Mehrmedialität in der werblichen Kommunikation
Synchrone und diachrone Untersuchungen von Werbestrategien
0618
2008
978-3-8233-7264-6
978-3-8233-6264-7
Gunter Narr Verlag
Sandra Reimann
Werbung ist heute meist Teil einer breiter angelegten Gesamtstrategie; bei größeren Kampagnen werden gezielt mehrere Medien genutzt. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, das Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb von aktuellen und historischen Reklamefeldzügen zu analysieren. Die Untersuchung orientiert sich hierbei an folgenden Leitfragen: Welche Aussagen lassen sich zur so genannten "Mehrmedialität" im Rahmen einer Gesamtwerbestrategie machen? Wie werden die Medienspezifika (u. a. Darstellungsmittel, Rezeptionssituation, Funktion) genutzt? An die eingehende Analyse schließen sich Bewertung und erste Verbesserungsvorschläge im Hinblick auf einen optimierten Medieneinsatz an. Eine Beurteilung der Markenkommunikation eines Unternehmens ist im Rahmen der Firmen- und der damit verbundenen Werbegeschichte zu sehen und wird exemplarisch vorgeführt.
<?page no="0"?> Sandra Reimann MEHRmedialität in der werblichen Kommunikation Synchrone und diachrone Untersuchungen von Werbestrategien Gunter Narr Verlag Tübingen Sprache Bild Musik/ Geräusche Print Hörfunk Internet Fernsehen <?page no="1"?> MEHRmedialität in der werblichen Kommunikation <?page no="3"?> Sandra Reimann MEHRmedialität in der werblichen Kommunikation Synchrone und diachrone Untersuchungen von Werbestrategien Gunter Narr Verlag Tübingen <?page no="4"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.d-nb.de abrufbar. Diese Arbeit wurde am 23.12.2005 von der Philosophischen Fakultät IV - Sprach- und Literaturwissenschaften - der Universität Regensburg als Dissertation angenommen. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung durch die FAZIT-STIFTUNG in Frankfurt am Main. © 2008 Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: http: / / www.narr.de E-Mail: info@narr.de Druck und Bindung: Ilmprint, Langewiesen Printed in Germany ISBN 978-3-8233-6264-7 <?page no="5"?> Vorbemerkung Zunächst möchte ich Menschen danken, die die Arbeit begleiteten und auf unterschiedliche Weise dazu beitrugen, dass sie entstehen konnte. Mein Doktorvater Prof. Dr. Albrecht Greule hat mir durch eine Stelle an seinem Lehrstuhl nicht nur finanziell die Möglichkeit dazu gegeben. Durch die stete Beschäftigung mit der deutschen Sprachwissenschaft in Forschung und Lehre konnte ich meinen Blick für Entwicklungen und Herausforderungen, die das Fach bietet, schärfen. Prof. Greules Einsatz für das Historische Werbefunkarchiv erlaubte es mir, meine Auseinandersetzung mit der Werbesprache zu erweitern und zu intensivieren. Das einmalig positive Arbeitsklima am Lehrstuhl bietet die Grundlage für eine von Motivation und Freude getragene Forschungsarbeit. Sie wurde durch Prof. Greules großes Interesse an meinem Thema maßgeblich gefördert. Mit Prof. Dr. Nina Janich teile ich die Begeisterung für die Wirtschafts- und Werbesprachforschung. Unsere Arbeitsgespräche waren geprägt von Vergnügen und Gelassenheit. Beiden danke ich für alle Anregungen zu dieser Arbeit. In die vorliegende Fassung - das Promotionsverfahren wurde 2006 abgeschlossen - wurden neuere Forschungsergebnisse eingearbeitet. Ein großes Dankeschön geht an das Doktorandenkolloquium des Lehrstuhls Deutsche Sprachwissenschaft in Regensburg für wichtige Rückmeldungen und wertvolle Anregungen; vor allem danke ich hier Prof. Dr. Albrecht Greule, Prof. Dr. Heinrich Tiefenbach und Prof. Dr. Christiane Thim-Mabrey. Ich danke außerdem allen Kolleginnen und Kollegen der Universität Regensburg sehr herzlich, die mich in verschiedener Hinsicht sehr entgegenkommend unterstützten. Meine Freundinnen und Freunde waren immer für mich da - nicht nur zum Korrekturlesen. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Meine Familie begleitete mich auf ihre Weise auf meinem Weg, meine Eltern überraschten mich zudem mit der Übernahme eines Teils der Kosten für die Drucklegung, wofür ich ihnen herzlichst danke. Einen beträchtlichen Druckkostenzuschuss gewährte mir die F AZIT - S TIFTUNG in Frankfurt am Main. Über diese großzügige Unterstützung habe ich mich unglaublich gefreut. Vielen Dank! Die Beschäftigung mit Werbung zurückliegender Jahrzehnte wäre ohne die Unterstützung zahlreicher Menschen gar nicht möglich gewesen. Beispielsweise war ich auf bereitwillige Auskünfte zum Entstehungsprozess der Kampagnen angewiesen, um nicht „ins Blaue“ hineininterpretieren zu müssen. Besonders viel Kontakt hatte ich mit Detlef Fischer, Leiter der Technik Radio und TV bei der Bayerischen Rundfunkwerbung GmbH, Prof. Erwin H. Geldmacher, ehemals Leiter des Tonstudios Frankfurt und Besitzer des Historischen Werbefunkarchivs, Sandra Rubey von der Firma Dallmayr, Dr. Peter Urbanek, Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und <?page no="6"?> VI Immobilien KgaA und Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter der Firma Dallmayr. Ein herzliches Dankeschön für Gedankenaustausch, Diskussionen und die Beantwortung mancher vielleicht ungewöhnlicher Fragen, die einer Sprachwissenschaftlerin im Rahmen solch einer Arbeit einfallen; Hintergrundinformationen zur Werbung sind auch deshalb so wertvoll, weil sie meist nirgends nachzulesen sind. Unkompliziert unterstützt wurde ich bei der Zusammenstellung des Korpus. Hierbei danke ich vor allem Ute Bettendorf von der Allgäuer Alpenmilch GmbH in Thalfang, Dorit Gundi von der Firma Dallmayr in München, Corinna Gregus von der AC Nielsen Werbeforschung in Hamburg, Christiane Herz von der Nestlé Erzeugnisse GmbH in Frankfurt am Main, Wolfgang König, Leiter des Teddymuseums in Klingenberg, Marco Ludwig von der Werbeagentur Heye & Partner in Unterhaching bei München, Patricia Maßmann von der Firma Dallmayr, Sandra Rubey von der Firma Dallmayr, Julia Spee von der Nestlé Erzeugnisse GmbH in Frankfurt am Main, Lidia Stencel von der Werbeagentur Publicis in Frankfurt am Main und Dominik Terruhn, Etat Director Efficiency Planning von Serviceplan, Agenturgruppe für innovative Kommunikation GmbH & Co. KG, München. Eine überaus wichtige Bereicherung waren auch die Gespräche bzw. der E-Mail-Kontakt mit Heinz Böldl, Senior Art Director bei der Werbeagentur Heye & Partner, Prof. Dr. Edgar Feichtner von der Fachhochschule Regensburg, Anja von Fraunberg von der Zeitschrift MEDIA & MARKETING , Bettina Fuchsluger von der Werbeagentur Heye & Partner, Veronika Hasselwander von der Werbeagentur Heye & Partner, Andreas Lehmann von der Werbeagentur ad.quarter in Hamburg, Iris Mayer, Schauspielerin und Darstellerin in den Dallmayr-Dialogspots der 50er/ 60er Jahre, Alexander Kersten, Leitung Text der Abteilung Werbung bei der Versicherungskammer Bayern, Dr. Lutz Köhler, Pressesprecher der Versicherungskammer Bayern, Axel Krumsick von der Werbeagentur Heye & Partner, Dr. Helmut Maucher, Ehrenpräsident Nestlé S. A., Vevey, Stefan Michalk vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V., Gerda Müller von der Bayerischen Rundfunkwerbung GmbH, Corinna Rieb, Mitarbeiterin der Werbeagentur Heye & Partner, Ellen Ruthrof, Werbeleiterin der Firma Dallmayr, Damir Salopek von der Bayerischen Rundfunkwerbung GmbH, Claudia Scheibel, Pressesprecherin der ARD-Werbung S ALES & S ERVICES GmbH, Walter Weinmann, ehemals Tonmeister bei Insel-Film, Soetkin Wintermeier, Tontechnikerin, sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Dallmayr- Media-Agentur Optimedia Düsseldorf und des Wirtschaftsarchivs in München. Schließlich danke ich dem Gunter Narr Verlag für die seit jeher sehr gute Zusammenarbeit, die ich sehr schätze. Regensburg im Frühjahr 2008 Sandra Reimann <?page no="7"?> Inhalt 0 Einleitung...................................................................................................... 1 A Theorie ......................................................................................................... 6 1 Die Werbung ................................................................................................ 6 1.1 Stand der Werbesprachforschung ........................................................... 6 1.1.1 Arbeiten zur Diachronie in der Werbung ................................... 6 1.1.2 Arbeiten zum Medienvergleich in der Werbung ..................... 11 1.2 Werbung als Kommunikation................................................................ 14 Exkurs zur Markenkommunikation............................................................... 21 2 Die Medien ................................................................................................. 25 2.1 Definition „Medium“ .............................................................................. 25 2.2 Spezifika ................................................................................................... 28 2.2.1 Plakat.............................................................................................. 30 2.2.2 Zeitung ...................................................................................... 32 2.2.3 Zeitschrift....................................................................................... 35 2.2.4 Radio .............................................................................................. 37 2.2.5 Fernsehen....................................................................................... 41 2.3 Funktion und Funktionsverschiebung als Zeichen der Mediengeschichte .................................................................................... 44 2.4 Mehrmedialität......................................................................................... 53 2.4.1 Definition ....................................................................................... 53 2.4.2 Werbewirtschaftliche Aspekte .................................................... 62 3 Methodik..................................................................................................... 73 3.1 Vorgehensweise bei den Einzelanalysen .............................................. 73 3.2 Analysemodell.......................................................................................... 77 3.3 Synchrone und diachrone Mehrmedialität........................................... 98 B Empirie ..................................................................................................... 104 4 Das Korpus ............................................................................................... 104 4.1 Problematik der Korpuszusammenstellung ...................................... 104 4.2 Synchrones Korpus................................................................................ 107 4.3 Diachrones Korpus ................................................................................ 108 5 Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich..111 5.1 Werbemittelexterne Fakten - Hintergründe und Strategien der Kampagnen............................................................................................. 112 <?page no="8"?> VIII 5.2 Diachrone Untersuchung und Vergleich dreier Dallmayr- Kampagnen (50er/ 60er Jahre, 1978, 1998/ 99).................................... 119 a) Inhalt ............................................................................................ 119 b) Inhaltliche Argumentationsstrategien ..................................... 125 c) Struktur(elemente)...................................................................... 127 d) Form/ Gestaltung........................................................................ 131 Exkurs zu Wortschatz und Wortbildung: Attribuierungen. 136 e) Bewertung.................................................................................... 138 Technisch-formale und inhaltliche Umsetzung ..................... 138 Markenkommunikation............................................................. 142 f) Zusammenfassung - Die wichtigsten Ergebnisse .................. 145 5.3 Synchrone Untersuchung und Vergleich der Dallmayr-Kampagne 1998/ 1999 mit der Flensburger-Kampagne 2002/ 03 ........................ 147 a) Inhalt ............................................................................................ 147 b) Inhaltliche Argumentationsstrategien ..................................... 148 c) Struktur(elemente)...................................................................... 148 d) Form/ Gestaltung........................................................................ 151 Exkurs zu Wortschatz und Wortbildung: Attribuierungen.. 152 e) Bewertung.................................................................................... 152 f) Zusammenfassung - Die wichtigsten Ergebnisse .................. 153 6 Synchrone Mehrmedialität .................................................................... 156 6.1 Kampagnen............................................................................................. 156 6.2 Vergleich - Ergebnisse ......................................................................... 164 6.2.1 Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb der Kampagnen: Übereinstimmung - eingeschränkte Bezugnahme - kein Bezug 164 6.2.2 Inhaltliches und formales Zusammenspiel - kampagnenübergreifende Parallelen und Unterschiede ........................... 167 a) Inhalt ....................................................................................... 167 b) Struktur(elemente) ................................................................ 175 Exkurs: Produktnamen .............................................................. 189 c) Form/ Gestaltung.................................................................... 191 d) Zusammenfassung................................................................. 199 7 Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr ............................ 201 7.1 Kampagnen - Hintergründe ................................................................ 201 7.2 Vergleich - Ergebnisse .......................................................................... 209 7.2.1 Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb der Kampagnen: Übereinstimmung - eingeschränkte Bezugnahme ................ 209 7.2.2 Formales und inhaltliches Zusammenspiel - kampagnenübergreifende Parallelen und Unterschiede....... 210 a) Struktur(elemente)................................................................. 210 b) Inhalt ....................................................................................... 217 c) Form/ Gestaltung ................................................................... 223 d) Zusammenfassung ................................................................ 227 <?page no="9"?> IX 7.2.3 Zusammenfassender Vergleich der diachron und synchron untersuchten Kampagnen ....................................................... 228 8 Werbung für Genussmittel regionaler Herkunft und langer Tradition.. 232 8.1 Geschichte der Unternehmen............................................................... 232 8.2 Tradition in der Werbung ..................................................................... 235 8.3 Genussmittel........................................................................................... 239 9 Diachroner Vergleich der Marke Dallmayr mit den Marken Löwenbräu und Bärenmarke ............................................................. 243 9.1 Beworbene Produkte und Medieneinsatz .......................................... 243 9.2 Exkurs: Produktnamen ......................................................................... 255 9.3 Die erste mehrmediale Kampagne von Dallmayr, Löwenbräu und Bärenmarke............................................................................................. 259 a) Medienzusammenspiel und Medienspezifik ......................... 259 b) Der markenübergreifende Vergleich....................................... 266 9.4 Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte ............................................................. 271 a) Die Kampagnen.......................................................................... 271 b) Medien: Art und Anzahl ........................................................... 277 c) Das Medienzusammenspiel: Übereinstimmung - eingeschränkte Bezugnahme - keine Bezugnahme............... 278 d) Beworbene Produkte ................................................................. 281 e) Der markenübergreifende Vergleich....................................... 281 9.5 Zeitübergreifender Vergleich: Die 50er/ 60er- und 70er Jahre ......... 293 C Interpretation der Ergebnisse .......................................................... 296 10 Unterschiede im Medienzusammenspiel............................................ 296 10.1 Werbemittelinterne Ursachen .............................................................. 296 10.1.1 Unterschiede in den kommunizierten Themen ...................... 296 10.1.2 Medienspezifische Eigenschaften / Unterschiedliche Funktionen................................................................................... 298 10.1.3 Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Werbemitteleinsatz..................................................................... 304 10.1.4 Diachroner Vergleich - Bewerbung unterschiedlicher Produkte und Einsatz verschiedener Strategien .............. 307 10.2 Werbemittelexterne Ursachen .............................................................. 309 10.2.1Veränderte Rolle der Medien in der Gesellschaft / Medienrezeption......................................................................... 309 10.2.2 Veränderte Rolle der Werbung in den Medien ...................... 314 10.2.3 Rezeptionsresonanz auf Werbemittel ...................................... 317 10.2.4 Vorlieben der Senderseite - Beispiel Dallmayr ...................... 317 10.2.5 Kosten........................................................................................... 318 10.2.6 Entwicklungen in der Medientechnik...................................... 319 <?page no="10"?> X 11 Sprachwissenschaftliche Bewertung - der Nutzen der Sprache für die Werbung....................................................................................... 321 11.1 Die Notwendigkeit der Sprache für die Werbung ............................ 321 11.2 Plädoyer für die Anzeige als Hauptinformationsträger in mehrmedialen Kampagnen .................................................................. 322 11.3 Der Hörfunkspot als Chance für die Sprache .................................... 327 11.4 TV-Werbung - Die Dominanz bewegter Bilder................................. 329 11.5 Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung ............................. 330 12 Mehrmedialität in der Werbung - ein Rück- und Ausblick............ 342 D Anhang ..................................................................................................... 347 13 Transkriptionen ....................................................................................... 347 13.1 Synchron untersuchte Kampagnen ..................................................... 347 13.2 Diachron untersuchte Dallmayr-Kampagnen ................................... 365 14 Einzelanalysen in Auswahl .................................................................. 385 15 Synchrone Mehrmedialität im Überblick ........................................... 404 16 Glossar ....................................................................................................... 412 E Verzeichnis der Abbildungen, Tabellen und Graphiken ...... 414 17 Abbildungen ............................................................................................ 414 18 Tabellen und Graphiken........................................................................ 416 F Quellen ..................................................................................................... 417 19 CD-Roms, DVDs, Video-, Hörfunk-Kassetten .................................. 417 20 Zeitschriften, Zeitungen, Manuskripte ............................................... 418 21 Internet ...................................................................................................... 419 G Literatur ................................................................................................... 420 22 Gedruckte Literatur................................................................................. 420 23 Elektronische Literatur ........................................................................... 432 24 Unveröffentlichte Literatur.................................................................... 433 <?page no="11"?> 0 Einleitung In den vergangenen Jahren entstanden in den verschiedenen Disziplinen viele Arbeiten über Werbung bzw. Werbesprache. Nachholbedarf besteht noch bei der Untersuchung des Zusammenspiels der Werbemittel innerhalb von Kampagnen 1 sowie der Diachronie der Werbung. 2 Diesen beiden Bereichen wird mit dieser Arbeit nachgegangen und es stellen sich folgende übergeordnete Fragen: 1. Wie (unterschiedlich) wird das Werbemittelzusammenspiel in Kampagnen gestaltet? 2. Welche Entwicklungen (Diachronie) innerhalb einzelner Marken lassen sich hinsichtlich des Zusammenspiels feststellen? Mit der überblicksartigen synchronen Analyse von zehn aktuellen Werbekampagnen für verschiedene Produkte soll eine Palette der Möglichkeiten des inhaltlich-formalen Bezugs zwischen Werbemitteln (z. B. Anzeige, HF- und TV-Spot) gegeben werden. Terminologisch erscheint es mir hier unpassend, von „Intertextualität“ oder „Intermedialität“ zu sprechen, so dass ich für das Medienzusammenspiel innerhalb einer Kampagne den Terminus „Mehrmedialität“ einführe und ihn von weiteren in diesem Zusammenhang auch in der Werbewirtschaft auftauchenden Bezeichnungen für oftmals jedoch unterschiedliche Inhalte abgrenze (Kap. 2.4.1). Die Mehrmedialität der Kampagnen wird in einem ersten Schritt mit einem Analysemodell untersucht (Kap. 3 „Methodik“), das als Raster eng genug ist, um über die Einzelanalysen hinaus die Vergleichbarkeit von Kampagnen zu gewährleisten. Im Zusammenhang mit dem Wissen um Medienspezifika - Möglichkeiten und Grenzen, Stärken und Schwächen der Werbeträger (Kap. 2.2) - gibt das Modell einen Kriterienkatalog an die Hand, um das Zusammenspiel von Werbemitteln zu überprüfen und einzuschätzen. In abgewandelter Form ist es so auch über Werbung hinaus einsetzbar. In einem zweiten Schritt der Analyse erweitere ich den Blick auf die Mediengeschichte und prüfe die Mehrmedialität in diachroner Perspektive. Die Konzentration dabei auf zunächst eine Marke - Dallmayr - ist notwendig, um die Entwicklung umfassend nachzeichnen zu können. 3 Punktuell und zur Überprüfung der Ergebnisse ziehe ich zwei vergleichbare Marken der Nahrungsmittelindustrie hinzu, deren Materialfülle es ermöglicht, Ergebnisse markenübergreifend zu bestätigen oder eher als markenspezifisch zu erklären. 4 1 Vgl. z. B. Janich, 2003, 29. 2 Vgl. z. B. Janich, 2003, 16f. 3 Vgl. Kap. 4 „Das Korpus“ sowie Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 4 Vgl. Kap. 9 „Diachroner Vergleich der Marke Dallmayr mit den Marken Löwenbräu und Bärenmarke“. <?page no="12"?> 2 Erwartet werden nicht nur neue Erkenntnisse für die Werbesprachforschung als Teil der Wirtschaftssprache, sondern auch Einsichten in die medienspezifische Sprache und ihre Entwicklung. Nicht zuletzt kann das Wissen um die historische Werbung auch für die Werbepraxis wichtig sein, um darauf aufbauend oder sich davon abgrenzend Strategien in der Gegenwart zu konzipieren. Ein Beispiel ist bei Löwenbräu zu finden: Nach dem sich auch in sinkenden Umsatzzahlen zeigenden Scheitern der sog. „Türkis- Kampagne“ erfolgte Mitte/ Ende der 90er Jahre ein Rückgriff auf die 70er- Jahre-Kampagne „Ein Bier wie Bayern“. 5 Die Auswahl der so genannten „klassischen“ Werbemittel wird mit der Vergleichbarkeit begründet, denn bis in die 50er Jahre lässt sich TV-, HF- und Printwerbung (Anzeigen, Plakate), teilweise auch Kinowerbung (v. a. 50er/ 60er Jahre) - aber eben beispielsweise keine Internetwerbung - finden, so dass eine Gegenüberstellung der diachron und synchron analysierten Kampagnen möglich ist: „Die Vermarktung eines Produkts kann dabei eine Vielzahl von Aktionen umfassen, und die weitaus gebräuchlichste ist Werbung über die klassischen Medien wie Zeitungen und Zeitschriften, das Radio und vor allen Dingen das Fernsehen.“ 6 Die Werbung in den klassischen Medien wird heute oft ergänzt, um eine Marke auf dem Markt rezeptions- und zielgruppenorientiert unterzubringen: „Wir legen bewußt Wert auf den Begriff Kommunikation, der mehr umfasst als nur Werbung und Verkaufsförderung. Gerade in Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, die anvisierten Zielgruppen in einer frakturierten Medienlandschaft zu erreichen, werden Formen der Kommunikation wie Sponsoring, Events oder andere Mittel der markenbezogenen Themensetzung eine zunehmende Rolle spielen.“ 7 An dieser Stelle sei ein Blick auf weitere Möglichkeiten der Werbung geworfen, und zwar auf neuere Entwicklungen, aber auch auf die punktuell schon in den vergangenen Jahrzehnten vorhandenen Kommunikationsformen jenseits der klassischen Werbemittel. Heute werden unter anderem Verkehrsmittelwerbung, Mailings, Antwortkarten, Broschüren, Flyer, Poster, Sponsoring, Glückwunschkarten, Werbegeschenke (wie KFZ-Box, Badetuch, CD, Parkscheibe, Kundenmappe, Meterstab, Autoatlas) eingesetzt, wie folgende Beispiele der Versicherungskammer Bayern 8 zeigen. 5 Vgl. Kap. 9 „Diachroner Vergleich der Marke Dallmayr mit den Marken Löwenbräu und Bärenmarke“. 6 Hellmann, 2003, 234. Vgl. auch Bauer Media KG, 2003, 12. http: / / www.bauermedia. com/ pdf/ service/ konjunktur_werbung_2003.pdf (Zugriff am 29.03.2005). 7 Broschüre der Werbeagentur Heye & Partner (Unterhaching/ München), 2001. 8 CD der Werbeagentur Heye & Partner vom 19.11.2002 mit den Werbemitteln der Versicherungskammer Bayern. <?page no="13"?> 3 Abb. 2: S-Bahn München. Abb. 1: CD der Band Haindling. Abb. 3: Badetuch. Eine für jüngere Mediastrategien bezeichnende Werbemittelauswahl (Print, TV, Internet) zeigt die Kampagne „Renault Clio - ‚Das Duell‘ “ (Agentur Publicis, Frankfurt am Main): Zunächst wurde für rund drei Wochen TV- Werbung („Teaserspot“) geschaltet: „An der spannendsten Stelle der Verfolgungsjagd zwischen einer Rakete und dem Clio endet der Spot mit dem Hinweis ‚Wie es weitergeht, entscheiden Sie: www.clio-duell.de‘.“ 9 Sowohl mit diesem TV-Spot (mit dem Schauspieler Til Schweiger) als auch mit Anzeigenwerbung (z. B. im S TERN Nr. 37, 07.09.2000) wird der Rezipient zur Interaktivität im Internet aufgefordert (vernetzte Kommunikation). 10 In der Anzeige wird ein Bild aus dem Internet-Spiel gezeigt, unter anderem ist die Internetadresse www.clio-duell.de angegeben und im Text heißt es: Das TV-Duell zwischen dem Clio und der Rakete geht in die heiße Phase. Jetzt entscheiden Sie, wie ´s weitergeht. Im Internet oder bei Ihrem Renault Partner. Mit einer zündenden Idee und etwas Glück gewinnen Sie einen Clio Renault Sport 2.0 16V. Auf dem Info-Blatt zur Kampagne heißt es weiter: „Im Internet konnte man sich dann spielerisch und interaktiv das Ende des Spots ‚erarbeiten‘. Belohnt wurde man mit einem filmischen Spektakel und der Teil- 9 Info-Blatt der Agentur Publicis zu „Renault Clio - ‚Das Duell’ “. 10 Vgl. Kap. 2.4 „Mehrmedialität“. <?page no="14"?> 4 nahme an einem Gewinnspiel. In der zweiten Phase war der Spot mit dem Ende on air, das vorher ausschließlich im Internet zu sehen war.“ 11 Auch diachron sind gelegentlich weitere Werbeformen zu beobachten, zum Beispiel bei Dallmayr Schaufensterstreifen, Autoplakate für die Dallmayr- Frischdienstwagen (Kampagne „Kaffee mit Blume“), Qualitätsgarantiekarten am Verkaufsregal, eine als Dallmayr-Prodomo-Dose verkleidete Litfasssäule, 12 Sponsoring mit Kleininseraten, z. B. im Programmheft einer Wohltätigkeitsgala, in Theaterprogrammen oder Programmheften anlässlich von Radrennen oder mittels einer Werbefläche aus Folie für ein Eishockey- Bambini-Turnier (24.03.1990) sowie Sponsoring von TV-Spielfilmen mit einem kurzen TV-Spot. Hinzu kommen Anzeigen in Einzelhandelszeitschriften, welche Händler als Zielgruppe haben (vgl. Kap. F „Quellen“). Es seien noch einige Anmerkungen zu den Analysen gemacht: In Kap. 5 werden exemplarisch ausführlich die Einzelanalysen und der Vergleich dreier Dallmayr-Kampagnen der 50er/ 60er, 70er und 1998/ 99er Jahre vorgeführt; die jüngste Kampagne wird noch einmal mit der aktuellen Kampagne einer anderen Marke (Flensburger Pilsener) verglichen. Die Ergebnisse der Analyse von zehn aktuellen Kampagnen sowie von dreizehn diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen stelle ich zusammenfassend unter Darstellung einzelner exemplarischer Beispiele dar, bevor in einem Vergleich Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen synchroner und diachroner Gestaltung aufgeführt werden. Der diachrone Vergleich der Dallmayr- Werbung mit den Marken Löwenbräu und Bärenmarke soll Bedenken bezüglich einer allzu engen Ergebnispräsentation von Entwicklungen der Werbung an nur einer Marke vorbeugen. Welche Fragen durch die Analysen geklärt werden können und welche Schlussfolgerungen aus der differierenden Umsetzung einer Strategie in verschiedenen Werbemitteln zu ziehen sind, wird in Kap. 3 „Methodik“ erläutert. Schließlich (Kap. 11) stellt sich die Frage nach dem Nutzen der Sprache für die Werbung: Wie kann sprachlich auf unterschiedliche und sich wandelnde mediale Gegebenheiten reagiert werden? Abschließend (Kap. 11) und auch schon in der exemplarischen Analyse (Kap. 5) wird, über die Deskription hinaus, die Mehrmedialität aktueller Kampagnen und der über Jahrzehnte untersuchten Dallmayr-Kampagnen sprachwissenschaftlich und aus Sicht der Werbepragmatik beurteilt; gegebenenfalls werden Verbesserungsvorschläge angeführt. 11 Auf der Homepage der Agentur heißt es zum Ergebnis: „Das interaktive Werbespektakel hat neben zahlreichen Auszeichnungen u. a. den Deutschen Mediapreis 2000 in Gold gewonnen. Die außerordentlich hohe Beteiligung im Internet unterstützte die Marktforschungsergebnisse, nach denen der TV-Spot zu den Publikumslieblingen zählte (http: / / www.publicis.de/ de/ left.cfm? key=1506, Zugriff am 01.12.2003). 12 Vgl. W & V Nr. 16/ 21, April 1989, 110. <?page no="15"?> 5 Es seien noch einige Anmerkungen zur Arbeit gegeben: Zitate und Objektsprache werden nach der jeweils verwendeten Rechtschreibung originalgetreu wiedergegeben. Das gilt innerhalb von Kampagnen auch für TV- und HF-Spots. Beispielsweise verwendet die Firma Dallmayr bis heute die alte Rechtschreibung, was ich bei der Verschriftlichung beachte. Die Transkriptionen zu den hauptsächlich untersuchten Kampagnen finden sich im Anhang. Sie wurden der Lesbarkeit wegen mit Buchstabenschrift durchgeführt; das gilt auch für Dialekte, da eine phonetische Wiedergabe für den Zweck der Arbeit nicht notwendig ist. Auch die Interpunktion folgt deshalb, wenn möglich, der der geschriebenen Sprache. Wo jedoch kurze oder längere Sprechpausen vorhanden sind, werden diese gekennzeichnet (/ kurze, / / längere Pause). Zitate werden durch Anführungszeichen, kleinere Schriftgröße und einen engeren Zeilenabstand kenntlich gemacht; Zitate in Zitaten erhalten einfache Anführungszeichen. Die häufig verwendeten Abkürzungen TV-Spot und HF-Spot stehen für Fernseh- und Hörfunkspot. Im Glossar (Kap. 16) im Anhang werden einige Fachtermini rund um die Produktion von Werbung, insbesondere der Kameratechnik, erklärt. Alle Quellenangaben finden sich in Kap. F. Durchgehende Fußnotenlinien zeigen computerbedingt an, dass der Text noch nicht abgeschlossen ist, sondern auf der nächsten Seite fortgesetzt wird. Die umfangreichen Einzelanalysen sind bei der Verfasserin einsehbar, sie wurden aus Platzgründen nur exemplarisch in der Gesamtheit (Kap. 14) oder zur Veranschaulichung in Teilen in die Arbeit aufgenommen. Auch sämtliche Quellen (z.B. CDs und Videos mit TV-und HF-Spots, Anzeigen) werden bei Bedarf zur Verfügung gestellt. <?page no="16"?> A Theorie 1 Die Werbung 1.1 Stand der Werbesprachforschung 1.1.1 Arbeiten zur Diachronie der Werbung Zur sprachwissenschaftlichen Beschäftigung mit Werbesprache allgemein wird folgend nichts gesagt. Ich verweise hierzu auf die Arbeiten von Janich und Greule/ Janich, in denen auch einschlägige Literaturhinweise gegeben werden, 13 sowie auf das Wissenschaftsportal www.mediensprache.net der Universität Hannover. Wie in Kap. 0 „Einleitung“ angesprochen, gibt es zur Diachronie der Werbung noch großen Forschungsbedarf. Im Hinblick auf die Werbemittel ist die Anzeige am besten untersucht; zur Fernsehwerbung gibt es zu wenig, zur Hörfunkwerbung noch kaum Literatur. 14 Diachrone Untersuchungen zur Werbung sind mit grundlegenden Schwierigkeiten verbunden, die zunächst und vor allem die Zusammenstellung eines Korpus betreffen. Ich gehe an dieser Stelle vor allem auf Arbeiten ein, die sich mit der Werbung über eine begrenzte Zeitspanne hinweg und so mit Sprachwandel befassen und nicht nur Werbung zu einem bestimmten (historischen) Zeitpunkt untersuchen, wie die Dissertation von Adam-Wintjen 1998, die Anzeigen aus dem Jahr 1947 im Spiegel der Zeit analysiert. So beschäftigen sich die bisher erschienenen Arbeiten vor allem mit Anzeigenwerbung (Adam- Wintjen, 1998, Bechstein, 1987, Bendel, 1998, Bolten, 1996, Cölfen, 1999, Ebert, 1998, Hartwig, 1986, Hohmeister, 1981, Jia, 2000, Stolze, 1982, Wehner, 1996), da es für den jeweiligen Untersuchungszeitraum entweder noch keine Werbung in Fernsehen und Hörfunk gab, TV- und HF-Spots nicht systematisch archiviert wurden 15 oder die einer Analyse vorausgehenden notwendigen Transkriptionen äußerst zeitaufwendig sind. Nicht zu vernachlässigen bei der Untersuchung von Werbung, die nicht mehr aus der Sicht eines Zeitzeugen erfasst werden kann, ist das methodische Problem der Interpretation: „Werbung ist eine Form von Kommunikation, die in ihren Inhalten extrem abhängig ist von Zeitströmungen und modischen Trends, also von der jeweiligen aktuellen gesellschaftlichen Situation. Die angemessene Interpretation vieler Anzeigen und Spots hängt daher davon ab, ob die außersprachlichen Bezüge und Anspielungen richtig erkannt werden. Das ist manchmal schon bei der aktuellen Werbung ein Problem, wenn die Anspielungen so versteckt oder auf einzelne 13 Janich, 2003. Greule/ Janich, 1997. 14 Reimann, 2008a und 2006. 15 Vgl. dazu Kap. 4.1 „Problematik der Korpuszusammenstellung“. <?page no="17"?> 7 gesellschaftliche Ereignisse bezogen sind, dass sie nicht von allen Rezipienten verstanden werden. Wie viel schwieriger ist es da, Werbung richtig zu interpretieren, deren zeitgenössischen Bezug wir nicht mehr kennen! “ 16 Adam-Wintjen weist zudem auf die Problematik der Wahl der (zeitabhängigen) Untersuchungskriterien am Beispiel der Arbeit Hohmeisters (1981) hin: „Obwohl Hohmeister 17 den Anspruch hat, historische Sprache im Wandel zu beschreiben und zu erklären, wählt er als Ausgangspunkt seiner Beschreibungen die Ergebnisse gegenwartsbezogener Untersuchungen der Werbesprache und hält auf dieser Grundlage Rückschau. [...] Eine historische Vorgehensweise müßte hingegen, aufgrund historischer Einsichten, solche Faktoren beschreiben, die sprachlichen Wandel hervorrufen bzw. beeinflussen, um sodann die Qualität dieser Werbung festzustellen.“ 18 Auch Bolten ist sich der Schwierigkeit einer adäquaten Deutung historischer Aspekte bewusst. In seiner knappen Untersuchung von Anzeigen der 1950er bis 90er Jahre will er die Entwicklung der Produktwerbung in Deutschland aufzeigen und geht so vor: „Werbegeschichte [lässt sich, d. Verf.] mit den Mitteln einer diachronen Textpragmatik als kommunikativ realisierte Geschichte von Thematisierungen gesellschaftlichen Wertewandels beschreiben, wobei die Thematisierungen durch das kommunikative System insgesamt verwirklicht werden. Dieses Vorgehen bietet den Vorteil, daß Interpretationen nicht von außen aufgestülpt werden, sondern sich aus der Veränderung der einzelnen Kommunikationsebenen und der Art und Weise ihrer jeweiligen Interdependenz schließen lassen. [...] Einer Werbegeschichte, die sich an Anzeigenwerbung orientiert und als Kommunikationsgeschichte konzipiert ist, müßte der Nachweis gelingen zu zeigen, (a) inwiefern die vier genannten Kommunikationsebenen der Anzeigen hinsichtlich ihrer jeweiligen Konzeptionalisierung Veränderungen gesellschaftlicher Praxis und gesellschaftlichen Selbstverständnisses reflektieren und (b) in welcher Weise die Interaktion der Kommunikationsebenen [verbal, nonverbal, paraverbal, extraverbal, d. Verf.] zu Veränderungen des kommunikativen Systems ‚Anzeigenwerbung‘ führt.“ 19 [Hervorhebung im Original] Sein Schüler Wenjian Jia untersucht in Anlehnung an die Analysekriterien Boltens Anzeigenwerbung des Nachrichtenmagazins D ER S PIEGEL von 1947 bis 1990, und zwar im oben genannten Sinne von „Werbegeschichte als Kommunikationsgeschichte“. Wegen der weithin bekannten und erläuterten Problematik einer adäquaten Interpretation verzichtet Stolze bei seiner quantitativen Analyse von 770 Anzeigen der ‚Leipziger Zeitungen‘ der Jahre 1741 bis 1801 bewusst 16 Janich, 2003, 210. Vgl. dazu auch Reimann, 2003, 199. 17 Hohmeister, 1981, 202. 18 Adam-Wintjen, 1998, 30. 19 Bolten, 1996, 288f. <?page no="18"?> 8 und gänzlich auf eine Deutung sprachlicher Erscheinungen. 20 Dieser Ansatz kann allerdings auch keine zufrieden stellende Lösung sein und ist das größte Manko der Arbeit, wie auch Bendel erläutert, die auf Stolzes Ergebnissen aufbaut. 21 Bendel analysiert die Textsorte Werbeanzeige von 1622-1798 unter den Aspekten Texthandlung, Platzierung (stets am Schluss der Zeitung), typographische Gestaltung und Sprache, welche sie in sehr knappem Ausmaß behandelt und hier auf die Ausführungen von Stolze verweist. In ihren Ergebnissen hinsichtlich sprachlicher Erscheinungen sieht sie auffallende Unterschiede zu den Arbeiten von Ruth Römer ( 1 1968) und Manuela Baumgart (1992), die Anzeigenwerbung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts untersuchen: „Die Sätze sind weder kurz noch einfach noch (bis auf wenige Ausnahmen) unvollständig, sondern im Gegenteil lang und komplex. Es herrscht trotz der dahingehenden Entwicklung noch kein nominaler Stil vor. Rhetorische Mittel irgendwelcher Art wie Wiederholung, Reim, Dreierfigur, rhetorische Frage, Metapher oder Euphemismus kommen nicht vor, allenfalls die reine Behauptung. Von Entkonkretisierung, Verwendung von Plastikwörtern oder Vermenschlichung der Ware kann nicht die Rede sein. Das einzige, was sich mit heute vergleichen lässt, ist die Häufigkeit von (neuen) Komposita, Fremdwörtern, Adjektiven und superlativischen Ausdrücken, wobei nur die letzten beiden Elemente mit Sicherheit als typisch für die Sprache der Werbung bezeichnet werden dürfen. Eine ›Sprache der Anzeigenwerbung‹ gibt es im 17. und 18. Jahrhundert nicht. Geworben wird (vermutlich) in derselben Sprache, mit der man Nachrichten, Briefe, Verwaltungsdokumente und anderes mehr erstellt. Das ›Typische‹ der Anzeigen kommt somit nicht durch die Verwendung bestimmter sprachlicher Mittel zum Ausdruck, sondern vielmehr durch die Art und Häufigkeit der sprachlichen Handlungen und stereotypen Formulierungen, wie sie in den Kapiteln 8 und 9 besprochen wurden.“ 22 Problematisch bei dieser Gegenüberstellung und die Schlussfolgerungen verzerrend ist die Gleichsetzung des Slogans mit der Werbesprache insgesamt. So berücksichtigt Bendel lediglich bei ihrem Forschungsüberblick, 23 dass die Arbeit von Baumgart sich - im Gegensatz zum Anspruch des Titels - nur mit diesem einen Textbaustein beschäftigt, bei dem rhetorische Mittel häufig nachzuweisen sind. Dieses Faktum vernachlässigt Bendel bei ihrem Vergleich. Für ihren Untersuchungszeitraum charakteristisch ist ferner 20 „Als Gründe hierfür seien der nicht exakt zu bestimmende gesellschaftlichkommunikative Rahmen der Anzeigen, fehlende Vergleichsuntersuchungen und die Unmöglichkeit, semantische Kategorien aus den Darstellungen zur modernen Werbesprache als Grundlage für die Untersuchung der Anzeigen aus dem 18. Jahrhundert zu nehmen, erwähnt. Eine Antwort auf die Frage nach der Wirksamkeit sprachlicher Erscheinungen kann somit nicht angestrebt werden.“ (Stolze, 1982, 15). 21 Bendel, 1998, 5f. 22 Bendel, 1998, 146. 23 Bendel, 1998, 3. <?page no="19"?> 9 neben der Vergrößerung des Warenangebots die qualitative und quantitative Zunahme der Text- und Teilhandlungen; 24 die Anzahl der Werbeargumente wird erweitert: „Informationen, die zu Beginn nicht vorkommen, werden zunehmend gezielt eingesetzt, so zum Beispiel die äussere Beschreibung des Produkts, Hinweise auf Gebrauch und Nutzen oder auf bisherige Erfolge. Dazu gehört andererseits die Intensivierung bestehender Elemente: Man gibt nicht mehr einfach eine ‚Nachricht‘ aus, sondern eine ‚freundliche‘ Nachricht; man verweist nicht mehr nur auf Qualität und Erfolg des Produkts, sondern verfällt in Eigenlob; man verdoppelt die Zahl der Adjektive, verspricht Spitzenqualität, beste Bedienung etc. Das werbende Können der Inserenten nimmt eindeutig zu.“ 25 Wichtige Veränderungen beziehen sich auf die Thematisierung von Sender, Produkt und Empfänger: Der Rezipientenbezug wird gänzlich ausgespart und somit auch entsprechende Zusatznutzen und Appelle an Werte, wie Schönheit, Erfolg und Erotik. Schließlich setzt sich Bendel mit der Wechselwirkung zwischen Zeitgeschichte/ Gesellschaft und Werbung auseinander, wobei sie „einige Spuren des geistigen Aufbruchs in die Moderne“, also der Aufklärung, in den Anzeigen findet, und zwar hinsichtlich der Aspekte „1. Der empirisch-wissenschaftliche Blick auf die Welt 2. Die neue Ökonomie 3. Die Entdeckung von Körper und Genuss 4. Naturmythos und Reiselust“. Das Korpus der Arbeit Hohmeisters schließt mit den Jahren 1899 bis 1975 direkt an Bendels an, auf dessen Vorgehen sie - anders als Adam-Wintjen - lobend eingeht. 26 Gabriele Bechstein untersucht „Automobilwerbung von 1890 bis 1935“ unter semiotischen Gesichtspunkten. Materialgrundlage sind 160 Anzeigen für die Zeit von 1888 bis 1918 und 115 Anzeigen für die Jahre 1920 bis 1930. Dabei werden alle Konstituenten unter syntaktischen, semantischen und pragmatischen Aspekten untersucht. Bechstein weist auf die Bedeutung der Berücksichtigung des soziokulturellen zeitgenössischen Hintergrunds hin: „Welche sachlichen Informationen, emotionalen Gehalte und gesellschaftliche [sic! ] Wertvorstellungen werden transportiert? In welchem Kontext stehen die präsentierten Normen zur Produktdarstellung? [...] Inwieweit berücksichtigt die Werbeaussage die aktuelle Rezeption des Produktes in unterschiedlichen Bevölkerungskreisen? Welche Aspekte der zeitgenössischen Bewertung werden forciert? Wie wird versucht, negative Beurteilungen zu verschleiern, zu banalisieren oder zu ignorieren? Welche Themen werden mit der Ware in Kontext gesetzt? 24 Zu Textfunktion und Sprechhandlungen in der Werbung vgl. Janich, 2003, 73ff. 25 Bendel, 1998, 181. Folgendes ebenfalls aus Bendel, 1998, 185, 193 und 198f. 26 Bendel, 1998, 7f. <?page no="20"?> 10 [...] Eine weitere Aufgabe muß darin bestehen, anhand des Vergleichs Rezeption/ Werbebotschaft das Verhältnis Realität/ Werbung zu charakterisieren. Parallel dazu sollen thematische Prioritäten aufgezeigt werden, die einen Hinweis darauf geben, wie sich die Haltung gegenüber bestimmten Inhalten im Laufe von mehreren Jahrzehnten wandelt.“ 27 Christa Wehner stellt in ihrer Arbeit über „Überzeugungsstrategien in der Werbung“ den persuasiven Aspekt der werblichen Kommunikation und damit verbunden einen ausführlichen Wertekatalog, unterteilt nach Branchen, in den Mittelpunkt. Das Korpus besteht aus 3500 Anzeigen (von 1900 bis 1992) aus den Zeitschriften B ERLINER I LLUSTRIERTE Z EITUNG (von 1900 bis zum Zweiten Weltkrieg) und S TERN (ab 1949). Auch Hermann Cölfen befasst sich mit Printwerbung (321 Anzeigen) unter diachronem Aspekt (1960-1990), wobei er Inhalte Werbeweltbildern zuordnet und demzufolge „das Wechselverhältnis [von Werbung, d. Verf.] zu gesellschaftlichen Normen, Werten und Vorstellungen, die letztlich die Gestalt und die Sprache der Werbung bestimmen“, berücksichtigt. 28 Er erfasst die Werbung von fünf Firmen und dem Deutschen Sparkassenverlag zunächst korpusstatistisch: den (verbalen) Text nach der Anzahl der Sätze und ihrem Verhältnis zur Anzahl der Wörter, der Satz- und Wortlänge und der Anzahl von Frage- und Ausrufesätzen; außerdem ermittelt er Art und Anzahl der Substantive, Verben und Adjektive; das Bild wird nach folgenden Kriterien erfasst: Anzahl der Bildebenen und -elemente, der Aktionen, Lebewesen, Sachen und Farben (Drucktechnik). Die Daten sind Grundlage der qualitativen Analyse. Bezüglich der Methodik schränkt sich Cölfen ein: „Mein Interesse bei der Analyse des Wortschatzes liegt nicht in der Beschreibung morphologischer, syntaktischer oder phonologischer, sondern ausschließlich semantischer und lexikalischer Befunde.“ 29 Schließlich erfolgt eine doch recht subjektiv vorgenommene Zuordnung von Text (Substantive, Adjektive, Verben: ausgewählt nach ihrer Häufigkeit) und Bild zu 31 Weltbildfeldern. Dabei muss der Kontext stets berücksichtigt werden, da sonst unklar bleibt, warum beispielsweise sowohl die Adjektive frisch, jung, modern, natürlich, schön, zart als auch die Substantive Auge, Geld, Geschmack, Haus, Qualität zum Weltbildfeld „Genuss“ gehören sollen. 30 Cölfen kann insgesamt nachvollziehbare Schlussfolgerungen hinsichtlich der Wechselwirkung von Werbung und Gesellschaft und ihrer Veränderungen im Laufe von drei Jahrzehnten ziehen, wenn er auch anmerkt, dass er dies an einem begrenzten Produktkorpus macht. Eine Ein- 27 Bechstein, 1987, 32f. 28 Cölfen, 1999, 11. 29 Cölfen, 1999, 76. 30 Cölfen, 1999, 127f. <?page no="21"?> 11 schränkung erfahren die Ergebnisse ferner durch die oben angesprochene Begrenzung auf Inhalte (semantisch-lexikalische Erscheinungen). Zum Thema seien noch einige Aufsätze angeführt: Hartwig 31 untersucht „100 Jahre Werbedeutsch“, wie der Untertitel seines Aufsatzes verrät. Anhand der Werbung ab 1880 zeigt er kompakt Charakteristika und Entwicklungslinien auf: Das beginnt bei der Nachahmung „marktschreierisch[er] und irreführend[er]“ amerikanischer Anzeigen; es folgt die Dominanz der Bilder erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts und der Hang zur sachlichen Information in den 1920er (Nachkriegs-)Jahren, in denen übrigens der Terminus „Slogan“ in Deutschland aufgekommen sein soll. 32 Es wird gereimt, die Textmenge vergrößert sich. Neben den neuerdings existierenden Werbetextern kreieren auch Dichter Werbung, wie Frank Wedekind für Maggiwürfel. In den 60er Jahren macht sich Eintönigkeit breit, es wird gegenseitig abgeschrieben und die Zusatznutzen stimmen weitgehend überein (z. B. Frische, Geschmack). Ab den 80er Jahren gibt es, nach Hartwig, zunehmend „intelligente Texte mit Geist und Witz“, z. B.: „CD-Player - da werden Ihre Ohren Augen machen! “ oder „Alles, was Sie für Ihren nächsten Urlaub brauchen, ist eine Schere“ (Aufforderung, den Coupon eines Reiseunternehmens einzusenden). Allerdings stellt Hartwig auch immer wieder „Rückfälle ins vorige Jahrhundert“ fest: „Er: Die Wahnsinnsbrille in irren Farben. DM 29.00 Sie: Sonnenschutz im Future-Styling. 5 Farben DM 33.00“. Nicht mit Wirtschafts-, sondern mit Wahlwerbung beschäftigt sich Ebert in seinem Aufsatz „Wahlplakate aus der Weimarer Republik (1919-1933) und der Bundesrepublik (1949-1994). Bemerkungen zum Sprachstil.“ Deshalb sei er hier nur aufgeführt, jedoch nicht näher kommentiert. Keine sprachwissenschaftlichen Arbeiten sind die werbehistorischen Untersuchungen von Bau (1995), Reinhardt (1993) und Westphal (1989). 1.1.2 Arbeiten zum Medienvergleich in der Werbung Zu unterscheiden ist zwischen wissenschaftlicher Literatur und Ratgebern zur erfolgreichen Gestaltung der Umsetzung von Werbestrategien in mehreren Medien. Die sprachwissenschaftliche Beschäftigung mit der Mehrmedialität steht noch am Anfang: Lediglich die Dissertation von Bajwa: „Werbesprache - ein intermediärer Vergleich“ (1995) aus der Schweiz macht diese Forschungslücke zum Gesamtthema einer Arbeit. Der herausragende Nachteil ist, dass die analysierte Print-, TV- und HF-Werbung nur teilweise einer Kampagne entspringen. Der im Vorwort noch angestrebte Ausgangspunkt wurde bereits in der Einleitung wieder aufgegeben; er lautete: 31 Hartwig, 1986, 215-221. Die folgenden Ausführungen und Zitate sind dem Aufsatz von Hartwig entnommen. 32 Zur Geschichte des Begriffs und des Terminus „Slogan“ vgl. Reimann, 2008d, 219-232. <?page no="22"?> 12 „1. Damit ein Vergleich möglich ist, muss das Untersuchungsobjekt in allen drei Medien vorhanden sein. 2. Aus methodischen Gründen (Ueberschaubarkeit, Vergleichbarkeit usw.) dürfen die Untersuchungseinheiten nicht zu lange sein. 3. Die gewählten Untersuchungseinheiten müssen in mindestens zwei der drei Medien vorkommen.“ 33 Dadurch, dass diese Prämissen nicht eingehalten werden konnten, dürfen die Ergebnisse nicht oder nur in Ausnahmefällen auf das Medienzusammenspiel bezogen werden. Es handelt sich also vor allem um eine quantitative Untersuchung zu folgenden Bereichen: Anzahl der Sätze in Print, TV und HF, Satzlänge und Textmenge, Satzarten, Ellipse, Slogan, Verhältnis von Standardsprache und Dialektgebrauch in der Werbung, Gespräch, Text und Bild sowie Musikeinsatz in unterschiedlichen Medien. 34 Die übergeordnete Fragestellung der Arbeit „Inwieweit unterscheidet sich die Verwendung verbaler und non-verbaler Zeichen in den verschiedenen Medien? “ 35 kann also nicht unmittelbar bearbeitet werden, da sie voraussetzt, dass die mediale Umsetzung im Rahmen einer Kampagne untersucht wird: Wie werden gemeinsame Themen innerhalb einer Kampagne medienspezifisch umgesetzt bzw. sind bereits die Themen in den verschiedenen Werbemitteln einer Kampagne unterschiedlich? Diese Fragen sollen in der vorliegenden Arbeit beantwortet werden. 36 Bajwa stellt das Korpus an keiner Stelle ausführlich dar, d. h., es ist nur bekannt, wie viele TV- und HF-Spots sowie Inserate verwendet wurden. Keine Angaben liegen zu der Anzahl der untersuchten Kampagnen, die in mehreren Medien werben, vor, zu den Marken sowie zum Alter der Werbemittel, wobei von zum Zeitpunkt der Erstellung der Arbeit relativ aktueller Werbung auszugehen ist. 33 Bajwa, 1995, 3. 34 Bajwa, 1995, 11: „Die Idee zu Beginn war, dass die Werbekampagne für die Produkte, die ich untersuche, im besten Fall in drei, aber mindestens in zwei Medien durchgeführt wird. Von diesem Vorhaben liess ich aber sehr bald ab, denn ich stellte fest, dass es gar nicht so viele Produkte gibt, die in mehreren Medien beworben werden. Theoretisch wäre dies machbar, aber in der Praxis ist es nicht der Fall. Ich sammelte über längere Zeit Werbe-Spots und Inserate und stellte fest, dass es schwierig ist, genügend Material zu bekommen, das dieses Kriterium erfüllt. Durch die Hilfe von verschiedenen Werbeagenturen brachte ich aber einen [sic! ] Untersuchungskorpus zusammen, der dieses Kriterium weitgehend erfüllte. Zum Vergleich habe ich jedoch weiteres Untersuchungsmaterial für die Radio- und TV-Spots und Inserate verwendet, ohne darauf zu schauen, ob die Kampagne in mehr als einem Medium durchgeführt wird.“. 35 Bajwa, 1995, 3. 36 Vgl. dazu vor allem die Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“, Kap. 6 „Synchrone Mehrmedialität“, Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“ sowie Kap. 9 „Diachroner Vergleich der Marke Dallmayr mit den Marken Löwenbräu und Bärenmarke“ und Kap. 10 „Unterschiede im Medienzusammenspiel“. <?page no="23"?> 13 Die Arbeit weist eine grundlegende definitorische Schwachstelle auf: Der im Titel vorkommende Terminus „intermediär“ wird an keiner Stelle definiert, Bajwa verwendet ihn im Sinne einer Strategieumsetzung in mehreren Medien; der Themenkomplex um „Intertextualität“ bzw. „Intermedialität“ wird nicht behandelt. 37 Zielke spricht die methodischen Probleme der medialen Vergleichbarkeit an, beschränkt sich aber in seiner Untersuchung dann auf Anzeigenwerbung: „[Es, d. Verf.] gilt […], die Verschiedenheit der werblichen Erscheinungsformen in ihren medialen Varianten durch deren gegenseitigen Vergleich zu ergründen […]. Denn das Wissen um die konstitutiven Merkmale jeder der miteinander zu vergleichenden Textbzw. Bildvarianten muß dem Forscher als Basis für seine Betrachtungen dienen: Vor dem eigentlichen Vergleich von medienspezifischen Werbetext- und -bildvarianten ist die Vergleichbarkeit der Betrachtungsobjekte zu zeigen. Ansonsten setzt man sich der Gefahr aus, an sich nur bedingt Vergleichbares zu aggregieren, was zu einer Beeinträchtigung der validen Interpretierbarkeit des Untersuchungsgegenstandes führen kann. […] Die Frage der Vergleichbarkeit medienspezifischer Werbetexte und -bilder unter medienübergreifenden Aspekten ist in der Linguistik auch heute noch weitgehend ungeklärt. [… Es, d. Verf.] besteht bislang keine geeignete Untersuchungsgrundlage für einen intermedialen Vergleich werbesprachlicher Varianten. Die Beseitigung dieses Defizits darf als eine wichtige Aufgabe der modernen Werbetextbzw. Werbekommunikationsforschung angesehen werden.“ 38 Zielke kritisiert beispielhaft Römer, die in ihre Analyse von 1500 Anzeigen auch Plakate einfließen ließ, diese zwar kennzeichnete, jedoch die Vergleichbarkeit nicht thematisierte. Uli Gleich vom Institut für Kommunikationspsychologie/ Medienpädagogik der Universität Koblenz/ Landau verweist darauf, dass „crossmediale Werbekommunikation“ auf wissenschaftlicher Ebene bisher kaum wahrgenommen wurde, „so dass es bis jetzt an konkreten, vor allem verallgemeinerbaren Ergebnissen zu den psychologischen Wirkungsprozessen auf Seiten der Konsumenten mangelt.“ 39 Er bezieht sich auf die Broschüre: „Vernetzte Kommunikation. Werbewirkung crossmedialer Kampagnen“ von Michael Burst und Nikolaus Schmitt-Walter (2003). Es sind also ferner vor allem Ratgeberliteratur und Studien zur Wirksamkeit von Mix- Kampagnen zur Kenntnis zu nehmen. Da diese meist gleichzeitig etwas zur Wirkung der Kampagnen sagen, werden sie in Kapitel 2.4.2 „Werbewirtschaftliche Aspekte“ vorgestellt und folgend nur genannt. Im Rahmen der sog. Roten Reihe „in medias res - Kommunikationsforschung aktuell“ (BAC Burda Anzeigen Center [Hrsg.]) erschienen einige Bände in den vergangenen Jahren. Michael Drabczynski (1998) und Hans- 37 Vgl. Kap. 2.4.1 „Definition“ im Rahmen von Kap. 2.4 „Mehrmedialität“. 38 Zielke, 1991, 32ff. 39 Gleich, 2003, 512. <?page no="24"?> 14 Erdmann Scheler (2000) richten ihren Fokus auf die Werbewirkung sowie die Gestaltung der Verbindung Print und TV; die Sammelbände „Neue Erkenntnisse der Print- und TV-Forschung“ (1995) und „Intermediale Perspektiven. Zweites Symposium ‚Neue Erkenntnisse zur Print- und TV- Forschung‘ “ (1998) enthalten zahlreiche Aufsätze zum Thema. 40 Die Studie „WerbeWert `97“ des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger e.V. (VDZ) untersucht beispielsweise verschiedene Wirkungsaspekte des Zusammenspiels der Medien Print, TV, Plakat und HF. Auf fehlende Umsetzungsmöglichkeiten der WerbeWert-Studie in der Praxis geht Schlottau (1997, 240-249) in seinem Artikel „Cross Media“ unter anderem ein. Interessant ist auch eine Fallstudie des VDZ mit dem Titel „Erfolgskonzept Media Mix“ (2000), in der am Beispiel des Produkts Jacobs Krönung Light die Vorgehensweise und Wirkung (hinsichtlich der Werbeerinnerung) einer in den Medien Print und TV umzusetzenden Werbestrategie Schritt für Schritt erläutert wird: u. a. Bestimmung der Zielgruppe, Überlegungen zur kommunikativen Botschaft und deren Umsetzung, Budgetplanung und verwendete Werbewirkungsforschungsmodelle. Die Kombination von TV und HF sowie von Print und TV zeigt Kaloff (1982, 1277ff.) an je einem Beispiel auf. 41 1.2 Werbung als Kommunikation Kommunikation kann man als partnerorientiertes Handeln, als symbolische Interaktion, welche entweder verbal oder nonverbal stattfindet, beschreiben. 42 Werbung ist eine inszenierte Kommunikationsform. 43 Bei der Analyse muss deshalb der Zweck, die kommunikative Absicht, stets berücksichtigt werden, nämlich v. a. Aufmerksamkeit zu erregen, im Gedächtnis zu bleiben und zum Kauf zu überreden (Persuasion). Nach den Textfunktionen von Klaus Brinker ist Werbung in die Textklasse der Appelltexte einzuordnen. 44 Werbekommunikation ist Massenkommunikation: Darunter fallen „optische und akustische Mitteilungen, die für einen prinzipiell unbegrenzten Personenkreis bestimmt (also öffentlich) sind und durch technische Mittel an ein disperses, das heißt räumlich verstreutes Publikum verbreitet werden.“ 45 Wichtig ist die Mittlerrolle des Mediums. 46 Im Gegensatz zur Massenkommunikation ist die mediale Individualkommunikation nicht einseitig - 40 Vgl. Kap. 2.4.2 „Werbewirtschaftliche Aspekte“. 41 Vgl. Kap. 2.4.2 „Werbewirtschaftliche Aspekte“. 42 Siehe dazu das Schema von Linke/ Nussbaumer/ Portmann, 2004, 197. Zur „Nonverbalen Kommunikation“ vgl. Bekmeier, 1989, 7ff. sowie Kap. 21 „Nonverbale Kommunikation“ in: Reimann, 1999. 43 Janich, 2003, 32. 44 Brinker, 2005, 145. 45 Noelle-Neumann/ Schulz/ Wilke, 1993, 361, Drabczynski, 1998, 9 und Hellmann, 2003, 418. 46 Vgl. Kap. 2.1 „Definition ‚Medium‘ “. <?page no="25"?> 15 Rollentausch ist möglich bzw. wird erwartet -, für einen begrenzten Personenkreis oder nur eine Person. Individualmedien sind z. B. Telefon, Brief, SMS und E-Mail. 47 Werbung als Kommunikation funktioniert in ähnlicher Weise wie die mediale Kommunikation allgemein: Faulstich unterscheidet fünf Aspekte: „1. den Kommunikator oder Sender, 2. den Zeichenvorrat oder Code, dessen er sich bedient, 3. das Medium, den Kanal, 48 4. den Rezipienten oder Empfänger, und 5. den Prozesscharakter oder Akt der Kommunikation.“ 49 Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass weitergehende Kommunikationsmodelle und -formeln beispielsweise auch die Kommunikationssituation oder den -kontext einbeziehen. Das älteste Kommunikationsmodell, das C. E. Shannon und W. Weaver 1949 für nachrichtentechnische Zwecke in der Form eines kybernetischen Verlaufsdiagramms entwickelt haben, zeigt in sehr einfacher Weise bereits den Vorgang der Kommunikation und damit der Verständigung zwischen Absender und Adressaten auf: Sender ---- Information ---- (Kanal) ---- Empfänger | (visuell/ akustisch) Code Das Modell geht auf die Formel von Harold D. Lasswell „Who says what in which channel to whom with what effect” (1948) zurück. 50 Bei ihr wird im Vergleich zu Faulstichs Modell der Inhalt/ die Information mehr als der Code betont, außerdem eher die Auswirkungen/ das Ziel der Kommunikation als der Prozess. Jedoch können Kommunikationsmodelle zur Werbung noch weitere Schritte umfassen. Das Modell von Schweiger/ Schrattenecker 51 beispielsweise berücksichtigt den Kontext, das Umfeld der Werbung und der Konsumenten, wie Konkurrenzprodukte, die Preisentwicklung oder Aussagen von Meinungsführern (opinion leaders). Wolfgang Brandt geht in seinem Elemente-Modell 52 differenziert auf die Entstehung und Wirkung von Werbung ein. Am Beginn steht das von einem „Produzenten“ hergestellte „Produkt“. Brandt berücksichtigt zunächst die „Intention“ der Werbetreibenden, also den Zweck, das beworbene Produkt zu verkaufen. Die Aufgabe der „Werbeagentur“, unter Maßgabe der „Intention“ einen 47 Faulstich, 2004, 15f. und 58f. sowie Faulstich, 2000, 330. 48 Anzumerken ist, dass Faulstich Medium und Kanal nicht trennt. 49 Faulstich, 2004, 14. 50 Siehe dazu unter anderem Bußmann, 1990, 392f. („Kommunikationsmodell“) sowie Noelle-Neumann/ Schulz/ Wilke, 1993, 100f. 51 Schweiger/ Schrattenecker, 1995, 24. 52 Brandt, 1973, 110. Vgl. das gesamte Kap. 3.2 bei Brandt (85-130). <?page no="26"?> 16 „Werbeinhalt“ zu erstellen, kommt ebenso vor wie die gegenseitige Beeinflussung von Werbemittel/ -träger (nach Brandt: „Werbemedium/ Werbemittel“), „Werbeform“ und „Werbeinhalt“. Wichtig bei Brandts Modell ist die „Relevanz“ der Werbung, die die Werbewirkung(smöglichkeiten), den Einfluss auf die Einstellung und das Handeln der Konsumenten umfasst; Wirkungen, z. B. der Kauf eines Produkts, können jedoch nicht allein durch die Werbemittelanalyse nachgewiesen werden, da sie durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. „Der Konsument“ kommt - auch in Brandts Modell - nicht nur mit dem „Werbeinhalt“, sondern auch mit dem „Produkt“ selbst in Berührung. Die Verbindung zwischen „Konsument“ und „Werbeagentur“ besteht in Aspekten der Marktforschung (u. a. Zielgruppenbestimmung und -analyse sowie Pretests, d. h. die Vorführung der Werbung vor einem kleinen Konsumentenkreis vor der Veröffentlichung). 53 Folgend stelle ich ein für die Belange dieser Arbeit erstelltes Modell zum Prozess der werblichen Kommunikation vor. Es enthält Sender, Information, Code, Medium, Übermittlungskanal Empfänger und Kontext. Innerhalb der Kategorien Sender, Information und Empfänger kann man zwischen werbemittelexterner und -interner Präsenz (Darstellungsmittel Sprache, Bild, Musik, Geräusche) unterscheiden. 54 Schließlich ist auch der Kontext der Werbung einzubeziehen. Sender (Kommunikator): - Produkthersteller und Auftraggeber der Werbung (Geschäftsführung, Marketing, wenn vorhanden: Werbeabteilung) mit der Intention, die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erlangen und letztendlich zum Kauf zu animieren und Ware abzusetzen. 55 Auch die letzte Entscheidung für die Gestaltung einer Kampagne liegt beim Werbung schaltenden Unternehmen. 53 Vgl. auch Schierl, 2002, 437. 54 Vgl. Reimann, 2003, 205ff. und Reimann, 1999, 38ff. 55 Neben der AIDA-Formel als der bekanntesten Werbeformel gibt es weitere Modelle für Aufbau, Gestaltung und Wirkung von Werbung: AIDA wurde zu AIDCA erweitert, indem man zwischen Wunsch und Kauf (desire und action) die Vertrauensgewinnung beim potentiellen Kunden (confidence) eingefügt hat. Die Formel AIDCAS umfasst attention, interest, desire, conviction (die Überzeugung des Umworbenen von den Vorteilen des Produkts), action und satisfaction (die Zufriedenheit des Konsumenten). Der zuletzt genannte Bestandteil ist für die Wiederholung der Kaufhandlung von Bedeutung. Eine aus der Direktwerbung kommende Regel zur Textgestaltung lautet PPPP, nämlich Picture/ Promise/ Prove/ Push (Produktbilder, Produktversprechen, Beweis, Handlungsaufforderung); EMMA ist die Formel für MR/ Motivations Research = Motivforschung (Kugler, 1998, 65): „Wenn Sie ‚MR’ besonders ‚breit’ […] aussprechen, klingt es wie ‚emm arrrrr’ […]. Mit ein bisschen schlechtem Willen wird aus ‚emm arrrrr’ - analog zu MAFO für Marktforschung, etc… - EMMA.“ (Mag. Hans Gerold Kugler, Werbetexter, Mail vom 06. November 2007). <?page no="27"?> 17 Zum Sender gehören ferner die innerhalb des Werbemittels auftretenden sogenannten Sekundärsender, die beispielsweise als berühmte und populäre Vorbildverbraucher das Produkt aufwerten und somit besser verkaufen wollen. 56 Werbemittelintern kann auf den Sender zudem in vielfältiger Weise eingegangen werden: beispielsweise durch die Erwähnung des Firmennamens, durch die Internetadresse des Unternehmens, das Firmenlogo oder - wie die folgenden Dallmayr-Beispiele zeigen - auch mit Pronomina (Anzeige der Kampagne „der Veredelte“ 1980/ 81: Unsere ureigene Vollaromaröstung [...]; [...] entscheidend ist, daß wir Prodomo, unseren Spitzenkaffee, auf schonende Art veredeln; HF-Spot der Kampagne „Ganzes Pfund“: Denn nach unserer Erfahrung). - Werbeagentur, welche den mit dem Produkt zu erreichenden Zweck sowie die Zielgruppe vor Augen haben muss und darauf aufbauend eine Werbestrategie, bestehend aus Marken-Image, Gestaltungsstrategie und Medien-Strategie, entwickelt. 57 „Klassische Full-Service-Agenturen [bieten, d. Verf.] ihren Werbekunden einen Komplettservice, von der Kreation, über Beratung, Produktion(süberwachung), Mediaplanung und -schaltung sowie Marketingbzw. strategische Planung.“ 58 Eine Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Agentur erfolgt hinsichtlich Kommunikationsabsicht und Festlegung der Zielgruppe (potentieller Kunde), wobei „Demographie, Persönlichkeit, Einstellungen, Verhalten, Besitz, Verbrauch usw.“ 59 sowie Wünsche, Interessen und soziale Rolle/ Stand der potentiellen Kunden beachtet werden sollten. 60 56 Brandt, 1973, 149 zum Sekundärsender. Vgl. z. B. auch Bechstein, 1987, 52f. Im Hinblick auf Werbekommunikator, Werbeaussage/ Werbeinhalt und Rezipient unterscheidet Bechstein zwischen der syntaktischen, semantischen und pragmatischen Analysestufe. 57 Sowinski, 1998, 12f. 58 Schierl, 2002, 429. 59 Noelle-Neumann/ Schulz/ Wilke, 1993, 120. 60 Zur Kooperation von Warenproduzent und Werbeagentur schreiben Schmidt/ Spieß, 1994, 65: „Die Einflußnahme des Kunden [gemeint ist das Unternehmen, die Verf.] auf Planung und Gestaltung eines Werbespots konzentriert sich auf zwei Phasen: Briefing und Präsentation/ Abnahme. Im Briefing informiert der Kunde die Agentur über Vor- und Nachteile des Produkts, seine Position am Markt, die Zielgruppe sowie die Art und Weise, wie diese Zielgruppe allgemein angesprochen werden soll. Bei der Präsentation geht es dann vor allem darum, ob die Agentur die richtige Strategie gefunden und die erfolgversprechende Kommunikationsform entwickelt hat. Dabei - so viele der Interviewten - spielen emotionale Vorlieben und Abneigungen des Kunden, verpackt in irgend einer [sic! ] Form von Rationalisierung eine wichtige Rolle. [...] In der Phase der Ideenfindung ist der Einfluß der Kunden sehr gering. Bei der Präsentation der Agenturvorschläge ist er dagegen maßgeblich: Hier entscheidet der Kunde, ob und wie die Vorschläge Tests unterworfen werden und ob die Testergebnisse als Entscheidungshilfe für die Nachbereitung akzeptiert werden oder nicht.“ Die meisten Kreativen der Agenturen stehen, laut Schmidt/ Spieß (1994, 70), solchen Tests der Marktforschungsinstitute jedoch ablehnend gegenüber. Ausnahmen <?page no="28"?> 18 Information: Im Mittelpunkt steht der Inhalt der Werbemittel, 61 die Gestaltung der Werbung und die Konstruktion der Marke in der Werbung. Die Werbebotschaft kann beispielsweise durch Konkurrenz oder zeitgeschichtliche, gesellschaftliche, konsumentenspezifische oder firmeninterne Aspekte beeinflusst werden. Hinsichtlich der werbemittelinternen Dreiteilung, der Darstellung von Sender, Produkt und Empfänger, sind an dieser Stelle alle Informationen, die sich auf das Produkt beziehen, zu erwähnen. 62 Beispielsweise ist das Produkt beim TV-Spot der Dallmayr-Kampagne „1998/ 99“ sprachlich durch die Charakterisierung als das ganz Besondere sowie durch die ihm zugeschriebenen Eigenschaften im Slogan präsent: Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee (Produktname mit durch Adjektivattribute erweiterter Apposition). Code: Der Inhalt kann, je nach Werbemittel, mit unterschiedlichen Darstellungsmitteln (Codes) umgesetzt werden: geschriebene Sprache und Bild (Print) - Bild, gesprochene/ gesungene und geschriebene Sprache, Musik, Geräusche (TV, Kino) gesprochene Sprache, Musik, Geräusche (HF). Medium: Die Medien sind die Werbeträger, wie Fernsehen, Hörfunk, Zeitung, Zeitschrift oder Plakatwände. In ihnen sind die Werbemittel enthalten, beispielsweise TV- und HF-Spots, Anzeigen und Plakate. 63 Die Frage nach dem Medium, also dem Werbeträger, hängt mit der Intention der Werbebotschaft zusammen. Welche Inhalte können mit welchem Medium am besten vermittelt werden? Welchen Platz soll das Werbemittel in der Gesamtstrategie einnehmen? Werden weitere Werbemittel eingesetzt (Mehrmedialität)? Liegt Mehrmedialität vor, ist zu fragen, ob ein Basismedium, d. h. ein für die Strategie bevorzugtes Werbemittel, von dem die übrigen Werbeaktivitäten abgeleitet werden können, zu ermitteln ist. In welchem unmittelbaren Umfeld soll das Werbemittel stehen (z. B. bei Anzeigenwerbung: gewünschte Inhalte der redaktionellen Artikel; im Printmedienbereich am besten bei Fachzeitschriften steuerbar)? bilden Informationen über Produkt- und Zielgruppen sowie „begrenzte quantitative Werbeerfolgskontrollen“. 61 Vgl. z. B. auch Bechstein, 1987, 54. 62 Vgl. beispielhaft Reimann, 2003, 208. 63 Vgl. Janich, 2003, 25ff. <?page no="29"?> 19 Übermittlungskanal: Der Kanal ist in das Medium integriert. Je nach Vermittlungscode (gesprochene/ geschriebene Sprache, Bild, Musik und Geräusche) kann zwischen visuellem, akustischem und visuell-akustischem Kanal unterschieden werden. Die Kanalisation ließe sich weiter fassen, z. B mit der Benennung als technischer Kanal. 64 Die Übermittlung kann durch störende Einflüsse auf den Kanal, beispielsweise Gewitter bzw. Blitzschlag beim Satellitenfernsehen, beeinträchtigt werden. Empfänger: Der Rezipient soll die Information im Sinne des Kommunikators erfassen und dekodieren. 65 Probleme können bei der Entschlüsselung auftreten, wenn der Adressat uninteressiert oder wenig aufmerksam ist, beispielsweise durch eine Nebenbeschäftigung oder ein Gespräch. Die anvisierte Zielgruppe der Werbetreibenden kann beispielsweise so eingegrenzt werden: „Die Dallmayr-Werbung ist v. a. für Gruppen mit höherem Einkommen, höherer Bildung bzw. besserer Qualifikation und ferner ganz allgemein einem Alter zwischen 30 und 69 Jahren bestimmt.“ 66 Werbemittelintern wird auf den Empfänger beispielsweise durch Anrede (Anzeige der Dallmayr-Kampagne 1973: [...] den Sie bei billigeren Kaffees kaum finden werden.), durch Demonstrativpronomen + (nähere Charakterisierung durch attribuierenden) Relativsatz (TV- und HF-Spot der Dallmayr-Kampagne „Genusskaffee“ 1985: [...] all derer macht, die den sicheren Geschmack für das Besondere haben) sowie durch Versprechen, die auf die Befriedigung von Sehnsüchten und Bedürfnissen abzielen, Bezug genommen: „Der 70er-Jahre-Spot stellt vollkommenen Kaffeegenuss und einen der besten Kaffees in Aussicht. Verbraucher des Produkts befinden sich durch die Zusicherungen im 80er- Jahre-Spot in der Welt des Genießens - und das seit 300 Jahren. Man verspricht höchsten Kaffeegenuss, für jeden Genießer immer wieder ein Erlebnis sowie das Erlebnis vollendeter Kaffeekultur - außerdem Frische, welche bildhaft durch die sichtbare Verwandlung der Kaffeebohnen in Kaffee, der in eine Tasse fließt, ausgedrückt wird. Die Anrede der potentiellen Kunden/ innen kann auch visuell durch die Personenkonstellation umgesetzt werden, durch die Darsteller, die sich an den Rezipienten wenden und damit - weniger offensichtlich - zum Erwerb, Probieren und Konsumieren des Produkts anregen sollen.“ 67 64 Faulstich, 2000, 27. 65 Wichtig ist, dass Sender und Empfänger zumindest teilweise und in den für das Werbeziel entscheidenden Elementen über einen gemeinsamen Code bzw. die Möglichkeit der adäquaten Dekodierung verfügen (vgl. auch die „Anforderungen an den Nutzer“ beim Fernsehkonsum in Kap. 2.2.5 „Fernsehen“). 66 Reimann, 2003, 209. Bechstein nimmt alle möglichen Empfänger auf (1987, 55). 67 Reimann, 2003, 209. <?page no="30"?> 20 Kontext: Wenn bekannt, sollten an dieser Stelle Hintergrundinformationen zur Werbung gegeben werden. Gerade bei historischer Werbung könnten diese aufschlussreiche Hinweise auf die Werbestrategie liefern. Hierzu zählen beispielsweise die Werbung von Konkurrenzmarken, das aktuelle Image sowie die wirtschaftliche Ausgangssituation des Produkts vor Erstellung der Kampagne, zeitgeschichtliche Aspekte, die in Zusammenhang mit der Kreation der Werbebotschaft stehen könnten, Manuskripte und eventuell verworfene Konzepte, weitere Exemplare/ Motive von u. a. Anzeigen oder Spots innerhalb einer Kampagne sowie nicht in die Analyse aufgenommene Werbemittel. Die prototypische Kommunikationssituation ist die Face-to-face-Kommunikation (phonisch/ mündlich einschließlich nonvokal-nonverbaler Faktoren (Gestik, Mimik)). Schwierigkeiten bei der öffentlich-anonymen und indirekten Kommunikation der Werbung über ein Massenmedium entwickeln sich dadurch, dass sich Sender und Adressat nicht kennen und nicht unmittelbar miteinander kommunizieren. Im Gegensatz zur direkten Verständigung, beispielsweise in einem Gespräch, muss und kann der Angesprochene nicht antworten, keine umgehende Rückmeldung geben. Eine Art des Feedbacks ist allenfalls der Kaufakt. Eine Reaktion, die der Sender vermutlich nicht mitbekommt, ist die Verweigerung der Spotaufnahme durch den Verbraucher. Er ist der Werbung nicht passiv ausgesetzt, sondern bestimmt selbst mit, inwieweit er sich beeinflussen lassen will, beispielsweise durch Prominente als so genannte Vorbildverbraucher in Spots oder auch durch Meinungsführer im persönlichen Umfeld. 68 Die Rezeption der Werbung kann beispielsweise durch Beachtung von Faktoren der Verständlichkeit positiv beeinflusst werden. Dazu gehört die optimale Nutzung der Medienspezifika, wie sie in Kap. 2.2 unter anderem zu den Darstellungsmitteln, zur Rezeptionssituation und anderen Kategorien aufgeführt werden; sie liegen als ein Teil des Maßstabs der späteren Beurteilung in den Kapiteln 5.2e), 5.3e) und 11.5 zugrunde. Bechstein beschäftigt sich mit dem Bereich der Wirkung im Rahmen der „pragmatischen Analysephase“, bei der das Wissen verschiedener Disziplinen, beispielsweise der Wahrnehmungspsychologie, einbezogen wird: „Als Einflußgrößen auf die Wirkungsweise und -intensität gelten kommunikatexterne Faktoren (Phase der Informationsaufnahme und -verarbeitung) und kommunikatinterne Variablen wie Gestaltung und Inhalt.“ 69 Dazu sei ein Beispiel zum Automobil in Anzeigen in der Zeit von 1886-1918 genannt, das sich auf „Unvollständige Sätze“ bezieht: 68 Siehe Reinhardt, 1993, 14-18 zur sich verändernden Sichtweise der Rolle von Werbegestalter/ Unternehmen und Verbraucher. 69 Bechstein, 1987, 73. <?page no="31"?> 21 „wahrnehmungspsychologischer Effekt: Extrem kurze Sätze oder unvollständige Sätze gewährleisten eine problemlose Dekodierung, sofern sich die fehlenden Wörter leicht komplettieren lassen (rekurriert auf Sprachusus), sind leichter erlernbar und reproduzierbar. […] Fragmentstil wird als probates Stilmittel der Werbebranche akzeptiert, da es dem zeitgenössischen Usus entsprach. Deshalb werden Normabweichen [sic! ] in Stil, Wortwahl und Interpunktion auch nicht allgemein sanktioniert (z. B. durch Ignorieren der Annoncen).“ 70 Zur Beeinflussung können weitere Faktoren, wie der Preis oder bereits gemachte Erfahrungen mit dem Produkt, beitragen (siehe oben die Ausführungen zum Modell von Brandt). Diese Tatsache wiederum macht es für die am Gestaltungs- und Produktionsprozess der Werbung Beteiligten umso schwieriger, eine geeignete Strategie zu entwickeln. Der Medienforscher Drabczynski nennt folgende Kriterien, die den Kommunikationsprozess beeinflussen und über die sich unmittelbar auf das Produkt beziehenden Faktoren hinausgehen: „Hierzu zählen [...] Eigenschaften des Kommunikators, sein Image und sein soziales Bezugsfeld, Eigenschaften des Mediums, das die Transportfunktion für die Botschaft übernimmt [sic! ] und nicht zuletzt situative Rahmenbedingungen im Umfeld des gesamten Kommunikationsprozesses.“ 71 Exkurs zur Markenkommunikation 72 Werbung als Kommunikation ist auch Teil der Markenkommunikation. 73 In jüngster Zeit wird die Bedeutung der Marke im Vergleich zu No-name- Produkten betont. Maucher spricht von Herstellerversus Handelsmarken. Die Markenkommunikation hängt eng mit deren Konstruktion in der Werbung zusammen: „Ein ganz wichtiger Punkt ist die stärkere Kontinuität der Markengestaltung und nach Möglichkeit auch der Menschen, die sich mit einer bestimmten Marke befassen. Gegen diese Kontinuität wird oft gesündigt, weil durch den häufigen Wechsel von Produktmanagern jeder neue sich profilieren möchte mit neuen Etiketten, mit neuen Werbelinien, was dem langfristigen Markenimage ganz selten dient. Auch wenn Werbeagenturen gewechselt werden, wollen diese sich oft durch neue Dinge profilieren. Also bitte keine Sünden gegen die Kontinuität der Markenpolitik.“ 74 Diese Einschätzung unterstreicht Hellmann. Er geht noch stärker auf die daraus folgende Gestaltung ein: 70 Bechstein, 1987, 227. 71 Drabczynski, 1998, 16. 72 Vgl. auch A.1 „Medienübergreifende Botschaft“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. 73 Gratzer, 1998, 46. 74 Maucher, 2006, 20. <?page no="32"?> 22 „Betrachtet man die Art und Weise, wie es zur reflexiven Abstimmung, also zur Integration sämtlicher Kommunikationsmaßnahmen einer Werbekampagne für ein bestimmtes Produkt kommt, so handelt es sich dabei um einen rekursiven Prozeß der Wiederanwendung bestimmter Mitteilungsweisen, die am Anfang der Werbekampagne, zumeist bei der Neueinführung eines Produkts, in Gebrauch kamen und sich bis dato bewährt haben, wie der Name, die Schriftart, das Symbol, der Slogan, Farben, Formen, eben alles, was zur Vermarktung dieses Produkts jeweils herangezogen wird. Denn bei jeder neuen Kommunikationsmaßnahme werden bestimmte alte Komponenten erneut zur Anwendung herangezogen und fließen in den Kommunikationsprozeß wiederholt ein, wodurch sich ein stabiles Erscheinungsbild dieses Produkts herausbildet, das gerade in seiner Stabilität das ausmacht, was hier mit Marke gemeint ist.“ 75 Herbst hebt die wachsende Bedeutung des hinter einer Marke stehenden Unternehmens hervor. Unentschlossene Käufer vor dem Kühlregal greifen, wie er ausführt, letztendlich zum Produkt eines Unternehmens, das sie sympathisch finden. Obendrein bekommen beispielsweise dessen neue Produkte einen Vertrauensvorschuss: „Wen wundert es, wenn Henkel mehrere Millionen Mark in eine Kampagne steckt, um das Unternehmen hinter seinen Marken (Persil etc.) bekannt zu machen. Der Kommunikations-Chef von Henkel, Jakob Lux begründet diese Investition folgendermaßen: ‚Es reicht nicht, der unbekannte Riese zu sein. Denn alles, was unbekannt oder nur wenig bekannt ist, erweckt kein Vertrauen.‘ “ 76 Ziel sind die Vermittlung von Vertrauen, Glaubhaftigkeit und Kompetenz gegenüber der Zielgruppe, damit diese den einzigartigen Nutzen von Marke und Unternehmen erkennt. Dabei müssen sich Unternehmens- und Markenpersönlichkeit 77 sowohl durch stabile, d. h. über Jahre/ Jahrzehnte gewachsene, als auch variable Werte (z. B. die nur punktuell kommunizierten Botschaften) auszeichnen: „Durch deren Kombination können die Zielgruppen das Unternehmen bzw. die Marke immer neu erleben und haben dabei doch stets das Gefühl, dass dies unterschiedliche Aspekte ein und derselben Persönlichkeit sind, deren stabile Kerninhalte sie kennen: Madonna und David Bowie ändern zwar ihre äußere Erscheinung, aber sie bleiben stets für ihre Fans erkennbar und unverwechselbar. Die Markenpersönlichkeit von Swatch beruht auf ihrem wechselnden Erscheinungsbild, wobei der Markenkern stets bestimmte konstante Eigenschaften 75 Hellmann, 2003, 274 sowie 72 und 264ff. 76 Herbst, 2002, 19. 77 Herbst, 2002, 20f.: „Seit Anfang der 90er Jahre werden Identitätskonzepte auch auf Marken angewendet: Eine einzigartige Markenpersönlichkeit soll den Marken ein unverwechselbares Profil geben, das nach innen und außen wirkt. Die mit einer Marke verbundenen Persönlichkeitsmerkmale sollen bei den Konsumenten dauerhaft verankert werden und die eindeutige Abgrenzung erlauben: Zum Beispiel gilt Coca Cola als cool, typisch amerikanisch und real, Pepsi als jung, aufregend und verrückt und Bluna als unkonventionell, einzigartig und lustig.“. <?page no="33"?> 23 enthält. Die klassische Auffassung, nach der eine Marke stets einheitlich in Erscheinung treten sollte, würde hier nicht greifen.“ 78 Das Schlagwort für den konkreten Umgang mit der Marke lautet „Integriertes Identitätsmanagement“ (IIM): Unternehmens- und Markenidentitäten werden zunächst erfasst und mit den Charakteristika und Wünschen der Zielgruppe, aber auch der Mitarbeiter im Unternehmen (interne Zielgruppe), die das Produkt nach außen vertreten sollen, verglichen: „Unternehmen und Marken werden also als Ganzheit begriffen, die man in ihrer Wirkung voneinander nicht trennen kann. Ziel des Integrierten Identitätsmanagements ist die Gestaltung eines prägnanten, stimmigen und einzigartigen Unternehmens- und Markenimages. […] Der integrierte Identitätsprozess besteht aus vier Elementen, die in einem engen Zusammenhang stehen und sich gegenseitig beeinflussen: Kultur, Image, Leitbild, Instrumente.“ 79 Die Vermittlung der Unternehmens- und Markenpersönlichkeit beruht idealerweise auf drei Säulen; das sind: „das visuelle Erscheinungsbild (Corporate bzw. Brand Design) 80 die Kommunikation (Corporate bzw. Brand Communication) das Verhalten (Corporate bzw. Brand Behaviour)“. Was die Werbe- und Medienagenturen im Hinblick auf den Umgang mit der Marke bei der Werbegestaltung beachten sollten, darauf weist z. B. Geldmacher hin: „Wenn all die faszinativen Besonderheiten einer Marke [...] ermittelt sind, sollte planerisch und gestalterisch Bilanz gezogen werden: Welche faszinativen Informationen, einzigartigen Eigenschaften, alleinstellenden Qualitäten der untersuchten Marke gibt es und mit welchen Maßnahmen, unter welchen Aufwendungen und unter Einsatz welcher Medien lässt sich dies marktwirksam 78 Herbst, 2002, 22. Vgl. exemplarisch die Ausführungen über Dallmayr, Bärenmarke und Löwenbräu in dieser Arbeit, z. B. zusammenfassend in Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“ sowie - zu Dallmayr - Kap. 5.2e) „Bewertung“. 79 Herbst, 2002, 23. In diesen Zusammenhang gehört auch die „Integrierte Kommunikation“, wobei dieser Begriff nicht neu ist: „ ‚Prozeß der Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunikation von Unternehmen eine Einheit herzustellen, um ein für die Zielgruppen der Unternehmenskommunikation konsistentes Erscheinungsbild über das Unternehmen zu vermitteln‘ “ (Bruhn/ Boenigk, 1999, 11). Zur kritischen Betrachtung aus der Werbepraxis vgl. Tropp, 2002, 448. Der Begriff sei zu weit gefasst; außerdem müsste die Beschränkung auf eine oder wenige Zielgruppen und somit eine differenzierte Ansprache erfolgen. 80 Herbst, 2002, 27: „Das Design vermittelt die Persönlichkeit durch ein prägnantes visuelles Erscheinungsbild. Dieses visuelle Erscheinungsbild wird geprägt von konstanten Gestaltungselementen, wie zum Beispiel Logo, Farben, Schrift, typographisch gestalteter Form des Slogans, Gestaltungsrastern und stilistischen Sollvorgaben für Abbildungen, Fotos und andere Illustrationen. Diese Konstanten bestimmen das Design aller visuellen Markenäußerungen, also des Produkt- und Verpackungsdesigns, der Kommunikationsmittel und weiterer Sonderbereiche wie z. B. dem Fotodesign.“ [Hervorhebung im Original]. <?page no="34"?> 24 kommunizieren? Es geht also um die faszinative Positionierung, Formulierung und Konkretisierung. [...] So manche Marke eignet sich von der Größe der Reflexgruppe, von der möglichen Marktpenetranz oder den besonderen Umständen in der Handelsstufe (Großhandel, Einzelhandel, Versand etc.) einfach (noch) nicht für das Fernsehen oder eine Homepage im Internet oder für eine große Zeitschrift - wohl aber für hundert andere Möglichkeiten, um den Verbraucher durch Information in Form von Werbung oder sonstige Veranstaltungen zu faszinieren.“ 81 [Hervorhebung im Original] 81 Geldmacher, 2002, 77. <?page no="35"?> 2 Die Medien 2.1 Definition „Medium“ Der Terminus „Medium“ wird äußerst unterschiedlich definiert und verwendet. Zunächst und im allgemeinen Sprachgebrauch heißt „Medium“ einfach ‚Mittel‘ oder ‚Vermittelndes‘ bzw. ‚Werkzeug, Instrument‘ (z. B. Uhr, Messer, Fahrrad, Hörgerät), was zur Folge hat, dass der Ausdruck nahezu beliebig weit gefasst werden kann. Verschiedene Disziplinen machen sich den Terminus im instrumentellen Sinne zunutze, ohne dass eine Medientheorie zugrunde liegt: „In diesem Sinn spricht die Pädagogik von den ‚Unterrichtsmedien‘, die Literaturwissenschaft vom ‚Medium Literatur‘, die Musikwissenschaft vom ‚Medium Musik‘, die Kunstwissenschaft vom ‚Medium Kunst‘, die Sprachwissenschaft vom ‚Medium Sprache‘ usf.“ 82 In anderen Disziplinen spielt der Terminus eine zentrale Rolle und hinter ihm stecken komplexe Theorien: „Einmal heißt Medium ‚Zeichenvorrat‘ (Informationstheorie und Kybernetik), dann ‚technischer Kanal‘ (Kommunikationssoziologie und Massenkommunikationsforschung/ Publizistikwissenschaft), dann wiederum ‚ästhetisches Kommunikationsmittel‘ (Einzelmedientheorie und Medienwissenschaft) oder schließlich ‚gesellschaftliche Interaktion‘ (Soziologie, speziell die Systemtheorie). Neuerdings wird verstärkt vom einzelnen Medium als einem eigenständigen ‚System‘ gesprochen; teilweise meint System hier aber auch die Gesamtheit aller Medien.“ In der Medienwissenschaft ist „Medium“ Teil der „vermittelten Kommunikation“, im Gegensatz zur unmittelbaren Kommunikation ohne zwischengeschaltetes Medium. 83 Faulstich nennt vier Gruppen, in die sich die bisher vorliegenden Medientheorien einteilen lassen: 84 - Einzelmedientheorien (z. B. Filmtheorie, Theorie des Theaters, des Radios usw.) mit unterschiedlichem Verständnis, jedoch schließlich häufig im Hinblick auf Medium als Gestaltungsmittel, kommunikationstheoretische Medientheorien, welche das Medium nicht isoliert, sondern innerhalb des Kommunikationsprozesses untersuchen, z. B. bei Gerhard Maletzke als „technische Konstante“, gesellschaftskritische Medientheorien; sie erweitern den Analyserahmen bis hin zur Einbettung des Mediums bzw. des gesamten Kommunikationsprozesses in Gesellschaft und Kultur, z. B. Dieter Prokops Analyse der Massenkommunikation im Hinblick auf die kapitalistische Gesellschaft, 82 Faulstich, 2000, 21. Dort auch das folgende Zitat. Vgl. z. B. auch Rajewsky, 2002, 201f. 83 Faulstich, 2004, 11. Vgl. Kap. 1.2 „Werbung als Kommunikation“. 84 Faulstich, 2000, 22. <?page no="36"?> 26 systemtheoretische Medientheorien; sie umfassen einen noch weiteren Kontext: Kommunikation bedeutet hier (gesellschaftliches) Handeln, für dessen Funktionieren Medien, wie Macht und Geld, verwendet werden (Talcott Parsons, Niklas Luhmann). 85 Verbreitet ist die Differenzierung nach Mediengruppen, die auf unterschiedlichen Produktions- und Rezeptionsbedingungen fußt: 86 Primärmedien benötigen keinen Technikeinsatz (z. B. Theater), bei Sekundärmedien ist auf der Produzentenseite technisches Gerät notwendig (z. B. Zeitung), und die Nutzung von Tertiärmedien macht den Einsatz von Technik auf Produktions- und Rezeptionsseite nötig. Bei den Quartärmedien ist eine klare Aufgabenverteilung von Produktion und Rezeption (Online- Medien) nicht mehr vorhanden; Technik ist auch bei der digitalen Distribution (z. B. World Wide Web) vonnöten. 87 Üblich ist auch die - dem Kanal entsprechende - Gliederung in auditive, visuelle oder audiovisuelle Medien; ferner gibt es u. a. die Unterteilung in die unterschiedlichen Funktionen (z. B. Medien mit Informations-, Unterhaltungs-, Speicher-, Orientierungs- oder Bildungsfunktion 88 ) und die Differenzierung in Individual- und Massenmedien. Faulstich unterscheidet folgende Medien (in alphabetischer Reihenfolge): Blatt, Brief, Buch, Chat, Computer, E-Mail, Fernsehen, Film, 89 Foto, Heft/ Heftchen, Hörfunk, Intranet/ Extranet, Multimedia, Plakat, Telefon, Theater, Tonträger (Schallplatte, Kassette, CD), Video, World Wide Web, Zeitschrift und Zeitung. Dabei werden Medien und Medienprodukte allerdings nicht streng getrennt: Beispielsweise steht das Plakat als Werbemittel nicht auf einer Ebene mit dem Fernsehen (Werbeträger). Der Film ist ebenfalls auf einer anderen Stufe anzusetzen als Fernsehen oder Hörfunk; er ist eine „Sendeform“ des Mediums Kino, das Faulstich überhaupt nicht erwähnt. 90 Folgend wird „Medium“ gemäß Faulstich in Anlehnung an den Medienbegriff von Ulrich Saxer im Sinne der Massenkommunikationsforschung/ 85 Vgl. dazu zum Beispiel das Kap. „Geld als Medium und Form“ bei Hellmann, 2003, 207ff. mit den entsprechenden Literaturhinweisen. 86 Faulstich, 2004, 13; Faulstich, 2000, 21. 87 Faulstich, 2000, 21. 88 In der Dauerausstellung „medien.welten“ des Technischen Museums Wien werden die Techniken unter historischen Gesichtspunkten detailliert gezeigt; es wird zwischen Übermittlungs- (z. B. Rundfunk) und Speichermedien (z. B. Foto, Film) unterschieden sowie der Konvergenz im PC: „Der Personal Computer eröffnet ein neues Medienzeitalter und lässt Speicher- und Übermittlungsmedien miteinander verschmelzen. [...] Die Verbindung mit dem Internet erschließt globale Reichweite.“ (CD-Rome medien.welten des Technischen Museums Wien 2003). 89 Dabei ist im engeren Sinne zunächst der Kinofilm gemeint. Vgl. auch Kap. 2.3 „Funktion und Funktionsverschiebung als Zeichen der Mediengeschichte“. 90 Faulstich, 2004, 5ff. Behrens (1996, 167) dagegen bezeichnet sowohl die Werbeträger (z. B. Fernsehen) als auch alle Werbemittel (z. B. TV-Spot) als Medien. <?page no="37"?> 27 Publizistikwissenschaft verstanden, wobei verschiedene Positionen integriert werden: 91 „Ein Medium ist ein institutionalisiertes System um einen organisierten Kommunikationskanal von spezifischem Leistungsvermögen mit gesellschaftlicher Dominanz.“ 92 Die vier Spezifika des Mediums seien kurz erklärt: - „ ‚Institutionalisiertes System‘ meint eine ausdifferenzierte, in mehrere Bereiche entfallende, auf verschiedenen Ebenen wirkende komplexe Vermittlungseinrichtung, die in das gesellschaftliche Regelungssystem eingefügt ist und nur in dieser ‚Umwelt‘, in diesem Kontext von Voraussetzungen, Produktion, Rezeption, Verarbeitung und Auswirkungen, als Prozeß, zureichend begriffen werden kann. 93 - ‚Organisierter Kommunikationskanal‘ heißt, daß die Kommunikation zufallsenthoben reguliert und funktionalisiert ist, wobei die Kanalisation zum Beispiel technologisch oder auch anderweitig, etwa kultisch oder rhetorisch, angeregt, begrenzt und gestaltet wird. - ‚Spezifisches Leistungsvermögen‘ meint die Besonderheit eines Mediums im Unterschied zu den anderen Medien, bezogen sowohl auf die quantitative und qualitative Potenz und Gesetzmäßigkeit als auch auf die konkrete Sinnhaftigkeit. - ‚Gesellschaftliche Dominanz‘ bezieht sich auf die Geschichtlichkeit des Mediums, das als solches und im Verhältnis zu anderen Medien einem permanenten Wandel unterliegt, also entsteht, sich verändert und (als Medium) auch wieder untergeht, und akzentuiert seine wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Steuerungs- und Orientierungsaufgaben.“ 94 Die beiden letzten Punkte „Spezifisches Leistungsvermögen“ und „Gesellschaftliche Dominanz“ werden in den Kapiteln 2.2 „Spezifika“ und 2.3 „Funktion und Funktionsverschiebung als Zeichen der Mediengeschichte“ vertieft: Die Charakteristika der untersuchten Medien werden herausgearbeitet, und zwar mit der Konzentration auf Dimensionen, die im Hinblick auf Relevanz und Kompatibilität beim Medienvergleich wichtig werden. Es handelt sich vorwiegend um Aspekte, die der sprachwissenschaftlichen Untersuchung von Werbung als Rahmen dienen können und die als Hintergrundwissen der Analyse zugrunde gelegt werden. 91 Saxer will auf dieser Definition eine Systematik der Untersuchungsbereiche einer Medienwissenschaft aufbauen, nämlich „Systemhaftigkeit, Intermedialität, Technizität, Organisiertheit, Funktionalität, Institutionalisiertheit, Medienwandel, Mediengesellschaft.“ (Saxer, 1997, 22). 92 Faulstich, 2000, 27. [Hervorhebung im Original]. Das Zitat findet sich auch bei Faulstich, 2004, 12. 93 Nach Saxer „sind Medien Organisationen, d. h. zweckerfüllende Sozialsysteme, denn nur so kommt die jeweilige Medientechnik effizient zum Tragen.“ (Saxer, 1997, 21). 94 Faulstich, 2000, 27. Zu den unterschiedlichen Meinungen über Funktionswandel der Medien oder Medienverdrängung vgl. Kap. 2.3 „Funktion und Funktionsverschiebung als Zeichen der Mediengeschichte“. <?page no="38"?> 28 Der Medienbegriff Rajewskys, auf deren aktuelles Werk in Kapitel 2.4 „Mehrmedialität“ noch ausführlicher eingegangen wird, hat unklare Grenzen: „Ein Verständnis von ›Medium‹ nicht im Sinne eines rein ›technisch-materiell definierten Übertragungskanals von Informationen‹, sondern eines ›konventionell als distinkt angesehene[n] Kommunikationsdispositiv[s]‹ (Wolf (2001), S. 2) erlaubt es, sowohl z. B. die Literatur, die nur ein semiotisches System verwendet, als auch den Film, der mehrere semiotische Systeme verwendet, die ihrerseits wiederum anderen Medien zuzuordnen sind, jeweils als ›(Einzel-)Medien‹ zu definieren.“ 95 Der Übermittlungskanal, auf den Rajewsky nicht eingeht, ist in der Regel visuell, akustisch oder visuell-akustisch. Die Definition lässt offen, wie das Verhältnis der als Medium eingestuften Literatur zu den Medien Buch, Theater oder Tonträger, die die Literatur transportieren können, ist. Darüber hinaus stehen Literatur und Film auf verschiedenen, nicht vergleichbaren Ebenen, da es bei Ersterer um Inhalte und nicht in erster Linie um die Darstellungsmittel geht. Faulstich würde die Literatur als „ein Werkzeug des Dichters“ einstufen, was der eingangs dargelegten sehr weiten und über die Medientheorien hinausgehenden Mediendefinition entspricht. 96 In welche Schwierigkeiten Rajewsky mit diesem Ansatz im Hinblick auf die Intermedialität kommt, wird in Kap. 2.4.1 erläutert. 2.2 Spezifika Eine Beschreibung der Charakteristika der Medien wird für die Analyse des Zusammenspiels der Werbemittel benötigt; vor allem die Beurteilung, ob die je eigenen medienspezifischen Möglichkeiten im Rahmen einer mehrmedialen Kampagne genutzt wurden, setzt Kenntnisse über die Eigenschaften der Medien voraus. Sie heißen im Hinblick auf ihre Funktion in der Werbung „Werbeträger“. 97 Eine Unterscheidung zwischen Werbeträger und Werbemittel (das sind TV-Spot, Anzeige usw.) werde ich nicht vornehmen, da die Spezifika in den meisten Fällen übereinstimmen und, wie sich herausgestellt hat, eine Differenzierung nicht sehr ergiebig wäre. Es gibt jedoch eine eigene Kategorie „Werbliche Funktion“. 98 Das Plakat ist die einzige Ausnahme in der folgenden Darstellung: Häufig wird es in einer Linie mit den Werbeträgern Fernsehen, Zeitung usw. genannt. Im Gegensatz zu den genannten Medien ist das Plakat nur ein Werbemittel; Werbeträger sind verschiedene Formen der Außenwerbung. 95 Rajewsky, 2002, 7 mit dem Verweis auf die Mediendefinition von Wolf: „[…] not only by particular channels (or one channel) for the sending and receiving of messages but also by the use of one or more semiotic systems.” 96 Faulstich, 2004, 11. 97 Janich, 2003, 25ff. Vgl. auch „Information/ Code“ im Rahmen des Modells zur werblichen Kommunikation in Kap. 1.2 „Werbung als Kommunikation“. 98 Die Kategorien stammen teilweise von Behrens, 1996. <?page no="39"?> 29 „Die unterschiedlichen Leistungsmerkmale ermöglichen es, Werbeträger zielgerecht einzusetzen. […] Meistens ist es sinnvoll, mehrere Werbeträgerarten zu belegen, aber je nach Zielsetzung mit unterschiedlichem Gewicht. Diese Aufteilung des Werbeetats auf mehrere Werbeträgerarten wird Media-Mix-Entscheidung genannt.“ 99 Die Werbeträger werden folgend (mediengeschichtlich) chronologisch, also nach ihrer Entstehungszeit, geordnet. Werbeträger für das älteste Werbemittel Plakat sind heute u. a. Plakatwände, Infoscreens, Litfasssäule, Schaufenster und Verkehrsmittel (Außenwerbung). Erste Formen des Plakats werden schon in der Antike festgestellt; (teure) Illustrationen im Kupferstich oder Holzschnitt sind bereits zur Zeit des Buchdrucks nachweisbar. „Die technische Voraussetzung, Plakate zu drucken, wie wir sie heute kennen - mit hoher Stückzahl, großen Formaten und mehrfarbigen Flächen -, war die Erfindung der Lithographie durch Alois Senefelder nach 1796.“ 100 Als Werbeträger folgt die Zeitung. Im 14. Jahrhundert bezeichnet der Terminus „Zeitung“ einzelne Nachrichten und Berichte, zu Beginn des 17. Jahrhunderts trägt die Zeitung die uns heute bekannten „Merkmale der Aktualität (Neuigkeitsbezug), der Universalität (thematische Vielfalt), der Publizität (allgemeine Zugänglichkeit) und der Periodizität (regelmäßiges Erscheinen).“ 101 Auf das 17. Jahrhundert ist auch das Aufkommen der Zeitschrift zu datieren. 102 Es folgen die beiden elektronischen Werbemedien: Das Radio gibt es seit den 1920er Jahren, 103 Fernsehen seit den 1930er Jahren. 104 Auf das Kino gehe ich in der folgenden Charakterisierung nicht ein, da lediglich beim Kontrollkorpus einige Kinospots vorkommen und es in diesen Fällen keine Unterschiede zu den TV-Spots gibt, die nicht an der jeweiligen Stelle genannt werden könnten. Bei allen Werbeträgern gehe ich auf diese Merkmale ein: 105 - Darstellungsmittel (Code) - Grundfunktion - Produktionsaufwand und Geschwindigkeit der Zustellung - Ort der Nutzung - Zeit der Nutzung - Reichweite (qualitativ) 99 Behrens, 1996, 168. 100 Dorn, 2003, 340. 101 Wilke, 2003, 520. 102 Wilke, 2003, 517. 103 Hasebrink, 2003, 359. 104 Kreimeier, 2003, 177. 105 Ergänzend zu den „klassischen Medien“ siehe auch Stockmann, 1982, 1786-1814. <?page no="40"?> 30 - Reichweite (quantitativ) - Belegbarkeit (zeitlich) - Belegbarkeit (regional) - Anforderungen an den Nutzer - Glaubwürdigkeit - Werbliche Funktion - Umfeld (der Werbung). 2.2.1 Plakat • Darstellungsmittel In der Regel steht im Mittelpunkt des Plakats ein großes erregendes Farbbild, das die Aufmerksamkeit der Rezipienten wecken soll. Es ist wenig Text vorhanden. 106 • Werbliche Funktion Die Informationen sollten - der Rezeptionssituation entsprechend - einfach und leicht verstehbar sein; umfangreiche Begründungszusammenhänge eignen sich dagegen kaum für das Plakat. 107 Besonders gut passt es deshalb für die Neueinführung von Produkten, also zur Bekanntmachung. Ferner ist es imagebildend. „Außerdem wurde festgestellt, daß das Plakat ein Impulsgeber vor dem Kaufentscheid (‚point of sales‘) sein kann, weshalb gerade vor Supermärkten und Einkaufszentren plakatiert wird.“ 108 Es wird als unterstützendes Zusatzmedium gesehen. Das Plakat eignet sich „zur Positionierung, Verankerung und Image-Aktualisierung“. 109 • Produktionsaufwand und Geschwindigkeit der Zustellung Plakate werden oft im Rahmen größerer Kampagnen als Teil des Medien- Mix erstellt. Sie gelangen nicht zum Verbraucher. 106 Zu den Plakat-Spezifika vgl. „Intermedia-Vergleich Schweiz 2004“, http: / / www. mtj.ch/ archiv/ artikel.php? id=1311 (Zugriff am 29.03.2005). Meines Erachtens gibt es bei den verwendeten Charakteristika keine Unterschiede zwischen Medien und Werbung aus der Schweiz und aus Deutschland. Siehe auch Dorn, 2000, 315. 107 Dorn, 2000, 315. 108 Dorn, 2000, 328. 109 „Intermedia-Vergleich Schweiz 2004“, http: / / www.mtj.ch/ archiv/ artikel.php? id= 1311 (Zugriff am 29.03.2005), 6. Dorn, 2000, 326: „Die wichtigsten Auftraggeber der Plakatwerbung sind die Zigarettenindustrie, Bierbrauereien, Hersteller von alkoholfreien Getränken, Massenmedien und Automobilkonzerne, die vorwiegend auf Großflächen werben.“ Darüber hinaus wird das Plakat auch für gesellschaftliche Themen verwendet, z. B. Werbung für Vereine, Verkehrssicherheit, humanitäre Zwecke. <?page no="41"?> 31 • Ort der Nutzung Das Plakat wird auf der Straße im Vorübergehen oder beim Vorbeifahren wahrgenommen. Es ist an einem festen Ort angebracht, was allerdings durch die Vervielfältigung eines Motivs relativiert wird. • Zeit der Nutzung Die Rezeption ist an keine Tageszeit gebunden, es besteht demnach eine uneingeschränkte Freiheit der Aufnahme. Jedoch ist Tageslicht erforderlich. • Reichweite (qualitativ) Es wird ein breites Publikum angesprochen, Selektion ist vor allem hinsichtlich der Regionalität möglich. 110 Je nach Standort kann die Zielgruppe auch eingegrenzt werden. • Reichweite (quantitativ) Eine hohe Reichweite kann bei einer breiten Standortbelegung erzielt werden. • Belegbarkeit (zeitlich) Da teilweise mit Engpässen gerechnet werden muss, ist eine langfristige Planung angebracht. • Belegbarkeit (regional) Das Plakat eignet sich sehr gut für eine regionale und zum Teil auch eine lokale Teilbelegung. • Anforderungen an den Nutzer Der Rezipient muss seine Wohnung verlassen. Er erwirbt das Plakat in der Regel nicht und muss auch kein Gerät einschalten, um die Werbung zu konsumieren. Einzige Aufgabe ist es, das Plakat wahrzunehmen. Somit ergibt sich vor allem die Schwierigkeit der Aufmerksamkeitsweckung. • Glaubwürdigkeit Das Plakat ist - nach einer qualitativen Medienforschung - besonders gut für Produktneueinführungen geeignet. Es „zielt insofern auf den Bekanntheitsgrad“. 111 Außerdem gibt es häufig den Impuls für den Kauf. • Umfeld Das Plakat ist häufig von weiteren Plakaten umgeben, so dass ein Plakat inmitten der anderen um Aufmerksamkeit kämpfen muss. 112 Im Vergleich dazu werden TV- und HF-Spots nacheinander geschaltet. Nach einer Studie der GfK-Marktforschung (1996) wird Plakatwerbung als Stadtbild belebend empfunden - im Gegensatz zur häufig als störend beurteilten Unterbrecherwerbung in TV und HF. 113 110 Die Ausführungen zu Reichweite und Belegbarkeit (auch Zitate) sind Behrens entnommen. 111 Dorn, 2000, 328. 112 Vgl. Schirner, 1995, 171ff. sowie Dorn, 2000, 324. 113 Dorn, 2000, 328. <?page no="42"?> 32 2.2.2 Zeitung • Darstellungsmittel Zeitungen bestehen aus Text und Bild (statisch, ohne Bewegung; Handlung kann aber angedeutet werden). Die Farbqualität ist eher schlecht. • Grundfunktion An erster Stelle stehen aktuelle Informationen, vor allem auch regionale und lokale Nachrichten. • Produktionsaufwand und Geschwindigkeit der Zustellung Der Produktionsaufwand hat sich in den vergangenen Jahren durch die technischen Möglichkeiten stark verringert und kann somit - je nach Periodizität der Zeitung (Tages-, Wochen-, Sonntagszeitung) - zu noch größerer Aktualität beitragen: „Zeitungsredakteure [recherchieren, d. Verf.] immer seltener Themen selbst und [wählen, d. Verf.] statt dessen die auf dem Informationsmarkt von außen angebotenen Meldungen, Texte und Materialien [aus …, d. Verf.]. Nahezu alle Tageszeitungen arbeiten mittlerweile mit sogenannten Redaktionssystemen, das heißt vernetzten Computern, an denen die Redakteure nicht nur Beiträge bearbeiten, sondern auch für den Satz aufbereiten können.“ 114 Das (konservative) Transportverfahren zum Käufer ist relativ lang im Vergleich zu Radio und Fernsehen. Am schnellsten innerhalb der Printmedien ist die Tageszeitung. Die Distribution als Online-Zeitung in jüngster Zeit müsste separat behandelt werden, da sie sich in den Charakteristika stark von der traditionellen Zeitung unterscheidet. • Ort der Nutzung Die Zeitung kann lokal uneingeschränkt genutzt werden. • Zeit der Nutzung Die Zeitung kann zeitlich uneingeschränkt genutzt werden. Zeitunglesen erfordert wegen der Konzentration auf den Text meist ungeteilte Aufmerksamkeit. 115 • Reichweite (qualitativ) Es können breite Bevölkerungsgruppen erreicht werden. Allerdings ist zu differenzieren: Lokale und regionale Tageszeitungen werden meist von allen Bevölkerungsschichten gelesen, überregionale und bundesweit ausgerichtete redaktionell anspruchsvolle (Tages-)Zeitungen eher von höheren sozialen Schichten sowie auch von bestimmten Berufsgruppen (z. B. FAZ in Wirtschafts- und Politikerkreisen). 116 114 Schaffrath, 2000, 446. 115 Drabczynski, 1995, 90; Drabczynski, 1998, 52. 116 Behrens, 1996, 170. Vgl. auch die Ausführungen von Schaffrath (2000, 450): „Kaufzeitungsleser sind stärker unterhaltungsorientiert, die Leserschaft ist vor allem in Großstädten anzutreffen und besteht überwiegend aus Facharbeitern oder Arbeitern mit mittlerem Einkommen zwischen 2500 und 4000 Mark. Die Leser der über- <?page no="43"?> 33 • Reichweite (quantitativ) „Sehr hohe Reichweiten und Durchschnittskontakte in den Hauptstreugebieten“ 117 sind die Regel. Wegen der lokalen bzw. regionalen Ausrichtung vieler Tageszeitungen gibt es kaum Konkurrenz innerhalb eines Gebietes. • Belegbarkeit (zeitlich) Eine schnelle Belegung ist möglich. Sie liegt bei ein bis drei Tagen vor dem Erscheinungstermin. 118 • Belegbarkeit (regional) Wie oben angesprochen, ist eine gezielte lokale bzw. regionale Belegung wichtiges Kennzeichen vieler Tageszeitungen. • Anforderungen an den Nutzer Der Rezipient muss eine Zeitung erwerben oder sich an einem Ort befinden, wo das Medium ausliegt (z. B. im Cafe, beim Friseur, beim Arzt). Er benötigt Lesekenntnisse sowie Abstraktionsvermögen und erhöhte konzentrierte Aufmerksamkeit (gegenüber etwa dem Fernsehen). 119 Dies führt zu einer besseren und längerfristigeren Merkbarkeit der Botschaft. Bei anspruchsvolleren Zeitungen bzw. Themen wird Vorwissen vorausgesetzt. • Glaubwürdigkeit Die (regionale) Tageszeitung ist im Vergleich zu allen anderen Medien am glaubwürdigsten, sie „würde von der Gesamtbevölkerung als Informationsmedium stärker vermißt als Fernsehen, Hörfunk oder Zeitschrift“. 120 regionalen Presse oder der Wochenzeitungen sind stärker informationsorientiert, wohnen meist in Großstädten, verfügen über Abitur oder Studium und bekleiden häufig Führungspositionen als leitende Angestellte, höhere Beamte oder selbständige Unternehmer mit höherem Einkommen von 5000 Mark und mehr.“. 117 „Intermedia-Vergleich Schweiz 2004“, http: / / www.mtj.ch/ archiv/ artikel.php? id= 1311 (Zugriff am 29.03.2005), 3. 118 Behrens, 1996, 169. 119 Drabczynski, 1998, 52. 120 Schaffrath, 2000, 450. Wie die Zeitschrift „Werben & Verkaufen“ in ihrer Internetversion meldet (http: / / www.wuv.de/ news/ archiv/ 2/ a15990/ index.html, Zugriff am 01.06.2005), gilt die Tageszeitung am glaubwürdigsten, gefolgt vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen und dem Hörfunk. Auch Wochenzeitschriften (bzw. Nachrichtenmagazine) wie D ER S PIEGEL , F OCUS und S TERN stehen hoch im Kurs. Wenig Sympathien bekommt das Privatfernsehen („Es wird nicht als kompetent, glaubwürdig und bedeutungsvoll eingestuft“). Auch bei den Jugendlichen ist die Tageszeitung (vor dem Fernsehen) am glaubwürdigsten, vgl. http: / / www.wuv.de/ daten/ studien/ 012005/ 918/ 3066.html (Zugriff am 01.06.2005). Kaplitzka (1995, 129ff.) geht davon aus, dass Anzeigen doppelt so glaubwürdig sind wie TV-Spots: „Anzeigen werden gern gelesen: Im Gegensatz zur Fernsehwerbung, die als ‚lästig‘ empfunden wird, steht man der Zeitschriften-Werbung wesentlich aufgeschlossener gegenüber, findet sie ‚gut‘. [...] Anzeigen sind vertrauenerweckender, kaufanreizender: In Zeitschriften vermutet man Werbung für bessere Produkte, mehr Information über das Produkt (was wichtig für den Kaufentscheid ist), meint, Zeitschriften-Werbung kann man mehr glauben, sie ist beim Einkauf nützlicher und sie reizt mehr zum Kaufen.“ Zur möglichen Unterhaltungsfunktion von Fernsehwerbung vgl. Kap. 2.2.5. Vgl. auch <?page no="44"?> 34 • Werbliche Funktion Tageszeitungen eignen sich für taktische, d. h. punktuell eingesetzte Werbung, und unterstützen häufig Aktionen des Handels. Sie sind auch gut einsetzbar für „argumentative, rationale und aktuelle Informationen (z. B. bei Einführungswerbung)“ 121 sowie für die Darstellung von Begründungszusammenhängen. Dies ist z. B. bei teuren Produkten oder Dienstleistungen wichtig. 122 In Zeitungen finden sich tendenziell (und im Vergleich zur Zeitschrift) eher sachliche Produktinformationen. 123 • Umfeld der Werbung Werbung kann zwischen anderen Anzeigen stehen, jedoch auch in ein inhaltlich passendes, also kontextbezogenes Umfeld zwischen redaktionelle Artikel gestellt werden. 124 Dies erhöht die Glaubwürdigkeit. Wichtig ist, nach Kaplitzka, eine „Sujetvariation“, um den „ ‚turn-the-page‘-Effekt“ zu vermeiden, d. h., es sollten unterschiedliche Motive innerhalb einer Strategie geschaltet werden, da eine bekannte Anzeige in der Regel leichter überblättert wird. 125 Der Vorteil bei Anzeigenwerbung ist, dass der optische Wahrnehmungsapparat leichter aussondern kann und so das Penetrationssyndrom „Nein, nicht schon wieder! “ eher nicht wirksam wird. 126 Hasebrink, 2003, 363: 1995 lag das Fernsehen mit 56 % noch vor der Tageszeitung (26 %) und dem Hörfunk (15 %). 121 Janich, 2003, 25. 122 Drabczynski, 1998, 53. Vgl. dazu ausführlicher Kap. 11.2 „Plädoyer für die Anzeige als Hauptinformationsträger in mehrmedialen Kampagnen“. 123 Behrens, 1996, 169. 124 „Die Werbung gerät in ein Verhältnis zum Gelesenen“ - entweder als Ergänzung oder als Problemlösung bzw. Kontrast zu negativen Ereignissen in der Welt (Melchers, 1995, 143). 125 Kaplitzka, 1995, 138. 126 Vgl. Agostinis Negativkurve (in: Scheler, 2000, 77f.): „Der Rezipient hat von einer bestimmten, ständig gleich lautenden Werbebotschaft schließlich die Nase so voll, daß er sich unter Umständen gegen alle Produkte dieses Herstellers wendet.“ Scheler sieht allerdings die Gefahr vor allem bei akustischen Darstellungsmitteln, da Optik eher ausgeblendet werden könne. <?page no="45"?> 35 2.2.3 Zeitschrift 127 • Darstellungsmittel Zeitschriften bestehen aus Bildern (statisch, ohne Bewegung, Handlung kann aber angedeutet werden) und Text. Die Farbqualität ist gut. • Grundfunktion Zeitschriften unterhalten und informieren, - je nach Art der Zeitschrift auch über Trends und soziale Ereignisse sowie über Lebenshilfe. • Produktionsaufwand und Geschwindigkeit der Zustellung Der Produktionsaufwand hat sich durch die technische Entwicklung verringert, dauert aber länger als bei der (Tages-)Zeitung. 128 Das liegt am 127 Eine einheitliche Definition sowie eigenständige und eindeutige Funktionszuweisungen der Zeitschrift in Abgrenzung zur Zeitung lassen bis heute auf sich warten. Schwierig ist es obendrein, die Vielfalt der Publikationen, die Zeitschrift genannt werden, von der wissenschaftlichen Fachzeitschrift bis hin zur Programmzeitschrift, in ein gemeinsames Klassifikationsschema zu pressen (Winter, 2000, 414). Gemeinsamkeiten von Zeitschrift und Zeitung sind „die Merkmale Disponibilität, Periodizität (die freilich anders ausgeprägt ist) und teilweise auch Publizität“ (Winter, 2000, 413, auch die folgenden Zitate), es gibt jedoch auch zahlreiche Unterschiede, wozu an erster Stelle das Kriterium der Aktualität steht, das kein herausgehobenes Kennzeichen von Zeitschriften ist: „Eine strikte Aktualitätsorientierung von Zeitschriften ist nur unter besonderen politischen Bedingungen nachweisbar.“ Ein weiterer Unterschied ist der Anspruch der Universalität, der bei der Zeitung gegeben ist, bei der Zeitschrift jedoch nur für „die Gruppe aller Zeitschriften insgesamt“ und nicht für die einzelne Zeitschrift gilt, deren Merkmal immer stärker die Spezialisierung auf bestimmte Themen (Special-Interest-Titel; zu ähnlichen Entwicklungen in anderen Medien vgl. u. a. Drabczynski, 1998, 99ff.) ist und damit die Eingrenzung des Adressatenkreises. [Hervorhebungen d. Verf.]. „Der Verbraucher lässt sich längst nicht mehr vorschreiben, wie er sich seine Informationen beschafft. Früher gab ihm ein einziger General- Interest-Titel das Gefühl, den nötigen Informationspegel aufrechtzuerhalten. Heute komplettiert er seine Informationen zusätzlich in den unterschiedlichsten Special- Interest-Titeln. Kein Wunder, daß die Zahl der Zeitschriftentitel in den vergangenen Jahren sehr viel schneller gewachsen ist als ihre Auflagenzahlen.“ (Schlottau, 1997, 243). Das zeitungsspezifische Kriterium Publizität, „verstanden als Konstituente einer politikkritischen Öffentlichkeit“, trifft nur auf einen kleinen Teil der Zeitschriften zu und gilt deshalb nicht als allgemeines Spezifikum des Mediums. „Die eigene Darstellungsweise und der andere Umgang mit Inhalten werden deshalb als Möglichkeit angesehen, die Zeitschrift zu charakterisieren. Für die Ausprägung solcher eigenständiger Charakteristika waren insbesondere drucktechnische Entwicklungen, die immer mehr und qualitativ bessere Illustrationen zuließen, von großer Bedeutung“ (Winter, 2000, 414). So dauerte die Entwicklung des Mediums Zeitschrift noch bis ins zweite Drittel des 20. Jahrhunderts an, während die der Zeitung bereits zu Beginn des Jahrhunderts zu einem vorläufigen Abschluss gekommen war: „Die stärkere Berücksichtigung des Bildes, die markante Zielgruppenorientierung, die größeren Anteile an Unterhaltung, nicht zuletzt die erotischen Akzente waren ihre charakteristischen Eigenheiten. Das Genre Programmzeitschrift, quantitativ inzwischen führender Vertreter dieses Mediums, indiziert bereits die Möglichkeit und Zukunftsträchtigkeit der neuen medialen Verbundformen“ (Faulstich, 2000, 36). <?page no="46"?> 36 aufwendigeren Layout bei Hochglanzmagazinen. „Die Entstehung des Desktop-Publishing, also der Möglichkeit, am Computer druckfähige Zeitschriftenvorlagen zu entwerfen, hat weiterhin auch in anderen Zeitschriftensegmenten zu einem Boom geführt.“ 129 Das Transportverfahren zum Leser ist relativ lang im Vergleich zu Radio und Fernsehen. Zeitschriften können, wie auch Zeitungen, abonniert werden, d. h., sie werden nach Hause geliefert oder können in Läden oder Kiosken gekauft werden. • Ort der Nutzung Zeitschriften können überall rezipiert werden. • Zeit der Nutzung Zeitschriften können zu jeder Zeit gelesen werden. • Reichweite (qualitativ) Der Adressatenkreis kann - besonders bei sog. Special-Interest-Titeln - gut eingegrenzt werden. • Reichweite (quantitativ) Die quantitative Reichweite ist abhängig von der Zeitschriftenart. Je enger die Zielgruppe definiert ist, desto geringer ist die Reichweite, z. B. bei Special-Interest-Titeln. „Eine Ausnahme bildet die ‚ADAC motorwelt‘, die Mitgliederzeitschrift des ADAC. Mit einer Reichweite von 29,2 % (bezogen auf das Zielgruppenpotential von 63,25 Mio.) und einer verkauften Auflage von 2 758 583 ist sie die auflagen- und reichweitenstärkste Zeitschrift.“ 130 • Belegbarkeit (zeitlich) Wie lang der Vorlauf ist, hängt von der Erscheinungsweise der Zeitschrift ab. Gängig als Schlusstermin sind vier bis zehn Wochen vor dem Erscheinungstermin. 131 • Belegbarkeit (regional) Eine regionale Belegung ist bei manchen Zeitschriften möglich.“ 132 • Anforderungen an den Nutzer Der Konsument muss sich eine Zeitschrift kaufen bzw. diese durchblättern. Bilder und tendenziell weniger Text als bei der Tageszeitung erleichtern die Rezeption. • Glaubwürdigkeit Die Glaubwürdigkeit ist geringer als bei den Medien Tageszeitung und Fernsehen, welche in dieser Disziplin vorne stehen. Ansonsten muss jedoch zwischen den unterschiedlichen Zeitschriftenarten differenziert werden. 128 Mündliche Auskunft von Detlef Fischer, Leiter der Technik Radio und TV bei der Bayerischen Rundfunkwerbung (24.05.2005). 129 Winter, 2000, 424. 130 Winter, 2000, 428. 131 Behrens, 1996, 169. 132 Behrens, 1996, 169. <?page no="47"?> 37 Denn dazu zählen Programmzeitschriften und Frauenzeitschriften ebenso wie Nachrichtenmagazine, z. B. D ER S PIEGEL . 133 • Werbliche Funktion Imagepflege kann sehr gut über die Zeitschrift vorgenommen werden. 134 • Umfeld der Werbung Vgl. die Ausführungen zur Zeitung. 2.2.4 Radio • Darstellungsmittel Durch nur vorhandene auditive Darstellungsmittel (Code) und die damit einhergehende Einkanaligkeit wird die Phantasie der Hörer angeregt, im besten Falle entstehen Bilder in den Köpfen der Rezipienten. Der Vorteil liegt darin, dass Inhalte nur angedeutet oder mehrdeutig angelegt sein können und eine gewisse Freiheit der Interpretation vorhanden ist. Außerdem entfallen Kosten für eventuell teuer zu arrangierende Bilder. Es besteht die Möglichkeit einer reizvollen, auch experimentellen Koordinierung der Darstellungsmittel (Sprache, prosodische Phänomene - Betonung, Akzentsetzung, Pause, Sprachmelodie -, Musik, Geräusche 135 ); auch Überraschungs- und Rätseleffekte sind leichter umsetzbar als im TV, was der Gestaltung unterschiedlicher Sendeformen zugute kommt: Radiophone Textsorten, von Nachrichten bis zum Hörspiel, können auch in der Werbung eingesetzt werden. Die Hörer werden nicht durch Bilder abgelenkt. Eine intensivere Wirkung verspricht deshalb auch der gezielte Einsatz von Musik und Geräuschen: die unaufdringliche Schaffung einer atmosphärischen, lokalen, temporalen Dimension. Weil es sich um ein auditives Medium handelt, kann sich der Sprecher direkt an die Rezipienten wenden. Überlegungen zur Text-Bild-Komplementarität oder zur Text-Bild-Schere 136 entfallen. Dieser Unterschied zum Fernsehen erweist sich beispielsweise bei eher „bildfreien“ Themen (z. B. bei Nachrichten: Vorgänge oder Entscheidungen in der Politik; Werbung für Versicherungen) oder bei Erklärungen eines Sachverhalts als Vorteil: Im Hörfunk muss im Gegensatz zum TV nicht gezwungenermaßen nach visuellen Notlösungen gesucht werden. Dass das Darstellungsmittel Bild fehlt, kann aber auch ein Nachteil sein. Weitere Elemente der nonverbalen Kommunikation, wie Mimik und Gestik, sind nur 133 Vgl. Winter, 2000, 423. 134 Behrens, 1996, 169. Die Bandbreite der beworbenen Produkte ist in Zeitschriften größer als in (Tages-) Zeitungen (Wehner, 1996, 60f.): „Gerade die besonders werbeintensiven Konsumgüterbranchen (mit Bruttoaufwendungen von jeweils über einer Milliarde Mark im Jahr 1990) werben bevorzugt in Publikumszeitschriften. In Tageszeitungen wird nur wenig Werbung für die großen Bereiche Kosmetik/ Pharma, Ernährung und Getränke geschaltet. Anzeigen des Handels dagegen dominieren in der Tagespresse.“. 135 Vgl. auch Kaloff, 1982, 1283ff. 136 Drescher, 1997, 63f. <?page no="48"?> 38 auf dem visuellen Kanal einsetzbar. Im Medienzusammenspiel (HF und TV oder Print) besteht die Möglichkeit, bilddominante Aussagen des anderen Mediums akustisch (verbal) zu „ergänzen und zu bestätigen“. 137 • Grundfunktion Das Radio übermittelt (sehr) aktuelle Information. Je nach Sender und Programm stehen Musik, Unterhaltung, Informationen und Hintergrundberichte oder Reportagen im Vordergrund. • Produktionsaufwand und Geschwindigkeit der Zustellung Der Hörfunk ist ein aktuelles Medium, 138 d. h., auf Produktionsseite ist ein schneller Transport von Informationen möglich, während die Tageszeitung nach der (aufwendigeren) Fertigstellung erst zu den Lesern transportiert werden muss; dies gilt selbstverständlich nicht für die Internet-Version. Beim Fernsehen ist vor allem der technische Mehraufwand bei der Produktion festzuhalten. Das Radio hat einen auf den technischen Möglichkeiten beruhenden Aktualitätsvorsprung gegenüber dem Fernsehen und der Zeitschrift/ Zeitung vorzuweisen. 139 • Ort der Nutzung Der Hörfunk gilt als das mobile Medium, auch als Begleitmedium, das immer und überall gehört werden kann (im Auto, im Bus, bei der Arbeit). Radiohören ist zwar heute überall möglich, muss sich als Begleitbzw. Hintergrundmedium die Aufmerksamkeit des Rezipienten aber meist mit einer weiteren Tätigkeit teilen. 140 Der Vorteil für den Hörer ist, dass Funk (je nach Sendung) häufig nicht die ganze Konzentration benötigt; beispielsweise sind Tätigkeiten, die wenig Aufmerksamkeit beanspruchen, nebenbei möglich. • Zeit der Nutzung Radiobotschaften sind flüchtig: Der Zeitpunkt der Nutzung hängt vom Programm ab, der Konsument hat keinen Spielraum. Ebenso wenig kann er die Rezeption wiederholen oder die Geschwindigkeit regeln. Er ist also in seiner Handlungsfreiheit stark eingeschränkt. 141 137 Köhler, 1970, 544. Ratschläge werbepraktischer Art zur Umsetzung von Themen im HF finden sich auch bei Troesser, 1985, 354ff. (z. B. die „verbale Bebilderung“). 138 Häusermann, 1998, 8f. 139 Schäffner, 2000, 267: „In Verbindung mit dem heute weitverbreiteten Medium Telefon ist Radio das schnellste und aktuellste technische Medium: Mit Funkbzw. Satellitentelefonen können Reporter und Korrespondenten von allen Schauplätzen direkt auf Sendung geschaltet werden (wobei auch auf Hörfunkdienste von Nachrichtenagenturen zurückgegriffen wird); auch die Hörer können per Telefon in Sendungen integriert werden.“. 140 Straßner, 1980, 330. 141 Vgl. auch Häusermann, 1998, 9 sowie Straßner, 1980, 330. <?page no="49"?> 39 • Reichweite (qualitativ) Eine relativ genaue Zielgruppenselektion ist durch Sender- und Programmauswahl möglich. • Reichweite (quantitativ) Abhängig von Sender und Programm kann eine hohe Reichweite erzielt werden. • Belegbarkeit (zeitlich) Bis die privaten Sender auf den Markt kamen, war etwa eine Woche Vorlauf nötig. Aufgrund der Konkurrenzsituation kann bei den öffentlich-rechtlichen Sendern mittlerweile noch eine Stunde vor Ausstrahlung Werbung aufgenommen werden, wenn der Termin vorher schon gebucht wurde, denn „Prime Zeiten“ (z. B. 7-9 Uhr) sind stets früh belegt und eine Ausweitung der Werbezeiten im Block ist nicht möglich. 142 • Belegbarkeit (regional) Eine regionale Steuerung ist von der Senderwahl abhängig. Sie funktioniert sehr gut bei privaten Lokalsendern mit geringer Reichweite. • Anforderungen an den Nutzer Der Rezipient benötigt ein Radiogerät. Er muss die „media literacy“ 143 (zur Dekodierung) verstehen, beispielsweise die Sprache der Schnitte. Dies ist beim auditiven Medium weniger schwierig als beim audiovisuellen. Die Rezeption kann allerdings durch das Fehlen des visuellen Kanals erschwert werden und verstärkte Konzentration erfordern, da unverständliche Passagen nicht durch (inhaltsparallele) Bilder aufgefangen werden können. Diesem Problem kann durch die Berücksichtigung der Kriterien der Verständlichkeit entgegengewirkt werden: Sie beziehen sich auf die inhaltliche Ebene (Bekanntheit des verwendeten Wortschatzes oder Erläuterung tendenziell allgemein unbekannter Ausdrücke, aber auch Themen), auf die syntaktische Gestaltung (Vermeidung komplexer Satzstrukturen und Ballung neuer Information), auf den bewussten Einsatz von Redundanz sowie „motivierende[r] Elemente“: „Das können gezielt eingesetzte unterhaltende Botschaften sein, aber auch musikalische Trennelemente, mit denen die Botschaften auf der rationalen Ebene durch Signale, die die Emotionen ansprechen, ergänzt werden. In der sprachkritischen Argumentation wird deshalb das Ziel der Verständlichkeit mit dem Ziel der Attraktivität gepaart. Die beiden Ideale gehen dabei ineinander über: Ein attraktiver Text kann verständlicher sein, ein verständlicher attraktiver.“ 144 142 Telefonische Auskunft von Detlef Fischer, Leiter der Technik Radio und TV bei der Bayerischen Rundfunkwerbung (24.05.2005). 143 Drabczynski, 1995, 85. 144 Häusermann, 1998, 65. Zu Verständlichkeit und Verstehen von Radio- und Fernsehsendungen vgl. auch Burger, 1990, 252ff. Hier können durchaus Parallelen zur Werbung in elektronischen Medien gezogen werden. Vgl. zur Verständlichkeit von Texten ebenso Behrens, 1996, 76ff. <?page no="50"?> 40 • Glaubwürdigkeit Obwohl das Bedürfnis nach aktuellen Informationen, die der Hörfunk bieten kann, groß ist, liegt er hinsichtlich der Glaubwürdigkeit, gemeint ist die Richtigkeit der Darstellung, hinter Tageszeitung und Fernsehen. • Werbliche Funktion Zu Beginn des Werbefunks (Ende der 1920er Jahre) gab es täglich „echte Werbenachrichten“. 145 Durch die hohe Aktualität ist eine „direkte Beeinflussung des Abverkaufs“ 146 möglich. Der Hörfunk ist prädestiniert für „rasche Bekanntmachung und Reaktivierung vergessener Werbebotschaften“ (Erinnerungsfunktion innerhalb einer mehrmedialen Kampagne). 147 Er wird als das letzte Medium vor der Kaufentscheidung bzw. dem Einkauf betrachtet, wobei meines Erachtens dieser Platz auch vom Plakat belegt werden könnte und je nach Zielgruppe auch der Tageszeitung zukommt. 148 Außerdem eignet sich der Hörfunk für taktische Werbung (z. B. Einzelaktionen bei einer Einführungswerbung). 149 Die funktionale Ergänzungsfunktion im HF kann strategisch für die Verknüpfung mit einem TV- Spot innerhalb einer Kampagne genutzt werden: Während der Ausstrahlung 145 Köhler, 1970, 543: „So wurde die Funkwerbung in den ersten Jahren ihrer Einrichtung für aktuelle werbende Nachrichten benutzt und zunächst nicht für die Markenartikelwerbung, sondern in ihrem Wert für täglich wechselnde Angebote des Einzelhandels erkannt. Mutige Einzelhandelsunternehmer waren die ersten Kunden des Werbefunks. Man war nämlich durch das ‚Radio‘ in der Lage, in der damals sehr krisenhaften Zeit täglich sich ändernde Preise durchzusagen, Sonderangebote aktuellster Art zu veröffentlichen und so - in einer Zeit heftigster Preiskämpfe und -unterbietungen - der Konkurrenz oft um Stunden voraus zu sein. Es waren also neueste, echte Nachrichten, die von der werbenden Wirtschaft den Verbrauchern über den Funk vermittelt wurden. In den ersten Anfängen handelte es sich durchweg um life-Durchsagen [sic! ], deren Inhalt oft erst im Studio mit dem Werbenachrichten-Sprecher auf letzte Aktualität gebracht wurde.“. 146 Kaloff, 1982, 1280. 147 Janich, 2003, 27. 148 http: / / www.antenne.net/ sites_kaernten/ kundenservice/ radiowirkung/ service_radio .shtml, S. 2 (Zugriff am 07.01.2005); Koschnick (http: / / medialine.focus.de/ PM1D/ PM1DB/ PM1DBF/ pm1dbf_d.htm? snr=2495, S. 6, Zugriff am 07.01.2005) zu einer Infratest-Studie von 1991 über das vor dem Einkauf unmittelbar genutzte Medium: „Mehr als 60 % der Kunden hatten vor dem Einkauf am betreffenden Tag bereits mindestens eines der abgefragten tagesaktuellen Medien Hörfunk, Fernsehen und Tageszeitung genutzt. Mit 38 % lag dabei in der Mediennutzung der Hörfunk fast doppelt so gut wie die Tageszeitung (20 %). Bei den über 50-Jährigen lag das Begleitmedium Hörfunk mit 31 % allerdings nur noch knapp vor der Tageszeitung (27 %), bei den Zielgruppen bis 29 Jahren dominiert [sic! ] das Radio (47 %) gleich um ein Mehrfaches die Tageszeitung (9 %). TV-Nutzungsanteile vor dem Einkauf schwanken über alle Zielgruppen zwischen 3 % und 6 %.“. 149 Janich, 2003, 27. Schönert, 1982, 143: „Auch der Einzelhandel und die Kaufhäuser nutzen den Rundfunk. Er kann fast so lokal wie ein Lokalblatt eingesetzt werden. Markenartikel-Unternehmen können Schwerpunkt-Werbung mit ihm betreiben, können kurzfristige Verkaufsförderungs-Aktionen ansetzen - Preisausschreiben, Gewinnspiele, Produkt-Einführungen.“. <?page no="51"?> 41 der Radiowerbung können die Bilder des (bereits bekannten) TV-Spots im Kopf des Hörers entstehen. Dies ist eine Form der Intertextualität bzw. Intermedialität (je nach Definition). 150 • Umfeld der Werbung Werbung ist umgeben von anderen Werbespots und vom Radioprogramm. 2.2.5 Fernsehen • Darstellungsmittel Multisensorische Ansprache ist möglich: Bild (mit Bewegung) in guter Farbqualität, Ton (vielfältige akustische Möglichkeiten durch Musik, Geräusche, Spezialeffekte) sowie Text (auditiv und optisch). 151 Die Darstellung von Handlung und chronologischen Abläufen ist möglich, im Gegensatz zur Printgestaltung, wo nur ein Handlungsschritt eingefangen oder durch die Abfolge mehrerer Bilder Bewegung nachgeahmt werden kann. 152 Aufgrund der Multisensorik ist der Erinnerungswert hoch, die Merkfähigkeit bei Bildern ist groß. 153 Die Gefahr der Aufdringlichkeit geht auf die Bilddominanz zurück. 