eBooks

Effektiver Fremdsprachenunterricht

Bewegung - Visualisierung - Entspannung

0118
2012
978-3-8233-7680-4
978-3-8233-6680-5
Gunter Narr Verlag 
Ludger Schiffler

Das kennt wohl jeder Englisch-, Französisch- oder Spanischlehrer: Viele Schüler beherrschen nach einem Lernjahr weniger als die Hälfte der zu lernenden Vokabeln - eigentlich müsste die Klasse geteilt werden. Was tun? Effektiv ist ein Fremdsprachenunterricht dann, wenn Vokabeln und Grammatik ins Langzeitgedächtnis gelangen. die Neurobiologie zeigt: dies geschieht am besten mit Hilfe von mehrmaligen Wiederholungen, in ganz verschiedener Art: z.B. kann man mit Bewegung lernen, mit mentaler Visualisierung und in Entspannung, mit gezielten Lernhilfen und in >>helfender<< Partnerarbeit. solche Methoden werden im schulischen Fremdsprachenunterricht jedoch selten angewendet. das Studienbuch zeigt Lehramtsstudierenden der neusprachlichen Fächer, aber auch Referendaren, Ausbildern und bereits praktizierenden Lehrern, wie Lehrende zu Spezialisten des Lernens werden. unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse der Gehirnforschung und erprobt in der eigenen Unterrichtspraxis stellt das Buch konkret und verständlich effektive Methoden vor, wie beim Fremdsprachenunterricht >>mit allen Sinnen<< gelernt werden kann und damit die unterschiedlichen Lernertypen bestmöglich erreicht werden.

<?page no="0"?> Ludger Schiffler Effektiver Fremdsprachenunterricht Bewegung - Visualisierung - Entspannung <?page no="2"?> (Ces trois professeurs) étaient artistes en la transmission de leur matière. Leurs cours étaient des actes de communication, bien sûr, mais d’un savoir à ce point maîtrisé qu’il passait presque pour la création spontanée. (Daniel Perec, Chagrin d’école, p. 267) (Diese drei Lehrer) waren Künstler in der Vermittlung ihres Faches. Ihre Unterrichtsstunden waren natürlich Wissensvermittlung, aber eines Wissens, das sie so gut beherrschten, dass es wie ein spontaner Schöpfungsakt wirkte. <?page no="3"?> Ludger Schiffler Effektiver Fremdsprachenunterricht Bewegung - Visualisierung - Entspannung <?page no="4"?> Prof. Dr. Ludger Schiffler ist Professor emeritus (lehrend) für Didaktik der romanischen Sprachen an der Freien Universität Berlin. Zu diesem Werk gibt es eine begleitende Homepage unter www.narr.de/ effektiver_fremdsprachenunterricht Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Dieses Buch ist eine völlige Neubearbeitung von „Fremdsprachen effektiver lehren und lernen - Beide Gehirnhälften aktivieren“ Auer-Verlag Gmbh, Donauwörth 2002. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem und säurefreiem Werkdruckpapier. Internet: http: / / www.narr-studienbuecher.de E-Mail: info@narr.de ISSN 0941-8105 ISBN 978-3-8233-6680-5 Druck und Bindung: Gulde, Tübingen Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach <?page no="5"?> Inhaltsverzeichnis 1. Eine Fremdsprache effektiver lernen! Aber wie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.1 Lernhilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1.2 Mit welchen Sinnen eine Fremdsprache lernen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2. Folgerungen aus neuerer Gehirnforschung für das Fremdsprachenlernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.1 Untersuchungen zu Sprache und Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2 Untersuchungen zu Sprache und mentaler Visualisierung . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.3 Untersuchungen zu Entspannung und Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.1 Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer aus der Sicht der Schüler . . . . . . . . . . . . . . 17 3.1.1 Die Rolle des „ Zensors “ (Notengebers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.1.2 Die Rolle des „ Disziplinators “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.2 Die Anwendung des Placebo- und Hawthorne-Effektes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.3 Der Hawthorne-Effekt und die soziale Interaktion in der Gruppe . . . . . . . . . 24 3.4 Wie motiviere ich Schüler? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.4.1 Motivation durch laterale und interlineare Übersetzung . . . . . . . . . . . 26 3.4.2 Motivation durch non-linearen Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 3.4.3 Motivation durch zeitverteiltes Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3.4.4 Motivation durch Annäherung an authentische Texte . . . . . . . . . . . . . 32 3.4.5 Motivation durch „ helfende “ Partnerarbeit und „ verantwortliche Partnerschaft “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 4. Mit Bewegung lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4.1 Vorbemerkung zur Darbietung von Vokabeln: Kontextuell und bilingual . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4.2 Vorbemerkung zum Bewegungslernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 4.3 Chorsprechen und „ Mönchsgang “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4.4 Mit Partner und Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4.5 Hörverstehen und Sprechen mit Pantomime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 4.6 Orthografie und Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.7 Grammatik und Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4.7.1 Mit Bewegungssignalen Grammatik einführen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4.7.2 Mit den Füßen „ erschreiten “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 4.7.3 Mit Bewegungsspielen Grammatik festigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4.7.4 Mit Omniumkontakt Grammatik wiederholen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4.7.5 Mit Bewegung Grammatik korrigieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4.8 Singen und Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 <?page no="6"?> 4.9 Die szenische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 4.9.1 Handlungsorientierte Lektionseinführung als Hinführung zur szenischen Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 4.9.2 Szenische Darstellung mit ghostspeaker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.9.3 Umarbeitung der Lektion in ein Rollenspiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.9.4 Die Verknüpfung zweier Lektionen zu einem Rollenspiel . . . . . . . . . . 71 5. Mit Visualisierung lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 5.1 Das Schriftbild als Visualisierung von Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 5.2 Mentale Visualisierung als Gedächtnisstütze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 5.3 Die mentale Visualisierung eines Handlungsgerüstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 5.4 Visualisieren durch mind maps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 5.4.1 Visualisierung des brainstorming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 5.4.2 Visualisierung durch schülerstrukturierte „ Wörternetze “ . . . . . . . . . . . 81 5.4.3 Visualisierung durch mind maps mit „ Verbsatelliten “ . . . . . . . . . . . . . . . 82 5.4.4 Visualisierung durch spider maps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 5.4.5 Fading als progressive Gedächtnisschulung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 5.5 Visualisierung durch word icons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 5.6 Grammatik mit visuellen Signalen lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 5.7 Grammatik durch Spiegelung lernen und kontrastiv-bilingual üben . . . . . . 100 6. In Entspannung lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 6.1 Ist Lernen in Entspannung möglich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 6.2 Wechsel zwischen gespannter und entspannter Aufmerksamkeit . . . . . . . . . 109 6.3 Psychische Entspannungsübungen und Affirmation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 6.4 Physische Entspannungsübungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 6.5 Vokabellernen in Entspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 6.5.1 Mit mentalen Bildern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 6.5.2 Mit Schlüsselwörtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 6.5.3 Mit wechselnder Intonation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 6.5.4 In Triaden und mit entspannender Musik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 6.5.5 Mit Lernhilfen in Entspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 6.5.6 Wiederholung durch einen „ mentalen Film “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 7. Empirische Untersuchungen zum Lernen mit Bewegung, mentaler Visualisierung in Entspannung und „ helfender Partnerarbeit “ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 7.1 Fünf Klassen lernen über 60 Vokabeln in einer Stunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 7.2 Eine Klasse lernt über 80 Vokabeln in einer Zeitstunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 7.3 Literatur lesen und in einer Zeitstunde über 30 Vokabeln lernen . . . . . . . . . 145 Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 6 Inhaltsverzeichnis <?page no="7"?> 1. Eine Fremdsprache effektiver lernen! Aber wie? Hierauf gibt es zwei einfache Antworten: 1. Dem Lernenden alle nur möglichen Lernhilfen geben. 2. Mit mehr als einem „ Sinn “ lehren und diese Sinne sinnvoll miteinander verknüpfen. Mit „ allen Sinnen zu lernen “ ist nichts Neues, denn seit geraumer Zeit weiß man, dass man so am besten die unterschiedlichen Lernertypen erreicht. Wenn man aber die neuere Gehirnforschung berücksichtigt, so kann man mehr Sinne als bisher bekannt für den Fremdsprachenunterricht nutzen bzw. bestimmte Sinne sinnvoll miteinander verknüpfen. Selbstverständlich sind beim Lernen beide Gehirnhälften aktiviert, jedoch kann man in vielen Fällen die rechte stärker aktivieren. Dies wird im Folgenden skizziert und im zweiten Kapitel genauer aufgezeigt. Welche Lernhilfen soll die Lehrerin bzw. der Lehrer* den Lernenden geben? Ist diese Frage eigentlich nicht überflüssig? Ganz und gar nicht, weil die Geschichte der Fremdsprachendidaktik zeigt, dass in vielen Fällen eine „ Methode “ speziell darin besteht, den Lernenden bestimmte Lernhilfen vorzuenthalten, also Hürden aufzubauen, um das Fremdsprachenlernen angeblich effektiver zu gestalten. Solche Hürden waren bzw. sind noch die Vermeidung der Schrift im Anfangsunterricht und die des muttersprachigen Übersetzungsäquivalents. Hürden aufzubauen bedeutet gleichzeitig eine Auswahl zu treffen, nämlich zwischen den Lernern, die die Hürden überwinden und solchen, die daran scheitern. Als Beweis für die Effektivität einer Methode werden dann die Erfolge derer angeführt, die die Hürden überwunden haben. Ferner bedeuten die Hürden, dass nicht nur eine Auswahl der Sprachbegabteren getroffen wird, sondern dass bestimmte Lerntypen bevorzugt und andere benachteiligt werden. Wenn z. B. ohne Schrift unterrichtet wird, dann werden die auditiv Lernenden bzw. diejenigen mit einem auditiven Gedächtnis bevorzugt. Gleichzeitig wird aber auch das auditive Gedächtnis der visuellen Lerner trainiert, ohne ihnen jedoch visuelle Hilfen für ihre Ausspracheschwierigkeiten an die Hand zu geben. Von all diesen Rechtfertigungsstrategien der einzelnen Methoden wollen wir uns lösen, denn es geht vor allem darum, einen Unterricht zu geben, der es allen Lernern ermöglicht, ihren optimalen Weg selbst zu finden und das selbstständige Lernen entsprechend zu fördern. 1.1 Lernhilfen Kommen wir nun auf die Eingangsfrage nach den möglichen Lernhilfen zurück. Sie heißen: - Dem Lernenden immer Klarheit hinsichtlich der Bedeutung dessen, was er lernt, zu geben. Das gelingt am leichtesten mit Hilfe der Muttersprache. Um einem Miss- * Im vollen Bewusstsein, dass die Mehrzahl der Fremdsprachenlehrer aus Lehrerinnen besteht, verzichte ich aus stilistischen Gründen auf die Nennung der weiblichen Form. Die Verwendung der männlichen Form schließt die weibliche Form nicht aus. <?page no="8"?> verständnis vorzubeugen, soll damit nicht in Frage gestellt werden, dass das häufige intensive Lehrer-Schülergespräch in der Fremdsprache eine unverzichtbare und effektive Methode des Sprachenlernens ist. - Eine weitere wichtige Lernhilfe ist es, dem Lerner Flexibilität im Umgang mit dem Gelernten zu geben. Dies gelingt u. a. dadurch, dass er nicht nur isolierte Vokabeln lernt, sondern diese auch in einem Kontext lernt und dass er diesen Kontext zu variieren lernt. Hierbei ist zu beachten, dass er sich auch über die Bedeutung des Kontextes und seiner Variationen im Klaren ist. Dies geschieht wiederum mit Hilfe der Muttersprache. - Dasselbe ist beim Erlernen der Grammatik zu beachten. Statt langwieriger Regelerklärungen in der Muttersprache soll die Grammatik immer mit kontextuellen bilingualen Beispielen in Verbindung mit signalartigen kognitiven und multisensorischen Hilfen gelernt werden. Da die meisten Fehler durch das muttersprachige Grammatiksystem verursacht werden, ist die Muttersprache in Form der „ Spiegelung “ der fremdsprachigen grammatikalischen Struktur eine wirksame Lernhilfe. Alle diese Lernhilfen sind schriftlicher Art und haben das Ziel, dass der Lerner möglichst viel ohne ständigen Rückgriff auf die Muttersprache in der Fremdsprache mündlich und schriftlich kommuniziert. Auf dem Weg dorthin ist der gezielte Rückgriff auf die Muttersprache eine wesentliche Lernhilfe. - Eine weitere große Lernhilfe ist das Lernen mit einem Partner. Hierbei ist aber ein partnerschaftliches Lernen Voraussetzung. Dies geschieht in Form von Partnerarbeit oder in „ verantwortlichen Partnerschaften “ . Hierzu werden im entsprechenden Kapitel Anregungen gegeben. - Die größte Lernhilfe ist selbstverständlich die, die der Lehrer durch seine Lehrkompetenz und durch sein Verhalten im Umgang mit den Lernern gibt. Diese kann durch den Placebo- und den Hawthorne-Effekt verstärkt werden. Sie ist gleichzeitig diejenige, die am schwierigsten zu realisieren ist, vor allem dann, wenn der Lehrende eine größere Gruppe bzw. Klasse unterrichtet, in der sich unmotivierte und undisziplinierte Lernende befinden. 1.2 Mit welchen Sinnen eine Fremdsprache lernen? Lernen wir nicht schon immer mit mehreren Sinnen? Wir lernen doch mit der Schrift, also mit den Augen. Der Lehrer fragt uns in der Fremdsprache und wir antworten, also lernen wir bereits hörend und sprechend. Welche Sinne sollen denn noch dazu kommen? Dass wir lesend, schreibend, hörend und sprechend lernen ist richtig und gut. Doch kann beispielsweise das Schreiben unter Einbeziehung mehrerer Sinne viel effektiver gestaltet werden, nämlich durch Visualisierung und Bewegung. Das Erkennen von Schriftzeichen ist wiederum nur eine der vielfältigen Formen der Visualisierung, die im Folgenden dargestellt werden sollen. Eintöniges Vorlesen oder gar mühevolles Aneinanderreihen von Buchstaben durch den Schüler, wie es in der Schule beim Vorlesen gang und gäbe ist, hat nichts „ Mehrere-Sinne-Anregendes “ . Hingegen können unterschiedliche Arten des Lesens und Sprechens die Sinne ganz anders anregen. Sprechen in Form der mechanischen „ Pingpong-Methode “ (Lehrerfrage-Schülerantwort), z. B. Do you like ice-cream? Yes, I like ice-cream ist zwar besser, als wenn der Lehrer 8 1. Eine Fremdsprache effektiver lernen! Aber wie? <?page no="9"?> allein spricht, nutzt aber keineswegs „ mehrere Sinne “ für das Lernen. Das ist der Fall, wenn stattdessen der Lernende mit Emphase, Mimik und Gestik und zusätzlich noch sprachlich richtig Oh yes, I do / Oh yes, I like it antwortet. Dasselbe trifft im Französischen für den stereotypen Lehrer-Schüler-Dialog zu: Tu aimes la glace? Oui, je l ’ aime. Effektiver und pragmatisch richtig ist die mit überzeugender Emphase gesprochene Antwort ohne le: Bien sûr, j ’ aime. Wenn zur Emphase noch die entsprechende Gestik und Mimik kommt, dann werden unsere Sinne angesprochen. Intonation, Emphase, Rhythmus, Gestik, Mimik und Körperbewegung gehören nicht nur zur natürlichen Sprache, sondern regen die Sinne in ganz anderer Weise an und bewirken dadurch einen effektiven Fremdsprachenunterricht. Auch das Hören der Stimme des Lehrers spricht keineswegs mehrere Sinne an, ganz gleich ob er native speaker ist oder nicht, wenn dieses Hören nicht in Szene gesetzt wird. Seit bald hundert Jahren kann nun das Hören der Fremdsprache durch Tonträger mit einem native speaker geschult werden. Wenn der Lehrer aber einen ohne natürliche Emphase gesprochenen Lektionstext einmal oder mehrmals auf Tonträger abspielt, um ihn dann lesen zu lassen, dann hat der Schüler im schlimmsten Fall nur unverständliche Laute gehört oder im besten Fall einige wesentliche Punkte verstanden. Seine Sinne sind aber dadurch kaum angeregt worden. Eine andere Möglichkeit, mit mehreren Sinnen zu lernen, ist das Sehen vor dem geistigen Auge, das mentale Sehen, die Aktivierung der Vorstellungskraft des Lerners. Eine ebenso neue Möglichkeit, bisher ungenutzte Sinne zum Lernen zu nutzen, ist das Lernen in einem „ entspannten “ Aufmerksamkeitszustand. Um dem Lerner dies zu ermöglichen, gibt es vielfältige Möglichkeiten, die im Folgenden aufgezeigt werden. 1.2 Mit welchen Sinnen eine Fremdsprache lernen? 9 <?page no="10"?> 2. Folgerungen aus neuerer Gehirnforschung für das Fremdsprachenlernen Seit über 30 Jahren ist es möglich, mit modernen Geräten die Gehirnfunktionen noninvasiv zu beobachten. Das geschieht mit fMRI (functional Magnetic Resonance Imaging), mit PET (Positron-Emission-Tomography) und in den letzten Jahren mit fMRT (functional Magnetic Resonance Tomography). Die damit durchgeführten Untersuchungen bestätigen in vielen Fällen das, was die Gehirnforschung bereits wusste. In zahlreichen Fällen sind aber präzisere Aussagen und in einigen Fällen auch neue Erkenntnisse möglich. Zuerst einige allgemeine Bemerkungen über die Sprachzentren im Gehirn. Bei der Mehrheit der Menschen sind die beiden für die Sprache zuständigen Zentren Broca und Wernicke links angeordnet. Früher glaubte man, dass beide getrennte Aufgaben hätten. Nun weiß man, dass beide bei der Sprachproduktion und beim Sprachverstehen beteiligt sind, wobei das Broca-Areal mehr für die syntaktischen (Satzbildung) und das Wernicke- Areal mehr für die lexikalischen (Wortschatz) Funktionen der Sprache zuständig ist. Hinsichtlich Phonologie (Lautunterscheidung), Morphologie (Wortbildung) und Semantik (Wortbedeutung) sind beide involviert. Für den Fremdspracherwerb ist besonders das Broca-Areal wichtig, weil dort der Sitz der sogenannten Universalgrammatik ist, der dem Lernenden Hilfestellung leistet (White 2003). Soweit die Sprachareale linkshemisphärisch angeordnet sind, kann man sagen, dass die linke Gehirnhälfte mehr für Sprache und Rhythmus zuständig ist, während die rechte Gehirnhälfte stärker für Prosodie (Sprachmelodie), Emotionen und räumliche Empfindung verantwortlich ist. Es gibt Dirigenten, die durch einen Schlaganfall in der linken Gehirnhäfte so beeinträchtigt waren, dass sie kaum noch sprechen konnten, jedoch ohne Behinderung weiter dirigieren konnten. Obwohl, wie gesagt, beide Sprachzentren beim Sprachverstehen und bei der Sprachproduktion beteiligt sind, kann man doch bei Läsionen deutliche Unterschiede feststellen. Wenn das Broca-Areal beeinträchtigt ist, ist das Verstehen noch gegeben, doch der Betroffene reiht Inhaltswörter einfach aneinander. Man spricht von „ Agrammatismus “ . Ist das Wernicke-Areal betroffen, ist das Sprachverstehen beeinträchtigt, der Patient spricht fließend, aber sinnlos. Man nennt dies „ Paragrammatismus “ (vgl. Weskamp, S. 43 ff). Noch einige allgemeine Bemerkungen über die Lateralität des Gehirns, also die Unterteilung des Gehirns in rechte und linke Hemisphäre. Auch wenn bei ca. 95 % der Menschen, soweit sie Rechtshänder sind, die Sprachzentren links sind, so ist dies bei Linkshändern keineswegs umgekehrt, denn auch die Mehrheit der Linkshänder, nämlich ca. 70 %, hat die Sprachareale links. Hinsichtlich der Sprache besteht also nicht automatisch eine Kreuzbeziehung, die darin bestünde, dass Linkshänder das Sprachzentrum rechts haben. Von „ Kreuzbeziehungen “ spricht man beim Hören, denn hier aktiviert das durch das linke Ohr Gehörte das in der rechten Hemisphäre gelegene Hörzentrum und umgekehrt. Auch die Gliedmaßen des Menschen werden kreuzweise vom Gehirn gesteuert. Das gleiche trifft aber nur teilweise auf das Sehen zu, nämlich insofern als nur eine Hälfte des Sehfelds eines jeden Auges auf die gegenüberliegende Hemisphäre projiziert wird. <?page no="11"?> Bei der Mehrheit der Menschen entwickelt sich bis zum dritten Lebensjahr die rechte, also die nichtsprachliche Hemisphäre viel stärker als die linke, dann erst erfolgt eine Spezialisierung der Hemisphären. Wahrscheinlich wiegen die Mütter aus diesem Grund meistens ihre Kinder in ihren Armen so, dass die linke Seite des Kopfes der Mutter zugewandt ist. Durch das linke Ohr erreicht die Sprache und vor allem die mit ihr verbundenen Emotionen die rechte Gehirnhälfte (Sieratzki u. a. 1996). Wir Menschen sind übrigens von der Natur im ersten Jahr nach unserer Geburt besonders stiefmütterlich ausgestattet worden, denn wir verfügen nur über ca. 25 % unserer Gehirnkapazität, während Affen nach einem Jahr bereits ca. 70 % erreichen und viele andere Tiere fast 100 %. In den folgenden 4 - 5 Jahren vervierfacht sich aber die Gehirnkapazität des Menschen. Durch diese Retardierung hat das menschliche Gehirn viel mehr Zeit, sich an die unterschiedlichen und komplexen Bedingungen seiner speziellen Lebensumwelt anzupassen. So kann der Mensch in seinen ersten Lebensjahren nicht nur seine Muttersprache lernen, sondern sogar mehrere Sprachen, zumindest auf einem elementaren Kommunikationsniveau, falls sie in seiner Umwelt dauernd gesprochen werden. Eine weitere allgemeine Aussage der neueren Gehirnforschung ist für den Fremdsprachenunterricht interessant. Wie Schlaepfer (1995) nämlich herausfand, ist das zweigeteilte Sprachzentrum bei Frauen in der Regel ausgeprägter als bei Männern. Das Broca-Zentrum ist im Durchschnitt bei Frauen um ca. 20 % größer als bei Männern, das Wernicke-Zentrum sogar um fast 30 %. Diese Entdeckung entspricht der Beobachtung, dass Frauen im Allgemeinen im verbalen Ausdruck Männern überlegen sind. Im schulischen Fremdsprachenunterricht ist hierzu seit fast 50 Jahren zumindest bis nach der Pubertät ebenfalls immer wieder eine Parallele festgestellt worden (Carrol 1965, 1099). 2.1 Untersuchungen zu Sprache und Bewegung Für den Fremdsprachenunterricht können eventuell die Untersuchungsergebnisse bei Gehörlosen ganz neue Wege zeigen. So beweisen die PET-Untersuchungen von McGuire (1997), dass Gehörlose, wenn sie die Zeichensprache benutzen, nicht die rechten Gehirnzentren, die für visuelle und räumliche Vorstellungen verantwortlich sind, aktivieren, sondern genau dieselben Zentren, die bei Hörenden zum Sprachzentrum gehören, d. h. den unteren Frontalkortex, der bei lautlosem Sprechen (inner speech) aktiviert wird. Dieses Ergebnis gestattet die Vermutung, dass bei hörenden Schülern sprachbegleitende Bewegungen das Gehirnzentrum zusätzlich aktivieren, das u. a. für sprachliches Lernen verantwortlich ist. Diese Vermutung ist in eindrucksvoller Weise durch die Entdeckung der „ Spiegelneuronen “ , zuerst bei Menschenaffen und dann auch beim Menschen, durch Rizolatti u. a. (2003) bestätigt worden. Diese werden so genannt, weil sie dann aktiv sind, wenn der Mensch die Bewegungen, Gestik und Mimik eines anderen beobachtet oder auch dann, wenn er sich die Bewegungen eines anderen nur vorstellt. Das Überraschende an dieser Entdeckung ist, dass die Spiegelneuronen, die bei Bewegung, Gestik und Mimik aktiv sind, sich linkshemisphärisch im Broca-Zentrum befinden. In der neueren Gehirnforschung ist das Gehirn präzise in nummerierte Areale eingeteilt. Die Spiegelneuronen befinden sich demnach in Brodmann A 44 und A 45, die beide zum 2.1 Untersuchungen zu Sprache und Bewegung 11 <?page no="12"?> Broca-Zentrum gehören. Eine engere gehirnphysiologische Verbindung zwischen Sprechen und Bewegung ist kaum vorstellbar. Kuhl u. a. (2003) konnte nachweisen, dass Kinder nur dann Sprache lernen, wenn dies mit Mimik und Gestik durch eine lebende Person geschieht. Eine Frau sprach mit englischsprachigen Kleinkindern Mandarin. Nach einiger Zeit konnten diese zwischen Mandarin- und Englisch-Phonemen unterscheiden. Wenn jedoch derselbe Input durch DVD erfolgte, war dies nicht der Fall. Bereits 1908 hatten Untersuchungen von Yerkes u. a. gezeigt, dass bei Bewegungen mit mittlerer Kraftanstrengung die besten geistigen Leistungen erreicht werden. In mehreren didaktischen Untersuchungen konnte dies für den Fremdsprachenunterricht bestätigt werden. Grzybek (1983) und Baur u. a. (1984) wiesen nach, dass die Einbeziehung von ausdrucksvollen Gesten in den Fremdsprachenunterricht behaltenssteigernd wirkt. Schiffler (1988) stellte fest, dass eine Gruppe von erwachsenen Lernern mit Bewegung im Vergleich zu einer anderen suggestopädisch ohne Bewegung unterrichteten nach 3½ Stunden im Durchschnitt die Bedeutung von 270,5 Vokabeln erlernt hatte. Das waren 45 Wörter (12,5 %) mehr als die Vergleichsgruppe ohne Bewegung. Der große Unterschied war aber nur auf dem 10 %-Niveau signifikant und konnte somit nur als Tendenz, also als Hinweis auf ein wirksames Verfahren interpretiert werden. Dieser Weg wurde in dem zweiten Versuch (Schiffler 1992) mit fünf Klassen, die Französisch als 3. Fremdsprache lernten, beschritten. Die Klassen lernten mit Bewegung in einer Schulstunde im Durchschnitt über 60 Vokabeln (genaue Beschreibung vgl. Kapitel 7.1). Besonders aufschlussreich ist die Untersuchung von Pillar (1996). Vier parallelisierte Gruppen von 104 australischen Schülern der Klasse 7 erhielten elf Wochen Unterricht in Deutsch als Fremdsprache nach der bilingualen Methode (Butzkamm 1980). Die erste hörte alle Dialoge auf Tonträger, die zweite ebenfalls, aber mit zusätzlichem Unterricht in szenischer Darstellung, die gezielt „ theatralisch “ eingeübt wurde. In derselben Weise erhielt die dritte Gruppe den zusätzlichen Unterricht in szenischer Darstellung, aber mit den auf Video dargestellten Dialogen. Die vierte Gruppe lernte nur mit den Videobeispielen ohne szenische Darstellung. Die dritte Gruppe, die mit Video und zusätzlichem Unterricht in szenischer Darstellung, also auch mit entsprechender Bewegung, gearbeitet hatte, übertraf signifikant die übrigen drei Gruppen in allen drei Endtests (Caldwell u. a. 1998, 89). Neurowissenschaftler haben sich daraufhin mit der Frage befasst, ob unser begriffliches Wissen mit Handlungsaspekten im Zusammenhang steht. Zu diesem Zweck lernten die erwachsenen Probanden 64 „ nobjects “ (nicht existierende Objekte mit Kunstnamen) mit Hilfe einer Handlungspantomime, die Kontrollgruppe mit Bildern und mit Zeigen. Die Experimentalgruppe konnte anschließend mit den „ nobjects “ signifikant schneller umgehen und zeigte eine größere Aktivität in den frontalen motorischen Arealen. (Kiefer u. a. 2007 und Spitzer 2010, 119 ff). Das Bewegungslernen hatte offensichtlich einen günstigen Einfluss auf die Speicherung im Gehirn. In einer weiteren Gehirnstudie (Macedonia u. a. 2010) mit fMRT ging es um die Frage, welche Wirkung semantisch kongruente „ symbolische “ Bewegungen bzw. Gesten beim Erlernen von Wörtern haben im Vergleich zum Erlernen mit zufälligen Bewegungen. Die ersteren hatten eine aktivierende Wirkung auf die sprachproduzierenden Zentren, während sich die zufälligen Bewegungen beim Wörterlernen hinsichtlich der Zuord- 12 2. Folgerungen aus neuerer Gehirnforschung für das Fremdsprachenlernen <?page no="13"?> nung konfliktuell und damit hemmend auswirkten. Vorausgegangen war ein Versuch mit identischer Zielsetzung. 33 Erwachsene hatten 46 Wörter mit einer die Bedeutung verstärkenden Bewegung und ebenso viele Wörter mit zufälliger Bewegung zu lernen. Die Behaltensleistung der ersteren war signifikant höher als bei den Wörtern mit zufälliger Bewegung. Dieser Unterschied im Behalten war auch noch nach zwei Monaten nachweisbar. Diese bei Erwachsenen erzielten Ergebnisse sind durch Untersuchungen bei Grundschulkindern bestätigt worden. Diese müssen Bewegungsausführungen und Bewegungswahrnehmungen erst einmal lernen (Rampillon u. a. 2005, 4). Neurowissenschaftliche Studien bei Kindern im Vorschulalter (Mandler u. a. 2006) haben gezeigt, dass eine signifikante Korrelation zwischen motorischen Leistungen und bestimmten sprachlichen Leistungen in der Muttersprache besteht. Für den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule konnten diese Ergebnisse sowohl für den Englischals auch für den Französischunterricht u. a. durch Geschichten, die mit Bewegung erlernt und vorgetragen wurden, bestätigt werden (Sambanis 2007, 196 ff und 231 ff). In einem weiteren Experiment wurde in zwei parallelisierten Französisch-Klassen der Stufe 4 der Wortschatz in der einen mit Bildern, in der anderen mit Bewegung eingeführt. Dabei konnte die Wirksamkeit des Bewegungslernens hinsichtlich des Langzeitgedächtnisses bestätigt werden: Am Ende des Schuljahres konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden, sehr wohl aber nach den 14 Tagen Ferien. Die mit Bildern unterrichtete Klasse zeigte das erwartete Vergessen, die Klasse mit Bewegung hingegen war der Kontrollklasse nun signifikant überlegen (Sambanis u. a. 2010, 112 ff). In der Sekundarstufe konnte das Bewegungslernen auch im Lateinunterricht in der Klassenstufe 9 im Vergleich zu einer Kontrollgruppe bestätigt werden (Hille u. a. 2010). Bei vier Messzeitpunkten war die Experimentalgruppe bei den drei letzten signifikant überlegen. Nach 13 Wochen konnten sich die mit Bewegung Lernenden noch an 15 der 20 gelernten Vokabeln erinnern, während die Kontrollschüler sich im Durchschnitt nur noch an 5,5 Vokabeln erinnern konnten. In Brasilien hat John (2009) in zwei Schulen in der Primar- und in der Sekundarstufe Deutsch unterrichtet und beim Erlernen der Wörter und der Grammatik empirisch den Erfolg des Bewegungslernens belegen können. 2.2 Untersuchungen zu Sprache und mentaler Visualisierung Die beiden für die Sprache zuständigen Regionen, das Broca ’ sche Zentrum und das Wernicke ’ sche Zentrum, sind oben (S. 10) hinsichtlich ihrer Funktion bereits beschrieben worden. In ihren Untersuchungen betonen Di Virgilio u. a. (1997) ein Forschungsdefizit, nämlich dass die Verbindungen zwischen Broca- und Wernicke-Zentrum noch keineswegs geklärt seien. Ihre Forschungen waren also auf die Behebung dieses Defizits ausgerichtet. Mit Hilfe von anatomischen Untersuchungen an Gehirnen stellten sie fest, dass einige der Verbindungen zwischen beiden Zentren interhemisphärisch verlaufen, nämlich über den Umweg in den links gelegenen unteren Temporalkortex. Diese Region ist für das visuelle Erkennen verantwortlich. Eine solche Verbindung könnte für den Fremdsprachenunterricht äußerst interessant sein. 2.2 Untersuchungen zu Sprache und mentaler Visualisierung 13 <?page no="14"?> Dieses Ergebnis wird von einer weiteren Untersuchung gestützt. Collins u. a. (1998) haben herausgefunden, dass abstrakte wie auch konkrete Wörter in einem komplexen Netzwerk linkshemisphärisch verankert werden, dass aber die konkreten Wörter, die eine bildhafte Assoziation auslösen, gleichzeitig auch rechts in einem „ subsidiary word processor “ verarbeitet werden. Faust u. a. (2000) fanden ebenso heraus, dass metaphorische Wörter innerhalb von Sätzen beide Hemisphären involvieren. Bereits 1979 hat Paivio seine Erfolge hinsichtlich der Behaltenssteigerung bei gesunden Probanden darauf zurückgeführt, dass die linke Gehirnhälfte der Probanden durch die zu memorierenden Wörter und gleichzeitig die rechte durch die bildhafte Vorstellung der Wortinhalte aktiviert wird. Die Verknüpfung mehrerer Sinne zur Verbesserung des Behaltens hat in der Didaktik eine lange Tradition. Diese geht auf den orbis sensualium pictus von Comenius zurück. Dieser hat sein über hundert Jahre lang in Europa verwendetes Sprachenlehrbuch auf Bildern aufgebaut. Alle Bildteile waren mit Nummern versehen, mit deren Hilfe die Lerner über die Bezeichnung der Bildteile in vier Sprachen informiert wurden. Bereits früher haben griechische Rhetoriker die Sprache mit mentalen Bildern verknüpft. Diese Mnemotechnik bestand aus der gedanklichen Vorstellung von dem Redner bekannten Örtlichkeiten (lateinisch: loci) und wird deshalb „ Loci-Technik “ genannt. Sie ist bisher für den Fremdsprachenunterricht noch nicht genutzt worden. Hingegen ist schon seit langem immer wieder festgestellt worden, dass das mehrkanalige bzw. polymodale Lernen zu höheren Behaltensleistungen führt. Nach der Konsolidierungshypothese (Sinz 1978) kann durch polymodale Kodierung über verschiedene sensorische Modalitäten (Aufnahme durch verschiedene Sinne) und durch eine anschließende Konsolidierungspause der amnestische Gradient (das Vergessen) reduziert und der Konsolidierungsgradient (das Behalten) gesteigert werden. Anscheinend bestätigen die dargelegten neurologischen Einsichten in die Gehirnfunktionen diese über 30 Jahre alten psychologischen Erkenntnisse ebenso wie die Mnemotechniken der Antike. Hier sei aber darauf hingewiesen, dass die heutige Reizüberflutung mit visuellem Material, wie wir sie in den neueren Lehrbüchern finden, keineswegs die richtige didaktische Folgerung aus diesen Untersuchungen ist. Die visuelle Flut führt erfahrungsgemäß zu einer Abstumpfung der Wahrnehmung. Eine aktive Visualisierung des Lernens, wie zum Beispiel die Einbeziehung mentaler visueller Vorstellungen beim Einprägen fremdsprachiger Informationen, ist wahrscheinlich wirksamer als eine Fülle von Bildmaterial. Deswegen sollte der Fremdsprachenlehrer die Lernenden mit behaltensfördernden Visualisierungstechniken vertraut machen (vgl. Kapitel 5). In eine ähnliche Richtung geht die aktive Verknüpfung des fremdsprachigen Lexems zu „ Wortbildern “ bzw. zu word icons (vgl. Kapitel 5.5). 2.3 Untersuchungen zu Entspannung und Sprache Eine Untersuchung von Jasiukaitis u. a. (1997) hinsichtlich Sprache und Entspannung war auch für die Gehirnforscher selbst überraschend, denn bisher galt es als gesichert, dass während der Hypnose die linke Gehirnhälfte, in der sich bei der Mehrheit der Menschen die Sprachzentren befinden, durch die sprachliche Beeinflussung völlig inaktiv sei, während die rechte Gehirnhälfte, die u. a. mehr für emotionale und 14 2. Folgerungen aus neuerer Gehirnforschung für das Fremdsprachenlernen <?page no="15"?> räumliche Prozesse verantwortlich ist, aktiv bleibe. Die oben erwähnte Forschergruppe hat nun genau das Gegenteil festgestellt, dass nämlich während der Hypnose gerade das Sprachzentrum in der linken Hemisphäre aktiv und konzentriert arbeitet. In der Fremdsprachendidaktik gibt es das suggestopädische Verfahren, das eine Effektivierung des Fremdsprachenlernens dadurch anstrebt, dass die zu lernenden Informationen in einem entspannten Zustand wiederholt werden, um so besser behalten zu werden, also leichter in das Langzeitgedächtnis zu gelangen. Hierbei handelt es sich aber keineswegs um Hypnose, die eine Tiefenentspannung voraussetzt, sondern um den sogenannten Alpha-Zustand. Er entspricht einem angenehmen, entspannten Ruhezustand, der im Gehirn mit Hilfe des EEG durch das vermehrte Auftreten von Alpha- Wellen nachgewiesen wird. Er kann durch verschiedene Techniken erreicht werden wie z. B. durch entsprechende Worte in einer geeigneten Körperhaltung, durch Atemtechnik oder auch durch eine die Entspannung fördernde Musik. Wenn neuropsychologische Forschungen festgestellt haben, dass sogar bei Tiefenentspannung wie in der Hypnose das Sprachzentrum aktiv ist, so ist davon auszugehen, dass dies bei einem leichten Entspannungszustand auch der Fall ist und somit fremdsprachige Lerninformationen verarbeitet werden können. Einen ganz neuen Weg eröffnen die bereits beschriebenen Spiegelneuronen (Rizolatti u. a. 2003). Mit ihrer Hilfe kann die Entspannung für das Fremdsprachenlernen genutzt werden. Wenn nun der Lerner in einer Entspannungsphase einen Satz hört und sich den durch diesen Satz hervorgerufenen Vorgang vorstellt, dann werden durch die Spiegelneuronen dieselben Sprachareale aktiv, die auch durch die tatsächliche Ausführung des Vorgangs aktiviert werden. Wenn ich mir z. B. den Vorgang, nach einem Glas Wasser zu greifen und daraus zu trinken, nur vorstelle oder mir sage „ Ich nehme das Glas Wasser und trinke es “ , dann werden dieselben im Broca-Sprachzentrum liegenden Spiegelneuronen aktiviert. Diese Erkenntnis ist für das Fremdsprachenlernen so wichtig, weil sie erlaubt, ein über 2000 Jahre altes Wissen der Antike für das Lernen in neuer Form fruchtbar zu machen. In der Antike gab es das geflügelte lateinische Wort „ repetitio mater studiorum “ (Die Wiederholung ist die Mutter allen Lernens), aber in der antiken Rhetorik gab es auch den Lehrsatz „ repetita non placent “ (Wiederholungen gefallen nicht). Die Spiegelneuronen ermöglichen nun die Vermeidung von gleichförmigen Wiederholungen, indem in einem anderen Bewusstseinszustand wiederholt wird. Somit empfindet der Lerner die Wiederholung nicht als solche. Sie erfolgt nämlich in einem entspannten Zustand mit gleichzeitiger mentaler Vorstellung. Langzeituntersuchungen mit vier Gruppen haben gezeigt, dass ein Unterricht, der systematisch den Lernstoff in durch Musik induzierter Entspannung wiederholt, wirksamer ist als ein Unterricht, der ohne derartige Wiederholungsphasen in Entspannung auskommt, soweit es sich um Intensivunterricht von vier Stunden täglich handelt. Für Intensivunterricht bei Schülern im Alter von 14 Jahren ist dieses Ergebnis bestätigt worden (1992 a). In einer weiteren Langzeituntersuchung (Holtwisch 1992) ist im normalen, nichtintensiven Schulunterricht während eines halben Jahres nicht nur eine Steigerung der Leistung der gesamten Klasse im Vergleich zu einer parallelisierten Vergleichsklasse, sondern auch eine Verbesserung der Selbsteinschätzung (Fähigkeitskonzept) und das Sinken des Ängstlichkeitsniveaus der Lerner nachgewiesen worden. Somit deuten die beschriebenen neurophysiologischen Untersuchungen des Gehirns darauf hin, dass Lehrer im Fremdsprachenunterricht stärker sprachbegleitende Bewe- 2.3 Untersuchungen zu Entspannung und Sprache 15 <?page no="16"?> gung, Gestik und Mimik einsetzen und auch das Lernen mit mentalen Bildvorstellungen in einem entspannten Zustand praktizieren sollten. Damit soll keineswegs eine bestimmte „ Methode “ propagiert werden, sondern die Lehrer sollten im Sinne einer reicheren Methodenkompetenz solche Verfahren an geeigneten Stellen ihres Unterrichts einsetzen. Konzentrationsmangel ist ein immer stärker zu beobachtendes Phänomen in unseren Klassen. Entspannungsphasen lenken die Aufmerksamkeit in ganz anderer Weise auf Lernschwierigkeiten. Schlüsselszenen bzw. Handlungsstrukturen von Lektionen können in sogenannten mentalen Filmen (vgl. S. 129) oder Bildern vor- oder nachbereitet werden. Viele kontextuelle Vokabeln prägen sich mit Schlüsselwörtern oder Eselsbrücken besser ein. Die Wörter, die durch Bewegung veranschaulicht werden können, werden besser behalten, wenn sie szenisch dargestellt werden. Doch kann die mentale Veranschaulichung ebenso wirksam sein. Gerade der Kontext kann dazu beitragen, sich die Situation, in der das Wort verwendet wird, anschaulicher vorzustellen. Diese Verfahren praxisnah darzustellen ist das Ziel der folgenden Kapitel. Gleichzeitig soll im Folgenden auf die eminent wichtige Rolle des Lehrers im Fremdsprachenunterricht hingewiesen werden. Je mehr er von der Effektivität seines Handelns überzeugt ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass seine Lehre auch zum Erfolg führt. 16 2. Folgerungen aus neuerer Gehirnforschung für das Fremdsprachenlernen <?page no="17"?> 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer Gleichgültig, nach welcher Methode ein Lehrer vorgeht, seine soziale Interaktion mit dem Lerner wird dessen Motivation für die Fremdsprache beeinflussen. Vor allem im Anfangsunterricht ist dies ausschlaggebend, da der Schüler eine neue Sprache übernehmen soll. Die Sprache ist aber für jeden Menschen ein wesentlicher Teil seiner Persönlichkeit und bestimmt beträchtlich die soziale Rolle, die er spielt. Eine „ fremde “ Sprache zu übernehmen beeinflusst deshalb auch die Persönlichkeit eines Schülers. Trotz aller Medien, die heute im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden, bleibt der Lehrer für den Schüler der ausschlaggebende Repräsentant der Fremdsprache und beeinflusst insofern dessen Haltung gegenüber der Fremdsprache. Da diese psychologischen Implikationen bereits an anderer Stelle ausführlicher erörtert wurden (Schiffler 1985, 37 ff und 1998, 31 ff), soll weiter unten auf zwei in der Psychologie seit langem bekannte Phänomene hingewiesen werden, die die Wirksamkeit der Lehrkompetenz des Lehrers wesentlich erhöhen können, nämlich auf den Placebo- und den Hawthorne- Effekt. Bei beiden handelt es sich um fundamentale, seit siebzig Jahren erforschte und immer wieder bestätigte Erkenntnisse der experimentellen Psychologie und Medizin, die bisher weder in der Pädagogik noch im Bereich des Fremdsprachenunterrichts eingesetzt wurden. 3.1 Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer aus der Sicht der Schüler In der Fremdsprachendidaktik gibt es sehr viele Idealbilder der Lehrerrolle, die dem Lehrer in der Praxis nicht weiterhelfen. So soll der Lehrer im „ radikalen Konstruktivismus “ (Wendt 1996) für die Entwicklung des „ autonomen Lerners “ sorgen. Das ist ein schönes Ziel, doch wird hierbei die Rolle des Lehrers zu idealistisch gesehen und setzt eigentlich den autonomen Lerner bereits voraus. In Wirklichkeit muss der Lehrer eine aktive konstruktive Rolle spielen, um den Lernenden zu größerer Autonomie zu führen. Anscheinend ist die Entwicklung in der fachdidaktischen Diskussion diametral gegenläufig zur schulischen Praxis. Je mehr der autonome Lerner und der nur helfende Lehrer in der theoretischen Diskussion gefordert werden, desto mehr leiden Lehrer in der Schule unter mangelnder Autorität. Der Terminus Autorität soll hier keineswegs als Schlagwort stehen, sondern genauer beschrieben werden. Dass die emotionale Seite der Lehrer-Schüler-Beziehung die einflussreichste Variable im Klassenzimmer und somit auch für den Lernerfolg entscheidend ist, hat Hatie (2009) in einer zusammenfassenden Übersicht von hunderten von Untersuchungen eindrucksvoll nachgewiesen. Dieses Wissen ist der Mehrheit der Lehrer sehr wohl bekannt, doch die Umsetzung scheitert oft an der Schulrealität. Ohne eine vom Schüler anerkannte Autorität gelingt es nicht, diese emotionale Seite zu berücksichtigen. Aus diesem Grund soll hier die Lehrerautorität aus der Sicht des Schülers definiert werden, um zu einer Annäherung an die Konzeption des „ guten “ Lehrers zu kommen. In den Augen der Schüler hat der Lehrer außer der Lehr-Funktion noch zwei weitere auszuüben, die seine Autorität bedingen und die hier genannt werden <?page no="18"?> sollen. Bezeichnend für die Fremdsprachendidaktik ist es, dass diese sich mit vielen Dingen befasst, aber kaum mit dem Problem der Autorität. Das überlässt sie der Erziehungswissenschaft. Die Folge ist, dass der junge Fremdsprachenlehrer im besten Fall gelernt hat, wie er guten Unterricht gibt, aber dann in der Schulwirklichkeit bemerkt, dass er diese Kompetenz gar nicht anwenden kann, wenn er gegenüber den Schülern keine Autorität hat. 3.1.1 Die Rolle des „ Zensors “ (Notengebers) Zuerst hat der Fremdsprachenlehrer die Funktion eines Zensors: Er hat Noten zu geben. Wenn die Schüler das Gefühl haben, gerecht beurteilt zu werden, gewinnt er in den Augen der Schüler an Autorität. Nichts nimmt der Schüler aber so übel wie Willkür in diesem Bereich. Wenn nun der Lehrer den Schülern einerseits Strategien und Lerntechniken vermittelt, andererseits aber einem Großteil der Schüler durch Noten mangelhafte Leistungen bescheinigt, dann verliert er seine Autorität. Möglichkeiten, aus diesem Dilemma herauszukommen, gibt es jedoch. Da sie kaum praktiziert werden, sollen sie hier konkret vorgeschlagen werden. Gerade im Fremdsprachenunterricht ist es für die Mehrheit der Schüler nicht leicht, gute Noten zu erhalten. Notengeben führt so eher zur Demotivierung als zur Motivierung. Der Lehrer wird eher gefürchtet denn als Helfer, ein Ziel zu erreichen, geschätzt. Dies muss nicht sein, wenn es jeder Lehrer verstünde, Noten auch zur Motivierung einzusetzen. Hierzu einige Vorschläge: 1. Mehr kurze schriftliche Überprüfungen ( „ Tests “ ) der ganzen Klasse als Ausgleich für die Noten in den Klassenarbeiten. Wegen der Korrekturüberlastung der Lehrer wird dieser Weg kaum beschritten. Wenn die Klasse in zwei Hälften geteilt wird und die Arbeiten der einen Hälfte dann anhand medial gezeigter korrekter Vorlagen von der anderen korrigiert werden, wird der Lehrer entlastet. Schüler korrigieren im Allgemeinen gerne ihre Mitschüler, wenn sie das korrekte Vorbild vor Augen haben. Das ist mit den modernen Medien kein Problem. Schüler lernen hierbei handlungsorientiert, auf die korrekte Form zu achten. Sogar die Benotung kann eindeutig durch die Schüler geregelt werden. Grundsätzlich werden nur 6 Aufgaben gegeben, meist kontextuell eingebettete Vokabeln in die Fremdsprache zu übersetzen. Wenn kein Fehler zu finden ist, gibt es die Bestnote, wenn alle sechs fehlerhaft sind, die schlechteste Note. Es ist keineswegs zu befürchten, dass Mitschüler aus Unkenntnis etwas zu Unrecht als fehlerhaft anstreichen. Der betroffene Schüler schaut sich aus diesem Grunde sehr genau - viel genauer als bei der Lehrerkorrektur - seine Fehler an. Die Motivation wird erhöht, wenn Schüler wissen, dass vor den Zeugnissen ein bestimmter Prozentsatz an Testergebnissen nicht gewertet wird, so dass ein Teil der schlechten Ergebnisse wegfällt. Es ist ein ermutigendes Gefühl für einen Schüler zu wissen, dass die schlechte Note möglicherweise nicht gewertet wird, wenn er ausnahmsweise einmal nicht gelernt hat. 2. Den Schülern sollte oft Gelegenheit gegeben werden, freiwillig kreativ etwas selbst zu erstellen, einen kleinen Aufsatz oder ein Gedicht zu schreiben oder auch etwas auswendig zu lernen. Ungeachtet der Fehlerflut bei Eigenprodukten, sollten diese wohlwollend benotet werden. So kann der Lehrer auch den „ autonomen Lerner “ 18 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="19"?> fördern. Dass diese Möglichkeit eher von den leistungswilligeren Schülern genutzt wird, ist offensichtlich. Doch die Aufgabe des Lehrers ist es, gerade weniger Leistungsfähige gezielt dazu aufzufordern bzw. dazu zu ermutigen. Dass kann auch so weit gehen, dass der Lehrer einen Schüler - wohlgemerkt mit wohlwollenden Worten - dazu verpflichtet, wenn dieser diese Chance überhaupt nicht wahrnimmt. Vorrangig sollte es sich um mündliche Leistungen handeln, weil bei schriftlichen die Urheberschaft nicht gesichert ist. D. h. aber keineswegs, dass hierbei die Hilfe von Mitschülern verboten ist, im Gegenteil, sie ist gern gesehen und sollte sogar vom Lehrer initiiert werden. 3. Klassenarbeiten nach dem Zufallsprinzip, zu einem großen Teil identisch, nochmals schreiben lassen. Ist es nicht eine erschreckende Vergeudung von Lehrerzeit, dass gerade der Fremdsprachenlehrer einen hohen Anteil seiner Arbeitszeit auf etwas verwenden soll, das zum größten Teil für das tatsächliche Erlernen der Fremdsprache nutzlos ist? Welcher Schüler befasst sich schon intensiv mit seinen Fehlern und den Lehrerkorrekturen? Ist es nicht absurd, dass die Korrektur der Klassenarbeiten von Seiten der Schüler nur unter dem Aspekt der Note gesehen wird und keineswegs als wirksame Hilfe, sich sprachlich zu verbessern? Um dies zu erreichen, werden Verbesserungen und sogar Nachverbesserungen verlangt, die die Korrekturzeit der Lehrer noch erhöhen. Wenn aber die Klassenarbeiten in fast identischer Form ab und zu noch einmal geschrieben werden, dann lohnt es sich für den Schüler - auch unter dem Aspekt der Note - sich intensiv mit seinen Fehlern zu befassen und sich endlich auch für die Korrekturen des Lehrers zu interessieren. Die Folge sind bessere Noten. Wer diese als ungerecht bezeichnet, übersieht vollkommen den motivationalen Aspekt dieses Vorgehens. 4. Bereits beim Erlernen werden Lernschwierigkeiten vom Lehrer als „ Fehlerkiller “ bezeichnet, d. h. bei ihrer korrekten Verwendung in der schriftlichen Überprüfung wird ein Fehler, in besonderen Fällen sogar zwei Fehler, nicht gezählt. Zur Erläuterung einige Beispiele aus dem Französischen: Idiomatische Wendungen wie en l ’ occurrence, comme si de rien n ’ était, seltenere Konjunktionen wie quitte à und die korrekte Verwendung grammatischer Strukturen wie die des Subjonctifs (außer bei häufigen Formen wie z. B. il faut que), des passé composé von reflexiven Verben wie je me suis acheté oder mit avoir bei Verben der Bewegungsart wie j ’ ai marché. Leider sind diese Fehlerkiller meist nur für die Leistungsstärkeren ein Ansporn. 3.1.2 Die Rolle des „ Disziplinators “ In den Augen des Schülers hat der Lehrer eine weitere Rolle, nämlich die eines „ Disziplinators “ . Für ihn ist der Lehrer dafür verantwortlich, wenn keine Arbeitsatmosphäre herrscht, wenn Störungen nicht geahndet werden, wenn Nachlässigkeiten übergangen werden, wenn Unruhe herrscht und wenn die Konzentration der Lernwilligen beeinträchtigt wird. „ Strenge ist überhaupt nur positiv, wenn sie bedeutet: Er hat uns (und sich selbst) etwas abverlangt. Ihr einziger Sinn: den Schüler fleißig zu machen. Ihre ständigen Begleiter: Freundlichkeit, Sympathie und Güte. “ (Butzkamm 2004, 323) Wenn der Lehrer diese Aufgaben nicht erfüllt oder nicht bewältigen kann, hat er in den Augen der Schüler keine Autorität. Auch wenn es der Lehrer selbst versteht, Störungen 3.1 Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer aus der Sicht der Schüler 19 <?page no="20"?> einzelner Schüler zu ertragen, so leiden auf jeden Fall die vielen arbeitswilligen Schüler unter den Störungen ihrer Mitschüler. Dem Lehrer hilft es wenig, wenn er hier liest, dass er für die Disziplin und für eine gute Arbeitsatmosphäre verantwortlich ist, wenn er nicht konkret weiß, wie er eine solche schaffen kann. Wenn er glaubt, Ermahnungen zur Ruhe seien angebracht, dann muss er wissen, dass eine solche erste Ermahnung, erst recht deren Wiederholung, bereits das Scheitern seiner Autorität einleitet. Er muss wissen, dass seine Stimme zu kostbar ist, um für disziplinarische Maßnahmen eingesetzt zu werden. Sie ist so kostbar, dass sie eigentlich dem Lehren der Fremdsprache vorbehalten sein soll, eventuell noch, um Lob zu spenden. Auch das geht in der Fremdsprache. Wenn er seine Stimme doch zu Organisatorischem oder zur einer Ermahnung einsetzt, dann muss er wissen, ob er sie „ einladend “ oder „ bestimmend “ gebrauchen sollte (Nietsche, 2005, 16 ff). Beim bestimmenden Gebrauch ist die nonverbale Übereinstimmung von Stimme und Körperhaltung entscheidend. Gestreckte Haltung des Körpers, ruhige Haltung des Kopfes, entsprechender Blick. Der kontrollierte Einsatz nonverbaler Kommunikation ist entscheidend für die Autorität des Lehrers. Autorität kann am wirksamsten nonverbal erzielt werden. Das beginnt mit dem Aussehen des Lehrers. Er darf niemals nachlässig wirken, weder durch seine Körperpflege (Haare, Bart) noch durch seine Kleidung. Schüler wollen weder, dass ein Lehrer zu leger gekleidet ist, noch dass er sich ihnen gegenüber „ kumpelhaft “ verhält. Sein nonverbales Verhalten beim ersten Auftritt vor der Klasse ist entscheidend. Wenn ein Lehrer in die Klasse kommt und erst mit seiner Stimme auf sich aufmerksam machen muss, dann hat er es schwer, Autorität zu erwerben. Wenn es nicht mehr üblich ist, beim Eintritt eines Lehrers aufzustehen, dann wird auf ein nützliches Ritual verzichtet. Eine derartige Begrüßung ermöglicht den wichtigen Blickkontakt, das kurze Schweigen vor dem deutlichen Gruß, die deutliche Erwiderung durch die ganze Klasse. Dieses Ritual kann der Lehrer nutzen, indem er klar und entschieden bei der ersten Vorstellung sagt, welche Konzeption er hat. Bei den späteren Begrüßungen gibt es ihm die Möglichkeit, sofort zu klären, wie die Stunde beginnen soll, wie sie verlaufen soll. Er muss durch Klarheit und Bestimmtheit nonverbal, d. h. durch Stimme, Körperhaltung und Blicke, zu erkennen geben, dass er weiß, was er will und dass er gut vorbereitet ist. Ein solcher Lehrer kann nonverbal seinen Blickkontakt gegenüber störenden Schülern einsetzen, er kann nonverbale Zeichen mit der Klasse vereinbaren, wenn er Ruhe wünscht, z. B. durch das Heben der Hand und entsprechenden Blickkontakt und Körperhaltung. Es gibt Lehrer, die eine Klasse zur Ruhe bringen, indem sie ihr den Rücken zuwenden. Zum Wechsel der Aktivitäten oder der Unterrichtsform können andere nonverbale Zeichen vereinbart werden, ebenso, wenn der Lehrer eine wichtige Ansage an die ganze Klasse machen möchte. Ein wirksames und die Atmosphäre förderndes nonverbales Signal ist z. B., zu Beginn und vor allem zur Beendigung von Partner- oder Gruppenarbeit ein entsprechendes Musikstück erklingen zu lassen. Die Lehrerstimme mit ermahnenden Wiederholungen ist hierfür wirklich zu schade. Konflikte mit Schülern sollten nach Möglichkeit nicht vor der Klasse ausgetragen werden. Wenn der ernste rügende Blickkontakt nicht genügt, dann muss der Lehrer den Betreffenden nach der Stunde zu sich bitten und unter vier Augen über die Störung sprechen. Dies ist wirksamer als alle Maßnahmen vor den Augen der Klasse, wo es 20 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="21"?> zwischen Lehrer und Schüler um Gewinnen oder Verlieren geht, somit auch um den Verlust der Autorität des Lehrers. Bei sich wiederholenden Problemen ist es besser, wenn der Lehrer die Klasse zu Rate zieht, als zu glauben, er müsse alle Probleme selbst und ad hoc vor der Klasse lösen. Die Klasse selbst kann über Probleme beraten und Lösungsvorschläge machen. Jedoch ist es die Aufgabe des Lehrers, an diese Lösungen zu erinnern und dafür zu sorgen, dass entsprechende Vereinbarungen auch eingehalten werden. Solange wir in Deutschland noch keine Institution wie in Frankreich haben, wo der Lehrer die Funktion des Disziplinators sofort an den conseiller (principal) d ’ éducation abgibt, muss er es verstehen, seine Autorität nonverbal zu festigen. Der französische Lehrer hingegen schickt den störenden Schüler zu diesem, der sich Zeit für den Schüler nehmen kann und für Schulstrafen zuständig ist. Der störende Schüler wird oft sinnvoll bestraft, nämlich u. a. mit Unterrichtsentzug. Unterricht wird so zu einer Vergünstigung. Es ist selbstverständlich, dass die genannten Eigenschaften, die die Autorität ausmachen, mehr oder minder eine Rolle spielen, selbstverständlich im Anfangsunterricht in besonderem Maße. Im Oberstufen- oder im Projektunterricht kommt z. B. die Rolle des Disziplinators kaum zum Tragen. Oder wenn das Zentralabitur eingeführt und zentral korrigiert wird, dann spielt der Lehrer nicht mehr die Rolle des Zensors, sondern er bekommt endlich die Rolle des kompetenten Helfers bzw. des weiter unten dargestellten motivierenden Sprachlehrers. 