalem posf-lB nachgewiesenes Part.Präs, posfpemierend‘verspätet/ im nachhinein auftretend’, dazu als Antonym anteponierend ‘verfrüht auftretend’); mit Postposition 2 F. (1838) (zurückgehend auf lat. postponere-, vgl. engl, postposition 1638 in OED 1989 und frz. postposition 1784 in 1988 TRESOR 1971fF.) 1. fachspr. (Linguistik) ‘Nachsetzung, Hintanstellung (eines unflektierten Adjektivs/ einer Präposition)’, vgl. das Antonym Präposition; 2. fachspr. (Medizin) ‘Position (eines Organs) an hinterer Stelle’ (vgl. aber in der medizinischen Fachsprache Postposition 1 als reguläre Kombination mit temporalem posMB ‘Verspätung/ verspätetes Auftreten von Krankheitssymptomen’, dazu das Antonym Anteposition); postpositiv Adj. (1863) (< lat. postpositions; vgl. frz. postpostif 1765 GR. LAROUSSE 1971 ff. und engl, postpositive 1786 in OED 1989) (Grammatik) ‘nachgesetzt, nachgestellt, ans Ende gestellt’, mit (nur vereinzelt gebucht) Postpositivae PI. „Bindewörter der lat. Sprache, welche nie zu Anfang eines Wortes stehen können“ (PETRI 1879). Zur Spezifik der lokalen Interpretation von postponieren, Postposition 2, postpositiv und Postpositivae vgl. Irreg (irreg). Burster 1647 Schwed. Krieg 144 haubtmannschaft zue Constanz totaliter priviert, deponiert und postponiert (SB). HEYSE FWB 1838 postponiren, nachsetzen, hintansetzen, geringer achten (BG). DUDEN FWB 1982 postponieren: (veraltet) dahintersetzen (BG). HEYSE FWB 1838 Postposition, die Nachsetzung, Hintansetzung (BG). 1871 SANDERS FWB Alle setzen die Präposition hinter das Stammwort, so daß sie in der That eine Postposition wird (BG). Gräbner 1924 Weltbild 74 so finden wir einzelne, wie das Wort „wegen“, die auch als Postpositionen stehen können (SB). Staiger 1966 Grundbegriffe 113 Dann regiert nicht eine Präposition einen Kasus, sondern eine Postposition tritt zu einem Kasus hinzu (CK). 1983 BROCKHAUS-WAHRIG 1980ff. Postposition (Sprachw), Nachstellung, z.B. einer Präposition, die dem Bezugswort folgt (BG). 1985 SPRACHWISS. TERMINI Postposition: Nachstellung, z.B. des unflektierten Adjektivs im Volkslied: Röslein rot (Goethe); Postposition der Präposition: der Liebe wegen (z). 1863 KALTSCHMIDT postpositiv, nachgesetzt, ans Ende gestellt; postpositiver Satz, Nachsatz (BG). <?page no="103"?> Das Präfix post- 95 DUDEN FWB 1982 postpositiv: die Postposition betrefTend, dem Substantiv nachgestellt (bg). 1985 SPRACHWISS. TERMINI postpositiv: nachgestellt (Z). Postposition 1 F. (1933) (zurückgehend auf lat. postponere ‘nach-/ hintansetzen, nachstellen’) fachspr. (Medizin) ‘Verspätung/ verspätetes Auftreten von Krankheitssymptomen, deren Zurückbleiben’, dazu als Antonym Anteposition ‘verfrühtes Auftreten’, mit postponierend Adj. (1942) ‘verspätet/ im nachhinein auftretend’, dazu als Antonym anteponierend 'verfrüht auftretend’ (zu weiteren semantischen und strukturellen Interpretationsmöglichkeiten von Postposition und postponierend vgl. Irreg) (1B). 1933 GENIUS Postposition, Heilk. Zurückbleiben (des Fiebers) (BG). PSCHYREMBEL 1942 Postposition, Verspätung, z.B. Fieberanfall bei Malaria (z). DUDEN FWB 1982 Postposition: verspätetes Auftreten (z.B. von Krankheitssymptomen) (BG). PSCHYREMBEL 1942 postponierend, verspätet (auftretend) (z). DUDEN FWB postponierend, verspätet eintretend (z.B. von Krankheitssymptomen) (BG). Postprädikament N. (1741), meist PI. Postprädikamente, zunächst auch in lat. Deklinationsformen (< nlat. postpraedicamentum/ postpraedicamentw, nach OED 1989 als nlat. Bildung wohl erstmals 1142 bei Abälard, auch in 1280 Albertus Magnus „De Praedicamentis“; zurückgehend auf lat. praedicamenturn ‘(Grund-)Kategorie; Begriff(sklasse)’, vgl. dt. Prädikament, zu praedicare in der Bed. ‘äußern, erklären, behaupten’; vgl. engl. postpredicament 1613 in OED 1989) fachspr. (Philosophie) ‘die aus den zehn aristotelischen Prädikamenten/ Kategorien abgeleiteten (und diesen hinzugefügten) fünf Kategorien des Gegensatzes, der Gleichzeitigkeit, der Veränderung, der Zeitfolge und des Zustandes (in der scholastischen Philosophie)’ (irreg). 1741 ZEDLER Postprädicamenten, Postpraedicamenta, bedeutet in den Aristotelischen Logicen gewisse Wörter, wodurch man allgemeine Eigenschafften der Dinge, so a us der Vergleichung der Prädicamenten unter einander entstünden, anzeiget (bg). 1871 SANDERS FWB Postprädikament: abgeleitete Kategorie (BG). DUDEN FWB 1982 Postprädikamente: die aus den Prädikamenten bzw. Kategorien abgeleiteten Begriffe der scholastischen Philosophie (BG). Postprandial Adj. (1977) {-prandial zurückgehend auf lat. prandium ‘Frühstück; Essen’; vgl. engl, post-prandial 1820 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘ nach/ infolge der Nahrungsaufnahme (auftretend)’ (lA). PSCHYREMBEL 1977 postprandial, nach dem Essen auftretend (z). Mannh. Morgen 10.6.1991 Wir befinden uns aber über den größeren Teil des Tages in ei nem postprandialen Zustand (CK). <?page no="104"?> 96 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Post-Premieren-Kult M. (1985) (zu Premiere ‘Ur-/ Erstaufführung, besonders im Theater/ Kino’) okkasionell/ bildungsspr., Bed. unsicher, wohl etwa ‘übertrieben-aufwendiges Benehmen/ Feiern im Anschluß an eine Premiere’ (ic). Zeit 2.8.1985 Der Post-Premieren-Kult beschränkt sich auf einen Empfang unter den uralten Pinien der „Villa Quiete“ (CK). postpreußisch Adj. (1967) (zu preußisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für Preußen'/ Preußen, Name des früheren Königreiches und Landes des Deutschen Reiches) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Phase nach dem Ende Preußens; nach dem Vorbild/ in der Nachfolge Preußens; spätpreußisch’ (lA). 1967 Welt | ROSENGREN 1977 post-preußisch (z). Mannh. Morgen 2p3.1993 Schon soll auch Schinkels Alte Wache, zu DDR-Zeiten eine „Mahnstätte für die Opfer des Faschismus und Militarismus“, vor der in stundenlanger Strammhaltung NVA-Soldaten postpreußisch wie aus Zinn gegossen standen, innenarchitektonisch umgerüstet werden (z). Postproduction F. (1995) (< engl, post-production 1976 in OED 1989) fachspr. (Filmtechnik) ‘spezielle digitale Nachbereitung von bereits abgedrehtem Filmmaterial’ (iB). Spiegel 9.1.1995, 100 Eine kleine Firma in Frankfurt, vor drei Jahren eine der spektakulärsten Werbe-Neugründungen, beschäftigt sich mit der digitalen Nachbereitung (Fachjargon: „Postproduction“) von Trailern fürs TV, Industriefilmen und Video- Werbespots (z). Post-Protestgeneration F. (1986) okkasionell/ bildungsspr. ‘die einer Protestbewegung nachfolgende Generation’ (ic). Zeit 19.12.1986 Die Post-Protestgeneration: Mußten die 68er als Kinder noch vor ihren Eltern kuschen, so waren die 86er schon von Klein auf Mittelpunkt der Familie (GfdS). Postprozessor M. (1972) (< amerik./ engl. postprocessor 1967 in OED 1989) fachspr. (Datenverarbeitung) ‘spezielles Nachbearbeitungsprogramm im Computerbereich’ (iB). 1972 BROCKHAUS 1966JJ. Postprozessor, ein Umwandlungsprogramm zur automatischen Steuerung von Werkzeugmaschinen (BG). 1977 MEYER 1971ff. Postprocessor, Programm für eine elektron. Rechenanlage, das ein vorhandenes (universelles) Programm zur Steuerung von Werkzeugmaschinen den Erfordernissen einer speziellen Werkzeugmaschine anpaßt (BG). 1984 Postprozessorbefehl, Postprozessorfunktion, Postprozessorzeichnung (BSPA). postpsychoanalytisch Adj. (1993) (zu psychoanalytisch‘’bezogen auf/ charakteristisch für die Psych.oa,na\yse'/ Psychoanalyse, von Freud geprägte <?page no="105"?> Das Präfix post- 97 Bezeichnung für ‘Verfahren/ Methoden zur Heilung psychischer Störungen/ Krankheiten’ sowie für ‘die diesbezüglichen Untersuchungs- und Behandlungsformen’) okkasionell/ bildungsspr. ‘der Phase der Psychoanalyse folgend’ (lA). Spiegel 18.10.1993, 259 Wem solcher Edeltrödel nicht mehr genügt, der landet bei nichtfinalen Höhepunkthaftigkeiten, quasimusikalischen Weltentfernungstechniken und postpsychoanalytischem Neo-Autohypnotismus (CK). postpubertär Adj. (1985) (zu pubertär ‘zur Pubertät gehörig; bezogen auf/ charakteristisch für die Pubertät’/ Pubertät ‘Übergangsphase zwischen Kindheit und Geschlechtsreife’, < lat. pubertas', vgl. engl, post-pubertal 1886 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die auf die Pubertät folgende Phase’; bereits früher okkasionell/ bildungsspr. in gleicher Bed. auch postpubertil (1964) (lA). Spiegel 25.2.1985, 206 Mit 16 begann er mit dem Entertainer-Training, schrieb Persiflagen und schickte Tonbänder mit postpubertären Narreteien an Hörfunkanstalten (Z)- Mannh. Morgen 15.9.1989 Sind Sie reif für die Erwachsenenwelt, oder bleiben Sie nun für immer ein postpubertäres Würstchen? (z). Spiegel 22.3.1993 Ein Augenzeugenbericht von einem postpubertären Abenteuerspielplatz (z). Glaser 1964 Spießer 34 Heinse, der Sturm-und-Drang-Dichter, der für viele postpubertile Phantasien des 19. Jahrhunderts verantwortlich gemacht werden kann (Z). ebd. 67 Körner war nun festgelegt auf eine postpubertile Lyrik von Wein, Liebe, Schwert und deutscher Eiche (z). Post-Punk-... (zu Punk ‘spezifisch antibürgerliche Jugendkultur-Bewegung in westlichen Ländern seit den späteren 70er Jahren; Anhänger/ Vertreter dieser Bewegung’; ‘spezifische Musik/ spezifischer Musikstil der Punk-Bewegung’; < engl, punk) jeweils okkasionell/ bildungsspr.: Post- Punk-Generation F. (1987) ‘ die der Punk-Bewegung nachfolgende (von ihr beeinflußte) Generation’; Post-Punk-Dichter M. (1988) ‘Dichter in der Nachfolge der Punk-Dichtung’; Post-Punk-Klänge PI. (1988) ‘Musik im Anschluß an die/ im Gefolge der Punkmusik’; Postpunkgruppe F. (1989) ‘Musikgruppe im Gefolge/ in der Nachfolge der Punkmusik’ (lC). Mannh. Morgen 5.12.1987 Realistisch ist das aus dem Alltag der Post-Punk- Generation gefilterte Theaterstück natürlich nicht (Z). Spiegel 13.6.1988 Rainald Goetz, der genialische Post-Punk-Dichter (z). Mannh. Morgen 26.5.1988 eine aufputschende Mixtur aus Neo-Beat- und Post-Punk- Klängen (z). Spiegel 12.7.1993, 171 Mit ihrer Vorliebe fürs Nekrophile beschwört die Band auch längst verblichene Gruppen, die Ende der siebziger Jahre mit finsteren Postpunk- Klängen die Grabstein-Kultur begründeten (CK). FAZ 17.11.1989 Da tanzen kurzgeschorene Jugendliche in Springerstiefeln einen Pogo am Strand, und die Postpunkgruppe „Feeling B“ vom Prenzlauer Berg fährt mit einem alten Laster die Campingplätze ab (CK). <?page no="106"?> 98 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Postpunkerin F. (1990) (zu Punker/ in in der Bed. ‘Anhänger/ in, Vertreter/ in einer spezifisch antibürgerlichen Jugendkultur-Bewegung der späteren 70er und der SOerJahre’, < engl, punk) okkasionell/ bildungsspr. ‘späte/ nicht mehr zeitgemäße Vertreterin der Punkkultur’ (lA). Lukoschik 1990 In und out 77 Nina Hagen, die schrille Schreck-Schraube mit dem Esotero-touch, segelte als Postpunkerin ins Aus (Z). postpuritanisch Adj. (1993) (zu puritanisch ‘sittenstreng’, zurückgehend auf lat. purus ‘rein’) okkasionell/ bildungsspr. ‘nachpuritanisch, auf eine von puritanischem Verhalten geprägte Phase folgend’ (lA). Spiegel 11.10.1993, 292 Unverzeihlich. Jedenfalls im postpuritanischen Amerika, wo gerade die Rollen von Tätern und Opfern neu definiert werden (CK). Postradikalismus M. (1985) (zu Radikalismus ‘rücksichtslos bis zum Äußersten gehende (politische, religiöse) Richtung’, letztlich zurückgehend auf lat. radix ‘Wurzel’) okkasionell/ bildungsspr. ‘Bewegung/ Phase im Anschluß an eine von Radikalismus dominierte Phase; Spätphase des Radikalismus’ (ia). Zeit 21.6.1985 Die grüne Partei darf nicht zum quasi therapeutischen Abenteuerspielplatz eines akademischen Postradikalismus werden (CK). Postreduktion F. (nach OED 1989 zuerst verwendet 1903 von Korschelt/ Heider, Lehrbuch der Vergleichenden Entwicklungsgeschichte der Wirbellosen Thiere, Bd. II, 595) (zu Reduktion ’Zurückführung’, < lat. reductio; vgl. engl, post-reduction 1905 in OED 1989 und frz. postreduction 1963 in 1988 TRESOR 1977) fachspr. (Genetik) ‘Reduzierung der Chromosomenzahl erst beim zweiten Teilungsschritt der Meiose’ (lB). 1972 BROCKHAUS 1966ff. Postreduktion, Biologie: bei der Meiose der Fall, indem erst im zweiten Teilungsschritt homologe Chromosomen voneinander getrennt werden (BG). 1982 NATMATH FWB Postreduktion, Biol.: die Reduktionsteilung folgt auf die Aquationsteilung der Reifeteilung (BG). Postregeneration F. (1986) (zu Regeneration ‘Wiederherstellung, Erneuerung’, zurückgehend auf lat. regenerare ‘wiedererzeugen’) fachspr. (Biologie) bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung in Form der Teilung von Individuen in Teilstücke Bezeichnung für ‘die nach der Teilung erfolgende Bildung/ Ergänzung der jeweils fehlenden Organe/ Bestandteile zur Entstehung eines neuen Individuums’ (lB). 1986 BERTELSMANN LEXIKON Architomie = Postregeneration, Methode der vegetativen (ungeschlechtlichen) Fortpflanzung (z). <?page no="107"?> Das Präfix post- 99 postreligiös Adj. (1983) (zu religiös in der Bed. ‘von einer Religion gepragt/ durchdrungen’/ ZZe/ z^zon ‘Glaube(nsbekenntnis)’, zurückgehend auf z.T. gleichbed. lat religio) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine nicht (mehr) von einer Religion geprägte/ dominierte Einstellung/ Phase; jenseits des Religiösen’ (lA). N.Z.Z. 22.12.1983 vorn Katholizismus und vom Kommunismus bekehrt zu jener postreligiösen Ideologie, in der absolute Werte vom transzendenten Glauben auf heiliggesprochene Gesellschaftskonflikte übertragen werden (z). Postremität vgl. EtymPdgm Postrestaurativer M. (1985) (zu Restaurativer (wohl) ‘Angehöriger einer Restaurationsphase’/ / Zesfaurah'rm ‘Wiederherstellung (eines ursprünglichen Zustandes)’, < lat. restauratio) okkasionell/ bildungsspr. ‘Vertreter einer auf eine Restauration folgenden Phase’ (lA). Zeit 21.6.1985 Die Grünen sind mit einem Durchschnittsalter von gerade 40 Jahren die erste Fraktion der „Postrestaurativen“, also jener Generation, die selbst nicht mehr aktiv am Wiederaufbau beteiligt war (CK). postrevolutionär Adj. (1955) (zu revolutionär ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine (Phase einer) Revolution'/ Revolution ‘Umwälzung; Sturz einer Gesellschaftsordnung’, zurückgehend auf lat. revolutio ‘Zurückwälzen, Rückkehr’; vgl. engl, post-revolutionary I&IA/ post-revolution 1928 in OED 1989 und frz. postrevolutionnaire 1927 in ROBERT 1985) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase unmittelbar nach einer Revolution’, mit Post-Revolution F. (1985) ‘Phase unmittelbar nach einer Revolution; Spätphase einer Revolution’ (lA). 1955 Akzente 400 „Postrevolutionär“ nennt Holthusen diesen Zustand. „Postrevolutionär“ darin klingt mit: Gottseidank, wir haben das alles hinter uns! (SB). Zeit 3.12.1982 die postrevolutionäre Phase des napoleonischen Regimes (Z). FAZ 21.3.1988 Bevor das ominöse „post“ in der Diskussion um die „Postmoderne“ zu irisieren begann, hatte es schon bei Peter Hacks geirrlichtert: in dessen Programmwort „postrevolutionäre Dramaturgie“ (z). Frankf. Rundschau 12.2.1990 dabei scheint der postrevolutionäre Magnetfeldversuch schon weitgehend abgeschlossen zu sein: die Bonner Magneten SPD, CDU und FDP haben „ihre“ Gruppierungen an sich gezogen (CK). Rhein. Merkur 18.5.1990 Aus vielen Gründen ist die Anpassung an die postrevolutionäre Situation für die Universitäten mit besonderen Schwierigkeiten verbunden (CK). Leipziger Andere Ztg. 23.8.1990 Wirklich flanierte fast das ganze Volk der Rest-DDR als kostenloser Werbeträger für frische Bohnen über die postrevolutionären Straßen (CK). Spiegel 15.11.1993, 73 Die Ungereimtheiten seien Folge einer „postrevolutionären Situation“ nach der deutschen Einheit (CK). <?page no="108"?> 100 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Zeit n.5.1985T)'\e Revolution hatte das Defizit einer nur verschwommenen Gesellschafts- Vorstellung, die ‘Post-Revolution’ leidet an dem Mut zur Emanzipation (CK). Postrhinoskopie F. (1942) (zu Rhinoskopie ‘Nasenspiegelung’, zurückgehend auf griech. <rhis> ‘Nase’ und <skopem> ‘untersuchen’; vgl. entsprechend das engl. Adj. postrhinal ‘hinter der Nase’ 1885 in OED 1989) fachspr. (Medizin), vgl. Belege (2). PSCHYREMBEL 19-i2 Postrhinoskopie, Untersuchung der Nase mit Spiegelvorrichtung vom Rachen her, Rhinoskopia posterior (2). DUDEN MED 1973 Postrhinoskopie, Untersuchung der Nasenhöhlen vom Nase- Rachen-Raum aus (z). postromantisch Adj. (1989) (zu romantisch‘bezogen auf/ charakteristisch für die Romantik, dieser zugehörig’/ Romanh'fc‘künstlerisch-philosophische Bewegung, Kunststilrichtung im 18./ 19. Jh.’, zurückgehend auf engl, romantic/ irz. romantique ‘dem Geist der mittelalterlichen Ritterdichtung gemäß; poetisch, stimmungsvoll’, über zahlreiche weitere Stufen letztlich zurückgehend auf lat. romanicus ‘auf romanische Art’; vgl. frz. postromantique 1939 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, post-romantic 1947 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘auf die Romantik folgend; (stilistisch) in der Nachfolge der Romantik stehend’ (lA). 1989 Opernglas 3, 25 Das ergibt dann das Klangbild der Wiener postromantischen, symphonischen Oper vom Anfang des 20. Jahrhunderts (z). Mannh. Morgen 18.4-1991 ein sinnfälliges Zeugnis für die Spielart der postromantischen französischen Oper (z). 1994 Opernglas 6,11 Man mag diesen Stil als anachronistisch empfinden und die Ästhetik in der Darstellung der Innenwelten als postromantisch schelten (z). postseriell Adj. (1985) (zu seriellem der Zwölftonmusik) eine spezifische Reihentechnik verwendend’, zurückgehend auf lat. series ‘Reihenfolge’) fachspr. (Musik) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die musikalische Stilrichtung im Anschluß an die serielle Kompositionstechnik’ (lA). Zeit 24-5.1985 Schnabel war ungehalten darüber, daß immer wieder der Begriff „post“ (postseriell, Post-Avantgarde) herumgeistert (CK). Zeit 22.8.1986 Postserielle Prinzipien sind allein mit dem Bauch nicht mehr zu erfassen (CK). Mannh. Morgen f. 7.1957 Braun ist offenbar weder ein orthodoxer „Elektroniker“ noch ein gesetzestreuer Anhänger der postseriellen Technik gewesen (CK). postsexuell Adj. (1986) (zu sexuell ‘geschlechtlich, das Geschlecht(liche) betreffend, auf ihm beruhend’, zurückgehend auf lat. sexus ‘Geschlecht’) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Phase, die nicht (mehr) durch Sexuelles dominiert ist’, mit Postsexualität F. (1989) ‘die auf eine Zeit mit dominierender Sexualität folgende Phase’ (lA). <?page no="109"?> Das Präfix post- 101 Zeit 14-3.1986 Der Autor war mit dem ursprünglichen Konzept seines postsexuellen Manifestes gescheitert (z). Mannh. Morgen 14-8.1989 Sie könnten das Paar für die neunziger Jahre sein: die ersten postsexuellen Liebhaber (z). Mannh. Morgen 14-8.1989 Zwei neue US-Filme bringen den behutsamen Trend der „Postsexualität“ im Herbst auch zu uns (z). postskandalös Adj. (1988) (zu skandalös ‘unerhört; einen Skandal betreffend' 1 / Skandal ‘das Unerhörte/ Aufsehenerregende’, zurückgehend auf griech. <skdndalon> ‘losschnellendes Stellholz in der Falle’; ‘Anstoß, Ärgernis’) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf einen Skandal folgend’ (lA). Süddeutsche Ztg.19.8.1988 Das Ergebnis der postskandalösen Entwicklung im österreichischen Weinbau kann sich alles in allem sehen und trinken lassen (GfdS). Postskript/ um, mit postskribieren vgl. Hist Post-Solidarnosc-Zeit F. (1993) (zu Solidarnosc, Name einer polnischen Gewerkschaft) okkasionell/ bildungsspr. ‘die Zeit nach der entscheidend von der Politik der Solidarnosc geprägten Phase’ (lC). Spiegel 1.11.1993, 187 Mit ähnlichen Werken haben auch andere Filmemacher die Periode des Kriegsrechts und die Post-Solidarnosc-Zeit aufzuarbeiten versucht (CK). postsowjetisch Adj. (1993) (zu sowjetisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Sowjetunion, deren Staats- und Wirtschaftssystem’^oiu/ eium'on, Staatsname, zurückgehend auf russ. <sovet> ‘Rat’) bildungsspr. ‘nachsowjetisch; der (Geschichtsphase/ Machtpolitik der) Sowjetunion folgend; bezogen auf/ charakteristisch für diese Folgephase’ (lA). Butenschön 1993 Baltikum 12 Es gilt, drei erstaunlichen, kleinen Völkern zuzusehen, die sich selbst aus dem postsowjetischen Sumpf ziehen müssen (z). Rheinpfalz 30.3.1993 In ihnen deutet sich bereits die Morgenröte einer „postsowjetischen“ Kunst an, von der heute so viel die Rede ist (z). Mannh. Morgen 13.5.1993 Im Meer der postsowjetischen Anarchie schwimmt eine soziale Schicht stets oben (z). FAZ 24-9.1993 So haben die Eurasier, die Denker eines „russischen Sonderweges“ zwischen West und Ost, aber auch die „versöhnlerische“ und prosowjetische Strömung der Smena-Vech-Leute der zwanziger Jahre einen unmittelbaren Bezug zu den ideologischen Suchbewegungen im postsowjetischen Rußland (z). Spiegel 11.10.1993, J70 Größere Nähe zu Rußland und den übrigen Partnern des postsowjetischen Bundes soll das Auseinanderbrechen aufhalten (CK). Mannh. Morgen 28.1.1994 bis zum erfolgreichen Abschluß dieser sehr schwierigen Ubergangsphase in der postsowjetischen Politik (z). postsozialistisch Adj. (1990) (zu sozialistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Sozialismus, diesem zugehöng , / Sozialismus ‘linke Ideologie und Gesellschafts-/ Wirtschaftsform’, zurückgehend auf lat. socialis ‘die <?page no="110"?> 102 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Gesellschaft betreffend’) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die dem Sozialismus (sowjetischer Prägung) folgende Phase’, mit Postsozialismus M. (1990) ‘die auf den Staats-Sozialismus (sowjetischer Prägung) folgende Phase’; Post-Sozialist M. (1994) ‘Sozialist/ früheres kommunistisches Parteimitglied in der auf den Staats-Sozialismus (sowjetischer Prägung) folgenden Phase’ (lA). Süddeutsche Ztg. 2.3.1990 Das Wort von der postsozialistischen Literatur tauchte mehrfach im Mund verschiedener Redner auf (z). Frankf. Rundschau 19.5.1990 In der postsozialistischen Gesellschaft greift nun Ernüchterung um sich (z). Mannh. Morgen 7.9.1990 Hier wurde der Bundespräsident konfrontiert mit den real existierenden Sorgen in der postsozialistischen DDR (z). 1993 Dtschld. Archiv 5, 614 H. Welsh verglich die verschiedenen Arten des postsozialistischen Umgangs mit der Vergangenheit (z). Spiegel 14-6.1993, 160 Zu all diesen düsteren Aussichten kommt noch der lähmende Einfluß, den die chaotische postsozialistische Phase der ehemaligen Sowjetunion ausübt (z). 1993 Wochenpost 30, 12 Hinweis auf ökonomisches Chaos und soziale Probleme in den postsozialistischen Ländern (z). Zeit 13.8.1993 eine bizarre Episode am Ende des ungemütlichsten Abschnittes auf dem Flug durch das postsozialistische Weltreich (z). Frankf. Rundschau 19.5.1990 (Überschrift) Ernüchtert nach dem Fest im Postsozialismus (z). Mannh. Morgen 24-7.1993 Mehr als das plumpe „Mann“ oder „Frau“ sei im Postsozialismus offenbar nicht zu erwarten (z). Spiegel 23.5.1994, 141 Während in Westeuropa die Konservativen dominieren, bietet der Postsozialismus für die enttäuschte und verarmte Bevölkerung Osteuropas wieder Zuflucht und Trost (CK). Spiegel 4-7.1994, 36 Es sei denn, die Rot-Grünen suchen den Pakt mit den real existierenden Post-Sozialisten der PDS (Z). Spiegel 31.10.1994, 40 So ließen es die Bündnis-Politiker geschehen, daß die forschen Postsozialisten von der PDS viele Ost-Bürger für sich gewannen (CK). Post-Sputnik-Ara F. (1983) ( zu Sputnik (russ.), Name des ersten sowjetrussischen Erdsatelliten; vgl. engl. post-Sputnik Washington 1957 in OED 1989) bildungsspr. ‘die auf das Sputnikunternehmen folgende Ara’ (ic). N.Z.Z. 1.5.1983 Das amerikanische Schulsystem hat in der Post-Sputnik-Ara erziehungspolitische Abrüstung betrieben (z). Poststalinismus M. (1985) (zu Stalin, Eigenname, sowjetischer Politiker und Diktator/ Stalinismus ‘Gesamtheit der Politik und der Ideen Stalins; orthodoxer totalitärer sowjetischer Kommunismus’) bildungsspr. ‘Zeitphase/ Bewegung nach dem/ im Gefolge des Stalinismus’, mit poststalinistisch Adj. (1988) (zu stalinistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Politik/ Gewaltherrschaft Stalins’; vgl. engl. post-Stalin/ post-Stalinist 1955/ 1958 in OED 1989 und frz. post(-)Stalinien 1978 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘nachstalinistisch; zugehörig der Phase nach dem vom Stalinismus <?page no="111"?> Das Präfix post- 103 geprägten System; bezogen auf/ charakteristisch für den Poststalinismus’ (1A). Zeit 25.1.1985 Beinahe ungeduldig schwenkt er wieder zu seinem Thema, dem Post- Stalinismus, über (CK). 1990 Dtschld. Archiv 3, 359 Andererseits schwächt er die Zustände im epigonalen Poststalinismus der DDR im Vergleich zum Original (z). Grays 1991 (Buchtitel) Zeitgenössische Kunst aus Moskau. Die Neo-Avantgarde und der Post-Stalinismus (z). FAZ 1.10.1988 Diese „inoffizielle Kunst“ der poststalinistischen Ära war aber keineswegs eine Rückkehr zum Utopismus der russischen Avantgarde (z). TAZ 23.2.1990 (Sonderheft 1) Statt dessen machen die abgehalfterten Stasi-Beamten nun Ärger, selbst wenn sie poststalinistische kleine Brötchen backen wie in der Seelower Konsumbäckerei (CK). 199J Dtschld. Archiv 7, 180 Der Charakter der poststalinistischen Verstrickungen wie im Fall Stolpe macht die moralische Beurteilung solcher komplexen Einzelfälle schwierig (z). Poststrukturalismus M. (1985) (zu Strukturalismus, international gebräuchliche Bezeichnung für spezifische wissenschaftstheoretische Ansätze/ Betrachtungsweisen in verschiedenen geisteswissenschaftlichen Disziplinen (z.B. der Linguistik) unter dem dominanten Gesichtspunkt der Verflechtung und Abhängigkeit des jeweils Einzelnen vom Ganzen, letztlich zurückgehend auf lat. structura ‘Zusammenfügung, Gefüge; Bau’) fachspr., international gebräuchliche Bezeichnung für im Gefolge/ in der Nachfolge des Strukturalismus stehende spezifische wissenschaftstheoretische Ansätze/ Betrachtungsweisen, mit poststrukturalistisch Adj. (1986) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Poststrukturalismus’; Poststruktura- Hst M. (1986) ‘Vertreter/ Anhänger des Poststrukturalismus’ (lA). Zeit 14-6.1985 Sie reden sich mit der zierlichen BegrilTlichkeit der Psychoanalyse und des Poststrukturalismus an den Problemen vorbei (CK). Frankf. Rundschau 14.1.1990 Mit Anleihen beim französischen Poststrukturalismus hat sich die „Ariadnefabrik“ gegen die Denkschablonen der traditionellen Kritik gewandt (CK). 1993 Zs. f. Semiotik 3/ 4 (Überschrift) Die Vorgeschichte des Poststrukturalismus (Z)- Zitit 11.11.1994 Er arbeitete brav die Exegese von Adorno-Horkheimer-Benjamin auf und begeisterte sich überdies noch für den französischen Poststrukturalismus (z). 1986 Vor-Sätze 16 Ich unterscheide dabei drei Phasen, von denen die beiden ersteren Verallgemeinerungen wissenschaftlicher Phasen darstellen, die ich mit (strukturalistischer) Differenzierung und (poststrukturalistischer) Innovation und Expansion bezeichnen möchte (z). Zeit 6.5.1957 Wie jedwede zeitgenössische Intelligenz war natürlich auch Baudrillard einmal ein „richtiger Linker“, so wie es auch heute unpassend wäre, seinen poststrukturalistischen Machiavellismus „rechts“ zu nennen (CK). Spiegel 6.12.1993, 214 Daß die postmodernen Vernunftkritiker, allen voran die der poststrukturalistischen französischen Philosophen, nicht nur die Grundlagen des neuen linken, sondern auch des neuen rechten Denkens geliefert haben, macht die Sache zwar schwieriger, aber um so notwendiger (CK). <?page no="112"?> 104 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Mannh. Morgen 7.3.1986 Amery kritisiert dabei vor allem den in seinen Augen eher hypnotisierenden als argumentierenden Duktus des französischen Poststrukturalisten (CK). postsynaptisch Adj. (1982) (zu synaptisch ‘auf eine Synapse bezogen’/ Synapse ‘Kontaktstelle zwischen Nervenfortsätzen’, zurückgehend auf griech. <synapsis> ‘Verbindung’; vgl. engl, post-synaptic 1909 in OED 1989) fachspr. (Medizin), vgl. Beleg (2). 1982 NATMATH FWB postsynaptisch, hinter der Synapse gelegen (BG). Mannh. Morgen 10.1.1991 Als Ursache wird eine Störung der postsynaptischen Membran mit Verlust an Acetylcholinrezeptoren durch einen Autoimmunprozeß diskutiert (CK). Postszenium N. (1741), bis ins frühe 20. Jh. in der Schreibung Postscenium, auch Postscänium (-szenium zu lat. scaena, < griech. <skene> ‘Bühne’; vgl. engl, postscenium früheres 18. Jh. in OED 1989) ‘hinter der Bühne/ an der Bühnenhinterseite gelegener Raum’ (2). 1741 ZEDLER Postscenium, war ein Ort hinter den Scenen auf dem Theatro, darinn sich die Personen verkleiden, oder allerhand Verrichtungen, die man haussen nicht sehen durffte, vornehmen konnten (BG). 1876 KEHREIN Postscänium, der Raum hinter der Szene. Postscenien zur Geschichte der Menschheit (Titel) (BG). DUDEN FWB 1982 Postszenium: Raum hinter der Bühne (BG). posttektonisch Adj. (1972) (zu tektonisch ‘durch Bewegungen der Erdkruste hervorgerufen, auf sie bezogen’, zurückgehend auf griech. <tektön> ‘Baumeister’, vgl. engl, post-tectonic 1938 in OED 1989) fachspr. (Geologie) ‘nach einem tektonischen Vorgang (auftretend)’ (lA). 1972 BROCKHAUS 1966ff. posttektonisch, nachtektonisch, Bezeichnung für geolog. Vorgänge nach einem tekton. Ereignis (BG). DUDEN FWB / 'Wf? posttektonisch: sich nach tektonischen Bewegungen ergebend (von Veränderungen in Gesteinen) (BG). posttertiär Adj. (1933) (zu tertiär ‘dem Tertiär zugehörig; bezogen auf/ chafakteristisch für das Tertiär’/ Terhär ‘dritte Formation der Erdentwicklungsgeschichte; ältere Formation des jüngsten Zeitalters der Erdgeschichte’, < frz. tertiaire ‘von einer dritten Epoche herrührend’, zurückgehend auf lat. tertius ‘dritter’; vgl. engl, post-tertiary 1854 in OED 1989) fachspr. (Geologie) ‘nach dem Tertiär (entstanden); einer der Tertiär- Formation folgenden Periode zugehörig’ (lA). 1933 GENIUS posttertiär, hinter dem dritten Zeiträume der Erdentwicklungsgeschichte folgend (BG). DUDEN FWB 1982 posttertiär: nach dem Tertiär (liegend) (BG). <?page no="113"?> Das Präfix post- 105 Posttest M. (1985) (< engl, posttest 1946 in WEBSTER COLLEG 1983) fachspr. (Psychologie u.a.) ‘später erfolgende gezielte Überprüfung des Erfolgs einer Erhebung’ (z.B. einer Werbeaktion) (iB). 1985 BERTELSMANN LEXIKON Posttest, Überprüfung des Erfolges z.B. eines Werbemittels nach Ablauf der vollständigen Werbeaktion (Z). postthrombotisch Adj. (1967) (zu thrombotisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Thrombose’/ Thrombose ‘Verschluß eines Blutgefäßes durch Blutgerinsel’, zurückgehend auf griech. <thrömbosis> ‘das Gerinnen(machen), zu <thrömbos> ‘Klumpen; dicker Bluttropfen’) fachspr. (Medizin) ‘nach/ infolge einer Thrombose (auftretend)’ (lA). ROSENGREN 1977 \ Welt 1967 o.D. postthrombotisch (z). Packungsbeilage Reparil 1985 bei postthrombotischem Syndrom (CK). Mannh. Morgen 3.1.1989 Eine apparative Entstauung ist besonders beim ausgeprägten postthrombotischen Syndrom indiziert (CK). Mannh. Morgen 10.1.1991 Ärztlicherseits sind besonders das Lymphödem, das schwere postthrombotische Syndrom sowie hydrostatische Ödeme bei Bewegungseinschränkung zu nennen (CK). posttotalitär Adj. (1987) (zu totalitär 1 sich alles unterwerfend; den Totalitarismus betreffend, auf ihm heTuhenA'/ Totalitarismus ‘System des diktatorisch regierten Staates’, zurückgehend auf lat. totus ‘ganz’) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die dem Totalitarismus (sowjetischer Prägung) folgende Phase’ (lA). TAZ 8.1.1987 eine kritische Bestandsaufnahme der sogenannten postindustriellen und/ oder posttotalitären westlichen Gesellschaft (z). Radio Sofia/ deutschspr. Progr. 23.5.1991 die politische Landschaft auf dem Balkan in der posttotalitären Epoche (z). 1994 Dtschld. Archiv 7, 778 Viele Begriffe fallen, „Singularitäten in der Geschichte, Unmasse an Material, totalitär, posttotalitär, Terror“ (z). posttraumatisch Adj. (1942) (zu traumatisch ‘in der Art eines Traumas; bezogen auf/ charakteristisch für ein Trauma’/ Trauma ‘Wunde; Verletzung durch Gewalteinwirkung’; < griech. <trauma>\ vgl. engl, post-traumatic 1904 in OED 1989 und frz. post-traumatique in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘nach/ infolge einer Verletzung (auftretend)’ (lA). PSCHYREMBEL 19^2 posttraumatisch: nach Verletzung entstanden (z). DUDEN FWB 1982 posttraumatisch: nach einer Verletzung auftretend (BG). Mannh. Morgen 28.5.1988 Zehn Jahre später stellte sich bei einer Untersuchung heraus, daß das Kind einen posttraumatischen Hirnschaden bei dem Unfall erlitten hatte (CK). Spiegel 10.5.1993, 41 Noch Jahre später führen die unsichtbaren Verletzungen zu posttraumatischen Streßsituationen, die quälende Erinnerungen an Gefechtssituationen wachrufen (CK). Spiegel 28.6.1993, 218 Die Patientin ist in ihrem Heimatland gefoltert worden; sie leidet an dem, was Fachleute einen „post-traumatischen Schock“ nennen (CK). <?page no="114"?> 106 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1994 Dtschld. Archiv 10, 1084 Aufgrund des Lebens unter Freiheitsentzug ist es bei vielen ehemaligen Gefangenen zu einer posttraumatischen seelischen Belastungsstörung bleibender Natur gekommen (z). Post-Tschernobyl-EfFekt M. (1987) (zu Tschernobyl, Name einer ukrainischen Stadt, in der sich das Atomkraftwerk befindet, in dem es 1986 zur bisher folgenreichsten Störfall-Katastrophe gekommen ist; der Name der Stadt wird sowohl auf das Kraftwerk wie auf die Katastrophe von 1986 bezogen) okkasionell/ bildungsspr. ‘eine im Gefolge der Tschernobyl- Katastrophe auftretende Auswirkung’ (ic). Zeit 26.12.1987 um wenigstens dem Post-Tschernobyl-EfFekt zu entgehen (GfdS). post(h)um vgl. EtymPdgm postuniversitär Adj. (1970) (zu universitär''bezogen auf/ charakteristisch für die Universität/ das Universitätsstudium, dazu gehörig’/ Universität ‘Hochschule’, zurückgehend auf lat. Universitas ‘das Ganze; (gesellschaftliche) Gesamtheit’; vgl. frz. post(-)universitaire 1979 in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungsspr. ‘im Anschluß an/ folgend auf ein Universitätsstudium’ (1A). FAZ 25.3.1970 Volljurist mit neunmonatigem wirtschaftl. postuniversitärem Studium (SB). postutopisch Adj. (1989) (zu utopisch ‘nur in der Vorstellung möglich; nach Unmöglichem strebend’/ Utopie ‘Vorstellung über künftige Zustände; Wunschtraum, Hirngespinst’; zu utopia (nach dem gleichlautenden Titel des Romans von Th. Morus, 1516) ‘erdachtes ideales Land, Traumland’, eigentlich ‘nirgendwo’, zu griech. <ou> ‘nicht’ und <topos> ‘Ort’) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf eine von einer Utopie geprägte Phase folgend; bezogen auf/ charakteristisch für einen Zeitabschnitt, der auf eine von einer Utopie geprägte Phase folgt’ (lA). 1989 Sowjetliteratur 8, 4 Schon vor einem Jahrzehnt betrachteten gewisse Leute unsere Zeit als postutopisch, obwohl es damals in unserem Lande noch immer die Farce einer Utopie gab (Z). postvakzinal Adj. (1977) {-vakzinal zu Vakzine TmpistofT/ vakzinieren ‘mit einer Vakzine impfen’, zurückgehend auf lat. vaccinus ‘von Kühen stammend’, zu vacca ‘Kuh’; vgl. engl, post-vaccinal 1897 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘nach/ im Gefolge einer Impfung (auftretend)’ (lA). 1977 MEYER 1971ff. postvakzinal, in der Medizin für: nach bzw. als Folge einer Impfung auftretend (BG). <?page no="115"?> Das Präfix post- 107 Postvention F. (1980) {-vention zu lat. venire ‘kommen’; neoklassische Bildung, wohl analog zu —> Prävention) fachspr. (Medizin) ‘ärztliche Patientenbetreuung nach einer Operation/ Krankheit; Nachsorge’ (lB). 1980 DUDEN GWB 1976JJ. Postvention, a) Nachsorge; b) Maßnahme zur Postvention (BG). DUDEN FWB 1982 Postvention, Betreuung eines Patienten nach einer Krankheit, einer Operation; Nachsorge (BG). postverbal Adj. (1972) [-verbal zu Verb, zurückgehend auf lat. verbum ‘Wort’; vgl. frz. postverbal in 1988 TRESOR 19711F.; vgl. aber engl, postverbal 1934 in OED 1989 in der Bed. ‘hinter einem Verb (stehend), auf ein Verb folgend’) fachspr. (Linguistik) ‘von einem Verb abgeleitet’, mit Postverbale N. (1974), auch (Nomen) Postverbalium und Nomen postverbale, ‘von einem Verb abgeleitetes Wort/ Substantiv’, gleichbed. mit Deverbale/ Deverbativum (irreg). 1972 BROCKHAUS 1966ff. postverbal, Grammatik: vom Verbum aus gebildetes Wort; dt. Schneider von schneiden (BG). DUDEN FWB 1974 Postverbale = Nomen postverbale (BG). 1980 DUDEN GWB 1976ff. Postverbale (Sprachw.): von einem längeren Verb abgeleitetes (kürzeres) Substantiv (z.B. Kauf von kaufen) (BG). post-veristisch Adj. (1991) (zu veristisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Verismus, diesem zugehörig’/ Verismus, Bezeichnung eines auf der Grundlage naturalistischer Darstellung basierenden (musikalischen/ literarischen) Kunststils in Italien im 19. Jh., < ital. verismo-, letztlich zurückgehend auf lat. verus ‘wahr, wirklich’) okkasionell/ fach-/ bildungsspr. ‘spätveristisch; bezogen auf/ charakteristisch für eine dem Verismus folgende Phase/ Kunststilrichtung’ (lA). Bad. Tagebl. 9.4-1991 Das Klanggepräge erscheint mal eklektizistisch, dann wieder post-veristisch mit hymnischen Aufschwüngen (z). post-viktorianisch Adj. (1994) (zu Viktoria, Eigenname, engl. Königin/ rh&iorzamsc/ i ‘bezogen auf/ charakteristisch für die (verschiedensten Erscheinungen der) Regierungszeit von Königin Viktoria’) okkasionell/ bildungsspr. ‘nach-/ spätviktorianisch; nach der Regierungszeit Viktorias; bezogen auf/ charakteristisch für typische viktorianische Erscheinungen nach der Regierungszeit Viktorias’ (lA). Spiegel 7.3.1994, 189 Er exerziert den Briten Mal um Mal vor, wie viktorianischer oder post-viktorianischer Literatur herzbewegende Kinofilme abzugewinnen sind (z). postvulkanisch Adj. (1972) (zu vulkanisch ‘durch Vulkanismus entstanden’/ Vu/ ^anzsmws ‘Vorgänge und Erscheinungen, die mit dem Austritt von Magma aus dem Erdinneren an die Erdoberfläche Zusammenhängen’, <?page no="116"?> 108 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neozurückgehend auf lat. Vulcanus, Name des Feuergottes) fachspr. (Geologie) ‘nach einem vulkanischen Ereignis (auftretend)’ (lA). 1972 BROCKHAUS 1966ff. postvulkanisch, Bezeichnung für nachvulkanische Vorgänge (BG). Post-Post-Yuppie M. (1991) (zu engl./ amerikan. yuppie, gemeinspr. modisches Kurzwort für young urban professional people) okkasionell/ bildungsspr. ‘äußerst später (nicht mehr aktueller) Yuppie(Nachfolge-)Typ’ (1A). Mannh. Morgen 22.3.1991 Post-Post-Yuppies gibt es auch hierzulande (z). Postzionismus M. (1993) (zu Zionismus ‘jüdische politische Strömung/ Bewegung seit dem späten 19. Jh. zum Aufbau und zur Erweiterung eines selbständigen jüdischen Staates’, zurückgehend auf den Namen des Tempelberges Zion in Jerusalem, der auch für die Stadt insgesamt stehen kann) okkasionell/ bildungsspr. ‘Zeitphase/ Bewegung nach dem Zionismus; Spätphase des Zionismus’ (lA). FAZ 10.5.19ÖS „Anti-Pathos“, zumal parallel zur von Hamburg übernommenen Schau „Post-Human“ veranstaltet, verdeutlicht den etwas verspäteten Sieg der Postmoderne im Zeitalter des Postzionismus (z). <?page no="117"?> 1.6 Das Präfix post- Alphabetisches Register 109 Postabdomen Post-Achtundsechziger Postadap(ta)tion Postadoleszenz postalimentär postalternativ postalveolar postanabol Postantennalorgan Post-Apartheid-Ara postapicial postapokalyptisch postatomar Post-Atom zeit alter Post-Auschwitz- Untat postautumnal Post-Avantgarde postavantgardistisch postbasaltisch postbasisch Post-Bellini-Konfektion Post-Bonsai-Zeit postbürgerlich postbyzantinisch Post-Cezannismus Post-Chereau-Moderne Postcholezystektomie-Syndrom Post-Cold War-Realität postcostal postdatieren Postdatum Post-DDR-Film postdental Postdental Postdiluvianer postdiluvianisch Postdiluvium postdiphterisch Postdoktorand post(-)doc Post(-)Doc postdorsal Postdorsal 2 1A 1B 1A 1A 1A 2 1A 2 IC 2 1A 1A IC IC 1A veralt./ vgl. Hist 1A 1A 1A 2 IC IC 1A 1A 1A IC IC IC 2 1B 1B IC 2 2 1A 1A 1A 1A 1A 1A 1A 2 2 <?page no="118"?> 110 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Post-Emanzipation postembryonal postenzephalitisch posteozän Posteri posterieren posterior Posteriora Posteriorität Posterität Posteromanie Post-Esser-Ära Postexistenz postexistentiell postexpressionistisch Postexpressionismus postfaschistisch Postfaschismus Postfaschist postfebril postfeministisch Postfeminismus Postfeministin postfeudal postfloral Postformation postfreudianisch postfriderizianisch Postfrontale postganglionär Postgastrektomie-Syndrom Postgenitus Post-Glasnost-Zeit postglazial Postglazial Postglazialzeit postgraduell postgradual Postgraduierter postgrippös posthemiplegisch Posthepatitis-Syndrom postherberger(i)sch Posthistorie Posthistoire 1A 1A 1A 1A IC 1B/ 1A 1B/ 1A 1A 1A 1A 1A 1A 1A 1A 1A 1A 1A 1A 1B 1A 1A 2 2 IC 1B IC 1A 1A 1A 1A 1A 1A 1A 1A IC 1A 1A 1A vgl. EtymPdgm vgl. EtymPdgm vgl. EtymPdgm vgl. EtymPdgm vgl. EtymPdgm vgl. EtymPdgm vgl. EtymPdgm veralt./ vgl. Hist <?page no="119"?> Das Präfix post- 111 posthistorisch 1A Post-Holocaust-Literatur IC posthomerisch 1A post(h)um vgl. Post(h)umus vgl. posthuman 1A Posthumanität 1A posthypnotisch 1A Posticum vgl. postideologisch 1A Postille vgl. postimperial 1A postimpressionistisch 1A Postimpressionismus 1A Postimpressionist 1A Postindustrialismus 1A postindustriell 1A postjustinianisch 1A postkapitalistisch 1A Postkapitalismus 1A postkarbonisch 1A postkatastrophal 1A postkoital 1A postkolonial 1A Postkommissurotomie-Syndrom IC Postkommunion 1A postkommunistisch 1A Postkornmunist 1A Postkommunismus 1A postkonfessionell 1A Post-Konfrontationsepoche IC postkonfrontativ 1A postkonstitutionell 1A Postkontusionssyndrom IC postkonventionell 1A postkopernikanisch 1A Postkraniometrie 2 postkranial 2 Post-Kreml-Zeit IC Postkubismus 1A Postkubist 1A postkubistisch 1A postkulmisch 1A postliberal 1A Postlingual 2 EtymPdgm EtymPdgm EtymPdgm EtymPdgm <?page no="120"?> 112 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopostlink... 1A post-literarisch 1A Postlitz Postludium 1B postlutherisch 1A Post-Madonna-Generation IC Post-Marxist 1A Post-Marxismus 1A postmateriell 1A Postmaterialismus 1A postmaterialistisch 1A postmenstruell 1A postmeridian 1A postmodern 1A Postmoderne 1A postmodernistisch 1A Postmodernismus 1A Postmodernist 1A Postmoderner 1A postmodisch 1A Postmolar 2 postmondän 1A postmortal 1A postnapoleonisch 1A postnatal 1A postnational 1A Postnationaler 1A postnazistisch 1A Post-Neckenauer-Ära IC postnuklear 1 1A postnuklear 2 2 Postnumeration 1B postnumerieren 1B postnumerando 1B postnuptial 1A Postokkupation 1B post-ökonomisch 1A postoperativ 1A postorientalistisch 1A postpalatal 2 Postpalatal 2 Postpalatal 2 Postparietale 2 postpartal 1A postpatriarchalisch 1A vgl. Irreg/ veralt. veralt./ vgl. Hist <?page no="121"?> Das Präfix post- 113 Post-Pershing-Welt IC postphlogistisch 1A postpliozän 1A Postpliozän 1A postpliozänisch 1A postpneumonisch 1A post-politisch 1A postponieren Postposition 2 postpositiv Postpositivae Postposition 1 1B postponierend 1B Postprädikament postprandial 1A Post-Premieren-Kult IC postpreußisch 1A Postproduction 1B Post-Protestgeneration IC Postprozessor 1B postpsychoanalytisch 1A postpubertär 1A postpubertil 1A Post-Punk-... IC Post-Punk-Generation IC Post-Punk-Dichter IC Post-Punk-Klänge IC Postpunkgruppe IC Postpunkerin 1A postpuritanisch 1A Postradikalismus 1A Postreduktion 1B Postregeneration 1B postreligiös 1A Postremität Postrestaurativer 1A postrevolutionär 1A Post-Revolution 1A Postrhinoskopie 2 postromantisch 1A Postseriell 1A Postsexuell 1A Postsexualität 1A Postskandalös 1A Postskript Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg vgl. EtymPdgm vgl. Hist <?page no="122"?> 114 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopostskribieren Postskriptum Post-Solidarnosc-Zeit IC postsowjetisch 1A postsozialistisch 1A Postsozialismus 1A Post-Sozialist 1A Post-Sputnik-Ara 1A Poststalinismus 1A poststalinistisch 1A Poststrukturalismus 1A Poststrukturalist 1A poststrukturalistisch 1A postsynaptisch 2 Postszenium 2 posttektonisch 1A posttertiär 1A Posttest 1B postthrombotisch 1A posttotalitär 1A posttraumatisch 1A Post-Tschernobyl-Effekt IC post(h)um postuniversitär 1A postutopisch 1A postvakzinal 1A Postvention 1B postverbal Postverbale post-veristisch 1A post-viktorianisch 1A postvulkanisch 1A Post-Post-Yuppie 1A Postzionismus 1A vgl. Hist vgl. Hist vgl. EtymPdgm Irreg Irreg <?page no="123"?> Das Präfix prä- 115 II. Das Präfix prall.0 Überblick prä- (prae-, pre-) Segment in Lehnwörtern Präfix zur Lehn-Wortbildung von Substantiven, Adjektiven und Verben seit dem 13. Jh. in Lehnwörtern aus dem Lateinischen seit Anfang 17. Jh. in Lehn-Wortbildungsprodukten fach- und bildungssprachlich produktiv: von Anfang an und bis heute in gleicher Weise ebenso fachwie bildungssprachlich produktiv in Kombinationen mit integrierten Lehnwörtern und in sehr geringem Umfang mit indigenen Lexemen als Basismaterial präbringt die Bedeutungen (zeitlich) vor/ davor/ früher (1A-1C) und (räumlich) vor/ davor (2) in Kombinationen folgender Strukturtypen einer x-y-Folgerelation ein: 1A Präexistenz x (Existenz) früher/ davor/ vorher/ im vorhinein in bezug auf [y: Zeitpunkt, ...] 1B Präfaschismus [x: Ideologie/ Bewegung, ...] vor/ früher als/ im Vorfeld von/ Vorstufe/ Vorform von y (Faschismus) IC Prä-Beatles-Zeit x (Zeit) vor/ früher als/ im Vorfeld von y (Beatles) 2 Praeabdomen [x: Körperteil, ...] vor/ vorn an/ an der Vorderseite von y (Abdomen) <?page no="124"?> 116 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- II.1 Chronologisches Register Für die veralteten irregulären Kombinationen enthalten weder die Wortartikel des Lexikons noch die Wortartikel im Kapitel „Irreguläres“ einen Belegteil (Markierung im Register: „Irreg/ veralt.“; Markierung im Lexikon: „veraltet“). Bei der alphabetischen Abfolge innerhalb ein und desselben Jahres werden die orthographischen Varianten prae- und prewie präbehandelt. 13. Jh. 1350 1374 1378 1380 15. Jh. 1400 1440 1452 1453 1458 1460 1490 1511 1521 1522 1524 1528 1534 1536 1539 1541 1544 1548 1557 1558 1561 Präbende Prälat Präses Präsentation präsentieren Präsenz Präsent Präambel Präfekt Präposition Präsens Prätor Präzeptor Prämisse Prälatur präfigurieren Präsident Prädikat Prädestination prädestinieren präskribieren Prädikant Präservativ Prädikabile präsidieren Präfation Prädikament Präservation Präzept Präludium Präeminenz Präskription Präzision präparieren/ Präparation Prärogativ Prädikator Irreg/ veralt. Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg/ veralt. Irreg Irreg 1A Irreg Irreg 1A 1A Irreg Irreg/ veralt. 1A Irreg Irreg 1A Irreg 1A Irreg/ veralt. 1A Irreg/ veralt. Irreg Irreg Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. <?page no="125"?> Das Präfix prä- 117 1562 1563 1571 1574 1580 1581 1584 1586 1588 1591 1592 1596 1597 1598 1599 17.Jh 1600 1605 1607 1610 1614 1615 1616 1619 1633 prädominieren Prätext Präbendist präludieren Prämeditation prämeditieren Präpositus präsumieren Präsumtion präsumtuos Präzipitat Präsentierung Prädiktion Prästigiator prävenieren Prävention präzis/ e Prävarikator Prästigien Präsuppositum präjudizieren präkavieren Prätension präjudizierlich prästieren präservieren Präfektur prätendieren Präzentor Präparatur Präfix präliminar/ -liminär Präokkupation präzedieren Präzedenz präferieren Präjudiz präsupponieren Präparatorien prävalieren Prätention präsent präzipitieren Prälation Präokkupierung Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A 1A 1A Irreg/ veralt. Irreg Irreg Irreg/ veralt. Irreg Irreg 1A Irreg/ veralt. 1A 1A Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A 1A Irreg/ veralt. Irreg 1A Irreg/ veralt. 1A Irreg Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. 1A Irreg Irreg Irreg 1A 1A Irreg/ veralt. Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg/ veralt. 1A <?page no="126"?> 118 1637 1642 1654 1659 1667 1668 1670 1682 1688 1689 1691 1696 1698 18.Jh 1701 1704 1706 1709 1710 1713 1725 1726 1727 1731 1735 1737 1741 1755 1757 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Präliminarien Präadamit Präsentant Präservierung Pränumerierung Prätendent Präzipitation präkonzipieren präzeptorieren präzipitant Präzipitanz präponderieren pränumerieren Prägravierung Präkaution Präpotenz Prästation/ -standum prästabilieren prägnant präokkupieren Präzipiz/ -zipitium prädizieren Präkonisation präkon(is)ieren Prävenire (spielen) Präkordien prägravieren Prävalenz Pränumeration präsumtiv Präferenz Präparat präzipieren Prätorianer Praeskript/ um Prädikation Präexistentianer Präfabulation Präfiguration Präformation Prägnation Präsepe prätorisch Prädestinianer Pränumerant Irreg IB/ veralt. Irreg 1A 1A Irreg Irreg 1 A/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A Irreg 1A Irreg/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A 2 Irreg/ veralt. Irreg 1A Irreg Irreg Irreg Irreg/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A lA/ veralt. 1A 1A Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg 1A 1A <?page no="127"?> Das Präfix prä- 119 1759 1767 1771 1774 1777 1784 1786 1789 1793 1795 1797 1804 1805 1812 1813 1814 1816 1818 Präsidium Prädilektion pränumerando Präexistenz präsentabel präformieren präpotent prätorianisch Prästanz Prädeterminismus präklusiv/ isch prädeterminieren präkludieren Prävarikation präambulieren Präantezessor Präbendar/ ius Prädetermination präfigieren Präklusion prälibieren/ Prälibation präloquieren/ Präloquium prämittieren präsagieren/ Präsagium Prästabilismus Präsupposition Präszienz prävarikieren präzeptiv präparatorisch präexistieren Prälegat prälegieren prämaturiert Prämonstrator Pränotion Präparand Präponderanz prätentiös Prätur Prädisposition Prägnanz Prädestinatianer präsidial Präparande Irreg Irreg/ veralt. 1A 1A/ 1B Irreg 1A Irreg Irreg Irreg/ veralt. 1A Irreg 1A Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. IB/ veralt. Irreg/ veralt. 1A Irreg Irreg lA/ veralt. lA/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A 1A lA/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A 1 A/ veralt. lA/ veralt. 1A lA/ veralt. lA/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg Irreg Irreg 1A Irreg 1A Irreg Irreg/ veralt. <?page no="128"?> 120 1820 1822 1826 1831 1835 1837 1849 1850 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- Pränotation präadamitisch Prädikabilität prädisponieren Prädeliberation prädikabel Präko präkox prämatur Prämaturität Präparant Präpositur präpostere präposterieren präventiv Präapprehension Prädomination präeminent Präem(p)tion präfizieren Prägravation präkogitieren Präkognition präkonsumieren präkordial Präkozität präkurrieren Präkursor präkursorisch prämaturieren prämonieren Prämonition prämonstrieren pränotieren präponieren Präsension Prestige präsumabel Prävision Präzedens Präzesssion präzisieren Präzisist Präsidentschaft präraffaelisch und neo- 1A IB/ veralt. Irreg/ veralt. 1A 1 A/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A 1A Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A lA/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. lA/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. lA/ veralt. 1A lA/ veralt. 2 Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A 1A 1A 1 A/ veralt. 1A Irreg/ veralt. 1A/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. lA/ veralt. Irreg Irreg Irreg Irreg/ veralt. Irreg 1B <?page no="129"?> Das Präfix prä- 121 1855 1860 1863 1864 Präformierung Präraffaelit präzeptorisch/ -zeptoral Präadamismus präbendieren Prädamnation prädamnieren prädeliberieren prädikativ präeminieren präferabel präfinieren Präfinition Präfixion Prägustator prägustieren präjudizial Präkogitation präkonieren Präkonium Prälocution präluzid präluzieren Prämonstration Pränomen pränominieren Pränuntiation pränunziieren Präparator prärogieren Präsignifikation prästabel prästant Prästator/ -stitor prästigiös prästruieren Prästruktion prästituieren präszibel prätextieren Präverb/ ium prävidieren Prävigilien Präzipuum Prädizierung 1A 1B Irreg/ veralt. IB/ veralt. Irreg/ veralt. 1 A/ veralt. 1 A/ veralt. lA/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. lA/ veralt. lA/ veralt. Irreg/ veralt. lA/ veralt. 1 A/ veralt. 1A lA/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. lA/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. lA/ veralt. 2 2 1A 1A Irreg Irreg lA/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. lA/ veralt. lA/ veralt. lA/ veralt. 1 A/ veralt. Irreg/ veralt. 2 lA/ veralt. 1B/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg <?page no="130"?> 122 1866 1870 1871 1874 1876 1879 1883 1885 1886 1894 1896 1897 1900 1903 1904 1907 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- Prä-Existentianismus Präposterität Prädeterminist prädeterministisch präglazial prähistorisch präjudiziell Präkonisierung Präkonsumtion Präkurs/ ion präokkupatorisch Präservativ Präserve Prästigiation prävalent Präzessor Prädestinatianismus Prädisponiertheit Präexistentianist Präfigierung präkonzept präliminieren präsentisch Präskriptibilität Prästabilist prästierbar Präzentur Präzipitans Präraffaelismus präskriptibel Präzeptorat präligieren präkolumbisch Prähallux Prähistorie prämortal Präformismus Präraffaelitismus Prämolar Präzipitin präraffaelitisch präcellular praealpin präkambrisch präneandertaloid und neo- 1A Irreg/ veralt. 1A 1A 1B 1B 1A Irreg lA/ veralt. Irreg/ veralt. 1A 1A 1A Irreg/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. 1A 1A 1A Irreg lA/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. 1A Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1B Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1B 1B 1B 1B 1A 1B 2 Irreg 1B 1B 2 1B 1B <?page no="131"?> 1910 1913 1914 1916 1918 1921 1923 1926 1927 1928 1931 1933 1934 1935 1937 1940 1942 Das Präfix prä- 123 pränegroid 1B präanimistisch 1B Präanimismus 1B praecellar 1B Präanimist 1B prähellenisch 1B Praeinduktion 1A prädiluvial 1B präpsychotisch 1B Praeabdomen 2 Praeanalpore 2 Präkambrium 1B Praemaxillare 2 Präoperkulum 2 präoral 2 präsystolisch 1B Prädominanz Irreg prälogisch 1B Präimpressionismus 1B präkunsthistorisch 1B präslawisch 1B präödipal 1B präparativ Irreg Prägermane 1B Präkarzinom/ -carcinom 1B präkatholisch 1B Prämotion lA/ veralt. prämovieren lA/ veralt. Prä-Malaye 1B prämendelistisch 1B praeboreal 1B präromantisch 1B Prälithikum 1B präreinhardtisch 1B präkolumbianisch 1B präautomatisch 1B Präeklampsie 1B präepileptisch 1B präfrontal 2 präkanzerös 1B präkardial 2 Präkardialgie Irreg präkarzinomatös 1B Präkoma 1B prämenstrual 1B <?page no="132"?> 124 1943 1944 1947 1949 1950 1951 1952 1953 1954 1956 1957 1959 1962 1963 1964 1967 1968 1969 1970 1971 1972 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoprämonitorisch 1A Prämorbidität 1B präparalytisch 1B praepatellar 2 praeperitoneal 2 präsenil 1B Präsklerose 1B präurämisch 1B Prähistoriker 1B prärevolutionär 1B präformistisch 1A präökonomisch 1B prä-klassisch 1B Präadoleszenz 1B präaktivistisch 1B Prädikatisierung Irreg präexistent 1A präkeramisch 1B Präjudizierung 1A Prä-Ultimatum 1A Prähominide 1B präfabrizieren 1A Prae-Giotto-Zeit IC Präindisposition 1A praeurban 1B Präprimat 1B Präformierung 1A prädikatisieren Irreg präideologisch 1B Prä-Nazi 1B Pränuklearzeit 1B prae-konstitutionell 1B präeuropäisch 1B präbyzantinisch 1B prädemokratisch 1B präindustriell 1B präfaschistisch 1B Präfabrikation 1A pränatal 1B pränuklear 2 präalveolar 2 prägenital 1B präkonditioniert 1A präsuizidal 1B Präadaption 1A <?page no="133"?> Das Präfix prä- 125 Prädormitium 1B Präferendum/ -ferenten Irreg präimplantatorisch 1B Präkanzeröse 1B Präkeramikum 1B Praelabium 2 prämorbid 1B Präreduktion 1A 1973 Präboheme 1B prädorsal 2 prärational/ istisch 1B Pretest 1A 1974 Präklimakterium 1B prämaligne 1B prämenstruell 1B prämolar 2 Präpollex 1B präskorbutisch 1B 1975 Präarthrose 1B Prädeismus 1B Präneandertaler 1B präsynaptisch 2 1976 prä-theistisch 1B präwilhelminisch 1B Prä-Zorniger 1B 1977 Präbrachiatorenhypothese IC Präbiologie 1B Prädissoziation 1A Präformist 1A präformulieren 1A Präkapillare 2 präkulmisch 1B Prälogismus 1B Prämedikation 1A prämundan 1B Prä-Nova 1B präovulatorisch 1B präpositional Irreg Prä-Projektil-Stufe IC Prae-Pubertätsalter IC Präpubertätsfettsucht IC Präsapiens... 1B Prätegelen(-Kalt)zeit IC prätektonisch 1B präzessieren Irreg <?page no="134"?> 126 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1978 Präfaschismus 1B präorganisch 1B 1980 prädiktabel 1A prädiktiv 1A präferentiell Irreg Präglazial 1B präkarbonisch 1B präoperativ 1B Preprint 1A Pre-shave-Lotion 1B präskriptiv Irreg 1983 präambivalent 1B präfeudalistisch 1B Prä-Mensch 1B präpalatal 2 präsilurisch 1B 1984 Prädiktor 1A Prägraphie 1A präkapillar 2 praeliterarisch 1B prätibial 2 1985 Prä-Beatles-Zeit IC Prädorsal 2 prägotisch 1B Prähospitalphase IC präklinisch 1B Prälingual 2 pränationalsozialistisch 1B Präpalatal 2 Prä-Punk-Ära IC Präskriptor Irreg 1986 präadaptieren 1A Präastronautik 1B Prä-Expressionist 1B Prae-Marxist 1B prämodern 1B präpersonal 1B 1987 präapokalyptisch 1B Prämoderne 1B präpostmodern 1B Prä-Terrorismus 1B Prä-Ultraschall-Epoche IC 1988 PrePop Warhol IC 1989 Pre-Figaro 1B Präinfarktzustand IC <?page no="135"?> Das Präfix prä- 127 1990 1991 1992 1993 Prä-AIDSkultur IC präbasisch 2 prädeistisch 1B präimpressionistisch 1B präkoital 1B Preview 1A prä-hysterisch 1B Präinfarkt-Syndrorn IC präpubertär 1B prävergleichend 1B Prä-Zahnspangen-Ara IC präfeministisch 1B präanarchisch 1B Prä-ComputerZeit IC präfaschistoid 1B Präimplantation 1B Präpostmoderne 1B Prä-Rocker 1B Pre-Sellingsangebot IC Pre-Theater-Menue IC <?page no="136"?> 128 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- II.2 Kombinemartikel II.2.1 Kombinemkategorie / Kat Präfix Wie ein selbständiges Subst. wird Prä (N. ‘Vorteil, Vorrang, Vorzug; Oberhand’) vor allem in der Wendung das Prä haben ‘den Vorrang haben/ behaupten; im Vorteil sein; den Herren spielen’ gebraucht, und zwar sowohl bildungsals auch umgangssprachlich. Nach BASLER 1942 handelt es sich dabei um einen alten Spielkartenausdruck. Diese Verwendungsforrn ist seit dem Ende des 16. Jhs. bis ins 20. Jh. reich belegt. In jüngerer Zeit ist der Gebrauch eher rückläufig. Dilich 1598 Hisior. Beschr. 52 das prae und oben an erlanget (SB). Albertinus 1612 Tummelplatz 738 immerdar oben an sitzen, regiren, und in allen dingen das prae und den Vorzug haben (SB). Moscherosch 16f2 Visiones 72 Die witzigste under allen seinen Dienern sind der Schalks-Narr und Fuchsschwäntzer: diese zween haben zu HofT daß prae, sie reden dem Herren was er gern höret (SB). Thomasius 1688 Monats-Gespräche 253 Ja damit die Herren nicht denken als suchte ich das prae für ihnen zu haben (SB). Schwabe 17^5 Tintenfässl 52 so waihs er ja doch, dahs der geystlich Standt Vorrang und prae hat (SB). Glasbrenner 1833 Eckensteher JO Seht mal Spanien, det is en Land, wo se alle katolisch jedooft sind, un wo de Mönche det Pree haben. Hier haben ooch Manche det Pree, Mönche noch nich (SB). Raithel 1909 Annamaig 63 ein Bub, dessen Vater sechs Ochsen hat, hat natürlich das Prä vor einem, dessen Vater nur vier hat (SB). Th. Mann 1924 Zauberberg (SFV 3, 361) wenn man zum Beispiel im Nebenamt Arzt ist das kann von Vorteil sein, sagen Sie, was Sie wollen, es gibt entschieden ein Prä (CK). Leipziger Volksztg. 4.1.1990 Sollte die Lösung der Wohnungsfrage nicht einmal das Prä haben? (CK). ND 11.6.1990 (Überschrift) URANIA gab sich zeitgemäßes Statut: Prä für Wissensvermittlung (z). II.2.2 Morphologie / Morph Die heute übliche Form präfindet sich seit dem 16. Jh. zunächst vereinzelt, dann im 17. und 18., vor allem aber im 19. Jh. in zunehmendem Maße und hat sich spätestens Mitte 19. Jh. als dominant durchgesetzt. Die bis ins 18. Jh. hinein vorherrschende, auf die lat. Schreibung zurückgehende Form prae- (im 16.-18. Jh. häufig, im 19. Jh. nur noch selten nach mlat. Vorbild als Ligatur pros-) findet sich vereinzelt noch bis heute vorwiegend in fachspr. lat. Lehnwörtern und in neoklassischen Kombinationen (praecordial, Praelabium, praeperitoneal), daneben aber auch ohne weitere erkennbare Regularität in eher bildungsspr. Kombinationen (praecolumbisch, prae-konstitutionell, praeliterarisch, Prae-Marxist, prae- <?page no="137"?> Das Präfix prä- 129 urban). Neben praebegegnet vor allem im 16./ 17. Jh. wohl unter mlat., vor allem aber frz. Einfluß in geringerem Umfang auch die Form pre-. Diese findet sich bis heute noch selten in weitgehend demotivierten Lexemen [predigen, Prestige), die oft dem Frz. (seltener auch dem Engl.) entlehnt sind. In jüngerer Zeit wieder leicht zunehmend sind aus dem Engl./ Amerikan. übernommene substantivische Kombinationen mit Pre- [Pre-Theater-Menue, Pre-Pop-Warhol, Pretest, Preview). Die Fuge zwischen prä- und der folgenden Konstituente wird ohne erkennbare Regularität und eher vereinzelt durch Bindestrich markiert. In Kombinationen des Strukturtyps IC wird sowohl die Fuge zwischen prä- und dem Basislexem S1 als auch die Fuge zwischen den Basislexemen Sl und S2 häufig, jedoch ohne erkennbare Regularität durch Bindestrich markiert [Prä-Ultraschall-Epoche, vgl. daneben aber auch Prätegelenzeit, Präinfarkt-Syndrom). <?page no="138"?> 130 II.3 11.3.1 11.3.1.1 prä- + S e prä- + prä- + Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Beschreibung der einzelnen Strukturtypen Strukturtyp 1A 1A Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 1A Gramm Induktion Ultimatum V e formulieren numerieren Konfix e ( se ]te n ) -graphic =>Slwb Praeinduktion Prä- Ultimatum =>Vlwb präformulieren pränumerieren =>SlWB Prägraphie Die als Basen von prö-1 A-Kombinationen verwendeten Subst. und Verben sind entweder (meist) suffixale Kombinationen, also selbst komplex, oder (selten) Simplicia. Unter den suffixalen Basis-Kombinationen finden sich häufig paradigmatisch aufeinander bezogene Kombinationen mit den Lehnsuffixen -ion und -ieren {Formation/ formieren, Okkupation/ okkupieren), die zur Bildung ebenso paradigmatisch zusammengehöriger prä-lA-Kombinationen herangezogen werden (Präformation/ präformieren, Präokkupation/ präokkupieren). Wie bei allen anderen Strukturtypen des Kombinems präbesteht auch bei prä-1 A grundsätzlich eine etymologisch-genetische Restriktion hinsichtlich der Basislexeme, d.h. eine unmittelbare Aufeinanderfolge des Präfixes prämit indigenen Lexemen wird weitestgehend vermieden (vgl. *präbestimmen, * Präreife, * Präzusage). II.3.1.2 1A Semantische Leistung in Kombinationen / 1A SemKomb prä-lA leistet als Bestandteil von Kombinationen, daß mit diesen die von der Basis bezeichneten Sachverhalte als solche bezeichnet werden, die in bezug auf einen Sachverhalt, der in der Kombination keine explizite ausdrucksseitige Entsprechung hat und aus dem Kontext entnommen werden muß, bereits zu einem früheren Zeitpunkt, vorher oder im vorhinein erfolgten. In formalisierter Gestalt kann die semantischen Leistung von prä-lA wie folgt dargestellt werden: prä-lA drückt (ebenso wie prä-lB und prä-lC) eine temporale Folgerelation des DAVOR zwischen einem x und einem y aus, und zwar (im Unter- <?page no="139"?> Das Präfix prä- 131 schied zu prd'-lB und prä-lC) in folgender inhaltlicher Realisierung bzw. Repräsentation der Komponenten x und y: Präexistenz x (Existenz) früher/ davor/ vorher/ im vorhinein in bezug auf [y: Zeitpunkt, ...] x wird von der Basis der Kombination bezeichnet. y hat in der Kombination keine ausdrucksseitige Repräsentation und muß stets dem Kontext entnommen werden. Prädetermination Bestimmung/ Festlegung (stattfindend) vorher/ im vorhinein [von etw.[/ bereits zu einem früheren Zeitpunkt [als etw.] präfabrizieren in der Art/ Form festlegen vorher/ im vorhinein [in bezug auf etw.]/ zu einem früheren Zeitpunkt [als etw.] prä'-lA determiniert die Basen seiner Kombinationen in der Weise, daß prd'-lA-Kombinationen Hyponyme zu den von den jeweiligen Basen dargestellten Hyperonymen sind. In bedeutungserläuternden Paraphrasen von prd’-l A-Kombinationen entspricht prd-lA Paraphrasenbestandteilen wie ‘früher’, ‘davor’, ‘vorher’, ‘im vorhinein’, ‘zu einem früheren Zeitpunkt (erfolgend/ stattfindend)’. 11.3.1.3 1A Semantik der Basen / 1A SemBas prd'-lA findet sich in Verbindung mit folgendem semantischen Typ von Basen: Bezeichnungen für Sachverhalte wie Handlungen, Vorgänge, Prozesse, Zustände Prädeterminismus, Prädisposition, präexistieren, präfigurieren, Präludium, Prämaturität, präparieren, Präservation, Pretest, Prä-Ultimatum. 11.3.1.4 1A Semantisches Paradigma / 1A SemPdgm prd-lA entspricht innerhalb eines Paradigmas zur Konstitution von Subst. und Verben, die eine zeitliche Fixierung im Sinne von ‘zu einem früheren Zeitpunkt/ vorher/ im vorhinein erfolgend’ anzeigen, in vorwiegend lexikalisierten Kombinationen dem entlehnten Präfix ante- (vereinzelt) Präzedens vs. Antezedens, Präzessor vs. Antezessor <?page no="140"?> 132 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Goethe 1811 Dichtg. u. Wahrh. (Hamb. Ausg. Bd. 10, o.S.) Die Neigung kümmert sich um keine Antezedention, und wie sie blitzschnell genialisch hervortritt, so mag sie weder von Vergangenheit noch Zukunft wissen (CK). dem entlehnten Präfix pro- (vereinzelt) (Präfatio(n)/ Präloquium/ Präludium vs.) Prolog (zu gleichbed. griech. <prologos>, zu <lögos> ‘Rede, Wort’) ‘Vorrede, Einleitung’ 1528 Paracelsus W.I. 6,4, 306 Am ersten tractier ich von irrung der arzeten in gestalt des prologi (z). Neues Deutschland 6.10.1954 Sie waren sehr verwundert darüber, daß ausgerechnet der „Präsident“ des Adenauer-Staates den Prolog dieses Kongresses sprach (CK). dem indigenen Präfix vorvorbehandeln, Vorempfindung, Vorfinanzierung, Vorgärung, Vorleistung, Vorsorge-, (tautologisch in) vorpräparieren, vorprogrammieren Welt 17.2.1969 Das Erz wird mit Fernwärme vorbehandelt (CK). ND 22.10.1954 Wo ist der große Roman, der in dichterischer Vorempfindung den wahrhaft heldenhaften Befreiungskampf des deutschen Volkes vom Joch des amerikanischen Imperialismus zum Gegenstand nimmt? (CK). Leipziger Volksztg. 28.1.1990 Das wird möglich, indem der Staat eine entsprechende Vorfinanzierung zugesagt hat (CK). Welt 21.2.1974 So kommentiert Helmut Schön die Hoffnungen auf ein gutes Abschneiden in Barcelona, wenn auch mit der Taktik eines vorsichtigen Kalkulators, der vorprogrammierte Uberweiten fürchtet (CK). dem indigenen Präfix vorabvorabbestimmen, Vorab-Entscheidung, Vorabinformation, Vorabzusage 1989 Brisante Wörter 29 Politik erschließt sich einer sprachbezogenen Perspektive nicht so sehr als homogener Bereich mit vorabbestimmten Inhalten (CK). Rhein. Merkur 28.12.1990 Die Vorab-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat zumindest eine erste Klarheit gebracht (CK). Zeit 11.10.1985 Dort steht Ihnen Herr Harbuch gerne für telefonische Vorabinformationen zur Verfügung (CK). Mannh. Morgen 26.8.1986 Der Bürgermeister beeilte sich mit der Mitteilung, er habe eine mündliche Vorabzusage erhalten (CK). dem indigenen Präfix voraus- Pränumeration vs. Vorausbezahlung-, Vorausberechnung, Vorausgenehmigung, vorauskalkulieren. Mannh. Morgen 7.6.1985 Nach allen Vorausberechnungen ist die finanzielle Situation der Rentenversicherung bis zu diesem Zeitpunkt gesichert (CK). Spiegel 9.7.1990 Am Abend wollen sie eine noch in Ost-Mark vorausbezahlte Aufführung geben (CK). <?page no="141"?> Das Präfix prä- 133 Mannh. Morgen 20.2.1985 emen Rentenfonds auswählen, weil hierbei die Entwicklungen besser vorauskalkuliert werden können (CK). Mannh. Morgen 26.7.1986 Die Erschließungskosten sind geringer als die von der Gemeinde geforderte Vorausleistung (CK). Welt 9.10.1969 ein Regulationsmechanismus, der die Souveränität eines vorausplanenden Gehirns erkennen läßt (CK). Synonyme prd'-lA-Kombinationen zu solchen Kombinationen mit vor-, vorab-, vorausgibt es nur in Ausnahmefällen: Präexistenz vs. Vorexistenz, Präludium vs. Vorspiel, Preprint vs. Vorabdruck, Pretest vs. Vortest, Prävention vs. Vorsorge. Die Bildung von Kombinationen mit den indigenen Präfixen vor-, vorab-, vorausist auch mit entlehnten Basen deutlich produktiver als die von entsprechenden prä-Kombinationen. Antonym zu prd'-lA werden verwendet das entlehnte Präfix -+post- Präadaption vs. Postadaption, Präexistenz vs. Postexistenz, pränumerieren vs. postnumerieren, Präreduktion vs. Postreduktion, Prävention vs. Postvention 1933 GENIUS postnumerieren, nachzahlen (bg). DUDEN FWB 1982 Postvention, Betreuung eines Patienten nach einer Krankheit, einer Operation, Nachsorge (BG). das indigene Präfix nach- Präludium vs. Nachspiel, pränumerieren vs. nachbezahlen, Pretest vs. Nachtest, Prävention vs. Nachsorge Welt 2.9.1954 Sie haben ihre seit Jahren schuldig gebliebenen Mitgliedsbeiträge eilig nachbezahlt (CK). Mannh. Morgen 26.3.1985 Die Gesellschaft für biologische Krebsabwehr fordert verbesserte Nachsorge (CK). 11.3.1.5 1A Kombinationen / 1A Komb Die Zahl der Kombinationen mit prä-lA ist insgesamt umfangreich. Von den auf das Lat. zurückgehenden Kombinationen sind heute viele entweder für den Benutzer demotiviert oder sie sind veraltet, weil ihr Gebrauch vorwiegend auf das 19. und frühe 20.Jh. beschränkt geblieben ist (vgl. Hist 1A). Die heutige Verwendung von prü-1 A-Kombinationen erstreckt sich vorrangig auf wissenschaftsbzw. fachspr. Bereiche, wobei sich keine Dominanzen bestimmter Fachbereiche feststellen lassen. Einige der Kombinationen <?page no="142"?> 134 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neogehören gleichzeitig der Bildungssprache an, wo sie jedoch eher selten begegnen. Charakteristisch ist für viele Kombinationen deren zunehmende Demotiviertheit, zumal bei geringer oder fehlender Kenntnis der klassischen Ursprungssprachen bei den Benutzern. II.3.2 Strukturtyp 1B II.3.2.1 1B Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 1B Gramm pvä- “b S e / i( vere i n2e it) Faschismus Sklerose Mensch =>Slwb Präfaschismus Präsklerose Prä-Mensch prä- + ^e/ EN —Abi : / i( vereinzelt) feministisch wilhelminisch vergleichend ^Alwb präfeministisch präwilhelminisch prävergleichend Die als Basen von prä-lB-Kombinationen verwendeten Subst. und Adj. sind entweder (meist) suffixale Kombinationen, also selbst komplex, oder (selten) Simplicia. Unter den suffixalen Basiskombinationen finden sich häufig paradigmatisch aufeinander bezogene Kombinationen mit den Lehnsuffixen -ismus, -ist und -istisch (Animismus, Animist, animistisch), die zur Bildung ebenso paradigmatisch zusammengehöriger prä-1B-Kombinationen herangezogen werden (Präanimismus, Präanimist, präanimistisch). Aber auch sonst überwiegen bei den (Zugehörigkeits-)Adj. und den Personenbezeichnungen mit prä-lB solche, die eine subst. prä-lB-Kombination paradigmatisch ergänzen (präromantisch zu Präromantik) oder ergänzen können (präapokalyptisch zu nicht belegt - Präapokalypse). Isolierte (Zugehörigkeits-) Adj. finden sich nur selten (präepileptisch). Wie bei allen anderen Strukturtypen des Kombinems präbesteht auch bei prä-1B grundsätzlich eine etymologisch-genetische Restriktion hinsichtlich der Basislexeme, d.h. eine unmittelbare Aufeinanderfolge des Präfixes prämit indigenen Lexemen wird weitestgehend vermieden (vgl. *prägeburtlich, * präehelich, * Prägeschichte). Bei vereinzelten prä-lB-Kombinationen mit indigenen Basislexemen handelt es sich in der Regel um bildungsspr. Okkasionalismen (Prä-Mensch, prävergleichend, präkunsthistorisch). II.3.2.2 1B Semantische Leistung in Kombinationen / 1B SemKomb prä-lB leistet als Bestandteil von Kombinationen, daß mit diesen Sachen/ Sachverhalte und Personen, insbesondere Zeit- oder Entwicklungs- <?page no="143"?> Das Präfix prä- 135 phasen, Zeitalter, Zeitabschnitte, Ereignisse oder Zustände (z.B. Krankheiten) sowie geistige, politische, ideologische und künstlerische Bewegungen, Prozesse, Einstellungen oder Ausdrucksformen (z.B. Kunststile) und deren Repräsentanten als solche bezeichnet bzw. charakterisiert werden, die zeitlich dem in der Basis Genannten vorangehen bzw. in dessen (unmittelbarem) Vorfeld stehen oder eine Vorform/ Vorstufe/ Frühphase davon darstellen. In formalisierter Gestalt kann die semantische Leistung von prä-lB wie folgt dargestellt werden: prä-lB drückt (ebenso wie prä-lA und prä-lC) eine temporale Folgerelation des DAVOR zwischen einem x und einem y aus, und zwar (im Unterschied zu prö-lA und prä-lC) in folgender inhaltlicher Realisierung bzw. Repräsentation der Komponenten x und y: Präfaschismus [x: Ideologie/ Bewegung, ...] vor/ früher als/ im Vorfeld von/ Vorform/ Vorstufe von y (Faschismus) Hinsichtlich von x muß zwischen subst. und adj. Kombinationen unterschieden werden, wobei generell festzuhalten ist, daß x nur eine schwache formale Repräsentation aufweist: - Im Falle von subst. prä-lB-Kombinationen hat x entweder gar keine ausdrucksseitige Repräsentation in der Kombination (z.B. in Präglazial, Präsklerose) oder x wird durch das semantisch im allgemeinen relativ weite, vielseitig interpretierbare - Suffix der betreffenden Basis andeutungsweise repräsentiert. Die jeweilige (genaue) semantische Füllung von x muß in diesen Fällen aus der Semantik der Basis gewonnen werden, z.B. Präglazial: Glazial — Zeitphase ..., also: Präglazial = [Zeitphase ...]; Präimpressionist: Impressionist = Künstler ..., also: Präimpressionist = [Künstler ...]; Präimpressionismus: Impressionismus = Kunstbewegung/ -stil ..., also: Präimpressionismus = [Kunstbewegung/ -stil ...] ~ Im Falle von adj. prö-lB-Kombinationen muß x generell aus dem Kontext, im allgemeinem aus dem jeweiligen Beziehungswort der Kombination, gewonnen werden, z.B. <?page no="144"?> 136 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopräparalytisch: präparalytisch[e Phase/ Erscheinung] also: präparalytisch = [Phase/ Erscheinung] vor ... y wird entweder unmittelbar von der Basis der Kombination bezeichnet (vgl. Glazial in Präglazial, Sklerose in Präsklerose, Impressionismus in Präimpressionismus) oder in der Basis thematisiert (das Glazial in glazial als Basis von präglazial, der Impressionismus in Impressionist als Basis von Präimpressionist, der Skorbut in skorbutisch als Basis von präskorbutisch). Die Thematisierung von y in der Basis von prä-lB-Kombinationen findet sich häufig im Falle solcher Basen, die suffixal markierte Personenbezeichnungen (Animist) und Zugehörigkeitsadjektive (animistisch) zu solchen (häufig ebenfalls suffixal gebildeten) Subst. darstellen, die selbst als Basen von prä-IB-Kombinationen (Animismus/ Präanimismus) verwendet werden (vgl. 1B Gramm). Präkoma Zeitphase (unmittelbar) vor dem Koma präwilhelminisch[ e Phase/ Erscheinung) präskorbutisch[e Phase/ Erscheinung] Präfaschismus [Phase] vor der Regierungszeit Kaiser Wilhelms I. bzw. [Erscheinung] charakteristisch für die Zeit vor der Regierungszeit Kaiser Wilhelms I. (= des * Präwilhelmismus) [Phase] dem Skorbut vorangehend bzw. [Erscheinung] charakteristisch für die Zeitphase vor dem Skorbut (= dem * Präskorbut) politische Bewegung/ Ideologie im Vorfeld des Faschismus Präfaschist präfaschistisch] e Phase/ Erscheinung] Vertreter der politischen Bewegung/ Ideologie im Vorfeld des Faschismus (= des Präfaschismus) [Phase] dem Faschismus vorangehend, charakterisiert durch Merkmale der politischen Bewegung/ Ideologie im Vorfeld des Faschismus (= des * Präfaschismus) bzw. [Erscheinung] charakteristisch für die politische Bewegung/ Ideologie im Vorfeld des Faschismus (= des Präfaschismus) <?page no="145"?> Das Präfix prä- 137 Der für grundsätzlich alle prä-lB-Kombinationen verbindliche Aspekt der temporalen Abbzw. Vorfolge kann (u.a. aufgrund des jeweiligen Kontextes) durch weitere semantische Aspekte ergänzt bzw. spezifiziert werden. So können von den Kombinationen, bei denen es im Hinblick auf das in der Basis Genannte ausschließlich um ein rein zeitliches DAVOR geht [präapokalyptisch, prähellenisch, Präkambrium, präkoital, pränatal), solche prä- IB-Kombinationen unterschieden werden, bei denen sich im Hinblick auf das in der Basis Genannte der zeitliche Aspekt des DAVOR verbindet mit dem ebenfalls zeitlichen Aspekt einer FRÜHPHASE Präimpressionismus (‘(sehr) frühe Phase [vor der Blütezeit] des Impressionismus’), Präadoleszenz, Prämortialität, präfeudalistisch, präklassisch, der sich wiederum eng mit dem auch qualitativen Aspekt der VOR- STUFE, VORFORM, auch der URFORM verbinden kann Präterrorismus (‘Vorstufe/ Vorform des Terrorismus’), Pre-Figaro (‘Urform des (literarischen/ musikalischen) "Figaro“-Stoffes), Präkoma, Präprimat, prädeistisch, präliterarisch, prävergleichend, - (vorrangig bei adj. Kombinationen) mit dem (häufig dominanten) Aspekt einer inhaltlich-qualitativen Vorordnung im Sinne des NOCH NICHT (EXISTENT), wobei diese Vorordnung des von der Basis Bezeichneten/ Thematisierten auch Gegensätzlichkeit bzw. Negation anzeigen kann [prädemokratisch ‘noch nicht demokratisch’, also ‘undemokratisch’) präambivalent, präideologisch, präindustriell, prälogisch, pränationalistisch, präsymbolisch. Vor allem solche prä-lB-Kombinationen, deren Basen politische, ideologische, geistige, künstlerische, ökonomische u.a. Bewegungen/ Entwicklungsphasen bezeichnen bzw. thematisieren, können aufgrund dieser über den rein zeitlichen Aspekt hinausgehenden inhaltlichen Nuancierungen je nach Kontext unterschiedlich interpretiert werden [prädemokratisch-. ‘vordemokratisch’ vs. ‘frühdemokratisch’ vs. ‘(noch) nicht demokratisch/ undemokratisch’). In bedeutungserläuternden Paraphrasen von prä-lB-Kombinationen entspricht prd'-lB zunächst generell Paraphrasenbestandteilen, die eine Folgerelation des DAVOR ausdrücken, wie ‘davor’, ‘vor’, ‘vorher’, ‘voraus’, ‘(unmittelbar) im Vorfeld von’. Je nach semantischer Akzentsetzung finden sich zusätzliche Paraphrasenbestandteile wie ‘früh’, ‘in einer (sehr) frühen Phase’, ‘eine Vorform/ Vorstufe/ Urform von’; ‘noch nicht’, ‘nicht’, ‘vorgeordnet’. <?page no="146"?> 138 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- II.3.2.3 1B Semantik der Basen und der adjektivischen Beziehungswörter / 1B SemBas Die in prä-lB-Kombinationen verwendeten/ verwendbaren Basen bezeichnen bzw. thematisieren grundsätzlich etwas, das entweder generell unter (in der Semantik der jeweiligen Basen integrierten) temporalen Aspekten gesehen wird oder zumindest unter temporalen Aspekten gesehen werden und damit als temporaler Bezugspunkt dienen kann. Dasselbe gilt für die semantischen Typen von Bezeichnungen bei den Beziehungswörtern von adj. prö-lB-Kombinationen. Dabei findet sich prä-lB im einzelnen vor allem in Verbindung mit folgenden semantischen Typen von Basen bzw. Beziehungswörtern. - Bezeichnungen und zugehörige Charakterisierungen für zeitlich fixierbare/ begrenzte - (politische, ideologische, geistige, kulturelle, künstlerische u.a.) Bewegungen/ Einstellungen/ Erscheinungen und deren Repräsentanten Präanimismus, präbyzantinisch, prädeistisch, Prä-Expressionist, präfaschistisch, prägotisch, Präimpressionismus, präkatholisch, präklassisch, Prä-Marxist, Prämoderne, pränationalsozialistisch, prärevolutionär, Präromanik, prätachistisch, Prä-Zorniger - (anthropologische, biologische, geologische, historische, wirtschaftliche, wissenschaftsgeschichtliche u.a.) Entwicklungsabschnitte bzw. Perioden und teilweise deren Repräsentanten Präadamit, Präadoleszens, Präastronautik, Präbiologie, präboreal, prädiluvial, präeuropäisch, präfeudalistisch, Prägermane, Präglazial, Prähallux, prähellenisch, Prähistorie, Prähominide, präimplantatorisch, präindustriell, Präkeramikum, präkunsthistorisch, präneandertaloid, pränegroid, Pränova, prärömisch, präsenil - Ereignisse und Zustände präapokalyptisch, Prädormitium, präklinisch, Präkoma, prämenstrual, prämortal, Prämutation, pränatal, praesuizidal, Prävigilien - Bezeichnungen für menschliche Lebewesen und Personenbezeichnungen diverser Art Prädezessor, Pre-Figaro, Prägermane, Prähominide, Prä-Malaye, Prä- Mensch, Präneandertaler, Präprimat, Präsapiens-(mensch) von Eigennamen abgeleitete Charakterisierungen präkolumb(ian) isch, präödipal, präraphaelisch, präreinhardtisch, präwilhelminisch <?page no="147"?> Das Präfix prä- 139 - Bezeichnungen und Charakterisierungen (im medizinischen und biologischen Bereich) von Krankheiten und Sachen/ Sachverhalten, die im Zusammenhang stehen mit Krankheiten, krankhaften oder körperfunktionsbezogenen Erscheinungen, körperlichen Befindlichkeiten, medizinischen Eingriffen u.ä. Präarthrose, Präeklampsie, präepileptisch, prägenital, Präkanzeröse, präkarzinomatös, Präklimakterium, präkoital, Prämorbidität, präoperativ, präovulatorisch, Präparalyse, Präsklerose, präsystolisch, Prätoxikose, präurämisch. II.3.2.4 1B Semantisches Paradigma / 1B SemPdgm prä-lB wird innerhalb eines Paradigmas zur Konstitution von Adj. und Subst., die Relationen einer zeitlichen Abbzw. Vorfolge anzeigen, in teilweise lexikalisierten und gelegentlich synonym zu prä-lB-Kombinationen verwendeten Kombinationen (teil-)synonym verwendet mit dem entlehnten Präfix ante- (vereinzelt) prädiluvial/ prädiluvianisch vs. antediluvial/ antediluvianisch HEYSE FWB 1870 postdiluvianisch, nl. (vgl. Diluvium) nachsündfluthig, entg. antediluvianisch (BG). dem entlehnten Präfix pro- (vereinzelt) Progymnasium, Prokollagen N. ‘Vorstufe des Kollagens’ Minor/ Ruf 1992 Juden 82 Als Ernst Bloch in das Progymnasium eintrat, waren von 136 Schülern 8 israelitisch (z). ~ dem indigenen Präfix vor- Prä-Expressionist vs. vorexpressionistisch, Prähistorie vs. Vorgeschichte, prä-klassisch vs. vorklassisch, präkolumbisch vs. vorkolumbisch, prämodern vs. vormodern, pränatal/ präpartal vs. vorgeburtlich, Präpubertät vs. Vorpubertät, prärevolutionär vs. vorrevolutionär, prärömisch vs. vorrömisch-, vorabiturial, vorabrahamitisch, vorempirisch, Vorfrühling, vorindustriell, Vorpubertät, vorreligiös, vorschulisch, vorwissenschaftlich Weber 1909 Industrien 22 Es gibt kein Mittel, die speziellen Standortfaktoren aus bekannten Tatsachen abzuleiten und also vorempirisch kennenzulernen (z). 199/ Art 2, 93 Bleyls Gespür für die Eleganz der Linie war wegweisend für die „Brücke“ >n ihrer vorexpressionistischen Zeit (z). 1967 Bild d. Wiss. 3, o.S. Außerdem ließ sich bei mehreren Säugetierarten der vorgeburtliche Übergang des Parasiten auf die Ungeborenen im Muttertier feststellen (CK). <?page no="148"?> 140 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Zeit 29.5.1987 ln der Vorpubertät entwickelt sich nicht nur die Brust, sondern auch Drüsen in der Gebärmutter nehmen ihre Arbeit auf (CK). Zeit 27.3.1987 Eben weil diese These sich wissenschaftlich nicht halten läßt, beweist sie nichts weiter als eine vorwissenschaftliche Absicht (CK). Piur 1903 Studien 28 Für diese Periode fehlt ein Wörterbuch, wie wir es in Stieler für die vor-Wolffsche und in Steinbach für die nach-Wölfische Zeit besitzen (z). Die Zahl der lexikalisierten wie der okkasionellen Kombinationen mit dem indigenen Präfix vorist deutlich größer als die der Kombinationen mit prä-. Zu vielen dieser Kombinationen mit vor- (vor allem solchen mit indigener Basis) gibt es keine synonymen prä-Kombinationen, z.B. sind ohne Entsprechungen belegt Vor-Altertum, vorberuflich, vorbörslich, vorehelich, Vorgipfel, vorkriegerisch, vorweihnachtlich, vorwinterlich. dem indigenen Adj. früh als Bestimmungswort von Komposita bei entsprechender semantischer Akzentuierung (vgl. IB-SemKomb) präexpressionistisch vs. frühexpressionistisch, Präfaschismus vs. Frühfaschismus, Präglazial vs. Frühglazial, prähellenisch vs. frühhellenisch, prä-klassisch vs. frühklassisch Mannh. Morgen 2.5.1986 Der SS sind seine frühexpressionistischen Eruptionen nur „Ferkeleien“ (CK). Flach 1977 Chance 75 der Umschlag von elitärem Linkssozialismus in den Frühfaschismus Mussolinis (CK). Mannh. Morgen 28.1.1985 Eisenerzfunde lassen auf eine frühhistorische Verarbeitung schließen (CK). Zeit 5.4-1985 Die Krone wird diesem Modell durch den Versuch aufgesetzt, Methoden aus frükapitalistischer Zeit als eine sozialpolitisch richtungweisende Aktion darzustellen (CK). Zeit 22.2.1985 die Sitzordnung des frühklassischen Orchesters (CK). Zeit 20.3.1987 Der Geist des Werkbundes hat über Liebhardts Frühklassizismus und Wallots hochkunstvollen Reichsstil gesiegt (CK). dem indigenen Präfix urbei entsprechender semantischer Akzentuierung der Basen bzw. des Kontextes Pre-Figaro vs. Ur-Giovanni, prähistorisch vs. urhistorisch, Prä-Mensch vs. unmenschlich] urgeschichtlich, urkapitalistisch, urweltlich Mannh. Morgen 14-7.1987 Rampe scheint sich auf den „Burlador“ des Tirso de Molina, den Ur-Giovanni gleichsam besonnen zu haben (CK). Zeit 15.2.1985 Mit diesen recht präzisen Altersbestimmungsmethoden waren die unmenschlichen Fußabdrücke von Laetoli in Tansania auf 3,75 Millionen Jahre datiert worden (CK). Mannh. Morgen 8.8.1986 Die Funde in Australien übersteigen alles, was bisher dort an Überresten früherer urweltlicher Lebensformen entdeckt wurde (CK). <?page no="149"?