154 Die weitaus geringere Festlegung von Bildern auf bestimmte (kommunikative) Funktionen gegenüber der Sprache erwähnen Holly/ Püschel: „Es lassen sich aber doch gewisse Funktionen festhalten: Bilder können einen Interaktionspartner präsentieren, sie können etwas thematisieren und den Text strukturieren, sie können etwas erläutern, demonstrieren, darstellen, sie können den Betrachter motivieren, etwas dramatisieren, Authentizität vermitteln, sich auf den visuellen Kode selbst beziehen oder etwas verfremden. Auf jeden Fall muß jeweils der genaue wechselseitige Sprach-Bild-Bezug beachtet werden.“ 155 Darüber hinaus ist das Fernsehen durch formale Aspekte bei so genannten „sensation seekers“ attraktiv: „ ‚Dieser Vorgang erklärt zum Teil die Beliebtheit von Cartoons, Action-Serien oder Werbung. Nicht so sehr der Inhalt, sondern die formale Darstellung mit Spezialeffekten, lauten Stimmen, Geräuschen und visueller Beschleunigung erzeugt eine als angenehm empfundene physiologische Erregung.’ “. 156 150 Vgl. Kap. 2.4.1 „Definition“ im Rahmen des Kap. 2.4 „Mehrmedialität“. 151 Eine Aufteilung könnte auch allein in Bild (Bilder, Schrifteinblendungen) und Ton (gesprochene Sprache, Musik, Geräusche) vorgenommen werden. 152 „Das Fernsehen eignet sich [...] einerseits eher zur Vermittlung eines begrenzten Faktenwissens, andererseits aber auch zur Darstellung von Handlungsabläufen und zur lebendigeren Gestaltung von Weltbildern und Images.“ (Drabczynski, 1998, 53). Diese funktionale Zuordnung entspricht den Werbeerfolgskontrollen. 153 Drabczynski, 1998, 39. Seyfarth, 1995, 40. 154 Kaloff, 1982, 1282. Vgl. die obigen Ausführungen zum Umfeld der Anzeigenwerbung unter 2.2.2 „Zeitung“. 155 Holly/ Püschel, 1996, 4. 156 Groebel, 1994, 24. <?page no="52"?> 42 • Grundfunktion Die Grundfunktionen des Fernsehens sind Unterhaltung 157 und Information. Ferner kann es durch den Gesprächsstoff, den es bietet, Bestandteil sozialer Kontakte sein. 158 • Produktionsaufwand und Geschwindigkeit der Zustellung Der Produktionsaufwand ist höher als beim Radio, so dass der Hörfunk aktueller sein kann. Die Transportgeschwindigkeit der Informationsübermittlung und -zustellung ist jedoch schneller als bei den Printmedien. • Ort der Nutzung Der Konsument ist räumlich gebunden, er kann das Gerät nicht überallhin mitnehmen und muss an einem Ort verweilen. • Zeit der Nutzung Das Fernsehen ist (wie das Radio) ein flüchtiges Medium, der Zuschauer ist zeitlich gebunden. Unterbrechungen und Geschwindigkeitsregelungen sind nicht möglich, so dass Aussagen auf Anhieb verstanden werden müssen. Die Ausführung einer weiteren Tätigkeit geht mit dem Verlust an Aufmerksamkeit für den auditiven oder den visuellen Kanal 159 einher, was zu verminderter Behaltensleistung führt. • Reichweite (qualitativ) Ein breites Publikum kann erreicht werden. Die Zielgruppe kann durch Sender- und Programmauswahl grob selektiert werden. 160 • Reichweite (quantitativ) Eine hohe Reichweite kann erzielt werden. • Belegbarkeit (zeitlich) Es muss langfristig geplant werden. Mit dem Aufkommen der privaten Fernsehanstalten hat sich die Situation verbessert. 157 Zur Befriedigung des Unterhaltungsbedürfnisses vgl. Drabczynski, 1998, 92: „Wunsch nach Unterhaltung und Ablenkung, das Bedürfnis nach Entspannung, etwa während der Unterbrechung eines Action-Krimis oder einfach auch ästhetische Ansprüche“. Vgl. auch Drabczynski, 1995, 90f.: „Bedeutsamer ist jedoch die Fähigkeit des Mediums, ein Weltbild zu generieren [...].“ Die Vertrautheit mit dem Fernsehen aufgrund häufiger und intensiver Nutzung ist ferner Grundlage „für die emotionale Einbettung einer Botschaft“ [...], die sich „auch aus der Mehrkanaligkeit der Ansprache über das Fernsehen und insbesondere über den Einsatz von Musik“ ergibt. 158 „Fernsehen als fast täglich genutztes Medium hat in der Bevölkerung eine starke Bewußtseinspräsenz und bietet eine Vielfalt an Gesprächsstoffen, die diese Bewußtseinspräsenz im Verlauf des Tages immer wieder aktualisieren.“ (Drabczynski, 1998, 39). 159 Vgl. auch Kap. 1.2 „Werbung als Kommunikation“. 160 Vgl. Behrens, 1996, 169. Daraus auch die Angaben zur Reichweite (quantitativ) sowie zur Belegbarkeit (zeitlich). <?page no="53"?> 43 • Belegbarkeit (regional) Die regionale Steuerung ist nur sehr beschränkt möglich, wenn Regionalprogramme (z. B. die verschiedenen ARD-Sendeanstalten) vorhanden sind. Regionalisierung im Sinne einer Reichweitenbegrenzung gibt es auch bei privaten Sendern, zum Beispiel beim europaweit empfangbaren Sender SAT 1: Über Satellitenempfang können die Werbefenster in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit unterschiedlicher Werbung gefüllt werden. 161 • Anforderungen an den Nutzer Konsumenten benötigen ein Fernsehgerät. Die Fähigkeit der Dekodierung, des Umgangs mit den technischen Möglichkeiten, z. B. dem Einsatz von Zooms, Schnitten und Blenden, muss vorhanden sein: „Wer erstmals als Erwachsener mit diesem Medium konfrontiert wird, ist nachgewiesenermaßen nicht in der Lage, aus der Montagetechnik die inhaltliche Verbindung zwischen den einzelnen Bildern und Szenen herzustellen, um deren Verlauf zu begreifen. [...] Dem Fernsehen wird - nicht zuletzt aufgrund des leichten Erwerbs der erforderlichen ‚media literacy‘ - [im Vergleich zum Lesen, d. Verf.] üblicherweise unterstellt, daß es leicht konsumierbar sei und daß die von ihm vermittelten Informationen schnell und einfach aufgenommen werden. Die Haltung bei der Nutzung des Mediums ist daher eher eine entspannte und wenig konzentrierte. [...] Beim Fernsehen wird [...] der Handlungsablauf meist schnell erfaßt und leicht rekonstruiert. Konkrete Botschaften und komplexere Inhalte werden jedoch erst allmählich, nach wiederholten Kontakten gelernt.“ 162 • Glaubwürdigkeit Fernsehwerbung hat zwar gegenüber der Anzeigenwerbung eine geringere Glaubwürdigkeit. 163 Das Fernsehen nimmt jedoch wegen seiner Multisensorik eine führende Rolle hinsichtlich der Konstruktion von Wirklichkeit, von scheinbarer Realität ein: „Da dem geübten Zu-Seher auch komplizierteste Kamera- und Schnittmanöver schon als natürliche Wahrnehmungsformen erscheinen, also nicht länger auf Konstruktivität verweisen, und da Texte und Bilder sich gegenseitig zu beglaubigen scheinen, erscheint ihm das Fernseh-Medienangebot als authentisches Bild der Wirklichkeit.“ 164 Demgegenüber verweist Melchers auf die Unentschiedenheit der Rezipientenhaltung: 161 Telefonische Auskunft von Detlef Fischer, Leiter der Technik Radio und TV bei der Bayerischen Rundfunkwerbung (29.05.2005). 162 Drabczynski, 1998, 51ff. Vgl. zur Faszination lebensnaher, authentischer Darstellung, der jedoch heute meist ein kritischer Rezipient gegenübersteht, Kreimeier, 2003, 182f. 163 Vgl. die obigen Ausführungen im Rahmen von Kap. 2.2.2 „Zeitung“. 164 Schmidt/ Spieß, 1995, 23. <?page no="54"?> 44 „Fernsehzuschauer haben nun zugleich die Tendenz, das, was sie sehen, als das wirkliche Leben zu betrachten, aber auch als etwas, das sie von Ferne, gleichsam auf der Bühne stattfindend betrachten.“ 165 Zusätzlich wird die Glaubwürdigkeit durch die Funktion des Fernsehens als Informationsquelle (Nachrichten, Dokumentation) gefördert. Nicht nur die Werbung macht sich die Möglichkeiten des Fernsehens zu optischen Manipulationszwecken zunutze: „Besonders bei vergleichenden Demonstrationen von Produktleistungen wird zuweilen kräftig ‚getürkt‘. Zu kontrollieren sind solche Vorgänge [...] für den Rezipienten am Fernseher nicht.“ 166 • Werbliche Funktion Produkteigenschaften und Handlungsabläufe können veranschaulicht werden. TV ist für rationale und emotionale Werbung, für Imagebildung und die breite Bekanntmachung eines Produkts geeignet. Werbung hat heute zum Teil Kult-Status und wird vor allem von jüngeren Zuschauern als Unterhaltungsprogramm konsumiert. 167 Fernsehen ist für taktische und strategische Werbung geeignet. Letztere ist „eine langfristige Strategie […], die der Erhaltungs- und Erinnerungswerbung dient und sozusagen die Grundlage einer Werbekampagne bildet.“ 168 • Umfeld der Werbung Werbung ist umgeben von Werbung (meist Schaltung im Werbeblock). Zu beachten ist die Wahl des Senders und der Sendung, die zielgruppenrelevant ausgewählt werden können. 2.3 Funktion und Funktionsverschiebung als Zeichen der Mediengeschichte Wie in Kap. 2.1 erläutert wurde, ist bei einem Blick in die Geschichte der Medien die „gesellschaftliche Dominanz“ zu berücksichtigen, die sich wandelt, von einem Medium auf ein anderes übergehen kann und sich somit auf die soziale, kulturelle, wirtschaftliche und politische Bedeutung eines Mediums auswirkt. Der knappe Rückblick bis zu den sog. „Mensch- Medien“ soll die bis heute bestehenden Funktionsveränderungen der Medien verdeutlichen. Sie sind auch als Hintergrund für die „Veränderte Rolle der Medien in der Gesellschaft / Medienrezeption“ (Kap. 10.2.1) und die damit zusammenhängende Vorgehensweise beim Einsatz von Werbung wichtig, wobei hier erst die Zeit ab Beginn der mehrmedialen Kampagnen in den 50er Jahren zu berücksichtigen ist. 165 Melchers, 1995, 148. 166 Seyfarth, 1995, 41. 167 Zeiler, 1999, 7. 168 Janich, 2003, 27. Bei Dallmayr beispielsweise ist TV schon immer ganz eindeutig die stützende Säule (Basismedium) der mehrmedialen Werbung, wie in den Analysen noch deutlich wird. <?page no="55"?> 45 Um welch kleinen Ausschnitt innerhalb der Mediengeschichte es sich handelt, kann eine Auflistung der „Geschichte der Medien als Medienkulturgeschichte, als Mittleres zwischen Einzelmediengeschichte und Kommunikationsgeschichte“ verdeutlichen, die vier große Phasen unterscheidet: - „die Phase A mit der Dominanz der Primär- oder Mensch-Medien bis etwa 1500; Mensch-Medien waren Kleingruppen-Medien; die Phase B mit der Verlagerung der Dominanz auf die Sekundär- oder Druck- Medien von 1500 bis etwa 1900; Druck-Medien waren zunächst Individual- und später Massenmedien; die Phase C mit der Verlagerung der Dominanz auf die Tertiär- oder elektronischen Medien von 1900 bis etwa Ende des zwanzigsten Jahrhunderts; sie waren überwiegend Massenmedien; und die Phase D mit der Dominanz von Quartär- oder digitalen Medien seit dem Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, sie wird - mit dem Trend zur Individualnutzung - wohl schon den Beginn des nächsten Jahrtausends dominant prägen.“ 169 Dabei sei darauf hingewiesen, dass Mensch-Medien nicht im Sinne von Individuen oder Berufsgruppen verstanden werden, sondern originäre Medien-Funktionen übernahmen (Vermittlungsinstanz, Nachrichtenträger, Steuerungs- und Orientierungsfunktion). Man kann es sich so vorstellen, dass diese Primärmedien vielfach anstelle der späteren Mediengruppen fungierten und deshalb in ihrem jeweiligen Kontext gesehen werden müssen. Beispielsweise war der Herold institutionalisiert, mit den Funktionen Nachrichtenübermittlung und Vermittlungsinstanz bei Hochzeiten und Rechtsstreitigkeiten ausgestattet und war zudem Verhandlungsführer, Repräsentant und Sekretär. Spätestens im 17. Jahrhundert hatte sich der Herold vom Medium zum bloßen Beruf gewandelt: als Diplomat einerseits, als Ausrufer und Sprachrohr oberer, regierender Instanzen andererseits, der stimmgewaltig neue Gesetze im Sinne der heutigen Marktschreier verkündete. 170 Beim mittelalterlichen Medium Erzählerin stand nicht die erzählte Geschichte im Vordergrund: „Das Erzählen war nicht etwa ein individueller schöpferischer Akt, der das Produkt, das Erzählte in den Mittelpunkt rückte, sondern es ging eher um das Erzählen oder Erzähltwerden selbst. Nicht eine (meist bekannte) Geschichte stand im Vordergrund, sondern deren Darbietung nach ganz bestimmten Codes, Formeln, Stilelementen, Ritualen. [...] Erzählen war hier ein etablierter sozialer Kommunikationsakt. Die Erzählerin hatte neben der Unterhaltungs- und Speicher- oder Tradierungsfunktion oft auch Erziehungsfunktion.“ 171 Die Speicherungs- und Tradierungsfunktion des mittelalterlichen Mediums Erzählerin wurde vom Buch übernommen, Geschichten wurden immer weniger (in der Öffentlichkeit) erzählt, sondern zunehmend vorgelesen. Die Erzählerin trat nur noch innerhalb der Familie auf. 169 Faulstich, 2000, 31. 170 Faulstich, 2004, 34f. 171 Faulstich, 2004, 30. Daraus auch die weiteren hier aufgeführten Beispiele. <?page no="56"?> 46 Zum Aufkommen einiger wichtiger Medien seien die Daten genannt: „1450 Buchdruck 1609 Zeitung 1682 Zeitschrift 1829 Fotografie 1840 Elektr. Telegraph 1875 Telefon 1895 Film 1920 Rundfunk 172 1952 Fernsehen 1971 Satelliten-TV 1978 Video/ Kabel-TV 1981 PC 1983 CD-Player 1990 Digitaler Mobilfunk 1993 Internet“. 173 Faulstich weist auf die auffallende „temporale Verkürzung der Gesamtentwicklung“, die „den Wandel medialer Kommunikation übrigens von Anfang an“ 174 geprägt hat, hin. Daraus gingen entweder neue Einzelmedien hervor oder die bereits vorhandenen erfuhren eine Inhalts- und Funktionsverschiebung, so dass sich die Stellung der Einzelmedien im Mediensystem änderte. Ob jedoch bisher jedes Medium irgendeinen Platz im System behielt oder durch das Aufkommen neuer Medien nutzlos wurde und verschwand, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. 175 Zumindest haben, 172 Gemeint ist hier der Hörfunk, denn Rundfunk ist korrekterweise der Oberbegriff für Fernsehen und Hörfunk. 173 Schlottau, 1997, 245. 174 Faulstich, 2000, 31. 175 Faulstich (2000, 31f.) sieht zwar den Funktionswandel der Medien im Laufe der Zeit und im Kontext anderer Medien, weist aber auch auf Verdrängung und gänzlichen Verlust von Medien hin: „die weitverbreitete These, daß bislang noch kein Medium von einem anderen überflüssig gemacht oder verdrängt worden wäre, ist ein Irrtum. Er hängt eng mit der Annahme einer ‚Medienevolution‘ zusammen, nach der Medien quantitativ allmählich zunehmen und qualitativ für den gesellschaftlichen Wandel immer wichtiger werden - deshalb die These, unsere Gesellschaft entwickele sich immer stärker zu einer Mediengesellschaft. Ein solches Konzept von Mediengeschichte verfälscht, weil es erst mit Printmedien wie Buch und Zeitung oder gar erst mit elektronischen Medien wie Film und Radio einsetzt, so als hätte es davor keine Kommunikation über große Entfernungen gegeben, keine Verbreitung und Verarbeitung von Nachrichten, keine Speicherung und Tradierung von Wissen, keine Unterhaltung, keine Propaganda, Werbung usw., als wären Medien eine Erfindung der Neuzeit. […] Und nach derzeitigem Wissensstand unterscheiden sich die heutigen Medien weder nach ihrer Zahl noch nach ihrer Bedeutung von den Medien früherer Perioden (wohl aber nach ihrer Art, Form und Funktion).“ Die Ansicht der Medienverdrängung wird nicht gänzlich geteilt, wie folgende Äußerungen zeigen, z. B. Groebel (1998, 131): „Neue Techniken, die Nutzerbedürfnisse noch gezielter befriedigen können, machen traditionelle Medien nicht obsolet, bewirken bei diesen aber eine Funktionsänderung, z. B. von high-interest zu Begleit- <?page no="57"?> 47 wie oben gezeigt, die Mensch-Medien, mit Ausnahme des Theaters, ihren Mediencharakter verloren. 176 Folgend sollen, perspektivisch eingeengt auf den funktionalen Aspekt, einige für die diachrone Analyse und eine differenzierte Einschätzung der herangezogenen Medien als wichtig erachtete Entwicklungen und Einschnitte (ab Phase C) schlaglichtartig aufgezeigt werden. Dass diese Rückschau sich nicht jeweils auf nur ein Medium beschränken kann, zeigt sich inzwischen bei neueren medienwissenschaftlichen Darstellungen, so dass mittlerweile „weitgehend Einigkeit darüber“ besteht, „daß isolierte Konzentrationen auf jeweils ein Medium die intermedialen Verflechtungen, die jeweilige Medienkonkurrenz und -komplementarität vernachlässigen.“ 177 Im 20. Jahrhundert mit den neuen elektronischen Medien wurden die alten Mensch-Medien in neuem Gewand präsentiert: „Theater wurde tendenziell zunächst wieder zum live-Ereignis, z. B. mit Formen wie dem ‚open theater‘ oder dem Straßentheater oder dem Theater im Fernsehen. Gedruckte Gedichte wurden in Gestalt von Pop- und Rocksongs oder gesungenen ‚Liedern‘ und Chansons wieder in Konzerten vorgetragen und schufen erneut so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl zwischen Künstlern und ‚Volk‘. Märchen und ‚Geschichten‘ finden sich in zahllosen Varianten in den Präsentativmedien (Hörspiele, Spielfilme, Fernsehserien etc.). Aber damit wurden alte Formen nur dem ersten Anschein nach wiederbelebt; das Theater im Fernsehen, das Lied auf Schallplatte, das Hörspiel im Radio, das Märchen als Fernsehbilder setzten an die Stelle des Primärmediums das Präsentativmedium: nur die Illusion des live- Charakters und Dabeiseins.“ 178 medium (siehe Radio, jetzt TV)“. Allerdings weist Groebel auf die durch die Zunahme der Medien geringer und zeitlich kürzer werdende Aufmerksamkeit für jedes einzelne Medium hin (Groebel, 1999, 42). Diese Meinung vertritt auch Jäckel (1999, 24), der eine völlige Substitution eines bereits existierenden Mediums durch ein neues verneint: „Sobald aber ein weiteres konkurrierendes Medium auf den Markt drängt, tendieren die bereits vorhandenen Medien zur Spezialisierung ihres Angebots.“ Vgl. auch Drabczynski, 1998, 98f: „Neue Medien sind in der Entwicklungsgeschichte häufig durch Erweiterungen dieser funktionalen Aspekte entstanden. Die Entwicklung neuer Medien hat jedoch in den seltensten Fällen dazu geführt, daß ältere Medien ersetzt wurden, sondern sie haben in der Regel eher eine Komplementärfunktion eingenommen. Dies hängt unter anderem damit zusammen, daß bei den Menschen nicht nur die Bereitschaft, sondern sogar ein Bedarf besteht, Informationen mehrfach und über unterschiedliche Wahrnehmungskanäle aufzunehmen. Diese Redundanz unterstützt die Aufnahme- und Lernprozesse, minimiert die Chance von Fehlinformationen und ermöglicht es, bestimmte Aspekte gezielt weiter zu verfolgen und zu vertiefen. Auf diese Weise werden auch interaktive Systeme zu einer Bereicherung der Kommunikationslandschaft beitragen, ohne andere Medien zu verdrängen.“ Strukturelle und funktionale Unterschiede der Medien sprechen auch nach Biere/ Holly (1998, 7ff.) gegen eine Verdrängung. Vgl. auch Ruchatz, 2002, 137-153 sowie Mannschreck, 1995, 116f. und Rajewsky, 2002, 32ff. 176 Faulstich, 2004, 23. 177 Ludes, 1998, 112. 178 Faulstich, 2000, 37. <?page no="58"?> 48 Das Kino wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum „Massenkulturmedium“: „1912 dominierten z. B. in Deutschland Gesellschaftsdramen, Rührstücke mit happy end und Detektivfilme, seit 1913 wurden Serienfilme durch Heftchenserien ergänzt, was eine intermediale Vervielfachung des Bekanntheitsgrades von SchauspielerInnen ermöglichte.“ 179 Bei den Druckmedien sind mit dem Aufkommen des Comics beispielsweise als Zeichentrickfilm, als Heftchen, als Buch oder Zeitungsstrip erstmals supramediale Tendenzen erkennbar. Traditionelle Druckmedien (z. B. Flugblatt, Plakat) erfuhren einen gewissen kulturellen Bedeutungsverlust und wurden „stärker in instrumentelle Funktionskontexte, bevorzugt ökonomische und politische, eingebunden, während sich das Medium Buch für eine begrenzte Zeit zu einem Massenmedium entwickelte: zum preislich günstigen Taschenbuch.“ 180 Eine weitere Funktionsänderung war die Folge der stärker werdenden Konkurrenz zwischen gedruckten und elektronischen Medien, wobei am auffälligsten die Verlagerung der Unterhaltungsfunktion auf den elektronischen Bereich war und die Druckmedien einstweilen privilegiert für die Informations- und Speicherfunktion waren. Funktionsänderungen kamen auch auf andere Medien zu, einige mussten um ihr Überleben kämpfen: „Ein Mensch-Medium wie beispielsweise das Theater konnte schon seit den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, abgesehen vom Musical, nur noch als Subventionstheater überleben. Ein Druckmedium wie beispielsweise der Brief wurde entscheidend vom Telefon beeinträchtigt; inzwischen kamen Telefax, die Computer-Mailbox und das ‚Handy‘ hinzu. Und spätestens seit den achtziger Jahren existiert zum Teil auch schon das Buch, beispielsweise das wissenschaftliche Fachbuch, nur noch dank der riesigen Druckkostenzuschüsse der Autoren, Stiftungen, Forschungsgemeinschaften und Universitätsgesellschaften.“ 181 Bei den elektronischen Medien müssen zwei weitere Entwicklungsphasen unterschieden werden: „von den auditiven Medien (Telefon, Schallplatte, Hörfunk) zu den (audio)visuellen Medien (Foto, Film, Fernsehen, Video) und dann von diesen optischen Einzelmedien zu den multifunktionalen digitalen Medien (Computer, Multimedia, Internet/ Online-Medien).“ 182 Hierbei ist die unterschiedliche Relevanz von Individualmedien, wie dem 179 Ludes, 1998, 179. 180 Faulstich, 2000, 37. Vgl. beispielhaft Ebert, 1998, 61. Er zeigt, wie sich die Funktion der Wahlplakate in der Bundesrepublik (1949-1994) gegenüber der Weimarer Republik (1919-1933) veränderte: „Das Aufkommen neuer Medien und Textsorten führt dazu, daß das Plakat einige Nebenfunktionen verliert, die es in der Weimarer Republik noch miterfüllte […]. Über Programmatik informieren nun eher Anzeigen und Broschüren. Die explizite Konfrontation mit dem politischen Gegner erfolgt in Anzeigen, Fernsehdiskussionen und in von Rundfunk und Fernsehen übertragenen Parlamentsreden. Über aktuelle Ereignisse informieren nun Fernsehen, Rundfunk und Anzeigen.“. 181 Faulstich, 2000, 37f. 182 Faulstich, 2000, 38. Vgl. auch Faulstich/ Rückert, 1993, 149 sowie Ludes, 1998, 179. <?page no="59"?> 49 Telefon, und Massenmedien, wie Hörfunk und Fernsehen, zu berücksichtigen. Hinsichtlich der technischen Entwicklung war es nicht weit vom „Telegraphen und den Nachrichtenagenturen mit ihrer großen Bedeutung für die Presseberichterstattung [...] zum Rund-Funk als Gleichzeitigkeit von Sendung und Empfang, mit live-Übertragungen aus allen Ecken der Welt und mit einem Empfänger in jedem Haus.“ 183 Die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts dominierte mit großer Überlegenheit das Radio (als neues Massenmedium), 184 das bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs diese Rolle - neben Zeitung und Film - halten konnte und heute immer noch von Bedeutung ist, allerdings in einer anderen Funktion, nämlich nicht mehr hauptsächlich als Informations-/ Nachrichten- und Propagandamedium (30er/ 40er Jahre), sondern vor allem als - zeitlich und örtlich - ständiger unterhaltender Begleiter (Unterhaltungsfunktion) und als Verkehrsfunk. 185 Für Unterhaltung sorgte das Radio auch schon in den 30er Jahren: Das erste Hörfunk-Wunschkonzert strahlte 1936 der Deutschlandsender Berlin aus. 186 Außerdem war das Radio für Hausfrauen in den 1930er Jahren das sie über den ganzen Tag begleitende Medium. 187 Hasebrink weist darauf hin, dass es bereits mit der Einführung des Hörfunks Diskussionen um zwei gegensätzlich erscheinende Funktionen gab: „Zum einen wurde immer wieder versucht, das vergleichsweise einfache und preiswerte und damit für einen Großteil der Bevölkerung erschwingliche Medium zur gesellschaftlichen Aufklärung und Kommunikation zu nutzen (vgl. Brecht 1967). Zum anderen wurde das Radio schon früh als Dauergast (vgl. Rudolf Arnheim) betrachtet, der kaum mehr wahrgenommen wird. Damit ist eine Funktion angesprochen, die dem Hörfunk in den letzten Jahren als wichtigste zugeschrieben wird: die eines ›Begleitmediums‹, das allenfalls ›nebenbei‹ genutzt wird. Auch wenn diese Funktion in der heutigen Wahrnehmung des Hörfunks in Deutschland deutlich überwiegt, ist doch die Brechtsche Vorstellung stets lebendig geblieben.“ 188 Die Besonderheiten dieses Mediums betrachtet Rudolf Arnheim in „Rundfunk als Hörkunst“ (1936). Die hier etwas breiter zitierten Ausführungen zeigen meines Erachtens die Bedeutung des Mediums in dieser Zeit, den 183 Faulstich, 2000, 38. 184 Vgl. dazu auch: „Die Allgegenwart der Klänge“ (ohne Autor) in: Schöttker, 1999, 86 sowie Groebel, 1999, 43: „Das Radio war bis in die 40er Jahre hinein ein Medium, das hohe Aufmerksamkeit erhielt, das die Familie vor dem Radioempfänger versammelte. Heute ist es für die meisten Nutzer zu einem Begleitmedium geworden.“ 185 Faulstich, 2000, 38f., Hasebrink, 2003, 361; Geldmacher (mündliche Auskunft): „Der Ruf des Hörfunks liegt in den 30er/ 40er Jahren begründet. Im 3. Reich war Funk das Medium schlechthin. Film bestach durch die Größe und Farbigkeit; Film war Kunst, das heißt, er war schon besetzt als Medium. Funk war nicht teuer. In den 50er Jahren kam die Sensation ‚Fernsehen‘ “. 186 Ludes, 1998, 180. 187 Groebel, 1999, 40. 188 Hasebrink 2003, 361. <?page no="60"?> 50 1930er Jahren, die uns heute aufgrund der Existenz anderer, visueller Medien (Fernsehen und Computer) häufig nicht mehr so bewusst ist: „Vielmehr habe ich mich vor allem mit dem Rundfunk als Ausdrucksmittel befaßt. Er hat dem Künstler, dem Kunstfreund, dem Theoretiker eine neue Erfahrung vermittelt: er [sic! ] bedient sich zum erstenmal des Hörbaren allein, ohne das mit ihm überall sonst, in der Natur und so auch in der Kunst, verknüpfte Sichtbare. Die Ergebnisse schon der Versuche der ersten Jahre mit dieser neuen Ausdrucksform kann man nicht anders als sensationell nennen. Es enthüllte sich eine verführerische, erregende Welt, im Besitz nicht nur der stärksten Sinnesreize, die der Mensch kennt, des musikalischen Klanges, der Harmonie, des Rhythmus, sondern zugleich fähig, die Wirklichkeit durch Übermittlung der realen Geräusche abzubilden und außerdem noch unsres abstraktesten, umfassendsten Darstellungsmittels mächtig: der Sprache. War der Rundfunk, wenn er wollte, in seinen Klängen an Wirklichkeitsnähe dem Theater überlegen, so waren diese seine Klänge und Stimmen doch andrerseits nicht an die Körperwelt gebunden, von deren Anwesenheit wir erst durch das Auge erfahren und die, einmal wahrgenommen, uns auf ihre Gesetze verpflichtet. Die Körperwelt legt dem Geist, der über die Räume und Zeiten fliegen und das wirkliche Geschehen mit dem Gedanken und den freien, an nichts Gegenständliches gebundenen Formen vereinigen möchte, Fesseln an.“ 189 Welch große Veränderungen der Hörfunk nach dem 2. Weltkrieg bis heute durchgemacht hat, zeigt Klingler in einer Zusammenfassung auf: „Von dem Neubeginn nach nationalsozialistischer Propaganda unter alliierter Kontrolle bis zum etablierten Massenmedium im Dualen System mit deutlich marktorientierter Prägung, von wenigen angebotenen Hörfunkprogrammen hin zu in vielen Regionen verfügbaren zehn, fünfzehn, zwanzig oder mehr Programmen, von Programmphilosophien, die der Aufeinanderfolge völlig unterschiedlicher Inhalte verpflichtet waren, hin zum sogenannten durchhörbaren Programm, vom Röhrenempfänger über Transistoren, Stereophonie, Autoradios und tragbaren Radiogeräten bis hin zum DAB- und Satellitenempfänger, von der Mittelwelle über UKW ins Netz und auf den Satellit, vom zentralen elektronischen Massenmedium für die Menschen - und Ereignis - hin zum, zumindest gemessen an der öffentlichen Aufmerksamkeit, kleinen Bruder des Fernsehens, vom elektronischen Bezugspunkt der Deutschen hin zum sogenannten Tagesbegleitmedium, oder anders: vom Hörfunk als Synonym für Rundfunk generell, für Innovation und Modernität, für Verbundenheit mit der Aktualität der Welt, ja der Welt generell, hin zum nach wie vor schnellsten Massenmedium, aber mit deutlich verändertem Profil.“ 190 Speichermedien, von der ersten Schallplatte 1887 über das Tonband bis zur Compact Disc (CD) und zum Walkman sollen nur am Rande erwähnt werden. Sie haben teilweise durch ihre untrennbare Verbindung mit kulturellen Strömungen, z. B. der Rockkultur, weiter gehende Bedeutung. Ein großer Einschnitt wurde durch das Aufkommen der Bildmedien gesetzt 189 Arnheim, 1999, 87f. 190 Vgl. Klingler, 1999, 117. <?page no="61"?> 51 - vor allem durch das Fernsehen -, die bald einen dominierenden Platz im Mediensystem einnahmen: „Eine gerade Linie führt dabei vom Foto, bereits im neunzehnten Jahrhundert verbreitet, und seiner späteren Verwendung in Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten, über den Kinofilm seit der Jahrhundertwende, den Tonfilm seit 1927, den Farbfilm seit 1935, den CinemaScope-Film seit 1953 und das Sensorround- System seit 1974 bis hin zum Fernsehen. Trotz innovativer Ansätze in England und Amerika - 1928 wurde in den USA als erste ‚echte‘ Fernsehsendung das Fernsehspiel ‚The Queen´s Messenger‘ ausgestrahlt - wurde die Geburtsstunde des Fernsehens in Berlin begangen. Das erste Fernsehprogramm in Bild und Ton wurde 1935 vorgestellt; der erste Höhepunkt waren die Olympischen Spiele 1936. Der Zweite Weltkrieg stoppte jedoch zunächst die weitere Entwicklung in Deutschland.“ 191 In den fünfziger Jahren wurde Fernsehen noch häufig gemeinsam in Gaststätten oder bei Freunden und Verwandten erlebt, beispielsweise Live- Übertragungen („Krönung von Elizabeth II., Weltmeisterschaften, aber auch Unterwasseraufnahmen, Mikroskopaufnahmen“ 192 ); diese gemeinschaftsstiftende Funktion des Fernsehens hatte bis Ende der 50er Jahre der Hörfunk inne: Die Familie saß gemeinsam vor dem Radiogerät, um beispielsweise ein Hörspiel, welches in dieser Zeit „als hörfunkspezifische Kunstform seine Blüte“ 193 erlebte, zu hören. Für das Abendprogramm und die Freizeitgestaltung allgemein wird heute vor allem das Fernsehen genutzt. Die zentralen Kennzeichen in der Phase C der Mediengeschichte (bis ca. 2000) fasst Faulstich stichwortartig mit folgenden Termini zusammen: „Dominanz der Bildschirmmedien; Medienmultis und supranationale Konzentration auf der Anbieterseite; Transnationalisierung und Kommerzialisierung bei den Produkten und Programmen; Medienverbund und ästhetische ‚tie-ins‘ (z. B. beim Videoclip); zunehmende Informationsdichte und Schnelligkeit (‚zapping‘); verstärkte Mediennutzung auf der Rezipientenseite; neue Ansätze einer Klassengesellschaft, in der nur noch Minderheiten sich aller Medien souverän und kompetent bedienen können und deshalb durch eine ‚Wissenskluft‘ von den Informationsarmen abgesondert werden.“ 194 Faulstich prophezeit für den Beginn des 21. Jahrhunderts einen weiteren Funktionsverlust der Druckmedien: Die Speicherfunktion könne nun der Computer erfüllen, die Informationsfunktion von Fernsehen und Internet 191 Faulstich, 2000, 39. Zur Entwicklung des Fernsehens vgl. beispielsweise auch Holly, 2004, 12ff. 192 Hickethier, 1999, 133. 193 Hasebrink, 2003, 361f. Zu den Funktionen des Hörfunks in der Nachkriegszeit vgl. auch Klingler, 1999, 127. Vgl. zu den folgenden Ausführungen auch Kap. 10.2.1 „Veränderte Rolle der Medien in der Gesellschaft / Medienrezeption“. 194 Faulstich, 2000, 39f. <?page no="62"?> 52 übernommen werden. 195 Meines Erachtens muss hier stärker differenziert werden, sind Rezeptionsgewohnheiten und Inhalte zu berücksichtigen, so dass sicherlich die Tageszeitung für bestimmte Zielgruppen nicht ersetzbar ist. 196 Nach Faulstich können künftig statt der Zeitung ständige „live-Nachrichten und bebilderte Hintergrundberichte über den Bildschirm (Fernsehtext) [...], die durch das Konzept der ‚persönlichen elektronischen online- Zeitung‘ und das WWW/ Internet neuerdings zunehmend attraktiv erscheinen“, 197 konsumiert werden. Dem Buch komme wieder ein Elitestatus zu, da es wegen der zunehmend kleineren Auflagen pro Titel immer teurer werde. Das Plakat werde zum großen Teil durch Videowände ersetzt. Der Computer ist auch Ausgangspunkt für eine weitere Ausdifferenzierung im Hinblick auf Multimedia und Online-Netzwerke sowie die damit verbundene Digitaltechnik für die Konvergenz von Übermittlungs- und Speichermedien. Produktion, Vernetzung und Konsum laufen zusammen. 198 Der Konsument bekommt zunehmend Interaktionsangebote, das heißt, er kann an den Medieninhalten aktiv teilnehmen und sie beeinflussen. „Informationsverarbeitende Systeme werden mit distributiven und interaktiven Systemen gekoppelt. Stichworte wie virtuelle Realität, Simulation von Wirklichkeit, Cyberspace, Auflösung der Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fiktion (Hypermedia) signalisieren - nach dem Wandel von den Menschzu den Druckmedien und dann weiter zu den elektronischen Medien - eine nunmehr dritte mediale Weltveränderung, denn die Online-Netzwerke heben z. B. Information, Kommunikation, Simulation auf eine globale Ebene und ersetzen das bisherige Sender-Empfänger-Schema durch das Paradigma einer reziproken Kommunikationsbeziehung.“ 199 Einen Blick in die Zukunft wirft der Philosoph Norbert Bolz, in der er die Dominanz des Mediums Fernsehen nicht mehr sieht, sondern ein mehr oder weniger gleichberechtigtes Nebeneinander verschiedener Medien: „Ich hätte noch vor 20 Jahren vielleicht zugestimmt, dass das Bildmedium par excellence, nämlich das Fernsehen, als Leitmedium alle anderen dominiert. Das würde ich heute in keinster Weise mehr sagen. Natürlich spielt Fernsehen immer noch eine gewaltige Rolle, aber vor allen Dingen auch bei den Jugendlichen steht es in einer unmittelbaren Konkurrenz zu Internet, zu Radio. Und wir werden in Zukunft eher eine Art fröhlichen Medienmix erleben. Und jeder Sender ist gut beraten, sich selber auf diesen Medienmix einzustellen. Also nicht nur auf die Macht seines ursprünglichen Mediums, etwa Fernsehbilder zu vertrauen, sondern sich in Verknüpfung zu bringen mit diesen anderen Medien. Jedes Medium hat seine eigene Stärke.“ 200 195 Faulstich, 2000, 40. 196 Vgl. auch die Ausführungen zur Zeitung in Kap. 10.2.1 „Veränderte Rolle der Medien in der Gesellschaft / Medienrezeption“. 197 Faulstich, 2000, 40. 198 CD-Rome „medien.welten“ des Technischen Museums Wien, 2003. 199 Faulstich, 2000, 40. Vgl. auch Ludes, 1998, 156 sowie Schmidt/ Spieß, 1997, 17. 200 Aus: Rohnke, 2004, 6 (mündliches Zitat). Vgl. auch Bolz, 2002. <?page no="63"?> 53 2.4 Mehrmedialität 2.4.1 Definition Zunächst gilt es, den für die Untersuchung des Korpus entscheidenden Terminus „Mehrmedialität“ einzuführen, zu definieren und von verwandten Begriffen abzugrenzen. Eine Definition von „Mehrmedialität“ lässt sich bisher in der Forschung nicht finden. Wenn der Ausdruck überhaupt gebraucht wird, bezieht er sich meist auf unterschiedliche Darstellungsmittel, z. B. bei Bucher. 201 Das gilt auch für ein Projekt zur Untersuchung von Strategien in Kunst und Literatur seit dem 19. Jahrhundert zur Zusammenführung von Darstellungsmitteln (in diesem Zusammenhang „Medien“ genannt) und zur Herstellung von Synästhesie. 202 Die Problematik in der Verwendung des Terminus „Mehrmedialität“ geht mit den verschiedenen Definitionen von „Medium“ einher. 203 Berührungspunkte gibt es mit den sprachbzw. medienwissenschaftlich definierten oder in der Werbepraxis verwendeten Termini „Intermedialität“, „Intertextualität“, „Media-Mix“, „vernetzte Kommunikation“, „Crossmedia“, „Multimedia“ und „Medienkombination“. Daneben gibt es noch die hier nicht näher erläuterten Termini „Medienverknüpfung“, „Medienverflechtung“, „Medienverbund“ und „Medienvergleich“. Folgende Definition soll für diese Arbeit gelten: M EHRMEDIALITÄT (in der Werbung) ist die Umsetzung einer Werbestrategie in mehreren Medien, denen in der Regel unterschiedliche Darstellungsmittel zur Verfügung stehen und die medienspezifische Differenzen aufweisen. Ausnahmen sind beispielsweise verschieden gestaltete Anzeigen für Zeitungen und Zeitschriften. Die Darstellungsmittel stimmen überein. Die Zeitungswerbung ist jedoch meist textlastiger, während in der Zeitschrift mehr Wert auf eine gute Bildgestaltung gelegt wird. Der Terminus wird in Abgrenzung zur I NTERTEXTUALITÄT , bei der es - um dies in aller Allgemeinheit vorwegzunehmen - vor allem um die Referenz auf andere Texte (Anspielungen, Zitate) geht, und bewusst unter dem Verzicht auf den Terminus der I NTERMEDIALITÄT eingeführt. 204 Der ursprünglich literaturwissenschaftliche Terminus „Intertextualität“ sei nach Janich definiert, ohne näher auf Probleme in der Abgrenzung und auf 201 Im Rahmen seiner Erläuterungen zur Zeitung als Hypertext erklärt Bucher (1999, 12): „Zwar fehlt das Kriterium der Virtualität […], aber alle anderen Hypertextkriterien sind vorhanden: die Mehrmedialität durch die Nutzung von Text, Bild und Grafik als Kommunikationsmittel“ [Hervorhebung d. Verf.]. 202 http: / / www.christiane-heibach.de/ inhalt/ synaesthesie.htm (Zugriff am 08.08.2005). 203 Vgl. Kap. 2.1 „Definition ‚Medium‘ “. 204 Vgl. auch Greule, 2006, 55. <?page no="64"?> 54 definitorische Unterschiede zwischen weitem und engem Intertextualitätsbegriff einzugehen: „Intertextualität ist eine konkret belegbare Eigenschaft von einzelnen Texten und liegt dann vor, wenn vom Autor bewusst und mit einer bestimmten Absicht auf andere, vorliegende einzelne Texte oder ganze Textgattungen/ Textsorten durch Anspielung oder Zitat Bezug genommen wird, und zwar unabhängig davon, ob er diese Bezüge ausdrücklich markiert und kenntlich macht oder nicht. Den Bezug nehmenden Text nennen wir ‚Phänotext‘; der Text, auf den Bezug genommen wird, heißt ‚Referenztext‘.“ 205 Im Rahmen der Möglichkeiten in der Werbung unterscheidet Janich zwischen Einzeltext- und Gattungsreferenz. 206 Auch Werbung kann sich auf Werbung beziehen, z. B. durch die „Übernahme der syntaktischen Struktur bei lexikalischer Substitution“: „Referenztext: So wertvoll wie ein kleines Steak. Slogan für Fruchtzwerge-Joghurt Phänotext: So wertvoll wie eine kleine Bibliothek. Plakatwerbung für einen Titel des Vahlen-Verlags“. 207 Die differierenden Auffassungen zur Intertextualität setzen sich bei der Definition der Intermedialität fort. 208 Wird der Textbegriff semiotisch verstanden und werden somit auch Bild, Musik und Geräusche einbezogen oder werden nach dem Konzept der Literaturwissenschaftlerin und Semiotikerin Julia Kristeva Texte gar grundsätzlich als intertextuell bezeichnet, so kann ein (zusätzlicher) Intermedialitätsbegriff überflüssig werden. 209 Ich zeichne folgend kritisch die jüngste umfassende und sehr detaillierte Terminologie von Rajewsky nach, wende sie auf einzelne Beispiele meines Korpus an und zeige dann die konzeptionellen Unterschiede zu meiner Vorgehensweise auf. Ferner sind für die Beschäftigung mit „Intermedialität“ 205 Janich, 2003, 174. Der „Referenztext“ wird auch als „Hypotext“ oder „Prätext“, der „Phänotext“ als „Hypertext“ oder „Posttext“ bezeichnet. Der Terminus „Hypertext“ bezeichnet in der digitalen Welt „ein potentiell interaktives, elektronisch verknüpftes, nichtbzw. multilineares und multisequentielles Netzwerk von Textblöcken bzw. Wortgruppen. In dieser Bedeutung geht der Begriff auf Th. N. Nelson zurück, der ihn 1965 als ›non-sequential writing‹ definierte.“ (Rajewsky, 2002, 198). 206 Janich, 2003, 174. 207 Janich, 1997, 300f. [Hervorhebungen im Original]. Weitere Beispiele (CD der Werbeagentur Serviceplan vom 01.12.2003) in Anlehnung an die erfolgreiche ZDF- Kampagne mit dem Slogan Mit dem Zweiten sieht man besser. (ZDF) sind An der zweiten zieht man besser. (Lucky Strike) und Mit den Dritten kaut man besser. (Werbe- und Marketingzeitschrift W&V als Werbung für ältere Models). Zur „Intertextualität in der Werbung der Printmedien“ siehe auch die inzwischen erschienene Dissertation von Opilowski (2006). 208 Rajewsky, 2002, 46ff. 209 Rajewsky, 2002, 52ff. <?page no="65"?> 55 die Arbeiten von Füger, Müller, Paech, Thomsen/ Thomsen und Vowinckel im Sammelband von Helbig (1998) sowie Broich/ Pfister (1985) und Spielmann (1998) zu berücksichtigen. Wird nach Rajewsky der Textbegriff eng gefasst und nur auf verbalsprachliche Texte angewandt, 210 so muss hinsichtlich der Bezugnahme zwischen Medien, den so genannten „intermedialen Bezügen“, eine andere Terminologie erfolgen. Rajewsky versucht eine Typologie und Abgrenzung der Erscheinungen der Intermedialität. „Intertextualität“ bezieht sich demnach nur auf sprachliche Bezüge, der erst in den 80er Jahren aufgekommene Terminus „Intermedialität“ parallel dazu auf Beziehungen zwischen (unterschiedlichen) Medien. 211 Dass sie nicht nur einen neuen Terminus für ein altes Phänomen anwendet, wird so begründet: Entscheidend ist, nach Rajewsky, dass bei der „Intertextualität“ - ebenso bei anderen Einzelreferenzen, wie „interfilmischen“ oder „intermusikalischen“ Bezügen - Mediengrenzen nicht übertreten werden dürfen. Das heißt z. B., dass der Bezug eines literarischen Textes auf einen Film (mit verbalem Text) nicht mehr zur „Intertextualität“ gerechnet werden darf. 212 „Auch im Falle INTERMEDIALER B EZÜGE geht es um Relationen zwischen einem Text und a) einem oder mehreren (real oder fiktiv existierenden) Medienprodukt(en) oder b) einem oder mehreren semiotischen Systemen, wobei aber per definitionem Mediengrenzen überschritten werden.“ 213 Ungeklärt bleibt die Frage nach dem Umgang mit Medien, die bezüglich des Kanals übereinstimmen (z. B. Zeitung und Zeitschrift). Sie dürfen nach Rajewskys Vorgehen nicht getrennt behandelt werden, da sonst ihr Konzept der intermedialen Bezüge, wie es in den folgenden Ausführungen erläutert wird, nicht mehr stimmig ist. 210 Rajewsky, 2002, 60. 211 Dabei ist zu beachten, dass der Begriff schon alt ist, jedoch der Ausdruck „Intermedialität“ erst in den 80er Jahren aufkam. Zur Entwicklung des Begriffs vgl. Rajewsky, 2002, 32ff. 212 Rajewsky, 2002, 63, 71ff. Zu bedenken ist, dass Rajewsky stets literarische Texte als Beispiele heranzieht, wobei diese Vorgehensweise gut übertragen werden kann. 213 Rajewsky, 2002, 72 [Hervorhebungen im Original]. <?page no="66"?> 56 Intermediale Bezüge Einzelreferenz indiziert Systemreferenz Systemerwähnung Systemkontamination Explizite Systemerwähnung Systemkontamination teilaktualisierende Systemerwähnung qua Transposition qua Translation Systemkontamination evozierende simulierende (teil-)reproduzierende Systemerwähnung Tabellen und Graphiken 1: Intermediale Bezüge (Rajewsky, 2002, 157). Bei den „intermedialen Bezügen“ geht es demnach um Produkte verschiedener Medien (Einzelreferenz: z. B. der Bezug eines Romans auf einen bestimmten Film) oder um unterschiedliche Mediensysteme (Systemreferenz: z. B. der Bezug eines Romans auf das mediale System ‚Film’ an sich bzw. dessen Merkmale). Somit kommt es auf die Mediendifferenz an, die Art der Bezugnahme eines Mediums mit dessen eigenen Mitteln auf das Produkt eines fremden Mediums oder das fremde Medium an sich. Einige genannte Termini erkläre ich im Laufe des Kapitels kurz anhand von Beispielen. 214 Der entscheidende Unterschied zwischen der „Systemerwähnung“ (vgl. die Beispiele unten) und der „Systemkontamination“ ist der im ersten Fall nur punktuelle Bezug zum fremden Medium, während im zweiten Fall durchgehend auf das differierende Medium Bezug genommen wird, indem dessen Regeln so weit wie möglich (modifiziert) eingehalten werden. Die „Systemkontamination“ kann zudem als intermediale Variante der „intramedialen Systemaktualisierung“ (siehe unten) verstanden werden. Bei der „Systemkontamination qua Translation“ müssen medienspezifische Bestandteile des fremden Systems durchgehend nachgeahmt werden. Als Beispiel führt Rajewsky die für einen Roman ungewöhnliche Verwendung des Präsens in Uccelli da gabbia e da voliera von Andrea De Carlos an: „Festzuhalten ist [...], daß die durchgängige Illusion einer Gleichzeitigkeit von »Versprachlichung eines Ereigniszusammenhangs und Ereigniszusammenhang selbst« [...], prinzipiell dem Darstellungsmodus des Films entspricht, dem das grammatische Tempus des Präsens unterliegt“. 215 214 Vgl. Rajewsky, 2002, 78ff. mit ausführlichen Erläuterungen der Termini. 215 Rajewsky, 2002, 125. <?page no="67"?> 57 Bei der „teilaktualisierenden Systemkontamination“ werden medienunspezifische Elemente des fremden Systems durchgehend verwendet, also z. B. Textpassagen eines Films werden auch im gleichnamigen Roman eingesetzt. Die medienspezifischen Passagen müssen über Umwege imitiert werden. Ein wichtiger Unterschied zur Intramedialität - also den Bezugnahmen innerhalb eines Mediums - ist, dass bei intermedialen Bezügen keine „Systemaktualisierung“, „bei der das Bezugssystem durchgehend zur Textherstellung verwendet wird,“ 216 vorgenommen werden kann. „Systemaktualisierung“ ist z. B. der Bezug eines literarischen Textes auf ein literarisches Genre, eine Textsorte usw.; Regeln der Textherstellung müssen und können eingehalten werden, was ob der Mediendifferenz bei Bezügen verschiedener Medien nicht möglich ist. Somit macht der Bezug auf ein differierendes Medium „gerade die Eigenart intermedialer Bezugnahmen aus […] - deren Realisationsmöglichkeiten zwar einschränkend, gleichzeitig aber eine Vielfalt kreativer Spielräume eröffnend.“ 217 Aus meinem Korpus seien exemplarisch einige Beispiele in Rajewskys Gliederungskatalog eingeordnet: Eine „explizite Systemerwähnung“ 218 ist bei einer Bärenmarke-Anzeige aus dem Jahr 1974 (Gewinnspiel) vorhanden. Sie nimmt auf die Fernsehwerbung Bezug (Systemreferenz) und thematisiert auch das fremde Medium (Fernsehen); die gewollte Verflechtung zwischen Print- und TV-Werbung wird offensichtlich aufgezeigt: Wenn im Fernsehen der Bär von Bärenmarke über den klaren Bergsee rudert [...], dann hat sich jedes Kind bestimmt schon mal gewünscht: „Den möcht´ ich haben.“ Mit ein bißchen Glück können Ihre Kinder den Bären jetzt gewinnen. 219 [Hervorhebung d. Verf.] Der hörspielähnliche inhaltliche Aufbau und die serielle Struktur der u. a. in Kap. 5 und 7 untersuchten HF-Spots mit Michel Lang und Max Strecker (Ende der 50er/ Anfang der 60er Jahre) weisen „intramediale Systemreferenz“, genauer Systemaktualisierung, auf: Sie beziehen sich auf die Sendeform Hörspiel, wechseln aber das Medium Hörfunk nicht. Die Intention ist, den Hörer durch die Imitation bzw. das Aufgreifen der Sendeform Hörspiel zu unterhalten; die Kommunikationssituation Werbung soll nur in Bezug auf das beworbene Produkt präsent sein, ansonsten weit- 216 Rajewsky, 2002, 204. 217 Rajewsky, 2002, 73. 218 Def.: „Die ›explizite Systemerwähnung‹ bildet den ersten Grundtypus der ›intermedialen Systemerwähnung‹. Bezeichnet werden damit Verfahren, in deren Rahmen das kontaktgebende fremdmediale System bzw. bestimmte Komponenten desselben in Form eines ›Redens über‹ oder einer ›Reflexion‹, in jedem Fall aber explizit, d. h. ausdrücklich thematisiert werden.“ Das System, auf das man sich bezieht, wird also ausdrücklich genannt (Rajewsky, 2002, 196f.). 219 M EINE F AMILIE & I CH , 6/ 1974, 15. <?page no="68"?> 58 gehend in den Hintergrund treten. Ein weiteres Beispiel für Systemaktualisierung ist die Inszenierung einer Nachrichtensendung im Fernsehen beim TV-Spot von Bernbacher, 220 was der Werbung Seriosität, dem „Nachrichtensprecher“, dargestellt von einem bekannten Moderator, Autorität verleihen soll. Eine „simulierende Systemerwähnung“ 221 ist bei der Anzeige der Weihnachtskampagne 1978 von Dallmayr 222 enthalten: Mit Hilfe einer vertikalen Bilderabfolge werden Handlungsabläufe in audiovisuellen Medien nachgeahmt, simuliert. Es ist also eine Ähnlichkeit - ein ›Als ob‹ - zum Medium, auf das man sich bezieht, vorhanden; der Rezipient versteht es, die Bilder von oben nach unten sowie zusammenhängend aufzunehmen. Die Illusion des Films, etwas Filmhaftes bzw. Filmähnliches ist vorhanden. Ein weiteres Beispiel für die simulierende Systemerwähnung ist die Imitation des Geräusches plop durch Verschriftlichung (in graphisch aufsteigender Schrift) in der Flensburger-Anzeige 2002/ 03. Dass es sich jeweils um „Systemerwähnung“ und nicht um „Systemkontamination“ handelt, liegt an dem nur punktuellen Bezug auf das fremde Medium. Problematisch ist, wie in Kap. 2.1 angesprochen, der von Rajewsky zugrunde gelegte Medienbegriff. 223 Da sie die Literatur als eigenständiges Medium ansieht, läge bereits beispielsweise beim Bezug auf eine Gebrauchsanweisung, ein Rezept oder eine Nachricht Intermedialität vor, obwohl es sich in allen Fällen um verbale Texte, also nur ein semiotisches System, und somit um Intertextualität (und Intramedialität) handelt. Das widerspricht Rajewskys Ausführungen zur Intramedialität als Bezugnahmen innerhalb eines Systems, der sie beispielsweise Text-Text-Bezüge, interfilmische und intermusikalische Phänomene zuordnet. 224 Intermedialität, wie Rajewsky sie versteht, beinhaltet nicht übereinstimmende semiotische Systeme und somit unterschiedliche Darstellungsmittel/ Codes der beiden in Beziehung tretenden Medien, die nicht (ohne weiteres) vom jeweils anderen aktualisiert werden können (siehe oben). Notdürftig zu erklären ist dieser Widerspruch innerhalb ihrer eigenen Terminologie nur durch Rajewskys anfangs erklärte Einschränkung auf die Literatur als eigenständiges Medium, die jedoch später nicht mehr deutlich wird, was durch die Absolutheit ihrer Darstellung verwirrend wirkt. 220 Vgl. Kap. 6 „Synchrone Mehrmedialität“. 221 Rajewsky, 2002, 94ff. und 204: „Bezugnahme, bei der medienspezifische Elemente und/ oder Strukturen des fremdmedialen Bezugssystems diskursiv imitiert bzw. simuliert werden.“. 222 Vgl. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 223 Rajewsky, 2002, 7. Vgl. auch die Kritik Fügers (1998, 41-57) am Modell von Plett aus dem Jahr 1991, das ähnliche Inkonsequenzen aufweist. 224 Rajewsky, 2002, 75. <?page no="69"?> 59 Von „Intermedialität“ (bzw. „Intertextualität“) spreche ich nicht grundsätzlich bei den eine Kampagne verbindenden Werbemitteln. Zunächst gehe ich von einer zugrunde liegenden Idee aus, die in den verschiedenen eingesetzten Medien unterschiedlich, im besten Fall medienadäquat, umgesetzt wird. Es handelt sich somit für mich zunächst um „Mehrmedialität“, d. h., es wird nur festgestellt, dass eine Strategie nicht nur für ein Medium, sondern für mehrere Medien konzipiert wurde und eine Umsetzung demzufolge mehrmedial erfolgt. Dazu gehört auch das häufig vorkommende Beispiel der Übernahme eines Fernsehbildes für die Anzeige, welche nach Rajewsky als „teilaktualisierende Systemkontamination“ zu verstehen wäre (siehe oben). Ob (zusätzlich) intertextuelle oder intermediale Phänomene auftreten, ist in einem zweiten Schritt zu untersuchen. Die diachrone wiederholte Abbildung des Dallmayr-Hauses beispielsweise ist als Konstanz zu verstehen und nicht als Intermedialität (bzw. Intertextualität). Ein intermedialer (bzw. intertextueller) Bezug, eine Art von Anspielung im weiteren Sinne, 225 ist auch im Rahmen meiner Vorgehensweise und meines Materials vorhanden, wenn beispielsweise in den jüngsten Dallmayr- Hörfunkspots nur gegen Ende gesprochene Sprache eingesetzt wird, der längste Teil des Spots jedoch ausschließlich aus der bekannten Dallmayr- Musik besteht. Hier sollen durch den sog. Visual-Transfer-Effekt im Kopf des Rezipienten die Bilder des Hauses, der Verkaufsräume und der Mitarbeiterinnen mit den blauen Kleidern und den weißen Schürzen, die im Hörfunk visuell nicht darstellbar sind, aufgerufen werden. 226 Jedoch handelt es sich hierbei um einen Fall, bei dem das Medium, auf das Bezug genommen wird, nicht nachgeahmt wird, sondern nicht vorhandene Darstellungsmittel - unter Verzicht auf einen Ersatz - im Kopf ergänzt werden 225 Janich, 2003, 174ff. 226 Dieses Phänomen zwischen TV- und HF-Spot ist gängig, wie auch Behrens bestätigt: „In mehreren Untersuchungen ist beispielsweise nachgewiesen worden, daß durch Werbefunk die Erinnerung an Werbebotschaften reaktiviert werden kann, die in anderen Medien geschaltet wurden. Beispielsweise können durch Funkkampagnen Fernsehspots reaktiviert werden, wenn der gleiche Soundtrack verwendet wird. Dies wird Visual Transfer genannt. Hörfunk kann zwar keine Bilder zeigen, löst durch diese Kopplung aber bestimmte bildliche Vorstellungen aus.“ (Behrens, 1996, 191f.). [Hervorhebung im Original]. Vgl. auch eine Untersuchung zum Visual-Transfer-Effekt bei Gleich, 2003, 514 sowie Drabczynski, 1998, 53f.: „Über das Fernsehen wird zunächst eine Assoziation zwischen Bildern und Lebenswelten und einem Markenimage hergestellt. Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn diese Assoziationen gelernt worden sind, wird ein Hörfunkspot ausgestrahlt, der wesentliche Elemente vom Soundtrack des Fernsehspots enthält. Wer den Fernsehspot bereits kennt, bei dem sorgt der Hörfunkspot für eine mentale Reaktivierung der gelernten Inhalte und Handlungsabläufe des Werbefilms, der dann mehr oder minder vor dem ‚inneren Auge‘ des Hörers vorbeizieht. Mehrere Studien zu diesem Thema kommen zu dem Ergebnis, daß im Durchschnitt zwischen 50 und 70 Prozent der Befragten, die eine Kontaktchance mit dem korrespondierenden Fernsehspot hatten, sich zumindest an Teilelemente des Handlungsablaufs erinnern konnten.“ Zur Radiowerbung in Mix-Kampagnen vgl. auch Edell/ Keller, 1989, 149-163, in: Gleich, 2003, 514. <?page no="70"?> 60 sollen. Ähnlich, jedoch innerhalb eines Systems, ist es bei kurzen „Nachklapper“-Spots, sog. Remindern, 227 die innerhalb eines Werbeblocks, unterbrochen durch andere Werbespots, auf den Hauptspot folgen. Der Zuschauer wird sich an den vollständigen Spot erinnern und kann die fehlenden Teile ergänzen. I NTERMEDIALE B EZÜGE sind bei Rajewsky nur ein Terminus unter dem Oberbegriff I NTERMEDIALITÄT . Weitere sind M EDIENWECHSEL und M EDIENKOMBINATION . Intermedialität Intermediale Bezüge Medienwechsel Medienkombination (= Medientransfer, Medientransformation) Tabellen und Graphiken 2: Intermedialität (Rajewsky, 2002, 157). Unter „Medienwechsel“ (auch als „Medientransfer“ oder „Medientransformation“ bezeichnet) versteht Rajewsky „die Transformation eines medienspezifisch fixierten Produkts bzw. Produktsubstrats in ein anderes, konventionell als distinkt wahrgenommenes Medium; nur letzteres [sic! ] ist materiell präsent (z. B. Literaturverfilmung).“ 228 Hierzu gehört auch eine Theateraufführung im Fernsehen, die Verwendung eines Gedichts in einem Pop-Song oder eines Märchens in einem TV-Film. 229 „Medienkombination“ ist für Rajewsky die „Kombination mindestens zweier, konventionell als distinkt wahrgenommener Medien, die im entstehenden Produkt materiell präsent sind und mit ihren je eigenen Mitteln zur (Bedeutungs-)Konstitution desselben beitragen (z. B. Photoroman, Film [...]). Intermedialität wird hier zu einem kommunikativ-semiotischen Begriff, der auf der Addition verschiedener medialer Systeme beruht.“ 230 Kritisiert werden könnte das Beispiel Film unter „Medienkombination“, da die Verbindung verschiedener Medien hier heute nicht mehr ohne weiteres deutlich wird. Rajewsky ist sich dessen bewusst, indem sie auf die Herausbildung neuer, eigenständiger Medien- oder Kunstgattungen hinweist. 231 Ferner ist auf eine mögliche Differenzierung zwischen der Medienkombination gleichberechtigter Medien, „z. B. Musik und Lyrik im Kunstlied“, und solchen mit einem dominierenden Medium, „z. B. punktuelle 227 Vgl. z. B. die Definition von Schätzlein, http: / / www.frank-schaetzlein.de/ texte/ radiowerbung.htm (Zugriff am 13.05.2008). 228 Rajewsky, 2002, 201. 229 Faulstich, 2000, 37. 230 Rajewsky, 2002, 201. 231 Rajewsky, 2002, 15. <?page no="71"?> 61 Illustrationen zu einem Roman“ 232 , hinzuweisen. Ein Unterbegriff der „Medienkombination“ ist M ULTIMEDIA : „die Nutzung verschiedener Medien bzw. medialer Artikulationsformen (Schrift, Bild, Film, Ton) innerhalb eines größeren Gesamtkontextes - z. B. multimediales Lernen - oder innerhalb eines medialen (Gesamt-) Produkts - z. B. Multimedia- Show, multimediale Werbekataloge, Nachschlagewerke.“ 233 Multimedia, in dessen Zentrum die Computertechnologie steht, integriert „statische Daten“, wie Texte, Tabellen, Grafiken und Standbilder, sowie „dynamische Daten“, wie Ton/ Musik, Film/ Video, Animation und Simulation. 234 Es geht also nicht nur um eine bloße Addition. Ein Kennzeichen von „Multimedia“ im engeren Sinn ist die Digitalität im Gegensatz zur analogen „Multimedialität“, wie sie beispielsweise bei Unterrichtsformen mit einer Kombination mehrerer „Unterrichtsmedien“ vorliegt. „Eine Vorlesung verwendet die Wandtafelanschrift, Tageslichtprojektionen, Filmvorführungen, Audiowiedergabe von Tonband oder CD. Diese Art von Multimedialität war typisch für die Siebzigerjahre.“ 235 Charakteristika von „Multimedia“ sind die Interaktion zwischen Nutzer und dem Gesamtarrangement sowie zwischen verschiedenen Nutzern (Kommunikativität) und die Multifunktionalität. Veränderungen bei Multimedia zeigen sich durch technische Entwicklungen. Denn die genannten Charakteristika gelten inzwischen auch für das World Wide Web oder für Verknüpfungen mit dem Telefon bzw. Handy. 236 „Multimedialität“ wird in der Forschung teilweise im Sinne von „Multimedia“ verstanden, also als „Medienkombination“, zum Teil aber auch als „Medienwechsel“. 237 Vorrangig Termini der Werbewirtschaft sind V ERNETZTE K OMMUNIKA - TION 238 und M EDIA -M IX . Nach Burst/ Schmitt-Walter können die beteiligten Medien beim „Media-Mix“ zwar in Inhalt und Form verbunden sein, jedoch erfolgt allein bei der „vernetzten Kommunikation“ eine explizite Weiterleitung des Konsumenten von einem zum anderen Medium; 239 die zuletzt genannte Art des Zusammenspiels wird in der Werbewirtschaft auch L INKING bzw. V ERLINKUNG genannt. 240 Diese zumindest in der Werbung nicht seltene Möglichkeit einer offensichtlichen Verzahnung von Medien erwähnt Rajewsky nicht: Es handelt sich zwar dabei auch um eine „explizite 232 Rajewsky, 2002, 16. 233 Rajewsky, 2002, 202. Vgl. dazu auch Jucker, 2000, 7-28 sowie Henning, 2000, 17ff. 234 Lang, 2000, 298. 235 Jucker, 2000, 9. 236 Vgl. auch Faulstich, 2004, 153. 237 Vgl. Hansen-Löve in Spielmann, 1998, 95. 238 Synonym dazu werden die Termini C ROSSMEDIA , K ONVERGENZ und INTEGRIERTE K OMMUNIKATION verwendet (Burst/ Schmitt-Walter, 2003, 4). 239 Vgl. Kap. 2.4.2 „Werbewirtschaftliche Aspekte“. 240 Z. B. Prof. E. H. Geldmacher, telefonische Auskunft vom 24.08.2004. <?page no="72"?> 62 Systemerwähnung“; 241 diese geht aber so weit, dass das fremde Medium nicht nur erwähnt wird, sondern damit auch eine Handlungsanweisung verbunden ist. Ein Beispiel ist in Kap. 9.1 gegeben: In dem HF-Spot von Bärenmarke „Zwetschgendatschi“ von 1968 wird auf ein Backrezept in den dazugehörigen Anzeigen hingewiesen. „Explizite Systemerwähnung“ ist in der Hinsicht vorhanden, dass der Ausdruck Anzeige im Spot verwendet wird; jedoch wird das Printmedium - eine weitere Anforderung der Definition - im Spot nicht weiter thematisiert. „Verlinkung“ ist kein neues Phänomen, es liegt beispielsweise auch bei Querverweisen in Büchern, die z. B. durch die Anmerkungen siehe auch oder vgl. Kap. XY kenntlich gemacht werden, vor. 2.4.2 Werbewirtschaftliche Aspekte „Es ist immer wieder eine Gratwanderung zwischen professioneller Analyse, kreativer Intuition und natürlich dem Quentchen Glück, wenn eine Marke und ihre Kommunikation beim Verbraucher ankommt.“ (Bernd Biehl) 242 „Intuition, Phantasie und Kreativität können nicht durch noch so qualifizierte Marktuntersuchungen ersetzt werden.“ (Carl Linn) 243 Hohe Misserfolgsraten trotz aufwendiger Marktforschung gerade bei der Neueinführung von Produkten zeigen auch heute noch die Grenzen der Berechenbarkeit durch entsprechende vorab durchgeführte Tests. 244 Die ersten Untersuchungen im Bereich der Leserschaftsforschung führte das Institut für Demoskopie Allensbach 1949 durch; für den Hörfunk wurde 1957 die erste Werbefunkanalyse (unter Hausfrauen) vorgenommen und bis 1960/ 61 reicht die erste Studie zur Ermittlung von Sehbeteiligungen im Fernsehen zurück. 245 Die Erfolgsmessung beinhaltet zum Beispiel die Erhebung von Wahrnehmung und Erinnerung einer Werbung bzw. Details daraus sowie Markenbekanntheit oder generelle Bereitschaft zum Kauf eines Produkts. Der Zusammenhang zwischen Werbung und Kauf wird mit Veränderungen in Werbeaufwendungen und/ oder der Medienstrategie (z. B. Modifikation von TV-lastiger Werbung zu ausgewogenem Medienmix in TV, Print, Radio und Plakat) begründet. 246 Auch beispielsweise Probierkäufe bei der Neueinführung eines Produkts können mit entsprechender Werbung in Verbindung gebracht werden. 247 Wie beim Forschungsüberblick (Kap. 1.1.2) angesprochen, gibt es seit rund zehn Jahren vermehrt Ratgeberliteratur zur 241 Rajewsky, 2002, 79ff. 242 Biehl, 2001, 34. 243 Linn, 1992, 208. 244 Beispiele für missglückte Produkteinführungen führt Hellmann (2003, 156ff.) an. 245 Noelle-Neumann/ Schulz/ Wilke, 1993, 133ff. 246 Vgl. zum Beispiel die WerbeWert-Studie `97 des Verbands deutscher Zeitschriftenverleger, die unten ausführlich erläutert wird. 247 Vgl. Schützendorf, 1998, 84. <?page no="73"?> 63 Gestaltung von Mix-Kampagnen sowie Studien über deren Erfolge. Auf für die Arbeit als Hintergrund wichtig erscheinende Untersuchungen gehe ich nun ein. In der Broschüre „Vernetzte Kommunikation. Werbewirkung crossmedialer Kampagnen“ (Burst/ Schmitt-Walter, 2003) wird versucht, den sog. Mehrwert „vernetzter Konzepte“ und den Unterschied zu „Media-Mix- Kampagnen“ zu erklären und wissenschaftlich aufzuarbeiten. Beide Konzepte können eine „durchgängige Werbeidee, die der Kampagne auf Basis des Kommunikationsziels zugrunde gelegt wird“, 248 enthalten. Auch beim „Media-Mix“ kann eine formale und inhaltliche Verknüpfung vorhanden sein, z. B. gleiche Bilder zwischen Print und TV oder ein gemeinsamer Slogan. Jedoch stehen „die einzelnen Werbeträger unverbunden nebeneinander“; 249 Ziel ist lediglich die Erhöhung der Reichweite, die Ansprache unterschiedlicher potentieller Konsumenten. 250 Diese Charakteristika sind allenfalls die Basis der „vernetzten Kommunikation“: Hier wird „aktiv darauf hingearbeitet, Rezipienten von einem Medium zum anderen zu geleiten.“ 251 Diese aktive Nutzerführung geschieht in der Regel durch explizite Verweise innerhalb des einen Mediums („Lead-Medium“) auf ein anderes Medium. Abgezielt wird vor allem auf die Vertiefung der Konsumentenansprache. Als Beispiel geben die Autoren den „Medienverweis von TV auf ein Online-Spiel mit Gewinnmöglichkeit oder auf ein interaktives und personalisiertes Informationsangebot“ an. 252 „Vernetzte Kommunikation ist die [1] Umsetzung von Marketing-Maßnahmen mit einer durchgängigen Werbeidee [2] in unterschiedlichen Mediengattungen, die [3] unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Selektionsmöglichkeiten und Darstellungsformen [4] inhaltlich verknüpft sind. [5] Die Verknüpfung kann redaktionell und/ oder werblich geschehen. Die Verknüpfung [6] dient dabei einer aktiven Userführung über die verschiedenen Mediengattungen hinweg und hat zum 248 Burst/ Schmitt-Walter, 2003, 6. 249 Burst/ Schmitt-Walter, 2003, 10. 250 Vgl. auch Gleich, 2003, 512. 251 Burst/ Schmitt-Walter, 2003, 10. Vgl. das Beispiel Renault Clio - „Das Duell“ in Kap. 0 „Einleitung“. Die Definition von „vernetzter Kommunikation“/ „Crossmedia“ lag auch der sog. Open Space Konferenz „Cross Media - Wagnis oder Chance? “ (8. Mediaberatertag, 03.06.2005, Hamburg) zugrunde. In Workshops wurden Möglichkeiten von Crossmedia in der Werbepraxis durchgespielt. Hier zeigt sich ganz aktuell der Bedarf an Informationen zu diesem werblichen Medienkonzept. Auf das Forschungsdesiderat zu diesem Thema wurde in Kap. 1.1.2 „Arbeiten zum Medienvergleich in der Werbung“ hingewiesen. 252 Burst/ Schmitt-Walter, 2003, 14. <?page no="74"?> 64 [7] Ziel, den Nutzern [8] und dem Werbungtreibenden einen spezifischen Mehrwert zu bieten.“ 253 In ihren Ausführungen belegen Burst/ Schmitt-Walter folgende Hypothese, die sie in sieben Einzelthesen gliedern: „Durch mehrkanalige Ansprache einer sinnvoll vernetzten Werbebotschaft kommt es zu qualitativ hochwertigen Zielgruppenkontakten, die in Bezug auf die Werbewirkung einen Synergieeffekt 254 im Vergleich zur Einzelwirkung eines jeden Mediums in Mediamix-Kampagnen erreichen.“ 255 Die aufschlussreichen Ergebnisse zu den Vorteilen „vernetzter Kampagnen“ werden nun zusammengefasst: 1. Die Erhöhung der Reichweite und der Wahrnehmung des Zielmediums wird durch TV/ Internet-Verlinkung aufgezeigt: Der beispielsweise in einem TV-Spot für ein Videospiel beinhaltete Aufruf zum Mitmachen bei einem Gewinnspiel im Internet macht deutlich, dass nicht nur die Zahl der Personen, die die Internetseite abriefen, proportional zu den Brutto- TV-Kontakten anstieg, sondern auch die Zahl der Registrierungen (Name und Adresse) im Internet im Rahmen eines Gewinnspiels: Am 3. Mai beispielsweise waren knapp 4 Mio. TV-Kontakte, rund 1.500 Online- Kontakte und rund 600 Teilnehmer am Gewinnspiel zu verzeichnen. Am folgenden Tag wurde der TV-Spot von nur rund 600.000 Personen gesehen, es gab 1.000 Online-Kontakte und ca. 800 Registrierungen beim Gewinnspiel. Selbst an Tagen ohne Spotausstrahlung wurde der Online- Auftritt noch abgerufen und profitierte somit - nach Meinung der Autoren - von der Werbeerinnerung und der enthaltenen Mitmachaufforderung. 253 Burst/ Schmitt-Walter, 2003, 5. Gleichzeitig weisen sie auf die dürftige Forschungslage zu deren Abgrenzung hin. Vgl. zur Gegenüberstellung von Media-Mix und Crossmedia auch Rohnke, 2004, 7. Im Gegensatz zu Burst/ Schmitt-Walter ist bei dieser Definition von Crossmedia der Verweis auf ein anderes Medium nicht enthalten, es geht lediglich um die Nutzung der verschiedenen Wirkungsweisen: „Purer Media-Mix bedeutet daher: viele Pfeile abfeuern in der Hoffnung, dass einer schon treffen wird. Crossmedia ist ein spezieller Pfeil, ein ‚intelligenter Pfeil’, der sein Ziel findet. Denn er vernetzt die Unterschiede von Werbeträgern mit dem Ziel, durch Schaffung von Synergien den maximalen, werblichen Gesamtnutzen zu erreichen. Die durch die verschiedenen Kommunikationsbeziehungsweise Werbemittel hervorgerufenen Wirkungen sollen sich gegenseitig unterstützen und ergänzen.“. 254 Der Terminus SYNERGIE wird gut erklärt hinsichtlich Print und HF in: ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH, 2002a, 19: „Synergie bezeichnet das Zusammenwirken von Faktoren, die sich gegenseitig fördern. Zweifellos ist das am erfolgreichsten, wenn jeder Faktor entsprechend seiner Funktion zum Einsatz gebracht wird: das Radio als Türöffner, als Emotionalisierer, als Markenmacher, die Tageszeitung als Verstärker, Erkläre [sic! ], und Einlöser des Informationsversprechens, das parallel dazu im Radio unterbreitet wird.“. 255 Burst/ Schmitt-Walter, 2003, 16. <?page no="75"?> 65 2. Die Zielgruppe wird bei der Rezipientenübergabe fokussiert, d. h., es werden mehr der anvisierten Konsumenten erreicht. Anhand zweier Kinofilme wird erläutert, dass die zur TV-Werbung gehörenden Online- Auftritte von rund 40 % mehr intensiven Kinogängern besucht wurden als „im Durchschnitt auf der (ohnehin schon sehr Kino-affinen) Website des Spielfilmsenders ProSieben zu finden sind.“ 256 3. In einer vernetzten Kampagne (TV/ Online) ist der Anteil der befragten Rezipienten, die Online-Werbung wahrnehmen, deutlich höher und die Dauer der Betrachtung deutlich länger; dies ist eine Voraussetzung für Markenbekanntheit und Werbeerinnerung. Überprüft wurde dies mit der vernetzten Kampagne zum Kinofilm „Chicago“. Im Experiment wurden die Probanden in zwei Gruppen geteilt, die alle einen Ausschnitt aus dem TV-Wissensmagazin „Gallileo“ auf ProSieben und eine Werbeunterbrechung sahen. Einer Gruppe wurde innerhalb der Werbung der auf die Online-Werbung verweisende TV-Spot für „Chicago“ präsentiert; die andere Gruppe sah diesen Spot nicht. Bei der anschließend freien Surf-Möglichkeit auf den Internetseiten von ProSieben betrachtete die erste Gruppe mit einem Plus von 80 % gegenüber der Gruppe, die den TV-Spot nicht sah, auch den Online-Auftritt; die Dauer der Online- Wahrnehmung erhöhte sich um 21 %. 4. Die These, dass die Rezeption vernetzter Kampagnen zu besserer Detailerinnerung als bei Media-Mix-Kampagnen führt, wurde so zu belegen versucht: Einer Probandengruppe wurde eine vernetzte Kampagne vorgelegt, der anderen Media-Mix-Werbung (TV/ Online). Während sich in der Mediamix-Version 19 % der Untersuchungsteilnehmer an Details erinnern konnten, waren es bei der vernetzten Werbung 37 % der Probanden, wobei diese Zahlen deshalb mit Vorsicht aufzunehmen sind, da es sich um verschiedene Marken und somit um unterschiedliche Werbegestaltung handelte. 5. Anhand eines Experiments wurde ebenso die Detailerinnerung an Kampagnenelemente, wie Slogan, Hauptbotschaft usw., überprüft. So erinnerten sich 37 % der Gruppe, die die vernetzte Kampagne des Kinofilms „Chicago“ (TV- und Online-Werbung) konsumierte, an Details (z. B. Filmtitel, Name des Hauptdarstellers, Anfangszeit), bei der alleinigen Rezeption von TV-Werbung waren es immerhin auch noch 34 % der Rezipienten, beim ausschließlichen Online-Konsum nur 3 % der Probanden. 6. Dass vernetzte Kampagnen nicht nur die Produktbekanntheit steigern, sondern auch die Absicht zum Kauf erhöhen, haben die Autoren ebenfalls mit einem Test belegt: Bei der vernetzten TV/ Online-Werbung für ein Videospiel war eine Steigerung des Absatzes um rund das Dreifache im Vergleich zum ausschließlichen Konsum von Online- 256 Burst/ Schmitt-Walter, 2003, 24. <?page no="76"?> 66 Werbung und noch um rund 75 % im Vergleich zur alleinigen TV- Rezeption zu verzeichnen. 7. Schließlich wurde die Verbesserung der Imagewerte einer Marke bei vernetzten Kampagnen nachgewiesen: Für die Neueinführung eines Rasentrimmers der Marke Gardena wurde neben der TV-Werbung ein „Online-Special“ geschaltet, das weitere Informationen zur Benutzung des Geräts anbot, beispielsweise den Hinweis auf unterschiedliche Trimmer für verschiedene Gartentypen; außerdem enthielt es ein Gewinnspiel. Befragte Internetnutzer, die vom Gardena-Trimmer gehört und auch das Online-Angebot wahrgenommen hatten, bewerteten das Produkt in allen Image-Kategorien („praktisch, hohe Qualität, handlich, unkompliziert, komfortabel, vielseitig, ansprechendes Design“) deutlich besser als solche, die das Online-Special nicht genutzt hatten. Die Ausführungen zeigen also die Vorteile der „vernetzten Kommunikation“ im Vergleich zum „Media-Mix“ auf verschiedenen Gebieten. Es gibt zahlreiche Modelle zur Werbewirkungsforschung des „Media-Mix“, die Folgendes eint: Sie beschränken sich auf bestimmte Medien (meist nur Print und TV) und Produktgruppen. 257 Nach wie vor ist es schwierig, objektiv nachvollziehbare Ergebnisse zur Wirkung zu erreichen. Eine recht umfangreiche und aussagekräftige Analyse hat der VDZ mit dem WerbeWert ´97, der zweiten Studie dieser Art nach 1995, herausgegeben. Im Vergleich zur ersten WerbeWert-Studie 1995 wurden in die neuere Untersuchung neben Anzeigen und Fernsehspots auch Plakat- und Radiowerbung einbezogen. Die Studie „WerbeWert `97“ beschäftigt sich mit diesen Fragen: „1. Bewegt klassische Werbung Marktanteile? 2. Wirken Mix-Kampagnen ökonomischer? 3. Wann stabilisiert Werbung Marktanteile? 4. Wie wirkt Werbung bei hohen Marktanteilen? 5. Was leistet Distribution plus Werbung? 6. Sind Werbepausen kontra-effektiv? “ 258 257 Hierzu gehört auch eine Einzelfallstudie des VDZ zum „Erfolgskonzept Media Mix“ am Beispiel Jacobs Krönung Light. Ziel war, mit dem zusätzlichen Einsatz von Printwerbung zur bewährten TV-Werbung eine Erhöhung des Absatzes sowie eine Ausweitung der Zielgruppe auf junge Karriere-Leute zu erreichen. Der Beitrag der Printwerbung zur Werbeerinnerung und Markenbekanntheit wurde mit verschiedenen Instrumentarien überprüft. Dazu gehörten u. a. (telefonische) Befragungen noch vor der regulär eingesetzten Printkampagne sowie nach dem Werbeeinsatz (Pre- und Posttests). Vgl. auch Bachofner, 1993, 30-35. Sie fasst eine amerikanische Studie der Vereinigung der »Magazine Publishers of America« (MPA) über die Werbewirkung von Mono- und Mix-Kampagnen zusammen. Vgl. auch das Kap. „Mediaplanung: Mediamix von der Konfrontation zur Kooperation“ in: Bauer Media KG, 2003, 18. 258 Verband deutscher Zeitschriftenverleger, 1997, 27. Zur Kritik an der Werbewert- Formel vgl. Koschnick, 1997 (http: / / www.mtj.ch/ archiv/ artikel.php? id=326). <?page no="77"?> 67 Untersucht wurden 147 Marken aus dem Bereich der Verbrauchsgüter des täglichen Bedarfs („schnelldrehende Konsumgüter“), die zwischen 1991 und 1996 im Nielsen Handelspanel 259 aufgenommen wurden und für die in diesem Zeitraum auch geworben wurde. 260 Pratz erklärt zur Vorgehensweise: „Als Makro-Modelle mit generalisierten Erkenntnissen und generalisierbarem Anspruch ersetzen diese ökonometrischen Modelle weder Kreativstrategien noch Mediaplanung. Sie eignen sich jedoch sehr gut zum besseren Verständnis von Werbewirkungszusammenhängen. Außerdem liefern diese Modelle einen wertvollen Bezugsrahmen für die Bewertung von Werbestrategien. Sie zeigen vor allem aber auch, daß sich die Vorteile des Media-Mix empirisch gesichert berechnen lassen.“ 261 Das angewandte statistische Verfahren, es trägt den Namen multiple, nichtlineare Regressionsanalyse, geht von folgenden Überlegungen aus: „Der Marktanteil der aktuellen Periode wird durch den Marktanteil der Vorperiode, die Distributionsänderung, den Werbeanteil und den Medien-Mix bestimmt.“ 262 Somit wurden Ergebnisse im Hinblick auf „den Beitrag der Werbung zum Markterfolg“, die „Wirkungsbeiträge der einzelnen Mediengattungen“ sowie den „Einfluß des Media-Mix“ erwartet. 263 Untersucht wurden also ausschließlich wirtschaftliche Größen - im Gegensatz zu Studien, die auch psychologische Variablen berücksichtigen. Mit Blick auf die in der vorliegenden Arbeit interessierende Wirkung mehrmedialer Kampagnen sind folgende Ergebnisse der Studie besonders wichtig: Media-Mix-Strategien sind bei grundsätzlich hohen Marktanteilen, die ohnehin bereits hohe Werbeaufwendungen erfordern, sinnvoll. Ferner erzielen Mix-Kampagnen signifikant wirksamere Erfolge als Mono-Kampagnen, also die Werbung in nur 259 A.C. Nielsen Werbeforschung S+P GmbH. Ein „Panel“ ist ein „Kreis von Personen [Verbraucher, Händler oder Hersteller] oder Haushalten, bei denen regelmäßig mit denselben Instrumenten Erhebungen durchgeführt werden.“ (aus: SevenOne Media ABC http: / / www.sevenonemedia.de/ unternehmen/ bibliothek/ lexikas/ ? fuseaction= details&lang=d&mgm_lex_typ=4&idx=W&nofollow=1, Zugriff am 21.01.2008). 260 Verband deutscher Zeitschriftenverleger, 1997, 14. Alle Marken werden dort auf Seite 16f. aufgeführt. Zu den schnell drehenden Konsumgütern des täglichen Bedarfs gehören die sechs Fast Moving Consumer Goods-Branchen Alkoholfreie Getränke, alkoholische Getränke, Haarpflege, Körperpflege und Kosmetik, Nahrungsmittel sowie Wasch- und Putzmittel. 261 Pratz in: Verband deutscher Zeitschriftenverleger, 1997, 4. 262 Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, 1997, 18. Die genannten Begriffe bedeuten Folgendes: Marktanteil = „Wertmäßiger Anteil des Markenumsatzes am Umsatz der Branche“, Werbeanteil = „Anteil der Bruttoaufwendungen einer Marke an den Werbeaufwendungen der Branche. Differenziert nach den Mediagattungen Print*, TV, Funk und Plakat“, Distribution = „Gewichtet. Der prozentuale Anteil der Branchenumsätze aller Geschäfte, die eine Marke führen [sic! ] am gesamten Branchenumsatz aller infrage kommenden Geschäfte“ (Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, 1997, 13). 263 Verband deutscher Zeitschriftenverleger, 1997, 12. <?page no="78"?> 68 einem Medium. Ein ausgewogener Medienmix (TV 45 %, Print 40 %, Funk 10 %, Plakat 5 %), vorgeführt an einer Beispielmarke mit 20 % Marktanteil als Ausgangspunkt, erzielt eine Steigerung des Marktanteils innerhalb eines Jahres um 2,6 %. Bei einer unausgeglichenen Strategie (z. B. TV 80 %, Print 20 %) ist dagegen nur ein Zuwachs um 1 % nachweisbar. Hingewiesen wird schließlich noch auf ein Absinken des Marktanteils um 5,3 % bei Verzicht auf jegliche Werbung. Die wirtschaftlichen Vorteile der Mix-Strategien erhöhen sich bei größeren Markt- und Werbeanteilen und tragen zur Stabilisierung hoher Marktanteile bei. Bei einem Ausgangsmarktanteil von (hohen) 40 % kann so eine Steigerung um 10 % binnen eines Jahres erzielt werden. Der praktischen Umsetzung widmet sich Schlottau. Er geht auf Bedürfnisse der Rezipienten und die unterschiedlichen Funktionen der Medien innerhalb einer Media-Mix-Verteilung, die qualitative Untersuchungen bestätigten, ein: „Print für den Geist, Fernsehen für das Gefühl, Online für die Interaktion“. 264 Fundament sei bei Cross-Media-Strategien aber eine gemeinsame „Grundaussage“, die den Möglichkeiten und Spezifika der Medien entsprechend jeweils abgewandelt umgesetzt wird. 265 Einen Schritt weiter geht die Forderung nach Differenzierung auch hinsichtlich der Werbeträger, also zum Beispiel die Überlegung, in welchem Printmedium eine Anzeige veröffentlicht wird (z. B. im Nachrichtenmagazin D ER S PIEGEL , in einer illustrierten Frauenzeitschrift oder in der S ÜDDEUTSCHEN Z EITUNG ). Als Erfolg versprechendes Zukunftsszenario sieht Schlottau den Einsatz von „Markenmedien“: „Integrative Kampagnenkonzepte würden sich dabei ergänzen und aufeinander verweisen“, 266 also beispielsweise aus der S PIEGEL - Markenfamilie der Einsatz des Nachrichtenmagazins, von S PIEGEL -TV und der S PIEGEL -Online-Homepage. Die sog. Submarken haben verschiedene Funktionen und beziehen sich auf unterschiedliche Bedürfnisse: „Während D ER S PIEGEL eher die Rationalität anspricht, richtet sich S PIEGEL special stärker an den Lesegenuß. Die S PIEGEL CD-Rom steht für Orientierung, S PIEGEL TV eher für informative Unterhaltung.“ 267 Schlottau weist schließlich auf die Erkenntnisse des US-Psychologen Allan Paivio hin, die für mehrmediale Kampagnengestaltung sprechen, um einen absatzorientierten Erfolg zu erzielen. Dieser fand heraus, dass Informationen, die mit mehreren Sinnen und leichten Veränderungen aufgenommen werden, mehr Wahrheit zugesprochen wird; sie verankern sich außerdem stärker im Bewusstsein. 268 Die ARD-Werbung S ALES & S ERVICES GmbH gibt in unregelmäßigen Abständen Broschüren mit Studien zur Medienplanung und Wirkung von Hörfunkwerbung sowie des Medien-Mix heraus. Über die unterschiedlichen 264 Schlottau, 1997, 247. 265 Vgl. A.1 „Medienübergreifende Botschaft“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. 266 Schlottau, 1997, 249. 267 Schlottau, 1997, 247. 268 Schlottau, 1997, 246. <?page no="79"?> 69 Leistungen und Eigenschaften von Print und Hörfunk im Medien-Mix informiert die Broschüre „Tanz in Ketten. Regionale Werbung in Radio und Tageszeitungen: Ein Erfahrungsaustausch zwischen Mediaplanung und Kreation“ (2002a): Tageszeitungen Radio Publikum eher älter eher jünger Image Sachlich, informiert emotional, involviert Nutzung erfordert volle Aufmerksamkeit, setzt aktives Interesse voraus Begleitmedium, weckt Interesse Werbung große Informationsmenge, komplexe Inhalte, Bilder Kleine Informationsmenge, einfache Inhalte, Stimmungen, Klangbilder Wirtschaftlichkeit hohe TKPs 269 günstige TKPs Tabellen und Graphiken 3: Zum Medieneinsatz (ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH, 2002a, 22). In der Broschüre „Von Kontakten zu Konsumenten. Media-Mix und Wirkungsoptimierung“ der ARD-Werbung S ALES & S ERVICES GmbH (2002c) wird an drei Beispielen (Bier, Schokoriegel, Soft- oder Hardware) das jeweils geeignete Zusammenspiel unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Funktionen der beteiligten Medien erläutert: Bei der Biermarke biete sich ein Zusammenspiel von TV und Hörfunk, Tageszeitung und Special-Interest- Zeitschriften (zu den Themen Sport, Motor, Wirtschaft), bei der Schokoriegel-Marke die Kombination von TV, Hörfunk, Zeitschrift und auch Online-Medien, bei Hard- oder Software zusätzlich Werbung im Internet an. 270 In diesem Zusammenhang ist auch die Broschüre der gleichnamigen Herausgeber „TV + Radio: Der Powerpack für die Werbung. Warum Fernsehwerbung durch Radiospots verstärkt wird“ (2002b) zu nennen. Im Rahmen der sog. Roten Reihe „In medias res - Kommunikationsforschung aktuell“ erschienen in den vergangenen Jahren einige Titel zum Thema: Drabczynski (1998) behandelt den „Media-Mix“ am Rande im Rahmen der Werbewirkungsforschung und beim Ausblick auf die Zukunft einzelner bereits bekannter und neuer Medien vor dem Hintergrund der Rezeptionsgewohnheiten und -wünsche, der Handhabbarkeit, der Produktions- und Ausstrahlungsbzw. Verbreitungskosten sowie der Veränderungen in der Programmstruktur und -anzahl. Scheler (2000) gibt in Verbindung mit den Ausführungen zur Werbewirkung Gestaltungshinweise für die Werbung in Print und TV. 269 TKP = Tausendkontaktpreis. 270 ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH, 2002c, 19ff. <?page no="80"?> 70 Der Sammelband „Neue Erkenntnisse der Print- und TV-Forschung“ (1995) enthält zahlreiche Beiträge zum Thema: Drabczynski geht unter anderem auf diese Aspekte ein: die Wahl des Werbeträgers (von Drabczynski Mediagattung genannt) im Mediaplanungsprozess im Hinblick auf das zu bewerbende Produkt und die Leistung der Medien in Bezug auf die Vermittlung von Information bzw. Emotion, mediale Unterschiede bezüglich der Funktionen und des Wirkungsaufbaus sowie die Bedeutung formaler Aspekte (im Vergleich zum Inhalt) für den Konsumenten. Speziell mit dem Medienzusammenspiel beschäftigen sich die beiden nächsten Artikel: Im Mittelpunkt des Beitrags von Faehling steht eine Markt- und Mediastudie zur Qualität des Werbeumfelds; er erläutert dessen Bedeutung für die „Nutzungsintensität und die Akzeptanz der Werbung im Media-Mix“. 271 Niesel untersucht insbesondere die Verbindung von TV und Programmzeitschriften. Kaplitzka nimmt die für die Wirkung bzw. die Erinnerung an die Werbung entscheidenden Faktoren in den Blick: Block- und Spotlänge, Tandemspots, Frequenz-Effekte, d. h. die Häufigkeit des Einsatzes, und die Szenenlänge innerhalb der Spots. Außerdem zeigt sie den Wirkungsverlauf von TV-Spots und Printwerbung auf und nennt die hinsichtlich des Rezeptionserfolgs häufigsten Fehler bei der Gestaltung von Anzeigen und TV-Spots. Bei ihrem Plädoyer für den Mediamix geht sie auf die spezifischen Vorteile von Print und TV ein: „TV schafft momentane Aktualität, Print baut Markentreue auf. Das heißt, TV wirkt kurzfristig, Print langfristig. Deswegen bringt ein Mediamix langfristig mehr Umsatz“. 272 Melchers geht auf die Lese- und Sehgewohnheiten der Rezipienten und die damit zusammenhängenden Vor- und Nachteile von Print- und TV-Werbung ein, wobei er sich besonders auf das Verhältnis zum redaktionellen Kontext der Werbung konzentriert. Einen Blick in die Zukunft wirft Groebel. Er geht von der Frage nach der Wirkung der Werbung im Mediamix aus: Die Bewusstmachung der Funktionen jedes einzelnen Werbemittels und „die Notwendigkeit der [...] Funktionsverteilungen“ 273 sei zunehmend wichtig anstelle von Überlegungen zur Medienkonkurrenz bzw. der Dominanz eines Mediums. Im Hinblick auf die Aufgabenverteilung der Werbemittel rät er unter anderem: „Nicht vom Medium her, nein vielmehr von der Story, von einer Figur, von der Komposition her planen und sie flexibel einsetzen. [...] Nicht, wie kann ich Elemente in den verschiedenen Medien einsetzen, heißt die Devise. Vielmehr, wie komponiere ich ein Orientierungs- und Erlebnispaket, bei dem die Funktionsweisen der einzelnen Medien [...] berücksichtigt werden und der Gesamtstory folgen.“ 274 271 Faehling, 1995, 100. 272 Kaplitzka, 1995, 139. 273 Groebel, 1995, 159. 274 Groebel, 1995, 164. <?page no="81"?> 71 Als Beispiele nennt er Personendarstellungen im TV, weiterführende Informationen in der Printwerbung. Gemeinsamkeiten zwischen Print und TV könnten übereinstimmende Bildelemente sein; Jingles führt er als mögliche Verbindung zwischen TV und HF an. Ein weiterer Sammelband zum Medienzusammenspiel ist „Intermediale Perspektiven. Zweites Symposium ‚Neue Erkenntnisse zur Print- und TV- Forschung‘ “ (1998), aus dem einige Beiträge für das Thema der Arbeit besonders geeignet sind: Niesel betrachtet die Funktionsverteilung und die Wechselbeziehung der Medien ausgehend von den Interessen und Tagesabläufen der Konsumenten. Schützendorf führt in 13 Punkten die Bedeutung von Tracking-Studien (genauer Werbemonitoren 275 ) zur Werbewirkungsmessung vor. Mit den unterschiedlichen Wirkungspotentialen der Medien befasst sich Scheler; darüber schreibt er auch ausführlich in Scheler, 2000. Koch, Mediaplaner, stellt den sog. N IKO -Index, der Markenpräferenzen und Mediennutzungsverhalten der Verbraucher zusammenbringt, vor. Er soll einen Teil zur Entscheidung, welche Medien für eine Strategie eingesetzt werden, beitragen. Koch geht auf sämtliche Medien, aber auch einzelne Sender oder Zeitungs- und Zeitschriftentitel ein und erhebt Daten zur Markenbekanntheit und Werbeerinnerung sowie zur Kauf- und Nutzungsbereitschaft. Dafür werden fünfzig Mal pro Jahr jede Woche 320 Interviews geführt. Seit der Einführung 1991 wurden mit dem N IKO -Index 440 Marken aus 45 Branchen bei den Rezipienten von 186 Medien - gemeint sind verschiedene TV- und HF-Sender, Kinos, Zeitungs- und Zeitschriftentitel, Plakate und Online-Kommunikation - überprüft. Es liegen mittlerweile rund 180.000 Interviews vor, die die Beziehung von Medienstrategie und Werbewirkung aufzeigen sollen. Mit dem Instrumentarium können Unternehmen beispielsweise Kauf, Interesse, Markentreue und Anschaffungsabsicht abrufen. 276 Koch führt weiter drei Schritte zur optimalen Media-Mix- Planung an: 1. Zielgruppen-Segmentation, 2. Intermediavergleich, 3. Media- Mix. Für die Umsetzung einer Strategie in mehreren Medien sieht er vor dem Einsatz des N IKO -Indexes zwei Fragestellungen als entscheidend an: „Erstens: Welches Medium ist Basismedium, welches ist Ergänzungsmedium? Zweitens: Soll das Ergänzungsmedium mehr Kontakte erzeugen oder die Reichweite steigern? “ 277 275 Unter einem „Werbemonitor“ versteht man die „Regelmäßige (meist monatliche) Erhebung von Werbe- und Marken-Awareness für abgegrenzte Produktbereiche oder Marken zur Wirkungskontrolle von Werbekampagnen.“ (aus: SevenOne Media ABC http: / / www.sevenonemedia.de/ unternehmen/ bibliothek/ lexikas/ ? fuseaction=detail s&lang=d&mgm_lex_typ=4&idx=W&nofollow=1, Zugriff am 21.01.2008). Jedoch ist die Einschätzung des Wirkungsanteils des jeweiligen Werbemittels ein Interpretationsproblem. 276 http: / / www.niko-index.com/ body_index.htm (Zugriff am 08.06.2003 sowie am 20.08. 2005). 277 Koch, 1998, 119. [Hervorhebung im Original]. <?page no="82"?> 72 Die wichtigsten Passagen des Aufsatzes von Groebel entsprechen dessen Ausführungen in dem oben genannten Sammelband (1995). Schon früh (Anfang der 80er Jahre) weist Kaloff exemplarisch auf die gelungene Ergänzung eines TV-Spots durch Funkwerbung, also die Kombination zweier elektronischer Medien, hin. 278 Der HF-Spot sei für die „Reaktualisierung“ wichtig. In diesem Fall, da es sich um den 2 Phasen Reiniger von Kukident handelt, solle so der mit „dem Alter steigende[n] Vergeßlichkeit“ entgegengewirkt werden. Im TV-Spot spricht sich eine Apothekerin lobend über das Produkt aus; dessen Wirkung wird in einem Trickteil erläutert, die begeisterte Kundschaft wird nur sprachlich erwähnt; Spielort und Name, eine Hamburger Apotheke mit der Apothekerin Frau Möller, sind durch Schrifteinblendung kenntlich gemacht. Dagegen ist der HF-Spot als Dialog zwischen Apothekerin und einer Kundin gestaltet, die Produktleistung wird als Ersatz für den Trickteil in das Gespräch aufgenommen; der Ort des Geschehens sowie der Name der Apothekerin werden einleitend von einem Off-Sprecher (Kukident bei Frau Möller, Apothekerin in Hamburg) vorgetragen. Kaloff erläutert an diesem geradezu prototypischen Beispiel gängige Merkmale der TV- und der HF-Werbung, wie sie auch in den Analysekapiteln dieser Arbeit gezeigt werden. Das Zusammenspiel zwischen Print und TV zeigt Kaloff am Beispiel des Produkts Chantré Cream (HF und B ILD -Zeitung). Die Werbung wurde in dieser Konstellation sechs Wochen lang im Herbst 1979 geschaltet. Die Idee stimmt in beiden Werbemitteln überein: Der Hörer soll mittels der Inszenierung einer Nachricht auf eine falsche Fährte gelockt werden: Junge Frau brachte traumhaften Neuen mit nach Hause. Ehemann einverstanden. (Anzeige). In einer zweiten Anzeige im Innenteil der Zeitung wird das Rätsel aufgelöst. Dagegen wird das Thema in der Hörfunkwerbung als Dialog zwischen zwei Frauen umgesetzt. Der Produktname wird im HF- Spot sehr spät genannt bzw. ist erst in der zweiten Anzeige zu lesen. 278 Kaloff, 1982, 1277(ff.). Dort auch die folgenden Zitate. <?page no="83"?> 3 Methodik Im Mittelpunkt des Kapitels steht das Analyseraster für die Untersuchung der einzelnen Kampagnen; die Ergebnisse der Einzelanalysen dienen als Grundlage des Vergleichs synchroner und diachroner Mehrmedialität. Zunächst soll durch die Analyse von zehn „aktuellen“ Kampagnen ein Spektrum der unterschiedlichen Möglichkeiten des Medienzusammenspiels aufgezeigt werden. Sie stammen aus der Zeit um die Jahrtausendwende (1998 bis 2003) und werden zur synchronen Untersuchung zugelassen, da in diesem relativ kurzen Zeitraum nach meinen Erfahrungen nicht mit grundlegenden Gestaltungsveränderungen zu rechnen ist; manche Werbemittel werden heute (2005) noch eingesetzt. 279 Daran schließt sich die diachrone Analyse der Dallmayr-Werbung sowie - punktuell - des Kontrollkorpus Löwenbräu und Bärenmarke an. In diesem Teil erfolgen wiederum Einzelanalysen des Medienzusammenspiels zu jeder Kampagne, wobei (für Dallmayr) für die 50er/ 60er Jahre zwei, für die folgenden Jahrzehnte drei bis vier Kampagnen beleuchtet werden konnten. 280 Aus jeder Kampagne wird in der Regel jeweils ein Exemplar eines Werbemittels untersucht (z. B. einer von drei vorhandenen HF-Spots); Ausnahmen bestehen dort, wo der Blick auf ein weiteres Beispiel zur Bekräftigung eines Ergebnisses hilfreich ist oder weitere interessante Informationen bietet. Auch zur Verdeutlichung eines Charakteristikums werden gelegentlich weitere Beispiele angeführt. Die Vorgehensweise bei der Einzelanalyse wird exemplarisch in Kap. 5 und im Anhang, Kap 14 vorgeführt; ansonsten werden Ergebnisse in größeren Zusammenhängen präsentiert. 3.1 Vorgehensweise bei den Einzelanalysen Folgenden (übergeordneten) Fragestellungen wird bei der Einzelanalyse nachgegangen: - Mit welchen sprachlichen und nicht-sprachlichen Mitteln erfolgt die Umsetzung einer Werbestrategie (Hauptbotschaft, weitere Themen, inhaltliche Argumentationsstrategien) in den dafür ausgewählten Medien? 279 Das zeigt exemplarisch meine Analyse verschiedener synchron untersuchter Kampagnen einerseits und der diachron analysierten Dallmayr-Kampagnen andererseits: Beim Vergleich werden gemeinsame gestalterische Tendenzen der aktuellen Kampagnen sichtbar, die es in früheren Jahrzehnten noch nicht gab. Auch weitere diachrone Analysen (z. B. Schmidt/ Spieß, 1997) analysieren jahrzehnteweise - was allerdings nicht zu strikten Grenzen führen darf - und machen Übereinstimmungen sichtbar, auch hinsichtlich der Reflexion gesellschaftlicher Entwicklungen. Vgl. dazu weitere Ausführungen in Kap. 4.2 „Synchrones Korpus“. 280 Vgl. Kap. 4.3 „Diachrones Korpus“. <?page no="84"?> 74 - Gibt es eine (einzige) gemeinsame Botschaft oder werden verschiedene Themen behandelt? Welche Funktionen haben die einzelnen Werbemittel - auch themenspezifisch gesehen - innerhalb einer Kampagne? - Auf welche Weise beziehen sich die Werbemittel einer Kampagne aufeinander? - Welche medienspezifischen Differenzen lassen sich feststellen? - Wurden die medienspezifischen Möglichkeiten genutzt oder sind sie nicht ausgeschöpft worden (Bewertung)? - Wie ist das Zusammenspiel der Werbemittel im Rahmen der Markenkommunikation zu beurteilen (Bewertung)? Idealerweise ausgehend vom Basismedium, 281 wenn bekannt, und der darin zum Tragen kommenden Botschaft werden werbemittelinterne (und gegebenenfalls -externe) Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der sprachlichen, visuellen und auditiven Realisierung zu den weiteren im Rahmen der Kampagne eingesetzten Werbemitteln herausgearbeitet. Dem Analysemodell liegt nur teilweise ein abzuarbeitender Kriterienkatalog zugrunde: Dazu gehören die medienübergreifende Botschaft, (weitere) Themen, die Argumentationsstrategien und die Struktur(elemente) mit Headline/ Einstiegssatz bzw. Schlagzeile, Slogan, Bild, Musik, Geräuschen, Textstruktur und Textmenge, weiteren Text-/ Bildelementen und Produktnamen sowie der Inhalt hinsichtlich der Thematisierung des Senders, Empfängers und Produkts und kampagnenspezifischer Themen. Das Kriterium Form/ Gestaltung beinhaltet kampagnenübergreifend die Aspekte Mündlichkeit/ Schriftlichkeit (medial und konzeptionell), Prosodie und Text-Bild-Bezug. Hinzu kommen in dieser Kategorie weitere jeweils kampagnenbzw. werbemittelspezifische Charakteristika. Hier wird also qualitativ vorgegangen, d. h., zusätzlich werden die jeweils erscheinenden Auffälligkeiten genannt. 282 Diese Vorgehensweise mit einem in Teilen festgelegten Raster stellt einerseits eine spätere (diachrone) Vergleichbarkeit sicher, erlaubt andererseits aber genügend Flexibilität im Umgang mit den relevanten Aspekten der einzelnen Strategien. Der Katalog ausgewählter Kriterien stellt sicher, wichtige und aussagekräftige Bereiche des Medienvergleichs untersuchen zu können, erhebt jedoch keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit. Der Analyse werden alle Darstellungsmittel (Sprache, Bild, Musik, Geräusche) unterzogen. 281 ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH, 2002c, 17: „Die großen und etablierten Marken, die den Endverbraucher im Visier haben, setzen überwiegend auf TV als Basismedium. Das hat einen einfachen Grund. Weil sich Marken in ihrer Produktqualität und ihren Grundfunktionen immer ähnlicher werden, treten rationale Kriterien bei der Markenwahl zunehmend in den Hintergrund. [...] Markeninszenierungen und Markenwelten müssen mit Emotionen aufgeladen werden, weil diese den letztlich entscheidenden Kaufimpuls auslösen. Dazu ist TV als multisensorisches Medium am besten geeignet.“. 282 Vgl. Kap. 3.2 „Analysemodell“. <?page no="85"?> 75 Quantitative Untersuchungsbereiche beziehen sich u. a. auf den Vergleich der Kampagnen: Beispielsweise wird überprüft, bei wie vielen Kampagnen der Textbaustein Slogan in den beteiligten Werbemitteln inhaltlich-strukturell übereinstimmt und wie häufig Slogans innerhalb einer Kampagne unterschiedlich sind. Da es vor allem um Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Medienzusammenspiel geht, würde eine detaillierte Analyse eines Charakteristikums am Ziel der Arbeit vorbeiführen. Dies wäre zum Beispiel beim Slogan eine inhaltliche (produkt-, sender-, empfängerbezogen sowie themenorientiert) und formale (z. B. ein-, zwei-, dreigliedrige Struktur im Hinblick auf die Gliederung durch Interpunktion) Untersuchung mit anschließendem synchronen und diachronen Vergleich. Demzufolge ist auch nicht eine ganzheitliche, ins Detail gehende Untersuchung jedes Spots (bzw. jeder Anzeige, jedes Plakats) der Ausgangspunkt des Vergleichs. Eine Analyse, die alle möglichen Aspekte (z. B. Lexik/ Wortwahl, syntaktische Auffälligkeiten, rhetorisch-stilistische Vertextungsmittel, prosodische und graphische Merkmale, inhaltliche, funktionale und formale Untersuchung der Bilder und der Musik) stets am gesamten Korpus überprüft, wäre zu aufwendig; die eigentliche Problemstellung, der synchrone und diachrone Medienvergleich, würde leicht aus dem Blick geraten. So werden beispielsweise über das Denotat - die Beschreibung der einzelnen Bilder eines Spots - hinausgehende Inhaltsebenen (Konnotate, Assoziationen 283 ) sowie Interpretationen der einzelnen Bausteine (Text, Bild, Musik, Geräusche) und die vermutlich beabsichtigte Werbewirkung nur insofern ausdrücklich thematisiert, als es für das Medienzusammenspiel bzw. die damit zusammenhängenden dargestellten Themen wichtig ist. Das ganze Spektrum an möglichen Kriterien 284 ist dennoch als Hintergrund wichtig, um ein entsprechendes Auftreten in der teilweise offenen Kategorie Form/ Gestaltung vermerken zu können. Beispiele für diese Kategorie, in der kampagnenspezifische Auffälligkeiten festgehalten werden, sind die Argumentation bei der Dallmayr-Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ 1978, 285 die werbende Funktion der Adjektive im HF-Spot von Coca- 283 Eine Definition von Assoziation findet sich bei Kessel/ Reimann, 2008, 165: „Die Assoziation […] gehört nicht mehr zur eigentlichen Bedeutung eines Wortes, sondern führt davon weg. Allerdings besteht eine […] Verknüpfung des Wortes mit anderen Konzepten […], die kulturell oder individuell begründet sein kann. […] Die Assoziationen sind also als Begründung für bestimmte (pos./ neg.) Konnotationen zu sehen.“. 284 Alle möglichen Untersuchungsaspekte finden sich zum Beispiel in den Analysemodellen von Brandt (1973), Hennecke (1999) und dem darauf aufbauenden ganzheitlichen Modell von Janich (2003), dem knappen Analyserahmen von Bolten (1996) sowie dem Analysemodell der Verfasserin (1999). Das pragmalinguistisch-semiotische Modell von Hennecke beispielsweise ist jedoch nur auf die Untersuchung von Printwerbung ausgerichtet: „Eine Analyse [der Radiowerbung, d. Verf.] würde […] ein eigenes, über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehendes Untersuchungsinstrumentarium erfordern.“ (Hennecke, 1999, 16). 285 Vgl. zu dieser Kampagne die Ausführungen in Kap. 5.2b) „Inhaltliche Argumentationsstrategien“. <?page no="86"?> 76 Cola 286 oder fachsprachliche Mittel in den HF-Spots der Stadtwerke München. 287 Da es sich um einzeln vorkommende Besonderheiten handelt, sind sie für den Vergleich ungeeignet. Anzumerken ist noch, dass mir eine durchgehend semiotische Analyse, wie sie z. B. Bechstein 288 durchführt, zu eng erscheint. Das gilt beispielsweise für die semiotisch-syntaktische Untersuchung von Sprache und Bild. Die entsprechende syntaktische Analyse von beispielsweise Schriftgrößen und Buchstabenstärken ist meines Erachtens in das Modell gezwungen. 289 Der Schwerpunkt der Analyse wird auf den werbemittelinternen Aspekten liegen; wo es möglich ist, sollen jedoch auch -externe Gesichtspunkte (z. B. verschiedene Ausstrahlungsorte von HF- und TV-Spot, Fakten zur Produktion, Bewerbung unterschiedlicher Produktsorten) einbezogen werden. 286 Vgl. auch Kap. 6 „Synchrone Mehrmedialität“ sowie Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. 287 Vgl. B.3 „Form/ Gestaltung“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. 288 Bechstein, 1987. 289 Vgl. Reimann, 1999, 117ff. <?page no="87"?> 77 3.2 Analysemodell A. Gesamtkonzeption 1. Medienübergreifende Botschaft 2. (Weitere) Themen 3. Inhaltliche Argumentationsstrategien B. Umsetzung Analysekriterien → →→ → angewandt auf alle Werbemittel ↓ ↓↓ ↓ 1. Struktur(elemente) - Schlagzeile - Headline/ Einstiegssatz - Slogan - Bild - Musik - Geräusche - Textstruktur - Textmenge weitere Text-/ Bildelemente - Produktname 2. Inhalt - Sender, Empfänger, Produkt - Kampagnenspezifische Themen jeweils sprachliche, visuelle, auditive Umsetzung 3. Form/ Gestaltung - Mündlichkeit/ Schriftlichkeit (Medium und Konzept) - Prosodie - Text-Bild-Bezug zusätzliche Besonderheiten (weitere Spezifika der Kampagne bzw. der Werbemittel) Anzeige Plakat HF-Spot TV- Spot/ Kino- Spot C. Bewertung Tabellen und Graphiken 4: Analysemodell. Der Aufbau der Einzelanalysen wird nach dem Analysemodell vorgenommen. <?page no="88"?> 78 A. Gesamtkonzeption 1. Medienübergreifende Botschaft Zunächst ist zu klären, welche Hauptidee der Kampagne zugrunde liegt, was Voraussetzung für eine mehrmediale Strategie ist, um zumindest einen wie auch immer gearteten Zusammenhalt zwischen den Werbemitteln zu erkennen. Schlottau weist, wie in Kap. 2.4.2 angesprochen, auf die Bedeutung einer „Grundaussage, die man in verschiedenen Medien entsprechend dem Kommunikationsumfeld variieren kann“, 290 hin. Dies betrifft also die Semantik, den übergeordneten Werbeinhalt, 291 noch unabhängig von der anschließenden Umsetzung. Aus der Sicht der Werbepraxis kann man die Hauptidee auch als den „E INEN G EDANKEN “ verstehen. Er wird, nach der Theorie von Borsch, zum „Inhalt der gesamten integrierten Kommunikation“ 292 und bezieht sich direkt auf den „MehrWert“ [sic! ]/ das Ziel, das demnach entweder „Aktualisieren“ (Produkteinführung), „Informieren“ oder „Erlebniswelten aufbauen“ heißt. 293 Eine andere Bezeichnung dafür ist „inhaltliche Integration“. Sie ist ein Baustein - neben der formalen und zeitlichen - innerhalb der sog. „Integrierten Kommunikation“: 294 „Ohligs: Die formale ist die am weitesten entwickelte Form. […] es ist die einfachste. Inhaltliche Integration ist schwieriger, weil da jeder im Unternehmen je nach Kommunikationsanlass seine eigenen Themen hat. […] Tropp: Inhaltliche Integration geht ja darüber hinaus, dass überall derselbe Claim steht. Es geht darum, dass eine Unternehmens- oder Markenpositionierung unabhängig vom Medium und Kommunikationsanlass stets als semantisch gleich oder zumindest als sehr ähnlich wahrgenommen wird.“ 295 An dieser Stelle wird besonders deutlich, wie sich (Sprach-)Wissenschaft und Werbepraxis aus verschiedenen Richtungen einem gemeinsamen Phänomen, der Semantik/ dem Werbeinhalt, nähern. Eine Möglichkeit zur Grobgliederung besteht in der Einteilung in produkt-, sender- und empfängerbezogene Strategien. 296 Welches Motiv eint 290 Schlottau, 1997, 248. 291 Vgl. auch Brandt, 1973, 89. 292 Borsch, 2002, 101. 293 Borsch, 2002, 95ff. 294 Vgl. „Exkurs zur Markenkommunikation“ in Kap. 1.2 „Werbung als Kommunikation“. 295 Tropp, 2002, 458 (Ausschnitt aus einem Round-table-Gespräch zwischen Mitarbeitern einer Werbeagentur). 296 Vgl. z. B. Sowinski, 1998, 32ff. und Bechstein, 1987, 68-72. Dort werden Beispiele für diese Art der Strategieeinteilung gegeben. Die Darstellungsformen (z. B. Slice of life, Life-Style, Testimonial, Presenter, Symbole/ Symbolfiguren, Life Action/ Voice over, Spot als Nachricht, Humor und Slapstick, Product-is-hero, Demonstration, Problem und Lösung, Reason why, Sach-, Zeichen- und Puppentrick, Computer-Animation, Special effects) stehen in einem untergeordneten bzw. wechselseitigen Verhältnis zu den Werbestrategien; die Abgrenzung erfolgt in der Forschung uneinheitlich und unpräzise, inhaltliche und formal-gestalterisch-stilistische Kriterien werden nicht <?page no="89"?> 79 die dafür verwendeten Werbemittel (Anzeige, Hörfunk-, Fernsehspot, Plakat)? Gibt es ausschließlich einen oder mehrere gemeinsame Zusatznutzen? Wird eine gemeinsame Botschaft aus medienspezifischen „technischen“ Gründen unterschiedlich umgesetzt (z. B. der zwangsläufige Verzicht auf das Bild im HF) oder spielen auch (unterschiedliche) Inhalte eine Rolle? In diesem Zusammenhang ist es unerlässlich den Blick über die Einzelkampagne hinaus auf die sich möglicherweise über Jahrzehnte entwickelt habende Markenkonzeption zu lenken. Diesem Aspekt kann ich mich verantwortlich und ausführlich vor allem bei der diachron untersuchten Dallmayr-Werbung widmen; 297 nach meinen Untersuchungen funktioniert die Beziehung zwischen Marke und Unternehmen hier bereits seit Jahrzehnten so, wie es aktuellen Theorien und Forderungen bezüglich einer optimalen Markenkommunikation entspricht. 298 Sasserath weist auf einen Paradigmenwechsel hin: „Die Marke besitzt nicht mehr nur eine Bedeutung, die im Marketing verankert ist, sondern beeinflusst das Gesamtunternehmen. Dem entsprechend verändert sich die Wertschätzung, die der Marke im Unternehmen entgegengebracht wird. [...] Markenführung wird Teil der Unternehmensführung.“ 299 Exkurs zu(r) Werbebotschaft(en)/ Themen In dieser Arbeit werden die Ausdrücke „Werbebotschaft“, „Thema“ und teilweise „Zusatznutzen/ Grundnutzen“ synonym gebraucht. 300 Der Terminus „Wert“ ist dagegen ein untergeordneter, engerer Begriff: 301 Wird zum Beispiel eine Verwendungsart besonders hervorgehoben, 302 so ist diese zwar ein Zusatznutzen, jedoch kein Wert. Inhalte können auch über die Untersuchung von Lexemen (Denotation, Konnotation, Assoziation) bzw. Leit-/ Schlüsselwörtern, 303 Wortfeldern 304 und Isotopien erarbeitet werden. Zu untersuchen ist, in welchen Kontext Inhalte gebettet werden (weitere Themen, Begründungen) und wie sie sprachlich, visuell und auditiv umgesetzt werden, beispielsweise das Thema „Genuss“: sauber getrennt (Seyfarth, 1995, 67-82, Schmidt/ Spieß, 1997, 157-159, Bekmeier, 1989, 56f.). Vgl. dazu auch die Anmerkungen von Janich, 2003, 95ff. 297 Vgl. „Technisch-formale und inhaltliche Umsetzung“ und „Markenkommunikation“ in Kap. 5.2e) „Bewertung“. 298 Vgl. zu dieser Thematik weiterführend den „Exkurs zur Markenkommunikation“ in Kap. 1.2 „Werbung als Kommunikation“. 299 Sasserath, 2005, 143. 300 Von „Werbeweltbildern“ spricht Cölfen, 1999. 301 Zu Werten in der Werbung vgl. Wehner, 1996, zum Zusatznutzen auch Janich, 2003, 45f. und 95ff. (hier unter dem Terminus „Inhaltliche Strategien der Argumentation“). Eine Anzahl möglicher Wünsche und Triebe ist bei Sowinski, 1998, 26 aufgeführt. 302 Zum Beispiel wird der Dallmayr Kaffee in der Kampagne „Luxus“ (1972) als Geschenk dargestellt. 303 Janich, 2003, 117ff., Reimann, 2003, 211f., Reimann, 1999, 122ff., Römer, 1968, 132f. 304 Reimann, 2003, 212f. <?page no="90"?> 80 Thema „Genuss“ in der Dallmayr-Werbung der 50erbis 90er Jahre 305 - Kampagne „Luxus“ 1972: G ENUSS UND G ESUNDHEIT Anzeige: Dallmayr prodomo ist auch für viele mit empfindlichem Magen oder empfindlicher Leber ein ungetrübter Kaffeegenuß.; - Kampagne „erlesen“ 1973: G ENUSS ALS QUALITATIV HOCHWERTIGES E RGEBNIS DER H ERSTELLUNG ; VISUELLE K ONSUMENTENERWÄHNUNG Anzeige: Schließlich vollenden wir ihn durch unsere behutsame Vollaroma-Röstung zu einem reinen, unvergleichlichen Genuß. Einem echten, großen Genuß, den Sie bei billigeren Kaffees kaum finden werden.; TV-Spot: Mit dem Namen Dallmayr geben wir Ihnen die Garantie für vollkommenen Kaffeegenuss / / Denn wir machen nicht den billigeren Kaffee, sondern den besseren; visuell: junge Frau, die genießerisch den Kaffee probiert; - Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ 1978: G ENUSS ALS Q UALITÄTSMERKMAL ; K ONSUMENTENERWÄHNUNG Anzeige: Kaffeegenießer bevorzugen diesen spezialveredelten Kaffee wegen seines vollendeten Geschmacks.; HF-Spot: Tasse für Tasse ein Kaffeegenuß, der auch den empfindlichsten Geschmack verwöhnt; - Kampagne „der Veredelte“ 1980/ 81: 306 G ENUSS DURCH GESUNDHEITSSCHONENDE H ERSTELLUNG , G ENUSS ALS ( BEWÄHRTES ) QUALITATIV HOCHWERTIGES E RGEBNIS DER H ERSTELLUNG ; K ONSUMENTENERWÄHNUNG HF-Spot: Kaffeegenießer bzw. Genießer; HF-Spot: Deshalb hat Prodomo das volle Aroma und Coffein, ist jedoch von vielen Reizstoffen befreit. Das schmeckt man - und man kann auch mal eine Tasse mehr genießen (weitere Varianten im HF; ähnlich im TV-Spot und in der Anzeige); HF-Spot: Spitzenkaffees sind erlesene Mischungen feiner Hochlandsorten. Für Kaffeeliebhaber ein vertrauter Genuß. Ein besonderer Genuß für Kenner aber ist ein Spitzenkaffee, der veredelt ist: Prodomo von Dallmayr; HF-Spot: ein unbeschwerter Genuß; - Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ 1982: G ENUSS ALS Q UALITÄTSMERKMAL , G LEICHSETZUNG VON G ENUSS UND P RODUKT , K ONSUMENTENERWÄHNUNG Anzeige: für Genießer; immer wieder neue Genüsse 307 entdeckt und zur Vollkommenheit verfeinert; allen Genießern widmet, [...] ein besonders angenehmes Erlebnis; HF-Spot/ TV-Spot: ein Begriff in der Welt des Genießens; HF-Spot: den besonderen Genuß garantiert; TV-Spot: bürgt auch für besonderen Kaffeegenuß; 305 Quellenangaben zu in diesem Kapitel nur erwähnten und in späteren Kapiteln detailliert untersuchter Werbung finden sich in Kap. F. 306 Die Beispiele aus der Radiowerbung stammen von mehreren Spotvarianten. 307 Genüsse stehen also für verschiedene Produkte (Personifizierung). <?page no="91"?> 81 - Kampagne: „Ganzes Pfund“ 1984: G ENUSS ALS Q UALITÄTSMERKMAL : G RÖSSE DES G ENUSSES KORRESPONDIERT MIT DER G RÖSSE DER P ACKUNG HF-Spot: Dallmayr Prodomo bleibt der veredelte Spitzenkaffee, der Ihnen mehr Genuß bietet; TV-Spot: 500 Gramm. Mehr Genuss (Slogan); - Kampagne „Der Genusskaffee“ 1985: G ENUSS ALS Q UALITÄTSMERKMAL TV-Spot/ HF-Spot: Dallmayr Prodomo / der Genußkaffee (Slogan); - Kampagne 1998/ 99: G ENUSS ALS WICHTIGER T EIL DES L EBENS ; VISUELLE K ONSUMENTENERWÄHNUNG Anzeige 1: Wir halten die Zeit für Sie an. (nur mit Bild eindeutig dieser Kategorie zuzuordnen); visuell: Verträumt blickende Frau sitzt vor einer Tasse Kaffee; Anzeige 2: sprachlich: Wenn schon die Erwartung zum Genuß wird.; visuell: Kundinnen, die sich auf den Kaffee freuen; Zusammenfassung „Genuss“ Das Thema „Genuss“ wird durch verschiedene Aspekte dargestellt: - Es wird mit dem Thema „Gesundheit“ in Verbindung gebracht („Luxus“ 1972; „der Veredelte“ 1980/ 81), ist ein (Qualitäts)Merkmal des Produkts bzw. das Ergebnis des Herstellungsverfahrens („erlesen“ 1973; „Geschmack/ Blaues Band“ 1978; „Mit nichts zu vergleichen“ 1982; Ganzes Pfund“ 1984; „Genusskaffee“ 1985), - Genuss wird als Produkt selbst („Mit nichts zu vergleichen“ 1982), als angestrebte Eigenschaft/ Charakterisierung der Konsumenten („Geschmack/ Blaues Band“ 1978; „der Veredelte“ 1980/ 81; „Mit nichts zu vergleichen“ 1982) und als wichtiger Teil des Lebens („1998/ 99“) thematisiert. Zur Identifikation wird häufig der Konsument (sprachlich und/ oder visuell) erwähnt. Schließt man das Kontrollkorpus mit ein, ist festzustellen, dass Marken, die heute vorwiegend für Genussmittel stehen, in der Vergangenheit Nahrungsmittel bewarben, was mit den Ergebnissen von Cölfen 308 übereinstimmt (z.B. bei Dr. Oetker Pudding und Keksen von Bahlsen). So gibt es von Löwenbräu ab 1948 das Münchner Kindl Nährweißbier und Bärenmarke macht in den 1920er Jahren Werbung für sein Basisprodukt in der Verwendung als nahrhafte Kindermilch (hier noch Grundnutzen). 309 Diese ungezuckerte Kondensmilch mit 10 % Fettgehalt gibt es seit 1912 und bis heute. Ihr werden im Laufe der Jahrzehnte die unterschiedlichsten Eigenschaften zugeordnet. 310 308 Cölfen, 1999, 127ff. 309 Vgl. Bärenmarke Jubiläumskalender, 2003: „1912 bis 2002: Die Geschichte der Traditionsmarke mit dem Bären, erzählt in zwölf Monaten: Von einer ‚stärkenden und keimfreien‘ Milch, die in einer Zeit ohne Kühlschränke besonders für Kranke oder als Säuglingsnahrung empfohlen wurde, zu einer breiten Milchproduktepalette, die auf sympathische Weise qualitätsvollen Genuss bei Essen und Trinken garantiert.“. 310 Vgl. Kap. 8.3 „Genussmittel“ sowie Kap. 9 „Diachroner Vergleich der Marke Dallmayr mit den Marken Löwenbräu und Bärenmarke“. <?page no="92"?> 82 Die Termini Grund- und Zusatznutzen sind zu unterscheiden: Mit Kampagnen bekommen Erzeugnisse neben dem Gebrauchswert, dem „Grundnutzen“ 311 (z. B. Kaffee als Getränk), zusätzliche Eigenschaften und Qualitäten, als „Zusatznutzen“ bezeichnet (z.B. die oben erwähnte Kaffeeeigenschaft „Genuss“ mit den damit verbundenen weiteren Themen), welche die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Wünsche der Zielgruppe ansprechen sollen. Dabei geht es vor allem bei Artikeln des täglichen Lebens um den emotionalen Aspekt und weniger um rationale Gründe. Die oft künstlich erzeugten Nebenbedeutungen sind meist viel bedeutsamer als der eigentliche Nutzen eines Produkts. Um einen Einblick in mögliche Zusatznutzen zu geben, sei hier exemplarisch die Auflistung von Christa Wehner angeführt. Sie hat bei der Untersuchung von 3.564 Anzeigen (und den damit verbundenen 5.180 Propositionen) der Zeitschrift B ERLINER I LLUSTRIERTE Z EITUNG die Auftretenshäufigkeit verschiedener Zusatznutzen, die sie als Werte bezeichnet, zusammengestellt. Ohne näher auf ihre Vorgehensweise einzugehen, soll zur Veranschaulichung die Rangfolge der Zusatznutzen dargestellt werden: „1. Schönheit (Jugend, Gepflegtsein)“, „2. Gesundheit (Vorsorge, Heilung)“, „3. Geschmack, Bekömmlichkeit (Nahrungsmittel)“, „4. Qualität (Hochwertigkeit/ Premiumkategorie)“, „5. Convenience (Bedienungskomfort)“, „6. Leistungsfähigkeit (Zuverlässigkeit)“, „7. Lebensfreude (Hedonismus, Lifestyle)“, „8. Physisches Wohlbefinden (Komfort, Vitalität)“, „9. Wirtschaftlichkeit (Preis-Leistungs-Verhältnis)“, „10. Genuß (Nahrungsmittel und Getränke)“, „11. Sicherheit (materiell/ immateriell, Zukunft)“, „12. Anerkennung (Erfolg, Status, Bewunderung)“, „13. Soziale Beziehungen (Freunde, Partnerschaft)“, „14. Lebensart (Stil, Anspruch, Kultiviertheit)“, „15. Technikorientierung (moderne Technologie)“, „16. Ästhetik (schöne Dinge, gute Form)“, „17. Naturnähe/ Ökologie (Umweltbewußtsein)“, „18. Sauberkeit (Reinheit, Glanz, Hygiene).“ 312 In der Analyse wird schließlich unter dem Oberbegriff „Inhalt“ zwischen der Thematisierung von Sender, Empfänger und Produkt sowie kampagnenspezifischen Themen unterschieden. Zum Themabegriff sei auf Brinker verwiesen, dessen Ausführungen ich mich anschließe, da sie für die Ziele der Arbeit völlig ausreichen bzw. diesen am nächsten kommen: „Ausgehend von diesem alltagssprachlichen Gebrauch des Wortes definieren wir ‚Thema‘ als Kern des Textinhalts, wobei der Terminus ‚Textinhalt‘ den auf einen oder mehrere Gegenstände (d. h. Personen, Sachverhalte, Ereignisse, Handlungen, Vorstellungen usw.) bezogenen Gedankengang eines Textes bezeichnet. [...] Das Textthema (als Inhaltskern) ist entweder in einem bestimmten Textsegment (etwa in der Überschrift oder einem bestimmten Satz) realisiert, oder wir müssen es aus dem Textinhalt abstrahieren, und zwar durch das Verfahren der zusammenfassenden (verkürzenden) Paraphrase. Das Textthema stellt dann die größtmögliche Kurzfassung des Textinhalts dar. [...] Man muß sich überhaupt darüber im klaren sein, daß die textanalytische Bestimmung des Themas primär 311 Schucker, 1983, 128. 312 Wehner, 1996, 104. <?page no="93"?> 83 auf interpretativen Verfahren beruht; es kann hier keine ‚mechanische‘ Prozedur geben, die nach endlich vielen Schritten automatisch zur ‚richtigen‘ Themenformulierung führt. [...] Die Bestimmung des Themas ist vielmehr abhängig von dem Gesamtverständnis, das der jeweilige Leser von dem Text gewinnt. Dieses Gesamtverständnis ist entscheidend durch die beim Emittenten vermutete Intention bestimmt, d. h. durch die kommunikative Absicht, die der Sprecher/ Schreiber mit seinem Text nach der Meinung des Rezipienten verfolgt.“ 313 „Medienübergreifende Botschaft“ und „(weitere) Themen“ - lassen sich beispielsweise durch Referenzketten und Isotopieebenen erfassen. Jedoch sind auch Bilder zu berücksichtigen. 314 Im Hinblick auf die medienübergreifende Botschaft bzw. die weiteren in der Werbung vorkommenden Themen ist zunächst zu untersuchen, welche Themen innerhalb einer Kampagne medienübergreifend vorkommen. Im diachronen Vergleich von Dallmayr mit dem Kontrollkorpus Löwenbräu und Bärenmarke wird ausschnittsweise gezeigt, welche Themen sogar Markengrenzen überschreiten. So ist für die 70er Jahre festzustellen, dass „Genuss“, „Geschmack“ und „Qualität“ marken- und produktübergreifende Zusatznutzen sind. Grundlage ist ein (gemeinsamer) Produktbereich, da die in der Werbung gegebenen Versprechen in der Regel abhängig von der jeweiligen Branche sind; in diesem Fall handelt es sich um Genussmittel. Weitere Gemeinsamkeiten liegen in der (ursprünglich) übereinstimmenden regionalen Herkunft (Bayern) sowie dem langjährigen Bestehen der Marken, wodurch eine Affinität zur Werbung mit dem Traditionsaspekt besteht. 315 Auch für die aktuelle Nahrungsmittelwerbung sind die erwähnten Themen noch von großer Bedeutung. 316 Im Hinblick auf die in dieser Arbeit behandelten Produkte der diachronen Analyse (Kaffee, Kondensmilch, Bier) soll noch kurz auf die Nahrungs- und Genussmittelanbieter eingegangen werden. Die Rangfolge der Häufigkeit auftretender Werte für die jüngste von Wehner untersuchte Zeit (1980-1992) wird vom „Geschmack“ angeführt, in weitem Abstand dazu folgen „Lebensfreude“, „Genuss“ und „Qualität“, weiter abgeschlagen liegen „Kultiviertheit“, „Gesundheit“, „Wohlbefinden“, „Beziehungen“, „Ökonomie“, „Anerkennung“, „Ökologie“, „Convenience“ und „Schönheit“. 317 Alle anderen vorher angesprochenen Werte kommen nicht vor. 313 Brinker, 2005, 56f. [Hervorhebung im Original]. 314 Vgl. zu Textthema und -entfaltung Brinker, 2005, 55-87. Zur detaillierteren Beschäftigung vgl. Lötscher, 1987. Seine Thematheorie scheint mir für meine Analyse zu weit zu führen und zu differenziert zu sein. 315 Vgl. Kap. 8 „Werbung für Genussmittel regionaler Herkunft und langer Tradition“. 316 Vgl. Kap. 9.4 „Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte“. 317 Wehner, 1996, 187. Wehner, 1996, 112: „Bei Nahrungs- und Genußmitteln dominieren zwei generische Produktversprechen: Zum einen der Grundnutzen von Nahrungsmitteln (gegen Hunger und Durst, Geschmack, Bekömmlichkeit) mit durchschnittlich 28 % [in der Tab. auf S. 108 unter „Geschmack“ zusammengefasst, d. Verf.] und zum anderen - auf höherer Stufe der Bedürfnispyramide - Genuß mit 12 %. In den ersten <?page no="94"?> 84 2. (Weitere) Themen Differenzierter als unter „1. Medienübergreifende Botschaft“ werden alle auftretenden Inhalte - also nicht nur die übergeordneten, kampagnentragenden Themen - genannt und den jeweiligen Medien zugeordnet. Ein Augenmerk ist auf medienspezifische Themen zu richten, 318 zum Beispiel beinhaltet die Anzeige der Dallmayr-Kampagne „Luxus“ (1972) die zwei informationsbezogenen Zusatznutzen „Gesundheit“ (Dallmayr prodomo ist auch für viele mit empfindlichem Magen oder empfindlicher Leber ein ungetrübter Kaffeegenuß.) sowie „Qualität: Herkunft, Herstellungsverfahren“ (In Dallmayr prodomo sind erlesene Hochgewächse. Ihr Aroma wird in der behutsamen Dallmayr-Vollaromaröstung in ganzer Fülle erschlossen.), die im ausschließlich emotional ausgerichteten TV-Spot fehlen. Besser als zusätzliche Textteilhandlung lässt sich eine nur im HF-Spot der Dallmayr-Weihnachtskampagne (Print, HF 1978) vorhandene Botschaft erfassen; es wird der Hinweis auf die Verkaufsstellen der Dallmayr-Geschenk-Dose gegeben (‚Verkaufsort nennen‘ als Zusatzhandlung zur Teilhandlung ‚Verkaufsmodalitäten nennen‘ der Texthandlung ‚zum Kauf/ zur Nutzung des Produkts bewegen wollen‘): 319 überall dort, wo es Dallmayr-Kaffee gibt. Dieser Service ist dem Medium Hörfunk angemessen: Zum einen ist es möglich, dass der Konsument die Werbung im Autoradio auf dem Weg zum Einkaufen hört und somit unmittelbar danach handeln, die entsprechenden Geschäfte ansteuern kann. 320 Zum anderen wird Radiowerbung im Allgemeinen - vor allem bei lokaler Werbung - für die Bekanntgabe von aktuellen und sich schnell verändernden Serviceleistungen genutzt. Dazu gehören zum Beispiel auch Zeit und Ort von (gesponserten) Veranstaltungen oder (vorübergehende) Preisermäßigungen. In dieses Umfeld passt diese recht allgemeine Information über die das Produkt führenden Geschäfte besser als in die Anzeigen. Positiv zu vermerken ist der Verzicht auf detaillierte Straßen- und eventuell gar zusätzliche Hausnummernangaben, die dem flüchtigen Medium Hörfunk nicht angemessen wären. Als elliptischer Sprechakt lässt sich bei den Verlosungskampagnen von Dallmayr „BMW“ und „Kenia“ in den 90er Jahren der Verzicht auf die Handlungsanweisungen im HF in Entsprechung zur Anzeigenwerbung 321 bezeichnen; sie werden auf die im Spot erwähnten Teilnahmekarten Dekaden des 20. Jahrhunderts wird vor allem die Qualität von Nahrungs- und Genußmitteln (durchschnittlich 35 % der Nennungen bis 1929) hervorgehoben; Genußorientierung und Lebensfreude gewinnen erst mit Beginn der 30er Jahre zunehmend an Bedeutung.“ Ich sehe allerdings den Grundnutzen enger und beschränke ihn auf den Aspekt „gegen Hunger und Durst“. 318 Vgl. zusammenfassend Kap. 10 „Unterschiede im Medienzusammenspiel“. 319 Janich, 2003, 79f. 320 Vgl. Kap. 2.2 „Spezifika“. 321 Anzeige: Beantworten Sie einfach unsere Frage: Wie heißt die beliebteste Kaffeemarke aus dem Hause Dallmayr? Und senden Sie den ausgefüllten Coupon bis zum 30.11.95 an: Dallmayr prodomo, 81020 München. <?page no="95"?> 85 ausgelagert (Teilnahmekarten im Handel oder direkt bei Dallmayr München.). Das heißt also, dass - entsprechend der variabel handhabbaren Rezeption - in der Printwerbung mehr Text als im HF-Spot untergebracht wird, z. B. „Verlosungskampagne Kenia“: 108 Wörtern in der Anzeige stehen 56 Wörter im HF-Spot gegenüber. 3. Inhaltliche Argumentationsstrategien „Werbung dient nicht und diente nie der marktwirtschaftlichen Aufklärung, sondern ist ein Instrument, um den Umsatz zu erhalten oder zu steigern. Gelingt dies mit Hilfe von nachprüfbaren und sachlichen Produktinformationen, dann werden diese eingesetzt. Eignet sich eine solche ‚informative’ Strategie nicht aufgrund der Produktgattung oder des zu ähnlichen Konkurrenzangebots, werden stattdessen emotionale Strategien gewählt.“ 322 Unter „Inhaltliche Argumentationsstrategien“ wird, wie es das Zitat ausdrückt, nur eine erste knappe Einordnung in „informations- oder emotionsbezogene Darstellung“ bzw. eine Verbindung aus beiden Aspekten vorgenommen. 323 Bei der Analyse müssen emotionale und informative Aspekte abgewogen werden. Eine Einordnung in (nur) einen der beiden Bereiche erfolgt dann, wenn es nicht zwingend ausschließlich, aber überwiegend Argumente für eine Strategie gibt. Daneben finden sich in meinem Material auch informativ-emotionale sowie emotional-informative Strategien. Diese Differenzierung entspricht der unter 1. „Medienübergreifende Botschaft“ bereits erwähnten Einteilung der MehrWerte/ Ziele durch den Werbepraktiker Norbert Borsch in „Informieren“ oder „Erlebniswelten aufbauen“. 324 Die dort zusätzliche genannte Kategorie „Aktualisieren“ bezieht sich auf die Produktneueinführung; ich habe sie nicht separat erwähnt. Sie ist vermutlich meist zur informationsbezogenen Darstellung zu zählen, wie ich es für die Kampagne zur Einführung des Beate-Uhse-Kanals festgestellt habe: Zunächst geht es um eine rationale/ informationsbezogene Angelegenheit: Im Mittelpunkt steht die Neueinführung des Programmangebotes Beate-Uhse-Kanal auf dem Sender Premiere World (Grundnutzen). Dieses nachprüfbare Argument wird mit einer emotionalen Wirkung verknüpft: Das Programm wirbt mit der Befriedigung eines starken menschlichen 322 Janich, 2003, 38. 323 Ähnlich geht auch Kokova (1995, 100ff.) vor. Vgl. auch Schifko, 1982, 990f. Bei den Dallmayr-Dialogspots der 50er/ 60er Jahre spreche ich von Unterhaltungsfunktion (D UDEN . Die Grammatik, 2005, § 1937, S. 1163), da es sich inhaltlich um kleine Familiengeschichten handelt, die sich von Spot zu Spot - wenigstens zum Teil - aufeinander beziehen. Der Zweck, ein Produkt zu kaufen, tritt in den Hintergrund. Die Testimonials und das dargestellte Umfeld werden mit jedem Spot, den der Rezipient hört, vertrauter. Zur großen Anzahl der produzierten TV- und HF-Spots dieser Serie vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 324 Borsch, 2002, 95ff. <?page no="96"?> 86 Triebes (Zusatznutzen), spricht demnach eine zentrale Sehnsucht der Rezipienten an. 325 Abb. 4: Anzeigenmotiv der Kampagne „Beate Uhse“. Zur „informationsbezogenen Argumentationsweise“ gehören (häufig für nur einen Teil der Medien einer Kampagne) rationale, nachprüfbare und nachvollziehbare Argumente bzw. Fakten, wie beispielsweise Preisangaben, Angaben zur Handhabung oder zu den Zutaten eines Produkts; mit emotionsbezogenen Strategien wird an Gefühle appelliert. 326 325 Die Werbeagentur Heye & Partner (CD vom 19.11.2002) schreibt über die Kampagne „Beate Uhse“: „Einführung eines neuen Programmangebots. Alle werblichen Maßnahmen zielen auf die Bekanntmachung dieses neuen Angebotes ab. In Summe handelt es sich hier also nicht um übergeordnete Image- oder Markenwerbung, sondern um absatzfördernde Angebots-/ Produktwerbung. Strategisch wurde ein sehr breites Medienspektrum eingesetzt, von der klassischen Werbung über Internet bis hin zum kleinsten Werbemittel im Handel.“. 326 Vgl. zu möglichen inhaltlichen Argumentationsstrategien Janich, 2003, 95ff. (mit dem Verweis auf weitere Literatur sowie die entsprechenden Kapitel in Janich, 1998). Hier wird auch aufgezeigt, welche der produktbezogenen Argumente als informativ eingestuft werden können, z. B. „Informationen über die inhaltliche Zusammensetzung“ und „technische Details“, und welche „eine[r] eher persuasive[n] Strategie“ (z. B. die Produkteigenschaften „exklusiv, elegant, modisch oder einfach neu und revolutionär“) zuzuordnen sind. Hierbei handelt es sich also um „emotionale Aufwertung“. Meines Erachtens zielt Geldmacher (2002, 67) mit seinem Beispiel der Markenassoziation bei Nescafé genau auf die beiden unterschiedlichen Argumentationsstrategien (bzw. auf Grund- und Zusatznutzen): „Die Information bei Nescafé heißt beispielsweise: keine Bohnen, sondern löslicher Kaffee (Pulver oder so etwas Ähnliches), schnell zubereitbar, einfach nur mit heißem Wasser, praktisch, keine große Vorratshaltung, tassenweise zubereitbar und es gibt mehrere Sorten, auch koffeinfrei. <?page no="97"?> 87 Ich werde im Rahmen der (inhaltlichen) Argumentationsstrategien nicht auf formale Argumentationsverfahren (Enthymemargumentation mit dem dreiteiligen Argumentationsschritt Argument, Konklusion und Schlussregel sowie Beispielargumentation) eingehen. 327 Dies wäre ein weiterer Analyseschritt, der mir für meine Untersuchung nicht notwendig erscheint. Es sei hier und in diesem Zusammenhang die Hypothese aufgestellt, dass Anzeigen in früherer Zeit informativer ausgerichtet waren - dies ist bei den Dallmayr-Kampagnen zu untersuchen - und sich die Anzeigen der aktuellen Kampagnen an die Gestaltung der Fernsehspots annähern und entsprechend der angenommenen Emotionsorientiertheit des TV stärker emotionsbezogen sind. 328 B. Umsetzung 1. Struktur(elemente) In diesem Teilkapitel werden die Textbausteine, Darstellungsmittel und die Struktur der Werbemittel behandelt, zum Beispiel Headline (in der Printwerbung) bzw. Einstiegssatz (in den Spots), 329 Schlagzeile (in der Printwerbung), Slogan, Bild, Musik, Geräusche, weitere sprachliche/ bildliche Elemente (z. B. Insert, Internetadresse, graphisches/ sprachliches Logo). Eine Schwierigkeit besteht in einer vergleichbaren Bezeichnung von Textbausteinen in den unterschiedlichen Medien. Können Termini beispielsweise von der Printauf die Hörfunkwerbung übertragen werden? Wie lassen sich Textelemente aus der ausschließlich gesprochenen Sprache der Radiospots herausfiltern und von den übrigen Äußerungen abgrenzen? Ist das überhaupt möglich? Für den Vergleich, die Ermittlung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden, ist das Bemühen um die Suche nach übereinstimmenden Bezeichnungen wünschenswert, ohne Differenzen zu überdecken. 330 Die Termini „Headline“ und „Schlagzeile“ sollen den über graphische Möglichkeiten verfügenden Werbemitteln, insbesondere der Anzeigen- und Plakatwerbung, vorbehalten sein. Sie unterscheiden sich nicht in der Funktion - beide sind Blickfänger, Aufmerksamkeitserreger -, sondern in der Platzierung. Diese in der Forschung und Praxis häufig nicht mehr vorgenommene Differenzierung in der Bezeichnung nehme ich vor, um den Man kann Nescafé stark und schwach trinken, je nachdem, wieviel man nimmt. Und: Nescafé ist eben Nescafé. Mehr noch: Das Synonym für löslichen Kaffee. Die Faszination von Nescafé ist demgegenüber höchst persönlich, das heißt, von Verbraucher zu Verbraucher, von Land zu Land unterschiedlich.