3.2 Die Anwendung des Placebo- und Hawthorne-Effektes Die eigentliche Aufgabe eines Lehrers, die Fremdsprache zu lehren, kann er nur erfüllen, wenn er die beiden oben dargelegten Aufgaben meistert. Die so gewonnene Autorität hilft ihm, die Fremdsprache überzeugender zu lehren. Hierfür nur einige Beispiele: Der heutige Lehrer hat eine fachdidaktische Ausbildung erhalten, die eine wissenschaftliche Begründung für sein Tun liefert. Seit langem spricht man in der Erziehungswissenschaft von der „ Transparenz der Lernziele “ , d. h. der Lehrer erläutert den Schülern Lernweg und -ziel. Warum soll nicht der Lehrer die Schüler darüber aufklären, warum er seine Lehrmethode für die wirksamste hält? Selbstverständlich muss er dies nicht nur überzeugend darlegen, sondern auch ebenso überzeugend in die Praxis umsetzen können. Je stärker er selbst von seinem Verfahren überzeugt ist, desto überzeugender wirken auch seine Informationen und desto stärker ist auch der Placebo-Effekt. Definition des Placebo-Effekts Der Placebo-Effekt ist durch die Popularisierung medizinischer Forschung als „ die Wirkung eines unwirksamen Mittels, die durch die ärztliche Verabreichung erzielt wird “ , allgemein bekannt. „ Allein die Tatsache der Verabreichung eines Präparats erbringt in der Regel suggestiv eine eindeutige Veränderung in fast allen abhängigen Variablen. Die Stärke und Richtung des Placebo-Effektes ist von der Vielzahl von Variablen abhängig “ (Arnold u. a. 1980, 1644). Diese sind von der Persönlichkeit der beteiligten Personen, der Art der Instruktion und der Versuchssituation abhängig. Bis zu 40 % der Menschen aus unausgelesenen Stichproben sind „ Placebo-Reagierer “ , d. h. sie reagieren ausgesprochen stark auf ein Placebo (Häcker u. a. 1998, 646 f). Obwohl dieses Phänomen seit der Antike 3.2 Die Anwendung des Placebo- und Hawthorne-Effektes 21 <?page no="22"?> bekannt ist, wird es erst seit 1946 systematisch untersucht. So konnte durch Verabreichung der „ Leerpräparate “ die Konzentrationsfähigkeit bei älteren Menschen um 42 % gesteigert werden (Wolman 1977, 457). Zum Phänomen des Placebos gehört eine Verringerung seiner Wirkung mit der Zeit. Diese Erkenntnis ist beim Einsatz im Fremdsprachenunterricht dadurch zu berücksichtigen, dass ein bestimmtes Verfahren nach einer gewissen Zeit eingestellt wird, um später wieder aufgenommen zu werden. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Terminus „ Placebo “ oft fälschlicherweise mit „ unwirksam “ gleichgesetzt, weil man nur an die Verabreichung eines Leerpräparates denkt. In Wirklichkeit ist er die Bezeichnung für die Wirksamkeit der Suggestivkraft der oben genannten Faktoren, von denen zweifellos der wichtigste im medizinischen Bereich die Einstellung des Arztes zum Medikament ist. Aus diesem Grund werden „ Doppelblindversuche “ gemacht, bei denen nicht nur der Patient, sondern auch der Arzt keine Kenntnis davon hat, ob er seinem Patienten gerade ein Leer- oder ein Heilpräparat verabreicht. So soll verhindert werden, dass der Arzt die Wahrnehmung des Patienten unbewusst beeinflusst. Sehr stark ist nämlich die Suggestivkraft, wenn der Arzt selbst von einem Mittel überzeugt ist (vgl. Lienert 1955) und es seinem Patienten empfiehlt: „ Mit diesem Mittel habe ich seit Jahren die besten Erfahrungen bei meinen Patienten gemacht. “ Ein tatsächliches Medikament hingegen hat eine Wirkung, auch wenn der Arzt es dem Patienten ohne Kommentar verschreibt. Seine Wirkung kann aber - teilweise beträchtlich - durch einen Kommentar wie den zitierten verstärkt werden. Um genau diese Beeinflussung geht es im Fremdsprachenunterricht, da der Lehrer die Lernenden nur von Verfahren überzeugen soll, die effektiv sind und die er selbst für effektiv hält. Der erste Wissenschaftler, der den Placebo-Effekt für den Fremdsprachenunterricht empfahl, war der Arzt und Psychologe Lozanov, der ursprünglich den Fremdsprachenunterricht nur als Experimentierfeld für seine psychologischen Untersuchungen benutzte. „ Since it is not the outward behavior but the inner state which is of decisive importance in revealing the reserve capacities of the personality, then in any system of instruction of a new type this should be taken in account. Thus, the external factors will acquire the meaning of a desuggestive-suggestive ritual of a particular kind of „ placebo “ , of necessary objectification of the inner setup, relations, motivations, needs and expectations. Therefore, all kinds of external desuggestive-suggestive rituals can be introduced into the suggestopedic educational system. “ (Lozanov 1978, 267) Lozanov denkt als Arzt nur an die zweifellos wichtige Art, wie ein Lehrer ein Verfahren einsetzt, wenn er von „ all kinds of . . . rituals “ spricht. Die Frage, ob es tatsächlich Verfahren gibt, die wirksamer sind als andere, ist für ihn sekundär. Die Pilot- und Langzeituntersuchungen Lozanovs sind vom Verfasser zu einem großen Teil wiederholt worden. Die außerordentlich guten Ergebnisse Lozanovs hinsichtlich des Behaltens der Bedeutung erlernter Vokabeln konnten dabei zwar nicht bestätigt werden (Schiffler 1992 a, 8). Trotzdem ist es sein großes Verdienst, auf die Wirkung des Placebo-Faktors im Fremdsprachenunterricht hingewiesen zu haben, welcher unabhängig von der jeweiligen Methode wirksam eingesetzt werden kann. Der Placebo-Effekt kann durch die Koppelung mit dem Hawthorne-Effekt noch verstärkt werden. 22 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="23"?> Definition des Hawthorne Effekts Der Hawthorne-Effekt ist allgemein weniger bekannt und unterliegt somit auch keiner missverständlichen Interpretation. Er ist nach einer nordamerikanischen Industrieanlage benannt, in der über mehrere Jahre unterschiedliche Variablen überprüft wurden, die vor allem von Mayo (1933) zusammenfassend dargestellt sind. In der ersten Phase (1924 - 1927) ging es um physikalische, in der zweiten um soziale Einflüsse auf das Leistungsverhalten von Arbeitern. Beide Untersuchungsphasen können für den Fremdsprachenunterricht relevant sein. Lehrer sind statistischen Untersuchungen im pädagogischen Bereich gegenüber oft skeptisch, weil diese meist nicht genau auf die Situationen zutreffen, die ihrem persönlichen Erfahrungsbereich entsprechen. Wie beim Placebo-Effekt geht es beim Hawthorne-Effekt gerade um Fehlerquellen, die empirische Untersuchungen verfälschen. Diese Effekte sind deshalb so relevant, weil sie seit ihrer Entdeckung immer wieder als die Phänomene nachgewiesen werden konnten, die die Ergebnisse empirischer Untersuchungen in Frage stellen. Gerade die Skeptiker unter den Statistikern sind also von dem Einfluss dieser Effekte überzeugt. Warum sollten es dann die Lehrer nicht auch sein? In der ersten Phase der Hawthorne-Untersuchung stellte man fest, dass nicht etwa, wie eingangs vermutet, die Intensität der Beleuchtung des Arbeitsplatzes einen Einfluss auf die Leistung hatte, sondern der Wechsel der Beleuchtung. Dies ging soweit, dass dasselbe Phänomen beobachtet werden konnte, wenn die Beleuchtungsbedingungen nur scheinbar verändert wurden, d. h. andere, aber gleichstarke Beleuchtungen angebracht wurden. Die Erwartung der Versuchspersonen durch den „ Novitätseffekt “ war demnach ausschlaggebend (Clauß 1991, 258). Im schulischen Bereich wurden diese Ergebnisse durch Rosenthal (1975) bestätigt: Die Schüler fühlten sich geschmeichelt, weil sie an Versuchen teilnehmen durften. Ferner erzielten sie höhere Leistungen, wenn die Lehrer vorher durch unzutreffende Informationen davon überzeugt worden waren, dass sie es mit Schülern zu tun hätten, die in absehbarer Zeit einen Entwicklungsschub aufweisen würden (Tewes u. a. 1977, 71 f). In beiden Fällen spricht man von dem „ Rosenthal-Effekt “ , der auch „ Pygmalion- Effekt “ genannt wird, nach dem gleichnamigen Bildhauer der antiken Sagenwelt, der sich in die von ihm geschaffene weibliche Statue so sehr verliebte, dass sie auf seine Bitten hin von Venus zum Leben erweckt wurde (Ovid, Metamorphosen, 10, 243 ff). Die Verbindung mit dem Placebo-Effekt ist hier offensichtlich. Dabei müssen nicht immer neue „ Methoden “ eingesetzt werden, sondern es genügen vom Lehrer plausibel erklärte Lerntechniken, Strategien oder Teilverfahren aus Methoden. Diese können, wie gesagt, dem Schüler bereits bekannt sein. Voraussetzung ist aber, dass sie längere Zeit nicht praktiziert wurden. Gerade diese Erfahrung kann man aus dem Hawthorne-Experiment ableiten, ebenso die Tatsache, dass alle diese neuen Techniken nach einiger Zeit eingestellt, später aber wieder aufgegriffen werden sollten. Hier ist nicht der Platz, die Vielfalt der möglichen Verfahren darzustellen, doch seien einige Beispiele genannt. Rückblickend sei hier das Geständnis des Verfassers gemacht, dass seine eigenen Unterrichtserfolge möglicherweise nicht auf die eingesetzten Verfahren, sondern auf die beschriebenen Phänomene zurückzuführen sind. Wenn Schüler z. B. im zweiten Jahr Französischunterricht plötzlich viel motivierter mitarbeiteten, sobald sie trotz des störenden Geräusches des Filmvorführgerätes mit einem älteren 3.2 Die Anwendung des Placebo- und Hawthorne-Effektes 23 <?page no="24"?> Tonfilm unterrichtet wurden, ferner als sich die Schüler einer Anfängerklasse alle bis auf einen Repetenten ein Tonbandgerät anschafften, das damals fast 500 DM kostete, nur weil der Lehrer sie von dem Vorteil des Lernens mit einem „ native speaker “ auf Tonband und mit Bildserien überzeugt hatte (Schiffler 1976), dann beruhte dies unter anderem auf dem Hawthorne-Effekt. Ähnliches kann heute ein Lehrer erreichen, wenn er das autonome Lernen mit Hilfe einer kontextuellen bilingualen Vokabelkartei oder durch das „ Lernen durch Lehren “ (Graef u. a. 1994) fördert. Ebenso kann dieser Effekt durch eine handlungsorientierte Lektionseinführung (Schiffler 1998, 54 ff) oder durch unterschiedliche Projekte (Schiffler 1998, 77 ff) hervorgerufen werden. Neu für die Schüler ist sicherlich, wenn das Bewegungslernen (vgl. Kapitel 4) in den verschiedensten Formen eingesetzt wird, sei es durch Total-Physical-Response nach Asher (1982), durch Omniumkontakt (Schiffler 1998, 69 ff), durch Einbeziehung der Gestik beim Chorsprechen (Baur u. a. 1984), durch das pantomimische Ratespiel (Sambanis 2007, 196 f) oder durch szenische Darstellung unter besonderer Betonung der paralinguistischen Elemente (Pillar 1996). Dasselbe trifft vor allem wegen der völlig ungewohnten Art des Lernens auf das Lernen in Entspannung (vgl. Kapitel 6) zu. Um einem Missverständnis vorzubeugen, sei darauf hingewiesen, dass diese wie ein methodisches Potpourri wirkende Aufzählung nicht mit dem in der Fachdidaktik empfohlenen „ Phasenwechsel “ verwechselt werden darf. Es geht hier vielmehr darum, dass der Lehrer aus der Vielzahl wirkungsvoller Verfahren, wie sie im Folgenden dargestellt werden, diejenigen aussucht, von denen er wirklich überzeugt ist, um sie in Verbindung mit dem fachdidaktisch begründeten Placebo über eine längere Zeit hin zu praktizieren. Anschließend sollte er zu einem seinen Schülern vertrauten oder zu einem anderen neuen Verfahren übergehen. 3.3 Der Hawthorne-Effekt und die soziale Interaktion in der Gruppe In der zweiten Phase des Hawthorne-Experimentes wurden nicht nur 20 000 Arbeiter hinsichtlich ihrer Leistungsmotivation untersucht, sondern speziell ein Team von 14 Arbeitern, das durch seine besondere Leistungsmotivation aufgefallen war. Das Ergebnis war, dass gerade informelle soziale Beziehungen wie das persönliche Ansehen und das Sicherheitsbedürfnis eine ausschlaggebende Rolle für ihre guten Leistungen spielten (Wolman 1977, 328). Als der Verfasser sein Konzept des interaktiven Fremdsprachenunterrichts (Schiffler 1985) darstellte, ging er davon aus, dass eine positive soziale Interaktion in der Lerngruppe wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit des Fremdsprachenunterrichts sei, vor allem, wenn es sich um einen kommunikativen Fremdsprachenunterricht handele. Die Forschungen hinsichtlich des Hawthorne-Effektes blieben damals unberücksichtigt. Wie gesagt, belegen diese eindeutig, dass die Leistungen einzelner entscheidend von ihren Sozialbeziehungen in der Gruppe bestimmt werden. Neuere neurowissenschaftliche Untersuchungen haben den emotionalen Vorteil einer solchen Interaktion bestätigt. Sie fördert sogar den Wachstumsfaktor BDNF, der für die Bildung und für den Erhalt von neuronalen Verbindungen verantwortlich ist (Spitzer 2008, 461). Zur Verbesserung der sozialen Interaktion wurde damals die interaktive Gruppenarbeit (Schiffler 1985, 136 ff) vorgeschlagen. Voraussetzung hierfür war die Bildung der 24 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="25"?> Gruppen unter sozialtherapeutischen Gesichtspunkten. Nach wie vor wird aber in der Praxis die Bildung der Gruppen den Schülern überlassen, wodurch keine Besserung der sozialen Interaktion eintritt, sondern nur die bestehende Interaktion, sei sie gut oder schlecht, verfestigt wird. Auf jeden Fall verändert sie nicht die Interaktion in der gesamten Lerngruppe, wenn sie auch die Kooperationsfähigkeit zwischen Mitgliedern einer bestehenden Gruppe fördern mag. Gruppenarbeit führt demnach nicht zu einer Verbesserung der sozialen Interaktion, ist jedoch aus einem elementar-pragmatischen Grund gerechtfertigt. Sobald Schüler kreativ-produktiv arbeiten, ist die anschließende Korrekturarbeit des Lehrers beträchtlich. Dadurch, dass sie sich auf die Arbeit der Gruppen beschränkt, wird sie zumutbar. Die Verbesserung der sozialen Interaktion durch den Hawthorne-Effekt ist jedoch durch Partnerarbeit gewährleistet, wenn der Lehrer dafür sorgt, dass die Partner in Abstimmung mit den Schülern wechseln (vgl. Schiffler 1998, 26 ff). Eine Möglichkeit, die positiven Auswirkungen der Partnerarbeit auf die ganze Klasse auszudehnen, besteht darin, dass in Absprache mit der Klasse und den übrigen Lehrern während einer mit der Lerngruppe zu vereinbarenden Zeit probeweise die Sitzordnung nach Zufall bestimmt wird. Günstig, aber nicht notwendig, ist es, dass vorher eine Jungen- und Mädchengruppe gebildet wird, so dass jeweils ein Junge und ein Mädchen eine Partnerschaft bilden. Sogar ohne Partnerarbeit führt dieses Verfahren durch die neue Sitzordnung zu einer Intensivierung der Kontakte unter den Schülern. Wenn auch in den anderen Fächern Partnerarbeit praktiziert wird und dieses Verfahren durch die Lerngruppe nach Ablauf der Probezeit weitergeführt oder zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen wird, führt dies zu vermehrter Interaktion in der Lerngruppe, was im Allgemeinen auch eine positivere Interaktion bedeutet. Eine positive soziale Interaktion in der Lerngruppe ist ein wesentliches Element von Motivation. Aus diesem Grund wird die Partnerarbeit ausführlicher in dem folgenden Kapitel 3.4.5 besprochen. Wenn es um die Verbesserung der sozialen Interaktion geht, ist die Integration von Außenseitern wohl die schwierigste Aufgabe. Eine konkrete Möglichkeit hierfür bietet die „ Lobübung “ . Ein Außenseiter hat in einer Gruppe mitgearbeitet, nachdem der Lehrer dafür gesorgt hatte, dass er dort eine bestimmte Aufgabe bekam, z. B. die des Berichterstatters. Der Lehrer beobachtet diese Gruppe besonders intensiv. Am Ende der Gruppenarbeit, wie ab und zu üblich, werden die Mitglieder einer Gruppe aufgefordert, sich gegenseitig ein positives und nur in wichtigen Ausnahmefällen negatives feedback zu geben. Der Lehrer darf sich selbstverständlich beteiligen. Falls der Außenseiter ein öffentliches Lob vom Lehrer erhält, ist das seiner Integration förderlich, jedoch in noch größerem Maße, wenn es von den Mitschülern kommt. 3.4 Wie motiviere ich Schüler? Ein übergeordnetes pädagogisches Ziel ist die Förderung der Selbstständigkeit der Lerner. Selbstständiges Lernen und Motivation sind untrennbar miteinander verbunden. Dies ist ein Grundgedanke, der sich wie ein roter Faden seit Rousseau (1762) durch alle erziehungswissenschaftlichen Überlegungen zieht. In die Schule hat er hingegen erst spät Eingang gefunden, in den USA durch Dewey u. a. (1935), in Frankreich durch Freinet (Bruliard u. a. 1996) und in Deutschland durch Kerschensteiner (1914). Noch später ist er für den Fremdsprachenunterricht in Deutschland von Dietrich (1974), in 3.4 Wie motiviere ich Schüler? 25 <?page no="26"?> Form des kommunikativen Fremdsprachenunterrichts von Piepho (1974) und in Form des interaktiven Fremdsprachenunterrichts von Schiffler (1985) gefordert worden. Einen eigenen Weg zur Förderung der Selbstständigkeit geht Martin (1994), indem er jedem Schüler die Möglichkeit gibt, zum Lehrer seiner Mitschüler zu werden. Neuere Bestrebungen zur Förderung der Selbstständigkeit des Fremdsprachenlernens sind im „ handlungsorientieren Fremdsprachenunterricht “ (Bach u. a. 1989, Timm 1991, Schiffler 1998) zu finden. Für den Fremdsprachenunterricht kann dieses Ziel vor allem darin bestehen, den Schüler zum selbstständigen Lesen anzuregen. Die beste Möglichkeit aber, die Lesemotivation zu fördern, ist ein motivierender Inhalt. Dieses Kriterium ist aber bei der Lehrbuchgestaltung oft sekundär, denn andere didaktisch durchaus vertretbare Kriterien sind vorrangig. Es gab zu Anfang des vorigen Jahrhunderts eine Periode der Lehrbuchgestaltung, in der man glaubte, möglichst alle Vokabeln einführen zu müssen, die zu einem Bereich gehörten, z. B. Schule, Einkauf, Bahnhof etc. (vgl. S. 35 die Texte von Ionesco), was natürlich weit von einem spannenden Inhalt entfernt ist. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts versuchte man, möglichst viele Varianten einer grammatischen Struktur, die den Übungsschwerpunkt der Lektion darstellte, im Text einzuführen. Solche didaktischen Nützlichkeitsüberlegungen verfälschten oft die Inhalte der Lektion, so dass diese belanglos oder lebensfremd wurden. Die Forderung nach situativer Einbettung führte dann dazu, dass die kommunikativen Dialogstrukturen im Vordergrund standen. Die Pragmadidaktik legte den Schwerpunkt auf die Redemittel, die der Sprecher zur Verwirklichung seiner Redeabsichten (Illokutionen) zur Verfügung haben sollte. Diese mussten verschieden sein, denn die Rollen der Dialogpartner sollten berücksichtigt werden, d. h., dass ein Schüler, der seinen Lehrer um etwas bittet, andere Redemittel einsetzen können muss, als wenn er seinen Mitschüler um etwas bittet. So nützlich diese meist von der Linguistik abgeleiteten Forderungen auch sein mögen, sie führten keineswegs dazu, dass der motivierende Inhalt bei den Lehrbuchtexten im Vordergrund stand. Motivierender Inhalt allein wird aber nicht das selbstständige Lesen fördern können, wenn es sich um Anfangsunterricht handelt. Der Inhalt kann nur dann motivierend wirken, wenn der Leser ihn ohne große Umwege versteht. Ein Weg hierzu wird im Folgenden gezeigt. 3.4.1 Motivation durch laterale und interlineare Übersetzung Lehrbuchtexte mit Übersetzung zu fordern kommt für Schulbuchverlage einem Sakrileg gleich. Doch ein Blick in die gut verkauften Selbstlernmaterialien für Fremdsprachen zeigt, dass dies dort bereits seit langem eine Selbstverständlichkeit ist. In der Fachdidaktik wird immer der „ autonome “ Lerner gefordert, aber unsere Schulbuchmaterialien sind nicht zum Selbstlernen konzipiert. Wenn ein Schüler wegen Krankheit mit Hilfe des Lehrbuches das versäumte Pensum nachholen möchte, wäre ihm die Übersetzung der Lektion eine Hilfe. Wenn es darum geht, dem Lerner jede nur mögliche Hilfe zu geben, bewirkt der einsprachige Text genau das Gegenteil. Die Übersetzung im Lehrbuch schließt doch keineswegs aus, dass der Lehrer im Unterricht möglichst viel mit den Schülern in der Fremdsprache kommuniziert, ja er fördert dies sogar, weil der Schüler leichter die Fremdsprache benutzen kann, wenn er alles richtig verstanden hat. 26 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="27"?> Dass dies leider oft nicht der Fall ist, zeigen die Ergebnisse einer kleinen Untersuchung in zwei Klassen: Lehrer, die einen einsprachigen Unterricht praktizieren, machen sich meist Illusionen über das Textverständnis ihrer Schüler. Im einsprachigen Unterricht wird die Übersetzung vermieden. Die Schüler erzählen die Texte nach oder resümieren sie, beantworten Fragen zum Inhalt und erwecken so beim Lehrenden den Eindruck, dass sie alles genau verstanden hätten. In je einer Klasse 9 und 10, die beide von einer Lehrerin mit 30jähriger Lehrerfahrung als gut beurteilt wurden, sollte im Französischunterricht jeweils der letzte Satz zweier Lektionen, nachdem deren Durchnahme abgeschlossen war, von allen Schülern übersetzt werden. Die beiden Klassen hatten Idealgrößen von 15 Schülern, weil sie für den Latein- und Französischunterricht geteilt worden waren. Die Lehrerin war davon überzeugt, dass bis auf einige wenige Schüler beide Klassen die zwei leichten Sätze fehlerlos übersetzen könnten. Von den 13 Schülern der Klasse 9 übersetzte am Ende des 3. Lernjahres kein einziger Schüler die zwei folgenden Sätze fehlerlos. Die Klammern hinter den Sätzen bezeichnen die Häufigkeit, mit der die betreffenden Wörter falsch übersetzt wurden: Charlotte: Oui, mais regarde (1) tous les jeunes qui vont dans la rue manifester contre le chômage: ils ont peur (3) pour leur (1) avenir, eux! Olivier: Je comprends les étudiants (1) et les lycéens (1) qui vont (7) aux manifs. Mais le chômage, il n ’ y aura pas toujours! (5) Non, moi, j ’ ai le moral (3) malgré (3) tout. Die „ Themenwörter “ der Lektion wie manif und chômage wurden von allen richtig übersetzt. Die größten Probleme waren die grammatikalischen Wörter vont (7), das mit wollen übersetzt wurde, ne pas toujours! (5), das mit nicht mehr und malgré (3), das überhaupt nicht übersetzt wurde. In der 10. Klasse, am Ende des 4. Lernjahres war das Ergebnis nicht besser. Nur ein Schüler von 12 übersetzte den folgenden Satz fehlerlos: Malgré toutes ses bonnes actions, l ’ Abbé Pierre fut (4) aussi critiqué. On lui reprocha (3), entre autres (1), de trop (7) parler et d ’ être resté (3) fidèle (1) à ses amis même quand (2) ils avaient (2) fait des erreurs graves. Auch hier fällt auf, dass kurze Wörter wie das Adverb trop von sieben Schülern mit viel übersetzt wurde, ein grammatikalisches Wort wie fut wurde viermal mit muss übersetzt, avaient fait mit falschem Tempus und bei être resté fidèle schien die Konstruktion mit être das Unverständnis ausgelöst zu haben, da nur ein Schüler das Wort fidèle nicht wußte. Nur bei reprocha lag eindeutig Unkenntnis der Vokabel vor. Zwei Schüler hatten den zweiten Satz überhaupt nicht übersetzen können. Hätten die Schüler nun die Möglichkeit gehabt, neben dem Lehrbuchtext in Form der Lateralübersetzung auch von der korrekten Übersetzung Kenntnis zu nehmen, wären wahrscheinlich einige der häufigsten Fehler, nämlich wie trop mit viel und fut mit musste zu übersetzen, seltener aufgetreten. Die Wörter, die als neue Vokabeln im zweisprachigen Glossar vorkamen, wie chômage und manif, wurden nämlich richtig übersetzt, doch die Wörter, die als längst bekannt vorausgesetzt wurden, waren die eigentlichen Problemwörter. Wenn nun den Schülern die Texte mit einer Übersetzung in der Muttersprache 3.4 Wie motiviere ich Schüler? 27 <?page no="28"?> angeboten werden, dann haben die Schüler die Möglichkeit, ihre Vorstellungen von bereits erlernten Vokabeln, die im Lehrbuchglossar nicht vorkommen, durch einen kurzen Blick auf die Übersetzung zu revidieren. Eine solche Revision von falschen Vorstellungen wäre bei den erwähnten elementaren Wörtern wie vont, ne pas toujours und trop unbedingt von Nöten gewesen. Ein weiterer Vorteil der bilingualen Darbietung wird in der Didaktik bisher nicht gesehen. Wenn die Texte in schriftlicher Übersetzung vorliegen, ist mündlich viel leichter ein einsprachiger Unterricht möglich, denn es gibt gar keine Notwendigkeit mehr, Vokabeln mühsam in der Fremdsprache zu erklären, und sie denjenigen Schülern, die sie nicht verstanden haben, auf Deutsch zu sagen. Die schriftliche Übersetzung hat in folgender Form die Funktion einer schnell verfügbaren Lernerleichterung: 1. Als Lateralübersetzung: Der Zielsprachentext steht in der linken, die Übersetzung steht in der rechten Spalte. Die neuen Wörter sind in beiden Texten kursiv gedruckt. 2. Als Interlinearübersetzung (vor allem im Anfangsunterricht): Die Übersetzung wird jeweils als Zwischenzeile in den Zielsprachentext eingeschoben. Die neuen Wörter werden kursiv gedruckt. 3. Als doppelte Interlinearübersetzung: In der ersten eingeschobenen Zeile steht eine „ gespiegelte “ Hilfsübersetzung, d. h. jeder zielsprachige Ausdruck wird Wort für Wort übersetzt, dann folgt die zweite eingeschobene Zeile mit der richtigen Übersetzung. Selbstverständlich ist diese doppelte Übersetzung auf den Anfangsunterricht beschränkt. Lernende dadurch zum Lernen motivieren zu wollen, dass man ihnen nicht die Übersetzung gibt, sie also am Anfang über vieles im Unklaren lässt, sie zum mühseligen Nachschlagen in Glossaren zwingt, gehört zur Perversion der Didaktik. Wer glaubt, Lernende dadurch motivieren zu können, dass der Lehrende sich mit ihnen über Wortbedeutungen in der Zielsprache unterhält, geht von der Motivation eines Philologen aus (vgl. Butzkamm 1971). Die in diesem Kapitel aufgezeigten Defizite im Textverständnis sollen keineswegs dazu führen, dass nun die Schüler zur aktiven Übersetzung in die Muttersprache angehalten werden. Wenn die Schüler aber durch die Lateralübersetzung den Text richtig verstanden haben, werden ihnen auch alle anschließenden einsprachigen Übungsformen leichter fallen. Solange es in Schulbüchern noch keine Lateralübersetzungen gibt, sollte der Lehrer diese selbst erstellen und den Schülern an die Hand geben. Ein Blick auf die Computer-Selbstlernmaterialen zeigt, dass diese Forderung bereits seit geraumer Zeit erfüllt ist. Auf Tastendruck erhält der Lerner die Übersetzung. Den Schülern im Text die korrekte Übersetzung gleich mitzuliefern war bisher in unseren Schulen undenkbar und führte dazu, dass ein solches Lehrbuch in der Schule als nicht den Lehrplänen konform beurteilt und somit nicht eingeführt werden durfte. In den Lehrplänen steht zu Recht die Forderung nach „ einsprachiger Methode “ , dass also im Klassenzimmer möglichst nur in der Zielsprache gesprochen wird. Dabei wird aber vollkommen übersehen, dass das richtige Textverständnis die beste Voraussetzung dafür ist, dass der Lerner eine Vokabel auch verwendet. Solange er nämlich über deren Bedeutung im Unklaren ist, wird er Hemmungen haben, sie anzuwenden. Trotz der 28 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="29"?> Forderung nach „ einsprachiger Methode “ haben die Lehrbuchverlage und die Lehrer nie auf das zweisprachige Vokabular in den Lehrbüchern verzichtet. Insofern stellt die Darbietung eines Lektionstextes mit der Übersetzung auch keinen Verstoß gegen den einsprachigen Unterricht dar. 3.4.2 Motivation durch non-linearen Unterricht Welcher Lehrer stöhnt nicht über die Stofffülle des Lehrbuches und darüber, dass er niemals damit bis zum Schuljahresende fertig würde? Ist es nicht absurd, nun zu verlangen, die Stofffülle noch zu erhöhen? Oder zu behaupten, es läge am Lehrer und seinem Unterricht, wenn er mit dem Stoff nicht zu Rande kommt? Und doch soll dies im Folgenden behauptet werden. Im Unterricht verlangte der Lehrer bisher, dass alles Gelernte auch als aktive Sprachkompetenz zur Verfügung stehen müsse. Ist diese Forderung gerechtfertigt? Wandruszka (1979, 21) beziffert das Verhältnis der Sprache, die wir aktiv verwenden, zu der, die wir verstehen, mit 1: 1000. Vielleicht mag diese Zahl übertrieben sein, richtig ist aber, dass wir ein Vielfaches dessen, was wir aktiv sprachlich anwenden, passiv beherrschen, d. h. verstehen können. Wenn wir also von der Forderung Abstand nehmen, dass der Schüler alles Gelernte auch wiederzugeben in der Lage sein müsse, können wir die Stofffülle sogar beträchtlich erhöhen. Dies setzt aber voraus, dass die fremdsprachigen Texte verständlich gemacht werden, z. B. durch Körperbewegung, durch Bilder oder durch Übersetzung im Text. Linearer Unterricht bedeutet, dass der zu lernende Stoff didaktisch in kleinste Einheiten zerlegt wird, die phonetisch, lexikalisch, grammatisch genau vermittelt und dann meist vollkommen beherrscht und wiedergegeben werden sollen. Non-linearer Unterricht bedeutet, dass viel mehr als bisher im Fremdsprachenunterricht auf Hörverstehen Wert gelegt wird (vgl. Neveling 2000), dem Schüler also weit mehr vor allem auditiv-rezeptiv dargeboten wird. Solange ihm die Möglichkeit gegeben wird, das auditiv Dargebotene zu verstehen und es nicht sofort aktiv wiedergeben zu müssen, wird er keine Überforderung spüren. In einem einjährigen Versuch mit non-linearem Englischunterricht in vier Anfangsklassen wird dies von Bleyhl (1996) konkret veranschaulicht. In den ersten fünf bis sechs Wochen wurde vor allem das Hörverstehen durch Total-Physical-Response-Lernen (s. Kapitel 4.5) geschult, d. h. die Lerner bewiesen durch Körperbewegung, dass sie das auditiv Dargebotene verstanden hatten, ferner durch die Ton-Bild-Sequenzen „ Learnables “ , mit denen 100 Bilder pro Woche, die jeweils das Verständnis für entsprechend viele einfache Sätze wie the car, the doctor, the doctor drives the car liefern sollten, gezeigt wurden. Nach dieser rezeptiven Phase wurden in ähnlicher Weise die Lehrbuchlektionen eingeführt und gleichzeitig die geschilderten auditiv-rezeptiven Verfahren fortgesetzt. Der Stoff wurde dadurch verdoppelt, so dass die Schüler am Ende des Schuljahres insgesamt bis zu 1200 Vokabeln - samt grammatischen Grundstrukturen - kennengelernt hatten. Durch das intensive Hörverstehen vor und während des Lehrbuchunterrichts enthielt die Lektion nur noch wenige völlig neue Vokabeln und Strukturen. Selbstverständlich äußerten sich die Schüler nun auch zu den Inhalten der Lektionen, doch ihre Sprach- 3.4 Wie motiviere ich Schüler? 29 <?page no="30"?> kompetenz war sozusagen ein „ Nebenprodukt “ (Bleyhl 1996, 345) ihrer Verstehenskompetenz. Diese wurde auch durch das zusätzliche Lesen von drei Lektüreheften gefördert. Nur für eine der vier Klassen stand eine Vergleichsklasse zur Verfügung. Obwohl die Versuchsklasse so viel Zeit für Hör- und Leseverständnis aufgebracht hatte, konnte sie alle Lektionen des Lehrbuches behandeln, während die Kontrollklasse die letzten zwei nicht bewältigte. Für jede Lektion gab es informelle Tests, die in beiden Klassen nach jeder Lektion durchgeführt wurden. Obwohl diese in der Kontrollklasse gewissenhaft vorbereitet wurden und in der Experimentalklasse überhaupt nicht, war letztere in allen Tests über eine halbe Notenstufe im Durchschnitt überlegen. Kritisch kann man zwar anmerken, dass der wichtigste Faktor, nämlich der kompetente Lehrer und seine hohe Motivation, das empirisch ermittelte Ergebnis zugunsten der Versuchsklasse verfälscht hat. Positiv ausgedrückt, kann man in dem guten Ergebnis die Auswirkung des Hawthorne-Effektes durch die neue Methode und des Placebo- Effektes durch den engagierten Lehrer erkennen. Gleichzeitig kann aber das positive Ergebnis auch auf die Erfüllung aller im Folgenden noch einmal zusammengefasster Forderungen zurückgeführt werden: Der Input wurde erhöht. Bewegungslernen und visuelle Informationen förderten das interhemisphärische Lernen und machten gleichzeitig den höheren Input verständlich. Dadurch, dass zuerst rezeptiv das gelernt wurde, was später im Lehrbuch wieder aufgegriffen wurde, war ein zeitverteiltes Lernen (vgl. folgendes Kapitel) gewährleistet. Die Darbietung der „ Learnables “ war laut Aussage von Bleyhl (1996, 344) eine Phase der Entspannung, wie sie in Kapitel 6 dargestellt wird. Sie war für die Schüler etwas Neues, so dass dadurch der Hawthorne-Effekt ins Spiel kam. Das besondere Engagement der Lehrer wurde hervorgehoben. Dies deutet auf die Wirkung des Placebo-Effektes hin. Jedoch ist zu vermuten, dass die Überlegenheit der Experimentalklassen auch dann in ähnlicher Weise bestätigt worden wäre, wenn der Einfluss dieser Lehrerfaktoren empirisch ausgeschlossen worden wäre. 3.4.3 Motivation durch zeitverteiltes Lernen „ Im Interesse der Erprobung . . . (wurden) die damit verbundenen methodischen Bedenken hintangestellt “ , sagte Stenzel (1995, 186), als er zehnmal ca. sieben Minuten lang in den drei Wochen, die einer Lektionseinführung vorausgingen, die Vokabeln zweisprachig und kontextuell eingebettet auf CD vorspielte und die Lernenden mitsprechen ließ, statt sie als Hausaufgabe zu geben. They heard him shout - Sie hörten ihn schreien They must rescue him - Sie müssen ihn befreien etc. Auf der CD waren die kontextuell eingebetteten Vokabeln und ihre Übersetzung mit Musikbegleitung, in diesem Fall in stark rhythmisiertem Rap (Stahl 1993, 6) gesprochen. Nicht nur, dass die Schüler die Vokabeln bei der Lektionseinführung beherrschten, sondern auch „ bei der Wiederholung am Ende des Schuljahres war es nicht nur für den Verfasser erstaunlich, dass die mit Musik gelernten Vokabeln schneller parat waren, als die auf herkömmliche Weise gelernten Wörter “ (Stenzel 1995, 188). 30 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="31"?> Diese Auswirkung auf das Langzeitgedächtnis ist möglicherweise auf die rhythmischmusikalische Darbietung zurückzuführen, aber nach den lernpsychologischen Erkenntnissen hat sich vor allem das zeitverteilte, zehnmal siebenminütige Lernen günstig auf das Behalten ausgewirkt. Sicherlich war es wirksamer, als wenn die Schüler zu Hause 70 Minuten lang gelernt hätten. In der Praxis ist eine so starke Zeitverteilung kaum einzuplanen. Jedoch ist es lernpsychologisch günstiger, in der Stunde vor der Einführung der Lektionen die Vokabeln „ anzulernen “ , sie dann zum häuslichen Lernen aufzugeben, so dass die Einführung das dritte Erlernen darstellt, dem ein viertes als Hausaufgabe mit Überprüfung folgt. Das „ Vorlernen “ der Vokabeln, d. h. vor der Einführung durch den Lehrer, ist in der bisherigen Lehrerausbildung verpönt. Dies war gerechtfertigt, denn es handelte sich um das gleichförmige stille Lernen von Listen mit isolierten Vokabeln, höchstens mit Lautschrift statt auf Tonträger. Heute stehen uns kontextuelle Vokabellisten zur Verfügung und diese zusätzlich auf Tonträger, sogar teilweise mit Musikbegleitung, wie im beschriebenen Fall, so dass selbstständiges Vorlernen sinnvoll ist. Das „ Anlernen “ in der Klasse birgt den Vorteil, die Schüler mit völlig verschiedenen Lernformen vertraut zu machen, die den unterschiedlichen Lerntypen gerecht werden, so dass sie 1. beim häuslichen Lernen auf die Lernform zurückgreifen können, die ihrem Lerntyp am ehesten entspricht und 2. beim Wiederholen während des Selbstlernens nicht nur ein und dieselbe Lernform anwenden können. Ferner kann der Lehrer ihnen beim ersten „ Anlernen “ viele Lernhilfen geben (s. Kapitel 6.5.5), seien sie lexikalischer oder grammatischer Art. Auch wenn die kontextuelle und bilinguale Darbietung der Vokabeln in den Lehrbüchern so wäre, wie es hier vorgeschlagen wird, sollten die Lernenden schwierige Vokabeln auf Karteikärtchen schreiben, das zielsprachige Wort und die Kontextzeile auf die Vorderseite, die Übersetzung des Wortes und des Kontextes auf die Rückseite. Die Karteikärtchen ermöglichen die Arbeit mit einer Vokabelkartei, die seit einigen Jahrzehnten bekannt ist und zumindest in der Schule viel zu wenig genutzt wird. Sie ermöglicht, dass die Lernenden - am besten zu Hause - die bewährten lernpsychologischen Prinzipien realisieren können, nämlich das selbstständige und zeitverteilte Lernen. Zudem bietet sie den Vorteil, dass die Vokabeln nicht immer in derselben Reihenfolge gelernt werden. 1. Zu Hause kann der Lernende beim Vokabellernen selbst entscheiden, welche Vokabel ihm schwierig zu erlernen erscheint. Nur diese schreibt er in der o. g. Weise auf eine Karteikarte. 2. Zeitverteiltes Lernen, wie gesagt, bedeutet, dass man besser behält, wenn man viermal etwa fünf Minuten lang lernt, als einmal 20 Minuten lang. Die Arbeit mit einer Vokabelkartei erfolgt folgendermaßen: Die Kartei besteht aus fünf hintereinander gereihten Abteilen, wobei das erste am kleinsten ist und das letzte am größten. 3.4 Wie motiviere ich Schüler? 31 <?page no="32"?> Die Karteikarten im ersten Abteil lernt man täglich, am besten eine von einem selbst festgesetzte Zahl, jedoch mindestens fünf Vokabeln. Jede Karte, die man mit dem Kontextbeispiel beherrscht, kommt in das folgende zweite Fach. Die dort enthaltenen Vokabeln lernt man jeden zweiten Tag. Wenn man eine Vokabel aus dem ersten Fach nicht kann, verbleibt sie im ersten Fach; aus jedem anderen Fach wandert sie sofort zurück ins erste, sobald man sie nicht beherrscht, bzw. vergessen hat. Ferner lernt man die Vokabeln aus dem dritten Vokabelfach jeweils einmal die Woche, aus dem vierten alle zwei Wochen und aus dem fünften nur einmal im Monat. Die Karten mit den Vokabeln, die man aus dem fünften Fach bei der Wiederholung als gelernt erkennt, kann man mit Genugtuung wegwerfen. Dadurch, dass man jeden Tag Vokabeln aus unterschiedlichen Fächern lernt, fällt es einem leichter, das Lernen zu unterschiedlichen Zeiten anzusetzen Entweder hilft eine Strichliste, dieses zeitverteilte Lernen tatsächlich einzuhalten, oder der Zwang, der durch die Enge bedingt ist, die in einem Vokabelabteil entsteht. Um Platz zu schaffen, muss dann ein viel schnellerer Rhythmus eingelegt werden als der beschriebene. Heutzutage kann man selbstverständlich die bilingualen Vokabeln und den Kontextsatz in ein entsprechendes PC-Programm, „ Vokabeltrainer “ usw. genannt, eingeben, das einem immer wieder die Vokabeln darbietet, die man noch nicht korrekt beherrscht. Der Vorteil der Karteikarte ist aber, dass man die Karten selbst geschrieben hat, dass man die aus dem ersten Abteil leicht bei sich tragen kann und diese dann öfter, wenn gerade etwas Zeit zur Verfügung steht, wiederholend lernt, wobei das haptische Element durch das Anfassen auch eine Rolle spielen kann. 3.4.4 Motivation durch Annäherung an authentische Texte Die inhaltliche Gestaltung von Lehrtexten ist in den letzten Jahrzehnten immer wieder diskutiert und kritisiert worden. (vgl. Bausch u. a., 1991).Weiter oben wurde bereits ausgeführt, welche, meist linguistischen Kriterien bei der Lehrbuchgestaltung so im Vordergrund standen, dass die Motivation durch den Inhalt kaum berücksichtigt wurde. Was inhaltlich an Authentizität fehlte, versuchen die Lehrbücher durch „ authentische “ Fotos auszugleichen, die Landeskunde vermitteln sollen. Doch sind diese kaum von landeskundlichem Wert, da die Ablichtungen von Hotels, Familien, Märkten und Schulen kaum anders aussehen als solche in Deutschland. Motivierend und damit relevant sind landeskundliche Informationen erst dann, wenn sie auf die Verschiedenheiten der Kulturkreise hinweisen, auf all das, was einem Ausländer im anderen Land angenehm oder unangenehm auffällt oder was er zu einem richtigen Verhalten im Ziellande wissen sollte. So wäre es z. B. für Frankreich wichtig zu wissen, dass man beim Frühstück meistens keinen Teller bekommt, dass man beim Geburtstag die Blumen immer mit dem Geschenkpapier überreicht, dass man beim Essen nicht darauf warten muss, bis der Gastgeber das Glas zum Anstoßen erhoben hat usw. So sieht man z. B. auf den Fotos der französischen Schulkantine die typischen eloxierten Wasserkannen und die Brotkörbe, ohne dass auf die ganz andere Rolle des Wassers und des Baguette-Brotes bei den Mahlzeiten hingewiesen wird. In der größten Untersuchung zur Motivation bei Französisch-Schülern (Düwell 1979, 213) wird von Schülerseite eindeutig am schematischen Aufbau von Lehrwerk-Ein- 32 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="33"?> heiten und an den „ inhaltlosen “ Geschichten Kritik geübt und der Wunsch nach größerem Realitätsbezug der Inhalte und nach Vielseitigkeit der landeskundlichen Informationen geäußert. Obwohl diese Untersuchung bereits lange zurückliegt, scheint die daraus zu ziehende Schlussfolgerung so lange berechtigt zu sein, wie Lehrbuchautoren mit großer Mühe Texte zusammenstellen, die sie für motivierend erachten, statt auf authentische Texte aus dem Zielland zurückzugreifen. Die eigentliche Motivation muss von einem mitreißenden Inhalt ausgehen. Wenn die Texte mit Übersetzung gegeben werden, dann brauchen inhaltlich interessante Texte nicht mehr als Lerntexte nur deshalb ausgeschlossen werden, weil sie eine zu hohe Anzahl an neuen Vokabeln oder noch unbekannten Strukturen enthalten. Da eine grammatischen Progression, wie sie in Lehrbüchern normalerweise zu finden ist, vorteilhaft ist und beibehalten werden soll, ist das non-lineare Vorgehen die beste Lösung: Authentische Texte wie Hörspiele, Nachrichten, Zeitungstexte, Chansons, Bildgeschichten, leichte literarische Texte wie Gedichte, Kurzgeschichten usw. werden durch die Lateralübersetzung verständlich gemacht und nur rezeptiv zusätzlich zum Lehrbuchunterricht behandelt, um den Input zu erhöhen. Die Übersetzung im Text bietet den großen Vorteil, bereits im Anfangsunterricht den Aspekt „ Motivation durch Inhalt “ vorrangig bei der Auswahl der Lehrbuchtexte zu berücksichtigen. Was für den Lerner motivierend ist, haben bisher die Lehrbuchautoren subjektiv entschieden. Ein besseres, sogar empirisch erfassbares Kriterium ist der Erfolg, den ein Text bei Lesern im Zielsprachenland hat, z. B. auch Jugendliteratur, wenn es sich um Lehrbücher für jugendliche Lerner handelt. Diese Texte sind dann insofern „ authentisch “ , als sie als Originale im Zielsprachenland vorkommen. Hinzu kommt noch, dass die Lerner sich ernst genommen fühlen oder stolz darauf sind, dass sie literarische Texte von bekannten Autoren oder andere Texte, z. B. von großen Politikern, Philosophen usw. lesen und verstehen, Texte, über die es sich lohnt zu reflektieren und zu diskutieren - selbstverständlich „ einsprachig “ , also mit Hilfe des Lehrers in der Fremdsprache. Beispiele für solche motivierende Texte werden im Folgenden gegeben. Was sind „ authentische “ Texte? Authentische Texte sind alle Texte, die im Land der Zielsprache vorkommen und die Funktion haben, Mitteilungen unter den Menschen weiterzugeben. Alle diese Texte können, wie gerade dargelegt, durch Lateralübersetzung für den Fremdsprachenunterricht, sogar für den Anfangsunterricht, genutzt werden. Selbstverständlich ist trotzdem eine didaktische Auswahl unbedingt von Nöten. Auch die Verwendung von Texten, die aus didaktischen Gründen verändert wurden, ist gerechtfertigt. Dies ist mit der „ Annäherung an authentische Texte “ gemeint. So kann ein Originalzeitungstext gekürzt wiedergegeben werden, eine Einleitung und eine fiktive Stellungnahme könnten ihn einrahmen. In Originaltexten könnten Passagen mit vulgären Ausdrücken, z. B. aus dem französischen argot, durch solche aus der Normsprache ersetzt werden. Wie bereits gesagt, soll auf landeskundliche Inhalte Wert gelegt werden, vor allem wenn sie Kenntnisse vermitteln, die von der Erfahrung im eigenen Land abweichen oder wichtige Probleme des anderen Landes anschneiden. Die bereits genannte Forderung nach authentischen Texten, die von Jugendlichen des Ziellandes im Alter der Schüler 3.4 Wie motiviere ich Schüler? 33 <?page no="34"?> gern gelesen werden, sollte aber nicht zu einer Niveaulosigkeit führen, indem die Motivation danach gemessen würde, was im Ziellande am meisten gelesen wird, wie z. B. bestimmte Comics bzw. bandes dessinées oder die beliebten romans-photos. Im Folgenden einige exemplarische Beispiele für den Französischunterricht. Dort könnten bandes dessinées wie „ Astérix “ gelesen werden. Jede bande dessinée, die wie diese durch ihre Verbindung von historischem Hintergrund mit ironischer Kritik an aktuellen Zuständen anspruchsvoll ist und gleichzeitig u. a. das Register der Umgangssprache mit erklärendem Kommentar aus einem gehobenem Register verbindet, ist zu empfehlen. Für Jugendliche gibt es in Frankreich geschichtliche Unterweisungen, die sich desselben Mediums bedienen. In dieser Form könnte Landeskunde motivierend unterrichtet werden. Ebenso können Erzählungen wie „ Le petit Nicolas “ von Goscinny mit den Karikaturen von Sempé viel früher gelesen werden. Aufgrund ihrer humorvollen Erzählungen aus dem Schülerleben stellen sie eine einmalige Motivation für jugendliche Lerner dar. Ebenso sei hier an die weltweit verbreiteten Comics Lucky Luke und Abenteuer- und Zukunftsromane, die sogar literarisch anerkannt sind wie die von Jules Vernes, gedacht. „ Authentischer “ Text darf aber keinesfalls als die Beschränkung auf einen schriftlichen Text verstanden werden. Annäherung an Authentizität bedeutet auch, dass ein Originaltext von einem native speaker vorgelesen auf Tonträger zur Verfügung steht. Der Text wird so zu einem „ Lerntext “ , da er dem Lerner die richtige Aussprache vermittelt. Selbstverständlich bedeutet es eine Intensivierung der Authentizität, wenn Originaltexte auch auditiv dargeboten werden. So können z. B. Interviews mit Jugendlichen zu existenziellen Fragen, die auch unsere Schüler bewegen, oder „ klingende Briefe “ von Partnerschulen auf Tonträgern oder als Videoaufzeichnungen eine hohe Motivation schaffen. Authentisch bedeutet ebenfalls die Einbeziehung künstlerisch-emotionaler Elemente, wie sie z. B. bei der Behandlung von chansons gegeben ist, die besonders im französischen Kulturkreis einen höheren Stellenwert haben als im deutschen. Meist ist dies inhaltlich bedingt, nämlich durch einen stärkeren Bezug auf soziale und andere Grundfragen des Lebens. Authentisch heißt aber nicht zuletzt auch der Einsatz von originalen audiovisuellen Medien, z. B. Videomitschnitten von Fernsehsendungen, eines Kurzfilmes oder eines Ausschnittes aus einem Spielfilm, der für Jugendliche von Interesse sein könnte. Dass dies bereits im zweiten Lernjahr möglich ist und zu hoher Motivation führt, hat der Verfasser selbst lange vor der Existenz von Video-Darbietungsmöglichkeiten erfahren (Schiffler 1967). Beispiel für die Arbeit mit authentischen Texten In der französischen Literatur gibt es Autoren, so z. B. Eugène Ionesco und Alain Robbe- Grillet, die sich von Lehrbüchern für Anfänger, Letzterer in seinem Roman Le rendez-vous speziell von der Lehrbuchprogression, inspirieren ließen. Für sie waren die redundanten Informationen von Lehrbuchdialogen, die so sehr von authentischen Dialogen abwichen, mit ihren typischen didaktisch bedingten Wiederholungen, die sie in ihren literarischen Werken als künstlerische Elemente noch verstärkten, ein Element des Absurden par excellence. Solche authentischen Texte können gerade für Schüler einen besonderen Reiz darstellen, weil dort ihre eigene Situation in ganz verfremdeter Form widergespiegelt wird. 34 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="35"?> Nehmen wir z. B. den Anfang von Eugène Ionesco La cantatrice chauve (scène I): Madame Smith: „ Tiens, il est neuf heures. Nous avons mangé de la soupe, du poisson, des pommes de terre au lard, de la salade anglaise. Les enfants ont bu de l ’ eau anglaise. Nous avons bien mangé, ce soir. C ’ est parce que nous habitons dans les environs de Londres et que notre nom est Smith. “ Oder z. B. den Beginn der scène II, wo das Dienstmädchen Marie spricht: „ Je suis la bonne. J ’ ai passé un après-midi très agréable. J ’ ai été au cinéma avec un homme et j ’ ai vu un film avec des femmes. A la sortie du cinéma, nous sommes allés boire de l ’ eau-de-vie et du lait. “ Monsieur Smith: „ Et le journal? “ . Noch stärker kommt die Komik durch Verfremdung im Theaterstück La leçon desselben Autors zum Tragen, in dem der Dialog zwischen einem Lehrer und seiner Privatschülerin wiedergegeben wird. Die Absurdität wird vor allem durch das übertriebene Lob ausgedrückt: Le professeur: „ Combien font un et un? “ L ’ élève: „ Un et un font deux. “ Le professeur: „ Oh, mais c ’ est très bien. Vous me paraissez très avancée dans vos études. Vous aurez facilement votre doctorat total, Mademoiselle. “ Ebenso absurd empfindet der Zuschauer dann die Tatsache, dass die Schülerin zwar gut addieren kann, aber völlig unfähig ist zu subtrahieren. Die nun einsetzende Kritik des Lehrers ist wiederum absurd humorvoll: „ Il ne faut pas uniquement intégrer. Il faut aussi désintégrer. C ’ est ça la vie. C ’ est ça la philosophie. C ’ est là la science. C ’ est ça le progrès, la civilisation. “ Auszüge aus solchen literarischen Vorlagen haben einen ganz neuen, wenn auch verfremdeten Bezug zum Schülerdasein. Ziel ist es, dass die Schüler solche Szenen spielen, ähnliche Szenen selbst finden und Freude an einer Darstellung empfinden, die das Absurde auf die Spitze treibt. Für den Englischunterricht gibt es bereits literarische Texte, die in der genannten Weise für den Anfangsunterricht bearbeitet sind: so sind Alice's Adventure in Wonderland von Lewis Carroll und The Adventures of Tom Sawyer von Mark Twain in den „ Sprachrohr “ - Materialien (Wolf 1995) entsprechend didaktisch aufbereitet worden. Unterteilungen in Lektionen gibt es nicht. Der Lerner bestimmt seinen Input selbst. Die Verständlichkeit ist durch zwei Übersetzungsversionen gesichert, die bereits dargestellte interlineare Wort-für-Wort-Methode und eine Übersetzung in „ gutem “ Deutsch. So kann der Lerner wählen. Hinsichtlich der fehlenden Information über Grammatik oder hinsichtlich der Lernrelevanz der Vokabeln ist Kritik angebracht. Hinsichtlich des Lautbildes ist die langsame und übertrieben artikulierte Sprechweise mit vielen Pausen zu monieren. Nur wenn es noch eine Version mit originaler Sprechgeschwindigkeit gibt, ist eine solche didaktische Version zu rechtfertigen. Es gibt aber auch noch eine zusätzliche Version, nämlich mit einer eigens für diesen Selbstlernkurs konzipierten Entspannungsmusik, die möglicherweise nicht jedem Lerner gefällt. Diesem wird empfohlen, seine Lieblingsmusik zur Version ohne Musik zu hören. 3.4 Wie motiviere ich Schüler? 35 <?page no="36"?> Ob Literatur für Anfänger einer Fremdsprache geeignet ist, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Einige Gedichte von Jacques Prévert sind es zweifellos, da das elementare Vokabular und die Alltagssituationen so sind, dass man meinen könnte, sie seien zum Zweck der Fremdsprachenlehre konzipiert. Bei Lewis Carroll und Mark Twain ist diese Frage in Bezug auf den Inhalt sicherlich positiv zu beantworten. Auf jeden Fall ist die Ermutigung zum Weiterlernen bei einem literarischen Text in hohem Maße gegeben. Authentischen Texten angenäherte Versionen Nun kommen wir zu Texten, die authentischen Texten angenähert sind. Wenn man die von Helmut Müller (1975) für „ Deutsch als Fremdsprache “ ausgearbeiteten Lehrbuchtexte „ Der eine und der andere “ liest, denkt man unwillkürlich an die erwähnten absurden Vorbilder aus der französischen Literatur. Noch überzeugender wirken diese Texte, wenn man sie dann von Schülern als Sketch umgesetzt auf Video sieht. Daraus ein Wortprotokoll (Schiffler 1985, 224 - 236): Name? - Wie bitte? - Ihr Name! - Mein Name? - Ja, Ihr Name! Wie heißen Sie? - Wie ich heiße? - Ja! - Also, wie ist Ihr Name? - Interessiert Sie das? - Nein, aber ich muss es wissen! - Warum? - Darum! Also, wie heißen Sie? - Das weiß ich nicht. - Sie wissen nicht, wie Sie heißen? - Nein, tut mir leid. - Na schön! Der eine und der andere stehen vor einer Ampel: Halt! Es ist Rot! - Wie bitte? - Es ist Rot. Sie müssen warten. - Ich muss warten? Warum? - Weil Rot ist. Bei Rot müssen Sie warten! - Bei Rot muss ich warten? Warum? - Das ist so. - Ich möchte aber gehen! - Gehen können Sie bei Grün. - Bei Rot muss ich warten, und bei Grün kann ich gehen? - Ja. - Heißt das: bei Grün muss ich gehen? - Nicht unbedingt. - Bei Grün könnte ich also auch warten? - Warten können Sie immer. - Und gehen? - Gehen können Sie nicht immer. - Das verstehe ich nicht. Usw. Dialoge, die so ablaufen wie in der Wirklichkeit, bieten dem Lerner inhaltlich auf die Dauer kaum einen Motivationsanreiz. Doch durch die Verfremdung derselben Alltagsdialoge in der gezeigten Weise erhalten sie einen spielerischen Reiz und können zu humorvollen Darstellungen führen, wie die Videoaufnahme zeigt. Von Lernern selbst erstellte Texte Zu den authentischen Texten angenäherten Versionen gehören auch Texte, die von den Lernern selbst stammen. Ein hervorragendes Beispiel hierfür haben Black und Butzkamm (1977) geschaffen, indem sie dreißig authentische Dialoge unter Schülern oder zwischen Lehrer und Schüler im Klassenraum sammelten, die selbstverständlich auf Deutsch abliefen und in denen es um alltägliche Probleme und Konflikte im Klassenraum geht. Diese übersetzten sie ins Englische, um sie als Lehrbuchtexte einsetzen zu können. Der Unterricht mit dem Dialog 24 ist ebenfalls auf Video aufgezeichnet und als Wortprotokoll bei Schiffler (1985, 206 - 223) wiedergegeben und besprochen. Er lautet folgendermaßen: Jean: What ’ s the matter with you? You look so annoyed. Alice: It ’ s the girl next to me. I can ’ t stand her. Jean: Why? What ’ s wrong with her? 36 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="37"?> Alice: She keeps clicking her ballpoint pen. It drives me crazy. Jean: That ’ s ridiculous. Why don ’ t you tell her? Alice: I suppose I can try. Eine ähnliche Textform sind Texte, die von den Schülern mit Hilfe des Lehrers selbst entwickelt worden sind. Es handelt sich dabei um die sogenannten „ Interaktionsspiele “ (Schiffler, 1980, 110 - 120). Als ein Beispiel von vielen sei hier „ die Personenermittlung “ vorgestellt. Der Lehrer diktiert z. B. folgende Fragen: What ’ s you favourite food? Where would you like to travel? What are the qualities your future husband (wife) must have? (etc.) Mit Hilfe des Lehrers beantwortet jeder Schüler diese Fragen schriftlich. Die Antworten kommen in einen Behälter, und die Schüler entnehmen diesem abwechselnd einen Bogen und lesen ihn vor. Soweit es nötig ist, werden die Antworten sprachlich korrigiert und an die Tafel geschrieben. Die Schüler versuchen nun, den Autor eines jeden „ statement “ herauszufinden. In einem anderen interaktiven Verfahren erstellen die Schüler selbst Dialoge mit Hilfe des Lehrers als „ ghostspeaker “ (Schiffler 1998, 92 - 98). Ein Schüler stellt nach Belieben eine Frage an einen Mitschüler. Der Lehrer setzt oder stellt sich hinter diesen und hilft ihm, wenn dieser Hilfe bei der Formulierung der Frage braucht. Dann stellt er sich hinter den Befragten und hilft ihm eventuell bei der Formulierung der Antwort. Alle Aussagen werden auf Tonträger aufgesprochen und den Schülern als Lerntext schriftlich zur Verfügung gestellt. Dass dies bereits im ersten Lernjahr möglich ist, hat der Verfasser in mehreren Unterrichtsexperimenten, die auch auf Video aufgezeichnet sind, nachgewiesen (Schiffler 1985, 1998, 92 ff). Inhaltlich ging es hierbei meist um Themen, die dem augenblicklichen Interesse der Altersgruppe entsprachen. Dabei stellte er fest, dass die Mädchen viel eher bereit waren, Fragen zu stellen, die den Persönlichkeitsbereich der Mitschüler berührten, als die Jungen, welche sich auf Fragen beschränkten, die eher dem Muster der in Lehrbüchern üblichen Fragen entsprachen. Hier ein Auszug aus einem Experiment in einer Spanisch-Klasse: - Oliver, ¿qué equipo de fútbol te gusta más, el Werder Bremen o el Bayern München? - Me gusta más el Werder Bremen. - Eva, tú eres croata. ¿Cuándo emigraste de Croacia? - Emigré de Croacia cuando tenía dos años. - Peter, ¿por qué te gustan esas historias de horror? - Porque me hacen gracia. 