> Das Präfix prä- 141 Antonym zu prä-lB werden verwendet das entlehnte Präfix -^postprähistorisch vs. posthistorisch, prä-klassisch vs. postklassisch, prämortal vs. postmortal, Pränova vs. Postnova Zeit 6.3.1987^61 bereits beim Glossar aus der posthistorischen Kurve flog, blättert einfach einige Seiten zurück (CK). Mannh. Morgen 1.8.1987 Aufgrund der postmortalen Untersuchungen wurden Entzündungen der Spinalganglien festgestellt (CK). das indigene Präfix nachpräapokalyptisch vs. nachapokalyptisch, präoperativ vs. nachoperativ, prärevolutionär vs. nachrevolutionär, präromantisch vs. nachromantisch Zeit 25.1.1985 Statt des vom Autor vorgeschriebenen leeren Raums mit zwei Fenstern fanden sich Hamm und Clov in einer Art nachapokalyptischer U-Bahn (CK). Zeit 19.7.1985 Auch Adorno verspannt Musik und Materie vor dem nachromantischen, nachwagnerianischen Zeithintergrund (CK). das indigene Adj. spät als Bestimmungswort von Komposita bei entsprechender semantischer Akzentuierung (vgl. IB-SemKomb) prägotisch vs. spätgotisch, prä-klassisch vs. spätklassisch, Prämoderne vs. Spätmoderne-, Spätantike, Späteisenzeit, späthellenistisch Zeit 5.11985 Formal zeigt die Arbeit den engen Zusammenhang der karolingischen Kunst mit der Spätantike (CK). E4Z 27.2.1994 eine aus dem Farbmaterial lebende spätexpressionistische Malerei (Z). Zeit 22.2.1985 Das enthebt die Verantwortlichen der Verpflichtung, ein spätfeudalistisches Interieur bauen und zeigen zu müssen (CK). Zeit 4-10.1985 ein Hauptwerk spätgotischer Bildnismalerei (CK). 1967 Bild d. Wissensch. 54 Das qualitätvollste Gebäude ist der späthellenistische Quaderbau (CK). Zeit 10.5.1985 Man sollte das Ganze nicht als Fallstudie der Frage der politischen Bewußtseinsentwicklung bei Jugendlichen in der Spätpubertät verstehen (CK). Mannh. Morgen 2.3.1985 Die Mehrzahl der 33 Kirchen, zum Teil noch aus spätrömischer Zeit, war bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt (CK). II.3.2.5 1B Kombinationen / 1B Komb Die Zahl der Kombinationen mit prd'-lB ist groß, wobei das Übergewicht der Adj. auffällig ist. Im Vergleich mit den Kombinationen der übrigen WB-Muster mit dem Präfix präbilden die prä-lB-Kombinationen neben (quantitativ aber noch vor) der Gruppe der prä-1 A-Kombinationen die umfangreichste Gruppe. <?page no="150"?> 142 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoprä-\B tritt vor allem in fachspr. Kombinationen/ Termini und in der Bildungssprache auf. In beiden Bereichen finden sich dabei häufig paradigmatisch zusammengehörige Kombinationen, insbesondere solche mit ebenso paradigmatisch zusammengehörigen komplexen Basen mit den Lehnsuffixen -ismus, -ist(in), -istisch, wie Präanimismus mit der dazugehörigen Personenbezeichnung Präanimist und dem Adj. präanimistisch oder Prädeismus mit dem dazugehörigen Adj. prädeistisch (vgl. 1B Gramm und 1B SemKomb). In einigen Fällen (wie hier bei Prädeismus, prädeistisch) ist dabei das Paradigma nicht vollständig belegt; die (aufgrund des herangezogenen Quellenmaterials) fehlenden Formen sind jedoch jederzeit bildbar (*Prädeist zu Prädeismus, prädeistisch) und in der Regel auch in der Motivation der belegten Formen präsent (nicht belegtes * Prämarxismus, * prämarxistisch zu Prä-Marxist). Bei den fachspr. Kombinationen dominieren solche, für die semantisch eine (entwicklungs-)geschichtliche Fundierung und somit Aspekte einer historischen Abfolge bzw. einer Periodisierung von Wichtigkeit sind, und zwar im Bereich Geschichte/ Entwicklungsgeschichte (in diversen Wissenschaftsdisziplinen) Präadamit, präbyzantinisch, Präfaschismus, präfeudalistisch, Prägermane, prähistorisch, präkolumbisch, präkunsthistorisch in den Bereichen Geistes-, Kunst-, Literaturgeschichte Präanimismus, prädeistisch, Präimpressionismus, prä-klassisch, Präromantik, Prä-Zorniger im Bereich Geologie Präboreal, prädiluvial, Präkambrium, Prälithikum, präsilurisch. Viele prä-lB-Kombinationen zählen zur Fachsprache der Medizin Präarthrose, präepileptisch, präkarzinomatös, Präkanzeröse, Präkoma, prämenstruell, Präsklerose, präskorbutisch, präurämisch. Bei jüngeren prä-lB-Kombinationen sind die Grenzen zwischen fach- und bildungsspr. Gebrauchsweisen häufig fließend. Charakteristisch für die (noch) nicht umfangreiche Zahl eher bildungsspr. Kombinationen sind häufig die nur geringe semantische Präzision bzw. die selbst im weiteren Kontext problematische Interpretierbarkeit ebenso wie eine oft vorliegende Okkasionalität. Die derzeit langsam zunehmende Zahl solcher bildungsspr. prä-lB-Kombinationen kann auch im Zusammenhang gesehen werden mit <?page no="151"?> Das Präfix prä- 143 neueren Entwicklungen des Präfixes —> post-] nicht selten stellen sie Antonyme bzw. Parallelbildungen zu entsprechenden posf-1 A-Kombinationen dar: präambivalent, präapokalyptisch (vs. postapokalyptisch), präfeministisch (vs. postfeministisch), Pre-Figaro, prähysterisch, präliterarisch (vs. postliterarisch), prämodern (vs. postmodern)/ präpostmodem, präpersonal, Prä-Terrorismus, prävergleichend. II.3.3 Strukturtyp IC II.3.3.1 IC Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / IC Gramm prä- -|- S1 e/ EN/ i( vereinzelt) Pubertät Giotto Zahnspange Pop + S2i/ i/ EN Fettsucht Zeit Ara Warhol =>Slwb Präpubertätsfettsucht Prä-Giotto-Zeit Prä-Zahnspangen-A ra Pre-Pop- Warhol Die Fuge zwischen prä- und dem Basislexem S1 wird häufig, jedoch ohne erkennbare Regularität durch Bindestrich markiert. Die Basislexeme S1 und S2 werden ebenfalls ohne erkennbare Regularität entweder in unveränderter Grundform in der Fuge durch Bindestrich oder durch Zusammenschreibung (vereinzelt mit Fugenkonsonant) miteinander verknüpft. Wie bei allen anderen Strukturtypen des Kombinems präbesteht auch bei prä-IC grundsätzlich eine etymologisch-genetische Restriktion hinsichtlich der Basislexeme (hier vor allem in bezug auf Basislexem Sl), d.h. eine unmittelbare Aufeinanderfolge des Präfixes prämit indigenen Lexemen wird weitgehend vermieden (vgl. * Präkriegserscheinung, dazu eher als Ausnahmebeispiel Prä-Zahnspangen-Ara). Basislexem S2 kann jedoch ein indigenes Lexem sein (Prä-Projektil-Stufe, Prae-Pubertätsalter). II.3.3.2 IC Semantische Leistung in Kombinationen / IC SemKomb prä-IC leistet als Bestandteil von Kombinationen, daß mit diesen die durch das zweite Basislexem S2 bezeichneten Sachen/ Sachverhalte und Personen als solche bezeichnet werden, die zeitlich dem vom ersten Basislexem Sl Bezeichneten vorangehen. In formalisierter Gestalt kann die semantische Leistung von prä-IC wie folgt dargestellt werden: <?page no="152"?> 144 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Prä-Beatles-Zeit x (Zeit) vor/ früher als/ im Vorfeld von y (Beatles) pra-lC drückt (ebenso wie prä-lA und prä-lB) eine temporale Folgerelation des DAVOR zwischen einem x und einem y aus, und zwar (im Unterschied zu prä-lA und prä'-lB) in folgender inhaltlicher Realisierung bzw. Repräsentation der Komponenten x und y: x wird vom zweiten Basislexem S2 der Kombination bezeichnet, y wird vom ersten Basislexem S1 der Kombination bezeichnet. Prä-Punk-Ara die den Punks/ der Punkbewegung vorausgehende Ara Prepop-Warhol Warhol vor der Pop-Phase/ der Pop-Periode In bedeutungserläuternden Paraphrasen von prä-lC-Kombinationen entspricht prä-lC Paraphrasenbestandteilen wie ‘(da)vor’, ‘früher als’, ‘vorausgehend’, ‘(unmittelbar) im Vorfeld von’. 11.3.3.3 IC Semantik der Basen / IC SemBas prä-\C findet sich in Verbindung mit folgenden semantischen Typen von Bestandteilen der komplexen Basis (Basislexem S1 + Basislexem S2): Basislexem Sl: Bezeichnungen für Sachen/ Sachverhalte (Vorgänge, Prozesse u.a.) und Eigennamen, wobei das Bezeichnete bzw. Benannte generell im weitesten Sinne zeitlich fixierbar sein muß Prä- Giotto-Zeit, Präpubertätsfettsucht, Prä-Zahnspangen-Ara, Basislexem S2: Bezeichnungen für Zeitabschnitte sowie für beliebige Sachen/ Sachverhalte, die als Erscheinungen eines Zeitabschnitts betrachtet werden können; sehr vereinzelt Eigennamen Prä- Giotto- Zeit, Präpubertätsfettsucht, Prä- Zahnspangen- Aru. 11.3.3.4 IC Semantisches Paradigma / IC SemPdgm prä-IC entspricht innerhalb eines Paradigmas zur Konstitution von meist okkasionellen Substantiven mit mehrgliedrigen Basen (Basislexem Sl + Basislexem S2), die Relationen einer zeitlichen Abbzw. Vorfolge anzeigen, dem entlehnten Präfix pro- (vereinzelt) Progestationsphase (‘Phase vor der Schwangerschaft’) vs. Prähospitalphase, <?page no="153"?> Das Präfix prä- 145 dem indigenen Präfix vor- Prä-Computer-Zeit vs. Vorcomputerzeitalter, Prä-Beatles-Zeit vs. Vor- Rock’n Roll-Zeit. Die Zahl der Kombinationen mit vorist weitaus größer als die der vergleichbaren Kombinationen mit prä-: Vor-Castro-Zigarren, Vor-Fackel-Kraus, Vor-Godesberg-Zeit, Vor-Thatcher-England, Vorwährungsreformzeiten Zeit 1.2.1985 Längerfristig betrachtet, wird das Klassenzimmer das gleiche Schicksal ereilen, das auch andere Institutionen des Vorcomputerzeitalters ereilt hat (CK). Stern 16.6.1987 Mit der Angst vor Aids läßt sich trefflich die spießig-heile Welt der 50er Jahre wieder herstellen, die Vor-Rock’n Roll-Zeit, als bei Capri die rote Sonne im Meer versank (CK). Zeit 5.4-1985 Eine Schwärmerei für den Anschluß an den „Literaturstaat Deutschland“, wie der Vor-Fackel-Kraus sagte (CK). Mannh. Morgen 1.7.1986 an die SPD der Vor-Godesberg-Zeit anknüpfen (CK). Antonym zu prä-\C werden verwendet das entlehnte Präfix —> post- Prä-Punk-Ara vs. Post-Punk-Ära, Post-Holocaust-Literatur, Post- Pershing- Welt, Post-Tschernobyl-Effekt Mannh. Morgen 16.3.1988 Diese Zufallsformation, die sich mit intensitätsgeladenem Post-Coltrane-Jazz vorstellte, erreichte eine nicht für möglich gehaltene innere Geschlossenheit (ck). Mannh. Morgen 24-7.1985 'Die ‘ Post-Neckenauer-Ära’ wird für jeden Bewerber eine schwere Bewährungsprobe (CK). Mannh. Morgen 5.12.1987 Realistisch ist das aus dem Alltag der Post-Punk- Generation gefilterte Stück natürlich nicht (CK). das indigene Präfix nach- Nach-Andropow-Rußland, Nach-Genf-Debatte, Nach-Januar-Reformpolitik, Nach-Tschernobyl-Zeit, Nach-Wilhelm-Meister-Roman Welt 14.1.1969 Die Drucker sind nicht bereit, an der Herstellung von Publikationen mitzuwirken, deren Charakter und Art nicht mit den Grundsätzen der Nach-Januar- R-eformpolitik übereinstimmen (CK). FAZ 7-12.1965 Schon jetzt habe die „Nach-de-Gaulle-Ära“ begonnen (CK). Mannh. Morgen 16.9.1987 die flexible Phrasierungstechnik im Jazz der Nach-Swing- Ara (CK). Zeit 16.1.1987 Diese Nach-Wilhelm-Meister-Romane wälzen einen großen nationa len Stoff immer weiter (CK). <?page no="154"?> 146 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- II.3.3.5 IC Kombinationen / IC Komb Die Zahl der Kombinationen mit prä-lC ist insgesamt klein. In geringerem Umfang handelt es sich um fachspr. Kombinationen {(Präinfarkt- Syndrom, Prätegelenzeit). Die Mehrzahl der prö-lC-Kombinationen sind bildungsspr. Okkasionalismen (Prä-Giotto-Zeit, Prä-Ultraschall-Epoche). Deren Verwendung trägt seit den 70er Jahren vor allem im massenmedialen Bereich gewisse sprachmodische Züge, die sich teilweise auch in der anglisierenden Attitüde (Pre-Pop Warhol, Pre-Sellingsangebot, Pre-Shave-Lotion, Pre-Theater-Menue) und in orthographischen Abnormitäten (Prä-AIDSkultur) manifestieren. Ein Zusammenhang mit gleichzeitig aufgekommenen —* post-lC-Kombinationen, die möglicherweise als Vorbilder dienten, ist naheliegend. Wie dort ist der Gebrauch dieser prälC-Kombinationen wohl auch vor allem mit der sprachökonomischen Absicht verbunden, Vorgänge und Erscheinungen in möglichst knapper bzw. verkürzter und gleichzeitig expliziter Form zu bezeichnen. Kombinationen dieser Art erschließen sich dem Rezipienten aufgrund der sie umgebenden Kontexte in der Regel problemlos. II.3.4 Strukturtyp 2 II.3.4.1 2 Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / 2 Gramm prä- -f S e Abdomen Lingual =>Slwb Praeabdomen Prälingual prä- + A e alveolar basisch =>Alwb präalveolar präbasisch Wie bei allen anderen Strukturtypen des Kombinems präbesteht auch bei prä-2 grundsätzlich eine etymologisch-genetische Restriktion hinsichtlich der Basislexeme, d.h. eine unmittelbare Aufeinanderfolge des Präfixes prämit indigenen Lexemen wird weitestgehend vermieden (*Prägaumen, * Präwort). II.3.4.2 2 Semantische Leistung in Kombinationen / 2 SemKomb prä-2 leistet als Bestandteil von Kombinationen, daß mit diesen Sachen als solche bezeichnet bzw. charakterisiert werden, die räumlich unmittelbar vor, vorn an, am vorderen Teil, an der Vorderseite der in der Basis bezeichneten/ charakterisierten Sache als lokalem Bezugspunkt liegen. In formalisierter Gestalt kann die semantische Leistung von prä-2 wie folgt dargestellt werden: <?page no="155"?> Das Präfix prä- 147 prä-2 drückt eine lokale Folgerelation des VOR/ DAVOR zwischen einem x und einem y aus, und zwar in folgender inhaltlicher Realisierung bzw. Repräsentation der Komponenten x und y: Praeabdomen [x: Körperteil, ...] vor/ vorn/ an/ an der Vorderseite von (Abdomen) Hinsichtlich von x muß zwischen subst. und adj. Kombinationen unterschieden werden, wobei generell festzuhalten ist, daß x nur eine schwache formale Repräsentation aufweist: - Im Falle von prä-2 Kombinationen hat x entweder gar keine ausdrucksseitige Repräsentation in der Kombination (z.B. Praeabdomen, Präkapillare oder x wird durch das semantisch im allgemeinen relativ weite, vielseitige interpretierbare - Suffix der betreffenden Basis andeutungsweise repräsentiert. Die jeweilige (genaue) semantische Fülung von x muß in diesen Fällen aus der Semantik der Basis gewonnen werden, z.B. Präkapillare: Kapillare = Gefäß ..., also: Präkapillare = [Gefäß(teil) ...] Präpalatal: Palatal = Laut ..., also: Präpalatal = [Laut ...] - Im Falle von adj. prä-2-Kombinationen muß x generell aus dem Kontext, im allgemeinen aus dem jeweiligen Beziehungswort der Kombinationen gewonnen werden, z.B. präsynaptisch: präsynaptisch[e Zelle] also: präsynaptisch = [Zelle] vor ... y wird entweder unmittelbar von der Basis der Kombination bezeichnet [Kapillare in Präkapillare) oder in der Basis thematisiert (Palatum in Palatal als Basis von Präpalatal- Synapse in synaptisch als Basis von präsynaptisch). Präkapillare am vorderen Teil der Kapillare befindlicher Gefäßabschnitt Präpalatal vor dem Gaumen/ am vorderen Gaumen gebildeter Laut präsynaptisch vor der Synapse befindlich^ Sache]/ sich ereignend[er Sachverhalt] <?page no="156"?> 148 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- In bedeutungserläuternden Paraphrasen von prä-2-Kombinationen entspricht prä-2 Paraphrasenbestandteilen wie ‘vor’, ‘vorder’, ‘davor’, ‘an der Vorseite/ am Vorderteil von’, ‘vorn gelegen’, vereinzelt auch ‘vorderst/ erst’ (z.B. in Prämolar ‘vorderster/ erster Backenzahn’). 11.3.4.3 2 Semantik der Basen und der adjektivischen Beziehungswörter / 2 SemBas Die in prä-2-Kombinationen verwendeten/ verwendbaren Basen bezeichnen bzw. thematisieren grundsätzlich etwas, das entweder generell unter (in der Semantik der jeweiligen Basen integrierten) lokalen Aspekten gesehen wird oder zumindest unter lokalen Aspekten gesehen werden und damit als lokaler Bezugspunkt dienen kann. Dasselbe gilt für die semantischen Typen von Bezeichnungen bei den Beziehungswörtern von adj. prä-2-Kornbinationen. Dabei findet sich prä-2 im einzelnen vor allem in Verbindung mit folgenden semantischen Typen von Basen: Bezeichnungen und zugehörigen Charakterisierungen für - (Medizin/ Zoologie) Organe und Körperteile von Lebewesen Praeabdomen, Präanalpore, präkapillar, präkordial, Prälabium, Präoperkulum, präoral, prätibial - (Linguistik/ Phonetik) bestimmte Laute, die aufgrund der Artikulationsstelle bzw. von Bestandteilen der Mundhöhle, die zur Artikulation dienen, bezeichnet werden präalveolar, Prädorsal/ prädorsal, Prälingual, Präpalatal/ präpalatal - (vereinzelt) unterschiedliche Lokalisierungspunkte präalpin, präbasisch, Pränomen. 11.3.4.4 2 Semantisches Paradigma / 2 SemPdgm prä-2 entspricht innerhalb eines Paradigmas zur Konstitution von Subst. und Adj., die Relationen einer lokalen (Davor-)Situierung anzeigen, jeweils vereinzelt dem entlehnten Präfix pro- (selten) Proszenium, Prothorax (‘vorderer Brustabschnitt bei Insekten’) Rivius J548 Vitruvius 181b der ursach halb das dem Proscenio in der weite zuvil entzogen wirt (SB). Mannh. Morgen 19.11.1987 Einer einarmigen Antikefigur, flankiert von zwei Kerzen, wird auf dem Proszenium ein kleiner Altar errichtet (CK). <?page no="157"?> Das Präfix prä- 149 dem indigenen Präfix vor- (in der Regel mit indigener Basis) präalpin vs. voralpin-, Vordarm, Vorgarten, Vorgebirge, Vorhalle, Vorhölle, Vorpommern, Vorzimmer Welt 7.9.1959 klimatisch und landschaftlich einzigartige voralpine Lage (CK). Mannh. Morgen 22.4-1988 Die dauernden Bestrahlungen hält er kaum noch aus, der Behandlungsraum wird ihm zur Vorhölle (CK). Bild 27.1.1967 (Überschrift) Liebe im Vorzimmer trieb einen Stadtrat in den Tod (CK). dem indigenen Präfix/ Adj. vorder^-) als Bestimmungswort von Komposita Prälingual vs. Vorderzungenlaut, Präpalatal vs. Vordergaumenlaut-, Vorderbühne, Vorderdarm, Vorderscheitelbein, Vorderzähne Zeit 7.3.1986 Vorn leiten zwei Stufen zu einer Vorderbühne (CK). Zeit 13.2.1987 Fast ein Prozent aller Schweizer Kinder zwischen anderthalb und drei Jahren haben kariöse Vorderzähne (CK). Antonym zu prä-2 werden verwendet das entlehnte Präfix — ► post- Prädorsal vs. Postdorsal, Prämolar vs. Postmolar, präsynaptisch vs. postsynaptisch-, postganglionär, postkranial 1983 BROCKIIA US- WAI1RIG 1980ff. Postmolar, hinterer Backenzahn (BG). Klimmer 1971 Pflanzenschutzmittel, o.S. an den Endigungen der postganglionären Nerven (CK). das indigene Adj. hinter^-) (selten) als Bestimmungswort von Komposita Praeabdomen vs. Hinterleib, Prälingual vs. Hinterzungenlaut, Präpalatal vs. Hintergaumenlaut Mannh. Morgen 1.10.1987 Das Wicklerweibchen sondert aus einer Drüse am Hinterleib einen Lockstoff ab (CK). 1985 SPRACH-WISS.TERMINI 142 Postlinguale oder Hinterzungenlaute (Z). II.3.4.5 2 Kombinationen / 2 Komb Die Zahl der Kombinationen mit prä-2 ist insgesamt gering. Alle Kombinationen gehören zumindest ursprünglich einer Fachsprache an. Sie finden darüber hinaus kaum weitere, allenfalls gelegentlich bildungsspr. Verwendung. <?page no="158"?> 150 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Die Mehrheit der prä-2-Kombinationen ist den naturwissenschaftlichen Bereichen Medizin und Zoologie zuzuordnen (Praeabdomen, präkapilar, präkordial, Praelatium, prätibial). Einige Kombinationen gehören zur linguistischen Fachsprache, dabei vor allem zum Bereich Phonetik, wobei für diese Kombinationen eine enge Anlehnung an den Fachwortschatz der Anatomie charakteristisch ist (präalveolar, Prädorsal, Präpalatal). <?page no="159"?> Das Präfix prä- 151 II.4 Geschichte und Kombinemfeld II.4.1 Etymologie / Etym prägeht zurück auf das lat. Adverb bzw. die lat. Präposition prae in den Bedeutungen des Adverbs (zeitlich/ selten räumlich) ‘vorn, voran, voraus’; (im Vergleich, in der Rang-/ Reihenfolge) ‘vorn, davor’ bzw. der Präposition (zeitlich, selten räumlich) ‘vor, vorher’; (im Vergleich, in der Rang-/ Reihenfolge) ‘vor’. In großem Umfang wurde praeim Lat. als initiale WB-Einheit in subst., (seltener in) adj. und besonders häufig in verb. Kombinationen verwendet, bei denen entweder ein zeitlicher, (seltener) ein räumlicher, ein rangmäßig vorordnender oder auch ein rein intensivierender Aspekt (jeweils in bezug auf das von der einfachen oder abgeleiteten Basis Bezeichnete oder Charakterisierte) bedeutungskonstituierend ist: zeitlich: praedamnatio (zu damnatio ‘Verdammung’) ‘Vorherverdammung’; praedestinare (zu destinare ‘bestimmen’) ‘im voraus bestimmen’; praelibare (zu libare ‘kosten’) ‘vorher kosten’); praematurus (zu maturus ‘reif’) ‘vorzeitig reif, frühreif’; praeparatio (zu praeparare ‘im voraus zubereiten’/ parare ‘bereiten’) ‘Vorbereitung’; praeservare (zu servare ‘unversehrt bewahren’) ‘vorher be(ob)achten’; praesignare (zu signare ‘bezeichnen’) ‘vorher bezeichnen’; praesumptivus (zu praesumere ‘vorher nehmen’/ sumere ‘nehmen’) ‘vorausnehmend’; praeventor (zu praevenire ‘zuvorkommen’/ venire ‘kommen’) ‘Zuvorkomm(end)er’; räumlich: praecordia (zu cor ‘Herz’) ‘die vor dem Herz liegende Körperregion, Brusthöhle’; praefixus (zu praefigere ‘vorn anheften’/ ^jere ‘anheften’) ‘vorn angeheftet’; praeligare (zu ligare ‘binden’) ‘vorn anbinden’; praenomen (zu nomen ‘Name’) ‘der (vor dem Geschlechtsnamen stehende) Vorname’; praeponere (zu ponere ‘setzen’) ‘vor(an)setzen’; praerodere (zu rädere ‘benagen’) ‘vorn benagen’; praeverbium (zu verbum ‘Wort’) ‘Vorwort/ -silbe’; rangmäßig: praecentor (zu praecinere ‘vorsingen’/ canere ‘singen’) ‘Vorsänger’; praecipuus (zu capere ‘nehmen’) ‘(vor anderen vorausgenommen) besonders, vorzüglich’; praeficere (zu facere ‘machen’) ‘vorsetzen, jmd. (als Vorsteher) über etw. od. jmd. setzen’; praesidere (zu sedere ‘sitzen, setzen’) ‘vor(an)sitzen, leiten, den Vorsitz haben’; praestantia (zu praesiare ‘voranstehen, vorzüglich sein’/ stare ‘stehen, sich befinden’) ‘Vorzüglichkeit, Vortrefflichkeit’; praetor (eigentlich praeitor, zu praeire ‘vorangehen’) ‘Anführer, Vorgesetzter; Titel höherer Magistratspersonen, inbesondere Oberrichter’; intensivierend: praecalidus (zu calidus ‘warm, heiß’) ‘äußerst warm, sehr heiß’; praedicare (zu dicare ‘laut verkündigen, weihen’) ‘öffentlich laut bekanntmachen/ ausrufen/ erklären, rühmend verkündigen’; praeeminentia (zu praeeminere/ eminere ‘hervorragen, -stehen’) ‘Vortrefflichkeit, Vorzug’; praepotens (zu potens ‘mächtig, etw. vermögend’) ‘sehr mächtig, übermächtig’; praevalentia (zu praevalere ‘überaus kräftig/ stark sein’/ valere ‘kräftig/ stark sein’) ‘Übermacht’. <?page no="160"?> 152 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Viele dieser Kombinationen wurden wohl über das Mlat. als Lehnwörter ins Deutsche wie auch in andere europäische Sprachen übernommen. Die Übernahme ins Deutsche erfolgte in gewissem Umfang über das Frz. (vgl. Hist). Ebenfalls ins Deutsche wie in andere europäische Sprachen wurden als Lehnwörter einige lat. prae-Kombinationen übernommen, die bereits im Lat. weitgehend als inhaltlich demotiviert gelten können (vgl. Irreg): praebenda (zu prae(hi)bere ‘Hinhalten, darreichen’) ‘der einem von Staats wegen zukommende Unterhalt, die Präbende’; praefocare (zu faux ‘Schlund, Kehle’) ‘ersticken, erwürgen’; praeputium ‘Vorhaut’, mit praeputiatio ‘Nichtbeschneidung’, praeputiatus ‘unbeschnitten’; praeripere (zu rapere ‘an sich reißen, erraffen’) ‘wegreißen, entziehen’; praesaepe(s)/ praesaepium (zu praesaepire ‘vorn verzäunen/ verschließen’/ saepire ‘umzäunen, einhegen’/ saepes ‘Zaun, Gehege’) ‘Krippe, Stall’. In größerem Umfang treten auch im Mlat. Neubildungen mit prae auf: praeconisatio (zu lat. praeco ‘Herold, Ausrufer’, aus *prae(di)co synkopiert und zu praeconan ‘rühmen, preisen’) besonders im kirchlichen Bereich: ‘Lobpreisung, Erhebung’; praeferentia (zu lat. praeferre (eigentlich) ‘voran-, nach vorn tragen’; ‘vorziehen, höher schätzen’) ‘Vorzug, Vorrang’; praelatus (substantiv. Mask, des Part.Perf.Pass, von lat. praeferre ‘vorziehen, höher schätzen’) (eigentlich ‘der Vorgesetzte, Vorzügliche’) ‘hoher geistlicher Amts-/ Würdenträger’; praesentatio (zu lat. praeseniare ‘gegenwärtig machen, zeigen'/ praesens ‘gegenwärtig’) ‘Stellung, Darstellung, Präsentation’; praeventio (zu lat. praevenire ‘zuvorkommen’) ‘das Zuvorkommen, Vorbeugung, Verhütung’; praevigilia (zu vigilia ‘Nachtwache, unermüdliche Tätigkeit, nächtliche Feier’) ‘Tag vor den Vigilien’ (vgl. Hist 1B). Ein größerer Teil der mlat. Neubildungen gehört dem Sprachgebrauch im kirchlichen Bereich an. Mehrere dieser sowie auch andere mlat. Neubildungen sind als Lehnwörter ins Deutsche wie auch in andere europäische Sprachen übernommen worden. Viele von ihnen sind heute als demotiviert einzustufen (vgl. Irreg). II.4.2 Geschichtliche Entwicklung / Hist II.4.2.1 Übersicht Lehnwörter mit dem initialen Segment / prae/ , die unmittelbar oder mittelbar, als ganze oder partiell auf (m)lat. Kombinationen mit der Präp./ dem Adv. prae zurückgehen (vgl. Etym) sind im Dt. seit dem 13. Jh. nachgewiesen. Im 13. Jh. zunächst vereinzelt, im 14. und 15. Jh. in geringem Umfang, seit dem 16. Jh. dann in zunehmender Zahl nachgewiesen sind dabei zunächst Lehnwörter, die wohl unmittelbar aus dem (M)Lat. übernommen wurden. Viele dieser vorwiegend bildungs- und fachspr., teilweise nicht ganz regulär erfaßbaren, sehr häufig inhaltlich demotivierten Lehnwörter (vgl. <?page no="161"?> Das Präfix prä- 153 Irreg) sind bis heute in Gebrauch. In der Regel liegen für diese Lehnwörter auch (oft schon früher nachgewiesene) Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen vor. Seit dem 14. Jh. (und kontinuierlich bis zum späten 19. Jh.) sind solche lat. Lehnwörter in größerem Umfang wohl auch nach frz. Vorbild im Dt. in Gebrauch gekommen: Präferenz, prägnant, Präjudiz, Präponderanz, Präsent, präsentieren, Präsident, präsidieren, präsumtuos, prätentiös, prävarikieren, prävenieren, präzis, Präzision (vgl. Lexikon). Neben diesen (zum größeren Teil bis heute gebräuchlichen) aus dem (M)Lat. übernommenen Lehnwörtern finden sich seit dem Anfang des 17. Jhs., zunächst vereinzelt, dann aber in kontinuierlich zunehmender Zahl neu gebildete, streng neoklassische (fach- und bildungsspr.) Lexeme ohne direkte (m)lat. Vorbilder, jedoch in der Regel mit Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen, so daß ihr Status als (in einer Fremdsprache lehngebildetes und von dort übernommenes) Lehnwort oder als dt. LWB-Produkt in vielen Fällen kaum zu klären ist (zu den frz. Einflüssen vgl. oben). Dabei kann der Hinweis auf das Fehlen rnlat. Vorbilder für diese neoklassischen Bildungen nicht mit genügender Sicherheit gegeben werden; er orientiert sich am derzeitigen Stand der mlat. Lexikographie. Bei den neoklassischen Neubildungen handelt es sich vorrangig um Kombinationen, die sich einem semantisch und strukturell regulären WB-Muster des (dt.? ) Kombinems prä- und zwar des temporalen Strukturtyps 1A zuordnen lassen. Die kontinuierlich fortlaufende Übernahme von (semantisch wie strukturell) gleichartigen Lehnwörten aus dem (M)Lat. verläuft im Dt. bis ins späte 19. Jh. parallel mit dem ebenfalls ständigen Prozeß des Auftauchens solcher neuer streng neoklassischer (und durchweg fach- und bildungsspr.) Lexeme des Strukturtyps 1A ohne (m)lat. Vorbilder (jedoch in der Regel mit Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen). Kombinationen dieses Strukturtyps, die sich trotz weitgehender Beibehaltung ihres streng neoklassischen Charakters und bei nur gelegentlicher Nutzung von modernerem Basismaterial wohl dennoch einem semantisch und strukturell regulären WB-Muster des dt. Kombinems prä- (nämlich dem des temporalen Strukturtyps 1A) zuordnen lassen und denen somit ein dt. LWB-Status zugesprochen werden kann, finden sich, allerdings in eher begrenztem Umfang, erst seit Mitte des 20. Jhs. In jüngerer Zeit sind darunter vereinzelt auch Lehnwörter aus dem Engl./ Amerikan. Insgesamt gesehen kann bis heute für prä-lA eine Produktivität in recht begrenztem Umfang konstatiert werden, und zwar vorwiegend in der Form eher fachdenn bildungsspr., neoklassischer, d.h. dem lat. Vorbild streng folgender Kombinationen. Eine neue Stufe der geschichtlichen Entwicklung des Kombinems präim Dt. ist erreicht, als Mitte des 19. Jhs. zunächst vereinzelt und sodann in kontinuierlich bis zur Gegenwart zunehmendem Maße Kombinationen <?page no="162"?> 154 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoeines semantisch neuartigen regulären WB-Musters, und zwar des temporalen Typs 1B, in Gebrauch kommen. Dieser in der Regel mit bildungs- und fachspr. LWB-Produkten (teilweise mit Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen) belegte Strukturtyp ist im Lat. und weitestgehend auch im Mlat. semantisch ohne Vorbild. Er wird, vereinzelt sogar unter Nutzung indigenen Basismaterials, im 20. Jh. im Dt. zum produktivsten Strukturtyp des Kombinems präüberhaupt werden. Unter den seit dem 13. Jh. aus dem (M)Lat. übernommenen Lehnwörtern finden sich seit dem 14./ 15. Jh. auch Kombinationen des WB-Musters mit lokalem prä-. Die Übernahme solcher Lexeme (semantisch sind viele von ihnen eher als demotiviert bzw. irregulär einzustufen, vgl. Irreg) erfolgt in recht begrenztem Umfang und endet im späteren 19. Jh. Seit Ende des 19. Jhs. jedoch finden sich dann zunächst vereinzelt, im folgenden und bis heute in ebenfalls nur begrenztem, aber kontinuierlich zunehmendem Umfang Kombinationen von streng neoklassischem Typ, jedoch ohne direkte (m)lat. Vorbilder, die sich eindeutig einem semantisch und strukturell regulären WB-Muster des lokalen dt. Kombinems prä-2 zuordnen lassen. Die in der Regel fachspr. Kombinationen haben meist Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen, so daß ihr Status als (in einer Fremdsprache lehngebildetes und von dort übernommenes) Lehnwort oder als dt. LWB-Produkt vielfach kaum bestimmbar ist. Produktivität kann heute für das lokale prä-2 im fachspr. Bereich wohl als wahrscheinlich gelten. Eindeutig produktiv ist dagegen in jüngster Zeit das Kombinem pränicht nur als temporales prä'-l der Strukturtypen A und vor allem B, sondern ebenfalls temporal als prä-\ des in der Mitte unseres Jhs. neu aufgekommenen und vorrangig in bildungsspr. LWB-Produkten belegten Strukturtyps C, mit dem die Integrationsgeschichte des Kombinems präeine weitere neue Stufe erreicht: Während nämlich alle Lehnwörter, sofern sie nicht ohnehin unmittelbar oder mittelbar aus dem (M)Lat. übernommen wurden, und alle LWB-Produkte mit prä-lA und prä-2 sowie (allerdings mit neuer semantischer Akzentuierung) die mit prä-lB sich letztlich auf das strukturelle Vorbild (m)lat. prä-Kombinationen (vgl. Etym) zurückverfolgen und meist sogar als streng neoklassisch typologisieren lassen, entfernt sich prä- 1C bei semantischer Anlehnung an das semantisch neu akzentuierte prä-lB strukturell deutlich vom etymologischen Vorbild, prä-IC-Kombinationen sind niemals neoklassische Kombinationen. Die hier vorgenommene Anordnung der Strukturtypen folgt (wie auch im Falle von — ► post-) chronologischen und nicht systematischen Gesichtspunkten. Ausschlaggebend für die Anordnung des temporalen prä-1 vor dem lokalen prä-2 und für die Reihenfolge innerhalb von prä-1 (1A, 1B, IC) ist also jeweils der für das Dt. ermittelte Zeitpunkt des ersten Auftauchens regulärer Kombinationen. Rein systematisch sind die Strukturtypen von — ► post- und prädeckungsgleich. Unterschiede in der hier erfolgten <?page no="163"?> Das Präfix prä- 155 Strukturyp-Anordnung resultieren dabei also lediglich aus den chronologischen Gegebenheiten. II.4.2.2 Strukturtyp 1A prö-lA ist in eindeutig regulären Kombinationen seit Anfang des 17. Jhs. zunächst vereinzelt (präsupponieren), seit dem späten 17. Jh. kontinuierlich (präkonzipieren, pränumerieren, prästabilieren) und bis heute {Präadaption, präfabrizieren, präformulieren, Präkoordination) in einer insgesamt eher geringen Zahl von Lexemen nachgewiesen. Dabei findet es sich durchgängig fast ausschließlich in neoklassischen fach- und bildungsspr. Kombinationen, die zwar entlehntes/ lehngebildetes (griech./ lat.) Basismaterial aufweisen, für die als ganze Kombinationen aber keine direkten Vorbilder im (M)Lat. vorliegen. Zu diesen sind jedoch häufig Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen nachgewiesen, so daß ihr Status als (in einer Fremdsprache lehngebildetes und von dort übernommenes) Lehnwort oder als dt. LWB-Produkt (mit internationalen Analogie- oder Parallelbildungen) in vielen Fällen kaum zu klären ist. Einige der vom 17. bis 19. Jh. aufgekommenen neoklassischen prä-lA- Kombinationen sind inzwischen veraltet, so z.B. präkonzipieren V.trans. (1670 SB) (zu konzipieren ‘verfassen, aufsetzen, entwerfen’, zurückgehend auf lat. concipere ‘zusammenfassen, erkennen’; vgl. entsprechend das frz. Subst. preconception ‘Vorannahme’ 1823 in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungsspr. ‘eine vorgefaßte Meinung haben, voreingenommen sein’, mit präkonzept Adj. (1871 SANDERS FWB) ‘vorgefaßt’. Präfabulation F. (1741 ZEDLER) (neoklassische Bildung, wohl in Anlehnung an — ► Präfation, zu lat. fabulatio ‘Gespräch, Erzählung’) fach-/ bildungsspr. ‘die einer Fabel vorangestellte Auslegung/ Nutzanwendung’. Prädeliberation F. (OERTEL 1831) (zu Deliberation, < lat. deliberatio ‘Beratung, Überlegung’; vgl. engl, predeliberation 1625 in OED 1989) bildungsspr. ‘Vor(her)beratung/ -überlegung’, mit prädeliberieren V.trans. (KALT- SCHMIDT 1863) ‘vorher beraten, überlegen’. Präapprebension F. (HEYSE FWB 1838) (zu Apprehension ‘Erfassung, Auffassung’, zurückgehend auf lat. appre/ iendere‘ergreifen, auffassen’; vgl. engl, preapprehension 1646 in OED 1989) bildungsspr. ‘vorgefaßte Meinung, Vorurteil’. Präem(p)tion F. (HEYSE FWB 1838) (zurückgehend auf lat. emere ‘kaufen’; vgl. frz. preemption 1569 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preemption 1602 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vorkauf’. <?page no="164"?> 156 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Prädamnation F. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praedamnatio\ vgl. engl. predamnation 1626 in OED 1989) fachspr. (Religion) ‘Vor(her)verurteilung/ -Verdammung (zur Hölle)’, mit prädamnieren V.intrans. (1863 KALT- SCHMIDT) (< lat. praedamnare-, vgl. engl, predamn 1624 in OED 1989) ‘ vor (her) verdammen ’. Neben diesen eindeutig regulären neoklassischen Kombinationen findet sich prä-lk bis ins frühere 20. Jh. mit deutlich höherer Frequenz (vor allem im 19. Jh.) in aus dem Lat. übernommenen fach- oder bildungsspr. Lehnwörtern (mit Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen), die teilweise bis heute gebräuchlich sind (Präfiguration, präfigurieren, präkognoszieren, prämatur, Präokkupation vgl. Lexikon), zum größeren Teil heute aber weitgehend als veraltet gelten können, so z.B. prälibieren V.trans. (HEYSE FWB 1804) (< lat. praelibare, zu libare ‘kosten’; vgl. engl, prelibate 1623 in OED 1989 und frz. preliber 1825 in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungsspr. ‘vorher kosten; vorkosten’, mit Prälibation F. (HEYSE FWB 1804) (< lat. praelibatio] vgl. engl, prelibation 1526 in OED 1989 und frz. prelibation 1756 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Vorkosten; Vorgeschmack ’. präloquieren V.intrans. (HEYSE FWB 1804) (< lat. praeloqui, zu loqui ‘sprechen’) fach-/ bildungsspr. ‘eine Vorrede machen, vorher reden’, mit Präloquium N. (HEYSE FWB 1804) ‘Einleitung, Vorrede’, in gleicher Bed. auch Prälocution F. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praelocutio). Präszienz F. (HEYSE FWB 1804) (< lat. praescientia/ hz. prescience, ca. 1175 in 1988 TRESOR 1971ff., zu praescire ‘vorher wissen'/ scire ‘wissen’; vgl. engl, prescience 1374 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vor(aus)wissen’, mit präszibel Adj. (1863 KALTSCHMIDT) ‘im voraus wißbar’. prälegieren V.trans. (CAMPE FWB 1813) (< lat. praelegare, zu legare ‘durch ein Testament verfügen, vermachen’) fach-/ bildungsspr. ‘im voraus vermachen; verfügen’, mit Prälegat N. (CAMPE FWB 1813) (< lat. praelegatum) ‘Vor(aus)Vermächtnis’. Prämonstrator M. (CAMPE FWB 1813) (< lat. praemonstrator, vgl. engl. premonstrator 1846 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Anleiter, Wegweiser’, mit prämonstrieren V.trans. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praemonstrare, zu monstrare ‘zeigen, weisen’; vgl. engl, premonstrate 1588 in OED 1989) ‘vorher anzeigen; vormachen’; Prämonstration F. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praemonstratio, vgl. engl, premonstration 1450 in OED 1989) ‘Vorherzeigung, Vormachen’. Pränotion F. (CAMPE FWB 1813) (< lat. praenotio, zu praenoscere ‘voraus wissen’/ noscere ‘wissen’; vgl. frz. prenotion 1587 in 1988 TRESOR <?page no="165"?> Das Präfix prä- 157 1971ff. und engl, prenotion 1588 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vorbegriff; vorläufiger Begriff; Vorkenntnis’. präkogitieren V.trans. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praecogitare, zu cogitare ‘denken’; vgl. engl, precogitate 1611 in OED 1989) bildungsspr. ‘vorher bedenken’, mit Präkogitation F. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praecogitatio] vgl. engl, precogitation 1596 in OED 1989) ‘Vorherbedenken’. präkonsumieren V.trans. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praeconsumere, zu consumere ‘verzehren’) bildungsspr. ‘vorher verzehren’, mit Präkonsumtion F. (HEYSE FWB 1870) ‘Vorherverzehr’. Präsension F. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praesentio, zu sentire ‘fühlen, empfinden’; vgl. engl, presension 1597 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vorgefühl, Vorahnung’. Prävision F. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praevisio, zu praevidere ‘vorher-/ voraussehen’/ thdere ‘sehen’; vgl. frz. prevision ca. 1275 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prevision 1612 in OED 1989) bildungsspr. ‘Voraus-/ Vorhersehung’, mit prävidieren V.trans. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praevidere) ‘voraus-/ vorhersehen’. präfinieren V.trans. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praefinire, zu finire ‘abgrenzen’; vgl. engl, prefine 1545 in OED 1989) bildungsspr. ‘vorher bestimmen, festsetzen’, mit Präfinition F. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praefinitio] vgl. engl, prefinition 1582 in OED 1989) ‘Vorherbestimmung’. prägustieren V.trans. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praegustare, zu gustare ‘kosten, genießen’; vgl. engl, pregust 1623 in OED 1989) bildungsspr. ‘vorkosten; vorher kosten, kredenzen’, mit Prägustator M. (1863 KALT- SCHMIDT) (< lat. praegustator, vgl. engl, pregustator 1604 in OED 1989) ‘Vorkoster, Mundschenk’. Präsignifikation F. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praesignificatio, zu praesignificare ‘vorher Anzeigen 1 / significare ‘anzeigen, verkünden’; vgl. frz. presignification 1572 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, presignification 1603 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vorankündigung, Voranzeige, Vorherverkündigung’. prästituieren V.trans. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praestituere, zu statuere ‘festsetzen, bestimmen’) bildungsspr. ‘vorher festsetzen; bestimmen’. prästruieren V.trans. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praestruere, zu struere ‘aufbauen, schichten’) ‘vorbauen, vorbereiten’, mit Prästruktion F. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praestructio) fach-/ bildungsspr. ‘Vorbereitung, Vorbauung’. <?page no="166"?> 158 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoprämovieren V.Irans. (1933 GENIUS) (< lat. praemovere, zu movere ‘bewegen’; vgl. engl, premove 1598 in OED 1989) bildungsspr. ‘vorher bewegen; anregen’, mit Prämotion F. (1933 GENIUS) (vgl. frz. premotion ca.. 1420 in 1988 TRESOR 19711F. und engl, premotion 1643 in OED 1989) ‘Anregung’. Im 20. Jh. hat die Zahl neuer Kombinationen mit prä-lA zwar kontinuierlich, vor allem im Vergleich zum 19. Jh. insgesamt aber nur geringfügig zugenommen. Es handelt sich dabei ausschließlich um ausgeprägt fachspr. Kombinationen verschiedener Wissenschaftsdisziplinen. Für diese in der Regel neoklassischen Kombinationen (also mit entlehnter/ lehngebildeter griech./ lat. Basis) liegen in der Regel Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen vor. Somit ist ihr Status als Lehnwort oder dt. LWB-Produkt in den meisten Fällen wiederum kaum eindeutig zu klären (präadaptieren, Präinduktion, Präionisation, Prämedikation). Es handelt sich also eigentlich um einzelsprachenübergreifende neoklassische Lehn- Wortbildungen, deren Kreativitätszentrum weniger einzelsprachlich (dt., frz., engl., it. usw.), als gesamteuropäischbildungsbzw. fachspr. bestimmbar und geprägt ist. Vereinzelt sind in jüngerer Zeit prä-1A-Kombinationen als Lehnwörter aus dem Engl./ Amerikan. nachgewiesen {Preprint, Pretest, Preview). prä-lA ist somit heute im Dt. fachspr. geläufig und in einer allerdings nicht eben umfangreichen Zahl von Kombinationen präsent. Es kann als mäßig produktiv gelten. II.4.2.3 Strukturtyp 1B prä-1B ist in eindeutig regulären Kombinationen seit dem späteren 19. Jh. im Dt. nachgewiesen. Im Vorfeld der Regularität dieses im Lat. nicht vorgegebenen und somit neuartigen Strukturtyps lassen sich vereinzelt Vorläufer bzw. Vorstufen erkennen. Als eine Art Vorform kann mit Präadamit eine seit dem früheren 17. Jh. nachgewiesene und für diesen Zeitpunkt als vereinzelt einzustufende Kombination angesehen werden, die von den vorgegebenen lat. Mustern in ihrer semantischen Akzentuierung abweicht. Präadamit M. (1642 SB), meist im PL Präadamiten (zu Adam, Eigenname, Name des ersten von Gott geschaffenen Menschen, daneben zunächst auch gebräuchlich die nlat. Form Prae-Adamitae (so der Titel einer Schrift von Isaac La Peyrere 1655); vgl. frz. preadamite 1656 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, pre-adamite 1662 in OED 1989) fachspr. (Theologie/ Anthropologie) ‘Mensch, (der schon) vor Adam (gelebt hat/ haben soll)’, 1 VoradameP (so bei CAMPE FWB 1813), mit präadamitisch Adj. (1822 SB) (vgl. engl. pre-adamitic{a1) 1716 in OED 1989 und frz. preadamite 1743 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘vor Adam bestanden/ geschehen; aus der Zeit vor Adam stammend; die Präadamiten be- <?page no="167"?> Das Präfix prä- 159 treffend’; Präadamismus M. (1863 KALTSCHMIDT) (vgl. frz. preadamisme 1842 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Lehre von den Präadamiten’; alle Kombinationen weitgehend veraltet, mit Ausnahme des Gebrauchs in spezifisch fachspr. Bereichen. Daneben können als weitere Vorstufen regulärer Kombinationen mit prä- 1B die Mitte des 19. Jhs. aus dem Engl, übernommenen Kombinationen präraffaelisch und Präraffaelit gelten sowie die im 19. Jh. nachgewiesenen Kombinationen Prävigilien (< mlat.) und Präantezessor (neoklassisch). Prävigilien PI. (1863 KALTSCHMIDT) (< mlat. praevigilia (vgl. Etym) ‘Tag vor den Vigilien’, zu vigilia ‘Nachtwache; unermüdliche Tätigkeit; nächtliche Feier'/ vigil ‘Wächter; wachsam, munter’) bildungs-/ fachspr. ‘Tag vor der Vigilie, Vorabend/ -tag eines (hohen) Festes’, veraltet; in Gebrauch geblieben ist Vigil(ien) F., und zwar im kirchlichen Sprachgebrauch weitgehend in der Bed. des nicht mehr gebräuchlichen Prävigilien ‘Vorabend hoher (katholischer) Feste’. Mit Prävigilien liegt die einzige dem Lat. (und zwar in der späten Form des Mlat.) zugehörige Kombination des später im Dt. wie in anderen modernen Sprachen regulären Strukturtyps prä-lB vor. Sowohl aufgrund der semantischen Isoliertheit dieser Kombination wie ihrer gebrauchsbeschränkten fachspr. Bindung kann davon ausgegangen werden, daß sie als direktes Vorbild für die Entwicklung des dt. WB-Musters prä-lB nicht in Betracht zu ziehen ist. Allenfalls hat sie die Vertrautheit mit dessen spezifischer semantischer Leistung indirekt fördern können. Dasgleiche kann wohl für die frühe pr-ä-lB-Kombination Präadamit (sowie deren Ableitungen) ebenso gelten wie für das im frühen 19. Jh. aufgekommene, inzwischen veraltete neoklassische Lexem Präantezessor. Präantezessor M. (HEYSE FWB 1804) (zu lat. anfecessor‘Vorangehender; Amtsvorgänger’/ antecedere ‘vorangehen’, vgl. auch gleichbed. lat. praecessor, vgl. Irreg) eigentlich ‘Person zeitlich vor dem Vorangehenden’; ‘Vorvorgänger (im Amt)’, vgl. auch lat. praedecessor/ dt. Prädezessor, vgl. Irreg. Streng neoklassische Bildungen des Typs Präantezessor sind im weiteren Entwicklungsverlauf des WB-Musters prö-lB nur in geringem Umfang vertreten (Prädormitium, Präkeramikum, Präklimakterium, prämortal, präpartal). Den eigentlichen Ausgangspunkt für die Entwicklung eines regulären WB- Musters mit prä-lB markieren wohl die im späteren 19. Jh. aufgekommenen Kombinationen prähistorisch und präglazial. In rasch zunehmendem Maße findet sich prä-lB dann häufig, und zwar kontinuierlich bis in die Gegenwart in vergleichbaren fachbzw. bildungsspr. Bezeichnungen und Charakterisierungen für historische, geologische und andere bereichsspezifische Zeitalter, Entwicklungsabschnitte oder Formationen, zu denen (ver- <?page no="168"?> 160 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoeinzelt auch bereits im späten 19. Jh.) in dieses semantische Umfeld einzuordnende adj. Lexeme mit von Eigennamen abgeleiteten Basen zählen (prädiluvial, Prägermane, prägotisch, prähellenisch, Prähistorie, präkambrisch, präkolumbisch, präneandertaloid, präödipal, Präromantik, präslawisch, präwilhelminisch; vgl. auch das schon früh nachgewiesene präraffaelisch). Zu vielen dieser Kombinationen sind Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen nachgewiesen, so daß der Status als Lehnwort oder als dt. LWB-Produkt nicht immer eindeutig zu klären ist. Eine seit dem früheren 20. Jh. und bis heute kontinuierlich zunehmende Gruppe von prä-lB-Kombinationen, in der Regel mit auf das Lat./ Griech. zurückgehenden Basen und mit in etwa gleichzeitigen Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen, bilden Lexeme, die der medizinischen oder einer verwandten Fachsprache zugeordnet werden können (präepileptisch, präkanzerös, Präkarzinom, prämenstrual, Prämorbidität, Präparalyse, Präsklerose, Prästase, präzell(ul)ar). Charakteristisch für die Phase vom früheren 20. Jh. bis in die Gegenwart ist weiterhin die kontinuierliche (international parallelisierte und wohl auch beeinflußte) Zunahme meist fachspr. Lexeme, die Zeit-/ Entwicklungsphasen beliebiger Art sowie geistige, politische, künstlerische u.ä. Bewegungen, Perioden und deren Vertreter bezeichnen oder entsprechende Charakterisierungen darstellen. In diesen Kombinationen wird zwar generell und weiterhin entlehntes/ lehngebildetes, nicht jedoch unbedingt im engeren Sinne klassisches (griech./ lat.), sondern gelegentlich auch modernes Basismaterial bzw. klassisches Basismaterial in moderner Form genutzt (Präadoleszens, Präanimismus/ Präanimist/ präanimistisch, präapokalyptisch, Präfaschismus/ präfaschistisch, Präimpressionismus/ präimpressionistisch, Präpsychologie, Präromantik/ präromantisch, prätachistisch). Seit dem früheren 20. Jh. treten zunächst vereinzelt aber kontinuierlich und in der zweiten Jahrhunderthälfte dann in zunehmendem Maße auch okkasionelle Bildungen auf (präaktivistisch, Prä-Boheme, prädemokratisch, präkonstitutionell, prälogisch, Prä-Malaye, präreinhardtisch, präsozial, prätouristisch, präurban). Vom gleichen Zeitpunkt an läßt sich (ebenfalls in okkasionellen Bildungen) in sehr begrenztem Umfang auch die Verwendung von indigenem Basismaterial konstatieren (präkunsthistorisch, Prä-Mensch, prävergleichend, Prä-Zorniger). Aufgrund solcher (stets fach- oder bildungsspr.) Kombinationen, unter denen sich zunehmend eindeutige dt. LWB-Produkte befinden, kann vom früheren 20. Jh. an wohl von einer (international parallelisierten und beeinflußten) fach- und bildungsspr. Produktivität von prä-lB im Dt. ausgegegangen werden. Seit den 80er Jahren unseres Jhs. läßt sich unter dem Einfluß bzw. im Gefolge der aus dem Engl./ Amerikan. übernommenen leitwortartigen Lehnwörter postmodern/ Postmoderne und der in ihrem Umfeld auf- <?page no="169"?> Das Präfix prä- 161 gekommenen spezifischen posMA-Kombinationen (- ♦ post, Hist 1A) in allerdings begrenztem Umfang eine Zunahme von prä-lB-Kombinationen beobachten, die in der Regel Parallelbildungen zu den entsprechenden bzw. z.T. antonymen posMA-Kombinationen darstellen. Es sind dies meist bildungs- und mediensprachliche, teils schnell lexikalisierte, teils eher okkasionelle und oft stark kontextgebundene Lexeme, die wie ihre posMA-Vorbilder verschiedene hochaktuelle politische, kulturelle (u.ä.) Erscheinungen der Zeitgeschichte z.T. jargonhaft oder auch in sprachmodischer Attitude bezeichnen bzw. charakterisieren {präapokalyptisch, präfeministisch, Prä-Marxist, prämodern/ Prämoderne, präpostmodern, Prä-Terrorismus). Auch unter diesen Kombinationen befinden sich in zunehmendem Maße dt. LWB-Produkte. Somit kann prä-lB seit dem früheren 20. Jh. wie auch gegenwärtig als fach- und bildungsspr. produktiv betrachtet werden. II.4.2.4 Strukturtyp IC prä-IC und damit der sich strukturell vom etymologischen Vorbild lat. prä- Kombinationen abhebende Strukturtyp C des Präfixes präin temporaler Bed. ist im Dt. erst in der zweiten Hälfte des 20. Jhs. aufgekommen und bisher in nur wenigen Kombinationen belegt. Zuerst nachgewiesen sind ab Mitte des 20. Jhs. vereinzelte, in der Regel diversen Fachsprachen zugehörige Kombinationen mit klassischem (griech./ lat.) Basismaterial oder Eigennamen als erstem Basislexem und häufig indigenem Basismaterial beim zweiten Basislexem. Zwischen das erste und das zweite Basislexem kann dabei das trifft generell für alle prä-lC-Kombinationen zu ein Fugenkonsonant eingefügt werden {Präbrachiatorenhypothese, Prä-Giotto-Zeit, Prä-Projektil-Stufe, Präpubertätsfettsucht, Prätegelenzeit). Erst in jüngster Zeit ist prä-lC in ebenfalls geringem Umfang bildungs- und mediensprachlich nachgewiesen. Es handelt sich bei diesen prä-1C- Kombinationen immer um Okkasionalismen mit teilweise (auch beim ersten Basislexem) indigenem Basismaterial (Prä-AIDSkultur, Prä-Beatles- Zeit, Prä-Punk-Ara, Prä-Zahnspangen-Ära). Obwohl zu diesen prä-lC-Kombinationen nur sehr vereinzelt Entsprechungen in einer modernen europäischen Sprache nachgewiesen sind, können parallel strukturierte Kombinationen z.B. im Engl./ Amerikan. als direkte Vorbilder für dt. LWB-Produkte nicht ausgeschlossen werden. Sehr vereinzelt wurden solche parallelen Kombinationen unverändert ins Dt. übernommen (Pre-Pop-Warhol, Pre-Shave-Lotion). Die Okkasionalität und das teilweise indigene Basismaterial der meisten prä-lC-Kombinationen sprechen dafür, daß diese wohl eindeutig als dt. LWB-Produkte einzustufen sind und prä-lC somit fach-, bildungs- und <?page no="170"?> 162 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neomediensprachlich als wenn auch in nur geringem Umfang produktiv anzusetzen ist. II.4.2.5 Strukturtyp 2 Nach der seit dem 14. Jh. und bis ins spätere 19. Jh. hinein erfolgten Übernahme einer nicht eben umfangreichen Zahl lat. Lehnwörter mit lokalem präins Dt., die teilweise bis heute in Gebrauch, allerdings zum größeren Teil semantisch entweder weitgehend demotiviert oder irregulären WB-Mustern zuzuordnen sind (vgl. Irreg), kann prä-2 seit Ende 19./ Anfang 20. Jh. und bis heute in ebenfalls eher geringem Umfang in eindeutig regulären Kombinationen nachgewiesen werden. Charakteristisch für diese nahezu ausnahmslos fachspr. Lexeme ist, daß es sich in der Regel um neoklassische Kombinationen handelt, die entlehntes/ lehngebildetes (griech./ lat.) Basismaterial aufweisen, für die als ganze Kombinationen jedoch im (M)Lat. keine Vorbilder vorliegen. Zu diesen Kombinationen sind in der Regel entweder gleichzeitig oder auch schon früher - Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen nachgewiesen, so daß ihr Status als Lehnwort oder als dt. LWB-Produkt in den meisten Fällen kaum zu klären ist. Auch hier handelt es sich wiederum eigentlich um einzelsprachenübergreifende neoklassische Lehn-Wortbildungen, deren Kreativitätszentrum weniger einzelsprachlich (dt., frz., engl., it. usw.), als gesamteuropäisch bildungsbzw. fachspr. bestimmbar und geprägt ist. Der größere Teil der regulären prä-2-Kombinationen gehört naturwissenschaftlichen Fachsprachen an, insbesondere handelt es sich dabei um Kombinationen/ Termini der biologischen und anatomischen Nomenklatur (Praeabdomen, Praeanalporen, Präkapillare, Praelabium, Prämolar, Präoperkulum, praeoral, präsynaptisch, prätibial). Im späteren 20. Jh. kommen mehrere pra-2-Kombinationen in Gebrauch, die der linguistischen Fachsprache (Phonetik) angehören. Für die Basen dieser Kombinationen ist eine enge Anlehnung an den anatomischen Fachwortschatz charakteristisch (präalveolar, Prädorsal, Prälingual, präpalatal). In der Regel liegen für die prä-2-Kombinationen internationale Entsprechungen vor. prä-2 ist somit im Dt. fachspr. geläufig und in einer, wenn auch nicht umfangreichen Zahl von Kombinationen präsent. Der Nachweis für eine Produktivität im Dt. ist jedoch nicht eindeutig zu erbringen. Fachspr. Produktivität im Dt. kann aber zumindest als wahrscheinlich gelten. II.4.3 Irreguläres / Irreg Unter den am Beginn wie im weiteren Verlauf der Integrationsgeschichte des dt. Kombinems pränachgewiesenen, unmittelbar aus dem (M)Lat. übernommenen Lehnwörtern findet sich eine größere Zahl vor allem bildungsspr., in geringerem Umfang auch fachspr. Lexeme, für die zwar se- <?page no="171"?> Das Präfix prä- 163 mantisch oder strukturell regulär gebildete lat. Vorbilder vorliegen, die sich bei genauer, d.h. semantischer und struktureller Betrachtung jedoch keinem der im Laufe der späteren sprachgeschichtlichen Entwicklung im Dt. feststellbaren (semantisch und strukturell) regulären WB-Muster zuordnen lassen. Letzteres gilt auch für vereinzelte im Dt. lehngebildete neoklassische Lexeme, die, obwohl keine Lehnwörter, jedoch semantisch wie strukturell einem regulären lat. WB-Muster folgen. Es handelt sich dabei zum einen um solche Kombinationen, bei denen gemäß dem lat. Muster durch präals initiale WB-Einheit entweder ein rangmäßig vorbzw. überordnender oder ein rein intensivierender Aspekt in Bezug auf das von der Basis Bezeichnete oder Charakterisierte bedeutungskonstituierend ist (vgl. Etym). Zum anderen handelt es sich, ebenfalls dem lat. Muster entsprechend, um Kombinationen mit präin lokaler Bedeutung, die zwar semantisch mit dem regulären WB-Muster prä-2 übereinstimmen, die strukturell jedoch insofern von ihm abweichen, als sie im Gegensatz zum WB-Muster prä-2 mit seiner analog zu den temporalen prä-lB-Kombinationen beschreibbaren syntaktisch-semantischen Struktur eine analog zu den temporalen prä-lA-Kombinationen beschreibbare syntaktisch-semantische Struktur aufweisen. rangmäßig: prädominieren, Präfekt, Prälat, Präses, präsidieren, Prätor u.a. (vgl. Lexikon) intensivierend: Präklusion, Präponderanz, präpotent, prävalieren u.a.(vgl. Lexikon) lokal: Präfix, Präliminarien, präskribieren, Präzision u.a. (vgl. Lexikon) Viele dieser (m)lat. Lehnwörter, die zwar einem regulären lat. WB-Muster, aber keinem der regulären dt. WB-Muster mit präzugeordnet werden können, sind bis heute in Gebrauch. Auch für den gebildeten Sprachteilhaber werden sie in Struktur und Bedeutung nicht immer analysierbar sein und können somit teilweise als demotiviert eingestuft werden. Alle diese auf lat. prae-Kombinationen zurückgehenden Lehnwörter können vermutlich nicht als direkte Vorbilder für die Entwicklung dt. WB- Muster mit dem Präfix präbetrachtet werden. Im Einzelfall können sie jedoch die Vertrautheit mit dem Signifikanten / prä/ und seinen semantischen Leistungen und damit indirekt seine Verwendung in der dt. Lehn- Wortbildung gefördert haben. In noch eingeschränkterem Maße gilt das wohl für die zum größeren Teil schon sehr früh, nämlich seit dem 14. Jh. aus dem Lat. übernommenen Lehnwörter mit dem Präfix prä-, die selbst in der Ursprungssprache keinem regulären WB-Muster zuzuordnen und somit demotiviert sind. Mehrere dieser vorwiegend bildungsspr., in geringem <?page no="172"?> 164 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Umfang auch ausgeprägt fachspr. Lehnwörter sind im Dt. durchgängig bis heute in Gebrauch (Präsens, Präsent, präsentieren, Präsenz, Prätendent, präzipitieren u.v.a., vgl. Lexikon). Besonders verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf die zahlreichen Lehnwörter, die auf lat. praedicare zurückgehen (Prädikabilie, Prädikament, Prädikat, Prädikation, vgl. Lexikon; vgl. in deren Umfeld auch die dem Kirchenlat. entlehnten ‘deutschen’ Wörter predigen, Prediger, Predigt). Hinzuweisen ist schließlich auf eine Gruppe zum Teil ebenfalls schon früh aus dem Lat. entlehnter Lexeme mit dem Präfix prä-, die zwar sowohl lat. wie dt. regulären strukturellen WB-Mustern zumindest nahestehen oder diesen mit Einschränkungen auch zugeordnet werden könnten, dies jedoch nur aufgrund einer allein dem sprachhistorisch kundigen Sprachteilhaber möglichen Analyse. Für diese vorrangig fach- und bildungsspr. „verdunkelten“ Lehnwörter kann gelten, daß sie die Vertrautheit mit dem Signifikanten / prä/ und seinen semantischen Leistungen und damit, wenn auch eher indirekt, seine Verwendung in der dt. Lehn-Wortbildung gefördert haben (Präambel, prägnant, Prämisse, präparieren, Prärogativ, präsumtiv, Präzedens, Präzeptor, Präzession, präzipieren). Ein größerer Teil all dieser (m)lat. Lehnwörter ist inzwischen meist seit dem früheren 20. Jh. weitgehend außer Gebrauch gekommen. Dazu zählen die im folgenden aufgeführten: Präbende F. (nach DFWB 1942 im 14. Jh. entlehnt) (< lat. praebenda ‘der einem von Staats wegen zukommende Unterhalt’, zu prae(hi)bere ‘hinhalten, darreichen’, vgl. Etym; vgl. frz. prebende 14. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prebend ca. 1400 in OED 1989) vor allem im kirchlichen Bereich: ‘Einkünfte, Pfründe, Leibrente, Lebensunterhalt’, mit Präbendist M. (1571 ROTH) ‘Bezieher/ Inhaber einer Präbende’; Präbendar/ ius M. (HEYSE FWB 1804) (< mlat. praebendarius, vgl. frz. prebendier 1468 in 1988 TRESOR 197UF. und engl, prebendar 1512 in OED 1989) ‘Bezieher/ Inhaber einer Präbende’; präbendieren V. trans. (1863 KALT- SCHMIDT) (< gleichbed. mlat. praebendare] vgl. engl, prebendate 1568 in OED 1989) ‘mit einer Präbende ausstatten, bepfründen’. Prädikant M. (1522 SB), bis ins 19. Jh., wohl unter dem Einfluß von frz. predicant, auch in der Schreibung Predicant (nach DFWB 1942 < frz. predicant 1523 in 1988 TRESOR 1971fL, zu lat. praedicans/ praedicare, vgl. Prädikabilie-, vgl. engl, predicant 1590 in OED 1989) fach-/ gemeinspr. ‘(evangelischer) Prediger/ Geistlicher; Hilfsprediger’. Prädikator M. (1561 MAALER) (< lat. praedicator, zu praedicare, vgl. Prädikabilie-, vgl. frz. predicateur 1239 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl. predicator 1483 in OED 1989) ‘Ausrufer, Lobredner, Prediger’, mit Prädikation F. (1741 ZEDLER) (< lat. praedicatio, zu praedicare-, vgl. frz. predication ca. 1130 in 1988 TRESOR 1971fF. und engl, predication 1300 <?page no="173"?> Das Präfix prä- 165 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Bekanntmachung, Ausrufung; Aussage; Verkündigung; Lobpreisung’. Prädilektion F. (1767 SB) (zu mlat. praediligere ‘vor anderem schätzen, vorziehen’, zurückgehend auf lat. diligere ‘lieben, schätzen’; vielleicht nach frz. Vorbild ins Dt. übernommen, vgl. frz. predilection 1461 in 1988 TRE- SOR 1971ff. und engl, predilection 1742 in OED 1989) bildungsspr. ‘Vorliebe; günstiges Vorurteil’. Präeminenz F. (1544 SB) (< lat. praeeminentia ‘Vortrefflichkeit, Vorzug’, zu praeeminere/ eminere ‘hervorragen/ -stehen’, vgl. Etym; vgl. frz. preeminence 1378 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preeminence 1427 in OED 1989) bildungsspr. ‘Vorrang’, mit präeminent Adj. (HEYSE FWB 1838) (zu lat. praeeminere-, vgl. frz. preeminent 15. Jh. in 1988 TRE- SOR 1971ff. und engl, preeminent 1432 in OED 1989) ‘vorzüglich, ausgezeichnet, herausragend’; präeminieren V.trans. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praeeminere) ‘hervorragen, sich auszeichnen’. prägravieren V.trans. (1710 SB) (< lat. praegravare, zu gravare ‘beschweren, belasten’; vgl. engl, pregravate 1652 in OED 1989) bildungsspr. ‘über(be)lasten’, bereits früher auch substantiviert nachgewiesen: Prägravierung F. (1689 SB), dazu gleichbed. Prägravation F. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praegravatio ‘Schwere’; vgl. engl, pregravation 1613 in OED 1989) ‘Überlastung’. präkavieren V.intrans. (1591 SB) (< lat. praecavere/ cavere) bildungsspr. ‘sich vorsehen, Vorbeugen’, mit Präkaution F. (1689 SB) (< lat. praecautio-, wohl in enger Anlehnung an frz. precaution 1580 in 1988 TRESOR 1971ff.; vgl. engl, precaution 1603 in OED 1989) ‘Vorsicht, Vorkehrung, Verhütung’. präkonisieren V.trans. (1704 HUEBNER), später auch präkonieren (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praeconari ‘rühmen, preisen’, zu lat. praeco, vgl. unten; vgl. frz. preconiser 1321 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preconize 1420 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘(öffentlich) ausrufen; rühmen’; vor allem kirchenspr. ‘zum Bischof vorschlagen/ ernennen’, auch substantiviert: Präkonisierung F. (HEYSE FWB 1870) ‘(übertriebene) Lobpreisung’; mit Präkonisation F. (1704 HUEBNER) (vgl. Etym; vgl. engl, preconization 1644 in OED 1989 und frz. preconisation 1680 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Lobpreisung, Erhebung’; kirchenspr. ‘Bischofsernennung durch den Papst’; Präko M. (OERTEL 1831) (< lat. praeco, synkopiert aus prae(di)co, zu praedicare, vgl. Prädikabilie) ‘Herold, Ausrufer, Verkündiger’; Präkonium N. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praeconium) ‘Lobrede, Bekanntmachung’. Bis auf den engeren kirchenspr. Gebrauch von präkonisieren/ Präkonisation sind die Kombinationen heute veraltet. präkox Adj. (OERTEL 1831) (< lat. praecox, zu praecoquere ‘vorher kochen; völlig reifen’; vgl. engl, precocious 1650 in OED 1989 und frz. precoce 1651 in 1988 TRESOR 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘frühreif, frühzeitig reif’, mit <?page no="174"?> 166 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Präkozität F. (1837 SB) (zu lat. praecox-, vgl. engl, precocity 1640 in OED 1989 und frz. precocite 1690 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Früh-/ Notreife’. präkurrieren V.intrans. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praecurrere, zu currere ‘laufen’; semantisch neben der rangmäßigen, hier deutlich auch die zeitliche/ räumliche Komponente vertreten) bildungsspr. ‘den Rang ablaufen, zuvorkommen, vorauslaufen’, mit Präkursor M. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praecursor; vgl. frz. precurseur 1415 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, precursor 1594 in OED 1989) ‘Vorläufer’, in jüngerer Zeit (1974 DTV MED) in der fachspr. Bed. (Medizin) ‘Vorstufe eines von einem Organismus gebildeten Stoffes’; präkursorisch Adj. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praecursorius; vgl. engl, precursory 1599 in OED 1989) ‘vorauseilend; einleitend’; Präkurs M./ Präkursion F. (HEYSE FWB 1870) (< lat. praecursio; vgl. engl, precurse 1602 in OED 1989) ‘Vorherlaufen; Rangablaufen’. präligieren V.trans. (PETRI 1879) (< lat. praeligare, zu ligare ‘(an)binden’) bildungsspr. ‘vorbinden, vorn anbinden’. präluzieren V.intrans. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praelucere) bildungsspr. ‘vorleuchten’, mit präluzid Adj. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praelucidus, zu praelucere ‘vorleuchten’/ / ucere ‘leuchten’) bildungsspr. ‘vorleuchtend, vorzüglich leuchtend, besonders hell’. Präpositus M. (1571 ROTH) (< lat. praepositus, Part.Perf. M. zu praeponere ‘(da)vorsetzen7ponere ‘setzen, stellen’; vgl. engl, prepositus 17. Jh. in OED 1989) bildungs-/ kirchenspr. ‘Vorgesetzter; Propst’, mit Präpositur F. (1831 OERTEL) (< lat. praepositura, zu praeponere) ‘Amt/ Würde eines Vorgesetzten, besonders eines Propstes; Propstei’; vgl. ebenfalls auf lat. praeponere zurückgehend, jedoch semantisch mit lokaler Akzentuierung -* Präposition, präponieren, präpositional. Prärogativ N. (1558 SB), auch Prärogative F. (< lat. praerogativus (eigentlich) ‘vor anderen/ zuerst um seine Meinung gefragt’, zu praerogare ‘zuerst vorschlagen’/ ro^are ‘fragen’; vgl. frz. prerogative 1234 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prerogative 1404 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vorrecht’, mit prärogieren V.trans. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praerogare ‘vorher fragen’) ‘im voraus begehren, als Vorrecht fordern’. präsagieren V.trans. (HEYSE FWB 1804) (< lat. praesagire, eigentlich ‘vorher wahrnehmen’; ‘Vorempfmdung haben’, zu sagire ‘wahrnehmen, spüren’; vgl. frz. presager 1536 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, presage 1562 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘vermuten, ahnen, wittern’, mit Präsagium N. (HEYSE FWB 1804) (< lat. praesagium, zu praesagire-, vgl. frz. presage 1390 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, presage 1390 in OED 1989) ‘Vorgefühl, Vermutung; Prognose’. Präsepe N. (1741 ZEDLER), daneben im 18./ 19. Jh. gebräuchlich in der lat. Form Praesepium (auch Präsepium) und in der italienischen Form Pre- <?page no="175"?> Das Präfix prä- 167 sepio-, häufig im PI. Präsepien (< lat. praesaepe(s)/ praesaepis/ praesaepium ‘Krippe, Stall’, zu saepes ‘Zaun, Gehege’ und saepire ‘um-/ verzäunen, einhegen’/ praeseptre ‘vorn verzäunen/ verschließen’; vgl. Etym) bildungsspr. ‘Weihnachtskrippe; bildliche Darstellung der Krippenszene in Bethlehem/ der Geburt Christi’; in jüngerer Zeit Praesepe F. (BROCKHAUS/ WAHRIG 1980) in der fachspr. Bed. (Astronomie) ‘Sternhaufen im Sternbild Krebs’. Prästanz F. (1789 SB) (< lat. praestantia ‘Vorzüglichkeit, Vortrefflichkeit’, zu praestare, vgl. prästieren) ‘Leistungsfähigkeit; Vorrang, Würde, Vorzüglichkeit’, mit prästant Adj. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praestans) ‘vorzüglich, vortrefflich’. prästieren V.trans. (1592 SB) (< lat. praestare, zu stare ‘stehen’/ praestare eigentlich ‘voranstehen, Vorzüge haben, sich auszeichnen’, vor allem in den Bed. ‘für eine Sache stehen, gewährleisten, sich verbürgen, haften’ sowie ‘leisten, gewähren, entrichten’) fach-/ bildungsspr. ‘abtragen, leisten, entrichten’, mit Prästation F. (1691 SB) (< lat. praestatio ‘Leistung, Gewährleistung’; vgl. frz. prestation 1270 in ROBERT 1985) ‘Pflichtleistung, Abgabe, Schuldabtragung’; Prästandum N. (1691 SB), bis ins spätere 19. Jh. häufig in der lat. Pluralform Prae-/ Prästanda) (zu lat. praestare, wohl neoklassische Bildung) ‘Abgabe, Gebühr, Pflichtleistung’; prästabel Adj. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praestabilis ‘vorzüglich, vortrefflich’; vgl. dem Lat. gleichbed. engl, prestable 1650 in OED 1989) ‘leistbar’; Prästator/ Prästitor (1863 KALTSCHMIDT) ‘Gewährleister; Geber’, prästierbar (1871 SANDERS FWB) ‘leistbar’. Prätext M. (1563 SB) (< lat. praetextum/ praetextus, hier auch in der Bed. ‘Schmuck, Zierde’, zu texere ‘weben’/ praetexere (eigentlich) ‘vorn anweben; voransetzen’, ‘zum Vorwand nehmen’; vgl. engl, pretext 1513 in OED 1989 und frz. pretexte 1530 in 1988 TRESOR 1971fL; nach DFWB 1942 im Dt. nach frz. Vorbild) bildungsspr. ‘Vorwand, Scheingrund’, mit prätextieren V.trans. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praetexere] vgl. frz. pretexter 1566 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, pretext 1606 in OED 1989) ‘vorgeben/ -schützen, zum Vorwand nehmen’. Prävarikator M. (1586 SB) (< frz. prevaricateur 13. Jh. in 1988 TRE- SOR 1971ff., < gleichbed. lat. praevaricator, zu lat. praevaricari; vgl. engl. prevaricator 1542 in OED 1989) bildungsspr. ‘Pflichtvergessener, Verräter, Treuloser’, mit Prävarikation F. (1797 SB) (< frz. prevarication 12. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff., < gleichbed. lat. praevaricatio, zu lat. praevaricari; vgl. engl, prevarication 1335 in OED 1989) ‘Pflichtverletzung, Treulosigkeit, Amtsuntreue, (Partei-)Verrat’; prävarikieren V.intrans. (HEYSE FWB 1804), auch prävaricieren/ prävarizieren (< frz. prevariquer 1432 in 1988 TRESOR 1971ff., zu lat. praevaricari ‘in die Quere gehen; den geraden Weg der Pflicht verlassen’/ uaricare ‘die Füße grätschen’, vgl. Hist III.4.2.1; vgl. <?page no="176"?> 168 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoengl. prevaricate 17. Jh. in OED 1989) ‘pflichtwidrig/ treulos handeln; Vertrauen mißbrauchen’. Präzentor M. (1598 SB) (< lat. praecentor, zu praecinere ‘vorsingen/ canere ‘singen’, vgl. Etym; vgl. engl, precentor 1613 in OED 1989) kirchenspr. ‘Vorsänger (in Kirchenchören)’, früher auch ‘Kantor, Gesangsmeister’, mit Präzentur F. (1871 SANDERS FWB) (neoklassische Bildung) ‘Amt/ Stelle eines Präzentors’. Präzeptor M. (1452 SB) (< lat. praeceptor, zu praecipere ‘(be)lehren, vorschreiben, befehlen’/ capere ‘erfassen, ergreifen, nehmen’; vgl. frz. precepteur Ende 14. Jh. in 1988 TRESOR 19711F. und engl, preceptor 1440 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Lehrer, Lehrmeister, Erzieher’, mit Präzept N. (1539 SB), häufig im PI. Präzepte(n), Prae-/ Präcepta, daneben durchgängig viele orthographische Varianten Prä-/ Praecept/ um (< lat. praeceptum, zu praecipere/ capere] vgl. frz. precepte 1119 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, precept 1382 in OED 1989) ‘Vorschrift, Befehl; Lehre’; präzeptorieren V.trans. (1672 SB) (neoklassische Bildung) ‘unterrichten’; (abwertend) ‘schulmeistern’; präzeptiv Adj. (1805 SB) (< lat. praeceptivus, zu praecipere/ capere-, vgl. engl, preceptive 1456 in OED 1989) ‘vorschreibend; belehrend; ermahnend’; präzeptorisch/ präzeptoral Adj. (1860 SB) (vgl. frz. preceptoral c&. 1690 in 1988 TRESOR 1971fF. und engl. preceptoral 1847 in OED 1989) ‘lehrmeisterlich’; Präzeptorat N. (1876 KEHREIN) (vgl. frz. preceptorat 17./ 18. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preceptorship 1802 in OED 1989) ‘Lehramt; Amtsstelle des Präzeptors’. Präzessor M. (HEYSE FWB 1870) (< lat. praecessor, vgl. engl, precessor 1457 in OED 1989) bildungsspr. ‘Vorgänger (im Amt)’; vgl. hierzu die anderen lat. Bezeichnungen für ‘Vorgänger (im Amt)’, die ebenfalls inzwischen alle veraltet ins Dt. übernommen worden waren: antecessor - Antezessor, decessor, praedecessor - Prädezessor, zu Präantezessor vgl. Hist 1B. präzipieren V.trans. (1731 SB) (< lat. praecipere, zu capere) fach-/ bildungsspr. ‘vorher bekommen; vorausnehmen; vorschreiben’, mit Präzipuum N. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praecipuum, zu praecipere/ capere) eigentlich ‘das (vor anderen) Vorausgenommene’; (z.B. bei Erbteilungen) ‘etwas, das jmd. vorweg bekommt/ nimmt; im voraus zu zahlender Betrag/ zu übergebender Teil’. Eher als strukturelle Kuriosität kann eine Gruppe von (nur relativ kurzfristig im 19. und frühen 20. Jh. im Dt. nachgewiesenen, inzwischen also veralteten) Lexemen gelten, die als Lehnwörter auf lat. praeposterus (eigentlich ‘das hinten Nachfolgende voran’) ‘verkehrt, unrecht (handelnd)’, zu posterus ‘hinten nachfolgend’, zurückgehen und in denen die antonymen Segmente / prä/ und / post/ miteinander kombiniert auftreten (vgl. <?page no="177"?> Das Präfix prä- 169 auch die strukturell reguläre Kombination präpostmodern und veraltetes Präantezessor, Hist IB). präpostere Adv. (OERTEL 1831) (< lat. praepostere, zu praeposterus ‘verkehrt’; vgl. engl, preposterous 1552 in OED 1989) bildungsspr. ‘verkehrt, in verkehrter Folge, hinterstzuvorderst’, mit präposterieren V.trans. (OER- TEL 1831) (< lat. praeposterare, zu praeposterus-, vgl. engl, preposterate 1566 in OED 1989) ‘verkehrt handeln; das Hinterste zuvorderst setzen, alles durcheinanderwerfen’; Präposterität F. (1866 MEYER 1861fF.) (< lat. praeposteritas, zu praeposterus-, vgl. engl, preposterness 1607 in OED 1989) ‘verkehrte Ordnung, Umkehrung’. <?page no="178"?> 170 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- II. 5 Lexikon Die orthographischen Varianten prae(-) und pre(-) werden in der alphabetischen Abfolge wie präbehandelt. Praeabdomen M. (1923) (zu Abdomen ‘Bauch/ Unterleib der Insekten’, < lat. abdomen ‘Unterleib’; vgl. engl, preabdomen o.J. in OED 1989 und frz. preabdomen 1972 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Biologie) ‘vorderer Abschnitt des Hinterleibs der Skorpione’ (2). 1983 BECHHOLD Praeabdomen, d. aus 7 Segmenten gebildete breite Teil d. Abdomens der Skorpioninen, im Gegensatz zu d. viel schmäleren schwanzartig anhängenden Postabdomen (BG). 1928 MEYER 1924ff. Präabdomen, der vordere Abschnitt des Hinterleibs der Skorpione (BG). Präadamit, mit präadamitisch, Präadamismus (lB) vgl. Hist Präadaption F. (1972) (zu Adaption ‘Anpassungsvermögen’, zurückgehend auf lat. adaptare ‘anpassen’; vgl. engl, preadaptation 1886 in OED 1989 und frz. preadaptation 1901 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) fachspr. ‘(Fähigkeit zur) Voranpassung an sich verändernde Umweltbedingungen’, mit präadaptieren V.intrans. (1986) (vgl. engl, preadapt 1849 in OED 1989 und frz. preadapter 1949 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘sich im vorhinein an etw. anpassen’ (lA). 1972 BROCKHAUS 1966JJ. Präadaptation, Biologie: Voranpassung an neue Lebensräume (BG). Zeit 4.4.1986 die natürliche Umwelt der Erde sei für das Auftreten von Leben hervorragend geeignet, für ein solches Phänomen „präadaptiert“ (CK). Präadoleszenz F. (1949) (zu Adoleszenz ‘Lebensabschnitt zwischen Pubertät und Erwachsenenalter; Jugendzeit’, < lat. adolescentia] vgl. engl. preadolescence 1930 in OED 1989 und frz. preadolescence 1975 in TRESOR 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘die der Adoleszenz unmittelbar vorangehende Phase’ (lB). 1949 Synopsis 287 Er hat festgestellt, daß in der Präadoleszenz die Fähigkeit zu häufigem Orgasmus gegenüber dem Erwachsenen erheblich gesteigert ist (SB). Prä-AIDSkultur F. (1990) (zu Aids, internationales Kurzwort für engl. aquired immune deficiency syndrome, Bezeichnung einer Immunschwächekrankheit) okkasionell/ bildungsspr., Bed. unsicher, wohl etwa ‘spezifische Kulturform vor der durch Aids geprägten Periode’ (lC). <?page no="179"?> Das Präfix prä- 171 1990 Forum 10, 39 Wie kann ein Kritiker über einen Autor werten, dessen Texte aus dem Schmerz über den Verlust der ganzen homosexuellen Prä-AIDSkultur entstanden sind (z). präaktivistisch Adj. (1950) (zu aktivistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den zielstrebig handelnden, aktiven Menschen/ das zielstrebige aktive Handeln’, zurückgehend auf lat. activus ‘tätig’, zu agere ‘handeln’) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Vorform/ Frühphase des aktivistischen Menschen/ Handelns; noch nicht aktivistisch’ (ib). Hitler 1950 Köpfe 186 Gide als präaktivistischer Typus (SB). praealpin Adj. (1904) (zu alpin, < lat. alpinus ‘zu den Alpen gehörig’; vgl. frz. prealpin 1893 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Geologie, Geographie) ‘zum Voralpengebiet gehörig; voralpin’ (2). 190f Kgr. Württemberg I 29 alpine und praealpine Mattenpflanzen (SB). präalveolar Adj. (1971) (zu alveolar/ Alveolar ‘mit der Zunge an den Alveolen gebildet/ er Laut’, zu Alveole ‘Höhlung im Kiefer, unmittelbar hinter den oberen Schneidezähnen’, < lat. alveolus ‘Mulde, Wanne’) fachspr. (Phonetik) ‘an den vorderen Alveolen gebildeter Zahnlaut)’ (2). 1971 MEYER 1971ff. alveolar, an den Alveolen artikuliert, bei genauerer Angabe präalveolar (am vorderen Teil) und postalveolar (am hinteren Teil der Alveolen) (bg). Präambel F. (15. Jh.) (< mlat. praeambulum eigentlich ‘das Vorangehende; Einleitung’, zu lat. praeambulare ‘vorangehen’/ am6u/ are ‘gehen, wandeln’, mit semantisch sowohl temporal als auch lokal interpretierbarem prä-; wohl in enger Anlehnung an frz. preambule 1314 in 1988 TRE- SOR 1971ff., vgl. dazu die im 15./ 16. Jh. zunächst übliche Schreibung preambel] vgl. engl, preamble 1386 in OED 1989) bildungsspr. heute vorwiegend ‘(feierliche) Einleitung/ Vorrede eines Gesetzes, Vertrages, einer Urkunde o.ä.’; früher und auch heute noch gelegentlich allgemein für ‘Vorrede, Einleitung, (musikal.) Vorspiel’, vereinzelt auch abwertend im Sinne von ‘(Vor-)Geschwafel/ Gerede/ Geschwätz’, mit präambulieren V.intrans. (HEYSE FWB 1804) (< lat. praeambulare ‘vorangehen’; vgl. engl, preambulate 1608 in OED 1989) ‘einleiten, eine Vorrede machen’; auch abwertend ‘Umschweife machen, vorher unnötig schwafeln/ schwätzen’, veraltet (irreg). 15. Jh. I 1881 Alemannia 222 des ersten macht der harpfer oder spilmann ein preambel oder vorlauf (SB). Scheidt 1551 Grobianus 6 in disem Grobianischen büchlin, darin der unzüchtigen, unflätigen sitten kaum das hundertist theil, sonder nur ein außzug, anfang, und preambel der grobem laster, so zu erzelen unhöflich und unadelich gesetzt sind, wol angelegt und eingebracht (SB). <?page no="180"?> 172 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Wallhausen 1616 Kriegsmanual: G/ ossar Preambl Ein Vorrede (SB). Hulsius 1617 Schiffart 71 praeambeln, langwierige und langweilige Einleitungsworte zu einer schwierigen Sache (SB). Burckhardt 1876 Br. an Peen 91 Dinge, welche in die ganze Existenz hineinreichen und daher das notwendige, wenn auch traurige Präambel jeder weiteren Reflexion bilden ( SB )- Valentin 1930 Tokkata 10 Eine Praeambel auf der Orgel ist eine Praecantio, die man vorher spielt (SB). Münchn. N. N. 10.5.1941 Der Friedensvertrag enthält zwölf Artikel und eine Präambel (SB). Süddeutsche Zig. 6.6.1952 Es ist eine altbekannte Sache, daß die wichtigsten Punkte in Verfassungstexten zumeist nicht in funkelnden Präambeln behandelt werden (SB). FAZ 20.1.1966 Wenn es auch in der Präambel zu diesem Zeitplan heißt, daß die Klärung gewisser Fragen durch einen solchen Zeitplan erleichtert werden soll (CK). Zeit 17.5.1985 der Streit um die Präambel des deutsch-tschechoslowakischen Vertrages (CK). Frankf. Rundschau 15.5.1990 Neu aufgenommen wurde auf Verlangen der Ost-SPD in die Präambel auch eine Würdigung dieser Tatsache (CK). präambivalent Adj. (1983) (zu amfowa/ enf‘doppelwertig/ -deutig’, zurückgehend auf lat. amho ‘beide’ und valere ‘wert sein’) okkasionell/ bildungsspr. ‘noch nicht ambivalent, urambivalent, bezogen auf/ charakteristisch für eine Frühphase des Ambivalenten’ (iB). Sloterdijk 1983 Kritik 559 Präambivalente Denkformen schlagen durch alles oder nichts, dufte oder Scheiße, gut oder böse, Bombe oder Zucker (z). Praeanalpore F. (1923) (zu Analpore ‘Schweißdrüsenöffnung am After’, zurückgehend auf lat. anus ‘After’ und griech. <pöros> ‘Durchgang’; vgl. entsprechend das engl. Adj. preanal ‘vor dem After gelegen’ 1890 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘vor dem After gelegene Poren’ (2). 1923 BECHHOLD Praeanalporen = Afterporen (BG). präanarchisch Adj. (1993) (zu anarchisch ‘gesetzlos, ohne Staatsgewalt’/ Anarchie ‘gesetzloser, politisch wirrer und insgesamt chaotischer Zustand’, zurückgehend auf griech. <anarchia>) okkasionell/ bildungsspr. ‘der Anarchie vorangehend’ (lB). Spiegel 19.4-1993, 9 Der Artikel trifft eines der zentralen Probleme der Menschheit: Verdummung durch Wissen, informelle Überflutung und hilfloses Ausgesetztsein in einer postindustriellen und vielleicht präanarchischen Zeit (CK). präanimistisch Adj. (1910) (zu animistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Animismus’/ Animismus ‘Glaube an die Beseeltheit der Natur, an die Existenz von Geistern’, zurückgehend auf lat. animus ‘Geist’; vgl. engl, pre-animistic 1900 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Vorstufe des Animismus’; mit Präanimismus M. (1913) (vgl. engl, pre-animism 1918 in OED 1989) ‘Vorform/ Vorstufe <?page no="181"?> Das Präfix prä- 173 des Animismus’; Präanimist M. (1914) ‘Vertreter/ Anhänger des Präanimismus’ (ib). 1910 Archiv Medizin 3, 1 OS die präanimistische Epoche der Urmedizin (SB). Freud 1922 Totem 122 das präanimistische Stadium des Animismus (SB). Cassirer 1925 Philos. II 99 die präanimistische Richtung des mythischen Denkens (SB). 1913 Imago 2, 15 Es ist wenig mehr aus der Erfahrung über den Präanimismus zu sagen, da man noch kein Volk angetroffen hat, welches der Geistervorstellungen entbehrte (SB). Beth 1914 Religion 219 Frazers Meinung hat der „Präanimismus“ in seinem ersten Stadium getreulich sekundiert (SB). 1925 NdZfVk 6 Gewisse Anschauungen vom Wesen des Todes, die man unter dem Namen Präanimismus zusammenfaßt, kehren bei allen Völkern wieder (SB). Wähler 1931 Weisse Frau 45 Diese unseelische Vorstellung im Totenglauben, diese Vorstellung von der Einheit des lebendigen Körpers vor und nach dem Tode, ist von Naumann als Präanimismus bezeichnet worden (SB). Beth 1914 Religion 9 Wiewohl sich Hubert und Mauß ausdrücklich als „Präanimisten“ einführen, bleiben sie doch bei diesem Schlüsse der animistischen These stehen (SB). Präantezessor (iB) vgl. Hist präapokalyptisch Adj. (1987) (zu apokalyptisch ‘die Apokalypse, das Weitende betreffend’/ ApoA: a/ j/ pse ‘Enthüllung, Offenbarung; (Schrift über das) Weitende’, < griech. <apokdlypsis>) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die der Apokalypse vorangehende Phase’ (IB). Zeit 3.4-1987 Die Generation der Kindeskinder wird mit dem zur Vorgeschichte abgesunkenen präapokalyptischen Heute allein noch im Sprachgestus des Fluchens und Verfluchens kommunizieren können (CK). Präapprehension (lA) vgl. Hist Präarthrose F. (1975) (zu Arthrose ‘degenerative Gelenkerkrankung’, zurückgehend auf griech. <drthron> ‘Gelenk’) fachspr. (Medizin) ‘Vorstufe der Arthrose’ (iß). 1975 MEYER DDR 1972ff. Präarthrose: Formveränderung und bzw. oder Funktionsstörung, die an einem Gelenk zum Mißverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit führt (Z). Präastronautik F. (1986) (zu Asfrtmauh'k‘(Wissenschaft von der) Raumfahrt’, zurückgehend auf griech. <dstron> ‘Gestirn’ und <nautes> ‘Seefahrer’) fachspr. ‘Wissenschaftszweig, der sich mit Theorien einer vorgeschichtlichen Landung Außerirdischer auf der Erde befaßt’ (iB). Dopatka 1986 (Buchtitel) Lexikon der Präastronautik (GfdS). <?page no="182"?> 174 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoebd. (Einbandtext) Präastronautik ist der Sammelbegriff der Forschung für die Theorien einer in der Vergangenheit liegenden Landung von Außerirdischen auf dem Planeten Erde (GfdS). präautomatisch Adj. (1942) (zu automatisch ‘selbsttätig, zwangsläufig’, zurückgehend auf griech. <automatos> ‘aus eigener Bewegung handelnd, freiwillig’) fachspr. (Medizin) ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Phase vor der einsetzenden Automatik der Tätigkeit der Herzkammern’ (lB). PSCHYREMBEL 1942 präautomatische Pause (BG). präbasisch Adj. (1990) (zu basisch ‘die Basis betreffend’/ Basis ‘Grundlage, Ausgangspunkt’; (Linguistik) ‘Grundwort’, zurückgehend auf griech. <bdsis> ‘Schritt, Sockel, Fundament’) fachspr. (Linguistik) ‘vor der Basis (befindlich); die Stelle vor der Basis betreffend’ (2). 1990 Wörterbücher II 1225 Kombineme, die immer positionsgebunden hinsichtlich der Basis eines Lexems (und zwar prä- oder postbasisch) auftreten (z). Prä-Beatles-Zeit F. (1985) (zu Beatles, Künstlername, engl. Pop-Gruppe) okkasionell/ bildungsspr. ‘Periode vor den Beatles’ (lC). DUDEN BED 1985 Zeitabschnitt, der dem im Basiswort Genannten vorausgeht: Prä- Beatles-Zeit (bg). Präbende, mit Präbendist, Präbendar/ ius, präbendieren vgl. Irreg Präbiologie F. (1977) (zu Biologie ‘Wissenschaft von den Gesetzmäßigkeiten und Erscheinungsformen des Lebens’, zurückgehend auf griech. <bios> ‘Leben’ und <lögos> ‘Wort, Rede’; vgl. engl, prebiology 1963 in OED 1989 und das entsprechende frz. Adj. prebiologique 1976 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. ‘Wissenschaftszweig der Biologie, der die Entstehung/ Urformen des Lebens erforscht’ (lB). 1977 MEYER 1971ff. Präbiologie: die Entstehung des Lebens erforschender Zweig der Biologie (BG). Präboheme F. (1973) (zu Boheme ‘Künstlerwelt/ -milieu des ungebundenen Lebens’, < frz. boheme, zurückgehend auf mlat. bohemus ‘Böhme, Zigeuner’) okkasionell/ bildungsspr. ‘Vorform/ Vorstufe der Boheme’ (lB). Schwendter 1973 Subkultur 135 Progressive Subkulturen: [...] 6. Boheme: a) Präboheme: Zigeuner, Vaganten, Vagabunden (z). praeboreal Adj. (1935) (zu 6oreal‘dem Boreal zugehörig/ entstammend’/ Boreal(zeit) ‘Wärmeperiode nach der Eiszeit’, zurückgehend auf Boreas ‘Nordwind’, < lat. boreas ; vgl. engl, preboreal 1924 in OED 1989 und frz. preboreal in 1988 TRESOR 197HF.) fachspr. (Geologie) ‘bezogen <?page no="183"?> Das Präfix prä- 175 auf/ charakteristisch für das Präboreal, diesem zugehörig/ entstammend’, mit Präboreal N. (1972) (zu Boreal(zeit), vgl. oben) ‘die dem Boreal vorangehende Periode’ (lB). 1935 Petermanns MM. 81, 202 die praeboreale Birken-Kiefern-Phase (SB). 19T2 BROCKHAUS 1966ff. Präboreal: Wärmeperiode in der Nacheiszeit (bg). Präbrachiatorenhypothese F. (1977) (zu Brac/ iiator‘affenartiger Fortbewegungstyp mit spezifischer Nutzung der vorderen Extremitäten’, zurückgehend auf lat. bracchium ‘(Unter-)Arm’) fachspr. (Anthropol.) ‘Hypothese von der Abstammung des Menschen von einem vor den Brachiatoren liegenden menschlichen Vorfahren’ (lC). 1977 MEYER 1971ff. Präbrachiatorenhypothese, stammesgeschichtliche Hypothese in bezug auf den Zeitpunkt der Trennung bzw. Auseinanderentwicklung eines Pongiden- und eines Hominidenzweigs aus dem gemeinsamen Stammbaum (BG). präbyzantinisch Adj. (1967) (zu byzantinisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für (das Reich, die Kultur/ Kunst von) Byzanz, diesen zugehörig’, zurückgehend auf den Stadtnamen Byzanz (gxiech.. <Byzdntion>) als parspro-toto-Bezeichnung für das mittelalterliche Ostreich) fach-/ bildungsspr. ‘vor-/ urbyzantinisch’ (lB). 