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Augsburger Netzwerke zwischen Mittelalter und Neuzeit

Wirtschaft, Kultur und Pilgerfahrten

1210
2008
978-3-8233-7447-3
978-3-8233-6447-4
Gunter Narr Verlag 
Klaus Herbers
Peter Rückert

Im Blickpunkt der acht interdisziplinär ausgerichteten Beiträge dieses Bandes steht die bekannte süddeutsche Reichsstadt und Wirtschaftsmetropole Augsburg in ihrer Glanzzeit, vor allem während des 15. und 16. Jahrhunderts. Untersucht werden die Außenwirkung und die Vermittlung ökonomischer und kultureller Potenz durch Augsburger Exponenten mit ihren Rückwirkungen auf die schwäbische Reichsstadt. Dabei gilt den Reisen und insbesondere Pilgerfahrten sowie den schriftlichen bzw. literatischen und bildlichen Niederschlägen des Jakobuskultes das Interesse, lassen sich doch die Augsburger Wirtschafts- und Kulturexporte mit dem eigenen Handels- und Pilgerverkehr verknüpfen. Die Mischung der Augsburger Stimmen und Bilder mit anderen Zeugnissen die Nachzeichnung ihrer Wechselwirkung und ihr Vergleich verhelfen zu einem differenzierten Eindruck von "Augsburger Netzwerken zwischen Mittelalter und Neuzeit".

<?page no="1"?> Augsburger Netzwerke.indd 1 Augsburger Netzwerke.indd 1 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Augsburger Netzwerke zwischen Mittelalter und Neuzeit: Wirtschaft, Kultur und Pilgerfahrten <?page no="2"?> Augsburger Netzwerke.indd 2 Augsburger Netzwerke.indd 2 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Jakobus-Studien 18 im Auftrag der Deutschen St. Jakobus-Gesellschaft herausgegeben von Klaus Herbers und Robert Plötz <?page no="3"?> Augsburger Netzwerke.indd 3 Augsburger Netzwerke.indd 3 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Augsburger Netzwerke zwischen Mittelalter und Neuzeit Wirtschaft, Kultur und Pilgerfahrten herausgegeben von Klaus Berbers und Peter Rückert ~ Gunter Narr Verlag Tübingen <?page no="4"?> Augsburger Netzwerke.indd 4 Augsburger Netzwerke.indd 4 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Bibliografische In fo rmation der Deut sc hen Nat iona lb ibl io th ek Die Deutsche Nat ionalbi bli ot hek ve rzeic h ne t diese Publikation in der Deutschen Nationalb ib lio grafie; detai llierte bibliografische Daten sind im Internet über htt p: / / dnb.d-nb .d e abrufba r. Titelabb ildu ng : J acobus protector et intercesso r. Aquarellkopie (1758) von Joh ann Lorenz Rugendas d. Ä. Nac h einem Fresko von 1460, J akobus als Namenspatron und Sterbe helf e r fü r Ja co b Haust. © 2009 · Na rr Fr ancke A tt empto Verlag GmbH & Co. KG D isc hin gerweg 5 · D -72070 Tübingen Das Werk einschließlich a ller sei n er Teile ist urh e b err ec htli c h geschützt. J ede Verwertung außerh alb d er engen Grenzen des Urheberrec ht sgese t zes ist o hn e Zustimmung des Verlages unzulässig u n d st rafbar. Das gilt insbesondere für Verv ielfä lti gun gen, Übersetzungen, Mikro ve rfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeit un g in elekt ron isc h e n Sys t emen. Gedruckt auf c h lorfrei geb le ic htem u nd säurefre iem We r kdru ckpa p ier. Int erne t: http: / / www.narr.de E-Ma il: info@narr.de Satz: Information sdesign D . Fratz k e, Kirchentellinsfurt Printed in Germany ISSN 0934-8611 ISBN 978-3-82 33-644 7-4 <?page no="5"?> Augsburger Netzwerke.indd 5 Augsburger Netzwerke.indd 5 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Inhalt KLAUS HERBERS/ PETER RüCKERT Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 ROLF KIESSLING Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela. Ökonomische Vernetzungen und die Kulttopographie der Stadt. . 7 PETER RüCKERT Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke im deutschen Südwesten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 MAGDALENE GÄRTNER Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg als frühe Stellvertreterstätten für die Sieben- Kirchen-Wallfahrt. . . . . . . . . . . 61 JOHANNES WILHELM Die Hirn'sche Grabkapelle in Augsburg: Stifter - Ikonographie - Kulturtransfer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 REINHARD H . SEIT Z Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen . . . . . . . . . . . . 119 VOLKER HONEMANN Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago: Sebastian Ilsung und seine Reise nach Santiago de Compostela im Jahre 1446 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 <?page no="6"?> Augsburger Netzwerke.indd 6 Augsburger Netzwerke.indd 6 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 VI Inhalt ROBERT PLÖTZ Augsburger Bilder - Jacobus Maior und seine Pilger in der Druckgraphik .. . ..................... . ................ 179 KLAUS HERBERS Kämp fende Heilige im 10. und 12. Jahrhundert: Der heilige Ulrich, der heilige Jakob . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 Abbildungsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 Register der Orts- und Personennamen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 <?page no="7"?> Augsburger Netzwerke.indd 7 Augsburger Netzwerke.indd 7 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Einführung VON KLAUS HERBERS UND PETER RüCKERT Der vorliegende Sammelband ist durch die Begriffe Pilger- und Heiligenverehrung, Augsburg und Netzwerke gekennzeichnet. Dabei ist für diese Reihe der Begriff Netzwerk sicher zunächst am ungewöhnlichsten. Die Adaption des Begriffs „Netzwerk" hat sich jedoch in der deutschsprachigen Mediävistik mittlerweile soweit etabliert, daß genauere Definitionen kaum mehr notwendig erscheinen: Die Wirtschaftsgeschichte operiert seit längerem damit, beschreibt und analysiert Handelsnetze oder kommerzielle Netzwerke 1, die aktuell verstärkt verfolgte Medien- und Kommunikationsgeschichte setzt „Kommunikationsnetze" als Parameter zur Beschreibung von Kontakten und Beziehungen ein 2, die kulturgeschichtliche Forschung verfolgt den Kulturtransfer anhand von herrschaftlichen bzw. sozialen Netzwerken seiner Träger 3 . Aus der Soziologie übernommene bzw. 1 Vgl. dazu demnächst den Sammelband: Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters, hg. von Gerhard FO UQUET (Vorträge und Forschungen, im Druck). 2 Siehe den aktuellen Forschungsstand etwa bei Formen und Funktionen öffentlicher Kommunikation im Mittelalter, hg. von Gerd ALTHOFF (Vorträge und Forschungen 51, Stuttgart 2001), sowie Karl-Heinz SPIESS,Medien der Kommunikation im Mittelalter (Beiträge zur Kommunikationsgeschichte 15, Stuttgart 2003). 3 Dazu Klaus HERBERS,Kulturtransfer durch Reisende? Schlesische und andere Westeuropa-Reisende im 15. Jahrhundert, in: Die Jagiellonen . Kunst und Kultur einer europäischen Dynastie an der Wende zur Neuzeit, hg. von Dietmar Porr/ Robert SUCKALE(Nürnberg 2002) S. 337-346. Nachdruck in: Peregrinatio ad Veritatem, hg. von U rszula BORKOWSKAOSU/ Czeslaw DEPTUtA/ ks. Ryszard KNAPINSKI/ Zbigniew PitAT/ Eugeniusz WISNIOWSKI(Lublin 2004) S. 97-116; DERS., "Europäisierung" und „Afrikanisierung" -Zum Problem zweier wissenschaftlicher Konzepte und zu Fragen kulturellen Transfers, in: Espafia y el „Sacro Imperio". Procesos de cambios, influencias y acciones recfprocas en la epoca de la „Europeizaci6n" (Siglos XI-XIII), hg. von Julio VALDEÖN/ Klaus HERBERS/ Karl RUDOLF(Valladolid 2002) S. 11- 31; zuletzt etwa Die Visconti und der deutsche Südwesten. Kulturtransfer im Spätmittelalter, hg. von Peter RüCKERT/ Sönke LO RENZ (Stuttgart 2008), sowie Karl-Heinz SPIESS, Europa heiratet. Kommunikation und Kulturtransfer im Kontext europäischer Königsheiraten des Spätmittelalters, in: Europa im späten Mittelalter. Politik- <?page no="8"?> Augsburger Netzwerke.indd 8 Augsburger Netzwerke.indd 8 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 2 Klaus Herbers/ Peter Rückert abgele itete Netzwerkanalysen stehen dabei implizit im Hintergrund der Argumentation und lassen der terminologischen Definition im Einzelfall einen breiten Spielraum 4. Vergessen wird dabei oft, daß gerade die Pilgerforschung immer schon von Netzwerken, zum Beispiel bei der Spurensicherung, ausging, ohne stets den Begriff zu verwenden. Im vorliegenden Band werden die „Netzwerke" zunächst topographisch und zeitlich definiert: Es geht um „Augsburger Netzwerke" zwischen Mittelalter und Neuzeit. Die bekannte süddeutsche Reichsstadt und Wirtschaftsmetropole Augsburg in ihrer Glanzzeit, vor allem während des 15. und 16. Jahrhunderts, steht im Blickpunkt der Beiträge dieses Bandes. Die Augsburger Stadtgeschichtsforschung hat dazu bereits einen gediegenen Wissensstand erarbeitet, der auf die Außenbeziehungen und -kontakte der Augsburger Wirtschafts- und Kulturszene der damaligen Zeit hin untersucht und erweitert werden soll. Dabei gilt den Reisen und insbesondere Pilgerfahrten sowie den schriftlichen bzw. literarischen und bildlichen Niederschlägen das Interesse, sind doch auch die Augsburger Wirtschafts- und Kulturexporte zunächst mit dem eigenen Handels- und Pilgerverkehr zu verknüpfen 5. Das Gütemerkmal „Made in Augsburg" womit etwa die zeitgenössische Buchkunst in der Fachwelt etikettiert wird 6 gilt im kulturellen wie im wirtschaftlichen Kontext der damaligen Zeit sicher weit darüber hinaus. Die internationalen Beziehungen der Augsburger wirkten weit über ihre bekannten großen Handelshäuser der Weiser und der Fugger hinweg und verliehen der Stadt, ihren Bürgern und Produkten in vielen Bereichen ein bekanntes Renommee. Die nachfolgenden Beiträge beschäftigen sich mit unterschiedlichen Aspekten dieses Augsburger Profils. Dabei stellt die Fixierung der Netzwerke, wie sie über die wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Verbindungen nach außen greifbar werden, einen zentralen Leitfaden her. Es geht, wie gesagt, weniger um die Augsburger Perspektive auf die eigene Geschichte, sondern vielmehr um die Außenwirkung und Gesellschaft-Kultur, hg. von Rainer C. SCHWINGES/ Christian HESSE/ Peter MüRAW (Historische Zeitschrift Beiheft 40, München 2006) S. 435-464. 4 Vgl. dazu den BeitragvonStephanSELZER, Netzwerkanalyse und Wirtschaftsgeschichte, in: Netzwerke (wie Anm. 1). 5 Vgl. dazu den Beitrag von Rolf KIESSLINGin diesem Band. 6 Vgl. Hans-Jörg KüNAST, "Getruckt zu Augspurg". Buchdruck und Buchhandel in Augsburg zwischen 1468 und 1555 (Studia Augustana 8, Tübingen 1997); DERS., Augsburger Frühdrucker und ihre Textauswahl. Oder: Machten die Drucker die Schreiber arbeitslos? , in: Literarisches Leben in Augsburg während des 15. Jahrhunderts, hg. von Johannes JAN0TA/ Werner WILLIAMS-KRAPP,(Studia Augustana 7, Tübingen 1995) S. 47-57, hier S. 56. <?page no="9"?> Augsburger Netzwerke.indd 9 Augsburger Netzwerke.indd 9 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Einführung 3 Vermittlung ökonomischer und kultureller Potenz durch Augsburger Exponenten samt den Rückwirkungen. Die Provenienz und Motivation der Quellen ist freilich stets zu beachten. Die Mischung der Augsburger Stimmen und Bilder mit anderen Zeugnissen, die Nachzeichnung ihrer Wechselwirkung und ihr Vergleich waren angestrebt und sollen zu einem differenzierten Eindruck von den „Augsburger Netzwerken zwischen Mittelalter und Neuzeit" verhelfen. Ein kurzer Blick auf die einzelnen Beiträge mag die vorgestellte Ausrichtung des Bandes verdeutlichen: In den wirtschaftsgeschichtlichen Kontext und die Handelsverbindungen der Augsburger Kaufleute im späteren Mittelalter führt der Beitrag von Rolf Kießling ein. Er beschreibt die Beziehungen der Stadt zu ihrem Umland und besonders die räumlich weit reichenden ökonomischen Vernetzungen ihrer Bürger. Gleichzeitig vermittelt er die Kulttopographie der Stadt, wobei der Wallfahrt nach Santiago de Compostela und dem Jakobuskult das zentrale Interesse gilt. Dabei spielte der hl. Jakobus in der Kulttopographie Augsburgs nur eine nachgeordnete Rolle, die hier deutlich profiliert wird. Mit einem Augsburger „Exportschlager" der Jahrzehnte um 1500 beschäftigt sich der Beitrag von Peter Rückert, der Augsburger Buchkunst. Dabei stehen vor allem die qualitätvolle Handschriftenproduktion und ihre Verbreitung im Mittelpunkt der Fragestellung. Die von den kirchlichen Reformbestrebungen und den neuen bürgerlichen Bildungsambitionen getragenen Exponenten der Schriftkunst werden anhand ihrer Netzwerke im deutschen Südwesten verfolgt. Berühmte Schreibmeister wie der Benediktinermönch Leonhard Wagner und seine „Schule" bieten hierfür einen gediegenen prosopographischen Ansatz. Wiederum verstärkt das Pilgerthema im Augsburger Kontext aufgreifend, zeigt Magdalena Gärtner die großartigen Basilikabilder des Augsburger Katharinenklosters als Stellvertreterstätten für die Romwallfahrt auf. Der um 1500 entstandene Gemäldezyklus von sechs Tafeln in dem Dominikanerinnenkloster, welche die sieben römischen Hauptkirchen repräsentieren, gilt als Meisterwerk der Augsburger Tafelmalerei von Hans Holbein dem Älteren und Hans Burgkmair dem Älteren. Seine Herstellung steht im Zusammenhang mit einem päpstlichen Ablaßprivileg, das den Klosterfrauen diese Ersatzstätten für die Romwallfahrt gewährte. Die von den Eheleuten Hirn im frühen 15. Jahrhundert in Augsburg gestiftete Grabkapelle und ihre Ausmalung stehen im Mittelpunkt des Beitrags von Johannes Wilhelm. Ausgehend von der sogenannten „Goldschmiedekapelle" und ihrem Baubestand stellt er die Stifter <?page no="10"?> Augsburger Netzwerke.indd 10 Augsburger Netzwerke.indd 10 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 4 Klaus Herb ers/ Peter Rückert und deren Motivation vor, die in der Vorsorge für ihr Seelenheil zu suchen ist. Das ikonographische Programm der Kapellenausstattung thematisiert die Pilgerschaft und zeigt besonders die Verehrung des hl. Jakobus auf. Gleichzeitig unterstreichen seine Ausführunge n die zeitgenössische Einbindung der Augsburger Kunst in die überr egiona le Kulturlandschaft und vor allem die frühe Rezeption italienischer Kunst diesseits der Alpen . Mit Blick auf die renommierte Augsburger Fam ilie von Zilnhart verfolgt Reinhard H. Seitz deren Pilgertraditionen um 1500. Drei Familienangehörige haben mit ihren Pilgerfahrten ins Heilige Land eine kleine Pilgertradition aufgebaut, die jedenfalls für die damaligen Augsburger Verhältnisse herausragend wirkt. Von besonderer Bedeutung gilt hier die ausführlich dokumentierte Reise, die Pfalzgraf Ottheinrich 1521 ins Hei lige Land führte und auf der er wohl von seinem Lauinger Pfleger Conrat von Zilnhart begleitet wurde. Dieser hatte bereits 1498 eine Fahrt ins Heilige Land unternommen, sein Cousin, der Augsburger Domherr Wolf von Zilnhart, war schon 1495/ 96 dorthin gepilgert und bereits 1468 hatte ihr Onkel Wilhelm von Zilnhart an einer solchen Pilgerfahrt teilgenommen. Einen der bekanntesten Augsburger Patrizier, der sich auf Pilgerfahrt machte, stellt Volker Honemann vor: Sebastian Ilsung und seine Reise nach Santiago de Compostela 1446 werden hier anhand seines Reiseberichts verfolgt. Dieser Bericht besitzt wegen der Bebilderung seiner Handschrift herausragende Bedeutung. Sebastian Ilsung wird zunächst im Kontext seiner Augsburger Umwelt vorgeste llt, seine Reisemotivation und Reisewege werden nachgezeichnet und schließlich wird der literarische Status seines Reiseberichts eingehender charakt erisiert. Im Anhang ist der auf Sebastian Ilsung bezügliche Teil des sogenannten „Ilsungschen Ehrenbuches" abgedruckt. Nach den einschlägigen literarischen Ze ugnissen der Augsburger Pilgertraditionen beschäftigt sich der Beitrag von Robert Plätz mit „Augsburger Bildern". Hier steht vor allem die Darstellung des J acobus Maior in der Augsburger Druckgraphik der frühen Neuzeit im Zentrum. Damals galt Augsburg als „Bild erfabrik", die gerade auf dem Gebiet der Heiligenverehrung weiträumig wirkte. Zahlreiche Abbildungen illustrieren im Rahmen des hier vorgestellten „Augsburger Bilderkatalogs" die Entwicklung der Augsburger Andachtsbi lder sowohl in ikonographischer Hinsicht wie auch in Hinblick auf die Reproduktionstechniken bis ins 19. Jahrhundert. Gleich zeitig wird damit die starke Vernetzung der Bilderproduktion inne rhalb der Stadt wie nach außen profiliert . <?page no="11"?> Augsburger Netzwerke.indd 11 Augsburger Netzwerke.indd 11 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Einführung 5 In der Gegenüberstellung des hl. Ulrich und des hl. Jakobus als zwei kämpfenden Heiligen des 10. bzw. 12. Jahrhunderts rundet Klaus Herbers den über die Augsburger Kulturgeschichte gespannten Bogen ab. Der berühmte Augsburger Bischof, Sieger der Schlacht auf dem Lechfeld von 955, als Beschützer seiner Stadt, und der Apostel Jakobus als Beschützer der Spanier, Sieger über die Muslime in der wohl legendären Schlacht bei Clavijo (844 ? ), werden in ihren jeweiligen historischen Kontexten vorgestellt, in die Entwicklung der Vorstellungen von Religion und Gewalt eingeordnet und somit auch in ihrer Instrumentalisierung verglichen ein Blick auf den hl. Ulrich als Augsburger Stadtpatron, der nochmals den historischen Konnex zu dem Pilgerheiligen Jakobus und zum Thema des Bandes verdeutlicht. Zuletzt ist es uns eine angenehme Pflicht, der Autorin und den Autoren für ihre Kooperation zu danken. Nach einer ersten Revision der Beiträge in Stuttgart haben Herr Dr. Gordon Blennemann, Christofer Zwanzig, M. A. und Frau stud. phil. Judith Werner die Aufsätze für den Druck vorbereitet; Frau Werner hat auch das Register bearbeitet. Frau Brigida J anner-Acero hat die Resumenes ins Spanische übersetzt. Ihnen sowie dem Verlag, der diesmal in nicht geringem Maße Abbildungen platzieren mußte, sei für die Mühe und die gute Zusammenarbeit hier ausdrücklich gedankt. <?page no="12"?> Augsburger Netzwerke.indd 12 Augsburger Netzwerke.indd 12 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 <?page no="13"?> Augsburger Netzwerke.indd 13 Augsburger Netzwerke.indd 13 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela Ökonomische Vernetzungen und die Kulttopographie der Stadt ROLF KIESSLING Augsburg ist in der Forschungsgeschichte zum Jakobusku! t seit langem präsent: Die beiden Pilgerberichte des Sebastian Ilsung von 1446 und des Lukas Rem von 1508 gehören zu den klassischen Zeugnissen spätmittelalterlicher Wallfahrten nach Santiago de Composte la das ist seit langem b_ekannt und braucht nicht weiter ausgeführt zu werden1. So sehr der Kontext einer „diplomatischen Mission" 2 bzw. von Fernhandelsgeschäften den patrizisch-großbürgerlichen Habitus in eine gewisse Parallele zur adeligen Pilgerfahrt stellen läßt die sozialgeschicht! iche Verbindung von Bürgertum und Niederadel verdichtet sich seit dem 15. Jahrhundert in den oberdeutschen Städten in vielfältiger Weise 3 -, es ist nicht ganz einfach, diesen Zusammenhang von Bürgertum 1 Zuletzt Nach Santiago zogen sie. Berichte von Pilgerfahrten ans „Ende der Welt", hg. von Klaus HERBERS/ Robert PLöTZ (München 1996) S. 78-90, 229-234; Klaus HERBERS"Wol auf santJ acobs straßen! " . Pilgerfahrten und Zeugnisse des J akobskults in Süddeutschland (Ostfildern 2002) S. 69 f., 73 f. 2 Volker H0NEMANN, Sebastian Ilsung als Spanienreisender und Santiagopilger, in: Deutsche Jakobspi lger und ihre Berichte, hg. von Klaus HERBERSQakobus-Studien 1, Tübingen 1988) S. 61- 95, hier S. 75. 3 Vgl. zu diesem wichtigen Vorgang die Analyse über dem Bürgerbesitz bei Rolf KIESSLING,Die Stadt und ihr Land. Umlandpolitik, Bürgerbesitz und Wirtschafts gefüge in Ostschwaben vom 14. bis ins 16. Jahrhundert (Städteforschung A 29, Köln/ Wien 1989) passim; eine kontextbezogene Einschätzung DERS., Städtischer Republikanismus. Regimentsformen des Bürgertums in oberschwäbischen Stadtstaaten im ausgehenden Mittelalter und in der beginnenden Frühneuzeit, in: Politische Kultur in Oberschwaben, hg. von Peter BUCKLE (Tübingen 1993) S. 175- 205; für die herausragende Fami lie der Fugger Olaf MöRKE, Die Fugger im 16. Jahrhundert. Städtische Elite oder Sonders truktur? , Archiv für Reformationsgeschichte 74 (1983) S. 141-162; jetzt zusammenfassend Mark HÄBERLEIN,Die Fugger. Geschichte ein er Augsburger Familie (1367-1650) (Stuttgart 2006) S. 186-203; für Nürnberg bereits Hanns Hubert <?page no="14"?> Augsburger Netzwerke.indd 14 Augsburger Netzwerke.indd 14 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 8 Rolf Kiessling und Kultgeographie speziell für den hl. Jakobus in der städtischen Geschichte Augsburgs zu verankern. Sehr viel präsenter sind hier die lokalen Heiligenverehrungen einer Afra und eines Ulrich4, daneben noch des zweiten kanonisierten frühmittelalterlichen Augsburger Bischofs Simpert5, dann des hl. Mauritius , der jüngst mit der Aufarbeitung der Gründung des Stiftes von St. Moritz durch Bischof Bruno um 1019 wieder stärker ins Bewußtsein gerückt ist 6. Damit sind nicht zuletzt zwei Hauptkirchen Augsburgs an der zentralen Straßenachse der Bürgerstadt anvisiert während St.Jakob in der Vorstadt eher eine Randlage aufzuweisen hat. Die Patrozinienforschung hat für Augsburg immerhin eine Reihe von Belegen für Jakobus zusammengestellt7: Anfang des 12. Jahrhundert datiert man eine Jakobs -K apelle in St. Ulrich und Afra 8; 1460 ist ein Altar im südlichen Seitenschiff des Doms belegt, der bis in die Zeit der Weihe von 1065 zurück verlegt wird, und im neuen Ostchor erscheint als erste Kapelle 1376 die des hl. Jakobus 9 . In der Sakristei der Barfüßerkirche stand ein Altar 10, und für die Hirn'sche Grabkapelle die spätere HOFMANN, Nobiles Norinbergenses. Beobachtungen zur Struktur der reichsstädtischen Oberschicht, Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 28 (1965) S. 114- 150; jetzt umfassend Peter FLEISCHMANN,Die Herrschaft der Ratsgeschlechter in der Reichsstadt Nürnberg (13 .Jahrhundert bis 1806) (Habilitationsschrift Augsburg 2007). 4 Da z u Bischof Ulrich von Augsbur g 890-973. Seine Zeit sein Leben seine Verehrung hg . von Manfred WEITLAUFF Qahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsges chich te 26/ 27, Augsburg 1993); HI. Afra. Eine frühchristliche Märtyrerin in Geschichte, Kunst und Kult, hg. von Manfred WEITLAUFF/ Melan ie THIERBACH Qahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsgeschichte 38, Augsburg 2004). 5 St. Simpert, Bischof von Augsburg 778-807, ein hochverehrter Heiliger und Nothelfer in Stadt und Bistum Augsburg, hg. vo n Peter RUMMELQahrbuch des Vereins für Augsburger Bistumsges chichte 12, Augsburg 1978) . 6 Das ehemalige Kollegiat st ift St. Moritz in Augsburg (1019-1803 ). Geschichte, Kultur, Kunst, hg. von Gernot Michael MÜLLER(Lindenberg 2006). 7 Walter PöTZL, August a Sacra. Augsburger Pa tro zinien des Mittelalters als Zeugnisse des Kultes und der Frömmi gkeit, Jahrbuch des Verein s für Augsburger Bistumsges ch ichte 9 (1975) S. 19-75. 8 PöTZL, Augusta Sacra (wie Anm. 7) S. 37, 66f.: der Beleg des 12. Jahrhundert s aus Monumenta Boica 22 (München 1814) S. 17 Nr . 10; urkundlich werden dann 1333 ein Kaplan und 1352 ein Pfleger der St. Jakobskapelle in St. Ulrich und Afra genannt (Richard HIPPER, Die Urkunden des Reichsstifts St. Ulrich und Afra in Augsburg 1023- 1440 [Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2a, 4, Augsburg 1956] l\r. 154 und 264). 9 PöTZL, Au gusta Sacra (wie Anm. 7) S. 40 f., 44; die Kapelle „neben dem neu en Chor" wird auch urkundlich 1414 und 1450 erwähnt (Karl PUCHNER, Die Ur kunden des Klosters Oberschönenfeld [Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 2a, 2, Augsburg 1953] Nr. 169 und 206 mit Stiftungsgütern in Wollishausen [LK Augsbur g]). IO Pö TZL, Au gust a Sacra (w ie Anm. 7) S. 53. <?page no="15"?> Augsburger Netzwerke.indd 15 Augsburger Netzwerke.indd 15 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 9 Goldschmiedekapelle ist 1435 ebenfalls ein den Heiligen J akobus und Helena geweihter Altar genannt 11 , dazu kommt das Bild des Heiligen im Freskenzyklus der Fensterlaibungen sowie die szenische Darstellung der Bekehrung des Hermogenes gemäß der ,Legenda aurea' des Jacobus de Voragine aus der Bauzeit um 1420/ 25 12 . Alle diese Hinweise belegen einen durchaus lebhaften Jakobuskult des 14. und 15. Jahrhunderts in den zentralen Kirchen der Stadt, dessen Beginn im 11./ 12. Jahrhundert freilich im Dunkeln bleibt. Sehr viel ausgeprägter war er an die Vorstadtkapelle und an das mit dieser verbundene Pilgerspital aus der Mitte des 14. Jahrhunderts geknüpft . Denn die frühe Datierung einer Jakobus-Kapelle um 1080 anläßlich der Eroberung und Verwüstung der Vorstadt und der civitas durch die Gegner König Heinrichs IV., inbesondere Welf IV., dürfte fraglich sein die ,Annales Augustani' beziehen diese Ereignisse auf andere Kirchen der Stadt 1 3; immerhin scheint für sie aber ein hölzerner Vorgängerbau archäologisch gesichert 14 . Im Augsburger Umland werden zudem die (seit dem 15. Jahrhundert überlieferten) Jakobus- Patrozinien in Gersthofen, N ordendorf und Biberbach d. h. an der Verkehrsachse nach Donauwörth sowie in Wollmetshofen und Reinhartshofen-im Südwesten der Stadt-bereits mit dem Pilgerpatronat des Hochmittelalters in Verbindung gebrachtmit welchem Recht, muß derzeit offen bleiben 15 . 11 Ebd. S. 57. 12 Johannes WILHELM, Augsburger Wandmalerei 1368-1530. Künstler, Handwerker und Z u nft (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg 29, Augsburg 1983) s. 186 f., 198-204. 13 Unkritisch Jürg en WAGNER, ,St. Jakob' in: Augsburger Stadtlexikon, hg. von Günther GRÜNSTEUDEL/ Günter HÄGELE/ Rudolf FRANKENBERGER(Augsburg 2 1998) S. 534 f.; entscheidend sind dabei die Annales Augustani, ed . Georg Heinrich PERTZ (MGH SS 3, Hannover 1839) S. 123-136, hier S. 130f.; zum Ereignis vgl. Wilhelm VOLKERT, Die Regesten der Bischöfe und des Domkapitels von Augsburg (Veröf fentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft Reihe 26, 1, Augsburg 1985) Nr. 350; Friedrich ZOEPFL, Das Bistum Augsburg und seine Bischöfe im Mittelalter (Augsburg/ München 1955) S. 105; Georg KREUZER, Augsburg als Bi schofsstadt unter den Saliern und Lothar III. (1024- 1133), in: Gesch icht e der Stadt Augsburg von der Römerzeit b is in die Gegenwart, hg. von Gunther GOTTLIEB/ Wolfram BAER/ Josef BECKER/ Josef BELLOT/ Kar l FILSER/ Pankraz FRIED/ Wolfgang REINHARD/ Bernhard SCHIMMELPFENNIG(Augsburg 1984) S. 121- 127. 14 Franz HÄUSSLER, Marktstadt Augsburg . Von der Römerzeit bis zur Gegenwart (Augsburg 1998) S. 166. 15 Walter PöTZL, Kirchenpatrozinien im Norden, Westen und Süden von Augsburg, Heimatverein für den Landkreis Augsburg. J ahresbericht (1976) S. 127-215; DERS., Kirchengeschichte und Volksfrömmigkeit (De r Landkreis Augsburg 5, Augsburg 1994) s. 52, 54. <?page no="16"?> Augsburger Netzwerke.indd 16 Augsburger Netzwerke.indd 16 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 10 Rolf Kiessling So finden sich zwar verschiedene Spuren, die wahrscheinlich machen, daß eine längere Kulttradition bestand, doch erst mit dem Einsetzen detailliertere r Quellen um die Mitte des 14. Jahrhunderts mit eben jenem St. Jakob in der Augsburger Vorstadt betreten wir sicheren Boden; insbesondere in den Stifter- und Pflegerfiguren dieser Kirche liegt ein brauchbarer Schlüssel für weitere Überlegungen. Inwieweit dabei die Handelsbeziehungen und Handelsnetze Augsburgs Ansatzpunkte für die Rezeption und den Stellenwert des Jakobuskults bieten, steht im Mittelpunkt der folgenden Überlegungen. Dafür sollen zunächst in einem ersten Teil die Grundstrukturen des Augsburger Handels im Mittelalter und der beginnenden Frühneuzeit umrissen werden (I.), um sie dann (II.) mit den faßbaren Elementen der Kulttraditionen zu verknüpfen soweit das die Forschungslage derzeit zuläßt. I. Wenn im folgenden von Handelsbeziehungen und Handelsnetzen d ie Rede ist, dann sollen darunter über längere Zeit einigermaßen fest eingespielte Geschäftsbeziehungen verstanden werden, die sich über Personen bzw. durch Firmen fassen lassen. Naturgemäß sind solche Kontakte im Hochmittelalter nur schwer rekonstruierbar, da wir nur über sporadische Quellenbelege verfügen, aus denen nur selten weiterreichende Schlüsse z u ziehen sind. Grundsätzlich ist zudem auch in Rechnung zu ste llen, daß das Gewicht Augsburgs im oberdeutschen Raum, das sich aus der Phase des urbanen Höhepunktes im 16. Jahrhundert ergibt, nicht ohne weiteres auf die frühere Zeit zu projizieren ist, anders gesagt: vor einer auch in der Literatur manchmal anzutreffenden Tendenz einer Überschätzung gegenüb -er der hochmittelalterlichen Bedeutung Regensburgs und der spätmittelalterlichen Nürnbergs ist auf jeden Fall zu warnen. Was wir als hochmittelalterliche Ausgangspunkte bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts tatsächlich zu fassen bekommen, läßt sich zunächst mit dem städtischen Markt und der Münze sowie den ersten ausgreifenden Zielpunkten des Fernhandels andeuten: Die erste Erwähnung des Marktes in einer Urkunde Konrads II. von 1030 16 verweist zwar auf die im nö rdlich Augsburgs gelegenen Donauraum entstehende und von den 16 MGH DD KI, S. 195, Nr. 144 (Hannover 1909) ; vgl. dazu Pete r LENGLE,Handel und Gewerbe bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, in : Geschichte der Stadt Augsburg, hg . von GüTTLIEB (wie Anm. 13) S. 166-170, hier S. 166. <?page no="17"?> Augsburger Netzwerke.indd 17 Augsburger Netzwerke.indd 17 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 11 Staufern offenbar zielstrebig weiter entwickelte Messelandschaft 17 der Eichstätter Markt von 908 war 1199 zu einer zweiwöchigen Messe ausgebaut worden, für Donauwörth wurde 1030 ein ottonisches Privileg bestätigt, und 1220 forderte Friedrich II. zu Beiträgen für eine Steinbrücke über die Donau auf, die N ördlinger Pfingstmesse ist 1219 erstmals erwähnt -, aber eine Einbeziehung Augsburgs in das spätmittelalterliche oberdeutsche Messesystem fand nicht statt ganz ähnlich wie spätere Anläufe des 15. .Jahrhunderts in Nürnberg oder Ulm scheiterten 18 . Was blieb, waren zwei ansehnliche .Jahrmärkte im Frühjahr und Herbst, von denen vor allem der Ostermarkt sich zu einer Art lokaler Tuchmesse entwickelte und denen sich dann weitere .Jahrmarkttermine an St. Ulrich und Weihnachten angliederten 19 . Das zweite Indiz sind die umlaufenden Münzsorten 20 : Nach der Entstehung der bischöflichen Münze im 10. .Jahrhundert, deren Prägungen bis nach Osteuropa und Schweden zu verfolgen sind, entfaltete sie wirkliche wirtschaftliche Dominanz in der sogenannten Pfennigperiode gegenüber dem Regensburger Pfennig vorwiegend in der Straßenlandschaft über Füssen und Innsbruck bis zum Meraner Markt in Südtirol wo sie auf den Einflußbereich der Veroneser Münze traf-, und im Norden bis zum Bereich der Nördlinger Messe. Ein anderer entscheidender Impuls für den Fernhandel läßt sich zunächst im ersten Stadtrecht von 1156 als Augsburg noch vorrangig zum bischöflichen Herrschaftsbereich zählte in der anderen Richtung konkretisieren: Es benennt speziell die Kaufleute, die nach Köln zogen und dafür 10 Mark Silber bei der bischöflichen Münze einwechseln konnten 21. Daß damit der weitere Verlauf in Richtung Flandern/ Brabant zu den wichtigen Tuchproduktionsgebieten zusammenhing, liegt auf der Hand 22 . 17 Franz lRSIGLER,Jahrmärkte und Messesysteme im westlichen Reichsgebiet bis ca. 1250, in: Europäische Messen und Märktesysteme in Mittelalter und Neuzeit, hg. von Peter JOHANEK/ Heinz STOOB(Städteforschung A 39, Köln/ Weimar/ Wien 1996) S. 1-33, hier S. 20f. 18 Vgl. Rolf KIESSLING,Die Nördlinger Pfingstmesse im 15./ 16. Jahrhundert . Aufstieg und Strukturwandel eines süddeutschen Wirtschaftszentrums, Jahrbuch des Historischen Vereins für Nördlingen und das Ries 29 (1999) S. 69-94, hier S. 78 f. 19 DERS., Augsburgs Wirtschaft im 14. und 15. Jahrhundert, in: Geschichte der Stadt Augsburg, hg. von GOTTLIEBu.a. (wie Anm. 13) S. 171-181, hier S. 172. 20 Vgl. dazu neben LENGLE,Handel und Gewerbe (wie Anm. 16) S. 166, die Karte in Max SPINDLER/ Gertrud DIEPOLDER, Bayerischer Geschichtsatlas (München 1969) S. 23. 21 MGH DD FI (Hannover 1975) S. 248, Z. 33-34: preter institores civitatis qui Coloniam vadunt, quibus tantum ad decem marcas cambire est concessum ... 22 Vgl. Hektar AMMANN, Deutschland und die Tuchindustrie Nordwesteuropas im Mittelalter, in: Die Stadt des Mittelalters 3, hg. von Carl HAASE (Darmstadt 1976) S. 55-136. <?page no="18"?> Augsburger Netzwerke.indd 18 Augsburger Netzwerke.indd 18 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 12 Rolf Kiessling Diese Leitlinie setzte sich nach Süden fort 23: Die Produkte der ostschwäbischen Textillandschaft wurden über die frühen Bozener Märkte bzw. Genua in den Mittelmeerraum exportiert die Notariatsimbreviaturen belegen diesen Weg seit Anfang des 13. Jahrhunderts, in Bozen seit 1237. Daneben ergibt sich eine Ost-West-Route, die für den Absatz der schwäbischen Leinwand von Bedeutung war, nämlich der Weg zu den Champagner Messen des ausgehenden 13. Jahrhunderts: Zwar traten dort konkret vor allem die Konstanzer Händler auf, aber die parallelen Produktionsnachrichten und die Zollbestimmungen für die Wertachbrücke an der Straße nach Ulm von 1282 lassen den berechtigten Schluß zu, daß auch die Augsburger dort präsent gewesen sein dürften . Schwächer erscheinen demgegenüber die Kontakte nach Osten die alte Domäne Regensburgs. Die Augsburger orientierten sich im ausgehenden 13. Jahrhundert dennoch auf den Herzogshof in München: Sie lieferten Wein, Tuche, Gewürze, Wachs und stellten beträchtliche Kredite zur Verfügung, bei denen auch die Augsburger Juden in Konsortien beteiligt waren. Hintergrund dafür war die Salzstraße, die bekanntlich seit 1158 über München nach Westen führte und neben der Hauptroute an den Bodensee eine Variante über Augsburg in den württembergischen Raum entwickelte, von wo die Salzfertiger als Rückfracht den Neckarwein mitbrachten. Damit sind die wichtigsten Leitlinien des Fernhandels bezeichnet, die zu Konstanten werden sollten: Die Hauptachse war die große Nord-Süd-Verbindung zwischen Augsburg und Oberitalien, die „Straße" (Abb. 1), wie sie verkürzt bezeichnet wurde, die sich in einer ihrer beiden Varianten, der sogenannten Oberen Straße an der Route der alten Via Claudia orientierte und über Füssen - Fernpaß - Reschen und Vinschgau nach Bozen - Trient und Verona bzw . Val Sugana und Bassano den Zielort Venedig erreichte, während die sogenannte Untere Straße über Ettal - Mittenwald - Innsbruck - Brenner das Pustertal ins Cadore und nach Treviso führte 24. Beide wurden zu „Hausstrecken" der Augsburger Firmen bis weit in die Frühe Neuzeit. Die andere Achse war die „Salzstraße", die von Rei che nhall über München kommend, die westlich über Ulm in Richtung Neckarraum weiterlief - und natürlich 23 Das folgende nach LENGLE, Handel u nd Gewerbe (wie Anm. 16) S. 168 f. 24 Die Karrierung sehr anschaulich bei Klaus FISCHER, Das Rodf u hrwe sen zwischen Augsburg und Venedig vom 13. bis zur Mitte des 18. J a hrhu nde rts, in: Historische Beziehungen zwisc hen Schwaben un d Tirol von der Römerz eit bis zur Gegenwart. Bei träge, h g . von Wolfgang BAER/ Pan k raz FRIED (Rosenheim 1989) S. 240-250, hier S. 243; vgl. dazu auch Rol f KIESSLING, Schwäbisch-tirolische Wirtschaftsbeziehungen 1350-1650, in: ebd. S. 182-201. <?page no="19"?> Augsburger Netzwerke.indd 19 Augsburger Netzwerke.indd 19 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 13 in beiden Richtungen Verlängerungen erfuhr; dennoch blieb diese Route zunächst auf Dauer gegenüber der Dominanz des Nord-Süd-Verkehrs nach Italien bzw. über Frankfurt und Nürnberg nach Norden eher untergeordnet25. Das läßt sich auch dadurch erhärten, daß um 1200 neben dem Münchner vor allem der Tiroler Hof eine wichtige (belegbare! ) Rolle spielte, denn die frühen Kaufleute waren an beiden Höfen vielfach die gleichen: Die Lang und Langenmantel waren an ihnen präsent, in Tirol dazu die Familien Schongauer (die bezeichnenderweise auch in Bozen saßen 26) und Lauginger, die zu den frühen dominanten Familien in Augsburg gehörten . Diese Strukturen setzten sich in das 14. Jahrhundert fort 27: Augsburg verfügte somit nicht über die weitreichenden und dichten Verbindungsnetze wie Nürnberg, die Hektar AMMANN aus den Zollprivilegien seit den Staufern rekonstruieren konnte 28. Ihm an die Seite stellen könnte man für die Lechstadt nur die bayerischen und österreichischen Privilegien (1337 Wien, 1345 Oberösterreich, 1360 durch Rudolf in Gesamt-Österreich), die dann durch Karl IV. 1356/ 61 für Prag bzw. das gesamte Böhmen und Mähren sowie Polen den Anschluß an den Osthandel gewährleisteten. Die Zielorte, die nun mehr oder wen iger regelmäßig aufgesucht wurden, waren Venedigseit 1333 sind Augsburger im Fondaco dei Tedeschi -, vereinzelter seit 1370/ 80 Mailand, dann über die Frankfurter Messen (1333) der Niederrhein, Brabant und Flandern beim Tucheinkauf (u. a. 1360 die Ilsung). Wichtig für das Thema erscheint, daß seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts der Südwesten größere Bedeutung erlangte: 1383 Freiburg im Uechtland, dann der Besuch der Zurzacher, Genfer und Lyoner Messen (den Erben der Champagnemessen) darauf wird noch zurückzukommen sein. Immerhin deutet sich damit an, daß Augsburg die Vorrangstellung Nürnbergs zwar noch nicht erreichen, aber doch seine Position ausbauen konnte. Der entscheidende neue Impuls, der diesen expansiven Trend begünstigte, vielleicht sogar auslöste und den Aufstieg Augsburgs einlei - 25 Vgl. Wolfgang ZORN, Schwäbische Wirtschaft im 16. Jahrhundert (b is 1618): Handel und Verkehr, in: Historischer Atlas von Bayerisch-Schwaben, hg. von Hans FREI/ Pankraz FRIED/ Franz SCHAFFER(Augsburg 2 1982-1984) Karte XI, 3. 26 Dazu jetzt auch Rolf KIESSLING,Schongau als wirtschaftlicher Zentralort - Straße, Stadt und Handel vom frühen bis zum beginnenden Spätmittelalter, in: Peiting - Schongau - Altenstadt. Der Siedlungsraum bis ins 14. Jahrhundert, hg. von Heide - Maria KRAUTHAUF (Der Welf. Jahrbuch des Histori schen Vereins Schongau 2004/ 2005, Schongau 2006) S. 185-207. 27 Da z u mit Belegen KIESSLING,Augsburgs Wirtschaft (wie Anm . 19) S. 172 f. 28 Hektor AMMANN, Die wirtschaftliche Stellung der Reichsstadt Nürnberg im Spätmittelalter (Nürnberger Forschungen 13, Nürnberg 1970). <?page no="20"?> Augsburger Netzwerke.indd 20 Augsburger Netzwerke.indd 20 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 14 ( )! \_ ) Schon - ~ ,; ga u Kempten/ ? ('""". r Re utte \ Ehrenberg: • 1 He1te~ang / Fernstein ___ _ ()r.,--o 1 . ,-.__..,/ lmst L/ Zams " " Finsterö z t a 1 e r münz / / A ----~ 1 p l' II Töll Latsch Cl 1 ( / ' Rovereto ; ' / } ~ (Rofre,1) / ) \ ": , / p ,.J ,/ / ,. / ) Sacco ~ ,: '/ / li; . ,· "··"'··~ : ' ires cia ) / l . J ,__; 1__ 1) \ ...._., Verona (Bern) 1 ·o---z Trient ' Rolf Kiessling Radstraßen "Oberer" Weg "Unterer" Weg Zubringerbzw. Verbindungsstrecken Floßstrecken auf Lech , Etsch , Isar und Inn @ Rodstation ' ( l>l Zollstätten ) o andere Orte / 0 25km : / - =- "="" --- ~lj ) Salzburgo \ / a u e I' n Abb. 1: Karte der Rod fu hrwege zw ischen Augsburg und Venedig. Nach : FIS CHE R, Rodfuhrwesen S. 243 <?page no="21"?> Augsburger Netzwerke.indd 21 Augsburger Netzwerke.indd 21 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 15 ten sollte, kam wiederum aus der ,Textilindustrie': die Innovation des Barchent eines Mischgewebes aus leinener Kette und baumwollenem Durchschuß-, die in Oberdeutschland zu beobachten ist 29 . Vor kurzem konnte ich wahrscheinlich machen, daß dieser Produktions-Transfer aus Oberitalien aus der Tatsache resultierte, daß der ,Schwarze Tod' -die erste Pestwelle der Jahre 1348/ 49 in Augsburg und seinem Umland nicht stattfand und damit ein Arbeitskräf teüberschuß gegenüberder Lombardei bestand, der diese Innovation begünstigt haben dürfte 30 . Jedenfalls eroberten die Produkte der ostschwäbischen Textilgewerbelandschaft seit den 1360er Jahren die europäischen Märkte in einem beispiellosen Wirtschaftsboom, der bis in die 1430er Jahre anhielt und auf dem die steil ansteigenden bürgerlichen Vermögen der nun auch kontinuierlicher faßbaren Familienhandelsgesellschaften vielfach beruhten: die Bach, die Brun-Egen, die Rem, die Weiser, die Mangmeister, die Nördlinger, die Rapold sowie ganz charakteristisch einige Emporkömmlinge aus der Weberzunft wie die Artzt, Jakob Hämmerlin, Jos Kramer und Hans Zimmermann 31 besonders anschaulich berichtet darüber der bekannte Chronist Burkhard Zink als Handlungsdiener des J os Kramer und Peter Egen 32. Wurden damit wegen des Baumwollbezugs aus dem östlichen Mittelmeerraum die Kontakte in die italienischen Hafenstädte Venedig und (seltener) Genua im Handelsnetz der Augsburger Firmen verstärktman denke nur an die Nachweise im Handelsbuch der Soranzo zwischen 1406 und 1436, wo Kunden von Nürnberg über Ulm und Augsburg bis 29 Wolfgang von STROMER, Die Gründung der Baumwollindustrie in Mitteleuropa . Wirtschaftspolitik im Spätmittelalter (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 17, Stuttgart 1978). 30 Rolf KIESSLING, Der schwarze Tod und die weißen Flecken. Zur Großen Pest von 1348/ 49 im Raum Ost schwa ben und Altbayern, in: Bayerische Geschichte - Landesgeschichte in Bayern. Festgabe für Alois Schmid zum 60. Geburtstag, hg. von Konrad ACKERMANN/ Hermann RUMSCHÖTTEL (Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 68, München 2005) S. 519- 539. 31 Vgl. dazu auch die Einzelnachweise bei KIESSLING,Die Stadt und ihr Land (wie Anm. 3) S. 722-733; dazu bezeichnenderweise die Belege für Nördlingen um 1400 (ebd. S. 213- 224) und die anderen Mittelstädte Schw abens (ebd. vgl. Register); vgl. auch Jakob STRIEDER,Zur Genesis des modernen Kapitalismus. Forschungen zur Entstehung der großen bürgerlichen Kapitalvermögen am Ausgang des Mittelalters und z u Beginn der Neuzeit, zunächst in Augsburg (München 2 1935); Friedrich BLENDINGER, Die wirtschaftlichen Führungsschichten in Augsburg 1430- 1740, in : Führungskräfte der Wirtschaft 1350-1850 1, hg. von Herbert I-IELBIG (Deutsche Führungsschichten in der Neuzeit 6, Limburg/ Lahn 1973) S. 51-86. 32 Chronik d es Burkhard Zink (Die Chroniken der deutscher Städte vom 14. bis ins 16. Ja hrhundert 5, Die Chroniken der schwäbischen Städte, Augsburg 2, Leipzig 1866, ND Stuttgart 1965) S. 113f., 128,135,155,186,285 u .a.m. <?page no="22"?> Augsburger Netzwerke.indd 22 Augsburger Netzwerke.indd 22 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 16 Rolf Kiessling Ravensburg, Biberach, Konstanz etc. belegt sind 33 -, so besorgten sie den Absatz nachweislich seit 1395 auf den F rankfurt er Messen, dann in Köln und über Nürnberg auch in Prag, Breslau, Krakau und in Wien, und zunehmend wurde auch Barchent in den Mittelmeerraum ,zurück' exportiert. Seit den 1430er Jahren deutet sich ein Einbruch in diese Entw icklung an, der ein Schrumpfen der Kernlandschaft des Barchent auf das engere Städtefünfeck Augsburg - Ulm - Biberach - Memmingen - Kau fbeuren nach sich zog 34. Er beruhte auf verschiedenen Faktoren: der Boykottpolitik Kaiser Sigismunds gegen Venedig, die den Baumwoll zustrom tatsächlich stocken ließ - und eine Reihe von Nachbarstädten wie Lauingen und Nörd lin gen zum Ausstieg aus diesem Geschäfte und zur Substitution durch Leinen und Lodengewebe zwang; einige Unternehmer wanderten nach Augsburg ab: so die Imhof aus Lauingen, die Lauginger aus Nördlingen -, sodann der regionalen Depression, die der Zweite Städtekrieg mit seinem Kulminationspunkt 1449/ 50 und der Reichskrieg gegen Herzog Ludwig von Bayern -Landshut 1462/ 63 auslösten, wei l damit die ländliche Rohstoffproduktion und die Infrastruktur flächig zerstört wurde. Was besonders wichtig erscheint, war die Konsequen z, daß Augsburg diese Krise am besten meistern konnte und dann im neuen Aufstieg in den 1470/ 80er Jahren die ostschwäbische Städte landschaft mit einem klaren Abstand als Metropole anführte. Er erreichte erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts seinen Höhepunkt mit über 2.000 Webe r meistern und der Produktion von etwa 500.000 Barchenttuchen im Jahr, wobei ein Umland von 50-60 km als Einzugsgebiet der Stadt Augsburg gelt en konnte 35 . Der neue Boom, der bis in das beginnende 17. Jahrhundert (mit kleineren Einbrüchen) anhielt, wurde also von der weiteren Expansion der Barchentprod uktion getragen, basierte aber noch auf einem anderen Faktor: dem Einstieg in die Montanindustrie 36 . Er begann mit einem 33 Heinrich S! EVEKING, Aus venetianischen Handlungsbüchern. Ein Beitrag zur Gesch ichte des Großhandels im 15. Jahrhundert, Schmollers Jahrbuch für Gese tzgebung, Verw altung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich 25 (1901) S. 1489- 1521 und 26 (1902) S. 189-225; vgl. STROMER, Baumwoll indu strie (wie Anm. 29) S. 82; KIESSLING,Die Stadt und ihr Land (wie Anm. 3) S. 736. 34 Dazu KIESSLING,D ie Stadt und ihr Land (wie Anm. 3) S. 734- 741. 35 Dazu Claus-Peter CLASEN, Die Augsburger Weber. Leistungen und Krisen des Textilgewerbes um 1600 (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg 27, Augsburg 1981); Wolf ga ng ZORN, Schwäbische Wirtschaft im 16. Jahrhundert (bis 1618): Exportgewerbe, in: Hi sto ris c her Atlas von Bayerisch-S c hwaben, hg. von FREI/ FRIED/ SCHAFFER (wie Anm. 25) Karte XI, 4. 36 Vgl. Hermann KELLENBENZ, Schwäbische Kaufherren im Tiroler Bergbau (1400- 1650), in: Schwaben-Tirol, hg. von BAER/ FRIED (wie A n m. 24) S. 208-219; s peziell zu <?page no="23"?> Augsburger Netzwerke.indd 23 Augsburger Netzwerke.indd 23 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 17 Vertrag, den die Gesellschaft Ludwig Meuting mit Erzherzog Sigismund von Tirol über ein Darlehen von 35.000 fl. gegen die Ausbeute der Schwazer Silbergruben abschloß, setzte sich fort durch die Vermittlung von Georg Gossembrot in den Diensten Sigismunds, der die Geschäftsbeziehungen zu weiteren Augsburger Handelshäusern herstellte, und wurde unter Maximilian I. weiter intensiviert; vorrangig waren es nun die Höchstetter, Fugger, Baumgartner, Herwart. Der hohe Kapitalbedarf der modernen Bergbautechnik (tiefere Gruben und „Wasserkunst") und die neuen Verfahren der Erzausbeute für die Kupferverhüttung (nach dem bereits bekannten Seigern folgte die Verbesserung im sogenannten Tiroler Abdarrverfahren) manövrierten die einheimischen Gewerbe spätestens um die Jahrhundertwende zugunsten der Augsburger aus 37 das gesamte Tirol von Gossensaß und dem Schneeberg bis Schwaz und Rattenberg wurde gleichsam zu einem industriellen Vorposten der schwäbischen Metropole. Daneben vollzog sich der Einstieg in die anderen Bergbaureviere Mitteleuropas. Am bekanntesten wurden die Unternehmungen der Fugger: Die Basis legten der „Gemeine Ungarische Handel", der seit 1494 über eine Kooperation mit dem Krakauer Bergbauingenieur Johann Thurzo in Oberungarn (N eusohl) aufgebaut wurde, 1495 folgte der Erwerb des Bleibergbaus in Villach/ Kärnten samt einer Messinghütte sowie der Einstieg in die Thüringische Verhüttung die schließlich zu den Faktoreien von Breslau, Leipzig, Ofen, später Danzig, Lübeck und Antwerpen führten 38. Erster Kulminationspunkt dieses Engagements war 1498 ein Kupfersyndikat der Augsburger Firmen, um den Preis für Tiroler und ungarisches Kupfer in Venedig zu kontrollieren. Diese Aktivitäten wirkten in vielfältiger Weise, auch über die nächste Generation der Bergbauunternehmer wie die Bimmel, Öhem und Stuntz weiter bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. Aus diesem Engagement resultierte die im 16. Jahrhundert dominante und mit Nürnberg zusammen marktbeherrschende Rolle der Augsburger Firmen auf den europäischen Kupfermärkten einschließlich der Anschlußproduktion in den Fuggern Ludwig SCHEUERMANN, Die Fugger als Montanindustrielle in Tirol und Kärnten. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts (Studien zur Fugger-Geschichte 8, München/ Leipzig 1929). 37 Dazu vor allem Ekkehard WESTERMANN,Zur Silber- und Kupferproduktion Mitteleuropas vom 15. bis zum frühen 17. Jahrhundert, Der Anschnitt 38 (1986) S. 187- 211. 38 Stellvertretend für eine Vielzahl von älteren Arbeiten Götz Frh. von PöLNITZ, Jakob Fugger. Kaiser, Kirche und Kapital in der oberdeutschen Renaissance, 2 Bde. (Tübingen 1949-1951 ); jetzt zusammenfassend HÄBERLEIN,Die Fugger (wie Anm. 3) s. 36-68. <?page no="24"?> Augsburger Netzwerke.indd 24 Augsburger Netzwerke.indd 24 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 18 Rolf Kiessling der Herstellung von Messing 39 . Daß daneben seit 1495 die römische Fugger-Faktorei Finanztransakti onen mit der Kurie nicht zuletzt die Ablaßgelder besorgte, braucht nur der Vollständigkeit halber erwähnt zu werden. Hier kommt es darauf an, deutlich zu machen, daß dieser Italienbezug der weiter bis zu der Safranstadt L'Aqui la und nach Neapel ausg riff - und damit die Süd-Nord-Ac hse für Augsburg nach wie vor dominant blieben 40 . Mit Antwerpen ist schließlich der neu e Zielpunkt im Nordwesten seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts benannt, der bekanntlich Brügge nicht zuletzt durch die Förderung des damaligen Erzherzogs Maximilian nach seiner Burgundischen Heirat 1477 ablöste und nun verstärkt die Augsbur ger Firmen anzog: 1479 datiert der erste Beleg, und zwar w ieder für die Gesellschaft Ludwig Meutings, dann für die Hoechstetter -Faktorei (1486), die Fugger vom Reh (1489) und erst 1494 deren Vettern von der Lilie, die 1508 ihre Faktorei dor t begründeten, schnell gefolgt von den Welsern 1509 und den Herwart 1511 41 . Bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts blieb Antwerpen ein wesentlicher Stützpunkt des Augsburger Hande ls. Für unseren Zusammenhang wich tiger ist die Schiene nach Südwesten, die sich inzwischen etab liert hatte . Vom Aufstieg von Lyon seit der Mitte des 15. Jahrhunderts war schon die Rede, das mit Unterstützung der französischen Krone (durch Messeprivilegien Karls VII. 1444, Ludwigs XI. 1463) in scharfer Konkurrenz zu Genf das regionale Messesys t em bis zur Wende zum 16. Jahrhundert auf sich ziehen konnte. Die Augsburger Kaufleute steuerten auch in diese Richtung: Einer davon war Lukas Weiser, der in Italien, aber auch in Genf und wohl auc h in Lyon präsent gewesen sein dürfte -das wird uns noch beschäftigen 42 . Vor allem aber waren es zunächst die Oberschwaben von Kempte n und Ulm, Ravensburg und Konstan z, die in Ge nf und Lyon auftauchten, dor t frei lich nicht auf Dauer den Handel mit Safran, Zucker, Wolle und 39 Vgl. dazu Ekkehard WESTERMANN, Silbe rrausch und Kanonendonner. Deutsches Silber un d Kupfer an der Wieg e der europäischen Weltherrschaft (Lübeck 2001). 40 Zu den Faktoreien vgl. die Karte be i Hermann KELLENBENZ, Wirtschaftsleben der Blütezeit, in: Geschichte der Stadt Augsburg, hg. von GO TTLIEBu. a. (w ie Anm . 13) S. 273. 41 Gabriele von TRAUCHEURG-KUHNLE, Kooperation und Konkurrenz. Augsburger Kaufleute in Antwerpen, in: Augsbu rge r Handelshäuser im Wand el des hi storischen Urteils, hg. von Johanne s BURKHARDT (Colloguia Augustana 3, B erl in 1996) S. 210- 223. 42 Peter GEFFCKEN, Die Weiser und ih r Handel 1246-1496, in: Die Weiser. Neue Forschungen zur Geschichte und K u ltur des oberde ut schen Handelshauses, h g. von Mark HÄBERLEIN/ Johannes BURKHARDT (Co! lo gu ia Augustana 16, Berlin 2002) S. 27- 167, hier S. 138; vgl. unten An m. 101-103. <?page no="25"?> Augsburger Netzwerke.indd 25 Augsburger Netzwerke.indd 25 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 19 Seidenstoffen betrieben 43. Immerhin: selbst wenn für Augsburger in Genf Niederlassungen belegt sind, so scheint doch dieser Weg zunächst nicht zu den Schwerpunkten Augsburger Handelsbeziehungen gehört zu haben, auch wenn 1498 Augsburg zu den oberdeutschen Städten zählte, die in einem Rundschreiben Herzog Philiberts III. von Savoyen genannt werden, "in dem er den Deutschen den Genfer Markt empfahl" 44. Ganz ähnlich war die Situation offenbar in Genua 45. Wir müssen dafür das Blickfeld etwas über Augsburg hinaus ausweiten - und kommen dabei auf seine Stellung als Metropole in Schwaben zurück. Die regionale Verteilung des Handels in Ost- und Oberschwaben weist seit dem Spätmittelalter charakteristische Muster auf: Während die Ostschiene entlang des Lech, die Obere und Untere Straße mit Zielregionen Venedig/ Oberitalien bzw. Frankfurt/ Nürnberg und Nordwestbzw. Nordost-Europa den Hauptverkehr an sich ziehen konnte, war die Illerschiene von Ulm über Memmingen nach Lindau und von dort über die Bündner Pässe nach Mailand bzw. über den Bodensee in die Westschweiz und nach Burgund, Frankreich und Spanien zunächst eher eine Domäne der oberschwäbischen Reichsstädte und des Bodenseeraumes 46, hier vor allem der St. Gallener Diesbach -Watt- Gesellschaft47. Dies läßt sich im Rahmen der einzelnen Städte belegen, aber auch sehr gut an der berühmten Ravensburger Handelsgesellschaft ablesen, die seit etwa 1380 den Fernhandel dieser Region trug 48. Seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert vereinzelt es geht dabei um den Absatz von Bodensee-Leinwand -, dann permanent seit den 1430er Jahren und verstärkt seit der Mitte des 15. Jahrhunderts fin- 43 Aloys SCHULTE, Geschichte der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft 1380- 1530, 3 Bde. (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit 1-3, Stuttgart/ Berlin 1923, ND Wiesbaden 1964) hier 1, S. 360-383; v. a. für Genf S. 364, für Lyon s. 382 f. 44 DERS., Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschluß von Venedig, 2 Bde. (Leipzig 1900, ND Berlin 1966), hier 1, S. 488. 45 Ebd. S. 543. 46 Vgl. KIESSLING, Schwäbisch-tirolische Wirtschaftsbeziehungen (wie Anm. 24) s. 190-195. 47 Hektar AMMANN,Die Diesbach-Watt-Gesellschaft. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte des 15. Jahrhunderts (Mitteilungen zur vaterländischen Geschichte 37,1, St. Gallen 1928). 48 Vgl. dazu neben Aloys SCHULTE,Ravensburger Handelsgesellschaft (wie Anm. 43) passim neuerdings auch Andreas MEYER, Die Große Ravensburger Handelsgesellschaft in der Region. Von der ,Bodenseehanse' zur Familiengesellschaft der Humpiß, in: Kommunikation und Region, hg. von Carl A. HOFFMANN/ Rolf KIESSLING(Forum Suevicum 4, Konstanz 2001) S. 249-304. <?page no="26"?> Augsburger Netzwerke.indd 26 Augsburger Netzwerke.indd 26 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 20 Rolf Kiessling den sich ihre Vertreter in den Ländern der Krone Aragon 49 : 1425 setzen d ie detaillierten Nachweise für Barcelona im Libro de! tret ein, 1430 für Zaragoza; die Ravensburger lieferten vor allem Leinwand und Barchent (die Nürnberger Metallwaren) und kauften vorwiegend Safran und Korallen, später auch Wolle ein. 1436 und 1453 war beispielsweise Rudolf Mesnang aus Memmingen in Barcelona und Valencia, nach der Wende zum 16. Jahrhundert und dem Rückzug der Ravensburger wurden dort die Geschäfte über die Besserer-Gesellschaft weiter getätigt50. Sie und die Zangmeister waren auch die wichtigsten Memminger im Lyon der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts . Über eine Präsenz der Augsburger berichtet erst 1494 der Nürnberger Arzt Hieronymus Münzer in Barcelona 51. In dieser Zeit war freilich der Charakter Lyons als Messeplatz und Wechselmarkt bereits wichtiger geworden als der Warenhandel. „Wenn sie [die Ravensburger, R . K.] anfangs noch als die erste deutsche Gesellschaft angesehen werden kann, waren bald die Augsburger und Nürnberger ihnen in Lyon über die Schultern gewachsen", resümiert Aloys SCHULTE.Die Ursachen dafür lagen in den Geschäftspraktiken, denn die Ravensburger vollzogen die Entwicklung zum Geldhandel nicht mit, und sie verfolgten im Warenhandel „den Grundsatz, die Waren möglichst am Ursprungsorte zu erwerben und am besten daher meist am entlegensten Orte zu verkaufen" 52 . Und so wird Augsburg neben Nürnberg und Ulm seit den Geleitsverhandlungen zeitgleich um 1516/ 19 mit der Ravensburger Gesellschaft faßbar, um anschließend dort mit zu den wichtigsten deutschen Handelsstädten zu gehören 53. In diesem Kontext wird es wichtig, daß Augsburg gegen Ende des 15. Jahrhunderts einen strukturellen Wandel in Ostschwaben einleitete, der die weitere Entwicklung entscheidend prägen sollte: Es zog einige 49 Hermann KELLENBENZ, Beziehung en Nürnbergs zur Iber ische n Halbinsel, besonders im 15. und in der ersten Häl fte des 16. Jahrhunderts, in: Beiträge zur Wirtschafts gesc hichte Nürnbergs, hg. vom Stadtarchiv Nürnberg (Nürnberg 1967) 1, S. 456-493, hier S. 457 f. so Rolf KIESSLING, Memmingen im Spätmittelalter, in: Die Geschichte der Stadt Memmingen 1: Von den Anfängen bis z um Ende der Reichss tadtzeit, hg. von Joachim JAHN/ Hans -Wolfgang BAYER(Stuttgart 1997) S. 163-245, hier S. 204-206. 51 SCHULTE,Ravensburger Handelsges ellschaft (wie Anm . 43) 1, S. 337; vgl. Hermann KELLENBENZ, Die Fugger in Span ien und Portugal bis 1560. Ein Großunternehmen des 16. Jahr h underts, 3 Bde. (Studien zur Fugger-Geschichte 32, München 1990) hier 1, S. 2. 52 SCHULTE,Ravensburger Handelsgesellschaft (wie Anm. 43) 1, S. 382. 53 Gerhard P FEIFFER, Die Bemühunge n der oberdeutschen Kaufleute um die Privi legierung ihres Handels in Lyon, in : Beiträge zur Wirtschaftsg esc hichte Nürnbergs (wie Anm. 49) 1, S. 407-4 55. <?page no="27"?> Augsburger Netzwerke.indd 27 Augsburger Netzwerke.indd 27 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 21 der kapitalkräftigsten Kaufleute aus den Mittelstädten Nördlingen, Lauingen, Ulm und Memmingen an, die entweder ganz oder mit Familienzweigen übersiedelten. Bedeutsamstes Beispiel dafür ist die Fusion der Augsburger Weiser mit den Memminger Vöhlin 54: Basierend auf einer Doppelhochzeit zwischen Anton Welser und Katharina Vöhlin 1479 bzw. anschließend Barbara Weiser mit Konrad Vöhlin um 1487/ 88 - Heiratspolitik als Instrument der Kapitalschöpfung war bei der Entwicklung der Familienhandelsgesellschaften seit dem 14. Jahrhundert üblich übernahm die gemeinsame Firma von 1496 unter dem Namen Welser-Vöhlin-Gesellschaft (die Memminger Vöhlin- Gesellschaft verschwindet aus den Quellen) offenbar auch deren Handelsbe zieh ungen nach Südwesten. Beide Firmen hatten im Laufe des 15. Jahrhundert in einer interessanten Parallelführung den Aufstieg in den charakteristischen Sektoren der Handelsachsen von Venedig/ Mailand/ Florenz bis Frankfurt und Köln/ Brügge bzw . Leipzig, vor allem durch den lukrativen Barchenthandel seit ca. 1420 vollzogen; doch beim Einstieg in den Bergbau um 1480 finden wir, wenn auch noch zu rückhaltender als die bereits genannten Firmen, nur die Weiser. Es blieb nicht bei dieser Fusion, die sich in der großen Welser-Gesellschaft von 1508 mit 18 Mitgliedern des Familienverbandes fortsetzte, unter denen auch weitere Familien mit Memminger Hintergrund waren. Vielmehr verlegten auch die Gebrüder Zangmeister ihren Schwerpunkt seit 1530 über die Heirat von Hans mit Anna Rem teilweise nach Augsburg und firmierten seit 1539 unter Hans zu Augsburg, Eberhard und Kaspar zu Memmingen, die Zangmeister Gebrüder; sie hatten sich aber deutlich nach Lyon und nach Frankreich orientiert ausgebildet 55. In gewisser Weise war also der Frankreich- und Spanienhandel Augsburgs ein Erbe Memmingens und der Oberschwaben. Um 1500 waren somit das Spaniengeschäft und der Handel mit Portugal bei den Augsburger Firmen etabliert. Die Welser hatten neben den Hauptfaktoreien Venedig, Lyon, Nürnberg und Antwerpen seit 1503 eine Niederlassung in Lissabon, seit 1510 in Zaragoza 56. Wohl nicht 54 Dazu GEFFCKEN, Die Weiser und ihr Handel (w ie Anm. 42) S. 145- 157, und Rolf KIESSLING, Wirtschaftlicher Strukturwandel in der Region - Die Welser-Vöhlin- Gesellschaft im Kontext der Memminger Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 15. und frühen 16. Jahrhunderts, in: Die Weiser, hg. von HÄBERLEIN/ BURKHARDT (w ie Anm. 42) S. 184-2 12. 55 KIESSLING,Wirtschaftlicher Strukturwandel (wie Anm. 54) S. 208 f. 56 Vgl. dazu auch Mark HÄBERLEIN, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft. Fernhandel, Familienbeziehungen und sozialer Status an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, in: Ge ld und Glaube. Leben in evangelischen Reichsstädten, hg. von Wolfgang JAHN/ Josef KIRMEIER/ Thomas BERGER/ Evamaria BROCKHOFF (Veröffentlichungen <?page no="28"?> Augsburger Netzwerke.indd 28 Augsburger Netzwerke.indd 28 22.09.22 16: 58 22.09.22 16: 58 22 Rolf Kiessling zufällig war es Simon Seitz, der Vertreter der Welser-Vöhlin, der 1503 mit einem Zollprivileg die Stellung der deutschen Kaufleute verbessern konnte, und 1504 kam es dann bekanntlich zu jenem von Lukas Rem, dem Welserfaktor, eingefädelten Vertragsabschluß über die Beteiligung an der italienisch-oberdeutschen Ostindienfahrt, an der auch die Fugger, Hoechstetter, Gossembrot und Im hof beteiligt waren und der im folgenden Jahr so erfolgreich übe r die Bühne ging 57. Daraus resultierten nicht zuletzt der Zuckerhandel der Weiser mit Madeira und eigene Raffinerien auf den Kanarischen Inseln; auf die weitere Station in Santo Domingo 1526 und das berühmt e Unternehmen in Venezuela seit 1528 sei nu r mehr hingewiesen 58. Auch hier sind weitere Namen zu nennen: Christoph Herwart etwa, der sich am Ostindienhandel beteiligte, sein Schwiegerso h n Sebastian N eidhart, der sich 1535 an einer Expedition in das La-Plata -Gebiet und am me xikan ischen Silberbergbau beteiligte 59, die Hoechstetter, die sich im englischen Bergbau engagierten 60. Die Fugger waren demgegenüber neben dem schon ,klassischen' Barchenthandel von Weißenhorn und Babenhausen in Fortsetzung ih rer verzweigten Edelmetall- und Bankgeschäfte vorwiegend an der Orientierung am Haus Habsburg in te ressiert nicht erst, aber verstärkt seit der Wahl Karls V. 61: darunter nicht zu letzt an der „Pacht der Maestrazgos, d. h. der Renten der Güter der drei Ritterorden von Santiago, Calatrava und Alcantara" seit 1524, dann an den Quecksilberbergwerken, in die sie über den Konkurs der Hoechstetter 1529 in Idria in Krain (heute Slowen ien) einsteigen konnten und nun auch die Pacht von Almaden anstrebten 62. Nach eher bescheidenen Anfängen seit 1523 spielte in den 1530er Jahren schließ lich auch Sevilla eine zuneh zur Bayer isc hen Geschichte und Kultur 37/ 98, Augsburg 1998) S. 17-37; Mark HÄBERLEIN, Fugger und Weiser: Kooperation und Konkurren z 1496- 1614, in : Die Weiser, hg. vo n HÄBERLEIN/ BURKHARDT(wie Anm. 42) S. 223-239. 57 KELLENBENZ, Fugger in Spanien und Portugal (wie Anm. 51) 1, S. 50f. 58 Vgl. da zu auch Konrad HÄBLER, Die überseei schen Unternehmungen der Weiser (Leipzig 1903) . 59 MARK HÄBERLEIN, Wi rt schaftsgeschichte v om Mittelalter bis zu r Gege nwart , in: Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDELu . a. (wie Anm. 13) S. 146-161, hier s. 149. 60 Da z u Adelheid Hü ECHSTETTER-MüLLER, Die „Company of M in es Royal" und die Kupferbergwerke in Keswick, C umberland, zur Zeit J oac him und Daniel Ho echstette rs, 1526- 1580, in: Aus Schwaben und Altbayern. Festschrift für Pankraz Fried zum 60. Geburtstag, hg. von Peter FAssL/ Wilhelm LIEBHART/ Wolfgang WÜST (Augs burger Beiträge zur Landesg esc hichte Bayerisch-Schwabens 5, Sigmaringen 1991) s. 75-91. 61 KELLENBENZ, Fugger ir_Spanien und Port ug al (wie Anm. 51) 1, S. 62-67. 62 Ebd. S. 14, 16 (Zitat), sowie passim . <?page no="29"?> Augsburger Netzwerke.indd 29 Augsburger Netzwerke.indd 29 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 23 mende Rolle im Fuggerschen Spaniengeschäft. Insgesamt aber blieb der Warenhandel hinter den Bankgeschäften zurück 63 . Bei den komplexen Strukturen des Fuggerschen oder Welserschen Handelssystems (das gegenwärtig neu entschlüsselt wird 64) ist für unsere Fragestellung entscheidend, daß damit die Präsenz Augsburger Firmen und der Oberdeutschen insgesamt auf längere Dauer auf der Iberischen Halbinsel erhalten blieb. Zudem ist festzuhalten, daß mit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts der Augsburger Handel jene für damalige Zeiten weltweiten Dimensionen entfaltete 65 . Nach den „Zahlungseinstellungen der spanischen und französischen Krone in den Jahren 1557 bis 1584, die Konkurse von mehr als 70 Augsburger Firmen zur Folge hatten" 66 , und trotz des Rückgangs der Bergwerkserträge und Absatzkrisen im Kupfermarkt konnte sich nach der neueren Forschung diese Struktur über die Etablierung einer neuen Firmengeneration weiter behaupten, wenn sich auch der Warenverkehr gegenüber den Geldgeschäften nun wieder stärker in den Vordergrund schob 67 . Eine Akzentuierung der räumlichen Orientierungen erscheint dabei jedoch überflüssig, denn die Rückflüsse an kulturellen Beziehungen konnten letztlich von allen Seiten her kommen. Wenden wir uns deshalb in einem zweiten Durchgang jenen Beziehungsfaktoren zu, die für die Frage nach den Kulttraditionen Augsburgs nochmals zu erörtern sind. II. Für die frühesten chronologisch faßbaren J akobus-Traditionen in Augsburg im 11./ 12. Jahrhundert gibt es folgt man der Patrozinienforschung kaum stichhaltige Querverbindungen zu den Handelsbezie hungen Augsburgs. Wenn der Narcissus-Altar in St. Afra darauf zurückzuführen ist, daß man 1077 Reliquien aus Spanien erhalten hatte und möglicherweise auch die dortige J akobskapelle auf diesen Kontext verweisen könnte 68 , dann trifft das nicht auf eine bereits bestehen - 63 Ebd. S. 323, 372. 64 Vgl. demnächst Die Akten der Weiser, hg. von Mark H ÄBERLEIN/ Peter GEFFCKEN (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neu ze it). 65 Vgl. die Übersicht bei Hermann KELLENBENZ,Wirtschaftsleben der Blütezeit (wie Anm. 46) S.270- 288. 66 BLENDINGER, Die w irtschaftlichen Führungsschichten (wie Anm . 31) S. 69. 67 Vgl. dazu Mark HÄBERLEIN, Brüder , Freunde und Betrüger. Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16 . Jahrhunderts (Colloquia Augustana 9, Berlin 1998) . 68 So PöTZL, Augus ta Sacra (wie Anm. 7) S. 32, 66 f. <?page no="30"?> Augsburger Netzwerke.indd 30 Augsburger Netzwerke.indd 30 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 24 Rolf Kiessling de Handelsverbindung zu. Ebenso wenig läßt sich mit der Aufnahme des Mauritiuskultes als ottonischem ,Reichsheiligen' eine ökonomische Achse konstruieren 69 . Eher ist ein solcher Zusammenhang mit der spezifischen Nennung Kölns im Stadtrecht von 1156 herzustellen, denn sowohl über Bischof Embrico (1063-1077) als auch Abt Egino von St. Afra (1109-1120) wird eine gemeinsame Kulttradition an Rhein und Lech festgemacht: "Embrico soll Erzbischof Anno von Köln Reliquien der hl. Afra übergeben haben. Abt Egino [... ] erwarb Reliquien der 11.000 Jungfrauen, des hl. Albinus und sanctorum Maurorum" 70. Freilich spielte demgegenüber eine wohl noch entscheidendere Rolle, daß ebenso wie Anno von Köln wohl auch Embrico entweder als vormaliger Dompropst von Mainz oder direkt der königlichen Hofkapelle zuzuordnen ist 71 , und damit die Verbindung an den Rhein unschwer erklärt werden kann . Ab dem 14. Jahrhundert läßt sich dagegen dieser methodische Weg etwas besser gehen: mi t der Kapelle und dem Pilgerhaus bei St. Jakob in der östlichen Vorstadt. Die Entstehung der neuen Kapelle um die Mitte des 14. Jahrhunderts ist eindeutig mit demJ akobus- Kult verbunden. Das Jahr 1348 markiert eine Gründungssituation in der im Aufbau begriffenen Vorstadt : 1346 wurde die nova porta errichtet, der Befestigungsring also erw eitert. In dies e Situation paßt der Ratsbeschluß vom 24. Juli 1348, dem Vorabend des Jakobstages, wonach vor dem ,Sträfinger Tor' (= später Barfüßer Tor, also dem ,alten' inneren Tor) eine Kapelle mit Spital für arme Pilger und Kranke zu errichten sei: das man gott vnnd Im [d. h. St. Jakob, R. K.J zu lob vnnd ze eeren, vnnd auch der Statt, ain Capelle vnnd ain Spital armen Billgrim vnnd kranncken dürfftigen dahin pawen söllt, vnnd war desselben mals angefanngen zepawen vnnd ist nun vollpracht 72 . Die vom R at eingesetzten dre i Pfleger hatten jäh rlich an St. Jakob Rechnung zu legen 73 . Ulrich Ilsung dotierte dann 1355 die Kapelle mit eine _m Kapital von 300 Pfd. Heller zur Verbesserung 69 Ebd. S. 48, 62; vgl. jetzt Hans Reinhard SÄUGER, Die Verehrung de s hl. Mauritius und der Thebäer von der Spätantike bis in die ottonisch-salische Zeit und die Translati on ihr er Reliquien durch Ulrich von Augsburg, in: St. Mori tz, hg. von MÜLLER (w ie Anm. 6) S. 107-120. 70 Pö TZL, Augusta Sacra (w ie Anm. 7) S. 67 f. 71 Georg KREUZER, ,Embrico', in: Stadtlexikon, hg . von GRÜNSTEUDEL u. a. (wie Anm . 13) S. 379f.; nicht so eindeutig Z0EPFL, Das Bistum Augsburg (wie Anm. 13) S. 96-102; V0LKERT, Regesten (wie Anm. 13) Nr. 304. 72 Stadtarchiv Augsburg, Kirchen und Klöster, St. Jakob 11, inseriert in die neue Ordnung von 1462. 73 Das Stadtbuch von Augsburg, insbesond ere das Stadtrecht von 1276, hg. von Christian MEYER (Augsburg 1872) S. 249f.: Entscheid von 1352. <?page no="31"?> Augsburger Netzwerke.indd 31 Augsburger Netzwerke.indd 31 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Com po stela 25 der Gottesdienste, nachdem drei Jahre vorher ein Vertrag zwischen dem Dompfarrer Ulrich Burggraf und der Stadt die Rechtslage geklärt hatte: Ersterer erhielt zwar das Besetzungsrecht und die Opfergelder, da die Kapelle in seinen Pfarrsprengel gehörte, aber auf die an das Spital gestif teten Gelder mußte er verzichten 74. Zwei Aspekte sind für unseren Zusammenhang interessant: Zum einen die Tatsache, daß eine Gemeinschaft der Jacober bestand, die 1352 verboten wurde 75. Sie wird als bruderschaft und gesellschaft benannt, ohne daß wir mehr über sie wissen, als daß sie ihre Versammlungen beim Spital und der Kapelle abhielt doch wenn der Rat das Verbot damit begründet, daß ewig weder unter den Armen noch unter den Reichen keine Absonderung oder Bruderschaft bestehen solle bei Strafe einer zehnjährigen Verbannung, dann wird sie eher in den Kontext der innerstädtischen Spannungen um die Teilhabe an der Macht, die sogenannten Bürgerkämpfe, einzuordnen sein, als in einen engeren Zusammenhang mit der J akobus-Wallfahrt. Eine bessere Spur ist in der Person der Stifter zu finden: Der Rat hatte nach Ulrich Ilsungs Dotation zum Bau der neu en Kirche 76 1360 mit einem Empfehlungsschreiben für die Sammlung von milden Gaben für das St. J akobsspital den dürftigen [... ] da z si ir narung dest bas mugen gehaben -durch einen Bruder Heinrich aufgerufen77, nachdem kurz zuvor die drei bürgerlichen Pfleger Berchtold der Bach, Bürgermeister, Otto der Gallenhof er und Johann der Hangenor als Pfleger des neuen Spitals zu St. Jakob einen Hof verkauft hatten 78. Das deutet zwar darauf hin , daß entweder die finanzielle Ausstattung noch zu gering oder der Zulauf zu groß war 79, dennoch aber die bürgerliche Oberschicht hinter dieser Stiftung stand - und auch in den folgenden 74 Urkundenbuch der Stadt Augsburg, 2 Bde., h g. von Christian MEYER(Augsburg 1874- 1878) hier 2, S. 60 vom 23. Sept. 1355; vgl. Rolf KIESSLING,Bürgerliche Gesellschaft und Kirche in Augsburg im Spätmittelalter (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg 19, Augsburg 1971) S. 173 f. 75 Ebd. S. 316; vgl. auch Susanne ESER, 650 Jahre St. J akobsstiftung (1348-1998) (Augsburg 1998) S. 8 f. 76 Der (spä ter sch r eibende) Chronist Hektar Mülich datiert sie zum Jahr 1356 (Chronik des Hector Mülich [Chronik en der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jh., 22, Augsburg 3, Leip z ig 1892] S. 2). 77 MEYER,Urkundenbuch (wie Anm. 74) 2, S. 89: 1360 Mai 15. 78 Staatsarchiv Augsburg, Klosterurkunden Augsburg, H eilig Kreuz, fase. 7, Nr. 76: 1360 Jan. 8. 79 Die bereits 1351 urkundlich fassbare erste Zustiftung (Mon umenta Boica 336 [München 1842] S. 189, Nr. 182): 2 Höfe und 2 Hofstätten zu Ashain durch Chonrad den Goldochs; Verkauf an eine Augsburger Bürgerin, nach ihrem Ableben sollen die Güter an das Spital St. Jak ob fallen, d. h. sie waren noch nicht verfügbar. <?page no="32"?> Augsburger Netzwerke.indd 32 Augsburger Netzwerke.indd 32 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 26 Rolf Kiessling Jahren wurden weiter prominente Pfründner aus den Ratsgeschlechtern ins Spital aufgenommens 0. Weil spätestens im Laufe des 15. Jahrhunderts die Versorgung Armer (seit 1462 waren es 20 Plätze) als Stiftungszweck in den Vordergrund rückte 81 sonderlich Rathspersonen/ und andere so in der Statt ämpter gewesen/ und hernach zu Armuth kamen; heißt es in einer späteren Chronik des 16. Jahrhunderts 82 -, war die Pilgerherberge auf eine neue Stiftung angewiesen: das von dem Kramerehepaar Hirn ins Leben gerufene Pilgerhaus. Es dotierte neben der Grabkapelle bei St. Anna von 1420/ 25 jenes eigene kl eine Pilgerhaus, das 1440 zunächst mit vier Betten unterhalb des Judenberges zwischen den zwen Lechen eingerichtet wurde, um ein Nachtlager zu schaffen; vnd was ein jeglicher Pilgrim inen bringet, das soll im der Wirth der daurunnen ist, von geschaffens der dreuer Pfleger kochen willigklichen; wieder sind es die Wallfahrtszentren der Zeit, Rom, Compostela (und Loreto? ), die besonders hervorgehoben werden 83. Das Stifterehepaar Hirn gehörte zu den Vermögendsten seiner Zeit: 1422 versteuerte Konrad als Kramer 4.080 fl., was immerhin Rang 29 der Steuerliste bedeutete, und das Vermögen steigerte sich bis 1428 auf 7.440 fl. unter seiner Witwe Afra 84, ohne daß sich bislang eine genauere Orientierung ihrer Geschäfte festmachen ließ. Im Kontext der Neuordnung mit und nach der Reformation wurde das Pilgerhaus 1552 den Almosenherren des Rates unterstellt und sollte nun der Verpflegung armer Hülffloser kranker Personen dienen, aber auch immer noch der unvermeidlich nott viler fremd/ ich[= Fremden], so sich täglich hie befunden, dessgleichen der Elenden , schadhafften, geprechlichen und notleidenden Bürger, die man weder im Spittal, Siech noch platterhaus einnemen will. Am Haus war in Stein die Inschrift 80 MEYER, Ur ku ndenbuch (wie Anm. 74) 2, S. 69: 1357 Juli 24, Johann Goppolt kauft "ein ewiges Bett"; Stadtarchiv Augsburg, Herwart'sche Urkundensammlung 2: 1452: Rech t der Familie H erwart auf die Belegung eines Bettes in der Jakobspfründe usw.; spä te r gibt es darüber Auseinandersetzungen. Vgl. auch ESER,St. Jakobsstiftung (wie Anm. 75) S. 23. 81 Stadtarchiv Augsburg, Kirchen und Klöster, St.Jakob 11: Ordnung von 1462 mit detaillierter Hausordnung und Speiseplan. 82 Achilles Pirminus Gasser, Annales Augustani, Ander Theil, S. 106, in: Augspurgische Chronica/ Welser Chronik, Faksim ile- Ausgabe (Augsburg 1985); zit. nach ESER, St. Jakobsstiftung (wie Anm. 75) S. 4. In den Ratsprotok ollen finden sich seit der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts mehrere Einträge über Pfründaufnahmen, vgl. KIESSLING,Bürgerliche Gesellschaft (wie Anm. 74) S. 174. 83 Ebd. S. 229. 84 Peter GEFFCKEN, So z iale Schichtung in Augsburg 1396 bis 1521 . Beitrag z u einer Strukturanalyse Augsburgs im Spätmittelalter (Diss. München 1983) Tab. VIII, s. 57 . <?page no="33"?> Augsburger Netzwerke.indd 33 Augsburger Netzwerke.indd 33 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 27 eingehauen: Das Haus ist ain Elend herberg, und soll in Ewig Zeittalso pleiben 85. Eine weitere Bürgerstiftung verbesserte dann die materielle Basis für die Herberge: Martin Zobel kaufte 1578 ein Haus am Barfüßer Graben für 3.100 fl. und schenkte es der Pilgerhausstiftung, die nun dorthin umzog; 1586 verzeichnete es bereits 70 Betten. Doch als Patienten finden sich jetzt neben Auswärtigen vor allem Weberknappen und Dienstmägde; 1588 zählte man insgesamt 486 Männer und Frauen, von ihnen wurden 289 geheilt, 105 starben im Pilgerhaus, 92 lagen im Dezember noch krank in den Betten, auf das Jahr bezogen rechnete man mit 59 Patienten in der Woche 86. Aus dem Pilgerhaus war ein Armenhaus geworden. Kehren wir zu den Stifterfiguren zurück, die immerhin einige wichtige Hinweise zu den ökonomischen Zusammenhängen geben. Zunächst ist insbesondere auf Ulrich Ilsung (auf dem Stein) zurückzukommen, der seinerseits zu den ersten großen Sozialstiftern der Stadt gehörte 87: Er hatte 1364 ein sog. Pfennigalmosen im Wert von 40 Pfd . Pfg. pro Jahr (d. h. 800 Pfd. Pfg. Kapital) zur Austeilung an die Armen an den Marientagen bestimmt und in seinem Testament 1363 weitere Kirchen unter anderen St. Moritz und den Dom in der Stadt bedacht; er stammte aus einer der führenden Geschlechterfamilien der Stadt in dieser Zeit. Ein spezifischer Bezug zum Jakobusku! t wird über diese Stiftung freilich nicht greifbar und ergibt sich auch nicht aus der einzigen Nachricht über seinen Handel: Er war im Textilgeschäft engagiert, denn 1360 wurden ihm Waren wohl feine Wolltuche in Huy an der Maas arrestiert 88. Nach wie vor dürfen wir davon ausgehen, daß diese enge Verbindung von Ratsgeschlechtern und St. Jakob einen hohen Stellenwert der Gründung und Frühgeschichte im 14. Jahrhundert markiert. Auch später zeigt das Amt der Pfleger von St. Jakob eine kontinuierliche Wertschätzung durch die Augsburger Oberschicht - und die Familie Ilsung: 1418 wird Bürgermeister Sebastian Ilsung (bei St. Johann) zusammen mit Ulrich Mair als Pfleger des Spitals genannt 89, 1437 sind es Jörg Aunsorg (Onsorg) 85 Claus-Peter CLASEN, Armenfürsorg e in Augsburg vor dem Dreißigjährigen Kriege, Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 78 (1984) S. 65-115, hier S. 101. 86 Ebd. S. 105; vgl. Johann TROMETER, Das Augsburger Pilgerhaus. Studien zur Volkskunde und Kulturgeschichte einer caritativen Einrichtung vom 16. Jahrhundert bis 1806 (Diss . Augsburg 1997) S. 29- 35, v. a. 329 mit etwas anderen Zahlen. 87 KI ESSLING, Bürgerliche Gesellschaft (wie Anm. 74) S. 222,236. 88 Peter GEFFCKEN,Art. ,Ilsung I', in: Augsburger Stadtlexik o n, hg. von GRÜNSTEUDEL u.a. (wie Anm. 13) S. 525f. 89 Stadtarchiv Augsburg, Missivbuch Ib, fol. 208 Nr . 956: [April 9]: es geht um eine Besit zange legenheit. <?page no="34"?> Augsburger Netzwerke.indd 34 Augsburger Netzwerke.indd 34 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 28 Rolf Kiessling und Ulrich Mayr 90 , 1446 Jörg Aunsorg und Jörg Strauß 91 , 1474 Markus Rehlinger (Röchlinger) und Peter Hertzel 92 , 1462 Jörg Strauß und Jörg Hofmair 93. Die Ilsung bei St.Johann (eine Seitenlinie der Ilsung auf dem Stein) gehörten an der Wende zum 15. Jahrhundert durchaus noch zu den Großen im Handel: 1405 wurde Handelsgut des Sebastian und Georg Ilsung am Lago Maggiore auf dem Weg nach Mailand beschlagnahmt 94; Wolfgang von STROMERstellt sie in enger Verflechtung mit Nürnberg sogar in den Kontext der Hochfinanz 95. Doch schon Sebastian I. (t 1425), der als Patrizier insgesamt sechsmal als Bürgermeister amtierte (erstand auf Rang 28 der Steuerliste von 1422), dürfte bereits den Wechsel vom Handel zur p olitischen Elite vollzogen haben; seine Nachkommen jedenfalls waren vor allem an Fürstenhöfen tätig, insbesondere die Söhne Georgs, des Neffen Sebastian I.; unter ihnen begegnet Sebastian (II., t 1469; 1441 Rang 82, 1448 Rang 116) also der bekannte Santiagopilger von 1446 im Umkreis Friedrichs III. 96 . Ein weiterer Zusammenhang zw ischen dem Augsburger Handel und dem Jakobskult ergibt sich mit der Familie Weiser: Er erschließt sich über die frühe Ausstattung der Kirche. Peter GEFFCKENhat im Kontext der jüngsten Welserforschung auf ein „tryptichonartiges monumentales Wandbild auf der Nordse ite des Chors von St. Jakob" verwiesen, das in der Bombennacht im Februar 1944 zerstört wurde wir sind also auf alte Schwarz-Weiß-Fotografien um 1900 angewiesen (Abb. 2-4 ). Das Wandgemälde thematisiert den ,Marientod' mit den Aposteln u nd den Heiligen Jakobus und Antonius; zu Füßen kniet das Stifterehepaar Weiser und Lauginger aufgrund der 90 Staatsarchiv Augsburg, Klosterurkunden Augsburg, M aria Stern 103: Bestandsrevers von 1437. 