3.4.5 Motivation durch „ helfende “ Partnerarbeit und „ verantwortliche Partnerschaft “ Sicherlich ist der geringe organisatorische Aufwand - die Sitznachbarn arbeiten zusammen - ein gewichtiger Grund für den verstärkten Einsatz von Partnerarbeit im Fremdsprachenunterricht in den letzten Jahrzehnten. Ein anderer ist die direkte soziale Beziehung. Sitznachbarn haben bereits sozialen Kontakt miteinander, meist sogar einen positiven, so dass die Bereitschaft, miteinander zu arbeiten, in den meisten Fällen 3.4 Wie motiviere ich Schüler? 37 <?page no="38"?> vorausgesetzt werden kann. Die Direktheit der Beziehung bedingt aber auch, dass sich beide Partner tatsächlich mit der Aufgabe beschäftigen, was bei Gruppenarbeit nicht in derselben Weise gewährleistet ist, wie die leidvollen Erfahrungen in der Praxis zeigen. Nur wenn gezielte Maßnahmen zur Vermeidung der Nachteile der Gruppenarbeit (vgl. gleichnamiges Kapitel bei Schiffler 1998, 47 ff) getroffen werden, kann diese im Fremdsprachunterricht eingesetzt werden. Partnerarbeit ist die Zusammenarbeit zweier Schüler. Sie ist - wie gesagt - durch die direkte und persönliche Beziehung der Partner geprägt. Die Fülle der diesbezüglichen Veröffentlichungen (vgl. Die Neueren Sprachen, 1993) ist ein Indiz dafür, wie sehr sie sich im Fremdsprachenunterricht durchgesetzt hat. Partnerarbeit setzt selbstverständlich einen Lehrer voraus, der auch an einer guten sozialen Interaktion in der Klasse interessiert ist. Ein partnerorientiertes Lehrerverhalten (vgl. Schiffler 1998, 31 ff) ist dieser Unterrichtsform zweifellos förderlich. Bereits oben wurde anhand des Hawthorne-Experimentes gezeigt, welchen Einfluss die positive Interaktion auf die Leistung hat. Ein einfaches Verfahren, Partnerarbeit zum Zwecke der Verbesserung der sozialen Interaktion zu nutzen, wird im Folgenden vorgeschlagen. Der Lehrer muss hierzu jedoch die Zustimmung der Klasse und des Klassenlehrers haben. In jedem Monat, auch öfter oder seltener - dies muss mit der Klasse abgesprochen werden - wird die Sitzordnung der Klasse nach Los neu bestimmt. Das hat den Vorteil, dass die neuen Kontaktmöglichkeiten zwischen Sitznachbarn den ganzen Schultag über und nicht nur während der Partnerarbeit oder in dem einen Fach, in dem Partnerarbeit praktiziert wird, gegeben sind. Falls die Schüler Bedenken gegen ein solches Verfahren haben, kann der Lehrer auch als Kompromiss vorschlagen, dass nach einer bestimmten Versuchsphase die ursprüngliche Sitzordnung wieder eingeführt wird. Wenn aber nach diesem Prinzip Partnerarbeit praktiziert wird, arbeiten jeweils zwei Nachbarn, die möglicherweise bisher noch keine Sozialbeziehungen miteinander hatten, zusammen. So wird Außenseitern die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit Mitschülern durch Zufall und nicht durch Eingriff des Lehrers gegeben. Ob dies in jedem Fall zu einem intensiveren Kontakt zwischen Mitschülern führt oder gar zur Integration von Außenseitern, ist keinesfalls garantiert. Durch den regelmäßigen Wechsel der Sitzordnung werden jedoch die Chancen hierzu erhöht. Ebenso werden Unverträglichkeiten zwischen Nachbarn durch die zeitliche Begrenzung gelindert. Nach anfänglichem Widerstand wünschen die Schüler häufig eine regelmäßige Veränderung der Sitzordnung durch Los. Eine solche Neufestlegung der Sitzordnung nach Losverfahren ermöglicht die beste soziale Mischung der Kontakte nicht nur während der Gruppen- und Partnerarbeit, sondern auch während des Frontalunterrichts. Auf jeden Fall handelt es sich hier um ein nicht zeitaufwendiges Verfahren. Somit sind die Chancen groß, dass es sich in den Schulen durchsetzten wird. Partnerarbeit ist ein Verfahren, das die Schüler zum selbstständigen Handeln im Sinne des handlungsorientierten Fremdsprachenunterrichts anregen soll. Dies ist selbstverständlich auch gegeben, wenn den Schülern einzeln dieselbe Aufgabe abverlangt wird. Für leistungsstarke Schüler ist dies kein Problem, sondern eher eine Herausforderung. Andere Schüler hingegen geraten bei Einzelarbeit, sobald ein Lernproblem auftaucht, in Angstzustände, sind verkrampft und können auf keinen Fall in Ruhe nachdenken und sich ihrer Aufgabe widmen. Insofern kann man davon ausgehen, dass die Gelegenheit, 38 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="39"?> mit einem anderen zusammenzuarbeiten, für sie bedeutet, in Entspannung zu arbeiten. Partnerarbeit kann also sozusagen auch als eine sozial bedingte Entspannungsphase bezeichnet werden. Untersuchungen zu Lernstrategien haben gezeigt, dass leistungsschwächere Schüler, sobald sie allein ein Lernproblem bearbeiten sollen, sich eher mit ihrer eigenen schwierigen Lage befassen und somit handlungsblockierende Gefühle entwickeln (Zimmermann 1997 a). Allgemein schwankt die Haltung von Lernern bei Lernproblemen zwischen „ Lageorientierung “ (der Lerner befasst sich mit sich selbst und entwickelt dadurch handlungsblockierende Gefühle) und „ Handlungsorientierung “ (ökonomische Informationsverarbeitung, um den Istin den Sollzustand zu überführen) (Kuhl 1987). Zimmermann (1997 a) hat durch Introspektion bei einem grammatischen Problem den lernhemmenden Einfluss der Lageorientierung bei einer Schülerin aufgezeigt. Bei Partnerarbeit, bei der es um lexikalische Interferenzprobleme ging, interferieren - wie Haarstrup (1987) durch Introspektion (pair thinking aloud) und Retrospektion (lautes Nachdenken während der Partnerarbeit und eigener Kommentar im Rückblick) zeigen konnte - kognitive Variablen mit denen der Motivation, des Geschlechts und der Gruppendynamik zu Gunsten des Lernprozesses. Sicherlich bringt Partnerarbeit leistungsstarken bzw. „ handlungsorientierten “ Lernern keinen besonderen Vorteil außer dem eines intensiveren sozialen Kontaktes, was nicht unerheblich ist. Jedoch können weniger leistungsstarke oder „ lageorientierte “ Lerner durch die Zusammenarbeit mit einem Partner eher dazu kommen, ihre Aufmerksamkeit auf handlungsrelevante Inhalte zu richten, statt bei ihren eigenen Lernproblemen zu verharren. Dieser Vorteil ist wahrscheinlich bereits bei Partnerarbeit zwischen leistungsgleichen Partnern gegeben, aber erst recht, wenn der eine Partner etwas leistungsstärker ist als der andere. Aus diesem Grund wird im Folgenden die Partnerarbeit in „ verantwortlicher Partnerschaft “ erörtert. Ganz besonders ist die Partnerarbeit aber dadurch gefördert worden, dass der „ Partnerbogen “ erfunden wurde (Héloury 1983), der es ermöglicht, dass die zwei Partner mit einem in zwei Spalten bedruckten Bogen dialogisch so miteinander üben, dass die Fehlerkorrektur jeweils durch den Partner, der den vollständigen Dialog vor Augen hat, gewährleistet ist. Durch Wechsel der Seiten des Partnerbogens erhält dann der überprüfte Partner die korrekten Antworten und kann so die Rolle des Korrigierenden übernehmen. Diese lernzielgerichtete Übung mit Korrekturgarantie, die gleichzeitig durch den Partnerdialog einer realen Kommunikationssituation ähnlich ist, kann auch die Lehrer überzeugen, die wegen der häufig nötigen Lehrerkorrektur bei Sprachübungen den Frontalunterricht im Fremdsprachenunterricht für unabdingbar halten. Die Vielzahl von Veröffentlichung von entsprechend konzipierten Unterrichtsmaterialien (Dreke u. a. 1991, Spengler u. a. 1995, 1996, 1997, 1999, Florio-Hansen 1998) allein als Zusatz zu Französisch-Lehrwerken ist als ein Indiz dafür anzusehen, wie sehr sich Partnerarbeit im Fremdsprachenunterricht durchgesetzt hat. Ansonsten ist Partnerarbeit jedes Mal angebracht, wenn es um das Korrigieren geht. Die Erfahrungen zeigen, dass viele Schüler trotz Korrekturvorlage, gedruckt oder auf Overheadprojektor, ihre eigenen Fehler eher übersehen als die eines anderen. Das Interesse, die Fehler eines anderen zu korrigieren, ist meist ausgeprägter, als das für die eigenen Fehler. 3.4 Wie motiviere ich Schüler? 39 <?page no="40"?> Die „ helfende Partnerarbeit “ Wenn der Lehrer Partnerarbeit praktiziert, geht er davon aus, dass die Partner sich gegenseitig helfen. Das wird sicherlich auch in den meisten Fällen so sein. Trotzdem ist es vorteilhaft, wenn der Lehrer den Schülern Anweisungen gibt, wie sie sich untereinander helfen sollen. Wenn es um Problemlösungen geht, um Vorbereitungen oder Ausarbeitungen von Projekten, ist die Zusammenarbeit sozusagen garantiert. Partnerarbeit sollte aber auch auf das sogenannte mechanische oder Fleißlernen, das üblicherweise in Einzelarbeit erledigt wird, ausgedehnt werden. Der Grund dafür ist, dass immer mehr Schüler durch die außergewöhnlichen Angebote außerhalb der Schule, speziell unserer Medienwelt, von der häuslichen Einzelarbeit abgehalten werden, was auf die Dauer zu immer größeren Leistungsunterschieden in unseren Fremdsprachenklassen führt. Die „ helfende Partnerarbeit “ ist vor allem beim Erlernen des kontextuell eingebetteten bilingualen Vokabulars angebracht, eine Tätigkeit, die bisher für die häusliche Einzelarbeit vorgesehen war. Was bedeutet nun „ helfende Partnerarbeit “ ? Das bedeutet ein ganz anderes gegenseitiges Abfragen als das kontrollierende. Ein schneller Rhythmus sollte eingehalten werden, so dass es gar nicht zur psychologischen „ Lageorientierung “ kommt, dem Bewusstsein des Nicht- oder Noch-nicht-Könnens. Hierbei spielt das Vorflüstern oder Vorsagen die entscheidende Rolle. Um die Lageorientierung zu vermeiden, flüstert der abfragende Partner den Anfang des Satzes oder den Anfang des Wortes oder auch den ganzen Satz bzw. das ganze Wort vor. Durch den raschen Rhythmus wird dem „ Abgefragten “ suggeriert, dass er schon viel oder fast alles weiß. Psychologisch ist dieses Moment sehr förderlich. Pausen, die angeblich zum Nachdenken da sind, führen meist nicht zu dem gewünschten Ergebnis, sondern nur dazu, dass der Befragte sich über seine Lücken klar wird. Dazu jedoch sind Pausen zu schade. Sie müssen zum Lernen und zur Wiederholung genutzt werden, da es bei dieser Art des Lernens vor allem um das Einprägen geht. Selbstverständlich ist es die Aufgabe des befragten Partners, nach dem Durchgang seinem Partner in derselben Art und Weise zu helfen. In „ helfender Partnerarbeit “ können auch Lehrbuchdialoge auswendig gelernt werden. Wenn eine Lateralübersetzung existiert, kann der Partner die Dialogteile auf Deutsch nennen, die der Partner dann in der Fremdsprache wiedergeben soll, oder wenn es um das Erlernen des bilingualen kontextuell eingebetteten Vokabulars geht, dann sollen die Schüler lernen, nicht zu „ kleinen Lehrern “ oder zu Kontrolleuren zu werden, sondern tatsächlich zu Helfern. „ Helfender Partner “ zu sein bedeutet, das bekannte Abfragen zu verlernen und das systematische Vorflüstern, wie oben beschrieben, zu erlernen. Das „ helfende Partnerlernen “ besagt keineswegs, dass nun das eigenständige Lernen zu Hause wegfallen kann, sondern es ermöglicht das wichtige „ Anlernen “ im Sinne des „ zeitverteilten Lernens “ . Schüler, die in dieser Form ein erstes „ Anlernen “ mit dem Partner praktiziert haben, sind eher dazu motiviert, dieses Lernen wieder aufzugreifen und das Vokabular vollständig zu lernen. Ferner entspricht das „ Anlernen “ einer „ abgebrochenen Handlung “ im Sinne des Zeigarnik-Effektes (1927), der besagt, dass abgebrochene Handlungen besser behalten werden. 40 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="41"?> „ Verantwortliche Partnerschaften “ Neben der üblichen Arbeit mit einem Partner ohne eindeutigen Leistungsunterschied sollten aber auch „ verantwortliche Partnerschaften “ zwischen leistungsunterschiedlichen Partnern gebildet werden, bei denen der leistungsstärkere für den leistungsschwächeren verantwortlich ist. Diese werden nur durch eine entsprechende Initiative des Lehrers gebildet. Solche Partnerschaften können sich zwar auch aus Schülern zusammensetzen, die benachbart wohnen und ihre Aufgaben gemeinsam machen. Wesentlich wichtiger aber ist es, dass diese Partnerschaften im Klassenunterricht praktiziert werden. Die leitungsstärkeren verantwortlichen Schüler müssen hierbei vom Lehrer so ausgewählt werden, dass sie diese Aufgabe als Auszeichnung empfinden. Weiterhin ist wesentlich, dass die „ verantwortliche Partnerschaft “ von beiden Partnern auf freiwilliger Basis zustande kommt. Wie die Erfahrungen von Héloury (1983) zeigen, ist es nicht der beste Weg, dass der Lehrer die Leistungsstärksten als „ verantwortliche Partner “ auswählt, weil die Schüler, die Hilfe brauchen, sich eher einen Partner wünschen, der ihnen nur ein wenig überlegen ist. Es bedarf des Fingerspitzengefühls des Lehrers, diese Partnerschaften zu arrangieren. Zuerst fragt er also die Leistungsschwächeren, selbstverständlich unter vier Augen, wen sie gerne als Helfer hätten. Dann fragt der Lehrer die Gewählten, so dass sie dieses Anliegen als Auszeichnung empfinden. Die institutionelle Einbeziehung der Partnerschaften in die Unterrichtsgestaltung wirkt sich auf ihre Intensität und ihre Dauer aus. So könnten z. B. zu Beginn der Stunde die schriftlichen Hausaufgaben immer in Partnerarbeit korrigiert werden. Hierbei ergeben sich häufig Fragen und Unklarheiten, bei denen der leistungsstärkere Partner helfen kann. Ebenso eignen sich viele Übungen speziell zur Partnerarbeit. Vorteilhaft ist es auch, wenn die Schüler noch während des Unterrichts in Partnerarbeit mit der Erledigung der Hausaufgaben beginnen dürfen. Eine besondere Sitzordnung ist deshalb nicht nötig. Sobald Partnerarbeit angekündigt wird, müssen sich nur die in „ verantwortlicher Partnerschaft “ Arbeitenden und deren bisherige Nachbarn umsetzen, wenn man nicht vereinbart, dass sie immer zusammensitzen und von der Sitzordnung nach Los ausgenommen werden. Gruppenarbeit Gruppenarbeit ist im Gegensatz zur Partnerarbeit im Fremdsprachenunterricht nur unter besonderen Bedingungen zu empfehlen. Der offensichtliche Nachteil der üblichen Gruppenarbeit mit leistungsheterogenen Gruppen besteht darin, dass ein oder zwei Schüler die Arbeit tun, ohne dass die übrigen einen Beitrag leisten. In der „ verantwortlichen Partnerschaft “ ist es hingegen viel eher zu erreichen und sogar an Hand der schwächeren Partner nachprüfbar, dass der leistungsstärkere Schüler den Schwächeren befähigt, die gestellte Aufgabe selbstständig zu lösen. Diese verantwortliche Partnerarbeit führt in vielen Fällen auch zu einer sozialen Annäherung der beiden Schüler. Wie sich aus fast jedem Soziogramm ablesen lässt, wählen sich die Leistungsstärkeren gern gegenseitig. Wenn also Gruppen nur auf freiwilliger Basis gebildet werden, entstehen selten leistungsheterogene Gruppen. Die „ verantwortliche Partnerschaft “ ist aber ein 3.4 Wie motiviere ich Schüler? 41 <?page no="42"?> Weg, den freiwilligen Zusammenschluss von Leistungsschwächeren und Leistungsstärkeren zu fördern. Aus diesem Grund müsste die Partnerarbeit in „ verantwortlicher Partnerschaft “ als unbedingte soziale Lernstufe jeder Gruppenarbeit vorausgehen. Eine Diskriminierung derjenigen, denen durch diese Partnerschaften geholfen wird, kann dadurch vermieden werden, dass der Lehrer vor allem den schwächeren Partner aufruft. Wenn dieser dann durch eine gute Leistung Bestätigung erhält, ist dies gleichzeitig auch ein Erfolg für den helfenden Partner. Ferner sollte die „ verantwortliche Partnerschaft “ beendet werden, sobald der leistungsschwächere Schüler bessere Leistungen aufzeigt. Für beide Partner kann dann die Lösung der Partnerschaft ein Erfolgserlebnis darstellen. Wenn es darüber hinaus gelingt, auch in anderen Fächern ebenso zu verfahren, ist es durchaus möglich, dass dort der in Sprachen Leistungsschwächere vom Lehrer als leistungsstärkerer helfender Partner ausgewählt wird. Steinig (1985) hat ein ähnliches Verfahren wie die „ verantwortliche Partnerschaft “ für den Fremdsprachenunterricht vorgeschlagen, das er „ Zweierschaftslernen “ nennt. Der Unterschied zwischen beiden Verfahren besteht darin, dass eine Zweierschaft grundsätzlich zwischen einem älteren und einem jüngeren Schüler, also aus Schülern unterschiedlicher Klassenstufen, gebildet wird. „ Verantwortliche Partnerschaften “ lehnt er ab, da hierbei der helfende Schüler die erworbene bzw. zugeteilte Rolle des Lehrers übernähme. Durch den Altersunterschied habe beim Zweierschaftslernen der helfende Schüler eine natürliche Rolle. Dadurch entstünde lernpsychologisch eine günstige Situation des Wohlwollens und der nonverbalen Verstärkung, wie sie im Erstsprachenerwerb zwischen Eltern und Kindern existiere. Einen wesentlichen Unterschied erachtet er als gering, nämlich dass die Eltern im Muttersprachenerwerb kompetente fehlerfreie Sprachvorbilder sind. Da aber Fehler im Muttersprachenerwerb keine negativen und für den Lernprozess disfunktionalen Faktoren darstellen, hält er diesen Einwand nicht für stichhaltig. Er stützt sich bei seinem Modell auf die subjektiv guten Erfahrungen hinsichtlich des Erfolgs von Nachhilfeunterricht durch Schüler, von denen er 79 befragt hat. Sein Verfahren hat er an einer holländischen Realschule in sechs Klassen erprobt, die acht Wochen lang einmal wöchentlich Zweierschaftslernen praktizierten. Aus vier der sechs Klassen und aus vier Kontrollklassen wurden 94 Schüler anhand mündlicher Einzeltests geprüft. Die Experimentalschüler waren den Kontrollschülern hierbei signifikant überlegen. Das gute Ergebnis ist eindeutig auf die Fortschritte der Mädchen beim Zweierschaftslernen zurückzuführen (155 ff). Sehr ansprechend sind die „ Gesprächsblätter “ , die den Zweierschaften als Gesprächsgrundlage gegeben wurden. Angesichts des schrift- und grammatikbezogenen Unterrichts, wie er im Normalunterricht in dieser Schule laut Schilderung des Autors ablief, ist nicht von der Hand zu weisen, dass ähnliche Fortschritte im Sprechbereich mit Hilfe desselben Materials auch mit „ verantwortlichen Partnerschaften “ hätten erzielt werden können. Wenn diesem Verfahren jedoch keine organisatorischen Schwierigkeiten im Wege stehen, sind Partnerschaften zwischen altersunterschiedlichen Schülern sicherlich eine ausgezeichnete Erfindung. Äußerst sinnvoll sind Zweierschaftslernen und „ verantwortliche Partnerschaften “ für Remigrantenkinder, die aus Deutschland mit guten Sprachkenntnissen in ihre Heimatländer zurückkehren und dort meist eine nicht sehr glückliche Rolle im Deutschunter- 42 3. Der „ gute “ Fremdsprachenlehrer <?page no="43"?> richt spielen (vgl. Steinig 1988 und 1990). Die Erfahrungen mit verantwortlicher Partnerschaft in den USA (Riesmann 1965) haben gezeigt, dass entgegen der Erwartungen die Fortschritte bei den helfenden Partnern (Tutors) größer waren als die bei den Hilfe erhaltenden (Tutees). Dieses Ergebnis stützt die eingangs geäußerte Forderung, dass keineswegs nur die leistungsstärksten Schüler zu Helfern werden sollten. 3.4 Wie motiviere ich Schüler? 43 <?page no="44"?> 4. Mit Bewegung lernen 4.1 Vorbemerkung zur Darbietung von Vokabeln: Kontextuell und bilingual Bevor im Folgenden Aussagen über die unterschiedlichen Formen des Vokabellernens mit Bewegung gemacht werden, ist es wichtig, eine grundsätzliche Aussage über die Darbietung von Vokabeln zu machen. Befürworter eines konsequent einsprachigen Fremdsprachenunterrichts führen an, dass ein Wort meist mehrere Bedeutungen habe und deshalb eine Übersetzung in die Irre führen könne. Man müsse das Wort im Kontext, also innerhalb des gesamten Textes lernen, um den jeweiligen Sinn konkret zu erfassen. Das trifft zu. Nach dem Prinzip „ dem Lerner alle nur möglichen Hilfen geben “ ist ihm das Wort mit Kontext und mit der Übersetzung, die diesem Kontext entspricht, schriftlich darzubieten. Es kommt vor, dass der Lerner den gesamten Kontext versteht und trotzdem das ihm unbekannte Wort nicht erschließen kann bzw. zu einer ungenauen oder sogar falschen Schlussfolgerung kommt. Im Folgenden werden hierfür einige Beispiele mit Kontext angeführt. He ’ s too self-conscious wird, wenn die Übersetzung nicht mitgegeben wird, meist mit Er ist zu selbstbewusst statt mit Er ist zu gehemmt übersetzt. Are women more sensible than men? wird meist mit Sind Frauen sensibler als Männer? übersetzt, statt mit Sind Frauen vernünftiger als Männer? Die richtige Übersetzung führt also zu einem effektiveren Lernen, als wenn dies der Erschließungskunst des Einzelnen anhand des Kontextes überlassen würde. Weitere Beispiele betreffen die Kollokationen, die nur als Ganzheit gelernt werden können. Die meisten Englisch-Lerner kennen die Vokabel the speech - die Rede, die sie isoliert gelernt haben, haben aber keine Ahnung, wie man das Wort richtig anwendet. Wenn sie nämlich sagen wollen Ich will eine Rede halten, können sie das nicht sagen, obwohl ihnen das Verb to make bekannt ist. Besser ist es also, kontextuell zu lernen: He makes a speech - Er hält eine Rede. Wörter wie the nose - die Nase und the line - die Zeile sind dem Schüler bereits seit dem ersten Jahr Englischunterricht bekannt, aber oft wissen sie auch nach einem mehrjährigen Englischunterricht nicht, dass Putz dir die Nase mit Blow your nose oder Schreib mir ein paar Zeilen mit Drop me a line zu übersetzen ist. Kommen wir zum Französischen: In einem Gedicht von Jacques Prévert haben alle Schüler eines Leistungskurses Französisch Ils s ’ embrassent debout mit Sie umarmen sich im Stehen statt Sie küssen sich im Stehen übersetzt. Obwohl s ’ embrasser auch umarmen mit Küssen heißen kann, hat sie der Kontext in diesem Fall nicht zur richtigen Übersetzung veranlassen können. Le bras - der Arm hat sie genauso fehlgeleitet wie im obigen englischen Beispiel conscious - bewusst. Wenn Schüler isoliert die Vokabeln le verre - das Glas, boire - trinken lernen, werden sie niemals den Satz Trink nicht aus diesem Glas - Ne bois pas dans ce verre richtig übersetzen können. Schon in den ersten Stunden Französisch lernen sie wahrscheinlich Wörter wie la tasse - die Tasse und der Geschirrschrank - le placard. Wenn sie diese isoliert gelernt haben, dann <?page no="45"?> werden sie auch noch nach Jahren den Satz Nimm die Tasse aus dem Schrank - Prends la tasse dans le placard nicht richtig übersetzen können. Ebenso wenig den Satz: Iss, was du auf dem Teller hast - Mange ce que tu as dans l ’ assiette. Was nützt es zu lernen, dass crever drei Bedeutungen hat: platzen, zum Platzen bringen, umkommen? Wirksamer ist es, zu lernen: J ’ ai crevé de rire. - Ich habe mich totgelacht. Cela m ’ a crevé le coeur. - Das hat mir das Herz zerrissen. Je crève de faim. - Ich komme um vor Hunger. Im Folgenden soll gezeigt werden, dass durch das kontextuelle Vokabellernen gleichzeitig auch Grammatik gelernt werden kann. Das kontextuelle Erlernen der Vokabeln hilft nicht nur zur richtigen Anwendung im betreffenden Kontext, sondern ist besonders bei Kollokationen und idiomatischen Wendungen ein großer Vorteil. Wenn der Schüler gelernt hat: Stop running - Hör auf zu laufen dann fällt es ihm leichter, diese Vokabel in anderen Kontexten grammatisch richtig anzuwenden: Stop talking. He stopped laughing. We ’ ll stop buying your merchandise. So kann to offer - anbieten im gepflegten Englisch u. a. mit einer für Deutschsprachige ungewohnten Struktur angewandt werden. Deshalb ist es sinnvoll, diese Vokabel z. B. in diesem Kontext zu lernen: to offer - anbieten Yesterday, I was offered a job. - Gestern ist mir eine Stelle angeboten worden. Ähnlich ist es mit dem folgenden Wort: to succeed - gelingen He succeeded in winning. - Es gelang ihm, zu gewinnen. Einige Beispiele aus dem Französischen: Je les crois. - Ich glaube ihnen. Je ne mens pas à ma mère. - Ich belüge meine Mutter nicht. Je lui téléphone. - Ich telefoniere mit ihm/ ihr. Il m ’ a dit qu ’ il avait de l ’ argent. - Er hat mir gesagt, er habe/ hat Geld. Il est normal qu ’ il le sache. - Es ist normal, dass er es weiß. Vous êtes censé être à l ’ heure. - Man erwartet von Ihnen, dass Sie pünktlich sind. Das Erlernen von Vokabeln im Kontext ist in allen modernen Lehrbüchern selbstverständlich geworden. Dies ist zwar erfreulich, jedoch ist die kontextuelle Darbietung so, dass die Schüler die Vokabeln trotzdem meist isoliert lernen. Dies liegt einfach an der dreispaltigen Darstellung. In der ersten Spalte wird das Wort in der Fremdsprache vorgegeben, in der dritten wird die Übersetzung gegeben. Die Mittelspalte ist dem Kontext vorbehalten, der aber nicht übersetzt wird. Schlimmer noch, sie hat die Form einer „ Ratespalte “ , denn das neue Wort wird nur mit einer Lücke wiedergegeben. Zum Beispiel: un/ une écologiste les ~ protègent l ’ environnement ein Umweltschützer, eine Umweltschützerin 4.1 Vorbemerkung zur Darbietung von Vokabeln: Kontextuell und bilingual 45 <?page no="46"?> Wenn der Kontext vollständig gegeben wird, dann ist das schon vorteilhafter: emergency In case of emergency you need help. Notfall, Notlage Wegen der fehlenden Übersetzung des Kontextes ignorieren die meisten Lernenden beim Lernen die Kontext-Spalte, meistens auch deshalb, weil die Lehrer die Vokabeln nicht im Kontext überprüfen. Falls sie es tun, wäre es für die Schüler eine beträchtliche Lernerleichterung, wenn die kontextuelle Spalte in einer gesonderten Zeile ebenfalls auf Deutsch zweispaltig dargeboten würde, wie im Folgenden: emergency In case of emergency you need help. Notfall, Notlage In einem Notfall braucht man Hilfe. un/ une écologiste Les écologistes protègent l ’ environnement. ein(e) Umweltschützer(in) Die Umweltschützer schützen die Umwelt. Solange die kontextuelle Einbettung der Vokabeln nicht bilingual dargeboten wird, muss der Lehrer die Schüler dazu anhalten, die kontextuelle Zeile abzuschreiben bzw. die Lücke darin auszufüllen und die deutsche Übersetzung selbst hinzuzufügen, um so zu lernen. Der Vorteil ist hierbei, dass es sich dann nicht um ein stures Abschreiben handelt. Der Nachteil ist, dass den Lernenden Abschreib- und Übersetzungsfehler unterlaufen. Deshalb ist die beste Lösung, die kontextuelle Einbettung der Vokabeln, wie oben aufgezeigt, ebenfalls ins Deutsche übersetzt darzubieten. 4.2 Vorbemerkung zum Bewegungslernen Der Neurobilologe Roth (2011, 297) sagt, dass laut Tests das Wissen, das Schüler fünf Jahre nach Schulabschluss noch haben, gegen Null strebt. Er führt dies darauf zurück, dass die Lehrer sich mit der Wissensvermittlung begnügen, die in das Arbeitsgedächtnis gelangt, und zu wenig für die Konsolidierung des Wissens tun, um es ins Langzeitgedächtnis zu überführen. Das Bewegungslernen ist neben den anderen hier vorgeschlagenen Wiederholungs- und Anwendungsvorschlägen dazu geeignet, kontextuelle Vokabelkenntnisse im Langzeitgedächtnis zu verankern. Es handelt sich hierbei, genauso wie bei der Wiederholung in Entspannung, um für die Schüler ungewöhnliche Arbeitsformen, die, wie gesagt, nicht ohne vorherige Information über die Wirksamkeit eingesetzt werden sollten. Wie die empirischen Untersuchungen von Sambanis (2007) bei Grundschülern gezeigt haben, stellt Bewegungslernen bei diesen kein Problem dar. Bei Schülern in der Pubertät, die erwachsen wirken wollen, kann Bewegungslernen ganz anders aufgefasst werden. Bei Erwachsenen wiederum hat Calenge (1997, 12) nur gute Erfahrungen gemacht. Sie hat diese zuerst aufstehen lassen und damit eine gewisse Spannung auf eine neue Unterrichtsform hervorgerufen. Dann hat sie sie aufgefordert, ihr „ Spiegel “ und ihr „ Echo “ zu sein. Das sind Termini aus dem Psychodrama. Wenn der Lehrer den Schülern solche Erklärungen gibt, dann hat diese Aufforderung eine ganz andere Wirkung als wenn er sagt: „ Sprecht mir nach “ . Der Wert solcher Bezeichnungen ist nicht zu unterschätzen. 46 4. Mit Bewegung lernen <?page no="47"?> Beim Bewegungslernen handelt es sich insofern nicht um ein Placebo, als es nachweisbar einen leistungssteigernden Effekt hat. Dadurch aber, dass der Lehrer über medizinische Forschungen Bescheid weiß und den Lernenden die Zusammenhänge erläutern kann, gewinnt er an Sachkompetenz und auch an Autorität. Die Lernenden vertrauen darauf, dass er ihnen den besten Weg zeigt, die Fremdsprache zu erlernen. Durch diese Information kommt insofern ein Placebo-Effekt (s. Kapitel 3.2) zustande, als der Lehrer von der Wirksamkeit des Bewegungslernens überzeugt ist und dies den Lernenden zu verstehen gibt. Dadurch wird dieses Verfahren noch viel wirksamer, als wenn diese Information nicht gegeben würde. Jugendliche in der Pubertät sind dem Bewegungslernen gegenüber oft skeptisch bis ablehnend eingestellt. Die Möglichkeit besteht, dass sie ein solches Lernen als „ kindisch “ , „ Faxenmacherei “ oder „ Kasperletheater “ ansehen. Hier ist die Lehrerinformation über die neurologischen Gehirnforschungen, wie sie eingangs (s. Kapitel 2) gegeben wurden, unbedingt angebracht. Durch sie fühlen sie sich als vollwertige Dialogpartner angesprochen und sind eher bereit, dieses Verfahren als ernsthaftes und hilfreiches Lernen anzuerkennen. Ganz abgesehen von der Frage, ob Bewegungslernen das Behalten fördert oder nicht, ist das sechsbis siebenstündige Stillsitzen in unseren Schulen, das nur von stündlichen Pausen unterbrochen wird, nach medizinisch-orthopädischen Erkenntnissen für einen Großteil der Haltungsschäden unserer Schüler verantwortlich. Diese könnten dadurch vermieden werden, dass das Sitzen während der Stunde zwei- oder dreimal durch Bewegung, ganz gleich welcher Art, unterbrochen würde. Ein Fremdsprachenunterricht, der das Bewegungslernen einbezieht, beugt somit auch Haltungsschäden vor. Von der orthopädischen Wirkung abgesehen, stellen Lehrer immer wieder noch eine weitere Wirkung des Bewegungslernens fest. Sobald sich Schüler hierauf einlassen, haben sie einen entspannten, oft sogar fröhlichen Gesichtsausdruck. Gemeinsam Bewegungen auszuführen und dabei laut zu sprechen hat für die meisten einen enthemmenden Effekt. Gerade die fremde Sprache bedeutet für viele Lernende, dass das Ich, das vor allem durch die Muttersprache aufgebaut wird, in Frage gestellt wird. Die Entspannung durch Bewegung und gleichzeitiges Chorsprechen lässt den Lernenden diese Hemmungen vergessen. Calenge (1997, 12) bezeichnet die Entspannung und den Abbau von Sprechhemmungen als den „ wichtigsten Nebeneffekt “ des Bewegungslernens: „ Die Abwechslung zwischen Sitzen, Aufstehen, Gehen usw., der Platzwechsel, das gemeinsame Sprechen im Chor, das Mimen, die vorsichtigen Körperberührungen mit den Händen tragen zu einer lockeren ungezwungenen Atmosphäre im Unterricht bei. In jedem von uns wohnt ein Kind, das sich gerne bewegt. “ Leistungsstarke Lerner brauchen weder Bewegungslernen noch Entspannung, noch den Wechsel in den Darbietungsformen, wie sie hier dargestellt werden. Sie lernen ebenso gut, wenn sie individuell für sich lernen. Für die anderen kann sich jedoch das Bewegungslernen und der Wechsel zu anderen Lernformen günstig auswirken und sie dazu anregen, zum Selbstlernen des bilingualen kontextuell eingebetteten Vokabulars eigene Lernstrategien zu entwickeln. 4.2 Vorbemerkung zum Bewegungslernen 47 <?page no="48"?> 4.3 Chorsprechen und „ Mönchsgang “ Nachdem nun die lerngünstigste Darbietungsform der Vokabeln beschrieben wurde, kommen wir zu den unterschiedlichen Formen des Bewegungslernens. Im Mittelalter waren die Klöster gleichzeitig für die schulische Ausbildung eines Teils der Bevölkerung verantwortlich. Das Lernen bestand vorrangig aus Auswendiglernen, welches laut und im Chor und auch in Bewegung geschah. Die Kreuzgänge, die vor allem dazu dienten, die Stundengebete im Kreis schreitend zu rezitieren, dienten auch zum Lernen in derselben Bewegung. In den Schulen selbst war das laute „ Chorsprechen “ , speziell zum Auswendiglernen, üblich. Es ist nicht auszuschließen, dass der Ausdruck apprendre par c œ ur für Auswendiglernen, der etymologisch darauf zurückzuführen ist, dass man im Mittelalter den Sitz des Geistes im Herz vermutete, auch so verstanden wurde, dass man, wie früher in den Klosterschulen, im Chor auswendig lernen ließ, also apprendre par ch œ ur. Der englische Ausdruck to learn by heart ist die Übersetzung des französischen. Durch jahrhundertelange Erfahrung hatte sich das Einprägen durch lautes Sprechen in Bewegung als gedächtnisfördernd erwiesen. Dieses Wissen ist in unseren Schulen verloren gegangen, wo man glaubt, nur still sitzend am besten lernen zu können. Ebenso ist das Auswendiglernen z. B. von Gedichten und Liedern aus der Mode gekommen. Im Fremdsprachenunterricht ist es nicht nötig, ganze Lektionen auswendig zu lernen, aber zweifellos ist es vorteilhaft, zumindest Dialogteile einer Lektion oder Redewendungen, besonders wenn sie idiomatisch geprägt sind, auswendig zu lernen, wie z. B.: I would like to have you round for dinner. Je ne pouvais pas en croire mes yeux. No vale la pena romperse el coco. Man sollte das nicht übers Knie brechen. Die einfachste Form, mit Körperbewegung zu lernen, ist der sogenannte Mönchsgang in Form des Schreitens in einem Kreis. Dies setzt eine kleine Gruppe von Lernern voraus, da andernfalls der nötige Platz hierfür fehlt. Während des Gehens spricht der Lehrer den Text vor, nennt etwas leiser die Übersetzung, dann wieder laut den zielsprachigen Text, den die Schüler laut im Chor nachsprechen. Hierbei machen alle während des Nachsprechens eine schwingende oder kreisende Bewegung, die nach Möglichkeit mit der Intonation übereinstimmt und diese nonverbal verstärkt. Im Allgemeinen gibt der Lehrer diese Geste vor und die Lernenden imitieren bzw. „ spiegeln “ den Lehrer. Bei Sinneinheiten, wo eine semantisch kongruente Geste sozusagen ins Auge springt, kann der Lehrer auch diese machen und die Schüler imitieren sie. Nehmen wir den folgenden Satz: The school includes three sections. L ’ école comprend trois sections. La escuela comprende tres secciones. Die Schule umfasst drei Sektionen. Der Lehrer führt die waagerecht ausgestreckten Arme zu einem Kreis zusammen, als ob er jemanden umarmen wollte. Dabei nennt er in der Muttersprache entweder die ganze 48 4. Mit Bewegung lernen <?page no="49"?> Sinneinheit oder nur das unbekannte Wort, in diesem Fall includes/ comprend/ comprende/ umfasst. Die Schüler wissen, dass sie die muttersprachigen Lehrervorgaben nicht wiederholen sollen. Dann spricht der Lehrer die fremdsprachige Sinneinheit zum zweiten Mal vor. Erst dann wiederholen die Schüler und imitieren bzw. „ spiegeln “ die Geste. Wenn der Lehrer sich dafür entscheidet, statt der sich wiederholenden gleichbleibenden Bewegung eine den Wortsinn verdeutlichende Geste zu machen, ist es selbstverständlich, dass er diese schon beim ersten Vorsagen realisiert, auch wenn die Schüler erst danach durch die geflüsterte Übersetzung den Satz verstehen. Bei der zweiten Nennung bzw. Wiederholung ist die Geste dann noch hilfreicher. Bei schwierigeren Sätzen ist es angebracht, Satz und Geste nochmals zu wiederholen. Auf jeden Fall wird durch die Bewegung das wiederholte Nachsprechen im Chor nicht zu einem langweiligen Lernvorgang. Sehr wirksam ist auch die Unterbrechung des Mönchsgangs zur Unterstreichung bestimmter Gesten. Z. B.: One hundred euro for that, never! Cent euros pour ça, jamais! ¡Cien euros por eso, nunca! Hundert Euro dafür, niemals! Alle Schüler bleiben stehen, stemmen beide Arme in die Hüfte als Ausdruck der Empörung und sprechen den Satz mit emphatischer Intonation nach. Beim Mönchsgang wird das laute Sprechen mit Bewegung gekoppelt. Mehr als die Koppelung zweier Sinne ist normalerweise nicht angebracht, weil der Lerner sonst einen Sinneskanal vernachlässigt oder völlig ausschließt. Aus diesem Grund sollte beim Mönchsgang auf die Projektion des Schriftbildes verzichtet werden. Außerdem behindert der Blick auf den OH-Projektor das Schreiten im Kreis. 4.4 Mit Partner und Bewegung Die Lernenden haben im Stehen den medial vermittelten Text bzw. die Vokabeln vor Augen. Während der Lehrer vorspricht und die Geste vormacht, lesen die Lernenden beim Nachsprechen mit und imitieren die Geste nur beiläufig. Beim zweiten Vorlesen sprechen sie im Chor nach, spiegeln die Geste, schauen jedoch nach Möglichkeit nicht mehr auf das Schriftbild. Da keine Veränderung des Klassenraums vorzunehmen ist, ist diese Form des Bewegungslernens der Regelfall, vor allem bei großen Lerngruppen. Es kann also unabhängig von der Gruppengröße jederzeit praktiziert werden. Durch die Projektion des Schriftbildes mit der Übersetzung während der Bewegung werden den Lernenden zusätzliche Lernhilfen gegeben. Dadurch wird ihr Sicherheitsbedürfnis befriedigt. Beim Bewegungslernen ist gerade das „ periphere Lernen “ durch das Schriftbild und die Übersetzung gegeben, d. h. der Lernende schaut nur auf den Text, wenn er ihn benötigt. Diese sporadische Stütze steht den Schülern - außer beim Mönchsgang - bei allen übrigen Formen des Bewegungslernens zur Verfügung, da sie an ihren Plätzen oder im Halbkreis stehen. Es ist auflockernd und beugt jeglicher Monotonie vor, wenn das Bewegungslernen im Stehen dadurch ergänzt wird, dass sich die Schüler ihrem Nachbarn zuwenden, ihn anschauen und ihm die Sinneinheit nochmals vorsprechen. Der Nachbar tut dies 4.4 Mit Partner und Bewegung 49 <?page no="50"?> ebenfalls. Dadurch wird die Sinneinheit mehrmals wiederholt, ohne dass dies als gleichförmige Wiederholung empfunden wird. Der Blickkontakt zum Partner ist belebend. Gleichzeitig übernimmt der Schüler eine Verantwortung für seine Aussage, denn der Partner darf und soll sogar helfend eingreifen, wenn der andere stockt oder einen Aussprachefehler macht. Falls ein Schüler sich zu Unrecht korrigiert glaubt, wird nach der Übung der Lehrer zu Rate gezogen. Die Schüler erhalten anschließend die kontextuell-bilingualen Vokabellisten. Der Lehrer liest nur die Vokabeln, die voraussichtlich Ausspracheprobleme hervorrufen, vor und lässt diese von einem oder mehreren Schülern nachsprechen. Dann schauen sich die Schüler die Vokabeln kurz in Stillarbeit an. Anschließend hört der eine Partner den anderen in Form der „ helfenden Partnerarbeit “ (vgl. S. 40) in raschem Rhythmus ab. Dann werden die Rollen gewechselt. Eine wirksame Hilfe ist es, wenn der Abfragende sich die Problemvokabeln seines Partners merkt oder notiert und diese wiederholend abfragt. 4.5 Hörverstehen und Sprechen mit Pantomime Vor mehreren Jahrzehnten hat Asher (1982) das Bewegungslernen als Antwort auf Befehle unter einem einzigen, speziellen Aspekt im Fremdsprachenunterricht eingesetzt. Er ging davon aus, dass beim Kind eine lange Hörphase dem Sprechen der Muttersprache vorausgeht. Während dieser jahrelangen Hörphase erhält das Kind zahlreiche freundliche und weniger freundliche Anweisungen, Aufforderungen und Befehle. Die Eltern und andere Sprecher seiner Umgebung setzen voraus, dass das Kind, auch ohne sprechen zu können, diese sprachlichen Mitteilungen versteht. Wenn es das nicht tut bzw. nicht Folge leistet, dann gehen die Sprecher meist nicht davon aus, dass ein Nichtverstehen, sondern eher ein Nichtwollen vorliegt. Die Folge ist, dass die Aufforderungen in intensiverer Form wiederholt werden oder dass dem Kind in nonverbaler Form verdeutlicht wird, was der Sprecher von ihm verlangt. Sicherlich ist es sinnvoll, auch das Erlernen der Muttersprache zu analysieren, um Erkenntnisse für den Fremdsprachenunterricht zu gewinnen, jedoch sind immer folgende Voraussetzungen zu beachten: Der Lerner im gesteuerten Fremdsprachenunterricht ist in seiner geistigen Entwicklung auf einem anderen Stand als das Kleinkind, was Vor- und Nachteile birgt. Die Kenntnis der Muttersprache kann einerseits beim Fremdsprachenlernen stören, kann aber andererseits auch hilfreich sein. Nur ein Bruchteil der Zeit, die das Kind braucht, um die Muttersprache zu erlernen, kann dem Lernen einer Fremdsprache zur Verfügung gestellt werden. Asher empfiehlt nun einen Fremdsprachenunterricht, in dem der Lehrer den Lernenden über lange Zeit nur zu bestimmten Handlungen auffordert und gleichzeitig durch pantomimisches Vorspielen zeigt, wie die Ausführung dieser Aufforderungen aussieht. Sobald die Lernenden in dieser Form verstanden haben, was der Lehrer von ihnen verlangt, wiederholt er die Aufforderungen vor der gesamten Lerngruppe, die sie dann „ körperlich “ ausführt, ohne aber ein Wort zu sagen. Sie antwortet also mit dem Körper. Deshalb nennt er seine Methode Total-Physical-Response-Learning (TPR). So kann eine lange und komplizierte Reihe von Befehlen gegeben werden, die die Lernenden nacheinander ausführen müssen. 50 4. Mit Bewegung lernen <?page no="51"?> Ein Beispiel: Brigitte, lève-toi, ouvre la boîte, va vers la table, prends le feutre dans la boîte, va au tableau, écris le mot „ la boîte “ au tableau, montre l ’ accent circonflexe, souligne le mot, prends le chiffon, efface le mot, retourne vers la table, remets le feutre dans la boîte, retourne à ta place et assieds-toi. Brigitte, steh auf, öffne die Dose, geh zur Tafel, nimm den Filzstift aus der Dose, geh an die Tafel und schreibe das Wort „ boîte “ an die Tafel, zeige den Akzent „ circonflex “ , unterstreiche das Wort, nimm den Lappen, wisch das Wort aus, geh an den Tisch zurück, lege den Filzstift wieder in die Dose, geh zurück auf deinen Platz und setz dich hin. In dieser Form wird intensiv das Hörverstehen geübt und die Richtigkeit des Verstehens sofort durch den körperlichen Vollzug überprüft. Eine Fülle von solchen „ Kommandierspielen “ und „ Gymnastik im Klassenzimmer “ für den Englischunterricht findet man bei Butzkamm (2004, 297 ff). Sicherlich sprechen viele Argumente dafür, den Lernenden einen hohen auditiven Input zukommen zu lassen, bevor sie zum ersten Mal den Mund auftun. Asher jedoch verbietet den Lernenden während langer Zeit den Mund. Viele Sprachmethodiker haben in der Vergangenheit dadurch ihrer „ Methode “ ein Profil zu geben versucht, dass sie den Lernenden vieles verbaten bzw. ihnen viele Lernerleichterungen vorenthielten oder sie daran hinderten, die ihrem Lerntyp entsprechenden individuellen Lernwege zu gehen oder eigene Lernstrategien aufzubauen. Das Verbot der Übersetzung in die Muttersprache oder das Verbot, das fremdsprachige Wort aufzuschreiben und dessen Orthografie spontan zu lernen, gehören dazu. Wenn Lernende einen großen auditiven Input erhalten und diesen auch verstehen, dann sollten sie dazu ermutigt werden, selbst zu sprechen, sobald sie es wollen, in diesem Fall z. B. eine oder mehrere Anweisungen an ihre Mitlernenden zu geben. Dadurch wird der Unterricht interaktiv und die dominante Rolle des Lehrers in der Methode TPR von Asher wird effektiv abgebaut. Der Lehrer leistet dabei sprachliche Hilfestellung. Die Lernenden können sogar eigene Befehle erfinden, die sie noch nie gehört haben, und erfragen die nötigen fremdsprachigen Äquivalente vom Lehrer. So werden sie zu „ sprachlich Handelnden “ und autonomen Lernern. Ganz gleich, ob nun der Lehrer oder der Lernende der sprachliche Stimulator ist, wird in jedem Fall dadurch, dass die Sprache in Bewegung umgesetzt wird, das Behalten, auch das des Zuhörers durch dessen Beobachtung der Bewegung, gefördert. Sambanis (2007, 193 ff) hat die Methode Ashers erweitert, indem sie Grundschulkinder ermuntert hat, freiwillige Sprechversuche und Nachsprechen, auch im Chor, in Verbindung mit TPR, zu machen. Dieses Nachsprechen nach Bewegung wird in Form von Versteckspielen und Führung zu Gegenständen im Klassenraum gefördert. Sie nennt es Total Physical and Verbal Response (TPVR). Die Versprachlichung der Pantomine Das Bewegungslernen nach Asher kann umgekehrt werden, indem nun die Lernenden Bewegungen ausführen und die Mitlernenden die dazugehörigen Aufforderungen versprachlichen. Sobald die kontextuellen Vokabeln oder der Lektionstext mit Bewegung eingeführt wurde, können mehrere Vokabeln oder Dialogteile, soweit eine 4.5 Hörverstehen und Sprechen mit Pantomime 51 <?page no="52"?> eindeutige semantisch kongruente Körperbewegung beim Erlernen verwendet wurde, zu einem pantomimischen Sketch zusammengefasst und vorgeführt werden. Die Mitschüler finden dann den entsprechenden Satz. Wenn sie ihn nicht vollständig formulieren können, helfen die Darsteller, indem sie das Fehlende nochmals pantomimisch darstellen. Hierzu ein Beispiel: Wenn nun ein abstrakter Satz wie: Salamanca es una ciudad muy antigua y muy bonita (Salamanca ist eine sehr alte und sehr schöne Stadt) dadurch eingeübt wurde, dass bei ciudad (Stadt) die Lernenden einen Kreis um sich gezogen, bei muy antigua (sehr alte) zur Verdeutlichung der Vergangenheit den Arm über die Schulter geworfen - eine südländische Geste, um Vergangenes darzustellen- und bei muy bonita (sehr schöne) mit dem Daumen nach oben das Positive betont haben - dann erschließen diese Gesten zusammen für den außenstehenden Zuschauer noch lange nicht den erwähnten Satz. Für die Lernenden ist dies jedoch kein Problem, denn sie haben diesen Satz gerade mit diesen Gesten gelernt und der erlernte Dialog besteht nur aus einer begrenzten Anzahl von Dialogteilen. So wird die von den Lernenden vorgeführte Pantomime ein heiteres, leicht zu lösendes Ratespiel für ihre Mitlernenden und zu einer amüsanten Variante des Bewegungslernens. 4.6 Orthografie und Bewegung Der erfahrene Lehrer weiß, welche wiederkehrenden Schwierigkeiten die Lernenden mit der Orthografie haben. Statt nun immer wieder dieselben Fehler im Schriftlichen zu verbessern, sind Präventivmaßnahmen wirksamer und für Lehrer und Lernende motivierender. So stehen die Lernenden auf und schreiben mit weit ausholenden Gesten die Wörter in die Luft. Entweder hat der Lehrer sie vorher an die Tafel geschrieben oder er stellt sich mit dem Rücken zu den Lernenden und schreibt das Wort in die Luft. Solche vorauszusehenden Schwierigkeiten sind im Englischen Wörter, bei denen Aussprache und Orthografie voneinander abweichen: speak, speech, although, the tomb, the plough, coming, etc. Im Französischen ist es vor allem die etymologische Schreibweise, die Schülern Schwierigkeiten bereitet, aber auch Wörter, die die Lernenden bereits aus dem Englischen kennen, die jedoch im Französischen anders geschrieben werden, also eine orthografische Interferenzgefahr darstellen, wie z. B.: exercice, agressif, agression, l ’ adresse, etc. Etymologisch bedingte orthografische Unterschiede und damit schwierige Wörter sind z. B.: la main, rien, en, fin, faim Die Methode, schwierige Wörter mehrmals schreiben zu lassen, ist naheliegend. Noch wirksamer ist jedoch das Führen eines fehlertherapeutischen Heftes mit individuellen kognitiven Hilfen. Im Gegensatz zur weitverbreiteten Meinung, nie ein fehlerhaft geschriebenes Wort zu zeigen, kommt es darauf an, wie mit fehlerhafter Schreibweise umgegangen wird. Viel wirksamer ist es, mit Visualisierung zu arbeiten, weil Bilder stärker im Gedächtnis verankert sind als eine Schreibform, in diesem Fall die richtige 52 4. Mit Bewegung lernen <?page no="53"?> Orthografie. So sollte das fehlerhafte Wort rot umrandet und der Fehler mit Rot durchgestrichen werden. Die richtige Schreibweise wird dann daneben mit grün umrandet hinzugeschrieben. Das Prinzip, dass das Koppeln zweier Sinne zu noch einprägsamerem Behalten führt, ist bei besonders hartnäckigen Fehlern angebracht. Dadurch, dass die Lernenden aufstehen und mit dem Körper schreiben, prägt sich nicht nur die richtige Schreibweise ein, sondern auch die besondere Lernsituation, in der die Schreibweise dieses Wortes wiederholt wird. Z. B. ist die erwähnte Schreibweise des Wortes exercice eine schwer ausrottbare Fehlerquelle für Französisch-Lerner mit Englisch-Vorkenntnissen. Wenn die Lernenden gemeinsam dieses Wort mit der ausgestreckten Hand in die Luft schreiben und dabei die Fehlerquelle, nämlich das zweite c ganz besonders groß schreiben, dann prägt es sich viel besser ein als durch das dauernde Anstreichen des Fehlers im Heft. Kognitive Hinweise wie z. B. die Tatsache, dass der Zischlaut [s] in exercice deshalb mit c geschrieben werden muss, weil er stimmlos bzw. wie das Zischen einer Schlange (serpent) ausgesprochen wird, obwohl er zwischen zwei Vokalen steht, können das Bewegungslernen ergänzen. Wenn er mit s geschrieben würde, dann müsste er stimmhaft [z] oder wie das Summen einer Biene (abeille) ausgesprochen werden, da ein s zwischen zwei Vokalen in der Regel stimmhaft ausgesprochen wird. Der Lehrer muss sich aber bewusst sein, dass die kognitiven Hilfen nur für einen Teil der Lernenden hilfreich sind. Ebenso wirksam wie das Schreiben in der Luft ist es, wenn ein Lernender das Wort in winzigen Buchstaben auf ein Plakat malt und die Fehlerquelle, hier das c, in einem riesigen Buchstaben in Rot malt. Dieses Plakat hängt dann als „ periphere Information “ eine Zeit lang an der Wand, wird dann abgenommen und nach einigen Monaten wieder kurze Zeit aufgehängt und nochmals mit Bewegungslernen wiederholt. Die spanische Orthografie gilt als leicht zu lernen. Trotzdem gibt es auch dort etymologisch begründete schwierige Schreibweisen, z. B. für den Laut [b], der entweder mit b oder mit v geschrieben wird. Wenn der Lernende vorher Latein oder eine andere romanische Sprache gelernt hat, bereiten ihm diese Schreibungen weniger Schwierigkeiten, ansonsten doch. So sprechen die Lernenden z. B. Wörter wie vivir, tabaco, la vaca, vacaciones etc. aus und spreizen zwei Finger zu einem v, wenn sie verdeutlichen wollen, dass der Laut [b] mit v geschrieben wird, bzw. bilden mit Daumen und Zeigefinger einem Kreis, wenn der Laut [b] mit b geschrieben wird. Ebenso kann das Bewegungslernen wieder mit dem kognitiven Lernen verknüpft werden, wenn es um den Akzent bei endbetonten Wörtern wie quizás, canción geht, wobei der Akzent während der Aussprache durch eine entsprechende Geste betont wird und die Lernenden die Regel ab und zu wiederholen, die besagt, dass hier der Akzent die Ausnahme verdeutlicht, da sonst Wörter mit auslaufendem Vokal, n oder s auf der vorletzten Silbe betont werden. Nach dem Prinzip, dass eine andersförmige Wiederholung wirksamer ist als eine gleichförmige, kann diese Wiederholung so gestaltet werden, dass der Lehrer einem Lernenden das Wort zuflüstert und dieser es vor der Lerngruppe mit Körperbewegung schreibt. Da er vor der Gruppe steht, müssen die Mitschüler es als Spiegelschrift lesen. Dadurch wird dieses Verfahren zu einem Ratespiel. Wenn keiner das Wort errät, schreibt der Schüler es nun mit dem Rücken zur Klasse in die Luft. Sobald es erraten ist, schreiben 4.6 Orthografie und Bewegung 53 <?page no="54"?> es alle noch einmal in dieser Form. So werden für die Lernenden fast unauslöschliche Lernerlebnisse geschaffen. Sich „ laufend “ Orthografie einprägen Eine ausgezeichnete Koppelung von visuellem Eindruck in Form des Schriftbildes und Bewegung ist das sogenannte Laufdiktat. Die Lernenden schreiben einen Text ab. Dieser liegt in Kopie in den vier Ecken des Saales. Der Lehrer teilt die Lernenden in vier Gruppen ein, die jeweils möglichst in den vier Ecken des Raumes sitzen. Die Lernenden der vier Gruppen müssen nun schweigend in die jeweils entgegengesetzte Ecke laufen, um den abzuschreibenden Text zu lesen. Text und Schriftbild müssen sie sich zumindest so lange einprägen, bis sie wieder zu ihrem Platz zurückgegangen sind und den Text aufgeschrieben haben. Dabei kommt es darauf an, dass man den Text nicht nur möglichst schnell, sondern auch möglichst fehlerfrei abschreibt. Derjenige hat gewonnen, der die wenigsten Fehler in der kürzesten Zeit gemacht hat. Hierbei ist es sinnvoll, nicht immer eine fortlaufende Lektion abschreiben zu lassen, sondern vielmehr ausgewählte Sätze mit vielen grammatikalisch bedingten orthografischen Schwierigkeiten oder das neue Vokabular im Kontext oder auch einmal Besonderheiten der konjugierten Formen bei unregelmäßigen Verben. Wer einmal die Konzentration erlebt hat, mit der in völliger Stille eine Klasse von fast 30 Schülern in dauernder Bewegung ist, um das gesetzte Lernziel zu erreichen, wird von diesem Bewegungsspiel überzeugt sein. Dabei spielt natürlich das Moment des Wettbewerbs eine ausschlaggebende Rolle. 4.7 Grammatik und Bewegung 4.7.1 Mit Bewegungssignalen Grammatik einführen Die einfachste Möglichkeit, Grammatik und Gestik miteinander zu verbinden, ist das Einüben von Konjugationen. Dies geschieht im Chor und vor allem mit Rhythmus, kann dann aber auch in Partnerarbeit oder allein wiederholt werden. So kann z. B. ein einzelner Lernender vor der Klasse die Konjugation laut und mit Bewegung vortragen und alle übrigen Lernenden imitieren die Bewegung und sprechen bzw. murmeln leise mit. Bei der 1. Person Singular deutet der Lernende auf sich, bei der 2. Person Singular auf seinen Partner, bei der 3. Person Singular mit dem Daumen über seine rechte Schulter, wenn es sich um die maskuline Form, über die linke Schulter, wenn es sich um die feminine Form handelt, bei der 1. Person Plural macht er die Bewegung des Umarmens oder die im Kreis Stehenden fassen sich an den Händen, bei der 2. Person Plural deutet er mit beiden Armen auf zwei Lernende und bei der 3. Person Plural maskulin mit beiden Daumen über die rechte Schulter, bei der 3. Person Plural feminin mit beiden Daumen über die linke Schulter. Bei Vergangenheitsformen wird zusätzlich der rechte Arm über die Schulter geworfen. Beim englischen present perfect drehen sich die Lernenden danach um und holen durch eine entsprechende Handbewegung das Vergangene zu sich heran. Beim französischen imparfait / spanischen imperfecto wird eine horizontale Bewegung von links nach rechts ausgeführt, um die vorbereitende bzw. die vorhergehende Handlung 54 4. Mit Bewegung lernen <?page no="55"?> anzudeuten. Danach wird die Hand von oben nach unten geführt, um die neu einsetzende Handlung für das französische passé composé / spanische indefinido anzudeuten. Bei Formen der Zukunft wird der rechte Arm mit dem Zeigefinger nach vorne gestreckt. Die Verbindung von Beispielsätzen und Bewegungslernen kann in bestimmten Fällen zu „ Lernerlebnissen “ führen, so dass sich wichtige grammatische Phänomene mit einem Beispielsatz auf die Dauer ins Gedächtnis einprägen. Damit soll nicht gesagt werden, dass kognitive Erklärungen entbehrlich sind. Grundsätzlich sollten schwierige grammatikalische Erscheinungen auf verschiedenen Wegen erklärt werden. Gerade diejenigen Strukturen, die eine dauernde Fehlerquelle darstellen, müssen sowieso wiederholt erklärt werden. Gehen wir nun davon aus, dass ein Grammatikphänomen mit Beispielen erklärt wurde. Zumindest ein prägnantes Beispiel sollte sich der Lernende auswendig in Verbindung mit Bewegungslernen einprägen. Im Englischunterricht sollte z. B. die Unterscheidung zwischen den Zeiten in einer Handlungsstruktur mit unterschiedlichen Handbewegungen einprägsam eingeführt werden: I sell fruit every day. Die Lerner machen mit den Händen eine rotierende Handbewegung, um die immer wiederkehrende Handlung zu verbildlichen. Right now / At the moment, I ’ m selling fruit to a nice girl. Die Schüler deuten mit dem Zeigefinger auf einen Punkt am Boden, um den Augenblick „ right now “ zu betonen. Yesterday I sold a lot of fruit. Die Lernenden werfen den rechten Arm über die Schulter, drehen sich um und kappen sozusagen mit einem Handkantenschlag die Verbindung zur Vergangenheit. Dann fügen sie kontrastiv hinzu: But today I haven ’ t sold much so far. Sie bleiben in der rückwärts gewandten Stellung, ziehen jedoch den ausgestreckten Arm an sich heran, um die Verbindung mit der Gegenwart zu verdeutlichen. Auf die Bedeutung des Ausdruckes present perfect kann dann der Lehrer zusätzlich hinweisen. Diese Handlungsstruktur sollte auswendig gelernt werden. Selbstverständlich folgen dann mehrere Beispielsätze, bei denen dieselben Körperbewegungen wiederholt werden. Ebenso kann im Französischen die genau bestimmte Zeit bei der Verwendung des passé composé durch Bewegung verdeutlicht werden: A ce moment, j ’ ai vu un accident. Für die Vergangenheit wird der Arm über die Schulter geführt. Der Lernende dreht sich zur Vergangenheit um und führt die rechte Hand von oben nach unten und deutet mit dem Zeigefinger auf den genauen imaginären Zeitpunkt. Anschließend muss dieses Beispiel aber im Kontext des imparfait verdeutlicht werden, um den Kontrast zum passé composé aufzuzeigen: Hier, je me promenais sur les Champs-Elysées. Tout à coup, j ’ ai vu un accident. 