1967 | Rosengren 1977 Frequenz 2, 61,8 präbyzantinisch (z). präcellular/ praecellar Adj. (1903/ 1913) (zu zellular ‘aus Zellen bestehend/ zusammengesetzt’/ zfe/ Ze in der Bed. ‘kleinste lebende Einheit in einem pflanzlichen/ tierischen Lebewesen’, zurückgehend auf lat. cellula ‘kleine Zelle'/ cellularis ‘zellenförmig’, zu cella ‘Kammer, Zelle’; vgl. engl. precellular 1946 in OED 1989 und frz. precellulaire 1955 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Biologie) ‘vor der Zellenentstehung; vorzellular; noch nicht zellular’ (lB). Benedikt 1903 Biomechan. Denken 14 dass in der Schöpfungsgeschichte der Lebenswelt solche präcellulare Lebensstoffflocken erscheinen (SB). Haeckel 1913 LW 221 praecellare Organismen (SB). Prä-Computer-Zeit F. (1993) okkasionell/ bildungsspr. ‘die Zeit vor der Erfindung/ dem allseitigen Einsatz des Computers’ (lC). Spiegel 8.3.1993, 239 Der berühmte deutsche Mathematiker Hermann Weyl hat, bezogen allerdings auf die Geometrie der Prä-Computer-Zeit, einmal bekannt ... (CK). Prädamnation, mit prädamnieren (lA) vgl. Hist <?page no="184"?> 176 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Prädeismus M. (1975) (zu Deismus ‘religionsphilosophische Anschauung der Aufklärung, die zwar Gott als Weltschöpfer gelten läßt, den Glauben an sein weiteres Einwirken auf das Weltgeschehen aber ablehnt; Vernunftreligion’, zurückgehend auf lat. deus ‘Gott’) fach-/ bildungsspr. ‘Vorform/ -stufe des Deismus’, auch: vgl. Beleg, mit prädeistisch Adj. (1990) ‘noch nicht auf den Glauben an (ein) göttliche(s) Wesen bezogen’ (1B). 1975 MEYER DDR 1972ff. Prädeismus: Lehre von einer religionsgeschichtlichen Entwicklung, die vor der Entstehung von Göttern liegt’ (BG). DUDEN FWB 1990 prädeistisch: noch nicht auf göttliche Wesen bezogen (BG). Prädeliberation, mit prädelibierieren (lA) vgl. Hist prädemokratisch Adj. (1967) (zu demokratisch ‘den Grundsätzen der Demokratie / Demokratie ‘spezifische (Staats-)Form der Volksherrschaft’, zurückgehend auf griech. <demos> ‘Volk’ und <kratein> ‘herrschen’) okkasionell/ bildungsspr. ‘vor-/ früh-/ urdemokratisch’ (lB). Bad. Ztg. 26.10.1967 Persien ist heute ein Land auf dem Weg vom feudalistischen Herrschaftssystem der „tausend Familien“ zu einem prädemokratischen Stadium (SB). prädestinieren V.trans. (1521) (< lat. praedestinare; vgl. frz. predestiner Ende 12. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, predestinate 1450 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘vorherbestimmen’; häufig in der theologischen Fachsprache (bereits mlat. und kirchenlat.) ‘(den Menschen und sein Schicksal) durch den Willen Gottes im voraus bestimmen’; die Partizipialform prädestiniert seit dem späten 18. Jh. auch gemeinspr. ‘besonders gut geeignet/ veranlagt für etw.’, mit Prädestination F. (1521) (< lat. praedestinatio] vgl. frz. predestination ca. 1200 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, predestination 1340 in OED 1989) ‘Vorherbestimmung’, vor allem in der theologischen Fachsprache ‘Vorbestimmung (des Menschen zur ewigen Seligkeit oder Verdammung durch den Willen Gottes); Auserwählung, Gnadenwahl’; Prädestinianer M. (1755), auch Prädestinatianer M. (1816) (vgl. engl, predestinationist 1630 in OED 1989) ‘Anhänger der Prädestinationslehre, Gnadenwahlgläubiger’, beide Personenbezeichnungen nur vereinzelt belegt, heute weitgehend veraltet; Prädestinatianismus M. (1871) (vgl. frz. predestinatianisme 1752 in ROBERT 1985) ‘Prädestinationsglaube/ -lehre’ (lA). Luther-Emser 1521 Sir. II 170 Predestinirt (SB). Paracelsus 1536 Wunderartzney II Xlllb das wir die artzney pflantzen dahin bringen, bis sy [die Arzneikuns{\'. das ist, dahin vund sy Gott predestiniert hat (SB). Grassaeus 1618 Kl. Bauer 4 Du solt wissen, dass keiner zur erkantnuss dieser beyden Blumen komme, er sey dann dazu prädestiniert (SB). <?page no="185"?> Das Präfix prä- 177 Grimmelshausen 1672 Vogelnest III 398, 22 nicht zum Mönchen prädestinirt (SB). Glauber 1655 Op. Min. II 36 Und wann durch die praedestinirte Zeit die vegetabilien, animalien und mineralien wieder vergehen (SB). Goethe 1795/ 6 Lehrjahre (23) 15 Sie sind, wie es scheint, prädestiniert, überall Schauspieler und Theater zu finden (SB). Baumer 18/ 2 England III 522 für das Zuchthaus oder das Hochgericht prädestinirte Gestalten (SB). Fontane 1898 Zwanzig 31/ wie zum Dilettantismus prädestiniert (SB). Ziegler 1903 Kultur / 6 den geradezu praedestinierten Erbfeind aller rein menschlichen Entfaltung (SB). Berolzheimer 191/ Moral / 02 Der Bildungshunger der Masse prädestiniert sie zum Kulturecho, zum Resonanzboden für den Schaffenden (SB). Ehrler 1928 Gesetz 137 [Die Psychoanalyse] stellt das Menschenwesen als prädestiniert dem Geschlechtstrieb versklavt dar (SB). DAZ / .1.1935 Die Hemmungslosigkeit seiner Trauer- und Freudenausbrüche prädestinieren ihn zum Volkssänger (SB). B. N. 17./ 18./ .19/ 3 Schon durch seine geographische Lage ist der Balkan prädestiniert, als Verteidiger Europas zu gelten (SB). Kolb 1960 Memento 29 Salzburg ist eine prädestinierte Stätte für Frohsinn und Lebensgenuß (SB). FAZ 16.3.1971 Denn Vogel scheint prädestiniert, für die SPD auf Landesebene Wahl- Fortschritte zu ermöglichen (SB). Mannh. Morgen 5.7.1987 Für das Amt des Generalinspekteurs wäre er ohne Zweifel prädestiniert gewesen (CK). Wochenpost 3.8.1990 Daß sie noch in der DDR geboren wurde, prädestiniert sie für spätere Befragungen (CK). Luther-Emser 1521 Sir. II 170 predestination (SB). Eberlin 1523 Bericht II 183 Von der götlichen predestinacion (SB). Emser 1525 Annotat T/ b Item von seiner beruffung predestination oder versehenhyt und andern tieffen und unerforschlichen stücken (SB). Paracelsus 1536 Wundarztney II, XXVIIa durch götlich fürsehung und predestination (SB). Fischart 1582 P. (18/ 7: 20) die 1er der praedestination oder fürsehung gottes (SB). Ritter 1723 Fl. Illyricus 1/ er hatte schwere Gedancken von der Praedestination und ewigem Rathschluss (SB). Omer Effendi 1789 Kriege in Bosnien / dass die Türken an die Vorherbestimmung oder Prädestination glauben (SB). Becker 1803 Dichtkunst 165 an eine Prädestination zu glauben (SB). 1858 Kunst und Handwerk I / II Lehre von der Prädestination (SB). 1908 Zukunft 380 Die Prädestination des Kaisers ist noch nicht in allen Theilen erfüllt (SB). Wust 1936 Ungewissheit IV 25/ Das tiefe Dunkel des Mysteriums der Prädestination (SB). Ehrler 19/ 6 Charlotte 30 Alle erschauerten unter diesem Schauerwort Prädestination (SB). Stickelberger 1951 Calvin X 28 Calvins Lehre von der Prädestination (SB). Zeit 6.9.1985 Befragt nach dem mir am bedeutendsten erscheinenden unter den noch lebenden Romanciers, würde ich ohne Zögern Julien Green nennen, diesen zweimal zum Katholizismus konvertierten Protestanten, der doch nie vom Glauben an die Prädestination loskam (CK). <?page no="186"?> 178 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Zeit 22.8.1986 Die Naivität der älteren Geschichtsschreibung, eine deutsche „Kulturnation“ keimhaft schon in den früheren Jahrhunderten vorauszusetzen und den Weg zur „Staatsnation“ nach 1871 als Erfüllung historischer Prädestination zu begrüßen, ist uns abhanden gekommen (CK). Zeit 10.4-1987 Eines Tages verweigert sich die Tochter den Prädestinations- Ansprüchen der Mutter (CK). Spiegel 4-10.1993, 249 Wer an Wunder, Astrologie, Handlesen, Geister, Telepathie, Ufos, Prädestination, Reinkarnation oder überlegene Rassen und Nationen glaubt, der wird in der Wirklichkeit Beweise dafür finden (CK). Meier 1755-1759 Metaphysik §1071 Praedestinianer (SB). OERTEL IS/ ff Prädestinazianer, Vorherbestimmungsgläubiger, Gnadenwahlgläubiger ( BG )- GENIUS 1933 Prädestinatianer, Anhänger des Prädestinatianismus (BG). 1871 SANDERS FWB Prädestinatianismus: der Prädestinationsglaube (BG). 1947 Strömungen 35 Die unmittelbare irrationalistische Reaktion gegen den Pelagianismus, der Prädestinatianismus, erlangte zunächst keine große Bedeutung (SB). Prädeterminismus M. (1793) (zu Determinismus ‘philosophische Lehre, daß der menschliche Wille von äußeren Ursachen bestimmt und deshalb nicht frei sei’, zurückgehend auf lat. determinare ‘bestimmen’; vgl. engl. predeterminism 1833 in OED 1989 und frz. predeterminisme 1881 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. ‘philosoph. Lehre von der göttlichen Vorherbestimmtheit menschlichen Handelns/ zur Begründung der Prädestination’, mit prädeterminieren V.trans. (1795) (vgl. frz. predeterminer 1530 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, predetermine 1625 in OED 1989) ‘vorherbestimmen, vorher festlegen’; Prädetermination F. (1804) (vgl. frz. predetermination 1636 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, predetermination 1646 in OED 1989) ‘das Vorherbestimmtsein/ -festgelegtsein’; Prädeterminist M. (1870) ‘Anhänger der Vorherbestimmungslehre’; prädeterministisch Adj. (1870) ‘der Vorbestimmungslehre entsprechend’ (lA). Kant 1793 Religion IV 49 der Praedeterminism, nach welchem willkürliche Handlungen als Begebenheiten ihre bestimmende Gründe in der vorhergehenden Zeit haben (SB). 1813 CAMPE FWB Praedeterminismus, die Vorbestimmungslehre, d.i. die Behauptung, daß unser Wille durch Bestimmungsgründe gelenkt werde, welche von der vergangenen Zeit, die nicht mehr in unserer Gewalt ist, herbeigeführt wurden (BG). 1977 FWB LEIPZIG Prädeterminismus: thomist. Begründung der Prädestination (z). Kant 1795 Zum ew. Frieden VIII 361 prädeterminirend (SB). OERTEL 1831 Prädeterminirt: vorherbestimmt (BG). 1977 FWB LEIPZIG prädeterminieren: vorherbestimmen (z). Zeit 12.4-1985 Nicht nur sieht Panofsky das Geschehen von Folgerichtigkeit geprägt, auch seine Rollenträger sind weitgehend prädeterminiert (CK). HEYSE FWB 1804 Prädetermination, die Vorherbestimmung, der Vorbeschluß (BG). Woltmann 1903 Anthropol. 58 Die Prädeterminationslehre schließt durchaus nicht den umbildenden Einfluß der Außenwelt und der Existenzweise auf die organischen Formen aus (SB). <?page no="187"?> Das Präfix prä- 179 1980 DUDEN GWB 1976ff. Prädetermination: 1. das Vorherbestimmtsein. 2. (Biol.) das Festgelegtsein bestimmter Entwicklungsvorgänge im Keim bzw. der Eizelle (BG). HEYSE FWB 1870 Prädeterminist, ein Anhänger der Vorherbestimmungslehre (BG). HEYSE FWB 1870 prädeterministisch, der Vorherbestimmungslehre gemäß od. darin gegründet (BG). Prädikabile N. (1524), meist PL -lien (zunächst in der lat. Form Pr{a)edicabilia\ neoklassische Bildung in Anlehnung an lat. praedicabilis ‘rühmenswert, preiswürdig’, zu praedicare ‘öffentlich bekanntmachen, aussagen, rühmen, (rühmend) verkündigen’/ dicare ‘laut verkündigen, zusprechen, weihen’) fach-/ bildungsspr., eigentlich ‘Eigenschaften, die von einem Gegenstand ausgesagt werden können’; (Philosophie/ Scholastik) ‘logischer Allgemeinbegriff’; (Kant) ‘(aus den Kategorien abgeleiteter) reiner Verstandesbegriff’, mit Prädikabilität F. (1822 SB) (vgl. engl, predicability 1785 in OED 1989) ‘Fähigkeit, eine Eigenschaft zu bezeichnen/ als Eigenschaft beigelegt zu werden’, veraltet; prädikabel Adj. (OERTEL 1831) (< lat. praedicabilis-, vgl. frz. predicable 1534 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, predicable 1598 in OED 1989) ‘rühmlich, löblich; aussagbar’, veraltet (Irreg). Günzburg 1524 Schriften III 59 Ir sollen predigen von tugendt und lästern, von hell und hymel, das seind die vier predicabilia meiner regel, daruon meine junger sondere büchlin von geschriben haben (SB). HEYSE FWB 1838 Prädicabile, die Eigenschaft eines Gegenstandes, ein allgemeiner Begriff oder Behauptungsbegriff, abgeleiteter reiner Verstandesbegriff, pl. Prädicabilien (BG). 1977 FWB LEIPZIG Prädikabilien 1. die fünf Kategorien der Logik (bei Aristoteles) - 2. die aus den Kategorien abgeleiteten Verstandesbegriffe (bei Kant) (z). Prädikament N. (1534), bis ins 18. Jh. noch häufig in der lat. Form praedicamentum/ -ta, die dt. Form seit dem 16. Jh. vereinzelt, seit dem 17. Jh. reich belegt (< lat. praedicamentum ‘die im voraus erfolgende Hinweisung’, zu praedicare, vgl. Prädikabilie] vgl. frz. predicament 1245 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, predicament 1380 in OED 1989) zunächst bildungs- und fachspr., heute nur noch streng fachspr., vor allem im Zusammenhang mit der scholastischen Philosophie: ‘(Grund-)Kategorie, Begriffsklasse; Prädikat, Eigenschaft’ (irreg). Fuchsberger 1534 Dialektik 10a predikament (SB). Sandrub 1618 Delitiae 51 Dass ich nicht einer jeden Historien eine sonderbare Erinnerung beygefügt: ist mit fleiss und sonderm bedacht geschehen, denn mit deren etlichen es also beschaffen, dass sie, also zu reden, unter ein Praedicament gehören (SB). Leibniz 1696 Unvorgreifl. Gedanken 331 gewisse Haupt-Stücke, so man Prädicamenten nennet (SB). Kindleben 1779 Schluterius 82 für seinen Klienten, den er nach allen Prädikamenten herausstrich (SB). Götter 1802 Nachlass 412 von seinem General, der ihn durch alle Prädicamente lobt (SB). <?page no="188"?> 180 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1980 DUDEN GBW 1976jJ. Prädikament, eine der sechs nach Platon u. Aristoteles in der Scholastik weitergelehrten Kategorien (bg). Prädikant vgl. Irreg Prädikat N. (1511) (< lat. praedicatum Part.Perf. N. zu praedicare, vgl. Prädikabilie; vgl. frz. predicat 1370 in 1988 TRESOR 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘Rang, Titel, Ehrenbenennung; Aussage, Eigenschaft; Bewertung, Note’; (Grammatik) ‘Satzaussage’, mit prädikativ Adj./ Attr. (1863) (< lat. praedicativus ‘behauptend, bejahend’, zu praedicare, vgl. Prädikabilie; vgl. frz. predicatif 184: 2 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, predicative 1846 in OED 1989) ‘aussagend’; (Grammatik) ‘als Prädikat stehend, in der Art des Prädikats, bezogen auf das das Prädikat’; prädikatisieren V.trans. (1959) ‘mit einem Prädikat versehen’, auch substantiviert: Prädikatisierung F. (1950) (Irreg). 1511 | Liliencron, Volkslied III 58, 136 herzog Ulrich das edel blut/ dem ich auch hie in disser tat/ ain clain verkünd sein predicat (SB). 1521 Wolkan, Böhmen II 56 der wol geborn herr StefTan/ schlick und graff von Passan/ Wie er dann sein predicat sol han (SB). Abraham 1689 Judas 2, 3 auch bereits die allerschlimmeste Leuth mit dem Juden- Praedicat als mit einem sondern Schandfleck zu zaichnen pflegen (SB). 1741 ZEDLER Das Prädikat ist dasjenige Wort des Urtheils, welches andeutet, was dem Dinge zukommt [...] Z.E. Gott ist gerecht, in welchem Satz Gott das Subjectum, gerecht aber das Prädikatum (BG). 1765 Allg. dtsch. Bibliothek I 1, 87 Aus diesen Prädikaten muß der Ausdruck des Subjekts richtig bestimmt werden (SB). Nicolai 1783 Reise I 158 Er hat auch das Prädikat als Hofmaler (SB). 1804 I 1813 CAMPE FWB In dem Versuche einer genauem Bestimmung und Verdeutschung der sprachlehrigen Kunstwörter glaube ich erwiesen zu haben: 1. daß zu jedem Satze weiter nichts als ein Subject und ein Praedicat gehöre, und 2. daß Subject sich am besten durch Grundwesen oder Grundbegriff, Praedicat hingegen durch Aussage übersetzen lasse (BG). Herbart ISfl Vorles. 78 Durchs Aufsuchen der Merkmale müssen die Prädikate erst von den Gegenständen hergenommen, alsdann rückwärts die Prädikate aufgestellt werden (SB). Raabe 1864 Hungerpastor 221 Er entließ ihn für diesmal mit dem Prädikate „dienstfähig“ (SB). Ziegler 1905 Rationalismus 36 zum Begriff des grammatischen Prädikates (SB). Staiger 1966 Grundbegriffe 205 Die Funktionalität der Teile ist ausgeprägt im Ganzen des Satzes, wo das Subjekt in einem Bezug zum Prädikat, der Nebensatz in einem Bezug zum Hauptsatz steht (CK). 1977 FWB LEIPZIG Prädikat 1. Note, Zensur, Bewertung, Beurteilungsergebnis - 2. Titel, Ehrentitel, Rangbezeichnung - 3. (Sprachw.) Satzaussage (z). Zeit 20.9.1985 Der promovierte „68er“ hatte ein Prädikatsexamen gemacht (CK). Stern 13.8.1987 Neuwagen, die ohne jedes Umwelt-Prädikat fahren (CK). Frankf. Rundschau 27.9.1990 Der wirtschaftlichen Lage des bundesdeutschen Buchmarktes verleiht die Organisation das Prädikat „verhalten positiv“ (CK). 1863 KALTSCHMIDT prädicativ, behauptend, bejahend (BG). <?page no="189"?> Das Präfix prä- 181 SANDERS FWB 1871 prädikativ, ein Prädikat darstellend, in der Weise eines solchen (BG). Stützet 1970 Grundlagen 165ff. Das Adjektiv oder das Substantiv wird prädikativ oder als Prädikatsnomen gebraucht (CK). 1977 FWB LEIPZIG prädikativ: (Sprachw.) aussagend; im od. als Prädikat stehend (z). Süddeutsche Ztg. 13.7.1950 die Prädikatisierung des Films (SB). Offenburger Tagebl. 1.10.1959 Kurorte werden prädikatisiert; die Prädikatisierung von Bädern und Kurorten (SB). ebd. 26.3.1967 Die Mindestvoraussetzungen für diese Prädikatisierung sind erfüllt (SB). ebd. 28.1.1970 ein prädikatisierter Luftkurort (SB). Prädikator, mit Prädikation vgl. Irreg Prädiktion F. (1581) ( < lat. praedictio, zu praedicere ‘vorher-, Voraussagen, prophezeien’; vgl. frz. prediction 1509 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prediction 1561 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vorher-/ Voraussage’, mit prädiktiv/ prädiktabel Adj. (beide 1980) (vgl. engl, predictive 1659 in OED 1989 und frz. predictif 1968 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘vorhersagbar; eine Voraussage enthaltend’; Prädiktor M. (1984) (Statistik) ‘zur Voraussage eines Merkmals herangezogene Variable’ (lA). Fischart 1581 Dämonomama 152 Verkündigungen oder Prädictiones (SB). ebd. 162 Prediction oder Vorsagung (SB). 1716 Geomantia 13 Astrologische Praedictiones des Thrasibulos (SB). HEYSE FWB 1838 Prädiction, Vorhersagung, Vorherverkündigung, Weissagung (BG). 1980 DUDEN GWB 1976ff. Prädiktion, Vorhersage, Voraussage durch wissenschaftliche Verallgemeinerung (BG). 1980 DUDEN GWB 1976ff. prädiktiv svw. prädiktabel: vorhersagbar durch wissenschaftliche Verallgemeinerung (BG). Mannh. Morgen 27.1.1989 Zusammengefaßt zielt prädiktive Medizin darauf ab, Personen vor Krankheiten zu schützen, für die sie von der genetischen Struktur her äußerst anfällig sind (CK). 198f LEXIS Prädiktor nullter Ordnung (BSPA). DUDEN FWB 1990 Prädiktor nlat. (Statistik) zur Vorhersage eines Merkmals herangezogene Variable (BG). Prädilektion vgl. Irreg prädiluvial Adj. (1918) (zu diluvial ‘bezogen auf/ charakteristisch für das Deluvium’/ Diluvium ‘Eiszeit’, < lat. diluvium ‘Überschwemmung’; vgl. engl, prediluvian/ prediluvial 1804/ 1857 in OED 1989) fachspr. (Geologie) ‘vor-/ früheiszeitlich’ (lB). 1918 Mitt. Geograph. Ges. Wien 559 Aus der Untersuchung des Murtalbodens gewinnt Solch die Überzeugung, daß er bereits in prädiluvialer Zeit so tief eingeschnitten war wie heute (SB). <?page no="190"?> 182 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Prädisposition F. (1814) (zu Disposition ‘Anordnung; Anlage, Verfassung’, zurückgehend auf lat. disponere ‘(an)ordnen, einrichten’; vgl. engl, predisposition 1626 in OED 1989 und frz. predisposition 1821 in 1988 TRESSOR 1971ff.), in gleicher Bed. selten auch Prädisponiertheit F. (1871), beide fachspr. (Medizin u.a.)/ bildungsspr. ‘Vorbereitetsein/ Voranlage/ Empfänglichkeit (z.B. für eine Krankheit)’, vgl. das Antonym vgl.-> Präindisposition, mit prädisponieren V.trans. (1826) (vgl. frz. predisposer 1464 in 1988 TRESOR 1971fF. und engl, predispose 1646 in OED 1989) ‘vorher bestimmen/ anlegen, im voraus empfänglich machen’ (1A). Richter 1814 Epidemie 75 Prädisposition zu Typhus (SB). Forster 1822 Einfluß V Nervenkrankheiten, zu denen etwa eine Prädisposition vorhanden ist (SB). Gutzkow 1838 Blasedow I 358 er müsse sich begnügen, in seinem Sohn die Prädisposition zur künftigen Verhöhnung des Schlechten zu wecken (SB). Rutenberg 1877 Zinne 170 die geistige Prädisposition der Frau (SB). Herrmann 1900 Jahrmarktsfest 18 die psychische Prädisposition Goethes (SB). Oncken 1914 Aufsätze I 173 die seelische Prädisposition der englischen Politik (SB). 1954 Archiv f. Kulturgesch. 304 daß von einer Prädisposition der Südgermanen für das Christentum keine Rede sein kann, eher von einer Präindisposition (BG). Zeit 20.3.1987 Was unsere eigene Stammesgeschichte uns hinterlassen hat, ist eine angeborene Prädisposition zur Hervorbringung des kulturellen Apparats der Aggression ( CK )- DUDEN UWB 1990 Prädisposition: ausgeprägte Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten (BG). Spiegel 20.12.1993, 170 Zweitens sind eindeutig vererbbare Krankheiten etwas völlig anderes als mögliche „Prädispositionen“ zu Gebrechen wie Krebs (CK). 1871 SANDERS FWB Prädisponiertheit zu etwas (BG). Puchelt 1826 System d. Med. II 2, 87 das richtigste praedisponierende Moment (SB). Hufeland 1836 Ench. med. 70 prädisponierende Krankheiten (SB). HEYSE FWB 1838 prädisponiren, vorher anlegen, anordnen, einrichten od. veranstalten; im voraus geneigt od. empfänglich machen (BG). Voss. Ztg. 8.12.1929 Das Proletarierkind wird für späteres asoziales Verhalten prädisponiert (SB). Walter 1970 Grundriß 29ff. Möglicherweise enthält das Chromosom genetische Informationen für die Ausbildung spezifisch männlicher Verhaltensweisen, die bei Vorhandensein in doppelter Dosis zu sozialem Konfliktverhalten prädisponieren (CK). Mannh. Morgen ? .1.1991 Der Langbau des Auges prädisponiert zur Ausbildung von peripheren Netzhautdegenerationen (CK). Prädissoziation F. (1977) (zu Dissoziation ‘Trennung, Zerfall’, zurückgehend auf lat. dissociare ‘vereinzeln, auflösen’; vgl. engl, predissociation 1924 in OED 1989) fachspr. (Chemie) ‘vorzeitiger Zerfall (eines mehratomigen Moleküls)’ (lA). 1977 MEYER 1971ff. Prädissoziation, der strahlungslose Zerfall eines zwei- oder mehratomigen Moleküls bei Mehrfachanregung, der eintreten kann, bevor [...] (BG). 1984 LEXIS Prädissoziation (BSPA). <?page no="191"?> Das Präfix prä- 183 prädizieren V.trans. (1701) (< lat. praedicare, vgl. Prädikabilie-, vgl. engl. predicate 1552 in OED 1989) bildungsspr. ‘aussagen; (Eigenschaft/ Titel) beilegen, zueignen’, auch substantiviert: Prädizierung (1864) (irreg). Wening 1701 Bayern I o.S. [den Ruhm Bayerns] mit niehmal genugsamber heller Stimm bekennen, loben, und praedicirn (SB). Kleinpaul 1892 Sprache 1,22 Unsere Predigt kommt von dem lateinischen praedicare, das soviel wie: aussagen, predigen, prädizieren bedeutete (z). 1977 FWB LEIPZIG prädizieren: aussagen, jmdm. eine Eigenschaft beilegen (z). 1864 Dilthey VI 11 die Aussonderung der moralischen Prädizierung (SB). Rümelin 1875 Reden II 19 wohl aber pflegen wir gerade diese beiden Gebiete als zwei voneinander unabhängige Dinge in der Prädicirung eines Menschen stets auseinander zu halten (SB). prädominieren V.trans. (1562) (zurückgehend auf lat. dominari ‘herrschen’; vgl. frz. predominer 14. Jh. in 1988 TRESOR 197HF. und engl. predominate 1618 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘die Oberherrschaft haben; vorherrschen; überwiegen’, mit Prädomination F. (1798) (vgl. engl. predomination 1586 in OED 1989) ‘Vorherrschaft; das Uberwiegen’; Prädominanz F. (1926) (vgl. engl, predominancy 1598 in OED 1989 und frz. predominance 1791 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Vorherrschaft’ (irreg). Paracelsus 1562 Baderbüchlein D^a als dann so weisst er was simplex in dem bad predominiert, ubertrifft (SB). Broker 1672 Aula 75 prädominirt (SB). 1720 | 1903 Mitt. Erz.gesch. 176 das ja das Latein prädominiren solte! (SB). 1798 Merkur W I 2^7 Modifikationen, je nachdem Triebe des Körpers oder der Seele darin prädominieren (SB). Hufeland 1822 Kl. med. Sehr. I 116 [Frauen], in deren Unterleib endlich die Galle prädominirt (SB). 1977 FWB LEIPZIG prädominieren: vorherrschen, überwiegen (z). Ribbentrop 1798 Preuss. Canton-Wesen 31 bey der übertriebenen Prädamination [sic] des Militairs (SB). HEYSE FWB 1838 Prädomination, die Vorherrschung, Oberherrschaft, Obergewalt, das Übergewicht (BG). Th. Mann 1929 Reden (SFV 10, 278) Und diese Geistigkeit ist gerade mit der Idee verbunden, deren Prädomination seiner Lehre die heftigsten Widerstände geweckt hat (CK). 1977 FWB LEIPZIG Prädomination: Vorherrschaft (z). Kircher 1926 Engländer 20 die Prädominanz wissenschaftlicher Konstruktion (SB). 1933 Volk u. Reich 192 die politische Prädominanz der Magyaren (SB). Süddeutsche Ztg. 11.8.1956 Auch vom kapitalmarkt-politischen Standpunkt aus muß die Prädominanz der Erhaltung des inneren Geldwertes vor allen anderen Erwägungen anerkannt werden (SB). FAZ 4-3.1971 der Eindruck von der Prädominanz der Sozialwissenschaften bei der zukünftigen Lehrerausbildung (SB). <?page no="192"?> 184 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Prädormitium N. (1972) (neoklassische Bildung; -dormitium zurückgehend auf lat. dormire ‘schlafen’) fachspr. (Psychologie) ‘Phase unmittelbar vor dem Einschlafen mit geringer Schlaftiefe’ (lB). 1972 BROCKHAUS 1966ff. Prädormitium, die Ubergangsphase vom Wachen zum Schlafzustand (BG). prädorsal Adj. (1973) (zu dorsal ‘bezogen auf/ betreffend den Zungenrücken, am Zungenrücken befindlich/ gebildet’/ Zlorsa/ ‘mit dem Zungenrücken gebildeter Laut’, zurückgehend auf lat. dorsum ‘Rücken’; vgl. frz. predorsal 1869 in 1988 TRESOR 1971fF.; vgl. aber engl, predorsal 'm der Bed. ‘vor dem Rücken (befindlich); bezogen auf die vordere Rückenpartie’ 1831 in OED 1989) fachspr. (Phonetik) ‘am/ mit dem vorderen Zungenrücken gebildet’, mit Prädorsal M. (1985) (vgl. frz. predorsale 1972 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘mit dem vorderen Zungenrücken gebildeter Laut’ (2). 1973 MEYER 1971ff. prädorsal — ► dorsal-, dorsal, in der Phonetik: auf den Zungenrücken bezüglich [...], genauer: prädorsal (mit dem vorderen Zungenrücken) [...] (BG). 1985 SPRACHWJSS. TERMINI 58f. je nachdem, ob die vordere, mittlere oder hintere Zungenpartie das Hindernis für den Phonationsstrom bildet, werden Prädorsale, Mediodorsale und Postdorsale unterschieden (z). Präeklampsic F. (1942) (zu Eklampsie ‘Krampfanfall bei einer auf Vergiftungserscheinungen beruhenden Schwangerschaftserkrankung’, zurückgehend auf griech. <ekldmpein> ‘hervorleuchten’; vgl. engl, pre-eclampsia 1923 in OED 1989 und das entsprechende frz. Adj. preeclamptique 1972 in 1988 TRESOR 1971fF.) fachspr. (Medizin) ‘Vorstufe/ Frühphase einer Eklampsie’ (lB). PSCHYREMBEL 1942 Präeklampsie: Eklampsismus (BG). Becker 1970(7) Kreislaufbefunde 90ff. Browne und Dodds fanden bei keinem untersuchten Neugeborenen bei Praeeklampsie der Mutter einen Hochdruck (CK). Präeminenz, mit präeminent, präeminieren vgl. Irreg Präem(p)tion (lA) vgl. Hist präepileptisch Adj. (1942) (zu epileptisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für Epilepsie'/ Epilepsie ‘zeitweilig auftretende Krämpfe am ganzen Körper mit Bewußtlosigkeit; Fallsucht’, zurückgehend auf griech. <epilepsis> ‘Ergreifen, Anfassen; (medizin.) Anfall’; vgl. engl, pre-epileptic 1928 in OED 1989) fachspr. (Medizin) vgl. Beleg (lB). PSCHYREMBEL 1942 präepileptisch: s. Epilepsia (BG). 1974 DTV MED präepileptisch, dem epileptischen Anfall vorangehend (z). <?page no="193"?> Das Präfix prä- 185 präeuropäisch Adj. (1964) (zu europäisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für (das Territorium, die Geschichte, präeuropäisch die Staaten etc. von) Europa’) okkasionell/ bildungsspr. ‘vor-/ früh-/ ureuropäisch’ (iß). FAZ 22.2.1964 dabei wissen wir uns eng verknüpft mit einer Welt, die es in der heutigen Form noch nicht gab, als in Europa die präeuropäischen Staaten entstanden (SB). Präexistentianer M. (1741), auch Präexistentianist M. (1871) (zu Präexistenz, siehe unten; vgl. engl, pre-existentiary/ pre-existerian 1682/ 1837 in OED 1989, beide veraltet) fachspr. (Theologie u.a.)/ bildungsspr. ‘Vertreter/ Anhänger der Lehre von der Existenz der Seele vor der Erschaffung des Körpers’, beide Personenbezeichnungen veraltet, mit Präexistenz F. (1774) (zu Existenz ‘Dasein, Leben’, < nlat. existentia, zurückgehend auf lat. ex(s)istere ‘entstehend hervortreten; da/ vorhanden sein’; vgl. frz. pre-existence 1551 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, pre-existence 1652 in OED 1989) ‘das Leben/ Sein davor, vor dem Leben/ der Geburt; das frühere/ vorherige Dasein (vor allem das der Seele vor dem Körper); das Dasein in einem früheren Leben’. Semantisch kann Präexistenz sowo\i\ nach prä-lB (‘(Daseinsweise/ Existenz) vor der Existenz’) als auch nach prä-lA (‘die Existenz davor; die frühere Existenz’) interpretiert werden, wobei prä-lA wohl die ursprüngliche Lesart darstellt; mit präexistieren V.intrans. (1813) (vgl. frz. preexister 1377 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, pre-exist 1599 in OED 1989) ‘bereits früher, vorher dasein/ bestehen (vor allem in bezug auf das Seele-Körper-Verhältnis)’; Prä- Existentianismus/ Präexistenzianismus M. (1866) ‘Lehre von der Existenz der Seele vor der Erschaffung des Körpers’; präexistent Adj. (1950) (vgl. frz. preexistant 15. Jh. in ROBERT 1985 und engl, pre-existing/ preexistent 1599/ 1624 in OED 1989) ‘schon vorher/ früher (z.B. vor dem Einsetzen einer bestimmten Entwicklung) vorhanden’ (lA/ lB). 1741 ZEDLER Praeexistentiani werden diejenigen genennet, welche von dem Ursprünge der Seelen vorgeben, daß selbige insgesamt gleich bey der ersten Schöpffung der Dinge auf einmahl erschaffen worden (BG). Meier 1755-1759 Metaphysik §77ä Praeexistentianer (SB). CAMPE FWB 1813 Praeexistentianer, Leute, welche behaupten, daß die menschlichen Seelen schon vor der Geburt der Menschen da waren (BG). 1933 GENIUS Präexistentianer, Anhänger des Präexistentianismus (BG). 1871 SANDERS FWB Präexistentianist: = Präexistentianer (BG). Bonnet 1774 Natur 154 Praeexistenz der organischen Natur (SB). 1797 Archiv Physiologie II 478 Präexistenz des Keims in der organischen Natur (SB). Soden 1805 Nationalökonomie 15 die Begründung der selbständigen Prä-Existenz der Nationalökonomie (SB). Volkmar 1894 Lehrbuch I 182 Präexistenz der Seele (SB). Halbe 1933 Scholle 16 in meiner biologischen Präexistenz (SB). Steffen 1951 Mappe 28 Gedanke an die Präexistenz (SB). Haubrichs 1988 Geschichte d. Lit. I 1, 366 die Präexistenz des göttlichen Logos vor aller Schöpfung (z). <?page no="194"?> 186 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- «nrf neo- CAMPE FWB 1813 praeexistieren, vorher dasein (bg). Forster 1822 Einfluß J, präexistierende Krankheiten (SB). 19T7 FWB LEIPZIG präexistieren: vorherbestehen (in bezug auf das Verhältnis von Seele und Leib) (z). 1866 MEYER 1861ff. Präexistentianismus, die Lehre, wonach die Seelen sämmtlich bei der Weltschöpfung von Gott erschaffen sind und bei der Zeugung oder Geburt mit dem Körper verbunden werden (BG). DUDEN FWB 1990 Präexistenzianismus, philosophisch-religiöse Lehre, die [...] (BG). Süddtsch. Ztg. 7.12.1950 Danach ist das Muster präexistent, d.h. es ist ein von der Verwendung in der Textilkunst unabhängiger, fester, imaginärer Besitz (SB). 1983 BROCKHAUS 1980ff. präexistent, (Geol.) vor dem Einsetzen einer bestimmten Entwicklung vorhanden (BG). Haubrichs 1988 Geschichte d. Lit. 367 Das göttliche Wesen ist es, das die dynamische Kontinuität zwischen präexistenter Gottheit und Kreatur zur Erscheinung bringt (z). Prä-Expressionist M. (1986) (zu Expressionist ‘Vertreter des Expressiomsmus' 1 / Expressionismus, Bezeichnung einer Kunstbewegung/ Stilrichtung im frühen 20. Jh., zurückgehend auf lat. expressio in der Bed. ‘Ausdruck’) fach-/ bildungsspr. ‘Vertreter einer dem Expressionismus unmittelbar vorangehenden/ eng verbundenen Frühphase/ Vorstufe’ (iB). Mannh. Morgen 13.2.1986 die Ausstellung, die unzweifelhaft mit einem Prä- Expressionisten beginnt und mit einem Neo-Expressionisten abschließt (CK). präfabrizieren V.trans. (1953) (zu fabrizieren, < lat. fabricare ‘hersteilen’; vgl. frz. prefabriquer 1949 in 1988 TRESOR 1971fF. und engl, prefabricate in WEBSTER INTERNAT 1976) fach-/ bildungsspr. ‘im voraus (in seiner Art/ Form) festlegen; vorfertigen’, mit Präfabrikation F. (1970) (vgl. frz. prefabrication 1946 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Vorfertigung’ (lA). Süddeutsche Ztg. 28.11.1953 Die präfabrizierte Großstadt mit allem Komfort wirkt auf die Dauer etwas langweilig (SB). Süddeutsche Ztg. 6.7.1954 Das nackte Stahlgerüst wurde in zehn Stunden mit präfabrizierten Aluminiumplatten bekleidet (SB). FAZ 12.3.1970 Die Präfabrikation von Bauelementen wird aus Gründen der Kosten- und Zeitersparnis geradezu als soziale Verpflichtung angesehen (SB). 1993 LEXIKON KUNST V, 727 Präfabrikation, Vorfertigung —»Industrialisiertes Bauen (Z). Präfabutation (1A) vgl. Hist präfaschistisch Adj. (1969) (zu faschistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Faschismus, diesem zugehörig'/ Faschismus ‘rechtsradikale, totalitäre Bewegung/ Ideologie/ Herrschaftsform’, besonders in Italien 1922- 1945 sowie in Deutschland 1933-1945, hier unter der Bezeichnung Nationalsozialismus, < ital. fascismo, zu fascio in der Bed. ‘Bund, Vereinigung’, < lat. fascis ‘Bund, Bündel, Paket’, auch (als Symbol der konsu- <?page no="195"?> Das Präfix prä- 187 larischen Gewalt) ‘Rutenbündel’; vgl. engl. pre-Fascist 1938 in OED 1989 und frz. prefasciste 1981 in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Frühphase/ Vorstufe des Faschismus, dieser zugehörig’, mit Präfaschismus M. (1978) ‘Frühphase, Vorperiode/ -stufe des Faschismus’; präfaschistoid Adj. (1993) ‘durch Merkmale des Präfaschismus gekennzeichnet’ (iB). Bott 1969 Volksfeind-Ideol. 134 den Leichnam der präfaschistischen Rassentheorie wieder zum Leben erwecken (SB). Zeit 29.3.1985 In diesen Plot sind wesentliche Bestandteile präfaschistischer Ideologie eingeflossen (CK). Zeit 22.12.1987 liier hat er die Wohnräume der Villa Vittoriale des präfaschistischen italienischen Poeten, Kriegshelden und notorischen Verführers Gabriele d’Annunzio nachstellen lassen (CK). Spiegel 22.6.1992, 202 Hemingways „Der alte Mann und das Meer“, erinnert sich Loest, galt damals als präfaschistisch (z). Spiegel 30.8.1993, 21 SPD-Verheugen hat deshalb, etwas übertreibend gewiß, eine „präfaschistische Situation“ ausgemacht (CK). FAZ 22.5.1993 Dieser Hinweis auf das (prä-)faschistische Italien rückte plötzlich den Philosophen Seneca stärker in den Mittelpunkt der Handlung (z). Spiegel 4-7.1994, 10 Wagnerianer werden sich daran gewöhnen müssen, daß ihnen die germanisch-deutsche Mythologie des Bayreuther Meisters als (prä)faschistisches Teufelswerk um die Ohren fliegt (z). 1978 | Literatur-Kalender Aufbau-Verlag 1991 dieser ganze Haß gegen den Expressionismus, diese dummen Vorurteile, die sich in die Gestalt gewisser Dogmen kleideten, etwa von Präfaschismus (z). Spiegel 29.3.1993, lf2 Dumas vergleicht die grassierende Feindseligkeit gegen die Parteien und den Parlamentarismus von heute mit dem „Klima des Präfaschismus“ zum Anfang der dreißiger Jahre (CK). Zeit 12.2.1993 selbst in diesem Suezkanal-Eröffnungsschinken, der, wenn schon nicht gerade den Krieg, so doch so richtig präfaschistoid den Sieger verherrlicht (z). Präfation F. (1528), bis ins 20. Jh. neben der dt. auch die lat. Form Praefatio gebräuchlich; < lat. praefatio, zu prae/ ari‘vorher sagen, vorausschicken’; vgl. frz. preface Ende 12. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl. preface 1387 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vorrede, Einleitung’, Gebrauch in dieser Bed. veraltend; heute vorwiegend kirchenspr. (< mlat. praefatio) ‘liturgischer Einleitungsteil der Eucharistiefeier/ des Abendmahlgottesdienstes’ (ia). Murner 1528 Messe 15 Im vierhundersten und vier und achtzigsten hat Gelasius die prefatz geordnet (SB). ebd. das lobgesang und die predig in der messen disse stuck gentzen die ware mesß nit introit, gloria patri [...], offertorium, prefation, sanctus [...] (SB). Stade 1557 Reise 98 prefation oder vorred (SB). Mathesius 1566 Historien III 236, 22 Luthers Klage, man mache ihn zum Prefationsschreiber (SB). Vischer 1709 Informator 22 am Ende seiner praefation (SB). OERTEL 1831 Präfatio 1. Vorrede, 2. kath. Meßkollekte (BG). PETRI 1911 Präfation, die Vorrede, Einleitung; Eingangsformel (der Messe) (BG). <?page no="196"?> 188 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Grass 1964 Blechtrommel 294 D a rettete ich mich in die Präfation, weil es dort einigermaßen unverbindlich zugeht (CK). Nagel 1970 Gottesdienst 83ff. Es gibt zu denken, daß weder Augustin noch Isidor das Sanctus am Schluß der Präfation erwähnen (CK). Mannh. Morgen 28.1.1987 Gerade im Hinblick auf eine mögliche liturgische Funktion bei „Präfation und Sanctus“ von Hans-Rudolf Johner wird darauf eigens hingewiesen steht die Verkündigung des Worts an erster Stelle (CK). Haubrides 1988 Literaturgesch. I 1, 324 d' e Praefatio („Vorrede)“ des ‘Heliand’ (z). Präfekt M. (1400) (< lat. praefectus, Part.Perf.Pass. zu praeficere ‘vorsetzen, jmd. (als Vorsteher) über etw./ jmd. setzen’, zu facere ‘machen’; vgl. frz. prefe(c)t 1170 in 1988 TRESOR 19711F. und engl, prefect 1350 in OED 1989) bildungs-/ gemeinspr. (in den unterschiedlichsten Bereichen) ‘Vorgesetzter’; ‘Befehlshaber; Statthalter; hoher Verwaltungsbeamter’, heute meist in historischen Kontexten und unter Bezugnahme auf diverse ausländische Institutionen; häufig Bestandteil von Komposita, mit Präfektur F. (1597) (< lat. praefectura; vgl. frz. prefecture 14. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Amt(-ssitz/ -sgebäude); Bezirk; Wohnung/ Würde eines Präfekten; Statthalterschaft’, heute ebenfalls meist in historischen Kontexten und unter Bezugnahme auf diverse ausländische Institutionen; präfizieren V.trans. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praeficere, vgl. Etym) ‘zum Vorgesetzen machen, an die Spitze stellen’, veraltet (irreg). Königshofen 1400 Chronik 420, 10; 509, 4 prefecten (SB). 1741 ZEDLER Praefect, die Vorgesetzten oder Obern (bg). Blücher 1815 Br. 298 Die sich öffentlich den Requisitionen widersetzenden Präfekten habe ich arretieren lassen (SB). Bucher 1855 Parlamentarismus 174 die französische Präfektenwirtschaft (SB). Paulsen 1896 G.U.I, 387 der Studienpräfekt (im katholischen Gelehrtenschulwesen des 16. Jhs.) (SB). Lokal-Anz. 4-1 1933 Harry Dieck mit seinem Stab, dem Chorpräfekten, dem Kassenpräfekten (SB). Lokal-Anz. 3.3.1934 Durch die ganzen Schuljahre hindurch ist das höchste Ziel des Knaben, ein Präfekt zu werden. Der Präfekt darf am Abend länger aufbleiben, er bekommt einen besonderen Schlips. Aber wehe dem Präfekten, der seine eigene Macht mißbraucht (SB). Welt 22.lO.i954 Einer der ältesten Kardinale, Domenico Jorio, Präfekt der Sakramenten-Kongregation, ist gestorben (CK). FAZ 9.12.1965 der Präfekt der Propaganda Eide, der armenische Kardinal Agagianian (CK). Bild 17.4-1967 Der Präfekt des Departements Isere hat einen Preis-Stopp angeordnet (CK). Zeit 11.4-1986 Kardinal Ratzinger, Präfekt der römischen Aufsichtsbehörde für Rechtgläubigkeit (CK). Mannh. Morgen 4-10.1986 Der römische Präfekt Rictovarius fertigte den Befehl zur Ausrottung der Abgefallenen aus (CK). Spiegel 12.4-1993, 234 Das christliche Abendland verachtet ihn als feigen Heuchler: Pontius Pilatus, Präfekt des römischen Kaisers in Judäa (CK). <?page no="197"?> Das Präfix prä- 189 Spiegel 26.4-1993, 203 ln den Betonplattensiedlungen regiert ein von den Kommunisten eingesetzter Präfekt, während in der verwinkelten Altstadt allein das islamische Recht gilt (CK). Bapst von Rochlitz 1597 Krieges Spiegel H4* Praefecturen und ämptern (SB). 1741 ZEDLER Praefectura bedeutet soviel als das Amt, die Vogtey, die Pflege, die Verwaltung, ln besonderm Verstände aber bemercket dieses Wort eigentlich nur die Würde eines so genannten Praefecti Urbi (BG). Buchholz 1821 Taschenb. 47 Vor Bekanntmachung jedes Blattes oder Heftes muß ein von dem Eigenthümer unterzeichnetes Exemplar bei der Präfectur oder Unterpräfectur des Ortes eingereicht werden (SB). Kretschman 1870 Kriegsbr. 329 Gestern waren wir also das erste Mal in den prachtvollen Räumen der Präfektur (SB). Zeit 22.2.1985 Der Generalsekretär der Präfektur von Algier reichte seine Kündigung ein (CK). Mannh. Morgen 25.8.1986 Die zuständige Präfektur in Metz sei von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt worden (CK). Spiegel 6.12.1993, 178 Selten ist das Wahlmonarchen-System, nach dem Frankreich vom Präsidentenpalast über Präfekturen bis zu Dorfrathäusern funktioniert, glänzender beschrieben worden (CK). präfeministisch Adj. (1992) {zu feministisch‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Richtung der Frauenrechtsbewegung’/ .femmismus in der Bed. ‘(spezifische) Frauenrechtsbewegung’, zurückgehend auf lat. femina ‘Frau, Weib’) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Vorstufe/ Frühphase des Feminismus’ (lB). Mannh. Morgen 7.1.1992 Ich empfinde die Regina Thorbecke durchaus als präfeministische Figur (Z). präferieren V.trans. (1607) (< frz. preferer 1355 in 1988 TRESOR 1971ff., < lat. praeferre (eigentlich ‘voran-, nach vorn tragen’) ‘vorziehen, höher schätzen’, zu ferre ‘tragen’; vgl. engl, prefer 1388 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘den Vorrang/ Vorzug geben, vorziehen, höher schätzen’, mit Präferenz F. (1726) (nach DFWB 1942 im 17. Jh. aus dem Frz. entlehnt, vgl. Hist III.4.2.1, < frz. preference 1370 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff., < mlat. praeferentia, zu lat. praeferre-, vgl. engl, preference 1656 in OED 1989) ‘Vorzug, Vorrang’; (Wirtschaft) ‘im Außenhandel gewährte Vergünstigung’, häufig Bestandteil von Komposita; präferabel Adj. (1863 KALTSCIIMIDT) (< frz. preferable 1516 in 1988 TRESOR 1971ff.; vgl. engl. preferable 1648 in OED 1989) ‘vorzüglich’, veraltet; Präferendum N. (1972) (neoklassische Bildung zu lat. praeferre; vgl. frz. preferendum 1964 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preferendum in WEBSTER INTERNAT 1976) (Ökologie: ) ‘Behaglichkeitszone, vom Organismus (aufgrund ihrer Umweltbedingungen) bevorzugte Zone’; Präferenten (1972) nur PI. (neoklassische Bildung zu lat. praeferre) (eigentlich ‘Bevorzuger’) ‘Arten von Pflanzen und Tieren, die einen bestimmten Lebensraum bevorzugen’; präferentiell Adj. (1980) (vgl. engl, preferential 1849 in OED 1989 und frz. preferentiel 1903 in 1988 TRESOR 1971ff.) vgl. Beleg (irreg). <?page no="198"?> 190 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Sattler 1607 Orthographie 348 präferirt und vorgezogen (SB). Schorer 1644 Sprachsitten-Verderber K4a Praeferiren vorzihen (SB). 1871 SANDERS FWB präferieren: Etwas vorziehen (BG). 1989 Bundestagsprotok. 28.11. 13452 ob man nun die Fortbestands- oder Untergangstheorie präferiert (CK). Mannh. Morgen 31.5.1995 Die Fachhochschule für Sozialwesen präferiert für ihre 450 Studierenden ein Bürohaus in der Nähe des Luisenparks (CK). Fleming 1726 Soldat 107 und damit seine Praeference vor andern behaupten wolle (SB). 1741 ZEDLER Präferenz, siehe Vorzug (BG). Forster 1791 Ansichten IX 89, 22 Die Stadt gestattet in Fallitsachen, statt des Concurses ein Präferenzrecht, welches allen Credit untergräbt (SB). HEYSE FWB 1870 Präferenz, od. fr. Preference, der Vorzug, Vorrang; im Kartenspiel die Vorzugsfarbe (BG). Voss. Ztg. 23.6.1931 Es handelt sich dabei aber nicht um Präferenzzölle für deutsche Industriewaren (SB). ebd. Dieses Verfahren unterscheidet sich von dem französisch-jugoslawischen Präferenzvertrag (SB). Frank/ . Ztg. 4-8.1932 und daß trotz aller von den Dominions bewilligten Präferenzen Groß-Britannien für seine Waren auf den Dominionsmärkten noch immer prohibitive Zölle zahlen müsse (SB). Dietze 1936 Preispolitik 5 die Schaffung eines Präferenzsystems, das die Einführung von Agrarzöllen voraussetzt (SB). N.Z.Z. 2.4 1 944 die Schaffung eines Systems abgestufter Präferenzen (SB). Stuttgarter Ztg. 7.10.1964 (Überschrift) Präferenzen für deutsches Erdgas gefordert (SB). FAZ 28.2.1970 mit Israel ein Präferenzabkommen schließen (SB). FAZ 4-1-1971 die Präferenzpolitik der EWG (SB). Frank/ . Rundschau 14-2.1990 Bei dieser Warengruppe zeigen sich im Vergleich zu den Bundesbürgern aber unterschiedliche Präferenzen (CK). 1972 BROCKHAUS 1966/ / . Präferendum, Behaglichkeitszone (Ökologie) (BG). 1972 BROCKHAUS IPäd/ f Präferenten, Organismenarten, die eine deutliche Biotopbevorzugung mit dort möglicher Optimalentwicklung erkennen lassen (BG). 1980 DUDEN GWB 1976/ / . präferentiell (bes. Wirtschaft): Präferenzen betreffend, auf Präferenzen beruhend: präferentielle Zölle (BG). präfeudalistisch Adj. (1983) (zu feudalistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Feudalismus, diesem zugehörig'/ Feudalismus ‘mittelalterliches Gesellschaftssystem mit weitgehendem Hoheitsrecht des grundbesitzenden (Geburts-)Adels; Lehnswesen’, zurückgehend auf nlat. feudalis ‘das Lehnswesen betreffend’, zu nlat. feudum ‘Lehngut’; vgl. engl, prefeudal(ic) 1962 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Frühphase/ Vorstufe/ -periode des Feudalismus’ (iB). Sloterdijk 1983 Kritik 134 Auf diesen Herrschafts-, Ehre- und Eigenlustanspruch gehen Grußregeln, unterwürfige Verhaltensformen, ja sogar grammatische Strukturen zurück, die präfeudalistischen Sprachen noch unbekannt sind (Z). <?page no="199"?> Das Präfix prä- 191 Pre-Figaro M. (1989) (zu Figaro, Name einer Bühnengestalt/ Titelfigur bei Beaumarchais, Mozart u.a., wobei der Name auch für das gesamte Werk stehen kann: so hier Figaro für Mozarts Oper „Figaros Hochzeit“) okkasionell/ bildungsspr. ‘Ur-/ Vorform von (Mozarts) „Figaros Hochzeit“’ (1B). Mannh. Morgen 19.7.1989 „La vera costanza“ ist eine der wichtigsten Haydn-Opern, eine Art „Pre-Figaro“, wie die Regisseurin meint (z). präfigurieren V.trans. (1460) (< lat. praefigurare, zu figurare ‘gestalten, bilden’; vgl. frz. prefigurer 1225 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prefigure/ prefigurate 1450/ 1530 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘vorbilden; ein Vorbild für Späteres abgeben’, mit Präfiguration F. (1741) (< lat. praefiguratio; vgl. engl, prefiguration 1382 in OED 1989 und frz. prefiguration 1485 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Vorbildung, Vorwegnahme’ (lA). Fotz ca. 1460 ML 398 Die haillig tauff ist prefigirirt [sic] in dem alten testament (SB). ebd. darumb daz die crafft der tauff im Jordan von ersten prefigurirt ist (SB). Öhem ca. 1500 Chronik 105, 9 prefiguriert (SB). 1753 Ann. Ingolstadt. Acad. IV 461 vor Erstreckung der praefigurierten drey Jahre (SB). Strobl 1977 Rhetorik 2 Alle diese Arbeiten beschreiben Hitlers Rhetorik als präfigurierend für die gesamte Propagandaarbeit der NSDAP (z). Zeit 15.11.1985 Brancusis Vater hatte in die Kante eines Türpfostens des Hauses das altbekannte Rautenmuster eingeschnitzt, das die endlose Säule bereits präfiguriert (CK). 1741 ZEDLER Präfiguration, ist so viel als <diatyposis> (BG). 1863 KALTSCHMIDT Präfiguration, die Vorbildung (BG). WEBER 1919 (Titel) Die Präfigurationen (SB). Paulsen 1970 Psychologie 208ff. Könnten psychoanalytische Denkweisen nicht als Präfigurationen gesehen werden für Möglichkeiten, ein Dichtwerk zu verstehen? (CK). Zeit 3.1.1986 Es war kein Zufall, daß Maler und Bildhauer zu Beginn unseres Jahrhunderts die afrikanische und ozeanische Kunst entdeckten und als Präfiguration ihres eigenen Kunstwollens (miß-)verstanden (CK). Sprache und Sprechen 1991, 177 Swann glaubt, aus der „petit phrase“ eine Enttäuschung herauszuhören - Präfiguration dessen, was der Leser und Swann selbst erst im weiteren Verlauf der Geschichte erfahren (z). präfinieren, mit Präfinition (lA) vgl. Hist Präfix N. (nach DFWB 1942: Mitte 17. Jh.), zunächst in der lat. Form Praefixum) (< lat. praefixum, Part.Perf.Pass. N. von praefigere ‘vorn anheften/ anfügen’, zu figere ‘(an)heften’; vgl. engl, prefix 1614 in OED 1989 und frz. prefixe 1618 in 1988 TRESOR 197HF.) fachspr. (Linguistik)/ bildungsspr. ‘das Vorgesetzte; Vorsilbe’, mit präfigieren V.trans. (1804) (< lat. praefigere ‘vorn anfügen’, vgl. frz. prefixer 1367 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prefix 1538 in OED 1989) ‘im voraus festsetzen’, veraltet; ‘vor(an)setzen, (da)vorsetzen’; (Linguistik) ‘mit einem Präfix ver- <?page no="200"?> 192 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neosehen’, auch substantiviert: Präfigierung (1871) ‘das Versehen mit einem Präfix’; Präfixion F. (1863 KALTSCHMIDT) (vgl. engl, prefixion 1526 in OED 1989 und frz. prefixion 1694 in 1988 TRESOR 19711F.) ‘Vorsetzung/ -fügung, Präfigierung’, veraltet ((Irreg). 1741 ZEDLER Praefixa, siehe Suffixa (HG). CAMPE FWB 1813 Praefixum, in der Sprachlehre die Vorsilbe (BG). 1844 I Schopenhauer 1856-1860 Sprache, Nachl. II 125 alle den Sinn modulierende Präfixe und Affixe (SB). Gräbner 1924 Weltbild 74 gegensätzliche Formen, die W. Schmidt als Präfix- und Suffixsprachen gekennzeichnet hat (SB). 1970 Forschungsber. US 5, 135 Indem aber alle „trennbaren Präfixe“ bei den genannten vier Verben vorfeldfähig sind, erweisen sie sich als Prädikative (CK). Zeit 21.6.1985 Im Präfix glaubte Jacob Grimm die Bedeutung einer „Bewegung aus dem Innern“ zu erfühlen (CK). ebd. Die starke Betonung des Präfixes hat den Wortkörper, dem der Ton entzogen, verfallen lassen (CK). HEYSE FWB 1804 praefigiren, bestimmen, ansetzen, anberaumen (z.B. einen Tag); vorsetzen (z.B. eine Silbe) (BG). 1828 Baier. Int. Bl. ^77 innerhalb des präfigirten Termines von sechs Monaten (SB). 1970 Forschungsber. US 5, 74 Es gibt nämlich präfigierte Verben, bei denen das Hauptverb in gewissen Tempusformen eliminiert werden kann (CK). SANDERS FWB 1971 Präfixion: Präfigierung (BG). 1977 FWB LEIPZIG präfigieren: mit einem Präfix versehen (z). 1980 DUDEN GWB 1976ff. Präfigierung (Sprachw.) (BG). Präformation F. (1741) ( < lat. praeformatio\ vgl. frz. preformation 1710 in 1988 TRESOR 1971 und engl, preformation 1732 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vorherbildung; (Lehre/ Theorie von der) Vorausbildung von Künftigem schon im Keime/ Embryo’ (die anthropologische Präformationstheorie wird, zuerst in Frankreich und England, seit dem 18. Jh. vertreten), mit präformieren V.trans. (1784) (< lat. praeformare] vgl. engl, preform 1601 in OED 1989 und frz. preformer 1701 in 1988 TRE- SOR 1971ff.) ‘vorformen/ -bilden’, auch substantiviert: Präformierung (1957); Präformismus M. (1894) (vgl. engl, preformism 1896 in OED 1989) ‘Präformationslehre/ -theorie’; präformistisch Adj. (1944) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Präformismus, diesem gemäß/ entsprechend’; Präformist M. (1977) ‘Anhänger der Präformationslehre/ -theorie’ (lA). 1741 ZEDLER Praeformatio, siehe Vorher-Bildung (BG). Darmstaedter 1762 Handbuch 207 Präformation (SB). OERTEL 7010 Präformazion, Vorherbildungslehre, Meinung, daß jedes Thier und jede Pflanze schon vorhergebildet, in einem Keime liege, der nur entwickelt werden müsse (BG). 1863 KALTSCHMIDT Präformation, Vorbildung, Vorausbildung (BG). Weltmann 1903 Anthrop. 36 Präformation des Geschlechts (BG). Eucken 1904 Strömungen 186 Das System der Zeugungen als blosser Edukte heisst das der individuellen Präformation oder auch die Evolutionstheorie (BG). <?page no="201"?> Das Präfix prä- 193 Spetsiens 1938 Formenproblem 31 die von Weimann 1913 vorgetragene Präformationslehre (SB). Stephansky 1923 Wesen 72 die Präformationstheorie, die sich bis auf Albrecht und Haller zurückführen läßt (SB). Rosenstock-Huessy 1958 Geheimnis 25 Präformation der künftigen Räte des Herrschers (bg). Herder 1781, Ideen XIII 166 die präformirten Keime (SB). HEYSE FWB 1838 praeformiren, vorherbilden; präformirt, zuvorgeformt od. vorgeformt, zuvorgebildet (BG). Frantz 1862 Kritik 162 das Papstthum, anstatt die Frucht der kirchlichen Entwicklung zu sein, vielmehr zu dem präformirten Keime derselben gemacht wird (SB). Marti 1963 Literatur 45 der vom Manierismus praeformierte Begriff des „Modernen“ (SB). 1984 Verlagsprospekt P. Lang Die Arbeit versteht sich als Beitrag im Kampf gegen präformierte und somit vergewaltigende Sehweisen auf den Komplex der Weiblichkeit (z). Zeit 18.4-1986 Private Sehnsüchte, präformierte Träume werden vage bestätigt (CK). Mannh. Morgen ? .4-1991 Eine Ultraschalluntersuchung zur Beurteilung von bindegewebig präformierten Hüftkonturen ist in der ersten Lebenswoche zu empfehlen (CK). Schmid 1957 Aufsätze 27 die Präformierungen des nationalen Denkens (SB). Hirth 1894 Lokalisationstheorie V nach dem Dogma des Präformismus (SB). 1944 Das XX. Jahrhundert 82 in der sogenannten präformistischen Keimplasmahypothese Weismanns (SB). 1977 FWB LEIPZIG Präformist: Anhänger der Präformationstheorie (z). präformulieren V.trans. (1977) (zu formulieren ‘(einen BegrifF/ eine Vorstellung) in die richtige sprachliche Form bringen’, zurückgehend auf lat. formula ‘Gestalt, Form’) fach-/ bildungsspr. ‘im vorhinein formulieren’ (1A). Gülich 1977 Textmodell 21 Zwar sind mathematische Modelle bzw. theoretisch präformulierte Konzepte unter Umständen in einer Theorie formal abgesichert (z). präfrontal Adj. (1942) (zu frontal ‘an der Stirn-/ Vorderseite befind- Y\ch'/ Front ‘Stirn-/ Vorderseite; Spitze’; zurückgehend auf lat. frons ‘Stirn’; vgl. engl, prefrontal 1854 in OED 1989 und frz. prefrontal 1972 in 1988 TRESOR 19711F.) fachspr. (Meteorologie u.a.) ‘an der Stirn-/ Vorderseite, Spitze; vorn (befindlich), auf diese Position bezogen’ (2). Flohn 1942 Witterung 72 das präfrontale Absinken (SB). 1984 LEXIS präfrontales Gewitter, präfrontaler Nebel (BSPA). prägenital Adj. (1971) (zu genital ‘bezogen auf/ gehörend zu den Genitalien’/ Genffa/ ‘Geschlechtsteil, -organ’, zurückgehend auf lat. genitalis ‘zur Zeugung/ Geburt gehörig; zeugend’; vgl. frz. pregenital 1968 in ROBERT 1985 und engl, pregenital in OED 1989 in der lokalen Bed. <?page no="202"?> 194 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- ‘vor den Genitalien befindlich’) fachspr. (Medizin)/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die der Entwicklungsstufe der Geschlechtlichkeit vorausgehende Phase’ (lB). 19T1 Festgabe Klett 305 die Mutter als das Bild des prägenitalen Nirwana, des Schosses, wo es das Glück des Unbewussten gab (SB). 1982 NATMATH FWB prägenital, vor den Entwicklungsstufen der Geschlechtlichkeit des Menschen liegend (BG). Prägermane M. (1933) (zu Germane ‘Angehöriger einer der indogermanischen Sprach- und Völkerfamilie zugehörigen Gruppe sprachverwandter Völker in Nord- und Mitteleuropa’, zurückgehend auf lat. Germani, Bezeichnung für einen (in etwa mit den späteren Deutschen identischen) Völkerstamm Mitteleuropas) fachspr. (Anthropologie, Geschichte u.a.) ‘Vor-/ Urgermane’ (lB). Feist 1933 Sprache 19 Der Verlust des Stimmtons bei den Medien setzt voraus, daß die Prägermanen (d.h. die Germanen vor der Indogermanisierung) keine stimmhaften Laute besaßen (z). Meyer 1937 Rasse 70 (Überschrift) Zum Recht der Germanen, Prägermanen und Indogermanen (SB). Prae-Giotto-Zeit F. (1954) (zu Giotto, Eigenname, ital. Maler) okkasionell/ fachspr. (Kunstgeschichte) ‘Periode vor dem Wirken Giottos’. (lC) Jandolo 1954 Bek.IJS Miniaturen der Prae-Giotto-Zeit (SB). präglazial Adj. (1870) (zu glazial ‘eiszeitlich’/ Ghm’a/ ‘Eiszeit’, zurückgehend auf lat. glacies ‘Eis’; vgl. engl, preglacial 1855 in OED 1989 und frz. preglaciaire 1942 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Geologie) ‘voreiszeitlich; bezogen auf das Präglazial, diesem zugehörig’, mit Präglazial N. (1980) ‘Voreiszeit, Phase vor dem Glazial/ der Eiszeit’ (lB). HEYSE FWB 1870 präglacial, vor der Eiszeit liegend (BG). 1977 FWB LEIPZIG präglazial, das Präglazial betreffend (z). 1980 DUDEN GWB fP76/ 7Präglazial, Zeit vor der Eiszeit (BG). prägnant Adj. (1698) (< frz. pregnant ‘trächtig’, 13. Jh. in 1988 TRE- SOR 1971ff., < lat. praegna(n)s ‘schwanger, trächtig, strotzend’, zu prae- (g)nasci ‘vorher/ zuerst entstehen, geboren werden’; vgl. dem Lat. gleichbed. engl, pregnant 1545 in OED 1989, vgl. Hist III.4.2.1; die weitere Bed.entwicklung im Dt. unterschieden vom Erz. und Engl.; im Dt. hat sich die lat. Bed. in geringem Umfang nur fachspr. bis ins frühe 20. Jh. erhalten; die heutige Bed. bereits im 18. Jh.) bildungsspr. ‘sinn-/ bedeutungs-/ gehaltvoll; (im Ausdruck) knapp/ gedrängt, aber treffend/ bedeutsam’, mit Prägnation F. (1741 ZEDLER) (< lat. praegnatio-, vgl. engl, pregnation 1623 in OED 1989) ‘Befruchtung, Schwängerung, Schwangerschaft’, veraltet; Prägnanz F. (1814) ( < lat. praegna(n)s ‘Schwangerschaft, Schwan- <?page no="203"?> Das Präfix prä- 195 gersein; Fruchtbarkeit’; vgl. dem Lat. gleichbed. engl, pregnancy 1598 in OED 1989; in dieser Bed. im Dt. fachspr. gebräuchlich bis ins frühe 20. Jh., die Entwicklung zur heutigen Bed. wohl im frühen 19. Jh. einsetzend) ‘Sinn-/ Gedanken-/ Bedeutungsfülle; inhaltsschwere Knappheit, Genauigkeit, Treffsicherheit’ (irreg). Ettner 1698 Chirurgus 6K8 er bäte aber/ es vor dises mahl/ wegen praegnanter Ursachen/ hochgeneigt vor gleichgültig zu achten (SB). Riedel 1767 Theorie 50 die Auswahl großer Objekte und der prägnantesten Umstände (SB). CAMPE FWB 1813 praegnant, eigentlich: schwanger, trächtig; uneigentlich: voll, strotzend. Ein praegnanter BegrifT, ein Begriff, der andere einschließt, ein fruchtbarer ( BG )' 1863 KALTSCHMIDT prägnant, schwanger, vielsagend, wichtig, gehaltreich, bedeutungsvoll (BG). Devrient 1839 BPI, 28 den Schauspielern scheint es um prägnanteste Darstellung der Wahrheit zu thun (SB). Schopenhauer 18^-i Sprache (Nachl. II) 132 befähigt, jeden Gedanken treffend, genau, fein und prägnant auszudrücken (SB). Meyer 1903 Studien 8 Prägnanter noch ist jener Gegensatz bei der zweiten Personenklasse (sb). Lokal-Anz. 19.10.1934 Ein riesiges Aufgebot von Rittern und Geistlichen, in dem Erich Pontos deutscher Bischof und Bruno Decarlis Domherr die prägnantesten Köpfe tragen (SB). Welt 25.10.1969 Kurz und prägnant werden Ihre Fragen beantwortet (CK). Rhein. Merkur 11.5.1990 In der Regierungserklärung steht die ethnisch prägnante und politisch brisante Formel der „Teilung“, die nur durch „Teilen“ überwunden werden könne (CK). Hoffmann 1814 Berganza 1, 126 Vorzüglich herrschte darin eine gewisse Prägnanz, in der jede einzelne Strophe immer die zehn folgenden zu gebären scheint (SB). Gutzkow 1836 Goethe 307 Da ist keine Prägnanz, keine Deutlichkeit, keine Wahrheit der Umrisse (SB). HEYSE FWB 1838 Prägnanz, das Schwangersein, Strotzen, die Fruchtbarkeit, Fülle; uneigentl. die Gedanken-, Sinn- oder Begriffsfülle; Gedankenschwere’ (BG). Reissmann 1861 Lied 161 die Prägnanz des lyrischen Ausdrucks (SB). BZ am Mittag 24 12.1931 Der jetzige Baseler Bericht in der Schärfe und in der Präganz seiner Formulierungen bedeute einen Rückschritt (SB). Süddeutsche Ztg. 14-9.1948 Das kleine Markenbild verlangt dringend eine Prägnanz, die selbst den österreichischen Landschaftsmarken trotz des größeren Formats völlig fehlt (SB). Heuss 1963 Erinnerungen 158 Die Eltern waren in fröhlicher Laune auf die Prägnanz dieser Geschichtsaussage geradezu stolz (CK). Mannh. Morgen 6.4-1985 Der Verlust der Prägnanz und Bildhaftigkeit der Sprache des Reformators wurde beklagt (CK). prägotisch Adj. (1985) (zu gotisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Gotik’/ Gotik, Bezeichnung eines mittelalterlichen europäischen Kunststils, zurückgehend auf die Bezeichnung des germanischen Volkes der Goten; vgl. engl. pre-Gothic 1831 in OED 1989 und frz. pregothique 1933 in <?page no="204"?> 196 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1988 TRESOR 19711F.) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine vor der Gotik liegende Phase; vor-/ früh-/ urgotisch’ (iB). Zeit 12.4-1985 Aber auch andere Spuren weisen zurück auf eine prägotische Periode (Z). Prägraphie F. (1984) (zu -graphic in der Bed. ‘Schreiben, Schreibung, Geschriebenes’, zurückgehend auf griech. <gräphein> ‘schreiben’) fachspr. (Linguistik) ‘die zeitlich frühere Schreibung’ (lA). Penzl 1984 Frühneuhochdeutsch 45 Erst nach der Schreibungsanalyse kann die phonologische Deutung erfolgen, also z.B. ob der Zeichenwandel (Schreibungswandel) einem Phonemwandel entspricht und zeitlich frühere (Prägraphien, z.B. mhd. <uo>) und zeitlich spätere Schreibungen (Postgraphien, z.B. nhd. <u>) diese Annahme stützen (Z). prägravieren, mit Prägravation, Prägravierung vgl. Irreg. prägustieren, mit Prägustator (lA) vgl. Hist Prähallux M. (1885) (zurückgehend auf lat. (h)allex ‘große Fußzehe’; nach OED 1989 „named 1885 by Bardeleben of Jena“; vgl. engl, prehallux 1888 in OED 1989) fachspr. (Anatomie) vgl. Beleg (lB). 1975 MEYER DDR 1972JJ. Prähallux, Vorgroßzehe', an der Innenseite der großen Zehe (Hallux) liegende rudimentäre Zehe, z.B. bei Froschlurchen und Säugetieren (z). prähellenisch Adj. (1914) (zu hellenisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für das antike Hellas, die Hellenen, deren Kultur/ Kunst, diesen zugehörig’, zurückgehend auf griech. <Hellds>, Bezeichnung (ursprünglich für eine thessalische Landschaft) für das von den Griechen bewohnte Gebiet; vgl. engl. pre-Hellenic 1876 in OED 1989 und frz. prehellenique 1910 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) okkasionell/ bildungsspr. ‘vorhellenisch’ (lB). 1914 Festgabe Blümner 236 die prähellenische Kultur (SB). prähistorisch Adj. (1870) (zu historisch in der Bed. ‘geschichtlich, die Geschichte betreffend, zu ihr gehörig'/ Historie ‘Geschichte’, < lat. historia, < griech. <historia> ‘Nachforschung, Erkundung; Kunde, Erzählung; geschichtliche Darstellung’; vgl. engl, prehistoric(al) 1851 in OED 1989 und frz. prehistorique 1865 in 1988 TRESOR 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘vor-/ urgeschichtlich’, mit Prähistorie F. (1885) (vgl. engl, prehistory 1871 in OED 1989 und frz. prehistoire 1874 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Vor-/ Früh-/ Urgeschichte; Wissenschaft von der Periode vor der durch geschichtliche Zeugnisse beglaubigten Zeit’; Prähistoriker M. (1943) (vgl. frz. <?page no="205"?> Das Präfix prä- 197 prehistorien 1875 in 1988 TRESOR 19711F. und engl, prehistorian 1893 in OED 1989) ‘Wissenschaftler auf dem Gebiet der Prähistorie’ (lB). um 1870 | Anz. f. schweizer Gesch. III J,07 die prähistorische Zeit (SB). Ohlenschlager 1875 (Buchtitel) Verzeichnis der Fundorte zur prähistorischen Karte Bayerns (SB). Geinitz 1884 (Titel) Uber den gegenwärtigen Stand der prähistorischen Forschungen (SB). Ratzel 1907 Raum 64 die Entwicklung eines prähistorischen Ornamentes (SB). Helm 1912 Rehgionsgesch. 28 die prähistorische Hinterlassenschaft der Germanen (SB). Berl. Illustr. Nachiausg. 2.2.1933 Fawcett, der im Innern Brasiliens in den unerforschten Urwäldern des Staates Matto Grosso Reste einer prähistorischen Kultur zu finden hoffte (SB). Süddeutsche Ztg. 4-5.1950 Der prähistorische Neandertaler-Mensch hatte eine durchschnittliche Lebenserwartung von 29,4 Jahren (SB). Stuttgarter Ztg. 6.9.1963 obwohl es den Anschein hat, daß der Rundfunk im Vergleich zum Fernsehen bereits in „prähistorische“ Zeiten zurückweist (SB). Bild 31.5.1967 Man stieß auf prähistorische Funde (CK). Zeit 26.7.1985 Ein Kupferbergwerk, das seit prähistorischen Zeiten bekannt ist, liegt nur 20 Kilometer entfernt (CK). Mannh. Morgen 10.6.1995 Rhinozerosse sind unter den Tieren, die auf 300 prähistorischen Wandmalereien in der südfranzösischen „Grotte Chauvet“ im Ardechetal gefunden wurden (CK). Hillebrand 1885 Culturgesch. 143 Während Du im Gewühle der Großstadt Dich am Allermodernsten ergötztest, habe ich in meiner Waldeinsamkeit eine Entdeckung gemacht auf dem Felde der Prähistorie (SB). Wagner 1895 Nationalökonomie 31 die wichtigsten Hypothesen der Prähistorie (SB). 1906 Anleitung zu wissenschaftl. Beobachtungen II 1 Urgeschichte, daneben gleichbedeutend Prähistorie (SB). Friedell 1928 Kulturgesch. II 203 die bisherige Geschichte, die allerdings nur als eine Art Prähistorie wahren Menschentums anzusehen ist (SB). Dose 1929 Steinbeil 5 Die Prähistorie, d.i. die Geschichte der Menschen vor der von Menschenhand geschriebenen Geschichte, ist in Dänemark und Schleswig-Holstein älter als in jedem anderen Lande Europas (SB). 1952 Saeculum 4 die Entdeckung der Prähistorie (SB). 1966 Studium Generale 12, 753 Das Ergebnis ist ein für Geologie, Pflanzengeschichte und Prähistorie gleichfalls nützlicher Kalender der Nacheiszeit (CK). Mannh. Morgen 27.3.1987 ein Streifzug von der Prähistorie bis zum Untergang (CK). Mannh. Morgen 4-6.1988 Nicht ausgespart wird die Prä-Historie dieser Musik, die Vorformen, die bis weit in die Zeit der Sklaverei zurückgehen (CK). N.Z.Z. 22.8.1943 derweil die nimmermüden Herren Prähistoriker und Geologen zum soundsovielten Male sich in der delikaten Frage ergehen, ob zwischeneiszeitlich, späteiszeitlich oder nacheiszeitlich (SB). Welt 25.11.1954 Eine alte Heerstraße hat der Prähistoriker Dr. Asmus bei Ausgrabungen entdeckt (CK). Poertner 1965 Erben 190 Diese Pfahlbauten haben die Phantasie der Prähistoriker jahrelang beflügelt (CK). Spiegel 23.8.1993, 152 Zum erstenmal hat, wie der Berliner Prähistoriker und Troja- Schatz-Experte Klaus Goldmann feststellt, die oberste russische Autorität zugegeben, das Raubgut sei tatsächlich in Moskau (CK). <?page no="206"?> 198 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Prähominide M. (1952) (zu Hominide, Bezeichnung für alle fossilen und gegenwärtigen Menschenformen’, zurückgehend auf lat. homo ‘Mensch’ und griech. <eidos> ‘Ansehen’; vgl. engl, prehominid 1939 in OED 1989 und frz. prehominien 1955 in ROBERT 1985) fachspr. (Anthropologie) ‘Vor-/ Urform des Hominiden’ (iB). 1952 Saeculum 16 der chinesische Hominide oder Prähominide (SB). T. Chardin 1961 Entstehung 70 die eigentlichen Prähominiden (SB). Prähospitalphase F. (1985) (zu / / os/ n£a/ ‘Kranken-/ Pflegeheim’, zurückgehend auf lat. hospitalis ‘zu den Gästen gehörig, gastlich’, zu hospes ‘Gast(freund)’) fachspr. (Medizin) ‘Phase vor dem Aufenthalt im Hospital’ (ic). Mannh. Morgen 22.3.1985 die Sektion Prähospitalphase der Deutschen Gesellschaft für internistische Intensivmedizin (CK). prä-hysterisch Adj. (1991) (zu hysterisch in der Bed. ‘sinnlos erregt, übeTtneben , / Hysterie ‘spezifische abnorme psychische Reaktionsweise’, zurückgehend auf griech. <hystera> ‘Gebärmutter’, ursprünglich vermuteter Ausgangspunkt der Hysterie) okkasionell/ medienspr. ‘urhysterisch, hysterisch in der Urform’; wohl in wortspielerischer Anlehnung an prähistorisch gebildet (lB). 1991 TV-Spielfilm 11, 3 (Überschrift) Prä-hysterische Familiengeschichte (z). präideologisch Adj. (1962) (zu ideologisch ‘eine Ideologie betreffend, ihr entsprechend/ zugehörig’/ Zdeo/ ogze ‘politische Theorie/ (Welt-) Anschauung’, zurückgehend auf griech. <idea> ‘Erscheinung, Gestalt’ und <lögos> ‘Wort, Rede’) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine noch nicht ideologische, vor-/ urideologische Einstellung’ (ID)- Hohsbawm 1962 Sozialrebellen 164 Garibaldi als ein einfacher, präideologischer Mensch (SB). präimplantatorisch Adj. (1972) (zu Implantation in der Bed. ‘Einnistung des befruchteten Säugetiereies in die Uterusschleimhaut’, zurückgehend auf lat. plantare l pt\a.nzen'/ implantatorisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Implantation’; vgl. engl, pre-implantation (Adj.) 1945 in OED 1989) fachspr. (Physiologie) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase vor der Implantation’, mit Präimplantation F. (1993), hier nur als Kompositumbestandteil belegt (lB). 1972 BROCKHAUS 1966ff. präimplantatorisch, die Zeit der Embryonalentwicklung vor der Nidation betreffend (BG). Spiegel 18.1.1993, 186 Denn Handysides Präimplantations-Selektion ist nur ein weiterer Schritt auf einem Weg, den die Medizin längst eingeschlagen hat (CK). <?page no="207"?> Das Präfix prä- 199 Präimpressionismus M. (1927) (zu Impressionismus, < frz. impressionisme, Bezeichnung einer Kunstbewegung/ Stilrichtung (zuerst in Frankreich) im späteren 19. Jh., zu Impression in der Bed. ‘Eindruck’, < gleichbed. lat. impressio) fach-/ bildungsspr. ‘Vorstufe/ Frühphase des Impressionismus’, mit präimpressionistisch Adj. (1990) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Präimpressionismus, ihm zugehörig’ (lB). Wötzoldl 1927 Land 256 der literarische Präimpressionismus (SB). Caetani 1991 Kitesch 40 ln der Instrumentierung läßt sich eine Art Prae-Impressionismus feststellen (Z). Rayski 1990 Ausstellung 24 Im Schaffen von Gareis traten präimpressionistische Tendenzen zutage (z). Präindisposition F. (1954) (zu / ndfsposih’on‘Unpäßlichkeit, schlechte Verfassung’; wohl zurückgehend auf lat. indispositus ‘unordentlich, unvorbereitet’) fach-/ bildungsspr. ‘ein bereits früher/ vorher existentes Unpäßlich-/ Unvorbereitetsein’, vgl. das Antonym Prädisposition (lA). 1954 Archiv f. Kulturgesch. 304 daß von einer Prädisposition der Südgermanen für das Christentum keine Rede sein kann, sondern eher von einer Präindisposition, d.i. von einem Unvermögen, die zentralen Glaubensgedanken des katholischen Christentums zu verstehen und sich innerlich anzueignen (SB). Praeinduktion F. (1916) (zu Induktion in der Bed. ‘Schlußfolgerung vom Besonderen auf das Allgemeine’, zurückgehend auf lat. inducere ‘(hin)einführen’) fachspr. ‘eine bereits frühere, vorher existente/ erfolgte Induktion’ (lA). Gruber 1916 Aufgaben fl Praeinduktion (SB). präindustriell Adj. (1968) (zu industriell ‘die Industrie betreffend, zu ihr gehörig'/ Industrie in der Bed. ‘maschinelle Großproduktion mit umfassender Anwendung moderner Technik’, zurückgehend auf lat. industria ‘Fleiß, Betriebsamkeit’; vgl. engl, preindustrial 1934 in OED 1989 und frz. preindustriel 1966 in 1988 TRESOR 1971ff.) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Vor-/ Frühphase industrieller Produktion, dieser zugehörig’ (lB). 1968 Festschrift Schib 469 die präindustrielle Zeit (SB). Präinfarktzustand M. (1989) (zu Infarkt, hier: Kurzform von Herzinfarkt, ‘Zerstörung von Gewebe des Herzmuskels durch Verstopfung der Herzkranzgefäße und dadurch unterbrochener Versorgung mit Blut’, zurückgehend auf lat. infarctus, Nebenform des Part.Perf. infarsus von infarcire ‘hineinstopfen’) fachspr. (Medizin) ‘Zustand vor einem Herzinfarkt’; dazu auch Präinfarkt-Syndrom N. (1991) ‘Symptomenkomplex, auftretend im Vorfeld eines Infarkts’ (lC). <?page no="208"?> 200 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Mannh. Morgen 30.11.1989 Reiseverbot erteilt Füsgen allerdings Akutkranken, beispielsweise Menschen in einem Präinfarktzustand (CK). Brik 1991 Verse 222 Die einzige Heilungschance jetzt liegen und nochmals liegen. Ein Zustand, der Präinfarkt-Syndrom heißt (z). präjudizicren V.intrans. (1591) (< lat. praejudicare\ vgl. frz. prejudicier 1344 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prejudice 1472 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. (wie auch die im folgenden aufgeführten Ableitungen jeweils mit spezifischer Bed. in der Rechtssprache) ‘über etw. vorgreifend/ im voraus urteilen/ entscheiden’, auch substantiviert: Präjudizierung (1951), mit präjudizierlich Adj. (1592) (vgl. frz. prejudiciable 1266 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prejudiciable 1429 in OED 1989) ‘nachteilig, schädlich’, bereits seit dem späteren 19. Jh. veraltet; schon früh auch in der negierten Form unpräjudizierlich belegt (1614), diese ebenfalls seit dem späteren 19. Jh. veraltet; Präjudiz N. (1607) (< lat. praejudicium\ die lat. Form bis ins 18.Jh. bezeugt, vom 17. Jh. an die dt. Form dominierend und mit vielen orthographischen Varianten gut belegt; die Verwendung im Dt. wohl auch vom frz. Vorbild beeinflußt; vgl. frz. prejudice 1283 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prejudice 1290 in OED 1989) ‘vorher getroffene Entscheidung, Vorurteil, Nachteil’; präjudizial Adj. (1863; in subst. Komposita bereits seit 1781 bezeugt) und präjudiziell Adj. (1870) (vgl. frz. prejudicial 1280 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prejudicial 1433 in OED 1989) ‘vorentscheidend, für eine spätere Entscheidung maßgebend’ (lA). 1591 Akten Gegenref. 38 den landen weder in ainem noch in mehr puncten nichts vergeben oder praejudiciert worden ist (SB). Wallhausen 1616 Kriegsmanuai. Glossar Praeiudicirn, Einem nachtheilig machen (SB). Schröder 1737 Schatz-Kammer 6 Damit nun ein Fürst sich und seiner Regierung nichts praejudicire (SB). 1841 | Schirmer 1911 Kaufmannssprache Ifö ein präjudizierter Wechsel (SB). Voss. Ztg. i4.ll.i93O Vor allem auf evangelischer Seite sah man hierin den Versuch, den bestehenden Rechtsverhältnissen, die nur eine konfessionelle Gliederung des Schulwesens kennen, zu präjudizieren (SB). Süddeutsche Ztg. 29.9.1950 Er erklärte, es sei juristisch höchst umstritten, ob die Soforthilfe Bestimmungen des Lastenausgleichs präjudizieren könne (SB). Süddeutsche Ztg. 7.7.1951 (Überschrift) Vertrag mit Japan soll Vertrag mit Deutschland nicht präjudizieren (SB). Stuttgarter Ztg. 8.4-1960 daß die SPD vom Bundeswirtschaftsminister dringend wünsche, keine präjudizierenden Entscheidungen zu treffen (SB). FAZ 2.3.1971 Er zitierte präjudizierende Verlautbarungen des Innensenators (SB). Frankf. Rundschau 15.6.1990 Zugleich bekräftigte er, mit der Berufung sei seine Nachfolge in keiner Weise präjudiziert (CK). FAZ 24-8.1990 Alle drei Vorgehensweisen präjudizieren im Grunde das Ergebnis (CK). Süddeutsche Ztg. 20.4-1951 eine Präjudizierung des bis Jahresende fertigzustellenden Gesetzentwurfs soll vermieden werden (SB). FAZ 11.3.1971 Zum gegenwärtigen Zeitpunkt der laufenden Verhandlungen dürfen keine Präjudizierungen dieser Botschaftergespräche vorgenommen werden (SB). <?page no="209"?> Das Präfix prä- 201 Rathgeb 1592 Von Kriegssachen 16 sich gantz newer zuvor unerhörter wie dem gemeinen man preiudicierlicher und beschwehrlicher newerungen und funde gebrauchen (SB). 1598 | Aretin 1839 Bayerns auswärt. Verh. I Urkd. Bd. 15 den Catholischen nichts preiudicirliches und beschwerlichs aufgetrungen (SB). ebd. präiudicirlicher eingang (SB). 1614 | Aretin 1839 Bayerns auswärt. Verh. I Urkd. Bd. 21 doch dem haubtwesen unpräiudicirlich (SB). 1618 Acta Publica Schics. 16 damit Ihnen solche inkünftig Ihren freyheiten, Privilegien, begnadungen und herkommen unpräjudicirlich sein mögen (SB). Leibnitz 1668-1616 Briefw. I 38 [...] welches alles verhoffentlich aller billigkeit nach ein so unpräjudicirlich allergnädigst privilegium zu erhalten gnug seyn könte (z). 1690 Hochb. Augsbg. 13 nemlich der Oesterreichischen Prinzen Erwählung zu dem Kayserthum keineswegs praejudicirlich seyn solle (SB). Frisius 1101-34 Ceremoniel 29 unpraejudicirlich und ohne Schaden seyn (SB). Bagger 1119 N. Saltzb. Kochb. 2 der aller Welt praejudicirliche Sündenfall Adams (SS)- Beust 1143 Consiliarius 235 eine praejudizirliche hypothese (SB). 1863 KALTSCHMIDT präjudicirlich, nachtheilig, schädlich (BG). Sattler 1601 Orthographie 215 Präiudicium, abbruch, nachtheil (SB). Neumayr von Ramssla 1620 Reuse i. Frankr. 93 wann er der Cron zum praejuditz etwas vornemen wollen (SB). 1631-45 Instruktionen 396, 28 zu praejudiz der religion (SB). 1643 U. Brandenburg I 119 zu einigem unserm Praejudicio (SB). I648 Smlg. wirzburg. Landesverord. I 236b ohne Nachtheil oder Praejudiz (SB). Vischer 1109 Informator 155 ohne jemands Praejudiz (SB). Glaser 1128 Kriegs-Bau-Kunst 109 aus dem scheinhabenden, aber nicht stichhaltenden Praejudicio (SB). Schröder 1131 Schatz-Kammer 9b mit dem praejudiz ihres Standes (SB). 1180 Göttinger Magazin d. Wiss. 2, 262 die ältesten und präjudizlosesten Reisenden (SB). Ranke 1811 Erhebung Preussens 196 in diesem Grundsatz lag ein Präjudiz für die ganze Angelegenheit (SB). 1888 Grenzboten 1, 527 Präjudizienkultus (SB). Voss. Ztg. 18.1.1929 Gerade diese Vorschrift hat in Ermangelung fester Rechtsnormen auch zu einem unerfreulichen Präjudizienkult geführt (SB). Voss. Ztg. 5.9.1931 Das Gutachten untersagt zwar mit recht eine Zollunion, aber es ist dies kein Präjudiz für eine andere Zollunion (SB). N.Z. (Basel) 4-5.1949 Heute gilt diese Bereitschaft, auf den Export gewisser Erzeugnisse zu verzichten, als Präjudiz (SB). Abendztg. (München) 29.9.1950Et betonte, daß er diesen Prozeß gleichzeitig als Präjudizprozeß für die übrigen Angestellten führe (SB). Süddeutsche Ztg. 4-2.1959 Der Minister warnte davor, diese Kleinaktien als eine Art Präjudiz oder als Modellfall für andere Privatisierungen anzusehen (SB). FAZ 6.12.1969 Wer alle diese Fakten zusammenzählt und den Präjudizcharakter des bevorstehenden Abschlusses mit der ÖTV hinzunimmt [...] (SB). Mannh. Morgen 8.5.1985 Weis die Briten aus Furcht vor der möglichen Präjudiz- Wirkung einer solchen Regelung nur mit Bedenken entworfen hatten, akzeptierten die Sowjets sofort (CK). <?page no="210"?> 202 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Zeii 24-4-198? Das Gefährliche an dieser Norm ist, daß sie zum Präjudiz wird, wenn es das nächste Mal knallt (CK). Musäus 1781 Reisen IV 153 Worüber, frag ich, sind Sie mit Ihrer Ehefreundin diskrepant? lieber einen gewissen Präjudicialfall, den meine Frau vor ihr Forum gezogen hat (SB). 1836 Jahrbücher Gesch. I 407 die Präjudicialfrage über die Nothwendigkeit einer allgemeinen Theilnahme (SB). 1863 KALTSCHMIDT präjudicial, das vorhergehende Urtheil betreffend; von Vorurtheilen eingenommen; beeinträchtigend, nachtheilig (bg). Friesen 1880 Erinnerungen II 270 die für den Abschluß des Waffenstillstandes gestellten Präjudicialbedingungen (SB). 1933 GENIUS präjudizial oder präjudiziell, ein Präjudiz betreffend, vorentscheidend, als Richtschnur für künftige Entscheidungen dienend; vor der Beurteilung der Hauptsache zu entscheiden; vorläufige Feststellung bezweckend (BG). HEYSE FWB 1870 präjudicial oder präjudiciell, vor der Hauptsache zu untersuchen und zu entscheiden (BG). Friesen 1910 Erinn. III 291 Die erste Frage war präjudiziell für das ganze System (SB). 1977 FWB LEIPZIG präjudiziell: für eine spätere Entscheidung maßgebend (SB). Mannh. Morgen 30.10.1989 Dieses Urteil hat keine präjudizielle Bedeutung (CK). präkambrisch Adj. (1907) (zu kambrisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für das Kambrium, diesem zugehörig’/ Kambrium ‘älteste Formationsgruppe des Paläozoikums’, zurückgehend auf Cambria, lat.-kelt. Name für Nordwales; vgl. engl. pre-Cambrian 1864 in OED 1989 und frz. precambrien 1904 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Geologie) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den vor dem Kambrium liegenden Abschnitt der Erdgeschichte, diesem Abschnitt zugehörig’, mit Präkambrium N. (1923) (vgl. frz. precambrien 1904 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘der vor dem Kambrium liegende Abschnitt der Erdgeschichte’ (lB). Ratzel 1907 Raum 102 Als ob man ahnte, daß die letzte Grenze der Reste des Lebens damit noch nicht erreicht sei, wählte man dort neutrale Namen wie präkambrisch, Dawson zog diesen Namen „als ein offenes Bekenntnis unserer Unwissenheit“ positiveren Benennungen ausdrücklich vor (SB). Thenius 1970 Paläontologie llff. So konnten von präkambrischen Fossilien Eiweißverbindungen und organische Farbstoffe nachgewiesen werden (CK). 1977 FWB LEIPZIG präkambrisch: das Präkambrium betreffend (z). 1923 BECHHOLD Präkambrium = Algonkische Formation (BG). 1933 GENIUS Präcambrium, die unter dem Cambrium liegende Erdschicht (BG). Spiegel 7.6.1993, 198 Durch Vergleiche von Genen läßt sich der Stammbaum des Lebens bis tief in die archaische Zeit des Präkambriums zurückverfolgen (CK). präkanzerös Adj. (1942) (zu Präkanzeröse, < frz. precancerose, 1896 von Dubreuihl geprägte Bezeichnung zunächst für die Vorstufe des Hautkrebses, später auch verwendet in bezug auf alle Krebskrankheiten; -kanzerös zurückgehend auf lat. cancerosus ‘voller Krebsgeschwüre’, zu cancer in der Bed. ‘Krebsgeschwür’; vgl. engl, pre-cancerous 1889 in <?page no="211"?> Das Präfix prä- 203 OED 1989 und frz. precancereux 1946 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘die Krebsentstehung begünstigend/ vorbereitend; dem Krebs vorausgehend’; vgl. in gleicher Bed. präkarzinomatös-, mit Präkanzeröse F. (1972) (vgl. oben) ‘Vorkrebskrankheit; zur Krebsentstehung führende/ neigende Erkrankung’; in gleicher Bed. verwendet wird auch Präneoplasie, —* neo-/ Neoplasie) (iB). PSCHYREMBEL 19J2 präkanzerös: die Krebsentstehung vorbereitend (BG). 1972 BROCKHAUS 1966JJ. Präkanzerösen, Vorkrebskrankheiten (BG). 1974 DTV MED Präkanzeröse: Vorstufe des Krebses (z). LEXIS 1984 Präkanzeröse (BSPA). Mannh. Morgen 9.4-1991 Leukoplakie heißt zunächst nur „weißer Fleck“ und ist keine Präkanzeröse (CK). Präkapillare F. (1977) (zu Kapillare ‘Haargefäß, kleinstes Blutgefäß’, zurückgehend auf lat. capillaris ‘zum Haar gehörig'/ capillus ‘Haar’) fachspr. (Medizin) ‘am vorderen Teil der Kapillare befindlicher Gefäßabschnitt’, mit präkapillar Adj. (1984) (vgl. frz. precapillaire 1972 in 1988 TRESSOR 1971ff.) ‘vorkapillar, am vorderen Teil der Kapillare (befindlich)’ (2). 1977 MEYER 1971ff. Präkapillaren, kurze Gefäßabschnitte am Übergang der Arteriolen in die Kapillaren (BG). LEXIS 1984 präkapillarer Tonus (BSPA). präkarbonisch Adj. (1980) (zu karbonisch ‘charakteristisch für das Karbon, diesem zugehörig'/ Karbon ‘Formation des Paläozoikums mit großen Sumpfwäldern, aus denen die Kohle entstand’, zurückgehend auf lat. carbo ‘Kohle’) fachspr. (Geologie) ‘vor dem Karbon entstanden; einer dem Karbon vorangehenden Periode zugehörig’ (lB). 1980 DUDEN GWB 1976ff. präkarbonisch, in einen Zeitabschnitt vor dem Karbon gehörend, ihn betreffend (BG). Präkardialgie F. (1942) (zu Kardialgie ‘Magenkrampf’, zurückgehend auf griech. <kardia> ‘Herz’ und <älgos> ‘Schmerz’; vgl. frz. Precordialgie 1980 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘Schmerzen im vor dem Herzen gelegenen Bereich der Brustwand’. Zu regulär-lokalem präkardial (2) vgl. präkordial (irreg). PSCHYREMBEL 1942 Präkardialgie: Schmerz in der Herzgegend (BG). Präkarzinom/ Präcarcinom N. (1933) (zu Karzinom ‘bösartige Geschwulstbildung’, zurückgehend auf griech. <karkinoma> ‘Krebsgeschwür’, zu <karkinos> ‘Krebs’) fachspr. (Medizin) ‘dem Krebs vorausgehendes Geschwür’, mit präkarzinomatös Adj. (1942) ‘die Krebsentstehung <?page no="212"?> 204 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neobegünstigend/ vorbereitend; dem Krebs vorausgehend’; vgl. in gleicher Bed. präkanzerös (lB). Lokal-Anz. 1^.1.1933 Geheimrat Blumenthal begrüßte den Gast als einen der hervorragendsten Vertreter der experimentellen Krebsforschung, der besonders den Begriff des „Präcarcinoms“ geklärt habe (SB). PSCHYREMBEL 19f2 präkarzinomatös: die Krebsentstehung vorbereitend (BG). präkatholisch Adj. (1933) (zu katholisch ‘zur röm.-kath. Kirche gehörend, diese betreffend’, zurückgehend auf griech. <katholikds> ‘allgemein, die Erde umfassend’, aus <katd> ‘über ... hin’ und <hölos> ‘ganz’) okkasionell/ bildungsspr. ‘vor-/ früh-/ urkatholisch’ (lB). 1933 Eranos-Jahrbuch 331 in dem sozusagen präkatholischen Zeitalter des Christentums (SB). präkavieren, mit Präkaution vgl. Irreg präkeramisch Adj. (1950) (zu keramisch ‘aus Keramik; bezogen auf die Keramik(herstellung)’/ Ä _ erarm& ‘Ton, Töpferware’, zurückgehend auf griech. <keramos>] vgl. engl, pre-ceramic in WEBSTER INTERNAT 1976) fachspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die erdgeschichtliche Phase vor der (ersten) Keramikherstellung durch den Menschen, dieser Phase zugehörig’, mit Präkeramikum N. (1972) (neoklassische Bildung) ‘Phase der frühen Jungsteinzeit vor der (bald danach einsetzenden) Keramikherstellung’ (ib). 1950 Saeculum 1J5 Reste präkeramischer Kulturen (SB). 1993 LEXIKON KUNST V 732 Präkeramische Periode, Bezeichnung für eine am Übergang vom Mesolithikum zum Neolithikum stehende Kulturstufe, in der die Herstellung von Keramik noch unbekannt ist (z). 1972 BROCKHAUS 1966ff. Präkeramikum, Übergangsstufe zwischen Mittel- und Jungsteinzeit (BG). prä-klassisch Adj. (1947) (zu klassisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Klassik, dieser zugehörig’/ Ä7asszÄ; ‘(künstlerische) Blütezeit’, zurückgehend auf lat. classicus ‘mustergültig, erstrangig’; vgl. engl. preclassic{al) 1871 in OED 1989 und frz. preclassique 1870 in ROBERT 1985) bildungsspr. ‘vor-/ früh-/ urklassisch’ (lB). Th. Mann 19f7 Faustus (SFV 6, f93) sich mit Vorliebe die fromme Fessel prä-klassisch strenger Formen auferlegen (CK). TAZ 12.9.1997. Gleichzeitig aber entwickeln die präklassischen französischen Ökonomen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Nachfolge Lockes ein liberalhumanistisches Projekt gesellschaftlicher Solidariät (CK). <?page no="213"?> Das Präfix prä- 205 Präklimakterium N. (1974) (zu Klimakterium ‘Wechseljahre’, < lat. climacter, zurückgehend auf griech. <klimakter> ‘Treppen-, Leiterstufe; Lebensstufe, -abschnitt’) fachspr. (Medizin), vgl. Beleg (iß). 1974 DTV MED Präklimakterium: unmittelbar dem Klimakterium vorangehende Phase (z). präklinisch Adj. (1985) (zu klinisch ‘in der Klinik, die Klinik betreffend’/ / v7mzÄ: ‘medizinische Einrichtung zur stationären Krankenbehandlung’, zurückgehend auf griech. <klinike> ‘Heilkunde’; vgl. engl, preclinical 1926 in WEBSTER INTERNAT 1976 und frz. preclinique 1946 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘vorklinisch; bezogen auf/ betreffend die Phase vor dem Krankenhausaufenthalt’ (lB). Zeit 28.6.1985 die Planung von präklinischen und klinischen Pharmakokinetikstudien (CK). Mannh. Morgen 5ÖT1.19Ä7Globale präklinische Standards müssen gewährleistet sein ( CK )- Mannh. Morgen 30.5.1991 Innerhalb des präklinischen Bereiches sind Sie im Team mit der Durchführung, Auswertung und Interpretation statistischer Experimente und Analysen beschäftigt (CK). präklusiv/ isch Adj. (1793) (zu lat. praecludere/ claudere ‘verschließen, versperren, ausschließen’; vgl. engl, preclusive 1695 in OED 1989) fachspr. (Justiz) ‘ausschließend; völlig abweisend; die Rechtsausschließung zur Folge habend’, mit präkludieren V.trans. (1797) (< lat. praecludere-, vgl. engl. preclude 1629 in OED 1989) ‘(gerichtlich) dauerhaft/ von vorn herein ausschließen; eine Rechtsausschließung zur Folge haben’; Präklusion F. (1804) (< lat. praeclusio ‘Ausschluß, Ausschließung’; vgl. engl, preclusion 1616 in OED 1989) ‘Rechtsausschließung, gerichtliche Abweisung’ (irreg). Wolf 1793 Ph. Dulder 1 176 Noch hatt’ er die gestrige Motion nicht ganz verschlafen, als die saemmtlich wie praeclusivisch citirt erschienen (SB). CAMPE FWB praeclusivische Frist, eine vom Richter anberaumte Zeit oder Frist, binnen welcher Jemand sein Recht, wenn er dessen nicht verlustig werden will, zu erweisen hat (BG). 