91 Stadtarchiv Augsburg, Ratsprotokoll II, fol. 172: sie we rd en als Pfleger angenommen. 92 Stadtarchiv Augsburg, Urkundensammlung 1474 Mär z 2: Verkauf eines Hauses am Lauterlech . 93 Stadtarchiv Augsburg, K irc hen und Klöster, St. Jakob 11: Ordnung von 1462. 94 SCHULTE, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs (wie Anm. 44) 1, S. 571, 2, S. 251. 95 Wolfgang von STROMER, Oberdeu tsche Hochfinanz 1350- 1450 (Beihefte zur Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 55-57, Wiesbad en 1970) s. 406. 96 Peter GEFFCKEN,Art. ,llsung II', in: Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDEL u . a . (wie Anm. 13) S. 526; die Ran gpos itionen bei GEFFCKEN, Soziale Schichtung (wie Anm. 84) Tab. Vlll, S. 56, 85, 97. <?page no="35"?> Augsburger Netzwerke.indd 35 Augsburger Netzwerke.indd 35 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 29 Wappen und der Jahreszahl identifizierbar 97 . Sie verweisen auf keinen geringeren als Lukas Weiser (t 1494) und seine Frau Ursula Lauginger (t 1499). Die einzige größere Memorialstiftung, die von den Welsern überhaupt überliefert ist, findet sich also in der Pilgerkapelle St. Jakob 98; ansonsten sind sie nämlich nur mit einer Reihe von J ahrtagen bei St. Moritz und St. Katharina verankert 99 . Interessant ist die Darstellung des Lukas Weiser in dem großen Wandgemälde (Abb. 3): Trotz mehrfacher Übermalungen ist erkennbar, daß seine „Kleidung für einen Kaufmann ungewöhnlich [ist], und unterstrichen wird dies noch durch einen großen Hut, der vor seinen Knien auf dem Boden liegt"; zudem „erhalten die auf den Flügeln übergroß dargestellten Patrone J akobus und Antonius besonderes Gewicht", so daß Peter GEFFCKEN zu der Schlußfolgerung kommt: die Bildinszenierung zeige „die besonders in nige Beziehung des Stifters zu Jakobus" 100. Ist Lukas Weiser hier als Jakobspilger dargestellt? Abb. 2: Heute zerstörte Wandmalerei im nördlichen Chor der Kapelle beim Jakobs spital. Darst ellung des ,Mariemods' mit den Aposteln und den Heiligen Jakobus und Antonius 97 WILHELM, Wandma lerei en (wie Anm. 12) S. 253-2 55; vgl. die Beschreibung von M. Johann Martin CHRISTELL, Eine besondere und aus führliche Nachricht von der Evangelischen San et Jacobs-Kirch e (1733 ), in : 650 Jahre St. Jakob. Eine Kirche und ihr Stadtteil, hg. vom Pfarramt St. Jakob, Augsburg 2005, S. 40-46, hier 43. 98 Dazu jetzt Peter GEFFCKEN, Anmerkungen zu künstlerischen Zeugnissen der Weiser im Spätmittelalter, in: Die Weiser, hg. von HÄBERLEIN/ BURKHARDT(wie Anm. 42) S. 168-184, hier S. 176-178. 99 KIESSLING,Bürgerliche Gesellschaft (wie Anm. 74) S. 280. IOO GEFFCKEN, Anmerkungen (wie Anm. 98) S. 177. <?page no="36"?> Augsburger Netzwerke.indd 36 Augsburger Netzwerke.indd 36 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 30 Rolf Kiessling Abb. 3: Detailansicht des links zu Fü ßen des Apostels Jakobus knienden Stifters Lukas Weis er Abb. 4 : Detailansicht der rechts zu Füßen des h eiligen Antonius knienden Stifterin Ursula Laugin ge r Auf jeden Fall ist damit eine der großen Handelsfamilien Augsburgs im 15. Jahrhundert mit dem Jakobusk ult in engere Verbindung zu bringen. Lukas Welse r 101 war 1475 der Steuerzahler mit dem zweithöchsten Vermögen in Augsburg, das von ihm im Laufe seines Lebens erworbene Gesamtvermögen wird auf ca . 60 .000 fl. geschätzt. Zusammen mit seinen Brüdern war er Inhaber einer der bedeutendsten Familien handelsg esellschaften nicht nur Augsburgs, sondern ganz Oberdeutschlands. Sie zog ihre Fäden über die Nürnberger Faktorei nac h Brügge und Köln, wo sie zu den größten Pfefferimporteuren der Zeit gehörte, und „unter seiner [Lukas', R. K.] Leitung wurde der Handel nach Süden ausgebaut" 102 : Neben der klassischen Route nach Venedig, zu Florentiner Firmen und nach Mailand, Rom und Neapel war besonders der Safranhandel in L'Aquila in den Abruzzen und in Apulien lukrativ. Weitere Aktivitäten aber sind gerade bei ihm in Spanien und an den Schaltstellen Genf und Lyon erkennbar: "Ein Aufenthalt in Genf, das an der oberstrass nach Santiago lag, ist für 1461 ausdrücklich bezeugt, und Textstellen in einem Brief von 1482 lassen vermuten, daß er 101 Zu ihm ausführlich G EFFC KE N , Die Weiser und ihr Handel (wi e Anm. 42) S. 103-112, 125-145. 102 Ebd . S. 132. <?page no="37"?> Augsburger Netzwerke.indd 37 Augsburger Netzwerke.indd 37 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 31 auch Lyon und Zaragoza kannte. Selbst ein äußerer Anlaß für den Plan einer Pilgerreise scheint erkennbar: der um 1467/ 68 erfo lgt e Tod seiner Mutter" 103. Ob er eine solche Reise geplant hat, ist freilich nicht belegbar. Immerhin könnte die bewußte Aufnahme der Pilgerschaft zu Santiago de Composte la einerseits und die Unterstützung des Spitalgedankens andererseits die Beziehung der Weiser zu St. Jakob erklären. Eine Spur also die noch um eine Nuance stärker wird, wenn wir die Zugehörigkeit seiner Frau Ursula zur Familie Lauginger berücksichtigen, die wiederum in diesem Geflecht der Familienverbände eine markante Rolle nicht nur in Augsburg, sondern auch in Memmingen spielte: Ursu las Schwester Elisabeth Lauginger war in erster Ehe mit Erhard d. Ä. Vöhlin und in zweiter Ehe mit Peter Haintzel verheiratet, seinerseits wiederum ein Mitarbeiter der Welser-Vöhlin-Gesellschaft 104. Es mag Zufall sein, daß der Zweig der Ilsung auf dem Stein 1422 in dem Haus ausstarben, das 1422 zum Stammhaus der Weiser wurde105: Bartlome Welser und seine gesellschaft, die nach der Krise der Familie mit dem Barchenthandel einen neuen Aufstieg realisieren konnten - Bartholomäus (III.) war mehrfach Baumwollschauer und gehörte zu den Venedigfahrern, die 1419 der Boykottpolitik Sigismunds nachgeben mußten 106 -, waren als solche mit den Prun und Egen zu den wichtigen Trägern dieser Wirtschaftsinnovation geworden 10 7 . In dieser Familientradition führt der Weg aber weiter über den genannten Lukas Weiser zu einem anderen Kontext: zu jenem Lukas Re(h)m, von dem der zweite berühmte Santiago-Pilgerbericht Augsburgs von 1508 stammt . Bekanntlich war er eng mit den Welsern verbunden : Seine Mutter Magdalena war eine Schwester der Brüder des Lukas, den wir in St. Jakob fanden - Jakob und Anton Weiser -der im Zusammenhang mit der Fusion der Vöhlin-Welser-Gesellschaft um 1496/ 98 schon begegnet ist-, also den Gründern der neuen großen Welser-Vöhlin-Gesellschaft. Zwar aufgewachsen in Riedheim bei Ulm, wohin sich sein Vater auf seine Grundherrschaft zurückgezogen hatte eine damals durchaus übliche Verhaltensweise der bürgerlichen Oberschicht -, trat Lukas I03 GEFFCKEN, Anmerkungen (wie Anm. 98) S. 178. 104 Raimund EIRICH, Memmingens Wirtschaft und Patriziat von 1347 bis 1551. Eine wirtschafts- und so z ialgeschichtliche Untersuchung über das Memminger Patriziat während der Zunftverfassung, Weiß enhorn 1971, S. 159. 105 GEFFCKEN, Die Welser und ihr Handel (wie Anm . 42) S. 79 . 106 Stadtarchiv Augsburg, Ratsbücher 274, fol. 84v- 85r; vgl. KIESSLING,Die Stadt und ihr Land (wie Anm. 3) S. 735; KIESSLING,Schwäbisch-tirolische Wirtschaftsbeziehungen (wie Anm. 24) S. 191. 107 GEFFCKEN, Die Weiser und ihr Handel (wie Anm. 42) S. 68- 74, 77-79. <?page no="38"?> Augsburger Netzwerke.indd 38 Augsburger Netzwerke.indd 38 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 32 Rolf Kiessling Rem 108 1498 in Mailand in die Fir ma seines Onkels ein, wurde Faktor der Lyoner Niederlassung, ging mit Simon Seitz und Scipio Löwenstein 1502 nach Lissabon, als jene genannte Zollfreiheit für die Oberdeutschen erhandelt wurde, war im Safran- und Wechselgeschäft in Valencia und Zaragoza tätig, ehe er 1503 die Niederlassung in Lissabon übernahm und die lndienfahrt von 1506/ 07 in die Wege leite te, was auch zu der Santiagofahrt führte. Dieser und der weitere Weg bis zum Ausscheiden aus der Weiser-Firma 1518 und der Begründung einer eigenen Rem- Gesellschaft mit seinen Brüdern Andreas und Johann sind bekannt. Freilich muß abschließend die Frage nach dem Stellenwert des Jakobsku! tes in Augsburg erneut gestellt werden. Nochmals sei dafür an der Ausstattung der Kirche von St.Jakob angeknüpft: Nur noch in geringen Resten erkennbar ist heut e ein weiteres Fresko, das die ,Krönung Mariens' darstellte und zu dem wo hl auch der erst 1883 entdeckte auf einer Fotografie von 1923 noch gut erkennbare überlebensgroße „Antonius" an der nördlichen Langhausseite gehörte (Abb. 2) 109. In den Zeugnissen spät mittel a! terlicher Frömmigkeit in der Stadt kehrt neben der vielfältigen Marienverehrung auffälligerweise auch Antonius der Eremit immer wieder. Verwiesen sei nur darauf, daß ihn schon 1410/ 45 die Egen/ von Argon zum Patron ihres Spitals in der Wintergasse erkoren hatten 110, der als Wundertäter und Krankheitspatron ve rehrt und speziell gegen das ,Antoniusfeuer' und die Pest angerufen wurde. Die Vielzahl der Kulttraditionen läßt nicht übersehen, daß im Leben der St adt auch noch andere gewichtig ausfallen. Erinner t sei an die beiden anderen peregrinationes maiores: zunächst die Jersusalem- Pilgerfahrt jenes soeben genannten Lorenz Egen 1385 auch einer der Barchentunternehmer, dessen Sohn Peter von Argon dann zu einer ebenso führenden wie umstrittenen Figur der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts aufsteigen wird -, dann der Kaufleute Jörg Mülich 1449 und Martin Ketzel 1476 und des Kanonikers Wolfgang von Zülnhart 1495 111 . Noch gewichtiger waren die Rom-Wallfahrten, die seit d em Jubelablaß Bonifaz' VIII. auc h in der Diözese Augsburg ihren 108 Vgl. Hubert Frh. von WELSER, Lukas Rem, Lebensbilder aus dem bayerischen Schwaben 6, hg. von Götz Fr : 1. von PöLNITZ (München 1958) S. 166- 185; HÄBERLEIN, Die We lser -Vöhlin-Gesellschaft (wie Anm. 56) S. 26-30. 109 650 J ahre St. Jakob (wie Anm. 97) S. 45. 110 Vgl. KIESSLING,Bürgerliche Gesellschaft (wie Anm. 74) S. 227 f. 111 Dietrich HUSCHENBETI, Berichte über J erusa lem-Pi : ge rfahrten, in: Literarisc hes Leben in Augsburg während des 15. Jahrhunderts, hg . von J ohannes J ANOTA/ Werner WI LLIAMS-KRAPP (Studia Augustan a 7, Tübingen 1995) S. 240-264. Vgl. dazu den Beitrag von Reinhard H. SE! TZ in di ese m Band. <?page no="39"?> Augsburger Netzwerke.indd 39 Augsburger Netzwerke.indd 39 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Der Augsburger Handel und die Wallfahrt nach Compostela 33 Aufschwung nahmen; aus der Stadt beteiligten sich etwa Hektar Mülich und Thomas Ehern 1450 daran, oder vollzogen sie als Bußfahrten wie Marx Hofmair 1478 112 freilich waren seit 1487 die Ablässe beim Besuch der römischen Hauptkirchen ersatzweise auch im Kapitelsaal von St. Katharina zu bekommen 113 . Andererseits spiegelten sich in den Bruderschaften die dominanten Züge der Frömmigkeit noch ausgeprägter 114. Es verwundert dabei nicht, daß die St. Ulrichsbruderschaft in Augsburg die zugkräftigste war: 1440 zur Verehrung des Diözesanheiligen gegründet, erlangte sie unter Abt Melchior, der ihr 1468 neue Statuten gab, ihre große Bedeutung mit Tausenden von Mitgliedern, unter ihnen neben der Vielzahl der Bürger auch die Kaiser Friedrich III. und Maximilian I., einige Herzöge von Bayern und eine Reihe von Adeligen aus der Umgebung. Ihr an die Seite zu stellen ist die St. Annenbruderschaft, die am Anfang des 15. Jahrhundert ins Leben gerufen worden war und die am Ende des Jahrhunderts auch Laien aufnahm, um die Stiftungsbereitschaft für die Kirche und das Kloster zu fördern wohl nicht zufällig parallel zum Engagement der Firmen in Tirol, galt Anna doch als Bergbauheilige. Schließlich ist der alte Kult um das auf das Jahr 1199 zurückgehende ,Wunderbarliche Gut', eine Bluthostie, zu nennen; für sie kam 1483 aus dem Kreis der Pfarrleute von HI. Kreuz der Wunsch auf, vff den tag Corporis Christi mitt ettlichen figuren antreffend dass leiden Christi zuo andacht deß volks dennende In der prozeß vmzegon und dazu eine Fraternität zu gründen, formell bestätigt durch eine Bulle lnnozenz' VIII. 1486 allerdings geriet dieses ,Wunderbarliche Gut' auch bald in die Diskussion um die Echtheit. Dies sind zweifellos nur einige Schlaglichter, aber sie zeigen auch, daß der Jakobus-Kult im 15. Jahrhundert trotz der relativ engen Verbindungen zur Welserfamilie -, zu den wichtigen, aber nicht gerade zu den beherrschenden in der Stadt gehörte. Resumen: En el articulo se analizan las relaciones entre las redes comerciales de los comerciantes de Augsburgo y las tradiciones de culto de la ciudad y con ello determina la importancia de! culto a Santiago, que se puede seguir en muchos documentos desde Ja A! ta Edad Media. En un primer paso se mostrara el desarrollo de la red 112 Martina HAGGENMÜLLER, Als Pilger nach Rom. Studien zu den Romwallfahrcen aus der Diözese Augsburg von den Anfängen bis 1900 (Ma t erialien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben 18, Augsburg 1993) S. 54, 65, 272. 113 Martin SCHAWE,Rom in Augsburg. Die Basilikabilder aus dem Katharinenkloster (München [o.J.]). Vgl. auch den Beitrag von M. GÄRTNERin diesem Band. 114 Zum folgenden KIESSLING,Bürgerliche Gesellschaft (wie Anm. 74) S. 292f., 312- 314. <?page no="40"?> Augsburger Netzwerke.indd 40 Augsburger Netzwerke.indd 40 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 34 Rolf Kiessling comercial de Augsburgo: Segun las primeras pruebas concretas desde los siglos XI y XII sigue el desarrollo de] comercio a lugares lejan os por las grandes vias de comunicaci6n, por un lado la Via C laudi a a Venecia y por el lado contrario hacia el norte a traves de Nuremberg, respectivamente Frankfurt hacia el noroeste de Europa, por otro la ruta de la sal de Reichenhall-Munich y su prolongaci6n a traves de Ulm hacia Württemberg. Estos ejes centrales se amplian desde la segund a mitad de! siglo XIV debido a la inn o vaci6n en la producci6n de barragan y su comercializaci6n, a la que sigui6 desde mediados de] siglo XV la entrada en Ja explotaci6n de plata y cobre . Las relaciones a traves de las ferias de Lyon y Ginebra con la Peninsula Iberica aparecen como herencia de las ciudades imperiales de Ja A! ta Suabia, como se puede demos trar en varias empresas de Augsburg o , especialmente con la fusi6n de las sociedades Weiser de Augsburgo y Vohl in de Memmingen desde los arios setenta de! siglo XV; esta exper iment6 su amp liaci6n por el compromiso de los Fugger con Espai'ia y Portugal. C o n ello quedaba establecido el prestigio internacional de la economia de Augsburgo . En un segundo paso se trazaran las relaciones laterales para el desarrollo de] cu! t o jacobeo: Este queda estab lecido desde la mitad del siglo XIV con la capilla en la Jakobervorstadt (barrio de Santiago) y encuentra su continuidad en Ja donaci6n de] matrimonio Hirn en la primera mitad de] siglo XV con la capilla funeraria adosada a Sta. Ana. EI nucleo en el caso de St. Jak ob es apreciable a traves de las donaciones de las familias patricias de Ilsung y sobre todo de los Weiser: Lukas Weiser y su esposa Ursula Lauginger de Memmingen hacen referencia con su imagen de donant es de finale s de! siglo XV posib lemente a Ja peregrinaci6n a Santiago y con ellos estab leci6 al mismo tiempo Ja sociedad de los Weiser las relaciones comerciales con Espai'ia y Portugal, que a fines de! siglo XV alcanzaron su primer punto algido con esto se puede estab lecer al menos con probabilidad una relaci6n lateral entre comercio y culto a Santiago. Claro que hay que consid erar con algunas restricciones que la tradici6n de cult o de Augsburgo con Roma y Jerusalen esta unida a traves de otros puntos esenciales en las peregrinaciones contemporaneas y determinada sobre todo por Ulrich, pero tambien con Ana en la Baja Edad Media a traves de varias figur as de cu! to. <?page no="41"?> Augsburger Netzwerke.indd 41 Augsburger Netzwerke.indd 41 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke im deutschen Südwesten PETER RüCKERT Das zeitgenössische kulturelle Profil der Reichsstadt Augsburg zwischen Mittelalter und Neuzeit also in den Jahrzehnten um 1500 wird von einer bedeutenden Buchproduktion in Handschrift und Druck geprägt, die weit über Süddeutschland hinausstrahlt 1. Die Fachwelt spricht gar von einem eigenen Markenzeichen: "Made in Augsburg" war damals ein Gütemerkmal für kostbare illuminierte Handschriften wie für frühe Drucke 2 . Wir wollen uns im folgenden allerdings weniger den Erscheinungsformen und ästhetischen Qualitäten der Augsburger Buchkunst widmen, als vielmehr nach ihrem geistigen und politischen Hintergrund sowie ihren sozialen Kontexten fragen. Hier interessieren die „N etzwerke", welche die Herstellung und Vermittlung der Augsburger Produkte auf dem Buchmarkt bedingten und ausrichteten 3 . Diese Ausrichtung 1 Vgl. allgemein dazu die Ausführungen zu „Augs bur g" im LexMA 1 (1980) Sp. 1211- 1218, h ier besonders „Der Buchdru ck in Augsburg" von Ferd inand GELDNER, Sp. 1216f. 2 Für Drucke vgl. Hans-Jörg KüNAST, "Getruckt zu Augspurg". Buchdruck und Buchhandel in Augsburg zw ischen 1468 und 1555 (Studia Augustana 8, Tübingen 1997); DERS., Augsburger Frühdrucker und ihre Textauswahl. Oder: Machten die Druck er di e Schreiber arbeitslos? , in: Literarisches Leben in Augsburg während des 15. Jahrhu nderts, hg. von J ohannes JANOTA/ Werner WILLIAMS-KRAPP (Studia Augustana 7, T üb in gen 1995) S. 47-57; hi er: S. 56. Zu den Handschr iften vgl. Eberhard KÖNIG, Augsburger Buchkunst an der Schwelle zu r Frühneuzeit, in: Augsburger Buchdruck und Verlagswesen: Von den Anfängen bis zur Gegenwart, hg. von Helmut GIER/ Johannes JAN0TA (W iesbaden 1997) S. 173-200, sow ie die folgenden Ausführungen. 3 Zur aktuellen Diskussion um die Begrifflichkeit des „Netzwerks" in der historischen Forschung vgl. demnächst die Publikation der Tagung des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte unter dem Titel „Netzwerke im europäisc hen Ha ndel des Mittelalters" (11.- 14.3.2008) sowie die Einführung von Klaus HERBERS und Peter RüCKERT in diesem Band. <?page no="42"?> Augsburger Netzwerke.indd 42 Augsburger Netzwerke.indd 42 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 36 Peter Rückert wollen wir dabei auch in einem geographischen Sinne konkret verfolgen, vor allem für den deutschen Südwesten. Ausgehend vom aktuellen Forschungsstand läßt sich nämlich-im Gegensatz zu den bekannt intensiven Kontakten Augsburgs nach Süden (über die Alpen) und Südosten (nach Bayern und Österreich) von solchen Netzwerken im deutschen Südwesten bislang kaum sprechen 4 . Der Südwesten interessiert daneben auch in Hinblick auf die Ausrichtung der Augsburger „Pilgerwege", weniger nach Rom und Jerusalem, sondern vor allem nach Einsiedeln und Santiago de Compostela. In unserem Kontext sollen die Augsburger Pilger und ihre kulturellen Kontakte in Hinblick auf die damit verbundene Buchproduktion und -verbreitung zumindest beispielhaft verfolgt werden, um nicht zuletzt auch Zusammenhänge zwischen Pilgerfahrt, Buchproduktion und Literatur aufzeigen zu können5. Zunächst sind aber die Beziehungen zwischen Reichsstadt und Bistum Augsburg zur Grafschaft Württemberg und den benachbarten Reichsstädten vor dem Hintergrund der gegenseitigen politischen und kirchlichen Verflechtungen als historische Folie kurz zu skizzieren . Die geistesgeschichtlichen Kontexte, dominiert von den zeitgenössischen kirchlichen Reformbestrebungen und frühhumanistischen Bildungsambitionen 6, werden anschließend in Hinblick auf Buchproduktion und -vermittlung einzubeziehen und zu konkretisieren sein. Dabei werden einige mehr oder weniger bekannte Protagonisten und Vermittler Augsburger Bi.: chkunst im Zentrum der Argumentation erscheinen persönliche Kontakte definieren schließlich die sozialen Netzwerke, die wir erschEeßen und verfolgen wollen. Vorab erscheint noch eine kurze definitorische Klarstellung notwendig: Unter „Buchkunst" wollen wir mit den Zeitgenossen um 1500 zu- 4 Vgl. den aktuellen Forschungss tand bei Ulrich MERKL, Buchmalerei in Bayern in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Spätblüte und Endzeit einer Gattung (Regensburg 1999), sowie KÖNIG, Augsburger Buchkunst (wie Anm. 2) S. 199 f. 5 Vgl. dazu auch den Beitrag von Volker HONEMANN in diesem Band. 6 Vgl. allgem ein dazu zuletzt Harald MÜLLER, Nutzen und Nachteil humanistischer Bildung im Kloster, in : Funktionen des Humanismus. Studien zum Nutzen des Neuen in der humanistischen Kultur, hg. von Thomas MAISSEN/ Gerrit WALTHER (Göttingen 2006) S. 191-213; daneben den instruktiven Forschungsüberblick von Enno BüN Z, Bücher, Drucker, Bibliotheken in Mitteldeutschland um 1500. Zur Einführung, in: Bücher, Drucker, Bibliotheken in Mitteldeutschland. Neue Forschungen zur Kommunikations- und Mediengeschichte um 1500, hg. von DEMS. (Schriften zur Sächsischen Geschich t e und Volkskunde 15, Leipzig 2006) S. 13-48, sowie die Ausführungen von Felix HEINZER, Exercitium Scribendi - Überlegungen zur Frage einer Korrelation zwischen geistlicher Reform und Schriftlichkeit im Mittelalter, in: Die Präsenz des Mittelalters in seinen Handschriften, hg. von Hans- Jochen SCHIEWER/ Karl STACKMANN (Tübingen 2002) S. 107- 130. <?page no="43"?> Augsburger Netzwerke.indd 43 Augsburger Netzwerke.indd 43 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke 37 nächst das kalligraphisch gestaltete, geschmückte Buch verstehen, d. h. illuminierte Handschriften, die in aller Regel auf Pergament geschrieben und entsprechend aufwendig gebunden wurden. Freilich befinden wir uns im „Inkunabelzeitalter" und die enge Verbindung der frühesten Drucke mit der Handschriftenproduktion tritt gerade in Augsburg hervor7. Doch wollen wir diese Verbindung nur dort kurz ansprechen, wo sie auch prosopographisch greifbar ist 8 . Zurück also zu den Manuskripten, zurück zunächst ins frühe 15. Jahrhundert und nach Württemberg. Hier herrschte mit Graf Eberhard III., dem Milden (1392-1417), ein Mann, dessen diplomatische Regierungsführung bereits von den Zeitgenossen bewundernd vermerkt wurde 9. Galt die Herrschaft Württemberg zuvor gerade bei den benachbarten Reichsstädten als aggressive Vormacht im deutschen Südwesten, der nur mit geschlossener Gegenwehr, organisiert in mächtigen Städtebünden, zu begegnen war, so entspannte die auf Ausgleich und Verhandlung angelegte Regierung Eberhards die politische Situation deutlich 10. Ein berühmtes Tafelbild, dessen verlorenes Original nach neuesten Erkenntnissen wohl um 1460 entstand, repräsentiert diese auf gegenseitigem Einvernehmen basierende Situation in bemerkenswerter Weise 11: Es zeigt Eberhard III. mit seinem Rat im Stuttgarter Schloß. 7 Vgl. ausführlicher dazu Norbert H. ÜTT, Frühe Augsburger Buchillustration, in: Augsburger Buchdruck und Verlagswesen hg. von G! ERIJANOTA (wie Anm. 2) S. 201-241, sowie Volker HONEMANN, Inkunabeldrucker als Autoren -Autoren als Inkunabeldrucker, Gutenberg-Jahrbuch 81 (2006) S. 85-100, und allgemeiner dazu BüNZ, Bücher, Drucker, Bibliotheken (wie Anm. 6). 8 Weiterführend dazu sind vor allem die Ausführungen von KüNAST, Buchdruck (wie Anm. 2). 9 Ausführlicher jetzt Christoph FLORIAN, Eberhard der Milde von Württemberg (1392-1417). Frieden und Bündnisse als Mittel der Politik (Tübinger Bausteine zur Landes gesc hichte 6, Stuttgart 2006). IO Vgl. dazu zuletzt die einschlägigen Beiträge in Der württembergische Hof im 15. Jahrhundert. Beiträg e einer Vortragsreihe des Arbeitskreises für Landes- und Ortsgeschichte, Stuttgart, hg . von Peter RüCKERT (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg B 167, Stuttgart 2006), sowie den grundlegenden Überblick von Dieter MERTENS, Württemberg, in: Handbuch der Baden-Württembergischen Geschichte 2: Die Territorien im alten R eich, hg. von Meinrad SCHAAB/ Hansmartin SCHWARZMAIER(Stuttgart 1995) S. 1-163 . 11 Dazu zuletzt: Christoph FLORIAN/ Martin HOERNES, Die „Ratssitzung" Graf Eberhards des Milden von Württemb erg, in: Landschaft, Land und Leute. Politische Partizipation in Württemberg 1457 bi s 2007. Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, und des Landtags von Baden-Württemberg, bearb. von Peter RüCKERT, Stuttgart 2007, S. 35- 39, mit weiteren Abbildungen auf den S. 96f., sowie demnächst: Peter RüCKERT, Die „Ratssitzung" Graf Eberhards III. von Württemberg - Politische Partizipation im <?page no="44"?> Augsburger Netzwerke.indd 44 Augsburger Netzwerke.indd 44 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 38 Peter Rückert Umgeben von zahlreichen Herren, die durch ihre Wappenschilde persönlich bezeichnet sind, regiert und richtet hier der Württemberger. Ihm zu Seiten sitzen zunächst die Bischöfe von Augsburg und Konstanz, dann folgen die weiteren Räte, je nach Bedeutung, wie etwa der Herzog von Teck, der Markgraf von Baden oder der Abt von Ellwangen. Das Bild zeigt also eine id ealisierte Fo rm zeitgenössischer Herrschaft aus württembergischer Perspektive im konkreten Vollzug. In uns erem Sinne sollen damit bereits die herrschaftlichen Netzwerke angesprochen sein, welche die po litischen Rahmenbedingungen definie rten: Die guten Beziehungen und mehr oder weniger enge n Kontakte der Württemberger zum Bischof von Augsburg, in dessen Diözese der östliche Teil des württembergischen Territoriums lag, sind auch über das 15. Jahrhundert hinweg zu verfolge n 12. Hingegen sollte das politische Verhältnis Württembergs zu den benachbarten Reichsstädten, also vor allem Reutlingen, Essl ingen, Schwäbisch Gmünd, Ulm und auch Augsburg, latent gespannt bleiben, was natürlich auch wirtschaftliche Auswirkungen hatte, die wir hier nur kur z bemerken können. Die von den Reichsstädten dominierten Handelsmärkte versorgten jedenfalls auch den württembergischen Hof, der dann ab dem frühen 15. Jahrhundert etwa das Papier für seine Kanz lei nicht mehr aus Italien, sondern zunächst aus Ravensburg und den anderen benachbarten Reichsstädten bezog 13 . Füllen wir den politischen Hin tergrund mit geistigem Inhalt, ausgerichtet an der Fragestellung nach qualitätvoller Buchproduktion u nd deren Vermittlung, dann bewegen wir uns auch im deutsch en Südwesten traditionell vor allem im Umfeld geistlicher Institutionen. Die Kirchenreform als drängendes politisches und religiöses Thema im 15. Jahrhundert wurde gerade auch im monastischen Bereich aufgegriffen und vielfältig im Konnex mit den Landesfürsten umgesetzt 14 . Bild? , in: Auf dem Weg zur politisch en Partizipation? Landstä nde und Herrschaft im de ut sc hen Südwesten, hg . von Sönke LORENZ/ Peter RüCKERT (in Vorbereitung fü r 2009) . 12 Ausführlicher dazu: MERTENS,Württemberg (wie Anm. 10). 13 Vgl. allgem einer dazu : Ochsenkopf und Meerjungfrau. Wasserzeichen des Mittelalters. Begleitheft und Katalog zur Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, und d er Österre ichischen Akademie der Wissenschaften, Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters, bearb. von Peter RüCKERT (Wien / Stuttgart 2006). Eine erweiterte Neuauflage der Publikation ist noch für 2008 in Vorbereitung. 14 Vgl. für Württemberg: Dieter STIEVERMANN, Landesherrschaft und Klosterwesen im spätmittelalterlichen Wüttemberg (Sigmaringen 1989), sowie am Beispiel des Benediktinerklosters Lorch: Peter R üC KERT,Laurentius Autenrieth - Ein Lorcher Ab t zw ischen Reform un d Reformation, in: 900 Jahr e Kloster Lorch. Eine stau- <?page no="45"?> Augsburger Netzwerke.indd 45 Augsburger Netzwerke.indd 45 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke 39 Hier waren es vor allem die Reformbewegungen der Benediktiner, deren Organisationskraft und Verbreitung weit über Süddeutschland hinaus die geistesgeschichtlichen Akzente setzte. Diese benediktinischen Netzwerke der Reformklöster bzw. Kongregationen von Melk, Kastl und Bursfelde sollten mit ihren Ambitionen zur Vereinheitlichung der Liturgie und Schöpfung adäquater geistlicher Literatur bald zentrale Bedeutung für die damalige Buch- und Textproduktion besitzen 15. Dabei waren es besonders die der Melker Richtung angeschlossenen Klöster, deren Reformstreben nicht nur im formgerechten Vollzug ritueller Gewohnheiten aufging, sondern im gemeinsamen Leben „aus dem Geist einer Tradition, in der Lektüre, Wissenschaft und Frömmigkeit einen unverrückbaren Platz hatten" 16 . Freilich war die Melker Observanz zunächst nur ein auf gemeinsamen Interessen und persönlichen Ver bindungen aufgebauter Verband autonomer Einzelklöster, dem es anders als der Bursfelder Union an festen organisatorischen Strukturen mangelte. Die unterschiedlichen Reformimpulse der Benediktiner befruchteten sich jedenfalls gegenseitig, und die Kontakte zwischen den einzelnen Klöstern intensivierten sich im späten 15. Jahrhundert auch über die verschiedenen Reformrichtungen hinwe g 17 . Als Wegbereiter der Melker Reform in Süddeutschland galt zunächst Kloster Wiblingen, von wo aus sowohl das benachbarte Blaubeuren wie anschließend auch das ehemals staufische Hauskloster Lorch der Reform zugeführt wurden (Abb. 1). Daneben wirkten Melker Konventualen ab 1441 mit Unterstützung des Augsburger Bischofs unmittelbar in der altehrwürdigen Abtei St. Ulrich und Afra in Augsburg, die bald als leuchtendes Zentrum Melker Reformbestrebungen angesehen wurde; dies allerdings sicher nicht wegen der hier besonders streng gehaltenen Klausur und Askese, sondern vor allem wegen der großartigen Blüte seiner Buchproduktion und Schreibkunst. Wir kommen darauf zurück. Konsolidierung im wirtschaftlichen Bereich, Repräsentation der Wirtschaftskraft in Bauleistungen und Ausstattung wie der Geistes kraft in Buchproduktion sind damals die charakteristischen Erscheifisc he Gründung vom Aufbruch zur Reform, hg. von Felix HE INZER/ Robert KRETZSCHMAR/ Peter RüCKERT (Stuttgart 2004) S. 149-164 (mit weiterer Literatur). 15 Grundlegend dazu: Klaus SCHREINER, Benediktinische Klosterreform als zeitgebundene Auslegung der Regel, Blätter für Württembergische Kirchengeschichte 86 (1986) S. 105- 195, sowie spezieller zur literarischen Produktion Werner WILLIAMS- KRAPP, Ordensreform und Literatur im 15. Ja hr hu ndert, Jahrbuch der Oswald von Wolkenst ein Gesellschaft 4 (1986/ 1987) S. 41-51. 16 SCHREINER, Benediktinische Klosterreform (wie Anm. 15) S. 135. 17 Beispielhaft: RüCKERT, Autenrieth (wie Anm. 14) S. 151. <?page no="46"?> Augsburger Netzwerke.indd 46 Augsburger Netzwerke.indd 46 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 40 lo rch -r Pet er Rückert Münc hfH, re ch f 4 We 1ß o1noh• .. Nü rnlau u (SI AyiOiusJ Kesl i ~ ■ Nereshe,m Anhausen ■ 1 W,t>lingen ~ .A. ndec M ■ . 'We"cbrv nn . ■ Sche yarn • ßib un,1 • E. nWorl • Woihonitephon Ebersb&r~ • Ron • Miinnerk ibsl or do, Sursfo ! d" Kongr OAlliori • Miinn$rliöi ter deu Aof orm ~·on K! lstl ■ l.t,l! nnerl1011er Dar Relorrn von Melk 60 1,; ,m Abb. 1: Die Verbreitung der Reformen des Spätmitt elalter, in den süddeutschen Benediktinerklöstern (CÜeim Text genannten Klöster sind hervorgehoben) nungsformen erfolgreicher Reformbemühungen. Aber auch die zunehmende Verschriftlichung im Bereich der Klosterverwaltung und besonders die Hinwendung zur eigenen Geschichte sind Ausflüsse der Klosterreform 18. Dies galt für ein „Landkloster" wie Lorch mit seinen staufischen Tradi tionen genauso wie für ein „Stadtkloster" wie St. Ulrich und Afra mit seiner eigenen Verbindung zur reichsstädti schen Geschichte. Damit sind wir über die Netzwerke der ben edik tinischen Klo sterreform hinaus bei den differenzierten Verflechtungen der Augsburger Buchkunst angelangt, in deren Zentrum damals das Skriptorium von St. Ulrich und Afra stand . Wenden wir uns also d en berühmten Schreibern, Kalligraphen und Illuminatoren des Klosters zu. Konnte bis um die Mitte des 15. Jahrhunderts von einem b esonders regen geistigen Leben in St . Ulrich 18 Ebd . S. 152. <?page no="47"?> Augsburger Netzwerke.indd 47 Augsburger Netzwerke.indd 47 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke 41 und Afra nicht die Rede sein, so erlangt hier mit der Einführung der Melker Reform auch die literarische Produktion eine neue Dimension 19 . Auf Veranlassung des nicht eben reformbegeisterten Abtes Johannes Höchensteiner schreibt jetzt der Konventuale Sigismund Meisterlin (1435-1479) seine berühmte „Chronica Augustana", die den Zusammenhang des sogenannten „Klosterhumanismus" mit der reichsstädtischen Geschichtsschreibung bereits deutlich macht 20 . Ausgehend vom eigenen Herkommen und in bewußter Rückwendung zu den monastischen Traditionen werden Kloster- und Stadtgeschichte miteinander verknüpft; den größeren herrschaftlichen Bezugsrahmen bieten dabei das Land bzw. Herzogtum Schwaben und die staufische Dynastie. Bereits mit diesem prominenten Beispiel können wir das Augsburger Milieu der ambitionierten Buchproduktion eindrücklich nachvollziehen: Wie die Vorrede der „Chronica Augustana" ausführt, hat das Werk her Sigmund Meisterlin, ain pru(o)der des klosters sant U(o)lrichs und sant Affra, gemacht und hat es aus vil pu(o)chern und Cronicken genommen durch fJeissig gebet willen des erbor her Sigmund Gossenbrot, ach ain burger zu(o) Augspurg, und hat die histori am ersten in Latein gemacht und dar nach volbracht in teützsch als in dem bu(o)ch geschriben ist .. . 21. Meisterlin hat also bald auch eine deutsche Übersetzung seines Werks vorgelegt; ein deutlicher Hinweis auf das gelehrte Laienpublikum Augsburgs als Triebfeder und einschlägige Interessentenschicht 22 . Eine mit 13 Federzeichnungen kostbar ausgestattete Abschrift von Meisterlins Chronik fertigt bereits im folgenden Jahr 1457 der Augs- 19 Vgl. die noch immer grundlegenden Ausführungen von Nonnosus BüHLER, Die Schriftsteller und Schreiber des Benediktinerstifts Sankt Ulrich und Afra in Augsburg (Borna/ Leipzig 1916) S. 44-46, sowie Carl WEHMER, Augsburger Schreiber aus der Frühzeit des Buchdrucks, Beiträge zur Inkunabelkunde NF 1 (1935) S. 78-111. Zu St. Ulrich und Afra vgl. den historischen Überblick bei Josef HEMMERLE,Augsburg, St. Ulrich und Afra, in: Die Benediktinerklöster in Bayern, bearb. von D EMS. (Germania Benediktina 2, Augsburg 1970) S. 45-50. 20 Vgl. Klaus GRAF, Ordensreform und Li t eratur in Augsburg während des 15. Jahr hundert s, in: Literarisches Leben in Augsburg, hg. von G! ERIJAN0TA (wie Anm. 2) S. 100- 159, sowie MÜLLER,Nutzen und Nachteil (wie Anm . 6) S. 202 ff. (mit weiterer Literatur). Vgl. zum folgenden den Beitrag von V. H0NEMANN in diesem Band. 21 Württembergische Landesbibliothek Stuttgart HB V 52; vgl. Die Handschriften der ehemaligen Hofbibliothek Stuttgart 2,2: Codices historici (HB V 1-105), bearb. von Wolfgang IRTENKAUF/ Ingeborg KREKLER(Die Handschrift en d er Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart 2,2, Wiesbaden 1975) S. 60. 22 Zita Agota PATAKI, Pisanellorezeption in Augsburg - Zur Kompilation einzelner Motive in Hektar Mülichs Alexander-Abschrift (Cgm 581). Hektar Mülichs Illustrationen des Alexander -Romans, Mitteilungen . Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg 16 (2006) S. 9- 51, hier: S. 32. <?page no="48"?> Augsburger Netzwerke.indd 48 Augsburger Netzwerke.indd 48 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 42 Pet er Rückert burger Bürger Georg Mülich an 23. Eine zweite Abschrift mit eigenhändigen Federzeichnungen stammt von dessen Bruder Hek tor, der hierfür auch auf M ot ive aus einer bebilderten Vita das hl. Ulrich zurückgreifen konnte, die kurz zuvor (1454) von dem Mönch Johannes Klesatel in St. Ulrich und Afra fertiggestellt worden war 24. Die Brüder Mülich sind damals in Augsburg sowohl als Schreiber wie als Sammler vor allem profaner Literatur von zentraler Bedeutung. Georg ist darüber hinaus auch als Autor eines Reiseb erichts ins Heilige Land von 1449 bekannt, und von Hekto r s Pilgerrei se zu den Feierlichkeiten des Heiligen Jahres in R o m 1450 wissen wir ebenso 25. Die Mülichs, wie auch der Auftraggeber Meisterlins, der A ugsburger Bürge rmeister Sigismund Gossenbrot (1417-1493), dessen Sohn Ulrich damals in Padua studierte26, repräsentieren da s im Handel bzw . in der Montanwirtschaft vermögend gewordene, gelehrte Patriziat, dessen literarische Ambitionen gerade auch der Buchkunst zugute kommen 27. Wi r gre ifen mit di esen Personen das Zentrum des d amal ige n Augsburger Humanistenkreises! Wird an diesem Beispiel bereits die enge Ver z ahnung von städti schem Pa triziat als Au ft raggeb er und Verbreiter auf der einen Seite und klösterlichem Autor b zw. Schreiber auf d er anderen Seite deutlich und ebenso die Bedeutung der klöst erlich en Bibliothek und Gelehrsamkeit für den Augsburger Humanistenkreis, so sollte dieses innerstädti sche Netzwerk für die Augsburger Buchproduktion und ihre Qualität auch in der Folgezeit signifikant bleib en . Unter d em Abt Melchior von Stammheim (1458-1474) errei chte die Umsetzung der Klosterreform in St. Ulr ich und Afra bereits einen frühen Höhepunkt. Abt Melchi or war aus Melk ü be r Wiblingen nach Augsburg gekommen u n d ließ hi er bem erkenswerterweise 1472 die erste 23 Wi e Anm. 2 1. Ich dank e h erz lich F rau Magdalene Popp- Grill i, Württembergische Land esb ib lio th ek Stuttgart, für die fre undli ch gew ä hrte Unte rstützu ng. 24 Stadtbibliothek Augsburg 2° Cod. Hal de r 1; P ATAKI, Pisane llorezeption (w ie Anm. 22) S. 13, 32. 25 Vgl. Helmut GI ER, Kir ch liche u n d private Biblioth eken in A u gsbur g wä hr en d des 15. Jah rhun derts, in: Literarisches L eben in Aug sbur g h g. von GIER/ JANOTA (w ie Anm. 2) S. 82-99 , hier: S. 97, Dietrich HUSCHENBETT, Beri ch te üb er J eru salem-Pilgerfahrten von Kaufleuten und ad ligen Ka no nik ern aus Augsburg im 15. Jahrhundert, eb d. S. 240-264, hier: S. 241. 26 PATAKI, Pi sa nellore zept ion (w ie Anm. 22) S. 27. 27 Vgl. d azu die pro so p ograp hischen Daten b ei Augsburger Elite n d es 16. Jahr hu n derts. Pros o po graphi e w irt schaf tlich er u n d pol itischer Führ ungsg ruppen 1500- 1620, hg. von Wolfgang REINHARD, bearb. von Mark H ÄBERLE: N (Berlin 1996). Siehe daneben auch MÜLLER, Nutzen und Nachteil (wie Anm. 6) und den Beitrag vo n Rolf KIESSLING in diesem Band. <?page no="49"?> Augsburger Netzwerke.indd 49 Augsburger Netzwerke.indd 49 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke 43 Buchdruckerei der Stadt einrichten 28 . Ihm ging es dabei in erster Linie um die Vermehrung seiner Bibliothek durch das neue Druckverfahren, wohl aber auch um liturgische Vereinheitlichung im Sinne der Reform, die über den Druck ja einfach erzielt werden konnte. Dabei fanden sich im Druckprogramm Melchiors von Stammheim entsprechend auch profane Texte, vor allem Chroniken wie die „Historia Friderici", die Geschichte Friedrich Barbarossas nach Burchard von U rsberg, zusätzlich geschöpft aus den einschlägigen Quellen des Klosters Lorch 29. Sie sollte anschließend auch wieder ihren Rückweg in die Lorcher Bibliothek finden die engen gegenseitigen Beziehungen der beiden Klöster deuten sich hier bereits an 30 . Gleichzeitig verfolgte Abt Melchior mit dem Neubau der Klosterkirche (1467) nicht nur ein umfangreiches Bauprogramm, sondern er ließ auch die große Büchersammlung des Klosters (1471) an einen für die öffentliche Nutzung zugänglichen Anbau verlegen (Abb. 2). Wir haben hier die „Öffnung" des Klosters als zentrale Bildungsinstitution der Reichsstadt deutlich vor Augen . Mit dem Tod Melchiors von Stammheim wurde dann die Klosterdruckerei jedoch nicht mehr weiterbetrieben und d ie Buchproduktion in St . Ulrich und Afra ganz auf Kalligraphie und Buchmalerei zugeschnitten für die an den benediktinischen Traditionen orientierten Mönche sicher angemessenere Ausdrucksformen reformerischer Ambitionen. Für die sozialen Netzwerke des Klosters und seine Kontakte zur laikalen Außenwelt waren damals über die an Bildung und Büchern orientierten Beziehungen hinaus zwei weitere Einrichtungen von Bedeutung: die mit der Reform wiederbelebte Wallfahrt zu den Klosterheiligen und besonders die 1468 formell bestätigte Erneuerung der bereits 1440 gegründeten Ulrichsbruderschaft, deren prominentestes Mitglied später Kaiser Maximilian werden sollte. In der Bruderschaft finden sich auch die zentralen weltlichen und geistlichen Gestalten der damaligen Augsburger Buchproduktion vereint: Anton Sorg und Johann Bämler etwa gehörten dazu, die als bekannte Schreiber und Illuminatoren in Augsburg wirkten und auch in der Druckerei von St. Ulrich und Afra 28 GRAF, Ordensreform (wie Anm. 20) . Vgl. daneben auch KüNAST, Augsburger Frühdrucker (wie Anm. 2) S. 56, sowie allgemeiner zum Buch druck in Augsburg: Augsburger Buchdruck, hg. von G! ERIJANOTA (wie Anm. 2); hier vor allem den Beitrag von Rolf SCHMIDT,Die Klosterdruckerei von St. Ulrich und Afra in Augsburg (1472 bis kurz nach 1474) S. 141- 152. 29 GRAF, Ord ensreform (wie Anm. 20) . 30 Vgl. dazu die grund legenden Ausführungen von Fe lix HEINZER, Die Lorcher Chorbücher im Spannungsfeld von klösterlicher Reform und landesherrlichem Anspruch, in: 900 Jahre Kloster Lorch, hg. von HEINZER/ KR ETSCHMAR/ RüCKERT (wie Anm. 14) S. 133-148. <?page no="50"?> Augsburger Netzwerke.indd 50 Augsburger Netzwerke.indd 50 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 44 Peter Rückert beschäftigt waren 31. Bämler hatte darüber hinaus -wie Hektar Mülich- 1450 eine Pilgerfahrt nach Rom unternommen und eine später kompi lierte Chron ik davon dann auch zum Druck gebrach t32. Der implizierte Zusammenhang von Bruderschaft, Pilgerfahrt und Literatur leuchtet hier deutlich hervor33. Die Reihe der zeitgenössischen Augsburger Laienschreiber und Illuminatoren ist lang und gut erforscht 34. Ihr Zusammenwirken mit den Kalligraphen und Buchmalern von St. U lrich und Afra soll nun mit den beiden herausragenden Pe rsönlichkeiten beispielhaft vorgestellt werden, welche die Augsburger Buchkunst um 1500 in erster Linie repräsentieren : Gemeint sind der Mönch Leonhard Wagner und der Illuminator Niko laus Bertschi. Beide stehen für die „Hochblüte" 35und gleichzeitig für die Verbreitung der Augsburger Buchproduktion gerade im deutschen Südwesten, welche ansonsten tatsächlich kaum zu personifizieren ist 36 . Zunächst zu Leonhard Wagner, dem berühmtesten Schreibmeister seiner Zeit, seinem klösterlichen Umfeld, seinem Werk und dessen Ausstrahlung 37: Wagner wurde 1453 oder 1454 im nahen Schwabmünchen geboren und war 1472 in St. Ulrich und Afra eingetreten. Ab 1500 wirkte er kurzfristig als Subprior in lrsee. Ansch ließend finden wir ihn wieder in Augsburg und dann zwischen 1508 und 1512 vor allem auf Reisen 3 1 Vgl. PATAKI, Pisanell oreze ption (wie Anm. 22) S. 31; H0N EMANN (w ie Anm. 7) S. 86-88. 32 KüNAST, Augsburger Frühdrucker (wie Anm. 2) S. 49. 33 Bemerkenswerterweise besaß auch die Verehrung des hl.J akobus in der J akobuskapelle des Klosters bereits eine wohl noch ins 12. Jahrhundert zurück reichende Tradition und unterstreicht die anhaltende Bedeutung von St. Ulrich und Afra als Pilger z iel. Vgl. ausführlicher dazu d en Be itra g vo n Ro lf K IESSLINGin di esem Band . 34 Verwi esen se i nur auf die Arbeiten vo n Karin SCHNEIDER, Berufs- und Amateursch reib er. Z um Latein-Schreibbetrieb im spätmittelalterlichen Augsburg, in: Literarisches Leben in Augsburg, hg. vo n GJER/ JAN0TA (wie Anm. 2) S. 8-26, und zu letzt MERKL, Buchmalerei (wie Anm. 4). Für die grundlegende ältere Forschung vgl. Erich STEINGRÄBER, Die kirchliche Buchma lerei Augsburgs um 1500 (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg 8, Augsburg 1956). 35 MERKL, Buchmalerei (w ie Anm. 4) S. 32. 36 Verw iesen se i wiederum auf die Untersuchungen von GRAF, Ordensreform (wie Anm. 20), SCHNEIDER Berufs- und Amateurschreiber (wie Anm . 34) und MERKL, Buchmalerei (wie Anm . 4) . 37 Zur Bi og ra p hie Leonhard Wagners vgl. Car l WEHMER, Leonhard Wagners Proba centum scripturarum. Beglei~text zur Faksimileausgabe der Proba, eines Augsburger Schriftmusterbuchs aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts (Le ip zig 1963), sowie Walter PöTZL, Hans Holbei n d. Ä. zeichnet Leonhard Wagn er aus Schwabmünchen und Pet er Wagn er, 1502- 1511 Abt in Thi erhaupten, in : Lebensbilder zu Bildern aus dem Leben. Biographien von bedeutende n Persönlichkeiten und einfachen Leuten aus fünf Jahrhundert en, hg. von Walter PöTZ L (Augsburg 1991) S. 4-3 0 (mit weiterer Liter atu r). <?page no="51"?> Augsburger Netzwerke.indd 51 Augsburger Netzwerke.indd 51 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke Abb. 2: St. Ulrich und Afra in Augsburg auf dem Stadtplan von Jörg Seid (152 1) Abb. 3: Leonhard Wagner (t 1522). Silberstiftzeichnung von Hans Holbein d. Ä. 45 <?page no="52"?> Augsburger Netzwerke.indd 52 Augsburger Netzwerke.indd 52 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 46 Peter Rückert im deutschen Südwesten, bevor er nach St. Ulrich und Afra zurückkehrt, wo er 1522 stirbt (Abb. 3). Zeitgleich mit Wagner wirkte in der Abtei der Klosterchronist Wilhelm Wittwer, dessen „Catalogus abbat um" von 1497 eine zentrale Quelle für die Klostergeschichte darstellt 38 . Damals soll die Bibliothek des Klosters 1.000 Bände umfaßt haben, und vor allem das starke Interesse an neuen Quellen für die Ordens- und Klostergeschichte förderte ihren Ausbau. Wittwer selbst begab sich in den Schwarzwald nach Hirsau, an das Grab des berühmten hochmittelalterlichen Reformabts Wilhelm (t 1091)seines Namensvetters und Vorbilds-, um dessen Grabinschrift zu notieren 39 . Über die Klöster Blaubeuren bzw. Wiblingen wurde die „Vita Wilhelmi" gleich mehrfach für die Klosterbibliothek besorgt, und in Lorch ließ sich Wittwer (1489) die Legende der hl. Afra kopieren 40 . Zeitgleich (1487) wurde auch die Gebetsbruderschaft des Augsburger Konvents mit den Hirsauern erneuert, die zwar mittlerweile der Bursfelder Reformkongregation angehörten, aber ihre Verbrüderungen unabhängig davon mit den benachbarten reformorientierten Klöstern wiederzubeleben suchten 41 , so auch mit Wiblingen (1487), Donauwörth (1453/ 87), Elchingen (1490), St. Emmeram in Regensburg (1478/ 1493), Prüfening (1495) oder lrsee (1498) (Abb . 1). Die traditionellen Instrumente der monastischen Beziehungspflege wurden also jetzt wieder zur Vernetzung der Klosterreform eingesetzt . Leonhard Wagner ist zu dieser Zeit gerade mit großen Schreibaufträgen für kostbare Liturgica beschäftigt.Nachdem er zuvor bereits einige kleinere Meß- und Gebetbücher geschrieben hatte, fertigt er in .den Jahren 1489/ 90 im Auftrag seines Abtes Johannes von Gü ltlingen (1482-1496) ein großes Graduale, das von seinem Mitbruder Conrad Wagner (t 1496) prächtig illuminiert wird 42 . Bald darauf sehen wir ihn an einem großartigen Psalter für den Chor, den jetzt allerdings die Augsburger Werkstatt des Georg Beck ausmalen sollte 43 . Wagners Schreibkunst ist mittlerweile so bedeutend, daß ihn Ab t Johannes wie auch Wilhelm Wittwer (1493/ 1497) als optimus .. . scriptor diversarum scripturarum rühmen. 38 STEINGRÄBER, Kirchliche Buchmaler ei (wie Anm. 34). 39 GRAF, Ord ensreform (wie Anm . 20) S. 141. 40 Ebd. 41 Vgl. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Find buch zum Bestand A 491 (Kloster Hirsau). 42 Ausführlicher dazu M ERKL, Buchmal erei (wie Anm. 4) S. 32-34 , WEHMER, Proba centum scripturarum (wie Anm. 37) S. 42- 44. 43 MERKL, Buchmalerei (wie Anm. 4) S. 32- 35; PöTZL, Hans Holbein (wie Anm. 37) S. 12 f. Das eindrucksv o lle Dedikat io nsbild zeigt, wie Leo n hard Wagner das Buch vor den Klosterpatronen und gestüt z t durch den hl. Matth ias an Abt Jo hannes von Gü ltlingen überreicht. Vgl. die Abbildung ebd. S. 15. <?page no="53"?> Augsburger Netzwerke.indd 53 Augsburger Netzwerke.indd 53 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke 47 Prominente Aufträge, sogar von König Maximilian, gehen Jetzt an ihn 44 . Für seine Schreibarbeiten an den neuen Chorbüchern wird Leonhard Wagner gemeinsam mit seinem Schüler Balthasar Kramer von allen Arbeiten und vom Chordienst befreit 45 . Ihre Schreibkunst gilt ebenso als gottgefälliges Werk wie die Einhaltung der Gebetszeiten 46 . Für Wagner selbst ist sein Schreiben so wichtig, daß er bald ein eigenes Werkverzeichnis anlegt, das von ihm immer wieder aktualisiert werden und schließlich 49 Titel umfassen sollte. Freilich war es damit keines wegs vollständig, geht doch die Forschung mittlerweile von mindestens 65 Codices des Meisters aus 47. Verfolgen wir anhand Wagners Vita und Werk im besonderen seine Kontakte außerhalb der Klostermauern, dann fällt neben den namhaften Auftraggebern und der Zusammenarbeit mit Augsburger Illuminatoren, wie der genannten Beck-Werkstatt, besonders seine Reisetätigkeit ins Gewicht. Seine Zeit als Subprior in Irsee hatten wir bereits angesprochen. Nach seiner Rückkehr 1502 bekleidet er in St. Ulrich und Afra verschiedene Ämter, die Wagner aber wegen seiner Arbeitsüberlastung schnell wieder abgenommen werden. 1506 übernimmt er den Auftrag, für den Augsburger Domdekan Wolfgang von Zilnhart (t 1519) ein Missale in Rotundaschrift zu schreiben, der von Wagner bevorzugten "vornehmsten aller Schriften" 48. Zum Dank dafür stiftet der Domdekan ein Reliquiar für das Schweißtuch des hl. Ulrich, das unter dem Klosterschatz verwahrt wird. Auf der Seitenleiste dieses sogenannten „Sudarium" findet sich auch der berühmte Schreiber abgebildet (Abb. 4) 49 ! Die Kunstfertigkeit des Benediktiners war also bereits auch in den feinen Kreisen des Augsburger Domkapitels gefragt, hier speziell bei der weitgereisten Familie von Zilnhart mit ihren engen Verbindungen zu den Grafen von Württemberg und den Pfalzgrafen bei Rhein 50 . 44 Vgl. WEHMER, Proba centum scripturarum (w ie Anm. 37) S. 45. 45 Ausführlicher dazu PöTZL, Hans Holbein (wie Anm. 37) S. 13. 46 WEHMER, Proba centum scripturarum (wie Anm. 37) S. 42; MERKL, Buchmalerei (w ie Anm. 4) S. 33. 47 Ebd. S. 35. 48 Ebd. S. 244, vgl. dazu auch WEHMER, Proba centum scripturarum (wie Anm. 37) S. 43. 49 Die Abbildungsvorlage verdanke ich Herrn Dr. Christof Metzger, Augsburg. Zur Heiltumskammer von St. Ulrich und Afra vgl. ausführlicher: Die Heilrumskammer. Der mittelalterliche Reliquienschatz von St. Ulrich un d Afra in Augsburg. Red.: Christof METZGER/ Christian THÖNER (München/ Berlin 2004), zum Sudarium S. 26-29 (C. Metzger). 50 Vgl. dazu den Beitrag von Reinhard H. SE! TZ in diesem Band. <?page no="54"?> Augsburger Netzwerke.indd 54 Augsburger Netzwerke.indd 54 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 48 Pet er Rückert Abb. 4: Leonhard Wagner auf der Socke lschräge des sogenannten Sudarium (Reliqui ar) des hl. Ulrich von Jörg Seld in d er Heilcumskammer von St. Ulrich und Afra in Augsburg (1506) Abb. 5: Das „Lob der Rotunda " in der „Pro ba cencum scripturarum" des Leonhard Wagner Nach eigener Aussage beginnt Leonhard Wagner dann im Jahr darauf, 1507, mit seinem berühmtesten Werk, das ihm seine Meisterschaftunter den Kall igraphen seiner Zeit und bleibenden Ruhm sichern soll t e: der „Proba centum scripturarum" dem „Muste rbuch mit den hundert Schriften" 51 . Dieses einzigartige Werk, das auf 50 Pergamentblättern 51 Grundlegend dazu noch immer WEHMER, Proba centum scripturarum (wie Anm. 37). <?page no="55"?> Augsburger Netzwerke.indd 55 Augsburger Netzwerke.indd 55 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke 49 hundert verschiedene Schriftarten vereinigt und als Geschenk für Kaiser Maximilian gedacht war, zeigt die stolze Meisterschaft des Künstlers, der 100 verschiedene Schriften eigenhändig beherrschte, diesen Namen gab und sie teilweise auch bewertete. Der Inhalt und die Anordnung der Schriftproben spielte dabei kaum eine Rolle, nur auf eine wird der Akzent gesetzt: rotunda omnium scripturarum est nobilissima 52 . Mit dieser Stellungnahme steht Wagner charakteristisch für das neue, humanistisch und antigotisch orientierte Bildungsprogramm Augsburgs. Die hier gezeigte, "antike", runde Buchstabenform der Rotunda eröffnet so als „Modell" klassischen Schreibens die Proba; eigentlich bedient sie sich freilich der hochmittelalterlichen Buchschrift des 12. Jahrhunderts als Vorlage (Abb. 5). Anschließend folgt dann auch die berühmte kaiserliche „Geberbuchschrift", bezeichnet als „Clipalicana" bzw. "Imperatoricalis", die Wagner vielleicht auch konkret für Kaiser Maximilian entworfen hat. Jedenfalls repräsentiert er damit eine „kaiserliche Schrift" - oder anders formuliert: eine Schrift, die den Kaiser repräsentieren sollte. Maximilians großes Interesse an Schrifttypen und Schreibkunst ist bekannt, seine engen Beziehungen nach St. Ulrich und Afra, wo er seit 1492 zur Ulrichsbruderschaft gehörte, ebenso und seine persönliche Bewunderung für den großen Schreibmeister Wagner zumal. Ihm war daher auch die Proba gewidmet, wenn auch niemals übergeben worden. Warum nicht, bleibt ebenso fragwürdig wie die bislang nicht bekannte Datierung der Handschrift. Wir kommen auch darauf zurück. Zunächst aber finden wir Leonhard Wagner von Mai 1508 bis Juli 1509 auf einer Rundreise durch den deutschen Südwesten, am Bodensee und in der Schweiz . Seinen eigenen Reiseaufzeichnungen zufolge war er ins Benediktinerkloster Zwiefalten auf der Schwäbischen Alb gerufen worden, dessen Abt Georg Fischer (1474-1513) sich sehr für die Studien seiner Mönche und die Klosterreform einsetzte 53 . Er hatte gerade einen neuen Bibliotheksbau vollendet, um die großartigen Buchschätze seiner Abtei entsprechend unterzubringen. Seine gelehrten Tischrunden besaßen offenbar besondere Anziehungskraft 54 . Im dorti- 52 Ebd. S. 9. 53 Vgl. dazu die Ausführungen von Wilfried SETZLER,Zwiefalten, in: Die Benediktinerklöster in Baden-Württemberg, hg. von Franz QUARTHAL (Germania Benediktina 5, Augsburg 1975) S. 680-709, hi er : S. 683-685. 54 Zu Abt Georg Fischer von Zwiefalten und seinen gelehrten Tischrunden, wozu auch der bekannte Humanist Heinrich Bebe! gehörte, vgl. jetzt Sebastian C0X0N, Fri endship, Wit and Laughter in Heinrich Bebel's Facetiae, in: Amicitia: Friendship in medieval Culture. Papers in Ho no ur of Nigel F.Palmer, hg. von Almut SUERBAUM/ Annette V0 LFING (Oxford German Studies 36/ 2, London 2007) S. 306-320. <?page no="56"?> Augsburger Netzwerke.indd 56 Augsburger Netzwerke.indd 56 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 50 Peter Rückert gen Scriptorium unterrichtet nun Leon ha rd Wagner: ubi instruxi aliquos fratres et dedi eis modum scribendi et notandi - "dort habe ich einige Brüder unterrichtet und ihnen die Art des Schreibens und der Notation gezeigt" 55 . Nach fünf Monaten schickt ihn der Abt in das benachbarte Benediktinerinnenkloster Mariaberg bei Reutlingen, wo er für vier Wochen neun Nonnen wie in Zwiefalten unterrich ten soll te. Dann geht es weiter zum Zisterzienserkloster Salem Richtung Bodensee, wo er fünf Wochen Schreibunterricht erteilt, bevor er nach Zwiefalten zurückkehrt. Nach einem weiteren halben Ja h r begibt sich Wagner gemeinsam mit Bruder Benedikt aus Zwiefalten auf Pilgerfahrt nach E insiedeln, wieder über Salem und Meersbu rg, von wo aus man unter großen Gefahren den Bodensee überqu ert. Weiter geht es über Konstanz dann nach Einsiedeln. Nach vollbrachter Pilgersc haft kommt Wagner nach einigen Tagen über Zürich nach St. Gallen, wo er vo n Abt Franz von Gaisberg (1504-1529) großartig empfangen wird. Über Konstanz, die Reichenau und Salem ke hrt er nach Zwiefalten zurück. Wagner verabschiedet sich noch von den Nonnen in Mariaberg, bevor er den Heimweg nach Augsburg antritt. Doch schon kurz darauf begibt er sich abermals nach St. Gallen, wo er sich nu n insges amt über ein Jahr lang bis zum Januar 1511 aufhalten sollte. Er schreibt hier Prachtcodizes zur Seligsprechung des Notker Balbulus und studiert in der großartigen Stiftsbibliothek, wo er Aufzeichnungen zur Geschichte des Ordens, Inschriftentexte zur staufischen Geschichte 56 wie auch eine Anthologie früh- und hochmittelalterlicher Dichtung zusammenste llt 57. Dieser über zweieinhalbjährige Reiseaufenthalt im deutschen Südwesten läßt uns den Wirkungskreis der von Leonhard Wagner repräsentierten Augsburger Buchkunst konkret ansprechen. In erster Linie die reformorientierten Benediktinerklöster sind gemeint: Zwiefalten mit Mariaberg, Ei nsiedeln , St. Gallen, daneben auch die Zisterze Salem. Die jeweiligen Äbte erscheinen als Initiatoren für die Kontaktaufnahme zu dem berühmten Schreibmeister, der nicht nur die Gelehrsamkeit und Schreibfertigkeit aus eine m leuchtenden Zentrum d er Reform mitbrachte, sondern vor allem konkrete Nac hhilf e im elementaren wie kunstvollen Schreiben bieten konnte. Und zumin dest ein Großteil der Mönche und Nonnen ließ sich auch gerne unterrichten, was zumal für die Zisterzienser in Salem, deren Scriptorium nach wie vor einen guten Ruf 55 MERKL, Bu chmalerei (w ie Anm . 4) S. 244. 56 GRAF, Ord ensreform (wie Anm. 20) S. 146. 57 HEINZER, Lorcher Chorbücher (wi e Anm . 30); MERKL, Buchmalerei (wie Anm. 4) S. 245. <?page no="57"?> Augsburger Netzwerke.indd 57 Augsburger Netzwerke.indd 57 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke 51 hatte, durchaus erstaunt 58. Abt Johannes Scharpfer (1494-1510) scheint den Schreibmeister wohl um Unterstützung zur Vollendung seiner beiden unvollendeten Antiphonarien gebeten zu haben 59 . Aus St. Gallen kennen wir sogar die konkrete Anfrage des Abtes Franz von Gaisberg, einen Schreiber und Illuminator von St. Ulrich und Afra in Augsburg zur Vollendung eines Graduale kommen zu lassen, was auf den angesprochenen zweiten Aufenthalt Leonhard Wagners in St. Gallen von 1510/ 1511 zu beziehen ist 60 . Mit ihm gemeinsam arbeitete damals bereits der Buchmaler Nikolaus Bertschi aus dem St. Gallen benachbarten Rorschach 61. Leonhard Wagner scheint seiner Berufung nach Zwiefalten und dann weiter nach St. Gallen und Salem nicht ungern nachgekommen zu sein, seine mehrfachen Aufenthalte dort wie auch in Mariaberg sprechen zunächst für enge persönliche Beziehungen zu den oberschwäbischen Brüdern und Schwestern. Sein Gefährte und Pilgerbruder Benedikt aus Zwiefalten, mit dem er nicht nur nach Einsiedeln pilgerte, sondern auch unter Lebensgefahr den Bodensee überquerte, wird ihm besonders verbunden gewesen sein. Und schließlich gab es in den berühmten Bibliotheken dieser Klöster, allen voran der alten Reichsabtei St. Gallen, die ältesten und bedeutendsten Texte und Schriften zur gemeinsamen Geschichte und Literatur zu finden. Leonhard Wagner studierte, las und schrieb und kehrte mit zahlreichen Abschriften und Informationen nach Augsburg zurück, nicht ohne große Zeugnisse seiner Kunst vor Ort zurückzulassen 62 . Gleichzeitig arbeitete er wohl noch immer an seiner „Proba centum scripturarum", die jedenfalls vor ihrem Abschluß stand und wofür er die verschiedenen Schriftvorlagen aus den alten Klosterbibliotheken und -archiven gut gebrauchen konnte. Fragen wir an dieser Stelle nach dem Eindruck und dem Fortwirken der Schreibkunst Leonhard Wagners in seinem südwestdeutschen „Schülerkreis", so fallen zunächst die Mönche in St. Gallen und in Salem ins Blickfeld: Bekannt ist ein großartiges Lektionar 63, das der Mönch Antonius Vogt in einer breiten Rotunda, der Lieblingsschrift seines 58 Grundlegend dazu Paula VÄTH, Die gotischen illuminierten Handschriften aus dem Zisterzienserkloster Salem, in: Buchmalerei im Bodenseeraum 13. bis 16. Jahrhundert, hg. von Eva MOSER (Friedrichshafen 1997) S. 190-204. 59 Ebd. S. 196. 60 MERKL, Buchmalerei (wie Anm. 4) S. 229. 61 Zu Nikolaus Bertschi vgl. vor allem Walter BERSCHIN, Neue Forschungen zum Augsburger Buchmaler Nicolaus Berschin d. Ä. (Bertschi, Bertschy; t um 1542), Scriptorium 55/ 2 (2001) S. 228-248, hier: S. 233. 62 Ebd. 63 Stiftsbibliothek St . Gallen L. 540. <?page no="58"?> Augsburger Netzwerke.indd 58 Augsburger Netzwerke.indd 58 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 52 Peter Rückert Meisters Wagner, noch 1527 in St. Gallen schreiben sollte; Nikolaus Bertschi hat auch dieses anschließend ausgemalt 64 . In Salem war es der Mönch Paulus Goldschmidt aus Urach (t 1521), der für seinen Abt J odokus N ecker (1510-1529) nach 1510 ein großes Graduale anlegte 65. Der Abt ließ sich hier in der Initiale des Introitus zum 1. Advent als Stifter vor dem hl. Bernhard darstellen 66 . Und auch dieses Werk wur de offenbar von Nikolaus Bertschi ausgemalt . Der egregius scriptor Goldschmidt hatte zuvor ebenfalls zu den Schülern Leonhard Wagners in Salem gehört und als sein Hauptwerk dieses Graduale hinterlassen. Noch weitere Salemer Mönche lassen sich Wagners Schülerkreis zuord nen, so etwa Jacobus von Lützel (t1512) und Valentin Buscher, deren Signaturen sich in den angesprochenen Antiphonarien von 1509 finden, die damals mit Hilfe Leonhard Wagners vollendet wurden 67 . Ist mit diesen Beispielen zumindest ansatzweise von einer „Leonhard- Wagner-Schule" im deutschen Südwesten zu sprechen 68, so kommen wir abschließen d zu Wagners berühmtestem Schüler: Laurentius Autenrieth von Lorc h und mit diesem zu besonders prachtvollen Erzeugnissen der zeitgenössischen Buchkunst, den Lorcher Chorbüchern 69 . Die erhaltenen drei von ehemals fünf mächtigen Bänden, zwei Antiphonarien und ein Graduale, sind in jüngster Zeit vor allem von Felix Heinzer intensiv untersucht worden und lassen nicht nur die Qualität und Ausstrah lung der Augsburger Buchkunst, sondern vor allem auch die Kontexte ihrer Vermittlung im deutschen Südwesten deutlich fassen 70 . In Lorch treffen wir zunächst wieder auf unsere beiden Protagonisten Leonhard Wagner und Nikolaus Bertschi. Beide arbeiten in den Jahren 1511/ 1512 zentral an dem wohl bereits im Herbst 1510 begonnenen Großprojekt der Chorbücher mit. Leonhard Wagner schreibt die Noten für das Graduale und Nikolaus Bertschi hat für die Ausma lung aller fünf Chorbücher zu sorgen . Obwohl Wagner das Lorcher Projekt in seinen persönlichen Aufzeichnungen nicht erwähnt, ist doch da - 64 BERSCHIN,Neue Forschungen (wie Anm. 61) S. 234. 65 Un iversitätsbibliothek Heidelberg Cod. Sal. XI, 3. 66 VÄTH, Handschriften (wie Anm. 58) S. 198, Abbildung S. 199, S. 365 f. 67 Ebd. S. 363-365. 68 An dieser Stelle müßten freilich w eitere Untersuchungen ansetzen, um den Wirkungskreis Leonhard Wagners in den benannten Konventen und deren Buchproduktion noch eingehender greifen zu können. Anhand der Findbücher zu den einschlägigen Beständen im Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Kloster Zwiefalten: B 551, Kloster Mariaberg B 477, Kloster Lorch A 499) ist Leonhard Wagner nicht nachweisbar. 69 Ausführlic h er dazu RüCKERT, Autenrieth (wie Anm. 14). 70 HEINZER, Lorcher Chorbücher (wie Anm. 30). <?page no="59"?> Augsburger Netzwerke.indd 59 Augsburger Netzwerke.indd 59 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke 53 von auszugehen, daß er sich damals längere Zeit vor Ort befindet 71, um die Arbeiten im Lorcher Scriptorium gemeinsam mit den anderen Künstlern zu gestalten. Dazu gehören als Schreiber neben den Lorcher Mönchen Conradus Bavari, Udalricus Goedelin, Fridericus Scriptoris und Laurentius Autenrieth auch Balthasar Schad aus Elchingen und Udalricus Flechsinhar aus St. Ulrich und Afra; die Notation für die beiden Antiphonarien übernimmt Michael Keuerleber aus Lorch. Also insgesamt sechs Text- und zwei Notenschreiber aus drei Klöstern des Melker Reformkreises! Auch hier wird der berühmte Schreiblehrer aus Augsburg, wie bereits zuvor in St. Gallen und Salem, die Rolle des Projektleiters übernommen haben. Die Ausmalung durch Nikolaus Bertschi läuft jeweils parallel und erfolgt offensichtlich nicht nur in großer zeitlicher, sondern auch räumlicher Nähe, wie das Ineinandergreifen der Fertigungsdaten von Text, Notation und Malerei deutlich macht 72 . Bemerkenswert ist auch der historische Kontext um die Entstehung der Lorcher Chorbücher. Von zentraler Bedeutung ist hier die politische Komponente, faßbar in der signifikanten Präsenz des Landesherrn, Herzog Ulrichs von Württemberg. Bereits die Eingangsseite des Graduale repräsentiert das landesherrliche Programm 73: Die Bordüre zeigt auf dem unteren Blattrand den knienden Herzog mit seiner Gemahlin Sabina von Bayern, beide in festlicher Kleidung, zwischen ihnen das Reichswappen, flankiert von den Wappen von Württemberg und Bayern. Das Bild bringt die Entstehung der Chorbücher in unmittelbaren Zusammenhang mit der zeitgleich im März 1511 mit größtem Prachtaufwand gefeierten Hochzeit von Ulrich und Sabina. Sabinas Onkel und Ulrichs Gönner, Kaiser Maximilian, kam dabei die zentrale Vermittlerrolle zu. Das Wappen des Reiches steht damit gleichzeitig im Zentrum der Repräsentation wie als Verbindung der beiden Stifter eine wirklich symbolträchtige Darstellung der historischen Situation. Die bereits lange geplante und von Ulrich immer wieder verschobene Hochzeit erscheint als eigentlicher Anlaß für deren prominentes Engagement 74: die wertvollen Chorbücher als gemeinsames Geschenk des Herzogspaares, des kaiserlichen Onkels und des beiderseitigen Hofstaats zur gemeinsamen geistigen Teilhabe an den liturgischen Feierlichkeiten des löblichen Lorcher Konvents und dessen persönlichen Fürbitten und Gedenken. Damit wird auch die enge Beziehung der 71 Dazu WEHMER, Proba centum scripturarum (wie Anm. 37). Anderer Meinung ist PöTZL, Hans Holbein (wie Anm. 37) S. 21 f. 72 HEINZER, Lorcher Chorbücher (wie Anm. 30) Anhang S. 147. 73 Ebd. S. 137 sowie Tafel 55. 74 RüCKERT, Autenrieth (wie Anm. 14) S. 155. <?page no="60"?> Augsburger Netzwerke.indd 60 Augsburger Netzwerke.indd 60 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 54 Peter Rückert Auftraggebe r bzw. Stifter nach Lorch und zu den dortigen Buchkünstlern ersichtlich: Von der Bewunderung Kaiser Maximilians für Leonhard Wagner und St. Ulrich und Afra als Reformzentrum hatten wir bereits gehört, die enge Beziehung Herzog Ulrichs zu Lorch als einem weite ren „Muster k loster" im Sinne der Reform und seines landesherrlichen Kirchenregiments tritt nun daneben. Freilich ist zu unterstreichen, daß neben dem Herzogspaar und dessen höfischem Umfeld auch eine ganze Reihe von Persönlichkeiten aus dem Lorcher Kontext - Geistliche wie Laien an dem weitmaschigen Stiftungsnetz partizipieren 75. Deutlich wird aber vor allem, daß als entscheidende Voraussetzung für das herausragende Engagement des Landesfürsten in Lorch die mi t der Klosterreform neubelebte Staufertradition zu gelten hat 76 . Die Württemberg er, die gerade im Jahr 1495 von Maximil ian endlich den Herzogstitel verliehen bekommen hatten, sahen sich ja in legitimer Nachfolge der Staufer als Herzöge von Schwaben und damit auch in der Stiftertradition für das staufische Hauskloster Lorch. Diese Instrumentalisierung der Staufertrad ition für die eigene Dynastie zeigt sich besonders deutlich am Beginn des Sequentiars in der Gradualehandschrift, dessen Initiale das Stauferwappen mit den drei liegenden Löwen auf schwarzem Schild trägt, umgeben von den Wappen vier weiterer schwäbischer Herzogsgeschlechter. Das heraldische und damit politische Programm dringt hier bis in die Initiale, die innerste liturgische Sphäre, vor, die sonst der sakralen Thematik vorbehalten bleibt. Die Bordüre wird von 30 Wappen der wichtigsten Adelsgeschlechter Schwabens gebildet, das württembergische Wappen mit den drei Hirschstangen erscheint ar_herausragender Position in der linken oberen Ecke, der Initiale mit dem Staufe rwappen unmittelbar benachbart 77 . Bemerkenswerterweise hat sich Leonhard Wagner der das Graduale ja gemeinsam mit Laurentius Autenrieth schrieb damals in Lorch gerade zur schwäbischen und staufischen Geschichte Aufzeichnungen gemacht, die deutlich mit den Wappendarstellungen in dieser Bordüre korrespondieren . Er fertigte daraus eine Liste aller grafschaften, so under den hert z ogen von Schwaben gewesen und ge hört haben, die in eine Sammelhandschrift einging, welche heute in der Augsburger Stadtbibliothek aufbewahrt wird 78. Hie r findet man auch 75 HE INZER, Lorcher Cho r büc : ,er (wie Anm. 30) S. 138. 76 Grundlegend dazu: Klaus GRAF, St auferrezeption in Lorch, in: 900 Jahre Kloster Lorch, hg. von H EINZER/ KRETSCHMAR/ RüCKERT(wie Anm. 14) S. 165-174. 77 HE INZER, Lorcher Chorbüc h er (wie Anm. 30) S. 140-142 und Tafel 62. 78 Stadtbiblio t hek Augsburg 4° Cod. 149; dazu ausführlicher HE INZER, Lorcher Chorbücher (wie Anm. 30) S. 141. <?page no="61"?> Augsburger Netzwerke.indd 61 Augsburger Netzwerke.indd 61 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsbur g er Buchkun st um 1500 und ihre Netz w erke 55 die bereits erwähnten Textauszüge Wagners aus St. Gallen, die wie derum als Beischriften zu den Bordüren in den Lorcher Chorbüchern Verwendung finden sollten -quasi eine liturgische „Brücke von St. Gallen nach Lorch" 79 , die Wagners Bedeutung für die Gesamtkonzeption der Chorbücher und ihres Bildprogramms nochmals unterstreicht. Die berühmten Darstellungen von Leonhard Wagner und Nikolaus Bertschi im Lorcher Graduale zeigen die beiden Protagonisten umgeben vom Netzwerk der Initiatoren und Mäzene des Projekts 80 : links die Repräsentanten der kirchlichen Reform, zunächst die Äbte von Lorch, St. Ulrich und Afra sowie der Fürstpropst von Ellwangen, am oberen Rand der württembergische Landesherr mit seinen Teilwappen, die das Reichswappen flankieren. Darunter sieht man die beiden Meister bei der Arbeit (Abb. 6): der Mönch Leonhard Wagn er, bezeichnet mit einem Wappenschild, das seine Initialen LW sowie die Wolfsangel, sein Hauszeichen, zeigt. Mit dem Hornzwicker auf der Nase sitzt er am Schreibpult, das mit drei Tintenfässern bestückt ist. Er setzt gerade die Notationen in die bereits linierten und beschriebenen Blätter ein, wobei er ein Graduale als Vorlage benutzt. Auch die Details stimmen überein: Das vierlinige Schema mit Quadratnotation, so wie Wagners Handschriften und die seiner Schüler das liturgische Reformprogramm der Melker Richtung repräsentieren. Secundum rubricam Mellicensem - „nach dem Gebrauch von Melk" betont das Kolophon des Graduales beim Abschluß der Schreibarbeiten von Laurentius Autenrieth und Leonhard Wagner, der von Autenrieth hier als venerabilis pater verehrt wird. Nikolaus Bertschis Darstellung daneben gilt als früheste Abbildung eines deutschen bürgerlichen Buchmalers bei der Arbeit überhaupt 81. Nicht nur die exakte Darstellung, die Bertschi in bester Kleidung an einem großen Tisch mit Pult zeigt, davor ein Stapel Pergament und ein Schälchen mit roter Farbe, vor allem die bemerkenswerte Präsenz seiner Frau, die ihn umhalst und einen Becher bringt, zeigt das private Umfeld der Bertschi-Werkstatt auf. Die Unterschrift von 1512 bestätigt in beschwingter Rotunda: Nicolaus Bertschy / Illuminista Auguste/ uxor eius Margareta. Der Buchmaler will damit wohl zeigen, daß er (auch) zuhause arbeitet 82. Sollte er die Lorcher Chorbücher also nicht in Lorch, sondern in Augsburg ausgemalt haben? Natürlich arbeitete er vor allem in 79 Ebd. S. 143. 80 V gl. d ie Abbildun g in: 900 Jahre Klo st er L o rch, h g . vo n H EINZER/ KRETSCHMAR/ R üC KERT (wie Anm . 14) Tafel 59. 81 BERSCHIN, Neue Forschun gen (wie Anm . 61) S. 232. 82 Ebd. S. 246. <?page no="62"?> Augsburger Netzwerke.indd 62 Augsburger Netzwerke.indd 62 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 56 Peter Rückert seiner dortigen Werkstatt, aber wir sahen ihn auch bereits vielfach unterwegs: mit Leonhard Wagner in St. Gallen, wohl auch in Salem, und jetzt dieses prominente Großprojekt, das auch seiner künstlerischen Leitung bedurfte, dies soll er aus der Entfernung mitdirigiert und umgesetzt haben? Kaum vorstellbar, zumal wenn wir die angesprochenen zeitlichen Koinzidenzen der gemeinsamen Text- und Bildgestaltung betrachten. Kurz: m. E. wird auch Nikolaus Bertschi in Lorch präsent gewesen sein und hier gearbeitet haben; woh l nicht im Scriptorium, sondern in einem der Gästehäuser der Abtei, wo auch seine Frau Zutritt hatte. Neben seiner schon angesprochenen Arbeit am Salemer Graduale tritt uns Nikolaus Bertschi auch erst einige Jahre später in Augsburg wieder entgegen, mit etlichen Arbeiten für Auftraggeber aus der Reichsstadt und ihrer U mgebung 83. Seine Zeit als „freier Wanderkünstler", wie wir ihn vor allem im Schlepptau Leonhard Wagners im deutschen Südwesten kennengelernt haben, scheint zunächst vorbei. Kehren wir aber noch einmal nach Lorch zurück, zum Hauptschreiber und örtlichen Koordinator des C horbuchprojekts: Laurentius Autenrieth. Er war hier zumindest mit dem Gesamttext am Graduale und dem Sommerteil eines der beiden Ant iphonarien beteiligt, wie sich aus seinen Kolophonen ergibt 84. Auch sein Schreibtempo läßt sich gut abschätzen: Für das Antiphonarium, an dem zuvor sein Bruder Conrad schrieb, benötigte er fü r ca. 140 Seiten etwa 140 Tage, was fast eineinhalb Seiten pro Tag im Schnitt ergibt, wenn man die arbeitsfreien Sonn- und Feiertage berücksichtigtSS. Autenrie th ist hier neben Abt Sebastian Sitterich als einzige P erson auch zweimal im Bild dargestellt. Seine beiden Darstellungen zeigen ihn jeweils als knienden und betend en Mönch: Im Antiphonarium ist er seinem Lorch er Mitbruder, demN otenschreiber Michael Keuerleber, gegenübergestellt. Sein Gebet lautet hier: "0 Vater der Barmherzigkeit, Gott allen Trostes, erbarme dich mein er als einem Sünder" 86. Im Graduale erscheint er neben der Darstellung des Martyriums seines Namenspatrons, des hl. Laur entius, den er h ier als Helfer anruft: "Heiliger Laurentius, 83 Ebd. S. 243. 84 Werner GEBHARDT, Laurentius Autenrieth 1483 - 1549 . Versuch eines Lebensbildes, in: Die Schriftmuster des Laurenti us Autenrieth vom Jahre 1520. Faksimile der Handschrift Cod. hist. 4° 197 der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart (Stuttgart 1979) S. 83. 85 Geringfügig anders wird die Schreibleistung Autenrieths berechnet in: Magazin 900 Jahre Lorch. Ein Rundgang du rc h die Geschichte d es K losters, hg. im Auftrag der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg (Stuttgart 2002) S. 38. 86 GEBHARDT, Laurentius Autenrieth (wie Anm. 84) S. 82. Vgl. auch die Abbildung in: 900 Jahre Kloster Lorch (wie Anm. 14) Tafel 65. <?page no="63"?> Augsburger Netzwerke.indd 63 Augsburger Netzwerke.indd 63 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwerke lnt d. U Ui,meni "Vf".. "'' ..._, 57 Abb. 6: Leonhard Wagner als Notator am Schreibpult und Nikolaus Bertschi mit seiner Frau am Maitisch (Ausschnitt aus dem Lorcher Graduale von 1511/ 1512) Abb. 7: Der Lorcher Schreiber Laurentius Autenrieth vor seinem Namenspatron (Ausschnitt aus dem Lorcher Graduale von 1511/ 1512) kraftvoller Streiter, bete für mich" 87 (Abb. 7). Beide Male wird er durch das beigefügte Wappen mit dem Monogramm L. V. - Laurentius Vtenriedt identifiziert. Der Mühlstein im Wappenschild verweist auf seine Herkunft als Müllerssohn aus Blaubeuren. 87 GEBHARDT,Laurentius Autenrieth (wie Anm. 84) S. 82. <?page no="64"?> Augsburger Netzwerke.indd 64 Augsburger Netzwerke.indd 64 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 58 Pete r Rück ert Bald nach Abschluß des Chorbuchprojekts sollte Laurentius Autenrieth in Lorch zum Prior ernannt werden und damit als Stellvertreter des Abts besonders für die Aufsicht über den Konvent und das Klosterleben zuständig sein 88. Jetzt schreibt er an einem neuen Werk, einer ganz persönlichen Arbeit , die seine kalligraphischen Interessen und Fähigkeiten profess Lonell zum Ausdruck bringen konnte: ein Schriftmusterbüchlein, das auf 6 Blättern verschiedene Schriftarten in vorbildlicher Ausführung zeigt8 9_ Damit treffen wir hier wieder auf den Namen des Mannes, mit welchem Autenrieth bereits an den Lorcher Chorbüchern zusammengearbeitet hatte: Leonha r d \Vagner, dessen „Proba centum scripturarum" wir als deutliches Vorbild für Autenrieths Schriftmuster erkennen. Laurentius Autenrieth darf man also gewiß als Schüler dieses großartigen Meisters ansehen: Im Jahr 1520 vollendet er sein freilich viel bescheideneres - Schreibmusterbüchlein, das er selbst „Formulare" nennt und seinem Benediktinerbruder Blasius in Blaubeuren widmet nicht dem Kaiser, wie Leonhard Wagner. Jedenfalls erreichte Autenrieths Büchlein seinen Adressaten, während es von Kaiser Maximilian heißt, daß er das großartige Gesc h enk des Schreibmeisters Wagner nicht annehmen wollte 90. Hinsichtlich des in der Fachwelt umstrittenen zeitlichen Abschlusses von Wagners „Proba" können in Hinblick auf die sich daran anschließenden Schriftmuster Autenrieths die Lorcher Kontakte der beiden Schr eibmeister 1511/ 1512 wichtige Indizien bie te n: Spätestens in Lorch also dürfte die berühmte, wohl 1507 begonnene „Proba centum scripturarum" des Leonhard Wagner weitgehend gestaltet gewesen sein 91. Ähnlich wie Wagner mit seiner „Proba" wollte sicher auch Laurentius Autenrieth mit seinem „Formulare" praktische Verwendung für die Schreibmuster finden . Die einzelnen Seiten des „Formulare" beginnen jeweils mit einem Alphabet, dem dann fortlaufende Textpassagen angefügt sind (Abb. 8). Hinsichtlich des Inhalts von Autenrieths Schriftmusterbuch stellt sich zunächst wiederum die Frage nach den Vorlagen für seine Muster: Diese sind n ur zum Teil der L orc her Überlieferung entnommen; d . h. Laurentius Autenrieth griff hier über die Dokumente hinaus, die er in seinem eigenen Archiv und seiner Bibliothek fand-vielleicht vermittelt von Leonhard Wagner, aus dessen großer, während seiner Bibliotheksreisen 88 Ebd . S. 90. 89 Württembergisc he Landesbibliothek Stuttgart Cod . hist 4° 197. 90 WEHMER, Proba centum scripturarum (wie Anm. 37). 91 Andere r M einun g ist PöT ZL, Han s Holbein (wie Anm. 37) S. 25 f., der de n Abs c hluß des Werks auf da s Jahr 1517 be z iehen w ill. <?page no="65"?