4.7 Grammatik und Bewegung 55 <?page no="56"?> Während Lehrer und Schüler den ersten Satz mit der Form des imparfait Je me promenais sur les Champs-Elysées. laut sprechen, führen sie, wie gesagt, die Hand horizontal von links nach rechts, um die vorbereitende Rahmenhandlung anzudeuten, dann wiederholen sie bei Tout à coup, j ’ ai vu un accident. zweimal die vorherige Bewegung in Form eines Handkantenschlages von oben nach unten, um auf die den Zeitpunkt betonende Adverbiale und die folgende neu einsetzende Handlung im passé composé hinzuweisen. Die Wiederholung und Einübung mit anderen Sätzen kann interaktiv erfolgen, indem die Schüler vor die Gruppe treten und andere Beispiele vortragen. Die Gruppe spricht dann im Chor nach und imitiert die den zwei unterschiedlichen Zeiten entsprechenden Bewegungen. Im Deutsch als Fremdsprache-Unterricht kann das Kicken als Bewegungssignal bei Nebensätzen verwendet werden, die mit einer subordinierenden Konjunktion eingeleitet werden. Das Kicken bedeutet, dass das Verb an das Ende des Satzes „ gekickt “ wird. Die Beispielsätze werden im Chor gesprochen und die Konjunktion wird hierbei betont und dabei wird die Kickbewegung ausgeführt. Meine Mutter hat mir gesagt, dass sie heute nicht kommt. Ich weiß nicht, ob er heute schon fliegt. Mein Freund hat mir eine Glückwunschkarte geschickt, weil ich heute Geburtstag habe. Im Deutsch als Fremdsprache-Unterricht lernen die Schüler, dass eine Inversion von Subjekt und Prädikat erfolgt, sobald ein Adverb am Satzanfang steht oder ein Nebensatz vorausgeht. Es ist hilfreich, wenn diese syntaktische Inversion nach Adverbien mit einer mühlradartigen Drehung der Hände gelernt und so im Chor, später von Einzelnen, beim Sprechen angedeutet wird. Ich komme zu dir. Morgen (drehende Bewegung der Hände) komme ich zu dir. Obwohl ich keine Zeit habe (drehende Bewegung der Hände), komme ich zu dir. 4.7.2 Mit den Füßen „ erschreiten “ Auf dem Boden werden mit Wortkarten vier Sätze, nicht nebeneinander, sondern hintereinander gelegt, so dass die Schüler von Karte zu Karte einen Schritt vorwärts machen und gleichzeitig den Satz sprechen können. Die Verbkarten sind immer rot, die Karten mit Hilfsverben sind nur mit roten Schrägstreifen versehen. Aber die Karten mit Formen von to have und to be als Vollverb sind nicht nur rot, sondern zusätzlich mit einem schwarzen Rand versehen. Zum Beispiel liegen folgende Wortkarten auf dem Boden: I / drink / milk. The hotel / has / got / a carpark. Peter / can / play / Monopoly My brother / is / late. 56 4. Mit Bewegung lernen <?page no="57"?> Nun zieht ein Schüler eine verdeckte Karte mit dem Adverb often, legt diese vor die rote Verbkarte des ersten Satzes und schreitet diesen ab, indem er spricht: I often drink milk Er gibt die Karte einem anderen Schüler, der sie in einen anderen Satz legen muss, z. B. in den vierten Satz hinter das Verb is, das als Vollverb rot mit schwarzem Rand gekennzeichnet ist, dieser schreitet den Satz ab und spricht: My brother is often late. Der nächste zieht die Karte already und legt sie beim Abschreiten des zweiten Satzes zwischen das Hilfsverb has (Karte mit roten Schrägstreifen) und das Verb got und sagt: The hotel has already got a carpark. Die nächste Karte lautet luckily und der Schüler legt die Karte an den Anfang des dritten Satzes und sagt beim Abschreiten: Luckily, the hotel has got a carpark. Wenn alle Sätze mit Adverbkarten versehen sind, können anhand dieser die Regeln für die Stellung der Adverbien kurz wiederholt werden und mehrere Schüler schreiten hintereinander die Sätze sprechend ab. Dann werden alle Adverbkarten weggenommen und die Schüler wiederholen nun den Vorgang in schnellem Rhythmus, wobei sie das Adverb der gezogenen Karte in den gesprochenen Satz einfügen, ohne jedoch die Karte hinzulegen. Im Französischen kann dasselbe Verfahren zum Beispiel für die Stellung der Adjektive angewandt werden. Die Schüler fügen dann gehend und gleichzeitig sprechend die Wortkarten mit den Adjektiven den folgenden aus Wortkarten bestehenden Sätzen hinzu. Anne a acheté une belle robe rouge. Mon père a une bonne voiture rapide. Le nouvel élève a posé une question intelligente. Wie oben bereits erwähnt, lernen die Schüler im Deutsch als Fremdsprache-Unterricht, dass in einem mit einer subordinierenden Konjunktion eingeleiteten Nebensatz das Verb am Ende steht. So liegen viele Beispielsätze mit einem sogenannten Springwort ( „ dass “ , „ weil “ , „ ob “ , „ obwohl “ etc.) auf Karten am Boden. Die Schüler gehen zu dem Satz mit dem Springwort, sprechen ihn laut vor und ergänzen ihn springend mit einem Nebensatz mit dem Verb am Ende. Am Anfang können Beispiele für die Nebensätze ohne Inversion medial gezeigt werden, die die Lernenden dann beim Springen entsprechend mit Konjunktion und mit Inversion verwenden sollen. Ich weiß nicht, ob er kommt. Meine Mutter hat mir geschrieben, dass sie krank ist. Mein Freund hat mir geschrieben, weil ich Geburtstag habe. 4.7 Grammatik und Bewegung 57 <?page no="58"?> 4.7.3 Mit Bewegungsspielen Grammatik festigen Das Lückenspiel (Thal u. a. 1999, 96): In einem Korb liegen Karten mit Lückentexten. Ein Englisch-Lernender wählt eine Text-Karte aus und liest sie, in der Mitte eines Kreises stehend, vor, indem er in die Lücke z. B. entweder some oder any einsetzt. Jeder Schüler bekommt entweder eine any oder ein some-Identität, wobei die von den Schulgrammatiken abweichende korrekte Regel, nämlich die häufige Verwendung (50 %) von any auch in affirmativen Sätzen (jeder beliebige), berücksichtigt werden muss (Tesch 1990, 343). Vervollständigt nun der in der Mitte stehende Lernende den Lückentext korrekt mit I haven ’ t got any money, dann müssen alle Lernenden, die sich vorher mit any identifiziert haben, untereinander den Platz wechseln. Ebenso versucht der Vorlesende in der Mitte einen Platz zu ergattern. Wer übrig bleibt, stellt sich in den Kreis und ergänzt den nächsten Satz. Falls er ihn falsch ergänzt, müssen die Mitschüler dies bemerken und wechseln nicht die Plätze, sondern nennen die richtige Form und der in der Mitte Stehende ist noch einmal an der Reihe. Im Französischunterricht könnte mit demselben Spiel z. B. die Bildung à + Artikel mit dem Satz J ’ aimerais/ Je voudrais bien avoir une glace/ une crêpe au/ à la/ à l ’ . . .. dadurch geübt werden, dass der in der Mitte Stehende aus einem Kartenstoß die Karte mit vanille/ poire/ orange etc. oder sucre/ confiture/ Armagnac etc. zieht und den Satz entsprechend laut ergänzt, nachdem sich die Schüler vorher mit einer der drei Varianten identifiziert haben. In einer etwas schwierigeren Variante identifizieren sich die Schüler mit den verschieden Formen der Verneinung pas de / plus de / pas non plus. Der in der Mitte stehende zieht nach Zufall eine der Fragen wie Tu as des pommes / encore des tomates / Tu n ’ as pas de monnaie? etc. Wenn er mit der richtigen Verneinung antwortet, müssen die Schüler, die sich mit der betreffenden Verneinung identifiziert haben, die Plätze wechseln und der in der Mitte stehende hat die Chance, einen Platz zu ergattern. Oder sie identifizieren sich mit den drei Formen des/ de/ d ’ . Der in der Mitte Stehende muss auf die nach Zufall gezogenen Fragen wie Est-ce que ce sont des artichauts? / Tu as des tomates? / Tu as encore des artichauts? etc. antworten. Wenn er die korrekte verneinende Antwort geben hat, wechseln die „ des oder de oder d ’ -Schüler “ die Plätze und der Fragende findet hoffentlich einen Platz. Bei der großen Anzahl von Lehrbuchübungen mit Lückentexten sollte der Lehrer überlegen, welche sich für ein solches Bewegungsspiel eignen. 4.7.4 Mit Omniumkontakt Grammatik wiederholen Omniumkontakt ist eine vom Verfasser (Schiffler 1993) erfundene Bewegungsübung, die den Zweck hat, möglichst viele Kontaktaufnahmen der Schüler einer Klasse untereinander in einer der realen Sprechsituation angenäherten Form zu ermöglichen. Voraussetzung ist, dass das zu übende grammatische Phänomen den Schülern in kommunikativer Form, meist in Dialogform, zur Verfügung steht. Am besten geschieht das, indem zumindest das erste Beispiel in Frage und Antwort medial mit Schriftbild als Hilfe projiziert wird. What would you do if you were ill? If I were ill, I would stay at home. Qu ’ est-ce que tu ferais, si tu étais malade? 58 4. Mit Bewegung lernen <?page no="59"?> Si j ’ étais malade, je resterais à la maison. ¿Qué harías si estuvieras enfermo? Si estuviera enfermo, me quedaría en casa. Die Schüler sollen nach dem Modellsatz antworten und wissen so, dass sie in ihrer Antwort zuerst den Konditionalsatz wiederholen müssen. Gleichzeitig sollen alle Fragenden - aber auch die Antwortenden - dazu angehalten werden, mit betonter Gestik, sozusagen mit Vehemenz, ihren Gesprächspartner anzusprechen, wodurch die Gesprächssituation an Realitätscharakter gewinnt. Während ein lebhaftes Musikstück erklingt, bewegen sich alle Schüler dicht gedrängt auf einem kleinen freien Raum in der Klasse rhythmisch zur Musik, bis der Lehrer das Musikstück anhält. Dann suchen sich alle einen Partner und befragen sich gegenseitig. Sobald das Musikstück erneut erklingt, trennen sich die Partner und bewegen sich wieder beschwingt zur Musik. Entspannte Bewegung und sprachliches Üben werden so angenehm miteinander verbunden. Für die Wiederholung von Sprechakten eignet sich Omniumkontakt besonders gut. Nehmen wir als Beispiel „ Sich nach dem Gesundheitszustand erkundigen und darüber Auskunft geben “ : Are you o. k.? / Don ’ t you feel well? / Are you sick? etc. - No, I guess I ’ m not o. k. / Oh, I feel quite bad / I suppose I ’ ve got temperature etc. Ça ne va pas (bien)? / Tu es malade? / Tu ne te sens pas bien? Tu n ’ as pas bonne mine? / etc. - Oui, ça ne va pas (du tout) / Je crois que je suis malade / Peut-être que j ’ ai de la fièvre / etc. ¿Estás bien? ¿No te encuentras bien? / ¿Estás enfermo? / ¿No te sientes bien? etc. - Si, no me encuentro bien / Quizá esté enfermo / Es posible que tenga fiebre. Geht ’ s dir nicht gut? / Bist du krank? / Fühlst du dich nicht so gut? - Nein, es geht mir nicht so gut. / Vielleicht bin ich wirklich krank. / Es kann sein, dass ich Fieber habe. Jeweils nach ca. einer Minute, angezeigt durch das Anschalten der Musik, sucht sich jeder einen neuen Partner und übt mehr oder minder denselben Dialog. Ohne Einsatz von Musik kann der Lehrer das Zeichen zur Partnersuche auch durch Händeklatschen geben. Nach z. B. drei Zeichen des Lehrers haben so in sechs Minuten zwanzig Schüler 60 unterschiedliche Gesprächskontakte gehabt. Jeder Schüler hatte die Möglichkeit, seine erworbenen Sprechakte oder Fragen bei drei unterschiedlichen Partnern anzuwenden bzw. auf die geäußerten Sprechakte oder Fragen zu reagieren. In der Regel stellen Schüler, die an Omniumkontakt gewöhnt sind und sich darauf vorbereitet haben, bei jedem Kontakt mindestens zwei Fragen, so dass insgesamt in dem o. g. Beispiel jeder Schüler nicht nur sechsmal eine Frage gestellt hat, sondern, was noch wichtiger ist, auch selbst auf sechs mehr oder minder unterschiedliche Fragen reagieren musste. Dadurch, dass die Schüler sich gegenüber stehen, sollen sie während des Miteinandersprechens auch die den natürlichen Sprachvorgang begleitende Gestik betont einsetzen. Dieses nonverbale Sprachverhalten entspricht vor allem den romanischen Sprachen. „ Bewegungslernen “ bedeutet also, dass die Schüler sich beim fremdsprachigen Üben im Raum bewegen, sich ansehen und vor allem Mimik, Gestik und Intonation, ähnlich wie im echten Dialog, einsetzen. In dieser Form können die Anwendungssituationen „ Schule “ und „ reale Kommunikationssituation “ , die nicht nur unter psychologischen Aspekten unterschiedlich sind, 4.7 Grammatik und Bewegung 59 <?page no="60"?> aneinander angenähert werden. Meist baut im Anfangsunterricht jede Lektion sorgfältig auf die vorhergehende auf. Der Lehrer beschränkt sich im Unterrichtsgespräch möglichst auf den bisher erworbenen Sprachschatz. Ferner hält er den thematischen Rahmen der Lektion ein. Der Lehrer glaubt, dass ihn die Mehrzahl der Schüler nicht verstünde, wenn er ein den Schülern unbekanntes Wort verwendete. Wie wäre es sonst zu erklären, dass auch heute noch viele Lehrer, sobald sie den Schülern eine echte Mitteilung machen wollen, sei es eine organisatorische bzw. disziplinarische Maßnahme oder nur die Hausaufgabe, sofort ins Deutsche übergehen statt diese „ echte “ mitteilungsbezogene Kommunikationssituation zum zusätzlichen Spracherwerb zu nutzen? In der realen Sprechsituation ist das Thema aber nicht wie in einer Lehrbuchlektion vorgegeben, und der native speaker wird sich nicht in derselben Weise auf die beschränkte Fremdsprachenkompetenz des jeweiligen Gesprächspartners einstellen wie der Lehrer. Darüber hinaus gibt es noch zwei weitere Gründe, warum trotz der starken Anlehnung unserer Lehrbuch-Inhalte an Alltagssituationen und trotz der sprachlichen Gestaltung nach pragmalinguistischen Gesichtspunkten ein Schüler das fremdsprachig Erworbene nicht sofort parat hat, oft noch nicht einmal dann, wenn er zufällig in eine Gesprächssituation gerät, die der in der Lektion behandelten entspricht. 1. Die in einer Lektion erworbenen Sprachbestände sind nicht in einer dem Ernstfall angenäherten Situation erlernt worden. 2. Sie sind entweder niemals oder nicht mehrmals in einer solchen Kommunikationssituation geübt bzw. vor allem spontan wiederholt worden. Genau dem wird durch Omniumkontakt vorgebeugt. Gegen dieses Verfahren kann die mangelnde Fehlerkorrektur angeführt werden. Die Dialogpartner jedoch sollen dazu angehalten werden, Fehler zu korrigieren, aber vor allem auch zu helfen, wenn der Partner Schwierigkeiten bei der Formulierung seiner Frage oder Antwort hat. Diese Korrektur durch den Mitschüler im „ intimen “ Partnergespräch kann eine andere Wirkung haben als die Lehrerkorrektur vor der Klasse. Allerdings ist Omniumkontakt vor allem als Wiederholungsphase gedacht, also für einen Zeitpunkt, wo die Schüler die zu übenden Sprachbestände der Lektion bereits einigermaßen beherrschen, so dass die Fehlerkorrektur nicht mehr im Vordergrund steht. In dem Augenblick, da die Schüler stehend mit einem Partner sprechen, ist ein Blickkontakt unvermeidlich, und Mimik und Gestik kommen spontan mit ins Spiel. Sie werden, je nachdem wie der sonstige Kontakt zwischen den beiden Schülern ist, entweder mehr oder weniger freundlich sein. In der Praxis wird es nur ausnahmsweise vorkommen, dass diese körpersprachliche Kommunikation unfreundlich oder gar frostig ist, solange die Schüler miteinander dialogisieren. Außer bei den freien Fragen zum Inhalt einer Lektion nach deren Einführung kann Omniumkontakt vor allem in der Sprachverarbeitungsphase eingesetzt werden. In der Lektion vorkommende Sprechakte und die Reaktionsmöglichkeiten auf diese werden geübt. Hierzu ist es nötig, dass die wichtigsten Sprechakte der Lektion mit Hilfe des Lehrers herausgeschrieben und in einem besonderen Ringheft alphabetisch gesammelt werden. In manchen Lehrbüchern sind die Sprechakte bereits besonders hervorgehoben. Diese können, je nach Bedarf, vom Lehrer ergänzt werden. In einer ersten Phase des Omniumkontaktes können die verschiedenen Varianten zu einem Sprechakt wie der eingangs angeführte „ Sich nach dem gesundheitlichen Befinden erkundigen “ medial 60 4. Mit Bewegung lernen <?page no="61"?> allen Schülern während des Übens gezeigt werden. Im weiteren Verlauf oder bei Wiederholung der Omniumkontaktphase mit demselben Sprechakt wird diese Hilfe ausgeblendet. Omniumkontakt eignet sich auch als warming up am Anfang einer Stunde, da es lernpsychologisch günstig ist, mit einer Wiederholung, also mit etwas Leichtem zu beginnen. Unabdingbare Voraussetzung für eine solche Wiederholung ist das erwähnte inhaltlich gegliederte Heft mit Stichpunkten, wie z. B. „ Vorschläge machen “ , „ Komplimente machen “ , „ Bedenken bzw. Zweifel äußern “ , „ Gegenvorschläge machen “ etc. Vor der Wiederholung sagt der Lehrer den Sprechakt an, und die Schüler konsultieren kurz ihr Heft. Ferner entsteht durch das Aufstehen, die Bewegung im Raum und das gleichzeitige Dialogisieren aller zu Beginn der Stunde eine fremdsprachige Atmosphäre, die zur Aktualisierung des entsprechenden Gedächtnisspurensystems „ Englisch etc. lernen und kommunizieren “ führt und sich auf den nachfolgenden Unterricht günstig auswirken kann. 4.7.5 Mit Bewegung Grammatik korrigieren Weiter oben wurde bereits aufgezeigt, wie Grammatik mit visuellen und Bewegungssignalen eingeführt werden kann. Sobald ein Schüler den fehlerhaften Satz sagt *J ’ achète un kilo des oranges kann der Lehrer mit zwei Zeigefingern ein Rechteck zeigen, um an „ 1 kilo “ und an die bildhafte Gegenüberstellung von du beurre und 1 kilo de beurre zu erinnern (S. 96), und so den Schüler zur Selbstkorrektur zu veranlassen. Die Verknüpfung eines Bewegungssignals mit einem Bild und dem dazu gehörenden kontextualisierten Beispiel wie 1 kilo de beurre ist einprägsamer als eine verbale Regel. Zu glauben, die bei der Einführung verwandten Bewegungssignale oder Bildsignale seien so optimal, dass die Schüler die betreffenden Fehler nun nicht mehr machten, ist eine Illusion. Der Sinn der Signale ist, dass sie bei jedem Fehler als wirkungsvolle konstruktive Hilfe zur selbstständigen Fehlerkorrektur eingesetzt werden können. Je öfter der Lehrer ein Signal in dieser Form verwendet, desto stärker prägt es sich den Schülern ein. Um die verschiedenen Lerntypen zu berücksichtigen, werden bei der Einführung nach Möglichkeit ein visuelles und ein Bewegungsignal verwendet. Wenn z. B. ein Schüler den immer wieder auftretenden Fehler macht *C ’ est bien que tu as dit, dann genügt es, dass der Lehrer durch Mimik „ Freude “ andeutet oder durch das Zeichnen eines Kreises mit lachendem Mund in die Luft oder an die Tafel an das visuelle Signal für den subjonctif und evtl. auch an das kontextuelle Je suis content que tu viennes erinnert (S. 99). Erst wenn diese Signale nicht zur Selbstkorrektur führen, gibt ein Schüler oder der Lehrer die korrekte Version vor. Durch die Signale des Lehrers wird der Schüler an die Regel erinnert, ohne dass diese wiederholt wird. Ähnliche Korrekturen gelingen auch, wenn im Englischunterricht ein Schüler z. B. sagt *Yesterday, I ’ ve gone to the movies. Dann genügt es, wenn der Lehrer sich umdreht und mit der trennenden Handbewegung von oben nach unten an die abgeschlossene Handlung im past tense und an die Verknüpfung dieser Bewegung mit dem kontextuellen Signal yesterday erinnert. Der Lehrer, der Signale in seinem Unterricht verwendet, erklärt diese kurz - sei es in der Ziel- oder in der Muttersprache. Laut Zimmermann (1984, 76) ziehen 82,7 % der Schüler in diesem Fall die Muttersprache vor. Eine kurze kognitive Erklärung des Signals 4.7 Grammatik und Bewegung 61 <?page no="62"?> mit anschließender Übung ist wirksamer als rein verbale Erklärungen, bei denen das grammatische Phänomen in allen Einzelheiten und mit allen Ausnahmen erläutert wird. Möglicherweise ist der Lehrer nach einer solchen ausführlichen Erklärung davon überzeugt, dass es nun „ auch der Letzte “ verstanden hat und diese Erklärung die beste Voraussetzung dafür ist, dass diese grammatische Erscheinung in Zukunft richtig angewandt wird. Zumindest vor 30 Jahren wurde Grammatik so unterrichtet, denn Zimmermann (1984, 40) stellte damals empirisch fest, dass 40 - 60 % der Unterrichtszeit auf Grammatikvermittlung entfiel und dass „ über die Hälfte der Lehrer (54 %) des Öfteren eine ganze Stunde oder sogar mehrere Stunden hintereinander nur Grammatik unterrichteten. Seit den pädagogischen Experimenten von van Parreren (1972, 302 ff) wissen wir, dass die verschiedenen Lerngebiete, u. a. bedingt durch die Umstände des Lehrens, im Gehirn unterschiedliche Gedächtnisspurensysteme bilden. Wenn in gesonderten Grammatikstunden oder -teilstunden Grammatik theoretisch und mit metasprachlichen Erläuterungen unterrichtet wird, dann bildet „ Grammatik “ ein Regelwissen, das in dieser schematischen Form auch abruf- und überprüfbar ist, jedoch nicht zur Verfügung steht, wenn das Gedächtnisspurensystem „ Kommunikation in der Fremdsprache “ aktiviert wird. Die Aufgabe des Lehrers ist es also, die Erarbeitung der Grammatik - zeitlich möglichst kurz zu gestalten - aus dem Wissen heraus, dass Wiederholungen unbedingt nötig sind, diese zeitverteilt zu organisieren und - die Erklärungen so eng wie möglich mit kommunikativer Sprachpraxis zu verbinden. Bereits bei der Einführung eines neuen Textes kann der Lehrer induktive und deduktive Grammatikarbeit in Form der guided discovery miteinander verbinden. Durch Hervorhebung kann er den Schülern Hilfen geben, Regularitäten selbst zu finden. Die Leistungsstärkeren finden diese zweifellos zuerst und formulieren die gefundenen Regeln, die dadurch für die Leistungsschwächeren zu einer deduktiven Erarbeitung führen, wenn ein oder zwei Beispiele gefunden werden. Dann werden die visuellen und Bewegungssignale vom Lehrer aufgezeigt und mit jeweils einem Beispielsatz verknüpft. Da die meisten Grammatikfehler in der Zielsprache auf Grund der andersartigen Strukturen in der Ausgangssprache verursacht werden, sind bilingual-kontrastive Strukturübungen am wirksamsten, um Grammatik korrekt zu erlernen. Ein Beispiel aus dem Englischunterricht für deutsche Muttersprachler: metasprachliches Signal: If niemals would (oder die Eselsbrücke: „ If + would = kaputt “ ) kontextuelles Signal: If I were ill . . . kontrastiv-bilinguale Übung: Wenn ich krank wäre, würde ich zu Hause bleiben. If I were ill, I would stay at home. Wenn er kommen würde, würde ich nicht dort hingehen. If he came, I wouldn ’ t go there. Wenn ich ihr schreiben würde, würde sie mir nicht antworten. If I wrote her, she wouldn ’ t answer. Etc. 62 4. Mit Bewegung lernen <?page no="63"?> Dasselbe gilt für das Französische: metasprachliches Signal: Si (wenn) niemals conditionnel! (oder die Eselsbrücke: „ Si (wenn) + conditionnel vergiss das schnell! ) kontextuelles Signal: Si j ’ étais malade . . . kontrastiv-bilinguale Übung: Wenn ich krank wäre, würde ich zu Hause bleiben. Si j ’ étais malade, je resterais à la maison. Etc. Und für das Spanische: metasprachliches Signal: Si (wenn) niemals condicional! oder die Eselsbrücke: „ Si + condicional auf keinen Fall! ) kontextuelles Signal: Si estuviera enfermo . . . kontrastiv-bilinguale Übung: Wenn ich krank wäre, würde ich zu Hause bleiben. Si estuviera enfermo, me quedaría en casa. Etc. Weiterhin können einfache grammatische Erscheinungen auch mit Hilfe der „ Vokabelkartei “ zeitverteilt eingeübt werden, wenn die Vokabeln in einen Kontext wie Je la crois - Ich glaube ihr / I succeed in winning - Es gelingt mir zu gewinnen etc. eingebettet werden (vgl. S. 45). Auch die Phase Omniumkontakt (vgl. Kapitel 4.7.4) gestattet das zeitverteilte Üben der Grammatik. Die Zeitverteilung ist dann eo ipso gegeben, wenn die Grammatik zuerst mit den vorgeschlagenen Signalen eingeführt, später mehrmals mit den kontrastivbilingualen Übungen gefestigt wird und dann mit Omniumkontakt weitere, völlig andersartige Wiederholungen folgen. 4.8 Singen und Bewegung In jüngster Vergangenheit haben Forschungen zum Ziel gehabt zu beweisen, dass auch andere intellektuelle Fähigkeiten als musikalische durch verstärkten Musikunterricht gefördert werden können. So hat ein Schweizer Forschungsteam (Weber u. a. 1993) bei Untersuchungen mit 1.200 Schülern festgestellt, dass die Experimentalschüler durch verstärkten Musikunterricht (fünf Stunden wöchentlich auf Kosten des um jeweils eine Stunde entsprechend reduzierten Unterrichts in Mathematik und in der Muttersprache Deutsch) nach drei Jahren genauso gut in Mathematik waren wie die Kontrollschüler ohne verstärkten Musikunterricht und sich in Deutsch besser ausdrücken konnten als diese. Auch ihre soziale Kompetenz war höher als die ihrer Mitschüler. Diese Ergebnisse sind in einer Langzeitstudie von 1992 - 1998 mit Berliner Grundschülern eindrucksvoll durch ein noch genaueres Testinstrumentarium bestätigt worden (Bastian 2000). Sie sprechen für die Integration von Musik, in diesem Fall des Singens von ausgewählten Liedern aus dem Zielsprachenland, auch in andere Fächer. In jeder Sprache gibt es Lieder, meist Kinderlieder, die sich besonders zum Körperlernen eignen, weil sie vom Inhalt her Körperteile oder bestimmte Bewegungen ansprechen. Das folgende Lied eignet sich hervorragend für den Anfangsunterricht. Es 4.8 Singen und Bewegung 63 <?page no="64"?> existiert mit derselben Melodie in Englisch und Französisch und lässt sich auch mit wenigen inhaltlichen Variationen ins Spanische übertragen: If you ’ re happy 1. If you ’ re happy and you know it, clap your hands. (zweimal in die Hände klatschen) If you ’ re happy and you know it, clap your hands. (zweimal in die Hände klatschen) If you ’ re happy and you know it, and you really want to show it, if you ’ re happy and you know it, clap your hands. (zweimal in die Hände klatschen) 2 If you ’ re happy and you know it, slap your sides . . . 3. If you ’ re happy and you know it, stamp your feet . . . 4. If you ’ re happy and you know it, snap your fingers . . . 5. If you ’ re happy and you know it, sniff your nose . . . 6. If you ’ re happy and you know it, shout „ we are! “ . . . 7. If you ’ re happy and you know it, do it all . . . Nach derselben Melodie: Si tu as la joie au c œ ur 1. Si tu as la joie au c œ ur, claque un doigt. (einmal mit den Fingern schnipsen) Si tu as la joie au c œ ur, claque un doigt. (einmal mit den Fingern schnipsen) Si tu as la joie au c œ ur, si tu as la joie au c œ ur, si tu as la joie au c œ ur, claque un doigt. (einmal mit den Fingern schnipsen) 2. Si tu as la joie au c œ ur claque deux doigts. 3. Si tu as la joie au c œ ur claque la langue. 4. Si tu as la joie au c œ ur claque les mains. 5. Si tu as la joie au c œ ur claque un pied. 6. Si tu as la joie au c œ ur claque deux pieds. 7. Si tu as la joie au c œ ur claque de tout. Nach derselben Melodie: Si te diviertes 1 Si te diviertes y lo sabes, da palmadas. (zweimal in die Hände klatschen) Si te diviertes y lo sabes y quieres demostrarlo, si te diviertes y lo sabes, da palmadas. (zweimal in die Hände klatschen) Si te diviertes y lo sabes, da palmadas. (zweimal in die Hände klatschen) 2. Si te diviertes y lo sabes, da vueltas . . . 3. Si te diviertes y lo sabes, pisa fuerte . . . 4. Si te diviertes y lo sabes, silba alto . . . 5. Si te diviertes y lo sabes, saca la lengua . . . 6. Si te diviertes y lo sabes, grita „ ¡somos! “ . . . 7. Si te diviertes y lo sabes, hazlo todo . . . Unter Wahrung der Silben und des Rhythmus kann der Lehrer die folgenden Lieder leicht in eine andere Sprache übertragen. 64 4. Mit Bewegung lernen <?page no="65"?> Head and shoulders (aus: Jazz Chants for Children, Graham 1979) Head and shoulders toes, knees and toes head and shoulders toes, knees and toes and eyes and ears and mouth and nose head and shoulders knees and toes, knees and toes. Macarena (aus: Los Trotamundos 1, 1998) Dale a tu cuerpo alegría, Macarena, que tu cuerpo es „ pa “ darle alegría y cosa buena. Dale a tu cuerpo alegría, Macarena. ¡Eh Macaren Aaay! Macarena, Macarena, Macarena, que te gustan los veranos de Marbella. Macarena, Macarena, Macarena, que te gusta la movida guerrillera. Dale a tu cuerpo alegría, Macarena, que tu cuerpo es „ pa “ darle alegría y cosa buena. Dale a tu cuerpo alegría, Macarena. ¡Eh Macaren Aaay! Die Anwendungsmöglichkeiten dieser Lieder beschränken sich nun keineswegs darauf, dass sie mit entsprechenden Körperbewegungen im Chor gesungen werden, sondern der Text kann vielfach verändert werden, wodurch anderes Vokabular und auch teilweise neue Strukturen gelernt oder geübt werden können. Dies setzt selbstverständlich eine lernorientierte Klasse voraus. Auch die Ankündigung des sofortigen Abbruchs dieser Art des Lernens hilft meist, diese Voraussetzung beizubehalten. Gehen wir beim Beispiel von der französischen Version aus: Alle Verben werden durch das Verb toucher ersetzt und mit einem Körperteil verbunden, also: toucher la tête, le nez, la main etc., bzw. touche-toi la tête etc. Die Version: touche ta tête, ton nez etc. ist zwar auch möglich, jedoch weniger empfehlenswert, weil im Französischen auch die eigenen Körperteile immer mit dem bestimmten Artikel verwandt werden, z. B. J ’ ai les mains froides. Viel motivierender wird das Körperlernen mit diesem Lied, wenn vereinbart wird, dass die Lernenden nicht den eigenen, sondern den Körperteil des Nachbarn leicht berühren sollen, was meistens zu einer noch aufgelockerteren Stimmung führt. Dadurch, dass statt Körperteilen Kleidungsstücke eingesetzt werden, z. B. touche un pull, un pantalon, une chaussure etc. können in gleicher Weise diese Vokabeln mit Partner eingeprägt werden. Wenn nun die Possessivpronomina eingesetzt werden; touche son pull, touche sa chaussure etc., kann evtl. vereinbart werden, dass die Lernenden andersgeschlechtliche Partner wählen. So wird die vom Deutschen abweichende Regel, dass sich das Possessivpronomen nur nach dem grammatikalischen Geschlecht des Besitzes und nicht nach dem natürlichen Geschlecht des Besitzers richtet, verdeutlicht. Durch weitere Veränderungen können unterschiedliche Verben singend geübt werden, so z. B. durch die Verwendung der Imperative montre, attrape, regarde, cherche, trouve, cache, sei es in Verbindung mit Körperteilen und Kleidungsstücken oder in Verbindung mit anderen Gegenständen: 4.8 Singen und Bewegung 65 <?page no="66"?> Cache ton/ son bic, cache ta/ sa montre etc. Die Gegenstände müssen sich dabei in Reichweite befinden oder vorher entsprechend platziert werden. Andeutende Gesten genügen, z. B. dass man die Hand auf die Uhr des Partners legt, um cacher anzudeuten. Auch besondere Verbkonstruktionen können so geübt werden: prends-le / attrape-le par la jambe / par le bras / par le doigt etc. mène-le / tire-le par le nez / par l ’ oreille etc., wobei gleichzeitig auf die übertragene Bedeutung von tirer l ’ oreille à qn (tadeln) hingewiesen werden kann. Eine andere auflockernde Form des Bewegungslernens mit Gesang ist die Darstellung einer Szene als Oper. Sicherlich sind nicht alle Lernenden dazu bereit und der Lehrer sollte hierbei keineswegs einen Zwang ausüben. Allen Lernenden muss klar sein, dass sie zur Vertonung eigene Melodien wählen dürfen. Die Lernenden, die zu einer Opernaufführung bereit sind, sollten besonders belohnt oder auf Video aufgenommen werden. Gerade in der Absurdität, dass ein Text, der eine banale Alltagshandlung beinhaltet, in Form einer Oper vertont wird, liegt der Reiz einer solchen Übung. Für Deutsch als Fremdsprache eignet sich Rap-Musik ausgezeichnet, weil hierbei die Wörter eher gesprochen als gesungen werden. Vorherrschend ist der Rhythmus, zu dem die Schüler sich gerne beim Vortragen der Rap-Texte bewegen. Vor allem für die Klangmerkmale des Deutschen scheint sich der Rap-Rhythmus besonders gut zu eignen. Diese Erfahrung hat Fischer mit Deutsch als Fremdsprache bei französischen Kindern im Grundschulalter gemacht, für die er „ sowieso-Raps “ , kurze Texte mit Notengrafiken, zusammenstellte. Dadurch erreichten die Kinder eine fast akzentfreie Aussprache. „ Das Einbeziehen von Körpersprache und von rhythmischer Begleitung mindert oder verhindert sogar Verkrampfungen bei der Lautbildung in der Fremdsprache. Die authentische Intonation stellt sich fast von allein ein. “ (Fischer 1999, 2) Seine Videoaufnahmen der Kinder sind dafür ein überzeugender Beweis (siehe auch www.narr.de/ effektiver_fremdsprachenunterricht). Ein kurzes Beispiel, das im Wechsel zwischen einem einzelnen Sprecher und dem Chor vorgetragen wird: Ich habe viel Geld. Du hast es gezählt. Er/ Sie hat für alle Würstchen bestellt. Es hat wirklich nichts gefehlt! Wir haben gegessen! Ihr habt gefressen! Sie haben zu zahlen vergessen. In einem weiteren Gedicht wird der Rhythmus mit Bewegung verbunden. „ Der Körper wird von den Fingerspitzen bis zu den Fußspitzen einbezogen (Fischer 2007, 88 ff). Es fliegt ein Vogel, ganz allein Schau, jetzt fliegen zwei! Sie fliegen hoch, sie fliegen nieder. Sie fliegen fort und kommen wieder. 66 4. Mit Bewegung lernen <?page no="67"?> Sie picken Körner, eins, zwei, drei. Sie fliegen fort und kommen wieder. Die Bewegungen werden mit sechs Zeichnungen veranschaulicht. Weitere Anregungen, um mit Rhythmus und Liedern zu lernen, findet man bei Rück (2000) und bei Butzkamm (2004, 283 ff) im Kapitel „ Sprache und Musik “ . 4.9 Die szenische Darstellung 4.9.1 Handlungsorientierte Lektionseinführung als Hinführung zur szenischen Darstellung Szenische Einführung durch den Lehrer Dass das oben beschriebene Bewegungslernen beim Vokabellernen, beim Partnerlernen, bei der Pantomime und auch bei der Grammatik eine ausgezeichnete Vorbereitung auf die szenische Darstellung unter Einbeziehung der paralinguistischen Elemente von Körperhaltung, Gestik und Mimik ist, bedarf hier keiner Erläuterung. Seit der kommunikativen Wende in der Fremdsprachendidaktik bestehen die Anfangslehrbücher meist aus Dialogen. Wenn der Lehrer von der Bedeutung des Bewegungslernens überzeugt ist, kann er selbst die Lektion entsprechend szenisch vortragen, indem er die paralinguistischen Elemente entsprechend betont. Wenn es sich um zwei Dialogpartner handelt, ist es günstig, wenn er medial rechts und links zwei Kreise mit den Namen der beiden Dialogpartner zeigt, z. B. „ le touriste “ und „ le réceptioniste “ , und dann sich jeweils vor den Kreis stellt, der den Sprechenden symbolisiert. Dass der Lehrer dann den Text mehr oder minder auswendig vorträgt, ist selbstverständlich. Hierbei kommt es nicht auf den wortgetreuen Text an, sondern darauf, dass durch expressive Mimik und Gestik ein erstes Verstehen ermöglicht wird. Wenn mehr als zwei Dialogpartner vorkommen, kann der Lehrer einen Schüler rechtzeitig bitten, sich für die Übernahme der weiteren Rolle vorzubereiten. Der Lehrer selbst entscheidet, ob er bereits bei der ersten szenischen Darstellung bei schwierigeren Wörtern die Übersetzung leise einfließen lässt oder ob er dies bei einer zweiten Wiederholung systematisch tut. „ Indem sich der Lehrer selbst in diese Rollensituation begibt, die seine Stärken, aber auch seine Schwächen bloßlegt, bewirkt er bei den Lernern Abbau der Sprechangst und animiert das Publikum zur Nachahmung, zum aktiven Sprechen. (Macedonia-Oleinek, 1999, 47) Schüler übernehmen die Lehrerrolle Sicherlich ist es ebenso motivierend, wenn zwei oder drei Schüler im Sinne des „ Lernens durch Lehren “ (Martin 1994) diese Rolle des Lehrers übernehmen. Wenn sie anstelle der Wiederholung des Rollenspiels mit bilingualen Hilfen eine einsprachige Semantisierung des neuen Vokabulars übernehmen wollen, so ist das eine reizvolle Aufgabe, wobei das nonverbale Element eine große Rolle spielen sollte. In den siebziger Jahren führten Schülerinnen einer Mädchenschule ein ganzes Schuljahr lang mit großem Engagement in Gruppen jede Lektion mit Hilfe der Semantisierungsvorschläge des Lehrerhandbuches selbst ein, indem sie alle neuen Vokabeln ihrer Klasse einsprachig erklärten (Schiffler 1980, 173 f). 4.9 Die szenische Darstellung 67 <?page no="68"?> Die Verfilmung als Ziel Auswendiglernen ist in unserer Zeit aus der Mode gekommen. Wenn es sich jedoch um Alltagsdialoge handelt, enthalten diese meist Sätze, die fast unverändert immer wiederkehren. Diese mehr oder minder auswendig zu lernen bedeutet nicht nur, im Kontext zu lernen, sondern auch Kommunikationsteile vollständig so parat zu haben, dass sie spontan eingesetzt werden können. Jedoch darf das „ Hersagen “ des Gelernten nicht das Ziel sein, sondern die szenische Darstellung. Wenn diese dann gefilmt wird, ist das Einüben mit der adäquaten Sprechbewegung als Voraussetzung in ganz anderer Weise gerechtfertigt. Noch motivierender ist es, wenn das Ziel der Verfilmung nicht nur die Vorführung am Ende des Schuljahres ist, sondern wenn das Ziel außerhalb der Klasse liegt, wie das bei einer Aufführung des Rollenspiels vor einer anderen Klasse, vor den Eltern der Lernenden oder bei einem Schulfest der Fall ist. Handlungsorientierte Einführung mit sprachlicher Lehrerhilfe Förderung der „ Lernerautonomie “ ist sicherlich ein gutes Ziel, das zu Recht einer kritischen Bilanz unterzogen wurde (Schmenk 2008). Im Folgenden soll gezeigt werden, wie durch handlungsorientierte Einführungen dieses Ziel in bescheidenem Maß angestrebt werden kann. Weitere Vorschläge finden sich bei Schiffler (1998, 54 ff). Nur diejenigen, die als Hinführung auf die szenische Darstellung relevant sind, sollen hier kurz skizziert werden. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass durch die Einbeziehung von Ideen und Vorschlägen der Schüler eine noch stärkere Motivation für die szenische Darstellung erreicht werden kann. Wenn die Schüler die Vokabeln nach den oben beschriebenen Verfahren in und mit Bewegung bereits vor der Einführung kennen gelernt haben, wird es ihnen leicht fallen, nun in der Gesamtgruppe selbst eine Geschichte in der Fremdsprache zu erfinden, für die nur der Titel der Lehrbuchlektion bekannt ist. Alle Schüler dürfen Vorschläge machen. Zusätzliche Fragen auf Deutsch nach Vokabeln, sei es an die Mitschüler, sei es an den Lehrer, sind erlaubt. Nehmen wir den Titel einer Lehrbuchlektion wie z. B. Qu ’ est-ce que nous faisons le weekend? (Stentenbach 1991, 49 ff). Um zu diesem Thema vorerst ohne Lehrbuch handlungsorientiert zu arbeiten, müssen den Schülern als Ausgangspunkt die Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, die in den Lehrbüchern vorkommen. So in diesem Fall: Eine Karte mit der Umgebung von Paris und den touristischen Orten in der Normandie und der Bretagne. Wenn die Schüler handlungsorientiert das Thema „ Sport “ bearbeiten, also sich zuerst über ihre sportlichen Aktivitäten, Vorlieben und Pläne unterhalten sollen, dann kann das Werbeplakat des Mountbatten Centre des Lehrbuchs English live, Unit 6 (Harger u. a. 1990) mit allen dort möglichen Sportarten als Ausgangspunkt gewählt werden. Wie geht der Lehrer nun vor? Er schreibt zuerst den Titel an die Tafel, erklärt ihn, zeigt die o. g. Illustrationen medial und fordert die gesamte Klasse auf, eine Geschichte zu diesem Thema zu finden. Jeder Schülervorschlag wird medial allen sichtbar gemacht und abgeschrieben. Vokabeln, die nicht in der neuen Lektion, aber in den Schülervorschlägen auf Deutsch vorkommen, werden vom Lehrer übersetzt und mit einem kurzen Kontext und der Übersetzung allen medial vermittelt. Die Schüler schreiben sie in das Vokabelheft oder auf die Kärtchen der Vokabelkartei, nachdem sie mehrmals vom Lehrer vor- und von den Schülern nachgesprochen wurden. Der 68 4. Mit Bewegung lernen <?page no="69"?> vollständige von den Schülern erfundene Text wird gelesen, und die Schüler stellen sich untereinander Fragen zum Inhalt. Auf diese Art und Weise wird eine wichtige Aufgabe geübt, nämlich eigene gedankliche Sachverhalte mit dem Sprachmaterial auszudrücken, das den Lernern bereits zur Verfügung steht. Gerade hierbei ist die Hilfe des Lehrers besonders wichtig. Dem so entstandenen Rollenspiel gegenüber haben die Schüler eine andere Haltung: Es ist „ ihre “ Version, „ ihr “ Stück, das sie dann darstellen. Sie haben sprachlich gehandelt, wenn auch nicht immer in der Fremdsprache. Eine solche Leistung sollte nicht nur durch das Filmen der szenischen Darstellung gewürdigt werden, sondern auch dadurch, dass die Schüler ihre Texte in ein gesondertes, besonders schönes Heft fehlerlos eintragen, das sie evtl. auch durch eigene Zeichnungen, auch solche, die den Lehrbuchillustrationen nachempfunden sind, oder durch Collagen aus zielsprachigen Prospekten ausschmücken. Handlungsorientierte Einführung durch Vorgabe des Vokabulars Autonomie und Kreativität des Lerners findet meist in der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit ihre Grenze. Im letzten Vorschlag ist diese Grenze durch die ständige Hilfe des Lehrers gelockert. Der folgende Vorschlag schließt die Lehrerhilfe aus. Den Schülern wird entweder das Vokabular der Lektion mit der Übersetzung gegeben, wie es sich im Vokabelverzeichnis findet, oder ohne Übersetzung, wenn es vorher kontextuell eingebettet und bilingual mit Bewegung in der Gruppe „ angelernt “ wurde. Sie sollen damit zum Thema der Lektion eine eigene Version in Partner- oder Gruppenarbeit finden, wobei es ihnen freisteht, in welchem Umfang sie das vorgegebene Vokabular benutzen. Der Vorteil ist natürlich, dass die erfundenen Geschichten näher am Inhalt der Lektion sind, so dass die Schüler diese später nur lesend zur Kenntnis zu nehmen brauchen. Es ist erstaunlich, dass manchmal trotz Vorgabe der Vokabeln verschiedene Versionen entstehen. Dass die Schüler die Lektionstexte kopieren, ist nicht zu befürchten, da ein solches Projekt meist als Herausforderung angesehen wird. Von der Lektion abzuschreiben würde bedeuten, nicht das fair play berücksichtigt zu haben und vor den Mitschülern schlecht dazustehen. Handlungsorientierte Einführung mit Bildern der Lektion Neuere Lehrbücher für den Anfangsunterricht enthalten viel Bildmaterial. In manchen Fällen kann man beobachten, dass sich Bild- und Textinformation die Waage halten. Die Fülle der Bilder mancher Lektionen im Anfangsunterricht gestattet es, den Bildern bei der Einführung eine neue Funktion als Auslöser sprachlicher Handlungen einzuräumen. Wenn dies der Fall ist, sollen die Schüler - in Gruppen - ausschließlich anhand der Bilder einen eigenen Lektionstext zum Thema der Lektion erfinden. Abweichungen vom Text der tatsächlichen Lektion sind erwünscht. Nur Vokabeln, die unausweichlich zur Versprachlichung der Lektion gebraucht werden - meist erkennt der Lehrer diese bei der Vorbereitung auf den ersten Blick - werden vorgegeben. Alle anderen werden auf Nachfrage der Gruppen vom Lehrer genannt und allen anderen Gruppen medial - am besten mit Kontext und Übersetzung - mitgeteilt. 4.9 Die szenische Darstellung 69 <?page no="70"?> Handlungsorientierte Einführung mit Hilfe eines Tonträgers Der Text einer jeden Lektion steht auf Tonträger zur Verfügung. Einen rein akustisch dargebotenen Text zu verstehen ist ein eminent wichtiger Teil des aktiven Sprachhandelns. Hörverstehen wird im Unterricht meist zu wenig geübt. Dem Anfänger fällt dies besonders schwer. Deshalb sollte diese Fähigkeit trainiert werden. Die wichtigste Hilfe zur Bewältigung dieser Aufgabe haben die Schüler bereits erhalten: Sie haben die Bedeutung der neuen Vokabeln bereits kontextuell eingebettet und bilingual mit Bewegung „ angelernt “ . Nun müssen sie sie auditiv wiedererkennen und wesentliche Teile der Lektion nach einem, eventuell nach wiederholtem Hören mit originaler Sprechgeschwindigkeit, schriftlich, aber möglichst frei wiedergeben. Partnerarbeit, eventuell auch Gruppenarbeit als Erleichterung der anschließenden Korrektur durch den Lehrer, werden in einem solchen Fall als wirkliche Hilfe empfunden. Kreative Ergänzungen und Umformungen müssen explizit als erwünscht genannt werden. Aus den besten Versionen werden eine oder auch zwei Versionen zusammengestellt, die dann szenisch dargestellt werden. 4.9.2 Szenische Darstellung mit ghostspeaker Hier soll ein weiterer Vorschlag gemacht werden, wie Bewegungslernen dazu führen kann, dass sich die Lerner ebenso auf die paralinguistischen Elemente und die szenische Darstellung konzentrieren wie auf den vorzutragenden Text. Jedem Spieler wird ein ghostspeaker zugeordnet, der sich hinter den Spieler stellt und die Dialogteile laut vorträgt, während der Spieler selbst nur die Bewegung möglichst ausdrucksvoll vorführt. Selbstverständlich darf der Spieler auch korrigierend eingreifen, wenn der ghostspeaker Fehler macht. Varianten sind selbstverständlich auch möglich. So sprechen die ghostspeaker vor und die Darsteller sprechen nach und führen die Gesten aus. Um die ganze Klasse zu beteiligen, können die Spieler in derselben Weise den Sketch nur pantomimisch vorführen. Nach jedem Dialogteil halten sie an und die Lerner sprechen den Dialogteil. Da alle Lerner den Dialog auswendig lernen sollten, kann dieses Verfahren mit wenigen Lehrerhilfen, die sich vor allem auf die nonverbale Darstellung beziehen, durchgeführt werden. Die Klasse kann auch in zwei oder drei Gruppen aufgeteilt werden. Jede Gruppe teilt sich dann in Darsteller der Pantomime und Zuschauer auf, die die Pantomime versprachlichen. Selbstverständlich ist das Ziel des Fremdsprachenunterrichts, dass die Lernenden eigene Dialoge und Sketche entwerfen und spielen. Wenn sie aber in der beschriebenen Form an die Betonung der paralinguistischen Elemente der Darstellung gewöhnt sind, dann werden sie auch ihre eigenen Dialoge im Sinne des Bewegungslernens entsprechend „ inszenieren “ . 4.9.3 Umarbeitung der Lektion in ein Rollenspiel Eine der wichtigsten Phasen des Anfangsunterrichts ist die Anwendungsphase. In ihr sollen die Schüler dazu angehalten werden, sprachlich kreativ mit den gelernten 70 4. Mit Bewegung lernen <?page no="71"?> Sprachbeständen umzugehen. Diese Phase ist also eo ipso handlungsorientiert, d. h. sie setzt die Selbsttätigkeit der Schüler voraus. Angesichts der kurzen Unterrichtszeit bleibt dem Lehrer meist zu wenig Zeit, um diese Phase im Anschluss an jede Lektion zu gestalten. Vorschläge, wie die Kreativität der Schüler gefördert werden soll, gibt es zur Genüge. So hat Schiffler (1998, 72 ff) die Stimulierung durch ein „ Überraschungswort “ vorgeschlagen. Der Lehrer oder die Schüler wählen ein Wort aus, das möglichst konträr zum Inhalt der Lektion steht. Die Schüler müssen nun in Gruppenarbeit den Text der Lektion neu gestalten, indem sie das Wort, z. B. „ flying saucer “ , „ ovni “ „ platillo volante “ , „ fliegende Untertasse “ in ein Verkaufsgespräch auf dem Markt möglichst sinnvoll einbauen. Ein anderer Vorschlag ist die „ Inselsimulation “ (Schiffler 1998, 75 f). Die Schüler wählen eine Insel aus, auf der die Zielsprache gesprochen wird, informieren sich über sie und wählen die Identität eines Inselbewohners und beschreiben diesen ausführlich. Dann haben sie die Aufgabe, das Geschehen des Lektionstextes im Rahmen der gewählten Insel aus der Sicht des betreffenden Inselbewohners zu schildern. Hierbei ist es wichtig, dass ein Teil dieser Ausarbeitung in Dialogform gestaltet wird, den die Schüler dann szenisch umsetzen können. Diese Umformung wird meist nur von leistungsstarken Schülern bewältigt. Doch sind sie durch das kreative Potential dieser Vorschläge meist hoch motiviert. Aus den verschieden Versionen wird dann mit Korrekturhilfe des Lehrers ein Rollenspiel erstellt, das die Schüler auswendig lernen und szenisch als Rollenspiel unter Betonung der paralinguistischen Elemente umsetzen, was dann auch gefilmt wird. Freudenstein (2000, 11) behauptet, dass das Rollenspiel, das bereits seit den siebziger Jahren in der fachdidaktischen Literatur empfohlen wird (Mugglestone 1977), „ in der Unterrichtspraxis so gut wie keine Verbreitung gefunden habe “ . Möglicherweise hat er Recht und die Mehrzahl der Lehrer versucht, das vom Lehrbuch vorgegebene Pensum im Schuljahr „ durchzuziehen “ . Dafür gibt es zu Recht den Ausdruck „ Erlkönig-Methode “ nach der Devise „ . . .und in seinen Armen - das Kind war tot “ . Damit will gesagt werden, das Ziel, das Lehrbuch zu „ schaffen “ , wurde erreicht, jedoch können die Schüler das Gelernte in der freien Kommunikation nicht anwenden. Eine solche drastische Persiflage der Ballade von Goethe mag wohl den einen oder anderen Fremdsprachenlehrer vom Wert des in Szene gesetzten Dialogs überzeugen (vgl. die Untersuchungen von Roth, 2011, 297, zum geringen Langzeitbehalten des Gelernten). 4.9.4 Die Verknüpfung zweier Lektionen zu einem Rollenspiel Der hier gemachte Vorschlag berücksichtigt die Befürchtung mancher Lehrer, dass die o. g. Vorschläge zu weit vom Lehrbuchunterricht abweichen und einen zu großen Korrekturaufwand erforderlich machen. Der hier gemachte bleibt im Gegensatz dazu nahe am Lehrbuchgeschehen und hält die Kreativität der Schüler und somit auch den Korrekturaufwand in Grenzen. Am Ende der Bearbeitung zweier Lektionen haben die Schüler in Gruppen die Aufgabe, aus beiden Lektionen eine neue Handlung zu entwerfen. Hierbei können Sie Dialogteile wörtlich übernehmen und sozusagen als Versatzstücke kombinieren. Da diese Aufgabe durch die beiden Lektionen sprachlich gelenkt wird, ist sie zeitlich leichter zu bewältigen. In einer Klasse 7 wurde zuerst ein Rollenspiel aus der Lektion 3 des Französisch- Lehrbuchs (Beutter u. a. 1998) erstellt. In der Lektion 3 wird eine rue commerçante mit 4.9 Die szenische Darstellung 71 <?page no="72"?> mehreren Geschäften dargestellt. In der folgenden Lektion 4 wird geschildert, wie die beiden jungen Protagonisten einkaufen und dabei ein Mädchen auf dem Skateboard sehen, dass durch seine Unachtsamkeit zwei baguettes eines Passanten zweiteilt. Zwei weitere Kinder spielen Fußball auf dem Hof. In dem aus den beiden Lektionen zusammengestellten Rollenspiel beschweren sich die commerçants, ihre Kunden würden sich durch das Fußballspielen der Jungen belästigt fühlen. Ein Fußball habe sogar die Scheibe eines Geschäftes beschädigt. Es kommt sogar noch schlimmer. Die Skateboardfahrerin verletzt einen Passanten. Genügend Ereignisse, um ein vehement und aufgeregt zu spielendes Rollenspiel voller Bewegung zu entwerfen und zu spielen. Das nach der Behandlung der Lektion 5 (Beutter u. a.1998) und 6 erstellte Rollenspiel wird im Folgenden in Auszügen wiedergegeben und ist im Film vollständig zu sehen. Der Ausgangspunkt für das Rollenspiel war die Meinung der Schüler, dass die Familie der Tochter viel weniger Rechte einräumt als dem Sohn. Ziel war es nun, im Rollenspiel die Revolte der Tochter gegen diese Ungleichbehandlung zu zeigen, um deren Emanzipation durchzusetzen. Insgesamt wurde das erarbeitete Rollenspiel von vier Gruppen gespielt. Nur das Spiel der besten Gruppe steht als Film unter dem Titel „ Cathy und Laurent “ (Neubenennung durch die Gruppe) zur Verfügung (siehe auch www.narr.de/ effektiver_fremdsprachenunterricht). Der Anlass für das Drehbuch war der folgende Text des Lehrbuchs (Lektion 6): Huit heures! Luc rentre. Luc: Huit heures pile. Salut! Bonjour! J ’ ai faim. Puis, il demande à Nathalie: „ Comment ça va, soeurette? Moi, ça va, merci. “ Nathalie crie: „ Ce n ’ est pas juste! Luc rentre à huit heures, huit heures et demie, neuf heures moins le quart. Et moi, je suis là, toujours là, avec vous. Ah non, alors! Ce n ’ est pas juste! “ Im Folgenden wird nur der Wortlaut des letzten der sechs Sketche des Films wiedergegeben. Um zu zeigen, wie hilfreich die Zusammenführung beider Lektionen zum Rollenspiel ist, werden alle Sätze, die aus der vorigen Lektion stammen, fett gedruckt wiedergegeben. Scène 6: Laurent rentre. La famille est toujours à table. On a mangé, on a discuté. Tout à coup, Laurent rentre. Die Familie sitzt mit der Tochter am Tisch. Der Sohn kommt vom Skateboardfahren heim. Bereits an der Tür ruft er laut und fröhlich: Laurent: Huit heures pile. Salut. Nur die Mutter antwortet verärgert: Madame Bruel: Bonsoir Laurent. Laurent: Comment ça va, maman? Et toi, papa? Madame Bruel: Nous allons bien, merci. Laurent: Moi, je vais bien. Et toi, soeurette? Cathy: Ça va. Laurent: On a fait des démonstrations de slalom. Ah, j ’ ai faim, j ’ ai soif. Madame Bruel: Regarde, il y a du poulet, de la salade, une baguette. Laurent: Beurk, je n ’ aime pas trop. Monsieur Bruel: Ah, monsieur veut une pizza. Et puis quoi encore? 72 4. Mit Bewegung lernen <?page no="73"?> Laurent: Non, non, reste cool, Papa, ça va. Madame Bruel: Tu as fait tes devoirs pour demain? Laurent: Non, et alors? Madame Bruel: A quelle heure tu fais tes devoirs? Laurent: Pas maintenant parce que je veux regarder la télé. Der Vater steht auf und schreit ihn an: Monsieur Bruel: Tu travailles à dix heures et demie? Non, c ’ est impossible. Madame Bruel: Ecoute, Laurent, tu vas maintenant dans ta chambre et tu travailles. Demain, tu rentres à six heures et tu fais le repas pour la famille. Laurent antwortet in einem heftigen Ton: Laurent: Oh non, ce n ’ est pas juste! Cathy springt auf, haut mit der Faust auf den Tisch: Si, mon frère, c ’ est juste! Monsieur Bruel: Et Cathy, tu débarrasses la table avec moi. Cathy, noch heftiger: Non, maintenant je travaille pour le test en allemand. Laurent kann helfen. Ich muss lernen Deutsch und du kochst morgen für uns, Laurent. Je suis dans ma chambre. Salut. Beide Eltern im stöhnenden Ton: Monsieur Bruel: Quelle fille! Madame Bruel: Quel garçon! 4.9 Die szenische Darstellung 73 <?page no="74"?> 5. Mit Visualisierung lernen 5.1 Das Schriftbild als Visualisierung von Sprache Untersuchung zur Wirksamkeit des Schriftbildes In den sechziger Jahren war die damals aus den USA übernommene audiolinguale Methode die allgemein anerkannte und in den Schulen auch am meisten praktizierte. Ein wesentliches Element dieser Methode war die zeitlich getrennte Vermittlung der Sprachbestände durch Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben. In der Praxis wirkte sich dies vor allem dahingehend aus, dass zuerst die Einführung durch Hören und Sprechen ohne Schrift stattfand. Diese Methode wurde dann Mitte der sechziger Jahre durch die in Frankreich entwickelte audiovisuelle Methode (Schiffler 1976) ergänzt. Durch die genau festgelegte Einführung neuer Sprachbestände durch Bilder, denen sprachliche Aussagen auf Tonträger fest zugeordnet waren, wurde die strikte Trennung der Vermittlung ohne Schrift und mit Schrift in der Praxis erleichtert und methodisch festgelegt. Es wurde immer wieder beobachtet, dass lerneifrige Schüler sich schriftliche Notizen in der Fremdsprache machten - selbstverständlich in einer der Muttersprache angepassten Orthografie - um sich dadurch eine wertvolle Gedächtnisstütze zu schaffen. Als erster hat Dodson (1967) unter Hinweis auf eigene Untersuchungen bei englisch- und walisischsprachigen Schülern dafür plädiert, die Fremdsprache gleichzeitig mit Tonträger und Schriftbild einzuführen. Unabhängig von ihm hat der Psychologe van Parreren (1969) auf den Vorteil der Schrift als Gedächtnisstütze hingewiesen. Butzkamm (1971) griff dann die Argumente Dodsons auf. Diese führten dazu, dass Schiffler (1971) eine empirische Untersuchung zum Einfluss der Schrift auf die Aussprache durchführte, denn die vorgeblich negativen Auswirkungen der Schrift auf die korrekte Aussprache war das Hauptargument der Vertreter der schriftlosen Phase der audiolingualen Methode. Die Voraussetzungen für eine solche Untersuchung waren damals außerordentlich günstig, denn zum Zwecke dieser Untersuchung stand eine 7. Gymnasialklasse mit 28 Schülern zur Verfügung, die einen vierzigstündigen, zweimonatigen audiovisuellen Französischunterricht ohne Schrift absolviert hatte, also an ein Lernen ohne Schriftstütze gewöhnt war. Zum Zwecke der Untersuchung wurde die Klasse nach einem Fremdsprachen-Eignungstest in zwei gleichstarke Gruppen eingeteilt. Alle Schüler wurden dann während der fünf folgenden Unterrichtsstunden nur im Sprachlabor ohne Lehrer unterrichtet. Dem Lehrer oblag nur die Aufsicht. Im 1. Versuch wurde jeweils eine Gruppe audiovisuell mit Bild und Ton unterrichtet, während die andere zusätzlich den schriftlichen Text bekam. Der 2. Versuch lief ebenso ab, nur dass die Unterrichtsformen ausgetauscht wurden, d. h. die andere Gruppe musste nun auf den schriflichen Text verzichten. Der 3. und 4. Versuch verlief wie die beiden ersten, nur dass die jeweilige Gruppe, die mit dem Text arbeitete, sich diesen ohne Toninformation einprägen musste. Der 5. Versuch verlief wie die beiden ersten, d. h. die <?page no="75"?