1828 Baier. Int. Bl. #77 (Überschrift) Präclusiv-Erkenntniß (SB). 1977 FWB LEIPZIG präklusiv oder präklusivisch: die Präklusion zur Folge habend; von vorn herein ausschließend; rechtsverwirkend (z). Büsch 1797 Hamburg. Handlung 126 wenn die Gläubiger durch wiederholte Proklame zitirt und nach einem gewissen Termine präkludirt werden (SB). CAMPE FWB 1813 praecludieren, in der Rechtssprache: ausschließen und zwar für immer (BG). 1980 DUDEN GWB 1976ff. präkludieren (jur.): jmdm. die Geltendmachung eines Rechtsjmittels, -anspruchs] wegen Überschreitung der Präklusivfrist verweigern (BG). HEYSE FWB 180f Präclusion, die Rechtsausschließung od. Abweisung, (vermöge welcher jemand seines etwanigen Rechts verlustig od. für unfähig erklärt wird, ferner Ansprüche zu machen (BG). <?page no="214"?> 206 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Auerbach 1861 Gesellschaftswesen 121 Zur Sicherstellung können sie die öffentliche Vorladung mit der Wirkung beantragen, daß sie nach ergangenem Präclusionserkenntniß aus den Geschäften nur für das haften, was [...] (SB). 1977 FWB LEIPZIG Präklusion: (Rechtsw.) Ausschließung, Rechtsverwirkung (z). präkogitieren, mit Präkogitation (lA) vgl. Hist Präkognition F. (1838) (< lat. praecognitio-, vgl. engl, precognition 1611 in OED 1989 und frz. precognition in ROBERT 1985) fach-/ bildungsspr. ‘Vorkenntnis/ -wissen’ (lA). HEYSE FWB 1838 Präcognition, Vorkenntnis, Vorwissen (bg). Bender 1970 Parapsychologie 88ff. Es machten sich allmählich gewisse „Sättigungserscheinungen“ in Bezug auf den umständlichen Platzversuch bemerkbar, die zu Fehlschlägen neben den Präkognition nach wie vor beweisenden Experimenten führten ( CK )- 1980 DUDEN GWB 1976ff. Präkognition (Parapsych.) außersinnliche Wahrnehmung, bei der zukünftige Ereignisse vorausgesagt werden (BG). präkoital Adj. (1990) (zu koital ‘auf den Koitus bezogen'/ Koitus ‘Geschlechtsakt’, < lat. coitus, auch ‘Zusammentreffen; Vereinigung’; vgl. engl, precoital 1935 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘vor dem Koitus (auftretend/ stattfindend)’ (1B). Spiegel 14.5.1990 Deis Männchen vermochte beim präkoitalen Getändel die Erwartungen nicht zu erfüllen (z). präkolumbisch Adj. (1883), auch präkolumbianisch (1940) (zu Kolumbus, Eigenname, span. Seefahrer und Entdecker Amerikas; vgl. frz. precolumbien 1876 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl. pre-Columbian 1880 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘vor der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus’ (ib). 1883 Z. f. Ethnologie 13 die praecolumbischen Bewohner (SB). Voss. Ztg. 17.8.1928 (Überschrift) Die präkolumbischen Kulturen in Lateinamerika (SB). Greiff 1934 Verschollenes Wissen 1 das präkolumbische Amerika (SB). Mannh. Morgen 26.1.1985 Keine andere Unternehmung in präkolumbischer Zeit hat einen derartigen Kraftaufwand erfordert (CK). Spiegel 21.6.1993, 176 439 Kunstwerke sind zusammengekommen: Beispiele der maßstabsetzenden Pop-Art-Kollektion ebenso wie klcissisch-antike und präkolumbische Bildwerke (CK). 1940 Naturvölker 333 die präkolumbianischen Kulturvölker (SB). 1950 Saeculum 140 die Vielfalt der präkolumbianischen Kulturformen Amerikas (SB). Zeit 1.8.1986 Die legitimen Vergleichsbeispiele liefert die präkolumianische Kunst (CK). Spiegel 19.7.1993, 146 Das Bewässerungssystem für die Weinberge des Andenstaates stammte zum Teil noch aus der präkolumbianischen Zeit (CK). <?page no="215"?> Das Präfix prä- 207 Mannh. Morgen 5.4-1993 Während die Frühwerke noch Einflüsse von Kubismus und Futurismus zeigen, setzt bald der eigene, mehr von Volkskunst und präkolumbianischer Mythologie inspirierte Malstil ein (z). Präkoma N. (1942) (zu Koma ‘Bewußtlosigkeit’, zurückgehend auf griech. <köma> ‘tiefer Schlaf’; vgl. frz. precoma 1977 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘Vorstadium eines Komas; beginnende Bewußtseinsstörung’ (ib). PSCHYREMBEL 194% Präkoma: beginnende Störung des Bewußtseins (BG). präkonditioniert Adj. (1971) (zu konditioniert ‘bedingt'/ Kondition ‘Bedingung’, zurückgehend auf lat. condicio ‘Bestimmung, Bedingung’; vgl. entsprechend das engl. Subst. precondition ‘Vorbedingung, Vorherbestimmung’, 1825 in OED 1989) bildungsspr. ‘im vorhinein bestimmt/ eingestimmt; vorgeprägt’ (lA). Amery 1971 Widersprüche 71? die Medien, deren Raison d’etre es ist, das Neue, Neuere, Allerneueste einem durch sie schon präkonditionierten Publikum vorzutragen (z). präkonisieren/ präkonieren, mit Präkonisierung, Präkonisation, Präko, Präkonium vgl. Irreg prae-konstitutionell Adj. (1963) (zu konstitutionell''dde Konstitution beixetdend'/ Konstitution in der Bed. ‘Verfassung, Grundgesetz (eines Staates)’, zurückgehend auf lat. constituere ‘festsetzen, einrichten’; vgl. frz. preconstitutionnel 1949 in 1988 TRESOR 1971ff.) okkasionell/ bildungsspr. ‘vor der konstitutionellen Phase liegend/ stattfindend; vorkonstitutionell’ (IB). Strauss 1963 Tyrannis 205 der prae-konstitutionelle Herrscher (SB). präkonsumieren, mit Präkonsumtion (lA) vgl. Hist präkonzipieren, mit präkonzept (lA) vgl. Hist präkordial Adj. (1838), seltener auch präkardiat (1942), ursprünglich und bis heute noch häufig präcordial/ praecordial (zu kordial/ kardial ‘das Herz betreffend, zu ihm gehörig’, zurückgehend auf griech. <kardia> / lat. cor ‘Herz’; vgl. frz. precordial 1363 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff. und engl. precordial 1562 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘vor dem Herzen, in Herznähe (befindlich)’, früh (1836) auch in Komposita wie Präkordialgegend, Präkordialangst, Präkardialschmerz-, vgl. auch das strukturell irreguläre Präkardialgie-, mit Präkordien PI. (1709), zunächst bis ins späte 19. Jh. in der lat. Form Praecordia (< lat. praecordia ‘Haut, die Herz und Lunge vom Unterleib trennt; Brusthöhle’, vgl. engl, praecordia (veral- <?page no="216"?> 208 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neotet)/ precordium 1601/ 1892 in OED 1989) ‘Herzvorfeld, Herzgegend’, veraltet (2). Hufeland 1836 Euch. med. 281 Präkordialgegend (SB). HEYSE FWB 1838 Präcordien, pl., die Gegend ums Herz; präcordial, zu dieser Gegend gehörig (EG). 1933 GENIUS präkordial, die Herzgegend betreffend (bg). PSCHYREMBEL präkordial: in der Gegend vor dem Herzen. Präkordialangst: Angstgefühl (BG). Becker 1970(? ) Kreislaufbefunde 90ff. Im EKG ergibt sich eine hohe R-Zacke in den rechts-praecordialen Ableitungen (CK). 1984 LEXIS präkordialer Druck (BSPA). ebd. Präkordialangst (BSPA) Mannh. Morgen ? .4-1991 Für den akuten Herzinfarkt ist der heftige, oft von Vernichtungsgefühl begleitete Präkordialschmerz typisch, der länger als 1/ 2 Stunde andauern kann (CK). PSCHYREMBEL 1942 präkardial: vor dem Herzen (BG). ebd. Präkardialschmerz, Schmerz in der Herzgegend (BG). 1980 DUDEN GWB 1976JJ. präkardial, präkordial, vor dem Herzen (liegend) (BG). 1984 LEXIS präkardiale Ableitung (BSPA). Wogt 1709 Schatzkammer 752 Praecordia, wurde von den alten Medicis das Zwergfell genennet (SB). HEYSE FWB 1838 Präcordien, pl. die Gegend ums Herz, die Herzgrube, Magengegend (BG). 1741 ZEDLER Praecordia, siehe Obereingeweide (BG). 1886 BROCKHAUS 1882ff. Präcordien, die Gegend ums Herz (BG). 1933 GENIUS Präkordien, pl., die Gegend ums Herz (BG). präkox, mit Präkozität vgl. Irreg präkulmisch Adj. (1977) (zu kulmisch ‘charakteristisch für das/ zugehörig dem Kulm’/ / \u/ m ‘sandig-tonige Ausbildung des unteren Karbons’, zurückgehend auf lat. culmen ‘Gipfel’ und engl, culm ‘Kohlenstaub’) fachspr. (Geologie) ‘vor dem Kulm entstanden; einer dem Kulm vorangehenden Periode zugehörig’ (iB). 1977 DUDEN GWB 1976JJ. präkulmisch, in einen Zeitabschnitt vor dem Kulm gehörend, ihn betreffend (BG). präkunsthistorisch Adj. (1927) (zu kunsthistorisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Entwicklung/ Geschichte der Kunst(wissenschaft)’; Bildung mit teilindigener Basis, wohl in Anlehnung an prähistorisch) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Periode, aus der keine künstlerischen Fähigkeiten des Menschen nachgewiesen sind’ (lB). Wätzold 1927 Land 15 in der präkunsthistorischen Periode (SB). <?page no="217"?> Das Präfix präpräkurrieren, mit Präkursor, präkursorisch, Präkurs/ ion vgl. Irreg 209 Praelabium N. (1972) (zu Labium ‘Lippe/ Unterlippe der Insekten’, < lat. labium ‘Lippe’; vgl. das entsprechende engl. Adj. prelabial ‘vor der Lippe/ dem Labium befindlich’ 1852 in OED 1989) fachspr. (Zoologie), vgl. Beleg (2). 1972 BROCKHAUS 1966ff. Praelabium: vorderer Teil des Labiums (Unterlippe) der Insekten (BG). Prälat M. (nach DFWB 1942: frühes 13. Jh.), bis zum 17. Jh. vor allem in der Form prelat/ Prelat (< mlat. praelatus eigentlich ‘der Vorgesetzte; Vorzügliche’, subst. Mask, des Part.Perf.Pass. von lat. praeferre, eigentlich ‘voran-, nach vorn tragen’; ‘vorziehen, höher schätzen’, vgl. Etym; vgl. frz. prelat 1155 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prelate 1205 in OED 1989) (in der kath. Kirche) ‘hoher geistlicher Würdenträger, hoher Kirchenamtsinhaber’, mit Prälatur F. (nach DFWB 1942: 13. Jh.), zunächst bis zum 17. Jh. in der Form prelatur (< mlat. praelatura-, vgl. frz. prelature 1380 in 1988 TRESOR 1971 ff. und engl, prelature 1607 in OED 1989) ‘Würde/ Rang/ Wohnung/ Amtssitz des Prälaten’; Prälation F. 1619 SB) (< mlat. praelatio; vgl. frz. prelation 13. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prelation 1420 in OED 1989) ‘Vorzugsrecht), Vorziehung’, veraltet (irreg). 1^14-1418 I Lihencron, Volkslied I 231, Ifiüprelaten (SB). 1524 v- Günzburg 111 247 gaistliche prelaten (SB). Rivius 1548 Vitruvius 181b der platz in die Orchestra/ darauff die Ratherrn in iren Prelatstuelen sassen (SB). 1561 MAALER Prelat (der) Antistes (BG). 1571 ROTH Praelat, Ein fürgesetzter Bropst oder Apt (BG). Vulpius 1788 Glossar 99 Prälat, ein Mann, der beßer ißt und trinkt als ein Laie (SB). Daz 20.12.1935 Der über fünfzig Jahre alte „Prälat am Alexanderplatz“ hat jetzt einen Zwillingsbruder bekommen, das Wirtshaus „Zum Prälaten am Zoo“ (SB). Welt 4-1.1969 Es mag viele Gründe geben, die es dem Abt nahelegen, als erster deutscher Prälat den Hirtenstab in die Ecke zu stellen (CK). Zeit 20.3.1987 Selbst gestrenge Prälaten geraten in fast sinnliche Aufregung (CK). 1414~14d8 I Lihencron, Volkslied I 247, 1215 prelatur (SB). 1571 ROTH Praelatur, Das ampt eins Bropsts od. Apts (BG). 1980 DUDEN GWB 1976JJ. Prälatur a) Amt eines Prälaten; b) Amtsräume eines Prälaten (BG). prälegieren, mit Prälegat (lA) vgl. Hist prälibieren, mit Prälibation (lA) vgl. Hist präligieren vgl. Irreg <?page no="218"?> 210 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopräliminar Adj. (HECHTENBERG 17. Jh.), auch präliminär (neoklassische Bildung in Anlehnung an lat. prae limine ‘vor der Schwelle’, semantisch auch temporal in der Bed. ‘vor dem Anfang, anfänglich’; vgl. engl, preliminary 1667 in OED 1989 und frz. preliminaire 1671 in 1988 TRESOR 197117.) fach-/ bildungsspr. ‘vorläufig; einleitend, vorhergehend’, veraltet, mit Präliminarien PI. (1637), Sg. selten: Präliminare N., bis ins spätere 18. Jh. häufig in der nlat. Form Praeliminaria (neoklassische Bildung; vgl. engl, preliminary 1656 in OED 1989 und frz. preliminaire 1671 in 1988 TRESOR 19711F.) ‘Vorverhandlungen; Einleitungen; Vorbereitungen; der Hauptsache vorangehende Aktionen’, vom 18. bis ins frühe 20. Jh. häufig im Kompositum Friedenspräliminarien] präliminieren V.trans. (1871 SAN- DERS EWE) ‘vorläufig festlegen, bestimmen’, veraltet (irreg). 1637-1645 Instruktionen 389, 13 die praeliminarien zu diessen universal Friedenstraktaten (SB). 1723 Zschackwitz Karl 6., 407, IV Nach vieler Mühe brachten die Alliirten endlich nachstehende Praeliminarien zum Stande (SB). Sonnenfels 1769 Theresie 5 Ein Weib, das den Grotius anführt, und Friedenspräliminarien entwirft, ist unausstehlich (SB). Rehfues 1809 Br. a. Italien II 88 ein Gespräch anzufangen, eine Verabredung zu treffen, wozu die Präliminarien bis jetzt nur durch ein Augenspiel getroffen worden waren ( SB )' Hohenlohe-Ingelfingen 1864~70 Leben III 326 die Ratifikation der Friedenspräliminarien (SB). Zobeltitz 1902 Papier. Macht II 73 Es bedarf keiner Präliminarien (SB). Sonnenberg 1911 Glückszeit SfS bei Abschluß der Friedenspräliminarien (SB). 1928 Sittengesch. 127 die Präliminarien des Coitus (SB). Borst 1957 Turmbau 70 Die Grammatik wird zu einer Präliminarie der Theologie (SB). Partner 1965 Erben 281 Nach diesen Präliminarien begannen die Verhandlungen ( CK )- Zeit 9.3.1990 All dies waren Präliminarien, die eigentliche Morphologie des modernen Nationalismus beginnt am Ende des 18. Jahrhunderts (CK). Prälingual M. (1985) (zu Lingual ‘mit Beteiligung der Zunge gebildeter Laut; Zungenlaut’, zurückgehend auf lat. lingua ‘Zunge’; vgl. das entsprechende engl. Adj. prelingual ‘vor der Zunge gebildet/ gelegen’ 1953 in OED 1989) fachspr. (Phonetik), vgl. Beleg (2). 1985 SPRACHWISS. TERMINI Iflf- [ ■■■ ] entsprechend der unmittelbar artikulierenden Zungengegend: Prälinguale od. Vorderzungenlaute (z). praeliterarisch Adj. (1984) (zu literarisch ‘schriftstellerisch, bezogen auf/ charakteristisch für die Literatur, dieser zugehöng' 1 / Literatur ‘Gesamtheit schriftlicher Äußerungen; Dichtung, schöngeistiges/ wissenschaftliches Schrifttum’, zurückgehend auf lat. litteratura ‘(Buchstaben-)Schrift’/ littera ‘Buchstabe’; vgl. engl, preliterate 1925 in OED 1989 und frz. prelitteraire 1928 in ROBERT 1985) bildungsspr. ‘vorliterarisch; bezogen <?page no="219"?> Das Präfix prä- 211 auf/ charakteristisch für eine Periode, aus der keine literarischen Zeugnisse vorliegen’ (iß). 1984 Journal f. Gesch. 3, 11 praeliterarische Sonderformen mündlicher Überlieferung (Z)- Prälithikum N. (1937) (zu Lithikum ‘Steinzeit’, zurückgehend auf griech. <lithos> ‘Stein’) fachspr. (Geologie) ‘Vorsteinzeit; vor dem Lithikum liegende Phase’ (iB). Schmidt 1937 Ethnologie 278 Hier müssen jedenfalls die alten Knochenkulturen aus dem ganzen Schema herausgenommen werden, das ja immer nach dem Stein (lithikum) aufgestellt ist, und allen lithischen Kulturen vorangestellt werden als „Prälithikum“ (SB). prälogisch Adj. (1926) (zu Logik in der Bed. ‘Fähigkeit, folgerichtig zu denken’, zurückgehend auf griech. <l6gos> ‘Wort, Rede, VerrwxniV/ logisch ‘denkrichtig, den Denkgesetzen gemäß’; vgl. engl, prelogical/ prelogic 1893/ 1937 in OED 1989 und frz. prelogique 1910 in 1988 TRE- SOR 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘dem logischen Denken vorgeordnet; noch nicht logisch (denkend); vorlogisch’, mit Prälogismus M. (1977) (zu Logismus in der Bed. ‘Lehre, daß die Welt logisch geordnet ist; Lehre der wissenschaftlichen Denkformen’) fachspr. (Philosophie) vgl. Belege (iB). 1926 | Leisegang 1928 Denkformen 2 Der Erste übrigens, der den Begriff des „Prälogischen“ einführte, aus dessen Wortsinn sich zunächst ergibt, daß mit ihm eine Vorstufe der eigentlichen Logik gemeint ist, war bei der inhaltlichen Fassung dessen, was er darunter verstand, viel vorsichtiger als seine Nachfolger. Levy-Bruhl schreibt (1926): „Unter prälogisch soll auch nicht verstanden werden, daß diese Geistesbeschaffenheit (der Naturvölker) gewissermaßen ein Stadium darstellt, welches der Erscheinung des Denkens in der Zeit vorausgeht“ (SB). Friedell 1927 Kulturgesch. I 233/ 234 prälogisch (SB). 1967 Bild d. Wiss. 2, 109 Tätowierungen gehörten zum Bild des „Wilden“, dem nur ein „prälogisches“ Denkvermögen zugestanden wurde (CK). 1977 FWB LEIPZIG prälogisch: im Zustand eines noch nicht logischen Denkens befindlich, primitiv, vorlogisch (z). De Laureiis 1987 Semiotische Phantasie 38 (Übersetzung) Stumm und namenlos, ist ihr Körper der Mutterleib der präsemiotischen Natur (der präsymbolischen und prälogischen, würde Julia Kristeva sagen) (SB). 1977 FWB LEIPZIG Prälogismus: Lehre von den vorwissenschaftlichen Denkformen (der urgeschichtlichen Menschen) (z). präloquieren, mit Präloquium, Prälocution (lA) vgl. Hist Präludium N. (1532) (neoklassische Bildung; zu lat. ludus ‘Spiel’; vgl. frz. Prelude 1530 in 1988 TRESOR 1971ff. (vgl. im 19. Jh. aus dem Frz. ins Dt. übernommenes Prelude N., besonders in der Bed. ‘selbständiges musikalisches Fantasiestück’) und engl, preludium 1570 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Einleitung, (musikalisches) Vorspiel’, auch ‘(einleitendes) <?page no="220"?> 212 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neofantasieartiges Musikstück’, mit präludieren V.trans. (1571) (< lat. praeludere; vgl. engl, prelude 1655 in OED 1989 und frz. preluder 1657 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘einleiten, vorangehen; ein (musikalisches) Vorspiel machen’, auch ‘(auf einem Instrument) frei phantasieren’, veraltend (lA). 1532 Schade, Satiren I 212 So wil Bepstliche Heiligkeit der Deudschen torheit straffen und irem vermeinten Jüngstentag ein preludium machen (SB). 1571 ROTH Praeambl oder praeludium, das vorfechten/ vorleuffel (BG). Dannhauer 16^2 Katechismusmilch I 15 Das praeludium und Vorspiel geschah anfangs in der Patriarchen Hauhsschul (SB). Grimmelshausen 1669 Simpl. 402 lauter Praeludia meines abermaligen gäntzlichen Verderbens (SB). Grimmelshausen 1670 Springinsfeld III 226 Omen oder präludium desjenigen Unglücks (SB). Herder 1767 Literatur 1, IfS Briefeingänge, Präludien und Episoden, die mehr werth sind, als ganze Kritiken (SB). Kindleben 1779 Schlutemus 102 nach einem grossen und ceremoniösen Präludium (SB). Mahler 1860 Miht. Bilderbuch 13 Sei nun diese Skizze das Präludium für mein „Militärisches Bilderbuch“ (SB). Scherr 1865 Blücher II fl das präludium zum Konkordat (SB). 1894 I Schlosser (Buchtitel) Präludien. Vorträge und Aufsätze (SB). Imago II {1925) 130 Präludien der Liebe (SB). Lokal-Anz. 6.6.1934 das zu Unrecht vernachlässigte „Festliche Präludium“ von Richard Strauss (SB). Benjamin 1938 Br. II 783 Diese Enttäuschung hat ihren Grund darin, daß die Arbeit nicht sowohl ein Modell darstellt, als ein Präludium (z). N.Z. {Basel) 30.3.1949 Der betreffende Herr hätte ohne weiteres das, auf das er hinweisen will, sagen können, ohne das Präludiumsätzlein (SB). Süddeutsche Ztg. 28. 6.1955 (Überschrift) Molotows Präludien (SB). Mannh. Morgen 14-6.1985 Die gelungene Hommage schloß mit einer Interpretation der „Flachen Präludien für einen Hund“ (CK). Rhein. Merkur 26.1.1990 In ihrer Erinnerungsprosa ordnen sich die Erfahrungen einer wohlgeordneten Jugend zum selbstverständlichen Präludium schöpferischer Existenz (CK). 1571 ROTH preludirn, vorfechten, ein eingang zu eim mehrern machen, preambel machen (BG). Weisse 1768 Beytrag III 295 Glückliche Saiten, die ihr oft von ihrer schönen Hand berühret werdet! (Er tritt hin und praeludiret ein wenig) (SB). Grecourt 1787 Werke II165 ln seiner Schönen Arm begann ein frohes Fest. Man präludirt mit einer Saat von Küssen (SB). Goethe 1795J96 Lehrjahre 203 Und so fing er auf der Harfe zu präludiren an (SB). Laube 1836 Schauspielerin 17 Er hörte sie lachen, präludiren und unter Lachen eine klingende, von Üppigkeit duftende Stimme erheben (SB). Hahn 1844 Oriental. Br. II 28 ein kleiner Tempel der Vesta, der schwerfälligen Constantinischen zeit präludirend (SB). Polko 1895 Hell u. Dunkel 24 er legte die weissen Hände präludierend auf die Tasten (SB). 1910/ II/ Pan I 452 Auch sein Erstlingswerk, die „Flämischen Legenden“, die den „Ulenspiegel“ um neun Jahre präludieren (SB). Meinecke 1924 Idee 272 Spinoza präludierte Hegel (SB). <?page no="221"?> Das Präfix prä- 213 Eppelsheimer 1955 Schild 19 bei fortwährendem Wechsel der präludierenden Künste (SB). Zeit 10.5.1985 Alvin Curran ließ dais, was er mit flinken Fingern präludierte, vom Rechner aufgreifen und einem Synthesizer zuleiten (CK). Mannh. Morgen 2.8.1995 Das „Rheingold“ führt mild-präludierend in die Tetralogie ein (CK). präluzieren, mit präluzid vgl. Irreg Prä-Malaye M. (1934) (zu Malaie ‘Angehöriger einer Völkergruppe in Teilen Indiens und Indonesiens’) fachspr. (Geologie, Völkerkunde) ‘Vor-/ Urmalaie’ (iß). 1934 Ostasiat. Rundschau 1,11 Prä-, Proto- und Alt-Malayen (SB). prämaligne Adj. (1974) (zu maligne ‘bösartig (bei Geschwülsten)’, < lat. malignus; vgl. engl, premalignant 1897 in WEBSTER INTERNAT 1976) fachspr. (Medizin) ‘im Vorfeld der Bösartigkeit befindlich, noch nicht bösartig’ (1B). 1974 DTV MED [unter dem Stichwort Präkanzeröse] prämaligne Gewebeveränderungen (z). Prae-Marxist M. (1986) (zu Marx, Eigenname, dt. Philosoph/ Marxist ‘Vertreter/ Anhänger der Lehre von Marx’; vgl. entsprechend jeweils die Adj. frz. premarxiste 1936 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl. pre- Marxian/ pre-Marxist in WEBSTER INTERNAT 1976) okkasionell/ bildungsspr. ‘Vertreter/ Anhänger von dem Marxismus entsprechenden Ideen bereits vor Marx; Vor-/ Frühmarxist’ (lB). Zeit 28.2.1986 da ich bewiesen habe, daß die Meisterdenker erstens tot sind und zweitens Prae-, Proto- oder Post-Marxisten waren (z). prämatur/ iert Adv./ Adj. (1813/ 1831) (< lat. praemature/ praematurusv gl. engl, premature 1529 in OED 1989 und frz. prematurement/ premature 1509/ 1632 in 1988 TRESOR 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘frühreif, vorzeitig, übereilt’, mit Prämaturität F. (1831) (vgl. engl, prematurity 1611 in OED 1989 und frz. prematurite 1762 in ROBERT 1985) ‘Früh-/ Notreife; Voreiligkeit’; prämaturieren V.intrans. (1838) ‘übereilen, verfrühen’ (lA). CAMPE 1813 praematuriert, übereilt, überreift, z.B. die Geistesbildung. Man könnte auch verfrühen dafür bilden (BG). OERTEL 1831 prämatur: frühzeitig, voreilig (BG). HEYSE FWB 1838 prämaturiren, zu früh zeitigen, zu rasch treiben, verfrühen (BG). 1977 FWB LEIPZIG prämatur: voreilig; frühzeitig, verfrüht, vorzeitig; die Prämaturität betreffend (z). <?page no="222"?> 214 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- OERTEL 1831 Prämaturität, Voreiligkeit (bg). 1971 FWB LEIPZIG Prämaturität: Voreiligkeit; Frühreife, vorzeitige Pubertät (z). Praemaxillare N. (1923) (zu Maxillare ‘oberer zahntragender Randknochen der Mundhöhle’, < lat. maxilla ‘Kinnbacken'/ maxillaris ‘zur Kinnlade gehörig’; vgl. frz. premaxillaire 1844 in 1988 TRESOR 19711F. und engl. premaxillary 1854 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘der vordere Teil des Maxillare; Zwischenkiefer’ (2). 1923 BECHHOLD Praemaxillare = Zwischenkiefer (BG). 1972 BROCKHAUS 1966ff. Praemaxillare, Intermaxillare, Zwischenkiefer, mittlerer Teil des Oberkiefers der Wirbeltiere (BG). Prämedikation F. (1977) (zu Medikation ‘Verabreichung eines Medikaments’, zurückgehend auf lat. medicare ‘heilen, mit Arzneistoffen versehen’, vgl. auch lat. praemedicatus ‘mit Arznei-/ Zaubermitteln verwahrt’; vgl. engl, premedication 1926 in OED 1989 und frz. premedication 1959 in ROBERT 1985) fachspr., vgl. Beleg (lA). PSCHYREMBEL 1S77 Prämedikation: medikamentöse Vorbereitung der Narkose (BG). Prämeditation F. (1571) (< lat. praemeditatio-, vgl. frz. premeditation 1370 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, premeditation 1450 in OED 1989) bildungsspr. ‘Vorüberlegung, Vorbedacht’, mit prämeditieren V.trans. (1571) (< lat. praemeditari-, vgl. hz.premediter 1395 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, premeditate 1548 in OED 1989) ‘vorher bedenken’, veraltet (lA).. 1571 HOTT/ Praemeditation, Vorbetrachtung/ vorerörterung/ zeitliche besinnung (BG). Hornberger 1883 Selbstgespr. ^0 Nicht genug, daß Eltern im Affekt Kinder zeugen; sie erziehen sie auch noch mit Praemeditation (SB). 1977 FWB LEIPZIG Prämeditation: Vorüberlegung, das Vorausdenken (z). 1571 Roth praemeditirn, zuvor betrachten/ besinnen/ bedencken, was man reden, thun oder lassen soll (BG). 1772 Frank/ , get. Anz. 330 Die Art des alten Lords, seine Schwesterfrau durch eben diese Menschenliebe vor andern Gefühlen zu bewahren, wird nur durchs prämeditiren romanesk (SB). Kammer 1922 Katastrophenpol. 381 dass die Russen diesen Krieg prämeditiert haben (SB). Meinecke 1924 Idee 250 die als praemeditiert angenommene Bartholomäusnacht (SB). prämendelistisch Adj. (1934) (zu Mendel, Eigenname, dt. Biologe/ mendelistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Erkenntnisse/ Forschungsergebnisse/ Vererbungslehre Mendels’; vgl. engl. pre-Mendelian 1902 in OED 1989 und frz. premendelien 1956 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Biologie/ Anthropologie) ‘zeitlich vor Mendel, vor den Forschungen/ Erkenntnissen Mendels liegend’ (iß). <?page no="223"?> Das Präfix prä- 215 Krumbiegel 1934 (Buchtitel) Die prämendelistische Vererbungsform (SB). Prä-Mensch M. (1983) okkasionell/ bildungsspr. ‘Vorform des Menschen; Ur-/ Vormensch’ (iB). Zeit 16.9.1983 Babies würden von den Vätern gewiß nicht originär lieblos, aber doch mit freundlicher Ironie als sabbernde Prä-Menschen auf Abstand gehalten (z). prämenstrual Adj. (1942), auch prämenstruell (1974) (zu Menstruation ‘zyklische Abstoßung der Gebärmutterschleimhaut’, zurückgehend auf lat. menstruare ‘menstruieren’, zu mensis ‘Monat’ und zu menstruell/ menstrual ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Menstruation, zu ihr gehörig’; vgl. engl, premenstrual 1885 in OED 1989 und frz. premenstrual 1908 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘kurz vor der Menstruationsphase auftretend; bezogen auf/ charakteristisch für diese’ (lB). PSCH YREMBEL 1942 Praemenstruum: die Tage vor der Menstruation, ebenso prämenstrual (BG). 1974 DTV MED Prämenstruelles Syndrom: wiederkehrendes Auftreten bestimmter Symptome in den letzten Tagen vor Eintritt der Menstruationsblutung (z). Prämisse F. (1453) (bis Ende 18. Jh. vorwiegend in der lat. Form praemissae\ < lat. praemissa ‘das Vorausgeschickte’, substantivierter Pl.N. des Part.Perf.Pass. von praemittere ‘vorausschicken’ zu mittere ‘schicken’; vgl. frz. premisse 1310 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, premise 1374 in OED 1989) fach-/ bildungsspr., philosphischer Terminus der Logik: ‘Vordersatz eines Schlusses; Voraussetzung’, mit prämittieren V.trans. (HEYSE FWB 1804) (< lat. praemittere) ‘vorausschicken/ -setzen’, veraltet (irreg). Sachsenheim 1453 Mörinz 149 premis (SB). 16. Jh. I Malherbe 5 mit offnem sinn, nit mit dem prämiss (SB). Musäus 1781 Reisen III 10 die Prämissen unsers Streits (SB). Krause 1828 System der Philosophie 38 jeder Schlußsatz wird erkannt als mitgegeben in den Prämissen (SB). Nordau 1883 Lügen 12 Der Naturalismus spricht die Prämisse aus, der Idealismus zieht den Schluß aus ihr (SB). Salomon 1922 Mittelalter 9 Die Prophetie ist „Prämissenschriftstellerei“, wie Kierkegaard sagt (SB). Welt 21.3.1969 Auch dies ist eine Prämisse für gute Thriller (CK). Frankf. Rundschau 23.1.1990 Es ist unredlich, Prämissen zu formulieren, die auf absehbare Zeit nicht erfüllbar sind (CK). Spiegel 9.7.1990 Ich rede nicht über präsumtive Prämissen, sondern ich rede über reale Prämissen (z). Prämodern Adj. (1986) (zu modern in der Bed. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Moderne , / Moderne, umfassende Epochen-/ Kunst-/ Kulturbezeichnung für diverse Kunststile/ -bewegungen des 20. Jh., Wortprägung v on E. Wolff und H. Bahr 1890; vgl. engl, pre-modern 1966 in OED 1989) <?page no="224"?> 216 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neobildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die der Moderne vorausgehende Phase, dieser zugehörig’, mit Prämoderne F. (1987) ‘die der Moderne (unmittelbar) vorausgehende Phase; Vormoderne’, wohl Parallelbildungen zu postmodern/ Postmoderne, —+ post/ Postmoderne (lB). Zeit lf.2.1986 Malen ist bei aller Virtuosität in diesem Werk stets intelligible Handlung, ist frei von jenen prämodernen Gelüsten, in die sich die über ihren Moderne-Auftrag erschlaffte Malerei zuweilen flüchtet (CK). Seel 1989 Moderne f3 Das Besondere an Nietzsche ist eher, daß sich bei ihm (inklusive eines prämodernen Elitismus) alle die Grundpositionen des Streites um die Moderne versammelt finden (Z). Zeit 8.2.1991 eine Know-how-Elite früher Zeiten, experimentierfreudig, aufgeschlossen, kooperativ aber ebenso geprägt von den Zucht- und Ordnungsmustern einer praewie postmodernen Gesellschaft (z). Zeit 27.2.1987 Wenn es diese „Lebenswelt“ einmal gegeben hat gewissermaßen eine Art Prämoderne -, dann wird diese Sehnsucht dadurch widerlegt, daß man sie verließ, um den Sinn außerhalb von ihr zu finden (CK). Zeit 29.9.1989 (Überschrift) Ein herrlicher Romantiker - Prinz Charles will die Prämoderne (z). Prämolar M. (1896), meist PI. Prämolaren (zu Mo/ ar‘Mahl-/ Backenzahn’, zurückgehend auf lat. mola/ molaris in der Bed. ‘Mühlstein/ zum Mühlstein gehörig’; vgl. engl, premolar 1842 in OED 1989 und frz. premolaire 1859 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘vorderster Backenzahn’, mit prämolar Adj. (1974) (vgl. engl, premolar 1880 in OED 1989) ‘vor einem Molar (befindlich); den Prämolar betreffend, diesem zugehörig’ (2). 1896 MEYER 1893ff. Prämolaren, vordere Backenzähne (BG). PSCHYREMBEL 15^2 Prämolarzähne: vordere Backenzähne, zwischen Eckzähnen und Mahlzähnen (BG). 1977 FWB LEIPZIG Prämolaren: vordere Backenzähne, Vormahlzähne (z). 1984 LEXIS Prämolar (BSPA). Mannh. Morgen 9.4-1991 Als letztes erscheinen die hinteren Prämolaren, die dann das Milchgebiß mit 20 Zähnen komplettieren (CK). 1974 DTV MED prämolar: vor einem Molar liegend (BG). 1984 LEXIS prämolar (BSPA). prämonieren V.trans. (1838) (< lat. praemonere, zu monere ‘mahnen, erinnern’; vgl. engl, premonish 1526 in OED 1989) fachspr. ‘vorwarnen, vorher erinnern’, veraltet, mit Prämonition F. (1838) (< lat. praemonitio; vgl. frz. premonition 1446 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, premonition 1545 in OED 1989) ‘Vorwarnung, Vor(her)erinnerung’, veraltet; prämonitorisch (1942) (vgl. engl, premonitory 1647 in OED 1989 und frz. premonitoire 1853 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘vorher warnend/ ankündigend’ (lA). HEYSE FWB 1838 prämoniren, vorher erinnern, warnen, anzeigen (BG). 1933 GENIUS prämonieren, vorher ermahnen, warnen (BG). <?page no="225"?> Das Präfix prä- 217 HEYSE FWB 1838 Prämonition, die Vorerinnerung, Vorwarnung (bg). 1933 GENIUS Prämonition, Warnung (BG). PSCHYREMBEL prämonitorisch, vorhergehend, vorwarnend, ankündigend (BG). Mannh. Morgen 9.4-1991 Dem Infarkt können für Tage bis Wochen prämonitorische pektanginöse Beschwerden vorausgehen (CK). Prämonstrator, mit prämonstrieren, Prämonstration (lA) vgl. Hist Prämorbidität F. (1942) (zu Morbidität ‘kranke BeschafFenheit’/ mor6fc? ‘krankhaft, kränklich’, zurückgehend auf lat. morbidus ‘krank’/ moriws ‘Krankheit’) fachspr. (Medizin) ‘Krankheitserscheinungen vor dem eigentlichen Krankheitsausbruch’, mit prämorbid Adj. (1972) (vgl. engl, premorbid 1939 in OED 1989 und frz. premorbid 1953 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘vor der Krankheit; die Prämorbidität betreffend’ (iß). PSCHYREMBEL 1943 Prämorbidität: vorhergehendes Verhalten in bezug auf Krankheiten (z). 1990 DUDEN FWB Prämorbidität, Krankheitserscheinungen vor dem eigentlichen Krankheitsausbruch (BG). 1972 BROCKHAUS 1966ff. prämorbid, vor der Krankheit (BG). Mannh. Morgen ? .4-1991 Sprechverweigerung nach prämorbid normaler Sprachentwicklung (CK). prämortal Adj. (1886) (-morfa/ zurückgehend auf lat. mortahs‘sterblich’, zu mors ‘Tod’; vgl. engl, premortal 1848 in OED 1989 und frz. premortel 1946 in 1988 TRESOR 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘vor dem Tod auftretend; dem Tod vorangehend’ (iB). 1886 BROCKHAUS 1882ff. prämortal, dem Tode vorangehend (bg). Spiegel 14-5.1990 Solche prämortale Kaltschnäuzigkeit wird nur noch übertroffen von den Helden aus dem alten Island (z). Spiegel 22.8.1991 (Bildunterschrift) Schlafende Kinder in Bombay: Prämortale Hölle (z). prämovieren, mit Prämotion (lA) vgl. Hist prämundan Adj. (1977) (zu mundan ‘weltlich’, < lat. mundanus\ vgl. engl, pre-mundane in WEBSTER INTERNAT 1976) fachspr. (Philosophie)/ bildungsspr. ‘vor der Welt entstanden; vorweltlich’ (lB). 1977 FWB LEIPZIG prämundan: die Welt als Ideenwelt vor ihrer Verwirklichung betreffend, vor der Welt entstanden (in der idealist. Philosophie) (z). pränatal Adj. (1970) (-natal zurückgehend auf lat. natalis ‘zur Geburt gehörig’, zu nasci ‘geboren werden’; vgl. engl, prenatal 1826 in OED 1989 und frz. prenatal 1901 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘vor <?page no="226"?> 218 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoder Geburt auftretend; vorgeburtlich’, auch in Komposita wie Pränatal- Diagnose, Pränataldiagnostik (lB). Walter 1970 Grundriß 29JJ. Diese entwickelt sich durch fortgesetzte Teilung und Differenzierung im Verlauf der pränatalen Ortogenese zum geburtsreifen Neonatus (CK). FAZ 15.2.1971 Die Unkenntnis über die Wichtigkeit der pränatalen Entwicklung muß erschüttern (SB). Zeit 24.5.1985 Außerdem ist ein Funktionsbereich für Pränataldiagnostik als zentrale Einrichtung vorgesehen (CK). Stern 26.11.1987 Einer angestrebten Pränatal-Diagnose (vorgeburtliche Untersuchung) der Huntingtonschen Erkrankung stehe ich mit äußerster Skepsis gegenüber (CK). Mannh. Morgen 4-10.1989 Die pränatale Psychologie als Wissenschaft von den seelischen Vorgängen im Menschen vor und bei der Geburt braucht nach Expertenmeinung ein höheres Maß an Anerkennung (z). Mannh. Morgen 16.10.1992 Der Leiter der Deutschen Sektion der Internationalen Studiengemeinschaft für pränatale und perinatale Psychologie und Medizin, der als Kapazität der vorgeburtlichen Psychologie gilt, sagte gegenüber unserer Zeitung [...] (z). 1993 Wochenpost 30, 2 Wenn ich pränatal gefragt worden wäre, ob ich auf die Welt kommen will, dann hätte mich ein einziger Blick in ein deutsches Nachrichtenmagazin zu dem Aufschrei veranlaßt: Nein, laßt mich bitte im Mutterleib! (z). Hilbig 1993 Ich 277 Trotz meiner feuchten Kleider rief meine Sitzhaltung (pränatal hatte ich sie einmal genannt) unwiderstehlich den Schlaf hervor (z). pränationalsozialistisch Adj. (1985) (zu nationalsozialistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Nationalsozialismus’/ A^afiona/ sozm/ tsmus ‘rechtsradikale totalitäre Bewegung/ Herrschaftsform in Deutschland im 20. Jh.’, zurückgehend auf lat. natio ‘das Geborenwerden; Volk(sstamm)’ und socialis ‘die Gesellschaft betreffend’; vgl. engl. pre-Nazi (Adj.) 1938 in OED 1989) okkasionell/ bildungsspr. ‘zugehörig der Phase vor der Existenz des Nationalsozialismus, vor der nationalsozialistischen Herrschaft’ (lB). Römer 1985 Rassenideologie 137 In der unmittelbar pränationalsozialistischen und in der nationalsozialistischen Zeit selbst ging ein Teil der Sprachwissenschaftler zu den Rassisten über (z). Prä-Nazi M. (1962) (zu Nazi, (abwertendes) Kurzwort für Nationalsozialist ‘Anhänger/ Verfechter des Nationalsozialismus’, vgl. pränationalsozialistisch) okkasionell/ bildungsspr. ‘(seiner politischen Haltung/ Gesinnung entsprechend) Nationalsozialist vor 1933’ (lB). Bloch 1962 Ludwigshafen, o.S. Ich wurde von einer scheußlichen Bagage von Schulkameraden befreit das waren alles schon Prä-Nazis oder kleine Nazis in nuce (z). 1992 Deutsche Bühne 5, 33 Walther Rathenau, 1867 in Berlin geboren und dort als Reichsaußenminister der Weimarer Republik am 22.6.1922 wegen seiner jüdischen Herkunft von jugendlichen Prä-Nazis ermordet (z). präneandertaloid Adj. (1907) (zu Neanderfa/ er‘vorgeschichtlicher Mensch der Altsteinzeit’, Bezeichnung nach dem Fundort im rheinländischen Ne- <?page no="227"?> Das Präfix prä- 219 andertal und zu -oid ‘ähnlich; einer Rasse zugehörig’, zurückgehend auf griech. <eidos> ‘Aussehen’) fachspr. (Anthropologie) ‘dem Typ einer Vorform des Neandertalers ähnlich/ zugehörig’, mit Präneandertaler M. (1975) ‘Vorfahre/ Vorform des Neandertalers’ (iß). 1907 Korrespondenz-Blatt 86 Der Australier führt in mancher Hinsicht einen „präneandertaloiden“ Zustand fort (z). Wundt 1917 VPs. VII 160 Klaatsch bezeichnet daher sogar die Stufe des heutigen Australiers als eine „präneandertaloide“ (SB). 1975 MEYER DDR 1972ff. Präneandertaler: Vorfahre des Neandertalers (z). pränegroid Adj. (1907) (zu Neger ‘Schwarzrassiger’, über span, negro zurückgehend auf lat. niger ‘schwarz’ und zu -oid ‘ähnlich; einer Rasse zugehörig’, zurückgehend auf griech. <eidos> ‘Aussehen’ und zu negroid ‘den Negern ähnlich’) fachspr. (Anthropologie) ‘vor-/ frühnegroid; dem Typ einer Vorform des Negers ähnlich/ zugehörig’ (iß). 1907 Korrespondenz-Blatt 90 Der Ausdruck „pränegroid“, den ich für die Haarform der kleinen und kleinsten Locken aufgestellt habe (z). ebd. 91 Die pränegroiden und prämongoloiden Australiertypen hätten sich im Laufe der überaus langen Zeiträume australischer Isolierung aus einem mehr indifferenten Zustand entwickelt (z). Pränomen N. (1863) (< lat praenomen, zu nomen ‘Name’; vgl. frz. prenom 1556 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prenomen 1706 in OED 1989) bildungsspr. (besonders im antiken Rom) ‘der vorderste Namensteil: Vorname, Titel’, mit pränominieren V.trans. (1863) (< lat. praenominare-, vgl. engl, prenominate 1547 in OED 1989 und frz. prenommer 1845 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘mit einem Vornamen benennen’, veraltet (2). 1863 KALTSCHMIDT Pränomen, Vorname, Titel (bg). 1977 FWB LEIPZIG Pränomen: Vorname (z). 1994 Sprachreport 1, 9 „Pränomen ist auch Omen“ - Moden in der Vornamengebung (z). 1896 KALTSCHMIDT pränominiren, mit einem Vornamen belegen (BG). Pränotation F. (1820) (zu lat. praenotatio ‘Titel’; vgl. engl, prenotation 1861 in OED 1989) fachspr. (Justiz/ Verwaltung) ‘Vor(be)merkung, vorherige Benachrichtigung’, veraltet, mit pränotieren V.trans. (1838) (< lat. praenotare, zu notare ‘bezeichnen, vermerken’; vgl. engl, prenote 1570 in OED 1989) ‘vor(be)merken’ (lA). 1820 I Corti 1927 Rothschildt 358 da kein günstiger Ausgang von der Justifizierungsklage zu erwarten sei, die sogleich angestrengt werden müßte, wenn von der verhängten Rränotation (auf das Gut) nicht abgelassen werden sollte (SB). HEYSE FWB 1838 Pränotation, die gerichtl. Vorbemerkung, Vorerinnerung der Gläubiger bei muthmaßlichen Bankerotten (BG). 1933 GENIUS Pränotation, Vorbemerkung, vorherige Benachrichtigung (BG). <?page no="228"?> 220 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- HEYSE FWB 1838 pränotiren, vorbemerken (bg). 1977 FWB LEIPZIG pränotieren: vor(be)merken (z). Pränotion (lA) vgl. Hist Prä-Nova F. (1977) ( zu Nova ‘neuer Stern; Fixstern mit kurzfristig stark ansteigender Helligkeit’, zurückgehend auf lat. nova ‘die Neue’; vgl. engl. prenova 1939 in OED 1989) fachspr. (Astronomie) ‘Zustand vor dem Helligkeitsausbruch einer Nova’ (iß). 1977 FWB LEIPZIG Prä-Nova: Stern im Zustand vor einem Nova-Ausbruch (z). pränuklear Adj. (1970) (zu nuklear ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Nukleus'/ Nukleus M. in der Bed. (Grammatik) ‘regierendes Element einer Wortgruppe’, zurückgehend auf lat. nucleus ‘Kern’; vgl. engl, prenuclear 1952 in OED 1989) fachspr. (Grammatik) ‘vor dem Nukleus (befindlich)’, vgl. aber temporales Pränuklearzeit (2). 1970 Forschungsber. IdS 5, 117\m pränuklearen Bereich kommen primär nur Adjektive vor (CK). DUDEN BED 1985 pränuklear (die pränukleare Stellung eines Satzgliedes) (bg). Pränuklearzeit F. (1962) (zu nuklear ‘auf Kernreaktion bezogen/ beruhend’, zurückgehend auf lat. nucleus ‘Kern’; vgl. engl, pre-nuclear age 1960 in OED 1989) okkasionell/ bildungsspr. ‘Zeit vor der Erfindung/ Anwendung der Kernreaktion’ (vgl. aber lokales pränuklear) (lB). Offenburger Tagebl. 27.3.1962 um der heranwachsenden Raumfahrtgeneration eine letzte Erinnerung an die gute, alte Prä-Nuklearzeit mitzugeben (SB). pränumerieren V.trans. (1688), zuerst substantiviert nachgewiesen: Pränumerierung (1659) (zu lat. numerare ‘zählen, zahlen’) fachspr. ‘im voraus (vor der Leistung) zahlen’, mit Pränumeration F. (1713) (zu lat. numeratio ‘Barzahlung, Auszahlung’) ‘Voraus(be)zahlung’, auch in Komposita wie Pränumerationspreis\ Pränumerant M. (1757) ‘Voraus(be)zahler’, auch in Komposita wie Pränumerantenverzeichnis\ veraltet; pränumerando Adv. (1771) ‘durch Voraus(be)zahlung; im voraus (zahlend)’, auch in Komposita wie Pränumerandozahlung (lA). 1659 | 1869 Magazin des Auslandes 25f die andere halbjährige praenumerirung (SB). 1688 Braunschw. Schulordnungen 2, 2f2 welche Pensionen denn von einem halben Jahre zum andern praenumeriret werden soll (SB). Weisse 1765 Beytrag 300 Ich soll dem Wirthe entweder die Wohnung pränumeriren vorher bezahlen, wollte ich sagen, oder es soll jemand für mich gut sagen (SB). Moritz 1783 Reisen England 36, 10 eine Guinee an den Phürsteher pränumerirn (SB). Schmalz 1807 Gedenkschrift I 13 Das Honorar wird pränumeriert, da praenumerierte [sic] Vorlesungen am fleissigsten besucht werden. Nun diese Pränumeration einzuführen wird verordnet (SB). <?page no="229"?> Das Präfix prä- 221 1863 KALTSCHMIDT pränumeriren, vorausbezahlen (BG). 1992 Marbach. Mag. 62, 51 Der Preis war gestaffelt: Für den, der 32 Hefte im voraus bezahlte pränumerierte betrug er 15 Kreuzer oder 4 Groschen pro Bändchen (z). 1713 Europ. Fama 18 Pränumerations-Gelder abfordern (SB). 1755 Ragout 2 weil er Praenumeration auf ein Buch machte (SB). 1757 Leipziger Sammlungen XII f 57 Pränumerationes ausschreiben (SB). Winckelmann 1762 Baukunst 83 Ihre Freunde brachten einen hinlänglichen Beitrag zusammen zur Beförderung dieses Vorhabens, und dieses war ein Vorschuß oder eine Pränumeration auf die Beschreibung, welche sie machen würden (z). 1767 Allg. d. B. IV 1, 216 Sie ist bekanntermassen auf Pränumeration gedruckt worden (SB). Kindleben 1779 Schluterius 166 Nächstens soll dieses Werk in allen gelehrten Zeitungen angekündigt, und eventualiter auf den casum mortis Pränumeration darauf angenommen werden. Der Pränumerationspreis wird eine feine Mark seyn (SB). Bretzner 1787 Leben I 181 Subskriptions- und Pränumerationsscheine (auf literarische Neuerscheinungen) (SB). 1829 Jahrbücher d. Gesch. I 645 Werke, welche auf Pränumeration oder Subskription erscheinen (SB). 1834 I Marbach. Mag. 62/ 1992, 79 Liegt nicht eine erhebende Anerkennung des Druck- und Bücherwesens in dieser simpeln Pränumeration? (z). Nordau 1884 Lügen 385 Jede Pränumerationserneuerung bedeutet zugleich eine Erneuerung der Vollmacht des Redacteurs, im Namen seiner sämmtlichen Leser zu sprechen (SB). DUDEN UWB 1990 Pränumeration (Wirtsch.): Bezahlung im voraus (BG). 1757 Leipziger Sammlungen XII 137 Pränumeranten (SB). Schubart 1774 Deutsche Chronik 544 200 Pränumeranten (Abonnenten) (SB). 1784 Berlin. Mon.schr. Ill 755 Pränumerantenverzeichnisse (SB). Heinzmann 1795 Pest d. Lit. 153 Und doch glaube ich, daß er nicht der einzige Pränumerantenbettler in Deutschland war (SB). Paul 1795 Fixlein 82 Er schätzet sehr sein alphabetisches Lexikon von deutschen Bücherpränumeranten, wo mein Name auch mit vorkommt (z). Knies 1857 Telegraph 90 die Pränumeranten der Zeitungen (SB). 1933 GENIUS Pränumerant, Vorauszahler (BG). Schummel 1771 Reisen 1 77 In jenem Jahre erst verdiente er den Namen, den ich ihm pränumerando schon so lange gegeben habe (SB). 1785 Journal von u. für Deutschland I 483 praenumerando auszahlen (SB). 1845 Wochenstube 44 das Geld pränumerando bezahlen (SB). Reinhardt 1869 Dintenklexe 1 164 Man kam nun auf den Schneider zu sprechen und hier hörte das Gespenst sich als Menschen nur loben und den Hausherrn sein hartes Verlangen nach Pränumerandozahlung tief bedauern (SB). ebd. II 121 Hier wird pränumerando bezahlt, sonst giebt es nichts (SB). Lanin 1893 Russ. Zust. II 49 Mit einer jährlich pränumerando zu zahlenden Summe von eintausend zweihundert Rubeln (SB). Eckstein 1895 Hartwig 57 Hier meine Karte, und hier ein Monatsbetrag pränumerando (sb). Heiber 1991 Universität 164 Versuche des Blockleiters, einige Tage zuvor, als er pränumerando die Erklärung über die erfolgte Vereidigung zu unterzeichnen hatte, wenigstens den Wortlaut dieses Eides zu erfahren, waren ergebnislos (z). <?page no="230"?> 222 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Pränuntiation F. (1863) (< lat. praenuntiatio; vgl. engl, prenunciation 1623 in OED 1989) bildungsspr. ‘Vorherverkündigung’, mit, pränunziieren V.trans. (1863) (zu lat. nunciare ‘melden’; vgl. engl, prenunciate 1623 in OED 1989) ‘vorherverkündigen’, veraltet (lA). 1863 KALTSCHMIDT Pränunciation, Vorherverkündigung (BG). 1977 FWB LEIPZIG Pränuntiation: Vorherverkündigung (z). 1863 KALTSCHMIDT pränunciieren, vorher verkündigen, voraus melden, zuvor anzeigen (BG). 1933 GENIUS pränunziieren, vorherverkündigen (BG). präödipal Adj. (1931) (zu ödipal ‘vom Ödipuskomplex bestimmt, auf ihn bezogen'/ Ödipuskomplex ‘in früher Kindheit sich entwickelnde übersteigerte Bindung an den jeweils andersgeschlechtlichen Elternteil’, zurückgehend auf den Eigenamen Ödipus, antiker griech. König, der unwissend seinen Vater erschlug und seine Mutter heiratete; 1931 von S. Freud geprägte Bezeichnung; vgl. engl. pre-Oedipal 1932 in OED 1989 und frz. preoedipien 1969 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Psychologie) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den vor der ödipalen Phase liegenden Abschnitt der psychosexueilen Entwicklung des Kindes, diesem zugehörig’ (lB). 1977 MEYER 1971JJ. präödipale Phase, von S. Freud 1931 eingeführte Bezeichnung (BG). 1993 Marbach. Mag. 63, 30 Hingabe bedeutet, und dies ist das Erbe aller ungelösten präödipalen und ödipalen Probleme, Aufgabe des Ich (Z). präokkupieren V.trans. (1698), zuerst substantiviert nachgewiesen: Präokkupierung (1633) ( < lat. praeoccuparc, vgl. frz. preoccuper 13. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preoccupy 1576 in OED 1989) bildungs-/ fachspr. (Justiz) ‘sich vorher bemächtigen, vorweg/ voreinnehmen, gegen etw. einnehmen’, mit Präokkupation F. (17. Jh.) (< lat. praeoccupatio-, vgl. frz. preoccupation 1486 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preoccupation 1538 in OED 1989) ‘Voreinnahme, Vorurteil; Befangenheit’, auch in Komposita wie Präokkupationstheoriepräokkupatorisch Adj. (1870) ‘vorwegnehmend, vorgreifend’ (lA). 1633 | 1922 Z. f. schweizer. Gesch. 2J0 durch praeoccupirung der ort am Bodensee (SB). Gansler 1698 Lugenschmid I 159 Damit aber dergleichen Lugenschmidische Traum- Kunst/ die Einfältige und Praeoccupirte weder kleinmüthig noch muthig mache/ will ich jene mit Astronomischen Anstrich aufgeputzte Schuster an die Förster binden (SB). Riederer 1719 Paragramm B3b eine praeoccupirte Meynung (SB). 1752 | Ann. Ingolstad. Acad. IV J57 dem praeoccupierten Publico (SB). 1764 Beschr. Kriegs-Platz 55 viele aufmerksame und nicht praeoccupirte Leser (SB). Laukhard 1792 Leben I 281 durch Geld präoccupirt (SB). HEYSE FWB 1804 präoccupiren, vorher einnehmen, vorgreifen; einen einnehmen, ihm Vorurtheile od. falsche Meynungen in den Kopf setzen od. beybringen; sich präoccu- <?page no="231"?> Das Präfix prä- 223 piren, sich einnehmen lassen, Vorurtheile fassen; präoccupirt seyn, von einer Sache schon zum voraus eingenommen seyn, ein Vorurtheil od. eine vorgefaßte Meynung haben (BG). 1860 Briefwechsel Burckhardt Heyse 99 den ganzen Tag präoccupirt (SB). Widdern 1912 Polen 11 Ich will mich nicht präokkupieren lassen (SB). Bertling 1920 Erinn. II 173 während die öffentliche meinung von Anfang an in ganz einseitiger Weise präokkupiert worden sei (SB). Bäumer 1937 Park 179 eine richtige Mama, die ewig durch ihre Kinder präokkupiert ist (SB). Guggenheim 1959 Sandkorn 150 damit sein Inneres nicht mehr gestört oder präokkupiert werde (SB). HECHTENBERG 17. Jh. Praeoccupation, Voreinnahme, vorgefaßte Meinung (SB). Goethe 1809-29 M. u. R., Nr. 189 Wer sich mit Wissenschaften abgibt, leidet erst durch Retardation und dann durch Praeoccupation (SB). Schopenhauer 18f0 Moral 119 Die Präokkupationstheorie verwerfe ich unbedingt (Z). Hillebrand 1874 Frankreich 163 Hauptpräoccupation (SB). 1904 Morf. Dichtung II 20 Dante ist für Petrarca eine stete Präokkupation (SB). Zeit 26.4-1985 Die großen Entwicklungs- und Bildungsromane des 19. Jahrhunderts stehen genauso unter der Präokkupation des Sehens wie ein Teiresias, ein Platon (CK). Zeit 9.1.1987 Unerträglich ist aber, daß dumpfe Ignoranz oder ideologische Präokkupation Fortschritte dort verhindern, wo sie vorhanden sind (CK). HEYSE FWB 1870 präoccupatorisch, nl. Rspr. vorauszugreifend; so heißt der Antrag eines beim Obergerichte weiter Belangten, bevor er zur Vertheidigung auf die Weiterbelangung aufgefordert ist (BG). 1933 GENIUS präokkupatorisch, vorwegnehmend, vorgreifend (BG). präökonomisch Adj. (1944) (zu ökonomisch ‘bezogen auf die Ökonomie; wirtschaftlich’/ Ö^onomfe in der Bed. ‘(systematisch betriebene) Wirtschaft’, zurückgehend auf lat. oeconomia ‘Einteilung, Ordnung’ ; vgl. engl. preeconomic 1976 in OED 1989) bildungsspr. ‘einer Zeitphase (noch) ohne systematische Wirtschaftsordnung zugehörig, für diese charakteristisch’ (1B). 1944 Weltwirtschaftl. Archiv P5 prä-ökonomische Scheinregeln (SB). präoperativ Adj. (1980) (zu operativ‘durch eine Operation; auf eine Operation bezogen’/ Operation ‘chirurgischer Eingriff’, zurückgehend auf lat. operatio ‘Arbeit, Verrichtung’; vgl. engl, pre-operative 1904 in OED 1989 und frz. preoperatif 1983 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘vor der Operation (stattfindend)’ (lB). 1980 DUDEN GWB 1976JJ. präoperativ, vor einer Operation (BG). 1984 LEXIS präoperative Röntgenaufnahme (BSPS). Mannh. Morgen 17.P.1P57 Doch alle ethischen Bedenken wurden schon „präoperativ“ ausgeräumt (CK). Mannh. Morgen 9.6.1991 Auch in diesen Fällen ist nach einer großräumigen Bestrahlung die Verkleinerung des Zielvolumens mit Dosisaufsättigung knapp außerhalb der präoperativen Tumorgrenzen zu überlegen (CK). <?page no="232"?> 224 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Präoperkulum N. (1923) (neoklassische Bildung zu lat. opercu/ um‘Decke’; vgl. engl, pre-operculum 1828 in OED 1989) fachspr. (Zoologie) ‘Vorderkiemendeckel (der Fische)’ (2). 1923 BECHHOLD Präoperkulum, Vorderdeckel s. Kiemendeckel (bg). präoral Adj. (1923) (zu oral ‘zum Mund gehörig; durch den/ mit dem Mund’, zurückgehend auf lat. os ‘Mund’; vgl. engl, preoral 1870 in OED 1989 und frz. preoral 1970 in 1988 TRESOR 19711F.) fachspr. (Medizin) vgl. Belege, auch in Komposita wie Präoralhöhle (2). 1923 BECHHOLD präoral vor dem Mund gelegen (BG). 1972 BROCKHAUS 1966ff. praeoral, vor dem Munde gelegen, z.B. Präoralhöhle der Insekten, zwischen den Mundgliedmaßen liegender Raum vor der eigentl. MundöfTnung (BG). präorganisch Adj. (1978) (zu organisch in der Bed. ‘der belebten Natur zugehörig’, zurückgehend auf lat. organum, < griech. <örganon> ‘Werkzeug, Hilfsmittel’; vgl. engl. pre-organic{al) 1897 in OED 1989) fachspr. ‘bezogen auf eine Phase vor der Existenz des Organischen; urorganisch’ (1B). Luhmann 1978 Evolution 1,22 In Anlehnung an die erfolgreich arbeitende Theorie präorganischer und organischer Evolution kann auch die sozio-kulturelle Evolution begriffen werden als ein spezifischer Mechanismus für Strukturänderungen (z). präovulatorisch Adj. (1977) (zu ovulatorisch l bezogen auf/ charakteristisch für die Ovulation’/ Ovulation ‘Eisprung’, zurückgehend auf lat. ovum ‘Ei’; vgl. engl, preovulation 1922 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die der Ovulation unmittelbar vorangehende Phase’ (iB). PSCHYREMBEL 1977 die präovulatorische Phase (BG). präpalatal Adj. (1983) (zu palatal/ Palatal l &m harten Gaumen gebildet/ er Konsonant’, zurückgehend auf lat. palatum ‘Gaumen’; vgl. engl, prepalatal 1854 in OED 1989 und frz. prepalatal 1904 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff.) fachspr. (Phonetik) ‘am vorderen weichen Gaumen gebildet’, mit Präpalatal M. (1985) (zu Palatal ‘Gaumenlaut’; vgl. frz. prepalatale 1904 in 1976 GR. LAROUSSE 1971ff. und engl, prepalatal 1925 in OED 1989) ‘am vorderen weichen Gaumen gebildeter Laut; Vordergaumenlaut’ (2). 1983 BROCKHAUS-WAHRIG 1980ff. präpalatal, am vorderen weichen Gaumen gebildet (BG). 1985 SPRACHWISS. TERMINI 170 Bei genauerer Festlegung der Artikulationsstelle werden häufig Präpalatale (am vorderen Gaumen artikuliert), Mediopalatale [...] und Postpalatale [...] unterschieden (z). <?page no="233"?> Das Präfix prä- 225 präparalytisch Adj. (1942) (zu paralytisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Paralyse; an Paralyse leidend’/ Para/ yse ‘völlige Bewegungslähmung’, zurückgehend auf griech. <pardlysis> ‘Lähmung’; vgl. frz. preparalytique 1972 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase vor dem Auftreten der Lähmung’, mit Präparalyse F. (1977) vgl. Beleg (lB). PSCHYREMBEL 19-i2 präparalytisches Stadium der Kinderlähmung: die zwischen Infektion und Auftreten der Lähmung liegende Zeit (BG). PSCHYREMBEL 1977 Präparalyse: der Paralyse vorangehendes Stadium (BG). präparieren V.trans. (1557) (< lat. praeparare, zu parare ‘zubereiten, sich rüsten’; vgl. frz. preparer 1314 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prepare 1466 in OED 1989) fachspr. (Medizin, Chemie, Pädagogik u.a.), bildungs-/ gemeinspr. ‘(sich) vorbereiten; zubereiten’; ‘(Pflanzen/ Tiere, vor allem zu Lehrzwecken) zerlegen/ konservieren/ haltbar machen’, auch substantiviert: Präparierung (1630), mit Präparation F. (1557) (< lat. praeparatio, zu praeparare\ vgl. frz. preparation 1314 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preparation 1390 in OED 1989) ursprünglich vor allem im schulischen Bereich, heute generell ‘Vorbereitung, Zurüstung’; (fachspr.) ‘Zerlegung, Konservierung von Pflanzen/ Tieren (zu Lehrzwecken)’; gleichbed. mit Präparatur F. (1599 SB), veraltet; Präparatorien PI. (1610 SB), ‘Vorbereitungen’, veraltet; Präparat N. (1727) (< lat. praeparatum, substantiviertes N. des Part.Perf. von praeparare, ‘das Zubereitete’; vgl. frz. preparation 18. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preparation 18. Jh. in OED 1989) ‘Arzneimittel’, ‘(zu Lehrzwecken) konservierter pflanzlicher/ tierischer Körper(teil)’; Präparand M. (HEYSE FWB 1804) ‘Vorbereitungsschüler’, veraltet; präparatorisch Adj. (1812 SB) (< lat. praeparatorius; vgl. frz. preparatoire 1322 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preparatory 1413 in OED 1989) ‘vorbereitend’, veraltet; Präparant M. (OER- TEL 1831) ‘Vorbereiter; Arzneihersteller’, veraltet; Präparande F. (HEYSE FWB 1838) ‘Vorbereitungsschule’, veraltet; Präparator M. (1863) (< lat. praeparator, vgl. frz. preparateur 1534 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preparer 1548 in OED 1989) ‘Vorbereiter; Hersteller/ Zubereiter von Präparaten’; gleichbed. mit bereits viel früher insgesamt aber sehr selten belegten Präparierer M. (1538 SB) und Präparist (1618 SB); präparativ Adj. (1931) ‘bezogen auf/ charakteristisch für/ betreffend die Präparateherstellung’ (irreg). 1557 | Nysiröm 1915 Schulterm. 1#.? Zuvordertst die jungen Scolares inn denn fundamentis Linguarum praepariert werden möchten (SB). 1571 ROTH praeparirn, fürbereyten, zuvor rüsten und anschicken (BG). Thurneisser 1583 Onomast. II ^3 aus Schwefel und Quecksilber durch ein sublimation künstlich praeparirt.(SB). e W. 121 Mit Gifft gekochte oder praeparirte ding (SB). Federer 1607 Rothe Ruhr 17den Kranken mit frischem oder anderwerts prepariertem Wasser erfrischen (SB). <?page no="234"?> 226 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Furüenbach 1630 Architect, mart. 62 Was aber die Preparierung der darzugehörigen Kügelin und Fewrregens anbelangt/ das wirdt auch auß hernachstehendem Satz und Veschreibung zu vernemmen seyn (SB). Rist 161,1 Teutschland 38 die Handschuh sind mit einem sonderbaren italiänischen Schlafbalsam präpariret (SB). Fleming 1726 Soldat 3 Die Jünglinge fangen an, sich zu einer gewissen Lebens-Art zu praepariren (SB). 1191 Journ. Moden VI 586 sich recht gut auf das gehörige Präpariren der Weine verstehn (SB). Wickede 1854 Soldaten-Leben II 194 Später habe ich einmal diesem Gutsbesitzer aus Algier eine schöne, schon präparirte Löwenhaut zum Geschenk geschickt (SB). Baumbach 1895 Jugendzeit 1895 wenn seine Schüler schlecht präparirt waren (SB). Thäter 1911 Feldzugsennn. 110 und des Abends präpariert man sich mit reichlichem Grog für die Ruhe (SB). Werfel 1928 Abituriententag 55 Kio behauptete zwar, daß er faul sei und sich niemal präpariere (SB). 1932 Magazin {Juni) 60 Dieser gesamte Präparierungsprozeß dauerte ungefähr drei Wochen (SB). ND 28.9.1964 Otto betonte, daß man sich für jeden Gegner speziell präparieren muß (CK). Bild 16.6.1967 Mit einer lebenden, mit Gift präparierten Wanze wollte der Bürgermeister seine Frau umbringen (CK). Zeit 3.5.1985 eine einmalige Sammlung präparierter Vögel (CK). Zeit 21.9.1985 Er injizierte Viren und Seren oder entnahm Blutproben, schließlich ließ er sezieren und präparieren (CK). 1990 Bundestagsprotok. 20.6., 680 Wir präparieren Kulturdenkmäler gegen sauren Regen und Touristen-Trampelei (CK). Renner 1557 Handbüchlein F4b dann da es schon einem gereth (wie man dann ir gleich wol etlich findt) die rechtgeschaffen mit der Praeparation können umbgehen (SB). 1511 ROTH Praeparation, Vorruestung/ vorbereytung/ zurichtung (SB). 1588 Tabernaemontanus 1588 Kräuterbuch I 482b die praeparation dieses Tranks (SB). 1609 Auiso 41, Bl. A 2a fahren beyde theil mit ihrem Kriegspreparacion noch starck forth (SB). Fleming 1726 Soldat 91 Will man Krieg anfangen, so muß man vornehmlich zur Praeparation sich des Geldes befleißigen (SB). 1159 Braunschw. Schulord. 2, 296 Praeparationsschule (SB). Gedicke 1789 Schulschriften 1, 126 daß zur Präparation des Lehrlings ein erklärendes Register aller im Buche vorkommenden Wörter hinzukommen müsse (SB). Zappl 1896 Off. Töchter I 21 Um den Eifer des Knaben anzustacheln, hatte sie ihm häufig bei seinen Präparationen geholfen (SB). Miinchn. N. N. 5.1.1941 In der Anatomie hängt er den Mantel an die Garderobe und eilt der Präparation seines Oberschenkels zu (SB). Thenius 1970 Paläontologie Uff. Der wissenschaftlichen Auswertung gehen Ausgrabung, Präparation und Konservierung der Fossilien voraus (CK). Zeit 25.1.1985 Bei der Tagung war zu hören, daß die fiebererzeugende Wirkung der Interleukin-l-Präparationen vom Interleukin-1 selbst stammt (CK). 1727 SPERANDER Praeparata heißen in den Apothecken gewisse harte einfache Stücke, die durch ein gutes Wasser in ein subtiles Pulver gebracht werden (BG). <?page no="235"?> Das Präfix prä- 227 Michaelis 1770 Räsonnement 2, 31 will der ordentliche Professor der Anatomie so freundschaftlich seyn, die Präparata andern zu ihren Vorlesungen zukommen zu lassen (SB). ebd. Soll er schuldig seyn, für andere zu arbeiten, die an seinen Präparatis zeigen wollen, was er selbst zu zeigen bestellet ist? (SB). Sterler 1818 Pharmacie 108 die Niederlage von Materialwaren und chemischen Präparaten in Apotheken (SB). Schubert 1839 Reise III 571 die Sammlung der anatomischen Wachspräparate des naturhistorischen Museums (SB). Latz 1869 Alchemie 14 Um aus ihr das zum medizinischen Gebrauche zu verwendende Präparat zu gewinnen, wird sie abermals destilliert (SB). Tappenbeck 1903 Tropenkolonien 32 Heringspräparate in Aspic oder sonstigen Saucen (SB). Berl. Illustr. Nachtausg. 4-3.1933 Die notwendige Prüfungszeit eines neuen Präparates dauert ein Jahr (SB). Lokal-Anz. 12.8.1933 Dem Sohn eines Apothekeninhabers wurden von einem unbekannten Manne Rauschgiftpräparate angeboten (SB). ND 29.4.1949 Es gelang, ein pharmazeutisches Präparat, ein gutes Mittel zum Lindern von Schmerzen herzustellen (CK). Bild 14-2.1967 Viele Frauen, die die Pille längere Zeit genommen haben, setzen das Präparat schließlich doch wieder ab (CK). FAZ 24-3.1990 Jeder kann sich nach Bedarf bedienen, wie bei den muskelbildenden Präparaten (CK). 1863 KALTSCHMID Präparator, Vorbereiter, Zubereiter (BG). Haarhaus ca. 1900 Blattschüsse I 89 die geschickte Hand des Präparators von Vögeln (SB). Bernhard 1967 Verstörung 62 Es sei schwierig, an einen Präparator heranzukommen, und so wollten sie die Vögel selbst präparieren (SB). Mannh. Morgen 27.3.1985 Die Mitarbeiter ein Präparator und vier Sektionsgehilfen -seien lediglich für ihre außerdienstliche Mehrarbeit für die Aufbereitung der Präparate bezahlt worden (CK). 1931 Berl. Illustr. Ztg. Nr. 52 Ganz dasselbe gilt für die unmittelbar vorausgegangene grundsätzliche Wendung der Chemie aus der präparativen und systematischen Stufe zur physikalisch-mathematischen Chemie (SB). 1977 FWB LEIPZIG präparativ: die Herstellung von Präparaten betreffend (z). Zeit 5.4-1985 sehr gute Kenntnisse in der anorganischen, präparativen und analytischen Chemie (CK). Zeit 13.6.1986 Aufgabengebiet: Proteinanalytische und präparative Arbeit in einem Teilprojekt (CK). praepatellar Adj. (1942) (zu patellar ‘zur Patella gehörend, von ihr ausgehend’’/ Patella F. ‘Kniescheibe’, zurückgehend auf lat. patella ‘flache Schüssel, kleine Pfanne’; vgl. engl, prepatellar 1882 in OED 1989) fachs pr. (Medizin) ‘vor/ an der Vorderseite der Kniescheibe (befindlich)’ (2). PS CH YREMBEL 1942 praepatellar (is), vor der Kniescheibe liegend (BG). praeperitoneal Adj. (1942) (zu peritoneal ‘zum Peritoneum gehörend, v on ihm ausgehend'/ Peritoneum N. ‘Bauchfell’, < griech. <peritönaion>/ lat. peritonaeum', vgl. engl, preperitoneal 1904 in OED 1989 und frz. <?page no="236"?> 228 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopreperitoneal 1972 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘vor dem Bauchfell/ an der Vorderseite des Bauchfells (befindlich)’ (2). PS CH YR EMBEL 19^2 praeperitoneal, vor dem Bauchfell liegend (BG). präpersonal Adj. (1986) (zu personal ‘die Person/ Persönlichkeit betreffend’, zurückgehend auf lat. personalis ‘persönlich’, vgl. engl, prepersonal 1948 in OED 1989) fachspr. (Psychologie) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase vor der Entwicklung zur Persönlichkeit/ des Ichs’ (lB). Zeit 28.11.1986 Bei den Störungen der präpersonalen Phase, während der Entstehung des Ich, hält Wilber sich an die neofreudianische Krankheitslehre (CK). Präpollex M. (1974) (-pollex < lat. pollex ‘Daumen’; vgl. engl, prepollex 1889 in OED 1989) fachspr. (Anthropologie) ‘Vor-/ Urdaumen; Vorform eines Daumens als rudimentärer Randknochen an der Wirbeltierhand’ (lB). 1974 MEYER DDR 1972JJ. Präpollex, Vordaumen: radialer Randknochen in der Wirbeltierhand (z). präponderieren V.trans. (1682 SB) (< lat. praeponderare, zu ponderare ‘(ab)wägen’; vgl. engl, preponder 1624 in OED 1989) bildungsspr. ‘überwiegen, vorherrschen, das Übergewicht haben’, veraltet, mit Präponderanz F. (1813) (< frz. preponderance 1752 in 1988 TRESOR 1971ff., < lat. praeponderatio, zu praeponderare/ ponderare vgl. Hist III.4.2.1; vgl. engl. preponderance 1681 in OED 1989) ‘Übergewicht, Vorherrschen’ (irreg). CAMPE FWB 1813 Präeponderänce, das Übergewicht (BG). 1815 Fahnenbergs Magazin VI, 77 so wie nicht selten ein ganzes Land der Präponderanz und dem Interesse einer Hauptstadt weichen muss (SB). OERTEL 1816 Präponderanz, Überwiegung (BG). Hailbronner 1837 Cartons II 171 die Präponderanz, welche sich der Kapitän über die Passagiere anmasste (SB). Goldmann 1839 Pentarchie 76 weil jede Macht die Präponderanz der andern befürchtet (SB). Frantz 1862 Kritik 216 die Präponderanz des französischen Kaiserreichs (SB). Volkmann v. Volkmar 1894 Lehrbuch I 309 die Präponderanz der Sinne (SB). Huizinga 1938 Parerga 17die Präponderanz des Politischen über das Kulturelle (SB). Görlitz 1967 Generalstab 338 die Präponderanz der SA-Pührer (SB). PrePop Warhol M. (1988) (wohl < engl./ amerikan. pre-pop-Warhol, zu Pop, Kurzwort für Pop(ular) Art, < engl./ amerik. pop art, Bezeichnung einer spezifischen Kunstbewegung bzw. eines spezifischen Kunststils der 60er Jahre des 20. Jhs. und zu Warhol, Eigenname, amerik. Pop Art- Künstler) okkasionell/ bildungsspr. ‘Warhol vor seiner Pop-Art-Periode’ (IC). Spiegel 12.12.1988, 165 (Anzeige) PrePop Warhol - Der WIENER fand das bisher unbekannte Frühwerk Andy Warhols in New York (z). <?page no="237"?> Das Präfix prä- 229 Präposition F. (nach DFWB 1942: um 1400) (< lat. praepositio ‘das Voransetzen, Davorstellen; die Vor(an)setzung/ -stellung’, zu praeponere ‘davor setzen, voranstellen’/ pcmere ‘setzen; stellen’; bereits im klassischen Latein sprachwissenschaftlicher Terminus ‘Verhältnis-/ Vorwort’; vgl. engl. preposition 1000 in OED 1989 und frz. preposition 14. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungs/ fachspr. (Linguistik) ‘Voranstellung; Verhältniswort’, vgl. das Antonym —+ Postposition, mit präponieren V.trans. (HEYSE FWB 1838) (< lat. praeponere; vgl. engl, prepose 1491 in OED 1989) ‘vor(an)-setzen/ -stellen’, veraltet; vgl. das Antonym —* postponieren; vgl. aber, ebenfalls auf lat. praeponere zurückgehend, mit semantisch rangmäßiger Akzentuierung die veralteten Substantive — ► Präpositus/ Präpositur; präpositional Adj. (1952) (vgl. engl, prepositional 1831 in OED 1989) (Linguistik) ‘mit Präposition (gebildet); auf die Präposition bezogen, sie betreffend’, auch in Komposita wie Präpositionalattribut, -ergänzung, -gruppe, -phrase (irreg). um IJOO lat.-di. Donat \ J. Müller 1882 Quellschr. 2 preposicio (SB). 1555 I Malherbe 1906 Fremdwort 41 Prepositz (SB). Wasserleiter 1590 Logica 17a die Praeposition mit oder durch (SB). Tscherning 1659 Bedencken 1^5 praepositiones oder Vorwörter (SB). 1741 ZEDLER Präposition, Beywort der Namen, heisst bey denen Grammatickkundigen eine Partickel, welche, wenn sie andern Dictionen vorgesetzet wird, solcher ihre Bedeutungen entweder vergrössert oder verändert oder vermindert (BG). Poertner 1965 Erben 259 So ist zum Beispiel die Hammelburger Markbeschreibung, ein am 8. Oktober 777 in Fulda ausgestelltes Dokument, mit deutschen Artikeln, Präpositionen und Adjektiven gespickt (CK). Zeit 31.5.1985 Ich kenne jemanden, der beharrlich „trotz dem Wetter“ schreibt, also der Präposition trotz den Genitiv verweigert (CK). MACKENSEN 1952 präpositional, als Verhältniswort (BG). 1970 Forschungsber. US 5, 101 Wir unterscheiden adjektivische, genitivische und präpositionale Attribute (CK). ebd. 1171m postnuklearen Bereich kommen vor allem Präpositionalgruppen und Adverbien vor (CK). ebd. 58 Treten zur Präpositionalergänzung nichtkonstitutive Praepositionalia, so gehen diese meist voran (CK). 1977 FWB LEIPZIG präpositional: mit Präposition (gebildet) (z). Präpositus, mit Präpositur vgl. Irreg Präpostere, mit präposterieren, Präposterität vgl. Irreg präpostmodern Adj. (1987) (zu postmodern‘bezogen auf/ charakteristisch für die Postmoderne’, — ► postmodern/ post-lA) okkasionell/ bildungsspr. charakteristisch für die/ zugehörig der Phase vor der Postmoderne’, mit Präpostmoderne F. (1993) ‘ Phase vor der Postmoderne’ (lB). <?page no="238"?> 230 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Zeit 5.2.1987 Seit neuestem gibt es auch die Bezeichnung „präpostmodern“ (GfdS). FAZ 15.11.1993 In Frankfurt gab es Momente, in denen einem andächtigen Referenten angesichts halb flüchtiger, halb karikierender Klassizismus-Zitate, einer Art Präpostmoderne, schier die Worte ausgingen (z). Präpotenz F. (1689 SB) (< lat. praepotentia, zu praepotens ‘sehr mächi\g'/ potens ‘mächtig’; vgl. frz. prepotence 1450 in 1988 TRESOR 19711F. und engl, prepotency 1646 in OED 1989) bildungsspr. ‘Übermacht, Überlegenheit’, veraltet, mit präpotent Adj. (1786) (< lat. praepotens, vgl. Etym; vgl. frz. prepotent 1450 in 1988 TRESOR 19711F. und engl, prepotent 1450 in OED 1989) ‘sehr mächtig, übermächtig, überlegen’ (irreg). 1786 Journal Dtschld. II 508 präpotent (SB). OERTEL 1816 präpotent, übermächtig, (BG). Benckiser 1958 Tage 9 die Gestapobeamten haben ein sehr präpotentes Wesen (SB). Zeit 25.4-1986 Tatsächlich geriert sich Maclnnes’ Romanheld streckenweise wie ein präpotenter Snob (CK). Spiegel 6.1.1992, 140 Er ist aber auch ein Philip-Marlowe-Verschnitt, Chandler-Enkel mit leicht präpotenten Allüren (z). Zeit 21.5.1993 Althans ist einer von Kühnens präpotenten Erben (z). Präprimat M. (1956) (zu Primat ‘Zugehöriger der Ordnung der höchstentwickelten Säugetiere’, zurückgehend auf lat. primatus ‘erste Stelle, erster Rang’; vgl. engl, preprimate 1931 in OED 1989) fachspr. (Anthropologie) ‘Vorform/ Vorgänger der Primaten’ (lB). 1956 BROCKHAUS 1952ff. Präprimat, Vorform der Primaten (BG). Preprint M. (1980) (< engl, preprint 1889 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vorabdruck’ (lA). 1980 DUDEN GWB 1976JJ. Preprint [...] (Buchw.) Vorabdruck (z.B. eines wissenschaftlichen Werks) (BG). Zeit 2.10.1997 Ursprünglich wollte Ginsparg, bei der Langsamkeit der Zeitschriften, die für die mit Lichtgeschwindigkeit operierenden Physiker besonders deprimierend war, nur seinen Kollegen auf elektronischem Weg frühzeitig Preprints zugänglich machen (CK). Prä-Projektil-Stufe F. (1977) (zu Projektil ‘Geschoß’, zurückgehend auf frz. projectile, zu lat. proicere ‘vorwärtswerfen’) fachspr. (Archäologie) (in der amerik. Urgeschichte) ‘Periode der Menschenentwicklung vor dem Auftreten steinerner Projektilspitzen’ (lC). 1977 MEYER 1971 Prä-Projektil-Stufe, Periode der amerikanischen Archäologie (BG). präpsychotisch Adj. (1921) (zu psychotisch ‘geisteskrank, an einer Psychose leidend’/ Ps? / c/ iose ‘seelische Krankheit’, zurückgehend auf griech. <psyche> ‘Seele’; vgl. engl, prepsychotic 1927 in OED 1989 und frz. <?page no="239"?> Das Präfix prä- 231 prepsychotique 1968 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Psychologie) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase vor der Psychose’ (iß). Kretschmar 1921 Körperbau IV Vieles scheinbar Widerspruchsvolle verwies zu seinem Verständnis auf Charakter und Lebensgang der präpsychotischen Persönlichkeit und ihrer Vorfahren (SB). TAZ 11.2.1994 Romantik und Schwermut sind Begriffe, zu schwach, um liedgeborene Stimmungen zu beschreiben, deren Wirkung sich daraus kondensiert, daß akustischer Purismus mit präpsychotischen Visionen turtelt (CK). präpubertär Adj. (1991) (zu pubertär ‘zur Pubertät gehörig; bezogen auf/ charakteristisch für die Pubertät'/ Pubertät ‘Ubergangsphase zwischen Kindheit und Geschlechtsreife’, < lat. pubertas) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die der Pubertät (unmittelbar) vorangehende Phase’ (iB). Mannh. Morgen 13.4-1991 Damit zählt die präpubertäre Anorexie noch zu den untergeordneten Gesundheitsproblemen (CK). Spiegel 31.5.1993, 258 Das Model wirkt verletzlich präpubertär, fotografiert wurde in einem sparsam möblierten Mädchenzimmer (CK). Spiegel 28.6.1993, 229 Das präpubertäre Verlangen nach porentiefer Pflege fördern die einschlägigen Hersteller nach Kräften (CK). Mannh. Morgen 25.11.1994 Einzelne Vorstandsmitglieder der FDP hätten gar ein Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde gewünscht, von „präpubertären Spielchen“ berichtete auch ihr Wahlkampfleiter Oliver Sieh (CK). Präpubertäts... (zu Pubertät ‘Übergangsphase zwischen Kindheit und Geschlechtsreife’, < gleichbed. lat. pubertas; vgl. frz. prepuberte ‘Vor-/ Frühpubertät’ 1946 in 1988 TRESOR 1971ff. sowie entsprechend die Adj. engl, pre-pubertal 1859 in OED 1989 und frz. prepubertaire 1972 in 1988 TRESOR 1971ff.) jeweils fachspr. (Medizin): Prae-Pubertätsalter N. (1977) ‘der (unmittelbar) vor der Pubertät liegende Lebensabschnitt’; Präpubertätsfettsucht F. (1977) ‘(unmittelbar) vor der Pubertät auftretende Fettsucht’ (lC). PSCHYREMBEL 1P77 Präpubertätsfettsucht s. Adiposogigantismus, konstitutionelle Fettsucht. Prognost. gutartig. Zustandsbild bei Kindern im (Prae-)Pubertätsalter [ ■■■ ] (BG). Prä-Punk-Ära F. (1985) (zu Punk in der Bed. ‘spezifisch antibürgerliche Jugendkultur-Bewegung in westlichen Ländern seit den späteren 70er Jahren; Vertreter/ Anhänger dieser Bewegung’, < engl, punk) okkasionell/ bildungsspr. ‘die der Punkbewegung/ den Punks vorausgehende Ära’ (IC). Mannh. Morgen 2.2.1985 Vieles erinnert an die Zeit Mitte der siebziger Jahre pfiffige Kritiker nennen sie die „Prä-Punk-Ära“ (CK). <?page no="240"?> 232 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoprärafFaelisch Adj. (1850) (zu Raffaelo Santi, auch Raphaela, Raffael, Eigenname, italien. Renaissancekünstler; vgl. engl. pre-Raphael 1850 in OED 1989) fachspr. (Kunstwissenschaft) ‘bezogen auf/ charakteristisch für Kunstwerke/ Künstler vor Raffael’ (lB). Hettner 1850 Schule 161 Es ist ein Wahnsinn, heute noch malen zu wollen wie einst die glaubensseligen Meister der präraffaelischen Zeiten (SB). PrärafFaelit M. (1855), auch Präraphaelit; die Schreibung des Eigennamens Raffael in den verschiedenen Kombinationen jeweils mit orthographischen Varianten (zu Raffaelo Santi, auch: Raphaela, Raffael, italienischer Renaissancekünstler; < engl. Pre-Raphaelite 1849 in OED 1989) fachspr. (Kunstwissenschaft) ‘Mitglied der 1848 gegründeten englischen Künstlervereinigung (die „Präraffaeliten“), die in der italienischen Kunst der Zeit vor Raffael ihr Vorbild sah’; auch in Komposita wie Präraffaelitenromantik, mit PrärafFaelismus M. (1874), auch Präraffaelitismus (1894) (< engl. Pre-Raphaelism 1853 in OED 1989; vgl. frz. preraphaelisme 1859 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘Kunstbewegung/ -stil der Präraffaeliten’; präraffaelitisch Adj. (1900) (< engl. Pre-Raphaelite/ Pre-Raphaelüic 1849/ 1877 in OED 1989; vgl. frz. preraphaelite 1862 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die (Kunst der) Präraffaeliten, dieser/ diesen zugehörig’ (lB). Prutz 1855 Museum II 80 Die deutschen wie die englischen Prärafaeliten haben sich von diesem weltlichen Feste selber ausgeschlossen (SB). Raabe 1864 Hungerpastor 214 Eine treffliche Abhandlung über die Präraffaeliten gab nun der Doktor Stein dem kleinen Kreise zum besten (SB). 1818 MEYER 1814ff. Präraffaeliten, Gruppe englischer Maler (bg). Fontane 1898 Zwanzig 649 glich in ihrem schlichten rotblonden Haar und den grossen Kinderaugen einem aus dem Rahmen ausgetretenen Präraphaelitenbilde (SB). Bahr 1925 Liebe I 292 die englischen Präraphaeliten (SB). 1934 Die Neue Rundschau 498 Die Bildergalerie ist berühmt für ihren Reichtum an Musterstücken zweier englischer Malschulen, der alten Aquarellisten und der Präraffaeliten (SB). Halbe 1935 Jahrhundertwende 164 Hand in Hand damit ging auf künstlerischem, auf malerischem Gebiet ein Kultus der Frührenaissance, eine Art von Praeraphaelitentum, mit dem das Jahrhundert zu Ende ging (SB). Bayer. Staatsztg. 26.8.1950 Präraffaelitenromantik (SB). 1911 FWB LEIPZIG Präraffaeliten, engl. Vereinigung von Dichtern und bildenden Künstlern (seit 1848), die in der italien. Kunst vor Raffael ihr Vorbild sahen (z). Mannh. Morgen 11.12.1986 Im späten 19. Jahrhundert, in der Kunst der Symbolisten, Präraffaeliten und Jugendstil-Adepten, wurde der Androgyn geradezu zur Leit- und Kultgestalt (CK). Fontane 1814 Briefe II 1, 5^7 Präraffaelismus (SB). Möller-Bruck 1901 Stilismus 62 der englische Praeraphaelismus (SB). Spitteier 1905 Wahrheiten 220 ist in Paris der Naturalismus überwunden und die Losung heißt Symbolismus, Präraphaelismus, Primitivismus (SB). 1930 Vorträge Bibi. Warburg {1926-1921) 23 der englische Präraffaelismus (SB). <?page no="241"?> Das Präfix prä- 233 Woermann 1894 Kunstgeschichte 104 das Geheimnis der Erfolge des sogenannten „Präraphaelitismus“ wie er zu Anfang unseres Jahrhunderts in Deutschland, um 1850 in England ins Leben trat (SB). DUDEN FWB 1990 Präraffaelismus u. Präraffaelitismus: Theorie, Ziele, Ausprägung der Kunst der Präraffaeliten (BG). 1900 Dtsch. Revue II 101 mit ihrer sogenannten präraffaelitischen Kunst (SB). Wittich 1901 Vineta 197 in englisch-präraphaelitischer Manier (SB). Brachvogel 1915 Gauklerin 44 praeraffaelitische Märtyrer und Allegorien (SB). Friedeil 1931 Kulturgeschichte III 253 dass fast allen praerafFaelitischen Schöpfungen eine hohe Musikalität eignete (SB). Pirchegger 1937 Deutschöster. II 269 Klimts künstlerischer Kult galt der modernen Frau in ihrer präraphaelitischen Schlankheit und Grazie (SB). prärational/ istisch Adj. (1973) (zu rational/ istisch ‘auf der Vernunft beruhend, vernünftig’, < lat. rationalis, zu ratio ‘Vernunft’; vgl. engl, prerational 1903 in OED 1989) bildungsspr. ‘(noch) nicht auf der Vernunft beruhend; vor-/ urrational’ (iß). Schwendter 1973 Subkultur 42 Wahrscheinlich ist es nötig, sie als prärationalistische Subkulturen zu bezeichnen (z). ebd. 179 In seiner Theorie wimmelt es von weder bewiesenen noch sonstwie prärational plausiblen Hypothesen (z). Präreduktion F. (1972) (zu Reduktion ‘Zurückführung’, < lat. reductio; vgl. engl, prereduction 1934 in OED 1989) fachspr. (Biologie) in der Genetik ‘Reduzierung der Chromosomenzahl bereits beim ersten Teilungsschritt der Meiose’ (lA). 1972 BROCKHAUS 1966JJ. Praereduktion, Biologie: bei der Meiose der Fall [...] (BG). 1982 NATMATH FWB Präreduktion, Reifeteilung, bei der die Reduktionsteilung der Aquationsteilung vorausgeht (BG). präreinhardtisch Adj. (1937) (zu Reinhardt, Eigenname, österreichischdeutscher Regisseur/ rem/ iardh'sc/ t ‘bezogen auf Max Reinhardt; im Stil/ in der Art Reinhardts’) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Zeit vor dem Wirken Reinhardts’ (lB). Meisei 1937 Salzburg 30 das präreinhardtische Salzburg (SB). prärevolutionär Adj. (1943) (zu revolutionär in der Bed. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine (Phase der) Y{.e'vo\ut\on , / Revolution ‘Umwälzung; Sturz einer Gesellschaftsordnung’, < lat. revolutio ‘Zurückwälzen, Rückkehr’; vgl. engl, pre-revolutionary 1861 in OED 1989 und frz. pre-revolutionaire 1931 in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase (unmittelbar) vor einer Revolution, dieser zugehörig’ (lB). F.Z.Z. 2O.lO.i943 infolge der ständigen prärevolutionären Taktik (SB). DUDEN BED 1985 prärevolutionär (BG). <?page no="242"?> 234 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Mannh. Morgen 25.2.1994 Es ist nicht abschätzbar, inwieweit dieses Ereignis einer ohnehin prärevolutionären Stimmung weiteren Vorschub leisten wird (z). Prä-Rocker M. (1993) (zu Rock, Kurzwort für Rock’n Roll, Rockmusik‘ursprünglich US-amerikanischer, in den 50er Jahren aufgekommener spezifischer Stil der Jugend-/ Tanzmusik’ und zu ßoc&er‘Rockmusiker’) okkasionell/ bildungsspr. ‘unmittelbarer Vorläufer des Rockmusikers, sehr früher Rocker’ (lB). Spiegel 8.3.1998, 246 Die „New York Times“ erklärt den texanischen Sänger gar zum legitimen Erben von Hank Williams, dem legendären Prä-Rocker der fünfziger Jahre (CK). Prärogativ, mit prärogieren vgl. Irreg Präromantik F. (1933) ( zu Romantik, Bezeichnung einer künstlerischphilosophischen Bewegung/ Kunst(stil)richtung im 18./ 19. Jh., zurückgehend auf engl, romantic/ irz. romantique ‘dem Geist der mittelalterlichen Ritterdichtung gemäß; poetisch, stimmungsvoll’, über mehrere weitere Stufen letztlich zurückgehend auf lat. romanicus ‘auf romanische Art’; vgl. frz. preromantisme 1923 in 1988 TRESOR 1971fF.) fach-/ bildungsspr. ‘Vorromantik, romantische Bewegung vor der eigentlichen Romantik’, mit präromantisch Adj. (1935) (vgl. frz. preromantique 1926 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl. pre-Romantic 1934 in OED 1989) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Präromantik, dieser zugehörig’ (lB). 1933 Volkslum u. Kultur d. Romanen 276 die Präromantik in Frankreich (SB). Krauss 1963 Perspektiven 138 mit dem neuen Begriff einer tief ins 18. Jh. zurückverfolgten Präromantik (SB). ebd. 267 Neben diesem inhaltlichen Einwand gegen die Präromantikkonzeption ist aber noch ein anderer hervorzuheben (SB). 1935 H.Z. 119 Diese präromantische Bewegung in England, die neuerdings dort viel untersucht worden ist (SB). 1958 R.F. 208 den praeromantisch belasteten Begriff der Originalität auf das Mittelalter anzuwenden (SB). prärömisch Adj. (1970) (zu römisch, zurückgehend auf den Stadtnamen Rom als (Pars-pro-toto-)Bezeichnung für das antike Weltreich ‘bezogen auf/ charakteristisch für das römische Weltreich, ihm zugehörig’; vgl. engl. pre-Roman 1863 in OED 1989 und frz. preromain 1926 in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungsspr. ‘charakteristisch für die/ zugehörig einer Phase (unmittelbar) vor dem römischen Weltreich’ (lB). Schugt 1970 Seeland, o.S. Vermutlich entstanden die ersten Siedlungen in prärömischer Zeit (CK). <?page no="243"?> Das Präfix prä- 235 präsagiercn, mit Präsagium vgl. Irreg Präsapiens... M. (1977) (neoklassische Bildung zu -sapiens, < lat. sapiens ‘vernunftbegabt, klug’, als Bestandteil der von Linne eingeführten Bezeichnung Homo sapiens für die höchstentwickelte Menschenart; sapiens steht hier verkürzt für Homo sapiens; vgl. frz. presapiens 1972 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Anthropologie), vgl. Belege; meist in Komposita wie Präsapiensgruppe/ -mensch) (lB). 1977 MEYER 1971ff. Präsapiensgruppe, Bez. für eine Hominidengruppe, die bereits vor den (klass.) Neandertalern existierte (bg). DUDEN FWB 1990 Präsapiensmensch, dem Homo sapiens vorangegangener Menschentyp (BG). Pre-Sellingsangebot N. (1993) (zu engl, pre-sell 1950 in OED 1989 ‘etw. (vor der eigentlichen Verkaufszeit/ vorher) verkaufen; etw. verkaufen, bevor es normalerweise für den Verbraucher käuflich ist’) okkasionell/ bildungsspr. ‘Vorkauf-Angebot’ (ic). 1992 Werbeprospekt Konzertagentur Hoffmann, Mannheim Dieses Pre-Sellingsangebot gilt bis 11. Dezember 1992 (z). präsenil Adj. (1942) (zu senil, < lat. senilis ‘greisenhaft’; vgl. engl, presenile 1912 in OED 1989 und frz. presenile 1952 in ROBERT 1985) fachspr. (Medizin) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase (unmittelbar) vor dem Greisenalter, dieser zugehörig’, mit Präsenium N. (1974) (zu Senium, < lat. senium ‘Alter’; vgl. engl, presenium 1926 in OED 1989) vgl. Beleg (1B). PSCHYREMBEL 19J2 präsenil, gegen das Greisenalter hin (BG). BROCKHAUS/ WA1IRIG 1980 präsenil, vor dem Greisenalter (bg). Spiegel 26.7.1993, 155 Die Ladies hätten ihre aufdämmernde präsenile Demenz mit Cartland-Schriften betäuben können (CK). 1974 DTV MED Präsenium, Zeitphase vor dem Greisenalter (z). Präsens N. (um 1400) (< lat. (tempus) praesens ‘gegenwärtige Zeit’, zu praesens ‘gegenwärtig, jetzig, anwesend’, Part.Präs, zu praeesse ‘vorn sein, an der Spitze stehen’; vgl. frz. present 13. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, present 1530 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘die gegenwärtige Zeit’; Grammatik: ‘(Zeitform der) Gegenwart’, dazu präsentisch Adj. (1871) ‘gegenwärtig’; Grammatik: ‘im Präsens stehend, dem Präsens entsprechend, es betreffend’ (irreg). am 1400 lat.-dt.Donat \ J. Müller 1882 Quelschr. 5 presens (SB). 1571 ROTH Praesens, Ein gegenwärtiger (BG). 1741 ZEDLER Praesens, Gegenwart (bg). Stieler 1868 Fremde 28 und darum ist das Praeteritum im Leben ein komplizierterer Stoff als das Praesens (SB). <?page no="244"?> 236 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- S: ÄÄ P.ä.e»s unä p- “•«“'"“äs prä>e ”' die Ge8en ”' 1 ' ““ L i«-D,b r in, ÄÄÄr,inS1be: U» 6 »S«. S ™ . P»«” *“ rs ^ zi".— m ™ cb,„ Berliner Ztg. 22.7.1989 Ich mochte auf das Präsens im ( CK )o \ SANDERSEWS ,>71 p^enbi.ch (Sp„cbb) den, Pf'“^»"' z—„ in ÄÄÄP'Ä“" *" - “* (SB)- _ .. . • y ronrachw V das Präsens betreffend, durch das 19 80 DUDEN GWB 1976ff. prasentisch (bprachw.j. aas Präsens ausgedruckt (BG). . f • „räsentisch Sehnsuchtslose, das neuerer Zeit 215.1985 das fast einzig Utopiefreie, prasentis Kunst geriet (CK). Präsension (lA) vgl. Hist präsentieren V.trans. (1374) « lat. : gl Za 7^- TRESOR 1971ff., vg . 18 , , ’ r> j S pektrunr ‘gegenwärtig ma- 19 89) fach-/ bildungsspr., sehr h^‘e ^ek anbiet dien; vorzeigen/ -stellen, sich zeig / Präsentierung F. (1580), empfehlen; Vorschlägen ,auc sus an 1 praesentatio, zu praegleichbed. 1175 >" 1988T f S ° R WenI, über« WP .SS (so - Ko^ro^ “rrs ; te S s: . fege); Präsent N. (um 1380) ,(<. Anlehnung an f rz . present tare/ praeesse, vgl. Pras ^ W ° „. f 4 2 p vg l. engl, present 1225 1140 in 1988 TRESOR 1971ff., vgl. Hist III_4^d g 6 ( ^ 54) (< lat . Snd^TaSoTrsnff.'; vgl. engl. presentaWe 1626 in OED ,989) ‘vor-/ darstellbar, vorzeigbar; stattlich, ansehnlich (irreg). 1374 | Moeller 1915 (SB). Kupier (SB) Albcrtinus ^ 15 Gwman ^ * ^ man wisse , dem Feind eine Schlacht wohl prae Neymayr 1668 Kriegswesen dass man wi , m Der Lauten», präsen.ir.e ihm al.o sein. Laute (SB,. <?page no="245"?> Das Präfix prä- 237 1692 Novellen 90 der Spanier ehret seinen Geist mit Praesentirung seiner Tobacks- Dose (SB). Reuter 1696 Schelmuffsky 1^ Wie wir nun hinaufT kamen, präsentirete sich ein schöner Saal (SB). ebd. 47 ging ich gleich durch die Wache weg, es präsentirten wol ihrer 200 das Gewehr vor mir (SB). 1747 Genuesische Merckwiirdigkeiten 6b Genua lieget an der See und praesentiret sich als ein Amphitheatrum (SB). Schröder 1790 Ring III 96 hier habe ich die Ehre Ihnen den Major von Selling zu präsentiren (SB). Freytag 1846 Valentine I Ü57 Ich gebe mir die Ehre, Ihrer Gnaden dieses Weissbrot zu präsentiren (SB). 