“. 327 Ausnahme ist die Dallmayr-Kampagne 1978, für die sich diese Vorgehensweise geradezu anbietet; sie findet sich in Kap. 5.2b). 328 Die Beantwortung erfolgt in Kap. 10.1.2. 329 Der Ausdruck „Einstiegssatz“ wird nur verwendet, wenn es in den elektronischen Werbemitteln einen der Printwerbung inhaltlich vergleichbaren Einstieg gibt. 330 Vgl. Reimann, 2008b, 167-187. <?page no="98"?> 88 klassischen Anzeigenaufbau einerseits (hier ist eine Headline enthalten) und Abweichungen davon bzw. Plakat-Elemente andererseits herauszufiltern. Die Bezeichnung „Schlagzeile“ verwende ich für in irgendeiner Weise (z. B. durch Farbe, Größe, Schrift) herausgestellte Textelemente, die nicht im Rahmen der klassischen Anzeigenstruktur Headline - Fließtext - Slogan auftreten und nicht der Slogan sind (vgl. unten). Beispielsweise ist eine Schlagzeile am oberen Anzeigenrand anzutreffen, der Fließtext fehlt, und es gibt noch einen Slogan. Beim folgenden Beispiel, der Dallmayr-Kampagne „Luxus“ (1972), ist eine klassische Anzeigenwerbung vorhanden, daneben der TV-Spot, welcher bei der Dallmayr-Werbung das Basismedium ist. Ausschnitt der Struktur(elemente) Print Fernsehen Headline (Print) / Einstiegssatz (TV) Ein nobles Geschenk ist keine Frage des Preises, sondern des Geschmacks Ein nobles Geschenk ist keine Frage des Preises, sondern des Geschmacks Slogan Dallmayr Kaffee - duftet und schmeckt - Luxus, den man sich täglich leistet. Dallmayr Kaffee / duftet und schmeckt / Luxus, den man sich täglich leistet Textstruktur Headline - Fließtext - Slogan Monolog; Fließtext der Anzeige entspricht inhaltlich der kürzeren gesprochensprachlichen Äußerung des TV-Spots Im Rahmen der Strukturelemente wird der Fließtext nicht separat erwähnt, er findet Platz bei der Darstellung der Textstruktur (z. B. Headline - Fließtext - Slogan); z. B. ist bei den Spots die Textstruktur „Dialog“ häufig. Die Problematik der strukturellen Vergleichbarkeit von audiovisueller Werbung und Printwerbung muss berücksichtigt werden. Die oberste Orientierungsmaxime für die Zuordnung aller Textbausteine sollte die Funktion sein, da die Platzierung in der Printwerbung, vor allem bei den Anzeigen, in jüngerer Zeit immer unübersichtlicher wird (oberhalb/ unterhalb des Bildes, zweigeteilte Textbausteine; selten der klassische Anzeigenaufbau Headline - Fließtext - Slogan) und Bezeichnungen somit auch nicht einfach auf Werbung in elektronischen Medien übertragen werden können. Ein Beispiel für die Vorteile der Orientierung an der Funktion ist die aktuelle Löwenbräu-Kampagne: Das Plakat beinhaltet nur das einzige (am oberen Plakatrand angebrachte) Syntagma Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. Isoliert könnte man den Textbaustein durchaus als Schlagzeile oder Headline bezeichnen. Er entspricht aber meines Erachtens inhaltlich und funktional 331 dem am klassischen Slogan-Platz (Ende) angebrachten Textbaustein des HF-Spots. Das Vorhandensein eines weiteren Werbemittels 331 Vgl. Janich, 2003, 48ff. <?page no="99"?> 89 innerhalb einer Kampagne kann also zur Bestimmung der Textbausteine sehr hilfreich oder sogar unbedingt nötig sein. In diesem Fall ist die werbemittelübergreifende Funktion die Wiedererkennung der Marke Löwenbräu, zumal der Markenname auch auftritt - im Gegensatz zu den gewöhnlichen Headlines -, sowie die Verbundenheit der zu einer Kampagne gehörenden Werbemittel. Deshalb sollte der Slogan möglichst unverändert auch z. B. bei Anzeigen- oder Hörfunkspotvarianten innerhalb einer Kampagne vorkommen. Hier differiert also die Platzierung des Textbausteins bei den Werbemitteln. 332 Eine unterschiedliche Terminologie bei übereinstimmender Funktion würde Verwirrung stiften, so dass ich mich, wie angesprochen, an der Funktion orientiere, die klassische Platzierung (vor allem bei der Anzeigenwerbung) - wenn vorhanden - aber beachte und anführe; sie ist teilweise für die adäquate Interpretation notwendig. Der Slogan ist somit - wie sich gerade durch den Medienvergleich feststellen lässt - der „wichtigste“ mehrmediale Textbaustein. Den von Zielke separat verwendeten Terminus „Claim“ zur Bezeichnung von Textelementen, die den Fließtext zusammenfassen und im Gegensatz zum Slogan nicht wiederholt werden, verwende ich nicht. 333 Solch ein Textelement kommt zum einen in meinen Beispielen nicht vor; zum anderen wird „Claim“ heute von den Werbeagenturen auch gleichbedeutend mit „Slogan“ verwendet. 334 Bajwas Überlegungen zum Slogan in den verschiedenen Medien beziehen sich auf die Sloganlänge („kurze[r] ‚Satz‘ “), auf die Platzierung, den Inhalt und die Funktion. Außerdem müsse der Slogan - nach der Definition von Möckelmann/ Zander 335 - „allein“ stehen, also „sprachlich abgehoben[e]“ sein. 336 Es wird dennoch nicht ganz klar, wo Bajwa bei seinen Beispielen bei der Suche nach Slogans ansetzt: Ist es beispielsweise die Funktion oder die (sprachliche oder graphische) Alleinstellung bzw. die Platzierung? Entsprechend undurchsichtig sind somit auch die Ergebnisse an einigen Stellen. Meines Erachtens ist eine saubere Eingrenzung der 332 Was in meinem Korpus nicht vorkommt, jedoch ein interessantes Phänomen ist, ist die untypische Platzierung des Slogans innerhalb der elektronischen Werbung. Beispielsweise gibt es in der frühen HF-Werbung Textbausteine, die nicht am Schluss der Spots stehen und dennoch die Slogan-Funktion beinhalten, z. B. Persil-Werbespot 17.12.1973 (HWA-Datenbank Nr. 533/ 73): Unser Bestes - Persil. Der Textbaustein wird etwa in der Mitte des Spots gesprochen. In einer Persil-Werbung von 2004 (Beispiel vom 06.11.2004, Radio Galaxy, Ingolstadt) wird er zweimal gesungen und einmal gesprochen, in keinem Fall jedoch am Ende des Spots: Unser Bestes von Persil. Der Slogan wird demnach innerhalb des Spots nicht verändert und auch über Jahrzehnte (vgl. Spot 1973) nur geringfügig variiert. 333 Zielke, 1991, 84ff. 334 Heye & Partner, 2001 (ohne Seitenangabe), z. B. zu Löwenbräu: „Das Konzept. Löwenbräu ist Bayern. Auf den Punkt gebracht mit dem Claim ‚Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern.’ “. 335 Möckelmann/ Zander, 1972, 22. 336 Bajwa, 1995, 56. <?page no="100"?> 90 Funktion wichtig, nach der man dann die Textbausteine der Werbemittel zuordnen kann. Die ursprünglichen Funktionen des Slogans, Wiedererkennbarkeit, Imagebildung und Identifikation können so werbemittelübergreifend ermittelt werden. Eine weitere Sloganfunktion ist die prägnante Zusammenfassung des Inhalts des Werbemittels; sie ist jedoch im Rahmen der mehrmedialen Strategien von nachrangiger Bedeutung, da Slogans mit dieser Funktion werbemittelübergreifend variieren können bzw. nur einmalig auftreten. 337 Christopher Schmidt trennt die Sloganfunktionen auch terminologisch in „Werbeslogan“ und „Markenslogan“. Die Funktionen des Markenslogans sind entscheidend für das Zusammenspiel der Werbemittel, nämlich „längerfristig […] ein spezifisches Marken- und sogar Unternehmensimage zu fördern. Letzteres ist […] lediglich im Rahmen einer längerfristig geplanten Branding-Strategie“ 338 möglich. Der seit Jahren werbemittelübergreifend eingesetzte Slogan Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee aus meinem Korpus ist ein Vorzeigebeispiel für diese Sloganfunktion innerhalb einer kontinuierlich gestalteten Strategie, die hinsichtlich anderer visueller und sprachlicher Elemente sogar bis Ende der 70er Jahre zurückreicht. 339 Im Gegensatz zum Werbeslogan wird, nach Schmidt, der Markenslogan mit dem Firmennamen und/ oder dem Firmenlogo verbunden; dies zeigte sich auch bei meinen Analysen. 340 Wie sich bei den Untersuchungen herausstellte, kann der Slogan auch bzw. in Teilen eine andere Funktion haben, nämlich Blickfänger sein. Das ist der Fall, wenn er den Markennamen nicht enthält (da er ansonsten der Identifikation dienen und der vorrangigen Sloganfunktion entsprechen würde); die Platzierung ist oben oder mittig, jedoch nicht am Ende des Werbemittels. Ein Beispiel ist der erste Teil des zweigeteilten Slogans auf dem Plakat der Versicherungskammer Bayern: Rente gut - alles gut! (siehe Abb. 6, S. 93). 341 Diese Funktion habe ich nur für Printwerbung ermitteln können (Bernbacher, Versicherungskammer Bayern). Die folgende Tabelle fasst die (möglichen) Funktionen und Platzierungen von Slogan, Headline und Schlagzeile zusammen und zeigt beispielhaft das Verhältnis von inhaltlichen Gemein- 337 Vgl. Baumgart, 1992, 35ff. und Bajwa, 1995, 66ff. Ein Beispiel für die hier definierte Funktion des „Werbeslogans“ ist die Pilskampagne von Löwenbräu aus den 1970er Jahren: Die Slogans der Anzeigen und Plakate wechseln, was bei den HF-Spots nicht der Fall ist. Zudem stimmt kein Slogan der Printwerbung mit dem HF-Spot-Slogan überein. Eine verbindende Funktion über diesen Textbaustein wird also nicht gewährleistet; vgl. Kap. 9.4e) „Der markenübergreifende Vergleich“. 338 Schmidt, 2003, 79. Vgl. zur Bedeutung des Markenslogans für die Unternehmens- und Markenkommunikation den gesamten Aufsatz von Schmidt (79-105). Er legt den Schwerpunkt seiner Ausführungen auf den Einsatz im Internet. 339 Vgl. u. a. Kap. 10.1.3 „Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Werbemitteleinsatz“. 340 Vgl. Kap. 6.2.2b) „Struktur(elemente)“. 341 Vgl. auch die Ausführungen zum „Slogan“ in Kap. 6.2.2b) „Struktur(elemente)“. <?page no="101"?> 91 samkeiten und Unterschieden innerhalb der Kampagnen durch die in den Analysen erzielten Ergebnisse. Textbaustein Headline Schlagzeile Slogan Einstiegssatz (TV/ HF) Platzierung Kann überall vorkommen steht oberhalb des Fließtextes bzw. des Bildes Vorkommen nicht im Rahmen der klassischen Anzeigenstruktur Inhalt stimmt zumindest in Teilen zwischen den Werbemitteln einer Kampagne überein Gemeinsamkeit mit den übrigen Werbemitteln einer Kampagne nicht zwingend; diachron zeigt sich mitunter eine (variierte) Übereinstimmung der Anzeigenheadline mit dem Einstieg beim TV- oder HF-Spot. 342 Funktion - Identifikation/ Wiedererkennung des Produkts, der Marke oder des Unternehmens - (oft) Verknüpfung der Werbemittel zu einer Kampagne kann (seltener) Blickfänger sein, z. B. am oberen Rand der Printwerbung oder am Beginn des Spots (enthält dann nicht den Markennamen: z. B. bei Zweiteilung des Slogans! ) prägnante Zusammenfassung des Werbemittelinhalts Blickfänger, Aufmerksamkeitserreger (häufig graphisch hervorgehoben), z. T. Vermittler der zentralen Werbebotschaft (wenn in der Printwerbung kein Fließtext vorhanden) Tabellen und Graphiken 5: Textbausteine (Platzierung, Inhalt, Funktion). Ferner wird im Teilkapitel „Struktur(elemente)“ auf die Textmenge eingegangen. Nach Brandt ist zwischen primären, sekundären und tertiären 342 Z. B. Dallmayr-Verlosungskampagne BMW (1994): Gewinnen Sie Ihren Traum in Königsblau! (Anzeige) bzw. Gewinnen Sie jetzt Ihren Traum in Königsblau (HF-Spot) oder die Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ (1982): Dallmayr Prodomo. Einer großen Tradition verpflichtet. (Anzeige) bzw. Dallmayr Prodomo ist einer großen Tradition verpflichtet (HF- Spot). Die Hervorhebungen sollen Unterschiede verdeutlichen. Zum gemeinsamen Einstieg von Anzeige und TV-Spot vgl. in diesem Teilkapitel (S. 88) die Dallmayr- Kampagne „Luxus“ (1972). <?page no="102"?> 92 Texten zu unterscheiden. 343 Dies muss bei der Angabe der Textmenge berücksichtigt werden. Der TV-Spot von Coca-Cola (1999) beispielsweise enthält nur sekundären Text: die Aufschrift auf dem graphischen Logo sowie auf der Coca-Cola-Flasche. Bei der Untersuchung der visuellen Ebene der TV-Spots werden Anzahl und Inhalte der Bilder genannt. Grundsätzlich ist festzuhalten, ob Bilder schwarz-weiß oder farbig gezeigt werden. Dies ist besonders bei den diachron untersuchten Spots von Bedeutung bzw. bei neuen Spots als Möglichkeit der Abweichung von der Konkurrenz. Zusätzlich kann zwischen statischen und dynamischen Bildern unterschieden werden. Das ist beispielsweise ein wichtiger Aspekt beim Medienzusammenspiel der Flensburger-Kampagne: Die Printwerbung greift ein Bild des TV-Spots auf - Wiedererkennung ist somit gewährleistet -, und zwar genau das, welches für einen Moment statisch die Situation einfängt. Im TV-Spot wurden die fünf männlichen Darsteller mit der Tatsache konfrontiert, dass der Wirt kein Flensburger Pilsener hat. Ungläubig halten sie für einen Moment mit mürrisch-entsetztem Gesichtsausdruck inne - ein statisches Bild, das für die Printwerbung verwendet wird. Abb. 5: Ausschnitt aus dem TV-Spot „Neulich beim Abgang“ der Kampagne „Flensburger Pilsener“. Weitere visuelle Auffälligkeiten (Zeichentrickeinlagen, Verfremdungen, Zeichnungen statt Fotografien usw.) sind aufzunehmen. Eine Zuordnung z. B. zu den Zeichentypen Symptom, Ikon und Symbol 344 wird nur im Hin- 343 Brandt, 1973, 147f. Primärer Text ist für die Werbung kreiert worden, sekundärer Text ist auf dem Produkt, seiner Verpackung oder Werbegeschenken angebracht, tertiärer Text gehört lediglich dem Kontext an. Diese Differenzierung ist ebenso bei Musik- und Geräuschelementen möglich (vgl. auch Janich, 2003, 60 und 69). 344 Beispiele, die diese Unterscheidung notwendig machen, nennt Janich, 1999, 61: „Symptome und Ikone können auch zu Symbolen werden, wenn das Interpretationsverfahren nicht mehr über den assoziativen Weg der Ähnlichkeitsbeziehungen, sondern über einen konventionell festgelegten Weg abläuft. Ein Sonnenuntergang kann als Symptom für das Abend- und Nachtwerden interpretiert werden. Sonnen- <?page no="103"?> 93 blick auf eine visuelle Besonderheit oder Bedeutung im Medienzusammenspiel vorgenommen. Beispielsweise wird bei der Kampagne der Versicherungskammer Bayern für eine Rentenversicherung auf dem Plakat ein Liegestuhl gezeigt, ein wichtiger Bestandteil der Story in TV und HF. Es handelt sich um ein Ikon (siehe S. 96), 345 das durch den Transfer von der bekannten TV-Werbung leicht interpretiert werden kann als Zeichen für ein angenehmes Rentendasein im Süden am Strand. Abb. 6: Plakat („Rente“) der Kampagne „Versicherungskammer Bayern“. Zu untersuchen ist schließlich der Produktname: 346 Bei den synchron analysierten Kampagnen sind Inhalte, Benennungsmotive, Formen, Platzierung im Werbemittel und Funktionen zu überprüfen; diachron lassen sich Veränderungen in der Namengebung untersuchen. Außerdem ist die Häufigkeit der Erwähnung in einem Werbemittel sowie die Einbettung in die Kampagne interessant. 347 untergänge haben aber einen gewissen Symbolwert, da sie als Zeichen für eine romantische Stimmung verwendet werden [...]. Ein anderes Beispiel ist die lila Kuh von Milka. Zwar kann von der Kuh assoziativ auf Schokolade geschlossen werden (d. h. ikonisch: metonymische Ähnlichkeitsbeziehung: Kuh als Milchproduzent, Milch als wesentlicher Bestandteil von Schokolade), doch als farblich verfremdetes Sinnbild für eine bestimmte Schokoladenmarke hat die lila Kuh eher Symbolcharakter“. 345 Vgl. Janich, 1999, 60 sowie die veränderte Auflistung unter Janich, 2003, 64f. und Keller, 1995, 123ff. Nicht erwähnen werde ich beispielsweie den ikonischen Charakter von Produktabbildungen; auch auf den Zeichencharakter von graphischen Firmenlogos und Markenzeichen, die häufig Symbole/ konventionalisierte Zeichen sind, werde ich nicht stets hinweisen (Janich, 1999, 59ff. und Janich, 2003, 63ff.). 346 Vgl. Janich, 2003, 51ff. 347 Vgl. auch den „Exkurs: Produktnamen“ in Kap 6.2.2 „Inhaltliches und formales Zusammenspiel - kampagnenübergreifende Parallelen und Unterschiede“ sowie Kap. Imagewerbung: 18/ 1 Plakat <?page no="104"?> 94 2. Inhalt Unter diesem Punkt werden die Thematisierung von Sender, Empfänger und Produkt 348 sowie kampagnenspezifische Themen behandelt. Dies gilt für Sprache, Bild und Ton. Auf die Werbebotschaften, Inhalte bzw. Themen bin ich oben (A.1 „Medienübergreifende Botschaft“ und A.2 „(Weitere) Themen“) bereits ausführlich eingegangen; in den Einzelanalysen werden sie dort allerdings lediglich (im Überblick) genannt bzw. zusammengefasst. Die Darstellung mit den Beispielbelegen erfolgt in der Rubrik „Inhalt“ - in die Arbeit exemplarisch aufgenommen. 349 Eine Erklärung der Zuordnung fordern in Spots auftretende und/ oder stimmlich hörbare bekannte Persönlichkeiten (z. B. aus Film und Fernsehen, Sport, Politik): Sie können einerseits als Sekundärsender auftreten, also stellvertretend für Sender/ Unternehmen agieren und sprechen sowie die Vorzüge des Produkts wegen ihrer Autorität als beliebte Persönlichkeiten zumeist recht glaubwürdig anpreisen. Auf der anderen Seite können sie Vorbildverbraucher sein und die Handlung, welche die Rezipienten nachahmen sollen, ausführen. Deshalb ist häufig eine Doppeleinordnung (Thematisierung von Sender und Empfänger) sinnvoll. 350 Bezüglich der kampagnenspezifischen Themen ist die entscheidende Frage: Wie werden sie in den unterschiedlichen Werbemitteln realisiert, wie wird beispielsweise bei der Gestaltung des HF-Spots vorgegangen, der nicht über die visuelle Komponente verfügt? Was sind die medienspezifischen Unterschiede in der Umsetzung? Ferner interessieren Themen, die nicht in allen Werbemitteln einer Kampagne vorkommen. Gibt es dafür Gründe? Welche sind das? (vgl. A.2 „(Weitere) Themen“). 3. Form/ Gestaltung In dieser zweigeteilten Kategorie (vorgegebene Untersuchungskriterien einerseits, Nennung kampagnenspezifischer Besonderheiten andererseits) 351 werden bei allen Einzelanalysen konzeptionelle Mündlichkeit bzw. Schriftlichkeit vor dem Hintergrund der medialen Möglichkeiten, prosodische Phänomene sowie der Text-Bild-Bezug untersucht. Diese Aspekte erscheinen mir für den Medienvergleich besonders wichtig und sollen kampagnenübergreifende Schlussfolgerungen ermöglichen. Darüber hinaus werden in 9.2 „Exkurs: Produktnamen“. Siehe Reimann, 2007b, 213-232 zur Medialisierung von Marken- und Produktnamen in der Hörfunkwerbung. 348 Vgl. die Erläuterungen mit Beispielen im Kommunikationsmodell in Kap. 1.2 „Werbung als Kommunikation“. 349 Vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 350 Reimann, 2003, 207 und 209. Sog. Fachleute, wie Ärzte bzw. als Ärzte verkleidete Darsteller, sind als Sekundärsender anzusehen. Dagegen ordne ich, anders als Brandt (1973, 149), unbekannte Konsumenten ausschließlich der Empfängerthematisierung zu. 351 Vgl. Kap. 3.1 „Vorgehensweise bei den Einzelanalysen“. <?page no="105"?> 95 den Einzelanalysen - der Vollständigkeit halber und als Basis für weiterführende Untersuchungen - zusätzliche hinsichtlich des Medienzusammenspiels auffällige Gestaltungsmerkmale in Sprache, Bild und Ton genannt, die jedoch beim synchronen und diachronen Vergleich nicht berücksichtigt werden können, da sie nur kampagnenspezifisch auftreten; exemplarisch werden sie in Kap. 5 angesprochen. Ich nenne dazu zwei Beispiele: Transkription des Textes eines HF-Spots der Stadtwerke München: Sprecherin A: Oh diese Farben / sie symbolisieren Gauguins malerische Einsamkeit und die impressionistische Ironie menschlicher Existenz. Sprecherin B: Ganz recht, meine Liebe. Allein die Handbewegung des Mädchens zeigt seinen Hang zur reinen Selbstkasteiung. Sprecherin A: Einspruch / Führt dieser zarte optimistische Strich deine Theorie nicht doch ad absurdum? Sprecher (österreichischer Akzent): Verzeihung die Damen, sonst hamma keine Probleme? Sprecherinnen A und B: Nein, wieso? / Um alles andere kümmern sich doch die Stadtwerke München! Kommentator: Sie genießen das Leben und wir machen den Rest. Stadtwerke München / Besser leben mit M. Bei der Analyse der Kampagne der Stadtwerke München fallen im HF-Spot fachsprachliche Mittel auf: 352 Inszenierte Wissenschaftlichkeit (Fachsprache von Kunstkennern), jedoch hyperbolisch, um Wiedererkennung beim Rezipienten zu gewährleisten bzw. Ironie herzustellen, mittels Lexik und Prosodie: Wörter und Syntagmen aus dem Bereich der Kunstgeschichte bzw. allgemein der (Geistes-)Wissenschaften: sie symbolisieren Gauguins malerische Einsamkeit und die impressionistische Ironie menschlicher Existenz. [...] Führt dieser zarte optimistische Strich deine Theorie nicht doch ad absurdum? Im Hinblick auf die Prosodie sind Stimmhöhe, Klangfarbe, Sprechmelodie und Betonung 353 der sich austauschenden Damen herauszugreifen: Sie wirken affektiert und eitel, die Betonung auffällig übertrieben, z. B. Farben, malerische, reinen, Einspruch. Bei der Kampagne der Versicherungskammer Bayern, einer Serie, die verschiedene Versicherungen anpreist, zeigen sich bei der Bewerbung der Rentenversicherung zusätzliche Gestaltungsmerkmale: 352 Vgl. z. B. Janich, 2003, 159ff., Janich, 1998. 353 Vgl. Reimann, 1999, 102ff. <?page no="106"?> 96 Plakat Fernsehen Hörfunk Intertextualität (Visual-) Transfereffekt der TV/ HF- Geschichte durch Bekanntheit der Fernseh- und Hörfunkwerbung: Das Plakat greift das wichtigste Detail, den Liegestuhl, als Ikon für ein unbeschwertes Rentendasein heraus; der Rezipient soll sich an die gesamte Story aus TV und HF erinnern. Ausschnitt aus dem Leben (story- Strategie) Phraseologie/ Wortspiel sprachspielerisch verfremdetes Sprichwort (Lautersetzung bzw. -hinzufügung): Rente gut - alles gut! . Funktion: Rückgriff auf allgemein bekanntes zugrunde liegendes Sprichwort leicht merkbar; außerdem soll der ursprüngliche Phraseologismus Ende gut (d. h. Ende des Arbeitslebens, Beginn eines neuen Abschnitts) - alles gut! mitgedacht werden. Mimik, kameratechnische Möglichkeiten Kameraeinstellung „Große“ unterstreicht Äußerungen der Darsteller, indem von beiden nur der Kopf gezeigt wird und die Aufmerksamkeit auf das Mienenspiel gelenkt wird: Antwort der Befragten (Für immer! ) und ungläubiges, erstauntes zweimaliges Wiederholen der Aussage durch den Fragensteller - wohl stellvertretend für die erwartete Reaktion der Rezipienten. Farbliche Gestaltung spezifischer hellblauer Hintergrund bzw. Rahmen als Erkennungsmerkmal der Versicherungskammer Bayern <?page no="107"?> 97 Typographie (Schrifteinblendungen) Übereinstimmung der gleichen geschriebenen Elemente in Schriftart, -form, -stärke und -farbe; Hervorhebung des lexikalischen Basismorphems sicher in Versicherungssowie darunter stehend Kammer und Bayern durch Fettdruck (Primäre) Musik Aus Werbung für andere VKB- Produkte bekannte Instrumentalmusik ab Rente gut [...] Hervorhebung des Slogans und somit des darin genannten Unternehmens VKB-Instrumentalmusik ab Für immer C. Bewertung In einer abschließenden Bewertung 354 werden die aus der Analyse gewonnenen Erkenntnisse sprachwissenschaftlich/ sprachkritisch und vor allem im Hinblick auf eine optimale Nutzung der medienspezifischen gestalterischen Möglichkeiten 355 vor dem Hintergrund der pragmatischen Perspektive, nämlich der jeweiligen Funktion des Mediums, des Werbemittels und der Text- und Bildbausteine 356 überprüft. Wie eng sind die Medien in der Umsetzung der Werbebotschaften aufeinander abgestimmt? Bei divergierender inhaltlicher, formaler oder struktureller Gestaltung stellt sich die Frage, welches Ausmaß die Abweichungen annehmen. Handelt es sich nur um Modifikationen oder soll eine weitgehend andere Botschaft übermittelt werden? Welche Medien sind davon betroffen? Ich stütze mich dabei vor allem auf die in Kap. 2.2 aufgelisteten, von Theoretikern, Werbepraktikern und Journalisten konstatierten Spezifika der Werbemittel und der Werbeträger als Idealzustand. Dabei werde ich auch auf Inhalte eingehen, wenn sie zum Beispiel medienspezifisch unterschiedlich eingesetzt werden. 357 Nebulöse thematisch orientierte Interpretationen sollen aber in jedem Fall vermieden werden; Hintergrundinformationen der Werbeagenturen beugen diesem Problem vor. Dabei werden aktuelle Tendenzen in der Werbewirtschaft zur 354 Zur Bewertung von Werbung aus sprachwissenschaftlicher Sicht vgl. Reimann, 2007a, 401-416. 355 Vgl. Kap. 2.2 „Spezifika”. 356 Vgl. Eco, 8. Aufl. 1994, 271. Siehe auch die Ausführungen von Holly/ Püschel, 1996, 4 (vgl. Kap. 2.2.5 „Fernsehen“ im Rahmen von Kap. 2.2 „Spezifika“). 357 Vgl. Kap. 10.1.1 „Unterschiede in den kommunizierten Themen“. <?page no="108"?> 98 sog. Unternehmens- und Markenpersönlichkeit beachtet. 358 Am sichersten können Aussagen über Marken bei einer diachronen Betrachtung, also über Jahre hinweg, gemacht werden, 359 da eine punktuelle Bestandsaufnahme an nur einer einzigen Kampagne die Charakteristika einer Marke (und ihr Verhältnis zum Unternehmen) nicht unbedingt zum Vorschein bringt. Wo nötig, werden Vorschläge und Ideen sowohl für eine bessere Abstimmung der eingesetzten Medien innerhalb einer Kampagne als auch für einen medienspezifisch bestmöglichen Einsatz der einem Medium zur Verfügung stehenden Darstellungsmittel geliefert. 360 Dabei muss man sich bei der Werbung zurückliegender Jahrzehnte der Gefahr einer Bewertung durch heutige Rezeptionsgewohnheiten bewusst sein und entsprechend zurückhaltend vorgehen. Zu weit gehende Deutungen sollten zugunsten der Überprüfung der (medienübergreifenden) Übereinstimmung von Form und Inhalt sowie ungenutzter medialer Möglichkeiten, auch hinsichtlich der Umsetzung von Themen, zurücktreten. Hilfreich ist hierbei das Studium parallel geschalteter Werbung, inhaltlich-strategischer Trends und technischer Möglichkeiten und Grenzen. 3.3 Synchrone und diachrone Mehrmedialität Die Analyse der einzelnen Kampagnen geht, wie in Kap. 3.1 erläutert, der Untersuchung synchroner und diachroner Mehrmedialität voraus, d. h., dass das Zusammenspiel der verschiedenen Werbemittel innerhalb einer Strategie als Grundlage für den Vergleich der Kampagnen dient. Beispielhaft werden vier der ausführlichen Einzelanalysen in Kap. 5 aufgenommen. In Kap. 6 und 7 werden die aktuellen sowie die diachron untersuchten Kampagnen verglichen. Die Kampagnen bzw. Werbemittel werden zunächst den Kategorien „Übereinstimmung“, „eingeschränkte Bezugnahme“ und „keine (unmittelbare) Bezugnahme“ zugeordnet. Dabei ist zwischen der Einordnung von Gesamtkampagnen und der einzelner Werbemittel zu differenzieren. 361 Wie ein späteres Ergebnis zeigen wird, sind unterschiedliche Bezugnahmen zwischen den Werbemitteln einer Kampagne die Regel. Folgend werden die Kategorien „Übereinstimmung“, „eingeschränkte Bezugnahme“ und „keine (unmittelbare) Bezugnahme“ definiert, wobei diese Kategorien bereits beispielhaft mit Ergebnissen der synchronen Analyse belegt werden. Def. Ü BEREINSTIMMUNG : Übereinstimmend sollen Werbemittel sein, die inhaltlich und formal so ähnlich sind, dass nur medienspezifische Unter- 358 Vgl. A.1 „Medienübergreifende Botschaft“ im Rahmen des Kap. 3.2 „Analysemodell“ sowie „Exkurs zur Markenkommunikation“ in Kap. 1.2 „Werbung als Kommunikation“. 359 Vgl. Kap. 5.2e) „Bewertung“. 360 Vgl. Kap. 2.2 „Spezifika“, Kap. 5.2e) „Bewertung“ und 5.3e) „Bewertung“ sowie Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. 361 Vgl. Kap. 6 „Synchrone Mehrmedialität“. <?page no="109"?> 99 schiede vorliegen. Dazu zählen technische oder rezeptionsbedingte Differenzen: z. B. kein Bild im Hörfunk, kein Ton in der Anzeige, zusätzliche Informationen in der Anzeige aufgrund der Rezeptionssituation (keine lokale und temporale Bindung, inhaltliche Einbettung in den Redaktionsteil einer Zeitschrift); beispielsweise sorgt die Alete-Anzeige in der seriösen, mit einem positiven Image ausgestatteten und für Eltern ernst zu nehmenden Zeitschrift „Eltern“ einerseits für aufmerksamere Informationsaufnahme; andererseits verspricht zielgruppengenaue Ansprache und die Präsentation von Fakten/ ausführlicherem Fließtext erhöhte Glaubwürdigkeit beim anvisierten Publikum. 362 Auch Nachahmung von dem Medium fremden Darstellungsarten deutet bereits auf beabsichtigte Übereinstimmung hin: In der Alete-Printwerbung steht die Headline in Anführungszeichen, um zu verdeutlichen, dass die Darstellerin spricht. Themendifferenzen dürfen in dieser Kategorie nur vorliegen, wenn sie medienspezifisch sind. 363 Def. E INGESCHRÄNKTE B EZUGNAHME : Die Einordnung in diese Kategorie trifft für mindestens zwei Werbemittel einer Kampagne zu, denen „eine gemeinsame, durchgängige Werbeidee zugrunde liegt“, 364 die inhaltlich und formal zwar verknüpft sind, jedoch nicht auf allen möglichen Ebenen. Bei der Kampagne für Flensburger Pilsener ist die Printwerbung nur eingeschränkt bezogen auf den HFsowie den TV-Spot, die als Dialogspots völlige Übereinstimmung zeigen. Die Werbeidee der Spots wird in der Anzeige nicht klar, wenn man die Werbung nicht bereits aus anderen Medien kennt: Fünf Männer wollen Flensburger Pilsener kaufen, begrüßen den Wirt mit einem fünffachen Moin und verabschieden sich umgehend mit einem fünffachen Tschüss, als er den Wunsch nicht erfüllen kann. Der Bezug ist durch ein aus der Fernsehwerbung entnommenes Bild, den mit dem Hörfunkspot identischen Slogan (Flensburger Pilsener. Das Flenst.) und die Nachahmung des plop-Geräusches durch Verschriftlichung gegeben. Def. K EINE ( UNMITTELBARE ) B EZUGNAHME : Die Zuordnung zu dieser Kategorie ist zutreffend, wenn es zwar einen medienübergreifenden Zusatznutzen - beispielsweise durch den Slogan komprimiert ausgedrückt - gibt, jedoch die Umsetzung, formal wie inhaltlich, völlig unterschiedlich vorgenommen wird. Bei der Kampagne der Stadtwerke München beispielsweise wird der gemeinsame Zusatznutzen aller drei Werbemittel im übereinstimmenden Slogan(teil) besser leben mit M. ausgedrückt. Während Plakat und TV-Spot bilddominant bzw. bildzentriert sind und durch die gehäufte Darstellung schöner Plätze eine emotionale Wirkung beim Rezipienten erreichen wollen, haben die zwei vorhandenen Hörfunkspots inhaltlich nichts mit den beiden anderen Werbemitteln zu tun. Es handelt sich um 362 Vgl. Drabczynski, 1995, 90. 363 Vgl. A.2 „(Weitere) Themen“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. 364 Burst/ Schmitt-Walter, 2003, 7. <?page no="110"?> 100 Dialogspots, in denen jeweils eine mit der Fernsehwerbung nicht vergleichbare Geschichte (story) erzählt wird: Zwei Damen unterhalten sich in einer Kunstausstellung über ein Bild bzw. ein Italiener wirbt um eine junge Frau. In der Hörfunkwerbung fungieren die Stadtwerke München als Problemlöser in allen Fällen: Sie genießen das Leben. Und wir machen den Rest. Stadtwerke München / Besser leben mit M. Zwar wird nicht konkret gezeigt, wie diese Notfallhelferfunktion umgesetzt wird; sie wird jedoch durch die Aussage des Kommentators Und wir machen den Rest. sprachlich angedeutet. Im Vergleich dazu besteht in Print- und Fernsehwerbung keinerlei Bezug zwischen dem Sender, gemeint ist das Unternehmen, dem Text - völlig unabhängig vom Bild ist das Logo und der graphisch gestaltete Slogan mit den Leistungen der Stadtwerke München angebracht - und der Abbildung, so dass der Rezipient diesen erst herstellen muss (Katachrese). Die schönen, positiven Bilder (Liebespaar, attraktive Plätze in München) sollen ihm dabei helfen, unabhängig von einer rationalen, erklärbaren Verbindung zum beworbenen Angebot. 365 365 Aus pragmatischer Sicht liegt hier die Zusatzhandlung „ ‚Emotionen ansprechen‘ “ vor, v. a. „ ‚Emotion durch Bild oder Musik hervorrufen‘ “ sowie „ ‚Emotionen an Produkt binden‘ “ (zur Handlung „ ‚zum Kauf/ zur Nutzung des Produkts bewegen wollen‘ “): Es wird an Werte (Liebe, schönes, unbeschwertes Leben) appelliert, die zu einer „emotionalen Aufwertung“ mit dem Produkt führen sollen, obwohl sie nichts mit diesem zu tun haben (Janich, 2003, 80, 97ff.). <?page no="111"?> 101 Abb. 7 und 8: Plakate der Kampagne „Stadtwerke München“. Die Einordnung in eine der drei Kategorien „Übereinstimmung“, „eingeschränkte Bezugnahme“ oder „keine (unmittelbare) Bezugnahme“ beinhaltet noch keine Bewertung. Gerade die Berücksichtigung der Medienspezifika 366 macht eine unterschiedliche Umsetzung häufig sinnvoll. Die Werbepraxis steht mit den sich daraus ergebenden Anforderungen an die Gestaltung der einzelnen Werbemittel innerhalb der Integrierten Kommunikation noch am Anfang: „Merk: Die unterschiedlichen Medien erfordern einen jeweils ganz anderen Umgang mit der Botschaft, die vermittelt werden soll. Beispielsweise gilt es, bei den Online-Medien ein vollkommen anderes Rezeptionsverhalten beim Konsumenten zu berücksichtigen als bei den Offline-Medien. Mayer: Generell gibt es immer noch keinen Konsens, was es heißt, wenn sich eine Marke in unterschiedlichen Medien und Kanälen konsistent darstellt.“ 367 Auch aus Sicht der Werbeagenturen wird eine inhaltliche Integration 368 als weitaus wichtiger für das Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb einer Kampagne angesehen als eine formale Kontinuität, die möglicherweise die medientypischen Eigenheiten vernachlässigt. 369 366 Vgl. Kap. 2.2 „Spezifika“. 367 Tropp, 2002, 448f. (Ausschnitt aus einem Round-table-Gespräch zwischen Mitarbeitern einer Werbeagentur). 368 Vgl. A.1 „Medienübergreifende Botschaft“ im Rahmen des Kap. 3.2 „Analysemodell“. 369 Tropp, 2002, 449: „Schurr: Auch für die Wiedererkennung und Glaubwürdigkeit von Botschaften ist Integrierte Kommunikation heute unbedingt notwendig. Die Inhalte müssen unabhängig vom Medium auf dasselbe Konto einzahlen. Mayer: Wobei das aber zwei Pole haben kann. Das kann sich einerseits auf einer rein formalen Ebene abspielen. Andererseits kann aber der Konsument ein Markenerlebnis haben, das formal gänzlich nicht integriert ist, aber dennoch auf das selbe [sic! ] Markenkonto einzahlt. Integrierte Kommunikation kann also auch durch formale Inhomogenität erwirkt werden. Das ist aber nur möglich, wenn eine Agentur Zugriff <?page no="112"?> 102 Anhand der synchron und diachron untersuchten Kampagnen werden diese Fragestellungen beantwortet: 1. Welche und wie viele Kampagnen - bzw. einzelne Werbemittel davon - sind übereinstimmend und warum? 2. Sind nicht alle Medien einer Kampagne (bei mindestens drei Werbemitteln) übereinstimmend: Welches Medium fällt aus der Reihe und warum? Ist es - über die Kampagnen hinweg - immer das gleiche Medium? Zerfällt die Bezugnahme in unterschiedliche Grade? Wo besteht kein unmittelbarer Bezug und wie bleibt die Kampagnenzugehörigkeit dennoch erkennbar? 3. Wie ist das Verhältnis zwischen einheitlich Bezug nehmenden (d. h. durchgehende Übereinstimmung zwischen den beteiligten Medien, eingeschränkte Bezugnahme oder kein Bezug) und gemischten Kampagnen? 4. Sind kampagnenübergreifend Parallelen und Unterschiede im Hinblick auf das inhaltliche und formale Zusammenspiel feststellbar? Nach der getrennten Analyse der aktuellen und der diachron untersuchten Kampagnen werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in einem überblicksartigen Vergleich knapp dargestellt, um Wiederholungen zu vermeiden. Dabei kann die diachrone Ebene wegen der Beschränkung auf Dallmayr-Werbung zunächst nur exemplarisch bleiben. Die diachrone Mehrmedialität wird schließlich an einem ausgewählten Kontrollkorpus (Löwenbräu, Bärenmarke) stichprobenartig überprüft. Interpretation der Ergebnisse In Kap. C werden Schlussfolgerungen aus den im Rahmen des synchronen und diachronen Vergleichs gewonnenen Ergebnissen gezogen. Dabei konzentriere ich mich vor allem auf die Gründe für Unterschiede im Medienzusammenspiel der Kampagnen. Das können sein: - Inhalte, d. h. kommunizierte Themen, medienspezifische Eigenschaften / Funktionen (Textstruktur, Dialekt, Textmenge, Markenlogo und Internetadresse, Bild, Themen, Argumentationsweise), - Wechsel des Basismediums oder Veränderungen im Werbemitteleinsatz (diachron), - Bewerbung verschiedener Produkte (diachron), ferner werbemittelexterne Faktoren, wie die veränderte Rolle der Medien in der Gesellschaft / Medienrezeption, die veränderte Rolle der Werbung in den Medien, persönliche Vorlieben des werbenden Unternehmens bzw. der Agentur, auf alle Kommunikationsinstrumente hat. Das ist eigentlich in der Regel aber nicht so, weil die Unternehmen immer mehrere Agenturen beschäftigen.“. <?page no="113"?> 103 finanzielle Möglichkeiten / Kosten, - Entwicklungen in der Medientechnik. Interdependenzen zwischen Werbung und zeitgeschichtlichen Aspekten sind hier also ebenso zu berücksichtigen 370 wie Hintergründe zum Kommunikationsprozess zwischen werbendem Unternehmen und Agentur. 370 Einen knappen Überblick über die wichtigsten Thematisierungen/ inhaltlichen Strategien der vergangenen 50 Jahre sowie den Bezug zwischen Werbung (Botschaft und deren Realisierung) und zeitgeschichtlichen Aspekten gibt Bolten, 1996, 283-300. <?page no="114"?> B Empirie 4 Das Korpus 4.1 Problematik der Korpuszusammenstellung „Mit dem Anspruch einer historischen Untersuchung persuasiver Kommunikation in der Werbung des 20. Jahrhunderts kann die Grundgesamtheit der Inhaltsanalyse nur auf gedruckten Medien basieren. Es gibt nach meinen Recherchen kein Archiv, in dem Werbespots aus Rundfunk und Fernsehen auch nur annähernd systematisch und vollständig gesammelt vorlägen.“ 371 Im Gegensatz zu einschlägigen Beständen in Großbritannien und den USA gibt es in Deutschland kaum Archive 372 , die Bestandssicherung von TV- und HF-Werbung betreiben. „Aus der Liste der relevanten Einrichtungen kann man schließen • dass in den angelsächsischen Ländern Werbung als Quelle der Forschung weit breiter rezipiert ist als in Deutschland. Zugrunde liegt die Tatsache, dass in den angelsächsischen Ländern ein breiterer Begriff von Kultur verwendet wird als in Deutschland. • Die Bestände sind in den USA offensichtlich teilweise durch aktive Sammler/ Mäzene zustande gekommen. Diese spielten in Deutschland eine geringere Rolle. Mäzene wie Prof. Geldmacher, die aktiv Bestandssicherung betreiben, sind selten. • Die Universität Regensburg ist mit dem HWA hinsichtlich des Bestands international an vorderster Stelle. • Internet-basierte Nutzungskonzepte haben sich aber noch nicht durchgesetzt. Die Universität Regensburg hat mit Unterstützung der DFG die Chance hier führend zu sein. Dadurch dass die Erschließung großenteils geleistet ist, sind die Ziele auch bald erreichbar.“ 373 Die Universität Regensburg verfügt seit Januar 2003 über das Historische Werbefunkarchiv (HWA), das Hörfunkspots, teilweise mit Transkriptionen und Anmerkungen/ Regieanweisungen, aus den Jahren 1948 bis 1986 enthält. Systematisch gesammelt hat sie Prof. Erwin H. Geldmacher, der seit seinem Eintritt in das Tonstudio Frankfurt 1952 unter anderem Werbung produzierte sowie große Markenartikelunternehmen (noch bis in die 90er Jahre) bezüglich der kreativen Gestaltung beriet. Darüber hinaus gibt es ein Folgearchiv, überlassen vom Tonstudio „OPUS-multimedia.net“, Neuwied, 371 Wehner, 1996, 59. Vgl. dazu auch Reimann, 2003, 198 sowie Gries/ Ilgen/ Schindelbeck, 1995, 19f. 372 Neben dem folgend erwähnten Historischen Werbefunkarchiv der Universität Regensburg gibt es noch das TV-Spot-Archiv der Universität Mannheim mit Spots aus ganz Europa (Kloepfer/ Landbeck, 1991). 373 Geißelmann, 2006, 33-37. <?page no="115"?> 105 mit Hörfunkwerbung von 1986 bis 2000. Es handelt sich um insgesamt rund 100.000 Spots. Auch historische Fernsehwerbung hat Geldmacher aufbewahrt: Die Spots von Insel Film (5388 Filme), einst die größte deutsche Werbefilmproduktion, und Commercial Film (534 Filme) werden im Deutschen Filminstitut in Wiesbaden archiviert. Diese parallele Sammlung von Hörfunk- und Fernsehwerbung erlaubt teilweise eine Untersuchung der Umsetzung von mehrmedialen Strategien in der TV- und HF-Werbung einer Kampagne. Umso wertvoller sind die Bestände, weil sie die Werbung von Unternehmen über Jahrzehnte hinweg enthalten und so eine Untersuchung der Entwicklung, Kontinuität und Veränderung der Strategien für eine Marke oder Sorte möglich ist. Die Ausführungen sollen die Besonderheit dieser Sammlung zeigen, denn gewöhnlich wird Werbung nach ihrem Einsatz nicht aufbewahrt. Während Zeitungen und Illustrierte und somit auch die Anzeigen teilweise in Bibliotheken archiviert werden, ist diese Handhabung für Werbung in elektronischen Medien nicht üblich. Rundfunkanstalten heben Spots nicht auf; Ausnahme dort sind Liebhaber, die für die Werbung zuständig sind und den kulturgeschichtlichen Wert sehen. Bei den Eigentümern der Spots - das sind die werbetreibenden Unternehmen, Tonstudios oder Werbeagenturen -, sieht die Situation folgendermaßen aus: Die schnelllebigen Agenturen archivieren aus Platzgründen und wegen des oft geringen Interesses an bereits geschalteter Werbung höchstens fünf Jahre. 374 Ein häufiger Agenturwechsel für die Werbung eines Unternehmens verringert die Wahrscheinlichkeit, Material noch vorzufinden, zumal Agenturen häufig nicht jahrzehntelang existieren bzw. die Mitarbeiter, die sich mit der Werbung beschäftigt haben, ihren Arbeitsplatz in kürzeren Abständen wechseln. Bei vielen Unternehmen selbst ist - von Ausnahmen abgesehen - auch erst in den vergangenen Jahren Interesse für die Werbung als Teil ihrer Firmengeschichte zu beobachten; sie besitzen teilweise aus zurückliegenden Jahrzehnten allenfalls ein paar Exemplare verschiedener Anzeigenwerbungen und häufig keine Materialien mehr über die Hintergründe der Kampagnen. Das Bewusstsein für die Werbung als Teil der Sprach-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte ist eine Voraussetzung für ihre Archivierung und Erforschung. Soweit vorhanden, werden zu Beginn der Kapitel 5, 6 und 7 Hintergrundinformationen aus Firmenunterlagen oder von Zeitzeugen zur Entstehung und Konzeption der Strategien, eventuell zur Marktsituation und zur Menge der noch vorhandenen Einzelexemplare pro Werbemittel geliefert. Dieser Blick auf die Senderseite, 375 welcher Sichtweisen der werbetreibenden Unternehmen und der Agenturen einschließt, kann vor zu weit gehenden oder gar falschen Interpretationen schützen. Dies betrifft gerade Werbung früherer 374 Dies bestätigen zum Beispiel Mitarbeiter der Dallmayr-Agentur Heye & Partner. 375 Vgl. Kap. 1.2 „Werbung als Kommunikation“. <?page no="116"?> 106 Jahrzehnte, die wir nicht zum Zeitpunkt der Schaltung rezipiert haben. Wo noch Angaben zum Kontext früherer Kampagnen einbezogen werden können, leistet man auch ein Stück Bewahrung der Firmenhistorie. 376 Bei den aktuellen Kampagnen lassen sich die Informationen häufig noch direkt einholen. Das Thema der Arbeit stellte mich vor grundlegende Herausforderungen bei der Materialsammlung: Für die Analyse der Mehrmedialität musste die Werbung einer Kampagne in mindestens zwei Werbemitteln vorliegen. Für den synchronen Vergleich der Möglichkeiten, eine Strategie in mehreren Medien umzusetzen, wurden zudem Kampagnen verschiedener Marken benötigt. Im Hinblick auf die Diachronie sollte die Entwicklung der Werbung für eine Marke über Jahrzehnte im Mittelpunkt stehen. Das heißt, dass ein Firmenarchiv möglichst kontinuierliche Bestände im Zeitverlauf aufweisen muss - und diese auch der wissenschaftlichen Forschung zugänglich macht. Noch schwieriger zu erfüllen war der Anspruch, dass von historischer mehrmedialer Werbung auch noch Exemplare aller dafür verwendeten Werbemittel vorhanden sind. Für die untersuchte Marke Dallmayr bedeutete dies: Wurde beispielsweise eine Strategie in verschiedenen Werbemitteln umgesetzt, wäre sie gegenstandslos für meine Analyse, wenn z. B. nur noch die Anzeigenwerbung vorhanden ist. Beispielsweise geht aus Unterlagen zur Gestaltung der Kampagne „Kaffee mit Blume“ (1967) der Firma Dallmayr hervor, dass es Anzeigen, Hörfunk- und Fernsehspots gab. Der Hörfunkspot ist nicht mehr vorhanden; die Kampagne kann zumindest hinsichtlich des Zusammenspiels von Print- und Fernsehwerbung untersucht werden. Aus einem anderen Grund fällt die Kampagne „Kostbarkeiten“ (50er Jahre) aus der Untersuchung heraus: Sie enthält strategisch bedingt nur Fernsehwerbung, ein Umstand, der jedoch im Vergleich mit dem Kontrollmaterial zu aufschlussreichen Erkenntnissen geführt hat. Dallmayr war ein positiver Ausnahmefall im Hinblick auf die Archivierung: Mir liegen hier die Werbemittel vieler Kampagnen über Jahrzehnte hinweg vor. Sie wurden zwar nicht als Kampagnen, sondern getrennt nach Anzeigen, Hörfunk- und Fernsehspots beim Unternehmen aufbewahrt, aber eine Zuordnung war möglich. Um eine gewisse Repräsentativität zu gewährleisten und Ergebnisse zur diachronen Perspektive nicht nur durch die Analyse einer einzigen Marke zu erhalten, wurden zwei weitere Marken hinzugezogen: Die Marken Bärenmarke und Löwenbräu sind mit Dallmayr vergleichbar, da es sich in allen Fällen um Genussmittel mit einer langen Tradition und regionaler Herkunft handelt. Diese Aspekte zeigen sich auch in der Werbung. 377 Die Auswahl der 376 Vgl. zur unbefriedigenden Situation der Aufbewahrung von Materialien über die Kampagnen Gries/ Ilgen/ Schindelbeck, 1995, 19f. 377 Vgl. Kap. 8 „Werbung für Genussmittel regionaler Herkunft und langer Tradition“. <?page no="117"?> 107 Vergleichsmarken wurde durch den in vielen Fällen problematischen Stand der Archivierung der Werbung begrenzt. Die umfangreich vorhandene und zeitlich weit zurückreichende Löwenbräu-Werbung wird im „Historischen Archiv“ der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München - es umfasst nicht nur die Werbung für Löwenbräu, sondern auch die für Spaten und Franziskaner - aufbewahrt; ein Unternehmensarchivar ist dafür zuständig. Außerdem sind Aufsichtsratsprotokolle und Geschäftsberichte vorhanden, in denen auch über die Werbung des Unternehmens reflektiert wird und Strategien festgehalten werden. Hilfreich war die Aufbereitung der Werbung: Plakate liegen in gescannter Form, TV-, Kino- und HF- Werbung auf den Datenträgern DVD bzw. CD vor. Was hier beispielhaft für diachron untersuchte Werbung, die man nicht mehr selbst aufzeichnen oder z. B. Zeitschriften entnehmen kann, deutlich wird, sind die vielfach fehlenden Angaben zur Schaltung (welcher TV-Sender, welche Zeitschrift usw.) und bisweilen zum Einsatzjahr. Ein bibliothekarisches Problem ist die Identifizierung bzw. Suche der Werbemittel, wenn beispielsweise keine Datenbank dazu vorhanden ist. So können die Werbemittel von Dallmayr, Löwenbräu und teilweise Bärenmarke lediglich über die Beschreibung des Inhalts und die Nennung des Produktionsjahres benannt werden; die HF- Spots von Bärenmarke lassen sich über Nummern in der HWA-Datenbank finden. Bärenmarkewerbung existiert ebenfalls in umfassendem Ausmaß, jedoch musste ich sie aus verschiedenen Aufbewahrungsorten zusammentragen, zum Beispiel der Nestlé Erzeugnisse GmbH, der Allgäuer Alpenmilch GmbH, der Hochwald Nahrungsmittel-Werke GmbH oder dem Teddymuseum in Klingenberg, dessen Leiter ein Sammler von Bären aller Art ist. 378 4.2 Synchrones Korpus Das synchrone Korpus umfasst die Werbung von Alete (Anzeige und TV- Spot), Bernbacher (Anzeige, Plakat, TV- und HF-Spot), Beate Uhse auf Premiere World (Anzeige und TV-Spot), Budget (Anzeige und HF-Spot), Coca-Cola (Anzeige, TV- und HF-Spot), Dallmayr 379 (Anzeige, TV- und HF- Spot), Flensburger Pilsener (Anzeige, TV- und HF-Spot), Löwenbräu (Plakat und HF-Spot), der Stadtwerke München (Plakat, TV- und HF-Spot) und der Versicherungskammer Bayern (Plakat, TV- und HF-Spot). Die Transkriptionen finden sich im Anhang. Beim synchronen Korpus war die Vergleichbarkeit bezüglich der Produkte nicht entscheidend, vielmehr ging es um eine zeitlich weitgehende Übereinstimmung. Alle Kampagnen sind um die Jahrtausendwende entstanden (ab 1998 bis 2003). Da jedoch zum einen bisweilen die einzelnen Werbemittel nicht gleichzeitig, sondern zeitversetzt 378 Wolfgang König, Teddymuseum, Mail vom 3. Juli 2002. 379 Diese Kampagne entspricht der jüngsten des diachron untersuchten Dallmayr-Korpus. <?page no="118"?> 108 zum Einsatz kamen 380 und zum anderen manche Werbemittel über Jahre verwendet bzw. Motivvariationen geschaltet wurden, stellt die angegebene Zeitspanne von wenigen Jahren kein Problem hinsichtlich der Vergleichbarkeit dar. Beispielsweise laufen die Spots der Versicherungskammer Bayern unverändert im Jahr 2005 noch und es gab sie schon 2002. Hintergrund der synchronen Analyse ist die Darstellung der verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten beim Medienzusammenspiel: Wird beispielsweise im Radiospot lediglich das Bild des Fernsehspots weggelassen (z. B. Flensburger Pilsener) oder erfolgt eine eigene medienspezifische Umsetzung (z. B. Bernbacher oder Stadtwerke München)? In den meisten Fällen existieren jeweils mehrere Motive/ Exemplare zu den einzelnen Werbemitteln, also beispielsweise Anzeigenvarianten oder verschiedene HF-Spots innerhalb einer Kampagne. Darüber hinaus liegen mir häufig weitere Werbemittel vor, z. B. Mailings, Beilagen, Händler- Informationen und Banner bei der Kampagne Beate Uhse. 381 Hilfreich sind Hintergrundinformationen der Agentur zur Kampagnengestaltung: Sie umfassen mitunter die Situation der Marke auf dem Markt, die Marketingziele, die Werbestrategie mit einer Idee zur Hauptbotschaft und teilweise auch bereits erste Ergebnisse hinsichtlich der Wirkung, die meines Erachtens allerdings nicht ausschließlich auf die Werbung bezogen werden dürfen. 382 Ersichtlich ist aus solchen Zusammenstellungen auch die Bedeutung der Mehrmedialität für die Agenturen, die die einzelnen Werbemittel in Graphiken beispielsweise unter dem Titel „Vernetzte Kommunikation“ zusammenstellen. 383 4.3 Diachrones Korpus Die zeitliche Abgrenzung ist durch den Beginn der TV-Werbung in Deutschland 1956 gegeben. Für meine Hauptmarke Dallmayr habe ich zunächst alle noch vorhandenen Kampagnen gesichtet, um einen möglichst umfassenden Überblick über die Gesamtentwicklung ab der Nachkriegszeit zu bekommen. Zur genaueren Analyse und Gegenüberstellung mit der Werbung der synchron untersuchten Kampagnen verschiedener oben erwähnter Marken konnten dreizehn mehrmediale Kampagnen herangezogen werden: zwei aus den 50er/ 60er-, vier aus den 70er-, vier aus den 80er- und drei aus den 90er Jahren bzw. der Jahrtausendwende. Die Kampagnen habe 380 Vgl. z. B. die Ausführungen zur jüngsten Dallmayr-Kampagne in Kap. 5.1 „Werbemittelexterne Fakten - Hintergründe und Strategien der Kampagnen“. 381 CD der Werbeagentur Heye & Partner. Vgl. auch die Beispiele zur Versicherungskammer Bayern in Kap. 0 „Einleitung“. 382 Vgl. beispielsweise die Ausführungen zur Kampagne der „Stadtwerke München“ in Kap. 6.1 „Kampagnen“. 383 Der Terminus entspricht jedoch nicht dem von Burst/ Schmitt-Walter, da keine Weiterleitung an ein anderes Medium stattfindet (vgl. Kap. 2.4.2 „Werbewirtschaftliche Aspekte“). <?page no="119"?> 109 ich mit kurzen Namen versehen: „Dialogspots“ (1954-1965: TV- und HF- Spot), „Kaffee mit Blume“ (1967: Anzeige und TV-Spot), „Luxus“ (1972: Anzeige und TV-Spot), „erlesen“ (1973: Anzeige und TV-Spot), „Weihnachten“ (1978: Anzeige und HF-Spot), „Geschmack/ Blaues Band“ (1978: Anzeige, TV- und HF-Spot), „der Veredelte“ (1980/ 81: Anzeige, TV- und HF-Spot), „Mit nichts zu vergleichen“ (1982: Anzeige, TV- und HF-Spot), „Ganzes Pfund“ (1984: Anzeige und HF-Spot), „Genusskaffee“ (1985: TV- und HF-Spot), „Verlosung BMW“ (1994: Anzeige und HF-Spot), „Verlosung Kenia“ (1995: Anzeige und HF-Spot); die jüngste Kampagne habe ich schlicht „1998/ 99“ (Anzeige, TV- und HF-Spot) genannt. Auch hier stand für manche Kampagnen nicht nur jeweils ein Exemplar pro Werbemittel zur Verfügung, welche zur genaueren Analyse herangezogen wurden, sondern eine ganze Serie, so dass ab und an eine Überprüfung gewonnener Feststellungen an weiterem Material möglich war. Die Angabe der Jahrzehnte soll zu keinen weiter gehenden Schlussfolgerungen im Hinblick auf strenge strategische inhaltliche oder formale Grenzen verleiten; sie sind nicht gegeben. Über die 13 Kampagnen hinaus hat Dallmayr noch sog. Mono- Kampagnen eingesetzt, z. B. die reine TV-Spot-Kampagne „Kostbarkeiten“ in den 50er Jahren 384 sowie schmale Streifenanzeigen in Zeitungen der 50er Jahre. 385 Außerdem findet sich Anzeigenwerbung in diversen Fachzeitschriften bzw. als Sponsoring verschiedener Veranstaltungen. Für den diachronen Vergleich der Marke Dallmayr mit dem Kontrollkorpus (Löwenbräu und Bärenmarke) wurde der Blick auf die gesamte Dallmayr-Werbung, in Teilen auch schon ab Beginn des 20. Jahrhunderts, ausgeweitet. Es wurde also auch Werbung in nur einem Medium berücksichtigt. So können markenvergleichend u. a. auch Fragen nach der Bewerbung unterschiedlicher Sorten, nach der Dauer des Einsatzes von Kampagnen, medialen Schwerpunkten innerhalb der Kampagnen (Basismedium und untergeordnete Medien) oder gemeinsamen Themen in der Werbung beantwortet werden. Das Historische Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München wurde ebenso in der Gesamtheit in den Blick genommen; die Werbung für viele verschiedene Sorten wurde in die Arbeit punktuell und in der Motivik exemplarisch aufgenommen. 386 Als Quellenangabe werden mir überlassene CDs und DVDs genannt; sie enthalten Plakat-, TV-, Kino-, HF-, vereinzelt Anzeigenwerbung, Bierdeckel, Sponsoring und Sortimentaufnahmen. Die Plakatwerbung beispielsweise umfasst 141 verschiedene Exemplare. Auf die Problematik der Zitation habe ich in Kap. 4.1 bereits hingewiesen. Für „Bärenmarke“ liegt mir eine CD mit 40 Plakaten bzw. Anzeigen von 1926 bis 1999, Videokassetten mit zahlreichen Fernsehbzw. Kinospots verschiedener Jahrzehnte (ab 1957) sowie 384 Vgl. z. B. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 385 Vgl. Kap. 10.1.3 „Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Medieneinsatz“. 386 Vgl. Kap. 9 „Diachroner Vergleich der Marke Dallmayr mit den Marken Löwenbräu und Bärenmarke“. <?page no="120"?> 110 Hörfunkwerbung vor. Die Radiospots werden an der Universität Regensburg im Historischen Werbefunkarchiv aufbewahrt. Im Gegensatz zu der breit untersuchten Marke Dallmayr ist das Kontrollkorpus Löwenbräu und Bärenmarke nicht mit Transkriptionen in den Anhang aufgenommen, wird aber an den relevanten Stellen zum Teil ausführlich zitiert. <?page no="121"?> 5 Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich Die Analyse aller in dieser Arbeit untersuchten einzelnen Kampagnen wurde im Vorfeld durchgeführt. In diesem Kapitel führe ich exemplarisch die Einzelanalysen von vier Kampagnen vor: Kap. 14 „Einzelanalysen in Auswahl“ enthält zudem die kampagnenspezifischen Besonderheiten, welche sich für einen Vergleich nur begrenzt eignen. Beispielsweise sind für die jüngste Dallmayr-Kampagne und die Flensburger-Kampagne Intertextualität (von TV zu HF) nachweisbar: Beim Hören der Radiospots sollen die Bilder der TV-Spots im Kopf entstehen (Visual-Transfer-Effekt). Jedoch kommen beispielsweise die Stilfiguren Repetition und Okkasionalismus nur bei Flensburger Pilsener vor. Die folgende Untersuchung beschäftigt sich beispielhaft mit dem diachronen und synchronen Vergleich. Dazu wird das im Vordergrund stehende diachron untersuchte Korpus der Firma Dallmayr verwendet, aus dem drei Kampagnen (50er, 70er, Ende der 90er Jahre) herangezogen werden. Die früheste Kampagne umfasst lediglich TV und HF, die 70er-Jahre-Kampagne ist die älteste trimediale und kann so in allen Werbemitteln mit der jüngsten Kampagne verglichen werden. Die synchrone Analyse beinhaltet den Vergleich der jüngsten Dallmayr-Kampagne (Ende der 90er Jahre) mit einer eines anderen Produkts. Ich entschied mich hier für die Kampagne der Marke Flensburger Pilsener: Es wird ebenso mit den drei Werbemitteln Anzeige, TV- und HF-Spot geworben; da es sich in beiden Fällen um Genussmittel handelt, kann ein inhaltlich-strategischer Vergleich aussagekräftig sein. 387 387 Zu Quellenangaben vgl. Kap. F. <?page no="122"?> 112 Dallmayr (1998/ 99), Flensburger (2002/ 03) synchron — — — — — — — — — — — | | Dallmayr 1978 | | Dallmayr 50er/ 60er Jahre | Tabellen und Graphiken 6: Exemplarische synchrone und diachrone Mehrmedialität. 5.1 Werbemittelexterne Fakten - Hintergründe und Strategien der Kampagnen • Dallmayr-Dialogspots der 50er/ 60er-Jahre Die 50er/ 60er-Jahre-Kampagne, die ich als „Dialogspots“ betitele, umfasst ausschließlich Werbung in den elektronischen Medien Fernsehen und Hörfunk. Dies liegt an der werbeinternen Kommunikationssituation, der Dramaturgie (Gesprächssituation, Dialekt), die als Anzeige oder Plakat nur schwer und mit Ersatzmitteln umsetzbar wäre. Obendrein bekamen die Prominenten keine fertigen Texte, sondern nur Themen, die sie relativ frei umsetzen durften. Fernseh- und Hörfunkspots wurden in unterschiedlichen Studios aufgenommen und unabhängig voneinander gestaltet. 388 Allerdings handelt es sich großenteils um dieselben Schauspieler. Allen Spots gemeinsam ist zudem die Thematisierung des Kaffees (z. B. Zubereitung oder Herkunft). Es geht - den heutigen „soap operas“ 389 ähnlich - um kleine Alltagsgeschichten, die sich stets um das Thema „Kaffee“ drehen, das durch zwischenmenschliche Themen ergänzt wird (Geschichten um den Enkel oder das „Gspusi“ Marie tauchen als roter Faden immer wieder auf). Sowohl die Hörfunkspots bauen teilweise aufeinander auf, beziehen sich auf frühere Spots, als auch die Fernsehspots. Die Kampagne umfasst ca. 470 (! ) Hörfunkspots (1954-1965) für Kaffee und Tee. Sie wurden zunächst regional aus- 388 TV-Spots: Produktionsfirma Insel-Film; Regisseur Ossi Pfaller; seine Frau war für Drehbücher/ Texte verantwortlich, HF-Spots: Film- und Tonstudio GmbH Diaton, vermutlich Werbeagentur Gabler am Stachus in München (telefonische Auskunft von Walter Weinmann, ehemaliger Tonmeister bei Insel-Film am 12.03.2003). 389 Dieter Vogel, seit 1955 Mitarbeiter der Firma Dallmayr, bezeichnet die Dialogspots als „Vorläufer der [heutigen, d. Verf.] Soaps. Sie leben von Aktualität und Abwechslung“ (Auskunft vor Ort am 11.09.2001). d i a c h r o n <?page no="123"?> 113 gestrahlt (mit den Schauspielern Michel Lang/ Liesl Karlstadt für München sowie Michel Lang/ Max Strecker für Stuttgart). Hörfunkspots: - Lang/ Karlstadt Dez. 1954 bis April 1959: Kaffee/ München - Lang/ Karlstadt April 1959 bis Mai 1960: Kaffee/ München - Lang/ Mayer Juni 1963 bis März 1965: Kaffee/ München - Lang/ Strecker Oktober 1960 bis November 1962: Kaffee/ Stuttgart 390 - Lang/ Karlstadt Dezember 1954 bis Juni 1960: Tee München/ Stuttgart - Lang/ Strecker Dezember 1954 bis Juni 1960: Tee Stuttgart 391 Die TV-Spots liefen nach den noch möglichen Recherchen ungefähr von 1956 bis 1963. Nach dem Tod von Liesl Karlstadt, die im TV nicht mehr dabei war, wurde Iris Mayer in der Rolle der Tochter - im HF vorher noch Barbara Gallauner - engagiert. 392 Die Kampagne endete mit dem Tod Michel Langs. Es wurden insgesamt rund 35 TV-Spots 393 produziert, d. h. viel weniger als HF-Spots, für deren Herstellung Aufwand und Preis weitaus geringer waren. Werbemittelexterne Unterschiede zwischen TV und HF sind die Bewerbung unterschiedlicher Produkte - im HF wurde neben dem Kaffee auch Schwarztee beworben - sowie die differierende Ausstrahlung: Die HF-Spots wurden, regional aufgeteilt, aus München (B1 und B2) und Schwaben/ Stuttgart (Südwestfunk) gesendet. Keine Differenzierung gab es bei den TV- Spots, die Ausstrahlung erfolgte bis 1985 nur im Bayerischen Fernsehen; 394 seitdem werden die Spots bundesweit gezeigt. Anzumerken ist noch, dass in dieser Kampagne vom Dallmayr Kaffee gesprochen wird, während die späteren Dallmayr Prodomo thematisieren. 395 Die ausgewählten Exemplare der folgenden Analyse sind der Kategorie „Übereinstimmung“ zugeordnet. 396 Es handelt sich um je einen TV- und einen HF-Spot mit Michel Lang und Max Strecker. 397 390 Eine weitere Kassette mit HF-Dialogspots (Lang/ Strecker: Kaffee/ Stuttgart), Zeitpunkt der Ausstrahlung unbekannt, ist vorhanden. 391 Nach Auskunft des Tonmeisters des Tonstudios Diaton, Ernst Dannemann, wurden 1 Mal pro Monat 6-10 HF-Spots aufgenommen. 392 Telefonische Auskunft der Schauspielerin Iris Mayer am 03.02.2003. 393 Auflistung des Deutschen Filminstituts (DIF) in Wiesbaden. 394 Auskunft von Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter von Dallmayr, am 11.09.2001. 395 Vgl. Kap. 9.2 „Exkurs: Produktnamen“. 396 Vgl. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 397 Vgl. Kap. 13 „Transkriptionen“ und Kap. 14 „Einzelanalysen in Auswahl“. <?page no="124"?> 114 Abb. 9: Ausschnitt aus dem analysierten TV-Spot 1961 der Kampagne „Dialogspots“. • Dallmayr-Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ 1978 Zur Werbestrategie um das „Blaue Band“ gibt es einen realen Hintergrund: Das „Blaue Band“ ist ursprünglich (seit 1838) eine Auszeichnung für den schnellsten Dampfer zwischen Bremen und New York (Nordatlantik- Route). 398 Ziel der Kampagne war vor allem die Hervorhebung gegenüber der stärksten Konkurrenz Jacobs Kaffee. Die Farbe Blau in Verbindung mit Kaffee zu bringen, war für die 70er Jahre „total ungewöhnlich“. 399 Damit wurde erstmals für die Sorte Prodomo geworben. Jacobs warb zu dieser Zeit für einzelne Sorten in den Farben Grün und Rot. Das „Blaue Band“ findet sich bis heute auf Packungen und Dosen von Dallmayr Prodomo. Der übergreifende Zusatznutzen, der mit der Kampagne ausgedrückt werden soll, ist die hohe Qualität des Produkts, die sich am Geschmack zeigt und durch die - von Dallmayr selbst für ihr eigenes Produkt vergebene - Auszeichnung mit dem „Blauen Band“ scheinbar bestätigt wird. Mir liegen für Hörfunk und Print Serien vor: Mit dem verbalen Spotende Dafür verdient prodomo das blaue Band / / prodomo aus dem Hause Dallmayr / Geschmack ist eben alles sind fünf HF-Spots vorhanden. Eine Serie von vier Anzeigen beinhaltet den Slogan Dallmayr. Geschmack ist eben alles. wobei das Thema „Blaues Band“ im Gegensatz zu der in diesem Rahmen analysierten Anzeige nicht vorkommt. Die untersuchten Werbemittel (je ein Exemplar der HF-Spots und der Anzeigen sowie der TV-Spot) zeigen folgende Beziehung zueinander: TV- und HF-Spot weisen „Übereinstimmung“ auf, die Anzeige nimmt nur „ein- 398 Brockhaus, 1967, 798. 399 Auskunft von Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter von Dallmayr, am 11.09.2001. <?page no="125"?> 115 geschränkt Bezug“ auf die elektronischen Werbemittel, was noch gezeigt werden wird. • Jüngste Kampagne von Dallmayr („1998/ 99“) Die Anzeigenkampagne und die Hörfunkspots (je drei Anzeigen und drei Spots) wurden vom Frühjahr bis zum Herbst 1999 eingesetzt, und zwar zu bestimmten Zeiten, wie - die Printwerbung - Ostern, Pfingsten, Weihnachten sowie - Hörfunk - früh am Morgen und am Wochenende, um zusätzliche Kaufimpulse zu geben. Der Fernsehspot mit Mutter und Tochter lief vorher bzw. auch noch parallel. Zur Zeit der Hörfunkspots wurde der erste, hier nicht untersuchte TV-Spot mit einem Mann als Kaffeekäufer ausgestrahlt. 400 Die Werbemittel der Kampagne wurden also zeitversetzt geschaltet. Die Werbung soll ein zeitgemäßes, aber verlässliches Image vermitteln; im Mittelpunkt steht die „Authentizität der Markenwelt“, 401 also die nachvollziehbare Herkunft des Produkts (Glaubwürdigkeit) mit dem bekannten gelb gestrichenen Dallmayr-Haus, und damit verbunden vor allem Qualität durch Tradition sowie Genuss. Abb. 10: Dallmayr-Haus in der Dienerstraße in München. „Bei den Verbrauchern soll Dallmayr prodomo als ‚bester deutscher Röstkaffee‘ gelten“. 402 TV ist das Basismedium, das sich besonders gut für die in den vergangenen Jahren nur leicht variierte, jedoch zunehmend emotionalisierte Darstellung eignet. Dazu gehört auch die seit Jahren eingesetzte, für Dallmayr komponierte Instrumentalmusik. Die Beständigkeit in der Werbung mit behutsam vorgenommenen Veränderungen ist eine wichtige Möglichkeit Glaubwürdigkeit herzustellen und hebt zugleich eine Marke von No-name-Produkten ab. 403 400 Vgl. Reimann, 2003. 401 Van Rinsum, 1999, 118. 402 Van Rinsum, 1999, 120. Dies entspricht auch den Ausführungen Hellmanns zur Markenpersönlichkeit: „Eine Marke hat Persönlichkeit, wenn ihre Kommunikation Kontinuität aufweist.“ (Hellmann, 2003, 87). 403 Vgl. „Exkurs zur Markenkommunikation“ in Kap. 1.2. <?page no="126"?> 116 Vor allem bei den TV-Spots stehen, nach Aussagen von Bettina Fuchsluger und Corinna Rieb, Mitarbeiterinnen der zuständigen Werbeagentur Heye & Partner, 404 die übermittelten Emotionen und Lebenseinstellungen im Vordergrund (so genannte „Haltungsfilme“), Worte würden da nur stören. Während in den 50er/ 60er Jahren der Produktvorteil sprachlich herausgearbeitet werden musste (Gebrauchsnutzen, rational), kommt es heute auf die Betonung des emotionalen Vorteils (Zusatznutzen), v. a. durch Bild und Musik umsetzbar, an. So wird in dem hier analysierten TV-Spot nur noch am Schluss - als eine Art Zusammenfassung der Bilder, der gezeigten detailliert ausgeführten Handlungen - Sprache verwendet (mit insgesamt zwei Äußerungen, wovon eine der Slogan ist: Nur mit Liebe zum Detail entsteht das ganz Besondere / / Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee). Im jüngsten Spot (1999) mit dem männlichen Kaffeekäufer beschränkt man sich (neben dem Slogan) gar auf zwei Wörter: Die Verkäuferin stellt die Frage: „Wie immer? “ - Der Kunde nickt; ansonsten setzt man ganz auf die Aussagekraft der Bilder und der bekannten Dallmayr-Klaviermusik. Nach Auskunft der Firma Dallmayr 405 war die Anzeigenkampagne ein Test, ob die Wiedererkennungswerte noch gesteigert werden könnten, da Printwerbung bei dem Unternehmen grundsätzlich eine untergeordnete Rolle spielt. Die guten Werte durch die Fernsehspots hätten aber nicht getoppt werden können. Nach Umfragen sei die Anzeige mit der Schlagzeile Wir halten die Zeit für Sie an. mit einem für das Unternehmen untypischen Bild am wenigsten mit Dallmayr identifiziert worden. 406 Die anderen Anzeigen der Serie nehmen aus der TV-Werbung bekannte Bilder auf: die antike Theke, hinter der die traditionell weiß-blau gekleideten „echten“ Verkäuferinnen stehen; im Hintergrund sind die nostalgisch wirkenden Kaffeebehälter zu sehen; vor der Theke befinden sich zwei Kundinnen und ein Kunde. Eine andere Anzeige bildet lediglich eine Verkäuferin ab (siehe S. 117). Die Dallmayr-Werbemittel der jüngsten Kampagne stimmen, wie die folgende Untersuchung zeigt, insgesamt überein, Unterschiede sind medienbedingt einzuordnen. 407 404 Auskunft vor Ort (Heye & Partner) im August 2001. 405 Telefonische Auskunft von Ellen Ruthrof, Werbeleiterin der Firma Dallmayr, am 06.09.01. 406 Ich werde die Anzeige somit nicht bei der Analyse berücksichtigen. 407 Vgl. auch Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. <?page no="127"?> 117 Abb. 11 und 12: Anzeigen der Dallmayr-Kampagne „1998/ 99“. • Kampagne für Flensburger Pilsener „Neulich beim Abgang“ 408 2002/ 03 Die Kampagne für Flensburger Pilsener enthält Anzeigen (in kleinen regionalen Zeitschriften geschaltet), Kinowerbung (2002 national), TV-Spots (2003 regional im ARD Regionalfenster Nord), dazu parallel HF-Spots (national). Dass nicht alle Werbemittel in ganz Deutschland eingesetzt wurden, hängt mit den Kosten zusammen; außerdem wird das Produkt, je weiter man von Norden nach Süden fährt, immer seltener angeboten. Exemplarisch wählte ich das Motiv von fünf Männern aus, die in einer Kneipe Flens verlangen; ich verwendete je eine Anzeige, einen TV-Spot und einen HF-Spot. Die Werbung stimmt in TV und HF auditiv überein, es wird 408 Der Name stammt vom Unternehmen bzw. der Werbeagentur ad.quarter in Hamburg. <?page no="128"?> 118 eine Geschichte um das Flensburger Pilsener erzählt. 409 TV- und HF-Spot erhielten 2003 den ARD-Award in der Kategorie „Visual Transfer“. 410 Zur Strategie schreibt Andreas Lehmann von der zuständigen Werbeagentur ad.quarter (Hamburg): „Wir versuchen mit allen Spots ein positives Bild der Marke zu produzieren. Die kreative Umsetzung (ehrlicher Humor) bringt die nötige Werbewirkung. Hinzu kommt, durch ständige Motivwechsel (insbesondere im Funk) eine Markenaktualität mit einer positiven emotionalen Bindung zu erreichen. Die nötige Durchdringung erreicht man, wenn man in allen verfügbaren Medien wirbt. Und das klappt in der Regel bei uns ganz gut. Der „ausgezeichnete“ Spot (Moin. Moin…) ist der wohl beste Beweis dafür. Hier spielt Funk und TV/ Kino perfekt auf einander ein [sic! ].“ 411 Wie in Kap. 6 aufgezeigt werden wird, nimmt die Anzeige nur eingeschränkt Bezug auf die elektronischen Werbemittel. Warum sie relativ stark von TV- und HF-Spot abweicht und medienuntypisch wenig Text enthält, erklärt Andreas Lehmann von ad.quarter so: „Wenn mir jemand erzählt, wie man den TV-/ Funkspot auf einer Anzeige umsetzen kann, werden wir dies sofort machen. Z. B. nur ‚Moin ... Moin ...‘ über die Jungs zu schreiben, hat zu wenig Aussagekraft. Also haben wir die Kernbotschaft zusammengefasst: Wir stehen zum guten Geschmack bedeutet, kompromisslos auf Flens zu bestehen. Gibt es keins, sagt man lieber Tschüss, bevor man zur Alternative greift. [...] Werbung muss unserer Ansicht nach einfach funktionieren. Zudem lesen nur ein Bruchteil der Betrachter [sic! ] einer Anzeige den Fließtext. Wir sehen das Motiv und das Produkt. Das muss lecker rüberkommen und Durst machen. Gleichzeitig sollte die Anzeige sympathisch rüberkommen. Und Flenstypisch Humor, Norddeutschland und Herbheit ausstrahlen.“ 412 409 Bei einer Erhebung zum Medien-Mix zwischen Radio und TV wurde festgestellt, dass sich mehr Personen, die neben TV-Spots auch die dazu passende Radiowerbung konsumierten, an die TV-Kampagne erinnern - „um im Schnitt acht Prozentpunkte“. An die Gesamtkampagne (Mix von Radio und TV) erinnern sich sogar im Durchschnitt 18 Prozent mehr Rezipienten (ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH, 2000, 14f.). 410 ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH (2003): 23. Radio-Kreativ-Wettbewerb 2003 (Broschüre und CD-Rom). 411 E-Mail von Andreas Lehmann von der Werbeagentur ad.quarter in Hamburg am 24.02.2004. 412 E-Mail von Andreas Lehmann von der Werbeagentur ad.quarter in Hamburg am 03.03.2004. <?page no="129"?> 119 5.2 Diachrone Untersuchung und Vergleich dreier Dallmayr- Kampagnen (50er/ 60er Jahre, 1978, 1998/ 99) a) Inhalt 413 • Themen (Qualität, Geschmack, Genuss) In allen hier untersuchten Dallmayr-Werbemitteln wird die „Qualität“ des Produkts thematisiert, jedoch durch unterschiedliche Gesichtspunkte: - 50er/ 60er-Jahre-Dialogspots: (nur sprachlich) Betonung durch die bekannten Vorbildverbraucher/ Testimonials: Qualität im Hinblick auf die Herkunft der Kaffeebohnen, - Kampagne 1978: ebenfalls Qualität als Aspekt der Herkunft und des qualitätsbewussten Herstellungsverfahrens; die Qualität wird obendrein durch einen Beweis, die dafür erhaltene Auszeichnung (z.B. TV: prodomo verdient das blaue Band), herausgestellt (in allen Werbemitteln gesprochensprachlich, in Print und TV zusätzlich visuell), jüngste Kampagne (1998/ 99): Qualität als Tradition des Unternehmens, v. a. als Kontinuität in der sorgfältigen Herstellung. Neben der sprachlichen (Print, TV, HF) erfolgt auch eine visuelle Umsetzung (in einer Anzeige und dem TV-Spot): Details der antiken Einrichtung bzw. der Arbeitsutensilien sowie der gewissenhaften, präzisen Arbeitsweise der Mitarbeiter werden gezeigt. Berücksichtigt man auch die weiteren Dallmayr-Kampagnen, 414 so fällt auf, dass der Qualitätsaspekt „Tradition“ ab Ende der 70er Jahre - seitdem auch unterstrichen durch die Dallmayr-Instrumentalmusik - und bis heute vorkommt, 415 während Cölfen ihn bei seiner Untersuchung von Anzeigen 416 aus den Jahren 1960-1990 vor allem in der frühen Zeit festgestellt hat: „In der ersten Dekade wird hohe Qualität am häufigsten mit den Adjektiven bewährt und erprobt verbunden. Nicht die eine oder andere einzelne Eigenschaft ist es, die Qualität ausmacht, sondern vor allem anderen die Solidität eines Produktes, die sich in der Verbindung von Erfahrung und Prüfung zeigt.“ 417 413 Im Hinblick auf das Analysemodell erfolgt hier eine variierte Vorgehensweise: „Medienübergreifende Botschaft“ und „(weitere) Themen“ werden zu Beginn nicht nur angesprochen, sondern gleich mit Beispielen ausgeführt (siehe Modell „2. Inhalt: Sender, Empfänger, Produkt; kampagnenspezifische Themen“). 414 Vgl. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 415 Z. B. auch noch in den Kampagnen „Weihnachten“ (1978), „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) und „Genusskaffee“ (1985). Vgl. dazu die Kap. 8 „Werbung für Genussmittel regionaler Herkunft und langer Tradition“ sowie 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 416 Das Korpus enthält Werbematerial der Firmen Bahlsen, Deutscher Sparkassenverlag, Dr. Oetker, Henkel, Underberg und Volkswagen. 417 Cölfen, 1999, 111. <?page no="130"?> 120 Gemäß der Untersuchung von Cölfen verhält sich die Dallmayr-Werbung der 70er Jahre, die die Qualität von Herkunft und Herstellung gehäuft mit dem Adjektiv edel bzw. dem Partizip (spezial)veredelt in Verbindung bringt: „Der Markt hat sich erweitert, die Konkurrenz ist größer geworden, und die Qualität scheint durch Billigprodukte bedroht. [...] Man will sich deutlich von Billiganbietern abheben, erklärt, was es mit Billigprodukten auf sich hat, und geht in die Aufklärungs-Offensive.“ 418 Weitere kampagnenübergreifende Themen sind „Genuss“ 419 sowie „Geschmack“. 420 Ein Vergleich mit Cölfen gestaltet sich hier als schwierig, da er sein Weltbildfeld „Genuss“ sehr weit fasst und dazu jeweils der Kontext zu betrachten ist, wie in Kap. 1.1.1 beispielhaft ausgeführt wurde. Dass „Genuss“ noch nicht in früher Zeit (50er/ 60er Jahre) als Zusatznutzen eingesetzt wird, 421 kann die Dallmayr-Werbung nicht bestätigen, wie die hier nicht ausführlich untersuchte TV-Spot-Kampagne „Kostbarkeiten“ (1956/ 57), in der der Kaffee mit wertvollen Gegenständen verglichen wird und der das Lexem „Genuss“ enthält, zeigt. 422 Unabhängig von Dallmayr gibt es speziell zur Kaffeewerbung schon jahrzehntealte Werbungen, in denen Frauen als Kaffeegenießerinnen dargestellt werden: „Die frühen Beispiele der Kaffeewerbung vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die vierziger Jahre unseres Jahrhunderts zeigen die Frau meist als schöne und selbstbewusste Geniesserin [sic! ]. Ihre zufriedene Erscheinung bürgt für die Qualität des Kaffees und stellt das Getränk als Luxusprodukt dar. Diese Form der Werbung spricht die Käuferin als Konsumentin des Produktes an, die mit ihrer Wahl in erster Linie die Befriedigung der eigenen Bedürfnisse verfolgt.“ 423 Die Frauen in der 1998/ 99er-Jahre-Kampagne von Dallmayr sind jung, chic gekleidet, mit größter Wahrscheinlichkeit berufstätig; sie wirken selbstbewusst und tragen Kostüme, so als wären sie auf dem Weg zur oder von der Arbeit (Print). Im TV handelt es sich um eine Mutter mit Kind. Sie 418 Cölfen, 1999, 112. Hier sind neben der in diesem Kapitel untersuchten Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ (1978) die Dallmayr-Kampagnen „Luxus“ (1972) und „erlesen“ (1973) zu nennen (vgl. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“). 419 Kampagne 1978: Print und HF, nicht TV; Kampagne 1998/ 1999: Print (Anzeige 2 sprachlich und visuell), HF und TV (nur visuell). 420 Kampagne Dialogspots 50er/ 60er Jahre: TV-Spot (Schrifteinblendung im Packshot: empfängerbezogen Er betont Ihren guten Geschmack), Kampagne 1978 (Print und HF, nicht TV). 421 Nach Cölfen (1999, 131) wird erst ab den 70er Jahren aus dem Nahrungsein Genussmittel (z. B. Dr. Oetker, Bahlsen). 422 Vgl. dazu Kap. 8 „Werbung für Genussmittel regionaler Herkunft und langer Tradition“ sowie Kap. 9 „Diachroner Vergleich der Marke Dallmayr mit den Marken Löwenbräu und Bärenmarke“. 423 Obrist/ Fayet 1995, 19. <?page no="131"?> 121 verkörpert das Lebensgefühl vieler Frauen in den 1990er Jahren, die tendenziell die selbstbewussten Karrierefrauen der 80er Jahre ablösten. 424 Ein Sonderfall liegt in den Zusatzthemen der Dialog-Spots vor: Sie sind als Gesprächsthemen Teil der in Inhalt und Aufbau an ein Hörspiel bzw. einen Fernsehfilm (Volkstheater) erinnernden Gestaltung und haben zunächst nichts mit der Produktbewerbung zu tun, sondern sollen vermutlich im Gegenteil die Unterhaltungsfunktion hervorheben und von den Werbezielen ablenken. 425 Es handelt sich im TV-Spot um die Themenbereiche „Spickzettel“ und das Wortspiel um Herkunft und Ziel des Kaffees, im HF- Spot um „Namenverwechslung“ und „Schreibfertigkeit“. Allein für die Kampagne 1978 wurde das Thema „Blaues Band“ kreiert. Im Rückblick auf die Dallmayr-Kampagnen der vergangenen Jahrzehnte gehören diese Themen also zu den variablen kommunikativen Botschaften innerhalb der Markenkommunikation von Dallmayr. Zum Markenkern dagegen zählen, wie gezeigt, die kontinuierlich beworbene „Qualität“ (produktbezogen) sowie die Themen „Genuss“ 426 und/ oder „Geschmack“; sie sind breit vertreten, kommen jedoch nicht in allen Kampagnen bzw. in allen Werbemitteln einer Kampagne vor. 427 Interessant ist, dass Themen einmal produkt-, einmal empfängerbezogen eingesetzt werden, z. B. „Genuss“ in der Kampagne 1978: Kaffeegenießer in der Anzeige (empfängerbezogen), Kaffeegenuss als Bezeichnung für das Produkt im HF-Spot (produktbezogen); auch „Geschmack“ wird als Eigenschaft der Rezipienten (im TV-Spot der 50er/ 60er-Jahre: Er betont Ihren Geschmack und im HF-Spot der Kampagne 1978: der auch den empfindlichsten Geschmack verwöhnt) oder des Produkts (Anzeige, HF-Spot der Kampagne 1978: Geschmack ist eben alles. Anzeige: Am Geschmack [...] erkennen Sie [...]; wegen seines vollendeten Geschmacks) verwendet. • Thematisierung von Sender, Empfänger, Produkt Eine Schwierigkeit im Vergleich sowie der Beurteilung und Einordnung der Kampagnen bzw. Werbemittel besteht in der Entscheidung, ob sprachliche oder visuelle Thematisierungen stärker wiegen. Daran schließt sich die Frage an, wie mit der jeweiligen Häufigkeit der sender-, empfänger- oder produktbezogenen Nennungen umzugehen ist. Ich gehe hier auch mit dem Blick des Rezipienten z. B. vor dem Bildschirm heran bzw. bilde mir in problematischen Fällen ein Gesamturteil über das jeweilige Werbemittel. Die Ausführlichkeit in der Darstellung der einzelnen Thematisierungen beschränkt sich auf dieses Kapitel und die exemplarischen Kampagnen. In den Kapiteln 6 „Synchrone Mehrmedialität“ und 7 „Diachrone Mehrmedialität 424 Reimann, 2003, 210 und Kellner/ Kurth/ Lippert, 1995, 132ff. 425 Vgl. dazu die sich auf die 50er Jahre beziehende Diskussion um Hörfunk- und Fernsehspiel bei Bartz, 2002, 205ff. 426 Vgl. auch Kap. 3 „Methodik“ (Exkurs zu(r) Werbebotschaft(en)) sowie „Gewichtung der Themen“ in Kap. 9.4e) „Der markenübergreifende Vergleich“. 427 Vgl. „Markenkommunikation“ in Kap. 5.2e) „Bewertung“. <?page no="132"?> 122 am Beispiel Dallmayr“ gehe ich unter Anführung von Beispielen nur auf die Verteilung der Häufigkeiten in den Werbemitteln der Kampagnen ein. Kampagne 50er/ 60er Jahre Im Mittelpunkt der Dialogspots der 50er/ 60er Jahre steht die Produktthematisierung. Das gesamte Gespräch dreht sich in TV und HF um Qualität und Herkunft des Kaffees/ der Kaffeebohnen (kampagnenspezifisches Thema). Der Produktname wird im TV dreimal genannt und ist einmal auf der Produktpackung zu lesen (Dallmayr Kaffee). Im HF wird er einmal genannt (Dallmayr Kaffee […] Mokka Spezial). Der Sender wird im TV einmal sprachlich, im HF dreimal erwähnt. Zur Sender- und Empfängerthematisierung zähle ich die beiden prominenten Vorbildverbraucher, die zum einen bekannt sind und somit durch den Konsum der Werbung für Glaubwürdigkeit sorgen und das Produkt aufwerten sollen (Testimonials). Andererseits sind sie dadurch auch sog. Vorbildverbraucher für den Rezipienten. Eine Empfängeranrede erfolgt in der Kampagne Dialogspots der 50er/ 60er Jahre überhaupt nicht, das heißt, die Dialogpartner bleiben völlig in der Szenerie verhaftet und stören so die Illusion eines Fernsehbzw. Hörstücks nicht. Kampagne 70er Jahre Die Kampagne der 70er Jahre weist vor allem produkt- und senderbezogene Elemente auf. Im Rahmen der folgend aufgezählten Senderthematisierung ist die Rolle des Unternehmens als Handelnder auffällig: - Anzeige: prodomo von Dallmayr (in der Headline); Wir haben [...] verliehen; im Passivsatz wird der Agens zwar ausgespart, ist aber aus dem Kontext leicht zu erschließen: daß er aus den feinsten Hochlandkaffees komponiert und von Reizstoffen befreit wurde; semantisch steht auch ein Agens hinter dem Satzglied Besonders die Kunst, das anregende Coffein und volle Aroma natürlich zu erhalten - TV-Spot: Das Haus Dallmayr eröffnet - HF-Spot: Das Haus Dallmayr öffnet; prodomo aus dem Hause Dallmayr; semantisch steht ebenfalls ein Agens hinter dem Partizip befreit. Ein Senderkennzeichen (auditiv) ist ferner die ab den 70er Jahren vorhandene Dallmayr-Instrumentalmusik, weil sie nicht nur mit der Marke, sondern auch eng mit dem dahinter stehenden Unternehmen verbunden wird. Im Mittelpunkt der Produktthematisierung stehen Charakterisierung und Eigenschaften der beworbenen Ware. Sie fallen ob der Kürze des gesprochenen Textes im TV am sparsamsten aus. Der Produktname wird im HF dreimal, in den beiden anderen Werbemitteln je zweimal genannt (TV) bzw. schriftlich erwähnt (Print). Dass die Kampagne in erster Linie produkt- und senderbezogen ausgerichtet ist, zeigt sich an den kampagnenspezifischen Themen „Blaues Band“ (der Sender ist der Verleiher, das Produkt erhält die Auszeichnung) und „Qualität: Herkunft (produktbezogen) und Herstellungsverfahren (senderbezogen)“. Das Thema „Geschmack“ bezieht sich, wie oben bereits gezeigt wurde, einmal auf den Empfänger, einmal auf das Produkt. An dieser Stelle soll noch auf die Empfängeranrede eingegangen werden: In der Anzeige wird der Empfänger <?page no="133"?> 123 in der Headline (erkennen Sie) angesprochen, ferner ist er mit dem hochwertenden Substantiv Kaffeegenießer im Fließtext gemeint. Ein Kaufappell unterbleibt; eine Rezipientenanrede im Hörfunkspot erfolgt nur im ersten Satz (öffnet Ihnen), ebenso im Werbefilm (eröffnet Ihnen). Kampagne Ende der 90er Jahre Die Kampagne weist in den beteiligten Werbemitteln hinsichtlich der Thematisierungen Unterschiede auf: TV ist produktorientiert, die Anzeigen vor allem empfängerund/ oder senderbezogen, die HF-Spots empfänger- und produktorientiert. Auch in der jüngsten Kampagne wird äußerst knapp mit der Empfängeranrede umgegangen. Sie erfolgt nur in einem der HF-Spots, und zwar mit dem Imperativ (Beginnen Sie den Tag mit einem Genuß.), so dass damit auch die Gefahr einer zu häufigen oder penetranten direkten Kaufaufforderung vermieden wird. Der Empfänger wird visuell in einer Anzeige und dem TV- Spot durch das Auftreten von Kundinnen, unbekannten Durchschnittsverbraucherinnen, thematisiert. Sprachlich wird ferner mit Versprechen auf den Rezipienten Bezug genommen: Wenn schon die Erwartung zum Genuß wird. (Anzeige). Das Lexem „Genuss“ kommt auch in zwei HF-Spots vor. Es referiert auf das Produkt, ferner ist es als Versprechen auch auf den Empfänger bezogen. Interessant ist in zwei der drei HF-Spots die Rezipientenperspektive, das heißt, die Aussage vermittelt den Eindruck, von einer Rezipientin, einer überzeugten Dallmayr-Kaffee-Trinkerin, gesprochen zu werden: Schön, daß es so etwas Gutes noch gibt. bzw. Wie immer / / ein Genuss. Zurückhaltend verfährt man auch mit der Nennung des Firmennamens (Senderseite), der in der Anzeige außerhalb des Produktnamens und der seit Jahren eingesetzten Topline Aus dem Hause Dallmayr in München nicht vorkommt und im Fernsehspot sprachlich nur auf einer Dallmayr-Tragetasche zu lesen ist: Alois Dall(mayr) Münch(en). 428 In einer weiteren Anzeige taucht der Sender mittels des Personalpronomens wir auf. Visuell ist er in der Printwerbung und im TV-Spot durch das Interieur des Ladens, die Verkäuferinnen und (in der Fernsehwerbung) die Fassade des Hauses präsent. Im TV-Spot wird mit dem Text zwar inhaltlich - es wird ein Agens mitgedacht -, jedoch sprachlich nur indirekt auf den Sender eingegangen (Nur mit Liebe zum Detail entsteht [...]). Auditiv ist die Dallmayr-Instrumentalmusik zu nennen, die ein Kennzeichen für das Traditionsunternehmen ist. Im Hörfunk ist die Instrumentalmusik die einzige Senderthematisierung. Insgesamt sind bei der Kampagne „1998/ 99“ die produktbezogenen Botschaften am stärksten präsent, weil sie am häufigsten vorhanden sind: Das zeigt sich zum einen beim Slogan Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee. Im HF-Spot fallen zum anderen die Lexeme, die Eigenschaften des Produkts beschreiben, auf: mit einem Genuß; so etwas Gutes; Wie immer / / ein Genuß. Visuell sind in der Anzeige vor allem die Kaffeepackungen zu 428 Vgl. die Einteilung in primäre, sekundäre und tertiäre Texte bei Brandt, 1973, 147f. <?page no="134"?> 124 nennen, im TV werden alle möglichen Details rund um das Produkt gezeigt: Dallmayr-prodomo-Tüten, ein Schild, auf das eine Verkäuferin das Wort prodomo malt, Porzellanbehältnisse, in denen sich die Kaffeebohnen befinden, Kaffeebohnen, die in eine Tüte fließen, die Aufschrift prodomo auf dem Porzellanbehältnis und (im Packshot) eine Tasse Kaffee sowie eine umfallende Dallmayr-prodomo-Tüte, aus der Kaffeebohnen fließen. 429 Das Markenzeichen Noch zu ergänzen ist für alle Kampagnen das Vorkommen des Markenzeichens, das die Rezipienten als Teil des Unternehmens identifizieren sollen. Das Symbol mit der Waage und den beiden Initialen des ersten Besitzers - AD - wurde im Laufe der Jahre um die Krone erweitert. Seit den 70er Jahren ist das Dallmayr-Symbol nicht mehr schwarz-weiß, sondern in leuchtendem Rot mit goldener Schrift gestaltet. 430 Das Markenzeichen kommt in allen visuellen Werbemitteln (Anzeige, TV) auf Kaffeetüten und -dosen vor bzw. in der Anzeige der 70er Jahre auf der Kaffeekanne. Gesondert davon ist es im TV-Spot der 70er Jahre überdimensional, auffallend groß und in dem eben erwähnten leuchtenden Rot mit goldener Schrift auf der weißen Doppel-Eingangstür im ersten Bild angebracht (siehe Abb. 13, S. 126, Abb. 31 und 32, S. 256). In den Anzeigen der 90er Jahre ist noch eine Topline vorhanden, Aus dem Hause Dallmayr in München, die in der Mitte (nach: Hause) durch das Dallmayr-Symbol unterbrochen wird. Zusammenfassend ist festzuhalten: Alle Kampagnen sind (auch) produktbezogen ausgerichtet; die Produktthematisierung steht jedoch allein in den Dialogspots der 50er/ 60er Jahre im Mittelpunkt. Die 70er-Jahre-Kampagne ist sender- und produktbezogen ausgerichtet. Die Kampagne Ende der 90er Jahre ist sender-, empfänger- und produktbezogen, da es kein Übergewicht einer Thematisierung, wohl aber medienspezifische Unterschiede gibt. Mediendifferenziert und nach Darstellungsmitteln getrennt sind folgende Auffälligkeiten festzuhalten: In den Dialogspots wird der Empfänger nur im TV thematisiert, und zwar nur visuell (Vorbildverbraucher), im HF kommt er überhaupt nicht vor. Die 70er-Jahre-Kampagne ist ganz ohne Personendarstellung konzipiert; der Empfänger ist in allen Werbemitteln nur sprachlich präsent: Das ist ein Unterschied zu den Vorbildverbrauchern in allen visuellen Werbemitteln der 50er/ 60er sowie der 90er Jahre. 431 Eine Empfängeranrede erfolgt in der 70er-Jahre-Kampagne in allen Werbemitteln, in der 90er-Jahre-Kampagne nur im HF, in der 50er/ 60er-Jahre-Kampagne überhaupt nicht. Auditive Senderthematisierung ist in den elektronischen 429 Vgl. den Überblick in Kap. 14 „Einzelanalysen in Auswahl“. 430 Reimann, 2003, 207. 431 Zum „Funktionswandel bei der Wahl der Akteure, der mit gesellschaftlichen Entwicklungen kongruiert“, vgl. Reimann, 2003, 209. <?page no="135"?> 125 Werbemitteln der 70er- und 90er Jahre gegeben (Dallmayr-Instrumentalmusik). Im diachronen Vergleich ist das Unternehmen am stärksten in der jüngsten Kampagne präsent, da die Rolle der Sekundärsender dem Rezipienten meist nicht bekannt ist. 432 Der Empfänger ist durch die mehrfache visuelle Präsenz in der Kampagne (Anzeige, TV) ebenfalls am deutlichsten in der jüngsten Kampagne wahrnehmbar. Dieses Ergebnis macht deutlich, dass es heute nicht mehr ausreicht, das Produkt an sich zu präsentieren und hervorzuheben, was besonders für relativ preisgünstige Verbrauchsgüter gilt. So müssen Sehnsüchte der Zielgruppe angesprochen werden oder Vorzüge des Unternehmens 433 stärker in den Vordergrund rücken. Die Produktthematisierung wird insgesamt vor allem durch sprachliche Mittel geleistet (vgl. kampagnenspezifische, v. a. produktbezogene Themen um Herkunft und Eigenschaften), der visuelle Code ist hier zumindest in den 50er/ 60er und 70er Jahren zu schwach (nur Produktabbildung); in den 90er Jahren wird die Textarmut durch visuelle Details rund um das Produkt kompensiert. 434 b) Inhaltliche Argumentationsstrategien Dass die Werbung der 50er/ 60er Jahre einem Hörspiel bzw. einer Fernsehserie (mit Volksschauspielern) gleicht, verweist bereits auf die Unterhaltungsfunktion 435 in TV und HF sowie auf die mediale Situation dieser Zeit. 436 Bei der Kampagne der 70er Jahre ist eine medienspezifische Differenzierung festzustellen: (scheinbar) informativ-sachlich (Anzeige), tendenziell emotional (TV) und informativ-emotional (HF). Dabei fällt die strategische Zweiteilung im Fernsehen auf: Sprachlich soll informativ überzeugt werden, die visuelle Umsetzung ist emotional angelegt und steht im Vordergrund. In diesem Fall handelt es sich um eine visuelle Gradation (Steigerung): „Die verbale Aussage wird in ihrer Eindringlichkeit und Ausdruckskraft durch die Art der visuellen Umsetzung deutlich gesteigert.“ 437 Es liegt hier eine visuelle Hyperbel vor. Exemplarisch wird an dieser Kampagne das formale Argumentationsverfahren der Enthymemargumentation mit dem dreiteiligen Argumentationsschritt Argument, Konklusion und Schlussregel vorgeführt: 432 Im Falle der beiden Schauspieler der 50er/ 60er-Jahre-Kampagne überwiegt in der Wirkung vermutlich die Rolle als Vorbildverbraucher; die Stellvertreterfunktion für die Firma Dallmayr tritt meines Erachtens demgegenüber in den Hintergrund. 433 Vgl. die Äußerungen von Herbst im „Exkurs zur Markenkommunikation“ in Kap. 1.2 „Werbung als Kommunikation“. 434 Ausführungen zum Produktnamen finden sich in Kap. 9.2 „Exkurs: Produktnamen“. 435 Vgl. D UDEN . Die Grammatik, 2005, § 1937, S. 1163. 436 Vgl. Klingler, 1999, 117ff. 437 Janich, 2003, 194. <?page no="136"?> 126 In der Anzeige findet sich ganz offensichtlich die Kausalrelation (Grund und Folge) als eine Form der „alltagslogischen Schlussverfahren“ (Janich, 2003, 91): Wir haben prodomo das blaue Band verliehen als Zeichen - also als Folge - dafür, dass er aus den feinsten Hochlandkaffees komponiert und von Reizstoffen befreit wurde. (Grund). Der Kausalschluss wird ergänzt vom „Topos der Person“ (empfängerbezogen), allerdings hier ohne Abbildung, als eine der „konventionalisierten Schlussregeln“ (Janich, 2003, 91) die Glaubwürdigkeit der Argumentation am Ende der Anzeige: Kaffeegenießer bevorzugen diesen spezialveredelten Kaffee wegen seines vollendeten Geschmacks. Der potentielle Konsument soll sich ebenfalls als Kaffeegenießer verstehen. Hörfunk- und Fernsehspot sind parallel aufgebaut: Die Beweisführung erfolgt nicht so offensichtlich wie in der Anzeige: Zunächst werden (scheinbar) die Argumente genannt, erst am Ende wird klar, dass sie als Kausalschluss fungieren, indem sie Begründung für die Auszeichnung (Argument für die Qualität und somit den Kauf des Produkts = Konklusion) sind: Im Hörfunk wird die Kausalrelation durch das Pronominaladverb dafür (textgrammatisch handelt es sich um einen anaphorischen Verweisausdruck, und zwar einen Pro-Text: Bezug auf gesamten vorhergehenden Text) direkt hergestellt: Dafür verdient prodomo das blaue Band. Im Fernsehspot ist dieser Anschluss nicht gegeben, der Zuschauer muss die Verbindung zwischen Argument, Schlussregel und Konklusion selbst herstellen (Das Haus Dallmayr eröffnet Ihnen ein besonderes Kaffeeerlebnis [...] prodomo verdient das blaue Band). Diese Aufgabe dürfte aber in Verbindung mit dem Bildarrangement keine Schwierigkeit sein. Abb. 13: Ausschnitt aus dem TV-Spot der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ (1978). In starkem Gegensatz zum visuellen Code im TV steht das Bild in der Anzeige: Es handelt sich nur um die Produktabbildung, d. h., die sprachlich <?page no="137"?> 127 informative Argumentationsweise wird durch das Bild nicht beeinträchtigt bzw. verändert. Im HF besteht im Vergleich zum TV lediglich die Möglichkeit, durch die festlich klingende Dallmayr-Musik, die auch dem Fernsehspot zugrunde liegt, eine atmosphärische Komponente aufzunehmen. Eventuell ist beabsichtigt, dass der Hörer die Fernsehbilder dabei im Kopf hat (Intertextualität 438 ). Ein weiterer Vorteil der Hörfunkwerbung ist, Raum für Assoziationen und Phantasie zu geben. Im Vergleich zur Anzeige fällt bereits der emotionale Einstieg in Hörfunk und Fernsehen durch hochwertende Syntagmen auf: die Welt des erlesenen Kaffees (HF), ein besonderes Kaffeeerlebnis (TV). Der HF-Spot ist informationsreicher als der TV-Spot. 439 Die Kampagne „1998/ 99“ ist in allen Werbemitteln emotional angelegt. Insgesamt lassen sich daraus - unter Berücksichtigung des exemplarisch gewählten Materials - und in Verbindung mit den Ergebnissen zur Sender-, Empfänger- und Produktthematisierung tendenziell diese Schlüsse ziehen: Informative Botschaften treten heute vor allem bei preiswerten Produkten 440 und der vorhandenen großen Auswahl an vergleichbarer Ware in den Hintergrund. In den 70er Jahren (Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“) wurde noch informativ geworben; dabei wurden die Eigenschaften und das Potenzial der Werbemittel berücksichtigt. Die Kampagne in ausschließlich elektronischen Medien in den 50er/ 60er Jahren mit zwei Volksschauspielern bietet sich für unterhaltende Werbung geradezu an. c) Struktur(elemente) • Headline Eine Headline als Teil der klassischen Anzeigenstruktur gibt es nur in der Printwerbung der 70er Jahre. Als „Ankündigung“ bezeichne ich die einleitende Äußerung (Einstiegssatz) des Off-Sprechers im TV-Spot der Dialogspots (50er/ 60er Jahre); sie übernimmt eine der Headline-Funktionen der Anzeige, nämlich den Blickbzw. Hörfang: Männer reden vom Dallmayr Kaffee. • Slogan In der 50er/ 60er-Jahre-Kampagne wird auf einen Slogan gänzlich verzichtet, was in allen späteren Kampagnen nicht mehr vorkommt. Die Schrifteinblendung im Packshot des TV-Spots Er betont Ihren guten Geschmack stufe ich nicht als Slogan ein, da er in keinem anderen TV-Spot dieser Serie noch einmal vorkommt und wegen der fehlenden gesprochensprachlichen Um- 438 Vgl. Kap. 2.4.1 „Definition“ in Kap. 2.4 „Mehrmedialität“. 439 Vgl. die Besonderheiten zu Form und (inhaltlicher) Struktur der Argumentation der Kampagne in Kap. 14 „Einzelanalysen in Auswahl“. 440 Vgl. Drabczynski, 1995, 90. <?page no="138"?> 128 setzung relativ unauffällig ist; 441 ungewöhnlich ist ebenfalls, dass der Slogan in den Werbemitteln der 70er-Jahre-Kampagne nicht bzw. nur in Teilen (Print/ HF) übereinstimmt (Print: Dallmayr. Geschmack ist eben alles. TV: prodomo verdient das blaue Band; HF: prodomo aus dem Hause Dallmayr / Geschmack ist eben alles.). Der Slogan Ende der 90er Jahre ist in allen Werbemitteln gleich und seit Mitte der 80er Jahre nachweisbar: Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee. • Textstruktur TV- und HF-Spot der Kampagne der 50er/ 60er Jahre sind als Dialoge gestaltet. Im TV kommen noch die einleitende Äußerung eines Off- Sprechers sowie die oben erläuterte Schrifteinblendung im Packshot hinzu. Die Spots der 70er-Jahre-Kampagne (TV/ HF) bestehen jeweils aus einem Monolog (männlicher Sprecher), die Anzeige aus Headline - Fließtext - Slogan. Im Gegensatz dazu ist die klassische Anzeigenstruktur Ende der 90er Jahre nicht mehr vorhanden. Die Printwerbung besteht nur aus einer Schlagzeile 442 als Bildunterschrift - gleichsam anstelle einer Headline und eines Fließtextes - sowie einem Slogan; TV- und HF-Spots enthalten einen Aussagesatz (bzw. Aufforderungssatz oder Setzung) und den Slogan. Die Struktur kann demnach in allen Werbemitteln der jüngsten Kampagne als übereinstimmend eingestuft werden. • Spotlänge Die Spotlänge der HF-Werbung war in den 50er Jahren am größten (50 Sek.) und hat sich dann eingependelt (30 Sek.: 70er, 20 Sek.: 90er Jahre), was vor allem am Preis liegt; die Länge der TV-Werbung weist keine großen Differenzen auf (30 Sek.: 50er, 90er Jahre; 20 Sek.: 70er Jahre). • Textmenge Die Textstruktur deutet schon an, dass sich die Textmenge bei der jüngsten Kampagne rapide verringert hat. Zum besseren Vergleich wird die Wortanzahl aller Spots pro 20 Sek. berechnet. Der wortreichste HF-Spot stammt aus den 50er/ 60er Jahren mit 146 Wörtern auf 50 Sek. (58/ 20 Sek.), die drei textärmsten HF-Spots (1999) umfassen 9-13 Wörter (20 Sek.), der HF-Spot der 70er Jahre weist 57 Wörter (30 Sek.) auf (38/ 20 Sek.). Die TV-Spots nehmen in der Textlänge ebenfalls ab: 50er/ 60er-Jahre-Spot: 54 Wörter/ 30 Sek. (36/ 20 Sek.), 70er-Jahre-Spot: 21 Wörter (20 Sek.), 90er-Jahre-Spot: 14 Wörter/ 30 Sek. (9/ 20 Sek.). Die Anzeige der 70er Jahre umfasst noch 68 Wörter, die der 90er Jahre 18 bzw. 19 Wörter. Innerhalb der Kampagnen ergibt sich folgendes Bild: Bei der jüngsten Kampagne liegen keine großen Unterschiede in der Textmenge zwischen 441 Im Sinne von Schmidt (2003, 79ff.) könnte die Schrifteinblendung allenfalls als Werbeslogan (im Gegensatz zum Markenslogan) bezeichnet werden. 442 Zur Definition vgl. B.1 „Struktur(elemente)“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. Es handelt sich in der ersten Anzeige um einen Nebensatz, in der zweiten um ein Satzgefüge. <?page no="139"?> 129 den Werbemitteln vor. Die 50er/ 60er- und 70er-Jahre-Kampagnen zeigen, auf eine vergleichbare Spotlänge umgerechnet, wortreichere HF-Spots als TV-Spots, 443 was vermutlich daran liegt, dass im TV-Spot auch der visuelle Code Informationen enthalten kann, so dass nicht sämtliche Botschaften über die Sprache vermittelt werden müssen. Die Anzeige der 70er Jahre weist innerhalb der Kampagne die größte Textmenge auf. Dies entspricht der (scheinbar) informativ-sachlichen Argumentationsweise dieser Printwerbung und den medienspezifischen Möglichkeiten. Dass ob der flüchtigen Rezeptionssituation in TV und HF Informationen wiederholt werden, um diese mindestens einmal wahrzunehmen, kann nicht festgestellt werden. Einzig der Produktname Prodomo wird im HF dreimal, in Print und TV nur je zweimal genannt. Außerdem tritt das für die Kampagne wichtige Lexem Geschmack im HF zweimal auf, in der Anzeige nur einmal (und im TV-Spot überhaupt nicht). Die sprachliche Beweisführung, die Begründung (Kausalschluss) für die Auszeichnung des Produkts („Blaues Band“) erfolgt in der Anzeige viel ausführlicher und offensichtlicher als in den elektronischen Medien. • Bild Die Bildmenge ist in jüngster Zeit stark gestiegen. Auch beim Vergleich aller Dallmayr-Kampagnen zeigt sich, dass die vergleichsweise große Anzahl an Bildern erst in jüngster Zeit auftritt. Da nicht mehr Zeit zur Verfügung steht, wirkt der Spot temporeicher/ schneller, was noch durch die Schnitte (statt Überblenden) zwischen den Bildern sowie den Verzicht auf Zooms und Schwenks verstärkt wird (vgl. unten Kameraeinstellungen). Die TV-Spots der drei exemplarisch untersuchten Kampagnen umfassen zwei Bilder (50er/ 60er Jahre), ein Bild (1978) sowie 18 Bilder (1999). Das Bild des 70er-Jahre-Spots ist als statisch 444 (ohne jede reale Bewegung, ohne Menschen) einzustufen, da nur „technische“ Bewegung stattfindet: Die Tür öffnet sich, mit der Kamera erfolgt ein Zoom auf den Tisch. Die beiden anderen TV-Spots sind (vorwiegend) dynamisch; im 50er/ 60er-Jahre-Spot ist lediglich das zweite und letzte Bild (Packshot) 443 Gut vergleichbar aufgrund der übereinstimmenden sprachlichen Struktur sind Hörfunk- und Fernsehspot der 70er Jahre: Leicht erkennbar ist die Verkürzung der Informationen im Bereich des Herstellungsverfahrens und der Produkteigenschaften im TV: prodomo / die meisterlich-veredelte Spitzenmischung aus feinsten Hochlandkaffees versus im HF: mit prodomo / der meisterlich-veredelten Spitzenmischung aus feinsten Hochlandkaffees / weitgehend von Reizstoffen befreit / doch mit anregendem Coffein und reich im Aroma / Tasse für Tasse ein Kaffeegenuß, der auch den empfindlichsten Geschmack verwöhnt. Bei den Dialogspots ist der Vergleich schwieriger, da sie thematisch nicht direkt übereinstimmen. Es lassen sich beim HF-Spot neun, beim TV-Spot nur vier Sprecherwechsel feststellen. Der längste Sprecherbeitrag umfasst im HF 61, im TV 15 Wörter. Das werbeunabhängige Thema des TV-Spots, die Verwendung eines Spickzettels und die Aufdeckung dieser Tat, benötigt die visuelle Komponente, so dass die Sprache nicht alle Inhalte tragen muss und kann. 444 Vgl. Janich, 2003, 66 sowie Brandt, 1973, 137ff. <?page no="140"?> 130 statisch, es beinhaltet die Produktabbildung. Da der Schriftzug erst nachträglich eingeblendet wird, wird der statische Eindruck kameratechnisch abgemildert. Interessant ist beim jüngsten TV-Spot (1999), dass selbst das eigentlich statische Packshot-Bild mit der Produktabbildung dynamisch gestaltet ist: Eine offene Packung Dallmayr prodomo fällt um, die Kaffeebohnen breiten sich auf dem Tisch aus. Es sei noch ein Blick auf die Kameraeinstellungen geworfen: Der Dialogspot beinhaltet in der Darsteller-Szene zwei „Halbtotalen“ (erstes und letztes Bild) und drei „Nahe“-Einstellungen, Letztere um beispielsweise den Zettel in den Händen des versteckt handelnden Darstellers Lang ins Visier zu nehmen. Hinzu kommen zwei Schwenks, einmal mit Zoom. Der Packshot ist in der Kameraeinstellung „Große“ gestaltet, um das abgebildete Produkt möglichst nah zu zeigen. Das (einzige) Bild im 70er-Jahre-Spot zeigt die Kameraeinstellung „Nahe“, es erfolgt ein Zoom in die „Halbnahe“ (auf den Tisch) sowie in die „Große“ (auf die Kaffeedose). Der Spot 1999 fällt durch die häufig vorgenommene Einstellung „Große“ auf. Dies ist auf den sprachlich-visuellen Inhalt zurückzuführen, in dem es um Detaildarstellungen geht (Nur mit Liebe zum Detail entsteht das ganz Besondere). Im Vergleich zu den beiden anderen Spots gibt es weder Schwenks noch Zooms. Diese Faktoren führen, wie teilweise schon angedeutet, in Verbindung mit der großen Anzahl an Bildern, die der 30-Sekunden-Spot enthält, zum Eindruck von Schnelligkeit, Abwechslung und Ereignisreichtum. 445 Übereinstimmung herrscht bei allen Spots in der ersten Einstellung, die stets weiter ist, also einen größeren Bildausschnitt zeigt, als die folgenden. • Musik Die 70er- und 90er-Jahre-Spots (HF und TV) enthalten als Musikteppich zur Untermalung die in den 70er Jahren eigens für Dallmayr komponierte Instrumentalmusik, die im Laufe der Jahre nicht in der Melodie, aber im Einsatz der Instrumente variiert. Die klassisch-festlich klingende Musik soll atmosphärisch das dargestellte Ambiente unterstreichen und das Produkt aufwerten. Als Instrumente werden Klavier, Spinett, Geigen und Celli, die an alte Zeiten erinnern sollen und vermutlich vor allem in reicheren oder adeligen Häusern gespielt wurden, eingesetzt. Der Vorteil einer Neukomposition liegt in der situationsgerechten, auf das Produkt abgestimmten Integration der Musik in die Gesamtstrategie sowie in der festen Verbindung der Musik mit dem Spot; der immer wiederkehrende Einsatz derselben Melodie in HF und TV kann beim Radiohörer bestimmte Assoziationen auslösen, die Erinnerung an gehörte oder gesehene Spots hervorrufen (Intertextualität 446 ) und schließlich Verbindungen zum Produkt selbst schaffen. Dies wird besonders in den Hörfunkspots der jüngsten Kampagne genutzt, in denen die Musik zunächst alleine steht. Die Kontinuität im Vorkommen 445 Reimann, 2003, 204. 446 Vgl. Kap. 2.4.1 „Definition“ in Kap. 2.4 „Mehrmedialität“. <?page no="141"?> 131 einiger sprachlicher und visueller Elemente - seit Ende der 70er Jahren werden das Dallmayr-Haus und die Kaffeeabteilung gezeigt und es kommt immer wieder das Thema „Tradition“ in Verbindung mit „Qualität“ vor - geht mit der Beständigkeit in der Musik einher und soll letztendlich die gleich bleibende Güte des Produkts verdeutlichen. Der TV-Spot der 50er/ 60er Jahre ist ebenfalls durchgehend mit einer unaufdringlich-beschwingten Instrumentalmusik unterlegt. 447 Der HF-Spot enthält keine Musik. • Geräusche In den drei verglichenen Kampagnen kommen nur im TV-Spot der Dialog- Kampagne Geräusche vor, die zur Authentizität der Situation beitragen: - Geklapper der Kaffeetasse, - Zusammenknüllen des Zettels in der Hand, - Papierrascheln beim Wegnehmen des Zettels, unmerklich hörbares Rascheln, bevor Strecker den Zettel hinter den Rücken führt. Dass die Spots (HF/ TV) der 70er und 90er Jahre durchgehend mit Instrumentalmusik unterlegt sind, kann den Verzicht auf Geräusche erklären, die somit nicht oder kaum hörbar wären. Zwar ist auch der TV-Spot der 50er/ 60er Jahre mit einem Musikteppich versehen; er ist jedoch so leise, dass Geräusche nicht überdeckt werden. Erstaunlich ist das Fehlen von Geräuschen im musiklosen HF-Dialogspot (50er/ 60er Jahre), der inhaltlich eine Slice-of-life-Situation darstellt, also eine Episode aus dem Leben aufgreift, so dass die Ergänzung durch Geräusche keine rezeptionsorientierten Probleme bereiten und zur Realitätsnähe beitragen würde; Geräusche wären wichtig, um ein gewünschtes Bild im Kopf der Rezipienten entstehen zu lassen. 448 d) Form/ Gestaltung • Farbigkeit Der Dialogspot aus den 50er/ 60er Jahren ist schwarz-weiß gestaltet, alle zeitlich späteren Spots werden in Farbe ausgestrahlt. Alle in diesem Kapitel untersuchten Anzeigen sind farbig. • Mündlichkeit und Schriftlichkeit Gesprochene Sprache ist zunächst die Produktion von Lauten (phonisch). Im Hinblick auf die Werbeträger liegt gesprochene Sprache da vor, wo sie medienbedingt realisierbar ist (Fernsehen, Hörfunk). Hier liegt demnach 447 Die Beschreibung von Musik geht - unbefriedigenderweise - stets bereits mit einer subjektiv empfundenen Interpretation einher. 448 Schönert, 1982, 152: „Bei der Anzeige gibt ´s den Blickfang - beim Funkspot den Hörfang. Das Tippen einer Schreibmaschine ... schon ist man in einem Büro, sieht die Dame an der Maschine. Geräusche im Funkspot sind nicht Untermalung, sondern Bebilderung. Sie sind die ›Graphik‹ des Funkspots. [Aber, d. Verf.] Nicht jeder Spot braucht Graphik.“. <?page no="142"?> 132 mediale Mündlichkeit vor. Es muss jedoch nun zwischen spontaner (unvorbereiteter) Sprache, 449 wie sie uns im Alltagsgespräch begegnet, und der Reproduktion von geschriebener Sprache 450 - etwa bei einem schriftlich vorliegenden Manuskript für einen HF-Spot - differenziert werden: Die Textvorlage kann konzeptionell mündlich gestaltet sein. So kann in auditiven Medien neben der medialen auch konzeptionelle Mündlichkeit vorhanden sein, nämlich als Nachahmung spontan gesprochener Sprache. Sie soll Spontaneität und Authentizität vermitteln und somit den Eindruck von Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit entstehen lassen. Dies trifft z. B. für Werbespots zu, die einen Dialog, ein Gespräch enthalten (v. a. in Syntax, Lautung und Wortschatz). 451 Auch in Printmedien kann ein konzeptionell mündliches Konzept umgesetzt werden. Konzeptionelle Schriftlichkeit dagegen liegt in auditiven Medien häufig am Spotende vor: Kommentarsprecher (im Slogan) beispielsweise bedienen sich ihrer häufig hinsichtlich Syntax, Wortwahl und Sprachform (meist Standardsprache). Dies ist auch bei den vorliegenden Kampagnen der Fall. Ist die Textmenge zu gering, kann eine konzeptionelle Zuordnung nicht vorgenommen werden. In Printmedien liegt Sprache in schriftlicher Form vor (mediale Schriftlichkeit), ebenso ist dies im audiovisuellen Medium Fernsehen möglich (Schrifteinblendungen). Kampagne 50er/ 60er Jahre Die Dialogspots der 50er/ 60er Jahre sind eindeutig konzeptionell mündlich gestaltet. Es liegt „eine narrative Erzählstruktur bzw. im Gespräch Nachahmung spontan gesprochener Sprache“ vor. 452 Dies zeigt sich allgemein am Gesprächscharakter, detaillierter beispielsweise am Einsatz von Varietäten (schwäbischer und Münchner Dialekt), an der Auslassung von Lauten (z. B. hat ´s g´sagt) und syntaktischen Charakteristika, wie der Verwendung von Abtönungs- und Gesprächspartikeln, elliptischen Äußerungen und Interjektionen 453 sowie der Verbindung von bestimmtem Artikel + Firmennamen: der Dallmayr. 454 Eine Ausnahme von der konzeptionellen Mündlichkeit ist die einleitende Äußerung des Kommentarsprechers aus dem Off (Männer reden vom Dallmayr Kaffee). Üblich ist hierbei eine Orientierung an der geschriebenen Sprache (meist Standardsprache in Syntax, Wortwahl). Im 449 Schank/ Schoenthal (1983, 7) definieren „gesprochene Sprache“ als „frei formuliertes, spontanes Sprechen aus nicht gestellten, natürlichen Kommunikationssituationen, Sprache also im Sinne von Sprachverwendung, nicht von Sprachsystem.“. 450 Holly/ Püschel (1996, 1f.) sprechen von „sekundärer Oralität“. 451 Vgl. die Zusammenfassung von Schwitalla, 2006, 20ff. Einige Besonderheiten der gesprochenen Sprache sowie der Umgangssprache nennt Lühr, 2000, 242 und 244f. 452 Reimann, 2003, 205. 453 Nach telefonischer Auskunft (12.03.2003) von Walter Weinmann, ehemals Tonmeister bei Insel-Film, erfolgte die Textnachbearbeitung durch die in den Spots agierenden bayerischen Schauspieler (vgl. Kap. 5.1). 454 Reimann, 2003, 205 und 207. <?page no="143"?> 133 Gegensatz dazu steht das folgende Gespräch innerhalb der Szenerie, die einem Fernsehspiel nahe kommt und inhaltlich einen Ausschnitt aus dem Alltagsleben darstellt. Kampagne 70er Jahre Die Kampagne der 70er Jahre ist insgesamt konzeptionell schriftlich gestaltet; die Anzeige ist auch medial der geschriebenen Sprache zuzuordnen. Der Fließtext beinhaltet ausschließlich vollständige Sätze: zwei Hypotaxen (mit einer Länge von 22 und 15 Wörtern) sowie einen einfachen Satz (9 Wörter). Die Satzlänge hebt sich vom Durchschnittswert ab, wie einer Statistik dieser Zeit zu entnehmen ist: Demnach bestehen vollständige Sätze in textarmen Anzeigen (bis zu 70 Wörtern) vor allem aus vier bis sechs Wörtern. 455 Der einfache Satz des Fließtextes verwendet die Präposition wegen korrekt mit einem nachfolgenden Genitiv, was ebenfalls dem Konzept Schriftlichkeit entspricht. Auf konzeptionell mündliche Lexeme oder Syntagmen wird auch in der HF- und TV-Werbung verzichtet. Ausnahme von der konzeptionellen Schriftlichkeit ist das Adverb eben im Slogan von Anzeige und HF-Spot (Dallmayr. Geschmack ist eben alles.), das am Ende der jeweiligen Werbung zur Bestätigung der vorhergehenden Ausführungen eingesetzt wird. 456 Man kommt damit dem Anspruch nach, ein Slogan müsse „eine knappe, prägnante Form“ 457 haben, leicht zu merken und wiederzugeben sein. Syntaktisch werden Zugeständnisse an die flüchtige Rezeptionssituation gemacht: Der Radiospot besteht aus drei vollständigen Sätzen (den Slogan eingerechnet) und vier Setzungen (eine enthält einen Relativsatz). Der mit 19 Wörtern ungewöhnlich lange erste Satz wird durch kurze Sprechpausen, die die Aufnahme erleichtern sollen, gegliedert. 458 Der Fernsehspot umfasst zwei vollständige einfache Sätze mit fünf bzw. acht Wörtern und eine Setzung mit acht Wörtern. Kampagne Ende der 90er Jahre Die jüngste Kampagne zeichnet sich durch extreme Textarmut aus; eine konzeptionelle Einordnung ist deshalb nicht möglich. Im Vergleich bleibt festzuhalten: Die Dialogspots der 50er/ 60er Jahre sind insgesamt konzeptionell mündlich gestaltet (Szene aus dem Leben, Dialog); in der Kampagne der 70er Jahre gibt es - mit Ausnahme des Lexems eben 455 Brandt, 1973, 272-274. 456 Pfeifer, 1997, 258. Schwitalla (2006, 154) spricht hier von Modalpartikel. 457 Janich, 2003, 49. 458 Bajwa (1995, 28) hat in einer aktuellen Untersuchung der Werbung in den drei Medien Print, Hörfunk und Fernsehen ermittelt, dass „die meisten Sätze nicht mehr als 15 Wörter umfassen [...]. 5 % der Sätze weisen bis zu 20 Wörtern [sic! ] auf und rund 6,6 % mehr als 20 Wörter.“. Grundsätzlich ist mit dem Terminus „Satz“ bei gesprochener Sprache vorsichtig umzugehen; man verwendet besser den Ausdruck „Analyseeinheit“. Wenn ich es hier dennoch mache, liegt es an der offensichtlichen (Verbal-) Satzstruktur (mit Prädikat). <?page no="144"?> 134 (Anzeige/ HF-Spot: Slogan) - nur syntaktisch konzeptionell schriftliche Merkmale; die jüngste Kampagne zeichnet sich durch die auffallend geringe Textmenge aus, die eine Zuordnung zu konzeptioneller Schriftlichkeit bzw. Mündlichkeit nicht zulässt. • Prosodie Zur Untersuchung prosodischer Elemente gehören Intonation, Akzente und Betonung, Sprechpausen, Sprechgeschwindigkeit, Rhythmus, Tonhöhenbewegungen, Lautstärke, Stimmhöhe, Stimmklang, Sprechmelodie, Tonlage und Klangfarbe der Sprecher. Um nur ein Phänomen herauszugreifen, wird folgend auf die Klangfarbe, die viel über Gefühle, Stimmungen und Meinungen aussagen kann, sowie auf Sprechgeschwindigkeit und Lautstärke eingegangen. Bei der Analyse ist mit methodischen Problemen umzugehen. Zur Klangfarbe sind kaum adäquate Untersuchungen vorhanden. 459 Probleme bei der objektiven Messung gibt es auch bei der Sprechgeschwindigkeit. 460 Kampagne 50er/ 60er Jahre Alle Beteiligten der Dialogspots (50er/ 60er Jahre) sprechen mit lauter, kräftiger und fester Stimme. Allein die Verneinung des ertappten Akteurs im TV-Spot fällt aufgrund seines offensichtlichen Schuldbewusstseins leise aus. Die die Szenerie einleitende Äußerung eines Off-Sprechers Männer reden vom Dallmayr Kaffee erfolgt langsam, monoton, deutlich, bestimmt und laut. Sie klingt sachlich und wichtig, einem „Achtung, Achtung“ entsprechend, und steht im Gegensatz zu den prosodischen Phänomenen der Unterhaltung zwischen den beiden Männern. Im TV-Spot betragen die Sprechgeschwindigkeiten der beteiligten Akteure 135 Silben pro Minute (Kommentator) bzw. 188 Silben (Max Strecker) und 288 Silben pro Minute (Michel Lang). Diese sehr unterschiedlichen Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf den Inhalt ziehen. Die auf den folgenden Ablauf hinweisende Ankündigung des Kommentators ist langsamer gesprochen und verleiht so der Äußerung Nachdruck; außerdem soll die Aufmerksamkeit der Rezipienten erreicht werden. Das Tempo in einem Gespräch wird dagegen in der Regel schneller sein. Die hohe Silbenzahl der Aussage Michel Langs lässt sich darauf zurückführen, dass er in seiner einzig zur Untersuchung der Sprechgeschwindigkeit relevanten Äußerung eine Aufzählung vornimmt. Im HF-Spot spricht Max Strecker 300 Silben pro Minute, Michel Lang 240 Silben pro Minute. Im Zusammenhang mit der höheren Silbenanzahl pro Minute stehen deutlich längere Gesprächsbeiträge der Beteiligten. Während im TV die höchste Sequenz 42 Silben (Lang) beträgt, ist die höchste im HF 101 Silben lang (Lang); es folgen Sequenzen mit 39 und 26 Silben. Ferner ist 459 Zu den Forschungsdesideraten vgl. Reimann, 1999, 106. Siehe auch Schwitalla, 2006, 79ff. 460 Vgl. Reimann, 1999, 105f. <?page no="145"?> 135 die Text-Bild-Parallelität im TV anzuführen, die eine so schnelle Sprechgeschwindigkeit nicht erlaubt, wie an diesem Ausschnitt ersichtlich wird: Bild Text [...] Einer der Beteiligten (Strecker) steht wieder am Küchentisch, nimmt seinem Bekannten das zerknüllte und in der Hand versteckte Stück Papier ab. Der Ertappte sieht schuldbewusst auf den Tisch. Der andere führt den Zettel demonstrativ hinter den Rücken. Guat´s Gedächtnis / in der Hand(.) / / Wisse Sie jetzt noch, wo er herkommt / der Dallmayr Kaffee(? ) / / Anzumerken ist noch, dass Dialoge lebendiger als Monologe gestaltet werden, was sich in der Variation der Sprechgeschwindigkeit, in Betonungen und unterschiedlichen Intonationsverläufen (bei Fragen und Aussagen) zeigt. 461 Kampagne 70er Jahre Das Ergebnis der höheren Sprechgeschwindigkeit im HF lässt sich anhand der 70er-Jahre-Kampagne bestätigen. Der Monolog beträgt im TV 180 Silben pro Minute, im HF 240 Silben pro Minute. Das hohe Sprechtempo kann hier auch mit dem relativ langen Text, der ohne Pausen und am Stück gesprochen wird, begründet werden; das heißt, dass der Sprecher nicht durch einen Dialogpartner „unterbrochen“ und somit der Redefluss nicht gebremst wird. Obendrein muss im HF-Spot - auch bei übereinstimmender Spotlänge - mehr Text als im TV-Spot untergebracht werden. Kampagne Ende der 90er Jahre Die Spots (TV und HF) der jüngsten Kampagne werden erstmals von einer Off-Sprecherin gesprochen, die ihn mit warmer, voller und angenehmer Stimme vorträgt. 462 Die geringe Textmenge geht mit einem niedrigen Sprechtempo einher, so dass die wenigen vorhandenen Äußerungen am Ende der Spots besonders bedeutsam wirken und im Gedächtnis bleiben. Der Eindruck verstärkt sich in Verbindung mit der vorhergehenden edel und würdevoll wirkenden Instrumentalmusik: Mit 143 Silben pro Minute im TV-Spot und 142 Silben pro Minute in einem untersuchten Exemplar der HF-Werbung ist das Sprechtempo niedriger als in den Spots der 70er-Jahre- Kampagne (vor allem im Vergleich zum dortigen HF-Spot) und entspricht in etwa dem der einleitenden Äußerung des TV-Spots der 50er/ 60er Jahre (135 Silben pro Minute); die Dialoge der 50er/ 60er Jahre werden, wie erläutert, ohnehin deutlich schneller gesprochen. 461 Vgl. die Klanganalyse bei Reimann, 1999, 107. 462 Es gibt lediglich noch eine Sloganvariante in den Spots der Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ (1982), die von einer Frau gesprochen wird. Nähere Informationen über den Einsatz dieser Version liegen jedoch nicht vor. <?page no="146"?> 136 Zwei der drei HF-Spots erwecken den Anschein, aus der Rezipientenperspektive gesprochen zu werden, was dem Faktum entgegenkommt, dass Dallmayr immer noch zuerst Frauen als Kaffeekäufer(innen) anspricht; dies wird auch durch in der Werbung auftretende Normalverbraucherinnen deutlich. Erst der jüngste TV-Spot mit dem (männlichen) Kaffeekäufer zeigt eine zeitgemäße Veränderung. • Text-Bild-Bezug Der TV-Spot mit Michel Lang und Max Strecker (50er/ 60er Jahre) zeigt textzentrierte Text-Bild-Parallelität, der Text ist wegen seines Informationsgehaltes allein verständlich; die Bilder veranschaulichen die sprachlichen Aussagen. 463 Ebenfalls textzentriert ist der TV-Spot der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ einzustufen; das Bild unterstreicht die Aussagen. Die Anzeige dagegen ist textdominant, da die Themen „Geschmack“ und „Qualität: Herkunft, Herstellung“ nur sprachlich vermittelt werden. 464 Bildzentriert sind Anzeigen und TV-Spot der Kampagne „1998/ 99“, obwohl gemessen an der Menge von Text und Bild die visuelle Komponente bei weitem überwiegt, so dass man zunächst eine Bilddominanz annehmen könnte. Der knappe Text ist als Zusammenfassung der Bilder (Spot) bzw. als visuell nicht auszudrückende Erläuterung (z. B. Anzeige: Wenn schon die Erwartung zum Genuss wird.) schlecht weglassbar. Insgesamt wird also deutlich, dass eine eventuell erwartete Bilddominanz im TV (diachron) in keinem Fall vorhanden ist, wenn auch eine Tendenz zugunsten des Bildes in jüngster Zeit festzustellen ist; im Gegenteil: In den früheren Spots liegt Textzentriertheit vor, erst der jüngste Spot und die jüngsten Anzeigen weisen Bildzentriertheit auf. • Exkurs zu Wortschatz und Wortbildung: Attribuierungen Exemplarisch für eine vergleichende Untersuchung von Erscheinungen der Lexik greife ich die Attribuierungen heraus. Es sei die Hypothese aufgestellt, dass im Laufe der Jahrzehnte immer weniger attribuiert wird. Die Vermutung beruht auch auf der Textarmut der jüngsten Dallmayr-Kampagne. Kampagne 50er/ 60er Jahre TV-S POT sein beschter Rohkaffee, [gesprächsthemaspezifisch] guat´s Gedächtnis (2 Attribuierungen) HF-S POT Heimat des Kaffees, besonders gutes Klima, die teuersten Kaffees der Welt, seine beste Mischung, der beste Dallmayr Kaffee, [gesprächsthemaspezifisch: drei Jahre lang, ersten Klasse] (9) 463 Janich, 2003, 191ff. Hier werden die möglichen Text-Bild-Beziehungen erklärt. 464 Zwar wird das Thema „Herkunft“ auch im TV-Spot nur sprachlich erwähnt, jedoch ist der Text insgesamt so allgemein gestaltet, dass es meines Erachtens nicht für eine Textdominanz reicht. <?page no="147"?> 137 Kampagne 70er Jahre A NZEIGE am blauen Band, die edle Herkunft dieses veredelten Kaffees, prodomo von Dallmayr, das blaue Band, feinsten Hochlandkaffees, das anregende Coffein, volle Aroma, diesen spezialveredelten Kaffee, seines vollendeten Geschmacks (10) TV-S POT ein besonderes Kaffeeerlebnis, die meisterlich veredelte Spitzenmischung aus feinsten Hochlandkaffees, das blaue Band (5) HF-S POT die Welt des erlesenen Kaffees, der meisterlich veredelten Spitzenmischung aus feinsten Hochlandkaffees, mit anregendem Coffein und reich im Aroma, den empfindlichsten Geschmack, das blaue Band, prodomo aus dem Hause Dallmayr (12) Kampagne 90er Jahre A NZEIGEN Aus dem Hause Dallmayr (Topline), (eine Anzeige: ) Dinge, die werden wir niemals ändern, vollendet veredelter Spitzenkaffee (Teil des Slogans) (4) TV-S POT mit Liebe zum Detail, vollendet veredelter Spitzenkaffee (Teil des Slogans) (3) HF-S POTS vollendet veredelter Spitzenkaffee (Teil des Slogans) (2) Zur Häufigkeit der Attribuierungen ist festzustellen, dass im HF-Spot der 70er Jahre am meisten attribuiert wird (12), gefolgt von der Anzeige dieser Kampagne (10), dem HF-Spot der 50er/ 60er-Jahre-Kampagne (9) und dem TV-Spot (5) der 70er-Jahre-Kampagne. Wenige Attribute gibt es in der 90er- Jahre-Kampagne, angeführt von einer exemplarisch ausgewählten Anzeige (4), dem TV-Spot (3) und einem HF-Spot (1). Auch der TV-Spot der 50er/ 60er-Jahre-Kampagne enthält nur zwei Attribute. Superlative als Kennzeichen übertreibender Anpreisung sind am häufigsten im HF-Spot der 50er/ 60er Jahre (die teuersten Kaffees, seine beste Mischung, der beste Dallmayr Kaffee) sowie vereinzelt in der 70er-Jahre-Kampagne (feinsten Hochlandkaffees (TV, Anzeige), empfindlichsten Geschmack (HF)) und mit einem Beispiel auch im TV-Spot der 50er/ 60er Jahre (sein beschter Rohkaffee) nachzuweisen. In der jüngsten Kampagne gibt es dafür kein Beispiel. Sinngemäß superlativische Ausdrücke finden sich am häufigsten in der Kampagne der 70er Jahre (Anzeige: die edle Herkunft dieses veredelten Kaffees, volle Aroma, diesen spezialveredelten Kaffee, seines vollendeten Geschmacks; TV-Spot: ein besonderes Kaffeeerlebnis, die meisterlich-veredelte Spitzenmischung; HF-Spot: die Welt des erlesenen Kaffees, der meisterlich veredelten Spitzenmischung, reich im Aroma). Aus der Kampagne der 50er/ 60er Jahre gibt es nur ein Beispiel (HF-Spot: <?page no="148"?> 138 besonders gutes Klima), aus der jüngsten Kampagne eines medienübergreifend im Slogan (vollendet veredelter Spitzenkaffee (Print, TV, HF)). Der diachrone Vergleich zeigt, dass in jüngster Zeit mit Attribuierungen äußerst sparsam umgegangen wird: Superlative kommen überhaupt nicht vor, ein einziger sinngemäß superlativischer Ausdruck ist in allen Werbemitteln im Slogan enthalten. Insgesamt gibt es kaum medienspezifische, sondern nur zeitgemäße Tendenzen; der wegen der Medienspezifika erwartete Spitzenreiter Anzeige attribuiert nur in der 70er Jahre-Kampagne häufig, wird aber noch vom parallel laufenden HF-Spot geschlagen. Dies könnte an der Flüchtigkeit des Mediums liegen, wonach die Merkbarkeit durch die Erhöhung der Attributmenge verbessert werden soll. Anführen könnte man noch, dass in der 50er/ 60ersowie in der 70er-Jahre-Kampagne jeweils der HF-Spot mehr Attribute aufweist als der TV-Spot, was ein Ausgleich für den fehlenden visuellen Code sein dürfte. e) Bewertung Das über Jahrzehnte untersuchte Werbematerial der Firma Dallmayr macht es möglich, die Entwicklung der Markenkommunikation und nicht nur punktuell eine Kampagne zu beurteilen. Ich gehe in zwei Schritten vor: Zunächst ist die Frage zu beantworten, ob die technisch-formalen und inhaltlichen Möglichkeiten der einzelnen Medien - der Werbestrategie und der Werbesituation der Zeit/ des jeweiligen Jahrzehnts angemessen - ausgeschöpft wurden. Anschließend geht es um die Einbettung der Marke in die Gesamtstrategie von Dallmayr. • Technisch-formale und inhaltliche Umsetzung Kampagne 50er/ 60er Jahre Die Imitation der Sendeform Hörspiel (HF), deren große Zeit in den 50er Jahren war, 465 bzw. die Nachahmung eines Theaterstücks/ einer Fernsehserie (TV) wird mit dem Zweck eingesetzt zu unterhalten und von dem beabsichtigten Ziel zu werben abzulenken. Hinsichtlich der Struktur schöpft der HF-Spot nicht alle Möglichkeiten aus; dies betrifft z. B. „filmähnliche[m] Montage- und Schnittverfahren, Ein-, Über- und Rückblende [...] zur Darstellung auch des Irrealen [...], Freizügigkeit in Orts- und Szenenwechsel und Zeitgestaltung.“ 466 Der nur im Hörfunk gegebene Vorteil, „Hörbares sichtbar [zu] machen“, die Phantasie der Rezipienten durch einen geschickten Mitteleinsatz anzuregen und so „Lebensnähe“ 467 zu vermitteln, wird nicht genutzt. Die HF-Spots spielen, wie man hört - ich habe dies an weiteren Exemplaren der Serie überprüft -, stets nur in einem einzigen 465 Vgl. Kap. 2.3 „Funktion und Funktionsverschiebung als Zeichen der Mediengeschichte“. 466 Wilpert, 1989, 385. 467 Schönert, 1982, 144: „Das ist ›funkisch‹ - ein kleines Hörspiel. Solche Spots sind für den Gestalter unbequem, deshalb hört man sie auch nicht oft. Sie sind unbequem, weil man sie nicht einfach vom Anzeigentext abschreiben kann“. <?page no="149"?> 139 Raum; auf den Einsatz von Musik wird gänzlich verzichtet; Geräusche werden so gut wie nicht eingesetzt: Beispielsweise hört man nur in einem von zehn zusätzlich untersuchten HF-Spots Geschirrgeklapper. Sie wären aber wichtig, um ein Hörbild entstehen zu lassen. In den TV-Spots wird die medienspezifische Möglichkeit der Darstellung von Handlungsabläufen und Szenenwechsel nicht genutzt, die Darsteller sitzen meist am Tisch oder bewegen sich in dessen näherem Umkreis; 468 Dreh-/ Spielort ist jeweils nur ein Raum; die sprachliche Struktur (Gespräch) ist für ein auditives bzw. audiovisuelles Medium charakteristisch. Diese Dramaturgie kann sowohl den entsprechenden Hörfunkspots (teilweise Imitation des Hörspiels) entliehen sein als auch dem stärker an Schauplätze gebundenen Theaterstück. An Letzteres könnte auch die einleitende, von einem unsichtbaren Kommentator vorgetragene Aussage Männer reden vom Dallmayr Kaffee angelehnt sein. Sie erinnert an in Akte oder Szenen einführende Informationen. Zusammen mit der Schrifteinblendung im Packshot verringert die Ankündigung die Illusion der Authentizität bei der Fernsehwerbung und macht den Inszenierungscharakter deutlich. Auch die Bekanntheit und Popularität von Familienserien in den 50er Jahren wurde vermutlich für eine erhoffte positive Rezeption der Werbespots genutzt. So waren wohl auch populäre TV-Serien, wie Familie Hesselbach oder Unsere Nachbarn heute abend Vorbild, deren „mediengenuine[n] Kennzeichen [...] ein im Alltagsleben des Publikums fundierter Wiedererkennungseffekt und der Anspruch, die Zuschauer über die Nähe zur eigenen Erfahrungswelt ins Geschehen einzubeziehen“, 469 sind. Die starke strukturelle (Seriencharakter) wie auch inhaltliche Anlehnung (Alltags-, Familiengeschichten) an vorhandene Sendeformen geschieht also durchaus bewusst und soll vom Hörer bzw. Zuschauer auch so verstanden werden. Werbestrategisch liegen die Dialogspots im Trend der Zeit: In den 60er Jahren war die Slice-of-Life-Strategie, die Inszenierung einer Alltagsgeschichte, sehr beliebt sowie das Werben mit prominenten Personen (Testimonial-Spots). Die Seriendramaturgie der TV- und HF-Spots macht Gemeinsamkeiten über die Folgen hinweg erforderlich. Dadurch wird der Rezipient mit bereits Bekanntem und möglicherweise sogar Konstanten (Struktur, 468 Dies ist als Fakt hinsichtlich der „technischen“ Umsetzung festzuhalten und soll keine Abwertung sein, da der Spot im Trend der Zeit liegt, wie die weiteren Ausführungen zeigen. 