> Augsburger Netzwerke.indd 65 Augsburger Netzwerke.indd 65 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Augsburger Buchkunst um 1500 und ihre Netzwer ke l r; V" ,. "~,rrt.: --'n! at• l ' .. rlp,f' Rtn) ~{iP • Cf oril~.lanlfl'.Prtut'ffDtf, - Abb. 8: Auszug aus eine r Papsturk u nde im Schreibmeisterbuch "For mular e") von Laurentius Autenrieth (1520) 59 zusammengestellter Vorlagensammlung? Es sind deutsche und lateinische Texte, Urkunden, amtliche Schreiben, klassische Sentenzen, ein Pseudo-Seneca , Gebete, Chronistisches, Historisches, die der Schreiber hier in Auszügen zusammenstellt. Diese sind offensichtlich, wie bei Wagners „Proba", wahllos aneinandergereiht und haben auf den ersten Blick formell und inhaltlich nichts miteinander zu tun. Es ging auch dem Schreibmeister Autenrieth zunächst um die graphische Gesta! tung 92 . Und doch möchten wir die prominente Plat zierung von Kaiser- und Papsturkunde an erster bzw. letz ter Stelle, die mehrfache Nennung Kaiser Maximilians, der Stadt Augsburg und des Benediktinerordens als Ausdruck einer programmatischen Beziehung oder gar Verehrung auffassen. Der zuvor noch so hochgeachtete und mittlerweile vom Schwäbischen Bund aus seinem Land vertriebene Herzog Ulrich von Württemberg spielt hier im Jahr 1520 hingegen gar keine Rolle mehr. Kaiser Maximilian war gerade 1519 gestorben, in Augsburg wirkten noch 92 R üCKERT, Autenrieth (w ie Anm. 14) S. 156f. <?page no="66"?> Augsburger Netzwerke.indd 66 Augsburger Netzwerke.indd 66 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 60 Peter Rückert immer Leonhard Wagner und Nikolaus Bertschi als große Vorbilder: Zeitkolorit. Bereits wenig später, am 1. Januar 1522, sollte auch Leonhard Wagner das Zeitliche segnen. Nikolaus Bertschi nutzte noch eine Zeitlang von Augsburg aus die mit diesem gemeinsam aufgebauten Beziehungen zu den ben achbarten Reformklöstern, doch mit der Einführung der Reformation war auch die Zeit der Augsburger Buchkunst, die wir vor allem als repräsentativen Ausdruck der Klosterreform in ihrer Melker Ausrichtung und damit auch als liturgisches Programm kennengelernt haben, vorbei 93 . Der Buchdruck beherrschte jetzt den Markt, die vorgestellte „Hochblüte" der Kalligraphie und Buchmalerei sollte bald vergehen. Der spirituelle Gehalt der Buchmalerei mit ihrer eigenen liturgischen Bedeutung in ganzheitlicher Verbindung mit dem Text war auf dem reformierten Buchmarkt nicht mehr gefragt. Resumen: Se examina, desde el trasfondo de su contexto sociocultural hist6rico, la importante producci6n de libros en Augsburgo en las decadas alrededor de! 1500. Aparecen en el centro sobre todo las redes en las que cierta s personalidades de! arte librero de Augsburgo habfan dejado su imprenta, que determinaban la producci6n y la transmisi6n de laboriosos manuscritos. Aqu f interesan especialmente las redes establecidas con el suroeste aleman, sobre todo considerando tambien las vfas de co mercio y vfas de peregrinaci6n y con ello las relaciones entre peregrinaje, producci6n de libros y literatura. Claro esta que los lazos monasticos establecidos por la Reforma benedictina de! s. XV, quese manifi estan especialmente en las congregaciones reformadoras de Bursfelde y Melk, formaron correspondientes estructuras de comunicaci6n. En todo esto el monasterio benedic tino de San Ul rich y Afra en Augsbur go irradiaba como centro radiante de la reforma de Melk desde finales de! siglo XV tambien mas alla de! suroeste aleman, lo que le hace destacar en la di stribuc : 6n de manuscritos altamente cualitativos. La combinaci6n de la producci6n de libros con las ambiciones de formaci6n de los burgue ses y los intereses literarios en Augsburgo contribuyeron a que en aquel momento Augsburgo alcanzara una imp o rtanci a cultural extraordinaria . Famosos escribanos como el monje benedictino Leonhard Wagner de San Ulrich y Afra y su "escuela" permiten seguir la estructura de la red de Augsburgo tambien pro sopograficamente y personificarla de forma ejemplar. 93 Vgl. auch MERKL, Buchmalerei (wie Anm. 4), sowie KÖNIG, Augsburger Buchkunst (wie Anm. 2). <?page no="67"?> Augsburger Netzwerke.indd 67 Augsburger Netzwerke.indd 67 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg als frühe Stellvertreterstätten für die Sieben-Kirchen-Wallfahrt MAGDALENE GÄRTNER Durch eine päpstliche Bulle von Bonifaz VIII. (1294-1303) wurden im römischen Heiligen Jahr 1300 Regeln für den Empfang des Jubelablasses grundgelegt. In dieser Bulle ist der rituelle Besuch von besonderen Stätten in Rom festgelegt. Das „Aufsuchen" der Orte mit einem längeren Aufenthalt galt als entscheidend, damit sich ein inneres Wachstum vollziehen konnte 1. Eine Tradition, nach der Pilger zu großer Vergebung und zu Gewinnung von Ablässen nach Rom kamen, bestand zu diesem Zeitpunkt bereits. Ein besonderes Augenmerk soll, dieser Tradition folgend, hier auf den Gemäldezyklus gelenkt werden, der 1499 bis 1504 für das Katharinenkloster in Augsburg entstand . In einzigartiger Weise wurde er zu einer Ersatzstätte für eine Romwallfahrt. Sechs großformatige spitzbogige Tafeln sollten, beauftragt durch die Dominikanerinnen des Katharinenklosters, zur Zierung 2 des Kapitelsaals des neu errichteten Klosters entste h en. Sie stellen Stellvertreterstätten für die sieben römischen Hauptkirchen Santa Maria Maggiore, San Pietro, San Lorenzo, San Sebastiano, San Giovanni in Laterano, San Paolo und Santa Croce dar, bei deren Besuch die Pilger in einem Heiligen Jahr einen vollkommenen Ablaß gewinnen konnten. Beauftragt wurden die beiden namhaften Augsburger Maler Hans Holbein der Ältere und der etwas jüngere Hans Burgkmair der Ältere sowie der weitgehend unbekannte 1 Gioia und Fernando LAN Z! , Wege nach Rom. Eine Kulturgeschichte der Pilgerfahrt in die ewige Stadt (Stuttgart 2000) S. 193. Es galten dieselben Regeln wie für das Gebet, mit dem man um Gnade bittet: Triduum, Novene und Rosenkranz. 2 Vgl. Augsburg, Bischöfliches Diözesa narchiv, HS 95, fol. 27v. <?page no="68"?> Augsburger Netzwerke.indd 68 Augsburger Netzwerke.indd 68 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 62 Magdalene Gärtner Monogrammist L. F. 3, der aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit Burgkma ir als Leonhard Fuchsbüchl zu identifizieren ist. Die etwa 40 bis 50 Ordensfrauen, welche zu dieser Zeit zu dem Konvent gehörten, waren übe rwieg end Patriziertöchter. Ein 1496 geplanter Klosterneubau wurde 1498 begonnen. Bereits 1499 wurde der westliche Flügel mit dem Kapitelsaal und dem Refektorium fertigge- 3 Welcher Maler sich hinter dem Monogramm L. F. verbirgt, läßt sich durch Archivalien nicht mehr nachweisen. Von den Ini tia len der damals in Augsburg tätigen Maler aus gehend, kommen nach heutiger Quellenlage vier Künstler in Frage. Es muß sich um einen selbstständigen Maler, also einen angestellten Gesellen oder um einen Meister gehandelt haben, da nur diesen erlaubt war, ihre Werke selbst zu signieren. - Leo Maurer, genannt Leo Fras (Fraß): Er erwirbt 1498 die Malergerechtigkeit. Sein Todesjahr ist 1502. Da dieser Maler im Jahr der Entstehung de s Basilikabildes San Lorenzo/ San Sebastiano verstirbt, wird die Zuweisung der Tafel an ihn angezweifelt , vgl. Johannes WILHELM, Augsburger Wandmalerei 1368- 1530 (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg 29, Augsburg 1983) S. 524. Auszuschließen ist die Urh eb erschaft des Werkes durch Leo Fras trotzdem nicht, da kein genaues Sterbedatum bekannt ist, und die Tafel zum Zeitpunkt seines Todes vollendet gewesen se in könnte, vgl. Johannes Evangelista WEIS-LIEBERSDORF, Das Jubeljahr 1500 in der Augsburger Kunst. Eine Jubiläumsgabe für das deutsche Volk (München 1901) S. 215; Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart 12, hg. von Ulrich THIE ME/ Fe lix BECKER (Leipzig 1907-1950) S. 395. - Laux Fröhlich, genannt Laux Freilich: 1490 stellt Gumpolt Giltlinger Laux Freilich der Zunft in Augsburg als Lehrling vor. Über seine Lebensdat en ist nichts genaueres bekannt. Ab 1511 ist er unter dem Namen „Lux Frölich" in Lautlingen als Maler nachweisbar , vgl. Katalog der kö nigl ichen Filial-Gemäldegalerie zu Augsburg, (München 3 1912) S. 48; WEIS- LIEBERSDORF,Jubeljahr S. 215. Es gibt keine unmittelbaren Indizien oder Hinwei se , die au f einen Zusammenhang mit den Basilikabildern oder eine Verbindung von Laux Fröhlich zum Katharinenkloster hindeuten. Auch eine Beziehung zu einem der anderen beiden an den Basilikabildern beteiligten Ma ler ist nicht bekannt. - Leonhar d Fuchsbüchl: Hans Burgkmair stellt 1499 den Gesellen Leonhard Fuchsbü~hl als Mitarbeiter in seiner Werkstatt ein. Im Jahr 1502 ist Burgkmair mit der Anfertigung der Basilikatafel San Giovanni beschäftigt. Es liegt nahe, daß Burgkmair seinem Gesellen, der sich bis zu diesem Zeitpunkt in der Werkstatt eingearbeitet hatte, diesen Auftrag übertrug. Der maltechnische Aufbau der Tafel stimmt mit Burgkmairs W erken überein (Magdalene GÄRTNER, Römische Basiliken in Augsburg. Nonnenfrömmigkeit und Maler ei um 1500 [Diss . Augsburg 2002] S. 128- 130). Durch die enge Verbindung von Hans Burgkmair und Leonhard Fuchsbüchl und Übereinstimmungen im Befund der Tafeln ist die Wahrscheinlichkeit, daß Leonhard Fuchsbüchl der Schöp fer der Tafel San Lorenzo / San Sebastiano ist, am größten. - Laux Füng: Im Jahr 1498 wird Laux Füng von Jörg Beck als Lehrknabe vorgestellt. Er war im Jahr 1502 erst kurze Zeit Geselle und sehr wahrscheinlich noch nicht selbstständig tätig. Daß ein junger unbekannter Geselle einen so promin en ten Auftrag erhielt, ist sehr unwahrscheinlich. - Alle vier Maler sind neben Holbein und Burgkmair aus heutiger Sicht unbedeutend . Es ist kaum vorstellbar, daß einer dieser Maler direkt an einem solchen Auftrag beteiligt worden wäre. Die Dominikanerinnen hatten als Vertreterinnen der höheren Gesellschaftsschicht genug Renommee und finanziellen Hintergrund, um bekannt e und anerkannte Augsburger Maler mit einer <?page no="69"?> Augsburger Netzwerke.indd 69 Augsburger Netzwerke.indd 69 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 63 stellt 4 . Für die Ausstattung dieses neuen Klostergebäudes sollten so gleich Bildwerke in Auftrag gegeben werden. Eine zentrale Rolle für die Ausstattung spielte ein Ablaßprivileg, das den Dominikanerinnen von St. Katharina in Augsburg bereits 1487 von Papst Innozenz VIII. (1484- 1492) gewährt wurde. Es galt allen Ordensfrauen des Klosters, egal ob sie die ewige Profeß abgelegt hatten oder nicht 5, und diente dazu, den besonderen Ablaß der sieben römischen Hauptkirchen zu bekommen. Der lateinische Originaltext des Privilegs ist nicht überliefert. Lediglich ein zeitgenössisches Gedenktäfelchen aus dem Jahr der Privilegübertra gung, das sich heute im Maximilianmuseum in Augsburg befindet, gibt den Inhalt der Urkunde in deutscher Sprache wieder (Abb. 1) 6 . Den Klosterfrauen wird also die Gnade und der Ablaß der Sünden gewährt, die den Pilgern vorbehalten ist, welche die sieben Hauptkirchen und alle anderen Kirchen Roms in einem Heiligen Jahr aufsuchen. An drei Stätten im Kloster, die von der Priorin bestimmt werden, sollen sie drei Pater Noster und drei Ave Maria beten, um der Gnade teilhaftig zu werden. Falls die Ordensfrauen wegen ihres Alters, Krankheit oder eines Gebrechens nicht in der Lage sind, diese Stätten aufzusuchen, und doch neun Pater N oster und neun Ave Maria an der Stelle beten, an der sie sich aufhalten, werden sie derselben Gnaden teilhaftig. Das Privileg hat für die Dominikanerinnen, die derzeit im Kloster sind und für alle nachkommenden Gültigkeit 7. Wo sich die genannten Gebetsstätten befanden, ist nicht überliefert, genauso bleibt ungewiß, ob und in welcher Weise sie hervorgehoben waren. Insofern läßt sich ein ursprünglicher Zusammenhang zwischen diesen Gebetsstätten und den Basilikabildern nicht beweisen. Dennoch steht außer Zweifel, daß die Entstehung der Basilikatafeln als Ersatzstätten für die sieben römischen Hauptkirchen zu verstehen ist. Insofern liegt eine Verbindung zu dem päpstlichen Ablaßprivileg auf der Hand, auch solchen Aufgabe zu betrauen. Daß der Auftrag an Burgkmair und damit auch an seine Werkstatt ging, ist sehr wahrscheinlich . Er war in diesem Auftraggeberkreis bekannt und hatte sein Können bereits unter Beweis gestellt. Burgkmair konnte die Arbeit quasi werkstattintern an den Gesellen Leonhard Fuchsbüchl delegieren. Der Meister selbst arbeitete zu der Zeit an der Tafel San Giovanni in Laterano. Möglichkeiten eines Vergleichs mit anderen Gemälden, welche die Signatur L. F. tragen, bestehen nicht, da keine weiteren Arbeiten nachweisbar sind. Deshalb kann die Tafel nicht mit Sicherheit als Werk Leonhard Fuchsbüchls bestimmt werden. 4 Bernt von HAGEN/ Angelika WEGENER-HÜSSEN, Stadt Augsburg (Denkmäler in Bayern 7/ 83, München 1994) S. 276. 5 Klosterchronik (Diözesanarchiv Augsburg HS 95, 26r). 6 Vgl. dazu den Anhang. 7 Auch die Klosterchronik von 1752/ 53 (Diözesanarchiv Augsburg HS 95, fol. 24v- 27r), die auf eine ältere Quelle zurückgeht, übermittelt eine Übersetzung des Textes. <?page no="70"?> Augsburger Netzwerke.indd 70 Augsburger Netzwerke.indd 70 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 64 Magdalene Gärtner Abb. 1: Triptychon mit Text des Ablaßprivilegs von 1487 Abb. 2: Hans Holbein der Ältere, Basilika Santa Maria Maggiore (1499) <?page no="71"?> Augsburger Netzwerke.indd 71 Augsburger Netzwerke.indd 71 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 65 wenn die Bilder durch die Turbulenzen des Klosterneubaus erst einige Jahre nach der Verleihung des Ablaßprivilegs entstehen konnten. Die Dominikanerinnen ließen also die besagten sechs großformatigen Gemälde als Bildprogramm für den neuen Kapitelsaal anfertigen und konnten durch die verzögerte Entstehung auf das Gnadenjahr 1500 Bezug nehmen. Im Mittelpunkt des Zyklus' und der einzelnen Gemälde stehen die römischen Hauptkirchen, die jeweils die zentrale Position der Bildwerke einnehmen. Auf einem der sechs Gemälde sind zwei dieser Kirchen zu sehen, da aufgrund der räumlichen Situation im Kapitelsaal nur sechs Tafeln in den Lünetten des Gewölbes an den nicht durchfensterten Wänden angebracht werden konnten und sieben Stellvertreterstätten zur Disposition standen. Auf den Holztafeln sind um die zentralen römischen Kirchendarstellungen Passionsszenen und Heiligendarstellungen gruppiert, die ein vielschichtiges ikonologisches Programm ergeben. Eine für die Identifikation der Betrachter wichtige Rolle nehmen die Pilgerdarstellungen in der unmittelbaren Umgebung der Stellvertreterstätten der römischen Kirchen ein. Obwohl die Gemälde innerhalb des Zyklus' in einer äußerlichen Geschlossenheit erscheinen, sind die einzelnen Tafeln sehr individuell gestaltet. Dies mag darin begründet liegen, daß drei Maler von den Dominikanerinnen beauftragt wurden. Auch ließen die ikonologischen und ikonographischen Vorgaben wohl für die Gestaltung Freiräume. In einer Zeit des Umbruchs, auf der Schwelle von ausgehendem Mittelalter zur Renaissance, wirkten auf die Maler verschiedenartige Eindrücke, unter denen sich Ideen und Gestaltungsprinzipien individuell entwickelten. Auch kann man davon ausgehen, daß mindestens vereinzelt druckgrafische Vorlagen der Pilgerstätten zur Verfügung standen. Um ein genaueres Bild von den Werken zu bekommen, werden die Tafeln hier zunächst vorgestellt. I. Hans Holbein der Ältere, Basilika Santa Maria Maggiore (1499) Die Tafel Santa Maria Maggiore (Abb. 2) bildet den Auftakt der Reihe, nimmt aber sowohl in formaler als auch in inhaltlicher Hinsicht eine Sonderrolle ein, da wohl zum Entstehungszeitpunkt der Malerei noch kein genaues Gesamtkonzept vorlag. Die spitzbogige Tafel ist durch eine Horizontal- und zwei Vertikalachsen in sechs Bildfelder untergliedert, dabei rahmt vergoldetes Maßwerk die einzelnen Bildfelder. Ein durchgehender dunkelblauer <?page no="72"?> Augsburger Netzwerke.indd 72 Augsburger Netzwerke.indd 72 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 66 M agdalene Gärtner Abb. 3: Basilika Santa Maria Maggiore Abb. 4: Basilika Santa Maria Maggior e, Detail Abb. 5: Hans Burgkmair der Ältere, Basilika San Pietro (1501) <?page no="73"?> Augsburger Netzwerke.indd 73 Augsburger Netzwerke.indd 73 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 67 Hintergrund mit goldenen Sternen schließt die gesamte Fläche der Tafel optisch zusammen. Die Krönung der Gottesmutter Maria im oberen Bildfeld nimmt Bezug auf den Patronat der titelgebenden Darstellung der römischen Marienkirche, die inschriftlich in einem Wandfeld an der Kirchenmauer mit MARIA MAJOR bezeichnet ist. Hans Holbein der Ältere signiert und datiert die Tafel in Form einer Glockeninschrift NL/ : : •/ DD / HANS HOLbR. In der geöffneten Kirche erblickt man einen vor einem Katharinenaltar knienden Pilger. Er hat seine Hände zum Gebet gefaltet und blickt zum Altar empor, neben ihm liegt sein Pilgerhut, auf dem einige Pilgerzeichen angebracht sind, und sein Pilgerstab. Links neben der Kirche ist die Geburt Christi dargestellt. Gegenüber sieht man das Martyrium der hl. Dorothea. Die betende Stifterin Dorothea Rehlinger kniet hinter ihrer Namenspatronin. Ein übermaltes Familienwappen der Stifterin ist in der rechten Bildecke zu erahnen. Engel in den seitlichen Zwickelfeldern sind mit den angrenzenden Bildfeldern inhaltlich verbunden; so umrahmen die zwei oberen das Krönungszeremoniell musikalisch während sich die anderen auf die Szenen der Darstellungen unterhalb beziehen. II. Hans Burgkmair der Ältere, Basilika San Pietro (1501) Ein schmales, horizontal verlaufendes Goldband teilt das große spitzbogige Format in zwei Zonen (Abb. 5). Die beiden querformatigen Bildfelder erscheinen völlig unabhängig voneinander. Oben ist Christi Gebet am Ölberg in einer weiten Landschaft dargestellt. Rechts aus dem Hintergrund nahen die bewaffneten Soldaten, die von Judas angeführt werden. Das untere Bildregister mit der Darstellung der Petersbasilika steht in deutlichem Kontrast zu der Passionsszene. Vor dem monumentalen Kirchengebäude thront der Titelheilige Petrus in päpstlichem Ornat. In der rechten Hand hält er ein Schriftband mit den Worten Auctoritate ap[osto}lica dimitto vob[is] om[n]ia p[e]c[ca]ta und der Datierung der Tafel 1501 8. Links und rechts sind die thronende Gottesmutter mit dem Kind und die Vierzehn Nothelfer wie ein Hofstaat auf den Thronenden ausgerichtet . Eine neutrale Farbfläche in Dunkelgrau bildet einen unkonkreten Raum. Die Heiligenversammlung vor dem Kirchengebäude 8 „Als Mittelpunkt und Herz der Basilika ist das Grab des heiligen Petrus die Rechtfertigung für den großartigen Bau". V. NOE, Pressekonferenz zur Restaurierung des Grabes Petri, 17. Juni 1998. Die Basilika ist also eine Basilika ad corpus, die als Zentrum der Christenheit und Sitz des Papstes Rom einen besonderen Stellenwert beimißt (LAN Z! , Rom [wie Anm. 1] S. 200). <?page no="74"?> Augsburger Netzwerke.indd 74 Augsburger Netzwerke.indd 74 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 68 Magd alene Gärtner wirkt im Gegensatz zu der Pa ssionsszene eher unreal oder jenseitig. Burgkma ir bezie ht sich in der Da rstellung der Kirche auf Beschreibungen oder gar überlieferte Abbildungen, denn die Kirche entspricht dem Erscheinungsbild von Alt St. Peter, so wie die Kirche wohl um 1500 aussah. In einigen der Pilgerführer wurden sehr genau die Ki rchen und die dort verwahrten Heiltümer auf geführt und beschrieben. Dennoc h ist es fraglich, ob der Maler tatsäch lich solche Quellen zur Verfügung hatte. Nicht nur die Kirche nfassade der fünfschiffigen Basilik a, auch das Fassadenmosaik und die Heilige Ffor t e stellt er sorgfält ig dar. Letztere spielte in den Heiligen Jahren eine große Rolle. De r Maler zeigt eine geöffnete Jub iläumspforte, erinnert somit an die Besonderh eit des A bb . 6: San Pi etro mi t Titelheiligem, M ari a mit Kin d und 14 Noth elfern Abb. 7: Mono grammist L.F., Basilika San Lor enzo/ Basilika San Seba stiano (1502 ) <?page no="75"?> Augsburger Netzwerke.indd 75 Augsburger Netzwerke.indd 75 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 69 Gnadenjahres und erlaubt dem Betrachter einen Blick ins Innere der Kirche . Die Türeinfassung der Goldenen Pforte 9 trägt das Wappen des Papstes Alexander VI. und die Inschrift ALEXANDE[RJ BORGIA · P[A]PA ·VI· PONT[IFEX] MAX[IMUS] ANNO IVBELEI 10 . III. Monogrammist L. F., Basilika San Lorenzo/ Basilika San Sebastiano (1502) Von dem Monogrammisten L. F. ist kein weiteres Werk gesichert. Im Rahmen des Zyklus (Abb. 7) kommt dem Maler die singuläre Aufgabe zu, zwei Kirchendarstellungen auf einer spitzbogigen Tafel unterzubringen und gleichzeitig den ikonographischen und ikonologischen Bedingungen des Zyklus' Folge zu leisten. Die zweireihig angeordneten Darstellungen sind durch vergoldete Maßwerkmalerei in oben drei und unten vier etwa gleichgroße Bildfelder aufgeteilt. In der Mitte oben ist, wie bei den vorausgehenden Tafeln, eine Passionsszene zu sehen, hier die Gefangennahme Jesu . In der dicht gedrängten Darstellung kann man den Verrat des Judas erkennen und Petrus, der Malchus das Ohr abtrennt, das Christus sogleich wieder anfügt. Im Hintergrund sieht man die ängstlichen Jünger bei ihrer Flucht. Die beiden römischen Kirchen im Zentrum der Tafel sind auf zwei separaten Bildfeldern dargestellt. Links ist die Basilika San Lorenzo durch eine Inschrift an der Kirche bestimmt. Der Maler signierte und datierte 11 die Tafel an derselben Stelle. Auf der linken Seite des Kirchengebäudes steht der Titelheilige Lorenz statuenhaft in monumentaler Größe. Da 9 Seit 1450 handelt es sich um eine goldene Tür. Der Bezug auf Je sus Christus und seine Barmherzigkeit soll deutlich werden: "Er ist die Tür. Beim Durchschreiten der schmalen Tür soll zu m Ausdruck kommen, daß die enge Tür zu r Barmherzigkeit und zum Sündenablaß fü hrt . Durch diese Pforte muß der Ablaßsuchende im Heiligen Jahr die Basilika b etrete n. Sie steht im Gegensatz zu d en monumentalen Portalen, die den Ruhm und das Gericht betonen" (LANZ! , Rom [wie Anm. 1] S. 197). lO Das Ritual, daß die Heilige rforte im Jubeljahr durch den Papst mit drei Schlägen geöffnet wird, legte Alexander VI. im Heiligen] ahr 1500 fest. In vier Patriar chalba siliken, in der Peterskirche, in der Kirche San Paolo fuori le Mura, in Santa Maria Maggiore und in der Kirche San Giovanni in Laterano wurde eine kl eine Heilige rforte geöffnet. Sie war r eich verziert und die Pilger mußten sie durchschreiten, um den Sündenablaß erwerben zu können. Am Ende des Heiligen Ja hres wu rd e die Pforte wieder z uge mauert und erst zum kommenden wieder geöff net. Es sollte der leichtere Zugang zu der göt tlichen Barmherzigkeit und dem Sündenablaß im Heiligen J ahr symbolisch zum Ausdruck kommen (vgl. LANZ! , Rom [wie Anm. 1] S. 198). 11 Unter der Datierung 1502 und der Namensinschrift der Kirche ECCLES IA/ · HVIVS · SANC = I = TI· LAVRENCii befindet sich das Künstlermonogramm L · F · . <?page no="76"?> Augsburger Netzwerke.indd 76 Augsburger Netzwerke.indd 76 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 70 Magdalene Gärtner d ie Kirche ein Doppelpatrozinium be sitzt, ist der hl. Stephanus 12 rechts neben dem Kirchengebäude dargestellt , wie er gerade sein Martyrium erleidet. Man kann beobachten, wie Pilger das Kirchengebäude betreten. Sie sind in typischer Weise ausgestattet und tragen als charakteristische Merkmale neben dem Pilgerhut, der Tasche und dem Stab Pilgerzeichen auf ihrer Kleidung. Hier sind die gekre uzten Petrusschlüssel eindeutig zu erkennen. Auch der Kniende vor dem hl. Laurentius erscheint in einer Trach t, wie sie die Pilger tragen. Er ist soeben von dem Heiligen geheilt worden. Dies wird durch die nach oben geklappte Augenbinde verdeutlicht und ist als Beispiel der vielen überlieferten Wunder, die Pilger in der Nähe der verehrten Märtyrer erleben durften, zu verstehen. Rechts ist die Basilika San Sebastiano analog zu dem Gegenüber mit de m Tite lheiligen dargestellt. Eine auf die Kirchenfassade aufgebrachte Wandmalerei mit dem Martyrium des hl. Sebastian über dem niederen Eingang in die Katakombe verweist direkt auf das P atrozinium. Ein Pilger betritt in gebeugter Haltung die Katakombe. Auch er ist in typischer Tracht gekleidet und durch die spezifischen Attribute als Pilger leicht zu identifizieren. Seinem Blick folgend kann der Betrachter wahrnehmen, daß Stufen in die unter der Kirche liegenden Begräbnisstätten führen. Die architektonische Erscheinung der beiden Kirchen läßt nur bedingt Kenntnisse der römischen Basiliken seitens des Malers vermuten 13. Die Kirche San Lorenzo hatte z.B. einen N artex, der auch hier im Bild zu erkennen ist . Die farbige Gestaltung ist völlig frei interpretiert . Die jeweils seitlichen Bildfelder zeigen Begebenheiten aus der Vita der hl. Helena, der Namenspatronin der Stifterin Helena Rebhuhn. Links oben beginnt di e Bilderfolge mit der Befragung der Juden nach dem Ort, an dem das Kreuz C hristi vergraben wurde. Gegenüber folgt die Erprobung der Kreuze, unten links schließt die Anbetung der Kreuzesnägel durch Helena an, und rechts ü berg ibt sie ihrem Sohn Konstantin das Kreuzesfragment. Alle Szenen sind mit dunklem Hintergrund abgeschlossen. 12 In einem deutschsprachigen Blockbuch der „Mirabilia Romae" von ca. 1474/ 75 sind folgende Worte zu lesen: Die fuenft haubt kyrch ist zu Sand Lorenz und Steffan da Ligensiepayd leybhaftiglich hinder dem Choraltar, vg l. Mirabilia Romae, Facsimile- Reproduktion nach dem Exemplar des Blockbuches der Her zoglichen öffentlichen Bibliothek zu Gotha, hg. von Rudol p h EHWALD(Weimar 1904). Die beiden Diakone Laur entius und Stephanus treten in ihr er Funktion als Stadtpatrone ebenfalls gemeinsam auf. 13 Es wäre durchaus vorstellbar, daß der des Lesens und Schreibens kundig e Maler durch d ie Architekturbeschreibung en in den relativ b ekannt en „Mirabilia Romae" einen E indruck von den Kirchen gewinnen konnte. <?page no="77"?> Augsburger Netzwerke.indd 77 Augsburger Netzwerke.indd 77 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenkloste rs in Au gsburg Abb . 8: Basilika San Lorenzo u nd Stefano Abb. 9: Basilika San Sebastiano mit Pilgern und Titelheiligen Abb. 10: Hans Burgkmair der Ältere, Basilika San Giovanni in Laterano (1502) 71 <?page no="78"?> Augsburger Netzwerke.indd 78 Augsburger Netzwerke.indd 78 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 72 Magd alene Gärtner IV. Hans Burgkmair der Ältere, Basilika San Giovanni in Laterano (1502) Burgkmairs zweiter Auftrag im Ra hmen des Zyklus' entstand unmittelbar nach der Vollendung der Tafel San Pietro, er führt diese aber formal völlig anders aus . Feines Rankenwerk gliedert die Tafel (Abb. 10) in acht Bildfelder. Oben sind drei, unten fünf Szenen nebeneinander gestellt. Die Geiße lun g Christi in der Mitte oben ist die dritte Szene des Passionszyklus' und schließt an den Verrat auf der vorausgehenden Tafe l an. Die übrigen sieben Szenen dieser Tafel schildern biblische und legendarische Begebenheiten aus der Vita d es hl. Joh annes. Links oben sieht man seine Berufung, gegenüber, im rec h ten Zwickelfeld, sein Martyrium. Links unten wird die Geschichte mit dem auf die Insel Patmos ver bannten Johannes fortgesetzt. Rechts daneben ist seine Rückkehr nach Ephesus mit der Erweckung Drusianas geschi ldert . Das Ende seines irdischen Lebens ist mit der zentralen Basilikadarstellung im unteren Mittelfeld verbunden. Dadurch ist die chronologische Abfo lge der in Einzelbildern erzählten Vita an dieser Stelle unterbrochen. Rechts neben der Kirchendarstellung sieht man wie Johannes Kiesel und Gerten in Gold und Ede lstei ne verwandelt, um zwei woh lhabende Jünglinge vor d ie Entscheidung zu ste llen , irdische oder himm lische Reichtümer zu erwer ben . Ganz rechts erscheint die letzte Szene mit Johannes, der den vergifteten Wein unbeschadet trinkt, den ihm der Oberpriester Aristodemus reicht. Betrachtet man die Kirchendarstellung genauer, so fällt auf, daß hier der Kirchenbau lediglich einen angedeuteten Rahmen für das Geschehen bildet, das in und um das Kirchengebäude stattfindet. Diese Architektur erhebt kein erlei Anspruch auf Ähnlichkeit mit der römischen Basilika San Giovanni in Laterano. Dennoch gibt es ausreichend Hinweise darauf, daß sich Burgkmair mit den örtlichen Gegebenheiten in Rom aus einandergesetzt hatte . Zu beiden Seiten des Kirc hengebäudes sieht man einige Pilger vor der städtischen Architekturkulisse . Rechts neben dem Eingang und dennoch etwas versteckt sitzt ein bettelnder Pilger mit amputiertem Fuß auf einem Tuch. Sein Bein ist v erbunden. Vor ihm steht eine kleine Statuette der hl. Barbara 14, einige Münzen liegen vor ihm am Boden. Das Elend, in das manch ein Pilger fiel, der sich auf das große Wagnis einer solchen Wa llfahrt einließ, wird in dieser Person dem Betrachter drastisch vor 14 Diese kleine Statu ette der hl. Barbara ist der einzige Namensbezug zu der Stifterin Barbar a Ri edler. <?page no="79"?> Augsburger Netzwerke.indd 79 Augsburger Netzwerke.indd 79 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des K at harin enklosters in Augsburg Abb. 11: Basilika San Giovanni in Laterano mit Titelheiligem Abb. 12 und 13: Pilgerdarstellungen bei der Basilika San Giovanni in Laterano 73 <?page no="80"?> Augsburger Netzwerke.indd 80 Augsburger Netzwerke.indd 80 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 74 Magdalene Gärtner Abb. 14: Hans Holbein der Ältere, Basilika San P aolo fuori le mura (1504) Abb. 16: Basilika San Paolo Fuori le mura Abb. 15: Fragment der Tafel San Paolo mit der Stifterin Veronika Weiser <?page no="81"?> Augsburger Netzwerke.indd 81 Augsburger Netzwerke.indd 81 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 75 Augen geführt. Die zahlreichen Pilgerzeichen an seinem Hut machen deutlich, daß dieser Pilger schon viele heilige Stätten aufgesucht hatte. Hinter ihm sieht man weitere Pilger am Fuße der „Scala Sancta" 15, auf der die Pilger kniend emporsteigen, um eine Seele zu erlösen. An einem Podest neben der Treppe ist die Inschrift · ABC~/ · HANNS · / BVRGKMAIR / 1502 16 zu erkennen. Die Pilger tragen auf ihren Hüten und Pelerinen Abzeichen unterschiedlicher Pilgerstätten 17. Auf der Seite links der Kirche sind weitere Pilger und eine Pilgerin unterwegs. Letztere trägt ein Tuch um den Kopf geschlungen und ihren Hut an einem Band auf dem Rücken. Neben den üblichen Attributen hat sie auch eine Pilgerflasche umgehängt . V. Hans Holbein der Ältere, Basilika San Paolo fuori le mura (1504) Die Tafel mit der römischen Pilgerkirche San Paolo fuori le mura (Abb. 14) ist der zweite Auftrag, der innerhalb des Zyklus' an Hans Holbein d. Ä. ging. Wie bei seinem Kollegen Hans Burgkmair d. Ä. kann man auch bei ihm eine neuartige Bildauffassung wahrnehmen. Die ge- 15 Die „Steinerne Stiege" ist auch im „Rombüchlein" erwähnt, vgl. Mirabilia Romae (w ie Anm. 12). Christus wurde angeblich über diese Treppe mit 28 Stufen vor Pilatus geführt. Wer die Staffel kniend hinaufsteigt, erlöst eine Seele, für die er betet, da Christus auf diesen Stufen auf die Knie fiel. Vgl. auch WEIS-LIEBERSDORF, Jubeljahr (wie Anm . 3) S. 173. Sie stand an der Stelle, an welcher sich der Bischofspalast befand, die Residenz des Papstes . Der Legende nach brachte die hl. Helena die Treppe nach Rom. 16 Burgkmair-Ausstellung in der Staatlichen Gemäldegalerie zu Augsburg, Juni-Juli 1931. Veranstaltet von der Direktion der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen zum Gedächtnis des 400. Todesjahres des Meisters, Ausstellungskatalog Bayerische Staatsgemäldesammlungen, bearb . von Karl FEUCHTMAYR(Augsburg 1931) S. 11, hält die Buchstaben vor der Signatur für eine u nbek annte Devise Burgkmairs . Wahrscheinlicher ist die Auflösung in „Augustanus Burgkmair Civis" (Burgkmair, ein Augsburger Bürger). Ein Medaillonholzschnitt mit der Profilansicht Burgkmairs, der erstmalig in der 1514 bei Schönsperger in Augsburg gedruckten Auflage des „Büchlein von der Complexion der Menschen" verwendet worden ist, trägt ebenfalls die Buchstaben mit dem blattartigen Zeichen. Vgl. Gisela GOLDBERG, Altdeutsche Gemälde. Sammlungskatalog der Staatsgalerie Augsburg (Augsburg 3 1988) S. 142. 17 Unter den zahlreichen Pilgerzeichen sind gekreuzte P etrus-Sch lü ssel, Schweißtuch der Veronica, Jak obsmusc hel und Dornenkrone eindeutig zu identifizieren. Das rechteckige Pilgerzeichen ist wohl das des Quirinius von Neuß, vgl. GOLDBERG, Sammlungskatalog (wie Anm. 16) S. 140. <?page no="82"?> Augsburger Netzwerke.indd 82 Augsburger Netzwerke.indd 82 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 76 M agdalene Gärtner Abb. 17: Hans Burgkmair der Ältere, Basilika Santa Croce (1504) Abb. 19: Pilgergruppe vor der Basilika Santa Croce Abb. 18: Basilika Santa Croce <?page no="83"?> Augsburger Netzwerke.indd 83 Augsburger Netzwerke.indd 83 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 77 malte Maßwerkrahmung mit der Feldereinteilung erinnert zwar an sein erstes Werk, die Tafel Santa Maria Maggiore, doch ist die Komposition hier über die gesamte Tafel in einer Landschaft angelegt. Die seitlichen Zwickelfelder wurden in späterer Zeit abgetrennt 18. Zwei Bildebenen gibt es nur in der Mitte, wobei der Passionsszene, hier der Dornenkrönung Christi, das obere separat erscheinende Bildfeld vorbehalten ist. Die übrige Tafel ist als durchgehende Landschaft gestaltet, auf der simultan vierzehn Szenen aus dem Leben des Apostels Paulus stattfinden. Im verlorenen linken Bildzwickel war wohl ursprünglich das Wappen der Stifterin Veronica Welser abgebildet, ihr Bildnis auf der rechten Seite, wie ein erhaltenes Fragment zeigt. Die Szenen aus der Vita des Titelheiligen von seiner Bekehrung über die Taufe bis hin zu den legendarischen Begebenheiten sind nicht chronologisch angeordnet. Vielmehr liegt in der Anordnung eine Gewichtung der Bedeutung für das Zeugnis, das Paulus für die Kirche abgelegt hat. Das räumliche Zentrum der gesamten Darstellung bildet das Kirchengebäude, in dem repräsentativ das Predigtwirken des Apostels dargestellt ist. Eine sitzende Rückenfigur in der Mitte vor der Kirche lauscht besonders aufmerksam der Predigt des Apostels. Auf der Rückenlehne ihres Stuhls steht ihr Name: Theccla. Sie stellt auf dieser Tafel eine Identifikationsperson für die Ordensfrauen dar, um in innerer Verbindung mit dieser Person eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Leben des Apostels zu erfahren. Bei drei der vorausgehenden Tafeln und der nachfolgenden Tafel haben die Pilgerdarstellungen eine für den Betrachter vergleichbare Rolle eingenommen 19. VI. Hans Burgkmair der Ältere, Basilika Santa Croce (1504) Das dritte Werk, das Hans Burgkmair für die Ausstattung des Kapitelsaales schuf, ist die Tafel mit der Darstellung der römischen Kirche Santa Croce (Abb. 17). Die spitzbogige Fläche ist hier in vier Felder ein- 18 Die Kenntnis des originalen Zustandes basiert auf einer Zeichnung Hans Burgkmairs, der für sich in skizzenhafter Weise die Komposition festhielt (Federzeichnung, 22,3 cm x 32,2 cm, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, Kupferstichkabinett). Ein Fragment, das die Stifterin Priorin Veronika Weiser in Ordenstracht mit einem Rosenkranz zeigt, stammt aus dem rechten Zwickelfeld und belegt den Bildabschluß auf dieser Seite (Bayerische Staatsgemäldesammlung, Augsburg, WAF 377). 19 Bei dieser Darstellung setzt sich der Betrachter unmittelbar mit dem Leben und Leiden des Heiligen und weniger mit der Romwallfahrt auseinander. <?page no="84"?> Augsburger Netzwerke.indd 84 Augsburger Netzwerke.indd 84 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 78 Magdalene Gärtner geteilt. Eine durchgehende Horizontalteilung wie bei den anderen Tafeln gibt es hier nicht, denn die seitlichen Bildfelder reichen wie Altarflügel über die ganze Höhe. Das vergoldete Maßwerk, das die Mitte auch horizontal unterteilt, ist sehr filigran gestaltet. Die Passionsszene in der Mitte oben, hier die Kreuzigung Christi, steht in engem Bezug zu dem Patrozinium der Kirche zum hl. Kreuz. Darunter ist der Kirchenbau zu sehen, der zugunsten einer Pilgergruppe etwas aus dem Vordergrund gerückt ist . Mit dieser Darstellung verbindet sich der „Ersatz-Pilger" oder die „Ersatz-Pilgerin" in der Vorstellung ganz mit der Heiligen Stadt. Die Basilika hat den Grundriß eines lateinischen Kreuzes. Das Kreuzmotiv wiederholt sich in den vergo ldet en Kreuzen, welche die Giebel bekrönen. Der Eingang der Kirche liegt im Westwerk, in welchem die Kreuzigung dargestellt ist. Durch eine Mauer mit Bogenöffnung gelangt der Besucher zu einer Art Vorhof. In dieser Wand ist links des Tores ein Relief mit Kreuzigungsszen e eingelassen. Oberhalb des Torbogens ist die in die Mauer gehauene Inschrift HANNS · BVRGKMAIR · / · M · VO[NJ · AVGSPVRG ·/ ·ANNO 1504 zu lesen. Links im Hintergrund sieht man ein Pilgerhaus mit einem wappenhaltenden Löwen über der Tür. Auf diesem Wappen sind gekreuzte Petrus-Schlüssel abgebildet. Davor stehen zwei Personen, vermutlich die Wirtsleute, die gestenreich die Pilger empfangen. Vor der Chorapsis kauert ein erschöpfter Pilger . Vorn in der Mitte hält sic: 1 eine Pilgergruppe mit einem offenbar ortskundigen Führer auf, der mit einem Buch in der Hand die Fremden zu den wichtigen Stationen führ t, wie dies in der Heiligen Stadt üblich war. Als Vorbild für den Kirchenbau diente hier nicht die römische Basilika, sondern eher eine Kölner Kirche. Reminiszenzen an St. Aposteln 20 , St. Kunibert 21 und St. Pantaleon 22 sind verschiedentlich nachgewiesen. Die Pilgergruppe im Vordergrund ist wie bei den anderen Tafeln an d er spezifischen Kleidung und Attributen wie Rosenkranz, Hut, Stab, Pelerine, Flasche sowie durch die Pilgerzeichen wie die gekreuzten 20 Vgl. Minni GEBHARDT, Architekturdarstellungen auf Gemälden und Graphiken Au gs burger Maler im Ze ital: : : schn itt 1490-1540 (Diss. Würzburg 1956) S. 34-37 . 21 FEUCHTMAYR, Burgkmair (',vie Anm . 16) S. 28, sieht Parallelen zu St. Kunibert gerade in Hinblick auf die Gliederung des Westbaus. 22 Ti lman FALK, Hans Burgkmair. Stu d ien zu Leben und Werk des Augsburger Malers, (Diss. München 1968) S. 34, stellt die Verbindung zu dem monumenta len Skulpturenzyklus über dem Eingangstor mit St. Pantaleon her. <?page no="85"?> Augsburger Netzwerke.indd 85 Augsburger Netzwerke.indd 85 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilderdes Katharinenklosters in Augsburg 79 Petrus-Schlüssel23, das Schweißtuch der Veronica 2 4, die Dornenkrone oder das Pilgerzeichen von Magdeburg 25 zu erkennen. Letztere sind bei dieser Darstellung besonders gut zu erkennen. Burgkmair kannte offensichtlich die Pilgerzeichen durch Vorlagen, da er sie sehr genau abbildet. Die beiden Seitenfelder gehören formatübergreifend zusammen und stellen das Martyrium der hl. Ursula und der elftausend Jungfrauen figurenreich in einer Landschaft des oberen Rheintals dar. Die drei Maler, Hans Holbein der Ältere, Hans Burgkmair der Ältere und der Monogrammist L. F., gestalteten mit diesen Tafeln einen außerordentlich lebendigen, ideenreichen und individuellen Gemäldezyklus. Bei der Frage nach den Vorlagen, die den Auftraggeberinnen und den Malern zur Verfügung gestanden haben können, liegt es sehr nahe, einen Blick auf die zeitgenössischen Pilgerführer zu werfen. Das zunehmend anwachsende Pilgerwesen in Rom weckte das Bedürfnis nach einer Anleitung für den Besuch der heiligen Stätten. Der Anfang dieser Literaturgattung liegt in den so genannten „Itinerarien", also Wegbeschreibungen, die bis ins 5. Jahrhundert zurückreichen. Vornehmlich beschäftigen sie sich mit den christlichen Altertümern. In diesen Wegweisern und Listen der Kirchen läßt sich allerdings noch kein Hinweis auf die sieben Hauptkirchen finden 26 . Das erste Heilige Jahr 1300 erscheint als sicherer terminus post quem für die gemeinsame Erwähnung aller sieben Hauptkirchen. Erstmals in der Vita der hl. Birgitta 27 findet man Hinweise auf die sieben Kirchen der Stadt 23 Die gekreuzten Schlüssel als Pilgerzeichen, teils auch mit bekrönender Tiara, waren durch das ganze Mittelalter hindurch ein beliebtes Abzeichen der Rom-Pilger. Sie schließen an eine sehr alte Form römischer Devotionalien an . Es handelt sich um Nachbildungen des Schlüssels zur Confessio, die schon von Gregor von Tours erwähnt wurden. Sie sind nicht nur von frühen Rom -Bes uchern mitgenommen, sondern auch von Päpsten als Ehrengabe versa ndt worden. V gl. Wallfahrt kennt keine Grenzen, Ausstellungskatalog Bayerisches Nationalmuseum, hg. von Lenz KRISS- RETIENBECK/ Gerda MöHLER (Münche n/ Zürich 1984) S. 210. 24 Das Schweißtuch der Veronica wurde im ersten Jubeljahr (1300) in St. Peter öffentlich ausgestellt. Dar aus erwuchs eines der beliebtesten römischen Pi lgerze ichen, das nicht nur in Form metallener Zeichen, sonde rn auch auf Seide, Per gament oder Papier gema lt für die Rom-Pilger zu erwerben war, vgl. Wallfahrt, hg. von KRISS- RETIENBECK/ MöHLER (wie Anm. 23) S. 210. 2s Vgl. ebd. S. 207, Abb . 92. 26 Ethel Ross BARKER,Rome of the pilg rims and martyrs. A study in the martyriologies, itineraries, syllogae, and other contemporary documents (London 1913) ; Susanne CARELL,Die Wallfahrt zu den sieben Hauptkirchen Roms. Aufkommen und Wandel im Spiegel der deuts chen Pilgerführ er, Jahrbuch für Volkskunde Neue Folg e 9 (1986) S. 112-150, hier S. 119. 27 Die Hl. Birgitta von Schweden ("'1302/ 03, t1373) wurde 1391 heiliggesprochen. Vgl. Vincen t MAYR, Heilige Birgitta von Schweden, in: Lexikon der christlichen <?page no="86"?> Augsburger Netzwerke.indd 86 Augsburger Netzwerke.indd 86 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 80 Magdalene Gärtner Rom 28. Auch Reisebeschreibungen von Pilgern, z.B. die Aufzeichnungen eines Augustiners aus dem Jahr 1372, gaben Auskunft über die sieben Prinzipalkirchen, in welchen besondere Ablässe gewonnen werden können29. Neben solchen Reisebeschreibungen gibt es Ende des 14.Jahrhunderts eine Reihe handschriftlicher Pilgerführer, die sowohl das antike, als auch das neue Rom behandelnD. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts treten auch gedruckte Exemplare der „Mirabilia Romae" auf, die in erster Linie die Bauwerke des antiken Roms systematisch auflisten, aber auch die christlichen Stätten nennen 31. Mit einem zunehmenden Bedarf an Stadtbeschreibungen für Pilger, die weniger Interesse an d en antiken Monumenten als an den Kirchen und der jeweiligen Ablaßgewinnung haben, entstehen die so genannten „Indulgentien". Bei der Beschreibung der Gotteshäuser wird ein besonderes Augenmerk auf die religiöse Bedeutung der h ier verwahrten Heiligtümer und der zu gewinnenden Ablässe gelegt. In diesen Schriften ist genau fes t gehalten, welche Ablässe der Rom- P ilger durch bestimmte religiöse Handlungen in der jeweiligen Kirche gewinnen kann. Es handelte sich bei den Indulgenti en quasi um ein geistliches Pendant zu den Mirabilien 32. Es gibt aber dennoch zahlreiche Rom-Führer mit der Bezeichnung „Mirabilia Romae", die auch genau auf die Kirchen und die dort verwahrten Heiligtümer eingehen. Diese spätmittelalterlichen Rom-Führer befanden sich wohl zu einem großen Teil in Klöstern, abe r auch private Personen, die sich auf eine Pilgerreise vorbereiteten oder eine solche unternommen hatten, waren wohl in einigen Fällen im Besitz eines solchen. Im Bistum Augsburg Ikonographie 5 (1973) Sp. 4(•0- 402; Otto WIMMER/ Hartmann MELZER, Lexikon der Namen und Heiligen (Innsbruck/ Wie n 1984) S. 173. 28 CARELL, Wallfahrt (wie Anm. 26) S. 119. 29 Joseph HA UPT, Philippi liber de terra sancta. In der deutschen Übersetzung des Augustiner Lehrmeisters Lecpo ld vomJ ahre 1377, Österreichische Vierteljahresschrift für katholische Theologie 1C (1872) S. 511-540, hier S. 517 . 3 ° Christian HÜLSEN, MirabJia Romae. Rom. Stephan Planck. 20. November MCCCCLXXXIV. Ein römische s Pilgerbuch des 15. Jahrhunderts in deutscher Sprache (Berlin 1925) S. 4. Vgl. auch Nine R. MIEDEMA, Rompilgerführer in Späunittelalter und Früh er Neuzeit. Die „Indulgentiae ecclesiarum urbis Romae" (deutsch/ niederländisch). Edition und Kommentar (Frühe Neuzeit 72, Tüb inge n 2003). 31 Martina HAGGENMÜLLER, Als Pilg er nach Rom. Studien zur Romwallfahrt aus der Diözese Augsburg von den Anfäng en bis 1900 (Augsburg 1993) S. 196. Vgl. auch Nine R. MI EDEMA,Die „Mirabilia Romae". Untersuchungen zu ihrer Überlieferung. Mit Edition der deutschen und niederländischen Texte (Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 108, Tübingen 1996). 32 Mirabilia Romae (wie Anm . 12) S. 4. <?page no="87"?> Augsburger Netzwerke.indd 87 Augsburger Netzwerke.indd 87 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 81 ließen sich drei Exemplare der „Mirabilia Romae" von Stephan Planck 33 nachweisen, eine deutsche Ausgabe von 1489 und zwei lateinische von 1492. Die wohl ursprünglich aus Italien stammenden Texte wurden vielfach abgeschrieben 34 . Die Texte der verschiedenen Pilgerführer, ob in lateinischer oder deutscher Sprache, gleichen sich alle in hohem Maße. Geringfügige Unterschiede zeigen sich z.B. in der Reihenfolge, in der die Heiligtümer einer Kirche auf geführt werden. In der Ausgabe von Stephan Planck folgt einer Einführung mit der Geschichte Roms und einer Auflistung der Kaiser ein ausführlicher Abschnitt über die sieben Hauptkirchen Roms mit allen zu erwerbenden Ablässen. Anschließend sind weitere Kirchen Roms aufgeführt. Der Teil mit den sieben Hauptkirchen beginnt bei Plancks Ausgabe, wie bei den meisten Romführern dieser Art und Zeit, mit der Lateranskirche, es folgen San Pietro, San Paolo, Santa Maria Maggiore, San Lorenzo und Steffano, Santa Croce, San Sebastiano und Fabiano. In einer Ausgabe Plancks von 1492 35 gibt es unter anderem Illustrationen der Titelheiligen: Johannes, Petrus, Laurentius, Sebastian, Christus im Grabe mit den Marterwerkzeugen und ein Madonnenbild. Die Patrone sind ganzfigurig dargestellt und von einem bordürenartigen Rahmen umgeben, auf dem rechts und links Engel dargestellt sind. Darüber hinaus gibt es an bildlichen Darstellungen nur eine „Rea-Silvia" -Illustration 36 und eine Veronica-Bild-Präsentation durch einen Diakon vor einer Pilgermenge. Die Rom-Führer sind also nur sehr sparsam illustriert und dienten mit den schlichten graphischen Darstellungen den Malern der Basilikabilder des Augsburger Katharinenklosters sicherlich nicht als Vorlage. Zieht man die Texte zu den sieben Hauptkirchen heran, welche die dort aufbewahrten Heiligtümer teilweise sehr genau beschreiben, so spiegelt sich kaum eines dieser Details in den Bildern wider, obwohl sich die Beschreibungen für eine malerische Umsetzung teilweise hervorragend geeignet hätten. Dieser Mangel an Übereinstimmungen führt zu der Vermutung, daß die Führer wohl kaum in die Hände der Maler gelangten. Die Übereinstimmungen reichen kaum über die als allgemein bekannt vorauszusetzenden Besonderheiten der Heiligen Stadt hinaus. 33 „Impressum Rome per Magistru[m} Stephanu[m}/ Plannck de Patauia. Anno · MCCCCXCij · die vl-! tima Mensis Octobris. Sede[n}t e Alexa[njdro Ma-lximo Pont. vi. Anno eius Prima". 34 HAGGENMÜLLER, Pilger (wie Anm . 31) S. 196 . 35 „Impressum Rome per Magistru[m} Stephanu[m]/ Plannck de Patauia. Anno · MCCCCXCij · die vl - ! tima Mensis Octobris. Sede[n}te Alexa[njdro Ma - / ximo Pont. vi . Anno eius Prima." Ein Exemp lar dieser Ausgabe befindet sich in der Staat sbibliothek München (Inc. c. a. 142m; Hai n '' 11197). 36 H ÜLSEN, Mirabilia Romae (wie Anm. 30) S. 19. <?page no="88"?> Augsburger Netzwerke.indd 88 Augsburger Netzwerke.indd 88 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 82 Magdalene Gärtner Auch die Reihenfolge , in der die Hauptkirchen im Text erwähnt sind, unterscheidet sich völlig von der Reihenfolge, in der die Basilikabilder für den Kapitelsaal konzipiert wurden bzw . in der sie entstanden sind. Eine konkrete Beziehung zwischen den zeitgenössischen Pilgerführern und den Basilikabildern läßt sich nicht nachweisen. Die Texte dienten aber sicherlich bei der Entstehung des Ablaßtäfelchens 37 von 1484 als Vorlage. Sie stimmen teilweise wörtlich mit dem Text überein und die Bildnisse de r Titelheiligen der Hauptkirchen bzw . das Kreuz für die Kirche Santa Croce entspreche n , wenn auch unterschiedlich gestaltet, den wenigen Illustrationen in einigen Pilgerführern . Die Funktion der Basilikabilder im Kapitelsaal des Klosters war sicherlich sehr vielschichtig. Die Basilikabilder entstehen in einer Zeit, in der die Ablaßgewinnung größte Ausmaße angenommen hatte. Die Ordensfrauen durften allerdings nicht, um besondere Ablässe zu erlangen, auf Pilgerfahrt gehen , da dies mit zu großen Gefahren verbunden war. Durch die Stiftung der Basilikabilder wurden Stellvertreterstätten für die sieben gnadenspendenden Hauptkirchen Roms geschaffen, die in ihrem Kloster immer präsent blieben. Dieser Zyklus hat ikonographisch, ikonologisch und in der malerischen Umsetzung eine singuläre Stellung . Während die Stellvertreterfunktion der Basiliken offensichtlich und eindeutig ist, wurde bemerkenswerterweise kein Wert auf einen realen Abbildungscha r akter gelegt. Lediglich einige wenige Details, wie z.B. die Goldene Fforte der Basilika San Pietro oder der Eingang in die Katakombe unter der Basilika San Sebastiano, spiegeln die reale Situat ion vor Ort wider . Die Kirchendarstellungen wurden eher symbolisch aufgefaßt. Darstellungen der Idee einer Stellvertreterstätte waren völlig ausreichend, da keine der Dominikanerinnen einen Eindruck von den originalen Gebäuden aus eigener Anschauung gewinnen konnte. Die Heiligendarstellungen auf den seitlichen Bildfeldern der Tafeln vergegenwärtigen die Fürsprache durch die Patrone der Kirchen oder der Namenspatronin der Stifterin. Bei der Tafel Santa Maria Maggiore ist die Stifterin in unmittelbarer Nähe zu ihrer Namensheiligen dargestellt, sie kopiert sogar deren Körperhaltung. Die Stifterin der zweiten Tafel, Anna Riedler, erhoffte sich wohl durch die Vierzehn Nothelfer eine allumfassende Fürsprache. Aber auch die Kirchenpatrone, denen auf den Tafeln San Giovanni und San Paolo durch die ausführliche Schilderung der Vita eine besondere Hervorhebung zukommt, sind sicher Träger dieser Funktion. Die Gebetsinschrift auf dem Schriftband der Stifterin Veronica Weiser, die 37 Augsburg, Maximilianmuseum, Inv. N r. 3839. <?page no="89"?> Augsburger Netzwerke.indd 89 Augsburger Netzwerke.indd 89 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 83 auf dem zur Tafel San Paolo gehörenden Fragment zu sehen ist, drückt die Bitte um das Erbarmen des Heiligen aus 38 . Bereits kurze Zeit nachdem durch Konstantin die Religionsfreiheit proklamiert wurde, pilgerten Christen zu den Stätten im Heiligen Land, an denen Christus gelebt hatte. Dieser Weg, auf dem der Pilger immer in der Fremde vorangeht, bis er das Ziel erreicht, wird zum zeichenhaften Ausdruck des irdischen Lebens 39. Ziel seiner Reise ist das himmlische Jerusalem. Parallelen werden im Lebensweg Christi, der immer als „Pilger" unterwegs ist, gesehen. So sieht man das höchste Bestreben des Pilgers darin, den dornenreichen Weg Christi, der in der Passion den Gipfel des Leidens erreicht, nachzuerleben, indem er die einzelnen Stätten aufsuchte. Die Jerusalem-Pilger brachten diese Erfahrungen und dieses Brauchtum in ihre Heimat zurück 40 und errichteten Wallfahrtsstätten. Einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte wurde Rom; hier hatte das Zeugnis, das Petrus und Paulus abgelegt hatten, sichtbare Gestalt, hier hatte Christus durch seinen Nachfolger seinen irdischen Sitz abgelegt und nicht zuletzt wurden hier auch zahlreiche Erinnerungen der Passion Christi aufbewahrt: das Holz des Kreuzes Jesu, das Kreuzesholz des rechten Schächers, das Schweißtuch der Veronika, zudem die Reliquien der Märtyrer (insbesondere der Apostel) und andere. Rom wurde schon früh als zweites Jerusalem angesehen, das die Menschen immer wieder anzog 41. Die Orte, die von den Christen gesucht wurden, waren vor allem die Kirchen und Kapellen, die Konstantin und seine Mutter Helena bauen ließen. Der Besuch der sieben römischen Hauptkirchen verband sich mit der Vorstellung des Leidensweges Christi 42 . Hermann Bavinck geht in seinem „Wegzeiger zu den WUNDERBARLICHEN SACHEN der heidnischen etwan, nun aber der christlichen Stat Rom" 43 auf diese Leidensstationen ein und weist auf die „sieben Gänge" Christi hin: in den Garten Gethsemane, zu Annas, zu Kaiphas, zu Pilatus, zu Herodes, nochmals zu Pilatus und schließlich zum Kalvarienberg 44 . Desweiteren ordnet er den Hauptkirchen die „sieben Blutvergießungen" Christi zu: 38 sancte · [paule? } mise[r}ico[r}dia[m} · dei · p[ro} · me · i · p .... 39 Rainer KACZYNSKI, Die Coena-Domini-Kirche, in: Kirche, Kunstsammlung und Bibliothek des Herzoglichen Georgianums, hg. von DEMS. (Regensburg 1994), S. 30- 38, hier S. 31. 4 o KACZYNSKI, Coena-Domini-Kirche (wie Anm. 39) S. 31. 41 LANZ! , Rom (wie Anm.! ) S. 193. 42 KACZYNSKI,Coena-Domini-Kirche (wie Anm. 39) S. 31. 43 Hermann BAVINCK, Wegzeiger zu den WUNDERBARLICHEN SACHEN der heidnischen etwan, nun aber der christliche Star Rom (Rom 1628) . 44 Ebd. S. 32. <?page no="90"?> Augsburger Netzwerke.indd 90 Augsburger Netzwerke.indd 90 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 84 Magdalene Gärtner die Beschneidung, das Ölberggeschehen, die Geißelung, die Dornenkrönung, das Ablegen der Kleider am Kreuzigungsort, wo die Wunden auf gerissen wurden, die Kreuzigung und schließlich das Öffnen der Seite Christi durch Longinus 45. "Die Verbindung des Kreuzweges mit dem Pilgerweg zu den sieben römischen Kirchen, der symbolisch für die Pilgerschaft der Kirche in dieser Welt steht, ist höchst bedeutsam, weil dadurch zum Ausdruck kommt, daß die Kirche, die durch diese Zeit pilgert, nur auf den Spuren des leidenden Herrn gehen kann." 46 Diese Passionsfrömmigkeit gewann so große Bedeutung, daß zeitweilig die Wallfahrt zu den Heiligengräbern 47 , die seit frühchristlicher Zeit einen wichtigen Stellenwert einnahm, in den Hintergrund rückte. Die Verbindung der sieben römischen Basiliken mit dem Leidensweg Christi, der in den sieben Hauptkirchen Roms gegenwärtig ist, bestand schon lange Zeit, bevor 48 sie einen bildlichen Ausdruck 49 in den Tafeln des Katharinenklosters fand. Die Basilikadarstellungen im Katharinenkloster haben somit doppelten Stellvertretercharakter, da sie gleichzeitig als Stellvertreter der römischen Hauptkirchen un d der entsprechenden Leidensstationen Christi betrachtet werden müssen. Die Passionsszenen stehen für das Erlösungswerk Gottes, das durch den Leidensweg und den Kreuzestod seines Sohnes Ausdruck findet. Die fünf Szenen des Basilikazyklus sind: Das Gebet am Ölberg, der Verrat durch Judas, die Geißelung Christi, seine Verspottung und die Kreuzigung. Die Tafeln sind also Stellvertreterstätte für die römischen Basiliken in Zusammenhang mit dem Nacherleben der Passion, Andachtsbilder in Hinblick auf das Leiden Christi oder auf die Prä senz der Fürspreche r. Zudem steht eine repräsentative und memoriale Funktion, die aus den Wappen und Stifterbildnissen hervorgeht , in der Absicht der Auftraggeberinnen und deu ten im Zusammenwirken auf ein komplexes Programm hin, das dem Zyklus zugrunde liegt. Die knappe Aussage in der Klosterchronik, die 45 Ebd. S. 31. 46 KACZYNSKI,Coena-Domini-Kirche (w ie Anm. 39) S. 33. 47 Ebd . S. 32. 48 Der eigentliche Kreuzweg ist bis ins 18. Jahrhundert in u nterschied lich viele Stationen eingete ilt. Vierzehn tau chen erstmals im Jahr 1518 auf. Vgl. Andras SCHMID,Ein gotischer Kreuzweg, Zeitschrifdür christliche Kunst 20 (1907) S. 203-214, hier S. 211 f. 49 Ein weiteres zeitgenössisches Beispiel ist ein Gemäldezyklus mit Stellvertreterstätten der römischen Hauptkirchen, der sich heute in der Kirche „Coena Domini" des Herzoglichen Georgianums in München befindet. Er wurde vom Meister des Riedener Altars 1470/ 80 geschaffen. Im Unterschied zu dem Zyklus des Augsburger Katharinen k losters sind dcrt die P assionsszenen sehr viel stärker betont. Vgl. GÄRTNER,Bas iliken (wie Anm. 3) S. 24-26, Abb. 6-8. <?page no="91"?> Augsburger Netzwerke.indd 91 Augsburger Netzwerke.indd 91 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Kath a rinenklosters in Augsburg 85 lediglich zum Ausdruck bringt, daß die Basilikabilder zur Ziehrung des Capitl hauß ... so gedacht sind, spielt, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle. Im Katharinenkloster inAugsburgwar es üblich, daß die Ordensfrauen „im Besitz und Recht ihres Eingebrachten" bleiben konnten solange sie lebten. Ihr Eigentum fiel erst nach ihrem Tod an das Kloster 5 1. Diese Voraussetzung erlaubte ihnen, individuelle Stiftungen zu tätigen. Im Falle der Stiftungen der Basilikabilder kam diese Situation zum Tragen. Die Klosterchronik von 1752 berichtet von den Ordensfrauen und ihren Stiftungen 52 . Die Stifterinnen nahmen auf die Entstehung der Werke Einfluß. Die Klosterchronik führt die Namen der jeweiligen Stifterin, den Patronat der Kirche und den investierten Geldbetrag auf. Der genaue Zeitpunkt der Planung ist nicht überliefert . Die Tatsache, daß z.B. Anna Riedler, die Stifterin der Tafel San Pietro, bereits 1495 verstarb 53 und die Malerei erst 1501 ausgeführt wurde, spricht für eine frühere Planung des Gemäldezyklus in möglicherweise zeitlicher Nähe zu der Privilegvergabe. Mit der Übertragung des päpstlichen Privilegs waren die Dominikanerinnen also durch die vorgegebene Ersatzleistung von einer persönlichen Pilgerfahrt nach Rom entbunden. Im ausgehenden Mittelalter war es durchaus üblich, daß Gläubige, die aus triftigen Gründen keine Pilgerfahrt antreten konnten, Ersatzstätten in der Nähe aufsuchten. Zu diesen triftigen Gründen gehörte neben Krankheit oder Gebrechen bei Ordensfrauen durchaus auch die Gebundenheit an ein Kloster, wie im 50 Vgl. Diözesanarchiv Augsburg HS 95, fol. 27v. 51 Vgl. Leonhard HöRMANN, Erinnerungen an das ehemalige Frauenkloster St. Katharina in Augsburg, Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg 9 (1882), S. 357-386, hier S. 362. 52 Klosterchronik von 1752/ 53 (Diözesanarchiv Augsburg HS 95, fol. 27v): Verzaichnis wer die Tafeln in den Capitl! oder die siben haupt kirchen hat mahen lassn./ Zur Ziehrung deß Capitl hauß, so stetts auf Bargamentl geschriben in den bichl wo der kloster Pau beschriben/ 1496 gezeichnet/ haben etliche fraun auß sonderlicher genad Vnd andacht, / daffellen darein lassen mahlen der Nam hernach/ folgt./ Barbara riedlerin hat S: J oannes tafl machen lassen/ die hat od ist gestanden 64 gulden. od 54: / ltem helena rephonin, Sanct Lorenzen Vnd Sanct/ Sebastian machen lassen, die gestett 60ig gulden, ich/ schreibs nach der alten sprach wie es stett. / ltem veronica Welserin, hat lassen zw'n taffeln machen/ die ainen Von Heilligen Kreiz, die andere Von Sanctl Pauls haben gestandten: mit allem dingen 187 gulden. / ltem Dorothea rölingerin, hat lassen machen Vnsre liben / fraun taffel die gestatt, oder stett 60 gulden. / ltem Anna riedlerin Sanct Peters dafel mit den 14 / noth helffern, gedie gestatt, oder stett 45 gulden. 53 Leonhard HöRMA NN, Erinnerungen an das ehemalige Frauenkloster St . Katharina in Augsburg, Zeitschrift des Historischen Vereins fü r Schwaben und Neuburg 10 (1883) S. 301-344, hier S. 320. <?page no="92"?> Augsburger Netzwerke.indd 92 Augsburger Netzwerke.indd 92 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 86 Magdalene Gärtner Fall der Dominikanerinnen von St. Katharina. Das Erlangen der „römischen Gnaden" war in dieser Situation vergleichsweise einfach 54 . Ge ldspenden traten aber in der Regel an die Stelle des finanziellen Aufwandes, der mit einer Rom -Wallfahrt verbunden gewesen wäre 55 . Betrachtet man die Situation der Augsburger Dominikanerinnen von St. Katharina, so kann man sich vorstellen, daß die Basilikabilder eine Art Ersatzleistung der Stifteri n nen für die nicht persönlich unternommene Pilgerreise darstellen sollten. Pr ivilegien für einen Jubelablaß ohne Rom-Reise hatten schon seit längerer Zeit Tradition und waren keineswegs ausschließlich auf den klösterlichen Kontext beschränkt. Auch einigen Städten wurde dieser Vorzug bereits im 14. Jahrhundert zuteil: 1392 wurde München mit diesem Privileg ausgezeichnet, 1394 konnten Kö ln und Magdeburg . ein solches Jubiläum feiern, 1395 Konstanz, 1396 Erfurt, andere Städte und Bistümer folgten 56. Sogar einzelnen Personen konnten ähnliche Privilegien zugesprochen werden 57. Die Diözese Augsburg bekam ein solches Privileg erstmals 1451 zuerkannt. Kardinal Peter von Schaumburg brachte von einer einjährigen Rom-Reise den Ablaß von pein und schuld mit in die Heimat 58. Dieser Ablaß war so bemessen, als hätte sich der Ablaßsuchende während eines Jahres selbst in Rom aufgehalten 59. Der „Ersatz-Pilger" oder die "Ersatz-Pilgerin" brauchten, um des Ablasses teilhaftig zu werden, lediglich nach Augsburg, Dillingen oder Füssen gehen, um die Beichte abzulegen. In Augsburg mußte er sich mindestens einen Tag aufhalten und am Morgen dreimal, abends einmal, ein Paternoster und ein Ave Maria betend den Dom umschreiten. In Dillingen war für diesen Bußgang die Pfarrkirche bestimmt, in Füssen das Kloster St. Mang. Hinzu kam die Auferlegung einer 21 tägigen Abstinenz von Fleisch und Milchprodukten . Der Ablaßsuchende hatte d ie Pflicht, während dieser Zeit zahlreiche festgelegte Gebete zu verrichten, Messen zu besuchen 54 HAGGENMÜLLER,Pilger (wie Anm. 31) S. 343. 55 Nikolaus PAULUS,Geschichte des Ablasses am Ausgang des M itte lalters 3 (Paderborn 1922/ 1923) S. 181; Johannes VINCKE, Zur Frühgeschichte d er Jubiläumswallfahrt, in: Wallfahrt und Volkstum in Geschichte und Leben, hg . von Georg SCHREIBER (Forschungen zur Volkskunde 16/ 17 , Düsseldorf 1934) S. 243-257, hier S. 252 ff. 56 PAULUS,G esc hichte (wie Anm. 55) S. 181 f.; VINCKE, Frühge schichte (wie Anm. 55) s. 250f . 57 PAULUS,Geschichte (wie Anm. 55) S. 183. 58 Chronik d es Hector Mülich (1348-1487), in: Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis zum 16. Jahrhunder t 22 (C hroniken der schwäbischen Städte, Augsburg 3, Leipzig 1892) S. 107. 59 Ebd. S. 107. <?page no="93"?> Augsburger Netzwerke.indd 93 Augsburger Netzwerke.indd 93 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 87 und die Menge Geldes abzuliefern, die er auf gewendet hätte, wenn er persönlich nach Rom gepilgert wäre. Die Hälfte des Betrages kam dem Papst zum Erhalt der römischen Kirchengebäude zu, die andere Hälfte stand dem Bischof von Augsburg für die Aufgaben des eigenen Bistums zur Verfügung 60 . Der im Heiligen Jahr 1500 von Rom ausgesandte Kardinallegat Raimundus Peraudi, verkündete am 25. Dezember 1501 den vollkommenen römischen Jubelablaß im Dom zu Augsburg 61 . Das Kloster Kaisheim bekam ebenfalls 1501 von Kranckhait wegen, densten oder verpflicht ergeben gaist! ich person .. . diese volkomne jubelgnad 62. Sieben Altäre mußten mit Gebeten zum Gnadenerwerb aufgesucht werden. Es waren also nicht unbedingt sieben Kirchen, die zur Erlangung des Jubiläumsablasses besucht werden mußten 63 , es traten häufig sieben Altäre an diese Stelle. Dieser Tradition des Altarbesuchs folgend, liegt es nahe, daß die Augsburger Basilikabilder eine solche Funktion innerhalb des Katharinenklosters bekamen. Der überlieferte Text des Privilegs nennt allerdings drei Orte zur Ablaßgewinnung, die von der Priorin bestimmt werden sollten. Zur Zeit der Übertragung des päpstlichen Privilegs durch Innozenz VIII. existierten die genannten Tafeln jedoch noch nicht. Es liegt nahe, daß die Basilikabilder durch ihre konkrete bildliche Darstellung mit der Zeit zu den Stellvertreterstätten wurden, die mit entsprechenden Gebeten aufgesucht werden mußten. In ähnlicher Weise wie die Dominikanerinnen des Augsburger Katharinenklosters bekamen auch die Klarissen des Villinger Ursula- Klosters von Papst lnnozenz VIII. ein Ablaßprivileg verliehen. Vier Jahre später als in Augsburg nahmen die Klarissen ihr Privileg, das fast alle bekannten heiligen Stätten umfaßte, entgegen. Dieselben Vergünstigungen, welche die Pilger bei jeder Pilgerstätte in Jerusalem, im ganzen Heiligen 6ü HAGGENMÜLLER, Pilger (wie Anm. 31) S. 356f. 61 Nikolaus PAULUS, Raimund Peraudi als Ablaßkommissar, Historisches Jahrbuch 21 (1900) S. 645-682, hier S. 645 ff. Vgl. auch Peter SCHMID, Der päpstliche Legat Raimund Peraudi und die Reichsversammlungen der Jahre 1505-1503 . Zum Prozeß der Entfremdung zwischen Reich und Rom in der Regierungszeit König Maximilians I., in: Reichstage und Kirche. Kolloquium der His to rischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München, 9. März 1990, hg. v. Erich MEUTHEN (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 42, Göttingen 1991) S. 65-88. 62 Die Chronik des Klosters Kaisheim, verfaßt vom Cistercienser Johann Knebel im Jahre 1531, hg. von Franz HÜTTNER (Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart 226, Stuttgart 1902) S. 353. 63 Der in manchen Kirchen heute noch anzutreffende Titulus an bestimmten Altären "Unus ex septem" deutet auf die Funktion als Stellvertreterstätte hin. <?page no="94"?> Augsburger Netzwerke.indd 94 Augsburger Netzwerke.indd 94 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 88 Magdalene Gärtner Abb. 20: Ablaßtäfelchen im ers: en Obergeschoß d es Konvent sge bäudes gegenüber dem Eing ang zur Kirchenempore im Villinger Ursula-Klost er Land , auf dem Sinai und in Rom erhielten, wurde den Klarissen in Villingen zuerkannt. Es fällt auf, daß bei der Fülle an Pilgerstätten Santiago nicht vertreten ist, obwohl es sicher zu den bedeutendsten und bekannteste n Pilgerorten gehört e. Auch bei diesem Frauenkloster kam der Anstoß durch den Beichtvat er, Stephan Fuchs O. F.M., der zuvor eine Palästinareise unternommen hatte. Wie die Kloste rchronik berichtet, brachte er der Äbtissin ein Buch, vermutlich einen Pilgerführer, in dem die heiligen Stätten und die beim jeweiligen Besuch zu gewinnenden Ablässe verzeichnet waren. Die Äbtissin Ursula Haid er ließ die Namen aller dieser Stätten auf Pergament schreiben und an verschiedenen Stellen im Kloster anbringen, erst dann ersuchte sie die Verleihung entsprechender Ablaßprivilegien durch den Papst 64 . Durch die Fürsprache des oberdeutschen Franziskanerprovinzials P. Bonndorf sowie Johannes Burkhardt, der an der Kurie in Rom das Amt des Zeremoniars innehatte, erreichten sie die Bestätigung de s Ablasses durch Papst lnnozenz VIII. Nachdem die laut Chronik aus dem Lateinischen übertragenen Texte auf Täfelchen geschrieben wurden, baute man sechs steinerne Altäre im Kreuzgang, die sechs der sieben Kirchen Roms bezeichneten . Für 64 Re na te STEGMAIER-BREINUNGER, "D ie hailigen Stete Rom und Jerusalem", Freiburger Diözesan -Ar chiv 91/ 3. Folge 23 (1971) S. 176- 20 1, hi er S. 176f. <?page no="95"?> Augsburger Netzwerke.indd 95 Augsburger Netzwerke.indd 95 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Ba silikabilder de s Katharinenklosters in Augsburg 89 die siebte, Maria Maior, diente die vorhandene Liebfrauenkapelle. Die Ablaßtäfelchen wurden mit Zeichnungen versehen und an den Wänden des Kreuzganges angebracht. 1492 wurden die heiligen Stätten als Steinreliefs ausgeführt65 . Von den ursprünglich ca. 210 Täfelchen sind 70 erhalten geblieben. 91 hatten Verse des Neuen Testaments zum Inhalt, 12 des Alten, 14 der Legende zur Heilsgeschichte, 13 der Marienlegende, 25 standen für Kirchen und Gnadenpforten in Jerusalem und auf dem Sinai, 54 für römische Kirchen, eine beinhaltete die römische Kirchengeschichte. Einige Themen stimmen mit Darstellungen einzelner Bildfelder der Basilikatafeln überein66_ Es ist keine unmittelbarere Verbindung zwischen den beiden Klöstern Villingen und Augsburg herzustellen. Möglicherweise war den Villinger Klarissen das vier Jahre zuvor erteilte Privileg der Augsburger Dominikanerinnen nicht einmal bekannt. Man kann sich vorstellen, daß ähnlich wie diese beiden Klöster auch andere vergleichbare Privilegien erhielten. Neben diesen bildlichen Stellvertreterstätten soll hier noch die Erlangung von Privilegien durch eine „geistliche Pilgerfahrt" erwähnt werden . Auch hier handelte es sich um Ersatzwallfahrt. Texte oder Erzählungen wenden sich an diejenigen „Pilger", die sich nicht selbst auf den Weg machen konnten 67. Durch die „geistliche Pilgerfahrt" wurde es diesen Büßern ermöglicht, im Geiste die fernen heiligen Orte aufzusuchen. Einer der bekanntesten Erzähler in Süddeutschland war der Dominikanerpater Felix Fabri, der zweimal persönlich nach Rom und ins heilige Land pilgerte. Er war in ganz Schwaben so bekannt, daß zahlreiche Dominikanerinnen nach Ulm kamen, um seinen Ausführungen zu lauschen. Zusätzlich verfaßte er 1492 einen Text, der als schriftliche Anleitung zum selbständigen Gebrauch diente 68. In diesem Text gibt 65 Ebd. S. 178 f. 66 Aufgrund der Fülle an Themen geht die Übereinstimmung kaum über ein statisti sches Mittel hinaus. 67 Gründe für das Unterlassen einer persönlichen Pilgerfahrt waren nur Krankheit, körperliche Gebrechen oder eine Ordensbindung. 68 Fabri verfaßte 1492 den Text für eine „geistliche Pilgerfahrt" oder die „Sionpilgerin". Eine Abschrift hiervon entstand unter anderem 1494 im Dominikanerinnenkloster Maria Medingen. Vgl. Deutsche Pilgerreisen nach dem Heiligen Lande, hg. von Reinhold RÖHRICHT/ Heinrich MEISNER (Berlin 1880); vgl. jetzt Felix Fabri. Die Sionpilger, hg. von Wieland CARLS (Texte des späten Mitt elalt ers und der frühen Neuzeit 39, Berlin 1999); vgl. Klaus H ERBERS, Felix Fabris „Sionpilgrin" - Reiseschilderung und ältester Kirchenführ er Ulms. Ein Beitrag der Reichsstadt Ulm zur Pilgerliteratur des 15. Jahrhunderts, in: Die oberdeutschen Reichsstädte und ihre Hei ligenkulte, hg. von DEMS.(Jakobus -Studien 16, Tübingen 2005) S. 195-215 . <?page no="96"?> Augsburger Netzwerke.indd 96 Augsburger Netzwerke.indd 96 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 90 Magdalene Gärtner es Anweisungen, um die Gnade der heiligen Stätten zu erwerben 69 . Es werden Verhaltensweisen eines real zu Gnadenorten ziehenden Pilgers beschrieben und anschließend für den Kandidaten der geistlichen Pilgerfahrt erläutert 70 . Auch die Predigt des Geiler von Kaysersberg über den wahren Pilger ist eine damit vergleichbare Schrift. Die geistliche Pilgerfahrt wird zur Anlei tung eines gottgefälligen Lebens 71 . Mit der von Johannes Geiler von Kaysersberg verfaßten Schrift „Christlich bilgerschafft" 72 konnte eine solche Pilgerreise unternommen bzw. nacherlebt werden. Der geistliche Pilger muß in der entsprechenden Zeit, die er nach Rom unterwegs gewesen wäre, tägliche „Etappen" zurücklegen. Dabei geht von Kaysersberg je nach körperlicher Konstitution durchaus von wirklich zurückgelegten Wegstrecken aus . Der Pilger mußte beichten, Reue zeigen und soll die Altarsakramente empfangen. Hinzu kommen tägliche vorgeschriebene Gebete. In der Zeit der geistlichen Rom-Pilgerreise wurden stellvertretend für den Besuch der römischen Basiliken festgeschriebene Kirchen am Heimatort aufgesucht oder gegebenenfalls auch eine entsprechende Anzahl von Altären. Nach dieser Zeit des geistlichen Rom-Aufenthaltes folgte die Rückreise unter vorgeschriebenen Maßregeln. Trotz dieser zahlreichen Bedingungen war jene Form der Pilgerfahrt, so mahnt Johannes Geiler von Kaysersberg in seinen Anweisungen ausdrücklich, nur unter triftigen Gründen ein adäquater Ersatz für eine wirkliche Pilgerreise 73 . Die Ablaßgewinnung erreicht in dieser Zeit ihren Höhepunkt. Die ursprüngliche Idee, die hinter den Bußverfahren steht, daß einem Schuld b ekenntnis eine gewöhnlich lange andauernde Buße und schließlich die Lossprechung fol gt, wird im späten Mittelalter stark ver wässert. Die Vorstellung, daß die päpstliche Vollmacht die zeitlichen Sündenstrafen vor Gott tilgt, barg viele Gefahren. Die echte Buße vor Gott sollte auf diese Weise gemindert werden, der Einfluß der kirchlichen Obrigkeit breitete sich aus und ging mit einer fiskalischen Ausbeutung einher 74 . Die päpstliche Gewährung eines Ablasses wurde immer häufiger mit Geldzahlungen verbunden. Der Krieg gegen die Türken konnte 69 Die einzelnen Gnadenstätten sind aber in ihrer Gestalt nicht beschrieben. Deshalb sind diese Texte als schriftliche Basis für bildliche Darstellungen ungeeignet. Es lassen sich im Falle der Augsburge ~Basilikabi lder kein e Verbindungen herstellen. 7 o HAGGENMÜLLER, Pilger (wie Anm. 31) S. 383. 71 Ebd. 72 Johannes Geiler von Kaysersberg, Christenlich bilgerschafft (Basel 1512). 73 HAGGENMÜLLER, Pilger (wie Anm. 31) S. 384. 74 Vgl. Ottmar FUCHS/ Reinhard MESSNER/ Gerhard Ludwig MÜLLER/ ] osef KREMSMAIR, Ablaß, in: LThK 1 ( 4 1993) Sp . 51-53 . <?page no="97"?> Augsburger Netzwerke.indd 97 Augsburger Netzwerke.indd 97 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 91 so finanziert und Kirchen konnten gebaut werden. Gelegentlich floß das Geld sicherlich auch in andere Kanäle. Die Angst der Gläubigen vor Hölle oder Fegefeuer sicherte das Geschäft 75. VII. Zusammenfassung Die gnadenspendenden Stätten in Rom übten schon in frühchristlicher Zeit eine große Anziehung aus, was in Gläubigen aller Welt den Wunsch erweckte, diese aufzusuchen, um der sonst unerreichbaren Gnaden teilhaftig zu werden. Durch die im Jahr 1300 einsetzende und später in regelmäßigen Intervallen wiederholte Feier des Heiligen Jahres, bei der die Gewinnung eines vollkommenen Ablasses möglich wurde, nahm das Bestreben, diese heiligen Orte aufzusuchen, stetig zu. Diverse Hinderungsgründe verwehrten manchen Gläubigen, zu diesen fernen Gnadenstätten aufzubrechen. Deshalb wurden seit dem 14. Jahrhundert zunehmend Ersatzstätten in der nahen Umgebung geschaffen, die den Erwerb derselben Gnaden ermöglichten. Die Dominikanerinnen von St. Katharina in Augsburg bekamen im Jahr 1487 das Privileg von Papst Innozenz VIII. zuerkannt, dieselben Gnaden zu erlangen, die ein Rom-Pilger nach dem Aufsuchen der sieben Hauptkirchen erhielt, wenn sie an drei Stätten in ihrem Kloster vorgeschriebene Gebete verrichteten. Die allgemein gebräuchlich gewordene Einrichtung von Ersatzwallfahrt mit dem Besuch von sieben Stellvertreterkirchen oder -altären innerhalb der Stadt in Verbindung mit dem päpstlichen Privileg war Grundlage für die Planung eines Gemäldezyklus, der die sieben Kirchen darstellen sollte. Die sechs großformatigen Holztafeln sollten in den Lünetten des Gewölbes des neu erbauten Kapitelsaals angebracht werden. Im Mittelpunkt des Gemäldezyklus stehen die sieben römischen Hauptkirchen Santa Maria Maggiore, San Pietro, San Sebastiano, San Lorenzo, San Giovanni in Laterano, San Paolo fuori le mura und Santa Croce. Darum gruppieren sich Szenen aus der Passion Christi, sowie Schilderungen des Lebens von Heiligen. Die Stifterinnen, Dominikanerinnen des Katharinenklosters, realisierten persönliche Wünsche in dem komplexen ikonologischen Programm, was sich in der unterschiedlichen Gestaltung der einzelnen 75 Franz Xaver SCHWAIGER, Der Ablaß im Mittelalter, in: Wallfahrt kennt keine Grenzen. Themen zu einer Ausstellung des Bayerischen Nationalmuseums und des Adalbert-Stifter-Vereins München 1984, hg. von Lenz KRISS/ Gerda MöHLER (München/ Zürich 1984) S. 341-345, hier S. 341 f. <?page no="98"?> Augsburger Netzwerke.indd 98 Augsburger Netzwerke.indd 98 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 92 Magdalene Gärtner Tafeln niederschlägt. Das Resultat ist ein Bilderzyklus, der in Thema und Gestaltung an Variationen, Gedankenfülle und Lebendigkeit eine völlig singuläre Position einnimmt . Holbein der Ältere schuf zwei Werke für den Basilikazyklus, die andere n Aufträge gingen an Burgkmair und den sonst nicht nachweisbaren Monogrammisten L. F., der wahrscheinlich ein in Burgkmairs Werkstatt tätiger Geselle war. Neben der Funktion als Ersatzwallfahrtsstätte liefern d ie Gemälde durch das vielschichtige Programm und die für die Region moderne Gestaltung ein kulturgeschichtliches Zeugnis, das neben tiefer Religiosität und Brauchtu: n durch die Präsenz der Patriarchalbasiliken, die wie eine Darstellung des Universums verstanden wurden, auch ein Zeugnis für die aufkeimende humanistische Weltanschauung liefert . VIII. Anhang Transkription der Gedenktafel zum Ablaßprivilegdes Katharinenklosters von 1487, Augsburg, Max : milia nmuse um, (Inv. Nr . 3839). Anno domini m 0 cccc 0 lxxxiiij 0 . jar. Da hat der wirdig vnd Hochg elert herr doctor Bartholome Ridler zuo wegen bracht durch vnser ernstlich bet vnd anbringun im getan von vnserm hailigen vater baupst Jnnocentio dem achten des namen . Vns allen in vnserm Closter zuo sant Katherinen hie zuo Augsburg vnd allen vnsern nachkamen in ewig zeit allen frawen und swestern Si haben profess getan oder nit die zuo zeiten waren in disem Closter sein. Die grozz vnaussprechenlich gnad die zuo Rom ist in den syben hauptkirchen vnd allen anderen kirchen. Vnd ander groß gnad vnd freihait. wie denn hernach etlich volgend vnd clerlich alle ding mitsamt andern artickln i; nd stucken in der bull stand die wir darvmb haben. Vnd die hie Innen in unser gwe lb durch die Erwirdige Elyzabeth Egnin derczyt ditz closters priorin gelegt ist worden vnd damit ain yetliches dester andechtig sey. Dartzuo so stand etlich gnad und ablass hienach geschriben. die da sind in den kirchen z uo Rom . Wann niemand die gnad all ertzellen noch erschrieben kan denn Got allain mitsamp inhaltung der bull. Das angesehen bit ich, pryorin ditz closters wem Got der Herr gnad geb, den ablaß haym ze svochen das irden mit andacht verbringent, vnd dabey allen der gedenckt lebendig vnd todter die da ir vergunst willen rat vnd tatt darzu haben geben und getan. Vnd in sonderhait des vo rgenant en herrn Batholome Ridlers. das wir mit im das ewig lebenn besitzenn. Amen. - Unser hailig vater der baubst geit nach in ewig zeit vnd will wenn ain pryorin vnd die closterfrawen vnd swe- <?page no="99"?