1861 Allgem. Mil. Enc. IV IJO Präsentiren, das vorzügliche Honneur mit dem Gewehre (SB). Land 1890 Gott 100 Ick presentiere mia den jeehrten Jenossen als een brava Arbeeta (SB). Mauermann 1911 Bühnenanw. I48 Das Theatrum praesentirt ein offenes Feld mit einigen ruinirten Gebäuden (SB). 1928 Querschnitt 897 Ich kann, im Kino, auf wen immer warten/ stets treten Leute stolz an mich heran/ und präsentieren mir die Eintrittskarten/ als dächten sie, ich wiese Plätze an (SB). Der Tag 3.5.1933 Selbstverständlich präsentiert sich dieses Buch nicht als Ganzes so nackt und bloß (SB). ND 6.10.1954 Bonn präsentiert Wehrgesetz (CK). Welt 10.1.1974 1500 Aussteller präsentieren auf über 100 000 Quadratmetern: neue Techniken, neue Systeme (SB). Spiegel 27.11.1989 Den Bundesligaklubs wurden vier Fußballer präsentiert (CK). FAZ 2.4-1990 Jetzt wird die Rechnung dafür präsentiert (CK). Spiegel 13.9.1993, 81 Wie der Inhalt der Kontroversen präsentiert wird, darauf kommt freilich alles an (z). 1374 I Möller 1915 Fremdwort ein künftige presentation und leihunge (SB). 1495 I Ann. Ingoist. Acad. IV 136 Wale und Presentacion der armen Schuelern (SB). Zweifel 1527 Chronik 9 uff des Ordens presentation (SB). Stieler 1695 Auditeur 131 Eine andere Präsentation zum Auditorial (SB). Stippel 1793 Kreuzu. Querzüge II 1 und ihm nach dreimal drei Stunden, von Praesentation des letzten Briefes an gerechnet, die Pflicht der Antwort oblag (SB). Stahl 1856 Staatslehre 241 Ihr Abordnungs- oder Präsentationsrecht muß entweder von den Magistraten oder von einer städtischen Aristokratie des Reichtums und der Gewerbemacht geübt werden (SB). Klostermann 1869 Geist. Eigenthum II 95 die Präsentation der Patentgesuche (SB). Welt 27.1.1970 General Franco machte von diesem „Präsentationsrecht“ seit Jahren keinen Gebrauch mehr (SB). Rhein. Merkur 5.1.1990 Es fehlt der revolutionären Avantgarde noch immer an fast allen Mitteln für eine öffentliche Präsentation (CK). Welt 28.5.1970 meisterhafte Präsentation der Kunstwerke (SB). 1980 DUDEN GWB 1976ff. Präsentationsrecht (kath. Kirche): Recht des Patrons, der Regierung o.ä., einen Kandidaten für ein kirchliches Amt vorzuschlagen (bg). Zeit 6.3.1987 Die Präsentation und Auswertung der Dokumente zeigt einen nur allzu häufig einseitig verfahrenden Autor (CK). <?page no="246"?> 238 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Meister Altswert um 1380, 213, 11 Die hohen rieh present/ Das heilig sacrament (SB). 1^71 | Liliencron, Volkslied II 7, 229 Land und leit und gross bresent (sic)/ gab si im under seine Hend (SB). Federmann 1557 Reisen 28 Present oder schanckung (SB). Dannhauer 1643 Katechismusmilch 2, 189 Jacob demüthiget sich für Esau, schickt ihm praesent und Geschenck entgegen (SB). 1781 Literar. Pamphlete 49 Ich danke nicht weniger für das schöne Present, womit Ihr mich beehren wollt (SB). Müller 1859 Stadtschultheiss 33 Ich will nicht reden von den kostbaren Praesentern an goldenem und silbernem Geschirr (SB). Lasker-Schüler 1932 Dichtungen 443 Praesente des Christkinds (SB). ND 8.12.1969 Besonderer Beliebtheit erfreut sich das Pionierzentrum, in dem bisher über 5000 Kinder auf Bastei- und Montagestraßen kleine Präsente selbst herstellten (CK). Zeit 13.12.1985 Noch ist es Zeit, dem schwer zu beschenkenden Professor dieses passende Präsent auf den Gabentisch zu legen (CK). 1654 I Schirmer 1911 Kaufmannssprache 146 Präsentant, Vorzeiger eines fälligen Wechsels (SB). 1785 Handlungsbibliothek 399 der Präsentant eines Wechsels (SB). CAMPE FWB 1813 Praesentant 1) Bei den Kaufleuten, der Vorzeiger eines Wechsels. 2) Der Vorsteller oder Darsteller, der einen zu einer Pfarre vorstellt oder darstellt (BG). 1980 DUDEN GWB 1976JJ. Präsentant (Wirtsch.): jmd., der einen Wechsel zur Annahme od. Bezahlung vorlegt (BG). Wekhrlin 1777 Denkwürdigkeiten 70 Deis Merite, welches man zu Wien von einem Fremden fodert, um ihn würdig zu schätzen, in ihre Häuser aufgenommen zu werden, ist diß, daß er präsentabel sey (SB). Görtz 1854 Reise III 195 praesentable Leute (SB). Arber 1894 Pereat 31 Dazu brauchte man doch einen einigermaßen präsentablen Gemahl (SB). Werner 1913 Erlebn. 422 war dcis Bild präsentabel hergestellt (SB). Welt 17.2.1969 sich dem anderen Geschlecht widmen möglichst ausschließlich und präsentabel (CK). FAZ 28.2.1970 Direktor in Zürich, anfangs 40, groß, präsentabel und gut aussehend (SB). Präsenz F. (1378) ( < lat. praesentia, zu praesens/ praeesse, vgl. Präsens-, wohl enge Anlehnung an frz. presence 12. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff.; vgl. engl, presence 1340 in OED 1989) kirchenspr. vom 14. Jh. an auch in der Bed. ‘Geld für Anwesenheit’, vgl. 1571 ROTH, diese Bed. seit dem 19. Jh. veraltet; bildungsspr. ‘Anwesenheit, Gegenwärtigkeit, Präsentsein’, häufig Bestandteil von Komposita wie z.B. in Präsenzbibliothek, -pflicht, -Universität, mit präsent Adj. (1615) (vgl. frz. present 12. Jh. in 1988 TRE- SOR 1971ff. und engl, present 1300 in OED 1989) bildungsspr. ‘gegenwärtig, anwesend, jetzt da/ sein, zur Hand’ (Irreg). 1378 | Moeller 1915 Fremdwörter presenz (SB). 1415 \ Liliencron, Volkslied I 262, 42 Bischof Hans von Menze/ der nam sich ein presenze/ und hut sich von Costenze (SB). Günzburg 1521 Bundsgenossen 74 ryliche presentz den paffen geben (SB). <?page no="247"?> Das Präfix prä- 239 Alberus 1550 Fabeln £5 presentz und absentz (SB). 1571 ROTH Praesentz die gab so man einem gegenwertigen/ bey einem Gottsdienst/ oder besingknus pflegt zu geben/ Als bey den Hochstifften vil beschicht (BG). 1643 Sprachverderber 14 wie könte mir doch etwas grössers begegnen, als ewere praesentz zu geniessen (SB). 1863 Vjschr. f. Volkswirtsch. Ill 163 die verlängerte Präsenzzeit des Heeres (SB). SANDERS FWB 1871 Präsenz: das Präsent-Sein, z.B. in Bezug auf Soldaten: der Stand bei der Fahne, i. Ggstz. zur Beurlaubung: Der Präsenz-Stand der preuß. Armee (BG). 1911 Harnack N.F.I 136 die Umwandlung in eine Präsenzbibliothek (SB). 1913 Jahr 1913 102 die Friedenspräsenz des Heeres (SB). Offenburger Tagebl. 23. 10.1968 Sowjetbotschaft in Ostberlin protestierte gegen die Präsenz des Bundes (SB). FAZ 13.2.1970 die Frage der amerikanischen Präsenz in Europa (SB). Offenburger Tagebl. 16.6.1970 Bei der Verabschiedung des Bundeshaushalts 1970 haben die Fraktionen ihre Mitglieder zur strikten Einhaltung der Präsenzpflicht ermahnt (SB). Mannh. Morgen 7.11.1986 Der steigenden Zahl von Fernstudenten wurde durch die Einrichtung von Studienzentren Rechnung getragen, die an Präsenzuniversitäten angegliedert sind (CK). Mannh. Morgen 3.11.1987 Schließlich müsse eine ärztliche Präsenz rund um die Uhr gewährleistet sein (CK). 1990 Bundestagsprotok. 15.2., 15115 wie dringend die Verringerung der Präsenzstärke der Bundeswehr geworden ist (CK). Frankf. Rundschau 28.6.1990 die regionale Präsenz des TÜV in Hessen verstärken (CK). Wallhausen 1615 Kriegskunst 27 praesent und gegenwertig (SB). Richter 1736 Einkehlen A3b present und dienlich (SB). Raube 1879 Wild. Mann 90 ob er auch wirklich Wort halte und mit dem gebotenen Honorar präsent bleibe (SB). Brandt 1936 Inn 240 ein sehr präsentes Wissen (SB). Offenburger Tagebl. 14-10.1970 Die Flotte der UdSSR ist im Mittelmeer präsent (SB). Kesten 1932 Scharlatan 66 Vor allem aber, er war da, er war präsent. Dies ist das Geheimnis der meisten Erfolge, die Präsenz (SB). Mannh. Morgen 15.8.1985 nur wenn die CDU-Frauenvereinigung überall in den Verbänden durch einzelne Vertreterinnen präsent ist (CK). Frankf. Rundschau 10.3.1990 Seitdem ist die SPD in Zehdenick rührig präsent (CK). FAZ 15.9.1990 Sie schlossen sich den neu entstehenden autonomen Wohlfahrtsverbänden, hauptsächlich dem schnell präsenten „Arbeiter-Samariter-Bund“ an (CK). Präsepe vgl. Irreg Präservativ N. (1522) (bis ins frühe 17. Jh. auch in den latinisierenden Formen pr(a)eservativum/ pr(a)eservativa, bis ins 19. Jh. in vielen orthographischen Varianten; zu lat. praeservare ‘vorher beobachten’; vgl. engl. preservative 1466 in OED 1989 und frz. preservatif 1539 in 1988 TRE- SOR 1971ff.) fachspr. (besonders Medizin)/ bildungsspr. ‘Arznei/ Mittel zur Vorbeugung/ Verhütung/ Abwehr, zum Schutz (z.B. beim Geschlechtsverkehr)’, im 20. Jh., wohl auch unter dem Einfluß von frz. preservatif, in zunehmendem Maße ausschließlich in der Bed. ‘Kondom’ verwendet; auch in Komposita wie Präservativcreme, mit Präservation F. (1536) (vgl. frz. <?page no="248"?> 240 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopreservation 1314 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preservation 1472 in OED 1989) ‘Vorbeugung, Verhütung’, seit spätem 19. Jh. auch ‘Konservierung, Haltbarmachung’, veraltend; präservieren V.trans. (1596) (< lat. praeservare ‘vorher beobachten’, zu servare ‘retten, bewahren’; vgl. engl, preserve 1375 in OED 1989 und frz. preserver 1390 in 1988 TRESOR 197117.) ‘verbeugen; (vor Ansteckung, Verderb etc.) schützen’, vor allem seit dem späten 19. Jh. wohl unter engl. Einfluß auch in der Bed. ‘konservieren, haltbar machen (von Nahrungsmitteln)’ verwendet; früh auch substantiviert: Präservierung (1654), mit Präserve F. (1870) (zurückgehend auf engl, preserve 1600 in OED 1989) ‘in spezifischer Weise haltbar gemachtes Nahrungsmittel; Halbkonserve’, auch häufig in Komposita wie Fleischpräserve(fabrik)-, präservativ Adj. (1870) (vgl. frz. preservatif 1314 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, preservative 1398 in OED 1989) ‘(bei Krankheiten) vorbeugend, verhütend’ (lA). Guttel 1522 New iar I 2b wil ich dir auss der euangelichen apotecken guote preseruatiff geben, auf! das dir der lügenhaftigen schlangen gyfft ye nicht müge tödlichen schaden zufuegen (SB). Güthel 1522 Dialogus J lain der Apoteck, das ist in dem hayligen Evangelio, befindest du sollich preseruatiua und Confortatiua, daraus du stäts dein begir und hertz [...] hast zu ergetzen (SB). Begardi 1539 Index Sanitaüs 30a Derhalben auch die ärtzter setzen dreifeltigs regiment: und heysst das erste, Conseruatiuum, das ander Preseruatiuum, und das dritt Curatiuum (SB). Auerbach 1544 Zusauffen B 4b Ich wil thun gleich wie die leib artzet in Festilentzischen Kranckheiten, die selbigen verwaren die gesunden, mit Preseruatiuen (SB). 1561 MAALER Preseruatif (das) Ein voreyngenommne artzney (BG). Sebiz 1580 Feldbau 65 Ferner zu eym Praeservatif wider die Pest (SB). Nigrinus 1587 Schlüssel Büchlein 56b Dann der rechte Glaube an Christum ist das beste und edelste Praeseruatiff wieder alles geistliches gifft (SB). Schieber 1611 Bericht E la Vorbewarung unnd praeseruatiff für Schwangere (SB). Fioravanti 1618 Physica 224 Von der Artzney, das grosse Praeseruatiuum genannt (SB). Schmidt 1656 Wundarznei 84 denen aber solle tauglich praeservativ gegeben werden (SB). 1680 | ZIdW XII 202 ohne Präservativ [darf man sich nicht den Kranken nähern] (SB). 1715 Fama XXXIV 173 geistliches Präservativ wider alle ansteckende Seuchen und Kranckheiten (SB). Schaarschmidt 1742 Mwd. Nachr. I 205 die sogenannten Praeservativ-Curen, welche den Körper vor den Anfall aller Kranckheiten das gantze Jahr durch bewahren sollen (SB). 1752 Leipziger Sammlungen VIII 143 vom Missbrauch und rechten Gebrauch anderer Gesundheitsmittel, von Präservativen, Curativen, Aderlässen (SB). 1768 Harzmagazin 315 allerhand Präservativmittel für das Federsonderlich Hünervieh (SB). Hufeland 1795 Pathogenic 43 Die Krankheitsursachen abzuhalten, ist nicht immer möglich, und darauf kann also keine Praeservatifkunst gebaut werden (SB). Schlözer 1793 Stats Recht 28 Politische kenntnisse sind das erprobteste Präservatif gegen Projektir- und Revolutions Sucht (SB). Fülleborn 1802 Rhetorik 36 Präservativ, Verwahrungsmittel (SB). <?page no="249"?> Das Präfix prä- 241 Koch-Sternfeld 1805 Nahrung 139 Amerika hat uns an den Kartoffeln ein Präservativ gegen die Hungersnoth geliefert (SB). 1810 | Scherr 1865 Blücher I 110 Präservative gegen Leibessegen (SB). Russdorf 1856 Haus-Almanach lf9 Schutzmittel, Präservative gegen Cholera (SB). Waldmüller 188f Darja III 276 das beste Präservativ gegen leichtsinnige Liebe ist die Liebe zu einem guten Mädchen (SB). Blaschko 1910 Geburtenrückgang lf die beim Manne anzuwendenden Schutzmittel (Praeservative) (SB). 1912 Imago 1, 181 dass Paula einen sexuellen Verkehr aufgenommen haben müsse, der, ohne Vorsichtsmassregeln <Präservative> betrieben, ihr Angst vor den Folgen einjage (SB). Hoffmann 1928 Frontsoldaten 101 Präservativcreme gegen wunde Füße (SB). 1929 Sittengesch. d. Imtimsten 218 Präservativ (zuerst erwähnt beim Mythographen Antonius Liberalis im 2. Jh. n. Chr. gegen unerwünschten Kindersegen, nicht als Schutzmittel gegen Krankheiten) (SB). FAZ f.12.1971 Aber wohl kaum einer wird hier den wohl größten europäischen Produzenten von Präservativen vermuten (SB). Stern 27.5.fP57Selbstverständlich sei es sinnvoll, im Falle eines Falles ein Präservativ zu verwenden (CK). Zeit 22.6.1990 Es komme ihm so vor, als ob der Westen „wie ein riesiges Präservativ“ über die DDR gezogen sei (CK). Paracelsus 1536 Wundartzney II, XXX Vb yedoch aber was durch erfrueren wurde/ wurd die preservation nit erfrueren (SB). Glauber 1655 Op. Min. I 51 die allerbeste praeservation in Pestzeiten (SB). Dilich 1689 Krieges-Schule II 52 Viele gebrauchen sich im Nothfall zur Praeservation und Cur dess Büchsenpulvers (SB). Fleming 1726 Soldat 91 Man muß kräfftigste Artzneyen anschaffen, so wohl zur praeservation, als ansteckende Seuchen zu vertreiben (SB). Krezschmer 17ff Vorschläge 85 Man schreibet so viel von Praeservationen, es ist a ber unter allen kein besseres Mittel, als Diaet (SB). Esquirol 1838 Geisteskrankheiten I 93 von den Praeservationsmitteln bei der Geisteskrankheit (SB). 1875 Unteroffizier-Ztg. IfO Die Präservation von Fleisch, wie auch von Gemüsen, Obst u.s.w. beruht auf der zuerst von dem Franzosen Appert angewendeten Methode (SB). 1933 GENIUS Präservation, Schutz, Verhütung (BG). Bapst 1596 Arzneibuch 69b praeseruiret (SB). Schieber 1611 Bericht A2a sich vor der umgehenden Pestilenz zu praeseruiren und zu verwaren (SB). Wallhausen 1616 Kriegsmanual: Glossar Praeserviren, Wol verwahren (SB). Glauber 1653 Mirr. Mundi 25 In peste oder andern hitzigen ansteckenden Fiebern Praeservirt diese Medicin den Menschen (SB). Glauber 165f Weinstein 13 praeservirung, das Destillieren vor Verderben (SB). Bilich 1689 Krieges-Schule II 51 und ist der Gebrauch dieser Medicamenten, dass man zu Praeservirung, und dem Übelvorzukommen, nehme (SB). 1718 abentheuerl. Welt I 5 dass sie bey dem Krug Bier nur vor die Kälte sich zu praeserviren such (SB). Sintenis 1796 Dialogen I 123 Sich fleissig kalt in der Jugend baden, praeservirt vor dem Schlage in höheren Jahren (SB). <?page no="250"?> 242 Michael Kinne: Die Leknpräfixe post-, prä- und neo- “t'tc" rj«K VF.,i.ch zu präserviren, d.h. zu kouz„- Z'Z'l SS« Bozd, wo man de» Labzkau.ch au. pr«.ezvie».em Riudschlossen (SB). ,< So s ; n d während dem Kriege selbst die d " A ™ ' e “” ™ «zdt. Dr, P ro“.”» e Fleiaeh-Pnä-erve» wud pro Manu »0 Gramm betragen (SB). f/ s ; ^ru"ur»“ ( viwe»du» e d». »*=»»«»>.» p»—- Conservirung von Fleisch (SB). Milchpräserven (SB). ; PÖ6 Anleitung wissenschafU. Beobac 9 Herstellungsdatum den Ver- Heller 1966 Fremdwort 50 Praserven tragen neben merk ‘zum alsbaldigen Verbrauch bestimmt (Z) 1977 FWB LEIPZIG Präserve, Halbkonserve ( ). auf Krankheiten) (BG). _ , / i orinW^ lat nraeses‘Beschützer, Statthalter; Leiter, Vor- Prases M. (um 1350) (< t. P präs idiererv, vgl. engl, preses 17. sitzer, Vorgesetzter , zu praesiäere, S F Jh vorwi d im unl - Jh. in OED 1989) ^^fX’n dem wirtschaftlichen (Innft/ Gilde) versitaren Bereich, im folgen tpbpr/ Vorsitzer/ Vorsitzender (einer vor allem im kirchlichen Bereich: ^steher Vo^er,V ^ ^ Institution)’, mit P.a.iden. M. (um ««i “ ‘ “'“; esor 1971ff ., z » lat. Form Pris.dcnHn (< frn. president nWmlWd wgg) 1988 TRESO ’ räumliche Komponente vorn sitzen vertreten, zu gen hier deutlich auch ie t ill 4 2 1)vffl engl, preside 17. Jh. sedere ‘sitzen, setzen’(vgl. v orsitz hlben’; Präsidium N. (1759) in OED 1989) ‘vor S tehen, leiten de» Vor^U ha! . V orsit 2 , Lei- (< lat. praesidium Vorsitz, ^ / igig) (< l a t. praesidiahs tung(sgremium); Amtsgebau e • pra J- ( ^ TRESOR 1971ff Präsidenten/ Vorsitzenden, das <?page no="251"?> Das Präfix prä- 243 Präsidium betreffend, zu ihm gehörend, von ihm ausgehend; den Vorsitz führend’; bereits seit spätem 18. Jh. vereinzelt, bis zur Gegenwart in zunehmendem Maße auch in diversen Komposita wie Präsidialgesandter, -kanzlei, -rat, -system u.v.a.; Präsidentschaft F. (1849) (vgl. engl, presidentship 1525 in OED 1989) ‘Amt(szeit)/ Würde des Präsidenten’, viele Komposita wie z.B. Präsidentschaftsanwärter, -kandidat, -wähl (irreg). um 1350 Ostdt. Apostelgesch. 17praeses, des keysets richtere (SB). Platter 1612 {Ausg. Boos) 258 wardt ich baccalaureus in der medicin promivirt durch D. Antonium Saportam, der mein praeses war (SB). 1741 ZEDLER Praeses ist die Haupt-Person bey einer Disputation, unter dessen Schutz der Respondente stehet, daß wenn er nicht fortkommen kan, der Präses seine Stelle vertritt (BG). Edelmann 1752 Selbstbiographie 23 der Praeses in den Schuldisputationen (SB). Michaelis 1776 Raisonnement IV 14 wenn aber auch der Praeses die Dissertation ausarbeitet (SB). 1813 I Kluge 1895 Studentensprache 115 Praeses, Vorsänger b. Kommers (SB). Mahler 1860 MUH. Bilderbuch 217 die Regimentsschule unter Leitung des selbstgewählten Präses (SB). Zastrow um 1890 Oberstlt. Kreuschnabel 8 der Präses der topographischen Abtheilung (SB). Wahlendorf 1936 Erinnerungen f8 gehörten dazu die spätere Exzellenz und Präses der Handelskammer, Wilhelm Herz (SB). Welt 3.12.1949 Die nächste Synode wird unter dem Vorsitz von Präses Dr. Heinemann in Berlin-Weißensee (Ostsektor) stattfinden (CK). Frankf. Rundschau 6.4-1990 Die SPD hatte den Präses der Synode der Kirchenprovinz Sachsen aufgestellt (CK). um 1490 Reformation Sigmundi C2b Item es sol in ainer yeden hohen schul (wenn ain maister oder zwen die presidentes haissen) [...] (SB). Stumpf 1541 Beschreybung Bl. XVII Es hat auch yede Nation jren eignen Commissanum oder Presidenten, das ist, Ein Vorsitzenden befelchhaber, gehebt (SB). 1561 MAALER Eines Praesidenten ampt wol versähen (SB). Carolus 1609 Relation Nr. 20e praesident deß geheimen Rahts (SB). Seckendorff 1665 Fürstenstaat 2, 126 Der Praesident oder Director eines jeden collegii (SB). ■ lush 1758 Manufakt. 1, 31 Der Regent soll weder Finanzminister, noch President des Cornmercienwesens seyn (SB). ttodenberg 1860 Insel der Heiligen I 113 Der alte Herr sass mit dem feierlichen Anstand eines Präsidenten am oberen Ende des Tisches (SB). Berl. Illustr. Nachtausg. 6.3.1933 Alterspräsident des Reichstages ist der nationalso- Z1 alistische Abgeordnete General Litzmann (SB). N D 12.2.1949 Das teilte die Präsidentin des Landgerichts mit (CK). Nd 22.2.1949 Schließlich betonte Vizepräsident Dr. Meltzheimer von der „Deutschen Justizverwaltung“ die Bedeutung des Richteramtes in der realen Demokratie (CK). N -Z- (Basel) 30.3.1949 Da sitzt oben am Tisch einer, der das große Wort führt und den fuan aus diesem Grunde „Präsident“ nennt (SB). Süddeutsche Ztg. 14-2.1959 In Frankreich gibt es über drei Millionen „Präsidenten“, die meisten von ihnen sind noch aktiv, einige jedoch Präsidenten a.D. (SB). Offenburger Tagebl. 31.12.1970 Die Präsidenten der Universitäten Hamburg, Berlin Un d Bremen (SB). <?page no="252"?> 244 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1524 I Basler Chroniken I 445 hielt er ouch ein disputation mit der lutherischen rott presidiert (SB). Fabricius 1588 Surius Chronik 230b presidiert und fürgesessen (SB). Bessel 1666 Schmiede 27das Collegio der Cardinäle, worin der papst praesidihrt (SB). Nicolai 1790 Anekdoten I 327 Der König ließ in Berlin eine Art von Kriegsrecht versammlen, worinn Er selbst präsidirte (SB). Rodenberg 1863 Sirassensängertn II 83 Die Liebenswürdigkeit, mit welcher er bei Tisch in der ersten Cajüte präsidirte, war berühmt (SB). 1929 Preuß. Jahrb. 302 Nichts von autoritativem Präsidieren! Schlicht leitete er den Abend ein (SB). Welt 29.i2.i949 Das neue Kabinett, das wahrscheinlich von einem Radikalsozialisten präsidiert würde, wäre nur eine Ubergangsregierung (CK). Zeit 28.12.1984 Der Bonner Runde wird Gross nicht mehr präsidieren (CK). Moser 1759 Herr & Diener 331 es wäre dann, daß das Präsidium ein blosses Ehrenwerk, und nach ihm noch ein anderer Mann bestellt wäre (SB). Reichsverfassung 1871 IV 11 Das Präsidium des Bundes steht dem Könige von Preußen zu (SB). Berl. Illustr. Nachtausg. 24-2.1933 Sie wurden unter starker Bedeckung zum Polizeipräsidium gebracht, wo im großen Konferenzzimmer des Präsidiumsgebäudes eine genaue Kontrolle der Personalien durchgeführt wurde (SB). ND 6.7.1949 ein Telegramm an das Präsidium des Weltgewerkschaftskongresses (CK). Welt 20.5.1959 Er wurde ins Präsidium des Kongresses gewählt (CK). Frankf. Rundschau 18.4-1990 Nach dem Treffen mit dem Präsidium des Deutschen Schwimmsportverbandes der DDR war Hollemann sehr zufrieden (CK). Sonnenfels 1785 Geschäßsstil 87 Die Präsidenten geben in ihrem Namen eine Präsidialnote (SB). Joseph II 1786 Briefe 97 Leichter ist es freylich, wenn man seine Präsidial-Authorität in allen geltend macht (SB). OERTEL 1816 präsidial, vorsizlich, den Vorsizzer oder Behördenvorsteher betreffend, hofgerichtlich, subst. Hofgericht (bg). Buchholz 1821 Taschenb. 130 In Hinsicht des zweiten Punktes bemerkte der Präsidialgesandte [...] (SB). Welcher 1831 Vervollkommnung 32 die Präsidialgesandtschaft des Deutschen Bundes (SB). Simon 1855 Exil I 56 Er war gegen alle und jede Theilung der Gewalten, auch gegen das Präsidialsystem (SB). Treitschke 1866 Jahre 76 dies fremde Reich als Präsidialmacht des Deutschen Bundes (SB). 1933 Volk und Reich 124 ein starkes präsidiales Element in der Regierung (SB). Lokal-Anz. 14-10.1934 Die Präsidialkanzlei des Führers und Reichskanzlers ist nunmehr verlegt worden (SB). ND 3.12.1949 Das wurde aus der Präsidialkanzlei mitgeteilt (CK). Welt 15.5.1964 Als höchstes Exekutivorgan wurde ein Präsidialrat unter Vorsitz des Staatsoberhauptes gebildet (CK). Welt II.6.I974 Das Ziel der präsidialen Verschleppungstaktik ist offenbar nicht nur der mögliche Meinungsumschwung in der Bevölkerung (CK). Zeit 29.3.1985 die auf den Abbau präsidialer Superkompetenzen zielende Verfassungsreform (CK). Mannh. Morgen 25.2.1988 Der Präsidialrat setzt sich zusammen aus [...] (CK). Laube 1849 Pari. I 298 Er ballte sich zusammen aus dem Wunsche nach Energie, nach Monarchie, und nach Präsidentschaft, Präsidentschaft ohne Vorurtheil! (SB). <?page no="253"?> Das Präfix prä- 245 Görtz 1852 Reise I 211 die amerikanischen Präsidentschaftscandidaten (SB). Mahler 1860 Militär. Bilderbuch 218 eine würdige Präsidentschaft bilden (SB). SANDERS DWB 1863 Präsidentschaft, Amt und Würde eines Präsidenten (bg). 1914 Preuß. Jahrb. 342 eine Reihe von Abschnitten aus Wahlreden aus dem Präsidentschaftsfeldzug (SB). Leipziger Tagesztg. 13.6.1936 Der Präsidentschaftskampf ist ganz auf diesen Mann und seine Persönlichkeit abgestellt (SB). Welt I.II.I949 die am 27. November fälligen Präsidentschaftswahlen (CK). Welt 2.9.1954 Seit der Präsidentschaft des Belgiers hat kein Westeuropäer mehr auf diesem Sessel gesessen (CK). FAZ 13.12.1965 Mit Fernsehansprachen der Präsidentschaftskandidaten hat die zweite Phase des Wahlkampfes begonnen (CK). Zeit 27.9.1985 Barre, der als aussichtsreichster Präsidentschaftsanwärter Mitterand möglichst schnell verdrängen möchte (CK). Mannh. Morgen 29.6.1988 Wir können schon jetzt vor Ende der Präsidentschaft eine positive Bilanz vorlegen (CK). Pre-shave-Lotion F. (1980) (zu engl, shave ‘Rasur’/ Zoh'on ‘flüssiges Kosmetikum’; die originär englisch anmutende Kombination ist in engl. Wörtbüchern nicht gebucht) bildungs-/ werbespr., vgl. Beleg (lC). 1980 DUDEN GWB 1976ff. Pre-shave-Lotion: vor der Rasur zu verwendendes Gesichtswasser (BG). Präsignifikation (lA) vgl. Hist präsilurisch Adj. (1983) (zu silurisch ‘dem Silur zugehörig’/ Si'/ ur ‘Formation des Paläozoikums’, zurückgehend auf Silurer, Bezeichnung für einen vorkeltischen Volksstamm in Wales; vgl. engl. pre-Silurian 1871 in OED 1989) fachspr. (Geologie), vgl. Beleg (lB). 1983 DUDEN UWB präsilurisch: dem Silur vorangehend (BG). Präsklerose F. (1942) ( zu Sklerose ‘krankhafte Verkalkung eines Organs’, zurückgehend auf griech. <sklerösis> ‘Verhärtung’; vgl. frz. presclerose 1972 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin), vgl. Belege (lB). PSCHYREMBEL 1942 Präsklerose, Vorstadium der Arteriosklerose (BG). DUDEN FWB 1990 Präsklerose: Vorstadium einer Arterienverkalkung (BG). präskorbutisch Adj. (1974) (zu skorbutisch ‘beruhend/ bezogen auf, charakteristisch für Skorbut’/ 5A: or6wt ‘Krankheit infolge Vitamin-C-Mangels’, Herkunft umstritten, vielleicht < ndl. scheurbuik ‘rissiger Mund’) fachspr. (Medizin) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase vor dem Ausbruch des Skorbut’ (lB). 1974 DTV MED präskorbutischer Zustand (z). <?page no="254"?> 246 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopräskribieren V.trans. (1521) (< lat. praescribere ‘vorschreiben; schriftlich vor(her)setzen’; vgl. frz. prescrire 13. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prescribe 1535 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘vorschreiben, gebieten’, (Justiz) ‘für verjährt erklären’, mit Präskription F. (1544) (< lat. praescriptio ‘das Vorschreiben; Vorschrift, Verordnung’, zu praescribere-, vgl. frz. prescription 1265 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prescription 1542 in OED 1989) ‘Vorschrift, Verordnung’; (Justiz) ‘Verjährung’; Praeskript(um) N. (1737 SB) (< lat. praescriptum ‘das Vor(her)geschriebene’; vgl. engl, prescript 1540 in OED 1989) ‘Vorschrift; Regel’, veraltet; dazu weitere veraltete (vorwiegend der Fachspr. der Justiz zugehörige) Ableitungen wie Präskriptibilität F. (1871 SANDERS FWB) ‘Verjährbarkeit’; veraltet; präskriptibel Adj. (1876 KEHREIN) ‘verjährbar’; veraltet. In jüngerer Zeit sind nach engl. Vorbild aufgekommen: präskriptiv Adj. (1980) (vgl. engl, prescriptive 1748 in OED 1989) bildungs-/ fachspr. (Linguistik) vgl. Belege; Präskriptor M. (1985) fachspr. (Linguistik) vgl. Beleg (Irreg). Nazarei 1521 Gott 27prescribiert (SB). 1524 \ 1856-58 Satiren II 63 auss solicher gewonheit wir ein prescribiert recht gemacht haben (SB). 1571 ROTH praescribirn, Fürschreyben/ fuermahlen/ ordnung geben oder machen (BQ). 1977 FWB LEIPZIG präskribieren: vorschreiben, verordnen, für verjährt erklären (z). Sleidan 1544 Reden 230 Item, den alten brauch und prescription, und das inen am besten ist (SB). 1571 ROTH Praescription, Vorschrifft/ fürbildung (BG). 1572 Platter 100 ich sölte irer praescription nach die schull anrichten und läsen (SB). 1616 Bayer. Landrecht 315 praescription der dienstbarkeiten (SB). Feder 1789 Grundlehren 227 Verjährung (Praescription) (SB). 1910 Jahrb. psychoanalyt. Forschg. 58 man folge bei der Erziehung den Entwicklungslinien der Natur, nicht toten Präskriptionen (SB). 1980 DUDEN GWB 1976JJ. Präskription, Vorschrift, Verordnung (BG). 1980 DUDEN GWB 1976ff. präskriptiv: bestimmten Normen folgend; präskriptive Grammatik: Grammatik, die den Sprachzustand nicht beschreibt, sondern Normen setzt (BG). 1985 SPRACHWISS. TERMINI 186 präskriptiv: vorschreibend, auffordernd, als Präskriptor wirkend, zu bestimmten Handlungen und Verhaltensweisen veranlassend (z). 1985 SPRACHWISS. TERMINI 186 Präskriptor {Ch. Morris): in der Sprachpragmatik verwendete Bezeichnung für eine Funktionsklasse von Zeichen, die dazu dienen, bestimmte Verhaltensweisen oder Handlungen auszulösen (z). präslawisch Adj. (1928) (zu slawisch ‘die Slawen betreffend’/ S'/ atnen, Bezeichnung einer südosteuropäischen Völkergruppe; vgl. frz. preslave in 1988 TRESOR 1971ff.). fachspr. (Anthropologie, Ethnologie u.a.) ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine Zeitphase vor der Existenz der Slawen, dieser Phase zugehörig’ (lB). 1928 MEYER 1924ffdie präslawische Rasse (BG). <?page no="255"?> Das Präfix prä- 247 prästabilieren V.trans. (1696) (-stabilieren zu lat. stabilire ‘befestigen, festlegen’, von Leibniz 1696 in der Verbindung prästabilierte Harmonie ‘die von Gott im voraus festgelegte harmonische Ordnung der Welt’ als philosophischer Terminus eingeführt; seit früherem 20. Jh. daneben auch in der (unkorrekten) Form prästabilisieren) fachspr. (Philosophie) ‘vorher bestimmen/ festsetzen, vorausbestimmen’, mit Prästabilismus M. (1804) ‘Lehre von der herrschenden Vorbestimmung Gottes; Vorherbestimmungslehre/ -glaube’; Prästabilist M. (1871) ‘Anhänger/ Verfechter des Prästabilismus’, beide Subst. veraltend (lA). Kindleben 1779 Schluterius 161 der prästabilirten Harmonie zufolge (SB). Sickler 1802 Obstkultur I, XLIX war die gegenwärtige Menge aller unserer Obstsorten von Anfang an bey der ersten Formation der Welt prästabilirt (SB). 1812 Reils Beyträge II 357 Leibniz’ prästabilierte Harmonie ist nur dem göttlichen Verstände sichtbar (SB). Gutzkow 1858 Zauberer II144 das nach Leibniz prästabilirte Glück und die Heiterkeit des ganzen Universums (SB). Schmidt 1870 Bilder 24 die prästabilirte Harmonie der Leidenschaften (SB). Benedikt 1903 Biomechan. Denken 12 keine absolut prästabilierten Zellteile (SB). Schmitz 1911 Brevier 323 denn die Idee einer Sache ist nichts Prästabiliertes, sondern wird immer wieder von neuem von dem Künstler geschaffen (SB). 1939 Geopolitik 718 Wesentlich für die autoritäre Wirtschaft ist daher die prästabilierte Zwecksetzung (SB). Schmitt 1939 Grossraumordnung 76 jene prästabilisierte Harmonie von Völkerrecht und politischem Interesse (SB). Münchn. N.N. 8.7.1942 das gleichzeitige Auftreten der prästabilisierten Harmonie in der Wissenschaft und der Idee des europäischen Gleichgewichts in der Politik des späten 17.Jahrhunderts (SB). Volk. Beob. 8.6.1944 Die jungen Völker Europas haben sich immer besser einzustimmen verstanden auf die prästabilisierte Harmonie des Naturgeschehens (SB). Guardini u.a. 1954 Verantwortung 67 Aber die Harmonie der Interessen in der Gesellschaft ist nicht prästabilisiert (SB). Masur 1961 Propheten 13 wie die prästabilierte Harmonie, an die die Welt bis 1914 glaubte (SB). Staiger 1966 Grundbegriffe 187 Das Urteil des Kurfürsten vernichtet Homburgs Idee der Harmonie des Lebens, die prästabiliert schien für sein Ich (CK). Zeit 1.2.1985 Verkündet dieser Komponist die Leibnizsche „prästabilierte Harmonie“ des Weltgeschehens in den unterschiedlichen Monaden neu für das „atomare Zeitalter“? (CK). Zeit 14-3.1986 Er fiel schnell auf die alte konservative Lebenslüge zurück, die Medien und die Schulen seien es, die jene prästabilisierte Harmonie zwischen Wirtschaft und Familie zerstört hätten (CK). HEYSE FWB 1804 Prästabilismus, die Lehre od. Meynung von einer von Gott geschehenen Vorherbestimmung (BG). 1933 GENIUS Prästabilismus, Vorherbestimmungslehre, Glaube an eine von Gott getroffene Vorherbestimmung, Prästabilist, Anhänger dieser Lehre (BG). 1871 SANDERS FWB Prästabilist, Anhänger des Prästabilismus (BG). <?page no="256"?> 248 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Prästanz, mit prästant vgl. Irreg prästieren, mit Prästation, Prästandum, prästabel, Prästator/ Prästitor, prästierbar vgl. Irreg Prästigiator M. (1581 SB) (< lat. praestigiator, vgl. frz. prestigiateur 16. Jh. und engl, prestigiator 1614 beide in OED 1989) ‘Gaukler, Taschenspieler, Betrüger’, veraltet, mit Prästigien PI. (1588 SB (< lat. praestigium/ praestigia(e), wohl zu praestringere ‘(vorn) zuziehen, zuschnüren’, u.a. auch ‘blenden, verdunkeln’) bildungsspr. ‘Blendwerk, Gaukelei, Zauber(ei)’, veraltet, mit Prestige N. (1865) (< frz. prestige 1372 in 1988 TRESOR 1971IF., < lat. praestigium/ praestigia(e) ‘Blendwerk, Gaukelei’, in dieser Bed. entsprechend dt. Prästigien (vgl. oben) und engl, prestige (1665 in OED 1989) bis zur ersten Hälfte des 19. Jhs. gebräuchlich; seit dieser Zeit nach frz. Vorbild Wandel zur heute generell üblichen Bed.) ‘Ansehen, Geltung, Einfluß; Machtstellung’; seit dem frühen 20. Jh. auch in Komposita wie Prestigedenken, -frage, -gründe, -objekt, -vertust u.v.a.; prästigiös Adj. (1863 KALTSCHMIDT) (< lat. praestigiosus, vgl. engl, prestigious 1546 in OED 1989 und frz. prestigieux 1550 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘gauklerisch, voller Blendwerk’, veraltet; Prästigiation F. (HEYSE FWB 1870) (vgl. engl. prestigiation 1540 in OED 1989) ‘Taschenspielerei’, veraltet (irreg). HEYSE FWB 1838 Prestige, franz., die Gaukelei, zauberische Verblendung, das Blendwerk (bg). Scherr 1865 Blücher II 381 das „Prestige“ des Napoleonismus (SB). 1810 | Journal of Engl, and Germanic Philology 1924, 563 Eine größere Annäherung Deutschlands und der Niederlande hoffe ich allerdings auch mit als einen Segen von dem gebrochenen ‘prestige’ Frankreichs (ein widerliches Wort, dieses prestige, praestigiax, Blendwerk, Schwindel! ) (SB). SANDERS FWB 1811 Prestige (frz.) Prästigium (s.d.), Nimbus, gebietende Machtstellung, unter deren überlegner Herrschaft die Übrigen stehn (BG). Schmidt 1811 Bilder II 446 das Prestige der grossen Nation (SB). Rutenberg 1811 Zinne 111 die persönliche Bekanntschaft und das damit verbundene prestige für die individuelle Eitelkeit (SB). Richter 1884 Creditsystem 8 In der äusseren Politik hat die Börse das „Prestige“ der grossen Nation in Beschlag genommen (SB). 1881 Dtsch. Rundschau 310 dass Freiherr vom Manteuffel als siegreicher Feldherr bei der Bevölkerung ein gewisses „prestige“ hatte (SB). Rose 1884 Revanche 64 das Prestige einer centralisirten Macht (SB). Trübner 1898 Personalien 69 das gesunkene Prestige der heimischen Kunst (SB). 1898 Cosmopolis X 906 Für England wird es darauf ankommen, in Japan sein Prestige wieder herzustellen (SB). Zobeltitz 1902 Papierene Macht II 13 mein gesellschaftliches Prestige wächst durch die neue Stellung (SB). 1911 Grenzboten 4, 153 die Prestigesucht des nationalen Egoismus zum Schweigen bringen (SB). 1913 Jahr 1913, 61 die verlockende Prestigepolitik der Reservierung Nordalbaniens für Österreich-Ungarn (SB). <?page no="257"?> Das Präfix prä- 249 Kolb 1914 Wege 231 von jenem rein gesellschaftlichen Prestigeseiner Diplomatenstellung erfüllt (SB). 1921 Imago 7, 69 die unter dem Namen Prestige bekannte Erscheinung des sozialen und politischen Lebens (SB). Poss. Ztg. 2.3.1928 sich aus Prestigegründen Panzerkreuzer wünschen (SB). Loss. Ztg. 18.12.1930 seine süddeutsche Liebenswürdigkeit, der prestigemäßiges Auftrumpfen fernlag (SB). Abendztg. [München) 12.5.1944 D as alliierte Prestige in Italien ist tief gesunken (SB). Welt 10.3.1954 D as war e ' n Prestigeverlust für den ehrgeizigen Großbauernführer (CK). ND 13.4.1954 der Verlust des militärischen Prestiges und der politischen Autorität (CK). Welt 2.1.1964 (Überschrift) Prestigedenken auf beiden Seiten überwinden (CK). FAZ 18.12.1965 die These widerlegen, es handele sich um eine nationale Prestigefrage (CK). Bild 28.7.1967 Das Prestige des Staatschefs ist stark erschüttert (CK). Zeit 3.1.1986 Das ist eine Küche für ein internationales Publikum, das aus Prestige ißt (CK). Frankf. Rundschau 7.6.1990 was sich das SED-Regime das prestigeträchtige Hätschelkind Sport wirklich hat kosten lassen (CK). Zeit 29.6.1990 sein Bibliothekswesen gehörte nicht gerade zu den stolzesten Prestigeobjekten des SED-Staates (CK). prästituieren (lA) vgl. Hist prästruieren, mit Prästruktion (lA) vgl. Hist präsuizidal Adj. (1971) (zu suizidal 1 den Suizid betreffendY-Sumd ‘Selbsttötung’, zurückgehend auf lat. sui ‘seiner’ und caedere/ cidere ‘töten’) fachspr. ‘dem Suizid vorangehend’ (iB). Simonis 1971 Ecclesia visibihs 103ff. Wir möchten vor allem das in Tabelle 8 wiedergegebene präsuizidale Syndrom nach Ringel erwähnen (CK). Spiegel 18.10.1993, 259 Wem Edeltrödel wie präsuizidale Euphorie, toxikomanischer Fetischismus und weißglühende Metaphysiken als Einstiegsdroge nicht mehr genügt, der landet bei psychoperfektivistischen Endstrebungen (CK). präsumieren V.trans. (1571) (< lat. praesumere eigentlich ‘vorhernehmen’, zu sumere ‘nehmen’; vgl. frz. presumer 1200 in 1988 TRESOR 19711T. und engl, presume 1377 in OED 1989) bildungs-/ fachspr. (Philosophie, ■ Justiz) ‘annehmen, vermuten; voraussetzen’, mit Präsumtion F. (1571), bis ins 18. Jh. auch in der (der lat./ frz.(? ) Schreibweise folgenden) Form Praesumptiorr, < lat. praesumptio, zu praesumere-, vgl. frz. presomption 1170 in 1988 TRESOR 197HT. und engl, presumption 14. Jh. in OED 1989) ‘Annahme, Vermutung; Voraussetzung’, präsumtuos Adj. (1571 ROTH) (< frz. presomptueux 1223 in 1988 TRESOR 1971 ff., < lat. praesumptiosus/ praesumptuosus, zu praesumptio ‘Vermessenheit, Hartnäckigkeit’, vgl. Hist III.4.2.1; vgl. engl, presumptuous 1350 in OED 1989) ‘anmaßend, vermessen, stolz’, veraltet; präsumtiv Adj. (ca. 1723) bis heute vereinzelt <?page no="258"?> 250 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoauch in der (der lat./ frz. (? ) Schreibweise folgenden) Form präsumptiv (< lat. praesumptivus ‘vorausnehmend’, zu praesumere, möglicherweise enge Anlehnung an frz. presomptif 14. Jh. in 1988 TRESOR 19711F.; vgl. engl, presumtive 1561 in OED 1989) ‘mutmaßlich, wahrscheinlich’; präsumabel Adj. (HEYSE FWB 1838) (< frz. presumable, zu lat. praesumere-, vgl. engl, presumable 1692 in OED 1989) ‘mutmaßlich, vermutlich’, veraltet (irreg). 1571 ROTH praesumirn/ Vornemen/ ubernemen/ sich etwas für ander lassen geduncken/ etwas von sich selbs halten (BG). Wallhausen 1616 Kriegsmanual, G/ ossar praesumirn, dafür halten (SB). Beust 17J3 Constlarius 32 eine aufrichtige Treue, so bey einem Rath erfordert wird, zu praesumiren (SB). Haller 1820 Restauration 1 56 den wirklichen oder praesumirten Willen des Volks (SB). 1883 Klatschmaul 43 wannen mein Hertz aus der Gelegenheit des Orts schon was Böses praesumirete (SB). 1977 FWB LEIPZIG präsumieren: annehmen, mutmaßen, vermuten, voraussetzen (z). 1571 flOT/ / Praesumption, Die ubernemung/ ubermueht (BG). Fischart 1581 Dämonomania 270 Presumption oder Vormuthung (SB). ebd. 612 Presumtion und schetzung (SB). Gutmar 1603 Gemerck 12 was ist das für ein Präsumption und Vermessenheit (SB). 1688 Beweiss A2b damit der Präsumtion und Gedancken meiner Unterthanen ein Genügen geschehe (SB). 1741 Begebenheiten 80 ein Student, der eine starcke Praesumtion von sich hatte (SB). Laukhard 1792 Leben 750 ein Gewebe von Kindereien, Absurditäten und Präsumtionen, über welche ein kluger Mann bald unwillig werden muss (SB). Herder 1801 Adrastea (/ ) XXIII 191 Anmassung (Präsumtion) (SB). Holtzendorff 1869 Prmcipien 94 Präsumtion der allgemeinen Anwendbarkeit des bestehenden Rechts (SB). 1980 DUDEN GWB 1976JJ. Präsumtion: Voraussetzung, Annahme, Vermutung (BG). Haller 1723-27 Tagebücher 60 der präsumtive Erbe des Hauses Braunschweig (SB). Vierthaler 1794 Entwurf 61 weil der Stand der Eltern die präsumtive Bestimmung des Kindes ist (SB). Steffens 1817 Gegenwärtige Zeit II 494 ein präsumtiv Verdächtiger (SB). Kohl 1844 Brit. Inseln II 126 der präsumtive Erbe enormer Reichthümer (SB). 1853 Hofdamen-Briefe 327 die Dame, die seit einigen Wochen hier ist und die präsumptive chaperoniert (SB). Franke-Schievelbein 1894 Rotdorn 6 Rücksichten auf präsumptive Schüler nehmen (SB). Voss. Ztg. 16.2.1930 ihr Liebhaber und präsumptiver zweiter Ehegatte (SB). Guggenheim 1959 Sandkorn 29 die Freundschaft, die einen präsumtiven Autor mit einem Verleger verbindet (SB). Welt 12.5.1969 die Laien als präsumtive Opfer oder Täter von strafbaren Handlungen (CK). Zeit 21.6.1985 Sie erklärte präsumtiv Polen zwischen Bug und Oder für unteilbar (CK). Wochenpost 12.1.1990 stehen sie als präsumptive Wiederhersteller eines „neuen Großdeutschlands“ da (CK). Spiegel 0.7.7000 Ich rede nicht über präsumtive Prämissen, ich rede über reale Prämissen (z). <?page no="259"?> Das Präfix prä- 251 Präsuppositum N. (1588) (neoklassische Bildung zu lat. supposition, Part.Perf.N. von supponere ‘unterlegen, unterstellen’) bildungsspr. ‘das Vorausgesetzte, Angenommene’, im 20. Jh. veraltet, mit präsupponieren V.trans. (1607) (zu lat. supponere-, vgl. frz. presupposer 1370 in 1988 TRE- SOR 1971ff. und engl, presuppose 1426 in OED 1989) ‘voraussetzen, annehmen’, im 20. Jh. veraltet; Präsupposition F. (1804) (zu lat. suppositio ‘Unterlegung, Unterschieben’; vgl. frz. presupposition 1306 in 1988 TRE- SOR 1971ff. und engl, presupposition 1533 in OED 1989) bildungs-/ fachspr. (Linguistik) ‘Voraussetzung, Annahme’ (lA). Hansonius 1588 Warnung 70 jene falsche Praesupposita, nemmlich [...] (SB). Sintenis 1796 Dialoge I 25 Das ist ja ein allerliebstes Präsuppositum! (SB). CAMPE 1813 Praesuppositum, das Vorausgesetzte, das Angenommene (bg). PETRI 1911 Präsuppositum, Vorausgesetztes, Angenommenes (bg). Lorim 1607 Von Vestung Bauwen 36 praesupponiret (SB). 1640 | Brandenburg I 43 dass sie die Verpflegung der beiden Seehafen, welches dannoch gleichsam zum fundamento der ganzen Handlung praesupponirt worden, über sich nehmen (SB). Marsehus 1741 Kriegs-Staat 404 Wann man praesupponiret, dass Teutschland und Frankreich mit einander allein zu thun haben (SB). PETRI 1911 präsupponieren, voraussetzen, annehmen (BG). HEYSE FWB 1804 Präsupposition, die Voraussetzung (BG). 1980 DUDEN GWB 1976ff. Präsupposition, 1. (bildungsspr.) stillschweigende Voraussetzung. 2. (Sprachw.) einem Satz, einer Aussage zugrunde liegende, als gegeben angenommene unausgesprochene Voraussetzung (BG). Zeit 7.11.1986 Wer die Präsuppositionen dieses merkwürdig konstruierten Beispiels durchdenkt, wird die Unbefangenheit bewundern, mit der ein deutscher Historiker Auschwitz gegen Dresden aufrechnet (CK). präsynaptisch Adj. (1975) (zu synaptisch ‘die Synapse betreffend, auf ihr beruhend’/ Synapse ‘Kontaktstelle zwischen Nervenfortsätzen’, zurückgehend auf griech. <synapsis> ‘Verbindung’; vgl. engl, presynaptic 1909 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘an der Vorderseite/ vor der Synapse (befindlich)’ (2). 1982 NATMATH FWB präsynaptisch, vor der Synapse gelegen (BG). Mannh. Morgen ? .1.1991 Die Botulinustoxine hemmen die Freisetzung von Acetylcholin an der präsynaptischen Membran (CK). präsystolisch Adj. (1923) (zu sysfo/ isc/ t‘beruhend auf der/ charakteristisch für die Systole’/ 5j/ sfo/ e ‘Zusammenziehung des Herzmuskels’, zurückgehend auf griech. <systellein> ‘zusammenziehen’; vgl. engl, presystolic 1857 in OED 1989 und frz. presystolique 1972 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘der Systole (unmittelbar) vorangehend, vor der Systole (erfolgend)’ (1B). 1923 BECHHOLD präsystolisch, der Systole unmittelbar vorangehen (BG). 1974 DTV MED ein präsystolisches Geräusch (z). <?page no="260"?> 252 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Mannh.Morgen ? .4-1991 Ein ausgeprägtes präsystolisches Crescendo ist ein Hinweis auf Kompensation des Vitiums durch Vorhofhypertrophie (CK). Präszienz, mit präszibel (lA) vgl. Hist Prätegelenzeit F., auch Prätegelen-Kaltzeit (beide 1977) (zu Tegelen, Name einer ndl. Ortschaft; nach den in deren Umgebung gefundenen Ablagerungen wurde die Warmzeit des Altestpleistozäns im nördlichen Mitteleuropa als Tegelenwarmzeit bezeichnet) fachspr. (Geologie) ‘die vor der Tegelenwarmzeit gelegene älteste Kaltzeit im nördlichen Mitteleuropa’ (IC). 1977 MEYER 1971ff. Prätegelenzeit ]Brüggenkaltzeit, [...] die Prätegelen-Kaltzeit liegt innerhalb des Altestpleistozäns vor der Tegelen-Warmzeit (Be). prätektonisch Adj. (1977) (zu tektonisch ‘durch Bewegungen der Erdkruste hervorgerufen, auf sie bezogen’, zurückgehend auf griech. <tektön> ‘Baumeister’) fachspr. (Geologie) ‘vor tektonischen Bewegungen auftretend’ (IB). 1977 FWB LEIPZIG prätektonisch: in der Fügung prätektonische Vorgänge: Bildungs- und Umbildungsvorgänge an Gesteinen vor ihrer Einbeziehung in eine Gebirgsbildung (z). Prätension/ Prätention F. (1591/ 1614) (< frz. pretention 1489 in 1988 TRESOR 1971ff., < gleichbed. mlat. praetentio, zu lat. praetendere, vgl. unten; vgl. engl, pretension 1600 in OED 1989) bildungsspr. ‘Anspruch, Anmaßung’, mit prätendieren V.trans. (1597) (< frz. pretendre 1320 in 1988 TRESOR 1971ff. ‘behaupten; die Absicht haben; streben nach’, zu lat. praetendere ‘vor sich hinhalten, hervorstrecken; vorgeben, vorschützen’/ tendere ‘ausdehnen/ -strecken; darreichen; sich bemühen’; vgl. engl, pretend ca. 1420 in OED 1989) ‘beanspruchen, fordern, verlangen’; Prätendent M. (1667) (< frz. pretendant 15./ 16. Jh. in 1988 TRE- SOR 1971fF., zu lat. praetendere-, vgl. engl, pretendant 1600 in OED 1989) ‘jmd., der (unberechtigt) Anspruch auf (Herrscher-)Amt/ Stellung/ Recht erhebt’, in jüngerer Zeit vorwiegend im Kompositum Thronprätendent-, prätentiös Adj. (1813) (< frz. pretentieux 1789 in 1988 TRESOR 1971ff., zu lat. praetendere, vgl. Hist III.4.2.1; vgl. engl, pretentious 1845 in OED 1989) ‘anspruchsvoll, anmaßend, eingebildet’ (irreg). Gyzinger 1591 Relat. 3 ob er gegen ein herlich deputat, mit dem man ihn versehen möchte, von seiner praetension weichen, und alle Sachen gut wolt lassen sein (SB). Carolus 1609 Relation 4c weil beide theil von ihren Praetensionen nit weichen wollen (SB). 1614 | Dtsch. Ztg. 17. Jh. 3 dargegen soll Er jhnen seine praetention auff die Gülische lande verschreiben (SB). 1691 Pfalz 7b die Praetension, so Frankreich auf diese Länder gemachet (SB). <?page no="261"?> Das Präfix prä- 253 Menantes 1709 Satir. Roman I 139 meine so späte Visite hat eine Dame angenommen, an die von ihnen beyden niemand ein Prätension zu machen (SB). Hermes 1789 Für Eltern II 295 die Eitelkeit, die Pretention und der Ubermuth seien deine gefärlichsten Feinde (SB). 18^7 Hofdamen-Briefe 125 die bei Fürst Metternich ihre politischen Prätensionen konsolidieren wollen (SB). Hopfen 1893 Elend I 205 der Besuch eines abgedankten Lieutenants mit ästhetischen Prätensionen (SB). Meinecke 192f Idee 329 die Praetentionen der einzelnen Staaten (SB). Häring 1956 Macht, Reg. die gesellschaftlichen Praetentionen (SB). Zeit 17. f.1989 Beigs Prosa hat keinerlei Prätention (CK). Wochenpost 12.1.1990 die Art, wie ihnen da und dort mit der Prätention „linken“ sozialistischen Denkens entgegnet wird (CK). Gebhardt 1597 Fürst! Tischreden 133 der praetendirte Versuch (SB). 1636 | Dtsch. Zig. 17. Jh. 122 eine Summe Geldes gefodert [sic], so er wegen Contribution noch pro Resto zu pretendiren gehabt (SB). Grimmelshausen 1672 Vogelnest III 367 sintemal mein Magen etwas Warms von mir praetentirte (SB). Barth 1734 Tagebuch 168 zumal die Preußen, Hannoveraner und Dänischen Truppen prätendiren, nach Ende dieses jetzt laufenden Monats alle in Winterquartieren zu sein (SB). Laukhard 1792 Leben 1 31 da die drei Hauptpartheien der Christen in der Pfalz gleiche Rechte prätendiren (SB). Goldmann 1839 Pentarchie 81 Österreich, wenn es auf seinen prätendirten Primat in Rahen verzichten müsste (SB). Bode 1922 Museumsarbeit 5 Der Kronprinz prätendierte nicht, besondere künstlerische Begabung zu haben (SB). Süddeutsche Ztg. 20.12.1964 wenn irgend das Fernsehen auch ein künstlerisches Unternehmen zu sein prätendiert (SB). Zeit 10.4-1987 das Mißtrauen gegen jede prätendierte Wichtigkeit der eigenen Person (CK). Friedr. Wilh. 1667 Poht. Test. 57 undt da einer oder der ander, von den pretendentten, mitt gewapneter handt, Ihr pretentirendes recht ausszuführen bedacht sein mochte (SB). 1713 Europ. Fama 253 den Prätendenten oder falschen Printzen von Wallis (SB). Schiller 1789 W. 9, 7 Unter den Prätendenten, welche zu diesem wichtigen Posten in Vorschlag kamen, stand Graf Egmont (SB). Laube 1836 Reisenovellen 3 Und dieser Sohn wird nicht in Versuchung geführt, die Rolle eines Prätendenten zu übernehmen (SB). Treitschke 1897 Politik I f37fürstliche Geschlechter, welche sich so unmöglich gemacht haben, daß sie später als Prätendenten in einem tieferen Sinne keinen Anspruch mehr auf die Krone haben (SB). Tempo 15.7.1932 Ein gleichfalls balkanesischer Prätendent ist König Georg von Griechenland (SB). Wahlendorf 1936 Erinnerungen 57 wo ich im Jahre 1895 mit dem französischen Thronprätendenten Philipp von Orleans um die Wette schoß (SB). Welt 15.5.1954 Aber dem Thronprätendenten ist das Betreten des Landes untersagt (CK). Zeit 3.1.1986 der beim Tode Ferdinands VII. übergangene Thronprätendent (CK). <?page no="262"?> 254 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Spiegel 27.12.1993, 129 Ein wenig besser erging es Wladimir, dem Prätendenten auf den Zarenthron, der dauerhaft in Rußland Wohnung nehmen durfte allerdings nur in einer Nebenkammer der Familiengruft in St. Petersburg (CK). Goethe 1813 Briefe, Werke XXIII f06 Er ist pretentiös, speisewählerisch, trunckliebend, genäschig (SB). Eichendorff 185f Drama 213 die prätentiöse Weinerlichkeit der Gläubigen (SB). Dincklage 1870 Gesch. I 127 aber so prätentiös wird doch die alte Person nicht sein, ein Heim für sich zu verlangen (SB). Fontane 1883 Briefe 2, 65 Bei beiden sieht man in Abgründe, namentlich auch deshalb, weil sie so prätentiös auftreten (SB). Simpson 1951 Enkel f9 die pretentiös und aufdringlich wirkenden neuen Sachen (SB). Welt 17.6.195f Der Film wird prätentiös präsentiert, in einem getragenen Stil (CK). Welt 31.1.1968 Überaus sympathisch wirkt der unprätentiös nüchterne Geist sachlich lebendiger Werkstatt-Atmosphäre (SB). Zeit 6.12.1985 Da wirkt oft prätentiös, ja unverständlich, was bei Mandelstam allenfalls originell, doch immer klar ist (CK). Prä-Terrorismus M. (1987) (zu Terrorismus ‘Ausübung von Terror’, zurückgehend auf frz. terrorisme ‘Schreckensherrschaft’, zu lat. terrere ‘schrecken, erschrecken’) okkasionell/ bildungsspr. ‘Vorform/ Vorstufe des Terrorismus’ (lB). Zeit 15.5.1987 Der Club wurde zum Zentrum politischer Aktionen und geriet in den Sog des Prä-Terrorismus (GfdS). Pretest M. (1973) (< engl, pretest 1949 in OED 1989; zurückgehend auf lat. praetestari ‘vorher bezeugen’) fachspr. (Soziologie)/ bildungsspr. ‘Vortest’ (1A). Schwendter 1973 Subkultur 258 Der Pre-Test zeigt, daß in der BRD zwischen den vorhandenen Bedürfnissen und den nicht vorhandenen Gegeninstitutionen ein Widerspruch besteht (z). 1980 GWB 1976ff. Pretest (Soziol.) Erprobung eines Mittels für Erhebungen, Untersuchungen usw. (z.B. eines Fragebogens) vor der Durchführung der eigentlichen Erhebung; Vortest (BG). 1988 Medium 3, 56 Wie bereits oben erwähnt, hat Goebbels die Wirksamkeit des Film „Der ewige Jude“ in Pre- und Posttests überprüfen lassen (z). Prätext, mit prätextieren vgl. Irreg Pre-Theater-Menue N. (1993) okkasionell/ bildungsspr. ‘spezielles Menue zum Verzehr vor dem Besuch einer Theatervorstellung’ (lC). 1993 Opernwelt 7, 60 Die diversen Restaurants um die Musiktempel bieten spezielle Pre-Theater-Menues und Vorbuchungen für die Pausen (z). prä-theistisch Adj. (1976) (zu theistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Theismus, diesem zugehörig’/ Theismus ‘Lehre von einem/ Glaube an einen höchsten Gott als Weltenschöpfer und -lenker’, zurückgehend <?page no="263"?> Das Präfix prä- 255 auf griech. <theös> ‘Gott’) okkasionell/ bildungsspr. ‘vor-/ frühtheistisch; (noch) nicht theistisch’ (iB). Hocke 1976 Tagebücher 410 Und was de Biran angeht, so wurde er in seiner Sterbestunde wie so viele prä- oder post-theistische Franzosen orthodox gläubig (z). prätibial Adj. (1984) (zu tibial ‘bezogen auf die Tibia, ihr zugehörig’/ Tibia F. ‘Schienbein’, < lat. tibia-, vgl. frz. pretibial 1805 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, pretibial 1842 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘vor/ an der Vorderseite der Tibia (befindlich)’ (2). 1984 LEXIS prätibiales Knötchen (bspa). Prätor M. (um 1440) (< lat. praetor, zu praeire ‘vorangehen’, eigentlich praeitor, vgl. frz. pretoir 12. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl. pretor 1425 in OED 1989) im antiken Rom: ‘Anführer; Vorgesetzter; Feldherr; Statthalter’, auch: Titel höherer Magistratspersonen, insbesondere ‘Oberrichter’, mit Prätorianer M. (1735) (< lat. praetorianus ‘zur Leibwache gehörig’/ ( rm/ Res) praetoriani; vgl. frz. pretorien 14. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, pretorian 1625 in OED 1989) im antiken Rom: ‘Angehöriger der kaiserlichen Leibwache’; seit dem 19. Jh. auch in übertragenen Bed., so u. a. für ‘treuer Gefolgsmann’; prätorisch Adj. (1741) (< lat. praetorius\ vgl. engl, pretorial 1579 in OED 1989) ‘den Prätor betreffend, ihm zugehörig, von ihm ausgehend’, meist in der Fügung prätorisches Recht, vgl. Belege; prätorianisch Adj. (1786) (< lat. praetorianus-, vgl. frz. pretorien 14. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, pretorian 1598 in OED 1989) ‘zu den Prätorianern gehörig’, außer in der Fügung prätorianische Kohorte selten gebucht; Prätur F. (1813) (< lat. praeturä) ‘Prätorenamt/ -würde’ (irreg). Küchlin um 1440 Reimchronik 349 die römisch legio was genant Martia und ir pretor blaib mit in vor dem obren tor (SB). Sieinhöwel 1474-82 Aesop 64 do sprach der pretor, das ist der gewaltigest und oberer des Volkes (SB). Schwarzenberg 1535 Teütsch Cicero. Vorr. 4^ Pretor ist genannt ayn yegklich ampt/ dem das heer imm streyt gehorsam sein mußt/ Auch ist Pretor genannt wuerden/ der urtayl inn zwyleüfftige Sachen gab (SB). Büsching 1761 Erdbeschr. III 372 Landesverweser (Prätor) (SB). Goethe 1811 Dichtg. u. Wahrh., Hamb. Ausg. 9, 377 So ward in Straßburg oft des unglücklichen Prätors Klinglin gedacht, der, nachdem er Stadt und Land fast unumschränkt beherrscht, endlich die Hofgunst verloren habe (CK). Richthofen 1839 Haushalt d. Kriegsheere I 153 Diese Bestechungen führten sogar zu einer eigenen Benennung, dem Prätorenzoll (vectigalpraetorium) (SB). Zeit 8.11.1985 Wa.imn gingen unsere beiden Konsuln und auch die Prätoren heute in den roten, den bestickten Togen aus? (CK). Fäsch 1735 Kriegslexikon Prätorianer (SB). Lady Morgan 1831 Frankreich I 165 von diesen jungen Prätorianern des Parnasses (SB). <?page no="264"?> 256 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Füster 1850 Memoiren II die rohe Prätorianerherrschaft der Wiener Reaktionäre (SB). J. Schmidt 1870 Bilder I ^73 Herrschaft der Napoleonischen Prätorianer (SB). Treitschke 1898 Politik II 36 die wilde und gefährliche Prätorianerhorde (SB). Voss. Ztg. 26.6.1931 Es werde allmählich als eine Satire auf den Staat empfunden, wenn die Landeshauptstadt einen „Cäsaren-Palast“ mit „Ehrenwache“ und „Prätorianergarde“ beherberge (SB). Th. Mann 1943 Rundfunkansprache (SFV 13, 793) Heute sieht diese Volksgemeinschaft so aus, daß 700 000 schwerbewaffnete Prätorianer nicht nur das nach Frieden lechzende Volk, sondern auch das halb ausgeblutete Volksheer in Schach halten müssen (CK). Süddeutsche Ztg. 4-4-1951 Für zwei Tage wird der SS das Schicksal der Bevölkerung anvertraut, die schwarzen Prätorianer nützen das auf ihre Weise (SB). Zeit 3.10.1986 Hiersemann gehört auch nicht zur Prätorianergarde der SPD-Enkel Willy Brandts (CK). Rheinpfalz 22.1.1994 ein skrupelloser faschistischer Potentat im Kreis seiner in strahlend weißen Operettenuniformen gekleideten Günstlinge und umgeben von Prätorianern in dunklen, an SS-Soldaten erinnernden Gewändern (z). 1741 ZEDLER Prätorische Ausflucht, Prätorische Klage, Prätorische Nachfolge, Prätorischer Vormund, Prätorisches Edikt, Prätorisches Pfand, Prätorisches Recht (bg). Knapp 1857 Rechtsphil. 233 Dem Stamm des civilen Erbrechts pfropfte sich in dieser Weise das praetorische auf (SB). 1863 KALTSCHMIDT prätorisch, dem Prätor zukommend (BG). 1977 FWB LEIPZIG prätorisch: den Prätor betreffend; prätorisches Recht: vom Prätor erlassene Verfügungen (z). Meiners 1786 Grundriß 158 die prätorianischen Kohorten (SB). 1933 GENIUS Prätorianer oder prätorianische Kohorte, Leibwache der altrömischen Feldherren und später der Kaiser (bg). CAMPE FWB 1813 Praetur, das Stadtrichteramt, die Stadtrichterwürde, die Stadtrichterstelle (bg). 1980 DUDEN GWB 1976ff. Prätur: Amt des Prätors (bg). Prä-Ultimatum N. (1952) (zu Ultimatum ‘mit der Androhung von repressiven Maßnahmen verbundene letztmalige befristete Aufforderung’, zurückgehend auf lat. ultimus ‘der letzte’) okkasionell/ bildungsspr. ‘Vorultimatum’ (l A). Misch 1952 Gesch. 214 ein Prä-Ultimatum an Rußland (SB). Prä-Ultraschall-EpocHe F. (1987) (zu Ultraschall ‘Schwingungen des Schalls, die oberhalb der Grenze der Hörbarkeit liegen’, zu lat. ultra ‘jenseits; über etwas hinaus’) okkasionell/ bildungsspr. ‘die Zeit, bevor Flugzeuge mit Überschallgeschwindigkeit bzw. in der Flugzeuge (noch) nicht mit Ultraschallgeschwindigkeit fliegen konnten’ (lC). Zeit 1.5.1987 An der linken Seite erkenne ich eine Vorrichtung aus Stangen und Hebeln, einen mechanischen Türöffner aus der Prä-Ultraschall-Epoche (CK). <?page no="265"?> Das Präfix prä- 257 präurämisch Adj. (1942) (zu urämisch ‘beruhend auf einer/ charakteristisch für eine Urämie’/ Urämie ‘Harnvergiftung’, zurückgehend auf griech. <ouron> ‘Harn’ und <haima> ‘Blut’) fachspr. (Medizin) ‘der Urämie (unmittelbar) vorangehend, vor der Urämie erfolgend’ (iB). PSCHYREMBEL 1942 präurämisch, bezogen auf die Phase vor dem Ausbruch der Urämie (BG). praeurban Adj. (1954) (zu urban ‘städtisch’, < lat. urbanus, zurückgehend auf urbs ‘Stadt’) bildungsspr. ‘noch nicht städtisch; bezogen auf/ charakteristisch für die Phase (unmittelbar) vor der Urbanisierung’, auch substantiviert: das Prä-Urbane (1985) (lB). 1954 Festschr. auf Schweitzer 296 von den praeurbanen Dorfsiedlungen bis in die Zeit der Gründung der Urbs (SB). Zeit 20.9.1985 Vielleicht fällt das alles nur stärker auf, weil auf diese Elemente des Prä-Urbanen allenthalben die Symptome des „Postindustrialismus“ treffen (CK). prävalieren V.intrans. (1610) (< lat. praevalere ‘sehr stark/ kräftig sein’, zu valere ‘stark/ kräftig sein’; vgl. engl, prevail 1334 in OED 1989 und frz. prevaloir 1420 in 1988 TRESOR 1971ff.) bildungsspr. ‘überwiegen, vorherrschen; überlegen sein’, mit Prävalenz F. (1710) (< lat. praevalentia, zu praevalere] vgl. frz. prevalence 1504 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, prevalence 1592 in OED 1989) ‘Übergewicht, Überlegenheit, Übermacht, Vorherrschen’; prävalent Adj. (1870) (< lat. praevalens, zu valens ‘stark, kräftig’; vgl. engl, prevalent 1576 in OED 1989 und frz. prevalent 1710 in 1988 TRESOR 1971ff.) ‘vorwiegend/ -herrschend, überlegen/ -wiegend’ (irreg). Hainhofer 1610 Corr. 5 damit sie sich meiner underthänigen willigsten Dienst in disen und andern [Fällen] gn. libere praevaliern künden (SB). I664 I Dtsch. Ztg. 17. Jh. 253 unter den andern, so sich gleiches Adel [sic] praevaliren wollen (SB). Durange 1722 Wegweiser 73 in praevalirender Front (SB). Goldmann 1839 Pentarchie 6 der prävalirende russische Einfluss in Schweden (SB). 1887 Dtsch. Rundschau 135 in Hofmanns Werk praevalirt die Chromatik (SB). Münchn. N.N. 11.11.1939 Die meisten legen sich’s zurecht, indem sie eines ihrer Iche prävalieren lassen (SB). Th. Mann 1939 Reden und Aufsätze (SFV 11, 962) In der Demokratie prävaliert die Freiheit (CK). 1710 Neue Bibliothek V 434 Praevalence (SB). Windelband 1882 Präludien II 8 Fichtes Lehre mit ihrer Prävalenz der ethischen Bestimmung (SB). Th. Mann 1945 Reden u. Aufsätze (SFV 11, 1131) das Auseinanderfallen des spekulativen und des gesellschaftlich-politischen Elements menschlicher Energie und die völlige Prävalenz des ersten vor dem zweiten (CK). 1984 LEXIS Prävalenz (von Krankheiten) (BSPA). Mannh. Morgen 9.4-1991 Ist die Prävalenz des Bronchialkarzinoms geschlechtsabhängig? (CK). <?page no="266"?> 258 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neof rlip Ptwa 400 000 Einwohner des unmittelbaren Ein- (Prsvale») ^ im ehemaligen West-Berlin (CK). mySE FWB,870 prävalent, ^ 1977 FWB LEIPZIG pra va l ent; v °rwiegen , S Prävarikator, mit Prävarikation, prävarikieren vgl. Itreg / a KQi ^ lat vraevenire, zu venire ‘kommen ; vgl. prävenieren V trans. ^ 81) pr ^ ven ir 1467 in 1988 TRESOR engl, prevent 1456 m O m vorgreifen, verhüten; vorher unter- 1971ff.) bildungsspr. zuvorkomm ’ ^ vierten lat . Infinitiv) Präverichten/ benachrichtigen , mit (dem re . {en , i geit frühem lg. Jh. vor nire N. (1706) ‘das Zuvor ° m ’ e i en ‘j m dm. den Rang ablaufen; allem in der Wendung das Pra p (15gl) (< m lat. praevenjmds. Absicht durchkreuzen tP^ tresqr und e ngl. prevents frZ - ‘Vorbeugung Verhütung, Verhinderung’, auch m tion 1528 m OED 1989) Vorbeug ionsforschung , Präventwns- Komposita wie Ge6urtenprai; en , P engl, preventive maßnahme, Präventionsrecht, präventiv A j t TRESOR. 1971ff.) ‘vor- 1639 in OED 1989 und frz. '^kontinuierlich wie (vor albeugend, zuvorkommen , v g b t ’ tivkomp osita wie Präventivkrieg, FüchaH1581 Dämonvmaya ,! 0ä ““^^^UrtmTraklagt worden (SB)) =7» Condon prounolert wo,^ nachmals widerholter Bekantnuß p rae uenirn, Zuvor kommen (SB). Wallhausen 1616 Anessmannal G/ ossar P des Bodensees an nehmen unnd 1633 | Z. / . schweizer. wollten (SB), dem Feindt auss itaha hiem , oraeuenire spielen (SB). Grundlin 9 1706 Soldaten Stand 33 dass die Frantzosen 1703 m Eröffnung Fassmann 1719 Krieges u. j _ der Campagne das praevenire “ ^ der ihn versicherte, daß der Mi- Werther 1861 Kl. Deutschland I ^ und einen Esel an g e schafft (SB). Praevenire zu spielen, eme_ ) W ) k men vorgreifen, Vorbeugen, aufmerksam 1863 KALTSCHMIDT praveniren, zuvorkomm , 3SÄ-*.tr ■ <?page no="267"?> Das Präfix prä- 259 Oncken 1914 Weltkrieg 19 Was wir getan haben, war nur, dass wir das Prävenire spielten (SB). 1933 | Kraus 1967 Walpurgisnacht 91 Aber was sagen die Glaubensgenossen, für die sie die Bibel war, zu den Einzelaktionen der Neuen freien Presse? Sie spielt Prävenire, indem sie schon jetzt alle vier von sich streckt (z). Süddeutsche Ztg. 4-9.1950 Die amerikanische Regierung würde nicht nur frivol oder ungeschickt handeln, wenn sie sich dazu hinreißen ließe, das Prävenire zu spielen (SB). 1977 FWB LEIPZIG prävenieren: zuvorkommen, vorgreifen; Vorbeugen; vorher benachrichtigen. Prävenire, das: das Zuvorkommen; das Vorgreifen (z). Fischart 1581 Dämonomania 552 Gleichwol will ich diß nicht als so gemeynt haben/ daß darum hiedurch den Ordinary Richtern ihr Gerichtlich Erkantnuß über solche Missethaten solte abgestrickt werden sondern vil meher entweder durch Prevention und Vorkomnuß/ oder durch Concurientz und zusammenlauffung beyder Gerechtigkeit eynander die Hand zu solchem Heyligen Werck geholten werde (SB). Neumeyr v. Ramsia 1663 Kriegswesen 13 Die praeventiones und diversiones überwinden gemeiniglich den Krieg (SB). Schmalz 1792 Naturrecht 39 Prävention der Verletzung (SB). Behr 1810 Staatslehre / / / -(0 physische Prävention zur Hemmung unternommener Verbrechen (SB). Grotjahn 1915 Wehrbeitrag 6 Kenntnisnahme und Verbreitung der Geburtenprävention (SB). DAZ 6.2.1935 (Überschrift) Nicht Sanktion, sondern Prävention (SB). 1936 Europ. Revue 229 Nur der gleichzeitige Ausbau der Sanktions- und der Präventionsmaschinerie kann der Organisierung des wahren Friedens den Weg ebnen (SB). Rogge 1937 Kollektivsicherheit 271, die Erörterung des sogenannten Präventionsrechtes (SB). ebd. die Prävention des Angriffes (SB). Schipperges 1985 Garten 128 Wobei primäre Prävention denn auch weitaus effektiver wäre als alle nachhinkende Reparatur (z). Mannh. Morgen 23.10.1986 Der Test ist keine Präventionsmaßnahme (CK). PAZ 22.11.1990 So trug G. Tempel in Berlin Ergebnisse einer Studie des Bremer Instituts für Präventionsforschung vor (CK). Mannh. Morgen 4-10.1993 Vor diesem Hintergrund kämen der Geburtsvorbereitung und der Geburtshilfe als Prävention eine besondere Bedeutung zu (z). 1834 I 1845 Bibliothek Politischer Reden V 16 präventive Polizeimassregeln (SB). Jacoby 1841 Vier Fragen 10 Die präventive Censur hat nur das zu streichen, was der Richter, wenn’s gedruckt wäre, bestrafen würde (SB). Jordan 1844 Selbstverteidigung 29 der Entschluß, auf die Wahl präventiv zu verzichten, d.h. dass er die Wahl in keinem Falle annehmen würde (SB). 1871 Grundzüge d. Gesellschaftswiss. 370 der präventive geschlechtliche Verkehr, d h. ein geschlechtlicher Verkehr bei dem Vorsichtsmaßnahmen angewandt werden, die Empfängnis zu verhindern (SB). Münchn. N.N. 23.1.1941 Wie man sieht, steckt der „präventive Akt offensiver Strategie“ noch sehr in den Anfängen (SB). PAZ 28.4-1971 (Überschrift) Präventives Kriegsrecht (SB). Zeit 30.8.1985 Ohnehin bezweifeln Kriminologen und Juristen die präventive Wirkung härterer Strafverfolgung (CK). Mannh. Morgen 10.12.1987 Die AOK möchte ihre präventiven Angebote gemäß dem Motto „Vorbeugen ist besser als heilen“ ausbauen (CK). <?page no="268"?> 260 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Mannh. Morgen 20.6.1995 Aus präventiven Gründen zeigte die Polizei im Lauf der Nacht verstärkte Präsenz (CK). 1833 | 1845 Bibliothek Politischer Reden V 28 Präventivmassregeln in der Ausübung eines Rechts (SB). Nohl 1834 (Buchtitel) System der Präventiv-Justiz oder Rechtspolizei (SB). 1848 | Rank 1896 Erinn. 27polizeiliche Präventivmittel (SB). 1849 Contrasignatur 13 das Präventivsystem des „Polizeistaats“ (SB). 1867 Grenzboten III 31 ein Gesetz zur Zügelung der von der Präventivcensur befreiten periodischen Presse Finnlands (SB). 1914 I Heigel 1916 Reden 211 Gründe, einen Präventivkrieg vom Zaume zu brechen, lagen nicht vor (SB). 1928 Bayer. Verw.bl. 9 Befugnis der präventivpolizeilichen Überwachung des Dirnentums (SB). Binder 1930 Sittl. Berechtigung 36 der Präventivkrieg, den der Staat führt, um der drohenden Umklammerung, um einem später unvermeidlich werdenden Vernichtungskrieg zu entgehen (SB). Münchn. N.N. 24-10.1940 Die „Times“ hat damit die Forderungen maßgebender englischer Stellen nach einer Präventivaktion der britischen Flotte deutlich unterstrichen (SB). Süddeutsche Zig. 18.5.1968 Bevor die Beamten zur Aktion schreiten konnten, gingen die Kinder im Präventivschlag gegen die Uniformierten vor (SB). FAZ 23.3.1970 Wynder berichtet von jetzt entstehenden amerikanischen Präventivkliniken, die nur dazu dienen, bei Gesunden die Risikofaktoren festzustellen (SB). Zeit 29.5.1987 Die Kinder- und Jugendgynäkologie ist nicht zuletzt auch eine Präventivmedizin, die als Selbstverständlichkeit angesehen werden sollte (CK). Rhein. Merkur 11.5.1990 Das gilt als wichtigste Präventivmaßnahme zur Vermeidung weiterer Abtreibungen (CK). Präverb/ ium N. (1863) (< lat. praeuer&um‘Vorwort/ -silbe; Präposition’, zu verbum ‘Wort’; in der jüngeren fachspr. Bed. (Linguistik) wohl unter Bezugnahme auf Verb ‘Tätigkeitswort’; vgl. frz. preverbe 1912 in 1988 TRESOR 1971fF. und engl, preverb in WEBSTER INTERNAT 1976) fach-/ bildungsspr. ‘Vorwort; Präposition’, in dieser Bed. weitgehend veraltet; heute streng fachspr. (Linguistik) gebräuchlich ‘vorderer (nicht verbaler) Teil eines (unfest zusammengesetzten/ präfigierten) Verbs, der diesem nur im Infinitiv vorangestellt ist’ (2). 1863 KALTSCHMIDT Präverbium, Vorwort, Präposition (BG). 1977 FWB LEIPZIG Präverb: nicht verbaler Teil der unfest zusammengesetzten Verben (z.B. ankommen, stattfinden) (Z). 1985 SPRA CIIWISS. TERMINI 265 Verbzusatz oder Vorgangszusatz, auch Präverb (z). prävergleichend Adj. (1991) (zu vergleichen im Kontext der juristisch unzulässigen vergleichenden Wirtschaftswerbung in Form des Produktevergleichs) okkasionell/ bildungsspr. ‘im unmittelbaren Vorfeld des Vergleichens befindlich; bezogen auf/ charakteristisch für eine Vorstufe des Vergleichens; noch nicht vergleichend’ (lB). 1991 Tempo 9, 134 Die blütenweiße Packung mit der beziehungsreichen Aufschrift „Anderes Waschmittel“ ist ein Inbild der prävergleichenden Werbung (Z). <?page no="269"?> Das Präfix prä- 261 Preview F. (1990) (< engl, preview 1855 in OED 1989) bildungsspr. ‘VoraufFührung/ -besichtigung (z.B. eines Films) vor der eigentlichen Ur-/ Erstaufführung’ (lA). DUDEN FWB 1990 Preview, Voraufführung (bes. eines Films) (BG). Prävigilien (lB) vgl. Hist Prävision, mit prävidieren (lA) vgl. Hist präwilhelminisch Adj. (1976) (zu Wilhelm, Eigenname, bezogen auf den dt. Kaiser Wilhelm ll./ wilhelminisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Person des dt. Kaisers Wilhelm II. besonders im Hinblick auf dessen Regierungszeit/ Wirken’) okkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Phase vor der Regierungszeit Wilhelms II.’ (lB). Zeit 7.11.1986 Daß Hebbels Text viel biedere deutsche Hausvater-Poesie enthält, ein gewissermaßen präwilhelminisches Pathos, ist wohl wahr (CK). Prä-Zahnspangen-Ära F. (1991) okkasionell/ bildungsspr. ‘die Zeit, in der keine Zahnspangen getragen wurden bzw. bevor Zahnspangen in Gebrauch kamen’ (ic). Brigitte 18.9.1991 In der Prä-Zahnspangen-Ära kümmerte sich niemand um schiefe Kinderzähne (z). Präzedenz F., PI. -en (1605) (< lat. praecedentia ‘Vorwärtsgehen, Fortschreiten’, zu praecedere] vgl. engl, precedent 1427 in OED 1989) bildungsspr. ‘Vorrang, Vortritt, Vorsitz, Vorzug’, schon früh (1663), dann besonders häufig im 18. Jh. im Kompositum Präzedenzstreit (irreg). 1605 Anti. Ingolstad. Acad. IV 376 die Praecedenz von dem Rectore [bei Hofe] (SB). 1663 ebd. ^05 bey der einem Rectori Universitatis hiebevor eingeraumten Praecedenz (SB). ebd. Praecedenzstreit (SB). 1683 Leinemann 86 [der Bräutigam soll der Braut] überall die Praecedentz gestatten (SB). Prambhofer 1712 Traum-Ges. 319 Es hat aber dazumahl die verdammte Ehrsucht schon die zwey kleine Kinder also kitzelt/ daß sie um die Praecedenz und Vorgang nach Kräfften gestritten (SB). Struve 1731 Reichs-Historie 235 wegen der Praecedentz zwischen Bayern und Pfaltz (SB). 1741 ZEDLER Präcedentz-Streit oder Rang-Streitigkeiten (BG). 1792 Journal Dtschld. I 263 sich in einer kleinen häuslichen Gesellschaft ohne Präcedenzstreit vergnügen (SB). CAMPE FWB 1813 Praecedenz-Streitigkeiten sind Rangstreitigkeiten (BG). Dohm 1817 Denkw. III 16 Praecedenz-Ansprüche (SB). 1977 FWB LEIPZIG Präzedenz, die: Vortritt, Vorrang (Z). <?page no="270"?> 262 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopräzedieren V.intrans. (um 1600) (< lat. praecedere ‘vorher/ voran-/ vorausgehen’; vgl. frz. preceder 1353 in 1988 TRESOR 19711F. und engl. precede 1375 in OED 1989; im Lat. in gleicher Weise semantisch temporal und lokal, in den dt. (und anderen) Entlehungen eher temporal, vor allem aber rangmäßig akzentuiert) fach-/ bildungsspr. ‘den Vorzug/ Vorrang haben; übertreffen; einem vorangehen’, veraltend; in jüngerer Zeit fachspr. (Astronomie/ Physik) in der Bed. ‘in Präzession sein’, gleichbed. mit präzessieren, vgl. Präzession, mit Präzedens N. (1838), häufig im PI. -denzienin Komposita Präzedenz-/ präzedenz- (< lat. praecedens ‘voran-/ vorausgehend’, Part.Präs, zu praecedere/ cedere ‘gehen’; vgl. engl, precedence 1484 in OED 1989 und frz. precedent 1771 in 1988 TRESOR 1971ff.) eigentlich ‘das Vorausgehende; früheres/ vorausgegangenes (für die Beurteilung gleicher/ späterer Fälle maßgebendes) Ereignis; früheres Beispiel; Beispielfall’, veraltend; weiterhin gebräuchlich jedoch in Komposita, so in dem heute in der Gebrauchshäufigkeit führenden Kompositum Präzedenzfall (1852) ‘(vorausgegangener) Musterfall/ -Vorgang’ (irreg). Ernstinger 1579-1610 Raisbuch 214 die 28 französische könig, so bemelten könig Philippum Augustum praecediert haben in der regierung (SB). HEYSE FWB 1838 präcediren, den Vorzug oder Vorrang haben, Vorgehen, übertreffen (BG). 1933 GENIUS präzedieren, vorangehen; den Vorrang haben, übertreffen (BG). 1967 Bild d. Wiss. 2, 133 Warum präzedieren nun gleiche Kerne im gleichen äußeren Magnetfeld mit unterschiedlicher Frequenz? (CK). DUDEN FWB 1990 präzedieren: in Präzession sein (BG). HEYSE FWB 1838 Präcedenzien, vorausgegangene Fälle, Urtheile (BG). SANDERS FWB 1871 Präcedens, ein vorangegangener früherer Fall, der - und sofern er für spätere Fälle normgebend ist (BG). Wackernagel 1836 Poetik 256 die historischen Praezedentien des Mittelalters (SB). Ranke 1837 Briefwerk 286 aus den verschiedensten Präzedentien zu Allgemeingültigkeit emporstrebend (SB). Mommsen 1876 Reden fOf aber die Ehrenhaftigkeit und der gesunde Menschenverstand werden wohl auch ohne Praecedentien genügen (SB). 1852 Anm. Lit. Reaction 23 der hohe Werth, den die Engländer auf historische Präcedenzfälle legen (SB). Mommsen 1865 Reden 381 weil die Weltgeschichte an Präcedenzfällen keinen Mangel hat (SB). Bülow 1916 Dt. Politik 101 Ein Präzedenzfall wäre geschaffen worden, der notwendig zu Wiederholungen hätte reizen müssen (SB). Lokal-Anz. 23.3.1933 Leider liegen noch keinerlei gerichtliche Präzedenzfälle über das Schicksal der Klausel vor (SB). Münchn. N.N. 12.12.1939 Die neue präzedenzlose Methode der britischen Regierung werde von der Sowjetregierung auf das schärfste abgelehnt (SB). N.Z. (Basel) 19.4-1949 komplizierte Folgen, die noch dadurch an Bedeutung gewinnen, daß sie Präzedenzcharakter für die Republikpläne anderer Dominions haben (SB). Offenburger Tagebl. 23.7.1969 Man schaffe einen gefährlichen Präzedenzfall, wenn man nur die Schüler aus Offenburg-Süd berücksichtige (sb), Mannh. Morgen 15.3.1985 ein schlimmeres Präzedenzurteil gegen Landwirtschaft und Natur ist kaum noch vorstellbar (CK). <?page no="271"?> Das Präfix prä- 263 Berl. Ztg. 12.9.1989 Dies ist ein präzedenzloser Vorgang im internationalen Leben (CK). Rhein. Merkur 9.2.1990 ein solch großer Drang nach nationaler Selbstverwirklichung, wie wir ihn aus der Geschichte der letzten 100 Jahre aus unangenehmen Präzedenzfällen kennen (CK). Spiegel 13.9.1993, 81 Sein neues Buch ist darauf angelegt, den Sowjetkommunismus als das präzedenzlos Böse hinzustellen (z). Präzentor, mit Präzentur vgl. Irreg Präzeptor, mit Präzept, präzeptorieren, präzeptiv, präzeptorisch/ präzeptoral, Präzeptorat vgl. Irreg Präzession F. (1838) (< lat. praecessio ‘Vorangehen, Vorgang’, zu praecedere\ vgl. engl, precession 14. Jh. in OED 1989 und frz. precession Ende 17. Jh. in 1988 TRESOR 197111.) fach-/ bildungsspr. ‘Vorgang, Vorrücken’; heute vor allem in fachspr. Bed. (Astronomie) ‘Vorrücken der Nachtgleichen; Verlagerung der Frühlings- und Herbstpunkte infolge der Massenwirkung von Sonne, Mond und Planeten auf die rotierende und die Sonne umlaufende Erde’; (Physik) ‘Bewegung der Kreiselachse’, häufig auch in Substantivkomposita wie Präzessionsbewegung, Präzessionsfrequenz, mit präzessieren V.intrans. (1977) (Physik) ‘in Präzession sein; eine Präzession ausführen’, vgl. gleichbed. präzedieren (irreg). HEYSE FWB 1838 Präcession, der Vorgang, das Vorrücken; (Sternk.) die scheinbare Bewegung durch Verschiebung des Äquators auf der Ekliptik, das Vorrücken der Nachtgleichen (bg). Winckler 1906 Babylon. Weltschöpfung f die „Präzession“ der Tagesgleichenpunkte (SB). 1923 BECHHOLD Präzession, die Drehung d. Achse e. rotierenden Kreisels um den Unterstützungspunkt (BG). Hunke 1960 Allahs Sonne 94 daß die Erdferne der Sonne sich dem Vorrücken der Tages- und Nachtgleichenpunkte auf der Sonnenbahn, der sogenannten Präzession der Nachtgleichen, anpaßt (SB). 1967 Bild d. Wiss. 2, 130 Durch die Präzessionsbewegung des kleinen Magneten wird in einer weiteren Drahtspule eine elektrische Wechselspannung im Takt der Präzessionsfrequenz erregt (CK). 1984 LEXIS erzwungene Präzession (CK). Mannh. Morgen 15.3.1985 Schwankungen, hervorgerufen durch die Form der Erdbahn um die Sonne, ihre Neigung und die Präzession der Achse (CK). Mannh. Morgen 14-2.1986 daß die Drehachsen der ausgerichteten Kerne nicht starr im Raum liegen, sondern eine sogenannte Präzessionsbewegung ausführen (CK). 1977 FWB LEIPZIG präzossioren: eine Präzession ausführen (Z). Präzessor vgl, Irreg präzipieren, mit Präzipuum vgl. Irreg <?page no="272"?> 264 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Präzipitat N. (1574) (zu lat. praecipitatum, Part.Perf.Pass. zu praecipitare, (eigentlich) ‘das (mit dem Kopf voran) Herabgestürzte’; vgl. frz. precipite 1553 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, precipitate 1594/ OED 1989) fachspr. (Chemie) ‘Niederschlag, Bodensatz, Ausfällung; ein durch Fällung erhaltenes chemisches Präparat’, mit präzipitieren V.trans. (1575) (< lat. praecipitare, zu praeceps ‘kopfüber, Hals über Kopf, mit dem Kopf voran; jäh’, zu caput ‘Kopf’; vgl. frz. precipiter 1443 in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, precipitate 1575 in OED 1989) breites bildungs- und fachspr. Bed.Spektrum: ‘jäh (mit dem Kopf voran) herabstürzen; überstürzen, überschnell/ zu geschwind verfahren; zu Boden fallen, senken, niederschlagen, fällen’, heute vorwiegend in der fachspr. Bed. (Chemie) ‘(einen Niederschlag) ausfällen’; Präzipitation F. (1668) (< lat. praecipitatio eigentlich ‘das jähe Herabstürzen’, zu praecipitare, vgl. oben; vgl. frz. precipitation 14. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff. und engl, precipitation 1607/ OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Hast, Eile, Überstürzung; Eifer’, heute nur noch in der fachspr. Bed. (Chemie) ‘Ausfällung (eines Niederschlags)’; Präzipitin M. (1897, nach PSCIIYREMBEL 1942 zuerst von R. Kraus gebraucht) (neoklassische Bildung; vgl. engl, precipitin 1900 in OED 1989 und frz. precipitine 1907 in 1988 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘Gruppe von Antikörpern, die sich bei Mensch und Tier nach Injektion mit artfremden Blut in Form der Präzipitation bildet’; zahlreiche weitere Ableitungen, bis auf vereinzelte streng fachspr. Verwendung heute weitgehend veraltet bzw. außer Gebrauch: Präzipitanz F. (1670 SB) (< lat. praecipitantia ‘Herabsturz/ -fallen’) ‘Voreiligkeit, jähe Hast, Übereilung, Unbedachtsamkeit’; fachspr. (Chemie) ‘Fällungs-/ Niederschlagungsmittel’; präzipitant Adj. (1682 SB) (< lat. praecipitans, Part.Präs, zu praecipitare] vgl. die äus dem Ital. übernommene musikalische Vortragsbezeichnung precipitando ‘eilend, rasch’) ‘(über)eilend, hastend, überstürzend’; fachspr. (Chemie) ‘niederschlagend’; Präzipiz/ Präzipitium N. (18. Jh. SB) (< lat. praecipitium ‘abschüssiger Ort; tiefer Sturz’) ‘Abgrund, Verderben’, veraltet; Präzipitans N. (1871 SANDERS FWB) (zu lat. praecipitans, Part.Praes. zu praecipitare) fachspr. (Chemie) ‘Fällungs-/ Niederschlagungsmittel’ (irreg). Toxites 15V, Onomastica 396; 427 Precipitat (SB). 1715 Glauberus Concentratus 266 Dem Honig durch ein Praecipitat seinen unlieblichen Geruch zu benehmen (SB). 1741 ZEDLER Präcipitat, siehe Praecipitatum; Präcipitat zum Rubinglase, ist ein Kalck, welcher sich zu Boden setzet, wenn [...] (BG). Schalter 1802 Sturziade I 203 Präzipitat (BG). Latz 1869 Alchemie 20 so nahmen die Alten an, das Quecksilberoxyd sei ein Präzipitat (SB). 1977 FWB LEIPZIG Präzipitat: Niederschlag; Ausfällung, Bodensatz (z). Wallhausen 1616 Kriegsmanual: Glossar praecipitirn, sich ungleich oder zu kurtz thun (SB). Glauber 1654 Weinstein 24 wenn man das herausgezogene Kupffer praecipitiren läßt (SB). <?page no="273"?> Das Präfix prä- 265 Musig 1718 Licht d. Weisheit II 63 Das Gemüthe wird dadurch präcipitiret oder gar verrücket (SB). Musäus 1781 Reisen III J, bis sich die Dünst’ aus der Atmosphäre präcipitirt hatten (SB). Sarton 1812 Reise I 91 Dieses Kalkwasser präcipitirt sich, wenn es die Nacht über im Glase bleibt, oft bey zwey Finger hoch (SB). Steffens 1840 Was ich erlebte I U^Oder in präcipitirten Resten begrabenen Thierwelt (SB). Latz 1869 Alchemie 20 präzipitiertes rotes Quecksilber (SB). Staiger 1966 Grundbegriffe 165 Das heißt aber nur, daß dieses Drama Goethes nicht eigentlich präzipitiert (CK). Uhlenbruck 1971 Immunbiologie 158ff. Deshalb muß man noch einen zweiten präzipitierenden Indikatorantikörper gegen das gleiche Antigen hinzufügen (CK). Becher 1668 Diseurs 147 Aber gleich wie die allzu langsame resolution schädlich ist/ also ist die zu geschwinde noch viel schädlicher/ dann sie bringt praecipitation und Schaden (SB). Dalberg 1787 Betrachtungen 28 Praecipitation (SB). Jenisch 1800 Geist u. Charakter 1107 Die eigentliche Periode der Präzipitazion aller unruhigen Kräfte und Leidenschaften ist die des Eintritts in das häusliche Leben (SB). Ritter 1810 Fragmente I 20 Ist dies bey jeder Präcipitation der Fall? z.B. bey Niederschlagung des Sauerstoffs aus der Atmosphäre, u.s.w. Ist es ein allgemeines Präcipitationsgesetz? (SB). Steffens 1843 Was ich erlebte VII 22 die gewaltsame Präcipitation der cruden Meissen durch den Krieg (SB). Staiger 1966 Grundbegriffe 156 In alledem bezeugt das Pathos seine vorwärtstreibende Kraft. Es bewirkt, mit Schiller zu reden, eine gewaltige „Präzipitation“ (CK). PSCHYREMBEL 1942 Präzipitine (R. Kraus, 1897): gelöste Immunsubstanzen im Serum, die Stoffwechselprodukte eines Erregers (Bakterienpräzipitine) oder zur Immunisation benutzte Eiweißarten (Eiweißpräzipitine) ausfällen (z). 1980 DUDEN GWB 1976ff. Präzipitin: immunisierender Stoff im Blut (BG). 1984 LEXIS Präzipitintest (BSPA). Präzision F. (1548 Einzelbeleg; ab 1764 reich belegt), im 18. Jh. zunächst auch in der frz. Form Precision, bis ins 19. Jh. mit vielen orthographischen Varianten, so z.B. Praecision, Präcision (< frz. precision 1520 in 1988 TRESOR 1971ff., < lat. praecisio ‘das Abschneiden; der Abschnitt’, zu praecidere ‘vorn abschneiden’, vgl. Hist III.4.2.1; vgl. engl, precision 1740 in OED 1989) bildungsspr. (eigentlich ‘Abschneidung des Überflüssigen’) ‘Genauigkeit, Bestimmtheit, Eindeutigkeit’, seit dem späten 19. Jh. häufig auch in Komposita wie Präzisionsarbeit, Präzisionsinstrument, Präzisionsmaschine, Präzisionsuhr u.v.u., mit präzis/ e Adj. (1584), bis ins 19. Jh. vorwiegend in der Form praecis/ e (< frz. precis(e) 1377 in 1988 TRESOR 1971ff., < lat. praecise ‘abgekürzt’, zu praecidere ‘vorn abschneiden, abkürzen’, vgl. Hist III.4.2.1; vgl. engl, precise ca. 1530 in OED 1989) ‘genau, bestimmt, treffend, knapp’; präzisieren V.trans. (1838) (< frz. preciser 14. Jh. in 1988 TRESOR 1971ff., < lat. praecidere ‘vorn abschneiden, abkürzen’; vgl. engl, precise 1866 in OED 1989) ‘genau/ exakt/ eindeutig darstellen, bestimmen, angeben’, auch substanti- <?page no="274"?> 266 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoviert: Präzisierung F. (1855); Präzisist M. (HEYSE FWB 1838) ‘genauer Beurteiler; auch: strenger Sittenlehrer’, veraltet (irreg). Rivius 1548 Vitruv. 181b die recht lini vom Vitruvio Paralei lini genant/ so zu solcher Verziehung oder Precision dienet (SB). Dusch 1164 Briefe I 220 Weil die Franzosen nicht so tief denken, wie die Engländer, so haben ihre Gedanken auch die Präcision nicht (SB). Marmontel 1766 Dichtkunst I 50 die Genauigkeit oder Precision Sonnenfels (SB). 1169 Theresie 64 wenn man sich mit Kürtze und Bestimmung (Praecision) ausdrücken will (SB). Berenhorst 1198 Kriegskunst II 369 die Leute tragen das Gewehr angezogen, welches die Preußen mit einer Gleichheit, einer Festigkeit und einer Präzision verrichten, die in Wahrheit unglaublich ist (SB). Fr. Wolf 1835 Erziehung 302 Reinheit, Praecision und Gewandheit des Ausdrucks (SB). Wagner 1861 Tagebuchblätter 285 erstaunt über die Präzision, mit welcher die Neuerungen ausgeführt wurden (SB). SANDERS FWB 1871 Präzisionswaffen (BG). Nordau 1885 Paradoxe 131 Präzisionsinstrument (SB). Walloth 1881 Praxis 12 dem Beweise folgend, den ihm der scharfe Advokat mit ungewöhnlicher Präcision entgegenschleuderte (SB). Berger 1901 Vaterhaus I 13 die unglaubliche Schnelligkeit und Präzision der Gedanken- und Begriffgsbildung (SB). Schaukal 1913 Zettelkasten 253 euer Fortschritt der Präzisionsmaschinen erfindet nur Erzeugung von Schundware (SB). 1930 Westermanns Mh. 579 Die Nummernscheibe allein ist ein kleines Wunderwerk der elektrotechnischen Präzisionsarbeit (SB). Grüne Post 6.10.1935 Bald gingen die schwierigsten Präzisionsinstrumente durch seine Hände (SB). Süddeutsche Ztg. 23.10.1951 Der Pianist ist keine altkluge Präzisionsmaschine, kein frühvergreister Musterschüler (SB). Süddeutsche Ztg. 4-3.1960 Es regnet nur von Juni bis Oktober - und dann mit der Regelmäßigkeit einer Präzisionsuhr (SB). Müller-Thurau 1984 Köpfe 62 die begriffliche Präzision, die hier angestrebt wird (SB). Stern 15.10.1987 Aber die Fried-Fassungen, wegen ihrer Präzision und Sprachkraft gelobt, werden so gut wie nicht gespielt (CK). Fugger 1584 Gestüterey 89a praecise Regien geben (SB). Gutmar 1592 Kennzeichen 163 Daß Christus precise (wie man in den Schulen von redt) alle Ding gelehrt hab (SB). Mengering 1638 Gewissenswecker 39 Gott hatte precise und eigentlich den achten Tag nach der Geburt zur Beschneidung bestimmt (SB). Wicquefort 1682 Staats-Bothschaffter 438 sich precise umb die bestimmte Stunde eingefunden (SB). Philippi 1743 Reimschmiedekunst 146 bey andern wollen sie praecise diese Tour der Gedanken (SB). Dusch 1165 Briefe II 337 eine Gewalt der Sprache, die jedesmal das präcise Wort und den nachdrücklichsten Ausdruck zu treffen weiss (SB). Herbart 1841 Vorles. 203 Die Fragen müssen deutlich und präzis abgefasst, einander in bequemer Ordnung folgen (SB). Moltke 1856 Wanderbuch 211 Man will hier vom präcisen Schießen nicht viel wissen (SB). Falke 1891 Sie war reizend 19 Goldene Wahrheit in präziser Fassung (SB). <?page no="275"?> Das Präfix prä- 267 Hertling 1919 Jahr 121 war derart allgemein und unklar, dass er präziser Erläuterung bedurfte (SB). Stuttgarter N. Tagbl. 