> Textgruppe erhielt wiederum zusätzlich die Ton- und Bildinformation wie die Vergleichsgruppe, die ohne Text arbeitete. Im Test nach jedem Vesuch mussten beide Gruppen nur an Hand der Bilder den Text auf Tonträger sprechen. Die Auswertungen der Tonaufzeichnungen ergaben, dass bei keinem Versuch eine signifikante Beeinträchtigung durch den Text nachgewiesen werden konnte, sondern vielmehr eine signifikante Überlegenheit in der mündlichen Leistung im 5. Versuch nachzuweisen war, sobald zur Bild- und Toninformation auch noch die Textinformation hinzu kam. Dieser Vorteil war nicht gegeben, wenn die Gruppen zwar den Text, aber keine Toninformation erhielten. Dieses Beispiel ist ein Beweis dafür, dass sich Methoden oft dadurch definieren, dass sie dem Lerner selbstverständliche Lernhilfen vorenthalten. Es ist unbestritten, dass viele Lerner nicht nur im Schriftbild eine Hilfe sehen, sondern auch darin, dass sie sich ein Wort ein- oder mehrmals aufschreiben, um es sich besser einzuprägen. Die schriftlichen Notizen der Schüler bei einem schriftlosen Unterricht zeugen davon. Trotz der dargestellten empirischen Forschung wird in den letzten Jahrzehnten, speziell für den Frühbeginn des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule, bei dem es sich meistens um Englischunterricht handelt, nach wie vor der schriftlose Unterricht gefordert, obwohl die Schüler meist bereits mit der Schrift vertraut sind und zusätzlich in ihrer deutschsprachigen Umwelt zahllose Möglichkeiten haben, englische Schriftbilder zu lesen. Das Schriftbild ist gerade für das auditive Lernen mit Tonträger eine wichtige Hilfe, da auf diesem die Wortgrenzen meist nicht hörbar sind. Der Lernende hat mit der Fremdsprache dieselben Schwierigkeiten wie ein Deutschsprachiger, der einen deutschen Satz ohne Wortgrenzen lesen soll: Dieerbsenschwammenbissiesanken. Wenn dem Leser derselbe Satz mit den Wortgrenzen gezeigt wird, dann sind ihm diese eine ebenso große Hilfe wie dem Lerner einer Fremdsprache, der auditiv lernt und das Schriftbild zur Analyse der Toninformationen nutzt. Die mentale Visualisierung des Schriftbildes während des Hörens Für den Anfangsunterricht ist die Originalaussprache durch den lebendigen native speaker oder durch dessen Stimme auf Tonträger besonders wichtig. Dank des Tonträgers hat er die Möglichkeit, den Text mehrmals zu hören. Die Beeinträchtigungen durch das Schriftbild (vgl. Zimmermann 1970) sind selbstverständlich dann gegeben, wenn der Tonträger nicht zusätzlich zum Text als Lehrmedium genutzt wird. Wie im Kapitel 3.4.1 dargelegt wurde, soll nicht nur das Schriftbild beim auditiven Lernen als Lernhilfe zur Verfügung gestellt werden, sondern vor allem auch die Übersetzung. Die wichtigste Voraussetzung beim hörenden Lernen ist nämlich, dass das Verständnis gewährleistet ist. Der Lerner kann dann selbst wahlweise auf die Übersetzung oder auf den schriftlichen Text als Hilfe zurückgreifen. Nachdem das Verstehen gesichert ist, kann der Lerner den Tonträger zum Lernen mit mehreren Sinnen nutzen: Während des Hörens stellt sich der Lerner das Schriftbild vor seinem geistigen Auge vor. Bei jeder Unsicherheit schaut er auf den Text. Bei einem weiteren Hören setzt er die gehörten Informationen in Situationsbilder um. Dieses 5.1 Das Schriftbild als Visualisierung von Sprache 75 <?page no="76"?> mentale Visualisierungsverfahren, das im folgenden Kapitel beschrieben wird, ist für den Lerner eine ebenso große Hilfe zum Behalten wie die mentale Vorstellung des Schriftbildes. Ferner wird durch das mehrfache Hören sein auditives Gedächtnis progressiv trainiert. Dadurch, dass in unserm Schulsystem das Lernen außerhalb des Fremdsprachenunterrichts fast ausschließlich durch schriftliche Information erfolgt, ist eine Schulung des auditiven Lernens vonnöten. Durch das wiederholte Hören ist dieses Training gewährleistet. Falls ein wiederholtes Hören jedoch ohne vorherige Absicherung des Verständnisses erfolgt, bewirkt es nur Verunsicherung, Frustration und möglicherweise sogar Ablehnung der Fremdsprache oder zumindest der Methode. Wiederholtes Hören jedoch mit unterschiedlichen Visualisierungsaufgaben bewirkt keinen Überdruss, sondern stellt vor allem ein Lernen in entspannter Aufmerksamkeit dar, wie es weiter unten beschrieben wird (vgl. Kapitel 6). 5.2 Mentale Visualisierung als Gedächtnisstütze Das Denken des Menschen ist keineswegs so abstrakt, wie viele Menschen meinen, sondern voll von konkreten Vorstellungen. Die Sprache lebt von Anschauung, auch wenn es Begriffe gibt, die sich der Anschauung entziehen. Haus, Möbel, Körperteil, obwohl abstrakte Begriffe, rufen sofort Anschauungen vor dem geistigen Auge hervor, während Wörter wie ebenso, wie, weil etc. dies nicht tun. Jedoch kann man sich diese Verhältnis- oder Bindewörter räumlich vorstellen, z. B. der mit aber eingeleitete Satz als ein Gegensatz in Form eines Pfeils mit zwei Spitzen zu dem vorher Gesagten, der mit obwohl eingeleitete Satz als eine Fortsetzung in Klammern, der mit weil eingeleitete als eine Fortsetzung auf unterer Ebene und der mit trotz eingeleitete als ein Hindernis in Form einer Hürde, die überwunden wird. Andere abstrakte Begriffe können noch leichter veranschaulicht werden, entweder durch bereits bekannte Symbole wie Gerechtigkeit als „ Statue mit Augenbinde und Waage “ , Hilfe als „ Rotes Kreuz “ oder „ Demokratie “ als Momentaufnahme, wo ein Wähler in einer Wahlkabine zu sehen ist, oder „ Intelligenz “ als Foto von Albert Einstein. Sapir (1921, 11) hat darauf hingewiesen, dass z. B. das Wort „ Haus “ kein sprachliches Faktum ist. „ Erst wenn Erfahrungstatsachen, vielleicht zusammen mit anderen, zu ihnen gehörigen, sich automatisch mit der Vorstellung eines Hauses verbinden, werden sie zu Symbolen, zu Wörtern, zu Sprachelementen. “ Arnheim (1972, 107 f) beschreibt mehrere Forschungen, die der Frage nachgehen, inwiefern begriffliches Denken bildhaft sein kann, auch wenn es sich um einen allgemeinen Begriff wie „ Haus “ oder „ Pferd “ handelt und die individuellen Besonderheiten eines mentalen Bildes eigentlich die Vorstellung des abstrakten Begriffes unmöglich erscheinen lassen. Experimente jedoch haben gezeigt, dass die Vorstellungen selektiv sind, sich also auf das Wesentliche einstellen können und den Rest, das Unwesentliche, von der Sichtbarkeit ausnehmen können. Wenn Alfred Binet seinen Töchtern die Aufgabe gibt, einen Hut zu beschreiben, dann antworten sie ihm „ Je cherche à me représenter un de tous les objets que le mot rassemble, mais je ne m ’ en représente aucun “ . Wenn Kurt Koffka (Arnheim, 1972, 108) seinen Probanden den Auftrag gibt, sich einen Zug vorzustellen, dann können sie nicht unterscheiden, ob es ein Güter- oder Personenzug ist, bei einer Münze erkennen sie nicht die Aufschrift und 76 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="77"?> können nicht sagen, ob die dargestellte Gestalt männlich oder weiblich ist. Auch bei abstrakten Begriffen wie z. B. „ Unterwürfigkeit “ stellen sich, wie Edward Titchener feststellt, bildhafte Vorstellungen ein, die zwar unzureichend sind, jedoch die Eigenschaften umfassen, die das anschauliche Begreifen des Begriffes ermöglichen und dessen physischen Charakter vernachlässigen. So sieht er bei dem genannten Begriff einen Bewerber, von dem nichts deutlich ist außer dem gekrümmten Rücken, manchmal auch die Hände vor dem nicht vorhandenen Gesicht. Die Sprache selbst ist ein beredtes Zeugnis dafür, dass sich das Denken im Sinnlichen bzw. im Bildlichen abspielt. Die Metaphern, die wir ständig in der Sprache verwenden, deuten darauf hin, dass das menschliche Denken von der Erfahrung abhängig ist, die uns die Sinne liefern und dass die Begriffe ursprünglich aus der Sinneserfahrung stammen. Sogar die theoretische Sprache ist durch Bilder geprägt, wie Whorf (Arnheim 1969, 219 f) in einem Beispiel zeigt, in dem alles Bildhafte kursiv hervorgehoben wird. „ Ich erfasse den Faden seiner Beweisführung, aber wenn sein Niveau mir zu hoch ist, so entzieht sich ihm meine Aufmerksamkeit, und ich verliere den Kontakt mit seinem Gedankengang, so dass, wenn er schließlich zu dem kommt, worum es geht, unsere Ansichten weit auseinander gehen und die Dinge, die er sagt, mir viel zu willkürlich erscheinen und mir wie ein Haufen Unsinn vorkommen. “ (Arnheim, 1972, 219 f) Auch wenn beim Denken und Sprechen visuelle Vorstellungen eine große Rolle spielen bzw. mehr oder minder beteiligt sind, bedeutet dies noch nicht, dass diese visuellen Vorstellungen eine behaltensfördernde Wirkung haben. Jedoch können sie diese haben, wenn besondere Visualisierungstechniken eingesetzt werden. Die Mnemotechnik der antiken Rhetorik Diese Techniken werden im Unterricht nur selten genutzt, obwohl sie uns seit langem bekannt sind. In den griechischen Rhetorikschulen waren sie die Grundlage der Gedächtnisschulung und wurden unter dem Begriff des permeare (einen Ort durchschreiten) zusammengefasst. Vor allem Simonides von Kos (6. Jh. v. Chr.) gilt als Erfinder der Mnemotechnik. Seine Lehre ist uns vor allem durch Ciceros Werk De oratore (157), durch Quintilians zwölf Bände der Institutionis oratoriae libri (XI, 2) und die Rhetorica ad Herennium (III, XVII ff) überliefert. Sie soll hier kurz zusammengefasst dargestellt werden: Das Sehen wird als der schärfste Sinn angesehen. Alles, was durch das Gehör und durch Überlegung aufgenommen wird, kann durch bildhafte und plastische Vorstellung besser behalten werden. Gerade wenn auf den ersten Blick keine bildliche Analyse möglich ist, müssen die Inhalte mit Personen, Gestalten oder Örtlichkeiten verknüpft werden, die dem Redner bekannt sind und die er immer wieder verwenden kann. Es kommt darauf an, dass diese Örtlichkeiten lebendig, ansprechend, markant und deutlich voneinander getrennt sind. Am besten eignet sich dafür ein dem Redner bekanntes großes Gebäude mit unterschiedlichen Hallen und Räumen, in denen er Gegenstände platziert, die ihn symbolhaft an das erinnern, was er vortragen möchte. Diese Örtlichkeiten sind wie eine Wachstafel oder ein Papier, wo alles in genauer Ordnung festgehalten wird. Jeder fünfte Ort sollte z. B. durch eine goldene Hand besonders gekennzeichnet werden. In diese Örtlichkeiten stellt der Redner z. B. einen Speer, um von einer Schlacht zu reden, den Bug eines Schiffs, wenn es sich um eine Seeschlacht handelt, oder 5.2 Mentale Visualisierung als Gedächtnisstütze 77 <?page no="78"?> er stellt sich einen Menschen vor, der am Krankenbett steht, und dem Kranken mit der einen Hand einen Giftbecher reicht, während er in der anderen ein Testament hält, wenn es um die Anklage eines mutmaßlichen Erbschleichers geht. Je stärker diese Bilder ausgeschmückt oder je ausgefallener sie sind, sei es eine mit Blut beschmierte Gestalt oder eine mit einem Purpurgewand verkleidete armselige Person, desto besser werden sie behalten. Auch betonen die römischen Autoren, dass beim Üben eine dazwischen liegende Nacht von besonderem Vorteil ist. Ferner empfehlen sie das tägliche Üben des Gedächtnisses. Die Mnemotechnik im Fremdsprachenunterricht Wie können nun diese Visualisierungstechniken der Antike für den Fremdsprachenunterricht ausgewertet werden? Die Lerner notieren sich mit Hilfe des Lehrers in der jeweiligen Fremdsprache den Weg durch das eigene Haus bzw. die eigene Wohnung, die sie genau kennen. Abweichungen von dem folgenden Beispiel sind also selbstverständlich: the court-yard, the main door, the hall, the staircase, the door of the flat, the corridor, the livingroom etc. la cour/ le jardin, la porte d ’ entrée/ le hall, l ’ escalier, la porte de l ’ appartement, le couloir, le salon/ le living etc. el porche, la entrada principal/ la puerta de la casa, el vestíbulo, la escalera, la puerta del piso, el pasillo, la sala de estar etc. der Hof, die Haustüre, die Eingangshalle, die Treppe, die Wohnungstür, der Flur, das Wohnzimmer etc. Diese Reihenfolge müssen die Lernenden sich fest einprägen und gehen dann in ihrer Vorstellung von einem Ort zum anderen. Dabei stellen sie sich die Örtlichkeiten möglichst anschaulich vor. Wenn sie sich nun eine Geschichte einprägen wollen wie z. B. The new member of the gang in Learning English, Password Green, 2, 21, die in a large village in County Durham spielt, dann stellt sich der Erzähler zuerst vor, dass durch seinen court-yard ein Fluss fließt, an dem der in die gang aufzunehmende James steht und zu dem die gang sagt: „ You ’ ll have to cross the river “ , dann sieht er durch the main door einen Friedhof und ein Grab und hört den Befehl: „ You ’ ll have to go to the graveyard and scratch the grave of Jenny Cutathroat at midnight “ . Es folgt the hall. Dort steht James mit seinem großen Bruder, der für ihn antwortet: „ Yes, he ’ ll do so. “ Dann stellt er sich die staircase vor und sieht dort die gang, die um Mitternacht auf ihn wartet. An the door of the flat stellt er sich vor: James walked around but could not find Jenny Cutathroat ’ s grave. Im corridor sieht er einen von der gang: One of the gang who scraped away the moss on the grave. James could just make out the words: „ Jenny Cutathroat, hanged for murder “ . Er sieht nun den living-room. Mitten darin steht die Kirche, um die er dreimal rennen muss. Dann läuft er aus dem living-room heraus und dreht sich um. He saw a white figure and ran for his life. 78 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="79"?> 5.3 Die mentale Visualisierung eines Handlungsgerüstes Wenn eine Geschichte einen so konkreten Ablauf wie die erzählte hat, dann kann auch ein anderes Verfahren gewählt werden: Verben sind im Allgemeinen schwerer zu behalten als Substantive. Sie sind aber sehr wichtig, weil sie meist das Gerüst einer Handlung darstellen. Nachdem nun eine Lektion eingeführt wurde, kann der Lehrer das Handlungsgerüst einer Geschichte vortragen, indem er diese auf die Verben und einen kurzen Kontext reduziert. Er bittet die Schüler, die Augen zu schließen und sich die Bewegungen möglichst plastisch vorzustellen. to come along with his kid brother to join our gang to cross the river at midnight to go to the graveyard to scratch Jenny Cutathroat ’ s grave to wait at the graveyard to walk around to look for the grave to scrap away the moss to run around the church to look back to see the white figure. Die Lerner halten nun die Augen geschlossen, wiederholen die Verben in dieser Reihenfolge und stellen sich die Aktionen bildlich vor. Man kann davon ausgehen, dass die Vorstellung der Bewegungsabläufe eine ähnliche Wirkung auf die Behaltensleistung hat wie die tatsächliche Ausführung der Bewegung. Günstig ist es trotzdem, zusätzlich zur Visualisierung nun eine Wiederholung mit „ Bewegungslernen “ anzusetzen, bei der alle Lerner mit Gesten die konjugierten Verben in den entsprechenden Zeiten laut sprechen. Selbstverständlich kann auch in einem weiteren Schritt eine andere konjugierte Form und ein anderes entsprechendes Tempus gewählt werden, soweit es sprachlich korrekt ist: He ’ s coming with his kid-brother/ I came along with my kid-brother etc. Das Vortragen dieser Varianten sollte dann durch einen Schüler erfolgen. Dieses Verfahren hilft den meisten Schülern, die Handlungsstruktur zu memorisieren. Im Allgemeinen tragen sie dann die Geschichte flüssiger vor, als wenn sie diese ohne diese Hilfen nacherzählen müssten. Die Schüler können auch dazu angeregt werden, zu jeder Lektion eine solche Handlungsstruktur schriftlich zu erstellen. Dann können sie zu Hause diese Visualisierungstechnik zur Einübung der Erzählung anwenden, so dass sie in der Schule das Ergebnis ihres Übens erfolgreich vortragen können. 5.3 Die mentale Visualisierung eines Handlungsgerüstes 79 <?page no="80"?> 5.4 Visualisieren durch mind maps 5.4.1 Visualisierung des brainstorming In Kapitel 2.2. wurden die anatomischen Untersuchungen von Di Virgilio u. a. (1997) dargestellt, die die Verbindung zwischen den linkshemisphärischen Sprachzentren und dem rechtshemisphärisch gelegenen unteren Temporalkortex nachweisen. Diese Region ist für die visuelle Vorstellung verantwortlich. Eine solche Verbindung ist für den Fremdsprachenunterricht äußerst interessant. Auch deshalb, weil das visuelle Gedächtnis bei den meisten Menschen stärker ausgeprägt ist und gegen Vergessen eher resistent ist als das verbale. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, im Fremdsprachenunterricht nach Wegen zu suchen, gelernte Sprachbestände nicht nur verbal-kontextuell zu vernetzen, sondern auch visuell. Seit einigen Jahren wird immer wieder empfohlen, Wortschatzarbeit in Form von mind maps oder clusters zu betreiben. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Buzan (1986) sieht darin die Umsetzung der Gehirnforschung, die belegt, dass das Gehirn die Informationen nicht linear, sondern vernetzt aufnimmt und verarbeitet. Ebenso wenig sind unsere Gedanken linear organisiert. Sie werden erst im Prozess der Sprachformulierung sequentiell geordnet. Rico (1983, 34) ist deshalb sogar der Meinung, dass der Zwang, etwas sprachlich genau zu formulieren, wie es gerade beim Schreiben nötig ist, das Denken behindert und sogar Denkblockaden aufbaut. Das Hin- und Herspringen der Gedanken, gerade beim kreativen Denken, ist eher mit einem Gesamtbild zu vergleichen. Wenn man nun einen Kernbegriff, zu dem man etwas schreiben will, erst einmal in die Mitte eines Blattes schreibt und dann alles, was einem in den Sinn kommt, darum herum notiert, dann spiegelt dies viel eher das scheinbar ungeordnete Gedankenbild unseres Gehirns wider. Die frei gebildeten und so aufgezeichneten Assoziationen verhindern nicht nur Denkblockaden, sondern fördern auch noch das bildhafte Denken, so dass es zu mehr Assoziationen kommt als beim Zwang zur sofortigen Linearisierung in Form des Schreibens. Erst nachdem das gedankliche brainstorming in einem Begriffsbild wie der mind map festgehalten wurde, werden die zusammengehörigen Begriffe in Kreise zusammengefasst und die logischen Zusammenhänge durch Verbindungslinien zwischen den Begriffen bzw. Kreisen gekennzeichnet. Dies führt meist zur Zeichnung einer neuen mind map. Sie bildet dann die Grundlage für weitere mündliche oder schriftliche Ausarbeitungen oder, speziell im Fremdsprachenunterricht, für das bildhafte Einprägen der sprachlichen Elemente, die für die folgenden Äußerungen gebraucht werden. Eine weitere Begründung ist die adäquate Berücksichtigung der unterschiedlichen Lernertypen, in diesem Fall der visuellen, wie sie im Neurolinguistischen Programmieren (NLP) von Bandler (1985) definiert wurden. Die stärker visuell Lernenden wurden bisher vor allem durch das Schreiben berücksichtigt. Da aber in der jetzigen Schülergeneration das Lesen durch die starke Nutzung visueller Medien zurückgedrängt wird, kann ihr eher durch andere Visualisierungsmöglichkeiten als das Schreiben allein geholfen werden. Holtwisch (1990 b) schlägt nun vor, die mind map in Form eines brainstorming einzusetzen, um möglichst viele lexikalische Einheiten, die die Schüler schon kennen- 80 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="81"?> gelernt haben, zu einem zentralen Begriff, in diesem Fall zu airport, wieder zu aktivieren. Hierbei kommt es weniger auf die logischen Bezüge an, als vielmehr auf die Abrufung aus dem Gedächtnisspeicher und auf eine neue Art der „ vernetzten “ Gesamtdarstellung in Form der an der Tafel gemeinsam erstellten mind map. Die gefundenen Begriffe wie flight, plane etc. werden dann umrahmt und durch Linien verbunden, wo Zusammenhänge erscheinen. Weitere leere Kreise werden gemalt. Dadurch wird das Gedächtnis angeregt, neue Begriffe zu finden, so z. B. zu flight lunch und dann coke und fish fingers. 5.4.2 Visualisierung durch schülerstrukturierte „ Wörternetze “ Neveling (2004, 270) hat in einer umfangreichen Untersuchung zum Erlernen von Wörtern mit „ Wörternetzen “ nachweisen können, dass Schüler mit selbstkonstruierten Wörternetzen die so gespeicherten Vokabeln durchschnittlich nach ca. 4 Wochen zu 87 % und nach 13 - 14 Monaten im Durchschnitt zu 48 % behalten hatten, ohne dass diese in dieser Zeit gesondert wiederholt worden waren. Eine empirische Untersuchung hinsichtlich des Behaltens über einen so langen Zeitraum ist im Bereich der Fremdsprachenforschung bislang noch nicht durchgeführt worden. Die Überprüfung war in vernetzter Form, also durch die Rekonstruktion des jeweils individuellen Wörternetzes vorgenommen worden. Ferner hat Neveling nachgewiesen, dass die Schüler auch in der Lage waren, die vernetzt gespeicherten Wörter in mündlicher und schriftlicher Rede anzuwenden (257). Der Erfolg ist nicht nur auf die individuelle Selbstkonstruktion der Wörternetze durch die Schüler zurückzuführen, sondern vor allem auf die vielfache und multimodale Vernetzung der Wörter und die Nutzung der Ordnungsprinzipien des mentalen Lexikons (Kielhöfer 1994). Diese stellen das Kernstück der im Folgenden beschriebenen Wörternetze dar: - Begriffsnetze nach dem Prinzip der hierarchisch angeordneten semantisch zusammengehörenden Wörter (220 f), z. B. „ fruits, pommes, poires, cerises etc. “ - Merkmalnetze nach dem Prinzip der semantischen Similarität: z. B. „ en bas de, en haut de, au centre de, etc. “ oder „ être en bonne santé, être malade, avoir mauvaise mine, etc. “ (230) - synagmatische Netze nach dem Prinzip der syntagmatischen Linearität, z. B. „ s ’ imaginer, salle de bains, sans eau etc. “ - Sachnetze nach dem Prinzip der Kontiguität (Verwandtschaft), z. B. „ bande dessinée, le scénario, l ’ album, la bulle, lire, amusant etc. “ - Wortfamiliennetze nach dem Prinzip der Stammgleichheit, z. B. „ dessiner, le dessin, redessiner, le dessinateur, la dessinatrice, etc. “ - Klangnetze nach dem Prinzip der phonetischen Similarität z. B. „ une image, une plage, une cage etc. “ - affektive Netze nach dem Prinzip der Emotion, z. B. „ l ’ eau, fraîche, bonne, claire, rafraîchissante etc. “ Die Schüler wurden angehalten, die sieben Teilnetze mit bestimmten Farben zu zeichnen, um sie so voneinander zu unterscheiden. Interessant ist, dass bei einigen Arten von Wörternetzen ein stärkeres Behalten auftrat als bei anderen (262). Dies war bei Wortfamilien-, Begriffsnetzen und affektiven Netzen 5.4 Visualisieren durch mind maps 81 <?page no="82"?> der Fall. Da eine Begründung für diese Unterschiede nicht gefunden werden konnte, bedeutet dies keine Abwertung der anderen Arten von Wörternetzen. Eine Kombination und Integration verschiedener Netze kann durchaus vorteilhaft sein. 5.4.3 Visualisierung durch mind maps mit „ Verbsatelliten “ Die oben dargestellten Formen des mindmapping sind lernpsychologisch ein großer Fortschritt und können in dieser Form sicherlich unverändert in vielen Unterrichtssituationen eingesetzt werden. Jedoch kann eine neue Variante für Lerner eine große Hilfe darstellen, die aber keineswegs die Kreativität der Schüler, wie sie oben beschrieben wurde, ausschließen will. Diese soll lediglich dahingehend „ kanalisiert “ oder strukturiert werden, dass bei der Erstellung einer mind map auch nach Verben gesucht wird. Erfahrungsgemäß bereiten Verben den meisten Lernenden die größten Schwierigkeiten. Zum einen werden sie viel schwerer behalten als Substantive, Adjektive, Konjunktionen etc., zum anderen treten sie im Kontext in sehr unterschiedlicher Form auf, so dass oft die Infinitiv-Form des Verbs, die der Lerner möglicherweise kennt, nicht sofort erschlossen wird. Ferner bedeutet die aktive Kenntnis eines Verbs noch lange nicht, dass der Lerner dieses auch richtig anwenden kann. Formen wie *he succeeds to win statt he succeeds in winning oder *Je lui crois statt Je la/ le crois gehören zu den immer wieder auftretenden Fehlern des Schulalltags. Verben sind die Angelpunkte eines jeden Satzes, ohne die eine gelungene Kommunikation - bis auf einige Ausnahmen - nicht möglich ist. Aus diesem Grunde ist es nicht einsichtig, warum die meisten Beispiele für mind maps vollkommen auf Verben verzichten oder diese nur nebenbei berücksichtigen. Die Verben, die zu einem zentralen Begriff gehören, sollten deshalb auch in den meisten Fällen in das Zentrum der visuellen Darstellung rücken. Das geschieht dadurch, dass um den zentralen Begriff der erste Ring für „ Verbsatelliten “ reserviert wird, wie es in den folgenden mind maps zu sehen ist. Bei dem oben erwähnten Beispiel für airport müsste dieser Ring aus Verben bestehen wie to go to, to look for, to find, to buy, to arrive etc. Zusätzlich könnte der „ Verb-Satellitenring “ auch mit für den Flughafen typischen Fragen ergänzt werden bzw. er könnte nur aus solchen Fragen bestehen: when does the flight / the plane go to. . . und when does the flight / the plane from . . . arrive als sprachliche Voraussetzung für die Anwendung der in der mind map befindlichen Substantive New York, Oklahoma etc. I ’ m looking for. . . und where can I find. . . sollten als sprachliche Voraussetzung für die Wörter counter, bus und taxi der mind map aufgenommen werden. Where can I buy. . . müsste als sprachliche Voraussetzung für ticket noch in der mind map ergänzt werden, da es nur als lost ticket vorkommt. Eine weitere Hilfe wäre, dass jeder Satellit in der oberen Hälfte die Verbform und in der unteren Hälfte eine Frage enthält. Größere Klarheit würde dadurch geschaffen, dass in der einen mind map der „ Verb-Satellitenring “ nur aus Verben, in der anderen nur aus Fragen, in einer dritten nur aus Antworten bestünde. Dadurch könnte die Überfrachtung einer mind map mit Informationen vermieden werden. Diese Überlegung wird im Folgenden berücksichtigt. Hinz (1999, 249 ff) merkt kritisch an: „ Ein Nachteil ist allerdings darin zu sehen, dass ein word web durch eine Vielzahl von Verzweigungen unübersichtlich und lernunwirksam werden kann “ . Er schlägt deshalb vor, eine mind map mit Hinweisen auf kleinere mind maps anzulegen. So könnte man z. B. zur mind map „ traffic “ weitere mind maps 82 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="83"?> anlegen mit den topics: street, accident etc. Ferner könnte der Lehrer zur mind map eine topic page anlegen, wo kontextuelle Erweiterungen wie die oben vorgeschlagenen nicht in die mind map integriert werden, sondern gesondert tabellarisch aufgeführt werden, z. B. zu street: the street can be crowded busy quiet wide (=breit) narrow people walk up the street walk down the street move along the street cross the street Wie oben erwähnt, täten solche mind maps als Visualisierungsmöglichkeit auch einem brainstorming, wie eingangs dargestellt, keinen Abbruch, wenn den Schülern vorher die Vorgaben mitgeteilt würden. Um z. B. auf die „ Verbsatelliten “ hinzuweisen, könnten die Verben sogar in Rechtecke gezeichnet werden, während alle übrigen Informationen in Kreise geschrieben werden. Bei einem brainstorming würde dieses Verb-Rechteck sicherlich sofort mit dem Wort to fly gefüllt werden, das im Flughafen zwar kommunikativ kaum benötigt wird, aber eine Voraussetzung für die Anwendung des von den Schülern gefundenen Worts Atlantic Ocean wäre. Hier kommen wir zu einem weiteren wichtigen Punkt der Gestaltung dieser Form einer mind map. Im Falle der Aufnahme der Verben sollte ein einziges Argument Holtwischs (1992, 41) für den Einsatz der mind map keine Berücksichtigung finden, nämlich dass dadurch sprachlicher Ballast, wie z. B. Artikel, Präpositionen, Adverbien, vermieden werden könne. Gerade die kontextuelle Verwendung von Verben mit der richtigen Präposition bereitet den Lernenden meist die größte Schwierigkeit. Fast jeder Schüler kennt das erwähnte Verb to succeed, weiß aber oft nicht, dass es mit der Präposition in erweitert wird. Deshalb sollte in dem obigen Beispiel nicht einfach to fly stehen, sondern to fly to (in Verbindung mit New York, Oklahoma) und to fly over (in Verbindung mit Atlantic Ocean). Lernpsychologische Beobachtungen haben die Bedeutung des peripheren Lernens aufgezeigt. Deshalb sollen diese kontextuellen Verbindungen wie z. B. Präpositionen hier nicht im Vordergrund stehen, sondern in Form der mind map „ nebenbei “ mitgelernt werden. Dies trifft ganz besonders auf die romanischen Sprachen zu, wenn es um französische Verben geht wie mentir à (sa mère), être interessé par (son offre), avoir confiance dans (sa compétence) / avoir confiance en (lui) etc., oder um spanische wie mentir a alguien, interesarse por alguien/ algo, tener confianza en alguien/ algo etc. Auch im Deutschen sind die Präpositionen ein Problem: Ich lüge ihn an. Ich interessiere mich für ihn. Ich bin an diesem Film interessiert. Ich habe Vertrauen zu ihm, Ich vertraue mich ihm an. Ebenso wichtig ist es, dass der Artikel immer mitgelernt wird, da z. B. deutschsprachige Französischlerner nur so die zahlreichen Substantive mit vom Deutschen abweichendem Artikel wie le groupe, le beurre, le linge, le mur, la tour, la prison etc. mit dem richtigen Genus lernen. Für Deutsch als Fremdsprache trifft dies besonders zu, weil die 5.4 Visualisieren durch mind maps 83 <?page no="84"?> Abb. 1: Mind map mit Verbsatelliten (englisches Beispiel) Abb. 2: Mind map mit Verbsatelliten (französisches Beispiel) 84 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="85"?> drei Genera das Erlernen dieser Sprache erschweren und es nur wenige Hilfen bzw. Regeln gibt, dem Wort das richtige Genus zuzuordnen. Warum ist das Weib sächlich und die männliche Biene die Drohne weiblich etc.? Wenn dieses Prinzip einmal eingeführt ist, wird es auch von den Lernern in den meisten Fällen spontan beim mindmapping angewandt werden. Die oben begründeten Forderungen seien hier noch einmal zusammengefasst und anschließend an Hand von mind maps (s. S. 84) illustriert: - Die Nennung der wichtigsten Verben in Satelliten um einem Zentralbegriff kreisend. - Die Aufnahme der geläufigsten Kontextergänzungen zu diesen Verben. - Die logische Zuordnung der Verbergänzungen durch die visuelle Anordnung verdeutlichen. 5.4.4 Visualisierung durch spider maps Wie bereits gesagt, sind solche mind maps die unlogische, aber vernetzte Visualisierung all dessen, was ein Schüler allein oder gemeinsam mit anderen Schülern spontan zu einem Zentralbegriff gefunden hat. Diese Art der mind map eignet sich als Visualisierung für eine Wiederholung und regt dazu an, die Leerstellen zu ergänzen. Wenn es jedoch um das Lernen von neuen Sprachbeständen geht, dann helfen die logischen Bezüge ganz stark beim Behalten. Für diesen Zweck werden im Folgenden strukturierte mind und spider maps empfohlen. Eine weitere Möglichkeit, die mind map einzusetzen, ist von Holtwisch (1990 b, 248 ff) aufgezeigt worden. Die Schüler sollten die Lektion „ The Media in Britain “ in ihrem Lehrbuch selbstständig erarbeiten, d. h. die Vokabeln semantisieren und zu einem Grobverständnis kommen. Um beides dann bildlich zu ordnen und besser zu behalten, sollten sie eine mind map als Semantisierungsstruktur zeichnen. Da dies zum ersten Mal geschah, gab der Lehrer zum Hauptbegriff mass media die drei Unterbegriffe TV, Radio und newspaper in Form von Kreisen, die vom Zentralkreis abhängig waren, vor. Dann fanden die Schüler anhand des Textes z. B. zu dem Kreis newspaper folgende Satellitenkreise: Sunday/ weekly papers, local papers, national dailies und auch die Feststellung „ the British read more papers than other peoples “ . Es folgten die Namen der Zeitungen, wobei zwischen quality und popular unterschieden wurde. Statt Satellitenkreise um einen Kernkreis mit dem Thema zu zeichnen, ist in vielen Fällen die Zeichnung eines Stammbaumes bzw. einer sog. spider map angebracht, vor allem dann, wenn logische Zuordnungen klarer erkennbar gemacht und Begriffshierarchien verdeutlicht werden können. Durch ihre Struktur unterstützt die spider map das Behalten. Ferner ist auch die zeichnerische Darstellung auf ein DIN A 4-Papier für die Schüler leichter zu bewerkstelligen als bei einer aus Kreisen bestehenden mind map. Für das Beispiel „ The Media in Britain “ kann eine spider map folgendermaßen aussehen: 5.4 Visualisieren durch mind maps 85 <?page no="86"?> mass media Newspaper TV radio Sunday papers weekly papers national dailies local papers magazines for special groups national regional national regional Sunday Express Sunday Correspondent The Observer quality: The Independent The Times popular: The Sun Today Daily Express payed for by viewers: BC 2 BBC 1 payed for by advertisers: ITV Channel 4 Abb. 3: Spider map (englisches Beispiel) Vom Kernbegriff mass media ausgehend, werden mehrere Zweige oder „ Spinnenbeine “ gezeichnet, auf denen die drei Unterbegriffe stehen. Von dem Unterbegriff „ newspaper “ aus gehen drei Zweige ab, die zu den weitergehenden Information weekly papers, local papers, national dailies führen. Diese „ verästeln “ sich wiederum, z. B. teilt sich der Ast national dailies in zwei Äste auf, auf denen quality und popular steht, wobei der erste sich weiter aufteilt in „ The Independent “ und „ The Times “ und der zweite in „ The Sun “ , „ Today “ und „ Daily Express “ . Diese letztere Verästelung ist auf einem DIN A 4 Querformat leicht zu zeichnen. Auf der oben gezeigten spider map musste bei national dailies und bei TV national wegen des Hochformats die ungünstigere Unterteilung untereinander statt der Verzweigung gewählt werden. Obwohl alle Einträge der zitierten mind map in der obenstehenden spider map aufgenommen wurden, sind in dieser noch viele Einträge möglich, wie durch die vielen Leerstellen unter TV und besonders unter radio zu sehen ist. In der mind map wäre dies auf keinen Fall möglich gewesen. Keineswegs sollten nun alle diese Leerstellen ausgefüllt werden, aber wenn z. B. eine Klasse eine Korrespondenzklasse in einem kleinen Ort hat, könnte auch die Regionalzeitung oder das Regionalradio genannt werden. Die Lücke der nationalen Radiostationen müsste aber unbedingt geschlossen werden. Auf der anderen Seite ist ein Eintrag wie magazines for special groups entbehrlich, wenn keine weitere Untergruppierung durch namentliche Nennung einer solchen Zeitschrift 86 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="87"?> stattfindet. Wichtige Aussagen wie z. B. The British read more papers than other peoples gehen einfach in der Masse der Kreise einer mind map unter, während dieser Satz hier als unübersehbarer Abschluss steht. Ein Beispiel für eine gut gestaltete spider map hat Holtwisch selbst (1992, 42) für die Erarbeitung einer anspruchsvollen Lektion über Chicago in der Klasse 10 gegeben. Die beschrifteten Verzweigungen ergaben die Möglichkeit, differenzierte Aussagen über origin, history, today, development, reasons (for the development), culture and people bildhaft darzustellen. Der Autor hebt hervor, dass auf diese Weise wichtige Informationen mitverarbeitet werden können, was bei der Aneinanderreihung von key phrases in Form des note taking nicht möglich ist. Diese Technik ist jedoch in anderen Fällen durchaus angebracht. Holtwischs Argumente gegen das lineare note taking werden hier teilweise als Begründung für die Verwendung des mindmapping und noch mehr für den Einsatz des spidermapping aufgegriffen: - Durch die visuelle Darstellung muss der Lerner zwischen wesentlichen und weniger wesentlichen Informationen unterscheiden. Das Textverständnis wird dadurch gefördert. - Die Gedanken werden logisch organisiert und an die richtige Stelle im Text eingebunden. - Das bildhafte Einprägen entspricht eher der Vernetzung im Gehirn und erleichtert somit das Einprägen und die Wiedergabe. - Wörtliches Abschreiben und die Aneinanderreihung von möglicherweise Unverstandenem wird dadurch vermieden. 5.4.5 Fading als progressive Gedächtnisschulung Der Lehrer, der mit viel Mühe eine mind map entworfen hat, kann sie zwar immer wieder in jeder Klasse neu verwenden, doch wird ihm diese Arbeit bald abgenommen werden, da in den Lehrbüchern solche vorstrukturierten mind maps bereits vorkommen. Eine Mitarbeit durch die Lerner, wie sie in den vorigen Beispielen verwirklicht wurde, ist bei der vorstrukturierten mind map freilich nicht mehr möglich. Hingegen ist eine progressive Gedächtnisschulung der Lernenden möglich, wenn eine vorstrukturierte mind map medial projiziert wird. Dies geschieht mit der sogenannten fading-Technik, die u. a. zum Auswendiglernen von Gedichten angewandt wird. Hierbei wird der Lernende dazu angehalten, sich das geschriebene Gedicht als Gesamtbild zu visualisieren. Nachdem ein Schüler es vorgelesen hat, wird ein halber Vers gelöscht und ein zweiter Schüler liest das Gedicht vor, wobei er den gelöschten Text aus dem Gedächtnis heraus ergänzt. Der dritte Schüler muss das Gedicht mit zwei zur Hälfte gelöschten Versen vorlesen usw., bis der letzte Schüler das Gedicht von der leeren Tafel „ abliest “ . Mit einer vorstrukturierten mind map kann ebenso verfahren werden. Dies bedeutet aber, dass mehrere Kopien der mind map medial zur Verfügung stehen. Auf jeder Kopie sind progressiv weniger schriftliche Informationen vorgegeben, die die Lerner aber mündlich wiedergeben sollen. Nachdem die Lernenden sich mit Hilfe der vorstrukturierten mind map das betreffende Wortfeld eingeprägt haben, wird folgendermaßen geübt: 5.4 Visualisieren durch mind maps 87 <?page no="88"?> Von der mind map wird eine Kopie erstellt, auf der der erste Verb-Satellitenring leer ist, so dass die Lernenden von den beschrifteten Kreisen, die von den Verb-Satellitenkreisen ausgehen, rückwirkend die Verben mündlich erschließen bzw. mit diesen und ihren Ergänzungen Sätze, vor allem auch Fragen, bilden können. In derselben Weise können weitere Kopien der mind map erstellt werden, auf denen auch die vom Verb-Satellitenring ausgehenden weiterführenden Kreise leer sind, so dass ein progressives Ausblenden der Informationen erfolgt. Durch dieses progressive fading werden die Schüler meistens befähigt, mit Hilfe der mentalen Visualisierung die ausgeblendeten Informationen mündlich wiederzugeben. Als Hilfe dienen auch Kopien, in denen die Kreise zwar leer sind, aber ein oder mehrere Anfangsbuchstaben der betreffenden Wörter enthalten, um bei einer Wiederholung nach längerer Zeit den Lernern das Erinnern zu erleichtern. 5.5 Visualisierung durch word icons Weiter oben ist bereits die mentale Visualisierung eines zu lernenden Wortes oder eines Satzes als Gedächtnishilfe erörtert worden. Hier hingegen geht es um die konkrete Visualisierung als Hilfe, um gleichzeitig das Wort und seine Orthografie zu behalten. (Das englische Wort icon kommt vom griechischen Wort ει ˒ κών Bild). Die Bezeichnung word icon besagt, dass die Graphie des Wortes, also die geschriebene Form, in irgendeiner Weise mit einer bildlichen Darstellung der Wortbedeutung gekoppelt wird. Als einprägsames Beispiel für ein „ Wortbild “ wird oft das Wort p r e · g n a n t e n · c e i n t e e n · b a r a z a d a s c h w a n · g e r angeführt. Ein Buchstabe oder alle werden zu einem Bild ausgemalt. Dies ist nur bei wenigen Wörtern möglich. Hingegen ist das Verfahren, eine kleine Zeichnung anzufertigen und das Wort an geeigneter Stelle hineinzuschreiben, bei einer Vielzahl von Wörtern möglich. Wenn man sich z. B. die Bedeutung von icon merken will, kann man das Wort in einen Bilderrahmen schreiben: icon Bei den weiter unten gegebenen Beispielen wird beim spanischen Wort plátano ebenso verfahren. Das Wort wird einfach in das Bild hineingeschrieben. Diese „ Wortbilder “ können sowohl das Vokabular im Lehrbuch bereichern, wie dies z. T. bei Englisch- 88 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="89"?> Lehrbüchern bereits der Fall ist, als auch eine motivierende Behaltensstrategie darstellen, indem die Schüler dazu angehalten werden, für Wörter, Kollokationen und Redewendungen solche „ Wortbilder “ selbst zu finden und in ein gesondertes Heft einzutragen, das dann zum schülereigenen englischen icon lexicon, zum französischen iconolexique oder zum spanischen iconolexicón wird. Selbstverständlich sollte dieses Verfahren nur bei solchen Wörtern angewandt werden, die eine gewisse Schwierigkeit für das Behalten darstellen und die der Schüler seiner Meinung nach nicht sozusagen auf Anhieb behalten kann. Bei jüngeren Schülern kann das „ Wortmalen “ auch einen kreativen Wettbewerbscharakter annehmen, der eine nicht zu unterschätzende Motivation auslösen kann. Ebenso wie beim sonstigen Vokabellernen sollte auch hier auf das kontextuelle Lernen und die bilinguale Darbietung geachtet werden. Nicht jedes Wort eignet sich als „ Wortbild “ . Jedoch ist es erstaunlich, wie viele Wörter in dieser Form dargestellt werden können. So ist es günstig, wenn diejenigen Wörter einer Lektion, die sich dazu eignen, vorher von Schülern, die über ein gewisses Zeichentalent verfügen, auf ein Plakat gezeichnet und dann als „ periphere Information “ bei der Lektionseinführung aufgehängt werden. Im Gegensatz zum Tafelbild bleiben sie dann für mehrere Tage sichtbar und erfüllen somit auch das Prinzip des zeitverteilten Lernens. Wenn Schüler für manche word icons treffende oder originelle Lösungen finden, wecken sie auch das besondere Interesse der Mitschüler. Wenn zwei oder drei Schüler für eine Lektion diese Zeichenaufgabe erhalten, werden mit großer Wahrscheinlichkeit unterschiedliche Lösungen für die visuelle Darstellung gefunden, wodurch, wie gesagt, das Erstellen des icon lexicon einen Wettbewerbscharakter bekommt. Angesichts der stimulierenden Wirkung solcher von Schülern angefertigten Zeichnungen stellt sich die Frage, ob es günstig ist, dass das Vokabular in Anfangslehrbüchern - wie in manchen Englischlehrwerken - bereits in dieser Form aufbereitet ist. Falls das der Fall ist, sollten die Schüler trotzdem dazu angehalten werden, 5.5 Visualisierung durch word icons 89 <?page no="90"?> wie vorgeschlagen, alle word icons auf ein Plakat abzumalen und evtl. neue selbst zu finden, damit die Einprägung ins Langzeitgedächtnis in dieser Weise gefördert wird. Auf keinen Fall sollte man bei dieser Form der Verbildlichung zu strenge Maßstäbe anlegen. Ein Wort wie das folgende kann z. B. so geschrieben werden, dass der accent aigu zu einem Kran verlängert wird, an dem eine Kette und ein Haken hängt. Dann ist die Bedeutung Man muss einen Abschleppwagen holen einem Außenstehenden vielleicht nicht, aber den Lernern sofort klar, auch wenn sie die Bedeutung des vor längerer Zeit gelernten Wortes bereits vergessen haben. Im Folgenden ist jeweils eine Lektion aus einem Englisch-, Französisch- und einem Spanisch-Lehrbuch ausgesucht und zu den Vokabeln der Lektion sind word icons gezeichnet worden. Für das Englische wurde die Unit 2 von Green Line New 2 (Ashford u. a. 1996) ausgesucht. Die folgenden word icons sind durch die Lektion vorgegeben. Die übrigen kontextuellen sind zusätzlich gezeichnet worden. 90 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="91"?> 5.5 Visualisierung durch word icons 91 <?page no="92"?> Für das Französische haben wir aus Etapes 1 (Héloury u. a. 1989) die Leçon 9 und für das Spanische aus Linea Uno (Jaeschke u. a. 1997) die Unidad 4 ausgesucht: 92 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="93"?> Auch idiomatische Ausdrücke und Sprichwörter können durch word icons dargestellt und so besser behalten werden. Eine einfache Methode ist hierbei, das Sprichwort so zu schreiben, das es ein Bild ergibt, wie im französischen Beispiel. 5.5 Visualisierung durch word icons 93 <?page no="94"?> Den Schülern kann sogar mit der Aufgabe, aus den Vokabeln word icons zu zeichnen, eine grammatikalische Übungsaufgabe gegeben werden. Z. B. ist das Lernziel der Leçon 6 von Découvertes (Beutter u. a. 1994) u. a. der „ verneinte Imperativ “ . So sollen Schüler mit den gefundenen word icons entsprechende Sätze bilden: Eine wichtige Hilfe sind word icons bei Wörtern, die Anfänger immer wieder verwechseln. Dies geschieht im Englischunterricht (Holtwisch 1998, 216) z. B. bei who und where wegen der im Deutschen gleich klingenden Wörter wo und wer. Hier empfiehlt es sich, das „ o “ von who so groß zu schreiben, dass die Schüler es zu einem Gesicht ausmalen und ein Fragezeichen hinzufügen können. Da die Schüler im Deutschen selten ein Q zu schreiben haben, schreiben sie im Französischunterricht oft das Q wie O, was zu einer unterschiedslosen Schreibung der Wörter Qui und Oui und zu entsprechender Verwechselung führt. Außer dem Hinweis, den Großbuchstaben Q als umgekehrtes O zu schreiben, kann die Verwechselung dadurch verhindert werden, dass die Schüler auf dem i von Qui ein Fragezeichen malen und auf das i von Oui ein Ausrufezeichen. Ebenso verwechseln sie oft ou mit où. Außer den wirksamen Merksätzen Auf dem Wo sitzt der Floh und Auf der Oder schwimmt kein Graf kann man ihnen raten, den accent grave auf dem où als Fragezeichen in derselben Schräglage wie den Akzent zu malen. Dieses Verfahren eignet sich beim Spanischen besonders zur Unterscheidung von cuando und cuándo, como und cómo, que und qué, porque und por qué. Da das Fragepro- 94 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="95"?> nomen jeweils den Akzent trägt, kann dieser ebenso in Form eines Fragezeichens in der entsprechenden Schräglage sozusagen als „ Frage-Akzent “ auf das Wort gezeichnet werden, um es von dem Gebrauch desselben Wortes als Konjunktion zu unterscheiden. 5.6 Grammatik mit visuellen Signalen lernen Wie bereits erwähnt, zeigen die Untersuchungen von Di Virgilio u. a. (1997), dass bei bildhaften Wörtern die Verbindung zwischen den beiden linkshemisphärisch gelegenen Sprachzentren über den rechtshemisphärisch gelegenen unteren Temporalkortex verläuft, der für die Verarbeitung visueller Prozesse verantwortlich ist. Auf dieser Basis werden im Folgenden für das englische present perfect (s. S. 99) und für einige französische und spanische Grammatikphänomene visuelle Signale gezeigt. Für den Englischunterricht liegen bereits viele Vorschläge vor (vgl. Meier 1999, 203 ff). Zu jedem visuellen Signal soll wie bei den Bewegungssignalen ein Beispielsatz mit Übersetzung auswendig gelernt werden. Er kann so eine ähnliche Funktion wie ein Kontextsignal haben, wird aber hier kontrastiv-bilinguales Signal genannt und soll als Modell für anschließende kontrastiv-bilinguale Übungen dienen. Ebenso können die visuellen Signale auch mit metasprachlichen gekoppelt werden, wie bei den folgenden Beispielen: Als erstes wird hier ein visuelles Signal für das französische Possesivpronomen gezeigt, das im Gegensatz zum Deutschen nicht vom Besitzer abhängig ist. Visuelle Signale: seine ihre sein ihr C'est sa fleur. C'est son sac. Kontrastiv-bilinguale Signale: Das ist ihre Tasche. C'est son sac. Das ist seine Tasche. C'est son sac. Das ist ihre Blume. C'est sa fleur. Das ist seine Blume. C'est sa fleur. Ebenso kann der Gebrauch des Teilungsartikels visuell erklärt und durch die kontrastivbilingualen Signale gefestigt werden. 5.6 Grammatik mit visuellen Signalen lernen 95 <?page no="96"?> visuelle Signale ? Butter du beurre 1 kilo de beurre 1 Liter Wasser 1 litre d' eau x Wasser de l' eau 1 kilo Kontrastiv-bilinguale Signale Butter à du beurre Margarine à de la margarine Wasser à de l'eau Flaschen à des bouteilles 1 Kilo Butter à 1 kilo de beurre 1 Kilo Margarine à 1 kilo de margarine 1 Flasche Wasser à 1 bouteille d ’ eau bilingual-kontrastiv Übung Ich kaufe Butter. à J ’ achète du beurre. Ich kaufe ein Kilo Butter. à J ’ achète un kilo de beurre. Ich nehme Margarine. à Je prends de la margarine. Ich nehme ein Kilo Margarine. à Je prends un kilo de margarine. Ich trinke Wasser. à Je bois de l ’ eau. Ich trinke eine Flasche Wasser à Je bois une bouteille d ’ eau. Durch visuelle Signale kann auch die Bildung des Adverbs im Französischen und im Spanischen erklärt werden. masculin féminin adverbe masculino femenino adverbio heureu x heureu se heureu sement content o content a content amente 96 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="97"?> metasprachliche Signale adverbe à adjectif au féminin + -ment adverbio à adjetivo en feminino + -mente kontrastiv-bilinguale Signale Sie ist glücklich. Elle est heureuse. Ihre Beziehung ist glücklich ausgegangen. Leur affaire s'est terminée heureusement. Sie ist perfekt in ihrer Arbeit. Es perfecta en su trabajo. Er arbeitet perfekt. Trabaja perfectamente. Zu den verschiedenen Vergangenheitsformen sind oben bereits kinästhetische bzw. Bewegungssignale vorgeschlagen worden (vgl. Kapitel 4.7.1). Der unterschiedliche Gebrauch kann aber ebenso mit visuellen Signalen verdeutlicht werden. Ein wirkungsvolles visuelles Signal ist der Zeitstrahl: passé composé pretérito indefinido imparfait imperfecto J ’ étais dans le jardin. Ma mère m'a appelé. J'étais dans le jardin quand ma mère m'a appelé. Im Spanischen kann dasselbe Schema für die unterschiedliche Verwendung von imperfecto und indefinido verwandt werden. Estábamos cenando. Se apagó la luz. Estábamos cenando cuando se apagó la luz. Ein sehr anschauliches visuelles Signal für die Vergangenheitstempora ist das Bild einer Theaterbühne, wo das Bühnenbild (Beschreibung des Hintergrunds im imparfait bzw. imperfecto) der Aktion auf der Bühne (neu eintretende Handlungen im passé composé bzw. im pretérito indefinido) gegenübergestellt wird. imparfait/ imperfecto la scène/ la escena 5.6 Grammatik mit visuellen Signalen lernen 97 <?page no="98"?> passé composé/ indefinido action nouvelle/ acción nueva metasprachliche Signale scène/ cadre à imparfait action nouvelle à passé composé escena/ cuadro à imperfecto acción nueva à indefinido kontextuelle Signale pendant que imparfait tout à coup 9 > = > ; passé composé ensuite le 1 er janvier mientras imperfecto de repente 9 > = > ; indefinido luego/ después el día 1 de enero Kontrastiv-bilinguale Signale Als wir gingen, kam mir eine Idee. à Pendant que nous marchions, il m'est venu une idée. Alle schliefen. Plötzlich klingelte es. à Tout le monde dormait. Tout à coup, on a sonné. Als wir gingen, kam mir eine Idee. à Cuando nos íbamos, tuve una idea. Alle schliefen. Plötzlich klingelte es. à Todos dormían. De repente, sonó el timbre. Im Spanischen wird - im Gegensatz zum Französischen - außer den zwei behandelten Zeiten der Vergangenheit eine weitere Vergangenheitsform gebraucht und klar von den anderen abgegrenzt. Es handelt sich um das pretérito perfecto, das die vom Sprecher 98 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="99"?> empfundene zeitliche Nähe betont und deshalb oftmals - wie im Englischen das present perfect - für Handlungen, die bis an den Zeitpunkt des Sprechens heranreichen, verwandt wird. Das folgende visuelle Signal kann also auch für den Englischunterricht verwandt werden. pretérito perfecto Zeitstrahl Sprechmoment Me he torcido el pie derecho. I have sprained my right foot. Visuell-kontextuelle Signale für den subjonctif/ subjuntivo Für den Gebrauch des subjonctif/ subjuntivo ist der Einsatz von visuellen Signalen in Verbindung mit kontextuellen möglich. Bei den Verben défendre und permettre sollten die Schüler darauf hingewiesen werden, dass statt des subjonctif in vielen Fällen die Infinitivkonstruktion angewandt wird (Je te defends/ permets de venir), ferner dass bei croire mit der est-ce que-Frageform kein subjonctif steht. Je suis contente que tu viennes. Estoy contenta de que vengas. Je suis triste que tu ne viennes pas. Estoy triste de que no vengas. Oh! Je suis étonné que tu viennes. Me sorprende que vengas. ? Je doute que tu (ne) viennes. Dudo que vengas. Rote Ampel: Je défends que tu viennes! Te prohibo que vengas! Grüne Ampel: Je permets que tu viennes. Te permito que vengas. 5.6 Grammatik mit visuellen Signalen lernen 99 <?page no="100"?> ! Je propose que tu vienne. Propongo que vengas. no ne..pas Je ne crois pas qu'il vienne. No creo que venga. Die visuellen Signale können auf Kärtchen geschrieben werden, auf deren Rückseite die kontextuellen Signale stehen. Mit mehreren Kartensätzen können dann Lernergruppen im Wettbewerb zu den visuellen Signalen die kontextuellen finden. 5.7 Grammatik durch Spiegelung lernen und kontrastiv-bilingual üben Signale sind nur kognitive Unterstützungen zur Erleichterung des Verstehensprozesses. Sie ersetzen jedoch weder die Erklärung noch die durch Übung zu erreichende Habitualisierung. Meist handelt es sich bei Grammatikproblemen um Interferenzen mit der muttersprachigen Struktur. Wenn die Fehlertherapie bei der muttersprachigen Struktur ansetzen soll, sind folgerichtig - ganz unabhängig von der Frage, ob der Lehrer eine ein- oder zweisprachige Unterrichtsmethode praktiziert - die kontrastiv-bilingualen Übungen die wirksamste Möglichkeit, eine Verbindung zwischen kognitiver Einsicht in die Struktur und den Übungsprozessen herzustellen. Wie bereits gesagt, können diese Übungen wie die angeführten kontrastiv-bilingualen Signale gestaltet sein. Bei individuellen Lernschwierigkeiten ist es ergiebiger, sich statt der Regel den zweisprachigen Beispielsatz als kontrastiv-bilinguales Signal einzuprägen. Dies beruht lernpsychologisch darauf, dass der Lerner sich aus dem optischen bzw. phonetischen Gedächtnis Wortfolgen einprägt, die er dann versatzstückartig in neue Kontexte einsetzen kann, so z. B. der als kontrastiv-bilinguales Signal dienende Satz: Ich will, dass du das machst - Je veux que tu le fasses, der zur analogen Bildung wie - Elle ne veut pas qu ‘ il vienne usw. führen kann. Ein anderer Weg ist die Spiegelung der fremdsprachigen Struktur in einem muttersprachigen Satz. Durch die Spiegelung wird das muttersprachige Äquivalent verfremdet, es wird z. B. zu einem fehlerhaften „ Ausländerdeutsch “ . So könnte beispielsweise das o. g. kontrastive Signal lauten: Er will nicht, dass sie komme/ käme - Il ne veut pas qu'elle vienne. Die Gefahr, dass darunter die Muttersprache litte, kann wohl ausgeschaltet werden, aber der Vorteil ist, dass der Lernende durch die Fehlerhaftigkeit des deutschen Satzes gestört oder sogar schockiert wird und deshalb den fehlerhaften deutschen Satz besser behält als die entsprechende metasprachliche Regel mit Beispiel. „ Das klingt verboten in (deutschen) Ohren und ist wahrscheinlich darum sehr behaltenswirksam “ (Butzkamm 1996, 140). Zwei Vorteile der Spiegelung, auch bei einfachen idiomatischen Strukturen wie z. B. Ich habe schon dreißig Jahre (auf dem Buckel) - J'ai déjà trente ans 100 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="101"?