> Augsburger Netzwerke.indd 99 Augsburger Netzwerke.indd 99 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Basilikabilder des Katharinenklosters in Augsburg 93 stern sy haben profess getan oder nit die zuo zeiten hie jnnen sind vnd all unser nachkamen vnd ain yegliche die in sonderhait andechtlich haymsucht drey stet in disem closter die denn darzu durch ain pryorin zu zeyten geordnet send oder werden und an yeglicher der drey stet drew pater noster und dreiw Aue maria, bete vnd welche vor alter oder kranckhait oder sunst die dry stet nit haymsuchen kind und doch die, ix. pater noster und ix Aue maria an der stat da sy zuo czeyten war oder ist betet . Vnd so oft und dik ain Jegliche daz tuot. Das die pryorin und ain yegliche frauv oder swester alle die gnad und ablasz der sünd hab. Die die menschen hand die an den tagen so man haymsuchen ist die syben hauptkirchen und all ander kirchen die zuo Rom sind haymsuchen und anders tuond damit sy der gnad und ablass tailhaftig werden die den kirchen gegeben sind. Auch so geit nach vnd erlaupt unser hailiger vater der baupst ausz bäpstlicher gwalt Das ain yeglicher prister dem ain pryorin und die frauwen auch swestern die yetz und hinfür in ewig zeit hie Innen werden sein dem ain yedliche beichtet ir sünd die sy rewen und ir laid sein von hertzen. Al so die dem stuol zu Rom nit vorgehalten sind. So offt vnd dick es notturftig ist. Aber die stuck die dem stuol zuo Rom vorbehalten sind allain die ausgenommen die man am gronen Dornstag verkunden ist zuo rom, der wegen ob got will nymer kains schuldig werden oder tuond ain mal allain im leben gantz und gar von allen sünden absoluieren soll und müg. Vnd ainer yeglicher ain buos darumb ufsetzen, und all ayd nach müg laussen vnd in todes nötten vnd so dick vnd offt wan zweifeln ist des todes in allen stucken kains überal ausgenommen auch gantz und gar absolvieren müg und sölle wie denn die vnd andre stuck alle aigentlich vnd clerlich in der obgemelten bäpstlichen bull stand und begriffen sind die wir darumb haben ... - Anschließend ist beschrieben, welche Ablässe bei den Kirchen gewonnen werden können. Die sieben Hauptkirchen sind in folgender Reihenfolge neben der entsprechen den Miniatur vor Goldhintergrund jeweils genannt: Johannes, Petrus, Paulus, Maria, Laurentius, Sebastian, Kreuz. Die Ablässe der anderen Kirchen folgen diesem Abschnitt . Ein Gebet schließt sich an. Resumen: Los lugares de Roma que expendfan favores ejercfan ya desde los primeros tiempos cristianos una gran atracci6n, lo que despertaba en los creyentes de todo el mundo el deseo de visitarlos para acceder a las gracias inalcanzables de cualquier otra forma. Con la introduci6n de la celebraci6n de! Ai'io Santo quese seguirfa celebrando en intervalos regulares, en la que era posible alcanzar una indulgencia plenaria, aument6 continuamente el deseo de visitar esos lugares sagrados. Diversos motivos impedfan a algunos creyentes emprender viaje a estos lejanos lugares sagrados. Asf pues, desde el siglo XIV se crearon lugares sustitutos en las cercanfas que posibilitaban la adquisici6n de gracias. <?page no="100"?> Augsburger Netzwerke.indd 100 Augsburger Netzwerke.indd 100 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 94 Magdalene Gärtner Las dominicanas de Sta. Catalina en Augsburgo recibieron en 1487 el privilegio de! papa lnocencio VIII por el que era posible alcanzar los mismos favores qu e podfa consegufr un peregrino a Roma d esp ues de visitar las siete principales iglesias, si rezaban las plegarias establecidas en tr es lugares de! monasterio. La ya comun costumbre de sustituir la per egr inaci6n por la visita de siete iglesias o altares sustitutos dentro de la ciudad en relaci6n con el privilegio pontificio fue la base para la planificaci6n de un ciclo de pinturc.s que representara las siete iglesias. Las seis tab las de gran formato debfan de estar colocadas en las lunetas de la b6veda de la recien construida sala capitular. En el centro de este ciclo de pinturas aparecen las siete principa les iglesias romanas Santa Mar : a Maggiore, San Pietro, San Sebastiano, San Lorenzo, San Giovanni in Laterano, San Paolo fuori le mura y Santa Croce. Alrededor se agrupan escenas d e la Pasi6n de Cristo asf como narraciones de las vidas de los santos. Las donan tes, dominicanas de! mona st erio de Santa Catalina, incorporaron deseos personales en el complejo programa iconol6gico, lo que se refleja en las diferentes formas de realizaci6n de cada una de las tablas. EI resultado es un ciclo de ima genes que adquiere una singular posici6n en lo que se refiere a tema y estructura, a variaciones, a densidad de pensamientos y a vitalidad. Holbein el Mayor cre6 dos obras para el ciclo basilical, los otros encargos los recibi6 Burgkmair y el monogramista L.F. de! que no se tiene nin gun otro vestigio, muy probablemente se trata de un ayudante de! taller de Burgkmair. Junta a la funci6n de sustituci6n de lugares de peregrinaci6n los cuadros ofrecen a traves de su variado prograrna, y con una factura rnuy rnoderna para esta regi6n, un testirnonio hist6rico-cultural que junto con una profunda religiosidad y tradici6n por la presencia de las basflica s patria rca les, quese entendfan como una representaci6n de! universo, ofrecian tambien un testimonio de la naciente cosmovisi6n humanfstica. <?page no="101"?> Augsburger Netzwerke.indd 101 Augsburger Netzwerke.indd 101 22.09.22 16: 59 22.09.22 16: 59 Die Hirn'sche Grabkapelle in Augsburg: Stifter - Ikonographie - Kulturtransfer JOHANNES WILHELM Im Alltag der Stadt Augsburg wie auch in vielen Publikationen zu Augsburg wird man bei der Suche nach der „Hirn'schen Grabkapelle" kaum fündig werden, da der früher so genannte „Kapellenbau" neben der St.-Anna -Kirche schon seit langer Zeit als „Goldschmiedekapelle" bezeichnet wird. Um den Zusammenhang mit der Tradition der Jakobusverehrung für diesen Kapellenbau aufzudecken, ist es notwendig, sich mit den Anfängen des Baues und seinen Stiftern zu befassen. Nur dadurch erkennt man die Bedeutung dieses Baudenkmals als Dokument der Jakobusverehrung zu Beginn des 15. Jahrhunderts in der freien Reichsstadt Augsburg. Um das Baudokument als Quelle zu erschließen, soll ein Abriß der Geschichte der kleinen Kapelle mit in die Betrachtung einbezogen werden 1. I. Der Baubestand des Denkmals Heute ist die Goldschmiedekapelle ein lang gestreckter Raum von vier Gewölbejochen und einem 5/ 8-Chorschluß, der vom Chor der 1 Eberhard SCHOTT, Beiträg e zur Geschichte des Carmelitenklosters und der Kir che von St. Anna in Augsburg, Zeitschrift des historischen Vereins für Schwab en und Neuburg, Teil 1, 5 (1878) S. 259- 261, Teil 2, 6 (1879) S. 89-91, Teil 3, 6 (1879) S. 177-179, Teil 4, 7 (1880) S. 164- 166 und Teil 5, 8 (1882) S. 221-223; Friedrich DRECHSEL, Die Goldschmiedekapelle in Augsburg und die darin neu aufgefundenen Wandmalereien, Zeitschrift de s h istorischen Vereins für Schwaben und Neuburg 19 (1892) S. 1- 3; Wilhelm SCHILLER,Die St. Annakirche zu Augsburg (Augsburg 1938); Johannes W ILHELM,Die Geschichte der Goldschmiede-Kapelle bei St. Anna in Augsburg, Zeitschrift des historischen Vereins für Schwaben 73 (1979) S. 96- 125; Stadt Augsburg, Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmäler in Bayern, Ensembles. Baudenkmäler. Archäologische Denkmäler, hg. von Michael P ETZET, Bd. VII.83 (München 1994) S. 62. <?page no="102"?> Augsburger Netzwerke.indd 102 Augsburger Netzwerke.indd 102 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 96 Joha nnes Wilhelm St.-Anna-Kirche wie auch von dem kleinen Kirchhof dem ehemaligen Leichhof aus zugänglich ist. N amengebend für den bestehenden Bau war seine Funktion als Zunftkapelle der Goldschmiede, die diesen Bau nach einer Erweiterung 1496 auch als Grablege ihrer Zunft nutzten. Nach der Schließung der Annaki rche , die nach der Übergabe aller Güter des Karmeliterklosters an das Heilig-Geist-Spital am 15. Oktober 1534 erfolgte, stand die Kapelle nicht mehr für Gottesdienste in Gebrauch. Im Jahre 1575 erhielten die Goldschmiede 100 rheinische Gulden, damit sie die zwischenz eitlich im hinteren Teil der Kapelle angelegten Gräber anerkannen, u nd ab dem Jahr 1580 einigten sie sich mit den Kirchenpröpsten auf di e widerrufliche Abtrennung des let z t en Gewölb ejoches, um dort d auerhaft einen Zugang zur Kirche vom Leichhof aus einzurichten 2 . Außer in der Zeit der Restitution, als die St.-Anna-Kirche in den Besitz der Jesuiten kam, und die Gottesdienste abbrobate Episcopo et Superiore Societatis Jesu retablieret wurden, nachdem solche 100 und etliche Jahr cessieret hatten 3, wurde lediglich der Lagerraum im Dach noch genut zt. 4 Die Sonderstellung de r Kap elle neben der protestantischen Kirche wird im Lauf der Geschichte nochmals deutlich, als im Jahre 1749 bei d er großen Umgestaltung der Kirche das Kapellendach ruiniert und von evangelischer Seite aus der Bau herabgeweißt wurde, wobei die Rustika d er Pfeiler wie die der Kirche in Gelb gefaßt wurden . Die katholischen Goldschmiede erwirkten ein Dekret des Catholischen Senats, der sich gegen ein so geartetes „Praejudicum" verwahrte und die graulechte Fassung verlangte 5. Au f' vielfälti ge Weise wurde erörtert, welch e Teile zu der Kapelle gehören , welche Gräber widerrechtlich dort verkauft bzw. angelegt worden waren und inwieweit aus den Stiftungen und deren Nutzung nun die Zugehörigkeit der lange vor der Reformation verstorbenen Stifter für die katholische oder evangelische Partei anzunehmen sei. Die Stiftungen zugunsten der Pilger wurden durch die katholische Seite in Anspruch genommen, die Begünstigung des Waisenhauses durch die evangeli sche, die Besetzung des Seelhauses in der Zeit eigentlich paritätisch war in Mehrheit katholisch, da da mals nur eine evangelische Seelfrau dort wohnte. Ob die Stifter einer J akobusbruderschaft angehörten, wurde bei aller Detailversessenhei t der Beweisführung jedoch nicht in Betracht gezogen. Diese Streitigkeiten 2 Stadtarchiv Augsbur g EWA , 732 TI/ 1. 3 SCHOTT, Beiträge Teil 2 (w ie A n m. 1) S. 101. 4 WI LHELM,Golds chm iede-Kapelle (w ie Anm. 1) S. 116. 5 Stadtarchiv Augsbur g EWA , 732 TI/ 36 und folgende sind Kopien der katholi schen Akten über diese Au seina nd ers etzu ng . <?page no="103"?> Augsburger Netzwerke.indd 103 Augsburger Netzwerke.indd 103 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Hirn 'sehe Grabkapelle in Augsburg 97 des Jahres 1749 mit Baueinstellung und Handgreiflichkeiten sollten die letzte Auseinandersetzung vor dem Verkauf der Kapelle an die evangelische Kirche durch die Goldschmiedeinnung im Jahre 1889 darstellen. Bedingung beim Verkauf war, daß das Stiftergrab, welches bis zu diesem Zeitpunkt in der Kapelle stand, nun in den hoh en Dom zu verbrin gen sei, wo damals durch den katholischen Klerus noch die stiftungsgemäßen J ahrtage gefeiert wurden. In der Folge des Besitzwechsels wurde ein Andachtsraum in der Kapelle eingerichtet, dessen Ausführung neben erheblichen substantiellen Eingriffen unter anderem auch zur Aufdeckung der wohl im Lauf des 16. Jahrhunderts übertünchten - Wandmalereien führte. Bei dem Umbau wurden die ursprünglich in den Kapellenraum ragenden Pfeiler des Taufchors der Kirche abgebrochen und über dem Gewölbe durch eiserne Träger abgefangen, die ursprünglichen kleinen Biforienfenster der Nordwand wurden durch größere neugotische Spitzbogenfenster ersetzt. Die Bestände der Malereien wurden „restauriert", was bedeutete, daß sie völlig übermalt und im Stil des Historismus in den Fehlstellen ergänzt wurden . Der neu entstandene Raum fand wegen der vermeintlichen Vollständigkeit hohe Wertschätzung bei den Zeitgenossen. So erwähnt Georg Dehio in seinem Band der Kunstdenkmäler 1908 eben diese Vollständigkeit „als großen Seltenheitswert" 6. Die Kritik an dem Restaurierungsergebnis setzte 1928 ein, als Erns t Buchner die Bilder als schlecht erhalten und schlecht restauriert be- I 1 1 1 I ! / I I 1 Plan ! : Rekonstruk t io n des ursprünglichen Grundrisses des Hirn'schen Grabhauses 6 Georg DEHIO, Han dbuc h der deutschen Kunstdenkmäler 3 (Berlin 1908) S. 33. <?page no="104"?> Augsburger Netzwerke.indd 104 Augsburger Netzwerke.indd 104 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 98 Johannes Wilhelm Plan II: Rekonstruktion des Grundrisses des Hirn'schen Grabhauses nach der Erweiterung durch die Goldschmiedezunft . Die Grablagen und die Trennwand de s vierten Gewölbejoches geben den Zustand vor dem Erwerb durch die evange lisch e Kirchengemeinde im Jahr 1889 wieder Plan III: Grundriß plan des heutigen Zustandes der Goldschmiedekapelle, in der das Hirn'sche Grabhaus aufgegangen ist <?page no="105"?> Augsburger Netzwerke.indd 105 Augsburger Netzwerke.indd 105 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Hirn 'sehe Grabkapelle in Augsburg 99 Abb. 1: Das Tischgrab der Eheleute Afra und Conrad Hirn, heute im Westchor des Hohen Doms aufgestellt zeichnet 7. Um Abhilfe bemühte man sich bereits im Jahre 1937, und 1941 wurden die Weichen zur Entrestaurierung und zur Beseitigung der im 19. Jahrhundert hinzugefügten Teile gestellt 8. Kriegszerstörung und Wiederaufbau verzögerten die Durchführung jedoch bis zu den Jahren 1957 bis 1960, als die Kapelle in den heutigen Zustand versetzt wurde 9 (Plan I-III). Der Zugang zur Geschichte des Baus war seither leichter, da die kaschierenden Ergänzungen fehlen. Die wissenschaftliche Auswertung unterblieb jedoch noch längere Zeit, da den Malereien der Ruch der 7 Ernst BUCHNER,Die Augsburger Tafelmalerei der Spätgotik (Beiträge zur Geschichte der Deutschen Kunst 2, Augsburg 1928) S. 6. 8 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, Altregistratur Ortsakte Goldschmiedekapelle Nr. 45. 9 Walter BERTRAM,Die Instandsetzung der Goldschmiedekapelle in Augsburg und Restaurierung ihrer spätgotischen Ausmalung, Bericht des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege 19 (1960) S. 20-32, hier S. 22 . <?page no="106"?> Augsburger Netzwerke.indd 106 Augsburger Netzwerke.indd 106 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 100 Joha nnes Wilhelm Verfälschung anhing. Dabei fördert die Analyse des Bestandes einen nicht unerheblichen Blick auf das beginnende 15. Jahrhundert mit dem Selbstbewußtsein der reichsstädtischen Bürge rs chaft und deren Beziehungen über die Region hinaus. Gegenstand der Untersuchung ist daher der Ausgangsbau der Anlage, die Hirn'sche Grabkapelle, deren Bestand bzw. Ausstattung heute in der Goldschmiedekapelle wie auch in einem Tischgrab zu sehen ist, das im Westchor des Domes erhalten ist (Abb. 1). II. Die Stifter Die Stifter der Grabkapelle, die sich auf der Deckplatte ihres Grabmals haben verewigen lassen, gehörten in Augsburg damals zu den wohlhabenden Bürgern. Conrad und Afra Hirn zeigten damit ihr Selbstbewußtsein in einer Art, die nur dem Patriziat bzw. dem Adel zugestanden hatte. Die Frage, wer sie waren und worauf sich ihr Selbs tverständnis begründete, läßt sich bisher jedoch nur ansatzweise beantworten . Soweit es die Augsburger Steuerbücher belegen, entstammt Conrad einer Familie, die sich seit dem Jahr 1359 in Augsburg nachweisen läßt. Er selbst wird 1390 erstmals als jung hirn im Steuerbezirk nova porta erfaßt. Im Jahre 1392 zi eh t er in ein Haus im Bezirk Vom Rar in der Innenstadt, w o er und seine Frau bis zu ihrem Lebensende wohnen. Ob Afra Hirn aus Augsburg gebürtig war ist nicht gesichert. Weder ihr Vater noch ihr Mädchenname werden erwähnt 10. Als ihre nächste Verwandte wird am 13. Juni 1439 Dorothea Bleykircher aus bayrisch Ötting (bei Erding) als an der Sippschaft nächste Muhm genannt 11. Ab dem Jahr 1396 wird für Conrad die Berufsbezeichnung Cramer hinzugefügt, die sowohl er wie später auch seine Fr au bis zu ihrem Tode führen sollten. Über seine Geschäfte geben die Archivalien keine Auskunft. Afra bezeichnet in ihrem Testament am 10. Dezember 1428 ihr Vermögen als von ihnen beiden erarbet und gewonnen, als von Leuten, die zu offenem Markte stand und kaufen und verkaufen 12. Jedoch lassen fünf Urkunden über Schuldverschreibungen und Zinslehen vermuten, daß Conrad sich neben den Sachgeschäften auch im Geldgeschäft betätigte. Die Gewinne ersch ließen sich auch durch die Höhe der von ihm geleisteten Steuern, 10 WILHELM, Go ld schmiede -Kapelle (wie Anm. 1) S. 100. 11 SCHOTT, Beiträge Teil 2 (wie Anm. 1) S. 121- 122. 12 Ebd.S.110. <?page no="107"?> Augsburger Netzwerke.indd 107 Augsburger Netzwerke.indd 107 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Hirn 'sehe Grabkapelle in Augsburg 101 die von 18 Gulden im Jahre 1415 auf 34 Gulden im Jahre 1424 stiegen. Selbst seine Witwe steuerte noch zwischen 32 und 31 Gulden. Die Stiftung der Kapelle wird in der Überlieferung immer wieder in Verbindung mit dem Pestjahr 1420 gebracht, als nach Gasser über 16.000 Menschen in der Stadt ihr Leben verloren, und Burkhart Zink berichtet, item da man zalt 1420 jar da starb hie fast vif volk und fluhen die leut aus der stat, als man dann tuet, dann jederman wolt geren leben 13 . Aus diesem Jahr stammt auch die erste erhaltene Urkunde über die Stiftung des Kapellenbaus, die Hainrich Bürmster, Prior, und Conrad Hard, Subprior des Konvents „zu unser Frauen Brüder" am 26. September ausstellen. Bereits diese Urkunde, die seitens des Ordens den Kapellenbau genehmigt, regelt genau die zu erbringenden gottesdienstlichen Leistungen für die Jahrtage und Festtage, ohne jedoch auf die Beweggründe der Stifter einzugehen. Eine undatierte Abschrift des Stiftungsbriefes, gibt mit der Formulierung, daß die Stifter außer sonderbarer Bewegnuß unserer Herzen inniglich angesehen haben, und eigentlich betrachtet, daß alle Menschen totlich sind und sterben müssen und niemand weißt, wie und wann oder wenn Gott über die Menschen gebietet, daß Sie von Todes abgehen und sterben 14, einen Hinweis auf die Motivation, die für jene Zeit allerdings als allgemeine Formulierung weit verbreitet war. Auch auf den Verlust eigener Kinder oder naher Verwandter kann man nach den Angaben der Urkunden nicht schließen. Als Hauptbeweggrund für die Stiftung scheint damit allein die Sicherstellung der seelsorgerischen Versorgung über den Tod der Stifter hinaus vorzuliegen, nennen doch die Urkunden bei den durch den Konvent zu leistenden Gebeten und Gottesdiensten keinen besonderen Heiligen, sondern nur die kirchlichen Hochfeste, die Feiertage der Apostel sowie die Jahrtage der Stifter als besondere Termine, so daß sich daraus keine besondere Ausrichtung des geistlichen Interesses ableiten läßt. Nur daß das Penegeld im Versäumnisfall an die Pfleger der armen Findelkinde zu Augspurg 15 fallen soll, gibt zunächst einen Verweis auf die auch sozial ausgerichteten Tätigkeiten der Stifter. Die zweite große Stiftung des Ehepaares läßt dieses soziale Engagement deutlicher werden. Achilles Priminius Gasser berichtet un- 13 Chronik des Burkhard Zink (Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 5, Augsburg 2, L eipzig 1866, ND Stut tgart 1965) S. 68. 14 Stadtarchiv Augsburg EWA 731 TI/ 3. 15 Stadtarchiv Augsburg US, Urkunde vom 3.10.1420 auch SCHOTT,Teil 2 (wie Anm. 1) S. 130. <?page no="108"?> Augsburger Netzwerke.indd 108 Augsburger Netzwerke.indd 108 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 102 Johannes Wilhelm ter dem Jahr 1426 in seiner Chronik darüber 16 wie auch die deutsche Fassung der Mar x Welser'schen C hronik: Zu Anfang dieses Jahres/ hat ten conrad Hirn und Afra sein Hausfraw/ das gemeine Bilgerhauß! vnden an dem Judenberg / zwischen den zweyen Bächen deß Lechs gelege n/ in welches arme Frembdling vnnd Bilgram (von denen es auch den Namen hat) vnd sonderlich diejenigen so gegen Rom/ Copostelll Loretto vnd dergleichen Heilige Oerther wallfahrten/ pflegten auf/ genommen zuwerden: also/ daß jederzeit vier Bethstatten in dem selben/ für solche frembde Leuthe gehaltenlvnd ihnen Liechterl Holz vnd Salz die Nothdurfft gegeben/ au so sie etwa essende Speiß mit sich brechtenl in demselb onverweigerlich gekocht würde: doch nit länger dann auff ein Nacht oder zwo 17. Dieses Pilgerhaus, das in der Nähe des späteren Gasthofes Bauerntanz stand, w ar der Grundstock für die Einrichtung des späteren Pilgerhauses. Noch 1879 waren in der Gartenmauer des Grundstück es Spolien vermauert, die den Apostel Jakobus als P ilger in Begleitung einer weiteren Pilgerfigur zeigten. Auch ein Wappenstein mit den beiden Hirn'sch en Wappen und eine Stiftungsinschrift waren dort noch erhalten. Der Bericht Eberhard Schotts bemängelte bereits d amals den Zustand dieser Zeugnisse, von denen sich bislang weder Abbildungen noch Überreste auffinden ließen 18. Diese Stiftung des Pilgerhauses deckt jedoch die Bindung des Ehepaares an Pilgerbruderschaften auf, die sich auch in der Abbildung des heiligen Jakobus und der heiligen Ka iser in Helena auf ihrem Grabstein manifestierte. Die dritte große Stiftung , das Hirn'sche Seelhaus, nahe bei St. Anna gelegen, wurde durch Afra Hirns Testament im Jahre 1428 ins Leben gerufen. Diese Einrichtung diente zur Versorgung von vier armen, ehrbaren, unverheirateten oder verwittweten Frauenzimmern, so genannten Seelfrauen, die besonders für d ie Aufrechterhaltung der Gebete in der Grabkapelle zu sorgen hatten. Eine Reihe von weiteren Almosenspenden wie auch Kleiderspenden rundet en das Vermächtnis dieser Frau ab, alle mit dem Ziel, ihre und ihres Mannes Seele dadurch künftig gut versorgt zu wissen. Kennzeichnend für alle Stiftungen oder „Seelgeräte" des „Hirn'schen Geschäfts" ist jedoch, daß diese durch unmittelbare soziale Leistungen erweitert bzw. ab gesichert wurden. Afra Hirn, die nach 16 Achilles Priminius Gasser, Anna les Augsburgenses in: Scriptores rerum Germanicarum praecipue Saxonicarum 1, hg. von Burchard MENCKEN (Leipzig 1728) S. 1315-1954, hier S. 1576. 17 Marx d.J. We iser, Chronica d er we itberühmten kayserlichen freien und des H. Reichs Statt Augspurg, (Frankfurt/ M. 1595) Ander The il, S. 165. 18 SCHOTT,Beit räge Teil 2 (wie Anm . 1) S. 122-123. <?page no="109"?> Augsburger Netzwerke.indd 109 Augsburger Netzwerke.indd 109 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Hirn'sche Grabkapelle in Augsburg 103 dem Tode ihres Mannes im Jahre 1426 selbst als Cramerin bezeichnet wurde, verstarb vor dem 18. Februar 1438 19. III. Die Ikonographie der Grabkapelle Der Bau, der aus der Stiftung vom 26. September 1420 hervorging, wurde nach der Inschrift der Deckplatte des Grabes am nechsten suntag vor pfingsten, also am 20. Mai 1425 vollbracht, als beide Eheleute noch lebten. Daß sich die Bauzeit länger hinzog, beweist die stark verwitterte Inschrift am Fuß der Tumba, in der sich gerade noch die römische Zahl MCCCCIIII entziffern läßt. Daß bei der Verfertigung des Decksteins zunächst der Tod der Stifter vorausgesetzt wurde, erklärt die Bestimmung einer frühen Urkunde, die anläßlich der Jahrtage der Stifter das Bedecken der Tumba mit einem Tuch vorsieht 20, eine Regelung, die später nicht mehr fortgeführt wird. Die Grablege füllte den vorderen Teil der Kapelle, die in ihrer Länge durch den in den Raum ragenden Strebepfeiler des Taufchores der Annakirche zur Hälfte geteilt wurde. Die Stifter sind mit ihren reichen Kleidern standesgemäß wiedergegeben und durch die Paternoster in ihren Händen als fromme Leute gekennzeichnet, unter dem Schutz der Heiligen, zu welchen sie aufblicken. So scheint Conrad den heiligen J akobus zu seinem Schutzheiligen erwählt zu haben und Afra die heilige Helena. Die stark verwitterten Sandsteinreliefs an den Seiten spiegeln mit den Marien am Grabe die Hoffnung auf die Auferstehung, ein Thema, das wohl die beiden Propheten auf der Gegenseite mit ihren Schriftbändern kommentierten. Als Hauptthemen der Stifter können wir damit wohl die Hoffnung auf die Auferstehung wie ihre besondere Verehrung von Heiligen fixieren, die als Pilgerpatrone sowie als Wohltäter einzustufen sind. Außer dem Grab wird als Ausstattung der Kapelle ein hinterer Altar genannt, auf dem St. Loy (St. Elegius) "aufrastet". Dieser als Patron der Goldschmiede verehrte Heilige verweist auf die geplante und 1429 vollzogene Übergabe der Pflegschaft an die Goldschmiedezunft. Weder vom Altar noch von einer Weiterführung der Verehrung dieses Heiligen sind Spuren erhalten 21 . 19 WILHELM, Goldschmiede-Kapelle (wie Anm. 1) S. 105. 20 Stadtarchiv Augsburg US, Urkunde vom 3.10.1420. 21 WILHELM, Goldschmiede-Kapelle (wie Anm. 1) S. 106- 107. <?page no="110"?> Augsburger Netzwerke.indd 110 Augsburger Netzwerke.indd 110 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 104 Joha nnes Wilhelm Abb . 2: Das Bild der Kre u zprobe aus dem Helenazyklus des Hirn'schen Grabhauses Abb. 3: Der Schildbogen der Passion Christi, Südwand des zweiten Joches des Hirn'schen Grabhauses <?page no="111"?> Augsburger Netzwerke.indd 111 Augsburger Netzwerke.indd 111 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Hirn 'sehe Grabkapelle in Aug sbur g 105 Das bedeutendste Zeugnis sind jedoch die Wandmalereien in der Kapelle 22 • Hier findet sich auf der Nordseite mit vier Bildern die Heilige Helena bei der Auffindung des wahren Kreuzes, die Beauftragung, die Auffindung und die Kreuzprobe, die im Modus der in der Legenda Aurea überlieferten Handlungsfolge stehen (Abb. 2). Geschlossen wird der Zyklus durch ein Idealbild der Heiligen mit dem Kreuz als Attribut. Die darüber befindlichen Evangelistensymbole sind Reverenz zu üblichen, nicht individualisierten Bildprogrammen . Gleiches gilt für die Passion Christi, die sich ab dem ehemaligen Wandpfeiler mit dem Ecce Homo als Eröffnungsbild auf der westlichen Südwand darstellt, wobei mit der Fußwaschung in der Abendmahlsdarstellung sowie der Heilung des Malchus in der Gefangennahme auch wieder die Dienste am Nächsten auffällig in den Vordergrund der Thematik drängen (Abb. 3). Diese Bildfolge dürfte sich wohl ursprünglich mit der Kreuzigung und der Auferstehung auf der verlorenen Westwand des ersten Stiftungsbaus fortgesetzt haben . Die östliche Hälfte der Südwand östlich des ehemaligen Wandpfeilers thematisiert mit dem großen Bild des Zusammentreffens der Heiligen drei Könige die Pilgerschaft (Abb. 4). Diese nicht allzu häufig dargestellte Szene spielt in einer grandiosen Landschaft, in der aus drei verschiedenen Tälern die Züge der Weisen eintreffen . Eindeutig wird dieses Bild durch den Schrifttitel benannt. Das anschließende Bild im südlichen Schildbogen des Chores wurde bei seiner Aufdeckung als "Die Heiligen drei Könige vor Herodes" betitelt. Im Hintergrund erscheint das von einer Gloriole umgebene Stadtbild Bethlehems unter dem Engel, die drei Könige reihen sich zurückhaltend in den Reiterzug im Mittelgrund ein, während im Vordergrund auf freiem Feld Herodes vor seinem Schloß auf einer Pferdekoppel mit höfisch aufge z äumten Rössern von einem Bediensteten aus einer Schatulle die Buchrolle mit der alten Verheißung übergeben läßt . So stellte sich das Bild bis zur Restaurierung 1956 dar (Abb. 5). Als damals der Restaurator Theo Sprenzinger dem Landesamt für Denkmalpflege meldete, daß sowohl die Gloriole um die Stadt wie das Schloß als auch die drei Könige als Übermalung deutlich wurden und bei der Reinigung verschwanden, blieb man nichtsdestoweniger in den amtlichen Berichten bei dem vorgenannten Titel. Sucht man nun nach Deutungsmöglichkeiten für das Bild, bei dem wie bei dem der Heiligen drei Könige keine Person durch einen Nimbus hervorgehoben ist, so bietet sich an, daß man diese auf diejenigen Heiligen 22 D ERS., Augsburger Wandma ler ei 1368-1530 , Künstle r, Handwerker und Zunft (Abhandlung en zur Geschichte der Stadt Augsburg 29, Aug sburg 1983) Katalog Nr. 25 mit 32. <?page no="112"?> Augsburger Netzwerke.indd 112 Augsburger Netzwerke.indd 112 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 106 J ohannes Wilhelm Abb. 4: Das Treffen der Heiligen Drei Könige, Südwand des ersten J oches des Hirn'schen Grabhauses Abb. 5: Die Südwand des Chores des Hirn'schen Grabhauses nach der Restaurierung des Jahres 1890 mit der Übermalung als „Befragung des Herodes durch die Heiligen Drei Könige" <?page no="113"?> Augsburger Netzwerke.indd 113 Augsburger Netzwerke.indd 113 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Hirn 'sehe Grabkapelle in Augsburg 107 konzentriert, welche sich in der schriftlichen Überlieferung oder durch die Tumba in Bezug zu den Stiftern stellen lassen. Dies wären der Bischof Eligius als Patron der Goldschmiede und der Apostel Jakobus. Da für ersteren der Befund negativ ausfällt, verbleibt J akobus: Offenbar wird dessen Bekehrung des Hermogenes hier thematisiert (Abb. 6). Vor einer großen Volksmenge bietet einem reich gekleideten Stehenden eine vor diesem kniende Gestalt aus einer Schatulle Buchrollen an. Der Apostel hält einen Stab in der Hand, den er nach der Überlieferung an den Hermogenes als Schutz vor dem Zorn der bösen Geister übergibt. Die hinter ihm wartende Person trägt über dem Arm ein helles Kleid. Unter den Begleitern scheint eine heftige Debatte ausgebrochen zu sein, welche sich offenbar gegen den Apostel richtet. Interpretiert man das Bild als die Bekehrung des Hermogenes, dann erklären sich auch die Handgesten des Engels, der beschützend seine Hand über die Bildhälfte des Apostels hält und gegenüber der am Boden knienden Gestalt einen wohl zur Bekehrung auffordernden Gestus zeigt. Das Ereignis der Bekehrung des Hermogenes durch Jakobus ist unter anderem in der „Historia certaminis Apostoli" des so genannten Pseudo-Abdias üb .erliefert und findet auch in der Legenda Aurea des Jacobus de Voragine ihren Niederschlag 23. Alle Details des Bildes lassen sich mit den Erzählungen in Einklang bringen: die Übergabe der Bücher, die Überreichung des Schutzamulettes, die Bekehrung wohl Taufe die sich in dem bereitgehaltenen hellen Kleid andeutet, wie auch der Streit mit den Juden, die anschließend voller Haß auf J akobus zugingen. Was die Stifter dazu anregte, ausgerechnet diese Szene aus der Vita zu wählen, kann man heute nicht mehr näher bestimmen. Ebenso ist keine Vorlage bzw. kein Vergleichsbeispiel für die Darstellung dieses Themas zu benennen, das sich in der Kunst dieser Zeit nur selten und dann meist südlich der Alpen finden läßt. Wir treffen damit in der Kapelle wieder auf die beiden Heiligen, die bereits auf dem Grab als Patrone der Stifter vorgestellt wurden. Als weiteres Hauptmotiv findet sich der Gedanke der Pilgerschaft, die Drei Könige als die ersten Pilger, Helena als pilgernde Kaiserin und Jakobus, dessen Grab als bedeutendes Pilgerziel Verehrung findet. Auch könnte die Verbindung von Jakobus und den drei Weisen aus dem Morgenland durch deren von Jakobus vorgenommene Taufe in ihrer Heimat hier angesprochen sein. 23 Vgl. Montague Rhodes JAMES,Apocryphal New Testament (Oxford 1 1924, 5 1953) S. 463; Jacobi a Voragine Legenda Aurea vulgo Historia Lombardica dicta, hg. von Theodor GRAESSE(Breslau 1890) c. XCIX, S. 423. <?page no="114"?> Augsburger Netzwerke.indd 114 Augsburger Netzwerke.indd 114 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 108 Joha nnes Wilhelm Abb. 6: Die Südwand des Chores des Hirn'schen Grabhauses nach der Enrrestaurierung des Jahres 1956 mit der ursprünglichen Darstellung der Bekehrung des Hermogenes durch den heiligenJakobus Abb. 7: Das Bild der Turmhalle der Pfarrkirche in Meran. Votivbild eines Mannes, der vermutlich durch den Trinitarierorden aus der maurischen Gefangensc haft befreit wurde <?page no="115"?> Augsburger Netzwerke.indd 115 Augsburger Netzwerke.indd 115 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Hirn 'sehe Grabkapelle in Augsburg 109 Die soziale Mildtätigkeit und Fürsorge dokumentiert sich durch die Bilder in den Laibungen der Chorfenster, wo neben Jakobus, Martin und Nikolaus der heilige Oswald, Josef der Träumer und Thomas das Programm abrundeten. Die Kapelle wurde anscheinend auch von den durchreisenden Pilgern aufgesucht, wie dies die Sgraffiti unterhalb des Dreikönigsbildes belegen, wobei sich leider nur die Floskel hie fuit identifizieren ließ. IV. Kulturtransfer Die Grabkapelle steht für das Selbstbewußtsein und Lebenswerk ihrer Stifter. Zum Erbe ihres Daseins und zur Fürsorge für ihre jenseitige Zukunft orientierten sie sich an dem qualitativ höchststehenden Standard der ihnen bekannt war. Dadurch spiegelt dieses Denkmal den Stand der kulturellen Einflüsse auf die freie Reichstadt Augsburg für die zwanziger Jahr e des 15. Jahrhunderts wie wohl kaum ein anderes. Bereits die Technik der Malereien weicht vom damals üblichen Bestand nördlich der Alpen ab. Wie die Beurteilung durch Restauratoren festhält, erwiesen sich die Farben dieser Bauphase als sehr stabil; sie hätten sonst die rigorosen Freilegungsmethoden des 19. Jahrhunderts nur ebenso beeinträchtigt überstanden wie die der folgenden Bauphase . Zurückzuführen ist dies auf die al fresco-ähnliche Technik, bei der die Farben in die letzte nasse Kalkschlämmschicht gesetzt wurden, wodurch sich diese ähnlich stabil abband. Für Augsburg gibt es die Nachricht aus dem Jahre 1448, daß Conrad Vögelin bei der Ausmalung seiner Grabkapelle bei St. Ulrich die Bilder auf nassen Tünich habe ausführen lassen24. Diese Überlieferung, die früher als Zeugnis der Einführung der heute unter dem Begriff „bon fresco" verbreiteten Technik gedeutet wurde, stellt jedoch den Sachverhalt technisch genauer dar, als dieses die Historiker glauben wollten. Bekannt ist diese Technik für die Zeit des 14. und 15. Jahrhunderts im Bereich des südlichen Alpenraumes und in Norditalien . Vergleichbar mit der dunklen Farbigkeit wie auch in der Ausführung sind die Malereien in der Turmhalle der Meraner Pfarrkirche, die einem „Meister Wenzel aus Trient" zugewiesen werden 25(Abb. 7). Diese Bilder zeigen zudem eine ähnliche Palette wie auch Ornamentalisierung 24 Theodor HERBERGER, Augsburg und seine frühe Industrie (Augsburg 1852) S. 34; WILHELM, Wandmalerei (wie Anm. 22) S. 96f. 25 Joseph WEINGARTNER,Gotische Wandmalere i in Südtirol (Wien 1948) Abb. 95. <?page no="116"?> Augsburger Netzwerke.indd 116 Augsburger Netzwerke.indd 116 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 110 Joh annes Wilhelm Abb. 8: Schablonenmuster der gemalten Vorhänge der Sockelzone des Hirn'schen Grabhauses Abb. 9: Die sogenannte Badestube der Burg Runkelstein mit den räumlich wiedergegebenen Nischen und den mit Adlermustern verzierten gemalten Wandbehängen <?page no="117"?> Augsburger Netzwerke.indd 117 Augsburger Netzwerke.indd 117 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Hirn'sche Grabkapelle in Augsburg 111 der Pflanzen. Die Beispiele aus dem Alpenraum sind dabei vielfältiger als die oftmals angesprochenen Verbindungen nach Böhmen, die auf eine Übertragung dortiger Stilmittel durch die Abwanderung von Künstlern in Folge der Hussitenkriege schließen ließen. Neben der Technik verweisen auch die Raumgliederung und die Ansätze perspektivischer Darstellung wie bei dem aufgemalten Chorgestühl stärker auf den Süden, wo diese Entwicklung bereits im 14. Jahrhundert voll ausgebildet war. Nimmt man das Beispiel der Wandbehänge und deren Aufhängung unter dem Konsolgesims, so ist die Ausstattung der Burg Runkelstein als nächste Parallele anzusehen 26 (Abb. 8 und 9). Diese Ausstattung, die zwischen 1387 und 1407 entstanden sein muß, zeigt nicht nur das entsprechende Spiel mit der Perspektive und die gleiche Art der Aufhängung, sondern auch noch die gleiche Technik der Ornamentierung mittels Schablonen. Die Anlehnung an diese höfische Mode scheint hier für die Stifter das Vorbild abgegeben zu haben. Ob sie sich dabei an selbst erlebten bzw. auf Reisen gesehenen Beispielen orientierten, läßt sich nicht beurteilen. Andere Beobachtungen erhärten die Annahme des norditalienischen Einflusses. Nimmt man die Ausbildung der Bäume und deren Wurzeln wie auch die Ausgestaltung der Felslandschaft (Abb. 10), so finden sich Beispiele in der Toscana, besonders im Umfeld des Gherardo Stamina, als dessen bekanntestes Bild „La Tebaide" in den Uffizien in Florenz gi! t 27. In dieser Tafelmalerei taucht innerhalb einer entsprechend gebildeten Landschaft ein kleiner Bär auf, der quasi als Versatzstück anzusprechen ist. Dieses Detail erscheint auch in der Castellanikapelle in S. Croce in Florenz im Bild der Begegnung des Antonius Abbas mit Paulus Eremita, das ebenfalls diesem Maler zugeschrieben wird 28 (Abb. 11). Daß es sich dabei um Versatzstücke handelt, belegt das Beispiel mit dem Bären in gleichartiger Landschaftsausbildung auf dem Dorsale di S.Iacobo, dem großen Silberaltar der Domkirche in Pistoia, wo sich dieses Detail in der Legende des Heiligen findet, die 1371 durch Leonardo di Ser Giovanni geschaffen wurde 29 . Der Transfer dieser Detailserfolgte sicherlich nicht durch eine persönliche Kenntnis des Werkes, sondern durch sogenannte Musterbücher, als Malvorlagen, die sich von Werkstatt zu Werkstatt tradierten. Der Bezug zu Stamina sei hier be- 26 Nicolo RASMO,Runkelstein (Kultur des Etschlandes 6, Bozen 5 1978). 27 Florenz, Uffizien, Inv. Nr. 1890. 28 Roberta SALVINI,Agnolo Gaddi eil Supposto Starnina in Settimana Giottesca (cito divita) (Florenz 1966) S. 207-443. 29 Sabatino FERRALI, Der Silberaltar des Hl. Jakobus in der Kathedrale von Pistoia (Florenz 1958). <?page no="118"?> Augsburger Netzwerke.indd 118 Augsburger Netzwerke.indd 118 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 112 Joha nn es Wilhelm Abb. 10: Landschaftsausschnitt aus dem Bild des Treffens der Hei ligen Dre i Könige des Hirn'schen Grabha u ses Abb . 11: Cas t eltan ikapelle der Kirche S. Croce in Florenz. Ausschnitt aus d er Landsc h aft aus der Da rste llung des Treffens des heiligen Antonius Abbas mit dem heiligen Antonius Eremita <?page no="119"?> Augsburger Netzwerke.indd 119 Augsburger Netzwerke.indd 119 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Di e Hirn 'sehe Grabk ap elle in Au gsbur g 113 sonders hervorgehoben, da sich die Augsburger Bilder auch noch in anderen Eigenheiten mit dem Kreis um diesen Künstler verbinden lassen. So ist die Figurenbildung mit den stark gerundeten kurzhalsigen Gestalten ein Merkmal, das sich besonders beim Helenazyklus wiederfindet. Erheblich grobschlächtiger in der technischen Ausführung tra gen die Malereien in der Hirn'schen Grabkapelle jedoch Kennzeichen der Augsburger Kunst ihrer Zeit. Zeitlich liegen die Beispiele in Italien - und es sind nicht nur die hier exemplarisch genannten, sondern auch noch etliche aus dem veronesischen und paduanischen Gebiet alle in den siebziger und achtziger Jahren des 14. Jahrhunderts. Weiter führen uns Verwandtschaften der Bilder zu anderen Südtiroler Zeugnissen. So stellen sich die Bilder der St. Georg-Kirche in Schenna 30 in Bezug zu den Bildern des Passionsschildbogens, wo sich die Eigenheit der Raumbildung durch das Schrittmotiv in ähnlicher Weise findet (Abb. 12). Auch die auf klarer Grundfarbigkeit basierende Palette des Malers bildet eine Brücke zu den Beispielen in der Hirn'schen Anlage. Dazu kommen auch hier noch Details wie die Handschuh e der Schergen und die derben Gesichtszüge. Daß diese Vorlage auch in Südtirol mehrfach verwendet wurde, belegen die Wandbilder der Kirche St. Nikolaus in Rojen am Reschenpaß 31 , wo eine technisch weniger be gabte Hand aus diesem Repertoire schöpfte. Des Weiteren finden wir noch eine Verbindung zwischen Schenna und Augsburg. So wird dort in sehr stark illusionistisch ausgeprägter Form Mobiliar dargestellt, das den karg en Kirchenraum bereichern sollte, wie ein Reliquienkasten mit gemaltem Kelch, eine Pyxis und ein Stoffbündel (Abb. 13). Parallelen zu dem in Augsburg wohl aus Platzgründen nur aufgemalten Gestühl klingen hier deutlich an (Abb. 14). Auf welch hohem künstlerischen Stand sich diese Darstellung befindet, zeigt ein Vergleich mit den nach 1420 entstandenen illusionistischen Darstellungen der Kap elle des Blaubeurer Spitals, die ebenfalls die damals einsetzende Begeisterung für diese Art der Malerei belegen, wenn jene auch nicht so sicher in Zeichnung und Technik ist 32 . Auf Beispiele in Südtirol verweisen auch die Ornamente in den Rahmen der Bildfelder, die Entsprechungen in den Ornamenten der 30 W EINGARTNER, W a nd male r ei (wie A nm. 25 ) Abb. 100; Ed m un d TH EIL, St. Ge o rg bei Schenna (Bozen 4 1976). 31 Jo se ph WEI NGARTNER, Di e Kunstde n k mä le r Südtirol s 2 (Inn sbruck 4 1977) S. 450. 32 Joh an n es WI LHELM, Die Bau - und Kunst ges chichte d es Klos t er s u n d d er Stadt Blaubeuren, in Bl au beuren d ie E ntwicklung e in er Siedlun g in Südwestdeuts c hland, hg . v on Han smartin DE CKER-HAU FF/ lmmo EBERL (Sig ma r ing en 1986) S. 747- 749. <?page no="120"?> Augsburger Netzwerke.indd 120 Augsburger Netzwerke.indd 120 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 114 Abb. 12: St. Georgskirche in Schenna, Szene der Martern des heiligen Georg Johannes Wilhelm Spitalkirche in Sterzing 33 haben und wohl mit den Bildern des großen Saals des Palazzo della Ragione in Padua in Verbindung zu bringen sind 34 . Daß sich diese Überlieferung der Versatzstücke im Alpenbereich auch in die Breite vermittelte, zeigen die Beispiele der Kirche St. Helena in Deutschnofen, wo sich die Übernahme der Elemente durch eine noch weit mehr italienisch geprägte Werkstatt des Jahres 1407 erhalten hat 35. 33 Edmund THEIL, Die Spitalkirche in Sterzing (St. Laurin Kunstführer 15, Bozen 1971) Abb. 16. 34 Antonio BARZON, Gli Affresc hi del Salone in Padova (Padua 1924). 35 Edmund THEIL, St. Helena bei Deutschnofen (St. Laurin Kunstführer 22, Bozen 1973). <?page no="121"?> Augsburger Netzwerke.indd 121 Augsburger Netzwerke.indd 121 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Di e Hirn 'sehe Grabkapelle in Au gsb urg 115 Nimmt man all diese Einflüsse zusammen, so wird die These, daß sich die Malergruppe, die im Hirn'schen Grabhaus gearbeitet hat, aus der künstlerischen Tradition des Südens bediente, zur Gewißheit. Unterstrichen wird diese Feststellung durch die jüngsten Untersuchungen von Zita Agota PATAKIzur Pisanello-Rezeption in Augsburg, die auf die italieni- Abb. 13: St. Georgskirche in Schenna. Räumlich dargestellte Nische mit Reliquien kasten und liturgischen Utensilien Abb . 14: Das räumlich dargestellte Chorgestühl vo·n der Südwand des Chores des Hirn'schen Grabhauses <?page no="122"?> Augsburger Netzwerke.indd 122 Augsburger Netzwerke.indd 122 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 116 Johannes Wilhelm sehe Abhängigkeit der Male r eien um die Mitte des 15. Jahrhunderts hinwies36. Kulturtransfer durch d as Mittel d er Mustervorlage stellte nicht nur für die Zeit des Mittelalters einen üblichen Verbreitungsweg dar, sondern hält sich noc h bis in die frühe Neuzeit, wie dies das Beispiel des Augsburger Malers Ni kolaus Bertschi für das Kloster Maulbronn um 1511 hat nachweisen lassen 37. Es ist kaum mehr abzuklären, ob im Fall des Hirn'schen Grabhauses die Übertragung durch Vorlagen, die Conrad Hirn durch seine Handelsbeziehungen besorgte, erfolgte, oder ob er Maler beauftragte, die aus der südlichen Alpenr egion kam en . Letzteres dürfte eher wahrscheinlich sein, da man für die Ausmalung der Kapelle mit Sicherheit von drei Händen ausgehen muß. Ansonsten würden sich die techn ischen und stilistischen Details kaum so gleichmäßig übe r die Gruppe der Ausführenden verteilen. Dazu kommt, daß zu dieser Zeit ein in der Stadt arbeiten der Maler bei der Zunft eingeschrieben sein mußte, wollte er Material - Pigmente wie auch Kalk erwerben. Die Steuerverzeichnisse nennen für die Jahre 1423/ 1425 neun bis elf in der Stadt ansässige Maler, deren Betei ligung sich aber nich t nachweisen läßt. So bleibt die oben skizzierte E inbindung in die Kunstlandschaft südl ich der Alpen als Beleg für die E inflüsse, die sich in der Stadt zu Anfang des 15. Jahrhunderts niederschlugen38. Unklar bleibt die Urheberschaft für das Grabmal der Eheleute Hirn aus rotem Marmor, für welche s zeitweise eine Zuschreibung für den Bildhauer Ulrich Wofhartshauser vorgenommen wurde, die jedoch, wenn man das genannte Entstehungsdatum der Deckplatte bedenkt, nur unter Außerachtlassung der be kan nten Lebensdaten dies es Künstlers möglich ist 39. Eine gesicherte Einordnung dieses Grabdenkmals ist bislang noch nicht erfolg t. Der Bezug des Rotmarmors in diese r Größe gilt für die damalige Zeit in der Augsburger Region bereits als Zeichen größ- 36 Zita Agora PATAKI, Pisanellorezeption in Augsburg - Zur Kompilation einzelner Motive in Hektor Mülichs Alexander-Abschrift (Cgm 581), Mitteilungen In stitut für Europäische Kulturges ch ichte der Un iversität Augsburg 16 (2006) S. 9-11. 37 Johannes WILHELM,Nikolaus Bertschi- Ei n Aspekt der Verbreitung der Renai ssa nce im südwestdeutschen Raun: , in: 900 Jahre Kloster Lorch. Eine staufische Gründung vom Aufbruch zur Reform, hg. von Felix HEINZER/ Robert KRETZSCHMAR/ Peter RüCKERT (Stuttgart 2004) S. 127-131. 38 Johannes WILHELM,Wand ma lere i (wie Anm. 22) S. 43 f. und S. 575. 39 Volker LIEDKE,Die Augsburger Sepulkralskulptur der Spätgotik 1: Zum Leben und Werk des Meisters Ulrich Wolfha rts hauser (Ars Bavar ica 14, München 1979) S. 3, S. 42-52 , S. 103 und Teil 2: Zum Leb en und Werk des Meisters der Schwangau-Tumba und des Bildschnitzers Hann s Peu rlin des Älteren (Ars Bavarica 41/ 42, München 1986) S. 3-16. <?page no="123"?> Augsburger Netzwerke.indd 123 Augsburger Netzwerke.indd 123 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Hirn 'sehe Grabkapelle in Au gsburg 117 ten Aufwandes. Die Verarbeitung dürfte durch eine lokale Werkstätte anzunehmen sein, da die Ausarbeitung der Details durch den Transport sicherlich gefährdet gewesen wäre. Die bronzenen Ringe mit den Drachenmustern verweisen offenbar auf eine Übernahme aus südlichen Bereichen, jedoch fehlen auch hier noch eingehende Untersuchungen. V. Fazit Die Eheleute Hirn haben mit ihrer Grabkapelle ein Denkmal hinterlassen, das zunächst ihre komplexe Spiritualität mit dem deutlichen Bekenntnis zur Pilgerschaft belegt. Anderseits läßt dieses die weit reichende Einbindung der freien Reichstadt Augsburg in die überregiona le Kulturlandschaft und deren fruchtbare Beziehungen nachvollziehen. Angesichts des stark reduzierten Bestandes an Malereien aus dieser Zeit erschließt sich damit das Umfeld des Denkmals in hoher Dichte, die nur selten für das frühe 15. Jahrhundert gewonnen werden kann. Sicher kann man darauf verweisen, daß die Eheleute Hirn mit ihrer Grabkapelle einen Vorläufer des Bautyps schufen, der dann 1511 mit der Erbauung des Renaissancebaus der Fuggerkapelle einen glanzvollen Höhepunkt in der Stadt erreichen sollte. Damit verweist diese frühe Rezeption der italienischen Kunst auch darauf, daß es zunächst die Kaufleute der freien Reichstadt waren, welche diese als Mode- und Kunststil anstrebten, so wie dann das Haus Fugger mit seinen Stadthäusern und der Kapelle ein dreiviertel Jahrhundert später den Stil der Renaissance realisierte. Die Hirn'sche Grabkapelle stelltauch nach ihrer wechselvollen Bau- und Restaurierungsgeschichte noch immer ein wertvolles Zeugnis für diesen Kulturaustausch der freien Reichstadt mit dem Süden dar. Resumen: Conrad y Afra Hirn, matrimonio de comerciantes sin hijos, donaron junto con diversas obras liturgicas, una capilla funeraria p ara ellos en Augsburgo que tras la muerte de los donantes se traspas6 a los orfebres y es por esta raz6n por lo que hoy se la conoce en la ciudad como la Capilla de los Orfebres (Go ldschmiedekapelle) . A lo largo de la historia se reform6 el edificio tras la Reformaci6n y la adquisici6n definitiva de! edificio por parte de la comunidad de la iglesia evangelista y se traslad6 la fabulosa tumba cubierta con una lapida de marmol rojo al coro occidental de la catedral. La reconstrucci6n de! edificio primitivo muestra la devoci6n a los santos peregrinos Elena y Santiago que aparecen representados tanto en la lapida de marmol como en la iconografia de las pinturas murales . Esto deja deducir junto a las diver sas fundaciones sociales d e los Hirn - , tales como la Seelhaus (Ja casa donada para <?page no="124"?> Augsburger Netzwerke.indd 124 Augsburger Netzwerke.indd 124 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 118 Johannes Wilhelm salvaci6n de sus almas) y la casa de los peregrinos una gran devoci6n y uni6n con estos santos, aunque no se pueda establecer una relaci6n documenta! directa a una pertenencia de las correspondientes h er mandades. Las pinturas al fresco que quedaron visibles tras una desrestauraci6n don d e se eliminaron otras pinturas superpuestas, desfiguradas y desconcertantes indican, tanto en el sentido estilfstico como tambien por la adopc i6n de motivos y modelos, influencias de! Norte de Italia y de! sur de la regi6n de los Alpes. No es posible determinar si el impulso de esta c.dopci6n fue debido a Ja influencia de! donante o mas bien a las relaciones cu ! tur ales de la ciudad de Augsburgo con aquellos luga res. EI edificio representa para el sur de A lemania un muy temprano ejempl o de capilla funeraria priv ada construida par a un matr im onio de la burguesfa, que no tenfa ninguna funci6n destacada en el gobierno de la ciudad . Tanto con la adopci6n de estilo italiano como con la conciencia burguesa allf, la construcci6n de Ja casa funeraria d e los Hirn se presenta como precursora de la capi lla de los Fugger que la familia Fugger construy6 hacia 1511 en estilo renacentista adosada a la iglesia de Sta. Ana. <?page no="125"?> Augsburger Netzwerke.indd 125 Augsburger Netzwerke.indd 125 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen REINHARD H. SEITZ I. Ausgangspunkt: Die Pilgerfahrt von Pfalzgraf Ottheinrich ins Heilige Land (1521) Zum heyligen landt bin ich, Ott Hainrich, außgeritten zu Laugingen am Montag noch misericordie Domini biß gen Augspurg. Dahin sein sechs meil, ist ein reichsstatt, leidt im Schwobenlondt, unndt der weg ist bergicht dar, unndt bin über nacht da gelegen. Undt leidt zwischen zweien wassern, die haißen der Lech undt das ander die Wertach 1. Mit diesen Worten beginnt am 15. April 1521 ein gerade erst 19 Jahre alt gewordener wittelsbachischer Prinz, der wenig später in Neuburg a. d. Donau selbständig (und zuletzt ab 1556 als Kurfürst in Heidelberg) regierende Pfalzgraf Ottheinrich (1502- 1559)2, ein Reisetagebuch 3 . In ihm hält er bis hin zum Oktober 1534 unter jeweils penibel genauer Angabe der Meilenzahl für die jeweils an einem Tag zurückgelegte Wegstrecke seine Reisestationen fest, macht zu diesen Stationen entweder historisch -to pographische Angaben oder aber er notiert besondere Tagesereignisse. Die Reise nach Venedig als dem ersten großen Reiseziel führte weiter über Fürstenfeld, Ebersberg, Rosenheim, das Inntal aufwärts über den Brenner in das Etschland und weiter nach Trient, nach Verona, Vicenza, 1 Vgl. Folker R EICHERT, Die Reise des Pfalzgrafen Ottheinrich zum Heilig en Land 1521 (Rege nsburg 2005) S. 104. 2 Aus der Fülle der Literatur sei h era usg egr iffen: Barbara KURZE, Pfalzgraf Ottheinrich, in: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben 3, hg. von Götz von P ö LNITZ (München 1954) S. 244-268. - Zu letzt: Pfalzgraf Ottheinrich. Politik, Kunst und Wissenschaft im 16. Jahrhund ert, hg. von der Stadt Neub urg an der Donau, Redak tion: Barbara ZEITELHACK(Regensburg 2002). 3 Vgl. Hans ROTT, Die Schriften d es Pfalzgrafen Ott Heinrich, in: Mitteilungen des Hei delberger Schloßvereins 6/ H. 1 (Heidelberg 1912) S. 1- 171. <?page no="126"?> Augsburger Netzwerke.indd 126 Augsburger Netzwerke.indd 126 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 120 Reinhard H. Seitz Padua. Venedig erreic ht er am 3. Ma i 1521. Pfalzgraf Ottheinrich reiste aber nicht sofort weiter, sondern h ielt sich fast noch einen ganzen Monat in und um Venedig auf, weil man warten mußte, bis alle Mitglieder der späteren Reisegesellschaft nach und nach eingetroffen waren. Währenddessen genoß er Venedig und sein prunkvolles, festliches Treiben, b esuchte insbesondere all die vielen Kirchen mit ihren wundersamen Heiltümerr _und Schätzen, welche er genau beschreibt, so etwa das Haupt des Jakobus Minor, zwei Dornen von unserem Herrn, ein Stück von Unserer Frauen Rock von Bethlehem, Gebeine, Häupter und Hirnschalen von Heiligen bis hin zu einem Zahn des hl. Blasius und vieles, vieles andere mehr. Er sah auch auf der terra ferma allüberall das neue Bauen in einem ihm wohl vö llig ungewohnten neuen Baustil, was ihn, der er doch aus dem Land der Gotik kam, mächtig beeindruckt haben mag und muß. Ein Höhepunkt war die äußerst feierliche Fronleichnamsprozession am 23. Mai, an der stellvertretend für den schon alten Dogen der Vizedoge und der Sohn des Dogen teilnahmen, dazu traditionell paarweise jeweils ein Adeliger mit einem Jerusalempilger gleichsam als Ehrengäste - 150 Paare zählte man. Endlich konnte er sich Anfang Juni 1521 mit seiner Begleitung, sei nem Hofmeister Ren hart von Neuneck und mehreren Adeligen wie auch unter der des Welschen und anderer Sprachen mächtigen Diener als Mitglied einer größeren Reisegesellschaft in Venedig einsc hiffen und von dort am 5. Juni 1521 ablegen. Der Konvoi aus zwei Segelschiffen erreichte um den 15. Juni Kreta, um den 30. Juni Rhodos und landete am 7. Juli 1521 in Jafa an landt Suria. Von dort aus erreichte man zu Pferd am 18. Juli 1521 das Ziel der Pilgerfahrt: Jerusalem und die heiligen Stätten. In Jerusalem selbst und in der näheren Umgebung bis Bethlehem besuchte man diese heiligen Stätten, wobei der ,Tempel' mit der HI. Grabkirche und die Übernachtung in ihm eine besonders wichtige Rolle spielte. Man ritt von Jerusalem aus sogar bis zum Jordan . Die Rückreise aus Jerusalem wurde am 3. August 1521 angetreten, man erreichte am 6. August Jaffa, konnte aber erst am 10. August den Anker lichten und ankerte am 17. August vor Zypern. Z iel für Pfalzgraf Ottheinrich und seine Begleiter war Triest, wo er am 3. November 1521 anlandete. Zu Land ging es weiter über Laibach, Villach, Wurzen, Bruneck und das Pustertal hinauf zum Brenner, wo Ottheinrich vom 24./ 25. November übernachtete. Er erreichte am 25. November Innsbruck, wählte von hier aus den Rückweg nicht über das Inntal abwärts w ie bei der Anreise, son dern über den Fernpaß, Reutte und dann durch Schwaben über Füssen, Bertoldshofen, Haselbach. Am 1. Dezember ritt er über Offingen, wo <?page no="127"?> Augsburger Netzwerke.indd 127 Augsburger Netzwerke.indd 127 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen 121 er zu morgen gessen hatte, weiter bis Lauingen und vermerkt dazu: bin ein tag do still gelegen. Überliefert ist dieses Reisetagebuch übrigens nur in einer Abschrift aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, die am Geheimen Hausarchiv in München liegt. Zuletzt ediert wurde der Abschnitt der Reise ins Heilige Land im Jahre 2005 durch Folker REICHERT 4 . Sie werden sich fragen, was das mit dem gesetzten Thema Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen zu tun haben soll, auch mit dem Generalthema Augsburger Netzwerke der Jahrestagung, ja überhaupt mit dem Generalinteresse der Deutschen St. Jakobus-Gesellschaft ist dieses doch nicht ostwärts in Richtung auf Palästina und auf das Heilige Land zu ausgerichtet, sondern eher westwärts, nach Santiago de Compostela sowie auf die vielen, durch signifikante J akobskirchen festgelegten Landstationen auf dem weiten Wege dorthin. Bindeglied ist allemal die Pilgrimschaft im allgemeinen, denn Santiago war bekanntlich zwar nicht das einzige Ziel von Fernwallfahrten im Mittelalter und in früher Neuzeit, jedoch eines, das jedermann jederzeit zu Fuß erreichen _konnte gleich wie etwa das früher so bedeutsame Inchenhofen 5 wenig östlich von Augsburg mit seiner Leonhardiwallfahrt oder aber ein anderes, jenseits der Alpen, Rom 6. An all diese Orte war leichter zu kommen, mußte man doch dazu nicht den kostspieligen, schwierigen und wegen der Piraterie wie auch wegen der Türkengefahr sicherlich gefährlicheren Seeweg durch das Mittelmeer auf sich nehmen. II. Der Reiseberater: Conrat von Zilnhart? Zunächst erscheint es als unklar, weshalb Pfalzgraf Ottheinrich seine Reise in das Heilige Land ausgerechnet in Lauingen begonnen und diese auch dort beendet hatte und nicht etwa an seinem Regierungssitz zu Neuburg a. d . Donau selbst. Zusammen mit seinem Bruder Pfalzgraf Philipp (1503-1548) war er Inhaber eines kleinen, erst durch einen in Köln ausgesprochenen königlichen Spruch im Jahre 1505 begründeten 4 Vgl. REICHERT (wie Anm. 1) S. 104-106. - Vgl. dazu als Übersicht auch: Reinhold RÖHRICHT, Deutsche Pilgerreisen nach dem Heiligen Land. Neudruck der neuen Ausgabe Innsbruck 1900 (Aalen 1967) S. 215 f. 5 Vgl. dazu Wilhelm LIEBHART, Inchenhofen . Wallfahrt, Zisterzienser und Markt (Sigmaringen 1992). 6 Vgl. dazu aus lokaler schwäbischer Sicht : Martina HAGGENMÜLLER,Als Pilger nach Rom. Studien zur Romwallfahrt aus der Diözese Augsburg von den Anfängen bis 1900 (Materialien z ur Geschichte des bayerischen Schwaben 18, Augsburg 1993 ). <?page no="128"?> Augsburger Netzwerke.indd 128 Augsburger Netzwerke.indd 128 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 122 Reinhard H. Seitz Fürstentums, des Fürstentums Neuburg oder Pfalz-Neuburg 7, stand aber bis 1522 noch unter der Vormundschaft seines Onkels Pfalzgraf F riedrich (1482-1556), des späteren Kurfürsten Friedrich II. von der Pfalz . Ottheinrich hatte zwar zu der nahe dem Westrand des Fürstentums Neuburg gelegenen Stadt Lauingen eine besondere Beziehung, hatte doch dort im Jahre 1518 eben dieser Onkel und Vormund auch in Ottheinrichs wie Philipps Namen den Grundstein für den Neubau eines Kirchturms gelegt warum er das tat, wissen wir jedenfalls nicht. Dieser Turm kam neben die Pfarrkirche St. Martin zu stehen, die damals ebenfalls neu gebaut wurde. Während aber der Neubau der Kirche schon 1520/ 21 abgeschlossen wurde, stockte der Turmbau, wurde erst 1560/ 63 wieder aufgenommen und erst 1576 durch Aufsetzung eines Oktogons mit welscher Haube ab geschlossen. Das dürfte aber kaum eine E rklärung dafür sein, wie Beginn und eigentlich auch das Ende der Heilig-Land-Fahrt von Pfalzgraf Ottheinrich mit Lauingen zusammenhänge n . Beim Beginn hätte man noch von einer Gegebenheit ausgehen können: Ottheinrich war kurz vor dem Reiseantritt auf dem Reichstag in Worms, er kam also von Westen und war zudem vom Statthalter in Neuburg, Adam von Törring, am 15. März 1521 gewarnt worden , Neuburg wegen einer dort grassierenden Seuche zu meiden und stattdessen von Lauingen aus die Pilgerfahrt anzutreten. Aber warum berührte er am Ende der Reise nochmals Lauingen, ja hielt sich dort fast einen ganzen Tag lang und auch über Nacht dort auf und mit wem traf er dabei zusammen? Erkannte man einen Santiago -Pilger an der Jakobsmuschel, so einen Heilig-Land-Pilger -vor allem dann, wenn er in der Heilig-Grab- Kirche von Jerusalem gar noch zum Ritter vom HI. Grab geschlagen worden war an dem Jerusalemkreuz. Dieses ist ein gleicharmiges, also ein griechisches Kreuz, an dessen Balkenenden jeweils ein kurzer Querbalken sitzt, so daß dieser wie eine Krücke aussieht. Man spricht daher auch von einem Krückenkreuz. In seine Öffnungen sind weitere vier gleicharmige Kreuze eingestellt, die mitunter gleichfalls als Krückenkreuz ausgebildet sind. Sehen wir uns in der Hallenkirche zu Lauingen mit ihren drei gleich hohen Schiffen um, so fällt einem an der südlichen Innenwand ein farbig gefaßter Wappenstein des Lauinger Pflegers Conrat von Zilnhart und sei- 7 Vgl. zuletz t : Von Kaisers G n aden. 500 Jahre Pfalz-Neuburg, Katalog zur Bayerischen Landesausstellung 2005 Neuburg an der Donau, hg. von Suzanna BÄUMLER/ Evamaria BROCKHOFF/ Michael H ENKER (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 50, Augsburg 2005). <?page no="129"?> Augsburger Netzwerke.indd 129 Augsburger Netzwerke.indd 129 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen 123 ner Ehefrau Margarete Huterin auf 8 (vgl. Abb. 1). Der Stein zeigt außer einer Inschrift mit der Jahreszahl 1519 die beiden einander zugewandten Wappen der Eheleute: im (heraldisch) rechten (oder vorderen) Schild in Rot ein silberner, schwarz bewehrter Bockrumpf [Wappen Zilnhart], im (heraldisch) linken (oder hinteren) Schild folgendes Wappen: Gespalten; vorne in damasziertem silbernem Feld ein schwarzer Mohr mit einem goldenen Stab in den Händen, hinten durch einen Balken geteilt von Rot und Silber [Wappen Huter]. Die Heimzierden als sogenannte Oberwappen zeigen beim Wappen Zilnhart auf einem Spangenhelm einen wachsenden Bock, beim Wappen der Ehefrau Huter auf dem Spangenhelm zwischen zwei Hörnern einen wachsenden Mohrenrumpf. Zwischen den beiden Oberwappen sehen wir einJerusalemkreuz und links und rechts von der Heimzier des Wappenschilds des Conrat von Zilnhart zwei Bildzeichen: ein mit Messern bestecktes Rad, durch dessen Nabe eine Antriebskurbel gesteckt ist, das sogenannte Katharinenrad - Zeichen dafür, daß Zilnhart wie andere Pilger auch das Katharinenkloster am Fuße des Berges Sinai aufgesucht hat, sowie ein Schwert mit einem S-förmigen Schriftband, das Zypernschwert, als Zeichen dafür, daß Zilnhart auf der Überfahrt auch auf Zypern war. In der oberen Hälfte, also über den beiden Wappen, steht die Inschrift: Ano • dom • 1 • 5 • 19 • Conrat IIvon • Zilnhart • Riter • die • zeit II pfleger • zu • lauginge(n) • vnd • m IIargret • huteri(n) • sin • elich • huszfraw. Insgesamt ist dies kein Grabstein, sondern ein Gedenkstein, der allem Anschein nach mit einer Stiftung der Eheleute Zilnhart für den Kirchenneubau zusammenhängen mag. Nach diesem Gedenkstein muß also Conrat von Zilnhart vor dem Jahre 1519 im Heiligen Land gewesen und dort zum Ritter geschlagen worden sein. Sollte dies gar der Schlüssel zur Lösung der Frage sein, warum Pfalzgraf Ottheinrich Lauingen als Anfangs- und Endpunkt seiner Pilgerreise in das Heilige Land wählte sollte er sich bei seinem Pfleger Conrat von Zilnhart praktische Ratschläge für diese Fahrt ins Heilige Land geholt haben und sich mit ihm nach Abschluß der Reise nochmals über die Erlebnisse ausgetauscht haben? Sichere Nachweise darüber haben wir nicht, aber allein schon die Vermutung hätte viel für sich 9. 8 Vgl. Werner M EYER,Landkreis Dillingen an der Donau (Die Kunstdenkmäler von Bayern : Die Kunstdenkmäler von Schwaben 7, München 1972) S. 531, Nr. 17 und S. 532, Abb. 506. 9 Vgl. dazu Reinhard H. SEITZ, Lauingen als Anfangs - und Endpunkt der Pilgerreise von Pfalzgraf Ottheinrich ins H eilige La nd (1521) und d er Heilig-Grab-Ritter Conrat v. Zilnhart, Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen an der Donau 108 (2007) s. 11- 72. <?page no="130"?> Augsburger Netzwerke.indd 130 Augsburger Netzwerke.indd 130 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 124 Reinhard H. Seitz Abb. 1: Gedenkstein des Conrat von Zilnhart in d er Stadtpfarrkirche zu Lauingen mit den Wappen Zilnhart (Ste in bockrumpf) und I-Iuter und den Pilgerze ichen (Katharinenrad, Zypernschwert, J eru salemkreuz), 1519 Abb. 2: Titelb latt der Beschreibung der Reise nach dem Heyligen grab von Steffan Baumgartner von 1498 mit den Wappen Sachsen / Baumgartner - Stadt Nürnberg, dazwischen das J erusalemkreuz ' \) ' ' ,u·11 1 6ti1H 1mft~~fu67lam -.i? a: e11 1• .utA< t,r.; , 111er-tul,r61<1f r+q6 Hf,\ °; : qi,ti~ ljt~u">w<m J: ~tll": H<tf! ,M11tfn, 1 1m,."5rm~ _o/ / )aH~I() ; pC : ,tt"'l~JC Hrtr; ,clr"r l>ti••""i,! ut~gti~f}-, l•m"l tM•t m wu ,{a": .,>wu _"\r(5<J<'JtJ. c-; ',<11n „rfs·utfflr,n,tr,</ i J"i., w,1r.: ,rnr,1im c: l• , 1...r"! 1 'HrJ,(«~J! t.'}~,r l<,tto. <?page no="131"?> Augsburger Netzwerke.indd 131 Augsburger Netzwerke.indd 131 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen 125 III. Zur Biographie des Conrat von Zilnhart (t 1531) Wer war nun dieser Conrat von Zilnhart? Er entstammte der Familie der Herren von Zilnhart 10 , deren Name auch mit ü oder zuletzt y und dabei wiederum in verschiedenen Varianten mit einem oder zwei 1, mit oder ohne e zwischen 1 und n geschrieben wurde. Der Stammsitz war die einstige Burg Zilnhart im heute noch so heißenden Zillenharter Wald bei einem Ort Schlat am nördlichem Albtrauf, also dem Nordrand der Schwäbischen Alb, nur wenige Kilometer südlich von Göppingen 11 . Das Geschlecht ist 1108 erstmals genannt und starb 1828 im Mannesstamm aus . Der Vater unseres Conrat von Zilnhart war ein Wolf von Zilnhart, der mit einer Mechtild oder Metza von Rosenberg verheiratet war. Wolf von Zillenhart ist von 1459 bis 1489 urkundlich bezeugt und stand in gräflich-württembergischen Diensten. Er besaß bis 1459 das Dorf Schlierbach bei Göppingen, das er in diesem Jahr um 1800 fl an Graf Ulrich V. von Württemberg verkaufte, ferner um das Jahr 1474 einen Hof zu U rsenwang bei der Stammburg Zillenhart, der neben dem Hof seines (zwischen 1460 und 1495 genannten) Bruders Heinz von Zilnhart lag, sowie das Dorf Söhnstetten auf der Alb westlich von Heidenheim a. d. Brenz. Über den Zeitpunkt des Todes und Ort des Begräbnisses des Wolf von Zilnhart ist nichts bekannt 12 . Der Sohn Conrat von Zilnhart dürfte um 1460/ 70 geboren sein. Urkundlich erstmals genannt wird er im Jahre 1495. Er hatte damals Streit mit der Kirche Unserer Lieben Frau zu dem Ave Maria bei Deggingen wegen eines Hofes zu Ursenwang, den diese Kirche im Jahre 1474 von Heinz von Zillenhart gekauft hatte . Conrat von Zilnhart besaß diesen Hof zu Ursenwang wohl vom väterlichen Erbe her . Der Streit wurde am 13. Oktober 1495 durch den Hauptmann der Gesellschaft des St. Jörgenschilds im Land zu Schwaben und seine vier zugeordneten Räte geschlichtet. Um diese Zeit hat auch Conrat von Zilnhart in erster Ehe eine Anastasia von Wernau aus dem benachbarten Wendlingen am Neckar geheiratet. 10 Vgl. zuletzt: Albert GAIER, Die G esc hichte der Ritter von Zillenhart in Nord - Württemberg und Nord-Baden (Göppingen o.J.). 11 Vgl. Günter SCHMITT, Burgenführer Schwäbische A lb 1: Nordost-Alb (Biberach 1988) s. 309-313. 12 Einzelnachweise bei SEITZ, Lauingen (wie Anm. 9). Eine genealogische Übersicht über die Fami lie von Zilnhart findet sich auf S. 144. <?page no="132"?> Augsburger Netzwerke.indd 132 Augsburger Netzwerke.indd 132 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 126 Re inhar d H. Seitz IV. Die Pilgerreise des Conrat von Zilnhart ins Heilige Land (1498) 1498 unternahm nun Conrat von Zilnhart im Gefolge von Herzog Heinrich dem Frommen von Sachsen eine Pilgerfahrt ins Heilige Land. Überliefert ist diese seine Teilnahme über die Reisebeschreibung des Steffan Baumgartner aus der bekannten Nürnberger Großkaufmannsfamilie, welche heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg liegt 13 (Abb. 2). Ediert wurde sie im Jahre 1986 durch Thomas Kraus und das aus gerechnet in der Reihe der Göppinger Arbeiten zur Germanistik 14 . Conrat von Zilnhart folgte mit dieser Reise zum Heiligen Grab Vorbildern aus seiner eigenen Familie, auf die wir noch zu sprechen kommen werden: sein ,Cousin', der Augsburger Domherr Wolf von Zillenhart, war schon kurz zuvor, 1495/ 96, ins Heilige Land gepilgert und bereits 1468 hatte der Onkel Wilhelm von Zillenhart im Gefolge von Graf Eberhard von Württemberg an solch einer Pilgerfahrt teilgenommen (Abb. 3). Die Reisegruppe des Conrat von Zilnhart legte am 21. Juni 1498 in Venedig ab, war am 21. Juli in Rhodos, am 28. Juli auf Zypern, am 31. Juli in Jaffa, wo sie 14 Tage lang auf das Geleit warten mußte, so daß sie erst am 18. August 1498 in Jerusalem ankam. Dort wurde dann zu Mitternacht vom 22. auf den 23. August im Heiligen Grab neben weite ren 36 Pilgern auch Conrath Zullhart 15 von Herzog Heinrich von Sachsen zum Ritter geschlagen: Unndt da es umb miternacht was, da die heyden an ihr ruhe waren, da fordert der hertzog Heynrich vo nn Sachssenn die pilgram, unnser 37, inn das heylige grab, unndt schluß es zuo, unndt schlug unnß zu riter, einem nach dem andern, mit großer still vor den heyden 16 (Abb. 4). Am 23. August brach die Gruppe zur Rückreise nach Jaffa auf, wo die Türken jedoch zunächst nur die Mönche und alten Pilger aufs Schiff ließen, die ü brigen (und darunter den incognito reisenden Herzog) aber zurückwiesen; erst nachdem dieser sich ,freigekauft' hatte, konnte die Reisegruppe noch am gleichen Tag den Hafen von Jaffa verlassen. Sie erreichte dann ohne weitere Störungen am 19. Oktober 1498 wiederum Venedig. 13 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Handschrift 369. 14 Vgl. Steffan BAU MGARTNER , Reise zum He iligen Grab 1498 mit Herzog Heinrich dem Frommen von Sachsen, hg. von Thomas KRAUS (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 445, Göppingen 1986). 1s Vgl. ebd. S. 67, Z . 5. 16 Vgl. ebd. S. 58, Z . 9-14. <?page no="133"?> Augsburger Netzwerke.indd 133 Augsburger Netzwerke.indd 133 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen Abb. 3: Ansicht der Stadt Ven edig (aus 127 der H andschrift der Reisebeschreibung des Steffan Baumgarmer von 1498) Abb. 4: Ausschnitt aus der List e der 1498 zu HI. Grab-Rittern geschlagenen Personen (in der fünften Zeile: Conrath Zullhartt) (aus der Han dsc hrift der Reisebeschreibung des Steffan Baumgartner von 1498) <?page no="134"?> Augsburger Netzwerke.indd 134 Augsburger Netzwerke.indd 134 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 128 Reinhard H. Seitz Bei diesem sehr engen Zeitrahmen hätte für Conrat von Zilnhart kaum eine Möglichkeit bestanden, auch noch das K atha rinenkloster am Berge Sinai bes uchen zu können . So kommt fast der Verdacht auf, als habe er sich nach Jerusalem von d er Gruppe getrennt und entweder allein oder zusammen mit anderen aus der Gruppe dieses Kloster besucht, das er ja aus der Schilderung seines ,Cousins', des Augsburger Domherrn Wolf von Zillenhart, gekannt hatte. Wie sonst hätte er das Recht gehabt, auf dem Gedenkstein von 1519 außer dem Jerusalemkreuz auch das Kathari n enrad zu führen? Schiffskontrakte wie der als Anlage über das Reisetagebuch von Ottheinrich überlieferte sehen jedenfalls eine Geldrückgabe durch den Schiffspatron vor, falls ein oder mehrere Pilger nach Sanct Katharinen wallen wollten 17. Zypern dagegen lag so oder so auf dem Seeweg. Die Reisegesellschaft des Conrat von Zilnhart kam dort auf dem Hinweg am 21. Juli 1498 an und fuhr von dort am 24 . Juli wieder weiter entlang der türkis chen Küste nach Osten. Seit 1498 führte Zilnhart ste ts den Rittertitel. V. Die weitere Biographie des Heilig-Grab-Ritters Conrat von Zilnhart Seine erste Ehefrau muß bald nach seiner Rückkunft aus dem Heiligen Land verstorben sein. E r heiratete dann in zweiter E he wohl im Jahre 1500 mit Ma rgaretha Huterin die Witwe des im Jahre 1495 verstorbenen Lienhart Vehlin aus der Linie Frickenhausen der Vöhlin von F rickenhausen. Und dam it geraten wir unwillkürlich in das Augsburger Ne tzwerk, das weit in das Umland ausgriff. Margaretha Huter war keine gebürtige Augsburgerin, sondern die Tochter des angesehenen Memminger Handelsmannes J örg Huter, der auch in Nürnberg und Leipzig Geschäften nachging und dessen andere Tochter Hildegard Huterwiederum mitJ örg Besserer, dem Mitbegründer der Besserer-Handelsgesellschaft, verheiratet war. Margaretha Huter ihrerseits hatte wohl 1490 Lienhart Vehlin geheiratet, den Sohn des Memminger Handelsherrn Erhard d .Ä. Vehlin, eines führenden Mit glieds der Memminger Vöhlin-Gesellschaft. Lienhart Vehlin begegnet seit 1476 in den Abrechnungs listen der Gesellschaft zum Goldenen Löwen, welcher er bis zu sein em Tod angehörte. 1490 bekam er möglicherweise in Zusammenhang mit seiner zwe iten Heirat zwei Trager, nämlich Hans Vöhlin d.J. und seinen Augsburger Onkel Anton 17 Vgl. R EICHERT, Re ise (wie Anm. 1) 5. 140. <?page no="135"?> Augsburger Netzwerke.indd 135 Augsburger Netzwerke.indd 135 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Famili e v on Zilnhart und ihre Pilgert raditionen 129 Lauginger, was vom Reichskammergericht bestätigt wurde. Ab etwa 1494 lebte er nicht mehr in Memmingen, sondern in Augsburg, wo er den hohen Betrag von 40 fl. steuerte und neben seinem Verwandten Anton Lauginger wohnte. Aus seiner zweiten Ehe hatte er zwei Kinder: Erhard und Sibille Vehlin, die also durch die zweite Heirat der Margaretha Huter zu Stiefkindern von Conrat von Zilnhart wurden. Offenbar fürchtete die Reichsstadt Memmingen um den völligen Verlust ihrer Einflußnahme auf die Vöhlin-Gesellschaft. Sie wandte sich deshalb sogar an den Schwäbischen Bund mit der Bitte um wenigstens die Rückgabe der Kinder erster Ehe des Lienhart Vehlin / Vöhlin. Tatsächlich beschäftigte sich der Schwäbische Bund in seiner Sitzung vom 10. Januar 1501 in Nürnberg mit dieser Frage, und immerhin erreichte die Stadt, daß für die Vehlin-Kinder als Vormunde Cunrat Vöhlin, ein Teilhaber der Welser-Vöhlin-Gesellschaft (als Nachfolger der älteren Memminger Vöhlin-Gesellschaft), und Jörg Besserer, beide Bürger zu Memmingen, eingesetzt wurden. Und die Kinder aus der zweiten Ehe des Lienhart Vehlin? Im Jahre 1505 heiratete Sibilla Vehlin den Sohn Wilhelm des Wilhelm d.Ä. von Zülnhart zu Dürnau, auf den wir noch zu sprechen kommen werden. Wilhelm d.J. von Zülnhart beantragte bei König Maximilian I. eine Vermögensabteilung, die daraufhin von der Stadt Memmingen durchgeführt wurde. Bei der Feststellung des Gesamtvermögens in Höhe von 44.000 Gulden wirkte auch der Augsburger Domdekan Wolf von Zülnhart mit, auf den wir gleichfalls noch zu sprechen kommen werden. Conrat von Zilnhart trat anschließend gleichsam als Söldner in die Dienste der Reichsstadt Augsburg. Ob er erst durch seine Heirat mit der Vöhlinwitwe Margaretha Huter Verbindungen mit Augsburg geknüpft und aufgebaut hat, wissen wir nicht . Jedenfalls ist nachgewiesen, daß er ab 1501 neben meist drei weiteren schwäbischen Adeligen mit seinen ,Knechten' in Diensten der freien Reichsstadt gestanden hat. Er bekam dafür je Quartal 75 fl. Aus dem Baumeisterbuch der Stadt Augsburg von 1504 ergibt sich, daß dieses Dienstverhältnis vff 7 pferd berechnet war. Zum dritten Quartal 1 SOS steht nach der letzten erfolgten Zahlung: hat damit sein diennst auffgesagt. Conrat von Zilnhart begegnet uns im Jahr darauf als Beisitzer in der Stadt Lauingen. Er besaß aber dort kein eigenes Haus. Ab 1507 und nach dem schon genannten Gedenkstein von 1519 noch 1519 ist er dann als Pfleger zu Lauingen in Diensten des Fürstentums Neuburg und der zu Neuburg a. d. Donau residierenden Fürsten, also der damals noch minderjährigen Prinzen Pfalzgraf Ottheinrich und Pfalzgraf <?page no="136"?> Augsburger Netzwerke.indd 136 Augsburger Netzwerke.indd 136 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 130 Reinhard H. Seitz Philipp, nachweisbar. Zu dem Fürstentum gehörte als Teil aus dem Landshuter Erbe des Großvaters mütterlicherseits, des Herzogs Georg des Reichen eben auch die landsässige Stadt Lauingen, welche schon vorher Sitz eines landesherrl ichen Pflegers war. Dessen wichtigste Aufgabe war die Burghut, also Schutz und Verteidigung der landesbzw. stadtherrlichen Burg und damit wohl auch die Verteidigung der Stadt selbst. In Lauingen tauchen Pfleger erstmals 1319 auf, ein Schloß wurde hier jedoch erst 1473/ 76 gebaut. Der Pfleger dürfte aber dort zuvor wenigstens ein festes Haus gehabt haben, wo er mit seinen reisigen Gesellen saß. Conrat von Zilnhart selbst dürfte aber wohl im Lauinger Schloß gewohnt hab en . Am 25. Juli 1519 wurde der scho n genannte Hofmeister von Pfalzgraf Ottheinrich, Renhart von Neuneck zu Glatt 18 im Schwarzwald, als Nachfolger von Conrat von Zilnhart zum Pfleger zu Lauingen beste llt . Die entscheidende Frage ist : Lebte Conrat von Zilnhart auch im Jahre 1521 noch in Lauingen? Conrat von Zilnhart war um diese Zeit etwa sechzig Jahre alt für heute kein A lter, für damals aber sehr wohl. Gesichert ist, daß er am 5. Januar 1520 einen Brief an Bürgermeister und Rat der Stadt Nördlingen unterzeichnet als: Cfmrat von Zilnhart Ritter derzeite zu Laugingen, er war also zwar nicht mehr Pfleger von Lauingen, wohl aber dort noch wohnhaft . Gleichsam als Alterssicherung kaufte er sich am 5. November 1520 von den Herren von Karner die Hofmark Jetzendorf bei Dachau im Herzogtum Bayern. Aber hier stellt sich eine Frage, die vorerst jedenfalls nicht mit Sicherheit zu beantworten ist: Hat das bedeutet, daß er unmittelba r mit dem Kauf der Hofmark J etzendorf auch auf da s Land gezogen ist und sofort auf die doch sicher und wesentlich bequemere Lebensweise in der Stadt verzichtet hat? Gesichert ist jedenfalls, daß er sich bereits am 9. Januar 1521 erstmals als Herr Conrat von Zilnhart zu yzendorff, Ritter nennt, was aber nichts besagen muß. In J etzendorf ist jedenfalls Conrat von Zilnhart im Jahre 1531 verstorben. Sein stark verwitterter Grabstein findet sich an der Choraußenseite der dortigen Pfarrkirche. Da Renhart vo n Neuneck im Jahre 1521 den Pfalzgrafen Ottheinrich als dessen Hofmeister auf der Reise ins Heilige Land begleitete, könnte für diese Zeit Conrat von Zilnhart vielleicht als interim istischer Pfleger in Lauingen verpflichtet worden sein. Nachweisen läßt sich das aber ebe nsowenig wie ein Gespräch von Ottheinrich mit Zilnhart vor wie 18 Vgl. J ohann Ü TIMAR, Reinhard von Ne u neck, Ritter zu Glatt (1474-155 1). Fürs te ndiener, Reisender und Wallfahrer. Hauptmann, Kriegsrat und Bauherr (Filderstadt 2005). <?page no="137"?> Augsburger Netzwerke.indd 137 Augsburger Netzwerke.indd 137 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen 131 nach der Reise, eine Vermutung in dieser Richtung hätte jedoch sehr viel für sich. Möglicherweise hätte bei solch einem Gespräch Conrat von Zilnhart dem Pfalzgrafen auch die Reisebeschreibung seines Cousins Wolf von Zilnhart zeigen oder gar mitgeben können, denn es fällt auf, daß Ottheinrich seine Reisebeschreibung exakt in dem Stil niedergeschrieben hat, wie dies Wolf von Zilnhart bei der Niederschrift seiner Reisebeschreibung auch getan hat. Und auch sonst zeigt die Reisebeschreibung von Pfalzgraf Ottheinrich starke Anklänge an die von Wolf von Zilnhart, eine textkritische Untersuchung steht aber noch aus. VI. Der Augsburger Domherr Wolf von Zilnhart (t 1519) Wir kommen damit zu einem zweiten Mitglied der Familie von Zilnhart, das - und dies schon etwas früher eine Reise in das Heilige Land unternommen hat: Wolf von Zilnhart 19. Er war ein Sohn des Heinrich oder Heinz von Zilnhart, der mit Ursula von Wellwart verheiratet war. Heinrich von Zilnhart wiederum war ein Bruder des Wolf von Zilnhart, des Vaters des Conrat von Zilnhart- Conrat und der jüngere Wolf waren damit Vettern, exakter: Cousins. Heinrich von Zilnhart hatte als Vogt zu Göppingen in den Diensten der Grafen von Württemberg gestanden, bezeugt ist er von 1460 bis 1495. Begütert war er in Ravenstein (mit Steinenkirch und Trasenberg; bei Geislingen an der Steige), Geradstetten (bei Schorndorf), in Göppingen (sog. Freihof) und in dem schon genannten U rsenwang. Wolf von Zilnhart, der Sohn, bekam bereits während seines Studiums in Freiburg (1465), Basel (1470/ 72) und Ingolstadt (1475) im Jahre 1473 von Graf Ulrich V. von Württemberg auf Empfehlung von König Friedrich III. hin die Nachfolge als Propst des Chorherrenstifts bei der Oberhofenkirche zu Göppingen zugesichert; dieses Amt konnte er 1478 antreten, jedoch hatte er dort einen Vertreter sitzen, da er selbst bereits 1475 Chorherr und später Dekan des Chorherrenstifts Ellwangen geworden war. 1486 vertauschte er diese Pfründe und wurde Kanonikus des Domstifts Augsburg. 1488 erhielt er für die Propstei zu Göppingen 19 Vgl. Reinhard H. SEITZ, Der Augsburger Domherr Wolfgang v. Zilnhart und seine Pilgerreisen, in: Bayern, Schwaben und das Reich. Festschrift für Pankraz Fried zum 75. Geburtstag, hg . von Peter FASSL/ Wilhelm LIEBHART/ Doris PFISTER/ Wolfgang WÜST (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayeri sch-Schwabens 11, Augsburg 2007) S. 127-152. <?page no="138"?