23.1.1931 Sie hatte ihren schlanken, geschmeidigen Körper zu dem feinsten, präzisesten Instrument ausgebildet, das die leiseste Regung ihrer Seele auszusprechen fähig war (SB). Lokal-Anz. 3.5.1934 Aber ich muß präzise Kleinarbeit leisten (SB). ND 29.12.1949 Die sowjetische Schachspielerin glich diesen Vorteil der anderen durch präzise Verteidigung wieder aus (CK). Welt 23.5.1964 Die aus Deutschland kommende Berichterstattung über diesen Vorgang klingt wesentlich präziser als die aus anderen Quellen (CK). Zeit 4-7.1986 In dieser Erzählung ist die Vater-Sohn-Feindschaft am härtesten und präzisesten geschildert (CK). Berl. Ztg. 8.7.1989 Für den technischen Bereich geben einschlägige Lexika präzise Auskunft (CK). HEYSE FWB 1838 sich präcisiren, sich schärfer bestimmen, bestimmter herausteilen (BG). Radowitz 1851 Neue Gespr. II 192 aber ich weiß auch, daß in einer gewissen Entwickelungsstufe das Niederschreiben, Präcisiren und Verkündigen des Rechtes in Gesetzesform naturgemäß ist (SB). Prokesch 1855 Briefe 412 Präzisierung (SB). HEYSE FWB 1870 Präcisierung, die genaue Bestimmung, die bestimmte Darlegung (BG). SANDERS FWB 1871 präcisieren, tr.: präcis, mit Präcision ausdrücken; genau und scharf bestimmen (BG). Liliencron 1896 Poggfred XI 33 bis alles kombiniert, präzisiert ist (BG). Zander 1904 Neue Welt 72 Vor der Reise bereits habe sie ihm diese kategorisch präzisiert (SB). Meyer 1911 Aufsätze I 95 Aber freilich ist die Präzisierung in neueren Dramen noch ungleich schärfer geworden (SB). 1928 Querschnitt 374 Er präzisierte auch nur einen Teil von Dürers Kunst, um nicht zu sehr ins Verallgemeinern zu kommen (SB). DAZ 7.8.1935 (Überschrift) Italien zur Präzisierung seiner Forderungen aufgefordert (SB). Voss. Ztg. 20.3.1938 deutsche Vorstellungen, die zuletzt noch von Stresemann persönlich präzisiert worden waren (SB). FAZ 28.12.1965 sie erwarten vor allem eine Präzisierung der französischen Wünsche (CK). Zeit 13.9.1985 Am 3. August präzisierte die Sowjetregierung die gewünschten Gesprächsthemen (ck). Zeit 24-4-1987 so bleiben Fragen nach ihren Inhalten stets der präzisierenden Rückfrage ausgesetzt (CK). FAZ 16.5.1990 (Überschrift) Beim Staatsvertrag noch Präzisierungen nötig (CK). Prä-Zorniger M. (1976) okkasionell/ bildungsspr. ‘Person im Vorfeld/ in der Vorphase zum Zornigsein; (noch) nicht Zorniger’ (lB). Hocke 1976 Tagebücher 125 Georg Heym war alles andere als ein Heiliger oder ein Prophet, doch gehört er immerhin zu den Prä-Zornigen Europas (z). <?page no="276"?> Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Alphabetisches Register Die orthographischen Varianten prae- und pr, werden in der alphabet! sehen Abfolge wie präbehandelt. Für die veralteten -gul«“ Ko-fin" artikel des Lexikons noch ie ^ ar i rr eg/ veralt.“; Markierung im Belegteil (Markierung im Register. „ g • g/ Lexikon: „veraltet ). Praeabdomen Präadamit Präadamismus präadamitisch Präadaption präadaptieren Präadoleszenz Prä-AIDSkultur präaktivistisch praealpin präalveolar Präambel präambulieren präambivalent Praeanalpore präanarchisch präanimistisch Präanimismus Präanimist Präantezessor präapokalyptisch Präapprehension Präarthrose Präastronautik präautomatisch präbasisch Prä-Beatles-Zeit Präbende Präbendar Präbendarius präbendieren Präbendist Präbiologie Präboheme praeboreal Präboreal 2 IB/ veralt./ vgl. Hist 1B IC 1B 2 2 Irreg Irreg/ veralt. 1B 2 1B 1B IB/ veralt./ vgl. Hist 1B lA/ veralt./ vgl. Hist 1B 1B 1B 2 IC vgl. Irreg/ veralt. 1B 1B 1B <?page no="277"?> Das Präfix prä- 269 Präbrachiatorenhypothese präbyzantinisch präcellular praecellar Prä-Computer-Zeit Prädamnation prädamnieren Prädeismus prädeistisch Prädeliberation prädelibierieren prädemokratisch prädestinieren Prädestinatianer Prädestinatianismus Prädestination Prädestinianer Prädeterminismus Prädetermination prädeterminieren Prädeterminist prädeterministisch Prädikabile prädikabel Prädikabilität Prädikament Prädikant Prädikat prädikatisieren Prädikatisierung prädikativ Prädikator Prädikation Prädiktion prädiktabel prädiktiv Prädiktor Prädilektion prädiluvial Prädisposition prädisponieren Prädisponiertheit Prädissoziation prädizieren IC 1B 1B IC lA/ veralt./ vgl. Hist 1B lA/ veralt./ vgl. Hist 1B 1A 1A Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg vgl. Irreg/ veralt. Irreg vgl. Irreg/ veralt. 1A vgl. Irreg/ veralt. 1B 1A 1A Irreg <?page no="278"?> Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Prädizierung prädominieren Prädominanz Prädomination Prädormitium prädorsal Prädorsal Präeklampsie Präeminenz präeminent präeminieren Präem(p)tion präepileptisch präeuropäisch Präexistentianer präexistent Prä-Existentianismus Präexistentianist Präexistenz Präexistenzianismus präexistieren Prä-Expressionist präfabrizieren Präfabrikation Präfabulation präfaschistisch Präfaschismus präfaschistoid Präfation Präfekt Präfektur präfizieren präfeministisch präferieren präferabel Präferendum Präferenten präferentiell Präferenz präfeudalistisch Pre-Figaro präfigurieren Präfiguration präfinieren Präfinition Irreg 1B 2 1B vgl. Irreg/ veralt. lA/ veralt./ vgl. Hist 1B 1B 1A/ 1B 1B 1A 1 A/ veralt./ vgl. Hist 1B 1A Irreg Irreg/ veralt. 1B Irreg Irreg/ veralt. 1B 1B 1A 1A/ veralt./ vgl. Hist <?page no="279"?> Das Präfix prä- 271 Präfix präfigieren Präfigierung Präfixion Präformation präformieren Präformierung Präformismus Präformist präformistisch präformulieren präfrontal prägenital Prägermane Prae-Giotto-Zeit präglazial Präglazial prägnant Prägnanz Prägnation prägotisch Prägraphie prägravieren Prägravation Prägravierung prägustieren Prägustator Prähallux prähellenisch prähistorisch Prähistorie Prähistoriker Prähominide Prähospitalphase prä-hysterisch präideologisch präimplantatorisch Präimplantation Präimpressionismus präimpressionistisch Präindisposition Praeinduktion präindustriell Präinfarktzustand Präinfarkt-Syndrom Irreg Irreg/ veralt. 1A 1A 2 1B 1B IC 1B 1B Irreg Irreg/ veralt. 1B 1A vgl. Irreg/ veralt. 1 A/ veralt./ vgl. Hist 1B 1B 1B 1B IC 1B 1B 1B 1B 1A 1A 1B IC <?page no="280"?> 272 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neopräjudizieren Präjudiz präjudizial präjudiziell präjudizierlich Präjudizierung präkambrisch Präkambrium präkanzerös Präkanzeröse Präkapillare präkapillar präkarbonisch Präkardialgie Präkarzinom Präcarcinom präkarzinomatös präkatholisch präkavieren Präkaution präkeramisch Präkeramikum prä-klassisch Präklimakterium präklinisch präklusiv präkludieren Präklusion präklusivisch präkogitieren Präkogitation Präkognition präkoital präkolumbisch präkolumbianisch Präkoma präkonditioniert präkonisieren Präko präkonieren Präkonisation Präkonisierung Präkonium prae-konstitutionell präkonsumieren 1B 1B 2 1B Irreg 1B 1B vgl. Irreg/ veralt. IB 1B IB IB Irreg lA/ veralt./ vgl. Hist 1A IB IB IB 1A vgl. Irreg/ veralt, vgl. Irreg/ veralt. IB lA/ veralt./ vgl. Hist <?page no="281"?> Das Präfix prä- 273 Präkonsumtion präkonzipieren präkonzept präkordial präkardial Präkordien präkox Präkozität präkulmisch präkunsthistorisch präkurrieren Präkurs Präkursion Präkursor präkursorisch Praelabium Prälat Prälation Prälatur prälegieren Prälegat prälibieren Prälibation präligieren präliminar präliminär Präliminarien präliminieren Prälingual praeliterarisch Prälithikum prälogisch Prälogismus präloquieren Prälocution Präloquium Präludium präludieren präluzieren präluzid Prä-Malaye prämaligne Prae-Marxist prämatur prämaturieren lA/ veralt./ vgl. Hist 2 vgl. Irreg/ veralt. 1B 1B vgl. Irreg/ veralt. 2 Irreg Irreg/ veralt. lA/ veralt./ vgl. Hist lA/ veralt./ vgl. Hist vgl. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. 2 1B 1B 1B lA/ veralt./ vgl. Hist 1A vgl. Irreg/ veralt. 1B 1B 1B 1A <?page no="282"?> 274 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoprämaturiert Prämaturität Praemaxillare Prärnedikation Prämeditation prämeditieren prämendelistisch Prä-Mensch pramenstrual prämenstruell Prämisse prämittieren prämodern Prämoderne Pramolar prämolar prämonieren Prämonition prämonitorisch Prämonstrator Prämonstration prämonstrieren Prämorbidität prämorbid prämortal prämovieren Prämotion prämundan pränatal pränationalsozialistisch Prä-Nazi präneandertaloid Präneandertaler pränegroid Pränomen pränominieren Pränotation pränotieren Pränotion Prä-Nova pränuklear Pränuklearzeit pränumerieren pränumerando Pränumerant 2 1A 1A 1B 1B 1B Irreg Irreg/ veralt. 1B 2 1A lA/ veralt./ vgl. Hist 1B 1B lA/ veralt./ vgl. Hist 1B 1B 1B 1B 1B 1B 2 1A lA/ veralt./ vgl. Hist 1B 2 1B 1A <?page no="283"?> Das Präfix prä- 275 Pränumeration Pränumerierung Pränuntiation pränunziieren präödipal präokkupieren Präokkupation präokkupatorisch Präokkupierung präökonomisch präoperativ Präoperkulum präoral präorganisch präovulatorisch präpalatal Präpalatal präparalytisch präparieren Präparand Präparande Präparant Präparat Präparation präparativ Präparator Präparatorien präparatorisch Präparatur Präparieret Präparist praepatellar praeperitoneal präpersonal Präpollex präponderieren Präponderanz PrePop Warhol Präposition präponieren präpositional Präpositus Präpositur Präpostere präposterieren 1A 1B 1A 1B 1B 2 2 1B 1B 2 1B Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 2 2 1B 1B Irreg/ veralt. Irreg IC Irreg Irreg/ veralt. vgl. Irreg/ veralt. vgl. Irreg/ veralt. vgl. Irreg/ veralt. <?page no="284"?> 276 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Präposterität präpostmodern Präpostmoderne Präpotenz präpotent Präprimat Preprint Prä-Projektil-Stufe präpsychotisch präpubertär Präpubertäts... Prae-Pubertätsalter Präpubertätsfettsucht Prä-Punk-Ära präraffaelisch Präraffaelit Präraffaelismus präraffaelitisch Präraffaelitismus prärational prärationalistisch Präreduktion präreinhardtisch prärevolutionär Prä-Rocker Prärogativ prärogieren Präromantik präromantisch prärömisch präsagieren Präsagium Präsapiens... Pre-Sellingsangebot präsenil Präsenium Präsens präsentisch Präsension präsentieren Präsent präsentabel Präsentant Präsentation Präsentierung 1B Irreg/ veralt. Irreg 1B 1A IC 1B 1B IC IC 1B 1B 1B 1A 1B 1B 1B vgl. Irreg/ veralt. 1B 1B vgl. Irreg/ veralt. 1B IC 1B Irreg lA/ veralt./ vgl. Irreg Hist <?page no="285"?> Das Präfix prä- 277 Präsenz präsent Präsepe Präservativ Präservation Präservativ Präserve präservieren Präservierung Präses Präsident Präsidentschaft präsidial präsidieren Präsidium Pre-shave-Lotion Präsignifikation präsilurisch Präsklerose präskorbutisch präskribieren Praeskript präskriptibel Präskriptibilität Präskription präskriptiv Präskriptor Praeskriptum präslawisch prästabilieren Prästabilismus Prästabilist Prästanz prästant prästieren prästabel Prästandum Prästation Prästator prästierbar Prästitor Prästigiator Prestige Prästigiation Prästigien Irreg vgl. Irreg/ veralt. 1A Irreg IC lA/ veralt./ vgl. Hist 1B 1B 1B Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1B 1A vgl. Irreg/ veralt, vgl. Irreg/ veralt. vgl. Irreg/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. <?page no="286"?> 278 Michael Kinne: prästigiös prästituieren prästruieren Prästruktion präsuizidal präsumieren präsumabel Präsumtion präsumtiv präsumtuos Präsuppositum präsupponieren Präsupposition präsynaptisch präsystolisch Präszienz präszibel Prätegelenzeit Prätegelen-Kaltzeit prätektonisch Prätension Prätendent prätendieren prätentiös Prätention Prä-Terrorismus Pretest Prätext prätextieren Pre-Theater-Menue prä-theistisch prätibial Prätor Prätorianer prätorianisch prätorisch Prätur Prä-Ultimatum Prä-Ultraschall-Epoche präurämisch praeurban prävalieren prävalent Prävalenz Prävarikator Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Irreg/ veralt. lA/ veralt./ vgl. Hist lA/ veralt./ vgl. Hist 1B Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. 1A 2 1B lA/ veralt./ vgl. Hist IC 1B Irreg 1B 1A vgl. Irreg/ veralt. IC 1B 2 Irreg 1A IC 1B 1B Irreg vgl. Irreg/ veralt. <?page no="287"?> Das Präfix prä- 279 Prävarikation prävarikieren prävenieren Prävenire (spielen) Prävention präventiv Präverb Präverbium prävergleichend Preview Prävigilien Prävision prävidieren präwilhelminisch Prä-Zahnspangen-Ara Präzedenz präzedieren Präzedens Präzentor Präzentur Präzeptor Präzept präzeptiv präzeptoral Präzeptorat präzeptorieren präzeptorisch Präzession präzessieren Präzessor präzipieren Präzipuum Präzipitat Präzipitans präzipitant Präzipitanz Präzipitation präzipitieren Präzipitin Präzipitium Präzipiz Präzision präzis/ e präzisieren Präzisierung 1A 2 1B 1A IB/ veralt./ vgl. Hist 1 A/ veralt./ vgl. Hist 1B IC Irreg Irreg vgl. Irreg/ veralt, vgl. Irreg/ veralt. Irreg vgl. Irreg/ veralt, vgl. Irreg/ veralt. Irreg Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg/ veralt. Irreg <?page no="288"?> 280 Präzisist Prä-Zorniger Mzchael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Irreg/ veralt. 1B <?page no="289"?> Das Präfix neo- 281 III. Das Präfix neo- III.O Überblick neo- Segment in Lehnwörtern Präfix zur Lehn-Wortbildung von Substantiven und Adjektiven seit dem frühen 18. Jh. vereinzelt in Lehnwörtern aus dem Griechischen im 18. Jh. vereinzelt, seit Anfang des 19. Jh. in Lehn-Wortbildungsprodukten fach- und bildungssprachlich produktiv: seit dem späteren 19. Jh. bis in die Gegenwart ebenso fachwie bildungssprachlich produktiv in Kombinationen vorwiegend mit integrierten Lehnwörtern, selten auch mit indigenen Lexemen als Basismaterial, in jüngerer Zeit überwiegend in bildungssprachlichen Kombinationen neobringt die Bedeutung NEU in Kombinationen einer Determinans-Determinatum-Struktur ein, und zwar in einen Strukturtyp mit drei semantischen Spezifizierungen [a-c]: a) ganz/ vollkommen neu (entstanden/ gebildet) Neo-Organ ‘neues Organ’ b) neu in der spezifischen Qualität (in einer bestimmten Zeitphase), dabei gegebenenfalls auch erneuert/ wiederaufgegriffen/ wiederbelebt und somit aktuell und jeweils derzeitig/ heutig. Neoexpressionismus ‘neuer (erneuerter/ wieder aufgegriffener/ derzeitiger) Expressionismus’ Neowagnerianer ‘neuer (heutiger/ derzeitiger) Wagnerianer’ neo-wertkonservativ ‘wertkonservativ in neuer/ erneuerter (derzeitiger/ aktueller) Form’ c) neu(est) entstanden/ erfolgt (in einer Entwicklungsreihe/ zeitlichen Abfolge), d.h. entstanden/ erfolgt in jüngerer/ jüngster Zeit, zuletzt Neotektonik ‘neu(est)e, in jüngster Zeit/ zuletzt erfolgte tektogenetische Bewegungen’ Neothalamus ‘neu(est)er, phylogenetisch jüngerer/ zuletzt entstandener Teil des Thalamus’ <?page no="290"?> 282 Mtchael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoiii.i 1713 1754 1761 1762 1767 1781 1804 1817 1819 1838 1857 1863 1865 1871 1876 1877 1879 1884 1885 1888 Chronologisches Register Neophyt Neophytismus Neologie neologisch Neologist Neoparochus neologisieren Neologismus Neologe neoterisch Neograph Neographie Neopädagoge neopädagogisch Neo-Spinozismus Neographismus Neonom/ ist Neorama Neoterismus Neoteriker Neodamot neogamisch Neomenie Neophobie neophobisch Neoplatoniker Neoplasma Neoplatonismus Neodogmatiker neodogmatisch neographisch Neogrec Neokatholik neokatholisch Neokatholizismus Neokom neolithisch neogen Neobarbarei Neogilos Neogrieche Neotenie Neodym Neovitalismus veralt. veralt. veralt. veralt. veralt. veralt./ Irreg veralt. veralt. veralt. veralt. veralt. veralt. veralt. veralt./ Irreg Irreg veralt. veralt. veralt. Irreg Irreg veralt. Irreg veralt. Irreg Irreg <?page no="291"?> 1889 1893 1895 1897 1898 1903 1904 1906 1907 1908 1910 1911 1913 1914 1915 1916 1920 1922 1923 1924 1925 1927 1928 Das Präfix neo- 283 neoplatonisch Neomalthusianismus Neodarwinismus N eodarwinianer Neo-Europäismus Neogen Neo-Lamarckianer Neolamarckismus Neoplasie neotropisch neovulkanisch neozoisch Neo-Babylon Neo-Buddhismus neovitalistisch Neo-Renaissance Neo-Romantiker neogriechisch Neoimpressionist Neothalamus Neovitalist Neo-Idealismus Neopathetiker neopathetisch Neomalthusianer Neomerkantilismus Neolamarckist Neoromantik neoklassisch neoslawisch Neoslawismus Neo-Absolutismus Neolithikum Neo-Aktivist nearktisch Nearthrose Neoboreal Neo-Brahmanismus neonaturalistisch N eoklassizismus Neo-Kollektivismus Neoroyalismus neoklassizistisch Neorealist N eoimperialismus Irreg Irreg Irreg <?page no="292"?> 284 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1936 1938 1939 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 1950 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoneomerkantilistisch Neo-Feudalismus neoromantisch Neobarock Neokapitalismus neokollektivistisch Neokollektivität Neo-Nationalismus Neomaterialismus Neo-Nep-Politik neophob Neopresbyter Neorationalismus Neozoikum N eoboj arentum Neosalvarsan neothomistisch Neodarwinist neophytisch neoexpressionistisch neonatus Neoprimitivismus Neosilbersalvarsan Neostriatum Neofaschismus neofaschistisch Neo-Biblizismus Neofaschist N eo-Isolationismus Neonazist Neopositivismus Neoliberalismus Neonazi Neo-Autarkismus neonationalsozialistisch Neonazismus neonazistisch Neoprotektionismus Neoaristokratie Neokommunist neokonservativ Neoliberaler Neolinguistik Neomorphose Neomyzin/ -mycin Irreg veralt. <?page no="293"?> 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1964 Das Präfix neo- 285 Neo-Optimismus Neoverismus neo-apokalyptisch neobarock neorealistisch neoveristisch neoboreal Neofreudianer neofreudisch Neogäa 2 N eoimpressionismus Neomyst Neopren neobarbarisch neoempirisch Neohippokratismus neo-isolationistisch Neomarxismus Neopositivist neopositivistisch Neorealismus Neodadaismus Neo-Dionysos Neogotik Neolinguist Neoteben Neotropis neoabsolutistisch N eodogmatismus neokolonialistisch Neopilina neo-sowjetisch neostalinistisch neoliberal Neokolonialismus neogotisch Neohellenismus Neokolonialist Neo-Psychoanalyse neo-psychoanalytisch Neo-Biedermeier neoimpressionistisch Neo-Valentiniade neo-bürgerlich Neo-Clochard Irreg Irreg veralt Irreg Irreg <?page no="294"?> 286 1966 1967 1969 1970 1971 1972 1973 1974 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- Neoplastizismus Neoexpressionismus neodemokratisch N eokommunismus Neomanie neohumanistisch Neostalinist Neogermane Neokonservativismus neologistisch neomarxistisch neomaurisch Neonatus Neostalinismus Neowagnerianer neo-zionistisch neo-afrikanisch Neobehaviorist Neoblast Neocalvinismus Neo-Europa Neonatologie Neopallium Neopointillist Neoprimitivum Neostigmin Neotenin Neo-Vulgata Neokolonie Neoreformismus Neotrotzkismus neoendemisch neorevanchistisch Neobabouvismus Neogräzistik Neoklassizist neokom Neokortex/ 'Cortex N eomakrobiotik Neopanslawismus neopanslawistisch Neotektonik neoten/ isch Neothomismus Präneoplasie und neo- Irreg Irreg Irreg Irreg Irreg <?page no="295"?> Das Präfix neo- 287 1975 Neohumboldtianismus Neoklassiker 1976 Neo-Collage-Kunst Neogäa 1/ Neogäikum Neohistorismus Neoklassik Neomortalität Irreg neoplastizistisch 1977 Neanthropus Neanthropinen Neophytikum 1981 Neofirthianer 1982 Nearktis Irreg Neo-Konservativer Neolinguistiker Neolithiker Neo-Marxist Neonatologe Neo-Zionismus 1983 neo-idealistisch 1984 Neostrukturalismus 1985 neoanalytisch neoexpressiv neo-feudal neogaullistisch neohistorisch neo-imperial neokolonial Neokonservatismus neonational Neoplastizist neopopularistisch Neo-Rokoko Neosal-N neoscholastisch Neostadtrat Neo-Sternheim neostrukturalistisch neowilhelminisch 1986 neoadjuvant N eo-Antisemitismus neobabylonisch neobaslerisch Neodadaist neodadaistisch <?page no="296"?> 288 1987 1988 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoneodarwinistisch N eo- Expressionist Neo-Expressiver neofreudianisch Neo-G aullist neohandelskapitalistisch Neo-Imperialist Neo-Kubismus Neo-Manierismus Neonationaler neonationalistisch neoprimitivistisch N eostrukturalist neotonal Neo-Tory Neo-Traditionalist Neoarteriogenese Neo-Azubi Neo-Beat-Band Neo-Designer Neogenese Neo-Hippie Neo-Historiker Neoimplantation neo-informell Neoinsertion Neo-Isolationist Neo-Konstruktiver neokonstruktivistisch Neolalie neomorph Neo-Musical-Haltung neonatal Neo-Neandertaler Neopath Neopathie neopathisch Neosalon neostriatär neotheologisch neo-wertkonservativ neozerebellar Neozerebellum/ -cerebellum Neozyt Neo-Beat-Klänge Irreg Irreg Irreg Irreg <?page no="297"?> Das Präfix neo- 289 Neo-Konzeptualismus Neo Pop Neo-Spießer N eo- N ietzscheaner neoreaktionär Neo-Akademiker Neoapparatschik neobismarck(i)sch Neo-Coming-out-Roman neofeudalistisch Neo-Mod-Cape neomodern Neo-Moderne neoprovinziell N eo-lVaditionalismus neo-traditionsbewußt Neoavantgarde Neo-Eleganz Neo-Geo neokapitalistisch Neo-Organ Neoplüsch Neo-Privater Neo-Rassismus neorassistisch Neo-Samurai Neo-Schäferstündchen neobraun Neo-Macho Neo-Nonsense-Show Neo-Ständestaat Neo-Wilhelminismus neoarabisch Neo-Blumenkinder Neobolschewismus Neobolschewist neobolschewistisch Neo-Deutschnationaler Neo-Diogenes Neo-Fundi neoislamisch Neo-Kapitalist neokommunistisch Neomarktwirtschaftler neomexikanisch <?page no="298"?> 290 1994 1995 Aüchad Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- Neo-Nationalist neoprimitiv Neo-Realo Neoromanik Neo-Stil Neo-Aufklärer neo-biedermeierlich neogermanisch Neonationalsozialismus Neonationalsozialist Neonazitum neoneuenfelsisch Neopopulismus Neo-Rechter Neo-Punker Neotonalität N eo-Heimatfilm Neo-Volkssänger und neo- <?page no="299"?> Das Präfix neo- 291 III.2 Kombinemartikel 111.2.1 Kombinemkategorie / Kat Präfix Neben dem regulären Gebrauch des Kombinems neoals Präfix finden sich in jüngerer Zeit im Zusammenhang mit sprachkritischer Reflexion über die Art und Verwendungshäufigkeit seiner Kombinationen vereinzelt solche Kombinationen mit dem Segment / neo/ , in denen neoentweder wie ein selbständiges Lexem im Sinne von ‘Neuerung’ gebraucht wird (Neo-Gewäsch, Neoquatsch) oder als Kompositionsglied quasi für eine bestimmte inhaltlich zusammengehörige Gruppe von Neuerungserscheinungen in einem Bereich fungiert, der durch die zweite Wortkonstituente bezeichnet wird, also Neo-Bewegungen, Neo-Parteien im Sinne von ‘Bewegungen/ Parteien aller Art, die ihre (echte oder vermeintliche) Neuartigkeit durch neo charakterisieren und die sich entsprechend mit dem Lexem neo benennen’. In dieses sprachreflektorische und -kritische Umfeld gehören auch vereinzelt auftretende sprachspielerische Nonsensbildungen wie neoneufrisch. Ebenfalls nur vereinzelt wird neo wie ein selbständiges Lexem gebraucht. Zeit 7.11.86 Die Erlesenheits-Schlagetote „Sensibilität“, „Verletzlichkeit“, „Betroffenheit“ etwa treiben es als ragende Säulen von Neo-Gewäsch schon seit etwa 1975 (CK). Henscheid 1998 Dummdeutsch 8 diese genetisch manchmal kaum sortierbare und sehr gallertartige Aufschüttung aus Neo- und Zeitlosquatsch (z). Hannoversche Allg. 8.5.1982 Die meisten Neo-Bewegungen haben ein Merkmal gemeinsam (z). N.Z. [Basel) 13.1.1950 Gewisse etwas verdächtige Neo-Parteien der Rechten sind mächtig am Werk (SB). 1991 Tempo XI, 188 Was im Kino die Remakes sind, sind in der Reklame die Relaunches, die Auferstehung wohlbekannter Ware als neoneufrisch (z). Hannoversche Allg. 8.5.1982 Wo immer wirklich oder vermeintlich ein zotteliger Alt- Wolf im Pelzmantel eines Jung-Schafes einhertrippelt, ertönt der Warnruf „Neo! “ (z). 111.2.2 Morphologie / Morph Die Fuge zwischen neo- und der folgenden Konstituente wird häufiger durch Bindestrich markiert, vor allem (jedoch nicht regelmäßig) in okkasionellen Kombinationen (Neo-Valentiniade) und in Kombinationen mit mehrgliedriger bzw. besonders umfangreicher Basis (Neo-Coming-out- Roman, neo-traditionsbewußt), insgesamt gesehen jedoch ohne weitere erkennbare Regularität. Vereinzelt ist der griech. Regel folgend in ausgeprägt fachspr. Kombinationen (stets mit Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen) bei mit aanlautender Basis das -oin neogetilgt bzw. das auslautende -o von neomit dem anlautenden ader Basis zu einem Laut verschmolzen (vgl. Neanthropus, Nearktis/ nearktisch, Nearthrose). <?page no="300"?> 292 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- III.3 Beschreibung des Strukturtyps III.3.1 Grammatik der Lehn-Wortbildungsprodukte / Gramm neo- + Se/ EN-Abl./ EN/ i(selten) Barbarei Marxismus Sternheim Spießer =>Slwb Neobarbarei Neomarxismus Neo-Sternheim Neo-Spießer neo- -f A e / EN _ Ab i./ i( se i ten ) konservativ darwinistisch braun =>Alwb neokonservativ neodarwinistisch neobraun neo- + Konfixe (vereinzelt)i -lithikum -morph =>S/ A LWB Neolithikum neomorph neo- -f Kunstwortbildungsprodukt =>Slwb -salvarsan Neosalvarsan -teben Neoteben Die als Basen von neo-Kombinationen verwendeten Subst. und Adj. sind entweder (meist) suffixale Kombinationen, also (wie auch die eher seltenen Komposita) selbst komplex, oder (in nur geringem Umfang) Simplicia. Unter den suffixalen Basiskombinationen finden sich besonders häufig paradigmatisch aufeinander bezogene Kombinationen mit den Lehnsuffixen -ismus, -ist und -istisch (Darwinismus/ Darwinist/ darwinistisch, Faschismus/ Faschist/ faschistisch), die zur Bildung ebenso paradigmatisch zusammengehöriger neo-Kombinationen herangezogen werden (Neodarwinismus/ Neodarwinist/ neodarwinistisch, Neofaschismus/ Neofaschist/ neofaschistisch). Aber auch sonst überwiegen bei den Personenbezeichnungen und den (Zugehörigkeits-)Adj. mit neodiejenigen, die eine subst. neo- Kombination paradigmatisch ergänzen (neobarbarisch neben Neobarbarei, Neoromantiker neben Neoromantik, neoscholastisch neben Neoscholastik). Isolierte Personenbezeichnungen (Neo-Clochard, Neo-Spießer) finden sich eher selten, isolierte (Zugehörigkeits-)Adj. nur vereinzelt (neobraun, neoprovinziell). Grundsätzlich bestand noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jhs. offenbar eine etymologisch-genetische Restriktion hinsichtlich der Basislexeme, d.h. eine unmittelbare Aufeinanderfolge des Präfixes neomit indigenen Lexemen wurde weitestgehend vermieden. In jüngerer Zeit begegnen zwar in zunehmendem Maße, aber noch immer in vergleichsweise eher geringem Umfang neo-Kombinationen mit indigenem Basislexem. Da- <?page no="301"?> Das Präfix neo- 293 bei handelt es sich in der Regel um bildungsspr. Okkasionalismen (Neo- Aufldärer, neo-biedermeierlich, Neo-Blumenkinder, neo-bürgerlich, neobraun, Neo-Heim atfilm, Neo-Rechter, Neo-Schäferstündchen, Neo-Spießer, Neo-Ständestaat, Neo-Volkssänger). Auch bei mehrgliedrigen Basen (Neo- Coming-out-Roman) sowie bei Komposita mit neo-Kombinationen (Neoavantgarde-Ausstellung) ist die dem Kombinem neo unmittelbar folgende Konstituente in der Regel entlehnt, vgl. aber auch hier jüngere Okkasionalismen wie Neo-Deutschnationaler, neohandelskapitalistisch, neowertkonservativ, die zweite Konstituente solcher Basen bzw. Komposita kann jedoch ein indigenes Lexem sein (Neo- Collage-Kunst, Neobarockbau, neo-traditionsbewußt). Generell dürfte für die gegenwärtigen Gegebenheiten im Umgang mit dem Präfix neoeine gewisse Lockerung der früheren Restriktion hinsichtlich der Basislexeme zu konstatieren sein, d.h. die (gegenüber früher jetzt offensichtlich als unproblematisch empfundene) Verbindung von neomit indigenen Basislexemen beginnt sich mehr und mehr durchzusetzen. 111.3.2 Semantische Leistung in Kombinationen / SemKomb neobringt die Bedeutung NEU in drei semantischen Spezifizierungen (a c) in Kombinationen einer Determinans-Determinatum-Struktur ein, wobei das Determinans durch neo-, das Determinatum durch die Basis repräsentiert wird. Die semantische Leistung, die neoin seine Kombinationen einbringt, ist in engem Zusammenhang zu sehen mit dem Bedeutungsspektrum des dt. Adjektivs neu (zu den Abweichungen von der Semantik bzw. den Unterschieden zur Semantik der zugrundeliegenden griech. Einheiten <neos> / <neo-> in ihren griech. Kombinationen vgl. Etym). neoleistet als Bestandteil von Kombinationen, daß mit diesen das in der Basis Genannte (das sind vorwiegend geistige, politische, ideologische und künstlerische Bewegungen, Einstellungen oder Ausdrucksformen z.B. Kunststile - und deren Repräsentanten, in geringerem Umfang auch Sachen/ Sachverhalte und Personen, Zeitphasen, Zeitabschnitte, Ereignisse, Arznei- und sonstige Heil- und Gesundheitsmittel) bezeichnet bzw. charakterisiert wird entweder als <?page no="302"?> Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- ‘Neubildung, neue Entwicklung ‘neues/ neu entstandenes Organ 294 a) ganz/ vollkommen neu (und etT)" ^ VOrha "' den bzw. vor kurzem entstanden/ gebildet etc.) Neogenese Neo-Organ oder als b) neu in der (jeweils nen bzw! -befebterToder auch bzw^aktu'alineuer, in modischer Form ‘neuer, derzeitiger/ heutiger/ aktueller Faschismus’, ‘neue spezifische (erneuerte/ wieder aufgegriffene/ gegenwärtige) Erscheinungsform des Faschismus’ ‘provinziell auf (spezifisch) neue, erneuerte/ derzeitige Art und Weise’ ‘fragwürdiger neuer/ heutiger Aufklärer’, ‘modischer Typ des Aufklärers’, auf fragwur g neuartige Weise tätiger Aufklarer ‘neuer, heutiger Spießer’, ‘neuer spezifischer Typ des Spießers’ Neofaschismus neoprovinziell Neo-Aufklärer Neo-Spießer oder als 0 neu(est) eutstanden^^g^^^W— ‘neu(est)er (d.h. phylogenetisch jungerer/ zuletzt entstandener) Teil des Thalamus ‘neu-/ iungvulkanisch’; ‘bezogen auf/ charakteristisch für einen in jüngerer/ jüngster Zei bzw. zuletzt erfolgten Vulkanismus Faschismus, Neonationalerzu Nationaler etc.). Bei bedeutungserläuternder Umformung von Kombinationen mit dem eterminierenden Präfix neo- Neothalamus neovulkanisch <?page no="303"?> Das Präfix neo- 295 in entsprechende Syntagmen der Form Adj. + Subst. entspricht neodem Adj. und die Basis dem Subst., Neo-Organ ‘neues/ neugebildetes Organ’ Neoimpressionismus ‘neuer/ erneuerter/ wiederaufgegriffener Impressionismus’ Neotektonik ‘neu(est)e/ jüngste/ letzterfolgte Tektonik’ in entsprechende Syntagmen der Form Subst./ Adj. + attributive Fügung entspricht neoder attributiven Fügung und die Basis dem Subst. bzw. dem Adj. Neo-Spießer ‘Spießer der neuen/ heutigen Art, in spezifisch neuer Form’ neoimpressionistisch ‘impressionistisch in neuer/ heutiger/ aktueller Form’ In bedeutungserläuternden Paraphrasen von neo-Kombinationen entspricht neogenerell dem Paraphrasenbestandteil ‘neu’, sodann, je nach semantischer Akzentuierung, Paraphrasenbestandteilen wie a) ‘ganz/ völlig neu (entstanden/ erfolgt etc.)’, b) ‘spezifisch neu’, ‘erneu(er)t’, ‘wiederaufgegriffen’, ‘wiederbelebt’, ‘wiedererstanden’ (Neo-Dionysos), ‘aktualisiert’, ‘heutig’, ‘derzeitig’, ‘aktuell’, ‘modern’, ‘modisch’ (Neosalon), ‘in fragwürdiger neuartiger Form’ (Neo-Historiker) sowie c) ‘neuest’, ‘jüngst’, ‘in neuerer/ jüngster Zeit’, ‘zuletzt entstanden/ geschehen’. III.3.3 Semantik der Basen / SemBas Die in neo-Kombinationen verwendeten bzw. verwendbaren Basen bezeichnen oder charakterisieren etwas, das generell unter dem (im Rahmen von Entwicklung und zeitlicher Abfolge angesiedelten) qualitativen Aspekt des NEUEN, der ERNEUERUNG gesehen werden kann. neofindet sich dabei in Verbindung mit folgenden semantischen Typen von Basen: - Bezeichnungen und (zugehörige) Charakterisierungen für ~ (politische, ideologische, religiöse, geistige, kulturelle, künstlerische u.a.) Bewegungen/ Richtungen/ Einstellungen/ Erscheinungen und deren Repräsentanten Neo-Buddhismus, neodogmatisch, neogotisch, Neoimpressionismus, neo- Paturalistisch, Neonazi, Neo-Renaissance, Neoslawismus, neo-traditionsbewußt, Neoverismus, Neo-Zionismus-, (besonders häufig Ableitungen von Eigennamen) Neodarwinianer, neofreudisch, neogaullistisch, Neohum- <?page no="304"?> 296 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, pra- und neoboldtianismus, Neomalthusianismus, neoneuenfelsisch, Neoplatomker, Neo- Spinozismus, neostahnistisch, Neowagnerianer wissenschaftliche Disziplinen/ Lehren und deren Repräsentanten Neolinguist, Neomakrobiotik, neopädagogisch, Neo-Psychoanalyse, neothe logisch, Neovitalismus (geologische, historische, wirtschaftliche u.a.) Entwicklungsabschnitte bzw. Perioden und teilweise deren Repräsentanten Neobarbarei, Neoboreal, „eohanielskapitalistisch, neohistorisch, Neokolonialist, Neolithikum, neovulkanisch, Neozoikum - Sachen und Sachverhalte wie Ereignisse, Handlungen, Vorgänge Valentiniade, Neo-Vulgata - Bezeichnungen für Organe/ Organteile von Lebewesen (in den fachspr Bereichen Medizin, Zoologie) Neokortex, Neopalhum, Neostriatum, Neothalamus, Neozerebellum - Namen von Medikamenten, Heil- und Gesundheitsmitteln Neomyzin, Neosalvarsan, Neostigmin - Personennamen und Personen(gruppen)bezeichnungen Neo-Aktivist, Neo-Aufklärer,Neo-Clochard, Neo-D.onysos, Neogreechen, Neo-Macho, Neo-Punker, Neo-Rechter, Neo Sie rah cor Neo-Tory - (selten) Ortsnamen und zugehörige Charakterisierungen Neo-Babylon, neobaslerisch. Vereinzelt finden sich in stets neoklassischen, fachspr neo-Kombinationen konfixaR Basen griech. oder (selten) lat. Herkunft, die m der Ursprungssprache vorwiegend auf Subst. und dabei in der Regel auf Bezeichnungen von Sachen und Sachverhalten, teilweise auch auf WAen ^uckzufuh sind. „»„-Kombinationen dieses Typs gehören ausschheßheh zu mantischen Spezifizierungsgruppen a) und c) (vgl. SemKom ) Neograph,e, NeoBh.kum, Neologie, neonatus, Neophgtikune, Neosoikum, Neozyt. <?page no="305"?> Das Präfix neo- 297 III.3.4 Semantisches Paradigma / SemPdgm neowird innerhalb eines Paradigmas zur Konstitution von Subst. und Adj., die durch Aspekte des NEUEN und der ERNEUERUNG determiniert werden, entsprechend seiner jeweiligen semantischen Akzentuierung a), b), c) - (teil-)synonym verwendet in partiell lexikalisierten und gelegentlich synonym zu neo-Kombinationen verwendeten Kombinationen mit dem entlehnten Präfix —+ post-, und zwar nur in entsprechenden Kontexten vorwiegend bei Kombinationen, die politische, künstlerische u.a. Bewegungen bezeichnen bzw. charakterisieren und somit ausschließlich mit neoin der semantischen Akzentuierung von b) ‘spezifisch neu’ Neoimpressionismus vs. Postimpressionismus (Postimpressionismus dabei im Sinne von ‘künstlerische Bewegung/ Stilrichtung, die den Impressionismus wiederbelebt/ erneut aufgreift’), dementsprechend Neofaschist vs. Postfaschist, neo-sowjetisch vs. postsowjetisch, neostalinistisch vs. poststa- Unistisch u.a. Zeit 7^. 7.7957 Mit diesen Arbeiten wendet er sich der impressionistischen Malerei zu und wird schnell zu einem der führenden Vertreter eines unzeitgemäßen Postimpressionismus (z). FAZ 18.10.1988 Im Umfeld dieser Gruppierungen zeigen sich poststalinistische Vorstellungen von außerordentlicher Virulenz (z). Spiegel 20.6.199j, 138 Am Ende könnte Berlusconi ohne Gegner dastehen, die Entscheidung würde dann zwischen ihm und dem Postfaschisten Fini fallen (Z). mit dem indigenen Adj. neu als Bestimmungswort von Komposita, besonders häufig, jedoch nicht ausschließlich, bei Kombinationen mit neoin der semantischen Akzentuierung von b) (‘spezifisch neu’) Neoklassizismus vs. Neuklassizismus, neokonservativ vs. neukonservativ, Neoliberalismus vs. Neuliberalismus, neolithisch vs. neusteinzeitlich, Neo- Macho vs. neu-machohaft, Neoplatonismus vs. Neuplatonismus, neoromantisch vs. neuromantisch; vgl. entsprechend auch Neo-Mod-Cape vs. neumodisch; neuantikisch, neuapostolisch, Neu-Jakobiner, neukarolingisch Hillebrand 1881 Jahrb. d. Revol. 251 So mag auch Mad. de Remusat die Verdienste dieses Neuclassicismus etwas übertrieben haben (z). Habermas 1985 Unübersichtlichkeit 36 Die affirmative Einstellung zur gesellschaftlichen Moderne ist typisch für das Bewertungsmuster, das allen neukonservativen Zeitdiagnosen zugrunde liegt (z). hircher 1926 Engländer 61 Dort war das Zentrum der großen Free-Trade-Bewegung, die den Neuliberalismus der Epoche vor dem Weltkriege schuf (z). Spiegel 12.7.1993, 7 Wenn Sie so eine postfeministische Schreckschrulle als seriöse Journalistin erachten, fallen Sie neu-machohaft bei mir unter den Sparetat (z). <?page no="306"?> 298 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Berolzheimer 1904 System I, 230 Auch auf allen Gebieten der Kunst und Literatur zeigt sich die Abkehr vom Materialismus und das Neuerwachen neuromanischer und neuromantischer Bildungen (SB). Mannh. Morgen 3.1.1986 Die Funde belegen eindeutig, daß sich schon in dieser neusteinzeitlichen Phase die Monogamie durchgesetzt hatte (CK). Besonders groß hinsichtlich eines Vergleichs mit den nachgewiesenen neo- Kombinationen ist vor allem die Zahl sowohl lexikalisierter wie auch okkasioneller Kombinationen mit dem indigenen Adj./ Präfix neuentsprechend neoin der semantischen Akzentuierung von a) ‘ganz/ vollkommen neu’ und b) ‘heutig, derzeitig, aktuell, modern’. Zu vielen dieser Kombinationen mit neu- (vor allem solchen mit indigener, häufig verbaler oder deverbaler Basis) gibt es keine entsprechenden neo-Kombinationen (Neu- Aktionär, Neuanmeldung, Neuanschaffung, Neubearbeitung, Neubürger, Neu-Bonnerin, neu-deutsch, Neu-Durchdenken, Neueinstudierung u.v.a.). Stern 16.6.1987 ln der Bundesrepublik sind wochenlange Wartezeiten bei Neuanmeldungen die Regel (CK). Mannh. Morgen 70.i2.fSS7 Überhaupt diese Neuaufnahmen, Neubearbeitungen und neuen Illustrationen (ck). Mannh. Morgen 21.7.1990 Der lOOfache DDR-Internationale wird in den Trainerstab von Neu-Bundestrainer Vogts übernommen (CK). Stern 28.6.1990 Wo seine Neubürger derzeit sind, weiß der Ortsvorsteher nicht (CK). Mannh. Morgen 10.6.1988 „Rooming-in“ nennt sich das auf Neu-Deutsch (CK). Zext 1.2.1985 das goldene Bett der neureichen Ghanaerin vertrautes Argument gegen alle Entwicklungshilfe (CK). mit dem indigenen Adj. jung als Bestimmungswort von Komposita, und zwar in entsprechenden Kontexten vorwiegend bei Kombinationen mit neoin der semantischen Akzentuierung von b) ‘heutig, derzeitig, aktuell’ und c) ‘neuest/ jüngst; (in einer Entwicklungsreihe erfolgt) in jüngerer Zeit, zuletzt’. neoafrikanisch vs. jungafrikanisch, Neofaschist vs. Jungfaschist, Neohegelianer vs. Junghegelianer, neokonservativ ws. jungkonservativ, Neolithikum vs. Jungsteinzeit, Jungrocker, Jungstar Zeit 28.12.1984 „Alter Nazi“, „Jungfaschist“ und „„Kriegstreiber“ sind als Schimpfwörter geahndet worden (CK). Zeit 14-3.1986 Gegenwärtig, so schließt Habermas, befänden wir uns in der gleichen Lage wie Links- oder Junghegelianer (CK). Zeit 7.11.1986 Das mag jene anhaltenden Rehabilitationsbemühungen erklären, die so inständig aufs jungkonservative Erbe verwendet werden (CK). Mannh. Morgen 15.5.1987 Er besinnt sich auf die Wurzeln und macht auf Jung- Rocker (CK). Antonym zu neowerden verwendet das entlehnte Präfix — ► prä-, <?page no="307"?> Das Präfix neo 299 und zwar in entsprechenden Kontexten und ebenfalls nur bei entsprechender semantischer Akzentuierung von neogemäß b) und vereinzelt c) bei Bezeichnungen und Charakterisierungen für politische, künstlerische u.a. Bewegungen sowie Zeit- und Entwicklungsphasen Neoboreal vs. Präboreal, Neoexpressionist vs. Präexpressionist, neofaschistisch vs. präfaschistisch, neogotisch vs. prägotisch, neohistorisch vs. prähistorisch, Neonazi vs. Prä-Nazi, Neoromantik vs. Präromantik 1972 Brockhaus 1966ff. Präboreal: Vorwärmezeit in der Nacheiszeit (BG). Mannh. Morgen 13.2.1986 die Ausstellung, die unzweifelhaft mit einem Prä-Expressionisten beginnt und mit einem Neo-Expressionisten abschließt (CK). Spiegel 22.6.1992, 202 Hemingways „Der alte Mann und das Meer“, erinnert sich Loest, galt damals als präfaschistisch (z). Bloch 1962 Ludwigshafen, o.S. So wurde ich von einer scheußlichen Bagage von Schulkameraden befreit das waren alles schon Prä-Nazis oder kleine Nazis in nuce (z). das entlehnte Präfix paläo- (auch pal-, palä-), und zwar bei geologischen und altertumswissenschaftlichen Termini gemäß neoin der semantischen Akzentuierung von c) ‘neuest/ jüngst; (in einer Entwicklungsreihe erfolgt) in jüngster Zeit, zuletzt’ Neoeuropa vs. Pal(äo)europa ‘Alt-/ Ureuropa’, Neogen vs. Paläogen ‘älterer Abschnitt des Tertiärs’, Neolithikum vs. Paläolithikum ‘Altsteinzeit’, Neozoikum vs. Paläozoikum ‘Erdaltertum’; vgl. auch Kombinationen wie Paläobotanik, paläogeographisch, Paläontologie sowie paläarktisch ‘zum altweltlichen Teil der Arktis gehörend’ zum irregulären nearktisch vgl. Irreg) Zeit 28.6.1985 Wirbeltiere und/ oder Paläobotanik sollen in der Lehre mit abgedeckt sein (CK). Mannh. Morgen 24.6.1987 trotz eines eindringlichen Appells von mehr als 100 Paläobotanikern, Paläozoologen und Geochemikern (CK). Khuon 1970 Götter 216ff. Wir vermuten, das Ereignis in der Zeit des Jung-Paläolithikums, also zwischen 40 000 und 10 000 v. Chr. anzunehmen (CK). 1977 FWB LEIPZIG Paläontologie od. Paläobiologie: Lehre von den ausgestorbenen Tieren und Pflanzen vergangener Erdzeitalter (z). Zeit 22.3.1985 Proterozoikum ist die Zeit vor dem Leben, Paläozoikum das Erdaltertum, Neozoikum die Erdneuzeit (CK). l'AZ 1.11.1989 Allein ein Mann steht wie ein Fels aus dem Paläozoikum inmitten dieser wechselnden Winde (CK). das entlehnte Präfix archäo-, auch arch- (vereinzelt), und zwar bei geologischen und anthropologischen Termini gemäß neoin der semantischen Akzentuierung von c) ‘neuest/ jüngst; (in einer Entwicklungsreihe) in jüngster Zeit, zuletzt (erfolgt)’ <?page no="308"?> 300 MicUelKinn,: Die Lehn,rif„pct-, p.*- ™ '' AwieM-f” “'S tpcht“r k l: «XSctü.£ (BO). das indigene Adj. alt ‘spezifisch neu’ Neuhegelianervs. MthegeKaner, m unistvs. Allkommunist,Neonazi vs. Alte«», vgl »«ck ™ ««*. “"• S '“ m *; C Anhtaser de , phllos<jph „ Hegels, dl. sich 1912 MEYER DDR 1972JJ. Althege ian d - ( kti h n Methode orientierten (z). nicht anf die revolutionären kritisiert wie gerühmt Zl'll^DeZZiSL moralisch v.r.chliss«.« AH».» Gerslenma«. ha. e.ne. „würdigen“ Nachfolger gefunden (CK). TIT Q r; Kombinationen / Komb •4. i\inr allem in der semantischen Die Zahl der Kombinationen mit ^ wicht der Subst . auffällt. b)-Spezifizierung) ist g ro ^ wob bildungsspr . Kombinationen auf. neo- Z lTXa~^^en Wissensa^eveichen an (vgl. ^ fin de» S ichpa Tr a, S a = n^ 2 -"^S darunter vielfach solche n 11 Lehnsuffixen -ismus, -ist{in), -istisch, gen komplexen Basen mi „phörieen Personenbezeichnung Neoviwie Neovitalismus mit der dazug g hend Neo i m perialismus mit talist und dem Adj neomfahshs , N ^ rialisrnus / Ne0 .Imperialist, Neo-Imperialist. Vielfac , wie i be legt; die (wohl nur aufr »: r tc " aHm Nm ' naturahsmus/ Neonaturalist zu neonaturahstisch us ■ )• <?page no="309"?> Das Präfix neo- 301 Unter den vorwiegend als ausgeprägt fachspr. einzustufenden Kombinationen dominieren generell solche der Fachbereiche Geologie und Medizin/ Anatomie sowie (in der Regel jeweils vereinzelt und nur in Spezialwörterbiichern gebuchte, hier im weiteren nicht berücksichtigte) biologische Termini/ Kombinationen mit der semantischen Akzentuierung c) ‘neuest/ jüngst; (in einer Entwicklungsreihe) in jüngster Zeit/ zuletzt (erfolgt)’ (vgl. SemKomb) Neoboreal, Neogäa 1/ Neogäikum, Neoimplantation, Neoinsertion, Neokortex, Neolithikum, Neopallium, Neothalamus sowie (aufgrund der jeweils jüngeren/ jüngsten Entstehungsphase spezifizierte) Bezeichnungen von Tiergattungen wie Neokrinoiden, Neomeris, Neomys, Neo(o)rnithes, Neophema, Neophocaena, - Namen für neue/ neuartige/ (in ihrer spezifischen Zusammensetzung) erneuerte Medikamente, Heil- und Gesundheitsmittel. Es handelt sich dabei um eine sehr große und markante, sich in ständigem Wandel befindliche Gruppe von (hier im weiteren, vor allem im Lexikon, nur anhand weniger Beispiele berücksichtigter) Kombinationen, in denen neooffensichtlich vorrangig die ausgeprägt positiv qualifizierende Funktion des charakteristischen Werbeträger-Attributes neu im Sinne von ‘(ganz neu und deshalb) besonders gut und viel besser (als alles Frühere)’ übernehmen soll. Generell kann neoin diesen Kombinationen des Bereichs der Heil- und Gesundheitsmittel je nach den Gegebenheiten bei den einzelnen Mitteln in allen drei semantischen Akzentuierungen fungieren, nämlich gemäß a) im Sinne von ‘seit kurzem ganz/ völlig neu (auf dem Medikarnentenmarkt)’, gemäß b) im Sinne von ‘neu (in seiner spezifischen Qualität) und besser’, und zwar im Vergleich mit dem (urspünglichen/ früheren) von der Basis bezeichneten Medikament, und schließlich gemäß c) im Sinne von ‘neu als jüngstes/ letztes Glied einer Medikament- Entwicklungsreihe’. Ein Teil dieser neo-Kombinationen des Heilmittelbereichs, deren Bekanntheits- und somit Geläufigkeitsgrad je nach Stellenwert und Verbreitung der einzelnen Mittel natürlich über den fachspr. Rahmen bis in die Gemeinsprache hinein reichen kann, trägt ausgesprochenen Kunstwortcharakter (vgl. Irreg), wobei die neoklassischen Basen entweder tatsächlich aus lat. oder griech. Silben (Neosalvarsan) oder rein sprachspielerisch gebildet sind [Neoteben ‘Name eines Medikamentes gegen Tuberkulose’, Abk. für Tuberkulose = TB, <TB> hier entsprechend der Lautung tebe). Neo-Angin, Neo-Arsphenamin, Neodorm, Neohexal, Neomyzin, Neosal(varsan), Neosilvitrin, Neostibosan, Neostigmin, Neotropin, Neo-Uliron, Neo- Vitamin-A. <?page no="310"?> 302 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Zu den fach- und gleichermaßen bildungsspr. einzustufenden Kombinationen zählen vor allem - Bezeichnungen für (jeweils bezogen auf einen bestimmten Zeitpunkt) neuere, jüngere, aktuelle Arten/ Formen/ Zweige von diversen geistigen, politischen, religiösen, künstlerischen u.a. Bewegungen/ Disziplinen/ Einstellungen/ Richtungen mit den jeweils dazugehörigen paradigmatischen Formen bzw. den entsprechenden Charakterisierungen Neoantisemitismus {Neoantisemit, neoantisemitisch), Neodadaismus, Neodarwinismus, Neoeuropäismus, Neo-Feudalismus, Neoidealismus, Neokatholizismus, Neokollektivismus, Neomerkantilismus, Neorationalismus, Neoromantik, Neo-Surrealismus, diverse diesbezügliche und andere Personenbezeichnungen, die in jüngerer Zeit häufiger auch dem rein bildungsspr. Bereich zugehören und okkasioneller Natur sind Neo-Azubi, Neobehaviorist, Neo-Clochard, Neofigurist, Neogaullist, Neo- Hippie, Neokonservativer, Neokonstruktivist, Neonazi, Neo-Realo, Neo- Samurai, Neotraditionalist, Neowagnerianer. In neuester Zeit nimmt vor allem die Zahl rein bildungsspr. Kombinationen zu, die meist okkasioneller Natur sind, darunter in leicht zunehmendem Maße auch vielgliedrige neo-Kombinationen, für die vielleicht rein formal vergleichbare —* post- und —* prä-Kombinationen als Muster dienen Neo-Aristokratie, Neo-Avantgarde-Ausstellung, Neo-Coming-out-Roman, Neo-Eleganz, Neo-Macho, Neo-Musical-Haltung, neo-provinziell, Neo-Rokoko-Plüsch, Neo-Schäferstündchen, Neo-Spießer, neo-traditionsbewußt, Neo- Valentiniade. <?page no="311"?> Das Präfix neo- 303 III.4 Geschichte und Kombinemfeld III.4.1 Etymologie / Etym neogeht zurück auf griech. <neos> (Adj.) und <*neös> (Adv.; gebräuchlich nur als Erweiterung mit Suffix in der Form <neösti>). Das Adj. hat die Bed.en (1) ‘jung, jugendlich’, besonders vom Menschen bis zum Alter von etwa 30 Jahren, aber auch von anderen Lebewesen/ Dingen; (2) ‘frisch, neu’, von Zuständen im Sinne von ‘völlig neu’ und ‘seit kurzem neu’, dazu öfter semantisch auch akzentuiert im Sinne von ‘unerwartet, seltsam, befremdend’. Das Adv. hat die Bed. ‘(erfolgt) jüngst/ in jüngster Zeit, neu/ neuerdings, kürzlich/ seit kurzem, frisch, gerade jetzt, soeben/ eben erst, neu(er)lich’. In nicht unbeträchtlichem Umfang wurde im Griech. der Adjektivstamm <neo> als initiale WB-Einheit verwendet. Dasselbe gilt, in allerdings geringerem Umfang, auch für die fern. Form <nea>. Bei den griech. <neo>- Kombinationen handelt es sich vorwiegend um Adj., deren Basen in der Regel von Verben abgeleitet sind und die durch <neo> in seiner oben genannten Adv.-Bed. adverbial determiniert werden. In den im Griech. in nur sehr geringem Umfang vorhandenen subst. Kombinationen mit <neo> werden die Basen entweder gleichfalls durch <neo> in seiner Adv.-Bed. adverbial oder in der oben genannten Adj.-Bedeutung (meist ‘neu; jung’) attributiv determiniert. Mit <neo> in seiner Adv.-Bed. ‘kürzlich/ in jüngster Zeit etc. (erfolgt)’ liegt somit in der Mehrzahl der griech. <neo>- Kombinationen eine durchweg adverbiell aufzufassende WB-Einheit vor, womit das griech. WB-Muster also weitgehend durch seine ausgesprochene Adverbialität charakterisiert ist. Adj.: <neopoietos> (zu <poiem> ‘machen, tun’) ‘erneuert, jüngst/ in jüngerer Zeit/ neu gemacht’; <neosporos> (zu <speirein> ‘säen’) ‘jüngst/ eben erst/ neu/ soeben/ frisch gesät’; so auch: <neögonos> ‘gerade/ soeben/ neu geboren’; <neögraphos> ‘frisch/ gerade/ neu gemalt, geschrieben’; <neodidaktos> ‘eben erst/ erst kürzlich/ neu unterrichtet, (im Theater) einstudiert’; <neödreptos> ‘frisch/ neu/ soeben gepflückt’ Subst.: <neopolites> (zu <polites> ‘Bürger, Mitbürger’) ‘der eben erst/ in jüngster Zeit/ zuletzt Bürger Gewordene; neuer Bürger, Neubürger’; <neopldstes> ‘der neu/ soeben Formende, Bildende; Schöpfer’. In nur sehr geringem Umfang wurden griech. <neo>-Kombinationen als Lehnwörter ins Dt. bzw. in andere moderne (europäische) Sprachen übernommen (vgl. Hist). Ins Lat. wurden nur vereinzelt griech. <neo>-Kombinationen übernommen, so daß das Lat. als Vermittlersprache, von vereinzelten Beispielen im <?page no="312"?> 304 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neokirchenspr. Bereich abgesehen, für das Dt. so gut wie bedeutungslos ist (vgl. griech. <ne6ph\jtos> ‘jüngst/ frisch/ seit kurzem gepflanzt’, lat. neofitus/ neophytus ‘der jüngst Bekehrte/ Neubekehrte (Christ)’, dt. Neophyt, veraltend, vgl. Lexikon). III.4.2 Geschichtliche Entwicklung / Hist Lehnwörter mit dem initialen Segment / neo/ , die unmittelbar oder (über das Lat.) mittelbar, als ganze oder partiell auf griech. Kombinationen mit der initialen WB-Einheit neozurückgehen (— ♦ Etym), sind im Dt. seit dem frühen 18. Jh. nachgewiesen. Die Zahl dieser Lehnwörter ist bzw. war mit insgesamt weniger als einem Dutzend auffallend klein. Für einige von ihnen liegen Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen vor, in denen sie zum Teil bereits früher nachgewiesen sind. Im 18. Jh. treten im Dt. mit Neophyt und neoterisch zunächst nur vereinzelt Entlehnungen mit dem Segment / neo/ auf, wobei das ohnehin auf das Lat. zurückgehende neoterisch (zu griech. <neoteros> ‘neuer; jünger’, die Komparativform von <neos>) strukturell zudem weitgehend außerhalb des Rahmens der hier interessierenden WB-Vorgänge liegt und somit allenfalls von Interesse hinsichtlich der Vertrautheit mit dem Signifikanten / neo/ im Dt. sein kann. Die Mehrzahl der im folgenden aufgeführten, inzwischen meist veralteten bildungsspr. griech. Lehnwörter, oft mit nur wenigen Buchungen, gehört der zweiten Hälfte des 19. Jhs. an. Neben neoterisch handelt es sich wohl auch bei Neophyt und Neomenie eher um direkte Entlehnungen aus dem Lat. denn aus dem Griech. Neophyt M. (1713) (< griech. <neöphytos> ‘in jüngster Zeit/ seit kurzem/ frisch (mit jungen Bäumen) bepflanzt’; ‘Neubekehrter/ -geweihter’, zu <phytön> ‘Pflanze’/ <p/ i? / em> ‘pflanzen’; seit dem frühen Christentum (so im Neuen Testament) Bezeichnung für ‘neuerdings zum Christentum Bekehrter; im Erwachsenenalter Getaufter; Neugetaufter’, vgl. kirchenlat. neophytus/ neofitus-, vgl. engl, neophyte 1550 in OED 1989 und frz. neophyte 1639 in 1986 TRESOR 1971fL). Weiteres vgl. Lexikon. neoterisch Adj. (1781) (< lat. neotericus ‘neu’, zurückgehend auf griech. <neöteros> ‘neuer, jünger; der Jüngere’, Komparativ zu <neos> ‘jung; neu; frisch’; vgl. engl, neoterical/ neoteric 1588/ 1596 in OED 1989) ‘neuartig; neuerungssüchtig’, mit Neoterismus M. (1838) (vgl. engl, neoterism 1873 in OED 1989) ‘Neuerungssucht; Gebrauch neuer Wörter und Redensarten’; vgl. hierzu auch das bis heute fachspr. gebräuchliche Neoteriker M. (1857) (< lat. neoterici ‘die Neueren’ (= die neueren Schriftsteller); vgl. engl, neoteric 1598 in OED 1989) Bezeichnung eines römischen Dichterkreises (bzw. seiner Mitglieder) im 1. Jh. v. Chr., charakterisiert vor allem durch seinen neuartigen literarischen Stil. <?page no="313"?> Das Präfix neo- 305 Musäus 1781 Physiognom. Reisen 161 Bachkieseln neoterischer Weisheit (SB). HEYSE FWB 1838 Neoterismus: Neuerungssucht; auch der Gebrauch neuer Worte und Redensarten (bg). Schreiber 1857 Gesch. Univ. Freiburg I, 62 Neoteriker (SB). 1955 BROCKHAUS 1952jJ. Neoteriker: jungrömische Dichter, die im 1. Jh. v. Chr. in Rom das alexandrinische Kunstideal des „gelehrten“ Dichters durchsetzten (BG). Neodamot M. (1863), auch Neodamod(e), Neodemod (zurückgehend auf griech. <neodamödes> ‘(bei den Lakedämoniern/ Spartanern) kürzlich/ neuerdings frei geworden und in die Bürgergemeinde aufgenommen; neu eingebürgerter Helot)’, zu <ddmos/ demos> ‘Volk’; vgl. engl, neodamode 1808 in OED 1989 und frz. neodamode 1864 in 1986 TRESOR 1971ff.). 1863 KALTSCHMIDT Neodamot (gr) Neueingebürgerter (BG). 1870 HEYSE FWB Neodamod od. Neodemod gr. Neubürger bei den Spartanern, ein zum Bürger gemachter Helot (BG). neogamisch Adj. (1863) (zurückgehend auf gleichbed. griech. <neogamos> ‘eben erst/ neu verheiratet’, zu <gdmos> ‘Ehe’). 1863 Kaltschmidt neogamisch (gr) neuvermählt (BG). Neomenie F. (1863), auch Neomenia (wohl über lat. neomenia zurückgehend auf gleichbed. griech. <neomenia> ‘Neumond; (Fest am) Beginn des Mondmonats’, zu <men> ‘Monat’; vgl. engl. Neomenia 1398 in OED 1989 und frz. neomenie 1495 in 1986 TRESOR 1971ff.). 1863 Kaltschmidt Neomenie (gr) erster Monatstag; Neumond (BG). Neogilos M. (1879) (zurückgehend auf das entsprechende griech. Adj. <neogilds> ‘neugeboren; jung’, zu <gdla> ‘Milch’). PETRI 1879 Neogilos gr., ein Neugeborener (BG). Neoblast M. (1971) (< griech. <neoblastos> ‘neu/ frisch keimend’; vgl. engl, neoblast 1891 in OED 1989 und frz. neoblaste 1960 in ROBERT 1985). Weiteres vgl. Lexikon. Auffällig ist, daß diese griech. Lehnwörter, die (mit Ausnahme von neogamisch) zwar vorwiegend auf Adj. des im Griech. regulären adverbiellen <neo>-WB-Musters zurückgehen, im Dt. meist die Form von Substantiv en eines eher attributiv geprägten WB-Musters haben, wie es sich zwar ■ m Griech. auch, dort aber eher nur vereinzelt bei wenigen subst. <neo>- Kombinationen findet (vgl. Etym). Von Bedeutung ist dieser bei den Entlehnungen zu beobachtende Wechsel vom adverbial determinierten Adjektiv des Griech. zum eher attributiv determinierten Subst. im Dt. vor allem deshalb, weil sich im Laufe der weiteren Entwicklung das regulär werdende dt. WB-Muster als ein attributiv-determinierendes erweisen wird, <?page no="314"?> 306 Michael Kinne: Dre Lehnpräfixe post-, prä- und neohlU “' ,äßt 5ich nur schwer entscheiden. - AWe f u f — europäischen lehn-wortbildend P w bildun mus tern dieser Sprawendung von neom reguiaren neu^ ^ dem aus dem Griech. chen wird im übrigen der sic Ausdruck oder auch Anspruch klasübernommenen <»eo> -'"f^^ Gegen-^ — jeweils mntl“Än »: "a^n unterschätzender Bedentnng gewesen r BhchfeM am Beginn ,-r f s««» E-mhlnng^n Wortbrb dungsprozessen mit neo i • „ paradigmatisch zusammen- Mitte des 18. Jhs. nachwersbaren Gruppe p^^g^ und im gehöriger Kombinationen mit de y aus dem Prz. übernom- Zentrum. Diese Kombinationen, zu repräsentieren zunächst men oder zumindest nach frz. ^ b ^ r f~ geI1) P die sich so eng an die zum einen den Typ neokiassischer ^ , mmer wieder {alsch . Vorbildsprache anlehnen daß sie^ ^ griech ausge geben oder lieh als ‘griech. markiert b ■ diese neok i ass i sc hen Kombmatiogehalten werden. Zum and ® r “ bUck auf dle Herausbildung bzw. Entnen um Neologie/ neologisch ™ ^ mit ne0 . struk tnrell nur schwer Wicklung eines regulären • stehen wohl den im 19. Jh. m bzw. nicht eindeutlg einge ? ) rdn b J cbr tebenen griech. Lehnwörtern in ihrer regulären dt. LWB-Musters mit neomarkieren. Ins Umfeld sowohl der dem Griech. teBem, klassischen Kombinationen se d der ersten Hälfte des 19. vereinzelt seit dem spateren ■ K ’ binat onen die teilweise ebenfalls an Jhs. nachweisbare n « ok ^ ass ^ Ldl ^ ck) an knüpfen. Diese meist fach- Si^^a—— d “ Resd verallel - . M fl76 m ( zu Parochie ‘Pfarrbezirk’, zurückgehend auf —^LpLUipde, Kirchspiel; Sprengel ernes B.schofs . <?page no="315"?> Das Präfix neo- 307 < griech. <paroikia>) fach-/ bildungsspr. ‘neuer Pfarrer’; vergleichsweise selten und nur bis zum späten 19. Jh. gebucht. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf gelegentlich kürzerfristig auftretende, generell als veraltend/ veraltet einzustufende neoklassische Personenbezeichnungen vergleichbaren Typs im Umfeld der kath. Kirche wie Neopresbyter (1933 GENIUS) ‘neugeweihter Priester’ und Neomyst (1952 MACKENSEN) ‘kath. Jungpriester; neuer Pfarrer’. Musäus 1761 Reisen IV 172 Bey mir zu Haus ist es Sitt im Lande, daß ieder Neoparochus sich in die Pfründe hinein heurathet (SB). IIBYSE FWB 1838 Neoparochus, ein neuer Pfarrer (bg). Neographie F. (1804) (zu -graphic ‘das Schreiben; die Schreibung’, zurückgehend auf griech. <gräphein> ‘schreiben’; vgl. engl, neography 1810 in OED 1989 und frz. neographie 1823 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) bildungsspr. ‘neue Schreibung’, gebucht bis ins frühere 20. Jh.; in jüngerer Zeit fachspr. (Linguistik) vereinzelt in abweichender irregulärer Bed., vgl. Beleg; mit Neograph M. (1804) (vgl. frz. neographe 1803 in 1986 TRESOR 1971ff.) ‘Neuschreiber; orthographischer Neuerer’, in dieser Bed. gebucht bis ins frühere 20. Jh; Neographismus M. (1838) (vgl. frz. neographisme 1735 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) zunächst auch pejorativ gebraucht Neuschreibung(ssucht)’; in jüngerer Zeit fachspr. (Linguistik) gebräuchlich mit spezifischer semantischer Akzentuierung (1985; vgl. Belege); neographisch Adj. (1871) (vgl. engl, neographie 1825 in OED 1989) nur vereinzelt im 19. Jh. gebucht, ‘bezogen auf/ betreffend den Neographismus/ die Neographie’. REYSE FWB 1804 Neographie, die Neuschreibung, neue Schreibart (BG). 1871 SANDERS FWB Neographie: neuernde Orthographie (bg). Hausmann 1985 Lexikologie 390 Die Geschichte der Neographie (Lexikographie der Neologismen) bleibt zu schreiben (z). HEYSE FWB 1804 Neograph, ein Neuschreiber, (der eine neue Rechtschreibung aufbringt od. von der alten abweicht (BG). 1871 SANDERS FWB Neograph: orthographischer Neuerer (vgl. Neolog) (BG). HEYse FWB 1838 Neographismus, die Neuschreiberei, Neuschreibungssucht (BG). 1871 SANDERS FWB Neographism(us): orthographische Neuerung (bg). g Enius 1933 Neographismus, gesuchte Anwendung einer abweichenden Schreibweise (bg). Aber: 1985 SPRACHWISS. TERMINI 160 Neographismus: orthographische Neubildung, die Jie Ausssprache nicht beeinflußt (z.B. Fotograf stuti Photograph) (z). 1871 SANDERS FWB neographisch [ohne weitere Angaben] (BG). l^eonom M. (1838), auch Neonomist (1870) (zu griech. <nomos> ‘Gesetz’; vgl. engl, neonomian 1692 in OED 1989) bildungsspr. ‘Gesetzesneuerer; Neugesetzler’; gebucht bis ins frühere 20. Jh. <?page no="316"?> 308 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- HEYSE FWB 1838 Neonomen, pl. Anhänger eines neuen Gesetzes (BG). 1871 SANDERS FWB Neonom, -nomist: Einer, der in der Gesetzgebung für Neues od. Neuerungen ist (BG). Neorama N. (1838) (zu griech. <horama> ‘Anblick’, wohl nach frz. Vorbild) fach- und bildungsspr., gebucht bis ins frühere 20. Jh., vgl. Beleg. HEYSE FWB 1838 Neorama, eig. Neusicht, ein aus der Vereinigung des Panorama und Diorama von dem Pariser Künstler Allaux erfundenes Rundbild, welches aber keine freie Gegend, sondern das Innere eines Gebäudes, einer Tempelhalle etc. darstellt, in deren Mitte sich der Zuschauer befindet, Tempelrundbild, Tempelansicht (BG). Im frühen 19. Jh. finden sich mit Neopädagoge/ neopädagogisch und Neo- Spinozismus zunächst vereinzelt - Kombinationen ohne Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen, die als frühe eigenständige dt. LWB- Produkte eingestuft werden können. Wesentlich für die weitere Entwicklung des dt. LWB-Typs mit seiner attributiv determinierenden Struktur ist dabei zum einen die anhand dieser frühen dt. LWB-Produkte zu beobachtende strukturelle Abweichung vom adverbial geprägten regulären griech. <neo>-Muster sowie, ebenfalls vom Griech. abweichend, die hier erstmals deutlich hervortretende semantische Akzentuierung von neoim Sinne von ‘spezifisch neu’, ‘erneuert’, ‘heutig/ derzeitig’, also entsprechend der semantischen Spezifizierung b) (vgl. SemKomb). Neopädagoge M. (1804), auch Neopädagog (1871) (zu Pädagoge ‘Lehrer, Erzieher’, zurückgehend auf griech. <paidagögos> ‘Kinder-/ Knabenführer’) fach-/ bildungssspr., vgl. Belege, mit neopädagogisch Adj. (1817), vgl. Beleg; beide schon im früheren 20. Jh. veraltet. 1804 Merkur III 17 das grösste Argernüs, welches einige Ästhetiker insbesondere aber Neopädagogen am Fieldingschen Tom Jones genommen haben (SB). 1813 CAMPE FWB Neopädagogen, die neuen Erzieher, die bei den alten Erziehern bekanntlich nicht im besten Gerüche stehen (BG). PETRI 1517 Neopädagogen, gr. die neue(re)n Erzieher und Erziehungskünstler (BG). 1871 SANDERS FWB Neopädagog: Einer, der neuern Grundsätzen in der Pädagogie huldigt (BG). PETRI 7 neopädagogisch, nach neuerer Erziehungs-Art (BG). Die Zahl der an diesen Typ früh aufgekommener eigenständiger dt. LWB- Produkte anknüpfenden raeo-Kombinationen mit der semantischen b)- Spezifizierung (‘spezifisch neu; erneuert, heutig’) nimmt dann vom späteren 19. Jh. an bis heute kontinuierlich zu und kann somit seit dem späten 19. Jh. als im Dt. etablierter regulärer Strukturtyp gelten. Die meisten dt. reeo-Kombinationen zeigen diese semantische b)-Spezifizierung. Dominant sind dabei die (zu einem beträchtlichen Teil auf Eigennamen zurückführbaren) Bezeichnungen diverser Bewegungen sowie Personenbezeichnungen verschiedener Art (Neo-Buddhismus, Neochristianismus (veraltet), Neo- <?page no="317"?> Das Präfix neo- 309 darwinismus, Neodogmatismus, Neokatholizismus, Neolamarckismus, Neoplatonismus und viele andere; Neodogmatiker, Neoguelfe (veraltet), Neogote, Neodarwinist, Neopathetiker, Neospiritist (veraltet) und viele andere). Für mehrere dieser Kombinationen das betrifft auch die im Verlauf des 20. Jhs. aufgekommenen liegen Entsprechungen in modernen europäischen Sprachen vor, die zum Teil (häufig nur geringfügig) früher als im Dt. nachweisbar sind, so daß es sich wohl teilweise um originär dt. LWB-Produkte, teilweise um fremdsprachlich beeinflußte LWB-Produkte handelt, die häufig den Charakter von Internationalismen besitzen. Parallel zur im späteren 19. Jh. einsetzenden Zunahme solcher musterregulärer dt. LWB-Produkte mit der semantischen ^-Spezifizierung verlaufen das Aufkommen und (im folgenden ebenfalls bis in die Gegenwart hinein) die kontinuierliche Zunahme ausgeprägt fachspr. neo-Kombinationen neoklassischen Charakters, die vorwiegend den fachspr. Wissenschaftsbereichen Medizin und Geologie zugehören. Diese neoklassischen Kombinationen entsprechen strukturell dem von Neopädagoge/ Neo-Spinozismus ausgegangenen, inzwischen etablierten Strukturtyp, weisen semantisch aber vorrangig eine Spezifizierung auf gemäß a) ‘vollkommen neu’ (Neoplasma, Neoplasie, Neoimplantation) und c) ‘(entstanden/ erfolgt) in neuester/ jüngster Zeit’ (neolithisch, Neothalamus, neovulkanisch). Damit sind sie (im Unterschied zu den dt. LWB-Produkten mit neoin der semantischen ^-Spezifizierung) zumindest semantisch dem griech. Muster näher, von dem sie sich strukturell jedoch ebenfalls weitgehend abheben. Für viele dieser ausgeprägt fachspr. neoklassischen Kombinationen in den semantischen Akzentuierungen a) und c), deren Zahl insgesamt bis heute allerdings vergleichsweise gering ist, liegen in der Regel in etwa zeitgleich, gelegentlich auch unerheblich früher nachweisbare internationale Entsprechungen vor. Es handelt sich dabei vorwiegend um international gebräuchliche fachspr. Termini und mit ihnen in der Regel um neo-Kombinationen mit vagem Status, nämlich entweder als dt. oder möglicherweise fremdsprachlich beeinflußtes LWB-Produkt oder als (in einer Fremdsprache lehngebildetes und von dort übernommenes) Lehnwort. Neben diesen musterregulär gebildeten neoklassischen Kombinationen finden sich von Anfang an und bis in die Gegenwart immer wieder auch neu aufgekommene irreguläre Bildungen (häufig stark demotivierten Charakters), die trotz ihrer Muster-Irregularität, aber aufgrund ihres ausgeprägt neoklassischen Charakters, ihrer fachspr. Zugehörigkeit zu denselben Wissenschaftsbereichen (Medizin, Geologie) und aufgrund der auch für sie typischen internationalen Gebräuchlichkeit eine gewisse Nähe zu den musterregulär gebildeten neoklassischen Kombinationen aufweisen (Neokom, Neotenie, Neodym, neotropisch, nearktisch, Nearthrose, neoendemisch, Neomortalität] vgl. Irreg). <?page no="318"?> 310 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Die weitere Etablierung und Verfestigung des strukturell und semantisch regulären dt. WB-Musters und die daraus resultierende zunehmende Produktion von neo-Kombinationen im 20. Jh. läßt sich vor allem anhand der im folgenden genannten Erscheinungen verdeutlichen: - Die Zahl der Ende des 19. Jhs. erstmals aufgekommenen neo- Kombinationen zur Bezeichnung bzw. Charakterisierung von aktualisierten bzw. wieder aufgegriffenen Kunststilen und Kunstbewegungen wächst kontinuierlich {neogriechisch, Neo-Renaissance, Neoromantik, neoklassisch, neorealistisch, Neo-Beat, Neo Pop). Es handelt sich bei diesen Kombinationen teilweise um dt. {Neobarock, Neo-Biedermeier, neonaturalistisch) und teilweise um fremdsprachlich beeinflußte LWB-Produkte {Neoimpressionismus, Neoverismus). Die Ursprungssprache ist dabei vielfach nicht eindeutig zu ermitteln, zumal dann, wenn, wie es häufig der Fall ist, die ersten Nachweise identischer Kombinationen in verschiedenen Sprachen im zeitgleichen Umfeld angesiedelt sind. Dasselbe gilt übrigens auch für viele andere neo-Kornbinationen. Im früheren 20. Jh. kommen neo-Kombinationen als Warennamen von Medikamenten und anderen Heil- und Gesundheitsmitteln in Gebrauch, deren Zahl rasch zunimmt. Charakteristisch für diese sehr umfangreiche Gruppe von neo-Kombinationen ist ihr stark neoklassisch geprägter Kunstwortcharakter. neo-Kombinationen dieser (im übrigen ständigen Wandlungen unterliegenden) Warennamengruppe wurden hier im Lexikon in nur geringem Umfang berücksichtigt {Neoangin, Neocithin, Neodorm, Neohormonal, Neosalvarsan, Neostigmin, Neoteben). - Im frühen 20. Jh. treten erstmals und zunächst vereinzelt, seit der Jahrhundertmitte dann in zunehmendem Maße vorwiegend bildungsspr. neo-Kombinationen okkasionellen Charakters auf {Neo-Aktivist, Neo- Nep-Politik, Neosolidarismus, Neo-Valentiniade, Neo-Clochard, neobajuwarisch, Neo-Samurai). Zum Umfeld dieser Gruppe okkasioneller dt. LWB-Produkte, die vor allem dem medialen Sprachbereich entstammen, zählen auch die erst im späteren 20. Jh. und heute mit leicht zunehmender Tendenz nachweisbaren neo-Kombinationen mit indigenen Basen {Neo-Aufklärer, Neo-Biedermeier, Neo-Blumenkinder, neobürgerlich, neohandelskapitalistisch, Neo-Heimatfilm, Neomarktwirtsch afiler, Neo-Rechter, Neo-Schäferstündchen, Neo-Spießer, Neo-Volkssänger, neo-wertkonservativ). In der Regel okkasionellen Charakter besitzen auch die im frühen 20. Jh. vereinzelt, heute mit leicht zunehmender Tendenz auftretenden mehrgliedrigen neo-Kombinationen, die strukturell gewisse Ähnlichkeiten aufweisen mit jüngeren post- und prä-Kombinationen (jeweils der Strukturtypen IC, —+ post-lC, —+ prä-lC), die vermutlich Vorbildcharakter für sie haben {Neo-Nep-Politik, Neo-Collage-Kunst, Neo-Rokoko-Plüsch, Neo-Coming-out-Roman, Neo-Nonsense-Show, Neo- Geo-Werk). Die seit längerem vor allem im mediensprachlichen Bereich <?page no="319"?> Das Präfix neo 311 zu beobachtende Zunahme bestimmter (vor allem okkasioneller) neo- Kombinationen, deren spezifischer Gebrauch durchaus sprachmodische Züge aufweisen kann, ist wiederholt auch Gegenstand kritischer Sprachreflexion gewesen (vgl. Kat). Aufgrund ihrer Okkasionalität sowie ihres teilweise indigenen Basismaterials kann eine große Zahl der in jüngerer Zeit aufgekommenen vorwiegend bildungsspr. neo-Kombinationen eindeutig als dt. LWB-Produkt eingestuft werden. neoist somit heute im Dt. vor allem im bildungsspr.-medialen, in eher begrenztem Umfang weiterhin auch im fachspr. Bereich als produktiv anzusetzen. III.4.3 Irreguläres / Irreg Seit dem späteren 19. Jh. und bis in die Gegenwart sind zwar eher nur vereinzelt, aber dennoch kontinuierlich ausgeprägt fachspr. und in der Regel neoklassische neo-Kombinationen in Gebrauch gekommen, die sich aufgrund semantischer und/ oder struktureller Abweichungen entweder dem regulären dt. WB-Muster mit neo überhaupt nicht oder allenfalls nur partiell zuordnen lassen und die nicht selten ausgesprochenen Kunstwort- Charakter haben. Für den linguistisch weniger Sachkundigen sind diese semantisch und/ oder strukturell irregulären Kombinationen, die vorwiegend Fachbereichen wie Geologie, Medizin und Biologie zugehören, in ihrer Bed. oft verdunkelt und somit nur schwer erschließbar. In der Regel liegen für diese im Dt. gebräuchlichen irregulären fachspr. neo-Kombinationen in etwa zeitgleich aufgekommene Entsprechungen in anderen modernen Sprachen vor. Unter diesen irregulären fachspr. neo-Kombinationen finden sich solche, die sich trotz struktureller Abweichungen deutlich an vorgegebene reguläre Kombinationen ihres Fachbereichs anlehnen (Medizin: Nearthrose; Geologie: Neokom), weiterhin solche, in denen neosemantisch abweichend und irregulär abhebt auf ‘die Neue Welt/ Amerika’ (nearktisch, Neogäa 2, neotropisch u.a.), auf ‘Neues/ Neologismen aller Art’ {Neophobie, Neomanie, Neolalie u.a.) sowie auf ‘Neugeborene’ {Neomortalität) oder in denen neosemantisch völlig unmotiviert zu sein scheint {neoendemisch, Neotenie/ Neotenin) sowie solche, die reinen Kunstwort-Charakter besitzen {Neodym/ Neophan, Neopren). Im Hinblick auf die Vertrautheit mit dem Signifikanten / neo/ , mit seiner semantischen Leistung und seiner Verwendung in der dt. Lehn- Wortbildung dürften diese irregulären fachspr. neo-Kombinationen selbst für den Bereich der Wortbildung innerhalb der betroffenen Fachsprachen nur in geringem Umfang förderlich oder von produktiver Bedeutung sein. <?page no="320"?> 312 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- III.5 Lexikon Die orthographische Variante newird in der alphabetischen Abfolge wie neobehandelt. Generell wird in der alphabetischen Abfolge Umlaut wie nicht umgelauteter Vokal sortiert. Neo-Absolutismus M. (1920) (zu Absolutismus ‘Regierungsform, bei der ein Monarch unumschränkt herrscht’, zurückgehend auf lat. absolutus ‘vollständig, uneingeschränkt’, Part.Perf. zu absolvere ‘loslösen’) fachspr. ‘neue, wieder auflebende, jüngste Form des Absolutismus’, mit neoabsolutistisch Adj. (1956) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neoabsolutismus’. Redlich 1920 Österreich. Staatsproblem I 38f Er ist der Schöpfer der neuen habsburgischen Selbstherrschaft, des österreichischen Neo-Absolutismus (SB). Wandruska 1956 Haus Habsburg, o.S. das ncoabsolutistische System des ersten Regierungsjahrzehnts (SB). neoadjuvant Adj.(1986) {-adjuvant zu Adjuvans N. ‘Arzneimittelbestandteil, der die Wirkung des Hauptbestandteils unterstützt’, zurückgehend auf lat. adjuvare ‘unterstützen, nachhelfen’) fachspr. (Medizin) ‘bezogen auf/ charakteristisch für ein neuartiges Adjuvans’. Mannh. Morgen T.11.1986 Erfolge verspricht sich die Medizin von der sogenannten neoadjuvanten Chemotherapie: vor einer Operation werden Medikamente eingesetzt, die das Karzinom zurückgehen lassen (CK). neo-afrikanisch Adj. (1971) (zu afrikanisch/ Afrika ‘einer der fünf Erdteile’) bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für das neue/ junge/ derzeitige (aufstrebende/ geistige) Afrika’. Zeit 3.10.1986 Weder die duldsame Gefügigkeit seiner Mutter, auch nicht die neoafrikanische Erweckungsbewegung Rasta kann er für sich akzeptieren (CK). Neo-Akademiker M. (1990) (zu Akademiker in der Bed. ‘Künstler, der im vorgeprägten akademischen Stil serbeltet'/ Akademie, zu lat. academia, < griech. <Akademeia> (angeblich nach Akademos benannter) ‘Hain bei Athen, in dem Plato lehrte’; Bezeichnung der Lehrstätte Platons bei Athen) bildungsspr. ‘neuer/ jüngster Typ des akademisch arbeitenden Künstlers’. Spiegel 28.5.1990 Der italienische Neo-Akademiker Carlo Maria Mariani gibt glatten Aktfiguren Attribute vom Dürer-Hasen bis zum Duchamp-Pinkelbecken bei (z). Neo-Aktivist M. (1923) (zu Aktivist ‘tatkräftiger, zielbewußt handelnder Mensch’, zurückgehend auf lat. activus ‘tätig’, zu agere ‘handeln’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuer/ heutiger Aktivist, neuer/ jüngster Typ des Aktivisten’. <?page no="321"?> Das Präfix neo- 313 1923 Archiv Polit. u. Gesch. 407 Die Aktivisten und Neo-Aktivisten, die man am besten Orangisten nennen würde (SB). neoanalytisch Adj. (1985) (zu analytisch ‘in der Form einer Analyse, eine Analyse betreffend’/ Ana/ yse ‘Zerlegung, Aufgliederung; spezifische Form der zergliedernden Untersuchung’, zurückgehend auf griech. <andlysis> ‘Auflösung’, zu <analyein> ‘auflösen’) fachspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für/ betreffend eine neue Form der Analyse’. Zeit 6.9.1985 Das ist auch Abgrenzung gegenüber der neoanalytischen Schule, die vom Gesundheitsbild des aggressionsfähigen Menschen ausging (CK). Neanthropinen PL, Sgl. (selten) Neanthropus M. (1977) (-anthropus zurückgehend auf griech. <dnthröpos> ‘Mensch’) fachspr. (Anthropologie) ‘neueste/ jüngste/ heute lebende Formengruppe innerhalb der menschlichen Evolution; Jetztmenschen der Homo-Sapiens-Gruppe’. 1977 FWB LEIPZIG Neanthropinen: Menschengruppe, zu der Homo sapiens und seine unmittelbaren phylogenet. Vorläufer gerechnet werden; Sing. Neanthropus (z). Neo-Antisemitismus M. (1986) (zu Antisemitismus ‘Haß/ Feindschaft den Juden gegenüber’, zu Semit ‘Angehöriger einer anthropologisch und sprachlich verwandten Gruppe von Völkern Vorderasiens und Nordafrikas’, zurückgehend auf den Namen von deren Stammvater Sem, einem Sohn des alttestamentarischen Noah) bildungsspr. ‘neue/ heutige/ moderne Form des Antisemitismus’. Zeit 28.2.1986 Die Verurteilung des NS-Antisemitismus sei notwendige Voraussetzung für die Entfaltung eines Neo-Antisemitismus, der sich von Auschwitz nicht von vorn herein diskreditieren lassen möchte (CK). neo-apokalyptisch Adj. (1951) (zu apokalyptisch ‘die Apokalypse, das Weitende betreffend’/ ApoÄafypse ‘Enthüllung, Offenbarung; (Schrift über das) Weitende’, < griech. <apokdlypsis>) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf neu(est)e Weise die Apokalypse betreffend/ auf die Apokalypse bezogen’. Süddeutsche Ztg. 5.5.1951 Im Gegensatz zu den zahllosen Produkten der neoapokalyptischen Modeschreiber spiegelt sich in der schauerlichen Vision dieses ernsthaften Dichters der grausam nüchterne Tatbestand erfahrenen Leides (SB). Neoapparatschik M. (1990) (zu Apparatschik ‘bürokratischer Funktionär im Staats-/ Parteiapparat kommunistischer Staaten’, < russ. <ap- Paratcik>, zurückgehend auf russ. <apparat> ‘Verwaltungsbehörden’, < lat. apparatus ‘Zubereitung, Einrichtung’) okkasionell/ pressespr. ‘neuerer/ jüngster Typ des Apparatschiks’. N D 21./ 22.4-1990 (Überschrift) UdSSR: Neoapparatschiks sind im Kommen (z). <?page no="322"?> 314 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoneoarabisch Adj. (1993) (zu arabisch bezogen auf das Arabische als Sprache ‘in Arabisch, der arabischen Sprache zugehörig’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuarabisch; dem gegenwartssprachlichen/ heutigen Arabisch zugehörig’. Spiegel 1.2.1993, 126 Der Begriff Fundamentalismus ist neoarabisch und läßt sich in islamischen Quellen nicht finden (CK). Neoaristokratie F. (1950) (zu Aristokratie in der Bed. ‘(adlige) Oberschicht; Adelsstand’, zurückgehend auf griech. <aristokratia>, zu <dristos> ‘der Beste’ und <kratein> ‘herrschen’) bildungsspr. ‘neuer/ jüngster/ heutiger Typ der Aristokratie’. Süddeutsche Zig.29./ 30.7.1950 Die Neoaristokratie der Leistung und des Geldes bestand schon 1936, als ein neuerlicher Umsturz eintrat (SB). nearktisch Adj. (1923), auch neoarktisch (1977) (zu arktisch ‘die Arktis betreffend, ihr zugehörig’/ Arch's ‘nördliches Polargebiet’, zurückgehend auf lat. arcticus, < griech. <arktikos> ‘nördlich’, zu <ärktos> ‘Bär’ (nach dem Sternbild Bär am nördlichen Himmel); vgl. engl. Nearctic/ Neoarctic 1858/ 1868 in OED 1989) fachspr. (Botanik, Zoologie u.a.) vgl. Belege, mit Nearktis F. (1982) vgl. Beleg (irreg). 1923 BECHHOLD nearktische Region (BG). GENIUS 1933 nearktisch, den Norden der Neuen Welt betreffend, in dem zur gemäßigten und kalten Zone gehörigen Teil von Nordamerika vorkommend (BG). WAHRIG FWB 1974 nearktisch, 1. westlich gemäßigt, 2. nearktische Region/ Zone: Grönland, Kanada, die USA und Mexiko umfassender biogeograph. Bereich (BG). 1977 FWB LEIPZIG neoarktisch — ♦ nearktisch (z). 1982 BROCKHAUS/ WAHRIG 1980ff. Nearktis, Grönland, Kanada, die USA und Mexiko umfassendes Tier- und Pflanzenreich (BG). Neoarteriogenese F. (1987) (zu Arteriogenese, zurückgehend auf Arterie ‘Schlagader’, < griech. <arteria>, zu <artäein> ‘aufhängen’, und auf Genese ‘Entstehung, Bildung’, < griech. <genesis>) fachspr. (Medizin), vgl. Beleg. 1987 ROCHE Neoarteriogenese: durch eine alloplast. Gefäßprothese angeregte Bildung eines neuen Gefäßrohres (z). Nearthrose F. (1923) (zu Arthrose ‘Gelenkleiden’, zurückgehend auf griech. <drthron> ‘Gelenk’) fachspr. (Medizin), vgl. Belege (irreg). 1923 BECHHOLD Nearthrose, Neubildung eines Gelenkes an falscher Stelle, z.B. bei nicht geheilten Knochenbrüchen (BG). PSCHYREMBEL 1942 Nearthrose: künstliche Neubildung eines Gelenks (BG). 1982 BROCKHAUS/ WAHRIG 1950)7 Nearthrose, 1künstl. operative Neubildung eines (Ersatz-)Gelenks, 2. (krankhafte) Neubildung eines Gelenks an falscher Stelle, Falschgelenk (BG). <?page no="323"?> Das Präfix neo- 315 Neo-Aufklärer M. (1994) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuer/ modischer Aufklärer; auf (fragwürdig-)neuartige Weise tätiger Aufklärer’; neohier semantisch wohl mit abwertender Akzentuierung (vgl. auch neohistorisch/ Neo-Historiker). FAZ 2.4.1994 „Jesus blieb im Grab“, „Das Grab war voll“ so hört man es auch jetzt wieder aus dem Munde von Neo-Aufklärern, zu denen sich seit rund zweihundert Jahren immer auch protestantische Theologieprofessoren rechnen (z). Neo-Autarkismus M. (1949) (zu AuiarAhsmtis‘Prinzip/ System wirtschaftlicher Selbständigkeit/ Unabhängigkeit (eines Staates)’/ ‘wirtschaftliche Selbständigkeit/ Unabhängigkeit’, < griech. <autdrkeia>, zu <autos> ‘selbst’ und <arkein> ‘genügen’) bildungsspr. ‘neue/ jüngste Form des Autarkismus’. N.z. (Basel) 5.5.1949 Fast alle Länder suchen nun im Außenhandel den Rettungsanker. Resultat: Ein Neoprotektionismus und Neo-Autarkismus schärfster Prägnanz (SB). Neoavantgarde F. (1991) (zu Avantgarde in der Bed. ‘Vorkämpfer einer neuen/ progressiven Kunstrichtung’, < frz. avantgarde ‘(militär.) Vorhut; Vorkämpfer’) okkasionell/ bildungsspr. ‘die neuesten innovativen/ progressiven Künstler’. Grays 1991 [Buchtitel] Zeitgenössische Kunst aus Moskau. Die Neo-Avantgarde und der Post-Stalinismus (z). Spiegel 1.7.1991 Die Wiener Neoavantgarde-Ausstellung „Bildlicht“ demonstriert durch „Nichtbilder“ das Verschwinden des traditionellen Bildbegriffs (z). Neo-Azubi M. (1987) (zu Azubi, Kurzwort für Auszubildender) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuer/ derzeitiger Auszubildender; spezifisch neuer Typ des Auszubildenden’. Stern 10.12.1987 Schwänze Spaghetti sind angesagt (für Neo-Azubis wichtig zu wissen: nur echt geschwärzt mit der Tinte vom Tintenfisch) (CK). Neobabouvismus M. (1974) (zu Babeuf, Eigenname, frz. Politiker und Journalist/ Ba&ouuismzis ‘politisch-ideologische Lehre/ Anschauung Babeufs’; wohl < frz. neobabouvisme, ohne Beleg) bildungsspr., vgl. Beleg. 1974 MEYER DDR 1972ff. Neobabouvismus: an Babeuf anknüpfende politische und ideologische Strömung der französischen Arbeiterbewegung der dreißiger und Anfang der vierziger Jahre des 19. Jh. (z). Neo-Babylon N. (1898) (zu Babylon, Name einer der größten und prächtigsten vorderasiatischen Städte des Altertums; häufig bei Verwendung bezüglich heutiger Städte in den Bed. ‘(vielsprachige) Weltstadt/ Metropole’ oder ‘verworfener/ sündiger Ort’) bildungsspr. ‘eine neue/ heutige Babylon ähnliche/ vergleichbare Stadt’, ‘ein wieder-/ neuerstandenes Babylon’, mit neobabylonisch Adj. (1986) (zu babylonisch in <?page no="324"?> 316 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoder Bed. ‘der für Babylon typischen Architektur-/ Kunststil; vgl. frz. neobabylonien 1912 in ROBERT 1985 und engl. neo-Babylonian 1915 in OED 1989) ‘im erneuerten/ imitierten babylonischen Stil’. Schneider 1898 Pans II 46 Sie sind die drei Mode-Löwinnen des Neo-Babylon (SB). Zeit 31.10.1986 Sein Plan integrierte Breuers Granitblock in ein dekoratives Ensemble, dessen Hauptmerkmal neben den von Graves bevorzugten neobabylonischen Motiven eine gewaltige Augenbraue war, die von der Erdmutter Kybele stammen könnte (CK). Zeit 12.12.1986 Gae Aulenti muß die Bahnhofsarchitektur gehaßt haben, sonst hätte sie nicht diese neobabylonischen Wände aus Bibelfilmen hochgezogen (CK). Neobarbarei F. (1877) (zu Bariarei‘Unmenschlichkeit, Grausamkeit, Kulturlosigkeit’, zurückgehend auf griech. <bdrbaros>/ \aX. barbarus ‘Nichtgrieche, Ausländer’) bildungsspr. ‘aktuelle/ jüngste/ neueste Form der Barbarei’, mit neobarbarisch Adj. (1953) ‘barbarisch in neuer/ aktueller Form’. DuBois-Reymond 18T7 Reden I 280 [...] springen vornehmlich in Amerika jene Existenzen ins Dasein, deren Reichtum, Üppigkeit und äußerer Schliff im Gegensatz zu ihrer Unwissenheit, Beschränktheit und inneren Rohheit den Begriff der Neobarbarei erwecken (SB). ND 26.9.1953 Die verhängnisvolle geschichtliche Erfahrung der Hitler-Zeit verpflichtet uns Deutsche in besonderem Maße, gegenüber neobarbarischen Erscheinungen hellhörig zu sein (WDG). Neobarock N./ M. (1930) (zu Barock, Bezeichnung für einen Kunststil des 17./ 18. Jhs., zurückgehend auf das Adj. portug./ ital. barocco/ frz. baroque ‘sonderbar, unregelmäßig’) fach-/ bildungsspr., Bezeichnung einer Kunst-/ Stilrichtung im 19. Jh., vgl. Beleg; auch generell für ‘imitiertes/ erneuertes/ heutiges Barock; auf das Barock zurückgreifende Kunst-/ Stilrichtung’, mit neobarock Adj. (1951) (vgl. engl, neo-baroque 1966 in OED 1989) ‘in neuer/ heutiger/ imitierter barocker Art; bezogen auf/ charakteristisch für das Neobarock(e)’. 1930 Schweizer Monatshefte P7 Neobarock (SB). 1991 Petra 1, 116 Es mußte ja so kommen: nach dem Neo-Barock das Neo-Rokoko (Z). 1993 LEXIKON KUNST V 1^7 Neubarock, Neobarock, bisher kaum bearbeitete historisierende Stilrichtung der Künste in der 2. Hälfte des 19. Jh. (z). Süddeutsche Ztg. 28.8.1951 Dieser Palazzo gehörte im vorigen Jahrhundert einem Tenor und einer Primadonna mit sehr schönen Stimmen und sehr schlechtem Geschmack, welcher sich in neobarocken Bausünden äußerte (SB). Mannh. Morgen 2.11.1985 Imposant ragt der hochherrschaftliche neobarocke Hauptbau aus dem Jahre 1860 auf (CK). 1994 Deutsche Bühne 1, ^5 Wie eine Märchenburg ragt das Cottbusser Jugendstiltheater zwischen neobarocken Wohnhäusern und Villen empor (z). <?page no="325"?> Das Präfix neo- 317 neobaslerisch Adj. (1986) (zu baslerisch/ Basel, Name einer Stadt in der Schweiz) okkasionell/ bildungsspr. ‘nach neuester/ derzeitiger Basler Art’. Zeit 21.11.1986 Man erfährt es in der neobaslerischen Form: der Lüge (CK). Neo-Beat-... (zu engl./ arnerikan. beat als Bezeichnung für einen spezifischen stark rhythmisch betonten Musikstil besonders seit den sechziger Jahren) sämtlich okkasionell/ bildungsspr.: Neo-Beat-Band F. (1987) (zu engl, band ‘Musikkapelle/ -gruppe’) ‘eine neue/ heutige Musikgruppe, die (wieder) auf (die frühere) Beatmusik spezialisiert ist’; Neo-Beat-Klänge PI. (1988) ‘neue Musik, die auf die Beatmusik zurückgreift’. Mannh. Morgen 1^.4 1987 Ein stimmungsvoller musikalischer Streifzug durch die neuere Rockgeschichte wurde von der einstigen Neo-Beat-Band geboten (CK). Mannh. Morgen 26.5.1988 eine aufputschende Mixtur aus Neo-Beat- und Post-Punk- Klängen (z). Neobehaviorist M. (1971) (zu Behaviorist ‘Anhänger/ Vertreter des Behaviorismus’/ -Be/ utuionsmus ‘amerik. Richtung der Verhaltensforschung, die sich auf das Verhalten von Lebewesen unter wechselnden Umweltbedingungen stützt’, zurückgehend auf engl. behavio(u)r ‘Verhalten’; vgl. entsprechend im Engl, neo-behaviouristic 1952 in OED 1989 und neo- Behaviourism 1964 in OED 1989) fachspr. (Psychologie) ‘neuerer/ heutiger Vertreter/ Anhänger des Behaviorismus’. 1971 MEYER 1971JJ. Während der frühe Behaviorismus als reine Reiz-Reaktions- Psychologie aufzufassen ist, haben die späteren Vertreter des B. (Neobehavioristen) das Konzept der „dazwischen tretenden Variablen“ benutzt (BG). Neo-Biblizismus M. (1944) (zu Biblizismus (ohne Beleg), wohl ‘(spezifische) Form der Auslegung/ des Umgangs mit der BibeV/ Bibel ‘heilige Schriften der Christen’, zurückgehend auf griech. <biblion> ‘Papierrolle, (kleines) Buch, Brief’, zu <biblos> ‘Papyrusstaude’, benannt nach der phönizischen Hafenstadt Byblos) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuere/ heutige/ aktuelle Form des Biblizismus’. N.z.z. 10.6.1944 Die Tatsache, daß er immer als Vertreter der „Offenbarungstheologie“ und deren „Neo-Biblizismus“ sprach, wurde von der Öffentlichkeit kaum mehr beachtet (SB). Neo-Biedermeier N. (1962) (zu Biedermeier, Bezeichnung für einen dt. Kunststil der ersten Hälfte des 19. Jhs., zurückgehend auf den Eigennamen Biedermeier, auch generell für ‘(kleinbürgerlich biedere) Beschaulichkeit, Geruhsamkeit’) fach-/ bildungsspr. ‘erneuertes/ imitiertes/ heutiges Biedermeier; neue (kleinbürgerlich biedere) Behaglichkeit/ Geruhsamkeit’, mit neo-biedermeierlich Adj. (1994) ‘kleinbürgerlich/ bieder in neuer/ heutiger Weise’. <?page no="326"?