> sind bisher in der Didaktik kaum berücksichtigt worden. 1. Die grammatische Spiegelung hilft, durch Analogiebildung richtige Sätze in der Fremdsprache zu bilden. 2. Der Lerner wird dadurch schneller mit der anderen Denkweise der Fremdsprache vertraut. Auf jeden Fall ist Spiegelung bei allen hartnäckigen Fehlerquellen angebracht, also bei Strukturen, die von der muttersprachigen Struktur abweichen und deshalb immer wieder zu fast unausrottbaren Fehlern führen. Für das Englische sei hier exemplarisch auf das personal indirect passive verwiesen, das eine vom Deutschen völlig abweichende Struktur aufweist. Es wird häufig in Verbindung mit dem Verb give verwandt (Beispiel: The event was given wide media coverage), das zu 83 % in dieser Passivkonstruktion und nur zu 17 % in dem nonpersonal indirect passive auftritt. (Mindt 2000, 279). In der Erklärungsphase geht der Lehrer bei der Spiegelung von dem deutschen Satz aus: Mir wurden einige Interviews gewährt. *Mir wurden einige Interviews gegeben. *Ich wurde einige Interview gegeben. I was given a couple of interviews. Die darauf folgenden kontrastiv-bilingualen Übungen dienen nicht nur dazu, eine Struktur bis zur nächsten Lernzielkontrolle zu behalten, sondern vor allem auch dazu, ihr korrekte Beherrschung zu einem späteren Zeitpunkt zu überprüfen, und, falls diese Überprüfung negativ verläuft, die Strukturen anschließend wiederholend zu üben. Mir wurde ein Geschenk gegeben. I was given a present. Ihr wurde ein Fahrrad gegeben. She was given a bike. Ihnen wurde eine Information gegeben. You were given an information. Dasselbe Verfahren kann dann mit anderen Verben fortgesetzt werden, z. B. mit to show, das zu 100 % mit dem vom Deutschen abweichenden personal indirect passive verwendet wird (Mindt 2000 b, 279). Uns wurde unser Chalet gezeigt. *Wir wurden gezeigt unser Chalet. We were shown our chalet. In den folgenden Übungen können mehrere Verben gemischt verwendet werden: Uns wurden Bilder gezeigt. We were shown pictures. Ihnen wurde ein Job angeboten. You were offered a job. Dir wurde viel über die amerikanische Lebensweise erzählt. You were told a lot about the American way of life. 5.7 Grammatik durch Spiegelung lernen und kontrastiv-bilingual üben 101 <?page no="102"?> Nehmen wir aus dem Französischen eine grammatische Struktur, die eine ebenso hartnäckige Fehlerquelle darstellt, nämlich die Bildung der zusammengesetzten Vergangenheitsformen bei den verbes pronominaux. In der Erklärungsphase sollte der Lehrer so vorgehen: Ich habe einen Koffer gekauft. J'ai acheté une valise. Ich habe mir einen Koffer gekauft. *Ich bin mir einen Koffer gekauft. Je me suis acheté une valise. Die anschließenden Übungen sollten dann zwischen mehreren Verben wechseln: Er hat ein Auto gekauft. Il a acheté une voiture. *Sie ist/ hat sich ein Auto gekauft. Elle s'est acheté une voiture Ihr habt euer Auto gewaschen. Vous avez lavé votre voiture. *Ihr seid/ habt euch gewaschen. Vous vous êtes lavé(e)s Du hast ihn/ sie verletzt. Tu l'as blessé(e). Du bist/ hast dich verletzt. Tu t'es blessé(e). Wie bereits gesagt, soll der Lehrer selbst beurteilen, ob er dieses Verfahren auch bei leichteren, von der Muttersprache abweichenden Strukturen, wie sie im Folgenden genannt werden, anwendet: *Ich habe gekauft einen Koffer. J'ai acheté une valise. *Gestern ich habe gekauft einen Koffer. Hier, j'ai acheté une valise. *Gestern ich habe gekauft einen Koffer blauen. Hier, j ’ ai acheté une valise bleue. Dann könnte der bereits erwähnte Satz, wo eine Spiegelung aus den angeführten Gründen unbedingt angebracht ist, folgen: * Gestern, ich mir bin gekauft einen Koffer blauen. Hier je me suis acheté une valise bleue. Viele Strukturunterschiede sind so gering, dass die meisten Schüler sie auch ohne Spiegelung erlernen. Mit Spiegelung geht es aber auch bei ihnen meistens schneller. Für die übrigen sollte der Lehrer unbedingt auf die Spiegelung zurückgreifen. Z. B. ist die Stellung beim Adverb im Englischen immer wieder eine Ursache für Fehler. Aus diesem Grund ist Spiegelung angebracht. *Sie immer schreibt mir Liebesbriefe. She always writes me love-letters. 102 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="103"?> Auch im Spanischen ist bei einer immer wieder auftretenden Fehlerquelle dieses Verfahren ratsam. *Mir, mir gefällt Tennis. A mí me gusta el tenis. *Ihm, ihm gefällt eher Fußball. A él le gusta más el fútbol. *Ihr, ihr erscheint das Kino toll. A ella le parece fantástico el cine. Die anschließenden bilingual-kontrastiven Übungen wechseln dann zwischen Personalpronomina, Nomen und Verb. *Ihnen, ihnen gefallen schnelle Autos. A ellos les gustan los coches rápidos. *Dir, dir erscheint das Leben leicht. A ti te parece fácil la vida. *Dir, dir gefällt Musik aus den Anden? ¿A ti te gusta la música de los Andes? Spiegelung bedeutet nicht immer falsches Deutsch. Im Spanischen fällt es dem Anfänger schwer, zwischen ser und estar und hay zu unterscheiden, die alle im Deutschen die Grundbedeutung sein haben. Spiegelung bedeutet in diesen Fällen einfach die Verwendung eines anderen deutschen Verbs: Sie ist Zuhause. Está en casa. Sie ist Lehrerin. Es profesora. Aquí hay una casa. Hier ist ein Haus. Mit Spiegelung sehen die deutschen „ Äqivalente “ für sein so aus: Sie befindet sich im Haus. Está en casa. Sie ist (von Beruf) Lehrerin. Es profesora. Hier gibt es ein Haus. Aquí hay una casa. Auch ohne Spiegelung, die nur eine zusätzliche Hilfe ist, sind die kontrastiv-bilingualen Übungen wichtig. Zum Einsatz der kontrastiv-bilingualen Übungen ohne Spiegelung soll hier ein dem einsprachigen Unterricht verpflichteter erfahrener Praktiker (Schneider 1979, 245) zu Wort kommen: „ Der gezielte Einsatz der Übersetzung kann wesentlich dazu beitragen, dass Interferenzen mit der Muttersprache vermieden oder „ herausgeübt “ werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn einige Grundregeln beachtet werden, die aus meiner persönlichen Unterrichtspraxis hervorgegangen sind. “ 5.7 Grammatik durch Spiegelung lernen und kontrastiv-bilingual üben 103 <?page no="104"?> 1. Einsprachigkeit sollte im Unterricht die Regel, die Verwendung der Muttersprache die Ausnahme sein. Man wird die Übersetzung also nur dann als Übungsform einsetzen, wenn Interferenz zu erwarten ist. 2. Thème und Translation sollten sich voll auf das jeweils aktuelle sprachliche Problem konzentrieren. Das bedeutet: einfachstes Vokabular beim Einschleifen grammatikalischer Strukturen; unkomplizierte grammatikalische Formen beim „ Herausüben “ falscher Wortgleichungen. 3. Nur wenn die Assoziationen zwischen den deutschen und den fremdsprachigen Wendungen ohne Zuhilfenahme der Reflexion erfolgen, ist Interferenz auch auf längere Sicht hin vermeidbar. Alle Übersetzungen sollten deshalb nach gründlicher Vorbesprechung im Unterricht auswendig gelernt werden, d. h. auf den muttersprachigen Stimulus muss der Schüler ohne langes Nachdenken die fremdsprachige Entsprechung parat haben. Derselbe Automatisierungseffekt ist auch durch zweisprachige mediale Einschleifübungen zu erreichen. “ Für Deutsch als Fremdsprache wurde als Bewegungssignal das „ Kicken “ des Verbs an das Satzende in Nebensätzen mit unterordnender Konjunktion vorgeschlagen. Dieser Vorschlag kann auch als visuelles Signal verwendet werden (Macedonia-Oleinek 1999, 60). 104 5. Mit Visualisierung lernen <?page no="105"?> 6. In Entspannung lernen 6.1 Ist Lernen in Entspannung möglich? Um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen: Ein effektiver Fremdsprachenunterricht ist sehr wohl auch ohne Entspannung möglich. Ebenso sind bisher im Leistungssport hervorragende Leistungen ohne psychisches Training möglich gewesen. Seitdem aber mit Hilfe von Psychologen Mentaltechniken, wie sie im Folgenden geschildert werden, zu einer Erhöhung der Spitzenleistungen geführt haben, sind diese im Sportbereich unentbehrlich geworden. Hohe Leistungen werden meist im „ Flow-Zustand “ (Murphy 1997, 176) erzielt. Damit ist gemeint, dass die Bewegungsabläufe zusätzlich in einem Zustand der Entspannung so oft mental visualisiert wurden, dass sie dann auch in der Wirklichkeit in einem entspannten Zustand sozusagen automatisch ablaufen. Warum sollte die Didaktik auf solche Techniken verzichten? Wenn körperliche Leistungen so entscheidend durch psychische Beeinflussung gesteigert werden können, ist eine ähnliche Wirkung bei geistigen Leistungen erst recht zu erwarten. Entspannungsphasen im Unterricht haben aber keineswegs nur das Ziel der Leistungssteigerung, sondern vielmehr die Aufgabe, ein Lernen mit Eu-Stress (s. u.) zu fördern. Wenn laut eines Berichtes des Bundestags in Deutschland 15 Millionen Menschen an psychisch bedingten körperlichen Krankheiten leiden (Meier 1999, 78), dann ist schon viel erreicht, wenn in der Schule in Leistungsfächern wie im Fremdsprachenunterricht ein die Leistung blockierender Dis-Stress (Vester 1978, 49 ff) vermieden wird. Selbstverständlich sollte nur der Lehrer, der gegenüber Entspannungsphasen offen oder sogar davon überzeugt ist, diese auch im Unterricht praktizieren. Besonders in Verbindung mit dem entsprechenden Lehrerverhalten und dem Hawthorne-Effekt (vgl. Kapitel 3.2) innerhalb eines Gesamtkonzepts von Unterricht können sie eine wertvolle Lernhilfe sein. Früher glaubte man, dass in Hypnose vor allem die rechte Hemisphäre aktiv sei. Neuere gehirnphysiologische Untersuchungen haben aber gezeigt, dass das meist linkshemisphärisch gelegene Sprachzentrum sogar in einem tiefen Entspannungszustand aktiv ist (vgl. S. 15). In einem leichten Entspannungszustand - und nur ein solcher wird beim Sprachunterricht angestrebt - ist also ein Lernen möglich. Lernen und Entspannung ist demnach kein Widerspruch. Dass ein durch Musik hervorgerufener Entspannungszustand mit einem davon überzeugten Lehrer zu höheren Leistungen führen kann, ist in Langzeituntersuchungen nachgewiesen worden (vgl. Schiffler 1992 a, Holtwisch, 1990). Inwiefern ist überhaupt die Integration von Entspannungsphasen in die Unterrichtsstunden möglich, wenn Lernende von einem Leistungskurs zum anderen, von einem Test zum anderen, von einem Thema bzw. Fach zum anderen wechseln müssen? Diese problematischen Bedingungen zeigen aber auch, wie nötig es ist, Phasen der Ruhe und Entspannung einzuplanen, so dass ein Wechsel zwischen Lernen in aufmerksamer Anspannung und entspannter Aufmerksamkeit entsteht. Dass sich dies im schulischen extensiven Fremdsprachenunterricht nicht nur günstig auf die Leistung, sondern auch <?page no="106"?> auf das „ Ängstlichkeitsniveau “ und das „ Selbstkonzept “ der Lernenden auswirkt, hat Holtwisch (1990, 112 f) nachgewiesen. Dis-Stress und Eu-Stress Bereits 1975 hat Vester (1978, 99 ff) darauf hingewiesen, dass durch Dis-Stress Noradrenalin ausgeschüttet wird, wodurch Herzschlag und Blutdruck erhöht und Zucker sowie Fette für die Muskelversorgung bereitgestellt werden, so dass der Mensch zu einer schnellen körperlichen Reaktion wie Angriff oder Flucht gerüstet ist. Hier würde eine Überlegung die Reaktion behindern. Daher wird durch das Hormon Noradrenalin die Ausschüttung einer Transmitterlösung und somit jegliche kognitive Tätigkeit verhindert. Die Transmitterlösung ist jedoch die Voraussetzung dafür, dass Lerninformationen vom Ultra-Kurzzeitgedächtnis über das Arbeitsgedächtnis ins Langzeitgedächtnis gelangen. Wenn nun durch psychische Belastung wie Hektik, Angst vor Leistungsversagen und ähnlichem Stress entsteht, dann ist dies Dis-Stress, der zu einem Noradrenalinausstoß führt. Wird der Dis-Stress nicht durch eine körperliche Reaktion abgebaut, dann wird die bereitgestellte Energie unterdrückt bzw. ins Körperinnere gelenkt, wo sie zu einer Erhöhung der Spannung und Verkrampfung führt, was auf die Dauer das vegetative System psychosomatisch angreift. Da im Unterricht dieser Noradrenalinstoß nicht durch körperliche Spontanreaktionen abzubauen ist, folgt eine Denkblockade. Allein der Gedanke an solche Situationen kann bei Menschen zu Dis-Stress führen. Es wäre nun falsch, von diesen biologischen Feststellungen ausgehend, alle Leistungsanforderungen zu vermeiden. Junge Menschen wollen nicht nur durch körperliche, sondern auch durch geistige Aufgaben, an denen sie sich messen können, gefordert werden. Solche Anforderungen können zu einem sogenannten Eu-Stress führen, der sie zu weiterem Lernen motiviert. Auch Leistungsüberprüfungen sind angebracht, wenn sie ausreichend vorbereitet sind. Ebenso kann ein Wettbewerb zwischen Gruppen oder Einzelnen einen solchen Eu-Stress hervorrufen. Offensichtlich ist ein solcher Eu-Stress aber nur dann möglich, wenn sich die schulischen Anforderungen im Bereich der Leistungs- und Entwicklungsmöglichkeit eines Lernenden befinden. Sobald ein Lernender dauernd überfordert wird, z. B. wenn er durch übertriebenen elterlichen Ehrgeiz auf eine ihn überfordernde Schule geschickt wird, wird er statt Eunur Dis-Stress erleben. Vorbemerkung zu Entspannungsübungen Im Fremdsprachenunterricht ist es wichtig, dass die Entspannungsübungen nicht zum Selbstzweck werden, sondern dienende Funktion haben, indem sie das Lernen vorbereiten oder mit dem Lernen direkt verbunden werden. Deshalb sollten die im Folgenden geschilderten Übungen in dieser ausführlichen Form nur zur Einführung der Entspannungsphasen praktiziert werden. Je mehr die Lernenden mit ihnen vertraut sind, desto kürzer können sie gestaltet werden. Es genügen dann einige einleitende Worte, um zur Entspannung zu kommen. Eine ruhige Begleitmusik ist keineswegs unabdingbar, kann aber dem Entspannungszustand förderlich sein, wenn die Entspannungsworte des Lehrenden dominieren und die Musik im Hintergrund bleibt. Bei einer solchen Koppelung von Entspannungsworten und Musik kann dann später auch 106 6. In Entspannung lernen <?page no="107"?> nur das entsprechende Musikstück gespielt werden, um die Entspannung auszulösen. Im Fremdsprachenunterricht können die Entspannungsübungen zuerst nur auf Deutsch, danach in der Fremdsprache, gefolgt von der Übersetzung in die Muttersprache, und später nur in der Fremdsprache praktiziert werden. Ganz wichtig ist es, dass die Durchführung der Entspannungsübung möglichst bald in die Hände der Lernenden gelegt wird. Dies ist ein wichtiges interaktives Prinzip, wodurch die einzelnen Lernenden nicht nur aufgewertet werden, sondern auch gleichzeitig deutlich wird, dass der Lehrende nur ein Helfer ist, der Anstöße zum selbstgesteuerten effektiven Lernen gibt. Ferner wird der Eindruck vermieden, dass nur dank des Lehrenden ein solches Lernen möglich sei. Zu diesem Zweck wird der Wortlaut der verkürzten Entspannungsübungen den Lernenden zum Auswendiglernen gegeben. Zu entscheiden, welche der folgenden Übungen die günstigste ist, bleibt dem Lehrenden überlassen. Ein Wechsel zwischen den verschiedenen Entspannungsübungen ist nicht unbedingt nötig. Die wesentliche Funktion einer solchen Entspannungsübung ist, dass sie in einer „ Selbstaffirmation “ endet, bei der der Lernende sich selbst überzeugt, dass er „ mit Freude und Interesse alles hören und sicher behalten wird “ . Viele der folgenden Übungen gibt es mit und ohne Musik auf Tonträgern. In einer empirischen Untersuchung (Schiffler 1992 a, 127) haben sich 92 % der Teilnehmer positiv zu den Entspannungsübungen geäußert, jedoch 54 % äußerten sich negativ hinsichtlich des wiederholten Einsatzes derselben auf Tonträger. Aus diesem Grunde scheint es empfehlenswert, dass die Entspannungsübungen nicht vom Tonträger, sondern vom Lehrenden oder den Teilnehmern gesprochen werden, so dass kein Überdruss durch die gleichförmige Wiederholung eintritt. Im Allgemeinen herrscht unter Pädagogen und Nicht-Pädagogen die Meinung vor, dass nur in einem bestimmten Aufmerksamkeitszustand, der medizinisch „ Vigilanzzustand “ genannt wird, gelernt werden kann. Er ist mit dem Elektro-Enzephalogramm messbar und geht mit Beta-Wellen (30 - 13 Herz) einher. Diese Meinung beruht auf der allgemeinen persönlichen Erfahrung, dass man bei einer interessanten Darbietung, der man gespannt zugehört hat, etwas verstanden und somit die Voraussetzung für ein langfristiges Lernen erfüllt hat. Gleichzeitig weiß man, dass ein Vigilanzzustand nicht beliebig lange aufrechtzuerhalten ist. Wie lange er anhält, ist von vielen Faktoren abhängig und sicherlich individuell unterschiedlich. Auch bei großem Interesse am Lernstoff ist nach einiger Zeit ein sogenanntes Abschalten unvermeidlich. Medizinisch ausgedrückt ist dies der Alphazustand, der mit EEG gemessen 12 - 18 Herz beträgt und normalerweise dem Schlaf vorausgeht, bei dem Theta-Wellen von 7 - 8 Herz vorherrschen. Im Schlaf ist keine Informationsaufnahme möglich, also auch kein Lernen. Im Alphazustand ist zumindest eine Informationsaufnahme gegeben, wenn auch meistens nur peripher. Also ist auch ein Lernen möglich. Die Forschungen der letzten 30 Jahre zum Lernen in diesem Zustand sind an anderer Stelle zusammenfassend dargestellt (Schiffler 1992 a, 28 ff). Es entspricht biologisch dem menschlichen Bedürfnis, nach gespannter Aufmerksamkeit kurze Entspannungspausen einzulegen, um dann wieder mit gespannter Aufmerksamkeit Informationen aufzunehmen. Aus diesem Grunde gibt es beim schulischen Lernen alle 45 - 55 Minuten Pausen. Für viele Lerner ist aber auch dieser Zeitraum zu lang, um mit gespannter Aufmerksamkeit gleichförmig Information auf- 6.1 Ist Lernen in Entspannung möglich? 107 <?page no="108"?> zunehmen. Deshalb ist es sicherlich dem Lerner förderlich, wenn völlig unterschiedliche Formen der Informationsaufnahme eingesetzt werden, bevor die Aufmerksamkeit nachlässt. Dieser Wechsel zu entspannter Aufmerksamkeit kann durch Bewegungslernen, gezielt herbeigeführte Entspannungsphasen, aber auch durch Partnerarbeit oder durch selbstständige Aktivitäten, soweit diese gerne ausgeführt werden, herbeigeführt werden. Wenn nach Anspannung Entspannung eintritt, werden im menschlichen Körper Hormone frei, die eine transmitterauslösende Funktion auf die neuronalen Prozesse ausüben, so dass Lernen und Behalten gefördert wird (Henn u. a., 1971). Anschaulich sind diese Prozesse zum ersten Mal durch Vester (1978, 94 ff) einem großen Publikum vermittelt worden, ohne aber dass dies eine entscheidende Veränderung im schulischen Bereich bewirkt hätte. Wie gezielt Entspannungsphasen herbeigeführt werden können, wird unten beschrieben. Dass in einem intensiven Fremdsprachenunterricht von vier Stunden täglich durch Musik induzierte Entspannungsphasen, unabhängig von der Lehrerpersönlichkeit, zu höheren Lernleistungen führen, ist durch Langzeituntersuchungen für den Intensiv-Fremdsprachenunterricht nachgewiesen worden, nicht aber in gleicher Deutlichkeit für den Extensiv-Fremdsprachenunterricht, wie er in der Schule üblich ist (Schiffler 1992 a, 84 ff). In Verbindung mit einer entsprechenden Lehrerpersönlichkeit jedoch haben diese musikalischen Entspannungsphasen zu einer beträchtlichen Leistungssteigerung geführt (Schiffler 1989, 115 ff). Drei Formen der Entspannung sind möglich: - die psychische, - die physische und - die soziale Entspannung. Die psychische Entspannung hat eher meditativen Charakter, die physische besteht u. a. in der Koppelung von Körperbewegung und Lernen. Sie wird in diesem Buch im Kapitel 4 als „ Mit Bewegung lernen “ behandelt. Darüber hinaus wird im Folgenden die Entspannung durch Körperbewegung in Form der „ Minutenentspannung “ und „ Minutengymnastik “ beschrieben. Bewegungslernen hat eine ebenso große entspannende Wirkung wie psychische Entspannungsformen. Es kann von jedem Lehrer ohne Vorerfahrung praktiziert werden. Die entspannende Funktion liest der Lehrer vom Gesicht seiner Schüler ab, sobald sie beim Bewegungslernen zusammen lernen. Ein Lächeln ist dann spontan auf fast allen Gesichtern zu entdecken. Insgesamt herrscht in der Gruppe sofort ein anderes Klima, sobald die Lernenden sich miteinander bewegen. Allein aus diesem Grund - ganz abgesehen von der gedächtnisfördernden Funktion des Bewegungslernens - sollte kein Lehrer auf das Bewegungslernen verzichten. Die dritte Art der Entspannung ist die „ soziale Entspannung in Partnerarbeit “ . Viele Lernende fühlen sich im Frontalunterricht vor allem bei einem strengen Lehrer immer in dessen Blickfeld (vgl. Teml 1987, 19). Bei ängstlichen, gehemmten oder introvertierten Lernenden kann dies zu einer Erhöhung des Ängstlichkeitsniveaus führen. Sobald ihnen jedoch gestattet wird, in Partnerarbeit zu arbeiten, kann diese Angst reduziert werden. Zu zweit können die Schüler ihre Selbstständigkeit ganz anders entfalten (vgl. Kapitel 3.4.5). 108 6. In Entspannung lernen <?page no="109"?> 6.2 Wechsel zwischen gespannter und entspannter Aufmerksamkeit Entspannungsphase zum Stundenanfang Wie bereits im Kapitel 3.3 dargelegt, ist die Wirksamkeit des Lernens in entspannter Aufmerksamkeit vor allem durch den Hawthorne-Effekt begründetet. Diese Form des Lernens unterbricht die gespannte Aufmerksamkeit. Für den Lerner bedeutet die Entspannung somit einen deutlichen Wechsel im Lernzustand. Dadurch, dass der Lehrer die Schüler ausdrücklich zur Entspannung auffordert und ihnen sogar sagt, dass sie nicht aufpassen sollen, entsteht ungewollt eine ganz neue Art der Fokussierung auf das nachfolgende Geschehen. Es sei nur an das psychologische Phänomen erinnert, dass die Aufforderung, sich nicht einen rosaroten Elefanten vorzustellen, der beste Anreiz dafür ist, bei jedem Zuhörer diese Vorstellung hervorzurufen. Im Unterrichtsgeschehen muss aber keineswegs ein gespannter Aufmerksamkeitszustand vorausgehen. Der Unterricht kann mit einer Entspannungsphase beginnen, in der der Lehrer die wichtigsten kontextuellen Vokabeln wiederholt. Danach können die Schüler entweder die Lektion schriftlich oder mündlich nacherzählen oder einander Fragen zur Lektion stellen. Auf jeden Fall entspricht diese vorausgehende Wiederholungsphase dem Prinzip, dem Lerner alle nur möglichen Lernhilfen zu bieten. Eine ausgezeichnete Hörverstehensübung besteht auch darin, dass der Lehrer unter Verwendung der neuen Wörter der Lektion eine andere Geschichte erzählt. Diese Aufgabe kann auch einem Schüler übertragen werden, vorausgesetzt der Lehrer korrigiert vor der Entspannungsphase die gefundene Version. Die Einführung einer Lektion sollte nicht immer gleichförmig durchgeführt werden. So gibt es ganz unterschiedliche handlungsorientierte Einführungen (Schiffler 1998, 54 ff). Wenn z. B. die Schüler anhand des neuen Vokabulars eine Geschichte schreiben sollen, kann das neue Vokabular vorher in einer Entspannungsphase kontextuell und bilingual eingeführt werden. Auch der Lektionstext selbst kann in einer Entspannungsphase vom Lehrer oder von Schülern vorgetragen werden. Die neuen Wörter werden dann im Kontext durch Wiederholung besonders hervorgehoben und übersetzt. Auch diese Einführung kann variiert werden, indem statt der hörenden Einführung das Schriftbild und die Übersetzung gleichzeitig gegeben werden. Entspannungsphase innerhalb der Stunde Entspannung und Fokussierung von Lernproblemen scheint auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein. Doch die Erfahrung zeigt, dass gerade die Entspannungsphase geeignet ist, eine didaktisch-präventive Funktion auszuüben, indem der Lehrer in dieser Phase besondere Ausspracheprobleme, falsche Genera oder andere typische Fehler und Lernschwierigkeiten, nach Möglichkeit im Kontrast zur muttersprachigen Fehlerursache, antizipierend darstellt. Wenn der Lehrer immer wieder dieselben Fehler verbessern muss, spiegelt sich sein Verdruss normalerweise in seiner Intonation wider. Statt die Schüler seine Verärgerung spüren zu lassen, initiiert er eine Entspannungsphase zur Fokussierung auf diese Lernprobleme. Wenn z. B. ein Grammatikphänomen induktiv - mit mehr oder weniger Hilfestellung 6.2 Wechsel zwischen gespannter und entspannter Aufmerksamkeit 109 <?page no="110"?> des Lehrers - eingeführt worden ist, der Lehrer aber den Eindruck hat, dass eine klare wiederholende Darstellung unter Verwendung eindeutiger Beispiele für einige Schüler angebracht sei, dann kann er auch eine Entspannungsphase durchführen. Dadurch wirkt die wiederholende Zusammenfassung nicht wie ein überflüssiges „ Wiederkäuen “ desselben Stoffes. Entspannungsphase am Ende einer Stunde Alles, was in das Langzeitgedächtnis übergehen soll, wird am besten am Ende der Stunde in einer Entspannungsphase wiederholt. Das können die erwähnten Lernprobleme sein, aber auch der Text der neuen Lektion. Wenn z. B. in Form der handlungsorientierten Einführung (vgl. Kapitel 4.9.1) die Schüler anhand der Lektionsbilder oder des neuen Vokabulars eine eigene Version gefunden haben, kann der Lehrer am Ende der Stunde die Originalversion der Lektion in Entspannung vortragen. Aber auch im Sinne des zeitverteilten Lernens können z. B. die zur neuen Lektion gehörenden Vokabeln am Ende der Stunde, die der Einführung vorausgeht, in Entspannung kontextuell und bilingual vorgetragen werden, wobei der Lehrer z. B. besondere Ausspracheprobleme hervorhebt. 6.3 Psychische Entspannungsübungen und Affirmation Die im Folgenden geschilderten Entspannungsübungen können in ihrer lernförderlichen Wirkung dadurch verstärkt werden, dass sie immer in Affirmationen enden, in denen sich der Lernende selbst bestärkt, d. h. sich selbst davon überzeugt, dass er erfolgreich lernt. Eine der im Folgenden geschilderten Traumreisen „ Mein Erfolgserlebnis “ ist im Ganzen eine solche Affirmation. Es ist vorteilhaft, wenn der Lehrende vor dem ersten Einsatz von Entspannungsübungen die Lernenden durch eine Geschichte, in diesem Fall eine Fabel, oder, noch wirkungsvoller, durch den unten dargestellten Selbstversuch, von der Wirkung solcher Affirmationen überzeugt. Der willensstarke Frosch / The Strong-willed Frog / La grenouille énergique / La rana voluntariosa Zwei Frösche hüpfen an einem schönen Sommertag durch das Gras. Sie freuten sich des Lebens, hüpften durch die hohen Blumen der Wiesen, labten sich an den vielen Insekten, die sie mit Leichtigkeit, dank ihrer klebrigen langen Zungen, fingen. Da kamen sie zu einem Bauernhof, wo alle Kellerfenster offen standen. Sie sprangen mit einem großen Satz in den Keller und landeten in einem großen, halb vollen Milchfass. Das fanden sie herrlich, endlich einmal in etwas anderem zu schwimmen als in Wasser. So planschten sie herum, bis sie genug hatten. Sie wollten woanders hin. Da merkten sie aber, dass sie gar nicht mehr hinaushüpfen konnten. Die Wände des Fasses waren viel zu hoch. So schwammen sie über eine Stunde lang und waren ganz erschöpft. Der eine Frosch sagte zum anderen, obwohl er kaum noch sprechen konnte: „ Hier kommen wir nie mehr raus! “ Bald darauf ging er unter. Der andere aber sagte sich: „ Auch wenn ich keine Aussicht auf Rettung habe, gebe ich nicht auf! “ Obwohl er immer erschöpfter wurde, hörte er nicht auf zu schwimmen. Plötzlich fühlte er etwas Festes unter sich. Da war die Milch durch seine stundenlangen 110 6. In Entspannung lernen <?page no="111"?> Bewegungen zu Butter geworden und er hatte einen festen Untergrund. So konnte er mit einem großen Sprung aus dem Fass herausspringen. Ich komme weiter / I go further / J ’ irai plus loin / Yo sigo Die zweite Affirmation besteht aus dem erwähnten körperlich-geistigen Selbstversuch. Jeder stellt sich mit ausgestrecktem rechten Arm hin und hebt seinen Daumen empor. Dann bewegt er seinen ausgetreckten Arm soweit wie möglich nach hinten, ohne sich mit den Füßen von der Stelle zu rühren. Dabei folgt er dem Arm mit seinem Blick und fixiert die Stelle im Raum, auf die sein Daumen gerichtet ist. Daraufhin stellt er sich wieder in die Ausgangsstellung, lässt seine Arme entspannt hängen, schließt seine Augen und macht vor seinem geistigen Auge dieselbe Übung noch einmal, wobei er sich vorstellt, dass er sich viel weiter um seine eigene Achse drehen kann als vorher. Dann wiederholt er die Übung noch einmal und wird anhand der fixierten Position seines Daumens bemerken, dass er sich tatsächlich viel weiter drehen konnte als vorher. Bei späteren Übungen genügt es, dass der Lehrende in der Zielsprache jeweils den Titel erwähnt, um diese Affirmation beim Lernenden auszulösen. Dieselbe Wirkung kann die Erwähnung des Titels des Erfolgsmärchens The Strongwilled Frog / La grenouille énergique / La rana voluntariosa! Der willensstarke Frosch haben. Eine dritte Möglichkeit ist die Nennung der folgenden Traumreise mit dem Titel: Mein Erfolgserlebnis / My experience of success / Mon expérience de réussite / Mi experiencia de éxito Diese Traumreise mit Affirmation soll der Schüler selbst erfinden. Jedoch kann der Lehrer den Schülern beim ersten Mal Anregungen geben: Er fragt sie, ob sie sich daran erinnern, wie sie zum ersten Mal auf dem Fahrrad fuhren oder wie sie eine andere sportliche Leistung vollbrachten, oder wie sie sich über eine Aufnahmeprüfung, ein Zeugnis oder über ein emotionales Ereignis, wie z. B. den ersten Kuss, freuten. Wenn dann alle Lernenden signalisieren, dass sie ihr Erfolgserlebnis gefunden haben, dann kann die Traumreise beginnen: Ich kann mich sehr gut an dieses Ereignis erinnern. Ich sehe mich selbst ganz genau. Ich sehe die andere(n) Person(en). Ich weiß noch genau, wie sehr ich mich gefreut habe, wie stolz ich auf mich war. Ich habe mich wunderbar gefühlt. Ich war stark. Ich war überzeugt, dass ich alles schaffen kann, was ich mir nur fest vornehme. Jetzt habe ich auch dieses angenehme Gefühl. Ich werde alles gut lernen und behalten, was ich jetzt höre. I can remember this event very well. I see myself clearly. I see the other people. I know exactly how happy and proud I was. I felt wonderful. I was strong. I was sure to manage anything I really wanted. Now I have the same good feeling. I ’ m going to learn and memorise everything I ’ ll hear now. Je peux me souvenir exactement de cet événement. Je me vois moi-même. Je vois l ’ autre personne. Je me rappelle exactement à quel point j ’ étais content, combien j ’ étais fier(e) de moi. Je me sentais merveilleusement bien. Je me sentais fort(e). J ’ étais convaincu(e) que je pouvais maîtriser tout ce que je voulais apprendre. Désormais, j ’ ai ce sentiment agréable que je vais retenir tout ce que je vais entendre. 6.3 Psychische Entspannungsübungen und Affirmation 111 <?page no="112"?> Recuerdo muy bien aquella experiencia. Me veo claramente. Veo a los demás. Todavía recuerdo lo mucho que me alegré y lo orgulloso/ -a que estaba. Estaba muy, muy bien. Me sentía fuerte. La vida me sonreía y estaba convencido/ -a de poder conseguir cualquier cosa que me propusiera. Ahora también me siento así. Voy a aprender y retener bien todo lo que escuche ahora. Später genügt dann die folgende Kurzform oder die Erwähnung der Worte: Mein Erfolgserlebnis / My experience of success / Mon expérience de réussite / Mi experiencia de éxito, um das entsprechende affirmative Ereignis vor den Augen der Schüler aufsteigen zu lassen. Ich sehe mich vor meinem geistigen Auge. Ich bin ganz stolz. Ich schaffe es jetzt genauso gut wie damals. I remember very well this successful event. I see myself clearly. I ’ m very proud of myself. I know I can do it now as well as I did it then. Je me vois moi-même. Je suis tout(e) fier(e) de moi-même. Je vais y arriver comme j ’ y suis arrivé(e) autrefois. Me veo claramente. Estoy orgulloso/ -a. Ahora lo puedo hacer tan bien como entonces. Mein Lieblingsplatz / My favorite place / Ma place préférée / Mi lugar favorito Im Gegensatz zu der o. g. Traumreise sind die folgenden in Ich-Form gehalten, um so eine stärkere Identifikation des Lerners zu erreichen. Ferner sind sie inhaltlich nicht vorgegeben, so dass die Hörer nur Anregungen erhalten und die mentalen Bilder selbst aus ihrer Erinnerung schöpfen und ausmalen können, wodurch wiederum eine noch stärkere Identifizierung gegeben ist. Ich gebe mich ganz meiner Erinnerung hin und suche nach dem schönsten Platz, den ich jemals eingenommen habe. Ich erinnere mich genau, wie ich dort hinkam, mit wem ich zusammen war, wie der Weg dorthin aussah, welche Landschaft ich vor mir sah, wie lange ich/ wir dort verweilte(n). Genau auf diesen Platz setze ich mich nun und genieße all das, was ich vor mir sehe. Ich fühle mich wohl, ganz wohl, ganz entspannt und freue mich darauf, all das zu behalten, was ich jetzt lerne. I completely dedicate myself to remembering the nicest place I ’ ve ever been to. I remember exactly how I arrived and who was with me. I remember how the way to this place looked like. I remember the landscape I saw and for how long we stayed there. Now I feel as if I were there and enjoying everything I can see in front of me. I feel fine, very fine and totally relaxed, and I ’ m looking forward to keeping in mind everything I ’ m going to learn now. Je me donne entièrement à mes souvenirs et je cherche la plus belle place que j ’ aie jamais prise. Je me souviens exactement comment je suis arrivé(e) à cette place, avec qui j ’ y étais, quel était l ’ aspect du chemin et du paysage que je voyais devant moi, combien de temps j ’ y suis resté(e). Je prends place exactement à cet endroit et je jouis de tout ce que je vois. Je me sens très bien, tout à fait à l ’ aise, je suis complètement détendu(e) et j ’ attends avec impatience tout ce que je vais apprendre. Je vais le mémoriser sans l ’ oublier. Me concentro totalmente en mis recuerdos y busco el lugar más bello que jamás haya visto. Recuerdo perfectamente cómo llegué, con quién estaba, cómo era el camino que tomamos para llegar a este lugar, cómo era el paisaje que vi allí, cuánto tiempo me quedé. Me siento justo en este lugar y disfruto 112 6. In Entspannung lernen <?page no="113"?> de todo lo que veo. Estoy bien, muy bien y totalmente relajado, y me alegro de memorizar todo lo que voy a aprender ahora. Wenn im Laufe des Unterrichts diese Traumreise öfter durchgeführt wird, dann kennt der Lernende seinen Lieblingsplatz und die folgenden Worte genügen: Ich erinnere mich genau an meinen Lieblingsplatz. Ich sehe ihn vor mir. Ich nehme ihn freudig ein. Ich fühle mich dort wohl und nehme alles, was ich höre, mit Freude auf und behalte es ganz fest. I remember very well my favourite place. I can see it. I sit down happily. I feel fine and listen with pleasure to all that is said, and I memorize it perfectly well. Je me souviens exactement de ma place préférée. J ’ y prends place avec beaucoup de joie. Je me sens à l ’ aise et je vais apprendre avec beaucoup de joie tout ce que je vais entendre et que je vais mémoriser durablement. Me acuerdo perfectamente de mi lugar favorito. Lo veo delante de mí y me alegra estar en él. Ahí me siento bien y capto con alegría todo lo que oigo y lo retengo en mi memoria. Eine Kombination aus Entspannung und Selbstaffirmation kann durch einen kleinen Gegenstand erreicht werden, den sich der Lernende ausgesucht hat. Die Entspannung und auch die Selbstaffirmation kann dadurch verstärkt werden. Das hat nichts mit Vorspiegelung von magischen Kräften zu tun, sondern mit der Erfahrung eines jeden Menschen, dass er sich gern mit Gegenständen umgibt, die ihn an schöne und interessante Stunden seines Lebens erinnern. Theoretisch kann der Lernende sich zu diesem Zweck jeden Gegenstand aussuchen, aber in der Praxis hat sich ein Stein nach Wahl der Lernenden bewährt. Wenn der Lehrende eine Auswahl an runden Kieseln mitbringt, die man gut in der Hand halten und drücken kann, wählen die Lernenden sich einen aus und nehmen ihn, wenn sie wollen, bei den Minutenentspannungen in die Hand und drücken ihn, während sie die Entspannungs- und Affirmationsworte sprechen. Selbstverständlich ist ein solcher Stein nur ein spielerisches Element, auf das verzichtet werden kann, das aber manchem Lernenden hilft, vor allem, wenn er damit positive Lernerfahrungen assoziiert. Die Minutenentspannung Im Folgenden werden mehrere Möglichkeiten aufgezeigt, mit Lernenden, die schon Erfahrungen mit Entspannungsformen haben, kurze psychische Entspannungsphasen von einer oder zwei Minuten durchzuführen. Sie eignen sich vor Tests und Klassenarbeiten und sind vor allem für solche Lernenden förderlich, die vor Prüfungen, obwohl sie sich vorbereitet haben, Angstzustände haben und deshalb in der Wiedergabe ihres Wissens behindert werden. Die Lernenden kennen die Haltung des „ Droschkenkutschers “ aus der u. g. Übung mit Autogenem Training (vgl. S. 114). Nun sagt der Lehrende kurz: We take the position of a cabman and close our eyes. Asseyons-nous dans la position d ’ un cocher de fiacre et fermons les yeux. Nos sentamos en la postura del cochero y cerramos los ojos. Wir nehmen die Droschkenkutscherstellung ein und schließen unsere Augen. 6.3 Psychische Entspannungsübungen und Affirmation 113 <?page no="114"?> Dann fordert der Lehrende die Lernenden auf, der Stille zu lauschen und so auch die geringsten Geräusche wahrzunehmen, die in der Umgebung zu hören sind. Eine weitere Möglichkeit ist die Aufforderung, seinem eigenen Atmen zuzuhören und ganz natürlich weiterzuatmen. Vielleicht kann der Lehrende hinzufügen, dass man den Atem nach dem Einatmen einige Sekunden lang anhalten soll, um das Ausatmen mehr zu genießen. Wenn die Lernenden solche Entspannungsübungen gewohnt sind, werden die Entspannungsaffirmationen am Ende der Übungen in Verbindung mit der o. g. Sitzposition sehr wirkungsvoll: Ich fühle mich wohl. Ich bin ganz ruhig. Ich bin ganz entspannt, und ich behalte alles, was ich höre. I am fine. I feel good. I am completely quiet. I am completely relaxed and I keep in mind all I hear. Je me sens bien. Je suis tout à fait à l ’ aise. Je suis détendu(e), complètement relaxé(e) et je retiens tout ce que j ’ entends. Me siento bien. Estoy completamente tranquilo/ -a. Estoy completamente relajado/ -a, y memorizo todo lo que escucho. 6.4 Physische Entspannungsübungen Autogenes Training Diese Form der Entspannung ist mittlerweile sehr verbreitet. Vorerfahrungen sind eine große Hilfe, weil - wie schon das Wort „ Training “ sagt - durch häufiges Üben der Zustand der körperlichen und geistigen Entspannung viel schneller eintritt. Es ist vorteilhaft, wenn der Lehrende die folgenden Anweisungen in der Ich-Form gibt. Für den Fremdsprachenunterricht genügt es, wenn die Lernenden die fundamentale und am leichtesten zu absolvierende Übung des Autogenen Trainings beherrschen, nämlich die „ Schwereübung “ . Weitergehende Übungen, wie die „ Wärmeübung “ usw. sind nicht notwendig. Der Lehrende, später auch die Lernenden, gibt zuerst die Anweisungen zur richtigen Sitzhaltung. Sicherlich ist es für viele Menschen leichter, sich im Liegen zu entspannen. Aber abgesehen davon, dass das Liegen nur unter besonderen räumlichen Bedingungen möglich ist, die in der Schule nicht gegeben sind, führt es bei vielen Menschen auch dazu, dass der erreichte Entspannungszustand in Schlaf übergeht, was für den Fremdsprachenunterricht nicht angestrebt werden soll. Dass im Schlaf gelernt werden könnte, ist niemals nachgewiesen worden. Diejenigen, die damit experimentiert haben, mussten feststellen, dass die gelernten Informationen vor dem Schlafen und beim Aufwachen gelernt worden waren, also in einem Zustand der Entspannung (Lozanov 1978, 151 ff, Schiffler, 1992 a, 13 f). Solange die Lernenden das Autogene Training im Sitzen praktizieren, ist das Risiko, dass sie einschlafen, kaum gegeben. Die Anweisung zur Sitzhaltung, der sogenannten Droschkenkutscherhaltung, lautet folgendermaßen: Ich setze mich so, dass mein Rücken fest gegen die Lehne gepresst und möglichst aufrecht ist. Meine Beine sind nicht überkreuzt, sondern stehen nebeneinander. Die Fußsohlen berühren ganz den Boden. Ich lege meine beiden Hände auf die Oberschenkel, ich bewege leicht kreisend meine 114 6. In Entspannung lernen <?page no="115"?> Schultern und lasse sie dann leicht hängen. Meinen Kopf halte ich waagerecht und leicht nach vorne geneigt. Ich schließe die Augen. Mein rechter Fuß ist ganz schwer. Er lastet ganz schwer auf dem Boden. Er wird immer schwerer und schwerer. Mein linker Fuß ist ganz schwer. Er lastet ganz schwer auf dem Boden. Er wird immer schwerer und schwerer. Meine beiden Füße sind nun ganz schwer. Sie lasten ganz schwer auf dem Boden. Sie werden immer schwerer und schwerer. Meine rechte Hand wird schwer. Sie lastet auf meinem Knie. Sie wird immer schwerer und schwerer. Meine linke Hand ist ganz schwer. Sie lastet auf meinem Knie. Sie wird immer schwerer und schwerer. Meine beiden Hände sind ganz schwer. Sie lasten auf meinen Knien. Sie werden immer schwerer und schwerer. Ich fühle mich nun ganz ruhig und wohl. Ich bin ganz entspannt. Ich freue mich darauf, alles zu behalten, was ich hören werde. Ich werde alles behalten. I sit down and I press my back against the rest. My back is straight. I do not cross my legs. They are put next to each other. My soles completely touch the floor. I put my hands on my thighs. I slightly move my shoulders and let them hang down comfortably. I hold my head slightly inclined. I close my eyes. My right foot is very heavy. It rests heavily on the floor. It becomes more and more heavy. My left foot is very heavy. It rests heavily on the floor. It becomes more and more heavy. Both my feet are very heavy. They rest heavily on the floor. They become more and more heavy. My right hand is very heavy. It rests heavily on my knee. It becomes more and more heavy. My left hand is very heavy. It rests heavily on my knee. It becomes more and more heavy. Both my hands are very heavy. They rest heavily on my knees. They become more and more heavy. I feel completely relaxed. I feel good. I ’ m looking forward to keeping in mind all I ’ ll hear. I ’ ll keep it all in mind. Je m ’ assieds sur ma chaise. Je presse mon dos contre le dossier de la chaise. Je ne croise pas les jambes. Elles sont l ’ une à côté de l ’ autre. Mes pieds sont à plat sur le sol. Je mets mes deux mains sur mes cuisses. Je bouge légèrement mes épaules et ensuite je les laisse pendre. Je tiens la tête horizontalement et je la penche légèrement en avant. Je ferme les yeux. Mon pied droit est très lourd. Il pèse lourdement sur le sol. Il devient de plus en plus lourd. Mon pied gauche est très lourd. Il pèse lourdement sur le sol. Il devient de plus en plus lourd. Mes deux pieds sont très lourds. Ils pèsent lourdement sur le sol. Ils deviennent de plus en plus lourds. Ma main droite est très lourde. Elle pèse lourdement sur mon genou. Elle devient de plus en plus lourde. Ma main gauche est très lourde. Elle pèse lourdement sur mon genou. Elle devient de plus en plus lourde. Mes deux mains sont très lourdes. Elles pèsent lourdement sur mes genoux. Elles deviennent de plus en plus lourdes. Je me sens tout à fait calme et bien. Je suis complètement relaxé(e). Je suis content(e), parce que je mémorise tout ce que j ’ entends. Je vais fixer tout dans ma mémoire. 6.4 Physische Entspannungsübungen 115 <?page no="116"?> Me siento en la silla y aprieto mi espalda contra el respaldo para que esté erguido/ -a. No cruzo las piernas. Una está al lado de la otra. Las plantas de los pies tocan completamente el suelo. Pongo ambas manos en los muslos. Muevo los hombros haciéndolos circular un poco. Después hundo los hombros. Mi cabeza está un poco inclinada. Cierro los ojos. Mi pie derecho está pesado. Siento su peso en el suelo. Pesa cada vez más. Mi pie izquierdo está pesado. Siento su peso en el suelo. Pesa cada vez más. Ambos pies están pesados. Siento su peso en el suelo. Pesan cada vez más. La mano derecha está pesada. Siento su peso sobre la rodilla. Pesa cada vez más. La mano izquierda está pesada. Siento su peso sobre la rodilla. Pesa cada vez más. Ambas manos están pesadas. Siento su peso sobre las rodillas. Pesan cada vez más. Estoy muy bien y completamente tranquilo/ -a. Estoy completamente relajado/ -a. Me alegro de memorizar todo lo que oigo. Lo memorizo todo. Nun folgen die Lerninformationen. Die folgende Übung ist stärker physisch orientiert und kann deshalb von jedem Lehrer ohne Erfahrung mit Entspannungsübungen leicht durchgeführt werden. Sie lehnt sich an die „ progressive Muskelentspannung “ von Jacobson an. Muskelanspannung und -entspannung / Contraction and relaxation of muscles / Contraction et relaxation des muscles / Contracción y relajamiento muscular Für den Fremdsprachenunterricht eignet sich eine Kurzform, die sich nur auf drei Körperregionen erstreckt, bei denen die Muskeln verhältnismäßig leicht kontrolliert werden können. Die Übung lautet folgendermaßen: Ich schließe meine Augen. Ich runzele meine Stirn. Ich presse meine Lippen zusammen. Ich spanne alle meine Gesichtsmuskeln an, immer fester, immer stärker, bis ich es gar nicht mehr fester kann. Jetzt lasse ich los, lehne mich zurück und fühle, wie mein Gesicht ganz locker und entspannt ist. Ich genieße diese Entspannung und fühle mich ganz wohl (ca. 10 Sekunden). Ich drücke meine Schultern hoch, ich presse meine Arme an meinen Körper, ich balle meine Hände zu Fäusten. Ich spanne alle meine Muskeln an, immer fester, immer fester, ganz fest, bis ich gar nicht mehr fester kann. Jetzt lasse ich los usw. (s. o.). Jetzt spanne ich meine Unter- und Oberschenkel an. Ich krümme meine Zehen und spanne sie an. Alle meine Muskeln spanne ich stark an, immer stärker, ganz stark, bis ich es gar nicht mehr fester kann. Jetzt lasse ich los usw. Ich bin jetzt am ganzen Körper entspannt und fühle mich wohl und behalte alles ganz fest, was ich nun höre. I close my eyes. I wrinkle my brow. I press my lips together. I tense all the muscles in my face, more tightly, more tightly until I can ’ t do it more tightly. Now I relax, lean back and feel that my face is relaxed. I enjoy this relaxation and feel good. I raise my shoulders. I press my arms against my body. I clench my fists. I tense all my muscles, more tightly, more tightly, very tightly until I can ’ t do it more tightly. Now I relax. Now I tense the muscles of my lower legs and thighs. I bend my toes and tense them. I tightly tense all of my muscles, more tightly, absolutely tightly, until I can ’ t do it more tightly. Now I relax. Now my whole body is relaxed and I feel fine and keep in mind all I ’ ll hear. Je ferme les yeux. Je plisse le front. Je serre mes lèvres. Je contracte tous les muscles de mon visage, toujours plus fort, toujours plus énergiquement, jusqu ’ à ce que je n ’ en puisse plus. 116 6. In Entspannung lernen <?page no="117"?> Maintenant je me détends, je me repose et je sens que tout mon visage est détendu et relaxé. Je jouis de cette relaxation et je me sens tout à fait à l ’ aise. Je soulève mes épaules, je presse mes bras contre mon corps, je ferme les mains. Je serre les poings. Je contracte tous les muscles, de plus en plus fort, de plus en plus énergiquement. Maintenant, je me détends. Maintenant, je contracte les mollets et les cuisses. Je contracte les orteils. Je contracte tous les muscles, je les contracte de plus en plus fort, de plus en plus énergiquement. Maintenant, je détends. Maintenant je suis tout à fait détendu(e) et relaxé(e). Je me sens très bien, je me sens à l ’ aise et je vais retenir tout ce que je vais entendre. Cierro los ojos. Frunzo las cejas. Aprieto los labios. Tenso todos los músculos de la cara con todas mis fuerzas. Están cada vez más tensos, más apretados, hasta que no pueda más. Ahora relajo los músculos. Me recuesto y siento que mi cara está relajada. Disfruto de este relajamiento y me siento muy bien. Levanto los hombros y aprieto los brazos contra mi cuerpo. Cierro los puños. Tenso todos los músculos, cada vez más tensos, más apretados, hasta que no pueda más. Ahora los relajo. Ahora tenso los muslos, las piernas y las pantorrillas. Doblo los dedos de los pies y los estiro. Tenso todos los músculos con todas mis fuerzas, están cada vez más tensos, más apretados, hasta que no pueda más. Ahora los relajo. Ahora mi cuerpo está totalmente relajado y estoy bien. Voy a recordar todo lo que oiga. Weitere Entspannungsübungen für den Englischunterricht findet man bei Meier (1999, 29 ff). Später kann dann zur „ Minutengymnastik “ übergegangen werden, die wegen ihrer Körperhaltung den Namen „ Quasimodo “ nach dem buckligen Glöckner von „ Notre Dame “ von Victor Hugo trägt. Die Lernenden beugen sich nach vorn, verschränken ihre Hände hinter dem Nacken, ziehen ihre Knie an die Brust, während der Lehrende sagt: Ich spanne alle Muskeln an, immer fester, immer fester, bis es nicht mehr fester geht. Jetzt lasse ich los usw. I contract all my muscles, more and more hardly, till I cannot do it more hardly. Now, I relax completely. Je contracte tous les muscles, de plus en plus fortement, de plus en plus énergiquement, jusqu ’ à ce que je n ’ en puisse plus. Maintenant je détends tout etc. Ahora tenso todos mis músculos cada vez más, hasta el máximo, hasta que no pueda más. Ahora los dejo sueltos etc. Minutengymnastik Schüler sitzen stundenlang in der Schule und zuhause vor dem Fernseher oder vor dem Computer. Dies hat nicht nur Haltungsschäden zur Folge, sondern mindert auch die geistige Aufnahmefähigkeit. Eine gute Durchblutung durch Bewegung ist auch für die Versorgung des Gehirns mit sauerstoffreichem Blut verantwortlich und eine Voraussetzung für seine bessere Funktion. Aus diesem Grund sollte der Lehrende daran denken - obwohl dies für den Fremdsprachenunterricht völlig ungewöhnlich ist - dass eine kurze gymnastische Übung vor 6.4 Physische Entspannungsübungen 117 <?page no="118"?> einer wichtigen Phase, in der etwas Neues eingeübt werden soll, eingeschoben wird, da sie für das folgende Lernen vorteilhaft ist. Außerdem kann der Lehrende daran teilnehmen und selbst die aktivierende Wirkung auf seinen körperlichen und geistigen Zustand spüren. Die Katze / The Cat / Le chat / El gato Eine Form der Minutengymnastik, die Übung Quasimodo wurde bereits beschrieben. Eine ähnliche Übung, bei der die Lernenden auch auf ihren Plätzen sitzen bleiben, ist die „ Katzenübung “ . Hierbei strecken sie sozusagen „ alle Viere von sich “ , sie räkeln sich auf ihren Stühlen, beugen den Rücken, drehen den Oberkörper nach links und rechts und auf ein kurzes Signal des Lehrenden hin konzentrieren sie sich auf die folgende Lerninformation. Die Massagen / The massages / Les massages / Los masajes In ähnlicher Form können die Lernenden in Form einer „ Selbstmassage “ beide Arme heben und sich nun selbst die Schultern massieren. Dabei sollten sie mit den Fingerspitzen möglichst tief und fest in ihre Nacken- und Schulterhaut eindringen. Ein wohltuendes Gefühl stellt sich dann ein. Noch wirksamer ist die „ Partnermassage “ . Der eine Partner stellt sich hinter den anderen und massiert mit den Handkanten über die hängenden Arme des Partners, und zwar von den Händen bis zu den Schultern. Dann wechseln die Partner. Eine weitere Stimulierung des Gehirns - mit entsprechender Begleitinformation des Lehrenden - kann auch dadurch erreicht werden, dass sich jeder die Kopfhaut massiert und auf diese ganz leicht mit den Fingerspitzen rhythmisch klopft. Eine andere Form ist, dass die Partner sich gegenseitig den Rücken massieren. Dies kann auch geschehen, indem sie im Kreis gehen, am besten mit einer lebhaften Musik. Anschließend gehen alle im Kreis in die entgegengesetzte Richtung. Das Superzappeln / The Super-Fidget / Le super-gigotement / El super-pataleo Eine weitere kurze, sehr intensive Minutengymnastik ist das „ Superzappeln “ . Die Lernenden stehen und laufen auf der Stelle, so schnell sie nur können, wobei sie ihre Arme ebenso rasch bewegen wie ihre Beine. Die Übung ist so anstrengend, dass sich die meisten gern nach einer Minute entspannt auf ihre Sitze niederlassen. Einatmen und ausatmen / To inhale and to exhale / Inspirer et expirer / Inspirar y expirar Eine leichte Minutengymnastik ist das Einatmen und ausatmen. Die Lernenden nehmen mehrere tiefe Atemzüge und atmen dann ganz langsam und möglichst lang aus. Ein fast unhörbares Summen eines jeden kann förderlich sein. Diese Übung kann auch zweimal durchgeführt werden. Nach dem vollständigen Ausatmen folgt die Lerninformation. 118 6. In Entspannung lernen <?page no="119"?> Das Kirschenpflücken / The Cherry-Plucking / Cueillir des cerises / Coger cerezas Eine weitere Übung, die sich besonders als „ Aufwachübung “ nach einer Entspannungsphase eignet, ist die des „ Kirschenpflückens “ . Die Lernenden stehen auf und räkeln sich mit erhobenen Händen so, als ob sie Kirschen erreichen wollten, die viel zu hoch hängen. Der Lehrende braucht nur „ Kirschenpflücken “ zu sagen und schon sind die Lernenden mit Begeisterung bei dieser Übung, bis durch ein zweimaliges Händeklatschen oder ein Wort des Lehrers der Unterricht weitergeht. Es genügt, wenn der Lehrende eine einzige dieser Minutengymnastiken einsetzt. Sie werden hier nur zur Auswahl angeboten. Ihre Wirksamkeit hängt ganz wesentlich von der Art, wie der Lehrende sie einsetzt, ab, d. h. von seiner Stimme, seinem Auftreten und vor allem auch von seinen Begleitinformationen. 6.5 Vokabellernen in Entspannung 6.5.1 Mit mentalen Bildern Bilinguales und kontextuelles Lernen als Voraussetzung für die Visualisierung Eine der wichtigsten Voraussetzungen beim Erlernen des Wortschatzes ist die semantische Klarheit, d. h. dass der Schüler beim Einprägen des neuen Wortes keine Zweifel über seine Bedeutung hat. Wie bereits Bol und Carpay (1972) während der einsprachigen Semantisierungsphase bei Englisch lernenden Schülern durch Introspektion festgestellt haben, suchen diese verständlicherweise zuerst nach Assoziationen mit ähnlich klingenden Wörtern in ihrer Muttersprache, bevor sie das muttersprachige Äquivalent finden. Die Aufgabe des Lehrers ist es, gerade in solchen Fällen, die den Schüler zu falschen Assoziationen veranlassen, möglichst sofort die richtige Übersetzung einer einsprachigen Erklärung vorzuziehen (vgl. Hohmann 1983). So kann von Anfang an der falsche Gebrauch von bestimmten Vokabeln vermieden werden. Für Französisch sind das Wort visiter und für das Englische das Wort self-conscious schlagende Beispiele. Durch die richtige Übersetzung besichtigen und gehemmt in Verbindung mit einem entsprechenden Kontext kann so der späteren fehlerhaften Anwendung von Anfang an vorgebeugt werden. Aus demselben Grund haben sich auch Schulbuchautoren zu Recht in keiner Weise durch die heftige Diskussion der 70er Jahre über den „ einsprachigen “ Fremdsprachenunterricht davon abhalten lassen, in den Schulbüchern ein zweisprachiges Vokabular aufzunehmen. Vielmehr wird seit dieser Zeit zu Recht in der mittleren Spalte des Vokabelverzeichnisses ein Beispielsatz zur kontextuellen Erlernung der Vokabeln gegeben, wie z. B.: ne . . . jamais pour aller en ville je nie/ niemals . . . prends . . . le bus. Je prends toujours le métro. (Beutter u. a. 1994, 158). Wie erwähnt, sind diese Kontextspalten so lange didaktisch irrelevant, wie sie nicht auch in der Muttersprache als Lernhilfe gegeben werden. Ansonsten lernen die Schüler weiterhin die Vokabeln zweispaltig, d. h. dadurch, dass sie von der muttersprachigen Übersetzung ausgehen und dann zur Kontrolle die fremdsprachige Vokabel ansehen. 6.5 Vokabellernen in Entspannung 119 <?page no="120"?