> Augsburger Netzwerke.indd 138 Augsburger Netzwerke.indd 138 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 132 Reinhard H. Seitz die Pfarrei Kirchheim unte r Teck, auf die er aber sofort zugunsten eines Priesters aus der Diözese Augsburg verzichtete. Im Domstift Augsburg nahm Wolf von Zilnhart von 1501 bis zu seiner Resignation im Jahre 1515 den Rang eines Domdekans ein. 1505 wurde er an zweiter Stelle von König Maximilian I. für die Nachfolge des verstorbenen Augsburger Bisc hofs Friedrich von Zollern vorgeschlagen, das Domkapitel wählte aber nich t ihn, sondern Heinrich von Lichtenau zum neuen Bischof von Augsburg. Als Ersatz für die entgangene Würde verschaffte König Maximilian dem Wolf von Zilnhart die Pfründe eines Dompropstes zu Trient, welche er bis zu seinem Tode innehatte 20. Gestorben ist Wolf von Zilnhart am 9. Oktober 1519 in Augsburg, begraben wurde er im Estrich des sogenannten Barockteils des Westflügels des Domkreuzgangs zu Augsburg. Die stattliche Grabplatte ist heute ziemlich abgetreten, man kann aber noch schwach die Ahnenwappen erkennen: links oben Zilnhart, rechts oben Wellwart, links unten Ellerbach und rechts unten Stain, also die Wappen der beiden Großmütter. In der Mitte sieht man einen Geistlichen mit einem Kelch. Die Grabplatte wurde mit Sicherheit schon vor dem Tode von Wolf von Zilnhart geschaffen, d enn das Todesjahr 1519 in arabischen Zahlen ist eindeutig erst nachträglich in die Umschrift in gotischen Minuskeln eingefügt, ein Tagesdatum fehlt21_ VII. Die Pilgerfahrt des Wolf von Zilnhart ins Hei lige Land (1495/ 96) Vielleicht angeregt durch die Heilig-Land-Fahrt seines Onkels Wilhelm von Zilnhart von 1468, unternahm Wolf von Zilnhart selbst eine solche Pilgerfahrt mit Ziel Jerusalem wie St. Katharina, also das Katharinenkloster am Fuße des Berges Sinai. Seine Reisebeschreibung ist handsch rif tlich überliefert und liegt heute in einer (nicht ganz korrekten) Abschrift an der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg 22, ediert wurde sie im Jahre 1932 durch E duard Gebele 23 (Abb. 5). Am Tag vor 20 Einzelnachweise zu Studium und zur geistlichen Laufbahn von Wolf von Zilnhart finden sich bei SEITZ, Lauingen (wi e Anm . 9). 21 Vgl. Karl KOSEL,Der Augsburger Domkreuzgang und seine Denkmäler (Sigmaringen 1991) S. 445-447, Nr. 407 (mit Abb. 144). 22 Staats - und Stadtbibliothek Augsburg, 4° Cod. Aug. 93. 23 Vgl. Eduard GEBELE,Die Pilgerreise des Augsburger Domherrn Wolf von Zülnhart nach dem Heiligen Land 1495/ 96, Zeitschrift des Hi stor ischen Vereins für Schwaben und Neuburg 50 (1932133) S. 51-126. <?page no="139"?> Augsburger Netzwerke.indd 139 Augsburger Netzwerke.indd 139 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen 133 Abb. 5: Titelblatt der Beschreibung von Wol f von Zülnhart seiner Reise auf! den weg gen Jerusale(m) vnd sant Katherina von 1495/ 96 dem Antritt der Pilgerfahrt besichtigten Wolf von Zilnhart und sein Reisebegleiter Jörg von Augsburg noch die Heiltümer bei St. Ulrich und Afra. Den Tag seines Abritts, den 26. März 1495, beschreibt Zilnhart sehr ausführlich: Auff dornstag als mir auss zochent, liessent mir uns ain mess lesen pro peregrinantibus zu unser frawen [also im Augsburger Dom]. Und nach der mess segnet uns der techent des tums [also der Domdekan] her Ulrich von Rechberg, sant Johannes segen und gab uns den zetrincken. Auch segnet er uns sunst mit vill gutten collecten über uns, unser waffen und seck 24 . Auf ihrem Ritt nach dem Süden kamen Wolf von Zilnhart und sein Begleiter über Landsberg, Roßhaupten nach Füssen, wo gerade der Augsburger Fürstbischof Friedrich von Zollern in seinem Schloß weilte. Und hier wiederholte sich gleichsam die feierliche Aussegnung. Zilnhart schreibt: 24 Ebd. S. 64. <?page no="140"?> Augsburger Netzwerke.indd 140 Augsburger Netzwerke.indd 140 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 134 Reinhard H. Seitz Am samstag [... ] las uns sein gnad selbs [also der Bischof höchstpersönlich] mess de p eregrinantibus, und segnet uns santjohannessegen, und gab in uns zetrinken, und segnet uns auch aus mit vil schöner collecten25. Wolf von Zilnhart reiste über den Fernpaß, Innsbruck, den Brenner bis nach Trient, von dort nach Treviso und kam am 9. April 1495 in Venedig an . Zwischenzeitlich besuchte er dort die Kirchen von Venedig und die in ihnen verwahrten Heiltümer, was er genau beschreibt. Auch Padua und die Kirche des hl. Antonius stand auf seinem Programm. In Venedig traf er mit Pfalzgraf Alexander von rfalz-Zweibrücken und mit Graf Hans Jacob von Nassau-Dillenburg zusammen, mit denen er am 10. Mai zum päpstlichen Legaten in Venedig ging, und begerten von jm herlaup tn us, zu ziechen gen Jerusalem, als gewonheit ist26. Das am 10. Juni 1495 auslaufende Schiff konnte Zilnhart aber nicht nehmen, weil ihn ein Fieber zwei Monate lang ans Bett fesselte. Obwohl er noch geschwächt war, nahm ihn zuletzt der Hochmeister des Johanniterordens, Graf Rudolf von Werdenberg, in seine Gesellschaft auf und mit ihr konnte er mit monatelange r Verspätung endlich am 3. August 1495 in Venedig ablegen. Am 26. August kam man auf Rhodos an und feierte dort am 28 . August mit einem Hochamt das Fest Decollatio Johannis, wobei man auch einen Arm des hl. Johannes küssen konnte; abends leg te man wieder ab. Die nächste Station war am 3. September Zypern, wo man bis zum 9. September blieb . Am 13. September wurde Jaffa erreicht und am 17. September Jerusalem. Dort besuchte man die heiligen Stätten, die im einzelnen beschrieben werden z. T. nach einem late inischen Führer, z. T. nach eigene r Anschauung (Abb. 6). Von Jerusalem rit t man auc h zweimal nach Bethlehem sowie nach Jericho und an den Jordan , wobei er mit zwei anderen auch den Berg Quarantana bestieg, wo Christus 40 Tage gefastet hat . Er schreibt dazu: er ist gar hoch, und mues man jn mitt großer mie und arbeit steigen, ich bin ach all mein tag nie mieder worden 27. Der Hö h epunkt für Wolf von Zilnhart als Geistlichen dürften wohl der 24. und 25. September 1495 gewesen sein. Am 24. hatte er den tem pel des hailigen grab besucht, das er folgendermaßen beschreibt (vgl. dazu Abb. 7): stat schier da mitten in der kirchen, und ist nit groß, dann man muß sich fast bucken, wann man hin ein will, und ist das grab nit auf/ der erd, sunder erhöcht an ainer seyten und ist lang ein claffter und 25 Ebd. S. 64. 26 Ebd. S. 72. 27 Ebd . S. 95. <?page no="141"?> Augsburger Netzwerke.indd 141 Augsburger Netzwerke.indd 141 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen 135 i .I Abb. 6: Ansicht der Stadt Jeru salem (aus der Handschrift der Reise beschre ibun g des Steffan Baumgartner von 1498) Abb. 7: Ansicht des Heiligen Grabes in Jerusalem (aus der Handschrift der Reisebesch r eib un g des Steffan Baumgartner von 1498) <?page no="142"?> Augsburger Netzwerke.indd 142 Augsburger Netzwerke.indd 142 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 136 Reinhard H. Seitz 6 finger. [. . . ]Zum 25. September notiert er: Und auf[ dises mal und zeit hab ich mein erste mess in dem tempel, und auf[ und in dem hailigen grab gelesen de corpore Christi, und hat mir der gardion de Monte Syon z u altar denett [also gedient] und darnach mich z u ritter geschlagen 28. Der hier genannte gardion ist der Guardian des Franziskanerklosters auf dem Berg Sion, wo Zilnhart während seines Aufen thalts in Jerusalem gewohnt hat ähnlich wie dies später auch Pfalzgraf Ottheinrich tat. Wolf von Zilnhart dehnte dann ab dem 9. Oktober 1495 seine Pilgerfahrt aus auf den Besuch des Sinai mi t dem dort gelegenen Katharinenkloster. Am Allerseelentag (2. November 1495) bestieg er mit anderen Pilgern den Berg auf[ zu sant Katherina grab, da sy von den engeln hin gefiert ward und noch höher hinauf zu fünf Kapellen, schließlich selbst wenn er klagt: ist ain weytter weg und bes zu gan bis nahe dem Gipfel zu einer Kirche mit Nebenkapelle. Zi lnhart schreibt: Was ich fast fro, da ich hin auf[ kam, wann ich maintt es wer sant Katherina 29 . Sie stiegen auf der anderen Bergseite wieder hinab und bestiegen daraufhin am 3 . November 1495 den berg Synay 30 , der aus der massen hoch und bes zu gan ist, dann es bedarf[ hend und fies zu brauchen, bis er hinauf[ kumpt. Oben auf d em Berg beschreibt Zilnhart einen Platz: ist ain grosser fels, da die enge! sant Katherina hin gelegt hond, und sieht man noch in dem stain, wie sy gelegen is und gestalt, als ob sy an dem rucken sey gelegen, sunst ist ach nichts da, dann die selb statt mit stainen ain wenig auf/ ain ander gelegt und macht ist 31. Nach K airo besuchte Wolf von Zilnhart d ie Katharinastätten in Alexandria in Ägypten. Er sah 2 schulen, die send von rattern marmel fast gros und hoch, auf/ den selben ist das rad gestanden, da sant Katherin mit solt gemartert sein worden. ltem zu nest dar bey ist der kercker, da sy in gefangen ist gelegen . Ferner sah er ain gros haus, da ist ain closter gewesen, soll sant Katherina jn gewonet hon, ist fast ain gros ding gewesen von gemeur, dick und weitt 32 . Von Alexandria legte er am 19. Dezember 1495 nach Rhodos ab, wo er bis zum 10. Januar 1496 blieb, fuhr dann zu Schiff weiter bis Candia auf Kreta, wo er am 28 Ebd. S. 97. 29 Es ist dies de r Djebel M usa (Mosesberg), 2286 m NN. 30 Gemeint ist damit ganz offensichtlich der Djebe l Kath erin, 2642 m NN, welcher wesentlich we iter vom Ka tharinenklos t er entfernt liegt: auf dem Weg zw ischen Klo ster und Ber g durchquerte Zilnh art dab ei mehrere Täler und We ingärten, wie er dies in seine r Reis ebeschreibung festhält. 31 GEBELE, Pilgerreise (w ie A nm. 23) S. 105-106. 32 Ebd . S. 112. <?page no="143"?> Augsburger Netzwerke.indd 143 Augsburger Netzwerke.indd 143 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen 137 22. Januar 1496 ankam und bis zum 2. März blieb. Die Fahrt ging dann weiter entlang der kleinasiatischen Westküste - und auch an Troja vor bei nach Konstantinopel (heute: Istanbul), wo er sich vom 19. März bis 27. April 1496 aufhielt. Auf der Rückfahrt erreichte er am 1. Mai 1496 Gallipoli, heute Gelibolu an den Dardanellen, und am 16. Mai Gifepoli im Ionischen Meer, womit das überlieferte Tagebuch des Wolf von Zilnhart abbricht. Die Reisegesellschaft des Pfalzgrafen Alexander hingegen, mit der Zilnhart ursprünglich reisen wollte, hatte Venedig bereits am 3. Juli 1495 verlassen, hatte Jaffa am 29. August und Jerusalem am 31. August 1495 erreicht, wo Alexander und andere Adelige durch Johann von Preußen den Ritterschlag empfingen, war am 17. September wieder zurückgesegelt und war am 18. Dezember 1495 in Venedig wieder angekommen 33 . Wolf von Zilnhart scheint mit seiner Pilgerfahrt auch einen Besuch in Rom verbunden zu haben und dürfte wohl nach 1 1/ 2 Jahren, im Frühsommer 1496, wieder nach Augsburg zurückgekommen sein. VIII. Die Verehrung der hl. Katharina von Alexandria durch Wolf von Zilnhart ImJ ahre 1506 schenkte der bekannte Kalligraph, der aus Schwabmünchen stammende Schönschreiber Leonhard Wagner 34 vom Kloster St. Ulrich und Afra in Augsburg dem Domdekan Wolf von Zilnhart ein Missale, von dessen Existenz allerdings nichts weiter bekannt ist; man weiß davon nur aus der Inschrift des Silberreliquiars für das Schweißtuch, das sog. Sudarium des hl. Ulrich, das Zilnhart als Gegengabe für Wagner von dem Augsburger Goldschmied Jörg Seld anfertigen ließ, wie aus dem persönlichen Schriftenverzeichnis von Wagner hervorgeht: Missale in rotunda valde preciosum pro domino decano in summa pro ipse fieri fecit plenarium pro sudario sancti vdalrici 35. Das heute noch in der Heiltumskammer von St. Ulrich und Afra aufbewahrte Reliquiar 36 zeigt oben auf dem Rahmen stehend den 33 Vgl. RÖHRICHT, Pilgerreisen (wie Anm. 4) S. 188. 34 Vgl. Carl WEHMER, Leonhard Wagners Proba cencum scriprurarum. Beg leittext zur Faksimile ausga be der Proba, eines Augsburger Schriftmust erbuches aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts (Leipzig 1963). 35 Vgl. ebd. S. 45, Nr. 27. 36 Vgl. Die Heilcumskammer. Der mittelalterliche Reliquienschatz von St. Ulrich und Afra in Augsburg, Redaktion: Chriscof METZGER/ Christian THöN ER (München/ Berlin 2004) S. 26-29 (Text von Christof METZGER). <?page no="144"?> Augsburger Netzwerke.indd 144 Augsburger Netzwerke.indd 144 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 138 Reinhard H. Seitz Hl. Ulrich sowie zwei wappenhaltende Assistenzengel. Auf dem Podest des Reliquiars steht nich t nur die vierzeilige Widmungsinschrift: DIGNISSIMIS • BEATORVM • RELIQVIIS • EX • NOBILIVM • DE • ZILLNHART • PROSAPIA • CRETVS II WOLFGANGVS • REI • MILI- TARIS • AC • VTRIVSQVE • IVRIS • TITVLIS • ILLVSTRATVS • ECCLE- SIAEQVE IIAVGVSTENSIS • DECANVS •IN• LIBRI • MISSALIS • DOCTA • FRATRIS • LEONARDI • CVRRIFICIS • MANV • IIEXARATI • RECOM- PENSAM • FACIENDVM • CVRAVIT •ANNO• DOMINI• M • D •VI•, sondern auch eine besondere Devise: ADIVVA • SANCTA • VIRGO • KATHARINA. Auf den silberverkleideten, den Rahmen abstützenden Tragpfosten sehen wir links in Silbergravur den knienden Stifter Wolf von Zilnhart (Abb. 8) und rechts das Zilnhartsche Vollwappen, dabei über dem Oberwappen das Jerusalemkreuz, dann das Katharinenrad und eine Jakobsmuschel (Abb . 9). In der Inschrift bezeichnet sich Zilnhart als • RE! • MILITARIS • AC• VTRIVSQVE • IVRIS • TITVLIS • ILLV- STRATVS • und weist außer auf seinen akademischen Titel auch auf den eines Ritters vom Hl. Grab hin. Auf seinem Grabstein hingegen findet sich kein Hinweis auf die Tatsache, daß Wolf von Zilnhart Ritter vom Hl. Grab war. Wolfgang von Zilnhart hatte dank seiner Heilig-Land-Reise eine besondere Beziehung zu der hei ligen Katharina von Alexandria. Dies zeigt sich auch darin, daß er irr_Jahre 1511 im Innenhof des Domdekaneihof es (heute: Hoher Weg 22/ 24 37) in Augsburg eine ecclesia anscheinend also eine Kirche und nich: nur eine Kapelle zu Ehren Gottes und der Jungfrau St. Katharina errichten ließ. Wir wissen davon nur aus einer Inschrift, die zum Jahr 1709 überliefert ist: Ad laudem Dei Virginisque San ctce Katharina: est hcec Ecclesia cedificata per Wolfgangum de Zillenhardt Decanum & Prcepositum Tridentinum anno 1511 38. Außer dieser Inschrift wissen wir nichts über diese Katharinenkirche, die offenbar erst nach 1709 oder gar erst im 19. Jahrhundert verschwunden ist und d ie übrigens nicht mit der Kirche des Augsburger Dominikanerinnenklosters St. Katharina 39 verwechselt werden darf. Nur über die auf dem Sudarium des hl. Ulrich angebrachten Pilgerzeichen ist bekannt, daß Wolf von Zilnhart anscheinend auch nach 37 Vgl. Bernt von HAG EN/ Angelica WEGENER- HÜSSEN, Stadt Augsburg. Ensembles, Baudenkmäler, Archäologische Denkmä ler (Denkmäler in Bayern 7/ 83, München 1994) S. 248. 38 Vgl. Corbinianus KHAMM, Hier archia Augustana [.. .] . Pars I. Cathedralis [ ... ] (Augsbur g 1709) S. 547, Nr. 46. 39 Vgl. dazu auch den Bei t rag von M a gdalena GÄRTNERin diesem Band. <?page no="145"?> Augsburger Netzwerke.indd 145 Augsburger Netzwerke.indd 145 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen Abb. 8: Linker Tragpfos t en des Sudariums des hl. Ulrich in der Heiltumskammer von St. Ulrich und Afra in Augsburg mit dem Stifcerbild des Wolfgang von Zilnhart, 1506 Abb. 9: Rechter Tragpfosten des Sudariums des hl. Ulrich mit dem Wappen des Wolfgang von Zilnhart und den Pilger z eichen 139 0 erusalemkreuz / Ka tharinenrad - Jakobsmuschel) <?page no="146"?> Augsburger Netzwerke.indd 146 Augsburger Netzwerke.indd 146 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 140 Reinhard H. Seitz Santiago de Compostela gepilgert ist. Einen schriftlichen Nachweis haben wir darüber jedoch nicht. IX. Ein dritter Heilig-Land-Fahrer: Wilhelm von Zilnhart Wir hab en schon oben angedeutet, daß es noch einen dritten Zilnhart gibt, der eine Reise ins Heilige Land unternommen hat . Es ist dies Wilhelm von Zilnhart, ein Onkel sowohl von Conrat wie von Wolf von Zilnhart. D ieser Wilhelm von Zilnhart hatte drei Brüder: den älteren Wolf, den Vater des Conrat, den Heinrich oder Heinz, den Vater des jüngeren Wolf, sowie einen Hans von Zilnhart (t 1479), von dem Jörg von Zilnhart (f 1506) abstammt 40. Dieser ältere Wilhelm von Zilnhart, b ez eugt von 1464 bis 1497, hatte in Diensten der Grafen von Württemberg gestanden . 1469-1471 ist er als Rat genannt, 1478/ 79 als Vogt zu Kirchheim unter Teck, 1479-1481 als Landhofmeister der Grafen Ulrich V. und Eberhard V. von Württemberg, 1481 als Rat und Diener und 1494 als Frauenzimmerhof meister. 1470 kaufte er von den Grafen Ulrich V. und Eberhard V. das Schloß Aichelberg mit zugehörigen Orten, das jedoch kurz vor 1480 wieder von Württemberg zurückgelöst wurde. Dafür kaufte Zillenhart 1479 von den Grafen Ulrich V. und Eberhard VI. das Dorf Dürnau und den Weiler Gammelshausen, nach dem er schon im Jahr zuvor von Dietegen von Westerstetten Behausung und Burg Dürnau erworben hatte . Wie Aichelberg liegen all diese Orte südlich von Göppingen am Nordrand der Schwäbischen Alb. 1468 hat Wilhelm von Zilnhart an der Pilgerfahrt von Graf Eberhard V. im Bart von Württemberg in das Heilige Land teilgenommen, von der Mart in Crusius in seineE ,Annales Suevici' berichtet . Zu dieser Reise war Graf Eberhard mit seinen Be gleitern am 10. Mai 1468 von Urach aus aufgebrochen, hatte bereits am 20. Mai Venedig erreicht, segelte von 40 In d er schon genannten O b erhofenkirche zu Göppingen gibt es eine wahrscheinlich von Hans von Zilnhart gestiftete Zillenhartkapelle. Sie wird 1481 als capellania armigerorum de Zilnhart genannt, das Präsentationsrecht au f die Pfründe des in ihr stehend en Bartholomäusaltars hatte im Jahre 1470 der Ritter (miles) Joh(annes ) de Zulnhart, hatten 1480 die Brüder Wilhelmus und Hainricus [de Zulnhart] und hatte 1482 H ainri cus de Zulnhart, aduocatus in Geppingen. In der Kirche kann m an heute noch die Grabdenkoäler von Hans und Jörg von Zilnhart sehen. Vgl. da zu : Die In schriften d es Landkreise s Göppingen, ges. und bearb. von Harald DRÖS (Die Deutschen Inschiften 41, Wiesbaden 1996), sow ie Konrad P LIENINGER, Stadtsc hr eiber, Leibär z t e, Festungskommandanten. Altwürttembergische Ehrbarkeit in den Epitaphen d er Oberhofenkirche Göppingen (Veröffentlichungen des Stadtar chivs Göppingen 28, Weißenhorn 1992) . <?page no="147"?> Augsburger Netzwerke.indd 147 Augsburger Netzwerke.indd 147 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen 141 da am 4. Juni ab und erreichte am 2. Juli Jaffa. In Jerusalem wurden alle adeligen Begleiter des Grafen zu Rittern geschlagen. Am 17. Juli trat die Gruppe die Heimreise an, erreichte dabei am 22. September den Hafen Otranto in Apulien, kam am 5. Oktober nach Neapel, am 15. Oktober nach Rom, am 25. Oktober nach Venedig. Am 4. November 1468 war man wieder in U rach 41 . Wie später dann sein Neffe Conrat von Zilnhart sich seit der Rückkunft aus dem Heiligen Land Ritter nannte, so tat dies auch der Onkel Wilhelm von Zilnhart. Wann und wo Wilhelm von Zilnhart verstarb, ist unbekannt. Ob er wie später seine Nachkommen auch in der Pfarrkirche von Dürnau oder aber gar in Stuttgart seine letzte Ruhestätte fand, wissen wir nicht. Nachfolger im Besitz von Dürnau wurde jedenfalls der gleichnamige Sohn Wilhelm von Zilnhart, der, wie wir oben schon sahen, im Jahre 1505 Sibilla Vehlin, die Stieftochter des Conrat von Zilnhart, geheiratet hat. X. Pilgertraditionen Mit den drei gesicherten Heilig-Land-Fahrern hatte sich bei der Familie von Zilnhart eine kleine Pilgertradition aufgebaut. Die Angabe jedoch, daß ein Eberhard von Zilnhart bereits imJ ahre 1336 eine Reise in das heilige Land unternommen habe, ließ sich außer bei Biedermann (1751) 42 sonst nicht weiter nachweisen. Solche Pilgertraditionen sind aber keineswegs ungewöhnlich, gibt es doch Familien mit viel, viel stärkeren Traditionen erinnert sei nur an die Nürnberger Familien der Ketzel und der Rieter 43 mit jeweils acht Familienmitgliedern, die aber nicht allein nur in das Heilige Land, sondern auch nach Santiago de Compostela sowie nach Rom wallten. Auf einer um 1595 gemalten Tafel, die sich heute in den Sammlungen des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg befindet, sind allein 4 1 Vgl. RÖHRICHT, Pilgerreisen (wie Anm. 4) S. 137-138. - Vgl. dazu: Eberhard im Bart und die Wallfahrt nach Jerusalem im späten Mittelalter, hg. von Gerhard FAIX/ Folker REICHERT (Lebendige Vergangenheit 20, Stuttgart 1998). - Vgl. ferner Folker REICHERT, Eberhard im Bart und die Wallfahrt nach Jerusalem im späten Mittelalter. Ein unbekannter Pilgerbericht, Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 64 (2005) S. 57- 83. 42 Vgl. Johann Gottfried BIEDERMANN,Geschlechts=Register Der Reichs Frey unmit telbaren Ritterschaft Landes zu Francken löblichen Orts Ottenwald [... ] (Kulmbach 1751, Nachdruck Neustadt/ Aisch 1990) Tabula CCLXXVIII. 43 Vgl. Das Reisebuch der Familie Rieter, hg. von Reinhold RÖHRICHT/ Heinrich MEISNER (Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart 168, Tübingen 1884). <?page no="148"?> Augsburger Netzwerke.indd 148 Augsburger Netzwerke.indd 148 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 142 Reinhard H. Seitz acht Mitglieder der Familie Ketzel, welche zwischen 1389 und 1503 ins Heilige Land (und auch an andere Wallfahrtsorte) gepilgert sind, mit einer z. T. beträchtlichen Anzahl von Pilgerabzeichen dargestellt 44 . Bei den Zilnhart könnte aber eine mögliche Verbindung dieser Tradition mit der J erusalemwallfahrt von Pfa lzgraf Ottheinrich diese doch etwas heraus h eben. Ottheinrich jedoch war so stark von seiner Reise in das Heilige Land beeindruckt, daß er diese zwanzig Jahre später auf zwei, rund 4,30 x 5,30 m großen Wandteppichen darstellen ließ. Ursprünglich hingen sie in einer der Kammern der beiden Gästeappartements im 2. und 1. Obergeschoß des Nordflüge ls des Neuburger Schlosses 45 . Heute befindet sich der erste Teppich mit der Ankunft in Jerusalem in den Sammlungen des Bayerisc h en Nationalmuseums in München, der zweite dagegen mit der Abfahrt von Jaffa im Besitz des Historischen Vereins Neuburg und ist derzeit im Schloßmuseum zu Neuburg an der Donau zu seh en 46 . Der Jerusalem-Teppich zeigt eindrucksvoll das moderne Jerusa lem des 16. Jahrhunderts, in das die Szenen und Stationen der Lebens- und Leidensgeschichte von Jesus eingepaßt sind bis hin zu seiner H imm elfahrt. Die Pilg erg ruppe um Ottheinr ich im typischen braunen Pilgermantel schreitet diese Stationen im Mittelgrund im einzelnen ab. Es sind vor allem neutestamentliche Szenen, die hier dargestellt sind, aber auch solche aus der unmittelbaren Zeit nach Christus wie die Steinigung d es Stephanus, die Aufnahme Mariens in den Himmel oder das Grab der Pelagia. Im Vordergrund sehen wir die Begleiter Ottheinrichs kniend in ihrer Ritterrüstung, ganz rechts in einer goldenen Rüstung und etwas erhöht Ottheinrich selbst. Auffallend ist, daß nicht über allen Rittern das rote J erusa lemkreuz angebracht ist, sondern daß dieses ausgerechnet bei Pfalzgraf Ottheinrich, bei Graf Georg von Zweibrücken und bei Renhart von Neuneck fehlt nur ein Versehen des Kartonzeichners oder des Teppichwirkers? Ottheinrich führte aber mit Sich erhei t das Jerusalemkreuz, wie dies ein Harnisch von ihm aus der Zeit um 1535 zeigt 47 (Abb . 10). 44 Vgl. die Abbildung in: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg. Die Gemälde des 16. Jahrhunderts, bearb. von Kurt LÖCHER (Stuttgart 1997) S. 370-372. 45 Vgl. Reinhard H. SEITZ, Die Rep räsentationsbauten von Pfalzgraf Ottheinr ich für das Schloß zu Neuburg a. d. Donau und ihre Vollendung durch Pfalzgraf Wolfgang, in: Kur fürst Ottheinr : ch t.end die human istische Kultur in der Pfa lz, hg. von Hans AMMERICH/ Hartmut HARTHAUSEN(Speyer 2007) S. 73-1 49, h ier S. 86. 46 Vgl. Von Kaisers Gnaden, hg . von BÄUMLER/ BR0CKH0 FF/ HE NKER (w ie Anm. 7) S. 182, 184-185, Nr. 7.14 und 7.15. 47 Ebd. S. 191, Nr . 7.20. <?page no="149"?> Augsburger Netzwerke.indd 149 Augsburger Netzwerke.indd 149 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen 143 Abb. 10: Ausschnitt aus dem Wallfahrtsteppich „Reise ins Heilige Land" von Pfalzgraf Ottheinrich mit der Darstellung von Jerusalem (darunter auch das H eilig grab) mit eingefügten biblischen Szenen, 1541 <?page no="150"?> Augsburger Netzwerke.indd 150 Augsburger Netzwerke.indd 150 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 (1) Ludwig t 1519 Domherr in Augsburg Hans gen.ab 1446, t 1479 (Göppingen) 00 I. Margarethe v. Freyberg ooII. Agn1,sv. N~ipptrg (t 1489 Heilbronn? ) (2) Hans t1518 ab 1482 Ganerbe zu Widdern 00 Barbara Fetz er (2) Georg Qörg) t1506 (Göppingen) 00 Amaliev. Eckmanns hofen (ooII. Raban v. Thalheim) Stammtafel der Herren von Zilnhart (2) Agnes 00 Martin v. Degenfeld Wolfgang 00 v. Zilnhart Wilhelm gen. 1464- 1497 Hl.-Grab- Ritter 00 Anna v. Vellberg Wolfgang Wilhelm Anna Domherr ab 1478/ 79 Nonne in in Speyer zu Dürnau Esslingen t um 1515 00 1505 Sibille Vehlin (ooII. Thoma Wittlinger zu Dürnau) Clarav. Ellerbach Heinrich (Heinz) gen. 1460- 1495 00 I. Ursula v. Wellwart oo II. Hiltgard Güß (ooI. Lorenz v. Trautson) (1) Wolfgang t1519 Chorherr in Ellwangen , Propst in Göppingen, Domherr (Domdekan) in Augsburg, Dompropst zu Trient HI. Grab- Ritter Wolfgang (Wolf) gen. 1459- 1484 00 Mechthild (Metza) v. Rosenberg Eberhard Conrat Geistlicher? gen. ab 1495 Hl.-Grab- Ritter, ab 1520 zu Jetzendorf t1531 00 I. Anastasia v. Wernau ooII. Margaretha Huter (ooI. Lienhart Vehlin) Siegfried (Sifrid) In kaiser lich en Kriegsdiensten tvor1470 00 N .N . Clara 00 Ottv. Willack, Marschall zu C leve ,_. +. +. ~ "' ; i : : s-- ., ~ ~ V) ~. N <?page no="151"?> Augsburger Netzwerke.indd 151 Augsburger Netzwerke.indd 151 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Die Familie von Zilnhart und ihre Pilgertraditionen 145 Es bleiben also Fragen über Fragen offen. Viele Stücke zur Heilig- Land-Fahrt, vor allem die beiden Teppiche nebeneinander wie auch Reisebeschreibungen, ja sogar Wallfahrtsandenken, die wahrscheinlich Ottheinrich von seiner Reise mitgebracht hat, konnte man im Jahr 2005 bei der bayerischen Landesausstellung in Neuburg a. d. Donau sehen 48 . Ein durchaus möglicher Zusammenhang aber zwischen der Reise von Ottheinrich und der Pilgertradition der Familie von Zilnhart wurde damals jedoch noch nicht gesehen. Resumen : EI articulo no se ocupa como suele ser comun en los estudios jaco beos de la peregrinacion por tierra a Santiago de Compostela, sino de! viaje de peregrinacion por el Mediterraneo a Tierra Santa. Un viaje asi lo emprendieron en 1468, 1495/ 96 respectivamente 1498 tres miembros de] linaje suabio de los seiiores de Zilnhart: un tio y respectivamente dos de sus sobrinos. Uno de ellos, el canonigo de Augsburg Wolfgang von Zilnhart, redacto una descripcion de] viaje en forma de diario. EI otro, Conrat von Zilnhart, estuvo ocasionalmente al servicio de la ciudad imperial de Augsburg asi como de! principe de Neuburg Ottheinrich, Conde Palatino de! Rin. Cuando este en el aiio 1521 emprendio un viaje de peregrinacion a Tierra Santa pidio consejo a Conrat von Zilnhart y es probable que en esta ocasion viera el diario de Wolfgang von Zilnhart, que le sirvio de estfmulo para hacerse el mismo con un diario a 1a partida a Tierra Santa e irlo re llenando posteriormente . Los viajes de peregrinacion a Tierra Santa encontraban su expresion no solo en la adquisicion de! titulo de caballero en caso de que como con los tres Zilnhart se ! es armara alli Caballero de la Tumba Sagrada, sino tambien en el testimonio visible como son las seiiales de peregrinacion, la cruz de Jerusalen, la espada de Chipre y la rueda de Catalina. La concha de Santiago usada una vez por Wolfgang von Zilnhart revela que tambien el probablemente en una ocasion habia peregrinado a Santiago de Compostela aunque no sepamos cuando fue exactamente. 48 Ebd. S. 170- 173, Nr. 7.4- 7.10. <?page no="152"?> Augsburger Netzwerke.indd 152 Augsburger Netzwerke.indd 152 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 <?page no="153"?> Augsburger Netzwerke.indd 153 Augsburger Netzwerke.indd 153 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago: Sebastian Ilsung und seine Reise nach Santiago de Com postela im Jahre 1446 VOLKER HONEMANN In der Zeit vom 11. April bis zum 28. September des Jahres 1446 unternahm der Ausgburger Patrizier Sebastian Ilsung eine Reise nach Santiago de Compostela, über die er nach seiner Rückkehr einen Bericht schrieb. Dieser ist nur in einer einzigen mittelalterlichen Handschrift auf uns gekommen, die sich heute in der British Library befindet; sie überliefert den Text unvollständig (es fehlen die ersten acht Abschnitte). Das nachlässig geschriebene, jedoch illustrierte ,Heft' von 10 Pergamentblättern (ohne mittelalterlichen Einband) ist sicher der Rest einer umfangreicheren Handschrift. Es könnte sein, daß Ilsung es selbst erstellte (und viel leicht auch die Zeichnungen anfertigte). Glücklicherweise druckte der Stuttgarter Gymnasialprofessor Hausleutner bereits 1793 den Text von Ilsungs Bericht nach einer ihm vorliegenden Augsburger Handschrift ab, weshalb uns der Text, abgesehen von einer Lücke zwischen den Abschnitten VIII und IX, heute zur Gänze vorliegt 1 . 1 Zur Überlie ferung von Ilsungs Text siehe meine ko mment ierte Edition desselben. Volker H0NEMANN, Sebastian Ilsu ng als Spani enre isender und Santiagopilger (mit Textedition), in: Deuts ch e Jakobspilger und ihre Berichte, hg. von Klaus HERBERS Qakobus-Studien 1, Tübingen 1988) S. 61-95, zur Überlieferung und der mut maßlichen Textlücke dort S. 78-80 . Di e Abschnitte meiner Edition entsprechen je weils genau einer Seite der Londoner Handschrift; sie wird dementsprech end nach Abschnitten und Zeilen zitiert. Daß die heut e bekannte Überlieferung des Ber ichtseine Lücke aufweist (zwischen den Abschnitten VIII und IX, Ilsung ist noch in Nimes und dann bereits in Barcelona) erhellt zweifelsfrei daraus, daß ein Querverweis am Ende seines Berichtes auf einen ersten Aufenthalt in Gerona ins Leere geht: Und kam wider in die stat, alz vor gemelt ist, da sant Narzissus Let(XIX, 2 f.). Zu Ilsungs Bericht siehe weiterhin Klaus HERBERS/ Ro bert PLÖTZ, Nach Santiago z ogen sie. Berichte von Pilgerfahrten ans „Ende der Welt" (München 1996) S. 78-90 (mit Abdruck des Textes und Erläuterungen) sowie Klaus BERBERS, "Wol auf sant Jacobs straßen! ". Pilgerfahrten und Zeugnisse des Jakobuskults in Süddeutsch land (Ostfildern 2002) S. 66, 69f., 73, 77f., 174, außerde m D ERS., "Das ko mmt mir Spanisch vor." <?page no="154"?> Augsburger Netzwerke.indd 154 Augsburger Netzwerke.indd 154 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 148 Volk er Honemann Im folg enden geht es mir darum, den Patrizier Sebastian Ilsung im Kontext seiner Augsburger Umwelt vorzuste llen (I. und II.), herauszufinden, warum er r eiste und welche Route(n) er im einzelnen nahm (III.), und schließlich den literarischen Status seines Berichtes zu charakterisieren (IV.). I. Augsburg um 1446 Was wir heute über Sebastian Ilsung wissen, ist wenig. Um ihn und sein Handeln, also seine Reise nach Santiago und weitere, in Fürstendiensten unternommene Reisen, besser zu verstehen, sei im folgenden versucht, ihn vor dem Hintergrund seiner Fami lie (seines ,Herkommens' also) wie auch und besonders dem seiner Augsburger Lebenswelt um das Jahr 1446, dem Jahr seiner Spanienreise, zu beschreiben 2 . Dabei ist angesichts des überwältigenden Reichtums der Augsburger Überlieferung nur eine Skizze möglich, die vor allem Ilsungs literarisch tätige Zeitgenossen in den Blick nehmen soll; dies auch deshalb, weil Ilsung mit der Niederschrift seines Berichtes ja selbst „literarisch" tätig wurde . Eine solche Skizze wird, so steht zu hoffen, den P atrizier Sebastian Ilsung klarer vor unsere Augen treten lassen, als dies bei einer reinen Beschränkung auf seine biographischen Daten möglich wäre. Wie sah die Augsburger Welt aus, in die Sebastian Ilsung irgendwann in den ersten beiden Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts hineingeboren wurde? Die Stadt am Lech erlebt das ganze 15. Jahrhundert hindurch, gegründet vor allem auf Textilproduktion und eine immer weiter ausgreifende Handelstätigkeit, einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung 3 . Getragen wird dieser Aufschwung vielfach von alten Augsburger Familien, zu denen auch die Ilsung gehören, und begleitet Zum Spanienbild von Reisenden aus Nürnberg und dem Rei ch an der Schwe lle zur Neuzeit, in: "Das kommt mir Spa n isch vor" . Eigenes und Fremdes in den deutschspan ischen Beziehungen c.es späten Mittelalters, hg. von Klaus HERBERS/ Nikolas JASPERT(Geschichte und Kultur d er Iberischen Welt ! , Münster 2004) S. 1-30, hier S. 7f., 11f., 16ff., 27; S. 14 enthält eine Karte der Routen von Spanienreisenden aus dem Reich in Spanien (für Ilsung fehlt der „Abstecher" nach Atienza). 2 Intendiert ist so der Versuch eine r wissenschaftlichen Kulturgeschichtsschreibung, die die Lebenswelt ei1: es Menschen neben den unmittelbaren biographischen Daten aus zeitg enössischen „Do kumenten" (im wei t esten Sinne) z u rekonstruieren versucht, die z.B. über allgemein verbreitetere Einstellung en, Vorlieben, Interessen, Ängste u. a. m. Aufschluß geben. 3 Der Aufsatz von Rolf KIESSLINGin diesem Bande demons triert dies in seinen ver schiedenen Facetten. Besonders w ichtig sind hier, in bezug auf Reisen, die Han delsbeziehungen und -netze. <?page no="155"?> Augsburger Netzwerke.indd 155 Augsburger Netzwerke.indd 155 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 149 wird er von einer im Vergleich mit anderen ,Großstädten' des Heiligen Römischen Reiches ungewöhnlich reichen und vielfältigen kulturellen Betätigung: In Augsburg entsteht das, von Nürnberg abgesehen, größte Corpus von Stadtchroniken 4 , und nicht wenige der Verfasser dieser meist sehr umfangreichen Texte sind Zeitgenossen Sebastian Ilsungs: Ehrhard Wahraus, 1442 Mitglied des Großen Rates, schreibt eine Chronik für die Jahre 1126-1445 5 , Burkhard Zink, ein „Selfmademan" der es, aus kleinen Verhältnissen kurz vor 1400 im nahegelegenen Memmingen geboren, durch zähen Fleiß zu einem ansehnlichen Vermögen brachte, verfaßt neben seiner heute weithin bekannten Autobiographie nach 1450 eine bis 1468 reichende deutschsprachige Chronik; er sammelte nebenbei kontinuierlich „religiöse und moralische Traktate, Fabeln und Gedichte" und war ganz besonders an Augsburger Nachrichten interessiert6. Der um 1420 geborene Hektor Mülich, ein überaus erfolgreicher Geschäftsmann und zeitweise Mitglied des inneren Rates, der über lateinische und, wohl bedingt durch seine Handelreisen, italienische Sprachkenntnisse verfügte, schreibt eine Chronik der Jahre 1348-1487 7 , der Augsburger Kleriker(? ) Küchlin, der 1452 stirbt, verfaßt im Auftrag des Bürgermeisters Peter Egen (t 1452) als erster in deutscher Sprache eine Chronik über das „Herkommen" der Stadt, das die Germanen, die von den Trojanern abstammten, als Gründer Augsburgs sieht 8 . Zu den Zeitgenossen Sebastian Ilsungs zählt weiterhin Johannes Frank, der 1447 nach Augsburg kommt, 1451 in das berühmte Stift St. Ulrich und Afra, eine der wichtigsten geistlichen Institutionen der Stadt, eintritt und sich dort bis zu seinem Tode im Jahre 1472 als Buchmaler und Chronist betätigt 9. Von besonderer Bedeutung für die Augsburger wie deutsche Chronistik des 15. Jahrhunderts wird schließlich der um 1435 geborene (und damit wohl etwa ein gutes Jahrzehnt jüngere) Sigismund 4 Die Masse der Texte ist ediert in: Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert 4, 5, 22, 23, 25, 29, 32, 33, 34 (= Die Chroniken der schwäbischen Städte, Augsburg 1-9, Leipzig 1865-1929); hier sind alle im folgenden genannten Chroniken ediert. Aus der überaus reichen Literatur zu diesen sei nur verwiesen auf Jürgen WOLF, Augsburger Stadtchroniken des 15. Jh.s (deutsch), in: Verfasserlexikon 11 (2000) Sp. 185-188 sowie Peter JOHANEK, Geschichtsschreibung und Geschichtsüberlieferung in Augsburg am Ausgang des Mittelalters, in: Literarisches Leben in Augsburg während des 15. Jahrhunderts, hg. von Johannes JANOTA/ Werner WILLIAMS-KRAPP(Tübingen 1995) S. 160-182. 5 Zu ihm und seinem Werk siehe Karl SCHNITH, in: Verfasserlexikon 10 (1999) Sp. 574- 576. 6 Siehe Karl SCHNITH, in: Verfasserlexikon 10 (1999) Sp. 1556-1558. 7 Werner ALBERTS,in: Verfasserlexikon 6 (1987) Sp. 738-742. 8 Clarissa ALTSCHÄFFEL, Küchlin, in: Verfasserlexikon 5 (1985) Sp. 407-409. 9 Susanne S! EGERT,in: Verfasserlexikon 2 (1980) Sp. 799f. <?page no="156"?> Augsburger Netzwerke.indd 156 Augsburger Netzwerke.indd 156 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 150 Volker Honemann Meisterlin, der um 1450 ebenfalls in St. Ulrich und Afra eintritt und Mitglied des gleich zu erwähnenden Kreises um den Patrizier und Humanisten Sigismund Gossembrot wird. Dieser macht Meisterlin zum historiographus; 1456 überreich t Meisterlin seinem Förderer eine late inische Chronik Augsburgs, auf di e zahlreiche weitere Werke folgen 10. Mit Gossembrot, 1417 als „Sohn einer alten Augsburger Patrizierfamilie" geboren, damit vielleicht fast gleichaltri g mit Sebastian Ilsung, ist einer der „wichtigsten frühen Förderer der humanist ischen Bewegung in Deutschland" genannt, der „Mittelpunkt einer wohl Anfang der 50er Jahre entstandenen Augsburger congregatio" war, "die den neuen Studia humanitatis anhing" 11 . Inwieweit der Kreis, den Gossembrot um sich sammelte, für Sebastian Ilsung, der des Lateinischen nicht mächtig gewesen zu sein scheint, eine Rolle spielte, läßt sich nicht sicher sagen, zu vermuten ist, daß sich hier Überschneidungen allenfalls durch die Ämter erga ben, die Mitglieder des Kreises innehatten. Zu den bereits genannten Autoren und Texten tritt im Kreis d er Stadtchroni st ik eine anonyme ,Chronik der Stadt Augsburg von 1368 bis 1406 (bzw. 1447)', d ie unter anderem im ,Augsburger Liederbuch' (s. u .) überliefert ist. Sie stellt „den ersten Versuch einer knappen Gesamtdarstellung der Stadtge schichte von den Anfängen bis auf die eigene Gegenwart des Autors dar " und „gehört sicher in den Umkreis der alten Geschlechter Augsburgs, vielleicht in den der Familie Ilsung " 12, womit wir unserem Santiagoreisenden sehr nahe gerückt wären. Neben den Stad tc hroniken stehen andere Formen kulturellen Schaffens: Um 1454 wird „aus der Zeit vom späten 14. Jahrhundert bis zur Gegenwart des Sammlers" das sogenannte ,Augsburger Liederbuch' (heute Bayerische Staatsbibliothek München Cgm 379) vollendet, das unter seinen 97 weltlichen Liedern auch solche Oswalds von Wolkenstein überliefert, aber auch Versnovellen, die Stadtchronik Wahraus' und weiteres. Zu den kulturell tätigen Zeitgenossen Sebastian Ilsungs gehört schließlich mit der um 1430 geborenen und nach 1476 gestorbenen Klara Hätzlerin „die einzige mit Namen bekannte Frau, die deutsche Handschriften im Auftrag kopierte", darunter 1471 das lO Katha rina COLBERG, in: Verfaserlexikon 6 (1987) Sp. 356-366, hier Sp. 358-360 zur ,Cronogra p hi a Augustensium'. 11 Franz Jos ef WORSTBROCK, in: Verfasserlexikon 3 (1981) Sp. 105-108, Zitate Sp . 105 f. Dort Sp. 106 auch zu den weiteren Mitgliedern der congregatio. Zu nennen sind hier, wenn man au f das Jah ~ 1446 abheb t, besonders Leonhard Gessel, 1444-1447, später Generalvikar d es Augsburger Bischofs Peter von Schaumburg (1424-1469) und Ludwig R ad, der langjährige Sekretär des Bisch o fs; siehe zu beiden die einschlägigen Artikel im ,Verfasserlexikon'. 12 JOHANEK(w ieAn m.4)S. 163 f. <?page no="157"?> Augsburger Netzwerke.indd 157 Augsburger Netzwerke.indd 157 22.09.22 17: 00 22.09.22 17: 00 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 151 nach ihr benannte sogenannte ,Liederbuch'1 3 . Die Handschrift besteht aus zwei Teilen, deren erster 77 Reimpaargedichte enthält, während der zweite 128 Lieder umfaßt. Auftraggeber war der Augsburger Jörg Roggenburg, der vermutlich dem „mittelständischen, handeltreibenden Bürgertum" angehörte 14. Unter den Reimpaargedichten finden sich auch Neujahrsgrüße auf die Jahre 1442-1448. Derjenige auf das Jahr 1446 ist ein gereimter Liebesbrief eines M ülin knecht an seines hertzen kaiserin, in dem der Verfasser seine Liebe als Mahlvorgang beschreibt15. Mit dem ,Deutschen Cato' und einer ,Tischzucht' (Nrr. II, 70 und 71) enthält die Handschrift auch didaktische Texte, als deren Rezipienten wir uns Sebastian Ilsung durchaus vorstellen können. Nähe an der Lebenswelt des mittleren 15. Jahrhunderts bezeugt die Kostenaufstellung für einen Dreipersonenhaushalt 16. Mehrere Lieder preisen die Fastnacht (I, 37 und 93), auf die dann die vast mit pitter gallen folgt 17. Ein Gedicht Peter Suchenwirts warnt vor den Gefahren des Glücksspiels, insbesondere denen des Würfelns (II, 43; 184 Verse! ). Ein politisches Lied auf das Jubeljahr 1450 (I, 29) preist den Markgrafen Albrecht im Kampf der Fürstenkoalition gegen die Städte (der nach langer Vorbereitung 1449 im sogenannten ,Markgrafenkrieg' ausgebrochen war) und tadelt den Hochmut der Bürger, insbesondere den der Augsburger in ihrer Auseinandersetzung mit Bischof und Klerus: Augsburg hat ain weisen rat,/ das prueft man an ir kecken tat I mit singen, dichten und klaffen; / sie hand gemacht ain singschuol! und setzen oben auf den stuol! wer übel redt von pfaffen 18. Zur Hauptsache aber enthält die Handschrift Liebeslieder und minnedidaktische Texte auch um die Mitte des 15. Jahrhunderts noch immer das Thema lyrischer Dichtung in deutscher Sprache, das auch Sebastian Ilsung interessiert 13 Ingeborg GLIER, Hätzlerin, Klara, in: Verfasserlexikon 3 (1981) Sp. 547-549, Zitat Sp. 547 sowie besonders Johannes RETI ELBACH, Lied und Liederbuch im spätmittelalterlichen Augsburg, in: JANOTA/ WILLIAMS-KRAPP (wie Anm. 4) S. 281-307, hier S. 285-288. Eine genaue Aufschlüsselung des sehr vielfältigen Inhalts durch Hanns FISCHER in dessen Nachdruck der Ausgabe: Liederbuch der Clara Hätzlerin, hg. von Dr. Carl HA LTAUS(Quedlinburg/ Leipzig 1840), Deutsche Neudrucke (Berlin 1966) S. 372- 409. 14 FISCHER (wie Anm. 13) S. 371. 15 Der Text bei HALTAUS/ FISCHER(wie Anm. 13) S. 199f. (Nr. II 39). 16 Abgedruckt bei HALTAUS/ FISCHER(wie Anm. 13) S. 399- 401. 17 HALTAUS/ FISCHER(wie Anm. 13) S. 73. 18 HALTAUS/ FISCHER (wie Anm. 13) I, 29; der Text auch abgedruckt und kommentiert in: Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert, gesam melt und erläutert von Rochus von LILIENCRON (Leip z ig 1865) S. 417-419; dort S. 415- 417 auch das Lied von der „Augsburger Singschule", auf das sich das vorgenannte Lied bezieht. <?page no="158"?> Augsburger Netzwerke.indd 158 Augsburger Netzwerke.indd 158 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 152 Volk er Honemann haben dürfte. Die Bezüge zu seiner Lebenswelt in Augsburg sind damit ebenso vielfältig wie differenziert. Das ,Augsburger Liederbuch ' enthält, als spätere Zufügung, ein Gedicht d es Hans Schneider über die Taten des Augsburger Bür germeisters Ulrich Schwar z u n d seine Hinric h tung im Jahre 1478 19. Schwarz, 1422 als Sohn eines Augsburger Zimmermanns geboren (da mit ein weiterer Zeitgen o sse Sebastian Ilsungs), erlangte als Augsburger Söldnerführer eine bedeutende Stellung, die ihn seit 1469 mehrfach zum Zunftbürgermeiste r und ab 1475 zum jährlich wiedergewählten Bürgermeister werd en ließ. Die durch ihn veran laßte Hinrichtung der Augsburger Brüder Vittel (1477) führte zum Sturz des mächtigsten Mannes Augsburgs, der am 18.4.1478 gehenkt wurde 20. Nebeneiner in sein en letzten Le b ensja h ren niedergeschriebenen Chronik (die wohl das eigene Handeln rechtfertigen sollte), legte Schwarz für sich ein ,Hausbuch' an, d as in dem Wolfenbütteler Codex 226 Extrav . größtenteils auf uns gekommen ist 21. Sein Inhalt dürfte die sehr pragmatischen literarischen Interes sen eines süddeutschen Patriziers u m die Mitt e d es 15. Jahrhun de rts widerspiegeln und uns so einen besonders tiefen Blick in d ie Vorstellungswe lt des Seb astian Ilsung tun lassen. Im ein z elnen enthält das ,Hausbuch' eine Sammlung von Gebeten sowi e zahlreiche Ein z elgebete , darunter z.B. eine ,Ritterschaft Chr isti durc h die Karwoche' und ein Ablaßgebet, medizinisch e Texte (z.B . einen Pesttraktat und ein e Roß arznei), ein Feuerwe rkbuch, Ratschläge für den Umgang mit Wein, eine Rezeptsammlung, den berei t s oben erwähnten ,Deutschen Cato', also das w o hl beliebteste Schulbuch des Mitte lalters, eine Sammlung von Koch- und sonstigen Rezepten, so z.B. gegen Mundgeruch, Inkontinen z und Haarausfall, zur Behandlung des Bruchs, zur Entfernung von Fl ecken, zur Vertreibung von Mäusen aus dem Haus, darüber, w ie man h erausfinden kö n ne, o b eine junge Frau 19 Zum ,A u gs burger Liederbuch' siehe Mi chae l CU RSCHMANN, ,A u gsburg er Liederbu ch', in: Verfasserlexik o n 1 (1978) Sp . 522 f. so w ie RETTELBACH (wie A nm. 13), hier besond ers S. 282- 285. D er auß erord entli ch r eiche Inhalt d er Hand schrift ist det ailliert be sc hrieb en bei Karin SCHNEIDER, Die deuts chen Ha ndschrifte n der Bay eri sc he n Sta at sbibli o the k Mün chen Cg m 351- 500 (W iesbaden 1973) S. 96- 115. 20 Joha nnes G . MAYER, Schwar z , U lr ich, in : Verfasserle xi ko n 8 (1992) Sp . 9 17-919. - Stur z u nd Hinrichtu r.g Schwar zens bra chten ihrers eits eine gan z e Reihe politi sche r Li ed er und Sp rüche herv o r, sieh e Iso lde N EUGART, ,Ulrich Sch w ar z ', in: Verfa sse rl exikon 10 (1999) Sp. 17-21. 21 N iko laus HE NKEL, E in Au gsb ur ger Hausbu ch des Sp ätmitte lalt ers . D er Wo lfenbü tteler Co dex d es Bür germei ster s U lric h Schw ar z (t 1478), in: J ANOTAIW ILLIAMS- KRAPP (w ie Anm. 4) S. 27- 46. E bd. S. 31- 33 d er Na chwe is, daß Sch w ar z selbst der H aupts ch re ib er de s heu te · 63 Blätt er um fa ssenden Band es war. Er wurde, wie versc hie den e E inträge zei ge n, au ch na ch Schwarz ens Tod in d er Famili e weit er b enü tzt. <?page no="159"?> Augsburger Netzwerke.indd 159 Augsburger Netzwerke.indd 159 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 153 noch Jungfrau sei und ob ein Kranker wieder gesund werde oder nicht, wie man mit Silber und mit Gold schreiben könne 22 . Von besonderem Interesse ist, wie die eben genannten Texte bereits andeuteten, die große Zahl von Segen und Beschwörungen: Neben dem bekanntesten deutschen Reisesegen, dem Tobiassegen, findet sich z.B. ein Zauberspruch, mittels dessen ein Schwert stumpf, aber auch wieder scharf gemacht werden kann: Wilt du wyßen wie man ain schwert versegnot daz es nütz me schneyt so merck auf daz her nach geschryben. In nomine domini amen. ich beschwer dich schwer[t} guotl bey dem rasen farben pluotl[ ... ] et spiritui [! ] sancti amen. Wilt dus wider schneyden machen so sprich die her nach geschriben wart: Ich beschwer dich schwert guot [... ] dazu du wider stechest schneidest noch als for amen . In nomine patris et fily et spiritui [! ] sancti amen 23 . Hinzu treten zwei Waffensegen (ltem ain segen vür alle waffen wer daz all spricht den mag kain waffen versern; I eh beschwer hwt hie die waffen guott vnd an er [... ]), aber auch Schadenspraktiken, mit denen man z.B. dem Nächsten „grindige Hände machen oder alle Hennen sterben lassen kann" 24 . Daß all dies nicht immer ganz ernst zu nehmen ist, zeigen „Kleintexte [... ] bei denen magische Praktik und deren Parodie kaum zu trennen sind", etwa über die Herstellung einer Kerze, deren Licht den Betrachter laufende Hasen und Hunde sehen läßt 25 . Insgesamt wird jedoch deutlich, in welchem Maße auch magische Praktiken in einem weiten Sinne noch Teil des Alltags der Bürger Augsburgs im 15. Jahrhundert waren und daß diese sich bruchlos mit geistlichen (vor allem katechetischen) und didaktischen Texten (und Vorstellungen) verbanden 26 . Daß Sebastian Ilsung beispielsweise den Tobiassegen kannte und vor seinem Aufbruch in die Ferne sprach, ist durchaus wahrscheinlich. Läßt uns das Schwarz'sche Hausbuch bereits einen tiefen Blick in die Vorstellungswelt des Augsburger Patriziats tun, so bietet die bereits erwähnte überaus reiche, zu Sebastian Ilsungs Lebenszeit entste- 22 Diese und weitere Kleintexte standen auf den nicht erhaltenen Blättern 33-49, siehe Henkel (wie Anm. 21) S. 35, dessen Inhaltscharakterisierung (S. 34-41) ich hier folge. Der Herzog August-Bibliothek Wolfenbüttel danke ich herzlich für die Übersendung eines Mikrofiches der Handschrift. 23 Hier zitiert nach HENKEL (wie Anm. 21) S. 36. 24 HENKEL (wie Anm. 21) S. 38 . 25 Ebd. S. 36. 26 Das besondere Interesse des U lrich Schwarz an Waffensegen dürfte mit seiner herausgehobenen politischen Position, die ihm viele Feinde in der Stade schuf, zu tun gehabt haben. <?page no="160"?> Augsburger Netzwerke.indd 160 Augsburger Netzwerke.indd 160 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 154 Volker Honemann hende Stadtchronistik vielfältige Ergänzung. Die Chroniken der Erhard Wahraus (Berichtszeitraum 1126-1445), Hektor Mülich (1348-1487), Burkhard Zink (1368-1468, einschließlic h einer Selbstbiographie), Küchlin, Johannes Fran k OSB (1430-1462) und Sigismund Meis terlin (Cronographia Augustensium, latein isch und deutsch, eine Stadtgeschichte Augsburgs von den Anfängen bis 1456) lassen an zahlreichen Stellen erkennen, was „die Augsburger" im 15. Jahrhundert bewegte. Dazu gehört beispielsweise, daß sehr viele von ihnen zum Münchener Gnadenjahr von 1392 pilgerten, dann iederman wolt gen himf27. Aber auch über Naturereignisse, besonders Witterungsverhältnisse berichten die Chroniken. Für das Jahr 1446 meldet Burkhard Zink: ]tem in dem jar 1446 waren gar vil feinfal [Schmetterlinge], als ich ie gesach; und hernach an dem hörbst wurden so vil krautwürm [Raupen], als ich ie sach und hört sagen von alten Leuten, daß sein niemant ge daucht, daß ir so vil gewesen sei. [... ] ]tem es hueb an zu regnen am hörbst und regnet also teglich biß nach sant Martins tag, und hueb darnach an zu schneiben [schneien] und viel ain schnee über den andern. und nach weigennechten kam ain würme [Wärme] in den schnee und zergieng aller auf! den äckern; und als der schnee hin was, da lag es überall voller frösch uff den äcker, die frösch waren in dem regen herab kommen 28 • Im gleichen Jahr werden fünf Handwerksgesellen, die des Nachts muetwillen und unzucht begangen hatt en, vom Stadtgericht ab geurteilt . Zink schreibt: Jn dem jar als man zalt 1446 jar, am suntag vor Vallentini [13.2.] fieng man fünf gesellen hie in der stat, der waren zwen salwürken [Harnischm acher ], ain maurer, ain web er und ain karter [Wollkrämpler], die hetten großen muetwillen und unzucht begangen an vi f Leuten in derselben nacht, als sie auch gefangen wurden. sie hetten ainem burger, genant Hans von Hai, seinen sun angelauffen und durch ain arm gestochen und ainem andern burger, genant Hans Meuting, dem schluegen sie seinen sun durch den kopf und wundeten in hart, und schluegen ain arm gesellen, was ains burgers knecht, genant Bartholme Ridler; vnd 27 Chronik d es Burkhard Zin k , in: Chroniken der deutschen Städte 5 (Die Chroniken der schwäbischen Städ te , Augsburg 2, Leipzig 1866) S. 45. Zink gibt seiner Skepsis be z üglich des Ablasses , den ma n bei diesem gnadenjar gewinnen konnte, deutlichen Ausdruck: es ist ze mercken, daß sovi l pilgerin kamen von verre und von nache, die den ablaß suechten, daß man sagt, daß oft auf ain mal 40 tausent menschen wem. man mueßt 7 tag da beleihen vnd alltag in 4 kirchen gan und ir almuessen darinnen ! aßen. und so! m an wißen, daß die benedicier groß und vil gelts aufl egten "festsetzten"], darnach vnd der man reich oder arm w as, vnd darnach sie statt funden an den Leuten "je nach den Möglichkeiten der Leute"). es was alles nur umb das gelt zu tuen ." 28 Zink (wie Anm . 27) S. 181 f. <?page no="161"?> Augsburger Netzwerke.indd 161 Augsburger Netzwerke.indd 161 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 155 [sie] hetten in [sich]fürgenommen, wer in begegnet die nacht, den wal ten sie muetwillen anlegen und niemant schonen. und umb solch frevel muetwillen wurden sie gefangen und erkant sich ain rat, man solt jn die augen außstechen. das wolt man auch getan han und fragt sie, ob sie gott und das hailig sacrament unsers herrn ]esu Christi walten empfahen, dann man wolt in die augen außstechen, da wäre kain gnad an. da antwurt der maurer und der knapp, sie wölten das sacrament nit empfahen und bedörften sein auch nit, und waren ungüetig [boshaft] und zornig. also stach man dem maurer baide augen auß und strich den weher mit rueten auß, wann er hett nit als vil verschuldt als der maurer. und die andern drei gesellen begerten unsers herrn mit großer begirde und sprachen, so ver sie ir gesicht verlieren sollten, so wollten sie gott pitten, daß man in unsern herrn geb, sie wollten in geren empfahen; und was dann gott wöllt, das wollten sie güetiklich leiden. da ließ man sie Ligen biß an den dritten tag gott zu lob und zu eren, als dann das woll pillich und gewonhait ist 29 . Der Casus, der fast an eine Moritat gemahnt, macht deutlich, wie hart das Augsburger Stadtregiment „zupacken" konnte, aber auch, wie eng mitunter Körperstrafe und Seelenheil im Augsburg des 15. Jahrhunderts miteinander verbunden waren. Die Augsburger Stadtchronistikführt uns überdies direkt zu Sebastian Ilsung. Zum 28. Februar 1446 berichtet die Chronik des Hector Mülich: Anno domini 1446 am gailen mäntag ranten Sebastian Ilsung und Balthassar Ridler scharpf, und des andern tags sollten ir 16 gestochen haben; do ward dem Conrat Rechlinger ain fuoß abgestochen, das er am dritten tag starb . also hett der schimpf ain end 30. Ilsung nahm also an einem Fastnachtsvergnügen der geile mäntag ist der Montag nach dem Sonntag Estomihi teil, das die Gestalt eines „Scharfrennens" hatte, also ein mit scharfen Waffen ausgetragener ritterlicher Zweikampf war, bei dem es am zweiten Tage (dem Fastnachtsdienstag) zu einem letztlich tödlichen Unfall kam. Die Durchführung eines Scharfrennens zeigt, in welchem Maße Augsburgs Patrizier ritterliche Lebensformen usurpiert hatten. Daß Sebastian Ilsung daran teilnahm, läßt erkennen, daß er sich dies als Sproß eines alten und begüterten Augsburger Geschlechts leisten konnte, und daß er die neuen patrizischen Lebensformen auch seinerseits mit Leben erfüllte . Es könnte sein, daß dazu auch die Teilnahme an einer Pilgerfahrt (und womöglich die Abfassung eines Berichtes über diese) gehörte. Im späten 14. und im 15. Jahrhundert reisten jedenfalls eine Reihe von 29 Zink (wie Anm. 27) S. 184 f. 3 ° Chroniken der deutschen Städte 22 (Die Chroniken der schwäbischen Städte, Augs burg 3, Leipzig 1892) S. 86. <?page no="162"?> Augsburger Netzwerke.indd 162 Augsburger Netzwerke.indd 162 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 156 Volker Honemann Augsburger Kaufleuten und Kanonikern nach Jerusalem und verfaßten nach ihrer Heimkehr Berichte da rüber 31 . Zu nennen sind der Kaufmann und Bürgermeister Lorenz Egen (1385), ein anonymer Augsburger Kaufmann (1444), der Kaufmann Jörg Mülich (1449), ein Verwandter des Chronisten Hektar Mülich, der seinen Bericht in ein „für sich angelegtes ,Hausbuch' eintrug" 32, der Großkaufmann Martin Ketzel (1476), schließlich der Kanoniker Wolf von Zülnhart (1495). Hinzu tritt möglicherweise der seit den 60er Jahren bis zu seinem Tode in Augsburg lebende Schreiber Konrad Bollstatter, von dem ein „aus eigener Er fahrung verfaßter Ratgeber für J erusalempilger" stammen könnte 33 . Das heißt freilich nicht, daß die Augsburger des 15. Jahrhunderts über die Pilgerfahrt zum Grab des Apostels Jacobus Major nicht informiert waren. Die verkehrsgünstige Lage der Stadt am Weg nach Venedig und Rom und außerdem die städt ischen Wallfahrerziele (die Grabstätten der Bistumspatrone Ulrich, Afra und Simpert sowie die Bluthostie des seit 1199 in Heilig Kreuz verehrten ,Wunderbarlichen Gutes' 34) sowie das Pilgerhospiz bei St. Jakob (dazu siehe unten) dürften Grund genug dafür gewesen sein, daß im 15. Jahrhundert eine ganze Reihe von Pilgern (bzw. Pilgerreisebeschreibern) Augsburg passierten: so der Braunschweiger Bürger Hans Porner Anfang 1419 auf seinem Weg nach Jerusalem, der Pfalzgraf Ludwig III. (mit seinem Berichterstatter Johann von Frankfurt) 1427 (auf der Rückreise aus dem Heiligen Land), Graf Philipp von Katzenellenbogen (mit seinem Berichterstatter Erhard Wameshafft) 1434 (Rückreise von Venedig her), der Würzburger Kanoniker Ulrich Brunner (1470 auf dem Weg nach Rom und weiter in das Heilige Land), der Nürnberger Patrizier Hans Tucher (1479), Graf Ludwig von Hanau- Lichtenberg (1484), Landgraf Wilhelm d . Ä. von Hessen 1491 mit seinem Berichterstatter Dietrich von Schachten 31 Siehe Dietrich HUSCHENBETI, Berichte über Jerusalem - Pilgerfahrten von Kaufleuten und adligen Kanonikern aus Augsburg im 15. Jahrhund ert, in: JANOTA/ WILIAMS- KRAPP (wie Anm. 4) S. 240- 264. Natürlich sind dies keineswegs alle Augsburger Pilger; die Vielzahl de re r, die k e i n e Berichte hinterließen, wäre noch zu erfassen. 32 Dietrich HUSCHENBETI, Mülich,Jörg (Georg), in: Verfasserlexikon 6 (1987) Sp. 742 f., Zitat Sp. 742. 33 Karin SCHNEIDER, Bo llstatter, Konrad, in: Verfasserlexikon 1 (1978) Sp. 931-933, Zitat Sp. 932 sowie HUSCHENBETT (wie Anm. 31) S. 243. - Für die Augsburger Chronistik war Jerusalem (bzw. die Pilgerfahrt dorthin) nur in geringem Maß „ein Thema"; siehe die Zusammenstellungen bei HUSCHENBETI (wie Anm. 31) S. 243- 245. 34 Siehe dazu Peter RUMMEL/ Günter HÄGELE,Wallfahrten, in: Augsburger Stadtlexikon, 2. Aufl. , hg. von Günther GRÜNSTEUDEL/ Günter HÄGELE/ Rudolf FRANKENBERGER (Augsburg 1998) S. 911. <?page no="163"?> Augsburger Netzwerke.indd 163 Augsburger Netzwerke.indd 163 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 157 und der Wittenberger Bürger Hans Hundt 1493, alle auf dem Weg nach Venedig und weiter in das Heilige Land 35 . Daß vor allem die fürstlichen Pilger soweit sie nicht inkognito reisten für einiges Aufsehen in der Stadt sorgten, darf man annehmen. Literarisch tätige Santiagopilger (auch solche aus Augsburg) lassen sich allerdings bisher nicht nachweisen, so, wie Santiago de Compostela selbst außerhalb der „Reichweite" der Augsburger Chronisten zu liegen scheint; in den Stadtchroniken des 14.-16. Jahrhunderts wird es jedenfalls kein einziges Mal erwähnt 36 . Mit seiner Reise nach Santiago de Compostela unternimmt Sebastian Ilsung damit etwas, was in Augsburg eine Ausnahme darstellt; erst mehr als ein Halbjahrhundert später können wir in der Person des Faktors Lucas Rem erneut einen Augsburger in Santiago fassen 37 . II. Sebastian Ilsung Was wissen wir über die Person Sebastian Ilsung? Bis heute nicht allzu viel, aber für die Hintergründe seiner Santiagoreise wesentliches. Er entstammt einer der alten, hochbedeutenden Familien Augsburgs, die „in zwei nur kognatisch verwandten Linien" seit 1288 bzw. 1335 in Augsburg nachweisbar ist 38 . Die erste Linie ist bis 1409 faßbar; ihr gehört ein Ulrich Ilsung an, der ab 1353 im Augsburger Rat nachweisbar ist und 1362 als Baumeister amtet. "Als Fernhändler [... ] erwarb er ein großes Vermögen, das nach Eintritt der einzigen Tochter in ein Kloster für sein Seelheil ,investiert' wurde: ab 1355 stiftete er vier Vikarien bei St. Jakob[! ], St. Moritz und am Dom und bedachte viele andere Kirchen mit Zuwendungen. Mit einem Kapital von 1240 Pfund Pfennigen do- 35 Die Daten nach: Europäische Reiseberichte des späten Mittelalters. Eine analytische Bibliographie, hg. von Werner PARAVICINI.T. 1: Deutsche Reiseberichte, bearbeitet von Christia n HALM (Kieler Werkstücke 5, Frankfurt/ Main 1994) hier die Nrr. 15, 21,23,6~82,91,95, 104. 36 Sieh e die Ort sregister der Augsburger Städtechroniken, 1-9 (wie Anm. 4). 37 Benedict GREIFF, Tagebuch des Lucas Rem aus den Jahren 1494-1541. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte der Stadt Augsburg (Augsburg 1861). Rems Notizen sind dürftig genug: adj 20 Ottobr rit ich von Coromha [La Coruiia] gen Compostela zuo dem hailigen hern St. ]acobo mit meim schifhern, hochpotzman und stiurman, kam denselben aubend dar und belib bis adj. 22 dito. fruo rit ich a la Coromha ... ". (S. 9). - Zu Rem und seiner Reise sie he ausführlich HERBERS,Wo] auf St. Jacob s Straßen (wie Anm. 1) S. 66, 73 f. 38 Peter GEFFCKEN/ Katharina SIEH-BURENS/ Martina HAGGENMÜLLER, Artikel Il sung I und II, in: Augsburger Stadtle xikon (wie Anm. 34) S. 525-527, Zitat S. 525. Grundlegend auch noch immer Paul von STETTEN d .J., Geschichte der adeligen G esch lechter in der Reichsstadt Augsburg (Augsburg 1762) S. 107-112. <?page no="164"?> Augsburger Netzwerke.indd 164 Augsburger Netzwerke.indd 164 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 158 Volker Honemann tierte er die erste Augsburger Armenspende" 39 . "Unser" Sebastian gehört der zweiten Familienlinie an, die im 14. Jahrhundert als bedeutendes Kaufmannsgeschlecht erscheint, "Mitte des 15. Jahrhunderts ist dann ein Rückzug aus dem Handel erkennbar" 40 . Seit dem späteren 14. Jahrhundert haben die Ilsung imme r wieder wichtige politische Ämter in der Stadt inne: 1374 wird Konrad Ilsung zum Stadtpfleger gewählt, nach 1405 „erlangt" dessen „Sohn Sebastian Ilsung (I.)" eine „dominierende Stellung" in der Stadt; er amtiert nicht weniger als sec hsmal als Stadtpfleger. "Seine Ermordung durch Peter Rehlinger" einen Vorfahren desjenigen, der 1446 beim Scharfrennen tödlich verwundet wurde - "führte zu schweren Konflikten. Nachdem man 1425 die Täter geächtet hatte, mußten 1427 auch die Verwandten des Erschlagenen die Stadt ve rlassen" (offenbar befürchtete man Blutrache), "unter ihnen der Brudersohn Georg Ilsung (I., gest. 1437/ 38)." Der Spanienreisende Sebastian Ilsung (II.) ist ein Sohn dieses Georg; "zusammen mit seinem Bruder Sigmund (I., gest. 1500)" stand er „Kaiser Friedrich III. nahe"; für beide ist „die Übernahme von Herrendiensten an Fürstenhöfen zu beobachten" 41 . Die von GEFFCKEN publizierten Tabellen der 200 größten Steuerkonten Augsburgs in den 24 Schwörsteuerintervallen erlauben es, den Lebensgang Sebastian Ilsungs ge nauer zu verfolgen. Danach tritt er im Jahre 1434 zusam men mit seinem Vater und einem Bruder Ulrich zum ersten Mal in den Steuerlisten auf (N r. 10); 1441 erhält er sein Erbteil in Höhe von 2.640 Gu ld en (S. 72); in diesem Jahr erscheint er unter Nr. 82 der Steuerliste 42 . Im Jahr 1448 ist Sebastian Ilsung auf Platz 116 der Steuerliste abgerutscht (S. 97), doch eine Vermehrung des Vermögens ist in Sicht: 1449 heiratet er C lara Haunold, eine Tochter des sehr vermögenden Ulrich Haunold, der 1448 Platz 20 der Steuerliste einnimmt (S. 92); 1455 wird die Aussteuer der C lara an den Ehemann überschrieben. Das hat zur Folge, daß Sebastian im Jahre 1455 auf Platz 35 aufgerückt ist. Seine gewachsene Bedeutung schlägt sich auch darin nieder, daß er nun Mitglied des alten Rates und des Stadtgerichts ist; er gibt jetzt ein Vermögen von 4 .440 Gulden an (S. 103). 1462 hat sich sein 39 Ebd. S. 526. Die Einzelheiten jetzt im Beitrag von Rolf KIESSLING(in diesem Bande), der mir freundlic herweise sc hon vor der Drucklegung zur Verfügung geste llt wurde. 40 Ebd. S. 526. 41 Ebd. S. 526. Von STETTEN (w ie Anm. 38) S. 108 bemerkt hierzu: "Dieses Georgen Söhnen, Sigmund und Sebastian, samt ihren Brüdern, wurden diese Freyheiten [sich "Grafen, Freyen, Panner oder sonst Herren" zu nennen] von Kaiser Friderich bes t ättiget, und sie samt Haab und Güetern in Kaiserlichen Schu z genommen." 42 Friedrich Peter GEFFCKEN,Soziale Schicht u ng in Augsburg 1396 bis 1521. Beitrag zu einer Strukturanalyse Augsburgs im Spätmittelalte r (Diss. München 1983) S. 72 und S. 85. 1441 treten zum ersten Mal zwei weitere Söhne des Georg Ilsung, Sigmund und Sebold auf (S. 83, Nr . 35). <?page no="165"?> Augsburger Netzwerke.indd 165 Augsburger Netzwerke.indd 165 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 159 Vermögen wieder etwas vermindert (auf 3.120 Gulden); seine Bedeutung aber ist noch gestiegen: Sebastian sitzt jetzt irri Kleinen Rat . Zum letzten Mal erscheint er, immer noch oder wieder Mitglied des Kleinen Rates, 1466 in den Steuerlisten, jetzt auf Platz 50 (mit 2.880 Gulden). Auch sein Lebensende verzeichnen die Steuerlisten: Er stirbt zwischen 1468 und 1469; 1471 erfolgt die Erbteilung (S. 122). Erkennbar wird hier der Lebenslauf eines ausgesprochen wohlhabenden Patriziers, der offensichtlich über genug Vermögen verfügt, um nichtetwa als Kaufmann arbeiten zu müssen. Aus seiner Ehe, die er in einem zimblichen Alter schloß, gehen die Söhne Warmund 1., Sebastian IV., Johann VIII., Antonius III. sowie die Töchter Barbara, Ursula und Maria hervor 43. Das Stammbuch von 1634 erwähnt weiterhin, Sebastian sei der Römischen Kayserlichen Mayestät, Künig in Hispanien vnd Alberto Erzherzogen in Ober Österreich Rath, Ritter und Herr gewesen und mit herzog Alberto in Ober Österreich in villen weit gelegen künigreichen gewesen, nit allein daß Heillig Grab besucht, sonder Siciliam, Neapolitanum Regnum et Hispaniam durch Raist, vnnd der Orten [,Orden'] Clainat erlangt. Alda Er Sie [sich] ain Zeitlanng in kriegswesen aufgehalten, Hoche Officia bedient, vnnd Sie [sich] alß gebrauchen lassen, daß ]me von dero küniglichen Mayestät der Orthen vnnd Kreuz nomine a Maria Regina Araganorum geben ist worden 44 . Nachdem Er aber ins Vatterland vnd am Kaiserlichen Hof khommen ist, hat Er vnterschiedlicher Turnieren vnnd Ritterspillen beygewonnt 45, vnnd sie [sich] alßo Ritterlich verhalten, daß Er[ ... ] auch von dem Romischen Kaiser in publico imperatorio Conuentu zu ainem Ritter geschlagen ist worden 46. Dieser Ritterschlag erfolgte, so VON STETTEN 47 , 1464 durch Kaiser Friedrich III. Grund, diese Angaben des ,Stammbüchleins' bzw. VON STETTENsanzuzweifeln, gibt es nicht, zumal Ilsungs Bericht über seine Santiagoreise auch Kenntnis von Ländern, die er dabei nicht besucht (z.B. Italien) erkennen läßt (s. u.). Problematisch ist allerdings der Verweis auf eine Heiligland-Reise; hier liegt vermutlich eine Verwechslung mit einer solchen Sebastian Ilsungs I. vor 48 . 43 Siehe das Stammbüchlein des Johann Melchior Ilsung vom Jahre 1634; Abdruck der einsch lägigen Passage bei HO NEMANN(wie Anm. 1) S. 61 f. 44 Dies erwähnt Ilsung selbst in seinem Reisebericht, ed. HO NEMANN (wie Anm. 1) IX, 13- 15. 45 Was sich mit der oben erwähnten Beteiligung an einem Schadrennen im Frühjahr 1446 gut verträgt. 46 Zitiert nach dem Abdruck bei HONEMANN (wie Anm . 1) S. 61 f. 47 von STETTEN (wie Anm. 38) S. 111. 48 Siehe die Ausführungen hierzu bei HONEMANN (wie Anm . 1) S. 62 mit Anm. 1. Nur für Herzog Albrecht IV. (t 1404) läßt sich, für das Jahr 1398, eine Pilgerreise nach Jerusalem nachweisen. <?page no="166"?> Augsburger Netzwerke.indd 166 Augsburger Netzwerke.indd 166 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 160 Volker Honemann Über Ilsungs Fürstendienst informiert uns der Bericht, den er selbst in dem ,Ilsungschen Ehrenbuch' darüber erstattete. Er verzeichnet h ier die Mitgliedschaften in Rittergesellschaften und die Livreen, die er an manchen landen und kuengrei chen auf seine Kosten erworben habe 49 . Entnehmen können wir ihm, daß Ilsung zeitweise König Albrecht (1437-1439) diente, dessen gesellschaft und lieberey er wohl 1438 in Breslau von einem der Ritter des Königs überreicht bekam. Im gleichen Jahr war er, wie er in seinem Reisebericht bemerkt 50 , in Schlesien unterwegs, wo er dem Herzog Heinrich XI. von Glogau diente; dessen gesellschaft erhielt er „in einer Stadt nicht weit von Rom" (! so das ,E hrenbuch'). Lange nach seiner Spanienreise muß Sebastian im Dienste des Herzogs Albrecht Achilles von Brandenburg (t 1486) gestanden haben; jedenfalls erhielt er, wie er im ,Ehrenbuch' bemerkt, dessen gesellschaft, den Schwanenorden, im Jahre 1465. Diese Auszeichnung war Ilsung offensichtlich besonders wichtig; im ,Ehrenbuch' geht er genau auf die Umstände der Verleihung ein und gibt die Statuten dieses Orden wieder. Fürstennähe belegen weiterhin die ,Gesellschaften', die Ilsung im Zuge seiner Spanienreise erwarb (siehe unten) . Worin Ilsungs Fürstendienst im einzelnen bestand, läßt sich nicht sagen, da die einschlägigen Repertorien seinen Namen nicht nennen 51 . Vermutlich war er einer jener zahlreichen adeligen „Räte", die an den Fürstenhöfen für kleinere dip lomatische Dienste, vor allem Botschaften, eingesetzt wurden. Daß Sebastian Ilsung viel gereist ist, läßt auch der Bericht über seinen Zug nach Santiago de Compostela erkennen. Darin vergleicht er das Amphitheater in N i: mes mit der Arena in Verona (VII, 4f.) und Barcelona mit Venedig (IX, 1-5); beide Städte dürfte er also aus eigener Anschauung gekannt haben . Weniger präzise ist sein Hinweis, das Land um Saragossa herum sei re ich an Früchten, gelich alz in der haidenschafft (X, 3); spielt er hier auf eine Heiligland-Reise an 52 ? Die Santiagoreise von 1446 schließlich sorgt auch für ein „hartes" biographisches Faktum fast kurioser Art zu Sebastian Ilsung, das uns aber zugleich bestät igt, daß er diese Reise tatsächlich unternommen 49 Der Beri cht wird, da das Ilsung sche Ehrenbuch nicht mehr vo rhanden ist, im Anhang nach dem Abdruck von HAUSL EUTNER vollständig publi ziert. 50 HONEMANN (wie Anm. 1) S. 88: da was ich vor 8 jaren mit jm [dem Erzbischof von Burg os ] gen Be chern geraist. 51 Ebd. S. 63, Anm. 1 mit den ent sp re chenden Nachweisen. Es ist jedoch anzunehmen, daß gründliche Suche in den einschlä gigen Archiven hier etliches zutage fördern könnte. 52 Zu b eac ht en ist hi erb ei, daß sich Ilsung in sei nem Bericht mitunter explizit auf Informationen And erer stützt, so bei dem, was er über die Königreiche Portugal und Granada berichtet (XVIII, 8-22). <?page no="167"?> Augsburger Netzwerke.indd 167 Augsburger Netzwerke.indd 167 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 161 hat. Auf dem Weg von Memmingen in Richtung Genf wird er nämlich, wie er in seinem Bericht schreibt, gefangengenommen, darum, daß man mainet, ich wer ein Esterreycher, darum das ich kraus har hett. Da wer vif von zu sagen, den ain rat zu Lutzernam [Luzern] der noet mich, das ich hinder ain ratt must schweren auf[ ain widerstellen. Allso kam es hernach dartzu, das mich die statt von Berrnn wider ledig machtn, das ich mich niena [nicht] dorfft stellen. Unnd wer lang davon zu sagen, wie es sich gemacht, das ich alls von kurtz unnderwegen laß. Den von Lutzern schrieben mir ain brieff und sagten mich aller glibnis ledig, den sy werden [wären] das woll unnderricht (ed. HON EMANN II, 11-19). Hinter der Gefangennahme Ilsungs (dessen krause Haare auf allen Miniaturen der Londoner Handschrift zu sehen sind) verbirgt sich das Mißtrauen der Luzerner gegen österreichische Kundschafter in der Schlußphase des ,Alten Zürichkrieges' 53 . Der entsprechenden Notiz des Luzerner Ratsprotokolls können wir auch den Namen eines Augsburger Begleiters des Sebastian Ilsung entnehmen; ob er diesen auf dem gesamten Weg begleitete, ist unklar; auf den Federzeichnungen der Londoner Handschrift erscheint er jedenfalls nicht. Sein Name wird im Protokoll mit Jörg Repphuon angegeben, der wie Ilsung aus alter, vermögender Augsburger Familie stammte. Die Schwörsteuertabellen verzeichnen ihn zuerst im Jahre 1441 als Sohn des verstorbenen Hans Rephun, der die Position 13 unter den 200 vermögendsten Augsburgern einnahm 54. Für ein weiteres „hartes" Faktum sorgt ein vor kurzem von Roser SALICRÜ I LLUCH ermitteltes Dokument in den Archivos de la Corona de Aragon in Barcelona: Es bestätigt, daß „duobus nobilibus de Alamannia, llamados Georgius Rophon et Sabastianus Illsmig [sie], de Augsburg" am 24 . Mai 1446 in Tortosa der „orden de laJarra" (von der Kanne) verliehen wurde 55 . Rephun hat Ilsung also mindestens bis Tortosa, vermutlich aber auch auf seiner weiteren Reise begleitet. 53 Der gesamte Vorgang, der sich schließlich so löste, daß Sebastian Ilsung und sein Begleiter vom Rat von Luzern ihres Schwures, sich nach der Rückkehr wiederzustellen, auf einen Brief der Stadt Bern hin, der die Redlichkeit der beiden Augsburger feststellte, entbunden wurden, ist ausführlich dargestellt bei Werner GöTILER, Jakobus und die Stadt. Luzern am Weg nach Santiago de Compostela (Luzerner Historische Verö ffentl ichungen 35, Basel 2001) S. 34-38; hier S. 37 auch ein Faksimile der einschlägigen Notiz des Luzerner Ratsprotokolls, die den Schwur Ilsungs und seines Begleiters verzeichnet. Sie wurde wohl nach Eintreffen des Berner Briefes durchges trichen. 54 GEFFCKEN (wie Anm. 42) Anhang S. 82. 55 Roser SALICRÜ I LLUCH, Caballeros cristianos en el Occidente europeo e islamico, in: HERBERS/ JASPERT, (wie Anm . 1) S. 217-289, hier S. 223 f. mit Anm. 19 und S. 286; zu Ilsungs Reise siehe weiterhin ebd. S. 220, 229, 235. (Auf diesen Beleg wies mich freundlicherweise Klaus Herbers hin). <?page no="168"?> Augsburger Netzwerke.indd 168 Augsburger Netzwerke.indd 168 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 162 Volk er Honemann Sebastian Ilsungs Lebensende wird durch eine fromme Stiftung markiert. Die anonyme Augsburger Chronik der Jahre 991-1483 notiert zum Jahr 1471: ]tem desselben jars stiftet Sebastian Ilsung das salve [regina] an dem sampstag zuo sant Peter auf dem Berlach zuo Augspurg 56• Mit dieser Stiftung reiht er sich in eine reiche Tradition seiner Familie ein, die diese - und auch dies ist im Hinblick auf die Reise Ilsungs zum Grab des heiligen Jakobus zu bedenken mit der Augsburger J akobuskapelle und dem daneben liegenden Spital für arme Pilger und Kranke verbindet. Am 24.7.1348 hatte der Augsburger Rat den Beschluß gefaßt, "am Sträfinger Tor, dem späteren Barfüßertor, nahe dem Lauter lech eine dem Pilgerheiligen St. Jakob geweihte Kapelle mit Spital zu bauen. Als Nutznießer hatten die Stadtverantwortlichen den Erfordernissen der Zeit entsprechendarme Pilger und Kranke, in Not geratene Bürger, aber im Bedarfsfallauch sich selbst bestimmt[ ... ]." Diese Kapelle hatte Ulrich Ilsung 1355 reich dotiert. Drei Jahre zuvor war vom Augsburger Rat „eine Gemeinschaft der Jacober", sicher eine Bruderschaft, verboten worden . Das Spital wurde in der Folgezeit von Augsburger Bürgern für die „Versorgung [städtischer] Armer" bepfründet; seit 1462 mit 20 P lätzen 57. Daß auch die Familie Ilsung zur Dotation des Spitals beitrug, und daß sie die J akobuskapelle im 15. Jahrhundert weiter förderte, ist nicht unwahrscheinlich, läßt sich aber nicht sicher erweisen. III. Sebastian Ilsungs Reise nach Santiago de Compostela Vor diesen Hintergründen und in diesem Kontext ist nun die Santiagoreise des Sebasti an Ilsung zu würdigen. Ihr Verlauf muß im einzelnen hier nicht mehr dargestellt werden, da dies bereits in den Vorbemerkungen zu meiner Edition geschehen ist 58 . Ich kann mich deshalb auf Aspekte beschränken, die für das Verständnis von Ilsungs Unternehmen und für 56 Die Chroniken der deutschen Städte 22 (Chroniken der schwäbischen Städte, Augsburg 3, Leipzig 1892) S. 520; einem Nachtra g Peutingers zufolge (s. ebd. Anm. 4) war es Zuo singen zuo sant Petter alle sampstag und all hailig abent mit ainem sequenz. - Das Jahr koll idier: mit dem oben erm ittelten Sterbejahr Ilsungs. Od er t rat die Stiftung erst mit de ~ 1471 erfolgten Erbteilung ins Leben ? 57 Siehe Susanne F. ESER,650 Jahre St. J akobsstiftung (1348 - 1998). Festschrift (Augsburg 1998) S. 4 ( 1. Zitat); zu Ulrichs Ilsungs Stiftung siehe dort S. 6 f., zu den „Jakobern" S. 8. Siehe weiterhin KIESSUNG, in diesem Bande S. 24f. sowie von STETTEN (wie Anm. 38) S. 110: "Er [Ulrich Ilsung] erneuerte d ie St. Ja co bs-Cap elle und stiftete eine ewige Meße darin.". 58 H0NEMA NN (wie Anm. 1) S. 63-71. <?page no="169"?> Augsburger Netzwerke.indd 169 Augsburger Netzwerke.indd 169 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsbur ger Pat rizier auf dem Weg nach Santiago 163 die Deutung seines Reiseberichtes wesentlich sind. Darüber hinaus seien einige von der neuesten Forschung zutag geförderte Details nachgetra gen. Bemerkenswert an seiner Reise ist das folgende: 1. Ilsung bewegt sich unterwegs ausschließlich in adeligen und fürstlichen Kreisen. Er sucht geradezu systematisch die Höfe weltlicher und geistlicher Fürsten (einschließlich hochgestellter Äbte) auf. Wenn möglich, erwirbt er dort die Ehrenzeichen der von den Fürsten gestifteten Rittergesellschaften und Bruderschaften, und er erhält im Hinblick auf seine Weiterreise die nötigen Geleitbriefe. Mitunter werden ihm Begleiter zur Seite gestellt, die ihm (auch) als Dolmetscher dienen. Ilsung bricht am Montag nach Palmarum (11. 4.) 1446 auf und reist zunächst nach Memmingen, wo er im Antoniterkloster absteigt. Dessen Hochmeister, der bedeutende Büchersammler Petrus Mitte de Caprariis, gibt ihm ein Empfehlungsschreiben an den Großmeister seines Ordens in Saint-Antoine -de -Vienne sowie einen adeligen Priester als Dolmetscher mit, der Ilsung bis Saint-Antoine begleitet (II, 82,3- 7) 59 . Darauf folgt die Weiterreise nach Genf (mit der Gefangennahme b ei Luzern) sowie der Empfang beim (Gegen-)Papst Felix V. und dessen Sohn, dem Herzog von Savoyen (III und IV); der Herzog gibt Ilsung einen reitenden botten mit seim schilt, und befalch im, das er mir wo! dienet und schicket mit mir zween ritter, die giengend mit mir z u des delphins bottscha! Jt unnd da vonn meinen wegen. (IV, 10-12). Ilsung sah dies offenbar als besonders wichtig an, denn in der Einleitung seines Berichtes bemerkt er, nachdem er notiert hat, daß er seine ganze Reise auf eigene Kosten unternommen habe: Unnd mit mir ain reyttenden botten , zu fuß ain bartzefant des hertzogen von Safoy, meins gnedigen herrnn . Der schuoff, das er hieraus mit mir reytten soft, als ach beschach. (I, 4-6) . Der savoyische Bote ist auf den Miniaturen der Londoner Handschrift jeweils mit abgebil det (Abbildungen ed. H0 NEMANN S. 85, 86, 87, 89, 90, 91, 92); auf drei Miniaturen (S. 86, 90, 92) auch der Percevant. Bote (und Percevant) begleiten Ilsung (und Jörg Rephun, siehe oben) auf seiner gesamten Reise, was daraus hervorgeht, daß er auf der Rückreise wieder am Genfer Hof Station macht und der Herzog von Savoyen ihn fra gt, ob sein knecht, den er geliehen hett gut gedient hätte (XIX, 15 f.). Di e beiden Ritter hingegen scheinen Ilsung schon früher verlassen zu haben . Wenn sie zum Hof des französischen Dauphins unterweg s waren, der damals in Grenoble 59 Zur Bibliophili e des P etrus Mitte siehe He lge ST EENWEG, Handschrifte nproduktion im Inku nab elz eitalt er am Beispi el d er Wolfenbütteler Bibelh and schrift Cod. Guel f. 1.a/ 1.b Aug. 2°, in: Ar ch iv fü r G eschi ch te des Bu chwe sens 29 (1987) S. 269-310, hier S. 280 f. <?page no="170"?> Augsburger Netzwerke.indd 170 Augsburger Netzwerke.indd 170 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 164 Volke r Honemann resi dierte, werden sie kurz vor Saint -Antoine nach Osten abgebogen sein; sie w erden im Bericht nicht wieder erwähnt. Der nächste Hof, den Ilsung besucht, ist der des Großmeisters des Antoniterordens in Saint- Antoine, ca . 