> 318 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neovan de Velde 1962 Geschichte 373 Unter ihnen befand sich der mir feindlich gesinnte Professor Paul Schultze-Naumburg, der wie die anderen Kandidaten der „Neo- Biedermeier-Richtung“ angehörte (SB). Zeit 25.1.1985 Beim Rückblick auf die hektischen Jahre Johnsons, Nixons und Carters können sie sich durchaus in einem Neo-Biedermeier wähnen, das ihnen Geborgenheit beschert (CK). 1994 Deutsche Bühne 3, 46 Zum Beispiel in Darmstadt, wo der Bürgermeister nach neo-biederrneierlicher Art die Ausstellung der Werke eines gewissen Sironi zu verhindern wußte (z). neobismarck(i)sch Adj. (1990) (zu Bismarck, Eigenname, preußischdt. Staatsmann/ ifsmar^^sc/ i ‘bezogen auf/ charakteristisch für Bismarck, sein politisches Denken/ Handeln’) okkasionell/ bildungsspr. ‘in neuerer/ heutiger Zeit in der für Bismarck typischen Denk- und Handlungsweise’. Leipziger AZ 30.8.1990 Eier-Krause ist in altgewohnter Bonzenmanier Schäuble und Kohl in den Arsch gekrochen, damit die ihre neobismarcksche Politik durchziehen können (CK). Neoblast M. (1971), meist PI. Neoblasten (wohl < griech. <neoblastos> ‘neu/ frisch keimend’; vielleicht aber auch neoklassisch gebildet: -blast zu griech. <blastös> ‘Zelle, Sproß, Keim’; vgl. engl, neoblast 1891 in OED 1989 und frz. neoblaste 1960 in ROBERT 1985) fachspr. (Zoologie), semantisch weitgehend demotiviert, vgl. Belege. 1971 BROCKHAUS 1966ff. Neoblasten, auf embryonaler Stufe verbliebene Zellen bei Würmern, die für die vegetative Fortpflanzung und die Einleitung von Regenerationsprozessen notwendig sind (bg). 1982 NATMATH FWB Neoblast, undifferenzierte Wanderzelle im Körper von Würmern; an Wundstellen Zellenkomplexe bildend, die den fehlenden Teil regenerieren (BG). Neo-Blumenkinder PI. (1993) {Blumenkind gleichbed. mit Hippie, vgl. Neo-Hippie) okkasionell/ bildungsspr. ‘heutige/ neuartige/ wiedererstandene Blumenkinder’. Spiegel 5. 7.1993, 153 Ähnlich den altgedienten Hippieveteranen geben die Spin Doctors, zusammen mit anderen Neo-Blumenkindern wie den Blues Travelers, Mammutkonzerte, die bis zu zwölf Stunden dauern (CK). Neobojarentum N. (1936) (zu Bojarentum ‘Herrschaftsform/ Gesamtheit der Bojaren’/ Bojar‘Angehöriger des hohen Adels im zaristischen Rußland und im alten Rumänien’, zurückgehend auf russ. <boärin> ‘vornehmer Herr’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neue/ jüngere/ moderne Form des Bojarentums’. Höpker 1936 Rumaenien 41 Jedenfalls fühlte sich dieses, größtenteils griechischen, wenn nicht armenischen Familien entstammende Neobojarentum an keinerlei Verantwortung für das von ihm beherrschte Volk gebunden (z). <?page no="327"?> Das Präfix neo- 319 Neobolschewismus M. (1993) (zu Bolschewismus, < russ., Bez. der russischen kommunistischen Lehre/ Bewegung in ihrer frühen Entwicklungsphase) bildungsspr. ‘wiedererstandener/ moderner Bolschewismus’, mit Neobolschewist M. (1993) (zu Bolschewist ‘Vertreter/ Anhänger des Bolschewismus’) ‘neuer/ heutiger/ moderner Bolschewist’; neobolschewistisch Adj. (1993) (zu bolschewistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Bolschewismus’) ‘bolschewistisch auf neue/ moderne Art; dem Neobolschewismus/ den Neobolschewisten zugehörig, für sie charakteristisch’. Spiegel 18.1.1993, 128 Ihre Methoden wirken in vielem wie Neobolschewismus, Neostalinismus (CK). Spiegel 11.10.1993, 173 Ohne Konzept, nur mit dem Ziel, ins Vorgestern vor Gorbatschow zurückzuflüchten, blieben die Neobolschewisten bald buchstäblich auf der Strecke (CK). Spiegel 27.12.1993, 111 Doch auch da führt die Jungdemokraten ihr neobolschewistisch-enges Feindbild möglicherweise in die Irre (CK). Neoboreal N. (1923) (zu Boreal{-Erdzeitalter) ‘Wärmeperiode nach der Eiszeit’, zurückgehend auf Boreas ‘Nordwind’, < lat. boreas] vgl. engl. neo-boreal in LEXIS 1984) fachspr. (Geologie) ‘jüngere/ jüngste Phase des Boreal-Erdzeitalters’; vgl. dazu jedoch das Adj. neoboreal (irreg). 1923 BECHHOLD Neoboreal [ohne Erläuterung] (BG). neoboreal Adj. (1952) (vgl. dazu das reguläre Subst. Neoboreal) fachspr. (Geographie, Botanik u.a.), vgl. Belege; weitgehend bedeutungsgleich mit —* ■ ne(o)arktisch (irreg). 1952 MACKENSEN neoboreal, im Raum von Nordamerika und Mexiko (BG). 1977 FWB LEIPZIG neoboreale Region, pflanzen- und tiergeograph. Bereich, der Kanada und Teile der USA umfaßt (BG). Neo-Brahmanismus M. (1923) (zu Brahmanismus, Bezeichnung für eine der Hauptreligionen Indiens, ‘Kult des Brahma’, zurückgehend auf sanskr. brahma ‘höchstes Wesen, Weltschöpfer’) bildungsspr. ‘neue/ jüngere Form des Brahmanismus’. 1923 Poht. Handwörterb. I 789 Hinduismus (oder Neo-Brahmanismus), Bezeichnung für die Religion, welcher heute ca. 220 Millionen der Bevölkerung Vorderindiens angehören (SB). neobraun Adj. (1992) (zu braun als farbsymbolisches Charakterisierungswort für faschistische/ nazistische/ rechtsradikale Gesinnung) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf neue Weise/ in aktueller Form faschistisch/ rechtsradikal’, ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neofaschismus/ Neonazismus’. Mannh. Morgen 11.12.1992 Die beiden Neonazis hatten seit Tagen mit Verbot und Auflösung ihres neobraunen militanten Vereins gerechnet (z). <?page no="328"?> 320 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neo-Buddhismus M. (1903) (zu Buddh.smus, EeseiAnung für die nach ihrem Stifter Buddha benannte Weltrehgion, zuruckgehend auf sanskr luddha ‘der Erwachte/ Erleuchtete’) bildungsspr. ‘neue/ jungere Form - Buddhismus’. 7 / KM? Wesen der Kultur 130 ohne eines spiritistisch gedeuteten Neo- Buddhismus m7=dei„, «« ” '"” Chal,e " hat (SB). neo-bürgerlich Adj. (1964) okkasionell/ bildungssprachl. ‘auf neue/ derzettige Art und Weise bürgerlich . geschehen wäre (z). Neocalvinismus M. (1971) (su Ca, m n dungsspr. ‘erneuerte/ moderne/ reformierte Form des Calvimsmus . Holland (BG). m rinrhard M (1964) (zu Clochard, < frz. clochard (vor allem i^ 6 Großstädten) Obdachloser, Landstreicher’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuer/ jüngster Typ des Clochards . FAZ 15.9.1964 Neo-Clochard (SB). _ | r .. ao K lin< t F (1976) (zu Collage ‘aus heterogenen Bestandmontmrtes Kunstlerk’! < frz. collage) okkasionell/ bildungsspr. ‘neue/ aktuelle Form der Collage-Kunst’. Hocke 1976 Tagebücher 243 Daher der pure ..M a tejie“-K^lt unserer Poht.k. spricht die Abfall-Materie-Poesie unserer Neo-Collage-Ku 1 ) Roman M (1990) (zu Coming out ‘individuelle Öffent- Coming-out-Thematik’. im 10. V Auch dem Autkiiuung.au.p.uch de, Neo-Comiug-ou.-Bomaue steht er skeptisch gegenüber (Z). Neo-Dada/ ismus^hC StammU- Äl D v“, h 5. nl-Dada 1*962 und »eo- D ada,sm 1966 in OED <?page no="329"?> Das Präfix neo- 321 1989 sowie frz. neo-dada 1978 in ROBERT 1985) fach-/ bildungsspr., Bezeichnung einer Kunstbewegung/ Stilrichtung um 1950/ 1960, vgl. Belege; auch generell für ‘imitierter/ erneuerter/ wiederbelebter/ heutiger Dadaismus; auf den Dadaismus zurückgreifende Kunstrichtung’, mit neodadaistisch Adj. (1986) ‘in neuer/ heutiger/ imitierter dadaistischer Art; bezogen auf/ charakteristisch für den Neodadaismus’; Neodadaist M. (1986) ‘Vertreter/ Anhänger des Neodadaismus; neuer/ heutiger Vertreter/ Anhänger des Dadaismus’. Süddeutsche Ztg. 1.6.1955 Der Neo-Dadaismus des Josef A. Riedl schlägt dem Faß den Boden aus (SB). Zeit 3.10.1986 Neo-Dadaismus zeigt sich auch als Tendenz Moskauer Komponierens in einem Violinkonzert von Iwan Monighetti (CK). Mannh. Morgen 14.1.1989 die 50er Jahre, als die Vertreter des Neo-Dada auf den Plan traten (CK). Mannh. Morgen 28.12.1992 Gage, aus dem Umfeld der New Yorker Junk-Art und des Neo-Dadaismus entwachsen, war einer der geistigen Wegbereiter der kinetischen Kunst (Z). 1993 LEXIKON KUNST V 132 Neodada, gelegentlich verwendet als Sammelbegriff für jene künstler. Bewegungen seit den 1950er Jahren, die unter Rückgriff auf die emanzipator. Anstöße von Dada interdisziplinäre und intermediale künstler. Kreativität entwickelten (z). Zeit 3.10.1986 Werke wie Sofia Gubaidulinas „Symphonie in zwölf Sätzen“ verbreiten zudem ein überraschend frisches neodadaistisches Klima (CK). Zeit 26.9.1986 Nicht selten mangelt es den Enkeln an der Selbstironie der Ahnen, peinlicher Zelotenschweiß verdirbt mitunter die Blätter der konkreten Poeten und Neodadaisten (CK). Neodamot vgl. Hist Neodarwinismus M. (1895) (zu Darwin, Eigenname, engl. Naturforscher/ Darmmsrntts ‘von Darwin begründete Lehre, auf Darwin fußende Lehre/ Anschauung/ Bewegung’, vgl. engl, neo-Darwinism 1902 in OED 1989 und frz. neo-darwinisme 1903 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) fachspr. ‘moderne Weiterentwicklung der Darwinschen Theorien’, mit Neodarwinianer M. (1897) und Neodarwinist M. (1938) (vgl. engl, neo- Darwinist und neo-Darwinian jeweils 1895 in OED 1989 und frz. neodarwinien 1939 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) ‘Vertreter/ Anhänger des Neodarwinismus; neuer/ heutiger Vertreter/ Anhänger des Darwinismus’; neodarwinistisch Adj. (1986) (vgl. engl. neo-Darwinian 1895 in OED 1989 und frz. neo-darwiniste 1903 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) ‘bezogen a uf/ charakteristisch für den Neodarwinismus’. Fern 1895 Sociahsmus X (Überschrift) Die Weimannsche Richtung des Neo- Darwinismus (SB). <?page no="330"?> 322 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Haeckel 1913 Lebenswunder ^32 Unter den verschiedenen Richtungen, welche neuerdings die Zoologen und Botaniker in der Fortbildung der Descendenz-Theorie eingeschlagen haben, werden vielfach als zwei entgegengesetzte Schulen Neolamarckismus und Neodarwinismus unterschieden (SB). Zeil 8.11.1985 Immer wieder werden Neodarwinismus (= Selektionstheorie) und Mutationismus für gleichwertige Ausdrücke gehalten (CK). Wuketis 1987 Darwin 92 Das heißt, daß für lamarckistisches Gedankengut kein Platz mehr bleibt und daß sich im Neodarwinismus jeder Rückgriff auf Lamarck erübrigt (Z). 1897 Naturwiss. Wochenschr. 518 Von jener Schrift her datiert der Kampf der Meinungen und hat sich in unsern Tagen bis zur Bildung zweier feindlicher Lager in der Wissenschaft gesteigert, zur Partei der sogenannten Neo-Lamarckianer, die die Vererbung erworbener Eigenschaften festhalten und zu der der Neo-Darwinianer, welche abweichend von Darwin selbst diese verwerfen (SB). 1934 Abhandlungen Bremer Wiss. Ges. 360 Daher ist die Einteilung der heute lebenden Biologen in „Lamarckianer“ und „Darwinianer“ oder gar „ Neolamarckianer“ und „Neodarwinianer“ gänzlich müßig (SB). Gutmann 1938 Kircher 83 August Weimann [...] als Neodarwinist (SB). Zeil 18.4-1986 Der Zufall hat in das Naturgeschehen selbst jene Eigenschaften eingebaut, die nach der neodarwinistischen Theorie evolutionären Wandel überhaupt ermöglichen (CK). neodemokratisch Adj. (1967) (zu demokratisch ‘den Grundsätzen der Demokratie gemäß’/ Demokratie ‘spezifische Form/ Staatsform der Volksherrschaft’, zurückgehend auf griech. <demos> ‘Volk’ und <kratein> ‘herrschen’) okkasionell/ bildungsspr. ‘in neuartiger/ moderner/ derzeitiger Form den Grundsätzen der Demokratie gemäß’. Offenburger Tagebl. 14-3.1967 ein angesehener Mitbürger, Industriekapitän und Allgemeinwohltäter, eine Stütze der ncodemokratischen Gesellschaft (SB). Neo-Designer M. (1987) (zu Designer, Berufsbezeichnung, ‘jmd., der das Design entwirft/ der für das Design zuständig ist’, < engl, designer, zu engl, design ‘zeichnen; entwerfen’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuer/ neuartiger/ modischer Designer’. Stern 12.11.1987 F,r ist der Star der italienischen Neo-Designer (CK). Neo-Deutschnationaler M. (1993) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuer/ derzeitiger/ aktueller Typ des Deutschnationalen’. Spiegel 6.12.1993, 12 Welche Überlegungen leiteten wohl Peter Gauweiler, den man getrost einen Neo-Deutschnationalen nennen kann (CK). Neo-Diogenes M. (1993) (zu Diogenes, Eigenname, griech. Philosoph) okkasionell/ bildungsspr. ‘ein neuer/ neu erstandener/ heutiger Diogenes’. <?page no="331"?> Das Präfix neo- 323 Spiegel 18.10.1993, 256 Peter Sloterdijk ein freakiger Kyniker, frisch inkarniert: Neo- Diogones, der statt auf dem Marktplatz zu onanieren sich in der Safranski-Sendung „Philosophieren mit Peter Sloterdijk“ beim Gurkenschnippeln filmen läßt (CK). Neo-Dionysos M. (1955) (zu Dionysos, Name eines griech. Gottes) okkasionell/ bildungsspr. ‘ein neuer/ neu erstandener/ heutiger Dionysos’. Eppelsheimer 1955 Schild 9 Er hatte sich unter den asiatischen Griechen der Levante als Neo-Dionysos feiern lassen (SB). Neodogmatiker M. (1871) (zu Dogmatiker ‘Verfechter von Dogmen, des Dogmatismus; Lehrer der Dogmatik’/ Dogma ‘festgelegte, unbezweifelbare M-eurnng'/ Dogmatismus ‘starres Festlegen von, Festhalten an Dogmen’, zurückgehend auf griech. <dögma> ‘Meinung; Verordnung; Lehrsatz’) fach-/ bildungspr. ‘Begründer/ Verfechter eines neuen Dogmas; Vertreter/ Anhänger des Neodogmatismus’, mit neodogmatisch Adj. (1871) ‘bezogen auf/ charakteristisch für ein neues Dogma, diesem gemäß’; Neodogmatismus M. (1957) (zu Dogmatismus, vgl. oben; vgl. frz. neodogmatisme 1968 in ROBERT 1985) ‘neue/ erneuerte/ derzeitige Form des Dogmatismus’. 1871 SANDERS FWB Neodogmatiker: Jemand, der ein neues Dogma aufstellt. Neodogmatisch (bg). Gehlen 1957 Seele 43 Ist die These richtig, daß wir in ein Zeitalter der Nachaufklärung hineingehen, so würde sie zuerst an einem „Neodogmatismus“ zu belegen sein (SB). Neodym N.(1885) (Kunstwort; -dym verkürzt aus Didym, zurückgehend auf griech. <didymos> ‘doppelt; Zwilling’; nach 1974 MEYER DDR 1972ff. dt. Bildung durch den Entdecker C. Auer v. Welsbach, der 1885 erstmals Didym in Praseodym und Neodym zerlegte; vgl. engl, neodymium 1885 in OED 1989 und frz. neodyme 1898 in 1986 TRESOR 1971ff.) fachspr. (Chemie) vgl. Belege (irreg). BEChhold 1923 Neodym, Symbol ND, Bestandteil des Didyms, das außer jenem Element noch das Praseodym enthält (BG). 1974 WAHRIG FWB Neodym, Mischelement aus der Gruppe der Lanthaniden (BG). 1977 FWB LEIPZIG Neodym: ehern. Element mit der Ordnungszahl 60, ein Seltenerdmetall (z). zbd. Neophan, das: neodymhaltiges Glas (für Sonnenbrillen) (z). EExis 1984 Neodym-Granat-Laser, Neodym(glas)laser, Neodymresonator (BSPa). Idannh. Morgen 29.6.1985 Seit einigen Wochen verfügt die endoskopische Abteilung 4er Chirurgischen Klinik über ein sogenanntes Neodym-Yag-Lasergerät (CK). Zeit 5.9.1986 Das ebenfalls infrarote Licht des Neodym-YAG-Lasers stammt von Atomen des Elements Neodym, die in einem Kristall eingelagert sind (CK). Meo-Eleganz F. (1991) (zu Eleganz in der Bed. ‘geschmackvolle (modische) Vornehmheit’, zurückgehend auf frz. elegance ‘Feinheit, Zierlichkeit, Eleganz’) okkasionell/ werbespr. ‘neueste/ topmodische Eleganz’. <?page no="332"?> 324 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1991 Cosmopolitan 6, 121 (Bildunterschrift) Neo-Eleganz: Taillierte sahneweiße Weste (ca. 800 Mark), die alles zeigt (z). neoempirisch Adj. (1954) (zu empirisch ‘auf der Erfahrung beruhend, aus ihr gewonnen'/ Empirie ‘Erfahrung, auf Erfahrung beruhende Erkenntnis’, < griech. <empeiria>) fach-/ bildungsspr. ‘empirisch auf neue Weise/ in aktueller Form’. 195^ Veritas 275 die starken neopositivistischen, neoempirischen und neorealistischen Strömungen in den Wissenschaften unserer Zeit (SB). neoendemisch Adj. (1973) (neoklassische Bildung, zu endemisch, in der Botanik/ Zoologie: ‘(von Organismen) nur auf bestimmtem begrenzten Gebiet vorkommend/ verbreitet, wo sie jedoch nicht unbedingt entstanden sein müssen’, zurückgehend auf griech. <endemos> ‘einheimisch’; vgl. frz. neo-endemique 1963 in 1975 GR. LAROUSSE 19711T.) fachspr. (Botanik/ Zoologie), vgl. Beleg (irreg). 1973 MEYER 1971ff. Man unterscheidet: neoendemisch, wenn eine Art in dem noch heute besiedelten Areal ursprünglich entstanden ist, sich jedoch durch geographische Barrieren nicht weiter ausbreiten konnte (z.B. bei Gebirgspflanzen, Arten auf Inseln) (BG). Neo-Europa (1971) (nach 1976 MEYER 1971ff. von H. Stille eingeführte geologische Bezeichnung; zu Europa ‘einer der fünf Erdteile’) fach-/ bildungsspr., eigentlich ‘das neue Europa’ i.S.v. ‘der jüngste/ zuletzt entstandene Teil Europas’; (Geologie) ‘der während des alpidischen Gebirgsbildungszyklus entstandene Zuwachs des europäischen Kontinents’. 1971 BROCKHAUS 66ff. Neoeuropa, der alpidisch gefaltete Teil des südl. Europa (BG). Neo-Europäismus M. (1897) (nach Basler/ DFWB 1942 von F.A. Wolf geprägter Begriff; zu Europa ‘einer der fünf Erdteile'/ Europäismus (ohne Beleg) wohl ‘Bewegung/ Handeln/ Denken bezogen auf Europa, im Interesse/ im (geistigen) Umfeld Europas’) bildungsspr. ‘neue/ aktuelle Form des Europäismus’. Paulsen 1897 Gesch. Unterricht II 21 Ein Beweis hiervon ist die Leichtigkeit, mit der wir etwa drei heutige Sprachen unserer Nachbarn gegen eine der alten lernen, indem ein gewisser man möchte sagen Neo-Europäismus diese wie zu einem Idiom vereinigt (SB). neoexpressionistisch Adj. (1939) (zu expressionistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Expressionismus,'/ Expressionismus ‘Kunstbewegung/ Stilrichtung im frühen 20. Jh.’, zurückgehend auf lat. expressio in der Bed. ‘Ausdruck’; vgl. engl, neo-expressionist 1968 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘in neuer/ heutiger/ wiederbelebter expressionistischer Art; bezogen auf/ charakteristisch für den Neoexpressionismus’, mit Neoex- <?page no="333"?> Das Präfix neo- 325 pressionismus M. (1966) (vgl. engl. neo-Expressionism 1961 in OED 1989) ‘erneuerter/ heutiger/ wiederbelebter Expressionismus; auf den Expressionismus zurückgreifende Kunst-/ Stilrichtung’; Neo-Expressionist M. (1986) (vgl. engl, neo-expressionist 1955 in OED 1989) ‘Vertreter/ Anhänger des Neoexpressionismus; neuer/ heutiger Vertreter/ Anhänger des Expressionismus’. 1939 Nationalsozialist. Monatshefte 133 Charles Dufresne, der lange zwischen neoexpressionistischen und kubistischen Neigungen schwankte (SB). Mannh. Morgen „Neoexpressionistische“ Emotionalität im Zeitalter der zitatwütigen Postmoderne (CK). 1991 Tempo XI 20 Der neoexpressionistische italienische Maler Francesco Clemente zeigt seine Selbstverliebtheit (z). 1994 Art 3, 126 Kantors neoexpressionistische Bilder sind seit „Glasnost“ in Galerien und Museen von Hongkong bis New York zu sehen (z). Stuttgarter Zig. 25.6.1966 (Überschrift) Neo-Expressionismus am Bodensee (SB). Freisinger Tagebl. 8.9.1973 Naujoks ging zunächst vom Neo-Expressionismus aus (CK). Mannh. Morgen 8.10.1986 Der Berliner Bildhauer Hans Scheib beherrscht die Ausdrucksmöglichkeiten des Neoexpressionismus gleichsam „von innen“ (CK). Mannh. Morgen 13.2.1986 Seit den Erfolgen der „Neuen Wilden“ und Neo-Expressionisten ist die „deutsche“ Kunst im Ausland plötzlich ins Blickfeld geraten (CK). Mannh. Morgen 21.5.1988 Erst hier begegnet man dem wahren Neo-Expressionisten, der die Baumstämme mit verletzenden Werkzeugen angreift, als wolle er ihre inneren Energien freilegen (CK). Mannh. Morgen 25.9.1989 Dann kommen schon die „Neuen Wilden“, wobei darunter wohl als Alibi dafür, daß nicht nur die Neoexpressionisten figurativ arbeiten auch Rosemarie Trockel ist (CK). neoexpressiv Adj.(1985) (zu expressiv ‘ausdrucksvoll/ -stark’ < frz. expressif, zurückgehend auf lat. expressio in der Bed. ‘Ausdruck’) fach-/ bildungsspr. ‘in neuer/ heutiger/ wiederbelebter expressiver Art, bezogen auf/ charakteristisch für diese’, mit Neo-Expressiver M. (1986) ‘in neoexpressivem Stil arbeitender Künstler’. Mannh. Morgen 20.6.1985 Wenn man in den letzten Jahren oft von gestischer Malerei spricht und vor allem verschiedene neoexpressive Tendenzen meint, so hat der Begriff bei Galli im doppelten Sinne seine Berechtigung (CK). Zeit 6.2.1987 Beckmann, der wahrlich kein Zeitgeistier war, der aber gebraucht wurde, um der neoexpressiven Überlast ein Fundament zu geben (CK). Mannh. Morgen 1S.2.,/ S#7 Enttäuschend die Amerikaner, die auf der Stelle treten und einen neoexpressiven Neuen-Wilden-Verschnitt anbieten (CK). 1992 Art 5, 76 Die Kunstszene braucht immer neue Trends; nach der neoexpressiven Phase will sie jetzt wieder intellektuelle Kunst (z). Mannh. Morgen 14.11.1986 Die munteren Großväter behaupten sich ganz zwanglos inmitten der immer noch nicht überwundenen Neo-Expressiven (CK). Neofaschismus M. (1943), bis 1945 bei Bezugnahme auf Italien zunächst a uch in der orthographischen Form Neofascismus (zu Faschismus ‘tota- <?page no="334"?> 326 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neolitäre rechtsradikale Bewegung/ Ideologie/ Herrschaftsform’, besonders in Italien 1922-1945 sowie in Deutschland 1933-1945, hier unter der Bezeichnung Nationalsozialismus, < ital. fascismo, zu fascio in der Bed. ‘Bund, Vereinigung’, < lat. fascis ‘Bund, Bündel, Paket’, auch (als Symbol der konsularischen Gewalt) ‘Rutenbündel’; vgl. engl. Neo-fascism 1946 in OED 1989 und frz. neo-fascisme 1958 in 1986 TRESOR 1971ff.) gemeinspr. (meist mit Bezugnahme auf Italien und vor allem in jüngerer Zeit auf Deutschland: ) ‘spezifisch neuer/ wiederbelebter/ heutiger Faschismus, neue/ moderne Form des Faschismus; sich eng an den Faschismus anlehnende ideologische Bewegung/ Denkweise’, mit neofaschistisch Adj. (1943), bis 1945 bei Bezugnahme auf Italien zunächst häufiger in der orthographischen Form neofascistisch (vgl. engl. neo-Fascist 1944 in OED 1989 und frz. neo-fasciste 1958 in ROBERT 1985) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neofaschismus, die neofaschistische Partei (Italien); auf neue Weise/ in aktueller Form faschistisch’; Neofaschist M. (1944), bis 1945 bei Bezugnahme auf Italien zunächst häufiger in der orthographischen Form Neofascist (vgl. engl. neo-Fascist 1944 in OED 1989 und frz. neo-fasciste 1958 in ROBERT 1985) ‘Vertreter/ Anhänger des Neofaschismus, der neofaschistischen Partei (Italiens); neuer/ heutiger Vertreter/ Anhänger des Faschismus’. N.Z.Z. 6.U.I943 (Überschrift) Die Propaganda des Neofascismus (SB). N.Z.Z. 10.10.1944 (Überschrift) Neofascismus in Nöten (SB). 1949 Weltbühne 3, 117 Wer der Annahme war, daß es sich bei dem „Neofaschismus“ in den Westzonen um eine Konstruktion handele, der wird gründlich eines besseren belehrt (WDG). 1949 Süddeutsche Ztg. Nr. 55 Sein Einspruch gegen diesen ASTA lenkte das Augenmerk der Öffentlichkeit auf zwei Grundprobleme [...]: auf die Frage des Selbstbestimmungsrechtes der Studentenschaft [...] einerseits und auf die Frage des Neofaschismus und Neomilitarismus andererseits (SB). ND 25.7.1969 Gerade in den letzten Jahren der großen Koalition haben sich Neofaschismus und die NP immer mehr ausgebreitet (CK). Zeit 7.6.1985 Er arbeitet jener Richtung in die Hände, die durch Forcierung der sogenannten Uberfremdungsdiskussion eine Massenbasis für den Neofaschismus zu finden hofft (CK). Mannh. Morgen 5.1.1990 Die Opposition der DDK wirft der SED vor, mit dem Aufflackern des Neofaschismus Wahlkampf zu betreiben (CK). Zeit 15.6.1990 Stattdessen haben sich die Studenten ein Studium generale gewünscht, mit Themen wie „Theologie der Befreiung“ und „Neofaschismus“ (CK). N.Z.Z. 18.11.1943 die neofascistische Armee (SB). N.Z.Z. 7.6.1944 Einzelne neofascistische Zeitungen veröffentlichen folgende halbamtliche Mitteilung aus dem Hauptquartier Mussolinis (SB). Südost-Kurier 8.4-1950 Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß Urteile dieser Art neofaschistische Elemente an ihrer unterwühlenden Arbeit nicht hindern (SB). ND 27.5.1953 die Bildung von neofaschistischen Verbänden und Gruppen (WDG). ND 21.4.1954 Die SPD-Genossen machten sich viele Gedanken darüber, wie die ehrlichen Arbeiter in Westberlin für den gemeinsamen Kampf gegen die neofaschistische Gefahr gewonnen werden können (CK). <?page no="335"?> Das Präfix neo- 327 Mannh. Morgen 16.8.1986 Nur drei Tage nach der Klage gegen die neo-faschistische Sozialistische Reichspartei (SRP) hatte Bonn auch das Verbot der KPD verlangt (CK). ND 16.12.1989 Meine Interviews bei diesen vermeintlichen Trägern neofaschistischer Ideen bestätigen rechtsradikales Denken (CK). N.z.z. 21.5.1944 Auch die großen italienischen Staatsmänner des neunzehnten Jahrhunderts sind, sofern sie dem Königshaus dienten, bei den Neofascisten in Ungnade gefallen (SB). ND 18.3.1949 Die Neofaschisten, Rassen- und Kriegshetzer werden von uns nicht so behandelt werden, wie sie während der Weimarer Republik behandelt wurden (CK). Welt 4-6.1974 Nach unbestätigten Berichten soll einer der verhörten Neofaschisten ausgesagt haben, daß die SAM kürzlich einen Industriellen entführten (CK). Zeit 28.6.1985 Er hätte nur gern die Kommunisten, die er ebenso formal wie die Neofaschisten konsultierte, aus dem Spiel gelassen (CK). Junge Welt 6.2.1990 Die gleichermaßen gültigen, ganz oder teilweise gegen Neofaschisten anwendbaren Paragraphen im Strafgesetzbuch der DDR sind weniger geläufig (CK). Neo-Feudalismus M. (1929) (zu Feudalismus ‘mittelalterliches Gesellschaftssystem mit weitgehendem Hoheitsrecht des grundbesitzenden (Geburts-)Adels; Lehnswesen’, zurückgehend auf mlat. feudalis ‘das Lehnswesen betreffend’, zu mlat. feudum ‘Lehngut’) bildungsspr. ‘neue/ heutige/ wiederbelebte Form des Feudalismus’, mit neo-feudal/ istisch Adj. (1985/ 1990) (zu feudalistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Feudalismus’/ / ewda/ ‘lehnsrechtlich’, auch in der Bed. ‘prunkvoll, vornehm, herrschaftlich’, zurückgehend auf mlat. feudalis) ‘in neuer/ heutiger/ imitierter/ wiederbelebter Weise feudal/ istisch; bezogen auf/ charakteristisch für den Neofeudalismus’. Bauer 1929 Sozialismus 270 Neo-Feudalismus (SB). 1994 Opernwelt 9, 1 Wir leiden an der Hilflosigkeit vieler Politiker beim Formulieren von Antworten auf essentielle Fragen unserer Zeit: [...], das Wiederauftauchen eines religiösen Fanatismus, eines Neo-Faschismus und Neo-Feudalismus in Europa (z). Zeit 18.10.1985 Die Villa Thyssen war ein großbürgerliches Wohnhaus, ein neofeudaler Stadtpalast (CK). Mannh. Morgen 20.11.1990 Nun gibt es Veranstalter mit neofeudalistischem Einschlag, der bei auswärtigen Gästen hervorragend ankommt (z). Neofirthianer M. (1981) (zu Firth, Eigenname, Linguist/ Firf/ iianer‘Vertreter/ Anhänger der Firthschen Lehre/ Anschauungen; vgl. engl, neo- Firthian 1964 in OED 1989, auch Adj.) fachspr. ‘neuerer/ heutiger Vertreter/ Anhänger der Lehre/ Anschauungen von Firth’. Lux 1981 Text 66 J. R. Firth gilt als Gründer einer Linguistenschule, der Firthianer, Se it seinem Tod 1960 auch der Neofirthianer (z). <?page no="336"?> 328 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neofreudianer M. (1952) (zu Freud, Eigenname, österreichischer Psychologe/ Frewdzaner ‘Vertreter/ Anhänger der Lehre/ Anschauungen Freuds’; vgl. engl. neo-Freudian 1948 in OED 1989) fachspr. (Psychologie)/ bildungsspr. ‘neuerer/ heutiger Vertreter/ Anhänger der Lehre/ Anschauungen Freuds’, mit neofreud(i)sch Adj. (1952)/ neofreudianisch Adj. (1986) (vgl. engl. neo-Freudian 1948 in OED 1989) ‘auf neue Weise/ in aktueller Form die Lehre/ Anschauungen Freuds betreffend, für sie charakteristisch’. Adorno 1952 Reden 95 Im dritten Teil wird eine kurze soziologische Beurteilung der Neofreudianer und ihres Verhältnisses zu Freud selbst versucht (SB). ebd. 91, Darauf hingewiesen zu haben, ist das Verdienst der neofreudschen oder revisionistischen Schule (SB). Zeit 28.11.1986 Bei den Störungen der präpersonalen Phase, während der Entstehung des Ich, hält Wilber sich an die neofreudianische Krankheitslehre (CK). Neo-Fundi M. (1993) (zu Fundi, Kurzwort für Fundamentalist, ‘Angehöriger der fundamentalistisch geprägten Gruppierung innerhalb (der Partei) der Grünen’, letztlich zurückgehend auf lat. fundamentum ‘Grundlage’) okkasionell/ bildungsspr. ‘(ganz) neuer Fundi’. Spiegel 27.9.1993, 44 Erregt hat während einer vorbereitenden Konferenz in Braunschweig der Altgrüne Lukas Beckmann den Neo-Fundis die Folgen vor Augen gehalten (CK). Neogäa 1 F. (1976), auch Neogäikum N. (1976) (zu Gäa, Name der griech. Göttin der Erde; vgl. entsprechend das engl. Adj. neo-gean 1857 in OED 1989; zu einer anderen Bed. von Neogäa vgl. Neogäa 2 fachspr. (Geologie) ‘das neueste/ heutige/ jüngste geologische Zeitalter’. 1976 MEYER 1971ff. Neogäa: die aus der Megagäa hervorgegangene, für neue Faltungsvorgänge zur Verfügung stehende Erde; Neogäikum: das bis heute andauernde geologische Zeitalter (bg). Neogäa 2 F. (1952) (zu Gäa, Name der griech. Göttin der Erde; neben der Bed. von regulärem Neogäa 1 laut 1971 BROCKHAUS 1966ff. auf T. H. Huxley (1868) zurückgehende Bezeichnung für die —> Neotropis) fachspr. (Zoologie), vgl. Belege (irreg). MACKENSEN 1952 Neogäa, Raum von Mittel- und Südamerika (BG). 1976 MEYER 1971ff. Neogäa: [...] 2. in der Tiergeographie: = —»Neotropis (BG). 1977 FWB LEIPZIG Neogäa: Süd- und Mittelamerika, die Antarktis u. die Antillen umfassender tiergeograph. Bereich (z). neogamisch vgl. Hist neogaullistisch Adj. (1985) (zu de Gaulle, Eigenname, frz. Staatsma.nn/ gaullistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für de Gaulle, seine Par- <?page no="337"?> Das Präfix neo 329 teipolitik/ Handlungsweise; de Gaulle gemäß’; vgl. jeweils entsprechend die Subst. engl. neo-Gaullism 1958 in OED 1989 und frz. neogaullisme 1972 in ROBERT 1985) bildungsspr. ‘gaullistisch auf neue Weise/ in aktueller Form’, mit Neogaullist M. (1986) (vgl. engl. neo-Gaullist 1958 in OED 1989) ‘neuerer/ derzeitiger Vertreter/ Anhänger der politischen Richtung de Gaulles’. Zeit 17.5.1985 Steht das Auswärtige Amt für eine neogaullistische Linie? (CK). Spiegel 17.5.1993, 182 Parteifreund Jacques Chirac, Chef der neogaullistischen RPR und ewiger Präsidentschaftskandidat, muß um den greifbar nahen Einzug in den Elysee bangen (CK). Mannh. Morgen 2.4-1994 Der neogaullistische Parlamentspräsident Seguin meinte, man solle die Leute nicht auf den Arm nehmen (z). Zeit 28.6.1986 Der „Neogaullist“ Jacques Chirac beruft sich weit öfter auf diesen ruhigen und starken Lehrmeister als auf General de Gaulle (CK). Mannh. Morgen 23.3.1992 Neogaullisten-Führer Chirac sprach von einer „Niederlage des Sozialismus“ (z). Spiegel 3.5.1993, 93 Zu einem Fraktionstreffen in der Pariser Nationalversammlung begab sich der Neogaullist dieser Tage zu Fuß (CK). neogen Adj.(1876) (zurückgehend auf griech. <neogenes> ‘eben erst entstanden; neugeboren’; vgl. frz. neogene 1874 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff. und engl, neogene 1878 in OED 1989; griech. Lehnwort, im heutigen fachspr. Gebrauch semantisch demotiviert) fachspr. (Geologie) ‘zum jüngeren Abschnitt des Tertiärsystems gehörig, aus ihm stammend’, mit Neogen N. (1897) (vgl. frz. neogene 1874 in 1975 GR. LAROUSSE 19711T.) vgl. Belege. 1876 Geogr. Jahrb. 201 neogen (SB). Mensching 1970 Hochwasserkatastrophe 8Iff. Von großem Interesse waren auch die Beobachtungen in den neogenen Sedimenttafeln, die das Becken von Kairouan zum Sahel hin begrenzen (CK). 1977 FWB LEIPZIG neogen: das Neogen betreffend (z). 1897 MEYER 1893ff. Neogen (griech.), soviel wie Jungtertiär (BG). Hochstetter-Bisching 1898 MG 195 die Neogen-Formation (SB). 1977 FWB LEIPZIG Neogen: der jüngere Abschnitt des Tertiärsystems (z). Neogenese F. (1987) ( zu Genese ‘Entstehung, Bildung, Entwicklung’, < griech. <genesis> ‘Ursprung, Erzeugung’; vgl. engl, neogenesis sowie das Adj. neogenetic, beide 1903 in OED 1989) fachspr. (Medizin), vgl. Beleg. 1987 ROCHE Neogenese: Neubildung, Regeneration, Neoplasie (BG). Neo-Geo N. (1991) (Geowohl Kurzform zu geometrisch(/ e Kunst); < engl./ amerikan. Neo-Geo, Subst. und Adj., 1986 in Oxford Dictionary °f New Words 1991) fachspr. (Kunstwissenschaft) Bezeichnung für einen auf geometrischen Formen beruhenden abstrakten Kunststil der achtziger <?page no="338"?> 330 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Jahre und für die auf ihm beruhende Kunstbewegung; auch in Komposit wie Neo-Geo-Wtrk. Mannh. Mor, e „ IS.Ö.m, (Obe^'.) Neo.G-o „d im Düsseldorfer Go.tenseh.u-Sudp.rk beweis ^ ^ ein , tu , e! Ver- N r e0 '? Z (Z) 'n 90 10 1992 Die Auswahl aus über 500 eingesandten Werken reicht von iStallation bis Z um Neo-Geo-Werk (z). M n p M (1970) (zu Germane in der Bed. ‘Deutscher’, zurück- •bezogen Art gcrma.risch'i semantiscl, r«l“ KomW^wohl auch i„ abwertander Akaantuierung ,m Sinne von ‘Deutschtümler’, ‘deutschtümelnd . re^'trer^^^ neoeermanische Botschaft (z). Neogilos vgl. Hist Neogotik F. (1955) (au OÄ B ; ttTurütShS! ? i1lfBe“ rchropäischen Kunststils und “ 1 “ e ' , [„ „do-gothique 1929 in nung des germanischen rnthicism 1964 OED 1989) fach- 1975 GR. LAROUSSE 1971ff. und engl. neo-Gothicism u ^ / bildungsspr., Bezeichnung für einen en te/ wlederbe lebte Go- Jhs., vgl. Belege; auch generell neogotisch tik; auf die Gotik zuruckgrei cn ^ 0ED 198 9 un d frz. neo-gothique (g29 iSs G S K e bAROUS°sE 1971ft.) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Neogotik; in imitiartem/ neuem/ wiederbelabtem gotischen ■ 1955 Grsct. d. A'ünsf d» mach, so rech, deutlich, wie dies. Neogot.k vom Illusionismus Mantegnas ausgeht ( WDG k s , ■ kelscher Prägung (SB). Niebelschütz 1961 Spiel 20 e °^° bd d Erker efeuberankte Neogotik, dazwi- Zeit 27.9.1985 Verspielte Zinnen Giebel ^ sehen gepflegter Rasen und alter Baumbestand (CK). <?page no="339"?> Das Präfix neo- 331 1993 LEXIKON KUNST V 132 Neugotik, Neogotik, eine der wichtigsten historisierenden Strömungen des 18./ 19. Jh. in Architektur und Kunstgewerbe, z.T. in der bild. Kunst Europas und der USA sowie in der Kolonialarchitektur (z). Stuttgarter Ztg. 9.11.1961 Zur Umgebung gehört eine neogotische Kirche (SB). Spiegel 29.3.1993, 258 Die Gruppe tagte in Princeton, USA (1966) in der neogotischen Kulturkathedrale der US-Universität (CK). Mannh. Morgen 28.6.1995 Ein anderes Schmuckstück ist die katholische Heilig-Geist- Kirche, die mit ansehnlichen Spitzbögen und reich verzierter Fassade in neogotischem Stil prunkt (CK). Neogräzistik F. (1974) ( zu Gräzistik in der Bed. ‘Wissenschaft von der griech. Geschichte, Sprache und Kultur’, zurückgehend auf Graecia, den lat. Namen für Griechenland) fachspr. ‘Wissenschaftszweig der Gräzistik, der sich mit dem neueren/ geschichtlich jüngeren Griechenland befaßt’, vgl. auch Beleg; semantisch-strukturell musterabweichend: neobezieht sich nicht unmittelbar und direkt auf die komplexe Basis in ihrer Gesamtheit (also im Sinne von ‘spezifisch neue/ reformierte/ wiederbelebte/ heutige Form der Gräzistik’), sondern auf einen spezifischen Teilbereich der Gräzistik, also ‘griech. Geschichte der neueren Zeit’ im Gegensatz zur antiken Geschichte; vergleichbar sind dt. Kombinationen des Typs Neugermanistik (irreg). 1974 MEYER DDR 1972ff. Neogräzistik: Wissenschaft, die sich mit Geschichte und Gegenwart des griechischen Volkes befaßt [...]; als untere zeitliche Begrenzung wird dabei 1453 (Untergang des Byzantinischen Reiches) angesetzt (z). Neographie, mit Neograph, Neographismus, neographisch vgl. Hist Neogrieche M. (1884) (zu Grieche, Bezeichnung für den Angehörigen des Volkes Griechenlands) bildungsspr. ‘heutiger Grieche; wiedererstandener (antiker) Grieche’, mit neogriechisch Adj. (1906) (zu griechisch in der Bed. ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Stil des antiken Griechenland’; vgl. engl, neo-greek ‘bezogen auf/ charakteristisch für das heutige/ moderne Griechenland’ in WEBSTER INTERNAT 1976) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den imitierten/ wiederbelebten/ heutigen griech.-antiken Stil’; vgl. auch das aus dem Frz. übernommene, bis Mitte 20. Jh. nachgewiesene, jetzt veraltete Subst. Neogrec N. (1871) als Bezeichnung für einen auf der klassischen griechischen Antike basierenden altertümelnden modischen Stil besonders in Frankreich Mitte 19. Jh. (< frz. neo-grec 1845/ 46 in 1986 TRESOR 1971ff.). Semper 1884 Kl. Schriften 399 Die Plattheiten und nüchternen Zierereien der Neogriechen, die falsche kokette Romantik der Neogoten und andere erstrebte Neuerungen gleichen Gehaltes haben sich in kürzester Zeit überlebt (SB). 1906 Walhalla 2, 56 Sehen Sie d ieses neo-griechische, neo-renaissance München, etwas altmodisch und von der heutigen Auffassung der Antike und der Renaissance geprägt (SB). <?page no="340"?> 33 2 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- „ n/ u7 jggi Wir promenieren zwischen neogriechischen Säulen, SANDERS E*. m, Neogrec (f,z.) ».»S.^sch, z.B. vom «n. 1» d«m Neogrec der heutigen Franzosen du Nord in p ari s mit ihrem Neogrdc (SB). Burckhardt 1875^ Bran AU oh ^ G ein unter dem 2 . franzö sischen Kaiser- 1933 GENIUS neo-grec, n. irz., i'ieug reich herrschender Kunststil (BG). —hässssses-' Neo-Heimatfilm M. (1995) „kkasion.U/ biHungsspr. •ne»(artig)er/ heutiger/ derzeitiger Heimatfüm’. Chance die Branchen-Klugscheißer nichts geben wollten ( ) ■ « ii«u „ 5 , J.irt,«» SS.IS2 d.. Wesen de. deuSschen Neohollernsnsus (SB). Neo-Hlrru M. (1987H ™ r“ “a r—„ (i uge ™ »=. ■ liehen Landern in den ^„i d^tandener Hippie) bildungs-/ gememspr. ‘heut.ger/ nenart.ger/ » e nie’; auch in Komposita wie Neo-H,pp„-BRud F. (199J). „ennl. «er,.» ».«7 Vor .»en, sah man e,ne groBe Zahl von AH-, Spht-nnd Ne„- «rrS» •O.a.m, Vorwiegend rung.. Pnhbhnm ist »m Giwt.piel des amerikanischen Neo-Hippies Lenny ■ Ban g The Black Growes": Böse Spiegel 5-11993, 232 (Bildunterschrift) Neo-Hippie Band „ Buben des Rock’n Roll (z). Neohippokratismus M. (^htl^Jl^g^^gdizin/ bhPPdfcrdHsmtis^aumipmoderne Form des Hippokratismus . , - <?page no="341"?> Das Präfix neo- 333 Denken bekannten; in der modernen Medizin nennt man diese Richtung Neohippokratismus (BG). neohistorisch Adj. (1985) (zu historisch in der Bed. ‘die Geschichte/ die Geschichtswissenschaft betreffend’, zu lat. historia ‘Geschichte’, < griech. <historia> ‘Nachforschung, Erkundung; Kunde, Erzählung; geschichtliche Darstellung’) okkasionell/ bildungsspr. ‘historisch auf spezifisch neue/ aktuelle/ moderne Art’, mit Neo-Historiker M. (1987) (zu Historiker ‘Geschichtswissenschaftler’) ‘auf neuartige (fragwürdige) Weise arbeitender/ forschender moderner Historiker’; in beiden Kombinationen (vgl. auch Neo-Aufklärer) neohier semantisch wohl mit abwertender Akzentuierung, vgl. Belege. Habermas 1985 Unübersichtlichkeit 1^ Mit dieser Ausstellung wollte er einer neohistorisch gestimmten Verehrung entgegenwirken, einer Nostalgie, die sich damals gerade des kontrastreichen Eklektizismus des 19. Jahrhunderts bemächtigt hatte (z). Zeit 24-4.1987 Als ein von der Gnade der frühen Geburt Betroffener darf ich Herrn Schneider für seine Abrechnung mit den Neo-Historikern Nolte und Konsorten danken (CK). Neohistorismus M. (1976) (zu Historismus als Bezeichnung für einen eklektizistischen Kunststil im 19. Jh.) bildungsspr. ‘erneuerter/ wiederbelebter/ heutiger Historismus; auf den Historismus zurückgreifender Stil’. Habermas 1985 Unübersichtlichkeit 26 Das gilt trivialerweise für einen Neohistorismus, der Kaufhäuser in eine mittelalterliche Häuserzeile verwandelt (z). neohumanistisch Adj. (1969) (zu humanistisch ‘im Sinne des Humanismus, zu diesem gehörig'/ Humanismus in der Bed. ‘Streben nach echter Menschlichkeit’, zurückgehend auf lat. humanus ‘menschlich’) bildungsspr. ‘humanistisch auf neue/ heutige Weise’. Stuttgarter Ztg. 17.4-1969 Gegen die neohumanistischen Theorien aber steht die Praxis, in der der Staat autoritäre Strukturen verteidigt (SB). Neohumboldtianismus M. (1975) (zu Humboldt, Eigenname, dt. Sprach- und Kunstwissenschaftler/ / / «mioMfiamsmus ‘von Humboldt begründete Lehre, auf Humboldt fußende Lehre/ Anschauung/ Bewegung’; vgl. entsprechend engl. neo-Humboldtian (Adj. und Personenbezeichnung) 1952 in OED 1989) fachspr., vgl. Belege. 1975 SPRACHWISS. TERMINI 178 Neohumboldtianismus: Bezeichnung für den Rückgriff einiger Sprachforscher besonders in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jh. auf idealistische Grundgedanken der Sprachphilosophie W. v. Humboldts (z). Römer 1985 Rassenideologie 137 Man wird in der Humboldt-Renaissance des 20. Jahrhunderts, dem sogenannten Neohumboldtianismus, vergeblich Hinweise darauf suchen (z). <?page no="342"?> 334 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neo-Idealismus M. (1910) (zu Idealismus als Bezeichnung für eine philosophische Lehre/ Anschauung, letztlich zurückgehend auf lat. idealis ‘ideal’, zu griech. <ide'a>/ lat. idea ‘Idee’) fach-/ bildungsspr. ‘neue/ moderne/ derzeitige Form des Idealismus’, mit neo-idealistisch Adj. (1983) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neo-Idealismus’. 1910 Stimmen der Zeit LXXXIX 211 Verwandt mit Eucken ist der Neo-Idealismus, der neuerdings mit aller Gewalt sich Gehör zu verschaffen sucht (z). Hopster/ Nassen 1983 Lit. u. Erziehg. 37f. Ebensowenig wird die integrierende Funktion des Prinzips „Sprache“ deutlich, wenn lediglich ein Zusammenhang zwischen dem nationalsozialistischen Sprachunterricht und der damals herrschenden neo-idealistischen Sprachtheorie Weisgerberscher Prägung nachgewiesen wird (z). Mannh. Morgen 29.12.1989 Ganz neoidealistisch wird diese Bewegung wohl vor allem durch die Forderung bewegt: Finde dich selbst! (CK). neo-imperial Adj. (1985) (zu imperial ‘kaiserlich/ herrschaftlich’, < lat. imperialis) okkasionell/ bildungsspr. ‘imperial in neuer/ derzeitiger Form’. Zeit 8.11.1985 Es war der Vorabend des letzten Tages im Leben des alten russischen Regimes vor 68 Jahren eines Regimes, das noch solche neo-imperialen Paläste schuf wie das imposante Spaso-Haus (CK). Neoimperialismus M. (1928) (zu Imperialismus ‘Streben einer Großmacht, ihren Macht- und Einflußbereich allseitig und mit allen Mitteln weiter auszudehnen’, zu lat. Imperium ‘Befehl, Staatsgewalt’; vgl. engl, neoimperialism 1962 in OED 1989) bildungsspr. ‘heutiger Imperialismus; moderne/ aktuelle Form des Imperialismus’, mit Neo-Imperialist M. (1986) (vgl. engl, neoirnperialist 1967 in OED 1989) ‘heutiger/ moderner Imperialist; Vertreter/ Anhänger des Neoimperialismus’. 1928 Zs. f. Politik 373 Neoimperialismus (SB). Mannh. Morgen 3.6.1986 Ähnlich der iranischen richtet sich die libysche, islamische „Revolution“ gegen abendländische Traditionen, gegen die USA, gegen Kapitalismus und „Neo-Imperialismus“ (CK). Mannh. Morgen 3.6.1986 Der Traum vom großislamischen Reich sieht zwei so ungleiche Staaten wie Libyen und Iran Seite an Seite im Kampf gegen „Ungläubige“ und „Neo-Imperialisten“ (CK). Spiegel 27.12.1993, 110 Nur zwei Monate später wandte sich jeder vierte russische Wähler einem neuen Aufsteiger zu: dem nationalsozialistischen Hetzer und Neoimperialisten Wladimir Wolfowitsch Schirinowski (CK). Neoimplantation F. (1987) (zu Implantation ‘Einpflanzung von Gewebe und Organteilen oder anderen Substanzen in den Organismus’, zurückgehend auf lat. plantare ‘pflanzen’) fachspr. (Medizin), vgl. Beleg. 1987 ROCHE Neoimplantation, Verpflanzung eines Organs an eine andere Stelle des bisherigen Einmündungsorgans, meist als -^Neostomie', Neostomie, Neoimplantation zur Schaffung einer neuen offenen Verbindung zwischen zwei Hohlorganen (z). <?page no="343"?> Das Präfix neo 335 Neoimpressionist M. (1907) (zu Impressionist ‘Vertreter/ Anhänger des Impressionismus’; wohl < frz. neo-impressioniste 1886 in ROBERT 1985; vgl. engl, neo-impressionist 1892 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vertreter/ Anhänger des Neoimpressionismus; neuer/ moderner Vertreter/ Anhänger des Impressionismus’, mit Neoimpressionismus M. (1952) (zu Impressionismus ‘künstlerische Bewegung/ Stilrichtung im späteren 19. Jh.’, < frz. impressionisme, zu Impression in der Bed. ‘Eindruck’, < lat. impressio; wohl < frz. neo-impressionnisme 1883 in 1986 TRESOR 1971fF.; vgl. engl, neo-impressionism 1892 in OED 1989) ‘imitierter/ erneuerter/ heutiger/ moderner Impressionismus’; neoimpressionistisch Adj. (1962) (zu impressionistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Impressionismus, diesem zugehörig’; wohl < frz. neo-impressioniste 1897 in 1986 TRESOR 1971ff.; vgl. engl, neo-impressionist 1944 in OED 1989) ‘in neuer/ heutiger/ wiederbelebter/ imitierter impressionistischer Art; bezogen auf/ charakteristisch für den Neoimpressionismus’. Hamann 1907 Impressionismus 311 die französischen Neo-Impressionisten (SB). Zeit 31.10.1986 Diese Spannweite der Sammlung von Gaugin bis van Gogh über die deutschen Expressionisten und die Neo-Impressionisten bis zu Maillol ist heute längst Legende (CK). 1991 Art 9, In jungen Jahren hatte Hayet zum Kreis der Neoimpressionisten um Seurat und Signac gehört (z). 1994 Art 3, 85 Für die Neo-Impressionisten wurde Puvis de Chavannes Anfang der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts zur Kultfigur (z). 1952 MACKENSEN Neoimpressionismus: Ausläufer der impressionistischen Freilichtmalerei (bg). Süddeutsche Ztg. 30.6.1954 Gurt Herrmann war schon vierzig Jahre, als er zum Apostel des Neoimpressionismus wurde (SB). Zeit 18.9.1992 Der begabte junge Künstler hatte den Neoimpressionismus der Pointillisten leichthändig adaptiert (z). 1993 LEXIKON KUNST V 715 Neoimpressionismus, in der Forschung gelegentlich verwendeter Sammelbegriff für unterschied! , künstlerische Strömungen in Frankreich und in anderen europ. Ländern, die vom Impressionismus ausgehen und ihn transformieren (Z). van de Velde 1962 Gesch. 65 die neo-impressionistische Farbteilung (SB). Mannh. Morgen 24-4-1987 Dev 1881 Geborene begann mit neoimpressionistischen Bildern (CK). neo-informell Adj. (1987) (-informell zu Informel N., < frz. (art) informed Bezeichnung für einen Stil in der bildenden Kunst vor allem in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jhs.) fach-bildungsspr. ‘in neuer/ heutiger/ wiederbelebter Stilart des Informel’. Zeit 27.3.1987 Im Sog der Renaissance des Informellen begannen 1985 Nachwuchskünstler mit ‘neo-informeller’ Malerei (CK). Mannh. Morgen 50.5.1957 Statt neu-wilder oder neo-informeller kräftiger Pinselstriche, der glatte unterkühlte Schimmer von Fotografien (CK). <?page no="344"?> 336 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neoinsertion F.(1987) (zu Insertion ‘Ansatz/ Art der Befestigung von Muskeln und Sehnen am Knochen’, zurückgehend auf lat. insertio ‘Einfügung’, zu inserere ‘einfügen’) fachspr. (Medizin), vgl. Beleg. 1987 ROCHE Neoinsertion: Sehnenansatz-Verpflanzung (BG). neoislamisch Adj. (1993) (zu Islam, Bez. der von Mohammed begründeten Religion/ zs/ amisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Islam, auf diesem beruhend’, zurückgehend auf arab. <islam> ‘Hingabe an Gott’) bildungsspr. ‘auf jüngeren/ neuen Entwicklungen des Islam beruhend, diesen zugehörig’. Spiegel 1.2.1993, 126 Der religiöse Fundamentalismus im Islam greift dagegen auf die islamische Lehre vom Universalismus zurück, politisiert sie und entfaltet auf dieser Basis das neoislamische Konzept einer vom Islam beherrschten Weltordnung (CK). ebd. Auf seiten des Establishments stehende Islamgelehrte wollen nicht erkennen, daß islamische Fundamentalisten seit der neoislamischen Offenbarung ihres Ziehvaters Sajjid Kutb, der 1966 unter Nasser öffentlich gehenkt wurde, genau die islamische Sektengeschichte umkehren (CK). Neo-Isolationismus M. (1945) (zu Isolationismus ‘politisches Bestreben, sich von anderen Ländern abzusondern und staatliches Eigeninteresse zu betonen’, < engl./ amerikan. isolationism, zurückgehend auf ital. isolare ‘abtrennen, absondern’; vgl. engl, neoisolationism 1952 in OED 1989) bildungsspr. ‘neue/ heutige/ moderne Form des Isolationismus’, mit neoisolationistisch Adj. (1954) ‘isolationistisch auf neue/ aktuelle/ erneuerte Art; bezogen auf/ charakteristisch für den Neo-Isolationismus’; Neoisolationist M. (1987) (zu Isolationist ‘Vertreter/ Anhänger des Isolationismus’; vgl. engl, neo-isolationist 1950 in OED 1989) ‘Vertreter/ Anhänger des Neo-Isolationismus; neuer/ moderner Vertreter/ Anhänger des Isolationismus’. Münchn. N.N. Neo-Isolationismus (SB). Süddeutsche Ztg. 2.2.1965 Ein nicht ganz neues Schlagwort macht zur Zeit nicht nur in den Vereinigten Staaten die Runde: Neo-Isolationismus (SB). Hannoversche Allg. 8.5.1982 Die politologischen Beobachter der amerikanischen Szene verweisen immer wieder auf einen drüben aufkeimenden Neo-Isolationismus (z). 1954 FAZ Nr. 14 In der neo-isolationistischen Gibraltartheorie von Hoover fand das seinen programmatischen Ausdruck (WDG). Mannh. Morgen 27.5.1987 Das ist eine Absage an die Adresse der amerikanischen Neo-Isolationisten (CK). Neokapitalismus M. (1930) (zu Kapitalismus ‘auf freiem Unternehmertum und Gewinnstreben basierendes Wirtschaftssystem’, letztlich zurückgehend auf lat. caput ‘Haupt’; vgl. frz. neo-capitalisme 1931 in ROBERT 1985 und engl, neocapitalism 1968 in OED 1989) bildungsspr. ‘neue/ jüngere/ heutige Form des Kapitalismus’, mit neokapitalistisch Adj. <?page no="345"?> Das Präfix neo- 337 (1991) (vgl. frz. neo-capitaliste 1960 in ROBERT 1985 und engl, neocapitalist 1968 in OED 1989) ‘kapitalistisch in neuerer/ heutiger Form; bezogen auf/ charakteristisch für den Neokapitalismus’; Neo-Kapitalist M. (1993) ‘Kapitalist der neuen/ modernen Art; Vertreter des Neokapitalismus’. 1930 Nord und Süd 53, 1,3 Und sind denn auch die Bankiers dieses uns verheißenen Neokapitalismus wirklich in die Lehren vom „Produzenten“ eingedrungen? (SB). 1956 Aufbau 1056 Für ihn beruht die Einheit in erster Linie auf einer Annäherung der verschiedenen Gruppen der „liberalen“ Bourgeoisie und des „Neokapitalismus“ von Mendes-France (WDG). 1973 ÖTV-Magazin 5, o.S. In den Entwicklungsländern betreiben sie mit Vorliebe eine besonders gefährliche Form des Neokapitalismus (CK). Spiegel 19.8.1991, llf Die Weinans sind ein neuer Typ von Landwirt, der weder in alt-sozialistische noch in neokapitalistische Schablonen passen will (z). Mannh. Morgen 23.7.1993 Fingerspitzengefühl, gar Unrechtbewußtsein ist den großen und kleinen Neo-Kapitalisten fremd (z). Neokatholizismus M. (1871) (zu Katholizismus ‘Lehre der katholischen Kirche; Geist des katholischen Glaubens’, zurückgehend auf griech. <katholikos> ‘das Ganze betreffend, allgemein’; vgl. frz. neo-catholicisme 1833 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff. und engl. neo-Catholicism 1876 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘neue/ erneuerte/ jüngere/ reformierte Form des Katholizismus’, mit Neokatholik M. (1871) (vgl. frz. neo-catholique 1843 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff. und engl. neo-Catholic ca. 1870 in OED 1989 ‘Vertreter/ Anhänger des Neokatholizismus; neuer Anhänger des Katholizismus’; neokatholisch Adj. (1871) (vgl. frz. neo-catholique 1833 in ROBERT 1985 und engl. neo-Catholic 1842 in OED 1989) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neokatholizismus’. 1871 SANDERS FWB Neokatholik: Neukatholik, dazu: Neokatholicismus; neokatholisch (bg). 1897 Kraus 1895-99 B. 1.10.1897 3. K. Huysman, jener Typus des Neo-Katholizismus (SB). Zeit 5.f .1985 Den romantischen Freunden, Dichtern und Neo-Katholiken hat er mit respektvoller Entschiedenheit widersprochen (CK). neoklassisch Adj. (1915) (zu klassisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Klassik, ihr zugehörig’/ A'/ assfA; ‘Blütezeit einer (bestimmten) Kultur, einer (bestimmten) künstlerischen/ geistigen Bewegung’, zurückgehend auf lat. classicus ‘mustergültig, erstrangig’; vgl. engl, neoclassic(al) 1877 in OED 1989 und frz. neo-classique 1900 in ROBERT 1985) fach-/ bildungsspr. ‘klassisch in neuer/ heutiger/ wiederbelebter Art; bezogen auf/ charakteristisch für die Neoklassik’, mit Neoklassiker M. (1975) (vgl. frz. neo-classique 1861 in 1986 TRESOR 1971ff. und engl, neoclassicist 1930 in OED 1989) ‘Vertreter/ Anhänger der Neoklassik; Klassiker neuer/ moderner Art’; Neoklassik F. (1976) (vgl. engl, neoclassicism <?page no="346"?> 33 8 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- 1893 in OED 1989 und fr" 1928 in 1986 TRESOR 197111.) ‘neue/ heutige/ wiederbelebte/ jüngste Form der Klassik . Chledowski 1915 Italien 310 neo ' kld ' ShIS f* 1 ‘'"^'^ on ^ e n jblkloristischen und neo- JLIXn ily«: ! " « ™ Moderiita. dann bus,uh., daß ..= sich dun -MM» E,“ b “5 S« d“ neoklassische Methode kau" nur dann fuuk.iouiereu, wenn all« neoklassischen Lehrbuehmodelle .«rw.rklnh. smd (d b A| ,„„ Spee „ (ck). Zeit 6 3 1987 Auf den anderen Seite: die neoklassiscneii l, 7 5 MEYER „7,0. " m ““ Sr,».»".'— das^Fressen! dann komm, di« Mora,-, wußte sehou Neoklassiker Bert Brecht (CK). „75 MEYER „710. Sachhehke,. Zeit 17.4-1987 Irgendwie sind sie alle turnen vu (CK). M nQ9S) (zu Klassizismus, Bezeichnung für verschie Neoklassizismus M. (1925) (zu A a6S ’ die sich eng an klassidene Kunststll ®/ ' beW J 3SUI J S w rl an l e hnen’ vgl. frz. neo-classicisme sehe (antike oder andere) Vorbilder anletm , g INTER- NAT l^lbr^cb-'/ bildun^s^rTneue/ jüiigstoA^^^ 1 ^^* 6 ,^^^^! ).^))) "TctstL,1930 in OED 1989) 'Vertreter/ Anhänger des Neoklassmtsmus-, neuer/ moderner Vertreter des Klassizismus . im AM. / . m. «S. (Überschrift) Der NeoklassiaUmn, in de, jüngsten ta— IßT« M» E « lS h “ ml0 “ n ’ * ber el " k ‘" ,Cken Neo-Klassizismus streiten (CK). iphlimrsassistent Tessenows entwickelte gleichseitigen euro Pa .cbe„ T»fCdl Ein derzeit sich,harter Trend zun, Neo-Neo-Kl.ssizismu, (sie) “ Neukl^nsntus, Nook,assiaismu. oft und hes. in de, („g, -.prangen Literatur identisch mit Hu".,»., gebrauch. (2). nie" „El Gesicht„99 Man dichtete „ooklas.izisti.ch und mach.« v.el«, »h. Völlig unkaschiert „ooklassizisti.che Architektur wird eh«, .1. Kurio- ‘Z^nSI: SO.4-1999 die Nene Staatsgaleri« mit ihrem „ooklassizistisehen Altbau (Z). , , i i t es sici, um einen neoklassizistischen Zeit 16.7.1993 Bei der Neuen Wache handelt es sicn un Pavillon (z). <?page no="347"?> Das Präfix neo- 339 1974 WDG 1964ff- Neoklassizist (BG). Zeit 25.7.1986 Matisse verschmilzt beide Richtungen zu einem mittelmeerischen Humanismus, dem später die Neoklassizisten anhängen werden (CK). Neo-Kollektivismus M. (1925) (zu Kollektivismus ‘Anschauung/ Lehre, die dem Kollektiv unbedingten Vorrang vor dem Individuum einräumt’, zurückgehend auf lat. collcctivus ‘angesammelt’, zu völligere ‘sammeln’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neue/ heutige/ aktuelle Form des Kollektivismus’, mit neokollektivistisch Adj. (1930) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neokollektivismus/ die Neokollektivität’; Neokollektivität F. (1930) (zu Kollektivität ‘Gemeinschaft/ Gemeinschaftlichkeit’) ‘neue/ heutige/ aktuelle Form der Kollektivität’. Jerusalem 1925 Soziologie I 220 Im Nationalismus erhält der Neo-Kollektivismus eine andere Ausprägung (SB). Koellreutter 1930 Reichstagswahlen 16 das neokollektivistische Zeitalter (SB). ebd. Neokollektivität (SB). neokolonialistisch Adj. (1958) (zu kolonialistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Kolonialismus’/ / fo/ oma/ ismus ‘auf den Erwerb und Ausbau von Kolonien gerichtete Politik’/ Ä'o/ om'e ‘ausländischer Landbesitz eines Staates’, < lat. colonia ‘Tochterstadt, Ansiedlung außerhalb des Vaterlandes’, vgl. frz. neo-colonialiste 1960 in ROBERT 1985) bildungsspr. ‘kolonialistisch in neuer/ aktueller/ heutiger Form; bezogen auf/ charakteristisch für den Neokolonialismus’, mit Neokolonialismus M. (1960) (zu Kolonialismus, vgl. oben; vgl. frz. neo-colonialisme 1960 in ROBERT 1985 und engl. neo-colonialism 1961 in OED 1989) ‘neue Mittel/ aktuelle Art/ moderne Form des Kolonialismus’, mit Neokolonialist M. (1961) (zu Kolonialist ‘Vertreter/ Verfechter des Kolonialismus’, vgl. frz. neo-colonialiste 1960 in ROBERT 1985 und engl, neo-colonialist 1961 in OED 1989) ‘Vertreter/ Verfechter des Neokolonialismus; neuer/ heutiger Vertreter/ Anhänger des Kolonialismus’; Neokolonie F. (1972) (zu Kolonie, vgl. oben) okkasionell/ bildungsspr. ‘heutige/ moderne (Form der) Kolonie’; neokolonial Adj. (1985) (zu kolonial ‘die Kolonien betreffend, auf sie bezüglich’; vgl. engl, neo-colonial 1961 in OED 1989) ‘kolonial in neuer/ heutiger/ moderner Form’. ND 22.7.1958 In der Unterstützung dieser Politik kommen auch die neokolonialistischen Ziele des deutschen Imperialismus zum Ausdruck (WDG). Stuttgarter Ztg.7.9.1962 Die EWG wird deshalb als eine „neokolonialistische, kollektive Ausbeuterorganisation“ angeklagt (SB). MD 11.12.1964 Er stellte mit Nachdruck fest, die USA hätten eine geplante Aggression durchgeführt, die von neokolonialistischen Interessen geleitet gewesen sei (CK). ND 21.6.1969 die Untergrabung und Verhinderung der nationalen Unabhängigkeit der Völker und Staaten durch neokolonialistische Komplotte in Lateinamerika, Asien und Afrika (CK). <?page no="348"?> 340 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- TAZ 24-1 1990 Von Anfang an hatte die kleine kaputte und aus allen Schloten stinkende DDR gegenüber der großen feisten und neokolonialistisch gestimmten BRD keine Chance (CK). Offenburg. Tagebl. 8.3.1960 Die Sowjetpropaganda hat der freien Welt einen wichtigen Begriff gestohlen, den Begriff Neokolonialismus (SB). Berl. Ztg. 26.10.1960 eine demagogisch-betrügerische Propaganda, die den afrikanischen Völkern den Neokolonialismus schmackhaft machen soll (WDG). Welt 17.11.1964 Seine Kollegen predigen täglich den Kampf gegen den Imperialismus, gegen Reaktion und Neokolonialismus (SB). 1968 Einheit 1462 die Auseinandersetzung mit dem westdeutschen Neokolonialismus (WDG). 1974 ND 108 im Kampf gegen Imperialismus und Neokolonialismus (WDG). Spiegel 27.12.1993, 110 Kasachen wie Ukrainer, beide mit Atomraketen bewaffnet, die sie nicht bedienen können, haben Angst vor dem russischen Neokolonialismus (CK). Süddeutsche Ztg. 14-10.1961 Neokolonialisten (SB). ND 20.1.1964 Innerhalb von drei Wochen haben die Neokolonialisten der USA empfindliche Niederlagen einstecken müssen (CK). Spiegel 26.7.1993, 110 Wenn sich die Deutschen zu Handlangern der amerikanischen Neokolonialisten und ihrer Verbündeten machten, müsse man sie mit Vorrang bekämpfen (CK). 1972 ND 200 Aber kaum war der Frieden wiederhergestellt, als der USA-Imperialismus die Aggression gegen Süd Vietnam begann, um es in seine Neokolonie zu verwandeln (WDG). Zeit 29.3.1985 Der Regierungschef Griechenlands ist davon überzeugt, daß sein Land durch die Vereinigten Staaten als „Neo-Kolonie“ vergewaltigt worden sei (CK). Zeit 5.4-1985 Die Entwicklungshilfe spielt dieselbe Rolle bei der neokolonialen Industrialisierung wie die christliche Mission bei der Kolonialisierung (CK). Zeit 6.6.1986 wenn seine Revolution sich als Zeitbombe für die morschen Strukturen des neokolonialen Afrika entpuppen sollte (CK). Spiegel 26.4-1993, 22 Es könnte nach Zaire gehen, wo das morsche Regime des Diktators Mobutu zusammenbricht und der Westen, neokolonial, gewaltige Rohstoffinteressen wahren will (CK). Neokom N. (1871) (< frz. Neocomien 1836 in 1986 TRESOR 1971ff., zurückgehend auf die latinisierte Form Neocom(i)um des Schweizer Städtenamens Neuenburg/ Neuchatel, zu griech. <köme> ‘Dorf, Flecken, offener Ort’; vgl. engl. Neocomian 1888 in OED 1989) fachspr. (Geologie) Formationsbezeichnung (aufgrund von Funden bei Neuchatel) ‘ältere Stufen der unteren Kreideformation’, mit neokom Adj. (1974) (vgl. engl. Neocomian 1843 in OED 1989 und frz. neocomien 1869 in 1986 TRESOR 1971ff.) vgl. Beleg (irreg). 1871 SANDERS FWB Neokom: „Neuenburg“ = Neufchatel danach geolog. Bez. einer mächtigen Mergelschicht unter dem unteren Grünsand (EG). DUDEN FWB 1982 Neokom und Neokomium, älterer Teil der unteren Kreideformation (BG). 1974 WAHRIG FWB neokom, zum Neokom gehörig, daraus stammend (BG). <?page no="349"?> Das Präfix neo- 341 Neokommunist M. (1950) (zu Kommunist ‘Vertreter/ Anhänger des Kommunismus’/ / vommwm'smws ‘linke totalitäre Ideologie und Gesellschafts-/ Wirtschaftsform’, zurückgehend auf lat. communis ‘gemeinsam’) bildungsspr. ‘Vertreter/ Anhänger des Neokommunismus; neuer/ moderner Anhänger des Kommunismus’, mit Neokommunismus M. (1967) (zu Kommunismus, vgl. oben; vgl. frz. neo-communisme 1937 in ROBERT 1985) ‘erneuerter/ neuakzentuierter/ reformierter/ moderner Kommunismus (vor allem nach dem Niedergang des Kommunismus sowjetischer Prägung)’; neokommunistisch Adj. (1993) ‘kommunistisch in neuer/ aktueller Form; dem Neokommunismus/ den Neokommunisten zugehörig, darauf bezogen, für sie charakteristisch’. Süddeutsche Zig. 22./ 23.6.1950 Über derartige Dinge gehen allerdings die moskaugeschulten Neokommunisten hinweg (SB). Rhein. Merkur 31.8.1990 Dies lag nicht nur daran, daß der Politologe und Neokommunist außer einer lauen Wiederauflage alter ideologischer Denkgebäude nichts zu bieten hatte (CK). FAZ 3.1.1967 P>'\e chinesische Infiltration, die Gefahr des gelben Neokommunismus sind absichtlich mit Schweigen übergangen worden (SB). Spiegel 1.2.1993, 132 Sie sind geblendet und sitzen der neokommunistischen, jugounitaristischen Propaganda auf (CK). Mannh. Morgen 15.10.1993 Den alt- und neokommunistischen Zeitungen wurde für ein weiteres Erscheinen zur Auflage gemacht, einen neuen Namen anzunehmen (z). neokonservativ Adj. (1950) (zu konservativ ‘am Hergebrachten festhaltend; das Bestehende erhaltend/ bewahrend’, zurückgehend auf lat. conservare ‘erhalten, bewahren’; vgl. engl, neoconservative 1971 in OED 1989) bildungsspr. ‘konservativ auf neue/ neuartige Weise, in heutiger/ moderner Form’, mit Neokonservativismus M. (1970), auch Neokonservatismus (1985) (zu Konservativismus ‘geistige oder politischideologische Auffassung/ Haltung/ Bewegung, die eine bestehende Ordnung bejaht und zu erhalten sucht’, vgl. engl, neo-conservativism 1960 in OED 1989) ‘erneuerter/ neu akzentuierter/ moderner Konservativismus’; Neo-Konservativer M. (1982) (zu Konservativer ‘Vertreter/ Anhänger des Konservati(vi)smus’; vgl. engl, neo-conservative 1964 in OED 1989) Vertreter/ Anhänger des Neokonservati(vi)smus; neuer/ moderner Vertreter/ Anhänger des Konservativismus’. Th. Mann 1950 Meine Zeit (SFV 11, 310) Und doch war dieser Grund angenagt, attackiert und tief in Zweifel gezogen [...] vom Geiste her und von der Kunst, von der Moralkritik, vom Ästhetizismus, von einem Anti-Liberalismus revolutionärer oder üeo-konservativer Haltung (CK). Flechtheim 1970 Futurologie, o.S. In dem Maße, wie die Futurologie populär wird, gewinnt ein neuer Typ von neokonservativen Zukunftsforschern an Boden (CK). Welt 5.2.1974 Kreisky erblickt in den Zielen des Club of Rome die Renaissance einer »neo-konservativen Ideologie“ (CK). Habermas 1985 Unübersichtlichkeit 35 So bieten sich die Intellektuellen als sichtbarste Zielscheibe der neokonservativen Kritik (CK). <?page no="350"?> 342 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Mannh. Morgen 31.7.1993 Was die Rechten lesen - „Die Junge Freiheit“ und andere neokonservative Publikationen (z). Mannh. Morgen 28.1.1994 Schon länger paßte Schuschkewitsch nicht mehr in Moskaus neokonservative Pläne (z). Flechtheim 1970 Futurologie, o.S. Dieser „Neokonservativismus“ ist keineswegs auf die Bundesrepublik beschränkt (CK). Habermas 1985 Unübersichtlichkeit 39 Die philosophischen Wortführer des deutschen Neokonservativismus haben ihre Identifikation mit der gesellschaftlichen Moderne nicht in Begriffen einer unzweideutig liberalen Theorie vollzogen (z). Spiegel 11.10.1993, 18 Das amerikanische Rezept des Neokonservativismus hatte seine Blüte in der Zeit Ronald Reagans und scheiterte (CK). Zeit 8.2.1985 Zwar hat der Neokonservatismus die Stichworte für die Wende geliefert, aber auch Sozialdemokraten haben sie ein weites Stück Weg mitvollzogen (CK). Habermas 1985 Unübersichtlichkeit 31 Insofern ist der Neokonservatismus das Ergebnis einer Enttäuschungsverarbeitung (z). Hannoversche Allg. 8.5.1982 Die Aufrichtung des Wortes Neo-Konservativismus als Schießscheibe mit wenigen Ringen und einem übergroßen schwarzen Zielpunkt, ist eine späte Rache für das, was Neo-Konservative den Sozialdemokraten zuvor angetan haben (z). Zeit 4-10.1985 Sein Urteil über den Konservatismus könne selbst Neokonservative doch nur schwer erschüttern (CK). Habermas 1985 Unübersichtlichkeit 30 Freilich bilden die Neokonservativen nur eine von drei Gruppen im ideologischen Klientel des neuen Präsidenten (z). Mannh. Morgen 1.1.1994 Und so darf die Zeitung weiterhin ihre konservative Revolution proklamieren, obwohl Kenner sie als wichtiges Bindeglied zwischen den Nookonservativen und den Rechtsextremen, bewerten (CK). neokonstruktivistisch Adj. (1987) (zu konstruktivistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Konstruktivismus' 1 / Konstruktivismus ‘künstlerische Bewegung/ abstrakte Stilrichtung in der ersten Hälfte des 20. Jhs.’, zurückgehend auf lat. constructus, Part.Perf. zu construere ‘erbauen’) fach-/ bildungsspr. ‘in neuer/ heutiger/ wiederbelebter konstruktivistischer Art; bezogen auf/ charakteristisch für die neokonstruktivistische Bewegung/ Stilrichtung’, mit Neo-Konstruktiver M. (1987) (zu konstruktiv, entsprechend konstruktivistisch oder zu Konstruktiver, entsprechend Konstruktivist ‘Vertreter/ Anhänger des Konstruktivismus’) ‘Vertreter/ Anhänger der neokonstruktivistischen Bewegung/ Stilrichtung; neuer/ heutiger Vertreter/ Anhänger des Konstruktivismus’. Mannh. Morgen 13.6.1987 Die neokonstruktivistischen Seltsamkeiten von Klaus Kumrow erzeugen auch nicht eben Erkenntnisblitze im Hirn des Betrachters (CK). Spiegel 17.5.1993, 287 Diese neokonstruktivistische Arabeske schwelgt in riesigen Schau-Fenstern (CK). Mannh. Morgen 25.4-1987 Er war inmitten Gleichgesinnter wie der Gruppe Zero, der „weißen“ Neo-Konstruktiven [...] eine zentrale Figur (CK). <?page no="351"?> Das Präfix neo- 343 Neo-Konzeptualismus M. (1988) (zu Konzeptualismus, hier gleichbed. mit Konzeptkunst/ Concept Art ‘künstlerische Bewegung/ abstrakte Stilrichtung in der 2. Hälfte des 20. Jhs.; ‘zurückgehend auf lat. conceptus ‘das Zusammengefaßte’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuer/ erneuerter/ heutiger/ wiederbelebter Konzeptualismus’. Mannh. Morgen 11.3.1988 Etiketten wie „Neo Pop“, „Neo-Konzeptualismus“ oder „Smart Art“ helfen hier nur bedingt weiter (CK). Neokortex M.(1974), auch Neocortex (zu Kortex ‘Gehirnrinde’, zurückgehend auf lat. cortex ‘Rinde, Schale, Hülle’; vgl. engl. neo(-)cortex 1909 in OED 1989 und frz. neo(-)cortex 1950 in ROBERT 1985) fachspr. (Medizin), vgl. Belege. 197^ MEYER DDR 1972ff. Neokortex, Neurinde-, die graue Substanz des Neopalhums, welche die wichtigsten Assoziationszentren enthält (z). 1987 ROCHE Neocortex: der phylogenetisch jüngste, am stärksten differenzierte Teil der Großhirnrinde; auch Neokortex (z). Neo-Kubismus M. (1986) (zu Kubismus ‘Stilrichtung/ Bewegung in der bildenden Kunst in der ersten Hälfte des 20. Jhs.’, zurückgehend auf lat. cubus, < griech. <hjbos> ‘Würfel’; vgl. frz. neo-cubisme in ROBERT 1985) fach-/ bildungsspr. ‘erneuerter/ wiederbelebter/ heutiger/ imitierter Kubismus’. Mannh. Morgen 23.9.1986 Später finden sich Spuren des Neo-Kubismus, Braque wird zum bedeutsamen Anreger (CK). Neolalie F. (1987) ( -Iahe zurückgehend auf griech. <lalein> ‘reden, schwatzen’; vgl. engl, neolalia in WEBSTER INTERNAT 1976) fachspr. (Psychologie) ‘durch den Gebrauch unsinniger/ bedeutungsloser (neuer) Wörter geprägtes psychotisches Sprechen’ (irreg). 1987 ROCHE Neolalie, häufiger Gebrauch von Neologismen beim Sprechen (z). Neolamarckismus M. (1897) (zu Lamarck, Eigenname, frz. Naturwissenschaftler/ Lamarckismus ‘von Lamarck begründete Lehre; auf Lamarck fußende Lehre/ Anschauung/ Bewegung’; vgl. engl. Neo-Lamarckism 1884 in OED 1989 und frz. neo-lamarckisme 1907 in 1986 TRESOR 1971ff.) fachspr. ‘moderne Weiterentwicklung der Lamarckschen Theorien; neuer/ heutiger Lamarckismus’, mit Neo-Lamarckianer M. (1897), auch Neolamarckist (1913) (vgl. frz. neo-lamarckien 1907 in 1986 TRE- SOR 1971ff.) ‘Vertreter/ Anhänger des Neolamarckismus; neuer/ moderner Vertreter/ Anhänger des Lamarckismus’. 1897 MEYER 1893ff. Neolamarckismus, Neubelebung der Lamarckschen Lehren, wie sie Darwin gegenüber namentlich in England versucht wurde (BG). Haeckel 1913 Lebenswunder 432 Unter den verschiedenen Richtungen, welche neuerdings die Zoologen und Botaniker in der Fortbildung der Descendenz-Theorie einge- <?page no="352"?> 344 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoschlagen haben, werden vielfach als zwei entgegengesetzte Schulen Neolamarckismus und Neodarwinismus unterschieden (SB). J897 Naturwiss. Wochenschr. 518 Von jener Schrift her datirt der Kampf der Meinungen und hat sich in unsern Tagen bis zur Bildung zweier feindlicher Lager in der Wissenschaft gesteigert: zur Partei der sogenannten Neo-Lamarckianer, die die Vererbung erworbener Eigenschaften festhalten und zu der der Neo-Darwinianer (SB). 1934 Abhandlungen Bremer Wiss. Ges. 360 Daher ist auch die Einteilung der heute lebenden Biologen in „Lamarckianer“ und „Darwinianer“ oder gar „Neolamarckianer“ und „Neodarwinianer“ gänzlich müßig (SB). Haeckel 1913 Lebenswunder 432 Ebenso wenig darf man auch Naegeli, de Vries und andere moderne Biologen, welche die Selection leugnen, deshalb als Neolamarckisten bezeichnen (SB). Neoliberalismus M. (1947) (zu Liberalismus ‘geistige oder politischideologische Auffassung/ Haltung/ Bewegung, die im gesellschaftlichen und politischen Bereich die größtmögliche Freiheit für das Individuum fordert und staatliche Eingriffe auf ein Mindestmaß reduziert sehen will’, zurückgehend auf lat. liberalis ‘freiheitlich’/ h'&er ‘frei’; vgl. frz. neoliberalisme 1843 in ROBERT 1985 und engl, neo-liberalism in WEBSTER INTERNAT 1976) fach- und bildungsspr. ‘neue/ heutige/ moderne/ wiederbelebte Form des Liberalismus’, mit Neoliberaler M. (1950) (vgl. frz. neo-liberal 1959 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) ‘Vertreter/ Anhänger des Neoliberalismus; neuer/ moderner Vertreter/ Anhänger des Liberalismus’; neoliberal Adj. (1959) (vgl. engl, neoliberal 1966 in OED 1989 und frz. neo-liberal 1966 in 1975 GR.LAROUSSE 19711T.) ‘liberal in neuer/ aktueller Form; bezogen auf/ charakteristisch für den Neoliberalismus, diesem gemäß’. 1947 Wiener Zs. f. Philosophie 76 Der Neoliberalismus wird am wirkungsvollsten von Walter Lippmann vertreten (SB). 1954 Hans Schmid (Buchtitel) Neoliberalismus und katholische Soziallehre (WDG). 1955 BROCKHAUS 1952JJ. Neoliberalismus [...] eine erstmals 1939 für eine Konferenz in Genf dargelegte, vornehmlich von den Nationalökonomen Röpke, Rüstow [...] vertretene wirtschaftspolit. und Sozialphilosoph. Lehre (bg). Schwank 1974 Wirtschaftsregulierung 95 Der Neoliberalismus lieferte diesen ideologischen Zielstellungen der Monopolgewaltigen eine maßgeschneiderte Drapierung (WDG). Zeit 20.9.1985 Als die Niederlage der Rechten besiegelt war, stieß er noch einmal nach: die Welle des Neoliberalismus sei nun endgültig verebbt (CK). Süddeutsche Ztg. 4-5.1950 der Utopismus der Neoliberalen (SB). Banaschak 1969 Mensch 127 Ausgerechnet Röpke, der als Neoliberaler das Hohelied von Angebot und Nachfrage sang, stellte das fest (WDG). Zinn 1971 Planwirtschaftstheorie 207fJ. Daß solch ein Zustand wünschenswert ist, wird heute nicht einmal mehr von Neoliberalen behauptet (CK). Zeit 4-10.1985 Radikale Neoliberale wie David Friedman haben die Ursache von Umweltzerstörung darin gesehen, daß Teile der Natur „freie Güter“ seien (CK). Spiegel 6.12.1993, 176 Und daß das Pendel nach der Revolution der Neoliberalen irgendwann wieder Zurückschlagen wird, leuchtet ein (CK). Stuttgarter Ztg. 28.2.1959 Die bundesrepublikanische Marktwirtschaft ist ein durch und durch liberales wenn Sie wollen neoliberales - Ding (SB). <?page no="353"?> Das Präfix neo- 345 Schwank 197f Wirtschaftsreguherung 95 Die neoliberale Konzeption erlangte in der antikommunistischen Aktivität des Imperialismus der BRD besonderes Gewicht (WDG). Zeit 17.5.1985 Der zweite Unterschied, der vor allem Gewerkschafter zu Recht gegen die neoliberalen Ideen aufbrachte, liegt in der Absicht, die gesetzliche Altersversicherung zugunsten der privaten Altersvorsorge einzuschränken (CK). Mannh. Morgen 20.7.1991 Fast alle Staats- und Regierungschefs hatten in ihren Reden eine neoliborale, von staatlichen Eingriffen weitgehend freie Wirtschaftspolitik als Voraussetzung genannt (z). Neolinguistik F. (1950) ( zu Linguistik ‘Sprachwissenschaft’, zurückgehend auf lat. lingua ‘Zunge; Sprache’; < ital. neolinguistica, nach OED 1989 von M. G. Bartoli 1925 geprägte Bezeichnung; vgl. engl, neo-linguistics 1946 in OED 1989) fachspr. (Linguistik), vgl. Belege, mit Neolinguist/ iker M. (1955/ 1982) (vgl. engl, neo-linguist 1937 in OED 1989) ‘Vertreter/ Anhänger der Neolinguistik’. 1950 Sprache 23 wie besonders die Untersuchungen der italienischen Schule der Neolinguistik zeigen (SB). 1955 Sowjetwissenschaft 1, 63 Wir müssen unsere Aufmerksamkeit auf die historischvergleichende Erforschung von Gruppen verwandter Sprachen durch Vertreter der verschiedenen Schulen und Richtungen (Strukturalismus, Neolinguistik u.a.) lenken (WDG). 1976 MEYER 1971ff. Neolinguistik, von M. G. Bartoli begründete, bes. in Italien vertretene Richtung der Linguistik (BG). 1955 Sowjetwissenschaft 1, 63 Wir können uns nicht einverstanden erklären mit den antihistorischen Schemata des „Neolinguisten“ Bonfante (WDG). 1982 DUDEN FWB Neolinguistiker [auch: Neolinguist] Vertreter der Neolinguistik (BG). neolithisch Adj. (1871) (-lithisch zu -lithikum in Zusammensetzungen i-S.v. ‘Steinzeit’, zurückgehend auf griech. <Hthos> ‘Stein’; vgl. engl, neolithic 1865 in OED 1989 und frz. neolithique 1866 in 1986 TRESOR 19711F.) fachspr. ‘der neueren/ jüngeren (= späteren) Steinzeit zugehörig; bezogen auf/ charakteristisch für diese; neusteinzeitlich’, mit Neolithikum N. (1922) (vgl. frz. neolithique 1902 in 1986 TRESOR 1971ff.) ‘Jungsteinzeit’; Neolithiker M. (1982) (vgl. engl, neolith 1882 in OED 1989) ‘Mensch des Neolithikums’. 1871 Sanders FWB Neolithisch: im Gegensatz zu archäood. paläolithisch: der späteren Steinzeit angehörig, darauf bezüglich, ihr gemäß (BG). Zeit 3.1.1986 Bei der Ausgrabung einer neolithischen Nekropole wurden zwei Statuetten gefunden (CK). Mannh. Morgen 23.1.1989 Als Themen bieten die Museumspädagogen Interessantes aus allen Gebieten an, so aus dem Bereich Archäologie „Das Leben der Altsteinzeitlic hen Horden“ und „Die neolithische Revolution“ (CK). Buschan 1922 Illustr. Völkerkunde 116 Neolithikum (SB). <?page no="354"?> 346 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Schmidt 1937 Ethnologie 278 Das Neolithikum soll hier nicht weiter verfolgt werden (SB). 1966 Studium Generale 12, o.S. Wiederum zehnmal so lange wie diese letzte Spanne ist die Zeit, die uns von der ersten meisterlichen Technik (dem Neolithikum) trennt (CK). Meier 1988 Im Anfang 85 Anknüpfungsmöglichkeiten an die Sprache der Jungsteinzeit des Neolithikum - oder der Bronzezeit vermittelt die Etymologie in reichem Maße (Z). Mannh. Morgen 10.9.1989 „Leben und Umwelt im Neolithikum“ hieß das Thema des diesjährigen Kolloqiums (CK). 1982 DUDEN FWB Neolithiker: Mensch des Neolithikums (BG). Neologie F. (1754) (neoklassische Bildung; -logic zurückgehend auf griech. <logos> ‘Wort, Rede, Lehre’; vgl. frz. neologie 1759 in 1986 TRESOR 1971ff. und engl, neology 1797 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. (vgl. unten neologisch) ‘Neuerung’, heute vorwiegend fachspr. (Linguistik) ‘Neuerung im Wortschatz’, mit neologisch Adj. (1754) (vgl. frz. neologique 1726 in 1986 TRESOR 1971ff. und engl, neological 1754 in OED 1989) fach-/ bildungsspr., wie weitgehend auch bei den hier aufgeführten Ableitungen zunächst und durchgängig vom 18. bis ins frühere 20. Jh. häufig, heute nur noch vereinzelt pejorativ unter Bezugnahme auf Neues/ Neuerungen vor allem im Bereich der (evangel.) theologischen Lehre (im 18. Jh.) und im Bereich der Wortbildung (seltener auch auf Neuerungen in anderen Bereichen) ‘der Neuerung huldigend/ gemäß; (in der Lehre/ im Wortgebrauch/ in einem Bereich) neuerungssüchtig; (in der Religion/ Theologie) neugläubig’; heute vorwiegend fachspr. (Linguistik) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neologismus/ die Neologie; (sprachlich) neugebildet’; Neologist M. (1754), auch Neologe (1781), im 19. Jh. häufig Neolog (vgl. frz. neologue 1726 in 1986 TRESOR 1971ff. und engl, neologist 1785 in OED 1989) in jüngerer Zeit nur noch selten gebucht/ veraltend; ‘Neuerer (einer Lehre/ im sprachlichen Bereich)’; ‘jemand, der neue Wörter prägt’; neologisieren V. intrans. (1762) (vgl. frz. neologiser 1843 in ROBERT 1985 und engl, neologize 1846 in OED 1989) gebucht bis ins frühere 20. Jh., veraltet ‘(sprachliche oder andere) Neuerungen machen/ einführen’; Neologismus M. (1767) (wohl zurückgehend auf frz. neologisme, 1734 in 1986 TRESOR 1971fL; vgl. engl, neologism 1803 in OED 1989) ‘Neuerung(ssucht)’; heute vorwiegend fachspr. (Linguistik) ‘sprachliche/ lexikalische Neuerung; Neuwort’; neologistisch Adj. (1970) (vgl. engl, neologistic(al) 1827 in OED 1989) okkasionell/ bildungsspr.; weitgehend verwendet wie neologisch. Schönaich 1754 Ästhetik 15 (Überschrift) Neumodisches Wörterbuch für angehende Dichter: oder die Neologie (SB). 1813 CAMPE FWB Neologie, die Neuerungssucht [...]; Worterfindung, welches Catel dafür hat, ist viel zu enge (BG). 1816 OERTEL Neologie, Neulehre, Lehrneuerung, bes. Neuerungssucht in Glaubenssachen (BG). 1817 PETRI Neologie, Neulehrerei, Neuwörterei (BG). <?page no="355"?> Das Präfix neo- 347 HEYSE FWB 1838 Neologie, od. Neologismus Lehrneuerung, Neuerungssucht, Neulehrerei [...], auch Sprachneuerung, Bildung neuer Wörter (bg). Raumer 1842 England III 308 die fliegenden Feuerschlangen der Neologie und des Rationalismus (SB). 1846 BROCKIIA US 1843ff. Neologie heißt Sprachneuerung, besonders im tadelnden Sinne, wenn man ohne dringende Veranlassung neue Wörter, Redensarten und Wendungen statt derer einführt, welche die classische Periode der Sprache in ausreichender und entsprechender Weise bereits darbietet. [...] In der Mitte des 18. Jahrh. bezeichneten die orthodoxen Lehrer der christlichen Kirche die Meinungen der Heterodoxen mit dem Worte Neologie und nannten jene deshalb Neologen (BG). 1871 SANDERS FWB Neologie: Treiben, Streben eines Neologen und die von ihm ausgehende Neuerung (BG). 1897 MEYER 1893 Neologie (griech.) Sprachneuerung, besonders wenn sie in unnötiger Einführung neuer Wörter, Redensarten und Redewendungen (Neologismen) besteht; dann jede andre Neuerung, gewöhnlich mit der Nebenbedeutung des Unnützen oder Verderblichen (BG). 1982 BROCKHAUS/ WAHRIG 1980ff. Neologie 1. Neuerung 2. Neubildung sprachlicher Ausdrücke 3. (ev. Kirche) aufklärerische Richtung in der deutschen evangelischen Theologie Mitte des 18. Jh.s [...] (BG). 1754 Schönaich (Buchtitel) Die ganze Aesthetik in einer Nuss oder Neologisches Wörterbuch (z). ebd. 230 neologische Wörteley (z). Nicolai 1755 Briefe 75 neologisches Wörterbuch (SB). Riedel 1767 Theorie, o.S. Der Stil ist an den meisten Orten gezwungen, sichtbar nachgeahmt und oft neologisch (SB). 1813 CAMPE FWB Neologisch, neuerungssüchtig, neulehrig, neugläubig (BG). OERTEL 1816 Neologisch a. neulehrig, neuerungssüchtig, b. neue Wörter erklärend (BG). HEYSE FWB 1838 neologisch neuerungssüchtig, neulehrig, besonders in der Sprache und in Glaubenssachen; neugeschaffen (BG). 1845 Anemonen II 209 womit Joseph II. mit seiner neologischen Thür in’s Haus der alten Nationalgefühle und Vorurtheile fiel (SB). 1990 DUDEN FWB neologisch: La) Neuerungen, bes. auf religiösem od. sprachlichem Gebiet betreffend; b) neuerungssüchtig; 2. aufklärerisch im Sinne der Neologie (ev. Theologie) (BG). Schönaich 1754 Ästhetik 345 Denn die schönsten Redensarten unserer heiligen Neologisten gleichen einem Bündel Disteln, das man von keiner Seite angreifen kann (z). Wezel 1781 Sprache 172 Bey uns hingegen macht jede Neuerung gleich Aufsehn, findet gleich in allen Städten wenigstens einige Nachahmer und einige Zeitungssschreiber, die den Neologen unter die Sterne versetzen (SB). Lavater 1798 Briefe an Bremer Freunde 23 Der Terrorism gegen die Altgläubigen wirkt von Seite der Neologen wirkt in unserer politischen, wie in der theologischen Welt (SB). 1813 CAMPE FWB Neologe, ein Neuerer (BG). OERTEL 1816 Neolog, Neulehrer, Lehrneuerer, der Neuerungen in irgend einer alten Lehre versucht (BG). PETRI 7577Neolog gr. ein Neulehrer, Neugläubiger, Neuerer, Verlasser des alten Glaubens (BG). HEYSE FWB 1838 Neolog [...], auch Sprachneuerer (BG). 1871 SANDERS FWB Neolog Neuerer in einer Lehre, nam. auch auf sprachl. u. religiösem Gebiet (bg). <?page no="356"?> 3 48 Michael Kinne: Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Hauser 1935 Judentum 194 Reformjuden oder Neologen, wie sie gewöhnlich gen TÄU» r| o 8 e, (»0. 1982 DUDEN FWB Neologe: jmd., der Neologisme P 6 ,7«i »«.* / . f 1813 CAMPE FWB Neologisiren, Neuerungen machen, wotu ÄSSÄÄU*--«*- «'*'*'“ ■ Wört “ ÄS« 7» Neologiäeren^ iP3S GENIUS neologisieren, Sprach- oder Lehrneue 6 rM 7767 ne.« » Man s« ^ »i« di- U«-‘o,«n in d»n SS (j-r^iiche» Dingen) m H Smender Mäßigung bin ich nicht so ganz abgen g “SSSSiSÄInSS nie <t nengel.ide.e, W«ee r; «SSS«ST G Neoiogi, ™ . (g-l Lehrneuerung, Neue,u„ge.»ch. ; Neu»«,. S aWVSNeologismus, Neuerung, neuart.g« Lehre oder AusdrueU.weise, Spr.eh- 1984 HWDGNeologismus [, .] ^^’‘^^ShäßUche^Neologismus „Untersteller“ Zeit 31.10.1986 Ich äussere mich nicht zu dem häßlichen ^„,d"n, i ,LLe,.l„,u.^^ S i^i^"SSS^M: teils germanische Wortstamme neologistisch weiter M M rhn M (1992) (zu Macho ‘sich übertrieben männlich ge- Neo-Macho JV1. , / Tipr-lMännchen , zuruck- ‘neuer/ heutiger Typ eines Macho . „„ Cesuurpe,..» *, « Woudra.scheh nicht ohne Grund ai. Neo-Macho apestrophiert, ist sich und seinen Themen treu (Z). c t-iW F (1974) (zu Makrobiotik ‘Kunst, das Leben zu ver Neomakrobiotik 1. \ ‘lamr eroß’und <6toüfcos> mierte Form der Makrobiotik . 1974 DTV MED Neomakrobiotik: Langlebekunst (Z). Neomalthusianismus M (1893) (au Ute Schaftswissenschaftler/ Mal "““IJ*“ f u ß e n<le Lehre/ Anschauung/ Be- (zur Bevölkerungstheorie); auf Malthj tune ^ ^ ^ ^ ^ Z^ntmTtmZ 19 a 75 cTbAROUSSE 197111.) fachspr. ‘moderne <?page no="357"?> Das Präfix neo- 349 Weiterentwicklung der Theorien von Malthus; neuer/ heutiger Malthusianismus’, mit Neomalthusianer M. (1911) (vgl. engl. neo-Malthusian 1901 in OED 1989 und frz. neo-malthusien 1963 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) ‘Vertreter/ Anhänger des Neomalthusianismus; neuer/ moderner Vertreter/ Anhänger des Malthusianismus’. 1893 MEYER 1893ff. (Stichwort Bevölkerung) Aus diesen Gründen steht auch der „Neomalthusianismus“ auf keinem festen Boden, unter welchem Titel die Lehre von Malthus in eigenartiger Weise [...] vertreten wird (BG). Schreiber 1918 Mutter und Kind 55 der heutige Bevölkerungspolitiker, der den Neomalthusianismus bekämpft (SB). PSCHYREMBEL 19^2 Neomalthusianismus: Bewegung zur Förderung des empfängnisverhütenden Geschlechtsverkehrs als Mittel zur Verringerung des Bevölkerungszuwachses (z). Manes 1911 Land 9 Man kann ein großer Kinderfreund sein, an Bord wird man unter allen Umständen, auch ohne daß man empfindliche Nerven hat, Neomalthusianer in der schroffsten Form (SB). Neomanie F. (1967) (zu Manie ‘Sucht, Besessenheit’, zurückgehend auf griech. <mania> ‘Raserei, Wahnsinn’; vgl. frz. neomanie 1957 in ROBERT 1985) bildungsspr. ‘Neuerungssucht’; Antonym: —* Neophobie (irreg). 1967 ROSENGREN Neomanie (Z). Neo-Manierismus M. (1986) (zu Manierismus in der Bed. ‘übertreibende/ gekünstelte/ einer bestimmten Manier folgende Stilrichtung/ Bewegung’/ Mam'er ‘Eigenart, spezifische/ gekünstelte Art und Weise’, < frz. maniere ‘Art und Weise’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuer/ heutiger Manierismus’. Mannh. Morgen 13.6.1986 Wenn es überhaupt eine Tendenz in Basel gibt, dann ist es ein seltsamer Neo-Manierismus (CK). Neomarktwirtschaftler M. (1993) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuer/ aktueller/ derzeitiger Vertreter/ Verfechter der Marktwirtschaft’. Spiegel 22.11.1993, 216 Bei diesem Thema brennt plötzlich Leben in den Augen des befehlshabenden Neomarktwirtschaftlers (CK). Neomarxismus M. (1954) (zu Marx, Eigenname, dt. Philosoph/ Marxismus ‘von Marx begründete Lehre, auf Marx zurückgehende Lehre/ Ideologie/ Anschauung/ Bewegung’; vgl. frz. neo-marxisme 1930 ROBERT 1985 und engl. neo-Marxism 1960 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘moderne Weiterentwicklung der Lehre/ Theorien von Marx, heutiger/ reformierter Marxismus’, mit neomarxistisch Adj. (1970) (vgl. frz. neo-marxiste 1930 in ROBERT 1985 und engl. neo-Marxist 1971 in OED 1989) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neomarxismus; marxistisch auf neue/ moderne Weise, in reformierter/ aktueller Form’; Neo-Marxist M. k. <?page no="358"?> 35Q D/ iicnuzi ~ (1982) (vgl. engl. „eo-M« ™ Sl 1983 in OED 1989) Wer/ moclerner/ heuliger Marxist^ Vertreter/ Anhänger des Neomarxismns Süddeutsche Ztg. 29.3.195t Im übrigen griff Strauß scharf den Neolenhauerscher Prägung an (SB). Ne omarxismus und der Außerparla- Welt 24.5.1974 Er stammt aus dem Gerst des mentarischen Opposition (CK). ^ p0 . Iln( r nach Neomarxismus, Frankfurter Zeit 19.4-1985 Erst nach der A ® itu S ; ient au fgefordert, aus dem Text her- Schule und Ideologieknti wur e ^ über ihn a bzugeben (CK). . . SÄtr regieren heute die Nostalgiewellen-, vom Neomarxrsmus End " Ne " 8mus '’ Über Georg Lukacs’ philosophisches Spatwer ( “CSÄSS”-»russischen Revolution von 1905 (CK). . •• individualistische und okonomi- Zeit 9.1.1987 Zum anderen sollen gegen eme p neomarxis tische Blüte Werte einiger Angeklagter, .die ferb«dfn 0 Su n atfanwäLn neomarxistische Gedankengänge vorwarfen, hatten 1 n getroffen (CK). .