469 Kreimeier, 2003, 180. Zu einem ähnlich aufgebauten Fernsehspot - „Persil ›Mahlzeit‹“ mit Beppo Brehm und Liesl Karlstadt, gehört zu den sieben ersten deutschen TV- Werbefilmen - schreiben Schmidt/ Spieß (1997, 165): „Der Spot ist audiovisuell nach dem Muster des damals (1956) sehr beliebten deutschen Heimatfilms aufgebaut und an damals üblichen Theaterinszenierungen orientiert. Die Hauptakteure sind aus Film und Fernsehen bekannte Originale und Sympathieträger“. Zu einem weiteren Spot dieser Machart heißt es: „Montage und Kameraführung des schwarzweißen Realfilms sind vom Spielfilm entliehen.“ (Schmidt/ Spieß, 1997, 166). <?page no="150"?> 140 Inhalt, Akteure) konfrontiert, die geeignet sind, Wiedererkennung zu erreichen. 470 Kampagne 70er Jahre Den medienspezifischen Gegebenheiten wird die Kampagne der 70er Jahre am meisten gerecht: Die Anzeige ist informativ, der TV-Spot emotional und der HF-Spot informativ-emotional ausgerichtet, was an der Umsetzung deutlich wird. So enthält, wie die Analyse zeigte, die Printwerbung eine größere Textmenge - besonders auffällig ist die ausführlichere Beweisführung in der Anzeige - und somit weiter reichende Informationen, was der Rezeptionssituation entgegenkommt. Das nüchtern gestaltete Bild zeigt nur das Produkt (Key-Visual 471 ) und lenkt deshalb nicht vom Text ab. In Kontrast dazu steht die TV-Werbung und die damit verbundene Bildstrategie: Es handelt sich zwar hinsichtlich der Filmart um einen Realfilm, das Arrangement des Raums wirkt jedoch irreal und übertreibend durch die bis ins kleinste Detail festlich-ästhetische, in den Farben Weiß und Gold gehaltene Gestaltung. 472 Damit wird das sprachlich erwähnte besondere(s) Kaffeeerlebnis veranschaulicht und noch aufgewertet. Text und Bild ergänzen sich im Sinne der Werbung, es liegt jedoch keine erwartete und damit auch keine langweilige Text-Bild-Parallelität vor. Die Charakterisierung der 70er- Jahre-Werbung des Werbefachmanns Otmar Severin trifft in Teilen die Gestaltung des Dallmayr-Spots: „Die Tendenz der Fernsehwerbung ging Ende der 70er Jahre dahin, das Produkt zu inszenieren, wobei im Zentrum des Spots eine Geschichte mit einer überraschenden Idee stand: ›Eine Kombination von verblüffender Produktauslobung verpackt in Entertainment.‹“ 473 Die Werbelandschaft der 70er Jahre gilt als „professioneller, inhaltlich und formal vielgestaltiger“ denn je und wird bis heute als „einfallsreichste Phase der Fernsehwerbung“ bezeichnet. 474 Meines Erachtens hebt sich die TV- Werbung mit der eher ungewöhnlichen Umsetzung von Spots der Mitbewerber ab und ist in dieser Hinsicht ein gestalterischer Fortschritt zur Konzeption der Kampagne „Luxus“ (1972): 475 Der Hauptkonkurrent von 470 „Das Interesse des Publikums besteht vor allem darin, daß gegenüber Serien eine eindeutige Erwartung entwickelt werden kann, weil immer gleiche oder doch ähnliche Unterhaltungsangebote geliefert werden. Vermeidung von Erwartungsenttäuschung und Rezeptionssteuerung bilden deshalb [...] die grundlegende Motivation für die anhaltende Zuwendung zur Serie.“ (Hickethier, 2003, 398). 471 Vgl. Janich, 2003, 62f. 472 Janich, 2003, 194. 473 Schmidt/ Spieß, 1997, 267. [Hervorhebung d. Verf.]. 474 Schmidt/ Spieß, 1997, 264ff. 475 Vgl. die Bewertung der Kampagne „Luxus“ in Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. <?page no="151"?> 141 Dallmayr, Jacobs, 476 beispielsweise setzt in den 70er Jahren auf die bewährte Strategie, mit Testimonials („Frau Sommer“) zu werben. 477 Den Möglichkeiten des Mediums widerspricht, dass nur ein Bild vorhanden ist, keine Personenabbildung, kaum Bewegung (nur die Türen zum Raum öffnen sich). Lediglich einmal wird in den elektronischen Werbemitteln der Rezipient direkt angesprochen ((er)öffnet Ihnen), obwohl sich die gesprochene Sprache dafür geradezu anbietet. Die Anzeige wendet sich bereits in der Headline an den Leser (Am Geschmack und am blauen Band erkennen Sie [...]). Anzumerken ist noch, dass die Werbeagentur Sprachreflexion bezüglich des Wortes voll in Verbindung mit Coffein betrieben hat: „[…] und es wurde gesagt, daß man das Wort ‚voll’ nicht unbedingt positiv bewertet und daß man es dort weglassen soll, wo es durch den Begriff ‚anregend’ gut ersetzt werden kann. […] Es kommt […] im wesentlichen darauf an, […], daß der Sprachfluß nicht unter den Änderungen zu leiden hat, sondern im Gegenteil eher eine Steigerung erfahren soll.“ 478 Diesen Überlegungen entsprechend wurde bei der Gestaltung von Anzeige und HF-Spot verfahren. Kampagne Ende der 90er Jahre Die Anzeigen sind sprachlich auffallend und dem Medium wesensfremd kurz gehalten, was jedoch der heutzutage vielfach zu beobachtenden Kürze der Anzeigentexte entspricht. Der klassische Anzeigenaufbau mit Headline, Fließtext und Slogan fehlt. Da auch die übrigen Werbemittel bewusst wenig Text, quasi nur als Zusammenfassung der Bilder, aufweisen, hätte man im Printbereich durchaus etwas großzügiger damit umgehen und die Möglichkeit nutzen können, neben dem emotionalen Aspekt zumindest einige Informationen hineinzubringen - auch wenn es sich um ein eher günstiges Verbrauchsprodukt handelt. 479 Die der Fernsehwerbung entnommenen Bilder mit den in den Anzeigen „eingefrorenen Gesichtern“ 480 kamen nicht 476 Mündliche Auskunft von Dieter Vogel, ehem. Produktionsleiter der Firma Dallmayr (11.09.2001). 477 Vgl. die Videokassette „1945 bis 1955. 50 Jahre Werbung in Deutschland“ (Hrsg.: Kellner/ Kurth/ Lippert). 478 Produktionsanweisung der Werbeagentur Schmid-Preissler als Kopie an die Firma Dallmayr, 20.04.1978. 479 Vgl. auch die Ausführungen von Heinz Böldl, Senior Art Director bei der Werbeagentur Heye & Partner in Unterhaching bei München, in Kap. 11.2 „Plädoyer für die Anzeige als Hauptinformationsträger in mehrmedialen Kampagnen“. 480 Telefonische Auskunft von Ellen Ruthrof, Werbeleiterin der Firma Dallmayr am 06.09.01. Vgl. auch die Ausführungen von Kroeber-Riel (1993, 6): „Die Printmedien mit ihren eingefrorenen Bildern stehen vor der schwierigen Aufgabe, mit den bewegten Bildern des Fernsehens zu konkurrieren. Um dynamische Eindrücke von gedruckten Abbildungen und Fotos zu erreichen, stehen zwei Wege offen: (1) formale Gestaltungsmittel wie Unschärfen, Fluchtlinien usw., (2) dynamische Bildinhalte wie Bewegungsdarstellungen.“. <?page no="152"?> 142 sehr gut bei den Rezipienten an. Diese Äußerung beinhaltet auch medienspezifische Informationen: Im Fernsehen wird auf Lebendigkeit abgezielt, deren Nachahmung im Printbereich nicht immer ratsam ist, vor allem bei so bekannten, über Jahre hinweg eingesetzten Bildern, wie es bei Dallmayr der Fall ist. Kritisiert werden könnte also die zu einseitige Hervorhebung der Fernsehwerbung als Basismedium und eventuell die Vernachlässigung einer etwas eigenständigeren und medienadäquaten Printwerbung. Bei den Hörfunkspots wird deutlich, dass auf den hohen Bekanntheitsgrad der Werbung gesetzt wird, der aufgrund der werblichen Kontinuität auch frühere Kampagnen einschließt. Die seit vielen Jahren eingesetzte Instrumentalmusik, die auffallend lange alleine steht, soll ganz bewusst Platz geben für die Erinnerung der Fernsehbilder; hier wird also der enge Bezug zwischen den Werbemitteln durch Intertextualität (TV - HF) deutlich. Insgesamt kann die Mehrmedialität dieser Kampagne jedoch trotz der genannten Abstriche bei Printwerbungsgestaltung als weitgehend gelungen und zeitgemäß bewertet werden. • Markenkommunikation 481 Im „Exkurs zur Markenkommunikation“ in Kap. 1.2 wurde auf die Notwendigkeit der ganzheitlichen Repräsentation von Unternehmen und Marke(n) hingewiesen: Die Marke sei als Persönlichkeit anzusehen, die idealerweise aus einem unveränderlichen Markenkern und variablen Kommunikationsbotschaften bestehe. Ob Dallmayr diese aktuellen marktwirtschaftlichen Forderungen erfüllt, wird hier gezeigt. Die enge Verbindung zwischen Unternehmen und Marke spiegelt sich bei Dallmayr in der Werbung besonders ab den 80er Jahren: In TV-Spots und Anzeigen wird die altehrwürdige gelbe Fassade des Dallmayr-Hauses in der Münchener Innenstadt gezeigt; der Rezipient erhält Einblick in die Verkaufsräumlichkeiten, in denen die „echten“ Mitarbeiter/ innen agieren. Ziel ist, wie es die Ratgeberliteratur zur erfolgreichen Markenkommunikation fordert, Authentizität, Kompetenz und Glaubwürdigkeit zu vermitteln, und zwar hier durch die Möglichkeit, einen Herkunftsort zu zeigen. Das in den TV-Spots und Anzeigen auftretende Verkaufspersonal, das sich offensichtlich mit dem beworbenen Produkt identifiziert, zeigt die Bedeutung einer starken Bindung zwischen Unternehmen und Marke. Zur Kontinuität gehört bei Dallmayr die Konzentration auf die Bewerbung nur noch eines Produkts seit Ende der 60er/ Anfang der 70er Jahre. 482 Der Markenkern beinhaltet, wie die Analysen zeigten, von Beginn der Untersuchung (50er Jahre) an die „Qualität“ von Dallmayr Kaffee bzw. Dallmayr Prodomo. Die Betonung unter anderem der Qualität in der Werbung der 50er Jahre erfolgte 481 Ich beziehe hier auch meine Kenntnisse der übrigen Dallmayr-Kampagnen ein (vgl. u. a. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“). 482 Zur aktuellen Entwicklung vor dem Hintergrund der Popularität italienischer Kaffeevariationen und des weitläufig positiv konnotierten italienischen Lebensgefühls vgl. Reimann, 2008c, 175-194. <?page no="153"?> 143 durch die Gleichsetzung des Kaffees mit kostbaren Gegenständen (Kampagne „Kostbarkeiten“ 483 ). Da Bohnenkaffee nach dem Krieg in der Tat etwas Kostbares war und meist nur für den Sonntagskaffee erworben werden konnte, bot sich diese Strategie an. 484 Den Anspruch auf Qualität hob die Firma in jüngerer Zeit auch über den Preis hervor: „Dallmayr prodomo [...] kostet etwa 50 Pfennig mehr als vergleichbare Marken. ‚Wir liegen preislich über dem Wettbewerb‘, bestätigt Werbeleiterin Ellen Wille, ‚aber wir liefern unseren Kunden dafür die Eintrittskarte in die Welt von Stil und Genuss. [...] Wir wollten‘, sagt Ellen Wille rückblickend, ‚führende nationale Marke im Premium-Segment werden. [...]‘ Die Werbung musste sich an diesem Premium-Anspruch der Marke orientieren. Dallmayr prodomo sollte sich den Platz als ‚bester deutscher Röstkaffee‘ erobern, die Konsumenten sollten wissen, dass es sich hierbei um Kaffee mit besonderem, unverwechselbarem Geschmack handelt.“ 485 Dass der Preis für ein Pfund Kaffee über dem Durchschnitt lag, passt zu dem Anspruch, etwas „Besonderes“ zu verkaufen. Geldmacher spricht von der „Hochpreisfaszination“, die zwar bei einem Verbrauchsgut wie Kaffee nicht nahe liegt, aber bei der Dallmayr-Strategie durchaus mitgedacht wird: „Die Hochpreisfaszination erklärt sich aus sich selbst. Es geht um Seltenheit, Prestige, Anerkennung, Individualität, Exklusivität, manchmal auch um Kreditwürdigkeit. [...] Die Zuordnung zu einer gesellschaftlichen Schicht ist hier starkes faszinatives Element. Der Preis wird meist als die vortrefflichste Anwendung der Ratio gedeutet, verdankt aber seine innere Größe - manchmal gar seine Existenz - der Emotio.“ 486 [Hervorhebung im Original] In der Werbung zieht sich die „Besonderheit“ des Kaffees durch alle Jahrzehnte und zeigt sich - über die ausführlich analysierten Kampagnen in diesem Kapitel hinaus - beispielsweise in den folgenden Produkteigenschaften: Dallmayr-Kaffee. Bester Kaffee. Sorte für Sorte (1967), Luxus, den man sich täglich leistet (1972), nur erlesene Kaffees verdienen diesen Namen (1973), die veredelte Spitzenmischung von Dallmayr (1978), Tasse für Tasse ein Kaffeegenuß, der auch den empfindlichsten Geschmack verwöhnt (1978), Wir haben prodomo das blaue Band verliehen [...] Auszeichnung (1978), der Spitzenkaffee aus dem Hause Dallmayr. Der Veredelte (1980/ 81), dem besonderen Geschmack verpflichtet (1982), der veredelte Spitzenkaffee, der Ihnen mehr Genuß bietet (1984), den sicheren Geschmack für das Besondere (1985), Schön, daß es so etwas Gutes noch gibt (1998/ 99). Weitere immer wieder vorkommende Themen sind „Geschmack“, „Genuss“ und ab Ende der 70er Jahre der Faktor „Tradition“ (z. B. Headline 483 Vgl. Kap. 8.3 „Genussmittel“ sowie Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 484 Vgl. Reimann, 2003, 202f. 485 Van Rinsum, 1999, 118. 486 Geldmacher, 2002, 76. <?page no="154"?> 144 der Anzeige „Mit nichts zu vergleichen“: Dallmayr Prodomo. Einer großen Tradition verpflichtet.). 487 Die Werbung umfasst jedoch immer auch wechselnde Zusatzthemen, d. h. variable kommunikative Botschaften, die beispielsweise auch gesellschaftliche Veränderungen und Trends latent aufnehmen (z. B. den Kaffee kaufenden Mann in einem weiteren TV-Spot von 1998/ 99). Festzuhalten ist also die Konstanz seit den 80er Jahren durch die beständige Wiederkehr mancher Bilder (Fassade des Dallmayr-Hauses, Verkaufsräumlichkeiten), die Themen „Qualität“, „Tradition“, „Geschmack“ und „Genuss“ und die für Dallmayr komponierte klassisch-feierlich klingende Instrumentalmusik (seit den 70er Jahren). Diese Faktoren machen den Markenkern von Dallmayr Prodomo aus. 488 Die Werbung für „das Besondere“ durch wechselnde Produkteigenschaften zeigt Konstanz und behutsam vorgenommene Varianz. Zielgruppe sind Menschen mit „etwas höherem Einkommen und besserer Berufsausbildung. Im weiteren Fokus befinden sich aber sämtliche Verbraucher im Alter zwischen 30 und 69 Jahren.“ 489 Die Werte und Eigenschaften der Markenpersönlichkeit sind also auf die der anvisierten Zielgruppe abgestimmt. Im Sinne von Borsch 490 ist der „MehrWert“ bei Dallmayr seit den 80er Jahren „Erlebniswelten aufbauen“; ihm liegen die Themen „Qualität“, „Tradition“, „Geschmack“ und „Genuss“ zugrunde. Einige wichtige Punkte der „Integrierten Kommunikation“ (nach Rageth) 491 können demnach bei Dallmayr bereits über die Werbung nachgewiesen werden (jedoch nicht kampagnenintern hinsichtlich der Forderung, den Konsumenten von einem zum anderen Werbemittel weiterzuleiten, vgl. Kap. 2.4.2 „Werbewirtschaftliche Aspekte“): - Eine „Corporate Identity“ im Hinblick auf die Präsentation nach außen ist gegeben. Ein Vorteil gegenüber den Mitbewerbern, der Konkurrenz, ist das abbildbare Haus, der nachweisbare Ort, den auch viele Touristen besuchen; 492 in diesen Zusammenhang passt auch der Name des 487 Vgl. auch Kap. 8.2 „Tradition in der Werbung“. 488 „Mit diesem ungewöhnlich langen, konsequenten Festhalten an einer einmal eingeschlagenen Werbestrategie können die Verantwortlichen alljährlich Erfolge verbuchen. ‚Wir haben in jedem Bereich Steigerungen‘ [Marktanteil und Käuferreichweite, d. Verf.], freut sich Xynias [Kimon Xynias, zu der Zeit Management Representative der Werbeagentur Heye & Partner, d. Verf.]“ (Van Rinsum, 1999, 120). 489 Van Rinsum, 1999, 120. 490 Borsch, 2002, 88-105. Vgl. auch A.1 „Medienübergreifende Botschaft“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. 491 http: / / www.base.ch/ articles/ integrierte_kommunikation.htm (Luzi Rageth: „Checkpunkte zur Integrierten Kommunikation“), Zugriff am 07.06.2005. 492 Vgl. dazu die Aussage Mauchers (im Druck): „Die langfristige Markenpolitik muss auch ergänzt werden durch eine langfristige Pflege des Corporate Images. Die Verbraucher wollen immer häufiger wissen, woher die Ware kommt.“. <?page no="155"?> 145 Produkts aus dem Lat. pro domo. 493 Der exklusiv angehauchte Stil, der in TV-Spots und Anzeigen vermittelt wird, findet sich auch in den Verkaufsräumlichkeiten. Die Darsteller/ innen in den Spots sind wirkliche Mitarbeiter/ innen bzw. der „echte“ Hausmeister. Die Verbindung zwischen interner und externer Kommunikation wird hier ganz deutlich. Einen Schritt weiter geht dann die Mitarbeiterkommunikation im engeren Sinne sowie die Abstimmung aller Marketing-/ PR- Maßnahmen nach außen. - Bezüglich der eingesetzten Kommunikationsmittel und des „Timings“ gibt es in der Tat eine Hierarchie: TV ist seit den 50er Jahren das Basismedium; HF-Spots und Anzeigen werden in jüngster Zeit nur noch punktuell geschaltet: z. B. HF-Spots am Morgen oder Wochenende, um Kaufimpulse zu setzen, Anzeigen zu besonderen Anlässen/ Festen. - Bei Dallmayr setzt man vor allem auf die traditionellen Werbemittel; ein Internetauftritt ist vorhanden. - Interaktion mit den Kunden wird beispielsweise durch Preisausschreiben hergestellt (vgl. die Kampagnen „Verlosung BMW“ (1994) und „Verlosung Kenia“ (1995). 494 - Werbung im weiteren Sinne sind (redaktionelle) Zeitungsartikel oder TV-Reportagen über das Unternehmen. 495 Dass Merkmale der werblichen Kommunikation bei Dallmayr richtig und zielführend umgesetzt wurden, fasst Peter-Michael Thom, Geschäftsführer der Merck Selbstmedikation GmbH, zusammen: „Vorbildliche Beispiele für gute Markenführung sind Persil bei Waschmitteln und Dallmayr beim Röstkaffee. […] Dallmayr hat in einem Markt, in dem Geschmacks- und Qualitätskomponenten vom Konsumenten noch relativ stark empfunden werden, durch gefühlsbetonte Kommunikation seine Premiumstellung betont, also die emotional gefärbten Werbebilder im Bewusstsein des Käufers gefördert.“ 496 f) Zusammenfassung - Die wichtigsten Ergebnisse • Struktur kein Slogan in HF und TV der 50er/ 60er-Jahre-Kampagne 493 Vgl. Kap. 9.2 „Exkurs: Produktnamen“. 494 Vgl. zu den beiden Kampagnen Kap. 7.1 „Kampagnen - Hintergründe“. 495 „Die erste Banane Deutschlands kam von Dallmayr.“ (in: S TRAUBINGER T AGBLATT Ostern 2005, 10), „AZ-Serie Tradition in München: Genuss-Tempel mit Tradition“ (in: M ÜNCHENER A BENDZEITUNG , 28.10.2003, 6). „Das Lokalderby. Dallmayr oder Käfer? [...]“ (in: S ÜDDEUTSCHE M AGAZIN , Nr. 49, 07.12.2001, 12-16), „Deutsche Familienunternehmen: Das Tiffany der Delikatessen“ (in: F RAU IM S PIEGEL , 4.10.2000, 18-21), „Unternehmen und Märkte: Tradition als Konzept“ (in: W IRTSCHAFT - D AS IHK- M AGAZIN FÜR M ÜNCHEN UND O BERBAYERN 4/ 2000, 30-33), „Gourmettempel. Hinter den Kulissen des Traditionshauses Alois Dallmayr“, TV-Reportage/ halbstündige Filmdokumentation von Werner Teufl (ohne Jahresangabe). 496 Thom, 2003, 4. <?page no="156"?> 146 kein übereinstimmender Slogan aller Werbemittel der 70er-Jahre- Kampagne - 90er-Jahre-Kampagne: keine klassische Anzeigenstruktur mehr vorhanden Textmenge stark reduziert (kontinuierliche Verringerung seit der ältesten Kampagne in allen Werbemitteln) Bildmenge im TV stark gestiegen, nur Schnitte statt Überblenden, keine Zooms und Schwenks wirkt temporeich, dynamisch Bildzentriertheit erst in den 90er Jahren - Musik: Kontinuität seit den 70er Jahren • Inhalt - 50er/ 60er-Jahre-Kampagne: TV und HF vor allem produktbezogen - 70er-Jahre-Kampagne: produkt- und senderbezogen in allen Werbemitteln - 90er-Jahre-Kampagne: sender-, empfänger- und produktbezogen; TV: produktorientiert, Anzeigen: v. a. empfängerund/ oder senderbezogen; HF-Spots: empfänger- und produktorientiert; erstaunlich oft wird das Produkt thematisiert (vgl. 50er/ 60er Jahre); - Themen: „Qualität“ in allen Werbemitteln mit unterschiedlichen Aspekten (Herkunft, Herstellungsverfahren, Tradition), jedoch kampagnenintern einheitlich; kampagnenübergreifende Themen sind auch „Geschmack“ (50er/ 60er und 70er Jahre) und „Genuss“ (70er- und 90er- Jahre, aber auch schon in 50er-Jahre-Kampagne „Kostbarkeiten“) • Inhaltliche Argumentationsstrategien - 50er/ 60er Jahre: Unterhaltungsfunktion - 70er Jahre: Anzeige: informativ-sachlich; TV-Spot: tendenziell emotional; HF-Spot: informativ-emotional - 90er Jahre: emotional • Form/ Gestaltung erstmals Frauenstimme als Kommentatorin in 90er-Jahre-Kampagne - Sprechtempo der Kommentatorin in 1998/ 99er-Jahre-Kampagne viel niedriger als in früheren Spots (geringe Textmenge) Hervorhebung der Äußerungen höheres Sprechtempo in HF-Spots als in TV-Spots der 50er/ 60er-Jahresowie der 70er-Jahre-Kampagne: In der älteren Kampagne erfordern Bilder langsamere Sprechgeschwindigkeit (Text-Bild-Parallelität); in späterer Kampagne muss der TV-Spot weniger Text unterbringen, so dass das Sprechtempo reduziert werden kann - Konzeption Mündlichkeit und Schriftlichkeit: 50er/ 60er-Jahre-Kampagne konzeptionell mündlich gestaltet (TV, HF); 70er-Jahre-Kampagne: konzeptionelle Schriftlichkeit (Ausnahme in Slogan von Print und HF: konzeptionell mündliches Lexem (eben), Setzungen in TV und HF); 90er- <?page no="157"?> 147 Jahre-Kampagne: Textarmut, keine eindeutige Zuordnung zu konzeptioneller Mündlichkeit bzw. Schriftlichkeit - Text-Bild-Bezug: Beim Dialogspot (50er/ 60er Jahre) und beim TV-Spot der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ liegt Textzentriertheit vor, während die Anzeige (1978) textdominant ist. Die visuellen Werbemittel der 90er-Jahre-Kampagne sind bildzentriert. - Attribuierung: kaum medienspezifische, sondern vor allem zeitgemäße Tendenzen: äußerst sparsamer Umgang in 90er-Jahre-Kampagne; am häufigsten in HF- und Printwerbung der 70er-Jahre-Kampagne. 5.3 Synchrone Untersuchung und Vergleich der Dallmayr- Kampagne 1998/ 1999 mit der Flensburger-Kampagne 2002/ 03 a) Inhalt Während die jüngste Dallmayr-Kampagne sender-, empfänger- und produktbezogen ist, lässt sich bei der Flensburger-Kampagne eindeutig Produktbezogenheit feststellen, was auch am einzig thematisierten Zusatznutzen, dem Geschmack des Produkts, deutlich wird. Bei Flensburger beschränkt sich die Senderthematisierung insgesamt auf die Internetadresse in der Printwerbung (www.flens.de für die Flensburger Brauerei), die in der Dallmayr-Werbung auch diachron nie vorhanden ist. Die Empfängerthematisierung zeigt sich in den Stellvertreter-Konsumenten, den fünf Männern, die - zumindest in den elektronischen Werbemitteln - nach ihrem Wunsch gefragt werden und jeweils ein Flens bestellen wollen (TV/ HF: Naa, was wollt ihr? dagegen Print: Wir stehen zum guten Geschmack.). Eine Anrede des Rezipienten kommt nicht vor, wie dies auch in der Dallmayr-Kampagne nur in einem HF-Spot der Fall ist (Beginnen Sie den Tag mit einem Genuß.). Im Rahmen der Produktthematisierung fällt auf, dass der Produktname in den elektronischen Werbemitteln auffallend häufig genannt wird, was durch die Repetition bedingt ist, der fünffachen Nennung des Kaufwunsches (Flens, Flens, Flens, Flens, Flens). Hinzu kommt die Wiederholung der Antwort: Flens gib´s hier nich [...] Flens gib´s hier nich. Obendrein ist der Produktname im Slogan enthalten, im TV-Spot wird er als Ein-Wort- Slogan am Schluss gesprochen und eingeblendet. Demgegenüber ist der Slogan der einzige Ort, wo der Produktname als Primärtext in der jüngsten Dallmayr-Kampagne genannt wird. Zusätzlich ist er bei Dallmayr auf Kaffeetüten zu lesen bzw. wird im TV-Spot (nur als Sortenname prodomo) von einer Mitarbeiterin auf ein Schild gemalt. Das einzige kampagnenspezifische Thema der Flensburger-Kampagne „Geschmack“ kommt in allen Werbemitteln vor: in der Anzeige als Schlagzeile (Wir stehen zum guten Geschmack.), in TV und HF wird es sprachlich indirekt durch den Kaufwunsch und die Enttäuschung über das im Sortiment fehlende Produkt angedeutet sowie im TV durch die Interjektion Aah beim genießerischen Trinken (TV). In der Fernsehwerbung lassen sich „Ge- <?page no="158"?> 148 schmack“ und „Genuss“ nicht trennen. Die Dallmayr-Themen lauten „Qualität: Tradition der kontinuierlich guten Herstellung“ sowie „Genuss“. 497 Das Markenzeichen ist bei Flensburger Pilsener im TV-Spot am Schluss auf den Etiketten der Flaschen und des Bierkastens erkennbar sowie in der Anzeige auf Flasche und Pilsglas. Es wird im Vergleich zur Dallmayr- Kampagne, wo es beispielsweise bereits in der Topline in leuchtendem Rot und Gold auftritt, weniger auffällig eingesetzt. b) Inhaltliche Argumentationsstrategien Beide Kampagnen sind emotionsbezogen ausgerichtet. In der Bierwerbung wird das Thema „Geschmack“ nicht durch Fakten (z. B. Hinweisen zu den Inhaltsstoffen), sondern durch die subjektive Sichtweise der Konsumenten dargestellt. Zur Dallmayr-Kampagne vgl. die obigen Ausführungen. c) Struktur(elemente) • Schlagzeile Sowohl bei der Dallmayrals auch bei der Flensburger-Anzeige ist die klassische Anzeigenstruktur (Headline - Fließtext - Slogan) nicht mehr vorhanden. Statt Headline und Fließtext tritt eine Schlagzeile auf, die bei Dallmayr unterhalb des Bildes, bei Flensburger am oberen Anzeigenrand angebracht ist, also an der ursprünglichen Headline-Stelle. Die Funktion entspricht der einer Headline. 498 • Slogan In beiden Kampagnen tritt ein Slogan am Ende der Spots bzw. am unteren Rand der Anzeige auf. Er stimmt jedoch lediglich bei Dallmayr in allen Werbemitteln überein. Bei Flensburger ist ein gemeinsamer Slogan nur in Print und HF vorhanden (Flensburger Pilsener. Das Flenst. 499 ). Beim TV-Spot beschränkt er sich auf den Produktnamen (Flensburger Pilsener. 500 ). Dass es sich trotz der Kürze um einen Slogan handelt, kann unter anderem durch den Werbemittelvergleich festgestellt werden: Mit Ausnahme dieses Textbausteins stimmt die Textstruktur von HF- und TV-Spot völlig überein. 501 497 Vgl. die Ausführungen oben beim diachronen Vergleich sowie Kap. 14 „Einzelanalysen in Auswahl“. 498 Zur Verwendung des Terminus „Schlagzeile“ vgl. Kap. B.1 „Struktur(elemente)“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. 499 Es liegt demnach ein Verb vor, das im Infinitiv flensen heißt, aber nur in der oben genannten Form verwendet wird (vgl. 5.3e) „Bewertung“). 500 Vgl. Bajwa, 1995, 57ff. Er spricht vom „Ein-Wort-Slogan“, der dem Produktnamen entspricht und den er elliptisch versteht im Sinne von z. B. „ ‚[Kaufen Sie/ verwenden Sie das Produkt] X‘ “. In Bajwas Material kommt diese Sloganlänge bei der Printwerbung am häufigsten vor. Ich habe dafür nur dieses eine Beispiel der TV-Werbung von Flensburger. 501 Vgl. dazu auch im Rahmen der „Synchronen Mehrmedialität“ das Kap. 6.2.2b) „Struktur(elemente)“. <?page no="159"?> 149 • Textstruktur In Übereinstimmung mit der Dallmayr-Anzeige Ende der 90er Jahre wird, wie bei der „Schlagzeile“ angesprochen, auch bei Flensburger von der klassischen Anzeigenstruktur abgewichen. Die Flensburger-Anzeige besteht ebenso aus Schlagzeile und Slogan. Die beiden Flensburger-Spots (TV, HF) sind als Dialog (zwischen sechs Menschen) + Slogan gestaltet. Dallmayr zeichnet sich, wie oben dargestellt, in allen Werbemitteln durch extreme Textarmut aus. • Zusätzliche Textelemente Nur in der Flensburger-Anzeige kommen weitere Textelemente vor. Die Internetadresse www.flens.de ist sehr klein am rechten Rand in der oberen Anzeigenhälfte vertikal angebracht. Hinzu kommt als weiteres Textelement der aufsteigende, die Bewegung des Flaschenstöpsels (Schnappverschluss) nachahmende Schriftzug plop oberhalb der Flasche. Die fehlenden auditiven Möglichkeiten werden also durch typographische Elemente aufgefangen: plop als Verschriftlichung des Geräusches beim Flaschenöffnen ist eine Interjektion, eine Lautnachahmung. 502 An dieser Stelle werden medienspezifische Grenzen, das Fehlen akustischer Möglichkeiten, exemplarisch deutlich. • Spotlänge Übereinstimmung herrscht in der Länge der HF-Spots: Sowohl der Flensburgerals auch der Dallmayr-Spot sind 20 Sek. lang. Der TV-Spot von Flensburger Pilsener ist mit 25 Sek. etwas kürzer als der von Dallmayr (30 Sek.). • Textmenge Große Unterschiede bestehen in der Textmenge zwischen den Kampagnen, genauer gesagt, den TV- und HF-Spots. Die Printwerbungen beinhalten 10 (Flensburger) bzw. 18 und 19 Wörter (zwei Dallmayr-Anzeigen). Die TV- Spots haben eine Textmenge von - bei Flensburger Pilsener - 37 503 (35 gesprochenen und zwei geschriebenen) Wörtern bzw. 14 Wörtern (Dallmayr), die HF-Spots enthalten 37 (Flensburger Pilsener) bzw. 9, 12 und 13 Wörter (drei HF-Spots von Dallmayr). Die größere Textmenge der Flensburger-Spots hängt mit der Textstruktur zusammen, die Dialoge sind der Mittelpunkt der Werbung. Verbale Elemente stehen dagegen bei Dallmayr im Hintergrund und treten gegen Ende der Spots durch je eine Äußerung sowie den Slogan auf. Es gibt also weitgehende Übereinstimmung zwischen den elektronischen Werbemitteln (TV, HF) innerhalb einer Kampagne, jedoch große Unterschiede zwischen den Kampagnen Dallmayr und Flensburger Pilsener. 502 D UDEN , 1995, § 642, S. 374. 503 Hinzu kommt die fünffache Interjektion Aah. <?page no="160"?> 150 • Bild Die TV-Spots beider Kampagnen weisen eine hohe Anzahl an Bildern auf (Flensburger Pilsener: 21 Bilder (25 Sek.), Dallmayr: 18 Bilder (30 Sek.)). Wie beim Dallmayr-Spot sind alle Bilder der TV-Werbung von Flensburger Pilsener durch Schnitte (statt Überblenden) miteinander verbunden, wodurch die Spots temporeich wirken. Die beiden Kampagnen entsprechen somit der Tendenz, mehr Bilder in einen Spot zu packen und somit größere Dynamik zu suggerieren. Vergleichsbeispiele sind die aktuellen Spots von Alete (16 Bilder auf 25 Sek.) oder Beate Uhse (14 Bilder auf 30 Sek.). Jedoch gibt es auch Gegenbeispiele, wie den Bernbacher-Spot mit zwei Bildern auf 20 Sek; der Grund ist die Inszenierung einer Nachrichtensendung mit anschließender Produktpräsentation im Packshot. 504 Inhaltliche Aspekte werden in beiden Spots von adäquaten Kameraeinstellungen begleitet: Der häufig vorkommenden Einstellung „Große“ in beiden Spots entspricht bei Dallmayr der Hinweis auf die Liebe zum Detail, bei Flensburger Pilsener bekräftigt sie (teilweise auch die Einstellung „Nahe“) unter anderem die Mimik der fünf Männer, die entsetzt über die nicht vorhandene Biersorte sind. • Musik Während Flensburger im TV ganz ohne Musik auskommt und der HF-Spot nur ein knappes Intro sowie einige leise Töne zur Unterstreichung der Aussage Flens gib´s hier nich enthält, liegt den Spots der elektronischen Werbemittel von Dallmayr nicht nur durchgängig der bekannte Musik- Teppich zugrunde. Er ist, zumindest im HF, zunächst das einzige Darstellungsmittel, was nur deshalb möglich bzw. sinnvoll ist, weil die Dallmayr-Musik seit Jahrzehnten eingesetzt wird und weiten Teilen der Rezipienten bekannt sein dürfte. Im TV-Spot wird Sprache auch erst sehr spät eingesetzt, jedoch ist neben der Musik, dem Medium entsprechend, von Beginn an die visuelle Ebene vorhanden. • Geräusche Während die Dallmayr-Spots (TV, HF) keinerlei Geräusche enthalten und dies vermutlich an der durchgängigen Instrumentalmusik liegt, ist bei Flensburger in beiden Medien ein breiter Einsatz von (tertiären) Geräuschen, 505 die zur Authentizität der Szene beitragen, festzustellen: Geräusche beim Öffnen und Zuschlagen der Tür, Schritte der fünf Männer und Rascheln der Kleidung. Das Geräusch beim Flaschenöffnen ist im TV-Spot fünfmal, im HF-Spot nur zweimal (vor dem Slogan und nach der Nennung des Produktnamens) zu hören (sekundäres Geräusch aufgrund der Produktverwendung). In der Fernsehwerbung kommen im Schlussbild Möwengeschrei und das Rauschen des Wassers (tertiäre Geräusche) sowie das fünfmal zu 504 Vgl. Kap. 6 „Synchrone Mehrmedialität“. 505 Zur Definition von primären, sekundären und tertiären Geräuschen vgl. Janich, 2003, 69. <?page no="161"?> 151 vernehmende Aah der Männer nach dem ersten Schluck hinzu. Letzteres ist meines Erachtens ein primäres Geräusch zur Unterstreichung der Qualität des Produkts und tritt anstelle der Äußerung im HF, Das Flenst, auf. d) Form/ Gestaltung • Farbigkeit TV-Spots und Anzeigen beider Kampagnen sind farbig gestaltet. • Mündlichkeit und Schriftlichkeit Die von Textarmut gekennzeichneten Werbemittel der Dallmayr-Kampagne sind, wie oben besprochen, keinem Konzept eindeutig zuzuordnen (ein HF- Spot weist konzeptionell mündliche Elemente auf). Eindeutig der konzeptionellen Mündlichkeit gehören TV- und HF-Spot der Flensburger-Kampagne an. Sie ahmen im Gespräch (Fragen, Antworten) spontan gesprochene Sprache nach. Des Weiteren treten dialektale Grußformeln auf: Moin sowie das mittlerweile weit verbreitete Tschüss. Diese haben die Funktion, einen regionalsprachlichen Bezug herzustellen, einen Hinweis auf die Herkunft des Produkts zu geben. 506 Ferner sind umgangssprachliche Elemente vorhanden: Apokope (nich), Verschleifung/ Kontraktion zweier Wörter (gib´s statt gibt es), Interjektion (Aah) und eine einleitende Gesprächspartikel (Naa). Bei der Anzeige ist eine Einordnung aufgrund der geringen Textmenge ebenfalls nicht sinnvoll. • Prosodie Während die Dallmayr-Spots erstmals eine Off-Sprecherin (außerhalb eines Dialogs) einsetzen, spricht bei Flensburger Pilsener den Slogan, der auf den Dialog folgt, ein Mann. Die Sprechgeschwindigkeit lässt sich beim Dialog von Flensburger Pilsener ob der kurzen Sequenzen schlecht feststellen. Die Slogans (Flensburger Pilsener. im TV bzw. Flensburger Pilsener. Das Flenst. im HF) werden mit einer Sprechgeschwindigkeit von 180 Silben pro Minute vorgetragen. Demgegenüber spricht die Off-Sprecherin der Dallmayr-Spots den Text mit 143 im TV bzw. 142 Silben pro Minute in einem der HF-Spots. In beiden Fällen ist ein geringeres Tempo möglich, da nicht sehr viel Text unterzubringen ist und den einzelnen Wörtern somit mehr Gewicht gegeben wird. Der Dialog der Flensburger-Spots lässt sich nicht mit Dallmayr vergleichen. Diese Phänomene fallen bei Flensburger Pilsener (HF/ TV) noch auf: Durch die Klangfarbe werden Einstellungen/ Gefühle 507 ausgedrückt, wie (fünffache) Überraschung/ Verwunderung (was? ); ferner werden einzelner Wörter betont: die Wiederholung der Antwort Flens gib´s hier nich sowie die Gesprächspartikel Naa [...]? . Der sprachliche Gefühlsausdruck wird durch Mimik und Gestik im TV-Spot bestätigt. 506 TV wurde, wie in Kap. 5.1 ausgeführt, regional ausgestrahlt, Funk bundesweit. 507 Schwitalla, 2006, 79ff. <?page no="162"?> 152 • Text-Bild-Bezug Die visuellen Werbemittel von Dallmayr, Anzeige und TV-Spot, sind, wie oben erläutert, bildzentriert ausgerichtet, die der Flensburger-Werbung bildzentriert (Anzeige) bzw. textzentriert (TV-Spot). Auch synchron zeigt sich also, dass eine eventuell angenommene inhaltliche Dominanz der Bilder in jüngster Zeit nicht pauschal gegeben ist. • Exkurs zu Wortschatz und Wortbildung: Attribuierungen Die Anzeige von Flensburger Pilsener enthält das Adjektivattribut guten (Geschmack). Die im Text - mit Ausnahme des Slogans und der Interjektion Aah - völlig übereinstimmenden Spots von TV und HF enthalten kein einziges Attribut. Dies heißt jedoch nicht, dass keine Aufwertung des Produkts, die häufig durch positiv konnotierte Attribute stattfindet, vorgenommen wird. Da es sich um ein Gespräch handelt, erfolgt das Lob auf das Flensburger Pilsener durch die Nachfrage der fünf Männer, ihre Enttäuschung darüber, dass die Biersorte im Repertoire der Kneipe fehlt, sowie das Genießen am Schluss des TV-Spots. Auch die textarme Dallmayr- Werbung enthält wenige Attribute. Neben der doppelten Attribuierung im Slogan (vollendet veredelter Spitzenkaffee) gibt es nur im TV-Spot noch ein Attribut, in einer Anzeige zwei Attribute (siehe oben). e) Bewertung Flensburger Pilsener Die drei Werbemittel verbindet die gemeinsame Werbebotschaft, das einzige Thema der Kampagne; es geht in allen Fällen um den hervorragenden Geschmack. Der Markenauftritt ist grundsätzlich stimmig, jedoch hätte die Anzeige inhaltlich und in der Umsetzung noch mehr an die elektronischen Werbemittel angepasst werden können - bei gleichzeitig stärkerer Berücksichtigung der medienspezifischen gestalterischen Möglichkeiten -, was auch im Sinne der Werbeagentur gewesen wäre. 508 Es folgen einige Details meiner Einschätzung: Soweit medienspezifisch möglich, sind TV- und HF-Spot - bis auf Kleinigkeiten (z. B. das fehlende Möwengeräusch in der Radiowerbung) - identisch aufgebaut (Sprache, Geräusche). Es wird eine kurze Geschichte um das Produkt herum erzählt (was medientypisch für Radio und Fernsehen ist). Der Visual-Transfer-Effekt vom TV-Spot zum HF-Spot ist gelungen, wie auch die in Kap. 5.1 erwähnte Auszeichnung dafür bestätigt. Die Printwerbung greift ein Bild des TV-Spots auf - Wiedererkennung ist also gewährleistet -, und zwar genau das, welches für einen Moment statisch die Situation einfängt: Die fünf Männer wurden eben mit der Tatsache konfrontiert, dass der Wirt kein Flensburger Pilsener hat (siehe Abb. 5, S. 92). Wer TVund/ oder Radiospot nicht kennt, kann jedoch diesen Ausschnitt so nicht 508 Siehe oben Kap. 5.1 „Werbemittelexterne Fakten - Hintergründe und Strategien der Kampagnen“. <?page no="163"?> 153 deuten, so dass das ausgewählte Bild nicht das passendste ist. Deshalb korrespondiert der mürrisch-entsetzte Gesichtsausdruck der Männer nicht mit der Schlagzeile (Wir stehen zum guten Geschmack.) und einem positiven Verhältnis zum Produkt. Die Printwerbung ist sehr textarm gestaltet; sie enthält Schlagzeile und Slogan, es gibt keinen Fließtext, 509 was im Hinblick auf das Genussmittel Bier verständlich ist. Medienspezifisch und authentisch für TV und HF sind der breite Einsatz von Geräuschen. Die gesprochene Sprache wird in TV und HF auch hinsichtlich der Prosodie bestens genutzt, um Stimmungen auszudrücken - und dies in Bezug auf die Männer jeweils in fünffacher Ausführung. Dialektale Grußformeln und umgangssprachliche Elemente sorgen für die Identifikation der Rezipienten mit dem Produkt und weisen auf die Herkunft des Biers hin. Interessanterweise wird in der Printwerbung versucht, fehlende auditive Möglichkeiten zu ersetzen: So wird das Plop-Geräusch beim Öffnen der Flasche durch den aufsteigenden Schriftzug plop ersetzt, was meines Erachtens jedoch vor allem auf die fehlenden auditiven Möglichkeiten der Anzeige hinweist. Erwähnenswert ist ferner, dass - medienuntypisch - die Printwerbung bildzentriert ist, der TV-Spot dagegen textzentriert. Zu dem Okkasionalismus (Das) flenst - Konversion aus einem Substantiv - sei noch angemerkt, dass der Anfangsbuchstabe in der Printwerbung, obwohl es ein Verb ist, groß geschrieben wird: Das Flenst; damit soll wohl die Anlehnung an das Substantiv Flens(burger) betont werden. Der Verzicht auf das auffällige, neu gebildete Verb im Fernsehspot ist meines Erachtens ein Fehler. Die Dallmayr-Kampagne (90er Jahre) wurde oben bereits bewertet. Den beiden Kampagnen ist die medienunspezifische Gestaltung der Anzeige gemeinsam. 510 . f) Zusammenfassung - Die wichtigsten Ergebnisse • Struktur Gemeinsamkeiten - Die Anzeigen beider Kampagnen weichen von der klassischen Anzeigenstruktur (Headline - Fließtext - Slogan) ab. Sie bestehen aus Schlagzeile + Slogan; bei Dallmayr kommt noch eine Topline hinzu. - Ein Slogan ist bei allen Werbemitteln der beiden Kampagnen vorhanden. - Die Spotlängen (TV und HF) stimmen in etwa überein: Nur der TV-Spot von Flensburger ist 5 Sek. kürzer als der Dallmayr-Spot. - Beide TV-Spots weisen eine hohe Anzahl an Bildern auf; Inhalte werden durch adäquate Kameraeinstellungen unterstrichen. 509 Wäre ein Fließtext vorhanden, würde die Schlagzeile als Headline eingestuft werden und somit dem klassischen Anzeigencharakter gerecht (vgl. Kap. 3 „Methodik“). 510 Vgl. Kap. 11 „Sprachwissenschaftliche Bewertung - der Nutzen der Sprache für die Werbung“. <?page no="164"?> 154 Unterschiede - Der Slogan des TV-Spots von Flensburger Pilsener beschränkt sich auf den Produktnamen (Flensburger Pilsener.) und weicht somit vom Slogan der Anzeige und des HF-Spots ab. Bei Dallmayr wird ein gemeinsamer Slogan in allen Werbemitteln eingesetzt. - Die Textstruktur der mit minimalen Abweichungen völlig übereinstimmenden Spots (TV, HF) von Flensburger Pilsener besteht aus Dialog + Slogan, bei Dallmayr aus einer Äußerung (Imperativ-, Aussagesatz oder Setzung) + Slogan (TV, HF). Mit der szenischen und sprachlichen Gestaltung (Gespräch) schlägt die Flensburger-Werbung somit einen Bogen zu den Dallmayr-Dialog-Spots der 50er/ 60er Jahre. - Die Anzeige von Flensburger Pilsener enthält - im Gegensatz zu der von Dallmayr - zusätzliche Textelemente: die Internetadresse sowie das geschriebene Wort plop zur Nachahmung des Geräusches beim Öffnen der Flasche. - Große Unterschiede lassen sich in der Textmenge zwischen den Flensburger-Spots (TV, HF) einerseits und den Dallmayr-Spots (TV, HF) andererseits feststellen. Dies hängt mit der Textstruktur zusammen, die im ersten Fall aus einem Gespräch und dem Slogan besteht, bei Dallmayr aus einer Äußerung gegen Ende des Spots und dem Slogan. - Ein durchgehender Musikteppich bei den Dallmayr-Spots steht den weitgehend musiklosen Flensburger-Spots gegenüber. Lediglich im HF- Spot gibt es einige musikalische „Einsprengsel“. - Nur die Spots von Flensburger enthalten Geräusche; sie tragen zur Authentizität der Szene bei. - Die Flensburger-Kampagne zeigt große Unterschiede in der Textmenge zwischen den elektronischen Werbemitteln einerseits und der Anzeige andererseits, während alle Werbemittel von Dallmayr von Textarmut geprägt sind. • Inhalt - Der Unentschiedenheit zwischen Sender-, Empfänger- und Produktbezogenheit der jüngsten Dallmayr-Kampagne steht die Produktbezogenheit der Flensburger-Kampagne gegenüber; dies ist eine Gemeinsamkeit wiederum mit der Dallmayr-Kampagne der 50er/ 60er Jahre. - Die Produktbezogenheit bei Flensburger wird auch durch die sehr häufige Produktnamennennung, die dramaturgisch geschickt fünffach mittels der fünf Männer eingebaut wird, deutlich, während bei Dallmayr der Produktname nur am Schluss im Slogan vorkommt. - Die Themen lauten bei Dallmayr „Qualität: Tradition“ sowie „Genuss“, bei Flensburger ist das einzige Thema „Geschmack“, im TV-Spot auch noch „Genuss“ (das fünffache Aah beim Trinken des Biers). • Form/ Gestaltung In allen folgenden Bereichen sind Unterschiede festzustellen. <?page no="165"?> 155 Mündlichkeit und Schriftlichkeit Die Flensburger-Kampagne ist überwiegend konzeptionell mündlich ausgerichtet (v. a. die Spots), bei der Dallmayr-Kampagne ist aufgrund der geringen Textmenge keine Zuordnung möglich. Prosodie Bei Dallmayr spricht eine Frau aus dem Off, bei Flensburger ein Mann. Bei Flensburger Pilsener fällt in den elektronischen Werbemitteln die Betonung hervorzuhebender Wörter auf; durch die Klangfarbe werden Stimmungen ausgedrückt. Text-Bild-Bezug Die Dallmayr-Werbemittel mit einem visuellen Code (Anzeige, TV-Spot) sowie die Flensburger-Anzeige sind bildzentriert, der Flensburger-Spot ist dagegen textzentriert (mit Text-Bild-Parallelität) ausgerichtet. Somit knüpft auch in diesem Aspekt Flensburger an die alte Tradition der frühen Fernsehjahre (vgl. Dallmayr-Spot der 50er/ 60er Jahre) an. Attribuierung Bezüglich der Attribuierung herrscht tendenziell Übereinstimmung in den beiden Kampagnen: die Reduzierung des Attributeinsatzes ist eine junge Erscheinung, die kampagnenübergreifend feststellbar ist. Insgesamt ist überraschend, dass trotz der vielen Gemeinsamkeiten zwischen den synchron untersuchten Kampagnen der Marken Flensburger Pilsener und Dallmayr Unterschiede auftreten, die eine Übereinstimmung zwischen der aktuellen Flensburger-Kampagne mit der Dallmayr-Kampagne der 50er/ 60er Jahre deutlich machen. Das zeigt, dass es sehr beständige Konzeptionen und Vorgehensweisen gibt, die sich offensichtlich bewährt haben, da sie zeit- und markenübergreifend auftreten. Dies betrifft die ausschließliche Produktbezogenheit, die Textstruktur und den Text-Bild- Bezug und somit die szenische Gestaltung insgesamt. Thematisch ist auch in den 50er/ 60er Jahren und in den 70er Jahren das Thema „Geschmack“ sowie „Genuss“ (70er Jahre) präsent. <?page no="166"?> 6 Synchrone Mehrmedialität In diesem Kapitel werden zehn aktuelle Kampagnen miteinander verglichen, um den Status quo an Möglichkeiten des Medienzusammenspiels aufzuzeigen. Sie stammen aus den Jahren 1998 bis 2003. In diesem kurzen Zeitabschnitt ist nicht mit signifikantem Wandel in der Gestaltung zu rechnen, so dass von einem synchronen Vergleich gesprochen werden darf. 511 Die Analyse der einzelnen Kampagnen geht der vergleichenden Untersuchung voran, d. h., dass das Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb einer Kampagne hier nicht mehr explizit thematisiert wird, sondern als Grundlage für den Vergleich der zehn Kampagnen dient. 512 6.1 Kampagnen • Alete (Übereinstimmung: Anzeige, TV-Spot) 513 Medienübergreifende Botschaft ist die Vermittlung von Werten, wie Liebe und mütterliche Fürsorge in Verbindung mit einem qualitativ hochwertigen Produkt. Bei der Alete-Werbung ist die Zugehörigkeit von Print- und TV- Werbung zu einer (gemeinsamen) Kampagne in Sprache und Bild gegeben. Die Anzeige greift ein Bild aus der Fernsehwerbung auf. In beiden Werbemitteln ist die Darstellerin Veronica Ferres (populäres Testimonial) präsent, die - eben selbst erst Mutter geworden - durch die eigene Verwendung quasi für das Produkt bürgt und (indirekt) beim Rezipienten um Vertrauen dafür wirbt: „ ‚Ich fand die Anfrage von Alete spontan gut, da ich selbst mit Alete groß geworden bin‘, kommentiert die Schauspielerin ihr Engagement. Die Nestlé Alete GmbH hat mit Veronica Ferres eine Werbepartnerin gefunden, die als junge, sympathische Mutter die Werte Fürsorge, Wärme und Vertrauen absolut glaubwürdig verkörpert.“ 514 Indem die Schauspielerin in der Anzeige bzw. im Schlussbild in die Kamera blickt und damit scheinbar den Leser bzw. Zuschauer ansieht, bringt sie eine persönliche Note ein und fördert dadurch ihre Glaubwürdigkeit, was für eine Aufwertung des Produkts sorgt (siehe Abb. 18, S. 193). In der Printwerbung liegt ein klassischer Anzeigenaufbau vor (Headline - Fließtext - Slogan) mit einigen zusätzlichen Textelementen vor: Markenlogo/ Insert (ein runder Button, ebenfalls mit der (erweiterten) Sloganaufschrift Alete / Bio Gemüse / Alles Gute für Ihr Kind, der im TV-Spot nur als Button auf dem 511 Vgl. Kap. 3 „Methodik“ sowie Kap. 4.2 „Synchrones Korpus“. Zur Vorgehensweise vgl. ebenfalls Kap. 3 „Methodik“. 512 Vgl. beispielhaft Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 513 Quellenangaben zum synchronen Korpus finden sich in Kap. F. 514 Presseinformation der Nestlé Alete GmbH, 2001: „Veronica Ferres macht Werbung für die traditionsreiche Babynahrungsmarke Alete.“. <?page no="167"?> 157 Gläschen gezeigt wird), Bildtext (Streng kontrollierte Qualität aus Alete Bio- Vertragsanbau), Internetadresse und Add (®). 515 • Beate-Uhse-Kanal auf Premiere World (eingeschränkte Bezugnahme: Anzeige, TV-Spot) 516 Untersucht wurden eine Anzeige und ein TV-Spot, HF-Werbung gibt es nicht. Es sind sowohl mehrere Anzeigenals auch mehrere TV-Motive vorhanden. Übereinstimmung zwischen Anzeige und TV-Spot herrscht im Hinblick auf das (übergeordnete) Thema, nämlich die visuelle und sprachliche Anspielung an die Befriedigung des Sexualtriebs (emotionsbezogener Zusatznutzen: Wenn Sie hier nicht an [...] denken bzw. Wenn Sie jetzt an was anderes denken [...]) sowie die gleichzeitige informative Strategie, nämlich die Einführung des Programmangebots Beate-Uhse-Kanal auf Premiere World. Im TV wird eine Geschichte erzählt; für die Anzeigen wurden andere, aber thematisch passende statische Bilder ausgewählt (siehe z. B. Abb. 4, S. 86). Den beiden Werbemitteln sind außerdem Texte bzw. Äußerungen gemeinsam, die nur leicht variieren. Es gibt einen übereinstimmenden zweiteiligen Slogan, ein Logo (für Premiere World), ferner die Telefonnummer, die Internetadresse und die Information oder im Handel (TV) bzw. oder im Fachhandel (Anzeige). Die Anzeige enthält zusätzlich das Beate-Uhse-Logo. 517 • Bernbacher Die Strategie „Nudeln mit Biss“ wurde in Werbung und Verkaufsförderung breit umgesetzt. Dazu gehören unter anderem TV- und HF-Spots, Großflächenplakate, Publikumsanzeigen, der Internetauftritt, ein Online-Nudelspiel auf www.bernbacher.de, Grußkarten online-Versand, Sponsoring (Bandenwerbung Marathon) sowie Give-aways für die Sommer-Promotion (Badehandtuch und Sonnenschirm sowie Einkaufstüten für Endverbraucher). 518 Wegen der Vergleichbarkeit verwende ich eine Anzeige, ein Plakat, einen TV- und einen HF-Spot mit einem gemeinsamen Thema. Jedes Werbemittel ist mit mehreren Motiven vorhanden. Übereinstimmung: Anzeige, Plakat Die beiden Printmedien (siehe Abb. 16 und 17, S. 177) entsprechen sich in folgenden Bausteinen, die Anordnung variiert leicht: Abbildung (z. B. Zeichentrick: Schlange, Haifisch oder Hamster, 519 deren Körper jeweils eine Nudel ist, die scharfe Zähne hat), Slogan (Nudeln mit Biss), Internetadresse (www.bernbacher.de) - jeweils über dem Bild angeordnet - und Logo (beim Plakat neben dem Slogan und über der Internetadresse, bei der Anzeige am 515 Janich, 2003, 58ff. 516 Vgl. A.3 „Inhaltliche Argumentationsstrategien“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. 517 Vgl. zur Kampagne auch Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. 518 CD von Serviceplan mit Werbemitteln und Informationen zur Kampagne vom 01.12.2003. 519 Es liegen Anzeigen- und Plakatreihen vor; pro Printwerbung kommt ein (anders) Tier vor. <?page no="168"?> 158 Fuße der Abbildung). Hinzu kommt bei beiden Werbemitteln ein Bildtext (inhaltlich auf das Bild bezogen), der bei der Anzeige rezeptionsbedingt etwas ausführlicher ausfällt und kleiner gedruckt ist als beim Plakat. Bei der Anzeige werden hier zusätzliche inhaltliche Argumente zum Thema „Qualität“ gegeben (u. a. sprachlicher Qualitätshinweis sowie Qualitätssiegel Qualität aus Bayern als weiteres Logo). Die Abbildung daneben, eine Packung Nudeln, ist auf dem Plakat ebenfalls nicht enthalten. Beim knappen Plakat-Bildtext erfolgen Anrede und Aufforderung durch Infinitive ([...] Zubeissen. Geniessen.). Unterschiede bestehen auch im Hinblick auf das Format: Die Anzeige liegt im Hochformat vor, dem gewöhnlichen Zeitschriftenformat. Das Plakat ist als Querformat gestaltet; hier ist mehr Hintergrundfläche in dunklem Bernbacher-Blau vorhanden. Die Nudel wirkt breiter. Eingeschränkte Bezugnahme: TVzum HF-Spot und beide zur Printwerbung Interessant ist bei dieser Kampagne, dass die elektronischen Werbemittel nur eingeschränkt Bezug aufeinander nehmen und beide wiederum eingeschränkt auf die übereinstimmenden Werbemittel (Anzeige, Plakat) bezogen sind. Die alle Werbemittel einende medienübergreifende Botschaft heißt (Nudeln) mit Biss, die als Slogan in der Printwerbung, im TV in der Variante Bernbacher / Nudeln mit Biss und im HF als Hartweizennudeln mit Biss auftaucht. Die Themen der Kampagne sind „Geschmack“ (TV), „Qualität“ (HF, Anzeige) und „Genuss“ (Plakat). Mit Ausnahme des Plakats (emotionsbezogen) sind alle Werbemittel emotions- und informationsbezogen. Der Fernsehspot ist als Nachrichtensendung konzipiert, der HF-Spot als Dialog. 520 • Budget (eingeschränkte Bezugnahme: Anzeige, HF-Spot) Die Budget-Kampagne besteht nur aus zwei Werbemitteln, so dass die gesamte Kampagne der Kategorie „eingeschränkte Bezugnahme“ zuzuordnen ist. Kampagnenspezifisches Thema in Anzeige und HF-Spot ist „der günstige Preis“. Die zentrale Aussage der Werbebotschaft - im Vordergrund steht der günstige Preis für einen Mietwagen - stimmt in beiden Werbemitteln überein, so dass Wiedererkennung gewährleistet ist. Die Umsetzung erfolgt medienspezifisch. 521 520 Siehe auch die Ausführungen zum HF-Spot in Kap. 11.3 „Der Hörfunkspot als Chance für die Sprache“. 521 Vgl. Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. <?page no="169"?> 159 • Coca-Cola “Eisbären” Übereinstimmung: Anzeige, TV-Spot In dieser Kampagne (Anzeige, TV, HF) ist eine Übereinstimmung zwischen Print und TV gegeben, deshalb wird der Hörfunkspot später besprochen. (Zeichentrick-)Tiere als Darsteller - eine Eisbärmutter mit ihren beiden Jungen (Polarbären) - sind ein Mittel, um den „Recall, die Erinnerung an die Werbung“, zu erhöhen. 522 Sie sind hier das Catch-Visual, der Blickfänger. 523 Es wird also ganz auf eine emotionale Wirkung gesetzt, denn (nachprüfbare) Informationen werden überhaupt nicht vermittelt. Der TV-Spot erzählt die Geschichte einer Eisbärmutter und ihrer beiden Jungen. Eines ihrer Kinder traut sich nicht, von einer Scholle zu ihr und dem Geschwister zu schwimmen. Sie lockt es mit einer Coca-Cola-Flasche. Die Anzeige nimmt das TV-Schlussbild als Print-Motiv auf (siehe Abb. 14, unten), so dass die Verknüpfung der beiden Werbemittel zu einer Kampagne erkennbar ist. Übereinstimmung besteht auch bei der Aufschrift des Markennamens auf dem Logo sowie auf der Flasche. Die Printwerbung ist demnach in keiner Weise eigenständig und medientypisch gestaltet. Auffallend ist, dass auf den Einsatz von primären Texten beim TV-Spot und der Anzeige ganz verzichtet wird, das heißt, es kommt nur Sekundärtext, die Aufschrift der Marke Coca-Cola auf der Flasche sowie innerhalb des Logos vor. Abb. 14: Ausschnitt aus dem TV-Spot der Kampagne „Coca-Cola“. Keine (unmittelbare) Bezugnahme: HF-Spot zu Anzeige und TV-Spot Der Hörfunkspot ist als Veranstaltungshinweis inszeniert. Lockmittel sind viele Überraschungen und tolle Spiele für die ganze Familie sowie der in Aussicht gestellte Gewinn eines von hundert kuscheligen Polarbären. Er ist somit im 522 Kaplitzka, 1995, 130f. 523 Janich, 2003, 62. <?page no="170"?> 160 Gegensatz zu Print und TV informativ und empfängerbezogen angelegt. Die Werbung für das Produkt rückt (scheinbar) in den Hintergrund. HF- und TV-Spot verbindet die Instrumentalmusik. Das Thema „Coca- Cola-Polarbären“ ist die medienübergreifende Botschaft in allen drei Werbemitteln. Sie rechtfertigt die Zuordnung von Print, TV und HF zu einer (gemeinsamen) Kampagne. Meiner Definition entsprechend, besteht keine unmittelbare Bezugnahme, wenn die Umsetzung formal wie inhaltlich völlig verschieden gestaltet wurde, was im HF durch die Textsorte „Veranstaltungshinweis“ in beiderlei Hinsicht gegeben ist. Während TV und Print aufgrund der Versorgung des Eisbärjungen durch seine Mutter mit Coca- Cola für einzigartigen „Geschmack“ und „Qualität“ werben, stehen im Hörfunkspot „die Veranstaltung“ und „Gewinnmöglichkeit“ im Vordergrund. • Dallmayr Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 5. • Flensburger Pilsener „Neulich beim Abgang“ Vgl. dazu die Ausführungen in Kap. 5. • Löwenbräu - „Allein zu zweit“ 524 (Übereinstimmung: Plakat, HF- Spot) Nach Auskunft der Werbeagentur Heye & Partner 525 sind die Hörfunkspots dieser Reihe „vom Konzeptionellen her abgeleitet vom Plakat“. Schöne Lebensmomente (Lebensfreude, Heimat, Natur, Freizeit, Genuss, Individualität) werden vor allem per Bild (als „Bilderwelten“) eingefangen. Die Plakate enthalten sprachlich nur den Slogan Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. (siehe Abb. 29, S. 250) - er wurde übrigens auch schon in den 1970er Jahren eingesetzt. Dabei solle keine platte Postkartenidylle dargestellt werden, also z. B. keine bayerischen Schlösser. Statt „urbayerisch“ seien die Themen „leicht modern“. Weitere Themen aller Plakate sind „Natur“ und „Ruhe/ ruhige Atmosphäre“, die im Hörfunk vor allem durch auffällig viele (intensive und gut identifizierbare) Geräusche und musikalische Elemente sowie vergleichsweise wenig Text, langsames Sprechtempo und Pausen umgesetzt werden: Beispielsweise hört man Menschen auf dem See. Die Dramaturgie des Hörfunkspots gewährleistet also eine auditive Wiedergabe des Plakats, was durch die Naturszene relativ leicht möglich ist. Die medienspezifischen Möglichkeiten der Werbemittel wurden so optimal genutzt. Spot und Plakat stimmen demnach inhaltlich völlig überein: Es handelt sich in beiden Fällen um eine Situation auf dem Walchensee: Das zeigt die Printwerbung; im Spot wird das Gewässer von einem Dialogpartner benannt: Allein auf dem Walchensee [...]. Dass zwei Personen beteiligt sind, wird im HF sprachlich durch den Dialog deutlich, auf dem Plakat mutmaßlich 524 Der Name für Plakat und dazugehörigen Spot dieser Serie hat die Agentur Heye & Partner oder das Unternehmen Löwenbräu vergeben. 525 Telefonat mit Veronika Hasselwander (Werbeagentur Heye & Partner) am 4.10.2001. <?page no="171"?> 161 durch die Abbildung: Wahrscheinlich wird die sich entspannende Frau nicht allein auf dem Boot sein (siehe auch den Titel des Plakat-HF-Spot-Paars). Der Radio-Dialog führt also inhaltlich nicht vom Plakat weg, sondern greift sprachlich auf, was mit dem Bild gezeigt wird. Der Visual-Transfer-Effekt funktioniert demnach nicht nur zwischen TV- und HF-Spot, sondern, wie in diesem Fall, auch zwischen Plakat und HF-Spot: Über eindeutige Geräusche (und geringen, notwendigen Textanteil) im HF wird das Plakat-Bild ins Gedächtnis gerufen („Bilder im Kopf“ erzeugen 526 ). Sie „sind nur dort eingesetzt, wo sie zur Veranschaulichung notwendig sind“ und „Gehören [...] zum Thema“ [...] statt nur „akustischer Gag“ 527 zu sein. Der Rezipient muss aber nicht einmal das Plakat kennen, auch nicht den gemeinten See, sondern kann sich durch die eindeutig hörbare Szenerie irgendeine (austauschbare, aber positiv konnotierte) Seenlandschaft bildlich vorstellen. • Stadtwerke München Die Agentur Serviceplan gibt diese Informationen zum Fallbeispiel Stadtwerke München heraus: „Ausgangspunkt 2000: Die SWM sind ein kommunales Versorgungsunternehmen. [...] Seit 1999 Liberalisierung der Märkte: Verteidigung gegen massive Angriffe großer preis-aggressiver Wettbewerber (z. B. eon, Yellow usw.) Strategie: 1. Neue verbraucherorientierte Produkte (M-Strom, M-Wasser, etc.), neues Dienstleistungsverständnis 2. Einsatz einer Endverbraucherkampagne, die die Kunden emotional an die SWM bindet und damit das Abschmelzen von Marktanteilen verhindert. Ergebnisse: 1. Gestützte Markenerinnerung steigt von 1999 bis 2001 von 59 % auf 82 % (Index 140) 2. Die ungestützte Markenerinnerung (Aktualität) stieg im gleichen Zeitraum von 21 % auf 58 % 3. Die Kundenloyalität steigt im Zeitraum 1999 bis 2001 von 17 % auf 35 %, die die SWM weiterempfehlen würden.“ [sic! ] 528 Übereinstimmung: Plakat, TV-Spot In dieser Kampagne (Print, TV, HF) ist eine Übereinstimmung zwischen Print und TV gegeben, die beiden Hörfunkspots nehmen darauf keinen (unmittelbaren) Bezug und werden später behandelt. Die Verwendung von Bildern aus dem TV-Spot für die Plakate sichert die Wiedererkennung (inhaltliche Verknüpfung). 529 Exemplarisch analysiere ich eine Printwerbung 526 Gleich, 2003, 515. 527 Schönert, 1982, 153. 528 CD von Serviceplan mit Werbemitteln und Informationen zur Kampagne vom 01.12.2003. 529 Burst/ Schmitt-Walter, 2003, 7, 11. Meines Erachtens bedeutet die Konstanz innerhalb der Kampagne - Übernahme eines Bildes aus der TV-Werbung - nicht, dass es sich um die beste Umsetzung für das Medium Plakat handelt: Dazu wäre eine einfache konturenscharfe - eben plakative - Abbildung mit einer Pointe als sprachlichem oder visuellem Blickfänger besser geeignet. Auch die Typographie des Slogans in Verbindung mit der graphischen Gestaltung ist ungünstig gewählt und leicht übersehbar: Der Aufdruck - er wirkt wie ein Stempel - ist eine in den Linien schmale weiße <?page no="172"?> 162 mit einer Szene am See (siehe Abb. 7, S. 100): Hier befindet sich ein Liebespaar auf einem Ruderboot. Gemeinsam ist Print und TV das sprachlichvisuell auffällige Syntagma/ der Slogan Besser leben mit M, darunter in fünf Spalten M-Wasser, M-Bäder, M-Strom, M-Wärme, M-Erdgas und die damit zusammenhängende Graphik. Meines Erachtens bedarf es allerdings einer Interpretationsleistung, um den Zusammenhang von Text und Bild herzustellen (Katachrese). 530 Das M wird visuell in allen möglichen Varianten dargestellt (z. B. vier Hosenbeine, die als M angeordnet werden). Folgende Differenzen sind medienbedingt und nehmen deshalb auf meine Einordnung in die übereinstimmenden Werbemittel keinen Einfluss: Im Spot wird (vor allem visuell) eine Geschichte erzählt, Stationen eines Lebens in München werden Bild für Bild gezeigt. Die Möglichkeit, Vorgänge und Handlungen chronologisch und in bewegten Bildern wiederzugeben, wird genutzt: Eine junge Frau ist gerade dabei, aus ihrer Wohnung auszuziehen, der Lastwagen mit den meisten Habseligkeiten steht vor der Tür; sie ist betrübt, findet ein Fotoalbum, blättert in den Erinnerungen, es tauchen viele Plätze Münchens auf. Die mir vorliegenden beiden Plakate enthalten jeweils ein Bild des Spots (1. Münchner See mit Ruderboot und Liebespaar, 2. Marienplatz, im Vordergrund zwei Asiaten mit Fotoapparaten), so dass die Fernsehwerbung inhaltlich mit beiden verknüpft ist. Die Mehrkanaligkeit - Verbindung der Bilder mit durchgehender instrumentaler Musik und englischsprachigem Gesang - sorgt für die „emotionale Einbettung“ der Werbeidee. 531 Zu erwähnen ist die ungewöhnliche Länge des TV-Spots (60 Sek.). Diese ist bezüglich der Kosten nur möglich, weil der Spot ausschließlich beim Regionalsender TV München zu sehen war. 532 Keine (unmittelbare) Bezugnahme: HF-Spot zu Anzeige und TV-Spot Der Hörfunkspot unterscheidet sich stark von den beiden anderen Werbemitteln. Gemeinsam ist ihnen nur ein Sloganteil: Besser leben mit M. Auf mögliche auditive Gemeinsamkeiten zwischen TV- und HF-Spot - z. B. die Übernahme des TV-Songs - wird verzichtet. Für den Hörfunkspot wird mit dem Gespräch/ Dialog eine medienadäquate Textstruktur gewählt. Außerdem werden weitere Elemente der gesprochenen Sprache eingesetzt. 533 Werbepragmatisch nachteilig könnte sich der beabsichtigte Überraschungseffekt auswirken, dass nämlich im Hörfunkspot - aber auch im TV-Spot - erst am Schluss der Bezug zum „Produkt“ hergestellt wird; so werden teure Sekunden verschenkt. Die fehlenden graphischen Möglichkeiten im Hörfunk werden durch eine Ab- Umrandung, so dass das Bild durchscheint. Auch die Schrift ist teilweise sehr klein; Fettdruck hätte zur Hervorhebung beitragen können. Vgl. auch Schönert, 1982, 157ff. 530 Janich, 2003, 192. 531 Drabczynski, 1995, 91. 532 Telefonische Auskunft von Dominik Terruhn von der Werbeagentur Serviceplan in München am 08.08.2005. 533 Vgl. u. a. „Mündlichkeit und Schriftlichkeit“ unter 6.2.2c) „Form/ Gestaltung“. <?page no="173"?> 163 weichung in der Slogangestaltung deutlich: Der das Unternehmen auf dem Plakat und im TV-Spot identifizierende Aufdruck mit fünf Komposita, die jeweils die Abkürzung M im Bestimmungswort zeigen, lässt sich im Hörfunk schlecht ersatzweise umsetzen. Trotzdem wird die Infinitivkonstruktion Besser leben mit M. auch im Radio gesprochen. Hier wird jedoch zusätzlich die Möglichkeit genutzt, die Rezipienten direkt anzusprechen sowie in einer Art Gegenüberstellung auch die Senderseite durch Name und Personalpronomen zu betonen: Sie genießen das Leben. Und wir machen den Rest. Stadtwerke München / Besser leben mit M. Die Instrumentalmusik im Schlussteil wird gezielt zur Hervorhebung des Senders (= Unternehmens) eingesetzt (ab Und wir machen den Rest). • Versicherungskammer Bayern - Liegestuhl Übereinstimmung: TV-, HF-Spot In dieser Kampagne (Plakat, TV, HF) ist Übereinstimmung zwischen TV und HF gegeben. Im Gegensatz zum Plakat ohne Personenabbildung wird in Hörfunk und Fernsehen eine Lebensgeschichte herausgegriffen: Eine Frau liegt in Italien am Strand und wird gefragt, wie lange sie ihren Liegestuhl noch brauche. Auf ihre Antwort Für Immer erntet sie Kopfschütteln, Verwunderung. Das Syntagma für immer steht für die Leistung der Versicherungskammer Bayern im Hinblick auf die Rentenversicherung. Der Zuhörer/ Zuschauer soll sich durch das Herausgreifen eines positiven Beispiels der Produktwirkung persönlich angesprochen fühlen: Es wird an Sehnsüchte der Rezipienten appelliert, z. B. ein unbeschwertes Pensionärsdasein im Süden. Die visuell-auditive bzw. auditive Umsetzung einer Geschichte ist eine Möglichkeit, das visuell nicht darstellbare Produkt Rentenversicherung zu bewerben. Die persönliche, Vertrauen erweckende Note kommt zusätzlich durch das Personalpronomen wir (versichern Bayern) ins Spiel. Der Slogan ist identisch (Rente gut / alles gut. Versicherungskammer Bayern. Wir versichern Bayern) und trägt maßgeblich zur medienübergreifenden Identifikation mit dem Produkt bei. Es handelt sich um eine Abwandlung des Sprichworts Ende gut - alles gut! , was die Merkfähigkeit unterstützt. Hingegen muss im HF das graphische Logo (für „Sparkasse“ + Firmenverbund Finanzgruppe) fehlen. Eingeschränkte Bezugnahme: Plakat zu TV- und HF-Spot Das Plakat nimmt eingeschränkt Bezug auf die elektronischen Werbemittel. Statt der Story-Strategie im Zusammenhang mit der Dialogstruktur in TV und HF steht in der Printwerbung visuell „das Bildkonzept ›Multi- Picture‹“ 534 (siehe Abb. 6, S. 93) im Mittelpunkt. Im Unterschied zu HF und 534 Aus dem Werbekonzept der Agentur Heye & Partner ist dazu zu entnehmen: „Es präsentiert die Marke auf mal spannende/ interessante, mal auf unterhaltsame Art in ihren zentralen Kompetenzfeldern, ohne das Thema Versicherung zu direkt oder zu subtil in den gewohnten Klischees darzustellen.“ Neben der Rentenversicherung <?page no="174"?> 164 TV werden auf dem Plakat keine Personen abgebildet und es wird keine Geschichte erzählt. Das statische Bild aus 18 Einzelbildern mit Liegestühlen und anderen Strandutensilien kommt den Eigenschaften des Mediums entgegen, in dem keine chronologischen Abläufe dargestellt werden können. Der Rezeptionssituation angepasst, enthält das Plakat die geringste Textmenge aller drei Werbemittel. Den Slogan in HF und TV enthält auch das Plakat, was entscheidend zur Wiedererkennung und Zusammengehörigkeit der Werbemittel beiträgt, wobei der Text zweigeteilt ist: Rente gut - alles gut steht als ein Sloganteil über dem Bild. Der zweite Teil des Slogans aus TV und HF ist auch beim Plakat an der klassischen Sloganposition angebracht, d. h. unterhalb des Bildes am linken (Wir versichern Bayern) und rechten (Versicherungskammer Bayern + graphisches Logo + Firmenverbundangabe) Rand. Gemeinsamkeiten des Plakats mit den beiden anderen Werbemitteln sind ferner die für das Unternehmen typische und Corporate Identity stiftende Farbwahl (ein helles Blau) für den Hintergrund bzw. Rahmen und die Übereinstimmung in der Typographie, wie es in B.3 „Form/ Gestaltung“ in Kap. 3.2 (S. 96f.) dargestellt wurde. Der Visual-Transfer-Effekt der bekannten Hörfunk- und Fernsehwerbung wird genutzt, um mit der Darstellung des Ikons (Liegestuhl) die Bilder und Dialoge wachzurufen. 535 6.2 Vergleich - Ergebnisse 6.2.1 Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb der Kampagnen: Übereinstimmung - eingeschränkte Bezugnahme - kein Bezug Print TV HF Alete Übereinstimmung — Beate Uhse eingeschränkte Bezugnahme — Bernbacher Übereinstimmung (Anzeige, Plakat) eingeschränkte Bezugnahme (TV, HF) 536 Budget eingeschränkte … — … Bezugnahme Coca-Cola Übereinstimmung keine (unmittelbare) Bezugnahme Dallmayr Übereinstimmung Flensburger Pilsener eingeschränkte Bezugnahme Übereinstimmung werden mit anderen Plakaten die Unfallversicherung und die Krankenversicherung beworben. 535 Vgl. Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. 536 Dabei nehmen die elektronischen Werbemittel TV- und HF-Spot eingeschränkt Bezug zueinander und zur Printwerbung (Anzeige, Plakat). <?page no="175"?> 165 Löwenbräu Über- — -einstimmung Stadtwerke München Übereinstimmung keine (unmittelbare) Bezugnahme Versicherungskammer Bayern eingeschränkte Bezugnahme Übereinstimmung Tabellen und Graphiken 7: Synchrone Mehrmedialität. Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb der Kampagnen. Im Mittelpunkt dieser Einstufung stehen die Werbemittel: Als übereinstimmend wurden Werbemittel bzw. Kampagnen eingeordnet, wenn sie inhaltlich und formal übereinstimmen. Unterschiede durften nur medienbedingt sein, z. B. keine visuellen Möglichkeiten im Hörfunk; dafür kann Ersatz vorhanden sein. Kampagnen, in denen nicht alle drei Werbemittel „Übereinstimmung“ zueinander aufweisen, tauchen deshalb in Teilen auch noch einmal unter „eingeschränkte Bezugnahme“ oder „keine (unmittelbare) Bezugnahme“ auf, da sie auch im Verhältnis zu den weiteren Werbemitteln der Kampagne betrachtet werden müssen. Vollständige Übereinstimmung zeigen nur die Kampagnen „Alete“ (Anzeige, TV), „Dallmayr“ (Print, TV, HF) und „Löwenbräu“ (Anzeige, HF). Nur in einem Fall ist also eine Übereinstimmung zwischen drei Werbemitteln zu verzeichnen. Mir liegen zwei Beispiele vor, bei denen es Übereinstimmung zwischen TV und HF gibt (Flensburger Pilsener, Versicherungskammer Bayern) und das dritte Werbemittel (Anzeige bzw. Plakat) eingeschränkt Bezug darauf nimmt. Ebenso ermittelte ich zwei Fälle (Coca-Cola, Stadtwerke München), in denen sich Übereinstimmung in Print und TV zeigt und das dritte Werbemittel (Hörfunk) jeweils keinen (unmittelbaren) Bezug darauf nimmt. Es scheint also eine Tendenz zu geben, dass Hörfunkspots bei Abweichung - unter Berücksichtigung eines medienübergreifenden, die Zugehörigkeit zu einer gemeinsamen Kampagne ausdrückenden Elements 537 - gänzlich anders gestaltet werden (können). Die Chance einer inhaltlich und formal grundlegend unterschiedlichen Darstellung liegt meines Erachtens an fehlenden visuellen Möglichkeiten: Ist nämlich eine visuelle Komponente vorhanden (Print, TV), ist die Verpflichtung zu einer optisch einheitlichen inhaltlichen und formalen Gestaltung (z. B. ein Bild des TV-Spots als Anzeigenbild) größer, um Kampagnenzugehörigkeit zu signalisieren. 538 In den 537 Das medienübergreifende Element ist bei Coca-Cola und den Stadtwerken München jeweils ein kampagnenspezifisches Thema, das bei den Stadtwerken strukturell zusätzlich der Slogan bzw. ein Sloganteil ist. 538 Beispiele, in denen Printwerbung von den übereinstimmenden Werbemitteln einer Kampagne abweichen, zeigen, dass doch wenigstens „eingeschränkte Bezugnahme“ vorhanden ist: Bei der Kampagne „Flensburger Pilsener“ beispielsweise wird ein Bild der TV-Werbung für die Anzeige verwendet, bei der Versicherungskammer Bayern steht der Liegestuhl für ein schönes Rentendasein, weitere Gemeinsamkeiten sind die Hintergrundfarbwahl (das helle Blau) und die Typographie. <?page no="176"?> 166 vorliegenden Beispielen wurden Darstellungsformen gewählt, die sich explizit für ein rein auditives Medium eignen: Dialoge bei den HF-Spots der Stadtwerke München sowie ein Veranstaltungshinweis bei Coca-Cola: Da der Inhalt des Spots auf ein zukünftiges Ereignis ausgerichtet ist, hätte man Schwierigkeiten gehabt, eine visuelle Komponente zu finden; eine Möglichkeit wären veraltete Bilder früherer Veranstaltungen gewesen. Außerdem eröffnet die Konzentration auf den Ton große Spielräume: Durch Sprache, Geräusche und Musik kann die Phantasie des Rezipienten angeregt werden; es muss keine temporale oder lokale Stringenz vorhanden sein, die eventuell mühsame Suche nach optischen Entsprechungen entfällt. Auf der anderen Seite ist bei Übereinstimmung von TV und HF der Visual-Transfer-Effekt der immense Vorteil der Radiowerbung. In den mir vorliegenden beiden Beispielen (Flensburger Pilsener, Versicherungskammer Bayern) handelt es sich jeweils um eine dialogische Struktur, eine typische Darstellungsform für Medien, in denen gesprochene Sprache einsetzbar ist. Im Falle von Flensburger Pilsener wurde der HF-Spot strukturell lediglich um die visuelle Komponente reduziert (Unterschiede beziehen sich nicht auf die Struktur und sind hier zu vernachlässigen). Strukturelle Übereinstimmung herrscht auch bei TV- und HF-Werbung der Versicherungskammer Bayern. Einzig der Einstieg ist leicht variiert gestaltet. 539 Nahe liegend ist die Übereinstimmung zwischen den beiden Printmedien Anzeige und Plakat der Bernbacher-Kampagne, die nur medienspezifische Abweichungen (vor allem geringfügig mehr Text in der Anzeige) aufweisen. Bernbacher ist die einzige Kampagne, bei der ich vier Werbemittel untersuche (Anzeige, Plakat, TV- und HF-Spot). Sie zerfällt jedoch nicht in alle drei Kategorien („Übereinstimmung“, „eingeschränkte Bezugnahme“, „keine (unmittelbare) Bezugnahme“): Anzeige und Plakat zeigen Übereinstimmung, TV- und HF-Werbung stimmen eingeschränkt überein; dies gilt auch in Bezug auf ihr Verhältnis zu den Printmedien. Zwei der zehn Kampagnen beinhalten keinerlei Werbemittel, die (völlig) übereinstimmen: Budget (Print, HF) und Beate Uhse (Print, TV). Die jeweils zwei Werbemittel nehmen eingeschränkt Bezug aufeinander. Da unterschiedliche Werbemittel-Konstellationen (Print zu HF bzw. zu TV) vorliegen, lässt sich keine Tendenz feststellen im Hinblick darauf, ob ein bestimmtes Werbemittel bevorzugt nur eingeschränkt mit den übrigen übereinstimmt. Festzuhalten bleibt noch, dass es keine Kampagne gibt, in der ausschließlich „keine (unmittelbare) Bezugnahme“ vorherrscht. 539 Vgl. Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. <?page no="177"?> 167 6.2.2 Inhaltliches und formales Zusammenspiel - kampagnenübergreifende Parallelen und Unterschiede a) Inhalt • Kampagnenspezifische Themen Übereinstimmende Werbemittel Eine Voraussetzung für die Einordnung von Werbemitteln als übereinstimmend waren gemeinsame Themen. 540 Sie liefern - beispielsweise neben dem Slogan - eine wichtige Verknüpfung der Werbemittel einer Kampagne. Unterschiede in der Umsetzung müssen medienbedingt sein, um die Einstufung der beteiligten Werbemittel als übereinstimmend aufrechterhalten zu können. Welche Möglichkeiten medienbedingter Differenzen es hier gibt, sei folgend - sortiert nach Werbemittelpaaren - mit Beispielen aufgelistet. Medienbedingt unterschiedliche Themen kommen in keiner synchron analysierten Kampagne vor - im Gegensatz zu den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen. 541 Anzeige - TV-Spot: Bei Alete (Print und TV) wird je eines der beiden kampagnenspezifischen Themen in der Anzeige bzw. im TV sprachlich detaillierter dargestellt; interessanterweise werden die Möglichkeiten des jeweiligen Mediums hier genau beachtet: Im Fernsehspot sind es einzelne „Werte“ um die mütterliche Fürsorge (emotionsbezogene Argumentationsstrategie), die mit Bildern versehen werden: Statt Liebe. Und Alete. (Anzeige) heißt es im TV-Spot ausführlicher: Natürlichkeit / Geborgenheit / viel, viel Liebe / / Alles Gute eben. Parallel dazu ist die Schauspielerin, die sogar mit einem Insekt achtsam umgeht, bei der Gartenarbeit zu sehen. Dagegen werden Qualitätsangaben und Inhaltsstoffe des Produkts nur in der Anzeige - sie ist informations- und emotionsbezogen ausgerichtet - sprachlich direkt thematisiert. Im TV- Spot heißt es dagegen allgemein Alles Gute eben. In beiden Werbemitteln ist das Testimonial Veronica Ferres mit einem Löffel im Mund zu sehen, was Vertrauen in die Qualität des Produkts wecken soll. Bei Coca-Cola gibt es in Anzeige und TV-Spot keinen Primärtext. Die Umsetzung der gemeinsamen Themen „Geschmack“ und „Qualität“ erfolgt weitgehend übereinstimmend; Ausnahme ist die Darstellung des Handlungsablaufs im TV, während in der Anzeige nur ein Teil der Geschichte vorhanden ist. 540 Zur Bedeutung inhaltlicher Gemeinsamkeiten vgl. A.1 „Medienübergreifende Botschaft“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“ sowie 3.3 „Synchrone und diachrone Mehrmedialität“. Da die Ausführungen zum „Inhalt“ gleichzeitig einen guten Überblick über die (Themen-)Umsetzung geben, werden sie in diesem Kapitel vor den formalen Aspekten erörtert. 541 Vgl. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“ sowie Kap. 10 „Unterschiede im Medienzusammenspiel“. <?page no="178"?> 168 Plakat - TV-Spot: Medienbedingt ist das einzige kampagnenspezifische Thema bei den Stadtwerken München „besser leben“ durch die Story bzw. viele Einzelbilder im TV stärker präsent, ebenso durch den Liedtext, der beim Plakat nicht umsetzbar ist. Anzeige - Plakat: Bei Bernbacher (Anzeige, Plakat) wird eines der Themen, „Qualität“, in der Anzeige ausführlicher angesprochen, was der Rezeptionssituation entgegenkommt: Bei Interesse ist längeres Verweilen bei der Anzeige nahe liegender als beim Plakat (siehe Abb. 16 und 17, S. 177). Plakat - HF-Spot: Bei Löwenbräu werden die kampagnenspezifischen Themen auf dem Plakat visuell, im HF-Spot sprachlich und mit Geräuschen umgesetzt. TV-Spot - HF-Spot: Bei den Dialogspots Flensburger Pilsener und Versicherungskammer Bayern werden die Aussagen im TV durch Bilder unterstrichen und somit verstärkt, das Schlussbild bei Flensburger - die Männer trinken genussvoll Bier - könnte im HF durch den Okkasionalismus im Slogan Das flenst. kompensiert worden sein, der im TV fehlt. 542 Der variierte Einstieg beim TV-Spot der Versicherungskammer Bayern hängt vor allem mit der Medienspezifik des Hörfunks (kein Bild) zusammen. Der Text des TV-Spots wäre im HF ohne das Bild nicht verständlich (unvermittelte Anrede ohne sprachliche Vorstellung der Beteiligten, Fehlen des Bestimmungsworts Liege-(Stuhl)): 543 TV-Spot HF-Spot Angenehmes Rentendasein gesprochene Sprache: Er: Signora, wie lange brauche Sie die Stuhl? Sie: Für immer! Er: Für immer? (kopfschüttelnd geht er weg) Für immer. Packshot: Kommentator: Rente gut alles gut [...] visuell: Strandszenario; Urlauberin liegt im Liegestuhl. sprachlich: Sie: Entschuldigung, ist der Liegestuhl frei? Er: Wie lange brauche Sie die Stuhl, Signora? Sie: Für immer. Kommentator: Rente gut alles gut [...] auditive Elemente: Meeresrauschen zum Einstieg 542 Zur Kampagne „Flensburger Pilsener“ vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 543 Vgl. Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. <?page no="179"?> 169 auditive Elemente: Geräusche am Strand (Meer, Liegestuhl aus Holz, der auf Stapel gelegt wird; Schritte im Sand) Anzeige - TV-Spot - HF-Spot: Bei Dallmayr werden die Themen „Qualität und Tradition“ sowie „Genuss“ in allen Werbemitteln dargestellt: Die Umsetzung erfolgt in TV und Print sprachlich und visuell (Inventar der Verkaufsräumlichkeiten, Einblick in die Arbeit der Mitarbeiter/ innen) sowie im TV auditiv (Musik), im HF sprachlich und auditiv (Musik). Der „Genuss“ wird im TV-Spot visuell, in einer der Anzeigen sprachlich und visuell und in zwei Hörfunkspots sprachlich thematisiert. Werbemittel mit eingeschränkter Bezugnahme Übereinstimmung in den kampagnenspezifischen Themen gibt es bei vier der fünf Kampagnen, bei denen Werbemittel nur eingeschränkt aufeinander Bezug nehmen: Beate Uhse, Budget, Flensburger Pilsener und Versicherungskammer Bayern; bei Bernbacher gibt es von insgesamt vier Themen der Kampagne eines („mit Biss“), das in allen Werbemitteln umgesetzt wurde. Der entscheidende Unterschied zu den übereinstimmenden Werbemitteln ist die durchgängig komplett unterschiedliche - und nicht nur punktuell und medienspezifisch begründete - Umsetzung des gemeinsamen Themas. Am Beispiel Budget sei dies gezeigt: Budget Anzeige HF-Spot Kampagnenspezifische Themen Preis sprachlich: - Noch günstiger fährt man zu Fuß. (als Headline an herausragender Stelle: Hinweis auf Preis an erster Satzgliedposition) - 29,- €* pro Tag 69,- €* Wochenende - Dieses Aktionsangebot [...] visuell: orangefarbenes Preisschild an herausgehobener Stelle (noch über dem Text) mit der Preisnennung € 29,-* Sprecherin A: [...] Wie heißt denn der Kleine? Sprecher B: Er heißt / Preis. [...] für sagenhafte 29 € pro Tag / ohne / wenn und aber. <?page no="180"?> 170 Werbemittel ohne Bezugnahme Die HF-Spots der Stadtwerke München greifen das einzige Thema der dazugehörigen Kampagne auf, wenn auch die Umsetzung gänzlich anders erfolgt. Der HF-Spot von Coca-Cola stimmt zumindest in einem der drei kampagnenspezifischen Themen mit den übrigen Werbemitteln der Kampagne überein, zwei neue („Gewinn“, „Veranstaltung“) kommen hinzu: Coca-Cola Anzeige TV-Spot HF-Spot Kampagnenspezifische Themen Eisbär (Zeichentrick) visuell: Eisbärmutter mit ihren beiden Jungen (Catch-Visual) visuell: Geschichte um Eisbärmutter mit ihren beiden Jungen sprachlich: - Wollt ihr einen tollen Tag mit den Polarbären von Coca-Cola verbringen? - Und zu gewinnen gibt es einen von hundert kuscheligen Polarbären. Geschmack visuell: Eisbärjunges trinkt mit (genießerisch) geschlossenen Augen aus Coca-Cola- Flasche; das zweite Junge möchte die Flasche auch haben. Qualität visuell: Eisbärmutter sieht wohlwollend auf das trinkende Junge evtl. will man eine Übertragung von Tier auf Mensch herstellen und so das schlechte Image des Getränks bezüglich der Gesundheit in den Hintergrund treten lassen. visuell: Eisbärmutter bietet dem Jungen Coca- Cola an, sieht ihm später wohlwollend beim Trinken zu. <?page no="181"?> 171 Veranstaltung Wollt ihr einen tollen Tag mit den Polarbären von Coca-Cola verbringen? Kommt am Sonntag, den 18. April, zum Familientag bei Coca-Cola / / nach Stralsund in die Rostocker Chaussee 46. Von 12-17 Uhr gibt´s dort viele Überraschungen und tolle Spiele für die ganze Familie. Gewinn Und zu gewinnen gibt es einen von hundert kuscheligen Polarbären. Es stellt sich also heraus, dass alle Werbemittel einer Kampagne, egal ob übereinstimmend, eingeschränkt oder nicht Bezug nehmend, zumindest ein gemeinsames kampagnenspezifisches Thema haben. Dies verdeutlicht die Bedeutung wenigstens eines übereinstimmenden Inhalts als Grundlage einer mehrmedialen Strategie, während eine unterschiedliche Umsetzung des Themas offensichtlich nicht als problematisch beim Erkennen der Zugehörigkeit zu einer Kampagne aufgefasst wird. Im Gegenteil: Feststellbar ist eine vielfach gut durchdachte medienspezifisch differenzierte Gestaltung: Beispielsweise wird beim Bernbacher-TV-Spot eine Nachrichtensendung inszeniert, der HF-Spot dagegen ist als Gespräch gestaltet; bei der Versicherungskammer Bayern verzichtet man im statischen Medium Plakat auf die Darstellung von Personen, die besser in ein bewegtes Medium passen. Stattdessen wird ein großes Bild in 18 Einzelbilder unterteilt, auf denen (unbewegte) Strandutensilien abgebildet sind; TV- und HF-Spot sind dagegen als Story aufgezogen. Ähnlich geht man auch bei der Gestaltung der Beate-Uhse-Kampagne vor: Einer statischen Abbildung in der Anzeige (siehe Abb. 4, S. 86) steht eine Story im TV-Spot gegenüber, wie dieser Ausschnitt zeigt: <?page no="182"?> 172 Abb. 15: Ausschnitt aus dem TV-Spot der Kampagne „Beate-Uhse-Kanal auf Premiere World“. Beate-Uhse-Kanal auf Premiere World 544 Anzeige TV-Spot Gemeinsames kampagnenspezifisches Thema: Befriedigung sexueller Bedürfnisse visuell: zwei Grapefruithälften mit je einer Kirsche bestückt (bzw. bei weiteren Exemplaren: ein Kaktus oder eine Muschel) sprachlich: Darstellerin (Bedienung): Guten Appetit! (Bezug / Zweideutigkeit an der Stelle noch unklar) visuell: empfängerbezogene Geschichte, die originell sexuelle Triebe ansprechen soll; ein Restaurantbesucher bekommt sein Essen. Er sieht der Bedienung nach: In den beiden nebeneinander liegenden Knödeln sieht er weibliche Brüste oder den weiblichen Po. • Thematisierung von Sender, Empfänger, Produkt Im Überblick ist festzuhalten: Nur produktbezogen sind die Kampagnen der Marken Bernbacher, Coca-Cola, Flensburger Pilsener und Löwenbräu; vor allem empfänger-, aber auch produktbezogen sind die Kampagnen der Marken Alete und Beate Uhse; produkt- und empfängerbezogen ist die Kampagne „Budget“, nur empfängerbezogen ist die Kampagne der Versicherungskammer Bayern, empfänger- und senderbezogen ist die Kampagne der Stadtwerke München und sender-, empfänger- und produkt- 544 Es handelt sich um „eingeschränkte Bezugnahme“ der Werbemittel Anzeige und TV- Spot zueinander. <?page no="183"?> 173 bezogen mit Unterschieden zwischen den Werbemitteln ist die Dallmayr- Kampagne „1998/ 99“. Der Produktbezug ist also auch heute noch wichtig und kann nicht pauschal als Erscheinung der 50er Jahre bestimmt werden. Jedoch - und das ist der Unterschied - spielt auch der Empfängerbezug eine große Rolle. An dieser Stelle zeigt sich die Bedeutung einer markenübergreifenden Untersuchung, um fundierte Ergebnisse zu erhalten. 545 Übereinstimmende Werbemittel 546 Die Produktthematisierung stimmt - mit Ausnahme der Alete-Werbung - in allen übereinstimmenden Werbemitteln zumindest hinsichtlich der Anzahl der Nennungen überein. Das ist bei der Sendererwähnung nie der Fall; auffallend ist, dass der Sender visuell nur als Sekundärsender (Testimonials, z. B. Veronica Ferres/ Alete und Christoph Süß/ Bernbacher) vorkommt, ansonsten ist er nur sprachlich, sprachlich-graphisch (Logo) oder durch Musik präsent. Als Beispiel seien die übereinstimmenden Werbemittel von Bernbacher (Anzeige und Plakat) angeführt. Bernbacher Anzeige Plakat Thematisierung des Senders - Internetadresse www.bernbacher.de - Logo mit dem Namen Bernbacher - Was zeichnet unsere Nudel aus? - Internetadresse www.bernbacher.de - Logo mit dem Namen Bernbacher Auf den Sender wird also durch die Internetadresse, das Logo und in der Anzeige zusätzlich durch das persönlich wirkende Possessivpronomen (unsere Nudel) Bezug genommen. Der Empfänger wird in den Kampagnen Dallmayr, Löwenbräu, Flensburger und Versicherungskammer Bayern gleich oft erwähnt, wobei immer im Auge behalten werden muss, dass es medienbedingte Unterschiede in der Art der Thematisierung gibt (z. B. Löwenbräu: Versprachlichung des Bildes im HF; Flensburger und Versicherungskammer Bayern: stärkeres Gewicht im TV durch parallel zur sprachlichen Erwähnung vorkommende Bilder). Bei Dallmayr beispielsweise wird der Empfänger sprachlich bzw. visuell thematisiert (Dallmayr: 1. Anzeige: für Sie, 1. HF-Spot: Beginnen Sie den Tag [...], TV: nur visuell und indirekt: Kundin mit Kind steht stellvertretend für eine Rezipientin/ Kundin). 545 Vgl. Reimann, 2003, 208ff. Siehe auch den Vergleich mit den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen in Kap. 7. 546 Hier gehe ich nur auf die Häufigkeit ein. In Kap. 5 „Exemplarische Analyse“ werden die Thematisierungen der ausgewählten Kampagnen auch aufgeführt. <?page no="184"?> 174 Werbemittel mit eingeschränkter Bezugnahme Übereinstimmung in der Häufigkeit (und hier auch der Art) der Sendererwähnung gibt es nur bei der Versicherungskammer Bayern und Beate Uhse, der Empfängererwähnung nur bei Flensburger und Beate Uhse. Das Produkt wird im Gegensatz zu den Ergebnissen der übereinstimmenden Werbemittel nur bei der Versicherungskammer Bayern gleich oft erwähnt; es handelt sich auch um Übereinstimmung in der Art der Produktthematisierung: sprachlich im Slogan Rente gut - alles gut, im Bild durch den Liegestuhl beim Plakat und in der Geschichte von TV- und HF-Spot. Bei Budget werden konsequent in der Anzeige Sender, Empfänger und Produkt häufiger erwähnt als im HF-Spot, was der Rezeptionssituation von Printwerbung in Zeitungen/ Zeitschriften entgegenkommt: Budget Anzeige HF-Spot Thematisierung des Senders - Ihr Budget gibt mehr her [Budget durch größere Schrift und Fettdruck hervorgehoben] www.budget.de - 01805/ 244 388 - Verfügbar an allen teilnehmenden Budget Stationen. - Mieten Sie jetzt bei Budget [...] - Ihr Budget gibt mehr her Thematisierung des Empfängers - Noch günstiger fährt man zu Fuß. - Ihr Budget gibt mehr her - Einfach buchen [...] Schnell reservieren - Mieten Sie jetzt bei Budget [...] - Ihr Budget gibt mehr her Thematisierung des Produkts 547 - VW Polo, VW Lupo, Nissan Micra 29,- €* pro Tag 69,- €* Wochenende - *Dieses Aktionsangebot ist zeitlich begrenzt und beinhaltet Vollkaskoversicherung, MwSt. und unbegrenzte km. Verfügbar an allen teilnehmenden Budget Stationen. Flughafen Servicegebühr 17 %. den Polo, Micra oder Corsa inclusive Vollkasko und aller Kilometer für sagenhafte 29 € pro Tag. 547 Als „Produkt“ sollen neben dem Fahrzeug auch der Preis sowie weitere Konditionen gelten, da diese Aspekte das Wortfeld „Mietwagenverleih“ (bzw. die Isotopieebene ‚ein Auto mieten‘) abdecken. <?page no="185"?> 175 Werbemittel ohne Bezugnahme Der HF-Spot von Coca-Cola zeigt gegenüber den beiden anderen Werbemitteln der Kampagne klare Unterschiede: Werden Sender und Empfänger nur im HF-Spot thematisiert, so wird auf das Produkt nur in TV-Spot und Anzeige eingegangen. Der HF-Spot der Stadtwerke München erwähnt Sender, Empfänger und Produkt. Das geschieht auch bei Plakat und TV- Spot, wenn auch mit meist anderen Thematisierungen. Festzuhalten bleibt: Sowohl bei den übereinstimmenden Werbemitteln als auch bei denen mit eingeschränkter Bezugnahme lässt sich keine Tendenz feststellen, welcher Bezug in welchem Werbemittel öfter zum Zuge kommt: TV, HF, Plakat und Anzeige thematisieren Sender, Empfänger und Produkt quer durch die Kampagnen in unterschiedlich häufiger Weise. Wie oben dargestellt, kommen nur bei Budget in der Anzeige alle drei Kommunikationselemente häufiger als im HF-Spot vor. Ansonsten gibt es keine Tendenzen, z. B. im Hinblick auf die Bevorzugung eines Mediums bei der Thematisierung des Empfängers oder einer konsequent abwechselnden Gewichtung der Themen in den Werbemitteln einer Kampagne; am nächsten kommt diesem Aspekt noch Flensburger Pilsener: einzige Senderthematisierung in der Anzeige, in der das Produkt am geringsten präsent ist; Entsprechung in der Anzahl der Empfängerthematisierungen zwischen Anzeige und (den übereinstimmenden) elektronischen Werbemitteln, wobei im HF die Verstärkung durch das Bild fehlt. 548 Bei den Werbemitteln ohne Bezugnahme zeigt Coca-Cola Sender- und Empfängerthematisierung nur im HF-Spot (Aufmachung als Veranstaltungshinweis), das Produkt wird nur in Anzeige und TV-Spot thematisiert. b) Struktur(elemente) • Slogan Die Analyse zeigt, dass kampagneninterne Unterschiede im Hinblick auf den Slogan vor allem die Platzierung und medienbedingte Differenzen (z. B. gesprochen und geschrieben im TV) betreffen - seltener Inhalt oder Funktion. 549 Beim Vergleich mit den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen fallen Unterschiede auf, zum Beispiel in jüngster Zeit hinsichtlich der Platzierung. Die Werbemittel der zehn aktuellen Kampagnen zeigen in fünf Fällen - man muss hier wiederum die Werbemittel innerhalb der Kampagnen einzeln betrachten und nicht die Kampagne insgesamt - Übereinstimmung des Slogans in Inhalt und Platzierung. Das sind aus den insgesamt übereinstimmenden Werbemitteln: Versicherungskammer Bayern (TV, HF) und Dallmayr (Anzeige, TV, HF), aus den Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme (Flensburger Pilsener: Anzeige, HF), Budget 548 Vgl. Kap. 14 „Einzelanalysen in Auswahl“. 549 Vgl. zur Definition der Strukturelemente „Slogan“, „Headline“ und „Schlagzeile“ die Ausführungen in Kap. 3 „Methodik“. <?page no="186"?> 176 (Print, HF) und Beate Uhse (Anzeige, TV). In zwei Fällen ist der Slogan der elektronischen Werbemittel am Ende des Spots platziert, in der dazugehörigen Printwerbung am oberen Rand (Löwenbräu: Print, HF) bzw. mittig (Stadtwerke München: Print, TV). 550 Bei der Kampagne der Versicherungskammer Bayern ist der Slogan der elektronischen Werbemittel beim Plakat zweigeteilt (oberhalb und unterhalb des Bildes), im TV-Spot wird er gesprochen, teilweise gleichzeitig geschrieben. Meines Erachtens übernimmt der oberhalb des Bildes angebrachte Sloganteil beim Plakat (Rente gut - alles gut! ) die ursprünglich klassische Funktion der Headline bzw. der Schlagzeile, nämlich Blickfänger zu sein und die Aufmerksamkeit des Rezipienten einzufangen. 551 Das gilt für alle Beispiele - zumindest außerhalb der klassischen Slogan-Position -, in denen der Slogan(teil) nicht den Marken- oder Produktnamen enthält. Er enthält den Zusatznutzen und weist in Verbindung mit dem Bild ein unerwartetes Text-Bild-Verhältnis auf. 552 Der Teil, der für die Identifikation sorgt und den Markennamen enthält, steht unterhalb des Bildes (Wir versichern Bayern. Versicherungskammer Bayern + Markenlogo). Die Funktion, die Aufmerksamkeit der Rezipienten zu gewinnen, findet sich auch beim Slogan der Bernbacher-Printwerbung (Abb. 16 und 17, S. 177); neben einer unterschiedlichen Platzierung sind auch inhaltliche Variationen des Slogans festzustellen: Der Slogan der Printwerbung (Anzeige und Plakat) ist oberhalb des Bildes angebracht und lautet Nudeln mit Biss. Dagegen wird die klassische Sloganfunktion, Identifikation mit der Marke bzw. dem Produkt herzustellen, durch das Logo abgedeckt, das beim Plakat unmittelbar nach dem Slogan angebracht ist, bei der Anzeige erst im unteren Drittel. Jedoch sticht es in beiden Fällen durch die Signalfarbe Rot auf blauem Hintergrund hervor. Es ist in der Fernsehwerbung nur sekundär als Aufschrift auf einer Produktpackung zu sehen. Im TV-Spot heißt der an der traditionellen Position auftretende Slogan Bernbacher / Nudeln mit Biss, beim HF-Spot wird er erweitert zu Bernbacher / Hartweizennudeln mit Biss. 550 Die genannten Werbemittel von Löwenbräu und den Stadtwerken München sind insgesamt der Kategorie „Übereinstimmung“ zugerechnet worden. 551 Das gilt auch für die weiteren Motive der Anzeigenserie der Versicherungskammer Bayern, mit denen für andere Versicherungsarten geworben wird: Für jeden Fall … (Lebensversicherung), Krach ohne Ärger … (Hausratsversicherung) und Gesundheit in Takt (Krankenversicherung); sie bestätigen die angenommene Funktion. Vgl. auch die Ausführungen in B.1 „Struktur(elemente)“ des Kap. 3.2 „Analysemodell“. 552 Janich, 2003, 43ff. <?page no="187"?> 177 A bb. 16: Plakat. Abb. 17: Anzeige. <?page no="188"?> 178 Bei Alete, deren Werbemittel Anzeige und TV-Spot insgesamt übereinstimmen, wird der Slogan (Alete / Alles Gute für Ihr Kind / Nestle mit Markenlogo) im TV-Spot im ersten und im vorletzten Bild eingeblendet, in Letzterem auch gesprochen. 553 In der Anzeige nimmt er dagegen den klassischen Slogan-Platz am unteren Rand ein. In zwei Fällen, den insgesamt übereinstimmenden Werbemitteln (! ) der Flensburger-Kampagne, TV und HF, sowie dem HF-Spot der Stadtwerke München, der keinen Bezug zu TV und Print hat, gibt es keine Übereinstimmung der Slogans, jedoch zumindest einen gemeinsamen Sloganteil: Der TV-Spot von Flensburger Pilsener ist im Packshot auf den Produktnamen beschränkt (Flensburger Pilsener.); 554 der HF-Spot der Stadtwerke München hat nur einen Teil des Print-/ TV-Slogans, jedoch zusätzlich noch einen weiteren anderen Sloganteil: Dass dieses Textelement zum Slogan gehört, lässt sich daran festmachen, dass es ebenso vom Kommentator - nach der als Dialog konzipierten Story - gesprochen wird und in beiden zur Verfügung stehenden HF-Spots vorkommt: Sie genießen das Leben und wir machen den Rest. Im Anschluss folgt der mit TV-Spot und Plakat übereinstimmende Teil Stadtwerke München / Besser leben mit M. Die gesamte Coca-Cola-Kampagne beinhaltet überhaupt keinen Slogan. Es wird also deutlich, dass der Inhalt dieses Textbausteins - unabhängig von der Platzierung, die nicht immer übereinstimmt - wichtig ist zum Ausdruck der Zusammengehörigkeit der Werbemittel zu einer Kampagne und in zwei Fällen wenigstens teilweise in allen Werbemitteln präsent ist. Weitere Funktionen, nämlich Aufmerksamkeitswecker zu sein oder mit der Marke identifiziert zu werden, kommen - wie gezeigt wurde - hinzu. Es sei noch ein Blick auf die mediale Umsetzung des Slogans in der TV- Werbung geworfen, das heißt, es geht um die Frage, ob der Slogan nur gesprochen, gleichzeitig gesprochen und geschrieben realisiert oder nur als Schrifteinblendung vorhanden ist bzw. ob der Slogan geschriebensprachlich geteilt wird. Der Bedeutung des Slogans nach zu schließen, kann als Hypothese von einer gehäuften gleichzeitig gesprochenen und geschriebenen Umsetzung ausgegangen werden. 555 Nur gesprochen wird der gesamte Slogan bei Bernbacher (Bernbacher / Nudeln mit Biss) und Dallmayr (Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee). Nur in geschriebener Form kommt er bei den Stadtwerken 553 Abweichend zur Schriftlichkeit des Slogans spricht der Kommentator im TV-Spot: von Nestle. Der Firmennamenteil Nestle [sic! ] (der gesamte Firmenname heißt Nestlé Alete GmbH), der im ersten Bild fehlt, wird im vorletzten erst zeitversetzt, zusammen mit der Äußerung des Off-Sprechers eingeblendet. 554 Vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 555 Vgl. B.1 „Struktur(elemente)“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“ sowie Janich, 2003, 48ff.: „Festzuhalten bleibt als zentrale Funktion des Slogans seine Identifikationsfunktion [...]: Er soll fest mit einer Ware oder einem Unternehmen verbunden werden und durch eine allgemeine und nicht selten sehr unkonkrete Thematisierung positiver Aspekte [...] zu einem bestimmten Firmen-/ Marken-/ Produktimage beitragen.“. <?page no="189"?> 179 München vor (sw/ / m Besser leben mit M. darunter M-Wasser, M-Bäder, M- Strom, M-Wärme, M-Erdgas). Insgesamt gleichzeitig gesprochen und geschrieben wird der Slogan bei Alete (Alete / Alles Gute für Ihr Kind (von) Nestle) und Flensburger Pilsener (Flensburger Pilsener.). Teilweise nur gesprochene und teilweise gleichzeitig geschriebene Sloganteile sind bei Beate Uhse und der Versicherungskammer Bayern nachweisbar: Beim TV-Spot kommt der erste Teil des Slogans Rente gut / alles gut nur in gesprochener Sprache vor, der Rest mit dem Markennamen - Versicherungskammer Bayern. Wir versichern Bayern. - ist gesprochen- und geschriebensprachlich vorhanden. Auffallend ist im anderen Fall, dass nicht das eigentliche „Produkt“, der Beate-Uhse-Kanal, gesprochen und geschrieben wird, sondern der Sendername Premiere World. Dadurch soll er stärker im Gedächtnis verankert werden. Der Name gehört dem Slogan zur „Marke“ Premiere World an, ein weiterer Produktslogan ist vorhanden (vgl. „Textstruktur“, S. 182). Die gleichzeitige gesprochen- und geschriebensprachliche Realisierung des Slogans oder von Sloganteilen überwiegt also leicht mit vier zu drei TV- Spots. Beinahe alle Slogans bzw. Sloganteile werden im TV von einem (männlichen) Off-Sprecher gesprochen, 556 was sich mit den diachron exemplarisch erzielten Ergebnissen bei der Marke Dallmayr, die in Kap. 7 dargestellt werden, deckt. Ausnahme ist die jüngste Dallmayr-Kampagne: Den Slogan spricht in TV und HF eine Sprecherin. Bei den HF-Spots fällt die Bilanz zugunsten der Sprecherinnen etwas besser aus: Der Slogan eines der beiden zur Verfügung stehenden Stadtwerke-München-Spots wird von einer Frau gesprochen; der Slogan von Budget wird von mehreren (hellen) Stimmen gesungen, die nicht näher zuzuordnen sind. • Headline Headlines im klassischen Sinne, das heißt innerhalb einer Struktur Headline - Fließtext - Slogan, kommen nur bei der Printwerbung zweier Kampagnen vor: Alete („Was ich als Kind bekommen habe, will ich auch als Mutter weitergeben: Liebe und Alete.“) und Budget (Noch günstiger fährt man zu Fuß.). Sie übernehmen die erwartete Funktion, die Aufmerksamkeit der Rezipienten zu gewinnen. Bei Alete ist es die eher ungewöhnliche Kombination eines Abstraktums (Liebe) und eines Konkretums (das Produkt: Alete). Bei Budget ist die semantisch nicht kompatible Verbindung des Verbs fahren mit der Ergänzung zu Fuß ein Hingucker. Interessant wird hier der Vergleich mit den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen. 556 Vgl. Bajwa, 1995, 82. <?page no="190"?> 180 • Schlagzeile Als Schlagzeile werden solche Textbausteine bezeichnet, die in einer Printwerbung nicht innerhalb einer klassischen Anzeigenstruktur vorkommen und nicht der Slogan sind. 557 Eine Schlagzeile oberhalb des Bildes findet sich bei der Anzeige von Flensburger Pilsener (Wir stehen zum guten Geschmack.); ein Slogan ist in dieser Printwerbung ebenfalls vorhanden, jedoch kein Fließtext. Die Dallmayr-Anzeigen enthalten eine Schlagzeile unterhalb des Bildes, also im unteren Drittel der Printwerbung (Wenn schon die Erwartung zum Genuß wird. bzw. Es gibt Dinge, die werden wir niemals ändern. bzw. Wir halten die Zeit für Sie an.). Diese ausführlich untersuchten Textbausteine Slogan, Headline und Schlagzeile nehmen in der Printwerbung auch typographisch eine Sonderstellung ein. Das liegt in allen Fällen an der Schriftgröße, die im Vergleich mit den übrigen Textelementen hervorsticht. Teilweise werden Fettdruck und eine andere Schriftart verwendet, 558 zum Beispiel bei dem über das Bild gestellten Sloganteil des Plakats der Versicherungskammer Bayern: Rente gut - alles gut! (siehe Abb. 6, S. 93). Die Schrift wirkt wie handgeschrieben und gibt auf diese Weise der Werbung eine persönliche Note. Außerdem wird der Inhalt des Textelements durch ein Ausrufezeichen verstärkt. Im TV-Spot wird dieser Sloganteil nur gesprochensprachlich wiedergegeben; die Aussagekraft der Schrift wird hier also nicht genutzt. Eine farbliche Herausstellung wird bei den Anzeigen für den Beate-Uhse-Kanal gewählt: Der erste Sloganteil ist in einem auffallend kräftigen Gelb geschrieben (Wenn Sie hier nicht an Urlaub denken, haben wir das richtige Programm für Sie.), der zweite wird in der Schriftfarbe Weiß und zudem in einer sehr viel kleineren Schrift präsentiert (Der BEATE UHSE Kanal. Jetzt exklusiv auf PREMIERE WORLD.). Hintergrundfarbe ist für beide Teile ein dunkles Rot. Zudem sind die beiden Markennamen in Versalien (Großbuchstaben) geschrieben. • Textstruktur 559 Übereinstimmende Werbemittel Übereinstimmung in der Textstruktur zeigen beispielsweise die Werbemittel der Dallmayr-Kampagne Anzeige, TV- und HF-Spot. Sie bestehen aus jeweils einem Satz in der Anzeige bzw. einer Äußerung in den elektronischen Werbemitteln sowie dem Slogan, zum Beispiel: 557 Zur Differenzierung von Headline und Schlagzeile vgl. die Ausführungen in B.1 „Struktur(elemente)“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. 558 Andere Möglichkeiten werden bei den Anzeigen der diachron untersuchten Dallmayr- Kampagnen verwendet, vgl. Kap. 11.1 „Die Notwendigkeit der Sprache für die Werbung“. 559 Hier ist die „Grobstruktur“ gemeint, das heißt, weitere zusätzliche sprachliche und/ oder bildliche Elemente werden separat behandelt. <?page no="191"?> 181 Anzeige TV-Spot HF-Spot Es gibt Dinge, die werden wir niemals ändern. Nur mit Liebe zum Detail entsteht das ganz Besondere Schön, daß es so etwas Gutes noch gibt. Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee Das gilt auch für die Werbemittel der Kampagnen Flensburger Pilsener (TV, HF), Versicherungskammer Bayern (TV, HF) und Bernbacher (Plakat, Anzeige). Es sind demnach - mit Ausnahme der zitierten Dallmayr- Werbung - entweder nur elektronische oder nur gedruckte Medien. TV und HF einen die akustischen Möglichkeiten in Verbindung mit der temporalen Dimension, die die Darstellung eines Handlungsablaufs zulässt. Die Gesprächsstruktur (Dialog) mit dem zusätzlichen Einsatz adäquater Geräusche ist hörfunkspezifisch. 560 Die Spots wirken authentisch, der Rezipient wird die Bilder dazu in seiner Phantasie leicht finden. Bei Flensburger Pilsener und der Versicherungskammer Bayern passt auch die Bebilderung im TV- Spot zum Text. 561 Variationen sind dort vorhanden, wo sich die Textstrukturen der beteiligten übereinstimmenden Werbemittel medienbedingt nicht (exakt) decken, es inhaltlich aber keine entscheidenden Differenzen, etwa gänzlich neue Werbebotschaften, gibt. So sind Unterschiede jeweils ein Zugeständnis an die Möglichkeiten des Mediums: Zusatzinformationen sind prädestiniert für die Anzeige (Alete); eine Headline ist ebenso anzeigentypisch (Alete), ein Song bietet sich bei auditiven bzw. audiovisuellen Medien an (Stadtwerke München). Bei Löwenbräu stehen dem Slogan des Plakats Dialog und Slogan des HF-Spots gegenüber; jedoch muss zum Verständnis dieser Abweichung auch das Bild berücksichtigt werden: Im Hörfunkspot werden auditiv (verbal und mit Geräuschen) die auf dem Plakat visuell dargestellten Themen („Freizeit/ Lebensfreude“, „Genuss“) ausgedrückt; wenig Text beim Plakat wird der Rezeptionssituation geschuldet: Das Werbemittel wird eher wie ein Bild angesehen. 562 Die Übereinstimmung von Anzeige und TV-Spot der Coca-Cola-Kampagne besteht in der ausschließlichen Existenz sekundärer Textbausteine (Markenname auf Flasche und Logo). 563 560 Schönert, 1982, 144. 561 Meines Erachtens entsprechen die Darsteller des Flensburger-Spots dem Klischee der etwas rauhen norddeutschen Männer; auch die noch nicht ältlich wirkende Stimme der prominenten Schauspielerin und Kabarettistin Veronika von Quast im Spot der Versicherungskammer Bayern, die manche Hörer möglicherweise identifizieren, lässt keine unangenehmen Überraschungen erwarten, wenn die Bilder dazu erscheinen. Denn unterscheiden sich die Bilder im Kopf nach der Rezeption der Radiowerbung zu stark von den tatsächlichen Filmsequenzen in den dazugehörigen TV-Spots, ist ein Bruch in der Kontinuität der Kampagne gegeben. 562 Vgl. Schirner, 1995, 179. 563 Vgl. die Einteilung in primäre, sekundäre und tertiäre Texte bei Brandt, 1973, 147f. <?page no="192"?> 182 Werbemittel mit eingeschränkter Bezugnahme Das Ergebnis der übereinstimmenden Werbemittel, dass in der Regel eine gemeinsame Textstruktur nur entweder zwischen elektronischen Werbemitteln (TV, HF) oder zwischen gedruckten (Anzeige, Plakat) vorherrscht (Ausnahme: Dallmayr), lässt sich bei der Kategorie „eingeschränkte Bezugnahme“ nicht bestätigen, wie die Beate-Uhse-Kampagne (Print, TV) zeigt. Hier konnte ich trotz erschwerter Bedingungen - keine klassische Anzeigenstruktur - eine Übereinstimmung in der Textstruktur feststellen. An dieser Kampagne lässt sich auch gut zeigen, dass man zur eindeutigen Bestimmung der Textbausteine, insbesondere des Slogans, auf den Vergleich mehrerer Werbemittel angewiesen ist, da allein die Anzeige eine Klassifizierung nicht zugelassen hätte. Beate-Uhse-Kanal Anzeige TV-Spot Slogan für den Beate- Uhse-Kanal Wenn Sie hier nicht an Vitamine (in anderen Anzeigen Urlaub bzw. Wüste) denken, haben wir das richtige Programm für Sie. Der BEATE UHSE Kanal. Jetzt exklusiv auf PREMI- ERE WORLD Off-Sprecher (gegen Ende des Spots): Wenn Sie jetzt an was anderes denken als ans Essen, dann haben wir das richtige Programm für Sie. Der Beate-Uhse-Kanal. Jetzt exklusiv auf Premiere World. Slogan für den Sender (und Logo) Premiere World + Logo darunter Your Personal TV. Off-Sprecher: […] Premiere World. Your Personal TV. (Schrifteinblendung: Premiere World / Your Personal TV (+ Logo)). Weitere Textelemente (Telefonnummer, Internetadresse und die Information über weitere Kaufmöglichkeiten) Infos: 0180/ 55 100 00 kleinere Schrift: 24 Pf/ Min, darunter www.premiereworld.de oder im Fachhandel. Links oben - am Bildanfang - ist das Beate- Uhse-Logo angebracht: ein rotes Rechteck mit einer Nixe, deren Oberkörper nackt ist, und die Aufschrift (fett gedruckt) BEATE UHSE darunter (kleiner) Television. Hierzu gibt es keine Entsprechung im TV-Spot. Off-Sprecher: Rufen Sie an: 0180 55 100 00 Schrifteinblendung: 0180 55 100 00 kleinere Schrift 24Pf/ Min. Schriftgröße entspricht der der Telefonnummer oder im Handel links oben in kleiner Schrift www.premiereworld.de <?page no="193"?> 183 Werbemittel ohne Bezugnahme Eine gänzlich unterschiedliche Textstruktur im Vergleich mit dem Rest der Kampagne weisen die HF-Spots von Coca-Cola und den Stadtwerken München auf: Der HF-Spot der Coca-Cola-Kampagne besteht aus einem Monolog, während in Print und TV nur sekundärer Text vorhanden ist. Die beiden mir vorliegenden HF-Spots der Stadtwerke München sind dialogisch aufgebaut. Im TV-Spot dagegen ist ein durchgehend gesungener englischsprachiger Song zu hören; sprachliche Elemente auf dem Plakat beschränken sich auf den Slogan und die Internetadresse. Insgesamt sei noch angemerkt, dass allein die Anzeigen von Alete und (mit Einschränkungen) Budget die klassische Anzeigenstruktur bewahren, das heißt, die Anzeigen von Bernbacher, Beate Uhse, Coca-Cola, Dallmayr und Flensburger Pilsener weichen davon ab. TV- und HF-Spots sind als Monologe oder Dialoge gestaltet, für den Slogan findet meist ein Sprecherwechsel statt. • Textmenge Eine Entsprechung in der Textmenge zwischen den Werbemitteln einer Kampagne lässt sich teilweise aus einer übereinstimmenden Textstruktur ableiten: Das gilt für die übereinstimmenden elektronischen Werbemittel von Flensburger Pilsener und der Versicherungskammer Bayern (TV, HF), die gesamte Dallmayr-Kampagne (Anzeige, TV- und HF-Spot) sowie für die eingeschränkt aufeinander Bezug nehmenden Werbemittel der Beate-Uhse- Kampagne (TV, Print). Bei den Stadtwerken München (Anzeige, TV) ist eine Übereinstimmung festzustellen, wenn man den Song im TV nicht berechnet. Abweichende Textmengen zwischen übereinstimmenden Werbemitteln sind mediengestaltungs- und rezeptionsbedingt, wie bei der Auswertung festgestellt wurde: z. B. größere Wortanzahl in der Anzeige als im TV-Spot bei Alete, mehr Text in der Anzeige als auf dem Plakat bei Bernbacher sowie ein wortreicherer HF-Spot im Vergleich zum Plakat bei Löwenbräu. Die Werbemittel, welche eingeschränkte Bezugnahme zeigen oder keinen (unmittelbaren) Bezug zur übrigen Kampagne aufweisen, stimmen, wie zu erwarten war, auch in der Textmenge nicht mit den übrigen Werbemitteln überein. Ausnahmen sind die Beate-Uhse-Kampagne (übereinstimmende Textmenge trotz insgesamt eingeschränkter Bezugnahme) und die elektronischen Werbemittel von Bernbacher, welche - vermutlich zufälligerweise und/ oder spotdauerbedingt - beinahe in der Textmenge übereinstimmen (insgesamt eingeschränkte Bezugnahme), jedoch keinerlei textstrukturelle Gemeinsamkeiten aufweisen. Folgend wird ein Überblick über die Textmenge der Werbemittel gegeben. In dieser Kategorie geht es nicht um das Werbemittelzusammenspiel; Textmenge und Spotlänge werden für den späteren Vergleich mit der diachron analysierten Dallmayr-Werbung festgehalten. <?page no="194"?> 184 Die TV-Spots sind zwischen 20 und 30 Sek. (20, 25, 30 Sek.) lang, die HF- Spots zwischen 15 und 30 Sek. (15, 20, 22, 23, 30 Sek.). Zur besseren Vergleichbarkeit wurde die Textmenge (nur der gesprochenen Sprache! ) aller TV- und HF-Spots pro 20 Sek. berechnet. In der Graphik sind sie nach der Textmenge geordnet. TV-Spot Wortanzahl Bernbacher 55 Flensburger Pilsener 28 Alete 27 Beate-Uhse-Kanal 26 Versicherungskammer Bayern 23 Dallmayr 9 Coca-Cola Tabellen und Graphiken 8: Synchrone Mehrmedialität. Textmenge der TV-Spots. Die Textmenge der aktuellen TV-Spots variiert demnach stark. Die Ergebnisse werden auch im Zusammenhang mit der „Prosodie/ dem Sprechtempo“ noch einmal wichtig. Es sei die These aufgestellt, dass der wortreiche Bernbacher-Spot besonders temporeich wirkt, der Dallmayr-Spot dagegen eher gediegen-ruhige Atmosphäre vermitteln soll. Der Coca-Cola-Spot fällt wegen des gänzlichen Verzichts auf gesprochene Sprache auf, wobei, wie angesprochen, auch der geschriebene Text nur aus dem Markennamen besteht. Der Spot der Stadtwerke München wird mit einem gesungenen Lied unterlegt und wurde deshalb nicht berechnet. HF-Spot Textmenge Coca-Cola 53 Stadtwerke München 49, 43 564 Bernbacher 47 Budget 37 Flensburger Pilsener 37 Versicherungskammer Bayern 31 Löwenbräu 19 Dallmayr 9, 12, 13 Tabellen und Graphiken 9: Synchrone Mehrmedialität. Textmenge der HF-Spots. 564 Hier habe ich beide mir vorliegenden Spots berücksichtigt. <?page no="195"?> 185 Die höchste Textmenge verzeichnet der HF-Spot, der als Veranstaltungshinweis gestaltet ist (Coca-Cola) und entsprechend viele Informationen enthalten muss; der dazugehörige TV-Spot weist dagegen die geringste Textmenge innerhalb der untersuchten Fernsehwerbung auf. Dem HF-Spot von Coca-Cola folgen, geordnet nach der Wortanzahl, die Dialog-Spots (Stadtwerke München, Bernbacher, Budget, Flensburger Pilsener, Versicherungskammer Bayern, Löwenbräu). Obwohl es sich auch bei dem zuletzt genannten Spot von Löwenbräu um einen Dialog handelt, soll dieser Ruhe und Entspannung im Einklang mit der Natur ausdrücken, so dass auf einen wortreichen Aufbau, der eine gefühlte Beschleunigung zur Folge hätte, verzichtet wird. Die HF-Werbung von Dallmayr enthält - ähnlich wie im TV - erst sehr spät im Spot gesprochene Sprache (eine Äußerung sowie den Slogan); vorher ist nur die Dallmayr-Instrumentalmusik zu hören. Plakat Textmenge Stadtwerke München 13 Versicherungskammer Bayern, Bernbacher 10 Löwenbräu 6 Tabellen und Graphiken 10: Synchrone Mehrmedialität. Textmenge der Plakate. Die Plakatwerbungen bestehen rezeptionsbedingt aus nur 13 (Stadtwerke München), 10 (Versicherungskammer Bayern, Bernbacher) und 6 Wörtern (Löwenbräu). Anzeige Textmenge Alete 105 Budget 60 Beate-Uhse-Kanal 38 Bernbacher 25 Dallmayr 18, 19 Flensburger 10 Tabellen und Graphiken 11: Synchrone Mehrmedialität. Textmenge der Anzeigen. Anzeigenwerbung ist nicht in jedem Fall deutlich textreicher als Plakatwerbung: 105 (Alete), 60 (Budget), 38 (Beate Uhse), 25 (Bernbacher), 18 und 19 (Dallmayr), 10 Wörter (Flensburger). Zumindest bei Dallmayr und Flensburger wird hinsichtlich der Gestaltung die Freiheit der Rezeption nicht berücksichtigt: Anzeigen könnten zu einem selbst gewählten Zeitpunkt und wiederholt gelesen werden. Interessant wird der Vergleich zur Textmenge der diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen sein. Zu berücksichtigen ist ferner, dass Aussagen zur Textmenge auch in Verbindung <?page no="196"?> 186 mit der Argumentationsweise (emotional oder informationsbezogen) gesehen werden müssen. 565 • Weitere sprachliche/ bildliche Elemente Internetadresse 566 Die Internetadresse kommt generell nur in den visuellen Werbemitteln (Print und TV) vor und wird nie im Hörfunk genannt. In keinem Werbemittel der Kampagnen Coca-Cola, Dallmayr, Löwenbräu und Versicherungskammer Bayern ist sie vorhanden. Bei zwei Kampagnen ist die Internetadresse in allen beteiligten Werbemitteln (Alete und Beate Uhse: je Anzeige und TV-Spot) zu sehen. Die übrigen vier Kampagnen enthalten nur in der Printwerbung die Internetadresse (Bernbacher (Anzeige, Plakat), Budget (Anzeige), Flensburger Pilsener (Anzeige), Stadtwerke München (Plakat)). Das heißt, der TV-Spot wird innerhalb einer Kampagne nie allein mit der Internetadresse versehen. Das Printmedium ist das beliebteste Medium für die Verwendung dieses sprachlichen Elements. Anzeigen und Plakate, die keine Internetadresse enthalten, gehören Kampagnen an, bei denen insgesamt auf diesen Textbaustein verzichtet wird. Markenlogo Ein (sprachlich/ bildliches) Markenlogo ist in allen visuellen Werbemitteln vorhanden, wobei es bei der Kampagne für Flensburger Pilsener (Print und TV) und Teilen der Kampagnen von Bernbacher und Dallmayr (jeweils TV) nur sekundär, also als Aufschrift, z. B. auf der Produktpackung, vorkommt. Das Logo ist in fünf Fällen mit dem Markennamen 567 und dem Slogan verbunden. Das gilt nur für die Werbemittel mit primärem Logo. Diese Verbindung von Markenname + Logo + Slogan ist nicht gegeben bei Coca-Cola (kein Slogan vorhanden), Dallmayr, Löwenbräu und den Stadtwerken München; bei Dallmayr beispielsweise steht in der Anzeige das Logo in der Topline, d. h. unabhängig vom Slogan, und nur sekundär im TV-Spot, z. B. als Aufschrift auf Papiertaschen und Dallmayr-Dosen. Weitere sprachliche Elemente liegen bei Alete (Anzeige: Add, weiteres Logo, Bildtext) sowie Bernbacher (Anzeige, Plakat: Bildtext; Anzeige: weiteres graphisches Logo), Budget (Anzeige: Insert, Add 568 ) und Beate Uhse (Anzeige und TV: Insert/ Einschub oder im Fachhandel (Anzeige) bzw. oder im 565 Vgl. dazu „Argumentationsweisen“ in Kap. 10.1.1 „Unterschiede in den kommunizierten Themen“ und Kap. 11.2 „Plädoyer für die Anzeige als Hauptinformationsträger in mehrmedialen Kampagnen“. 566 Die Internetadresse kann im Rahmen der Textbausteine unter dem Oberbegriff Insert/ Einschub geführt werden. 567 Bei Beate Uhse ist es der Sendername Premiere World, bei der Versicherungskammer Bayern ist das graphische Logo der Sparkasse vorhanden sowie der Zusatz Finanzgruppe. 568 Die Adds bei Alete und Budget sind die registrierten Warenzeichen ® (vgl. Janich, 2003, 58). <?page no="197"?> 187 Handel (TV) und die Telefonnummer; zusätzlich Beate-Uhse-Logo in der Anzeige) vor. • Bild In allen übereinstimmenden visuellen Werbemitteln wurde ein Bild des TV- Spots für das Plakat bzw. die Anzeige verwendet (Alete, Coca-Cola, Dallmayr, Stadtwerke München). Die Bilder der beiden Print-Werbemittel (Anzeige und Plakat) der Bernbacher-Kampagne entsprechen sich ebenfalls. Die Bildübernahme aus dem Fernsehspot gilt auch für die nur eingeschränkt übereinstimmenden Werbemittel von Flensburger Pilsener (Anzeige, TV) und Bernbacher (Anzeige, Plakat, TV-Spot), jedoch nicht für die Versicherungskammer Bayern (Plakat, TV) und Beate Uhse (Anzeige, TV). In diesen Fällen wurde aber zumindest ein thematisch wichtiges Bild medienadäquat variiert in die Printwerbung übernommen. Die Bedeutung der visuellen Übereinstimmung zur Gewährleistung der Zusammengehörigkeit von Werbemitteln einer Kampagne und der Wiedererkennung durch den Rezipienten konnte damit nachgewiesen werden. • Anzahl der Bilder Um eine Vergleichbarkeit zu erreichen, wurde die Anzahl der Bilder der TV- Spots pro 30 Sekunden berechnet. Die reale Länge beträgt 30 Sek. (Beate Uhse, Coca-Cola, Dallmayr), 25 Sek. (Alete, Flensburger), 20 Sek. (Versicherungskammer Bayern, Bernbacher) und 60 Sek. (Stadtwerke München). Die meisten Bilder umfasst Flensburger (25,2, real: 21), gefolgt von Alete (19,2, real: 16), den Stadtwerken München und Dallmayr (je 18), Beate Uhse (14), Versicherungskammer Bayern (10,5, real: 7), Coca-Cola (9) und Bernbacher (3, real: 2). 569 • Musik Musikelemente werden bei neun der zehn Kampagnen eingesetzt. An dieser Stelle geht es zunächst nicht um den Vergleich, sondern insgesamt um die Frage nach dem Musikeinsatz in aktueller Werbung. Einen Musikteppich beinhalten die elektronischen Werbemittel von Dallmayr, der Versicherungskammer Bayern (im HF nicht von Beginn an) und von Coca-Cola (im TV erst ab der zweiten Spothälfte) sowie der TV-Spot von Alete und einer der HF-Spots der Stadtwerke München. Der TV-Spot der Stadtwerke München ist durchgehend mit einem gesungenen englischen Musiktitel unterlegt. Vielfach sind kleine Musikakzente vorhanden: Instrumentalmusik enthält der HF-Spot der Budget-Kampagne parallel zum Slogan; auch bei den HF-Spots der Stadtwerke München und von Löwenbräu wird ein Teil des Slogans mit Instrumentalmusik unterstrichen; der HF-Spot der Flensburger-Pilsener-Kampagne enthält Musik als kurzes Intro („Introduktionsvehikel“) sowie als knappe Einspielung („Signalcharakter“ 570 ) zur Betonung 569 Zum Vergleich mit den Dallmayr-Spots und der Interpretation dieser Ergebnisse vgl. Kap. 11.4 „TV-Werbung - Die Dominanz bewegter Bilder“. 570 Seyfarth, 1995, 291. <?page no="198"?> 188 der Aussage Flens gib´s hier nich und im Beate-Uhse-TV-Spot wird die Erkennungsmelodie von Premiere World (kurz! ) eingespielt. Insgesamt wird also Musik nicht zwangsläufig in den auditiven Medien eingesetzt; sie wird als Musik-Teppich - tertiär als Hintergrundmusik - zur Unterstreichung der Atmosphäre verwendet oder betont sprachliche Elemente (v. a. den Slogan oder den Markennamen). Bei den Stadtwerken München ist primäre Musik als Begleitung zum Song vorhanden. 571 Allein die Bernbacher-Kampagne enthält in keinem Werbemittel Musikelemente, was besonders für den TV-Spot nachvollziehbar ist, da sich Musik für die Nachrichteninszenierung nicht anbietet. Ein Vergleich kommt nur bei den Kampagnen in Frage, die zwei elektronische Werbemittel beinhalten. Übereinstimmung zeigen lediglich die TV- und HF-Spots von Dallmayr sowie der Versicherungskammer Bayern mit einem gemeinsamen Musikteppich, wobei die Instrumentalmusik beim HF- Spot der Versicherungskammer Bayern (VKB) erst mit der Antwort Für immer beginnt und diese sowie alle folgenden Aussagen zur Marke unterstreicht (Corporate Identity): HF-Spot (VKB) Gesprochene Sprache Musik Sie: Entschuldigung, ist der Liegestuhl frei? Er: Wie lange brauche Sie die Stuhl, Signora? Sie: Für immer! Kommentator: Rente gut alles gut. Versicherungskammer Bayern. Wir versichern Bayern. ab hier Instrumentalmusik Im Vergleich dazu ist der TV-Spot von Beginn an mit Instrumentalmusik unterlegt. • Geräusche Geräusche kommen bei Werbemitteln von sieben der zehn Kampagnen vor - wenn sie auch ganz unterschiedlich häufig eingesetzt werden. Weitgehende Übereinstimmung herrscht jeweils bei den TV- und HF-Spots von Flensburger Pilsener und der Versicherungskammer Bayern. 572 Sie enthalten tertiäre Geräusche, die zur Authentizität der Szenerie beitragen. Tertiäre Geräusche gibt es ferner bei den TV-Spots von Alete, Beate Uhse und Coca-Cola sowie dem HF-Spot von Löwenbräu. Alete (TV-Spot) und Löwenbräu (HF-Spot) enthalten zusätzlich sekundäre Geräusche, eines ist auch beim TV-Spot von Bernbacher (Geräusch der „ins Bild fallenden“ Nudelpackung) vorhanden. Es ist demnach nicht so, dass grundsätzlich auf Geräusche verzichtet wird, wenn ein Spot von einem Musik-Teppich unter- 571 Zur Unterscheidung von primärer, sekundärer und tertiärer Musik vgl. Janich, 2003, 69. 572 Es kommen jeweils im TV-Spot weitere Geräusche hinzu. <?page no="199"?> 189 legt wird (z. B. Versicherungskammer Bayern), kommt aber, wie zu erwarten war, vor (Dallmayr). 573 • Exkurs: Produktnamen Da es nicht verwunderlich ist, dass der Produktname zwischen den Werbemitteln einer Kampagne übereinstimmt, fällt diese Kategorie aus der Untersuchung des Medienzusammenspiels heraus. Ich gehe nun auf die Produktnamennennung und die Art der Produktnamenbildung aller zehn Kampagnen ein. Zu differenzieren ist beim vorliegenden Korpus zwischen Firmen-, Marken-, Produkt- und Sortennamen. Nur der Markenname ist präsent bei Bernbacher, Budget, Coca-Cola, 574 Löwenbräu und der Versicherungskammer Bayern. Zum Vergleich seien die in der Kampagne nicht erwähnten Firmennamen genannt: Josef Bernbacher & Sohn GmbH & Co. KG, Budget ALAG Auto-Mobil AG & Co. KG, Coca-Cola GmbH und Löwenbräu AG. Bei der Versicherungskammer Bayern stimmt der Markenmit dem Firmennamen überein. 575 Zu den meisten Marken gibt es einzelne Sorten. Produktnamen sind Alete Frühkarotten, 576 Der Beate-Uhse- Kanal, Flensburger Pilsener, M-Wasser, M-Bäder, M-Strom, M-Wärme, M-Erdgas. Im zuletzt genannten Fall wird auch der Markenname genannt: Stadtwerke München (die Firma heißt Stadtwerke München GmbH), bei Alete werden der Marken- (Alete) sowie ein Teil des Firmennamens (Nestle), der in der Anzeige graphisch, im TV-Spot graphisch und in gesprochener Sprache vorhanden ist, erwähnt. Der Firmenname lautet Nestlé Alete GmbH. Alete gehörte früher der Allgäuer Alpenmilch GmbH. Dass Nestle in der Werbung und auf den Produktverpackungen, den Gläschen, selbst präsent ist, liegt an der Produktart. Der Name Nestlé als „corporate brand“ sei assoziativ „nah an der Marke dran“ und werde zur Unterstützung der Produktmarke bei „Kinderernährung, Schokolade, Milch“ mit angegeben. Das sei beispielsweise nicht der Fall bei Maggi (u. a. Suppenwürze) oder Thomy (z. B Mayonnaise). 577 Die Markennamen sind demnach in der Werbung äußerst wichtig. Sie treten entweder ausschließlich oder innerhalb des Produktnamens, bei denen zusätzlich noch eine Gattungsbezeichnung (Appellativum) hinzu- 573 Dieses Ergebnis bestätigt die Analyse der diachron untersuchten Dallmayr-Werbung (vgl. die Ausführungen zu den „Geräuschen“ in Kap. 7.2.2a) „Struktur(elemente)“. 574 Er ist zugleich auch der Produktname, wenn man weitere Sorten zur Überprüfung der richtigen Einordnung hinzuzieht: Coca-Cola, Vanilla Coke und Coca-Cola Cherry (vgl. www.coca-cola.de), Zugriff am 03.02.2005. 575 Pressesprecher Dr. Lutz Köhler gibt Versicherungskammer Bayern als Markennamen an; die Marke besteht aus dem Markennamen und dem Emblem (Logo der Sparkasse + Finanzgruppe). Telefonische Auskunft am 10.05.2005. 576 Dabei ist anzumerken, dass die Sorte Frühkarotten nur bei der Anzeige als primäre Schrift im Fließtext präsent ist. Sie ist im TV-Spot nur als Gläschen-Aufschrift zu lesen. Diese ist auch in der Anzeige vorhanden. 577 Telefonische Auskunft von Dr. Helmut Maucher, Ehrenpräsident Nestlé S. A., Vevey, am 17.05.2005. <?page no="200"?> 190 kommt (-Kanal, Pilsener, Frühkarotten), auf. Es handelt sich somit stets um „reguläre(n) Wortbildungsverfahren des Deutschen“ im Gegensatz zu „von diesen Verfahren abweichenden Schöpfungstechniken wie Kürzung, Kreuzung und dergleichen andererseits.“ 578 Eine Ausnahme sind die Produkte der Stadtwerke München, die als Bestimmungswort lediglich den Ortsnamen enthalten; der wichtige Markenbestandteil Stadtwerke ist innerhalb des Produktnamens nicht präsent (M-Wasser, M-Bäder, M-Strom, M-Wärme, M-Erdgas). Bei Alete wird zusätzlich ein Teil des Firmennamens, Nestle [sic! ], angegeben. Bezüglich der Benennungsmotivik bleiben somit auch keine Fragen offen. Die Analyse zeigt, dass es über die verschiedenen Produktarten hinweg keine Unterschiede in der Bildung und dem Benennungsmotiv, also keine produktspezifischen Namengebungen gibt. Grundsätzlich ist zu beachten, dass sich der Markenname teilweise auf das Produkt (Alete- Anzeige: „Was ich als Kind bekommen habe, will ich auch als Mutter weitergeben: Liebe. Und Alete.“), teilweise auf den Sender bezieht (z. B. aus einem HF- Spot: Um alles andere kümmern sich doch die Stadtwerke München). Zusammenfassend seien noch einige Anmerkungen zur Anzahl der Markenbzw. Produktnamennennungen (mündlich und schriftlich) gemacht: Herausragend ist die Häufigkeit der Erwähnung bei Alete (Anzeige: siebenmal, TV-Spot: fünfmal) und Flensburger Pilsener (TV- und HF-Spot: achtmal). Bei Flensburger Pilsener ist der Produktname strategisch geschickt in die Werbekampagne eingebunden: 579 Bereits je einmal wird der Produktname (Kopfform Flens) von den fünf Männern ausgesprochen. Diese Vorgehensweise erfüllt eine der Forderungen aus der Markenartikelindustrie: „die Erwähnung der Marke nicht vergessen, sondern besonders herausstellen“. 580 Bei der Alete-Anzeige ist der Markenname in der Headline, im Fließtext, der Etikettenaufschrift (zweimal), der Internetadresse, im Rahmen des Slogans und auf dem Insert angebracht (siehe Abb. 18, S. 193). Beim TV- Spot wird er einmal gesprochen, ansonsten ist er primär- oder sekundärsprachlich vorhanden. Auch beim TV-Spot von Dallmayr kommt der Markenbzw. Produktname sehr häufig vor: auf Tragetaschen, Kaffeepackungen, den Porzellanbehältnissen und einem bemalten Schild. Bei den anderen Kampagnen bzw. Werbemitteln sind Marken- und Produktname einbis viermal vorhanden. Anzeige und TV-Spot haben grundsätzlich den Vorteil auch sekundäre Nennungen einbauen zu können, beispielsweise auf Produktpackungen. Das ist im HF-Spot nicht möglich, so dass hier im Vergleich zu den anderen Werbemitteln weitere primäre Erwähnungen eingesetzt werden müssten, um Präsenz zu zeigen. Ansonsten lassen sich keine werbemittelspezifischen Tendenzen bezüglich der Häufigkeit der Nennungen festhalten. 578 Ronneberger-Sibold, 2004, 575. 