15 km nordwestlich von Grenoble (VI). Hier verläßt ihn d er Antoniter -Prieste r, den Ilsung bish er verköstigt und der ihm viele Sehenswürdigkeiten gezeigt und Informationen geliefert hat (VI, 9-13 ). Vom Großmeister erhält Ilsung den orden sant Anthoni [... ] mit dem glaglin (also mit dem Glöcklein , VI, 4 f.). Der erste Fürstenhof, den Ilsung b esucht, ist dann derjenige der Königin von Arag6n, Maria von Kastilien, die in Tort o sa residiert; sie selbst legt ihm das Kleinod d es Ordens von der Kanne von Arag6n um (IX, 12; siehe dazu den oben mit Anm. 55 z itierten urkundlichen Nac hweis) und gibt ihm einenfider brieff (IX, 17) an ihren Bruder, den König von espania, Johann von Kastilien, mit. Nächste Station ist der Hof Karls von Viana in Olite, des (mit seinem Vater um die Herrschaft streit enden) Königs von Navarra, wo Ilsung dessen Gemahlin, Anna von Kleve, vorgestellt wir d . Es folgt ein Besuch am Hof des Erzbischofs von Burgos, Alfons von Cartagena, dem Ilsung 1438 in Breslau, wo er König Albrecht treffen wollte, begegnet war 60 . Ilsung s Bitte, ihm furderlich zu sein in daz feld zuo demm king von Ispania (XII, 10) erfüllt der Erzbischof; er gibt ihm ain edelmann und seinen deischen koch (XII, 13) mit nach Atienza 61 , wo König Johann von Kastilien in seinem Krieg mit Johann von Ar ag6n die Stadt belagert. In Atienza angekommen wird Ilsung vor den König geführt, übergibt diesem den Brief, den ihm dessen Schwester in Tortosa ausgest ellt hatte, bittet um libery v nd gesellschafft (XIII, 11) des Königs und erh ält wiederum einen Geleitbrief (jider brieff, ebd.) für die Weiterreise du rch das Königreich Kas tilien , die er dann da er ritterliche Taten, wie etwa die Beteiligung an einem Sturmangriff auf Atienza , nicht vollbringen kan n sogleich antritt . Auch in Santiago de Compostela, dem geistlichen (Haupt- )Ziel seiner Reise, interessiert sich Ilsung vor allem für einen Besuch am Hof des Erzbischofs Alvaro de Isorna. Er wird, nachdem ein Ritter gesehen hat, daß Ilsung im Chor der Kathedral e steh t , sogleich geb eten, dem Erzbischof seine Aufwartung zu machen. Vor dem Thron d es Erzbischofs im Chor der Ka thedrale liegt ein Teppich mit den Wappen de r deutschen Kurfürsten, die sich der Erzbischof von Ilsung durch dessen Dolmetscher (den Ilsung also anscheinend stä ndig zur Verfü gung hat) erklär en läßt. D er Erzbischof erweist Ilsung im fol genden große Ehre und gibt ihm einen Geleitbrief 60 Die Detail s HONEM AN N (wi e Anm. 1) S. 67 mit Anm. 20. 61 E twa 140 km nordöstlich von Ma d rid . (Provinz Guadalajara). Zu d en Vorgän gen siehe HONE MAN N (wie Anm. 1) S. 67 Anm . 21. <?page no="171"?> Augsburger Netzwerke.indd 171 Augsburger Netzwerke.indd 171 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 165 (briefj) an den obresten zuo dem Finster Sterenn (XV, 17 f.) mit, also wohl den Abt des Klosters von Finisterre. Pläne Ilsungs, auch noch den Hof des Königs von Portugal zu besuchen, zerschlagen sich, weil es dort keinen regierenden König und keinen Hof gibt (XVIII, 5-7). Gleiches gilt für Ilsungs Absicht, an den Hof des haidniche[n] king von Granat (XVIII, 13) zu ziehen, weil dort der sterb (also wohl die Pest, XVIII, 20) herrscht. Obwohl der König ein Heide sei, könne man, so Ilsung, seinen Palast besichtigen und sehen, wie er zu Tisch sitze; einer, der waz erst von im her us zogen (XVIII, 19), habe ihm all dies erzählt. Auf der Rückreise möchte Ilsung noch die Höfe der Könige von Frankreich und England sowie den des Herzogs von Burgund aufsuchen (XIX, 7-10), was sich deshalb zerschlägt, weil es ihm (merkwürdigerweise) an Geld fehlt. Seine letzte Station ist so der Genfer Herzogshof, wo er Bericht erstattet (wie es mir uf der rais gegan[g]en were und fra[g]t mich, wa ich ummadum gewesen were, und bey welichen herenn, XIX, 13 f.). Ein zentraler Aspekt von Ilsungs Reise ist also der einer „Reise nach der Ritterschaft" (die Ritterwürde möchte Ilsung, wie er selbst erklärt, gern erwerben, siehe XIII, 18f.), so, wie sie wenig später etwa der schwäbische Ritter Georg von Ehingen 62 und in den Jahren 1467-1469 der böhmische hochadelige Leo von Rozmital, der Neffe des Böhmenkönigs Georg von Podiebrad unternahm 63 . Daß fünf von neun Illustrationen der Londoner Handschrift von Ilsungs Bericht Empfänge an Höfen darstellen, unterstreicht, wie wichtig dieser Aspekt seiner Reise für Ilsung war. Inwieweit er dabei auch politisch tätig war, läßt sich nicht sicher sagen. Auffällig ist, daß der Herzog von Savoyen ihm auf seine Kosten für die gesamte Reise einen reitenden Boten und einen Percevant zur Verfügung stellt. Sollte Ilsung im Auftrag des Genfer Papstes Felix V. die Haltung der geistlichen und weltlichen Fürsten und Könige Spaniens zu der Frage erkunden, ob diese Felix oder seinen Gegenspieler, den 1439 vom Basler Konzil abgesetzten, in großen Teilen der Kirche aber noch anerkannten Eu gen IV. als rechtmäßigen Papst betrachteten? Sicher ist, daß Felix' Sohn, der Herzog von Savoyen, seit 1445 mit dem französischen König darüber verhandelte, wer denn als Papst anzuerkennen sei 64 . 62 Gabriele EHRMANN, Georg (Jörg) von Ehingen, in: Verfasserlexikon 2 (1980) Sp. 1200f. 63 Michael STOLZ,Tetzel, Gabriel, in: Verfasserlexikon 9 (1995) Sp. 718 f. Rozmital, des sen Reise durch zwei seiner Begleiter, den Nürnberger Patrizier Gabriel Tetzel in Deutsch sowie durch den Böhmen Sasek z Mezihore in Latein beschri eben wurde, besuchte z.B. die Königs- und Fürstenhöfe von England, Burgund und Frankreich, auch er gelangt nach Santiago de Compostela (ebd. Sp . 718). 64 Die Details bei HON EMANN (wie A nm. 1) S. 75 f. <?page no="172"?> Augsburger Netzwerke.indd 172 Augsburger Netzwerke.indd 172 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 166 Volker Honemann Ilsung bewegt sich dabei während seiner ganzen Reise, wie die Geleitbriefe und die zah lreichen Gespräche, die er an den Höfen führt, ze igen, in einem engmaschigen Kommunikationsnetz, was auch einschließt, daß er selbst Informationen liefern kann (z.B. dem Herzog von Savoyen [IV, 9]; den Erzbischof von Burgos informiert er über dessen Augsburger Amtskollegen Peter von Schaumburg, XII, 9f.). In Burgos trifft er einen Augsburger, her ]argen der iunger und übergibt selbst Brie fe an die „Freunde" des Erzbisc hof s ( Und bracht breff an dez bischoffs frond, die dieten mir groß er, XII; 14 f.) 65 . Erstaunlich ist bei alldem, daß Ilsung anscheinend über keinerlei Frem dsprachenkenntnisse verfügt. Er ist permanent auf Do lmetsch er angewiesen, die er in seinem Bericht mehrfach erwähnt (II, 2 [Anton iterpriester, der als Dolmetscher von Memmingen bis Saint -Antoine dient], III, 5 [deutsche r Kämmerer des P apstes Felix, der während der Audienz gedolmetscht habe dürfte], XI, 8 [Dolmetscher Ilsungs, der ihm etwas vom Hofmeister der Königin v on Navarra ausrichte t], XV, 8 [Ilsungs Dolmetscher übersetzt ihm, was der Erzbischof von Santiago ihm sagt]) 66 . Eine wichtige Voraussetzung für Ilsu ngs erfolgreiches Auftreten an den Höfen weltlicher und geistlicher Großer ist, daß er genaue Vorstellungen über rechtes Benehmen höhergestellte n Personen gegenüber hat. So küßt er beispielsweise, nachdem er vor ihnen niedergekniet ist, jeder der Königinnen am Genfer Hof, denen er vorgestellt wird, die Hand, alls den gewonheit ist (IV, 8). Da, wo ihn seine Kenntnis des rechten Benehmens im Stich läßt, weil er in eine für ihn neue Situation gerät, wird er entsprechend instrui ert: Als Papst Felix in Genf wünscht, daß Ilsung ihm seine Aufwartung macht, wird dieser zuvor underweysset, wie ich referentz unnd er erbietten solt (III, 8 f.). Als der Papst ihn auf die oberste Stufe seines Thrones zieht, empfindet Ilsung dies als ain große er, so nacht [... ] bey im kniegen (III, lüf.) 67. Von besonderem Interesse ist hier die Passage von Ilsungs Bericht, in de r er der Königin von Navarra und ihren Hofdamen seine Aufwartung macht (XI). Hier kollidiert Ilsungs „Gewohnheit" mit d er des Hofes. Als der Hofmeister 65 Leider äußert sich Ilsung hier z u nicht genauer. Hatte er die Briefe in Genf mitbekommen? 66 Zur Bedeutung der Dolmetscher siehe Volker HONEMANN/ Gunhild ROTH, Dolmetscher und Dolmetschen im Mittela lter . Eine Skizze, in : Germanistik genießen. Gedenkschrift für Doc. Dr . phil. Hildegard Bokova, hg. von Hana ANDRASOVA/ Peter ERNST/ Libuse SPACILOVA (Wien 2006) S. 77-142, hier S. 112. 67 Weitere Hinweise zu r echtem Ver ha lten bei Audienz en siehe V, 10 (Kn ien vor dem Großmei ster des Antoniterordens), XI, 12f. (Knien vor der Königin von Navarra und Handkuß, alz gewaheid ist), XIII, 8 f. (Kn ien vor dem König von „Spanien" und Handkuß), XV, 5 (dasselbe vor dem Erzbischof von Santiago). <?page no="173"?> Augsburger Netzwerke.indd 173 Augsburger Netzwerke.indd 173 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 167 Ilsung bittet, sich so zu verabschieden, wie es bei ihm Gewohnheit wäre, tut er dies (Niederknien vor der Königin, die eine Deutsche ist [! ] und Handkuß, auf ihren Wunsch hin Umarmung der Hofdamen und Händedruck) . Er erkennt aber rasch, daß die Hofdamen dies nicht mögen (Daz was in gar wider XI, 14), was zur Folge hat, daß die ganze Verabschiedung was an dem end ain grosse schmach (XI, 10). Hier prallen also - und diese Kollision wird anscheinend bewußt herbeigeführt verschiedene Verhaltenscodes aufeinander. 2. Ilsungs Reise ist aber a u c h eine Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela. Zu erkennen ist dies zunächst daran, daß er sie in seinem Bericht selbst als die grosse rais zu dem herren Sant Jacob unnd zu dem Finstern Stern bezeichnet (I, 1 f.). Über sein eigentliches Ziel besteht so keinerlei Zweifel. Dem entspricht, daß Ilsung in seinem Bericht die Kathedrale von Santiago und die Wallfahrt dorthin in einer für seine literarischen Möglichkeiten intensiven und ausführlichen Weise beschreibt (XIV, 9-15); dem Besuch der Kathedrale ist eine eigene Miniatur gewid met (S. 90). Ilsung weiß, daß die Reliquien des heiligen J akobus hinter dem Altar der Kathedrale liegen, daß diese ursprünglich ein heidnischer Tempel gewesen sei 68 , daß oben auf der Kathedrale ein Kreuz stehe, das vom Himmel herabgekommen sei, und daß die Wallfahrt nach Santiago die grest fart, die in der kristenhaid ist, an zuo dem halgen grab (XIV, 14 f.), also die bedeutendste Wallfahrt der Christenheit abgesehen von der in das Heilige Land sei, wo altag grase [Wunder- ]zaichenn besehen (XIV, 15 f.), daß die Pilger dort zu beichten pflegten und man ihnen gros ha! tum (XIV, 20) zeige. Zum Komplex der Jakobus-Verehrung in Santiago gehören für Ilsung auch die heiligen Stätten in Finisterre und in Mugia (Nuestra Senora de la Barca). Ilsung sieht dort an einem Berg bei Finisterre zum einen die Fußspur Jesu Christi und einen Brunnen, den der Herr gemacht habe (XVI, 13 f.), zum anderen Sessel der Jungfrau Maria sowie der Apostel Johannes, J akobus und Petrus 69 . In Mugia (Nuestra Senora 68 Wohl ein Reflex der Jakobuslegende der ,Legenda aurea', die den Leichnam des Heiligen im Palast des heidnischen Königs Lupa seine endgültige Ruhestätte finden läßt, der dann in die Kathedrale von Santiago verwandelt wird, siehe Die Elsässische Legenda aurea 1: Das Normalcorpus, hg. von Ulla WILLIAMS/ Werner WILLIAMS- KRAPP (Texte und Textgeschichte 3, Tübingen 1980) S. 445-452, hier S. 448. 69 Fußspuren Christi sind im Zusammenhang mit seiner Himmelfahrt, aber auch sonst als „Herrgottstritte" weit verbreitet (so z.B. in Einsiedeln und auf dem schwäbischen Rosenstein), siehe Eduard STEMPLINGER, Fußspur, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, hg. von Hans BÄCHTOLD-STÄUBLI unter Mitwirkung von Eduard HOFFMANN-KRAYER, 3 (Berlin 1931) Sp. 240- 243; siehe weiterhin die Verweise im Register (10, 1942, S. 105). Schwerer erklärbar ist Ilsungs Verweis auf die Sessel, wohl <?page no="174"?> Augsburger Netzwerke.indd 174 Augsburger Netzwerke.indd 174 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 168 Volker Honemann de la Barca) sieht er das steinerne Schiff, in dem der Legende zufolge der Leichnam des heiligen J akobus von seinen Jüngern aus dem Heiligen Lande an die nordwestspanische Küste gebracht worden war 70, außerdem den Mastbaum des Schiffes, 15 Klafter lang und von 20 Ochsen nicht zu bewegen, wohl aber von einem Pilger, der frei von Todsünde ist. Ilsung bezeichnet dies als da z grest wonder, daz ich uf der rais gesehen hann (XIV, 2; Federzeichnung S. 93). Ihm selbst gelingt es, den Mast mit seinem Finger zu bewegen, daz mich kain sach greser wonder namm (XIV, 13 f.; die ganze, recht ausfü h rliche Passage XIII, 1-16 ) 71. Die Passage macht deutlich, wie präsent für Ilsung das Wunder (und damit der Volks- und Aberglauben) ist. In die gleiche Richtung geht sein Hinweis auf Santo Domingo de la Calzada und seine Hühnerlegende, die den heiligen J akobus einem unschuldig gehenkten Pilger helfen läßt (die stat, da daz zaichen ist beschechenn, da die braten hener lebetig wordenn. Da sagt man noch, daz die hener, die da send, die seiend von den gebraten hener komenn. Die han ich ach gesehen, in der kirchen send sy enbo r, und ist ain bistum da, XIV, 3-7). Ein Interesse an der Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien läßt Ilsung aber auch wäh rend seine r Reise erkennen, so, wenn er beispielsweise am Hauptort der Antoniusverehrung, in Saint-Antoine-de Vienne einkehrt (V, 14). Auch hier betont Ilsung die bedeutende Wallfahrt dort- ,Throne' (Kuhlen) im Felse n. Für Maria könnte man hier an di e seit der Spätantike be ze ugten Darstellungen Mariä (als Gottgebärerin) auf dem Thron denken, siehe da zu Lexikon der christlichen Ikonographie 4, hg . von E ngelbert KIRSCHBAUM(Ro m/ Freiburg / Base l/ Wien 1972) Sp. 304 f. Was die drei Apostel angeht, bezieht sich Ilsungs Verw eis wohl auf de n im Liber Sancti Jacobi des 12. Jahrhunderts mehrfach (so besonders in Buch I, Kap. 15) erwähnten engeren Apostelkreis (wobei hier J acob u s Major und de r „Herrenbruder" J aco bu s Minor verwechselt werden), siehe dazu Klaus HERBERS, D er Jakobu sk ult de s 12. Jahrhund erts und der „Liber Sancti J acob i" (Historische Forschung en 7, Wiesbaden 1984) S. 74f. In Kap . XV des ersten Buches des Liber Sancti Jacobi, einem Sermo beati Leonis pape de Sancto Iacobo heißt es: Sicut enim iuxta numerum filiorum Jacob Dominus duodecim discipulos elegit, quos et apostolos vocavit, ita iuxta numerum sanctorum patriarcharum, videlicet Abrahe, Isaac et Jacob, ex ipsis duodecim qua dam prerogativa dilectionis atque virtutis tres, scilicet sanctum Petrum et beatum Iacobum et Iohannem fratrem eius, quasi principes et columnas ceterorum constituit. Zitiert nach: Liber Sancti Jac obi . Codex Calixtinus. Transcripci6n a partir del C6dice original por Klaus H ERBERS/ Ma nuel SANTOSNOIA (Santiago de Compostela 1997/ 1998) S. 78. Auf welchem Wege hieraus nun die von Ilsung gesehenen (und in einer Federzeichnung dargestellten, S. 92), sonst anscheinend nicht bezeugten „Sessel" beim Kap. Finsterre zum Ort der J akobusverehrung wurden, ve rmag ich nicht zu sagen. 70 Di e ,Legenda aurea' spricht lediglich von einem Schiff, bald darauf aber auch von eine m Stein, auf den der Leib des Heiligen ge legt w ird und der diesen umschließt und sich ihm als Sarkophag b ietet, siehe Die ,Elsässische Legenda aurea' (wie Anm. 68) S. 445-452 , hier S. 447 f. 71 Eine Quelle hierfür vermag ich nicht zu b enennen. <?page no="175"?> Augsburger Netzwerke.indd 175 Augsburger Netzwerke.indd 175 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 169 hin (grosse fart) und die grossen zaichen, die der heilige Antonius, der dort leibhaftig liege, alle Tage tue (V, 6f.). Für Toulouse (Delosa) teilt er mit, daß dort ligend V apostell unnd sant Joerg (V, 4); ein Reflex des überreichen Heiligen- und Reliquienschatzes von Saint-Sernin. Von besonderem Interesse ist für ihn der heilige N arzissus, den Ilsung als einen der Augsburger Stadtheiligen kennt. Er ist derjenige, der im Hause der Prostituierten Afra absteigt und sie bekehrt; der Hauptaltar der Kirche des Klosters St. Ulrich und Afra in Augsburg ist dem heiligen Narzissus, der später nach Gerona zurückkehrte und dort den Märtyrertod erlitt, geweiht 72 . Ilsung versucht während seiner Reise zweimal, in Gerona Reliquien des Heiligen zu erwerben, sicher um sie in Augsburg zu stiften. Im letzt en Abschnitt seines Berichtes schreibt er: Und kam wider in die stat, alz vor gemelt ist, da sant Narzissus ! et. Und was in hoffnung, der bischoff wer komenn. Aber er was noch us, und macht mir kain haltumm wer[d]enn von dem halgn. Sy dorsten "wa gten" ] mirs nit geben an "ohne"] den bischoff, sonst wer mir an zwiffell ains worden, und muo[s]t mich sy[n] gancz verzegen [ganz darauf verzichten] (XIX, 2-7). Deutlich wird hieraus, daß Ilsung auch schon auf der Hinreise nach Santiago, die ihn ja über Barcelona geführt hatte, in Gerona Station gemacht hatte; auch bei diesem ersten Besuch war der Bischof der Stadt, Bernardus de Pavo, der am Basler Konzil teilnahm, nicht anzutreffen 73. Wenn Ilsung am Ende seiner Reise Gott, SanktJ akob und den Heiligen dafür dankt, daß sie ihn unterwegs vor Gefahren bewahrt hätten (XIX, 23 f.), dann belegt das auch seinen eigenen Glauben an die Wirkkraft der Heiligen. Daß das Gebet zum heiligen J akobus hilft, hatte er am eigenen Leibe erfahren: Auf dem Weg nach Finistere hatte Ilsung sich verirrt und war fast bis Mitternacht am Strand entlang gezogen . Also half! mir got und sant Jacob, daz ich kam in ain weiller (XVI, 6 f.). 3. Sebastian Ilsung interessiert sich während seiner Reise aber auch für „Sehenswürdigkeiten"; er nimmt damit einen wichtigen Aspekt späterer Bildungsreisen vorweg. Erkennbar ist dies zunächst daran, daß er ausdrücklich erwähnt, der Priester (und Dolmetscher), den der Hochmeister 72 Hiltgart L. KELLER, Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gesta lten (Stuttgart 2 1968) S. 20f. und 386f.; Augsburger Stadtlexikon (wie Anm. 34) S. 225, dort zu den verschiedenen Afraviten. Wohl in Augsburg entstand um 1400 eine Reimlegende der heiligen Afra, siehe Karl-Ernst GEITH, ,Afra', in: Verfasserlexikon 1 (1978) Sp . 72-74 . Zu weiteren vo lk sprachigen Afra lege nden (vor allem in den großen Legendaren des Spätmitte lalters) siehe Werner WI LLIAMS-KRAPP, Die deutschen und niederländischen Legendare des Mittelalters (TTG 20, Tübingen 1986) S. 386. Daß Ilsung eine Afralegende kannte, ist recht wahrscheinlich. 73 Vgl. hierzu HON EMANN(wie Anm. 1) S. 71 und 65. <?page no="176"?> Augsburger Netzwerke.indd 176 Augsburger Netzwerke.indd 176 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 170 Volker Honemann des Memminger Antoniterklosters ihm bis nac h Saint-Antoine mitgab, ihn alle ding schauen [ließ] und set [sagte] mir alle gelegenhait; ist vif wunder zu sechen (VI, 12f.); der Priester dient ihm also als ,Reiseleiter', und es gibt unterwegs offenbar viel und erstaun liches zu sehen. Konkret wird Ilsungs Interesse an Sehenswürdigkeiten zum ersten Mal, wenn er in Nimes den grosse[n] tempel von grossem gemair und so groß stein daran, das es nit menschlich ist, das man es glauben soft, das es menschen gemacht habend (VII, 2-4), also das römische Amphitheater, bewundert74. Ilsung vermag dieses auch mit einem Gebäude zu vergleichen, das er anscheinend aus eigener Anschauung kennt: Es ist noch groesser den des Berners haws zu Bern (VII, 4 f.), womit er die Arena von Verona meint7 5 . Nimes und die Alyscamps sind Ilsung so wichtig, daß er ihnen einen eigenen Abschnitt in seinem Bericht widmet (VIII), nachdem er am Ende des vorhergehenden Abschnittes noch erläutert hat, Kaiser Kar l (natürlich Karl der Große) habe den tempel in Nimes und die ab goetterey der haidenn zerstört, es sei da der groß streytt geschehen; Karl habe von Gott ein Schwert und einen blauen Schild mit drei Lilien darin erhalten (VII, 6-9); dieses Wappen führten die Könige von Frankreich noch heute (VIII, 11f.). Karl habe in dem großen Kampf gesiegt und so die letzten Heiden vernichtet (VII, 9-11) und zum Dank für den Sieg einen Tempel bauen lassen, der auf einer großen Heide liege. Der Tempel, den er besucht habe, sei ganz zerfallen (VIII, 1-3). Karl habe darin seine mechtig diener (VIII, 3), die in dem Streit erschlagen worden seien, bestatten lassen . Diese Gräber, mehr als zehn weiße und prächtig skulp ierte Marmorsarkophage, habe er aussen unnd inne, und ire gebain darinn mit großem Interesse gesehen und auch, daß Karls Paladine groß unnd starkh leytt seynd geweßen. (VIII, 6f.). Ilsung verhält sich hier geradezu wie ein moderner Bildungstouris t, der seine Vorkenntnisse über Karls des Großen südfranzösisch-spanischen Hei d enkampf, wie ihn der ,Pseudo Turpin' und der Santiago-Pilgerführer des 12. Jahrhundert beschr ieben hatten, "vor Ort" bestätigt findet 76. 74 Als Ilsung es zu sehen bekam, war es längst in eine „Befestigung, umwehrt mit starker Maue r" umgewandelt worden, siehe V. LASSALLE, Nimes, in: Lexikon des Mittelalters 6 (1993) Sp. 1194- 1196, hier Sp. 1194. 75 Vergleichbar sind diese Ausführungen mit dem, was ein Ha lbjahrhundert später der rheinische Ritter Arnold von Harff notiert, siehe Die Pilgerfahrt des Ritters Arno ld von Harff [... ], hg. vo n Eberhard von GROOTE (Köln 1860) S. 221, 24-29 (mit Verweis auf di e Theater in Verona und Pola, die er ges ehen und beschrieben habe). - Wenig später vergleicht Ilsung Barcelona mit Venedig, das er anscheinend ebenfalls selbst kennt (IX, 1-5) . 76 Beide Texte sind bekanntlich Teile des ,Liber Sancti Jacobi' (Code Calixtinus). Der Pilgerführer erwähnt ausdrücklich die Marmorsarkophage, siehe Der Jakobsweg. Mit einem mittelalter : ichen Pilgerführer unterwegs nach Santiago de Composte la. <?page no="177"?> Augsburger Netzwerke.indd 177 Augsburger Netzwerke.indd 177 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patri z ier auf dem Weg nach Santiago 171 IV. Ilsungs Reisemotive und sein Reisebericht Sebastian Ilsungs Reise an zahlreiche geistliche und we ltlich e Höfe Frankreichs und Spaniens und zum Grab des Apostels Jakobus nach Santiago de Compostela ist so ein Unternehmen, in dem sich Streben nach Ritterschaft, Frömmigkeit und Politik mischen. Daß für ihn einer der drei Aspekte dominierte, läßt sich seinem Bericht nicht entnehmen. Eine Trennung der drei Aspekte voneinander wäre auch nicht sachgerecht, zumal sie für Ilsung miteinander in vollem Maße kompatibel wa ren . Wenn Ilsung beispielsweise in der Kapelle von Finistere sein Wappen anschlägt (XVIII, 3), dann ist dies sowohl Ausdruck seiner sozialen Stellung (und seines Familienbewußtseins), wie auch Dokumentation seines Frömmigkeitshandelns. Der Bericht, den Ilsung nach seiner Rückkehr anfertigte, ist so in mehrerlei Hinsicht von besonderem Interesse. 1. Als Teil-Autobiographie (die uns mitunter sogar schon Gemütsregungen des Reisenden erkennen läßt , wenn erz . B. am Hof von Navarra zum Gespött gemacht wird, XI) steht er in der Tradition ähnlicher Texte, die oft Teil von Familien- oder Hausbüchern sind. Das bekannteste Beispiel dafür ist das Hausbuch der Nürnberger Fami lie Rieter, das über zweieinhalb Jahrhunderte (1384-1626) hinweg Berichte von Familienmitgliedern über Reisen zum Heiligen Grab und nach Santiago de Composte la enthält 77 . Es ist gut vorstellbar, daß Sebastian Ilsungs Bericht ursprünglich ebenfalls Teil eines derartigen Hausbuches der Familie Ilsung war; der gegenwärtige Status der Londoner Handschrift spricht jedenfalls nicht gegen eine solche Annahme. 2. Ilsungs Bericht ist nicht frei von Fehlern, was seine Reiseroute angeht. Während dabei die von ihm angegebene Route von Genf über Lyon nach Toulouse (eine andere Identifikation von Ilsungs Delosa, V, 3 ist auch wegen der für diese Stadt erwähnten Reliquien nicht möglich) Ausgewählt, eingeleitet und übersetzt von Klaus HERBERS(Tübingen 1986) S. 107, der lateinische Text bei HERBERSISANTOSNOIA (wie Anm. 69) S. 241 f. Der Ps.- Turpin spricht in Kap. XXVIII von den beiden berühmten Friedhöfen, dem der Alyscamps bei Arles und dem bei Bordeaux, wo die größte Zahl der christlichen Märtyrer nach Karls Spanienzug bestattet worden sei, siehe Di e Chronik von Karl dem Großen und Roland. Der lateinische Ps .-Turpin [... ] ediert, kommentiert und übersetzt von Hans-Wilhelm KLEIN (München 1986) S. 114f. Der lateinische Text auch bei HERBERSISANTOSNOYA (Anm . 58) S. 222. Keiner der beiden Texte ist allerdings so detailliert (Scha u der Ske lette) wie Ilsung. 77 Helgard ULMSCHNEIDER, Rieter, Peter, Sebald d.Ä. und Sebald d.J., in: Verfas serlexikon 8 (1992) Sp. 73-75 . <?page no="178"?> Augsburger Netzwerke.indd 178 Augsburger Netzwerke.indd 178 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 172 Volk er Honemann und dann zurück nach Saint-Antoine-de-Vienne (V) noch merkwürdig anmutet 78, so erinnert er sich in bezug auf die Lage von Santo Domingo de la Calzada (für ihn westlich von Le6n) deutlich falsch (XIV, 1-7), Santo Domingo liegt östlich von Burgos. Dies spricht dafür, daß Ilsung sich unterwegs keine Notizen gemacht hat, sondern seinen Bericht nach der Heimk ehr niederschrieb. 3. Ilsung hat seinen Berich t, und dies ist für die Zeit seiner Entstehung ungewöhnlich, von vornherein auf eine Illustrierung angelegt. In seiner Vorbemerkung heißt es: Unnd was hernach geschrieben statt u n n d g e m a l t, da z hat sich alls erga nngen [... ]7 9. Vergleichbares findet sich im deutschen Sprachraum erst mit den Berichten des Bernhard von Breidenbach und des Arnold von Harff 80. Die Illustrationen sind so als genuiner Teil von Ilsungs Bericht anzusehen, die eigene Aussagequalität besitzen (was in der obigen Interpretation des Textes berücksichtigt wurde). Es ist deshalb zum einen wichtig, zu beachten, w a s Ilsung illustrierte, weil dies seine besonderen Interessen wiederspiegelt (nämlich vor allem die Empfänge an den Höfen und die heiligen Stätten in Santiago und Finistere), zum anderen, w i e er dies tat. Auffällig ist hier beispielsweise, daß wir Ilsung auf allen Fe d erzeichnungen kniend, gekleidet in eine schwarze (burgundische ? ) Hoftracht, mit sehr eleganten, spitzen Schuhen und mit äußerst gepflegten, gekräuselten blonden Haaren sehen; diese „Uniform" war wohl für seine Besuche an den Höfen erforderlich8 1. 4. Ilsungs Bericht ist von be trächtlichem Interesse für die Geschichte des Frühneuhochdeutschen, dies besonders d eshalb, weil hier ein Mensch des mittleren 15. Jahrhunderts wohl zum ersten und fast (denkt man an 78 Unsere moderne Vorstellung, die davon ausgeht, daß ein Ziel stets auf dir ek tem Wege, d. h. auf der kürzest möglichen Wegstrecke zu erreichen ist, darf sicher nic ht ohne we iteres auf das Mittelalter übertragen werden. 79 HONEMANN (wie Anm. 1) I, 9f.; di e Sperrung von mir. Dies bel egt im übr igen, da ß die Londoner Handschrift entweder sehr autographnah ist oder , wie ich verm ute n möchte, selbst das Autograph darstellt. 80 Di etrich HUSCHENBETI, Bern hard von Breid enbac h, in: Verfasserl exikon 1 (1978) Sp. 752-754, hier Sp. 752 zu den Illustrationen; Volker HONEMANN, Arnold von H arff, in: ebd . Sp. 471 f. Arnold v erweist in seinem Text mehrfach auf dessen Illustration en, die damit, de u tlich er noch als bei Ilsung, vo n Anfang an zu diesem gehören. 81 Georg von Ehingen ließ sich offenbar wie später Breidenbach -von einem Maler auf seiner Ritterreise begleiten. Die Handschriften seines Berichtes sind durch 10 qualität vo lle Porträtdarstellungen der von ihm aufgesuchten Herrscher geschmückt, siehe die Abbildungen in: Georg von Ehingen, R eisen nach der Ritterschaft, hg. von Gabriele EHRMANN, 2 Bde. (Göppingen 1979) hier 2, S. 133 ff. (Ab b. 1-10 ). <?page no="179"?> Augsburger Netzwerke.indd 179 Augsburger Netzwerke.indd 179 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago 173 den von ihm stammenden Teil des Ilsungschen Ehrenbuches) einzigen Mal einen „literarischen" Text produzierte. Der das tut, ist ausdrücklich (darauf weist auch die Absenz von Fremdsprachenkenntnissen hin) als nicht-literat zu bezeichnen, was zur Folge hat, daß sein Text der Umgangssprache Augsburgs in der Mitte des 15. Jahrhundert recht nahe stehen dürfte. Für Bildungsferne spricht überdies die geradezu extreme stilistische Schlichtheit des Textes, die auf Schritt und Tritt ins Auge springt. So kann Ilsung z.B. dreimal hintereinander einen Satz mit dem Prädikat feit (liegt) einleiten (XVII, 2-6 ), da beginnen die meisten Sätze entweder mit einem Da, Darnach oder mit Und, da werden wichtige Details bei der Schilderung eines Vorganges im ersten Zugriff vergessen und dann nachgetragen (VI, 11-13 ), da wird die Bewertung eines Vorganges vor die Schilderung desselben gesetzt (XI, 10), und da wird geradezu überbordender Gebrauch von Unsagbarkeits- und Abbreviatio-Topoi gemacht, wobei das es wer noch lanng zu sagen (III, 14) und die vielen vergleichbaren Formulierungen kaschieren, daß der Berichterstatter sich von der Komplexität seiner Materie immer wieder überfordert fühlt. Auch die nicht gerade wenigen Schreibfehler der Londoner Handschrift tun ein übriges, um den Eindruck der Illiteratizität zu verstärken 82 . Gerade dies aber macht den Bericht des Sebastian Ilsung für uns heute, und vor allem für eine historische Sprach- und Literaturbetrachtung, besonders interessant. Insgesamt bietet er so einen tiefen Einblick in die Vorstellungswelt, Kenntnisse und Interessen eines süddeutschen Patriziers in der Mitte des 15. Jahrhunderts. Er leistet damit einen nicht unbedeutenden Beitrag zu einer besseren Kenntnis der Geistes- und Kulturgeschichte dieser Zeit. V. Anhang Abdruck des auf Sebastian Ilsung bezüglichen (und von ihm herrührenden) Teils des ,Ilsungschen Ehrenbuches', hg. von Ph. W. G. HAUSLEUTNERin: Ders., Sebastian Ilsungs Wallfart nach S. Jago und an andere h. Orte in Spanien, im Jahre 1446. In: Schwäbisches Archiv, hg. von Ph. W. G. HAUSLEUTNER,Professor an der Kg! . Hohen Carls- 82 All dies spricht im übrigen ebenfalls dafür, daß wir es in der Londoner Handschrift mit Ilsungs Autograph zu tun habenein auch nur halbwegs professioneller Schreiber hätte zumindest die vielen Schreibfehler, vermutlich aber auch die schlimmsten stilistischen Schnitzer beseitigt. <?page no="180"?> Augsburger Netzwerke.indd 180 Augsburger Netzwerke.indd 180 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 174 Volker Honemann Schule, 2. Bd., Stuttgart 1793, S. 338-34 3 8 3. Auszug aus dem Jlsung. Ehrenbuch, Sebastian Jlsungs Reißen, Orden und Gesellschafften auch anderes betr. [.. .] (S. 340) Jtem hey ist zu merken von den Gesellschaffeten vnd liebereyen die ich han erlangt vnd geholet an manchen enden vnd kueng reichen ich obgenanter Sebastian Jlsung alz vf mein aigen kost vnd ze rung . Jtem den ersten hat mich begabt der allerdurchleichtigester kuenig Albrecht von esterrich dez hallgen remischen reich kuenig zu vngern vnd zu bechern der hat mir um mein (S. 341) dienst die ich dem halen rich getan han zu sein gnaden gen bechern geraisset uf mein kost dar mit er mich begabet mit seiner kuengklichen genaden gesellschaft vnd lieberey die ward mir ang ehenkt von aim ritter zu pressla in der statt. Jtem hat mir gegeben der durchlichtig kung von ispania vnd von kastilia sein lieberey vnd gesellschaft am gellen vnd am silberen band da er zu feld lag vor dem kung von naff ere ich was in dem feld bis an den feinfften tag vnd warten allz tan uf ain sturm am [um? ] guten stat zu gewinen vnd wer da wol ritter worden mit grossen eren, da wollt ichs nicht an mich nemen . Jtem mer so hat mich begabet die kuengin von aregoney mit ir liberey vnd gesellschafft ain weise stol mit aim kentlin die hat mir ir kuengklich genad mit iren henden vm getan ach ain halsband mit kent[l]in vnd ain greiff daran zu eren der himmelkuengin marea vnd beschaj in ainer statt haisset tortosa in dem kuengreich von falenza. Jtem mer bin ich begabet worden von dem großmaister von sant antoye in dem telfinat in frankreich da er leibhafftig leit der hat mir geben die gesellschafft sant antoyes orden, dazselbig halsband soll ich geben nach meim tod gen memingen oder ain halb mark silbers vnd bin ach in der bruderschafft alz wert der orden ist. Jtem so hat mich begabt de r grossfuerst vnd her von der grosse Glogau in den schlesien der hat mir geben sein gesellschafft ain siden ban d vnd beschach in ainer stat ist nit fer von Rom. 83 Im folgenden Abdruck wird Schaft-s durch rundes s wiedergegeben; hochgestellte Buchstab en (e über u) werden nachgeste llt. Abkürzungen (z.B. J t. für J tem) werde n, abg ese hen von Münzbezeichnungen, aufgelöst. Mögliche Verlesungen Haus leutners werden in [... ] korrigiert . Eine Komment ierung des Textes bei Roth von Schreck enstei n, S. 671-677. Zu Ilsungs schlesisc h em Ritterorden siehe H ermann MARKGRAF,Über eine sc hl esische Rittergesellschaft am A nfange des 15.Jahrhunderts, in: DERS.,Kleine Schriften zur Geschichte Sch lesiens und Breslaus (Mitteilungen aus dem Stadtarchiv und der Stadtbibliothek zu Breslau, 12. Hef t, Breslau 1915) S. 81-95, hier besonders S. 90 f. (mit Erwähnung Ilsungs ). <?page no="181"?> Augsburger Netzwerke.indd 181 Augsburger Netzwerke.indd 181 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 ---~ , + Lyon Ein Augsburger Patrizier auf dem Weg nach Santiago (i) Sion Freiburg @ <-! ) Basel K'- St. Gallen ~ <-> : : : : .: : > ~ 1( =~ • / ? " Luzern,0 : : ."; ' 1 Locarno ~ j( 'fr. ".,(,/ "1/ \ Lugano Var_ese@ " Atienza (e, Madrid @ Davos 175 Augsburg @ München Innsbruck @ Trient @) 1 1 1 50km o~ l ~ 100•m Abb. 1 und 2: Reiseweg des Sebastian Ilsung von Augsburg nach Santiago de Compostela Jtem hey ist zu merken daz mir der durchleichtig fuerst und her her albrecht marggraf von brandeburg vnd burgraffe zu neirenberg mich begabet hat mit seiner genaden gesellschafft vnd libereye darvm daz ich virbracht hat mein altes herkamen vnd mein wappen mein fordern und ich gefiert hand ob fierthalbhundert Jaren vnd kueng (S. 342) albrechten in des halgen richs diensten nach gezochen bin gen bechern uf mein kost vnd zerung ach ander ritters raissen getan in menge kuen[g]rich wen ich <?page no="182"?> Augsburger Netzwerke.indd 182 Augsburger Netzwerke.indd 182 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 176 Volker Honemann begabet bin worden mit iren gesellschafften vnd von soliche redlichait so hat mir mein genediger her markgraff albrecht darvm sein gesellschafft erlabt vnd vergint zu tragen vnd mir dez brief vnd sigell gegeben durch bef elnis dez wirdien heren her konraten schenken von schenkenstain tomher zu Augspurg und Aichstett dem han ich gelobt vf meins genedigen heren brieff vnd sige ll an statt seiner ge n aden wie die gesellschafft vsweisset ach so hat mir her konrat schenk von schenkenstain ain konschafft geben vnder seinem anhangendem sigell vf feren alz obgemelt ist daz ich durch soliche redlichait vnd alltes herkomen erlanget han zu anspach am freitag nach sant michelstag nach lant [laut] des versigelten briff den ich darum han von meinem genedigen heren im lxv. J ar. Die Gese lschaft ist gemacht woren von dem fuersten von brandenburg in der er der himmel kuengin maria nach usweisung der ardickell, was die Gesellschafft in hallt vnd ist alles bestet von dem halgen stul zu Rom. J tem dez ersten ist zu mercken daz ain kloster ist gestifft in der eren der Junckfrau maria p[re]monstercien ordenn den heren desz klosters geit die gesellschaff t ir narung die seinigen vnd ! essend besunder vnd in allen messen haben sy ain sonderlich bet vnd hayl aller der die in der gesellschafft send sy habend auch im J ar zey viermalen J artag mit vigyli vnd selmessen vir alle die in der gesellschaft beschaiden send. Ach ist zu wissen welicher die geselschafft an sich nemt der sol geloben die nach geschriben ardickell zu dem ersten sol er vngefarlich so bald er mag xi Rh. Guldin geben vnd schicken gen brandenburg in das kloster obgeschrieben. Ach sol er die liberey machen bey ainer mark silbers vngefarlich vnd das Halsband vnverdeck tragen vorus (S. 343) vnser frawen abet vnd tag vnd all sontag durch daz J ar vngefarlich wa er daz niet tet welicher dann in der gesellschafft ist vnd in darum begegnet dem sol er ain gros geben ze bues der sol es den armen le iten geben . Jtem er sol ach all vnser frauen abent fasten vnd wa die gesellen die in der Gesellschafft send ain rat vnd samunng machen werden, wird er gefordert, so sol er komen. Jtem er sol auch ordnen nach seim tod daz er daz halsband welle ordnen gen brandenburg in daz kloster vnd ach damit sein namen vnd Wappen dahin schicken so wissen sy den wol was sy sein er sel zu hilff sond ton. Hat er aber ain elichen son der die gesellschafft haben will so mag derselbig sun daz halsband wo! lesen vm ain guldin vnd hernach ach sein lebtag tragen vnd sol der den guldin vnd die wappen gen brandenburg schicken. <?page no="183"?> Augsburger Netzwerke.indd 183 Augsburger Netzwerke.indd 183 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Ein Augsburger Patri zier auf dem Weg nach Santiago 177 Jtem wurd er gefordert gen brandenburg zu der heren begrebnis so so! er kamen oder so vil geltz dahin schicken alz er verzert hat ungefaer lich. Jtem er so! ach alle tag das salfe regina beten oder vij bater noster und aue maria oder armen leiten vij d . geben in der er der Junckfrauen. Jtem sein er so! er verantworten vor aim feirsten der geselschafft und wa er ain gesellen hert reden an sein er denselben so! er es antworten vnd ims verkinden. Jtem wer sach, daz ainer in der gesellschafft zu armut kerne so so! im ain feirst von brandenburg nemen an sein hoff ist er ain ritter so! er gehalten werden selb trit zu ross vnd ain knecht mit zwainen. Jtem die freihait ist der Gesellschafft von dem stul zu Rom geben wen der gesellen ainer an dem firsten hoff ainem ist am karfreitag bis vf den o[s]terabet ze mittag vnd beicht dem wirt sein sind vergeben von bein vnd schuld. Resumen: EI artfculo muestra las condiciones de vida de! patricio de Augsburgo Sebastian Ilsung (des pue s de 1400- 1468/ 69) en el contexto de Augsburgo y su viaje emprendido en 1446 a Santiago de Composcela. A la luz de las transmisiones contemporaneas de Augsburgo y de su propio informe de viaje aparece Ilsung tanto de patricio (p. e. tomando parte en torneos) que visita el mayor numero posible de cortes y desea ser investido en sus 6rdenes de caballeros, como de diplomatico, que al parecer se encontraba de viaje por mandato de! (contra)papa Felix V (lo que por lo demas corresponde con sus testificados servicios diplomaticos para los diferentes prfncipes en muchos pafses de Europa) asf como de devoto peregrino a Santiago que en su viaje visita ademas de la tumba de! ap6stol Santiago otros lugare s sagrados (asf St-Amine, St-Sernin en Toulouse) y en Gerona intent a conseguir las reliquias de Narciso, santo de la ciudad de Augsburgo. EI informe de Ilsung sobre su viaje, quizas anotado e ilustrado por el mismo, le muestra como testigo de su epoca , que permite adentrarnos en el mundo espiritual de! siglo XV. <?page no="184"?> Augsburger Netzwerke.indd 184 Augsburger Netzwerke.indd 184 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 <?page no="185"?> Augsburger Netzwerke.indd 185 Augsburger Netzwerke.indd 185 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder Jacobus maior und seine Pilger in der Druckgraphik ROBERT PLÖTZ Meinem Urgroßvater, dem Augsburger Vergolder Trautwein und meinem Großvater, dem Augsburger Feinmechaniker August Schneller, zugeeignet. Der Anlaß, einen kleinen Beitrag zur Verehrung des Apostels J acobus maior und seiner Anhänger, der Pilger, zu verfassen, liegt am Tagungsort selbst. Die Stadt Augsburg war innerhalb einer gewissen Zeit eine europäische„ Weltstadt", die nicht nur durch ihren Fernhandel und den damit verbundenen Dynastien (Fugger, Welser etc.) bekannt wurde, sondern auch durch ihre bis in Übersee bekannte Funktion als „Bilderfabrik", die gerade auf dem Gebiet der Heiligenverehrung alte Inhalte tradierte, neue Moden und Ideologien aufnahm. Die Gelegenheit, sich mit den Augsburger Jacobus-Bildern zu beschäftigen, hing mit der glücklichen Wahl dieser Stadt als Tagungsort der 19. Jahreshauptversammlung unserer „Deutschen St. Jakobusgesellschaft" zusammen. Ein weiterer Anlaß zur Beschäftigung mit der Augsburger Bilderwelt 1 ergab sich aus der häufigen Erwähnung Augsburger Verleger und Stecher bei den Andachtsbildchen 2 , die bei der Anlage einer Sammlung von J acobus- 1 Zum Begriff „Bild", der hier nicht diskutiert werden kann, vgl. die weiterführende Veröffentlichung Der Bilderalltag. Perspektiven einer volkskundlichen Bilderwelt, hg. von Helge GERNDT/ Michaela HAIBL (München 2005). 2 Zur Literatur vgl. das „Korpus-Werk" von Adolf SPAMER,Das kleine Andachtsbild vom XIV. bis zum XVIII.Jahrhundert (München 1930), ferner Gustav GuGITZ, Das kleine Andachtsbild in den österreichischen Gnadenstätten (Wien 1950); Wolfgang BRÜCKNER,Andachtsgraphik, in: Keysers Kunst - und Antiquitätenbuch 3 (München 1967) S. 101-131; DERS., Populäre Druckgraphik Europas. Deutschland vom 15. bis zum 20. Jahrhundert (München 2 1975); DERS., Massenbildforschung. Eine Bibliographie bis 1991/ 95 (Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte 96, Würzburg 2003 ); Hans DüNNINGER, Kleine Andachtsbilder als Indikatoren für Wallfahrt, in: Wallfahrt, Pilgerzeichen, Andachtsbild, hg . von Wolfgang BRÜCKNER <?page no="186"?> Augsburger Netzwerke.indd 186 Augsburger Netzwerke.indd 186 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 180 Robert Plätz Andachtsbildchen für das Niederrheinische Museum für Volkskunde und Kulturgeschichte in Kevelaer auftraten 3 . Da die enorme Produktion Augsburge r Verleger im Barock gerade auf dem Gebiet der kleinen Andachtsbilder in der Fachwelt bekannt ist, die in ke iner einschlägigen Graphiksammlung fehlen dürfen, wandte sich meine erste Anfrage an den ehemaligen Direktor der heute ausgelagerten Graphischen Sammlung en der Stadt Augsburg, Herrn Dr. Gode Krämer, der mir bei meiner Arbeit sehr behilflich war . Auf meine Erwähnung des „Catalogus Novus" des Verlags der Fratres (Gebr.) Klauber, den Albert Spamer 1930 4 als nicht auffindbar erwähnt, erklärte mir Dr. Gode Krämer, daß sich ein Exemplar unter den Beständen der städtischen Bibliothek befände. Nach Einsicht vor Ort, die mir Frau Dr. Schürmann von der Städtischen Bibliothek unbürokratisch und sofort ermöglichte, konnte ich folgendes feststellen: Entgegen der Aussage von Georg Schreiber, der von einer Nachblüte des Jacobus-Kultes in der Neuzeit sprachS, wird unter den im gedruckten Klauber-Katalog angebotenen Heiligenbildchen kein einziges von J acobus aufgeführt . Nachfrage und Angebot? Die Einsicht (Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte 14, Würzburg 1982) S. 149- 160; Adolf REINLE, Andachtsbild, in: Le x. MA 1 (1977) Sp. 582-588. Zu r Bedeutung des Werkes von Adolf SPAMERvg l. Daniela STEMMER-KILIAN,Adolf Spamer und die kle in en Andach ts bilder, in: Arbe it skre is Bild Druck Papier 10, hg. von Ch rista PIESKE/ Konrad VANJA/ Detlef LORENZ/ Sigrid NAGY (Münster 2006) s. 83- 102. 3 Vgl. Robe rt PLÖTZ, Jacobus ma ior - Jakobus der Ält ere - Saint Jacques le Majeur - Iacobus de Meerdere - San G iacomo il Maggiore - Santiago Apostol. Eine An dachtsbild sa mmlung im Niederrheinischen Museum Kevelaer (Bestandskata lo g 4, Goch 2007). Weitere Arbeiten zuJacobus im Andachtsbildc he n: DERS., Jacobus Maior als ikonographisches T h ema im kleinen Andachtsbild, in: Das Kleine Andachtsbild. Ausstellungskatalog Vreden und Ke velaer (Straele n 1982) S. 13-23; DERS.,Der Ap os tel St. Jakobu s der Ältere in Zeugnissen des vo lk stüm lich en Andachtsbildchens. Aus der Sammlung des Niederrheinischen Museums für Volkskunde und Kulturgeschichte Kevelaer. 8. Jahresgabe der Deutsch en St. Jakobus-Gesellschaft Aachen (1994); DERS., Imago Par vula Beati J aco bi, St. James, in: The Hope , Ausstellungskatalog Palacio Gelmfrez (Santiago de Compostela 1999) S. 105-113, und DERS., La ima gen popular de Santiag o el Mayor , in: Santiago Ap6stol desde la memoria, Ausste llun gskatalog Iglesia de San Domingo de Bonaval (Santiago de Compostela 2004) S. 160-175. 4 „Ein 1770 verausgabte: Verlagskatalog der Klauber "Novus Cata lo gus Imaginum, quas Klauberi ... ad Catho l. Imaginum cultum erud itas Thesium splendores & ad castas oculorum delicias sculps. & excudit Aug. Vind. An no 1770") ist zwar in der Literatur bekannt, doch ließ sich trotz vieler Bemühungen einstwei len kein Exemp lar davon mehr erm itteln" (SPAMER, Das klein e Andachtsbild [wie Anm. 2] S. 230 Anm . 1). 5 „ein sonnenhafte r und volksna h er Herbst" (Georg SCHREIBER, Deutschland und Spanien. Volkskundliche und kulturkundliche Beziehungen [Düsseldorf 1936] S. 421) . <?page no="187"?> Augsburger Netzwerke.indd 187 Augsburger Netzwerke.indd 187 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 ,·,.,.(."; .m" "•~••· 1 J,; : ~_,; ,; ,_l ,~,~~c "<em'c, "'""' · lc'; '~; _I ,': ,1 ·' ·t: i„--: o ,.. nffl : : ,... ,.. ...ilit."hinC: ' t Rl,b.r l 11-.r. r: u.-.l 1'-Ö·.1.~.: ..r• UokrSt1: : 1rn l \. ind: : : -H: : 1,·: . • 1roi,_ lj ,; .: : .f<_ ~~.~.' t(·.~ .. ~-r~~-, ~: rbc. & ~,~· -j -1<> .. 1 ; ~ ~ ~: t: ~1.~! : ° : t: i: L' ~: _; : ; •; t; : '; ~: , ~~ : i l , ,. "~~ " ... & c,... ? r" & °"'"·1 · 1·1 'N""·" ~"' " ,..s.. I '" ' " b: ,j-~~-i~C t '.C&R~v.S.R.1.P.~t.q~ 40 ; : : ,: ~\: '.: : : ; .J; . •: ~.d~a~! : umu. ~ ~ • • A hM ,$8,dS.G~,. " 9 jf~+liffä: ,u.ß\t ,; Lg ~II I, 9' , Oiciftm<! ~ COf_r<lcm. _ .~.; . 7 1; t·. 1,....r; .. (-.1<: J .; .l. u. .'i y, . ! >bf1: 1&J'M~h c1.1 aj i'.fodG""ll 1iesra., .H 7 11 ". S. ·_( "'""' . •a. ~-: : , : ; 1 9: 1 .! t~"'\l,\~ l; : r~t: .: : ; ~a; . ~: tll "lio.H 7 ~ : : t: \: i'.i=~ Cru~ . : : ~ JI ' 9l- S.J,Ji: dc-Cw.,ertiuuVrd.Atu,.. C,xi\ . 3+ : 1•~·•. ~-uti_· r-: .r,0: : : 1• . , ~o S 1 • ~ ,. : -i. ·.r,cl,"-t A,.! l.; ,11~ ... ,\ l.! I. : i) .i ~i- ; 4~: t~~N .\ t.hol C,1: tl : \! • : -' ~ : ~ OS• • H· >: U. , Hom o . . oo S II 96 r , .,3. ! 11J.t CT 0oi.,: -<'I! ~. 20 .'I • , ~e"_ : - . : Jq.,linnu l-''-'N"'3 •t..rJ, ,o _, 97„ SS. Tril: : t! ls C' llm IX. An&dorum ' <··~- ·,1: u i1i' i.lkhr1m: .: ..ut.llefu ti: St: 11. .X> S • dio : -i: a.. • .'P : ; '--': ~ • i··: u k•fu~ JN1, -·~a.••,U(l l l' .. w.-L II S)J' . H.C,d.hic ~ u f,Jio ! '-: ..! uruor~. : » : 'S n ,tt'C'! k. l'r111; ; o. ' .. zo 5 9'; . S P~lrt: 1' kcg'1,l'l-.i~Or d11-~..fr : iDi: . 1 • .,i.; .. ~-: rr~.; : ! : ic, _l ; .,'1. ~co iutum. l.k-un , J uo„ftn t : .. c.br~rY. t: on k), 1 z6 j ,.~: ». ~t: t: l•0I~~=.! i'.! : : : : 1~'. = : J .: »I , s. fg..~ticn 5. J. t'..nc! uor. : ! O : . . ' <; r. M .r.(~t 0 ,: ,4m,.: . ClWI l~ i ri lll~ ! : O s 11 l "<Z. S. >: " ~,.-....,.~,iw h1JJ , . Apo1? . : : ,<,1 S , ... s <.11tba rln1\" . &,1,I.. ~ 5 .1; iJ„ S" ..,_ ~fü. : • s: "\.Jok! °l'<"oll.11 \.1.,ua Sa.! ,~-, 1 •~.~~: Hu ! -.ar. • \" .-~·II\ .: o .s l •-j tS' \,~; ti: .'tT'·· : ~ : -: 4 t; ,; ; ~ .~~ \; ,~: ~~s.r. ~~ ~- ~ ~ 1 05, ~- .. 'li: _,j,~! '..l1 Poat: r: lllt U ftucli-,C,c J u• 1 1 ~; : : " i_'; .rottr: J ll.uuu i.: ,. ,·i,rd. ~lltrolll.! ' ""111.m, . ~ 3 ,·onr"1'<1': t: 111.. ~ 5 : ; : ~~; t: ~~= ~.: : : : ~: : : : : : \i~ ~d"1~~~: · ; ! l OILS. \\l~! Vlc1unkfulo do.rni.ot~ . ~ 5 ,. , • 1civ. s. L1en«! s. "1: 1a1.i\Wi.EJ, : io I s 161. . • ,: """".'T, •? ,., •. : r .. t J I : ), S. t'~: 11nd 11: -,.btr: 1". 20 S , ~ • ,.,.. t: : u l.. S. ? . -ur: N: n. aJ fqn,! fttor . : : . o S 16 : : .. ..: • .qr • ~•• ., ' 1 u. S. Acgc! lir.u, Ootl.<>r i! a l. : : o 5 ,. . . ""t 113. S. t Ö, {1: ,; "riu, PP.~üd. 20 S , 63. • l.·J.,t"rlt~,..,~·,. I: ~t ._,t .1 •+ S. ,\ u,~ro'1n • 1-: i"; rc: Out tur E...-..: ! . : io 5 , , . ) . ➔ , • 1 1,; . ~. ffi .: ninv m 11,; Döfl: l'rr J: .cel. : : .o I S 1"4- -'"~ cJ! J"7.-'/ I ,; 1.-h, .("' ._, i~ ! ~F·· ·· ~ ! : : it: ·: : ,'. ( J2 3. S.J,-_,.. t.~ )'.•ri u f mul. O td. ss. ,ns. .,.--f..-uc/ .; ' ,. - II Tt i.nit. ~ 5 .4': 1 , . : , J : : .+ : : ,c , _h ux t~ v.: 11 1~. fu n<I.? rd. ss. 16y. .. . q '"' ·1 ... ,1.. .. i II T 1 fo itsisdi: kcJ.,..,pt.l.ap l •\"" . ~ 5 •1 ~ : : : ~~~CaJarimt.Sc OOLfurum : : . o 5 ' ? 0· . Fund . , : ,: , 5 ': ' '- S. M~M • bo 11<> ConL! io . 16 -4 J.: t7, S. ftuc'.fru Saltl. u, L{)1Ü'. ~0 5 q·-: . ~® ~ NO VUS CATA LOGUS I MA GI N UM , ,. Qu a.-s „ Kl: iub<.-ri , Cadtolici, Sert..· ni'fi-Jti & Rev1..•ren diiJ\mi Art: hicp. & EI& Trev ir. & F.pire. A<1gufi, . uti l\c. Se relitfimi I: : . lec.l. &. Com. ! 'itlat. r.ec nnn Celfini.mi Prin,: ip: s Ka. ~pi.iua. Cbalco; ; ni? ht ; -\.lj ~lci, 11~ ....: athol. _lm: 1t uu.n c u! t u: Jl, cru ihtos TJ1eliw : 1 fpl..: ol! or: s & ad oul : f> t><'IU(.,n,lr " ti.l IClill.ll bi {pl & ~ M'1id. A(! g .. \i ncl. Ann o 'l? · 1 ·~·1·· 1 ,. ,; ; " -1Äl- ,., ..€.niniculr-tz.•c ioclf~ °'_ 'rJU• . Owt. "it'1. JF.riint~: .tlpa: 1c lnci(ie o blio] u.e, nu: rr . l\al. "'""ilr.: Sti ch il'4rJWff$. flr,r. fl-,: .1 1 Wti.'fe .Srir h Ubcn -...·~h. · f: O r. f1or . ,. ' ! '111.vd" oilil,; h • l'-~~~ •S . . .t ➔- 1"nft 11n>.t rl . l'r=r i Afeuio„ 4~ S &a>~•• """'" - 90 n 1"· '; ; ~,t; : ,: 't~; : , ~\'.'. .; : ..i.u • 11~ , +' 8 II ~-- · 40. 5. : \ u; : uftinm U: t-11 ,t . niakw. p l'.i J · S .rcm u f'a: ians p11nl)'t: i<un• l 6o l t -t( ,S.Arg 11_ft.h1 cl 11 .l'tm-abuMe , hE<: p,· +- S.l' o11 11u,A• bß.. cn rn u,fe lit""ilPrz.1id~. fu u frwa i.; ,.Jmno . +7- 8 5. Murt'lpnctij . V . 1~Linc t: fo1■ c.,: m4. 1 ~ i .; fl.. ~- T bv m u r..~_\i: ! ~_11ov: i, ~ S . 6. fng ~i114.)1J1.wt1alm+. t.: ...l: k m. SS 1 o s: : i. J: '~: l i.11~K„Jll.a, 1loi! Olo~ll~ (! Jiµ II c..a,blt '11. : , S J.O 11,tl). S._, \ l"y li"' l u1Wfu1mu" &rp.1t.anY{11- \ s: .. rs. 'fl: 01u ,.l~1t.Tl-lo,i: 1a .l •~ 8 , , , ". Lo„i ,m>pri,~! n, 1"' 8 1 Clll,u; ~ utol.iltr . ,p. ~ ... l~ ' ""w•'• ..,..,__ ".._ " , 1". 1. 1l ! : t S.: , ~ ., : iu h{)&r: ~1Wü! l.a: - J. 43 8 • • "" <, .v () ,rud,; -r 2.. -4S li 3 1, • r ,\h r..oli~•= -"''" I" ·/ -·~''"'' - " m•rt=' tig u~ I 1 1 1 ,. i t ; t; }z-~1.; ... : : ~'; : , ,; : : : 1: n Dct. l ~ : 55. ~t~! . ~ 11 ~ 1 d«lmta, & ,. 36 ! t! rtru' itM! 1'W11. 36 1 7 S1 u V : '1: ..I ~~m r,c,'': ; iu! a 61/ klb tii• t: ~\ ~L ~~~~t'td. ~-~~~~~ - ,(-. < f .A„dmbS„ Aui,; .E~u! . o..a 1 •.'i ; i: r, j i.~}~ ~~ : ~: ~.~~ 1~ " : .,._.l •. Jd,w; m. S . IJJ: <• •,-=-ilnn,: b.t • .JS -: ,: . - . ..... " • . ! ·-iu>t" . " aph„ .f: i ! : : ~, lt~,),~~: ~; .: ; : : k cx~ ·rnµl. l ! ; · : : 3. ~ . l•r,l . II i.111 ~; ..ll: )II •' • .... 1,: .il• y~• f"-ki""aC."C.<'.._~-u; ilu. 4S : i: 4- ~t Fr>< .,.·. 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Ho< ,: "~ al t uA bra h.t ♦~-tl1'~ P": -tgrl• nO-.'I l11~do~ . 3! i 8 II 57 .C n,Ll1u ,11k1.nplo& rnccüc: ,Dtt('hn"'II ..,. 5~ . C1•~1 Ur...i l nl.. : \lo j 7 ! I~· L1iri.lt\1$~'1b.l -diu: : Jtt'm.1"t=CCah luL 36 ""· 6r . ( V~. Chri! ? u, • ? JQ«T.J ~l: g• 6: -.. ; < 1 : f-: ~t ~ 1! "w~~, rr1icu In 36 •· 1 - · : "S 6; . ] >j A W11mu1! 'Jtt: rf: 111 1iliuco ndu· • 1 ",. = ,: ""- ,. v.~~•- .,. , , 8 6+ lH y~mJ. ..J ~jr: fuiuJspNilim- 8 ".1~ut11. ; p 7 • 1 •-1-"'" • '"~'· b.,~ & Jouatla, . ,o , ~ g 66. ~ .~ i 1eir: drr-r. Ho~ 1It' , J6 ; . 8 6-, ._-~ ~ <Vefpcr.fü •c &lh ·b.-cc- 11. ; 16 li ~ {i)I. ! " ~l ~n-.t' .fu. Su b J acoli„ 36 7 . : II: · ? -f : : ; : ~,t y; .: : ~I : : : : : ~ ~: : , 36 : ~ S A', \ ttt..t l2. .1 6 7 ''. f I s . / 1. k i..: u_,. ra trO n Ul(On l r,; k'T•1 II i ' " ""' "'· 36 ' 1 : , ; -: : . ~ 1s . st-Mll,; ,.: 1u• P1t1V1: . ~• cocitr• • 1 l pe-ft~11t . 36 7 / = ; : 1- < fT.al-: 11•. ~ }.t= "'""': 36 7 : + : ,.: , G : ilh 1.,. ! i . ru ; _~ , X..v., '36 7 - .,; .. ~ ~11,duratm-. S. fr ,11c-. 1.....,ri. g(j 8 ; -~ ? t~~~; .: . -; ; : ; ~~u,. ~~ ,II "'."'4 - \: l: • , 11. _ 1.-a , S. Joierh & •lii• San. 1 , 11 ,.. ~~ '.~'.: : 'im n.~ & &M· 3" ~ ~cr.1u.r: e111ti . ~f~f~ra1\i .-ru. : f,'.i fP .. \'ita ,.·onma p.L" ti..-.. : ; , H.ie~ol : iutJ. s6 : 8,." t•: "'D 1P<,"tt4 .t.'k, tt.: --l- ..>-(•~ )"( )'{ '" Abb . 1: "No vu s Caralogus Imaginum, quas Klauber i ... ad Carhol. Imaginum cu ltum eruditas Thesium splendores & ad castas oculorum delicias sculps. & excu d it Aug. Vind. A n no 1770", S, 1 und 3 ~ l: : OQ : : ; .. l: : ~ "' "' bei ~ "' "' - 00 - <?page no="188"?> Augsburger Netzwerke.indd 188 Augsburger Netzwerke.indd 188 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 182 Robert Plätz in den Werkkatalog d es berüh m ten Stechers Martin Engelbrecht 6, der im Zeitraum von 1711 bis 1756 in Augsburg als Stecher und Verleger tätig war 7, ergab auch nur zwei Erwähnungen: "S.Iacobus Major' in einer Folge von 16 Blatt als Nr. 5" 8 . In einem anderen Zusammenhang wird die Darstellung eines galanten Pilgers erwähnt 9 . Georg Schreiber ergänzt de n Engelbrechtschen Werkkatalog noch um eine emblematische Darste llu ng mit dem Titel „IACOBUS MAIOR. Apost. et terror hostium Ecclesia: " (Mart. Engelbrecht excud. A . V.) 10, auf die ich weiter unten zurückkomme 11. Eine Sichtung der ausgelagerten Bestände der Graphischen Sammlungen der Stadt Augsburg 12 , die in ein Depot des Römischen Museums [sie! ] ausgelagert worden war, brachte ebenfalls keine überraschenden Ergebnisse auf dem Gebiet der Andachtsbilder, führte aber zu einem Überraschungsfund . Es stellt sich aufgrund der d ürftigen ersten Ergebnisse die berechtigte Frage: Gab es eigentlich eine nennenswerte Produktion von Jacobus- Andachtsbildchen in der „Bilderfabrik" Augsburg? Vorauszuschicken ist die Bemerkung, daß gerade die kleinen Andachtsbildchen der Druckgraphik für den persönlichen Bedarf bestimmt waren und deshalb keine großartigen Überlieferungsbestände mehr vorhanden sein können, zudem ihnen auch kein besonderer künstler ischer Wert zuerkannt worden ist. Eine Ausnahme bildeten die hochwertigen Klosterarbeiten und die Blätter der Miniaturisten. Wie sind die Quellen einzuordnen? Der „Catalogus Novus" der Klauber-Fratres kann m. E. nicht als Negativbeleg für die Beurteilung der Aktualität eines seit Jahrhunderten 6 Zur Vita: Augsburger Stadtlexikon, hg. von Günther GRÜNSTEUDEL/ Günter H ÄGELE/ Rudolf FRANKENBERGER(Augsbu rg 2 1998) S. 381 (mit Lit eraturhinweis en), vgl. auch weit er unten, S. 213 f., Anm. m. 7 F r iedrich SCHOTT, Der Augsbu rger Kupferstecher und Kunstverleger Martin Engel brecht und seine Nachfolger. Ei n Beitrag zur Ges chichte des Augsburger Kunst- und Buchhandels von 1719 bi s 1796 (Augsburg 1924) mit üb er 4.500 N ummern . 8 Mit J esus, Maria, Johann es dem Täufers und den Aposteln. "Sämtliche Personen mit H eilige n- und Märtyrer -Attributen auf Sockeln unter Bogen st ehe nd; in den Sock eln Sz ene aus dem Leben des Dargest ellten nebst Bibelstelle. 112 x 64, fort! . num . l. u.: Cum Privil. S. C. Maj., r. u.: M. Engel brecht sc. et exc. A. V". Ebd. S. 107. 9 „Folge von 4 Blatt. Le Pelerin Galane. Der galante Pilgrim . 230 x 180.1. u.: Wachsmuth inv. del. et sc., darunter: C. Priv . S. C. Maj ., r. u.: Marc . Engelbrecht excud. A. V. "links". Ebd . S. 79. lO SCHREIBER, Deutschl and und Spani en (w ie Anm. 5) Tafel 11, Nr. 22 [30.]. 11 Vgl. unten S. 204 und S. 213, Anm. m. 12 Auch hier wiederum me inen her z lichen Dank an Dr. Gode Krämer, der offensichtlich als einzig er die Übersicht über d ie Bestände ha tt e. <?page no="189"?> Augsburger Netzwerke.indd 189 Augsburger Netzwerke.indd 189 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 183 bestehenden Heiligenkultes herangezogen werden, da er nur das Produktionsangebot des Jahres 1770 und zudem vielleicht nur die Liste der aktuellen Neuerungen betraf. Der von Schott erstellte Werkkatalog von Martin Engel brecht ist, wie Georg Schreiber belegt hat, nicht vollständig. Und die angeführten Augsburger Bestände sind wahrscheinlich nicht systematisch zusammengekommen. Leider sind die Graphikbestände der Diözesanmuseen 13 und anderer Sammlungen 14 nur zum geringen Teil bearbeitet und publiziert, aber daß es immer noch erstaunliche Angebote auf dem Andachtsbildchen-Markt gibt, mögen zwei Beispiele belegen. Einen immensen Quellenfundus bot das Auktionshaus F. Zisska & R. Kistner im vorletzten Jahr an 15: eine „Heiligenbilder-Sammlung von ca. 450 Heiligenbildchen. 17.-19. Jhdt. Überwiegend Kupferstiche" für € 3.000. Darunter befanden sich zahlreiche Blätter Augsburger Meister wie Elias Baeck, Johann Georg Bergmüller, Martin Engel brecht, Jakob Andreas Friedrich, Gottfried Bernhard Göz,Johann Daniel Herz, Joseph und Joachim Klauber und Johann Martin Will. Selbst die elektronische Versteigerungsbörse e-bay ist für Überraschungen gut. Am 13. März 2005 erfolgte z.B. der elektronische Zuschlag in Höhe von € 124,45 für ein reich ausgestaltetes und mit vielen Motiven versehenes Jacobus-Andachtsbild des Augsburger Verlags Göz und Klauber aus der Zeit um 1750 16. Von Überseebeständen ist ganz zu schweigen. Das signifikanteste Beispiel im Falle Jacobus ist ein Kupferstich des 13 Vgl. z.B. den Katalog der Würzburger Sammlung des Pfarrers Josef Hofmann, die allerdings nur in Teilbereichen veröffentlicht ist. Vgl. Beate PLÜCK, Die Bade n- Württembergischen Wallfahrtsbildchen der Sammlung Hofmann. Abbildungen und Katalog, in: Wallfahrt - Pilgerzeich en - Andachtsbild , hg. von Wolfgang BRüCKNER (Veröffentlichungen zur Volkskunde und Kulturgeschichte 14, Würzburg 1982) S. 47- 148. 14 Wolfgang BRÜCKNERweist darauf hin, daß „die Kupferstichkabinette allerorten voll von Augsburger Ware sind" (Populäre Druckgraphik [wie Anm. 2] S. 211 A-214 A für Augsburg) und erwähnt noch verschiedene Bestände wie die Pfeffelbände der Stuttgarter Staatsgalerie, die Klebebände des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg und die 800 Blätter an den Wänden des Dürnsteiner Kellerschlössel (ebd.). Leider konnte ich aus Zeitgründen diese Bestände nicht einsehen, nehme aber an, daß es sich mehrheitlich um Bilder zu bewegten Landschaften in der Art von Nilson mit figuraler Staffage und „Rocaillemotiven in Umrahmung und Kartuschen" (SPAMER,Das kleine Andachtsbild [wie Anm. 2] S. 231) handelt und weniger um kleine Andachtsbilder. Neuerdings erschienen: Das Klein e Andachtsbild. Graphik vom 16. bis zum 20. Jahrhundert . Auswahlkatalog des Museums Schnüttgen, hg . von Manuela BEER/ Ulrich REHM (Hildesheim/ Zürich/ New York 2004). 15 Auktion 48 (17.-19. Oktober 2006) des Buch- und Kunstauktionshauses F. Zisska & R. Kistner, München, Nr. 2057, Grundgebot€ 3.000, S. 341. 16 Artikelnummer 6516938982. Kupferstich, H 47 cm x B 35 cm. <?page no="190"?> Augsburger Netzwerke.indd 190 Augsburger Netzwerke.indd 190 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 184 Abb. 2: III. QUI CON· CEPTVSESTDE SPIRITV SANCTO.NATVSEX MARIAVIRGINE. Kupferstich auf Papier, Hendrick Goltzius, Niederlande, ca. 1589 Robert Plätz III . QVI CONCEPTVS EST DE SPIIII.UTV SANCTO , NATVS EX MARIA VIR.GINL.~ 3 S- ! t: ) ·, . ~.: __~ " Niederländers Hendrick Goltzius (1558-1617) 17, der als Vorlage vielfach für Darstellungen verschiedenster Art herhalten mußte 18. Im Katalog der Ausstellung „Santiago y America", die 1993 im St. Martins-Kloster in Santiago de Compostela durchgeführt wurde, wird mit drei Abbildungen auf einen Kupferstich des Augsburger Künstlers Christian Rugendas (1708-17 81) 19 nach einem Entwurf von 17 Vgl. dazu den Ausstellungskatalog Der Kupferstecher He ndri ck Goltzius 1558-1617, Red. und Konzeption Robert PLÖTZ (Kleve 1982) Abb. 5 1 auf S. 104. 18 Vgl. Robert PLÖTZ, Katalogbeschreibung „Santiago el Mayor" , Copia de la terce ra plancha de la Serie „Credo Apostolorum", Hendrick Goltzius, c. 1589, in: Ausstellungskatalog Santiago, Camino de Europa. Culto y cultura en la peregrinaci6n a Composte la, hg. von Serafin MORALEJO ALVAREZ(Santiago de Compostela 1993) S. 509, Nr. 183. 19 Chr istian Rugendas ("°20.1.1708 Augsburg, tl0.7.1781 Augsburg) aus der berühm ten Künstlerdynastie Rugendas, die v. a. durch ihre Schlachtengemälde für die Raumausstattung von Schlössern bekannt wurde, war ein Sohn von Georg Philipp Rugendas <?page no="191"?> Augsburger Netzwerke.indd 191 Augsburger Netzwerke.indd 191 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 185 Abb . 3: "Peregrinamur a Dom ino. 2 Cor . 5.6." Kup ferst ich auf Papier, um 1741, Verlag J osep h un c.J o hannes Klaub er, Augsburg Abb. 4: P er egrinamur a Domino . 2 Co r. 5.6." Öl auf Leinwand, 18. Jahrhund ert, Bernardo Rodriguez, Quito (Ecuador) <?page no="192"?> Augsburger Netzwerke.indd 192 Augsburger Netzwerke.indd 192 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 186 Robert Plätz J. Haintz 20 hingewiesen, ein äußerst aufwendiges emb lematisches Blatt, dessen Provenienz ich noch nicht ermitteln konnte 2 1. Einern künstlerisch hochwertigen Blatt des Augsburger Künstlers Iohann Lor enz Haid 22 könnte ein Ölgemälde des venez ianischen Künstlers Giovanni Battista Pia z etta (1682-1754) als Vorlage gedient haben 23• Ein weiterer überzeugender „Bildtransfer" im kleinen Format über den Atlantik hin weg liegt mit dem Klauberbildchen „Peregrinamur a Domino" 24 vor. Detailgetreu wurde die Vorlage in ein Ölgemälde auf Leinwand von dem Künstler Bernardo Rodriguez im 18. Jahrhundert übertragen 25 . Weitere Nachforschungen auf diesem Gebiet könnten sicher in überzeugender Weise die weltweite Rolle der „A ug sburger Bilderfabrik" als Modell für Muster und Vorlagen belegen. Es ist zudem nicht einfach, eine ikonographische Einordnung der Darstellun gen des Apostels J acobus maior vorzunehmen 26 . Sie sind je nach Zeitstufe, Interessenl age und ökonomischer Verwertbarkeit sehr unterschiedlich. Einmal rückt das Martyrium in den Vordergrund, dann seine Predigertätigkeit, sein Kampf gegen die Mauren "miles Christi") und sein Wirken in Mirakeln. J acobus geht Partnerschaften ein (Katherina, Christopherus,J ohannes z.B.) und wird in Interessengemeinschaften mit anderen Heiligen eingegliedert, wie es die Serie „Credo Apostolorum" oder der be rühmte „Pestaltar" aus der katholischen Pfarrkirche St. Lau- und lernte be i J. B. Probst. Vgl. Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELE/ FRANKENBERGER(wie Anm. 6) S. 768. Der Stammvater der Künstlerfamilie Rugendas, Nikolaus I. , folgte der Anziehungskraft des Handel s- und Kunsthandwerkszentrums und ve ränderte sich 1608 von Melsungen nach Augsburg, wo er 1616 die Meiste rgerechtigkeit erhielt. 20 Sant iago y America. Ausstellungskatalog, hg. von der Xunta de Galicia (Santiago de Compostela 1993) S. 279 und 386 Nr. 104, Anonym, Kupferstich 17. Jahrhundert[! ]: so in der Katalogbeschre ibu ng. Die Datenberichtigun g ergi bt : 2. Dritt el 18. Jahr hundert. 21 Briefw echsel mit dem Museo del Banco Central, Quito (Ecuador), das die Darstell ung vom Museo de! Convento de San Francisco de Quito (Ecuador) übernommen haben soll. Dem Koll egen vom Museo de! Banco Central ist die Darstellung nicht bek annt. 22 Schabkun st in Blaudruck. Vgl. unt en, S. 198, Abb. Nr. 12. Zu Augsburger Blaudrucken vgl. SPAMER,Das kleine Andachtsbild (wie An m. 2) S. 234. 23 Im Ka talog Santiago y America (wie Anm. 20) als „anonimo europe o" des 18. Jahr hunderts b eze ichnet (S. 382, Nr. 100). 24 Vgl. PLÖTZ, Jacobus maior (wie Anm. 3) S. 89. 25 K ata log Santiago y America (wie Anm. 20) S. 383, Nr. 10 1. 26 Zur Jacobu s- Ikonogr aph ie vgl. u. a. Serafin MORALEJOALVAREZ, Der heilige Jakobus und die Wege seiner Ikonographie, in: Santiago de Composte la. Pilgerwege, hg. von Pa o lo CAUCCI VON SAUCKEN (Augsburg 1993) S. 75-90. D eutsc he Übersetzung de r Mailänder Ausgabe von 1993, und Robert PLÖTZ, Jacobus Maior. Geistige Grundlagen und ma te ri elle Zeugnisse eines Kultes, hg. von Klaus HERBERS/ Dieter BAUER Qakobus-Studien 7, Tübingen 1995) S. 171-232. <?page no="193"?> Augsburger Netzwerke.indd 193 Augsburger Netzwerke.indd 193 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 187 rentius von Bremm an der Mosel zeigen (1631 ), der sich heute im Rheinischen Landesmuseum in Bonn befindet 27 . Alle diese Formen werden überlagert von der populären Darstellung des Apostels als Pilger, in der er in alia effigie seine Anhänger auf ihrem Weg begleitet. II. Der oben angesprochene Überraschungsfund ist eine bisher unveröffentlichte Aquarellkopie von Johann Lorenz Rugendas d. Ä. von 1758, die nach einem nicht mehr vorhandenen Fresko von 1460 in der St. J akobskirche im Jahr 1758 angefertigt wurde. Das Fresko stellte den linken Teil eines Triptychons von 1460/ 70 dar, mit dem Marientod als breitem Mittelteil und den Heiligen Antonius Abbas (rechts) und Jacobus mit dem Stifter Jacob Haust samt Wappen 28 zu seinen Füßen.J acobus erfüllt hier in seiner Funktion als Namenspatron die Aufgabe als Todespatron und Fürsprecher für den Verblichenen. Links im Bild in einer Kartusche steht der Kopiervermerk von Johann Lorenz Rugendas d.Ä. von 1758: Das Bild des H. Jacobi M: 13 (15 ? ) Schuh hoch samt dem unter ihme kniend betenden natürlich abgeschilderten Jacob Haust auf die Mauer gemahlt befindet sich in der evgl. Pfr. Kirche zu St.Jacob hinter dem großen Cruzifix. Neben bey wart St. Antonius, es ist aber jetzt nichts mehr als was in dieser richtigen Copie zu sehen vorhanden, der unten stehende Reime ist mit gothischen Buchstaben in dem angezeigten Raum, davon auf der Maur noch der Anfang zu bemercken, geschrieben gewesen. Den ich Lorenz Rugendas vom Original abgezeichnet 1758. Rechts unten daneben befindet sich der Vermerk einer früheren Restaurierung des Fresko: Renovatum A 1630. Darunter: S. IACOBUS. Unter der Bildleiste befindet sich der Originaltext: Nach Christi Geburt zählt man fir wahr Gott dem Almechtigen zue Lob und Ehre. Und allen glaubigen Sellen, daß Sie werdten erlest sein Alle salue mit Segen dem Sacramint durch den ErsammenJacob Hausten genandt. Dadurch er hie erwerb die Ewig Rue. Tausent vierhundert achtzig und ein Jahr Seiner werde M uetter und alle Himmlische Heer den Lebendigen zue Hilf/ und auch zue Trost. 27 Zusammen mit Sebastian, Rochus und Christopherus, ebd. S. 228-230, mit Abb. 28 Im Augsburger Stadtlexikon irrtümlicherweise dem Geschlecht Weiser z ugeschrieben. <?page no="194"?> Augsburger Netzwerke.indd 194 Augsburger Netzwerke.indd 194 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 188 R obert Plä tz ~oc ,tfp ·lti s·r&ruf.Mß 6monfiriuQ/ ir .C'oi1fc1rfvie vru1 __rtori,&ifl ft: r! ! ! .1 1.. nIr, ~off~ftnlll ·qnt'~üe: to6illiti){ 1 fire, .,.5emet·i11tr'ilÖl1urftt~ tl: llllr~rm 1 ~r~ 1 rrr .un~alla1{)1i · .Sr[@~'ilewrn: >fferfr» .. bm-lrbali,iqm§ifr fatJ)fr _m'llaiic/ iM'rs o ~einctffe .Sa I mit )>rqm~rn .Sacram·u,f . 3ri'l,1rfc1n9o1i,: ; 8niifi_6v19 9,fi! c'fff u_: r,o~ri'b : .,ürcf/ ; ,rn -frfaiiirn c.)_11co6 boitWmge11an'ti . €111 ~l'l")iit.D119/ llü,! J.H1irE'/ }rtn1oo/ lf min)t S,~'M~ ~C: htJ<rll'~i( füi11)lilc . '.: >13rrfir! h11 bif~rm bdtt~"-oH mir}) 'b.1ijüt L1mni . Abb. 5: Jacobus prote _ctor et intercessor. Aquarellkopie (1758) von Johann Lorenz Rugendas d.A.a Nach einem Fresko von 1460,Jakobus als Namenspatron und Sterbehelfer für Jacob Haust <?page no="195"?> Augsburger Netzwerke.indd 195 Augsburger Netzwerke.indd 195 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 189 In diesem Gottes Hauß Ewig gestiefft und vollend Ein Buerger zue Augspurg zue Ehren woll Erkandt Wer fir ihn bit dem helff Gott auch darzue Amen. Der Totenmemoria und der persönlichen Beziehung zu ihrem Schutzheiligen verpflichtet ist die Darstellung der hll. J acobus und Helena auf der Deckplatte aus Porphyr des Hochgrabs des Kramer und Goldschmiedes Conrad Hirn und seiner Frau Afra, das sich heute im Augsburger Dom befindet. Ursprünglich war die Grabanlage im Grabhaus (1420) an der St. Annakirche aufgestellt worden. Das Ehepaar Abb. 6: Jacobus als Pilger. Epitaph, Porphyr, Kreuzgang des Augsburger Doms, Mitte 15. Jahrhun dert <?page no="196"?> Augsburger Netzwerke.indd 196 Augsburger Netzwerke.indd 196 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 190 Robert Plätz Hirn stiftete ein Pilgerhaus, in dem vier Betten für die Übernachtung mittelloser Pilger bereitgestellt w urden 29. Ebenfalls aus Porphyr ist die qualitätvolle Darstellung auf einem namenlosen Epi taph im Kreuzgang des Doms (Abb. 6). Er dürfte aus dem 15. Jahrhu nde rt sein, ist in der Fassung leicht verändert worden und nach dortiger Auskunft nicht zuweisbar. III. Die verbreitetste Form der religiösen „Bilder" waren seit dem Spätmittelalter die kleinen Andachtsbilder, deren Entstehen bereits im 14.J ahrhundert aus volkstümlichen Frömmigkeitsströmungen und wohl auch als Erinnerungsbildchen an vollzogene Pilger- und Wallfahrten nachgewiesen werden kann 30. Die Anwendung der neuen Vervielfältigungstechniken auf dem Gebiet der Druckgraphik (Holzschnitt, Kupferstich) ermöglichte ab dem 15. Jahrhundert einen Massenausstoß, der vor allem für christliche und später katholische Abnehmer gedacht war, auch wenn keineswegs alle Hersteller Katholiken gewesen sind. Waren die kleinen Andachtsbildchen ausschließli ch für den persön lichen Gebrauch bestimmt, so stellten die im 16. und 17. Jahrhundert aufkommenden und üblichen Wallfahrts- und Prozessionsfähnchen, die ausschließlich im Rheinland und den habsburgisch -spanischen Niederlanden vorkommen 31, zusätzlich einen kollektiven geistlichen Schutz für Bruderschaften und Prozessionen unterwegs 29 Vgl. die Abbildung d . Grabmals im Beitrag v. J. WILHELM oben S. 99, Abb. 1. Vg l. Johann TR0METIER, Das Augsburger Pilgerhaus. Studien zur Volkskunde und Kunstgeschichte einer caritat iven Einrichtung vom 16. bis zum 19. Jahrhundert (Diss . Augsburg 1997), daneben den Beitrag von J ohan ne s WILHELMin diesem Band. 30 Vgl. Horst APPUHN/ Christian von HEUSINGER, Der Fund kleiner Andachtsbilder des 13. bis 17. Jahrhunderts im Kloster Wienhausen (Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte 4, 1965) S. 157-238. Daneben die Gittergüsse als Massenprodukte, oder mass enhaft vorkommende Muscheln . Vgl. Kurt KöSTER, Pilgerzeichen und Pilgermuscheln von mitte lalterlic hen Santiagostraßen (A u sgrabungen in Schleswig, Berichte und Studien 2, Neumünster 1983) und Robert PLöTZ, Signum p eregrination is. Heilige Er in nerung und spiritueller Schutz, in: Das Zeichen am Hut im Mittelalter. Europä ische Reisemarkierungen. Symposion in memoriam Kurt Köster (1912- 1986) und Katalog der Pilgerzeichen im Kunstgewerbemuseum und im Museum für Byzantini sche Kunst d er Staatlichen Mus een zu Berlin (Fran kfurt a. M./ Berlin/ Bern/ Brüssel/ New York/ Oxford/ Wien 2008) S. 47-70. 31 Vgl. u. a. Wa llfahrt sfähnchen. Religiöse Druckgraphik, Bestandskatalog b earbeitet von Dieter PESCH (Führer und Schriften des Rheinischen F reilichtmuse um s und La ndesmu seums für Volkskunde in Kommern N r. 26, Köln 1983); Renaat VANDEN LINDEN, Bedevaartvaant jes. Volksdevotie rond 200 h eiligen op 1000 vaantjes (Brügge 1988), und DERS., Maria bedevaartvantjes : Verer ing van O nze -Lieve-Vrouw op 1175 vantjes (Brügge 1988). <?page no="197"?> Augsburger Netzwerke.indd 197 Augsburger Netzwerke.indd 197 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder · r AIO R. A P0 5 TOI,V~ - ' '~ 191 Abb. 7: "S. Iacobvs Maior Apostolvs." Kupferstich auf Papier, Cornelis de Boudt (t nach 1735), Antwerpen dar, denn die mit der Abbildung des besuchten Gnadenbildes bedruckten Wimpel und Fähnchen waren mehr eine Artikulation wallfahrender Gruppen und dienten ebenso wie Fahnen, Gebete und Lieder der seit der Gegenreformation üblichen „demonstratio catholica" 32 . Zunächst dominierten die niederländischen Stecher, die mit ihren Kupferstichen die ganze Wallfahrtstopographie der katholischen habsburgisch-spanischen Niederlande versorgten 33 und die Auseinandersetzung 32 Vgl. Robert PLÖTZ, Demonstratio catholica . Loreto-Scherpenheuvel- Luxemburg- Kevelaer, in: Heiligenverehrung und Wallfahrten am Niederrhein, hg. von Dieter GEUENICH (Schriften der Niederrhein-Akademie 6, Essen 2004) S. 188-207. 33 Von Rijsel (Lille) und Halle bis Luxemburg, von Scherpenheuvel bis Kevelaer, das sich an der Ostgrenze des Herzogtums Geldern befand . Vgl. zur Kevelaerer Andachtsgraphik die Analyse der großen Sammlung Thoenissen mit der Aufschlüsselung der Stecher und Verleger nach ihrem Produktions- oder Herstellungsort: Robert PLÖTZ, Maria Kevelaer im Bild. Vera Effigies Matris Iesu (Führer des Niederrheinischen Museums für Volkskunde und Kulturgeschichte 21, Goch 1987) spez. S. 27f. Neuerdings auch: DERS., Maria „Trösterin der Betrübten". Zur Geschichte der Wallfahrt nach Kevelaer und seines Bildes (Kevelaer 2008) und DERS., Der weite Weg zur „Trösterin der Betrübten" in Kevelaer. Von Loreto über Scherpenheuvel und Luxemburg nach Kevelaer, Sammelband "Kleine Geschichte der Wallfahrt nach Kevelaer", hg. von Peter DOHMS(Keve laer 2008). <?page no="198"?> Augsburger Netzwerke.indd 198 Augsburger Netzwerke.indd 198 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 192 Robert Plätz mit dem Calvinismus propagandistisch begleiteten . Antwerpen 34 war das Herstellerzentrum in de r Zeit der Gegenreformation nach dem Kon zil von Trient (1545-1563 ). Die alte n Graphikzentren Nürnberg und Augsburg waren mit der Reformation evangelische Städte geworden. Zumindest Nürnberg fiel für die Produktion des kle inen Andachtsbildes aus. In Augsburg, wo zwar auch die Reformation gesiegt hatte, florierte, als in dem Religionsfrieden (1552/ 55) die katholische Konfession gleiche Rechte erhielt, der katholische Andachtsbildhandel der Barockzeit . Schon ab Mitte d es 16. Jahrhu nderts begann in Augsburg der Handel mit Devotionalgraphik zu blühe n. Die Heilge nbildchen wurden hausierermäßig im ganzen Land durch Knechte und Mägde vertrieben. Und bald gesellten sich zu den Erzeugnissen der Briefmaler und Formschneider die Kupferstiche mit Heiligendarstellungen. Wie war die große Linie der Entwicklung? Sie verläuft zunächst parallel zu den Veränderungen in Nürnberg, Frankfurt oder Köln. Überall bringen Niederländer zu Ende des 16. Jahrhunder ts den Kupferstich ins Land, lassen sich fest nieder und schaffen den Typ des Kunsthändlers. Bei diesem Prozeß spielt Köl n aufgrund seiner geographischen Lage noch bis ins 18. Jahrhundert hinein eine große Rolle als Vermittler der niederländisch-flämischen Kunst, deren Maler und Kupf erstecher, die auße r Landes gehen mußten, die religiöse Bedeutung und wirtschaftliche Größe Kölns sowie den Umfang der dortigen Bücherverlage sehr zu schät zen wußten 35 . Sieht man von einigen autonomen Ausnahmen wie z.B. de s lsrahel von Meckenem ab, nimmt Kö ln zu dieser Zeit mehr oder minder die Rolle einer Antwerpener Filiale ein, die dem Vertrieb flämischer Massenware diente 36 . In Augsburg waren es in der Entwicklung vom späten 16. Jahrhundert bis über die Mitte des 18. Jahrhunderts hinaus zunächst die Miniaturisten, Formenschneider und Briefhändler mit ihrer seit Mitte des 15. Jahrhunderts bestehenden Tradition 37, die sich zunächst neben den aufkommenden Kupferstechern und Bilderhändlern zu behaupten wußten. Eine Vielzahl von handwerklichen Familienbetrieben versorgte trotz der Massenproduktio n international exporti erender 34 In der S. Lukasgilde wa ren sämtliche künstlerischen Berufe erfaßt , vgl. SPAMER, Das klein e Andachtsbild (wie Anm. 2) S. 26. In Antwerpen herrschten ähnliche Verhältni sse wie in Augsburg . Die Mehrheit der Stech er und Verleger gehörte häufig zu einem d er zahlreichen Familienverbände, die untereinander einen regen Austausch und Geschäftsverkehr pflegten. Vgl. ebd. S. 131. 35 Vgl. ebd. S. 176. 36 Vgl. ebd. 37 Ebd. <?page no="199"?> Augsburger Netzwerke.indd 199 Augsburger Netzwerke.indd 199 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 193 Grossisten und Verleger 38 einen eigenen Markt 39 . Beide Betriebsformen profitierten jedoch von dem Geschäft mit Devotionalgraphik. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts bricht die wirtschaftliche Macht zunächst kaiserlich privilegierter Großverleger 40 das Handwerksmonopol der bis dahin eifersüchtig überwachten Zuständigkeiten innerhalb einer arbeitsteiligen Produktion und deren Vertrieb. Im frühen 19. Jahrhundert ist Augsburg durch die Napoleonischen Kriege und die territoriale Neuordnung Europas als Kunsthandelsstadt erledigt 41 . Die große Tradition der Augsburger in Kupfer gestochenen Andachtsbilder begann eigentlich unter Mithilfe von Künstlern aus dem flämischen Bereich, die sich in Augsburg niederließen und selbständig machten. Ein Vorläufer dieses Potentialtransfers war der Niederländer Antony Corthoys d.Ä., der in Augsburg als Formenschneider und Verleger von 1583 bis 1588 tätig war, bevor er nach Frankfurt ging 42 . Ein weiterer Import aus dem führenden Druckgraphikzentrum war Dominicus Custos (ca. 1550-1612). Er wanderte 1584 aus Antwerpen zu, erwarb 1608 ein kaiserliches Privileg und führte mit seinen drei Söhnen und zwei Stiefsöhnen Lucas (1579- 1637) und Wolfgang Kilian (1581-1662) den Kupferstich ein 43. Diese waren Söhne eines aus dem Schlesischen nach Augsburg verzogenen und dort schon 1583 verstorbenen Goldschmieds. Zunächst haben Custos und seine Familie nur gestochen, nicht verlegt 44, später gründeten sie einen Kunstvertrieb (Verlag). Dominicus Custos war der erste Augsburger Kupferstecher größeren Stils, der den Kupferstich als einen volkstümlichen Massenartikel einführte und einen regen Kunsthandel aufbaute 45 . Nun beginnt auch für Augsburg die Periode der großen Kupferstecher- und Verlegerfamilien, wie wir sie für das Antwerpener graphische Gewerbe bezeichnend fanden. Auf Augsburger Boden entsteht ein neuer Typus des Heiligenbilds, der sich mehr und mehr von den flämischen Vorbildern loslöst und immer stärker auf Vorlagen der religiösen Tafelmalerei zurückgreift und sich an den Altarblättern des Barock 38 Sie versorgten unter anderem Osteuropa, Spanie n und Mittel- und Südamerika mit Andachtsgraphik, die wiederum als Vorlage für religiöse Darstellungen von Künstlern dienten (siehe oben). 39 Vgl. BRÜCKNER,Populäre Druckgraphik (wie Anm. 2) S. 211 A und B, ausführlicher aufS.69-71 und 101[ 40 Zu den Privilegien vgl. SPAMER,Das Andachtsbild (wie Anm. 2) S. 218-221. 4 1 Vgl. BRüCKNER, Populäre Druckgraphik (wie Anm . 2) S. 213 B . 42 Vgl. ebd. S. 211 A. 43 Vgl. ebd. S. 213 B, und SPAMER,Das kleine Andachtsbi ld (wie Anm. 2) S. 182. 44 Zu den Kilians vgl. Albert HÄMMERLE, Die Augsburger Künstlerfamilie Kilian (Augsburg 1922), und Anm. 53. 45 Vgl. SPAMER,Das kleine Andachtsbild wie Anm. 2) S. 182. <?page no="200"?