> Um den Schülern tatsächlich ein kontextuelles Vokabellernen zu ermöglichen, müssen die Vokabellisten zweispaltig sein, zuerst die isolierte Vokabel, dann diese im Kontext, beide mit Übersetzung: ne . . . jamais nie/ niemals Pour aller en ville, Um in die Stadt zu fahren, je ne prends jamais le bus; nehme ich niemals den Bus; je prends toujours le métro. ich nehme immer die U-Bahn. Die muttersprachige Übersetzung des Kontextes führt zum Erlernen des Kontextes, in dem die Vokabeln angewandt werden. Selbstverständlich sollte der bei den Vokabeln gegebene Kontext nach Möglichkeit von dem der Lektion abweichen. Dadurch wird ein erster Transferschritt eingeleitet, d. h. es wird durch neue Assoziationen dem Vergessen stärker entgegengewirkt. Mentale Bilder in einer entspannten Semantisierungsphase Bilinguale und kontextuelle Vokabellisten sind die Voraussetzung dafür, dass die Schüler sich die Vokabeln in Bildern vorstellen können. Je fantasiereicher und farbenprächtiger die Bilder sind, die sie sich anhand der neuen Vokabeln vorstellen, desto fester prägen sich die Vokabeln ein. Eine solche mentale Visualisierungsphase ist als Vorbereitung auf eine Lektionseinführung möglich. Selbstverständlich ist es die Aufgabe des Lehrers, hierzu vor allem diejenigen Vokabeln auszuwählen, von denen er weiß, dass ihr Erlernen seinen Schülern nicht leicht fallen wird. Da alle Vokabeln grundsätzlich auch bei der mentalen Visualisierung im Kontext gegeben werden, gibt es sozusagen keine Vokabel, zu der sich die Schüler nicht ein mentales Bild machen könnten. So kann z. B. die auf den ersten Blick abstrakt wirkende Vokabel ne . . . jamais mit Hilfe des o. g. Kontextes leicht visualisiert werden, oder die auf den ersten Blick für eine Visualisierung ungeeignet erscheinende Aussage wie: Je ne sais pas. - Ich weiß es nicht. kann durch den Kontext: Où est Nathalie? Je ne sais pas. - Wo ist Nathalie? Ich weiß es nicht. das mentale Bild eines Jungen evozieren, der in allen Richtungen nach seiner Freundin Ausschau hält. Auf jeden Fall sollten die mentalen Bilder als Vorbereitung auf eine Lektionseinführung immer in Form einer Triade gestaltet werden, d. h. zuerst wird der fremdsprachige Satz genannt, dann die Übersetzung und schließlich der fremdsprachige Satz wiederholt. Hierbei ist es günstig, die Vokabeln zu neuen Sätzen zusammenzuschließen. So können z. B. die neuen Wörter der Lektion 10 (Beutter 1994): Patin à roulettes, content, inviter à faire qc, voir, le geste, fou/ folle mit folgenden Sätzen dargeboten werden: François invite Nicole à faire du patin à roulettes. Ils font du patin ensemble. Nicole est très contente. François est aussi très content. Tous les deux sont contents et ils rigolent. Je vois Nicole, je la vois de loin. Elle fait un geste (Attention: die Geste en français = le geste) elle fait encore un 120 6. In Entspannung lernen <?page no="121"?> geste, un petit geste, puis un grand geste. Elle est folle et François est fou aussi. Tous les deux sont follement contents. Der besondere Vorteil ist, dass der Lehrer durch Intonation, Rhythmus, Wiederholung und Kontrastierung in dieser Phase die Aufmerksamkeit der Schüler auf besondere Lernschwierigkeiten lenken kann, wie in diesem Beispiel auf le geste - die Geste. Der Verfasser hat hiermit in einem Klassenexperiment, in dem auch die Spiegelung wie „ le geste - die Geste im Französischen: *der Geste “ praktiziert wurde, bewirken können, dass die Verwendung des falschen Genus als typischer Interferenzfehler bei der Vokabelüberprüfung fast nicht mehr auftrat (Schiffler 1992 b). Um die mentalen Bilder zu evozieren, ist es selbstverständlich günstig, dass die Schüler die Augen schließen und sich in eine die Entspannung fördernde Sitzposition begeben wie z. B. die des „ Droschkenkutschers “ . Wenn hierdurch trotzdem keine Ruhe und Konzentration eintritt, sollte der Lehrer diese Phase ein anderes Mal versuchen. Sie muss auf die Schüler wie eine Belohnung wirken, ein Abschnitt der Stunde, auf den sie sich freuen. Hierbei ist natürlich die Erklärung dieser Phase durch den Lehrer und die Ernsthaftigkeit, mit der er sie gestaltet, ausschlaggebend. Wenn er die Schüler von ihrer Lernwirksamkeit nicht überzeugen oder die o. g. Voraussetzungen nicht schaffen kann, sollte er diese Phase nicht durchführen. Sind jedoch die Voraussetzungen gegeben, treten normalerweise Ruhe und Entspannung ein, die der Visualisierung bei geschlossenen Augen förderlich sind. Eine Tiefenentspannung wird gar nicht angestrebt und ist ohne ein vorausgehendes entsprechendes Training nicht möglich. Selbstverständlich kann die entspannte Haltung der Schüler durch eine entsprechende Musik mit ruhigem Rhythmus gefördert werden (vgl. Schiffler 1992 a, 48 ff); doch kann diese Phase auch durchaus ohne Musik gestaltet werden. Das Ziel dieses Verfahrens ist die „ entspannte Aufmerksamkeit “ . Diese kann dadurch erreicht werden, dass die Schüler ohne besondere Anstrengung leise alle Sätze, die der Lehrer vorspricht, nachsprechen. Hierfür muss der Lehrer in seinem Vortrag entsprechende Pausen lassen. 6.5.2 Mit Schlüsselwörtern In der Entspannungsphase kann der Lehrer eine stärkere Fokussierung auf Lernhilfen und Lernschwierigkeiten erreichen, weil die Lerner mit geschlossenen Augen weniger abgelenkt werden. Sie konzentrieren sich im Allgemeinen ganz anders auf die Worte des Lehrers als im Vigilanzzustand während des übrigen Unterrichts, der des Öfteren von mangelnder Konzentration und Ablenkung gekennzeichnet ist und somit nicht in allen Fällen als Vigilanzzustand bezeichnet werden kann. Eine der wirksamsten Lernbzw. Behaltenshilfen ist die Schlüsselwortmethode, vulgo Eselsbrücke genannt. Die „ Schlüsselwortmethode “ ist von Atkinson u. a. (1975, 127) als „ keyword method “ genauer definiert worden. Der Lerner assoziiert die Vokabel mit einem ähnlich klingenden Wort der Muttersprache, dem Schlüsselwort, und macht sich dann ein mentales Bild, welches das Schlüsselwort mit der muttersprachigen Übersetzung der zu erlernenden Vokabel verbindet. Wenn nun der Lerner so vorgeht, dann spielt in vielen Fällen die mentale Vorstellung mehr oder minder eine Rolle und „ Wortassoziation “ und „ mentale Visualisierung “ sind empirisch nicht klar voneinander zu trennen. 6.5 Vokabellernen in Entspannung 121 <?page no="122"?> Beispiel: The door is closed - to close - schließen - Denk an das Klosett, das man schließen muss - the door ist closed - die Tür ist verschlossen. In einer empirischen Untersuchung mit einer Kunstsprache bei 41 erwachsenen Fremdsprachenlernern der Universität hat Stork (2003, 168) ermittelt, dass die Schlüsselwortmethode die wirksamste Hilfe zum Behalten ist im Vergleich zu den anderen Behaltensverfahren „ Auswendiglernen “ „ mentale Visualisierung “ und „ Bewegungslernen “ . Allerdings ist zu beachten, dass Probanden beim Erlernen zwischen unterschiedlichen Behaltensstrategien schwanken, denn man kann sie nicht zwingen, die Wörter nur nach der beim jeweiligen Experiment empfohlenen Methode zu erlernen. So haben nur 29 von 41 angegeben, strikt nach dieser vorgegebenen Strategie gelernt zu haben. Doch spricht einiges dafür, dass dieses Verfahren sehr wirksam ist, weil Schülergenerationen in den verschiedensten Unterrichtsfächern mit „ Eselsbrücken “ gelernt haben, allerdings beschränkt sich die Anwendung meist auf wenige Daten, beispielsweise im Geschichtsunterricht auf Jahreszahlen. Im Fremdsprachenunterricht ist das Verfahren kaum praktiziert worden, obwohl es dort am ehesten Früchte tragen kann. Erst seitdem Lernstrategien in der Fachdidaktik für den Fremdsprachenlerner systematisch empfohlen werden und sogar ihren Niederschlag in den Lehrbüchern gefunden haben, hat man sich auch der Schlüsselwortmethode und anderen Wortassoziationen für ein effektiveres Behalten schwieriger Vokabeln zugewandt. Wie weiter unten in den empirischen Untersuchungen (vgl. Kapitel 7.2 und 7.3) gezeigt wird, ist das erfolgreiche Behalten vor allem auch darauf zurückzuführen, dass der Lehrer sich bei der Unterrichtsvorbereitung sorgfältig überlegt, welche Lernhilfen wie z. B. Schlüsselwörter und Wortassoziationen er seinen Schülern in allen Phasen, jedoch speziell in der Entspannungsphase, vorgibt und ob er sie gegebenenfalls auch gleichzeitig zu mentalen Bildern anregt. Damit soll nicht gesagt werden, dass die Schüler nicht systematisch dazu angehalten werden sollen, eigene Schlüsselwörter zu finden, sobald sie merken, dass ihnen das Behalten eines Wortes nicht leicht fällt. Einiges spricht dafür, dass selbstgenerierte Wortassoziationen am wirksamsten sind. (Metzig u. a. 2000). Es ist aber durchaus denkbar, dass der Lehrer bei schwierigen Wörtern die Klasse in einer Art brainstorming dazu auffordert, passende Wortassoziationen zu finden. Völlig unbeachtet von der Fremdsprachendidaktik hat Jaensch (Matjugin u. a. 1994) in den dreißiger Jahren ein Verfahren entwickelt, das Wortassoziationen an das Bildgedächtnis koppelt, um Menschen zu helfen, die an krankheitsbedingten Störungen des Gedächtnisses litten. Er nannte dieses Verfahren „ Eidetismus “ auf Grund des griechischen Wortes für das Sehen ει ˒ δος . Auf dieses Verfahren zurückgreifend, haben Matjugin u. a. ein Übungsprogramm zur Entwicklung des Bildgedächtnisses bei Kindern entworfen. Unter Berufung auf die Forschungen von Wygotski und Lurija definieren sie ihr Verfahren folgendermaßen: „ Als eidetische Anschauungsbilder bezeichnet man anschauliche Vorstellungen von bereits erlebten Situationen oder gesehenen und erlebten Bildern, die mit halluzinatorischer Klarheit wiedergegeben werden können. “ (Matjupin u. a. 1994, Umschlagtext) Sie wollen dieses eidetische Verfahren fördern, indem sie zu zahlreichen Sprachen Wortassoziationen vorschlagen und gleichzeitig das zu erlernende fremdsprachige Wort und das muttersprachige Wort, das assoziiert bzw. als „ Eselsbrücke “ dienen soll, in einem 122 6. In Entspannung lernen <?page no="123"?> Bild darstellen. Dieses Übungsbuch wird hier wegen seines originellen Verfahrens zitiert. Wenn es sich vor allem auf schwer zu behaltende Wörter beziehen würde, wäre es überzeugender. Ein Beispiel für das Englische (31): Die SCHAFE SCHIPpern in einem Boot über das Wasser. Dies ist ein gelungenes Bild. Andere Satzbeispiele sind zu weit hergeholt, um eine Hilfe darzustellen: POCKET (pokit) - Tasche. Meine TASCHE ist wie ein großes Paket, in das alles hineinpasst. (30). PAKET O I Wenn solche Assoziationen zu unnatürlich sind, dann sollte der Lehrer besser darauf verzichten. Ebenso ist es fraglich, ob diese Sätze, in denen die zwei zu assoziierenden Wörter in Großbuchstaben geschrieben sind, unbedingt in einem gezeichneten Bild dargestellt werden müssen. Ziel ist es, dass der Lerner sich dieses Bild mit Hilfe des Begleitsatzes ins Gedächtnis zurückruft, um das Wort zu behalten. Ein einfacheres Verfahren ist sicherlich, bei der Darbietung der Vokabeln in Entspannung die Wortassoziationen vorzugeben und die Schüler dazu anzuhalten, sich mentale Bilder selbst zu erstellen. Hierfür gibt das erwähnte Buch eine gute Anleitung. Z. B. für das Englische (31 ff): bean Die Biene fliegt mit einer Bohne nach Hause. window Ein Windstoß hat das Fenster geöffnet. Der Schüler kann sich hier sogar ein dynamisches Bild vorstellen, nämlich wie die Fensterflügel mit einem Ruck aufgerissen werden. puddle Das Paddel ist in die Pfütze gefallen. horse Das Pferd hat eine Hose an. 6.5 Vokabellernen in Entspannung 123 <?page no="124"?> Lustige, irreale Bilder wie dieses sind besonders empfehlenswert, da sie in der Fantasie wahrscheinlich stärker wirken als reale Bilder. Man könnte einwenden, dass ein solcher Aufwand für seltene Wörter wie puddle nicht gerechtfertigt ist. Doch gerade seltene Wörter, die nicht durch dauernden Gebrauch gefestigt werden, bedürfen der Schlüsselwörter und werden dadurch eher behalten. Für Französisch (100 ff): l ’ ail Ein Omelette wird aus Eiern gemacht und mit Knoblauch gewürzt. les enfants Am Anfang mochten wir die Kinder. le lac Im See schwimmt eine Dose Lack. le scélerat Der Schurke stahl Sellerie. Für das Spanische (108 ff): el cuadro Auf dem Gemälde ist ein Quader abgebildet. el ancla Das Schiff hat seinen Anker in der Bucht geworfen. la falda Der Rock hat viele Falten. barato Das billige Auto kann in bar oder in Raten bezahlt werden. la semana Der Seemann war eine Woche auf See. Die Fantasie des Lehrers und vor allem der Schüler wird eine Fülle von Assoziationen finden, die anschauliche Situationen vor dem geistigen Auge hervorrufen werden. Viele Vokabeln können wir auf Anhieb behalten, einige erst nach mehreren Wiederholungen. Leicht zu merken sind die Internationalismen, da sie fast in allen europäischen Sprachen vorkommen, z. B. the parliament, le parlement, el parlamento. Andere Wörter sind für deutsche Lerner „ Fast-Internationalismen “ , weil sie in mehreren europäischen Sprachen vorkommen, aber nicht im Deutschen. Wenn man im Englischen das Wort pronunciation gelernt hat, fällt einem das spanische pronunciación sehr leicht, auch das französische prononciation, während man im Italienischen schon eine wesentliche Veränderung hinzulernen muss: la pronuncia. Dennoch kann man dank desselben Etymons das Wort leichter lernen. Englisch gilt bei deutschen Muttersprachlern fälschlicherweise aus mehreren Gründen als leichte Sprache, so z. B. weil ein großer Teil der Wörter germanischen Ursprungs und somit mit dem Deutschen verwandt ist. To spring stellt also kein Lernproblem dar, doch bereits bei to jump trifft dies nicht zu. Auch für den deutschen Lerner, der keine Fremdsprache beherrscht, ist das englische pronunciation eine Lernleistung, die durch keine naheliegende Hilfe erleichtert werden kann. Wo also keine Assoziationen mit der Muttersprache gegeben sind, kann der Lerner - oder auch der Lehrer - „ Eselsbrücken “ schaffen: Beim englischen kind stellt er sich das „ freundliche Gesicht eines Kindes “ vor. Bei to close denkt er an „ Klosett “ , da man das immer 124 6. In Entspannung lernen <?page no="125"?> „ abschließt “ , bei to fake - nachahmen denkt er an „ faxen machen “ , bei the gift denkt er an die „ Mitgift “ , die auch ein „ Geschenk “ ist, bei loft - Speicher denkt er an „ luftig “ , denn wo z. B. Heu gelagert wird, muss es gut „ durchlüftet “ sein oder er denkt einfach, dass das, was oben in einem Gebäude ist, eher luftig ist. Beim französischen Wort compact - dicht denkt man daran, dass man etwas „ fest gepackt “ hat, falls man das Fremdwort nicht sowieso kennt. Bei partir - weggehen an die „ Party “ , die einem so wenig gefällt, dass man schleunigst „ weggeht “ , bei mordre - beißen an einen Jungen, der dadurch „ ermordet “ wurde, dass ein Kampfhund ihn gebissen hat, bei odeur - Geruch, Duft denkt man an das Parfum „ eau-de-Cologne - (bonne) odeur “ . Ein mehr im Süden Frankreichs gebräuchliches Wort für eine Flunkerei ist une galéjade. Da kann dem Lerner vorgegeben werden, dass „ eine Flunkerei “ auf einer Galeere enden kann und dass das schade ist. Beim spanischen Wort francamente - offen gesagt, denkt man an „ frank und frei “ , bei letra - Buchstabe denkt man an eine „ Leiter “ , die sich ebenso aus Sprossen zusammensetzt wie mehrere letras ein Wort bilden, das im Spanischen palabra heißt, das wiederum mit palavern assoziiert werden kann. Bei legar - vererben denkt man daran, dass man etwas für seine Kinder „ zurücklegt “ , bei remar - rudern denkt man daran, dass die Ruderer ihre Ruder „ Riemen “ nennen und dass man das i weglassen muss, um *remen zu erhalten, das zum Behalten von remar hilft. All das klingt etwas absurd und der skeptische Leser wird sicherlich einwenden, dass viele Wörter überhaupt keine Assoziationen zulassen oder sich leichter durch die Verbindung mit ähnlichen bzw. verwandten aus derselben Sprache behalten lassen, z. B. relago - Saustall durch das Verb relajar - schlaff werden, lockern. Beides trifft zu, jedoch kann die Fantasie des Lerners genutzt werden und der Fantasie sind bekanntlich keine Grenzen gesetzt - und auch keine ungewöhnlichen Umwege verschlossen, wie im Folgenden gezeigt werden soll. So hat z. B. der Verfasser den Schülern helfen wollen, das Wort la neige - der Schnee nicht nur besser zu behalten, sondern vor allem auch mit dem richtigen, vom Deutschen abweichenden, Artikel. Deshalb hat er gesagt: „ Denkt daran, dass das Wort la neige - der Schnee wie „ die Neige “ geschrieben wird und im Französischen la neige heißt wie „ die Neige “ . Im Winter gehen die Tage früher zur Neige, es wird früher dunkel und auch kälter und manchmal fällt „ der Schnee - die Neige - la neige “ . In der folgenden Vokabelarbeit hat kein Schüler - im Gegensatz zu sonst - la neige mit dem falschen Artikel gebraucht. Je weniger die Fremdsprache mit der deutschen Sprache verwandt ist, desto schwieriger sind Vokabeln zu behalten. Die romanischen Sprachen haben den Vorteil, dass sie viele Internationalismen enthalten und dass die Beherrschung einer das Erlernen einer anderen erleichtert. Wie ist es aber bei den übrigen Sprachen, z. B. beim Russischen? Obwohl es eine indogermanische Sprache ist, helfen einem weder die germanischen noch die romanischen Sprachen viel. Ein deutscher Professor für romanische Sprachen hat diese Schwierigkeit persönlich geschildert. Geholfen haben ihm vor allem die erwähnten Schlüsselwörter, so abwegig sie auch in einigen Fällen waren. Es ist ein überzeugender Bericht, der deshalb hier im Wortlaut aufgenommen ist: „ Was aber tun mit all den Vokabeln, die sich der Vernetzung standhaft widersetzen, die dem Lernenden fremd und abweisend gegenüberstehen? Hier griff ich spontan zu Mnemotechniken, landläufig auch als „ Eselsbrücken “ bezeichnet. Man meint damit im Allgemeinen naheliegende Ideenverbindungen wie: krúglij = rund? Kein Problem: der Krug ist rund. Oder: rot = Mund? Na 6.5 Vokabellernen in Entspannung 125 <?page no="126"?> klar, der Mund ist rot. Iglá = Nadel? Der Igel hat Stacheln so spitz wie Nadeln. Mit solchen Eselsbrücken kommt man allerdings nicht sehr weit. Meist muss man seiner Phantasie ein wenig zumuten. Oft waren die von mir produzierten Lernhilfen so abwegig, ja abstrus, dass ich mich scheue, sie zu benennen (oder, wenn Sie wollen, zu bekennen). Prud heißt Teich. Oh Gott, wie soll man sich das merken? Nun denn, ich stelle mir vor: eine Dame mit Hut und Sonnenschirm. Sie ist voll bekleidet. Sie steht in einem Teich. Das ist unbequem. Doch ein Badeanzug? Nein, das wäre unanständig. Sie ist prüde, prüd. Prud: der Teich. Oder: Zeit der Weinlese in der Pfalz. Heitere Stimmung überall. Und überall, wo eine Brücke steht, gibt es für die Passanten ein Glas Most. Warum? Ganz einfach deshalb, weil im Russischen die Brücke most heißt. Nicht ohne Pikanterie war für mich die Verbindung, die sich mir bei dem Wort abrasóvannij für gebildet ergab. Ich stellte mir die bange Frage, was das denn sei, ein Gebildeter. Und ich kam zu dem verblüffenden Schluss: jedenfalls kein Bärtiger. Um gebildet zu werden, musste ich mir den Bart abrasieren. Denn abrasóvannij erinnert doch sehr an abrasiert. Oft mussten auch andere Sprachen herhalten, um Ideenverbindungen zu stiften. Sabáka für Hund lässt sich leicht merken, wenn man sich - wie auch Anthony Burgess in seinem Buch Language Maid Plane dies tut - den Satz einprägt: so bark a number of dogs. Oder: ich sehe zwei Schachspieler. They are playing chess. Der eine riecht stark nach Knoblauch, der andere trinkt Eierlikör (Englisch: eggnog). Der Knoblauchduft erfüllt den ganzen Raum. Wie heißt Knoblauch auf Russisch? Chesnók. Ein Beispiel mit Bezug zum Französischen. Gefangene haben in der Regel viel Grund zur Klage. Il se plaint heißt „ Er beklagt sich “ . Der Gefangene heißt Russisch plénnik (oft genügte die Anfangssilbe, um das Wort zu behalten.) Zuweilen war es für mich schwierig, ähnlich klingende Wörter zu unterscheiden. Auch hier halfen Mnemotechniken. Die Wörter úgol (Ecke) und ugol (Kohle) unterscheiden sich nur durch die unterschiedliche Qualität des l. Nun klingt für mich das l in úgol (Ecke) irgendwie rund und fett. Da sitzt doch einer in der Ecke, in der úgol. Er kauert da, selbstzufrieden, rund und fett. Wenn gar nichts half, dichtete ich mir einen Vers. Narótschna heißt auf Russisch absichtlich. Genau, genau, er hat das absichtlich gemacht: Tótschna, tótschna, on sdjélal état narótschna. Natürlich musste ich mir nicht alle Vokabeln so trickreich einprägen. Viele blieben wie von selbst haften, weil ich ihnen in den unterschiedlichsten Zusammenhängen immer wieder begegnete. “ (Rück 1998, 345 - 346) 6.5.3 Mit wechselnder Intonation Der Lehrer liest das kontextuell eingebettete Vokabular vor. Hierbei wechselt er zwischen drei Intonationsarten: - Emphatischem Vorlesen - Leisem Vorlesen - Normalem Vorlesen Dieser Wechsel muss keineswegs gleichförmig eingehalten werden, sondern soll sich nach Möglichkeit dem Sinn anpassen. Als Beispiel sei auf die ersten sechs Sequenzen der Vokabelliste von Red Line (Stahl 1993, 6) zurückgegriffen. Die deutschen Äquivalente werden nicht vorgelesen, da sie den Schülern schriftlich vorliegen. 1. It isn ’ t a joke. - Es ist kein Witz. (Emphatisch, laut, lustig) 2. He wore a cloak. - Er trug einen Umhang. (Leise) 3. The gallows are over there. - Der Galgen ist dort drüben. (Ebenfalls flüsternd) 4. On the market. - Auf dem Marktplatz. (Normal) 126 6. In Entspannung lernen <?page no="127"?> 5. Do you know who owns this land? - Weißt du, wem dieses Land gehört? (Laut rufend) 6. It belongs to a farmer. - Es gehört einem Landwirt. (Normal, neutral) Durch die teils emotionale, auf jeden Fall aber wechselnde Intonation, wird das Gehirn des Lernenden sensibilisiert und in ganz anderer Weise für die Aufnahme stimuliert als durch einen gleichbleibenden Lehrervortrag. Die Schüler haben gleichzeitig die Vokabelliste vorliegen. So sind sie durch die Übersetzung über die Bedeutung richtig informiert und prägen sich die Aussprache und die Orthografie ein. 6.5.4 In Triaden und mit entspannender Musik Zuerst liest der Lehrer einmal die kontextuell eingebetteten Vokabeln vor. Die Schüler sehen sich das Schriftbild und die Übersetzung an. Dabei kann eine die Entspannung fördernde Musik erklingen, am günstigsten aus dem Land der Zielsprache. Dann folgt die Entspannungsübung durch den Lehrer oder einen Schüler (vgl. Kapitel 6.4). Hierbei kann dieselbe Musik als Hintergrund weiter gespielt werden. Zum Erreichen des Entspannungszustandes genügt aber die Entspannungsübung ohne Musik. Wenn aber dieselbe Art von Entspannungsübung in Verbindung mit demselben Musikstück verwandt wird, kann die Entspannungsübung progressiv verkürzt werden bis zuletzt nur noch das Musikstück erklingt. Die Gewöhnung veranlasst dann die Schüler, sich bereits bei den ersten Klängen der Musik zu entspannen. Der Lehrer, zu einem späteren Zeitpunkt Schüler, die sich darauf vorbereitet haben, tragen dann die neuen Vokabeln als Triade vor: Zuerst die Vokabel im Kontext: El tiempo sigue siendo bueno. Dann leise die Übersetzung: Das Wetter bleibt weiterhin schön. Dann die Wiederholung der Vokabel im Kontext: El tiempo sigue siendo bueno. Der Vortragende betont den fremdsprachigen Text, indem er ihn mit einer dem Sinn entsprechenden Intonation lauter vorträgt als die muttersprachige Entsprechung. Den Schülern kann der Rat gegeben werden, leise mitzumurmeln. Dadurch wird eine zu tiefe Entspannung und auch ein eventuelles Einschlafen verhindert. Die Entspannungsphase ist der ideale Ort, Schlüsselwörter (vgl. Kapitel 6.5.2) oder die im Folgenden beschriebenen Lernhilfen oder Hinweise auf abweichendes Genus, schwierige Orthografie oder grammatische Strukturen in den Vortrag der Triade einzuflechten. Z. B.: seguir immer mit dem gerundio, hier sigue siendo, es ist immer noch so / es bleibt so - sigue siendo, er singt weiter - sigue cantando, er lebt weiter - sigue viviendo. 6.5.5 Mit Lernhilfen in Entspannung Besonders in der „ Anlernphase “ des Vokabellernens, ansonsten in jeder Entspannungsphase, kann der Lehrer dort, wo er es für angebracht hält, mnemotechnische Hilfe geben und auf orthografische und grammatikalische Schwierigkeiten hinweisen. In den o. g. sechs Sequenzen der Vokabelliste aus Red Line könnten das z. B. folgende sein: - the joke der Witz - denkt an den joker im Kartenspiel, der meist als Witzbold oder Narr dargestellt wird 6.5 Vokabellernen in Entspannung 127 <?page no="128"?> - to wear, wore, worn sind die Stammzeiten von to wear - tragen, to wear a hat (einen Hut tragen), to wear a coat (einen Mantel tragen) - a cloak ein Umhang - er hängt wie eine Glocke um einen Menschen a cloack mit oa - ein Umhang. Where is the cloak room? Wo ist die Garderobe? - the gallows der Galgen ist im Englischen immer Plural: also *die Galgen. Er besteht oft aus einem waagerechten Balken und seitlich aus zwei Balken. So wird das Wort auch mit zwei l geschrieben. Selbstverständlich ist dies ein in extenso gegebenes Beispiel. Vier Lernhilfen für sechs Vokabeln sind sonst sicherlich nicht zu vertreten. Dem pädagogischen Geschick des Lehrers bleibt es überlassen, Art und Anzahl der Lernhilfen zu bestimmen. Nehmen wir ein Beispiel aus dem Französischen mit wechselnder Intonation (Mößner 1994, 106): 1. Nous vivons dans une société en évolution - Wir leben in einer Gesellschaft im Wandel. (Emphatisch, laut) 2. On fait le pont - Wir nehmen einen Urlaubstag (Brückentag) zwischen Feiertag und Wochenende. (Normal) 3. Quelle embouteillage! - Was für ein Stau! . (Laut rufend) 4. Certains achètent des brins de muguet - Einige kaufen einen Maiglöckchenstrauß. (Flüsternd) 1 Folgende Lernhilfen könnten zusätzlich gegeben werden: une évolution - ein Wandel Alle Wörter auf - ion sind weiblich. L ’ évolution de l ’ homme - Die Entwicklung des Menschen. le pont - die Brücke construire un pont - eine Brücke bauen faire le pont - mit Hilfe eines Urlaubstages Kurzurlaub machen le pont kommt aus dem Lateinischen: pons, pontis 2 Das Wort „ Ponton “ ist damit verwandt. Eine Ponton-Brücke ist eine auf schwimmende Hohlkörper befestigte Brücke. Un embouteillage - ein Stau. Wörter auf -age sind in der Regel männlich. Das Wort kommt von la bouteille - die Flasche. Am Flaschenhals staut sich die Flüssigkeit. Certains ou certaines personnes - einige Leute mögen Staus nicht - certaines personnes n ’ aiment pas les embouteillages. 1 Im Original des Lehrbuches steht zwar bouquet, aber Maiglöckchen sind die einzigen Blumen, die nicht in Form von bouquet, sondern als brin (Stängel) verkauft werden. Außerdem wird von muguet kein Plural gebildet. 2 Das genannte Lehrbuch ist für Schüler mit Französisch als 3. Fremdsprache konzipiert, die Latein als 2. Fremdsprache hatten. 128 6. In Entspannung lernen <?page no="129"?> Le brin de muguet - En France on offre des brins de muguet le premier mai - In Frankreich schenkt man am 1. Mai Maiglöckchensträuße. Le muguet sent bon - Maiglöckchen riechen gut. J ’ aime le muguet - Ich mag Maiglöckchen. Wiederum sei angemerkt, dass hier die vielen Lernhilfen nur als Beispiele dienen. Außerdem können diese Lernhilfen auch die Funktion des höheren Inputs im Sinne des non-linearen Unterrichts erfüllen. So können z. B.wichtige grammatische Erscheinungen eingeübt werden wie: Le muguet sent bon - Maiglöckchen riechen gut. Es heißt immer sentir bon/ sentir mauvais, weil es sich hier um die Folge des Riechens, nämlich den Geruch, handelt und nicht um die Art des Riechens. J ’ aime le muguet - Ich mag Maiglöckchen. Mit aimer heißt es nicht du muguet, sondern le muguet, weil man dann, wenn man Maiglöckchen mag, alle ohne Ausnahme mag und nicht nur einen unbestimmten Teil (article partitif). Deshalb steht bei aimer immer der bestimmte Artikel. 6.5.6 Wiederholung durch einen „ mentalen Film “ Die mentale Visualisierung ist bereits als Gedächtnisstütze und als Handlungsgerüst beschrieben worden (vgl. Kapitel 6.5.1). Hier dient sie der Wiederholung des kontextuell eingebettetenVokabulars oder ganzer Texte. Günstig ist es, sie zu Beginn einer Stunde als warming-up einzusetzen. Sie kann mit und ohne Musik gestaltet werden. Am Beginn steht eine kurze Entspannungsübung. Dann verbindet der Lehrer die zu wiederholenden Vokabeln zu einer ganz neuen Szene. Hierbei achtet er darauf, dass vor allem schwierig zu lernende Wörter vorkommen. In unterschiedlicher Intonation flüstert er einmal, dann bringt er freudige Emphase zum Ausdruck, ein andermal Spannung, oder er trägt die Geschichte in einem neutralen Ton vor. Die Schüler wissen, dass sie hierbei die Worte des Lehrers in ihrer Vorstellung möglichst anschaulich zu einem „ mentalen Film “ mit möglichst vielen Bewegungsabläufen „ ausmalen “ sollen. Der Lehrer wiederholt die neu gelernten Wörter und die Schüler sprechen sie murmelnd nach. Ein Beispiel mit den oben (vgl. S. 120) bereits aufgeführten zu wiederholenden Vokabeln: Nous sommes au bord de la Seine. Il fait très beau. Il fait même chaud. Il y a du soleil. Quel beau temps! Nous voyons les bateaux-mouches pleins de touristes qui font une promenade sur la Seine pour regarder les monuments de Paris. Nous voyons de loin François et Nathalie. Ils font du patin à roulettes sous la Tour Eiffel. Ils font de grands gestes. Ils font des slaloms. Une démonstration de slalom, une après l ’ autre. Ils sont fous de joie. Fou de joie - verrückt vor Freude - fou de joie. Ils font ça pour les touristes. Et les touristes les regardent faire leurs demonstrations de slalom. Ils prennent des photos. Quelle joie de les voir sous la Tour Eiffel! Quelles belles photos! Obwohl hier dieselben neuen Vokabeln der Lektion verwandt werden, handelt es sich um eine völlig neue Geschichte. Zwangsläufig wird der Lehrer ab und zu auch eine noch unbekannte Vokabel verwenden, die er für die Ausmalung des Kontextes braucht. In diesem Beispiel ist es die Vokabel joie, die er zur Darstellung des veränderten Gebrauchs von fou benötigt. In einem solchen Fall gibt er sofort in Form der Triade (s. o.) das deutsche Äquivalent, so dass die Schüler dadurch nicht im Ausmalen ihres „ mentalen Films “ beeinträchtigt werden. 6.5 Vokabellernen in Entspannung 129 <?page no="130"?> Zu einem späteren Zeitpunkt können die Schüler auch dazu angeregt werden, eigene neue Geschichten zu erfinden. Der Lehrer korrigiert diese Texte und er oder die Schüler selbst tragen sie als „ mentalen Film “ vor. Wahrscheinlich hat die Vorstellung von Bewegungsabläufen eine ähnliche Wirkung auf die Behaltensleistung wie die tatsächliche körperliche Ausführung der Bewegung. So kann eine spannende Lektionsgeschichte aus English in Action (Moston u. a. 1980) „ A foggy night: A dark figure: A robbery! But a button shows the answer! “ vom Lehrer oder von einem Schüler verkürzt vorgetragen werden, und die Schüler verwandeln den Bewegungsablauf in einen „ mentalen Film “ . Die Verkürzung besteht daraus, dass die aus dem Unterricht bekannte Geschichte, soweit dies möglich ist, auf die Verben, die eine Bewegung ausdrücken, verkürzt wird. He gave me the money. I put it in my bag. I closed my bag. I left the shop quickly. I hurried down the street. I turned around the corner. I saw a dark figure. Somebody hit me on my head. I fell to the ground. I found a black button. I gave it to the police. I stayed one day in bed. I went back to work. I saw Mister Banning ’ s coat. One button was missing. Nach der Visualisierung des „ mentalen Films “ , bei dem die Schüler vor allem die Körperbewegungen visualisiert haben, werden sie aufgefordert, die Geschichte nachzuerzählen. Dank der Visualisierung des mentalen Films tragen sie diese im Allgemeinen flüssiger vor als ohne diese Entspannungsphase. Selbstverständlich haben Lehrer, die in einem Kurs mit Autogenem Training die Entspannung als angenehm empfunden haben, es leichter, Schüler in Entspannung zu versetzen. Aber auch ohne solche Erfahrung sollte der Lehrer dies versuchen. Eine Entspannungsmusik am Anfang hilft dabei sicherlich. Diese kann dann beim Vortragen der Lerninformtion ganz oder fast ganz ausgeblendet werden. Wenn ein Lehrer die Entspannungsphasen öfter eingesetzt hat, kann er die Schüler befragen, ob er diese weiter praktizieren soll. Wenn die Schüler zustimmen, dann wird dies den Lehrer mehr von diesem Verfahren überzeugen, als es dieses Buch vermag. 130 6. In Entspannung lernen <?page no="131"?> 7. Empirische Untersuchungen zum Lernen mit Bewegung, mentaler Visualisierung in Entspannung und „ helfender Partnerarbeit “ 7.1 Fünf Klassen lernen über 60 Vokabeln in einer Stunde Die zugrundeliegende Hypothese Das angewandte Verfahren ist in den Kapiteln 4 - 6 ausführlich dargestellt worden. Die Hypothese lautet, dass die Probanden bei Anwendung dieses Verfahrens eine signifikant höhere Anzahl an Vokabeln ins Deutsche und Französische übersetzen als beim Kontrollverfahren (einsprachige Darbietung und Erklärung der Vokabeln, anschließend bilinguales Vokabellernen in Einzelarbeit), weil das Experimentalverfahren den Lernern nicht nur alle möglichen Lernhilfen zukommen lässt, sondern auch die unterschiedlichen Lernertypen durch die Aktivierung verschiedener Sinneskanäle berücksichtigt. Hinzu kommt noch das zentrale Moment der Überzeugung des Lehrers von der Wirksamkeit seines Verfahrens, das er vorher den Schülern vermittelt hat. Die fünf Versuchsklassen Drei Versuchsklassen waren am Anfang der Klassenstufe 10, zwei am Ende der Klassenstufe 9, und somit hatten alle etwa ein Jahr Französisch als dritte Fremdsprache gelernt, nachdem sie vorher fünf Jahre Englisch und drei Jahre Latein gelernt hatten. Die Klassen befanden sich an verschiedenen Gymnasien in unterschiedlichen Wohngebieten Berlins. In den Klassen waren jeweils mehrere Wochen nach dem Versuch Kontrolluntersuchungen vorgesehen. Diese sollten sich auf die ersten drei Klassen des Versuchs beschränken, falls die Ergebnisse genügend aussagekräftig wären. Die letzten zwei Klassen sollten gefilmt werden, wodurch die Ergebnisse möglicherweise beeinträchtigt würden. Als Kontrollverfahren diente die einsprachige Lektionseinführung durch denselben Lehrer und das zweisprachige Vokabellernen in Einzelarbeit, wie die Schüler es zu Hause praktizieren. Die Lektionstexte Der erste Versuch fand, wie gesagt, in einer Klasse 10 nach über einem Jahr Französischunterricht statt und wurde mit der ersten Lektion des Lehrbuchs Cours Intensif II (Hornung, W. u. a. 1990) durchgeführt. Der zweite Versuch fand unter identischen Voraussetzungen in einer anderen zehnten Klasse statt. Aus unterrichtsorganisatorischen Gründen fand die Kontrolluntersuchung erst acht Wochen später mit der Lektion 7 statt. Für den dritten Versuch stand wiederum eine zehnte Klasse zur Verfügung. Die Kontrolluntersuchung wurde bereits eine Woche später mit der Lektion 3 A und B durchgeführt. Der vierte und fünfte Versuch fand jeweils am Ende des ersten Jahres Französisch in einer Klasse 9 mit der Lektion 12 des ersten Bandes von Cours <?page no="132"?> Intensif statt. Um auf die Anzahl von 100 Vokabeln zu kommen, wurde der Text mit fünf Vokabeln aus den „ Exercices “ erweitert. In allen Fällen wurde darauf geachtet, dass weder für das Experimentalnoch für das Kontrollverfahren Lektionen gewählt wurden, die direkt auf die von der Klasse behandelte Lektion folgten, sondern jeweils die übernächste, um ein eventuelles Vorarbeiten zu vermeiden. Das Experimentalverfahren Bilingual-kontextuelle Textdarbietung (10 - 12 Minuten) Der Lehrer trug den Lektionstext in Originalintonation vor, wobei er eine gewisse Emphase auf die neuen Wörter legte. Die Schüler erhielten den Text der Lektion in zwei Spalten zum Mitlesen, links der französische Text, rechts die Übersetzung ins Deutsche. Alle neuen Wörter waren in beiden Spalten unterstrichen. Der Text war graphisch so gestaltet, dass die Zuordnung der Übersetzung zu den neuen Vokabeln sofort ersichtlich war. Der Lehrer las den Text so langsam vor, dass die Schüler Zeit genug hatten, ihn mit der Übersetzung zu vergleichen. Wiederholungen von Sätzen oder Wörtern zur Hervorhebung wichtiger Stellen kamen in Ausnahmefällen vor. Währenddessen erklang eine ruhige Hintergrundmusik. Bewegungslernen mit Partner im Stehen (10 - 12 Minuten) Danach stellten sich die Schüler in einem Halbkreis auf, so dass sie - falls sie das Bedürfnis hatten - einen Blick auf den projizierten Text werfen konnten. Nun sprach der Lehrer einen Satz bzw. Satzteil aus dem Lektionstext vor, in dem eine neue Vokabel vorkam, anschließend die Übersetzung der Vokabel und nochmals den fremdsprachigen Satz, der dann von allen im Chor nachgesprochen wurde. Beim Vorsprechen bemühte sich der Lehrer um eine möglichst expressive Gestik, Mimik und Körperbewegung, die die Schüler während des Chorsprechens imitierten. Beim wiederholenden Nachsprechen wandten sie sich ihrem Partner zu und sprachen sich mit denselben Gesten die kontextuell eingebetteten Vokabeln im face-to-face-Kontakt gegenseitig vor. Die meisten Schüler machten spontan mit. Denen, die anscheinend Hemmungen hatten, expressive Körperbewegungen auszuführen, wandte sich der Lehrer direkt zu und versuchte, sie durch Lächeln und andere Ermunterungen zum Mitmachen zu gewinnen. Nach einiger Zeit machten alle mit. Das gegenseitige Vor- und Nachsprechen führte in fast allen Fällen zu einem fröhlichen Augen- und Partnerkontakt. Überprüfung durch Übersetzung aus dem Französischen (ca. 25 Minuten) Nach Einsammeln des Lehrmaterials erhielten die Schüler denselben Text nur auf Französisch. Sie sollten alle unterstrichenen Wörter schriftlich ins Deutsche übersetzen. Wiederholendes Lernen in „ helfender Partnerarbeit “ (15 Minuten) In der nächsten Lernphase erhielten die Schüler die bilingual-kontextuellen Vokabellisten. Diese sollten sie sich kurz in Einzelarbeit einprägen und schwierige Vokabeln 132 Empirische Untersuchungen <?page no="133"?> zusätzlich aufschreiben. Anschließend lernten sie in Form der „ helfenden Partnerarbeit “ weiter. Der Lehrer wies ausdrücklich darauf hin, dass diese Arbeitsform nicht zu einer Art Prüfung führen dürfe, sondern dass der Fragende beim Zögern des Antwortenden sofort durch Vorsagen helfen sollte. Gleichzeitig sollten sich beide nach jeder Antwort das Schriftbild nochmals einprägen und eventuell abschreiben. Wiederholendes Lernen in Entspannung mit Lernhilfen (10 - 12 Minuten) Der Lehrer erläuterte den Schülern die vom autogenen Training her bekannte „ Droschkenkutscherhaltung “ und empfahl ihnen, diese Haltung einzunehmen und die Augen zu schließen. Es erklang eine speziell zur Entspannung entwickelte Musik (Stephan Halpern: „ Spectrum Suite “ ). Der Lehrer begann mit einer kurzen autogenen „ Schwereübung “ (S. 114) und las dann die kontextuell eingebetteten Vokabeln in Form der Triade vor, d. h. französisch, leise deutsch und wieder französisch. Lernhilfen und Schlüsselwörter Während dieser Phase wurden gezielt Lernhilfen gegeben. Manchmal lagen sie ganz nahe, wie z. B. „ lundi - am Montag, le lundi - montags, jeden Montag, also lundi mit dem Artikel le bedeutet jeden Montag, montags - le lundi. Oder: „ Die Rolle - le rôle. Achtet darauf, dass die Rolle einen gegensätzlichen Artikel im Französischen hat. Also die Rolle heißt le rôle. Die Franzosen sagen also * der Rolle. Hierbei wurde der Artikel mit Absicht durch die Intonation hervorgehoben. In anderen Fällen erscheinen die Lernhilfen sehr weit hergeholt: „ Schnee wird im Französischen wie das deutsche Wort die Neige geschrieben. Merke Dir, wenn die Tage schneller zur Neige gehen, gibt es Schnee. Die Neige - la neige. Achtet auf den gegensätzlichen Artikel: der Schnee - la neige. Die Franzosen sagen also *die Schnee. “ Ebenso konnten Hinweise zur Orthografie gegeben werden, wie z. B.: „ Un examen - eine Prüfung schreibt sich wie das deutsche Wort Examen. Oder: „ Le baccalauréat - das Abitur. Le baccalauréat schreibt sich mit zwei c und accent aigu. “ Die Lernhilfen, die auch „ Spiegelung “ genannt werden, erwiesen sich z. B. bei dem Text, in dem la neige, la plage, le rôle vorkamen, als erstaunlich wirksam. Der jeweilige Hinweis auf das andere Geschlecht im Französischen führte dazu, dass kein Schüler die betreffenden Vokabeln mit dem falschen Artikel wiedergab. Überprüfung durch Übersetzung ins Französische (ca. 20 Minuten) Sie bestand aus der Aufgabe, die Vokabeln in die Fremdsprache zu übersetzen. Hierzu bekamen die Schüler einen Prüfbogen, der nur die linke muttersprachige Spalte der Vokabelliste enthielt. Das Kontrollverfahren Einsprachige Einführung (ca. 25 Minuten) Der Lehrer las den Text Satz für Satz bei geschlossenem Buch vor und erklärte nach jedem Satz einsprachig die neue Vokabel. Hierbei richtete er sich vor allem nach den 7.1 Fünf Klassen lernen über 60 Vokabeln in einer Stunde 133 <?page no="134"?> einsprachigen Vokabelerklärungen im zweiten Band des Lehrbuchs, z. B. für die Lektion 7: „ agressif, agressive est le contraire de doux, douce “ , „ souhaiter quelque chose - c'est désirer quelque chose pour quelqu'un ou pour soi “ , „ une personne sévère - c'est quelqu'un qui laisse peu de liberté aux autres “ , „ avouer quelque chose - c'est admettre qu'on a fait quelque chose “ . Selbstverständlich fügte er selbst auch noch Erklärungen hinzu, arbeitete mit Gesten und Mimik oder gab Beispielsätze, wenn es ihm angebracht erschien. Zusätzlich wurden alle neuen Vokabeln mit den vom Buch vorgegebenen einsprachigen Erklärungen projiziert. Den Schülern wurde empfohlen, nach der Übersetzung aller Wörter zu fragen, soweit sie nicht vom Lehrer einsprachig erklärt wurden, also nicht zum neuen Vokabular gehörten. Der Lehrer übersetzte diese Vokabeln dann sofort ins Deutsche, schrieb sie mit der Übersetzung an die Tafel und wies darauf hin, dass sie nicht zu den zu überprüfenden Vokabeln gehörten. Überprüfung durch Übersetzung ins Deutsche (ca. 25 Minuten) Die Überprüfung am Ende erfolgte in der gleichen Weise wie beim Experimentalverfahren, d. h. den Schülern lag der gesamte fremdsprachige Text vor, und sie mussten die unterstrichenen Vokabeln ins Deutsche übersetzen. Bilinguales Vokabellernen in Einzelarbeit (ca. 20 Minuten) Nach der Pause bekamen die Schüler die bilingualen Vokabellisten des Lehrbuches mit der einsprachigen Kontextspalte und konnten - wie zu Hause - die neuen Wörter individuell lernen. Der Lehrer empfahl ihnen, diese auch gleichzeitig zu schreiben. Überprüfung durch Übersetzung ins Französische (20 Minuten) Sie verlief wie beim Experimentalverfahren. Ergebnisse des Experimentalverfahrens und statistische Auswertung Die Texte umfassten ca. 70 bis 100 neue Vokabeln. Da in der Klasse 1 beim Kontrollverfahren am letzten Schultag nur die Hälfte der Schüler anwesend war, wurden nur die Klassen 2 und 3 der Kontrolluntersuchung unterzogen, so dass nur deren Ergebnisse statistisch überprüft werden konnten. Soweit die Ergebnisse dieser Klassen signifikant (über Zufall) waren, sind sie mit * gekennzeichnet. Anzahl der Schüler: Anzahl der Vokabeln: Nach dem Bewegungslernen richtig in die Muttersprache übersetzt: Nach der Wiederholung mit „ helfender Partnerarbeit “ und Entspannung richtig in die Fremdsprache übersetzt: Hiervon mit orthografischen Fehlern: Klasse 1 14 74 63,8 (85,1 Prozent) 60,4 (81,6 Prozent) 24,3 (32,8 Prozent) Klasse 2 15 74 52,3* (70,6 Prozent) 58,3* (79,5 Prozent) 10,8 (13,8 Prozent) 134 Empirische Untersuchungen <?page no="135"?> Anzahl der Schüler: Anzahl der Vokabeln: Nach dem Bewegungslernen richtig in die Muttersprache übersetzt: Nach der Wiederholung mit „ helfender Partnerarbeit “ und Entspannung richtig in die Fremdsprache übersetzt: Hiervon mit orthografischen Fehlern: Klasse 3 8 69 1 65,1* (94,3 Prozent) 58,8 (85,2 Prozent) 11,8 (17,1 Prozent) Klasse 4 19 67 2 53,8 (80,3 Prozent) 73,4 (73,4 Prozent) 20,3 (20,0 Prozent) Klasse 5 18 100 65,9 (65,9 Prozent) 56,7 (56,7 Prozent) 16,6 (16,6 Prozent) Ergebnisse des Kontrollverfahrens und statistische Auswertung Anzahl der Schüler Anzahl der Vokabeln Einsprachige Erklärungen. Richtig in Muttersprache übersetzt: Bilinguales Vokabellernen. Richtig in die Fremdsprache übersetzt: Hiervon mit orthografischen Fehlern Klasse 1 3 - - - - - Klasse 2 15 74 26,3 (35,5 Prozent) 49,0 (66,2 Prozent) 3,8* (5,1 Prozent) Klasse 3 8 69 34,6 (50,1 Prozent) 60,3 (92,3 Prozent) 11,7 (16,9 Prozent) Statistische Überprüfung der Ergebnisse In den Klassen 2 und 3 war das Experimentalverfahren signifikant überlegen: Übersetzung ins Deutsche Übersetzung ins Französische Klasse 2 t = 11,6 p < 0.00 t = 3,9 p < 0.00 Klasse 3 t = 9,4 p < 0.00 Das Experimentalverfahren war bei beiden Übersetzungen ins Deutsche in der Klasse 2 signifikant überlegen, in der Klasse 3 bei einer Übersetzung ins Französische. In einem früheren Versuch war in einer Deutsch-Klasse in Frankreich, einer seconde (10. Klasse), die vier Jahre Deutsch und sechs Jahre Englisch gelernt hatte, derselbe 1 Der Text des Experimentalverfahrens umfasste fünf Vokabeln mehr als der Text des Kontrollverfahrens. Aus Gründen der statistischen Vergleichbarkeit wurden fünf Vokabeln nach Zufall ausgewählt und nicht in die Auswertung mit einbezogen. Da dieses Verfahren das Experimentalverfahren benachteiligt, ist es zulässig. 2 Durch ein redaktionelles Versehen waren bei den Testbögen der 1. Kontrollphase Wörter nicht als „ Lernwörter “ gekennzeichnet worden, so dass die Schüler nur 67 statt 100 Wörter ins Deutsche zu übersetzen hatten. 3 Das Kontrollverfahren, war, wie erwähnt, nur für die Klassen 1 - 3 vorgesehen. Es entfiel für die Klasse 1, weil es am letzen Schultag vor den Ferien durchgeführt wurde und über die Hälfte der Klasse fehlte. 7.1 Fünf Klassen lernen über 60 Vokabeln in einer Stunde 135 <?page no="136"?> Versuch mit dem Experimental- und Konrollverfahren durchgeführt worden. Die Ergebnisse waren in beiden Überprüfungen ebenso signifikant wie in der deutschen Klasse 2. (Vgl Schiffler 1992 a). Hinsichtlich der Anzahl an orthografischen Fehlern beim Übersetzen ins Französische unterschied sich die Klasse 2 beim Kontrollverfahren durch eine geringere Anzahl an Fehlern signifikant von Klasse 3. Klasse 2: t = 8,5 p < 0.00 Die Interpretation der Ergebnisse Das Experimentalverfahren erwies sich hinsichtlich der Übersetzung ins Deutsche in den beiden Untersuchungen mit Kontrollklassen als signifikant überlegen. Damit war das in der Deutsch-Klasse in Frankreich erzielte Ergebnis voll bestätigt worden. Hinsichtlich der Übersetzung ins Französische war das Experimentalverfahren in einer der beiden Untersuchungen signifikant überlegen. Im Experimentalverfahren hatten die Schüler aller fünf Klassen von den 70 bis 100 Vokabeln im Durchschnitt 60,2 korrekt ins Deutsche übersetzt, im besten Fall 65,1. Bei der Übersetzung ins Französische hatten die Schüler aller fünf Klassen im Durchschnitt 61,5 Wörter übersetzen können, im besten Fall 73,4. Dass das zweisprachige Vokabellernen des Kontrollverfahrens, wie es die Schüler normalerweise zu Hause praktizieren, in einem Fall signifikant weniger orthografische Fehler bewirkte, ist angesichts der guten Ergebnisse des Experimentalverfahrens in Kauf zu nehmen. Konsequenzen für die Praxis Die Ergebnisse können nicht nur auf das Experimentalverfahren zurückgeführt werden, sondern auch auf den sogenannten Hawthorne-Effekt (vgl. Kapitel 3.2). Dieser wird sich aber in jeder Klasse, sobald der Lehrer dieses Verfahren im Wechsel zu seiner sonstigen Methode einsetzt, auswirken. Es ist auf die Dauer demotivierend, immer ein- und dieselbe Form der Lektionseinführung zu praktizieren. Der Fremdsprachenlehrer muss unterschiedliche Methoden beherrschen. Die Ergebnisse können nicht nur für das experimentelle Verfahren, sondern auch gegen die „ einsprachige “ Lektionseinführung interpretiert werden. Eindeutig hat sich die hohe Anzahl neuer Vokabeln als ungeeignet für die Einführung durch die „ einsprachige Methode “ erwiesen, doch wäre es übereilt und ungerechtfertigt, eine solche Einführung nun grundsätzlich abzulehnen. In Form des Lehrer-Schüler-Gesprächs ist sie äußerst kommunikativ, auch wenn dadurch weniger Vokabeln eingeführt werden können und manchen Schülern viele Wörter semantisch unklar bleiben. Um jedoch eine wirkungsvolle einsprachige Einführung zu praktizieren, muss der Lehrer außer hoher Fremdsprachenkompetenz auch noch pantomimisches und schauspielerisches Geschick haben. Eine solche die Schüler mit einbeziehende Einführung spricht mehrere Sinne an und entspricht den o. g. Kriterien des „ Bewegungslernens “ , wie gesagt aber nur dann, wenn der Lehrer dramaturgisches Geschick hat und die Schüler pantomimisch mit einbezieht. Dies ist aber bei der „ einsprachigen Methode “ nicht selbstverständlich. Wenn nach einer solchen einsprachigen Einführung eine bilingual-kontextuelle Phase des Selbstlernens folgt, wie oben beschrieben, sind ähnlich positive Ergebnisse wie beim Experimentalverfahren zu erwarten. 136 Empirische Untersuchungen <?page no="137"?> 7.2 Eine Klasse lernt über 80 Vokabeln in einer Zeitstunde Das im Folgenden beschriebene Experiment ist als Film unter www.narr.de/ effektiver_fremdsprachenunterricht im Internet zu sehen. Die hohe Erfolgsquote mag für manche überraschend sein. Der Autor hat jedoch immer wieder betont, dass er bereit ist, das Experiment auf Einladung unter denselben Bedingungen zu wiederholen. Selbstverständlich sind geringere Ergebnisse zu erwarten, wenn nicht auf bereits gelernte Sprachen wie Latein und Englisch zurückgegriffen werden kann, ferner, wenn es sich nicht um eine durch die Wahl Latein möglicherweise bildungsorientierte Schülerauswahl handelt. Doch sind auf jeden Fall bessere Ergebnisse zu erwarten, wenn das Experimentalverfahren für die Lernenden neu ist und somit der Hawthorne-Effekt (s. o.) zum Tragen kommt. Der Placebo-Effekt wurde in diesem Fall dadurch eingesetzt, dass der Autor in der vorausgehenden Stunde die Schüler über die neuere Gehirnforschung und die Konsequenzen für das Fremdsprachenlernen informierte und sie davon überzeugte, dass sie mit ihm als Lehrer und dem neuen Verfahren mehr als bisher lernen werden. Mit diesem Experiment soll keineswegs dafür plädiert werden, in dieser Form eine ganze Stunde so Vokabeln zu lernen, jedoch sollte das eine oder andere Verfahren zum „ Anlernen “ z. B. als Vorbereitung auf eine neue Lektion genutzt werden. Bisher war es üblich, das Vokabellernen den Schülern zur häuslichen Eigenarbeit zu überlassen. Die Erfahrung vieler Lehrer zeigt, dass bereits nach einem Lernjahr die Leistungen der Schüler so sehr auseinanderklaffen, dass ein gemeinsames Arbeiten kaum noch möglich ist. Dies liegt größtenteils daran, dass ein Teil der Schüler nicht mehr regelmäßig zu Hause Vokabeln lernt. Statt diesem Phänomen hilflos zuzusehen, sollte der Lehrer, wie hier beschrieben, Vokabeln kontextuell einführen. Dieses „ Anlernen “ ist vor allem deshalb vorteilhaft, weil dann handlungsorientierte Lektionseinführungen (Schiffler 1998, 54 ff) leichter zu praktizieren sind. Hohe Anforderungen, soweit sie keine Überforderung darstellen, führen zu höheren Leistungen. Im Fall von Schülern, die eine dritte Fremdsprache lernen und pro Lektion 60 bis 80 neue Vokabeln zu lernen haben, sind 104 Vokabeln, in 74 kurze Sätze eingebettet, eine vorstellbare Höchstforderung. (Vgl. die kontextuelle Vokabelliste S. 142 ff). Solche Höchstforderungen sind jedoch nur dann zu leisten, wenn der Input vollkommen verständlich ist. Aus dem Dilemma, einen einsprachigen Fremdsprachenunterricht anzustreben und trotzdem den Schülern ein klares Verständnis der Vokabeln zu garantieren, gibt es den Ausweg der „ peripheren bilingualen Information “ . Lehrer und Schüler sprechen in der ersten Lernphase nur die Fremdsprache, aber alles, was gelernt werden soll, steht den Schülern gleichzeitig „ peripher “ als Orientierungshilfe in Form des medial projizierten fremdsprachigen Schriftbildes und in Form der Übersetzung des kontextuell eingebetteten Vokabulars zur Verfügung. Die neuen Verfahren und die Beschreibung der Lernhilfen Das erste neue Verfahren dieses Experimentes war das Bewegungslernen mit Partner (Kapitel 4.4), nachdem der Lehrer mit möglichst unterschiedlicher Intonation und Emphase das kontextuell eingebettete Vokabular in der Fremdsprache vorgesprochen und dabei eine semantisch möglichst kongruente Bewegung gemacht hatte. Bei 7.2 Eine Klasse lernt über 80 Vokabeln in einer Zeitstunde 137 <?page no="138"?> Connaissez-vous les gorges du Verdon? z. B. führte er seine beiden gespreizten Arme von oben nach unten, wobei sich die Arme annäherten, um so die Bedeutung „ les gorges - die Schluchten “ zu verdeutlichen. Nach einmaligem Nachsprechen im Chor und gleichzeitiger Imitation der Lehrerbewegung wandten sich die Schüler ihrem jeweiligen Partner zu und wiederholten im face-to-face-Kontakt jeweils einmal den Satz und die Bewegung. Für die wenigen Vokabeln, für die sich keine semantisch kongruente Geste finden ließ, wurde eine willkürliche Geste gewählt. Danach folgte eine Phase des gezielten individuellen Abschreibens bestimmter Wörter, die den Schülern erfahrungsgemäß orthografische Schwierigkeiten bereiten. Diese waren schon im medial projizierten kontextuell eingebetteten Vokabular rot gekennzeichnet worden, meist genau der fehlerträchtige Buchstabe. Zum Beispiel war beim Satz „ Il joue de la guitare “ über dem Wort guitare ein einzelnes rotes „ r “ gezeichnet worden. Das zweite neue Verfahren war die Entspannungsphase, die eine ideale Form ist, um seit langem bekannte Lernstrategien, die teilweise in Vergessenheit geraten sind, zu praktizieren. Diese sind beispielsweise die mentale Visualisierung oder Lernhilfen wie die Spiegelung, Schlüsselwörter, Assoziationen und orthografische Hinweise (vgl. Kapitel 6.5.2). Der Lehrer unterstützt die mentale Visualisierung, z. B. indem er „ Je rêve de toi “ im Ton des flüsternden Liebhabers vorspricht. Aber wenn er von „ promoteurs criminels “ spricht, dann nimmt seine Stimme einen entsprechend drohenden Ton an. Mit Spiegelung ist die Wiedergabe der fremdsprachigen Struktur in der Muttersprache gemeint, z. B. „ Je le crois - Ich glaube ihm. Der Franzose sagt aber: *Ich glaube ihn - Je le crois “ . Ein ähnlich fehlerträchtiges Wort kam gleich zu Anfang im Text vor: le masque - die Maske. Nachdem der Lehrer in der Entspannungsphase diese Vokabel kontextuell als „ Il porte un masque - Er trägt eine Maske “ vorgetragen hatte, „ spiegelte “ er die Abweichung, indem er sagte: „ Im Französischen heißt es also *der Maske - le masque. “ Die Assoziationen sollten lernpsychologisch vor allem eine Fusion, d. h. eine Vernetzung der neuen Kenntnisse mit bereits bekanntem Vorwissen der Schüler bewirken. Im Sinne einer praktischen Mehrsprachigkeitsdidaktik sollten dazu vor allem die Englisch-, Latein- und Muttersprachenkenntnisse der Schüler genutzt werden. Zum Beispiel erinnert der Lehrer bei „ Est-ce que tu peux m'apporter ce livre? “ an die Muttersprache: „ Bei der Jagd apportiert der Hund das erlegte Wild, er bringt es herbei: apporter heißt herbeibringen. “ Oder bei „ Il joue de la guitare “ : „ Im Englischen heißt das Instrument „ the guitar “ und wird ebenfalls mit nur einem r geschrieben. Im Französischen wird an das eine r noch ein e angehängt, da es la guitare heißt “ Oder: „ C'est un mouvement important “ . Denkt an das englische Wort movement. Im Französischen wird das Wort aber mit ou geschrieben. “ Oder: „ II y a beaucoup d'incendies en Corse “ . Lehrer: „ Denkt an das lateinische Wort incendium. Deshalb heißt es im Französischen auch un incendie, ist also männlich, obwohl es am Ende mit e geschrieben wird. “ Durch die Beispiele wird klar, dass Lernhilfen nicht nur aus semantischen, sondern auch aus orthografischen Hinweisen bestehen können. Die dritte aus der Praxis entwickelte neue Lernstrategie ist die der „ helfenden Partnerarbeit “ (vgl. Kapitel 3.4.5), die auf progressivem Vorflüstern und einem schnellen Rhythmus des Abfragens beruht. 