«tische Frankfurter Schule“ bietet fast nur noch Spiegel 19.7.1993, 124 Die neomarxistasc Historikern Stoff (CK). h Der Fasc hismus in seiner Epoche r—*- Sl “ < “ r,1 “ rk () ; aUCh S "te Rache für das, was Neo-Konservative d).» »it dem Schimpf»». Neoden Sozialdemokraten zuvor angetan haben Marxisten zu Fall zu bri f Jude SED-Funktionär, einst glühender Korn- Zeh 25 1 1985 Heinz Brandt - Deutscher, > munis, jelzt sl , nd en diese Abrechnungen von <CK '- " ,g 6 ms Als „Neomarxist" bezeichnet, »» Habermas «.»er der SÄÄewe^r^^eg,^^^ r^Ä^'^ÄSeo-Marxisten, „Le, Eonnamhnle. her», dsis Duo (CK) ■ Neomaterialismus M. (1931) Ü u “treben tach materi- S&mÄÄch zurückgellend aul lat. muten.« ‘Stoff, Michael Kinne: Die LehnpräfiIxe post-, prä- und neo- <?page no="359"?> Das Präfix neo- 351 Materie’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neue/ moderne/ reformierte Form des Materialismus’. FriedeU 1931 Kulturgesch. III 179 der Wortführer des Neomaterialismus Karl Vogt (SB). neomaurisch Adj. (1970) (zu maurisch in der Bed. ‘bezogen auf/ charakteristisch für einen spezifischen Stil der islamischen Kunst an der westlichen Nordküste Afrikas und in Spanien’, zurückgehend auf lat. Maurus ‘Nordwestafrikaner’) fach-/ bildungsspr. ‘in imitiertem/ wiederbelebtem/ neuerem maurischen Stil’. 1970 FAZ Nr. 251 Die Reben liegen an der Seite des neomaurischen Hotels (CK). Neomenie vgl. Hist Neomerkantilismus M. (1911) (zu Merkantilismus, Bezeichnung für ein spezifisches Wirtschaftssystem im absolutistischen Zeitalter, zurückgehend auf ital. mercantile ‘kaufmännisch’/ mercanfe ‘Händler’, zu lat. mercari ‘handeln’; vgl. engl, neo-mercantilism in WEBSTER INTERNAT 1976) fachspr. ‘neue/ heutige/ wiederbelebte Form des Merkantilismus’, mit neomerkantilistisch Adj. (1928) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neomerkantilismus’. 1911 Vierteljahresschrift f. Sozialgesch. 601 Im Spiegel des dort geschilderten Merkantilismus erkennen wir die Eigenart des Neomerkantilismus, den unsere Politik enthält (SB). 1916 Deutschland I 16f Diese Mittel der starken Hand sind dem Rüstzeug des alten Merkantilismus entnommen, der in neuester Zeit unter dem Namen ‘Neo- Merkantilismus’ wieder in Erscheinung getreten ist (SB). Sahn 1928 Kreditpolitik 8 die protektionistische oder neomerkantilistische Geldpolitik der europäischen und nordamerikanischen Staaten (SB). neomexikanisch Adj. (1993) (zu mexikanisch in der Bed. ‘in spezifisch mexikanischem Stil/ Gepräge’) okkasionell/ bildungsspr. ‘in neuerem/ jüngerem/ imitiertem mexikanischen Stil’. Spiegel 17.5.1993, 133 Ein paar Minuten zu Fuß vom berühmtesten Kino der Welt hat sich Emmerich ein Haus im neomexikanischen Stil gemietet (CK). Neo-Mod-Cape N. (1990) (zu Mod-Cape, mode-/ werbespr. Kunstwort zur Bezeichnung für einen modischen Umhang) okkasionell/ fachspr. (Mode/ Werbung) ‘neuartiges/ hochmodernes Cape’. 1990 Miss Vogue 11, 52 Jean Paul-Gautier wickelt Straußenfederboas um die Hälse seiner Pullover-Mädels, während Thierry Mugler die Straußenfedern gelb gefärbt zu einem Neo-Mod-Cape verarbeitet (z). <?page no="360"?> 352 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neo-Moderne F. (1990) (zu Moderne als umfassende Kunstbzw. Kulturepochenbezeichnung für diverse Kunststile/ -bewegungen des 20. Jhs., Wortprägung von E. Wolff und H. Bahr 1890, wohl zurückgehend auf frz. moderne ‘neu(zeitlich)’) okkasionell/ bildungsspr. ‘erneuerte/ wiederbelebte/ heutige Moderne; Gegenbewegung zur Postmoderne’, — ► post-lA/ Postmoderne; mit neomodern Adj. (1990) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Neomoderne’. FAZ 12.12.1990 Der Postmoderne gebühre das Verdienst, die Gegenbewegung der dekonstruktivistischen Neo-Moderne als letztes Aufbäumen der von Marx, Nietzsche und LeCorbusier inspirierten Avantgarde provoziert zu haben (SB). ebd. Gleich zu Beginn seines Sammelbandes über die „neomoderne“ Architektur des Dekonstruktivismus sagt Charles Jencks überdeutlich, was er von seinem Sujet hält (SB). Neomorphose F. (1950) (zu Morphose ‘Gestaltbildung’, zurückgehend auf griech. <morphe> ‘Gestalt, Form’; vgl. engl, neomorph 1886 in OED 1989) fachspr. (Anatomie) ‘Neuformung/ -gestaltung’, mit neomorph Adj. (1987) (vgl. engl, neomorphic 1903 in OED 1989) ‘neugestaltet/ -geformt’. 1950 Saeculum 1,22 Beurlens Theorie der Neomorphose (SB). 1981 ROCHE neomorph: neugeformt (z). Neomortalität F. (1976) (zu Mortalität ‘Sterblichkeit’, zurückgehend auf lat. mortalitas; strukturell wie semantisch musterabweichende neoklassische Kombination) fachspr. (Medizin) ‘Sterblichkeit der Neu(geboren)en’, vgl. Beleg (irreg). 1916 MEYER 1911ff. Neomortalität, Frühsterblichkeit, Neugeborenensterblichkeit (BG). Neo-Musical-Haltung F. (1987) (zu Musical, < engl, musical [comedy) ‘spezifische (ursprünglich amerikanische) Form des unterhaltenden Musiktheaters’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neue Einstellung dem Musical gegenüber’. Mannh. Morgen 31.8.1981 Während Bitter, der ebenfalls vor der Premiere zu Wort kam, die „Neo-Musical-Haltung“ erwähnte, die der Komponist sich selbst bescheinigt hat (CK). Neomyst vgl. Hist Neomyzin N. (1950), auch Neomycin (neoklassisches Kunstwort als Bezeichnung für ein 1949 entwickeltes Heilmittel, gebildet unter Verwendung der Silbe myc aus Streptomyces fradiae ‘Strahlenpilz’; vgl. engl, neomycin 1949 in OED 1989 und frz. neomycine 1949 in ROBERT 1985) fachspr. (Medizin), vgl. Belege. <?page no="361"?> Das Präfix neo- 353 Süddeutsche Ztg. 11.9.1950 Neomycin, ein neues, verbessertes Heilmittel für Tuberkulose (SB). 1971 BROCKHAUS 1966ff. Neomyzin [grch.], ein Antibioticum aus dem Strahlenpilz Streptomyces fradiae, das aus dem Darm nicht resorbiert wird und das Wachstum der Darmbakterien hemmt (bg). 1974 DTV MED Neomyzin: Antibiotikakomplex aus Streptomyces fradiae (Waksman 1949) (Z). Neo-Nationalismus M. (1930) (zu Nationalismus, < frz. nationalisme ‘übersteigertes Nationalgefühl’, zurückgehend auf lat. natio ‘das Geborenwerden, Volk(sstamm)’/ raasci ‘geboren werden’; vgl. engl, neonationalism in OED 1989) bildungsspr. ‘heutiger/ erneut aufgelebter Nationalismus; moderne Form des Nationalismus’, mit neonational Adj. (1985) (zu national in der Bed. ‘vorrangig im Interesse der eigenen Nation handelnd, patriotisch gesinnt’, < frz. national) ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine erneuerte/ wieder aufgelebte/ moderne nationale Handlungsweise/ Gesinnung’; neonationalistisch Adj. (1986) (zu nationalistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Nationalismus, ihm gemäß denkend/ handelnd’) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neonationalisrnus, ihm gemäß denkend/ handelnd’; Neonationaler (1986)/ Neo- Nationalist (1993) M. (zu Nationaler/ Nationalist ‘national gesinnter Mensch; Vertreter/ Anhänger des Nationalismus’) ‘Vertreter/ Anhänger des Neonationalismus; neuer/ moderner/ heutiger Nationaler’. Th. Mann 1930 Dtsch. Ansprache (SFV 11, 877) Von dieser Naturreligiosität ist viel eingegangen in den Neo-Nationalismus unserer Tage (CK). Süddeutsche Ztg. 14.5.1952 Hat der Neonationalismus wirklich schon wieder alle Werturteile verwirrt? (SB). Süddeutsche Ztg. 1.5.1964 Er verweigere dem bayerischen Ministerpräsidenten die Auskunft, worauf sich seine Sorge vor einem Neo-Nationalismus „in Bayern“ gründe (SB). Spiegel 18.1.1993, 147 Eine Welle von Neonationalismus stürzte die Völker 1992 in 52 Kriege (CK). Zeit 4-1-1985 Auch wenn Kohl das nicht wahrhaben will es gibt durchaus revanchistische Töne in diesem neo-nationalen Disput (CK). Zeit 15.2.1985 der Aufstand der Ewig-Gestrigen mit ihrem vielen neonationalen Getöse (CK). Zeit 9.3.1990 Ähnlichen Formats sind auch die anderen neonationalen Geläufigkeiten (CK). Spiegel 9.3.1992, 294 Ihn animiert die Zorn-Liga von konservativ-katholischen Rest- Eliten und neo-nationalen Haider-Krakeelern (CK). Mannh. Morgen 29.12.1986 Die SPD-Politiker sollen im Wahlkampf auch hervorheben, daß die Regierung Kohl den Rückfall in neonationalistische Ideologie fördere (CK). Spiegel 22.11.1993, 59 Je stärker der Konservativismus neonationalistische Töne a nschlägt, desto nachhaltiger gefährdet er seine wirtschaftliche Machtbasis (CK). Zeit 5.12.1986 Die Neonationalen trampeln fühllos auf Gelände, wo selbst Engel auf Zehenspitzen gehen (CK). <?page no="362"?> 354 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Spiepel 21.5.1993, «S Altt—ten und Neo-Nationalistenforderten Jelzrns Verhaftung (ck). . • Adi figdO) (zu nationalsozialistisch ‘bezogen neonationalsozialistisch J- ( / Nationalsozialismus toauf/ charakteristisch für den in Deutschland im 20. talitäre rechtsradikale Bewegung/ - , den Volk(sstamm)’ und Jh.’, zurückgehend auflak »«(«> ‘das . "^ ge „ auf/ charaktesocialis‘die Gesellschaft betreffend ) en/ he 'tigen Naristisch für einen erneuerten / ^ ederer 'winkend/ handelnd’, mit Neonationalsozialismus^diesen^gem^gePe^^/ iedererstandener/ heutiger Na- ; Neonationalsozialist M. (1994) ‘heutiger Anhänger des Nationalsozialismus; neuer/ derzeitiger Nationalsoziahs . N.Z. Basel U-ll-lW seit nun bei den l^en gewinnen konnte (SB), sozialistisch geltende Partei ganze ze n überdies be . der neonat ionalsozialisti- IC— politische Tätigkeit die freiheitliche demokratische Grundordnung untergraben (CK). neonaturalistisch Adj. (1924) (zu gemäß, entsprechend / Natura tsmus^H^ Jhg ( |„ : eine möglichst gung/ -(stil)richtung ^? S Wfrkhchkert austrebte’, < frz. CTbimCrS Naturalismus erneuernd/ wieder anfgreifend-, m neuer naturalistischer Art und Weise (schaffend) • Th. Mann ^ch^ÄpSi^chen neonaturalistischen Schute (CK). ArtnQAP'I (neoklassische Kombination, -natMs zurückgehend neonatus Adj. ( ) ( Urarpne’ Part Perf. zu nasci ‘geboren worauf lat. natus ‘geboren; der e , ^ (Medizin) ‘neugeboren’, den’; vgh engl. 3 ^^1-11 1932 in OED 1989) vgl Bm mit Neonatus M_ (! 9 7 0) (vgle g neonatology 1960 in OED 989 lege; Neonatologie • ( ) ^ 1985 \ ‘Lehre von der Physiologie und frz. neonatologie 1970 in R0BE ,. ^ eona tologe M. (1982) (vgl. ■ " 0ED1989 <?page no="363"?> Das Präfix neo 355 und frz. neonatal 1954 in ROBERT 1985) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Neugeborenenperiode/ für die Zeit nach der Geburt’. PSCHYREMBEL 1942 neonatus, neugeboren (z). Walter 1970 Grunriß, o.S. Diese entwickelt sich im Verlauf der pränatalen Ontogenese zum geburtsreifen Neonatus, der in der Regel 280 Tage nach der Befruchtung geboren wird (CK). 1976 MEYER 1971JJ. Neonatus: Mediz., fachsprachl. Bez. für das Neugeborene (BG). 1971 BROCKEA US 1966JJ. Neonatologie, Lehre vom Neugeborenen (BG). Zeit 12.4-1985 Vorhanden sind Abteilungen mit den Schwerpunkten Neonatologie, Stoffwechsel/ Endokrinologie (CK). 1982 DUDEN FWB Neonatologe, Säuglingsarzt (BG). Mannh. Morgen 6.4-1991 Wir bieten Ihnen: ausgezeichnetes Betriebsklima und ein erfahrenes ärztliches Neonatologen-Team der Abt. Neonatologie (CK). 1987 ROCHE neonatal, die Zeit nach der Geburt betreffend (z). Neonazist M. (1946) (zu Nazist, (abwertendes) Kurzwort für Nationalsozialist, veraltet, heute dafür nur gleichbed. Nazi ‘Vertreter/ Anhänger des Nationalsozialismus’) gleichbed. mit Neonazi, wodurch diese frühere Bildung inzwischen nahezu völlig verdrängt wurde: Neonazi M. (1948) (zu Nazi, (abwertendes) Kurzwort für Nationalsozialist, vgl. engl. Neo- Nazi 1950 in OED 1989 und frz. neo(-)nazi 1960 in ROBERT 1985) gemeinspr. ‘heutiger/ moderner/ neuer Nazi; Vertreter/ Anhänger des Neonazismus’, durchgängig hohe Gebrauchshäufigkeit, dazu auch viele Komposita wie Neonaziblatt, Neo-Nazi-Führer, Neonazi-Ideologie, Neonazikundgebung, Neonazi-Parole, Neo-Nazipartei, Neo-Nazi-Propaganda, Neonazi- Szene, Neonazi-Treffen, mit Neonazismus M. (1949) (zu Nazismus, (ab- Wertendes) Kurzwort für Nationalsozialismus, vgl. neonationalsozialistisch-, vgl. engl. Neo-Nazism 1950 in OED 1989 und frz. neo-nazisme 1951 in ROBERT 1985) ‘heutiger/ wiederbelebter/ erneuerter Nazismus, aktuelle Form des Nazismus’; gleichbed. Neonazitum (1994) okkasionell/ bildungsspr.; neonazistisch Adj. (1949) (zu nazistisch, (abwertendes) Kurzwort für nationalsozialistisch, ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Nazismus’, vgl. engl. Neo-Nazi 1952 in OED 1989 und frz. neo(-)nazi 1960 in ROBERT 1985) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neonazismus; im Sinne des Neonazismus handelnd’. N -Z. Basel 5.7.1946 (Überschrift) Maßnahmen gegen Neo-Nazisten (SB). Offenburger Tagebl. 9.1.1960 Die deutsche Justiz ist bemüht, durch eine schnelle und harte Bestrafung von Neonazisten und Antisemiten die Welle von antisemitischen Schmierereien einzudämmen (SB). PAZ 3.3.1969 Revanchisten, Neonazisten und Militaristen verfolgen das Ziel, durch 'hre Anwesenheit die praktische Eroberung zu verwirklichen (CK). 1948 I Koschaker 1970 Briefe 1941-1950, 28 Es ging mir unter den Nazis nicht gerade Süt, aber die Neonazis im Gewände von Antifaschisten sind noch schlimmer (SB). <?page no="364"?> 356 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Haß Leute, die zwölf Jahre unter den N.Z. {Basel) 14.3.1950 Man ann | ! S Ve ^ ^ d Frec hheit eines solchen Neonazi Nazi [sic] im Gefängnis gesessen haben, angesichts die Gesetze der Ritterhchkeit vergessen SB). Neo . Naz is gefordert (SB). Süddeutsche Zt g . ^ abgesagt (sb) . Süddeutsche Ztg. 3.6.1960 ( ersc ” J p roze ß gegen Neonazi in Wien (SB). r"“ c Siolos, d„ Chef de, ve.bo.ene» Ndo-Naz.p"« „Jeune nation“ (SB). rprhtsextremistische Radaublatt mit Deutschlands geschädigt (CK). Neonazis freiprügelte, waren sie ge- ND 5 3.1969 Wo die Polizei keine Gasse für die INeon ZTiC: Verfassungsschutzbericht f984 sieh. Cewaitpotential bei Neo-Nazis (CK). N P onazi-Aufmarsch in Bottrop (Z). ffl’JSÄKÄÄ Ordnungsdienst für dre u,(„rechte Deutsche Liga und den deutsehkanaAschm ^ Ern>l Rüdiger Parteien verboten werden können (s ß )_ wg Neonazismus (SB). Süddeutsche Ztg. 28.9.1949 { ^ sc n hrschein jj c j 1 hätten wir uns jenem fort- Süddeutsche Ztg. 2.12.1952 er c ^ gegenüber für das „Neonazismus“ eine irit TJSIZI”tt in weichliches Vergessen ein.uiien iasseu dürfen K Er verdarb jenem Typus au^andischerJKorrrapondeiiteiL^die aufbauale Anlässe zu Sensationsberichten über gekommen, ihren Sonder-Idealen, vom ^ “erahtüt, Nachdruch zu gegen die Bundesrepub deutschen Problems stehen nur westdeutscher R fa 7 16.10.1970 Einer Losung des deutsenen vanchismus, Militarismus und Neonazismus^en^g Q stdeutschen hat s i c h in der Form (.tr„o e ch kontrollierbaren) Neo-Nazi. ™ , verbreit.. ( MsL. M.r,.n , m r“r,CoelT,“—che bezeichne, werde ,CK). z^eÄSttir»« Feigheit, die Kroetz zum Schreiben drängten (CK). Welt 2.9.1949 Amerikaner und soweit sie sich nicht durch ein neonazistisches r g <?page no="365"?> Das Präfix neo- 357 Süddeutsche Ztg. 28.9.1949 Rieger, der Wahlplakate mit Hakenkreuzen übermalt hatte, wurde von der Spruchkammer wegen neonazistischer Umtriebe in die Gruppe 2 der Aktivisten eingestuft (CK). Süddeutsche Ztg. 7.1.1952 Gegen das Anwachsen neonazistischer Strömungen veranstalteten eine Reihe von Organisationen und Vereinigungen eine Protestkundgebung (Sß). ND 13.9.1953 Widerstand gegen die aggressiven Tendenzen der neo-nazistischen Clique in Bonn (WDG). Offenburger Tagebl. 19.10.1965 Ein Drucker glaubt es nicht verantworten zu können, an der Herstellung einer neonazistischen Schmähschrift mitzuwirken (SB). 1972 Gesellschaft 106 die aktive Teilnahme an den Aktionen gegen die neonazistische Gefahr (WDG). Neue Zeit 28.9.1992 Der israelische Ministerpräsident Rabin forderte die Bundesregierung auf, die neonazistischen Umtriebe zu stoppen (z). Spiegel 3.1.1994, 99 nach der vorweihnachtlichen Visite Schirinowskis bei seinem neonazistischen deutschen Freund Frey (z). Neo-Neandertaler M. (1987) (zu A^eant/ eria/ er‘vorgeschichtlicher Mensch der Altsteinzeit’, Bezeichnung nach dem Fundort im rheinländischen Neandertal) okkasionell/ bildungsspr. ‘heutiger/ wiedererstandener Neandertaler’. Zeit 6.3.1987 Darin sitzt er als behaarter Neo-Neandertaler in einem Steinbruch und meditiert über die Zukunft seiner Enkel (CK). Neo-Nep-Politik M. (1932) (zu A^ep, eigentlich russ. Abkürzung für <novaä ekonomiceskaä politika> — Neue Ökonomische Politik (NÖP), 'spezifische Wirtschaftsform der sowjetischen Kommunisten in den zwanziger Jahren’) okkasionell/ bildungsspr. ‘wiederbelebte/ erneuerte Form der NÖP’. 1932 Volk und Reich 551 die Neo-Nep-Politik des Kreml (SB). heoneuenfelsisch Adj. (1994) (zu Neuenfels, Eigenname, dt. Regiss eur/ neuenfelsisch ‘in der typischen Art und Weise, in der Manier von Neuenfels’) okkasionell/ bildungsspr. ‘in jüngster Zeit in neuer/ imitierter ßeuenfelsischer Art/ Manier’. 1994 Opernwelt 7, 48 Eigentlich sollte Christoph Ernst inszenieren, von dem man weiß, daß er zu den wenigen neoneuenfelsischen Opernradikalen gehört (z). Neo-Nietzscheaner M. (1989) (zu Nietzsche, Eigenname, dt. Philosoph/ Aü'etesc/ ieaner ‘Vertreter/ Anhänger der Lehre Nietzsches’) okkasione ll/ bildungsspr. ‘neuerer/ heutiger Vertreter/ Anhänger der Lehre Nietzsches’. Frank 1989 Kaltes Herz 111 Wir brauchen keinen neuen Irrationalismus, wie ihn so Manche Neo-Nietzscheaner meinen verordnen zu müssen (z). <?page no="366"?> 358 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neonom/ ist vgl. Hist Neo-Nonsense-Show F. (1992) (zu Nonsense-Show, ursprünglich engl. Bezeichnung für eine spezifische Form der Fernsehunterhaltung) okkasionell/ bildungsspr. ‘neue/ allerneueste Form der Nonsense-Show’. Freundin 11.3.1992 Zehn Millionen Mark für 52 Sendungen soviel zahlt SATl für seine Neo-Nonsense-Show (z). Neo-Optimismus M. (1950) (zu Optimismus ‘Lebensbejahung/ Zuversichtlichkeit/ positive Einstellung’, zurückgehend auf lat. optimus ‘bester; sehr gut’) okkasionell/ bildungsspr. ‘erneuerter/ derzeitiger/ jüngster Optimismus’. Süddeutsche Ztg. 30.12.1950 Die Minister haben schon den Tonfall des Neo- Optimismus angenommen (SB). Neo-Organ N. (1991) (zu Organ in der Bed. ‘Körperteil’, < griech. <6rganon>) fachspr. (Medizin) ‘neues/ neugebildetes Organ’. Stern 10.10.1991 So bildete sich eine Art neues Organ, ein „Organoid“ oder „Neo- Organ“, wie Thompson es getauft hat (z). Neopädagoge, mit neopädagogisch vgl. Hist Neopallium N. (1971) (zu Pallium in der Bed. (Anatomie) ‘Großhirnrinde’, zurückgehend auf lat. pallium ‘Mantel’; vgl. engl. neo(-)pallium 1901 in OED 1989 und frz. neo(-)pallium 1928 in ROBERT 1985) fachspr. (Medizin) ‘der phylogenetisch jüngere Teil der Großhirnrinde’. 1971 BROCKHAUS 1966 Neopallium, die Großhirnrinde, bei den Kriechtieren als erste Anlage zwischen Archi- und Paläopallium, bei Säugetieren der beherrschende Teil des Gehirns (BG). Neopanslawismus M. (1974) (zu Panslawismus ‘Bewegung/ Bestreben zur Vereinigung aller slawischen Völker’, zu Slawismus in der Bed. ‘Bewegung für slawische Interessen’ und zum Völkernamen Slawen-, panzurückgehend auf griech. <pän>, N. zu <päs> ‘ganz, all, gesamt’) bildungsspr. ‘neue/ wiederbelebte Form des Panslawismus’, mit neopanslawistisch Adj. (1974) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neopanslawismus; panslawistisch in spezifisch neuer Form’. 1974 MEYER DDR 1972ff. Neopanslawismus: jüngere Richtung des Panslawismus. Neopanslawistische Kongresse fanden 1908 in Prag und 1910 in Sofia statt (z). Neoparochus vgl. Hist <?page no="367"?> Das Präfix neo- 359 neopathetisch Adj. (1910) (zu pathetisch ‘erhaben, (übertrieben) feierlich, salbungsvoll’, zurückgehend auf griech. <pathetikös> ‘leidend, gefühlvoll’) bildungsspr., in der Verbindung Neopathetisches Cabaret geprägt von Erwin Loewenson als Bezeichnung für das 1910 in Berlin gegründete „Neopathetische Cabaret (für Abenteuerer des Geistes)“, mit Neopathetiker M. (1910) ‘Literat im Umfeld des „Neopathetischen Cabarets“’. Lasker-Schüler 1913 Gedichte II 192 im neopathetischen Kabarett (SB). Benjamin 1921 Br. I 252 Der Verfasser ist aus demselben Kreise der Neopathetiker, dem auch David Baumgardt angehört hat (z). Mehring 1927 Paris 16 Et war Mitbegründer einer sozial-anarchistischen Zeitschrift und verkehrte in den Kreisen der Neopathetiker, bis zum Ausbruch des Krieges (z). Neopathie F. (1987) (neoklassische Kombination, -pathie ‘Krankheit, Sucht, Neigung’, zurückgehend auf griech. <pdthos> ‘Leiden’) okkasionell/ bildungsspr. ‘Neuerungssucht; krankhaftes Sehnen nach Neuerungen/ Modischem/ Allerneuestem’, mit neopathisch Adj. (1987) ‘neuerungssüchtig; an Neopathie leidend; bezogen auf/ charakteristisch für die Neopathie’; Neopath M. (1987) ‘Neuerungssüchtiger; an Neopathie Leidender’ (irreg). Stern 10.12.1987 Die neueste Krankheit, die die Franzosen unter sich ausgemacht haben, heißt „Neopathie“: krank sein nach dem Allerneuesten. Die Franzosen haben den Begriff gemünzt, doch in Wahrheit grassiert die Neopathie diesseits des Rheins noch viel heftiger. Neopathisch ist die Verwendung von Parfüms, die es im Duty-free-Shop noch nicht verbilligt gibt. Vor Farbe schüttelt’s den Neopathen selbst in der Kunst die schwärzlichen Schlieren von Gelatine-Silber-Bildern mag er (CK). Neophobie F.(1863) ( zu Phobie ‘krankhafte Angst vor bestimmten Objekten/ Erscheinungen/ Situationen’, zurückgehend auf griech. <phöbos> ‘Furcht’; vgl. engl, neophobia 1886 in OED 1989 und frz. neophobie 1935 in 1986 TRESOR 1971ff.) fach-/ bildungsspr. ‘Furcht vor Neuerungen’ (Antonym: — ► Neomanie), mit neophobisch Adj. (1863), auch neophob (1933) (vgl. frz. neophobe 1874 in ROBERT 1985 und engl, neophobic 1925 in OED 1989) ‘neuerungsscheu; an Neophobie leidend; bezogen auf/ charakteristisch für die Neophobie’ (irreg). 1863 KALTSCHMIDT Neophohie, Neuerungsfurcht (BG). 1914 Z. Dt. Spr. V 331 Was nicht Kitsch ist, schreckt „Neophobie“ zurück (SB). 1933 GENIUS Neophobie, Neuerungsscheu, krankhafte Furcht vor Veränderungen (BG). 1863 A'/ tiTSC/ ZAf/ OT neophobisch, neuerungsscheu (BG). 1933 GENIUS neophob(isch), neuerungsscheu (BG). Flechtheim 1970 Futurologie, o.S. Der repräsentativste Politiker jener Jahre war ausgesprochen neophob (CK). <?page no="368"?> 360 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- M u * M (< griech. <neophytos> ‘in jüngster Zeit/ seit kurzem/ NeophytM.(l< ) v S ‘i\ip U bekehrter/ -geweihter , zu frisch (mit jungen Bäumen) bepflnnzt , Nfn^ehrte / g Bekehrter; im Erwachsenenalter Getauft , g ^ ^ fggg und f rz . chentat. n ®^^^ US ^ggg‘^^^ggQ R e | 1 gY^ e ^^/ / f ac j 1 _/ bildungsspr. ‘Neuling; neophyte 1639 m 1986 TRESOR lyan; N M (1713) Ein . war und in historischer el fachspr Kombinationen (Geologie) rophyfeh'AdM1923) ‘d- Neophytiknm betreffend, diesem zugehörig' und Neophytikum N. (1977), vgl. Beleg. 1713 FAMA, XXVI 87 Neophyt N e ° ph ytismus (SB)„ Schwall von Römern, Ratschky 1785 Gedichte Neophyten (SB). Griechen, Wälschen, Briten erschien hier ™ m Emp 6 N eubekehrter, Neu- Heyse FWB, 1804 Neophyt, (eig. ein Neugepflanzter), ein Neuling, geweihter, Neugläubiger ( BG )' Der Lehrling| de r Neophyt, ist die nach den Ä, nach Erweckung zu dämonisch«, Erlnhnisfähigke.t .«,langende Jugend (CK). / cw 19 116) Er ist der typische, im höchsten Sinne ptyten schon 1249 in der Chri.tburge, Sen«» .o.g««h« W Zeil dnge . 1977 FWB-LEIPZIG Neophyt: eingebürgerte Pflanze, me in g schleppt wurde (z). Verschiede ne Pflanzenarten aus anderen Erdteilen (Neo- X7t) gS: df„ 8 inrr.h V r,tche, ungehinderte Ausbreitung di. heum.che Vegetation (CK). ist (Z). Mponilim F (1958) (zu Pilina, Bezeichnung einer fossilen Molluskenart; Zeit (wieder)entdeckt; vgl. Belege. Süddeutsche 15, bishe^ger^Anslch^seit^OO MSrii .«f”71,10 nieft mehr vorhanden sein mühte, rst von «me, amero kanischen Expedition lebend gefangen worden (SB). <?page no="369"?> Das Präfix neo- 361 1971 BROCKHAUS 1966fJ. Neopilina, eine neuentdeckte Gattung der lebenden Fossilien, den schalentragenden Weichtieren zuzuordnen; zwei Arten wurden 1952 und 1958 aus der Tiefe des Stillen Ozeans geborgen (bg). Neoplasie F. (1897) ( -plasie < griech. <pldsis> ‘Bildung’, zu <pldssein> ‘bilden, gestalten’; vgl. frz. neoplasie 1855 in ROBERT 1985 und engl, neoplasia 1890 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘Neubildung (von Körpergeweben, Geschwülsten)’, mit Präneoplasie (1974) ‘zur Krebsentstehung führende/ neigende Erkrankung; Vorstufe/ Vorform einer Krebserkrankung’, —< ■ Präkanzeröse/ prä-lB. 1897 MEYER 1893/ J. Neoplasie, Neubildung, s. Geschwülste (BG). 1987 ROCHE Neoplasie: Neubildung von Körpergeweben (z). Zeit 19.fil985 die Untersuchung molekularer Mechanismen der Entstehung hämatopoetischer Neoplasien (CK). 1974 DTV MED Präneoplasie s. Präkanzeröse (BG). Neoplasma N. (1865) (-plasma < griech. <pldsma> ‘Gebilde, Bildung’, zu <pldssein> ‘bilden, gestalten’; vgl. hz.neoplasme 1855 in 1986 TRESOR 19711F. und engl, neoplasm/ neoplasma 1864/ 1876 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘(bösartige) Neubildung’. 1865 MEYER 1861ff. Neoplasma (griech. Neubildung) Name solcher Gewebe, welche im normalen menschlichen Körper nicht Vorkommen, wie z.B. Krebs, Sarkom, Tuberkel (BG). Hartmann 1869 Philosophie 110 Nach etwa zwölf Stunden wird eine weisse Flüssigkeit secernirt, die sich meist unmittelbar darauf zu einem membranösen, undurchsichtigen Neoplasma verdichtet, welches die Wunde schliesst und mit den angrenzenden Theilen verwächst. Das Neoplasma ist nicht blosses ausgeschwitztes Blutserum, es bildet den Mutterboden für jede organische Neubildung (z). Aschner 1928 Krise der Medizin 17 inoperable und recidivierende Neoplasme» (SB). PS CH YREMBEL 19J2 Gewöhnlich versteht man unter Neoplasma eine bösartige Neubildung (z). Zeit 31.5.1985 Arzte sprechen von „Neoplasma“, um die Patienten nicht zu beunruhigen, die „Karzinom“ inzwischen in ihre Umgangssprache aufgenommen haben (CK). Mannh. Morgen ? .4-1991 Stuhluntersuchungen auf okkultes Blut können diagnostische Hinweise auf Neoplasmen des Magen-Darm-Traktes bieten (CK). Neoplastizismus M.(1964) (1920 von dem ndl. Maler und Kunsttheoretiker Piet Mondrian geprägter (frz.) kunsttheoretischer Begriff; -plastizismus letztlich zurückgehend auf griech. <plastikds> ‘zum Gestalten gehörig’, zu <pldssein> ‘bilden, gestalten’; < frz. neo(-)plasticisme 1920 in OED 1989, vgl. engl, neoplasticism 1935 in OED 1989) fachspr. (Kunst) Bezeichnung einer spezifischen Stilrichtung/ Kunstbewegung im Bereich der abstrakten Kunst, mit neoplastizistisch Adj. (1976) (vgl. engl, neoplastic 1934 in OED 1989 und frz. neo-plasticien in ROBERT 1985) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neoplastizismus’; Neoplastizist M. (1985) (vgl. engl, neoplastician 1933 in OED 1989 und frz. <?page no="370"?> 362 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neone^lasHce« 1970 in 1975 GO* LAROUSSE 197111.) •Vertreter/ Anhänger des Neoplastizismus . Stuttgarter Ztg. 25.3.1964 Neoplastizismus (SB). p Mondrian seit ‘Z ” 1 ' ” 4 °p, “ lidsm '" formulierte (z). Namen Neoplastizismus werden alle Mondrians R.rrnonr.i.A« neu« WeR- Ordnung zielen (z). . , a ii p Hem Neoplastizismus eines van Mannh. Morgen 21.8.1989 Die Arbeiten md alle dem Doesburg und Piet Mondrian verpflichtet (CK). in der „oop.a.UeisrisC» M.Rrei «„d der BRdran ™ dnreh die», Beeie h n„ 8 ,„ S len, in ein dynamisches Gleichgewicht gebracht (BG). Habermas 1985 [/ nüfcersicfcthc/ itel 22^ die^rammarfd^ M? d,tl“»“d S C es“u«ng S mi»l. de, ailg.m.in.n Teehnik«» de, bildenden Künste (Z). Neoplatoniker NE (1863) mker ‘Vertreter/ Anhänger f r ^hre l837/ 1842 in 1986 TRESOR 1971ff. und en g - P f f > r / Anhäneer des Neoplatonismus; i„ OED 1989) NeVplaJnismus M. (1865) (gu Platonisneuer/ moderner I latom , fu ß ende Lehre/ Anschauungen/ Bemus ‘von Plato begründe / 1009 in 1986 TRESOR 1971ff. und wegung’; vgl fe. selten anstelle von eng! . ; Veop(olon.sm H45 0 ! At neo- Neuplatomsmus fußende und seine Theonen modiplatomsch/ neuplatonisch) / mittelalterliche .) philosophiftzierende/ weiterentwickelnde (spatantike/ eng \ Neoplatonische Bewegung/ Lehre’; neoplatomsch (vgl-ng cian 1831 in OED 1989 sowte NeopWon c 1836 37 mO^ 1971 ff.) n eo(-)platonique/ neo(-)platoni C ien 1838/ 1848 in D/ öo ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neoplatomsmu . Snl a “nÄ S^N^^Ä^DÄische Schule, im 3. 3h. n. Chr. zu Alexandria gegründet (BG). roma ntizistischen Neoplatoniker Zeit 28.3.1986 Kant, der mit spitzer teder gegen me anschrieb (CK). mfyer 1861ff. Neoplatonismus: s. Neuplatomsmus (bg). mi FWB LEIPZIG Neoplatonismus -eNeuplatomsmus (z). * ai(l er Kulturgesch. 295 Mit größter Energie ist Schleiden zeitlebens dem neoten Gesellschaft, eine gleichsam neoplatomsche p <?page no="371"?> Das Präfix neo- 363 Neoplüsch M. (1991) (zu Plüsch im weiteren Sinne von ‘das Kleinbürgerlich-Spießige’, eigentlich Bezeichnung einer speziellen StofFart, < frz. peluche ‘Wollsamt’) okkasionell/ bildungsspr. ‘der spezifisch neue, heutige/ aktuelle Bereich des Kleinbürgerlich-Spießigen’. 1991 Cosmopolitan 91 Sehnsucht nach Geborgenheit ein Phänomen nimmt Platz auf Brokat und Neoplüsch (z). Neopointillist M. (1971) (zu Pointillist ‘Vertreter/ Anhänger des Pointil- Wsrrms'/ Pointillismus, < frz. pointillisme ‘neoimpressionistische Stilrichtung in der bildenden Kunst im ausgehenden 19. Jh.’, zu pointiller ‘mit Punkten darstellen’) fachspr. (Kunst)/ bildungsspr. ‘Vertreter/ Anhänger eines wiederbelebten/ erneuerten/ heutigen Pointillismus’. Martin 1971 Einer flieht, o.S. Die kubischen Neopointillisten sind wieder im Kommen (CK). Neo Pop M. (1988) (zu engl./ amerikan. pop, gekürzt aus popart, Bezeichnung für spezifische Formen verschiedener Kultur- und Kunstbereiche bzw. -stile in der zweiten Hälfte des 20. Jhs.) bildungsspr. ‘neue/ erneuerte/ heutige/ wiederbelebte Form des Pop’. Mannh. Morgen 11.3.1988 Etiketten wie „Neo Pop“, „Neo-Konzeptualismus“ oder „Smart Art“ helfen hier nur bedingt weiter (CK). Mannh. Morgen lf. 1.1989 heute, da die Vertreter des Neo-Pop den Ton anzugeben beginnen (CK). neopopularistisch Adj. (1985) (zu popularistisch ‘volkstümlich; in weiten Kreisen heWeht'/ Popularität ‘Volkstümlichkeit/ Populärsein’, über frz. popularite zurückgehend auf lat. popularitas ‘Gefälligkeit gegen das Volk’, zu populus ‘Volk’) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf neue/ aktuelle/ wiederbelebte Weise popularistisch’. Zeit 25.10.1985 Bis in unsere Zeit hinein sind Kritiker in aller Welt dem Urteil der spanischen Surrealisten gefolgt, daß Lorcas neopopularistische Gedichte zweitrangig gewesen seien (CK). Neopopulismus M. (1994) (zu Populismus ‘spezifische Form der Politik, die auf volksnah-anbiedernde, demagogische Weise die Gunst der Bevölkerung zu erlangen versucht’, zurückgehend auf lat. populus ‘Volk’) okkasionell/ bildungsspr.‘neue/ aktuelle/ wiederbelebte Form des Populismus’. Spiegel 20.6.1994, 138 Das Ende der politischen Klasse hat einem auf Effizienz pochenden Neopopulismus Tür und Tor geöffnet (z). Neopositivismus M. (1946) (zu Positivismus ‘philosophische Lehre/ Bewegung, die ihre Forschungen auf das Positive/ Tatsächliche/ Wirkliche beschränkt’, zurückgehend auf spätlat. positivus ‘gesetzt, gegeben’, zu lat. <?page no="372"?> 3 6 4 Mrchael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neof " , VBl frz n eo(-)positivisme 1908 in 1986 TRESOR ponere setzen, stellen , g g s f ac h-/ bildungsspr. 1971ff. und engl. Je ^orm des Positivismus’, mit ‘neue/ reformierte/ spezifisch nio 1 ^ 1908 in 1986 TRESOR Neopositivist M. (1954) (vgi. ' 198 gx ‘ V ertreter/ Anhanger 19711t. und engl- 1 p° ™ irf neopositivls.iscl, Adj. des Neopositivismus; neuer/ mo etn . |1U: S0 „ 19711t. und engl. ‘bezogen aut/ chaia.telistisch tili den Neopositivismus’. Kffkt IW Mt *. D .“ kWe “' d TSbef raiTASt Wien und Berlin IW MPre« I«'/ / Neopositivismus, Sammelbezm ../ „.o. “ h di 9 G.SCobl»«”i“t«r.n Positivisms, mit Mitteln de, forma,» Log,! ZU lösen versucht (BG). . . , . , , annehmen^daß^ihm die^Aph^rLmen^de^'^iener^^eo-PosRlvlsten davongaloppiert (WDG). Umptpn Nestrov und Kafka, Wittgenstein und Welt 5.6.1969 Zu semen Hausgöttern gehörten Nestroy un die Neopositivisten (CK). „51 Veritas «5 di« ..arten ueopo.i.ivi.ti.ch», n-n,pi,«h.n und neorea , sehen Strömnngen in den Wissenschaftei unser» ( ) Philosophie war na- Zeit 16.5.1986 Die ganze so viel gescholtene neoposu turwissenschaftlich gebildet (CK). Neopren N. (1952) (K— 1^ Chloropren-, -pren verkürzt au PJ .y. p eng i. ne oprene ^; ^^: Sfrz.: d; r 1959 in aOB«) fachspr. (Chemie), als Warenname auch gememspr., vgl. Belege (Ir gj neoprenbeschichtetes Kabel ( BSPA )„ A1 im Meerwasser absterben, nimmt SÄKr: : ”Än: ft- -*—— 'ilnTX^VttÄn Neoprenansng g.ge« d„ halt« Was.., de, Wi.dhdche kostet zum Beispiel 280 DM (CK). Neopresbyter vgl. Hist <?page no="373"?> Das Präfix neo- 365 Neoprimitivismus M. (1942) (zu Primitivismus ‘(in modernen Kunstrichtungen) stilistische Anlehnung an die Kunst früher/ primitiver Kulturen bzw. an die Kunst der Naturvölker’, zurückgehend auf lat. primitivus ‘der erste in seiner Art’; vgl. engl. Neo-primitivism 1927 in OED 1989 und frz. neoprimitivisme in ROBERT 1985) fach-/ bildungsspr. ‘neue/ aktuelle/ erneuerte/ wiederbelebte Form des Primitivismus’, mit neoprimitivistisch (1986)/ neoprimitiv (1993) Adj. ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neoprimitivismus, im Stil des Neoprimitivismus’. Münch. N.N. fil 1.1942 Von einem solchen Kultus der Primitivität um ihrer selbst Willen bis zu einem Neoprimitivismus dekadenter Großstadtelemente ist es kein weiter Schritt (SB). Mannh. Morgen 29.10.1987 Mitte der zwanziger Jahre gewann seine Arbeit Relevanz in der Geschichte der modernen Skulptur, zunächst im Kraftfeld zwischen Postkubismus und einem von der Kunst der Naturvölker inspirierten Neoprimitivismus (CK). Zeit 3.10.1986 Besonders eindringlich zeigt sich das in Galina Ustwolskajas „Großem Duett für Violoncello und Klavier“, einem brutal zustoßenden, hinreißend neoprimitivistischen Werk (CK). 1992 Art 3, ^7 Für Diaghilews russisches Ballett machte sie Bühnenbilder in neoprimitivistischer Manier (z). Spiegel 12.4-1993, 228 Vorbei das Jahrzehnt der Kunstkunst, der lauten bunten Leinwände, der ichversessenen Wunderkinder und neoprimitiven Superstars (CK). Neoprimitivum N. (1971) (neoklassische Bildung zu Primitivum (Linguistik) ‘Stamm-/ Wurzelwort’, zurückgehend auf lat. primitivum ‘das erste in seiner Art’; obwohl strukturell mustergemäß gebildet (eigentlich: ‘neues Grundwort’), semantisch weitgehend demotiviert) fachspr. (Linguistik), vgl. Beleg. 1971 BROCKHAUS 1966JJ. Neoprimitivum: ein durch Rückableitung gewonnenes scheinbares Grundwort: aus Leseverein wird Lese (bg). Neo-Privater M. (1991) (zu der/ ein Private/ r in der Bed. ‘Person als Betreiber eines eigenen Unternehmens’, zurückgehend auf lat. privatus ‘(der Herrschaft) beraubt, gesondert’) okkasionell/ bildungsspr. ‘eine seit jüngster Zeit ein Privatunternehmen betreibende Person’. Berliner Ztg. 9.3.1990 Viele Neo-Private aus Ostdeutschland sind dabei (z). Neoprotektionismus M. (1949) (zu Protektionismus ‘(wirtschaftliche) Abschirmung der Industrie eines Staates gegen ausländische Konkurrenz’, über frz. protection zurückgehend auf lat. protectio ‘Schutz’) bildungsspr. ‘neue/ aktuelle/ wiederbelebte Form des Protektionismus’. N.z. Basel 5.5.1949 Fast alle Länder suchen nun im Außenhandel den Rettungsanker. Resultat: Ein Neoprotektionismus und Neo-Autarkismus schärfster Prägnanz (SB). <?page no="374"?> 366 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neoneoprovinziell Adj. (1990) (zu provinziell in der Bed. ‘rückständig, engstirnig’, als französisierende Bildung zurückgehend auf lat. provincialis ‘zur Provinz gehörig’) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf neue/ aktuelle/ wiederbelebte Weise provinziell’. ND 23./ SJ. 6.1990 Wir sollten uns über die fortschreitende Europäisierung Deutschlands freuen, anstatt einen neoprovinziellen Nationalstaat konstruieren zu wollen (z). Neo-Psychoanalyse F. (1961) (zu Psychoanalyse, von Freud geprägte Bezeichnung für ‘Verfahren und Methoden zur Heilung psychischer Störungen und Krankheiten’ sowie für ‘die diesbezüglichen Untersuchungs- und Behandlungsformen’, zurückgehend auf griech. <psyche> ‘Hauch, Atem’ und <anälysis> ‘Auflösung’) fach-/ bildungsspr. ‘erneuerte/ weiterentwickelte/ aktuelle Form der Psychoanalyse’, mit neo-psychoanalytisch Adj. (1961) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Neo-Psychoanalyse’. Holzner 1961 Völkerpsychologie 22 Die Orientierung, die sich am schnellsten durchsetzte, war die Neo-Psychoanalyse (SB). 1971 BROCKHAUS 1966ff. Neopsychoanalyse, ein auf der Basis der Lehren von S. Freud entwickeltes System (BG). Holzner 1961 Völkerpsychologie 22 Kardiners und Lintons Werk stellte eine geistreiche Anwendung neo-psychoanalytischer Gedanken und Theoreme auf einige primitive Gesellschaften dar (SB). Neo-Punker M. (1994), auch Neo-Punk M. (1994) (zu Punk/ er ‘Vertreter/ Anhänger einer spezifisch antibürgerlichen Jugendkultur-Bewegung in westlichen Ländern seit den späteren 70er Jahren’; auch zu Punk in der Bed. ‘spezifische Musik/ spezifischer Musikstil der Punk-Bewegung’; < engl, punk) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuer/ derzeitiger/ wiederbelebter Typ des Punks’; Neo-Punk (ohne Genus) auch in der Bed. ‘neue/ heutige/ wiederaufgegriffene Form der Punk-Musik’. Spiegel 4-4-1994, 216f. (Bildunterschrift) Neo-Punker in London (z). ebd. Selbst diese Kaufhauskette hat mittlerweile eine Ecke für den kleinen Neo-Punk (Z). Mannh. Morgen 15.8.1994 Die „Rollins Band“ heizt dem ohnehin schon schwitzenden Publikum mit schnellem und lautem Neo-Punk ein (z). Neorama vgl. Hist Neo-Rassismus M. (1991) (zu Rassismus ‘Lehre, nach der bestimmte Rassen/ Völker anderen überlegen sind; dementsprechende Einstellung, Denk-/ Handlungsweise; Rassenhaß, Schmähung/ Unterdrückung/ Verfolgung von Menschen anderer Rasse’, zurückgehend auf frz. race/ ital. razza ‘Geschlecht, Stamm, Rasse’) bildungsspr. ‘neue/ erneuerte/ wiederbeleb- <?page no="375"?> Das Präfix neo- 367 te/ aktuelle Form des Rassismus’, mit neorassistisch Adj. (1991) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neo-Rassismus’. 1991 Sprachreport 3, lf (Buchtitel) Der Singer-Diskurs und seine Funktion für den Neo-Rassismus (z). ebd. (Buchtitel) Der Durchbruch der neorassistischen Schönhuberpartei (z). 199-i Diskussion Deutsch 151 Insbesondere Jürgen Link hat sich darum bemüht, Foucaults Begriff des Diskurses für die Analyse „neorassistischer“ (d.h. „kulturrassistischer“) Äußerungen fruchtbar zu machen (z). Neorationalismus M. (1934) (zu Rationalismus ‘philosophische Lehre/ Richtung, die das abstrakte, begriffliche Denken als Hauptquelle der Erkenntnis ansieht’, zurückgehend auf lat. rationalis ‘vernünftig’/ rah'o ‘Vernunft’) fach-/ bildungsspr. ‘neue/ erneuerte Form des Rationalismus’. 193f Archiv f. dt. Altertum 73 Neorationalismus (SB). 197f MEYER DDR 1972ff. Neorationalismus: philosophische und besonders soziologische Richtung in den USA, die Interessensausdruck der wissenschaftlich-technischen Intelligenz ist und deren Stellung in der wissenschaftlich-technischen Revolution zum Ausdruck bringt (z). neoreaktionär Adj. (1989) (zu reaktionär, < frz. reachonnatre‘(politisch) fortschrittsfeindlich, am Überholten festhaltend’) okkasionell/ bildungsspr. ‘auf neue/ erneute/ aktuelle Art reaktionär’. 1989 Brisante Wörter 21f angeregt von dem Aufkommen verschiedener neokonservativer bis neoreaktionärer Strömungen (vor allem des New Conservativism in den USA und der „Neuen Rechten“ in Frankreich) (CK). Neorealist M. (1927) (zu Realist in der Bed. ‘Vertreter/ Anhänger des Realismus’/ Rea/ ismws in der Bed. ‘Kunststil/ -bewegung auf der Grundlage wirklichkeitsgetreuer Darstellung’, letztlich zurückgehend auf mlat. realis ‘sachlich, wesentlich’, zu lat. res ‘Sache’; vgl. frz. neo-realiste 1891 in 1986 TRESOR 1971ff. und engl. Neo-Realist 1917 in OED 1989) fach-/ bildungsspr. ‘Vertreter/ Anhänger eines neuen Realismus/ des Neorealismus’, mit neorealistisch Adj. (1951) (zu realistisch ‘wirklichkeitsentsprechend; bezogen auf/ charakteristisch für den Realismus’; vgl. frz. neorealiste 1891 in 1986 TRESOR 1971ff. und engl, neo-realist/ neo-realistic 1940/ 1955 in OED 1989) ‘auf neue/ aktuelle Weise realistisch; im Stil eines neuen Realismus/ des Neorealismus’; Neorealismus M. (1954) (zu Realismus, vgl. oben; vgl. frz. neo(-)realisme 1891 in 1986 TRESOR 1971ff. und engl, neo-realism 1916 in OED 1989) (häufig mit Bezug auf eine bestimmte realistische Kunstrichtung (besonders Film/ Literatur) in Italien nach dem 2. Weltkrieg (hier weitgehend entsprechend — ► Neoverismus), aber auch für diverse andere realistische Kunstrichtungen besonders im 19. und 20. Jh. verwendet) ‘neue/ erneuerte/ aktuelle Form des Kunst-Realismus/ eines realistischen Kunststils’. <?page no="376"?> qfi o AUchael Krnne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neooDO TM j. ™ “ ('Husserl, Scheler und andere) (SB). MT»“«! “*«, vo, allem a„ .leu.ech« „Neo-ReaU.«»" S N, m Erst <1,= Neorealisten habe, de, itallemsche. b.ter.tur ba. Tor s.r f ”” m “ ” zu den a " genständlichen, den Neo-Realisten (CK). SüddeutscheZt, S2 2.I9S, D « Si “ «j“! ’") 11 *““ h '"”‘ d " ^^Ätr^ÄkrLuns«. in be. Wissenschafte. ..»er Mit diesem Elim knüpf der rtahenische R.^.r noth er.mal •» best« Traditionen des neorealistischen Films a " ( ->. , d Büd hauer Armand ZC 1.11-1291 üct Realismus (Z). Pierre Fernandez ist einer der wichtigsten v die Kinder im n ach- Mddeutsche Ztg. 213.1994 Gelsom.na und Cabna, neorealistischen Märchenland der Fünfziger ( ) ■ h ft i m Russell, das Haupt des sogenannten Neorealismu TJ, SC P^fmii/ kritisrert He^"^ nl de.k.n 6 verkündete, f “Äaren Epoohe in kün.tlerr.eh ))ÄÄÄs X .v lÄ i =a „ —‘ b "“ d ' rt ' (0K) ' Neo-Realo M. (1993) (zu Realo, K ” ™ “'^ ÄaÄSSrÄ, zu ,i zes «S^o okkasionell/ bildungsspr. ‘(ganz) neuer Realo . Spiegel 27.9.1993, 34 Die Fundis bei uns sind jetzt alle Neo-Realos O Ul M (1094) (zu Rechter ‘Mensch mit politisch/ ideologisch rechtsgericUeter Sung/ HaRung’, „UasloueU/ b.Uuugsspr. ,pez,fisch neuer/ derzeitiger Rechter Well . h ,b, Redaktionsditekto, SpiegelU-S.1994, SUZ« den Neo-Rechtcn in er , Geist lange geschwiegen (z). Neoreformismus M. (1972) (zu Reformen’, in der k ° m ™ “ n ^er“id! .oiportumstische Strömung innertende Bezeichnung für klembu g ^ b d Klassenkampf überhalb der Jden, neuges.alten’) fach-/ srSÄe^neue Form des Reformismus’. , i ■ j _ Führer der heutigen Trotzkisten, gilt der .1.—” (»oo,. <?page no="377"?> Das Präfix neo- 369 Neo-Renaissance F. (1904) (zu Renaissance, < frz. renaissance ‘Wiedergeburt, Wiederaufleben’, auch Bezeichnung eines Kunststils bzw. einer Kunst- und Kulturbewegung zwischen Mittelalter und Neuzeit) fach-/ bildungsspr., Bezeichnung einer Kunst-/ Stilrichtung des 19. Jhs., vgl. Belege; auch generell für ‘erneuerte/ heutige/ imitierte Renaissance; auf die Renaissance zurückgreifende Stilrichtung; erneutes Aufleben (der Renaissance)’. Uerolzheimer 1904 System I 265 Die ersten Anfänge der sozialen Neo-Renaissance begannen Wurzeln zu schlagen (SB). Zeit 18.1.1985 Das einstmals schönste Opernhaus ist irn Glanz der Neo-Renaissance wiedererstanden (CK). Zeit 22.2.1985 In den Vestibülen von Sempers farbstrotzendem Neo-Renaissancebau gab es das große Wiedererkennen der staatstragenden Kräfte (CK). Mannh. Morgen 26./ 27.9.1992 die elegante, gut 100 Jahre alte Neo-Renaissance des ziegelroten Kurhauses (z). 1993 LEXIKON KUNST V 163 Neurenaissance, Neorenaissance, bes. in der Architektur und dem Kunstgewerbe verbreitete, auf der Wiederaufnahme von ital. oder jeweils nat. Renaissanceformen beruhende wichtigste historisierende Stilströmung des 19. Jh. in allen europ. Ländern, den USA und Kolonien (z). neorevanchistisch Adj. (1973) (zu revanchistisch ‘charakteristisch für/ bezogen auf den Revanchismus’/ Reuanc/ nsmus, in der sowjetkomrnunistischen Terminologie Bezeichnung für ‘imperialistische, mit aggressivem Antikommunismus verbundene, friedensfeindliche Einstellung/ Politik’, zurückgehend auf frz. revanche ‘Vergeltung’) fach-/ bildungsspr. ‘revanchistisch in erneuerter/ neuer/ aktueller Form’. Axen 1973 Entwicklung 22 Die neorevanchistische Linie des Imperialismus in der BRD die moderne Variante der idealistischen Auffassung von der Nation (WDG). Neo-Rokoko N. (1985) (zu Rokoko, Bezeichnung eines nachbarocken Kunststils im 18. Jh., < frz. rococo, zu rocaille ‘Grotte/ Muschelwerk’ und roc ‘Felsen’; vgl. engl, neo-rococo 1926 in OED 1989) fach-/ bildungsspr., Bezeichnung einer Kunst-/ Stilrichtung in der Mitte des 19. Jhs., vgl. Beleg; auch generell ‘erneuertes/ heutiges/ imitiertes Rokoko; auf das Rokoko zurückgreifender Kunststil’. Zeit 11.10.1985 der Vorgängerbau mit seinem Neo-Rokoko-Plüsch (CK). 1991 Petra 1, 116 Es mußte ja so kommen: nach dem Neo-Barock das Neo-Rokoko (Z)- 1993 LEXIKON KUNST V 166 Neurokoko, Neorokoko, auch unter dem Begriff „Zweites Rokoko“ bekannt, Rückgriff auf das Rokoko zwischen 1830 und 1860 v.a. im Bereich der Innendekoration, des Kunsthandwerks und der Mode (z). neoromanisch Adj. (1987) (zu romanisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Romanik; im Stil der Romanik’/ RomantT Bezeichnung eines Kunststils vom 11.-13. Jh., letzlich zurückgehend auf lat. Romanus ‘Römer; römisch’) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für <?page no="378"?> 370 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neodie Neoromanik, für einen die Romamk neu anfgrei ß ^ chnung e ibenden/ imitierenden Stil’, Neoroman,kj e ^ w Rom “ ,k auf die Roma “ ik zuröck6 fende Kunst-/ Stilrichtung’. lenQ 7 . romanischen Gotteshaus (CK). V«k: w=i« unO ho* £T rt T“? oÄ— -rin dem B “ k ' ♦ • Kn für die Design-Sammlung reserviert ( ) ■ ^,««—* ■ s “ d ”“" 8 ^ H “ torism ” in der Architektur des 19. Jh. (Z). Neo-Romantiker M. (1904) ( ™ , munük'IRomantik nomant, q ue 'dem vou-, 00=1 r^ R rÄVin o ED i T) romanische Art , v § ■ S , der Neoromantik; neuer/ moderner Ro bildungsspr. ‘Vertreter/ An g , ^ Romantik, vgl. oben; vgl. mantiker-, mit N ? «ron.antik F.^1914 1924H ^ 1910 englneo-Romanticism f 18 . 82 ^ °^ lebte/ imitier te Romantik’; neoromandie Neoromantik; im Stil der Neoromantik . -kt heroits -e.n lÄtr, Bt! r 9 ,T«t %* * l*ali«n die» vielen Neoromant.ker, d,e w.« Puccini echreiben (Z). ^ Woge , d " U, Symbol» ™ ., Klemperer 1914 1923 bon erar i ns Heute hinüberschwillt (SB). •" “ft N ir,T: «Erta. eine Sinfonie komponiert, die nie UoU. E e. Stuck ““IS ine Programm ragte (CK) h>tt „„ den grobge- "SN—aucb in bu„ d e,de„t,ch«n banden Einzug hielten (CK). Komponist der Neoromantik auch FAZ 11.11.1994 Doch umstandslos will sicn nicht zurechnen lassen (z). .. / ■ 1 , R 'i av „ Trlpalen erfüllte Einstellung (SB). Z ; rm=tm d « k .m 2 Zeicbe„ de, noonomantUobo» ri.".r S l® in” di. 19 ^ d a *' »-.».».adKe Br,der (CK). <?page no="379"?> Das Präfix neo- 371 Mannh. Morgen 2.1.1989 Von 1930 an schuf er Werke in seinem unverwechselbaren Stil und distanzierte sich entschieden von seinen neoromantischen Anfängen (CK). Neoroyalismus M. (1925) (zu Royalismus, < frz. royalisme ‘Befürwortung der Monarchie; Königstreue’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neue/ wiederbelebte/ aktuelle Form des Royalismus’. Rohden 1925 Polit. Denken 66 der Neoroyalismus eines Maurras (SB). Neosalon M. (1987) (zu Salon in der Bed. ‘Modegeschäft’, < frz. salon (in dieser und mehreren anderen Bed.) zurückgehend auf ital. salone/ sala ‘(großer) Saal’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuartiger/ moderner Salon’. Mannh. Morgen 1J.4-1987 Die frühesten Arbeiten, die diese Ausstellung zeigt, „Jazz“ von 1958 und graziös verspielte Mädchengestalten aus dem Zyklus „Neosalon“ bilden eine Ausnahme (CK). Neosalvarsan N. (1936), auch Neosilbersalvarsan (1942), Neosal-N (1985) (zu Salvarsan, neoklassisches Kunstwort; Heilmittelname, ‘Antisyphilitikum’; Kunstwortbildung aus Elementen von lat. salvare ‘heilen’ und sanus ‘gesund, wohl’) Heilmittelname, vgl. Belege. Münch. N.N. 22.4-1936 Während der Inflationszeit wurden in mehreren deutschen Städten wiederholt große Mengen gefälschter Rauschgiftmittel und Neosalvarsan zum Verkauf angeboten (SB). PSCHYREMBEL 1942 Neosalvarsan: bei Syphilis in allen Stadien. Neosilbersalvarsan: (Verbindung von Silbersalvarsan und Neosalvarsan), bei Syphilis in allen Stadien (Z)- 1974 DTV MED Neosalvarsan = Neoparsphenarnin: weitgehend überholtes Chemotherapeutikum bei Syphilis sowie anderen Spirochäten- und Spirilleninfektionen benutzt (z). Mannh. Morgen 22.5.1985 Wegen potentiell lebensbedrohlicher Risiken fordert sie, Produktion und Vertrieb des metamizolhaltigen Medikaments Neosal-N einzustellen (CK). Neo-Sa murai M. (1991) (zu Samurai, < jap. <samurai> (eigentlich) ‘Dienender’; ‘Angehöriger des (alten) japanischen Krieger-/ Adelsstandes’) okkasionell/ bildungsspr. ‘heutiger/ moderner Samurai’. 1991 Cosmopolitan 1, 178 In Osaka und den Japan-Restaurants von Düsseldorf bis Los Angeles treffen sich Neo-Samurai und Alt-Börsianer zum Sake (z). Neo-Schäferstündchen N. (1991) okkasionell/ bildungsspr., vgl. Beleg. 7991 Petra 1, 116 Ds mußte ja so kommen: nach dem Neobarock das Neo-Rokoko. Das richtige Ambiente für Neo-Schäferstündchen (z). neoscholastisch Adj. (1985) (zu scholastisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Scholastik’/ Sc/ io/ asüT; ‘christlich-aristotelischer Zweig der mittelalterlichen Philosophie’, zurückgehend auf mlat. scholastica ‘Schul- <?page no="380"?> 372 M^chael Kinne Dte Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Wissenschaft’/ latscholastic«» jaur Sctak 6ehö-e^^ lasiiU» ■ studierend’, cu " mo -,ch„lastic 1915 Ze ,.ä5-1-/ M5 Da. Abendland wieder. neoscholastischer Pädagogik aufgeben (CK). Neoslawismus M. (1916) (zu wische Interessen’, sum Volkernamen (zu belebte Form des Slawismus , den Slawismus’) ‘bezogen in der Bed. ‘bezogen auf/ charaktenstjsch^ auf/ charakteristisch für den Neoslawismus . K ,L 1« Probleme SS Durch die Prager Konferenz 19 „S wurde de, sogenannt« —r ..1—« Bewegung, 9,« ™ r «n .0«.^.« 1916 Deutschland 1, 47 J , isc h e “ genannt wurde (SB), dem liberalen Lager gern die „neoslawrscne g • • u A li f 1958) (zu sowjetisch ‘zugehörig der, bezogen a^Ä^tisch'm dieSow^^-^"^ ^ S^aS^SSÄe „eue/ erneuerte/ imitierte Form F ' ■ i wQowiotunion Praktiziertem . von in der S .1 w ietischer Wirtschaftsstil und Arbeiter M.8.1» (Überschrift) Ulbiiebts „eo-.owjetr.c die Parteikrise (SB). Neo-Spießer M. (1988) okhasionell/ bildungsspr. •„euer/ gegenwärtigor Typ des Spießbürgers’. Zn,«erg» 1«— <<—> V » ^ N “' SP “ ß0m < ) ' Neo-Spinozismus M. (l^lT^ ^^gbrl^au^Sphiozaful^nde^nschau" weitorontwichlung der Theorien von Spinoza, aktualisierter Spmozismus . Schopenhauer 1819 Welt "“Ä di,e„.ge„ 1885 BROCKHAUS 1882ff. Neosprnozrsmus ha m minder bewußtem Ä^ÄÄEBÄÄu^er, .Spinor« Jodl 1894 Vom Lebenswege I 31 ein imco p 25Bei «inem o,gan»ch.vi..li.tiseh.„ N.osp.noa..mus^ble'ibt^aber Friedrich Schlegel nicht stehen (SB). <?page no="381"?> Das Präfix neo- 373 Neostadtrat M. (1985) okkasionell/ bildungsspr., vgl. Beleg. DUDEN BED 1985 neobezieht sich auf etwas, was neu an sich oder in seiner Art, Qualität ist: a. [...]; b. (substantivisch): Neostadtrat (bg). Neo-Ständestaat M. (1992) okkasionell/ bildungsspr. ‘heutiger/ derzeit wiederbelebter/ moderner Ständestaat’. Siiddeulsche Zig. 16.9.1992 Setzen wir anstelle der „Reichsstände“ Gewerkschaften und Arbeitgeber, Regierungs- und Oppositionsparteien, Kirchen und Kommunen, Bund und Länder, ist das Tableau des „Neo-Ständestaates“ Bundesrepublik komplett wo es ebenfalls kein Machtzentrum gibt (Gfds). neostalinistisch Adj. (1958) (zu Stalin, Eigenname, sowjetischer Politiker und DWXaXor/ stalinistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Politik/ Gewaltherrschaft Stalins’; vgl. engl. neo-Stalinist 1960 in OED 1989) bildungsspr. ‘stalinistisch in neuer/ erneuerter/ wiederbelebter Form’, mit Neostalinist M. (1969) (zu Stalinist ‘Vertreter/ Anhänger der Politik/ Ideen Stalins’; vgl. engl. neo-Stalinist 1960 in OED 1989) ‘neuer/ heutiger/ moderner Stalinist; Vertreter/ Anhänger des Neostalinismus’; Neostalinismus M. (1970) (zu Stalinismus ‘Gesamtheit der Politik und der Ideen Stalins; orthodoxer totalitärer sowjetischer Kommunismus’; vgl. engl, neo- Stalinism 1969 in OED 1969) ‘wiedererstandener/ moderner Stalinismus’. Süddeutsche Zig. 16.8.1958 Darum vor allem wurde China im letzten Jahr zum „neostalinistischen“ Land (SB). FAZ 10.1.1990 Die GEW wolle lieber Kontakte zu den Oppositionellen im Bildungsbereich knüpfen statt zu der konservativen neostalinistischen Gewerkschaft (CK). Wochenpost 7.9.1990 Die neue, neostalinistische Führung der Sowjetunion hatte dafür Sorge getragen, daß der westliche Vorposten des Lagers Gleichschritt hielt (CK). Welt 22.1.1969 Um so enttäuschter war man in der Slowakei, als der gleiche Husak in der Rolle eines „Neostalinisten“ in Erscheinung trat (CK). Mannh. Morgen 29.3.1989 Vermutet wird, daß der als Neostalinist geltende serbische Parteichef Milosevic bei Kosovo nicht halt machen, sondern versuchen will, alle Teilrepubliken unter serbische Herrschaft zu bringen (CK). Sachsenspiegel 22.6.1990 Die PDS muß sich nach all dem, was in letzter Zeit bekannt geworden ist, entscheiden, ob sie die Gesellschaft von Neostalinisten in Kauf nehmen will (z). 1993 Dtschld. Archiv J" J,82 Von 1987 bis 1993 ist die DKP infolge der Richtungskämpfe zwischen „Erneuerern“ und Neostalinisten von ca. 38 000 auf ca. 7 000 Mitglieder geschrumpft (z). FAZ 29.6.1970 Der Neostalinismus setzt seinen Marsch fort (SB). 1976 MEYER 1971JJ. Neostalinismus, Bez. für den v.a. in der Sowjetunion von Chrustschows Nachfolgern unternommenen Versuch, nach 1953 (— ► Entstalinisierung) verurteilte oder modifizierte Richtlinien und Methoden der stalinist. Herrschaft zu restaurieren (BG). 1990 Polit. Parteien J,8 Unhaltbar ist für uns ein Zusammengehen mit Organisatione n, deren Gesellschaftsvorstellung letztlich auf einer Diktatur beruht, wie das unter anderem beim Neonazismus und Neostalinismus der Fall ist (CK). <?page no="382"?> 374 Michael Kinne Die Lehnprafize post-, piau, ‘<i net^ Sri ',„ ,m, mIhre Methoden wehen In .Wen, wie Neobo.echewsn ™ , Neo.talinismus (CK). heutiger in der Art Sternheims schreibender Autor • Zeit 7.6.1985 Als Grotesken, als Über-Horvath und Neo-Sternheim hat s.e noc mand ausprobiert (CK). • NT MQ7it ('7U stiamin Kunstwortbildung aus Elementen Neostigm.n N. (1971) ( zu . ^ ’ p unkt , und dem eine Bezievon griech. <stigma> ‘Zeichen, Stic , s guffix _ in ^ < l a t. hung/ Zugehörigkeit bezeichnen en^fa^sp ^ engl neo . st i g mine in ^bAIInteTnS fachspr-, HeihniUe.natne (Knns.wotthildnng), vgl. Belege. snOCKHAVSm» Neo.tig.ni» 1971, DTVMED Neostigmm: Ghohnesterase em der Ac etylcholinesterase ■ -1 (BO) - Neo-Stil M, (1993) (zu Stil in der (künstlerischen) Erzeugmsse einer es r _ t Griffel . okkas io- W^/ m odische, Stil, der an! eine frühere Kunstrichtung zuruckgreift . . _ , c . 3 5 jggg 93 Da waren Anrichten und Vitrinen wie Reliquienschr sS „nd sSeln allen möglkhe. NecS.Uen (CK). Neostriatum N. (1942) (zu fenhügel’; Bezeichnung ur einen zu s tn ar e‘mit Streifen versehen’; zurückgehend auf lat> q ™ . 4 “ f achs p r . (Medizin) ‘der phylogenevgh ensl.neosir.ato 1909 m ‘^.^„.s', mit neostriatä. Ad) (1987) (vt »Tneo'sS 1936 in OED 1989) in der Verbindung „eosirrniares Syndrom, vgl. Beleg. PSCHYREMBEL 19+2 Neostriatum: Bezeichnung für Putamen und Nucl. can a us (z). Neostrukturalismus M. (1984) (zu ^ f V^ ™ j|^g t S |; J,jeti B c h^ 0 Ansätze bräuchliche Bezeichnung für s P eZlfi . Sche isteswissenS chaftlichen Diszibzw. Betrachtungsweisen in verschiedenen geisteswiss <?page no="383"?> Das Präfix neo- 375 plinen (z.B. der Linguistik) unter dem dominanten Gesichtspunkt der Verflechtung und Abhängigkeit des jeweils Einzelnen vom Ganzen, letztlich zurückgehend auf lat. structura ‘Zusammenfügung, Gefüge, Bau’) fachspr. ‘neueste/ jüngste/ erneuerte Form des Strukturalismus’, mit neostrukturalistisch Adj. (1985) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neostrukturalismus’; IMeostrukturalist M. (1986) ‘Vertreter/ Anhänger des Neostrukturalismus; neuer/ heutiger/ moderner Vertreter/ Anhänger des Strukturalismus’. 198-4 M. Frank (Buchtitel) Was ist Neostrukturalismus? (z). Habermas 1985 Diskurs d. Moderne 7 Die Herausforderung durch die neostrukturalistische Vernunftkritik bildet die Perspektive, aus der ich den philosophischen Diskurs der Moderne schrittweise zu konstruieren suche (CK). Zeit 14-3.1986 Von diesen postmodernen Neostrukturalisten vor allem hat sich Jürgen Habermas zur demonstrativen Fortführung des Programms einer zweiten oder dritten Aufklärung provozieren lassen (CK). Hilbig 1993 Ich 257 Vielleicht stimmte es, daß die Neostrukturalisten das Fragment als den einzig zeitgemäßen Text erkannt hatten? (z). Neoteben N. (1955) {-leben Kunstwortbildung aus der Abkürzung für Tuberkulose TB = lebe) Name eines Medikaments gegen Tuberkulose, vgl. Beleg. 1955 BROCKHAUS 1952ff. Neoteben [Kunstw. grch.], Handelsname für Isonicotinsäurehydrazid, dessen spezif. Wirkung gegen Tuberkelbakterien gleichzeitig in Deutschland, den Verein. Staaten und der Schweiz entdeckt wurde (BG). Neotektonik F. (1974) (zu Tektonik in der Bed. (Geologie) ‘Bewegungen der Erdkruste’, zurückgehend auf griech. <tektonikos> ‘die Baukunst betreffend’; ursprünglich im Russ. geprägte Bezeichnung; vgl. frz. neotectonique in LEXIS 1984) fachspr. (Geologie), vgl. Beleg. 1974 MEYER DDR 1972ff. Neotektonik [griech.]: von W. A. Obrutschew geprägter Begriff für rezente tektogenetische Bewegungen (z). Neotenie F. (1884) {-tenie zurückgehend auf griech. <temein> ‘ausdehnen, spannen’; nach OED 1989 dt. neoklassische Bildung 1884 durch J. C. Kollmann; vgl. engl, neotenia 1896 in OED 1989 und frz. neotenie 1903 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) mit jeweils unterschiedlichen Bed. in verschiedenen fachspr. Bereichen: im Bereich Zoologie ‘Eintritt der Geschlechtsreife im unfertigen Larvenzustand’, daneben auch in den Bereichen Medizin (PSCHYREMBEL 1942) und Anthropologie (1987 ROCHE), vgl. Belege, mit neoten/ isch Adj. (1974) (vgl. engl, neotenie 1901 in OED 1989 und frz. neotenique 1903 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) ‘bezogen auf/ charakteristisch für die Neotenie’; Neotenin N. (1971) (vgl. engl, neotenin 1954 in OED 1989 und frz. neotenine 1968 in 1975 GR. LAROUSSE <?page no="384"?> m MM.el Kinne Die L,lin r näß,e po.t-, p-t nni 1971ft .) (Zoologie) ‘J„venil-/ Urvalho,mon, das bei Insekten das Larven- „achstnm fördert' (Irreg) im L „ veosu ,t,„<l bei vülliger Ge- 1923 BECHHOLD Neoteme: Verharren e ‘”‘ e “' VcKBSSBS 1932,Neotenie: «n— »»ick«! - Organ; Verharren » U- ÄÄtenie; t) Zoo,ogi« k-d 2) *--op.; Berbehaiten rn.andie, Merhnra , bei Kleinstämmen (Z). ; rh in der Regel neotenisch fort (Z). 1974 MEYER DDR 1972ff. Axoioti P anzen s ne otene Tiere (z). ebd . Auch die Zwergmannchen von Bonella ^ ^ 19 71 BROCKHAUS 1966ff. Neotenin, Juvenilhormon Häutungen larvale Züge verleiht (BQ). neoterisch, mit Neoterismus, Neoteriker vgl. Hist Neothalamus M. (1908) teil des Zwischenhirns) zuruckgehe nach oED 19g9 n hausung’, < gnech. Bezeichnung, vgl. engl, neothala- L Edinger 1908 geprägte neoklassiscne d mus 1917 in OED 1989) fachspr. (Anatomie), g • g ROCHE Neotb.Ia.nu.; phylogenetisch iüng.re, Teil d. Th.l.nru. (Z). neotheologisch Ad,. (l f7 ) Ä auf ihr beruhend / Theologi § 0 kkasionell/ bildungsspr. ‘bezogen ete n^Mtllle/ refornrierte Form der Theolos* e • tv v Ut onrachlicher Zusammenhänge venrfe “ r H “ dke ' Pel " H “ m ' Strauß langweilen (CK). neothomistisch Adj. (1936) ( ™ «»m“ von^^ soph und Theologe/ rtom.shsc^bezog^ ^ Lehre . auf ibr fuOende mismus’ / Thomismus ‘von Th. ^ Mum e g Thomist l92 S in OED Anschauungen/ Richtung/ Bewegung ^vgh g g ig71ff } fach / 1989 und frz. neothomiste . h für eine neuere/ reformierte bildungsspr. ‘bezogen ^ f / M. (1974) (zu Thomrs- Form des Thomismus mlt ^ 1902 in ROBERT 1985 und mus, vgl. oben; vgl. ^ im D t. anstelle von Neothoend. Neo-Thomism 1915 m OED iy»y, <?page no="385"?> Das Präfix neo- 377 mismus/ neothomistisch häufiger Kombinationen mit Neu-/ neu-) ‘neue/ jüngere/ moderne Weiterentwicklung der thomistischen Lehre; neuer/ heutiger/ reformierter Thomismus’. Drost 1936 Völkerrecht 139 die neothomistische Ontologie (SB). 1974 WDG 1964ff- Neothomismus, s. Neuthomismus (BG). 1977 FWB LEIPZIG Neothomismus: den Bedürfnissen der kath. Kirche im 19. u. 20. Jh. angepaßte Version der objektiv-idealistischen philosophisch-theologischen Lehre des Thomas von Aquin (z). 1993 LEXIKON KUNST V 136 Neothomismus —»Ästhetik (z). neotonal Adj. (1986) (zu tonal, (Musik) ‘auf der Tonalität beruhend’, zurückgehend auf frz. tonal ‘dem Ton gemäß’ und zu Tonalität ‘funktionelle Bezogenheit der Töne und Akkorde auf die Tonika der Tonart, in der sie stehen’, zurückgehend auf frz. tonalite ‘Tonart, Klangfähigkeit’, zu griech. <teinein> ‘(an)spannen’) fachspr. (Musik) ‘tonal in heutiger/ neuer/ wiederbelebter Weise’, mit Neotonalität F. (1994) ‘neue/ heutige/ wiederbelebte Form der Tonalität’. Zeit 3.10.1986 Schön, einem solchen Werk wiederzubegegnen, in einer Zeit, in der ob neoromantisch oder neotonal die kompositorischen Konzeptionen selbst die aufnahmebereiten Ohren zu verstopfen beginnen (CK). 1992 Opernwelt 1, 20 Kunad hat seine 1986 in Karlsruhe uraufgeführte Bulgakow-Oper erklärtermaßen in neotonaler Gradlinigkeit gehalten (z). FAZ 23.4.1994 Judith Weir schreibt einen persönlichen Stil, der postmoderne Neotonalität nicht unbedingt anstrebt (z). Mannh. Morgen 21.7.1995 In seiner Kompositionskunst verarbeitete Kunad die verschiedenen Richtungen der Musik des 20. Jahrhunderts und entwickelte eine Neotonalität als Synthese eines neuen Traditionalismus (CK). Neo-Tory M. (1986) (zu engl. Tory, in England ‘Vertreter/ Angehöriger der konservativen Partei’; vgl. engl. Neo-Tory 1945 in OED 1989) okkasionell/ bildungsspr. ‘(ganz) neues Tory Mitglied’. Zeit 7.2.1986 Der auch in Deutschland bekannte Historiker Hugh Thomas ist wie manche in der engeren Thatcher-Entourage ein Neo-Tory (CK). Neo-Traditionalist M. (1986) (zu Traditionalist ‘Vertreter/ Anhänger des Traditionalismus’/ Tradih'ona/ ismus ‘an der Tradition/ am Traditionellen festhaltende Einstellung/ Bewegung/ Richtung’, zurückgehend auf Tradition ‘Überlieferung, Gewohnheit, Gepflogenheit’, < lat. fradih'o‘Übergabe, Bericht’) bildungsspr. ‘Vertreter/ Anhänger des Neo-Traditionalismus; Oeuer/ moderner/ heutiger Traditionalist’, mit Neo-Traditionalismus M. (1990) (zu Traditionalismus, vgl. oben; vgl. engl. Neo-traditionalism 1962 lr i OED 1989) ‘neuer/ heutiger/ wiederbelebter Traditionalismus’. 7.11.1986 Der gerade 25 Jahre alt gewordene Musiker kultiviert das Image des Jungen, geschniegelten Neo-Traditionalisten (CK). <?page no="386"?> 378 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Mannh. Morgen 18.10.1990 Zu Beginn der achtziger Jahre war er es, der die Welle des Neo-Traditionalismus maßgeblich ins Rollen brachte (z). neo-traditionsbewußt Adj. (1990) (zu Tradition, —> Neo-Traditionalist) okkasionell/ bildungsspr. 1990 Miss Vogue 12 Dieses Jahr bleiben Fritz und ich zu Weihnachten zu Hause; statt der Reise zu den Tellerlippen-Eingeborenen steht uns neo-traditionsbewußt der Besuch von meinen Eltern ins Haus (z). neotropisch Adj. (1897) (zu tropisch ‘die Tropen betreffend, ihnen zugehörig’/ Tropen ‘Gebiete beiderseits des Äquators (zwischen den Wendekreisen)’, zurückgehend auf griech. <tropai (heliou)> ‘Sonnenwende’, PL von <trope> ‘(Hin-)Wendung, Richtung’; vgl. engl, neotropical 1858 in OED 1989) fachspr. (Geographie, Botanik), vgl. Belege, mit Neotropis F. (1955), vgl. Belege; bedeutungsgleich mit — ► Neogäa 2 (irreg). 1897 MEYER 1893ff. Neotropische Region, tiergeographische Region, umfaßt Zentral- und Südamerika nebst den Antillen, Bahamainseln und den andern im Karibischen Meer gelegenen Inselgruppen (BG). 1933 GENIUS neotropisch, in den zur heißen Zone gehörigen od. zwischen den Wendekreisen liegenden Gebieten von Amerika vorkommend (BG). 1990 DUDEN FWB neotropisch, die Neotropis betreffend (BG). Mannh. Morgen 22.9.1989 (Vortragsthema) Beobachtungen zur Biologie und Ökologie von Fröschen an einem neotropischen Bergbach (CK). 1955 BROCKHAUS 952JJ. Neotropis, eine Region der Tiergeographie (BG). 1990 DUDEN FWB Neotropis, tier- und pflanzengeograph. Gebiet, das Zentral- und Südamerika umfaßt (BG). Neotrotzkismus M. (1972) (zu Trotzki, Eigenname, russischer Revolutionär und Politiker/ Trotzkismus in der sowjet-kommunistischen Terminologie Bezeichnung für ‘auf den politischen Anschauungen Trotzkis basierende, antisowjetische Strömung/ Haltung/ Einstellung’) fach-/ bildungsspr. ‘neue/ erneuerte/ aktuelle Form des Trotzkismus’. 1972 Einheit 463 Kampf gegen den Neotrotzkismus ist für eine Reihe kommunistischer Parteien von brennender Aktualität (WDG). Neo-Valentiniade F. (1962) (zu Valentin, Eigenname, dt. Komiker und Kabarettist/ Va/ enfmiade ‘Scherz/ Sketch im Stil von Valentin’) bildungsspr. ‘neue/ heutige/ moderne Form der Valentiniade’. Süddeutsche Ztg. 26.3.1962 Genauso abgefeimt witzig gibt sich der Beifilm, eine pariserische Neo-Valentiniade über die Parkplatznot (SB). Neoverismus M. (1950) (< ital. neoverismo, zu Verismus, < ital. verismo, Bezeichnung einer realistischen Kunstrichtung in Italien im 19. Jh., aber auch generell im Sinne von ‘Kunststil/ -bewegung auf der Grundlage <?page no="387"?> Das Präfix neo- 379 wirklichkeitsgetreuer/ naturalistischer Darstellung’, letztlich zurückgehend auf lat. verus ‘wahr, wirklich’) fach-/ bildungsspr., vor allem Bezeichnung einer realistischen Kunstrichtung (besonders Film/ Literatur) in Italien nach dem 2. Weltkrieg (weitgehend entsprechend der häufiger verwendeten Bezeichnung —> Neorealismus); auch Bezeichnung für diverse realistische Kunstrichtungen (vor allem des 20. Jhs.) im Sinne von ‘neue/ erneuerte/ aktuelle Form des Verismus, eines veristischen Kunststils’, mit neoveristisch Adj. (1951) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neoverismus; im Stil des Neoverismus’. Süddeutsche Ztg. 7.12.1950 (Überschrift) Kennmarke Neoverismus (SB). Süddeutsche Ztg. 19.2.1951 So viel als kleine Bilanz des Neoverismus, der den Stars abschwor und nichts als Echtheit wollte (SB). Süddeutsche Ztg. 30.5.1958 Er gilt als Schöpfer eines japanischen Neoverismus (SB). Süddeutsche Ztg. 26.10.1959 Pabst scheut kein Mittel des Neoverismus (SB); 1989 BRISANTE WÖRTER 197 Für die Periodisierung von Kunst und Literatur sind folgende Ismen-Substantive repräsentativ: [...] Neoverismus (CK). Süddeutsche Ztg. 22.2.1951 De Sica gilt über Italien hinaus als der Meister des neorealistischen oder neoveristischen Films (SB). Süddeutsche Ztg. 29.6.1954 Die junge Heldin dieses neoveristisch angehauchten italienischen Sittenfilms ist schön (SB). Stuttgarter Ztg. 11.5.1962 Ein melancholischer Szenenbildner schwelgte in neoveristisch gen Himmel klagenden entlaubten Bäumen (SB). Neovitalismus M. (1888; nach 1897 MEYER 1893ff. von E. v. Rindfleisch 1888 begründete und so bezeichnete Lehre) (zu Vitalismus ‘naturphilosophische Lehre, daß allem organischen Leben eine über die physikalischchemischen Vorgänge hinausgehende Lebenskraft innewohnt’, zurückgehend auf lat. vitalis ‘lebensspendend’; vgl. engl. Neo-vitalism 1902 in OED 1989 und frz. neo(-)vitalisme 1903 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) fachspr. ‘Weiterentwicklung / neue Form des Vitalismus’, mit neovitalistisch Adj. (1903) (vgl. engl, neo-vitalistic 1902/ neo-vitalist 1920 in OED 1989) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Neovitalismus’; Neovitalist M. (1908) (vgl. engl, neovitalist 1899 in OED 1989) ‘Vertreter/ Anhänger des Neovitalismus’. 1896 Naturwiss. Wochenschr. 15 (Überschrift) Eduard von Rindfleisch: Neo-Vitalismus (SB). Benedikt 1903 o.S. Ich ersetze den Ausdruck „Neo-Vitalismus“ durch Biomechanik (SB). Kretschmer 1921 Körperbau III im Zeitalter des Neovitalismus und Antidarwinismus (SB). Boche 1927 Wellenbewegungen 18 der Neovitalismus von Driesch (SB). Friedell 1931 Kulturgesch. III ül7Hans Driesch, ein Hauptvertreter des Neovitalismus (SB). <?page no="388"?> 380 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Benedikt 1903 (Buchtitel) Das biomechanische (neovitalistische) Denken in der Medizin und in der Biologie. (SB). ebd., o.S. zu der früheren Anschauung über die Sonderstellung der Lebenskräfte zurückzukehren, und man hat dieselbe als neovitalistische bezeichnet (SB). 1908 Zukunft 15 Diesen dem Laienverstand willkommenen Neovitalisten wäre Schlaf beizuzählen, wenn man ihn biologisch klassifizieren wollte (SB). Posner 1921 Virchow 11 die Bezeichnung Virchows als Neovitalisten (SB). Neo-Volkssänger M. (1995) okkasionell/ bildungssprachl. l neu(artig)er/ heutiger/ derzeitiger Volkssänger’. Mannh. Morgen 20.9.1995 [Programmvorschau] 15.30 Südbahnhof in Concert. Neo- Volkssänger Willy Astor (CK). Neo-Vulgata F. (1971) (zu Vulgata ‘die in der katholischen Kirche maßgebliche Bibelübersetzung von Hieronymus’, < mlat. versio vulgata ‘allgemein gebräuchliche Ausgabe’, zurückgehend auf lat. vulgare ‘unter das Volk bringen’, zu vulgus ‘Volk’) fachspr. (Theologie), vgl. Beleg. 1911 BROCKHAUS 1966ff. Neo-Vulgata, kath. Bibelwissenschaft: die von einer Päpstl. Kommission begonnene sprachliche Neufassung der Vulgata (bg). neovulkanisch Adj. (1897) (zu vulkanisch ‘durch Vulkanismus entstanden; bezogen auf einen Vulkan/ Vulkanismus’, zurückgehend auf den lat. Namen des Feuergottes Vulcanusvgl. engl, neovolcanic 1888 in OED 1989) fachspr. (Geologie), vgl. Beleg. 1891 MEYER 1893ff. Neovulkanisch, jungvulkanisch (tertiär und jünger) (BG). Neowagnerianer M. (1970) (zu Wagner, Eigenname, dt. Komponist/ Wagnerianer ‘Verehrer/ Anhänger der Musik Wagners’) okkasionell/ bildungsspr. ‘neuerer/ moderner/ derzeitiger Wagnerianer’. Offenburg. Tagebl. 28.1.1910 Blumenkinder als Neowagnerianer? Sie würden das Bild auf dem „Grünen Hügel“ um eine Skurrilität bereichern (SB). neo-wertkonservativ Adj. (1987) okkasionell/ bildungsspr. ‘wertkonservativ in neuer/ modischer/ heutiger Form’. Zeit 13.3.1981 Wir kennen diese Leute, deren kommunikatives Spektrum von Ersatzjesus aus Oberammergau (liberal) bis Arbeitslager (neo-wertkonservativ) reicht (CK). neowilhelminisch Adj. (1985) (zu Wilhelm, Eigenname, hier bezogen auf den dt. Kaiser Wilhelm \\./ wilhelminisch ‘charakteristisch für die Regierungszeit Wilhelms II., zu dieser passend, an diese erinnernd’) okkasionell/ bildungsspr. ‘wilhelminisch in erneuerter/ moderner Form’, mit Neo- Wilhelminismus M. (1992) ‘neue Variante von Besonderheiten, wie sie für die Ära Wilhelms II. typisch waren’. <?page no="389"?> Das Präfix neo- 381 Zeit 18.10.1985 Noch aber ist die neowilhelminische Kuh nicht vom altbayerischen Eis (CK). Süddeutsche Ztg. 1.10.1992 Wieder einmal ist Deutschland ein zu großer Brocken im europäischen Gleichgewicht, wieder einmal mehren sich die Zeichen dessen, was man übertreibend - „Neo-Wilhelminismus“ nennen könnte (Gfds). Neozerebellum N. (1987), auch Neocerebellum (zu Zerebellum ‘Kleinhirn’, < lat. cerebellum = Verkleinerungsform zu cerebrum ‘Gehirn’, vgl. engl. neocerebellum 1925 in OED 1989) fachspr. (Medizin) ‘phylogenetisch jüngerer Teil des Kleinhirns’, mit neozerebellar Adj. (1987) (vgl. engl, neocerebellar 1914 in OED 1989) ‘zum Neocerebellum gehörig, darauf bezogen’. 1987 ROCHE Neocerebellum: die phylogenetisch relativ jungen, aus dem Corpus cerebelli hervorgegangenen Kleinhirnhemisphären und die Nuclei dentati; neozerebellares Syndrom: s.u. Kleinhirnsyndrom (z). neo-zionistisch Adj. (1970) (zu zionistisch ‘bezogen auf/ charakteristisch für den Z\onlsmus , / Zionismus ‘jüdische politische Strömung/ Bewegung seit dem späten 19. Jh. zum Aufbau und zur Erweiterung eines selbständigen jüdischen Staates’, zurückgehend auf den Namen des Tempelberges Zion in Jerusalem, der auch für die Stadt insgesamt stehen kann) fach-/ bildungsspr. ‘bezogen auf/ charakteristisch für eine neuere/ moderne/ reformierte Richtung des Zionismus’, mit Neo-Zionismus M. (1982) ‘neuere/ moderne/ reformierte Form/ Richtung des Zionismus’. 1970 Resistentia Schriften 9, 2J, Der Versuch, die Massen zu mobilisieren, um die Juden aus Palästina zu verjagen, ist in Wirklichkeit eine „neo-zionistische“ Antwort (CK). Zeit 29.1.1982 Die korrumpierende Macht, die von der Besatzung ausgeht und einen Neo-Zionismus in Israel hat entstehen lassen, wird als ernsthafte Gefahr angesehen (CK). neozoisch Adj. (1897) (-zoisch zu -zoikum in Zusammensetzungen ‘Ara der Erdgeschichte’, zurückgehend auf griech. <zöon> ‘Lebewesen’; vgl. engl. Neozoic 1854 in OED 1989 und frz. neozoique 1892 in 1986 TRE- SOR 1971ff.) fachspr. (Geologie) ‘bezogen auf/ charakteristisch für den letzten/ jüngsten Abschnitt der Erdgeschichte, diesem zugehörig’, mit Neozoikum N. (1934) (vgl. engl. Neozoic 1873 in OED 1989 und frz. neozoique 1892 in 1986 TRESOR 1971ff.) ‘Erdneuzeit; der letzte/ jüngste Abschnitt der Erdgeschichte’. 1897 MEYER 1893 Neozoisch(neolithisch), soviel wie känozoisch (BG). 1955 BROCKHAUS 1952ff. Neozoische Formationsgruppe (BG). W. R. Müller 1934 (Buchtitel) Die Pflanzen des Neozoikums (SB). 1955 BROCKHAUS 1952ff. Neozoikum, die Känozoische Formationsgruppe (BG). Zeit 22.3.1985 Proterozoikum ist die Zeit vor dem Leben, Paläozoikum das Erdaltertum, Neozoikum die Erdneuzeit (z). <?page no="390"?> 382 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neozyt M. (1987) (-zyt in Zusammensetzungen ‘Zelle, Blutkörperchen’, zurückgehend auf griech. <kytos> ‘Höhlung, Wölbung’; vgl. frz. neocyte 1875 in 1975 GR. LAROUSSE 1971ff.) fachspr. (Medizin) ‘neues Blutkörperchen’, vgl. Beleg. 1987 ROCHE Neozyten: Erythrozytenpopulation mit einem Durchschnittsalter von 30 Tagen; Blutderivat, das bei chronisch zu transfundierenden Patienten seltener verabreicht werden muß (z). <?page no="391"?> III.6 Das Präfix neo- Alphabetisches Register 383 Die orthographische Variante newird in der alphabetischen Abfolge wie neobehandelt N eo-Absolutismus neoabsolutistisch neoadjuvant neo-afrikanisch Neo-Akademiker Neo-Aktivist neoanalytisch Neanthropinen Neanthropus Neo-Antisemitismus neo-apokalyptisch Neoapparatschik neoarabisch Neoaristokratie ne(o)arktisch Irreg Nearktis N eoarteriogenese Nearthrose Irreg Neo-Aufklärer Neo-Autarkismus Neoavantgarde Neo-Azubi Neobabouvismus Neo-Babylon neobabylonisch NeoBarbarei neobarbarisch Neobarock neobarock neobaslerisch Neo-Beat-... Neo-Beat-Band Neo-Beat-Klänge Neobehaviorist Neo-Biblizismus Neo-Biedermeier neo-biedermeierlich neobismarck(i)sch Neoblast Neo-Blumenkinder <?page no="392"?> 384 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neobojarenturn Neobolschewismus Neobolschewist neobolschewistisch Neoboreal neoboreal Neo-Brahmanismus neobraun Neo-Buddhismus neo-bürgerlich Neocalvinismus Neo-Clochard N eo-Collage- Kunst Neo-Coming-out-Roman Neo-Dada/ ismus Neodadaist neodadaistisch Neodamot Neodarwinismus Neodarwinianer Neodarwinist neodarwinistisch neodemokratisch Neo-Designer Neo-Deutschnationaler Neo-Diogenes Neo-Dionysos Neodogmatiker neodogmatisch Neodogmatismus Neodym Neo-Eleganz neoempirisch neoendemisch Neo-Europa N eo-Europäismus neoexpressionistisch N eoexpressionismus Neo-Expressionist neoexpressiv Neo-Expressiver Neofaschismus Neofaschist neofaschistisch Neo-Feudalismus Irreg veralt./ vgl. Hist Irreg Irreg <?page no="393"?> Das Präfix neo- 385 neo-feudal neofeudal/ istisch Neofirthianer Neofreudianer neofreudianisch neofreud(i)sch Neo-Fundi Neogäa 1 Neogäikum Neogäa 2 neogamisch neogaullistisch Neogaullist neogen Neogen Neogenese Neo-Geo Neogermane neogermanisch Neogilos Neogotik neogotisch Neogräzistik Neographie Neograph neographisch Neographismus Neogrieche Neogrec neogriechisch neohandelskapitalistisch Neo-Heirnatfilm Neohellenismus Neo-Hippie Neohippokratismus neohistorisch Neo-Historiker Neohistorismus neohumanistisch Neohumboldtianismus Neo-Idealismus neo-idealistisch neo-irnperial Neoimperialismus Neo-Imperialist Irreg veralt./ vgl.Hist veralt./ vgl. Hist veralt./ vgl. Hist <?page no="394"?> 386 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neoimplantation N eoimpressionist Neoimpressionismus neoimpressionistisch neo-informell Neoinsertion neoislamisch Neo-Isolationismus Neo-Isolationist neo-isolationistisch Neokapitalismus Neokapitalist neokapitalistisch Neokatholizismus Neokatholik neokatholisch neoklassisch Neoklassik Neoklassiker Neoklassizismus Neoklassizist neoklassizistisch N eo- Kollektivismus neokollektivistisch Neokollektivität neokolonialistisch neokolonial Neokolonialismus Neokolonialist Neokolonie Neokom Irreg neokom Irreg Neokommunist Neokommunismus neokommunistisch neokonservativ N eokonversatismus Neo-Konservativer Neokonservat(iv)ismus neokonstruktivistisch Neo-Konstruktiver Neo-Konzeptualismus Neokortex Neo-Kubismus Neolalie Irreg <?page no="395"?> Das Präfix neo- 387 N eolamarckismus Neo-Lamarckianer Neolamarckist Neoliberalismus neoliberal Neoliberaler Neolinguistik Neolinguist/ iker neolithisch Neolithiker Neolithikum Neologie Neologe veralt. neologisch neologisieren veralt. Neologismus Neologist veralt. neologistisch Neo-Macho Neomakrobiotik Neomalthusianismus Neomalthusianer Neomanie Irreg Neo-Manierismus Neomarktwirtschaftler Neomarxismus Neo-Marxist neomarxistisch Neomaterialismus neomaurisch Neomenie veralt./ vgl. Hist Neomerkantilismus neomerkantilistisch neomexikanisch Neo-Mod-Cape Neo-Moderne neomodern Neomorphose neomorph Neomortalität Irreg Neo-Musical-Haltung Neomyst veralt./ vgl. Hist Neomyzin N eo-Nationalismus neonational <?page no="396"?> 388 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neonationaler Neo-Nationalist neonationalistisch neonationalsozialistisch Neonationalsozialismus Neonationalsozialist neonaturalistisch neonatus neonatal Neonatologe Neonatologie Neonatus Neonazist Neonazi Neonazismus neonazistisch Neonazitum Neo-Neandertaler Neo-Nep- Politik neoneuenfelsisch N eo-Nietzscheaner Neonom/ ist Neo-Nonsense-Show Neo-Optimismus Neo-Organ Neopädagoge neopädagogisch Neopallium Neopanslawismus neopanslawistisch Neoparochus neopathetisch Neopathetiker Neopathie Neopath neopathisch Neophobie neophob neophobisch Neophyt Neophytikum neophytisch Neophytismus Neopilina Neoplasie veralt./ vgl. Hist veralt./ vgl. Hist veralt./ vgl. Hist Irreg Irreg veralt. <?page no="397"?> Das Präfix neo- 389 Präneoplasie Neoplasma Neoplastizismus Neoplastizist neoplastizistisch Neoplatoniker neoplatonisch Neoplatonismus Neoplüsch Neopointillist Neo Pop neopopularistisch Neopopulismus Neopositivismus Neopositivist neopositivistisch Neopren Irreg Neopresbyter veralt./ vgl. Hist Neoprimitivismus neoprimitiv neoprimitivistisch Neoprimitivum Neo-Privater Neoprotektionismus neoprovinziell Neo-Psychoanalyse neo-psychoanalytisch Neo-Punker Neo-Punk Neorama veralt./ vgl. Hist Neo-Rassismus neorassistisch Neorationalismus neoreaktionär Neorealist Neorealismus neorealistisch Neo-Realo Neo-Rechter Neoreformismus Neo-Renaissance neorevanchistisch Neo-Rokoko neoromanisch Neoromanik <?page no="398"?> 388 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neonationaler Neo-Nationalist neonationalistisch neonationalsozialistisch Neonationalsozialismus Neonationalsozialist neonaturalistisch neonatus neonatal Neonatologe Neonatologie Neonatus Neonazist Neonazi Neonazismus neonazistisch Neonazitum Neo-Neandertaler Neo-Nep-Politik neoneuenfelsisch Neo-Nietzscheaner Neonom/ ist Neo-Nonsense-Show Neo-Optimismus Neo-Organ Neopädagoge neopädagogisch Neopallium Neopanslawismus neopanslawistisch Neoparochus neopathetisch Neopathetiker Neopathie Neopath neopathisch Neophobie neophob neophobisch Neophyt Neophytikum neophytisch Neophytismus Neopilina Neoplasie veralt./ vgl. Hist veralt./ vgl. Hist veralt./ vgl. Hist Irreg Irreg veralt. <?page no="399"?> Das Präfix neo- 389 Präneoplasie Neoplasma Neoplastizismus Neoplastizist neoplastizistisch Neoplatoniker neoplatonisch Neoplatonisrnus Neoplüsch Neopointillist Neo Pop neopopularistisch Neopopulismus Neopositivismus Neopositivist neopositivistisch Neopren Irreg Neopresbyter veralt./ vgl. Hist Neoprimitivismus neoprimitiv neoprimitivistisch Neoprimitivum Neo-Privater Neoprotektionismus neoprovinziell Neo-Psychoanalyse neo-psychoanaly tisch Neo-Punker Neo-Punk Neorama veralt./ vgl. Hist Neo-Rassismus neorassistisch Neorationalismus neoreaktionär Neorealist Neorealismus neorealistisch Neo-Realo Neo-Rechter Neoreformismus Neo-Renaissance neorevanchistisch Neo-Rokoko neoromanisch Neoromanik <?page no="400"?> 390 Michael Kinne Die Lehnpräfixe post-, prä- und neo- Neo-Romantiker Neoromantik neoromantisch Neoroyalismus Neosalon Neosalvarsan Neosal-N Neosilbersalvarsan Neo-Samurai Neo-Schäferstündchen neoscholastisch Neoslawismus neoslawisch neo-sowjetisch Neo-Spießer Neo-Spinozismus Neostadtrat Neo-Ständestaat neostalinistisch Neostalinist Neostalinismus Neo-Sternheim Neostigmin Neo-Stil Neostriatum neostriatär Neostrukturalismus Neostrukturalist neostrukturalistisch Neoteben Neotektonik Neotenie neoten Neotenin neotenisch neoterisch Neoteriker Neoterismus Neothalamus neotheologisch neothomistisch Neothomismus neotonal Neotonalität Neo-Tory Irreg veralt./ Irreg/ vgl. Hist Irreg veralt./ Irreg <?page no="401"?> Das Präfix neo- 391 Neo-Traditionalist Neo-Traditionalismus neo-traditionsbewußt Neotrotzkismus Neo-Valentiniade Neoverismus neoveristisch Neovitalismus Neovitalist neovitalistisch Neo-Volkssänger Neo-Vulgata neovulkanisch Neowagnerianer neo-wert konservativ neowilhelminisch Neo-Wilhelminismus Neozerebellum neozerebellar neo-zionistisch Neo-Zionismus neozoisch Neozoikum Neozyt neotropisch Neotropis Irreg Irreg <?page no="402"?> amades Arbeitspapiere und Materialien zur deutschen Sprache Herausgegeben vom Institut für Deutsche Sprache Hoppe, Gabriele: Herausbildung und Integration des Submusters ETHNIKA + -(o)phonel-(o)phonie im Französischen und Stellung des analogen Musters im Lehn-Wortbildungssystem des Deutschen. 1998. ISBN 3-922641-44-X (Papier, DM 27,-) ISBN 3-922641-47-4 (Diskette, DM 15,-) Das Muster ist behandelt unter sprachvergleichenden Aspekten: ETHNIKA + -(o)phon(e)/ -(o)phonie ist ein Fallbeispiel für Musterkontraste in lehn-wortbildenden modernen europäischen Sprachen. Es kam darauf an, dem Deutschen, das ein entwickeltes Muster ETHN + -(o)phon/ ie nicht kennt und auch Entlehnung lehngebildeter Kombinationen bis auf vereinzelte, signifikante Types nachweisbar vermeidet, das produktive Muster dokumentationsgestützt gegenüber zu stellen. Hoppe, Gabriele: Aspekte von Entlehnung und Lehn-Wortbildung am Beispiel ~(o)thek. (ersch. demnächst) ISBN 3-922641-74-1 (Papier, DM 82,-) ISBN 3-922641-75-X (CD-ROM, DM 59,-) Dieser Beitrag zur Lehn-Wortbildung behandelt auch vergleichend die Folgelast der bibliotheca-\m\o\M\on, nämlich die einseitige, von der verbleibenden angloamcrikanischen libraria-Zonc abweichende Herausbildung des Suffixes -(o)thek aus diesem Leitwort in den kontinentaleuropäischen Sprachen. Phänomene von Entlehnung und Lehn-Wortbildung werden in Beschreibungsteil, Wortartikeln und Anhängen beleuchtet. Das umfangreiche, auch sprachhistorische Material und die sprachübergreifende Darstellung dürften besonders für Sprachhistoriker und Lexikographen von Interesse sein. Die Arbeit liegt auch als Hypertextversion mit Verweisen und Volltext-Suchmöglichkeit auf CD-ROM vor. Bestellungen über den Buchhandel oder direkt beim IDS: amades Institut für Deutsche Sprache Postfach 10 16 21 68016 Mannheim Fax: 0621/ 1581-200 Online-Bestellung: http: / / vww.ids-mannheim.de/ pub/ amades <?page no="403"?> Wortbildung mit entlehnten Einheiten ist als Folgeerscheinung von Sprachkontakt alt jedoch nicht altbekannt und bisher wenig erforscht. Die Untersuchungen zu den Lehnpräfixen post-, prä- und neobefassen sich innovativ und exemplarisch mit dem Phänomen der Lehn-Wortbildung im Deutschen. Ziel der Monographie ist es, auf der Grundlage einer umfangreichen Datenbasis die Strukturen der Lehn-Wortbildung im Deutschen detailliert darzustellen. Damit wird eine wichtige Komponente besonders im bildungs- und wissenschaftssprachlichen Wortschatz des Deutschen ins Blickfeld gerückt. Dieser Wortschatz ist vielfach auf Entlehnung zurückzuführen. Die Monographie enthält ausführliche Lexikonteile zu den deutschen „Produkten“ der Lehn-Wortbildung vom Aufkommen der Lehnpräfixe bis in die Gegenwart. Damit sollen auch lexikographische Anregungen gegeben werden für die Darstellung derartiger gebundener Einheiten im allgemeinsprachlichen deutschen Wörterbuch. Weitere Bände zur Lehn-Wortbildung: Gabriele Hoppe, Das Präfix ex- (Studien zur deutschen Sprache, Band 15) Isolde Nortmeyer, Die Präfixe inter- und trans- (Studien zur deutschen Sprache, Band 19) ISBN 3-8233-5148-6