> Augsburger Netzwerke.indd 200 Augsburger Netzwerke.indd 200 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 194 Robert Plätz orientiert . Von dem religiösen Eifer und Schwung der gegenreforma torischen Bemühungen mitgerissen, tritt das kleine Andachtsbild als wesentlicher Bestan dteil der r eligiösen Kultur in das 18. Jahrhundert ein. E s ist bei seinen Ausführungen eng mit der J esuitenmystik verbun den, tritt damit als katholisches massenbeeinflussendes Medium an die Seite der großen geistlichen Jesuitendramen und ist in den entlegensten Häusern zu finden. Augsburg hat als Zentrum der Devotionalgraphik in di eser Zeit zweifelsohne die Druckgraphikzentren in München, Prag, Wien und anderen Städten weit überragt 46. Einen guten Eindruck über die damaligen Vert riebsformen vermittelt Spamer: "Nicht nur die progressive Kommerzialisierung, sondern auch ein allgemeiner Hausierhandel mit Bildern auf den Straßen und besonders in den Herbergen, Wirtshäusern und Branntweinschenken, in de nen die Landkramer verkehrten, führten zu verminderten Einkünften und Existenznöten. Visitierungen und Sistierungen des Handwerks und der Behörden waren hier am schwierigsten, weil sich Krämer und Wirte in zunehmenden Maße ihn en häufig widersetzten, so daß ein Senatsdekret vom 22. März 1738 den Wirten, Gastgebern, Köchen und Ka ffeeschänken jeden Widerstand gegen behördliche Bildkonfiskationen in ihr en Behausungen untersagte . Aber auch die Verleger und Bilderhändler wurden bei dem immer weiter um sich greifenden Hausierunwesen, das sich neben den Bildern und Devotionalien schließlich auch auf Gegenstände des täglichen Bedarfs erstreckte, die Leidtragenden, so daß sich um 1755 die Kunstverleger, Gold- und Papierfabrikanten und Devotionalienhändler mit d en Illuministen vereint beim Rat um die Abschaffung des Haus ierens bemühten. Danach überschwemmten ganze Scharen von Haus iere rn aus Augsburg und den umliegenden Dörfern morgens, mittags und besonders abends die Schäfflerherberge und das Branntweinhaus auf dem Graben und verkauften den fremden Handelsl euten und Landkramern allerhand Kupferstiche, gemalte und ungemalte Bilder wie Devotionalien, aber auch Zucker, Kaffee und jedes nur Erdenkliche. Solche in den Kramerherbergen, die rege lrech te n Warenniederlagen glichen, angebotenen Bilde r seien vielfach veruntreute Bestände oder Kupfer, die denen der privilegierten Künstler und Verleger nachgestochen seien, womit man noch prahlte . Das Ergebnis dies er unstatthaften Boldermärkte war dann, daß die fremden Handelsleute die künstlerisch gute Ware der bürgerlichen M eist er nicht mehr kauften oder do ch, weil sie sich schon bei den Hausierern verausgabt hatten, auf Borg nehmen mußten" 47 . 46 Ebd. S. 231 ff. SPAMERbez eichnet Augsburg als das „d eutsc he Antwerpen" . 47 Ebd. S. 218-221. <?page no="201"?> Augsburger Netzwerke.indd 201 Augsburger Netzwerke.indd 201 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 195 IV. Das Thema J akobus der Ältere im kleinen Andachtsbild aus Augsburger Werkstätten wird im folgenden weitgehend aus Beständen der Graphischen Sammlungen der Stadt Augsburg sowie ergänzend aus der Andachtsbild-Sammlung des Niederrheinischen Museums für Volkskunde und Kulturgeschichte in Kevelaer 48 und mit wenigen Ausnahmen aus der (damaligen) Schreiber'schen Sammlung in Münster bestritten. Andere Augsburger Sammlungen fanden keine Berücksichtigung, da das Thema dieses Beitrags nicht die Erstellung eines Gesamtkatalogs der Augsburger Andachtsbildchen eine kaum zu bewältigende Aufgabe ist, sondern die Darstellung der Vernetzung der Bilderstadt Augsburg im internen und externen Kontext. Ferner fanden nicht alle graphischen Blättchen Augsburger Stecher und Verleger im Abbildungsteil Berücksichtigung. In Augsburg selbst dürfte im inneren Mauerbereich mit Ausnahme der Kirchen-, Zivil-, Militärbauten, Faktoreien und Handelshöfen kaum ein Haus ohne Beziehung zu der Produktion Augsburger „Bilder" gewesen sein. Um die Innen- und Außenvernetzung der Augsburger Bilderproduktion offen zu legen, werden auch die nicht im Abbildungsteil erwähnten Namen aus den Graphischen Sammlungen aufgeführt. Es sind Johann Wolfgang Baumgartner 49 , Johann Georg Bergmüller 50, Gottfried Eichler der 48 Vgl. Anm. 3. 49 Inv.-Nr. G 19.999. K. 47, Jacobus als Tagesheiliger (Guilini 25.). Baumgartner ("'angebl. 16.6.1712 in/ um Kufstein/ Tirol, t kurz vor 7.9.1761 in Augsburg) war Maler, Freskant, Zeichner und Hinterglasmaler. Laut G. C. Kilian erlernte er nach einer Schmiedelehre beim Vater in Salzburg die Hinterglasmalerei. Reisen durch Österreich, Ungarn, Italien (1733) schlossen sich an. Er hatte Besitz in Augsburg, durfte sich aber nur als Hinter glasmaler betätigen, hat aber wohl schon damals intensiv für Kupferstecher geze ichnet. 1746 erhielt Baumgartner das volle Bürgerrecht und die Berechtigung, auch in Öl und Fresko zu arbeiten. Daneben war Baumgartner vor allem als Entwerfer für graphische Zyklen tätig und schuf hunderte oft sehr großer Zeichnungen für Zyklen, die von Verlagen wie Klauber, Engelbrecht, Kilian u. a. herausgegeben wurden. Nach den Stecheradressen stammen die Vorlagen von über 300 Stichen von Baumgartner, davon wurden inzwischen fast 70 Ölskizzen und Zeichnungen gefunden. Vgl. Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELE/ FRANKENBERGER(wie Anm. 6) S. 276. so lnv.-Nr. G 4956. K 50, 03 x 68/ Apostelserie. Johann Georg Bergmüller ("'15.4.1688 in Türkheim/ Schwaben, t}0.3.1762 in Augsburg) war Maler, Kupferstecher, Kunsttheoretiker. Er erhielt von 1702 bis1708 auf Kosten von Herzog Maximilian Philipp von Bayern eine Lehre bei Andreas Wolff in München. 1708/ 09 wa r er am Düsseldorfer Hof tätig. 1711 unternahm Bergmüller eine vom Herzog geförderte Studienreise in die Niederlande. 1712 erfolgte seine Ansiedlung in Augsburg, wo er im Januar 1713 sich verheiratete und das Bürgerrecht erhielt. Er war Direktor der Reichsstädtischen Kunstakademie, wohl ab 1740 auch Hofm aler des Augsburger Fürstbischofs . Vgl. Augsburger Stadtlexikon, hg . von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELE/ FRANKENBERGER (wie Anm. 6) S. 287. <?page no="202"?> Augsburger Netzwerke.indd 202 Augsburger Netzwerke.indd 202 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 196 Robert Plät z $. IACOBUS MAIOR. 1 r , _ ,•."t.~-"~ 1~1: .. , , ~-r ....: . .. 1 •. t"~ .. v .: - , ·,; "., r".,f .,......,J,1-,. , l Abb. 8: "S. IA COBUS MAIOR." Kupfersti ch auf Papier, Augsburg, um 1700, Christoph Weigelb nach I. I. v. Sandrate Abb. 9: "S. IACOBVS Maior." Kupferstich au f Papier, Anton Spaiser (1708 bel eg t)d, Augsburg Jüngere 51 , Johann Walch 52 und ein anonymes Blatt des 19. Jahrhunderts. Die unter der Inventarnummer 4047, K. 86 aufgeführte Darstellung des Martyriums des Apostels Jacobus (Kupferradierung) von Georg Christoph Kilian 53 war nicht auffindbar . 51 ln v.-Nr. 11.734. K 57. Gottfried der Jüngere Eichler, (""1715 Augsburg, t1770 Augsburg) stammte aus einer Künstlerfamilie (Sohn und Schüler von Gottfried d. Ä. Eichler). Er arbeitete als Maler, Ze ich ne r, Kup fe rs techer. Nach der Lehr zeit Reisen machte er in die Niederlande(? ), danach führte ihn sein Weg nach Wien und Nürnberg und später arbeitete er von 1743-1751 als Univ.-Kupferstecher in Erlangen, wo er 1747 heiratete. 1752 kehrte er nach Augsburg zurück. Eichler arbeitete üb erwiegend als Entwerfer von Kupferstichen für die Verlage Hertel, Klauber und Friedrich und war als Illustrator verschiedener Bücher tätig. Vgl. Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDEL/ H ÄGELE/ FRANKENBERGER (wie Anm. 6) S. 376. 52 Der Minia turmaler Johannes Walch (1757-1815) ents tam mte einer Schweizer Malerfami lie, der 1786 Regi na Will aus Augsburg heiratete, un d seit 1806 das Geschäft seines Schw iegervaters Johann Martin Wills weiterführte und dessen Andachtsbildchen kopierte, spät er aber auch eigene Entwürfe mit einbrachte, die teilweise in Steindruck erschienen. Vgl. SCHREIBER, Das kleine Andachtsbild (wie Anm. 2) S. 257 Anm . 7, S. 258 Anm. 1.Wede r bei BRÜCKNER, Popul äre Druckg ra phik (wie Anm. 2) noch im Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELEIFRANKENBERGER (wie Anm. 6). 53 lnv .- Nr . 4047, K 86. Georg Christoph Kilian (1709-1781) war schon der Ururenkel de s Goldschmiedes Barcholomäus d. Ä. Kilian (""1548 Schlesien, t 1583 Augsburg). <?page no="203"?> Augsburger Netzwerke.indd 203 Augsburger Netzwerke.indd 203 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 197 Augsburger Bilderkatalog Die Abfolge an Andachtsbildchen erfolgt nach chronologischen Gesichtspunkten. Aus den schon angeführten Kr iterien zur Aufdeckung des Netzwerkes sind die begleitenden Künstlermonographien soweit erfaßbar in den Anmerkungen am Textende aufgeführt. Abb. 10: "S. J acobus Major." Als Heiliger und Pilger, das Evangelium verkündigend. Kupfers tich auf Papier, P hilipp David Dannerc, Augsburg, um 1730 Abb . 11: "S. IACOBUS Major." M it Martyrium, Kupferstich auf Papier, Johann Andreas Pfeffeif, Augsburg, 1. Drittel des 18. Jahrhunderts Di e Künstlerfamilie Kilian, die vom 16. bis zum 18. Jahrhundert in Augsburg nachgewiesen werden kann, hatte für das kleine Andachtsbild in Lukas und Wolfgang, den Stiefsöhnen des oben erwähnten Dominicus Custos, ihre bedeutendsten Vertreter. Vgl. aus der umfangreichen Literatur HÄMMERLE,Kilian (w ie Anm. 44 ); SPAMER,Das kleine Andachtsbild (wie Anm. 2) S. 183 u . 218 sowie das Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELE/ FRANKENBERGER(wie Anm. 6) S. 558 f. <?page no="204"?> Augsburger Netzwerke.indd 204 Augsburger Netzwerke.indd 204 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 198 Robert Plätz SS. Duo CF11Hlol n lw R . Ap.u. Abb. 12: "S. Jacobus Major." Jacobus als Pilg er mit „panisselus". Schabkunst in Blaudruck, nach G. P. Piazetta, Iohann Lorenz Haidg, Augsburg Abb. 13: "Duo candelabra." Die Brüd er Jakobus und Johannes mit ih ren Attributen in Rokoko- Ornamentik, Kupferstich auf Papier, Mitte 18. Jahrhundert, Verlag [Fratres ]Klauber Cath[ olici].h, Augsburg Fokus: Das Medium Bild in seiner Instrumentalisierung durch die „So cietas Iesu (SJ)" Der Jesuiten-Orden wurde 1535 von Ignatius von Loyola (1491- 1556) gegründet . Ordenszweck war der Kampf gegen die Reformation und für die Wiederbe lebung der katholischen Volksfrömmigkeit. Die Ordensmitglieder waren zu absolutem Gehorsam gegen Ordensvorgesetzte und dem Papst sowie zu Armut und Keuschheit verpflichtet. Insbesondere versuchten die Jesuiten als Fürstenerzieher und Beichtväter Einfluß auf die gegenwärtigen und zukünftigen Herrscher zu nehmen. So hatten zum Beispiel Ka iser Ferdinand II. und Herzog Maximilian von Bayern gemeinsam seit 1590 an der Jesuitenuniversität in Ingolstadt studiert. Im Vordergund der Bemühungen der Societas Jesu stand allerdings Maria als „Conceptio immacula t a". Sie wurde 1593 auf der fünften Generalkongregation die Verteidigung der Unbefleckten Empfängnis <?page no="205"?> Augsburger Netzwerke.indd 205 Augsburger Netzwerke.indd 205 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 199 Abb. 14: "Qui Major est in vobis, fiat sicut minor. Lucae. 22." Martyrium des Apostels Jacobus maior, Kupferstich auf Papier, wohl Klauber, um 1760 Abb . 15: "S. JACOB US Major." Jacobus als Evange lienverkünder, Märtyrer und Pilger mit emblematischem Text. Kupferstich auf Papier. G. Göz del., I[ohann]. S[ebastian]. Klauber sc. <?page no="206"?> Augsburger Netzwerke.indd 206 Augsburger Netzwerke.indd 206 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 200 Robert Plä tz zur allgemeinen Pflicht. In Ingolstadt wurden Fe rdinand und Maximilian Sodalen Mariens und unterzeichneten ihre Weihe an Maria mit ihrem Blut. Die Jesuiten gründeten berühmte Universitäten, übernahmen Aufgaben der Jugenderziehung an Gymnasien und pflegten das barocke Theater 54 . Sie hatten maßgeblichen Anteil an der Einführung des neuen Barockstils. In Übersee betrieben sie ausgiebig Mission . Wie sehr mittelalterliche Themen von den Jesuiten umgedeutet und mit anderen Bezügen versehen wurde, zeigt auch die Verarbeitung des europäischen Wegemirakels für die Jacobus -Pilger 55 . Das lateinische geistliche Drama und Mirakelspiel „Peregrinus Compostelanus", das am 16. Oktober 1624 „Gehalten in dem Ertzherzogischen Gymnasio zur Inßprugg" wurde, hat eine andere „Moral" erhalten. Die dramatische Handlung und das zweifache Wun der stehen ganz im Dienst der Erhöhung der Keuschheit. In einer Mischung allegorischer Personen und scho lastischer Mythologie folgt der jesu itische Verfasser wahrscheinlich der Vorlage des königlichen Hofhistoriographen und gebürtigen Sizilianers Lucius Marineus Siculus aus dem Jahr 1515 (De rebu s Hispaniae memorabilibus). Siculus erweitert den Motivbestand der Mirakelerzählung und stellt] acobus als „Nährmutter" die Muttergottes an die Seite: Virgo Dei genetrix et sanctus Jacobus 56 . In den beiden folgenden Andachtsbildern wird folgerichtig in der Bildmedialisierung die Gottesmutter Maria in die Darstellung als „Virgen de Pilar" einbezogen, einer erstmals für 1299 erwähnten apokryphen Tradition, nach der J acobus auf seiner erfolglosen Missionsreise auf der Iberischen Halbinsel die Jungfrau Maria in Zaragoza trifft, wo sie auf einer Säule "Pilar") d argestellt wird. In einem Gebetszettel des 18. Jahrhunderts wird das Galgen- und Hühnermirakel als Exempel für Keuschheit genommen 57. Im Gebetszettel (Abb. 22) sitzt sie auf Wolken (Pilar? ) über der Darstellung des Galgenmirakels. 54 Vgl.Johannes MÜLLERS.J., Das Jesuitendrama in den Ländern deutscher Zunge vom Anfang (1555) b is z um Hochbarock (1665), 2 Bde. (Augsburg 1930). 55 Vgl. Robert PLÖTZ, "Res est nova et adhuc inaudita". Motivindex und literarischora le Evolution der Mirakelerzählung vom Pi lger, der vom Galgen gerettet wurde, Rheinisch-Westfälische Zeitschrift für Volkskunde 44 (1999) S. 9-37. 56 AA SS Jul ii VI, p . 47. 57 P LÖTZ, Ja co bus mai or (wie Anm. 3) S. 72. Vg l. Bernhard GRAF, Oberdeutsche Jakobslit era tur. Eine Studie über denJakobuskult in Bayern, Österreich und Südtirol (Kulturgeschichtliche Forschungen 14, München 1991) spez. S. 157-204. <?page no="207"?> Augsburger Netzwerke.indd 207 Augsburger Netzwerke.indd 207 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 201 Glau6cr un EeJ •t1111 Cl , rf/ l11111 , dm H e ilanU Jer 1\'{,/ lf . 1{ t ....... , Abb. 16: "S. IACOBUS mai." "Glau b et an Iesum Christum, den Heiland der Welrr." Kupferstich auf Papier, Vinzenz Zannai, Augsburg, um 1790 ; Derl)eirtge ~rµofid~afob, ber @rofjm. (5 t b c t ~. ®et), o ~m ! ein<6eH9maCQrt unbSee, frf}u~erbtineG\Iloftetl, bamit eß, mit bcut Sn,u~c bes ~eiligen 1lpo0efs ~a, tobns 11mge6m,but(Qben le6cnsn,nm bd birgefalle, unb mitum,eqagtem~k mi1tpebir btene, burd) unfem.r"mn ~ef11111 ~&riOllln ic, Abb. 17: "Der heilige Apostel Jakob, der Größere." Geberszettel, Kupferstich auf Papier, Frehlingi, Augsburg, 1. Drittel 19. Jahrhundert Auch ein Türkenmotiv: J acobus „miles Christi " 58 Im Gegensatz zum Spanien des ausgehenden Mittelalter, in dem „Santiago matamoros" vor allem bei den Ritterorden „zu Hause" war, tauchte in Mitteleuropa der Jacobus als Maurentöter erst dann häufiger in den ikonographischen Programmen auf, als sich ein neuer Feind vor den Grenzen des Reichs formierte: Die Türken oder Osmanen, die Mitteleuropa seit dem 15./ 16. Jahrhundert bedrohten. Von Martin Schongauer (t1491) selbst, der als Santiago-Pilger ausgewiesen ist, oder aus dessen Werkstatt stammt die Vorlage für die unvollendete Kupferstichplatte „Die Schlacht von Clavijo", deren Abdruck an die legendäre Schlacht von 844 erin nern soll, in der Jacobus zu Pferd als Schlachtenhelfer eingegriffen ha- 58 Formulierung von SCHREIBER,Das kleine Andachtsbild (wie Anm. 2) S. 429 f. <?page no="208"?> Augsburger Netzwerke.indd 208 Augsburger Netzwerke.indd 208 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 202 Robert Plät z 8ciC ~<1Cllb Cu. f"nbtrG.,J; rcr '.t_ri,fr tr . ,r 6~ G~cl\. .il'/ j6ii lt bi.c6• fämt cmd; mir ; u 5i! f bamif i.rl)nidjt wt! ierttf.wn . ~i.crcm. .L ,U,f1'! , biafcf rioc.. bui'tl ,· 3'efum. Ct,ri/ rurn ur1..for1L f>c.rm . Abb . 18: "S. Iacobus Maior." Kupferstich auf Papier, Augsburg(? ), 18. J ah rhundert. Die drei Kreuznäge l oben im Bild, der Hinweis auf de n 25 . J u li sow ie der Text, der Jacob u s als Ster b ehelfer darste llt, we ise n auf die jesu itische Herkunft hink Abb. 19: „S. Jacopus Apost." Kupferstich auf Papier , wohl K lauber, Augsbu r g, um 1770. Jacobus als Vorbild für die Erziehung des katholischen Adels: Rechts n eben seinen Beinen ein höfisc h gek leideter Jüngling höheren Standes ben soll. Bei Schongauer stan d das Thema wahrscheinlich unter dem Eindruck der Eroberung von Byzanz durch Mehmed II. im Jahr 1453. „Santiago matamoros" beteiligt sich mi t zum Schlag erhobener Klinge persönlich am Kampf, ihm zu Füßen liegen niedergemetzelte Türken. Die Abbildung erinnert entfernt an einen der Reiter der Apokalypse von Albrecht Dürer. Diese ikonographische Formel verbreitete sich in Mitteleuropa allerdings er st in der Neuzeit. Als die Osmanen in einem beispiellosen Ansturm 1683 große Teile des habsburgischen Reiches überrannt und eingenommen hatten und noch im gleichen Jahr Wien belagerten, war die Zeit für den bewährten He idenkämp f er „Sant iago matamoros" gekommen . Die christlichen Reiche im Osten und Südosten Europas, die durch das Osmanenreich bedro h t wurden, er innerten sich wieder an ih- <?page no="209"?> Augsburger Netzwerke.indd 209 Augsburger Netzwerke.indd 209 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 203 ren alten Protektor „Jacobus strenuissimus miles", und seine ikonographische Darstellung war in fast allen Kirchen dieses Raumes zu finden. Auch der Habsburger Karl V. ließ sich als „strenuissimus vir catholicus" abbilden. Der siegreiche Schlachtenhelfer wird im ausgehenden Barock auf zahlreichen Hochaltarblättern (Pottendorf, Kaltenleutgeben, Weyarn, Artstetten), auf Deckenfresken (unter anderem Klosterkirche Ensdorf, Großwimpasing, U nternefsried, Sindlbach,Hahnbach, Cham, Villenbach in Schwaben) und Antependien (z.B. Hauptaltar der Kathedrale von Kuttenberg) als siegreicher Schlachtenhelfer dargestellt. Weiterhin ist er in der Pfarrkirche in Lenggries oder in der Kirche von Schwechat bei Wien präsent wie auch in der Kirche St. J akobus und Kilian in Königsfeld (Landkreis Bamberg) und in Laupertshausen (bei Biberach an der Riß). Die bekannten Darstellungen in St. Jakobus am Anger (München) wurden unglücklicherweise im Zweiten Weltkrieg zerstö rt. Noch im Jahr 1944 stellt der Künstler Hauginger J acobus den Maurentöter als Patron der Ortskirche auf einem Votivbild in den Himmel, um an das schreckliche Ereignis vom 22. Februar 1945 zu erinnern, als im Bereich von Rohrbach der Abwurf von 135 amerikanischen Fliegerbomben erfolgte, der neun Todesopfer verursachte 59 . Vor dem Hintergrund der Bedrohung durch die Türken erklärt sich auch die einseitige geographische Verteilung der Darstellungen von Jakobus als Schlachtenhelfer, die vor allem im südöstlichen Raum des Heiligen Römischen Reiches zu finden sind. Auch für die Spanier der frühen Neuzeit war Santiago kein Heiliger, der nur fromm und tugendhaft war. Im Gegenteil: Noch im 17. Jahrhundert wurde er zu ihren Gunsten in mehr als 30 Schlachten angerufen: In Europa, Afrika, Mexiko und Südamerika. Sogar die Portugiesen wandten sich in ihrer Legendenliteratur an den heiligen Ritter während der Eroberung des "Goa Dorada". Aber die Darstellung von J acobus als „matamoros/ mataturcos" kehrte in ihr Ursprungsland zurück. In vielen Kirchen Spaniens ist J acobus „matamoros" vor allem in Darstellungen des 17. und 18. Jahrhunderts vertreten 60 . Das Andachtsbildchen von Martin Engelbrecht bezieht sich 59 Vgl. GRAF, Oberdeutsche Jakobsliteratur (wie Anm. 57) S. 284-482, Bildtafeln 21- 32 . 60 Vgl. Robert PLÖTZ, )acobus miles Christi und Santiago matamoros, Sternenweg 36 (2005) S. 4-12, mit Literaturangaben, und für den weiteren Kontext Klaus HERBERS, Politik und Heiligenverehrung auf der Iberischen Halbinsel. Die Entwick lung des „politischen Jakobus" in : Politik und Heiligenverehrung im Hochmittel alter , hg. von Jürgen PETERSOHN(Vorträge und Forschungen 42, Sigmaringen 1994) S. 177-275. <?page no="210"?> Augsburger Netzwerke.indd 210 Augsburger Netzwerke.indd 210 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 204 R ober t Plä tz JJ; hu., : ~,.... C~rr.~v.-,f· 7r ; n vrurr frmrt'iir! ·r )Jliv.crn...it-firimm fnl. 1.+: rn: 1 t" ~; ,r,_".,'>ir '-' .. ; ,~fr ,-..... t 1,t! ,n J.,..n, '" (' ln r "A , · l Abb . 20: "S. J acobus Apostel, 25. Juli." Kupferst ich auf Pap ier, Franz Josef[? ] Gleic h 1, Augsburg, Ende des 18. Jahrhunderts t ' Abb. 21: "S. IACOBUS MAIOR, Apost. et terror hostium Ec clesiae." Kupferstich auf Papie r, Marti n En gelbrecht 01 , um 1800, A u gsburg nicht mehr auf den spanischen Mauren- und Indie n -Schlächter, sond ern ist in seine r Darstellung von erschlagenen Osmanenl eibern und der Fahne mit Halbmond der Bekämpfung der Feinde der Kirche "hostes Ecclesiae") gewidmet . V. Zeitgei st: Der J acobus-P ilger in der Augsburger Graphik des 18. Jahrhunder t s Neben den unzähligen Kupfer stichserien oder Einzelblättern auf dem Gebi et der Andachtsgraphik wurden in Augsburg auch Blattfolgen verlegt, die entweder „die Sch ilderung von Stufen, Situationen und Ereignissen des menschlichen Lebens, die Charakter isierung der Gesellschaft nach Ständ en un d Berufen oder die allegorische Darstellung der Elemente, Erdteile, Jahres z eiten, Monate, Tage, Temperamente, mens chlich en Sinne, die Illustrat ion von Lebensregeln, Sprichworten, des <?page no="211"?> Augsburger Netzwerke.indd 211 Augsburger Netzwerke.indd 211 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 205 Liebeslebens, der ländlichen Feste, Trachten- und Fastnachtskostüme, Musikanten und dergleichen mehr" 61 als Thema bearbeiteten. Die der be Satire geht dabei stets zu Lasten der kleinen Leute, im Grunde wird der Bauer als ungehobelte Spottfigur zur Belustigung des Stadtbürgers aufgebaut. Wolfgang Brückner beschreibt die Entwicklung folgendermaßen: "Von diesen unflätigen, tanzenden, saufenden und kotzenden Figuren, dürftig gekleidet und oft von krüppelhafter Gestalt, ist es nur noch ein Schritt bis zu den verschiedenen satirischen Zerrbildern des Menschen in der Karikatur als Affe, Narr oder Zwerg" 62 . Die mittelalterliche Tierallegorie und die Narrenliteratur der frühen Neuzeit werden alsbald nach 1700 in der unterhaltenden Druckgraphik durch die schon zwei Jahrhunderte bekannte Groteske mit der Figur des Zwerges fortgeführt. Der moralische Anspruch wird dabei nicht mehr aufrecht gehalten, das bunte Panoptikum einer exotischen Kuriositätenwelt ersetzt ihn. Nach Jacques Callots Gobbi-Folge von 1616 heißen die buckligen Zwerge Callotfiguren. Der Zeichner und Radierer Jacques Callot (1592-1655) war der eigentliche Initiator der Zwergenmode in der bildenden Kunst. Im Jahre 1616 erschien die 24 Blätter umfassende Radierfolge der „Varie figure gobbi di Jacobo Callot, fatto in Firenza l' anno 1616 excudit N ancey" "gnomenhafte Krüppel und Bucklige, die sich trotz ihrer grausamen Gebrechlichkeit als Komödianten, Musikanten, Tänzer und Bettler aufblähen, in jener zugleich so graziösen Geschraubtheit, die trotz der bauchigen Umrisse manchmal ans Gespenstische grenzt" 63 . Dies ist der Ursprung des „Callotto", des „Callot-Zwergs", der zum festen Begriff der spätbarocken Ikonographie wurde. Zahlreich wurde er nachgeahmt, kopiert und vergröbert abgebildet und für das Kunstgewerbe nutzbar gemacht. Doch nicht die Callottsche Ausgabe, sondern die um 1710/ 1715 zu Augsburg verlegten fünfzig Blatt: "II Callotto resuscitato oder Neu eingerichtetes Zwerchen Cabinet" erzielten den Durchbruch, bewegten die damalige barocke Welt und lösten eine internationale Mode in Druckgraphik und Gartenskulptur aus, in der auch der Jakobspilger 61 BRÜCKNER,Populäre Druckgraphik (wie Anm. 2) S. 102. 62 Ebd. 63 Gustav Friedrich HARTLAUB, Der Gartenzwerg und seine Ahnen. Eine ikonogra phische und kulturgeschichtliche Betrachtung (Heide lberg 1982) S. 27. Vgl. Curt GRÜTZMACHER, Das Zwergenmot iv in Literatur und bildender Kunst, in: Neueing erichtetes Zwergenkabinett. Nach der deutschen Ausgabe um 1720 (Die bibliophilen Taschenbücher 262, Dortmund 1981) S. 107- 115. <?page no="212"?> Augsburger Netzwerke.indd 212 Augsburger Netzwerke.indd 212 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 206 Robert Plät z Abb . 22: Baroldus Gursa lka wiz aus groß Pohlen gebürthig, Unwürdiger Waldtbruder auß Gallicien kommende. Ey schauth den armen Mann, der also alt und blindt Gleich wohl noch ohne hülff Ein Jedes Wirtshauß findt Ach! wie vill Eimer wein hat Er zu Leib'genommen, Biß Er ein solchen Barth und diken Kopf[ bekommen . Kupf erstich auf Papier, Elias Baeck, gen. Heldenmuth, Augsburg 1710/ 1715 Abb. 23: Pilgerzwerg im Hofgarten in Augsburg von Johann Wolfgang Schindel 1744/ 45 aufgestellt <?page no="213"?> Augsburger Netzwerke.indd 213 Augsburger Netzwerke.indd 213 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 207 persifliert und zum Gespött gemacht wurde. Wahrscheinlicher Stecher dieser Urausgabe ist Elias Baeck gen. Heldenmuth 64 gewesen. Zwerge durften im Zeitalter des Barock an keinem europäischen Fürstenhof fehlen . Sie dienten nicht nur als Spaßmacher und Hofnarren, sondern auch als Leibdiener oder bloße Dekoration bei festlichen Anlässen und als Putti in Hofgärten. Schon früh wurden sie zu einem Motiv in der bildenden Kunst . Auch im Augsburger Hofgarten befindet sich einer der Baeck'schen Zwerge, in Stein gemeißelt 65. In ähnlicher Form waren sie auch im „Zwergelgarten" des Bastionsgartens zu Salzburg aufgestellt. Der galante Pilger Im Zeitalter des Rokoko und der gesellschaftlichen Feste einer gewissen Leichtlebigkeit gehörten scheinbar „exotische" Personen wie Pilger und auch Eremiten (Schloß Pommersfelden z.B.) zur unbedingten Raumausstattung. Mitglieder der höfischen Gesellschaft folgten gerne der frivolen höfisch-erotischen modischen Strömung der „pelerins de l'amour" oder „de Cythere", die u. a. La Fontaine und Antoine Watteau in die Wege leiteten66_ Aus Gründen, die mit dem religiös verankerten Pilgergedanken nichts zu tun haben, wurde der klassische J akobspilger ein beliebtes Motiv der gehobenen europäischen Porträtmalerei. Um sich als „pelerin" zu identifizieren, ließen sich Angehörige des europäischen Hochadels von renommierten Künstlern wie Antoine Pesne, Alexis Grimou oder Jean- Baptiste Oudry mit dem Pilgerstab in der Hand und der kugeligen Flasche am Gürtel sowie mit zahlreichen Jakobsmuscheln behängt abbilden. 64 Elias Baeck, genannt Heldenmuth (1679-1747) hatte in Rom studiert. Ab 1705 wa r er in Venedig, dann in Laiba ch und später bis zu seinem Tod in Augsburg tätig . Derbedeutende Bildhauer des böhmischen Barock, Matthias Braun (1684- 1738) schuf nach Vorlagen von Baeck für den Grafen Sporck eine Rennbahn im Schloßpark Kukus, die mit 40 (oder 42) Zwergen dekoriert war. Vgl. GRÜTZMACHER,Das Zwergenmotiv (wie Anm. 63) S. 114 (dort auch zahlreiche Literaturan gaben zu Baeck). Elias Ba eck war mehr als Stecher, denn als Verleger berühmt. Er ve rlegte keine katholischen Andachtsbilder, sondern mehr profane Graphik. 65 Vgl. Günther G. BAUER,Salzburger Barockzwerge, in: Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELE/ FRANKENBERGER(wie Anm. 6) S. 509. 66 Vgl. u. a. La Font ain e et les pelerins. Pelerins d e l'Amour et fetes galantes, Ausstellungskatalog Sous le signe de la Coquille (Chateau-Thierry 1983) S. 63-74, und Donald POSNER, Die Fetes galantes, in : Watteau (1684-1721). National Gallery of Art, Washington (Berlin 1984) S. 116-19 2. <?page no="214"?> Augsburger Netzwerke.indd 214 Augsburger Netzwerke.indd 214 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 208 Robert Plätz Abb . 24: Der galante Pilger. Stichvorlage von J. E. Nilson für ein e Wandbespannung. Augsburg, um 1755 Weder die Marquise de Pompadour noch Wilhelmine, die Markgräfin von Bayreuth, die sich im Habit der Jakobspilger malen ließen, waren jemals in Santiago de Compostela. Das gilt auch für den in Po len wohlbekannten Stanislaus Leszczynski, der als Schwiegervater Ludwigs XV. und Herzog von Lothringen längst nicht mehr in Polen lebte, als er sich in reiferem Alter von Oudry in Pilgerkleidung malen ließ. Angehörige der Hofgesellschaft folgten mit diesen Porträts einer modischen literarischen Strömung, die durch eine 1709 aufgeführte Komödie ,Les trois Cousines' in Frankreich entstanden war. Im Zentrum der Vorstellungswelt dieser leichtlebigen Höflinge stand die romantisierend verklärte Liebesinsel, Cythera, zu der Jünglinge und Mädchen, als Pilger und Pilgerinnen verkleidet, eine fiktive Pilgerfahrt zum Tempel der Liebe unternahmen. Das Gemälde von Watteau „L'isle de Cithere" b ild et einen malerischen Glanzpunkt dieser durch die erhoffte Erfüllung galanter Abenteuer im Grunde pervertierten Pilgeridee 67. 67 Vgl. Ilja MIECK, Polen und die Pilgerfahrt nach Polen in der Frühen Neuzeit, in: Der Jakobuskult in Ostmitteleuropa, Festschrift für Robert Plötz, hg. von Klaus HERBERS/ Dieter R. BAUER (jakobus-Studien 12, Tübingen 2003) S. 159-174, hier s. 168-171. <?page no="215"?> Augsburger Netzwerke.indd 215 Augsburger Netzwerke.indd 215 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 209 Das Pilgermotiv fand auch Eingang in die Innenausstattung feudaler Häuser. Der Augsburger Stecher J. E. Nilson 68 stach z.B. die Vorlagen (um 1755) für die bemalte Wandbespannung des Kabinetts im Roten Haus von Monschau6 9 . Abb. 25: Statuetten-Reliquiar des Apostels J acobus des Älteren. Silber, getrieben und gegossen, gepunzt, zise liert und graviert, teilvergoldet. Reliquie in rotem, perlenbesetztem und mit Filigranborte verziertem Stoff mit Schriftband: "De S. Jacobo Apostolo". Meistermarke: R 3 411 = Hans Waidelyn 68 Johann Esaias Nilson (1721-1788) arbeitete als Maler und Kupferstecher und wurde später Kurpfälzer Hofmaler und Kupferstecher. Seine Mutter Rosina Barbara Pretting war in zweiter Ehe mit dem Miniaturisten und Vater von Johann Esaias, Andreas Nilson verheiratet. J. E. Nilson streifte nur am Rande das Thema „Andachtsbild". Vgl. SPAMER,Das kleine Andachtsbild (wie Anm. 2) S. 229, 231 und 234, und BRÜCKNER, Populäre Druckgraphik (wie Anm. 2), der auf S. 206, Abb. 91, auf die 4- Serie „Neues Caffeehaus" hinweist. 69 Galanter Pilger, in: Das Rote Haus in Monschau, hg. von der Stiftung Scheibler - Museum (Köln 1994) S. 38. <?page no="216"?> Augsburger Netzwerke.indd 216 Augsburger Netzwerke.indd 216 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 210 VI. Goldschmiede Robert Plät z Abb. 26: Jacobus-Pilgerin und -Pilger. Leonhard Umbach 0 , Augsburg, um 1580 getrieben, gepunzt, teilvergoldet und kalt emailliert, Beschauzeichen: R 3 127, Meistermarke: R3 399 J acobus- und Pilgerdarstellungen wurden der Nachfrage wegen von vielen Gewerben und Berufen hergestellt . Miniaturmaler, Kupferstecher, Steinmetze, Bilderschnitze r u. a. brachten ihre hohe Kunstfertigkeit ein, um die Nachfrage aller Schichten zu erfüllen. Die Arbeiten von Gold- und Silberschmieden waren natürlich nur der vermögenden Bürgerschicht oder Angehörigen des begüterten Feudaladels vorbehalten. Zwei Beispiele Au gsburger „Bilder" sollen im Folgenden „vor Augen" geführt werden: Der Apostel Jacobus und ein Pilgerpärchen als Tafelaufsatz . Der ursprüngliche Auftraggeber des ersteren ist ebenso unbekannt wie der Anlaß, eine Re liquie einzubringen. 1635 erwarb Abt Johann Jodok von Muri (1598-1644) die Statuette von Gräfin Juliana Fugger. Nach Aufhebung des Klo sters Muri im Jahr 1841 wurden die verbliebenen Kunstschä t z e zu Beginn des ersten Weltkrieges ins Benediktinerk ollegium Samen (Schweiz) überführt 70. 70 Vgl. Die Kunstdenkmäler der Schwei z 55: Di e Kuns tde nkmäler des Kantons Aar gau 5: G eo rg GERMANN, D er Bezir k Muri (Bas el 1967) S. 422f., Abb. 312, mit <?page no="217"?> Augsburger Netzwerke.indd 217 Augsburger Netzwerke.indd 217 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 211 Es gibt mehrere Ausfertigungen des Pilgerpärchens. Die Stücke, die in der Münchner Ausstellung von 1985 waren, stammen aus der Ambraser Kunstkammer, in deren Inventar sie schon 1596 nachgewiesen worden sind. Umbach konnte noch eine ganze Reihe sehr ähnlicher Statuettenpaare zugeordnet werden 71 , so daß nicht an einen individuellen Auftrag, etwa eines Santiagopilgers, zu denken ist. Augsburg kurz verlassend, könnte man in diesen Zusammenhang auch den aus Zuckerwerk geschaffenen Jakobspilger auf der Hochzeitstafel von Herzog Ludwig von Württemberg 1575 stellen. VII. Das Thema „Augsburger Netzwerke zwischen Mittelalter und Neuzeit in Wirtschaft, Kultur und Pilgerfahrten" offenzulegen, erfährt hier eine zeitliche und thematische Erweiterung, wenn Entwicklungen, die schon früher angesetzt hatten, durch Innovationen wie bei der Druckgraphik potenziert und erweitert werden sollten. In Augsburg fand nach Aufhebung der Druck- und Themenbeschränkung durch den Religionsfrieden (1552/ 55) ein Produktionsschub auf allen mit den Druckmedien verbundenen Sparten statt, welcher der Stadt dazu verhalf, die Rolle von Antwerpen als Zentrum der Bilderproduktion zu übernehmen. Die innere Vernetzung muß durch die zah lreichen Betriebe und die Verwandtschaftsverhältnisse sehr eng gewesen sein. Die äußere Vernetzung 72 erreichte ein als bedeutend anzunehmendes Potential, das Angaben von Quellen und älterer Literatur, und Josef RAEBER,Muri, Gold und Silber aus dem Kloster scha tz und Museum (Muri 1977) Nr. 446. 71 Ernst KRIS, Goldschmiedearbeiten des Mittelalt ers, der Renaissance und des Barock, 1. Teil: Arbeiten in Gold und Silber (Wien 1932) Nr . 73, 74 kannte mehrere weitgehend ähnliche Figurenpaare, in Wien im Kunsthistorischen Museum, Inv. Nr. 1059 und 1064 (aus Ambras stammend) und in der ehemaligen Sammlung A. von Rothschild; 1887 in der Sammlung Culeman und in der Madrider Ausstellung von 1892, Taf. 92. Die beiden Figurengefäße im Bild (als ich das Pärchen für die Jubiläumsausstellung in Santiago de Compo ste la anforderte, war es in Bes itz des Würzburger Antiquariats Heide Hübner) sind freie Wiederholungen des „Wiener Pilgerpaares" (oben). Beschauzeichen und Meistermarke stimmen überein. Die „Würzburger" sind einfacher gehalten. Vgl. Wallfahrt kennt keine Grenzen, Katalog der Ausstellung (München 1984) S. 23, Nr. 11, und Ausstellungskatalog Welt im Umbruch (Augsburg 1980) 2, S. 380, ferner Robert PLÖTZ, Peregrino y peregrina a Santiago, in: Santiago, Camino de Europa, Ausstellungskatalog (Santiago de Compostela 1993) S. 457, Nr. 142. 72 Als weiteres Beispiel für eine fase gesamteuropäische Vernetzung stellen die Gesellenwanderungen dar, die gerade in der zw eiten Hälfte des 18. Jahrhunderts so sehr zugenommen haben, daß die Zahl der Gesellen „auf der Walz" größer war als die der Pilger. Vgl. Rainer S. ELKAR,Auf der Walz. Handwerkerreisen, in: Reisekultur. <?page no="218"?> Augsburger Netzwerke.indd 218 Augsburger Netzwerke.indd 218 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 212 Robert Plätz in den wechselnden europaweit wahrgenommenen Ausbildungsstätten zum Vorschein kommt. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts die industriellen Techniken Stahlstich und Lithographie mögen dazu beigetragen haben wurde Augsburg als Bilderzentrum von Prag und Paris abgelöst. Und Jacobus war als Motiv in allen Handwerken präsent. Anmerkungen zu den Bildlegenden b d Johann Lorenz Rugendas der Ältere (""1730 Augsburg, tJ799 Augsburg) arbeitet als Maler, Stecher und Kunstverleger un d war der Sohn von Georg Philipp (II). Vgl. Augsburg er Stadtlexik on, hg . von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELE/ FRANKENBERGER(wie Anm. 6) S. 768. Vgl. Anm. 19. Christoph Weigel (""9.11.1654 Redwitz bei Eger, t 5.2 .1725 Nürnberg) war Kupferstecher und Kunstv erleger. Er erfuhr se ine Ausbildung als Goldschmied in Hof . Anschließend war er in Jena, wo er mathematische Ins trumente fertigte. 1678-1681 befand er sich zur Ausbildung zum Kupferstecher in Augsburg bei Georg Andreas Wolfgang und Matthias Küsel, danach in Wien und Frankfurt. 1691 kehrte er nach Augsburg zurück, um eine Bilderbibel herauszugeben. 1697/ 98 arbeitete er in Regensburg, 1698 siedelte er nac h Nürnberg üb er und heiratete dort. Die von ihm gegründete Kunst- und Buchhandlung nahm bald großen Aufschwung. Er beschäftigte zahlreiche Steche r und Lehrknaben. Er hatte ein Zweiggeschäft in Wien. Vgl. Augsburger Stadtlexikon, hg . von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELEIFRANKENBERGER(wie Anm. 6) S. 919. Joachim von Sandrart ("·12.5.1606 Frankfurt/ M., t 14.10.1688 Nürnberg) war in erster Linie Maler, der es zu beträchtlichen Ansehen brachte und dafür auch geadelt wurde. Er erfuhr seine Ausbildung in Nürnberg, Prag und Utrecht. Er weilte eine zeitlang in London, Frankfurt, Amsterdam und ab 1635 in verschiedenen Orten Italiens. Nach seiner Heirat hielt er sich meistens auf dem Gut seiner Frau in Stockau bei Ingolstadt au f . Von 1670 bis Ende 1673 war von Sandrart in Augsburg ansässig, wo der größte Teil von Text und Illustrationen des kuns tgesc hichtlichen Hauptwerks des deut schen Baro ck , der ,Teutschen Academie' (Nürnberg 1675), entstand. Er gründete in Augsburg eine private Kunstakademie, die 1684 vom evangelischen Teil de s Rats und 1710 von der Reichsstadt übernommen wurde (Reichsstädtische Kunstakademie). Nach dem Tod seiner Frau und seiner Wiederverheiratung in Nürnberg übersied elte er 167 4 dorthin und übernahm die Leitung der dortigen Reichsstädtischen Kunstakad emie. Vgl. Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELE/ FRANKENBERGER (wie Anm. 6) S. 755 f. Anton Spaiser ist für 1708 beleg t. Pergamentdrucke waren eine der Spezialitäten des da s bunte, volkstümliche Bildchen pflegenden Bilderhändlers Anton Spaiser. 1723 wird eine Witwe N. Spaiße r in erwähnt. Vgl. SPAMER,Das kleine Andachtsbild (wie Anm. 2) S. 233 f. Philipp Danner, Kupferstecher und Maler, wird von SPAMER,Das kleine Andachtsbild (wie Anm. 2) als G eselle d es Malers und Kupf ers techers Gottfried Pfauz in ein em Bü rgermeiste ramtsprotoko ll vom 3. September 1715 (ebd. S. 111 Anm. 3) erwähnt. Von der Pilgerfahrt zum modernen Tourismus, hg. von Hermann BAUSINGER/ Klaus BEYER/ Gottfried K0RFF (München 1991 ) S. 57-61, und Roben PLöT Z, Altes Werk zeug. Werkzeuge und Werkstätten (Führer des Ni ederrheinischen Museums für Volkskund e und Kul turgesc hichte 50, Goch 2006) spe z . S. 27-46 . <?page no="219"?> Augsburger Netzwerke.indd 219 Augsburger Netzwerke.indd 219 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Augsburger Bilder 213 Johann Andreas Pfeffel (1674-1748) erhielt sein Kaiserliches Privileg 1703. Er war Großverleger in Andachtsbildern u.a. Sein gleichnamiger Sohn lebte von 1715- 1750. Nach ihnen sind alle Sammelbände Augsburger Kupferstiche in Stuttgart be nannt. Einzelbilder als Geberbuchein lagen sind belegbar. Vgl. BRÜCKNER,Populäre Druckgraphik (wie Anm. 2) Deutsch land, S. 214 A. g Graphische Sammlungen der Stadt Augsburg, Inv.-Nr. 16.673.2.For. Iohann Lorenz Haid entstammt einer Augsburger Künstlerfamilie. Sein Vater, der Goldarbeiter Johann Valentin Haid("' um 1665 Augsburg, t1737 Augsburg), verließ wahrscheinlich wegen eines Auftrages Augsburg um 1700 und war nach Aussage des über lieferten Geburtsorts seiner Söhne in Kleineislingen (Württemberg) ansässig, ohne sein Augsburger Bürgerrecht aufzugeben. Spätestens im zweiten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts kehrte die Familie nach Augsburg zurück. Iohann Lorenz (""1702 K leineislingen, t 1750 Augsburg) war Maler und Kupferstecher, besonders aber Schabkünstler. Seine Lehre führte er bei G.R. Rugendas d.Ä. durch. Haid arbeitete für den Verlag Gottlieb Heiss (Heuss) und stach Phantasieköpfe nach Piazzetta. Vgl. Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELE/ FRANKENBERGER(wie Anm . 6) S. 467 f. h Der katholische Bildverlag der Gebrüder Klauber wurde um 1741 als erster Augsburger Großverleger des Andachtsbildes gegründet. Er versorgte die deutschspra chigen Länder, aber auch das gesamte katholische Europa mit einer noch nicht überse hbaren Menge von Andachtsbildern aller Art, vom größten Thesenformat mit Kongregationsblättern und Bruderschaftsbriefen bis zum kleinen Buchzeichen. Der ältere Bruder Joseph Sebastian Kilian (1700-1768) hatte in Prag bei A. Birkhart Wallfahrts- und Andachtsbi lder gestochen und arbeitete nach seiner Rückkehr nach Augsburg zunächst bei Johann Andres Pfeffel (siehe oben) . Sein jüngerer Bruder Jo hann Baptist (1712 bis nach 1787) hatte den Kupferstich bei Johann Heinrich Stoercklin erlernt. Der Klaubersche Verlag unterscheidet die Stiche der Brüder nicht und nimmt unter seinen Firmennamen auch Stiche späterer Familienmitglieder und auch fremder Stecher auf. Der Verlag wird zur europäischen Zentrale des Andachtsbildstiches und arbeitet gelegentlich se lbst für französische Orte . Die Bildmotive der Brüder Klauber entstammen teils eigener Erfindung, teils werden auch Stiche nach den Entwürfen anderer Künstler hergestellt. SPAMERäußert sich zum Verlag der Fratres Klauber wie fo lgt: "Der Name Klauber steht dabei für eine ganze Dynastie . Das alles formte sich zu weit aus ladenden Kompositionen, die das Kirchenjahr und di e Heiligen ergriffen" (SPAMER,Das kleine Andachtsbild [wie Anm. 2] S. 218, 229-231 ). Vgl. BRÜCKNER, Populäre Druckgraphik (wie Anm. 2) S. 214 A. Der Italiener Vinzenz Zanna wirkte zu Anfang des 19. Jahrhunderts und ist uns besonders durch den Vertrieb von Glückwunsch- und Neujahrskarten bekannt, er hat sich kaum im religiösen Bild beteiligt. Für kurze Zeit (um 1807) war er mit ein em der Klauber liiert. Vgl. SPAMER,Das klein e Andachtsbild (wie Anm. 2) S. 231. Franz Xaver Freh lin g (Fröhling, geb. 1800) war der bedeutendste katho lische Andachtsbi ldv erleger Augsburgs des 19. Jahrhunderts. Schon sein Vater, der Kupferstecher Georg Frehling, betrieb einen Verlag geistlic h er Bild er. Die Hauptproduktion Frehlings liegt auf dem Gebiet der Andachtsbilder. Der Verlag F.X. Frehling ist einer der letzten Vertreter des katholischen Andachtsbildhandels in Augsburg. Vgl. ebd. s. 257. k Vgl. u.a. ebd. S. 250 . Franz Xaver Gleich w ird für 1807 und 1819 erwähnt. Vgl. ebd. S. 257 Anm. 1. Siehe Abb. auf S. 326 und 327. Abb. bei SCHREIBER, Deutschland und Spanien (wie Anm. 5) S. 48, Tafel 12, Nr . 25. m Vgl. oben, S. 182 Anm. 7. Martin Enge lbr echt (''·19.9.1684 Augsburg, t18.1.1756 Augsburg) war Sohn des Farbenhändlers Johann Engelbrechr. Er arbeitete als <?page no="220"?> Augsburger Netzwerke.indd 220 Augsburger Netzwerke.indd 220 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 214 Robert Plätz 0 Kupferstecher und Kunstverleger. Er erfu hr seine Ausbildung in Augsburg bei G . Ehinger. Zunächst ging er 1708 mit seinem Bruder Christian nach Berlin. 1711 tritt Engelbrecht dann in Augsburg in den von J. A. und C hri stian Ffeffel gegründeten Kunstverlag (Schlossersehe Buchhandlung) ein und erhält 1719 das kaiserliche Privileg, das 1729 und 1739 erneuert wurde. Nach dem Tod des Bruders (t 1735) und Pfeffels (t 1748) führte er den Verlag allein weiter. Er hatte das größte und vielseitigste Angebot an vo lkstüm licher Graphik in Augsburg. Vgl. SCHOTT,Augsburger Kupferstecher (wie Anm. 7) und Augsburger Stadtlexikon, hg. von GRÜNSTEUDEL/ HÄGELE/ FRANKENBERGER (wie Anm. 6) S. 381. Hans Waideli (Weidelin) ist ein Augsburger Go ldschm ied katholischer Konfession aus Münchsradt (wohl Mönchsroth). Er starb 1606 (1605 ? ). 1584 heiratete er Felicitas Jäch ler, die Tochter des Go ldschmieds Leonhard J ächler und erwarb etwa gleichzeit ig das Meisterrecht. Der bedeutende Me ister zählt nach Alfred SCHRÖDER, Augsburg er Goldschmiede, Archiv für Geschichte des Hochstiftes Augsburg 6 (1929) S. 594 zu den „Bahnbrechern des Fernrufes katholischer Goldschmiede". Vgl. den Ausst ellungskatalog Die Welt im Umbruch 2, S. 387, Nr. 764. D er Augsburger Goldschmied Leonhard Umbach starb 1624. Auf der Abschrift der verlorenen Totentafel der Augsburger Goldschmiede von 1612-1634 fehlt allerdings sein Nam e, vielleicht, we il er auswärts starb. Er heiratete 1579 Anna Hörmann von Schongau und wurde um diese Zeit Meister. Resumen: Debido al "genius loci" de la olim romana e imperial ciudad de Augsburgo donde tuvo lugar la XIX Asamblea de la "Deutsche St. J acobus Gesellschaft", el autor trz.ta de enfoc ar Ja importancia mundial de Augsburgo como centro productor de artistas y artesanos durante los siglos XV al XIX. Se tra tan los sigu ientes temas: - Augsburgo como network europeo de artesanos, editoriales, distribuidores y punto d e referencia de formaci6n profesional y divulgador de corriente s artisticas. - Se trata ademas de destacar el amplio campo de las imagenes de Santiago Ap6stol en Ja imprenta sin descuidar otros campos de artesanfa quese refieren a miniaturistas, orfebres, picapedreros y pintores. - Se intenta comprobar q ue la imagen de Santiago fue aprovechada e integrada segun coyuntura y el correspondiente empleo ide6logico, asf p. e . en el caso de] milagro de! ahorcado y de las aves resucitadas y de la figura enblematica de Santiago "mi les Christ" que celebr 6 su revitalizaci6n como campe6n sagrado en Ja lucha contra los osmanes. Augsburgo, se podrfa deducir, sirve de ejemp lo clasico para la instalaci6n de un tejido de intereses correspondiendo asf a las exigencias de] gusto burgues, de Ja devoc i6n popular y de las corrientes de la contrareforma llevada a cabo sobre todo por los jesuitas. <?page no="221"?> Augsburger Netzwerke.indd 221 Augsburger Netzwerke.indd 221 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpfende Heilige im 10. und 12. Jahrhundert: Der heilige Ulrich, der heilige Jakob KLAUS HERBERS I. Religion und Gewalt „In der Stunde des Kampfes aber saß der Bischof auf seinem Pferd mit der Stola angetan, ,mit keinem Schild', Panzer ,oder Helm' bewehrt und blieb inmitten der von allen Seiten um ihn schwirrenden Speere und Steine unberührt und unverletzt" 1. So berichtet Gerhard in seiner Lebensbeschreibung des Bischofs Ulrich zu Ende des 10. Jahrhunderts (983-993) 2 über die Abwehrkämpfe des Augsburger Bischofs kurz vor der Schlacht auf dem Lechfeld, die am Laurentiustag, also am 10. August, 955 bei Augsburg stattfand. Zwei Jahrhunderte später erzählt eine angeblich von König Ramiro I. ausgestellte Urkunde, die im 12. Jahrhundert ein Compostellaner Kanoniker, Pedro Marcio, fälschte, über eine Schlacht der christlichen Heere gegen die Muslime ein wenig anders: Demnach sei dort der hl. Jakobus, der Beschützer der Spanier, dem König Ramiro im Traum erschienen und habe dem König angekündigt, er werde bei der kom- 1 Hora vero belli episcopus super cavallum suum sedens stola indutus non clippeo aut lorica aut galea munitus iaculis et lapidibus undique circa eum discurrentibus in tactus et inlesus subsistebat. Ed it ion und Übersetzung: Vita Uodalrici I: Gerhard von Augsburg, Vita Sancti Uodalrici. Die älteste Leb ensbeschreibung des heiligen U lr ich, lateinisch-deutsch . Mit der Kanonisationsurkunde von 993, ed. Walter BERSCHIN/ Angelika HÄSE (Editiones Heidelbergenses 24, Heidelberg 1993) S. 194 f., als Übersetzung vgl. auch Hatto KALLFELZ,Lebensbeschreibungen einiger Bischöfe des 10.- 12. Jahrhunderts (Ausgewählte Quellen zur d eutschen Geschichte des Mittelalters 22, Darmstadt 1973) S. 46- 167, hi er S. 105. Der fo lgende Text entspricht im Wesentlichen dem Wortlaut des in Augsburg gehaltenen Vortrags, erweitert um die notwendigsten Nachweise. 2 Stephanie HAARLÄNDER,Vitae episcoporum. Eine Quell eng attung zwischen Hagio graphie und Historiographie, untersucht an Lebensbeschreibungen von Bischöfen des Regnum Teutonicum im Zeitalter der Ottonen und Salier (Monographien zur Geschic hte des Mittelalters 47, Stuttgart 2000) S. 544. <?page no="222"?> Augsburger Netzwerke.indd 222 Augsburger Netzwerke.indd 222 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 216 Klaus Herbers menden Schlacht auf einem Schimmel mit einer weißen Fahne im Kampf erscheinen. Am nächsten Morgen seien dann die Krieger mit dem Schlachtruf „Hilf uns Gott und Du heili ger Jakobus" in den Kampf gezogen und siegreich geblieben. Hier ein Sieg über die Ungarn, dort über die Muslime: Dürfen aber Bischöfe, Apostel, Heilige kämpfen oder Schlachtenhilfe leisten? Die Diskussionen um das Verhältnis von Religion und Gewalt sind nach dem Besuch des Papstes in Deutschland im September 2006 neu entfacht worden. Hat das Christentum seit dem Neuen Testament alle Formen der Gewalt abgelegt? Immerhin deutet ja eine der einflußreichsten P ersonen des frühen Christentums, der Apostel Paulus, das kriegerische Vokabular um: Kämpfen für Christus heißt nicht, mit der Waffe kämpfen, sondern einen geistlichen Kampf zu führen. "Legt die Waffenrüstung Gottes an ... So tretet denn an: eure Hüften umgürtet mit der Wahrheit, angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit, die Füße beschuht mit der Bereitschaft für das Evangelium des Fr iedens. Zu alledem ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr alle feurigen Pfeile des Bösen löschen könnt. Nehmt auch den Helm des Heiles und das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes" (Eph. 6,11-17). Trotz dieses mahnenden Aufrufes des heiligen Paulus zu einem friedlichen Kampf gab es zahlreiche Gestalten der Kirchengeschichte, die auch kämpften oder kriegerische Auseinandersetzungen legitimierten. Wie kam es zu diesen Positionen? Und: können Ulrich undJakobus, deren Vergleich auch dem Genius loci und dem Anlaß der Tagung geschuldet sind, Fingerzeige zu einer differenzierten Beurteilung geben? Ich kann mit den kommenden Bemerkungen nur einige Beobachtungen beisteuern, will zunächst die kriegerischen Aspekte beider Heiliger nacheinander vorstellen und sodann vergleichend würdigen. Dabei ist gleich zu Anfang einzuräumen, wie unterschiedlich die Voraussetzungen sin d, die nur bedingt einen Vergleich erlauben: hier der n och lebende, keinesfalls schon heilige Bischof Ulrich, dort der Apostel Jakobus, der nach seinem Leben helfend eingreift. II. Ulrich als Verteidiger durch Gebet und Liturgie Der frühesten Lebensbeschreibung des hl. Ulrich aus der Feder Gerhards, aus der anfangs zitiert wurde, sollten weitere Viten folgen, deren Akzente anders lagen . Gerhard selbst aber zeichnet das Bild des Augsburger Bischofs Ulrich vor allem unter dem Aspekt, ihn als einen Reichsbischof vorzuste llen, gleichzeitig jedoch auch, um sein Leben als <?page no="223"?> Augsburger Netzwerke.indd 223 Augsburger Netzwerke.indd 223 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpfende H eilige 217 heiligmäßig zu charakterisieren. Der Domkleriker Gerhard hat seine Vita „zum Vorbild und zur Erbauung" niedergeschrieben3, sie diente jedoch später weiteren Zielen, denn am 31. Januar 993 verlas Bischof Liudolf von Augsburg im Lateran Teile aus dieser Lebensbeschreibung und ersuchte Papst Johannes XV. (985-996) sowie die Synodalen, den Bischof Ulrich heilig zu sprechen 4. Dies war das erste Mal, daß die päpstliche Autorität nachweislich für eine Heiligsprechung bemüht wurde. Ulrich, um 890 geboren, entstammte einer adeligen Familie Oberschwabens. Das Kleinkind war sehr kränklich, und als es auf Rat eines durchreisenden Priesters schließlich gesundete, glaub ten die Eltern auch der Weissagung dieses Mannes: "Gott wird einmal Großes durch ihn wirken". Nach seiner Studienzeit in St. Gallen wurde Ulrich Kämmerer des Bischofs Adalbero von Augsburg, der „ein großer Gelehrter seiner Zeit" war, und „der fast alle Reichsgeschäfte zusammen mit dem König führte", eine treffende Charakterisierung, die zeigt, daß Adalbero keinesfalls nur der Seelenhirte seiner Diözese war. Als Ulrich von einer Romreise (909) zurückkehrte, amtierte in Augsburg ein neuer Bischof namens Hiltine. "Hiltine war aber nicht von so hohem Adel, daß Ulrich in seinen Dienst hätte treten mögen". Ganz unverblümt bekennt der Biograph hier, was Standesunterschiede einem Mann wie Ulrich bedeuteten. Als Hiltine 923 starb, übernahm Ulrich das Augsburger Bischofsamt. König Heinrich I. (919-936) bestellte damit erstmals im deutschen Südwesten einen Bischof und verpflichtete den Augsburger Hirten durch Treuegelöbnis und Handgang. Ulrich erwiderte dieses Vertrauen, er suchte die Königsnähe, auch noch unter Otto dem Großen, dem Nachfolger Heinrichs I. So heißt es in seiner Vita: "Ulrich ... begab sich an den Hof des Königs und diente ihm in gewohnter Weise, bis König Heinrich sein irdisches Leben beschloß. Dem Sohn Otto, der nun zum König erhoben wurde, bemühte sich Ulrich den gleichen Eifer im Dienen und die gleiche Festigkeit in der Treue zu bezeugen, wie bisher dem Vater" . Seine Treue zu Otto erwies sich, als Ulrich 3 Zur kur zen Lebensskizze vgl. Klaus HERBERS,Die deutschen Heiligen im Mittelalter, in: Die Heiligen im Mittelalter. Frauen und Männer die ein Jahrtausend prägten, hg. von Regine PERNOUD (Bergisch-Gladbach 1988) S. 298-348, h ier S. 322 f. Dieses und die folgenden Zitate entstammen Gerhards Vita (vgl. Anm. 1). Ausführli cher ist das ansprechende Lebensbild von Werner GOEZ, Lebensbilder aus dem Mittelalter, die Zeit der Ottonen, Salier u nd Staufer, (Darmstadt 2 1998) S. 28-40. 4 Vgl. die Urkunde bei BERSCHIN, Vita (wie Anm . 1) S. 413-416 sowie Harald ZIMMERMANN,Papstreg esten 911-1024 Oohann Friedrich Böhmer, Regesta Imperii II, 5, Wien/ Köln/ Graz 1969, 2 1998) Nr. 714 mit Nachweisen zur neuesten Diskussion zwischen Schieffer, Schimme lpfennig, Hehl um die Ech t h eit. <?page no="224"?> Augsburger Netzwerke.indd 224 Augsburger Netzwerke.indd 224 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 218 Klaus H erbers während des Aufstandes von dessen Sohn Liudolf 953/ 54 fest zu Otto hielt . Ulrich kehrte als Bischof nach Augsburg zurück, aber es wurde für ihn eine erschreckende Rückkehr: Mehrmals waren die Ungarn bis nach Schwaben vorgedrungen. Als die Ungarn erneut 955 das Reich bedrohten, fiel Ulrich vor den Toren Augsburgs die erste Verteidigung zu. Nach der ersten Abwehr, die ich schon mit dem Eingangszitat skizziert habe, soll Ulrich die ganze Nacht im Gebet verbracht haben. Weiter heißt es in der Vita: „Er aber verharrte die ganze Nacht über im Gebet, rief di e in der Stadt versammelten frommen Frauen zusammen, damit ein Teil von ihnen mit Kreuzen unter frommer Anrufung des Herrn Prozessionen abhalten, der andere Teil die Milde der heiligen Gottesmutter Maria um Verteidigung des Volkes und um Befreiung der Stadt auf das eifrigste auf dem Boden hing estreckt erflehe. Er selbst aber überließ nur während eines ganz kleinen Teils der Nacht vor dem Matutin seinen Leib der Ruhe des Schlafs, um nach Vollendung des Lobgebets der Matutin, sobald sich erst die Morgenröte zeigte, Gott die heilbringende Opfergabe darbringen zu können. Nach Beendigung des heiligen Dienstes erquickte er alle mit der heili gen Wegzehrung und überzeugte sie in demütiger Ermahnung, daß sie im rechten Glauben verharrend nicht zögern sollten, ihre Hoffnung auf den Herrn zu setzen. Er nannte ihnen viele trostvolle Worte und verkündigte ihnen die Worte des Psalmisten David: ,Ob ich auch mitten durch Todesschatten wandelte, fürchte ich doch kein Unheil, bis t du doch bei mir.' Als aber die heilsam e Er mahnung des Bischofs beendet war und das Sonnengestirn gerade die ganze Weite des Erdkreises erleuc htete, umzingelte das Heer der Ungarn mit einer unsagbaren Menge von allen Seiten die Stadt zur Eroberung. Sie führten diverse Werkzeuge mit sich, um die Mauern niederzureißen. Als sie auf beiden Seiten kampfbereit standen und alle Bollwerke der Stadt voller Verteidiger standen, trieben einige unter d en Ungarn die anderen, indem sie mit Peitschen drohten, zum Kampf, und jene wagten sich nichtvon Gott ersc hr eck t an die Mauern heran, da sie die große Menge derer sahen, die ihnen auf den Bollwerken Widerstand leisteten" 5. 5 Ille autem totum spatium noctis in oratione pernoctans religiosas mulieres in civi tate congregatas concitabat ut una pars earum cum crucibus ad dominum devote clamando circumirent et altera pars clementiam sanctae dei genitricis mariae pro defensione populi et pro liberatione civitatis studiosissime pavimento prostrata flagitaret. Ipse autem minimam particulam noctis ante matutinam horam corpus requiei soporis indulsit ut matutinis laudibus expletis aurora primum inrumpente salutaris sacrifitii hostiam deo libare licuisset. M inisterio sacro peracto viatico sacro omnes recreavit humilique ammonitione persuasit ut in fide recta persistentes spem suam in dominum componere <?page no="225"?> Augsburger Netzwerke.indd 225 Augsburger Netzwerke.indd 225 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpfende Heilige 219 Spielte aber Ulrich noch die entscheidende Rolle, als König Otto mit einem Heer anrückte? Offensichtlich wechselten anschließend die Rollen. „Indessen, als sie so innen und außen kampfbereit standen, kam Berthold, der Sohn des Arnulf, von der Reisensburg genannten Burt zum Ungarnkönig und kündigte ihm das Nahen des ruhmreichen Königs Otto an. Als er mit ihnen beraten hatte, nahm er durch Gottes Gabe Abstand zum Kampf um die Stadt und begann, dem ruhmreichen König entgegen zu ziehen in der Überlegung, daß er nach Überwindung [des Königs] und der Seinen als Sieger zurückzukehren und die Stadt und das ganze Königreich in aller Freiheit haben könne. Als König Otto heranrückte, zog Graf Dietpald, der Bruder des Bischofs, mit anderen, die in der Stadt waren, nachts hinaus, dem König entgegen"6. Über die Ereignisse auf dem Lechfeld wissen wir vor allem aus dem Bericht des Sachsen Widukind. In dieser Schlacht am 10. August 955 ritt Otto mit der Heiligen Lanze voran. Der König soll sogar ein Gelübde geleistet haben, dem Tagesheiligen, dem Märtyrer Laurentius, ein Bistum in Merseburg zu errichten. Nicht nur in der Perspektive Widukinds war die Schlacht ein überwältigender Sieg, sondern andere Zeitgenossen haben dies ähnlich festgehalten. Dieser militärische Erfolg hob Otto gegenüber seinen Vorgängern heraus. "Glorreich durch den herrlichen Sieg wurde der König von seinem Heere als Vater des Vaterlands (pater patriae) und Kaiser begrüßt. Darauf ordnete er dem höchsten Gott non dubitarent . Indicens eis omnigenam sponsionem consolationis et adnunciens psalmigraphi david verba dicentis. Si ambulavero in medio umbrae mortis non timebo mala quoniam tu mecum es. Salubri autem ammonicione episcopi peracta cum iubar radiantis solis primum latitudinem telluris irradiaret exercitus ungrorum inenarra bili pluritate ex omni parte ad expugnandam civitatem circumcinxit diversa ferens instrumenta ad depositionem murorum. Cumque und ique parati essent ad bellum et cuncta propugnacula civitatis repugnantium plena f uissent quidam ungrorum fla gellis alios minantes ad pugnandum coegerunt et illi tantam multitudinem in propugnaculis restistentium eis videntes muris se coniungere a deo perterriti non audebant. Edition und Übersetzung: BERSCHI N , Vita (wie Anm. 1) S. 197-199, vgl. KA LLFELZ, Lebensbeschreibungen (wie Anm . 1) S. 107, Z. 5- 25. 6 Interim cum interius exteriusque parati essent ad bellum peretholdus filius arnolfi de castello risinesburc vocitato venit ad regem ungrorum adnuntians ei adventum ottonis gloriosi regis. Qui ut hoc audivit suum classicum omni exercitu notum clangere praece pit. De cuius sonitu exercitus totus pugnam civitatis omisit et ad colloquium eorum regis se coniungere festinavit. Qui cum eis autumatione [a cta deo donante a pugna civi tatis cessabat et in occursum gloriosi regis ire coepit. Ea ratione ut illo cum suis superato victor rediens civitatem et totum regnum libere habere potuisset . Regi ottoni venienti . Dietpaldus comes frater episcopi cum caeteris qui in civitate erant nocte exiens in occursum regis venit. Edition und Übersetzung: BERSCHIN, Vita (wie Anm . 1) S. 198- 201, vgl. KALLFELZ, Leb ensbeschreibungen (wie Anm . 1) S. 107, Z . 25-36. <?page no="226"?> Augsburger Netzwerke.indd 226 Augsburger Netzwerke.indd 226 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 220 Klaus H erbers Preis und würdige Lobgesä nge in allen Kirchen an. [... ]Denn eines solchen Sieges hatte sich keiner der Könige vor ihm in zweihundert Jahren erfreut." 7. Die Vita Ulrichs berichtet hingegen knapper, läßt offen, ob Ulrich an der Lechfeldschlacht teilnahm, obwohl dies eher unwahrscheinlich ist, denn der Herrscher kam angeb lich anschließend in die Stadt, um Ulrich später für seine Hilfe zu danken und zu belohnen 8 . Dieses Bild verformte sich aber schon bald. In der dritten Vita Ulrichs, die Bern von Reichenau etwa vierzig Jahre später (1020-1030) 9 schrieb, wird die Teilnahme Ulr ichs fast zur Gewißheit. Zwar lassen die Vergleiche mit dem Buch Josue nicht ganz klar werden, wo die Aussagen symbolisch und wo mit einem realen Bezug zu verstehen sind; Ulrich kämpft aber auch hier, jedoch vor allem durch das Gebet 10. Die Vita hebt also insgesamt das Mitstreiten des Bischofs ohne Waffen bei der ersten Abwehr hervor und unterstreicht spirituelle Akte w ie Gebete, Fürbitten und die Stärkung der Kämpfer durch die Meßfeier und Kommunion. Das Bild des lediglich mit der Stola bewehrten Bischofs ha t Geschichte gemacht und später sogar zu einer Erweiterung geführt, nämlich, daß Ulrich mit dem gleichen Gottvertrauen sogar an der Lechfeldschlacht teilgenommen habe und ihm während des Gemetzels ein Engel ein Siegeskreuz verliehen habe, Ursprung der sogenannten Ulrichskreuze 11 . Diese „Crux victorialis" ist noch bis heute im Schatz der Basilika St. Ulrich und Afra zu besichtigen 12 . Das Alter ist unbekannt, sicher nachweisbar ist nur die Entstehungszeit des ersten Gehäuses im 14. Jahr hundert. Vielleicht befand sich ein Kreuz bei den 7 W idukind von Corvev, Rerum Gestarum Saxonicarum, ed. Paul HIRSCH/ Hans- Eberhard LOHMANN ,(Monumenta Germaniae Historica. Scriptores rerum Germanicarum in usum scho larum [60], Hannover 1935) III 49, S. 128 f., vgl. die deutsche Übersetzung bei Albert BAUER/ Reinhold RAU, Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit (Ausgewählte Quellen zur deutschen Gesc hi chte des Mittelalters 8, Darmstadt 1977) S. 159. 8 HAARLÄNDER,Vitae (wie Anm. 2) S. 372. 9 Ebd. S. 545 mit den weiteren Angaben. lO Bern von R eichenau, Vita s. Udalrici, ed. J.-P . MIGNE, Patrologia Latina 142 (Par is 1882) Sp. 1183-1204, hier 1195: Josue duce, vgl. HAARLÄNDER,Vitae (wie Anm . 2) s. 373. 11 Manfred WEITLAUFF, Bischof Ulrich von Augsburg (923-973). Leben und Wirken eines Reichsbischofs der ottonischen Zeit, in: Bischof Ulrich von A u gsburg. 890-973. Seine Zeit sein Leben seine Verehrung. Festschrift aus Anlaß des taus endjähr igen Jubi läums seiner Kanonisation im Jahre 993, hg. von DEMS.(Weißenho rn 1993) S. 69-142, S. 122 mit Anm. 185. - Vgl. auch die weiteren Beiträge in diesem wichtigen Sammelband. 12 Hierzu Wo lfgang AUGUSTYN,Das U lrichskr euz und die Ulrichskreuze, in: Bischof Ulrich, hg . von WEITLAUFF(wie Anm. 11) S. 267- 316. <?page no="227"?> Augsburger Netzwerke.indd 227 Augsburger Netzwerke.indd 227 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpfende Heilige Abb. 1: Gehäuse für das Ulrichskreuz, Schwaben, 2. Viertel 14. Jahrhun dert (Augsburg, St. Ulrich und Afra) Vorderseite. Nach S. 278 in: Bischof Ulrich von Augsburg, hg. von WEITLAUFF Abb . 2: Gehäuse für das Ulrichskreuz, von Nikolaus Seid, Augsburg 1494 (Augsburg St. Ulrich und Afra) Innenansicht mit der Rückseite des Gehäuses aus dem 2. Viertel des 14. Jahrhunderts. Nach S. 278 in: Bis chof Ulrich von Augsburg, hg. von WEITLAUFF 221 Abb . 3: Ulrichskreu z , Augsburg, dat. 1570 (2. Hälfte 1570? ); Augsburg Sammlung Friese negger Nr. 360, Vorder- und Rückseite. Nach S. 278 in: Bischof U lrich von Augsbu r g, hg. von WEITLAUFF <?page no="228"?> Augsburger Netzwerke.indd 228 Augsburger Netzwerke.indd 228 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 222 Klau s Herbers Gegenständen, die man bei der Graböffnung 1183 fand 1 3. Die Legende von der Überreichung in der Schlacht selbst ist aber vor allem durch die Aufschriften dieser Kreuze gefördert worden. Wie ist das Verhalten des Bischofs zu interpretieren? Ulrich verteidigt seine Bischofsstadt, seine Diözese. E r ist damit weniger Krieger als vielmehr Schützer der ihm anvertrauten Gemeinde. Drei Aspekte verdienen Beachtung. Wenn er bei den Angriffen nur mit der Stola "bewaffnet" unversehrt bleibt, so ist für diese Passage der Vita inzwischen ein deutlicher Be zug zur Vita des heiligen Martin nachgewie sen worden . Denn Sulpicius Seve rus , der Biograph des heiligen Mart in, schreibt auch über den seinen Helden, den heiligen Martin, daß dieser dem Kaiser Julian angebot en habe, nicht mit Schild oder Waffen, sondern nur mit dem Kreuzeszeichen ausgestattet und nur mit den Pontifikalien bekleidet, den Fe inden entgegenzutreten 14. Einen zweiten Bezug hat die Forschung deutlich herausgest ellt: Die späte Tradition der Kreuzesübergabe atmet den Geist der Konstantinsgeschichte. Auch Kais er Konstantin wurde der Sieg an der Milvischen Brücke 312 durch ein Kreuzeszeichen angedeutet, die späteren Ulrichskreuze greifen d ieses Ereignis der Spätantike auch symbolisch auf. Der dritte Aspekt, der den Aufgabenbereich des späteren heiligen Bischofs betrifft, ist die liturgische Begleitung des Kampfgeschehens. Ulrich ist der wichtigste Beter und Liturge. Diese Rolle der geistlichen Führer ist im früheren Mittelalter gängig, sie läßt sich zum Beispiel auch an den im 9. und 10. Jahrhundert von den Sarazenen bedrohten Päpsten leicht nachweisen . Seit dem Ende des 8. J ahrhunderts 15 sind Berichte über die Verknüpfung militärischer Aktionen mit liturgischen Gebeten und Handlungen häufig, wie die verschiedenen Meßformulare für das aufbrechende Heer und für den Kampf erkennen lassen. Das Capitulare episcoporum (von etwa 780) fordert zum Beispiel von Bischöfen unter anderem das Lesen von Messen und Psalter für den Kön ig, für das Heer und für allgemeine Bedrängnisse; in den Litaneien wird des Herrschers und des Heeres eigens gedacht. Liturgische und asketische Übungen vor kriegerischen Auseinandersetzungen sind auch in der Historiographie t3 Ebd. S. 290f . 14 Sulpicius Severus, Vita Martini/ Sulpice Severe, Vie de Saint Martin 1 (Introduction, texte et traduction), ed . Jacques FONTAINE (Sou rces Chretiennes 133, Paris 1967) S. 248-317 , hier S. 260, vg l. zum Hintergrun d vo r allem HAARLÄNDER,Vitae (wie Anm. 2) S. 372. 15 Vgl. zu den folgenden Beispiele Klaus HERBERS, Leo IV. und das Papsttum in der Mitte d es 9. Jahrhunderts - Möglichkeiten und Grenzen päpstlicher Herr sch aft in der späten Karolingerzeit (Päpste und Pap stt um 27, Stuttgart 1996) S. 115f . mit den entsprechenden Quellennachweisen. <?page no="229"?> Augsburger Netzwerke.indd 229 Augsburger Netzwerke.indd 229 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpf ende H eilige 223 des 9. Jahrhunderts häufig: So fasteten und beteten die Truppen Karls des Kahlen und Ludwigs des Deutschen 841 am Vorabend der Schlacht von Fontenoy; ein Jahr später pilgerten die beiden Könige zum hl. Castor und feierten dort die Messe mit, bevor sie Lothar angriffen. Mit Fasten und Litaneien bereiteten sich die Truppen Ludwigs des Jüngeren auf die Schlacht bei Andernach vor, und auch König Arnulf besuchte eine Messe vor der Erstürmung von Bergamo 894. Als es 896 darum ging, Rom zu erobern, sollten Meßbesuch, öffentliche Confessio und Fasten die Einnahme der Ewigen Stadt erleichtern. Beten und Liturgie waren besonders wichtig, wenn die Gegner Nichtchristen waren. Gegen die Sarazenen war Papst Leo IV. 849 nicht nur Heerführer, sondern er fungierte vor allem als Legitimator und Verteidiger der römischen Kirche mit Gebet und Liturgie, auch er schützte damit Rom und das Petersgrab. Vor diesem Hintergrund entsprach Ulrichs Verhalten bzw. dessen Darstellung durchaus den Zeitgepflogenheiten : Gebet und Liturgie unterstützten auch den Kampf gegen die Ungarn, die Stilisierung des Bischofs als unbewaffneter Kämpfer und die spätere Kreuzlegende sind dabei bewährten Vorbildern entlehnt, um das Bild Ulrichs in noch größerem Glanz erstrahlen zu lassen und ggf. die Heiligsprechung zu befördern. III. J akobus als Schlachtenhelfer Für Jakobus beschränke ich mich nur auf einen Aspekt auf die Darstellung der Schlacht von Clavijo in der bereits erwähnten Urkunde aus dem 12.Jahrhundert, obwohl weitere Episoden zum Landespatronat und zur Schlachtenhilfe wie die Geschichte zur Eroberung von Coimbra (1064) einbezogen werden könnten. Lassen wir zunächst den Text selbst ausführlich zu Wort kommen. Die fiktiv König Ramiro I. als Aussteller zugeschriebene Urkunde aus dem 12. Jahrhundert (obwohl Ramiro in der Mitte des 9. Jahrhunderts regierte) läßt diesen folgendes sagen 16: Über seine Schenkung an den Apostel J akobus wolle er alles 16 Die Edition des „voros" -Privilegs von Julian CANTERAÜRIVE, La batalla de Clavijo y aparici6n de nuestro patr6n Santiago (Vitoria 1944, ND Logroi\o 1997) war mir nicht zugänglich, deshalb folge ich h ier der noch immer leichter zugänglichen Edition von Antonio LöPEZ FERREIRO, Historia de la Santa A. M. Iglesia de Santiago de Compostela, 11 Bde . (Santiago de Compostela 1898- 1911) 2, S. 132-137 . Vgl. die spanische Übersetzung und Interpretation bei Zacarias GARCfA VILLADA,Historia Eclesiastica de Espai\a 3 (Madrid 1936) S. 207-215 . - Vgl. zu Überlieferung und Editionen auch Ludwig VONES,Di e „Historia Compostellana" und die Kirchenpolitik des nordwe stspanis chen Raumes 1070- 1130 (Kölner Historische Abhandlungen 29, <?page no="230"?> Augsburger Netzwerke.indd 230 Augsburger Netzwerke.indd 230 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 224 Klaus H erbers aufschreiben, damit seine Nachfolger dies beachteten. Auch habe er die Gründe für die geforderten Gaben an die Apostelkirche notieren lassen. Und dann folgt die Erzählung: Zu Zeiten des (westgotischen) Königs Roder ich während der Zerstörung Spaniens (destructio Hispanie) durch die Sarazenen hätten einige seiner Vorgänger und faule , nachlässige Große, deren Leben nicht zu imitieren sei, gelebt. Diese hätten, um von den Sarazenen nicht gestört zu werden, einen Tribut vereinbart, und jährlich hundert Jungfrauen von äußerster Schönheit, fünfzig von den Adeligen Spaniens, fünfzig aus dem Volk für einen zeitweiligen Frieden den Sarazenen übergeben. In einem weiteren Abschnitt skizziert der König da nn, daß er durch göttliche Eingebung geleitet dies habe abschaffen wollen und seinen Entschluß geistlichen und weltlichen Großen bekannt gemacht habe. Daraufhin habe er in Le6n (! ) Gesetz und Gebräuche erlassen und in einem Ed ikt verfügt, daß alle wehrhaften Männer, Adelige und Nichtadelige, Re iter und Fußkrieger sich an einem festgesetzten Tage vers ammeln sollten. Erzbischöfe, Bischöfe , Äbte und ander e Kleriker hab e er gebeten, dabei zu sein, damit dur ch ihre Gebete das Erbarmen Gottes herbeigefleht und die Tapferkeit der Kämpfer erhöht werde. Danach führte Ramiro die Truppen nach Naj era zu einem OrtAluella. Die Sarazenen hätten von ihrer Ankunft gehört u nd die vo n diesseits des Meeres (cismarini) seien gegen die Tru ppen Ramiros versammelt, diejenigen von jenseits des Meere s (transmarini) durch Briefe und Boten gerufen worden. Dann hätten sie mit großer Menge angegriffen und das christliche Heer besiegt. Vielleicht der Sünden wegen seien viele seiner Leute gefallen, jedenfalls hätten sie auf einen Hügel namens clavillium (Cl avijo) fliehen müssen. Dort hätten fast alle die ganze Na cht in Tränen Köln / Wien 1980) S. 206, Anm. 171. Dort au ch S. 206- 210 zu r Interpretati o n, die Fernando L0PEZ ALSINA, La ciudad de Santiago de Compostela en la alta Edad Media (Ayu ntamiento de Sant iago de Compostela, 1988) S. 181 fort gefü hrt hat. - Ich folge teilweise meiner eigene n früheren Interpretation: Klaus HERBERS,Politik und Heiligenverehrung auf der Ib erisc hen Halbins el. Di e Entwicklung d es „poli tischen Ja ko bu s", in: P o litik und Heiligenverehrung im Ho chmitt elalt er, hg. von Jür ge n P ETERS0HN (Vorträge u nd F orschungen 43, Sigmaringen 1994) S. 177-27 5, hier S. 233- 239, akzentu iere jedoch mit Blick auf den Vergl eich anders u nd ne u. Neuere Auseinandersetzungen und E inordnungen fin den sich zum Beispi el bei Klaus HE RBERS,Le culte de Saint-Jacques et le souvenir carolin gien chez Lu cas de Tuy. Indic es d'une conception histor io grap hique (debut du 13e sied e), in: A la recherche de legitimites chretiennes, h g. vo n Patri ck HE NRIET (Lyon 2003) S. 149-176 und Francisco MARQUEZ VILLANUEVA,Santiago: tray ectori a de un mito (Serie gene ral uni vers itaria 33, Barcelona 2004) be s. S. 183-215. Z ur Neuzeit vg l. Ofelia REY CASTELA0, La historio gr affa del Voto de Santiago . Re cop ilaci6n crfti ca de una p o lemi ca hi st6rica (Santiago de Compostela 1985). <?page no="231"?> Augsburger Netzwerke.indd 231 Augsburger Netzwerke.indd 231 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpfende Heilige 225 und Gebeten ausgeharrt, nicht wissend, was der nächste Tag bringen sollte. Ihn selbst, den König, habe aber der Schlaf schließlich übermannt, obwohl er Ängste und Sorgen des christlichen Volkes wegen ausgestanden habe. Dem Schlafenden erschien jedoch der heilige J akobus, der Beschützer der Spanier (hispanorum protector). Nachdem sich der Apostel zu erkennen gegeben hatte, belehrte er den König darüber, ob er denn nicht wisse, daß der Herr Jesus ihm ähnlich wie anderen Aposteln die ganze Hispania seiner Obhut (tutela) durch das Los (per sortem) übertragen und damit seinem Schutz (protectio) unterstellt habe. Dann habe Jakobus die Hand des Herrschers ergriffen und versprochen, er werde ihm und seinen Leuten bei der kommenden Schlacht gegen die große Übermacht der Sarazenen helfen und sie zum Sieg führen . Viele der christlichen Leute, denen schon die ewige Ruhe bereitet sei, würden nach der Schlacht um des Namens Christi willen die Krone des Martyriums erlangen. Damit der König aber an nichts zweifle, würden die christlichen Krieger den Apostel auf einem Schimmel mit einer weißen Fahne während des Kampfes sehen. Sie sollten in der Früh beichten, also ihr Bekenntnis ablegen und Buße annehmen, Messe feiern und sich durch die Kommunion stärken. Während der Schlacht sollten sie aber den Namen Gottes und den seinigen anrufen 17. Nach dieser Vision teilte der erregte Herrscher dies allen Erzbischöfen, Bischöfen, Äbten und Klerikern mit und alle dankten. In der Schlacht aber erschien der heilige Apostel, wie er versprochen hatte. Von diesem Anblick angeregt wandten sich alle an Gott und J akobus mit den Worten : adiuua nos Deus et sancte lacobe, also: Hilf uns Gott und Heiliger Jakobus; und dieser Ruf sei hier zum ersten Mal in Spanien (Hispania) erschallt. Durch die Barmherzigkeit Gottes seien 70 .000 Sarazenen gefallen. Danach hätten die Christen Calahora eingenommen. Der Teil der Urkunde nach dieser erzählenden Passage (Narratio) verzeichnet dann die Bestimmungen zu den „votos": Ramiro, seine Gemahlin Urraca, sein Sohn Ordofio und sein Bruder Garcfa sowie weitere anwesende Zeugen dieses „Wunders" hätten die jährliche Zahlung von einem Maß Getreide und Wein pro Ochsengespann an die Basilika des Apostels festgelegt, die von nun an jeder Christ in der ganzen Hispania unter Strafandrohung entrichten müsse. Außerdem solle entsprechend der Position des Apostels als königlichem Patron und Schützer Spaniens (patrono nostro et Hispaniarum protectori) nach je - 17 ... in albo equo dealbata grandi specie maximum uexillum album deferentem ... , Historia, ed. LÖPE Z F ERREIRO (wie Anm. 16) S. 134. <?page no="232"?> Augsburger Netzwerke.indd 232 Augsburger Netzwerke.indd 232 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 226 Klaus H erbers dem Sieg gegen die Sarazenen der Beuteanteil, der einem Ritter (miles) zukomme, abgegeben werden. Die Urkunde, die Pedro Marcio angeblich aus einer anderen Vorlage abgeschrieben hat 18, ist seit langem als Fä lschung erwiesen 19. Sie kann nur aus der Situation des 12. Jahrhunderts heraus erklärt werden; das woh l echte Privileg, an das sie in einigen Passagen anknüpft, stammt von Ram iro II. (931-950) und ist vermutlich in das Jahr 934 zu datieren 20 . Hier wird die Abgabe noch nicht auf gan z Spanien (sondern nur auf das galicisch-leonesische Gebiet bis zum Fluß Pisuerga) ausgedehnt und hat noch nichts mit einer Schlachtenhilfe des Apostels Jakobus zu tun, die in der breiten erzählenden Einleitung die „votos" legitimiert . Die Urkunde Ramiros II. h at te noch keinesfalls in solch umfass ender Weise wie das vorgestellte Dokument die Vorrechte Compostelas zur Erhebung der Abgabe in den Vordergrund gerückt. Wie entwickelte sich aber die Begrün dung mit der Schlachtenhilfe für die Abgaben seit dieser Urkunde von 934 bis hin zum eben vorgestellten „votos"-Privileg? Ein erstes Bindeglied zwischen der echten und der verfälschten Fassung bietet die Darstellung im Chronicon Iriense von etwa 1090, das im Zusammenhang mit einer Schlacht von 934 interessanterweise von einem Besuch Ramiros II. am Apostelgrab causa orationis, den vota und einem anschließenden Schlachtensieg berichtet. Gott habe den Sieg über den König Abd ar Raman III. von C6rdoba gewährt, weil Ramiro vorher zumJakobusgrab gepilgert sei und dort die vota als jährliche Abgabe 18 Ego Petrus M arcius Dei gratia ecclesie beati I acobi cardinalis, sicut inueni in alio scripto quod in beati I acobi thesauro et in eius titulo permanet, ita scripsi ... , ebd. S. 137; die frühest en Hands chr ifte n stammen aus dem 13. Jh .: GARCfA VILLADA, His tor ia (wie Anm. 16) 3, S. 209, Anm . 29; vg l. zu weiteren Handschriften VONES, Historia Compostellana (wie Anm. 16) S. 206, Anm . 171. Im Ausstellungskatalog Los Reyes y Santiago. Expos ici6n de documento s reales de la Catedral de Santiago de Compostela (Arquivos de Galicia 1, Santiago de Compostela 1988) S. 107, Nr. 4 werden Kopien ins 12. Jh . dati ert, aber ohne Berücksich tigung der von VONES zitierten Handschriften. Vgl. dort auch zu weiterer Literatur. 19 Grundlegend Lu is BARRAUDIHIGO, Etude sur les actes des rois asturiens (718-910), Revue Hispanique 46 (1919) S. 1-1 92, hier S. 64 und 125f., Nr . 18 (der eine Kopie mit Fragezeichen in das 12. Jh. da tiert). Vgl. auc h die Auflistung der wichtigsten Argumente bei GARCfA VILLADA,H isto ria (wie Anm. 16) 3, S. 209-215. Von einer Fä lschung wird seither einhellig ausgegangen. 20 Vgl. Manuel GöMEZ MORENO, Di scursos lefdos ante la Acad em ia de la Historia (Madrid 1917) S. 19 f. Antonio GARCfA CONDE, Dip loma de los votos de Santiago. Data de! mismo segun una copia de! Archivo de la Catedral de Lugo, Bo letin d e la comisi6n provincial de monumentos hist6rico s y artfsticos de Lugo 6 ( 1953) S. 129- 133, d er aufg rund ein e~ spätereren Kopie ein auf 934 datiertes „votos" -Pr ivileg als möglich ansieht. Mit \'erändertem Akzent vgl. die Rekonstruktionsversuche von Fernando LöPEZ ALSINA, Ciudad (wie Anm. 16) S. 175 f. <?page no="233"?