138 Empirische Untersuchungen <?page no="139"?> Versuchsbeschreibung Wie erwähnt, hat der Versuchsleiter eine Stunde lang vor den Schülern einer Klasse 9 mit Französisch als dritter Fremdsprache die Lehr- und Lernstrategien, nach denen die Untersuchung ablaufen sollte, erläutert. Für den Versuch standen drei Schulstunden und eine große Pause zur Verfügung. Die 17 Gymnasialschüler hatten bereits die Lektionen 1 bis 8 des Lehrbuchs Etapes 1 - Methode intensive (Möser 1993) behandelt. Im Experiment sollten die 104 Vokabeln der Lektion 9 A (Dans le Midi) und 9 B (Deux sketches) kontextuell „ angelernt “ werden. Hierfür wurde größtenteils auf die Kontextspalte der Vokabeln der Lektion zurückgegriffen oder ein anderer frequenter Kontext erfunden, vor allem da, wo kein Kontext in der betreffenden Spalte vorgegeben war. Wenn der Kontext nicht dem Lektionsinhalt entspricht, dann kann dies ein Vorteil sein. Durch das Erlernen derselben Vokabeln in verschiedenen Kontexten wird die Vokabel dem Lerner eher verfügbar, d. h. er kann sie leichter in anderen Situationen verwenden. Am Ende dieses Kapitels sind alle Vokabeln des Experiments in kontextueller Verwendung aufgeführt (S. 142 ff). In der ersten Zeitstunde verlief der Unterricht in folgenden Phasen: 1. Der Lehrer wiederholte nochmals kurz die Bedeutung der nun folgenden Lehr- und Lernstrategien. 2. Die Vokabeln wurden mit „ Bewegungslernen und Partner “ und „ peripheren bilingualen Informationen “ gelernt. 3. In der Phase des gezielten Abschreibens wurden nur die neuen fettgedruckten Vokabeln, die Orthografiehinweise in Rot enthielten, abgeschrieben. 4. Dann folgte die „ Entspannungsphase “ mit mentaler Visualisierung und den beschriebenen Lernhilfen. 5. Schließlich folgte das Lernen mit „ helfender Partnerarbeit “ . Kontrollphase Für die Übersetzung stand eine halbe Stunde zur Verfügung, in der die Schüler die 74 deutschen Sätze, welche die 104 neuen Vokabeln enthielten, ins Französische übersetzen sollten. Von insgesamt 104 Wörtern Von insgesamt 74 Sätzen mit 104 zu lernenden Wörtern ins Französische übersetzt, teilweise mit Orthografiefehlern: hiervon fehlerlos: verständlich, aber teilweise fehlerhaft ins Französische übersetzt: hiervon fehlerlos: D. A. 81 65 69 38 C. D. 63 50 52 33 D. G. 95 75 *) *) O. H. 104 99 74 72 * Die Ergebnisse des Schülers konnten nicht gewertet werden, weil er aufgrund eines Missverständnisses nur die Vokabeln, aber nicht die Sätze übersetzt hatte. 7.2 Eine Klasse lernt über 80 Vokabeln in einer Zeitstunde 139 <?page no="140"?> Von insgesamt 104 Wörtern Von insgesamt 74 Sätzen mit 104 zu lernenden Wörtern ins Französische übersetzt, teilweise mit Orthografiefehlern: hiervon fehlerlos: verständlich, aber teilweise fehlerhaft ins Französische übersetzt: hiervon fehlerlos: K. S. 70 46 14 10 B. M. 63 47 51 30 M. M. 83 71 61 41 M. N. 87 71 68 42 G. Ö. 66 40 30 18 R. P. 75 57 53 33 R. S. 72 41 9 6 L. S. 92 79 67 50 K. S. 100 92 72 61 J. S. 98 83 73 59 A. S. 83 54 64 39 S. W. 101 80 70 52 C. Y. 78 57 60 41 Durchschnitt 83,0 65,1 55,4 39,1 Durchschnitt in Prozent: 80,0 % 62,6 % 74,8 % 52,8 % Das gute Ergebnis dieses Experiments ist kein Ausnahmefall, da bei fünf anderen Untersuchungen in derselben Klassenstufe bereits ähnlich hohe Ergebnisse erzielt werden konnten. (S. 134 f) Selbstverständlich war das „ Anlernen “ der kontextuell eingebetteten Vokabeln nur eine Vorbereitung auf das eigentliche Lernziel, nämlich die handlungsorientierte Anwendung der Vokabeln. Deshalb waren nach der Kontrollphase und einer viertelstündigen Pause für die folgende Unterrichtsstunde zwei handlungsorientierte Einführungen (Schiffler 1998, 54 ff) der Lektion vorgesehen. Die Schüler sollten in Partnerarbeit mit den erlernten Wörtern aus dem Gedächtnis eigene Geschichten zum Thema der Lektion Le Midi bzw. Les vacances erfinden. Sie wurden auf Folie geschrieben und im Plenum gemeinsam korrigiert. Im Folgenden ein Beispiel für eine unkorrigierte Schülerarbeit: (Die Fehler sind durch * gekennzeichnet.) Kim: Olivia, qu'est-ce que tu fais aux vacances? Olivia: D'abord je vais aller voir ma tante. Mais elle est très affreuse, je pense * je vais dormir à la belle étoile. Apres je vais partir et je vais aller en Camargue. Là-bas je vais coucher dans des auberges *jeunesse. Je vais visiter les élevages de cheval et je vais faire du cheval. Et qu'est-ce que tu *va faire? Kim: Je vais faire du camping dans les gorges du Verdon. Je vais faire du kayak et je vais nager. 140 Empirische Untersuchungen <?page no="141"?> Olivia: Mais *fait attention de *non pas attraper de coup de soleil. Kim: II n'y a aucun danger. Le temps va être variable, je pense. Anschließend wurde der Text der Lektion auf Tonträger vorgespielt. Die Schüler bekamen den Lektionstext schriftlich mit Lücken vorgelegt und sollten sie während des von Pausen unterbrochenen Vorspielens ausfüllen. Viele Schüler beherrschten das Vokabular so gut, dass sie die Lücken bereits ausfüllten, bevor das betreffende Wort auf Tonträger zu hören war. Selbstverständlich sind die guten Ergebnisse nicht nur auf die eingesetzten Lehr- und Lernstrategien zurückzuführen, sondern auch auf die sichere Art, wie der Lehrer sie einsetzte. Die Erfahrung zeigt, dass eine solch überzeugende Lehrkompetenz von einem Großteil der Lehrer gelernt werden kann und dass sich zurückhaltende Menschen, wenn sie sich allein vor einer Klasse befinden, zu erstaunlich sicher auftretenden Lehrerpersönlichkeiten entwickeln können. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sie sprachlich und methodisch kompetent sind. Wirksamkeit der Spiegelung Genus richtig un masque *der Maske cette eau *diese Wasser la fôret *die Wald une étoile *eine Stern la côtelette *die Kotelett la jambe *die Bein la viande *die Fleisch Anzahl der Schüler: 16 14 13 11 8 5 6 In Prozent: 94,1 % 82,4 % 76,5 % 64,7 % 47,1 % 29,4 % 35,3 % Auffallend ist, dass die Wirksamkeit der Spiegelung präzise mit dem Fortschreiten der Unterrichtszeit abnimmt. Der Überraschungseffekt durch die Verballhornung des deutschen Wortes war zu Beginn sehr groß, wie bei der Spiegelung mit *der Maske ersichtlich ist. Sicherlich ist die nachlassende Wirkung auch mit einem Absinken der Aufmerksamkeit während des Unterrichtsverlaufs zu erklären. Wenn aber in einer Stunde weniger Vokabeln zu lernen sind als bei unserem Experiment, kann man von einer hohen Effektivität der Spiegelung ausgehen, wie die Werte, die für die drei ersten Wörter der o. g. Spalte erzielt wurden, zeigen. Die Ergebnisse hinsichtlich der Orthografie 100 % korrekt über 80 % korrekt über 50 % korrekt unter 50 % korrekt gorges: 100 % cette eau 88,2 % attraper 76,5 % spécialité: 47,1 % kayak: 100 % dessert 88,2 % réfléchir: 64,7 % orteils: 41,2 % 7.2 Eine Klasse lernt über 80 Vokabeln in einer Zeitstunde 141 <?page no="142"?> 100 % korrekt über 80 % korrekt über 50 % korrekt unter 50 % korrekt dîne: 100 % page: 88,2 % dangereux: 64,% incendies: 35,3 % plongée: 100 % guitare: 88,2 % élevages: 58,8 % danger: 82,4 % préféré: 58,8 % choisis: 82,4 % personnel: 52,9 % Das Abschreiben und die Markierung in Rot haben bei der Hälfte der abzuschreibenden Vokabeln zu einer Korrektheit von über 80 % geführt. Die Tabelle zeigt aber bei zwei Drittel der Fälle den gleichen nachlassenden Effekt wie bei der Überprüfung der Spiegelung. Bei einer geringeren Zahl an Vokabeln würde das Verfahren wirksamer sein. Das in dieser Form aufbereitete Lernmaterial hat zweifellos auch zum aufgezeigten Erfolg geführt. Somit müssten Lehrbuchautoren folgende Lernhilfen berücksichtigen: 1. Das Vokabular müsste kontextuell eingebettet und bilingual in nur zwei Spalten dargestellt werden. 2. Hinweise auf Spiegelungen bei allen Abweichungen vom Deutschen, nicht nur bei der Lexik, sondern vor allem auch bei idiomatischen Wendungen und bei grammatischen Strukturen. 3. Hinweise auf orthografische Schwierigkeiten, nicht nur bei Abweichungen vom Deutschen, sondern auch bei Abweichungen von anderen in der Schule gelernten Sprachen. 4. Hinweise auf Schlüsselwörter und Assoziationen mit dem Deutschen und anderen in der Schule gelernten Sprachen. Wenn die Lehrbücher so gestaltet wären, dann könnten sie medial vermittelt als „ periphere “ Information während des mündlichen einsprachigen Lernens verwendet werden. Soweit einige der Lernhilfen bereits in den Lehrbüchern zu finden sind, werden sie meist von den Schülern ignoriert. Wenn diese aber vom Lehrer in der Entspannungsphase verwandt werden, haben sie eine weitaus stärkere Wirkung. Im Folgenden das Vokabelverzeichnis, das medial während der ersten Phase gezeigt wurde und als Grundlage für die „ helfenden Partnerarbeit “ diente. Alle hier kursiv gezeigten Vokabeln sind als neu im Vokabelverzeichnis der behandelten Lehrbuchlektion aufgeführt. In der Kontrollphase erhielten die Schüler dasselbe Verzeichnis, jedoch nur mit der rechten Spalte mit dem deutschen Kontextvokabular. Vous connaissez les gorges du Verdon? Kennen Sie die Schluchten des Verdon? Je ne nage pas très bien. Ich schwimme nicht sehr gut. Je fais du kayak. Ich fahre Kajak. J'aime surtout le rock. Ich mag / liebe vor allem Rock(musik). 142 Empirische Untersuchungen <?page no="143"?> Est-ce que tu peux m'apporter ce livre? Kannst du mir das Buch (mit)bringen? II joue de la guitare. Er spielt Gitarre. Qu'est-ce que tu penses de cette idée? Was hältst du von dieser Idee? Je rêve de toi. Ich träume von dir. Je n'ai besoin de rien. Ich brauche nichts. C'est un mouvement important. Das ist eine bedeutende Bewegung. Je couche dans des auberges de jeunesse. Ich schlafe in Jugendherbergen. II porte un masque. Er trägt eine Maske. La plongée est un sport. Tauchen ist ein Sport. Je ne remarque rien. Ich bemerke nichts. Remarque, ce n'est pas vrai. Eigentlich ist das nicht wahr. Par ce temps, je préfère rester à la maison. Bei diesem Wetter bleibe ich lieber zu Hause. Je peux renoncer à beaucoup de choses. Ich kann auf vieles verzichten. Cette eau n'est pas sale. Dieses Wasser ist nicht schmutzig. J'ai vu un homme. Ich habe einen Mann / Menschen gesehen. II y a beaucoup d'incendies en Corse. Es gibt viele Brände auf Korsika. J'aime la forêt. Ich mag / liebe den Wald. Je fais du camping. Ich mache Camping. dans ces moments-là In solchen Momenten Le vent est fort. Der Wind ist stark. II y a des promoteurs criminels. Es gibt kriminelle Immobilienhändler. J'aime les chevaux. Ich mag / liebe Pferde. En Camargue, il y a des élevages de cheval. In der Camargue gibt es Pferdezuchten. Ma s œ ur fait du cheval dans un club. Meine Schwester reitet in einem Verein. Ma tante est affreuse. Meine Tante ist schrecklich. ll faut partir. Wir müssen aufbrechen. J'ai acheté un beau pull avec mes economies. Ich habe einen schönen Pulli mit meinen Ersparnissen gekauft. Pour les vacances, nous avons loué une maison. Für die Ferien haben wir ein Haus gemietet. 7.2 Eine Klasse lernt über 80 Vokabeln in einer Zeitstunde 143 <?page no="144"?> Mon ami nous a loué sa maison. Mein Freund hat uns sein Haus vermietet. Fais attention de ne pas attraper de coup de soleil Gib Acht, dass du keinen Sonnenbrand bekommst. On a attrapé le voleur. Man hat den Dieb gefangen. II n'y a aucun danger. Es gibt keine Gefahr. C'est un aspect très personnel. Das ist ein sehr persönlicher Gesichtspunkt. Le detective observe quelques-uns des criminels. Der Detektiv beobachtet einige der Kriminellen. C'est un test du R. E.P. Das ist ein Test der Pariser Regionalbahn. II y a plusieurs types de solution. Es gibt mehrere Lösungsmöglichkeiten. Choisis la photo que tu préfères. Such das Foto aus, das du am liebsten magst Tu es pour moi comme une étoile. Du bist für mich wie ein Stern. dormir à la belle étoile Im Freien schlafen Le soir, on dîne. Abends nimmt man das Abendessen ein. Michèle est serveuse au café de la gare. Michèle ist Kellnerin im Bahnhofscafé. Le soir, on dit „ bonsoir “ . Abends sagt man „ Guten Abend “ . Vous avez réservé à quel nom? Auf welchen Namen haben Sie reserviert? Les toilettes sont là-bas. Die Toiletten sind da hinten. Je mange à la carte. Ich wähle aus der Speisekarte aus. Je vous recommande la soupe de légumes. Ich empfehle Ihnen die Gemüsesuppe. Ne parle pas sans réfléchir. Sprich nicht, ohne nachzudenken. La côtelette d'agneau à la ratatouille, c'est mon plat préféré. Lammkotelett mit Ratatouille ist mein Lieblingsgericht. Le dessert est dans l'assiette. Der Nachtisch ist auf dem Teller. Je veux bien. Gerne. Ich habe nichts dagegen. Tu veux boire le vin dans un verre? Je veux bien. Möchtest du den Wein aus einem Glas trinken? - Ja, gerne. Le pharmacien me donne qc contre les maux de tête. Der Apotheker gibt mir etwas gegen die Kopfschmerzen. La pharmacienne me donne qc contre le mal de dos. Die Apothekerin gibt mir etwas gegen Rückenschmerzen. 144 Empirische Untersuchungen <?page no="145"?> Mes pieds me font mal. Meine Füße tun mir weh. Un pied a cinq orteils. Un Fuß hat fünf Zehen. Achète de la pommade contre les coups de soleil. Kauf Salbe gegen Sonnenbrand. II a du ventre. Er hat einen Bauch. Eh bien dites donc! Na so was! Le soleil est dangereux. Die Sonne ist gefährlich. La fièvre n'est pas grave. Das Fieber ist nicht schlimm. Elle rougit jusqu'aux oreilles. Sie errötet bis über beide Ohren. Aïe! Aua! La jambe me fait mal. Das Bein tut mir weh. Merci beaucoup pour tout! Vielen Dank für alles. Je reste à l'ombre. Ich bleibe im Schatten. C'est un menu végetarien. Das ist ein vegetarisches Menu. En France, on mange la viande de cheval. In Frankreich isst man Pferdefleisch. Tournez la page. Drehen Sie die Seite um. Sa spécialité ce sont les films sur les animaux sauvages. Seine Spezialität sind Filme über wilde Tiere. La source du ruisseau est dans la forêt. Die Quelle des Baches ist im Wald. 7.3 Literatur lesen und in einer Zeitstunde über 30 Vokabeln lernen Es ist zwar verständlich, aber bedauernswert, dass Lehrer die Literatur für ihre Klasse vorrangig nach dem zu bewältigenden Vokabular aussuchen und schülermotivierende und gehaltvolle Werke aus diesem Grund ausschließen. „ L ’ Etranger “ von Albert Camus ist u. a. deshalb der seit Jahren meistgelesene Roman im Französischunterricht der Oberstufe, weil er mit einem äußerst beschränkten Wortschatz und ohne das passé simple auskommt. Mit Hilfe des bereits dargelegten Verfahrens des Vokabellehrens und -lernens (vgl. Kapitel 4 - 6) war es möglich, in einer Stunde vier Seiten (74 - 78) des zeitgenössischen, sprachlich äußerst anspruchsvollen Romans Fanfan (Alexandre Jardin, Paris 1990) in einer Klasse nicht nur so zu lesen, dass alle Schüler den Inhalt verstanden haben, sondern auch noch darüber zu diskutieren. Am Ende des Unterrichts beherrschten die Schüler über 30 neue Vokabeln aktiv, d. h. sie konnten sie vom Deutschen ins Französische übersetzen. In der einen Stunde ist zusätzlich das geleistet worden, was 7.3 Literatur lesen und in einer Zeitstunde über 30 Vokabeln lernen 145 <?page no="146"?> üblicherweise Bestandteil der Hausaufgabe ist, nämlich die Vokabeln zu lernen. Der Verlauf dieses Unterrichts wird im Folgenden geschildert. Entscheidend für das erfolgreiche Lernen der Schüler war das Auftreten des Lehrers und seine Erläuterung hinsichtlich eines effektiven Unterrichts (Placebo-Effekt, vgl. Kapitel 3.2) in der vorausgehenden Stunde, ferner die Lernerleichterungen wie das bilingual und im Kontext präsentierte Vokabular, das Bewegungslernen und die Wiederholung in „ helfender Partnerarbeit “ und in Entspannung. Dadurch, dass diese Verfahren für die Schüler völlig neu waren, kam auch der Hawthorne-Effekt zum Tragen. Wesentliches Prinzip ist die Verständlichkeit eines Textes und das zusammenhängende Lesen eines größeren Abschnittes, so dass eine Motivation durch den Inhalt möglich wird. Im Anfangsunterricht wird dies dadurch realisiert, dass die Schüler den Text mit einer Lateralübersetzung erhalten. Im Literaturunterricht kann sich die Übersetzung auf die unbekannten Vokabeln beschränken, die den Schülern jeweils in einem kurzen Kontext, der meist dem des Originaltextes entspricht, schriftlich gegeben wird. Zwei Beispiele für die den Schülern zur Verfügung gestellten bilingual-kontextuellen Vokabelhilfen: In Klammern ist die Zahl angegeben, die den Schülern darüber Auskunft gibt, wie viele „ neue “ isolierte Vokabeln sie in dem zu lernenden Satz (kontextuell) lernen. être susceptible de déconcerter (2) geeignet sein zu verwirren cela nous lie superficiellement (2) das verbindet uns oberflächlich pour leur faire admettre que (1) um sie dazu zu bringen, dass Ils me considéraient comme un extra-terrestre. (2) Sie hielten mich für einen Außerirdischen. Eine weitere Hilfe für den Literaturunterricht ist die vom Lehrer zu treffende Unterscheidung in „ Lern- “ und „ Passiv-Vokabular “ . Nur das „ Lernvokabular “ wird den Schülern bilingual und kontextuell gegeben, während das isoliert dargebotene „ Passiv-Vokabular “ , das nur zum Verständnis des Textes dient, lediglich übersetzt dargeboten wird. Um das Prinzip der zusammenhängenden Darbietung des Textes zu gewährleisten, wird das Vokabular den Schülern schon vor der Lektüre des Textes gegeben. Dies geschieht im Sinne des „ zeitverteilten “ Lernens (vgl. Kapitel 3.4.3). So können sich die Schüler auf die Lektüre vorbereiten. Ein weiteres Prinzip sollte in diesem Unterricht berücksichtigt werden, nämlich das „ Lernen durch Lehren “ (Graef u. a. 1994). Zwei Schülerinnen hatten sich vorbereitet, den Text vor der Klasse kunstvoll als „ Hörerlebnis “ vorzutragen. Die Liste mit dem Kontextvokabular diente ihnen als Vorlage, um dies mit „ bilingualen Einschüben “ zu tun. Ein solcher Einschub besteht aus einer Triade, d. h. sobald die Schüler die betreffende Textstelle vorgetragen haben, tragen sie diese in der vorgegebenen Übersetzung vor und wiederholen sie noch einmal in der Fremdsprache. Dadurch, dass diese Vokabelhilfe im Textvortrag gegeben wird, wird das kontinuierliche Verständnis des Hörers gefördert und ganz und gar nicht als unpassende, didaktisch motivierte Unterbrechung empfunden. 146 Empirische Untersuchungen <?page no="147"?> Es handelt sich hier um ein Verfahren, das der didaktische Vorkämpfer Viëtor bereits im Jahre 1884 für das hörende Erlernen einer Fremdsprache angewandt hat, wenn er vorschlägt, „ [der Lehrer] suppliert die deutsche Bedeutung der nicht schon etwa bekannten oder aus dem Zusammenhang sich ergebenden Wörter “ (Schröder 1984, 74). Nach Möglichkeit sollen alle Schüler zum Vortrag des Textes herangezogen werden, allerdings auf freiwilliger Basis, denn es gibt in jeder Klasse Schüler, die trotz Vorbereitung nicht in der Lage sind, einen Text so vorzutragen, dass er zu einem „ Hörerlebnis “ wird. Der literarische Text In der Klasse wurde der Roman „ Fanfan “ von Alexandre Jardin gelesen, eines „ écrivain à succès “ (Le Figaro Magazin, 11. 5. 1995), der mit dreißig Jahren außer dem genannten schon die Romane „ Bille en tête “ , „ Le Zèbre “ , „ Le petit Sauvage “ , „ L'île des gauchers “ und „ Oui “ geschrieben und mehrere Preise erhalten hatte. Drei seiner Romane, „ Le Zèbre “ , „ Fanfan “ , und „ Oui “ sind mittlerweile verfilmt worden, und seine Bücher haben Auflagen bis 100.000 erreicht. Die Lehrerin hatte sich für den Roman „ Fanfan “ als Klassenlektüre entschieden, weil der Inhalt nicht nur voller überraschender Ideen ist, die der verliebte Alexandre für Fanfan ausheckt, sondern auch, weil er eine ganz neue, unserem Zeitgeist völlig entgegengesetzte Auffassung von Liebe darstellt, die möglicherweise für Jugendliche eine gewisse Attraktivität haben könnte, zumindest weil sie anders ist als die in den Medien vermittelte. Der Protagonist Alexandre hat sich nach einigen amourösen Erfahrungen entschieden, die Frau seiner Träume, falls er sie findet, nicht anzurühren, auch nicht zu küssen, um das Zauberhafte der Liebe möglichst lange zu erhalten. Dies ist eine Entscheidung, die als Antihaltung gegenüber seinem ganz und gar „ modernen “ Elternhaus zu verstehen ist. Nun findet er in Fanfan die Frau seiner Träume und will seine Konzeption der Liebe realisieren, was zu außerordentlichen Komplikationen, u. a. verursacht durch seine Angebetete, führt. Der Text, der dem Versuch zugrunde liegt, ist das vierseitige Kapitel, in dem Alexandres Zugreise nach Chamonix geschildert wird, wo er aus dem einzigen Grund auf den Mont Blanc steigt, um für seine Geliebte ein Edelweiß zu pflücken, was verboten und auch nicht ohne Komplikationen bleibt. Die Klasse Es handelte sich um einen Grundkurs der Klasse 13 eines Berliner Gymnasiums mit Französisch als 2. Fremdsprache, also um eine Klasse, die im Durchschnitt leistungsschwächer ist als ein Leistungskurs und die in der Oberstufe nur drei Stunden Französisch in der Woche hat. In der Klasse befanden sich sieben Schülerinnen und zwei Schüler. Einige der Schülerinnen waren sehr für Französisch motiviert. Der Ablauf des Versuchs Die gefilmte Sequenz umfasste zwei Unterrichtsstunden und eine Pause, also hundert Minuten. Dreißig Minuten wurden für die Kontrolle der Übersetzung des „ Lern- 7.3 Literatur lesen und in einer Zeitstunde über 30 Vokabeln lernen 147 <?page no="148"?> vokabulars “ ins Deutsche und ins Französische gebraucht, zehn Minuten für die Diskussion der Schüler nach dem Versuch, so dass nur eine Zeitstunde für den Experimentalunterricht zur Verfügung stand. Im Folgenden der Ablauf: - Künstlerischer Vortrag der vier Seiten des Kapitels von Fanfan (Jardin 1990, 74 - 78) durch den Lehrer und zwei Schülerinnen mit „ bilingual-kontextuellen Einschüben “ . (15 Minuten) - Lernen des bilingual-kontextuellen Lernvokabulars mit Bewegung (Text und Übersetzung waren auf dem OH-Projektor immer sichtbar). (10 Minuten) - Kontrollphase: Schriftliche Übersetzung desselben ins Deutsche. (15 Minuten) - Wiederholung desselben in Form der Triade in Entspannung nach vorausgehender Entspannungsübung (vgl. S. 114 ff). Währenddessen erklang leise Barockmusik. (7 Minuten) - Kontrollphase: Schriftliche Übersetzung desselben ins Französische. (15 Minuten) - Interpretation und Diskussion des Inhalts. (10 Minuten) Beschreibung der Diskussionsphase Als der Protagonist Alexandre auf der Fahrt zum Mont Blanc einer Gruppe von jungen Bergsteigern sein Vorhaben mitteilt, reagieren die männlichen Teilnehmer mit Unverständnis ( „ Il est cinglé “ ), während eine Teilnehmerin eine Gegenposition bezieht ( „ Ça fait combien de temps que tu ne m'as pas offert des fleurs? “ ). Der Lehrer ließ nun diese Passage noch einmal vorlesen und bat die Schüler um eine Stellungnahme (Lehrerstimulus: „ Croyez-vous qu'il y ait une conception différente de l'amour chez les femmes et chez les hommes? “ ). Aufgrund der Erfahrung des Lehrers, dass sich bei solchen Diskussionen immer wieder dieselben Schüler zu Wort melden, forderte er zuerst alle Schüler auf, vor der Diskussion ihre Meinung schriftlich zu formulieren. Dies führte dazu, dass jeder Schüler in der Diskussion einen Beitrag leisten konnte. In der Diskussion kristallisierte sich heraus, dass es falsch ist, verallgemeinernde Aussagen hinsichtlich der beiden Geschlechter zu machen. Ein Teil der Schüler verteidigte aber die Auffassung, dass bei Frauen eher eine stärker emotionale und romantische Auffassung der Liebe zu finden sei als bei Männern. Auswertung der Kontrollen des kontextuellen Vokabellernens Das wahrscheinlich den Schülern unbekannte Vokabular wurde in der Vorbereitungsphase von der Lehrerin ermittelt und der Klasse vorgelegt, um die einem oder mehreren Schülern bereits bekannten Vokabeln aus dem Versuch auszuschließen. So wurden nur diejenigen Vokabeln, die in dieser Voruntersuchung von allen als nicht bekannt ermittelt worden waren, für den Versuch beibehalten. Diese wurden unterteilt in die, die nur passiv vermittelt wurden und diejenigen, die tasächlich als „ Lernvokabeln “ gelernt werden sollten. 148 Empirische Untersuchungen <?page no="149"?> Die Auswertung der Kontrollbögen ergab, dass von den 46 unbekannten und als Lernvokabeln geltenden Vokabeln folgende tatsächlich korrekt gelernt worden waren: Name Richtig übersetzt ins Deutsche (von 46) Richtig übersetzt ins Französische (von 46) A. 38 28 As. 33 29 J. 37 35 K. 22 28 M. 35 36 N. 44 33 No. 43 38 O. 31 25 R. 34 29 Durchschnitt 36,8 = 80 % 31,2 = 68 % Auswertung des Gesprächs: Die Meinung der Schüler über das Experimentalverfahren Eine Schülerin, die leistungsstärkste, äußerte sich, sie würde am liebsten zu Hause individuell lesen. Alle übrigen Schüler sagten, dass sie noch nie so viel bei einer Lektüre spontan verstanden hätten wie bei diesem Verfahren. Alle außer einem Schüler fanden, dass sie so mehr Vokabeln gelernt hätten als beim Selbstlernen. Der eine Schüler antwortete auf Rückfrage des Lehrers, dass er lieber mit der Vokabelkartei lerne. Ein anderer Schüler gab zu bedenken, dass es nicht günstig sei, wenn der Literaturunterricht immer so und nicht anders abliefe. Diese Bemerkung ist ganz im Sinne des Verfassers. Um den Hawthorne-Effekt zu nutzen, sollten im Gegensatz zu diesem Versuch nicht alle drei Lernphasen eingesetzt werden, sondern nur eine der drei im Wechsel oder auch überhaupt keine, d. h., dass die Schüler wie üblich zu Hause die Vokabeln lernen. Bei allen Varianten steht dann mehr Zeit für die Interpretation zur Verfügung. Wenn das Vokabellernen mit einer der Varianten im Unterricht begonnen und dann abgebrochen wird, weil aus Zeitgründen nicht alle Vokabeln so behandelt werden können, so könnte sich dies positiv auswirken. Hier käme der „ Zeigarnik-Effekt “ (Zeigarnik 1927) zum Tragen, der besagt, dass sich abgebrochene Handlungen besser im Gedächtnis festsetzen. Die nicht behandelten Vokabeln müssten dann zu Hause individuell gelernt werden. Auch die Darbietungsphase kann abwechselnd von Schülern und dem Lehrer durchgeführt werden. Ebenso ist ein künstlerischer Vortrag mit wechselnder Intonation (emphatisch, natürlich, flüsternd) möglich, wobei die Intonationsformen dem Inhalt angepasst werden sollten, indem z. B. die Beschreibungen flüsternd vorgetragen werden. Auch kann das Bewegungslernen in ganz unterschiedlicher Form eingesetzt werden (vgl. Kapitel 4). Nur eines sollte den Schülern immer ohne Ausnahme als Lernhilfe zur Verfügung stehen, das bilingual-kontextuelle Vokabular und die Unterscheidung in das nur für das Verständnis gegebene „ Passivvokabular “ und in das tatsächlich, wie oben beschrieben, zu lernende „ Lernvokabular “ . Die in dieser Stunde gelernten Vokabeln gehören selbstverständlich noch nicht zu den aktiven Sprachbeständen der Schüler, solange sie nicht wiederverwendet werden. Das 7.3 Literatur lesen und in einer Zeitstunde über 30 Vokabeln lernen 149 <?page no="150"?> kann dadurch geschehen, dass die Schüler mit Hilfe des kontextuellen Lernvokabulars Resümees der gelesenen Kapitel anfertigen und diese auch mündlich frei vortragen. Weitere Vorschläge, die auf eine kreativere Ausgestaltung des Literaturunterrichts abzielen, sind in den letzten Jahren in großer Zahl gemacht worden (z. B. Bogdahn 1987, Caspari 1995). Sie erwecken den Eindruck, dass die Schüler zu kleinen Schriftstellern geworden seien. Nur sieht die Praxis ganz anders aus. In der Regel kämpfen sie mit dem Verständnis beim Lesen der Lektüre, was an ihren Defiziten im lexikalischen Bereich liegt. Dieses Buch zeigt Wege auf, diese zu beheben. 150 Empirische Untersuchungen <?page no="151"?> Bibliographie Amor, S. u. a. (1986), Learning English, Green Line 3, Stuttgart, 44. Arnheim, R. (1972), Anschauliches Denken - Zur Einheit von Bild in dem Begriff, Köln. Arnold, W./ Eysenck, H. J./ Meili, R. (Hg.) (1980), Lexikon der Psychologie, Freiburg. Asher, J. J. (1982), Learning Another Language through Actions, The Complete Teachers Guidebook, Los Gatos. Atkinson, R. L./ Raugh, M. R. (1975), „ An application of the mnemonic keyword method to the acquisition of a Russian vocabulary “ , in: Journal of Experimental Psychology: Human Learning and Memory, 104 (2) 126 - 133. Bach, G./ Timm, J.-P. (Hg.) (1989), Englischunterricht - Grundlagen und Methoden einer handlungsorientierten Unterrichtspraxis, Tübingen (4. Aufl. 2009). Bandler, R. (1985), Frogs into Princes - Neuro-Linguistic Programming, Moab, Utah. Bastian, H.-G. (2000), Musikerziehung und ihre Wirkung - Eine Langzeituntersuchung an Berliner Grundschulen, Mainz. Baur, R./ Grzybek, P. (1984), „ Zur Rolle nonverbaler Kommunikationsmittel im Fremdsprachenunterricht “ , in: Zielsprache Deutsch (2), 28 - 40. Bausch, K.-R./ Christ, H./ Krumm, H. J. (1991), Texte im Fremdsprachenunterricht als Forschungsgegenstand, Arbeitspapiere der 11. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts, Bochum. Beutter, M. u. a. (1994), Etudes Françaises - Découvertes 1, série verte, Stuttgart. Beutter, M. u. a. (1998), Etudes Françaises - Découvertes 1, série verte, Stuttgart. Birkenbihl, V. F. (1992), Französisch, Basiskurs-Kommunikation, Köln. Black, C./ Butzkamm, W. (1977), Klassengespräche, Heidelberg. Bleyhl, W. (1996): „ Der Fallstrick des traditionellen Lehrens und Lernens fremder Sprachen - vom Unterschied zwischen linearem und nicht-linearem Fremdsprachenunterricht “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (4), 339 - 347. Bol, E./ Carpay, J. A. M. (1972): „ Der Semantisierungsprozeß im Fremdsprachenunterricht “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (2), 119 - 133. Brandler, R. (1985), Using your Brain - For a change, Moab, Utah. Bruliard, L./ Schlemminger, G. (1996), Le mouvement Freinet: des origines aux années quatre-vingts, Paris. Bünting, K.-D./ Lewicki, R./ Brunt, R.(1991), Superlearning English, München. Butzkamm, W. (1971), „ Aufgeklärte Einsprachigkeit “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (1), 41 - 55. Butzkamm, W. (1980), Praxis und Theorie der bilingualen Methode, Heidelberg. Butzkamm, W. (1996), „ Wieso sind Sprachen überhaupt lernbar “ , in: Materialien Deutsch als Fremdsprache (42), 131 - 145. Butzkamm, W. (2004), Lust zum Lehren, Lust zum Lernen. Eine neue Methodik für den Fremdsprachenunterricht, Tübingen und Basel (2. Aufl. 2007). Buzan, T. (1986), Kopftraining, München. Caldwell, J./ Pillar, W. G. (1998), „ The Role of Paralinguistics in Second Language Learning: from Theory to Praxis “ , in: Hermann-Brennecke, G./ Geisler, W. (Hg.), Zur Theorie der Praxis und Praxis der Theorie des Fremdsprachenerwerbs, Münster, 83 - 99. Calenge, B. (1997), „ Grammatik und Wortschatz über den Körper lernen “ , in: Zielsprache Französisch 1, 10 - 12. Carrol, J. B. (1965), „ Research on Teaching Foreign languages “ , in: Gage, N. L., Handbook of Research on Teaching, Chicago, 1060 - 1100. Carroll, L. (1992), „ A Pool of Tears “ , in: Wolf, U. (Hg.), Englisch - Alice ’ s Adventures in Wonderland, Potsdam. <?page no="152"?> Clark, R. (1972), Hemispheric asymmetry: Prosodic and syntactic factors, Master ’ s Thesis, Sir George Williams University. Clauß, G. (Hg.) (1991), Wörterbuch der Psychologie, 2. Bd., Leipzig. Collins, M./ Coney, J. (1998), „ Interhemispheric communication is via direct connections “ , in: Brain and language 64 (1), 28 - 52. Coste, D. u. a. (1976), Un Niveau-Seuil, Conseil de la Coopération Culturelle du Conseil de l ’ Europe, Paris. Dewey, J./ Kilpatrick, W. H. (1935), Der Projektplan. Grundlegung und Praxis, Weimar. Die Neueren Sprachen (1993), Themenheft Partnerschaftliches Lernen, 92(4). Dietrich, I. (1974), Kommunikation und Mitbestimmung im Fremdsprachenunterricht, Kronberg. Di Virgilio, G./ Clarke, S. (1997), „ Direct interhemispheric visual input to human speech areas “ , in: Human Brain Mapping 5 (5), 347 - 354. Dodson, C. J. (1967), Language Teaching and the Bilingual Method, London. Dreke, M./ Lind, W./ Mahnert, D. (1991), Deux à deux, Berlin und München. Düwell, H. (1979), Fremdsprachenunterricht im Schülerurteil, Tübingen. Düwell, H./ Grützmann, C./ Königs, F. G. (2000), „ Dimensionen der didaktischen Grammatik “ , in: Festschrift für Günther Zimmermann zum 65. Geburtstag, Bochum. Earle, M./ Hinkelmann, G./ Judt, Ch. (1987), Breakfast in Canterbury - Part 1 - PLS - Basiskurs Englisch, Bremen. Ek, J. A. van (1978), The Threshold Level of Modern Language Learning in Schools, New York. Faust, M./ Weisper, S. (2000), „ Understanding metaphoric sentences in the two cerebral hemispheres “ , in: Brain and Cognition 43 (1 - 3), 186 - 191. Fischer, A., (1999), sowieso-Raps, Goethe-Institut, Nancy. Fischer, A. (2007), Deutsch lernen mit Rhythmus. Der Deutschrhythmus als Basis einer integrierten Phonetik im Unterricht Deutsch als Fremdsprache, Leipzig 2007. Florio-Hansen, I. de (1998), Etapes. Apprendre à apprendre, Berlin. Freudenstein, R. (1974), Unser Kind lernt fremde Sprachen, Dortmund, 69. Freudenstein, R. (2000), „ Wer lernen will, muss spielen können. - Warum Rollenspiele den Fremdsprachenunterricht bereichern können “ , in: P2V-Ratgeber, 8 - 11. Gazzaniga, M. S./ Eliassen, J. C./ Nisenson, L./ Wessinger, C. M./ Fendrich, R./ Baynes, K. (1996), „ Collaboration between the hemispheres of a callosotomy patient: Emerging right hemisphere speech and the left hemisphere interpreter “ , in: Brain 119 (4), 1255 - 1262. Gouin, F. (1880), L ’ art d ’ enseigner et d ’ étudier les langues. Paris. Graef, R./ Preller, R.-D. (1994), Lernen durch Lehren, Rimbach. Grzybek, P. (1983), Neurolinguistik und Fremdsprachenerwerb, Wiesbaden (Linguistische Berichte 70). Haarstrup, K. (1987), „ Using thinking aloud and retrospection to uncover learners ’ lexical interferencing procedures “ , in: Faerch, C. u. a. (Hg.), Introspection in second language research, 197 - 212. Häcker, H./ Stapf, K. (Hg.) (1998), Dorsch Psychologisches Wörterbuch, Bern. Hager, M. (1989), „ Learning Verb Tenses with the Help of Neuro-Linguistic Programming “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (4), 404 - 405. Hager, M. (1990), „ Using Neuro-Linguistic Programming to Learn Vocabulary “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (1), 59 - 61. Harger, L. u. a. (1990), English live A 1, München, 54. Hattie, J. (2009), Visible Learning. A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement, New York. Héloury, M. (1983), „ Partnerarbeit mit dem Tandembogen “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (2), 172 - 178. Héloury, M. u. a. (1989), Etapes 1, Berlin. Henn, F. A./ Hamberger, A. (1971), „ Glial cell function - uptake of transmitter substances “ , in: Proceeding of the National Academy of Sciences of the USA, 68 (11), 2686 - 2690. Hille, K. u. a. (2010), „ Szenischer Lernen im Fremdsprachenunterricht - Die Evaluation eines Schulversuchs “ , in: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung 3, 337 - 350. Hinz, K. (1999), „ Wörter vernetzen und anwenden “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (4), 347 - 356. 152 Bibliographie <?page no="153"?> Hohmann, H.-O. (1983): „ Bedeutungsvermittlung ein- oder zweisprachig? “ , in: Neusprachliche Mitteilungen aus Wissenschaft und Praxis (1), 22 - 23. Holtwisch, H. (1990 a), Fremdsprachen alternativ! - Untersuchungen zur Wirksamkeit der suggestopädischen Methode im schulischen Englischunterricht, Bochum. Holtwisch, H. (1990 b), „ Brainstorming und Informationstechniken im Fremdsprachenunterricht “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (3), 244 - 250. Holtwisch, H. (1991), „ Neurolinguistisches Programmieren (NLP) - eine neue Herausforderung für den Fremdsprachenunterricht? “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (2), 152 - 160. Holtwisch, H. (1992), „’ Mindmapping ’ im Fremdsprachenunterricht. Ein Beispiel für hirngerechte Textverarbeitung “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (1), 38 - 43. Holtwisch, H. (1998), „ Behaltensfördernde Verfahren im Fremdsprachenunterricht “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (4), 212 - 219. Hornung, W. (1990), Etudes Françaises - Cours Intensif II, Stuttgart. Janke, W. (1998), „ Placebo-Effekt “ , in: Häcker, H./ Stapf, K. (Hg.), Dorsch Psychologisches Wörterbuch, Bern, 645 f. Jaeschke, B. u. a. (1997), Linea uno, Stuttgart u. a. Jasiukaitis, P./ Nouriani, B./ Hugdahl, K./ Spiegel, D. (1997): „ Relateralizing hypnosis: Or, have we been barking up the wrong hemisphere? “ , in: International Journal of Clinical and Experimental Hypnosis 45 (2), 158 - 177. John, H. J. (2009), Bewegung und Sprache - Bewegung im DaF-Unterricht, Universidade do Vale do Rio dos Sinos (Brasilien). Kerschensteiner, G. (1914), Wesen und Wert des naturwissenschaftlichen Unterrichts, Berlin. Kiefer, M./ Sim, E. J./ Liebich, S./ Hauk, O. (2007): „ Experience-dependent plasticity of conceptual representation in human sensory-motor areas “ , in: Journal of Cognitive Neuroscience (19), 525 - 542. Kiefer, M. u. a. (2007), „ Experience-dependent plasticity of conceptual representation in human sensory motor areas “ , in: Journal of Cognitive Neuroscience 19, 525 - 542. Kielhöfer, B. (1994), „ Wörter lernen, behalten und erinnern “ , in: Neusprachliche Mitteilungen 47,4, 211 - 220. Kimura, O. (1964), „ Left-right differences in the perception of melodies “ , in: Quarterly Journal of Psychology (15), 166 - 171. Kleinschroth, R. (1989), Fremde Sprachen lernen, Hamburg. Kleinschroth, R. (1992): Sprachen lernen, Hamburg. Krashen, St. D./ Terrell, T. D. (1983), The Natural Approach. Language Acquisition in the Classroom, Oxford. Krashen, St. D. (1985), The Input Hypothesis: Issues and Implications, New York. Kuhl, J. (1987), „ Motivation und Handlungskontrolle: Ohne guten Willen geht es nicht “ , in: Heckhausen H. u. a. (Hg.) (1987), Jenseits des Rubikon. Der Wille in den Humanwissenschaften, 101 - 120. Kuhl, P./ Feng-Ming Tsao/ Huei-Mei Liu (2003), „ Foreign-language experience in infancy: Effects of short-term exposure and social interaction on phonetic-lerning “ , in: PNAS 100, 9096 - 9101. Lienert, G. A. (1955), „ Die Bedeutung der Suggestion in pharmakopsychologischen Untersuchungen “ , in: Zeitschrift für experimentelle und angewandte Psychologie (3), 418 - 438. Lozanov, G. (1978), Suggestology and Outlines of Suggestopedy, London. Macedonia-Oleinek, M. (1999), Sinnvoll Fremdsprachen unterrichten - Ein praxisbezogener Leitfaden für den ganzheitlichen Fremdsprachenunterricht, Linz. Macedonia, M. u. a. (2010), „ The impact of iconic gestures on foreign language word learning and its neural substrates “ , in: Human Brain Mapping (32), 952 - 998. Mandler, J./ Zimmer, R. (2006), „ Sprach- und Bewegungsentwicklung bei Kindern “ , in: Motorik 27 (1), 31 - 39. Martin, J.-P. (1985), Zum Aufbau didaktischer Teilkompetenzen beim Schüler - Fremdsprachenunterricht auf der lerntheoretischen Basis des Informationsverarbeitungsansatzes, Tübingen. Martin, J.-P. (1994), „ Zur Geschichte von Lernen und Lehren (LdL) “ , in: Graef, R./ Preller, R. D. (Hg.), Lernen durch Lehren, Rimbach, 12 - 18. Matjugin, I. J./ Tschakaberia, H./ Nitschke, C. (1994), Fremdwörtergedächtnis, Übungsprogramm zur Entwicklung des Bildgedächtnisses, Bd. 6, Dortmund. Bibliographie 153 <?page no="154"?> Mayo, E. (1933), The Human Problems of an Industrial Civilisation, New York. McGuire, P. K./ Robertson, D./ Thacker, A./ David, A. S./ Kitson, N./ Frackowiak, R. S. J./ Frith, C. D. (1997), „ Neural correlates of thinking in sign language “ , in: Neuroreport 8 (3), 695 - 698. Meier, J. (1999), Mehr Freude und Erfolg beim Englisch lernen mit innovativen Lern- und Mentaltechniken, München. Metzig, W./ Schuster, M. (2000), Lernen zu lernen. Lernstrategien wirkungsvoll einsetzen. Berlin u. a. Mindt, D. (2000), „ Hat die Signalgrammatik eine Zukunft? “ , in: Düwell, H. u. a. (Hg.) (2000), 197 - 210. Mindt, D. (2000 a), An Empirical Grammar of the English Verb System, Berlin. Mößer, T. u. a. (1994), Etapes, Méthode Intensive 1, Berlin. Moston, T. K./ Harlos, J. (1980), English in Action 2 RG, München. Muggelstone, P. (1997), „ Role-playing in an English conversation lesson “ , in: Zielsprache Englisch 4, 7 - 12. Murphy, S. (1997), Die Kunst erfolgreich zu sein. München. Müller, H. (1975), Der eine und der andere. Szenische Dialoge für den deutschen Sprachunterricht, Stuttgart. Neveling, Ch. (2000), „ Hörverstehen im Fremdsprachenunterricht, Psycholinguistische Grundsatzüberlegungen “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (1), 3 - 9. Neveling, Ch. (2004), Wörterlernen mit Wörternetzen - Eine Untersuchung zu Wörternetzen als Strategie und als Forschungsverfahren, Tübingen. Paivio, A. (1979), „ Effects of an imagery mnemonic on second language recall and comprehension “ , in: Canadian Journal of Psychology (1), 17 - 27. Parsons, H. M. (1974), „ What happened at Hawthorne? “ , in: Science (183), 922 - 932. Piepho, H.-E. (1974), Kommunikative Kompetenz als übergeordnetes Lernziel im Englischunterricht, Dornburg-Frickhofen. Pillar, G. (1996), Towards a synerlinguistic approach to language learning: Investigating the utility of videomediated paralinguistic behaviour in developing communicative competence, Doctoral Thesis, University of Newcastle NSW. Rampillon, U./ Zimmermann, G. (Hg.) (1997), Strategien und Techniken beim Erwerb fremder Sprachen, Ismaning. Rico, L. G. (1983), Writing the Natural Way - Using Right-Brain Techniques to Release Your Expressive Powers, Los Angeles. Riesmann, F. (1965), „ The ‘ Helper ’ -Therapy Principle “ , in: Social work (2), 27 - 32. Rizolatti, G./ Craighero, L./ Fadiga, L., „ The mirror system in the humans “ , in: Stamenov, M./ Gallese, V. (Hg.), Mirror neurons and the evolution of brain and language, 37 - 59. Roth, G. (2011), Bildung braucht Persönlichkeit - Wie Lernen gelingt, Stuttgart. Rousseau, J.-J., (1762), Emile. (Emile oder über die Erziehung, Paderborn 1971). Rück, H. (1986), Redemittel des Französischen, Materialien und Unterrichtsvorschläge, Stuttgart. Rück, H. (1998), „ Eine neue Sprache lernen - wie geht das? Bekenntnisse eines romanistischen Russischlerners “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (4), 345 - 346. Sambanis, M. (2007), Sprache aus Handeln. Englisch und Französisch in der Grundschule, Landau. Sambanis, M./ Speck, A. (2010), „ Lernen in Bewegung: Effekte bewegungsgestützter Wortschatzarbeit auf der Primarstufe “ , in: Französisch heute (3), 111 - 115. Sambanis, M. (2011), „ Weniger stillsitzen, mehr lernen? Effekte bewegungsbasierter Wortschatzarbeit in der Primar- und Sekundarstufe “ , in: Schäfer, P./ Schowalter, Ch. (Hg.), In mediam linguam. Mediensprache - Redewendungen - Sprachvermittlung, Landau, 365 - 376. Sapir, E. (1921), Language, New York. Saussure, F. de (1941), Cours de linguistique générale, Genève. Schiffler, L. (1971), „ Klasseninterne Untersuchungen zum „ Mitlesen “ im Anfangsunterricht “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (3), 15 - 20. Schiffler, L. (1976), Einführung in den audio-visuellen Fremdsprachenunterricht, Heidelberg. Schiffler, L. (1980), Interaktiver Fremdsprachenunterricht, Stuttgart. Schiffler, L. (1985), „ Der Lehrer als ghostspeaker im Anfangsunterricht “ , in: Französisch heute (2), 157 - 163. 154 Bibliographie <?page no="155"?> Schiffler, L. (1988), „ Hypermnesie im Fremdsprachenunterricht - Kann man 500 Vokabeln in 3 und 1000 in 5 ½ Stunden lernen? “ , in: Neusprachliche Mitteilungen (3), 150 - 157. Schiffler, L. (1989 a), Suggestopädie und Superlearning - empirisch geprüft, Frankfurt a. M. Schiffler, L. (1989 b): „ Schüler lernen über 60 Vokabeln in einer Stunde “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (1), 84 - 87. Schiffler, L. (1991), „ Welche Texte für den Anfangsunterricht? - Authentische, absurde oder interaktive! “ , in: Bausch u. a. (1991), 135 - 145. Schiffler, L. (1992), „ Ein französischer C-Test für das erste Lernjahr “ , in: Grotjahn, R. (Hg.), Der C- Test. Theoretische Grundlagen und praktische Anwendungen. Bd. 1, Bochum. Schiffler, L. (1992 a), Suggestopedic Methods and Applications,Yverdon u. a. Schiffler, L. (1992 b), „ Eine Lektionseinführung Französisch mit Hilfe der ‘ interaktiven Suggestopädie ’ . Ergebnisse einer Untersuchung in sechs Klassen “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (3), 300 - 308. Schiffler, L. (1993), „ Omniumkontakt - nach jeder Einführung. - Eine interaktive Phase der Sprachverarbeitung “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (3), 238 - 243. Schiffler, L. (1995), Planung des Französisch-Anfangsunterrichts - Einführung für den Lehrer in der Ausbildung, Stuttgart. Schiffler, L. (1998), ‚ Learning by doing ‘ im Fremdsprachenunterricht. Handlungs- und partnerorientierter Fremdsprachenunterricht mit und ohne Lehrbuch, Ismaning. Schiffler, L. (1999), „ Handlungsorientierte Einführung anhand des Lektionsthemas “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (2), 158 - 163. Schiffler, L. (1999 a), „ Die soziale Interaktion in der Klasse und der Fremdsprachenunterricht “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (1), 3 - 10. Schiffler, L. (1999 b), „ Eine Lehrbuchlektion einführen - handlungsorientiert “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (2), 158 - 163. Schiffler, L. (2000), „ Der Placebo- und Hawthorne-Effekt in der Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden sowie Lernenden untereinander “ , in: Bausch u. a. (2000), Interaktion im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen, Tübingen, 218 - 225. Schiffler, L. (2000), „ Neuere physiologische Untersuchungen des Gehirns und das Fremdsprachenlernen “ , in: Neusprachliche Mitteilungen aus Wissenschaft und Praxis (4), 220 - 223. Schlaepfer, T. E./ Harris, G. J./ Tien, A. Y./ Peng, L./ Lee, S./ Pearlson, G. D. (1995), „ Structural differences in the cerebral cortex of healthy female and male subjects: A magnetic resonance imaging study “ , in: Psychiatry Research 61 (3), 129 - 135. Schmenk, B. (2008), Lernerautonomie. Karriere und Sloganisierung des Autonomiebegiffs, Tübingen. Schneider, R. (1979), „ Biologie und Fremdsprachenunterricht - Das Prinzip der Einsprachigkeit im Lichte biologischer Erkenntnisse über Denken “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (3), 236 - 246. Schröder (1984), Wilhelm Viëtor: „ Der Sprachunterricht muss umkehren “ - Ein Pamphlet aus dem 19. Jahrhundert neu gelesen, München. Sieratzki, J. S./ Woll, B. (1996), „ Why do mothers cradle babies on their left? “ , in: Lancet (North American Edition), 347 (9017), 1746 - 1748. Sinz, R. (1978), Gehirn und Gedächtnis, Stuttgart, New York. Skinner, B. (1957), Verbal Behavior, New York. Spengler, W./ Blanchard, A. (1995 2 ), Etudes Françaises - Découvertes. Face à face 1, Materialien zur Partner- und Freiarbeit, Stuttgart. Spengler, W./ Blanchard, A. (1996): Etudes Françaises - Découvertes. Face à face 2, Materialien zur Partner- und Freiarbeit, Stuttgart. Spengler, W. (1997): Etudes Françaises - Découvertes. Face à face 3, Materialien zur Einzel- und Partnerarbeit, Stuttgart. Spengler, W. (1999): Etudes Françaises - Découvertes. Face à face 4, Materialien zur Einzel- und Partnerarbeit, Stuttgart. Spitzer, M. (2008): „ Spielen und Lernen. Friedrich Schiller und der Wachstumsfaktor BDNF “ , in: Nervenheilkunde 27 (5), 458 - 462. Spitzer, M. (2010): Aufklärung 2.0. Gehirnforschung und Selbsterkenntnis, Stuttgart. Bibliographie 155 <?page no="156"?> Stahl, W. (1993), Learning English, Red Line 2, Vokabellernen mit Musik für die Klasse 6 an Realschulen, Stuttgart. Steinig, W. (1985), Schüler machen Fremdsprachenunterricht, Tübingen. Steinig, W. (1988), „ Perspektiven für einen Deutsch-Unterricht in Griechenland “ , in: Zielsprache Deutsch (1), 11 - 18. Steinig, W. (1990), „ Partnerschaftliches Lernen mit remigrierten und einheimischen Schülern im Deutschunterricht der Herkunftsländer ausländischer Arbeitnehmer “ , in: Zielsprache Deutsch (1), 11 - 18. Stentenbach, B. (1987), D ’ accord, Teil 1, Frankfurt a. M., 67. Stentenbach, B. (1991), Ça va? 1, Frankfurt a. M., 49 ff. Stenzel, K. (1995), „ Vokabellernen mit Musik “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (2), 186 - 188. Stork, A. (2003), Vokabellernen. Eine Untersuchung zur Effizienz von Vokabellernstrategien, Tübingen. Teml, H. (1987), Entspannt lernen, Linz, Passau. Tesch, F. (1990), Die Indefinitivpronomina some und any im authentischen englischen Sprachgebrauch und in Lehrwerken, Tübingen. Tewes, U./ Wildgrube, K./ Niethardt, P. (1977), Lexikon der medizinischen Psychologie, Berlin. Thal, J./ Ebert, U. (1999), Methodenvielfalt im Unterricht, Neuwied. Timm, J.-P. (1991), „ Englischunterricht zwischen Handlungsorientierung und didaktischer Steuerung “ , in: Die Neueren Sprachen 90 (1), 46 - 65. Van Parreren, C. F. (1963), “ Psychologie und Fremdsprachenunterricht “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (3), 6 - 10. Van Parreren, C. F. (1966), Lernprozeß und Lernerfolg, Braunschweig. Van Parreren, C. F. (1969), „ Lautbild und Schriftbild im Anfangsunterricht “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (4), 359 - 365. Vester, F. (1978), Phänomen Stress, München. Wandruszka, M. (1979), Die Mehrsprachigkeit des Menschen, München. Weber, E.-W./ Patry, J. L./ Spychiger, M. (1993), Musik macht Schule, Essen. Wendt, M. (1996), Konstruktivistische Fremdsprachendidaktik - Lerner- und handlungsorientierter Fremdsprachenunterricht aus neuer Sicht, Tübingen. Weskamp, R. (2007), Mehrsprachigkeit. Sprachevolution, kognitive Sprachverarbeitung und schulischer Fremdsprachenerwerb, Braunschweig. Weskamp, R. (2010), „ Von Metaphern zu Spracherwerbsbedingungen - Wie Kinder und Jugendliche fremde Sprachen erlernen “ , in: Altmayr, C. u. a. (Hg.): Grenzen überschreiten: sprachlich - fachlich - kulturell, Baltmannsweiler. White, L. (2003), Second language acquistion and universal grammar, Cambridge, 103 - 113. Whorf, B. L. (1956), Language, thought and reality, Cambridge. Wolf, U. (Hg.) (1992), English - „ Alice's Adventures in Wonderland “ , „ A Pool of Tears “ by Lewis Caroll, Potsdam. Wolman, B. (1977), International Encyclopedia of Psychiatry, Psychologie, Psychoanalysis, Neurology, Bd. 5, New York. Yerkes, R./ Dodson, D. (1908), „ The Relationship of Stimulus to Rapidity of Habit Formation “ , in: Comparative Neurolinguistic Psychology 18, 459 - 482. Zeigarnik, B. (1927), “ Über das Behalten von erledigten und unerledigten Handlungen “ in: Psychologische Forschungen, 1 - 35. Zencius, A. H./ Wesolowski, M. D./ Rodriguez, I. M. (1998), „ Improving orientation in head injured adults by repeated practice, multi-sensory input and peer participation “ , in: Brain injury 12 (1), 53 - 61. Zimmermann, G. (1970), „ Mitlesen im Anfangsunterricht “ , in: Praxis des neusprachlichen Unterrichts (4), 401 - 406. Zimmermann, G. (1971), „ Grammatische Bewußtmachung im Fremdsprachenunterricht? “ , in: Zielsprache Englisch, 13 - 17. Zimmermann, G. (1977), Grammatik im Fremdsprachenunterricht, Frankfurt a. M. Zimmermann, G. (1984), Erkundungen zur Praxis des Grammatikunterrichts, Frankfurt a. M. 156 Bibliographie <?page no="157"?> Zimmermann, G. (1997 a), „ Stützstrategien beim Lernen von Instruktionstexten “ (Lageorientierung versus Handlungsorientierung), in: Meißner, F. J. (1997), Interaktiver Fremdsprachenunterricht - Wege zu authentischer Kommunikation, Festschrift für Ludger Schiffler zum 60. Geburtstag, Tübingen, 163 - 180. Zimmermann, G. (1997 b), „ Anmerkungen zum Strategienkonzept “ , in: Rampillon, U./ Zimmermann, G. (Hg.), Strategien und Techniken beim Erwerb fremder Sprachen, Ismaning, 95 - 113. Bibliographie 157 <?page no="159"?> Sachregister Affirmation 110 Alpha-Zustand 15 audiolinguale Methode 74 audiovisuelle Methode 74 Aufmerksamkeit - gespannte 109 - entspannte 109 authentische Texte 32 f Autogenes Training 114 autonomer Lerner 17 Bewegungslernen 46 Bewegungslernen im Stehen 49 f Bewegungslernen in Form der Pantomime 50 ff, 70 Bewegungslernen mit Partner 132 Bewegungslernen und Grammatik 54 ff Bewegungslernen und Orthographie 52 ff Bewegungsspiele 58 bilingual 8, 28 bilinguale Darbietung 44 bilingual-kontextuelle Darbietung 132 Brainstorming 80 f Broca-Zentrum 10 ff Chansons 34 Chorsprechen 24, 48 cluster 80 conseiller 21 Dis-Stress 106 Emphase 9 Entspannung 14 ff, 24, 30, 105 ff, 131 ff Entspannung und Vokabellernen 119 Entspannungsübungen - physische 114 ff - psychische 110 ff Eu-Stress 106 Fading 87 f Flow-Zustand 105 Gestik 9, 11 f, 54, 59 f, 67 ghostspeaker 37, 70 Grammatik 8 Grammatik lernen 45, 54 ff Gruppenarbeit, interaktiv 24 handlungsorientiert 68 ff handlungsorientierter Fremdsprachenunterricht 38 handlungsorientierte Lektionseinführung 67 ff Handlungsorientierung 39 Hawthorne-Effekt 21 ff, 24 f, 30, 105, 109 helfende Partnerarbeit 37 ff, 131 ff Hemisphäre 10 f Hörverstehen 29, 50 f, 109 Intensivunterricht 15 Interaktionsspiele 37 interaktiver Fremdsprachenunterricht 24 interaktive Gruppenarbeit 24 interhemisphärisch 13, 30 Interlinearübersetzung 28 - doppelte 28 Internet 137 Intonation 9, 126 f Konstruktivismus 17 Kontextlernen 8 Kontextsignal 95 kontextuelle Darbietung 44 ff kontrastiv-bilinguales Signal 95 ff konstrastiv-bilinguale Übung 95 Lateralübersetzung 28 Laufdiktat 54 Lehrer als Disziplinator 19 ff - als Zensor 18 f Lernen - auditiv 75 f - autonom 24 - durch Lehren 24 - in Entspannung 24, 105 ff, 133 - mehrkanalig 14 - selbstständig 7 - zeitverteilt 30 ff Lernerselbstständigkeit 25 f Lernhilfe 7 f, 127 ff, 133 Lerntypen 7, 31, 51, 61, 80, 131 Literatur im Fremdsprachenunterricht 145 ff Lobübung 25 Loci-Technik 14 Lückenspiel 58 mentale Bilder 119 ff mentaler Film 16, 129 f <?page no="160"?> mentales Sehen 9 mentale Visualisierung 75 ff metasprachliche Signale 62 f, 97 f Mimik 9, 11 f, 59 ff, 67 mindmapping 82, 85, 87 mind maps 80 ff Minutenentspannung 113 f Minutengymnastik 117 ff Mnemotechnik im Fremdsprachenunterricht 78 Mönchsgang 48 f non-lineares Vorgehen 33 Omniumkontakt 24, 58 ff orbis sensualium pictus 14 Orthografie und Bewegung 52 ff Pantomime 12, 24, 50 ff, 70 Partnerarbeit 25, 37 ff, 131 ff Partnerbogen 39 Partnerlernen 8, 40 PET-Untersuchung 11 Pingpong-Methode 8 Placebo-Effekt 21 ff, 30, 47 psychische Entspannungsübungen 110 ff physische Entspannungsübungen 114 ff Pygmalion-Effekt 23 rezeptives Lernen 30 Rollenspiel 67 ff, 70 ff Rosenthal-Effekt 23 soziale Interaktion 24 f, 38 spider maps 85 ff Spiegelung 100 ff sprachliches Handeln 51, 70 Sprachzentrum 10 f, 14 f subsidiary word processor 14 suggestopädische Verfahren 15 szenische Darstellung 12, 24, 67 ff Temporalkortex 13, 80, 95 Total-Physical-Response 24, 29, 50 Total Physical and Verbal Response 51 Traumreise 110 ff Triaden 120, 127 Verantwortliche Partnerschaften 37 ff, 41 ff Verbkarten 56 f Verbsatelliten 82 ff Versprachlichung der Pantomime 51, 70 Visualisierung 8, 13 f, 74 ff, 131 ff - als Gedächtnisstütze 76 ff - eines Handlungsgerüstes 79 - durch mind maps 82 ff - durch word icons 88 ff visuelle Signale 95 ff Vokabelkartei 31 Vokabellernen 30 ff, 44 ff, 119 ff, 134, 148 f Wernicke-Zentrum 10 f, 13 Wörternetze 81 f word icons 14, 88 ff Wortbild 14, 88 f Wortassoziationen 121 ff Wortschatzarbeit 80 160 Sachregister