579 Vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 580 Maucher, 2006, 21. <?page no="201"?> 191 Nach diesen Ergebnissen werden die Ideale seitens der Wirkungsforschung nicht immer erfüllt. Wie die Richtlinien für den Einsatz der Marke bei der Konzeption von TV-Spots des IMAS-Instituts Linz/ Österreich zeigen, ist die Kaufabsicht am höchsten, wenn die Marke (Branding) früh, in den ersten 5- 8 Sekunden und oft, mindestens 3bis 4-mal, auftritt: „Ein 30-Sekunden-Spot, der in der 28. Sekunde den Absender enthüllt, wirkt drei Sekunden und nicht 30! Und die Idee vom Spannungsaufbau - ‚Was kommt jetzt? ’ - ist hinfällig, das gibt es nicht (mehr). Durch ein hohes Branding wird meist auch automatisch das Produkt/ Angebot gut vorgestellt. Und das führt zu einem hohen Kaufanreizcharakter.“ 581 Weniger als viermal kommt der Markenbzw. Produktname bei fast der Hälfte aller TV-Spots vor, nämlich bei Coca-Cola, den Stadtwerken München, der Versicherungskammer Bayern. Zur Produktnamengebung von Dallmayr Prodomo vgl. ausführlich Kap. 9.2. c) Form/ Gestaltung • Mündlichkeit und Schriftlichkeit (Medium und Konzept) 582 Übereinstimmende Werbemittel Mit Ausnahme der Plakate (Bernbacher, Löwenbräu, Stadtwerke München) und der aufgrund der Textknappheit nicht einzuordnenden Werbemittel der Dallmayr-Kampagne 583 und des TV-Spots der Stadtwerke München liegt in allen anderen übereinstimmenden Werbemitteln konzeptionelle Mündlichkeit vor: Bei den ohnehin auditiven Medien HF und TV muss man dennoch von einer Nachahmung spontan gesprochener Sprache ausgehen, so dass ein Unterschied zum (spontanen) Alltagsgespräch vorliegt. Dialogspots (Flensburger Pilsener, Versicherungskammer Bayern: je TV und HF, Löwenbräu HF) ahmen ein (spontanes) Gespräch nach (Fragen und Antworten, Setzungen, Interjektionen, Apokope, Verschleifungen, einleitende Gesprächspartikeln). Hinzu kommt der Einsatz von dialektalem oder fremdsprachlichem (italienischem) Akzent (Flensburger Pilsener, Versicherungskammer Bayern) zur örtlichen Einordnung der Situation sowie von dialektalen Grußformeln (Flensburger Pilsener: Moin; Tschüss - sie sind mittlerweile weit verbreitet). Der regionalsprachliche Bezug soll hergestellt, ein Hinweis auf die Herkunft des Produkts gegeben werden. Da bei Flensburger Pilsener nur der HF-Spot national ausgestrahlt wurde, 584 dienen die beiden anderen Werbemittel, TV-Spot und Anzeige, auch „zur regionalsprachlichen Identifikation mit dem Publikum“. 585 Auch die textreiche Alete-Anzeige, für die konzeptionelle Schriftlichkeit erwartbar war, ist konzeptionell mündlich 581 Kaplitzka, 1995, 137. 582 Einführend vgl. „Mündlichkeit und Schriftlichkeit“ in Kap. 5.2d) „Form/ Gestaltung“. 583 Vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 584 E-Mail von Andreas Lehmann von ad.quarter Werbeagentur, Hamburg (03.03.2004). 585 Janich, 2003, 171. <?page no="202"?> 192 gestaltet. Die Headline in Anführungszeichen ist offensichtlicher Ersatz für gesprochene Sprache. Der Fließtext ist ebenfalls aus der Perspektive der Darstellerin (deiktische Ausdrücke: Ich weiß, wovon ich rede) geschrieben. Ferner enthält er kurze Sätze, teilweise Setzungen, einen substantivisch gebrauchten Artikel zur Wiederaufnahme anstelle eines Relativsatzes (Alete Frühkarotten. Die sind [...]) eine Modalpartikel (erst mal), ein Präfixoid zur Intensivierung (allerbeste Qualität) sowie alltagssprachlichen Wortschatz. Im Fernsehen ist ferner Intensivierung durch Wiederholung (viel, viel Liebe) sowie die Modalpartikel eben vorhanden. <?page no="203"?> 193 Abb. 18: Alete-Anzeige mit Veronica Ferres (Zeitschrift E LTERN , Dez. 2001). Bei den Plakaten ist Sprache generell nur sehr spärlich in Form des Slogans (und des Logos) vertreten. Syntaktisch handelt es sich in allen Fällen um Setzungen. Hier werden die Konzessionen an die Textsorte deutlich. Eine Einordnung in konzeptionelle Schriftlichkeit oder Mündlichkeit ist bei so kurzen Texten weder befriedigend möglich noch sinnvoll. Setzungen reichen jedenfalls meines Erachtens nicht für die Zuordnung zu konzeptioneller Mündlichkeit aus, da nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass sie für einen Sprecher gestaltet und dann niedergeschrieben <?page no="204"?> 194 wurden (z. B. Zeitungsüberschrift Banküberfall in Pentling! ). Der Bildtext in der Bernbacher-Anzeige umfasst als gesprochensprachliche Elemente eine Frage sowie eine (elliptische) Antwort (Was zeichnet unsere Nudel aus? Bester Hartweizen aus Bayerns Natur). Die Coca-Cola-Werbung (Print, TV) umfasst nur sekundärsprachlichen Text. Die Tierlaute im TV-Spot sind jedoch der konzeptionellen Mündlichkeit zuzuordnen. Eingeschränkt Bezug nehmende Werbemittel Die Anzeigen von Flensburger Pilsener und Budget und das Plakat der Versicherungskammer Bayern sind ob der geringen Textmenge keinem Konzept zuzuordnen. Bei der Beate-Uhse-Kampagne wird die konzeptionelle Mündlichkeit im TV deutlicher als in der Anzeige: was statt etwas, ans statt an das, wenn [...] dann haben wir statt wenn [...] haben wir (Anzeige), direkte Aufforderung: Rufen Sie an (TV). Der flüchtigen Rezeptionssituation geschuldet ist die Beschränkung auf oder im Handel (TV) statt oder im Fachhandel (Anzeige). In der Anzeige wird jedoch auch der Rezipient direkt angesprochen, was mich bei der Printwerbung v. a. zur Einstufung als gesprochensprachlichen Text veranlasst (Wenn Sie hier [...] haben wir [...] für Sie.). Hinzu kommen in beiden Werbemitteln die Setzungen Der Beate Uhse Kanal. Jetzt exklusiv auf Premiere World mit dem gesprochensprachlichen Lexem jetzt (Deiktikum). 586 Konzeptionell mündlich ist auch der Budget- Spot (HF) einzuordnen: Der Einstieg erfolgt mit einem Dialog (Frage/ Antwort); der männliche Dialogpartner wird nach seiner Antwort zum Kommentator; die mediale Mündlichkeit zeigt sich ferner in der direkten Ansprache der Rezipienten (Mieten Sie jetzt), einem Ausruf (Oh wie süß! ), einer Frage (Wie heißt denn der Kleine? ) und Lexemen der gesprochenen Sprache, beispielsweise einer Interjektion (Sprecherin A: Oh (wie süß! )) und einem wertenden Adjektiv 587 (für sagenhafte 29 €). Konzeptionell mündlich sind auch TV- und HF-Spot von Bernbacher gestaltet (TV- und HF- Werbung: bairischer Dialekt; TV-Spot: Nachahmung eines Gesprächs mit dem Zuschauer; HF-Spot: Gespräch zwischen zwei Dialogpartnern). Werbemittel ohne Bezugnahme Die hierunter fallenden Hörfunkspots der Kampagnen der Stadtwerke München und von Coca-Cola sind mündlich konzipiert. Beim Coca-Cola- Spot zeigt sich die mündliche Konzeption an diesen Merkmalen: der direkten Ansprache der Rezipienten (Frage, Aufforderung), der Pause innerhalb einer Äußerung zur Strukturierung (Hörerfreundlichkeit) sowie der Betonung der folgenden Information (Ort der Veranstaltung: zum Familientag bei Coca-Cola / / nach Stralsund), dem Beginn einer Äußerung mit einer Konjunktion (Und zu gewinnen [...]), kurzen Sätzen für eine optimale Rezeption und der alltagssprachlichen Wortwahl (tollen Tag, tolle Spiele). 586 Schwitalla, 2006, 152. 587 Schwitalla, 2006, 163f. <?page no="205"?> 195 In den HF-Spots der Stadtwerke München wird in den Dialogen/ Gesprächen spontan gesprochene Sprache nachgeahmt (z. B. Einsatz von italienischem bzw. österreichischem Akzent durch falsche Wortstellung, wie wie du mich hast ausgezogen), Sprechmelodie und Verschleifungen (hamma). Charakteristika der gesprochenen Sprache sind ferner Interjektionen (Oh, Aah, Hm), umgangssprachliche Elemente (na klar), Frage und Antwort, z. B. Zustimmung (Ganz recht [...]), sowie eine Prolepsis (diese Farben / sie symbolisieren [...]). 588 Insgesamt bleibt festzuhalten, dass alle Werbemittel, die überhaupt zugeordnet werden konnten, konzeptionelle Mündlichkeit aufweisen. Ob das schon immer so war, wird die diachrone Untersuchung der Dallmayr-Kampagnen zeigen. 589 • Prosodie Eine Übereinstimmung könnte nur bei den Kampagnen Bernbacher, Coca- Cola, Dallmayr, Flensburger Pilsener, Stadtwerke München und Versicherungskammer Bayern nachgeprüft werden, da nur sie ein auditives und ein audiovisuelles Werbemittel umfassen. Diese Untersuchung von Gemeinsamkeiten erscheint mir aber für den Vergleich nicht sehr aussagekräftig, deshalb wird ein knapper Überblick über auffällige prosodische Phänomene in allen elektronischen Werbemitteln gegeben. Prosodische Elemente werden gezielt zur Vermittlung von Botschaften eingesetzt: Beispielsweise signalisieren Pausen und langsames Sprechtempo Ruhe und Nachdenklichkeit (Alete), Genuss in der Natur (Löwenbräu) oder es wird durch Klangfarbe und geringes Sprechtempo die Bedeutung jedes einzelnen Wortes hervorgehoben (Dallmayr TV und HF: warme, angenehme, voluminöse Frauenstimme). Der Budget-Hörfunkspot fällt durch die unterschiedliche Klangfarbe von Sprecher (nüchtern) und Sprecherin (emotional) im Dialog auf. Hervorzuhebende Wörter werden betont (z. B. süß, Preis), was durch eine vorhergehende Pause noch verstärkt wird. Der Slogan wird gesungen und ist mit einer jugendlich-flotten Instrumentalmusik untermalt. Beim Sprechtempo ist häufig zwischen dem der Darsteller/ Akteure und dem des Kommentators/ Off-Sprechers zu unterscheiden. 590 Dies zeigt sich beispielsweise bei den Bernbacher-Spots (HF/ TV): 588 Vgl. zu einem der HF-Spots der Stadtwerke München die Ausführungen zur inszenierten Fachsprache in B.3 „Form/ Gestaltung“ innerhalb des Kap. 3.2 „Analysemodell“. 589 Vgl. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 590 Vgl. Kap. 5.2d) „Form/ Gestaltung“. <?page no="206"?> 196 Hörfunkspot der Kampagne „Bernbacher“ Zeit (in Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche 22 Sek. Sprecher A: Die besten. Sprecher B: Die bissigsten. Sprecher A: Naa, die besten san´s. Sprecher B: Naa, die bissigsten. Sprecher A: Die besten. Sprecher B: Na guat, die besten. Kommentator (schnelles Tempo): Jaa, so ist es. Bissig waren Sie ja schon immer. Aber jetzt ist Bernbacher auch Deutschlands beste Nudel. Das sagt ein Test der Zeitschrift „Feinschmecker“ / unter 36 deutschen und internationalen Nudeln. Bernbacher / Hartweizennudeln / mit Biss. Abb. 19: Ausschnitt aus dem TV-Spot der Kampagne „Bernbacher“ (Bild / Ton). Akteur: Christoph Süß, bekannter Moderator des Bayerischen Rundfunks (deutliche Betonung, tendenziell schnelles Sprechtempo): Dass die Bernbacher Nudeln macha, die wo an Biss ham, des woas a jeder. Aber woran erkennt man die echte Bernbacher eigentlich? Des woas i nämlich jetzt auch nicht mehr. Aaau, jetzt foit´s ma wieder ei, wei ´s bissig sand, und des ned wia. Trotzdem / kaufts es, kochts es, essts es, wei / guat sand ´s scho. Off-Sprecher: Bernbacher / Nudeln mit Biss. <?page no="207"?> 197 Mit prosodischen Phänomenen wird hier in großem Ausmaß gespielt. Beim TV-Spot (Monolog) herrscht ein insgesamt eher hohes Sprechtempo vor, das aber je nach Aussage variiert. So lässt sich die im Rahmen der Untersuchung der Textmenge aufgestellte Vermutung bestätigen, dass der textreichste untersuchte Spot (Bernbacher) auch ein hohes Sprechtempo aufweist. Dabei geht es hier um die Wirkung und nicht um genaue Messungen. Der Spot wirkt dennoch nicht überdreht, da er nur aus zwei Bildern besteht. Der Sprecher betont sehr deutlich, was durch seine ausgeprägte Mimik und Gestik verstärkt wird, z. B. Aber woran erkennt man die echte Bernbacher eigentlich? . Situationsbedingt kommt zum schnellen Sprechen auch eine erhöhte Lautstärke mit ansteigender Stimmhöhe (Aaau, jetzt foit´s ma wieder ei, wei´ s bissig sand, und des ned wia) oder ein eindringlicher, aber leiser Sprechduktus (Trotzdem / kaufts es, kochts es, essts es), der am Schluss in der Lautstärke noch mehr zurückgenommen wird (wei / guat sand ´s scho). Der Slogan wird im zweiten Bild (Packshot) von einem Kommentator nüchtern und mit voluminöser Stimme gesprochen und steht so im Kontrast zum vorangehenden Monolog. Der Hörfunkspot fällt durch sehr schnelles, lautes Sprechtempo des Kommentators auf, womit die Äußerung recht anpreisend wirkt. Dem geht relativ langsames Sprechen (bei geringer Textmenge) im Dialog zweier männlicher Sprecher voraus. Ferner fallen unterschiedliche Stimmhöhen und Betonungen sowohl innerhalb des Kommentars 591 als auch des Dialogs auf. Einige Beispiele seien noch angeführt: Im Beate-Uhse-Spot ist neben der einzigen Aussage einer Darstellerin (Guten Appetit! ) nur der Kommentator zu hören. Er spricht mit voluminöser Stimme und klingt eher nüchtern-seriös - ein Gegengewicht zum angebotenen Produkt. Nur wenige hervorzuhebende Wörter betont er (jetzt, Programm, Beate). Schnelles Sprechtempo des den ganzen Spot begleitenden Kommentators fällt beim Coca-Cola-HF-Spot auf. Spots, die eine Geschichte erzählen, nutzen prosodische Elemente zum Ausdruck von Gefühlen und Einstellungen (v. a. Flensburger: TV, HF, Versicherungskammer Bayern: TV, HF, Stadtwerke München: HF); 592 sie werden im TV von passender Mimik und Gestik begleitet. Insgesamt wird die Möglichkeit, unterschiedliche Sprechgeschwindigkeiten, Klangfarben und Stimmhöhen einzusetzen und Aussagen bzw. einzelne Wörter zu betonen, genutzt. Es lässt sich feststellen, dass das Sprechtempo nicht, wie vor dem Hintergrund immer schneller wirkender Spots angenommen werden kann, durchgehend höher geworden ist, wie 591 Mit „Kommentar“ ist der gesamte vom Kommentator (nach dem Dialog) gesprochene Teil gemeint, der hier relativ lang ist und nicht nur - wie häufig - den Slogan umfasst. 592 Vgl. den Analyseausschnitt zum TV-Spot der Versicherungskammer Bayern in B.3 „Form/ Gestaltung“ innerhalb des Kap. 3.2 „Analysemodell“ sowie zu Flensburger Pilsener in Kapitel 5.3d) „Form/ Gestaltung. <?page no="208"?> 198 beispielsweise die Dallmayr-Spots im Gegensatz zu den in Teilen sehr schnell gesprochenen Bernbacher-Spots zeigen. Ob ein Spot ruhig oder schnell wirkt, hängt jedoch nicht nur mit dem messbaren Sprechtempo und der Textmenge zusammen, sondern auch mit der Anzahl der Bilder. Diese drei Komponenten können gezielt kombiniert werden, wie auch die weiteren Untersuchungen noch zeigen werden. 593 • Text-Bild-Bezug Bei der folgenden Zuordnung stehen Menge und Relevanz der Informationen als Maßstab im Vordergrund. Betrachtet werden nur die visuellen Werbemittel (Print, TV). Bei den TV-Spots wird der Gesamteindruck beurteilt. Eine Tendenz ist bei den aktuellen Kampagnen nicht feststellbar. Insgesamt ist festzuhalten, dass sowohl bei den Spots als auch bei der Printwerbung (Plakat, Anzeige) Bilder zur Informationsvermittlung besonders wichtig sind: Die multisensorische Ansprache wird genutzt, um die Botschaft beim Rezipienten zu verankern. 594 Diese Vorgehensweise eignet sich auch gut, um emotionale Inhalte zu transportieren. Textzentriert sind die TV-Spots von Flensburger Pilsener und der Versicherungskammer Bayern (Story-Strategien), der TV-Spot von Bernbacher und die Anzeige von Budget. Das heißt, es liegt zunächst Text-Bild-Parallelität vor: Der Text ist aufgrund seines Informationsgehaltes allein verständlich, die Bilder veranschaulichen die sprachlichen Aussagen. Bei dieser Zuordnung muss die Tatsache, dass Bilder leichter aufzunehmen sind, stärker Emotionen auslösen und stärker im Gedächtnis verankert werden, außer Acht gelassen werden. Bildzentriert sind die TV-Spots von Alete, Dallmayr und den Stadtwerken München sowie die Anzeigen von Dallmayr und Flensburger Pilsener, obwohl mit Ausnahme von Alete die geringe Textmenge scheinbar für Bilddominanz spricht. Bei Dallmayr beispielsweise ist der knappe Text als eine Zusammenfassung der Bilder (TV-Spot) bzw. als sprachliches Pendant zum Bild (Anzeige: Wenn schon die Erwartung zum Genuss wird.) schlecht weglassbar, wie es die Definition der Bilddominanz verlangt. Die Informationen von Text und Bild entsprechen sich, doch „steht das Bild im Vordergrund“. 595 Bilddominanz herrscht bei den Plakaten von Löwenbräu, den Stadtwerken München und der Versicherungskammer Bayern sowie bei Anzeige und TV-Spot von Coca-Cola vor. Bei der zuletzt genannten Kampagne gibt es in Print- und TV-Werbung keinerlei Primärtext. Die anderen bilddominanten Werbemittel beschränken sich auf Slogan und Logo, teilweise enthalten sie noch die Internetadresse. Textdominant ist die Anzeige von Alete, die damit auch den medienspezifischen Möglichkeiten gerecht wird. Auch hier ist zu beachten, dass das Bild aufgrund seiner Größe und generellen Wirkungskraft nicht weniger wichtig ist; eine Domi- 593 Vgl. zusammenfassend Kap. 11.4 „TV-Werbung - Die Dominanz bewegter Bilder“. 594 Drabczynski, 1998, 39; Seyfarth, 1995, 40. 595 Janich, 2003, 191. Hier werden auch die übrigen Termini erklärt. <?page no="209"?> 199 nanz des Bildes ist jedoch deshalb nicht feststellbar, weil es weniger Informationen übermittelt. Die Beate-Uhse-Kampagne kann in Print und TV als reziprok monosemierende Werbung 596 eingestuft werden. Der Text ist nicht ohne das Bild bzw. die Bilder verständlich. Auch bei Bernbacher (Anzeige, Plakat) liegt wegen des Wortspiels reziprok monosemierende Werbung vor, die Doppeldeutigkeit wird erst durch die Text-Bild-Kombination deutlich. Als Ergebnisse sind festzuhalten: Es gibt nur ein Beispiel für Textdominanz (Alete-Anzeige), Bilddominanz liegt erstaunlicherweise mit einer Ausnahme (Coca-Cola: TV) nur bei Printwerbung vor und es gibt auch bei der aktuellen Werbung - entgegen den Erwartungen - mehrere Fälle (drei TV-Spots, eine Anzeige), die Textzentriertheit zeigen. Mehrfach lässt sich Bildzentriertheit nachweisen. Übereinstimmung bezüglich des Text-Bild-Bezugs innerhalb der Kampagnen gibt es lediglich in vier von acht möglichen Fällen: Dallmayr (Anzeige, TV-Spot: Bildzentriertheit), Coca-Cola (Anzeige, TV-Spot: Bilddominanz), Bernbacher (Anzeige, Plakat: reziprok monosemierend) und Beate Uhse (Anzeige, TV-Spot: reziprok monosemierend). d) Zusammenfassung Übereinstimmende Werbemittel Die kampagnenspezifischen Themen und der Slogan(inhalt) sind allen übereinstimmenden Werbemitteln gemeinsam. Auch die Häufigkeit der Produkt- und Empfängerthematisierung stimmt in vielen Fällen überein. Ein Vorteil übereinstimmender elektronischer Werbemittel (TV - HF) ist die mögliche gemeinsame Textstruktur einschließlich prosodischer Phänomene (gemeinsame Sprecher usw.), eine übereinstimmende Textmenge und die mögliche Übereinstimmung in medialer und konzeptioneller Mündlichkeit oder Schriftlichkeit. Sie liegen für alle vorliegenden Beispiele (Dallmayr, Flensburger Pilsener, Versicherungskammer Bayern) vor. 597 Auditive Elemente (Musik/ Geräusche) stimmen meist überein (keine Übereinstimmung in der Musik bei Flensburger Pilsener); bei Flensburger Pilsener und der Versicherungskammer Bayern gibt es im TV zu den gemeinsamen noch weitere Geräusche. Keine Übereinstimmung - teilweise ist dies wegen der nötigen visuellen Komponente z. B. beim Logo auch nicht möglich - gibt es jedoch bei den zusätzlichen sprachlichen/ bildlichen Elementen. Dagegen ist die Stärke des Tandems visueller Werbemittel (Anzeige/ Plakat - TV) ein gemeinsames oder leicht variiertes Bild; es wurde in allen Beispielen für das statische Werbemittel Print aus der Fernsehwerbung übernommen. Vereinzelt ist medienbedingt kein übereinstimmender Text- 596 Janich, 2003, 192. 597 Die Werbemittel der Kampagne „1998/ 99“ von Dallmayr lassen sich wegen der Textknappheit nicht in ein Konzept (Mündlichkeit oder Schriftlichkeit) einordnen. <?page no="210"?> 200 Bild-Bezug vorhanden, z. B. ist der TV-Spot von Alete bildzentriert, die Anzeige textdominant. Werbemittel mit eingeschränkter Bezugnahme Auch in der Kategorie „eingeschränkte Bezugnahme“ sind ein gemeinsamer Slogan(inhalt) sowie eine Übereinstimmung der kampagnenspezifischen Themen wichtige Gestaltungselemente, um die Verbundenheit der Werbemittel in einer Kampagne kenntlich zu machen. Übereinstimmung in der Häufigkeit der Sender- und Empfängerthematisierung fällt bei der Beate- Uhse-Kampagne auf; bei der Versicherungskammer Bayern gibt es Übereinstimmung in der Anzahl der Sender- und Produktthematisierungen. Ein Bild der TV-Werbung wurde nur in zwei Fällen (Bernbacher und Flensburger) exakt für die Printwerbung verwendet, was ein Unterschied zur Kategorie „Übereinstimmung“ ist; jedoch wurde bei Beate Uhse und der Versicherungskammer Bayern zumindest ein thematisch wichtiges visuelles Element aus dem Fernsehspot variiert in Plakat oder Anzeige übernommen. Prosodische Phänomene, Musik und Geräusche konnten mit einer Ausnahme aus medienspezifischen Gründen (z. B. Kampagne aus Anzeige und HF-Spot bei Budget) nicht verglichen werden: Bei Bernbacher fehlt bei TV und HF der Einsatz von Musik. Weitere Gemeinsamkeiten (sprachliche/ bildliche Elemente, Text-Bild-Bezug) gibt es bei den Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme nicht. Werbemittel ohne Bezugnahme Die Gemeinsamkeiten bei den Werbemitteln, die „keine (unmittelbare) Bezugnahme“ aufweisen, beschränken sich auf wenige Bereiche: Bei der gesamten Coca-Cola-Kampagne ist kein Slogan vorhanden; der HF-Spot der Stadtwerke München hat mit den beiden anderen Werbemitteln der Kampagne einen gemeinsamen Sloganteil. Bei den Stadtwerken München stimmen die Themen der gesamten Kampagne überein; bei Coca-Cola gibt es nur ein gemeinsames Thema (Eisbär-Thematik); sowohl in TV/ Print als auch im HF sind weitere (unterschiedliche) Themen vorhanden. Es zeigt sich also, dass kategorienübergreifend der Slogan oder ein Teil davon sowie kampagnenspezifische Inhalte selbst bei keiner (unmittelbaren) Bezugnahme am ehesten geeignet sind und dafür verwendet werden, die Zugehörigkeit von Werbemitteln zu einer Kampagne auszudrücken. Im Anhang (Kap. 15 „Synchrone Mehrmedialität im Überblick“) werden die Ergebnisse in den drei Kategorien noch einmal im Überblick dargestellt. <?page no="211"?> 7 Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr 7.1 Kampagnen - Hintergründe 598 • 50er/ 60er Jahre Kampagne „Dialogspots“ (50er/ 60er Jahre) Hintergründe, Aufbau und Inhalt der Kampagne in TV und HF mit Testimonials wurden in Kap. 5 ausführlich dargestellt. Kampagne „Kaffee mit Blume“ (1967) Zu dieser Kampagne sind zwei TV-Spots und zwei Anzeigen, die sich sehr ähneln, vorhanden. Es handelt sich dabei um die ersten ganzseitigen Farbanzeigen von Dallmayr. HF-Spots gab es auch, wie aus den Unterlagen des Unternehmens hervorgeht. Sie sind jedoch nicht mehr vorhanden und können somit nicht in die Analyse einbezogen werden. Außerdem existieren Schaufensterstreifen und Autoplakate auf den sog. Frischdienstwagen. Zur Werbebotschaft wurde von Dallmayr bzw. der Werbeagentur festgehalten: „Der Qualitätsmarke Dallmayr Kaffee werden in Duft, Aroma und Geschmack hervorstechende Merkmale zugesprochen. Es ist gelungen, alle diese Argumente in einer Wortverbindung zu verschmelzen: Dallmayr Kaffee: Kaffee mit Blume Dallmayr Kaffee, duftet und schmeckt“ 599 Es ist demnach eine ausschließlich produktbezogene Strategie, mit der allein die positiven Eigenschaften des Kaffees, v. a. Qualität als Zusatznutzen, hervorgehoben werden sollen. Die Assoziation der Rezipienten mit „Blümchenkaffee“ beendete die Verwendung dieser Kampagne. 600 Die Kampagne „Kaffee mit Blume“ ist die letzte, mit der allgemein für Dallmayr Kaffee geworben wird. Ab Anfang der 70er Jahre (Kampagne „Luxus“) bis in die jüngste Zeit wurde die Sorte Dallmayr Prodomo beworben. • 70er Jahre Kampagne „Luxus“ (1972) Es handelt sich um eine Serie mit mehreren Anzeigen - mir liegen 13 vor - und drei TV-Spots; für die Untersuchung wurde jeweils ein Motiv herausgegriffen. Gemeinsames Textelement ist der Slogan (Dallmayr Kaffee / duftet und schmeckt / Luxus, den man sich täglich leistet). Übergreifender Zusatznutzen ist Kaffee als „täglicher Luxus“. Die damit verbundene Idee ist so einfach wie wirkungsvoll: Der materielle Luxus tritt scheinbar in den Hintergrund, vor allem in den Anzeigen, die in den Headlines das Produkt nicht erwähnen und immaterielle Werte thematisieren. So ist der äußere 598 Zu noch vorhandenen Quellenangaben der diachron untersuchten Dallmayr-Werbung vgl. Kap. F. 599 Maschinenschriftliches Manuskript der Firma Dallmayr zur Werbekonzeption „Kaffee mit Blume“. 600 Vgl. Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. <?page no="212"?> 202 Rahmen dafür gegeben, dass der Rezipient verweilen und auch den Fließtext beachten kann. Angesprochen werden der Kaffeegenuss in geselliger bzw. vertrauter Atmosphäre mit Freunden/ Verwandtschaft (Headlines: Glückliches Bayern! Wo sonst trifft man noch diese Verbindung von Luxus und Gemütlichkeit? ; Das Luxusleben der Kaffeekenner kann sich heutzutage jeder leisten.; Gemeinsames Genießen erhöht die Freude - auch die Freude am Luxus. Dallmayr Kaffee), vertraute Zweisamkeit mit dem Partner (Der Morgen gehört Ihnen noch ganz allein. Sollte das nicht ein wenig Luxus wert sein? Dallmayr Kaffee), die verdiente Kaffeepause bei der Arbeit (Headlines: Sie arbeiten doch um zu leben? Oder? ; Wer hart arbeitet, hat das Recht auf ein Luxusleben.; Jede Arbeit gewinnt mit etwas Luxus an Reiz; Luxus hat seinen Preis. Manchmal sogar einen kleinen.) und Kaffee als Anregung in der Freizeit (Headline: Ein wenig Luxus beflügelt jeden. Dallmayr Kaffee). 601 Kampagne „erlesen“ (1973) Die Kampagne „erlesen“ (1973) umfasst mehrere Anzeigen - mir liegen vier vor - und vier TV-Spots. Sie zeigen die Sloganvarianten Nur die besten Kaffees verdienen diesen Namen bzw. Nur erlesene Kaffees verdienen diesen Namen. Die Anzeigen enthalten unterschiedliche Headlines und Fließtexte. Sie bilden keine Personen ab, während in den TV-Spots jeweils eine Vorbildverbraucherin auftritt. Bei den vier TV-Spots gibt es nur je zwei unterschiedliche Text- und Bildversionen, die kombiniert werden. Kampagne „Weihnachten“ (1978) Die Kampagne beinhaltet Anzeigen- und Hörfunkwerbung. Hintergrundinformationen liegen dazu nicht vor. Interessant ist der Umgang mit den medienbedingten Gegebenheiten und Grenzen: In der Printwerbung werden mit einer Bilder- und Textabfolge zur Darstellung einer Gebrauchsanweisung die Möglichkeiten eines audiovisuellen Mediums nachgeahmt. Auffallend ist bei der Anzeige die Differenzierung innerhalb der Bilderabfolge: Bildtexte, die keine Handlung enthalten, werden auch in den Spot übernommen: (Bild) 500 Gramm köstlicher Prodomo - Tag für Tag aromafrisch [...] (Bild) [...] im wiederverschließbaren Aromatresor. Nur die ersten beiden Bildtexte enthalten Handlungsverben (Deckel aufklappen, Vakuumverschluß entfernen.); sie kommen im HF-Spot nicht vor. Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ (1978) Die Kampagne war bereits Gegenstand von Kap. 5. • 80er Jahre Kampagne „der Veredelte“ (1980/ 81) Zu der Kampagne liegen zwei Anzeigen, fünf HF-Spots (mit Manuskripten) und drei TV-Spots vor. Einige Auffälligkeiten seien erwähnt: Die TV-Spots bestehen jeweils aus nur einem Bild; sie enthalten keine Darsteller. Das Bild (Abbildung einer Tasse Kaffee, einer Dallmayr-Dose und teilweise eines 601 Zur Umsetzung vgl. auch Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. <?page no="213"?> 203 Blumenstraußes) wird auch für die Anzeigen verwendet. Die beiden Anzeigen unterscheiden sich nur im Vorhandensein oder Fehlen der Abbildung eines Blumenstraußes. Die HF-Spots werden jeweils von einer Frau und einem Mann gesprochen, es handelt sich jedoch nur teilweise um einen Dialog; angesprochen ist der Rezipient. Die elektronischen Medien enthalten mit dem „Kaffee-Vergleich“ ein Thema, das in den Anzeigen nicht vorkommt, wie z. B. folgende TV-Spot-Ausschnitte zeigen: sprachlich: Dies ist ein Spitzenkaffee / und das ist der Spitzenkaffee von Dallmayr / der veredelte visuell: Zunächst ist eine Tasse Kaffee zu sehen, parallel zur Aussage des Sprechers wird vom linken Bildrand kommend eine zweite Tasse Kaffee auf dem Tisch platziert, während die erste entfernt wird. Beide Tassen mit Inhalt sehen absolut gleich aus. oder sprachlich: Jeder Spitzenkaffee ist eine Mischung aus feinen Hochlandsorten / / Der Spitzenkaffee von Dallmayr aber ist außerdem veredelt. Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) Es existieren zwei Anzeigen, drei HF-Spots und ein TV-Spot. Wegen der jeweiligen thematischen Gemeinsamkeiten habe ich eine Anzeige und einen thematisch passenden HF-Spot untersucht sowie einen weiteren HF-Spot und den motivisch passenden TV-Spot mit folgendem Einstieg: TV: Dallmayr / das Haus, das nun schon seit 300 Jahren ein Begriff in der Welt des Genießens ist, bürgt auch für besonderen Kaffeegenuss HF: Dallmayr Prodomo ist ein Begriff in der Welt des Genießens. Seit 300 Jahren nur das Beste vom Besten an Essen und Trinken. Auffallend ist beim ersten Vergleichspaar (Print und Hörfunk) die wesentlich höhere Textmenge der Printwerbung im Vergleich zur HF- Werbung: In der Anzeige wird die Möglichkeit der ausführlicheren Darlegung von Argumenten und Sachverhalten genutzt, sie ist wie ein redaktioneller Artikel in Spaltenschreibung gestaltet. Der Printwerbung wird auch die Integration statischer Bilder gerecht. Beim HF-Spot erfolgt eine Straffung und Beschränkung auf die für die Botschaft wesentlichen Informationen. <?page no="214"?> 204 Abb. 20: Anzeige „Mit nichts zu vergleichen“ 1982. 602 Kampagne „Ganzes Pfund“ (1984) Inhaltlich steht der Hinweis auf das weiter bestehende Angebot des Kaffees im ganzen Pfund im Mittelpunkt - es gab zu der Zeit eine Diskussion unter (anderen) Kaffeeherstellern um eine Reduzierung der Menge auf 400 Gramm pro Packung bei gleich bleibendem Preis. In einem Vorschlag für die Hörfunkwerbung, der dann allerdings verworfen wurde, wird das noch recht deutlich: Dallmayr Prodomo ist der Kaffee, der Ihnen in unübertroffener Weise zeigt, daß 500 Gramm mehr als 400 Gramm sind. 603 Verbunden war die Strategie mit einer Mitteilung bezüglich des Herstellungsverfahrens 602 Es handelt sich hier lediglich um eine Kopie einer eigentlich farbigen Anzeige. 603 Manuskript für den Sloganteil des TV-Spots „Ganzes Pfund“ vom 24.02.1984. <?page no="215"?> 205 (Anzeige: Wir bleiben bei der Dallmayr Vollaromaröstung). Die Kampagne in Print, Hörfunk und Fernsehen ist in einem sehr begrenzten Zeitraum geschaltet worden, nämlich April und Mai 1984. Dazu wurden je zwei Anzeigen und Hörfunkspots, die sich jeweils aufeinander beziehen (Headline und Einstiegssatz stimmen überein) kreiert. Auf einen zeitaufwendigen und kostspieligen neuen Fernsehspot hat man verzichtet, stattdessen wurde an eine Dallmayr-Vorgängerwerbung ein neuer Schlusssatz (Slogan) angehängt. Wie aus dem Manuskript hervorgeht - der Spot als solcher ist leider nicht vorhanden -, hat man sich schließlich für die Version Geben Sie sich nicht mit weniger zufrieden. sowie als „optische Einblendung im Packshot“ 500 Gramm: Mehr Genuß. entschieden. Die Gründe für diese Wahl sind nicht ersichtlich. Zur Debatte standen außerdem - Nach wie vor unübertroffen. Nach wie vor 500 Gramm. - Spitzenqualität. 500 Gramm. - Wir bleiben dabei: 500 Gramm. Für meine Analyse habe ich eine Anzeige und den dazugehörigen HF-Spot mit der Headline bzw. dem Einstiegssatz Klarheit bei Dallmayr und unterschiedlichen Slogans (produktbezogen in der Anzeige: Dallmayr Prodomo. Der Spitzenkaffee mit Qualitätsgarantie., empfänger- und produktbezogen im HF-Spot: Dallmayr Prodomo. Geben Sie sich nicht mit weniger zufrieden.) herausgegriffen. Anzeige und Hörfunkspot stimmen in den beiden übergeordneten Themen der Werbebotschaft überein („Unverändert im ganzen Pfund“ und „Dallmayr-Vollaromaröstung“). Die Themen werden jedoch in der Reihenfolge vertauscht. An das jeweils zweite Thema schließt sich die Nennung der Produkteigenschaften an: Anzeige: 1. Thema „Dallmayr-Vollaromaröstung“ 2. Thema „Unverändert im ganzen Pfund“ (es folgt der Hinweis auf die Produkteigenschaften In Spitzenqualität. Veredelt. Mit vollem Coffeingehalt.). Hörfunkspot: 1. Thema „Unverändert im ganzen Pfund“ 2. Thema „Dallmayr-Vollaromaröstung“ (es folgt der Hinweis auf die Produkteigenschaften Spitzenqualität; [...] der veredelte Spitzenkaffee; [...] mehr Genuß). Hinzu kommt in der Anzeige die Botschaft Mit vollem Coffeingehalt. Die Umsetzung erfolgt stilistisch-strukturell auf unterschiedliche Weise: Die Anzeige ist nüchtern-informativ - die Produktabbildung lenkt den Rezipienten nicht vom Text ab -, der Spot als Dialog (Frauen- und Männerstimme) informativ-unterhaltsam gestaltet. <?page no="216"?> 206 Abb. 21: Anzeige „Ganzes Pfund“ 1984. Kampagne „Genusskaffee“ (1985) Die Kampagne besteht aus TV- und HF-Spot. Auffallend ist, dass die Werbemittel einen völlig übereinstimmenden Text enthalten. Einziger Unterschied ist die zusätzliche visuelle Gestaltung im Fernsehen. Vermutlich setzt man intertextuell auf den Visual-Transfer-Effekt, also die Erinnerung der Fernsehbilder beim Rezipieren des HF-Spots. Auf medienspezifische sprachliche Eigenheiten kann somit nicht eingegangen worden sein. Es ist davon auszugehen, dass der Einfachheit halber der Text des TV-Spots für den HF- Spot übernommen wurde (und nicht umgekehrt). Festzuhalten ist die konzeptionelle Schriftlichkeit (Syntax, Wortwahl) für den mündlich vorgetragenen Text (TV, HF, keine Anzeige! ), wobei damit vermutlich eine Aufwertung des Produkts beabsichtigt war. Die seit Anfang der 70er Jahre in allen Kampagnen (abwechselnd oder vollständig) vorkommenden Themen „Herkunft der Kaffeebohnen“ und „Herstellungsverfahren“ wirken hier gebetsmühlenartig vorgetragen; der Rezipient wird den Inhalt vermutlich nicht mehr wahrnehmen. • 90er Jahre Kampagne „Verlosung BMW“ (1994) Die Kampagne beinhaltet eine Anzeige und einen HF-Spot. Im Mittelpunkt der visuellen Gestaltung steht der Hauptgewinn, das Auto. Weitere kleine Bildelemente sind eine Schmuckdose von Dallmayr - stellvertretend für die 10.000 Stück, die man ebenfalls gewinnen kann -, die Abbildung der Fassade des Dallmayr-Hauses sowie einer Packung Dallmayr prodomo und einer Tasse Kaffee. Die größere Textmenge in der Anzeige gegenüber dem Spot (98 zu 59 Wörter) lässt sich im Wesentlichen auf diese Punkte zurückführen: - Die Anweisungen rund um die Aufgabe fallen im Spot weg, da diese auf die Teilnahmekarten ausgelagert werden: Machen Sie mit (HF-Spot); nähere Charakterisierung der Gewinne in der Anzeige: [...] aus der neuen 7er Serie; können Sie sich auf etwas besonders Schönes freuen; <?page no="217"?> 207 - Nennung der Rezipienten in der Anzeige: Auch wenn Sie nicht der glückliche Gewinner werden [Hervorhebung d. Verf.]. Anscheinend ist man sich jedoch bewusst, dass der Anreiz zum Mitmachen auf einen HF-Spot hin grundsätzlich geringer ist als nach der Rezeption einer Anzeige (oder gegebenenfalls eines TV-Spots), die die Gewinne abbildet sowie eine bequemere Handhabung der Aufgabenstellung gewährleistet. Ermutigend und verbindlich-persönlich - gewissermaßen als Ausgleich - sollen deshalb im Spot die Äußerungen Es lohnt sich bestimmt. sowie Viel Glück (Gesprächspartikel, Wunsch 604 ) wirken, die in der Anzeige fehlen. Kampagne „Verlosung Kenia“ (1995) Die Kampagne besteht, wie die eben erwähnte, aus Anzeige und HF-Spot, welche übereinstimmend konzipiert sind. Die Gründe für die größere Textmenge in der Printwerbung stimmen mit denen der Kampagne „Verlosung BMW“ überein. Interessant ist der unterschiedliche Einstieg in Anzeige und HF-Spot: Die Anzeige beginnt mit dem Gewinn (Headline), im ersten Teil des Fließtextes werden dazu Einzelheiten genannt. Der Hörfunkspot will die Aufmerksamkeit der Rezipienten mit einem unerwarteten Inhalt, einem „Rätsel“, gewinnen (Wenn Sie demnächst Ihren Kaffee trinken, hören Sie vielleicht dazu Folgendes: L ÖWENGERÄUSCH oder das: E LEFANTENGERÄUSCH ). Erst in der nächsten Aussage erfolgt die Auflösung (Vorausgesetzt, Sie fahren zum Kaffee nach Kenia). Einer Setzung in der Anzeige steht zu Beginn eine Hypotaxe im HF-Spot gegenüber. Medienübergreifend wird nun das kampagnenspezifische Thema „Verlosung“ genannt. 604 D UDEN . Die Grammatik, 1995, § 641, S. 374. <?page no="218"?> 208 Abb. 22: Anzeige „Verlosungskampagne Kenia“ 1995. Kampagne „1998/ 99“ Die jüngste der untersuchten Dallmayr-Kampagnen „1998/ 99“ wurde ausführlich in Kap. 5 vorgestellt. Alle Anzeigen der 90er Jahre sind mit der Topline (im Rahmen) Aus dem Hause Dallmayr in München - unterbrochen durch das Markenzeichen - versehen. Es handelt sich dabei demnach um ein anzeigenspezifisches und gleichzeitig kampagnenverbindendes Element. <?page no="219"?> 209 7.2 Vergleich - Ergebnisse 7.2.1 Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb der Kampagnen: Übereinstimmung - eingeschränkte Bezugnahme In diesem Abschnitt werden die 13 Kampagnen von Dallmayr parallel zur Vorgehensweise bei den aktuellen Kampagnen den Kategorien „Übereinstimmung“, „eingeschränkte Bezugnahme“ und „keine (unmittelbare) Bezugnahme“ zugeordnet. Print TV HF 1954/ 65 Dialogspots — Übereinstimmung 1967 Kaffee mit Blume eingeschränkte Bezugnahme — 1972 Luxus Übereinstimmung — 1973 erlesen eingeschränkte Bezugnahme — 1978 Geschmack/ Blaues Band eingeschränkte Bezugnahme Übereinstimmung 1978 Weihnachten Über- — -einstimmung 1980/ 81 der Veredelte eingeschränkte Bezugnahme Übereinstimmung 1982 Mit nichts zu vergleichen Übereinstimmung 1984 Ganzes Pfund eingeschränkte … nur Slogan (Manuskript) vorhanden … Bezugnahme 1985 Genusskaffee — Übereinstimmung 1994 Verlosung BMW Über- — -einstimmung 1995 Verlosung Kenia Über- — -einstimmung 1998/ 99 Übereinstimmung (siehe Kap. 6 „Synchrone Mehrmedialität“) Tabellen und Graphiken 12: Diachrone Mehrmedialität. Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb der Kampagnen. Auffallend ist, dass keine Kampagne der Kategorie „keine Bezugnahme“ zuzuordnen ist. Völlige Übereinstimmung herrscht, wie aus der Tabelle ersichtlich, beinahe ausschließlich bei Kampagnen, die nur in zwei Medien werben. Ausnahme ist die jüngste Kampagne „1998/ 99“ mit den übereinstimmenden Werbemitteln Anzeige, TV- und HF-Spot; bei der Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) stimmen motivisch jeweils eine Anzeige und ein HF-Spot sowie ein TV-Spot und ein HF-Spot überein. Zwei Kampagnen mit drei Werbemitteln liegen vor, bei der TV und HF übereinstimmen und die Anzeige zu beiden eingeschränkt Bezug nimmt („Ge- <?page no="220"?> 210 schmack/ Blaues Band“, 605 „der Veredelte“). In drei Fällen übereinstimmender Werbemittel handelt es sich um Entsprechung in den Bildmedien (Print und TV), sechsmal (also immer) stimmen die elektronischen Werbemittel (TV, HF), fünfmal Print und HF überein. Alle übrigen Kampagnen weisen in allen Werbemitteln eingeschränkte Bezugnahme zueinander auf; es wird jeweils nur in zwei Medien geworben („Kaffee mit Blume“ 1967: Print, TV; „erlesen“ 1973: Print, TV; „Ganzes Pfund“ 1984: Print, HF). Hinsichtlich der Chronologie lässt sich eine Tendenz festhalten: In der ersten Hälfte des Untersuchungszeitraums wechseln sich Kampagnen mit (teilweise) übereinstimmenden Medien mit solchen, die nur eingeschränkt aufeinander Bezug nehmen, ab. Es ergibt sich ein heterogenes Bild im Zeitverlauf. Ab Anfang der 80er Jahre (mit der Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“) liegen mir nur noch Kampagnen mit übereinstimmenden Werbemitteln vor; Ausnahme ist die aus inhaltlichen Gründen nur kurzfristig eingesetzte Kampagne „Ganzes Pfund“. Dieses Ergebnis unterstreicht die Aussagen des Unternehmens, wonach seit Ende der 70er/ Anfang der 80er Jahre in sich stimmige Kampagnen konzipiert und bestimmte Elemente in der Werbung kontinuierlich eingesetzt werden. 606 Folgend sind die Ergebnisse für die einzelnen Kategorien zusammengestellt. 7.2.2 Formales und inhaltliches Zusammenspiel - kampagnenübergreifende Parallelen und Unterschiede a) Struktur(elemente) • Slogan Mit einer Ausnahme besitzen alle übereinstimmenden Werbemittel einen gemeinsamen Slogan. Er steht bei der Printwerbung stets am unteren Rand und ist bei den elektronischen Werbemitteln am Spotende angebracht. Die Ausnahmekampagne ist „Geschmack/ Blaues Band“ (1978). Hier stimmen die Werbemittel TV- und HF-Spot überein. Sie haben jedoch keinen gemeinsamen Slogan (im TV: Prodomo verdient das blaue Band, im HF: Prodomo aus dem Hause Dallmayr / Geschmack ist eben alles). In den Dialogspots der 50er/ 60er Jahre kommt in beiden Werbemitteln kein Slogan vor. Deutlich wird insgesamt, dass der Slogan auch diachron sehr wichtig für die Verdeutlichung der Zusammengehörigkeit von Medien innerhalb einer Kampagne ist. Für die Identifikation als Kampagne erscheint auch bei den nur eingeschränkt übereinstimmenden Werbemitteln der Slogan als wichtiger Textbaustein. Er stimmt in den meisten Kampagnen werbemittelübergreifend überein. Ausnahme sind die Kampagnen „Geschmack/ Blaues 605 Vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 606 Telefonische Auskunft von Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter bei der Firma Dallmayr, am 27.07.2005. Vgl. Kap. 10.1.3 „Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Werbemitteleinsatz“. <?page no="221"?> 211 Band“ (eingeschränkte Bezugnahme der Anzeige zu den elektronischen Werbemitteln), wo jedoch der abweichende TV-Slogan das in der Anzeigen- Headline vorkommende, gemeinsame Thema „Blaues Band“ aufnimmt, und „Ganzes Pfund“, wo der Slogan des HF-Spots der Headline einer weiteren Anzeige dieser Serie entspricht. Der Slogan ist in den dreizehn untersuchten Dallmayr-Kampagnen - im Gegensatz zu der recht unterschiedlichen Platzierung in den aktuellen Kampagnen - am erwarteten Sloganplatz am Ende der Spots bzw. am unteren Rand der Anzeigen angebracht und sticht in den meisten Fällen durch die Schriftgröße im Vergleich zum Fließtext und teilweise durch zusätzliche Unterstreichung (weitere Anzeigen der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“) oder Fettdruck (z. B. Anzeige der Kampagne „Luxus“) heraus. Auffallend ist die kleine unauffällige Schrift des Slogans in der Anzeige der jüngsten Kampagne. Vermutlich geht man davon aus, dass der seit Jahren eingesetzte Slogan Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee den Rezipienten bekannt ist. Außerdem wirkt die Zurückhaltung in der Schriftgröße - das gilt auch für die Topline Aus dem Hause Dallmayr in München - weniger aufdringlich und fügt sich in die klare Gestaltung der Anzeige ein. 607 • Headline Bei den übereinstimmenden Werbemitteln stimmt die Headline - zum Teil leicht variiert - in vier von fünf möglichen Fällen mit dem Beginn der jeweils zugehörigen TVbzw. HF-Werbung überein („Luxus“ 1972, „Weihnachten“ 1978, „Mit nichts zu vergleichen“ 1982, „Verlosung BMW“ 1994). Ein Beispiel für eine variierte Übereinstimmung sei genannt („Mit nichts zu vergleichen“ 1982): In der Anzeige lautet die Headline: Dallmayr Prodomo. Einer großen Tradition verpflichtet. Der HF-Spot beginnt mit der Äußerung: Dallmayr Prodomo ist einer großen Tradition verpflichtet. Es gibt demnach einen syntaktischen Unterschied: Im Spot liegt ein Aussagesatz vor, in der Anzeige finden sich zwei Setzungen (jeweils mit einem Punkt abgeschlossen); sie würden in einem auditiven Medium künstlich wirken, das heißt, Nachahmung spontan gesprochener Sprache wäre nicht gewährleistet. Der Zusatznutzen, der senderbezogene Hinweis auf Tradition und damit auf Qualität, wird demnach an herausragender Stelle genannt: im Hörfunk als erste Äußerung, in der Anzeige als Headline und durch eine größere Schrift und Fettdruck hervorgehoben. Eine Ausnahme, also keine Übereinstimmung, liegt bei der Headline der Anzeige und dem Einstieg des HF- Spots der Kampagne „Kenia“ 1995 vor. 608 Erst in der jüngsten Anzeige 607 Vgl. Kap. 5.1 „Werbemittelexterne Fakten - Hintergründe und Strategien der Kampagnen“. 608 Vgl. die Erläuterungen zur Kampagne in Kap. 7.1 „Kampagnen - Hintergründe“. <?page no="222"?> 212 „1998/ 99“ ist keine klassische Anzeigenstruktur und somit auch keine Headline mehr vorhanden. 609 Bei den Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme stimmen die Headlines der Anzeigen nicht mit dem Einstieg in den elektronischen Medien überein. Ausnahme ist die Kampagne „Ganzes Pfund“ (1984). Für die diachrone Untersuchung und den späteren Vergleich mit den aktuellen Kampagnen ist festzuhalten, dass - mit Ausnahme der jüngsten Kampagne - alle Anzeigen eine Headline aufweisen. • Textstruktur Bei den übereinstimmenden Werbemitteln zeigt sich eine gemeinsame Textstruktur bei den elektronischen Medien. Beispielsweise sind die übereinstimmenden elektronischen Werbemittel der Kampagne „Dialogspots“ (50er/ 60er Jahre) als Dialog und die der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ (1978) als Monolog mit männlichem Sprecher gestaltet. Ausnahme ist die Kampagne „der Veredelte“ (1980/ 81): Der TV-Spot ist als Monolog gestaltet, im HF-Spot werden ein Sprecher und eine Sprecherin eingesetzt, die aber nur teilweise im Dialog miteinander sind. Wurde Übereinstimmung zwischen Printwerbung und TVbzw. HF-Werbung festgestellt, liegt eine strukturelle Entsprechung, teilweise mit medienspezifischen inhaltlichen und sprachlichen Variationen, vor. Dieses Ergebnis bestätigt die Resultate der Analyse aktueller Kampagnen, z. B. wies die Alete-Anzeige eine Headline und einen ausführlichen Fließtext auf, während der Text beim TV- Spot inhaltlich und strukturell ähnlich aufgebaut, jedoch kürzer gehalten ist. Unterschiede können ferner Pausen in HF oder TV gegenüber den graphischen Möglichkeiten der Anzeige sein. Ein Beispiel ist die Kampagne „Weihnachten“ (1978). Hier ist Übereinstimmung zwischen Anzeige und HF-Spot vorhanden, d. h., die Anzeigenstruktur Headline - Fließtext(ersatz) - Slogan einerseits entspricht inhaltlich-strukturell der als Monolog konzipierten HF-Werbung: 610 Headline bzw. Einstieg und die Slogans stimmen überein, dazwischen gibt es in der Anzeige eine Bilderabfolge mit Bildtexten, im HF-Spot einen gesprochenen Textteil; jedoch kann man beim Spot keine Hervorhebung, beispielsweise durch größere Sprechpausen oder besondere Betonung, in Parallelität zur Anzeige (größere Schrift, Fettung von Headline und Slogan) erkennen. Im Gegensatz zu den übereinstimmenden Werbemitteln besteht bei denjenigen mit eingeschränkter Bezugnahme keine Gemeinsamkeit hinsichtlich der Textstruktur; ein vergleichbarer inhaltlicher Aufbau zwischen Anzeigen 609 Vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 610 Im Manuskript zur Anzeige wird der sprachliche Teil dieses Strukturelements jedoch auch als „Copy“ - in der Werbesprache gleichbedeutend mit „Textbody“, „Body Copy“ (vgl. Janich, 2003, 47) oder eben „Fließtext“ - bezeichnet, was mich zur Einordnung in die klassische Anzeigenstruktur veranlasst. Der Slogan wird in diesem Manuskript im Übrigen als „Baseline“ bezeichnet. <?page no="223"?> 213 und elektronischen Werbemitteln liegt nicht vor. Beinahe alle Anzeigen, ob übereinstimmend oder eingeschränkt Bezug nehmend, weisen die klassische Anzeigenstruktur auf. Ausnahme ist die jüngste Kampagne „1998/ 99“. • Textmenge (Ungefähre) Übereinstimmung herrscht nur bei den übereinstimmenden Werbemitteln der Kampagnen „Weihnachten“ (Print: 42 Wörter, 611 HF: 44 Wörter), „der Veredelte“ (exemplarisch TV: 47, HF: 52), „Genusskaffee“ (je 59 Wörter), „Mit nichts zu vergleichen“ (jedoch nur TV- und HF-Spot: 52 Wörter, 56 bzw. 60 Wörter) und Dallmayr „1998/ 99“ (Anzeigen: 18 und 19 Wörter, TV-Spot: 14 Wörter, HF-Spot: 9, 12, 13 Wörter). Bei allen anderen übereinstimmenden Werbemitteln liegen z. T. sehr große Unterschiede in der Textmenge vor. 612 Print Fernsehen Hörfunk 50er/ 60er (Dialogspots) 54 (30 Sek.), 36/ 20 Sek. 146 (50 Sek.), 58/ 20 Sek. Luxus (70/ 72) 106 36 (15 Sek.), 48/ 20 Sek. Geschmack/ Blaues Band (78) (68; eingeschränkt übereinstimmend zu TV/ HF) 21 (20 Sek.) 57 (30 Sek.), 38/ 20 Sek. Weihnachten (77/ 78) 42 44 (30 Sek.), 30/ 20 Sek. Der Veredelte (81) 60 (eingeschränkt übereinstimmend zu TV/ HF) 47 (20 Sek.) 52 (30 Sek.), 35/ 20 Sek. Mit nichts zu vergleichen (82) 164 52 (30 Sek.), 35/ 20 Sek. 56 bzw. 60 (30 Sek.), 38/ 20 Sek. bzw. 40/ 20 Sek. Genusskaffee (85) 59 (30 Sek.), 40/ 20 Sek. 59 (30 Sek.), 40/ 20 Sek. Verlosung BMW (94) 98 59 (30 Sek.), 40/ 20 Sek. Verlosung Kenia (95) 108 56 (30 Sek.), 38/ 20 Sek. 1998/ 99 613 18, 19 14 (30 Sek.), 9/ 20 Sek. 9, 12, 13 (20 Sek.) Tabellen und Graphiken 13: Diachrone Mehrmedialität. Textmenge der übereinstimmenden Werbemittel. 611 Sekundärer Text, z. B. auf Dosen (vgl. Brandt, 1973, 147f.) wurde bei der Berechnung nicht einbezogen. 612 Zur Vergleichbarkeit mit den aktuellen Kampagnen wurde die Textmenge (Wörter) der TV- und HF-Spots einheitlich pro 20 Sek. berechnet. 613 Bei dieser Kampagne wurden an dieser Stelle alle verwendeten Exemplare der Werbemittel Anzeige und HF-Spot einbezogen (vgl. z. B. auch Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“). <?page no="224"?> 214 Medientypisch ist die größere Textmenge fast jeder Printwerbung im Vergleich zur Werbung in den elektronischen Medien. Es handelt sich also um eine medienbedingte Differenz, die auch in der Kategorie „Übereinstimmung“ vorhanden sein darf. Das trifft auf die Kampagnen „Luxus“, „Mit nichts zu vergleichen“, „Verlosung BMW“ und „Verlosung Kenia“ zu, wobei die Unterschiede besonders gravierend bei den Kampagnen „Luxus“ (Print: 106 Wörter, TV: 36 Wörter) und „Mit nichts zu vergleichen“ (Print: 164 Wörter, TV: 52 Wörter, HF: 56 bzw. 60 Wörter) sind. Ausnahme ist die werbemittelübergreifend textarme Werbung der jüngsten Kampagne „1998/ 99“. Im Hinblick auf den Vergleich zwischen den TV- und HF-Spots einer Kampagne fällt auf, dass die Radiowerbung stets wortreicher als die Fernsehwerbung ist, was daran liegen könnte, dass im Hörfunk die Sprache einziges oder zumindest dominierendes Darstellungsmittel ist - eventuell sind noch Geräusche vorhanden -, im TV dagegen Informationen auch über das Bild transportiert werden können (pro 20 Sek.: „Dialogspots“ - TV: 36 Wörter, HF: 58 Wörter; „Geschmack/ Blaues Band“ - TV: 21 Wörter, HF: 38 Wörter; „Mit nichts zu vergleichen“ - TV: 35 Wörter, HF: 38 bzw. 40 Wörter). Bei der Kampagne „der Veredelte“ trifft das nur zu, wenn man keine gemeinsame Spotlänge zugrunde legt. Abgesehen von den oben genannten Ausnahmen ungefährer Übereinstimmung in der Textmenge ist also über die Jahrzehnte hinweg bei den übereinstimmenden Werbemitteln Print wortreicher als TV und HF, HF textlastiger als TV. Besonders ins Auge sticht die Printwerbung der Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) mit 164 Wörtern. Hier wird die Möglichkeit der umfassenderen Darlegung von Argumenten und Sachverhalten genutzt. 614 Graphisch-stilistisch erinnert die Werbung aufgrund der Aufteilung in Spalten und der großen Textmenge an die Textsorte „redaktioneller Artikel“. Qualität, Fachwissen und Seriosität sollen damit zum Ausdruck kommen, was nicht zuletzt durch die Ausführlichkeit in den Erläuterungen und die Anreicherung durch Attribute (im Gegensatz zur sprachlichen und thematischen Verknappung im HF-Spot) begünstigt wird. Insgesamt gibt es diachron keine Tendenzen im Hinblick auf eine Veränderung der Textmenge, etwa eine stetige Abnahme. Ausnahme ist wiederum die Kampagne „1998/ 99“, die eine in allen Werbemitteln geringe Textmenge aufweist. Auch bei den Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme ist - zusammenfassend gesagt - die Printwerbung innerhalb einer Kampagne fast immer am wortreichsten. Ausnahme ist die Kampagne „Ganzes Pfund“ (Anzeige: 39 Wörter, HF-Spot: 64 Wörter). Bei den aktuellen Kampagnen waren Unterschiede in der Textmenge übereinstimmender Werbemittel ebenfalls rezeptionsbedingt, z. B. weniger 614 Vgl. auch die Kampagnenvorstellung in Kap. 7.1 sowie die Ausführungen zu dieser Kampagne in Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. <?page no="225"?> 215 Text bei den Plakaten der Stadtwerke München als bei den HF-Spots. Die Textmenge der HF-Werbung war nur dann höher als bei der übereinstimmenden TV-Werbung (z. B. bei den Kampagnen Flensburger Pilsener und Versicherungskammer Bayern), wenn man eine übereinstimmende Spotlänge ansetzt, denn die Textmenge an sich stimmt (weitgehend) überein. Dieses Ergebnis ist ein erster Hinweis darauf, dass Bilder und der parallel dazu gesprochene Text Zeit benötigen und deshalb in der HF- Werbung in kürzerer Zeit die gleiche Textmenge untergebracht werden kann. So erhöht sich zwangsläufig im HF auch das Sprechtempo. Beim Vergleich synchroner und diachroner Kampagnen fällt auf, dass der wortreichste TV-Spot aus den aktuellen Kampagnen stammt. Angegeben wird folgend die Textmenge pro 20 Sek.: Dem Bernbacher-Spot (Nachrichteninszenierung, 55 Wörter) folgen der TV-Spot der Dallmayr- Kampagne „Luxus“ (1972) mit 48 Wörtern und der TV-Spot der Kampagne „der Veredelte“ (1980/ 81) mit 47 Wörtern. Um die Übersicht nicht zu verfälschen, sei angemerkt, dass der TV-Spot der synchron untersuchten Kampagnen mit der zweitgrößten Textmenge nur 28 Wörter (Flensburger Pilsener) enthält, so dass also ein großer Sprung zum wortreichsten Spot (55 Wörter) vorhanden ist. Der auffallendste Abweichler ist sowohl synchron als auch diachron der Dallmayr-Spot aus dem Jahre 1999 mit 9 Wörtern. Tendenzen im Hinblick auf eine im Verlauf der Zeit ständig abnehmende Textmenge lassen sich also nicht feststellen. Die wortreichsten HF-Spots - genannt wird ebenfalls die Anzahl der Wörter pro 20 Sek. - gehören den Kampagnen Dallmayr-Dialogspots der 50er/ 60er Jahre (58 Wörter), Coca-Cola (53 Wörter) und Bernbacher (47 Wörter) an. Es handelt sich damit um den ältesten untersuchten Spot und zwei der aktuellen Spots. Am wenigsten Text enthalten die Dallmayr-Spots 1998/ 99 mit 9-13 Wörtern. Den wortreichsten Dallmayr-Anzeigen „Mit nichts zu vergleichen“ (1982: 164 Wörter), „Verlosungskampagne Kenia“ (1996: 108 Wörter) sowie „Luxus“ (1972: 106 Wörter) folgt bezüglich der Textmenge die aktuelle Alete-Anzeige (105 Wörter). • Bild Bei der Untersuchung von gemeinsamen visuellen Elementen der übereinstimmenden Werbemittel ist im Auge zu behalten, dass TV schon immer Basismedium der Dallmayr-Werbung ist und deshalb die Bildübernahme von TV zu Print geschieht und nicht umgekehrt. Eine Überprüfung dieser Kategorie kann nur innerhalb übereinstimmender Bildmedien (Anzeige, TV) erfolgen. Darunter fallen die Kampagnen „Luxus“, „Mit nichts zu vergleichen“ und „1998/ 99“. In allen Fällen wurden ein oder mehrere Bilder des TV-Spots exakt oder leicht variiert für die jeweilige Anzeige der <?page no="226"?> 216 Kampagne verwendet. Dieses Ergebnis deckt sich mit dem der synchron untersuchten übereinstimmenden Werbemittel. 615 Am Beispiel der Kampagne „Luxus“ (1972) zeigt sich, dass die Abweichungen weitgehend auf die Medienspezifik zurückzuführen sind: Im TV-Spot wird nicht nur das Ergebnis des Geschenks - der ausgepackte Kaffee - gezeigt, sondern der Prozess dargestellt: Eine Frau stellt ein Päckchen in die Mitte des Bildausschnitts, beginnt die üppige Schleife zu lösen und hält schließlich die Packung Dallmayr Prodomo in Händen. 616 In nur einem Fall („der Veredelte“ 1980/ 81) wurde bei den Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme ein Bild der TV-Werbung für die Anzeige übernommen. Bei den synchron untersuchten Kampagnen war eine engere Print-TV- Bindung zwischen den Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme festzustellen. Wenn kein TV-Bild exakt übernommen wurde, so handelte es sich in der Printwerbung doch um ein thematisch wichtiges visuelles Element aus dem Fernsehspot, das medienspezifisch variiert zum Einsatz kam (Versicherungskammer Bayern, Beate Uhse). Betrachtet man alle diachron untersuchten TV-Spots in den Kategorien „Übereinstimmung“ und „eingeschränkte Bezugnahme“, fällt diachron die Bilderexplosion im Spot der jüngsten Kampagne auf: Belief sich die Bildmenge in den Jahrzehnten vorher auf höchstens fünf Bilder, so weist der TV-Spot „1998/ 99“ 18 Bilder auf sowie allein Schnitte statt Überblendungen - ein Zugeständnis an die allgemeine TV-Spot-Gestaltung der jüngsten Zeit und die werbeunabhängig auf dem Fernsehsektor insgesamt zu beobachtenden Entwicklungen: 617 Auf diese Weise lassen sich Schnelligkeit und Ereignisreichtum erzielen. Das Ergebnis wird durch die Analyse der synchron untersuchten Kampagnen gestützt. • Musik Hier ist keine separate Behandlung der Werbemittel mit Übereinstimmung bzw. mit nur eingeschränkter Bezugnahme nötig. Bei den TV-Spots der Dialogspot-Kampagne (50er/ 60er Jahre) und der Kampagne „Luxus“ gibt es im TV einen Musikteppich (jeweils noch nicht die bekannte Dallmayr- Musik). Der TV-Spot der Kampagne „Kaffee mit Blume“ (Print, TV) enthält keine Musik. Bei allen übrigen elektronischen Werbemitteln ist ab Ende der 70er Jahre die extra für Dallmayr komponierte Instrumentalmusik als Musikteppich durchgehend vorhanden. Der HF-Spot der Kampagne „Verlosung Kenia“ wird erst im zweiten Teil, als das Produkt Dallmayr Prodomo thematisiert wird, mit der Dallmayr-Musik unterlegt. Die Musik hat sich 615 Vgl. Kap. 6 „Synchrone Mehrmedialität“. 616 Vgl. Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. 617 Vgl. auch Kap. 11.4 „TV-Werbung - Die Dominanz bewegter Bilder“. <?page no="227"?> 217 allerdings weiterentwickelt, was vor allem an dem Einsatz unterschiedlicher Instrumente zu hören ist. Als Ergebnis bleibt auch festzuhalten, dass es Übereinstimmung in der Musik demnach - mit Ausnahme der frühen Dialogspots - in allen Kampagnen, die zwei elektronische Medien beinhalten, gibt. Beliebt ist der Einsatz von Musik auch bei den aktuellen Kampagnen. Nach einer Kontinuität innerhalb der Marken kann hier wegen der nur punktuell synchronen Untersuchung der Marken nicht gefragt werden. Neu ist - im Vergleich zu den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen - die Betonung einzelner Textelemente, beispielsweise die Unterstreichung (nur) des Slogans mit Musik: Dies geschieht bei den HF-Spots von Budget, Löwenbräu und den Stadtwerken München. • Geräusche Auch in dieser Kategorie muss nicht zwischen übereinstimmenden und nur eingeschränkt Bezug nehmenden Werbemitteln unterschieden werden. Ein Vergleich ist nur möglich, wenn in einer Kampagne zwei elektronische Medien eingesetzt werden. Trotzdem werden folgend alle vorkommenden Geräusche aufgeführt: Sie werden über alle Jahrzehnte hinweg sehr sparsam eingesetzt und korrespondieren meist mit dem Einsatz des Musikteppichs. Ist er vorhanden, kommen tendenziell keine Geräusche vor; man würde sie nicht oder kaum hören können. Es gibt wenige Ausnahmen. Da ist zunächst der TV-Spot der Kampagne „Dialogspots“ zu nennen: Die Musik ist während des Dialogs nur sehr leise hörbar, so dass dadurch Geräusche nicht überdeckt werden. Diese tragen zur Authentizität bei (Geklapper der Kaffeetasse, als Darsteller Strecker sie auf den Tisch stellt; Zusammenknüllen des Zettels in der Hand (Lang); Papierrascheln beim Wegnehmen des Zettels; leichtes Rascheln, bevor Strecker den Zettel hinter den Rücken führt; Klirren der Kaffeetasse). Der HF-Spot ist zwar thematisch nicht unmittelbar vergleichbar, trotzdem ist auffallend, wie in Kap. 5.2c) festgestellt wurde, dass auf die Möglichkeit, Geräusche einzusetzen, im HF verzichtet wird. Geräusche gibt es auch bei den TV-Spots der Kampagne „Kaffee mit Blume“ (1967); hier wird keine Instrumentalmusik eingesetzt. Es handelt sich um Schuhgeräusche und Kaffeegeschirrgeklapper. Ferner kommen Geräusche nur noch zu Beginn des HF-Spots der Kampagne „Verlosung Kenia“ vor (Löwen- und Elefantengeräusch). Bei den aktuellen Kampagnen sind sehr viel häufiger Geräusche zu verzeichnen, sie treten in ganz unterschiedlicher Art und Weise bei sieben der zehn Kampagnen auf. b) Inhalt • Thematisierung von Sender, Empfänger und Produkt Bei Dallmayr liegt, was die Anzahl der Thematisierungen zeigt, ein starker Produktbezug vor: Alle Kampagnen der Kategorie „eingeschränkte Bezugnahme“ sind produktbezogen ausgerichtet, allein die Kampagne „Ge- <?page no="228"?> 218 schmack/ Blaues Band“ ist produkt- und senderbezogen einzustufen, die Kampagne „Kaffee mit Blume“ im TV-Spot auch empfängerbezogen. Visuell zeugt von der Produktbezogenheit die Abbildung von Dosen und Packungen Dallmayr Prodomo und einer eingeschenkten Tasse Kaffee. Bei den übereinstimmenden Werbemitteln kommt in manchen Kampagnen ein Empfängerbezug („Luxus“ 1972, „der Veredelte“ 1980/ 81, „Mit nichts zu vergleichen“ 1982, „Genusskaffee“ 1985, „Verlosung BMW“ 1994, „Verlosung Kenia“ 1995, „1998/ 99“) bzw. Senderbezug („Mit nichts zu vergleichen“ 1982, „1998/ 99“) hinzu. Dass heute - es deutet sich bereits ab den 70er Jahren an - allein die Herausstellung des Produkts in der Werbung für die angestrebte Wirkung beim Rezipienten nicht mehr ausreicht und sogar in den Hintergrund treten kann, zeigt sich an der jüngsten Kampagne („1998/ 99“): Während der TV-Spot produktorientiert ist, ist die Anzeige empfänger- und senderbezogen, der HF-Spot empfänger- und produktbezogen ausgerichtet. 618 Bei den untersuchten aktuellen Kampagnen nimmt, wie in Kap. 6 festgestellt wurde, zwar die Produktbezogenheit eine große Rolle ein; 619 allerdings ist auch die Empfängerthematisierung sehr wichtig geworden. An dieser Stelle wird zusammenfassend auf die Anzahl der Nennungen von Sender, Empfänger und Produkt bei den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen eingegangen; außerdem werden Auffälligkeiten herausgegriffen. Eine getrennte Darstellung übereinstimmender und nur eingeschränkt aufeinander Bezug nehmender Werbemittel ist wegen fehlender Unterschiede meist nicht nötig; Ausnahme ist das folgende Resultat: Bei den übereinstimmenden Werbemitteln fällt auf, dass die an der Kommunikation beteiligten Komponenten (Sender, Empfänger, Produkt) beinahe in allen Fällen in der Anzeige häufiger vorkommen. Nur die jüngste Kampagne „1998/ 99“ ist insgesamt so textarm, dass sich auch keine Differenzierung in der Anzahl der Thematisierungen treffen lässt. Bei den Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme sind zumindest die Thematisierungen in der Anzeige nicht geringer als in den weiteren Werbemitteln. Bei der Produktthematisierung wird im Fernsehen stets der sprachliche durch den visuellen Code gestützt (Abbildungen von Dallmayr-Dosen, Kaffee-Packungen), was ein entscheidender Vorteil zur HF-Werbung ist. Bei der Kampagne „Dialogspots“ der 50er/ 60er Jahre wird der Sender visuell in Form der Sekundärsender, die gleichzeitig auch als Vorbildverbraucher (Empfängerthematisierung) fungieren, thematisiert. Ansonsten zeigt sich der Sender in jüngeren Spots beispielsweise durch die Dallmayr-Verkäuferinnen und das Dallmayr-Haus. In den Bildmedien ist außerdem das Markenzeichen präsent. Auditive Senderthematisierung ist in allen elektronischen Werbemitteln der 70erbis 90er Jahre gegeben (Dallmayr-Instrumentalmusik). Die Empfängerthematisierung zeigt sich beispielsweise im TV-Spot „Kaffee mit 618 Vgl. Kap. 5.2a) „Inhalt“. Siehe auch Reimann, 2003, 206ff. 619 Vgl. „Thematisierung von Sender, Empfänger, Produkt“ in Kap. 6.2.2a) „Inhalt“. <?page no="229"?> 219 Blume“ (1967) darin, dass der Monolog aus der Perspektive des Darstellers gesprochen wird. Am Beispiel der Verlosungskampagne „Kenia“ (1995: Anzeige, HF-Spot) seien die Thematisierungen aufgezeigt (siehe Abb. 22, S. 208). Sender, Empfänger und Produkt werden auch hier - wie bei den meisten übereinstimmenden Werbemitteln - in der Printwerbung häufiger erwähnt. Sender als Thema: Der Sendername wird in der Anzeige dreimal, im HF-Spot einmal erwähnt; zusätzlich treten in der Printwerbung mehrfach pronominale Nennungen auf: wir, unsere. Visuell erscheint das Dallmayr-Siegel in der Topline. Einmal tritt in Anzeige und HF-Spot ein unterschiedlicher Agens auf, und zwar einmal das Unternehmen in Form des Personalpronomens wir, einmal das Produkt (Dallmayr Prodomo): Eine aufregende Wildlife-Safari erwartet Sie. Zusätzlich verlosen wir [...] (Anzeige) - Dallmayr Prodomo verlost [...] (HF). Der Vorteil der HF-Werbung ist die auditive Darstellungsmöglichkeit, das heißt, der Einsatz von Musik, wobei es sich um die seit Jahrzehnten bekannte Dallmayr-Instrumentalmusik handelt, die für das Unternehmen steht. Senderthematisierung in der Anzeige: sprachlich in der Topline: Aus dem Hause Dallmayr in München visuell: Dallmayr-Siegel Bildtext: Dallmayr verlost [...] sprachlich im Fließtext: - Zusätzlich verlosen wir [...] unsere Frage aus dem Hause Dallmayr 3x Firmenname Dallmayr (außerhalb des Produktnamens) Senderthematisierung im HF-Spot: sprachlich: direkt bei Dallmayr München auditiv: Dallmayr-Instrumentalmusik 1x Firmenname Dallmayr (außerhalb des Produktnamens) <?page no="230"?> 220 Empfänger als Thema: Bei der Empfängerthematisierung in der Anzeige handelt es sich fast ausschließlich um eine direkte Anrede des Lesers/ der Leserin, was sich besonders deutlich in den Imperativsätzen, die zum Mitmachen bei der Verlosung auffordern, zeigt, z. B. Beantworten Sie einfach [...] Und senden Sie [...] Weitere Empfängerthematisierungen in der Printwerbung sind: - Erleben Sie eine Woche lang die faszinierende Welt rund um den Kaffee. - Besuchen Sie eine Kaffeeplantage. - Entdecken Sie die ursprüngliche Natur Afrikas. - Eine aufregende Wildlife-Safari erwartet Sie. - Genießen Sie erholsame Tage in einem Luxushotel am Fuße des Mount Kenya. Die Empfängerthematisierung in der Hörfunkwerbung lautet: - Wenn Sie demnächst Ihren Kaffee trinken, hören Sie vielleicht dazu Folgendes: L ÖWENGERÄUSCH oder das: E LEFANTENGERÄUSCH . Vorausgesetzt, Sie fahren zum Kaffee nach Kenia für zwei Personen. Produkt als Thema: Bei der Verlosungskampagne „Kenia“ wird der Produktname Dallmayr Prodomo im HF-Spot dreimal, in der Anzeige dreieinhalb Mal erwähnt, da der Leser den Sortennamen Prodomo als Preisaufgabe ergänzen muss. Insgesamt wird das Produkt in dieser Kampagne achtmal (Anzeige) bzw. viermal (HF-Spot) thematisiert, wie die folgende Zusammenstellung zeigt. Unterschiede in der Produktthematisierung zwischen den Werbemitteln gehen schließlich - medienbedingt - darauf zurück, dass der Coupon für die Verlosung in der Anzeige bereits dabei ist, im HF-Spot jedoch nur die Orte genannt werden, wo man die Teilnahmekarten bekommen kann. Eine medienspezifische Besonderheit fällt noch auf: Der Reiseort, der im HF vor allem durch das Löwen- und Elefantengeräusch kenntlich gemacht wird, wird in der Anzeige ausführlich versprachlicht (Erleben Sie eine Woche lang die faszinierende Welt rund um den Kaffee [...] Besuchen Sie eine Kaffeeplantage [...] Entdecken Sie die ursprüngliche Natur Afrikas. Eine aufregende Wildlife-Safari erwartet Sie.). Hinzu kommt die visuelle Produktthematisierung durch Schmuckdose und eine Packung Dallmayr prodomo. Produktthematisierungen in der Anzeige: sprachlich: - Headline: Zum Kaffee nach Kenia. die faszinierende Welt rund um den Kaffee. - Kaffeeplantage […] gefüllt mit je 500 g Dallmayr prodomo. die beliebteste Kaffeemarke […] - Dallmayr prodomo, 81020 München. - Dallmayr [... hier soll der Sortenname ergänzt werden] - Slogan: Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee. 3 ½ x Produktname Dallmayr prodomo <?page no="231"?> 221 visuell: Schmuckdose, Packung Dallmayr prodomo, Tasse Kaffee Produktthematisierungen im HF-Spot: sprachlich: - Kaffee […] - Dallmayr Prodomo verlost [...] gefüllt mit je 500 Gramm Dallmayr Prodomo. - Dallmayr prodomo / vollendet veredelter Spitzenkaffee (Slogan) 3x Produktname Dallmayr Prodomo • Kampagnenspezifische Themen In der Regel werden die kampagnenspezifischen Themen in allen übereinstimmenden Werbemitteln umgesetzt. Beispielhaft sei die Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) angeführt: Anzeige, TV- und HF-Spot beinhalten die Themen „Tradition und/ ist Qualität“ (Anzeige, TV: sprachlich und visuell, HF: sprachlich), „Genuss“ (Anzeige, TV, HF: sprachlich) und „Qualität: Herkunft und Herstellungsverfahren“ (Anzeige, TV, HF: sprachlich). Untersucht wurden hier ein motivisch übereinstimmendes Anzeige-HF-Spot-Paar sowie ein TV-HF- Spot-Paar. Interessant ist die Medienspezifik: Die Anzeige greift die Themen ausführlicher als der passende HF-Spot auf. Im Falle der in den Themen übereinstimmenden elektronischen Werbemittel (TV, HF) wird im ersten Themenblock - der zweite stimmt sprachlich exakt überein - im HF mehr Text verwendet, d. h., Themen, die im TV nur schlagwortartig aufgegriffen werden, werden im HF erläutert. So wird im HF sprachlich aufzufangen versucht, was im TV durch die visuelle Komponente vorhanden ist, z. B. TV: bürgt auch für besonderen Kaffeegenuss - HF: nur das Beste vom Besten an Essen und Trinken; TV: mit Dallmayr Prodomo - HF: [...] entspricht das Haus Dallmayr mit einem großen Kaffee: mit Dallmayr Prodomo. 620 Ausnahmen im Hinblick auf gemeinsame Themen/ Informationen in den übereinstimmenden Werbemitteln sind die Kampagnen „Luxus“ (Print/ TV), „Geschmack/ Blaues Band“ (nur TV, HF) und „Weihnachten“ (Print/ HF). Unterschiede in der Themenwahl sind medienbedingt und beeinflussen nicht die Einordnung der Werbemittel als übereinstimmend, im Gegenteil: Durch geringe, dem Medium angepasste Variation kann die gewünschte Wirkung beim Rezipienten noch verstärkt werden. Die Kampagne „Luxus“ beispielsweise enthält in Anzeige und TV-Spot die gemeinsamen Themen „täglicher Luxus“ (nur sprachlich), „preiswertes, nobles Geschenk“ (sprachlich und visuell) und „Lebensfreude“ (nur sprachlich). Hinzu kommen in der Printwerbung die Themen „Gesundheit“ (sprachlich) und „Qualität 620 Vgl. dazu auch Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. <?page no="232"?> 222 hinsichtlich der Herkunft und des Herstellungsverfahrens“ (sprachlich), die meines Erachtens jedoch medienbedingt ergänzt werden und der unterschiedlichen Rezeptionssituation entsprechen, wonach Printwerbung nicht flüchtig ist und bei Interesse wiederholt gelesen werden kann. Außerdem sind die beiden in der Printwerbung zusätzlichen Themen der Informationsfunktion zuzurechnen und somit wiederum anzeigentypisch. 621 Sind solche differierenden Themen innerhalb von Kampagnen bei den übereinstimmenden Werbemitteln selten, so tragen sie bei anderen Kampagnen neben formal-strategischen und argumentativen Unterschieden zur Einordnung in die Kategorie eingeschränkte Bezugnahme bei. 622 Das gilt für die Kampagnen „Kaffee mit Blume“ (Anzeige, TV-Spot), „erlesen“ (Anzeige, TV-Spot), „der Veredelte“ (Anzeige zu TV/ HF-Spot), „Geschmack/ Blaues Band“ (Anzeige zu TV/ HF-Spot) und „Ganzes Pfund“. Beispielhaft sei die Kampagne „erlesen“ (1973) angeführt: Sie enthält die den beiden Werbemitteln gemeinsamen Themen „Qualität/ Wert (Vergleich)“ und „Genuss“, wobei Letzteres im TV-Spot auch visuell mit einer jungen Frau, die genießerisch von ihrem Kaffee probiert, aufgegriffen wird, während die Anzeige sachlich-nüchtern nur die Produktabbildung zeigt. Hinzu kommt das nur in der Anzeige vorhandene und meines Erachtens printspezifische informierende Thema „Qualität: Herkunft der Kaffeebohnen“, das allerdings recht kurz behandelt wird. Die Informationsfunktion ist auch der Grund für die weitaus detailliertere Darstellung des Themas „Herstellungsvorgang“ in der Printwerbung, wie der folgende Analyseausschnitt zeigt. 623 Anzeige TV-Spot Kampagnenspezifische Themen Qualität/ Wert (Vergleich) sprachlich: - Headline: Nicht billiger. Besser. wie gut Kaffee [...] - [...] den Sie bei billigeren Kaffees kaum finden werden. - Slogan: [...] Nur die besten Kaffees sprachlich: - Denn wir machen nicht den billigeren Kaffee, sondern den besseren - Slogan: [...] Nur die besten Kaffees Genuss sprachlich: [...] einem reinen, unvergleichlichen Genuß. Einem echten, großen Genuß, [...] sprachlich: vollkommenen Kaffeegenuß visuell: junge Frau, die genießerisch vom Kaffee probiert 621 Vgl. die Ausführungen unter A.2 „(Weitere) Themen“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“ sowie Kap. 10.1.1 „Unterschiede in den kommunizierten Themen“. 622 Vgl. zur Einordnung Kap. 3.3 „Synchrone und diachrone Mehrmedialität“. 623 Vgl. auch Kap. 10.1.1 „Unterschiede in den kommunizierten Themen“. <?page no="233"?> 223 Qualität: Herkunft der Kaffeebohnen sprachlich: Denn dieser Kaffee wächst noch ganz natürlich heran. Herstellungsvorgang sprachlich: Er wird von uns sorgfältig geprüft und ausgewählt. Dann veredeln wir ihn und machen ihn so besonders bekömmlich. Schließlich vollenden wir ihn durch unsere behutsame Vollaroma-Röstung zu einem reinen, unvergleichlichen Genuß [...] sprachlich: Denn wir machen nicht den billigeren Kaffee, sondern den besseren c) Form/ Gestaltung • Mündlichkeit und Schriftlichkeit Sowohl bei den übereinstimmenden Werbemitteln als auch bei denen mit eingeschränkter Bezugnahme überwiegt die konzeptionelle Schriftlichkeit in den Werbemitteln. Meines Erachtens ist das durchaus gewollt im Hinblick auf die Aufwertung des Produkts durch einen elaborierten Code. Außerdem ist festzuhalten, dass Anzeigen häufig und medienunspezifisch, jedoch leserfreundlich, gesprochensprachliche Elemente enthalten (z. B. die Weihnachtskampagne und die Verlosungskampagnen). Es handelt sich dabei um Anzeigen, die mit einer Handlungsanweisung verbunden sind. 624 Ein Beispiel für die konzeptionelle Schriftlichkeit in medial mündlichen Texten (TV-, HF-Spot) ist die Kampagne „Genusskaffee“. Auffallend ist die Satzkomplexität in der ersten Äußerung beider Werbemittel (4 Nebensätze, 43 graphische Wörter! ): Es ist mehr als eine gewachsene Tradition, die aus Dallmayr Prodomo einen Spitzenkaffee all derer macht, die den sicheren Geschmack für das Besondere haben und die wissen, daß erst das Zusammenspiel feinster Hochlandsorten, schonender Veredelung und sorgfältiger Vollaromaröstung zu diesem vollendeten Kaffeegeschmack führen. Auch die Wortwahl deutet auf konzeptionelle Schriftlichkeit hin, z. B. Der Prodomo spricht für sich selbst und für alle, die ihn suchen. Dabei weist das Verb „sprechen“ auf eine „höhere Stilschicht“ im Vergleich etwa zu „reden“ hin; zudem ist beispielsweise nur bei „sprechen“ ein Abstraktum als Subjekt möglich. 625 Vermutlich soll eine gewisse Unnahbarkeit zwischen Sprecher und Hörer die Besonderheit des Produkts hervorheben; hierzu trägt auch 624 Zum Beispiel in der Anzeige der „Verlosungskampagne BMW“: Direkte Ansprache der Rezipienten (Imperative), Temporaldeixis (jetzt) im ersten Satz des Fließtextes (Dallmayr verlost jetzt [...]), alltagssprachliche Wortwahl (z. B. der glückliche Gewinner; etwas besonders Schönes; Beantworten Sie einfach Abtönungspartikel), kurze, v. a. einfache Sätze: Auffallend ist z. B. die Abtrennung von durch Konjunktion eingeleiteten Hauptsätzen mittels Interpunktion (Punkt): Denn wir verlosen [...] sowie Und senden Sie [...]. 625 Helbig/ Schenkel, 1983, 410 und 405f. <?page no="234"?> 224 der männliche Sprecher bei: Er ist mit einer relativ hellen Stimme ausgestattet, spricht nicht zu schnell und betont zusätzlich wichtige Wörter. Dialogspots und Spots mit Sprechern aus der Ich-Perspektive (Vorbildverbraucher) sind eher am Konzept „Mündlichkeit“ orientiert, da sie spontan, authentisch und glaubwürdig wirken sollen; die Werbesituation soll in den Hintergrund treten. 626 Ein Beispiel ist die Kampagne „Kaffee mit Blume“ (1967), von der mir zwei TV-Spots vorliegen: Die Spots sind konzeptionell gesprochensprachlich angelegt, ein Darsteller agiert. In der Anzeige sind ebenfalls konzeptionell gesprochensprachliche Elemente vorhanden (Ellipsen, Abtönungspartikel einfach): Anzeige TV-Spot Konzept und Medium Mündlichkeit/ Schriftlichkeit Medium: schriftlich; Konzept: Schriftlichkeit; Verwendung konzeptionell gesprochensprachlicher Elemente: syntaktisch: Ellipsen (Zu gut, um ihn nur zum Frühstück zu trinken [...]) und Setzungen (Dallmayr Kaffee. Bester Kaffee. Sorte für Sorte); Gedankenstrich statt Komma zwischen Haupt- und Nebensatz (Man erkennt ihn sofort am Duft - wenn sich seine Blume entfaltet und [...]) Erleichterung des Lesens sowie Hervorhebung des nachfolgenden Nebensatzes; - Lexik: Abtönungspartikel einfach Setzungen allein würden für die Einordnung in die konzeptionelle Mündlichkeit nicht ausreichen. Medium: schriftlich und mündlich; Konzept: Mündlichkeit: 1. Spot beginnt mit Ausruf und einer Interjektion (Haa / jetzt eine Erfrischung / Kaffee) 2. Spot beginnt mit dem Konnektor und (Und jetzt meinen Kaffee) In beiden Spots auffallend geringe Zahl von Verbformen bzw. Prädikaten (1. und 2. Spot: im Slogan duftet, schmeckt; im 2. Spot zusätzlich 3x das inhaltsarme Verb haben in der Aufzählung: [...] der hat Aroma, der hat Geschmack, der hat Blume). Weitere Ausnahmen, die konzeptionelle Mündlichkeit aufweisen, sind die Dialogspots (50er/ 60er Jahre) sowie die jüngeren HF-Spots der Verlosungskampagnen. Die - unabhängig von der Frage nach Übereinstimmung oder eingeschränkter Bezugnahme - festgestellte überwiegende konzeptionelle Schriftlichkeit aller Werbemittel der Dallmayr-Kampagnen steht im Gegensatz zu den Ergebnissen der Untersuchung aktueller Kampagnen, wo ausschließlich konzeptionelle Mündlichkeit vorzufinden ist - wenn eine Einordnung möglich war; dies gilt auffälligerweise auch bei medienspezifisch möglicher 626 Dialoge sind die „am meisten gebräuchlichste […] Sendeform“ (Schönert, 1982, 146) im Hörfunk. <?page no="235"?> 225 konzeptioneller Schriftlichkeit, beispielsweise bei der textreichen Alete- Anzeige. 627 Als Gemeinsamkeit zwischen den aktuellen Kampagnen und den Dallmayr-Kampagnen bleibt festzuhalten: Spots mit Dialog werden sowohl synchron (zum Beispiel HF-Spots von Bernbacher, Löwenbräu, den Stadtwerken München, HF- und TV-Spot von Flensburger Pilsener und der Versicherungskammer Bayern) als auch diachron (Dialogspots der 50er/ 60er Jahre) mündlich konzipiert. • Prosodie Eine Differenzierung zwischen übereinstimmenden Werbemitteln und Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme ist nicht notwendig. Für die Slogans werden fast durchweg männliche Sprecher eingesetzt. Ausnahmen sind die Kampagnen „1998/ 99“ sowie „Mit nichts zu vergleichen“ (1982); bei Letzterer gibt es für HF- und TV-Spot wahlweise eine Sprecherin (Dallmayr Prodomo. Für mich im Geschmack unvergleichlich gut) oder einen Sprecher (Dallmayr Prodomo, mit nichts zu vergleichen). 628 Sprecherinnen werden ansonsten ausschließlich als Dialogpartnerinnen eingesetzt. Das Sprechtempo ist in keinem Fall auffallend schnell, es herrscht insgesamt eine eher gemäßigte bzw. getragene Sprechweise vor, die die Qualität und Güte des Produkts unterstreichen soll; nur die TV-Spots der Kampagne „der Veredelte“ (1980/ 81) werden vom eingesetzten Sprecher, der auch eine höhere Stimme hat, mit etwas schnellerem Tempo gesprochen. Im Gegensatz dazu ist zwar bei den synchron untersuchten Kampagnen teilweise hohes Sprechtempo (HF-Spots von Bernbacher und Coca-Cola) vorhanden; auffallend ist jedoch aktuell vor allem, dass das Tempo auch ganz bewusst variiert wird, um Inhalte auszudrücken oder zu bekräftigen, z. B. steht geringere Sprechgeschwindigkeit für Ruhe (Alete) oder genießerisches Verweilen (Löwenbräu). Hervorzuhebende Wörter werden bei den Dallmayr-Kampagnen in der Regel betont. In der Kampagne „Luxus“ (1972) fällt auf, dass das Wort so (schenkt uns täglich so viel) durch Betonung und eine anschließende kurze Sprechpause herausgestellt wird. Dagegen wird diese fehlende Möglichkeit in der Anzeige so ausgeglichen, dass das Syntagma so viel Attribut zu einem substantivischen Kern Lebensfreude wird. Die konzeptionelle Schriftlichkeit der HF-Spot-Dialoge der Kampagne „Ganzes Pfund“ (1984) sowie teilweise der Kampagne „der Veredelte“ hätte unter anderem durch eine sorgfältigere prosodische Gestaltung in den 627 Vgl. auch „Mündlichkeit und Schriftlichkeit (Medium und Konzept)“ in Kap. 6.2.2c) „Form/ Gestaltung“. 628 In den späteren Anzeigen fehlt ein Slogan ganz. Vermutlich gehen die Änderungen auf eine wettbewerbsrechtliche Beschwerde der Konkurrenz Ende des Jahres 1982 zurück, die darauf hinwies, dass der Slogan Dallmayr Prodomo, mit nichts zu vergleichen. eine „unzulässige Alleinstellung“ ist (Ausschnitt aus einem Brief der Eduscho GmbH & Co. KG an Dallmayr, 03.12.1982). <?page no="236"?> 226 Hintergrund treten können. 629 Im Gegensatz dazu hatten die Schauspieler der Dialogspots (50er/ 60er Jahre) nur thematische Vorgaben und konnten ihre Texte recht frei gestalten; die vielen prosodischen Auffälligkeiten der Kampagne wurden bereits behandelt. 630 • Text-Bild-Bezug In dieser Kategorie ist eine separate Untersuchung übereinstimmender Werbemittel und solcher mit eingeschränkter Bezugnahme unnötig. Nur visuelle Werbemittel konnten verglichen werden. Gleiche Text-Bild-Bezüge in Anzeige und TV-Spot zeigen drei Kampagnen: Eindeutig textdominant ist die wie ein redaktioneller Artikel aufgebaute Anzeige „Mit nichts zu vergleichen“ (1982), wobei auch Text- Bild-Übereinstimmung festzustellen ist: Die in den Text integrierten Abbildungen visualisieren jeweils das, was in der dazugehörigen Spalte versprachlicht wird. Auch den TV-Spot dieser Kampagne stufe ich als textdominant ein, da die Eigenschaften des Kaffees bzw. der Kaffeebohnen nicht visuell dargestellt werden. Ebenfalls textdominant sind die visuellen Werbemittel der Kampagne „der Veredelte“ (1980/ 81). Die jüngste Kampagne „1998/ 99“ weist in Anzeigen und TV-Spot Bildzentriertheit auf. Folgende Kampagnen weisen unterschiedliche Text-Bild-Bezüge bei den Print- und Fernsehwerbung auf; in allen Fällen liegt ein textzentrierter TV- Spot und eine textdominante Anzeige vor: „Kaffee mit Blume“ (1967), „Luxus“ (1972), „erlesen“ (1973) und „Geschmack/ Blaues Band“ (1978). Bei der Kampagne „Luxus“ beispielsweise zeigt die Anzeige ein Mehr an Informationen, das im TV-Spot nicht vermittelt wird: „Gesundheit“, „Qualität: Herkunft, Herstellungsverfahren“. Insgesamt liegt bei der Untersuchung aller vorkommenden visuellen Werbemittel (Anzeigen, TV-Spots) fast ausschließlich Textzentriertheit und -dominanz vor. Bildzentriertheit zeigt sich nur in der jüngsten Kampagne. Wie jedoch zum Text-Bild-Bezug in Kap. 6.2.2c) im Rahmen der synchron untersuchten Werbung festgestellt wurde, kann von einer aktuell eventuell vermuteten überwältigenden Mehrheit bilddominanter oder bildzentrierter Werbemittel nicht die Rede sein. In den zehn aktuellen Kampagnen war zwar Bilddominanz und -zentriertheit häufig festzustellen, jedoch gibt es durchaus textzentrierte, ja sogar textdominante Werbemittel. Ergebnisse zum Text-Bild-Bezug müssen in einem größeren Zusammenhang gesehen werden, wie im Rahmen des Kapitels C „Interpretation der Ergebnisse“ noch detailliert gezeigt wird. Dazu gehören beispielsweise Argumentationsweise und Textmenge: So sind Anzeigen heute vor allem emotionsbezogen angelegt und weisen eine durchschnittlich geringe Textmenge auf - wenn es auch Ausnahmen gibt. Bei den TV-Spots überwiegen 629 Vgl. Schönert, 1982, 147. 630 Vgl. die Kampagnenvorstellung in Kap. 5.1 im Rahmen des Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“ sowie zu den prosodischen Elementen der Kampagne den entsprechenden Abschnitt in Kap. 5.2d). <?page no="237"?> 227 auch in früherer Zeit schon die emotionsbezogenen; der textreichste Spot ist zwar der aktuelle Bernbacher-Spot, jedoch sind die anderen aktuellen TV- Spots deutlich textärmer; dagegen ist die Anzahl der Bilder in jüngster Zeit stark angestiegen. Schließlich sind als werbemittelexterne Faktoren die heutige Beliebtheit des Fernsehens als Freizeitbeschäftigung und als Werbeträger zu berücksichtigen, d. h., die allgemeinen medialen Entwicklungen und Moden müssen auch in die Text-Bild-Gestaltung der Werbung einbezogen bzw. bei der Analyse berücksichtigt werden. d) Zusammenfassung • Struktur(elemente) Bei den übereinstimmenden Werbemitteln zeigt sich die strukturelle Übereinstimmung in den meisten Fällen durch einen gemeinsamen Slogan, eine Headline, die dem Einstieg in den elektronischen Werbemitteln entspricht, sowie eine übereinstimmende Textstruktur. Teilweise liegt Übereinstimmung in der Textmenge vor. Bei den Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme herrscht nur beim Slogan in fast allen Fällen Übereinstimmung. Es zeigen sich mediale Regelmäßigkeiten: Die Printwerbung ist - bei Textmengenunterschieden - medienbedingt bei fast allen Kampagnen wortreicher als die elektronischen Werbemittel; zudem weist die HF-Werbung mehr Text als die TV-Werbung auf, was auf die Konzentration auf den sprachlichen Code zurückzuführen sein dürfte. Eine diachrone Tendenz hinsichtlich einer möglicherweise angenommenen abnehmenden Textmenge gibt es nicht. In allen Fällen übereinstimmender Werbemittel wurde Bildmaterial aus der TV-Werbung für die Anzeigen verwendet; das traf nur in einem Fall bei den Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme zu („der Veredelte“ 1980/ 81). Ab Ende der 70er Jahre wird in TV und HF aller Kampagnen die für Dallmayr komponierte Instrumentalmusik eingesetzt. • Inhalt Bei den übereinstimmenden Werbemitteln zeigt sich keine Übereinstimmung in der Häufigkeit der Thematisierung von Sender, Empfänger und Produkt: Sie kommen beinahe durchgehend in der Anzeige häufiger vor. Bei den eingeschränkt übereinstimmenden Werbemitteln sind die Thematisierungen - es geht auch hier nur um die Anzahl - in der Anzeige zumindest gleich häufig anzutreffen wie in den weiteren Werbemitteln. Kampagnenspezifische Themen treten - wie es die Definition für „Übereinstimmung“ verlangt - in der Regel in allen übereinstimmenden Werbemitteln auf. Ausnahmen sind medienbedingt. Es gibt jedoch keine Übereinstimmung in (allen) kampagnenspezifischen Themen bei den Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme. <?page no="238"?> 228 • Form/ Gestaltung Sowohl bei den übereinstimmenden Werbemitteln als auch bei denen mit eingeschränkter Bezugnahme zeigt sich überwiegend konzeptionelle Schriftlichkeit. Fast alle visuellen Werbemittel (Anzeigen, TV-Spots) sind textzentriert oder textdominant; Ausnahme ist die bildzentrierte jüngste Kampagne. Print- und Fernsehwerbung der insgesamt übereinstimmenden Werbemittel (Kampagnen „Mit nichts zu vergleichen“ und „1998/ 99“) stimmen meist im Text-Bild-Bezug überein; Ausnahme ist die Kampagne „Luxus“ (Anzeige textdominant, TV-Spot textzentriert). Auch die Print- und TV-Werbung der Kampagne „der Veredelte“ (nur eingeschränkte Bezugnahme) stimmen im Text-Bild-Bezug überein. 7.2.3 Zusammenfassender Vergleich der diachron und synchron untersuchten Kampagnen Die Ergebnisse aus den Untersuchungen der aktuellen Kampagnen in Kap. 6 sowie der diachron analysierten Dallmayr-Werbung ergeben die in der folgenden Tabelle aufgeführten Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Sie sind auch Gegenstand von Kap. C „Interpretation der Ergebnisse“. Zahlenmäßig geringer ausfallende Gemeinsamkeiten bzw. fehlende eindeutige Unterschiede sind an der Verbindung der Zeilen zu sehen. So gibt es bei Spotlänge und Textmenge keine strikten Grenzen zwischen den aktuellen und den im historischen Verlauf untersuchten Kampagnen. Lediglich die Anzeigen sind tendenziell in früheren Jahrzehnten textreicher, was jedoch keine ständig zunehmende Textknappheit zur Folge hat. Außerdem sind die sich durch fast alle Dallmayr-Kampagnen ziehenden Themen „Qualität“ (mit seinen unterschiedlichen Aspekten), 631 „Genuss“ und „Geschmack“ auch bei den synchron untersuchten Kampagnen, die Lebensmittel bewerben (Alete, Bernbacher, Coca-Cola, Dallmayr, Flensburger Pilsener, Löwenbräu), von großer Bedeutung. 632 Weibliche Stimmen werden diachron selten und beinahe ausschließlich in Form von Dialogpartnerinnen eingesetzt. Als Kommentarund/ oder Slogansprecherin ist eine Frau nur in der jüngsten Dallmayr-Kampagne sowie in der Dallmayr-Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) präsent. Allerdings ist dies in den 80er-Jahre-Spots (TV, HF) eine halbherzige Lösung: Die Sprecherin spricht nur aus ihrer Perspektive, so dass die Aussage weniger einer allgemein gültigen Behauptung gleicht: Dallmayr Prodomo. Für mich im Geschmack unvergleichlich gut. Auch in den aktuellen Kampagnen gibt es neben der erwähnten Dallmayr- Kampagne „1998/ 99“ nur in einem einzigen Fall, einem der beiden HF- Spots der Stadtwerke München, eine weibliche Stimme, die den Slogan 631 Vgl. auch Kap. 5.2a) „Inhalt“ im Rahmen von Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 632 Vgl. die Ausführungen zur „Gewichtung der Themen“ in Kap. 9.4e) „Der markenübergreifende Vergleich“. <?page no="239"?> 229 spricht. Dies zeigt, dass vermutlich ein männlicher Sprecher immer noch für mehr Seriosität steht. 633 Strukturelemente diachron (Dallmayr) synchron Textbausteine (Schlagzeile, Headline, Slogan) keine Probleme bei der Ermittlung der Textbausteine beinahe ausschließlich gemeinsamer Slogan innerhalb der Kampagnen; klassische Sloganplatzierung stets Headline in den Anzeigen - Probleme bei der Klassifizierung der Textbausteine kaum mehr Headlines in den Anzeigen große Bandbreite im Umgang mit dem Slogan (Platzierung, Trennung in zwei Teile, Variation innerhalb einer Kampagne, versch. Funktionen) Textstruktur - Anzeigen: stets klassische Textstruktur; Ausnahme: die jüngste Kampagne „1998/ 99“ keine Plakate vorhanden - TV- und HF-Spots: v. a. Monolog; im HF auch öfter Dialog - Anzeigen: kaum mehr klassische Textstruktur - Plakate: textarm; zumindest ein Slogan ist stets vorhanden - TV- und HF-Spots: v. a. Dialog, auch Monolog (beim Slogan ist gelegentlicher Sprecherwechsel zu beachten) weitere sprachliche/ bildliche Elemente keine Internetadresse wenige primäre Markenlogos: v. a. seit den 90er Jahren in den Toplines; vorher nur vereinzelt, und zwar in der Anzeige „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) und dem TV-Spot „Geschmack/ Blaues Band“ 1978); vor allem sekundäre Logos in den visuellen Werbemitteln keine weiteren sprachlichen oder bildlichen Elemente - Internetadresse nur in visuellen Werbemitteln: in sechs von zehn Printwerbungen vorhanden; in wenigen Fällen auch in TV- Werbung - Markenlogos in allen Werbemitteln: v. a. primäre Markenlogos; sekundäre Logos in TV-Spots von Bernbacher und Dallmayr sowie TV-Spot und Anzeige von Flensburger - Adds, Inserts, weitere Logos und Slogans, Bildtexte 633 Vgl. dazu Seyfarth, 1995, 187ff., Brechtel-Schäfer, 1972, 192f. Wittlinger/ Sendlmeier (2005, 71-119) ermitteln - ihre Untersuchung bezieht sich nur auf Frauen -, dass ein erhöhtes Sprechtempo sympathischer auf Hörerinnen und Hörer wirkt. Im Hinblick auf die Sprechstimmlage ist die Untersuchung weniger aussagekräftig, da die Stimmen „alle relativ tief waren“ (Wittlinger/ Sendlmeier, 2005, 91). <?page no="240"?> 230 Spotlänge und Textmenge Spotlänge: keine Unterschiede zwischen diachron und synchron untersuchten Spots; einzige Ausnahme: HF-Spot der 50er/ 60er Jahre mit 50 Sek. bedeutend länger als alle übrigen HF-Spots (15-30 Sek.) Textmenge: - TV: wortreichster Spot aus aktuellen Kampagnen (Bernbacher); dann folgen diachron untersuchte Dallmayr- Spots; jedoch keine Tendenz bezüglich einer ständig abnehmenden Textmenge - HF: ebenfalls keine Tendenz zwischen diachron und synchron untersuchten Spots - Anzeigen: tendenziell diachron analysierte Anzeigen textreicher, aber keine Beständigkeit hinsichtlich einer eventuell zunehmend geringer werdenden Textmenge; textreichste Anzeige der aktuellen Kampagnen ist die Alete-Anzeige Bild geringe Bildmenge tendenziell hohe Bildmenge (Ausnahme: Bernbacher) Musik beinahe durchgehende Konstanz (ab den 70er Jahren): Dallmayr-Instrumentalmusik - TV- und HF-Spots von fünf der zehn Kampagnen: Instrumentalmusik (teilweise nur in einem der beiden elektronischen Werbemittel) - TV-Spot der Stadtwerke München: durchgehend mit gesungenem Lied + Instrumentalmusik unterlegt kleine Musikakzente (z. B. zur Unterstreichung des Slogans) Geräusche werden kaum eingesetzt (Ausnahme: Dialogspots der 50er/ 60er Jahre und TV-Spot „Kaffee mit Blume“ (1967): tertiäre Geräusche Authentizität) häufiger Geräusche-Einsatz (vor allem tertiäre, teilweise auch sekundäre Geräusche) Inhalt diachron (Dallmayr) synchron Thematisierung von Sender, Empfänger, Produkt - Kampagnen v. a. produktbezogen ausgerichtet (Ausnahme ist die jüngste Kampagne); zusätzlich auch Empfänger-, seltener Senderbezug (50er Jahre noch ausschließlich Produktbezogenheit) tendenziell alle Thematisierungen häufiger in der - Kampagnen v. a. produktbezogen, jedoch häufig auch empfänger-, seltener sender-bezogen keine Tendenz hinsichtlich der Bevorzugung einer Thematisierung in einem bestimmten Werbemittel <?page no="241"?> 231 Anzeige (gibt Ausnahmen) beim Vergleich TV - HF: Produktthematisierung im TV häufiger wegen der visuellen Komponente (Produktabbildung) Kampagnenspezifische Themen Die Themen „Qualität“, „Genuss“ und „Geschmack“ kommen sowohl bei den Dallmayr-Kampagnen als auch bei aktuellen Kampagnen, die Lebensmittel bewerben, vor. Form/ Gestaltung diachron (Dallmayr) synchron Mündlichkeit/ Schriftlichkeit fast ausschließlich konzeptionelle Schriftlichkeit; Ausnahme: Dialogspots und Spots aus der Ich-Perspektive konzeptionelle Mündlichkeit; keine Einordnung bei besonders textarmen Werbemitteln möglich fast ausschließlich gemäßigtes Sprechtempo Abwechslung im Sprechtempo; Unterstreichung der Inhalte Prosodie Ausnahme sind Sprecherinnen beim Slogan oder Kommentar Text-Bild-Bezug ausschließlich Textdominanz und -zentriertheit 634 Bilddominanz, -zentriertheit und Textzentriertheit; einmal Textdominanz; reziprok monosemierende Werbung bei zwei Kampagnen Tabellen und Graphiken 14: Diachrone und synchrone Mehrmedialität im Vergleich. 634 Die Kampagne „1998/ 99“ wird zu den aktuellen Kampagnen gezählt. <?page no="242"?> 8 Werbung für Genussmittel regionaler Herkunft und langer Tradition Für den diachronen Vergleich war es unerlässlich, Marken mit gemeinsamen Aspekten auszuwählen, um eine Gegenüberstellung zu ermöglichen. 635 Dass dieser Anforderung Rechnung getragen wurde, soll dieses Kapitel belegen: Dallmayr, Bärenmarke und Löwenbräu sind Marken, die für Genussmittel, zumindest Verbrauchsgüter, werben und sie sind bzw. waren regionale Marken aus Bayern mit einer langen Geschichte. In der Werbung wird auf die Regionalität verschiedentlich Bezug genommen: Bärenmarke und Löwenbräu beispielsweise heben die Vorzüge der Natur, Löwenbräu zusätzlich das Thema „Heimat“ hervor; dies geschieht sprachlich, visuell und auditiv (Musik). 636 Dallmayr zeigt in der Werbung das einzige Dallmayr- Haus in der Dienerstraße in Münchens Innenstadt in der Werbung und wirbt bis Mitte der 80er Jahre auch nur regional. 637 Bevor auf die gemeinsamen Aspekte „lange Geschichte/ Tradition“ und „Genussmittel“ eingegangen wird, sei ein kurzer Abriss der jeweiligen Firmengeschichte gegeben, die als Grundlage wichtig ist und Hintergründe zu Themen in der Werbung liefert. 8.1 Geschichte der Unternehmen • Dallmayr Die Geschichte des Unternehmens Dallmayr reicht bis 1700 zurück: 638 „Es ist ein Irrtum, anzunehmen, daß es um 1700 ‚den Dallmayr‘ (wie der Münchner gern sagt) bereits gegeben habe. Urkundlich ist lediglich, daß zwischen 1671 und 1700 ein gewisser Christian Reitter die Krämerzunftgerechtigkeit erhielt und am gleichen Platz in der Dienerstraße ein Handelsgeschäft betrieb.“ Der Name des Unternehmens geht auf den Kaufmann Alois Dallmayr aus Wolnzach in der Hallertau zurück. Er war ungefähr ab 1870 Inhaber des Geschäfts. 1895 erwarb Anton Randlkofer den Kolonialwarenladen. Nach dessen Tod leitete Ehefrau Therese Randlkofer das Unternehmen. Es arrivierte zum Delikatessenlieferanten des bayerischen Königshofs, des kaiserlichen Hofs in Berlin und weiterer europäischer Königs- und Fürsten- 635 Vgl. auch Kap. 4.1 „Problematik der Korpuszusammenstellung“. 636 Vgl. Kap. 9.3 „Die erste mehrmediale Kampagne von Dallmayr, Löwenbräu und Bärenmarke“. 637 Vgl. dazu auch Janich, 2003, 95: „Besonders in der Lebensmittelwerbung wird die regionale Herkunft häufig als Qualitätsmerkmal und Hauptargument für das Produkt herangezogen (z. B. im Slogan der Biermarke Jever: Wie das Land, so das Jever. Friesisch herb., in Produktnamen wie Almighurt sowie in der Werbung für Milka-Produkte in Alpenatmosphäre).“. 638 Die Ausführungen gehen auf maschinenschriftliche Manuskripte des Unternehmens zurück: „Die Geschichte des Hauses Dallmayr“ 1991 sowie „Alois Dallmayr. Kurze Dallmayr-Chronik“ (ohne Jahresangabe). <?page no="243"?> 233 häuser. Therese Randlkofer war eine geschäftstüchtige und kreative Frau: Um 1900 ließ sie die erste Leuchtreklame Münchens am Dallmayr-Haus anbringen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Dallmayr-Haus mit der aus der Werbung bekannten gelben Fassade wieder so aufgebaut, wie es vorher ausgesehen hatte. „Nach dem Wiederaufbau wird 1953 in der Kaffeestadt Bremen eine Zweigniederlassung für Importe gegründet. Der Markenartikel Dallmayr-Kaffee wird aus der Taufe gehoben. Der 1977 verstorbene Mitinhaber Konrad Werner Wille macht daraus eine führende Marke am süddeutschen Röstkaffeemarkt.“ 1985 wurde das Kaffeegeschäft aus dem Gesamtunternehmen herausgelöst unter 50%iger Beteiligung der Nestlé Deutschland AG und heißt seitdem „Dallmayr Kaffee oHG“. Das Delikatessengeschäft läuft unter dem Namen „Alois Dallmayr KG“. Bis Mitte der 80er Jahre blieb der Kaffee eine Regionalmarke; danach begann der bundesweite Vertrieb. Mit der Tradition des Hauses wirbt Dallmayr seit Ende der 70er Jahre, auch in Abgrenzung zu Konkurrenzmarken, die den Konsumenten eine nachprüfbare Herkunft nicht bieten können. 639 • Bärenmarke 1892 wurde die schweizerische „Berner-Alpen Milchgesellschaft“ in Stalden gegründet. Als ihr Markenzeichen wählte sie den Bären, der im Wappen der Bundeshauptstadt Bern geführt wird. 1905 erbaute sie ein Milchwerk in Biessenhofen im Allgäu, wo zunächst Milchpulver hergestellt wurde. 1912 wurde die erste (Bärenmarke-)Kondensmilch in Deutschland hergestellt; erstmals erschien auch eine ihr Junges mit einer Milchflasche fütternde Bärin im Firmenlogo (z. B. auf Etiketten). Sie veränderte ihr Aussehen mit den Jahren, wurde zunächst ziemlich naturalistisch und mit eher grimmigem Gesicht abgebildet. 1917 wurde die Filiale Biessenhofen in die deutsche Aktiengesellschaft „Alpursa AG, Biessenhofen“ umgewandelt. 1927 wurde aus der schweizerischen Muttergesellschaft eine Holdinggesellschaft mit dem Namen „Ursina AG, Konolfingen“. 1931 erfolgte eine Umbenennung der „Alpursa AG, Biessenhofen“ in „Allgäuer Alpenmilch AG“. Der 1940 nach München verlegte Gesellschaftssitz wurde während des Zweiten Weltkriegs zweimal durch Bombenangriffe zerstört. Ein Jahr später übernahm die „Allgäuer Alpenmilch AG“ das Werk Weiding bei Mühldorf am Inn. 1951 entstand der aus der Werbung bekannte Teddybär. 1972 wurde Bärenmarke eine Nestlé-Marke. 1987 verschmolz die „Allgäuer Alpenmilch AG“ mit den anderen Gesellschaften der Nestlé-Gruppe zur „Nestlé Deutschland AG“. Der bisherige Name wurde jedoch weiter für die geschäftlichen Angelegenheiten verwendet. Seit 1993 werden die Bärenmarke-Milchprodukte auch namentlich unter dem Namen der „Nestlé-Erzeugnisse GmbH“ (Frank- 639 Telefonische Auskunft von Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter bei Dallmayr, am 27.07.2005. <?page no="244"?> 234 furt am Main) geführt. 640 Bärenmarke wurde 2003 von der „Hochwald Nahrungsmittel-Werke GmbH“ übernommen. 641 • Löwenbräu Wie weit die Wurzeln des Unternehmens Löwenbräu, genauer gesagt, das Gründungsdatum der Brauerei, zurückreichen, war lange unklar: 642 „Die Firma Löwenbräu befindet sich in der sicher einzigartigen Situation, daß sich um ihre Unternehmensgeschichte eine nunmehr bereits jahrzehntelange Forschungskontroverse rankt [...]. Nunmehr [...] kann der Streit als beendet und selbst als Bestandteil der Firmengeschichte gelten. Das aufgrund einer Dissertation von 1921 lange geführte Firmengründungsdatum 1383 läßt sich nicht halten, dafür hat sich gezeigt, daß die Traditionswurzeln der Brauerei noch weiter in die Vergangenheit zurückreichen, als bislang angenommen wurde. Mit der Angerkloster-Brauerei als der ältesten nachweisbaren Münchner Braunbierbrauerei reichen diese Wurzeln zurück bis vor 1306. Natürlich kann die Klosterbrauerei nicht die Tradition des Stammhauses der Löwenbräu AG ersetzen, das Beispiel zeigt jedoch, daß man die Problemlagen etwas komplexer ansetzen kann.“ 643 Die Geschichte des Stammhauses in der ab etwa 1640 als „Löwengrube“ bezeichneten Straße mit der späteren Hausnummer 17 gleich hinter der Frauenkirche lässt sich bis 1524 zurückverfolgen und verbindet sich mit dem Namen „Jorg schnaitner prew“, der in den nächsten Jahren in den Steuerbüchern der Stadt mit leicht variierter Schreibweise immer wieder auftauchte (z. B. 1525 „Jörg schnaitter pierprew“). Schnaitter gilt als Gründer der Braustätte. 644 Der Straßenname „Löwengrube“, der auf ein am Brauhaus aufgemaltes Fresko mit dem religiösen Thema „Daniel in der Löwengrube“ zurückgeht, übertrug sich schließlich u. a. auf die Bezeichnung der Brauerei. „Dies war in München durchaus unüblich, weil die meisten Brauereien nach einer Besitzerfamilie benannt wurden.“ 645 Der Name „Löwenbräu“ geht aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Witwe des Brauers Franz Gege, Maria Theresia, zurück, die den Betrieb selbständig weiterführte. „Erstmals firmiert Maria Theresia Gegin am 20. April 1747 in einem städtischen Biersudenverzeichnis des Sudjahres 1746/ 1747 als Franz Gegens Wittib, Lebenpreuin in der Lebengruben.“ [Hervorhebung im Original] Eine Betriebsverlegung (aus Platzgründen) und -erweiterung fand von der Löwengrube in die Nymphenburgerstraße statt, die Produktion dort wurde 640 Bärenmarke. Jubiläumskalender, 2003. 641 http: / / www.welt.de/ print-welt/ article247508/ Hochwald_will_die_Baerenmarke_ aufpolieren.html, Zugriff am 13.08.2008. 642 Die folgenden Ausführungen gehen auf Behringer, 1991 zurück. 643 Behringer, 1991, 11. 644 Vgl. auch Stahleder, 1982, 42ff. 645 Behringer, 1991, 16. Dort auch das folgende Zitat. <?page no="245"?> 235 1827 aufgenommen. Im Zusammenhang damit stand der Aufschwung der Löwenbrauerei. 1850 „übersprang Löwenbräu als erste bayerische Brauerei die 10 000-Schäffel- Malz-Marke und wurde für eineinhalb Jahrzehnte zur führenden Münchner Brauerei.“ 646 Im Laufe der Jahrhunderte gingen mehrere Altmünchner Brauereien an Löwenbräu über. 647 1872 wurde aus dem Unternehmen eine Aktiengesellschaft, die „Löwenbräu AG“. Sie wurde 1997 von der ebenfalls traditionsreichen, in demselben Jahr ihr 600-jähriges Bestehen feiernden Spaten- Brauerei übernommen. 648 2003 kaufte der belgische Konzern Interbrew die Münchner Gruppe Spaten-Löwenbräu, zu der auch Franziskaner-Weißbier gehört. 649 8.2 Tradition in der Werbung Alle drei Marken haben eine lange Geschichte, mit der sie auch, unterschiedlich intensiv, werben. Der Zusatznutzen „Tradition“, der unterschiedliche Aspekte umfassen kann, kann sich auf den Sender oder auf das Produkt beziehen. • Dallmayr Das für die Dallmayr-Strategie wichtige Thema „Tradition“ lässt sich sprachlich und visuell ab Ende der 70er Jahre nachweisen. 650 Auch in der jüngsten Kampagne „1998/ 99“ kommt es vor: In einer Anzeige heißt es Es gibt Dinge, die werden wir niemals ändern. In der Abbildung sind Teile der antik wirkenden Einrichtung, z. B. eine nostalgisch aussehende Waage, auf der eine Packung Dallmayr prodomo steht, zu sehen (siehe Abb. 11, S. 117). Einige weitere Beispiele seien gegeben: Die HF- und TV-Spot-Kampagne „Der Genusskaffee“ (1985) beginnt mit diesem Text: Es ist mehr als eine gewachsene Tradition, die aus Dallmayr Prodomo einen Spitzenkaffee all derer macht, die den sicheren Geschmack für das Besondere haben und die wissen, daß erst das Zusammenspiel feinster Hochlandsorten, schonender Veredelung und sorgfältiger Vollaromaröstung zu diesem vollendeten Kaffeegeschmack führen. Die Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ Anfang der 80er Jahre beinhaltet das Thema „Tradition“ sehr ausführlich; erwähnt werden vor allem die lange Geschichte und die Verleihung der Hoflieferantentitel, wie zum Beispiel die Anzeige zeigt (siehe Abb. 20, S. 204): 646 Behringer, 1991, 144. 647 Vgl. dazu die Übersicht bei Behringer, 1991, 334f. 648 Vgl. Fahrenholz, 2001, 54. 649 S ÜDDEUTSCHE Z EITUNG , 19.09.2003, 19 („Interbrew übernimmt Münchner Braugruppe.“). 650 Vgl. „Themen“ in Kap. 5.2a) „Inhalt“. <?page no="246"?> 236 Headline: Dallmayr Prodomo. Einer großen Tradition verpflichtet. Fließtext: Das Schild, das an der Fassade des Stammhauses Dallmayr in München von der Berufung zum Königlich Bayerischen Hoflieferanten kündet, hat auch heute für Genießer aus aller Welt einen besonderen Wert. Denn nach wie vor gilt es als ein Siegel, unter dem das Haus Dallmayr die große Tradition wahrt, nur das Beste vom Besten an Essen und Trinken zu bieten. Seit nahezu 300 Jahren ist Dallmayr nun schon dem besonderen Geschmack verpflichtet. Eine lange Zeit, in der immer wieder neue Genüsse entdeckt und zur Vollkommenheit verfeinert wurden. [Hervorhebungen d. Verf.] Im HF-Spot der Weihnachtskampagne (Print, HF) von 1978 wird das Stammhaus, das immer wieder in Anzeigen und TV-Spots gezeigt wird, als traditionelles Element sprachlich thematisiert: Jetzt gibt’s Prodomo im Festtagskleid / / röstfrisch, vakuumversiegelt / in der besonderen Dallmayr-Dose mit dem Dallmayr-Stammhaus um 1900. • Bärenmarke Die Thematisierung der „Tradition“ bei Bärenmarke findet sich beispielsweise bei der Printwerbung mit Künstlerzeichnungen von 1957 (siehe Abb. 37, S. 264). Unter der Produktabbildung lautet der Text: Unsere Leistung: Seit 50 Jahren höchste Qualität Unser Beitrag: Schon seit Jahren stabile Preise Eine Anzeige zum 75-jährigen Bestehen von 1987/ 88 enthält einen knappen Ablauf der Geschichte in acht Bildern, die die optischen Wandlungen des Bären und sprachlich wichtige Markenereignisse sowie den Bezug zur Zeitgeschichte aufgreifen: 75 Jahre Bärenmarke. (Headline) Eine schöne Geschichte mit 7.575 Gewinnen. (Subheadline) Die Bildtexte lauten beispielsweise: - 1936 Bei einer guten Tasse Kaffee - verfeinert mit unserer Bärenmarke - lauschen Millionen der Übertragung aus dem Berliner Olympiastadion. - 1954 Die Bärenmarke kommt auf den Nierentisch. Besonders beliebt ist sie zu „echtem Bohnenkaffee“, den man jetzt überall wieder bekommt. - 1962 Die Bärenmarke wird 50 und unser Bär rundlicher. Bei seinem ersten Auftritt im Werbefernsehen prägt er den Satz, der bis heute seine Gültigkeit hat: Nichts geht über Bärenmarke. [Unterstreichung im Original] - 1987 Vieles hat sich seit Beginn unserer Geschichte geändert. Die hohe Qualität der Bärenmarke ist geblieben. Seit 75 Jahren [...]) Zum 90. Geburtstag von Bärenmarke lief eine sog. „aufmerksamkeitsstarke Platzierungsaktion der Nestlé-Tochter“: „Ein Jubiläumsplakat mit Alpenmotiv und ein kuscheliger, ein 1 Meter großer Bär dienen als Blickfang für die Aktionsplatzierungen. In einem Gewinnspiel können Verbraucher 90 exklusive original Bärenmarke-Bären von Steiff gewinnen. [...] <?page no="247"?> 237 Unterstützt wird die Promotion durch Verkostungen und Printanzeigen in zielgruppenspezifischen Medien.“ 651 Auch im Hörfunk wurde mit dem Zusatznutzen „Tradition“ geworben, z. B. gab es 1959 (Aufnahme am 12.06., HWA-Datenbank Nr. 133/ 47) eine Serie, deren Spots alle so beginnen: Altes Brauchtum im Alpenvorland, der schönen Heimat der Bärenmarke! . Die einzelnen Spots beziehen sich unter anderem auf den Michaelitag, den Tag der Kräuterweihe, einen bäuerlichen Hochzeitszug, den 1. Mai, Georgiritte, den Jacobitag und den Tag der heiligen Barbara. Der Slogan lautet: Bärenmarke, die vertraute gute Dosenmilch. Die einleitende Äußerung bezieht sich nicht auf die Tradition des Unternehmens, jedoch wird indirekt durch die Thematisierung immer wiederkehrender Sitten und Bräuche der Bezug zur Konstanz des Produkts hergestellt, wie es im Slogan mit dem Adjektivattribut vertraute noch einmal zum Ausdruck kommt. Weitere Beispiele mit dem Thema „Tradition“ finden sich im Historischen Werbefunkarchiv der Universität Regensburg, wie: BM 13.08.1956 (HWA-Datenbank Nr. 133/ 28) Bärenmarke-Jingle Sprecher: Wie schon ihre Väter, so bringen viele Bauern im schönen Allgäu jeden Morgen die frische Milch ins Tal. Schon fünfzig Jahre hindurch wird sie dort veredelt - zu der hochkonzentrierten Dosenmilch Bärenmarke. Fünfzig Jahre schon bevorzugen viele Hausfrauen Bärenmarke zu ihrem Kaffee, denn Bärenmarke verleiht dem Kaffee den köstlich abgerundeten Geschmack. Nun, nehmen auch Sie immer wieder Bärenmarke, Bärenmarke zum Kaffee. BM 13.08.1956 (HWA-Datenbank Nr. 133/ 28) Bärenmarke-Jingle Sprecher: Vor fünfzig Jahren begegneten sich im Allgäu und im bayerischen Weideland jeden Morgen die Postkutsche und der Milchwagen. Wie damals so wird auch heute jeden Morgen die Milch zu Tal gebracht - die Milch, die sie hochkonzentriert und in der Dose als Bärenmarke kennen. Bärenmarke mit dem natürlich-frischen Geschmack gibt dem Kaffee das abgerundete feine Aroma - also Bärenmarke, Bärenmarke zum Kaffee. Da in jüngerer Zeit vor allem Produktneueinführungen beworben werden, gerät der Traditionsaspekt in den Hintergrund. 652 • Löwenbräu Das Thema „Tradition“ positioniert Löwenbräu auf Etiketten, z. B. bei den Biersorten Alkoholfrei und Der Löwenbräu (Premium Pilsener), und auf Bierkrügen und -gläsern: Tradition seit 1383 653 bzw. Löwenbräu seit 1383 oder 651 LZ 39, 2002, 68: „Bärenstarke Platzierungen. Nestlé feiert den Geburtstag des berühmten Werbeträgers“. [Hervorhebung im Original]. 652 Vgl. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 653 Aufgrund der neuen Erkenntnisse von Behringer stimmt diese Jahreszahl nicht mehr (vgl. Kap. 8.1). Abbildungen auf CD (Plakate, Bierdeckel, Sortiment) des Historischen Archivs der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München. <?page no="248"?> 238 Löwenbräu München Seit 1383. In Verbindung mit diesem Hinweis steht immer das Firmenlogo mit dem „heraldisch einwandfrei“ 654 gestalteten Löwen, das an ein Wappen erinnert. Ferner gibt es ein abgewandeltes (erweitertes) Logo, auf dem das Oval mit dem goldenen Löwen mit einer Krone geschmückt und beidseitig von je einem Löwen umrahmt wird. In Verbindung mit der Geschichte der Brauerei steht die seit Jahrhunderten überlieferte Braukunst, die in der Werbung Erfahrung und Güte ausdrücken soll. In der Printwerbung wird der Traditionsaspekt beispielsweise so thematisiert: - Moderne Braukunst, eine fast 600-jährige Tradition und edelster Hopfen geben diesem würzigen und feinen Spitzenpils seinen einzigartigen Charakter. 655 - Unsere Brau-Tradition ist 593 Jahre alt. Davon hat natürlich am meisten unsere erste Sorte profitiert: Der Löwenbräu. 656 - In Flaschen und Fässern direkt importiert aus München, wo Löwenbräu seit 592 Jahren gebraut wird. 657 - Gebraut wie anno dazumal. (Schwarze Weiße, Printwerbung um 1986) 658 HF-Spots von 1966 und 1968 machen die Tradition zum Hauptthema : 659 Löwenbräu. Ja, die Kenner haben recht, Löwenbräu schmeckt halt noch echt. Kein Wunder - Löwenbräu wird nach alter Überlieferung gebraut und bewahrt so die gute bayerische Brautradition. Deshalb ist Löwenbräu heute wie vor vielen Jahren das gute Münchner Bier. Weil ´s uns schmeckt, drum bleibt ´s dabei. Trink ma liaber Löwenbräu. F ANFAREN Löwenbräu Der Löwe von Löwenbräu ehrt die Tradition. Löwenbräu-Biere werden sorgfältig nach alter Münchner Überlieferung gebraut. Erfahrene Braumeister bürgen für ihre Qualität. Überall werden sie geliebt und gerne getrunken die Biere von Löwenbräu. Ein gutes Bier, ein Löwenbräu. F ANFAREN Löwenbräu Eine Print- und HF-Kampagne für Löwen-Weisse ab 1980 wirbt mit der Tradition in den Slogans bzw. teilweise in der Schlagzeile, z. B. Plakat: Aus Tradition: Löwen-Weisse. (Schlagzeile) Bayerns traditionsreiches Weißbier. Von Löwenbräu. (Slogan) 654 Preiß, 1977, 211. 655 Geschäftsbericht 1975/ 76, 7. 656 Geschäftsbericht 1974/ 75, 7. 657 Geschäftsbericht 1973/ 74, 12. 658 CD (Plakate, Bierdeckel, Sortiment) des Historischen Archivs der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München. Dort auch alle folgend zitierten Plakate. 659 CD des Historischen Archivs der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München. Dort auch alle folgend zitierten HF-Spots. <?page no="249"?> 239 In einem Kino-Spot (ohne Ton) um 1930 („Aus einem Löwenleben“) lautet die Schrifteinblendung im letzten Bild: 660 L ÖWENBRÄU M ÜNCHEN Größte Brauerei Bayerns Urkundlich nachgewiesen seit 1383 Export feinster Qualitätsbiere in alle Welt In einem Spot von 1966 („Kellermeister“) lautet die erste Äußerung: Löwenbräu. Ja, ja, nach alter Überlieferung gebraut. Die beiden Spots der Serie „Durstpfleger“ (1975) enden mit dem Text (geschrieben und gesprochen): Löwenbräu, Durstpfleger der Münchner seit 592 Jahren. 661 • Zusammenfassung „Tradition in der Werbung“ In der Bärenmarke-Werbung wird der Traditionsaspekt immer im Zusammenhang mit einem Jubiläum (50, 75, 90 Jahre) thematisiert. Er ist nur in der Print- und Hörfunkwerbung präsent, und zwar bei der Printwerbung im Hinblick auf „Tradition“ als Qualitätsmerkmal, das teilweise nicht einmal versprachlicht wird: Der Hinweis auf das jahrzehntelange Bestehen der Firma ist das Argument für den Erwerb des Produkts (Konklusion), die Schlussregel bleibt implizit, dass nämlich eine langjährige Firmengeschichte Erfahrung und damit beste Qualität garantiert, da die Produkte sonst nicht mehr auf dem Markt wären. 662 Im Hörfunk bezieht sich „Tradition“ auf Qualität, Natürlichkeit, Frische, Geschmack. Bei Löwenbräu steht das Thema „Tradition“ für unverändert beste Qualität in der Herstellung und kommt diachron in allen Medien vor. Bei Dallmayr werden verschiedene Traditionsaspekte ab Ende der 70er Jahre angesprochen: beste Qualität, die sich aus Erfahrung entwickelt, also auch verändert hat, die langjährige Firmengeschichte, der Autoritätshinweis durch den königlichen Konsum, der Standort des Stammhauses in der Münchner Innenstadt und in der jüngsten Werbung auch das konstante Festhalten an der erzielten Güte. Die Tradition wird bei Dallmayr in allen drei Werbemitteln thematisiert. 8.3 Genussmittel Die von mir hauptsächlich untersuchten Produkte der Marken Dallmayr, Bärenmarke und Löwenbräu (Kaffee, Kaffeemilch, Bier) sind Lebensmittel. Kaffee und Bier werden obendrein als Genussmittel klassifiziert, wobei Bier in Bayern traditionsbedingt den Stellenwert eines Nahrungsmittels hat. 663 Milch ist ein Nahrungsmittel, jedoch würde ich speziell Kaffeemilch heute 660 DVD des Historischen Archivs der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München. Dort auch alle folgend genannten Kinobzw. Fernsehspots. 661 In den genannten Spots lässt sich nicht mehr einwandfrei feststellen, ob sie im Kino oder im Fernsehen gelaufen sind. 662 Vgl. das Kapitel „Argumentation“ bei Janich, 2003, 89 und 97. 663 Telefonische Auskunft von Dipl.-Ing. Walter König, Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds e. V. (11.03.2008). <?page no="250"?> 240 eher zu den Genussmitteln rechnen, da sie nicht primär der Ernährung dient, sondern des Geschmacks wegen konsumiert wird. 664 Dass sich die Eigenschaft der Produkte Lebens-, Nahrungsund/ oder Genussmittel zu sein auch in der Werbung ablesen lässt, wird folgend exemplarisch gezeigt; außerdem werde ich auf den möglichen Wandel vom Nahrungszum Genussmittel im Laufe der Zeit eingehen. Bärenmarke wird in den Anfangsjahren als Nahrungsmittel geführt: Die erste ungezuckerte Kondensmilch aus Deutschland hat 10 Prozent Fettgehalt; 665 sie galt damals als stärkendes Nahrungsmittel und war somit auch für Kranke und Säuglinge geeignet. 1920 beispielsweise warb Bärenmarke mit den Eigenschaften Höchster Fettgehalt - Höchster Eindickungsgrad. Ferner wies man auf dem Etikett penibel genau auf die Verwendung als Kindermilch hin: Altersstufen wurden aufgeführt, die Zubereitung und die zeitlichen Abstände der Fütterung wurden genau erklärt und Anweisungen zur Reinlichkeit gegeben. 666 Als Kaffeemilch wurde das Produkt zu dieser Zeit gewöhnlich nicht verwendet, und man konnte es auch nur in Apotheken kaufen: „Bei 10 Prozent Fettgehalt galt Kondensmilch noch als Stärkungsmittel und nicht als Kaffeeweißer. Der Grund dafür lag beim Bohnenkaffee, denn der war noch ein Luxus, den der Normalbürger sich nicht alle Tage leisten konnte. Erst als Kaffee sich langsam zum Massengut wandelte, stellten die Bohnenfreunde schnell fest, daß Kondensmilch sich auch hervorragend zur Verfeinerung des Kaffees eignet.“ 667 Auch in der Nachkriegszeit war die Kondensmilch noch etwas Luxuriöses. Man verwendete sie beispielsweise als Schlagsahne-Ersatz. 668 Außerdem wurde sie nur zu besonderen Anlässen serviert, wie dieser Ausschnitt eines Bärenmarke-HF-Spots von 1955 zeigt: Es gibt nun einmal mehr Werktage als Sonntage - und werktags gibt es bei sehr vielen Familien zum Frühstück oder Abendbrot ein einfaches Kaffeegetränk oder Malzkaffee. Darum sollten Sie alle Tage immer einen kleinen Vorrat Alpenmilch Bärenmarke bereithalten, denn sie gibt dem selbst einfachen Kaffee-Getränk einen besonders würzigen Geschmack. 669 664 Die Definitionen (Lebensmittel, Nahrungsmittel, Genussmittel) stammen aus: Der Brockhaus Ernährung. Gesund essen, bewusst leben, 2001. Zu früheren Überlegungen hinsichtlich der Werbung für Genussmittel vgl. auch Gloor, 1970, 815-820. 665 Kellner/ Lippert, 1992, 59. 666 Bärenmarke. Jubiläumskalender, 2003. 667 Hars, 2001, 41. Auch noch 1972 kommt die Milch auf dem Plakat „Bär begleitet Amateur-Expedition“ als Grundnahrungsmittel zur Sprache (vgl. Kap. 9.4 „Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte“). 668 Bärenmarke. Jubiläumskalender, 2003 mit einem Hinweis 1955: Bärenmarke sahnig geschlagen. 669 Bärenmarke: Manuskript- und Aufnahmedatum 25.03.1955 (HWA-Datenbank Nr. 133/ 13). <?page no="251"?> 241 Löwenbräu hat mit dem Münchner Kindl Nährweißbier, ab 1948 hergestellt, 670 ein Produkt auf den Markt gebracht, das ganz vordergründig als Nahrungsmittel zu verstehen ist. Nach dem Krieg erfreute es sich großer Nachfrage, da es nährreich war und kräftigend wirken sollte, so dass es für Kranke zur Wiederherstellung der Lebenskräfte eingesetzt wurde. Zudem war es alkoholarm und V ITAMIN B H ALTIG 671 und deshalb auch als Getränk für Sportler geeignet. Das Thema „Genuss“ wird ganz deutlich auch bei den Produkten eingesetzt, die der künftige Rezipient nicht ohne weiteres damit in Verbindung bringen würde, beispielsweise bei dem ab 1986 produzierten alkoholfreien Bier von Löwenbräu (vgl. z. B. eine Anzeige der Kampagne „Münchner Freiheit“). Neben den Zutaten werden rezipientenbezogene Argumente angeführt: 672 Ein wahrer würziger Biergenuß für alle, die Alkohol vermeiden wollen. Also ideal für Autofahrer oder auch aus gesundheitlichen Gründen oder weil es weniger Kalorien sein sollen - denn schlank macht es auch noch. Löwenbräu Alkoholfrei besitzt nur die Hälfte der Kalorien eines hellen Vollbieres. 100 ml Löwenbräu Alkoholfrei enthalten […]. Auch Bärenmarke betont beispielsweise bei dem Produkt Die leichte 4 „Genuss“ trotz Fettarmut. 673 Dass Kaffee ein Genussmittel ist, 674 lässt sich bei der analysierten Werbung für Dallmayr Kaffee bzw. Dallmayr Prodomo ab den 50er Jahren nachweisen: 675 In dieser frühen Zeit war, wie die reine TV-Spot-Kampagne „Kostbarkeiten“ zeigt, 676 Kaffee etwas Besonderes, da er zwar schon wieder verfügbar, aber noch nicht für jedermann erschwinglich war; 677 auch noch in 670 Urbanek (ohne Jahresangabe): Löwenbräu-Biermarken. Das Bier wurde bis ca. 1970 produziert. 671 Vgl. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 672 Geschäftsbericht 1985/ 86, 4. 673 CD u. a. mit Anzeigen für Die leichte 4 der Nestlé Deutschland AG. Videokassetten der Nestlé Deutschland AG und des Teddymuseums Klingenberg mit Kino- und TV- Werbung. 674 „Kaffee ist nicht lebensnotwendig, sondern ein typisches Genußmittel. Die historisch bedingte Gewohnheit, Kaffee zu trinken, versuchen die Kaffeefirmen durch Werbestrategien in ihrem Sinn zu beeinflussen. [...] Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war eine ausgesprochene Kaffeewerbung nicht üblich. [...] Heute begnügen sich die marktbeherrschenden Kaffeeanbieter nicht mehr damit, die Qualität ihrer Produkte herauszustellen. Sie sind vielmehr bemüht, dem Käufer Werte wie Zufriedenheit, Glück, Wohlbefinden, Gesundheit, Wohlstand, Jugendlichkeit, Unbeschwertheit usw. im Zusammenhang mit Kaffeegenuß zu vermitteln.“ Rodekamp/ Beutelspacher, 1987, 104. Vgl. auch Obrist/ Fayet, 1995. 675 Vgl. „Themen“ in Kap. 5.2a) „Inhalt“. Schließt man die Delikatessen-Werbung von Dallmayr mit ein, reicht die Werbung mit dem Genuss-Aspekt mindestens bis um 1900 zurück. 676 Vgl. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 677 Vgl. auch Reimann, 2003, 202f. sowie Hesse/ Meister, 2000. <?page no="252"?> 242 den 70er Jahren gibt es eine Kampagne, in der Kaffee als „Luxus“ dargestellt wird. 678 Markenübergreifend (Dallmayr, Bärenmarke, Löwenbräu) ist das Thema „Genuss“ beispielsweise in den 70er Jahren vorhanden, wie die Analyse in Kap. 9.4 zeigt. 679 678 Vgl. u. a. Kap. 7.1 „Kampagnen - Hintergründe“ (Kampagne „Luxus“) sowie „Markenkommunikation“ in Kap. 5.2e) „Bewertung“. 679 Vgl. Kap. 9.4 „Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte“. <?page no="253"?> 9 Diachroner Vergleich der Marke Dallmayr mit den Marken Löwenbräu und Bärenmarke Die erzielten Ergebnisse der diachronen Analyse der Marke Dallmayr 680 werden in diesem Kapitel ausschnittsweise einer Kontrolle unterzogen, um festzustellen, ob es sich um markenspezifische Resultate handelt oder ob medienbzw. zeitspezifische markenübergreifende Tendenzen vorliegen. Dafür nehme ich chronologische Stichproben, das heißt, ich greife die erste mehrmediale Kampagne der drei Marken heraus (Kap. 9.3) sowie das gesamte Jahrzehnt der 70er Jahre (Kap. 9.4). Eine markenübergreifende Untersuchung der Mehrmedialität der 90er Jahre muss unterbleiben, da Bärenmarke in jüngerer Zeit nur im Fernsehen wirbt. 9.1 Beworbene Produkte und Medieneinsatz • Dallmayr Bei Dallmayr ist TV schon immer und eindeutig Basismedium: Dallmayr gehört zu den Pionieren der TV-Werbung in Deutschland. 681 Die Bedeutung des Fernsehens für die Firma zeigt sich auch daran, dass die erste umfangreiche Spotreihe 682 „Kostbarkeiten“ 1956/ 57 683 eine reine TV-Kampagne war. Abb. 23: Ausschnitt aus einem Spot der TV-Kampagne „Kostbarkeiten“. Darauf folgte chronologisch die Dialogspot-Kampagne. 684 Anzeigen wurden seit jeher punktuell eingesetzt. Illustrierten-Werbung gab es in den 50er Jahren wegen der drohenden Fehlstreuung kaum, allenfalls warb man in 680 Vgl. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 681 Vgl. dazu auch Kap. 10.1.3 „Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Werbemitteleinsatz“ sowie Kap. 10.2.4 „Vorlieben der Senderseite - Beispiel Dallmayr“. 682 Die Termini „Serie“ und „Reihe“ für beispielsweise mehrere variierende Exemplare von TV-Spots oder Anzeigen innerhalb einer Kampagne werden synonym verwendet. 683 Zur Analyse eines Beispiels dieser Reihe vgl. Reimann, 2003. Alle Quellenangaben finden sich in Kap. F. 684 Vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“ sowie Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. <?page no="254"?> 244 regionalen Tageszeitungen. Das geschah vor allem mit schmalen und bildarmen Streifen-Anzeigen. 685 Dallmayr Kaffee bzw. ab Ende der 60er Jahre Dallmayr Prodomo ist seit den 50er Jahren das beworbene Produkt schlechthin. Vor dem Zweiten Weltkrieg wurde auch für das Delikatessengeschäft bzw. einzelne andere Waren geworben. Anzeigen aus der Zeit des Ersten Weltkriegs beispielsweise thematisieren außerdem die aktuelle politische Situation. Abb. 24: 1915. 686 Abb. 25: 1914. 687 Neben der Bewerbung von Dallmayr Kaffee bzw. Dallmayr Prodomo wurden vereinzelt auch andere Sorten thematisiert, wie die folgenden Beispiele zeigen; seit rund 25 Jahren aber geht es in der Werbung sprachlich und visuell einzig um Dallmayr Prodomo. In einem Hörfunkspot der umfangreichen Dialogspot-Serie der 50er/ 60er Jahre wird die Sorte Mokka Spezial hervorgehoben (Und der beste 685 Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter bei Dallmayr, am 11.09.2001. Vgl. Kap. 10.1.3 „Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Werbemitteleinsatz. 686 Kopie aus dem Archiv der Firma Dallmayr, Quelle unbekannt. 687 Quelle: „Das Jüdische Echo“, Ausgabenummer unbekannt. Kopie aus dem Archiv der Firma Dallmayr. <?page no="255"?> 245 Dallmayr Kaffee heißt Mokka Spezial, Herr Pfefferle.). Im Hörfunk wird darüber hinaus auch speziell für Dallmayr-Tee (Schwarztee) geworben. 688 - Ein Fernsehspot aus der „Luxus“-Serie Anfang der 70er Jahre blendet - ähnlich dem vermutlich ersten Fernsehspot von Löwenbräu (1966), der noch besprochen wird - die Packungen dreier verschiedener Sorten ein, die auch thematisch im Mittelpunkt des darstellerlosen Spots stehen. Der gesprochene Text dazu heißt: Luxus hat viele Gesichter / Für Kaffeekenner sehen sie so aus / / oder so / / oder so / / Dallmayr Kaffee / duftet und schmeckt / Luxus, den man sich täglich leistet. Nacheinander werden die Packungen Dallmayr Kaffee, Dallmayr prodomo und Dallmayr ohne Coffein ins Bild gestellt. - Die Anzeige der Kampagne von 1978 „Geschmack/ Blaues Band“ enthält neben dem großen Bild (Key-Visual) ein weiteres kleines Bild, auf dem Dosen und Packungen mit vier verschiedenen Sorten dargestellt werden: Dallmayr Sonderklasse, Dallmayr Extra Spezial, Dallmayr prodomo, Dallmayr ohne Coffein. - Ferner sind Anzeigen aus Lebensmittel-Fachzeitschriften vorhanden (Zielgruppe ist der Handel), in denen mehrere Sorten vorkommen: Eine Printwerbung beinhaltet als Key-Visual hinter einer Tasse Kaffee je eine Packung Dallmayr prodomo und Dallmayr entcoffeiniert. 689 Eine Anzeige für Automatenkaffee 690 bildet je einen Packungsbeutel Dallmayr Gastromat Supra Mokka und Dallmayr Kaffee ab. In einem mehrere Seiten umfassenden Hochglanzprospekt für den Handel werden separat auf einer Seite vier „eigens für den Operating-Bereich“ entwickelte Sorten gezeigt: Dallmayr Standard, HM-Hotelmischung, HM-Spezial, Gastromat Supra Mokka. 691 Interessant ist die vereinzelt auftretende Diskrepanz zwischen Text und Bild: Gesprochener Text und Schrifteinblendung stimmen teilweise nicht überein, z. B. spricht der Kommentator im analysierten TV-Spot der Kampagne „Luxus“ (1972) vom Dallmayr Kaffee, gezeigt wird aber eine Packung Dallmayr prodomo. Das gilt auch für den TV-Spot der Serie „erlesen“ (1973). Es handelt sich hierbei um die Übergangsphase der Werbung für Dallmayr Kaffee zu der für Dallmayr Prodomo (vgl. 9.2 „Exkurs: Produktnamen“). • Löwenbräu Bei Löwenbräu stehen in diachroner Perspektive Plakat- und HF-Werbung gleichberechtigt nebeneinander (Einsatzhäufigkeit und Vielzahl an Kampa- 688 Vgl. Kap. 5.1 „Werbemittelexterne Fakten - Hintergründe und Strategien der Kampagnen“. 