> Augsburger Netzwerke.indd 233 Augsburger Netzwerke.indd 233 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpfende Heilige 227 bis zum Fluß Pisuerga gelobt habe 21 . Die Verbindung der Abgabe mit der Schlachtenhilfe findet sich dann bereits deutlich in der Einführung der „votos" -Abgaben für das Bistum Toledo durch König Alfons VII. im Jahre 1150, also erstmals für ein Gebiet außerhalb Le6ns! Der Primat Toledos blieb zwar unangetastet, aber die Abgabe wird mit dem Patronat und der Schlachtenhilfe des hl. Jakobus begründet 22 . Ähnlich brachte auch das 19. Kapitel der Historia Turpini aus dem Liber Sancti Jacobi zu Beginn des 12. Jahrhunderts die militärischen Siege Karls des Großen mit den Abgaben in Galicien und Spanien in einen zumindest losen Zusammenhang 23 . Diese Kombination war wohl das geeignete Mittel, um die ursprünglich auf den Nordwesten Spaniens beschränkte Feudalabgabe auf ganz Spanien auszudehnen. Damit ergibt sich als ein erstes Zwischenergebnis: Das Ziel, eine Abgabe für die Compostellaner Kirche in ganz Spanien durchzusetzen, wurde seit dem 11. Jahrhundert in verschiedenen Zusammenhängen immer wieder mit der Hilfe des Apostels in Schlachten gegen die Muslime begründet. Auch weitere erzählende Quellen bringen Schlachtenhilfe und Abgaben in einen Zusammenhang. So nennt die anonyme Chronik Alfons' VII., die aus der Mitte des 12. Jahrhunderts von einem Hof- 21 Chronicon Iriense, ed. Manuel-Ruben GARCfA ALVAREZ,El Cronic6n Iriense. Estudio preliminar, edici6n crftica y notas hist6ricas (Memorial Hist6rico Espafiol 50, Madrid 1963) S. 115: ... Abdirahaman, Cordobensis rex, cum omni exercitu suo, fugatus et uictus est, qui rex antea accesserat ad beatum 1acobum causa orationis et obtulit ibidem uota usque in Pisorgam, ut singulis annis redderent censum apostolice Ecclesiae, et Deus magnam dedit ei uictoriam. In der Regel wird dies auf die Schlacht von Simancas 939 bezogen, vgl. VONES,Historia Compostellana (wie Anm. 16) S. 207 und L6PEZ ALSINA, Ciudad (wie Anm. 16) S. 175. 22 LÖPEZ FERREIRO,Historia (wie Anm. 16) 4, S. 50f., Apend. Nr. 20: .. . apostolo, pa trono nostro, cujus meritis, et auxilio, et predecessores nostri de paganis firmiter credimus sepe habuisse triumphum .. . Zu überlegen ist weiterhin, inwieweit nicht das Bild Konstantins den Text beeinflußt haben könnte, dem ebenso in der Nacht vor einer Schlacht der Sieg in einer Vision vorhergesagt wurde; jedenfalls ist die ikonographische Nähe von Konstantin und Jakobus als Schlachtenhelfer mehrfach festgestellt worden, vgl. oben zu Ulrich sowie die beiden unten vorgestellten Darstellungen (S. 234 f.). 23 Vgl. Liber Sancti Jacobi. Codex Calixtinus, ed. Klaus HERBERS/ Manuel SANTOS NOIA (Santiago de Compostela 1998) vor allem Kapitel 5, S. 203 und und 19, S. 214 f. Vgl. zur Sache HERBERS,Politik und Heiligenverehrung (wie Anm. 16) S. 231 f. mit Anm. 283-288 sowie zur Verbindung von Karlsstoff und Compostellaner Interessen die Sammelbände: Jakobus und Karl der Große. Von Einhards Karlsvita zum Pseudo- Turpin, hg. von Klaus HERBERSQakobus-Srudien 14, Tübingen 2003); El Pseudo- Turpin. Lazo entre el Culto J acobeo y el Culto de Carlomagno. Actas del VI Congreso Internacional de Esrudios Jacobeos, hg. von Klaus HERBERS(Santiago de Compostela 2003) sowie Santiago L6PEZ MARTfNEZ-MORAS,Epica y camino de Santiago. En torno al Pseudo Turpfn (Galicia Medieval, Esrudios 8, Santiago de Compostela 2002). <?page no="234"?> Augsburger Netzwerke.indd 234 Augsburger Netzwerke.indd 234 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 228 Klaus H erbers chronisten stammt 2 4, mehrfach die Interventionen des Apost~_ls in Schlachten gegen die Muslime, zuweilen wird sogar von der Ubereignung gewisser Beuteanteile an die Kirche von Compostela berichtet25. Erinnert sei weiterhin an die Dankesgaben Ferdinands I. nach der Schlachtenhilfe in Coimbra 1064, wie sie die Historia Silensis verzeichnete26. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, daß der Fälscher Pedro Marcio Tendenzen bündelte, die in der Mitte des 12. Jahrhunderts mehrfach anzutreffen waren; durch die Konkretisierung des angeblichen Ursprungs legitimierte er die Abgabe und spitzte die Compostellaner Forderung weiter zu. Ob man vielleicht sogar an eine Imitation des römischen Peterspfennigs denken könnte, wäre zu prüfen. Interessant ist das „ votos" -Privileg aber auch im Hinblick auf den hl. Aemilianus, den kasti lischen „Konkurrenzheiligen" des hl. Jakobus. Es ist nämlich nicht auszuschließen, daß das Compostellaner Falsifikat auf eine ähnliche Fälschung zugunsten von San Millan de la Cogolla reagierte, die ebenfalls in der Mitte des 12. Jahrhunderts entstanden war 27. 24 Chronica Adefonsi imperatoris, ed. Luis SANCHEZ BELDA (Escuela d e Estudios M edievale s, Textos 14, Madrid 1950); jetzt neu ediert: Chronica Hispana saec uli XII. Pars I, edd. Emma FALQUE REY/ Juan GrL/ Antonio MAYASANCHEZ (Corpus Christian oru m. Continuatio Mediaevalis LXXI A). Vgl. hierzu Peter FEIGE, Die Anfänge des portugie sischen Königtums und seiner Landeskirche, in: Gesammelte Aufsätze zur Ku ltu rgeschichteS pani ens (Spanische Forschungen der Görres ges ellsch aft 1. Reih e, 29, Münster 1978) S. 179-181 zur Überhöhung der Gestalt Alfons' VII. in diesem Werk; vgl. zu Autor und Umfeld auch das Vorw o rt d er Edition von FALQUE REY/ GrLIMAYA SANCHEZ (S. 112-11 5). 25 Chronica Adefonsi c. 117, 121 (= II 22 und 26), ed. SANCHEZ BELDA (wie Anm. 24) S. 91, 94; FALQUEREY/ GrLIMAYASANCHEZ(wie Anm . 24) S. 205 und 207 . In K ap . 121 (II 26) erscheintJakobus fast als eine Art „Antimohammed": ... Sarraceni clamabant tubis ereis et tamboribus et uocibus et inuocabant M ahomet. Christiani autem, ex toto corde clamabant ad Do minum Deum et ad beatam M ariam et ad sanctum 1acobum ut eorum misererentur et obliuiscerentur peccata regum et eorum et parentum (S. 94 bzw. 207). Allerdings ist zu bemerk en, daß hier Jakobus ni cht allein, sondern zusammen mit Maria und Gott angerufen wird. Außerdem wird die erflehte Sündenvergebung der Krieger in den Vordergrund gestellt, weniger die direkte Schlachtenhilfe. Die Anrufun g Mohammeds durch die Muslime bleibt demg ege nüber unkomm entiert . - Zu Beuteanteilen vgl. den Bericht zur Schlacht von M ont iel: c. 164 (an Toledo) und 173 (an To ledo und Compostela) (= II 69 und 78), ed. SANCHEZ BELDA(wie Anm. 24) S. 128 und 134f., FALQUE REY/ GrLI MAYASANCHEZ (wie Anm. 24) S. 227 und 231: pretiosa dona, quae miserunt Sanctum lacobum Compostellanum (S. 135 b zw . 231). 26 H ERBERS, Politik und Heiligenverehrung (wie Anm. 16) S. 205 mit Anm. 136. 27 Allerdin gs ist grundsätzlich auch ein u mge kehrtes Verhältnis denkbar, obwohl d ie D at ierun g hiergegen spricht. Ant on io UBIETO ARTETA, Lo s votos de San Mill.in, in: Homenaje a Vic ens Viv es 1 (Barcelona 1965) S. 309-324 datiert die Fäls chung auf den Namen von Fern.in Gonzalez aufgrund geographisch-besitzgeschichclicher Argumente in die Jahr e 1143- 1144 (S. 309-311 ). Vgl. di e Einordnung des Aemilianus- Pr ivilegs in den allgemeinen politischen Zusammenhang bei Jose Angel GARCfA DE <?page no="235"?> Augsburger Netzwerke.indd 235 Augsburger Netzwerke.indd 235 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpfende Heilige 229 In der verfälschten Fassung der „votos de Santiago" sind jedoch einige Characteristica hervorzuheben. Der Patronat über die ganze Hispania wird auf die Zuteilung der Missionsgebiete zurückgeführt, das heißt, die Nachricht von der Missionierung, nicht die Translationsgeschichte oder das Apostelgrab, begründete die Schutzherrschaft über ganz Spanien. Der Patronat wurde außerdem vom Herrscher auf die Bewohner der Hispania ausgedehnt 28 . So entwickelte sich J akobus durch die Schlachtenhilfe nicht nur zum Patron der Krieger, sondern erlangte durch die „votos" indirekt diese Stellung auch für die abgabenpflichtige Bevölkerung: Wenn man nämlich die „votos" akzeptierte, dann sicher auch deren Begründung! Anders als in früheren Geschichten soll nun der Heilige auch direkt in der Schlacht erschienen sein, und der Text führt die Fahne (vexillum) als Zeichen sowie die Anrufung des Heiligen in einem Schlachtruf ein. Die Kombination dieser beiden Elemente im vexillum s. Petri, verbunden mit den entsprechenden Schlachtrufen, gehören in den Zusammenhang der Kreuzzugsbewegung. Dazu tritt das Versprechen des Apostels, daß allen, die in der Schlacht fallen, das Martyrium zuerkannt werde 29 . Diese Vorstellung war den Zeitgenossen sicherlich wichtig, weil laut der Apokalypse (20, 4-6) nur Märtyrer nach der Trennung von Seele und Körper unmittelbaren Zugang zum Himmel erhielten. In der christlichen Tradition ist der Gedanke, die in einem Krieg für den Glauben Gefallenen könnten als Märtyrer gelten, zunehmend seit der Zeit des ersten Kreuzzuges verbreitet 30 , so beispielsweise bei Bruno von CORTAZAR Y RUIZ DEAGUIRRE, El dominio del monasterio de San Millan de la Cogolla (siglos X a XIII). Introducci6n a la historia rural de Castilla (Acta Salamanticensia. Filosofia y letras 52, Salamanca 1969) S. 319-323, der die Fälschung vor allem wegen der vielfältigen Schwierigkeiten des Klosters als Defensi vmaßnahme deutet, aber auch eine mögliche Imitation der Santiago - "voto s" erwähnt. Interessanterweise wird diese Fälschung in dasselbe Jahr wie das Privileg Ramiros II. für Compostela (934) da tiert . Vgl. auch LöPEZ ALSINA, Ciudad (wie Anm. 16) S. 186. 28 LÖPEZ FERREIRO,Historia (wie Anm. 16) 2, S. 135. 29 Ebd. S. 134 . 30 Vgl. Carl ERDMANN, Die Entstehung des Kreuzzugsgedankens (Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte 6, Stuttgart 1935, Nachdruck Darmstadt 1974) besonders S. 317, vgl. auchS. 23 und 248. Zur Entwicklung des Kreuzzugs- und Lohngedankens zur Zeit Gregors VII. vgl. auch Ian S. ROBINSON, Gregory VII and the Soldiers of Christ, History 58 (1973) S. 169- 192, besonders S. 180- 182. Die These von Riley-Smith, daß die Idee des Martyriums sich erst unterwegs während des ersten Kreuzzugs entwikkelt habe, ist von Jean FLOR! , More et martyre des guerriers vers 1100. L'exemple de la premiere croisade, Cahiers de Civilisation Medievale 34 (1991) S. 121- 135, mit Recht abgelehnt worden; vgl. dort auch zur neueren Sichtung der Belege. Vgl. weiterhin allgemein: Jerusalem im Hoch - und Spätmittelalter: Konflikte und Konfliktbewältigung- Vorstellungen und Vergegenwärtigungen, hg. von Dieter R. BAUER/ Klaus HERBERS/ Nikolas JASPERT,(Campus Historische Studien 29, Frankfurt/ M. 2001) und die bei Nikolas JASPERT,Die Kreuzzüge (Darmstadt 2003) S. 169 angegebene Literatur . <?page no="236"?> Augsburger Netzwerke.indd 236 Augsburger Netzwerke.indd 236 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 230 Klaus H erbers Segni 3 1. Bernhard von Clairvaux mißt dem Martyrium im Glaubenskrieg ebenfalls einen besonderen Wert zu 32. Für die Interpretation des gefälschten „votos" -Privilegs ist aber vor allem darauf zu verweisen, w ie nachdrücklich das Martyrium auch in der Historia Turpini hervorgehoben wird 33. Dort erkennen die Kämpfer mehrfach, zum Beispiel durch die Belaubung von Lanzen schon im Voraus, daß sie in der folgenden Schlacht mit der Palme oder Krone des Martyriums ausgezeichnet würden34. Dieser Text war wohl kurz vor der Fälschung des „votos"-Pr ivilegs in die Compos tellaner Fassung des Liber Sancti Jacobi als Buch IV integriert worden 35, mag dem Kanoniker Pedro Marcio also beka nnt gewesen sein. Es könnten also unter anderem epische Texte, denen auch die Historia Turpini im weitesten Sinne zuzurechnen ist, di e im„ votos" - Privileg weiterentwickelten Vorstellungen des Patronates mit beeinflußt haben und umgekehrt. Inwiew eit bei der Martyriumskonzeption auch islamische Lehren rezipiert wurden 36, ist nicht eindeutig. Wenn man die Entwicklung der byzantinischen Reiterheiligen und Schlachtenhelfer verfolgt, so zeigt sich, daß die Verdienste der sogenannten „heiligen Krieger" u rsprünglich nicht auf ihrem Einsatz im Kampf beruhten, sondern auf ihrer 31 Bruno von Segni, Libe ilus de symoniacis, ed . Ernst SACKUR(MGH Libelli de lite 2, Hannover 1892) cap. 5 f., S. 543-565, S. 550 f. 32 Bernhard von Clairvaux, De laude novae militiae, in: Opera 3 (Tractatus et opuscula), ed. J ean LECLERCQ/ Cl-- _arles H. T ALB0T/ Henri M. R0CHAIS (Rom 1963) S. 213- 239, besonders S. 214 f. Vgl. zur Int erp r etation Josef FLECKENSTEIN,Die Rechtfertigung der geistlichen Ritterorden nach d er Schrift „De laude novae militiae" Bernhards von Clairvaux, in: Die geistlichen Ritterorden Europas, hg. von Josef FLECKENSTEIN/ Manfred HELLMANN (Vorträge und Forsch u ngen 26, Sigmaringen 1980) S. 9-22, beso nders S. 11f. und 14. 33 Vgl. zur Historia Turpini oben Anm. 23. Zur Bezeichnung der im Kampf gegen die islamis chen Gegner gefa llenen christlichen Kämpfer als Märtyrer vgl. vor allem Kapite l 8, 10, 23, 29, 30, 32, Anhang A sow ie die Papsturkunde JL t 7111 in der Edition der Compostellaner Hs. ed. HERBERS/ SANT0S,Liber (wie Anm. 23) S. 205, 206, 218 f., 222 f., 225 f., 227 und 228 f. 34 Vgl. ebd. Kapitel 8 (ähnlich 10), ed. HERBERS/ SANT0S,Liber (wie Anm. 23) S. 204- 206. 35 Vgl. zur Compostellaner Hs. des Liber Sancti Ja cob i die in de r E inleitung zur Edition H ERBERSISANT0S,Liber (wie Anm. 23) S. XVIIIf. und di e zusa mmenfas senden Bemerkungen in Klaus HERBERS,Der J akobsweg. Mit einem mittelalterlichen Pilgerführer unterwegs nach Santiago de Compostela (Tübingen 7 2001) S. 23-36 mit weiterer Literatur, vgl. auch Anm. 23. 36 Vgl. Albrecht N0TH, Heiliger Krieg und Heiliger Kampf in Islam und Christentum. Beiträge zur Vorgeschichte und Gesch ich te der Kreuzzüge (Bonner Historische Forschungen 28, Bonn 1966) S. 29-33 zu islami schen Vorstellungen über den Lohn im Jen seits, S. 95- 109 zur Bedeutung des christlich en Kriegermartyriums (unter Einschluß außerkirchlicher Merkmale); die Frage der Beeinflussung bleibt jedoch offen . <?page no="237"?> Augsburger Netzwerke.indd 237 Augsburger Netzwerke.indd 237 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpfende H eilige 231 Hinrichtung für den Glauben, also einem Martyrium im „klassischen" Sinne 37. Da das Martyrium der Vita in der Regel nicht mehr einfach nachgeahmt werden konnte, entwickelte sich den Bedürfnissen der Zeit entsprechend die Führungsrolle dieser Heiligen im Kampf, der den Kämpfern die Möglichkeit zu einer „neuen Art von Martyrium" bot. Das gefälschte „votos"-Privileg aus der Mitte des 12. Jahrhunderts baute mithin auf älteren Vorstellungen auf, verband aber den Patronat enger mit Elementen des „Kreuzzugsgedankens" und dehnte ihn auf die gesamte Hispania aus. Die Chronistik des 13. Jahrhunderts hat diese Version übernommen. Nicht hoch genug einzuschätzen für die Verankerung der Clavijo-Episode im historischen Wissen der Zeitgenossen und deren Nachfahren ist aber auch die Tatsache, daß sie durch die Forderung der „votos"-Abgaben fortwährend evoziert wurde. Das Bild eines kriegerischen Helfers eroberte sich so einen festen Platz in wichtigen Teilen der spanischen Geschichtsschreibung sowie im "öffentlichen Bewußtsein" 38 . IV. Vergleich und Bilanz Was bietet ein Vergleich beider Episoden zum Krieg und zum Kampf? Beide, Ulrich und Jakobus, unterstützen den Kampf, aber nicht mit der Waffe in der Hand . Die Begleitung der kriegerischen Handlungen durch Gebet, Meßfeier, Sakramentspendung und anderes gehörte in beiden Fällen dazu. Der aktive Kampf von Geistlichen wäre nach kanonischem Recht allenfalls gegen Heiden oder Feinde Gottes (inimici Dei) erlaubt gewesen, was im Falle beider Schlachten vielleicht gegeben gewesen wäre 39 . Dennoch kämpfen weder der Bischof noch der Apostel. Die Aktionen sind in der Argumentation der Quellen auch kei- 37 Vgl. zu den byza ntinischen „Hei ligen Kriegern" Wolfgang SPEYER,Di e Hilfe und Epiphanie eine r Gottheit, eines H eroe n und eines Heiligen in der Schlacht, in: Pietas . Festschrift für B ern hard Kötting (Müns ter 1980) S. 55-77 und di e do rt zitierte Li te ra tur. Vgl. ferner die Sammelschrift: The Byzantine Saint, U nive rsity of Birmingham Fourteenth Spring Symposium o f Byzantine Studies, hg. von Sergei HAC KEL(Stu d ies Supplementary to Sobornost 5, San Bernadino 1981) mit Beiträgen, die u. a. ze igen , wie sehr h eiligmäß ig leben de, ze itgenös sische P er sone n für po litisch e Zwecke vereinnahmt werden ko nnte n , sowie Leopold KRETZENBACHER, Griechische Reiter heilige als Gefangenenretter (SB Wi en 421, 1983 ), vg l. dort S. 14 den Hin weis darauf , daß die Entwicklung Georgs als Reiterhe iliger erst im 12./ 13. Jh. einsetzte. 38 Vgl. HERBERS,Politik und Heiligenverehrung (wie Anm. 16) S. 238 f. 39 Vgl. hierzu z.B. HAARLÄNDER,Vitae (wie Anm. 2) S. 368 f. <?page no="238"?> Augsburger Netzwerke.indd 238 Augsburger Netzwerke.indd 238 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 232 Klaus H erbers ne Angr iffskriege, denn beide Male geht es um die Verteidigung des zugewiesenen Herrschaftsraumes, hier um die Diözese und Bischofsstadt, dort um die Hispania als patria . Für diesen Fall hatte auch Augustinus (t 430) mit seiner Lehre von einem Gerechten Krieg in der Spätantike die christliche Doktrin entwickelt. In seinem Sinne war ein bellum iustum dann gegeben, wenn dieser von einer legitimen Autorität verkündet, mit einem legitimen Gru nd zur Verteidigung oder zur Wiedererlangung geraubten Gutes diente LO_ Damit deuten sich abe r auch Unterschiede an . In beiden Fällen waren es Kriege oder Schlachten gegen Nichtchristen, aber war der Verteidigungscharakter 955 nach Auswe is der Quellen offensichtlich, so doch weniger in der ersten Legitimation der Clavijoschlacht, wie dies in der Urkunde des 12. Jahrhunderts dargestellt wurde. Hier ging es angeblich darum, den ehrenrührigen Tribut an die Muslime abzuschaffen. Deshalb wurde die Schlacht gesucht. Erst der dem König im Traum erscheinende Apostel J akobus liefert die Begründung indirekt nach, warum dies als Verteidigungskrieg zu gelten habe: Weil dem Apostel ja die ganze Hispania übertragen worden sei, konnte auch die Schlacht von 4 o Di e Literatur zum Heiligen b zw. Gerechten Krieg ist unübersehbar. Vgl. zu den mittelalterlichen Tradi tionen: Jame s A. BRUNDAGE, Holy War and the Medieval Lawy ers, in: Holy Wa r, Essays on th e C rusad es, hg . von Thomas P. MVRPHY(Ohio 1976) S. 99-140, hier S. 102; F red erick H. RuSSELL, Th e Just War in t he Middle Ag es (Cambridge 1975); Ernst-Dieter HEHL, Kirche und Kri eg im 12. Jahrhund ert. Studien z u kanonischem Recht und politischer Wirkli ch keit (Mo nographien zur Ges chicht e des Mittelalters 19, Stuttgart 1980), vo r allem zur Dekretistik in der Mitte de s 12. Jah r hund erts. Zur Entwicklung der ch ri stlich en Lehren im frühen Mittelalter vgl. auch August NITSCHKE,Von Verteidigungskriegen zur militärischen Expansion. Christliche R echtf erti gung des Kri eges b eim Wandel der Wa hrne hmungswei se, in : Töten im Krieg, hg. von Heinri ch von ST! ETENCRON/ JörgRüPKE (Freiburg/ München 1995) S. 241-276, zu Augustinus S. 246- 25 7 (u nter dem Aspe kt der W ir ksamke it Gottes in de r Welt). - Zu d er oben genannten D efinit ion tritt b ei Augustinus hinzu: Es dar f keine andere Lösungsmöglichkeit geben u nd angemessene Formen der Kriegsführung sind z u beachten. - Die Basisstellen bei C ice ro sind: De re publica 3.23.35, hg . und übers. vo n Clinton W. KEYS (Cambridge/ Mass. 1928) S. 2 12, vgl. auch di e län ger e Pa ssage in D e officiis ( 1,34-40) . Die einschlä gigen Pa ssa gen b ei Au gust in find en sich vor allem in : "Contra Faustum Manichaeum", ed. Jos eph ZYCHA (Corpus Scrip torum Eccles iasticorum Latinorum 25, sec t. VI,1, Prag / Wi en/ Leip z ig 1891) S. 251-7 97, bes. XXII c. 76. 674-676; Aurelius Augustinus, De Civitate Dei, ed. Bern ard DO MBART/ Alfons KALB (Corpus Christianorum. Series La tin a 47 und 48, Leipzig 1928-192 9, ND 1955) bes. 1,21; 19,7; 19, 12. 47, S. 23; 48, S. 671 f., 675- 678. Ei ne vorz ü gliche Untersu chu n g de r Positio nen Ciceros und Augus tins mit Di sku ssion der einschlägigen Stellen findet sich bei Ma ximili an FORSCHNER, Naturrechtliche un d chr istliche Grundlegung d er Theorie d es gerechten Kri eges in der Antike (bei C icero und Augustinus), Gy mnasium. Ze itsch rif t für Kultur der Antik e und Humani st isc he Bildung 111 (2004) S. 557- 572, zu Cicero S. 558- 565 (vgl. dort auch we iter e relevante augu st ini sche Text e samt Int erpr etati o n, S. 565-572) . <?page no="239"?> Augsburger Netzwerke.indd 239 Augsburger Netzwerke.indd 239 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpfende Heilige 233 Clavijo eher als Defensivakt zur Wiedererlangung geraubten Gutes gedeutet werden. Damit gewinnt aber die zunächst nicht unmittelbar erkennbare augustinische Legitimation in der N arratio der Urkunde ihr Gewicht. Betrachtet man weiterhin die Schlachtrufe, das vexillum und auch das Versprechen, im Kampf Märtyrer zu werden, so wird deutlich, daß im „votos"-Privileg Überlegungen der Kreuzzugszeit deutlich eingeflossen sind. Eine gerechte Schlacht, ein Gerechter Krieg konnte in dieser Zeit auch, wie die Quellen es zuweilen ausdrücken, als bellum sacrum bezeichnet werden. So hat sich in vielen europäischen Sprachen auch die Bezeichnung „Heiliger Krieg", "holy war" oder „guerre sainte" eingebürgert, obwohl die Bezeichnung bellum sacrum eher meinte, daß die Teilnehmer eines solchen Krieges geheiligt werden konnten 41 , nicht der Krieg selbst wurde als etwas Heiliges angesehen. Dies läßt auch das „votos" -Privileg deutlich erkennen, wenn die im Kampf Gefallenen als Märtyrer angesehen werden. Sie werden ihrer Intention wegen geheiligt. Zwei Jahrhunderte zwischen diesen Berichten, die Situierung in zwei verschiedenen geographischen Räumen, dies macht deutlich, wie vielfältig und veränderungsfähig Konzeptionen und Begründungen im Mittelalter sein konnten. Die Legitimation von Gewalt war an strenge Maßstäbe gebunden, aber der Missionar und Schutzherr der gesamten Iberischen Halbinsel, der Apostel Jakobus, konnte im Fall von Clavijo verdeutlichen, daß Schlachten gegen die Muslime in Spanien Verteidigungskriege waren, die außerdem Gaben für seinen Grabesort erbringen sollten. Beide Episoden zu Ulrich und J akobus sind verschieden, trafen sich aber später noch einmal in Süddeutschland. Vergleichen wir die Darstellung der U ngarnabwehr in St. Ulrich zu Hohenf els (Landkreis Neumarkt, Oberpfalz), die Cosmas Damian Asam 1719 geschaffen haben soll, so hat Karl Kose! die Abhängigkeit dieses Bildes von dessen Langhausfresko „Der heilige J akobus als Heerführer gegen die Sarazenen" in der ehemaligen Klosterkirche von Ensdorf, das zwischen 1714 und 1716 entstand, nachgewiesen 42 . 41 Vgl. zu dieser Interpretation Rudolf HIESTAND"Gott will es! " - Will Gott es wirklich? Die Kreuzzugsidee in der Kritik ihrer Zeit (Beiträge zur Friedensethik 29, Stuttgart 1998) S. 5. 42 Karl KOSEL, Ulrichskirchen und Ulrichsdarstellungen im Bistum Regensburg, in: Bischof Ulrich (wie Anm. 11) S. 549- 670, S. 657f. <?page no="240"?> Augsburger Netzwerke.indd 240 Augsburger Netzwerke.indd 240 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 234 Klaus Herbers Abb. 4: Cosmas Damian Asam, Kampf des heiligen Jakobus gegen die Sarazenen. Ensdorf Langhausfresko (17 14-1716). Nach Abb. 97 in: Helene TROTTMANN, Cosmas Damian Asam (1689-1739). Tradition und Invention im malerischen Werk (Erlanger Beiträge zur Sprach - und Kunstwissenschaft 73, Nürnberg 1986) Zwar war auf verschiedene Voraussetzungen der Bauten zu reagieren, aber das Zelt am linken Bildrand, die Trompeten und die als Türken dargestellten Ungarn zeigen die Abhängigkeiten 43 . Schließlich sei ein letzter aktueller Bezugspunkt erlaubt. Während im Kreise dieser Gesellschaft fast alle w issen, wie sehr Jakobus auch im Spanischen Bürgerkrieg von Francisco Franco in problematischer Weise instrumentalisiert wurde, so ist vielen doch etwas anderes aus dem Gedächtnis geraten. Im Jahre 1955 wurde die Tau sendja hrf eier der Schlacht auf dem Lechfeld begang en, die nicht nur mit einer Sonderbriefmarke ins öffentliche Bewußtsein trat. Hier wurde angesichts der bolschewistischen Bedrohung der Nac hkriegszeit vor allem U lrich von Augsburg als streitbarer Helfer Ottos des Großen von besti mmten Kreisen in den Vordergrund gestellt. Manche neueren Thesen 43 Ebd. <?page no="241"?> Augsburger Netzwerke.indd 241 Augsburger Netzwerke.indd 241 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Kämpfende H eilige 235 Abb. 5: Cosmas Damian Asam, Kampf des heiligen Ulrich in der Ungarnschlacht. Hohenfels Deckenfresko (1719). Nach S. 611 in: Bischof Ulrich von Augsburg, hg . von WEITLAUFF gehen sogar soweit zu sagen, daß in diesen entscheidenden Jahren der jungen Bundesrepublik 1955 Wiederbewaffnung und Bundeswehr mit dem heiligen Ulrich vorbereitet und legitimiert werden sollten 44 . Gewalt, Kriege, Schlachten sind ein wichtiges Thema, deren Bedeutung, Zulassung und Legitimation deshalb in allen Religionen diskutiert werden muß. Wenn auch die jeweils historischen Ausprägungen zuweilen nachdenklich stimmen, so waren die theoretischen Vorgaben im Christentum relativ eindeutig, konnten aber dennoch immer neu interpretiert werden.Umso mehr kommt es deshalb heute darauf an, diese Vorgaben nicht in beliebiger Form umzudeuten oder umzusetzen. 44 Matthias PAPE, Lechfeldschlacht und NATO -Beitritt. Das Augsburger „Ulrichsjahr" 1955 als Ausdruck der christlich-abendländischen Europaidee der Ara Adenauer, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 94 (Augsburg 2001) S. 269-308; vgl. Klaus HERBERS,Eine Epoche ohne Erinnerungstage? Memoria und ihre Formen im Mittelalter, in: Tage deutscher Geschichte, hg. von Eckart CONZE/ Thomas NICKLAS (München 2004) S. 41-54, hierS. 53. <?page no="242"?> Augsburger Netzwerke.indd 242 Augsburger Netzwerke.indd 242 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 236 Klaus Herbers Resumen: En el articulo se comparan dos tipos de santos guerreros: San Udalrico y Santiago. En una primera parte se revisan las tradiciones sobre el obispo de Augsburgo, San Udalrico, canonizado en 993; y su ayuda en Ja batalla de] Lechfeld 955 contra los ungaros como protector por medio de Ja oracion y la liturgia. Esta victoria fue conmemorada mas tarde con la famosa crux victorialis, quese puede visitar aun hoy en el Tesoro de la basilica de SS. Udalrico y Afra en Augsburgo. En contraposicion se presenta para Santiago, solamente como un aspecto, el relato sobre la batalla de Clavijo en un documenta de] siglo XII, el privi legio de los Votos falsificados . Se dest acan las influencias de las doctrinas de Cruzada y Ja importancia de una concepcion d e ayuda guerrera que se refiere a Santiago, misionero de Ja Peninsula Iberica. En comparacion , ambos, tanto San Udalrico como Santiago, apoyaron Ja lucha, pero sin portar armas. Las oraciones, las misas, Ja entrega de los sacramentos, etc. iban en ambos casos de Ja mano de las acciones belicas. Segun el derecho canonico, el combate activo de religiosos solo habria estado permitido de ser los enemigos paganos o enemigos de Dios (inimici Dei), lo que tal vez se dio en el caso de las dos batallas . En nuestro caso ambos santos no pelearon. Las acciones belicas no fueron, segun Ja argumentacion de las fuentes, guerras ofensivas, pues en ambos casos se trata de Ja defensa de] espacio dominado, por una parte, de la diocesis y de Ja ciudad obispal, por otra, de Hispania como patria. Solo en este caso, tambien San Agustin (t430) habia fijado la doctrina cristiana con sus ensefianzas sobre Ja guerra justa. Al mismo tiempo se hacen manifiestas di ferencias. En ambos casos se trataba de guerras o batallas contra no cristianos, pero si el caracter defensivo era obvio en el afio 955, segun las fuentes, lo era menos en Ja primera legitimacion de Ja supuesta bata! la de Clavijo 844, tal cual se Ja encuentra en el documenta de] siglo XII. En este se trataba aparentemente de eliminar un tributo a los musulmanes. Por eso , se busco el combate . Y solo Ja vision de] apostol Santiago explica porque se trataba de una guerra defensiva: como al Apostol se le habia entregado toda Hispania, Ja batalla de Clavijo debia ser considerada un acto defensivo, una recuperacion de bienes usurpados. De este modo, Ja legitimacion de San Agustin hace su entrada en la narratio de] documenta. EI articulo termina con una comparacion de dos imagene s en Alemania de] Sur sobre los episodios analizados. (Ha aparecido una version espafiola de! articulo en : Ruta cicloturistica de] Romanico 26, 2008, p. 93-101 ). <?page no="243"?> Augsburger Netzwerke.indd 243 Augsburger Netzwerke.indd 243 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Abbildungsnachweis Augsburg, Bodo Beier: S. 133 Augsburg, Ulrich Heiß: S. 139 Augsburg, Maximilianmuseum: S. 64 (oben) Augsburg, Christof Metzger: S. 48 oben Augsburg, Theo Sprenzinger: S. 106 (oben), S. 108 (oben) Augsburg, Staatsgalerie, Bayerische Staatsgemäldesammlungen Inv. Nr. 5335, 5336, 5337: S. 64 (unten), S. 66 (oben); Inv. Nr. 5341: S. 66 (unten), S. 68 (oben); Inv. Nr. 5342, 5343, 5344: S. 68 (unten), S. 71 (oben); Inv. Nr. 5346, 5347, 5348: S. 71 (unten), S. 73; Inv. Nr. 5332, 5333, 5334: S. 74; Inv. Nr. 5338, 5339, 5340: S. 76 Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett: S. 45 (unten) München, Bayerisches Nationalmuseum: S. 143 München, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Nachlaß Ernst Buchner: S. 29, S. 30 Neuburg a. d. Donau, Friedrich Kaeß: S. 124 (oben) Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum: S. 124 (unten), S. 127, S. 135 Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek: S. 57, S. 59 Weitere Abbildungsvorlagen, soweit nicht genauer bezeichnet, stammen von den Autoren. <?page no="244"?> Augsburger Netzwerke.indd 244 Augsburger Netzwerke.indd 244 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 <?page no="245"?> Augsburger Netzwerke.indd 245 Augsburger Netzwerke.indd 245 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 Register der Orts- und Personennamen bearbeitet von Judith Werner Das Register verzeichnet alle Namen aus dem Haupttext, den Anmerkungen und den Bildlegenden, die nicht in den bibliographischen Angaben gen annt sind. Nicht berück sichtigt wurden die Namen aus den span ischen Zusammenfassungen. Vor 1500 geborene Personen sind unter ihrem Vornamen, da nach geborene unter ihrem Nachnamen aufgeführt. Datenangaben beziehen sich bei Amtsinhabern auf Regierungsjahre. Varianten der Namen sind in Klammern, Zitate kursiv gesetzt. Im Register werden folgende Abkürzungen verwendet: Äbt. Äbtissin Bf. Bischof Dyn . Dy nast ie Ebf. Erzbischof Ehzg. Erzherzog Gf. Graf Gfn. Gräfin hl. Heilige(r) H zg . Herzog Hz gtm . Herzogtum Jh . Jahrhundert Augsburg 1, 2, 3ff., 7, 9-13, 15-20, 23, 30, 31f., 35f., 38f.,41f.,44, 46,49 -5 1, 54-56, 59f., 62 (Anm.), 63, 80, 86f., 89f., 92, 95, 101, 109, 113, 116f., 119, 121, 129, 131f., 137f., 148-151, 153-158, 161f., 169, 173, 176, 179f., 182, 183 (Anm .), 185f., 189, 192- 197, 201f., 204-207, 210f., 213 (Anm.), 214 (Anm .), 215, 217f., 221 - Barfüßer Tor (Sträfinger Tor) 24, 162 - Barfüßerkirche 8 - Dom 8, 27, 97, 100, 132f., 157, 189f. - Jakobskapelle im Dom 8 - Heilig-Geist -Sp ital 96 - Hirn'sche Grabkapelle/ Goldschmiedekapelle 3, 8f.,26,95, 97f., 100, 103- 109, 112f., 115- 117, 189 Kf. Kurfürst Kg. König Kgn. Königin Kl. Kloster Ks. Kaiser Lgf. Landgraf Mgf. Markgraf Mgfn. Markgräfin Pfgf. Pfalzgraf St. Sankt s. siehe - Altar der hl. Jakobu s u. Helena 9 - Hirn'sche s Pilgerhaus am Judenb erg 26,102 - Hirn'sch es Seelhaus bei St. Anna 102 - Hofgarten 207 - Karmeliterklo ste r (Konvent „zu unser Frauen Brüder") 96, 101 - Katharinenkloster 3, 29, 33, 61-63, 81, 84-87 , 92,138 - Konvent „zu unser Frauen Brüder" s. Karmeliterkloster - HI. Kr euz 156 - Spital der Egen/ v. Argon in der Win tergasse 32 - St.-Anna-Kirche 95f., 102f., 189 - Fuggerkapelle 117 - St. Annenbruderschaft 33 <?page no="246"?> Augsburger Netzwerke.indd 246 Augsburger Netzwerke.indd 246 22.09.22 17: 01 22.09.22 17: 01 240 Register der Orts- und Personennamen - St. Jakobskirche 187 - St. Katharinenkirche 138 - Stift St. Moritz 8, 27, 29, 157 - St. Ulrich u. Afra, Kl. 39-46, 48f., 51, 53-55, 109,133,137,139, 149f., 169, 220f. - Grabkapelle Conrad Vögelins 109 - Jakobskapelle in St. U lrich u. Afra 8, 23, 44 (Anm.) - Narcissus-Altar 23 - St. Ulrichsbruderschaft 33, 43, 49 - Vorstadtkapelle (St. Jakob) 9, 10, 24f., 28f., 32, 157, 162 - Geme inschaft der Ja cober 25, 162 - Pilgerh osp iz bei St. Jakob 9, 24f., 156, 162 Abd ar Raman III., Em ir, Kalif v. Cordoba (929-96 1) 226 Abruzzen, Region in Italien 20 Adalbero, Bf. v. Augsburg (887-909) 217 Adam v. Törring, Statthalter in Neuburg (t1529) 122 Aemilianus, hl. (turn 574) 228 Afra, hl. (turn 304) 8, 24, 46, 156, 169 Afra Hirn, Kramerin (Afra Cramerin, tvor 1438) 26, 99- 103, 116f., 189f. Afrika 203 Ägypten 136 Aiche lberg, Sch loß 140 Albinus, hl., Bf. v. Angers (t nach 549) 24 Albrecht II., (dt. Kg., Kg. v. Ungarn u. Böhmen 1438- 1439, Hzg. v. Österreich 1411-1 439) 160,164,174 Albrecht IV., Hzg. v. Oberösterreich (t1404) 159 Albrecht Achilles, Mgf. v. Brandenburg (t1486) 151,175,160,176 Albrecht Dürer, Nürnberger Künstler (1471-1528) 202 Alcantara, Ritterorden v. 22 Alexander VI., Papst (1492-1503) 69 Alexander, H zg. u. Pfgf. v. Pfalz-Zweibrü cken (t1514) 134, 137 Alexandria 136 Alfons VII. (Kg . v. Leon u. Kastilien 1126- 1157,Ks.1135 ) 227 Alfons v. Cartagena, Bf. v. Burgos (t1456) 164, 166 Almaden 22 Aluella 224 Alvaro de Isorna, Ebf. v. Santiago (1445- 1449) 164 Alyscamps 170, 171 (Anm.) Anastasia v. Wernau, Frau Conrat v. Ziln harts 125, 128 Andernach 223 Andreas Re(h)m, Bruder Lukas' (tl537) 32 Amsterdam 212 (Anm .) Anna, hl. 33 Anna v. Kleve, Frau Karls v. Viana 164, 166 Anna Riedler, Augsburger Stifterin 82, 85 Annas, Hoherpriester 83 Anno, Ebf. v. Köln (1056-1075) 24 Saint -Antoine-de-Vienne 163f., 166, 168, 170, 172, 174 Anton Lauginger 128, 129 Anton Sorg, Augsburger Buchdrucker (t nach 1493) 43 Anton I. Weiser (1451-1518) 21 Antonio Pisanello, oberitalienischer Ma ler u . Medailleur (tca. 1455) 115 Antonius der Eremit (t} 56) 28, 29, 32, lllf., 134, 168f., 187 Antonius (III .) Ilsung, Sohn Sebastians (II.) 159 Antonius Vogt, Mönch in St. Gallen 51 Antwerpen 17f., 21, 192f., 194 (Anm.), 211 Apulien 30, 141 Aragon 20, 164 v. Argon, Peter s. Peter Egen Arles 171 (Anm.) Arnold v. Harff, rheini scher Ritter (1471- 1505) 170 (Anm.), 172 Arnulf v. Reisenberg, Pfgf. v. Bayern (t954) 219 Arnulf v. Kärnten (t 899) 223 Artstetten 203 Asam, Cosmas Damian, Maler u. Architekt (1686-1739) 233,235 Artzt, Kaufmannsfamilie 15 Atienza 164 Atlantik 186 Augustinus, hl., Kirchenvater (t430) 232f. Aunsorg (Onsorg, Ohnsorg), Jör g s. Jörg Aunsorg Autenrieth, Laurentius s. Laurentius Autenrieth <?page no="247"?> Augsburger Netzwerke.indd 247 Augsburger Netzwerke.indd 247 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 Register der Orts- und Personennamen 241 Babenhausen 22 Bach, Handelsfamilie 15 der Bach, Berchthold s. Berchthold der Bach Baden 38 Baeck, Elias, genannt Heldenmuth, Augsburger Maler u. Kupferstecher (1679- 1747) 183,206f. Balthasar Ridler (Rigler) 155 Balthasar Schad, Mönch u. Schreiber in Elchingen 53 Bämler (Baeml er), Johann s. Johann Bämler Bamberg 203 Barbara, hl. 72 Barbara Ilsung, Tochter Sebastians (II.) 159 Barbara Ried ler, Augsburger Stifterin 85 (Anm .) Barbara Weiser 21 Barcelona 20, 147 (Anm.), 160f., 169, 170 (Anm.) Bartholomäus (Bardome) III. Weiser (tl 446) 31 Bartholome Ridler (Rigler) 92, 154 Basel 131,165 Bassano 12 Baumgarrner 17 - Johann Wolfgang, Augsburger Maler (1712-1761) 195 (Anm.) - Steffan s. Steffan Baumgartner Bavari, Conradus s. Conradus Bavari Bayern 36, 130 Bayreuth 208 Bebe! , Heinrich s. Heinrich Bebe! Beck, Georg (Jörg) s. Georg Beck Benedikt XVI., Papst 216 Benedikt, Mönch in Zwiefalten 50f. Benediktiner 39f., 43, 59 Berchthold der Bach, Pfleger d. St. Jakobsspicals in Augsburg 25 Bergamo 223 Bergmüller, Johann Georg, Augsburger Maler, Kupferstecher u. Kunsttheoretiker (1688 - 1762) 183, 195 Berlin 214 (Anm.) Bern 161 Bern (Berno), Abt v. Reichenau (t 1048) 220 Bernardus de Pavo, Bf. v. Gerona (1436 - 1457) 169 Bernhard v. Breidenbach, Palästinapilger, Mainzer Domdekan (t1497) 172 Bernhard v. Clairvaux, hl. (t 1153) 52, 230 Berthold v. Reisenberg (turn 999) 219 Bertoldshofen 120 Berrschi, Nikolaus, Buchmaler (t1541) 44,51 - 53,55-57,60, 116 Besserer, Jörg s. Jörg Besserer Besserer-Gesellschaft 20, 128 Bethlehem 105, 120, 134 Biberbach 9, 16,203 Bimmel, Augsburger Kaufmannsfamilie 17 Birgitta, hl. (t 1373) 79 Birkharr, A., Prager Kupferstecher (1677- 1748) 213 (Anm.) Blasius, hl., Bf. v. Sebaste (tangebl. 316) 120 Blasius, Mönch in Blaubeuren 58 Blaubeuren, Kl. 46, 57f., 113 Bleykircher, Dorothea s. Dorothea Bleykircher Bodensee 12, 19, 49-51 Böhmen 13, 111, 165, 174f. Bollstatter, Konrad (auch Moliror) s. Konrad Bollstatter Bonifaz VIII., Papst (1294-1303) 32, 61 Bonn 187 Bonndorf, P. s. P. Bonndorf Bordeaux 171 (Anm.) Bozen 12f. Brabant 11, 13 Brandenburg 176f. v. Breidenbach, Bernhard s. Bernhard v. Breidenbach Bremm a. d. Mosel 187 - Pfarrkirche St. Laurentius 187 Brenner 12, 119f., 134 Breslau 16f., 160,164,174 Brügge 18,21,30 Brun - Egen, Augsburger Familie 15 Bruneck 120 Brunner, Ulrich s. Ulrich Brunner Bruno, hl., Bf. v. Segni (t 1123) 229f. Bündner Pässe 19 Bürmster, Hainrich s. Hainrich Bürmster Burchard v. Ursberg, Historiograph (tnach 1231) 43 Burggraf, Ulrich s. Ulrich Burggraf <?page no="248"?> Augsburger Netzwerke.indd 248 Augsburger Netzwerke.indd 248 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 242 Register der Orts- und Personennam en Burgkhardt, J ohan nes s . Jo hannes Burgkhard t Burgkmair, H ans, d. Ä. s. Hans Burgkmair, d.Ä . Burgos 164,166, 172 Burgund 18f., 165, 172 Burkh ard Zi n k, schwäb. Kaufma nn u . Chronist (t 1474/ 75) 15,101,149, 154 Bur sfelde 39, 46 Busch er, Valentin s . Valent in Buscher Byzanz 202, 230, 23 1 (Anm.) Ca d ore 12 Ca laho ra 225 Ca latrava, Ritt erord en v. 22 Ca llot, Jacqu es, Zeichne r, Graphiker u. Kupferstecher (1592- 1655) 205 C andi a s. Kret a Cas tor, hl. (tvor 426? ) 223 Cic ero, Marcu s Tullius, rö m . P olitiker u . Philo sop h (t43 v. Chr .) 232 (Anm.) C ham 203 C hampagne 12, 13 Chr istop h H erwa rt (t 1529) 22 Chr istop h erus, hl. 186, 187 (Anm .) Clara Haunold, Fra u Sebastian Ilsungs (II.) 158 Clav ijo 5, 223f., 231-233 Coimbra 224, 228 Composte la s. Santiago de Compostela Co nrad Hi rn, Kramer (t 1426) 26, 99- 103, 116f., 189f. Conrad Hord , Subpr ior des Konv ents "zu unserer Frauen Brüder", Augsburg 101 Conrad Vögelin s. Konrad Vöhlin Conrad Wagn er, Mönch im Kl. St. Ulrich u. Afra , Augsburg (t1496) 46 Conradus Bavari, Mönch u. Schre iber in Lorch 53, 56 Conrat Rechlinger (Re hli nger) (t 1446) 155 Conrat v. Zilnh art (t 153 1), Lauinger Pfleger Otthe inri chs 4, 122- 128, 130f., 140f. C6rdoba 226 Corthoys, Antony, d .Ä ., nieder! . F ormenschneid er u. Verl eger in Augsbur g (t 1590) 193 Crusius, Marti n, Altphilol oge u. schwäb. Hi stor ik er (tl607) 140 Cunrat Vöhlin s. Konrad Vöh lin Custos, Dominicus, Augsburger Kupferstec h er (t 1612) 193,197 (Anm.) Cyt h era, Insel 208 Dachau 130 Danner, Philipp David, Augsburger Kupfers tec h er u. Maler (1715 b elegt) 197,212 (Anm.) Danzig 17 Dardanellen 137 David, Kg. v. Isra el, Psa lmist 218 Deggingen 125 - Kirche u nsere r lieben Frau zu d em Ave Maria 125 Deutsc hn ofen 114 - Kirc h e St. Helena 114 D iesbach-Watt-Gese llschaft, St. Gallen 19 Die tege n v. Westerstetten 140 Di etpal d, Gf., Brud er Bf. U lrichs (t955) 2 19 Dietr ich v. Sch achten, hes s. Ade liger (tEnde15. J h.) 156 D illingen 86 - Pfarrkirche 86 Djebel Kathe rin, Berg 136 (A nm .) Domingo de la Ca lzada, hl., span . Eremit (turn 1109) 168,172 Dominikaner(innen) 63, 65, 82, 85-87, 89, 91 Donauwörth 9, 11, 46 Dorothea, hl. (t287/ 304) 67 Dorothea Bleykircher, Verwandte Afra Hirns 100 Dorothea Rehlinger , Augsburger Stifte rin 67, 85 (Anm.) HI. Drei Könige 105-107, 112 Drusiana, Jü nge rin d. Aposte ls Johannes 72 Dürer, Albrecht s. Albrecht Dürer Dürnau 140f. Dürn ste in 183 Düsseldorf 195 (Anm .) Ebe rhard III., d er Mild e, Gf . v. Württem berg (t1 417) 37f. Eb erhard V. im Bart , Gf. u. Hzg. v. Württemberg (tJ496) 125, 140 Eberhard VI., Gf. u. H zg . v. Württem berg (t 1498) 140 Eberhard Zangmeiste r 21 <?page no="249"?> Augsburger Netzwerke.indd 249 Augsburger Netzwerke.indd 249 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 Register der Orts- und Personennamen 243 Eberhard v. Zilnhart 141 Ebersberg 119 Ecuador 185 Egen/ v . Argon 31f. - Lorenz s. Lorenz Egen - Peter s. Peter Egen Egino, Abt v. St. Ulrich u. Afra in Augsburg (1109-1120) 24 Egnin, Elyzabeth s. Elyzabeth Egnin Ehern, Thomas s. Thomas Ehern v. Ehingen, Georg s. Georg v. Ehingen Ehinger, Gabriel, Augsburger Maler und Kupferstecher (1652- 1736) 214 (Anm.) Ehrhard Wahraus, Kaufmann u. Chronist (t1454/ 55) 149f., 154 Eichler - Gottfried, d. Ä. Augsburger Maler u. Kupferstecher (1677- 1759) 196 (Anm.) - Gottfried, d.J., Augsburger Maler u. Kupferstecher (1715- 1770) 195 Eichstätt 11, 176 Einsiedeln 36, 49-51, 167 (Anm.) Elchingen, Kl. 46, 53 Elegius/ Eligius (Loy), hl., Bf. v. Noyon (t 660) 103, 107 Elisabeth Lauginger 31 Ellerbach, Dienstmannengeschlecht 132 Ellwangen 38,55, 131 Elyzabeth Egnin, Priorin d. Augsburger Katharinenkl. 92 Embrico, Bf. v. Augsburg (1063- 1077) 24 Engelbrecht - Christian (t1735) 214 (Anm.) - Johann, Farbenhändler 213 (Anm.) - Martin, Augsburger Kupferstecher u. Kunstverleger (1684- 1756) 182f., 195, 203f. England 22, 165 Ensdorf 203, 233 - Klosterkirche 203, 233 Ephesus 72 Erding 100 Erfurt 86 Erhard Vehlin, Sohn Lienharts 129 Erhard Vöhlin (Vehlin), d. Ä., Vater Lien harts 31, 128 Erhard Wameshafft, Dichter 156 Erlangen 196 (Anm.) Esslingen 38 Ettal 12 Europa 11, 17, 19, 193,201 - 203,213 (Anm .) Eugen IV., Papst (1431-1447) 165 L. F., Monogrammist, wahrscheinlich Leonhard Fuchsbüchl 62, 63 (Anm.), 68f., 79,92 Fabri, Felix s. Felix Fabri Felix V., Papst (1440-1449) 163, 165f. Felix Fabri, Ulmer Dominikanerpater (t1502) 89 Ferdinand I., Kg. v. Le6n u. Kastilien (1038- 1065) 228 Ferdinand II., Ks. (1619-1637) 198,200 Fernpaß 12, 120, 134 Finisterre 165, 167, 168 (Anm .), 169, 171f. Fischer, Georg s. Georg Fischer La Fontaine, Jean de, französischer Dichter (t 1695) 207 Fontenoy 223 Flandern 11, 13, 192f. Flechsinhar, Udalricus s. Udalricus Flechsinhar Florenz 21, 30,111 - Castellanikapelle in S. Croce 11 lf. Franco, Francisco, span. General u. Diktator (t 1975) 234 Frank, Johannes s. Johannes Frank Frankfurt 13, 16, 19,21, 192f., 212 (Anm.) Frankreich 19, 21, 23,165, 170f., 174, 208, 213 (Anm.) Franz v. Gaisberg, Abt v. St. Gallen (1504- 1529) 50f. Frehling (Fröhling) - Franz Xaver, Verleger("" um 1800) 201, 213 (Anm .) - Georg, Kupferstecher 213 (Anm.) Freiburg im Breisgau 131 Freiburg im Uechtland 13 Fridericus Scriptoris, Mönch u. Schreiber in Lorch 53 Friedrich I. Barbarossa (Kg. 1152- 1190, Ks. 1155) 43 Friedrich II., dt. Kg., Ks. (1220- 1250), Kg. v. Sizilien u. Jerusalem 11 Friedrich III. (Kg. 1440-1493, Ks. 1452) 28, 33, 131, 158f. Friedrich, Pfgf. (= Kf. Friedrich II. v. d. Pfalz) (t1556) 122 <?page no="250"?> Augsburger Netzwerke.indd 250 Augsburger Netzwerke.indd 250 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 244 Register der Orts- und Personennamen Friedrich, Gf. v. Zollern, Bf. v. Augsburg (t1505) 132f. Friedrich - Jakob Andreas, Augsburger Kupferstecher u. Verleger (1684-1751) 183 - Verlag 196 (Anm.) Fröhlich (freilich), Laux s. Laux Fröhlich Fuchs, Stephan s. Stephan Fuchs Fuchsbüchl, Leon hard s. Leonhard Fuchsbüch l Fugger, Augsburger Kaufman nsfa milie 17, 22f., 179 - Juliana, Gfn . 210 Fugger vom Reh, Linie der Fugger 18 Füng, Laux s. Laux Füng Fürstenfeld 119 Füssen 11f., 86, 120, 133 Gab riel Terzel, Nürnberger Patrizier (t1479) 165 (Anm.) v. Gaisberg, Franz s. Franz v. Gaisberg Ga lizi en (Galicien) 206, 226f. Gammelshausen 140 Garda (Sanchez) III ., Kg. v. Pampl ona Navarra (1035-1054) 225 Gasser, Achill es Pirminiu s, Arzt, Hu manist u. Geschichtsschreiber (1505- 1577) 28 (Anm.), 101 Geiler v. Kaysersberg (Kaisersberg), Johannes s. Johann es Geiler v. Kaysersberg Geislingen an d er Steige 131 Geldern, Hzg tm. 191 (Anm.) Gelibolu (Gallipoli) 137 Genf 13, 18f., 30,161,163, 165f., 171 Genua 12,15,19 Georg, hl. 114 Georg der Rei che, Hzg. v. Bayern -Lan dshut (t1503) 130 Georg, Gf. v. Zwe ibrück en (t1559) 142 Georg Beck, Augsburger Maler (t1512) 46, 62 (Anm.) Georg v. Ehingen, Ritter (1428-1508) 165, 172 (Anm.) Georg Fischer, Abt v. Zwiefalten (t1513) 49 Georg Gossembrot, Rat K.: iser Maximilians I., Pfle ger zu Ehrenberg in Tirol (t1502) 17 Georg I. Ilsung, Vater Sebastians (II.) (t1437/ 38) 28,158 Georg (Jörg ) Mülich, Augsburger Kauf mann 32, 42, 156 Georg v. Po d iebrad, Kg. v. Böhmen (1458-14 71), Onkel Leo v. Rozmit als 165 Geradstetten 131 Gerhard v. Augsburg, Dompropst (983- 993) 215-217 Germanen 149 Gerona 147 (Anm.), 169 Gersthofen 9 Gerhsemane 83 Gherardo Starnina, ital. Maler (tzw . 1409 u. 1413) 111 Gifepoli 137 Giltlinger, Gumpolt s. Gumpolt Gilt linger Glatt 130 Gleich - Franz Josef, Kupferstecher 204 - Franz Xaver (1807 u. 1819 erwähnt) 213 (Anm.) Goedelin, Uda lricus s. Udalricus Goedelin Göppingen 125,131,140 - Oberhofenkirche 131 Goldschmidt, Paulus s. Paulu s Goldschmidt der Gollenhofer, Otto s. Otto der Gollenhofer Goltzius, Hendrick, niederländischer Künstler (1558-1617) 184 Gossembrot (Gossenbrot), Augsburger Familie 22 - Georg s. Georg Gossembrot - Sigmund (Sigismund) s. Sigmund Gossembrot - Ulrich s. Ulrich Gossembrot Gossensaß 17 Göz, Gottfried Bernhard, Augsburger Maler, Miniaturist u. Kupferstecher (1708- 1774) 183,197 Granada 160 (Anm.), 165 Gregor, hl., Bf. v. Tours (t nach 593) 79 (An m.) Grenoble 163f. Grimou, Alexis, franz. Maler (1678- 1733) 207 Großwimpasing 203 Guadalajara 164 (Anm.) <?page no="251"?> Augsburger Netzwerke.indd 251 Augsburger Netzwerke.indd 251 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 Register der Orts- und Personennamen 245 v. Gültlingen, Johannes s. Johannes v. Gültlingen Gumpolt Giltlinger, Aug sburger Ma ler u. Glasmaler (t1522) 62 (Anm.) Gursalkawiz, Baroldus 206 Habsburger, Dyn. 22, 202f. Hahnbach 203 Haid - Johann Lorenz, Augsburger Kup ferstecher u. Kunstverleger (1702- 1750) 186,198,213 (Anm.) - Johann Valentin, Augsburger Goldarbeiter (t1737) 213 (Anm.) Haider, Ursula s. Ursula Haider Hainrich Bürmster, Prior des Konvents "zu unser Frauen Brüder" in Augs burg 101 Haintzel (Hainzel), Peter s. Peter Haintzel Halle 191 (Anm.) Hämmerlin,Jakob I. s. Jakob I. Hämmerlin der Hangenor, Johann s. Johann der Hangenor Hans Burgkmair, d. Ä., Augsburger Maler u. Zeichner (1473-1531) 3, 61f., 63 (Anm.), 67f., 71f., 75-79, 92 Hans Holbein, d. Ä., schwäbischer Ma ler (t 1524) 3, 61f., 64-67, 74f., 79, 92 Hans Hundt, Wittenberger Bürger 157 Hans Meuting (t 1448) 154 Hans Porner, Braunschweiger Bürger 156 Hans Rephun, Vater Jörgs 161 Hans Schneider, Spruchdichter u. Herold (tnach 1513) 152 Hans Tucher, Nürnberger Patrizier (1428- 1491) 156 Hans Vöhlin, d.J. 128 Hans Zangmeister 21 Hans v. Zilnhart, Bruder Heinrichs, Wil helms u. Wolfs, Vater Jörgs (t 1479) 140 Hans Zimmermann, Weber 15 Hans-Jacob, Gf. v. Nassau- Dillenburg 134 Haselbach 120 Hätzlerin, Klara s. Klara Hätzlerin Hauginger, Künstler 203 Haunold, Augsburger Patrizierfamilie - Clara s. Clara Haunold - Ulrich s. Ulrich Haunold Haust, Jacob s. Jacob Haust Heidenheim a. d. Brenz 125 Heiliges Land 4, 42, 83, 87, 89, 119, 121-123, 125, 130-132, 140-143, 156f., 159f., 167, 168 Heinrich 1., Kg. (919-936) 217 Heinrich IV. (dt. Kg. 1056-1105, Ks. 1084) 9 Heinrich XI., Hzg. v. Glogau u. Krossen (t1476) 160 Heinrich der Fromme, Hzg. v. Sachsen (1539-1541) 126 Heinrich, Bruder im Augsburger Jakobsspital 25 Heinrich Bebe! , Humanist (t 1518) 49 (Anm.) Heinrich v. Lichtenau, Bf. v. Augsburg (1505-1517) 132 Heinz (Heinrich) v. Zilnhart, Bruder Wolfs, Vater Wolfs d.J. (bezeugt 1460- 1495) 125,140 Heiss (Heuss), Gottlieb, Augsburger Schabkunststecher (1684-1740) 213 (Anm.) Hektar (H ector) Mülich, Augsburger Kaufmann u. Geschichtsschreiber (t 1489/ 90) 33, 42, 44, 149, 154-156 Helena, hl. (t}29) 9, 70, 75 (Anm.), 83, 102-105, 107, 113, 189 Helena Rebhuhn, Augsburger Stifterin 70, 85 (Anm.) Hermogenes, Häretiker (t205) 9, 107f. Herodes Agrippa, Kg. v. Judäa (37-44) 83, 105f_ Hertel, Augsburger Verlag 196 (Anm.) Hertzel, Peter s. Peter Hertzel Herwart (Hörwart, Herwarth), Augsburger Patrizierfamilie 17f. - Christoph s. Christoph Herwart Herz, Johann Daniel d. Ä. (1693-1754), Augsburger Kupferstecher 183 Hieronymus Münzer, Nürnberger Humanist u. Arzt (t 1508) 20 Hildegard Huter, Schwester Margaretes 128 Hiltine, Bf. v. Augsburg (t923) 217 Hirn 3, 26 - Afra s. Afra Hirn - Conrad s. Conrad Hirn Hirsau, Kl. 46 <?page no="252"?> Augsburger Netzwerke.indd 252 Augsburger Netzwerke.indd 252 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 246 Register der Orts- und Personennamen Höchensteiner, Johannes s. Johann es Höchensteiner Höchstetter (Hoechstetter), Augsburger Kaufmann sfa mili e 17f., 22 Hofmair - Jörg s. Jö rg Hofmair - Marx s. Marx Hofmair Hohenfels, St. Ulrich 233 Holbein, Hans, d. Ä. s. Hans Holbein, d.Ä. Hord, Conrad s. Conrad Hord Hörmann, Anna, Frau Leonhard Umbachs 214 (Anm.) Hundt, Han s s. Hans Hundt Huter - Hildegard s. Hildegard Huter - Jör g s. Jörg Huter - Margarete (Margaretha) s. Margarete Hu ter Huy an der Maas 27 Iberische Halbinsel 23, 200, 233 Idria 22 Ignatius v. Loy o la, hl., Ordensgründer (1491-1556) 198 Iller 19 Ilsung (Ylsing), Augsburger Patri zie rfamilie 13, 31, 148, 150 - Antonius (III.) s. Antonius (III.) Ilsung - Bar ba ra s. Barbara Ilsung - Georg I. s. Georg I. Ilsung - Johann VIII. s. Johann VIII. Ilsung - Johann Melchior s. Johann Melchior Ilsung - Konrad (I.) s. Konrad (I.) Ilsung - Maria s. Maria Ilsung - Sebastian (I.) s. Sebastian (I.) Ilsung - Sebastian (II.) s. Sebastian (II.) Ilsung - Sebastian (IV.) s. Sebastian (IV.) Ilsung - Sigmund (I.) s. Sigmund (I.) Ilsung - Ulrich s. Ulrich Ilsung - Ursula s. Ursula Ilsun g - Warmund I. s. Warmund I. Ilsung Innsbruck 1 lf., 120,134,200 Inntal 119 Imhof, Augsburger u . Nürnberger Kaufmannsfamilie 16, 22 Inch enho fen 121 Indien 32, 204 Ingol stadt 131,198,200,212 (Anm.) Inn ozenz VIII., Papst (1484-1492) 33, 63, 87f., 91f. Ion isches Meer 137 Irsee, Kl. 46 Israh el v. Meckenem, Kupferstecher u. Goldschmied (t 1503) 192 Istanbul 137 Italien 12f., 15, 18f., 38, 109, 111, 113f., 117, 195 (Anm .), 212 (Anm.), 213 (A nm .) Jächl er - Felicitas, Frau Hans Waidelis 214 (A nm.) - Leonhard, Goldschmied (erwähnt 1580), Vater Felicitas' 214 (Anm.) Jacob Haust, Stifter 187f. Jacobus v. Lützel, Mönch in Salem (t1512) 52 Jacobus de Voragine, Verfasser der Legenda Aurea (t 1298) 9, 107 Jaffa 120,126,134,137, 14 1f. Jakob I. Hämmerlin, Augsburger Kaufmann (tJ462/ 1463) 15 Jakob I. Weiser ( 1468-1 541 ) 31 Jakobus, d. Ä. (Maior, Jacobus), Apostel 3-5, 8,23, 27- 29, 95,102, 107- 109, 156, 167-169, 171, 179f., 182f., 186- 189, 191, 195- 204, 209f., 215f., 224- 229, 231-234 Jak obus Minor (teilw. gleichgesetzt mit dem Herrenbruder) 120, 168 (Anm.) Je na 212 (Anm.) Jeri cho 134 Jerusalem 36, 83, 87, 120, 122, 126, 128, 132, 134-137, 142f ., 156, 159 (Anm.) - Heilig-Grab-Kirche, H eiliges Grab 120, 122,126, 134f., 159,171 J esu it en 96, 194, 198, 202 J etzendorf 130 Jod okus Necker, Abt v. Salem (1510- 1529) 52 Johann II., Kg. v. Navarra (14 25-79 ) u . Arag6n (1458-79) 164 Johann II. v. Kastilien, Kg. v. Spanien (1407-1454) 164, 174 J o hann v. Frankfurt Oohannes Langena tor), Theologieprofessor (t 1440) 156 Johann VIII. Ilsung, Sohn Sebastians (II.) 159 <?page no="253"?> Augsburger Netzwerke.indd 253 Augsburger Netzwerke.indd 253 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 Register der Orts- und Personennamen 247 Johann v. Preußen, Prokurator d. Franziskanerkl. am Berg Sion 137 Johann Bämler, Augsburger Buchdrucker (tl503) 43f. Johann der Hangenor, Pfleger d. St. Jakobsspitals in Augsburg 25 Johann Jodok, Abt v. Muri (1598-1644) 210 Johann Re(h )m, Bruder Lukas' (t 1527) 32 Johann Thurzo, ung. Unternehmer u. Oberkammergraf (1437-1508) 17 Johann Melchior Ilsung 159 (Anm.) Johannes XV., Papst (985-996) 217 Johannes, hl., Evangelist u. Apostel 72, 81, 93,167,186,198 Johannes Baptist (der Täufer), hl. 134 Johannes Burgkhardt, Zeremoniar der Kurie 88 Johannes Frank, Mönch in St. Ulrich u. Afra (t1472) 149,154 Johannes Geiler v. Kaysersberg, Prediger (1445-1510) 90 Johannes v. Gültlingen, Abt v. Kl. St. Ulrich u. Afra, Augsburg (1482-1496) 46 Johannes Höchensteiner, Abt v. St. Ulrich u . Afra in Augsburg (1439-1458) 41 Johannes Klesatel, Mönch in St. Ulrich u. Afra, Augsburg 42 Johannes (oder Geiso/ Gyso) Küchlin, Chronist (t um 1452) 149, 154 Johannes Scharpfer, Abt v. Salem (1494- 1510) 51 Jordan 120,134 Jörg v. Augsburg, Reisebegleiter Wolf v. Zilnhans 133 Jörg Aunsorg, Pfleger d. St. Jakobsspitals in Augsburg (I., t 1469/ 70) 27f . Jörg Besserer 128f. Jörg Hofmair, Pfleger d. St. Jakobsspitals in Augsburg 28 Jörg Huter, Memminger Handelsmann 128 Jörg Mülich s. Georg Mülich Jörg (Georg) Rephun, Begleiter Sebastian Ilsungs (ab 1441 belegt) 161, 163 Jörg Roggenburg, Augsburger Bürger 151 Jörg (Georg), Seld Goldschmied (t1527) 48,137 Jörg Strauß, Pfl eger d. St. Jakobsspitals in Augsburg 28 Jörg v. Zilnhart, Sohn Hans' (t 1506) 140 Josef (der Träumer), bibl. Gestalt 109 Joseph Kaiphas, Hohepriester (t36) 83 Josue, bibl. Gestalt 220 Judas (Ischarioth), bibl. Gestalt 67, 69, 84 Julian, röm. Ks. (361-363) 222 Kairo 136 Kaisheim, Kl. 87 Kaltenleutgeben 203 Kalvarienberg 83 Kanarische Inse ln 22 Karl der Große (Kg. 768-814, Ks. 800) 170, 171 (Anm.) Karl II., der Kahle (westfrk. Kg. 843-877, Ks. 875) 223 Karl IV. (Kg. 1346- 1378, Ks . 1355) 13 Karl V. (Ks. 1519-1558) 22, 203 Karl VII., Kg. v. Frankreich (1422- 1461) 18 Karl v. Viana, Infant, Kg. v. Navarra (t1461) 164 Kaspar Zangmeister 21 Kastilien 164,174,228 Kastl, Kl. 39 Katharina v. Alexandria, hl. 137f., 186 Katharina Vöhlin 21 Kaufbeuren 16 Kempten 18 Ketzel, Nürnberger Familie 141f. - Martin s. Martin Ketzel Keuerleber, Michael s. Mi chael Keuer leber Kevelaer 180, 191 (Anm.), 195 Kilian, Augsbur ger Künstlerfamilie 195 (Anm.) - Bartholomäus, d. Ä., Goldschmied (1548-1583) 196 (Anm.) - Georg Christoph, Kupferstecher, Schabkünstler u. Kunstbiograph (1709-1781) 196 - Lucas, Stiefsohn Dominicus Custos' (1579-1637) 193, 197 (Anm.) - Wolfgang, Stiefsohn Dominicus Custos' (1581-1662) 193, 197 (Anm.) Kirchheim unter Teck 132, 140 K lara Hätzlerin, Augsburger Nonne u . Kopistin (tnach 1476) 150 <?page no="254"?> Augsburger Netzwerke.indd 254 Augsburger Netzwerke.indd 254 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 248 Register der Orts- und Personennamen Kla u ber, Augsburger Künstlerfam ilie 180, 182, 195, 196 (An m .), 199,202,2 13 (Anm.) - Jo achi m 183, 185 - Johann Baptist, Augsburger Kupferstecher u. Kunstve rleger (1712-um 1787) 213 (Anm.) - Joseph Sebastian Kilian (1710- 1768), Bruder J ohann Baptists 213 (Anm.) - Joseph, Brude r J oachims 183, 185 Kle ineislingen 213 (Anm.) Klesatel, Joh annes s. J ohan nes Klesatel Kleve 164 Köln 11, 16, 21, 24, 30, 78, 86, 121, 192 - Stift St. Aposteln 78 - Stift St. Kunibert 78 - St. Pantale on , Kl. 78 König sfeld 203 - Kirche St. J akob u s u. Kilian 203 K onrad II. (dt. Kg . 1024- 1039, Ks . 1027) 9 Konrad Bollstatter, Augsburger Schre iber (t 1482) 156 Konrad (I.) Ilsung, Vater Sebastians (I.) (t14 0 1) 158 Konrad (Cunrat) Vöhlin (t nach 1518) 21,109,129 Konrat Schenk v. Schenkenstain 176 Kons tantin, röm . Ks. (306-337) 70, 83, 222,227 Konstan tinopel 137 Kons tanz 12, 16, 18, 38, 50, 86 Kra in 22 Krakau 16, 17 Kram er, J os 15 Kreta (Ca ndi a) 120, 136 Küchlin, J ohannes s. J ohannes Küchlin Küsel, Matthias, Augsburger Kupferstecher (1621- 1682) 212 (Anm.) Kutten berg 203 L'Aquila 18, 30 La Plata 22 Laibach (Ljub ljan a) 120, 207 (Anm.) Landsberg a. Lech 133 Lang, Augsburger Kaufmannsfamilie 13 Langenmantel, Augsburger Kaufmannsfamilie 13 Laug inger, Kaufma nn sfamil ie 13, 16, 28 - An ton s. Anton Lauginger - Elisabeth s. Elisabeth Lauging er - Ursu la s. Ursula Lau ginger Lau ingen, 16, 21, 119, 121-123, 129 - Pfarrkirche St. Martin 122, 124 Laurentius, hl. 56f., 81, 93,219 Laurentius Autenrieth, Abt v. Kl. Lorch (1525- 1549) 52- 59 Lautlingen 62 Lau p ertshausen 203 Laux Fröhlich, Maler 62 (Anm .) Laux Füng, Ma ler 62 (Anm.) Lec h 19,24, 119,148 Lechfeld 215, 219f., 234 Leip zig 17,21,128 Lenggries 203 - Pfarrkirche 203 Leo IV., Paps t (847-855) 223 Leo Mau rer (genannt Leo Fras/ Fraß), Augsburger Maler (t 1502) 62 (An m.) Leo v. Rozmital, böhm. H oc hadliger (1410- 1485) 165 Leon 172, 224, 226f. Leon ard o di Ser G iova nni , Florent in er Go lds chmied 111 Leonhar d Fuchsbüchl, Maler 62, 63 (Anm.) (s. L. F.) Leon h ard Wagner, Mönch u. Kalligraph im Kl. St. Ulrich u . Afra, Augsburg (t1522) 3,44-46,48-60, 137 Leszczynsk i, Stanislaus, Hz g. v. Lot h ringen (t 1766) 208 v. Lichtenau, Heinrich s. Heinr ich v. Lichtenau Lien hart Vehlin (Vöh lin), Mann d er Margaretha Huterin (t 1495) 128 Lille 19 1 (Anm.) Lindau 19 Lissabo n 21, 32 Liudolf, Bf. v. Augsburg (988-996) 217 Liudolf, Hzg . v. Schwaben, Sohn Ottos d. G r. (950-95 4) 218 Lombardei 15 London 161, 163, 171, 173,212 (Anm.) Longinus, hl., röm. Soldat bzw . Hauptmann 84 Lorch, Kl. 38 (An m.), 39f., 43, 46, 52- 56, 58 - Klos terkirc h e 43 Lorenz Egen, Augsbur ger Kaufmann u. Bürgerme ister (t1418) 32, 156 Loreto 26, 102 Lothar I., K g. u. Ks. (817/ 840-855) 223 <?page no="255"?> Augsburger Netzwerke.indd 255 Augsburger Netzwerke.indd 255 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 Register der Orts- und Personennamen 249 Lothringen 208 Löwenstein, Scipio s. Scipio Löwenstein Loy s. Elegius Lucius Marineus Siculus, Händler (t 1533/ 36) 200 Ludwig II., der Deutsche, Kg. (840-876) 223 Ludwig III., der Jüngere, Kg. (875- 882) 223 Ludwig III., Kf. v. d. Pfalz (1410-1436) 156 Ludwig III., Hzg. v. Württemberg (1578- 1593) 211 Ludwig IX., Hzg. v. Bayern - Landshut (1450-1479) 16 Ludwig XV., Kg. v. Frankreich (1715- 1774) 208 Ludwig, Hzg. v. Savoyen, Sohn Papst Felix' V. (1439- 1465) 163, 165f. Ludwig, Gf. v. Hanau-Lichtenberg (1464-1484) 156 Ludwig Meuting (t1481) 17f. Lübeck 17 v. Lützel, Jacobus s. Jacobus v. Lützel Lukas (Lucas) Re(h)m, Kaufmann in Ulm u. Augsburg (1481- 1541) 7, 22, 3 lf., 157 Lukas Wels er (t 1494) 18, 29- 31 Luxemburg 191 (Anm .) Luzern 161, 163 Lyon 13, 18, 20f., 30-32, 171 Madeira 22 Madrid 164 (Anm.) Magdeburg 86 Mähren 13 Magda lena Re(h)m, Mutter Lukas' ("- 1457) 31 Mailand 13, 19, 21, 30, 32 Mair (Mayr), U lrich s. Ulrich Mair Malchus, Diener des Kaiphas 69, 105 St. Mang, Kl. in Füssen 86 Mangmeister, ostschwäb. Familienhandelsgesellschaft 15 Marcio, Pedro s. Pedro Marcio Margareta, Frau Niko laus Bertschis 55- 57 Margarete (Margar etha) Huter, Ehefrau Conrat v. Zilnharts 123, 128f. Maria, Gottesmutter 28, 32, 67f., 81, 89, 93, 103, 142, 168 (Anm.), 176, 187, 198, 200, 218, 228 (Anm.) Maria v. Arag6n, Kgn. v. Kastilien (t1445) 164,174 Maria Ilsung, Tochter Sebastians (II.) 159 Maria Medingen, Kl. 89 (Anm.) Mariaberg, Kl. bei Reutlingen 50f. Martin, hl., Bf. v. Tours (371-397) 109, 222 Martin Ketzel, Kaufmann (t nach 1507) 32,156 Martin Schongauer, Maler (t1491) 201f. Marx Hofmair 33 Marx Weiser, Chronist (1558-1614) 102 Maulbronn, Kl. 116 Mauren 108, 186, 201, 203f. Maurer, Leo s. Leo Maurer Mauritius, hl. (t449/ 50) 8, 24 Maximilian I. (Kg. 1486- 1519, Ks. 1508) 17f., 33, 43, 49, 53f., 58f., 129, 132 Maxim ilian I., Hzg. v. Bayern (1597- 1651) 198,200 Maximilian Philipp, Hzg. v. Bayern (1650- 1705) 195 (Anm.) Mechthild (Metza) v. Rosenberg, Frau Wolf v. Zilnharts 125 v. Meckenem, Israhel s. Israhel v. Meckenem Meersburg 49 Mehmed II., der Eroberer, osman. Sultan (1444- 1446) 202 Meisterlin, Sigismund (Sigmund) s. Sigismund Meisterlin Melchior v. Stammheim, Abt v. Kl. St. U lrich u. Afra Augsburg (1458- 1474) 33, 42f. Melk, Kl. 39, 41f., 55, 60 Melsungen 186 (Anm .) Memmingen 16, 19-21, 31, 128f., 149, 161, 163, 166, 169, 174 - Anconiterkloster 163, 170 - Gesellschaft zum Goldenen Löwen 128 Meran 11, 108f. - Pfarrkirche 108f. Merseburg 219 Mesnang, Rudolf s. R ud olf Mesnang Me u ting, Augsburger Kaufmannsfamilie - Hans s. Hans Meuting - Ludwig s. Ludwig Meuting Mexiko 22, 203 Michael Keuerleber, Mönch u. Notenschreiber in Lorch 53, 56 <?page no="256"?> Augsburger Netzwerke.indd 256 Augsburger Netzwerke.indd 256 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 250 Register der Orts- und Personennamen Mitte de Caprariis, Petrus s. Petrus Mitte de Caprariis Mittenwald 12 Mohammed, Prophet u. Religionsstifter (t 632) 228 (Anm.) Mönchsroth, Kl. 214 (Anm.) Molitor s. Bollstatter Monschau 209 Mugia 167 - Kirche Nuestra Seiiora de la Barca 167f. Mülich - Georg Qörg) s. Georg Mülich - Hektar (Hector) s. H ekta r Mülich München 12f., 86, 121, 142, 154, 194, 195 (Anm.), 203,211 - Kirche „Coena Dom ini" 84 (Anm .) - He rzogshof 12 Münchsradt 214 (Anm.) Münster 195 Münzer, Hieronymus s. Hieronymus Münzer Muri, Kl. 210 Muslime 215f., 227f., 230,233 Najera 224 Narcissus, hl., Bf. v. Gerona (Anf. 4. Jh. ) 169 Navarra 169,171 Neapel 18, 30, 141, 159 Necker, Jodoku s s. Jodoku s Necker Neidhart, Sebastian s. Sebastian Neidhart Neuburg (Pfal z-Neuburg), Fürstentum 122 Neuburg a. d. Donau 142, 145 - Schloß 142 Neumarkt i. d . Oberpfalz 233 v. Neuneck, Renhart s. Renhart v. Neuneck Neusohl 17 Niederlande 190f., 195 (Anm.), 196 (Anm.) Niederländer 192f. Niederrhein 13 Niko laus, hl., Bf. v. Myra (tJ 42/ 47) 109 Nikolaus Seid, Bruder Georgs (t1514) 221 Nilson, Augsburger Künstl erfamilie - Andreas, Maler u. Zollbeamter (t1751) 209 (Anm.) - J ohan n Esa ias, Miniaturmaler, Zeichner u. Kupferstecher (1721-1788) 209 Nimes 147 (Anm.), 160, 170 Nördlingen 11, 16, 21,130 Nördlinger, Augsburger Kaufmannsfamilie 15 Nordendorf 9 Notker Balbulus, Dichter u . Ge lehrter in St. Gallen (t 912) 50 Nürnberg 9, 11, 13, 15-17, 19-21, 30, 126, 128f., 141,149,156,166,171,183, 192,196 (Anm.), 212 (Anm.) Öhem, Bergbauunternehmer 17 Ordoiio III., Kg. v. Le6n u. Asturien (951- 956) 225 Österreich 36, 161, 195 (Anm.) Ötting (bei Erding) 100 Ofen 17 Offingen 120 Olite 164 Oswald, hl., Kg . v. Northumbria (634- 642) 109 Oswald v. Wolkenstein, Südtiroler Adliger, Lieda utor (t1445) 150 Otranto 141 Ottheinrich, Pf gf., Kf. v. d. Pfalz (t 1559) 4, 119- 123, 128-131, 136, 142f., 145 Otto I., d . Große (Kg. 936-973, Ks. 962) 217-219,234 Otto der Gollenhofer, Pfleger des St. Ja kobsspitals in Augsburg 25 Ottonen, Dyn. 24 Oudry, J ean-Baptiste, fr anz. Maler u. Graphiker (1686-1755) 207f. P. Bonndorf., oberdeutscher Franziskanerprovinzia l 88 Padua 113f., 120,134 - Palazzo della Ragione 114 - Kirche des hl. Antonius 134 Paläst ina 121 Pau lus, Apostel 77, 83, 93,216 Paulus Eremita (Paulus v. T heben), ägypt. Eremit 11 lf. Paulus Goldschmidt, Mönch in Salem (t1521) 52 Patm os, Insel 72 Pedro Marcio, Compostellaner Kanoniker 215,226,228,230 Pela gia v. Jerusa lem, hl. (t457) 142 <?page no="257"?> Augsburger Netzwerke.indd 257 Augsburger Netzwerke.indd 257 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 Register der Orts- und Personennamen 251 Peraudi, Raimundus s. Raimundus Peraudi Pesne, Antoine, frz. Maler (1683-1757) 207 Peter Egen, Augsburger Kaufmann u. Politiker (t 1452) 15, 32, 149 Peter Haintzel (Ha inzel), Kaufmann 31 Peter Hertzel, Pfleger d. St. Jakobsspitals in Augsburg 28 Peter Rehlinger, Mörder Sebastian Ilsungs I. (t 1457) 158 Peter v. Schaumburg, Bf. v. Augsburg (1424-1469) 86,166 Peter Suchenwirt, Dichter (tvor 1407) 151 Petrus, hl., Apostel 67, 69f., 75 (Anm .), 78f.,81, 83,93, 167,229 Petrus Mitte de Caprariis, Hochmeister im Antoniterkloster in Memmingen (t1479) 163 Pfauz, Gottfried, Ulmer u. Augsburger Maler u. Kupferstecher (t1760) 212 (Anm.) Pfeffel - Christian 214 (Anm .) - Johann Andreas (1674-1748), Augsburger-Verleger 197,213 (Anm.), 214 (Anm.) - Johann Andreas d.J., Sohn Johann Andreas' d.Ä. (1715-1750) 213 (Anm.) Philibert III ., Hzg. v. Savoyen 19 Philipp, Pfgf., Bruder Ottheinrichs (1503-1548) 121, 130 Philipp, Gf. v. Katzenellenbogen (1427- 1453) 156 Piazetta, Giovann i Battista, venezianischer Künstler (1682-1754) 186, 198, 213 (Anm.) Pisanello, Antonio s. Antonio Pisanello Pistoia 111 - Dorsale di S. Iacobo, Silberaltar der Domkirche 111 Pisuerga, Fluß 226f. Pilatus, Pontius s. Pontius Pilatus v. Podiebrad, Georg s. Georg v. Podiebrad Polen 13,206,208 Pommersfelden, Schloß 207 Pompadour, Jeanne-Antoinette Poisson (verh . Le Normand d'Etoils), Marquise de (1721-1764) 208 Pontius Pilatus, röm. Präfekt in Judäa (26-36) 75 (Anm.), 83 Porner, Hans s. Hans Porner Portugal 21, 160 (Anm.), 165,203 Pottendorf 203 Prag 16,194,212 (Anm.), 213 (Anm .) Pretting, Rosina Barbara, Mutter Johann Esaias Nilsons 209 (Anm.) Prüfening, Kl. 46 Prun 31 Pusterta l 12, 120 Quarantana, Berg 134 Quito (Ecuador) 185 Raimundus Peraudi, Kardinallegat (t 1505) 87 Ramiro I., Kg. v. Asturien (842/ 43-850) 215, 224f. Ramiro II., Kg. v. Le6n (931-950) 226, 229 (Anm.) Rapold, Familie 15 Rattenberg 17 Ravensburg 16, 18-20, 38 Ravensburger Handelsgesellschaft 19 Ravenstein 131 Rebhuhn, Helena s. Helena Rebhuhn v. Rechberg, Ulrich s. Ulrich v. Rechberg Redwitz bei Eger 212 (Anm .) Regensburg 9, 1 lf., 46,212 (Anm.) - St. Emmeran , Kl. 46 Reichenhall 12 Reichenau, Kl. 50 Reinhartshofen 9 Reisensburg 219 Rehlinger (Rechlinger), Augsburger Patrizierfamilie - Conrat s. Conrat Rechlinger - Dorothea s. Dorothea Rehlinger - Peter s . Peter Rehlinger Re(h)m, Augsburger Patrizierfamilie 15 - Andreas s. Andreas Re(h)m - Johann s . Johann Re(h)m - Lukas (Lucas) III. s. Lukas III. Re(h)m - Magdalena s. Magdalena Re(h)m Rem -Gesellschaft, Augsburg 32 Renhart v. Neuneck, Hofmeister Ottheinrichs (1474-155 1) 120,130, 142 Rephun(Repphuon,Rophon) <?page no="258"?> Augsburger Netzwerke.indd 258 Augsburger Netzwerke.indd 258 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 252 Register der Orts- und Personennamen - Hans s. Hans Rephun - Jörg (Georg) s. Jörg Rephun Reschen(paß) 12, 113 Reutlingen 38, 50 Reutte 120 Rhein 24 Rheinland 190 Rheintal 79 Rhodos 120, 126, 134, 136 Riedler (Ridler, Rigler), Augsburger Kaufmannsfamilie - Anna s. Anna Riedler - Balthasar s. Balthasar Ridler - Barbara s. Barbara Riedler - Bartholome s. Bartholome Ridler Riedheim 31 Rieter, Nürnberger Patrizierfamilie 141, 171 Rijsel (Li lle) 191 (Anm.) Rochus, hl. 187 (Anm.) Roder ich, westgot. König (710-711) 224 Rodriguez, Bernardo, Maler 185f. Roggenburg, Jörg s. Jörg Roggenburg Rohrbach 203 Rojen 113 - St. Niko laus-Ki rche 113 Rom 3, 18, 26, 30, 36, 42, 44, 61, 65, 67 (Anm.), 75, 77, 79- 82, 84-93, 102, 121,137,141,156,160,174, 176f., 207 (Anm.), 217 - Santa Croce 61, 76f., 81f., 91 San Giovanni in Latera no 61, 69, 71- 73, 81f., 91,217 San Lorenzo 61, 68-71,81, 83, 91 Santa Maria Maggiore 61, 65-67, 69, 77, 81f., 89, 91 Milvische Brücke 222 - San Paolo fuori le mure 61, 69, 74f., 81-83, 91 - San Pietro 61, 66-68, 72, 79 (Anm.), 81f., 85, 91 - San Sebastiano 61, 68-71, 81f., 91 Rorschach 51 v. Ros enberg, Mechthild (Metza) s. Mechthild v. Rosenbe rg Rosenheim 119 Rosenstein 167 (Anm.) Roßhaupten 133 V. Rozmital, Leo s. Leo V. Rozmital Rudolf X ., Gf. v. Werdenberg, Ho chm eister/ Großprior des Johanniteror dens (1482-1505) 134 Rudolf Mesnang, Memminger Händler 20 Rugendas, Künstlerfamilie - Christian, Augsburger Kupferstecher (1708-1781) 184 - Georg Philipp, Maler, Zeichner fü r Kupferstecher, Radierer (1666- 1742) 184 (Anm .), 212 (Anm.) - Johann Lorenz d. Ä., Stecher u. Kunstverleger (1730-1799) 187f., 212 (Anm.) - Niko lau s I. (1582-1652) 186 (Anm.) Runkelstein, Burg 1 lOf. Sabina v. Bayern, Frau Hzg. Ulrichs v. Württemberg (1492-1564) 53f. Sachsen 126, 219 Salem, Kl. 50-53, 56 Salzburg 195 (Anm.), 207 - Bastionsgarten 207 Samen (Schwe iz) 210 - Benediktinerkollegium 210 v. Sandrart, Joachim , Maler aus Frankfurt/ M. (1606-1688) 212 (An m.) Sankt Gallen 19, 50-53, 55f., 217 Santiago de Compostela 4, 7, 22, 26, 30, 32, 36, 88, 102, 121, 122, 140f., 147f., 157, 160, 162, 164, 165 (An m.), 167, 169-172 , 184,201, 208,211,215,226- 228, 229 (Anm.), 230 - Kathedrale 167 - St.-Martins-Kloster 184 Santo Domingo 22 Sarazenen 223-226,233f. Sasek z Mezihose, Vaclav s. Vaclav Sasek z Mezihose v. Schachten, Dietrich s. Dietrich v. Schachten Schad, Balthasar s. Balthasar Schad Scharpfer, Jo hannes s. Johann es Scharpfer v. Schaumburg, Peter s . Peter v. Schaumburg Schenna 113-115 - St. Georg-Kirche 113-115 Scherpenheuvel 191 (A nm. ) Schindel, Johann Wolfgang, Bildhauer (t177 4) 206 Schlat 125 Schlesien 160, 174, 193, 196 (Anm.) Schlierbach 125 <?page no="259"?> Augsburger Netzwerke.indd 259 Augsburger Netzwerke.indd 259 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 Register der Orts- und Personennamen 253 Schneeberg 17 Schneider, Hans s. Hans Schneider Schongau 214 (Anm.) Schongauer, Augsburger u. Colmarer Kaufmanns-, Goldschmiedeu. Malerfamilie 13 - Martin s. Martin Schongauer Schorndorf 131 Schwaben 12, 15, 18-20, 41, 51, 54, 89, 119f., 195 (Anm.), 203, 217f., 221 Schwabmünchen 137 Schwäbisch Gmünd 38 Schwäbische Alb 49, 125, 140 Schwarz, Ulrich s. Ulrich Schwarz Schwarzwald 46, 130 Schwaz 17 Schwechat (bei Wien) 203 Schweden 11 Schweiz 19, 49,210 Scipio Löwenstein, Händler 32 Scriptoris, Fridericus s. Fridericus Scriptoris Sebastian, hl., Märtyrer 70, 81, 93, 187 (Anm.) Sebastian (I.) Ilsung, Bürgermeister (t1425) 28,158 Sebastian (II.) Ilsung, Bürgermeister, Pfle ger d. St. Jakobsspitals in Augsburg (t1468/ 69) 4, 7, 27f., 147-151, 153, 155, 157-167, 168 (Anm.), 169f., 171 (Anm.), 172- 174 Sebastian (IV.) Ilsung, Sohn Sebastians (II.) 159 Sebastian Neidhart, Kaufmann u. Bankier (t1554) 22 Sebastian Sitterich, Abt v. Kl. Lorch (1510-1525) 56 Seitz, Simon s. Simon Seitz Seid, Augsburger Goldschmiedefamilie - Jörg (Georg) s. Jörg Seid - Nikolaus s. Nikolaus Seid di Ser Giovanni, Leonardo s. Leonardo di Ser Giovanni Sevilla 22 Sibille (Sibilla) Vehlin, Tochter Lienharts 128,141 Sigismund (Kg. 1410-1437, Ks. 1433) 16 Sigismund, Ehzg. v. Österreich, Gf. v. Tirol (t1496) 17 Sigismund (Sigmund) Meisterlin, Mönch, Chronist u. Historiker in St. Ulrich u. Afra in Augsburg (tvermutl. nach 1479) 41f., 149f., 154 Sigmund (Sigismund) Gossembrot, Kauf mann, Politiker u. Frühhumanist (1417-1493) 41f., 150 Sigmund (I.) Ilsung, Bruder Sebastians (II.) (t 1500) 158 Simon Seit z 22, 32 Simp ert, hl., Bf. v. Augsburg (778-807) 8, 156 Sinai 88f., 123, 128, 132, 136 - Katharinenkloster 123, 128, 132, 136 Sindlbach 203 Sion, Berg 136 - Franziskanerkloster 136 Sitterich, Sebastian s. Sebastian Sitterich Sizilien 159, 200 Söhnstetten 125 Soranzo, venedische Hande lsfamilie 15 Sorg, Anton s. Anton Sorg Spaiser, Anton, Augsburger Drucker (1708 belegt ) 196, 212 (Anm.) Spaißerin, N., Frau Anton Spaisers 212 (Anm.) Spanien 19, 21, 23, 30,148, 159f., 164f., 168,171, 174,203,224-227,229,231- 233 Spanier 203,215,225 Stain, Familie 132 v. Stammheim, Melchior s. Melchior v. Stammheim Stamina, Gherardo s. Gherardo Starmna Staufer, Dyn. 11, 13, 41, 54 Steffan Baumgartner, Nürnberger Patrizier (t1525) 124, 126f., 135 Steinenkirch 131 Stephan Fuchs, Franziskaner, Beichtvater d. Klarissen v. Villingen 88 Stephanus, hl., Erzmärtyrer (turn 35) 70,142 Sterzing 114 - Spiralkirche 114 Stockau bei Ingolstadt 212 (Anm.) Stoercklin, Johann Heinrich, Kupferstecher 213 (Anm.) Strauß, Jörg s. Jörg Strauß Stunt z, Bergbauunternehmer 17 Stuttgart 37,141,183 Suchenwirt, Peter s. Peter Suchenwirt Südamerika 203 <?page no="260"?> Augsburger Netzwerke.indd 260 Augsburger Netzwerke.indd 260 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 254 Register der Orts- und Personennamen Sulpicius Severus, Biograph des hl. Martin (t nach 406) 222 Teck, Herzöge v. 38 Terzel , Gabrie l s. Gabriel Terzel Theccla (Thekla), hl., Märtyrerin 77 Thomas, Apostel 109 Thomas Ehern, Augsburger Zunftmeister (t 1486) 33 Thüringen 17 Thurzo, Johann s. Johann Thurzo Tirol 13, 17, 33, 113 Toledo 227 v. Törring, Adam s. Adam v. Törring Tortosa 161,164,174 Toulouse (Delosa) 169, 171 - Saint -Sernin 169 Trasenberg 131 Treviso 12, 134 Trient 12,109,119,132,134,192 Triest 120 Trinitarier 10 8 Troja 137 Trojaner 149 Tucher, Hans s. Hans Tucher Türken (Osmanen) 90, 121, 126, 201 - 204, 234 Türkheim (heut e : Ober -/ U ntertürkheim bei Stuttgart) 195 (Anm.) Udalri cus Flechsinhar, Mönch u. Schreiber in St. Ulrich u. Afra 53 Udalricus Goedelin, Schreiber u. Mönch in Lorch 53 Ulm llf., 15f., 18-21, 31, 38, 89 Ulrich , hl., Bf . v. Augsburg (t973) 5, 8, 42, 48, 137- 139, 156, 215-223, 227 , 231,233-235 Ulrich , Hzg. v. Württemberg (1498- 1550) 53f., 59 Ulrich V., Gf. v. Württemberg (1433- 1480) 125,131,140 Ulrich Brunne r, Würzburger Kanoniker (15. Jh.) 156 Ulrich Burggra f, Augsburger Dompfarrer 25 Ulrich Gossembrot, Theologe, Mitglied d . kaiserl. Kanzlei (t 1465) 42 Ulrich Haunold, Vater Claras (II., t1465/ 66) 158 Ulrich Ilsung (t 1395/ 96) 24f., 27, 157, 162 Ulrich Ilsung, Bruder Sebastians (II.) 158 Ulr ich Mair (Mayr), Pfleger d. Jakobs spitals in Augsburg 27f. Ulrich v. Rechberg, Domdekan in Augsburg 133 Ulrich Schwar z , Augsburger Kaufmann u. Politiker, Bürgermeister (1422- 1478) 152f. Ulrich Wofhartshauser, Bildhauer 116 Umb ach, Leonhard, Augsburger Goldschmied (t1624) 210f., 214 (Anm.) Ungarn 174, 195 (Anm.), 216,218 , 223, 233-235 Unternefsried 203 Urach 140f. Urraca, Frau Ramiros 1., Kgn. v. Asturien 225 Ursula, hl., Märtyrerin 79 Ursula Haider, Äbt. in Villingen 88 Ursula Ilsung, Tochter Sebastians (II.) 159 Ursula Lauginger 29, 31 Ursula v. Wellwart, Frau Heinz' v. Zilnhart 131 Ursenwang 125, 131 Utrecht 212 (Anm.) Vaclav Sasek z Mezihose, Ritter aus Westböhmen 165 (Anm.) Val Sugana 12 Valencia 20, 32, 174 Valentin Buscher, Mönch in Salem 52 Venedig 12f., 15-17, 19, 21, 30, 119f., 126f., 134, 137, 140f., 156f., 160, 170 (Anm.), 186, 207 (Anm .) - Fondaco dei Tedeschi 13 Venezuela 22 Verona 11, 12,113,119,160,170 Veronica, hl. 75 (Anm.), 79, 81, 83 Veronika Weiser, Priorin d. Katharinenklosters in Augsburg (t 1530/ 31 ) 74, 77, 82, 85 (Anm.) Vetter v. d. Lilie, Geschlecht in Mähren u. der Steyermark 18 Vicen z a 119 Vierz ehn Nothelfer 67f., 82 Villach/ Kärnten 17, 120 Villenbach in Schwab en 203 Villingen 87-89 - Ursula-Kloster 87- 89 Vinschgau 12 <?page no="261"?> Augsburger Netzwerke.indd 261 Augsburger Netzwerke.indd 261 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 Register der Orts- und Personennamen 255 Vittel, Augsburger Patrizierbrüder (t1477) 152 Vöhlin (Vehlin, Vögelin), Memminger Patrizierfamilie 21 - Konrad (Cunrat, Conrad) s. Konrad Vöhlin - Erhard d. Ä. s. Erhard Vöhlin, d. Ä. - Erhard s. Erhard Vehlin - Hans d.J. s. Hans Vöhlin, d.J. - Katharina s. Katharina Vöhlin - Lienhart s. Lienhart Vehlin - Sibille (Sibilla) s. Sibille Vehlin Vöhlin v. Frickenhausen, Familie 128 Vöhlin-Gesellschaft, Memmingen 128f. Vogt, Antonius s. Antonius Vogt Wagner - Conrad s. Conrad Wagner - Leonhard s. Leonhard Wagner Wahraus, Ehrhard s. Ehrhard Wahraus Waideli (Weidelin), Hans, Augsburger Goldschmied (t 1605/ 06) 214 (Anm.) Walch, Johann, Augsburger Miniaturmaler (1757-1815) 196 Wameshafft, Erhard s. Erhard Wames hafft Warmund I. Ilsung, Sohn Sebastians (II.) 159 Watteau, Antoine, frz. Maler u. Zeichner (1684-1721) 207f. Weigel, Christian, Kupferstecher u. Kunstverleger (1654-1725) 196,212 (Anm.) Weißenhorn 22 Welf IV., Hzg. v. Bayern(! . ) (t 1101) 9 v. Wellwart, Familie 132 - Ursula s. Ursu la v. Wellwart Weiser, Augsburger u. Nürnberger Kaufmannsu. Patrizierfamilie 15, 18, 23, 28, 31, 179, 187 (Anm.) - Anton I. s. Anton I. Weiser - Barbara s. Barbara Weiser - Barcholomäus (Bartlome) III. s. Bartholomäus III. Weiser - Jakob I. s. Jakob I. Weiser - Lukas s. Lukas Weiser - Marx s. Marx Weiser - Veronika s. Veronika Weiser Weiser-Gesellschaft, Augsburg 21, 32 Welser-Vöhlin -Gesellsc haft, Augsburg 21f., 31, 129 Wendlingen am Neckar 125 Wenzel aus Trient, Maler 109 v. Wernau, Anastasia s. Anastasia v. Wernau Wertach 119 - Wertachbrücke 12 v. Westerstetten, Dietegen s. Dietegen v. Westerstetten Westgoten 224 Weyarn 203 Wiblingen, Kl. 39, 42, 46 Widukind v. Corvey, Mönch, Hagiograph u. Geschichtsschreiber (t nach 973) 219 Wien 16,194,196(Anm.),203,211,212 (Anm.) Wilhelm 1., Lgf. v. Hessen (t1515) 156 Wilhelm, Abt v. Hirsau (t 1091) 46 Wilhelm Wittwer, Mönch u. Chronist i. Hirsau (1449-1512) 46 Wilhelm v. Zilnhart, Onkel Conrats u. Wolfs, Bruder Heinrichs (bezeugt v. 1464- 1497) 4,126,132, 140f. Wilhelm v. Zilnhart, d. J., Sohn Wilhelms, Mann Sibille Vehlins (turn 1515) 141 Wilhelmine, Mgfn . v. Bayreuth (t 1758) 208 Will - Johann Martin, Augsburger Drucker, Vater Reginas 183, 196 (Anm.) - Regina, Frau Johann Walchs 196 (Anm.) Wittenberg 157 Wittwer, Wilhelm s. Wilhelm Wittwer Wofhartshauser, Ulrich s. Ulrich Wofhartshauser Wolf v. Zilnhart, Augsburger Domh err, Cousin Conrats (t 1519) 4, 126, 128, 131- 134, 136- 140, 156 Wolf v. Zilnhart, Vater Conrats (bezeugt 1459-1489) 125,131,140 Wolff, Andreas, Münchner Maler (1652- 1716) 190 (Anm.) Wolfgang, Georg Andreas, Augsburger Kupferstecher (1631-1716) 212 (Anm.) v. Wo lke nstein, Oswald s. Oswald v. Wolkenstein Wollmetshofen 9 Worms 122 Württemberg 12, 36f., 55, 131,140,211, 213 (Anm.) <?page no="262"?> Augsburger Netzwerke.indd 262 Augsburger Netzwerke.indd 262 22.09.22 17: 02 22.09.22 17: 02 256 Register der Orts- und Personennamen Württemberger 38, 54 Würzburg 156,211 Wurzen 120 Zangmeister, Memminger Familie 20f. - Eberhard s. Eberhard Zangmeister - Hans s. Hans Zangmeister - Kaspar s. Kaspar Zangmeister Zanna, Vincenz 201, 213 (Anm.) Zaragoza (Saragossa) 20f., 31, 32, 160, 200 Zillenhaner Wald 125 v. Zilnhart (Zillenhart, Zullhartt, Züln hart) 4,121,125,132,139, 141f., 145 - Conrat s. Conrat v. Zilnhart - Eberhard s. Eberhard v. Zilnhart - Ha ns s. Hans v. Zilnhart - Heinz (Heinrich) s. Heinz v. Zilnhart - Jörg s. Jörg v. Zilnhart - Wilhelm d.J. s. Wilhelm v. Zilnhart, d.J. - Wilhelm s. Wilhelm v. Zilnhart - Wolf s. Wolf v. Zilnhart Zilnhart, Burg 125 Zimmermann, Hans s. Hans Zimmer mann Zink, Burkhard s. Burkhard Zink Zobel, Martin, Augsburger Kaufmann u. Stifter (1530-1584) 27 Zürich 50 Zurzach 13 Zwiefalten, Kl. 49-51 Zypern 120,123,126,128,134