689 Anzeige mit der Headline „Wachstum durch Qualität und Tradition.“ (um 1997/ 98). 690 PV-Report 03.03.1998. 691 Hochglanzprospekt für den Handel Dallmayr Kaffee München (ohne Jahr). <?page no="256"?> 246 gnen). 692 Die Produktion und Ausstrahlung von Radiowerbung war preisgünstiger als die von Kino- oder TV-Spots; außerdem ließen sich viel mehr Menschen damit erreichen, da nur eine Minderheit ein Fernsehgerät besaß. Beispielsweise wurde das nach dem Krieg sehr beliebte, weil nährreiche, kräftigende und für Kranke auf Rezept zu beziehende Malzbier, 693 das Münchner Kindl Nährweizenbier, vor allem im HF beworben, z. B. mit der HF- Spot-Reihe „Jetzt singen wir das Lied vom Nährweizenbier“ (Ende der 50er/ Anfang der 60er Jahre); die Spots beginnen unter anderem so: 694 - Die Oma macht es wieder jung [...] - Auch Muttis Nerven sind wie neu [...] - Der Fritz kommt in der Schule mit [...] - Wie strahlend sieht die Mutti aus [...] - Der Fritz hat wieder Appetit [...] Die erste TV-Werbung von Löwenbräu ist 1966 nachzuweisen. Ab den 80er Jahren steht ganz klar das Plakat im Vordergrund. 695 Betrachtet man die vergangenen Jahrzehnte im Überblick, so wird innerhalb einer Kampagne das Plakat fast immer eingesetzt, dazu - je nach Produkt - TV, Kino und/ oder Funk. Löwenbräu hat schon immer mehrere Marken beworben, jedoch nie gleichzeitig, und es gibt auch keine Marke, die seit Jahrzehnten bevorzugt und ausschließlich Gegenstand der Werbung ist. Bis 1979 ist das Pils mit dem Namen Der Löwenbräu „das einzige Produkt [...], das in Bayern intensiv beworben wird.“ 696 Außerdem sind - im Gegensatz zu Dallmayr - schon immer saisonal angebotene Biersorten Gegenstand der Werbung (z. B. Triumphator, das dunkle Frühjahrsstarkbier). Als Randmarke kann beispielsweise das Diät-Bier verstanden werden, das ab 1956 produziert wird. Werbung dafür lässt sich nur Mitte der 60er Jahre nachweisen. Wohl aus finanziellen Gründen und wegen der aufwendigen Produktion von Fernseh- und Kinospots gab es für diese Sorte (allein) nur Print- und HF-Werbung. Im Fernsehen wurde lediglich im Rahmen eines Spots, der auf drei 692 Vgl. Kap. 10.1.3 „Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Medieneinsatz“ und 10.2.5 „Kosten“. 693 Dr. Peter Urbanek, Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München, am 05.08.2004. 694 Es gibt für diese Sorte weitere HF-Serien 1959/ 60, 1962 und 1963 (CD des Historischen Archivs der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München). Dazu sind Postkarten und ein Plakat (1950er Jahre) mit folgendem Text vorhanden: Münchner Kindl / Nährweiße / Malzana / ALKOHOLARMES WEISSBIER VITAMIN B HALTIG. Anzumerken ist, dass die Zielgruppe der Print- und HF-Werbung, obwohl nur alkoholarm, Kinder sind. Zur Produktnamenänderung vgl. Kap. 9.2 „Exkurs: Produktnamen“. 695 Dr. Peter Urbanek, Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München, am 05.08.2004. 696 Beilage im Rahmen des Aufsichtsratsprotokolls vom 27.08.1982. <?page no="257"?> 247 Biersorten 697 gleichzeitig hinweist, auf das Diät-Bier Bezug genommen. Es handelt sich nach den noch möglichen Recherchen um den ersten TV-Spot für Löwenbräu: 698 TV-Spot, 1966 (Braumeister; in den Ausführungen schwarz-weiß oder Farbe, 20 Sek.) Text (gesprochene Sprache): 699 Sprecher 1: Sie kennen ´s doch schon / das Löwenbräu Diät-Bier und das Münchner-Kindl- Malzbier / und besonders erfrischend das Champagner-Weizenbier. Prost beinand. Sprecher 2 (parallel zu Weizenbier […] beinand): Trink ma liaber Löwenbräu. Abb. 26: Ausschnitt aus dem TV-Spot „Braumeister“ 1966. Print- und HF-Werbung sind dagegen - wie gesagt - speziell auf diese Biersorte ausgerichtet: Die dreigeteilte Schlagzeile der Printwerbung, um 1965, lautet (in Großbuchstaben): LÖWENBRÄU / DIÄTBIER / ES SCHMECKT SO GUT. Neben der Abbildung (Flasche und Glas) steht in Kleinbuchstaben und untereinander nährwertarm / bekömmlich / ärztlich empfohlen. Der Flaschenaufkleber enthält detailliert die Nährwertangaben sowie unter anderem den Hinweis auf die Zielgruppe: für Diabetiker. Es gibt mehrere HF-Spots, z. B. 1966: 697 Mit den beiden anderen Sorten Münchner-Kindl-Malzbier und Champagner-Weizenbier wird genauso verfahren: Separate HF-Werbung, keine eigenständige TV-Werbung. 698 Dr. Peter Urbanek, Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München, 05.08.2004. 699 CDs mit TV- und HF-Werbung des Historischen Archivs der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München. Davon auch alle übrigen zitierten Spots. <?page no="258"?> 248 Jingle Sprecher 1: Löwenbräu Sprecher 2 (etwas hellere Stimme): Ja die Kenner haben Recht, Löwenbräu schmeckt halt noch echt. Sprecherin (! ): 700 Und wenn Sie ein Diätbier wünschen, dann wählen Sie Löwenbräu. Ein nährwertarmes, hochvergorenes Spezialbier, nach diätetischen Anforderungen gebraut. Löwenbräu-Diätbier ist herzhaft und wohlschmeckend. Weil ´s uns schmeckt, drum bleibt ´s dabei. Trink ma liaber Löwenbräu. (Jingle-Untermalung) Ein besonderes Augenmerk ist auf die Dachmarkenwerbung 701 von Löwenbräu zu legen, die sich mehrfach verändert hat und heute wieder zu den Ursprüngen zurückgekehrt ist. Ende der 80er Jahre wurde für die gesamte Löwenbräu-Werbung ein grundlegender Imagewechsel vorgenommen. Statt bayerischer Heimatverbundenheit sollte Löwenbräu nun nicht mehr für Regionalität, sondern für eine nationale und internationale Marke stehen. Dazu gehörte die Konzentration auf den Vertrieb weniger Sorten, um der Schwäche der Artikelvielfalt entgegenzutreten. „Im Mittelpunkt unserer intensiven Kommunikationspolitik steht unser überarbeiteter Unternehmensauftritt. Insbesondere ist unser neues Erscheinungsbild strikt auf die Erfordernisse des Marktes von morgen ausgerichtet und verdeutlicht auf prägnante und typische Weise die harmonische Verknüpfung aus Tradition und Zukunftsorientierung. Traditionelle Elemente bleiben dort erhalten, wo sie die Signalfunktion für Qualität und Herkunft, für Bekanntheit und Verläßlichkeit übernehmen. Das neue Erscheinungsbild, das bereits mit unserer Produktlinie ‚Löwenbräu Alkoholfrei’ im Markt eingeführt wurde und nun Schritt für Schritt auf alle Gestaltungsobjekte übertragen wird, dokumentiert gleichzeitig Visionskraft, Internationalität und Dynamik im Sinne zukünftiger Verbraucherpräferenzen. Innovative Kraft und Beständigkeit werden somit zu charakteristischen Merkmalen unseres Hauses geformt, dessen Ursprünge Jahrhunderte zurückreichen.“ 702 Das Projekt „Entwicklung emotionaler Erlebniswelten“ sollte in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Werner Kroeber-Riel mit der sog. „Türkis-Kampagne“ im Werbeauftritt erweitert, das Bier als Markenartikel hervorgehoben werden. 703 700 Sprecherinnen außerhalb eines Dialogs, also im Hinblick auf den Kommentar/ Monolog oder den Slogan, waren in dieser Zeit eine Seltenheit; das hat sich bis heute kaum geändert (Vgl. auch „Prosodie“ in Kap. 7.2.2c) „Form/ Gestaltung“ und in Kap. 9.4e) sowie „Slogan“ in Kap. 6.2.2b) „Struktur(elemente)“. 701 Dachmarkenwerbung bedeutet, dass nicht speziell für ein Produkt geworben wird, sondern allgemein für die Marke „Löwenbräu“. 702 Geschäftsbericht 1989/ 90, 6. 703 Sitzung des Marketing-Beirates am 25.04.1989. Vgl. auch die Aufzeichnungen der Löwenbräu-Jahrestagung 1992: „Produktpräsentation W. Kraus + Lasershow“ sowie „Vortrag von Prof. Kroeber-Riel“. Kroeber-Riel, 1993, 30ff., 309ff. und 332f. zum Schlüsselbild „Löwe und Mädchen“ und der medienspezifischen Umsetzung sowie <?page no="259"?> 249 Abb. 27: Plakat „Frau mit Löwe“ 1990. 704 Abb. 28: Bierdeckel. Aufgrund der sich auch finanziell auswirkenden Erfolglosigkeit mit der Türkis-Kampagne wurde die Marke Mitte/ Ende der 1990er Jahre von Spaten-Franziskaner-Bräu übernommen und kehrte wieder zur alten Kampagne mit dem Slogan Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern (seit 1979), den zum archetypischen Motiv des „Tierbräutigams“. Dass diese Strategie von derselben Werbeagentur entwickelt wurde wie eine Kampagne für Underberg, zeigt sich an der Ähnlichkeit des Löwenbräu-Mädchens mit der Kräuterfee von Underberg und den damit verbundenen Ideen. Heyder (1995, 115ff.) nennt im Zusammenhang mit der Markenkommunikation das Beispiel „Löwenbräu-Alkoholfrei (Frau mit Löwe am Wasserfall) […]. Ein starkes Bild, das in der Lage ist, ein ‚inneres Markenbild‘ zu werden. Sehr eigenständig und als ‚schneller Schub ins Gehirn‘ geeignet. Allerdings muß man sehr in Zweifel ziehen, ob dieser Auftritt tatsächlich aus der Markenidentität von Löwenbräu heraus (in München nennt man Löwenbräu despektierlich Läätschenbräu) gerechtfertigt ist, und ebenfalls bleibt die Frage des relevanten Nutzens für den (potentiellen) Trinker dieses Biers. […] Es ist dabei wichtig, daß wir unsere Marken als ganzheitliche Persönlichkeiten verstehen, die zu dem Verbraucher eine Beziehung aufbauen müssen. […] Klassische Medienwerbung ist bei dieser Zielsetzung anderen Aktivitäten deutlich überlegen.“. 704 CD des Historischen Archivs der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München. Davon auch alle übrigen Plakate, Anzeigen und Bierdeckel, wenn sie nicht näher bezeichnet wurden. <?page no="260"?> 250 bayerischen Landschaftsbildern und den lebensfrohen Menschen sowie der bayerisch-blauen Farbe (viel blauer Himmel, blaues Logo) zurück. Seitdem sind Umsatzzuwächse zu verzeichnen. 705 Mit der Strategieänderung gingen auch Produktnamenänderungen einher (vgl. beispielhaft die Sorte Pils in Kap. 9.2). Abb. 29: Printwerbung aus der Plakatreihe 1998-2001. 706 • Bärenmarke Bei Bärenmarke verhielt sich der Medieneinsatz in den 50er Jahren ähnlich wie bei Löwenbräu: Hörfunkwerbung 707 war vorhanden, ebenso Printwerbung, TV-Werbung erst ab 1962. 708 Für die TV-Spots wurden in den Anfangsjahren Teile der Kino-Werbung verwendet; der Bärenmarke-Bär tritt im Kino ab 1957 auf. 705 Otto, 2001, 52: „Die auf einem von vier Löwen gezogenen Streitwagen stehende türkisumwallte Göttin hat eine alteingesessene Münchner Brauerei in ziemliche Schwierigkeiten gebracht. Die Idee, Türkis als Hausfarbe für Bier einzusetzen, brachte 1997 nach gravierenden Verlusten die Löwenbräu AG unter die Fittiche der Spaten Franziskaner Bräu KgaA. Diese stürzte als ersten Schritt zur Wiedergesundung der Marke Löwenbräu die Türkis-Göttin [...]. Im Geschäftsjahr 1999/ 2000 leistete Löwenbräu zum ersten Mal wieder ‚einen positiven Beitrag‘, sprich, erzielte nach langen Jahren wieder einen Gewinn aus dem Biergeschäft. [...] Im Nachhinein liefert die Leiterin des Spaten-Löwenbräu-Marketing, Regina Gerschermann, die Erklärung, warum das Marketing nicht funktionierte. ‚Türkis ist keine bierige Farbe‘, obwohl sie zugibt, dass türkis [sic! ] eine Farbe mit hohem Aufmerksamkeitswert ist. Türkis könne bei Getränken allenfalls für ein Mineralwasser stehen. Gerschermann zollt dem früheren Löwenbräu-Vorstand nur in dem Punkt Anerkennung: ‚Die Durchführung war stringent, von den Etiketten über die Sonnenschirme und Lkw-Beschriftungen bis hin zu den Bierträgern - alles türkis.‘ “ [Hervorhebung im Original]. 706 Dieses Plakat wurde auch für Kap. 6 „Synchrone Mehrmedialität“ verwendet. 707 Nach Angaben aus der Datenbank zum Historischen Werbefunkarchiv der Universität Regensburg ist Hörfunkwerbung von Bärenmarke ab 1954 nachweisbar. 708 Der Bärenmarke-Spot (1967) wird vom Unternehmen selbst (Bärenmarke. Jubiläumskalender, 2003) als erster farbiger Spot im deutschen Werbefernsehen überhaupt bezeichnet. Farbfernsehen gibt es ebenso erst seit 1967 (vgl. Seyfarth, 1995, 11). <?page no="261"?> 251 Abb. 30: Ausschnitt aus einer Variante der ersten Filmwerbung: TV-Spot „Die Ergiebige“ (70er Jahre). 709 In den ersten TV-Spots (schwarz-weiß, 30 Sek.) wird der lange eingesetzte Slogan Nichts geht über Bärenmarke, Bärenmarke zum Kaffee geprägt. 710 Er war auch in der Printwerbung vorhanden. HF-Werbung gab es in der Zeit von etwa 1960 bis 1966 nicht. Das Basisprodukt von Bärenmarke ist eine ungezuckerte Kondensmilch mit 10 % Fettgehalt. Sie gibt es seit 1912. 711 Im Laufe der Jahre werden ihr ganz unterschiedliche Eigenschaften zugeschrieben, was bereits an den - werbemittelübergreifend nicht immer übereinstimmenden - Slogans abzulesen ist: vertraute gute Dosenmilch (50er Jahre), gute Alpenmilch (Beginn: 50er Jahre), die Ergiebige (Beginn: 70er Jahre), in jüngeren Spots wieder die gute Alpenmilch und in den 90er Jahren in neuer Qualität: fein-cremig. Geworben wird in Print, HF und TV. Ebenso intensiv wird für die 1974 eingeführte Die leichte 4 geworben. Die vielen unterschiedlichen Slogans sowie die intensive Bewerbung dieses Produkts, 712 nicht nur zur Neueinführung, verdeutlichen dessen Bedeutung als „zweitstärkstes Kondensmilchprodukt nach der 10prozentigen B ÄRENMARKE D IE E RGIEBIGE “. 713 Auffallend bei Bärenmarke ist die Bewerbung vieler verschiedener Produkte im Laufe der Jahre, und zwar vor allem punktuell zur Neueinführung. Entsprechend häufig wird die Eigenschaft „neu“ thematisiert. 714 Außerdem wird besonders in jüngerer 709 Diese und alle weiteren Kino- und TV-Spots stammen von Videokassetten der Nestlé Deutschland AG bzw. des Teddymuseums Klingenberg. 710 Vgl. Anzeige „75 Jahre Bärenmarke. Eine schöne Geschichte mit 7.575 Gewinnen.“. 711 Vgl. Bärenmarke. Jubiläumskalender, 2003. 712 Vgl. Kap. 9.4 „Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte“. 713 Vgl. Bärenmarke. Jubiläumskalender, 2003. 714 Beispiele: TV-Spot für Milli (Milch aus Pulver): Jetzt gibt es etwas Neues von Bärenmarke / Alpenmilch in ihrer praktischsten Form / Milli / Milli gibt ihrem Kaffee die sahnige Farbe und <?page no="262"?> 252 Zeit oft auf ein Medienzusammenspiel verzichtet und gezielt in einem Medium geworben. Zu diesen Produkten liegen mir nur TV-Spots vor: 715 Die Mini-Dose (1968), milli (1982), Feines Kännchen, Feine 12 (1984), Schüttel-Shake, Kaffeetraum (1991), Café-Kuss, Der Rahm (1994), Bären-Snack (1997), Die Milch (2001), Die Sahnige (2001), Die Schlagsahne (2001) und Der Rahm (2001). 716 Zumindest für die jüngsten Produkte ist noch nachweisbar, dass und warum allein im Fernsehen dafür geworben wurde: „Zu den Frische-Produkten Die Milch, Die Sahnige, Die Schlagsahne und Der Rahm gab es keine Anzeigen. Diese Neuprodukte wurden nur im Fernsehen beworben, da eine breite Zielgruppe angesprochen und die Bekanntheit der Produkte forciert werden sollte.“ 717 Für manche Produkte wurde ausschließlich mit Printwerbung geworben: Zur 1979 eingeführten Alpensahne, erstes Bärenmarke-Produkt in der Glasflasche, sind nur Anzeigen und ein Beihefter mit Rezepten (1980) vorhanden. Vermutlich ist dies mit der inhaltlichen Strategie zu begründen: Es werden Rezepte (Beihefter) oder Koch-Tipps weitergegeben, die üblicherweise mehrfach nachgelesen werden müssen. Ebenso ist für die 1973 eingeführte kondensierte Kaffeesahne nur Printwerbung (eine einzige Anzeige) vorhanden (1974: Neu von Bärenmarke: Die sahnige Kaffeesahne). Das Produkt enthält 15 % Fett. Möglicherweise liegt die sparsame Bewerbung daran, dass 1974 auch Die leichte 4 eingeführt und - kostenintensiv - mit vielen Spots im Fernsehen beworben wurde. Die Bewerbung mehrerer Sorten innerhalb eines Werbemittel-Exemplars liegt mir nur in einem Fall vor. So werden auf einer Anzeige von 1999, mit der täglich ein Citybike verlost wird, je eine kleine Abbildung des Produkts Die leichte 4 (in Dose und Glasfläschchen) und des Bären-Snacks gezeigt. schmeckt wie nur Bärenmarke schmecken kann / Milli aus guter Alpenmilch / Neu von Bärenmarke. TV-Spot für Feines Kännchen: Das ist ein Sahnekännchen aus feinstem Porzellan / / Das ist das neue Feine Kännchen von Bärenmarke [...] Das eine steckt voller Erinnerungen / Das andere voll feinster Kaffeesahne / Manchmal wird einem die Entscheidung wirklich leicht gemacht / Feines Kännchen von Bärenmarke, das wiederverschließbare. Teil des TV-Spots für Feine 12: [...] Ich hab´s. Dieser sahnig-frische Geschmack. Ist das Kondensmilch? / Ja, eine ganz neue aus Milch plus Sahne / Feine 12 [...]. 715 Es wird, wenn bekannt, jeweils das Jahr der Produkteinführung angegeben. 716 Es handelt sich um zwei unterschiedliche Rahm-Produkte. Der Rahm, den es seit 1994 gibt, ist „eine cremige Sahne für die feine Küche“. Das Produkt steckt in einer Art Tetrapak (Getränkekarton). Der Rahm von 2001 ist ein Frischeprodukt („Jetzt im Kühlregal“) in einem runden Behältnis mit Deckel (vgl. Bärenmarke. Jubiläumskalender, 2003). 717 Julia Spee, Nestlé Erzeugnisse GmbH, E-Mail vom 28.02.2003. Mir liegt zu diesen Produkten noch eine Abbildung im Jubiläumskalender von Bärenmarke vor - vermutlich ein Plakat in einem Supermarkt: Gezeigt werden alle vier Frischeprodukte. Die Schlagzeile lautet: Neu: Der Frische-Genuss von Bärenmarke. Auf einem Insert steht Jetzt im Kühlregal. <?page no="263"?> 253 Zur medienspezifischen Gestaltung in den 50er und 60er Jahren kann Prof. E. H. Geldmacher, ehemals Leiter des Tonstudios Frankfurt, Hintergrundinformationen geben: Das nur für die HF-Spots zuständige Tonstudio Frankfurt bekam für die Erstellung der Funk-Idee Anzeigen und Filme als Vorlage. Man kam dann überein „im Funk sachliche Informationen zu liefern, dagegen Emotionalität den Anzeigen und Filmen zu überlassen.“ 718 Diese Aussage zeigt die Gleichsetzung der Bildkraft mit Emotionalität. 719 Zudem sei die Werbefigur, der Bärenmarke-Bär, der in Print und TV sehr präsent ist - übrigens nicht in der Werbung zu den Produkten Die leichte 4, Feines Kännchen, Feine 12, milli (Zeichentrickfilm mit Kuh) - , akustisch nicht (gut) umsetzbar; so habe man auf dieses Thema im Hörfunk ganz verzichtet. An diesem Beispiel zeigt sich also auch wieder, dass es medienspezifische Themen/ Motive gibt, die schlecht ersatzweise in einen anderen Werbeträger transformiert werden können. 720 Wie noch gezeigt wird, wird jedoch der Slogan der Print- und TV- Werbung aufgegriffen: Bärenmarke - Die vertraute gute Dosenmilch. Selbstverständlich sei, laut Geldmacher, in den 50er/ 60er Jahren das sog. „Linking“, d. h. der Bezug zwischen Werbemitteln mit expliziter Weiterleitung von einem zum anderen, gewesen. Ein Beispiel ist der folgende Verweis eines HF-Spots auf ein Rezept in einer Anzeige. 721 HF-Spot 1968 „Zwetschgendatschi“: 722 Musik/ Text-Einlage: Jodler Sprecher 1 (dunkle, voluminöse „bairisch klingende“ Stimme 723 ): Aus der schönen Heimat der Bärenmarke Folgend: Zithermusik als Musikteppich (‚Alpenrosenblühn‘) Sprecher 2 („bairisch klingende“ Stimme): Grüß Gott, liebe Freunde. Ja, die Mittermeier Loni / die spielt nicht nur eine zünftige Zither. Sprecherin (lacht): Ja. Sprecher 2: Bei der gibt ´s auch den besten Kaffee mit reicher Alpenmilch. Musik aus. Und den besten Zwetschgendatschi. So heißt hier bei uns der Pflaumenkuchen. Ja, meine liebe Loni, jetzt musst du mir erst einmal verraten, woher du das Rezept hast. Sprecherin: Des Rezept? Des hab i von meiner Großmutter. Aber weißt du was? Desselbe Rezept steht jetzt in den neuen Bärenmarke-Anzeigen. Sprecher 2: Wer also daheim einmal einen echten Alpenländer Zwetschgendatschi backen will, der schaut sich am besten die neuen Bärenmarke-Anzeigen an. 718 Telefonische Auskunft von Prof. E. H. Geldmacher am 24.08.04. 719 Vgl. Kap. 2.2.3 „Zeitschrift“ und 2.2.5 „Fernsehen“. 720 Vgl. „Kampagnenspezifische Themen“ in Kap. 7.2.2b) „Inhalt“. 721 Nach der Definition von Rajewsky handelt es sich hierbei um „explizite Systemerwähnung“ (Rajewsky, 2002, 78ff. und 196f.). Vgl. dazu Kap. 2.4.1 „Definition“ im Rahmen des Kap. 2.4 „Mehrmedialität“. 722 Angaben vom Tonband 13.08.1968, Bärenmarke Nr. 133/ 59, Aufnahme: Tonstudio Frankfurt, Technik: Potempa/ Wintermeier. 723 Vgl. zu Stimmlagen und Klangfarben differenziert „Mündlichkeit und Schriftlichkeit“ in Kap. 9.3b) „Der markenübergreifende Vergleich“ sowie „Prosodie“ in Kap. 9.4e) „Der markenübergreifende Vergleich“. <?page no="264"?> 254 Zithermusik (Bärenmarke-Melodie) setzt ein. Sprecher 1: Nichts geht über Bärenmarke. Unsere gute Alpenmilch. • Zusammenfassung Zu den Marken und Sorten, für die geworben wird, ist vergleichend festzuhalten: Während Dallmayr ab Ende der 60er Jahre nur noch gezielt für die beliebteste Sorte Dallmayr Prodomo wirbt - obwohl ja viele verschiedene Sorten vorhanden sind -, bewirbt Bärenmarke vor allem Neueinführungen, d. h., ein Produkt ist immer nur relativ kurze Zeit in der Werbung zu finden. Ausnahmen sind das Basisprodukt, für das mit unterschiedlicher Werbung über Jahrzehnte hinweg immer wieder geworben wird, sowie das 1974 eingeführte Light-Produkt Die leichte 4, das ob der Beliebtheit und guten Nachfrage mehrere Jahre in der Werbung bleibt, jedoch mit unterschiedlichen Serien und Slogans in Print und TV. Demgegenüber zeigt Dallmayr einen gänzlich anderen Umgang mit der Werbung: Sie bleibt seit Jahren in grundsätzlichen Elementen gleich, liefert ein konsequentes Markenbild und präsentiert sich somit in gewisser Weise konservativ-traditionell; diese Vorgehensweise ist Programm und soll unter anderem Verlässlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und eine kontinuierlich gute Qualität zum Ausdruck bringen. Löwenbräu ist in dieser Hinsicht zwischen beiden Marken anzusiedeln: Neuprodukte werden beworben, z. B. Schwarze Weiße, 1990 eingeführt, Diät-Bier, seit 1956, Nährbier, 724 seit 1948. Aber auch Werbung für Sorten, die schon länger auf dem Markt sind, ist vorhanden, z. B. erhält das Pils den neuen Namen Der Löwenbräu und wird Ende der 70erbis ca. Mitte der 80er Jahre mit einer gänzlich neuen und für Löwenbräu untypischen Strategie beworben; 725 das Weißbier gibt es seit 1927, 726 die Werbung ist auf die Jahre 1980 bis 1987 begrenzt. Immer wieder ist jedoch Dachmarken- Werbung, mit der nur die Marke „Löwenbräu“ und keine spezielle Sorte beworben wird, vorhanden: z. B. eine Kampagne Ende der 60er/ Anfang der 70er Jahre mit dem Slogan Löwenbräu. Das Bier, das so berühmt ist wie seine bayerische Heimat. sowie eine Kampagne Ende der 70er Jahre mit dem Slogan Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. 727 Ende der 90er Jahre werden die visuelle Gestaltung und der alte Slogan Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. reaktiviert. Traditionelle Themen wie „Natur“, „Genuss“, „bayerische Heimat“ sind (mit Unterbrechungen) über Jahrzehnte anzutreffen. 724 Kursivdruck fehlt hier, da es sich nicht um einen Produkt-, sondern um einen Gattungsnamen handelt. Zu den Produktnamenänderungen vgl. Kap. 9.2 „Exkurs: Produktnamen“. 725 Vgl. Kap. 9.4 „Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte“. 726 Urbanek, Löwenbräu-Biermarken, Maschinenschriftliches Manuskript zu Produkten von Löwenbräu. Ohne Jahresangabe. 727 Vgl. Kap. 9.4 „Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte“. <?page no="265"?> 255 9.2 Exkurs: Produktnamen 728 Die Untersuchung der Namen der beworbenen Produkte und gegebenenfalls deren Veränderungen sind Gegenstand dieses Abschnitts; interessante Beispiele werden herausgegriffen und analysiert. Schließlich stellt sich die Frage nach dem Vergleich der drei Marken. • Dallmayr In die folgenden Ausführungen beziehe ich auch die dreizehn diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen, die in Kap. 7 ausführlich analysiert wurden, ein. Ab Anfang der 70er Jahre steht die beliebte Sorte Dallmayr Prodomo im Mittelpunkt der Werbung, sie kristallisierte sich als umsatzstärkste, als Zugpferd unter den anderen (z. B. Sonderklasse, Mild, entcoffeiniert, 729 Extra Spezial, Ethiopian Crown) heraus; 730 der Kaffee (lat. pro domo ‚für das Haus/ zu Hause’) „spricht für das Haus, aus dem der Kaffee kommt, und gleichzeitig für das Haus, in dem er getrunken wird.“ 731 In dieser Zeit führt die Konkurrenzmarke Jacobs ihre Sortennamen ein; Dallmayr dagegen vergab für seine Produkte schon immer Sortennamen. 732 Der Name Prodomo wurde in den 60er Jahren von Dallmayr-Chef Konrad Werner Wille geprägt. Die Sorte hieß vorher Plusminus (plus Koffein, minus schwer verträgliche Stoffe durch Spezialveredelung). Dafür gab es jedoch keine Werbung. Der Name musste geändert werden, da die Handelskette Tengelmann Einspruch erhob: Sie hatte sich den Namen bereits vorher als Warenzeichen eintragen lassen. Bis Ende der 60er/ Anfang der 70er Jahre wird allgemein für Dallmayr Kaffee geworben; mitunter werden am Rande noch weitere Sorten erwähnt, die zumindest als Aufschrift auf einer Kaffeedose auch in den 70er Jahren noch in der Werbung auftauchen. 733 Folgende Benennungsmotive der Dallmayr-Sorten werden vermittelt: Produktverwendung/ Verwendungsort (Prodomo ‚für zu Hause’ 734 ), Produkteigenschaft bzw. -bestandteil (Mild, entcoffeiniert), konnotative Bedeutungen zur Aufwertung 735 (Sonderklasse, 728 Einführendes zu Produktnamen zum Beispiel bei Janich, 2003, 51ff., sowie Ronneberger-Sibold, 2004, 557-603. 729 Groß- und Kleinschreibungen gehen auf die Handhabung der Firma mit den Sorten zurück. 730 Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter bei Dallmayr. Auskunft vor Ort am 11.09.2001. 731 Telefonische Auskunft von Dieter Vogel, ehem. Produktionsleiter bei Dallmayr am 12.08.2005. 732 Dieter Vogel, ehem. Produktionsleiter bei Dallmayr. Auskunft vor Ort am 11.09.2001. Auch die folgenden Ausführungen gehen auf Vogel zurück. 733 Vgl. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 734 Meines Erachtens wird den Verbrauchern die Bedeutung des Namens nicht präsent sein im Hinblick auf eine (positive) Konnotation und Assoziationen mit dem Produkt, was nicht nur an fehlenden Lateinkenntnissen liegen dürfte, sondern an der Zusammenschreibung der beiden lateinischen Wörter und der Bekanntheit des Namens, die dazu führt, dass über die Bedeutung vermutlich nicht mehr nachgedacht wird. 735 Janich, 2003, 53. <?page no="266"?> 256 Extra Spezial, Ethiopian Crown - hier zusätzlich Herkunftsnennung der Kaffeebohnen). Der allgemeine Name Dallmayr Kaffee besteht aus dem Markennamen und der Gattungsbezeichnung, der Produktname Dallmayr Prodomo aus dem Marken- und dem Sortennamen; 736 so verwende ich Produktname als Oberbegriff. Das Design der Kaffeepackungen wurde in den 70er Jahren erneuert; die Tüten sahen daraufhin weniger schlicht als die bisherigen weißen Packungen aus, die nur mit der Aufschrift Dallmayr Kaffee und dem Symbol des Hauses darüber bedruckt waren. Ein großer Teil der zur Verfügung stehenden Fläche ist nun in der Farbe Gold als „Ausdruck von Pracht, Reichtum, Beständigkeit“ 737 gehalten. Hilfreich für die Präsentation war die neue Farbigkeit der Dallmayr-Werbefilme. Abb. 31: 1960er Jahre. 738 Abb. 32: 1972. 739 Zur diachronen Platzierung des Produktnamens ist Folgendes zu sagen: Er kommt in beinahe allen Slogans vor. Alternativen zum Produktnamen sind allein der Sorten- oder der Markenname, z. B. bei der Weihnachtskampagne (1978): Der Slogan lautet Die neue, aromafrische Idee von Dallmayr (Print, HF). TV- und HF-Spot der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ (1987) nennen separat den Sortennamen (prodomo verdient das blaue Band bzw. prodomo aus dem Hause Dallmayr. Geschmack ist eben alles.). Dies trifft auch für den Slogan der Kampagne „der Veredelte“ (1980/ 81) zu: Prodomo. Der Spitzenkaffee aus dem Hause Dallmayr. Der Veredelte. Dieses Beispiel zeigt, dass die Marke teilweise dennoch, wenn auch an anderer Stelle, genannt wird. Nur im TV-Spot der Kampagne „Luxus“ (1972) wird der Slogan gleichzeitig gesprochen und geschrieben, ansonsten ist er - und damit auch der Produktname - nur mündlich präsent. Bei allen dreizehn untersuchten Kampagnen gibt es keine großen Unterschiede in der Anzahl der Produktnamennennung (meist zweibzw. dreimal). Hinzu kommt die Aufschrift vor allem auf Dosen und Packungen in den Bildmedien Print und TV. Hervorzuheben ist die Kampagne „erlesen“. Sie hat den guten Namen als Thema (Qualitätsaspekt). Der Slogan lautet hier werbemittelübergreifend 736 Bei anderen Produkten spricht man besser von Typen- oder Modellnamen, z. B. beim Auto. 737 Rudolph, 1976, 160. 738 Packshot eines TV-Spots der Kampagne „Dialogspots“ (50er/ 60er Jahre). 739 Packshot des TV-Spots „Luxus“ (1972). <?page no="267"?> 257 (Print, TV) Dallmayr. Nur die besten Kaffees verdienen diesen Namen.. Zwei Headlines der Anzeigenserie beispielsweise sind Unseren guten Namen geben wir nur den besten Kaffees. sowie Dallmayr: Nur wenige Kaffees dürfen sich so nennen.. Folgend wird knapper auf einige exemplarisch ausgewählte Produktnamen der Vergleichsmarken Löwenbräu und Bärenmarke eingegangen: • Löwenbräu Löwenbräu benennt seine Biersorten beispielsweise nach Marke und Produktnutzen (Löwenbräu Diät-Bier), Marke und Produktbestandteil/ -eigenschaft (Löwenbräu Alkoholfrei), nach (Markenbestandteil und) Biersorte (Löwen Weiße ist Hefeweißbier bzw. klares Weizenbier, Schwarze Weiße ist dunkles Hefeweißbier), nach Angebotszeit/ Saisonartikel und Sorte bzw. Gattungsnamen (Olympia-Pils, Oktoberfestbier), nach der Jahreszeit, in der es gebraut wird (Märzenbier; das Produkt wird auch Sommerbzw. Lager- oder Oktoberfestbier genannt) oder nach einer imaginären Figur, deren Name von einem positiv konnotierten Appellativ (lat. Suffix -ator) abgeleitet ist (Triumphator); es handelt sich dabei ebenfalls um einen Saisonartikel. 740 Hervorheben möchte ich zwei Produktnamenänderungen: Seit 1948 und bis 1970 gab es ein Malz- oder Nährbier, dessen Name sich mehrfach änderte: „Der Entschluß zur Produktion von Münchner Kindl Nährweißbier fiel im Juli 1948. Anlaß war die zunehmende Sportbewegung. 1951 in Münchner Kindl Nährweizenbier umbenannt. Ab 1957 Löwenbräu Nährweizenbier, hefetrüb. Ab 1960 gefiltert. Februar 1966 in Münchner Kindl Malzbier umbenannt“. 741 Der Name Münchner Kindl kommt von der Münchner Kindl Brauerei. Sie ging 1905 an die Unionsbrauerei Schülein über, welche 1921 von der Löwenbräu AG übernommen wurde. Von der Zusammensetzung des Biers entspricht Nährweizendem Nährweißbier und dem Malzbier; Malz ist gebrannter Weizen. 742 Demnach wurde hier der Name einer früheren Brauerei reaktiviert, sogar noch einmal nach der Verwendung des aktuellen Brauereinamens Löwenbräu ab 1957 bis Februar 1966. Das Münchner Kindl wurde neben dem Produktnamen auch abgebildet - übrigens sticht die Sorte deshalb bezüglich des Etiketts auch unter allen anderen, die den Löwenbräu-Löwen zeigen, hervor. In der neun Jahre dauernden Zeit des Löwenbräu 740 „Dunkles Frühjahrsstarkbier, Doppelbock. Der Name Triumphator für das Löwenbräu Starkbier geht auf das gleichnamige Starkbier der 1921 mit Löwenbräu fusionierten Bürgerbräu AG zurück. Diese hatte den Namen 1901 ins Warenzeichenregister eintragen lassen. Der Triumphator unter dem Löwenbräuzeichen kam Anfang Januar 1925 zum erstenmal zum Ausschank.“ (Urbanek, Löwenbräu-Biermarken, Maschinenschriftliches Manuskript zu Produkten von Löwenbräu. Ohne Jahresangabe). 741 Urbanek, Löwenbräu-Biermarken, Maschinenschriftliches Manuskript zu Produkten von Löwenbräu. Ohne Jahresangabe. 742 Telefonische Auskunft von Dr. Peter Urbanek, Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KgaA, am 11.05.2005. <?page no="268"?> 258 Nährweizenbiers ist das Münchner Kindl auch nicht auf dem Etikett zu sehen, sondern der Löwenbräu-Löwe. Über weitere Hintergründe der Namenänderungen sind keine Unterlagen mehr vorhanden. Abb. 33: Malzbier- Flasche, Prospekt 1966. Eine weitere Produktnamenänderung liegt für die Sorte Pils vor. Das seit den 1960er Jahren gebraute Pils trug von 1975 bis 1990 den Namen Der Löwenbräu - auch die Werbestrategie wurde dafür komplett geändert. 743 Vorher trug es allein den Sortennamen (Pils); 1972 hieß es dem Ereignis entsprechend Olympia-Pils. Die Produktnamenänderung zu Der Löwenbräu wurde auch in der Werbung selbst thematisiert, wie ein Plakat (1979/ 80) zeigt: Wie gut muß ein Pils sein, das bei Kennern immer beliebter wird, obwohl es so umständlich heißt, wie Der Löwenbräu? . 744 Mit der Abkehr von dieser Strategie und der Einführung der oben angesprochenen so genannten „Türkis-Kampagne“ 1990 wurde das Bier in Premium Pilsener umbenannt. • Bärenmarke Die Produktnamen von Bärenmarke bestehen stets aus dem Markennamen Bärenmarke und einem Sortennamen. Benennungsmotive sind die Produktherkunft - Unsere gute Alpenmilch -, Produkteigenschaften zur Konsistenz - Die sahnige Kaffeesahne, Die Sahnige, Die Ergiebige, Die leichte 4 (4 % Fett), Feine 12 (12 % Fett; aus Milch plus Sahne) -, Hinweise zur Verpackung (Feines Kännchen) und allgemein konnotative Bedeutungen zur Aufwertung des Produkts (Kaffeetraum). Auch die häufig vorkommenden positiv konnotierten Adjektivattribute (fein, gut, sahnig) sollen das Produkt aufwerten. Der Produktname milli - das Produkt ist Milch in Pulverform - ist die mundart- 743 Vgl. Kap. 9.4a) „Die Kampagnen“. 744 Geschäftsbericht 1979/ 80, 48. <?page no="269"?> 259 lich dialektale Form (bairisch) von Milch 745 und passt somit zur Herkunft der Bärenmarke-Produkte. Festzuhalten ist für die drei Marken, dass es in beinahe allen Fällen keine Probleme bereitet, das Benennungsmotiv der Produktnamen zu ermitteln. Dies liegt daran, dass es sich bei der Form der Namen um lexikalische oder onymische Übernahmen 746 handelt, das heißt um die Verwendung von Appellativen und Namen. Es werden beispielsweise keine Kürzungen, Wortkreuzungen, Zahlen oder Buchstabenkombinationen gewählt. Produkteigenschaften sowie konnotative Bedeutungen, um das Produkt aufzuwerten, werden bei allen Marken thematisiert; sowohl Bärenmarke als auch Dallmayr erwähnen die Herkunft von Produktbestandteilen. Bierspezifisch sind die Hinweise auf Angebots- und Brauzeit im Produktnamen. Da es neben den übereinstimmenden mehrere unterschiedliche Benennungsmotive gibt, lassen sich aus diesen Ergebnissen noch keine weiter reichenden Schlussfolgerungen z. B. hinsichtlich der Produktart (Genussmittel) und der Zeit der Produktnamenentstehung ziehen. Hierfür müssten weitere Marken untersucht werden. 9.3 Die erste mehrmediale Kampagne von Dallmayr, Löwenbräu und Bärenmarke Beim ersten Vergleichsbeispiel der drei Marken wird nicht der gesamte Kriterienkatalog 747 zugrunde gelegt, sondern es soll zunächst aufgezeigt werden, wo innerhalb einer Marke auffällige Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beteiligten Werbemitteln vorliegen und ob Medienspezifika berücksichtigt werden. Zugleich wird untersucht, ob sich das Medienzusammenspiel bei den übrigen Marken genauso, ähnlich oder gänzlich anders verhält. Markenübergreifend erscheint mir der Vergleich der Kategorien Medieneinsatz, inhaltliche Argumentationsstrategien, Sender-, Empfänger-, Produktthematisierung, Umgang mit dem Slogan, Textstruktur, Musik sowie Mündlichkeit und Schriftlichkeit besonders interessant, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten. a) Medienzusammenspiel und Medienspezifik • Löwenbräu Die erste mehrmediale Kampagne in Print, Kino und HF von Löwenbräu ist die Werbung für das Starkbier Triumphator (Ende der 50er Jahre). 748 Die beispielhaft ausgewählten Exemplare der Werbemittel Plakat und Kinospot sind im Frühjahr 1959 produziert und gesendet worden, der dazu passende HF-Spot wird auf das Entstehungsjahr 1956 datiert. Spots wurden teilweise 745 „aus 2-silbigen Formen früherer Sprachstufen (ahd. miluh, mhd. milih), unter lautgesetzlichem Schwund des auslautenden -ch.“ (Zehetner, 2005, 242). 746 Platen, 1997, 45-68. 747 Vgl. Kap. 3.2 „Analysemodell“. 748 TV-Werbung gab es, wie angesprochen, erst ab 1966. <?page no="270"?> 260 auch bei Löwenbräu über Jahre hinweg eingesetzt. Unabhängig davon ist die sprachlich in Teilen parallele Umsetzung von Kino- und Hörfunkspot Zeichen des Medienzusammenspiels, so dass vermutlich der zeitlich frühere Hörfunkspot Vorlage für den Kinospot war. Abb. 34: Plakat 1959. HF-Spot 1956: Auf geht´s zum Triumphator. Anzapft ist schon / der edle Stoff liegt massenhaft bereit zum Frühjahrstrunk, der euch erneu´t / er wird euch eure Lebenskraft verbessern. Triumphator ist die beste Frühjahrskur. Er ist die Münchner Medizin / für Leib und Seel der beste Regulator / an guaden Durscht wünscht euer Triumphator. Getragen-feierlich gesprochen; Sprecher soll bairisch „klingen“ (Klangfarbe, Stimmlage und dialektale Aussprache; vgl. „Mündlichkeit und Schriftlichkeit“ in Kap. 9.3b)). Hintergrundgeräusche (wie auf einem Volksfest; leichte Marschmusik; Menschenmengen-Geräusche); das gilt auch für den Kino-Spot. Teil des Kinospots 1959: Fanfaren Der Triumphator grüßt euch hier und Triumphator heißt das Bier, das gute, starke vom Löwenbräu. Und wieder sind wir alle dabei Pause (Menschen klatschen, Fanfare) für Leib und Seel der beste Regulator ist dieser Frühjahrstrunk der Triumphator. Der Triumphator gibt euch Kraft und neuen Mut, so dass ihr schafft, was einstens nur dem Steirer Hans gelang, L ACHEN der täglich solch Gewicht bezwang. <?page no="271"?> 261 Zum Triumphator zieht´s euch hin, da liegen Kraft und Frohsinn drin. Pause (Hintergrundsingen, Volk) Spot hört mit Fanfaren auf. Übereinstimmende bzw. variierte Textelemente zwischen den elektronischen Medien sind im Kinospot: für Leib und Seel der beste Regulator ist dieser Frühjahrstrunk der Triumphator. Der Triumphator gibt euch Kraft und neuen Mut, im HF-Spot: Er wird euch eure Lebenskraft verbessern. Triumphator ist die beste Frühjahrskur / Er ist die Münchner Medizin / für Leib und Seel der beste Regulator. Der Kinospot (2,25 Min! ) 749 ist vollständig als Reim gestaltet, der HF-Spot (30 Sek.) nur teilweise. In keinem Werbemittel ist ein Slogan vorhanden. Der Kinospot ist visuell auffallend emotional, für das heutige Empfinden übermäßig aufdringlich und volkstümlich gehalten und entspricht somit grundsätzlich den Möglichkeiten des audiovisuellen Mediums (Textbeispiel: Zum Triumphator zieht ´s euch hin / Da liegen Kraft und Frohsinn drin., Fanfareneinsatz, schunkelnde und klatschende Menschenmenge, Volksfeststimmung). Die Gemeinsamkeiten zwischen Plakat und HF-Spot beschränken sich auf die allgemeine Ankündigung des Ereignisses: Triumphator ist wieder erhältlich. Das Plakat enthält medienspezifisch wenig Text und nur die wichtigsten Angaben (was? , wann? , wo? ). Diese Daten werden im Kinospot erst am Schluss eingeblendet und nicht gesprochen, im HF-Spot kommen sie überhaupt nicht vor. Der Verzicht auf die Angaben Ort und Zeit erscheint für das Informationsmedium HF zunächst ungewöhnlich. Der Grund ist im unterschiedlichen Informationsziel zu sehen. Während der Kinospot nur in München und Umgebung gezeigt wurde und - wie auch das Plakat - speziell auf die einmalige Veranstaltung, nämlich den Anstich bzw. den zwei Wochen dauernden Festausschank des Doppelbocks Triumphator hinweist, wurde der HF-Spot während der gesamten Frühjahrsstarkbierzeit 750 ausgestrahlt, so dass man deshalb auf Orts- und Zeitangaben verzichtete. 751 Der HF-Spot unterscheidet sich auch durch die unterschiedliche Sprecherperspektive vom TV-Spot. Während im HF der Darsteller des Triumphators selbst spricht (An guaden Durscht wünscht euer Triumphator), wird im Kinospot der in einem Wagen sitzende Triumphator von einem Off- 749 Die Länge ist für Kino-Werbefilme nicht ungewöhnlich (vgl. Behrens, 1996, 188). 750 Die Starkbierzeit beginnt jährlich an einem Samstag im März und dauert zwei Wochen (Lohberg, 1998, 139). 751 Dr. Peter Urbanek, Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München, am 05.08.2004. <?page no="272"?> 262 Sprecher vorgestellt (Der Triumphator grüßt euch hier und Triumphator heißt das Bier). Abb. 35: Ausschnitt aus dem Kinospot „Triumphator“ 1959. • Bärenmarke Bei Bärenmarke liegt ebenfalls eine Kampagne aus Kinospot, Hörfunkspot sowie Anzeigen vor, die auf Ende der 50er Jahre zu datieren ist. Der Kinospot ist dem Medium und den Kinogewohnheiten entsprechend lang (2,45 Min.) und korrespondiert damit in etwa mit dem Kinospot von Löwenbräu. Bei den Anzeigen gibt es solche, die das Bären-Thema beinhalten und andere, die darauf verzichten und die Werbung gänzlich anders gestalten. <?page no="273"?> 263 Abb. 36: Anzeige „mit Bär“ 1959. 752 752 Die Plakate stammen aus dem Fundus der Nestlé Deutschland AG, Frankfurt am Main. <?page no="274"?> 264 Abb. 37: Anzeige „ohne Bär“ 1957. Beide Anzeigentypen weisen Übereinstimmungen mit Kino und Hörfunk auf. Hörfunkspot-Manuskript vom 12.12.1958, Tonstudio Frankfurt (HWA-Datenbank Nr. 133/ 44): Bären-Marke-Motiv (Englisch Horn) Sprecher: Für die Qualität der Milch (Zither unterlegt) ist die Herkunft ganz entscheidend! Bären-Marke-Motiv Sprecherin: In der Ferne Alpengipfel - (Zither unterlegt) Hirtenruf vom Berg ins Tal - starkes Vieh auf satten Almen - <?page no="275"?> 265 würz´ge Kräuter ohne Zahl - Bären-Marke-Motiv (Englisch Horn) Sprecher: Dorther kommt die BÄREN-MARKE - (Zither unterlegt) Darum ist sie auch so gut! (nah) Zum Kaffee nur BÄREN-MARKE - BÄREN-MARKE, die ist gut! Sprecherin: Und noch ein Tip, den Sie sich merken sollten: (sehr hausfraulich) Verschiedenartig abgeschmeckt, eignet sich BÄREN-MARKE auch vortrefflich als süße Soße zu Pudding, Aufläufen und Kompott. Sprecher: BÄREN-MARKE - die vertraute gute Dosenmilch! Kinospot: In den ersten Bildern Instrumental-Musik und Schrifteinblendung: Dies ist die Heimat ... (im unteren Bildteil wird der Name der Filmgesellschaft Domo eingeblendet). Schnarchen, Wecker, Kuh stößt Fenster auf, brüllt: Jetzt wird´s aber Zeit, mein Lieber. Bär: Ein bisschen früh heut. (Musik setzt leise wieder ein, im Verlauf des Spots teilweise etwas lauter); zu einer Kuh: Grüß dich. Und nun ein bisschen Frühsport. Kühe: Na so was. Off-Sprecher: Aber jetzt geht´s an die Arbeit. Denn auf den farbenprächtigen blumigen Wiesen inmitten der herrlichen Allgäuer Landschaft und den wohlgenährten Kühen gibt es für unseren Bären viel zu tun. Bär: Hm is des a Hitz heut. Pause Glockengeläut Off-Sprecher/ Bär? : Mittag. Ein kleines Schläfchen könnte jetzt nicht schaden. Pause. Bär: Na nu? Was is denn das? Ameisen. A so a Viecherei; zu den Kühen: Da schaut ihr was? Sprecher: Und schon arbeitet er wieder. Pause Off-Sprecher: Diese gute Milch, in der die ganze Kraft der saftigen Gräser und würzigen Kräuter des Allgäuer Weidelandes enthalten ist, bringt unser kleiner Bär täglich mehrmals mit der Bergbahn frisch ins Tal. Hier im schönen Allgäu ist unser Bär zu Hause und hier ist ja der Ursprung der Bärenmarke. Bär schlägt an eine Reihe aufgehängter Kuhglocken (Bärenmarke-Motiv). Glockengeräusch. Sprecher: Bärenmarke - die vertraute gute Dosenmilch. Eine Gemeinsamkeit zwischen beiden Anzeigentypen und der Kino- und HF-Werbung ist der Slogan Bärenmarke - Die vertraute gute Dosenmilch. Ferner gibt es übereinstimmende Elemente zwischen den Anzeigen und <?page no="276"?> 266 dem Kinospot, zwischen den Anzeigen und dem HF-Spot sowie zwischen dem Kino- und dem HF-Spot. Zwischen den Anzeigen mit dem Bären-Motiv und dem Kinospot stimmt der Einsatz der Werbefigur Bär überein. Die Anzeigen enthalten je ein Bild des Spots. Im Fließtext erfolgt eine Art Zusammenfassung dessen, was der Off-Sprecher im Kinospot erzählt. Die Anzeigen mit dem Bärenmotiv und die HF-Werbung haben den Hinweis auf Verwendungsweisen des Produkts als inhaltliche Gemeinsamkeit. 753 Gemeinsame Themen zwischen den Anzeigen ohne Bären-Abbildung, dem Kinospot und dem untersuchten HF-Spot sind der Hinweis auf die Herkunft (= die Heimat) der Milch sowie deren Qualität. Eine Gemeinsamkeit zwischen Kino- und HF-Spot ist das Audio-Logo mit dem Bärenmarke-Motiv. Ansonsten gibt es zwischen den elektronischen Werbemitteln die meisten Unterschiede: Im Kinospot wird ein Tag im Leben und aus der Perspektive des Bären dargestellt. Wie in Kap. 9.1 von Geldmacher erwähnt, wird auf die Nachahmung und die Berücksichtigung des Bären im HF-Spot verzichtet. Im ersten Teil des HF-Spots wird gereimt, was im Kinospot nie der Fall ist. Außerdem werden im Hörfunk verschiedene Sprecher (weiblich und männlich) eingesetzt, während der Off-Sprecher im Kinospot die Rollen des Kommentators, des Bären und der Kühe einnimmt. Da hier medienspezifisch die visuelle Unterstützung der Sprecherrollen hinzukommt, ist der Einsatz nur eines einzigen Sprechers möglich. Das die Kampagne thematisch zusammenhaltende Werbemittel ist also die Anzeige in den Ausführungen „mit Bär“ und „ohne Bär“: Die einzelnen Exemplare greifen sowohl Teile der Kinoals auch der HF-Werbung auf. Vergleicht man die Kampagnen von Löwenbräu und Bärenmarke mit der zeitlich parallelen Dallmayr-Kampagne „Dialogspots“ (50er/ 60er Jahre), die in Kap. 5 ausführlich dargestellt wurde, so fallen die folgend dargestellten Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf. b) Der markenübergreifende Vergleich • Medieneinsatz Beim Medieneinsatz zeigen sich Unterschiede zwischen Dallmayr einerseits und Löwenbräu und Bärenmarke andererseits: Dallmayr wirbt - wegen der in einer Printwerbung schwer umsetzbaren Dialog-Struktur - nur in den elektronischen Medien TV und HF, Löwenbräu und Bärenmarke setzen Kino-, Hörfunk- und Printwerbung ein. 753 (Anzeigen: ) Z. B. Zu Bratensoßen, Ragouts und Fricassees läßt sich BÄREN-MARKE anstelle von Rahm verwenden. Oder: Aus BÄREN-MARKE - steif geschlagen - lassen sich durch Zugabe von Früchten, Fruchtsaft oder Fruchtmark köstliche Speisen bereiten. <?page no="277"?> 267 • Argumentationsstrategien (Inhalt) Die elektronische Werbung ist - mit Ausnahme des Bärenmarke-HF-Spots - bei allen Marken stärker emotional als informativ ausgerichtet, d. h., es stehen weniger Fakten als vielmehr der Appell an Gefühle, an eine positive Einstellung zum Produkt im Vordergrund. Dafür sollen die Testimonials 754 sorgen: In den Dallmayr-Spots sind es die bekannten Schauspieler Michel Lang und Max Strecker, bei den Löwenbräu-Spots die das Bier aufwertende und dafür werbende Figur des Triumphators, bei Bärenmarke ist es die Werbefigur des Bären. 755 Der emotionale Schwerpunkt wird bei der Löwenbräu-Kino-Werbung auch daran deutlich, dass die informativen Fakten (wann? , wo? ) am Schluss nur als Schrift eingeblendet und nicht gesprochen werden. Im Gegensatz dazu sind sie auf dem Plakat der einzige Text und somit von größerer Bedeutung. Auch der sich von den eben erwähnten Spots abhebende HF-Spot von Bärenmarke transportiert überwiegend (scheinbare) Informationen (Für die Qualität der Milch ist die Herkunft ganz entscheidend; starkes Vieh auf satten Almen - würz´ge Kräuter ohne Zahl; Dorther kommt die B ÄREN -M ARKE ; Und noch ein Tipp [...] Verschiedenartig abgeschmeckt, eignet sich B ÄREN -M ARKE auch vortrefflich als süße Soße zu Pudding, Aufläufen und Kompott.). 756 Die Anzeigen von Bärenmarke beinhalten sowohl emotionale als auch informative Elemente: emotional: Bilder, zum Teil Erwähnung des Bären im Text, informativ: Herkunfts-, Qualitätshinweise, Rezepttipps in den Anzeigen „mit Bär“, Angaben zur Seriosität der Produktion in der abgebildeten Anzeige „ohne Bär“: der wertvollen Rohmilch, aus der unter ständiger wissenschaftlicher Kontrolle in vorbildlichem Verfahren B ÄREN -M ARKE gewonnen wird. • Sender-, Empfänger-, Produktthematisierung Bei allen drei Marken steht das Produkt im Mittelpunkt. Im Dallmayr-TV- Spot wird dies bereits durch die einleitende Äußerung des Kommentators deutlich: Männer reden vom Dallmayr Kaffee. 757 Markenübergreifend erfolgt die Darstellung des Produkts über das Thema „Qualität“, zum Beispiel - Dallmayr: (TV-Spot: ) beschter Rohkaffee; (HF-Spot: ) Von solchen Musterplantagen komma die teuersten Kaffees der Welt und die tut der Dallmayr in seine beste Mischung. Und der beste Dallmayr Kaffee heißt Mokka Spezial; - Löwenbräu: (Kinospot: ) Triumphator heißt das Bier, das gute, starke vom Löwenbräu; (HF-Spot: ) Anzapft ist schon / der edle Stoff liegt massenhaft bereit; - Bärenmarke: (Anzeige: ) Die fruchtbaren, würzigen Weiden dieser gesegneten Landschaft verbürgen die besondere Qualität der wertvollen Rohmilch; 754 Zur hier verwendeten Definition des Testimonials vgl. Schmidt/ Spieß, 1997, 158. 755 Strahlendorf, 1998, 54f. und Kellner/ Lippert, 1992, 58f. zum Bärenmarke-Bär. 756 Die festgestellte Informationsfunktion entspricht den Aussagen von Geldmacher am 24.08.2004 (siehe oben). 757 Vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. <?page no="278"?> 268 (Kinospot: ) Diese gute Milch, in der die ganze Kraft der saftigen Gräser und würzigen Kräuter des Allgäuer Weidelandes enthalten ist; (HF-Spot: ) Für die Qualität der Milch ist die Herkunft ganz entscheidend! ; Bärenmarke, die ist gut. Auf die Herkunft als Qualitätshinweis wird bei Bärenmarke im Kinospot auch visuell durch die Darstellung der Natur des Voralpenlandes eingegangen; der Kinospot von Löwenbräu zeigt bayerisch-volkstümliche Szenen aus München. 758 • Slogan In den Löwenbräu- und Dallmayr-Kampagnen gibt es in keinem Werbemittel einen Slogan. 759 Dies steht im Gegensatz zum medienübergreifenden gemeinsamen Slogan bei Bärenmarke: Bärenmarke - Die vertraute gute Dosenmilch (Print, Kino, HF). Er lässt sich jedoch nur in den 50er Jahren und Anfang der 60er Jahre nachweisen; Bärenmarke zeichnet sich, wie exemplarisch noch in Kap. 9.4 gezeigt wird, durch eine große Sloganvielfalt aus. • Textstruktur Die Textstruktur ist bei beiden Dallmayr-Spots (TV, HF) der Dialog, bei den Löwenbräu-Spots (Kino, HF) jeweils der Monolog. Der Kinospot von Bärenmarke besteht aus verschiedenen Rollen, nämlich dem Kommentator, dem Bären und den Kühen, die allerdings alle von ein und demselben Sprecher übernommen werden; teilweise liegt ein Dialog vor. Verschiedene Sprecherrollen weist auch der HF-Spot von Bärenmarke auf: Sprecherin und Sprecher beziehen sich thematisch aufeinander, nehmen jedoch keinen Dialog auf. • Musik Alle drei audiovisuellen Spots (Bärenmarke, Dallmayr, Löwenbräu) enthalten Musikelemente: Beim TV-Dialogspot von Dallmayr ist es ein durchgehender unaufdringlicher Instrumental-Teppich, jedoch noch nicht die bekannte Dallmayr-Musik. Bei Löwenbräu wechseln sich Fanfarenklänge, Gesang und Blasmusik ab. Der Kinospot von Bärenmarke enthält beschwingt ländlich klingende Instrumentalmusik, die in der Lautstärke wechselt und im ersten Teil auch nicht durchgehend vorhanden ist. Der HF- Vergleich zeigt diese Unterschiede: Der Löwenbräu-HF-Spot ist mit einer Art Marschmusik und typischen Volksfest-/ Menschen-Geräuschen unterlegt. Die Werbung von Bärenmarke weist musikalisch ein Audio-Logo, 760 758 Vgl. Kap. 8 „Werbung für Genussmittel regionaler Herkunft und langer Tradition“. 759 Allerdings gibt es bei Dallmayr in der TV-Spot-Serie „Kostbarkeiten“ 1956/ 57 einen Slogan (Das ist Dallmayr Kaffee / ein besonders guter Kaffee), ebenso vereinzelt in den HF- Spots der 60er Jahre „Dialogspots“ (des war hoid a Kaffee bzw. Denn des is hoid a Kaffee), während in den TV-Spots der Dialogspots kein Slogan vorhanden ist - vereinzelt ersatzweise die Schrifteinblendung im Schlussbild Er betont Ihren guten Geschmack. Dies spricht insgesamt gegen eine Verallgemeinerung im Hinblick auf ein gehäuft auftretendes Fehlen von Slogans in den 50er Jahren. 760 „Das signifikanteste Element im Corporate Sound ist sicherlich das Audiologo. […] Ein Audiologo muss nicht zwingend einen Melodie-Charakter besitzen […], sondern kann <?page no="279"?> 269 und zwar das vor allem in den 50er Jahren eingesetzte sog. „Bärenmarke- Motiv“, auf. Es wird im HF-Spot mit einem Englisch Horn gespielt; der Spot ist zudem teilweise mit Zither-Musik unterlegt (vgl. Manuskript). Im Kinospot spielt es der Bärenmarke-Bär am Schluss, indem er auf mehrere nebeneinander aufgehängte Glocken schlägt. Die Dialog-Spots von Dallmayr im HF enthalten keine Musikelemente. 761 Musik wird also insgesamt zur Schaffung von Atmosphäre eingesetzt. Bei Bärenmarke jedoch kommt noch ein Aspekt hinzu: Das musikalische „Bärenmarke-Motiv“ dient medienübergreifend der Wiedererkennung der Marke. • Mündlichkeit und Schriftlichkeit Die Dallmayr-Spots (TV, HF) sind aufgrund ihrer Dialogstruktur ganz offensichtlich konzeptionell mündlich gestaltet (kurze Sätze, alltagssprachlicher Wortschatz, z. B. wird im HF-Spot die Verbform tut verwendet, Münchner (Lang) bzw. schwäbischer (Strecker) Dialekt). Keine Übereinstimmung in der Konzeption der beteiligten Werbemittel gibt es bei Löwenbräu und Bärenmarke. Konzeptionelle Mündlichkeit zeigen der HF-Spot der Löwenbräu-Kampagne und der Kinospot von Bärenmarke: Kennzeichen beim Löwenbräu-Spot sind Aufforderung/ direkte Ansprache der Rezipienten: Auf geht´s sowie die dialektale Aussprache: an guaden Durscht. Der bairische Dialekt lässt sich hier vor allem an der Prosodie erkennen, nämlich an der klischeehaft dunklen Klangfarbe 762 (Verwendung des dunklen a), der tiefen Stimmlage und dem sehr langsam, aber marktschreierisch gesprochenen Text. Die Lautung passt also ideal zum Inhalt des Spots. Auch der Kinospot von Bärenmarke wird von einem Sprecher mit dunkler Klangfarbe gesprochen; außerdem verwendet er in der Rolle des Bären einen umgangssprachlichen Ausdruck (Viecherei); in der Lautung werden im Hinblick auf einen Dialekteinsatz Kompromisse eingegangen, um Verständlichkeit zu gewährleisten (Is des a Hitz heut [...], A so a Viecherei). Dialektale Merkmale, die den Heimat-Charakter des Produkts mit darstellen sollen, sind also sowohl bei Bärenmarke als auch bei Löwenbräu vorhanden. Dagegen können der HF-Spot von Bärenmarke und der Kinospot von Löwenbräu 763 - beide in Reimform - nicht der konzeptionellen Mündlichkeit zugeordnet werden. Die Anzeigen von Bärenmarke sind konzeptionell schriftlich gestaltet (vollständige Sätze, teilweise Hypotaxen). Das Plakat von Löwenbräu ist sprachlich sehr reduziert gehalten: Es enthält lediglich Setzungen mit Hinweisen auf Ort und Zeit. auch ein bestimmter Klang oder ein Geräusch sein […]. Die Memorierbarkeit ist jedoch bei einer Melodie am größten.“ http: / / www.markenlexikon.com/ d_texte/ klingelfluch _markensegen_hirt.pdf, Zugriff am 20.8.2005. 761 Vgl. Kap.5.2e) „Bewertung“. 762 Schwitalla, 2006, 79. 763 Die Verschleifung zieht ´s ist beim Kinospot von Löwenbräu das einzige offensichtliche Merkmal gesprochener Sprache. <?page no="280"?> 270 • Zusammenfassung Auffallend ist die - trotz unterschiedlicher Werbeagenturen bzw. Produktionsfirmen 764 - differenziert vorgenommene Verflechtung der Werbemittel bei Bärenmarke, bei der zudem die medienspezifischen Möglichkeiten vorbildlich genutzt wurden. Medienübergreifend ist zunächst der Slogan (Print, Kino, HF), während Löwenbräu und Dallmayr auf diesen, wie auch die Analysen in Kap. 5, 6, und 7 gezeigt haben, wichtigen verbindenden Textbaustein verzichten. Eine akustische Klammer zwischen Kino und HF, welche in der Printwerbung fehlen muss, wird bei Bärenmarke ebenfalls eingesetzt: Es ist das Bärenmarke-Motiv, das zwar instrumental unterschiedlich umgesetzt wird, jedoch in der Melodie unverkennbar ist. Sowohl die „Anzeigen mit Bär“ als auch die „Anzeigen ohne Bär“ zeigen weitere Gemeinsamkeiten mit dem Kino- und dem HF-Spot: Die wichtigsten verbindenden Elemente sind hier die Werbefigur Bär („Anzeigen mit Bär“ und Kinospot), der Hinweis auf Verwendungsweisen des Produkts („Anzeigen mit Bär“ und Hörfunkspot) sowie auf Herkunft und Qualität der Milch („Anzeigen ohne Bär“, Kino- und Hörfunkspot). Ferner werden im HF - dies wird an weiteren Spots noch deutlicher - scheinbare Fakten zur Herkunft und Details zur Qualität der Milch vermittelt, während emotionale Aspekte, die per Bild gut transportiert werden können, vorwiegend in Print und Kino auftreten. Es seien noch einige weitere markenübergreifende Differenzen und Gemeinsamkeiten aufgeführt: Zunächst ist ein Unterschied im Medieneinsatz zwischen Dallmayr (TV, HF) auf der einen Seite sowie Löwenbräu und Bärenmarke (Kino, HF, Print) auf der anderen Seite festzuhalten. Der Verzicht von Dallmayr auf Anzeigen liegt an der Textstruktur Dialog, die im Printmedium schwer nachgeahmt werden kann. Markenübergreifend werden unterschiedliche Textstrukturen verwendet (Monologe, Dialoge, bei Bärenmarke mehrere Sprecher, jedoch nur teilweise Dialog). Die meisten auditiven bzw. audiovisuellen Werbemittel sind konzeptionell mündlich gestaltet und sollen Authentizität vorspiegeln. Ausnahme sind die gereimten Spots von Bärenmarke (HF) und Löwenbräu (Kino). 765 Beinahe alle auditiven und audiovisuellen Werbe- 764 Vgl. die erwähnten Ausführungen von Geldmacher in Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 765 Zum breiten Einsatz von Reimen in der Werbung der 50er Jahre vgl. Gries/ Ilgen/ Schindelbeck, 1995, 106ff. „Es ist der neue, durch Konsumstandards sich definierende ‚Mittelstand‘, der sein Niveau als Kulturniveau zelebriert (bekommt). Verse als bekannt gute Ordnungen transformieren das Neue und Moderne aus der Welt der Warenwunder und spiegeln es auf den Bodensatz des Gemütlichen und Bewährten. ‚Schöner leben‘ versifiziert heißt auch immer ‚sicherer leben‘. Das kunstfertig gearbeitete, wohlklingende und durch seine Konsumaufforderung ‚Wohlgefühl‘ auslösende Gedicht gibt dieser neu empfundenen Stabilität Ausdruck und avanciert zum zeitgemäßen Lyrikbegriff […]. Erich Kästner hat die fünfziger Jahre einmal ironisch- <?page no="281"?> 271 mittel sind emotional ausgerichtet; dafür sorgen auch die sehr unterschiedlichen Testimonials (berühmte Schauspieler bei Dallmayr, aufwertende Figur des Triumphators bei Löwenbräu, liebenswerter, langjährig bekannter Bärenmarke-Bär). Die Ausnahme ist - medienspezifisch durchdacht - der HF-Spot von Bärenmarke, der vor allem Informationen enthält (Qualität, Herkunft, Rezepttipps). Auch die Printwerbungen von Löwenbräu und Bärenmarke sind informativ bzw. informativ-emotional angelegt. Bei allen drei Kampagnen handelt es sich schließlich um produktbezogene Werbung; gemeinsames Thema ist die „Qualität“, die bei Bärenmarke in dieser Kampagne sprachlich mit den Themen „Herkunft“ und „Heimat“ in Verbindung gebracht wird. Somit lassen sich Erkenntnisse zur Produktbezogenheit der Dallmayr-Werbung in den 50er Jahren markenübergreifend bestätigen. 766 Visuell ist die Herkunft auch in den Kinospots von Bärenmarke und Löwenbräu präsent. Bei allen drei Marken wird der regionale Bezug durch die Sprecher (dialektale Aussprache, voluminöse Stimme und dunkle Klangfarbe) hergestellt, bei Löwenbräu und Bärenmarke zusätzlich durch Musik und Geräusche (Löwenbräu: Marschmusik, Gesang des Volks; eine Art Volksfestgeräuschkulisse; Bärenmarke: Glocken (im Kino), Englisch Horn, Zither (im HF)). Bei Dallmayr ist die regionale Herkunft des Produkts (Kaffee aus München) weniger Ziel des Dialekteinsatzes, es geht vielmehr um eine sender- (im Hinblick auf die Testimonials als Sekundärsender) bzw. rezipientenbezogene Verwendung: Nicht-Dialektsprecher könnten zum Hinhören veranlasst werden, schwäbische Hörer nehmen einen vertrauten Dialekt wahr, außerdem verringert der Einsatz von Dialekt die Distanz zwischen Sprecher und Hörer, schafft Nähe. 767 Im Gegensatz zu den beiden anderen Marken sind die Dialektsprecher im TV-Spot sichtbar, bei Bärenmarke und Löwenbräu ist der Zuschauer und -hörer ganz auf den Klang der Stimme angewiesen. 768 Musikelemente - vorwiegend zur Unterstreichung der Atmosphäre - enthalten fast alle auditiven und audiovisuellen Werbemittel mit Ausnahme des HF-Spots von Dallmayr. 9.4 Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte a) Die Kampagnen • Löwenbräu Löwenbräu wirbt im Laufe der 70er Jahre mit drei verschiedenen Kampagnen. Im Mittelpunkt stehen zwei Kampagnen, in denen das Produkt treffend das ‚motorisierte Biedermeier‘ genannt.“ (Gries/ Ilgen/ Schindelbeck, 1995, 112f.). 766 Vgl. auch Kap. 8 „Werbung für Genussmittel regionaler Herkunft und langer Tradition“. Vgl. Reimann, 2003, 208. 767 Vgl. Reimann, 1999, 112. 768 Vgl. dazu auch Janich, 2003, 169. <?page no="282"?> 272 durch einen unmittelbaren Vergleich mit Bayern gleichgesetzt wird (Slogan: Das Bier, das so berühmt ist wie seine bayerische Heimat. bzw. Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern.). 769 Abb. 38: Plakat „Bayerische Heimat“ 1971. 769 Zur Kampagne mit dem Slogan Das Bier, das so berühmt ist, wie seine bayerische Heimat. sind Spotreihen aus 50 HF-Spots (1969-1974), 14 TV-Spots (1969-1972) sowie vier Plakaten vorhanden, zwei davon zum Olympia-Pils. Ich verwende für die Analyse je einen HF- und einen TV-Spot, die motivisch übereinstimmen, und greife zur Erläuterung einzelner Phänomene auf weitere zurück. Es gibt zudem textstrukturell ganz auf das Medium Radio ausgerichtete HF-Spots mit dem genannten Slogan: Dabei handelt es sich um Interviews zwischen einem Reporter und „Bierkennern“. Die Kampagne mit dem Slogan Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. ist zweigeteilt zu betrachten. Aus den Jahren 1979-1982 sind 23 Plakate vorhanden mit dem Slogan als einzigem Textbaustein. Die Folgeserie 1982-1988 enthält eine Schlagzeile sowie den genannten Slogan. Hierzu gibt es keine TV-Spots. Die HF-Spots sind 1980 produziert worden und bestehen aus einem Monolog - Ausnahme ist ein einziger Dialog-Spot (erzählendes Ehepaar) - sowie dem Slogan. <?page no="283"?> 273 Abb. 39: Plakat „Mann mit Bierkrug“ 1978-79. Die dritte 70er-Jahre-Kampagne, chronologisch zwischen den beiden anderen angesiedelt bzw. sich mit der jüngeren noch teilweise überschneidend, dreht sich um die Sorte Pils. Dieses Produkt wurde bisher nur mit dem Sortennamen benannt und bekam 1975 - nach einer Analyse der Unternehmensberatung Roland Berger 770 - den Namen Der Löwenbräu. Das Bier wird 1975 nur außerhalb Bayerns eingeführt, 771 ein Jahr (1976) ist die Sorte zusätzlich in Bayern erhältlich, 772 ab 1977 wird sie nur noch in Bayern vertrieben. 773 Diese Pils-Kampagne unterscheidet sich werbestrategisch grundlegend von den beiden anderen, in denen Natur, Heimat, Genuss, Tradition, Geselligkeit und Lebensfreude 774 thematisiert werden. In den Anzeigen und Plakaten der Serie „Der Löwenbräu“ dominieren die Farben Schwarz und Weiß (meist der Hintergrund) sowie Gold (das Bier). Personen werden kaum eingesetzt, es handelt sich ausschließlich um Produktthematisierung. 770 Beilage im Rahmen des Aufsichtsratsprotokolls zur Sitzung am 27.08.1982. 771 Geschäftsbericht 1974/ 75, 6. 772 Geschäftsbericht 1975/ 76, 6. 773 Separates Skript im Rahmen des Aufsichtsratsprotokolls zur Sitzung am 27.08.1982. 774 Vgl. Geschäftsbericht 1981/ 82, 12 sowie Broschüre der Werbeagentur Heye & Partner, Beispiel Löwenbräu. <?page no="284"?> 274 Abb. 40: Anzeige 1975. Abb. 41: Plakat 1975. Das vermittelte Image der nationalen Kampagne wird mit den Stichworten „preußisches Premium, hohes Niveau, Prestige und Geltungsnutzen für Verbraucher, modern, für Kenner, für besondere Anlässe“ zusammengefasst. <?page no="285"?> 275 Das Produkt soll mit den Eigenschaften „Pils aus feinsten Zutaten, hoher Bitterwert, kräftig, herber Geschmack, guter Schaum“ verbunden werden. Zielgruppe sind „qualitätsu. markenbewußte Biertrinker, Männer und Frauen (25-40 Jahre), gehobene soziale Schicht, gehobene Einkommensklasse“. 775 Die HF-Spots sind erst ab 1982 nachweisbar. Die Kampagne ist bis Mitte der 80er Jahre in der Printwerbung, bis 1988 in der HF-Werbung zu finden, TV-Werbung gibt es nicht. 776 • Dallmayr Für die 70er Jahre liegen vier Kampagnen vor: „Luxus“ (Print, TV), „erlesen“ (Print, TV), „Weihnachten“ (Print, HF) und „Geschmack/ Blaues Band“ (Print, TV, HF). In Kap. 7 wurden die Kampagnen mit jeweils einem Exemplar jedes Werbemittels ausführlich untersucht. Sie gehören Serien an - mit Ausnahme der Kampagne „Weihnachten“. Stets wird für das Produkt Dallmayr Prodomo geworben, die Kontinuität in den Themen, die ab den 80er Jahren zu beobachten ist, liegt für die 70er Jahre noch nicht vor. Die Kampagnen unterscheiden sich in der sprachlichen und visuellen Gestaltung grundlegend. • Bärenmarke In den 70er Jahren lassen sich sechs Kampagnen für vier Produkte nachweisen. Die Kampagne zur 1979 eingeführten Alpensahne läuft allerdings erst 1980. Außerdem ist die Anzeige „Bär begleitet Amateur-Expedition“ nur eine einmalige Aktion. Ebenfalls nur eine einzige Anzeige liegt mir für das neu eingeführte Produkt Kondensierte Kaffeesahne vor. Auf der Anzeige „Bär begleitet Amateur-Expedition“ wird unspezifisch ein[en] Karton Milchpulver ›Marke Alpenmilch‹ und ein[en] Karton Bärenmarke erwähnt. Die Werbung für Alpenmilch und Die Ergiebige bezieht sich auf das Basisprodukt von Bärenmarke. Interessant ist, dass die Milchdose der Kampagne „Keine ist ergiebiger“ die Aufschrift Allgäuer Alpenmilch enthält, dagegen steht auf der gezeigten Dose der Kampagne „Alpenmilch“ Die Ergiebige. Diese beiden Kampagnen zeigen noch die früher typischen Bärenmarke-Motive: Alpen, Kühe und den Bärenmarke-Bären. Ganz anders gestaltet ist die breit angelegte Werbung für Die leichte 4 777 mit Vorbildverbrauchern bzw. berühmten sportlichen Testimonials. Farblich steht das stets vorkommende helle Blau für Leistungsfähigkeit, Sportlichkeit, Modernität und wenig Fett. Mit diesem Produkt wird also auf die aktuellen Bedürfnisse der Rezipienten nach einer kalorienarmen Kaffeemilch vor dem Hintergrund der beginnenden Fitness- 775 Beilage im Rahmen des Aufsichtsratsprotokolls zur Sitzung am 27.08.1982: Die nationale Kampagne verlief allerdings erfolglos; größte Konkurrenz war in den frühen 70er Jahren die Marke König Pilsener, die auch in der Werbung als Vorbild verwendet wurde. 776 E-Mail-Auskunft von Dr. Peter Urbanek, Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München, am 18.03.2005. 777 Zu dieser Kampagne gibt es viele Exemplare der TV- und Anzeigenserie über Jahre hinweg - u. a. mit unterschiedlichen Slogans. <?page no="286"?> 276 welle und der Gleichsetzung von Schönheit und Schlanksein eingegangen. Der Bär ist nicht dabei, kommt aber in anderen Kampagnen späterer Jahre wieder vor. Abb. 42: Beispiele aus drei TV-Spots für Die leichte 4. Zusammenfassend bleibt für die 70er Jahre festzuhalten: Löwenbräu bringt drei, Dallmayr vier Kampagnen heraus. Bärenmarke hat fünf Kampagnen, beworben werden insgesamt vier Produkte. Für Bärenmarke Alpensahne wird erst ab 1980 geworben. Löwenbräu, 70er Jahre: Kampagne Löwenbräu. Das Bier, das so berühmt ist, wie seine bayerische Heimat. Der Löwenbräu (Pils). Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. Medien HF, TV, Print Print, HF Print, HF Zeitraum 1969-1972 (TV), 1969- 1974 (HF) 1975- (ca.) 1985 (Print), 1975-1988 (HF) 1979-1982 und 1982-1988 (Print), 1980 (HF) Dallmayr, 70er Jahre : 778 Kampagne Luxus erlesen Weihnachten Geschmack/ Blaues Band Medien Print, TV Print, TV Print, HF Print, TV, HF Zeitraum 1972 1973 1978 1978 778 Zu den Dallmayr-Kampagnen vgl. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. <?page no="287"?> 277 Bärenmarke, 70er Jahre: Kampagne Bär begleitet Amateur-Expedition Alpenmilch Die Ergiebige Die leichte 4 kondensierte Kaffeesahne Bärenmarke Alpensahne Medien Print Print, TV Print, TV Print, TV (HF) Print Print Zeitraum 1972 1972 (auch schon 60er Jahre) seit 1975 bis heute 1974 (v. a. bis 1980 intensive Bewerbung) 1974 1979 eingeführt, erst 1980 beworben Tabellen und Graphiken 15: Die 1970er-Jahre-Kampagnen von Löwenbräu, Dallmayr und Bärenmarke. b) Medien: Art und Anzahl Die Bedeutung des Basismediums TV bei Dallmayr wird auch in den 70er Jahren deutlich. Das Medium ist Teil jeder Kampagne. Im Gegensatz dazu ist bei Löwenbräu TV nur Bestandteil der ersten Kampagne. 779 Bevorzugt wird hier Plakatwerbung, da sie preiswerter als TV-Werbung ist und gezielt regional eingesetzt werden kann. 780 Dallmayr und Löwenbräu werden nur in jeweils einer Kampagne mit drei Werbemitteln beworben. Bei Bärenmarke liegt mir lediglich für Die leichte 4 ein HF-Informationsband vor. Zwei Kampagnen („Bär-Expedition“ und „kondensierte Kaffeesahne“) bestehen nur aus Printwerbung. Ansonsten werden bei allen hier untersuchten Kampagnen zwei Werbemittel eingesetzt. Auffallend ist bei der Pils-Kampagne die zeitversetzte, viel spätere Produktion der HF-Spots (1982) im Vergleich zum Beginn der Printwerbung (1975). Dallmayr setzt im untersuchten Zeitraum Hörfunkwerbung nur in den Kampagnen „Weihnachten“ und „Geschmack/ Blaues Band“ ein. Im zuerst genannten Fall gibt es keine TV- Werbung, da diese für die kurzfristige Weihnachtsaktion zu teuer wäre; bei der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ ist HF eher als Beiwerk zu Print- und TV-Werbung zu betrachten. 781 Bei Löwenbräu ist sie in allen Fällen dabei. 779 Kontinuität zeigt hier der Einsatz von Plakatwerbung (vgl. Kap. 10.1.3 „Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Werbemitteleinsatz“). 780 Dr. Peter Urbanek, Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München, am 16.08.2005. 781 Vgl. die ausführliche Analyse in Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. <?page no="288"?> 278 c) Das Medienzusammenspiel: Übereinstimmung - eingeschränkte Bezugnahme - keine Bezugnahme • Dallmayr Wie in Kap. 7 festgestellt, handelt es sich bei den Kampagnen „Weihnachten“ und „Luxus“ um eine übereinstimmende Umsetzung zwischen den Werbemitteln Anzeige und TV-Spot bzw. HF-Spot, bei der Kampagne „erlesen“ um eingeschränkten Bezug von Anzeige und TV-Spot; bei der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ stimmen die elektronischen Werbemittel überein, während die Anzeige auf beide Werbemittel eingeschränkt Bezug nimmt. 782 • Löwenbräu Im Gegensatz zur medialen Differenzierung bei Dallmayr sind alle Löwenbräu-Kampagnen in ihrer medialen Umsetzung als übereinstimmend zu sehen. Meines Erachtens ist dies eine geschickte Strategie, um die Zuordnung der Werbemittel zu einer Kampagne zu ermöglichen. Schließlich sollen sich die transportierten Themen für die jeweilige Biersorte bzw. die Dachmarkenwerbung beim Rezipienten verankern. Die Unterschiede in der Gestaltung, beispielsweise zwischen Print und HF der Kampagne „Ein Bier wie Bayern“, sind medienspezifisch und fallen nach meiner Definition nicht ins Gewicht: Die Plakate zeigen Szenen aus Bayern, häufig sind Menschen abgebildet. In den HF-Spots erzählen Leute - medientypisch - in bairischem Dialekt: Sie stellen sich vor, erwähnen, wo sie in München wohnen, welchem Beruf sie nachgehen, und sie preisen die Vorzüge Bayerns an: Sprecherin: Ja also ich komm aus der Biedenmeierstraße in aus München und heiß Bettina Gräfin von Keyserlink / Ich äh koch gerne / / bayerische Spezialitäten L ACHT a Schweinshaxen L ACHT ja an Knödel und so / / Semmelknödel kann i guad macha ja und a Sauerkraut hoid und Schweinswürschtl und so Zeigl. Ja mir, mir gfällt am besten der Englische Garten mit ´m chinesischen Turm, sand so nette Leit, dann trink i natürlich a Maß oder a zwoa Maß L ACHT ja freili / Sprecher: Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. Ein Beispiel für die Nutzung der Medienspezifika im Hinblick auf das gemeinsame Thema der beteiligten Werbemittel findet sich in der Pils-Kampagne zu einem späteren Zeitpunkt (1984): Die Anzeige zeigt ein Pilsglas und eine Pilsflasche, der einzige Text ist die Schlagzeile über dem Bild: Der Löwenbräu Premium Pils. 783 Der HF-Spot greift das Thema „Glas“ auf, sprachlich werden verschiedene Glasformen erwähnt: Es gibt hohe, dicke, dünne, schlanke, bauchige und was weiß ich für / Pilsgläser. Tja, das Glas ist schon wichtig beim Pilsgenuss, aber noch ein bisschen wichtiger ist halt das was drin ist / im Glas 782 Vgl. Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“ und Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 783 Geschäftsbericht 1984/ 85, 4. <?page no="289"?> 279 [...]. 784 Der Verzicht auf die visuelle Komponente wird also durch ersatzweise Beschreibung ausgeglichen. Typisch für den Vergleich und die übereinstimmende Einordnung Print - TV ist, dass die Printwerbung ein Bild des TV-Spots übernimmt, wie es in der Kampagne Das Bier, das so berühmt ist, wie seine bayerische Heimat. geschieht. 785 • Bärenmarke Bei der Bärenmarke-Werbung sind hier die Kampagnen „Alpenmilch“, „Die Ergiebige“ sowie „Die leichte 4“ (je Print und TV) zu betrachten, da die übrigen nur aus einem Werbemittel bestehen. Wie bei Löwenbräu sind auch bei Bärenmarke alle Kampagnen als vollständig übereinstimmend einzustufen, sie greifen jeweils ein Bild der Fernsehwerbung auf. Eine Besonderheit ist, dass die beiden zuerst genannten Kampagnen eng miteinander verknüpft sind. Sie werben für dasselbe Produkt und stimmen hinsichtlich der TV- Spots visuell weitgehend überein. Das Thema „Bayern/ Voralpenland/ Heimat“ wird über die visuelle Ebene in TV und Print einprägsam transportiert. Dass es sich dennoch um zwei Kampagnen handelt, zeigt sich an sprachlichen Unterschieden, welche einen Strategiewechsel deutlich machen: Aus der Werbung für Die/ Unsere gute Alpenmilch wird Keine ist ergiebiger. Kleine zusätzliche Bilder innerhalb der Anzeigen, sog. Focus-Visuals 786 (z. B. drei Landschaftsausschnitte, das Vorführen der Produktanwendung - Kaffeemilch wird in die Kaffeetasse gegossen - oder die Abbildung des Kopfes einer Vorbildverbraucherin mit einem produktbezogenen Zitat), zeigen das Bemühen um Parallelität zur Fernsehwerbung, welcher sie entnommen wurden. 784 Vgl. dazu auch die aktuelle Löwenbräu-Kampagne, die ausführlich in Kap. 6 „Synchrone Mehrmedialität“ untersucht wurde. 785 Das geschieht beispielsweise auch bei den aktuellen Kampagnen von Alete, Coca-Cola und den Stadtwerken München sowie den diachron untersuchten Dallmayr- Kampagnen „Luxus“ (1972) und „Mit nichts zu vergleichen“ (1982). 786 Zur Definition von „Focus-Visual“ vgl. Janich, 2003, 62f. <?page no="290"?> 280 Abb. 43: Anzeige „Keine ist ergiebiger“ (1975). 787 Abb. 44: Anzeige „Voralpenland/ Keine ist ergiebiger“ (1977). Im Mittelpunkt der Kampagne „Die leichte 4“ stehen Vorbildverbraucher, die erzählen, warum sie sich für dieses Produkt entscheiden; dafür sind die Darstellungsmittel der TV-Werbung am besten geeignet. Die fehlenden 787 Nicht näher bezeichnete Anzeigen/ Plakate stammen von einer CD der Nestlé Deutschland AG. <?page no="291"?> 281 Möglichkeiten in der Anzeige (gesprochene Sprache, gesungene Sprache im Slogan, bewegte Bilder) werden durch medienmögliche Mittel (geschriebensprachliche Zitate, Beschränkung auf das wichtigste Bild der TV-Werbung) aufgefangen. d) Beworbene Produkte In dem exemplarisch ausgewählten Jahrzehnt zeigt sich deutlich die unterschiedliche Strategie im Hinblick auf die beworbenen Produkte: Die konsequente Bewerbung einer Sorte (Dallmayr Prodomo) ist allein bei Dallmayr gegeben. Löwenbräu bewirbt in den beiden Bayern-Kampagnen allgemein Löwenbräu-Bier, also keine spezielle Sorte (sog. Dachmarkenwerbung). Die Kampagne für Der Löwenbräu ist Werbung ausschließlich für die Sorte Pils. Bärenmarke bewirbt immer wieder und mit wechselnden Kampagnen ihr Basisprodukt (Ungezuckerte Kondensmilch 10 %): Darauf beziehen sich in den 70er Jahren die Kampagnen „Die/ Unsere gute Alpenmilch“ sowie „Die Ergiebige“. In einer weiteren Kampagne wird die fettarme Kaffeemilch Die leichte 4 beworben. Weitere unterschiedliche Produkte werden beworben, zum Beispiel die 1973 eingeführte kondensierte Kaffeesahne (Anzeige). Die Anzeige in Form eines redaktionellen Artikels „Bär begleitet Amateur- Expedition“ wirbt nicht für ein spezielles Bärenmarke-Produkt; erwähnt wird das Milchpulver ›Marke Alpenmilch‹. Es handelt sich bei dieser Art von Werbung eher um eine Art Sponsoring. 1980 wird schließlich Werbung für die 1979 eingeführte Alpensahne (Anzeigen) geschaltet. e) Der markenübergreifende Vergleich • Gewichtung der Themen Die beiden allgemein für Bier werbenden Kampagnen von Löwenbräu enthalten die Themen „Heimat“ (Bayern, München) und „Genuss“ (Essen, Trinken), teilweise auch „Tradition“ (Tracht als Ausdruck traditioneller Kleidung). Die Pils-Kampagne hebt sich dagegen von der „Bierwerbung für alle“ ab und zeigt (allein produktorientiert) die herausragende Qualität des Produkts „für besondere Anlässe“ und „für den Kenner“. 788 Die Themen innerhalb einer Kampagne werden in allen Werbemitteln umgesetzt. Bei Dallmayr werden Themen differenzierter medienspezifisch eingebracht: Die Kampagnen „Luxus“, „erlesen“ und „Weihnachten“ enthalten neben gemeinsamen Themen in der Printwerbung zusätzlich informationsbezogene Themen. Bei der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ fehlen im TV die Themen „Geschmack“ und „Genuss“. 789 Die Bärenmarke-Werbung weist für jedes beworbene Produkt spezifische Themen auf, vorzugsweise Produkteigenschaften, die die Einzigartigkeit der jeweiligen Kaffeemilchsorte zeigen sollen, zum Beispiel ist die Milch bei der Anzeige „Bär begleitet Amateur- Expedition“ noch Grundnahrungsmittel (Milchpulver + Wasser = Milch), bei 788 Vgl. Kap. 9.4a) „Die Kampagnen“. 789 Vgl. Kap. 5.2a) „Inhalt“. Kap. 7.2.2b) „Kampagnenspezifische Themen“ sowie Kap. 10.1.1 „Unterschiede in den kommunizierten Themen“. <?page no="292"?> 282 der kondensierten Kaffeesahne steht der Zusatznutzen „Genuss“ („Sahne/ sahnig“) im Mittelpunkt, dagegen soll Die leichte 4 „Genuss“ und „Geschmack“ trotz „Fettarmut“ vermitteln. Die Kampagne „Keine ist ergiebiger“ stellt den Zusatznutzen „Ergiebigkeit“ in den Mittelpunkt der Werbung und die Kampagne „Alpenmilch“ greift den Aspekt der „Verfeinerung“ des Kaffees auf. Die Themen „Qualität“, „Genuss“ und „Geschmack“ kommen markenübergreifend bei Bärenmarke, Dallmayr und Löwenbräu vor: Die „Qualität“ des Produkts bezieht sich in den Beispielen auf - DIE H ERKUNFT (der Inhaltsstoffe/ des Produkts). Dazu gibt es Beispiele der Marken Bärenmarke und Dallmayr, wie die Kampagne „erlesen“ (Print): Denn dieser Kaffee wächst noch ganz natürlich heran, die Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ (Print): die edle Herkunft dieses veredelten Kaffees; aus feinsten Hochlandkaffees, die Kampagne „Keine ist ergiebiger“ (TV): Voralpenland, die Schatzkammer der guten Milch. Hier gibt es noch quellfrisches Wasser und saftige Wiesen. Hier sind die Kühe gesund und kräftig. Aus dieser reinen Natur […]. Vor allem bei Bärenmarke und Löwenbräu wird die regionale Heimat des Produkts (Voralpenland bzw. Bayern) als Qualitätsaspekt visuell herausgestellt. Das ist eine Übereinstimmung zur jeweils ersten mehrmedialen Kampagne und zeigt Kontinuität in der Werbung auf. 790 - P RODUKTEIGENSCHAFTEN ( TEILWEISE GÄNZLICH UNKONKRET ). Pilswerbung „Der Löwenbräu“: z. B. edelster Hopfen, eines der besten, 791 Nennung einer Geschmackseigenschaft: diesem würzigen und feinen Spitzenpils seinen einzigartigen Charakter, 792 Kampagne „erlesen“ (Print): Nicht billiger. Besser [...]. den besten Kaffee., Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ (HF): reich im Aroma. - H ERSTELLUNGSVERFAHREN . „Geschmack/ Blaues Band“ (TV, HF): die/ der meisterlich veredelte(n) Spitzenmischung, (Print, HF): von Reizstoffen befreit. - Qualität wird außerdem durch die FORMALE G ESTALTUNG ausgedrückt. Dies zeigt sich bei der Pilswerbung visuell durch die klaren Formen und Farben (v. a. Schwarz und Gold als Ausdruck des Werts); die Abbildung beschränkt sich auf das Produkt. Die Einzigartigkeit des Produkts soll sich also nicht nur in der inhaltlich völlig neuartigen Strategie, sondern auch in der formal-stilistisch auffälligen Konzeption spiegeln. Die Themen „Genuss“ und/ oder „Geschmack“ werden so umgesetzt: 790 Vgl. Kap. 9.3b) „Der markenübergreifende Vergleich“. 791 Printwerbung mit der Headline Ein narrisch gutes Pils. (Geschäftsbericht 1978/ 79, 38). 792 Anzeige mit der Headline Der Löwe unter den großen Bieren. (Geschäftsbericht 1975/ 76, 7). <?page no="293"?> 283 Dallmayr Beispiele aus der Dallmayr-Werbung sind unter anderem die Anzeige der Kampagne „Luxus“: Der Genuss wird innerhalb des gesundheitsschonenden Aspekts erwähnt: Dallmayr prodomo ist auch für viele mit empfindlichem Magen oder empfindlicher Leber ein ungetrübter Kaffeegenuß. Im TV-Spot der Kampagne „erlesen“ wird der Genuss mit der Qualität verbunden: Mit dem Namen Dallmayr geben wir Ihnen die Garantie für vollkommenen Kaffeegenuß. / / Denn wir machen nicht den billigeren Kaffee, sondern den besseren. Die Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ verbindet in der Anzeige sprachlich Geschmack und Genuss: Kaffeegenießer bevorzugen diesen spezialveredelten Kaffee wegen seines vollendeten Geschmacks. Die Headline lautet: Am Geschmack und am blauen Band erkennen Sie die edle Herkunft dieses veredelten Kaffees. Zu berücksichtigen ist bei Print und TV stets auch das Text-Bild- Zusammenspiel. Auch diachron zeigt sich bei Dallmayr Kontinuität im Einsatz der Themen „Qualität“, „Geschmack“ und „Genuss“. 793 Löwenbräu „Genuss“ und „Geschmack“ werden in den beiden Bayern-Kampagnen nicht mittels der Lexeme erwähnt, sondern müssen aus den Sätzen/ Äußerungen bzw. dem Kontext (als Oberbegriff) erschlossen werden, 794 wie z. B. einer der HF-Spots der Kampagne „Löwenbräu. Das Bier, das so berühmt ist, wie seine bayerische Heimat.“ zeigt: Sprecher: München / / das bedeutet Oktoberfest und Gäste aus aller Welt. Das bedeutet Weißwürste und Radi, knusprige Hendl und herrliche Schmankerl. Und das bedeutet Bier. Ein Bier, um das uns der Rest der Welt beneidet. Löwenbräu. Das Bier, das so berühmt ist wie seine bayerische Heimat. Die beiden Themen sollen sich als Seme in den bayerischen Spezialitäten (Weißwürste, Radi, Hendl, Schmankerl, Bier) wieder finden. Zusätzlich aufwertend sind die beiden Adjektivattribute knusprige (Hendl) und herrliche (Schmankerl). Das Appellativ Bier wird mit der Marke Löwenbräu gleichgesetzt. Auch die Verbform beneidet enthält implizit den Hinweis auf ein - zumindest subjektiv - erstrebenswertes und somit positiv konnotiertes Produkt. In den HF-Spots der zweiten Bayern-Kampagne („Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern“) stellt sich, wie erwähnt, ein(e) Vorbildverbraucher(in) in jedem Spot vor; auf das Bier wird nicht direkt Bezug genommen mit Ausnahme eines Hinweises auf a Maß. Der Slogan des Kommentators lautet: Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. Aus textlinguistischer Sicht muss der Rezipient die Kohärenz zwischen den Ausführungen der Verbraucher und dem erst am 793 Vgl. beispielhaft Kap. 3 „Methodik“, Kap. 5.2a) „Inhalt“ sowie Kap. 8 „Werbung für Genussmittel regionaler Herkunft und langer Tradition“. 794 Vgl. zu dieser Vorgehensweise Cölfen, 1999, 108ff. <?page no="294"?> 284 Schluss erwähnten Löwenbräu-Bier selbst herstellen, es wird keine Verknüpfung beispielsweise durch Konnektoren hergestellt. 795 Zur dritten Löwenbräu-Kampagne sei noch ein Teil eines HF-Spots aufgeführt, der das Lexem „Genuss“ enthält: Gebraut wird es nach allen Regeln der Kunst und getrunken wird es mit Genuss. Probieren Sie mal Premium. Da schmecken Sie den Unterschied. Der LÖWENBRÄU gibt es jetzt zum Premium-Probierpreis. Bärenmarke Beispielhaft seien die Zitate eines Vorbildverbrauchers (männlich! ) in einer Anzeige („Die leichte 4 schmeckt mir und hat wenig Kalorien. So einfach ist das.“) und einer prominenten Sportlerin in einem TV-Spot (Also ich tu gern was für meine Linie, besonders wenn es so gut schmeckt wie mit der leichten 4 von Bärenmarke.) angeführt. Der Genuss-Aspekt wird also ausdrücklich auch oder gerade bei der fettarmen Kaffeemilch thematisiert. Ein Slogan ist hier ebenfalls zu nennen: Die leichte 4 von Bärenmarke. Kaffeegenuß auf leichte Art. Und im Fließtext der Werbung für die kondensierte Kaffeesahne heißt es: Bärenmarke-Kaffeesahne - das ist ein neuer Genuß für Genießer. Diese Ergebnisse - die Bedeutung der Themen „Geschmack“, „Genuss“ und „Qualität“ - werden durch die Nahrungs- und Genussmittelwerbung der weiteren aktuellen und synchron untersuchten Marken bestätigt. Das Thema „Geschmack“ kommt auch bei Bernbacher (nur TV-Spot: sprachlich), Coca- Cola (nur Anzeige und TV-Spot: jeweils visuell) und Flensburger Pilsener (Anzeige: sprachlich, TV-Spot: visuell-auditiv, HF-Spot: sprachlich) vor. Bei der Anzeige und dem TV-Spot von Coca-Cola (visuell: Eisbärjunges trinkt mit genießerisch geschlossenen Augen aus der Flasche) und dem TV-Spot von Flensburger Pilsener (genießerisches Aah der fünf Männer nach dem ersten Schluck Bier) ist eine Trennung von „Geschmack“ und „Genuss“ nicht möglich. Das Thema „Qualität“ zeigt sich bei Coca-Cola visuell bei Anzeige und TV-Spot durch die Darstellung des Getränks als Grundnahrungsmittel, gleichsam einer Milchflasche, für das Eisbärenkind. Der „Genuss“ wird ferner sprachlich beim Plakat von Bernbacher thematisiert. Einzig Alete geht mit keinem Werbemittel auf den „Genuss“ des Produkts ein, was damit zusammenhängen könnte, dass die Zielgruppe der Werbung vor allem Mütter sind und nicht die Konsumenten (Babys); hier sind offensichtlich andere Themen wichtiger: Werte zum Oberbegriff „mütterliche Liebe“ sowie „Qualität“. Sprachlich und visuell (Anzeige und TV-Spot) wird der natürlich-biologische Umgang bei der Lebensmittelherstellung bzw. beim Anbau der Rohstoffe betont; darum geht es auch bei der Anzeige und knapper dem Plakat (jeweils sprachlich) von Bernbacher. Der Hörfunkspot führt eine Auszeichnung zum Nachweis der Qualität an (Aber jetzt ist 795 In einer Analyse könnte man interpretierend ein Wortfeld bzw. eine Isotopiekette mit dem Klassem ‚Vorzüge/ Genüsse Bayerns‘ erstellen. <?page no="295"?> 285 Bernbacher auch Deutschlands beste Nudel. Das sagt ein Test der Zeitschrift „Feinschmecker“ unter 36 deutschen und internationalen Nudeln). • Argumentationsstrategien (Inhalt) Die allgemein für Löwenbräu-Bier werbenden (Bayern-)Kampagnen sind in allen Medien emotionsbezogen, die Pils-Kampagne dagegen ist in Print und HF (scheinbar) informationsorientiert (Qualität, Beschreibung des Geschmacks und der Zusammensetzung des Produkts) ausgerichtet: Die Spots klingen seriös-nüchtern, Musik wird nur am Schluss in Form von einigen an Salonmusik erinnernden Takten Klaviermusik eingespielt. Die Dallmayr-Werbung zeigt in den meisten Kampagnen Differenzierungen zwischen den Werbemitteln, zum Beispiel ist die Kampagne „Luxus“ in der Printwerbung informativ-emotional, im TV-Spot vor allem emotional angelegt. Die Kampagne „Weihnachten“ ist in beiden Werbemitteln informativ ausgerichtet. Die Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ ist in der Printwerbung (scheinbar) informativ-sachlich, im TV-Spot eher emotional und im HF-Spot informativ-emotional orientiert und die Anzeige der Kampagne „erlesen“ ist informativ, während der TV-Spot informativemotional ausgerichtet ist. Ein heterogenes Bild ergeben auch die Bärenmarke-Kampagnen: Die Kampagne „Die leichte 4“ ist informativ-emotional angelegt, das heißt, es werden sowohl Fakten angeführt (wenig Fett) als auch emotionale Appelle gegeben (Genuss, Geschmack), wobei die Informationen im Vordergrund stehen. Allein der Genusstrieb wird in der Anzeige „Die sahnige Kaffeesahne“ angesprochen (emotionsbezogen); vor allem emotional sind die Kampagnen „Keine ist ergiebiger“ und „Alpenmilch“: Letztere beispielsweise enthält nicht nachprüfbare Argumente (Print: verfeinert jeden Kaffee; TV: aus guter Alpenmilch); sie zielen auf eine emotionale Wirkung ab. Allein informativ ist die Anzeige „Bär begleitet Amateur-Expedition“, bei der die Milch als Grundnahrungsmittel dargestellt wird. In unmittelbarem Zusammenhang mit den Argumentationsstrategien ist der noch zu untersuchende Text-Bild-Bezug zu betrachten. Es lassen sich bezüglich einer emotionalen bzw. informativen Argumentationsstrategie weder zeitliche (70er Jahre) noch markenübergreifende Tendenzen feststellen. Lediglich Dallmayr ist in der Printwerbung eher informativ, in den elektronischen Medien vor allem emotional angelegt. Bei Bärenmarke und Löwenbräu gibt es jeweils innerhalb einer Kampagne Übereinstimmung in der Argumentationsstrategie. • Strukturelemente: Headline, Schlagzeile, Slogan Dallmayr Wie in Kap. 5 bereits dargelegt wurde, stimmt der Slogan der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ nicht in allen drei Werbemitteln überein, während alle anderen Kampagnen einen gemeinsamen Slogan zwischen den Werbemitteln aufweisen. Die Headlines der Kampagnen „Luxus“ und <?page no="296"?> 286 „Weihnachten“ wurden als Einstiegsäußerungen in die TVbzw. HF- Werbung übernommen. Eine Variation der Headline der Anzeige „erlesen“ lässt sich im Laufe des TV-Spots finden. Löwenbräu Die Kampagne „Löwenbräu. Das Bier, das so berühmt ist wie seine bayerische Heimat.“ enthält in Print und HF einen übereinstimmenden Slogan (siehe Titel der Kampagne). Die Schlagzeilen der Print-Exemplare unterscheiden sich (Bayern / Löwenbräu-Land; 796 Löwenbräu / Olympia-Pils; 797 Löwenbräu.). Die Slogans der Print- und HF-Werbung der Kampagne „Ein Bier wie Bayern“ stimmen überein (Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern.). Die Pils-Kampagne enthält in der Printwerbung unterschiedliche Schlagzeilen sowie - in den verschiedenen Anzeigen und Plakaten der Serie - unterschiedliche Slogans, 798 was nach der Definition von Schmidt der Funktion des Werbeslogans (im Vergleich zum Markenslogan) entspricht. 799 Sämtliche HF-Spots enthalten den Slogan Der Löwenbräu / das Premium Pils / fein-herb, süffig-frisch und spürbar hopfig. Er lässt sich jedoch in keiner Printwerbung nachweisen. Bärenmarke Bei Bärenmarke zeigt sich bei Headlines, Schlagzeilen und vor allem bei den Slogans der 70er Jahre ein vielfältiges Bild. Ich greife exemplarisch Die leichte 4 heraus; sie wurde intensiv und über Jahre beworben. Hier fallen die unterschiedlichen Slogans intramedial, d. h. bei den verschiedenen Exemplaren eines Werbemittels, auf. Im Medienzusammenspiel - zwischen einer Anzeige und einem motivisch passenden TV-Spot - stimmen sie dagegen meist überein, was auch bei der 50er-Jahre-Kampagne festzustellen war. 800 Slogan- Beispiele sind 1974 Bärenmarke. Da wissen Sie, was Sie kaufen., 1974: Nichts geht über Bärenmarke. Bärenmarke zum Kaffee., 1974: Die leichte 4 / leicht und bekömmlich / Die leichte 4 / in der hellblauen Dose von Bärenmarke., 1976/ 77: Die neue leichte Art, Kaffee zu genießen., 1977: Kaffeegenuß auf leichte Art., 1977: Die leichte 4 von Bärenmarke. Nur 4 % Fett, wenig Kalorien. Kaffeegenuß auf leichte Art.. 801 Die Slogans werden teilweise kampagnenübergreifend, d. h. auch für andere Bärenmarke-Produkte eingesetzt, zum Beispiel für die kondensierte Kaffeesahne (Slogan: Bärenmarke. Da wissen Sie, was Sie kaufen.). Weniger überraschend sind wechselnde Headlines, zum Beispiel 1974 zur Einführung des Produkts Die leichte 4): Headline: Neu »Die leichte 4« von 796 Geschäftsbericht 1972/ 73, 24. 797 Geschäftsbericht 1971/ 72, 40. 798 Folgende Slogans treten auf: Der Löwenbräu / Ein Pils, so stolz wie sein Name; Das Pils mit dem anspruchsvoll-herben Geschmack.; Der Löwenbräu. Bald überall in Preußen.; Der Löwenbräu / Der Hopfenherbe. und Der Löwenbräu. Schmeckt löwenherb. 799 Der Werbeslogan greift, nach Schmidt (2003, 79f.), einen wichtigen Aspekt des Werbemittels auf, hat aber keine werbemittelverbindende Funktion. 800 Vgl. Kap. 9.3 „Die erste mehrmediale Kampagne von Dallmayr, Löwenbräu und Bärenmarke“. 801 Unterstrichene Wörter werden gleichzeitig gesprochen und geschrieben. <?page no="297"?> 287 Bärenmarke. 100 % Kaffeegenuß mit nur 4 % Fett oder 1975 Die neue leichte Art, Kaffee zu genießen. 802 In den Anzeigen von 1977 und 1980 stehen Zitate von Vorbildverbraucherinnen und -verbrauchern bzw. Testimonials (Sportlerinnen) anstelle von Headline/ Schlagzeile. Am beständigsten zeigt sich Dallmayr bei der Übereinstimmung zwischen den Slogans einer Kampagne. Ausnahme ist die Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“. Bei Bärenmarke (Kampagne „Die leichte 4“) gibt es verschiedene Slogans, jedoch stimmen sie innerhalb eines Anzeige-Fernsehspot- Paars überein und zeigen so auch die motivische Zusammengehörigkeit. Bei Löwenbräu fällt die Pilswerbung durch ständig wechselnde Slogans innerhalb der Printwerbungsexemplare auf, die Slogans der einzelnen HF- Spots wechseln nicht. • Textstruktur Dallmayr Die Dallmayr-Kampagnen zeigen den klassischen Anzeigen-Aufbau (Headline - Fließtext - Slogan). Dieser ist bei den Kampagnen „Luxus“ und „Weihnachten“ für den TVbzw. HF-Spot übernommen worden, d. h., die Inhalte von Headline und Slogan kommen auch im elektronischen Werbemittel vor, der Fließtext wird im TV (Kampagne „Luxus“) inhaltlich abgewandelt und zum Monolog; bei der Kampagne „Weihnachten“ zeigt sich in der Anzeige ein Fließtextersatz, nämlich eine Bilderabfolge mit Bildtexten; diese Texte werden teilweise sogar in den HF-Spot - mit männlichem Sprecher - übernommen. 803 Aus Monologen mit männlichem Sprecher bestehen die elektronischen Werbemittel der Kampagnen „erlesen“ und „Geschmack/ Blaues Band“. Der Einstieg stimmt jedoch nicht mit dem der jeweiligen Anzeige überein. Löwenbräu Die mit dem Thema „Bayern“ werbenden Löwenbräu-Kampagnen bestehen in der Printwerbung lediglich aus Schlagzeile und Slogan oder nur aus dem Slogan. Ähnlich sind auch die Anzeigen und Plakate der Pils-Kampagne gestaltet, wobei einige Anzeigen-Exemplare unter dem Slogan noch ein Textelement mit Zusatzinformationen enthalten, z. B. Der Löwenbräu. Schmeckt löwenherb. (Slogan), darunter in kleiner Schrift: Moderne Braukunst, eine fast 600-jährige Tradition und edelster Hopfen geben diesem würzigen und feinen Spitzenpils seinen einzigartigen Charakter. 804 Die TV- und HF-Spots aller Löwenbräu-Kampagnen sind als Monologe gestaltet. Vorzugsweise wird ein männlicher Sprecher eingesetzt. Ausnahme ist die Radiowerbung der Kam- 802 Die Headline entspricht in anderen Anzeigen dem Slogan. 803 Vgl. „Textstruktur“ in Kap. 7.2.2a) „Struktur(elemente)“. 804 Geschäftsbericht 1975/ 76, 7. Solche Zusätze sind nur bei Anzeigen, nicht bei Plakaten der Serie zu finden und zeigen die medienspezifische Gestaltung. Geschäftsbericht 1975/ 76, 7. <?page no="298"?> 288 pagne „Ein Bier wie Bayern“, in der Durchschnittsverbraucher aus ihrem Leben erzählen. Der Slogan wird wiederum von einem männlichen Sprecher gesprochen. Bärenmarke Ein heterogenes Bild ergibt sich bei den 70er-Jahre-Anzeigen für Bärenmarke: Headline + Fließtext (Kampagne „Bärenmarke begleitet Amateur- Expeditionen“ 1972), Schlagzeile + Slogan (Kampagne „Alpenmilch“ 1972), Topline + Headline + Fließtext + Slogan (Kampagne „kondensierte Kaffeesahne“ 1974), Headline + Fließtext + Slogan oder Zitat der Durchschnittsverbraucher + Slogan (Kampagne „Die leichte 4“) und schließlich zum Beispiel Headline + Fließtext + Slogan oder Slogan + Bildtext als Zitat oder Bildtext(e) + Slogan + Slogan (Kampagne „Keine ist ergiebiger“). Die TV- Werbung wird oft, im Gegensatz zu Dallmayr und Löwenbräu, von mehreren Sprechern in Monologen gesprochen; der Slogan wird teilweise gesungen (Frauenstimmen) - Nichts geht über Bärenmarke - und von einer männlichen Stimme ergänzt: Aus guter Alpenmilch. Die Spots mit den Testimonials (Kampagne „Die leichte 4“) bestehen aus dem einleitenden Monolog eines männlichen Kommentators, in dem er die Darstellerin ankündigt und vorstellt, dem Monolog der Akteurin und dem gesungenen Slogan. • Textmenge der Werbemittel Die Plakate der Löwenbräu-Werbung enthalten erwartbar wenig Text. Jedoch sind auch die exemplarisch herangezogene Anzeige der Pilswerbung und besonders eine Anzeige der Bärenmarke-Kampagne „Alpenmilch“ recht textarm gestaltet, 805 was im Vergleich mit den wortreichen Dallmayr-Anzeigen besonders hervorsticht. 806 Der Vergleich der TV-Werbung aller drei Marken zeigt - bei einer Vereinheitlichung der Spotlänge - keine herausragenden Unterschiede in der Textmenge. 807 Interessant bei der Hörfunkwerbung ist die weitaus größere Textmenge der Pilswerbung von Löwenbräu im Vergleich zu allen anderen HF-Spots: 81 Wörter stehen 41-57 805 Die Plakate von Löwenbräu bestehen in den herangezogenen ausgewählten Beispielen aus 13 bzw. 14 Wörtern (Kampagne „Das Bier, das so berühmt ist [...]“) und fünf Wörtern (Kampagne „Ein Bier wie Bayern“). Die exemplarische Anzeige der Pilswerbung (aus: Geschäftsbericht 1975/ 76, 7) enthält 28 Wörter (Anzeige mit dem Slogan Der Löwenbräu. Schmeckt löwenherb.). Eine textarme Bärenmarke-Anzeige („Alpenmilch“) mit acht Wörtern (Schlagzeile: Bärenmarke verfeinert jeden Kaffee. Slogan: Nichts geht über Alpenmilch.) ist nachzuweisen. 806 Die Dallmayr-Anzeigen enthalten 106 Wörter („Luxus“), 74, („erlesen“), 42 („Weihnachten“) und 68 Wörter („Geschmack/ Blaues Band“). 807 Die TV-Spots von Dallmayr bestehen aus 21 Wörtern/ 15 Sek. („Luxus“), 21 Wörtern/ 20 Sek. („Geschmack/ Blaues Band“) bzw. 30 Wörtern/ 20 Sek. („erlesen“); ein TV-Spot der Löwenbräu-Kampagne „Das Bier, das so berühmt ist [...]“ enthält 36 Wörter/ 20 Sek.; die exemplarisch ausgewählten Bärenmarke-TV-Spots der Kampagne „Keine ist ergiebiger“ bestehen jeweils aus 52 Wörtern/ 30 Sek. (unterschiedlicher Text! ), ein TV-Spot der Kampagne „Die leichte 4“ aus 32 Wörtern/ 20 Sek. <?page no="299"?> 289 Wörtern gegenüber. Mit der Textmenge korrespondiert das Sprechtempo. 808 Der Sprecher spricht im ersten Teil sehr temporeich, was an der Aufzählung liegt (Es gibt hohe, dicke, dünne, schlanke, bauchige und was weiß ich für [ab hier langsamer, d. Verf.] Pilsgläser). Für Bärenmarke ist keine HF-Werbung vorhanden. • Mündlichkeit und Schriftlichkeit Eine Einordnung in die konzeptionelle Mündlichkeit oder Schriftlichkeit ist bei textarmen Werbemitteln schwierig, ich gehe daher nur auf recht eindeutige Beispiele ein. Am deutlichsten wird die konzeptionelle Mündlichkeit beim HF-Spot der Löwenbräu-Kampagne „Ein Bier wie Bayern“: Es bleiben sogar Zweifel, ob hier gesprochene Sprache nachgeahmt wird oder teilweise wirklich spontan gesprochene Sprache von Bürgern ohne Sprecherausbildung vorliegt: Dialekt, Versprecher und Verbesserungen, Pausenfüller (äh) und Pausen sind die auffälligsten vorhandenen Merkmale gesprochener Sprache. Im Gegensatz dazu steht die korrekte, schriftgetreue Aussprache des Slogans. Beispielhaft sei der gesprochene Text eines (weiteren) HF-Spots angeführt: Sprecher 1: I bin der Ernst Langer, wohn in München-Laim in der Inderstorferstraß und leb seit mei´m ersten Geburtstag beziehungsweise ja genau seitdem KURZES L ACHEN leb i da. Und ah / ja mei Bayern des is hoit mei Heimat / da gibt´s mei Bier. L ÄNGERES L ACHEN Da woaß i was i mach, wenn i Freizeit hob. Ja in Bayern mei, des is hoit a a schens Voralpenland. Da gibt ´s Seen und Flüsse und / ned ganz so vui Preißn wie sonst wo. Und L ACHEN und ja mei da hoit ma´s hoit aus. Sprecher 2: Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. Der exemplarisch herangezogene HF-Spot der Pilskampagne enthält die Gesprächspartikeln Tja und also. Gesprochensprachliche Elemente sind auch in den Texten der Testimonials und Durchschnittsverbraucher in der TV- Werbung für Die leichte 4 zu finden, was in der Anzeige durch Anführungszeichen (Zitat) kenntlich gemacht wird. Im TV-Spot fallen einige typische gesprochensprachliche Elemente auf, die die Anzeige nicht enthält. Sie sind jedoch weniger offensichtlich als die der oben genannten Bayern-Kampagne (vgl. auch die Kritik unter „Prosodie“), zum Beispiel: Wer so viel Kaffee trinkt wie ich, der muß bei der Milch schon an die Kalorien denken. Dagegen heißt es in der parallel geschalteten Anzeige: „Wer so viel Kaffee trinkt wie ich, muß bei der Milch an die Kalorien denken“. 809 Bei Dallmayr liegt werbemittel- und kampagnenübergreifend vor allem konzeptionelle Schriftlichkeit vor. 810 808 Vgl. die folgenden Ausführungen zur „Prosodie“. 809 Im Spot kommen also die rhetorische Figur Prolepsis (Linksversetzung eines Satzglieds + Pronomen) und eine Abtönungspartikel hinzu. 810 Vgl. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. <?page no="300"?> 290 • Prosodie Sprecherinnen kommen nur bei Löwenbräu und Bärenmarke vor, und zwar vor allem als Vorbild-/ Durchschnittsverbraucherinnen bzw. Testimonials der Kampagne „Die leichte 4“ (erst um 1980). Nur hier und teilweise bei der Kampagne „Alpenmilch“ wird der Slogan von einer weiblichen Stimme vorgetragen (gesungen). Ansonsten spricht ihn immer ein Mann. Dieses Resultat stimmt mit den Ergebnissen aller in der Arbeit diachron und synchron untersuchten Kampagnen überein. Zu diesen Ergebnissen passen die Ausführungen von Wittlinger/ Sendlmeier. 811 Sie fassen die Erkenntnisse der Hausarbeit von Marco Lensch und Svetlana Armonaite „Frauen- und Männersprache in der Werbung“ (1996, www.hausarbeiten.de) zusammen. Nachgewiesen wird die vergleichsweise geringe Bedeutung der Frauen in der Fernsehwerbung: So machen Frauenstimmen sowohl im Bild als auch als Kommentar weniger als ein Fünftel aus. Technische Produkte werden nie von Frauen aus dem Off präsentiert. Bei der Werbung für Angebote aus den Bereichen Banken und Versicherungen sowie Alkohol treten Frauen nie „mit Text“ auf. Je teurer die beworbenen Produkte sind, desto häufiger ist der Einsatz männlicher Stimmen. In Spots, die für Medizin und Lebensmittel werben, treten bevorzugt Frauen „mit Text“ im Bild auf. Neben der erkennbaren Einteilung in scheinbar geschlechtsspezifische Produkte wird durch Sprecher und Sprecherinnen auch eine Trennung in informative (männliche Stimmen) und emotionale (weibliche Stimmen) Nachrichten vorgenommen. Nach den Untersuchungen von Seyfarth und Brechtel-Schäfer werden Kommentarsprecherinnen - wenn überhaupt - beinahe ausschließlich in der Werbung für traditionell frauenspezifische Produkte, wie Putz- und Waschmittel, Kosmetik, Küchenmobiliar, Elektrogeräte und Unterwäsche, eingesetzt. 812 Gründe dürften die höhere Stimmlage weiblicher Stimmen, denen so allgemein weniger Glaubwürdigkeit zugeschrieben wird, sowie möglicherweise darüber hinausgehend auch die Geschlechterrolle - das Verhältnis von Frau und Mann in der Gesellschaft - sein. Dies wäre Gegenstand einer größer angelegten diachronen Untersuchung. 813 Beispielhaft seien einige prosodische Phänomene aus meinem Korpus genannt. Auffallend ist die helle Frauenstimme beim gesungenen Slogan der Kampagne „Die leichte 4“, die die dargestellte Leichtigkeit, Fitness und Fettarmut unterstreichen soll. Als Ausblick ist festzuhalten, dass Mitte der 811 Wittlinger/ Sendlmeier, 2005, 74ff. 812 Seyfarth, 1995, 187ff., Brechtel-Schäfer, 1972, 192f. Es handelt sich jeweils um synchrone Untersuchungen innerhalb eines relativ geringen Untersuchungszeitraums. Seyfarths untersuchte Zeitspanne geht von Januar bis Dezember 1988, der Untersuchungszeitraum Brechtel-Schäfers ist 12.2. bis 7.3.1970. Im Gegensatz zu Seyfarth legt Brechtel-Schäfer ihrer Analyse eine breite Produktpalette zugrunde. 813 Reimann, 1999, 114f. <?page no="301"?> 291 80er Jahre auch ein Löwenbräu-Spot sprachlich aus einem durchgehend gesungenen Text besteht. Es handelt sich um ein alkoholfreies Bier mit dem Namen Münchner Freiheit. Gesungene Texte könnten demnach markenübergreifend für Leichtigkeit und Jugendlichkeit stehen, was an einem größeren Korpus überprüft werden müsste. Bei der Bayern-Kampagne „Das Bier, das so berühmt ist [...]“ (TV, HF) und den Bärenmarke-Spots „Keine ist ergiebiger“ und „Alpenmilch“ werden voluminöse männliche Stimmen eingesetzt; das Sprechtempo ist langsam (Löwenbräu), so dass die einzelnen Wörter hervorgehoben werden oder aber, wie bei Bärenmarke, dem Sprechtempo keine besondere Bedeutung zuzuweisen ist. Die Stimmen, Klangfarben und Sprechweisen sind dem visuellen Umfeld und den dargestellten Themen „Bayern“, „Heimat“ hervorragend angepasst. Das ist ein Kontinuum zur ersten mehrmedialen Kampagne. 814 Demgegenüber lässt sich bei anderen Kampagnen auch markenübergreifend eine nüchtern-sachliche, beinahe monoton wirkende Sprechweise feststellen, die vermutlich die (scheinbaren) Fakten hervorheben und für Glaubwürdigkeit sorgen soll. Dies gilt beispielsweise für den Slogan der frühen Spots für Die leichte 4 (Kaffeegenuß auf leichte Art). Er unterscheidet sich also - wie der Spot insgesamt - inhaltlich und formal stark von dem oben erwähnten späteren Spot. Es trifft besonders auch auf den Sprecher des Dallmayr-TV-Spots „erlesen“ (prägen Sie sich bitte diesen Namen ein [...] nur die besten Kaffees verdienen diesen Namen) sowie für den Kommentator der Löwenbräu-Pils-Kampagne zu: Die sachliche, aber leicht und beinahe fein wirkende Sprechweise bringt zum Ausdruck, dass es hier nicht um emotionale Inhalte (Heimat, Bayern) wie in den übrigen untersuchten Löwenbräu- Spots der 70er Jahre gehen soll, sondern um die Qualität des Produkts. Das Sprechtempo ist in den 70er Jahren insgesamt eher langsam. Ein schnelles Sprechtempo und damit verbunden eine größere Textmenge lässt sich, dem Inhalt entsprechend, beim Kommentator der Pils-Kampagne, der eine Aufzählung vornimmt, feststellen: 815 Der Löwenbräu / das Premium Pils / fein-herb, süffig-frisch und spürbar hopfig. Auch der Kommentator im TV-Spot der Dallmayr-Kampagne „Luxus“ spricht eher flott. Auffallend sind in beiden Fällen die nicht mehr dunklen, sondern helleren Männerstimmen. Die Textteile der Vorbildverbraucher und der Testimonials der Kampagne „Die leichte 4“ weisen teilweise ein etwas höheres Sprechtempo auf. Jedoch wirken sie trotz des Bemühens um konzeptionelle Mündlichkeit (z. B. im Satzbau, siehe oben) vielfach unspontan, abgelesen und einstudiert (z. B. wenig Betonung, keine Versprecher). 816 814 Vgl. „Mündlichkeit und Schriftlichkeit“ in Kap. 9.3b) „Der markenübergreifende Vergleich“. 815 Vgl. die Ergebnisse zur größeren Textmenge der Pils-HF-Werbung im Vergleich zu allen anderen HF-Spots von Dallmayr, Löwenbräu und Bärenmarke. 816 Diese Kritik wurde auch schon an Spots der 80er Jahre von Dallmayr geübt (vgl. „Prosodie“ in Kap. 7.2.2c) „Form/ Gestaltung“. <?page no="302"?> 292 • Bildmenge Die bilderreichste TV-Werbung liegt mir für Bärenmarke vor: Der Spot „Keine ist ergiebiger“ (30 Sek.) - es gibt mehrere ähnliche - besteht aus neun Bildern. Der Spot zur Kampagne „Alpenmilch“ (30 Sek.), der variiert den Bildern des Spots „Keine ist ergiebiger“ entspricht, umfasst zehn Bilder. Die Testimonial-Spots für Die leichte 4 bestehen aus je drei Bildern, die Werbung mit den Durchschnittsverbrauchern nur aus je einem Bild. Die einzige TV-Werbung von Löwenbräu aus den 70er Jahren gehört der Kampagne „Löwenbräu. Das Bier, das so berühmt ist, wie seine bayerische Heimat.“ an; ein ausgewähltes Exemplar der TV-Spots besteht aus sechs Bildern (20 Sek.). Die Dallmayr-TV-Spots beinhalten ein („Geschmack/ Blaues Band“, 20 Sek.), zwei („Luxus“, 15 Sek.) und drei Bilder („erlesen“, 20 Sek.). Die recht geringe Bildanzahl (ein bis zehn Bilder bei 20 bzw. 30 Sek.) ist also markenübergreifend vorhanden. Entsprechend ruhig, wenig temporeich wirken die Spots. • Text-Bild-Bezug Wie in Kap. 7 festgestellt wurde, zeigt die Dallmayr-Werbung in den 70er Jahren ein einheitliches Bild: Die Anzeigen aller Kampagnen sind textdominant, die TV-Spots textzentriert. Die emotionalen Bayern-Kampagnen sind sowohl bei den Plakaten als auch bei der TV-Werbung bilddominant. Das gilt auch für die Plakate der Pilskampagne, während die Anzeigen bildzentriert sind, wenn sie zusätzlichen Text enthalten, der Details zur Abbildung liefert. Die vorwiegend emotionalen Bärenmarke-Kampagnen „Keine ist ergiebiger“ und „Alpenmilch“ bestehen überwiegend aus bilddominanten Anzeigen bzw. TV-Spots. Die Anzeige „Kondensierte Kaffeemilch“ ist textdominant, es handelt sich um die Produkteinführung. Auch die Einführungswerbung für Die leichte 4 ist textdominant; die spätere Werbung für das Produkt mit den Durchschnittsverbrauchern und Testimonials ist textzentriert. Text-Bild-Bezug und Argumentationsstrategien korrespondieren hier. 817 Markenübergreifend gibt es keine Tendenzen. • Musik und Geräusche Die elektronischen Werbemittel der Bayern-Kampagnen von Löwenbräu sind mit feierlich klingender Fanfarenbzw. mit Blasmusik unterlegt und sollen auf diese Weise das Produkt aufwerten bzw. die regionale Einordnung sicherstellen. Die HF-Werbung der Pilskampagne enthält im zweiten Teil locker-jazzig klingende, nur im Hintergrund wahrnehmbare Salonmusik, was zumindest nicht regional einzuordnen ist; die Musik passt zur national geplanten Pilswerbung, die jedoch zur Zeit der HF-Werbung bereits nur noch in Bayern läuft. Drei der vier Dallmayr-Kampagnen sind in TV bzw. in TV und HF vollständig mit der bekannten Dallmayr-Instrumentalmusik unterlegt. Der TV-Spot der „Luxus“-Kampagne weist noch einen 817 Vgl. „Argumentationsstrategien“ in Kap. 9.4e) „Der markenübergreifende Vergleich“. <?page no="303"?> 293 anderen Musik-Teppich auf. Die Spots der Kampagne „Die leichte 4“ enthalten - abgesehen vom teilweise gesungenen Slogan - keine Musikelemente. Die Bärenmarke-Spots mit den Testimonials im Rahmen der Werbung für Die leichte 4 enthalten tertiäre/ situative Geräusche (Wassergeplätscher beim Schwimmen, Schlagen der Tennisbälle, Vogelgezwitscher). Die TV-Spots der Kampagnen „Keine ist ergiebiger“ und „Alpenmilch“ sind durchgehend mit einer fröhlich-leicht wirkenden Instrumentalmusik unterlegt. Das dürfte der Grund für die fehlenden Geräusche sein. 818 Es ist also markenübergreifend ein breiter Musikeinsatz zu verzeichnen. Geräusche lassen sich nur bei Bärenmarke Die leichte 4 nachweisen. • Zusammenfassung Insgesamt hebt sich Bärenmarke bei einigen Kriterien am stärksten von den beiden anderen Marken der 70er Jahre ab. Die größten Unterschiede lassen sich im Hinblick auf die in den Spotserien von Bärenmarke auftretende Sprechervielfalt und die Heterogenität in der Struktur der Anzeigen (vgl. „Textstruktur“), die inhaltlichen Slogan-Varianten innerhalb einer Kampagne sowie die Fülle beworbener Produkte und damit verbunden der Themen (vgl. „Beworbene Produkte“ und „Gewichtung der Themen“) nachweisen. Löwenbräu bewirbt zwar im Laufe der Jahrzehnte gleichzeitig und hintereinander auch viele verschiedene Produkte, jedoch beschränkt sich die Werbung in den 70er Jahren auf zwei Dachmarken-Kampagnen sowie eine sich inhaltlich-strukturell und auch bezüglich der Zielgruppe davon völlig abhebende Pils-Werbung. Dallmayr wirbt lediglich für die Sorte Prodomo. Einige Bärenmarke-Spots enthalten eine größere Bildmenge als jeder Spot von Dallmayr und Löwenbräu. Situative Geräusche, die zur Authentizität der dargestellten Situation beitragen, sind in den Testimonial-Spots für Die leichte 4 von Bärenmarke nachweisbar, während Dallmayr und Löwenbräu überhaupt keine Geräusche einsetzen. Gemeinsamkeiten zeigen sich vor allem im Hinblick auf den Inhalt. 9.5 Zeitübergreifender Vergleich: Die 50er/ 60er- und 70er Jahre Es sei abschließend noch ein Blick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den untersuchten Kampagnen der 50er-/ 60er Jahre und der 70er Jahre geworfen. - Im Hinblick auf den Medieneinsatz sind chronologisch Unterschiede bei Dallmayr und Bärenmarke festzuhalten: Dallmayr setzt in der 50er/ 60er-Jahre-Kampagne keine Printwerbung ein, Bärenmarke verzichtet in den 70er Jahren auf HF-Werbung. Die Konzentration auf das Bild verschärft sich bis heute noch, denn es gibt aktuell nur TV-Werbung für Bärenmarke-Produkte. 818 Vgl. die Ausführungen zu „Geräuschen“ in Kap. 6.2.2b) sowie 7.2.2a). <?page no="304"?> 294 - Bei den Argumentationsstrategien fällt auf, dass Dallmayr in den 70er Jahren nach Medien differenziert, während in den 50er/ 60er Jahren die Dialogspots in TV wie in HF unterhaltende Funktion hatten. Bei Löwenbräu und Bärenmarke ist es umgekehrt: In den 70er Jahren sind die Argumentationsstrategien innerhalb der Kampagnen einheitlich, was angesichts der vielen beworbenen Produkte und unterschiedlichen Strategien die Zugehörigkeit von Werbemitteln zu einer Kampagne sicherstellt; in den 50er Jahren - Kampagnenvielfalt ist noch nicht in dem Ausmaß gegeben - wird zwischen den Medien unterschieden. Allerdings muss beim Vergleich beachtet werden, dass die Dallmayr- Werbung in den 50er Jahren keine Printwerbung bereitstellt und die Einheitlichkeit bei der Dialogstrategie nahe liegt. - Das Thema „Qualität“ ist in den 50erwie in den 70er Jahren markenübergreifend wichtig. - Einen werbemittelübergreifenden Slogan innerhalb der Kampagnen kann in den 50er Jahren nur Bärenmarke aufweisen. Dallmayr und Löwenbräu verzichten in den frühen Kampagnen auf einen Slogan. Dies kann möglicherweise mit der anderweitig inhaltlich bzw. strukturell gegebenen Übereinstimmung innerhalb der Kampagnen (Dallmayr: Dialogspots mit den beiden Schauspielern Michel Lang und Max Strecker, Löwenbräu: Figur des Triumphators) erklärt werden, die meines Erachtens die Identifikation der beteiligten Werbemittel mit der Gesamtkampagne gewährleistet. In den 70er Jahren gibt es bei den beiden Marken in manchen Kampagnen einen werbemittelübergreifenden Slogan. Diesen gibt es zwar bei Bärenmarke auch, allerdings ist kampagnenübergreifend - nicht nur beim Slogan - die größte Variation festzustellen (Werbung für unterschiedliche Produkte, Strategien, Themen). - Die Textstruktur hat sich vor allem bei Dallmayr geändert: Der Dialogspot-Kampagne in den 50er/ 60er Jahren stehen TV- und HF-Spots mit Monologen in den 70er Jahren gegenüber. Neu in den 70er Jahren bei Löwenbräu sind die HF-Spots mit den Durchschnittsverbrauchern (Kampagne „Ein Bier wie Bayern“). Bei Bärenmarke werden innerhalb eines Spots häufig mehrere Sprecher/ innen eingesetzt, die jedoch nur selten einen Dialog aufnehmen. - Zeit- und markensowie kampagnenübergreifend ist der Einsatz von Musik vorhanden. Sie wird vor allem zur Untermalung, zur Vermittlung der intendierten Atmosphäre verwendet. Bei Dallmayr kommt in den 70er Jahren über Kampagnengrenzen hinweg erstmals die bis heute eingesetzte und damals neu komponierte Dallmayr-Instrumentalmusik vor. Bei Bärenmarke ist das akustische Bärenmarke-Motiv in den 50er Jahren eine werbemittelübergreifende Verbindung innerhalb der Kampagne. - Im Hinblick auf konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit sind kaum zeitspezifische Tendenzen festzustellen. Bei Löwenbräu und <?page no="305"?> 295 Bärenmarke gibt es nur in den 50er Jahren Spots in Reimform - eine über diese Marken hinweg auftretende Zeiterscheinung. Ansonsten ist Werbung in den elektronischen Medien dieser beiden Marken vor allem konzeptionell mündlich gestaltet. Das trifft bei Dallmayr nur für die 50er Jahre zu. Die Anzeigen von Bärenmarke (50er- und 70er Jahre) und Dallmayr (70er Jahre) weisen vor allem konzeptionelle Schriftlichkeit auf, was den medienspezifischen Möglichkeiten entspricht. <?page no="306"?> C Interpretation der Ergebnisse 10 Unterschiede im Medienzusammenspiel Im Rahmen des synchronen und diachronen Vergleichs wurde überprüft, welche Konstanten im Medienzusammenspiel beobachtet werden konnten. Wird beispielsweise eine Botschaft in der Regel in den eingesetzten Werbemitteln, soweit medienspezifisch möglich, auf den verschiedenen Ebenen übereinstimmend umgesetzt? Wenn dies nicht der Fall ist, stellt sich die Frage, woran das liegt. Dabei werden sowohl werbemittelinterne als auch externe Faktoren einbezogen. 819 10.1 Werbemittelinterne Ursachen 10.1.1 Unterschiede in den kommunizierten Themen • bei übereinstimmender Umsetzung Allein bei den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen gibt es bei übereinstimmenden Werbemitteln einer Kampagne unterschiedliche Themen/ Informationen, die allein auf die Medienspezifik zurückzuführen sind und deshalb nicht zu einer Einordnung unter „(nur) eingeschränkte Bezugnahme“ oder „keine Bezugnahme“ führen. Ansonsten war eine Voraussetzung der Einstufung als übereinstimmende Werbemittel das Vorkommen ausschließlich gemeinsamer Themen. Es geht also nicht um eine eventuell unterschiedliche Umsetzung von Themen, sondern um Inhalte, die in den übereinstimmenden Werbemitteln differieren. Dieses Phänomen konnte bei drei Dallmayr-Kampagnen aus den 70er Jahren ermittelt werden. Die Themen „Gesundheit“ und „Qualität: Herkunft, Herstellungsverfahren“ der Kampagne „Luxus“ (1972) werden nur in der Anzeige kommuniziert. 820 Die ausschließlich dort vorgenommene Unterbringung passt zu den Charakteristika von Printmedien: Es können mehr Inhalte ob der zeitlichen Freiheit der Nutzung von Zeitung und Zeitschrift untergebracht werden. Dabei handelt es sich um rationale, informationsbezogene Themen; sie passen ideal zur Grundfunktion der Zeitung und auch der Zeitschrift, wobei bei Letzterer noch die Unterhaltungsfunktion hinzukommt. Bei der Kampagne „Weihnachten“ (1978) ist der zusätzliche Hinweis auf die Verkaufsstellen im HF-Spot medienspezifisch, da die Rezeptionssituation hier berücksichtigt wurde: Möglicherweise hört der Rezipient die Werbung im Auto auf dem Weg zum Einkaufen. 821 Die Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ (1978) 819 Vgl. zu den einzelnen Fragen Kap. 3.1 „Vorgehensweise bei den Einzelanalysen“. 820 Vgl. Kap. 3 „Methodik“ und Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 821 Vgl. Kap. 3 „Methodik“. <?page no="307"?> 297 beinhaltet im HF-Spot die Themen „Geschmack“ sowie „Genuss“ (als Lexeme: Geschmack u. a. im Slogan, Kaffeegenuss als Bezeichnung für das Produkt), die im TV-Spot nicht vorkommen; die größere Text- und Informationsmenge der HF-Werbung ist auf den dominierenden sprachlichen Code zurückzuführen; in der Fernsehwerbung hätten die Themen aber über das Bild umgesetzt werden können, beispielsweise mit einer Vorbildverbraucherin. Ansonsten stimmen die elektronischen Werbemittel textstrukturell überein. Dass sich diese thematisch medienspezifische Gestaltung bei Dallmayr auf die 70er Jahre beschränkt, hängt vermutlich mit der ab Ende der 70er Jahre greifenden Kontinuität in der Gestaltung zusammen. 822 • bei eingeschränkter oder keiner (unmittelbaren) Bezugnahme Es war nahe liegend, dass Werbemittel einer Kampagne mit eingeschränkter oder keiner (unmittelbaren) Bezugnahme auch unterschiedliche Themen aufweisen. Insgesamt wurde festgestellt, dass entweder zu gemeinsamen Themen in einem oder zwei von drei Werbemitteln weitere hinzukommen oder/ und gemeinsame Themen unterschiedlich umgesetzt wurden, und zwar über medienspezifische Hürden hinweg. Es sei jeweils ein Beispiel der diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen sowie eines der aktuellen Kampagnen herausgegriffen: Bei der Dallmayr-Kampagne „Kaffee mit Blume“ (1967: Anzeige, TV- Spot) sind neben dem gemeinsamen Thema „Kaffee mit Blume“ in der Anzeige der Hinweis auf die „Sortenvielfalt“ (Dallmayr Kaffee. Bester Kaffee. Sorte für Sorte.) und die „Verwendungszeit“ (Zu gut, um ihn nur zum Frühstück zu trinken - Dallmayr Kaffee.) vertreten. Im TV-Spot kommt zusätzlich das Thema „Kaffee als Erfrischung“ (Haa / Jetzt eine Erfrischung / Kaffee) vor. Bei den eingeschränkt übereinstimmenden Werbemitteln der synchron untersuchten Kampagnen fällt Bernbacher auf: Von den vier auftretenden Themen ist Übereinstimmung nur beim Thema „Biss“ festzustellen. Es kommt in allen Werbemitteln (Anzeige, Plakat, TV-, HF-Spot) vor; dagegen ist das Thema „Qualität“ nur bei der Anzeige (Hinweis auf kontrollierte bayerische Hartweizenqualität sowie das sprachlich-graphische Qualitätssiegel) und beim HF-Spot (Dialog zum Thema „beste oder/ und bissigste Nudel“; Auszeichnung) vorhanden, „Genuss“ lediglich beim Plakat (100 % Hartweizen. Zubeissen. Geniessen.) und „Geschmack“ nur beim TV-Spot (wei / guat sand ´s scho.). Bei diesem Beispiel lässt sich auch keine medienspezifische Themenwahl ausmachen, denn es handelt sich in allen Fällen um eine sprachliche Umsetzung, das Bild wurde nicht separat für die Gestaltung eines Themas verwendet. Das Hauptthema „Biss“ dagegen wurde jeweils sprachlich und - wenn möglich - visuell dargestellt. 822 Vgl. Kap. 10.1.3 „Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Werbemitteleinsatz“. <?page no="308"?> 298 Insgesamt war ein werbemittelübergreifend gemeinsames Thema bei allen synchron und diachron untersuchten Kampagnen festzustellen, auch wenn die Gestaltung differiert. Dies zeigt die Bedeutung wenigstens eines übereinstimmenden Themas als Grundlage einer Strategie für eine mehrmediale Kampagne. 10.1.2 Medienspezifische Eigenschaften / Unterschiedliche Funktionen Medienspezifische Eigenschaften sind, wie in Kap. 3 „Methodik“ dargelegt, bei der Einordnung als „übereinstimmende Werbemittel“ zu vernachlässigen: Das fehlende Bild im HF-Spot von Flensburger beispielsweise tut der Übereinstimmung zum TV-Spot keinen Abbruch, wenn sich die Spots bei der medienunspezifischen Umsetzung, zum Beispiel dem Einsatz von Sprache, entsprechen. Die Themen „Freizeit/ Lebensfreude“ und „Genuss“ der jüngsten Löwenbräu-Kampagne werden auf dem Plakat ausschließlich visuell, im HF-Spot auditiv (Sprache, Geräusche) realisiert. Medientypische Charakteristika sind ferner Musik und Geräusche in der TV- oder HF- Werbung gegenüber der Anzeige, z. B. bei Alete, Löwenbräu und den Stadtwerken München: Beim zuletzt genannten Beispiel werden die Bilder des TV-Spots durchgehend mit einem englischen Song unterlegt; gesprochene Sprache gibt es darüber hinaus nicht. Das Plakat enthält mediengerecht wenig Sprache, nämlich nur das Logo und den Slogan. Außerdem sind die Darstellung einer Handlung im TV-Spot sowie rezeptionsbedingt ausführlichere Informationen zu gemeinsamen Themen in der Anzeige (Alete) anzuführen (textstruktureller Unterschied). Die auszuschneidenden Antwortcoupons innerhalb der Anzeigen der Verlosungskampagnen (Dallmayr „BMW“ 1994 und „Kenia“ 1995) sind als „interaktive Möglichkeiten“ 823 ein Vorteil gegenüber der TV- und HF- Werbung. Bei der Produktthematisierung fiel die Überlegenheit der TVgegenüber der HF-Werbung auf: Hier kommt zur sprachlichen Nennung häufig die visuelle Komponente (z. B. bei Dallmayr die Abbildung von Produktdosen und -packungen) hinzu. Auch die Möglichkeit, den Slogan als wichtigen Textbaustein gleichzeitig akustisch und als Schrifteinblendung zu präsentieren, kommt der TV-Werbung zugute. 824 Ich gehe nun auf weitere erarbeitete Ergebnisse bzw. Schlussfolgerungen im Hinblick auf medienspezifisch differierende Gestaltungskriterien ein. • Textstruktur Aus textstrukturellen Gründen kommen Dialoge nur in elektronischen Medien (TV, HF) vor. 825 Die Möglichkeit wird aktuell ausgiebig und 823 Niesel, 1995, 127. 824 Vgl. dazu beispielhaft Kap. 6.2.2 b) „Struktur(elemente)“ im Rahmen der Analyse der synchron untersuchten Kampagnen. 825 Schönert bestätigt 1982, dass Dialoge die „am meisten gebräuchlichste Sendeform“ im Hörfunk sind (1982, 146). <?page no="309"?> 299 markenübergreifend genutzt. Dialoge lassen sich für sechs der zehn aktuellen Kampagnen 826 sowie drei der dreizehn diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen 827 nachweisen. Innerhalb der elektronischen Medien werden Dialoge häufiger in der Hörfunkals in der TV-Werbung eingesetzt. Dies liegt vermutlich an den breiteren Gestaltungsmöglichkeiten, die der visuelle Code eröffnet. • Dialekt Den elektronischen Medien ist auch der Einsatz von Dialekt vorbehalten, da nur hier der Ort gesprochener Sprache im medialen Sinne ist und das Vorkommen in der Printwerbung stets eine (schlechte) Nachahmung darstellt. In diesem Rahmen sind auch die Imitation eines fremdsprachigen Akzents, d. h. Einsatz von Ausspracheeigenheiten einer Sprache innerhalb eines deutschen Textes sowie klischeehafte Charakteristika, wie der Gebrauch eines falschen Artikels, zu nennen: Einer der HF-Spots der Stadtwerke München soll an einen österreichischen, der zweite - und auch der Spot der Versicherungskammer Bayern - an einen italienischen Sprecher erinnern. Bei der Dialogspot-Kampagne von Dallmayr (50er/ 60er Jahre) wurde aus Gründen der problembehafteten Umsetzung von Dialogen und Dialekt in ein geschriebenes Medium gänzlich auf den Einsatz von Printwerbung verzichtet. Bei Bernbacher ist der TV-Spot sprachlich dialektal (bairisch) gestaltet, im HF-Spot ist zumindest die bairische Verneinung Naa vorhanden. In TV- und HF-Werbung von Flensburger gibt es die dialektalen Grußformeln Moin und Tschüss. Auch mittels des Tonfalls und der Klangfarbe soll die spröde Art der norddeutschen Bevölkerung imitiert werden. Beide Kampagnen gestalten die Printwerbung (Anzeige und Plakat bzw. nur Anzeige) nicht in Übereinstimmung zur Werbung in den elektronischen Werbemitteln. Dass überhaupt Dialekt eingesetzt wird, liegt bei meinen aktuellen Beispielen am Sendebereich bzw. dem Sitz des jeweiligen Unternehmens: Bernbacher ist eine bayerische Firma; die Produkte werden - mit wenigen Ausnahmen, die sich jedoch nicht auf die untersuchte Kampagne beziehen - nur in Bayern verkauft und die Werbung erfolgt ausschließlich regional (z.B. auf den Sendern Bayerisches Fernsehen und TV München). 828 Die Regionalität spielt für Bernbacher auch in der Werbung eine große Rolle, wie der Internetauftritt zeigt: Hier weist das Unternehmen auf „regional erzeugte 826 Das sind die TV- und HF-Spots der Versicherungskammer Bayern und von Flensburger Pilsener, die HF-Spots von Bernbacher, Budget, Löwenbräu und der Stadtwerke München. 827 Dallmayr-Dialogspots (TV/ HF) der 50er/ 60er Jahre, HF-Spot der Kampagne „der Veredelte“ 1980/ 81 (es handelt sich hier jedoch weitgehend um inhaltlich verbundene Monologe zweier Sprecher, die Rezipienten werden direkt angesprochen) und HF-Spot der Kampagne „Ganzes Pfund“ (1984). 828 E-Mail von Dominik Terruhn, Etat Director Efficiency Planning von Serviceplan, Agenturgruppe für innovative Kommunikation GmbH & Co. KG, München (17.12.2003). <?page no="310"?> 300 Rohstoffe wie Hartweizen oder Frischeier“ hin und wirbt mit dem Gütesiegel „Qualität aus Bayern“. 829 Flensburger Pilsener macht für sein Bier im TV regional Werbung (im Regionalfenster Nord), im HF national - HF- Werbung ist preiswerter - und schaltet die Anzeigen aus Kostengründen nur in kleinen regionalen Zeitschriften. 830 Das Produkt kann man vom Norden aus mit abnehmender Tendenz kaufen, was sich eben auch in der Verbreitung der Werbung zeigt. Erstaunlich ist, dass Dallmayr, obwohl Werbung erst seit 1985 national geschaltet und der Kaffee auch erst seit Mitte der 80er Jahre deutschlandweit verkauft wird, nur in der ältesten Kampagne die Möglichkeiten des Dialekteinsatzes nutzt. Bei den diachron untersuchten Spots von Löwenbräu und Bärenmarke wird Dialekt vor allem in der Lautung zur Hervorhebung des Themas „Heimat/ Herkunft des Produkts“ eingesetzt. 831 • Textmenge Unterschiede in der Textmenge zwischen übereinstimmenden Werbemitteln, beispielsweise eine geringere Wortanzahl beim Plakat als bei der Anzeige (Bernbacher) oder dem HF-Spot (Löwenbräu), sind medienbzw. rezeptionsbedingt. Das Plakat muss meist sehr schnell beim Vorbeifahren wahrgenommen werden können. Bei der Anzeige wird sich der Leser vermutlich eher dafür entscheiden zu verweilen und den Text genauer in den Blick zu nehmen. So fällt, wie bei der Analyse festgestellt wurde, auch bei der Alete-Kampagne die größere Textmenge in der Anzeige gegenüber dem übereinstimmenden TV-Spot auf. Beim HF-Spot ist die Sprache, da Bilder fehlen, eines der wichtigsten Darstellungsmittel. Deshalb wird sie innerhalb einer Kampagne häufig ausführlicher eingesetzt als beispielsweise beim TV-Spot oder dem Plakat. Ganz regelmäßig ist die Textmengenverteilung bei den diachron analysierten Dallmayr-Kampagnen: Print ist stets wortreicher als TV und HF, HF weist eine größere Textmenge auf als TV. Ausnahme sind fünf Kampagnen, die weitgehend übereinstimmende Textmengen in den beteiligten Werbemitteln zeigen. 832 Bei der Kampagne „der Veredelte“ enthält der HF-Spot zwar mehr Text als der TV-Spot, jedoch nur real und nicht bei einer gemeinsamen Spotlänge. • Markenlogo und Internetadresse Im Rahmen der Ermittlung weiterer sprachlicher und bildlicher Elemente machen sich Defizite der möglichen Darstellungsmittel im Hörfunk bemerkbar: Das (Sprache und Bild enthaltende) Markenlogo kommt in keinem Beispiel im Radio, auch nicht durch Ersatzmittel nachgeahmt, vor. Eine Besonderheit zeigt sich bei der Werbung von Bärenmarke in den 50er 829 www.bernbacher.de, Zugriff am 14.12.2003. 830 E-Mail von Andreas Lehmann von ad.quarter Werbeagentur, Hamburg (24.02.2004). 831 Vgl. Kap. 9.3 „Die erste mehrmediale Kampagne von Dallmayr, Löwenbräu und Bärenmarke“ sowie Kap. 9.4 „Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte“. 832 Vgl. „Textmenge“ in Kap. 7.2.2a) „Struktur(elemente)“. <?page no="311"?> 301 Jahren: Hier tritt ein Audio-Logo auf, das akustisch die Marke kennzeichnet und Hörfunk- und Kinospot verbindet. 833 Die Internetadresse wird in keinem HF-Spot der untersuchten Beispiele verbalisiert; sie ist nur in den Bildmedien, vorzugsweise in der Printwerbung vorhanden. • Bild Bezüglich des Bildeinsatzes ist bei Übereinstimmung zwischen Print und TV die Mediendifferenz - statisches gegenüber bewegtem Bild - zu berücksichtigen. So kann nur in der Fernsehwerbung eine fortlaufende Handlung, ein chronologischer Ablauf gezeigt werden. In allen Fällen, synchron wie diachron, wurde für die Printwerbung ein Bild der TV-Werbung übernommen, wenn die Werbemittel übereinstimmten. Das gilt (variiert) auch für die Werbemittel mit eingeschränkter Bezugnahme der aktuellen Kampagnen. Eine freiere Gestaltung zeigt sich dagegen bei den diachron untersuchten Dallmayr-Werbemitteln mit eingeschränkter Bezugnahme. Interessant ist die Bildauswahl für die Flensburger-Anzeige. Das für die Printwerbung übernommene Bild ist das einzige statische der Fernsehwerbung (siehe Abb. 5, S. 92). 834 • Argumentationsweise Differierende Argumentationsweisen 835 (informativ oder emotional) wirken sich zweifelsohne auf die inhaltliche und formal-strukturelle Gestaltung der Werbemittel aus. Dies ist bei Kampagnen mit eingeschränkter oder keiner (unmittelbaren) Bezugnahme nicht verwunderlich: Beispielsweise ist bei Coca-Cola der HF-Spot informativ, nämlich als Veranstaltungshinweis mit Gewinnmöglichkeit, gestaltet; Anzeige und TV-Spot sind emotional als Geschichte um eine Eisbärfamilie konzipiert, es fehlen jegliche sprachliche Ausführungen (mit Ausnahme sekundärer sprachlicher Elemente auf Flasche und Logo). Es gibt jedoch auch bei übereinstimmenden Werbemitteln unterschiedliche Argumentationsweisen. Dies liegt dann an medienspezifischen Gegebenheiten, wie es bei Alete (Anzeige: emotional-informativ, TV-Spot: emotional) und Bernbacher (Anzeige: emotional-informativ, Plakat: emotional) der Fall ist. Bei diesen beiden Beispielen ist der informative Anteil der Anzeigen charakteristisch für das Werbemittel. 836 Plakate sollen aus Gründen der optimalen Rezeption demgegenüber weniger Text enthalten; diese Forderung wird durch eine ersatzweise tendenziell emotionale Gestaltung (alle untersuchten Plakate: Stadtwerke München, Versicherungskammer Bayern, Löwenbräu, Bernbacher) erfüllt. Ein wichtiger medienspezifischer Aspekt ist die durch Multisensorik/ die Vielfalt der Darstellungsmittel mögliche besondere Emotionalität im TV, das heißt, es 833 Vgl. Kap. 9.3 „Die erste mehrmediale Kampagne von Dallmayr, Löwenbräu und Bärenmarke“. 834 Zur Flensburger-Kampagne vgl. auch Kap. 5 „Exemplarische Analyse - ein diachroner und synchroner Vergleich“. 835 Vgl. A.3 „Inhaltliche Argumentationsstrategien“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. 836 Vgl. Kap. 2.2.2 „Zeitung“ sowie 2.2.3 „Zeitschrift“. <?page no="312"?> 302 handelt sich um emotionale Argumente oder um eine auf rationalen Argumenten beruhende emotionale Wirkung. 837 Aufgrund medien- und rezeptionsbedingter Merkmale gibt es also Erwartungen an die Argumentationsweise der untersuchten Werbemittel, und zwar am deutlichsten bei Anzeige und TV-Spot, wie auch die in Kap. 3 „Methodik“ aufgestellte Hypothese zeigt, die durch die Analyse bestätigt wurde: Anzeigen wurden einst informationsbezogen angelegt, heute werden sie jedoch, entsprechend den Rezeptionsgewohnheiten und in Annäherung an TV-Spots, emotionsbezogen gestaltet und sie weisen eine geringe Textmenge auf. 838 Es ist demnach festzuhalten, dass hinsichtlich der Anzeigenwerbung der Trend weg von der (reinen) Information geht, wie es auch in der Hypothese vermutet wurde, und - soweit es medienspezifisch möglich ist - eine Anlehnung an die gestern wie heute tendenziell emotional gestaltete TV- Werbung erfolgt. Dieses Ergebnis stützt auch eine Studie mit 3000 Anzeigen 837 Vgl. Kap. 3 „Methodik“. 838 Die Hypothese wird von folgenden Beispielen bestätigt: Die Anzeigen der synchron untersuchten Kampagnen von Coca-Cola, Dallmayr und Flensburger Pilsener sind rein emotionsbezogen angelegt; dies trifft auch auf die TV-Spots von Alete, Coca-Cola, Dallmayr, Flensburger Pilsener, der Stadtwerke München und der Versicherungskammer Bayern zu. Dagegen sind die Anzeigen von Alete und Bernbacher emotionalinformativ, die Anzeigen von Beate Uhse informativ-emotional und die Anzeige von Budget rein informativ angelegt. Die übrigen TV-Spots der aktuellen Kampagnen (Beate Uhse und Bernbacher) sind informativ-emotional konzipiert. Als Hintergrund: Acht der zehn synchron untersuchten Kampagnen enthalten TV-Spots, sieben beinhalten Anzeigen, die drei übrigen Kampagnen umfassen hinsichtlich der Printwerbemittel ausschließlich Plakate. Ausschließlich oder vorwiegend informationsbezogen sind die meisten Anzeigen der diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen: „Kaffee mit Blume“ (1967), „erlesen“ (1973), „Weihnachten“ (1978), „Geschmack/ Blaues Band“ (1978), „Ganzes Pfund“ (1984), „Mit nichts zu vergleichen“ (1982), „Der Veredelte“ (1980/ 81), „Verlosung BMW“ (1994) und „Verlosung Kenia“ (1995). Informativ-emotional ist die Anzeige der Kampagne „Luxus“. Zwei Kampagnen enthalten keine Anzeigenwerbung: „Genusskaffee“ (1985) und „Dialogspots“ (50er/ 60er Jahre). Die jüngste Dallmayr-Kampagne „1998/ 99“ beinhaltet als einzige eine ausschließlich emotionsbezogene Anzeige. Von den 13 diachron analysierten Dallmayr-Kampagnen beziehen nur neun überhaupt TV-Spots ein; fünf davon sind rein emotionsbezogen („Kaffee mit Blume“ (1967), „Luxus“ (1972), „Geschmack/ Blaues Band“ (1978), „Genusskaffee“ (1985) und die jüngste Kampagne „1998/ 99“) bzw. haben die Funktion zu unterhalten (Dialogspots der 50er/ 60er Jahre). Der TV-Spot der Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) ist emotional-informativ, die TV-Spots der Kampagne „erlesen“ und „Der Veredelte“ (1980/ 81) sind informativ-emotional konzipiert. Allein informative TV-Spots gibt es zu keiner Zeit. Bei der diachron analysierten HF-Werbung (Dallmayr) halten sich Spots mit informativen und emotionalen Anteilen die Waage (informativ: „Weihnachten“ 1978, „Verlosung BMW“ 1994, „Verlosung Kenia“ 1995; informativ-emotional: „Geschmack/ Blaues Band“ 1978, „Der Veredelte“ 1980/ 81, „Mit nichts zu vergleichen“ 1982; emotional: „Genusskaffee“ 1985, jüngste Kampagne „1998/ 99“; informativ-unterhaltsam: „Ganzes Pfund“; unterhaltsam: „Dialogspots“ (50er/ 60er Jahre). <?page no="313"?> 303 von S TERN und S PIEGEL für die Jahre 1973, 1985 und 1997: 839 Während es 1973 nur 25 % emotional gestaltete Anzeigen gab, waren es 1985 und 1997 59 %. 840 Allerdings lässt sich, wie gezeigt wurde, eine angenommene erdrückende Mehrheit rein emotionaler Anzeigen Ende des 20. Jahrhunderts einschließlich einer geringen Textmenge 841 nicht bestätigen. Mit der Wahl der Argumentationsstrategie geht vielfach auch der Text- Bild-Bezug einher. Beispiele lassen sich schon bei den diachron untersuchten Kampagnen finden: So sind zum Beispiel alle Anzeigen von Dallmayr (auch) informativ und gleichzeitig textdominant gestaltet, 842 die 70er-Jahre-Kampagne für Die leichte 4 von Bärenmarke beispielsweise ist werbemittelübergreifend vorwiegend informativ bei Textdominanz bzw. Textzentriertheit. Die Dachmarken-Kampagnen von Löwenbräu sind in den 70er Jahren emotional und bilddominant angelegt. 843 Auch aktuelle Beispiele lassen sich finden: Das Plakat der Löwenbräu-Kampagne und der TV-Spot von Coca- Cola sind emotionsbezogen ausgerichtet und es besteht Bilddominanz. Dagegen sind zwar die TV-Spots von Flensburger und der Versicherungskammer Bayern ebenfalls emotionsbezogen orientiert, es herrscht jedoch jeweils Textzentriertheit vor. Dies bestätigt wiederum die Bedeutung aktueller emotionaler Werbung, während der Text-Bild-Bezug noch nicht so fest ist und stärker differiert. Bei der Hörfunkwerbung lässt sich erst bei den synchron untersuchten Spots die Tendenz zur rein emotionalen Ausrichtung feststellen (Dallmayr, Flensburger Pilsener, Löwenbräu, Stadtwerke München, Versicherungskammer Bayern). Es gibt aber auch heute Gegenbeispiele (informativ: Coca- Cola; emotional-informativ: Budget; informativ-emotional: Bernbacher). Dagegen ist beispielsweise der untersuchte HF-Spot von Bärenmarke der 50er Jahre 844 ganz bewusst und in Abgrenzung zur Anzeigen- und Kinowerbung informativ ausgerichtet. 839 Für das Jahr 1997 wurden auch Anzeigen des F OCUS einbezogen. 840 Schierl, 2002, 477. 841 Vgl. Kap. 11.2 „Plädoyer für die Anzeige als Hauptinformationsträger in mehrmedialen Kampagnen“ sowie die Ausführungen zur „Textmenge“ in den Kap. 6.2.2 „Inhaltliches und formales Zusammenspiel - kampagnenübergreifende Parallelen und Unterschiede“, 7.2.2 „Formales und inhaltliches Zusammenspiel - kampagnenübergreifende Parallelen und Unterschiede“ und 7.2.3 „Zusammenfassender Vergleich der diachron und synchron untersuchten Kampagnen“. 842 Vgl. Kap. 7 Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 843 Vgl. Kap. 9.4 „Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte“. 844 Vgl. Kap. 9.3 „Die erste mehrmediale Kampagne von Dallmayr, Löwenbräu und Bärenmarke“. <?page no="314"?> 304 10.1.3 Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Werbemitteleinsatz In diesem Kapitel werfe ich den Blick auf Veränderungen des Medienzusammenspiels im Laufe der Zeit: Auch die Entscheidung für ein bestimmtes Basismedium bzw. die Anzahl und Art der Werbemittel wirkt sich auf die Gesamtkampagne und somit auf die diachrone Kontinuität oder Diskontinuität bezüglich des Werbemitteleinsatzes aus. Dies kann nur bei den über Jahrzehnte beobachteten Marken Bärenmarke, Dallmayr und Löwenbräu dargestellt werden. TV ist bei Dallmayr Basismedium seit dem Start der Fernsehwerbung in Deutschland am 3. November 1956 (Bayerischer Rundfunk). Hier herrscht bis heute Konstanz. Dagegen wird Anzeigenwerbung bei Dallmayr in jüngster Zeit - im Gegensatz zur Werbung vergangener Jahre - nur sehr sporadisch und zu besonderen Anlässen (z. B. Ostern, Pfingsten) eingesetzt. Die Gestaltung ist von der TV- Werbung abgeleitet (z. B. Übernahme eines Bildes): „Die Fernsehspots laufen auf allen großen Vollprogrammen (ARD, ZDF, Kabel 1, SAT.1, RTL, ProSieben). TV ist Basismedium, weil es die Welt des Hauses Dallmayr darstellen kann und zudem vom Start weg für einen hohen Reichweitenaufbau sorgte. Sponsorings (z. B.: „Am [sic! ] heiteren Himmel“, ARD, und Fernsehfilm der Woche, ZDF) runden das TV-Engagement ab. Unterstützend setzen die Verantwortlichen Hörfunk ein, um zu bestimmten Zeiten (Ostern, Weihnachten) Zusatzkäufe anzukurbeln. Printanzeigen, die der Welt der Fernsehwerbung entlehnt sind, sowie printgestützte Promotion-Aktionen runden das Konzept ab.“ 845 [Hervorhebung d. Verf.] Diachron lässt sich eine mediale und inhaltliche Kontinuität der Werbung ab den 80er Jahren nachweisen, die sich auch in einer strategischen Geschlossenheit zwischen den Werbemitteln zeigt. Visuell stehen die gelbe Fassade des Dallmayr-Hauses in München und die Geschäftsräumlichkeiten im Mittelpunkt. Auditiv ist die Dallmayr-Instrumentalmusik ein Kontinuum, sprachlich sind es die Themen „Qualität“, „Geschmack“, „Genuss“ und „Tradition“: „Dallmayr hat ab Ende der 70er Jahre begonnen, Werbung aus einem Guss zu machen. Es sollte nichts von der Werbebotschaft verschwendet werden, alles im Gleichklang sein, um die Wirkung zu komplettieren. Darauf haben wir nun verstärkt geachtet.“ 846 Seit den 90er Jahren gibt es eine die Anzeigen aller Kampagnen verbindende Topline Aus dem Hause Dallmayr in München, die vom Markenzeichen unterbrochen wird. 845 Van Rinsum, 1999, 120. 846 Telefonische Auskunft von Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter bei der Firma Dallmayr, am 27.07.2005. <?page no="315"?> 305 Für die 50er Jahre fallen nicht aufeinander abgestimmte Werbeaktionen mit jeweils nur einem Werbemittel auf: Beispiele sind die nur als Fernsehwerbung geschaltete Kampagne „Kostbarkeiten“ 847 oder die schmalen schwarz-weiß gestalteten Streifenanzeigen in Tageszeitungen der 50er Jahre, die ebenfalls keine Entsprechung in einem anderen Medium haben. Abb. 45: Streifenanzeige „Dallmayr“, 50er Jahre. 848 Sie waren teilweise so schmal, dass sie nur den Produktnamen (Dallmayr Kaffee), bis Mitte der 60er Jahre noch in gotischer Schrift, enthielten. 849 Mit dem Schriftartwechsel wurde die Werbung auch inhaltlich umgestellt, die Streifenanzeigen beispielsweise wurden um das Logo, teilweise einen Fließtext und einen Slogan ergänzt, bildlich war jedoch höchstens die Kaffeepackung abgebildet. Bei Löwenbräu gibt es für den Untersuchungszeitraum ab den 50er Jahren keine Konstanz im Werbemitteleinsatz. Fernsehwerbung wurde diachron nie so kontinuierlich als Werbeträger eingesetzt wie bei Dallmayr; sie liegt bei Löwenbräu erst seit 1966 vor. Löwenbräu wirbt in den 50er Jahren mit Plakat, HF- und (bei geringerem Einsatz) mit Kinowerbung, ab den 80er Jahren steht das Plakat als Basismedium im Vordergrund. Es ist preisgünstiger als TV-Werbung und kann gezielt (regional) platziert werden. 850 Das Plakat stellt das einzige Kontinuum bei Löwenbräu dar. Die Hörfunkwerbung wird innerhalb einer Kampagne thematisch davon abgeleitet. 851 847 Vgl. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 848 Streifenanzeige der 50er Jahre aus dem Besitz der Firma Dallmayr (ohne nähere Angaben). 849 Dieter Vogel, ehem. Produktionsleiter bei Dallmayr am 11.09.2001. Dallmayr hat dann eine „runde“ Schriftart gewählt, nämlich eine serifenlose Linear-Antiqua/ Grotesk (vgl. Preiß, 1972, 87). Diese Veränderung der Form ist im Übrigen keine einmalige Dallmayr-Spezialität, sondern ein Zeichen der Zeit: „Mitte der fünfziger Jahre war dementsprechend auch eine eindeutige Dominanz runder und bewegter Formen erreicht, wobei das Nierenmotiv, das laut C ONSTANZE eine ‚freie Atmosphäre‘ (zit. nach Kriegeskorte 1992, S. 38) vermitteln sollte, im nonverbalen Gestaltungsbereich zweifellos die größte Popularität besaß. In Übereinstimmung hiermit vollzogen sich auch Veränderungen in paraverbaler Hinsicht: Eckige Schrifttypen wurden durch runde - vielfach hin bis zur Schreibschrift - abgelöst, Buchstaben nahmen grazilere Formen an, und teilweise wurden Zeilen in abgerundeter Form gesetzt.“ (Bolten, 1996, 293). 850 Telefonische Auskunft von Dr. Peter Urbanek, Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München, am 16.09.2005. Das Plakat wird in der Bierbranche allgemein gerne eingesetzt, wie Sowinski (1998, 2) und Dorn (2000, 326) bestätigen. 851 Vgl. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. <?page no="316"?> 306 Zum Medienzusammenspiel der 80er Jahre sind Archiv-Informationen aus einem Brief des damaligen Marketingleiters bei Löwenbräu, Rohwer, zum Agenturhonorar vorhanden. Erwähnt wird eine breite Medienvielfalt in der Werbung, die auch schon Facetten einer integrierten Kommunikation zeigt: „In diesem Zusammenhang muß daran erinnert werden, daß ursprünglich Löwenbräu nur Plakatwerbung machte und vereinzelte Anzeigenmotive schaltete 852 - 1983/ 84 hingegen werden folgende Medien eingesetzt: Plakat, Magazin, Tageszeitungen, Fachzeitschriften, Funk, Kino, TV und verschiedene Randmedien [...], z. B. wurden für 1982/ 83 - und das gilt auch für 1983/ 84 - drei eigenständige Kampagnen für die unterschiedlichsten Medien mit integrierten umfassenden Promotions entwickelt. D. h. [sic! ] die Agentur entwickelt für Löwenbräu nicht nur klassische Kampagnen und integrierte Promotions, sondern auch alle anderen Verkaufsförderungsmaßnahmen, Verkaufsförderungsmittel, Werbemittel bis hin zu den kleinsten Details wie Speisekarten und Tischaufstellern. [...] Aus Löwenbräusicht allerdings sollte hier alles in einer Hand bleiben, weil sonst die Gefahr besteht, daß die Darstellung und die Auffassung zwischen Kampagnen und den restlichen Materialien auseinanderläuft.“ 853 Es liegt jedoch auch Werbung vor, die nur in einem Medium geschaltet und speziell darauf abgestellt wurde, wie beispielsweise die Hörfunkwerbung 1965 in lyrischer Reimform mit dem jeweils gleich lautenden Beginn aller Exemplare dieser Serie Einer, der […] bzw. Wenn einer [...]. Sie ist - den Dialogspots der 50er/ 60er Jahre von Dallmayr ähnlich - am besten in einem auditiven Medium umsetzbar. Eine passende Bebilderung, ohne die ein TV- Spot nicht funktioniert, fiele hier ohnehin schwer: Jingle (Tuba) 854 Einer, der ins Kino geht, merkt es leider viel zu spät, dass er hier das Happy End und den ganzen Film schon kennt. Doch das hat ihn nicht gestört, weil er eine Stimme hört: L ÖWENBRÄU . Ja, der Mann der hat schon recht, Löwenbräu schmeckt halt noch echt. Er denkt sich drum, es bleibt dabei: Trink ma liaber Löwenbräu. (musikalische Unterstreichung (Tuba) des Slogans). Die Werbemittellandschaft von Bärenmarke in den 50er Jahren ist der von Löwenbräu ähnlich und umfasst HF-, Print- und Kinowerbung. Auffallend ist, dass in jüngster Zeit nur noch TV-Werbung für Produkteinführungen geschaltet wird. Das Fernsehen wird als ideales Medium angesehen, um ein breites Publikum anzusprechen und die Produkte bekannt zu machen. Somit fällt die Untersuchung von Mehrmedialität heute weg. 852 Die Überprüfung des Historischen Archivs lieferte ein anderes Ergebnis. 853 Brief vom 29.9.1983 (Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München). 854 CD des Historischen Archivs der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München. <?page no="317"?> 307 Abb. 46: Ausschnitt aus dem TV-Spot „Die Milch“ 2001. 855 10.1.4 Diachroner Vergleich - Bewerbung unterschiedlicher Produkte und Einsatz verschiedener Strategien Die Bewerbung unterschiedlicher Produkte im Rahmen einer Marke geht meist mit dem Einsatz verschiedener Strategien (und Werbebotschaften) einher. Dazu kommt häufig auch eine unterschiedliche Werbemittelzusammensetzung, wie Anzeige und TV-Spot bzw. TV-Spot und HF-Spot bzw. Anzeige, TV-Spot und HF-Spot. Bei Dallmayr standen beispielsweise auch diverse Delikatessen sowie allgemein Dallmayr-Kaffee im Mittelpunkt der Werbung, bevor die Sorte Prodomo ab Ende der 60er/ Anfang der 70er Jahre (beinahe) ausschließlich beworben wurde. Diese Konzentration auf die Bewerbung eines Produkts lässt sich bei Löwenbräu und Bärenmarke nicht feststellen. Beide Unternehmen schalteten Werbung für viele verschiedene Produkte, beispielsweise zur Neueinführung (ausschließlich TV-Werbung bei Bärenmarke in jüngster Zeit) oder saisonal (Löwenbräu). Andererseits wurde auch schon für bereits länger im Sortiment vorhandene Produkte über einen begrenzten oder längeren Zeitraum geworben. Bei Bärenmarke wird für das seit 1912 existierende Hauptprodukt, die ungezuckerte Kondensmilch mit 10 % Fettgehalt, bis heute geworben. Ihm werden im Laufe der Zeit unterschiedliche Eigenschaften zugesprochen. 856 Der Einsatz gänzlich unterschiedlicher Strategien - und damit Diskontinuität in der Werbung - lässt sich gut bei Löwenbräu zeigen. Hier ist zum Beispiel die exklusiv und vornehm wirkende Pilswerbung von Löwenbräu in den 70er Jahren zu nennen, die sich strategisch vollständig von der Dachmarkenwerbung mit den Landschaftsbildern und der Abbildung fröhlicher Menschen in Bayern unterscheidet. 857 Uneinheitlich ist die Werbung für alkoholfreies Bier ab der zweiten Hälfte der 80er Jahre. So gibt es vier verschiedene Versionen der Kampagnengestaltung für alkoholfreies Bier, die hier mit jeweils einem Motivbeispiel gezeigt werden. 855 Videokassette mit TV- und Kinowerbung der Nestlé Deutschland AG. 856 Vgl. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 857 Vgl. Kap. 9.4 „Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte“. <?page no="318"?> 308 Abb. 47: 1985-1986 „Turnschuhe“. 858 Abb. 48: 1987-1988 „Münchner Freiheit, Paar“. Abb. 49: 1988 „Mann am Wasser“. Abb. 50: 1990 „Löwe und Frau“. Die Bewerbung unterschiedlicher Produkte bzw. Sorten wirkt sich auf die Gestaltung der Werbung aus, da verschiedene Eigenschaften bzw. kampagnenspezifische Themen im Mittelpunkt stehen und deshalb eine kontinu- 858 CD mit sämtlichen Plakaten des Historischen Archivs der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München. <?page no="319"?> 309 ierliche Werbung mit immer wiederkehrenden Elementen wie bei Dallmayr kaum möglich und oft gar nicht beabsichtigt ist. 10.2 Werbemittelexterne Ursachen 10.2.1 Veränderte Rolle der Medien in der Gesellschaft / Medienrezeption Mit der Medienrezeption korrespondiert meist auch die Beliebtheit der einzelnen Medien als Werbeträger seitens der Unternehmen (vgl. Kap. 10.2.2). Deshalb sind Erkenntnisse über die Stellung der Medien in der Gesellschaft 859 auch für die Werbeforschung im Hinblick auf die Medienstrategie 860 von Bedeutung. Die folgenden Ausführungen sind auch Grundlage für Kap. 11, in dem der Nutzen der Sprache für die Werbung vor dem Hintergrund medialer Gegebenheiten und Veränderungen beleuchtet wird. Die Wahl eines bestimmten Mediums ist allerdings von weiteren, sich teilweise gegenseitig bedingenden Faktoren (z. B. den Kosten, siehe Kap. 10.2.5) abhängig. Eine wichtige jüngere Entwicklung mit Auswirkungen bis zur Gegenwart ist der drastische Anstieg des Medienangebots und der -rezeption seit Mitte der 80er Jahre mit der Einführung des Dualen Rundfunksystems. 861 Hickethier spricht in diesem Zusammenhang von der Medienkultur. 862 Die nun aufkommenden Privatsender werden von der 859 Vgl. Kap. 2.3 „Funktion und Funktionsverschiebung als Zeichen der Mediengeschichte“ . 860 Sowinski, 1998, 13: „In der Medienstrategie entscheidet man, auf welche Art, in welcher Intensität und auf welchen Wegen (= mit welchen Medien) die vorgesehenen Zielgruppen angesprochen werden sollen. Zu überlegen ist hier z. B., ob man sich im Werbevorgang auf Printmedien (Zeitungen, Zeitschriften, Illustrierten, Flugblätter und Beilagen) oder auf Funk- und Filmmedien (Rundfunk, Fernsehen, Kinowerbung) oder auf beides bzw. alle Medien konzentrieren soll. Auch über die Reichweite, Intensität und Häufigkeit der Werbeimpulse müssen Entscheidungen getroffen werden.“. 861 Vgl. z. B. Mannschreck, 1995, 63ff. und Behrens, 1996, 164. Zu öffentlichem und privatem Rundfunk (= Hörfunk und Fernsehen) vgl. z. B. auch Altendorfer, 2001, 58- 76. Vgl. auch Bau, 1995, 62: „Mit der Ausdehnung der Anbieter, der Produktsortimente und der dafür scheinbar unumgänglichen Werbung steigt die Nachfrage nach zusätzlichen Medien und Werbezeiten. [...] Dies führt von seiten der Wirtschaft und der Werber zu einer Verstärkung der Forderung nach einer Liberalisierung der Medien, sprich der Ergänzung der öffentlich-rechtlichen Medien mit privaten, durch Werbung finanzierten Sendern. Aus dem Expansionsdruck der Werbung geht schließlich die duale Rundfunkordnung hervor.“. 862 Hickethier, 1999, 140: „Wenn Sie nur bedenken, daß zwischen 1950 und 1995 die Zahl der jährlich neu veröffentlichten Buchtitel von 13.000 auf 74.000 gestiegen ist, die Zahl der Theaterbesuche sich von fünfzehn auf zwanzig Millionen erhöht hat, die Zahl der Radioteilnehmer von zehn auf 36 Millionen, der Fernsehzuschauer von null auf 32 Millionen gestiegen, die verkaufte Auflage der Tages- und Wochenzeitungen von zwölf auf 32 Millionen und der verkauften Publikumszeitschriften von 33 auf 125 Millionen verkaufte Auflage geklettert - dann wird deutlich, was mit dem Begriff der Medienkultur gemeint ist.“. <?page no="320"?> 310 Werbung finanziert. Und die Medien konkurrieren verschärft um Einschaltquoten, die wiederum Werbeeinnahmen sicherstellen; zugleich wird jedoch die Abhängigkeit von den Werbung schaltenden Unternehmen erhöht. 863 Nicht nur Fernsehen und Hörfunk zeichnen sich seitdem durch eine Vielfalt an Spartenprogrammen (z. B. Nachrichten- und Musiksender) 864 aus, auch andere Mediengattungen sind von einer zunehmenden Fragmentierung und Spezialisierung betroffen, wie beispielsweise die Zeitschriften (Special- Interest-Titel). 865 Ein Vorteil für die Werbewirtschaft ist dabei die genauere, in das redaktionelle Umfeld passende Platzierung der Produktwerbung. 866 Die Mediennutzungsdauer wird vermutlich auch in Zukunft zunehmen. 867 • Radio Radiowerbung war nicht nur seit jeher preiswerter in Produktion und Ausstrahlung als TV-Werbung (vgl. die Drei-Minuten-Spots in den 50er/ 60er Jahren nach Art von Hörspielen 868 ). In den frühen Jahren, nach dem Zweiten Weltkrieg, erreichte sie auch viel mehr Menschen als das Fernsehen, da die Anschaffung eines TV-Geräts teuer und in Privathaushalten nicht weit verbreitet war. Am Morgen zwischen 7 und 8 Uhr hörten rund 30 Prozent, am Abend zwischen 19 und 21 Uhr bis zu 50 Prozent der Bevölkerung Radio. An einem durchschnittlichen Werktag saßen Rezipienten zweieinhalb bis drei Stunden, am Samstag dreieinhalb bis fünf Stunden vor dem Gerät. 869 In den 60er Jahren führte die Konkurrenz des Fernsehens zur Krise des Hörfunks, deren Gestalter darauf reagieren mussten: „Die Rundfunkanstalten setzten auf die stärkere Orientierung an der neuen Rolle des Hörfunks und den damit gewandelten Erwartungen und Bedürfnissen von Hörerinnen und Hörern, auch veränderten Tagesabläufen und -gewohnheiten, gleichzeitig erfolgte programmlich ein Nachvollziehen veränderter Hörgewohnheiten über den Tag hinweg. Neue Programmtypen - Stichwort ‚Servicewellen‘ - waren für Rezipienten attraktive Angebote und Alternativen zu den traditionellen Programmrastern. Gleichzeitig machten sie auch deutlich, daß für eine sich ausdifferenzierende Nachkriegsgesellschaft und unterschiedliche Generationen nur zwei Formate kein attraktives Medienangebot mehr darstellen konnten. 863 Bau, 1995, 93. Vgl. auch Kap. 10.2.2 „Veränderte Rolle der Werbung in den Medien“. 864 Die Merkmale einer „veränderte[n] Medienlandschaft“ sieht Klatten (1997, 218) in „verändertem Verdrängungswettbewerb im Printgeschäft, Start und schnellem Erfolg des Privatfernsehens mit heute mehr als dreißig Programmen und Multimedia- Konzepten.“. 865 Drabczynski, 1998, 16f. 866 Melchers, 1995, 141-157. 867 Vgl. Altendorfer, 2001, 220. 868 1-Minute-Spots liegen mir auch noch in den 70er Jahren vor, z. B. für Werthers Echte (1971) mit der Beschreibung „Es geschah“ (Historisches Werbefunkarchiv der Universität Regensburg, HWA-Datenbank Nr. 305/ 9). 869 Klingler, 1999, 119. Dem Aufsatz entstammen die folgenden Ausführungen. <?page no="321"?> 311 Insofern stellten die neuen Programme auch ein Nachvollziehen stärkerer Individualisierung in der Bundesrepublik dar.“ 870 Die Einführung der dritten (lokalen) Hörfunkprogramme führte zu einer Zunahme der Hörer: Der Rezipient entdeckte „sein“ Programm, dem er treu blieb. Auf angebotstechnischer Seite gab es seit Anfang der 60er Jahre Entwicklungen, die dem Hörfunk zugute kamen: Transistorgeräte und Radios für das Auto machten das Hören unabhängiger von Ort und Zeit - so konnte Radiowerbung auch kurz vor dem Einkauf noch empfangen werden. 871 Dennoch waren die Einbußen an Rezipienten aufgrund des Fernsehens bis Anfang der 70er Jahre dramatisch: Menschen, denen ein TV-Gerät zugänglich war, sahen durchschnittlich zwei Stunden pro Tag fern, hörten 1 ¼ bis 1 ¾ Stunden Radio und lasen rund 35 Minuten Tageszeitungen sowie 15 bis 20 Minuten Zeitschriften. 872 Neuen Aufschwung erhielt der Hörfunk vor allem durch das Duale System und die damit verbundene Ausweitung des Programmangebots und der -formate: „In der nationalen Addition, empfangstechnisch allerdings für keinen Rezipienten, keine Rezipientin erreichbar, stieg die Zahl der insgesamt angebotenen Radioprogramme von rund dreißig Ende der 60er Jahre auf 44 im Jahr 1986 (nicht gezählt sind hier die ‚Versuchsprogramme‘ in den Kabelpilotprojekten) bis 163 von bundesweiten bis lokalen Ende der 80er Jahre. Anders ausgedrückt: Von zwei, drei oder vier Angeboten stieg die Auswahl vor Ort auf acht, zehn oder mehr Programme.“ 873 Die Hörfunknutzung entspricht heute hinsichtlich der Dauer wieder der der 50er Jahre. Bezüglich der Unterhaltungsfunktion sticht der Hörfunk knapp das Fernsehen und mit weitem Abstand die Zeitung aus. Diese Fakten werden bei der Werbeplanung zu wenig berücksichtigt, das heißt, die Hörfunkwerbung hat einen im Vergleich mit anderen Werbemitteln zu geringen Stellenwert. 874 Das liegt vermutlich vor allem am fehlenden visuellen Code. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung würde am wenigsten auf den Fernseher verzichten wollen. 875 Insgesamt hat der Hörfunk seine Rolle im Mediensystem gefunden und sich im Laufe der Jahrzehnte den wandelnden Bedürfnissen der Rezipienten angepasst bzw. diese aufgenommen. • Fernsehen Das Fernsehen begann sich Mitte der 50er Jahre langsam auszubreiten; so ist zunächst eine Differenzierung der Zielgruppen der Werbung nach Medien zu beobachten: Durch Fernsehwerbung wurde vor allem in den 50er Jahren 870 Klingler, 1999, 123. 871 Vgl. dazu auch Theile/ Wagner, 1972, 56. 872 Theile/ Wagner, 1972, 63. 873 Vgl. Klingler, 1999, 125. 874 Vgl. „Vernachlässigung der Hörfunkwerbung“ in Kap. 10.2.2 „Veränderte Rolle der Werbung in den Medien“ sowie Kap. 11.3 „Der Hörfunkspot als Chance für die Sprache“. 875 Vgl. Klingler, 1999, 127. <?page no="322"?> 312 eine bestimmte Schicht angesprochen, nämlich Menschen, die sich ein Fernsehgerät leisten konnten und solche, die sich für neue Medien interessierten. 876 „Das Fernsehen setzte sich zwischen 1952 und 1957 als Massenmedium in der BRD durch. [...] Mitte der 50er Jahre begannen die Preise für die heißbegehrten Fernsehgeräte zu fallen (z. T. um 50 %). 1955 gab es bereits 100 000 private Fernsehgeräte in der BRD, ihre Zahl stieg bis zum Oktober 1977 auf 1 Million Geräte an. Kennzeichnend für die ›TV-Kultur‹ der 50er Jahre blieb jedoch noch der Kollektivempfang in Gaststätten oder vor Schaufenstern von Elektrogeschäften.“ 877 Ab den 60er Jahren wurde das Programmangebot ausgeweitet: Das ZDF wurde eingeführt, später die Dritten Programme. Hickethier weist für die folgende Zeit auf zwei Richtungen des Zusehens hin: „zum einen die Orientierung an der Aktualität der Berichterstattung als Weltvermittlung aus dem Interesse an einem Informiertsein; zum anderen die Ausprägung von Zuschauerinteressen, die sich an unterhaltenden Sendungen im weitesten Sinne festmachten. Dort vor allem kam es zu immer stärkeren Differenzierungen, zum Beispiel im künstlerischen Anspruch, dem Entertainment, der Wettkampforientierung, Sportlichkeit et cetera. Gegen das wachsende Angebot gerichtet etablierten sich bereits in den sechziger Jahren auch andere Nutzungsarten: Routinisierungen und Ritualisierungen.“ 878 Zu den Ritualen gehörten beispielsweise die immer wiederkehrende Rezeption der Tagesschau oder von TV-Serien. Hinzu kam die Funktion des Fernsehens als Regenerationsmittel und Hintergrundmedium beim Entspannen oder Essen. Solche Sehgewohnheiten sind bei der Schaltung der Werbung zu berücksichtigen: Je mehr Zuschauer erwartet werden, desto teurer wird der Sendeplatz, z. B. kurz vor der ARD-Tagesschau um 20 Uhr: Der Platz wird heute beispielsweise auch von Dallmayr bevorzugt genutzt. Ende der 60er Jahre waren 90 Prozent der Haushalte mit einem TV-Gerät ausgestattet. Das duale Rundfunksystem (ab Mitte der 80er Jahre) brachte nicht nur beim Radio, sondern auch beim Fernsehen eine drastische Ausweitung des Programmangebots und kam damit den zunehmend sich differenzierenden 876 Mündliche Auskunft von Detlef Fischer, Leiter der Technik Radio und TV bei der Bayerischen Rundfunkwerbung, am 11.04.2003. Vgl. auch Hickethier, 1999, 134: „Das Publikum näherte sich in seiner sozialen Zusammensetzung von einer Mehrheit Selbständiger und besser verdienender Schichten am Anfang der fünfziger Jahre relativ rasch der allgemeinen Bevölkerungsschichtung entsprechenden Zuschauerschaft. Bereits Anfang der sechziger Jahre ist dieser Zustand erreicht, nur die Landbevölkerung bildet noch eine davon abweichende Ausnahme.“. 877 Schmidt/ Spieß, 1997, 126. Die Angaben über die Anzahl der TV-Geräte weicht in der Literatur voneinander ab. Bau (1995, 87) spricht von 84.000 Geräten 1955 und 3,4 Millionen im Jahr 1960. 878 Hickethier, 1999, 136. <?page no="323"?> 313 Bevölkerungsgruppen und unterschiedlichen Interessen entgegen. 879 Flexibler wurden die Zuschauer schließlich durch die Einführung des Videorecorders (zeitversetztes Sehen) und der Fernbedienung, die das Zapping ermöglicht; auf den durchgehenden Konsum einer Sendung 880 kann sich die Werbeindustrie nicht mehr verlassen. Ende der 90er Jahre ist Fernsehen die häufigste Freizeitbeschäftigung: „15 Jahre nach dem Start der ersten deutschen Privatsender ist das Medium Fernsehen stärker im alltäglichen Leben verankert als je zuvor. Es ist weiter verbreitet als das Telefon. Jeden Tag können sich die Zuschauer ihr Wunschprogramm aus einem Angebot von mehr als 750 Stunden zusammen stellen [sic! ]. Über drei Stunden pro Tag sieht der Deutsche im Schnitt fern.“ 881 Die Attraktivität des Fernsehens auf Konsumentenseite ist beispielsweise für Bärenmarke ein Grund, heute Werbung nur noch in diesem Medium zu schalten. 882 • Zeitung/ Zeitschrift Eine Tageszeitung lesen täglich „vier Fünftel der deutschen Bevölkerung über 14 Jahre (78,3 %) […]. Ihr Nutzungsaufwand dafür ist mit durchschnittlich täglich einer halben Stunde seit Jahrzehnten nahezu konstant.“ 883 Bezüglich der Glaubwürdigkeit nimmt die Zeitung im Vergleich mit anderen Medien immer noch den Spitzenplatz ein. 884 Allerdings verliert die Tageszeitung vor allem bei den unter Zwanzigjährigen seit Mitte der 80er Jahre Leser. 885 Keine Angaben lassen sich zu den Zeitschriften machen, da der Markt stark segmentiert ist, was mit der Differenzierung der Nutzerschaft einhergeht. 886 879 Vgl. dazu Drabczynski, 1998, 17 und 97. 880 Klatten, 1997, 218: „Die Fernbedienung verändert das Medienverhalten der Menschen ebenfalls sehr stark, auch wenn das oft unterschätzt wird. Die Deutschen zappen mittlerweile wie die Amerikaner durch die bunten TV-Programme, um möglichst viele abwechslungsreiche, unterhaltende Videoclips zu erhaschen. Die neue Form der Mediennutzung macht sich zwangsläufig auch im deutschen Zeitschriftensektor bemerkbar: immer kürzere Informationshäppchen auf immer bunteren Seiten, oberflächliche ‚Infos‘ statt fundierter Informationen und Hintergründe.“ [Hervorhebung im Original in der Farbe Rot]. Bolten (1996, 287f.) führt im Hinblick auf die veränderten „Wahrnehmungsgewohnheiten“ auch die „Neuen Medien“ und die damit zusammenhängende „Informationsüberflutung“ an: „Diese äußert sich darin, daß heute nur noch 2-5 % der in den Medien angebotenen Informationen im Gegensatz zu 30-40 % im Jahr 1960 beachtet werden (Stark 1992, S. 56; Kroeber-Riel 1993, S. 7) […].“. 881 Treckmann, 1999, 4. 882 Vgl. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 883 Altendorfer, 2001, 213. Vgl. auch Schaffrath, 2000, 449. 884 Vgl. Kap. 2.2.2 „Zeitung“. 885 Zu den Gründen vgl. Schönbach/ Peiser, 1999, 109. 886 Altendorfer, 2001, 213. <?page no="324"?> 314 10.2.2 Veränderte Rolle der Werbung in den Medien Nach der Betrachtung der sich verändernden Medienrezeption ab den 50er Jahren in Deutschland ist nach den Präferenzen der Medien als Werbeträger diachron zu fragen. Erkenntnisse darüber können ebenso verdeutlichen helfen, warum nur einzelne Werbemittel im Rahmen einer Strategie eingesetzt oder welche Werbemittel zu einer Kampagne zusammengespannt wurden. • Präferenz der Anzeige in den 50er Jahren Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Anzeigenteil der Zeitungen aufgrund der Papierknappheit so begrenzt, dass die Nachfrage seitens der werbetreibenden Unternehmen nicht befriedigt werden konnte; 887 die Anzeige war in der Bundesrepublik das Werbemittel schlechthin: „Da anfangs angesichts der Mangelsituation ein Konkurrenzkampf der Marken fehlte, konzentrierte sich die dominierende Printwerbung auf die Annoncierung der Wiederverfügbarkeit von Produkten, noch dazu ›in Friedensqualität‹.“ [Hervorhebungen im Original] 888 Fernsehwerbung gab es zwar schon; sie war allerdings für die Unternehmen insgesamt noch wenig attraktiv, was mit dem geringen TV-Konsum in den 50er Jahren in Beziehung stand: 889 „Amerikanische Agenturen und ihre Stilistik prägten die deutsche Fernsehwerbung; [...]. Die ersten im Fernsehen beworbenen Produkte waren Waschmittel und Haushaltsartikel (vor allem von Unilever). 890 Die hohen Produktionskosten für Werbespots standen noch in keinem lukrativen Verhältnis zu den Einschaltquoten der Sender, da nur wenige Bundesbürger ein Fernsehgerät besaßen. Den wenigen Agenturen, die im Fernsehen der BRD vertreten waren, ging es in erster Linie darum, in der Anfangsphase des neuen Mediums dabeizusein.“ 891 Oppenberg wies beispielsweise schon Anfang der 70er Jahre auf die (dauerhaften) Vorteile der Anzeige hin: „Die Anzeige hat auch morgen allen anderen Medien eine Eigenschaft voraus: sie [sic! ] kann zu Hause und unterwegs, zu welcher Zeit und in welcher Situation auch immer, gelesen werden und ihre Wirkung ausüben. Die Werbebotschaft kann man immer wieder neu zur Hand nehmen und lesen, man kann sie aufbewahren und sich beim Einkauf darauf beziehen.“ 892 887 Oppenberg, 1972, 67. 888 Schmidt/ Spieß, 1997, 134. 889 Vgl. Kap. 10.2.1 „Veränderte Rolle der Medien in der Gesellschaft / Medienrezeption“. 890 Schmidt/ Spieß, 1997, 137: „›Das Werbefernsehen paßte nicht zur Kultur einer Prestigemarke. Es galt als vulgäres Massenmedium.‹ (J. Scholz, Interview).“. 891 Schmidt/ Spieß, 1997, 136f. 892 Oppenberg, 1972, 76. <?page no="325"?> 315 Die Anzeige ist bis heute bei Unternehmen als Werbemittel beliebt, 893 sie gilt besonders in (Tages-)Zeitungen als glaubwürdig, wenn auch der TV-Spot seine anfangs schlechte Position bald verlassen hat. • Steigende Beliebtheit des Fernsehens als Werbeträger Mit der Entstehung des dualen Rundfunksystems 1984 wurden die Werbe- Etats bevorzugt und zum größten Teil in das Fernsehen investiert. „Die privaten Sendeanstalten, die ökonomisch voll von Werbeeinnahmen abhingen, eröffneten den Werbetreibenden neue Werbemöglichkeiten und boten attraktive Sendezeiten (nach 20 Uhr) in der Nähe oder während beliebter Programme, wodurch auch eine genauere Zielgruppenansprache möglich wurde. Die Abhängigkeit der privaten Sender (aber auch die der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten) von Werbeeinnahmen begann in den 80er Jahren zunehmend das Programm zu beeinflussen [...]. Umgekehrt übernahmen Werbespots Präsentationsformen des Programms, etwa wenn Werbung im Stil von Nachrichten dargeboten wurde.“ 894 Seit Ende der 80er Jahre konnte das Fernsehen seinen Anteil am Werbemarkt mehr als verdoppeln. 2002 beispielsweise betrugen die Bruttowerbeumsätze im TV rund 4,9 Mrd. Euro, es folgen Zeitungen mit rund 2,5 Mrd. Euro. Im Vergleich dazu kamen auf Hörfunkwerbung nur rund 6,9 Mio. Euro. Allerdings bedeutete dies bei allen Medien auch einen konjunkturell bedingten Rückgang der Investitionen für Werbung im Vergleich zum Vorjahr (2001), der mit 6,2 Prozent am größten beim Fernsehen ausfiel. Dagegen verzeichnete das Internet einen Zuwachs an Werbung um 12,6 Prozent. 895 • Vernachlässigung der Hörfunkwerbung Seit jeher ist die Werbung im Hörfunk das Stiefkind der Werbung treibenden Unternehmen und der Agenturen, auch wenn es Ausnahmen gibt, wie das Tonstudio Frankfurt ab den 50er Jahren zeigt. 896 Gewöhnlich wurde die Radiowerbung innerhalb von Werbekampagnen gering geschätzt und zum Teil nur zur Vervollständigung einer Kampagne unter Missachtung der eigenen medienspezifischen Möglichkeiten als bildlose Kopie der Fernsehwerbung produziert. Der Abschnitt eines Zeitungsartikels fasst die Situation prägnant zusammen, wobei auch die Problematik in der Zusammenarbeit zwischen Agenturen und werbetreibenden Unternehmen ausgedrückt wird: „Agenturen und Unternehmen sehen im Radio oft nur die blinde Schwester des Fernsehens; […] ‚Dabei ist der Funkspot eigentlich die Königsdisziplin.‘ In wenigen Sekunden muss er die Aufmerksamkeit des Hörers gewinnen, eine Geschichte erzählen, ein Produkt verkaufen - ohne nackte Frauen und digitale 893 Mündliche Auskunft von Detlef Fischer, Leiter der Technik Radio und TV bei der Bayerischen Rundfunkwerbung (11.04.2003). 894 Schmidt/ Spieß, 1997, 319. 895 Bauer Media KG: Konjunktur und Werbung 2003, 12 und 18. Quelle: http: / / www. bauermedia.com/ pdf/ service/ konjunktur_werbung_2003.pdf (29.03.2003). Vgl. auch Drabczynski, 1995, 80. 896 Vgl. Kap. 4.1 „Problematik der Korpuszusammenstellung“. <?page no="326"?> 316 Grafikeffekte. […]. Die Werbeagenturen überlassen das Radio meist den Jüngsten und Unerfahrensten im Haus (die anderen sind ja in Neuseeland). ‚Der Funkspot ist das Härteste‘, sagt Bianca Gabbey, die als Juniortexterin bei BBDO Berlin an dem Seminar teilnimmt. […] ‚Doch die Kunden denken, sie können das selber machen, und packen an Informationen rein, was geht.‘ So fällt das, was den Mangel an Interesse, Kreativität und Geld überlebt hat, am Ende den Sachzwängen zum Opfer: Der Kunde möchte bitteschön noch technische Daten, Telefonnummer und die Ortsteile all seiner Filialen im Spot haben.“ 897 Dass lokale/ regionale Unternehmen die Möglichkeit der Werbung in Privatradios mit engem Sendebereich gerne nutzen, bringt noch das Dilemma der Vermischung lokaler und nicht selten billig produzierter Werbung mit bundesweit ausgestrahlten HF-Spots mehrmedial und teuer konzipierter Kampagnen mit sich. Die Popularität des Fernsehens einerseits und die im Allgemeinen für Glaubwürdigkeit und Seriosität stehende, ebenfalls beliebte Anzeigenwerbung (in Zeitungen) andererseits ließen und lassen der Hörfunkwerbung insgesamt wenig Platz zur Entfaltung ihrer eigenen Möglichkeiten: „Wenn zum Beispiel der SPIEGEL schon voll war mit Anzeigen oder wenn die Sendezeiten im Fernsehen schon voll waren, dann hat man schnell Hörfunkspots gemacht. Das ging schnell und war günstig. Bis Ende der 70er/ Anfang der 80er Jahre war das so. Es gab ja noch keine Privatsender und die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender durften nur 20 Minuten pro Tag, zwischen 18 und 20 Uhr, Werbung senden. Heute gibt es viel mehr Möglichkeiten, im Fernsehen zu werben, deshalb werden oft reine TV-Kampagnen geschaltet.“ 898 • Bewusstsein für das Medienzusammenspiel in der Werbung Mit verschiedenen Studien wurde in den vergangenen Jahren die größere Wirksamkeit von mehrmedialen Strategien nachgewiesen. 899 Der bewusste Umgang mit den medienspezifischen Ressourcen wächst, vor allem bei den Agenturen, teilweise auch bei den werbetreibenden Unternehmen. „Überkommene TV- oder Printplanungsschablonen sind heute nicht mehr gefragt. Mediaqualität ohne vernetztes Denken ist vor allem im strategischen Mediamix Print/ TV nicht mehr angesagt.“ 900 897 Stefan Niggemeier, 2000, 20. Auch Behrens (1996, 200) beklagt die mangelnde Berücksichtigung der Möglichkeiten des Hörfunks für die Werbung im Hinblick auf Sprache, Musik und Geräusche: „Durch Betonungen, Dialekte und Stimmlagen kann das gesprochene Wort beispielsweise stärker gefärbt werden als das geschriebene. Dabei müssen die Unterschiede zwischen Sprache und Text beachtet werden. Satzbau und Wortwahl sind beispielsweise anders. Neben den Besonderheiten der Sprache werden im Hörfunk auch Geräusche vernachlässigt. […] Außerdem werden die Möglichkeiten der dramaturgischen Hörfunkgestaltung häufig nicht ausgeschöpft.“. 898 Mündliche Auskunft von Detlef Fischer, Leiter der Technik Radio und TV bei der Bayerischen Rundfunkwerbung, am 11.04.2003. 899 Vgl. Kap. 2.4.2 „Werbewirtschaftliche Aspekte“. 900 Ströbel, 1997, 234. <?page no="327"?> 317 So konnte bei den aktuellen Kampagnen meist positive Kritik am Medienzusammenspiel innerhalb einer Kampagne (Verteilung der Werbebotschaften, Gestaltung, Nutzung der Medienspezifika) geübt werden, während bei den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen gelegentlich Verbesserungsvorschläge gemacht wurden; 901 wie festgestellt wurde, ist bei Dallmayr auch bis Ende der 70er Jahre keine klare Linie bezüglich eines abgestimmten Werbemitteleinsatzes und einer kontinuierlichen Markenkommunikation vorhanden. 902 10.2.3 Rezeptionsresonanz auf Werbemittel Dass auch die Resonanz auf Werbemittel einen Einfluss auf deren Einsatz haben kann, zeigen einige Beispiele aus dem Korpus. Nach Auskunft der Firma Dallmayr wurde beispielsweise ein Motiv der jüngsten Printkampagne aus der Werbung herausgenommen: Eine der drei Anzeigenbilder der Kampagne „1998/ 99“ wurde am wenigsten mit Dallmayr identifiziert. Dies lag am Verzicht auf typische, jahrelang eingesetzte Elemente, zum Beispiel die gelbe Fassade des Traditionshauses oder die blau-weiß gekleideten Verkäuferinnen. Das mit einem Rahmen versehene, zwei Drittel der Anzeige einnehmende Bild selbst enthielt keinerlei firmenspezifische Aussagen (siehe Abb. 12, S. 117): Eine Frau sitzt mit verträumtem Blick vor ihrem Kaffee und genießt den Moment. Marken- und Produktname sind in sehr kleiner Schrift am oberen und unteren Rand der Anzeige angebracht. 903 Unabhängig vom Medienzusammenspiel seien zwei weitere Beispiele genannt, die den Einfluss der Rezipienten auf die Schaltung von Werbung zeigen: Hierbei geht es um die Rücknahme ganzer Kampagnen. Bereits 1967 gab es mit der Dallmayr-Kampagne „Kaffee mit Blume“ eine Strategie, die bei den Rezipienten nicht die erwünschten Assoziationen hervorrief. So war die Einsatzzeit der Kampagne begrenzt. 904 Auch bei Löwenbräu reagierte man mit der Absetzung des gesamten Unternehmensauftritts unter der Firmenfarbe „Türkis“ auf Umsatzrückgänge .905 10.2.4 Vorlieben der Senderseite - Beispiel Dallmayr Bereits festgehalten wurde, dass TV-Werbung von Dallmayr seit Beginn der Fernsehwerbung eingesetzt wurde - eine Vorliebe der Unternehmensleitung für das Medium 906 - und bis heute das wichtigste Werbemittel ist: 901 Vgl. Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. 902 Vgl. u. a. Kap. 10.1.3 „Wechsel des Basismediums oder Unterschiede im Werbemitteleinsatz“ sowie 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 903 Telefonat mit Ellen Ruthrof, Werbeleiterin der Firma Dallmayr, am 06.09.2001. 904 Auskunft von Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter bei Dallmayr, am 11.09.2001. Vgl. Kap. 11.5 „Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung“. 905 Vgl. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. 906 Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter von Dallmayr, am 11.09.2001: Man wollte „von Beginn an dabei sein.“ Vgl. Kap. 9.1 „Beworbene Produkte und Medieneinsatz“. <?page no="328"?> 318 „Basis-Medium ist TV. Nur hier kann die Welt des Hauses Dallmayr in allen Dimensionen voll zur Geltung kommen. Zur akustischen Flankierung und konzeptionellen Verlängerung wurde Funk eingesetzt. Print wurde nur sporadisch und für Promotions hinzuaddiert.“ 907 Außerdem waren die Produktions- und Sendekosten noch weitaus billiger, was mit der relativ geringen Anzahl der Haushalte, die ein Fernsehgerät besaßen, zusammenhing. Diese Präferenz der TV-Werbung steht, wie oben gesagt, im Gegensatz zum allgemeinen Umgang mit Werbung in den 50er Jahren. Jedoch hat sich die frühe Linie des Unternehmens Dallmayr im Laufe der Jahre als markenübergreifend beliebte Werbeträgerwahl erwiesen. Seit die Produkte immer ähnlicher geworden sind und rationale Vorteile sich deshalb oft nicht mehr zur Bewerbung eignen, setzt man vorrangig auf den emotionalen Nutzen, der durch das Medium Fernsehen mit den Codes Sprache, (bewegtes) Bild, Musik und Geräusche am umfassendsten vermittelt werden kann. 10.2.5 Kosten Dass auf Werbung in einem Medium verzichtet wird oder der Fokus auf ein bzw. zwei Medien gerichtet wird, kann schlicht mit den Kosten zusammenhängen. So verzichtet beispielsweise Löwenbräu in jüngster Zeit aus Kostengründen auf Fernsehwerbung, die in der Herstellung und Ausstrahlung teuer ist, und wirbt ausschließlich per Plakat und Hörfunkwerbung. 908 Dallmayr hat einen kleineren Werbe-Etat (35 Millionen DM im Jahr 1998) als die Konkurrenz auf dem Kaffeesektor. 909 Die seit Jahrzehnten verfolgte Werbestrategie lässt sich damit jedoch gut vereinbaren: Man konzentriert sich auf die Werbung für nur ein Produkt (Prodomo), investiert den größten Anteil des Geldes in ein Medium (TV als Basismedium) und zeigt Bescheidenheit in der inhaltlichen Gestaltung, indem sich die Werbeaufnahmen um das Dallmayr-Haus erstrecken: „Mit diesem ungewöhnlich langen, konsequenten Festhalten an einer einmal eingeschlagenen Werbestrategie können die Verantwortlichen alljährlich Erfolge verbuchen. [...] Obwohl das Budget unter dem der Mitbewerber lag, wurde beispielsweise im vergangenen Jahr Rang eins in Share of Awareness erzielt (23 Prozent). Der Marktanteil kletterte von 4,7 Prozent (1986) auf inzwischen 11,9 (1998). Im gleichen Zeitraum stieg die Käuferreichweite von 10,2 auf 29,8 Prozent. Die Werbeerinnerung lag im vergangenen Jahr bei 51 Prozent und damit deutlich 907 Dallmayr, mehrseitiger Prospekt „Wieder ausgezeichnet! “ als Anzeige für die Handelspartner anlässlich des Gewinns des Bronze-Effie 1999, Auszeichnung für Markenpflege vom Gesamtverband Werbeagenturen GWA. 908 Telefonische Auskunft von Axel Krumsick, ehemals Mitarbeiter der Werbeagentur Heye & Partner, am 13.09.2001. 909 Van Rinsum, 1999, 120. <?page no="329"?> 319 über dem Durchschnittswert des Food-Sektors (34 Prozent). Damit einher ging auch eine wohlwollende Beurteilung der werblichen Aktivitäten. 36 Prozent sagten 1998, die Werbung für Dallmayr prodomo sei ‚gut, glaubwürdig, unterhaltend, anziehend, informativ‘.“ 910 Dass Dallmayr jedoch auf den Einsatz seines Basismediums in einigen Kampagnen verzichtet, liegt an dem kurzen Sendezeitraum der Kampagnen, für die ein eigens produzierter TV-Spot zu teuer wäre: Das gilt beispielsweise für die Verlosungskampagnen „BMW“ (1994), „Kenia“ (1995) und die „Weihnachtskampagne“ von 1978. Die Kampagne „Ganzes Pfund“ enthielt zwar einen TV-Spot (ausgestrahlt im April und Mai 1984), jedoch wurde dafür nur ein neuer Slogan angehängt: Geben Sie sich nicht mit weniger zufrieden., verbunden mit der Schrifteinblendung 500 Gramm: Mehr Genuß. 911 In den Dallmayr-Unterlagen ist nur noch die Transkription dieses Slogans erhalten. Gespart wurde auch durch die Übernahme des gesamten visuellen Codes des TV-Spots „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) für den Fernsehspot „Genusskaffee“ (1985). Aus Kostengründen können sich die Stadtwerke München einen sehr langen TV-Spot (60 Sek.) leisten: Die Werbung wurde auf TV München geschaltet und war nur regional zu sehen, was den Preis drückte. 912 10.2.6 Entwicklungen in der Medientechnik Technische Neuerungen mit allen medienspezifischen Eigenheiten wirken sich auch auf die Konzeption und die Möglichkeiten des Medienzusammenspiels aus. Mit neuen Medien entstehen neue Formen der Werbung, die in das Zusammenspiel der Werbemittel einer Kampagne integriert werden müssen. Eine Prognose der Bauer Media KG lautet: „In qualitativer Hinsicht wird die Werbung den Weg gehen, den die Medien angesichts zunehmender Digitalisierung und Breitband-Technik vorgeben. Stichworte: Konvergenz, Cross Media, Cross Marketing. Der Prognos-Marktforscher sagt daher voraus, dass die Medien bis 2006 immer weiter aufeinander zugehen und sich (inhaltlich und vertrieblich) miteinander verzahnen. Diese Annäherung (Konvergenz) konzentriert sich jedoch zunächst auf die Produktion und 910 Van Rinsum, 1999, 120. Der Artikel entstand im Zusammenhang mit Dallmayr als dem Gewinner des Effie-Bronze 1998, einer Auszeichnung des Gesamtverbandes Werbeagenturen GWA. Damit werden „nicht die kurzfristigen Markterfolge, sondern Lösungen, die durch prägnante Werbung über Jahre ausserordentliche [sic! ] Erfolge haben“, prämiert, so die Jury (mehrseitiger Prospekt der Firma Dallmayr: „Wieder ausgezeichnet! “). 911 Zu den Entstehungshintergründen vgl. Kap. 7 „Diachrone Mehrmedialität am Beispiel Dallmayr“. 912 Telefonische Auskunft von Dominik Terruhn, Werbeagentur Serviceplan in München, am 08.08.2005. <?page no="330"?> 320 Distribution von Inhalten. Ein einmal produzierter Inhalt wird auf verschiedenen Plattformen abgespielt.“ 913 Zwei Beispiele für innovative Werbung seien genannt: Als beste Media-Strategie des Jahres 2003 wurde die „Launchkampagne 0 2 “ von MediaPlus, einem Unternehmen der Serviceplan Gruppe in München ausgezeichnet. 914 Werbung wurde mit Anzeigen, Plakaten, TV- Spots und im Internet geschaltet; zu den Sonderwerbeformen gehörte unter anderem der erste bewegte Splitscreen im Fernsehen: „Aufsteigende Sauerstoffblasen schieben im ‚Movesplit‘ den redaktionellen Part des geteilten Bildschirms nach oben und gehen dann in den regulären 0 2 -Spot über. [...] Erstmals in Publikumszeitschriften schaltete 0 2 in TV Today eine Shadow-Printanzeige: Passend zur Kampagne, erschien das Programm für den 22. Juni blau hinterlegt und mit den bekannten Blubberblasen. Das Key Visual wiederholte sich auf den sieben animierten Riesenpostern [...]. Das Besondere dabei: Eigens hinter den Plakaten installierte Ventilatoren setzten die Luftblasen in Bewegung. Mit Komplettbuchungen der Banner auf web.de, Einfärbungen der Homepages von TV Spielfilm.de und Spiegel.de machte sich 0 2 online bemerkbar. Flug-Banner in Verbindung mit einem Gewinnspiel auf Münchner und Berliner Radiosendern rundeten die 13 Millionen Euro schwere Kampagne ab.“ Für die Schokokugeln M&M’s wurde 2003 nicht nur mit den klassischen Werbemitteln (Kino- und Fernsehspot, Anzeigen), sondern auch mit Online- Werbemitteln, welche direkt mit der „Filmquiz-Microsite“ verlinkt waren, geworben: „Power Layer, Shaped Pop Up, Skyscraper, Banner, E-Mail an 340.000 qualifizierte Adressen.“ 915 913 Bauer Media KG (Hrsg.): Konjunktur und Werbung, 2003, 20. (Quelle: http: / / www. bauermedia.com/ pdf/ service/ konjunktur_werbung_2003.pdf (29.03.2005). Vgl. auch Kap. 2.3 „Funktion und Funktionsverschiebung als Zeichen der Mediengeschichte“. 914 E-Mail-Auskunft von Anja v. Frauenberg, media & marketing (31.08.2005). Die folgenden Ausführungen und das Zitat stammen aus media & marketing 1-2 (2003), Sonderdruck, 2. 915 Plan.Net. Agentur für Interaktive Kommunikation, Online-Werbung als Multiplikator (Faltblatt). <?page no="331"?> 11 Sprachwissenschaftliche Bewertung - der Nutzen der Sprache für die Werbung 11.1 Die Notwendigkeit der Sprache für die Werbung An dieser Stelle sei der Blick bewusst auf Elemente gerichtet, für die die Sprache unverzichtbar ist. Einige Beispiele dafür werden herausgegriffen. Die weit vorherrschende Faszination der Werbewirtschaft und der Werbung schaltenden Unternehmen für bewegte Bilder sollte nicht den Blick dafür verstellen, dass manche Inhalte und (Text)Bausteine Sprache benötigen. Welche Strategien sind nur durch Sprache umsetzbar? Welche Botschaften lassen sich nicht allein visuell darstellen? Wo ist die Sprache unentbehrlich und in welcher Form (gesprochen/ geschrieben)? Zunächst ist hier der Produktname zu nennen. Er kommt in allen diachron und synchron untersuchten Kampagnen vor und lässt sich nur sprachlich darstellen. Dabei besteht im TV die Möglichkeit, ihn akustisch und gleichzeitig als Schrifteinblendung einzubeziehen. 916 Bei der Coca-Cola- Kampagne ist der Markenbzw. Produktname in TV und Anzeige sogar der einzige Text. 917 Dass Sprache als einziges Darstellungsmittel sowohl in Print als auch in TV und HF und somit medienübergreifend vorkommen kann, wird vor allem für den Slogan als verbindenden Textbaustein der Werbemittel einer Kampagne genutzt. Auch manche Themen werden, wie sich durch die Analyse zeigte, bevorzugt sprachlich umgesetzt. Einige Beispiele aus dem Dallmayr-Korpus seien zunächst angeführt: „täglicher Luxus“, „Lebensfreude“ (Anzeige, TV- Spot der Kampagne „Luxus“ 1972), „gesundheitsschonender Aspekt“, „Qualität: Herkunft, Herstellungsverfahren“ (z. B. Anzeige der Kampagne „Luxus“ 1972), „Genuss“ 918 (Anzeige der Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ 1982), die Eigenschaft „veredelt“ bzw. die Handlung „veredeln“ (Anzeige/ TV-Spot der Kampagne „der Veredelte“ 1980/ 81) und „Qualität/ Wert im Vergleich“ (Kampagne „erlesen“ 1973: Anzeige: Nicht billiger. Besser. TV-Spot: Denn wir machen nicht den billigeren Kaffee, sondern den besseren.). Auch das Thema „Verlosung“ der Kampagnen BMW (1994) und Kenia (1995) kann nur sprachlich dargestellt werden, was die Beschreibung und Erklärung der Regularitäten angeht (Aufgabenstellung, Aufforderung zum Mitmachen, Angabe der Anschrift). Lediglich die Hauptgewinne werden visuell eingebracht. Bei den synchron untersuchten Kampagnen sei exemplarisch die Anzeige von „Alete“ mit dem Thema „Qualität/ Herstellung“ genannt: Die sind aus biologischem Anbau und nur einem verträglichen 916 Vgl. „Exkurs: Produktnamen“ in Kap. 6.2.2b) „Synchrone Mehrmedialität“. 917 Nur am Anzeigenrand steht in sehr kleiner Schrift und vertikal noch Schutzmarke: koffeinhaltig. 918 Dass das Thema „Genuss“ vor allem sprachlich erscheint, ist durchaus erstaunlich, da es auch gut visuell oder durch Geräusche darstellbar ist. <?page no="332"?> 322 Rohstoff. Das ist die allerbeste Qualität, die man ihnen jetzt geben kann. Auf dem Button wird allein sprachlich auf das Bio Gemüse verwiesen. Schließlich wird für weitere Textbausteine Sprache benötigt: Telefonnummern (Beate Uhse, Budget), Internetadressen in den aktuellen Kampagnen oder Inserts/ Einschübe (z. B. bei Budget am Ende der Anzeige: Einfach buchen: www.budget.de Schnell reservieren: 01805/ 244 388 (12 ct./ Min.) *Dieses Aktionsangebot ist zeitlich begrenzt und beinhaltet Vollkaskoversicherung, MwSt. und unbegrenzte km. Verfügbar an allen teilnehmenden Budget Stationen. Flughafen Servicegebühr 17 %.). Auf Printspezifika im Zusammenhang mit sprachlichen Elementen sei noch hingewiesen. Die Möglichkeit der Hervorhebung durch die Typographie wird bei den Anzeigen genutzt: Beispielsweise wird der Slogan in der Verlosungskampagne „Kenia“ gänzlich in Kapitälchen gesetzt. Häufig sind in den Dallmayr-Anzeigen Unterstreichungen zu finden. 919 Beispielsweise ist die Anzeigen-Headline der Kampagne „der Veredelte“ unterstrichen, fett sowie mit einer im Vergleich zum Fließtext größeren Schrift gedruckt; durch Unterstreichung hebt sich auch der Slogan ab. Bei den synchron untersuchten Kampagnen ist Unterstreichung nicht mehr gängig; der Slogan wird meist allein durch eine größere Schrift bzw. Fettdruck herausgestellt, zum Beispiel bei den Kampagnen Alete, Bernbacher, Budget oder den Stadtwerken München. Eine besondere Betonung erfährt der Slogan durch die Platzierung oberhalb des Bildes, beispielsweise bei Bernbacher (Nudeln mit Biss). 11.2 Plädoyer für die Anzeige als Hauptinformationsträger in mehrmedialen Kampagnen Aufgrund der Rezeptionssituation (Freiheit in Bezug auf Zeit, Ort und Häufigkeit des Lesens bzw. Betrachtens) ist die Anzeige als eine Form der Printwerbung prädestiniert für die Darbietung von Informationen. Wie in Kap. 7.2.3 dargestellt, konnte die Hypothese der zunehmenden Textarmut in den Anzeigen teilweise widerlegt werden. Bei den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen stammt die wortreichste Anzeige erst aus dem Jahr 1982 (Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“: 164 Wörter), darauf folgen die „Verlosungskampagne Kenia“ von 1996 mit 108 Wörtern sowie „Luxus“ (1972) mit 106 Wörtern. Der Vergleich mit den zehn synchron untersuchten Kampagnen zeigt, dass auch heute noch wortreiche Anzeigen (mit klassischem Textaufbau) vorhanden sind, wie die Alete-Anzeige mit 105 Wörtern. Für die tatsächliche Rezeption dieser Anzeige spricht, dass sie im passenden Umfeld erschien, nämlich in der Zeitschrift E LTERN ; deren Leser sind bereits in der optimalen „Rezipientenverfassung“ 920 für die Aufnahme 919 Vgl. „Slogan“ in Kap. 7.2.2a) „Struktur(elemente)“. 920 Melchers, 1995, 147. Er unterstützt die obigen Ausführungen. Vgl. auch Kap. 10.2.1 „Veränderte Rolle der Medien in der Gesellschaft / Medienrezeption“. <?page no="333"?> 323 der Werbung (siehe Abb. 18, S. 193). Sie sammeln Informationen über Pflege und Erziehung ihres Kindes und zeigen durch diese aktive Handlung, dass sie gewillt sind, das Beste für ihren Nachwuchs zu tun. In diesem Zusammenhang hat eine Anzeige mit größerer Textmenge über Babynahrung gute Chancen, nicht nur flüchtig registriert, sondern auch gelesen zu werden. Im vorliegenden Material ist sie aber eine Ausnahme, da Printwerbung mit der zweitgrößten Textmenge erst wieder eine Anzeige mit 60 Wörtern (Budget) und der Abstand dementsprechend groß ist. Text- und Informationsmenge korrespondieren nicht zwangsläufig. Wie oben („Argumentationsweise“ in Kap. 10.1.2) gezeigt wurde, gibt es heute kaum mehr rein informative Anzeigen. „Budget“ ist eine Ausnahme hinsichtlich einer relativ großen Text- und Informationsmenge. Die Alete- Anzeige ist zwar textreich, der Inhalt ist jedoch emotional-informativ orientiert, das heißt, emotionale Themen stehen im Vordergrund, wie der Appell an Gefühle: Die bekannte Schauspielerin Veronica Ferres, selbst Mutter, vermittelt als Testimonial Werte, wie Liebe und mütterliche Fürsorge. Informativ sind die Fakten zu den Inhaltsstoffen des Produkts. Umfangreiche und komplexe Informationen lassen sich am besten über Printmedien vermitteln. 921 Dabei geht es nicht nur um eine größere Textmenge, sondern auch um zusätzliche Inhalte, die in der Anzeige im Vergleich zum elektronischen Medium untergebracht werden können (vgl. z. B. die Dallmayr-Kampagne „Luxus“ 1972 mit den weiteren Themen „Gesundheit“ und „Qualität: Herkunft, Herstellungsverfahren“). Allerdings ist für einen Wirkungserfolg im Sinne der Werbewirtschaft dennoch ein adäquates und richtig platziertes Bild meist unverzichtbar. 922 Weit verbreitet ist jedoch auch in Teilen der Kommunikations- und Werbeforschung die grundsätzliche Ablehnung längerer Fließtexte. Da diese nur wenige Leser registrierten, sollten Fließtexte keine wichtigen Botschaften befördern. 923 Für bedeutsamer wird die suggestive Funktion des 921 Drabczynski, 1995, 81. 922 Kaplitzka (1995, 139) zu einem häufigen Fehler bei der Gestaltung von Werbeanzeigen: „Entweder es fehlt ein Bild, oder es ist zu abstrakt, ohne Bezug zum Produkt. Bilder sind in der Wirkung so zuträglich wie Musik in den AV-Medien. Daher sind Anzeigen mit Bildern in der Regel wirksamer, allerdings nur dann, wenn das Bild in direktem Zusammenhang mit dem Produkt steht, also sofort signalisiert, worum es geht.“ Gabriele Kaplitzka ist Statistikerin, Geschäftsführerin des IMAS-Instituts in Linz/ Österreich und Herausgeberin der „Viertel-Jahreshefte für Media und Werbewirkung“. 923 Schierl, 2002, 472ff. Die Textlänge verringerte sich in den Jahren 1973 bis 1997 in Anzeigen von S PIEGEL und S TERN (für 1997 wurde auch F OCUS untersucht) durchschnittlich von 146 Wörtern auf 94 Wörter. Die Bedeutung des Fließtextes für das Verständnis der Printwerbung war 1997 nur noch bei 33 % notwendig im Vergleich zu 47 % 1974 und 53 % (! ) 1985. Kroeber-Riel (1993, 6f.) führt die „Informationsüberflutung“ an: „Der Informationsüberschuß - der Anteil des verfügbaren Informationsangebots, der von den Empfängern nicht aufgenommen wird - beträgt in der Bundesrepublik inzwischen <?page no="334"?> 324 Fließtextes gehalten: „Er kann nämlich allein durch sein Vorhandensein (was offensichtlich bedeutet, dass es über das Produkt Wissenswertes auszusagen gibt! ) eine gewisse Glaubwürdigkeit erzeugen.“ 924 Meines Erachtens wäre eine breitere, markenübergreifende Nutzung der Anzeigenspezifika und somit eine medienspezifische sprachliche Gestaltung lohnend, zumal es dafür, wie oben und folgend gezeigt, auch heute noch Beispiele gibt und nicht in jedem Fall auf Textknappheit vor dem Hintergrund des angenommenen Lesewiderstands 925 gesetzt werden sollte. Mir liegen weitere mehrmediale Kampagnen mit sehr langen Fließtexten in den Anzeigen aus dem Jahr 1999 vor: Eine Anzeige für O. B.-Tampons (in: B RAVO , Ausgabe 9/ 1999) mit rund 160 Wörtern ist als Gebrauchsanweisung gestaltet; die Werbung für Holsten Pilsener (H AUSHALTSJOURNAL , Ausgabe 6/ 1999) entspricht im Layout einem redaktionellen Artikel und enthält Grill- Tipps (357 Wörter! ). Bei beiden Beispielen geht es nicht nur um eine „formale Bedeutung“ der größeren Textmenge, sondern es werden auch Informationen geliefert. Eine pauschale Forderung nach Langtexten (Longcopies 926 ) ist jedoch aus werbepragmatischen Gründen nicht angebracht. Kaplitzka weist auf die leserunfreundliche Überfrachtung von Anzeigen als Fehler bei der Werbegestaltung hin: „Zuviel Text, zu kleiner Text. Je mehr Text, desto uninformativer gilt eine Anzeige, weil man überhaupt nicht mitbekommt, worum es geht. Eine große klare Headline informiert rasch und gut über das Produkt.“ 927 Dass auch lange Anzeigentexte gelesen werden, zeigt die Studie „Ad Specials“ (2005). Solche Sonderwerbeformen - zu den „Ad Specials“ zählen z. B. eingeklebte CDs, Beihefter, Duftproben - erhöhen nicht nur die Beachtung der Anzeige, sondern tragen auch zu einer verstärkten Textrezeption bei: „Der Text wird am häufigsten bei Duftproben-Anzeigen und Beiheftern gelesen. Das sind zum einen diejenigen Anzeigen, die (meistens) am wenigsten Text haben (Duftproben-Anzeigen), zum anderen aber auch Anzeigen, die besonders viel Text haben (Beihefter - die Beihefter im Test hatten 3-mal 8 Seiten, 2-mal 12 Seiten und 2-mal 16 Seiten). Insofern sind diese Ergebnisse besonders erfreulich und 98 %. […] Bevorzugt werden solche Informationen, die sich auf den ersten Blick aus der Informationsflut abheben und besonders schnell aufgenommen und gedanklich verarbeitet werden können. Das sind in erster Linie Bildinformationen. 924 Janich, 2003, 48. 925 Zur textarmen Anzeige von Flensburger Pilsener (10 Wörter) schreibt Andreas Lehmann (ad.quarter Werbeagentur, Hamburg) am 03.03.2004 (E-Mail): „Werbung muss unserer Ansicht nach einfach funktionieren. Zudem lesen [sic! ] nur ein Bruchteil der Betrachter einer Anzeige den Fließtext. Wir sehen das Motiv und das Produkt. Das muss lecker rüber kommen und Durst machen.“. 926 Vgl. Janich, 2003, 48: „Langtexte, die länger als fünf Sätze sind“. [Hervorhebung im Original]. 927 Kaplitzka, 1995, 139. <?page no="335"?> 325 zeigen einmal mehr, dass auch Anzeigen mit viel Text durchaus gelesen werden.“ 928 [Hervorhebung d. Verf.] Das Interesse am Produkt wird auch in dieser Studie als Faktor hervorgehoben, der die Beachtung begünstigt: „Bei Produktinteressierten erreichen Ad Specials einen Beachtungswert von 85,7 Prozent - der entsprechende Wert für ganzseitige vierfarbige Anzeigen beträgt 75,1 Prozent.“ Wie bei der oben erwähnten Alete-Anzeige gibt es text- und somit anzeigenaffine Produkte; das sind solche, bei denen sich der Rezipient vor dem Kauf in jedem Fall umfassend informieren muss, die also ein hohes „Kaufrisiko“ 929 darstellen, oder bei denen unabhängig vom Preis der Qualitätsaspekt wichtig ist. In diesen Fällen sind längere Texte notwendig, wie die beiden Zitate von Kommunikationswissenschaftlern zeigen, auch wenn heute weitere Werbeformen, zum Beispiel Online-Netzwerke/ Interaktionsangebote vorhanden sind: „Für die Werbung bedeutet dies: Das gedruckte Wort sollte überall dort Vorrang haben, wo eine kontextbezogene Präsentation von Produkten und der ihren Markenimage [sic! ] zugrundeliegenden Ideen erforderlich ist. Die Einbettung in nachvollziehbare Begründungszusammenhänge und die konzentriertere Informationsaufnahme entfalten dabei eine besondere Überzeugungskraft […]. Je rudimentärer die von der Werbung angebotenen Begründungszusammenhänge sind, desto eher wird sich der Konsument anderen Informationsquellen, wie Freunden, Bekannten oder Fachberatern des Handels, zuwenden, um seine potentielle Kaufentscheidung abzusichern. Diese Kommunikationsprozesse sind von den werbungtreibenden Herstellern und Dienstleistern jedoch nurmehr bedingt kontrollierbar. Der spezifische Nutzen ausführlicher Texte wird in der Printwerbung jedoch häufig nicht hinreichend ausgeschöpft.“ 930 [Hervorhebung d. Verf.] „Mit knapper werdenden finanziellen Ressourcen, mit der Sättigung von immer verheißungsvolleren Glücksversprechen wird es für Konsumenten immer wichtiger, gezielt kognitiv Informationen über Produktnutzen aufzusuchen, also selbstgesteuert an Werbebotschaften heranzugehen. […] auch für die Konsumgüter des Alltags ist das Zeitalter des kritischen Konsumenten nicht beendet. Hier kommt es darauf an, in der Komposition aus Medien, informationssteuernden formalen Elementen und glaubwürdigen Botschaften den ‚bewußten‘ Nutzer zu erreichen. Zugleich wissen wir aus der klassischen Einstellungsforschung, daß die 928 Verband deutscher Zeitschriftenverleger, 2005, 13 und 14 (dort die obigen Zitate). „Insgesamt wurden 47 Ad Specials untersucht. An den Copy-Tests waren 27 Zeitschriften-Ausgaben von 16 Titeln aus den Jahren 2003 und 2004 beteiligt: […] Die Ergebnisse basieren auf 5.900 Personen, die an den Befragungen teilnahmen und deren Beachtung zu insgesamt 475 Anzeigen festgehalten wurde (VDZ, 2005, 17f. dort auch genauere Daten). 929 Drabczynski, 1995, 90: „Der Grad des subjektiv empfundenen Risikos hängt dabei von Faktoren ab wie der Langfristigkeit einer Investition, dem Preisniveau, der Bedeutung von Qualitätsaspekten, Zuverlässigkeit und Umweltverträglichkeit u. ä.“. 930 Drabczynski, 1998, 52f. Vgl. auch Drabczynski, 1995, 86f. <?page no="336"?> 326 Botschaft besser wirkt - zumal beim Empfänger mit höherer Bildung -, die man sich freiwillig und selbstgesteuert angeeignet hat. Hier könnte, bevor Multimedia das Terrain erobert, die Printwerbung der Königsweg sein. Allerdings vorausgesetzt, die Gestaltung regt überhaupt zur Beschäftigung und Selbststeuerung an. Was dann der Fall ist, wenn die Kampagne einer Gesamtkonzeption folgt, die die spezifischen medialen Wirkungsweisen einzusetzen weiß.“ 931 Edgar Feichtner, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der FH Regensburg, beobachtet ebenfalls den nach Produktgruppen differenzierten Einsatz von längeren Texten in der Werbung; ein Trend gehe jedoch dahin, die Web- Adresse anzugeben und somit auf Informationen im Internet zu verweisen. 932 Auch in jüngster Zeit gibt es „Kreative“ in den Werbeagenturen, die längere Texte für angebracht halten: Laut Heinz Böldl sei das Informationsbedürfnis und die Bereitschaft zu lesen beispielsweise bei teuren Produkten, wie Autos, oder bei Werbung für soziale Zwecke vorhanden. Werbung für preiswertere Ware, wie Alete- oder Hipp-Gläschen, spreche eine klar umrissene Zielgruppe an und werde rezipiert. Böldl stellt allerdings einen Verfall in der Werbebranche fest: „Immer weniger Texter können Texte schreiben.“ 933 Längere Texte könnten einerseits Stimmungsbilder im Betrachter hervorrufen, andererseits bestehe aber für viele Produkte kein Informationsbedarf, zum Beispiel für Kaffee. Bei den jüngsten Dallmayr-Anzeigen wären dennoch „mehr Worte gut“ gewesen, so Böldl, da die Zielgruppe, eher gebildete Menschen mit etwas höherem Einkommen, „mehr lesen“ würde. Die Firma Dallmayr habe sich jedoch dagegen und für eine emotionsbezogene Werbung entschieden. Hier ist beispielsweise an die formale Anlehnung an redaktionelle und damit seriös wirkende Artikel zu denken. Bolten beobachtet seit Mitte der 80er Jahre „Kontinuitätsbrüche“ [hinsichtlich einer stetig abnehmenden Textmenge, d. Verf.]; dazu gehört „die partielle Rückkehr zu sachinformatorischen Anzeigen mit Langtexten“. Als ein Beispiel für den Einsatz von langen Texten in der Printwerbung nennt er Mercedes-Benz. Er stellt fest, dass „sich die Rückkehr zu Textprimat, vollständigen Sätzen und bisweilen erzählerischen Konzeptionen seit Beginn der achtziger Jahre durchsetzen konnte und inzwischen auch eine Reihe von Nachfolgern gefunden hat [...]. Daß Langtexte in der Werbung im Zeitalter der Fast-Food-Informationen auffallen, impliziert natürlich eo ipso auch einen Werbeeffekt. [...] Genauso entscheidend dürften gesellschaftliche Entwicklungen sein, die sich unter plakativen Titeln wie ‚Neue Unübersichtlichkeit‘ und ‚Cocooning‘ [Rückzug in den Familien- und Freundeskreis, d. Verf.] zusammenfassen lassen.“ 934 931 Groebel, 1995, 161. 932 Telefonische Auskunft von Professor Dr. Edgar Feichtner am 14.09.2005. 933 Telefonische Auskunft von Heinz Böldl, Senior Art Director bei der Werbeagentur Heye & Partner in Unterhaching bei München, am 05.08.2005. 934 Bolten, 1996, 297. Vgl. auch die beiden Beispiele in Ströbel, 1997, 234ff. <?page no="337"?> 327 Festzuhalten ist demnach auf der Rezipientenseite die Flucht vor der Informationsfülle und damit zusammenhängend die gezielte Selektion persönlich wichtig erscheinender Botschaften, der auf Medienseite mit dem Aufkommen und dem Erfolg der Special-Interest-Zeitschrift begegnet wird. 935 Hier können Werbetreibende mit erhöhter Aufmerksamkeit seitens der Rezipienten rechnen. Eine parallele Entwicklung im TV ist der schon vor zehn Jahren festgestellte Trend zum Zapping (wie in Kap. 10.2.1 angesprochen), 936 also zur Programm- und Informationsselektion und somit auch zur Werbevermeidung als weitere (Schutz-)Reaktion gegen Reiz- und Informationsüberflutung: „Auf diese Weise entstehen Freiräume, die, entsprechendes Interesse vorausgesetzt, Platz genug lassen, um komplexere Informationen wieder rezipieren [...] zu können.“ 937 Damit könnte auch der Wunsch nach mehr rationalen und nachvollziehbaren Informationen zusammenhängen, die sich 644 Jugendliche in einer Studie von 1995 hinsichtlich der Werbung im Jahre 2005 wünschten: „Die Vorstellungen über die Werbung der Zukunft zeigen, daß die jungen Rezipienten gegenüber heute sehr große Defizite bei der Ehrlichkeit, der sympathischen Anmutung, der Interessantheit und der Glaubwürdigkeit für Fernseh-, Hörfunk-, Zeitungs- und Zeitschriftenwerbung gleichermaßen sehen. Dies deckt sich mit den Befunden empirischer Auftragsstudien (z. B. von der GfK Nürnberg). Alle diese Werbemedien sollten in Zukunft zudem, nach Ansicht der Jugendlichen, signifikant aktueller, weniger störend, rationaler und informativer werden.“ 938 [Hervorhebung im Original] Auch wenn solche Ergebnisse mit Vorsicht zu lesen sind und sich nicht zwangsläufig mit dem entsprechenden Handeln decken, zeigen die Ausführungen zum vereinzelten Umgang der Unternehmen mit Werbung (Rückkehr zu längeren Texten) und zur Veränderung der Rezeptionsgewohnheiten Möglichkeiten auf, längere Texte und mehr Informationen in Anzeigen unterzubringen. 11.3 Der Hörfunkspot als Chance für die Sprache Im Radio stehen nur die Darstellungsmittel gesprochene Sprache, Musik und Geräusche zur Verfügung, d. h., die visuelle Komponente fehlt. So steigt die Bedeutung der Sprache (im Verbund mit Musik und Geräuschen) - beispielsweise bei der Inszenierung einer Alltagsbegebenheit oder einer Urlaubsszene. Die vielfältigen prosodischen Möglichkeiten der Sprache zur 935 Bolten, 1996, 298. Winter, 2000, 423. Vgl. dazu auch Drabczynski, 1998, 17 und 100. 936 Vgl. zu verschiedenen Definitionen von „Zapping“ Mannschreck, 1995, 184f. 937 Bolten, 1996, 298 mit Beispielen sowie dem Verweis auf die „Popularität alter Werbemotive in der Werbung der achtziger Jahre“. Vgl. dazu Gries/ Ilgen/ Schindelbeck, 1989. 938 Mannschreck, 1995, 479. <?page no="338"?> 328 Übermittlung von Botschaften, zum Ausdruck von Gefühlen, Stimmungen usw. sind gerade dann gefragt, wenn keine optische Ergänzung vorhanden ist. Während die Printwerbung auf gesprochene Sprache verzichten muss, ist diese zwar im TV vorhanden, jedoch kann sie dort in Konkurrenz zum Bild treten, und ihr wird nicht so viel Aufmerksamkeit zuteil wie im HF. Für die mehrmediale Kampagne gibt es, nach der Aussage von Heinz Böldl, bezüglich der Hörfunkwerbung zwei Möglichkeiten: 939 Entweder wird für den HF die Strategie von Print/ TV mit den medienmöglichen Mitteln übernommen, oder es wird ein anderes Konzept umgesetzt, freilich im besten Falle unter Berücksichtigung eines die eingesetzten Werbemittel als Kampagne ausweisenden gemeinsamen Gestaltungsmerkmals, zum Beispiel des medienübergreifenden Slogans. Ich habe mich bei der Analyse für eine Dreiteilung entschieden und zusätzlich die Kategorie „eingeschränkte Bezugnahme“ eingeführt. Die Umsetzung „keine (unmittelbare) Bezugnahme“ des HF-Spots zu Print/ TV liegt nur in zwei Fällen und nur bei synchron untersuchten Kampagnen vor: Stadtwerke München und Coca-Cola. 940 Interessant ist, dass der HF-Spot von Coca-Cola innerhalb der aktuellen Kampagnen der textreichste ist, in Print und TV gibt es dagegen überhaupt nur den sekundären Text Coca Cola (Markenname); der HF-Spot der Stadtwerke München folgt bezüglich der Textmenge an zweiter Stelle. Bei Coca-Cola handelt es sich um einen Veranstaltungshinweis mit lokalem Bezug, bei den Stadtwerken München um einen Dialog, d. h., bei beiden Beispielen ist zur Umsetzung der Botschaft die Sprache unverzichtbar; in beiden Fällen liegt eine medienadäquate Umsetzung vor. Die medienspezifischen Möglichkeiten müssten von den Werbeagenturen stärker beachtet werden, 941 auch vor dem Hintergrund, dass die Hörfunknutzungsdauer, wie oben dargestellt, 942 mit rund 170/ 180 Minuten pro Tag heute in etwa wieder der der 50er Jahre entspricht, „wenn auch unter ganz anderen Bedingungen - neue Programmformate, Technik, Konkurrenz und Tagesablaufbezüge.“ 943 Im Vergleich dazu hat die Fernsehrezeption von Ende der 80er Jahre bis Ende der 90er Jahre von durchschnittlich zwei auf drei Stunden zugenommen, was sich aber durch die in diesem Zeitraum immense Ausweitung des Programmangebots relativieren lässt. 944 Umso erstaunlicher ist es, dass die Hörfunk-Werbung derart vernachlässigt wird. Die HF-Spots sind im Laufe der Jahrzehnte kürzer geworden: Gab es in den 50er Jahren noch Drei-Minuten-Spots nach Art kleiner Hörspiele, so 939 Heinz Böldl, Senior Art Director der Werbeagentur Heye & Partner, August 2001 (Gespräch in der Agentur). 940 Vgl. Kap. 6 „Synchrone Mehrmedialität“. 941 Vgl. „Vernachlässigung der Hörfunkwerbung“ in Kap. 10.2.2 „Veränderte Rolle der Werbung in den Medien“. 942 Vgl. „Radio“ in Kap. 10.2.1 „Veränderte Rolle der Medien in der Gesellschaft / Medienrezeption”. 943 Vgl. Klingler, 1999, 126. 944 Hickethier, 1999, 140f. <?page no="339"?> 329 haben sich steigende Kosten auch auf Spotlänge und -gestaltung ausgewirkt. Dennoch gibt es gute Beispiele, die auf knappem Raum mediengerechte Konzepte umsetzen. Ein Beispiel ist Bernbacher. Die medienübergreifende Werbebotschaft weist auf eine Produkteigenschaft, nämlich „den Biss“ der Nudeln hin. Im TV wird eine Nachrichtensendung inszeniert, welche ein Wortspiel mit der wörtlichen und übertragenen Bedeutung von mit Biss/ bissig enthält: Der Sprecher weist auf die Eigenschaft der Nudel, mit Biss, hin und wird kurz darauf von einer bissig[en] Nudel in den Finger gebissen (siehe Abb. 19, S. 196). Interessant ist nun die medienspezifische Umsetzung im Hörfunk, wo auf die visuelle Komponente verzichtet werden muss: So hat man sich für ein anderes, medientypisches und gängiges Konzept entschieden, nämlich die Dialogsituation. Um die Einprägsamkeit der Schlüsselwörter die bissigsten (medienübergreifend) und die besten (Einsatz nur im Hörfunk) zu erhöhen, werden diese mehrfach wiederholt. Dies geschieht als Teil der Handlung - die Sprecher sind sich uneinig und wollen beide Recht haben -, so dass die Wortwiederholung weniger auffällig und plump wirkt. Die Textmenge der HF-Spots zeigt zwischen den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen und den aktuellen Kampagnen keine auffälligen Unterschiede - im Gegensatz zur Entwicklung der Anzeigenwerbung, bei der ja auch der visuelle Code vorhanden ist. Ausnahmen sind die in Spot- und Textlänge über das Durchschnittsmaß hinausgehenden Dialogspots der 50er/ 60er Jahre und die medienübergreifend textarme jüngste Dallmayr- Werbung „1998/ 99“. Die Sprache kann also im nicht-visuellen Medium Hörfunk nicht unbegrenzt reduziert werden; die medialen Gegebenheiten sind demnach eine Chance für die Nutzung aller sprachlichen Möglichkeiten im Hörfunk. 11.4 TV-Werbung - Die Dominanz bewegter Bilder Von jeher ist die Fernsehwerbung der Ort der Unterhaltung und des Geschichtenerzählens, da sich die Möglichkeiten der multisensorischen Ansprache dafür besonders gut eignen. So ist das audiovisuelle Medium äußerst attraktiv für die Werbetreibenden. Seit rund zehn Jahren werden jenseits der klassischen TV-Werbung diverse Sonderwerbeformen geschaltet, wie der in Kap. 10.2.6 erwähnte Splitscreen, um sich von den gewöhnlichen Spots abzuheben. Dazu gehört auch folgendes Beispiel: „Am Montag, den 16. August, sponserte der Waschmittelriese Henkel praktisch das gesamte SAT.1-Programm. In den animierten Kurzfilmen (Trailern), mit denen der Privatsender seine Programme ankündigt, vergnügt sich der Geld- Fuchs aus den Werbespots der Waschmittelmarke Spee mit dem bunten Ball aus dem SAT.1-Logo: Er jongliert mit der Sendekugel und den Waschmittel-Tabs - eine geschickte, spielerische Verquickung von Sender und Produkt.“ 945 945 Pfannenmüller, 1999, 6. <?page no="340"?> 330 Im Rahmen meiner Untersuchungen war der drastische Anstieg der Bilder in jüngster Zeit auffallend: So weisen die synchron untersuchten Spots mit Ausnahme von Bernbacher (zwei Bilder) einen hohen Bildanteil auf. In beinahe allen Fällen ist er höher als der aller diachron analysierten Dallmayr-Spots. Hier lag die höchste Bildanzahl bei fünf Bildern, während die synchron untersuchten Spots erst bei sieben Bildern begannen. 946 Die angestrebte Wirkung ist Temporeichtum und Action. Das auffälligste Beispiel im Hinblick auf die Reduktion der Sprache zugunsten der Bilder ist der aktuelle TV-Spot von Coca-Cola, der ganz ohne gesprochene Sprache auskommt und lediglich einige Geräusche (Wasser und Tierlaute) sowie sekundären Text (die Aufschrift der Marke Coca-Cola auf der Flasche sowie innerhalb des Logos) umfasst. Zwei Beispiele zeigen sehr schön den möglichen Zusammenhang zwischen Text- und Bildmenge: Der textreichste untersuchte Spot gehört nicht den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen an, sondern ist der aktuelle Bernbacher-Spot. Mit der hohen Textmenge korrespondiert die oben erwähnte geringe Bildanzahl, die der Inszenierung einer Nachrichtensendung angemessen ist. Es gibt mit dem Dallmayr-Spot 1999 auch den umgekehrten Fall: Eine große Bildanzahl geht mit einem sehr geringen Textanteil einher: 14 Wörter bei 18 Bildern. Der hohe Textanteil (geringe Bildanzahl), gepaart mit einer hohen Sprechgeschwindigkeit, bei Bernbacher verleiht dem Spot Tempo, die niedrige Textmenge (hohe Bildanzahl) des Dallmayr-Spots soll das Tempo nicht zusätzlich erhöhen, sondern am Ende eher abbremsen, eine Zusammenfassung der Bilder liefern und (durch Inhalt und Prosodie) das Produkt aufwerten. 11.5 Beurteilung der Mehrmedialität in der Werbung In diesem Kapitel werde ich einige Beispiele aus den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen und den aktuellen Kampagnen herausgreifen und das Zusammenspiel vor dem Hintergrund der spezifischen Möglichkeiten der jeweiligen Medien sowie eines stimmigen Markenauftritts aus sprachwissenschaftlicher (sprachkritischer) Perspektive, aber auch werbepragmatisch beurteilen. Dazu gehören die Berücksichtigung des Kommunikationsziels, die Kriterien der Verständlichkeit sowie die mannigfaltigen Medienspezifika, zu denen auch die jeweilige Rezeptionssituation zählt. Eine umfassende Bewertung der Markenkommunikation erscheint mir zwar nur in einem größeren Rahmen machbar, das heißt unter Berücksichtigung der Werbung bzw. der Präsentation der Marke in ihrer Entwicklung (vgl. beispielhaft Kap. 5.2e) „Bewertung“). Dennoch versuche ich einige ge- 946 Auch beim diachron untersuchten Kontrollkorpus der 70er Jahre ist die Bildanzahl gering; nur Bärenmarke weist neun und zehn Bilder auf (vgl. Kap. 9.4 „Exemplarischer Vergleich: Die 70er Jahre - Medienzusammenspiel und inhaltliche Schwerpunkte“). <?page no="341"?> 331 lungene sowie verbesserungswürdige Punkte in der Gestaltung der Werbemittel ausgewählter Kampagnen darzustellen. Insgesamt werden die Eigenheiten der Werbemittel vor dem Hintergrund eines inhaltlichen roten Fadens heute besser berücksichtigt als in den vergangenen Jahrzehnten (vgl. die Untersuchung der Dallmayr-Kampagnen), wobei stets das Umfeld der jeweiligen Zeit zu beachten ist (z. B. Moden in der Gestaltung, Konkurrenzwerbung, technische Möglichkeiten) und nicht unreflektiert Kritik aus heutiger Sicht geübt werden darf. Die Beate-Uhse-Kampagne beispielsweise erzählt im TV eine Geschichte, die ob der beinahe völligen Sprachlosigkeit während der Handlung von der Mimik des Darstellers lebt. In der Anzeige greift man auf andere, statische Bilder zurück (ein Kaktus, zwei Ananashälften mit Kirschen bestückt oder eine Muschel, die bezüglich ihrer Form an Geschlechtsteile erinnern sollen), so dass nicht der Eindruck eines schlechten Ersatzes entsteht. Die Bilder in TV und Anzeigen entsprechen sich demnach nicht völlig; Wiedererkennung ist aber aufgrund desselben Themengebietes („Anspielung an die Befriedigung des Sexualtriebs“) sowie der Texte bzw. Äußerungen (Wenn Sie hier nicht an [...] denken bzw. Wenn Sie jetzt an was anderes denken [...]) und weiterer gemeinsamer Textelemente gegeben. So ist eine wichtige Forderung an die integrierte Kommunikation, nämlich semantische Wiedererkennbarkeit sicherzustellen, gewährleistet. 947 Genutzt wird im TV der Einsatz von Geräuschen (im Restaurant), um Authentizität herzustellen, die direkte Aufforderung/ Ansprache des Rezipienten (Rufen Sie an [...]) sowie die zur Marke Premiere World gehörende Musik-Einspielung. In beiden Werbemitteln kommt die Idee eines witzigen Umgangs mit dem Thema „Sexualität“ zur Geltung; die Plakatkampagne wurde vom Praxishandbuch Werbung als „Favorit des Monats Juni 2001“ ausgezeichnet: „Werbung, die das Thema Sex aufgreift, ist leider oftmals platt und geschmacklos […]. Die aktuelle Plakatkampagne von Premiere World für den neuen Beate- Uhse-Kanal zeigt allerdings, dass es auch anders geht: Die Münchner Agentur Heye & Partner hat ein Motiv entwickelt, bei dem statt mit nackten Tatsachen, [sic! ] mit Wort- und Bildwitz humorvoll für ein Erotik-Programm geworben wird.“ 948 Stimmig und im Hinblick auf die einzelnen Werbemittel medienspezifisch umgesetzt ist der Markenauftritt ebenfalls bei der Kampagne für die Versicherungskammer Bayern. Auch dafür ist die Agentur Heye & Partner verantwortlich. Ausgangssituation waren „Fehlassoziationen in Richtung Verband oder Behörde mit entsprechendem Imageballast.“ Zum Ziel der Kam- 947 Vgl. Kap. 3.3 „Synchrone und diachrone Mehrmedialität“ und A.1. „Medienübergreifende Botschaft“ in Kap. 3.2 „Analysemodell“. 948 www.praxishandbuch-werbung.de/ 1000/ 1200/ favorit_06_01.html, Zugriff am 17.01. 2004. <?page no="342"?> 332 pagne, die viele verschiedene Werbeträger umfasst, 949 schreibt die Agentur Heye & Partner: „In erster Linie gilt es das Identitätsproblem zu lösen und die VKB als den führenden Vollversicherer in Bayern bekannt zu machen und zu profilieren. Daneben soll ein Image der Marke als Versicherer mit besonderer Nähe zu den Menschen in Bayern aufgebaut werden. Die Marke muß insgesamt mit mehr Modernität, Emotionalität und Sympathie aufgeladen werden. [...] Die Tonalität ist einfach, nah/ vertraut, emotional und frisch, gelegentlich mit einer Prise Humor versehen, manchmal auch ein Stück herausfordernd.“ 950 Im Gegensatz zu Beunruhigungsstrategien konkurrierender Unternehmen wollte sich die VKB als freundlicher, sympathischer Dienstleister darstellen. Die Umsetzung erfolgte rund um den Sloganteil Wir versichern Bayern, der das Identitätsproblem lösen sollte. „Darüber hinaus positioniert er die VKB als regionale Marke von hoher Geltung, denn der Marktführeranspruch schwingt durch.“ Meines Erachtens ist gerade die visuelle Gestaltung gelungen: Da ist die hellblaue Markenfarbe zu nennen, die sich durch alle Werbemittel zieht, sowie das Bildkonzept „Multi-Picture“, das allen Anzeigen der verschiedenen Versicherungsarten durch die klare Struktur Modernität vermittelt (siehe Abb. 6, S. 93). In den elektronischen Medien TV und HF fällt die besonders einprägsame Instrumentalmusik 951 auf. Sie ist identitätsstiftend, kommt auch in weiteren Spots für andere Versicherungsangebote des Unternehmens vor und hat Erinnerungsfunktion. 952 In der TV- und HF-Werbung für die Rentenversicherung, auf die ich mich konzentriert habe, wird eine Geschichte erzählt, die das Hauptmotiv der Anzeige, einen Liegestuhl, zum Mittelpunkt hat. Der Inhalt des Dialogs stimmt zwar in den beiden Medien überein, die Struktur des Gesprächs variiert jedoch medienbedingt: Im HF-Spot muss das Bestimmungswort Liegezum Grundwort Stuhl ergänzt werden; im TV-Spot wird wegen der visuellen Ergänzung darauf verzichtet, wie in Kap. 6.2.2a) ausgeführt wurde. Auch mit dem Visual-Transfer-Effekt ist zu rechnen, d. h., Rezipienten, die den TV-Spot kennen, werden beim Hören des HF-Spots die Bilder dazu im Kopf haben. Nach Angaben der Agentur, wurden einige Ziele schnell erreicht: „In punkto Bekanntheit, Abschluss-Goodwill und allen relevanten Imagedimensionen beginnt die Marke sich signifikant in die gewünschte Richtung zu bewegen und unter die TOP 3 des Marktes zu rücken. Daneben verfügt der Auftritt auch nach innen über ein hohes Identifikations- und Mobilisierungspotential.“ 949 Vgl. Kap. 0 „Einleitung“. 950 Heye & Partner, 2001, ohne Seitenangaben. Daraus die folgenden Zitate zur Versicherungskammer Bayern. 951 Die Musik hat die bekannte Band „Haindling“ komponiert. Eine CD wurde bereits ausgekoppelt, so dass sich auch Rezipienten, die nur den Titel hören, vermutlich an die Werbung erinnern. 952 Kaplitzka, 1995, 131. <?page no="343"?> 333 Neueste Marktforschungsergebnisse der Versicherungskammer Bayern, die allerdings mit Vorsicht zu lesen und nicht nur auf die Werbung bezogen werden dürfen, sondern den gesamten Unternehmensauftritt berücksichtigen müssen, zeigen u. a. diese Reaktionen der Rezipienten im Wettbewerbsvergleich: „Die Versicherung … ist mir sympathisch (Versicherungskammer Bayern auf Platz 1), … ist besonders leistungsfähig (Versicherungskammer Bayern auf Platz 2), … ist vertrauenswürdig (Versicherungskammer Bayern auf Platz 1, hier mit dem besten Wert insgesamt gesehen).“ 953 Originell ist das Zusammenspiel zwischen Print- und HF-Werbung bei Budget: Die zentrale Aussage der Werbebotschaft stimmt in beiden Werbemitteln überein (günstiger Preis für bestimmte Automarken), so dass der Rezipient die Zuordnung der Werbemittel zu einer Kampagne bzw. einer Marke nachvollziehen können dürfte. Jedoch wurde das kampagnenspezifische Thema im HF emotions- und informationsbezogen, in der Anzeige ausschließlich informationsbezogen umgesetzt. Medienspezifische Möglichkeiten wurden genutzt: Im HF wurde mittels einer Frage-Antwort- Sequenz (Sprecherin A: Oh wie süß! Wie heißt denn der Kleine? Sprecher B: Er heißt / Preis) ein völlig anderer Einstieg als in der Anzeige (Headline: Noch günstiger fährt man zu Fuß.) gewählt. Hörfunkaffine Elemente sind ferner der gesungene Slogan, gesprochensprachliche lexikalische Elemente (Interjektion, wertendes Adjektiv, Phraseologismus) und die Hervorhebung einzelner Wörter durch Betonung. Diese wird bei der Anzeige durch unterschiedliche Schriften vorgenommen. Ein visuelles Element ist der Aufmerksamkeitswecker, ein orangenfarbenes Preisschild als einziges Bild. Unter dem Slogan ist noch „Kleingedrucktes“ (Insert/ Einschub) zu finden; enthalten sind zusätzliche Informationen zum Angebot. Die geringere Textmenge im HF-Spot entspricht der flüchtigeren Rezeptionssituation: So wird auf das Vorgehen (vgl. Anzeige: Einfach buchen [...] Schnell reservieren [...]) ebenso verzichtet wie auf Details des Angebots. Die Umsetzung erscheint in beiden Medien gelungen, weil die Gemeinsamkeiten deutlich sind (wichtige Themen, wie der Preis und die Autormarken) und auf medienspezifische Gegebenheiten durch unterschiedliche Umsetzung reagiert wird. Werbestrategisch effizient ist die Gestaltung der Kampagne für Coca- Cola: Die Bilddominanz in Print und TV geht so weit, dass keinerlei Primärtext mehr vorhanden ist. Die fehlende Nutzung medienspezifischer sprachlicher Möglichkeiten in TV und Print dürfte bewusst vorgenommen worden sein: Die ungewöhnliche Beschränkung auf die visuelle Komponente soll vermutlich Aufmerksamkeit erregen im Umfeld anderer TV-Spots und Anzeigen. Dem Medium Fernsehen entspricht die Story-Strategie, d. h. das Erzählen einer Geschichte sowie die Möglichkeit, Handlungsabläufe 953 E-Mail von Alexander Kersten, „Leitung Text Abteilung Werbung“ der Versicherungskammer Bayern (16.08.2005). <?page no="344"?> 334 darzustellen und die Zeichentrickfiguren (Eisbären) durch bewegte Bilder zum Leben zu erwecken. Außerdem werden Geräusche des Wassers und tierische Laute (Brummen der Eisbären) eingesetzt. Wiedererkennung zwischen diesen beiden Werbemitteln ist durch die Aufnahme des TV- Schlussbildes als Print-Motiv gewährleistet (siehe Abb. 14, S. 159). Gemeinsamkeiten zwischen HF- und TV-Spot gibt es nur im Hinblick auf die Instrumentalmusik und die Erwähnung des Polarbären. Ansonsten ist der HF-Spot inhaltlich gänzlich anders angelegt als TV-Spot und Anzeige, nämlich als Veranstaltungshinweis mit Gewinnmöglichkeit. Dieses Vorgehen entspricht dem Medium, das sich für kurzfristige Bekanntmachungen eignet (Aktualitätsvorsprung gegenüber TV und Print, geringerer Produktionsaufwand, Nutzen des Lokalbezugs des Senders für lokalen Veranstaltungshinweis). Die sprachlichen Möglichkeiten des Werbeträgers werden voll genutzt (53 Wörter! hohes Sprechtempo, gesprochensprachlicher Text). Die Werbung für das Produkt ist im Hörfunk nicht so präsent, man konzentriert sich auf die Ankündigung des Familientag(s) bei Coca-Cola. Als letzte aktuelle Kampagne wird die Alete-Werbung besprochen: Die mit Anführungszeichen versehene Headline der Anzeige ist Ersatz für die medial gesprochene Sprache im Fernsehspot, wie überhaupt in der Anzeige recht viele gesprochensprachliche Elemente auftreten. So soll der Fließtext (zumindest teilweise) als Äußerung von Frau Ferres verstanden werden, was im Falle der Qualitätsangaben z. B. Alete Frühkarotten. Die sind aus biologischem Anbau und nur einem verträglichen Rohstoff. [Hervorhebung d. Verf.] unglaubwürdig erscheint, da die Lexik der unterstrichenen Wörter eher der Inszenierung bzw. Nachahmung von Fachsprache entspricht. Medientypisch und der Rezeptionssituation angepasst ist (nur) in der Anzeige die Erwähnung von Fakten im Fließtext. Demgegenüber sind fernsehspottypisch die Handlung „Erwärmen des Gläschens“, die Geräusche, die als Details zur Authentizität beitragen (Quietschen der Spielzeugente, Geräusch beim Öffnen des Gläschens, Mmh beim Probieren), sowie die Instrumentalmusik. So ist die Printwerbung auch emotions- und informationsbezogen angelegt, während der Spot ausschließlich Emotionen hervorrufen will. Gemeinsam ist den beiden Werbemitteln der Slogan, der im Fernsehen (am Ende des Spots) von einem Kommentator gesprochen und zusätzlich einleitend (im ersten Bild) eingeblendet wird. Insgesamt ist die Zugehörigkeit zu einer gemeinsamen Strategie offensichtlich. Die gestalterischen Möglichkeiten in beiden Medien werden zudem für eine medienspezifische Umsetzung genutzt, die schließlich auch das Rezeptionsverhalten berücksichtigt. 954 Auf Synergie 955 zwischen den Medien wurde bestens geachtet: Der TV-Spot fungiert als emotionsbezogenes Transportmittel von Werten, während die Anzeige zusätzlich Informationen liefert. 954 Vgl. Groebel, 1995, 161. 955 Vgl. Kap. 2.4.2 „Werbewirtschaftliche Aspekte“. <?page no="345"?> 335 Exemplarisch sei noch die Bewertung einiger Dallmayr-Kampagnen der vergangenen Jahrzehnte dargestellt (Kampagnen „Mit nichts zu vergleichen“ 1982, „Luxus“ 1972 und „Kaffee mit Blume“ 1967). Bei der Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) 956 sind bei den elektronischen Werbemitteln zunächst syntaktische Auffälligkeiten und Unterschiede festzuhalten. Der (thematisch) erste Teil im HF-Spot enthält syntaktisch einfache Aussagesätze in einer Länge von (nur) 10 bis 12 Wörtern, was der Rezeptionssituation entgegenkommt. Die Fernsehwerbung beginnt mit einer Hypotaxe aus 24 Wörtern. Auffallend ist die syntaktische Vorwegnahme, die Linksherausstellung des Firmennamens (rhetorische Figur: Prolepsis), die diesen betont und ein Merkmal konzeptioneller Mündlichkeit ist. Beginn des HF-Spots Beginn des TV-Spots Sprecher: (Herbert Weicker) Dallmayr Prodomo ist ein Begriff in der Welt des Genießens / Seit 300 Jahren nur das Beste vom Besten an Essen und Trinken / Dieser großen Tradition entspricht das Haus Dallmayr mit einem großen Kaffee / Dallmayr Prodomo. Dallmayr / das Haus, das nun schon seit 300 Jahren ein Begriff in der Welt des Genießens ist / bürgt auch für besonderen Kaffeegenuß / mit Dallmayr Prodomo Die Satzlänge dieses vergleichbaren Teils widerspricht der durchschnittlich ermittelten Verteilung zwischen Hörfunk und Fernsehen für Werbung in der Schweiz 1995; sie beträgt in Print, TV und HF meist nicht mehr als 15 Wörter. 957 Die im Fernsehen durch Satzform und Satzlänge erschwerte Verständlichkeit wird meines Erachtens durch die einfache, eventuell aus anderen Werbungen für das Produkt bereits bekannte Wortwahl sowie die Text-Bild-Parallelität aufgefangen. Ein Vorteil des audiovisuellen Mediums gegenüber der Printwerbung, für die Bilder aus dem TV-Spot übernommen wurden (siehe Abb. 20, S. 204), wird genutzt: Durch vielfältige kameratechnische Möglichkeiten, wie Schwenks und Zooms sowie unterschiedliche Einstellgrößen, werden breitere Bildausschnitte eingefangen sowie hervorzuhebende Bestandteile akzentuiert. 958 Beim Anzeige-HF-Paar wird die fehlende Möglichkeit eines Text-Bild- Bezugs im HF nicht durch die Beschreibung der visuellen Elemente der Printwerbung kompensiert. An den Einstiegssatz im HF-Spot wird ein kausaler Nebensatz angeschlossen, während die Anzeige sich sprachlich auf das abgebildete Unternehmenswappen bezieht. 956 Vgl. dazu auch Kap. 7.1 „Kampagnen - Hintergründe“ (S. 203f.) sowie „Kampagnenspezifische Themen“ in Kap. 7.2.2 b) „Inhalt“. 957 Bajwa, 1995, 28. „In 57 % der Fälle ist die durchschnittliche Satzlänge im Radio grösser als im TV, in 29 % ist sie im TV grösser und in 14 % ist sie in beiden Medien (Radio und TV) gleich gross.“. 958 Straßner, 1985, 281. <?page no="346"?> 336 Teil der Anzeige: Text: Dallmayr Prodomo. Einer großen Tradition verpflichtet. Das Schild, das an der Fassade des Stammhauses Dallmayr in München von der Berufung zum Königlich Bayerischen Hoflieferanten kündet, […]. Denn nach wie vor gilt es als ein Siegel, unter dem das Haus Dallmayr die große Tradition wahrt, nur das Beste vom Besten an Essen und Trinken zu bieten. [Hervorhebung d. Verf.] Bild: Wappen Teil des HF-Spots: Dallmayr Prodomo ist einer großen Tradition verpflichtet. Denn er kommt aus dem Haus, das schon zu königlich-bayerischen Zeiten zum Hoflieferanten erwählt wurde. [Hervorhebung d. Verf.] Im Vergleich zur Anzeige fällt ferner die knappe Wiedergabe der Produktcharakteristika im HF auf: Im Hörfunk beschränkt man sich weitgehend auf die Leitwörter/ Syntagmen selbst und die Wiedergabe mit Partizipialkonstruktionen. Durch diese verdichtete Auflistung wird der Inhalt betont, zugespitzt, so dass das notwendige medienspezifische Zugeständnis an die Kommunikationssituation - der Radiohörer darf nicht überfordert werden, da er die Rezeption nicht steuern kann - eine positive Wirkung hat. Dagegen erfolgt die Aufzählung in der Anzeige teilweise in Relativsätzen; die Partizipialkonstruktionen sind textreicher. Die Textmenge macht die Unterschiede sichtbar: In der Anzeige wird dieser Teil durch 33 Wörter abgedeckt, im Spot durch 19. Lexikalisch-syntaktische Variationen bzw. Erweiterungen in der Anzeige seien im Vergleich beispielhaft genannt: Anzeige HF-Spot - Aus feinsten Hochlandgewächsen ausgesucht, auf eine schonende, natürliche Art veredelt in seinem unverwechselbaren Geschmack vollendet. - Ein Spitzenkaffee, der von Reizstoffen weitgehend befreit ist und doch das volle Coffein enthält. - Feinste Hochlandgewächse, schonend veredelt weitgehend von Reizstoffen befreit bei vollem Coffein zu einem Spitzenkaffee vollendet Im Hörfunk folgt nun der Slogan, während in der Anzeige noch ein Textabschnitt dazwischengeschoben wird, der meines Erachtens das Defizit auffangen soll, keine akustischen Informationen weitergeben zu können: Dallmayr Prodomo ist ein Kaffee, den das Haus Dallmayr allen Genießern widmet, für die auch eine Tasse Kaffee ein besonders angenehmes Erlebnis sein soll. [Hervorhebungen d. Verf.] Die nonverbale vokale Ebene, die nur in einem akustischen Medium Informationen transportieren kann, beinhaltet mittels prosodischer Merkmale (Intonation, Betonung, Sprechmelodie, Sprechgeschwindigkeit, Klangfarbe) innerhalb des Slogans auch die Informationen, die im Printmedium <?page no="347"?> 337 vorgeschaltet werden: Dallmayr Prodomo, mit nichts zu vergleichen (Sprecher). Noch deutlicher wird dies in der abgeänderten Fassung des nur in HF und TV vorkommenden Slogans: Dallmayr Prodomo / Für mich im Geschmack unvergleichlich gut (Sprecherin). Die Sprecherin des Slogans steht für alle[n] Genießer[n] (siehe Anzeigenausschnitt). Allein durch die Prosodie drückt sie aus, was in der Anzeige verbalisiert wird: für die auch eine Tasse Kaffee ein besonders angenehmes Erlebnis sein soll. Der Zusatznutzen besonders angenehmes Erlebnis wird also in den Spots (implizit) mitgemeint, wobei dem Hörer Spielraum für weitere positive Assoziationen bleibt. Die Sprecherin wertet den Kaffee durch ihre positive Beurteilung auf. Insgesamt enthält der HF-Spot alle wichtigen Informationen der Anzeige, komprimiert sie aber teilweise so stark, dass mehrere Botschaften, wie beim Slogan, übereinander liegen. Die Kampagne „Luxus“ (1972) mit TV-Spot und Anzeige ist ein gutes Beispiel für alle möglichen medientechnischen Kritikpunkte im Zusammenspiel der Werbemittel: Im Fernsehspot sind keinerlei Geräusche - sie könnten Authentizität vermitteln - vorhanden; ein Beispiel wäre das Rascheln des Geschenkpapiers beim Auspacken. Der einfarbige Hintergrund wirkt befremdlich und steril. Damit könnte beabsichtigt gewesen sein, dass nichts von dem Produkt ablenken soll; dazu tragen auch die Kamera-Einstellgrößen „Nahe“ und „Große“ bei, die diese Konzentration auf das Produkt fördern. Die Idee, den Zusatznutzen „Kaffee als Geschenk“ in den Vordergrund zu stellen, hätte man also näher an der Realität, z. B. durch eine Geburtstagsszene (mit Personenabbildung), inszenieren können. Als grundsätzlichen Fehler könnte man die auffallende Text-Bild-Parallelität im TV-Spot ansehen (im Gegensatz zum oben aus Verständlichkeitsgründen begrüßten Einsatz in der Kampagne „Mit nichts zu vergleichen“): Es herrscht keinerlei Spannung zwischen Text und Bild. 959 Das Thema wird einförmig und einfallslos umgesetzt. Es fehlen zum Beispiel Überraschungseffekte, unerwartete Interpretationen von Text oder Bild. Dieses Gestaltungsmanko gefährdet die Werbewirkung beim Rezipienten (zunächst Aufmerksamkeitserlangung, Einprägsamkeit). Der Spot sticht zudem vermutlich nicht sonderlich zwischen konkurrierenden Werbefilmen hervor: Jacobs beispielsweise, der Hauptkonkurrent von Dallmayr, setzte seit Anfang der 70er Jahre die beliebten Testimonial-Spots um „Frau Sommer“ ein, Nescafé präsentierte den emotionalen TV-Spot „Die ganz persönliche Tasse Kaffee“. 960 Noch schlechter schneidet der Dallmayr-Spot vor dem Hintergrund der Werbelandschaft in den 70er Jahren insgesamt ab, die für eine der kreativsten Phasen der Fernsehwerbung gehalten werden. 961 959 Schönert, 1982, 131. Schmidt/ Spieß würden von „Null-Idee“ sprechen (Schmidt/ Spieß, 1997, 154). 960 Videokassette „1945 bis 1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland“. 961 Die Werbung enthielt beispielsweise überraschende und unerwartete Inszenierungen des Produkts und Tabubrüche; sie wurde einerseits stärker emotional gestaltet, <?page no="348"?> 338 Die Anzeige nimmt visuell das letzte Bild des Spots auf; außer der Packung ist in der Printwerbung noch eine Dose abgebildet. Abb. 51: Ausschnitt aus dem TV-Spot der Kampagne „Luxus“ 1972. Da es sich um kein auffallendes, ins Auge stechendes Bild handelt, ist dies nicht die beste optische Umsetzung, für den Wiedererkennungseffekt aber durchaus hilfreich. Sprachlich wird für die Anzeige die medienspezifische Möglichkeit genutzt, mehrere Informationen über ein Thema unterzubringen; auffällig ist die weitaus größere Textmenge der Anzeige gegenüber dem TV-Spot (106 zu 36 Wörtern). Der Leseanreiz wird durch die Headline (Ein nobles Geschenk ist keine Frage des Preises, sondern des Geschmacks) gegeben, die auch eindeutig den dominierenden Zusatznutzen beinhaltet. Dass der Fließtext noch weitere Zusatznutzen thematisiert - den Gesundheitsaspekt und Qualität im Hinblick auf Herkunft und Herstellungsverfahren - unterbricht den roten Faden, den Hauptgedanken, deshalb nicht. Diese Themen könnten aber weniger zur Geltung kommen und es ist darum zu überlegen, ob man hier nicht besser hätte darauf verzichten sollen. Inhaltlich verbirgt sich ein Widerspruch in der Verknüpfung der beiden Themen „Kaffee als täglicher Luxus“ sowie „Kaffee als preiswertes, aber nobles Geschenk“. Können die Substantive Luxus und Geschenk noch einem gemeinsamen Wortfeld, etwa „das Besondere“, zugeordnet werden, so passt das Adjektivattribut täglich nicht zu Assoziationen, die man mit einem „Geschenk“ verbindet: Es soll etwas Besonderes, nicht Alltägliches sein. Auch wenn damit in Verbindung mit der optischen Darstellung werbestrategisch die Aufwertung des Produkts überdeutlich gezeigt wird, ist die sprachlich ausgedrückte Unvereinbarkeit der beiden Themen zu kritisieren. andererseits wurde vielfach Wert auf Informationen gelegt, wobei die Zeit der marktschreierischen Belehrung zu Ende war (Schmidt/ Spieß, 1997, 264ff.). Vgl. auch „Technisch-formale und inhaltliche Umsetzung“ in Kap. 5.2e) „Bewertung“. <?page no="349"?> 339 Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die Idee der Aufwertung über die genannten Themen ist originell - wenn auch sprachlich und visuell sehr übertreibend dargestellt. Im Fernsehspot wird jedoch die Strategie nicht einfallsreich und den Möglichkeiten des Mediums entsprechend umgesetzt. Die Anzeige ist thematisch, im Hinblick auf wichtige sprachliche Bausteine (Einstieg, Slogan) und visuell weitgehend parallel gestaltet, so dass Wiedererkennung gewährleistet ist. Zudem werden hier die medienspezifischen Vorteile der Rezeption, wiederholtes Lesen bei individuell bestimmbarer Geschwindigkeit, berücksichtigt. Medientypisch ist der stilistische Gesamteindruck: Die Anzeige ist informativ-emotional, der Spot vor allem emotional gestaltet. Eine gesamtkonzeptionell, filmstilistisch und textstrukturell unterschiedliche Umsetzung zwischen den visuellen Medien erfolgt in der Kampagne „Kaffee mit Blume“ (1967). Gemeinsam ist den beiden TV-Spots und der Anzeige nur die medienübergreifende Botschaft „Kaffee mit Blume“: Einer Restaurantszene (subjektive Perspektive, emotional) in den Schwarzweiß-Spots steht ein nüchternes Bild in der farbigen Anzeige (eine Kaffeekanne, eine Packung Dallmayr Kaffee, zwei Tassen schwarzer Kaffee) gegenüber; die Printwerbung ist sachlich-informativ gehalten. Im Mittelpunkt der Strategie stand eine für Dallmayr völlig neue Idee, um den Geschmackssinn anzusprechen: Wegen der fehlenden direkten Möglichkeiten im TV sollten die nur indirekt darstellbaren Themen „Aroma“, „Genuss“ und „Geschmack“ mittels einer positiven Assoziation zur Blume des Tees oder Weins ausgedrückt werden. Diese Strategie brachte allerdings nicht die erwünschte Resonanz bei den Rezipienten; sie sprachen vielfach vom Blümchenkaffee („schmeckt schal, ist dünn“). 962 Eine negative Konnotation könnte man möglicherweise auch zur sog. „Blümchentapete“ herstellen. Die Markenkonstruktion durch die Werbung schlug hier also fehl; die Kampagne wurde bald wieder abgesetzt. 963 Welche Aspekte bei der Umsetzung in TV und Print positiv oder negativ auffielen, stelle ich folgend dar: Die beiden nur variierten TV-Spots konzentrieren sich auf eine Verwendungssituation. Das Produkt wird mit einer Alltagsszene verbunden. Merkmale der gesprochenen Sprache werden eingesetzt (Ausrufe, geringe Wortvariation). Im zweiten Fernsehspot unterstützen prosodische Phänomene (Akteur schwärmerisch: der hat Aroma / der hat Geschmack / der hat Blume) die (scheinbar) positiven Konnotationen der genannten Produkteigenschaften. Die Ausrufe zu Beginn der Spots können zusätzlich als Aufmerksamkeitserreger fungieren. 962 Dieter Vogel, ehemals Produktionsleiter bei Dallmayr, am 11.09.2001 (vor Ort). Ciolina/ Ciolina, 2003, 70: „Die Entstehung des ›Blümchenkaffees‹ lässt sich bis 1813 zurückverfolgen. Als Rohstoffe werden Getreide, z. B. Hafer, Malz, Roggen und Feigen oder Zichorien verwendet. Das Getreide wird geröstet, Feigen und Zichorien-Wurzeln getrocknet und gemahlen“. D UDEN . Die deutsche Rechtschreibung, 2006, 262: „Blümchenkaffee (ugs. scherzh. für dünner Kaffee)“. [Hervorhebungen im Original]. 963 Vgl. Kap. 10.2.3 „Rezeptionsresonanz auf Werbemittel“. <?page no="350"?> 340 Kritisch anzumerken sind im ersten TV-Spot die Kameraeinstellungen (Bild 1-3: „Große“, Bild 4: „Nahe“), die eine situative Zuordnung unnötig erschweren und wegen der fehlenden Abwechslung aufdringlich wirken. Das gilt in ähnlicher Weise auch für den zweiten Spot. Insgesamt wirken sie hölzern, die Atmosphäre hätte besser herausgearbeitet werden können, zum Beispiel durch das Stimmengewirr anderer Restaurantbesucher (vgl. TV- Spot der aktuellen Beate-Uhse-Kampagne). Es werden zu wenige akustische Mittel eingesetzt (keine Musik, kaum Geräusche). Die medienspezifische Möglichkeit, Handlungs- und Bewegungsabläufe darzustellen, wird nicht ausreichend genutzt. 964 Zu kritisieren sind schließlich die zu ähnlichen Stimmen von Akteur und Kommentator. Wurde eine Unterscheidung nicht für wichtig gehalten, hätte man auf einen Sprecher verzichten können. Abb. 52: Ausschnitt aus einem TV-Spot der Kampagne „Kaffee mit Blume“ 1967. Positiv fällt auf, dass bezüglich der Themenanzahl mehr unterschiedliche Informationen in der Anzeige untergebracht werden als in den TV-Spots. Anzeige TV-Spot - Kaffee mit Blume - Hinweis auf Sortenvielfalt (Dallmayr Kaffee. Bester Kaffee. Sorte für Sorte) - Verwendungszeit (Zu gut, um ihn nur zum Frühstück zu trinken) - Kaffee mit Blume - Kaffee als Erfrischung (1. Spot: Haa / Jetzt eine Erfrischung / Kaffee) Die größere Textmenge der Anzeige wird den Eigenschaften des Werbemittels gerecht, während sich im Fernsehen eine beispielhafte Verwen- 964 Vgl. die Äußerungen von W. Schalk (in: Schmidt/ Spieß, 1997, 206) zur deutschen Fernsehwerbung der 60er Jahre: „die deutsche TV-Werbung [orientierte sich, d. Verf.] oftmals noch so stark an der Printwerbung, daß viele Spots wie ›abgefilmte Anzeigen‹ entstanden und wirkten“. <?page no="351"?> 341 dungssituation besser darstellen lässt. Mit der Typographie in der Anzeige - blumige Schriftart der Headline - ist das Thema auch paraverbal präsent. Die spätere Dallmayr-Werbung mit der Idee einer kontinuierlichen inhaltlichen, sprachlichen, visuellen und akustischen Gestaltung ab Anfang der 80er Jahre wurde in Kap. 5.2e) als durchweg positiv beurteilt. <?page no="352"?> 12 Mehrmedialität in der Werbung - ein Rück- und Ausblick Ziel der Arbeit war es, das Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb von Kampagnen zu analysieren. Welche Aussagen lassen sich zur sog. „Mehrmedialität“ im Rahmen einer Gesamtwerbestrategie machen? Wie werden die Medienspezifika (u. a. Darstellungsmittel, Rezeptionssituation, Funktion) genutzt? Die Werbemittel der untersuchten Kampagnen wurden mittels eines in den meisten Teilen festgelegten Rasters analysiert und anschließend als Paar (oder zu dritt) in eine der definierten Kategorien „Übereinstimmung“, „eingeschränkte Bezugnahme“ oder „keine (unmittelbare) Bezugnahme“ eingeordnet. Die jeweilige Zugehörigkeit liegt im Hinblick auf eine zielorientierte Umsetzung bestenfalls an der werbestrategisch bewusst angewandten Strategie. Wurden Möglichkeiten des Bezugs und der Medieneigenheiten ohne ersichtlichen Grund nicht genutzt, veranlasste mich dies, daran Kritik zu üben und exemplarisch erste Verbesserungsvorschläge hinsichtlich eines „optimalen“ Medieneinsatzes zu machen; eine Beurteilung der Werbung im Rahmen der Markenkommunikation eines Unternehmens kann nur im Kontext der Firmen- und der damit verbundenen Werbegeschichte vorgenommen werden (vgl. Dallmayr- Werbung in Kap. 5). Zunächst sollte ein Überblick über die gestalterischen Möglichkeiten der Kombination von Print-, Hörfunk- und Fernsehwerbung gewonnen werden. Auf welch unterschiedliche Weise wird der Bezug hergestellt? Gibt es inhaltlich-formal bevorzugte Verknüpfungen? Da dabei produkt- oder markentypische Eigenheiten - etwa bestimmte Themen oder Vorlieben des werbetreibenden Unternehmens - die Bandbreite hätte einschränken und das Ergebnis hätte verzerren können, wurde die aktuelle Werbung für zehn unterschiedliche Marken herangezogen. Während hier alle drei Kategorien des Werbemittelzusammenspiels nachgewiesen werden konnten, lag bei den dreizehn diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen in keinem Fall „keine (unmittelbare) Bezugnahme“ vor. Dieser Bereich wäre also bei einer engeren Korpusauswahl eventuell nicht vorhanden gewesen; ihm gehören im Rahmen meines Materials ausschließlich Hörfunkspots in Bezug auf die übrigen Werbemittel der jeweiligen Kampagne an. Wenn auch dieses Ergebnis durch eine noch breitere Materialauswahl gestützt werden könnte, so finden sich dennoch plausible medienspezifische Gründe für die entsprechende Gestaltung: Als wichtigstes Kriterium erscheint mir die inhaltlich-formale Freiheit der Konzeption aufgrund des fehlenden optischen Kanals. Dagegen wird ein gemeinsames Bild zwischen TV- und Printwerbung meist als „Muss“ zum Ausdruck der Zugehörigkeit zu einer Kampagne angesehen. Gerade bei den aktuellen Kampagnen wird immer ein Bild oder ein variiertes Motiv aus dem Fernsehspot für Anzeige oder <?page no="353"?> 343 Plakat verwendet. Bei den diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen ist solch eine enge visuelle Abstimmung nur bei den als übereinstimmend eingestuften Fernsehspots und Anzeigen nachzuweisen; visuelle Werbemittel mit eingeschränkter Bezugnahme weichen im Hinblick auf den optischen Kanal stark voneinander ab. Der Zusammenhalt zwischen den elektronischen Werbemitteln, um noch eine weitere Möglichkeit aufzuzeigen, wird vor allem bei den diachron untersuchten Dallmayr-Spots über die Musik hergestellt - ein zeitübergreifendes Phänomen. Bei den zehn aktuellen Kampagnen unterschiedlicher Marken werden zwar Musikelemente verwendet, jedoch selten um die Kampagnenzugehörigkeit zu signalisieren: Das ist bei den elektronischen Werbemitteln der Versicherungskammer Bayern mit der einprägsamen „Haindling“-Melodie der Fall. Ferner setzt noch Coca-Cola in TV und HF eine gemeinsame, jedoch unscheinbare und sich nicht über den jeweils ganzen Spot erstreckende Instrumentalmusik ein. Ansonsten gibt es zwar einen Musikteppich in einzelnen Spots; es fehlt jedoch ein auditiver „Partner“ (Alete: TV-Spot, Anzeige), im weiteren elektronischen Medium wird keine (übereinstimmende) Musik eingesetzt (Stadtwerke München) oder es wird in TV- und HF-Werbung ganz auf musikalische Elemente verzichtet (Bernbacher); die verbindende Funktion fällt somit weg. Musikakzente werden gelegentlich zur Betonung, beispielsweise des Slogans, verwendet. Über die Untersuchung der Mehrmedialität hinaus wurden exemplarisch Zeitspezifika anhand der aktuellen Kampagnen und der diachron untersuchten Dallmayr-Kampagnen herausgearbeitet, beispielsweise die geringe Bildmenge in früherer gegenüber der großen Anzahl an Bildern heutiger Zeit. Textstrukturell steht die Übersichtlichkeit der Textbausteine der Dallmayr-Anzeigen („klassische“ Struktur mit Headline - Fließtext - Slogan) dem Variantenreichtum in der Platzierung sprachlicher Elemente aktueller Printwerbung gegenüber. Unterschiede gibt es ferner im Einsatz von Geräuschen, sog. weiterer sprachlicher/ bildlicher Elemente (z.B. Adds, Inserts), beim Sprechtempo, bei der Verwendung konzeptioneller Mündlichkeit oder Schriftlichkeit sowie beim Text-Bild-Bezug. Die Resultate der historischen Perspektive sollten durch die Hinzunahme zweier vergleichbarer Marken - wenn möglich - untermauert werden. 965 So wurden die jeweils erste Kampagne der drei Marken Bärenmarke, Dallmayr und Löwenbräu (50er/ 60er Jahre) und alle Kampagnen der 70er Jahre untersucht. Eine weitere Stichprobe jüngerer Zeit (90er Jahre) musste aus Gründen des Werbemitteleinsatzes entfallen: Bärenmarke wirbt nur noch mit Fernsehspots. Zur ersten Kampagne wurden folgende Gemeinsamkeiten 965 Vgl. unter anderem Kap. 8 „Werbung für Genussmittel regionaler Herkunft und langer Tradition“. <?page no="354"?> 344 festgehalten: Es handelt sich ausschließlich um produktbezogene Werbung, gemeinsame Themen sind „Qualität“ und „Herkunft“, der regionale Bezug wird durch die Sprecher hergestellt. Die Werbung ist in den elektronischen Werbemitteln über Markengrenzen hinweg emotional (Testimonials) ausgerichtet (Ausnahme ist der HF-Spot von Bärenmarke), die Printwerbung ist informativ oder informativ-emotional. Musikelemente werden fast immer zur Unterstreichung der Atmosphäre eingesetzt. Ein wichtiger Unterschied ist die Verwendung eines werbemittelübergreifenden Slogans nur bei Bärenmarke. Dagegen stellen die in TV und HF vorkommenden Testimonials bei Dallmayr und Löwenbräu die Zugehörigkeit zu einer Kampagne sicher. Die Ergebnisse aus den 50er/ 60er Jahren zeigen markenübergreifend vor allem medien- (emotionale Werbung in elektronischen Werbemitteln) und produktspezifische (Themen: „Qualität“, „Herkunft“) Gemeinsamkeiten, jedoch auch Eigenheiten der jeweiligen Marken und der dahinter stehenden Unternehmen (z.B. Slogan und Audio-Logo nur bei Bärenmarke). Bärenmarke hebt sich insbesondere in den umfassend untersuchten 70er Jahren in entscheidenden Bereichen stark von Dallmayr und Löwenbräu ab. Dazu gehören die Vielfalt der beworbenen Produkte und die damit in Verbindung stehenden thematisierten Inhalte, die Fülle unterschiedlicher Sprecher/ innen und die Mannigfaltigkeit der Struktur der Anzeigen. Sie widerspricht demnach schon früh der klassischen Anzeigenstruktur, die bisher erst für die jüngere Zeit angenommen wurde. Die Einbeziehung der Produktverpackung, Kaffeedosen, Milch- und Bierflaschen sowie Bierdosen (vgl. die gestalterischen Veränderungen der Dallmayr-Packungen Abb. 31 und 32, S. 256) in synchrone wie diachrone Analysen der Gesamtstrategie könnte folgen. Bei Löwenbräu böte sich zudem die Analyse der über Jahrzehnte und für verschiedene Sorten vorhandenen Bierdeckel an. Ein nahe liegender nächster Schritt im Hinblick auf die aktuelle Werbung wäre nun eine Ausweitung der untersuchten Werbemittel im Rahmen der Mehrmedialität, zum Beispiel auf Werbung im Internet (u. a. Banner, E- Mails) bzw. die Einbettung der Marke in den gesamten Internetauftritt. 966 Hierbei würden diachrone Vergleichsmöglichkeiten fehlen, was ein Grund für den Verzicht darauf in dieser Arbeit war. Auch die Ausweitung des Blicks auf Werbung im Ausland könnte sich anschließen. Welche mehrmedialen Strategien verfolgen Unternehmen und Agenturen in anderen Ländern? Zunächst würde sich die Werbung für Nahrungs-/ Genussmittel anbieten, da Strategien auch produktabhängig entwickelt werden. Eine Möglichkeit wäre zudem, die Werbung für ein 966 Zur Problematik der Abgrenzung von Werbung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und Verkaufsförderung im Internet vgl. Janich, 2003, 221ff. <?page no="355"?> 345 Produkt in verschiedenen Ländern/ Kulturen (Interkulturalität) zu untersuchen: Beispielsweise verfügt das Historische Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München über Löwenbräu- Werbung, die u. a. in England, den USA und Japan produziert und geschaltet wurde. Die Werbung wird jeweils vor Ort konzipiert; mitunter erfolgt eine Absprache mit der Agentur in München. So ist die Werbung auch kulturspezifisch ausgerichtet, enthält sprachlich und visuell keine Bezüge zu der typisch bayerisch gestalteten Werbung in Deutschland. Hier wäre schließlich nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten mit der Inlandswerbung hinsichtlich der Mehrmedialität zu fragen. Das in großer Fülle ab den 60er Jahren vorhandene Material ist bisher wissenschaftlich nicht analysiert worden. 967 Umfassend zu untersuchen wäre auch noch die Integrierte Kommunikation/ Corporate Identity, die die interne und externe Unternehmenskommunikation umfasst und über die sprachwissenschaftliche Analyse hinausgeht. Die Thematik wurde in der Arbeit exemplarisch behandelt, soweit es mit den zur Verfügung stehenden Mitteln möglich war. Die Analysen sollen nicht nur Grundlage für weitere wissenschaftliche Forschung sein, sondern auch Anregung für die Konzeption neuer Kampagnen in den Werbeagenturen, vor allem hinsichtlich der Frage, welche Strategien sich im Rahmen einer mehrmedialen Kampagne mit welchen Werbemitteln am besten umsetzen lassen. 968 Die Entwicklung einer Marke, wie sie hier am Beispiel Dallmayr und punktuell an Löwenbräu und Bärenmarke gezeigt wurde, kann Anhaltspunkte für die künftige Gestaltung der Werbung liefern. Mehrmedialität ist nicht auf Werbung beschränkt. Im Journalismus können Erkenntnisse darüber Entscheidungshilfe bei der Unterbringung oder der Umsetzung von Themen sein. Besonders bei sog. Markenfamilien sind Überlegungen zur Medienspezifik angebracht. In Kap. 2.4.2 wurde das Beispiel der S PIEGEL -Markenfamilie (u. a. Nachrichtenmagazin, S PIEGEL -TV, S PIEGEL -Online) angesprochen; das Bewusstsein um die Eigenheiten der 967 Dr. Peter Urbanek, Historisches Archiv der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München, am 22.09.2005. 968 Welch wichtige Rolle die Wissenschaft - hierher gehören unterschiedliche Disziplinen - für die Werbung spielen kann, erläutert Kroehl bereits 1982. In seinem Aufsatz geht er auf die Skepsis beider Seiten im Hinblick auf einen Dialog, ungenutzte wissenschaftliche Ressourcen als Hintergrundinformationen zur Konzipierung von Werbestrategien und Förderung kreativer Prozesse sowie Transfermöglichkeiten wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Werbepraxis ein. Ein einfaches Beispiel ist das Wissen um rhetorische Mittel zur Weckung von Aufmerksamkeit. Schließlich kritisiert er das unreflektierte Vermischen von Überlegungen zu auf den Kommunikationszielen basierenden Strategien mit der kreativen Umsetzung. Die Zuhilfenahme werbewissenschaftlicher Erkenntnisse könne dies verhindern (Kroehl, 1982, 1734-1763). <?page no="356"?> 346 Medien zeigte sich an den Ausführungen zu den unterschiedlichen Funktionen und Zielgruppen. Ein zentrales Thema ist das Zusammenspiel der Medien und Hilfsmittel auch in der Schuldidaktik, in der Pädagogik allgemein und beispielsweise in der Ausbildung. Welches Medium/ Mittel transportiert welche Botschaft am besten? Es ist zu überlegen, ob die Vergegenwärtigung der in Kap. 2.2 dargestellten Spezifika hier einen zielorientierten Einsatz gewährleisten kann: Über Lehrfilme könnten Handlungsabläufe vermittelt, Hintergrundinformationen könnten in gedruckter Form zum Nachbereiten verteilt werden und Aushänge könnten knapp visuelle und sprachliche Zusammenfassungen liefern. Auch wenn bisher schon verschiedene Materialien zur Wissensvermittlung eingesetzt wurden, so wäre das Neue daran, sich auch reflektiert mit den Vor- und Nachteilen der einzelnen Medien/ Mittel auseinander zu setzen und nicht wahllos möglichst viele oder scheinbar attraktive Instrumentarien zu präsentieren. Das gilt beispielsweise auch für die Präsentation von Ausstellungen und die Gestaltung von Museen; die grundlegende Frage ist, mit welchen Mitteln welche Themen am zweckmäßigsten befördert werden können. Hier kommt zu den visuellen, akustischen oder akustisch-visuellen Codes noch die haptische Vermittlung (z. B. Modellpräsentationen) und gegebenenfalls die olfaktorische (Riechproben). Ergänzend können auf der Metaebene Filme emotions-, Plakate informationsorientiert hinzugezogen werden. Reine Hörfunkausschnitte sind beispielsweise da angebracht, wo die Fantasie angeregt werden soll, z. B. durch die akustische Wiedergabe einer Geschichte für Kinder unter Einsatz von Sprache, Musik und Geräuschen. Werden die verschiedenen Instrumente und Medien nicht nur „gefühlsmäßig“ und subjektiv ausgewählt, sondern auch ihren Eigenheiten entsprechend gezielt eingesetzt, ließe sich sicherlich eine Optimierung der anvisierten Ziele erreichen. Schließlich dürfte das Analysemodell zur Überprüfung der Möglichkeiten der Mehrmedialität auch bei der Vorbereitung von Projektpräsentation in der Wirtschaft herangezogen werden können. <?page no="357"?> D Anhang 13 Transkriptionen Die der Fernseh- und Hörfunkspots erfolgt in jeweils zwei Spalten: Bild und Ton im TV, gesprochene Sprache und Musik/ Geräusche im HF. Der Text wird in Buchstabenschrift transkribiert. Das gilt der Lesbarkeit wegen auch für Spots mit dialektaler Sprache. Kurze Pausen werden mit einfachem, längere mit doppeltem Schrägstrich gekennzeichnet. Interpunktion wird nur in sicheren Fällen gesetzt. Im Hinblick auf Bild, Musik und Geräusche bedeutet die Transkription - genauer gesagt die Transkodierung in Sprache - zwangsläufig eine Interpretation, mit der so zurückhaltend wie möglich umgegangen wird, um die subjektive Beschreibung und Informationsauswahl zu minimieren. Kommentare der Verfasserin, etwa zum Sprechtempo, werden integriert. Sinn der Verschriftlichung sollte - wenn möglich - ausschließlich die Deskription sein. 969 13.1 Synchron untersuchte Kampagnen • Alete Anzeige Bild: Veronica Ferres bis zur Brust (Kameraeinstellung „Nahe“) mit einem Plastiklöffel im Mund in der Küche. Separate Produktabbildung im Vordergrund der Anzeige (Key-Visual). Die gesamte Anzeige ist farblich in Orange gehalten - in Anlehnung an die beworbene Sorte (Frühkarotten). Headline: „Was ich als Kind bekommen habe, will ich auch als Mutter weitergeben: Liebe. Und Alete.“ Fließtext: Für Babys ist alles noch sehr neu. An vieles müssen sie sich erst mal gewöhnen. Auch an ihre Umwelt und an ihr erstes festes Essen. Deshalb gibt es zum Start als erstes Gläschen z. B. Alete Frühkarotten. Die sind aus biologischem Anbau und nur einem verträglichen Rohstoff. Das ist die allerbeste Qualität, die man ihnen jetzt geben kann. Ich weiß, wovon ich rede, schließlich probiere ich vorher immer selbst. Slogan (in drei Zeilen angeordnet): Alete ® (Schreibschrift) (darüber kleine Abbildung einer Mutter mit Kind) (= Markenlogo) Alles Gute für Ihr Kind Nestle Bildtext: Streng kontrollierte Qualität aus Alete Bio-Vertragsanbau. 969 Zur Verschriftlichung (mit Beispielen) vgl. auch die sprachwissenschaftlichen Beiträge in Reimann, 2006 sowie Reimann, 2008a. <?page no="358"?> 348 Weiteres Logo (runder Button): außen: Alete Alles Gute für Ihr Kind; in der Mitte: Bio Gemüse www.alete.de (vertikal, ganz klein rechts unten) TV-Spot (25 Sek., geschaltet ab 22. Oktober 2001 970 ) Bild Ton 1. Bild (Halbtotale): Sommer-Garten- Szene, leicht verschwommen; Schrifteinblendung: Alete, darunter Alles Gute für Ihr Kind. Während des ganzen Spots ist eine leichte, ruhige Instrumentalmusik zu hören. 2. Bild (Halbnahe): Veronica Ferres (weiße Bluse, Jeans, nackte, Füße, locker hochgesteckte Haare) schneidet Blüten von Sträuchern. 3. Bild (Halbtotale): Sie sitzt zwischen Salatköpfen, verrichtet Gartenarbeit, wischt sich den Schweiß von der Stirn. Akteurin (Veronica Ferres): Was ich als Kind bekommen habe, will 4. Bild (Nahe): Gesicht und Oberkörper von Frau Ferres. ich auch als Mutter weitergeben / 5. Bild (Nahe): Unterschenkel sind zu sehen; sie geht durch die Beete. 6. Bild (Große): Veronica Ferres bläst vorsichtig einen Käfer von ihren Fingern. Er fliegt weg. Sie sieht ihm nach. Natürlichkeit / 7. Bild (Große): Kopf von Frau Ferres; sie geht durch eine Glastür ins Haus. Gebor- 8. Bild (Nahe): Beine sind zu sehen. Sie geht mit nackten Füßen über das Parkett. genheit 9. Bild (Große): Beine treten auf eine Quietschente. 10. Bild (Große): Erschrockener Gesichtsausdruck wegen des Geräuschs. 11. Bild (Halbnahe): Veronica Ferres sieht von der Tür aus in die Wiege ihres Kindes. viel, viel Liebe / / 12. Bild (Detail): Alete-Glas, das geöffnet wird; zu lesen ist die Aufschrift Alete sowie ein Teil der Sorte Frühkar[otten, d. Verf.] 13. Bild (Große): Eine Hand holt das aufgewärmte Glas aus einem Wassertopf. 14. Bild (Nahe, dann Zoom): Veronica Ferres probiert, leckt den Löffel ab. Mmh / / Alles Gute eben 15. Bild: orangefarbener Hintergrund, Off-Sprecher: Alete / Alles Gute für Ihr 970 Information der Nestlé Alete GmbH in München vom 21.12.2001. <?page no="359"?> 349 Schrifteinblendung: Alete (daneben ®), darunter Alles Gute für Ihr Kind, darunter Nestle; über Alete sind die gezeichneten Umrisse einer Frau mit ihrem Kind zu sehen. Kind / von Nestle. 16. Bild (Große): Gesicht von Veronica Ferres mit dem Löffel. Schrifteinblendung rechts unten: www.alete.de. • Beate-Uhse-Kanal auf Premiere World 971 Anzeige Bild: Zwei Grapefruithälften, auf denen je mittig eine Kirsche liegt. Auf rotem Hintergrund steht unterhalb des Bildes: Wenn Sie hier nicht an Vitamine denken, dann haben wir das richtige Programm für Sie., darunter (klein, weiß): Der BEATE UHSE Kanal. Jetzt exklusiv auf PREMIERE WORLD., am rechten Rand der Anzeige: Premiere darunter World (mit Logo) darunter Your Personal TV. Am Ende des Bildes steht rechts unten: Infos: 0180/ 55 100 00 24 Pf/ Min, darunter www.premiereworld.de oder im Fachhandel. Bei der Anzeige links oben ist das Beate-Uhse-Logo angebracht: ein rotes Rechteck mit einer Nixe, deren Oberkörper nackt ist, und die Aufschrift (fett gedruckt) BEATE UHSE darunter (kleiner) Television. TV-Spot (30 Sek.) Bild Ton 1. Bild (Halbtotale): Lokalszenerie (abends; alles wirkt recht dunkel). Restaurant-Geräusche, v. a. Schritte 2. Bild (Nahe): Junge Bedienung mit blonden, hochgesteckten Haaren bringt einem männlichen Gast das Essen. Bedienung: Guten Appetit! 3. Bild (Halbnahe): Gast sieht nickend zu ihr auf. 4. Bild (Nahe): Kopf des Gastes, der nach unten (auf seinen Teller) sieht. 5. Bild (Große): Gesicht des Mannes, der überrascht/ ungläubig auf zwei nebeneinander liegende Knödel blickt. 6. Bild (Halbnahe, dann Zoom): Lokalszenerie mit dem Tisch des Mannes im Zentrum; er hebt die Augen. 971 Es gibt sowohl mehrere variierte Anzeigenmotive als auch verschiedene TV-Spots innerhalb der Kampagne, von denen ich jeweils ein Exemplar herausgegriffen habe. <?page no="360"?> 350 7. Bild (Halbnahe): Gast sieht der Bedienung nach. Off-Sprecher: Wenn Sie jetzt an 8. Bild (Nahe): Kopf des Mannes, der wieder auf sein Essen sieht. was anderes denken als ans Essen, dann haben wir das richtige Programm 9. Bild (Große): Gesicht des Mannes, der noch einmal überrascht/ ungläubig auf die beiden Knödel blickt. für Sie. Der Beate-Uhse-Kanal 10. Bild: Roter Hintergrund, Scheinwerferlicht, das bezüglich der Form und Farbe einer Sonne gleicht; Schrifteinblendung Premiere World. (gelbe Schrift: Premiere; weiße Schrift und etwas kleiner: World) darunter (etwas kleiner und in weißer Schrift) Your Personal TV. Jetzt exklusiv auf Premiere World. Your Personal TV. Parallel dazu wird die kurze Erkennungsmelodie von Premiere World eingespielt. 11. Bild (Standbild): Blick von oben (Vogelperspektive) auf einen Teller mit zwei Knödeln und Fleisch. Die beiden Knödel werden vom Besteck bewegt. Rechts oben kleine weiße Schrift: www.premiereworld.de. Unter dem Bild: 0180-55 100 00 24Pf/ Min oder im Handel. (Die Schrifteinblendungen bleiben bis zum Schluss stehen). Rufen Sie an: 12. Bild (Große): Gesicht des Mannes, der auf den Teller blickt. 0180 55 13. Bild (Große): Die beiden Knödel werden von Gabel und Messer zusammengedrückt. 100 00 14. Bild (Halbtotale): Mann hinter seinem Tisch vor Lokalszenerie; er zieht verschämt seinen Kopf ein, sieht sich um. • Bernbacher „Nudeln mit Biss“ Anzeigen Bild (mittig): Wahlweise Schlange, 972 Haifisch oder Hamster, bestehend aus einer Nudel, auf dunkelblauem Hintergrund. Die Zeichentricktiere haben scharfe Zähne. Über der Abbildung steht der Slogan Nudeln mit Biss, wobei darüber auf dem rechten Anzeigenrand noch ein kleiner Schriftzug mit der Internetadresse angebracht ist: www.bernbacher.de. Das Logo Bernbacher (in einer Art rot-blauen Wolke) befindet sich z. B. am Fuße der senkrecht stehenden Schlange. Am Ende der Anzeige ist eine Packung Nudeln zu sehen, daneben das Qualitätssiegel Qualität aus Bayern (weiteres Logo) und der Bildtext (angeordnet in drei Zeilen): 972 Das Motiv der Schlange wurde für die Analyse verwendet. <?page no="361"?> 351 Kontrollierte bayerische Hartweizenqualität. Was zeichnet unsere Nudel aus? Bester Hartweizen aus Bayerns Natur: Das gibt den Nudeln den unverwechselbaren Biss. Plakate (Querformat) Bild (mittig): Wahlweise Schlange, Haifisch oder Hamster aus einer Nudel mit scharfen Zähnen auf dunkelblauem Hintergrund. Der Slogan ist über dem Bild angebracht: Nudeln mit Biss. Daneben sieht man das Logo Bernbacher, darunter die Internetadresse www.bernbacher.de. Unter der Abbildung ist zu lesen (Bildtext): 100 % Hartweizen. Zubeissen. Geniessen. [sic! ] TV-Spot (20 Sek.) Bild Ton 1. Bild: Zweigeteiltes Bild, rechter Teil ist breiter. Suggeriert wird der Ausschnitt einer Nachrichtensendung: Akteur (mit weißem Hemd und dunkler Weste bekleidet) sitzt/ steht am Tisch mit bayerischer Tischdecke (blau-weißes Rautenmuster); vor ihm liegt ein Tablett mit fünf nebeneinander aufgereihten Nudeln. Von einer der Nudeln, der Bernbacher, wird er schließlich gebissen. Der Hintergrund ist blau. Der linke Teil des Bildes (völlig separat) enthält die Aufschrift Zeit (schräg eingeblendet). [Mimik und Gestik unterstreichen die Aussagen, d. Verf.] Akteur (Christoph Süß, bekannter Moderator des Bayerischen Rundfunks), deutliche Betonung, eher schnelles Tempo: Dass die Bernbacher Nudeln macha, die wo an Biss ham, des woas a jeder. Aber woran erkennt man die echte Bernbacher eigentlich? Des woas i nämlich jetzt auch nicht mehr. Aaau, jetzt foit´s ma wieder ei, wei ´s bissig sand, und des ned wia. Trotzdem / kaufts es, kochts es, essts es, wei / guat sand ´s scho. 2. Bild (Halbnahe - Horizontalschwenk nach links): Packung Bernbacher fällt von oben kommend ins Bild (Packungsaufschrift: Bernbacher, darunter BISS & SCHMECKT; Rest nicht lesbar) Off-Sprecher: Bernbacher / Nudeln mit Biss. HF-Spot (22 Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher A: Die besten. Sprecher B: Die bissigsten. Sprecher A: Naa, die besten san´s. Sprecher B: Naa, die bissigsten. Sprecher A: Die besten. Sprecher B: Na guat, die besten. Kommentator (schnelles Tempo): Jaa, so ist es. Bissig waren sie ja schon immer. Aber jetzt ist Bernbacher auch Deutschlands beste Nudel. Das sagt ein Test der Zeitschrift „Feinschmecker“ / unter 36 deutschen und internationalen Nudeln. Bernbacher / Hartweizennudeln / mit Biss. <?page no="362"?> 352 • Budget Anzeige Im oberen Drittel der Anzeige ist ein großes Preisschild in der Farbe Orange mit der großen, fett gedruckten Aufschrift € 29,-* angebracht. Darunter steht der Text: Noch günstiger fährt man zu Fuß. [groß und fett gedruckt; die folgenden vier Zeilen haben eine kleinere Schrift] VW Polo, VW Lupo, Nissan Micra oder Opel Corsa: 29,- €* pro Tag 69,- €* Wochenende Abgesetzt steht der Slogan: Ihr Budget ® gibt mehr her [Budget groß und fett geschrieben, durch orangefarbenes Symbol als Unterstreichung hervorgehoben] Der darunter folgende Text ist in sehr kleiner Schrift gehalten: Einfach buchen: www.budget.de Schnell reservieren: 01805/ 244 388 (12 ct./ Min.) *Dieses Aktionsangebot ist zeitlich begrenzt und beinhaltet Vollkaskoversicherung, MwSt. und unbegrenzte km. Verfügbar an allen teilnehmenden Budget Stationen. Flughafen Servicegebühr 17 %. HF-Spot (23 Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin A (emotional): 973 Oh wie süß! Wie heißt denn der Kleine? Sprecher B (nüchtern): Er heißt / Preis. Mieten Sie jetzt bei Budget den Polo, Micra oder Corsa inclusive Vollkasko und aller Kilometer für sagenhafte 29 € pro Tag / ohne / wenn und aber. Ihr Budget gibt mehr her. (von mehreren Stimmen gesungen). Bei Ihr Budget setzt Instrumentalmusik ein, die bis zum Schluss bleibt (Stilrichtung: wie Jazz wirkend). • Coca-Cola: Eisbären Anzeige Kein Primärtext; Sekundärtext: Aufschrift der Marke Coca-Cola auf der Flasche sowie innerhalb des Logos (in rotem Kreis, eingeblendet über der Flasche). Bild (ganzseitig): Eisbärmutter mit zwei Kindern (Zeichentrick), von denen das eine aus einer Flasche Coca-Cola trinkt. Am Anzeigenrand links (vertikal) steht klein: Schutzmarke: koffeinhaltig 973 Die unterstrichenen Wörter werden besonders betont. <?page no="363"?> 353 TV-Spot (30 Sek.) Bild Ton 1. Bild (Halbtotale): Der ganze Spot ist eine Zeichentrick-Story. Schwenk über das Wasser auf eine Eisscholle, auf der eine Eisbärmutter mit einem Jungen sitzt, das sich noch schüttelt, weil beide eben erst zu der Scholle geschwommen sind. (Schnitt) Ruhige Instrumentalmusik ab der zweiten Spothälfte. Auditive Elemente während des gesamten Spots: Wassergeräusche (Platschen mit der Pfote ins Wasser bzw. beim Hineinspringen), tierische Geräusche: Der kleine Eisbär brummt/ quäkt ängstlich, weil er sich nicht traut, ins Wasser zu springen; seine Mutter brummt auffordernd (nur mit Bild/ Kontext verständlich), das Eisbärgeschwister brummt, weil es auch von der Flasche trinken möchte. 2. Bild (Halbnahe): Ein (anderes) Junges sitzt alleine auf einer Eisscholle. (Schnitt) 3. Bild (Halbnahe): Die Eisscholle mit der Eisbärmutter und dem Jungen, das ins Wasser patscht. (Schnitt) 4. Bild (Nahe): Das Junge, das alleine auf der Eisscholle sitzt, patscht ganz vorsichtig ins Wasser, blickt auf. (Schnitt) 5. Bild (Nahe): Die Eisbärmutter hat eine Flasche Coca-Cola in der Hand, hält sie nach oben, damit der kleine Eisbär sie sieht. (Schnitt) 6. Bild (Nahe): Blick noch einmal auf die Eisscholle mit dem einsamen Eisbärjungen. (Schnitt) 7. Bild (Halbnahe): Es springt ins Wasser und schwimmt zu Mutter und Geschwister. (Schnitt) 8. Bild (Nahe): Blick auf Mutter mit der Coca-Cola-Flasche und auf das Geschwister. (Schnitt) 9. Bild (Nahe, dann Weitwinkelaufnahme): Der Kleine trinkt von der Coca- Cola-Flasche, der andere möchte auch. Graphisches Firmenlogo ist rechts unten eingeblendet (Coca-Cola). HF-Spot (20 Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher (spricht sehr schnell): Wollt ihr einen tollen Tag mit den Polarbären von Coca-Cola verbringen? Kommt am Sonntag, den 18. April, zum Familientag bei Coca-Cola (Musik weg) / / nach Stralsund in Spot beginnt mit Instrumentalmusik (entspricht der des TV-Spots), die dann als Musikteppich unter den Text gezogen wird (bis einschließlich Familientag bei Coca-Cola). Musikeinsatz wieder bei (Und <?page no="364"?> 354 die Rostocker Chaussee 46. Von 12-17 Uhr gibt´s dort viele Überraschungen und tolle Spiele für die ganze Familie. Und zu gewinnen gibt es einen von hundert kuscheligen Polarbären. zu gewinnen [...]) Vor Schlusssatz steht die Musik kurz frei, dann wird sie wieder unter den Text gezogen. Geräusch bei Spotbeginn (bis auch die Musik ausgesetzt wird): Es klingt wie ein Sprung ins Wasser; darauf folgt Wassergeplätscher. • Dallmayr-Kampagne „1998/ 99“ Anzeigen 1. Topline (kleine Schrift): Aus dem Hause Dallmayr in München Schlagzeile: Wir halten die Zeit für Sie an. Slogan (kleine Schrift): Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee Abbildung: Eine hübsche, elegant aussehende junge Frau mit schwarzen kurzen Haaren, schwarzem, ärmellosem Oberteil und einer Perlenkette sitzt verträumt vor einer Tasse Kaffee, einen blitzenden Löffel in der Hand. 2. Topline (kleine Schrift): Aus dem Hause Dallmayr in München Schlagzeile: Wenn schon die Erwartung zum Genuß wird. Slogan (kleine Schrift): Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee Abbildung: Verkaufstheke von Dallmayr: Dahinter stehen die Verkäuferinnen in ihren blauen Kleidern mit den weißen Schürzen, davor zwei Kundinnen und (im Hintergrund) ein Kunde. 3. Topline (kleine Schrift): Aus dem Hause Dallmayr in München Schlagzeile: Es gibt Dinge, die werden wir niemals ändern. Slogan (kleine Schrift): Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee Abbildung: Eine Verkäuferin steht hinter der Verkaufstheke und vor den Porzellanbehältern, in denen sich der Kaffee befindet. Im Vordergrund ist eine antike Waage zu sehen, auf der ein Päckchen Dallmayr prodomo steht. TV-Spot (30 Sek.) Bild Ton 1. Bild (Totale): Die ganze Frontseite/ Außenfassade des Dallmayr-Hauses wird gezeigt. Im Vordergrund sieht man eine belebte Straße, auf der Leute geschäftig unterwegs sind. Es folgt ein Zoom Richtung Eingangstür Der gesamte Spot ist mit der Dallmayr- Instrumentalmusik unterlegt. <?page no="365"?> 355 und auf die großen (halbrunden) Ausstellungsfenster darüber. 2. Bild (Halbnahe): Im Laden an einer Verkaufstheke: Im Vordergrund steht - von seiner rechten Seite zu sehen - ein Mitarbeiter, der einer Verkäuferin gefaltete Dallmayr-prodomo-Tüten reicht. Zwei weitere Verkäuferinnen bedienen eine Kundin. Die Dallmayr-Mitarbeiter sind mittelblau gekleidet, zusätzlich tragen die Damen weiße Schürzen. Im Hintergrund - hinter der Theke - erkennt man nostalgisch wirkende Kaffeebehälter. Alle dargestellten Personen lächeln oder blicken freundlich. 3. Bild (Große): Eine Verkäuferin - nur ihre Hände sind zu sehen - klopft mit dem Stapel Dallmayr-prodomo-Tüten breitseitig zweimal auf den Holztisch und streicht ihn dann mit der rechten Hand glatt. Kurz vor dem abschließenden nochmaligen Klopfen erfolgt ein Bildwechsel. 4. Bild (Große): Eine Frauenhand am rechten Bildrand malt - auf einem hellen Holztisch - mit einem alten Federhalter und blauer Tinte das letzte o von prodomo auf ein weißes, blau umrahmtes, rechteckiges Schildchen. Es wird von einer linken Hand, von der nur ein Teil zu sehen ist, festgehalten. Auf dem Tisch stehen ferner ein Tintenfässchen, fast voll mit blauer Tinte, der weiße blecherne Wiegebalken eines alten Wiegemaßes, ein Glasschälchen mit zwei Federhaltern und in der Mitte die Klinge eines kleinen Klappmessers. Insgesamt wirkt das Bild mit der Anordnung der Gegenstände wie aus vergangenen Zeiten stammend, nicht zuletzt durch den handwerklichen, ins Detail gehenden und sehr aufmerksam ausgeführten Arbeitsvorgang. 5. Bild (Große): Der Kopf der jungen Dallmayr-Mitarbeiterin, die im vorherigen Bild das Schild malte, ist zu sehen. Sie sieht konzentriert nach unten und schiebt mit dem rechten Zeigefinger ihre Brille auf der Nase gerade. Dabei macht sie sich - wie im Anschluss sichtbar - einen blauen Tintenfleck auf die Nase. <?page no="366"?> 356 6. Bild (Große): Eine Mitarbeiterin, von der nur Rücken und Hände gezeigt werden, bindet sich einen Knoten in die weiße Schürze (es soll eine Schleife werden). Sie trägt, wie ihre Kolleginnen, ein blaues Kleid. 7. Bild (Nahe): Hinter der Verkaufstheke rückt eine ältere Verkäuferin ihrer jüngeren Kollegin, wohlwollend lächelnd, den rechten Träger der weißen Schürze akkurat zurecht. Beide sind schon aus dem 2. Bild bekannt. Im Hintergrund stehen die bereits erwähnten Kaffeebehälter. 8. Bild (Große): Aus einer Holzschütte fließen Kaffeebohnen. Die Kamera schwenkt vertikal, so dass eine Frauenhand sichtbar wird, die den Holzhebel nach rechts zieht, also den Ablauf beendet. Außerdem ist ein Teil der Aufschrift prodomo in Messingbuchstaben über der Schütte zu lesen. 9. Bild (Halbnahe): Die zur Hand im 8. Bild gehörende Verkäuferin mittleren Alters nimmt die mit den Kaffeebohnen gefüllte Dallmayr prodomo-Tüte vom Kaffeebehälter weg. 10. Bild (Nahe): Ein kleines Mädchen mit blonder Ponyfrisur, von dem nur der Kopf sichtbar ist, schaut aufmerksam über die Ladentheke. Es wendet seinen Kopf und Blick von der Mutter (im beigen Kostüm) zum Geschehen hinter der Theke. Die Annahme, dass es sich um die Mutter handelt, bestätigt sich im 14. Bild. Off-Sprecherin: Nur mit Liebe 11. Bild (Nahe): Die Verkäuferin, von der Kopf und Hals gezeigt werden, blickt zunächst in Richtung des Mädchens, dann auf eine Waage, von der ein Teil des Wiegebalkens im Bild ist. zum Detail entsteht das 12. Bild (Große): Die Hand der Verkäuferin schüttet Kaffeebohnen mit einer altertümlich wirkenden kleinen Holzschippe in eine Dallmayr-prodomo-Tüte, die auf einer Waagschale steht, von der nur der Haltebügel sichtbar ist. ganz Besondere / / 13. Bild (Große): Das Kind (nur der Kopf ist sichtbar) sieht zunächst noch in Richtung Verkäuferin, wendet dann aber <?page no="367"?> 357 seinen Kopf und blickt zur Mutter auf. 14. Bild (Große): Die junge, sehr gepflegte Mutter mit der modischen blonden Kurzhaarfrisur - von ihr ist ebenfalls nur der Kopf zu sehen - schaut ihre Tochter strahlend an. 15. Bild (Nahe): Die beiden Waagschalen werden perspektivisch, schräg nach hinten verlaufend, gezeigt. Auf der vorderen steht ein Messinggewicht, auf der hinteren Waagschale befindet sich die Kaffeetüte. 16. Bild (Große): Die rechte Hand der Verkäuferin streift - aus deren Sicht gesehen - von links nach rechts die Kaffeetüte zu. Dallmayr Pro- 17. Bild (Halbnahe): Die Hand der Verkäuferin stellt die Kaffeetüte in eine weiße Tragetasche aus Papier mit der Aufschrift Alois Dallmayr München. Das Mädchen zieht die Tasche über die Theke, während die Mutter etwas - wohl ihre Geldbörse - in die Ledertasche steckt. domo / / voll- 18. Bild (Nahe): Auf einem Holztisch ist in der rechten Bildhälfte eine weiße Tasse mit schwarzem, dampfendem Kaffee zu sehen. Von links hinten fällt schräg nach rechts vorne eine volle Dallmayr-prodomo- Tüte um (in slow-motion/ Zeitlupe), so dass sich die Kaffeebohnen langsam auf den Tisch ergießen. endet veredelter Spitzenkaffee HF-Spots (je 20 Sek.) 1. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin: Beginnen Sie den Tag mit einem Genuß. / / Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee Dallmayr-Musik (durchgehend, zuerst allein stehend) 2. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin: Schön, daß es so etwas Gutes noch gibt. / / Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee Dallmayr-Musik (durchgehend, zuerst allein stehend) <?page no="368"?> 358 3. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin: Wie immer / / ein Genuß / / Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee Dallmayr-Musik (durchgehend, zuerst allein stehend) • Flensburger Pilsener Anzeige Schlagzeile: Wir stehen zum guten Geschmack. Abbildung: Fünf leger gekleidete Männer (Trainingsjacken, T-Shirts) stehen in einer Kneipe in einer Reihe, blicken auf den Tresen (und sehen somit den Betrachter direkt an). Ihr Gesichtsausdruck zeigt, dass sie etwas erwarten. Rechts vorne stehen ein gefülltes Bierglas und eine Bierflasche (mit Schnappverschluss); darauf das Etikett: Flensburger Pilsener; über dem Glas und der Flasche steht plop (in graphisch aufsteigender Schrift), am rechten Rand klein geschrieben: www.flens.de (vertikal angeordnet). Das Bild hat am unteren Rand einen dicken blauen Balken. Darauf steht in weißer Schrift der Slogan: Flensburger Pilsener. Das Flenst. TV-Spot (25 Sek.) Bild Ton 1. Bild (Nahe): Gesicht und Teil des Oberkörpers des Wirts hinter der Theke, etwas mürrisch. (Schnitt) Geräusch beim Türeöffnen. Schritte der fünf Kerle und Rascheln der Kleidung. Moin, Moin, Moin 2. Bild (Halbnahe): Fünf Männer kommen an die Theke. (Schnitt) Moin, Moin 3. Bild (Nahe): Gesicht und Teil des Oberkörpers des Wirts. (Schnitt) Naa, was wollt ihr? 4. Bild (Große): Gesicht eines der Männer. (Schnitt) Flens 5. Bild (Große): Gesicht eines weiteren Mannes. (Schnitt) Flens 6. Bild (Große): Gesicht eines weiteren Mannes. (Schnitt) Flens 7. Bild (Große): Gesicht eines weiteren Mannes. (Schnitt) Flens 8. Bild (Große): Gesicht eines weiteren Mannes. (Schnitt) Flens 9. Bild (Halbnahe): Gesicht und Teil des Oberkörpers des Wirts. (Schnitt) Flens gib´s hier nich 10. Bild (Große): Gesicht eines der Was? <?page no="369"?> 359 Männer. (Schnitt) 11. Bild (Große): Gesicht eines weiteren Mannes. (Schnitt) Was? 12. Bild (Große): Gesicht eines weiteren Mannes. (Schnitt) Was? 13. Bild (Große): Gesicht eines weiteren Mannes. (Schnitt) Was? 14. Bild (Große): Gesicht eines weiteren Mannes (Schnitt) Was? 15. Bild (Große): Gesicht des Wirts, zieht die Schultern hoch. (Schnitt) (nachdrücklich) Flens gib´s hier nich. 16. Bild (Halbnahe): zunächst statisches Bild: Männer schauen entsetzt; zu sehen ist noch, wie die ersten beiden Männer die Kneipe verlassen. (Schnitt) Nach einiger Zeit sagt der Erste, dann der Zweite: Tschüss; 17. Bild (Große): Gesicht des Wirts. (Schnitt) alle weiteren Männer sagen ebenfalls Tschüss. 18. Bild (Halbtotale): Die leere Kneipe ist zu sehen; Blick auf die Tür. (Schnitt) Geräusch: Knallen der Tür. 19. Bild (Große): Gesicht des Wirts. (Schnitt) Wirt: Tschüss. 20. Bild (Detail): Hals einer Pils-Flasche, die geöffnet wird. (Schnitt) Geräusch beim Flaschenöffnen (fünf Mal). 21. Bild (Nahe, dann Weitwinkelaufnahme öffnet den Raum): Die Männer sitzen auf einem Boot (zunächst sind nur deren Köpfe zu sehen); sie trinken jeweils aus einer Flensburger-Pilsener-Flasche. Schrifteinblendung: Flensburger Pilsener. Off-Sprecher: Flensburger Pilsener; Geräusch von Möwen, Rauschen des Wassers; fünf Mal Aah nach dem ersten Schluck. HF-Spot (20 Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Fünf Männer: Moin, Moin, Moin, Moin, Moin Wirt: Naa, was wollt ihr? Fünf Männer: Flens, Flens, Flens, Flens, Flens Wirt: Flens gib´s hier nich. Fünf Männer: Was? , Was? , Was? , Was? , Was? Wirt: Flens gib´s hier nich. (mit Nachdruck gesagt) Fünf Männer: Tschüss, Tschüss, Tschüss, Tschüss, Tschüss. Wirt: Tschüss. Off-Sprecher (Slogan): Flensburger Pilsener. Das Flenst. - Musik: kurzes Intro - Geräusch beim Türeöffnen - Schritte der fünf Kerle und Rascheln der Kleidung - (leise) Töne, die die Aussage Flens gib´s hier nich unterstreichen - Zuschlagen der Tür - Geräusch beim Flaschenöffnen (zwei Mal: vor Slogan und nach Nennung des Produktnamens) <?page no="370"?> 360 • Löwenbräu „Allein zu zweit“ Plakat Das gesamte Plakat ähnelt einem großen Foto mit traumhafter Landschaft/ Postkartenidylle: Der Walchensee, 974 im Hintergrund Berge, von links ragt ein Teil eines Holzruderbootes mit einem Paddel ins Bild; ein großer, grüner Schirm auf dem Boot ist zu sehen. Dahinter kommen zwei Frauenbeine ins Bild. Am Bootsrand steht ein Maßkrug. Slogan am oberen Plakatrand in weißer Schrift: Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. rechts unten: Logo, darunter Schrift Löwenbräu HF-Spot (20 Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher A: Ah, so ganz allein auf dem Walchensee. (einatmen) Was will man mehr? Sprecherin B: Ich wüsst´ was. Kommentator: Löwenbräu. Ein Bier wie Bayern. Beginn: Wassergeplätscher, Rudergeräusch, dann erst Sprecher (Geräusche bleiben während des Textes). Geräusche von zwei (Bier-)Flaschen, die geöffnet werden. Anstoßen. Musik - ein paar Töne - werden zum Slogan eingeblendet. • Stadtwerke München Plakat Auch das Plakat der Stadtwerke München ähnelt einem großen Foto: Gewässer in München, auf dem zwei Boote stehen. Ein Boot ist leer, auf dem anderen ist ein eng umschlungenes Liebespaar zu sehen. In der Mitte des Plakats befindet sich ein zweispaltiger Aufdruck: Im oberen Teil steht der Text Besser leben mit M. (große Schrift), darunter in fünf abgetrennten Spalten M-Wasser, M-Bäder, M-Strom, M- Wärme, M-Erdgas. In der linken oberen Ecke des Plakats ist ein weißes Quadrat mit der Aufschrift SW / / M (die beiden Schrägstriche haben die Farben Blau bzw. Grün), darunter (in kleinerer Schrift) Stadtwerke München angebracht. Am linken unteren Rand steht klein die Internetadresse: www.swm.de. Es gibt weitere Plakatmotive, z. B. Blick in Richtung des Marienplatzes (mit verschiedenen Türmen) im Hintergrund des Plakats. Im Vordergrund stehen zwei asiatische Touristen mit Kameras, die bis zum Oberkörper zu sehen sind. Die Schrift entspricht dem obigen Plakat. 974 Die Information, um welchen See es sich handelt oder handeln soll, liefert der HF-Spot! <?page no="371"?> 361 TV-Spot (60 Sek.) Bild Ton 1. Bild (Halbnahe): Fast leer geräumter Raum einer Wohnung in München (der gesamte Spot spielt in der bayerischen Landeshauptstadt). Instrumentalmusik während des ganzen Spots; nach 10 Sek. beginnt gesungener Text (bis zum Ende); englischer Text, jugendlich-schwungvolle, aber auch nachdenklich stimmende Melodie. 2. Bild (Halbnahe): Männer tragen Kisten; eine junge Frau sitzt am Boden. 3. Bild (Halbtotale): Männer tragen Einrichtungsgegenstände die Treppe hinunter. 4. Bild (Halbtotale): auf der Straße - Wohnhäuser sind zu sehen, Autos, insbesondere ein Umzugslastwagen. 5. Bild (Halbnahe): Die junge Frau geht zum Umzugswagen. 6. Bild (Große): Die Frau nimmt ein (Tage-) Buch aus dem Umzugswagen. 7. Bild (Große): Sie sitzt lächelnd da und liest in dem Buch. 8. Bild (Große): Blick in das Buch (mit Fotos). 9. Bild (Halbnahe): Die junge Frau fährt mit einem jungen Mann in einem Auto; beide sind fröhlich, die Sonne scheint. 10. Bild (Große): Die Frau blättert weiter in ihrem Buch. 11. Bild (Halbnahe): Auf einer Wiese liegen zwei Jeans nebeneinander. Sie bilden ein M. 12. Bild (Halbnahe): Vier nackte Beine sind zu sehen (sie gehören zu zwei mit dem Bauch auf der Wiese liegenden Menschen). Sie bilden ein M. 13. Bild: (Halbtotale): Ein junges Paar steht an einer Brüstung (an der Isar). 14. Bild (Halbnahe): Die beiden Menschen sind näher zu sehen. 15. Bild (Halbnahe): Die Schatten zweier Hosen vor einer Mauer werden gezeigt. Sie bilden ein M. 16. Bild (Große): Die junge Frau blättert weiter in ihrem Buch. 17. Bild (Nahe): Die beiden erwähnten jungen Menschen stehen nebeneinander, jeder deckt seinen Kopf mit einer Zeitung ab. Sie bilden mit den Zeitungen ein M. <?page no="372"?> 362 18. Bild (Große): Die junge Frau blättert weiter in ihrem Buch. 19. Bild (Halbtotale): Zwei junge Frauen sitzen auf einer Mauer. Sie bilden mit ihren Beinen ein M. 20. Bild (Nahe): Sie sind näher zu sehen. 21. Bild (Große): Die junge Frau blättert weiter in ihrem Buch. 22. Bild (Nahe): Zwei Menschen in einer Küche (das Bild ist verschwommen). 23. Bild (Halbtotale): Brunnen am Lenbachplatz in München. 24. Bild (Halbnahe): Die junge Frau spritzt mit beiden Händen ihren Partner nass. 25. Bild (Halbnahe): Der junge Mann macht es ihr nach. 26. Bild (Halbnahe): Der blaue Himmel (zwischen den beiden Menschen). 27. Bild (Halbtotale): Zwei Boote liegen in einer Sommernacht ruhig nebeneinander auf dem Wasser. 28. Bild (Halbnahe): Das Paar ist im Boot liegend zu sehen. 29. Bild (Halbtotale): Zwei Boote liegen in einer Sommernacht ruhig nebeneinander auf dem Wasser. Das Bild entspricht in etwa dem 27. Bild. 30. Bild (Große): Die junge Frau sieht ernst in ihr Buch, klappt das Buch zu und dreht ihren Kopf zur Seite. 31. Bild (Halbnahe): Sie sieht die beiden Männer, die gerade wieder ein Möbelstück aus dem Haus tragen, an. 32. Bild (Große): Die junge Frau lächelt. 33. Bild (Nahe): Einer der beiden Männer vom Umzugsunternehmen sieht nach oben zur Wohnung. 34. Bild (Große): Auch die junge Frau sieht lachend/ sich freuend nach oben. 35. Bild (Totale): Blick über die Stadt; Graphik wird mittig darüber eingeblendet mit der Aufschrift Besser leben mit M. darunter: M-Wasser, M-Bäder, M-Strom, M-Wärme, M-Erdgas; links oben ist das Logo angebracht: SW/ / M darunter Stadtwerke München. 36. Bild (Halbtotale): Männer tragen Gegenstände wieder nach oben. <?page no="373"?> 363 HF-Spots (je 30 Sek.) 1. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin A: Oh diese Farben / sie symbolisieren Gauguins malerische Einsamkeit und die impressionistische Ironie menschlicher Existenz. Sprecherin B: Ganz recht, meine Liebe. Allein die Handbewegung des Mädchens zeigt seinen Hang zur reinen Selbstkasteiung. Sprecherin A: Einspruch / Führt dieser zarte optimistische Strich deine Theorie nicht doch ad absurdum? Österreicher: Verzeihung die Damen, sonst hamma keine Probleme? Sprecherinnen A und B: Nein, wieso? / Um alles andere kümmern sich doch die Stadtwerke München! Kommentator: Sie genießen das Leben. Und wir machen den Rest. Stadtwerke München / Besser leben mit M. [auffallend bei den Sprecherinnen sind Sprachmelodie und Betonung: ironisch übertrieben, d. Verf.] Hall; klingt wie in einer Kunstausstellung. Text des Kommentators (ab Und wir machen den Rest.) mit Instrumentalklängen unterlegt. 2. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher (soll Italiener darstellen/ italienischer Akzent, euphorisch): Aah Ciao Bellissima. Ich habe gesehen, wie du mich hast ausgezogen mit deinem betörenden Blick. Sprecherin (Stimme einer jungen - deutschen - Frau; auffällig eintönig): Hm. Na klar. Sprecher: So ziere dich nich so. Wir gehören zusammen. Lass uns gleich hier machen Amore. Sprecherin: Aber sonst hast du keine Probleme, oder? Sprecher: No perché, um alles andere kümmern sich doch die Stadtwerke München! Kommentatorin: Sie genießen das Leben. Und wir machen den Rest. Stadtwerke München / Besser leben mit M. Spot mit leiser, ruhiger Instrumentalmusik unterlegt. Text der Kommentatorin (ab Und wir machen den Rest.) mit Instrumentalklängen unterlegt. <?page no="374"?> 364 • Versicherungskammer Bayern Plakat Bild: hellblauer Hintergrund; 18 Einzelbilder mit Ausschnitten von Liegestühlen und anderen Strandutensilien; darüber steht ein Teil des Slogans: Rente gut - alles gut! , unterhalb des großen Bildes der zweite Teil: Wir versichern Bayern. In der rechten Ecke: Versicherungskammer Bayern, darunter: graphisches Markenlogo (der Sparkasse) und Finanzgruppe TV-Spot (20 Sek.) Bild Ton 1. Bild (Halbtotale): Italienischer Liegestuhlverleiher, pfeifend, vor Strandszenerie. Die Bilder 1-6 haben einen VKB-blauen Rand, der unten etwas breiter ist. Rechts unten ist stets in drei Spalten die Schrifteinblendung Versicherungskammer Bayern eingeblendet. Der ganze Spot ist mit Instrumentalmusik der Band „Haindling“ unterlegt. Geräusch eines Liegestuhls, der auf einen Stapel gelegt wird. Schritte im Sand. Während des ganzen Spots ist Meeresrauschen zu hören. 2. Bild (Nahe): Gesicht und Teil des Oberkörpers einer lesenden Urlauberin. Signora, 3. Bild (Halbtotale): Liegestuhlverleiher spricht mit der in einem Liegestuhl liegenden Urlauberin. wie lange brauche Sie die Stuhl? 4. Bild (Große): Gesicht der Urlauberin. Für immer! 5. Bild (Große): Gesicht des Liegestuhlverleihers. Für immer? 6. Bild (Halbtotale): Strandszenerie: Der Liegestuhlverleiher geht wieder weg. (ungläubig und leiser vor sich hinsagend) Für immer. Off-Sprecher: Rente gut, 7. Bild: hellblauer Hintergrund; Schrifteinblendung: Versicherungskammer Bayern (in drei Zeilen); darunter: das graphische Logo der Sparkasse und Finanzgruppe; zeitverzögert: Wir versichern Bayern. alles gut. Versicherungskammer Bayern. Wir versichern Bayern. HF-Spot (15 Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin: Entschuldigung, ist der Liegestuhl frei? Sprecher: Wie lange brauche Sie die Stuhl, Signora? Sprecherin: Für immer! Kommentator: Rente gut alles gut. Versicherungskammer Bayern. Wir versichern Bayern. Instrumentalmusik ab Für immer. Geräusche: Meeresrauschen zum Einstieg. <?page no="375"?> 365 13.2 Diachron untersuchte Dallmayr-Kampagnen 975 • Dialogspots (1954/ 1965) TV-Spot (30 Sek.) Bild Ton 1. Szene (24 Sek.): In einer Küche sitzt ein Mann am Tisch, auf dem auch eine Kaffeekanne und weiteres Kaffeegeschirr steht, während der Gastgeber, ihm den Rücken zukehrend, etwas aus dem Schrank holt. Der Mann an der Anrichte dreht sich um und stellt eine leere Tasse auf den Küchentisch. Nachdem er eine Frage gestellt hat, dreht sich der Mann wieder zur Anrichte. Sein Gesprächspartner am Tisch zieht einen Zettel aus seiner Jackentasche. Der andere steht wieder am Küchentisch, nimmt seinem Bekannten das zerknüllte und in der Hand versteckte Stück Papier ab. Der Ertappte sieht schuldbewusst auf den Tisch. Der andere führt den Zettel demonstrativ hinter den Rücken. Dann nimmt er die Tasse und trinkt einen Schluck Kaffee. Ankündigung: Männer reden vom Dallmayr Kaffee. Gleichzeitig ist im Hintergrund die Unterhaltung der Dialogpartner zu hören - Stimmengemurmel, dessen Inhalt nicht verständlich ist. Männerstimme: So / wo kauft denn der Dallmayr sein beschter Rohkaffee? Der am Tisch sitzende Darsteller liest vom Zettel: In Kolumbia, Salvador, Guatemala Mexiko, Kenia, Tanganjika, Peru, Indien, Costa Rica, Abessinien und Brasilien / / hä hä hä hä hää Der Mann, der sich wieder zum Tisch gedreht hat: Guat´s Gedächtnis / in der Hand. / / Wisse Sie jetzt noch, wo er herkommt / der Dallmayr Kaffee? / / Der Angesprochene verneint: m-m. Aber i weiß, wo er hinkommt / (dann geht es im Text erst nach dem Trinken weiter) der Dallmayr Kaffee. 975 Bei der Schreibung der Produktnamen Dallmayr Kaffee und Dallmayr Prodomo fallen Inkonsequenzen auf: beispielsweise wird Prodomo auf den Packungen stets klein, ansonsten aber auch groß geschrieben. Dallmayr Kaffee steht auf den Packungen ohne Bindestrich, ansonsten in der Werbung aber auch mit Bindestrich. Ferner werden die Namen teilweise in Kapitälchen geschrieben, so dass eine Entscheidung über Groß- oder Kleinschreibung wegfällt. Ich halte mich so weit wie möglich an die vorgegebenen Schreibungen; gibt es solche nicht - z. B. bei Hörfunkspots - habe ich mich bei Prodomo für die Großschreibung entschieden. <?page no="376"?> 366 2. Szene (6 Sek.): Eine Packung Kaffee wird eingeblendet, die linke Bildhälfte beinahe füllend. Der Hintergrund bleibt für einen Moment einfarbig grau, dann tritt die Schrift Er betont Ihren guten Geschmack neben der Packung auf, während als neuer Hintergrund eine Wand, die vollständig aus Kaffeebohnen besteht, eingeblendet wird. Während des gesamten Spots ist ein Musikteppich zu hören. HF-Spot (50 Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher 1 (Strecker): Herr Huber, der Kaffee kommt aus Abessinien ge? Sprecher 2 (Lang): Schmarrn, der Kaffee wächst in der ganzen Welt. Sprecher 1: Aber Abessinien ist die Heimat des Kaffees. Mokka heißt abessinisch und die Mohammedaner die pilgere dort naha. Der Dallmayr hat ´s g´sagt. Sprecher 2: Nie (s). Des sagt der Dallmayr nie. Die Mohammedaner pilgern nach Mekka und ned nach Mokka. Und in Abessinien da is ein besonders gutes Klima für ´n Kaffee, wenn er richtig angebaut und gepflegt wird. Von solchen Musterplantagen komma die teuersten Kaffees der Welt und die tut der Dallmayr in seine beste Mischung. Und der beste Dallmayr Kaffee heißt Mokka Spezial, Herr Pfefferle. Sprecher 1: Des ded sicher mei Babette interessiere. Könne Sie mia des ned amoi aufschreibe, Herr Huber. Sprecher 2: I / warum? Sprecher 1: Sie könne so sche schreibe, hab i g´hört. Sprecher 2: Möchten Sie mi deablecka? Sprecher 1: Nei, aber ihr Frau hat mia g´sagt, Sie hätte des schreibe drei Jahre lang in der ersten Klass g´lernt. Sprecher 2: Hoho — <?page no="377"?> 367 • „Kaffee mit Blume“ (1967) Anzeige Bild: Kaffeekanne, Packung Dallmayr Kaffee, zwei Tassen Kaffee Headline: Kaffee mit Blume (blumige, große Schrift) Fließtext: Man erkennt ihn sofort am Duft - wenn sich seine Blume entfaltet und sein Aroma Kaffeetrinker begeistert - Dallmayr-Kaffee. Bester Kaffee. Sorte für Sorte. Zu gut, um ihn nur zum Frühstück zu trinken - Dallmayr-Kaffee. Seine Blume ist einfach unwiderstehlich. Slogan: Dallmayr-Kaffee - duftet und schmeckt (größere Schrift als beim Fließtext, kleinere als bei der Headline) TV-Spots 1. (15 Sek.) Bild Ton 1. Bild (1. bis 5. Sek., Große; Schnitt): Eine Tasse schwarzer, heißer Kaffee (er dampft noch), steht im Vordergrund des Bildes auf einem Tisch. Alle anderen Dinge im Hintergrund sind unscharf aufgenommen und deshalb nicht erkennbar. Akteur (unsichtbar) gehetzt rufend: Haa (Ausruf) Jetzt eine Erfrischung / Kaffee Geräusche: Schuhgeräusche des Darstellers, der sich anscheinend unruhig und schnell bewegt. 2. Bild (6. Sek., Große, Schnitt): Eine Tasse Kaffee wird in ein neues Bild - es ist keine Ergänzung zur vorhergehenden Szene - gestellt. Akteur: Dallmayr 3. Bild (7. bis 12. Sek., Große): Dem Zuschauer wird ein Blick von oben in die Tasse gewährt (Vogelperspektive). Jemand - es soll wohl der sprechende Akteur sein - rührt den Kaffee mit einem Löffel um. Die Hand, von der nur ein kleiner Teil der Finger zu sehen ist, nimmt schließlich die Tasse und führt sie in Richtung des Mundes, d. h. noch näher zur Kamera und zum Zuschauer hin. Kaffee / Kaffee mit Blume / Dallmayr Kaffee / Kaffee mit Blume / / 4. Bild (13. bis 15. Sek., Nahe): Eine Packung Dallmayr Kaffee nimmt den gesamten Bildausschnitt ein. Es erfolgt ein Zoom auf die Schrift der Tüte Dallmayr Kaffee. Sprecher: Dallmayr Kaffee / duftet und schmeckt 2. (20 Sek.) Bild Ton 1. Bild (1. bis 3. Sek., Nahe, Schnitt): Ein Mann, der an einem Tisch (wohl in einem Restaurant) mit weißer Tischdecke, Salzstreuer, Milch- und Zuckerdose sitzt, Akteur: Und jetzt meinen Kaffee / <?page no="378"?> 368 schiebt ein Glasschälchen und eine Stoffserviette beiseite. Er nimmt eine Tasse Kaffee entgegen, die ihm (männliche) Hände - vom rechten Bildrand her - reichen. Die Aufnahme erfolgt aus der Sicht des Darstellers; nur seine Arme (er trägt ein dunkles Sakko) sind zu sehen. Geräusch: Klirren der Kaffeetasse beim Hinstellen 2. Bild (4. bis 7. Sek., Große, Schnitt): Die Tasse Kaffee ist allein im Bild zu sehen, und zwar aus der Vogelperspektive. Der Zuschauer sieht direkt hinein. Akteur: Dallmayr Kaffee / (schwärmerisch) der hat Aroma, der hat Geschmack, der hat Blume/ 3. Bild (8. bis 15. Sek., Nahe, Schnitt): Der Darsteller, von dem nur die Hände gezeigt werden, wirft ein Stück Zucker in die Tasse und rührt mit einem Löffel mehrmals erwartungsfroh und genießerisch um. Akteur: Er schmeckt, wie er duftet / Dallmayr Kaffee / / mm / Kaffee mit Blume / / Geräusche: Klirren der Kaffeetasse, als der Darsteller den Zucker hineinwirft und umrührt. 4. Bild (16. bis 20. Sek., Nahe): Eine Packung Dallmayr Kaffee nimmt den gesamten Bildausschnitt ein. Es erfolgt ein Zoom auf die Aufschrift der Tüte Dallmayr Kaffee. Sprecher: Dallmayr Kaffee / duftet und schmeckt • „Luxus“ (1972) Anzeige Bild: Eine Packung Dallmayr prodomo, eine Dose Dallmayr prodomo. Im Vordergrund ist ein Teil einer Schleife zu sehen. Headline: Ein nobles Geschenk ist keine Frage des Preises, sondern des Geschmacks Fließtext: Ein Geschenk sollte immer etwas Nobles, etwas Besonderes sein. Es soll Freude machen. Dallmayr Kaffee zum Beispiel schenkt uns jeden Tag so viel Lebensfreude, daß wir ihn auch anderen schenken sollten. Auf solch noble Weise hat schon mancher den Luxus kennengelernt, den er sich heute täglich leistet. Dallmayr bietet nicht nur Luxus: Dallmayr prodomo ist auch für viele mit empfindlichem Magen oder empfindlicher Leber ein ungetrübter Kaffeegenuß. In Dallmayr prodomo sind erlesene Hochgewächse. Ihr Aroma wird in der behutsamen Dallmayr-Vollaromaröstung in ganzer Fülle erschlossen. Slogan: Dallmayr Kaffee - duftet und schmeckt - Luxus, den man sich täglich leistet. TV-Spot Bild Ton 1. Bild (1. bis 10. Sek., Nahe - Zoom - Große, Schnitt): Ein rechteckiges, in goldenes Papier eingepacktes Päckchen, mit einer üppigen Schleife versehen, wird Sprecher: Ein nobles Geschenk ist keine Frage des Preises, sondern des Geschmacks / Dallmayr Kaffee schenkt uns täglich soo 976 viel, daß wir ihn auch andern schenken sollten / Dallmayr Kaffee / 976 Die Vokaldoppelung steht für die Dehnung des Lauts. <?page no="379"?> 369 von zwei Frauenhänden in die Mitte des Bildausschnitts gelegt, ansonsten ist nur noch der helle Hintergrund zu sehen. Die Frau beginnt nun die Schleife zu lösen und nimmt eine Packung Dallmayr prodomo aus dem Papier. Die Hände halten die Tüte in die Kamera, die gleichzeitig auf die Packung zufährt (Zoom), so dass die Aufschrift (von oben nach unten, in verschiedenen Schriftarten und -größen: ) Qualitätsgarantie, Dallmayr prodomo und darunter (andere Schrift) veredelt sowie mild zu lesen ist. Musik: Instrumentalmusik während des ganzen Spots, jedoch noch nicht die bekannte Dallmayr-Musik. 2. Bild (11. bis 15. Sek., Nahe): Eine Frauenhand stellt - von links kommend - eine Packung Dallmayr prodomo ins Bild, und zwar wohl auf einen hellbraunen Tisch und vor das am hellen Hintergrund großzügig drapierte goldene Papier und die Schleife. Schrifteinblendung: Luxus, den man sich täglich leistet Sprecher: duftet und schmeckt / Luxus, den man sich täglich leistet • „erlesen“ (1973) Anzeige Bild: Eine Packung Dallmayr prodomo und eine Tasse Kaffee Headline: Nicht billiger. Besser. (größere Schrift, Fettdruck) Fließtext: Dallmayr prodomo ist der beste Beweis dafür, wie gut Kaffee sein kann. Denn dieser Kaffee wächst noch ganz natürlich heran. Er wird von uns sorgfältig geprüft und ausgewählt. Dann veredeln wir ihn und machen ihn so besonders bekömmlich. Schließlich vollenden wir ihn durch unsere behutsame Vollaroma-Röstung zu einem reinen, unvergleichlichen Genuß. Einem echten, großen Genuß, den Sie bei billigeren Kaffees kaum finden werden. Slogan: Dallmayr. Nur die besten Kaffees verdienen diesen Namen. (größere Schrift als beim Fließtext, jedoch kleinere als bei der Headline) TV-Spot (20 Sek.) Bild Ton 1. Bild (1. bis 5. Sek., Große, Schnitt): Auf dem Standbild wird eine Kaffeepackung gezeigt, die leicht schräg angeordnet ist. Sie steht auf einem weißen Tisch, der Hintergrund ist einfarbig grau. Musik: Dallmayr-Instrumentalmusik während des ganzen Spots. Nach zwei Takten Musik beginnt der Sprecher: Mit dem Namen Dallmayr geben <?page no="380"?> 370 Nach einer Sekunde erfolgt ein Zoom auf die Schrift Dallmayr Kaffee, gleichzeitig wird ein leichter Kameraschwenk von links nach rechts vorgenommen, so dass die Packung in der Frontansicht erscheint. wir Ihnen die Garantie für 2. Bild (6. bis 13. Sek., Nahe - Zoom - Große, Schnitt): Das Bild zeigt - der ganze Oberkörper ist sichtbar - eine junge, sympathische Frau. Sie trägt eine schlichte, rosa Bluse mit spitzem Kragen, eine Perlenkette und eine toupierte, für die damalige Zeit modische Frisur. Im Hintergrund - aus Zuschauersicht links - ist ein gelber Vorhang angebracht. Die Akteurin hält eine Kaffeetasse mit einem größeren bunten Muster auf einer Untertasse in der linken Hand, nimmt mit der rechten Hand die Tasse und führt sie zum Mund. Auf halbem Weg hält sie kurz inne und lacht - wohl erwartungsfroh. An dieser Stelle wird ein Zoom auf den Kopf der Frau vorgenommen (zur Kameraeinstellung „Große“). Daraufhin nimmt die Darstellerin einen Schluck aus der Tasse, führt diese wieder nach unten, dann leckt sie sich die Lippen langsam - genießerisch - ab, hebt erstmals den Blick und lächelt in die Kamera, gleichsam den Zuschauer an. vollkommenen Kaffeegenuß. / Denn wir machen nicht den billigeren Kaffee, sondern den besseren. / / 3. Bild (14. bis 20. Sek., Große): Beim Packshot des Spots handelt es sich um ein Standbild (vgl. Beginn). Auf einem Tisch rechts vorne am Bildrand ist eine volle, frisch eingeschenkte und noch dampfende Tasse Kaffee auf einer Untertasse mit einem Löffel zu sehen. Die Tasse entspricht derjenigen, aus der die junge Frau trank, was an dem Muster erkennbar ist. Schräg links dahinter steht eine Dose mit der Aufschrift Dallmayr prodomo, wiederum etwas nach rechts hinten versetzt ist eine Kaffeepackung mit der Aufschrift Dallmayr Kaffee aufgestellt. Dallmayr / nur die besten Kaffees verdienen diesen Namen. <?page no="381"?> 371 • „Geschmack/ Blaues Band“ (1978) Anzeige Abbildung: Kanne mit dem Aufdruck einer Dallmayr-prodomo-Dose; schräg davor: eine Dose Dallmayr prodomo; unter der Headline: kleines Bild: vier verschiedene Kaffeesorten in Dosen und Packungen darunter steht: röstfrisch vakuumverpackt - gemahlen links daneben: Fließtext Headline: Am Geschmack und am blauen Band erkennen Sie die edle Herkunft dieses veredelten Kaffees: prodomo von Dallmayr. Fließtext: Wir haben prodomo das blaue Band verliehen als Zeichen dafür, daß er aus den feinsten Hochlandkaffees komponiert und von Reizstoffen befreit wurde. Besonders die Kunst, das anregende Coffein und volle Aroma natürlich zu erhalten, rechtfertigt diese Auszeichnung. Kaffeegenießer bevorzugen diesen spezialveredelten Kaffee wegen seines vollendeten Geschmacks. Slogan: Dallmayr. Geschmack ist eben alles. TV-Spot (20 Sek.) Bild Ton Bild (Nahe - Zoom - Halbnahe auf den Tisch - Große auf die Kaffeedose): Die zwei weißen Flügel - mit goldenen Türknäufen - einer Tür, auf denen sich jeweils in der oberen Hälfte das Markenzeichen der Firma Dallmayr (golden auf rotem Hintergrund) befindet, öffnen sich (scheinbar von selbst) nach innen. Der Zuschauer bekommt Einblick in ein ausschließlich festlich weiß dekoriertes und fast unwirklich erscheinendes Zimmer, u. a. mit weißen Vorhängen und weiß bezogenen Stühlen, in dessen Mittelpunkt ein mit weißem Porzellan gedeckter, mit weißen Röschen und Schleierkraut geschmückter und mit einer bis zum Boden reichenden weißen Decke versehener Tisch steht. Rechts auf dem Tisch steht eine dampfende Tasse Kaffee und eine Dose mit der Aufschrift Dallmayr prodomo. Sprecher: Das Haus Dallmayr eröffnet Ihnen ein besonderes Kaffeeerlebnis / prodomo / die meisterlich veredelte Spitzenmischung aus feinsten Hochlandkaffees / prodomo verdient das blaue Band. durchgehend Dallmayr-Instrumentalmusik <?page no="382"?> 372 HF-Spot (30 Sek.) 977 Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher: Das Haus Dallmayr / öffnet Ihnen die Welt des erlesenen Kaffees / mit prodomo / der meisterlich veredelten Spitzenmischung aus feinsten Hochlandkaffees [Abweichung in Textvorlage: Hochlandsorten, d. Verf.] / weitgehend von Reizstoffen befreit / doch mit anregendem Coffein und reich im Aroma / Tasse für Tasse ein Kaffeegenuß, der auch den empfindlichsten Geschmack verwöhnt / / Dafür verdient prodomo das blaue Band / / prodomo aus dem Hause Dallmayr / Geschmack ist eben alles. Dallmayr-Instrumentalmusik • „Weihnachten“ (1978) Anzeige 978 Großabbildung: Dallmayr-prodomo-Dose sowie Festtagsdose von Dallmayr. Reihe von fünf kleinen Bildern in vertikaler Anordnung am rechten Anzeigenrand: Es wird der Gebrauch der Dallmayr-Festtagsdose vorgeführt. Für jeden Vorgehensschritt gibt es ein Bild mit einem Bildtext, was beispielsweise einem Story-Board oder Drehbuch für Fernsehspots ähnelt. Bewegte Bilder werden somit nachgeahmt. Headline: Jetzt gibt’s Prodomo im Festtagskleid. Vakuumfrisch. (Alternativ: Vakuumversiegelt) Copy: Diese Dallmayr-Dose mit typisch münchnerischem Flair enthält Prodomo, die veredelte Spitzenmischung von Dallmayr, röstfrisch vakuumversiegelt. (Bild) Deckel aufklappen, [Infinitive zum Ausdruck der Aufforderung, d. Verf.] (Bild) Vakuumverschluß entfernen (Bild) 500 Gramm köstlicher Prodomo - Tag für Tag aromafrisch [...] (Bild) 977 Wortlaut und Schreibung entsprechen den vorhandenen Manuskripten. 978 Manuskript vom 2.10.78 für „Weihnachts-Promotion-Anzeige“. <?page no="383"?> 373 [...] im wiederverschließbaren Aromatresor Motiv: Dallmayr-Stammhaus um 1900 Baseline: Die neue, aromafrische Idee von Dallmayr. HF-Spots (je 30 Sek.) 1. 979 Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher: Jetzt gibt’s Prodomo im Festtagskleid / / röstfrisch, vakuumversiegelt / in der besonderen Dallmayr-Dose mit dem Dallmayr-Stammhaus um 1900. Mm / / 500 Gramm Prodomo / die veredelte Spitzenmischung von Dallmayr. Tag für Tag aromafrisch im wiederverschließbaren Aromatresor. Die neue, aromafrische Idee von Dallmayr / / überall dort, wo es Dallmayr-Kaffee gibt. Dallmayr-Musik 2. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher: Wissen Sie, wer Sie jetzt jeden Morgen im Festtagskleid begrüßt ? Prodomo / in der besonderen Dallmayr-Dose mit dem Stammhaus um 1900. Prodomo / die veredelte Spitzenmischung von Dallmayr / / röstfrisch, vakuumversiegelt / 500 Gramm köstlicher Prodomo Tag für Tag aromafrisch im wiederverschließbaren Aroma-Tresor. Die neue, aromafrische Idee von Dallmayr / / überall dort, wo es Dallmayr-Kaffee gibt. Dallmayr-Musik 3. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher: Kennen Sie die neue, aromafrische Idee von Dallmayr? Prodomo im Festtagskleid / in der besonderen Dallmayr- Dose mit dem Dallmayr-Stammhaus um 1900. Prodomo / die veredelte Spitzenmischung von Dallmayr. Röstfrisch, vakuumversiegelt. 500 Gramm köstlicher Prodomo Tag für Tag aromafrisch / im wiederverschließbaren Aroma-Tresor. Die neue, aromafrische Idee von Dallmayr / / überall dort, wo es Dallmayr-Kaffee gibt. Dallmayr-Musik <?page no="384"?> 374 • „der Veredelte“ (1980/ 81) Anzeige Bild: Dose Dallmayr prodomo und eine Tasse; auf einer weiteren Anzeige ist zusätzlich ein Rosenstrauß abgebildet. Headline: Prädikat „veredelt“. Die Vollendung eines Spitzenkaffees. (Headline: Unterstreichung der ganzen Headline, Fettdruck und größere Schrift) Fließtext: Unsere ureigene Vollaromaröstung trägt viel zur Vollendung bei. Das schmeckt man. Aber entscheidend ist, daß wir Prodomo, unseren Spitzenkaffee, auf schonende Art veredeln. Prodomo hat das volle Aroma und Coffein, ist jedoch von vielen Reizstoffen befreit - da können Sie auch mal eine Tasse mehr genießen. Slogan: Prodomo. Der Spitzenkaffee aus dem Hause Dallmayr. Der Veredelte. (Unterstreichung des ganzen Slogans) Es werden folgend zwei TV-Spots und alle fünf HF-Spots aufgeführt. TV-Spots (je 20 Sek.) 1. Bild Ton Bild (Große - Zoom - Nahe): Dem Zuschauer wird ein Blick in eine volle Tasse mit schwarzem Kaffee gewährt - halbe Vogelperspektive -, dessen Bläschen verraten, dass er gerade frisch eingeschenkt wurde. Die Tasse ist weiß und ist oben mit einer blauen Umrandung, die in der Form einem Band ähnelt, verziert. In der Nahe sind schließlich noch ein Zuckersowie ein Milchkännchen und eine Dose Dallmayr prodomo auf einem Tisch zu sehen. Außerdem steht ein heller Blumenstrauß auf dem Tisch. Sprecher: Jeder Spitzenkaffee ist eine Mischung aus feinen Hochlandsorten. / / Der Spitzenkaffee von Dallmayr aber ist außerdem veredelt. / Er hat das volle Aroma und Coffein / ist jedoch von vielen Reizstoffen befreit. / Da können Kaffeefreunde auch mal eine Tasse mehr genießen. / Prodomo / der Spitzenkaffee aus dem Hause Dallmayr / der Veredelte. Musik: Dallmayr-Instrumentalmusik 2. Bild Ton Bild (Große - Zoom - Nahe - Horizontalschwenk): Zunächst ist eine Tasse - Muster siehe oben - Kaffee zu sehen, parallel zur Aussage des Sprechers wird vom linken Bildrand kommend eine zweite Tasse Kaffee auf dem Tisch platziert, während die erste entfernt Sprecher: Dies ist ein Spitzenkaffee / und das ist der Spitzenkaffee von Dallmayr / der veredelte / Prodomo. / Er hat das volle Aroma und Coffein / ist aber von vielen Reizstoffen befreit / weil Kaffeefreunde gerne eine Tasse mehr genießen. / Prodomo / der Spitzenkaffee aus dem Hause 979 Diese Anzeige wurde analysiert. <?page no="385"?> 375 wird. Beide Tassen mit Inhalt sehen absolut gleich aus. Es erfolgt ein Schwenk, so dass auf dem Tisch ferner eine Dose Dallmayr prodomo gezeigt wird, schließlich werden - es ist nur ein Teil einer Hand zu sehen - zwei weitere identische Tassen mit Kaffee hinzugestellt; außerdem: heller Blumenstrauß auf dem Tisch Dallmayr / der veredelte durchgehend Dallmayr-Instrumentalmusik HF-Spots (je 30 Sek.) 980 1. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin (Trümmler): Wissen Sie, weshalb Kaffee-Genießer Prodomo von Dallmayr besonders schätzen? Sprecher (Weicker): Weil er zusätzlich veredelt ist. Von Dallmayr veredelt. Deshalb hat Prodomo das volle Aroma und Coffein, ist jedoch von vielen Reizstoffen befreit. Das schmeckt man - und man kann auch mal eine Tasse mehr genießen. / / Prodomo. Der Spitzenkaffee aus dem Hause Dallmayr. Der Veredelte. Dallmayr-Instrumentalmusik 2. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin: Spitzenkaffees sind erlesene Mischungen feiner Hochlandsorten. Für Kaffeeliebhaber ein vertrauter Genuß. Sprecher: Ein besonderer Genuß für Kenner aber ist ein Spitzenkaffee, der veredelt ist: Prodomo von Dallmayr. Mit vollem Aroma und Coffein, jedoch von vielen Reizstoffen befreit. Da können Sie gut und gerne eine Tasse mehr trinken. / / Prodomo. Der Spitzenkaffee aus dem Hause Dallmayr. Der Veredelte. Dallmayr-Instrumentalmusik 3. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin (Trümmler): Achten Sie auf das Prädikat „veredelt“, wenn Sie sich für einen Spitzenkaffee entscheiden. Sprecher (Weicker): Spitzenkaffees sind erlesene Mischungen mit charaktervollem Dallmayr-Instrumentalmusik 980 Zu den HF-Spots sind Manuskripte vorhanden (19.08.1980). Danach richtet sich die Interpunktion. Die Pausenzeichen wurden von mir hinzugefügt. <?page no="386"?> 376 Aroma. Genießer jedoch schätzen einen veredelten Spitzenkaffee. Prodomo von Dallmayr / er verwöhnt auch den empfindlichsten Geschmack, weil er volles Aroma und Coffein enthält, aber von vielen Reizstoffen befreit ist. / / Prodomo. Der Spitzenkaffee aus dem Hause Dallmayr. Der Veredelte. 4. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin (Trümmler): Wenn Sie von einem Spitzenkaffee öfter mal eine Tasse mehr genießen möchten: Sprecher (Weicker): Dallmayr empfiehlt allen Kaffeeliebhabern einen Spitzenkaffee, der veredelt ist. Prodomo. Tasse für Tasse ein unbeschwerter Genuß, denn Prodomo von Dallmayr hat das volle Aroma und Coffein, ist jedoch von vielen Reizstoffen befreit. / / Prodomo. Der Spitzenkaffee aus dem Hause Dallmayr. Der Veredelte. Dallmayr-Instrumentalmusik 5. Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecherin (Trümmler): Wenn Sie sich für einen Spitzenkaffee entscheiden, achten Sie auf das Prädikat „veredelt“. Sprecher (Weicker): Wir von Dallmayr veredeln Prodomo, unseren Spitzenkaffee, auf schonende Art. Deshalb hat Prodomo das volle Aroma und Coffein, ist jedoch von vielen Reizstoffen befreit. Da können Kaffeeliebhaber auch mal eine Tasse mehr genießen. / / Prodomo. Der Spitzenkaffee aus dem Hause Dallmayr. Der Veredelte. Dallmayr-Musik • „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) Anzeige 981 Drei Bilder: 1. Wappen, 2. Fassade des Dallmayr-Hauses, 3. Eine Dose Dallmayr prodomo und eine Tasse Kaffee. Außerdem ist das Symbol der Firma in die erste Spalte (links oben) integriert. 981 Manuskript vom 06.09.1982 ist vorhanden. <?page no="387"?> 377 Headline: Dallmayr Prodomo. Einer großen Tradition verpflichtet. (Fettdruck, große Schrift) Fließtext: Das Schild, das an der Fassade des Stammhauses Dallmayr in München von der Berufung zum Königlich Bayerischen Hoflieferanten kündet, hat auch heute für Genießer aus aller Welt einen besonderen Wert. Denn nach wie vor gilt es als ein Siegel, unter dem das Haus Dallmayr die große Tradition wahrt, nur das Beste vom Besten an Essen und Trinken zu bieten. Seit nahezu 300 Jahren ist Dallmayr nun schon dem besonderen Geschmack verpflichtet. Eine lange Zeit, in der immer wieder neue Genüsse entdeckt und zur Vollkommenheit verfeinert wurden. Dallmayr Prodomo ist ein sehr schönes Beispiel dafür: Aus feinsten Hochlandgewächsen ausgesucht, auf eine schonende, natürliche Art veredelt und durch die Dallmayr Vollaromaröstung in seinem unverwechselbaren Geschmack vollendet. Ein Spitzenkaffee, der von Reizstoffen weitgehend befreit ist und doch das volle Coffein enthält. Dallmayr Prodomo ist ein Kaffee, den das Haus Dallmayr allen Genießern widmet, für die auch eine Tasse Kaffee ein besonders angenehmes Erlebnis sein soll. Slogan: Dallmayr Prodomo, mit nichts zu vergleichen. (größere Schrift als beim Fließtext, kleinere als bei der Headline) Der Text ist in drei Spalten geschrieben und gleicht einem redaktionellen Artikel. HF-Spots 982 (je 30 Sek.) 1. Motiv „Tradition“ / Dallmayr-Musik unterlegt/ Sprecher: (Herbert Weicker) Dallmayr Prodomo ist einer großen Tradition verpflichtet. Denn er kommt aus dem Haus, das schon zu königlich-bayerischen Zeiten zum Hoflieferanten erwählt wurde und auch heute den besonderen Genuß garantiert: Dallmayr Prodomo. Feinste Hochlandgewächse, schonend veredelt, weitgehend von Reizstoffen befreit und bei vollem Coffein durch die Dallmayr-Vollaromaröstung zu einem Spitzenkaffee vollendet. wahlweise: 982 Die abweichende Gestaltung der Transkription liegt an dem noch vorhandenen Manuskript (27.12.82), das ich hier originalgetreu abbilde. <?page no="388"?> 378 Sprecher: Dallmayr Prodomo, mit nichts zu vergleichen. oder Sprecherin: (Karin Frey) Dallmayr Prodomo. Für mich im Geschmack unvergleichlich gut. 2. Motiv „Verpackung“ / Dallmayr-Musik unterlegt/ Sprecher: (Herbert Weicker) Dallmayr Prodomo ist ein Begriff in der Welt des Genießens. Seit 300 Jahren nur das Beste vom Besten an Essen und Trinken - dieser großen Tradition entspricht das Haus Dallmayr mit einem großen Kaffee: Dallmayr Prodomo. Feinste Hochlandgewächse, schonend veredelt, weitgehend von Reizstoffen befreit und bei vollem Coffein durch die Dallmayr Vollaromaröstung [sic! ] zu einem Spitzenkaffee vollendet. wahlweise: Sprecher: Dallmayr Prodomo, mit nichts zu vergleichen. oder Sprecherin: (Karin Frey) Dallmayr Prodomo. Für mich im Geschmack unvergleichlich gut. TV-Spot (30 Sek.) Bild Ton 1. Bild (Große, Schnitt): Ein Teil des in Eisen gegossenen Wappens der Firma Dallmayr, das neben dem Hauseingang angebracht ist, nimmt - aufgrund der Kameraeinstellung - den gesamten Bildausschnitt ein; dies weiß man nur, wenn das Haus oder andere Fernsehspots bekannt sind. Die Kamera wird vom oberen Teil des Schildes (zwei Löwen, Krone, bayerisches Rautenmuster) nach unten, wo die Schrift Alois Dallmayr Koenigl. Bayer. Hoflieferant in Antiqua- Sprecher: Dallmayr / Dallmayr-Instrumentalmusik <?page no="389"?> 379 schrift und Großbuchstaben zu lesen ist, gezogen. 2. Bild (Halbnahe - Horizontalschwenk nach links): Die gelb gestrichene Frontseite des Geschäftshauses mit den überdimensional großen Rundbogenschaufenstern wird durch einen Schwenk gezeigt. In den Glasscheiben spiegeln sich die beiden Türme der Münchener Frauenkirche, in den Auslagen stehen u. a. als Turm angeordnete Dallmayrprodomo-Dosen. das Haus, das nun schon seit 300 Jahren ein Begriff in der Welt des Genießens ist / 3. Bild (Nahe - Horizontalschwenk nach rechts - Vertikalschwenk nach unten, Große, Schnitt): Es sind ausschließlich die in einer Reihe stehenden kostbaren Porzellanbehälter, in denen die Kaffeebohnen aufbewahrt werden, zu sehen. Die Kamera wird beim zuletzt gezeigten Gefäß nach unten zur Schrift PRODOMO (in Messingbuchstaben) geführt, die frontal auf der Holzausschütte angebracht ist. Dann geht es mit der Kamera weiter zur Schütte und schließlich zu den daraus fließenden Kaffeebohnen, die nun beinahe den gesamten Bildausschnitt einnehmen. bürgt auch für besonderen Kaffeegenuß / mit Dallmayr Prodomo / feinste Hochlandgewächse / schonend veredelt / weitgehend von Reizstoffen befreit / 4. Bild (Große - Vertikalschwenk, Schnitt): War im vorangegangenen Bild noch unklar, wohin die Bohnen fließen, so ist nun ein Häufchen gemahlener Kaffee zu sehen, der - durch Schwenk erkennbar - den Abschluss einer gefüllten Dallmayr-prodomo-Dose bildet. Die Kamera wird - von oben nach unten - über die ganze Büchse gezogen. und bei vollem Coffein durch die Dallmayr- Vollaromaröstung zu einem Spitzenkaffee vollendet. 5. Bild (Große - Zoom - Nahe): Zunächst ist noch für einen Augenblick die Dose allein zu sehen. Hierauf erfolgt ein Zoom, so dass der Bildausschnitt größer wird. Auf einem Tisch stehen links neben der Dallmayr-prodomo-Büchse eine Tasse mit schwarzem Kaffee und ein Strauß mit weißen Blumen. wahlweise: Sprecher: Dallmayr Prodomo / mit nichts zu vergleichen. oder Sprecherin: Dallmayr Prodomo / Für mich im Geschmack unvergleichlich gut. <?page no="390"?> 380 • „Ganzes Pfund“ (1984) Anzeige 983 Bild: Dose Dallmayr prodomo und Tasse Kaffee. Klarheit bei Dallmayr. (große Schrift, Fettdruck) Wir bleiben bei der Dallmayr Vollaroma-Röstung, denn nach unserer Erfahrung gibt es kein besseres Röstverfahren. Wir bieten Ihnen unverändert Dallmayr Prodomo im ganzen Pfund. In Spitzenqualität. Veredelt. Mit vollem Coffeingehalt. Dallmayr Prodomo. Der Spitzenkaffee mit Qualitätsgarantie. HF-Spot 984 (30 Sek.) / Dallmayr-Musik unterlegt/ Weicker: Klarheit bei Dallmayr ... Frey: Prodomo nach wie vor im ganzen Pfund ... Weicker: Und nach wie vor durch die Dallmayr-Vollaromaröstung vollendet. Frey: Dallmayr-Vollaromaröstung? Weicker: Sicher. Denn nach unserer Erfahrung gibt es kein anderes Röstverfahren, in dem sich die Spitzenqualität unseres Kaffees besser entwickelt. Frey: Es bleibt dabei? Weicker: Dallmayr Prodomo bleibt der veredelte Spitzenkaffee, der Ihnen mehr Genuß bietet ... Frey: … Tasse für Tasse. Weicker: Dallmayr Prodomo. 983 Die Spaltenschreibung entspricht der Anordnung in der Anzeige. Das Manuskript dazu stammt vom 19.03.1984. 984 Die abweichende Gestaltung der Transkription liegt an dem noch vorhandenen Manuskript (20.3.84), das ich hier originalgetreu abbilde. <?page no="391"?> 381 Geben Sie sich nicht mit weniger zufrieden. • „Genusskaffee“ (1985) TV-Spot (30 Sek.) Die Bilder entsprechen exakt denen des TV-Spots „Mit nichts zu vergleichen“ (1982) Bild Ton 1. Bild (Große, Schnitt): Ein Teil des in Eisen gegossenen Wappens der Firma Dallmayr, das neben dem Hauseingang angebracht ist, nimmt - aufgrund der Kameraeinstellung - den gesamten Bildausschnitt ein; dies weiß man nur, wenn das Haus oder Fernsehspots bekannt sind. Die Kamera wird vom oberen Teil des Schildes (zwei Löwen, Krone, bayerisches Rautenmuster) nach unten, wo die Schrift Alois Dallmayr Koenigl. Bayer. Hoflieferant in Antiquaschrift und Großbuchstaben zu lesen ist, gezogen. Nach ca. 2 Sek. beginnt der Sprecher: Es ist mehr als eine gewachsene Tradition, Musik: Typische Dallmayr-Musik (sehr voluminös) während des ganzen Spots. 2. Bild (Halbnahe - Horizontalschwenk nach links): Die gelb gestrichene Frontseite des Geschäftshauses mit den überdimensional großen Rundbogenschaufenstern wird durch einen Schwenk gezeigt. In den Glasscheiben spiegeln sich die beiden Türme der Münchener Frauenkirche, in den Auslagen stehen u. a. als Turm angeordnete Dallmayrprodomo-Dosen. die aus Dallmayr Prodomo einen Spitzenkaffee all derer macht, die den sicheren Geschmack für das Besondere haben und die 3. Bild (Nahe - Horizontalschwenk nach rechts - Vertikalschwenk nach unten - Große, Schnitt): Es sind ausschließlich die in einer Reihe stehenden kostbaren Porzellanbehälter, in denen die Kaffeebohnen aufbewahrt werden, zu sehen. Die Kamera wird beim zuletzt gezeigten Gefäß nach unten zur Schrift PRODOMO (in Messingbuchstaben) geführt, die frontal auf der Holzausschütte angebracht ist. Dann geht es mit der Kamera weiter zur Schütte und schließlich zu den daraus fließenden Kaffeebohnen, die nun beinahe den gesamten Bildausschnitt einnehmen. wissen, daß erst das Zusammenspiel feinster Hochlandsorten, schonender Veredelung und sorgfältiger Vollaromaröstung zu diesem vollendeten Kaffeegeschmack 4. Bild (Große - Vertikalschwenk, Schnitt): War im vorangegangenen Bild führen. Der Prodomo spricht für sich selbst und für alle, die ihn suchen. <?page no="392"?> 382 noch unklar, wohin die Bohnen fließen, so ist nun ein Häufchen gemahlener Kaffee zu sehen, der - durch Schwenk erkennbar - den Abschluss einer gefüllten Dallmayr-prodomo-Dose bildet. Die Kamera wird - von oben nach unten - über die ganze Büchse gezogen. 5. Bild (Große - Zoom - Nahe): Zunächst ist noch für einen Augenblick die Dose allein zu sehen. Hierauf erfolgt ein Zoom, so dass der Bildausschnitt größer wird. Auf einem Tisch stehen links neben der Dallmayr-prodomo-Büchse eine Tasse mit schwarzem Kaffee und ein Strauß mit weißen Blumen. Dallmayr Prodomo / der Genußkaffee HF-Spot (30 Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher: Es ist mehr als eine gewachsene Tradition, die aus Dallmayr Prodomo einen Spitzenkaffee all derer macht, die den sicheren Geschmack für das Besondere haben und die wissen, daß erst das Zusammenspiel feinster Hochlandsorten, schonender Veredelung und sorgfältiger Vollaromaröstung zu diesem vollendeten Kaffeegeschmack führen. Der Prodomo spricht für sich selbst und für alle, die ihn suchen. Dallmayr Prodomo / der Genußkaffee. Dallmayr-Musik • „Verlosung BMW“ (1994) Anzeige Großabbildung: BMW Kleine Abbildung: Schmuckdose, Packung Dallmayr prodomo, Tasse Kaffee Topline (Rahmen): Aus dem Hause Dallmayr in München Headline: Gewinnen Sie Ihren Traum in Königsblau! Fließtext: Dallmayr verlost jetzt diesen traumhaft schönen BMW 730i aus der neuen 7er Serie im Wert von über 90.000 Mark. Auch wenn Sie nicht der glückliche Gewinner werden, können Sie sich auf etwas besonders Schönes freuen. Denn wir verlosen zusätzlich 10.000 attraktive Schmuckdosen, gefüllt mit je 500 g Dallmayr prodomo. Beantworten Sie einfach unsere Frage: Wie heißt die beliebteste Kaffeemarke aus dem Hause Dallmayr? Und senden Sie den ausgefüllten Coupon bis zum 30.11.94 an: Dallmayr Kaffee, 81004 München. Die Lösung lautet: Dallmayr [...] <?page no="393"?> 383 Name _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Straße _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ PLZ/ Ort _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Mitmachen darf jeder über 18 Jahre, ausgenommen Mitarbeiter des Hauses Dallmayr. Nur ausreichend frankierte Einsendungen nehmen an der Verlosung teil. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Slogan: Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee (durchgehend Kapitälchen) HF-Spot (30 Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher: Gewinnen Sie jetzt Ihren Traum in Königsblau. Dallmayr Prodomo verlost einen BMW 730i im Wert von über 90.000 Mark. Machen Sie mit. Es lohnt sich bestimmt. Denn zusätzlich zu diesem traumhaft schönen BMW verlost Dallmayr 10.000 attraktive Schmuckdosen gefüllt mit je 500 Gramm Dallmayr Prodomo. Teilnahmekarten im Handel oder direkt bei Dallmayr München. Viel Glück. Dallmayr prodomo / vollendet veredelter Spitzenkaffee. Dallmayr-Musik • „Verlosung Kenia“ (1995) Anzeige Großabbildung: mehrere Giraffen in der Abenddämmerung Kleine Abbildung: Schmuckdose, Packung Dallmayr prodomo, Tasse Kaffee Topline (Rahmen): Aus dem Hause Dallmayr in München Headline: Zum Kaffee nach Kenia. Bildtext: Dallmayr verlost 10 Exklusiv-Reisen für zwei Personen nach Kenia. Erleben Sie eine Woche lang die faszinierende Welt rund um den Kaffee. Besuchen Sie eine Kaffeeplantage. Entdecken Sie die ursprüngliche Natur Afrikas. Eine aufregende Wildlife- Safari erwartet Sie. Genießen Sie erholsame Tage in einem Luxushotel am Fuße des Mount Kenya. Zusätzlich verlosen wir 10.000 attraktive Schmuckdosen, gefüllt mit je 500 g Dallmayr prodomo. Beantworten Sie einfach unsere Frage: Wie heißt die beliebteste Kaffeemarke aus dem Hause Dallmayr? Und senden Sie den ausgefüllten Coupon bis zum 30.11.95 an: Dallmayr prodomo, 81020 München. Die Lösung lautet: Dallmayr [...] Name _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Straße _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ PLZ/ Ort _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ <?page no="394"?> 384 Mitmachen darf jeder über 18 Jahre, ausgenommen Mitarbeiter des Hauses Dallmayr. Nur ausreichend frankierte Einsendungen nehmen an der Verlosung teil. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Slogan: Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee. (durchgehend Kapitälchen) HF-Spot (30 Sek.) Gesprochene Sprache Musik/ Geräusche Sprecher: Wenn Sie demnächst Ihren Kaffee trinken, hören Sie vielleicht dazu Folgendes: L ÖWENGERÄUSCH oder das: E LEFANTEN - GERÄUSCH . Vorausgesetzt, Sie fahren zum Kaffee nach Kenia. Denn Dallmayr Prodomo verlost 10 Exklusiv-Reisen für zwei Personen nach Kenia und 10.000 attraktive Schmuckdosen mit je 500 Gramm Dallmayr Prodomo. Teilnahmekarten im Handel oder direkt bei Dallmayr München. Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee Dallmayr-Musik (ab: Kenia. Denn Dallmayr Prodomo [...]) • Dallmayr-Kampagne “1998/ 99” Vgl. die Ausführungen unter 13.1 „Synchron untersuchte Kampagnen“. <?page no="395"?> 14 Einzelanalysen in Auswahl 985 • Dallmayr-Dialogspots der 50er/ 60er-Jahre Gesamtkonzeption 1. Medienübergreifende Botschaft Die Dialog-Spots sind geprägt von der Strategie, mit populären Persönlichkeiten zu werben (Testimonial-Werbung), die als Vorbildverbraucher und durch ihr positives Image der Werbung Glaubwürdigkeit und dem Produkt Qualität verleihen sollen. Für den Rezipienten werden die dargestellten Personen im Laufe der Zeit Bekannte, sie nehmen an deren Alltag teil und sollen ihnen auch im Hinblick auf die Kaffeeauswahl vertrauen. In den beiden hier exemplarisch untersuchten Spots - stellvertretend für die gesamte Kampagne - stimmen die Darsteller überein (Max Strecker und Michel Lang), thematisch im Mittelpunkt steht die „Herkunft des Kaffees“ und die „Qualität“. Die Spots sind produktbezogen ausgerichtet. 2. (Weitere) Themen Die Themen sind „Qualität“ hinsichtlich der Herkunft der Kaffeebohnen und als Subthema „Geschmack“, das im Packshot innerhalb eines Satzes eingeblendet wird. Weitere Themen hängen mit der spezifischen Gestaltung der Spots als Imitation von Hörspiel oder Theaterstück bzw. Teil einer Fernsehserie zusammen. 3. Argumentationsstrategien (Inhalt) Fernsehen Hörfunk Unterhaltungsfunktion (Dialog, Familiengeschichte) durch Nachahmung einer Theaterszene bzw. Fernsehserie (TV) bzw. der Sendeform Hörspiel (HF) Werbetypische Appellfunktion scheinbar im Hintergrund Umsetzung Struktur(elemente) Slogan — — Ankündigung Sprecher: Männer reden vom Dallmayr Kaffee (Textthema) — Bild 1. Bild: Zwei Männer sitzen am Tisch in einer Wohnküche; 2. Bild (Packshot): Eine Packung Dallmayr Kaffee; der Hintergrund besteht aus Kaffeebohnen — Musik Instrumentalmusik als — 985 Es handelt sich um die in Kap. 5 analysierten Kampagnen. <?page no="396"?> 386 Musikteppich (noch nicht die bekannte Dallmayr- Musik) Geräusche • Geklapper der Kaffeetasse, als Darsteller Strecker sie auf den Tisch stellt • Zusammenknüllen des Zettels in der Hand (Lang) • Papierrascheln beim Wegnehmen des Zettels • leichtes Rascheln, bevor Strecker den Zettel nach hinten führt • Klirren der Kaffeetasse — Textstruktur Dialog + einleitende Äußerung (Off-Sprecher) + Schrifteinblendung im Packshot Dialog Textmenge 54 986 146 987 Länge 30 Sek. 50 Sek. (! ) Produktname Dallmayr Kaffee Inhalt Senderthematisierung sprachlich: Strecker: So / wo kauft denn der Dallmayr sein beschter Rohkaffee? visuell-sprachlich: Die Darsteller Michel Lang und Max Strecker als prominente Sekundärsender 1x Erwähnung des Firmen-/ Markennamens sprachlich: Strecker: Der Dallmayr hat ´s g´sagt. Lang: Des sagt der Dallmayr nie. [...] Von solchen Musterplantagen komma die teuersten Kaffees der Welt und die tut der Dallmayr in seine beste Mischung. 3x Erwähnung des Firmen-/ Markennamens Empfängerthematisierung visuell: Die Schauspieler Lang und Strecker sitzen beim Kaffeetrinken; sie machen damit eine bezweckte Handlung vor (Vorbildverbrau- — 986 Die Interjektion LACHEN - verschriftlicht hä hä hä hä hää - sowie die Gesprächspartikel (Verneinung in der Umgangssprache) - mit der Buchstabenschrift transkribiert - m-m (vgl. Reimann, 1999, 101) sollen je als ein Wort zählen. 987 Verschleifungen wie hat ´s wurden nur als ein Wort berechnet. 988 Zur doppelten Einordnung als Sekundärsender und Vorbildverbraucher vgl. Kap. B.1 „Struktur(elemente)“ in Kap. 3.2. „Analysemodell“. <?page no="397"?> 387 cher). 988 Produktthematisierung sprachlich: • Ankündigung (Kommentator): Männer reden vom Dallmayr Kaffee • Strecker: [...] sein beschter Rohkaffee • Strecker: Wisse Sie jetzt noch, wo er herkommt / der Dallmayr Kaffee? • Strecker: Aber i weiß, wo er hinkommt / (nimmt einen Schluck Kaffee) der Dallmayr Kaffee visuell: Die Darsteller sitzen beim Kaffeetrinken. Packung Dallmayr Kaffee (im Packshot) 3x Produktnamennennung, 1x auf Produktpackung Dallmayr Kaffee sprachlich: Strecker: Herr Huber / der Kaffee kommt aus Abessinien ge? Lang: Schmarrn / der Kaffee wächst in der ganzen Welt Strecker: Aber Abessinien ist die Heimat des Kaffees [...] Lang: [...] Und in Abessinien da is ein besonders gutes Klima für ´n Kaffee [...] Von solchen Musterplantagen komma die teuersten Kaffees der Welt [...] in seine beste Mischung. Und der beste Dallmayr Kaffee heißt Mokka Spezial 1x Produktnamennennung Mokka Spezial Kampagnenspezifische Themen (zum Produkt) Qualität: Herkunft der Kaffeebohnen sprachlich: Strecker: So / wo kauft denn der Dallmayr sein beschter Rohkaffee? Lang: In Kolumbia, Salvador, Guatemala, Mexiko, Kenia, Tanganjika, Peru, Indien, Costa Rica, Abessinien und Brasilien [...] Strecker: Guat´s Gedächtnis / in der Hand. / / Wisse Sie jetzt noch, wo er herkommt / der Dallmayr Kaffee? / / sprachlich: Strecker: Herr Huber / der Kaffee kommt aus Abessinien ge? Lang: Schmarrn / der Kaffee wächst in der ganzen Welt. Strecker: Aber Abessinien ist die Heimat des Kaffees. Mokka heißt abessinisch und die Mohammedaner die pilgere dort naha. Der Dallmayr hat ´s g´sagt. Lang: Nie. Des sagt der Dallmayr nie. Die Mohammedaner pilgern nach Mekka und ned nach Mokka. Und in Abessinien da is ein besonders gutes Klima für ´n Kaffee, wenn er richtig angebaut und gepflegt wird. Von solchen Musterplantagen komma die teuersten Kaffees der Welt und die tut der Dallmayr in seine beste Mischung. Und der beste Dallmayr Kaffee heißt Mokka Spezial [...] <?page no="398"?> 388 Geschmack Schrifteinblendung im Packshot: Er betont Ihren guten Geschmack — Weitere kampagnenspezifische Themen Wirkung: Witz Namenverwechslung — sprachlich: Strecker: Mokka heißt abessinisch und die Mohammedaner die pilgere dort naha. Der Dallmayr hat ´s g´sagt. Lang: Nie. Des sagt der Dallmayr nie. Die Mohammedaner pilgern nach Mekka und ned nach Mokka. Spickzettel sprachlich: Strecker: So / wo kauft denn der Dallmayr sein beschter Rohkaffee? Lang (liest von seinem Spickzettel, als Strecker ihm den Rücken kehrt): In Kolumbia, Salvador, Guatemala, Mexiko, Kenia, Tanganjika, Peru, Indien, Costa Rica, Abessinien und Brasilien [...] Strecker: Guat´s Gedächtnis / in der Hand. / / Wisse Sie jetzt noch, wo er herkommt / der Dallmayr Kaffee? / / Lang: m-m visuell: Spickzettel, von dem Lang abliest, als Strecker ihn nicht ansieht; Strecker nimmt ihm diesen ab und führt ihn hinter seinen Rücken. — (Wortspiel um) Herkunft und Ziel sprachlich: Strecker: So / wo kauft denn [...] Wisse Sie jetzt noch, wo er herkommt [...] Aber i weiß, wo er hinkommt [...] (er nimmt einen Schluck). — Schreibfertigkeit — sprachlich: Strecker: Könne Sie mia des ned amoi aufschreibe, Herr Huber. <?page no="399"?> 389 Lang: I / warum? Strecker: Sie könne so sche schreibe, hab i g´hört. Lang: Möchten Sie mi deablecka? Strecker: Nei, aber ihr Frau hat mia g´sagt, Sie hätte des schreibe drei Jahr lang in der ersten Klass g´lernt. Form/ Gestaltung Mündlichkeit/ Schriftlichkeit (Medium, Konzept) Konzept und Medium gesprochene Sprache (im TV auch Schrifteinblendungen möglich): Dialog, narrative Erzählstruktur bzw. im Gespräch Nachahmung spontan gesprochener Sprache (z. B. Einsatz von Varietäten: schwäbischer und Münchner Dialekt; Auslassung von Lauten (z. B. hat ´s g´sagt); syntaktische Charakteristika: Verwendung von Abtönungs- und Gesprächspartikeln, elliptische Äußerungen und Interjektionen; 989 bestimmter Artikel + Firmenname: der Dallmayr) Personale Deixis: Sie, ich im TV, Namennennung der gespielten Personen in der Anrede nur im HF als Zugeständnis an die (nur hörenden) Rezipienten: Herr Huber und Herr Pfefferle (bei den anderen HF-Spots auch Weibe (Ehefrau), Christl (Tochter)); Prosodie Darsteller sprechen mit lauter, kräftiger und fester Stimme. Zur Sprechgeschwindigkeit siehe die Ausführungen in Kap. 5.2d). Text-Bild-Bezug Textzentriertheit (Text- Bild-Parallelität) — Bewertung (siehe Kap. 5.2e)) 989 Nach telefonischer Auskunft (12.03.2003) von Walter Weinmann (ehemals Tonmeister bei Insel-Film) erfolgte die Textnachbearbeitung durch die in den Spots agierenden bayerischen Schauspieler. <?page no="400"?> 390 • Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ (1978) Gesamtkonzeption 1. Medienübergreifende Botschaft Hohe Qualität des Produkts durch Herkunft der Kaffeebohnen und das Herstellungsverfahren Auszeichnung mit dem „Blauen Band“ (produkt- und senderbezogen) 2. (Weitere) Themen Print Fernsehen Hörfunk Qualität, Blaues Band Geschmack, Genuss Geschmack, Genuss 3. Argumentationsstrategien (Inhalt) Print Fernsehen Hörfunk (scheinbar) informativsachlich: • Text mit reichem Informationsgehalt • Bild: nur Produktabbildung tendenziell emotional: • Text enthält wenig sachliche Informationen (die meisterlich veredelte Spitzenmischung aus feinsten Hochlandgewächsen) • emotionale, irreale visuelle Umsetzung im Vordergrund • Atmosphäre durch festlich-klingende Dallmayr-Musik informativ-emotional: • Text mit mehr Informationsgehalt als im TV • Atmosphäre durch festlich-klingende Dallmayr-Musik Umsetzung Struktur(elemente) Headline Am Geschmack und am blauen Band erkennen Sie die edle Herkunft dieses veredelten Kaffees: prodomo von Dallmayr. — — Slogan Dallmayr. Geschmack ist eben alles. prodomo verdient das blaue Band. prodomo aus dem Hause Dallmayr / Geschmack ist eben alles. Bild Dose und Kanne mit Aufdruck Dallmayr prodomo (Key- Visual); kleines Bild: zwei Dosen und zwei Packungen für verschiedene Kaffeesorten 1 Bild: emotionalirreal: festlich-ästhetische Gestaltung des Raumes (Weiß und Gold) — <?page no="401"?> 391 Musik — Dallmayr-Instrumentalmusik Dallmayr-Instrumentalmusik Textstruktur Headline - Fließtext - Slogan Monolog (männlicher Sprecher) Monolog (männlicher Sprecher) Textmenge (graphische Wörter) 68 21 57 Produktname Dallmayr Prodomo Inhalt Thematisierung des Senders sprachlich: • prodomo von Dallmayr (in Headline); • Wir + Handlungsverb (haben) [...] verliehen; • indirekt durch die Handlungsverben komponiert und [...] befreit wurde (Passivsatz) und die Verbindung von Verbalabstraktum + Handlungsverb Kunst („als gekonnt ausgeführte Leistung“) [...] zu erhalten; visuell: Dallmayr-Symbol sprachlich: Das Haus Dallmayr eröffnet sprachlich-visuell: Dallmayr-Symbol auditiv: Dallmayr-Instrumentalmusik sprachlich: • Das Haus Dallmayr öffnet • Handlungsverb befreit • prodomo aus dem Hause Dallmayr (im Slogan); auditiv: Dallmayr-Instrumentalmusik Thematisierung des Empfängers sprachlich: • in der Headline: erkennen Sie; • hochwertendes Substantiv im Fließtext: Kaffeegenießer sprachlich: in der ersten Äußerung: eröffnet Ihnen sprachlich: • in der ersten Äußerung: öffnet Ihnen • (der auch) den empfindlichsten Geschmack verwöhnt Thematisierung des Produkts sprachlich: • veredelten Kaffees • 2x Produktnamennennung prodomo • aus feinsten Hochlandkaffees komponiert und von Reizstoffen befreit sprachlich: • ein besonderes Kaffeeerlebnis • 2x Produktnamennennung Prodomo • die meisterlich veredelte Spitzenmischung aus feinssprachlich: • Welt des erlesenen Kaffees; • 3x Produktnamennennung Prodomo • der meisterlich veredelten Spitzenmischung aus <?page no="402"?> 392 wurde • das anregende Coffein und volle Aroma • diesen spezialveredelten Kaffee visuell: drei Dallmayr-prodomo-Dosen, zwei Dallmayr-prodomo- Packungen, eine Kaffeekanne mit dem gleichen Aufdruck ten Hochlandkaffees visuell: Dallmayr-prodomo- Dose feinsten Hochlandkaffees / weitgehend von Reizstoffen befreit / doch mit anregendem Coffein und reich im Aroma / Tasse für Tasse ein Kaffeegenuß, der[…] verwöhnt Kampagnenspezifische Themen Umsetzung/ Vorkommen des Themas „Blaues Band“ sprachlich: 1 x in Headline, 1 x im Fließtext; außerdem Verweisausdruck diese Auszeichnung; visuell: Blaues Band auf zwei Dallmayr-prodomo-Dosen sprachlich: als Slogan (Sprecher): prodomo verdient das blaue Band visuell: Blaues Band auf Dallmayr-prodomo- Dose sprachlich: im Schlussteil vor dem Slogan: Dafür verdient prodomo das blaue Band Geschmack sprachlich: Lexem Geschmack je 1 x in Headline, Fließtext und Slogan — sprachlich: 2 x Lexem Geschmack (davon 1 x im Slogan) Genuss sprachlich: Kaffeegenießer — sprachlich: Kaffeegenuss (als Bezeichnung für das Produkt) Qualität: Herkunft und Herstellungsverfahren sprachlich: • Wortfeld „Qualität“: Syntagmen zu Herkunft und Herstellungsverfahren v. a. Senderbezug (feinsten Hochlandkaffees komponiert; von Reizstoffen befreit; Kunst, [...] zu erhalten); • die edle Herkunft dieses veredelten sprachlich: Wortfeld „Qualität“: Syntagma zur Produktcharakterisierung produktbezogen (die meisterlich veredelte Spitzenmischung aus feinsten Hochlandkaffees) sprachlich: Wortfeld „Qualität“: Syntagmen zur Produktcharakterisierung v. a. Produktbezug (der meisterlich veredelten Spitzenmischung aus feinsten Hochlandkaffees / [...] von Reizstoffen befreit / [...] anregendem Coffein und reich im Aroma / [...] Kaffeegenuß <?page no="403"?> 393 Kaffees in der Headline • spezialveredelten Kaffee im Fließtext Form/ Gestaltung Mündlichkeit/ Schriftlichkeit (Medium, Konzept) Medium und Konzept: geschriebene Sprache; Ausnahme im Slogan: Lexem eben (gesprochensprachlich) Medium: gesprochene und geschriebene Sprache; vor allem konzeptionelle Schriftlichkeit; Ausnahme: Setzung Medium: gesprochene Sprache; vor allem konzeptionelle Schriftlichkeit; Ausnahme: Setzungen; gesprochensprachliches Lexem eben im Slogan Prosodie — hohes bzw. höheres Sprechtempo (Monolog) Text-Bild-Bezug Textdominanz Textzentriertheit — Zusätzliche Besonderheit Form und (inhaltliche) Struktur der Argumentation sprachlich: ausführliche Beweisführung: • Headline enthält alle zentralen Themen; • Begründung für die Auszeichnung: Herkunftsverweis (produkt- und senderbezogen) • Empfängerbezug am Schluss: Lexem Kaffeegenießer (bevorzugen diesen spezialveredelten Kaffee wegen seines vollendeten Geschmacks) sprachlich: indirekt: • emotionaler Einstieg • Nennung der Argumente (Spitzenmischung aus feinsten Hochlandkaffees) • kein anaphorischer Verweisausdruck Zuschauer muss die Verbindung zwischen Argumenten und Aussage und somit die Konklusion selbst herstellen (mehr Eigenleistung gefordert), visueller Code als Hilfestellung sprachlich: indirekt: • emotionaler Einstieg • Nennung der Argumente (Spitzenmischung aus [...] Hochlandgewächsen / [...] von Reizstoffen befreit / [...] mit anregendem Koffein und reich im Aroma / [...] ein Kaffeegenuß, [...] den empfindlichsten Geschmack verwöhnt) anaphorischer Verweisausdruck als Begründung für die Auszeichnung (dafür verdient [...]) Bewertung (siehe Kap. 5.2e)) <?page no="404"?> 394 • Dallmayr-Kampagne 1998/ 99 990 Gesamtkonzeption 1. Medienübergreifende Botschaft Kein Thema sticht hervor (siehe „(Weitere) Themen“). 2. (Weitere) Themen Print Fernsehen Hörfunk Qualität und Tradition (Anzeige 2, 3, TV-Spot, HF-Spot 2), Genuss (Anzeige 2 und 3, TV-Spot, alle HF-Spots) 3. Argumentationsstrategien (Inhalt) Print Fernsehen Hörfunk emotional (bildzentrierte Werbung): • Anzeigen bestechen durch Größe des Bildes • Mimik der abgebildeten Personen im Mittelpunkt: Sie strahlen Zufriedenheit, genießerisches Innehalten (Kunden) aus bzw. zeigen Sorgfalt bei der Herstellung und dem Verkauf • (Haupt-)Text wirkt wie Bildunterschrift emotional (bildzentrierte Werbung): • wenig Text (erst spät als eine Art Zusammenfassung der Bilder) Bilder zeigen liebevolle Details der Arbeit in den Geschäftsräumen: engagierte, gut gelaunte Mitarbeiter/ innen und eine zufriedene Kundin mit Kind emotional: • deutlich beabsichtigt: Visual-Transfer-Effekt hinsichtlich der Erinnerung der Fernsehbilder: Musik steht lange alleine, Text erst spät im Spot • Atmosphäre durch bekannte festlich klingende Dallmayr-Musik Umsetzung Struktur(elemente) Topline, Schlagzeile • Topline: Aus dem Hause Dallmayr in München • je unterschiedliche Schlagzeile — — Slogan Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee Auffallend ist die sehr kleine Schrift, die auf die jahrelange Bekanntheit des Slogans hindeutet. Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee 990 Die von Dallmayr ausgemusterte Anzeige - ich nenne sie Anzeige 1 - wurde nicht in das Modell einbezogen. <?page no="405"?> 395 Bild Anzeige 2: Kundinnen vor, Verkäuferinnen hinter der Ladentheke; Anzeige 3: Verkäuferin hinter der Ladentheke bei den Porzellanbehältern blickt auf Waage, auf der Packung Dallmayr prodomo steht 18 Bilder: Fassade des Hauses; im Laden werden Details des Arbeitsablaufs der Verkäuferinnen gezeigt; gegen Ende des Spots wird eine junge elegant gekleidete Kundin mit Kind gezeigt, die Kaffee kauft; im Packshot ist eine Tasse Kaffee und eine Packung Dallmayr prodomo - sie fällt um und die Kaffeebohnen breiten sich aus -, zu sehen. — Musik — Dallmayr-Instrumentalmusik Dallmayr-Instrumentalmusik Textstruktur • Topline (Rahmen) • Schlagzeile (Funktion: Zusammenfassung des Bildes, ähnelt einer „vergrößerten“ Bildunterschrift); • Slogan • Aussagesatz (als Zusammenfassung der vorher gezeigten Bilder) • Slogan 1. Spot: Aussagesatz 2. Spot: Aufforderungssatz (Imperativsatz) 3. Spot: Setzung Slogan Textmenge Anzeige 2: 18 Anzeige 3: 19 14 1. Spot: 12 2. Spot: 13 3. Spot: 9 Produktname Dallmayr Prodomo Inhalt Thematisierung des Senders sprachlich: Anzeige 2: Tragetasche mit der Aufschrift Alois Dall(mayr) Münch(en) Anzeige 3: (Dinge, die) werden wir niemals ändern. visuell: Anzeige 2: Verkäuferinnen mit der typischen Dallsprachlich: indirekt: Nur mit Liebe zum Detail visuell: ausführlich dargestelltes Arbeitsleben in den Verkaufsräumlichkeiten (Details), Fassade des Dallmayr- Hauses, Verkäuferinnen; Tragetasche auditiv: Dallmayr-Instrumentalmusik <?page no="406"?> 396 mayr-Kleidung (blaues Kleid, weiße Schürze); Interieur des Ladens (Porzellanbehältnisse, Waage auf der Theke, darauf Packung Dallmayr prodomo) Anzeige 3: Verkäuferin mit der typischen Dallmayr-Kleidung (blaues Kleid, weiße Schürze); Interieur des Ladens mit der Aufschrift Alois Dall(mayr) Münch(en) auditiv: Dallmayr-Instrumentalmusik Thematisierung des Empfängers sprachlich: Anzeige 2: (Wenn schon) die Erwartung (zum) Genuß wird. visuell: Anzeige 2: Zwei Kundinnen und ein Kunde stehen an der Theke. visuell: Kundin mit Kind sprachlich: Spot 1: Beginnen Sie den Tag mit einem Genuß. („Genuss“ als Versprechen empfängerbezogen; referiert als Lexem jedoch auf das Produkt); Spot 2 und 3: vokal-nonverbale Charakteristika / subjektive Perspektive (als würde eine Kundin sprechen) • Schön, daß es so etwas Gutes noch gibt. bzw. • Wie immer / / ein Genuß Thematisierung des Produkts sprachlich: alle Anzeigen: Slogan: Dallmayr prodomo - vollendet veredelter Spitzenkaffee 3. Anzeige: Dinge, die [...] visuell: Anzeige 2: Packung Dallmayr prodomo auf Waage; sprachlich: entsteht das ganz Besondere / / Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee visuell: Während des gesamten Spots werden Utensilien um das Produkt gezeigt: Dallmayr-prosprachlich: Spot 1: mit einem Genuß / / Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee; Spot 2: so etwas Gutes / / Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee; Spot 3: <?page no="407"?> 397 neben dem Slogan: Packung Dallmayr prodomo + Tasse Kaffee; Anzeige 3: Packung Dallmayr prodomo auf Waage (größere Kameraeinstellung als in Anzeige 2); Dosen Dallmayr prodomo unterhalb der Porzellanbehältnisse; neben dem Slogan: Packung Dallmayr prodomo + Tasse Kaffee domo-Tüten, ein Schild, auf das eine Verkäuferin das Wort prodomo malt, Porzellanbehältnisse, in denen sich die Kaffeebohnen befinden, Kaffeebohnen, die in eine Tüte fließen, die Aufschrift prodomo auf dem Porzellanbehältnis und (im Packshot) eine Tasse Kaffee und eine umfallende Dallmayr-prodomo-Tüte, aus der Kaffeebohnen fließen Wie immer / / ein Genuß / / Dallmayr prodomo / / vollendet veredelter Spitzenkaffee (als Versprechen eher empfängerorientiert! ) Kampagnenspezifische Themen Qualität und Tradition sprachlich: Anzeige 3: Es gibt Dinge, die werden wir niemals ändern. visuell: Anzeige 2 und 3: altertümlich, aber edel wirkendes Interieur: alte Waage, Porzellanbehältnisse sprachlich: Nur mit Liebe zum Detail entsteht das ganz Besondere / / (v. a. Qualität ausgedrückt) visuell: Details aus dem Arbeitsalltag der Verkäuferinnen; altertümlich, aber edel wirkendes Interieur auditiv: Dallmayr-Instrumentalmusik sprachlich: Spot 2: so etwas Gutes noch gibt auditiv: alle Spots Dallmayr-Instrumentalmusik Genuss sprachlich: Anzeige 2: Wenn schon die Erwartung zum Genuß wird. visuell: Anzeige 2: Kundinnen, die sich auf den Kaffee freuen visuell: Kundin, die sich auf den Kaffee freut sprachlich: Spot 1: Beginnen Sie den Tag mit einem Genuß. Spot 3: Wie immer / / ein Genuss <?page no="408"?> 398 Form/ Gestaltung Mündlichkeit/ Schriftlichkeit (Medium, Konzept) Medium: geschriebene Sprache; konzeptionell nicht einzuordnen, da zu geringe Textmenge Medium: gesprochene Sprache; konzeptionell nicht einzuordnen, da zu geringe Textmenge Medium: gesprochene Sprache; konzeptionell mündliche Elemente: Anrede des Empfängers, unvollständige Sätze, wie Imperativsatz, elliptische Hypotaxe, Setzung Prosodie — erstmals Off-Sprecherin bei Dallmayr; trägt Text mit warmer, voluminöser und angenehmer Stimme vor; niedriges Sprechtempo Text-Bild-Bezug Bildzentriertheit: Text in Anzeigen und Spot am Schluss bzw. unterhalb des Bildes als eine Art Zusammenfassung/ Interpretation des Visuellen im Sinne des Senders Zusätzliche Besonderheit Intertextualität durch auffallend lange allein stehende Musik soll Visual-Transfer-Effekt greifen Bewertung (siehe Kap. 5.2e) und 5.3e)) • Kampagne „Flensburger Pilsener“ 2002/ 2003 Gesamtkonzeption 1. Medienübergreifende Botschaft Die Kampagne ist vor allem produktbezogen ausgerichtet; im Mittelpunkt steht das Bier, um das herum eine Geschichte erzählt wird. Zusatznutzen ist der (einzigartige) Geschmack. 2. (Weitere) Themen Print Fernsehen Hörfunk (einzigartiger) Geschmack 3. Argumentationsstrategien (Inhalt) Print Fernsehen Hörfunk emotionsbezogen: Im Mittelpunkt steht der einzigartige gute Geschmack des Biers, ein Argument, das nicht auf Fakten, z. B. Hinweisen zu den Inhaltsstoffen, beruht - und deshalb nicht rational, informationsbezogen ist -, sondern auf eine subjektive Sichtweise der Konsumenten zurückzuführen ist. <?page no="409"?> 399 Umsetzung Struktur(elemente) Schlagzeile Wir stehen zum guten Geschmack. Slogan Flensburger Pilsener. Das Flenst. Kommentator: Flensburger Pilsener. auch als Schrifteinblendung Kommentator: Flensburger Pilsener. Das flenst. Bild Fünf Männer stehen vor einem Kneipentresen, sehen den Betrachter (scheinbar) direkt an; rechts vorne steht ein Bierglas und eine Flasche mit Schnappverschluss 21 Bilder Musik — kurzes Intro sowie (leise) Töne, die die Aussage Flens gib´s hier nich unterstreichen Geräusche Fehlende auditive Möglichkeiten werden durch typographische Elemente aufgefangen (Ersatz): plop als Verschriftlichung des Geräusches beim Flaschenöffnen: Schriftzug aufsteigend angebracht Nachahmung der Bewegung des Flaschenstöpsels • Geräusch beim Öffnen der Tür, • Schritte der fünf Männer und Rascheln der Kleidung • Zuschlagen der Tür • Geräusch beim Flaschenöffnen (fünfmal) • Geräusch von Möwen, Rauschen des Wassers • fünfmal Aah nach dem ersten Schluck (evtl. statt Das flenst? Vgl. Print/ HF) • Geräusch beim Türeöffnen, • Schritte der fünf Männer und Rascheln der Kleidung • Zuschlagen der Tür • Geräusch beim Flaschenöffnen (zweimal: vor Slogan und nach Nennung des Produktnamens) Weitere Textelemente Plop Textstruktur Schlagzeile, Slogan Dialog + Slogan (Kommentator) Dialog + Slogan (Kommentator) <?page no="410"?> 400 Textmenge 10 991 35 (+ fünf Mal Aah) (+ 2 geschriebensprachliche Wörter) 37 Produktname Flensburger Pilsener Inhalt Thematisierung des Senders www.flens.de (für Flensburger Brauerei) — — Thematisierung des Empfängers sprachlich: Wir stehen (die fünf Männer stehen stellvertretend für den Konsumenten bzw. sollen diesen zum Kauf anregen) visuell: fünf Männer, die Flens verlangen sprachlich: Naa, was wollt ihr? (Frage wird den Männern stellvertretend für die Kunden gestellt) visuell: fünf Männer, die Flens verlangen sprachlich: Naa, was wollt ihr? Thematisierung des Produkts sprachlich: Flensburger Pilsener. Das Flenst. visuell: Bierflasche + Glas • Flens, Flens, Flens, Flens, Flens • Flens gib´s hier nich [...] (verstärkend) Flens gib´s hier nich. • Flensburger Pilsener. • Flens, Flens, Flens, Flens, Flens • Flens gib´s hier nich [...] (verstärkend) Flens gib´s hier nich. • Flensburger Pilsener. Das flenst. Kampagnenspezifische Themen Geschmack sprachlich: Wir stehen zum guten Geschmack. sprachlich: indirekt präsent durch Kaufwunsch und Enttäuschung über fehlendes Produkt visuell-auditiv: Aah beim Trinken des Biers; Männer sitzen am Ufer, genießen ihr Bier. sprachlich: nur indirekt präsent durch Kaufwunsch und Enttäuschung über fehlendes Produkt 991 Das Etikett wird als sekundärsprachliches Element nicht berücksichtigt. <?page no="411"?> 401 Form/ Gestaltung Mündlichkeit/ Schriftlichkeit (Medium, Konzept) Medium: geschriebene Sprache, Konzept: aufgrund der geringen Textmenge nicht eindeutig zuzuordnen mediale Mündlichkeit im HF, im TV mediale Mündlichkeit sowie Schriftlichkeit (Einblendungen); Konzept gesprochene Sprache (Dialog): Nachahmung spontan gesprochener Sprache (Fragen und Antworten); Dialektale Grußformeln: Moin; Tschüss ist mittlerweile weit verbreitet); Funktion: regionalsprachlicher Bezug, Hinweis auf Herkunft des Produkts, da zumindest die TV-Spots nur regional ausgestrahlt wurden; umgangssprachliche Elemente: Apokope (nich); Verschleifung / Kontraktion zweier Wörter (gib´s statt gibt es) Interjektion (Aah); einleitende Gesprächspartikel Naa; Prosodie — Klangfarbe zum Ausdruck von Einstellungen und Gefühlen: 992 (fünffache) Überraschung / Verwunderung (Was? ); Betonung der Wiederholung der Antwort Flens gib´s hier nich. sowie der Gesprächspartikel Naa. Text-Bild-Bezug Bildzentriertheit Textzentriertheit Zusätzliche Besonderheiten Intertextualität Visual-Transfer-Effekt (TV, HF); HF- Spot ist sprachlich und auditiv so weit wie in diesem Medium möglich mit TV-Spot identisch. 992 Schwitalla, 2006, 79ff. <?page no="412"?> 402 Varietäteneinfluss (als Stilmerkmal) sprachlich: dialektale Grußformeln (Moin, Tschüss); weitere umgangssprachliche Elemente (siehe „Mündlichkeit/ Schriftlichkeit“); auditiv: Rauschen des Wassers; Rufe der Möwen visuell: Kulisse des Schlussbildes: Männer sitzen auf Boot; Möwen sind zu sehen; sprachlich: dialektale Grußformeln (Moin, Tschüss); weitere umgangssprachliche Elemente (s. o.); Rhetorische Figur: Repetition fünffache Nennung des Kaufwunsches (Flens), fünffacher Ausdruck der Verwunderung (Was? ), fünffache Abschiedsformel (Tschüss); Funktion: jeweils Verstärkung der Aussage; Okkasionalismus Das Flenst. Das flenst. Mimik/ kameratechnische Einstellungen Parallelität zu Äußerungen, aussagekräftige Mimik: • entsetzte Gesichter zum Ausdruck von Überraschung / Verwunderung über das fehlende Bier (dabei sieht ein Mann den nächsten an, indem er den Kopf dreht); • Frage des Mannes hinter dem Tresen wird durch ein mürrisches Gesicht unterstrichen; • Wunsch der fünf Männer wird mit erwartungsfroher Mimik vorgetragen • zufriedene Ge- <?page no="413"?> 403 sichter beim Trinken des Biers Die Mimik wird durch die häufigen Kameraeinstellungen „Nahe“ und „Große“ (Gesicht mit/ ohne Teil des Oberkörpers) unterstützt. Bewertung (siehe Kap. 5.3e)) <?page no="414"?> 15 Synchrone Mehrmedialität im Überblick Übereinstimmung der Werbemittel Alete (Anzeige, TV- Spot) Bernbacher (Anzeige, Plakat) Coca-Cola (Anzeige, TV- Spot) Slogan ( Platzierung am Ende) Übereinst. (in TV zusätzliche Einblendung) Übereinst. Übereinst. (kein Slogan) Slogan (unterschiedliche Platzierung) Headline Anzeige enthält Headline, entspricht inhaltlich variiert dem Text des TV-Spots Schlagzeile Textstruktur (klassisch, nur „Grobstruktur“) Variation (Print: Headline - Fließtext - Slogan; TV: Monolog + Slogan) Übereinst. Übereinst. (nur sekundärer Text) Textmenge keine Übereinst. keine Übereinst. Übereinst. (in sekundärem Text) weitere sprachl./ bildl. Elemente Übereinst.: Internetadresse, Markenlogo; keine Übereinst.: Print: Add; weiteres Logo, Bildtext teilweise Übereinst.: Internetadresse, Logo und Bildtext (Print), weiteres graphisches Logo in der Anzeige Übereinst.: Markenlogo (Print, TV); keine Internetadresse Bild Übereinst. durch Übernahme eines TV- Bildes für Anzeige Übereinst. Übereinst. Durch Übernahme eines TV-Bildes für Anzeige Anzahl der Bilder (TV) 993 16 Bilder/ 25 Sek. — 8 Bilder/ 30 Sek. Musik Anzeige/ TV Kategorie entfällt Anzeige/ Plakat Kategorie entfällt Anzeige/ TV Kategorie entfällt Geräusche Anzeige/ TV Kategorie entfällt Anzeige/ Plakat Kategorie entfällt Anzeige/ TV Kategorie entfällt 993 Hier geht es nicht mehr um die Feststellung der Bezugnahme. <?page no="415"?> 405 Dallmayr (Anzeige, TV-, HF-Spot) Löwenbräu (Plakat, HF-Spot) Flensburger (TV-, HF-Spot) Stadtwerke München (Plakat, TV- Spot) Versicherungs kammer Bayern (TV-, HF-Spot) Übereinst. keine Übereinst., gemeins. Sloganteil Übereinst. Übereinst. Übereinst. Anzeige enthält Schlagzeile, entspricht strukturell dem Text von HF- und TV-Spot; zusätzlich Topline Übereinst. (Anzeige, TV-, HF-Spot) Variation (HF: Dialog + Slogan; auditive Wiedergabe des Plakatbildes) Übereinst. (TV, HF: Dialog) Variation (Zusatz im TV: Song) Übereinst. (TV, HF: Dialog mit geringer Variation in sprachl. Umsetzung) (weitgehende) Übereinst. (Anzeige, TV-, HF-Spot) keine Übereinst. Übereinst. Übereinst. (unter Vernachlässigung des Songs) Übereinst. Übereinst.: graphisches Logo (primär in Anzeige, sekundär in TV-Spot); keine Internetadresse keine Übereinst. möglich (Print/ HF): Markenlogo auf dem Plakat keine Übereinst. möglich (TV/ HF): Markenlogo sekundär im TV teilweise Übereinst.: Internetadresse (Print); Markenlogo (Print, TV) Übereinst.: keine Internetadresse; keine Übereinst. möglich (TV/ HF): Markenlogo im TV Übereinst.: Übernahme eines TV-Bildes für Anzeige TV/ HF Kategorie entfällt TV/ HF Kategorie entfällt Übereinst.: Übernahme eines TV-Bildes für Plakat TV/ HF Kategorie entfällt 18 Bilder/ 30 Sek. — 21 Bilder/ 25 Sek. 36 Bilder/ 60 Sek. 6 Bilder (+ Packshot)/ 20 Sek. Übereinst. (TV/ HF): Instrumental Plakat/ HF Kategorie entfällt keine Übereinst.: keine Musik im TV Plakat/ TV Kat. entfällt Übereinst.: Musikteppich Übereinst.: keine Geräusche Plakat/ HF Kategorie entfällt teilweise Übereinst. Plakat/ TV Kat. entfällt teilweise Übereinst. <?page no="416"?> 406 Fortsetzung der Tabelle Alete (Anzeige, TV- Spot) Bernbacher (Anzeige, Plakat) Coca-Cola (Anzeige, TV-Spot) Sender als Thema (Häufigkeit der Erwähnung) keine Übereinst.: häufigere Erwähnung im Spot als in der Anzeige in der Anzeige ein Mal mehr erwähnt Übereinst.: kommt in Anzeige und TV nicht vor Empfänger als Thema keine Übereinst.: stärkere Thematisierung im Fließtext der Anzeige) keine Übereinst. Übereinst.: kommt in Anzeige und TV nicht vor Produkt als Thema keine Übereinst. (stärkere Thematisierung in der Anzeige; Darstellerin im TV erwähnt Produktnamen nicht) Übereinst. Übereinst. (in sekundärem Text: Print und TV) Kampagnenspezifische Themen Übereinst. Übereinst. (jedoch stärkere Präsenz in der Anzeige) Übereinst. (jedoch stärkere Präsenz im TV durch Story/ Handlungsablauf) Konzept (Mündlichkeit/ Schriftlichkeit) Übereinst.: Mündlichkeit Kategorie entfällt (Plakat wegen Textknappheit nicht zuzuordnen; Anzeige: Mündlichkeit) kein primärer Text Prosodie Kategorie entfällt (TV: Klangfarbe, Pausen Ruhe, Nachdenklichkeit) Kategorie entfällt Kategorie entfällt Text-Bild-Bezug keine Übereinst. (Anzeige: textdominant, TV: bildzentriert) Übereinst.: reziprok monosemierend Übereinst.: bilddominant <?page no="417"?> 407 Dallmayr (Anzeige, TV- und HF-Spot) Löwenbräu (Plakat, HF-Spot) Flensburger (TV und HF-Spot) Stadtwerke München (Plakat, TV-Spot) Versicherungs kammer Bayern (TV-, HF-Spot) keine Übereinst. (am wenigsten präsent im HF) keine Übereinst.: nur auf Plakat vorhanden in Form des Logos Übereinst.: kommt in TV und HF nicht vor keine Übereinst. (stärkere Thematisierung auf dem Plakat) keine Übereinst.: (häufigere Erwähnung im TV als im HF) Übereinst. Übereinst.: Versprachlichung des Bildes im HF Übereinst. (jedoch stärkeres Gewicht im TV durch visuelle Komponente) Keine Übereinst. (stärkere Präsenz im TV, jedoch auch auf Plakat visuell vorhanden) Übereinst. (jedoch stärkeres Gewicht im TV durch visuelle Komponente) Übereinst. variierte Übereinst. variierte Übereinst. (im HF zusätzlich Okkasionalismus Das flenst.) Übereinst. (nur sprachliche Nennung) Übereinst. (jedoch stärkeres Gewicht im TV durch visuelle Komponente) Übereinst. Übereinst. (Bild auf Plakat - Sprache und Geräusche im HF) Übereinst. Übereinst. (stärkere Präsenz im TV durch Lied(text) und viele Einzelbilder (Story) Übereinst. (jedoch stärkeres Gewicht im TV durch visuelle Komponente) wegen Textknappheit nicht zuzuordnen Kategorie entfällt (Plakat wegen Textknappheit nicht zuzuordnen; HF: Mündlichkeit) Übereinst.: Mündlichkeit Kategorie entfällt wegen Textknappheit (Plakat/ TV; TV zusätzlich durchgehender Song) Übereinst.: Mündlichkeit Übereinst. (HF/ TV): angenehme, Frauenstimme; langsames Sprechtempo Kategorie entfällt (HF: niedriges Sprechtempo Ruhe, Genuss in der Natur) Übereinst.: Dialoge/ story: Klangfarbe, Betonung Gefühlsausdruck im TV parallel Mimik/ Gestik) Kategorie entfällt Übereinst.: Dialoge/ story: Klangfarbe, Betonung Gefühlsausdruck im TV parallel Mimik/ Gestik) Übereinst. (Anzeige/ TV): bildzentriert Plakat/ HF Kategorie entfällt (Plakat: bilddominant) TV/ HF Kategorie entfällt (TV: textzentriert) Keine Übereinst. (Plakat: bilddominant, TV: bildzentriert wg. Song) TV/ HF Kategorie entfällt (TV: textzentriert) <?page no="418"?> 408 Eingeschränkte Bezugnahme Beate Uhse (Anzeige, TV- Spot) Bernbacher (TVzu HF- Spot, beide zu Plakat und Anzeige) Slogan (Inhalt und Platzierung) Übereinst. inhaltl. Variationen; unterschiedliche Platzierung; Übereinst. nur Plakat und Anzeige (oberhalb des Bildes) und TVzum HF- Spot (am Schluss) Slogan(inhalt) bei unterschiedlicher Platzierung Headline Schlagzeile Textstruktur Übereinst. keine Übereinst. Textmenge Übereinst. keine Übereinst. (Ausnahme: ungefähre Übereinst. TV/ HF) Weitere sprachl./ bildl. Elemente teilweise Übereinst.: graphisches Logo, Internetadresse, Telefonnummer; Zusatz oder im Fachhandel (Anzeige) bzw. oder im Handel (TV); in der Anzeige: Beate-Uhse-Logo keine Übereinst.: graphisches Logo: primär in Anzeige, Plakat; sekundär in TV-Spot; Internetadresse nur in Printwerbung Bild Variation eines thematisch wichtigen visuellen Elements des TV-Spots als Bild für das Plakat Übereinst. Anzahl der Bilder 994 14 Bilder/ 30 Sek. 2 Bilder/ 20 Sek. Musik Print/ TV Kategorie entfällt Übereinst. zwischen TV und HF: keine Musik Geräusche Kategorie entfällt keine Übereinst. (TV, HF) 994 Hier werden nur die in der Tabelle „Übereinstimmung“ nicht genannten TV-Spots ergänzt. <?page no="419"?> 409 Budget (Anzeige, HF-Spot) Flensburger (Anzeige zu TV- und HF-Spot) Versicherungskammer Bayern (Anzeige zu TV- und HF-Spot) Übereinst. Übereinst. (nur Anzeige zu HF-Spot) Übereinst. / trifft zu (Slogan bei Plakat zweigeteilt: ober- und unterhalb des Bildes) Headline in Anzeige Schlagzeile in Anzeige keine Übereinst. keine Übereinst. keine Übereinst. keine Übereinst. keine Übereinst. keine Übereinst. keine Übereinst.: graphisches Logo, Internetadresse und Insert in Anzeige keine Übereinst.: Internetadresse nur in Anzeige; teilweise Logo (sekundär in Anzeige und TV) teilweise Übereinst.: Logo auf Plakat und im TV; in keinem Werbemittel Internetadresse Anzeige/ HF Kategorie entfällt Übereinst. (Bild der Anzeige ist ein Bild des TV-Spots) Variation eines thematisch wichtigen visuellen Elements des TV-Spots als Bild für das Plakat Print/ HF Kategorie entfällt Print - TV/ HF Kategorie entfällt Print - TV/ HF Kategorie entfällt Kategorie entfällt Kategorie entfällt Kategorie entfällt <?page no="420"?> 410 Fortsetzung der Tabelle Beate Uhse (Anzeige zu TV-Spot) Bernbacher (TVzu HF- Spot, beide zu Plakat und Anzeige) Sender als Thema Übereinst. keine Übereinst. (außerdem sehr unterschiedliche Sendererwähnung) Empfänger als Thema Übereinst. keine Übereinst. (stärkere Präsenz in elektron. Werbemitteln) Produkt als Thema Übereinst. in etwa Übereinst. (in TV, HF und Anzeige), keine Übereinst. (zu Plakat) Kampagnenspezifische Themen Übereinst. teilweise Übereinst. Konzept (Mündlichkeit/ Schriftlichkeit) Übereinst. (aber konzeptionelle Mündlichkeit wird in TV deutlicher) Übereinst. (TV, HF, Print: konzeptionelle Mündlichkeit) Prosodie Kategorie entfällt (Kommentator im TV: nüchtern-seriös Gegengewicht zum Produkt; Betonung weniger Wörter) Übereinst. (TV, HF, wenn auch zu ganz unterschiedlichem Inhalt) Text-Bild-Bezug Übereinst. (reziprok monosemierend) keine Übereinst. (TV: textzentriert; Anzeige/ Plakat: reziprok monosemierend) Keine unmittelbare Bezugnahme Coca-Cola (HF-Spot zu Anzeige/ TV-Spot) Textbausteine Übereinst. (zu Print, TV: kein Slogan) Textstruktur keine Übereinst. Textmenge keine Übereinst. weitere sprachl./ bildl. Elemente keine Übereinst. Musik Übereinst. (zu TV) Sender als Thema keine Übereinst. Empfänger als Thema keine Übereinst. Produkt als Thema keine Übereinst. Kampagnenspezifische Themen keine Übereinst. Konzept (Mündlichkeit - Schriftlichkeit) keine Übereinst. Prosodie keine Übereinst. (nur sekundärer Text in Print und TV) <?page no="421"?> 411 Budget (Anzeige zu HF- Spot) Flensburger (Print zu TV und HF) Versicherungskammer Bayern (Print zu TV und HF) keine Übereinst. (stärkere Präsenz in Anzeige) keine Übereinst. (nur in Anzeige Erwähnung des Senders) Übereinst. (zwischen Plakat und TV/ HF) keine Übereinst. (stärkere Präsenz in Anzeige) Übereinst. (zwischen Anzeige und elektron. Werbemitteln) keine Übereinst. (stärkere Präsenz in elektron. Werbemitteln) keine Übereinst. (stärkere Präsenz in Anzeige) keine Übereinst. (geringste Präsenz in Anzeige) Übereinst. (Anzeige und elektron. Werbemittel) Übereinst. Übereinst. Übereinst. Kategorie entfällt (HF: konzeptionelle Mündlichkeit) keine Übereinst. (Plakat wegen Textknappheit nicht zuzuordnen) keine Übereinst. (Plakat wegen Textknappheit nicht zuzuordnen) Kategorie entfällt (HF: unterschiedliche Klangfarbe der Sprecher im Dialog; Betonung von Wörtern) Kategorie entfällt Kategorie entfällt Anzeige/ HF Kategorie entfällt (Anzeige: textzentriert) keine Übereinst. (Anzeige: bildzentriert, TV: textzentriert) keine Übereinst. (Plakat: bilddominant, TV: textzentriert) Stadtwerke München (HF-Spot zu Plakat/ TV-Spot) keine Übereinst. (aber gemeinsamer Sloganteil) keine Übereinst. keine Übereinst. keine Übereinst. keine Übereinst. keine Übereinst. keine Übereinst. keine Übereinst. Übereinst. (jedoch inhaltlich und formal unterschiedliche Umsetzung) keine Übereinst. (HF konzeptionelle Mündlichkeit; Plakat und TV-Spot wegen Textarmut keiner Kategorie zuzuordnen) keine Übereinst. (unterschiedliche Umsetzung der Strategie) <?page no="422"?> 16 Glossar Folgend werden in dieser Arbeit verwendete, jedoch vorher nicht erklärte Termini, die im Zusammenhang mit der Spotproduktion stehen, erläutert: Akteur: Als Akteure bezeichne ich Personen, die in den Spots auftreten. Gleichbedeutend wird auch der Terminus „Darsteller“ verwendet. (Über-)Blende Fließender Bildübergang. (Cold) Cut: Harter Schnitt: Ein Musikstück wird mit einem Abschlusston beendet; es erfolgt keine Ausblendung. Einstellgrößen: Totale (Szene ist ganz sichtbar), Halbtotale (größerer Ausschnitt einer Szene), Halbnahe (z. B. Person ist vollständig sichtbar), Nahe (z. B. Gesicht und Oberkörper), Große (z. B. nur Gesicht), Detail. 995 Kameraeinstellung: „einzelne, nicht unterbrochene Filmaufnahme“, 996 auch „Take“ genannt. Jingle: Kurzmelodie; „wird meist zu Anfang oder am Ende oder mehrfach innerhalb des Spots eingesetzt […]. übernimmt Signalfunktionen“. 997 Auch der gesungene Slogan wird von Wissenschaftlern und Medienpraktikern häufig als „Jingle“ bezeichnet. 998 Musikteppich: Gemeint ist Instrumentalmusik, mit der der Spot zum Zweck der Untermalung und Schaffung einer bestimmten Atmosphäre unterlegt wird. 999 Off-Sprecher/ in: Er/ Sie spricht am Schluss eines Spots die Endaussage oder ist allein für den gesamten Text zuständig, das heißt, es geht beispielsweise kein Dialog voraus. Gleichbedeutend wird auch der Terminus „Kommentator“ oder „voice over“ verwendet. In Fernsehspots ist der Off-Sprecher, der Bezeichnung „Off“ entsprechend, nicht sichtbar. Packshot: Produktpräsentation am Ende eines Spots. Perspektiven: von oben (Vogelperspektive), in Augenhöhe, von unten (Froschperspektive). 995 Die Definitionen der Kameraeinstellungen erfolgen nach der Gliederung des Fernsehpraktikers Jochen Kölsch (Bayerischer Rundfunk, Redaktion ARTE, München) sowie nach Straßner, 1985, 279ff. 996 Kreuzer, 1982, 110. 997 Kaloff, 1982, 1295. Er zählt dazu auch die Vertonung des Slogans: „[…] einer der ältesten […] Jingles ist ›Nichts geht über Bärenmarke, Bärenmarke zum Kaffee.‹” 998 Vgl. Reimann, 2008b, 167-187. 999 Seyfarth, 1995, 286. <?page no="423"?> 413 Schnitt: Der abrupte Übergang von einer Szene zur folgenden. Schwenk: Er erfolgt von einem festen Standort aus und ist in alle Richtungen möglich (vertikal, horizontal, diagonal oder kombiniert); ein Schwenk verbindet zwei Einstellungen miteinander. Slow-motion: Es handelt sich um den Effekt der Zeitlupe; er wird durch eine erhöhte Bildzahl bei der Aufnahme und der Wiedergabe in normaler Bildgeschwindigkeit erreicht. Weitwinkel: Durch die Änderung der Brennweite wird eine Erweiterung der für das menschliche Gesichtsfeld erfassbaren Sicht erzielt; Räume wirken beispielsweise größer. Den umgekehrten Effekt erreicht man durch Teleaufnahmen (Fokussierung). Zoom: Die Kamera „fährt“ auf einen Gegenstand zu, der Bildausschnitt wird verändert, ohne dass die Kamera eine neue Position einnimmt; es handelt sich also um eine simulierte Fahrt, ermöglicht durch das Kameraobjektiv. Konzepte: 1000 Das Drehbuch: Der Spotablauf wird, getrennt in den visuellen und den akustischen (Sprache, Musik, Geräusche) Teil, niedergeschrieben. Das Storyboard: Das Storyboard erweitert das Drehbuch um gezeichnete Bilder. So sollen visuelle Zusammenhänge deutlich werden. 1000 Vgl. Seyfarth, 1995, 350ff. <?page no="424"?> E Verzeichnis der Abbildungen, Tabellen und Graphiken 17 Abbildungen S. 3 Abbildung 1: CD von Haindling, Werbung der Versicherungskammer Bayern. S. 3 Abbildung 2: Verkehrsmittelwerbung der Versicherungskammer Bayern, S-Bahn München. S. 3 Abbildung 3: Badetuch, Werbung der Versicherungskammer Bayern. S. 86 Abbildung 4: Anzeige der Kampagne „Beate Uhse“. S. 92 Abbildung 5: Ausschnitt aus dem TV-Spot „Neulich beim Abgang“ der Kampagne „Flensburger Pilsener“. S. 93 Abbildung 6: Plakat („Rente“) der Kampagne „Versicherungskammer Bayern“. S. 100 Abbildung 7: Plakat „Liebespaar“ der Kampagne „Stadtwerke München“. S. 101 Abbildung 8: Plakat „fotografierende Asiaten“ der Kampagne „Stadtwerke München“. S. 114 Abbildung 9: Ausschnitt aus dem Dialogspot von Dallmayr (1961). S. 115 Abbildung 10: Dallmayr-Haus in der Dienerstraße in München. S. 117 Abbildung 11: Anzeige „Verkäuferin“ der Dallmayer-Kampagne „1998/ 99“. S. 117 Abbildung 12: Anzeige „junge Frau“ der Dallmayr-Kampagne „1998/ 99“. S. 126 Abbildung 13: Ausschnitt aus dem TV-Spot der Kampagne „Geschmack/ Blaues Band“ (1978) von Dallmayr. S. 159 Abbildung 14: Ausschnitt aus dem TV-Spot der Kampagne „Coca- Cola“. S. 172 Abbildung 15: Ausschnitt aus dem TV-Spot der Kampagne „Beate- Uhse-Kanal auf Premiere World“. S. 177 Abbildung 16: Plakat der Kampagne „Bernbacher“. S. 177 Abbildung 17: Anzeige der Kampagne „Bernbacher“. S. 193 Abbildung 18: Alete-Anzeige mit Veronica Ferres. S. 196 Abbildung 19: Ausschnitt aus dem TV-Spot der Kampagne „Bernbacher“. S. 204 Abbildung 20: Dallmayr-Anzeige „Mit nichts zu vergleichen“ (1982). S. 206 Abbildung 21: Dallmayr-Anzeige „Ganzes Pfund“ (1984). S. 208 Abbildung 22: Dallmayr-Anzeige „Verlosungskampagne Kenia“ (1995). S. 243 Abbildung 23: Ausschnitt aus einem TV-Spot der Kampagne „Kostbarkeiten“ (1956/ 57). S. 244 Abbildung 24: Anzeige „Dallmayr-Weihnachtskiste“ (1915). S. 244 Abbildung 25: Dallmayr-Anzeige „Liebesgabe“ (1914). S. 247 Abbildung 26: Ausschnitt aus dem Löwenbräu-TV-Spot „Brau- <?page no="425"?> 415 meister“ (1966). S. 249 Abbildung 27: Löwenbräu-Plakat „Frau mit Löwe“ (1990). S. 249 Abbildung 28: Löwenbräu-Bierdeckel. S. 250 Abbildung 29: Löwenbräu-Printwerbung aus der Plakatreihe 1998- 2001. S. 251 Abbildung 30: Ausschnitt aus dem Bärenmarke-TV-Spot „Die Ergiebige“ (1970er Jahre). S. 256 Abbildung 31: Kaffee-Packung von Dallmayr (1960er Jahre). S. 256 Abbildung 32: Kaffee-Packung von Dallmayr (1972). S. 258 Abbildung 33: Löwenbräu-Malzbier-Flasche (1966). S. 260 Abbildung 34: Löwenbräu-Triumphator-Plakat (1959). S. 262 Abbildung 35: Ausschnitt aus dem Löwenbräu-Kinospot „Triumphator“ (1959). S. 263 Abbildung 36: Bärenmarke-Anzeige „mit Bär“ (1959). S. 264 Abbildung 37: Bärenmarke-Anzeige „ohne Bär“ (1957). S. 272 Abbildung 38: Löwenbräu-Plakat „Bayerische Heimat“ (1971). S. 273 Abbildung 39: Löwenbräu-Plakat „Mann mit Bierkrug“ (1978-79). S. 274 Abbildung 40: Anzeige der Kampagne „Der Löwenbräu“ (1975). S. 274 Abbildung 41: Plakat der Kampagne „Der Löwenbräu“ (1975). S. 276 Abbildung 42: TV-Spot-Ausschnitte aus der Kampagne „Die leichte 4“ (1974-1980). S. 280 Abbildung 43: Anzeige „Keine ist ergiebiger“ (1975). S. 280 Abbildung 44: Anzeige „Voralpenland/ Keine ist ergiebiger“ (1975). S. 305 Abbildung 45: Dallmayr-Streifenanzeige der 50er Jahre. S. 307 Abbildung 46: Ausschnitt aus dem Bärenmarke-TV-Spot „Die Milch“ (2001). S. 308 Abbildung 47: Plakat Löwenbräu-Alkoholfrei „Turnschuhe“ (1985- 1986). S. 308 Abbildung 48: Plakat Löwenbräu-Alkoholfrei „Münchner Freiheit, Paar“ (1987-1988). S. 308 Abbildung 49: Plakat Löwenbräu-Alkoholfrei „Mann am Wasser“ (1988). S. 308 Abbildung 50: Plakat Löwenbräu-Alkoholfrei „Löwe und Frau“ (1990). S. 338 Abbildung 51: Ausschnitt aus einem TV-Spot der Kampagne „Luxus“ (1972). S. 340 Abbildung 52: Ausschnitt aus einem TV-Spot der Kampagne „Kaffee mit Blume“ (1967). <?page no="426"?> 18 Tabellen und Graphiken S. 56 Tab./ Graphik 1: Intermediale Bezüge (Rajewsky, 2002, 157). S. 60 Tab./ Graphik 2: Intermedialität (Rajewsky, 2002, 157). S. 69 Tab./ Graphik 3: Zum Medieneinsatz (ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH, 2002a, 22). S. 77 Tab./ Graphik 4: Analysemodell. S. 91 Tab./ Graphik 5: Textbausteine (Platzierung, Inhalt, Funktion). S. 112 Tab./ Graphik 6: Exemplarische synchrone und diachrone Mehrmedialität. S. 164f. Tab./ Graphik 7: Synchrone Mehrmedialität. Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb der Kampagnen. S. 184 Tab./ Graphik 8: Synchrone Mehrmedialität. Textmenge der TV-Spots. S. 184 Tab./ Graphik 9: Synchrone Mehrmedialität. Textmenge der HF-Spots. S 185 Tab./ Graphik 10: Synchrone Mehrmedialität. Textmenge der Plakate. S. 185 Tab./ Graphik 11: Synchrone Mehrmedialität. Textmenge der Anzeigen. S. 209 Tab./ Graphik 12: Diachrone Mehrmedialität. Zusammenspiel der Werbemittel innerhalb der Kampagnen. S. 213 Tab./ Graphik 13: Diachrone Mehrmedialität. Textmenge der übereinstimmenden Werbemittel. S. 229ff. Tab./ Graphik 14: Diachrone und synchrone Mehrmedialität im Vergleich. S. 276f. Tab./ Graphik 15: Die 1970er-Jahre-Kampagnen von Löwenbräu, Dallmayr und Bärenmarke. Sämtliche Ausschnitte aus den Einzelanalysen wurden nicht in das Verzeichnis aufgenommen. <?page no="427"?> F Quellen 19 CD-Roms, DVDs, Video-, Hörfunk-Kassetten Bärenmarke CD mit 40 Anzeigen und Plakaten der Nestlé Deutschland AG. Zwei Videokassetten mit TV- und Kinowerbung der Nestlé Deutschland AG sowie des Teddymuseums Klingenberg (75 Werbefilme ab 1957). CD mit 10 Spots vom 25.03.1955 (HWA-Datenbank Nr. 133/ 13). CD mit 6 Spots vom 13.08.1956 (HWA-Datenbank Nr. 133/ 28). CD u. a. mit Spot „Für die Qualität der Milch […]“ vom 12.12.1958 (HWA-Datenbank Nr. 133/ 44). CD mit 20 Spots vom 12.06.1959 (HWA-Datenbank Nr. 133/ 47). CD mit Spot „Zwetschgendatschi“ vom 13.08.1968 (HWA-Datenbank Nr. 133/ 59). CD mit dem Informationsband zu Die leichte 4 vom 06.09.1976 (HWA-Datenbank Nr. 133/ 72). Dallmayr Videokassette mit 6 TV-Spots (1985-2001). Videokassette mit 19 TV-Spots (1967-1985). DVD mit 45 TV-Spots (50er/ 60er Jahre). HF-Kassetten mit 470 HF-Spots (1954-1965) der Dialogspot-Serie. HF-Kassetten mit je 1-5 Spots zu den weiteren Kampagnen (1967-2001). Löwenbräu CD mit 141 Plakaten (ab 1913) sowie Bierdeckeln, Sponsoring und Sortimentaufnahmen des Historischen Archivs der Spaten Brauereibeteiligung und Immobilien KGaA München. 5 CDs mit Hörfunkwerbung (321 Spots ab den 1950er Jahren). CD der Werbeagentur Heye & Partner mit dem HF-Spot „Allein zu zweit“ (09.04.2001). 5 DVDs mit TV- und Kinowerbung (52 Spots sowie 6 Brauereifilme ab 1929). Weitere Marken 1945 bis 1995. 50 Jahre Werbung in Deutschland, hrsg. vom Deutschen Werbemuseum e. V., Frankfurt am Main (Videokassette). CD der Werbeagentur Heye & Partner in Unterhaching bei München (vom 19.11.2002) mit Werbemitteln und Angaben zu den Strategien der Marken Versicherungskammer Bayern und Beate-Uhse-Kanal auf PremiereWorld. CD „Die Gewinner 2003. 23. ARD Radio-Kreativ-Wettbewerb 2003“ mit dem TV- und HF-Spot von Flensburger Pilsener „Neulich beim Abgang“ CD der Werbeagentur Publicis GmbH Frankfurt: Renault Nissan Deutschland AG: „Renault Clio ‚Das Duell’ “ (Website). CD der Serviceplan Gruppe für innovative Kommunikation GmbH & Co. KG, München (vom 01.12.2003) mit Werbemitteln und Angaben zu den Strategien der Marken Bernbacher, Budget und Stadtwerke München. CD mit einem HF-Spot von Persil (17.12.1973, HWA-Datenbank Nr. 533/ 73). CD mit einem HF-Spot von Persil (06.11.2004, Radio Galaxy, Ingolstadt). CD mit einem HF-Spot von Werthers Echte (12.11.1971, HWA-Datenbank Nr. 305/ 9). <?page no="428"?> 418 Hörfunkkassette von AC Nielsen Media International, Hamburg mit einem HF-Spot von Coca-Cola, gesendet am 03.04.1999 auf Antenne Mecklenburg-Vorpommern. Videokassette von AC Nielsen Media International, Hamburg mit einem TV-Spot von Coca-Cola, gesendet am 15.02.1999 auf Pro7. Videokassette von Nestlé-Alete mit dem TV-Spot „Alles Gute“ (Veronica Ferres), 07.11.2001. 20 Zeitschriften, Zeitungen, Manuskripte Anzeige Alete : E LTERN , Dezember 2001. Anzeige Coca-Cola: B RAVO 8/ 1999. Anzeige Flensburger Pilsener (Homepage der Agentur ad.quarter, Hamburg, Zugriff am 20.12.2003). Anzeige Holsten Pilsener: Haushaltsjournal, Ausgabe 6/ 1999. Anzeige O.B.-Tampons: B RAVO , 9/ 1999. Anzeige „Renault Clio ‚Das Duell’ “: S TERN , 37/ 07.09.2000. Bärenmarke-Anzeigen (chronologisch) 3 „Anzeigen mit Bär“ 1959 (Nestlé Deuschland AG, Frankfurt, ohne nähere Angaben). 6 Künstlerzeichnungen („Anzeigen ohne Bär“) 1957 und 1958 (Nestlé Deutschland AG, Frankfurt, ohne nähere Angaben). Anzeige 9.999 Bären von Bärenmarke zu gewinnen.): M EINE F AMILIE & I CH , 6/ 1974, 15. 75 Jahre Bärenmarke. Eine schöne Geschichte mit 7.575 Gewinnen. 1987/ 88. (Nestlé Deutschland AG, Frankfurt, ohne nähere Angaben). Bärenmarke. Jubiläumskalender 2003. Manuskripte für Bärenmarke-HF-Spots: „Es gibt nun einmal […]“, HWA-Datenbank Nr. 133/ 13 (25.03.1955). „Für die Qualität der Milch […]“, HWA-Datenbank Nr. 133/ 44 (12.12.1958). Dallmayr-Anzeigen (Kopien der Firma Dallmayr, chronologisch geordnet) Münchener Zeitung, 21.12.1912, 16 (Geschenk-Delikatessen-Körbe). „Das jüdische Echo“, 1914. Weitere Anzeigen von 1910-1915, 1926, 1928 und 1938 (ohne nähere Angaben). Streifenanzeige der 50er Jahre (ohne nähere Angaben). Anzeige „Kaffee mit Blume“ 1967: G ONG , H ÖR ZU (ohne nähere Angaben), Manuskript. Anzeige „Luxus“ 1972, zwölf weitere Anzeigen 1970-1972 (ohne nähere Angaben). Anzeige „erlesen“ 1973 (ohne nähere Angaben). Drei weitere Anzeigen dieser Kampagne. Anzeige „Geschmack/ Blaues Band“ 1978 (ohne nähere Angaben), weitere Anzeigen dieser Kampagne, z. B. 1974 F ÜR S IE , 23.05.1975 G ONG . Anzeige „Weihnachten“ (ohne nähere Angaben), Manuskript vom 2.10.1978. Anzeige „der Veredelte“ H ÖR ZU 50/ 04.12.1981, G ONG 39/ 1980, Manuskript vom 01.08.1980. Anzeige „Mit nichts zu vergleichen“ H ÖR ZU 1982, Manuskript vom 06.09.1982. Anzeige „Ganzes Pfund“ (ohne nähere Angaben), Manuskript vom 19.03.1984. Sponsoring einer Wohltätigkeitsgala (Programmheft) der Marianne-Strauß-Stiftung (September 1987). <?page no="429"?> 419 Sponsoring des Eishockey-Bambini-Turniers am 24.03.1990 in Köln. Sponsoring einer Aufführung der Schäftlarner Theatergruppe (Programmheft), März 1992. Sponsoring eines Radrennens (Programmheft), Juli 1992. Anzeige „Verlosung BMW“: TV N EU 1994 (Nov. 1994). Anzeige „Verlosung Kenia“: F REIZEIT R EVUE (Nov. 1995). Anzeige mit der Headline „Wachstum durch Qualität und Tradition“ für Lebensmittel-Fachzeitschriften (um 1997/ 98). Anzeige für Automatenkaffee: PV-R EPORT 03.03.1998. Anzeige „1998/ 99“: B URDA 8/ 99, TV H ÖREN UND S EHEN 01.-07.05.1999, D ER F EIN - SCHMECKER 12/ 99. Hochglanzprospekt für den Handel Dallmayr Kaffee München (ohne Jahr). Schaufensterstreifen, Autoplakate für die Dallmayr-Frischdienstwagen („Kaffee mit Blume“) und Qualitätsgarantiekarten am Verkaufsregal ohne nähere Angaben; Außenwerbung (Dallmayr-Dose als Säule, in: W & V 16/ 21.04.1989, 110). Manuskripte für Dallmayr-HF-Spots (Firmenarchiv): „Weihnachten“ 18.04.1978. „der Veredelte“ 19.08.1980. „Mit nichts zu vergleichen“ 27.12.1982 (Motiv „Tradition“), 12.10.1982 (Motiv „Verpackung“). „Ganzes Pfund“ 20.03.1984; Spot gesendet ab 26.03.1984. „Geschmack/ Blaues Band“ 19.04.1978. Manuskript für einen Dallmayr-TV-Spot (Firmenarchiv) Slogan „Ganzes Pfund“ 24.02.1984. Löwenbräu-Anzeigen (chronologisch geordnet) Löwenbräu. Das Bier, das so berühmt ist […]: Geschäftsbericht 1971/ 72, 40. Löwenbräu. Das Bier, das so berühmt ist […]: Geschäftsbericht 1972/ 73, 24. Der Löwenbräu (Pils): Geschäftsbericht: 1973/ 74, 12. Der Löwenbräu (Pils): Geschäftsbericht 1974/ 75, 7. Der Löwenbräu (Pils): Geschäftsbericht 1975/ 76, 7. Der Löwenbräu (Pils): Geschäftsbericht 1978/ 79, 38. Der Löwenbräu (Pils): Geschäftsbericht 1984/ 85, 4. Münchner Freiheit (alkoholfreies Bier): Geschäftsbericht 1985/ 86, 4. Anzeigen 1998-2001: Prospekt. 21 Internet http: / / cms.vkb.de http: / / www.alete.de http: / / www.baerenmarke.de http: / / www.bernbacher.de http: / / www.budget.de http: / / www.coca-cola.de http: / / www.dallmayr.de http: / / www.flens.de http: / / www.loewenbraeu.de http: / / www.premiereworld.de http: / / www.swm.de <?page no="430"?> G Literatur 22 Gedruckte Literatur Adam-Wintjen, Christiane (1998): Werbung im Jahr 1947. Zur Sprache der Anzeigen in Zeitschriften der Nachkriegszeit. Tübingen (Niemeyer). (= Reihe Germanistische Linguistik 197). Altendorfer, Otto (2001): Das Mediensystem der Bundesrepublik Deutschland. (Band 1). Wiesbaden. ARD: Radio-Kreativ-Wettbewerb 2003. Die Gewinner 2003. (Broschüre und CD-Rom). ARD-Werbung S ALES & S ERVICES GmbH [Hrsg.] (2002a): Tanz in Ketten. Regionale Werbung in Radio und Tageszeitungen: Ein Erfahrungsaustausch zwischen Mediaplanung und Kreation. Frankfurt am Main. 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